FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE REIHE 48. JAHRGANG ODER DER GANZEN REIHE 73. JAHRGANG. HERAUSGEBER: PROF. Dr. K. GOEBEL. Mit 17 Tafeln und 2 Holzschnitten. Dann on POTAMTN. mr tn > MARBURG. N.G. ELWERT’SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. . 1890. Inhaltsverzeichniss. 1. Abhandlungen. Seite Arbeiten aus dem botanischen Institut zu Marburg VL, VI, VII 8. 62, 155, 411 BÜSGEN, M., Untersuchungen über normale und abnormale Marsilienfrüchte 169 GIESENHAGEN, (., Das Wachsthum der Cystolithen von Ficus elastiea . . 1 » Die Hymenophyllaceen . . 0. 4 HEGLER, R Histochemische Untersuchungen verholzter Membranen on al HOLFERT, 4., Die Nährschieht der Samenschalen . . 7 KLEBS, G., eher die Vermehrung von Hydrodictyon utrieulatum 1:7 | KRONFELD, M., Zur Präparation der Agrumen-Früchte. . ..20.2...18 KÜHN, R., Veber den anatomischen Bau von Danaa . . 2.0.20... 147 MÜLLER, F., Frucht in Frucht von Carica Papaya . u 2020.83 MÜLLER, J., Lichenologische Beiträge . > nn nn. 387 » Lichenes Africae tropieo-orientalis oo. er 57 MÜLLER, K., Die Moose von vier Kilimandscharo- Expeditionen oo. 465 PALLA, E., Beobachtungen über Zellbautbildung an des Zellkerns beraubten Protoplasten oo. 0.0814 ROSENTHAL, O., Zur Kenntnis von \ Macrooystis und Thalassiophylium 410 ROSTOWZEW, S., Heiträge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen I . 155 SCHAEFER, B., Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenten on 62 SCHIMPER, E., Zur Frage der Assimilation "der Mineralsalze durch die grüne Pflanze . nen 207 STIZENBERGER, m, Die Lichenen der Insel Ascension nen. 184 I. Abbildungen. A. Tafeln. Tafel Izu Giesenhagen, Das Wachsthum der Cystolithen von Ficus elastiea, Tafel II zu Hegler, Histochemische Untersuchungen. Tafel II, IV, V und VI zu Schaefer, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenten. Tafel VII und Viil zu Rosenthal, Zur Kenntniss von Macrocystis und Thalassio- phyllum. Tafel IX zu Rostowzew, Beiträge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen I. Tafel X zu Büsgen, Untersuchungen über normale und abnormale Marsilienfrüchte. Tafel XI und XII zu Holfert, Die Nährschicht der Samenschalen. Tafel XIII zu Palla, Beobachtungen über Zellhautbildung an des Zellkerns beraubten Protoplasten. Tafel XIV, XV, XVI und XVIl zu Giesenhagen, Die Hymenophyllaceen. u B. Holzschnitte. Fig. 1 zu Kronfeld, Zur Präparation der Agrumen-Früchte. Fig. 2 zu Müller, Frucht in Frucht von Cacarica Papaya. D I. Litteratur. BOERLAGE, Handleiding tot de Kennis der Flora van nederlandsch Indie BOKORNY, Die Wege des Transpirationsstromes in der Pflanze . BURCK, Eenige bedenkingen tegen de theorie van Weismann Erwiderung auf die Besprechung von Glasers Taschenwörterbuch . GLASER, Taschenwörterbuch für Botaniker . GOEBEL, Morphologische und biologische Studien . HEMPEL und WILHELM, Die Biume und Sträucher des Waldes HÖCK, Nährpflanzen Mitteleuropas JANSE, Die Bewegungen des Protoplasma von Caulerpa prolifera KOHL, Anatomisch-physiologische Untersuchungen der Kalksalze und Kiesel- säure in der Pflanze . MAYR, Die Waldungen von Nordamerika, ihre Anbaufähigkeit und forstlicher Werth . . MÜLLER, F. v., reoords. of observations on Dr. William Max Gregor Bigh- land-Plants from New-Guinea . . . . MÜLLER, K., Medieinalflora . . PAX, Allgemeine Morphologie der Pflanzen . PETRY, Die Vegetationsverhältnisse des Kyffhäuser Gebirges WARMING, Handbuch der systematischen Botanik . on WOJINOWIC, Beiträge zur Morphologie, Anatomie und Biologie der Selaginella lepidophylla Spring. nn nn IV. Eingegangene Litteratur. Ss. 158, 205, 276, 508. Heft 1 (8. 1-—154) erschien am 20. Januar 1890, II (8.155206) , „ 22. April. 111 (S. 807—278) „ „ 9. Juli. IV (8. 279-350) „ „ i. September. v(8. 351-505) F „ 23. October. sea gy 202 270 499 502 350 262 272 500 347 150 203 153 276 274 203 273 501 Das Wachsthum der Oystolithen von Ficus elastica, ein Beitrag zur Kenntnis des Dickenwachsthums vegetabilischer Zellhäufe, Von C. Gioesenhagen. (Hierzu Tafel I) I. Einleitung. Die Frage nach der Art, in welcher die vegetabilischen Membranen in die Dicke wachsen, hat seit langer Zeit die Botaniker beschäftigt. Bis gegen das Ende der fünfziger Jahre war unler den Gelehrten fast allgemein die Vorstellung verbreitet, dass die Membranen durch Apposition d. h. Auflagerung kleinster Theilchen eine Diekenzunahme erführen, dass also die Verdickung in ähnlicher Weise, wie das Metall im galvanoplastischen Apparat, Molekül für Molekül auf die bereits vorhandene Membran- lamelle niedergeschlagen würde. Nägeli glaubte im Jahre 1847 That- sachen gefunden zu haben, welche mit der bisherigen Anschauung nicht in Einklang zu bringen wären. Er studirte in der Folge die Wachsthums- vorgänge eingehend an den Stärkekörnern der Pflanzenzellen und kam zu dem Resultat, dass diese Gebilde nicht durch Apposition, sondern durch Intussusception, d. h. durch Einlagerung kleinster Theilchen zwischen die Molekelgruppen der ursprünglichen Anlage wachsen. Die Theorie des Wachsthums durch Intussusception, welche Nägeli auf molekular-physi- kalischen Grundlagen aufbaute und durch ein ausserordentlich reiches Beobachtungsmaterial gestützt in seinem Werk über die Stärkekörner der Gelehrtenwelt vorlegte, hat dann zeitweilig für das Wachsthum der Stärke- körner sowohl als der Zellhäute unumschränkte Geltung gehabt, bis end- lich in den letzten Jahrzehnten infolge der verbesserten Beobachtungs- mittel und Methoden gewisse Erscheinungen bekannt wurden, welche durch die Nägeli’sche Anschauung keine genügende Erklärung finden konnten. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass eine Verdiekung von Zell- wänden in einigen Fällen dadurch zu Stande kommt, dass fertige Membran- lamellen auf die vorhandene Zellwand aufgelagert werden. Diese That- sache zeigte, ohne den Werth und die Bedeutung der Intussusceptions- theorie zu vermindern, dass die Wandverdickungen nicht immer lediglich auf Substanzeinlagerung beruhen, sondern auch noch in andern Vorgängen ihren Ursprung haben können. Ein weiterer Schluss war zunächst nicht abzuleiten. Wie es aber in ähnlichen Fällen zu gehen pflegt, glaubten einige Botaniker der neu gefundenen Thatsache generelle Bedeutung bei- messen zu dürfen; es sollte überhaupt jede Verdickung von Zellhäuten einzig durch Auflagerung neuer Substanz vor sich gehen. Dass diese Generalisirung nicht zulässig ist, dass überhaupt die Vorgänge bei der Verdiekung der Zellhäute nicht so einfacher Natur sind, ist in neuester Zeit durch Arbeiten von Schmitz, Krabbe, Strasburger u. a. gezeigt Flora 1890. . 1 2 worden. Man hat Grund anzunehmen, dass die Dickenzunahme der Zell- wände weder lediglich auf Substanzeinlagerung, noch ausschliesslich auf Neubildung von Lamellen vom Plasma aus beruht, dass vielmehr die ver- schiedenen Vorgänge nebeneinander wirkend die Erscheinungen zu Stande bringen. Bevor indes die Frage endgültig entschieden werden kann, wird es nöthig sein, an einzelnen Objekten die Vorgänge eingehend zu studieren, um so das Material zu beschaffen, welches erforderlich ist zur Begründung einer Theorie des Wachsthums der Membranen, die der von Nägeli gegebenen Intussusceptionstheorie als gleichwerthig an die Seite gestellt werden könnte. Die vorliegende Arbeit soll in dem angegebenen Sinne einen Beitrag zur Lösung der Frage nach dem Wachsthum der Zellhäute liefern. Als Gegenstand der Untersuchung wurden die Gystolithen von Ficus elastica gewählt. Was die Zulässigkeit dieses Objektes beim Studium des Dicken- wachsthums der Zellhäute anbetrifft, so darf wohl als bekannt voraus- gesetzt werden, dass die Gystolithen ein Gebilde der Zellwand, eine lokale, ganz enorme Membranverdickung darstellen, welche sich von andern Wandverdickungen wesentlich nur dadurch unterscheidet, dass zwischen die organisirten Bestandtheile anorganische Substanzen, vornehmlich kohlen- saurer Kalk und KieSelsäure eingelagert sind. Die Gystolithen sind seit ihrer Entdeckung schon sehr häufig von Forschern nach den verschie- densten Gesichtspunkten geprüft worden; die Fragestellung, welche der vorliegenden Arbeit zu Grunde liegt, ist indes bisher hinsichtlich der Gystolithen noch nicht zum Ausgangspunkt einer Untersuchung gewählt worden. Der Gang unserer Darlegung wird kurz folgender sein: Wir werden zunächst die Morphologie und Anatomie der Gystolithen von Ficus elastica eingehend studieren und dann die dabei gewonnenen Resultate zur Ent- scheidung über die Wachsthumsweise zu verwerihen suchen. Ich will hier noch eine Bemerkung anfügen über die Bedeutung einiger Ausdrücke, welche im Folgenden häufig Verwendung finden. In der Ter- minologie der bei dem Wachsthum und der Neubildung von Zellhäuten auftretenden Erscheinungen ist einige Verwirrung dadurch entstanden, dass neuere Autoren entsprechend ihrer veränderten Auffassung Ausdrücke, die in der vorhandenen Literatur schon eine ganz specielle Bedeutung besassen, in ganz anderem Sinne verwendeten, ohne dass die Auffassung, welche der ursprünglichen Bedeutung der Worte zu Grunde lag, im Geringsten an Berechtigung verloren hätte. Strasburger bezeichnet z. B. als Schicht einen Complex gleichartiger dünner Häutchen, während man vorher nach Nägelis Vorgang die abwechselnden weichen und dichten annähernd parallel zur Oberfläche verlaufenden Partieen eines vegetabilischen Gebildes als Schichten bezeichnete. Ich habe in meiner ‚3 Arbeit, um Missverständnis zu verhüten, die Worte Lamelle, Schichtung, Schicht, geschichtet u. s. f. nur im allgemeinsten Sinne gebraucht, d. h. ich bezeichne als Schichtung jede annähernd zur Oberfläche parallel ver- laufende Strukturverschiedenheit eines organisirten Körpers, gleichviel, ob die einzelnen hautarligen Strukturelemente von verschiedener Dichtigkeit sind oder nicht, ob dieselben als aus einer Vielheit dünnster Häutchen bestehend zu denken sind oder nicht, ob sie durch Wachsthum oder durch successive Neubildung entstanden sind. Wo von einer Schichtung im Sinne Nägeli’s die Rede ist, da setze ich ausdrücklich hinzu, dass die Schichten oder Lamellen abwechselnd weich und dicht seien, wo von Lamellen im Sinne Strasburgers gesprochen wird, da verwende ich die Worte »gleichartige Schichten« oder »Lamellen von gleicher Dichtig- keit« oder einen ähnlichen leichtverständlichen Terminus. In der Literatur über die Cystolithen wird allgemein eine im optischen Durschschnitt des Cystolithenkörpers sich zeigende radiale Zeichnung als Streifung bezeichnet. Da die Worte Streifen und Streifung in der pflanz- lichen Histologie eine ganz specielle Bedeutung haben, welche für die radialen Strukturelemente im Cystolithen nicht zutrifft, so habe ich die- selben durchweg vermieden; ich bezeichne die radialen Streifen der Autoren ihrer Natur nach als radiale Stränge. Il. Morphologie, chemische Beschaffenheit und Entwickelungs- geschichte der Cystolithen von Ficus elastica. Die in besonders ausgebildeten Epidermiszellen von Ficus elastica vorkommenden Gystolithen bestehen aus zwei Theilen, welche in der Mehrzahl der Fälle scharf von einander geschieden sind, dem Stiel und dem Körper. Der Stiel hat einen kreisförmigen Querschnitt und ist in seiner ganzen Länge von annähernd gleichem Durchmesser, so dass er in dem Jugend- stadium eine ziemlich regelmässige Walzenform zeigt (Taf. I. Fig. 1,4 u. 10). Nur sieht man an demselben hin und wieder ringsherumlaufende wulstige Anschwellungen von geringer Dicke, und ausserdem ist das freie Ende des Stieles knopf- oder tropfenförmig abgerundet und um wenig dicker als der übrige Theil. Meistens erscheint abgesehen von den optischen Effekten, welche durch die ringwulstigen Anschwellungen hervorgebracht werden, der Stiel ganz homogen. Schacht'!) behauptet, dass man im Stiel deutlich eine Schichtung erkennen könne, spätere Autoren bestreiten das. Da es für die Frage nach der Wachsthumsart von Bedeutung ist, zu wissen, ob der Stiel] aus Schichten aufgebaut ist oder nicht, so werden wir genöthigt sein, uns späterhin über diesen Punkt ein eigenes Uriheil zu bilden. 1) Abhandlg. der Senkenb. Gesellsch. I. p. 133. 1* Der Körper des Cystolithen hat im groben Umriss gewöhnlich eine länglich eiförmige Gestalt. Seine Oberfläche ist mit paraboloiden Papillen besetzt. Seiner Struktur nach besteht der Körper des Cystolithen aus übereinanderliegenden dünnen Membranlamellen. Diese annähernd con- centrische Schichtung wird von radialen Strängen durchsetzt, welche im Innern des Körpers beginnend stets senkrecht zum Verlauf der Schichten nach der Peripherie sich hinziehen und je in der Spitze einer Papille endigen. Über die Natur der Stränge sind die Autoren verschiedener Ansicht. Kny') hält dieselben für Cellulosebalken, während Richter?) annimmt, dass die Erscheinung auf einem Abwechseln wasserarmer und wasserreicher Partien beruhe. Auch die Entscheidung dieser Frage ist für unsere Untersuchung über das Wachsthum der Cystolithen von Wichtig- keit und bedarf daher noch einer eingehenderen Behandlung. Was nun die chemische Beschaffenheit der Gystolithen von Ficus elastica betrifft, so steht zunächst fest, dass sich darin Stiel und Körper wesentlich von einander unterscheiden. Beide bestehen zwar der Haupt- sache nach aus Cellulose, aber der Körper enthält kohlensauren Kalk, welcher denı Stiel fehlt. Ob der Stiel, wie es heute in den meisten Lehr- büchern steht, verkieselt ist, das wird noch zu beweisen sein; Richter?) stellt es ganz entschieden in Abrede. Es scheint, als ob bei den Unter- suchungen über diesen Punkt nicht die nöthige Rücksicht auf das Alter der Stiele genommen worden ist. Junge Gystolithenstiele sind sicher anders zusammengesetzt als diejenigen, welche schon einen völlig aus- gewachsenen Körper tragen. Die ersteren erscheinen straff und sind gegen Säuren äusserst resistent, letztere sind verkrümmt und verbogen und widerstehen der Einwirknng von Schwefelsäure nicht dauernd. Diese Thatsachen gestatten eine Parallele zwischen den Gystolithen von Ficus und denjenigen der Acanthaceen, bei denen die substanzielle Umwandlung des Stieles bei zunehmendem Alter sogar bis zur völligen Auflösung fort- schreitet. Wenn 'man bedenkt, wie leicht gerade die Kieselsäure im Pflanzenkörper wandert, und ferner in Betracht zieht, dass die ausge- wachsenen Cystolithenkörper bei Ficus mit einer Schale von Kieselsäure umkleidet werden, so liegt der Gedanke nahe, dass die Stiele gemäss der Angabe Luerssens im Jugendstadium verkieselt sein mögen, dass ihr Kieselgehalt im Alter aber schwindet und zum Aufbau der das Wachsthum des Cystolithen beschliessenden Kieselschale verbraucht wird. Richters Behauptung hätte dann für die Stiele ausgewachsener Gystolithen ihre Geltung. Die Menge des kohlensauren Kalkes in dem Körper der Cystolilhen von Fieus elastica ist ziemlich beträchtlich, wie aus der Menge der an- 1) Kny, Wandtafeln zur Pflanzenkunde II. TA. X1. 2) Sitzungsber. d. Wiener Akad. Bd. LXXVI. 1. p. 145. 3) a. a. 0. 5 schiessenden Gipsnadeln bei Zusatz von Schwefelsäure geschlossen werden kann. In welcher Form das Mineral eingelagert ist, ob krystallinisch oder amorph, ob zwischen den Membranlamellen, oder intramolekular in den- selben, das steht vorläufig noch dahin. Wir werden hernach Gelegenheit haben, dieser Frage näher zu treten. Die Entwiekelungsgeschichte der Cystolithen von Ficus elastica ist aus den Lehrbüchern allgemein bekannt. Es genügt ihren Verlauf hier in groben Zügen anzudeuten. Schon in der Knospe zeigen gewisse Epidermiszellen der Ficus-Blätter eine differente Ausbildung gegenüber den sie umgebenden dadurch, dass ihre nach aussen gelegene Wand mehr- mals so stark verdickt erscheint als diejenige der angrenzenden Zellen, Im Laufe der Entwickelung wölbt sich die verdickte Wand zapfenartig in das Lumen der Zelle vor und die Hervorragung wächst dann immer- fort vorwiegend in die Länge zugleich mit der Zelle, welche stets un- getheilt bleibt, während ihre Nachbarinnen verschiedene Theilungen er- fahren. Hat endlich die Zelle ihre definitive Grösse erreicht, so ragt die zapfenförmige Wandverdickung, der nachmalige Stiel des Gystolithen etwa bis in die Mitte ihres Lumens hinein, Nun erst, nachdem das Blatt sich längst ausgebreitet hat, beginnt die Anlage der ersten optisch differenten Schichten, die den Anfang des Cystolithenkörpers bilden. Zunächst sind die Schichten einigermassen regelmässig und glatt; bald sieht man in denselben die radialen Stränge angedeutet, und es bilden sich die Papillen an der Oberfläche aus. In diesem Stadium tritt zuerst der kohlensaure Kalk auf, um mit dem wachsenden Cystolithen an Menge zuzunehmen. Indem die Zahl der Schichten sich beständig vergrössert, schwillt der Körper des CGystolithen mehr und mehr und erfüllt endlich fast die ganze Zelle. Das ist in Kürze die Darstellung des Entwickelungsganges der Cysto- lithen von Fieus elastica, wie sie leicht aus der Beobachtung einer Reihe von aufeinanderfolgenden Entwickelungsstadien abgeleitet werden kann. In welcher Weise aber aus dem einen Entwickelungsstadium das nächste ‚hervorgeht, welche Entwickelungsvorgänge vom einen zum andern hin- überführen, das bleibt noch zu erklären. Nach Schacht'), überhaupt nach der Ansicht der meisten ältern Botaniker, wären die äussern Theile des wachsenden Cystolithen auf die nächstinnern niedergeschlagen, wie etwa die Tropfsteinschichten eines Stalaktiten, oder wie ein Metallüberzug im galvanoplastischen Apparat. Wollte man Nägeli’s Theorie auf die Gebilde anwenden, so müsste man annehmen, dass die Grössenzunahme der Cystolithen zurückzuführen sei auf eine Einwanderung von Baustoffen zwischen die Molekularkomplexe der ursprünglichen Anlage, wobei die Schichtung durch auftretende Spaltungen zur erklären wäre. Eine von Da.a0, 6 neueren Autoren verfochtene Hypothese vom Wachsthum der Zeilhäute geht dahin, dass alle Substanzzunahme der Membranen hauptsächlich durch Auflagerung fertiger Celluloselamellen zu Stande kommt. Eine direkte Beobachtung des Wachsthums, welche jeden Zweifel beseitigen könnte, ist unmöglich. Es handelt sich für uns also darum, in dem Bau und der Beschaffenheit der Cystolithen Thatsachen zu finden, welche in objektiver und eindeutiger Weise die Frage nach der Art der Wachsthums- vorgänge entscheiden, gleichviel ob dabei die eine oder die andere der soeben erwähnten Ansichten vom Wachsthum der Membranen bestätigt wird oder nicht. Wir wenden uns zunächst zur Erörterung der vorhin angedeuteten morphologischen Fragen, welche durch die bisherige Forschung keine end- gültige Erledigung gefunden haben, und welche gerade bei der Beur- theilung der \Wachsthumserscheinungen von Bedeutung sind. IIL Ergänzende Untersuchungen über die Morphologie der Cystolithen : von Ficus elastica. a) Struktur des Stieles. Es ist vorhin schon erwähnt worden, dass die Forscher, welche diesen Punkt berührt haben, über die feinere Struktur des Cystolithenstieles bei Ficus elastica verschiedener Ansicht sind. Schon Meyen!) wurde durch das Vorhandensein der mehr oder minder deutlichen Ringelungen am Stiel zu der Annahme geführt, dass der Stiel aus über einander gelagerten Schichten bestände.. Schacht?) glaubte bei genauer Einstellung die Schichtung des Stieles in jedem Falle zu sehen und gab bei seiner Arbeit Abbildungen von deutlich geschichteten Cystolithenstielen. Von den andern Autoren behauptete vor allen Weddel®) gerade im Gegensatz zu der ihm bekannten Beobachtung von Meyen und Schacht, dass eine solche Schiehtung nicht sichtbar sei. Richter‘) spricht von »scheinbar unge- schichteten« Stielen und .drückt damit jedenfalls aus, dass nach seiner Meinung eine Schichtung nicht direkt zu beobachten sei, wenn auch die vorsichtig gewählten Worte die Frage nach dem Vorhandensein einer Schichtung überhaupt unentschieden lassen. Man sieht, es stehen sich hier die Beobachtungen diametral gegen- über. Schacht stützt seine Annahme einer Schichtung im Stiel auf gewisse Beobachtungsbilder. Weddel und Richter constatiren, dass solche Bilder in Wirklichkeit nirgends vorhanden sind und entziehen da- mit der Behauptung, dass der Stiel geschichtet sei, den Halt. Es ist, eine 1) Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie 1339. p. 355. — 2) a.a.0. — 3) Ann. des sciences nat. Bot. 8. IV. t. II. p. 267. — 4.2.0, 7 heikle Frage, welchem der Beobachter man die grössere Objektivität zu- trauen darf, auf welcher Seite man die Thatsache zu suchen hat. Klar ist, dass in diesem Falle nichts gewonnen wird, wenn ein einzelner neuer Beobachter seine direkte Beobachtung über einen solchen streitigen Punkt mittheilt. Wenn man denselben Weg einschlägt, der die älteren Forscher zu den widersprechenden Angaben geführt hat, so ist man einmal den- selben Fehlerquellen ausgesetzt; und ferner, wenn man wirklich mit äusserster Sorgfalt die Beobachlung ausführt, das Resultat kann dann doch nur für den Beobachter selbst überzeugend sein. Im übrigen ver- leiht es höchstens der einen von den ältern Ansichten einen etwas höheren Grad von Wahrscheinlichkeit. Um wirklich zu allgernein gültiger objek- tiver Gewissheit, — soweit überall von einer solchen gesprochen werden kann, — über den Punkt zu gelangen, müssen Beweise erbracht werden, welche sich auf Thatsachen stützen, deren Beobachtung weniger zweifel- haft und von dem subjektiven Beobachtungsvermögen weniger abhängig ist, als das direkte Erkennen einer zarten nur schwach angedeuteten Schiehtung. Immerhin wird es sich trotzdem empfehlen, zunächst zur eigenen vorläufigen Orientirung auch der direkten Beobachtung einen Platz einzuräumen. Es ist schon angedeutet worden, dass die schwachen Ringelungen des Stieles bei der mikroskopischen Beobachtung optische Effekte erzeugen, welche wohl geeignet sind, einem oberflächlichen Beobachter quer durch den Stiel verlaufende Schichten vorzutäuschen. Sollte Schacht einer so groben Sinnestäuschung zum Opfer gefallen sein? — Sicherlich nicht! Schachts gewissenhafte Art zu beobachten hätle das nicht zugelassen, und die Abbildungen geschichteter Cystolithenstiele, welche Schacht bei seiner Arbeit giebt, zeigen deutlich, dass er etwas anderes beobachtet hat, als die Schatten und Interferenzlinien, welche den Unregelmässigkeiten des Stieles ihre Entstehung verdanken. Sehacht behauptet, dass man an jedem Gystolithenstiel bei Fieus elastica und australis die Schichtung deutlich wahrnehmen könne, wenn nur die Einstellung des Mikroskopes die richtige sei. Ich muss gestehen, dass mir das nicht in dem Maaässe gelungen ist. Immerhin habe ich aber doch in einer Anzahl von Fällen in völlig normalen Cystolithenstielen ohne Anwendung von Reagentien eine Schichtung durch zarte Linien angedeutet gesehen. Die Linien ver- liefen in einer Curve quer durch den Stiel und entzogen sich nahe der Seitenfläche in die Längsrichtung des Stieles einbiegend der Beobachtung. Es fragt sich nun, woran mag es liegen, dass die etwa vorhandene Schichtung nicht überall deutlich sichtbar ist. Die Ursachen werden so- wohl in der äussern Form als in der innern Beschaffenheit der Stiele zu suchen sein. Die Stiele sind annähernd cylindrische Gebilde mit einem im Verhältnis zur Länge nur geringen Querdurchmesser. Wenn nun, wie aus der soeben mitgetheilten direkten Beobachtung und aus der Analogie 8 mit andern geschichteten vegetabilischen Körpern als wahrscheinlich ge- folgert werden darf, die etwa vorhandenen Schichten nicht scheibenförmig den eylindrischen Stiel aufbauen, sondern der Oberfläche des Gebildes annähern, parallel auch seitlich übereinander hinweg verlaufen, so müssen dieselben entgegen dem querverlaufenden Abschnitt in ihrem Längsver- laufe ausserordentlich zart sein, vielleicht so zart, dass die optische Auf- lösung des Schichtencomplexes in einzelne Linien auch unter übrigens günstigen Bedingungen überhaupt unmöglich ist, weil der Durchmesser der einzelnen Lamellen unterhalb der Grenze des Sichtbaren bleibt. Hinzu kommt dann noch, dass durch die an den Längsseiten cylindrischer Gebilde auftretenden Brechungs- und Interferenzerscheinungen die Beobachtung gestört wird. Aber diese Hindernisse haben keine Bedeutung für denjenigen Theil der einzelnen Schichten, welcher quer zur Längsachse des Stieles verläuft. Dort müssen die Schichten eine gewisse messbare Dicke besitzen, und die störenden optischen Einflüsse der Randpartieen des Stieles fallen fort; man müsste also von etwaigen anderen Beobachtungsstörungen abgesehen bei mittlerer Einstellung eine Reihe gekrümmter Querlinien durch den Stiel ver- laufen sehen. Und in der That, wo ich überhaupt in normal gebildeten Stielen eine Schichtung direkt beobachten konnte (Taf.I. Fig.4), dort waren, wie vorhin erwähnt, die Schichten ausschliesslich in ihrem Querverlaufe erkennbar. Die sichtbaren Contaktlinien lassen sich in einer Kurve gegen die Längswand des Stieles hin verfolgen, wo sie dann aus den oben an- gegebenen Gründen verschwinden. Dass nun auch der Querverlauf der Schichten nur in wenigen Fällen und dort nur undeutlich zu erkennen ist, das mag zum Theil in den äusseren Unregelmässigkeiten des Stieles seinen Grund haben, vielleicht liegt es auch an den besonderen physi- kalischen Eigenschaften des den Stiel zusammensetzenden Materials, welche dem ganzen Gebilde das eigenthümliche, glänzende Aussehen verleihen. Um die- Schiehtung des Stieles auch im Längsverlaufe direkt beob- achten zu können, wäre es erwünscht, Fälle zu finden, in denen der Quer- durchmesser des Stieles nicht so weit hinter der Länge des Gebildes zarückbleibt, in denen also die einzelnen Lamellen der Schichtung auch seitlich eine der Beobachtung zugängliche Dicke haben und theilweise von den durch die Stielränder hervorgerufenen optischen Effekten nicht mehr verdeckt werden. Solche Fälle sind nun nicht gerade schwer zu finden. Die Cystolithen von Ficus elasica sind ausserordentlich empfindlich gegen Verletzungen, welche das sie führende Blatt erfährt, während sie sich noch in der Entwickelung befinden. Wird ein Blatt in der Jugend angeschnitten, eingerissen oder auch nur durch Insektenstiche verwundet, so wird dadurch die normale Ausbildung seiner Cystolithen gehemmt; es bilden sich allerlei von der gewöhnlichen Form abweichende Geslalten heraus, die dann bisweilen für die Beobachtung der innern Struktur 9 günstigere Bedingungen bieten als die normalen. Verschiedentlich fand ich in Blättern, die frühzeitig verletzt waren, alle Gystolithenstiele unten zwiebelartig verdickt, so dass der Querdurchmesser derselben der Länge fast gleichkam (Taf. I. Fig.2). In allen diesen Fällen, in denen ja die vor- hin angedeuteten der Beobachtung günstigen Bedingungen vorlagen, war stets die Schichtung im Längs- wie im Querverlauf deutlich zu verfolgen. Sehr instruktiv ist auch eine zweite ziemlich häufige Form abnormer Ausbildung, bei welcher sich der Stiel in ungewöhnlicher Weise verlängert (Taf.I. Fig.3). Dabei werden die dem freien Stielende zunächst liegenden Schichten in ihrer querverlaufenden Partie in dem Grade different ausgebildet, dass über das Vorhandensein einer Schichtung gar kein Zweifel bestehen kann. Am Rande sieht man die Lamellen alle in eine gleichmässig den Stiel überkleidende Schicht verschmelzen, die auch mit den besten mir zu Gebote stehenden optischen Hülfsmitlteln !) nicht in einzelne Lamellen auf- gelöst werden konnte. Nach dem Ende des Stieles zu, welches an der Zellwand befestigt ist, verliert sich die sichtbare Schichtung ganz all- mählich; die Linien werden nach und nach immer undeutlicher, bis endlich nichts mehr mit Bestimmtheit zu unterscheiden ist. Dieses all- mähliche Übergehen der mit Schichtung versehenen Partieen in denjenigen Theil des Stieles, der vollständig homogen erscheint, legt die Vermuthung nahe, dass auch dieser leiztere aus einzelnen Membranlamellen aufgebaut sei, die nur aus irgend welchem Grunde optisch nicht unterschieden sind. Die geschilderten Stielformen geben uns über zwei Dinge Aufschluss. Einmal zeigen sie, dass wenigstens in gewissen Fällen der Stiel aus ein- zelnen Lamellen besteht, und ferner bestätigen sie den vorhin gemachten Analogieschluss, dass die Lamellen auch seitlich übereinander hinweg laufen. Ausserdem ist es durch die Beobachtung wahrscheinlich gemacht, dass ‚die Theile des Stiels, welche homogen erscheinen, ebenfalls aus Lamellen aufgebaut sind, und dass also auch die normalen Stiele eine lamellöse Struktur besitzen. Gegen die letzte Schlussfolgerung lässt sich freilich ein triftiger Ein- wand geltend machen. Die beschriebenen Formen sind pathologische Missbildungen, und es ist nicht angebracht, aus der Analogie von solchen direkt auf normale Fälle zu schliessen. Es liegt freilich auf der Hand, dass auch bei pathologischen Bildungen die chemischen und physikalischen Gesetze, welche der normalen Bildung zu Grunde liegen, nicht aufgehoben sein können, dass nur die veränderten Bedingungen die Wirksamkeit dieser Bildungsgesetze in veränderter Form an dem Gebilde zum Ausdruck bringen: — Ein deformirter Hutpilz wird noch immer über das Wesen des Pseudoparenchyms der Pilze Aufschluss geben. — Aber es hält oft 1) Es wurden bei den Untersuchungen neben andern leistungsfähigen Objektiven die neuen apochromatischen Systeme von Zeiss benutzt. 10 schwer zu bestimmen, wie weit im einzelnen Falle pathologischer Wachs- thumserscheinung der Einfluss der veränderten Umstände reicht. Unsere Erwägung im Anschluss an die Schilderung der Missbildungen hat also insofern Berechtigung und Werth, als sie uns über die Richtung orientirt» die wir bei der weiteren Untersuchung einzuschlagen haben. Wir dürfen nur nicht bei dem bisherigen Ergebnisse stehen bleiben, sondern müssen suchen, auch an den normal ausgebildeten Stielen das Vorhandensein der Schichtung zu erweisen. Es könnte jemand der Ansicht sein: wo keine Schichten zu sehen sind, da darf auch nicht von Schichtung gesprochen werden; mag auch das Gebilde ursprünglich aus einer Anzahl von einzelnen Schichlen her- vorgegangen sein, wenn es homogen aussieht, so sind dann eben die Schichten zu einer gleichmässigen Masse mit einander verschmolzen. Diese Ansicht ist nicht zu billigen. Man muss bei den vegetabilischen Zellhäuten schr wohl zwei Arten der Schichtung unterscheiden. Bei der ersten Art sind die aneinandergrenzenden Membranlamellen ihrer Natur nach ver- schieden, sei es, dass substanzärmere Schichten mit dichteren abwechseln, wie etwa bei den Stärkekörnern, sei es, dass die chemische Beschaffen- heit der Lamellen different ist, wie bei den Cutikularschichten der Epidermis höherer Pflanzen, oder sei es endlich, dass die Anordnung der Molekular- complexe in den benachbarten Schichten verschiedenen Richtungen folgt, wie das z. B. bei den Bastzellen von Nerium") der Fall ist und durch den oft entgegengesetzten Verlauf der Streifung zum Ausdruck kommt. In allen diesen Fällen wird es nicht schwer sein, durch direkte Beob- achtung das Vorhandensein der Schichtung festzustellen. Anders ist es bei der zweiten Art der Schichtung, bei welcher physikalisch und chemisch gleich gebaute Lamellen aneinander gelagert sind. Hier sind es eben nur die Contaktlinien, welche die Schichtung sichtbar machen. Es lässt sich sehr wohl denken, dass in einem solchen Falle die Contaktlinien auch bei der besten Vergrösserung nicht erkennbar sind; man braucht nur anzu- nehmen, dass die Molekularstruktur der Lamellen an den Contaktflächen ebenso beschaffen ist wie im Innern, und dass die Interstitien zwischen den Micellen in den Contakiflächen der sich berührenden Lamellen nur wenig weiter sind als die Intermicellarräume innerhalb der Lamellen. Es ist nicht ersichtlich, wie unter diesen Umständen zwischen den Lainellen und den Contaktlinien eine optische Differenz entstehen sollte. Wären freilich die Grenzmicelle der benachbarten Lamellen so angeordnet und einander soweit genähert, dass sie auf einander die gleiche Wechselwir- kung ausüben, wie die Micelle im Innern einer einzelnen Lamelle, so könnte man mit Recht von einem Verschmelzen der Schichten zu einer homogenenMasse sprechen; aber so lange das nicht der Fall ist, so lange 1) cf. G. Krabbe in Pringsheims Jahrb. XVIII 11 sei es gegen chemische oder mechanische Einwirkungen die Berührungs- stelle zweier Lamellen sich anders verhält als eine beliebige Stelle inner- halb der Lamellen, so lange muss auch der Aufbau des Gebildes als geschichtet bezeichnet werden. Beim Anfertigen von Querschnitten aus dem Ficusblatt geschieht es nicht selten, dass ein Cystolith vom Messer erfasst und losgerissen wird- Gewöhnlich reisst dabei der Stiel nicht an seiner Anheftungsstelle, sondern weiter nach der Mitte zu, und man findet dann, dass die Bruchstelle immer eine ganz bestimmte Form aufweist, die nicht zufällig hervorgerufen sein kann. Wäre der Stiel ein homogenes Gebilde, so müsste das Zerreissen in ähnlicher Weise erfolgen wie etwa das Zerreissen eines auf Zug geprüften cylindrischen Stabes aus irgend einem wenige dehnbaren Metall oder aus einem andern homogenen Material. Versuche mit Glas, Siegellack, Stearin, Guttapercha und Kautschuk zeigten, wie zu erwarten war, dass die Bruchfläche beim Zerreissen eine senkrecht zur Längsachse des Versuchsstabes gelegene Ebene ist, die je nach der Eigenart des Materials glatt oder körnig rauh erscheint. Die Sammlungen der technischen Reichsversuchsanstalt gaben mir Gelegenheit auch die Bruchflächen von zerrissenen Metallstäben zu studieren. Dehnbare Metalle wie Schmiedeeisen zeigen insofern eine Abweichung von den spröden Materialien, als der auf Zug geprüfte Stab vor dem Zerreissen an der spätern Bruchstelle etwas ausgezogen wird, also eine Verminderung des Durchmessers erfährt. Die endliche Bruchfläche ist auch dort eine senk- recht zur Längsachse des Stabes liegende Ebene von körniger Fläche. Die spröden Metalle, z. B. Gusseisen, zeigen ein ähnliches Verhalten wie etwa eine Siegellackstange; indes fanden sich in der Sammlung eine Anzahl von Gusseisenstäben, deren Bruchflächen eine als Trichterbildung bezeich- nete Unregelmässigkeit aufwiesen. Es war an dem einen Stück eine un- regelmässige flach kegelförmige Erhöhung vorhanden, der natürlich am andern Stück eine flache trichterförmige Vertiefung entsprach. Abgesehen von dieser geringen Abweichung, die nur selten vorkommt und auf einer Ungleichmässigkeit des Materials zu beruhen scheint, zeigen alle homogenen Stäbe beim Zerreissen eine ebene Bruchfläche senkrecht zur Längsachse. Homogenität vorausgesetzt müssen wir von dem Stiel der Cystolithen von Ficus elastica das Gleiche erwarten. Der Zug erfolgt bei dem zerreissenden Cystolithenstiel, da das Messer den Körper des Cystolithen an seinem Um- fange fasst, freilich nicht ganz genau in der Richtung der Längsachse, sondern unter einem spitzen Winkel, so dass der Stiel neben dem Zug zugleich eine geringe Biegung erfährt. Dadurch kann indes keine ab- weichende Gestalt des Bruches herbeigeführt werden, wenn nicht die Biegungsfestigkeit des Stieles so gering ist, dass Zersplittern eintritt. Sehen wir nun, wie sich der Stiel der Cystolithen von Ficus elastica in Wirk- lichkeit verhält. 12 In allen Fällen, in denen ein Cystolithenstiel in der oben beschriebenen Weise zerrissen ist, zeigt das abgerissene Bruchstück an der Bruchstelle eine halbkugelige Aushöhlung, welcher an dem an der Zellwand befestigten Stück eine ebenso gestaltete Erhöhung entspricht (Taf. I. Fig.5 u. 6). Diese Erhöhung verläuft in vielen Fällen nicht ganz bis an den äussern Rand des Stieles, sondern sie wird meist noch von einem häutigen Rande um- geben (Fig. 5); es kommt aber auch vor, dass der häutige Rand an dem abgerissenen Stielende hängen geblieben ist (Fig. 6). Man sieht, dass hier von der Ähnlichkeit der Bruchfläche des Stieles mit derjenigen eines zer- rissenen homogenen Stabes nicht entfernt die Rede sein kann. Wenn wir uns nun vergegenwärtigen, was uns vorhin die abnorm gebildeten Cystolithenstiele über den muthmasslichen Verlauf der Schichten im Stiel gelehrt haben, so werden wir eine völlig befriedigende Erklärung für die beschriebene Form der Bruchflächen gewinnen. Wir hatten ge- sehen, dass die Stiele der CGystolithen von Ficus elastica wahrscheinlich aus Schichten aufgebaut sind, welche in ihrem querlaufenden Theil uhr- glasähnlich über einander gelagert sind und ausserdem auch noch seitlich über einander hinweg verlaufen. Denken wir uns nun ein solches Gebilde, welches mit der Elaslieität der Cellulosehäute ausgestattet ist, auf Zug geprüft, so werden, wenn die angewendete Kraft stark genug ist, zunächst an einer beliebigen Stelle, wo gerade die Verbindung am lockersten war, die uhrglasförmigen quer zur Längsachse des Gebildes liegenden Partieen zweier Schichten auseinander weichen. Wir können jetzt von der so entstandenen Spalte an gerechnet einen äusseren und einen inneren Schichteneomplex unterscheiden. Die Längswandung des äussern Complexes wird durch den Zug eine Dehnung erfahren und da- durch wenigstens auf einer kurzen Strecke aus der Berührung mit der Längswandung des innern Complexes gelöst werden. Ist die Elastieitäts- grenze erreicht, so tritt Zerreissen der äussern Längswandung ein, und zwar braucht der Riss nicht gerade dort zu entstehen, wo die Boden- partie des innern Lamellencomplexes gegen die Längswand hin verläuft. Je nachdem der Riss höher oder tiefer liegt, kommt der häutige Rand an dem der Zellwand aufsitzenden oder an dem freien Stück des zerrissenen Stieles zu Stande. Wir sehen also, dass das Verhalten der Cystolithenstiele bein Zer- reissen durchaus mit der Annahme einer Schichtung übereinstimmt und durch dieselbe eine vollkommen befriedigende Erklärung findet. Wäre diese Erklärung die einzige mögliche, so wäre hiermit der Beweis für das Vorhandensein der Schichtung im Stiel der Cystolithen von Ficus elastica vollgüllig erbracht. Indes fragt es sick, ob nicht etwa aus der Lagerung der kleinsten Theile des Stieles, aus der Anordnung der Micellarreihen die Form der Bruchfläche bein: Zerreissen resultiren könnte. Diese Frage hat ihre volle Berechtigung. Wenn man aus der Spaltbarkeit eines 13 Krystalles nach einer bestimmten Richtung eine Schichtung parallel zu dieser Spaltungsfläche folgern wollte, so wäre das sicher gefehlt; denn viele Krystalle sind nach zwei oder drei, die Zinkblende gar nach sechs Richtungen im Raume spaltbar. Das kann nur darauf beruhen, dass in den Krystallen gleich geformte und gleich grosse Moleküle in regel- mässigen Reihen angeordnet sind. In derselben Weise könnte es sehr wohl gedacht werden, dass die Micelle im Gystolithenstiel in uhrglasähnlich gekrümmten Flächen angeordnet seien, und dass die Bruchfläche beim Zerreissen des Stiels den Punkten geringerer CGohärenz zwischen den Micellarreihen folgte. Es ist ausserordentlich schwer, wenn nicht unmöglich, über die Lagerung der kleinsten Theile eines organischen Gebildes unzweifelhaften Aufschluss zu bekommen, zumal bei cylindrischen Objekten von geringem Durchmesser, welche selten eine eindeutige Beobachtung im polarisirten Lichte zulassen. Wir können aber auch ohne die direkte Untersuchung dieses Punktes zur Entscheidung unserer Frage gelangen. Die Chromsäure hat die Eigenschaft, eine Quellung der Zellhäute bervorzurufen uud den Brechungsindex derselben zu ändern, worauf es jedenfalls beruht, dass sie zur Sichtbarmachung des histologischen Aufbaues vegetabilischer Mem- branen so vorzügliche Dienste leistet. Das Reagens versagt auch in unserm Falle seine Wirkung nicht. Zum Versuche wählt man am besten solche Stiele aus jungen Ficusblättern, welche eben die ersten optisch differenten Schichten an ihrem Ende zeigen. Legt man Blattquerschnitte, die solche Cystolithenstiele enthalten, für einige Minuten in Chromsäure, wäscht mit Wasser aus und untersucht in Glycerin, so sieht man schon bei verhält- nissmässig geringer Vergrösserung, dass der Stiel in eine sehr grosse Anzahl von Schichten aufgelöst ist. Bei Anwendung einer guten Immersion zeigt sich, dass die Schichten in dem querverlaufenden Theile eine gewisse annähernd gleiche Dicke haben; in ihrem Längsverlaufe sind sie wegen ihrer Zartheit nicht einzeln zu verfolgen. Wir dürfen aber aus der Bil- dung des häutigen Randes an den Bruchflächen zerrissener Stiele mit einiger Sicherheit folgern, dass auch im Längsverlaufe die zarten Schichten nicht völlig mit einander verschmolzen sind. Wollte man gegenüber diesem Befunde den vorhin erhobenen. Ein- wurf auch jetzt noch wieder aufnehmen und auch das durch die Einwir- kung der Säure erzeugte Bild auf die Lagerung der Micelle zurückführen, so müsste man, da ja die sichtbar gemachten Schichten in ihrem Quer- verlauf eine gewisse messbare annähernd gleiche Dicke zeigen, annehmen, dass immer eine ganze Anzahl benachbarter Micellarreihen sich gegen das Reagens gleichverhalten. Solche sich gleichverhaltende Complexe von benachbarten Micellarreihen sind aber eben nichts anderes als Schichten. Wir wollen nun kurz den bis hierher zurückgelegten Weg noch ein- mal überschauen. Da die Angaben älterer Autoren über die Sichtbarkeit 14 einer Schichtung in den Cystolithenstielen bei Ficus elastica in direktem Widerspruch mit einander stehen, so war es nicht möglich, aus der un- mittelbaren Beobachtung an normalen Stielen einen allgemeingültigen Schluss über die Struktur der Gebilde abzuleiten, Die Belrachtung einiger abnormer Stielformen z>igle, dass wenigstens diese abnormen Bildungen aus Schichten zusammengesetzt sind. Da in einigen Fällen die deutlich geschichteten Stieltheile allmählich in die homogen erscheinenden über- gingen, so wurde es wahrscheinlich, dass auch die letzteren und ebenso auch alle normalen Gystolithenstiele eine lamellöse Struktur haben. Die beim Zerreissen entstehende regelmässige Bruchfläche der normalen Stiele liess dasselbe schliessen; es blieb indes noch unentschieden, ob nicht etwa die Form der Bruchfläche nur durch die Anordnung der kleinsten Theilchen in dem übrigens homogenen Stiele bedingt sei. Durch das Verhalten der Cystolithenstiele bei der Einwirkung von Ghromsäure aber wurde auch dieser Zweifel heseitigt, so dass wir zu dem Schluss gelangen: Die Stiele derCystolithen von Ficus elastica sind aus kappenförmigen Membranlamellenaufgebaut, welche auch seitlich über ein- ander hinweg verlaufen. b) Natur der radialen Stränge im Körper der Cystolithen. Wir kommen jetzt zur Erörterung der zweiten für unsere Betrachtung wichtigen Frage, über welche unter den früheren Autoren verschiedene Ansichten herrschen. Es handelt sich dabei um die Natur der radialen Stränge, welche den Körper der Cystolithen von seinem Innern bis zu der Spitze jeder Papille durchziehen. Vergegenwärtigen wir uns kurz, welche Ansichten bisher über diesen Punkt geäussert worden sind. Von den älteren Autoren, welche die radialen Stränge erwähnen, hat nur Payen') eine Meinung über die Bedeutung derselben ausgesprochen. Er bildet ein Bruchstück eines Cystolithenkörpers ab, auf welchem eine ganze Anzahl der radialen Stränge im Querschnitt sichtbar ist und erklärt diese für die Lumina der kleinen kalkerfüllten Zellen, aus denen nach seiner Auffassung der ganze Körper des Cyslolithen zusammengesetzt ist. Offenbar müssen ihm diese Querschnittbilder als Hohlräume respective als kalkerfüllte Räume erschienen sein. Schacht?) giebt an, dass die strahlenförmige Zeichnung im Innern der Cystolithenkörper bei der Entfernung der Kalksalze nicht verschwindet, und also den Zellstoffschichten selbst angehören müsse. Über die Ursache der Erscheinung weiss er nichts anzugeben. In neuerer Zeit hat Kny°) eine Behauptung über die Natur der Stränge aufgestellt. Er sieht im direkten Gegensatz zuPayen die radialen Stränge als substanz- reiche Zellstoffbalken an, die den Cystolithenkörper durchziehen und für denselben gewissermassen ein festes Grundgerüst bilden. Kny stützt seine 1) Mem. pxös. p. div. savants 1846 t. IX, p. 7. — 92.2.0. —- Y)a.n.O. k 15 Ansicht auf die Erscheinung, dass sich die Stränge mit Chlorzinkjod stärker färben als ihre Umgebung. Richter?) glaubt beweisen zu können, dass Kny’s Ansicht irrig sei, da die radialen Stränge durch Kochen der Cysto- lithen in Kalilauge verschwinden. Aus diesem Verhalten ist Richter geneigt zu schliessen, dass es sich hier um ein Abwechseln von wasser- reichen und wasserarmen Partien handelt. Dieser Meinung schliesst sich auch Penzig?) an. Man sieht, es sind bisher lediglich Vermuthungen über die Natur der radialen Stränge geäussert worden, die durch einige Experimente mehr oder weniger wahrscheinlich gemacht wurden. Wenn die Stränge sich mit Chlorzinkjod stärker färben, so ist damit zunächst nur gezeigt, dass dort Cellulose in anderer Anordnung und Vertheilung vorhanden ist, dass aber die Cellulose dort continuirliche, massive Stützbalken bildet, geht daraus keineswegs hervor und erscheint äusserst problematisch, wenn man bedenkt, dass die radialen Stränge sehr häufig im optischen Durchschnitt der Oystolithen perlschnurartig, wie aus einzelnen knopfigen Anschwellungen bestehend erscheinen. Ebenso wenig vermag das Richter’sche Experi- ment, das Kochen in Kalilauge, die daraufhin geäusserte Meinung genügend zu stützen, da ja bei der erwähnten Manipulation noch andere Veränderungen in dem pflanzlichen Gebilde veranlasst werden, als nur ein Ausgleich der Wasservertheilung innerhalb der Cellulose. Payen, der lediglich aus direkter anatomischer Beobachtung seinen Schluss über das Wesen der Stränge ableitete, musste notbwendig zu einer falschen Deutung des Beobachteten kommen, da seine ganze Auffassung von der Beschaffenheit des Gystolithenkörpers irrig war und für seine Schlussfolgerung falsche Voraussetzungen ergab. Fast könnte es scheinen, als ob Payens Beob- achtung eine Stütze für die von Richter aufgestellte Meinung abgeben könnte. Die von ihm als Zelllumen gedeuteten Stellen des Bruchstückes wären die von Richter angenommenen wasserreichen also substanzarmen Partieen, die bei ihrem geringen Durchmesser im Gegensatz zu ihrer Um- gebung im mikroskopischen Bilde des Querschnittes sehr wohl den Ein- druck eines Hohlraums hervorrufen könnten. Damit ist aber wiederum die von Kny beobachtete Thatsache unvereinbar, dass gerade diese Stränge sich mit Chlorzinkjod intensiver färben als alles Übrige. Wir müssen uns an das Objekt selber halten, um Aufschluss zu bekommen. Was aus dem Studium der optischen Durchschnilte von Cystolithen ge- folgert werden konnte, das ist sicher auch den früheren Autoren bekannt gewesen und hat eben nicht zu einer einheitlichen Deutung der Erscheinung geführt. Bei der Untersuchung handelte es sich also darum, die Cysto- lithen zu zerlegen, so dass eine nähere Prüfung der Erscheinung vor- genommen werden konnte. 1) a.a.0. — 2) Bot. Centralbl. 1881. No. 52. 16 Es ist ein äusserst seltener Fall, dass beim Schneiden des Blatigewebes von Ficus elastica ein Cystolith angeschnitten wird, da meistens, wenn ein Cystolith vom Messer gefasst wird, wie wir gesehen haben, der Stiel den nöthigen Zug nicht auszuhalten vermag und zerreisst. Das Zerdrücken der Gystolithen unter dem Deckglase ist ebenso eine wenig zuverlässige Methode, um günstige Präparate zu bekommen. Der gewöhnliche Fall dabei ist, dass alles zerquetscht wird, oder dass die eventuell vorhandenen grösseren Bruchstücke in dem gleichfalls zerquetschten umgebenden Zell- gewebe verschwinden. Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es mir endlich, eine Methode aufzufinden, die es ermöglicht, die Oysto- lithen in beliebiger Richtung zu schneiden und die Schnitte der Beob- achtung zugänglich zu machen. Von dem Ficusblatte — es war meist frisches Material, das ich be dieser Untersuchung benutzte, — wurde zunächst mit dem Rasiermesser die oberste Schicht der Epidesmiszellen abgeschält und darauf ein Fiächen- schnitt von dem freigelegten Gewebe hergestellt, so dick, dass ausser den innern Schichten der mächtigen Epidermis auch noch etwas von dem Pallisadenparenchym mit gefasst war. Solcher Schnitte wurden eine An- zahl neben und übereinander in der gewöhnlichen Weise auf Hollunder- mark in Gummi arabicum eingebettet, dem einige Tropfen Glycerin zu- gesetzt waren. Nachdem das Einbettungsmittel genügend fest geworden war, wurden sehr zarte (uerschnitte angefertigt und zunächst im Wasser- tropfen unter Deckglas untersucht, Es ist klar, welche Vortheile das ge- schilderte Verfahren bietet. Durch das Abschälen der oberen Zellschicht der Epidermis werden die Zellen.der Cystolithen geöffnet. Hebt man nun das die Cystolithen enlhaltende Gewebe ab und bringt es in die Gummi- lösung, so dringt die Flüssigkeit in die grossen Zellen ein und klebt er- härtend die Cystolithen in dem Gewebe fest, so dass sie vor dem Messer nicht ausweichen können. Fast in jedem auf diese Weise hergestellten Präparat fand sich eine Anzahl Theilstücke oder Schnitte von Cystolithen, deren Schnitiflächen für die Untersuchung verwendbar waren. Lag ein abgeschniltenes Stück eines Cystolithen, was aus leicht erkennbarem Grunde schr häufig der Fall war, auf der Schnittfläche, so war es leicht, das Theilstück durch Verschieben des Deckglases umzudrehen, da das wieder gelöste Einbettungs- medium den Tropfen ein wenig zähflüssig machte. Zunächst sah man auf den Schnittflächen den Verlauf der Schichtung nur hin und wieder schwach angedeutet. Nachdem aber das Präparat einige Minuten in dem Tropfen gelegen hatte, traten die Contaktlinien deutlich hervor, und man konnte jede einzelne Lamelle scharf erkennen. Diese Veränderung der Schnitte beruht auf dem langsamen Einwirken einer schwachen Säure. Es wird nöthig sein, auf diese Erscheinung später noch einmal zurück- zukommen. Sobald das Bild die nöthige Schärfe erlangt halte, wurde, 17 um weiterer Veränderung möglichst vorzubeugen, ein Tropfen Ammoniak und um zu schnelles Austrocknen zu verhüten, ein wenig Glycerin am Deckglasrande zugesetzt. So behandelt hielten die Präparate sich mehrere Tage hindurch. Wirkliche Dauerpräparate von wohlgelungenen Schnitten herzustellen, ist mir trotz vieler Versuche nicht gelungen. Stets traten in dem Präparate nachträgliche Veränderungen ein, die es werthlos machten. Wenden wir uns jetzt zur Betrachtung der Quer- und Längsschnitte _ von radialen Strängen. _Ouergeschnittene Stränge sind fast auf jeder Schnittfläche zu finden, wenn dieselbe nicht zufällig genau 'median durch den Körper des Cystolithen hindurchgeht. Die Querschnittbilder-aer Stränge sind kreisrund. Hinsichtlich ihrer substanziellen Zusammensetzung” zeigen dieselben auffallender Weise nicht überall die gleiche Beschaffenheit. In einer Reihe von Fällen sieht man den centralen Theil der Stränge von einer dichten Substanz gebildet (Taf. 1. Fig. 8b), in andern Fällen ist die innerste Partie entsprechend der schon von Payen gemachten Beobachtung ein Hohlraum (Taf.1. Fig.$Sa). Wir müssen die Erklärung dieses Umstandes noch ein wenig verschieben, um erst über die Struktur der Stränge Auf- schluss zu suchen. Da, wie die Betrachtung der optischen Durchschnitte lehrt, die Stränge senkrecht zum Verlauf der Schichten den Cystolithenkörper durchsetzen so wäre eigentlich zu erwarten, dass ein direkt rechtwinklig durch- schnittener Strang eine einfache kreisförmige Figur in der parallel zu ihrer Oberfläche getroffenen Schicht darstellte. Das ist nun aber nicht der Fall. Das Bild zeigt mehrere concentrische Kreise (Taf. I. Fig. 8a u. b). Man könnte aus der Vergleichung der Querschnittbilder und der Erscheinung der Stränge im optischen Durchschnitt geneigt sein zu folgern, die Stränge seien massive oder hohle Cylinder, die aus concentrischen Lamellen zu- sammengesetzt sind. Die Betrachtung der Längsschnitte lehrt etwas anderes- Die Längsschnitte der radialen Stränge sind auf Schnitten durch den Cystolithenkörper äusserst selten zu finden. Es mag das in der Consistenz der Stränge liegen, welche vielleicht das Messer beim Schneiden parallel zur Längsrichtung abgleiten lässt; und so wird es kommen, dass die Schnitt- —fläehen sehr häufig in der Nähe solcher Stränge parallel zu deren Richtung verlaufen. Falls der Schnitt nur der Oberfläche des Stranges nahe genug kommt, geben auch solche Bilder einige Anhaltspunkte für die Deutung (Taf. I. Fig. se). Man sieht nämlich, dass die Schichten des Cystolithen an der Stelle, wo sie von dem radialen Strang durchdrungen werden, nicht continuirlich in der vorhin eingeschlagenen Richtung verlaufen, sondern an dem Strang ein wenig trichterförmig nach dem Innern des Cystolithen zu eingezogen erscheinen. Noch deutlicher zeigten das allerdings die wenigen Fälle, in denen ein Strang wirklich median aufgeschnitten war (Taf.I. Fig.9). Im Innern des Cystolithenkörpers ist rings um die Stränge jede Schicht kraterförmig eingesenkt, so dass sie dieselben auf eine kurze Strecke über- Flora 1890, 2 18 kleidet. Nun erklärt sich leicht der Umstand, dass auf den Querschnitt- bildern der radialen Stränge der hohle oder massive Mittelraum von con- centrischen Schichten umgeben ist; die letzteren sind die quergeschnittenen kraterförmigen Partieen der nächstäusseren Membranlamellen. Wir müssen jetzt der Frage näher treten: Wie kommt es, dass die radialen Stränge bisweilen einen massiven Kern haben, bisweilen einen deutlichen centralen Hohlraum zeigen? Sehen wir zunächst, welche Be- schaffenheit der bisweilen vorhandene dichtere axile Theil der Stränge besitzt. Aus dem Umstande, dass das schneidende Messer so leicht an der OberfEiche der Stränge dahin gleitet, während es schwer hält, den Strang selber der Länge nach zu spalten, hatten wir oben die Vermuthung geschöpft, dass der axile Theil der Streifen härter sein möge als die um- gebende Cellulose. Damit stimmt es sehr schön überein, dass in den Fällen, in denen das Messer den Strang wirklich median getroffen hatte, immer ein Hohlraum die mittlere Partie des Stranges einnahm; mag man nun annehmen, dass hier überhaupt kein harter Innentheil vorhanden war, oder dass derselbe infolge seiner Sprödigkeit von dem Messer beim Schneiden herausgesprengt worden ist. Wenn aber wirklich die innere Partie eine andere Beschaffenheit hat als die Cellulose, so liegt der Gedanke nahe, dass sie aus dem Material besteht, welches ausser der Cellulose noch in Menge in dem Cystolithen vorhanden ist, aus kohlen- saurem Kalk. Sehen wir, ob diese Vermuthung begründet ist. Wir müssen uns zuerst darüber Klarheit verschaffen, in welcher Weise überhaupt der Kalk in dem Cystolithenkörper vertheilt ist. Wenn man von Payen absehen will, der den Cystoliihenkörper für ein Gewebe kleiner kalkerfüllter Zellen hält, und von Schleiden, der die Papillen auf dem Cystolithen für Kalkkrystalle erklärt, so findet man bei den früheren Autoren zwei Ansichten vorzugsweise vertreten. Nach der einen ist der kohlensaure Kalk zwischen die Cellulosemicelle in den einzelnen Lamellen molekular eingelagert, nach der andern befindet sich der Kalk, sei es in Krystallform, wie Hofmeister!) will, sei es amorph, zwischen den einzelnen Cellulosehäuten des Cystolithen angesammelt. Keine dieser Ansichten ist meiner Meinung nach im Stande, die Erscheinungen zu-on. — klären, welche beim Einwirken von Säuren auf Cystolithen, besor ers auf Schnittflächen derselben zu beobachten sind. Wir haben vorhin gesehen, dass, wenn man Schnitte vor Cystolithen, die nach der oben beschriebenen Methode hergestellt sind, in Wasser untersucht, die‘Schnittfläche zurfäichst ziemlich gleichmässig gelblich getönt erscheint; nur hin und wieder glaubt man die Andeutung einer Linie zu erkennen. Nach wenigen Minuten hat sich die Sache vollständig geändert. Die Lamellen treten gelblich gefärbt deutlich hervor, während die Contakt- 1) Lehre von der Pflanzenzelle 1867. p. 180. 19 linien zwischen ihnen als schwarze Streifen erscheinen. Überlässt man nun den Schnitt sich selber, ohne der weiteren Veränderung durch Zusatz von Ammoniak vorzubeugen, so sieht man im Lauf weniger Stunden den Sehnitt völlig glasartig durchsichtig werden, so dass sowohl die Schichtung als die radiale Zeichnung kaum noch undeutlich zu erkennen sind. Dabei bemerkt man deutlich, dass die Veränderung vom Umfange des Objektes ausgeht und allmählich weiter nach innen vordringt. Dasselbe Schauspiel mit gleichem Ausgange kann man im Verlauf weniger Sekunden beob- achten, wenn man gleich anfangs den Tropfen, in welchem der Schnitt liegt, etwas Essigsäure zusetzt vorausgesetzt, dass nicht stürmische Gasentwickelung die Beobachtung stört. Es ist also klar, dass die Veränderung, die der Schnitt erleidet auf Entziehung des Kalkes beruht, fraglich bleibt nur, durch welches Mittel im ersteren Falle die Entkalkung herbeigeführt wird. Da Zusatz von Ammoniak zum Tropfen den Prozess für einige Tage sistirt, so ergiebt sich, dass auch dort irgend eine Säure wirksam ist. Dieselbe muss aber sehr verdünnt sein, da ihre Wirkung ausserordentlich viel langsamer ist als die der geringsten dem Tropfen beigefügten Menge irgend einer Säure. Woher die Säure in dem Präparate stammt, das kann un- erörtert bleiben; vielleicht kommt sie aus dem Gewebe des Ficusblattes, vielleicht aus dem Einbettungsmittel. Wie erklärt sich nun die Erscheinung, dass auf Schnitiflächen die Einwirkung dieser verdünnten Säure zuerst die Contaktlinien deutlich her- vortreten lässt? Die Säure hat offenbar zunächst den frei zwischen den Lamellen liegenden Kalk aufgelöst und dadurch einen optischen Unter- schied zwischen den gelblich gefärbten Schichten und den nunmehr sub- stanzfreien, dunkel oder röthlich erscheinenden Spalten hervorgerufen. Die Lamellen selber sind aber keineswegs kalkfrei; schon ihre gelbliche Färbung lässt auf das Vorhandensein einer Einlagerung schliessen. Der zwischen den Cellulosemicellen eingelagerte Kalk in den Membranen ist der Säure schwerer zugänglich und wird also langsamer aufgelöst; dass er aber vorhanden ist und endlich auch angegriffen wird, ist durch die Thatsache bewiesen, dass nach einigen Tagen die gelbliche Färbung der Lamellen verschwunden und der ganze Schnitt fast glasartig durchsichtig geworden ist. Wir kommen also zu der Ansicht, dass der kohlensaure Kalk sowohl an die Cellulose gebunden als auch frei zwischen den Con- taktflächen vorkommt. Die vorhin geäusserte Verniuthung, dass auch die radialen Stränge in ihrem centralen Hohlraum Kalk enthalten, gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit. Zur Gewissheit wird dieselbe durch eine Beobachtung, die sicher und wiederholt an den Schnitten von Cystolithen gemacht wurde. Zu einem Schnitt, der auf seiner Fläche eine Anzahl von Querschnitten radialer Stränge zeigte, wurde Chlorzinkjod zugesetzt. Die darin enthaltene geringe Menge freier Säure wirkte vom Rande aus langsam ein und entzog dem Schnitt seinen Kalk. Das allmähliche Fort- 2% 20 schreiten der Einwirkung konnte deutlich beobachtet werden. Wenn nun die stetig weiterrückende Grenze zwischen dem entkalkten und dem kalk- haltigen Theil des Schnittes an einen Strangquerschnitt heranrückte, so blieb dieselbe nicht geradlinig, wie es hätte geschehen müssen, wenn dort Kalk und Cellulose in gleicher Weise vertheilt waren wie an den andern Punkten; ihr Fortschreiten erlitt auch nicht etwa an dem Querschnitt eine Verzögerung, wie es zu erwarten war, wenn sich dort ein mit Kalk durchsetzter dichterer Cellulosebalken befand: vielmehr schritt die Ein- wirkung der Säure über den Strangquerschnitt deutlich viel schneller fort als an den andern Stellen, so dass in der Grenze zwischen kalkfreiem und kalkhaltigem Theil eine Einbuchtung nach dem Schnittinnern zu entstand (Taf.l. Fig.7). Dies Verhalten zeigt deutlich, dass die Säure dort nicht wie in der Umgebung erst die Cellulose zu durchtränken brauchte, um den Kalk zu lösen, dass dort freier Kalk vorhanden war, der leicht gelöst dem Vor- dringen der Säure geringeren Widerstand entgegensetzte als die Gellulose- schichten. Die einander widersprechenden Querschnittbilder, welche bald die Stränge innen hohl, bald massiv zeigten, sind jetzt leicht zu erklären, wenn man annimmt, dass im ersteren Falle vom Messer beim Schneiden ein Endchen der spröden Kalkmasse herausgesprengt worden ist, während im anderen Falle der Kalk noch vorhanden ist und sich als massiven In- halt darstellt. Wir können das nunmehr über die Natur der radialen Stränge ge- wonnene Resultat in den Satz zusammenfassen: Die radialen Stränge im Körper derCystolithen von Ficus elastica sind sehr enge, eylindrische, kalkerfüllte Hohlräume, welche die Lamellen rechtwinklig zu ihrem Verlauf durchsetzen, doch in der Weise, dass jede Lamelle um die Stränge ein wenig krater- förmig nach innen herabgezogen ist und dieselben so auf eine kurze Strecke umkleidet. Als Einschränkung müssen wir hinzufügen, dass die kraterförmige Einsenkung der Lamellen um die Hohl- räume in den Papillen und äussersten Schichten junger noch nicht aus- gewachsener Cystolithen nicht ausgeprägt vorhanden ist, ein Umstand, der für die spätere Betrachtung seine Bedeutung hat. Sehen wir nun, ob die von den älteren Autoren über die radialen Stränge gesammelten Erfahrungen mit unserm Resultat in Einklang stehen. Dass Payen den Strangquerschnitt für einen kalkerfüllten Hohlraum an- gesehen hat, wurde schon erwähnt und ergiebt eine neue Stülze für un- sern Befund. Schachts Ansicht, dass die radialen Stränge dem Cellulose- körper angehören, ist nur theilweise bestätigt. Beim Entziehen des Kalkes verschwindet der Kern der Stränge, die trichterförmigen Einsenkungen der Lamellen, welche den centralen Hohlraum umkleiden, bleiben im optischen Durchschnitt des Cystolithen als radiale Stränge sichtbar. Knys Färbeversuch lässt sich ungezwungen erklären. Die um den Hohlraum 21 verhältnissmässig. dichten und kraterförmig herabgezogenen Partieen der Membranlamellen bilden um denselben einen continuirlichen Cellulose- mantel, welcher den Farbstoff speichert. Richters Versuch, bei welchem . durch längeres Kochen in Kalilauge die radialen Stränge im Cystolithen verschwinden, widerspricht gleichfalls unserm Resultate nicht, Durch die Manipulation wird der Cellulose nach Entziehung des Kalkes viel Wasser zugeführt und also starke Quellung hervorgerufen; dass solche Quellung im Stande ist einen Hohlraum, etwa einen Porus in einer Membran der Sichtbarkeit zu entziehen, ist nicht zu leugnen. Sieht man doch auf Holz- elementen, welche in Schulze’scher Mischung macerirt sind, die Tüpfel- kanäle auch nur in den wenigsten Fällen, und Kabsch’) schreibt in seinen Untersuchungen über die chemische Beschaffenheit der Pflanzen- gewebe, wo er von der Quellung von Holzgeweben in Chromsäure han- delt, ausdrücklich: »Die Porenkanäle werden dabei immer kleiner und verschwinden endlich ganze. Uebrigens bietet das von uns gefundene Resultat, nach welchem die radialen Stränge der Cystolithen von Ficus elastica mit Kalk erfüllte Kanäle sind, durchaus nichts neues und im Pflanzenreich unerhörtes dar. Richter?) stellt den Cystolithen der Urtieineen, hei denen nach seiner Ansicht die radialen Stränge auf einem Unterschied in der Wasservertheilung beruhen, diejenigen der Acanthaceen und der Pilea-, Elatostemma- und Myriocarpa-Arten als eine zweite Gruppe gegenüber, und führt aus, dass bei den letzteren statt der radialen Stränge radial angeordnete Hohlräume vorhanden sind, welche kohlensauren Kalk enthalten. Aus der Analogie kann nichts neues bewiesen werden, aber ein ein- mal Bewiesenes gewinnt sicher an Bedeutung, wenn sich zeigt, dass es mit ähnlichen, bekannten Erscheinungen übereinstimmt, und sich zwangslos in den Kreis des als feststehend Anerkannten einreiht. IV. Untersuchungen über das Wachsthum der CGystolithen von Ficus elastica. a) Entstehung der Schichtung. Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten den Boden für die weiteren Untersuchungen geebnet haben, können wir an die Erörterung der Hauptfrage gehen: Was lehren uns die anatomischen Befunde über die Entstehung und das Wachsthum der Cystolithen? Der springende Punkt wird dabei zuerst die Frage nach der Entstehung der Schichtung sein. Im Allgemeinen kann man sich die Schichtung eines vegetabilischen Körpers auf zwei verschiedene Weisen entstanden denken; entweder 1) Pringsheims Jahrb. III. p. 390. — 2) a. a. O. 22 können die Schichten durch innere Differenzirung hervorgebracht worden sein, oder sie sind Neubildungen, welche successive von aussen her auf- gelagert worden sind. Um zu entscheiden, welcher Fall bei unserm Objekt zutrifft, müssen wir die verschiedenen Entstehungsweisen näher ins Auge fassen. Wenn bei einem vegetabilischen Körper eine innere Differenzirung zur Ausbildung der Schichten geführt hat, so muss der Körper seine endliche Grösse durch Wachsthum, entweder Intussusception oder Apposition, erreicht haben. Dass bei einem ausgiebigen Intussusceptionswachsthum frei ausdehnbarer Gebilde Spannungen und infolge derselben Spaltung und Schichtenbildung eintreten müssen, hat Nägeli') gezeigt. Bei einem Wachsthum durch Apposition kleinster Theilchen kann eine Schichtung nicht direkt entstehen, immerhin aber könnten sekundäre Vorgänge, Quellung oder Auslaugung, nachträglich eine Schichtenbildung hervorrufen, Da nun die Cystolithen von Ficus elastica in allen Entwickelungsstadien bis in die äussersten Lagen geschichtet sind, die Schichtenbildung also “mit der Grössenzunahme des Objektes gleichen Schritt hält, so ist an eine nachträgliche Ausbildung der Schichten durch Quellung oder Auslaugung nicht zu denken; wir können diesen Fall daher bei der weiteren Betrach- tung ausser Acht lassen. Wir haben also nunmehr nur noch zwei Mög- lichkeiten einander gegenüber zu stellen: Entweder entsteht die Schichtung in den Gystolithen von Ficus elastıca durch die Spaltungen und die Substanzeinlagerung, welche gemäss den von Nägeli gefundenen Gesetzen das Intussusceptionswachsthum begleiten, oder die Schichten, aus welchen die Cystolithen bestehen, sind successive vom Plasma aus aufgelagerte embranlamellen. Wir können den Gegensatz auch so aussprechen: Die Cystolithen von Ficus elastica sind entweder einheitliche Cellulosekörper, welche lediglich durch Intussusceptionswachsthum aus der ursprünglichen Anlage hervorgegangen und dabei innerlich differenzirt worden sind, oder sie stellen Complexe von Neubildungen dar, deren einzelne hautähnliche Elemente nach einander vom Plasma angelegt worden sind, wobei es zunächst dahin gestellt bleibt, ob etwa die einzelnen Lamellen nach ihrer Anlage noch ein Wachsthum erfahren oder nicht. Es fragt sich, ob aus der Beschaffenheit einer Schiehtung überhaupt mit Sicherheit ersehen werden kann, ob dieselbe durch Auflagerung neuer Lamellen vom Plasma aus, oder durch Intussusception entstanden ist; ob charakteristische Unterschiede zwischen den auf verschiedenen Wegen ent- standenen Schichtungen existiren. In seiner Arbeit über Struktur und Wachsthum vegetabilischer Zellhäute ist es Krabbe gelungen, an den benachbarten Verdickungsschichten der Zellwände in den Bastzellen von Nerium gewisse Verschiedenheiten im molekularen Aufbau nachzuweisen, 1) Stärkekörner — pag. 809 figde, 23 welche einen direkten Schluss auf die Entstehungsweise der Schichtung zuliessen. Solche sicheren Merkmale habe ich bei den Schichten der Cystolithen trotz sorgfältigen Suchens nicht entdecken können, wir müssen uns deshalb nach allgemeineren Anzeichen umsehen. Über die Natur der durch Intussusception entstandenen Schichtung können wir uns bei Nägeli eingehend unterichten. Mit sicheren Schritten von Punkt zu Punkt vorwärtsgehend hat Nägeli die molekularen Vor- gänge beim Wachsthum der Stärkekörner theoretisch erschlossen und dar- auf die Theorie der Intussusception begründet. Aus seiner Darstellung . geht ohne Zweifelhhervor, dass in einem durch Intussusception wachsenden, frei dehnbaren Gebilde die Schichtung dadurch zu Stande kommt, dass weichere Schichten im Innern der vorhandenen dichteren ausgebildet werden. Die Schichten in einem solchen Körper müssen also von ver- schiedener Dichtigkeit sein. Ferner muss auch die Dicke der einzelnen Schichten verschieden sein. Da nämlich in dem wachsenden Körper die Spannungen in der Nähe des organischen Mittelpunktes am grössten sind wegen der Kleinheit des Krümmungsradius der Schichten, so müssen sich dort die weichen Schichten am mächtigsten ausbilden, und da ausserdem die zur Schichtenbildung führenden Spaltungen von einander in gewissem Grade unabhängig vor sich gehen, so werden in dem durch Intussusception wachsenden Gebilde gleichzeitig neben soeben gespaltenen Schichten auch solche vorhanden sein, denen die Spaltung kurz bevorsteht, deren Dicke also etwa das Doppelte beträgt. Wenn also die Cystolithen von Ficus elastica durch die Intussusception aus der ursprünglichen Anlage hervor- gegangen wären, so müssten wir erwarten, dass die Schichten, aus welchen dieselben bestehen, abwechselnd weich und dicht seien, dass die weichen Schichten im Innern der Gystolithen viel dicker seien als nach dem Rande zu, und dass auch sonst in der relativen Dicke der Schichten beträchtliche Unterschiede vorhanden seien. Wir haben zunächst die Frage zu entscheiden: Beruht die Schichtung der Cystolithen von Fieus elastica auf dem Abwechseln weicher und dichter Schichten, oder sind die Schichten gleichartig? Die meisten früheren Autoren sind der Ansicht, dass die Cystolithen von Ficus elastica aus ab- wechselnden wasserarmen und wasserreichen Schichten aufgebaut sind; ich bin besonders durch das Studium der Querschnitte durch Cystolithen zu dem Resultate gekommen, dass die Schichten nicht substanziell ver- schieden sind. Schichten von verschiedener Dichtigkeit müssten optisch verschieden wirken. Schon der Umstand, dass die Stiele, welche, wie gezeigt wurde, ebenfalls aus Celluloseschichten bestehen, in der Mehrzahl der Fälle fast völlig homogen erscheinen, lässt schliessen, dass die Schichten nicht different ausgebildet sind. Es ist in einem vorhergehenden Abschnitte gesagt worden, dass die Schnitte von Cystolithen, wenn sie gleich in Wasser untersucht werden, anfänglich auf ihrer Fläche kaum die Spur 24 einer Schichtung erkennen lassen; bringt man die Schnitte gleich zu Anfang schnell in Ammoniak, so erscheint die Schnittfläche gleichmässig gelb gefärbt, ohne jede Andeutung des Schichtenverlaufes, ein Verhalten, welches wohl nicht zu Stande kommen könnte, wenn ein Unterschied im Substanzreichthum der einzelnen Partieen vorhanden wäre. Sobald der Schnitt kurze Zeit der Einwirkung einer schwachen Säure ausgesetzt ge- wesen ist, erscheint auf der Fläche eine Zeichnung dunkler Linien, die durch Substanzlamellen von völlig gleichem Aussehen getrennt sind. Man könnte nun glauben, dass die dunklen Linien, welche ich nach ihrem Aussehen für Contaktlinien oder Spalten erkläre, weichere Schichten seien. Dagegen spricht mit aller Entschiedenheit der Umstand, dass die dunklen Linien in ihrer Dicke hinter den zwischen ihnen liegenden Substanzlamellen weit zurückbleiben und nach dem Innern des Cystolithen zu meist zarter niemals breiter sind als weiter aussen, während doch nach Nägelis Dar- stellung!) die durch Intussusception, entstandenen weichen Schichten sehnell in die Dieke wachsen und in der Nähe des Centrum am stärksten sein müssen. Die dichten Lamellen in den Gystolithen zeigen, wenn sie rechtwinklig durchschnitten wurden, einen annähernd gleichen Durch- messer, niemals fand ich vom Schnittrande entfernt zartere Schichten, wie sie beim Intussusceptionswachsthum auftreten müssen, wenn sich inner- halb einer weichen Schicht die mittlere Partie durch vorwiegende Er- nährung zu einer dichteren Schicht umbildet. Es kann kein Zweifel sein, die Schichtung der Oystolithen von Ficus elastica kann nicht aus den bei der Intussusception auftretenden Spaltungen hervorgegangen sein. Die Schichten der Gystolithen von Ficus elastica entstehen durch successive Auflagerung neuer Lamellen. Es erübrigt zu zeigen, dass dieses Resultat geeignet ist, für die ana- tomischen Befunde an den Gystolithen hinreichende Erklärungen zu geben. Im Innern der in einem frühern Abschnitt schon beschriebenen abnorm verdickten Cystolithen (Taf. 1. Fig.2) ist ein fester, scheinbar nicht mehr ge- schichteter Kern sichtbar, der nach Form und Aussehen ganz einem jungen Cystolithenstiel gleicht. Ueber diesem Kern liegen dann eine Anzahl von Schichten, welche sich zunächst seinem äussern Umriss anschmiegen, weiter nach aussen zu aber alle Vorsprünge und Unregelmässigkeiten des Kernes ausgleichen und mehr und mehr verschwinden lassen. Dieses Verhalten zeigten alle Fälle, in denen eine ähnliche Stielverdickung vorlag. Es scheint mir auch abgesehen von der voraufgehenden Beweisführung nicht zweifelhaft, wo in diesen Fällen die jüngste Schicht zu suchen sei. Wollte man annehmen, dass der jugendliche Stiel vom Zeitpunkte der die Ab- normität veranlassenden Verwundung des Blattes an durch Intussusception gewachsen sei, so wäre es überaus wunderbar, dass der äussere Umfang )a. 2.0. p 31, % 25 des Stieles jetzt gar keine oder doch nur geringe Unebenheiten zeigt, während im Innern Spaltungen in der Weise erfolgt sein müssten, dass als innerer Kern ein Gebilde resultirt, welches einem jungen noch unent- wickelten Cystolithenstiel aufs Haar ähnlich sieht. Gemäss den Gesetzen der Intussusception müssten der ziemlich regelmässigen Oberfläche ent- sprechend die Spalten und Schichten im Innern gleichmässig dem Um- fange annähernd parallel verlaufen. Die Erkenntnis, dass die Gystolithen durch Auflagerung entstehen, lässt eine sehr einfache Erklärung der That- sachen zu. Der Kern repräsentirt den jungen Gystolithenstiel in dem Moment, wo die Verletzung des Blattes erfolgte. Er besteht, wie ja vor- hin für alle Stiele nachgewiesen wurde, aus einzelnen Schichten, die im Querverlauf eine gewisse Dicke haben, im Längsverlauf ausserordentlich zart sind. Von der Verwundung des Blattes an wurden Schichten von durchweg gleichmässiger Dicke über das Stielchen gelagert, welche all- mählich die unregelmässigen Contouren desselben nach aussen hin mehr und mehr ausglichen. Um auch an dem Verlauf der Schichtung im Körper des Cystolithen unser Resultat prüfen zu können, wenden wir uns zunächst wieder an die auf den Schnittflächen von Cystolithen gegebenen Bilder. Es ist nicht leicht, aus irgend einem beliebigen Schnitt, dessen Lage man nicht genau kennt, den Verlauf der Schichten zu construiren, da man ja aus dem Bilde der Schnittfläche nicht mit Sicherheit ersehen kann, ob eine Schicht rechtwinklig durchschnitten ist oder nicht. Wir werden am sichersten gehen, wenn wir unsere Betrachtung auf solche Schnitte beschränken, die einen Gystolithen median getroffen haben. In dem Falle sind alle Schichten annähernd rechtwinklig geschnitten, und wir können ihren räumlichen Verlauf leicht beurtheilen. Wie in den abnorm verdickten Cystolithenstielen der Kern einem jungen Stiele ähnlich war, so müssen auch die inneren Schichtencomplexe eines ausgewachsenen Cystolithen den jungen Entwickelungsstadien ähnlich sein. Bei der Vergleichung eines jungen mit den innern Schichtencomplexen eines älteren Cystolithen er- giebt sich nun ein Übelstand. Die Jugendformen sind nicht einander gleich, es zeigen sich mancherlei individuelle Verschiedenheiten, welche die Einfachheit der Erscheinung stören und zu Trugschlüssen Anlass werden können. Wir wollen deshalb unser Augenmerk, um sicher zu gehen, nur auf einen ganz allgemeinen Punkt richten. Die jungen Cystolithen zeigen meist, sobald nur erst einige optisch differente Schichten um das Stielende vorhanden sind, Papillenbildung. Wenn nun die Cystolithen durch fortwährende Auflagerung von Schichten sich vergrössern, so müssen in alten Cystolithen die innern Schichten papillenähnliche Vorwölbungen besitzen. In der That ist das der Fall; manche Schnitte zeigen es mit grosser Deutlichkeit (Taf.I. Fig.10). Oft sind aber die Querschnitte der Schichten im Innern nur schwach gewellt, so dass zwar- 26 auch hier noch um jeden radialen Strang die Papillenbildung der Jugend- stadien zu verfolgen ist, aber die papillösen Vorwölbungen erscheinen ihrer Form nach wesentlich anders als die Papillen junger Cystolithen Es ist das eine Erscheinung, die noch besonderer Würdigung bedarf, wir werden im nächsten Abschnitt darauf zurückkommen. Hier genügt es, gezeigt zu haben, dass sich die Ausbildung der Papillen im Innern älterer Cystolithen zurückverfolgen lässt, dass die inneren Schichtencomplexe den früheren Entwickelungsstadien entsprechen. Eine sichere Bestätigung dafür, dass die Schichtung durch Auflagerung neuer Lamellen vom Plasma aus zu Stande kommt, geben die Doppel- cystolithen, die sich zuweilen in Blättern von ganz normalem Aussehen finden (Taf. I. Fig. 11). Es haben sich dort, durch Gabelung des Stieles hervorgerufen, zwei Centren für die Schichtenablagerung des Cystolithen- körpers gebildet, die ursprünglich getrennt neben einander bestehen; später aber, wenn dieselben durch die Umhüllung mit Schichten soviel an Aus- dehnung gewonnen haben, dass sie sich berühren, so werden sie von gemeinschaftlichen Membranlamellen umkleidet. b) Nachträgliche Veränderungen. In den vorhergehenden Abschnitten sind uns einige Thatsachen auf- gestossen, für welche wir vorläufig keine ausreichende Erklärung geben konnten. Wir haben gesehen, dass die Schichten in ausgewachsenen und im Innern von jungen Cystolithen um jeden radialen Streifen trichter- förmig eingezogen sind, während diese Einsenkung sich an den äusseren Schichten junger noch wachsender Cystolithen nicht findet. Ferner hat sich gezeigt, dass die den Papillen entsprechenden Vorwölbungen der innern Schichten auch äusserlich ganz anders geformt sind als die Papillen an der Oberfläche junger Cystolithen. Es sind das Erscheinungen, welche unzweifelhaft darauf hinweisen, dass an den vom Plasma ausgebildeten Men- branlamellen nach ihrer Auflagerung noch sekundäre Veränderungen statt- haben. Es ist zu untersuchen, welcher Art diese nachträglichen Vorgänge sind. Fassen wir zunächst die Unterschiede zwischen den jüngeren und älteren Schichten der Cystolithen näher ins Auge. Die Oberfläche der jungen Cystolithen ist zum grossen Theil mit Papillen bedeckt, welche Kuppelform haben und meist höher als breit sind. Bei oberflächlicher Betrachtung scheinen dieselben,nur aus dem radialen Strang und einer äusseren Hautschicht zu bestehen, während das Innere wie ein (mit Flüssigkeit erfüllter Hohlraum sich darstellt. Bei Anwendung von Im- mersion erkennt man bei günstiger Beleuchtung, dass auch der Innenraum von Membranlamellen eingenommen wird, welche äusserst zart und substanzarm sind. Dieselben verlaufen quer durch die Papille; in der Nähe der Seitenwand biegen sie in die Längsrichtung -ein und verschmelzen dort scheinbar mit einander zu einer stärkeren peripherischen Hautschicht, 27 welche bei schwacher Vergrösserung als die einzige Celluloseschicht der Papille erscheint. Um den radialen Strang behalten die zarten Schichten ihre Richtung senkrecht zu demselben bei, sie scheinen in unmittelbarer Nähe des Stranges substanzreicher und mit einander verwachsen zu sein und so eine continuirliche Umhüllung desselben zu bilden. Die den Papillen entsprechenden Vorwölbungen der älteren Schichten eines Cysto- lithen sind meistens nur flach, selten so hoch als breit. Alle älteren Schichten erscheinen substanzreich und haben einen annähernd gleichen Durchmesser, welcher denjenigen der zarten Schichten in jungen Papillen: vielmals übertrifft. Nur ausnahmsweise ist es im Innern der Cystolithen zu beobachten, dass zwei Schichten scheinbar in eine verschmelzen, während doch in den jungen Papillen alle Schichten zu der einen Haut- schicht zusammenlaufen, Endlich zeigt jede ältere Schicht in Gegensatz zu den jüngeren die kraterförmige Einziehung um die radialen Stränge. So verschiedener Art auch die Differenzen sind, welche wir zwischen den jüngeren und älteren Schichten aufgefunden haben, es scheint mir nicht unmöglich, sie alle auf dieselbe Ursache zurückzuführen. Zunächst giebt der Umstand, dass die äusseren Schichten zart und substanzarm, die innern verhältnismässig dick und substanzreich sind, einige Aufklärung über die Natur der nachträglichen Veränderung. Es liegen offenbar nur zwei Möglichkeiten vor: Entweder haben sich von den zarten Lamellen, die in den jungen Papillen wahrnehmbar sind, nachträglich je mehrere zu einer einzigen stärkeren Schicht vereinigt, oder die einzelnen Lamellen haben eine Substanzzunahme erfahren. Beide Vorgänge könnten auch neben einander hergehen. Da von den zarten Schichten in den Papillen zu den dichteren und dickeren Schichten im Innern ein allmählicher Über- gang stattfindet, so ist nicht anzunehmen, dass .eine Verschmelzung der Schichten vor sich geht. Es ist also eine nachträgliche Substanzeinlagerung vorhanden. Dieselbe erklärt auch in der That alle Unterschiede, welche zwischen den älteren und jüngeren Schichten der Cystolithen bestehen. Wir haben gesehen, dass die zarten Schichten in den Papillen nach dem Rande zu scheinbar in eine einzige Hautschicht zusammenlaufen. Offenbar liegt hier derselbe Fall vor wie bei den Schichten des Oystolithen- stiels, d. h. die einzelnen feinen Schichten der Papille sind aus verschie- denen Gründen in der Randpartie optisch nicht unterscheidbar, ohne dass indessen eine wirkliche Verschmelzung stattgefunden hätte. Verdicken sich nun die einzelnen Schichten durch Substanzaufnahme, so werden die anscheinend verschmolzenen Lamellen infolge der Verbreiterung ihres Querschnittes optisch unterscheidbar. Da haben wir dann im Innern des Cystolithen continuirliche annähernd parallel zur Oberfläche verlaufende Schichten von fast gleichmässiger Dicke. Bei der Einlagerung von Substanz in einen organisirten Körper müssen, wenn eine Grössenzunahme des Gebildes zu Stande kommen soll, 28 die Molekularkräfte im Innern desselben, welche den Zusammenhang des Körpers bedingen, soweit überwunden werden, dass die eingelagerte Sub- stanz zwischen den Micellen der Grundsubstanz Raum hat. Da nun die Celluloselamellen, aus denen die Cystolithen bestehen, sowohl während ihrer Ausbildung als auch nach der Auflagerung unter dem Einfluss des hydrostatischen Druckes stehen, so ist es erklärlich, dass die Intensität der bei der Substanzeinlagerung zu überwindenden Kräfte nicht nach allen Richtungen hin dieselbe ist, dass die Micelle in tangentialer Richtung leichter auseinander gerückt werden können als in radialer. Die Beob- achtung im polarisirten Licht liefert eine Bestätigung für die Annahme einer derartig heterogenen Ausbildung der Molekularstruktur in den Lamellen. Die Schichten der Cystolithen von Ficus elastica sind, wie sich an Schnitten leicht constatiren lässt, doppelbrechend, und zwar wird diese Wirkung der Hauptsache nach durch die Cellulose erzeugt. Wenn man bei gekreuzten Nicols dem Schnitt seinen Kalk entzieht, so ändern sich die Farben so wenig, dass sich nieht entscheiden lässt, ob lediglich eine Schwankung der Intensität vorliegt, oder ob auch eine Nüaneirung der Farben stattgefunden hat. Die kleine Achse des Blastieitätselipsoids, im Sinne von Nägeli und Schwendener verstanden, liegt in Beziehung auf den Körper des Gystolithen stets radial, d. h. die Lamellen verhalten sich optisch so, als ob sie in radialer Richtung zusammengepresst wären. Entsprechend der grösseren Blastieität wird die Substanzeinlagerung in den einzelnen Schichten in tangentialer Richtung etwas grösser sein als in radialer, die Dickenzunahme bleibt im Verhältnis hinter der Flächen- vergrösserung zurück. Es müssen also Spannungen entstehen '), welche die Schichten in radialer Richtung von einander zu entfernen streben. Die Contaktflächen der Lamellen werden sich ein wenig von einander ent- fernen und die so entstehenden schmalen Spalten werden sich mit der einwandernden Substanz füllen. Rings um die radialen Stränge sind die Schichten mit einander verwachsen, sie können dort dem centrifugalen Zuge nicht folgen. Es müssen also dort die trichterförmigen Einsenkungen entstehen, welche wir auf den Längsschnitten durch radiale Stränge beob- achteten. Sowohl durch die Verdickung der einzelnen Lamellen und durch das Auseinanderrücken der Contaktflächen, als auch durch die Ent- stehung der trichterförmigen Einsenkungen wird, wie leicht zu ersehen ist, die äussere Form der Papillen bedeutend verändert; die Vorwölbungen werden flacher und breiter, bis sie auf dem Querschnitt fast nur noch als wellige Verkrümmungen der Lamellen erscheinen. Ich muss hier noch kurz eines Umstandes gedenken, der zu einem Missverständnisse Anlass geben könnte. In einem früheren Abschnitte ist gesagt worden, dass auf der Schnittfläche eines Cystolithen die dunkeln ı) Nägeli, Stärkekörner p. 304. 29 Linien zwischen den Lamellen in der Nähe des Centrum am schmalsten sind. Da bei gleichmässiger Substanzeinlagerung die Spannung der Lamellen in der Nähe des Mittelpunktes wegen der kleinen Krümmungs- radien am grössten sein muss, so könnte man erwarten, dass auch die Spalten dort am weitesten klaffen. Das ist aber nicht der Fall aus dem Grunde, weil die sekundären Vergrösserungen der Lamellen nicht erst an dem ausgewachsenen Gebilde auftreten, sondern successive mit der Auf- lagerung neuer Lamellen forischreiten. Mag nun anfangs die Auflagerung so schnell vor. sich gehen, dass die innersten Schichten bald von der sekundären Substanzeinlagerung abgeschlossen sind, oder mag überhaupt die Menge der eingelagerten Substanz im Anfang geringer sein; die ersten Schichten werden nicht so stark verdickt und infolge dessen sind auch die Spannungen schwächer und die Spalten zwischen den Contaktflächen nicht so weit geöffnet. Nachdem wir gezeigt haben, dass alle Unterschiede zwischen den jungen und älteren Schichten eines Cystolithen von Ficus elastica folge- richtig aus der nachträglichen Vergrösserung der Lamellen durch Substanz- einlagerung erklärt werden können, wollen wir versuchen über das Wesen der Substanzeinlagerung eine Ansicht zu gewinnen. Leider lässt unser Objekt uns dabei im Stiche. Wir wissen zwar, dass die Celluloseschichten der Cystolithen nach ihrer Anlage mit kohlensaurem Kalk inkrustirt werden und dass die Menge des eingelagerten Kalkes im ausgewachsenen Cysto- lithen sehr beträchtlich ist; aber es ist nichts darüber bekannt, ob über- haupt durch Inkrustation eine Vergrösserung eines Cellulosekörpers her- beigeführt werden kann. Strasburger vermuthet freilich, dass in einigen Fällen durch Verkorkung Diekenzunahme einer Membran bewirkt werde, indes fehlt der Vermuthung die zureichende Begründung, daja der Dieken- zuwachs, wenn wirklich vorhanden, durch einwandernde Cellulose ohne aktive Betheiligung der Suberinsubstanz erfolgen könnte. Die theoretische Erörterung dieser Frage würde hier zu weit und vorläufig kaum zum Ziele führen, da erst sehr wenig Beobachtungsmaterial über den Gegen- stand vorliegt. Ich behalte mir die eingehende Behandlung dieser Frage für eine spätere Arbeit vor. Zum Schluss will ich noch auf eine Thatsache hinweisen, welche vielleicht später für die Beurtheilung der sekundären molekularen Vorgänge in den Cystolithen einen Anhalt geben kann. Wenn man erwachsenen Cystolithen von Ficus elastica den Kalk entzieht, so verlieren die Cellulose- lamellen sehr stark an Substanz, sie erscheinen endlich etwa ebenso substanzarm, wie die noch nicht verkalkten äussersten Schichten eines jungen Cystolithen. Form und Ausdehnung aber,. welche die Lamellen durch die sekundären Veränderungen gewonnen haben, bleiben bei der Entkalkung unverändert erhalten. Daraus geht ohne Zweifel hervor, dass die Vermehrung der Dichtigkeit der Lamellen ausschliesslich oder fast aus- 30 schliesslich auf die Einwanderung des Kalkes zurückzuführen ist. Ob aber die Veränderung von Form und Ausdehnung der Celluloseschichten auch lediglich auf der Inkrustation beruht, oder ob etwa auch eine Intus- susception von Cellulose stattfindet, das muss vor der Hand unentschieden bleiben. V. Schluss. Die Hauptergebnisse der vorliegenden Arbeit glaube ich in folgende Sätze zusammenfassen zu dürfen: 1) Der Stiel der Cystolithen von Ficus elastica besteht aus kappen- förmigen auch seitlich übereinander verlaufenden Membranlamellen von gleicher Beschaffenheit. 2) Der Körper dieser Cystolithen ist aus gleichartigen annähernd con- centrischen Celluloselamellen aufgebaut, in und zwischen denen kohlen- saurer Kalk eingelagert ist. 3) Die radialen Stränge im Körper der Cystolithen von Ficus elastica sind kalkerfüllte, röhrenförmige Hohlräume. 4) Die Schichtung in Stiel und Körper entsteht durch successive Auf- lagerung gleichartiger, vom Zellplasma aus gebildeter Celluloselamellen. 5) Die Celluloselamellen im Körper der Cystolithen von Ficus elastica gewinnen nach ihrer Auflagerung noch beträchtlich an Dichtigkeit und Ausdehnung. Die Vermehrung der Dichtigkeit beruht ausschliesslich oder fast ausschliesslich auf der nachträglichen Einwanderung von kohlensaurem Kalk; ob auch die Zunahme an Dicke und Fläche ebenfalls auf die Kalk- einlagerung zurückgeführt werden muss, oder ob eine Intussuseeption von Cellulose stattfindet, das bleibt unentschieden. Erklärung der Figuren auf Tafel I. Alle Figuren beziehen sich auf die Cystolithen von Ficus elastica. Fig. 8 und 9 sind etwa 1200 mal, alle übrigen 650 mal vergrössert. Fig. 1. Normaler Cystolithenstiel, Fig. 2. Abnorm verdickter Stiel. Fig. 3. Abnorm verlängerter Stiel. Fig. 4. Junger Cystolith im optischen Durchschnitt. Fig. 5 und 6. Bruchstellen zerrissener Stiele. Fig. 7. Schnittstück eines Cystolithen bei Einwirkung von Chlorzinkjod. Fig. 8. Partie von der Schnittfläche eines Cystolithen. Bei a und 5 geht der Schnitt quer durch radiale Stränge, bei c verläuft er oberflächlich längs eines solchen. Fig. 9. Partie von der Schnittääche eines Oystolithen. Längsschnitt durch einen radialen Strang. Fig. 10. Längsschnitt durch den Körper eines erwachsenen Cystolithen, Fig. 11. Querschnitt durch einen Doppeleystolithen. Histochemische Untersuchungen verholzter Membranen. Ein Beitrag zur Physiologie der Gewebe-Metamorphose von Robert Hegler. (Hierzu Tafel IL) Von chemischer sowohl als physiologischer Seite versuchte man des Oefteren der Frage über, das Wesen der Verholzung pflanzlicher Gewebe näher zu treten, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre, eine auch nur einigermassen befriedigende Erklärung des Verholzungsprocesses zu geben. Bei dem heutigen Stand der Frage bilden, insbesonders für den Physiologen, die histochemischen Reactionen, soweit solche bei verholzten Membranen in Betracht kommen, das wichtigste Moment, und es bedarf wohl nur dieses Hinweises, um eine kurze Wiederholung der verschiedenen, allerdings schon öfter besprochenen Reactionen zu rechtfertigen, ehe ich zu einigen neuen specifisch verschiedenen übergehe. I. Schon Hugo v. Mohl!) hatte aus dem Ausbleiben der Cellulose- reaction mit Jod und Schwefelsäure oder Chlorzinkjod geschlossen, dass neben Cellulose noch verschiedene andere organischen Stoffe im pflanz- lichen Gewebe vorkommen, welche die genannte Cellulosereaction sowie die Löslichkeit in Kupferoxydamoniak aufheben und die dann später von Payen als »inkrustirende Substanz«, als »Holzsubstanz« bezeichnet wurden. Der Nachweis eines verholzten Gewebes wurde also einerseits durch das negative Resultat der Cellulose-Reaktionen, andererseits durch Gelbfärbung mit dem aus der Praxis der Papierfabrikation herübergekom- menen Kaliumhydroxyd geliefert. Da letzteres jedoch die Eigenschaft besitzt noch andere als verholzte Membranen gelb zu färben, so ist es als ein grosses Verdienst Wiesner’s zu verzeichnen, in den Salzen des Anilins, Naphtalidins, Toluidins u. a., deren Eigenschaft einen Fichten- spahn gelb zu färben schon Runge und Hoffmann zur Idenfitäts- reaktion auf dieselben benützten, und speciell im schwefelsauren Anilin vorzügliche positive Holzreagentien gefunden zu haben. Im Jahre 1877 machte dann v. Höhnel die interessante Beobach- tung, dass sich verholzte Membranen mit Phenol und Salzsäure oder mit Kirschholzextractlösung und Salzsäure in charakteristischer Weise stark färben, und zwar in ersterem Falle blau, in letzterem rothviolett. Er bezeichnete die im Kirschholzextracte wirksame Substanz, deren 1) Bezüglich der älteren Litteratur verweise ich auf Sachsse, die Chemie und Physiologie der Farbstoffe ete., Leipzig 1877, und Behrens, Hilfsbuch z. Ausführ, Mikroscop. Untersuch., Braunschweig 1888, 32 chemische Identificirung ihm nicht gelang, Xylophilin. Wiederum war es Wiesner, der zeigte, dass das Xylophilin Höhnel’s ein Gemenge von Phloroglucin und Brenzkatechin sei, und der dann das Phloroglucin in Verbindung mit Salzsäure als sehr empfindliches Holzreagens in die bota- nische Mikrochemie einführte. Ausserdem wurden dann noch im Pyrro], Scatol!) und Indol?) specifische Holzreagentien entdeckt, die sich aber, abgesehen vom hohen Preise, ihrer leichten Zersetzlichkeit und ihres schlechten Geruchs halber nicht empfehlen. Im Orecin®), Resorein *) und Carbazol!) fand man ebenfalls brauchbare Holzreagentien, die weiter unten vergleichend besprochen werden. Was die Hand in Hand gehende Förderung der rein chemischen Seite®) der Frage betrifft, so ist hier in erster Linie die Arbeit Singer’s°) zu erwähnen, der den Nachweis von Vanillin und Coniferin in der Mem- bran als zweier constanter Begleiter verholzter Gewebe führte”). Mit dem Auffinden dieser beiden Stoffe in den verholzten Membranen hatte man den Schlüssel zu den verschiedenen Reactionen auf »verholzte Gewebee, die nicht Reagentien auf das hypothetische Lignin, sondern auf die beiden oben erwähnten, constant in sämmtlichen verholzten Mem- branen vorkommenden Verbindungen sind, und bei deren Eintreten man rückwärts auf Vorliegen eines verholzten Gewebes zu schliessen be- rechtigt ist. , Während meiner im vergangenen Winter im botanischen Institute zu München ausgeführten Untersuchungen über die Verholzung pflanzlicher 1) O. Mattirolo; in Zeitschrift f. wiss. Mikroscop. II. p. 3854 f. 2) Ueber Indol vgl. auch Behrens 1, c. p. 290. 3) cf. A.Ihl, Ueber neue empfindliche Holzstoff- u. Cellulose-Reactionen (Chem.- Ztg. 1885 p. 266); cf. hiezu auch Zeitschrift f. wiss. Microscop. IL p. 359. 4) Wiesner in Sitzungsber. der Wiener Akad. Bd. 77. Jg. 1878, 5) F. Tiemann, Ber. d. Deutsch, chem. Gesellschaft Bd. VII p. 608, Bd. VIII p. 1115, 1123, 1127, 1140, Bd. IX S.52. — F. Bente, Ber. d. d. chem. Gesellsch. Bad. VIII p.476. — E. Fremy, in Compt. rend. Bd. 83 p. 1136. — A. Stakmann, Studien über die Zusammensetzung des Holzes. Inaug.-Diss. Dorpat. — Th. Thonsen, in Journ. f. pract. Chem, N. F., Bad. 19 S. 146—168. — E. O. v. Lippmann, Ber. &. d. chem. Ges. Bd. XVII p. 3835; ferner Jahrg. 1883 p.44-.48. — W. Gardiner, in Proceedings Cambridge Phil. Soc, Vol. V Part II p. 87-107. — E. Bevan, Pharm, Journ. Transaet. III. p. 570—573. — N. Schuppe, Beiträge zur Chemie des Holz- gewebes. Inaug.-Diss. Dorpat. — Seliwanoff, in Ber. d. russ. phys.-chem. Ges. 1887u.1889. — R. Sachsse, Chemie u, Physiol. d. Kohlehydrate etc. Leipzig 1877. -- Kabsch, in Pringsheins Jahrbüchern Bd. III. 6) Max Singer, Beiträge zur näheren Kenntniss der Holzsubstanz ete. Sitz.- Ber. d. Wiener Akad. Bd. 85. 7) In neuester Zeit hat E. Nickel in Botan. Centralbl. Bd. XXXVIIN p. 753 ft. das Vorhandensein von Vanillin in der verholzten Menıbran bestritten. Auf die Arbeit selbst komme ich unten zu sprechen. 33 Gewebe fand ich im Thallin ?) ein neues speeifisch eigenthümliches Reagens. Auf Grund dieser Untersuchungen, die sich neben der Beobachtung der Entstehungsart metamorphosirter Gewebe hauptsächlich auch auf ver- gleichende Erhebungen über die Art der Einwirkung der verschiedenen Reagentien sowohl auf verholzte Membranen, als auch auf Vanillin und Coniferin und Mischungen beider erstreckten, kam ich zu dem Resultate, dass die bekannten Reagentien sich in drei Hauptgruppen theilen lassen, und zwar I. in solche, die nur mit Vanillin, nicht mit Coniferin reagiren: Thallin. I. in solche, die nur mit Goniferin, nicht mit Vanillin reagiren: Phenolsalzsäure; Thymolsalzsäure. II. in solche, die sowohl mit Vanillin als auch mit Coniferin Farbenreactionen liefern: sämmtliche andern Holzreagentien. Der Umstand, dass Thallin nur mit Vanillin allein reagirt, dürfte für die entwickelungsgeschichtliche Seite der Verholzungsfrage von Bedeutung sein und ich möchte desshalb über diesen Körper sowie über die Reaction einiges vorausschicken, ehe ich zur vergleichenden Besprechung der andern Holzreactionen übergehe. I. Thallin?) ein Holzreagens. Zum Nachweis verholzter Ge- webe benutze ich eine conc. Lösung des schwefelsauren Salzes dieser Base in einer Mischung aus gleichen Theilen Alkohol und Wasser; die Schnitte werden zuerst in reinen Alkohol gebracht und dann-in einem Uhrschälchen mit der Reagenslösung einige Zeit in Berührung gelassen. Je länger diese Einwirkung des Reagenses dauert, desto schöner und in- tensiver tritt die dunkelorangegelbe Färbung der verholzten Zellwände hervor, während die Cellulose- und Korkmembranen völlig ungefärbt bleiben. Hierbei ist zu bemerken, dass schon Seraup in seiner Arbeit über das Thallin®) sagt: ». .. . Durch Belichtung wird dieses sowie die andern Thallinsalze — wenn sie nicht absolut rein sind — schwach rosa gefärbt.« Diese Färbung nimmt in der wässrigen Lösung noch zu und es empfiehlt sich desshalb wenig Lösung (die ja bei der leichten Löslich- keit des Thallins rasch bereitet ist) vorräthig zu halten *), sowie dieselbe in rauchbraunen Gläsern vor Licht geschützt aufzubewahren. Der Holz- 1) R. Hegler »Thallin ein neues Holzreagens« (Vorläuf. Mitth.) in Sitzungaber. des bot. Vereins in München. Bot. Centralblatt, Bd. XXXVIL, 8. 616 #. 2) Thallin (Tetrahydro-p-chinanisol) = Cs HH NOCH» H«, das schwefelsaure Salz = (Co Hıs NO)s.H»SOs --2Hs 0. Ueber die chemische Litteratur desselben siehe Scraup, Wiener Akad. Ber, II. Abth., Bd. 92, 8. 789 ff. 3) H. Seraupl. ce. p. 791. 4) Bei seltenerem Gebrauch des Reagenses empfiehlt es sich, die Reagenslösung durch Auflösen einiger Körnchen Thallins in einigen Tropfen wässrigen Alkohols in einem Uhzschälchen frisch zu bereiten, und in dieses dann die zu untersuchenden Schnitte einzutragen. Flora 1890. 3 34. reaction thut ein derartiges Präparat keinen Eintrag, sondern es besitzt nur die Eigenschaft, die Cellulose- und Korkpartien ebenfalls schwach rosa zu färben, wogegen die verholzten Membranen sich ebenso intensiv orange- gelb tingiren, wie zuvor. Bei dem Gebrauch des Thallinsulfats ist die lästige Anwendung einer freien Säure umgangen. Die mit dem Reagens behandelten Schnitte, deren verholzte Theile wie gesagt orangegelb gefärbt sind !), verblassen selbst bei mehrmonatlicher Aufbewahrung nicht merklich, ein Vorzug, der den andern Reactionen, zum Theil sogar vollständig, ab- geht. Die tingirten Schnitte lassen sich entweder im Reagens selbst oder in Glycerin betrachten; behufs Herstellung van Dauerpräparaten benützt man am zweckmässigsten Glyceringelatine. Das Verhalten des Thallins zu Kork- und Cellulose-Membranen wurde schon oben als ein negatives bezeichnet, und es blieb zu weiterer Unter- suchung übrig, das Verhalten desselben zu andern reagirfähigen im pflanz- lichen Organismus vorkommenden Körpern wie z.B. organischen Säuren, Gliycosiden, Gerbstoffen etc. und insbesondere gegenüber Phlorogluein zu studiren, eine Untersuchung, deren Ergebniss zu Gunsten der "Thallin- reaction ausfiel, welche durch die genannten Stoffe in keiner Weise be- einträchtigt wird. Was nun den chemischen Verlauf der Thallinreaction anlangt, so möchte ich zunächst nochmals auf das obenterwähnte, schon von Singer als constanter Bestandtheil aller verholzten Membranen angesprochene Vanillin zurückkommen.. Es fragte sich nun, ob dieser im Pflanzenreiche so ausserordentlich verbreitete aromatische Aldehyd ebenso, wie von Singer rücksichtlich der Phloroglueinreaetion nachgewiesen war, auch die Reaction mit Thallin bedinge und welche Einwirkung das ebenfalls in der ver- holzten Zellwand vorkommende Coniferin auf diese Reaction atıszuüben vermag. Zu diesem Zwecke stellte ich Versuche mit festem Vanillin und Coni- ferin sowie mit Lösungen beider und ausserdem mit Baumwolle an, die ich mit der betreffenden Lösung imprägnirt und getrocknet hatte?). Löst man krystallisirtes Vanillin in etwas verdünntem Alkohol, versetzt mit einer wässrigen Thallinsulfatlösung und schüttelt dann mit Chloroform aus, so erhält man beim Verdunsten der Chloroformschicht einen gold- orangegelben ölartigen Körper, der nach einiger Zeit in krystallinischen Schüppchen erstarrt ®). Dieselben Krystalle erhält man auch mikrochemisch durch Zusammenbringen kleiner Vanillinkryställchen, wie dieselben durch 1) ef. Tafel: Fig. 6. 2) Bei verdünnten Lösungen bewährt sich das Verfahren, die Reaction auf Baumwolle oder holzfreiem Filtrirpapier vorzunehmen, sehr gut und ich werde unten hierauf zurückkommen. j 3) Ueber das auf andere Weise rein dargestellte Reactionsproduct sowie über den optischen Vergleich desselben und der mit Thallin behandelten Holamembran behalte ich mir vor nach Vollendung der diesbezüglichen Arbeiten 3.2.0, zu berichten. 35 Verdunsten eines Tropfens einer conc. alkoholischen Lösung auf dem Ob- jecetträger erzeugt werden, mit einem Tropfen einer Lösung von Thallin- sulfat in wasserhaltigem Alkohol, und man sieht hierbei ganz deutlich, wie die Vanillinkrystalle zuerst von einer goldgelben Schicht umgeben werden, die dann beim Verdunsten des Lösungsmittels krystallinisch er- erstarrt. Mit Coniferin lässt sich dagegen weder auf makro- noch mikro- chemischem Wege, weder in fester Form noch in Lösung oder auf Baum- wollfaser eine Farbenreaction durch Thallin erzielen und es besitzt demnach das Thallin die Eigenschaft wohl mit Vanillin, nicht aber mit Coniferin zu reagiren. Bei der Bestimmung der Schärfe und Intensität der Reaction folgte ich einem andern Princip als Wiesner und Singer?!) bei der Phloro- glueinreaction, da es meinen Erfahrungen nach bei mikrochemischen Re- actionen nicht nur auf den procentischen Gehalt der betreffenden Lösung an Reagens als vielmehr auf den absoluten ankommt; beispielsweise ist es nicht gleich, ob zu einer Reaction 10 cc einer 0,1 procentigen Lösung mit einem Gehalte von 0,01 gr Reagens verwendet werden oder 1cc derselben Lösung mit einem Gehalte von 0,001 gr. Aus diesem Grunde wurde 1.cec einer 0,1 procentigen Lösung enthaltend 0,001 gr Thallinsulfat in einem Uhrschälchen mit einigen Quer- und Längsschnitten von Fichten- holz zusammengebracht, die sofort die Reaction zeigten und zwar um so stärker, je länger die Einwirkung dauerte. Hiermit war aber die äusserste Grenze der Reaction keineswegs erreicht, es zeigten vielmehr 0,5cc einer 0,01 procentigen Lösung einem Thallingehalte von 0,00005 gr entsprechend noch deutliche Reaction. Das Thallin ist somit ein ausserordentlich empfindliches Reagens auf verholzte Gewebe, deren Membranen sich zufolge ihres Vanillin-Gehaltes intensiv*orangegelb färben. Das Reagens hat den Vorzug leichter Her- stellung und Haltbarkeit mikroskopischer Präparate ohne Anwendung einer Säure und ist durch die Eigenschaft, mit Coniferin keine Farben- reaction zu geben, ausgezeichnet, eine Eigenschaft, die, wie sich unten zeigen wird, von hervorragender Bedeutung ist für die entwicklungs- geschichtliche Forschung auf dem Gebiete der Verholzung pflanzlicher Gewebe. II. Toluilendiamin ein zweites neues Reagens. Anlässlich meiner Holzuntersuchungen suchte ich durch Vergleich der verschiedenen Reagentien neue Anhaltspunkte über den Gang der Holzreactionen, ins- besonders theoretischer Art, zu gewinnen; dass ich hierbei nicht bei den bisher gekannten Reactionen stehen blieb, sondern auch noch andere Stoffe, von denen ich voraussetzle, dass dieselben mit gewissen Atomcom- 1) Wiesner, Ueber das Verhalten des Phloroglueins etc. 1.e. 8.5. — Singer, 1. c. 8. 358 ($, 14 des 8.-A.) . 3*+ 36 plexen in Reaction treten, mit in die Untersuchung hineinzog, war nahe- liegend. So waren die Versuche insofern von Erfolg gekrönt, als eben in Thallin ein neues, von den bisher gekannten speeifisch verschiedenes Reagens gefunden wurde. Wenn ich nun ein zweites Reagens zu mikro- chemischen Zwecken empfehle, so gehe ich dabei nicht von dem Gesichis- punkte aus, als ob eine numerische Bereicherung der ohnedies zahlreichen Holzreagentien ein besonderes Verdienst wäre, sondern werde hierbei viel- mehr von der Anschauung geleitet, dass jedes neue Holzreagens durch sein Verhalten zu chemischen Individuen ausserhalb der Membran Rück- schlüsse auf den Vorgang innerhalb der Membran und die Zusammen- setzung der Membranbestandtheile und Zellhauteinschlüsse erlaubt und dass hieraus für weitere Untersuchungen Vortheile praktischer wie theore- tischer Art gewonnen werden. Schon Wiesner hat auf die Salze des Naphtalidins und Toluidins aufmerksam gemacht, und es wurden, was ersteres anlangt, im «a- und #-Naphtylamin !) zwei Reagentien gefunden, von denen insbesonders die #-Verbindung ein ausgezeichnetes, schon öfter angewandtes?) Reagens bildet; als Repräsentant des letzteren und zugleich der Diamine möchte ich dem Toluilendiamin [Ce Hs (CHs) (NHs)s) einen Platz unter den Ligninreagentlien eingeräumt wissen. Das Reagens®) wird in conc. wäss- riger Lösung mit etwas Salzsäure versetzt angewandt. Es färbt die ver- holzte Membran dunkelorangefarben, cine Reaction, die diejenige des Anilins und Naphtylamins an Farbenintensität und Haltbarkeit weit über- trifft. Die Reaction tritt auch bei ganz schwacher Verholzung mit Sicher- heit auf und hält sich auch bei längerer Belichtung sehr gut. Bei An- fertigung von Dauerpräparaten verwendet man hier ebenfalls am zweck- mässigsten Glyceringelatine oder Glycerin, doch muss man die Schnitte vorher längere Zeit mit dem Reagens in einem Uhrschälehen in Berührung lassen und dann vor dem Einlegen in Glycerin oder die Gelatine durch Betupfen mit Fliesspapier von dem anhängenden Reagens befreien. Das Toluilendiamin reagirt sowohl mit Vanillin als mit Coniferin. IV. Behufs Erproben der beiden neuen Reactionen wurde eine Anzahl Schnitte aus verschiedenen Pflanzenfamilien mit den Reagentien behandelt, von denen einige auszugsweise folgen; hauptsächlich handelte es sich dabei um Feststellung eines etwaigen Unterschiedes zwischen den mit Thallin und den mit Toluilendiamin oder Phlorogluein und Salzsäure hergestellten Präparaten. 1) Co Hr. NHn. 2) C. 0. Harz (Bot. Centralblatt Bd. XXIV. 1885): »Ueber das Vorkommen von Lignin in Pilzen ete. 3) Die gewöhnlich küufliche „-Verbindung. 37 A. Pteridophyta): 1. Polypod. erassifol. Sw.: Hypoderm, Xylem, äusserster Theil des Grundgewebes verholzt 2). 2. Polypod. aureum: Hypoderm, Xylem, Grundgewebe (nach innen ab- nehinend) verholzt. 3. Aspidium molle Sw.: Epiderm?), Hypoderm verh., Xylem stark verh. 4. Aspidium trifoliat. Sw.: Hypoderm verh., Grundgewebe sehr schwach, Xylem stark verh. 5. Davallia canariens. Sw.: (Rhhizom) nur Xylem verh. B. Gymnospermae: 6. Cycas revoluta: Epiderm mit Hypoderm *), sclerenchymatische Ele- mente, Xylem stark verh., Grundgewebe schwach verh.). 7. Dioon edule Lal.: Epiderm, Sclerenchym, Hypoderm, Xylem stark, Grundgewebe schwach verh. 8. Ceratozamia robusta: wie 6 und 7, nur schwächer. 9. Pinus Pinea L. 5jähr.: Xylem mit Ausnahme der um die Harzgänge liegenden Zellschichten verh., Mark sehr stark verh.®). 10. Pinus Mughus Scop. 3jähr.: wie Nr. 9, nur Mark schwächer, stellen- weise sogar gar nicht verholzt. 11. Pinus excelsa Wall. 8jähr.: wie Nr. 9. Mark überall verholrt. 19. Pinus Cedrus L. Yjähr.: im Phlo&m zerstreut grosse runde stark verholzte Selerenchymzellen, deren Verdickungsschichten mit Thallin sehr deutlich sind”), Xylem stark verh., Mark nicht, stellenweise schwach verh. (äusserste Borkenlage mit Phlorogl. stellenweise deutlich verholzt). 1) Es sind im Folgenden, wenn nicht ausdrücklich anders bemerkt, stets Quer- und Längsschnitte von Stamm resp. Stengel oder Zweig verstanden, die je mit Thallin, Toluilendiamin und Phlorogluein-Salzsäure behandelt wurden. 2) cf. Burgerstein, Untersuch. über das Vorkommen und die Entstehung des Holzstoffes etc. Sitzungsber. der Wiener Akad. Bd. LXX. I. Abth. (8. 14 des S.-A.) 8) Burgerstein gibtan, dassnach Dippel (das Mikroscop. Bd.II. 8.168 u. 169) das Hautgewebe »niemals« verholze. Dippel spricht an der citirten Stelle nur von Epiblem und Epithel, nicht aber von Epidermis, von welcher auch Niggl eine Ver- holzung nachweist. 8. 175 sagt Dippel: »Bei denjenigen Pflanzen, wo die Zellstoff- hüllen der Oberhautzellen zwar alle oder theilweise verholzen (Monocotylen, Oycadeen, Farn.), aber nicht alle vollständig verkorken, lässt man etc... . .« 4) Cf. hierüber auch M. Niggl »Indol ein Reagens auf verholzte Membranens in Flora Jahrg. 1881 (S. 10 des S.-A.). 5) Dippel (Das Mikroscop ete. 1869 II. Bd. S. 107) fand .das Markparenchym der Cycasarten ebenfalls verholzt. 6) Dippel l.c. S.107 fand das Holzparenchym und Mark der Gymnospermen und mehrjährigen Dicotyledonen ebenfalls verholzt. 7) Durch Thallin wird die Mittellamelle sowie die secundäre und tertiäre Membran sehr deutlich. cf. Tafel Fig. 6. 38 13. 14. 15. 16. 17. 18, 19. 20. 21. 22. Pinus Cembra L. 10 jähr.: Die im Rindenparenchym liegenden Balsam- gänge nicht verholzt, ebenso die im Xylem liegenden Harz- gänge. Xylem und Mark stark verh. Pinus Pumilio Hahnke 5jähr.: Holz und Mark, nebst Bastfasern ') stark verholzt. Abies Engelmanni Parr. 3jähr.: Holz und Mark sehr stark verholat. Taxus baccata 6jähr.: die unterhalb des äussersten Korkringes liegende Zelllage stellenweise deutlich verholzt, Xylem stark, Mark nicht verholzt. Taxus adpressa Knight 5jähr.: Xylem stark, Mark nicht verholzt. Sciadopitys verticillata Veitsch. Ajähr.: subepidermiale Rinde deutlich verholzt, Verdickungsring radial plattgedrückter ziemlich stark verholzter Zellen. Xylem stark, Mark nicht oder nur spuren- weise verholzt. Wellingtonia gigantea Lindl. 5jähr.: Verholzte Epidermis mit gleich- falls verholzter subepidermialer Sclerenchymschicht, Rinden- parenchym nicht verholzt, aber mit stellenweise eingestreuten stark verholzten Sclerenchymzellen. Verdickungsring radial zusammengedrückter Zellen und Xylem verholzt. Mark sehr stark verholzt und ausserdem sehr verdickt. Thuja gigantea 6jähr.: Verholzt primäre Rinde, im Phloöm die charakteristischen tangential gestreckten Zellen, Xylem und Mark sehr stark. Juniperus Sabina L. 5jähr.: Verholzt sind Aussenrinde schwach, dann die reihenweise angeordneten verdickten Elemente sowie die Sclerenchymringe, Xylem und Mark stark. C. Monocotyledones, Cyperus Papyrus L.: verholzt Epidermis, Hypoderm ?), Xylem, Hart- bast, Schwammparenchym (insbesonders an den zusammen- stossenden Ecken). . Bambusa Simoni Willd.: Grund- und Stranggewebe verholzt (Gefässe und Sclerenchym sehr stark). . Chamaerops humilis L. (Blattstiel quer): In allen Theilen mit Aus- nahme des Weichbastes schwach, Xylem stark verholet. . Sobralia macrantha Lindl: Alles verholzt mit Ausnahme des Weich- bastes und der Epidermis. 1) Cf. Schacht, Lehrb. der Anatomie etc. Bd. II. 8. 73, 2) Schacht sagt 1.c. Bd. 1I.p. 43: »Die Rinde der Monocotyledonen besteht in der Regel aus Parenchym, das bisweilen hie und da, oft regelmässig, cinen Kreis bildend oder in Gruppen geordnet, verholzt ist. 39 . Dendrobium chrysanthum Wallich: - Epidermis stark verholzt, dann nach innen abnehmend. Gefässbündel mit Ausnahme des Weichbastes stark verholzt. D. Dicotyledones. . Salix daphmoides Will. 1jähr.: Hypoderm schwach, Selerenchymzellen, Xylem mit stark verholzter Markscheide ') und Mark?) stark verholat. . Quercus robur L. 3jähr.: Sclerenchym °), Bastfasern ), Xylem, Mark verholzt. . Querc. penduncul. Willd. 4 jähr.: wie Querc. robur. Corylus Avellana L. 2jähr.: Sclerenchym, Xylem, Mark verholzt®). . Betula Alba L. Tjähr.: Sclerenchym ®), Xylenı, Mark verholezt. . Betula pubescens Ehrh. 2jähr.: Sclerenchym und Xylem stark verh. . Betula acuminata 5jähr.: Selerenchym und Mark stark, Xylem schwach verholzt. Alnus glutinosa L. X incana L. 2jähr.: Sclerenchymring stark, Xylenı und Mark schwach verholzt. . Casuarina equisetifol. Forst. 6jähr. Zweig: Sclerenchymat. Elemente stark, Holz schwach, Markparenehym schwach verholzt. — Blatt: schwach verholzte Epidermis, primäres Rindenparen- chym schwach, Sclerenchym und Xylem stark verholzt. . Maclura aurantiaca Nutt. 2jähr.: Mark, Xylem stark verholzt. . Buxus sempervirens L. arborescens 4jähr.: Aussenrinde, Xylem, Mark stark verholzt. Phyllanthus epiphyllanthus L.: Xylem stark verholzt, Bast nicht oder nur spurenweise (primäre Zellwand). 3). Tetranthera javanica Sw. 3jähr.: Sclerenehymring stark, Xylem und Mark schwach, die .mehrzelligen Haare ®) ebenfalls stark ver- holzt. . Syringa vulgaris var, albiflor. L. 2jähr.: Selerenchym, Xylem stark, Mark schwach verholzt. . Sambucus racemos. L. 2jähr.: Aussenrinde schwach, Xylem, Hartbast, Mark stark verholzt. . Sambucus niger L. 2jähr.: wie racemosus. 1) Der Theil des Xylems, welcher das centrale Mark umgibt und welchen man als Markscheide bezeichnet, ist in vielen Fällen auffallend stark verholzt. 2) Schacht sagt 1. c. p. 5l: »Die Parenchymzellen des Mark sind nicht selten in älteren Pflanzentheilen diekwandig und verholzt. 3) Cf. Dippel 1. c. Bd. II. p. 111 und Burgerstein 1. c. 8. 14. 4) Cf. ibidem p. 120 ff., Burgesstein 1. c. p. 11 u. 12. 5) Cf. Burgerstein 1. c. p. 13. 6) Ueber die Verholzung von Trichomen siehe Niggl. c. 8. 8f. 43. Eucalyptus globulus 1 jähr.: Xylem und die innerhalb desselben liegen- den sclerenchymatösen Partien mit deutlich verholzten Mittel- lamellen, Hartbast verholzt, Epidermis schwach verholzt. 44. Ribes rubrum L. 2jähr.: Nur Xylem verholzt, Mark nicht verholzt. 45. Prunus spinosa L. 5jähr: Selerenchymatische Elemente und Xylem stark, Mark schwach verholzt. 46. Prunus sibirica L. 6jähr.: wie Prunus spinosa, nur das Scelerenchym schwach verholzt. 47. Acacia falcata Willd. #jähr.: Verholzt der im Rindenparenchym liegende Sclerenchymmantel, Xylem und Mark stark. 48. Acacia longifolia Willd. 5jähr.: ebenso, nur in allen Theilen schwächer. 49. Serjania cuspidata: Sclerenchymring schwach, Xylen stark, Mark nicht verholzt, die an drei Ecken stehenden Trichome') stark verholet. 50. Serjania grammatophora Ralk.: Sclerenchym, Xylem, Mark stark ver- holzt, Trichome stellenweise schwach. Aus dem Umstande, dass Toluilendiamin sowie Phloroglucin HCl mit Coniferin und Vanillin, das Thallin hingegen nur mit letzterem reagirt, erklären sich auch verschiedene Unterschiede zwischen Schnitten gleicher Stammhöhe, die einerseits mit Phlorogluein und Toluilendiamin, anderer- seits mit Thallin behandelt wurden. Der Unterschied kommt dadurch zu Stande, dass Zellpartien, welche Coniferin in hervorragender Menge ent- halten, bei der Thallinreaction zufolge ihres relativ geringeren Vanillin- gehaltes als »schwach verholzt« angesprochen werden müssen, während man bei der Phlorogluein- oder Toluilendiamin-Reaction, bei der sich zur Reaction des Vanillins noch die des Coniferins addirt, gezwungen sein wird, die betreffende Gewebepartie als mehr oder weniger »stark verholzt« zu bezeichnen. Bei denjenigen Pflanzen, deren Gewebe eine relativ grössere Quantität Vanillin enthält, ist die Reaction mit Thallin so inten- siv, dass ein Unterschied zwischen diesem und den anderen Reagentien, die ausserdem noch mit dem vorhandenen Coniferin reagiren, nicht mehr so stark auffällt. Auf die Unterschiede im Speciellen, von denen ich als besonders deutlich ausser den Coniferen, Betula pubescens, Bet. alba, Quereus robur, Quere. pedunculata, Corylus Avellana aufführen möchte, komme ich nach Abschluss der diesbezüglichen Untersuchungen a. a. O. zurück und gebe nun über zur V. Vergleichung der Holzreagentien. Schon oben wurde der Beweis erbracht, dass das krystallisirte Vanillin die Fähigkeit besitzt, mit Thallin eine Reaction hervorzurufen, die mit der durch dasselbe Re- agens innerhalb der Membran erzielten, was Farbe anlangt, vollständig 1) Cf. Anmerk. zu Nr. 39, 41 übereinstimmt, wobei also ein Unterschied, wie er inder That von Singer rücksichtlich der Reaction mit Phlorogluein resp. Resorcin H,SO, be- obachtet worden ist, nicht zu bemerken war. Singer!) sagt darüber: »Doch kann nicht verschwiegen werden, dass die Färbungen, welche die Vereinigung des reinen Vanillins'mit den Holzstoffreagentien zur Folge hat, nicht immer genau mit jenen übereinstimmen, welche diese Reagentien in der verholzten Membran, oder in dem wässerigen Holzextracte er- zeugen. So gibt Vanillin mit Phlorogluein und Schwefelsäure eine ziegel- rothe, mit Resorein und derselben Säure eine zinnoberrothe Färbung, während verholzte Gewebe von dem ersteren Reagens roth bis violett von dem letzteren, je nach dem die Säure in geringerer oder grösserer Menge vorhanden, bald violett, bald violettroth gefärbt werden. Die Reactionen aber, welche Phloroglucin und Salzsäure, Anilin, Pyrol, Indol unter Assistenz der zugehörigen Säuren hervorrufen, sind sowohl beim reinen Vanillin als in den verholzten Geweben identisch.« Aus dem Um- stande, dass die Färbungen derjenigen Reactionen, die für Vanillin und Coniferin ähnlich oder gleich sind, wie Phloroglucin HCl, Anilin, Pyrol und Indol, auch bei Vanillin und verholzten Membranen gleich ausfallen, sowie aus der Thatsache, dass die Färbungen des nur mit Vanillin re- agirenden Thallins bei der Reaction mit krystallisirtem Vanillin und Holz- membranen ebenfalls gleich sind, glaubte ich ableiten zu dürfen, dass, abgesehen von andern Zellhauteinschlüssen, insbesondere das Goniferin es ist, das die Färbungen der betreffenden Reactionen zu modificiren vermag. Gestützt wird diese An- schauung, dass das Coniferin die wesentliche Ursache der Veränderung beider Reactionen sei, durch zwei einfache Versuche, die aus folgender Tabelle ersichtlich sind: Vanillin- Vanillin-Coni- Coniferin- Verholzte Watte. .| ferin-Watte °). Watte. Membranen. Phl lueci orangeroth , , . , "> von mit Solewachem rothviolett bis violett bis roth bis violett E:So Stich ins roth- | violettpurpur. | violettpurpur. " a violett. _ Resorein . . . . . . + zinnobörroth rothviolett bis violett bis violettroth bis H: 80: " violettroth. violettroth. violett ®). i) Sitzungsber. der Wiener Akademie Bd. LXXXV. p. 351 ($. 7 des S.-A.). 2) Baumwolle, die mit einer Mischung gleicher Theile Coniferin und Vanillin getränkt und getrocknet wurde (in folgenden als »Normalwatte &« bezeichnet). 8) Bei der Bezeichnungsweise der Mischfarben setze ich denjenigen Theil voran, welcher die Art der Färbung mehr bestimmt, z. B. heisst »rothviolett bis violettroth, dass die Färbung von einem »roth«, das einige »violette Strahlen besitzt, zu einem »violett« mit einigen »rothen« Strahlen, also von einem »rothviolett« (mit vorherrschend rother Farbennuance) zu einem »violettroth« (mit vorherrschend violetter Färbung) geht. 42 Wie man sieht, entspricht also die Färbung der Coniferin - Vanillin- Watte derjenigen, wie sie die verholzte Membran zeigt. Bezüglich der letzteren ist es ja bekannt, dass die Farbennuance nicht nur bei ver- schiedenen Pflanzen verschieden ist, sondern dass selbst an ein und der- selben Pflanze Schnitte verschiedener Stammhöhe und Verholzungsgrades auch untereinander abweichende Reactionen liefern, die allerdings nur innerhalb gewisser Grenzen variiren, was wiederum ein Wahrscheinlich- keitsbeweis für den Einfluss des Coniferins auf die Ligninreactionen sein dürfte’). Ausserdem ist nicht ausgeschlossen, dass neben Coniferin auch noch andere Bestandtheile verholzter Membranen eine Modification der Farbenreactionen des Vanillins herbeiführen können; ob diese Substanzen nun ihrerseits mit Vanillin in einem gewissen Verwandtschaftsgrade stehen 2), oder etwa zufolge ihrer Natur als aromatische Aldehyde ähn- liche Beziehungen ergeben, bleibt bis jetzt noch dahingestellt. Jedenfalls scheint es mir nicht gerechtfertigt, wegen verschiedener Färbung der Reactionen mit krystallisirtem Vanillin und mit verholzter Membran bei zwei Reagentien überhaupt an der Identität beider Re- actionen und dem Vorkommen von Vanillin in der verholzten Membran zu zweifeln und aus den Ligninreactionen nur das Vorhandensein eines aromatischen Aldehyd’s im Allgemeinen ableiten zu wollen. Nickel sagt hierüber ®): »Ich glaube, ich bin der Erste gewesen®), welcher auf Grund umfassender Studien über die Farbenreactionen der organischen Verbindungen die Ansicht ausgesprochen hat, dass es gegenwärtig noch nicht gerechtfertigt sei, die sog. Ligninreactionen einer bestimmten che- mischen Verbindung zuzuschreiben, dass man sie aber bereits sehr wohl allgemein auf aldehydartige Bestandtheile des Holzes beziehen dürfe, Meine Auffassung unterscheidet sich eben dadurch von der älteren, von Singer ausgesprochenen Anschauung, nach welcher bekanntlich die Ligninreactionen mit Hülfe von Anilinsulfat, Phloroglucin, Indol u. s. w. auf einem Vanillingehalt des Holzes beruhen sollen.« Eine Hauptstütze für seine Anschauung findet Nickel ausser in dem von mir schon oben klar gelegten Punkte von der Verschiedenheit der Reactionen innerhalb und ausserhalb der Membran, in der »geringen Empfindlichkeit des Vanillins gegen die Ligninreagentien im Gegensatz zu 1) Hierbei ist von dem Umstande noch ganz abgesehen, dass bei jeder Farben- reaction das Substrat, auf welchem dieselbe vorgenommen wird, immerhin einen Einfluss auf den Ton der Farbe ausübt und denselben beispielsweise durch theilweise Absorbtion von Strahlen bestimmter Brechbarkeit zu modificiren vermag. 2) In neuerer Zeit will Ihl (Chemiker-Ztg. 1889, Nr. 27 p. 432) das Eugenol als Bestandtheil verholzter Zellmembranen angenommeu wissen, da dasselbe mit Phloroglucin und Anilin ähnliche Reactionen liefert. 8) E. Nickel, I. c. 8. 754. 4) Nickel, Chemiker-Ztg. 1887. IX. 1520, 43 der Singer’schen Deutung der Ligninreactionen, die gerade das Gegentheil vermuthen liesse.« Nickel fand als Empfindlichkeitsgrenze zwischen Va- nillin und Anilin eine Lösung von !/s % Vanillin, während Phenole (Phloro- glucin etc.) noch weniger empfindlich seien. Nach meinen Versuchsresultaten lässt sich Vanillin in einer Lösung von "Yı2°% durch Phlorogluein noch mit aller Bestimmtlieit nachweisen. Hiermit ist aber die Reactionsgrenze keineswegs erreicht und ich werde zeigen, dass es nur auf die eingeschlagene Methode ankommt. "Einen Hauptpunkt bildet die Herstellung solcher oder wenigstens möglichst ähnlicher Reactionsbedingungen, wie sie die verholzte Membran zeigt. Vorgreifend habe ich schon oben bemerkt, dass ich mich bei histo- chemischen Reactionen zu diesem Zwecke der Substrate bediene. Als solche benützte ich früher Wolle, Seide und besonders Baumwolle, später - verschaffte ich mir jedoch sog. »Holzstoff« aus verschiedenen Fabriken und in verschiedenen Graden der Verarbeitung mit genauem Nachweis der betreffenden Stammpflanze. Einige Sorten zeigten noch die intensivste Vanillinreaction, andere nur noch ganz schwach und fünf Sorten derselben, dünne, durch hydraulische Pressen hergeslellte, verfilzte Platten, zeigten keine Spur einer Vanillinreaction mehr. Bringt man nun auf eine Probe jeder dieser fünf Sorten einen Tropfen einer 1°oigen Vanillinlösung (= 0,0004 gr Vanillin er.), lässt abtrocknen, fügt einen Tropfen Phloroglueinlösung und nach dem Verdunsten einen Tropfen Salzsäure zu und vergleicht dann diese Reaction mit einer solchen ohne Substrat oder einer solehen auf Baumwolle ausgeführten, so findet man, dass die Reaction auf Holzstoff um ein mehrfaches intensiver auftritt. Besonders geeignet hierzu waren zwei Sorten, die eine mit der Fabrik- bezeichnung »Natron-Gelluloses von Weiss- und Rothtanne abstammend, die andere sog. »Leinen« von Hanf und Flachs. Erstere Sorte zeigte mit einer Mischung gleicher Theile Vanillin und Coniferin gekocht nach Zu- satz von Phlorogluein und Salzsäure eine Farbennuance, die vollständig mit der durch Phlorogluein an Stammquerschnitten hervorgebrachten über- einstimmit. Auf diese Weise lassen sich, wenn der Versuch mit aller Vorsicht auf möglichst wenig Substrat im Uhrschälchen ausgeführt wird, sogar Hundertstelsmilligramme noch mit Sicherheit nachweisen’), während es sich an den einzelnen Punkten, wo die Reaction noch mikroskopisch sichtbar ist, ja nur um die geringsten Spuren handeln kann. Ob die Verstärkung der Reaction durch die pflanzliche Faser und die Anhäufung des Farbstoffes auf Flächenattraction, wie z. B. beim Ent- 1) Ein mit zwei Tropfen einer "ho procentigen Lösung [= °lıoo Milligranıme Vanillia] imprägnirter Holzstoff zeigt mit Phlorogluein- Salzsäure eine rosenrothe, mit einem Körnchen Anilinsulfat und einem Tropfen derselben Säure eine gelbe Farbe. 44 färben gefärbter Flüssigkeiten durch poröse Holzkohle, oder auf eigen- thümliche capillare Spannungsverhältnisse innerhalb derselben zurückzu- führen ist, bleibt dahingestellt; jedenfalls besitzen, wie dies schon Wigand!) und v. Höhnel?) beobachtet haben, unter den pflanzlichen Membranen gerade die verholzten die stärkste Anziehung zu gelösten Stoffen aller Art, die ihnen höchst schwer wieder entzogen werden können, wovon man sich durch ein einfaches Experiment überzeugen kann: Bringt man einige Längs- oder Querschnitte eines beliebigen Zweiges in einem Reagensrohr mit einigen Tropfen einer conc. Lösung eines Anilin- farbstoffes ®) zusammen, fügt nun viel Wasser zu und kocht einige Male auf, so löst sich der Farbstoff, der zuvor von dem Schnitt ganz gleich- mässig aufgenommen war, in den nicht verholzten Gewebetheilen heraus und nur die verholzten sowie die verkorkten Partien bleiben intensiv ge- färbt, während die Cellulosemembranen völlig farblos erscheinen. Das gleiche Verhalten der Kork- und Holzmembranen gegen Pigmentlösungen ist um so bemerkenswerther, als sich auch beide gegen Jod gleich ver- halten. Da durch Processe der erneuten Ein- und Zwischenlagerung die Abstände der einzelnen die ursprüngliche, nicht metamorphosirte Gellu- losemembran zusammensetzenden Molekülgruppen (Tagmen)*) von einander bedeutend verringert werden, so muss auch nothwendig eine der geringeren Entfernung entsprechende stärkere Attractionskraft auf alle diese Zwischenräume passirenden Körper ausgeübt werden. Vielleicht liesse sich durch diese Erwägung das eigenthümliche Verhalten meta- morphosirter Gewebe zu Stoffen wie Jod oder Anilinfarben, die mit so bedeutender Kraft eingelagert und festgehalten werden, erklären. Ein weiteres Beispiel für das Aufspeicherungsvermögen der Holzmembranen ist die grosse Kraft, mit welcher das in der Membran eingeschlossene Coniferin und Vanillin®) von derselben beim Kochen mit Wasser fest- gehalten werden, so dass dieselben sogar bei der Papierfabrikation durcli den umständlichen Process des Kochens, Aufschlämmens, Waschens und Mahlens nicht vollständig herausgelöst werden. An der Hand der beistehenden Tabelle kann man sich ein Bild von der Einwirkung der gebräuchlichsten Holzreagentien auf Vanillin und Coniferin machen; bezüglich der Farbe der Reaction ist zu bemerken, dass 1) Wigand »Ueber das Verhalten der Zellmembranen zu Pigmenten« (Bot. Ztg. 1862, Jg. 20, Nr. 17 p. 129 ff.) sagt: »Es ergibt sich, dass von allen Geweben die Bastzellen das stärkste Färbungsvermögen besitzen. 2) v. Höhnel, Histochemische Untersuchungen über das Xylophilin und das Coniferin. Wiener Berichte Bd. LXXVI, Jg. 1877 (8. 49 des S.-A.). 3) Am besten wird der Farbstoff in einer Mischung gleicher Theile Alkohol und Glycerin gelöst. 4) cf. Pfeffer, Osmotische Untersuchungen. p. 32fl. 5) v. Höhn®l 1. c. p. 47; Singer I. c. p. 354. 45 "WPUSATOA UNTTUBA 13 850‘0 "ÄEOL gZ00°0 "ed UOA OTEUaH weuje yur BunsorT voad-oT "dsar-L uSTOSOyoNTe Taulo USFdoLL 8 54948 vopIna 3 °F ‘9 *p uogonsıo A uopnz (T "ala3oduvıo '79e0y oureq 9rvoy aulsy ‘aredsdusıo ray ouroy Jovay 9uLay ‘qla3a3uvıo '49eoy 9utay Yoeoy suroy "ygoı arsdadueıo ‘989 9utey Yoeay auto ‘ate3pjo3 9899 auıoy 798949 auısy 7980 9u1oy nepqunas sıq neig 999eM ne ‚nejq :o19aM jae ZunsgT u usdosep ‘uorpeay ouroy 099y ourey unız -uefq sıq nerg ‚nepq -upıd sıq neq "®S0oI UIEMUOS FepnsunfegL 'SI (3yaıyusuuog) IOH-+IOWÄQL'ZT. (go1gusuuog) OH Iousyg "II "q301429[01A "BSOL -79[074 grejs | "ESOITOBAUOS “ygopoyunp = wepungsFzydsu oH+ ung 07 nergiioy uror "nBIZLOJOTYOS u9Uy9o14urg "019997 sig und usu | mopweusyen 0H ‘q4014349]01A "eso1]joy 2301772]01A "BSOAgOSIOH -oIA yoeagos | OU wieq | ne IS cr goeu) + jozegaeg 'g @ DH um ‘grosyyes ‘(93 ‘arszıeq ‘aroStey 'qradgges -qrssyyor ‚arasıpoy - -erpusimfoL ‘8 . "esoı YOeAyos DH. 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O7 Mor arm son dor arm ST Sunsog | (MH | gunsgq ur q| wogoorg ofloAumeg jojjoawneg or at | %Lurp 9013 urTren -uLıapruor) 46 dieselbe häufig von der Art und Menge der assislirenden Säure inner- halb der angegebenen kleinen Grenzen abhängig ist. Aus der Tabelle ist ferner ersichtlich, dass auf Baumwolle (Versuchsreihe fund g) die Reactionen durchweg stärker auftreten, als wenn nur Lösungen auf einander wirken; besonders deutlich sind die Unterschiede von 1g, 89, 9 und g, 10; und der zugehörigen.Lösungen ohne Substrat 1e,8e,9 d und e,10d. Dass vanillin- freier Holzstoff sich hierzu noch besser eignet, wurde schon oben gezeigt. Was die Reaction mit Thymol anlangt, so ist hier entgegen den Versuchen Molisch’s!) zu bemerken, dass es,bei chemisch reinem Vanillin selbst bei Zuhilfenahme des directen Sonnenlichtes nicht gelingt, eine Reaction zu erhalten. Bezüglich des Phenols ist es interessant, dass die Nitrophenole (o- und p-Verbindung) keine Reaction geben. ?) VI. Coniferin als constanter Begleiter verholzter Mem- branen. Was das Vorkommen von Coniferin in verholzten Membranen anlangt, so kann darüber nach den Untersuchungen von Thiemann und Haarmann?) kein Zweifel mehr herrschen. Diese beiden Forscher haben gezeigt, dass die Reaction auf Phenol mittelst eines mit Salzsäure benetzten Fichtenspahnes durch das Vorkommen des schon von Hartig®) aus dem Cambialsafte der Coniferen gewonnenen Coniferins im Fichten- holze bedingt sei. Sie zeigten, dass das rein dargestellte Coniferin beim Befeuchten mit Phenol und Salzsäure im direkten Sonnenlicht sich blau färbt. E. Tangl®), der die Reaction an anderen pflanzlichen Objeeten versuchte, fand, dass dem Coniferin eine weit grössere Verbreitung zu- komme. v. Höhnel®) vervollständigte dann diese Untersuchungen noch und gelangte zu dem Resultate, dass sich verholzte Membranen mit Phenol und Salzsäure unter Beihilfe des direeten Sonnenlichtes stets blau oder blaugrün färben. Singer”) hat schliesslich gezeigt, dass durch achtzehn- 1) H. Molisch, Ein neues Coniferinreagens (Ber. der deutsch. bot. Ges. Ba. IV. S. 302) sagt: »Es zeigt, soweit meine Erfahrungen reichen, nur das Coniferin diese merkwürdige Beziehung zum Thymol, andere verwandte oder dem Coniferin fernstehende Körper aber nicht. Um nur ein Beispiel zu nennen, giebt das den Coniferin sonahe stehende Vanillin die Reaction nicht, wohl aber giebt das letztere mit Thymol-HCl eine prachtvoll karminrothe Färbung.« cf.dagegen Tabelle Reihe 12. 2) Zum Zwecke mikrochemischer Reactionen untersuchte ich Ende des vorigen Jahres (1888) das Verhalten einer Reihe von Körpern zu verholzten Membranen, von denen anzunehmen war, dass sie mit gewissen Atomcomplexen in Reaction treten würden (Hydrochinon, Chinon, Chinolin, Nitrophenol, Phenylhydrazin, Antipyrin, Methyloxy- ehinizin, Amarin, Chloranilin), ohne jedoch zu einem abgeschlossenen Resultate zu kommen, " 8) Ueber diese Arbeiten siehe die Aufzählung der chemischen Literatur (S. 32.). 4) Hartig, Jahrbuch f. Förster. Jg. 1861, p. 264. 5) Vorläufige Mittheilung über das Coniferin. Flora 1874, p. 239. 6) v. Höhnel, l. c. 7) Singer, 1. c, p. 354 und 360. 47 tägiges Kochen aus feingehobelten Fichtenspähnen alles Coniferin aus der Membran herausgelöst wird und in dem durch Abdampfen der Lösungen gewonnenen Extracte nachgewiesen werden kann. Zwei Punkte allerdings fehlen in der Kette des strieten Beweises für das Vorkommen von Coniferin in der Membran; einmal, dass gerade das Cambium, diejenige Gewebepartie, aus welchem das Coniferin gewonnen wird und welches mithin dasselbe nachgewiesenermassen in grösserer Menge enthält, die so charakteristische Reaction mit Phenol- oder Thymol- Salzsäure nicht eingeht, und zweitens, dass es bis jetzt nicht gelang (oder vielleicht auch nicht versucht wurde), das Coniferin aus dem Holzgewebe chemisch rein darzustellen. Bezüglich des ersteren Punktes ist zu bemerken, dass die analytische Chemie für das Verhalten des Cambiums eine zahlreiche Anzahl Analogien zeigt, alles Fälle, in denen ein Nachweis durch gleichzeilig vorhandene andere Körper unmöglich gemacht wird und speciell die verholzte Mem- bran, deren bekanntermassen etwa die Hälfte betragender Celluloseantheil durch Jodreagentien erst nach Wegschaffung des verholzenden Princips, der »inkrustirenden Substanzen» Payen’s, nachgewiesen werden kann, ist hierfür das schlagendste Beispiel '). Es wird also die Reaction des im Cambialgewebe aufgespeicherten Coniferins entweder durch andere Körper (Eiweiss) verhindert oder aber könnte als zweite Möglichkeit das Coniferin im Bildungsgewebe, das höchst- wahrscheinlich auch die Entstehungsstätte desselben ist, in anderer, die charakteristischen Reactionen desgewöhnlichen Coniferins nicht besitzender etwa polymerisirter Form vorhanden sein. Für beide Anschauungsweisen sprechen eine Reihe von Versuchen, die ich im folgenden Abschnitte kritisch beleuchten möchte. VI. Einfluss infiltrirter Stoffe auf die Reactionen nor- maler Zellwandbestandtheile Versuch 1: Kocht man reine Baumwolle mit einer conc. Lösung gleicher Theile Vanillin und Coni- ferin und trocknet dieselbe, so färbt sich die so präparirte Watte auf dem Objectträger mit Jod und Schwefelsäure 2) benetzt gelb bis hell- bräunlich (an manchen Stellen sogar garnicht) und verändert diese Farbe selbst nach viermal 24 Stunden nicht (Fig. VIla.), wogegen gewöhnliche _ Baumwolle, mit demselben Reagens ebenso behandelt, anfangs eine roth- braune bis violette Farbe annimmt, die später in Violettroth und nach 1) C£. auch Sachsse 1, c. p. 147. 2) Da es hier darauf ankommt, alle Objecte mit gleichen Mengen Jod und Schwefelsäure zu behandeln, so habe ich hier wie bei den folgenden Versuchen eine Reagenslösung angewandt, die durch Vermischen von 3 Vol. einer schwachen, hell- braunen Jodjodkaliumlösung mit 1 Vol, Schwefelsäure unter Abkühlen frisch her- gestellt wurde. Gewöhnliche Baumwolle wird durch dieses Reagens anfangs tiefroth- braun, mit Stich ins rothviolett, später rothviolett, zuletzt violett gefärbt (Fig. VlIe,f,g). 48 Verlauf von 24 Stuuden in Violett mit Stich in Rothviolett übergeht. (Fig. VII e, fg) Versuch 2: Tränkt man Baumwolle mit 1°eiger Vanillinlösung, kocht auf, trocknet und infiltrirt dieselbe dann mit Eiweisslösung '), so zeigt die so behandelte Watte auf Zusatz von wässriger Phloroglucin- lösung und Salzsäure, gegenüber einer gleichbehandelten Watte ohne Ei- weiss, die charakteristische Vanillinreaction in schwächerem Maasse. Manche Fäden bleiben sogar farblos oder färben sich nur gelblich. Roth färbt sich meist nur das herausgelöste Vanillin; zu bemerken ist, dass der Farbenton sich von dem reiner Vanillinwatte unterscheidet, indem derselbe in Violettroth überspielt. Mit Jod und Schwefelsäure färbt sich die so präparirte Vanillin-Eiweiss- Watte hellgelblich bis gelbbräunlich (Fig. VII). Versuch 3: Baumwolle mit kaltgesättigter Goniferinlösung (0,51%) getränkt, aufgekocht und getrocknet und dann mil Eiweiss- lösung imbibirt?), zeigt nach abermaligern Trocknen auf Zusatz von Thymol- Salzsäure eine violette bis blaue Farbe, doch schienen die einzelnen Fäden unter dem Mikroskope an vielen Stellen farblos, was bei gewöhnlicher mit Coniferin getränkter Baumwolle nicht der Fall war. Mit Jodschwefel- säure färbte sich dieselbe gelbbräunlich bis hellbraun. (Fig. VII ce). Versuch 4: Baumwolle mit Eiweiss getränkt und ohne Anwendung von Wärme getrocknet, färbt sich durch Jodschwefelsäure dunkelbraun (Fig. VIId), während gewöhnliche Baumwolle sich sofort tief rothbraun bis violettroth, zuletzt violett färbt (Fig. VII e, f, g). Versuch 5: Chlorzinkjod färbte die mit Eiweisslösung infiltrirte und getrocknete Normalwatte e sofort gelb bis bräunlich -gelb (Fig. VIId), nach Verlauf von 4 Stunden gelbbraun, stellenweise rothbraun, wogegen gewöhnliche Baumwolle durch das gleiche Reagens sofort schwarz- braun mit Stich in Violett, nach 4 Stunden intensiv violett gefärbt wurde. Diese Versuche wurden zu dem Zwecke angestellt, den Einfluss von Körpern, wie Vanillin, Coniferin, Eiweiss auf die Cellulosereaction mit Jodpräparaten kennen zu lernen. Auf dem Wege des Experiments ergab sich der Beweis, dass in der That die genannten Körper, welche mehr oder weniger ja auch als Attribute der Zellwände angesehen werden müssen, die Eigenschaft der Gellulose, sich mit Jodreagentien violett oder blau zu färben, aufheben, so dass sich diese Membranen nur gelb bis braun zu färben vermögen, eine Färbung, die auch dem imetamorphosirien Cellulosegewebe, der verholzten Membran, zukommt. Es soll damit jedoch nicht gesagt sein, dass es gerade nur diese Stoffe seien, welche das veränderte Verhalten der bekanntermassen annähernd zur Hälfte aus gewöhn- 1) Hühnereiweiss im doppelten Volum Wasser gelöst und filtrirt. 2) Das Imprägniren der Membranen ist bei allen Versuchen äusserst sorg- fältig auszuführen. 49 licher Cellulose bestehenden verholzten Membranen zu Jodpräparaten und Lösungsmitteln.‘) bedingen, vielmehr mag der die andere Hälfte der Faser ausmachende kohlenstoffreichere und sauerstoffärmere Körper auch dazu beitragen. Was nun die Reaction des reichlich Proteinstoffe enthaltenden Cambiumgewebes mit den Jodreagentien anlangt, so existiren über diesen Punkt in.der Literatur verschiedentlich widersprechende Angaben. Dippel sagt?): «Bringt man ganz junge, sog: cambiale Zellhüllen geschlossener Gewebe mit Chlorzinkjodlösung oder ‚Jod und Schwefelsäure in Berührung, so bleibt dieselbe ungefärbi« und an anderer Stelle®): »In der Regel sind es nur wenige, oft nur eine oder zwei Zellreihen, welche im Cambialzustande verharren, während die diesen zunächst ge- legenen Zellreihen eine Umbildung erleiden, die in Bezug auf die Ver- dickung der Zellstoffhülle, sowie auf die räumliche Ausdehnung des Lumens meistens nur unbedeutend ist. So gleichen die dem Cambium zunächst gelegenen Zellen diesem noch fast vollkommen, zeichnen sich aber nach der Anwendung von Chlorzinkjodlösung sofort vor ihnen aus, indem ihre jüngsten Ablagerungsschichten Zellstoffreaction zeigen, während die wahren Cambiumzellen ungefärbt bleiben«‘). Schacht?) da- gegen bemerkt: »Die Zellen des Cambiums bestehen in allen Fällen aus Zellstoff, Jod und Schwefelsäure färben sie hellblau.«e Vom Cambium von Pinus Pumilio und anderen Coniferen sagt er: »Chlorzinkjodlösung, sowie Jod und Schwefelsäure färben die Cämbiumzellen der Coniferen violett oder blau«, und an anderer Stelle (l. c. p. 353): »Das Cambium der dicotylen Gefässbündel bleibt in allen Fällen gleich den Zellen des Cambiumringes unverholzt (Jod und Schwefelsäure bewirken jederzeit eine blaue Färbung, beide sind reich an stickstoffhaltigen Substanzen, (Zucker und HeSO4 erzeugen eine rosenrothe Färbunge). Dennoch finden sich auch bei Schacht einige Angaben, die den. Schluss gestatten, dass auch Schacht in gewissen Fällen bei Cambium- zellen die Jodreaetion schwach oder gar nicht auftreten sah; wenigstens kann dies ]. ec. p. 439 aus Tafel II Figur 11 und deren Erklärung ge- schlossen werden. Ebenso ist schon von anderen Autoren insbesonders von Wiesner‘) nachgewiesen, dass die stark eiweisshaltigen, aber be- reits Cellulose enthaltenden meristematischen Zellhäute die Cellulosereaction mit Chlorzinkjod erst nach langer Einwirkung des Reagenses geben. Das beste Beispiel dürfte jedoch die Pilazmembran bieten, von welcher durch die Untersuchungen Richters nachgewiesen ist, dass keine besondere, 1) vergl. hierüber Kabsch LE ce. 2)l.ec. Bd. Ip 8. 8) 1. c. Bd. II p. 280. 4) Vergleiche auch Dippel 1. c. p. 49 und Tafel V Fig. 32 und 83 mit Erklärung. 5) Schacht, 1. c. Bd. I p. 210, 213, 353. 6) Wiesner, l. c. p. 42 des S, A, Flora 1890. 4, 50 die Reaclionen der gewöhnlichen Cellulose nicht besitzende »Pilzeellulose« existirt, sondern dass nach dem Kochen der Hyphen mit Kali auf Zusatz von Chlorzinkjod die charakteristische Cellulosereaclion auftritt und dass es speciell Eiweisskörper sind, welche die Cellulosereaction der Pilzmem- bran verhindern. Schacht sagt (l. ce. p. 230) von den Cambiumzellen der Coniferen : »Zucker und Schwefelsäure bewirken eine rosenrolhe Färbung ihres Inhalts; auch die Verdickungsmasse der jungen Holzzellen färbt sich bisweilen rosenroth (Pinus Pumilio), es scheint demnach, als ob der stickstoffhaltige Inhalt "der Cambiunszellen -in die Wandung der jungen Holzzellen aufgenommen wird; ob er jedoch darin verbleibt, ist eine andere Frager. Im Laufe der vorliegenden Untersuchungen war mir nun ebenfalls des Oeftern Gelegenheit geboten, das Verhalten des Cambiums zu den Jodreagentien zu prüfen. Wählt man hierzu ganz dünne Schnitle , -so lässt sich thatsächlich constatiren, dass die jüngste in Theilung begriffene Partie des Cambiums die Chlorzinkjodreaction sehr schwer und erst nach sehr langer Einwirkungsdauer oder überhaupt nicht zeigt; hierbei glaubte ich beobachtet zu haben, dass die Jahreszeit einen gewissen Ein- fluss auf die Reaction ausübe, derart, dass die geringste Cellulosereaction mit der grössten Vegetationsperiode (Frühjahr) zusammenfällt. Der sich nicht blau färbende Theil des cambialen Gewebes betrug in allen Fällen nur 1 bis 2, höchstens 3 Zelllagen, während die übrigen Cambiumzellen je nach der Schnittdiecke und der Menge des angewandten Reagenses mehr oder weniger stark blau oder blauviolett gefärbt wurden. Es wäre dies also ein mit den Versuchsergebnissen Dippels und Wiesners übereinstimmendes Resultat, aus dem abgeleitet werden darf, dass unter den Bedingungen, wie sie die cambiale Zellwand zeigt, eben mikro- chemische Reactionen mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Wie es sich bei den Versuchen 1, 4, 5 um die Frage handelte, ob Körper, wie Vanillin, Coniferin, Eiweiss, in eine Cellulosemembran infiltrirt, das charakteristische Verhalten zu Jodreagentien zu alteriren vermögen'), so beschäftigen sich die Versuche 2 und 3 mit der Frage: Welchen Ein- fluss übt infiltrirtes Eiweiss auf den Nachweis von Vanillin und Coniferin mittelst Phlorogluein resp. Thymol und Salzsäure aus? Es existirt nun thatsächlich unter den Bedingungen, mit denen die genannten Versuche ausgeführt wurden, ein solcher Einfluss; derselbe ist jedoch viel geringer, als bei den Jodreactionen, bei denen auch makro- 1) Vielleicht liesse sich auf Grund weiterer Experimente entscheiden, dass nicht nur den genannten Stoflen diese Eigenschaften zukommen, sondern dass auch noch andere Körper bei der Infiltration in eine Membran die mikrochenischen Reactionen derselben in mehr oder weniger starkem Grade zu beeinflussen vermögen oder in- wieweit von der Menge und Art dieser Substanzen diese Reactionen, sowie die Löslichkeit der Membran in Kupferoxydamonink, abhängig sind. 51 skopisch ein Unterschied sofort auffält; jedenfalls aber ist unter den Ver- suchsbedingungen der Einfluss nicht so gross, dass Coniferin und Vanillin in der mit Eiweiss imbibirten Membran nicht mehr hätten nachgewiesen werden können. Da nun aber der Versuch mit thierischem Eiweiss aus- geführt wurde, so bleibt allerdings noch die Annahme übrig, dass pflanz- liche Proteinstoffe, wie sie z. B. im Cambium vorkommen, in dieser Be- ziehung energischer sind und einen Nachweis: der genannten Stoffe in eiweissführendem Gewebe schlechtweg verhindern. Würde sich durch Versuche in dieser Richtung herausstellen, dass den pflanzlichen Proteinstoffen eine solche Fähigkeit nicht zukommt, so würde allerdings die zweite oben erwähnte Annahme an Wahrscheinlichkeit ge- winnen, dass das Coniferin im Cambium in anderer die charakteristische Coniferinreaction nicht besitzender (polymerisirter) Form vorhanden sei. Jedenfalls muss aus allen angeführten Gründen, insbesondere durch das gleiche Verhalten der verholzten Membran und des reinen Coniferins gegen Phenol und Thymol, aus der Förderung beider Reactionen durch direcfes Sonnenlicht und Kaliumchlorat, sowie auf Grund der Thatsache, dass chemisch reines Coniferin aus gewissen pflanzlichen Geweben dar- gestellt wird, das Vorkommen von Goniferin in der verholzten Membran als erwiesen erachtet werden. VIM. Die Bildung des Vanillin aus Coniferin, das Product einer protoplasmatischen Thätigkeit. Mit dem Existenzbeweise des Coniferins, als eines constanten Bestandtheiles verholzter Membranen, sind auch gleichzeitig alle Vorbedingungen für das Vorkommen des so leicht aus diesem Glycosid abspaltbaren und demselben so nahe ver- wandten Vanillin gegeben. Da nun die verholzte Membran die Reactionen eines aromatischen Aldehyds zeigt, so ist wirklich nicht einzusehen, warum gerade der dem Coniferin nächst verwandte Aldehyd sich nicht bilden soll, sondern nach Ansicht Nickel's ein anderer; denn auch Nickel kann sich der Thatsache nicht entschlagen, dass die verschiedenen Holzreactionen durch »aldehydartige Bestandtheile« der Membranen be- dingt sind"). Einerseits stellt Niekel nun zwar die Behauptung auf, der in der Holzmembran vorkommende aromatische Aldehyd sei nicht identisch mit Vanillin, vermag aber andererseits nicht, denselben mit einem andern von bekannter chemischer Constitution zu identifiziren. Ich glaube deshalb, dass man, solange dieser Beweis für die An- schauung Nickels nicht geliefert ist, berechtigt ist, auf Grund der früheren Untersuchungen das Vorkommen von Vanillin in den verholzten Mem- branen anzunehmen. v.Lippmann?) ist es in der That auch gelungen, 1) ef. das Citat aus Nickel p. 42. . 2) Rdm. v. Lippmann. Vorkommen von Vanillin und Coniferin im Spargel. Ber. d .d. Chem. Ges. z. Berlin. XVII. Bd. p. 3335 ff. 4* 52 nach einer schon vorher von ihm eingeschlagenen Methode!) geringe Mengen Vanillin neben beträchtlichen Quantitäten Coniferin aus dem Spargel darzustellen. Abgesehen von dem bei der Holzstofffabrikation auftretenden inten- siven Vanillingeruch bildet ja auch das oben ausgeführte Verhältnisse von Coniferin zu den sog. Ligninreactionen und die Zurückführung der mit dem Vanillin nicht übereinstimmenden Reactionen auf den Einfluss des Coniferins wiederum eine weitere Stütze entgegen den Behauptungen Nickel’s für die Annahme des Vorkommens von Vanillin in der ver- holzten Membran. Was nun die Umsetzung des Goniferins in Vanillin anlangt, so fand schon Thiemann?) bei seinen Untersuchungen, dass Coniferin auch durch Digeslion mit Enzymen wie_z. B. Emulsin bei 30° in Zucker und Coniferylaleohol gespalten werde; durch Oxydation des letzteren er- hielt Thiemann als zweites Product Vanillin. Da nun für diese Frage von höchster Wichtigkeit sein musste, ob Eiweisskörpern von so unzweifelhaft protoplasmatischer Abstammung, wie die ungeformten Fermente es sind, in der That dieses Spaltungsvermögen zukomme, oder ob es sich bei den Versuchen Thiemanns, was mir nicht ausgeschlossen schien (es digerirte 6 Tage lang bei 30°), um das Resultat gleichzeitiger Spaltpilzwirkung handle, so wiederholte ich die Versuche im Sinne Thiemanns und ausserdem so, dass eine Entwicklung geformter Fermente in der Versuchsflüssigkeit unmöglich gemacht war. Zu diesem Zwecke wurden 100 ce einer 0,51 Joigen wässrigen Coniferinlösung mit Emulsin versetzt und darauf ungefähr 2ce Chloroform zugegeben, das be- kanntermassen für geformte Fermente ein absolutes Gift ist, ohne jedoch die Wirkung der ungeformten zu hindern. Durch diesen Versuch, bei dem somit durch Zusatz von Chloroform den geformten Fermenten die Existenzbedingungen entzogen und eine Spaltpilzwirkung absolut ausge- schlossen war, musste entschieden werden, ob den Enzymen eine glycosid- spaltende Wirkung zukomme. Schon ohne Anwendung einer erhöhten Temperatur, inbesonders aber bei A0°C., liess sich nach 24stündigem Stehen durch Fehling’sche Lösung ein beträchtlicher Gehalt der Versuchs- flüssigkeit an Zucker nachweisen). Der Versuch beweisst also die Richtig- keit von Thiemanns Behauptung, dass ungeformte Fermente die Fähigkeit besitzen, Goniferin zu spalten. Die gleiche Fähigkeit .1) id. Ueber das Vorkommen von Coniferin in den verholzten Geweben der Zucker- rübe. Bericht. d. d. Chem. Ges. Jg. 1883. p. 44-48. 2) Thiemannll, c. 3) Die Zuckerprüfung muss in der Weise vorgenommen werden, dass zuerst die Fehling’sche Lösung für sich allein zum Kochen erhitzt und dann die Versuchsflüssigkeit zugegeben wird; hierbei muss, wenn Zucker vorhanden, momentan ein ziegelroiher Niederschlag entstehen; ein Kochen der Versuchsflüssigkeit mit der alkalischen Kupferlösung ist des KOH halber unstatthaft, 53 kommt den Spaltpilzen allerdings ebenfalls zu. Bei Wiederholung des Versuchs mit Sprosspilzen (Saccharomyces) findet man dasselbe Spaltungs- vermögen, wenn auch in beschränkterem Maasse '). Bei der Gummi- und Schleimbildung aus Cellulosemembranen ist von Wiesner bekanntermassen ein diastatisches (der Klasse der Stärke um- bildenden Enzyme angehöriges) ungeformtes Ferment als wirksames Prineip erkannt worden. Ein Hauptergebniss der Untersuchungen Wiesner’s isl es, durch eine diesem Ferment eigenthümliche Reaction mit Orcin und Salzsäure zu zeigen, dass das Gummiferment im Proto- plasma entsteht, aus diesem in die Zellwände übertritt und hier die Umwandlung von Cellulose in Gummi oder Schleim bewirkt. Durch die Thatsache, dass diese chemische Veränderung der Gewebe auf einen aus dem Protoplasma entstandenen Eiweisskörper zurückzuführen ist, sowie aus dem Umstande, dass auch bei andersarliger Metamorphose, wie der Verholzung als constante Bestandttbeile der entstehenden Mem- branen, Gummiarten nachgewiesen sind (Singer, Thomson), glaube ich schliessen zu dürfen, dass, insbesondere bei diesem Process, die Mitwirkung des Protoplasmas oder der aus diesem, nach dem Principe der Arbeits- theilung entstehenden, mit ganz bestimmten Funktionen begabten Eiweiss- körper hoher chemischer Energie, der »Enzyme«<, eine weit ausgedehntere sei, als bisher angenommen wurde, und dass auch die Entstehung des Vanillins aus Coniferin innerhalb der verholzenden, noch eiweiss- führenden Membran auf einen fermentativen Spaltungs- process, auf Beihilfe ungeformter Eiweisskörper proto- plasmatischer Abstammung und secundäre Oxydation des ent- stehenden Productes zu Vanillin zurückzuführen sei: Cıs H22 Os -H H3zO = Ci Hız Os + Os Hı2 O6 Coniferin Coniferylalkohol Zucker OH OH Cs Hs OCHa +60 = (0 HB OCHs + 2 Ha0 -+ 2 C0s Cs HAOH COH Coniferylalkohol Vanillin Kohlensäure. Es ist also ausserordentlich wahrscheinlich, dass das Coniferin durch ein ungeformtes Ferment unter Wasseraufnahme in Coniferylalkohol und Zucker zerfällt, ersterer wird dann durch Oxydation glatt in Vanillin und Kohlensäure ?). übergeführt. Wie man isich also die Bildung von Holz- gummi und Vanillin unter Beihilfe von Eiweisskörpern (Protoplasma, Enzymen) erklären kann, so könnte auch der aromatische Kern selbst protoplasmatischer Abstammung sein. 1) Bei diesem Versuche muss selbstverständlich eine spaltpilzfreie Hefe-reinkultur verwandt werden; besitzt man keine solche, so kann die Nährlösung durch Zusatz von 1e salzsaurem Chinolin oder von Hopfenbitter, beides für Spaltpilze starke Gifte, ohne Sprosspilze in ihrer Vegetation zu hindern, für die Entwicklung von Spalt- pilzen untauglich gemacht werden. 2) cf. Chem. Centralblatt. Jg. 1866. p. 40. 54 Dass die Coniferinbildung in der verholzenden Membran in einem be- stimmten Zusammenhang mit der Veränderung der Celluloseinembran und den hiebei statthabenden chemischen Vorgängen steht, dürfte für Niemand bei näherer Beobachtung der Thatsachen, insbesondere des constanien Vorkommens dieses Körpers überall da, wo eine solche Meta- morphose stattgefunden hat, ein Zweifel sein. Für diese Beziehungen zum gesammten Verholzungsprocess findet man zwei Erklärungen, indem man entweder die Entstehung desselben als ein Nebenproduct aus Cellulose an- nimmt, oder indem man seine Existenz als Resultat protoplasmatischer, der lebenden die Metamorphose eingehenden Zellwand angehöriger Proteinstoffe ansieht. Bekanntermassen ist diese Metamorphose der Cellu- losemembranen keine vollständige, sondern es bleibt stets, nach Ent- fernung aller fremdartiger Körper, ein zwischen 48 und 58% schwankender Rest reiner Cellulose zurück. Diese ist in der von allen Beimengungen befreiten verholzten Faser mit der sog. »Ligninsubstanz« verbunden. Bei der Verbrennung der gereinigten Holzfaser fand man, nach Abzug der Cellulose 55,55% C; 5,83% H; 38,62°/o O, Werthe, die sich etwa durch die Formel Cıs Has 016 ausdrücken lassen. Sachsse'!) vergleicht diese für das »Lignin« aufgestellte Formel mit der der Cellulose, er sagt darüber; »Um also Cellulose in Lignin überzuführen, müssen Reduction und Wasseraustritt erfolgen. So leicht nun auch im Protoplasma reine Reductionsprocesse verlaufen können, so schwer hält es doch, sich in einer fertig gebildeten verholzten Membran, die mit Sauerstoff in Be- rührung sein kann, sich einen solchen zu denken und vorzustellen. Um diese Schwierigkeiten zu beseitigen, bleibt nur die Annahme einer durch Abspaltung einer sauerstoffreicheren Atomgruppe erfolgenden Reduction übrig, wobei der Uebergang von Cellulose in Lignin etwa durch folgende Gleichung sich ausdrücken liesse: Ces Hao Oso — 06 Hs Os — 5 Ha 0 — Cıs Has 010 Cellulose Lignin. Die abgespaltene sauerstoffreichere Verbindung könnte dann durch den Sauerstoff der Luft vollständig zu Kohlensäure und Wasser verbrennen oder in andere Verbindungen (Gerbsäuren) übergehen«. Würde man Coniferin als Nebenproduet Aus der Cellulose entstehend auffassen, so wäre der von Sachsse angenommene Austritt einer sauer- stoffreicheren Atomgruppe nicht nöthig?). 1) Sachsse 1. c. p. 145. f. 2) Ohne Annahme einer Beihilfe des Plasmas ist diese Entstehungsweisc mit denı heutigen Stande der Chemie, wenn auch nicht unmöglich, so doch ziemlich schwer vereinbar, demnach wäre der Process etwa folgender: 3 (Cra Bao Oro) = Cıs Hai Oro + Os Has Os + 200 +7 0-+0 3 Cellulose Lignin Coniferin 6 (Cıa Hao Oro) = 8 (Cıs Has 010) + Cie Has Os +2 00: +13 Ha 0+50. Der bei dieser Umsetzung frei werdende Sauerstoff.könnte zur theilweisen Oxydation des Coniferylalkohols zu Vanillin verwandt werden. oder 55 Die zweite Erklärungsweise, das in der Membran vorkommende Coni- ferin sei protöplasmatischen Ursprungs, findet in den Untersuchungen Wiesners') eine Haupistülze, die das Vorkommen von Protoplasma in der lebenden Zellwand höchstwahrscheinlich erscheinen lassen. Dieser Forscher kommt zu dem Resultate, dass sich durch die Annahme eines konstanten Vorkommens von Eiweisskörpern in der lebenden Membran die statthabenden chemischen Vorgänge am leichtesten erklären lassen. Das Vorkommen von Verbindungen mit arornatischem Kern in der Zell- wand lässt sich jedenfalls durch diese Annahme weit leichter erklären, als wenn man dieselben als Umwandlungsproducte der Cellulosemembran auffasst. Wiesner sagt über diesen Punkt: »Jch glaube, dass die hier vorgetragene Ansicht, dass stets Protoplasma in der lebenden Zellwand vorhanden ist, das Verständniss der in der Zellwand statthabenden che- mischen Vorgänge mehr fördern wird, als die bisherige Lehre, derzufolge alle sogenannten Umwandlungsproducte der Zellwand aus Cellulose sich ableiten sollen«. Bezüglich des Nachweises eines solchen Vorkommens von ‚Eiweiss in den verholzenden und verholzten Zellhäuten ist zu be- merken, dass Krasser?) zu dem Ergebniss kam, es lasse sich mittelst Millon’schem Reagens unter Zuziehung der Alloxan-Reaction in den ver- holzten Membranen des Hypoderms, in Xylem und Basizellen verschie- dener Pflanzen ein Eiweissgehalt mit Sicherheit constatiren. Immerhin bemerkenswerth ist, dass mehr oder weniger die meisten Forscher, die sich mit dieser Aufgabe beschäftigt haben, immer zu der- selben Ueberzeugung gekommen sind, dass die mit dem Namen der »Verholzungs bezeichnete Metamorphose der Gellulosemembran in ge- wissem Verhältniss zu protoplasmatischer Thätigkeit stehen müsse, Schon 1874 gelangte Burgerstein?®) zu dem Resultate, dass der »Holzstoff« stets zuerst in den Gefässwänden und zwar überraschend früh, gewöhnlich schon am dritten Tage nach dem Sichtbarwerden des Keimes auftritt. Wenn Burgerstein am Schlusse seiner Abhandlung sagt: »Freilich bleibt es noch fraglich, ob die Holzsubstanz ein einfaches Spaltungsproduct der Cellulose ist, oder ob nicht zur Entstehung des Holzstoffes aus der Cellulose auf letztere chemische Individuen einwirken müssen, welche im Zellinhalte auftreten. Dieses bleibt um so mehr frag- lich, als ich eine Verholzung niemals an Geweben constatiren konnte, welche keinen Zelisaft nıehr führten«, so glaube ich, dass schon er hier sicher an protoplasmatische Einwirkungen dachte. Untersucht man statt der Keimlinge Vegetationsspitzen entwickelter Pflanzen vom Scheitel rückwärts mit Phloroglucin oder Indol-Salzsäure, 1) Wiesner 1. c. p. 40ff. des 8. A. 2) Fr. Krasser im Sitzungsber. d. K. Acad. d. Wiss. z. Wien Bd. XCIV., Jg. 1886, p. 118. 3) Burgerstein ibidem Bd. LXX, Jg. 1874. 56 7. B. Coleus, so findet man auf den Längsschnitten zuoberst die ring- und spiralförmig verdiekten länglichen Zellen, während sie noch von einander durch Zwischenwände getrennt sind, bereits verholzt, wobei die obersten Zellen noch deutlich Zellkern und Plasma enthalten, die beide an den weiter rückwärts gelegenen mit gleichzeitiger weiterer Ausbildung der Spiralen und Resorption der Querwände!) also mit Bildung des eigentlichen Spiralgefässes unter Zunahme der Verholzung verschwinden. Es ist dies ein Beispiel, welches zeigt, dass die Verholzung der Membran an Vege- tationsspitzen Hand in Hand mit der Bildung der Gefässe geht, und dass mit dem Schwinden des protoplasmatischen Inhalts der Zell- züge eine Zunahme des »Verholzungsgrades« verbunden ist. In vielen Fällen schien mir das eben angelegte Spiralband !junger Zellen auch bei Berücksichtigung der relativen Dickenverhältnisse stärker verholzt, als die anliegende Zellmembran. IX. Das Verhältniss von Goniferin zu Vanillin. Werden Querschnitte?) verschiedener Stammhöhen derselben Pflanze vom Vegetations- punkte rückwärts mit Thallin untersucht, so findet man, dass die Reaklion um so schwächer auftritt, je näher die untersuchten Partien dem Spross- ende liegen, je jünger also die metamorphosirten Gewebe sind. Es er- hellt aus diesem Verhalten, dass die Menge des Vanillins nach oben ge- ringer wird und dass diese Abnahme in bestimmten Verbältniss zum Alter dieses Gewebes steht. Behandelt man zur Vergleichung Schnitte der entsprechenden Stamm- höhen mit Thymol-Salzsäure, so findet man, dass da, wo die Thallin- reaktion nur noch schwach vorhanden war, also bei ganz jungen dem Vegelationsgipfel nahe liegenden Querschnitten, nichts desto weniger die Thymol-Reaction noch nıit ziemlicher Stärke auftritt, dass mithin in diesen eben verholzenden Membranen ein ungleich grösserer Procentsatz Coniferin als Vanillin enthalten oder dass mit andern Worten nur ein geringer Theil des beim Verholzungsprocess der Membran entstandenen Coniferins in Vanillin umgebildet ist. Ist nun die Ansicht richtig, dass je jünger die verholzte Zelle sei, um so weniger enthalte dieselbe Vanillin, um so mehr Coniferin, so müssen nothwendigerweise nicht nur die den Vegetations- gipfeln zunächstliegenden, sondern auch die dem Cambium, dem Bildungs- gewebe benachbarten verholzenden Zellen schwache Vanillinreaction mit Thallin, starke Coniferinreaction mit Thymol geben, es müsste also, wenn die oben aufgestellte Behauptung richtig wäre, die Thallinreaction einmal nach oben und ausserdem dann auch nach der Peripherie, d. h. nach dem Cambium zu ab-, die Thymol-Reaction nach den beiden Richtungen dagegen zunehmen. Fig. ll der angehefteten Tafel, ein Querschnitt i cm 1) Die später der Resorption anheimfallenden Querwände schienen mir in allen Fällen nur schwach, meistens aber gar nicht verholzt. 2) Zu diesem und allen folgenden Versuchen wurden stets mit dem Mikrotom hergestellte Querschnitte von constanter Dicke benutzt. 57 unterhalb des Vegetationsgipfels von Nerium Oleander, zeigt auf der linken Seite die entstehenden Holzgefässe nach Behandlung mit Thymol-Salzsäure, auf der rechten Seite der Figur nach Behandlung mit Thallinsulfat. Die dem Cambium cd zunächst liegenden eben verholzenden Zellen y und y" färben sich, wie dies selbstverständlich ist, mit beiden Reactionen nur schwach, da eben erst während des Verlaufs des Verholzungsprocesses successive Coniferin gebildet wird. Die darauf folgende Schichte 2 zeigt bei der Thymol-Reaction die stärkste Färbung, es ist also hier der Höhe- punkt für dieselbe erreicht, indem einerseits die Verholzung unter reich- licher Coniferinbildung soweit vorgeschritten ist, um die intensivste Blau- färbung zu zeigen, andererseits aber, wie dies aus der rechtsseitigen Figur bei 2! erhellt, relativ noch wenig Vanillin abgespalten ist. ‚Die ältesten, dem Marke zunächstliegenden Zellen r sind durch Thymol weniger in- tensiv blau gefärbt, da hier mit der zunehmenden Verholzung ein grosser Theil des gebildeten Coniferins in Vanillin umgewandelt ist, wie dies die Reaction mit Thallin bei r’ zeigt, deren intensives Eintreten einen relaliv hohen Gehalt der Membran an Vanillin bekundet. Da nun die Wirkung der beiden Reagentien, wie schon oben erwähnt. wurde, in der Art ver- schieden ist, dass Thallin nur mit Vanillin, Thymol nur mit Coniferin reagirt, das Vanillin aber gleichzeitig mit der Zunahme der Verholzung der Membran successive aus Coniferin entsteht, so erlaubt eine CGom- bination dieser zwei Reagentien eine Bestimmung der relativen Mengenverhältnisse beider Stoffe und zeigt mithin gewisse Grade der Ver- holzung an. Da reine Coniferinwatte mit Thymol-Salzsäure blau, Vanillin- watte mit Thallin goldgelb reagirt, so muss bei gleichzeitiger Anwendung beider Reagentien die Reactionsfarbe einer mit einer Mischung von Coniferin und Vanillin imprägnirten Watte umsomehr gelb erscheinen, je mehr sie Vanillin enthält, um so mehr blau, je grösser ihr Coniferingehalt ist, d.h. es werden verschiedene Deckfarben zwischen gelb und blau entstehen, die sich vom dunkelsten blaugrün bis zum hellsten gelbgrün bewegen. Da nun die Thymolreaction von einer Summe nicht absolut bestimmbarer Factoren abhängig ist, so wählt man, um die Reaction mehr zu beherr- schen, am besten ein bestimmtes Verhältniss beider Reagentien, das bei richtiger Anwendung und einiger Uebung eine bequeme Anschauung der Verholzungsgrade liefert. X. Thymol-Thallin. Wie jede auf einer Farbenreaction beruhende quantitative Bestimmungsmethode der analytischen Chemie und Mikro- chemie mehr oder weniger schon durch den einen Umstand ungenau ist, dass die Art der Färbung und deren Bezeichnungsweise an sich in hohem Grade dem subjecliven Ermessen anheimgegeben werden muss, und wie durch diese bekannte 'Thatsache der theilweisen Farbenblindheit jede derartige auf Farbenunterschieden beruhende Reaction mehr oder - weniger zu leiden hat, so soll und kann auch die jetzt zu beschreibende 58 Methode keine absoluten Zahlenwerthe für Verholzungsgrade geben, sondern bietet allgemeine Anhaltspunkte, die hauptsächlich nur da von Werth sind, wo es sich um entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen der bezeichneten Gewebemetamorphose handelt. Ausser den genannten für die absolute Genauigkeit hinderlichen Factoren kommen bei der Thymol- Thallinreaction auch noch zwei andere hinzu, nämlich die Abhängigkeit der Färbungsintensität bei Thymol von der direkten Beleuchtung und der Dauer der Einwirkung, von denen allerdings der erstere Umstand durch Zusatz von chlorsaurem Kali nahezu vollsländig vermieden ist. Als Reagenz von constanter Zusammensetzung benutze ich folgende Lösung: 5% Thymol-Thallin): 0,5 gr Thallinsulfat 1,0 gr Thymol % cc destill. Wasser 26,5 cc Alkohol. Dieser Lösung fügt man noch 0,5 gr. Kaliumchlorat hinzu. Beim Ge- brauche mischt man entweder 1 ce dieser Lösung mit 1 cc Salzsäure vom sp. G. 1,124 und behandelt die Schnitte je mit gleichen Mengen dieser Mischung, oder man lässt obige Lösung auf die unter einem Deckglase auf dem Objektträger befindlichen Schnitte 1 bis 2 Minuten einwirken, saugt mittelst Löschpapier die Lösung ab und fügt nun vom Rande her ebensoviel Salzsäure zu. Von der Art der Reaction kann man sich eine Vorstellung verschaffen, wenn man den schon oben angeführten vanillinfreien Holzstoff mit Mischungen von Vanillin und Coniferin in wechselnden Mengen etwa in folgenden Verhältnissen imprägnirt: | Vanillin. | Coniferin. | Lösung « 0,05 0,45 = 1:9 » ß 0,10 0,40 = 2:3 » Y 0,15 0,35 = 3 7 » ) 0,20 0,30 — 4:6 » & 0,25 0,25 =5 5 (Normallösung) » E 0,30 0,20 — 6 4 » N 0,35 0,15 = 7:3 » ” 0,40 0,10 = 8:93 » t 0,45 0,05 = 9:i 1) Bei jungen sehr Coniferinreichen Gewebspartien empfiehlt es sich manchmal, um die Unterschiede in den einzelnen Zellschichten zu vergrössern, die folgende Thallinreichere Mischung zu verwenden: 1,0 gr Thymol 1,09 gr Thallin 30 cc Alkohol 8 ce Wasser 0,5 gr Kaliumchlorat. 59 [Die betreffenden Vanillin- und Coniferin-Mengen werden in einer Mischung aus 1 ce Alkohol und 1 cc Wasser durch Erwärmen gelöst und in dieser Lösung der Holzstoff gekocht, dann leicht ausgepresst und getrocknet. Diese Operation wird so oft wiederholt, bis ein ganz gleichmässig durch- tränktes Product erhalten wird]. Bei gleichen Mengen des angewandten Reagenses schwankt dann die Farbennuance der Proben zwischen blau und gelb, bewegt sich also vom dunkelsten blaugrün bis zum hellsten gelbgrün. Befeuchtet man einen an einem ganz jungen Spross von Nerium Oleander 1 cm unterhalb des Vegetationsgipfels ausgeführten Querschnitt mit Phloroglucin-Salzsäure (Fig. I), so findet man den Xylemtheil x ziem- lich gleichmässig gefärbt, mit Ausnahme der eben aus dem Cambium cd entstandenen äussersten Holzzellen 4, die noch ganz wenig Coniferin und Vanillin enthalten, und sich braungelb bis ziegelroth färben. Behandelt man einen gleichen Schnitt mit Thallin (s. Fig. I rechts), so findet man, dass ausser den erwähnten eben entstehenden Holzzellen y! auch die jüngeren dem Cambium nahe liegenden Zellen z! überhaupt schwach gefärbt sind, während die innern dem Marke zu gelegenen r! intensiv goldgelb er- scheinen. Da nach dem oben Gesagten Vanillin die Vorbedingung für das Eintreten der Thallin-Reaction ist, so muss in diesem Falle in den jüngeren Zellen weniger von diesem Stoffe gebildet sein. Behandelt man endlich einen dritten Schnitt aus gleicher Stammhöhe (Fig. I links) mit Thymol-Salzsäure, so färben sich hier diejenigen Zellen z am intensivsten, die mit Thallin sich schwach färbten, während die älteren Zellen r nur wenig tingirt sind. Daraus! geht hervor, dass die eben aus dem Cambium entstehenden Zellen y und y'! sehr wenig Vanillin und Coniferin enthalten, dass die jüngeren Xylemzellen z und 2° mehr Coniferin als Vanillin be- sitzen und dass die älteren Holzzellen r und r! reich an Vanillin und weniger reich an Coniferin sind. Behandelt man nun einen ebensolchen Schnitt mit Thymol-Thallin (Fig. ID), so findet man wiederum die aus dem Cambium eben ent- stehenden Xylemzellen y schwach blau gefärbt, also schwach verholzend, die darauf folgenden Zellpartien = sind stark blau bis blaugrün, es ist also hier viel Coniferin neben wenig Vanillin, endlich sind die dem Marke zunächst befindlichen Zellen # grün mit Stich in grüngelb und deuten neben Coniferin auf grössere Mengen Vanillin hin. Untersucht man jetzt einen Querschnitt, der 2 cm weiter rückwärts als der letzte durch denselben Spross geführt wird (Fig. IV), so findet man auch hier ganz genau wieder dasselbe Bild. Fig. V zeigt dann einen mit Thymol-Thallin behandelten Querschnitt 6 em rückwärts der Vegetations- spitze; wiederum tingirt sich die dem Cambium zunächst liegende, eben den Verholzungsprocess eingehende Holzschicht y nur schwach, während 60 die darauf folgenden Partien x! slark und zwar dunkel- grünblau ge- färbt sind, die also mehr Coniferin enthält als Vanillin; auf diese folgt dann x° eine dunkelgrüne Zellschicht, bei der die Vanillin- und Coniferin- reaction etwa gleich ist, und zuletzt z°, die dem Marke zunächst liegen- den Zellen, die sich durch auffallend gelbgrüne bis grüngelbe Farbe aus- zeichnen und bei denen die Vanillinreaction somit vorherrscht. Wie bei den verschiedenen Zellpartien eines ‘einjährigen Triebes eine Verschiedenheit des gegenseitigen Verhältnisses von Vanillin und Coniferin je nach dem Alter der betreffenden Zellen zu constatiren ist, so bietet auch wieder jede einzelne Zelle ein Beispiel hierfür, ein Umstand, auf den schon Dippel, Schacht u. a. beim Studium der Intercellularsub- stanz, der primären, secundären und tertiären Membran aufmerksam gemacht haben. Schliesslich seien noch einige weitere Beispiele an- geführt. Der Holztheil eines Ende Juli durch einen jungen Spross von Vitis vinifera 5 em unterhalb des Vegetationsgipfels ausgeführten Querschnitts nahm auf Zusatz von Thymol-Thallin eine blaugrünliche Färbung an. 5cm rückwärts dieses Schnittes war die Färbung blaugrün, 10 cm weiter zurück trat der Vanillingehalt schon derart hervor, dass die Färbung eine dunkelgrüne mit Stich ins blaugrüne war und 10 cm von diesem färbte sich die Holzmembran vollständig grün. Ein 3 cm unterhalb der Vegetationsspitze von Prunus domestica aus- geführter Querschnitt zeigte bei Behandlung mit; Thymol-Thallin eine rein blaue Farbe der verholzten Membran. 3 cm rückwärts dieses Schnittes färbte sich ein gleichbehandelter Schnitt hellblau mit Stich in grünblau, während die Holzmembran eines um weitere 10 cm entfernten Schnittes eine grünblaue Färbung annahmen. Für die Beobachtung etwas störend ist der Phloroglucingehalt mancher Querschnitte, indem derselbe an und für sich mit der Salzsäure des Reagenses eine schwach violettrothe Färbung der Holzmembran bewirkt. Dieser Umstand wirkt, wie schon Molisch angibt, auch bei der Thymolreaction störend, kann jedoch durch Entfernen der den Hauptsitz des Phloroglueins bildenden Rinde des betreffenden Querschnittes auf- gehoben werden, abgesehen davon, dass er bei einiger Uebung die Reaction kaum beeinflusst, so dass mit derselben die verschiedenen Verholzungs- stufen mit Sicherheit unterschieden werden können. Beispiele hierfür bilden z. B. Ampelopsis hederac., Betula alb., Rubus, Prunus u. a., bei denen durch gleichzeitige Untersuchung mit Salzsäure die Stärke der durch Phlorogluein bewirkten schwachen Rothviolettfärbung genau be- kannt wird, Bevor ich zum zusammenfassenden Ergebnisse der combinirten Reaction gehe, möchte ich an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Dingler, 61 durch dessen liebenswürdige wie hilfreiche Unterstützung mir ein grosses Versuchsmaterial zugänglich wurde, meinen herzlichsten Dank aus- sprechen. Durch die Thalsache, dass bei den dem Marke zu liegenden Partien, also den ältesten Holzzellen, die Coniferinreaction ab, die Vanillinreaction dagegen zunimmt, dürfte noch ein letzter Beweis dafür erbracht sein, dass das Vanillin aus dem Coniferin entsteht. Bemerkenswerth ist nun, dass aber nicht etwa die ganze in der verholzenden Membran vorhandene Coniferinmenge in Vanillin umgewandelt wird, sondern dass immer nur ein bestimmter Theil desselben in den aromatischen Aldehyd übergeht, so dass selbst die ältesten Holzzellen noch die Coniferinreaction mit Phenol- oder Thymolsalzsäure in schönster Weise zeigen, was ein Beweis dafür ist, dass in einer gewissen Altersperiode bei der Verholzung die Abspaltung von Vanillin aus Coniferin aufhört und der dann noch restirende Coni- ' feringehalt der Membran constant bleibt. Erklärung der Abbildungen. Fig. I. Querschnitt 1 cm unterhalb der Vegetationsspitze von Nerium Oleander nach Behandlung mit Phlorogluein. ph =Phloem, cb = Cambium, x = Xylem, m = Mark. y = die eben verholzenden Zellen. Vergr. = 240/1. Fig. IL. Querschnitt durch Nerium ÖOleander lcm unterhalb des Gipfels, auf der linken Seite mit Thymol-Salzsäure, auf der rechten mit Thallin behandelt. Be- zeichnung wie bei Fig. I. Fig. III. Querschnitt durch Nerium Oleander lem unterhalb des Gipfels, mit Thy- mol-Thallin behandelt. Bezeichnungsweise wie bei Fig. 1. Fig. IV. Querschnitt durch Nerium 3 cm unterhalb des Gipfels, links mit Thymol- Thallin, rechts mit Thymolsalzsäure (schematisch). Fig. V. Querschnitt durch Nerium Oleander 6cm rückwärts der Vegetationsspitze mit Thymol-Thallin. Fig. VI. Querschnitt durch Nerium Oleander 1jähr. Trieb, mit Thallinsulfat be- handelt. b==Bastfasern, Figurenbezeichnung wie bei Fig. ! (schematisch), Fig. VII. Baumwollfäden nach Behandlung mit Jod ‘und Schwefelsäure. a, b, «,d nach Infiltration von Vanillin resp. Coniferin und Eiweiss. e, f, g obne Infiltration. ef. S. 47, 62 Arbeiten aus dem botanischen Institut zu Marburg: VI. B. Schaefer: Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Frucht- knotens und der Placenten. (Bierzu Taf. II, IV, Vu. IV.) Vorliegende Arbeit soll einen kleinen Beitrag liefern zum besseren Verständniss des Aufbaues von Fruchiknoten und der Entwicklung von Placenten einiger Angiospermen. Seitdem durch Hofmeisters »Vergleichende Untersuchungen« !) be- wiesen ist, dass der Embryosack in den Samenknospen der höheren Pflanzen den Makrosporen der höheren Gefässkryptogamen vollständig entspricht, ist durch eine Reihe weiterer Arbeiten verschiedener Forscher der bedeutungsvolle Nachweis geliefert worden, dass auch die den Einbryo- sack einschliessenden Samenknospen ihrer Entwicklung und dem ganzen Baue nach mit den die Sporen hervorbringenden Sporangien derartig übereinstimmen, dass man auch‘diese Organe als vollständig gleichwerthig ansehen muss®), womit die Frage nach der morphologischen Werthigkeit der Eichen, welche lange Zeit von verschiedenen Forschern erörtert worden ist, und über welche man zu keinem abschliessenden Resultate gelangen konnte, endgültig als werthlos beseitigt sein dürfte. Betrachten wir die Ursprungstätten dieser Sporangien bei den Gefässkryptogamen, so ergibt sich, dass die Sporangien in den klaren und überaus meisten Fällen von Blättern getragen werden, die in den einfachsten Fällen mit den gewöhn- lichen Laubblättern vollständig übereinstimmen, in andern dagegen mehr oder weniger tiefgreifende Veränderungen erfahren haben, doch so, dass sie in ihren ersten Anlagen sich deutlich als Blätter ausweisen. Man be- zeichnet dieselben als Sporophylle. Die Sporophylle der meisten echten Filiceineen, bei denen die Sporangien aus Epidermiszellen des Blattes ent- stehen, unterscheiden sich in nichts von den vegetativen Blättern. Auch diejenigen Sporophyllie, welche von gewöhnlichen Laubblättern bedeutend abweichen, z. B. bei Onoclea Struthiopteris, sind doch als direkte Umwand- lungen von Laubblättern anzusehen, wie sich nach Goebel experimentell bestätigen lässt®). Bei den Equisetaceen stimmen die Sporangienträger ihrer ersten Anlage nach mit den Blaltanlagen vollständig überein und erfahren erst im weiteren Verlaufe der Entwicklung die ihren späteren abweichenden Bau bedingenden Veränderungen. Bei Lycopodium hat 1) W. Hofmeister: Vergl. Unters. der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen. Lpz. 1851. 2) Goebel: Vergl. Entwicklungsgesch. der Pflanzenorgane. - Schenk, Handb. der Bot. Bd. III, pag. 382 fi. — Ders.: Beitr. zur vergl. Entwicklungsgesch. der Sporangien. Bot. Ztg. 1880 u. 1881. — Warming: de l’ovule. Ann. d, sc. nat. VI. serie Bot. T. V. — Strasburger: Die Angiospermen und die Gymnospermen. Jena 1879. 3) Goebel: Ueber künstliche Vergrünung der Sporophylle von Onoclea Struthi- opseris. Ber. der Deutsch. Bot. Ges. Bd. V. Berlin 1887, LXIX. 63 Hegelmaier') nachgewiesen — und Goebel bestätigt dessen Angaben, dass die Sporangien auf der Blattbasis entspringen und ihre spätere Stellung in den Axeln der Blätter durch Verschiebung gewinnen. Ebenso entstehen die Sporangien bei Isoötes aus Zellen der Blattbasis und be- halten diese Stellung auch bei. Andeıs verhält es sich dagegen bei Selaginella. Zwar sind auch hier einige Forscher der Ansicht, dass die Sporangien von Zellen -der Blattbasis gebildet werden, doch sollen nach den genaueren Untersuchungen dieselben aus Oberflächenzellen des Stamm- vegetalionspunktes entspringen und zwar aus solchen, die unmittelbar über denjenigen liegen, aus welchen der Blatithöcker hervorgeht. In späteren Stadien ist dieses nicht.mehr zu erkennen, indem die Sporangien später auf die Blattbasis gerückt erscheinen. Schon dieser Umsland, dass das die Sporangien tragende Gewebe später in die Bildung des Blattes mit hineingezogen wird, muss auffällig erscheinen, wenn nicht schon Selaginella durch dieses auffällige Verhalten den übrigen Gefässkryptogamen gegenüber vereinzelt dastände. Es wäre doch wohl möglich, dass auch jene Zellen, aus welchen die Sporangien entstehen, schon von Anfang an mit zur Blattanlage gehören. Diese Frage verdient eine erneute gründ- liche Prüfung mit besonderer gleichzeitiger Berücksichtigung der Blatt- entwicklung. Verfasser war die Entscheidung leider wegen Mangels an passendem Materiale nicht möglich, Ebenso erweisen sich die Träger der Sporangien bei den Gymno- spermen als echte Blätter, als Sporophylle. Dieselben unterscheiden sich 7. B. bei Cycas in nichts von den gewöhnlichen Blättern. In anderen Fällen ist wieder genaue Uebereinstimmung in der Anlage von Blättern und Sporangienträgern nachweisbar. Schwieriger gestalten sich nun die Verhältnisse bei den Angiospermen. Es liegt in der Natur der eigenthümlichen Ausbildung des Gynaeceums der Angiospermen begründet, dass man hier oft zweifelhaft sein konnte, ob nicht neben den Sporophylien, den Fruchtblättern oder Karpellen, auch die Axe einen bedeutenden Antheil an der Ausbildung des Gynaeceums und zwar des wichtigsten Theiles desselben, nämlich der die Samen- knospen tragenden Placenta, habe. So wurden manche Forscher zur Unterscheidung eines axilen und eines appendikulären Theiles des Gynae- ceums geführt. Diese Unterscheidung wurde wohl zum grossen Theile der »Knospentheorie« der Samenknospen zu Liebe gemacht, indem diese dann stets auf dem axilen Theile gefunden wurden. Die einfachsten Fälle mussten dadurch eine. gezwungene Erklärung finden, diejenigen Fälle nämlich, in denen die Samenknospen an den Rändern der Frucht- blätter sitzen. Es hat nun bereits Goebel in seiner vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte der Pflanzenorgane und in seinem Beitrag: Zur 1) Hegelmaier: Zur Morphologie der Gattung Lycopodium. Bot. Ztg. 1872. 64 Entwieklungsgeschichte des unterständigen Fruchtknotens ') für manche zweifelhafte Fälle den Nachweis geliefert, dass die Ursprungslellen der Samenknospen, die Placenten, doch als Theile der Fruchtblätter aufzu- fassen sind. Von mir wurden einige weitere Pflanzen daraufhin unter- sucht und mögen die Resultate dieser Untersuchung im Folgenden dar- gestellt werden. Zur Untersuchung der einschlägigen Fragen konnten nur 2 Methoden in Betracht kommen, die anatomische und die vergleichend entwicklungs- geschichtliche. Wenn Payer?) zu der falschen Ansicht gelangte: »que dans tout pistil il y a une partie axile qui porte les ovules et une partie appendiculaires, so ist der Fehler gewiss nicht auf Rechnung der ent- wicklungsgeschichtlichen Methode zu schreiben, sondern wurde verursacht durch eine vielfach äusserliche und ungenaue Beurtheilung der vortreff- lichen Beobachtungen und in der nicht immer lückenlosen Darstellung der entwicklungsgeschichtlichen Stadien. Van Tieghem?°) hatte bei seiner abfälligen Kritik der entwicklungsgeschichtlichen Methode wohl nur die Untersuchungen Payers vor Augen. Er behauptet: Sur cet ordre de choses l’organog@nie ne peut donc rien nous apprendre et en ce qui con- cerne en particulier la question proposce, elle est impuissante A faire avec quelque certitude, la part de ce qui dans un pistil donne, revient & l’axe floral, et de ce qui est dü aux appendices. Und warum? Weil die Ent- wicklungsgeschichte keine entwicklungsgeschichtlichen Definitionen habe für Faxe d’un cöte, l’appendice de Pautre! Das ist nun allerdings kaum möglich, und es kann als Merkmal eines Blattes bei kritischer Betrachtung schliesslich nur die seitliche Stellung oder entwicklungsgeschichtlich das seitliche Entstehen an einem Axengebilde geltend gemacht werden ®). Aber wie steht es mit seinen eigenen anatomischen Definitionen für die Begriffe Blatt und Axe? Er stützt dieselben auf die Vertheilung der Gefässbündel und sagt®): »En resume, le syst&me vasculaire des axes tant vegetatifs floraux des Dicotyl&dones et des pedicelles floraux des Monoeotyl&dones, est symö6trique par rapport A une droite; le systäme vasculaire des appendices n’est symötrique que par rapport A un plan«. So bestimmt also Van Tieghem die Begriffe appendikulär und axial nach der Gefässbündelvertheilung in den ausgebildeten Organen. Er vergisst dabei, dass die Gefässbündel erst secundärer Entstehung sind, dass ihre 1) Goebel: Zur Entwicklungsgeschichte des unterständigen Fruchtknotens. Bot. Ztg. 1886. 2) Payer: ÖOrganogenie comparde de la fleur pag. 728 u. £. 3) Van Tieghem: Recherches sur la structure du pistil. (Ann. des se. nat V. serie bot. IX. Paris 1868. pag. 144 ff. 4) Vergl. die Ausführungen in Goebel; vergl, Entwicklungsgesch. der Pflanzen- organe. pag. 128 u. 129. 5) 1. c. pag. 131. 65 Anordnung durch die besondere Ausbildung des betreffenden Organes bedingt ist, so dass man nicht umgekehrt sagen darf: Dieses Organ ist appendikulär oder es ist axial, weil die Gefässbündel in dieser betreffenden Weise angeordnet sind! Auch in den Inflorescenzaxen von Urtica dioica ist der Holzring ein nach oben offener. »Der Querschnitt einer jüngeren »Inflorescenzaxe zeigt, dass der der Rückenseite angehörige Theil des »Gefässbündelringes kaum angelegt ist, während auf den Flanken und »der Bauchseite schon Bündel mit stark entwickelten Phlo&m- und »Xylemtheilen sich finden«'). Schon Hofmeister sagt: »Ueberein- stimmungen oder Differenzen der äusseren Form, des inneren Baues, der Funktion sind nicht massgebend für die Deutung eines gegebenen Ge- bildes als Axe, Blatt oder Haar«°). Gerade durch entwicklungsgeschicht- liche Untersuchung könnte diese anatomische Methode erst volle Sicherheit erlangen, durch Zurückgehen auf die frühesten Stadien und den Nachweis über die Art der Ausbildung der Gefässbündel. Dazu kommt noch, dass Van Tieghem der Möglichkeit von Fehlern dadurch ausgesetzt ist, dass er seine Schlüsse fast nur auf successive Querschnitte basirt hat. Dabei können immerhin in vielen Fällen die mittelst dieser anatomischen Methode gefundenen Resultate das Richtige treffen. Dieselbe Methode ist es aber auch, welche Van Tieghem zu den ganz unhaltbaren Resultaten bezüglich der Phyllokladien von Ruscus u. a. geführt hat®). Dieselben sind ihm Blattorgane, deshalb, weil deren anatomischer Bau völlig dem Bau eines Blattes entspricht, dessen Dorsalseite nach oben, dessen Ventralseite nach unten gewendet ist, indem nämlich die in der cylindrischen Basis im Kreise angeordneten Gefässe sich allmählich in eine Ebene ausbreiten und divergirend die ganze Lamina durchziehen, dabei immer mit dem Phloem nach oben, mit dem Xylem nach unten gerichtet. Ist die ganze Art der Betrachtung äusserlich, so führt sie auch zu eigenthümlichen Folgerungen. Seine Begründung stützt sich ganz auf den Umstand, dass in dem Mittel- nerv der Gefässbündel-Cylinder nicht so vorhanden ist, „wie man:es bei einem Sprosse erwartet, und wie derselbe bei den Flachsprossen von Opuntia und Mühlenbeckia, bei den Sprossen von Epiphyllum, Phyllanthus, Xylophylla und Phyllocladus sich findet. Dieser centrale Gefässbündel- eylinder findet sich nun aber in den fertilen Phyllokladien bis zur Ansatz- stelle der Braktee deutlich entwickelt, und auch Van Tieghem erblickt hierin den Centraleylinder der Axe. Ist also das Phyllokladium fertil, so wäre es bis zu dem Punkte, wo die Blüthe sich ausbildet, Axe, und 1) K. Gdebel: Ueber die Verzweigung dorsiventraler Sprosse. Arb. des Bot. Inst. zu Würzburg. Bd. II. Lpz. 1882. 3. Heft. ypag. 430. 2) Hofmeister: Allgemeine Morphologie pag. 415. 3) Ph. Van Tieghem: Sur les feuilles assimilatrices et l’inflorescence des Dana, Ruscus et Semele (Bulletin de la Soc. Bot. de France Ilöme serie. T. VI. 1884. pag. 81-90). Flora 1890. 5 66 begänne von da an Vorblatt (?) zu sein, oder das Vorblatt müsste an der Axe hinablaufen! Bringt es dagegen keine Blüthen hervor, so wäre es seiner ganzen Ausdehnung nach Blattorgan (auch Vorblatt?); — und das deshalb, weil kein Cylinder von Gefässen mehr vorhanden ist! Be- denkt man dagegen, dass, wie schon betont, die Gefässbündel erst nachträglich entstehen, und dass sie in einer Axe sich bilden, welche gewissermassen das Bestreben hat, in die von ihr ausgegliederten Gebilde diese Gefässbündel abzugeben, so ist es doch gewiss erklärlich, wenn sie nicht mehr zur Ausbildung gelangen, sobald das Bestreben, Seitenglieder zu bilden, aufhört. Da ferner bekanntlich bei Ruscus die Sprossspitze selbst sich schliesslich blattartig ausbildet, so hätten wir hier nach Van Tieghem’s Auffassung den einzigen Fall eines terminalen Blattes in der vegetativen Region (auch Vorblatt?), der Umwandlung eines Sprossvege- tationspunktes in ein Blatt. Zum Schlusse mag noch erwähnt sein, was schon Schacht betonte'), dass entwicklungsgeschichtlich die Anlage eines Phyllokladiums von derjenigen eines eylindrischen Zweiges nicht zu unterscheiden ist, und dass sich erst später zeigt, was ein cylindrischer Zweig, was ein Phyllokladium wird. So sehen wir, kehrt sich der Vorwurf geradezu um. Gerade die Entwicklungsgeschichte ist geeignet, uns über die fraglichen Verhältnisse Aufschluss zu geben. Doch muss eine vergleichende Betrachtung und Deutung eintreten, weil das Material uns selten eine vollständig lückenlose Entwicklungsreihe liefert. Die Vergleichung mit klaren Fällen kann uns dann die Gesichtspunkte liefern, kann uns diejenigen Entwicklungsstufen andeuten, auf deren Vorhandensein wir unser Augenmerk zu richten haben. Denn man darf nicht vergessen, dass die auf Grund blosser kom- parativer Methode gefundenen Resultate nur hypothetischen Werth haben, solange diese nicht auch entwicklungsgeschichtlich unwiderleglich er- härtet sind. Den bedeutendsten Fortschritt in den vergleichend entwicklungs- geschichtlichen Untersuchungen bezeichnet Goebels letzte Arbeit über den unterständigen Fruchtknoten. Er stellt daselbst den Grundsatz auf, nach welchem »künftige vergleichend-entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen über Fruchtknotenentwicklung zu. verfahren haben«, nämlich den, zu untersuchen, »welches Areal des Blüthenbodens die Fruchtblätter gleich bei ihrem Auftreten einnehmen« ?). Bevor ich mit der Einzeldarstellung beginne, muss ich noch etwas näher eingehen auf Gelakovsky’s Theorie der Tuten- oder Kappenbil- dung, auf welche dieser Forscher die Fruchtknotenbildung zurückführt. Er hat in seiner »Vergleichenden Darstellung der Entwicklung der Placenten 1) Schacht: Beitrag zur Entwicklungsgeschichte flächenartiger Stammorgane. Flora 1853, pag. 471. 2) 1. c. pag. 738, 67 in den Fruchtknoten der Phanerogamen«!), einer Arbeit, die verfasst ist zwecks genauerer Begründung der Foliartheorie der Eichen, diese Theorie der Tutenbildung aufgestellt auf Grund seines Studiums verlaubter Eichen und umgebildeter Staubgefässe. Welchen ‚geringen Werth das Studium der Missbildungen für die Entscheidung entwicklungsgeschichtlicher Fragen hat, ist schon genugsam von anderer Seite betont worden. Ich brauche deshalb darauf nicht näher einzugehen. Da, wo er die Entwicklungs- geschichte mit zu Rathe gezogen hat, hat er sich darauf beschränkt, das in dem trefflichen Atlas zu Payers organogenie de la fleur niedergelegte Material nach seinen Anschauungen zu deuten, wobei manche Unrichtig- keiten mit unterfliessen, und hat sich mit eigenen entwieklungsgeschicht- lichen Untersuchungen nicht befasst. Er stellt den Vorgang der Kappenbildung folgendermassen dar?): »Das junge Blattprimordium von halbkugeliger oder etwas cylindrischer Gestalt plattet sich bei weiterem Wachsthum ab, indem es in transversaler Richtung (senkrecht zur Mediane) mehr in die Breite wächst, wodurch die Blattränder gebildet und eine Ober- und Unterseite differenzirt werden. Nimmt die Abplattung, also die Differenz zwischen dem Breitenwachsthum, in medianer und transversaler Richtung bis zu Null nach dem Grunde des Blattes (Blattstiel z. B.) zu ab, so nähern sich einander die Blattränder auf der Oberseite des Blattes, bis sie zu- sammenstossen, sie gehen aus der senkrechten zur Längsaxe des Blattes parallelen Richtung in eine schiefe und zuletzt dazu transversale Richtung über; in diesem Punkte hört die differenzirte Blattoberseite auf; mit den Blatträndern greift auch die Blattunterseite nach oben herum, der stiel- runde Blattstiel ist ringsum undifferenzirte Unterseite. Findet nun ein Breitenwachsthum, von den so gelegenen Rändern ausgehend, also auch in transversaler Richtung statt, so entsteht eine Tute oder Kappe; und zwar ist diese Kappe ventral gespalten, wenn nur der Punkt, in dem die Ränder der Abplattung zusammentreffen, an dem Breitenwachsthum nicht theilnimmt; die durch das nachträgliche Breitenwachsthum entstandenen Ränder bleiben untereinander frei. Wenn aber kein Punkt des trans- versalen Randes von dem allgemeinen Breitenwachsthum zurückbleibt, so wächst die Kappe geschlossen, indem die Ränder der vorigen Figur ver- schmolzen erscheinen. Dass die ventrale Mittellinie der geschlossenen Kappe wirklich als durch Verschmelzung freier Ränder vorgestellt werden muss, beweisen die Fälle, wo der freie Blattrand der gespaltenen Ventral- seite derKappe normal und gesetzlich eine seitliche Blattsprossung erzeugt, denn dann erscheint in der geschlossenen Kappe diese Sprossung innen an der ventralen Mittellinie. Solche konstante Sprossungen sind die Ovularblättchen der Karpellarkappen, die im normalen Ovarium nach innen stehen, in Vergrünungen, in denen die Kappe erst in eine gespaltene 1) Celakovsky: Vergl. Darst. der Plac. in den Frkn, der Phanerog. Prag 1876. 2) Cel. I: c. pag. 20 u, 21. 5* 68 Kappe und dann in ein flaches Blatt zurückgegangen ist, am freien Rande des Blattes entstehen«. Celakovsky ist sogar »die Kappe des Ovular- blältchens, inneres (oder einziges) Integument genannt, genau dieselbe morphologische Bildung, wie die Kappe des Karpells«! Dass diese Schilde- rung nicht auf entwicklungsgeschichtliche Thatsachen gegründet ist, sondern auf Vermuthungen, die aus Vergrünungen gewonnen sind, ist leicht zu sehen. Vergrünungen, an denen er die Schilderung erläutert, sind ihm massgebend für Darstellung eines entwicklungsgeschichllichen Vorganges! Dieser stimmt dann auch mit seiner Auffassung keineswegs überein. Danach ist zunächst zu betonen, dass von einem Uebergreifen der Blatt- unterseite nach oben herum nichts zu bemerken ist. Die’ Ausbildung der Kappe, besonders des Ventraltheiles derselben, geht auch keineswegs von den vorher differenzirten Blatträndern aus, sondern mindestens gleich- zeitig mit vorschreitender Differenzirung dieser Ränder erhebt sich der Ventraltheil als ein geschlossener Wulst, als Wucherung an der basalen Partie der Oberseite des Blattes. Dieses ist der entwicklungsgeschichtliche Vorgang, wie er schon von Goebel bei den Rosaceen und Ranuncuaceen unter Hinweis auf die analoge Ausbildung des schildförmigen Blattes dar- gestellt worden ist!), Zwar führt auch Celakovsky an, dass die Bildung schildförmiger Blätter mit der Kappenbildung im Wesentlichen identisch sei, wonach er von der Entwicklung schildförmiger Blätter eine ebenso äusserliche Vorstellung zu haben scheint. Goebel bezeichnet »den unteren, das Karpell abschliessenden, nicht durch Verwachsung der Karpellränder entstandenen Theil als die »Sohle« desselbene, während Celakovsky sich des Ausdrucks »Kesseltheile bedient. Dass die normal auftretenden »kon- stanten Sprossungen der Ovularblättchen« innen auf der ventralen Mittel- linie dieser Sohle stehen, kann nicht gegen unsere Auffassung sprechen, da wir die Samenknospen nicht als Blattfiedern, die immer am Rande stehen müssten, anzusehen haben, sondern als den Sporangien der höheren Gefässkryptogamen analoge Bildungen, von denen wir wissen, dass sie auch, wie z B, bei Ceratopteris, auf der Blattfläche selbst stehen können. Viel eher könnte man bei der Verschmelzung zweier Ränder und bei der Auffassung der Samenknospen als Blattfieder 2 den beiden Rändern ent- sprechende Sprossungen nebeneinander erwarten. Ebensowohl kann man sich vorstellen, dass bei Vergrünungen die normal zur Ausbildung der Sohle verwandte Gewebepartie sich theilt oder an einen der Blattränder rückt, wo dann auch die Samenknospe erscheint. Die Blattsohlentheorie, welche mit der Entwicklungsgeschichte vollkommen übereinstimmt, ist früher auch von Celakovsky ausgesprochen worden. Er verliess dieselbe, weil nach seiner Meinung »die Blattsohlentheorie manche Vergrünungs- erscheinungen nicht erklären kann, nämlich die, dass die ovula z. B. das unterste von Dietamnus, am Rande des Fruchtblattes erscheinen, dagegen 1) Goebel, Vergl. Entw, pag. 309 ff. 69 normalerweise auf der Axe oder Blattsohle« !). Wir haben gesehen, dass sie das doch sehr wohl kann. Massgebend ist uns, dass die Blattsohlen- theorie mit der Entwicklungsgeschichte vollkommen übereinstimmt, während die Kappentheorie mit ihr im Widerspruch steht. In allen Fällen nun, wo die Bildung einer Sohle aus dem Karpell- höcker entwicklungsgeschichtlich nachweisbar ist, kann natürlich von einer Betheiligung der Blüthenaxe am Aufbaue des Gynaeceums keine Rede Sein. Nicht so klar, wie bei den Ranunculaceen, lag die Entwicklungs- geschichte bei einigen anderen apokarpen Gynäceen, so bei Ailanthus glandulosa. Ich werde im Folgenden zunächst die Resultate meiner Untersuchung an Ailanthus mittheilen. Ailanthus glandulosa. Die Blüthen werden Anfangs Mai angelegt und sind bereits Mitte Mai so weit vorgeschritten, dass die ersten Stadien der Karpellentwicklung zu verfolgen sind. Die Karpelle werden, wie auch Payer richtig darstellt ?), als 5 gesonderte halbkugelige Höcker seitlich des schwachgewölbten Blüthenvegetationspunktes angelegt, erscheinen also nicht, wie Celakovsky fälschlich angibt, in Form eines Ringwulstes®). Diese Gestaltung be- zeichnet vielmehr eine spätere Eintwicklungsstufe, und wir werden sehen, wie dieselbe zu Stande kommt. Aus einem Längsschnitte durch schon etwas vorgeschrittene Karpellanlagen erkennen wir, dass die Höcker von dem Blüthenvegetationspunkte nur schwach abgesetzt sind, an ihrer Innen- höschung sich allmählich verflachen. Die innere Seite des Höckers hat sich abgeflacht und reicht an dem Vegetationspunkte weiter hinauf als es auf den ersten Blick besonders bei Oberansichten scheinen möchte. Es hat sich also durch Abplattung des Höckers eine Differenz zwischen Ober- und Unterseite des Flöckers herausgebildet. Im weiteren Verlaufe der Eintwickelung würden sich nach Payer vor den 5 Höckern Vertiefungen bilden. Dieser Beobachtung liegt das Stadium zu Grunde, welches auch Celakovsky veranlasst hat, die Karpelle in Form eines Ringwulstes er- scheinen zu lassen®). Die vor diesen Vertiefungen liegenden, von der Axe aus zwischen die Ränder der karpellären Ringwulste vorspringenden Theile, aus welchen später die Samenknospen hervorsprossen, vollkommen entsprechend den Karpellsohlen der Rosaceen und Ranunculaceen, würden demnach nicht Bildungen der ursprünglichen Karpellanlagen sein, sondern Neubildungen des Blüthenvegetationspunktes. Auf einem Längsschnitte durch eine solche vorgeschrittene Karpellanlage ruft diese Sohle den 1) Cel. ]. ec. pag. 12, 2) Payer, l. c. PL 24, Fig. 8. 3) Cel. 1. e. pag. 33, angeführt unter B: Karpelle in Form eines Ringwulstes erscheinend. 4) Payer,l. c. Fig. 9. 70 Anschein hervor, als ob sie einen neuen inneren Blattkreis darstelle (Fig. 2). Es würde diese Anschauung derjenigen entsprechen, welche Huisgen für Reseda luteola und die Cruciferen zu beweisen versuchte, »dass die Pla- centen vollständige, unabhängige, aber mit den Fruchtknoten verwachsene Gebilde seien« '), eine Ansicht, auf welche wir im Weiteren noch genauer einzugehen haben, deren Unrichtigkeit in den betreffenden Fällen bereits von Goebel nachgewiesen wurde?). Auch für unseren Fall ist diese An- schauung nicht haltbar. Schon die genauere Betrachtung der so weit vorgeschrittenen Karpellanlage auf einem medianen, etwas stärkeren, die Anlage etwa halbirenden Schnitte, kann uns das Richtige zeigen. Da sehen wir, dass die Ränder des Ringwulstes keineswegs bloss bis zur Axe reichen, so dass dazwischen die Sohle hervorsprosste. Vielmehr umgreifen dieselben die Basis der Sohle, sie setzen sich direkt in die Sohle fort, was uns schon wahrscheinlich macht, dass wir diese als einen Theil der ur- sprünglichen Karpellanlage zu betrachten haben. Diese Vermuthung be- stätigt sich bei genauerer Untersuchung dieses als Sohle bezeichneten Theile. Wir waren bereits darauf aufmerksam geworden, dass der an seiner Oberfläche etwas abgeflachte Höcker bei seiner Weiterentwicklung ein ziemlich bedeutendes Areal des Blüthenvegetationspunktes verbraucht. Schon danach muss die Sohle, wie aus ihrer späteren Stellung folgt, von ‚der Basis des Karpelles aus gebildet sein. In der That ergibt sich, dass die Vertiefung nicht vor den Karpellen auf der Axe auftritt, sondern auf diesen selbst, und zwar dadurch, dass, eingeleitet durch Periblemtheilungen, aus der Basis der Karpellanlagen, und zwar auf deren Oberseite, sich ein Höcker hervorwölbt, die Anlage der späteren Karpellsohle (Fig. 1). Dass die Sohle später gegen die Karpelloberfläche so scharf abgesetzt ist, dass sie als eine Sprossung der Blüthenaxe selbst erscheint, beruht darauf, dass mit dem gleichmässig, aber langsam, sich erhebenden Blüthenvegetations- punkt, besonders die der Axe zugekehrte Seite der Sohlenanlage, empor- gewölbt wird, so dass dieselbe gleichsam um die Ansatzstelle der Sohle an die Karpellfläche gedreht erscheint, während gleichzeitig die Rand- partieen der Oberseite stark in die Höhe, die unter der Karpellspitze liegenden Theile stark in die Breite wachsen, wodurch jene eigenthümliche Kapuzenform entsteht, welche mit geringen Abänderungen bei allen Formen mit Sohlenbildung wiederkehrt. Als Resultat unserer Untersuchung ergibt sich somit, dass die die Placenta darstellende Sohle nicht aufzufassen ist als durch Verwachsung freier Karpellränder entstanden, sondern dass sie sich darstellt als eine geschlossen auftretende Ausgliederung der basalen Partie des abgeflachten Karpellprimordiums. Da sich die Sohle an die Karpellränder stets direct 1) Huisgen, Untersuchungen über die Entwicklung der Placenten. Bonn 1873. (Diss.) 2) Goebel, Vergl. Entw. 1. c. pag. 816. 71 ansetzt, so ist nicht zu verwundern, das bei Vergrünungen die Sohle den Karpellrändern entsprechend sich theilt resp. in den Blattrand direct sich fortsetzt, Der Vorgang, auf welchem die geschilderte Sohlenbildung hier beruht, ist jedenfalls ein in der Fruchtknotenbildung auch anderwärts sich wieder- holender. Wahrscheinlich haben wir es damit in allen den Fällen zu thun, wo vor den Karpellhöckern Vertiefungen auftreten, so dass die ur- sprünglich halbkugeligen Höcker dann in der Form hufeisenförmiger Wälle erscheinen. Die Vertiefungen treten dann nicht vor den Höckern auf, sondern auf den Karpellanlagen selbst. Verschieden von dieser Art der Placentenbildung ist die besonders bei synkarper Fruchtknotenbildung sich findende, wo die verwachsenden Ränder je zweier zusammenstossender Karpellhöcker anschwellen und die Samenknospen an diesen Ansehwellungen hervorbringen. Beide Fälle können auch combinirt auftreten, derart, dass zunächst die Basis des Primordiums anschwillt und von da aus vorschreitend die miteinander in Berührung tretenden Ränder. So finden wir es bei manchen Malvaceen. Ich werde im Folgenden eine vergleichende Dar- stellung der Fruchtknotenentwicklung innerhalb dieser Familie versuchen, soweit es mir nach eigenen Untersuchungen und nach dem von Payer in seinen Tafeln niedergelegten Beobachtungen möglich ist. Malvaceen. Man hat hier Gattungen, bei denen im fertigen Zustande nur eine Samenknospe in jedem der Fächer anzutreffen ist, und andere, bei denen mehrere Samenknospen sich finden. Den ersteren Fall pflegt man als den typischen zu betrachten. Huisgen') hat in seinen Untersuchungen sich vollständig auf diesen beschräukt und dehnt den durch ganz äusser- liche Betrachtung gewonnenen Schluss auf die ganze Familie aus: »Bei den Malvaceen folgt schon aus der Stellung der Samenknospen ihr un- mittelbarer Ursprung aus reinem Axenorgan«. Auch der Satz: »die Axe bildet sich nicht einmal zu einem besonderen Organe aus, dem man den Namen Placenta geben könnte«, gilt nicht für alle Fälle. Ausserdem werden wir sehen, dass die Placenta, wenn sie besonders ausgebildet wird, deutlich als Erzeugniss der Karpelle, nicht aber der Axe erscheint. Von Vertretern der Malvaceen mit nur einer Samenknospe in jedem Fache untersuchte: ich Malva moschata und Althaea rosea, sodann Ma- lope trifida und Kitaibelia vitifolia. Die einzige Samenknospe entspringt bei den ersten beiden aus einer scheinbar der Axe zugehörigen von dieser nicht scharf abgesetzten, der Mitte des Karpelles gegenüberliegenden 1) Huisgen: Untersuchungen über die Entwickelung der Placenten, Diss. Bonn 1873, pag. 21. 72 Gewebepartie. Die Längsschnitte von Malva lassen erkennen, dass hier die ganze von den Karpellen gebildete Höhlung durch die eine Samen- knospe von deren erstem Auftreten an völlig ausgefüllt ist. Huisgen giebt hierüber an: »Die Fruchtblätter umfassen die Samenknospen von aussen und von den Seiten her vollständig, bleiben jedoch unten ziem- lich zart, weshalb der stehenbleibende doppelte Kelch eine schützende Hülle für dieselben abgeben muss. Oberhalb derselben wachsen sie zum Griffel aus und verrücken sich in einer stärkeren Bedeckung der Samen- knospen«. Vielleicht dienen auch die bei einigen Arten, z. B. bei Abu- tilon, an der inneren Seite der Kronblätter auftretenden Harleisten, die sich zunächst allerdings wohl als Nektarien darstellen, mit demselben Zwecke. Das Gewebe der Samenknospe geht scheinbar direct in das- jenige der Axe über. Das Gefässbündel ist ein Zweig des nach der schmalen Ansatzstelle des Karpellrückens gehenden. . Während bei Malva und Althaea die in Mehrzahl vorhandenen Fächer in gleicher Höhe rings am Rande des Blüthenbodens sich be- finden, und als Träger der Samenknospen eine besondere Placenta nicht ausgebildet ist, sind diese .bei Malope und Kitaibelia in 5 Gruppen ver- einigt, wo jede Gruppe mehrere bogenförmig über dem Rande sich er- hebende Fächer enthält. Es sind 5 von dem Axengewebe scharf ab- gesonderte Gewebewülste vorhanden, welche rings an ihrem Rande die Fächer und in jedem eine Samenknospe tragen. In dem anderen Falle der Malvaceen mit mehreren Samenknospen in jedem Fache finden wir diese in 2 Reihen angeordnet. Ich untersuchte aus der hierher gehörigen Gruppe 2 Arten von Abutilon aus dem Gewächs- hause des hiesigen botanischen Gartens, welche Anfang Januar die Ent- wicklung der Karpelle in allen Stadien zeigten. Die Samenknospen sitzen hier an deutlich entwickelten Placenten, die leicht als Anschwellungen der Karpellränder zu erkennen sind. Payer hat die Entwicklung einer ganzen Anzahl hierhergehöriger Arten dargestellt. Bei Hibiscus syriacus') sehen wir die Placenten ihrer ganzen Ausdehnung nach durch eine deut- liche Furche geschieden. Die Anzahl der Samenknospen ist bei dieser Art paarig. In anderen Fällen dagegen sind die Placenten unten mitein- ander verschmolzen und tragen an dieser Stelle noch eine oder mehrere Samenknospen, so bei Hibiscus illicifolius? ). Sogar einen äusseren Gegensatz zwischen beiden Arten von Samenknospen, zwischen der einen unpaaren und den paarigen Samenknospen haben wir bei Sphaeralcea angustifolia®), wo die untere unpaare Samenknospe die Mikropyle, wie gewöhnlich bei den Malvacecn, nach unten richtet, die paarigen dagegen mit den Mikro- pylen nach oben gewendet sind. Die untere Samenknospe wird stets zuerst 1) Payer: I. c. Pl. 7. Fig. 22 u. 23, 2) Payer: I. c. Pl. 6, Fig. 18. 3) Payer:l.c. Pl. 6, Fig. 26. 73 angelegt, darauf die oberen Paare in nach oben fortschreitender Reihen- folge. Bei Modiola caroliniana sind in dem von Payer abgebildeten Sta- dium ') die Placenten vollständig entwickelt, dagegen erst die eine unpaare Samenknospe angelegt, während die seitlichen bedeutend später er- scheinen, zu einer anderen Zeit, wo die untere unpaare Samenknospe in ihrer Entwicklung schon weit vorgeschritten ist. Bei meinen Unter- suchungen an Abutilon fand ich diese Beobachtung überall bestätigt, indem auch hier die untere unpaare Samenknospe in ihrer Entwickelung stets am weitesten vorgeschritten war. Es ist diese Bemerkung von Wichtigkeit für das Verständniss der Ausbildung der Placenten, indem danach der Schluss nahe liegt, dass auch diese in derselben Richtung, von unten nach oben, der vorschreitenden Verwachsung der Karpellränder ent- sprechend, vor sich geht. Die Placenta ist auch meist am unteren Ende am massigsten entwickelt. Auf einem Längsschnitte durch die Placenta eines der 15 Fächer von Abutilon venosum erscheint die Placenta bei noch nicht ‘ganz ausgebildeten Fruchknoten da, wo das Karpell an dem Vege- tationspunkt mit breiter Basis schräg aufsitzt, als ein breiter Wulst hervor- gewölbt, der sich nach oben hin etwas’verschmälert (Fig.4). Das untere Ende der Höhlung liegt hier mit dem Vegetationspunkte fast in gleicher Höhe, während später der Vegetationspunkt ungefähr gleiche Höhe hat mit dem oberen Ende der Hölung, die sich bedeutend vertieft hat (Fig. 3). Die Placenta erscheint in so vorgeschrittenem Stadium nicht mehr wie in jüngeren Stadien von der Axe scharf abgesetzt, bildet vielmehr die äusserste Schicht derselben. Ohne Berücksichtigung der Entwicklung könnte bei oberfläch- licher Betrachtung nur der älteren Stadien der Schein entstehen, als ob die Placenten von der Axe gebildet würden, oder vielmehr als ob die Samenknospen direkt aus der Axe entsprängen, da eine besondere als Placenta ausgebildete Gewebeparthie hier scheinbar nicht mehr vorhanden ist. Sie ist nur noch angedeutet in einem geringen vor der Fruchtknoten- höhlung liegenden Wulst. Hervorgerufen ist diese Veränderung durch ein nachträchliches gesteigertes Wachsthum der Axe besonders in ihren Rand- parthien, wodurch auch die Spitze der Axe, welche vorher als ein ziemlich spitzer Kegel erschien, sich abflacht. Die Axe wird so gewissermassen von der früher als deutlich abgesetzten Placenta nachweisbaren Gewebe- partbie »berindet«. Ein solches nachträgliches gesteigertes Wachsthum der Randparttiien der Axe habe ich auch noch bei anderen Malvenarten be- obachtet, z.B. bei Malva moschata (Fig. 9 u. 10). Dasselbebe wirkt hier, dass die früher den höchsten Punkt einnehmende Mitte des flachen Blüthenbodens später etwas eingesenkt erscheint (Fig. 9). Dieses Wachs- thum bewirkt bei Abutilon auch, dass die oberen Enden der Karpelle von der als Wulst nur noch angedeuteten Placenta unter einem Winkel 1) Payer: Lc. Pl. 6, Fig. 19. 74 scharf abgesetzt erscheinen (Fig. 3, bei a), während sie früher auf dem breiten Placentenwulst direct auflagerten, dessen Richtung fortsetzend (Fig. 4). Dass die Placenten entstehen durch Verwachsen und Anschwellen der zusammentreffenden Karpellränder, kann man auch auf successiven Quer- schnitten leicht verfolgen. In der Region, welche dem Uebergange der Placenten in die oberen Enden der Karpelle entspricht, findet man, dass die Placenten sich spalten und man erkennt, dass die anstossenden Enden zwejer Placenten, die sich zusammenneigen, zusammengehören als die Ränder eines Karpelles (Fig. 7). Damit ist jedoch noch nicht bewiesen, dass auch der untere Theil des Placentenwulstes, die Stelle, wo die seitlichen Placenten miteinander verschmolzen sind, karpellaren Ursprungs ist. Dieser Placententheil welcher auch meist nur eine unpaare Samenknospe trägt, ist cs aber offenbar, welcher bei der ersten Gruppe der Malvaceen dem die einzige Samenknospe tragenden Gewebe entspricht, und gilt es vor Allem über Ursprung und Bedeutung desselben klar zu werden. Zwar lässt ‘schon der Umstand, dass bei den Malvenarten, wo durch Entwicklung dieses Theiles neben den seitlichen Placenten das ganze Samenknospen tragende Gewebe zu einem hufeisenförmig gestalteten Wulste entwickelt ist, derselbe sich direct an die seitlichen Placenten ansetzt, ohne Grenze in dieselben übergeht, als gewiss annehmen, dass das ganze Gewebe einheitlicher Ent- stehung ist, doch müssen wir, um darüber volle Sicherheit zu erlangen, auf die jüngsten Entwicklungsstufen der Fruchtknotenanlagen zurückgehen. Durch Periblemtheilungen werden die Karpelle bei den meisten Malven in einer Mehrzahl von 5 als rundliche halbkugelige Höcker am Rande des flachen Blüthenvegetationspunktes angelegt. Längsschnitte durch diese ersten Anlagen zeigen immer dasselbe Bild. Dieselben verbrauchen rasch den ganzen Rand des Vegetationspunktes, indem sie durch Wachsthum in die Breite mit den Basen miteinander in Berührung treten, so dass dann der Rand von einem Ringwulst eingenommen ist, welcher eine Mehrzahl von 5 halbkugeligen Höckern trägt. An der.Innenseite böscht sich derselbe allmählich ab, indem die Zelltheilungen auch nach der Mitte der Blüthenan- lage hin vorschreiten. Für die Möglichkeit der Auffassung dieser Karpelle als Fieder von 5 primordialen Höckern ergibt sich hier kein Anhaltspunkt. Anders ist es bei Kitaibelia vitifolia, für welches ich Payers Beobach- tungen !) bestätigen kann. Hier werden zuerst 5 primordiale Höcker an- gelegt, an deren Rande dann die Fruchtknotenanlagen als Fieder hervor- sprossen. Auch bei Malope trifida ist diese Art der Entstehung noch an- gedeutet, indem hier die Anlagen nicht im Kreise am Rande des Blüthen- vegetationspunktes angeordnet sind, sondern in einem Fünfseit (Fig. 13), und zwar so, dass immer die Mitten dieser 5 Seiten am höchsten stehen, 1) Payer, 1. c. Pl. 8, Fig. 9 u. 10. 75 um so höher, je weiter die Entwicklung fortschreitet. Danach kann man die bei Kitaibelia stattfindende Entwicklung der Karpelle als Fieder von 5 primordialen Höckern als das Ursprüngliche ansehen, und es würde dann Malope trifida den Uebergang vermitteln zu der Rückbildung bei den anderen Malvenarten, wo eine solche Ausbildung nicht mehr er- kennbar ist. Bezeichnend für das Aufbrauchen des gesammten Randes der Blüthenaxe ist es, dass auch bei Kitaibelia und Malope die zwischen den 5 ersten Anlagen liegenden Ecken sich mit Karpellanlagen bedecken. In derselben Weise wie bei Ailanthus flachen sich diese Höcker an der Oberfläche ab. Während jedoch dort auf den Karpellen eine Vertiefung entstand durch Hervorwölben eines _Wulstes aus dem Grunde der Anlage, erhebt sich hier zuerst durch starkes Längenwachsthum der Rückentheil und von da aus seitlich vorschreitend die Seitentheile. Durch dieses starke Hervorwölben von Rücken- und Seitentheilen, das verbunden ist mit einem Anschwellen derselben, erscheint die Mitte der Anlage vertieft. Es haben sich somit wiederum mitten auf den Anlagen Vertiefungen, Grübchen gebildet, nicht vor denselben, wie es Payer auch hier falsch angibt. Da die Karpellanlagen den Rand des Blüthenvegetationspunktes aufbrauchen, so treten die jetzt hufeisenförmig gestalteten Anschwellungen miteinander in Berührung. Dadurch, dass die Anschwellungen inımer weiter nach der Mitte zu vorschreiten, scheinen die Berührungsstellen der Hufeisen immer nach dem Vegetationspunkt hin vorzugreifen. Sehr lehr- reich für diesen Vorgang ist die von Payer dargestellte Entwicklung von Pavonia hastata '). Diese Malve beginnt die Fruchtknotenentwicklung mit der Anlage von 10 Karpellhöckern. Payer gibt hierüber an (pag. 38): »Ce sont dix mamelons dont cing un peu plus grands que les autres, semblent nes les premiers: ils sont ici deja reunis par la base de maniere a former une enceinte continue«. Die 10 Höcker erscheinen jedoch jedenfalls gleichzeitig. Dass in dem von’Payer gezeichneten ersten Stadium 5 der Höcker grösser erscheinen als die anderen, beruht gewiss nicht darauf, dass sie früher angelegt werden, sondern es ergibt sich aus der Entwicklungsgeschichte, dass die anderen 5 Höcker, welche kleiner er- scheinen, in der Entwicklung überhaupt zurückbleiben. Es sind diejenigen, welche später keine Vertiefungen an ihrem Grunde zeigen, also Keine Fächer bilden. Ihre einzige Entwicklung isl die, dass sie in die Länge wachsen und dabei von dem Walle passiv emporgehoben werden. Wir haben dann später, obwohl 10 Karpelle angelegt sind, doch nur 5 Fächer mit 10 Griffeln. Indem so zwischen 2 fruchtbaren Karpellen immer ein unfruchtbares liegt, kann man das Vorgreifen der Anschwellungen sehr schön verfolgen (Fig. 11 bei Payer). Sie umgreifen den Rand der unfrucht- baren Karpelle bis zur Vereinigung mit dem nächstfolgenden fruchtbaren Karpelle, sich dort zur Anlage der Placenta massig entwickelnd. So 1) Payer, 1. e. Pl. 7, Fig. 10 u. 11, 76 erscheinen dann später die unfruchtbaren Karpelle als Spitzen der Pla- centenwülste, von denen sie anfangs noch durch eine seichte Furche getrennt sind. Diese Thatsache, dass bei fortschreitender Entwickelung ein immer grösseres Areal des Blüthenvegetationspunktes in die Fruchtknotenbildung mit hineingezogen wird, zur Ausbildung der Fruchtblätter verwandt wird, ist auch sonst vielfach zu beobachten. So umfasst z. B. das einzige Fruchtblatt der Papilionaceen beim Entstehen nur die eine Seite der Blüthenaxe in Form eines Hufeisens, dehnt sich aber allmählich über den ganzen Axenscheitel aus’). Auch bei Ausbildung vegetativer Blätter, 2. B. des Grasblattes, findet sich, wie Goebel gezeigt hat, ganz derselbe Vorgang. War die bisher geschilderte Entwicklung bei allen Malven ziemlich dieselbe, so zeigen sich im weiteren Verlauf derselben bei den einzelnen Arten bedeutende Unterschiede. Bei Abutilon wird die Höhlung schliesslich unten gegen die Axe hin geschlossen, dadurch, dass die Anschwellung der Karpellränder immer weiter vorschreitend schliesslich auch die der Axe angrenzende Ansatzstelle ergreift... Dieser zuletzt sich massig ent- wickelnde Rand der Fruchtblätter ist es aber, welcher später als die Vereinigungsstelle der seitlichen Placenten erscheint, auf dessen Ent- stehung es uns ankommt. Würde das Flächenwachsthum des Karpell- rückens hier ein mehr gefördertes sein, wie bei Ailanthus, und die Oeffnung sich vorne durch einfache Verwachsung der Ränder schliessen, so würde dieser Theil ebenso wie bei Ailanthus uns als »Sohle« entgegentreten (Fig. 5). Bei Abutilon ist jedoch die Placentenbildung damit noch nicht abge- schlossen. Vielmehr treten hier, von dieser Verschlussstelle der ringförmigen Anschwellung an, die Karpellränder, welche als die nach der Axe zu stark verbreiterten Enden der Leisten erscheinen, von unten nach oben fortschreitend bei massiger Entwicklung miteinander in Berührung und verwachsen, bis schliesslich die Höhlung nach vorne ganz geschlossen ist. Wir sehen, dass die Anschwellung der der Sohle bei Ailanthus ent- sprechenden Ansatzstelle der Fruchtblattoberseite hier zuletzt auftritt, während sie bei Ailanthus die Aushöhlung des Höckers einleitet. Auf einem Längsschnitte durch ein Stadium, wo die Ausbildung der seitlichen Placenten noch nicht begonnen hat, erhalten wir dasselbe Bild wie bei Ailanthus. Die »Sohle« ist von den seitlichen Rändern umfasst. Ein weiterer Unterschied gegen Ailanthus ist der, dass dort die vordere Spalte einfach durch Verwachsung der Ränder von oben her geschlossen wurde, was hier deshalb nicht möglich ist, weil die Ränder der Fruchtblätter hier nicht frei sind. Durch Verwachsung der zusammenstossenden seit- lichen Ränder zweier benachbarten Karpelle werden dieselben von der Vereinigung zurückgehalten, so dass die Verwachsung erst allmählich von 1) Goebel, Vergl. Entw. pag. 309, 77 unten nach oben fortschreiten kann. Danach ist es leicht denkbar, dass bei apokarper Ausbildung des Fruchtknotens eine Entwickelung eintritt, welche derjenigen von Ailanthus vollständig entspricht. Das sehen wir bestätigt bei der Malvacee: Plagianthus divaricatus'), welche in dem aus nur einem Fruchtblatte bestehenden Gehäuse eine Samenknospe an einer »Sohle« trägt. Das in Fig. 27 von Payer dargestellte Gehäuse zeigt die eigenthümliche Kapuzenform, vorne mit einem dreieckigen Spalte ge- öffnet. Die Fig. 25 und 26 zeigen dieselbe Form der Sohlenbildung wie Ailanthus. Auf dem gezeichneten Fruchtblatte hatte sich eine Vertiefung gebildet, indem aus dem Grunde desselben ein Höcker, die'spätere »Sohle« sich hervorwölbte. In derselben Weise verläuft offenbar die Entwickelung bei allen Malvaceen, welche mit Abutilon gleiche Placentenbildung haben. Auf den Vorgang der Verwachsung der seitlichen Fruchtblattränder zur Bil- dung der seitlichen Placenten ist auch bereits Payer bei Abelmoschus moscheutos ‚aufmerksam geworden ?). Die Placenten erscheinen auch bei dieser Malve, welche übrigens mehrere Reihen Eichen auf den Placenten trägt, als vollständiges Hufeisen. In Fig. 13 u. 14 bei Payer sehen wir die oberen freien Schenkel derselben noch nicht miteinander verwachsen, während sie in Fig. 15 u. 16 vollständig bis oben hin miteinander ver- wachsen sind. Payer sagt hierüber: Les deux branches du fer ä cheval placentaire se sont rapprochees et soudees; ebenso ist es zu sehen bei Hibiseus illieifolius®). Bei der von Modiola in Fig. 19 (Tab. VI) dar- gestellten Entwicklungsstufe sind die Schenkel des Hufeisens noch ganz frei, auf der Krümmung des Hufeisens erscheint eine unpaare Samen- knospe. In Fig. 20 sind die Hufeisenschenkel wieder verwachsen und es bilden sich da auch an den oberen Theilen die paarigen Samenknospen. Von dieser an Abutilon dargestellten Weise der Fruchtknoten- und Placentenbildung aus kann man nun leicht die bei anderen Malvaceen sich findende abweichende Ausbildung ableiten. Diese macht sich in doppelter Weise geltend. Bei einer nur eine geringe Anzahl von Arten enthaltenden Gruppe erfolgt die Anschwellung der an die Axe stossenden Leistenenden und die Verwachsung deren Ränder so rasch, dass die als Sohle bezeichnete Gewebeparthie vorher nicht mehr zur Ausbildung gelangt. Dann sehen wir also, wie bei Hibiscus syriacus, nur die seitlichen ihrer ganzen Aus- dehnung nach durch eine Furche voneinander getrennten Placenten entwickelt. ” Denken wir uns dagegen die Ausbildung der seitlichen Placenten unterdrückt und nur die als »Sohle« bezeichnete Gewebeparthie als 1) Payer,l.e. Pl. 7. Fig. 25—28. 2) Payer,l.c. Pl. VI. Fig. 13-16. 3) Payer, 1. c. Pl. VI. Fig. 18. 78 Placenta entwickelt, die dann nur die einzige unpaare Samenknospe trägt, womit schliesslich noch eine Rückbildung der Sohle verbunden sein kann, so werden wir auf den bei den Malvaceen gewöhnlich als typisch angesehenen Fall geführt. Für meine Auffassung des oben an Abutilon dargestellten Verhaltens als des ursprünglichen spricht einmal der Umstand, dass es leicht ist, von diesem aus alle anderen Fälle durch Rückbildung herzuleiten, sodann auch, dass wir alle möglichen Ueber- gänge auffinden können. Als eine solche Uebergangsform bietet sich zunächst Kitaibelia viti- folia dar. Die Sohle gelangt hier noch zur vollen Entwicklung und zwar ist die Placenta auf diese Sohle beschränkt. Von der Form, wie sie Payer Pl. VIII, Fig. 13 darstellt, liesse sich noch sehr wohl eine Ent- wicklung denken, wie wir sie bei Abutilon gefunden haben. Es brauchte nur noch eine stärkere Entwickelung der Seitentheile der Karpelle statt- zufinden und ein Verwachsen der letzteren an ihren der Axe zugewandten Enden. Es wächst aber nur noch der Rückentheil stark in die Länge und wölbt sich deshalb, da die Seitentheile damit nicht gleichen Schritt halten, mit seiner Spitze über die Sohle weg. Die oberen Enden: ent- wickeln sich gewöhnlich sehr massig, so dass sie mit breit aufsitzendem Grunde den offen bleibenden Leitungsweg überdecken. Ist bei Kitaibelia vitifolia die die Samenknospe tragende Gewebe- parthie noch deutlich als »Sohle entwickelt, so ist diese bei anderen Malvaceen theils nur noch andeutungsweise wenigstens in gewissen Stadien vorhanden, wie bei Malope trifida und Althaea rosea, theils überhaupt nicht mehr nachweisbar wie bei Malva, Lavatera u. a. An Kitaibelia schliesst sich zunächst an Malope trifida. Hier ist jedoch die Sohle schon nicht mehr als ein so scharf abgesetzter noch ziemlich massig entwickelter Höcker ausgebildet, sondern als ein von der Axe weniger scharf abgesetzter flacher Saum. Auch bei Althaea rosea ziehen sich die der Sohle entsprechenden vor den Höhlungen liegenden basalen Theile der Karpelle wenigstens in jüngeren Stadien noch als flacher Saum an der Grenze zwischen Karpell und Vegetationspunkt hin (Fig. 12). Derselbe verschwindet jedoch hier sehr bald. Ohne jeden Rest von Sohlenbildung verläuft die Entwickelung bei unseren gewöhnlichen einheimischen Malven, z. B. bei Malva moschata. Während nämlich bei den letztgenannten Malvaceen die Ansatzstellen der Karpelle wenigstens noch einet Anfang dazu machten, mit den rasch in die Länge wachsenden Rückentheilen gleichen Schritt zu halten, unter- bleibt dieser hier gänzlich, da auch die Randparthieen der Axe hier schon ziemlich früh ein vermehrtes Längenwachsthum zeigen, wie auf Längsschnitten an den intensiven Quertheilungen in dieser Region leicht zu erkennen ist. 79 Das Resultat unserer Untersuchung der Malvaceen können wir kurz dahin zusammenfassen, dass für die erste Anlage der Fruchtblätter der- jenige Fall als Grundform aufzufassen ist, wie er sich noch bei Kitaibelia verwirklicht und bei Malope trifida ‚angedeutet findet, wo die einzelnen Karpellhöcker als Fieder an 5 primordialen Höckern entstehen. Bei Her- leitung der verschiedenen Placentenformen dagegen ist von den Fällen auszugehen, wo eine Sohlenbildung analog der von Ailanthus auftritt in Verbindung mit der Ausbildung verwachsender Karpellränder zu Placenten- wülsten. Von dieser Grundform leiten sich die übrigen Fälle her durch ungleichmässiges Längenwachsthum der verschiedenen Ränder der Frucht- blattanlagen, durch ein Zurückbleiben der Seitentheile und dann auch der Vorderseite gegen die Rückentheile. Durch nachträglich eintretendes starkes Längenwachsthum der Randparthien der Axe, welches bei dei am weitesten rückgebildeten Formen ziemlich früh bemerkbar ist, wird das ursprünglich über das Niveau der Blüthenaxenspitze erhobene Pla- centengewebe an den Rand der Axe und mit der Fruchtknotenhöhlung unter das Niveau des Blüthenbodens verschoben. Man könnte diesen Vorgang kurz als eine »Berindung« der Axe mit Placentengewebe be- zeichnen. Diese eigenthümliche Ausbildungsweise der Berindung, welche darin besteht, dass die Axe mit Gewebe bekleidet wird, das von Blattorganen gebildet ist, findet sich auch bei der Ausbildung vegetativer Organe und scheint überhaupt ziemlich verbreitet zu sein. Ein klassisches Beispiel hierfür ist Chara. Auch bei den Coniferen findet sie sich. War sie uns schon hier bei den Malvaceen für das Verständniss der endgültigen Aus- bildung der Fruchtknotenhöhlung förderlich, so wird sie es in noch höherem Masse beim. unterständigen Fruchtknoten. Bei den Malvaceen beruhte die Schwierigkeit der Untersuchung, ob das vor den die Ausbildung der Fruchtknotenhöhlung einleitenden Grübchen liegende Gewebe zur Axe oder zu den Fruchtblättern gehöre, mit anderen Worten, ob die Vertiefung vor den Karpellen oder auf diesen entsteht, darin, dass die Fruchtblätter mit ihren Basen an den nicht aufgebrauchten Vegetationspunkt gebunden sind. Bei vielen synkarpen Fruchtknoten dagegen, wo aus den sämmtlichen angelegten Fruchtblättern nur ein einziges Gehäuse sich ausbildet, macht sich die Schwierigkeit in anderer Weise geltend. So bei den Serophularineen und Solaneen. Hier gilt es den Nachweis zu liefern, dass das Vegetationspunktgewebe zur Ausbildung der Fruchtblattanlagen verbraucht wird, woraus dann folgt, dass die Grübchen auf diesen selbst entstehen, dass die sich später findende scheinbar central-axile Placenta gebildet wird durch Emporwachsen der gemeinsamen Ansatzstelle sämmtlicher Karpelle, nicht aber durch Er- heben der Axe. 80 Scrophularinsen und Solaneen. Sowohl bei den Scrophularineen als auch bei den Solaneen findet sich die auch bei anderen Pflanzenfamilien wiederkehrende Eigenthümlichkeit, dass der ausgebildete Fruchtknoten im unteren Theile zwei-, im oberen ein- fächerig erscheint. Die Placenten stellen sich im oberen Theile dar als 2 von der Wand ausgehende, in der Mitte zusammensiossende, von Leitungs- gewebe bekleidete Leisten, welche in jedem der angeschwollenen Ränder von je einem Gefässbündel durchzogen sind. Im unteren Theile dagegen geht eine einzige geschlossene Scheidewand durch den Fruchtknoten. Die Theilung der Placenten nach oben einestheils, die Vertheilung der Gefäss- bündel anderntheils legen es nahe, die Placenten entstanden zu denken durch Verwachsung der Fruchtblattränder. Dieser Ansicht ist Noll für Veronica '). Die Bildung der Placenta ginge nach ihm in der Weise vor sich, dass »die einander gegenüberbefindlichen Leisten aufeinander zu rücken, sich schliesslich mehr oder weniger in der Mitte des Hohlraumes treffen und da ihre Enden verbreitern, indem sie sich gegenseitig abzu- platten scheinene. Dem widerspricht jedoch, dass die Wülste nicht bis auf den Grund der Höhlung getrennt sind. Solche Längsschnitte, auf welchen die Placenta als ein in dieHöhlung vorragender Zapfen erscheint, sollen nach ihm senkrechte Durchschnitte durch die Wülste, also nicht genau median geführt sein. Vom Gegentheil hätte er sich leicht durch successive Längsschnitte und noch besser durch successive Querschnitte überzeugen können. Diese Erklärung ist also durchaus nicht haltbar. Andere Forscher legten auf den Umstand das Hauptgewicht, dass die Scheidewand im,unteren Theile als directe Fortsetzung der Axe erscheint, und erklärten danach die Placenten als Axenorgan, So kommt Buchenau?) aus seinen Untersuchungen an Maurandia und Nicotiana zu dem Resultate: »Bei den Solaneen und Scrophularineen ist der Fruchknoten lediglich von Blattorganen gebildet und die Placenta entschiedenes Axenorgan«. Derselben Meinung ist auch Huisgen®). Payer gibt die Entwicklung folgendermassen an‘): »Au pied de chacun de ces hourrelets primitifs, on remarque une petite excavation qui devient de plus en plus profonde, en sorte qu’a un certain äge, l’ovaire se trouve creuse de deux trous. Ces trous sont les loges, et c’est sur la cloison qui les separe et se renfle cn placenta qu’apparaissent les ovulese. Auch Goebel nahm in seiner »Vergleichenden Entwicklungsgeschichtes 5) noch eine Entstehung aus der Axe an, indem er den Vorgang der Fachbildung in derselben Weise wie Payer als eine 1) Noll, Entwieklungsgeschichte der Veronica-Blüthe. Marburg 1883. (Diss.) 2) Buchenau, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Pistills Marburg, 1851. (Diss.) pag. 32. 3) Huisgen, I. c. pag. 76. 4) Payer, ]. c. Texte, pag. 540. 5) Goebel, 1. c. pap. 320. 8 Aushöhlung der Axe an den 2 vor den Karpellen liegenden Punkten auffasste. Auch diese Erklärung ist mit der Entwicklung nicht in Einklang zu bringen. Soll sie richtig sein, so muss die Placenta einestheils auf Längsschnitten durch jüngere Stadien als verlängertes Axenende nachweisbar sein, andern- theils müsste entwicklungsgeschichtlich eine Theilung dieses Axenendes in 2 Hälften nachweisbar sein, wenn man nicht zu dem .Ausfluchtsmittel greifen will, nur den unteren Theil als Axengebilde zu betrachten, den oberen dagegen als eingeschlagene und verwachsene Fruchtblattränder. Als solche erscheinen sie nämlich von allem Anfang an, eine Verästelung des Axenendes ist nicht nachweisbar. Es ist charakteristisch, wie Cela- kovsky trotzdem hier von einem Zelltheilungsprocesse redet. Er gibt für die Scrophularineen an (l. c. pag. 39): »Obwohl deutlich axil, theilt sich die Placenta in jedem Fache durch eine Längsfurche zwischen den beiden ReihenEichen in 2Lippen, welcher Process offenbar darauf hinweist, dass die beiden Ränder der Karpelle in der Centralplacenta vordem schon gebunden waren, jetzt aber durch einen neuen Zelltheilungsprocess auch thatsächlich in die Erscheinung treten«! Ein solcher Zelltheilungsprocess existirt in Wirklichkeit gar nicht. Es entsteht nicht erst im Grunde ein Wall, der sich dann oben theilte und die seitlichen Placenten abgäbe, sondern die seitlichen Placenten werden von allem Anfange angelegt ja noch früher als die aus dem Grunde sich hervorwölbende scheinbar axile Centralplacenta, die erst später entsteht und die seitlichen Placenten verbindet. Sehen wir nun zu, welche Deutung sich aus dem genaueren Verfolg der Entwickelung ergibt. Während nach Payer, ebenso nach Buchenau u: a., die Anlage des Pistills durch 2 wulstige hufeisenförmige Höcker dargestellt wird, gibt bereits Noll für Veronica longifolia an, dass dieselbe durch einen Ringwall gebildet wird. Dieses kann ich nach meinen Unter- suchungen an Veronica gentianoides und Linaria vulgaris, an Nicotiana rustica und Atropa Belladonna sowohl für die Serophularineen als auch für die Solaneen bestätigen. Ansichten, wo die Karpellanlagen als 2 huf- eisenförmige Wülste erscheinen, entsprechen einer weiteren Entwicklungs- stufe, wo durch stärkere Entwicklung der beiden vorderen und hinteren in der Mediane liegenden Seiten die beiden Fruchtblätter sich aus dem Walle herauszudifferenziren beginnen. Mediane Längsschnitte durch der- artige Entwicklungsstufen beweisen, dass das Gewebe der Axe zur Aus- bildung der Fruchtblätter vollständig verbraucht wird (Noll Tab. I, Fig. 9). Von einem etwa in die Höhlung vorragenden Ende des Vegetationspunktes, selbst von einer nur flachen Ausbreitung desselben ist nichts zu bemerken. Die beiden gegenüberliegenden Fruchtblattanlagen stossen am Grunde der Vertiefung unter einem mehr oder weniger scharf entwickelten Winkel aufeinander. Dieses ist jedoch nur auf genau medianen Schnitten er- sichtlich. Etwas mehr seitlich gehende Schnitte, welche leicht daran Flora 1890, 6 82 kenntlich sind, dass hier 2 Antherenanlagen getroffen werden, zeigen natürlich den Grund mehr abgeflacht, die Karpelle nicht so deutlich gegeneinander abgegrenzt. Die Fruchlblätter bedecken die ganze Innen- böschung des von aussen etwas sleil aufsteigenden, nach der inneren Vertiefung zu sich mehr abflachenden Ringwalles. Auch noch auf medianen Längsschnitten durch schon weiter entwickelle Stadien ist dieses Auf- brauchen des Vegetationspunktes fast mit noch grösserer Bestimmtheit zu erkennen. Die Weiterentwicklung lässt sich am besten auf etwas stärkeren Längsschnitten oder in Oberansichten verfolgen. Nachdem durch stärkeres Wachstlium der beiden in der Mediane liegenden Stellen des Ringwalles die Spitzen der Fruchtblätter sich herausgebildet haben, verbreitet sich die Anschwellung ven da aus fortschreitend auch über die seitlichen Ränder, doch so, dass immer die in der Medianc liegenden Spitzen ein gefördertes Wachsthum zeigen. Ist diese Anschwellung bis zur Ansatz- stelle der beiden Fruchtblätter auf dem Rande vorgeschritten, so beginnt wiederum der Vorgang, welchen man auch als Verwachsung der Karpell- ränder bezeichnet. Diese Verwachsungsstellen beginnen gemeinsam in die Höhe zu wachsen und dabei massig anzuschwellen. Noll gibt diese Bil- dung für die Veronicablüthe noch richtig an: »An den Seiten jedoch, wo die beiden Fruchtblätter aneinandergrenzen, macht sich alsbald jederseits eine leistenartige rundliche Ausstülpung bemerklich. Diese tritt zunächst an der Basis der Fruchtknotenwand hervor, entspringt bei dem fort- schreitenden Höhenwachsthum dann auch immer höheren Zonen. Die Anlagen erscheinen jetzt als 2 mit ihren freien Schenkeln aneinander- stossende und da angeschwollene Hufeisen«. Die Anschwellung der Frucht- blattränder verbreitet sich jedoch noch weiter über den Grund der Höhlung über denjenigen Theil, wo die Karpelle mit ihren breiten Ansatzstellen aufeinanderstossen. Von einem Aufeinanderzurücken der seitlich gebildeten Placentenwülste kann dabei keine Rede sein. Nicht die seitlich gebildeten Anschwellungen selbst rücken aufeinander zu, sondern der Vorgang der Anschwellung verbreitet sich auch auf die am Grunde aneinandergrenzenden Fruchtblattränder. Die gemeinsame Ansatzstelle derselben erhebt sich selbständig. Ein medianer Längsschnitt zeigt dann die Zellen der äussersten am Grunde der Höhlung liegendem Periblemschicht in Theilung durch Querwände begriffen(Fig. 17). Es bildet sich dadurch im Grunde der Höhlung eine Erhebung aus. Die seitlichen Placentenwülste stehen von allem Anfang an am Grunde miteinander in Verbindung. An Oberansichten macht sich diese Entwicklung in der Weise geltend, dass sich vor den hufeisenförmigen Karpellanlagen Vertiefungen gebildet haben. Diese sind also wiederum nicht vor den Anlagen auf der Axe, sondern auf den Fruchtblättern selbst entstanden, der Vorgang kann nicht als eine Aus- höhlung der Axe sondern der Karpelle bezeichnet werden. Die ganze Weise der Ausbildung kann man sich am besten so verdeutlichen, dass 83 der Vegetationspunkt eingenommen ist von den Anlagen zweier mit ihren Basen aneinanderstossender schildförmiger Blätter. Indem die bei der Entwicklung schildförmiger Blätter auftretende Anschwellung der Blatt- ränder schliesslich auch die gemeinsame Ansatzstelle ergreift, bildet sich an dieser Stelle eine Erhebung. Der Vorgang ist also wieder. ganz entsprechend dem an den Mal- vaceen dargestellten; nur dass hier die Karpelle mit ihren Basen nicht an die Axe gebunden sind und da je einen der Sohle analogen Gewebe- wulst ausbilden, sondern dass die beiden hier vorhandenen Fruchtblätter mit ihren breiten Ansatzstellen aneinandergrenzen, nachdem sie zu ihrer Ausbildung das Gewebe des Vegetationspunktes vollständig verbraucht. haben. Durch Emporwachsen der gemeinsamen Ansatzstelle wird hier gewissermassen eine Doppelsohle gebildet. Auch bilden sich hier die seitlichen Placenten nicht durch Verwachsung und Anschwellung der beiden Ränder je eines Fruchtblattes aus, sondern durch Verwachsung von je 2 aneinanderstossenden Rändern der beiden Fruchtblätter. Caryophylleen. Zum Schlusse der Betrachtung des oberständigen Fruchtknotens gehe ich noch kurz ein auf die Placentenbildung innerhalb der Familie der Caryophylleen. Hier findet man das die Samenknospen tragende Gewebe, die Scheidewände und das in die Fruchtknotenhöhlung hineinragende Axen- ende in gewissen Stadien so eng verschmolzen, dass der Nachweis, dass auch hier die Samenknospen nicht aus der Axe entspringen, sondern aus Gewebe, welches den Fruchtblättern zugehört, sehr schwierig erscheint. DiePlacenten der Caryophylleen haben infolgedessen auch die verschieden- artigsten Deutungen erfahren. Von einer freien axilen CGentralplacenta, die man zuweilen noch erwähnt findet, kann natürlich nicht die Rede sein. Dieselbe ist nur scheinbar, und es beruht deren Bildung darauf, dass — und zwar erst ziemlich spät — das Gewebe der Scheidewände sich löst. Nach Rohrbach soll die Placenta, das »Mittelsäulchen« wenigstens bei der Untergruppe der Sileneen, gebildet sein durch die eingeschlagenen und verwachsenen Fruchtblattränder'). Er beruft sich dabei, jedoch mit Unrecht auf die Entwieklungsgeschichte. Schon ein einfacher Längsschnitt durch eine junge Blüthenanlage lehrt das Unhaltbare dieser Anschauung, beweist, dass die centrale Erhebung von allem Anfang an vorhanden ist und sich nicht erst durch Verwachsung der Fruchtblattränder bildet. Celakovsky löst die Schwierigkeit einfach durch Anwendung seines Schemas der Kap- pentheorie. In dem Placentengewebe sieht er den gebundenen Kappentheil, welcher nur dadurch in die Erscheinung tritt, dass sich auf den beiden n ihn vereinigt gedachten Rändern 2 Reihen Samenknospen bilden. Der 1) Rohrbach: Morphologie der Gattung Silene. Inaug.-Diss. Lpz. pag. 32. 6* 84. Unterschied seiner Kappentheorie und unserer Darstellung der Sohlenbil- dung bei einigen Pflanzenfamilien tritt hier ganz besonders deutlich hervor. Sein Kappentheil ist eben weiler nichts als eine Umschreibung des gewöhn- lichen Falles der Placentenbildung aus verwachsenden Fruchtblatträndern. Es ergibt sich daraus sofort die Unmöglichkeit der Anwendung seiner Kappenthcorie auf die Fälle, in welchen die Bildung einer Sohle nachge- wiesen wurde. Von einer Sohlenbildung in unserem Sinne kann bei den Caryophylleen keine Redesein. Einerichtige Auffassung der Placentenbildung kann hier nur gewonnen werden durch eine vergleichende Betrachtung der Fruchtknotenbildung innerhalb der ganzen Familie der Caryophylleen. Diese ist bereits durchgeführt in einer kleinen Abhandlung vonMiss G. Lister"). Danach haben wir auszugehen von der Untergruppe der Sileneae. Für diese ist der karpellare Ursprung der Placenten ganz offenbar. Die Karpelle werden als 5 getrennte Höcker dicht unterhalb der Blüthenaxenspitzen angelegt, wachsen anfangs hauptsächlichst in die Breite und treten sehr bald an ihren Rändern miteinander inBerührung. Ist so ringsum der ganze Rand des Vegetationspunktes verbraucht, so erfolgt von den Stellen aus, welche den zusammenstossenden Karpellrändern entsprechen, die Ausbildung der Scheidewände, welche gewissermassen als die verwachsenen einge- schlagenen Karpellränder erscheinend, von diesem Punkte aus sich rasch bis zur Spitze der Blüthenaxe verbreiten. Sobald sie daselbst zusammen- getroffen sind, scheint die Axe vollständig verbraucht, ganz bedeckt mit kapellarem Gewebe. Schr schön zeigt dieses Figur 3, Tab. 32 (G. Lister]. c.) Es ist zu bemerken, dass während dieser Vorgänge, seit Anlage der Kar- pellhöcker, die Axenspitze sich nicht weiter entwickelt oder wenigstens nur in geringem Masse in die Länge wächst; sowohl hier als auch bei anderen Caryophylicen habe ich ein ausgiebigeres Längenwachsthum seit Anlage der Karpellhöcker nicht bemerken können. Die Länge des inner- halb der späteren Fruchknotenhöhlung sich findenden Axenendes hängt vielmehr ab von der Höhe, in welcher seitlich am Vegetationspunkte die Fruchtblätter angelegt werden. Bei den Sileneen ist dasselbe verhältniss- mässig kurz. Hicr wird die Axenspitze schon sehr bald von den am Vegetalionspunkte hinlaufenden Scheidewänden erreicht, und die weiter- emporwachsenden Scheidewände sind im oberen Theile des Fruchtknotens später nieht mehr dureh die Axe verbunden, sondern stellen sich als frei ins Innere hineinragende Gewebeplatten dar. DieSamenknospen entstehen nun immer zuerst an diesen freien Gewebeplatten und entwickeln sich von da nach unten lin fortschreitend in 2 Reihen dicht an den Ansatz- stellen der Scheidewände an die Axe. Den Ucbergang bildet Sagina. Sagina schliesst sich am nächsten an die Sileneen an. Die Karpelle werden hier noch nicht unterhalb der Spitze der hier ziemlich breit endenden Axe 1) Miss 6. Lister: On the Origin of the Placentas in the Tribe Alsineae of the Order Caryophyllene. Linn. Soc. Journ. Bot. Vol, XX. 1883. png. 423-428, P1.82.35, 8 angelegt, »and their four dissepiments nearly meet in a cross-tike manner at its apex. This they surmont before the appearence of the ovules«. (Fig. 4 1. c.). Etwas früher erscheinen die Samenknospen schon bei Spergula, wo jedoch das Gewebe der Axenspitze schon beim ersten Auftreten der Karpelle fast ganz verbraucht wird. Bedeutend tiefer werden die Karpelle bei Arenaria angelegt, doch erreichen auch hier die Scheidewände sehr bald den Gipfel des Vegetationspunktes. Es macht sich immer mehr ein anfängliches Zurückbleiben der Karpellspitze im Längenwachsthum gegen die seitlichen Theile bemerkbar und zugleich ein immer früheres Auftreten der Samenknospen. Während sie bei Sagina, Spergula und Arenaria erst zu einer Zeit auftreten, wo die emporwachsenden Scheidewände die Spitze bereits erreicht haben, machen sie sich bei Cerastium, dem äussersten Gliede in der Entwicklungsreihe der Caryophylleen, bereits bemerkbar, wenn die am Vegetationspunkte hinauflaufenden Scheidewände die Spitze noch nicht erreicht haben und zwar direet an den Stellen, wo das Gewebe der Scheidewände in dasjenige des Vegetationspunktes sich abflacht. So steht auch hier der Annahme keine Schwierigkeit im Wege, welche das sich direet an die Scheidewände ansetzende, die Samenknospen tragende Gewebe den Karpellrändern zurechnet. Wir haben an den Garyophylleen wieder einen sehr deutlichen Fall für das allmähliche Aufbrauchen eines Vegetationspunktes von seiten einer Blattanlage, für das allmähliche Hin- einziehen.eines Blüthenvegetationspunktesin die Ausbildung derFruchtblätter, ein Vorgang, der mehr Beachtung verdient, und auf welchen wir schon bei den Malvaceen anfmerksam wurden. Die jüngsten Fruchtblattanlagen sind gegen den massig entwickelten Blüthenvegetationspunkt z. B. bei Cerastium ganz verschwindend, und doch beschränkt sich dessen ganze Thätigkeit auf die Ausbildung der Karpelle. Erst allmählich breiten sich diese über den ganzen Vegetationspunkt aus, was besonders deutlich an den an ihm hinauflaufenden verschmolzenen Fruchtblatträndern zu beobachten ist. Unterständiger Fruchtknoten. Bezüglich des unterständigen Fruchtknotens hat bereits Goebel in seinem Aufsatze: »Zur Entwicklungsgeschichte des unterständigen Frucht- knotens« ’), an einigen Fällen entwicklungsgeschichtlich den Nachweis geliefert, »dass essich auch bei Bildung der Fruchtknotenhöhle des unter- ständiger Fruchtknotens um eine Betheiligung der Fruchtblätter handelt«, dass dieselbe also weder durch Verwachsung der vorhergehenden Blüthen- _ blattkreise zustande kommt, wie noch Köhne?) und van Tieghem?) wollten, noch, dass sie von der Blüthenaxe selbst gebildet wird, welcher Affassung nach dem Vorgehen Schleidens*) sich die meisten und be- 1) Bot. Zig. 1886. pag. 729-738, 2) Köhne, Ueber Blüthenentwicklung bei den Compositen. Dissert. Berlin 1869. le 4) Schleiden, Grundz. d. wissensch. Bot. Aufl. 4. pag. 377 u. 435. 86 deutendsten Botaniker, wie Hofmeister‘), Payer?), Sachs®), an- geschlossen hatten. Nach dieser letzteren Annahme sollten die zuletzt ‚angelegten Karpelle nur dazu dienen, die Höhlung nach oben hin abzu- schliessen und den Staubweg mit den Narben zu bilden. Auf dem Boden dieser Lehre stehen neuere Untersuchungen über die Compositenblüthe von Haenlein*) und über die Blüthenentwicklung der Onagraceen von Barcianu®). Dieselben suchen den Nachweis von der Axennatur des unter- ständigen Fruchtknotens nach der von Hanstein begründeten ana- tomisch-entwicklungsgeschichtlichen Methode, welche auf die Zelltheilung grosses Gewicht legt, zu führen. Danach müssten auch die Placenten axile Gebilde sein, wenn man sie nicht mit Popoviciu Barcianu als einen selbständigen Blattkreis an- sehen will, was sich bis jetzt bei allen den Familien, für welche diese Ansicht geltend gemacht wurde, bei genauer vorurtheilsfreier Unter- suchung als unhaltbar erwiesen hat. Gegen die axile Natur der Placenten spricht aber schon bei äusserlich vergleichender Betrachtung der Umstand, auf den mit klaren Worten zuerst Goebel aufmerksam machte, dass nämlich die Placentation im. oberständigen und unterständigen Frucht- knoten eine ganz übereinstimmende ist), »welche Thatsache auf eine übereinstimmende Betheiligung der Fruchtblätter in beiden Fällen hin- weist«e, Es mag diese Einsicht viele zu der künstlichen Unterscheidung eines axilen Theiles, des »eordon pistillaire«, und eines oberen, die Scheide- wände bildenden, durch Verwachsung der Karpellränder entstandenen Theiles mitveranlasst haben. So befand sich die Entwicklungsgeschichte in schroffen Gegensatz zur Morphologie, welche auf Grund theils von vergleichenden Unter- suchungen, theils von Missbildungen zu der Annahme gekommen war, dass die Fruchtblätter sich auch an der Bildung des unterständigen Fruchtknotens betheiligen, indem sie, mit ihren Rückentheilen an die Axe gebunden, die Innenseite der Höhlung auskleiden. Goebel hat nun in dem erwähnten Aufsatze nachgewiesen, dass diesc Erklärung auch entwicklungsgeschichtlich sehr wohl annehmbar ist, dass der dieser Erklärung entsprechende entwicklungsgeschichtliche Vorgang auf derselben Wachsthumsweise beruht, wie die Berindung bei niederen und höheren Pflanzen, z. B. bei den Coniferen, d. h. die Bekleidung des Stammes durch den unteren Theil der Blätter. 1) Hofmeister, Allgemeine Morphologie der Gewächse p. 551. 2) 1. c. p. 783. 3) Sachs, Lehrb. der Bot. 4 Aufl. p. 548, 4) F. H. Haenlein, Beiträge zur Entwicklungsgesch. der Compositenblüthe (Schenk -Luersen, Mitt. der Bot. Bd. ll, 1 Heft. Lpz. 1875 p. 144 ff. 5) Daniel Popoviciu Barcianu, Unters. über d. Blüthenentw, der Onagr. (Schenk -Luerssen Mitt. d. Bot. Bd.Il. 1. Bft. Lpz. 1875 pag.81 ff. 6} Goebel, Entwicklungsgesch. 1. c. p. 324 u. 326. Bot. Ztg. 1886. 1. c. p. 731. 87 Der unterständige Fruchtknoten kommt nach seinen Untersuchungen an den Pomaceen dadurch zustande, »dass eine Zone des Blüthenbodens, welche die Insertionsstelle der Fruchtblätter mit umfasst, ein starkes interkalares Wachsthum zeigt, während sie bei der Bildung perigyner Blüthen nur noch wenig sich strecken würde« !) Auch Haenlein führt zur Erklärung der Bildung des unterständigen Fruchtknotens der Compositen Quertheilung in einer Region der hohlen Blüthenaxe an, welche aber nach ihm die Ansatzstelle der Fruchtblätter nicht mitumfassen sollte). Das der angeführten Zeichnung entsprechende Stadium ist jedoch zur Entscheidung dieser Frage zu alt. Es machte dem gegenüber Goebel in seinem Aufsatze daraul' aufmerksam, dass in jüngeren Stadien die Fruchtblattanlagen bis auf den Grund des aus- gehöhlten Blüthenbodens hinabzureichen scheinen, dass sie also nicht, wie Haenlein und die übrigen Verfechter der Axennatur des unter- ständigen Fruchtknotens ohne Weiteres annehmen, nur auf den oberen Rand der ausgehöhlten Blüthenaxe beschränkt seien. Compositen. Auf diese Frage hin sind die Compositen nochmals von mir genauer untersucht worden. Das Resultat ergab sich als ein bei allen unter- suchten Compositen im Wesentlichen übereinstimmendes. Es soll im Folgenden an einigen besonders deutlichen Beispielen, an Heljanthus annuus und an Silpbium connatum dargestellt werden. Die frühere Litteratur finden wir zusammengestellt von Haenlein?) und Koehne?°). Vergegenwärtigen wir uns zunächst den äusserlichen Vorgang, soweit er von früheren Beobachtern festgestellt ist. Bekanntlich entsteht hier, wie überhaupt bei Blüthen mit epigyner Insertion, zuerst eine Vertiefung des einzelnen Blüthenvegetationspunktes durch wallartige Erhebung der Randparthie. Am Rande der Vertiefung bilden. sich aufeinanderfolgend die Anlagen der 5 Korollenzipfel und damit alternirend diejenigen der 5 Staubblätter. Hat sich danach die Axe noch etwas vertieft, so er- scheinen an den Wänden der Vertiefung nahe über dem Grunde des Bechers die Anlagen der Fruchtblätter und zwar nicht sofort als 2 Wülste, wie Koehne fälschlich angibt %, sondern zuerst in Form eines Ringwulstes, - . welchem Haenlein den nach Hansteins Vorschlag eingeführten Namen Cyelom beilegt. Erst später sprossen aus diesem 2 einander gegenüber- stehende halbringförmige Wülste hervor. 1) Bot. Ztg. 1886. pag. 732. 2) Haenlein,].c. p. 162. 8) Koehne, Ueber Blüthenentw. der Compos. Diss. Berlin 1869. 4) Koehne, ]. c. pag. 5. 88 Die Anhänger der Schleiden’schen Ansicht, also auch Haenlein, be- trachten diese von der Axe sich abgliedernde Sprossung, welche ich oben als die Anlage der Fruchtblätter bezeichnete, nur als die Anlage der Griffe. Von deren Entwicklung, welche einfach so verläuft, dass die Spitzen der Wülste nach dem Inneren zu rasch vorwachsen und nach dem Zusammentreffen zu den beiden Griffelschenkeln auswachsen, wird diejenige des Fruchtknotens getrennt betrachtet. Ueber die Entstehung des Griffels gibt Haenlein kurz an: »Auch die Anlage des Griffels geht, wie bei den vorhergehenden Organen, vom Periblem aus«). Das ist auch ziemlich das Einzige, was aus seinen an- geführten Fig. 20 und 21 geschlossen werden kann. Ueber die Art der Ausbildung lassen sie, zu alten Stadien entnommen, im Unklaren. Der Grund der Höhlung ist hier bereits verbreitert, wie es erst später als Vorbereitug zur Samenknospenbildung zu geschehen pflegt. Schon Koehne gibt richtig an, dass der Grund der Fruchtknotenhöhle anfangs ziemlich schmal ist und sich erst später zu verbreitern pflegt ?). Verfolgen wir die Zeiltheilung etwas genauer bei Helianthus annuus, so sehen wir nach Anlage der Staubblätter die Höhlung nur wenig vertieft (Fig. 18). Unter der Epidermis finden sich mehrere Schichten fast regelmässig angeordneten Periblemes. In den in Theilung begriffenen Zellen besonders der seitlichen Periblemschichten sind die Theilungswände imme. radial ge- richtet. Diese bewirken also die Vertiefung der Höhlung. Auf Längsschnitien durch etwas ältere Stadien (Fig. 19) sieht man seitlich einige der äussersten Periblemzellen vergrössert und die oberen derselben durch tangential ge- richtete Wände getheilt, während die angrenzenden Zellschichten der Axe als durch Antiklinen getheilt noch fortdauernd sich strecken. In ganz jungen Stadien findet man auf Längssehnitten immer nur eine oder doch wenige Periblemzellen, welche durch tangentiale Theilungen die Hervor- wölbung dieses Theiles des Wulstes bewirken. Es macht sich die Frage geltend: Wie weit reicht die erste Anlage, wie können wir sie begrenzen ? Man könnte geneigt sein, sie auf diejenigen Zellen zu beschränken, welche man gleich von allem Anfang an durch tangentiale Wände getheilt findet, danach müsste der Umfang derselben sehr gering sein. Denn es ist ja nur eine schmale ringförmige Zone von Zellen, in welcher die verlangten Theilungen stattgefunden haben. Die tiefer liegenden Zellen der äussersten Periblemschicht sieht man jedoch bereits vergrössert und in Vorbereitung zur Zelltheilung begriffen. Es. ist ganz unmöglich eine genaue Grenze an- zugeben. Auf Längsschnitten durch weiter vorgeschrittene Zustände er- kennt man, wie immer tiefer nach dem Grunde der Höhlung zu liegende Zellen in Theilung durch tangentiale Wände übergehen. Vergleichen wir Fig. 20, so sehen wir die obere der in Betracht kommenden 1) Haenlein, lc. pag. 158. 2) Koehne, |. c. pag. 7. 89 Zellen durch eine der ersten Theilungswand schief aufgesetzte Wand weiter getheilt, 2 tiefer liegende Zellen sind durch Periklinen gefächert, während die anderen folgenden Zellen der äussersten Periblemschicht durch ihre Grösse ausgezeichnet und als in Vorbereitung zur Theilung begriffen, kenntlich sind. Auf Längsschnitten durch noch ältere Stadien findet man auch diese tiefer unten liegenden Zellen getheilt, so auch in den von Haenlein gezeichneten Fig. 20 und 21. Ausserdem ist zu be- merken, wie die Theilungswände, in je tiefer liegenden Zellen sie auf- treten, um so weniger der Oberfläche parallel laufen, vielmehr gegen dieselbe schief geneigt sind. Es liegt nahe, diese Zelltheilungen aufzufassen als Folgen einer Wachsthumsweise, welche darauf gerichtet ist, die junge Anlage aus der Axe gleichsam herauszuschieben. Etwas ganz Aehnliches, wie das hier Geschilderte, ist offenbar der Vorgang, welchen Schleiden als »Nachschieben der Blattbasis« bezeichnet’). Es ist diese Bemerkung geeignet, uns eine einigermassen befriedigende Antwort auf die Frage zu geben, welche der in Theilung begriffenen Zellen. wir als zur jungen Blattanlage gehörig rechnen dürfen. Es gehören eben dazu alle diejenigen Zellen, deren Theilung als Folge eines Wachsthums erkennbar ist, welches darauf hinzielt, die junge Blattanlage hervorzuschieben. Die Berechtigung dieser Annahme muss zugestanden werden, zumal sie nichts principiell Neues bietet. Schon bei Bildung des oberständigen Fruchtknotens bot sich mehrfach Gelegenheit zu der Beobachtung und war dort schon bei äusserlicher Betrachtung erkennbar, wie bei weiterer Entwickelung ein immer grösseres Areal des Blüthenbodens in den Aufbau des Frucht- knotens mit hineingezogen wird, auch wurde daselbst auf analoge Vor- gänge bei der Entwicklung vegetativer Blätter hingewiesen (S. 76). Mit aller Deutlichkeit ist demnach auf Längsschnitten durch ältere Stadien zu sehen, dass die Anlage bis auf den Grund der Höhlung hinab- reicht. Auch jetzt noch ist es gänzlich unmöglich, genau jede einzelne Zelle zu bezeichnen, welche mit zur Anlage gehört, wenn wir sie nicht in Theilung begriffen finden, in welchem Falle wir nach dem aufgestellten Prineip über die Zugehörigkeit entscheiden können. Für die vorher- gehenden Blüthenblattkreise gilt dasselbe. Auch für die Blumenblatt- uud Staubblattanlagen ist es unmöglich, genau anzugeben, wie weit jede reicht, wo die eine beginnt, die andere aufhört. Es genügt für unsere Betrach- tung die Erkenntniss, dass zur Bildung der Fruchtblätter die ganze Aussenfläche der Axe in Anspruch genommen wird, und dass die alte Ansicht falsch ist, welche die Fruchtblätter an dem oberen Rande der becherförmig ausgehöhlten Axe entstehen lässt. Betrachten wir den Längsschnitt durch die junge Anlage noch etwas aufmerksamer, so sehen wir am Grunde der Seitenwandung in der Ecke 1) Schleiden, Grundzüge der wissenschaftl. Botanik Tl. IL pag. 172. Lpz. 1846, % zwischen dieser und dem Grunde der Höhlung # untereinander liegende Periblemzellen durch radiale Wände getheilt (Fig.20t). Es beginnt mit diesen Quertheilungen der Vorgang, welcher zur Bildung des unterständigen Fruchtknotens führt. Auch in allen älteren Stadien sind gerade an der entsprechenden Stelle intensive Quertheilungen erkennbar. Die der Ober- fläche zunächst liegenden dieser in Theilung befindlichen Zellen gehören offenbar dem Grunde der Fruchtblattanlage an, welche dadurch empor- geschoben wird. Die tiefer liegenden sind Zellen des Axengewebes. Sie bewirken ein Enıporheben des ganzen darüberliegenden Gewebes mit Staubblättern und Blumenblättern. Wir erkennen hier bei Vergleich mit älteren Stadien den Anfang zur Ausbildung der durch starkes interkalares Wachsthum ausgezeichneten Zone des Blüthenbodens, welche also auch hier den Grund der Karpelle mit umfasst. Während die intensiven Quer- theilungen der nach der Seitenwandung zu abgegebenen Zellen ein Emporheben des ganzen darüber gelegenen Gewebes bewirken, beruht auf den radialen Theilungen der nach dem Grunde des Bechers zu ab- gegebenen Zellen die Verbreiterung des Grundes, wie wir sie von jetzt in allen folgenden Stadien antreffen. Haenlein ist auf diesen Vorgang erst an viel älteren Stadien auf- merksam geworden. Zur Erklärung der Bildung des unterständigen Fruchtknotens führt er an: »In der That sieht man auch bei näherem Eingehen auf die Zellen, dass es hauptsächlichst die zwischen dem Grunde der Fruchtknotenhöhle und der Insertionsstelle der Karpelle liegende Region der hohlen Blüthenaxe ist, welche sich durch Streckung ihrer Zellen in die Länge und durch Auftreten von Quertheilungen derselben auszeichnet« !). Die von ihm zum Beweise benutzten Figuren zeigen aber die Bildung bereils so weit vorgeschritten, dass beim Ausbleiben der hier stattfindenden Quertheilungen der fertige Fruchtknoten von einem unter- ständigen nur sehr wenig verschieden sein würde. Die Stadien sind so alt, dass nicht nur der unterständige Fruchtknoten bereits ausgebildet, sondern sogar die Samenknospe angelegt ist. Würden auf dieser Ent- wicklungsstufe die Quertheilungen unterbleiben und nur die freien sich za den Griffeln ausbildenden Enden der Fruchtblätter, welche Haenlein in der citirten Stelle als die ganzen »Karpelle« bezeichnet, sich strecken unabhängig von dem angrenzenden Axengewebe, so müsste es zur Bildung eines halbunterständigen Fruchtknotens kommen. Die Querthei- lungen, welche zur Bildung des unterständigen Fruchtknotens führen, be- ginnen, wie wir gesehen haben, viel früher auf einer Entwicklungsstufe, wo noch sehr wohl die Bildung eines perigynen Fruchtknotens denkbar .wäre, wie Goebel an den Pomaceen nachwies. Es wäre dann nur nöthig, dass die Karpelle, ohne Betheiligung der Zellen der Axe, durch Quer- theilungen an ihren Ansatzstellen hervorgeschoben würden. 1) Haenlein, 1. c. p. 162, 9 Nach dem Geschilderten ist es unzulässig, die Entwicklung des Griffels getrennt zu betrachten von derjenigen der Fruchtknotenwand, da wir gesehen, dass die als Anlage der Griffel bezeichneten Theile nur die Enden der die Axe auskleidenden, bis auf den Grund des Bechers reichenden Karpellanlagen sind, und da es thatsächlich unmöglich ist eine Grenze anzugeben, wo das Karpellgewebe gesondert vom Axengewebe seine Thätigkeit beginnt. . . Viel näher der Wahrheit kann hierin schon die Anschauung Koehnes, pach welchem »Aie Ansicht gar nicht so verwerflich ist, dass wenigstens die Karpelle an der Bildung des unterständigen Fruchtknotens betheiligt sind«'). Nur ist die Folgerung ganz unbegründet, welche er hieraus zieht: »Wenn dieses aber der Fall ist, so müssen nothwendig auch die vorausgehenden Blüthenkreise eine Verwachsung mit der Fruchtknoten- wand eingegangen seine. Es bietet sich auch nicht der geringste Anhalt für die Auffassung, den mit dem Blattgrund der Karpelle verwachsenen Theil der Fruchtknotenwand als aus der Basis von Staubblättern und Blumenblättern verwachsen anzusehen. Für jeden unbefangen Urtheilenden ist dieser Theil reines Axengewebe. Man sieht an diesem Beispiele, wie irreführend es ist, von Verwachsung zu reden bei Geweben, die weder ihrer Anlage nach getrennt auftreten, noch später sich trennen. Nur der Umstand, dass er den Blattgrund der Karpelle als »verwachsen« mit dem angrenzenden Gewebe ansah, veranlasste Koehne, weiter zu schliessen, dass dann auch dieses Gewebe verwachsen sei aus den Basaltheilen der Staub- und Blumenblätter. Corrigiren wir Koehne in diesem Sinne, so können wir mit seinen Worten das Resultat unserer bisherigen Unter- suchung kurz zusammenfassen : »Unterhalb der Staubblätter liegt die Zone, welche die Karpelle erzeugt. Letztere treten dadurch hervor, dass ihre Primordialblätter sich in Oberblatt — d. h. Griffelschenkel und Griffel- röhre — und in Blattgrund zu sondern beginnen; der Blattgrund bleibt an das angrenzende Axengewebe gebunden, kleidet dasselbe aus. Wenn er also, unter Theilnahme dieses Axengewebes, sich zu strecken beginnt, so erzeugt er die Fruchtknotenwand ?). Die hierauf im Fruchtknoten stattfindenden Vorgänge stehen in Be- ziehung zur Samenknospenbildung. In den bisher betrachteten Längs- schnitten erschien der Grund des Blüthenbodens ausgerundet, die Seitenwandungen von da aus schief nach aussen aufsteigend — welche Thatsache schon bei äusserlicher Betrachtung darauf hinweist, dass das Axengewebe vollständig verbraucht wird. — Der Grund beginnt allmählich durch radiale Theilungen der darunter liegenden Zellen sich zu verbreitern, so dass wir jetzt Ansichten erhalten, wo die Höhlung von fast senkrechten Wänden umschlossen ist (Fig. 22). Die diese Verbreiterung bewirkenden 1) Koehne, |. c. pag. 54. 2) cf. Koehne pag. 5l. 92 Zellen gehören der den beiden” Fruchtblättern gemeinsamen Ansatzstelle an. Die Verbreiterung durch radiale Theilungen schreitet immer weiter vor, während zugleich die freien Enden der Fruchtblätter mit ihren Spitzen aufeinanderzuwachsen. Es zeigt jetzt die Fruchtknotenhöhle auf einem medianen Längsschnitt die Form eines spilzwinkligen Dreiecks, und zwar ist dasselbe ungleichschenklig. Der die Basis des Dreiecks bildende Grund der Höhlung ist nicht wagrecht, sondern etwas schief geneigt, vom vorderen nach dem hinteren Karpelle zu ansteigend. Der Neigungswinkel dieser schiefen Ebene gegen die Horizontale ist, wie schon Haenlein hervorhebt ’), sehr verschieden bei den einzelnen Gattungen. Bei einigen, so auch bei Helianthus annuus, beträgt sie nur wenige Grade, während sie bei anderen bis zu A5° und mehr wächst. Koehne führt diese That- sache an mit den Worten: »Es rührt dieses daher, dass der ziemlich ebene Grund der Fruchtknotenhöhle mit dem vorderen Fruchtblatt einen spitzen, manchmal bis zu 45° abnehmenden®) Winkel bildet, mit dem hinteren Fruchtblatt aber unter einem stumpfen Winkel zusammen- stösst, also nach dem Centrum des Blüthenköpfchens hin ansteigt«?). Es ist ganz offenbar, dass damit keine Erklärung gegeben sein soll, wie es Haenlein auffasst ®), indem er rügt, dass damit nur idem per idem erklärt sei. Vielmehr gibt Koehne im Weiteren die Erklärung, dass die Frucht- blätter in ungleicher Höhe auf der Axe erscheinen. »Das erste Fruchtblatt würde nämlich unterhalb der Spitze des etwas gewölbten Endes der Blüthenaxe inserirt sein und deshalb einen spitzen Winkel mit der Axe bilden; das zweite Karpell aber würde ganz an der Spitze der Axe stehen« *). Das Unrichtige dieser Erklärung leuchtet nach dem Geschilderten sofort ein. Celakovsky erklärt die Erscheinung durch Hemmung des hinteren Fruchtblattes oder vielmehr durch die »Präponderanz des fertilen Fruchtblattes über das sterile, infolge dessen das letztere gleichwie etwas emporgeschoben und gehemmt ist, ähnlich wie man es bei Trapa und bei Rhus beobachtet«®). Der schiefe Blüthenboden ist nach ihm »als der gebundene Kappentheil des vorderen Kaıpelles anzusehene. Dem gegen- über ist hervorzuheben, dass von einer Hemmung des hinteren Frucht- blattes absolut nichts zu bemerken ist. Dasselbe wächst normal ebenso weiter wie das vordere Fruchtblatt, streckt sich in gleicher Weise und bildet ebenso normal einen der Griffelschenkel. Bei dem zum Vergleiche herangezogenen Trapa dagegen haben wir es thatsächlich mit Hemmungs- bildungen zu thun, indem 2 der ursprünglich angelegten Karpelle hier verkümmern. l) Haenlein, l. c. pag. 162. 2) Koehne, ]. c. pag. 8. 3) Haenlein. 1. c. pag. 163. 4) Koehne, 1. ce. pag. 67. 5) Celakovsky, 1. c. pag. 61. 93 Die richtige Erklärung beruht auf ganz einfachen Wachsthumsvor- gängen. Auf medianen Längsschnitten erkennt man nämlich leicht, dass die dicht vor dem hinteren Karpelle liegenden Periblemzellen des Blüthen- grundes sich durch tangentiale Scheidewände getheilt haben und dadurch den Boden an dieser Stelle etwas zu heben beginnen (Fig. 23). Auf eine weitere Deutung dieses Vorganges, ob diese Zellen dem vordere oder dem hinteren Fruchtblatte angehören, brauchen wir uns nicht einzulassen, zumal wir gesehen haben, dass eine deutliche Grenze nicht gezogen werden kann, weshalb ich die den Grund der Höhlung einnehmenden Zellen als den Ansatzstellen der beiden Karpelle gemeinsam angehörig bezeichnete. Es findet dieser Vorgang sein Analogon beim oberständigen Fruchtknoten der Scrophularineen und Solaneen. Gehörte der schiefe Blüthenboden allein dem vorderen Fruchtblatte zu, so hätten die Zellen, welche, wie wir sahen, die Verbreiterung des Blüthenbodens bewirkten, allein von den Zellen des vorderen Fruchtblattes gebildet sein müssen, was thatsächlich nicht der Fall ist. Den schiefen Grund der Fruchtknotenhöhle betrachtet Haenlein als Placenta, weil aus diesem, »nicht in der Mitte, sondern etwas abwärts, dem vorderen Karpelle mehr genähert, die Samenknospe entspringt«'), also auf der tiefer liegenden Hälfte des schiefen Grundes. Sehen wir die erwähnten tangentialen Zelltheilungen, welche die schiefe Neigung des Grundes der Höhlung bewirken, als letzten Rest eines Gewebes an der Stelle an, wo die beiden Karpelle am Grunde zusammenstossen, so hat die Bezeichnung dieses Gewebes als Placenta seine Berechtigung, wenn auch das Bedürfniss für Anwendung dieser Bezeichnung bei den Com- positen nicht vorhanden ist, indem das Gewebe später nicht mehr als eine besonders abgegliederte, in Form eines Trägers hervortretende Ur- sprungsstätte der Samenknospen erscheint ?). In Erörterung der Frage nach der morphologischen Bedeutung der Samenknospe, die wir unberücksichtigt lassen, weil uns die Samenknospen den Sporangien der Gefässkryptogamen analoge Bildungen sind, erwähnt Haenlein einer Erscheinung aus der Vergrünungsgeschichte, welche er als Beweis für die Blattnatur der Samenknospe der Compositen anführt, dass nämlich »der Scheitel der Axe neben derselben (Sk.) häufig weiter wächst und sich in der verschiedensten Weise ausbildet« 2). Das beweist aber weiter nichts, als dass in einzelnen anormalen Fällen das Axengewebe zur Ausbildung der Placenten nicht vollständig verbraucht wird, und dass dann der Vegetationspunkt desselben zwischen den Ansatzstellen der Kar- pelle weiter wächst, ohne dass diese — wie es ja auch möglich wäre — 1) Haenlein, l. ec. pag. 168. 2) ef. Goebel, Entw. pag. 273, 8) Haenlein, 1. c. pag. 168. 94. eine weitere Entwicklung erführen, d.h. ohne dass sie mit emporgehoben werden. Die Samenknospe erscheint nämlich nicht an der Spitze dieser verlängerten Axe, sondern im Grunde des vorderen Fruchtblattes. Der Um- stand, dass in allen solchen vergrünten Blüthen die Samenknospe immer dem vorderen Fruchtblatte zugehört, kann keineswegs als ein Beweis dafür gelten, dass dieses auch in den normalen Blüthen als das allein frucht- bare anzusehen ist. Die Samenknospe, welche in normalen Fällen aus dem den Ansatzstellen beider Fruchtblätter gemeinsamen Gewebe ent- springt, rückt natürlich in anormalen Fällen, wo dieses gemeinsame Ge- webe nicht zur Ausbildung gelangt, an den Rand des zunächst stehenden Fruchtblattes. In der geschilderten Weise verläuft in der Hauptsache die Ent- wicklung des Fruchtknotens bei allen fruchtbaren Blüthen der Compeositen. Von den fruchtbaren Blüthen unterscheiden sich die unfruchtbaren nur darin, dass bei ihnen auch zur Ausbildung der einen Samenknospe kein Raum gelassen wird; die sonstige Entwicklung ist ganz entsprechend. Es werden z. B. bei den unfruchtbaren Röhrenblüthen von Silphium con- natum in ganz normaler Weise 2 Karpelle angelegt, und zwar kurz nach Hervortreten der Staubblätter ganz am Grunde des nur wenig vertieften Blüthenbodens, so dass das Axengewebe hier schon auf sehr früher Stufe der Entwickelung verbraucht wird. Der Blüthengrund ist hier nicht, wie bei den fruchtbaren Blüthen, ausgerundet, sondern die Seitenwände stossen auf einem medianen Längsschnitt fast geradlinig unter einem spitzen Winkel zusammen. Es unterbleibt auch die Verbreiterung des Grundes. Die Karpelle wachsen zusammen weiter, einen geschlossenen Cylinder bildend, der nur in seiner Axe von einem ganz schmalen Spalt durchzogen ist. Oenothereen. Nur in wenigen Einzelheiten verschieden, der Hauptsache nach ebenso, erfolgt die Ausbildung der Fruchtknotenhöhlung bei allen unterständigen Fruchtknoten. In der Placentation dagegen wiederholen sich alle mög- lichen Fälle. Wir betrachten im Folgenden noch einige Familien, bei denen nach den bis jetzt geführten Untersuchungen auch die Bedeutung der Placenten noch nicht ganz klar gestellt ist. Dieses gilt besonders von der Familie der Oenothereen, welchen auch Celakovsky eine wichtige Stelle in der Reihenfolge seiner vergleichenden Darstellung anweist !)- Diese Familie ist von Duchartre, Payer und Popoviciu Bar- cianu genaueren entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen unterworfen worden. Alle drei kommen zu verschiedenen Resultaten, sowohl in Be- ziehung auf die Bildung des unterständigen Fruchtknotens als auch auf 1) Celak. |]. c. p. 48. 95 die Deutung der Placenten. Die beiden letzteren vertreten die Axennatur des unterständigen Fruchtknotens, wobei Barcianu sich auf genauere histologische Untersuchungen stützt). Nach Duchartre dagegen sind Fruchtknoten wie Placenten durch Verwachsung der Karpelle entstanden ?). Doch sind ihm die Placenten zusammengesetzt aus den durch die ein- wärtsgeschlagenen verwachsenen Ränder der Karpelle gebildeten eigent- lichen Scheidewänden des Fruchtknotens und den aus Theilung der Axe hervorgegangenen cordon pistillaire. Ganz ähnlich ist die Anschauung Payers, nach welchem der untere axile Theil der Placenten durch Ver- tiefung des Blüthenbodens an 4 vor den Karpellen gelegenen Stellen ent- steht. Er sagt darüber: »Ces changemenlis consistent prineipalement dans »Papparition sur le fond du pelit bassin circulaire de quatre petites fossettes »situess de facon qu’il yen a une au pied de chaque mamelon carpellaire »primitife. Ueber den oberen Theil dagegen gibt er an: »Des cloisons »alternes avec les mamelons carpellaires, et continuant par consequent »les cloisons, qui separent les loges de la partie inferieure, se montrent »sur les parois et s’avancent vers le centre«. Nach Bareianu dagegen stellen die Placenten einen neuen selb- selbständigen Blattkreis dar, angelegt als 4 Höcker im Grunde der Frucht- knotenhöhlung. Die Resultate meiner Untersuchungen sollen im Folgenden an Oenothera biennis dargestellt werden. In Beziehung auf .die erste Entstehung habe ich den Beobachtungen Barcianus nur Weniges hinzuzufügen. Hier wie bei den Compositen erscheint unterhalb der Staubblattanlagen ein ein- heitlicher ringförmiger Wall, Barcianus Carpidiencyclom, aus welchem dann durch lokalisierte raschere Thheilungen die später vorhandenen Karpellanlagen, deren es hier 4 sind, hervorsprossen. Auch hier ist die Bildung des Cyklomes durch tangentiale Theilungen von Periblemzellen auf die dicht unterhalb des Staubblattkreises liegende Region der aus- gehöhlten Blüthenaxe beschränkt. Sobald die Karpelle als 4 Höcker aus diesem Walle nach dem Inneren der Höhlung sich vorzuwölben beginnen, erkennt man auf Längsschnitten leicht, wie wiederum die ganze Wandung bis auf den Grund des Bechers verbraucht wird, indem nach unten zu fortschreitend immer mehr Zellen durch Scheidewände getheilt werden, die so gerichtet sind, dass dadurch ein Hervorschieben der 4 Karpellar- höcker bewirkt wird. Auch Barcianu hat diese Thatsache beobachtet. Er sagt hierüber: »Auf dieser Entwiekluhgsstufe nimmt das Cyklom, wie 1) Popovicin Barcianu, Unters. über d. Blüthenentw. d. Onagr. Schenk- Luerssen, Mitt. d. Bot. IL, Bd, Heft 1. pag. 831 #. Payerl. c. p. 451 (Epilobium spicatum). 2) Duchartre, Observations sur la fleur et plus partic, sur l’ovaire de I’Oeno- thera suaveolens, H, P, in Ann. d, sc. nat. Serie II. Bd. 18. 1842. 96 »die Längsschnilte in Fig. 7-10 zeigen, fast die ganze Seitenwandung »des Axenbechers ein, der unterhalb der Insertionsstelle liegt« '). Im Gegensalz zu den übrigen Vertheidigern der axilen Natur des unlerständigen Fruchtknotens, welche die Karpellanlagen schon ihrer Ent- stehung nach auf den oberen Rand des ausgchöhlten Axenbechers be- schränkten, hat Barcianu die Entstehung derselben aus der ganzen Innenwandung bis auf den Grund des Bechers bereils richtig erkannt. Trotzdem hält er an der axilen Natur des ausgebildeten untersländigen Fruchtknotens fest. Zur Begründung greift er zu der künstlichen Erklärung, dass im weiteren Verlaufe der Entwickelung die Anlagen an der Seiten- wandung immer weiter hinaufrücken. Er sagt darüber: »Da aber später »dieser ganze Theil und namentlich auch die Zone, die zunächst dem »Becherboden anliegt, sich bedeutend in die Länge streckt, so rückt auch »das Cyclom mit den 4 nun grösser werdenden Höckern immer weiter »hinauf, so dass in vorgerückten Stadien dasselbe nur an der Bildung »des oberen Theiles sich betheiligt«. Dass dieser Schluss vollständig ver- fehlt ist, ist leicht einzusehen. Von einem Emporheben des Cyclomes mit den 4 Fruclitblatthöckern könnte nur dann die Rede sein, wenn die das Emporheben bewirkenden Quertheilungen nach Anlage des Gyclomes be- schränkt wären auf eine unterhalb der Insertionsstelle des Carpidien- eyclomes liegende ringförmige Region der Axe, wozu vor allem auch er- forderlich wäre, dass eine scharfe Grenze zwischen den Karpellen und diesem Theile der Axe gezogen werden könnte, was thatsächlich nicht der Fall ist. Die lebhaftesten Zelltheilungen findet man immer in dem Cyclom mit den Karpellen, derart, dass die Fruchtblätter nicht nur in die Länge, sondern auch in die Breite wachsen. Radiale und tangentiale Wände sieht man bei vorgeschrittenen Stadien innerhalb der ganzen Ausdehnung der Karpellaranlagen auftreten und zwar nicht nur in der bis auf den Grund der Höhlung reichenden äusseren Region des Axen- bechers, sondern auf inmer tiefer liegende Schichten des Axengewebes sich verbreitend. Auch seitlich noch unterhalb des abgeflachten Bodens der Höhlung lassen sich dieselben deutlich erkennen (Fig. 29), wonach auch dieser Theil in die Karpellbildung mit hineingezogen wird, ein Schluss, welcher von vornherein durch den analogen Vorgang bei den Compositen nahe liegt. Ein gänzliches Aufbrauchen des am Grunde gelegenen Vegetalions- punktes lässt sich dagegen hier nicht constatiren. Erst nach und nach beginnen die am Grunde der Seitenwandung liegenden Zellen desKarpellgewebes sich aufQuertheilungen zu beschränken und in Verbindung mit dem angrenzenden Axengewebe eine Streckung dieser Region und damil ein Emporheben des ganzen darübergelegenen Gewebes zu veranlassen. Barcianu selbst gibt in der citirten Stelle 1) Bareianul. c. pag. 101. 97 “ eine Streckung innerhalb des die ganze Seitenwandung einnehmenden Cyklomes an (»dieser ganze Theil«), was doch offenbar nicht so aufgefasst werden darf, dass hierdurch »dieser ganze Theil« wieder zu Axengewebe würde. Wenn dann »namentlich auch die Zone, die zunächst dem Becher- boden anliegt, sich bedeutend streckt«, so umfasst diese Zone doch einen Theil des Karpellwalles mit. Derselbe reicht dann selbst in späteren Stadien immer noch bis auf den Grund des Bechers, ja sogar, wie wir gesehen haben, darüber hinaus auf einen Theil des Becherbodens. Barceianu gibt dann weiter an: »Dadurch, dass es (das Cyelom) in »seiner ganzen Höhe und ebenso in der ganzen Peripherie durch Vermehrung »und Streckung seiner Zellen weiter wächst, entsteht ein röhrenförmiges »Gebilde, das auf seinem oberen freien Rande die 4 erwähnten Höcker »trägt. Die trichterförmige Basis bildet den Verschluss des Fruchtknotens »nach oben zu, der eigentliche mittlere röhrige Theil stellt den Griffel mit »dem Griffelkanal her, und die 4 Höcker, die durch das anfänglich »stärkere Wachsthum ihrer Innenseite aus dem Lumen auf den Rand der »Röhre treten, bilden die Narbenlappen«’). Es ist diese eigenthümliche Auffassung eine Folge der falschen Annahme vom Emporheben des Cyklomes an den oberen Rand des Axenbechers. Dieses beginnt nach Barcianu ungefähr da, wo es in Wirklichkeit aufhört, um sich in das von den aus seinem oberen Rande entsprossenen Karpellhöckern gebildete Gewebe fortzusetzen. Es müssten danach die 4 schon sehr früh hervor- tretenden Karpellhöcker gar keine Weiterentwickelung erfahren; diese müssten von dem sich röhrenförmig emporstreckenden Cyklome passiv in die Höhe gehoben werden, um dann zuletzt an der Spitze des ausgebil- deten Griffels die 4 Narben zu bilden. Erscheint dieses schon auf den ersten Blick als unwahrscheinlich, da es eine in der Entwickelungsgeschichte wohl einzig dastehende Erscheinung wäre, so zeigt auch eine genauere Untersuchung das gänzlich Unrichtige der Darstellung. Der ganze obere Theil des Fruchtknotens wird vielmehr durch diese 4 Höcker selbst ge- bildet, also nicht nur Narbe und Griffel, sondern auch die den Verschluss der Fruchtknotenhöhle nach oben bewirkende Gewerbepartie. Die Aus- bildung desselben steht im Zusammenbang mit der Placentenbildung. Keineswegs verläuft die weitere Entwickelung so, dass die Höcker auf 4. engbegrenzte Stellen am Rande des Walles beschränkt blieben, immer als scharfgesonderte Spitzen auf demselben erscheinend. Indem sie nicht nur in die Länge, sondern auch in die Breite wachsen, treten sie mit ihren Rändern in Berührung. Die Narben werden dann durch die Spitzen dieser 4 Höcker gebildet, nicht aber durch die Höcker selbst. Von dem Augenblicke an, wo die Karpelle mit ihren Rändern zu- sammentreffen, verläuft die weitere Entwieklung ebenso, wie in ober- 1) Barcianul. e. pag. 101. . Flora 1890, ? 98 ständigen Fruchtknoten, wie z. B. in dem der Malvaceen. Es beginnt die Placentenbildung. Wenn Barcianu meint, »dass von einem Verwachsen der Ränder früher getrennt gewesener Fruchtblätter nicht die Rede sein könne, so scheint er darunter ein Aneinanderwachsen getrennt ausgebil- deter Ränder zu verstehen. Nach seiner Meinung müsste man dann »2 Dermatogenlagen rechts und links, und 2 sich aneinanderlegende in »der Mitte der Leiste haben; zu diesem müssten dann noch die Periblem- »und Pleromzellen jedes der Blätter, die mit einander verwachsen, hin- »zukommen, so dass wir wenigstens 10 Zelllagen neben einander, auch »in sehr jungen Leisten, haben würden« ’). Jeder Unbefangene wird sich der Bemerkung Celakovskys anschliessen, dass dieser entschieden ab- lehnende Einwurf etwas primitiver Art ist?).. Die seitlich zusammen- stossenden Karpellränder beginnen gemeinsam zu wachsen und treten in- folgedessen als leistenförmige Anschwellungen an den Seitenwänden nach dem Lumen der Höhlung hervor. Es hat dieser Vorgang durchaus nichts Eigenthümliches. Er findet sich immer auch in oberständigen Frucht- knoten bei der Ausbildung eines Fruchtknotens aus mehreren Karpellen und wird da allgemein als eine Verwachsung der Karpellränder bezeichnet. Indem die Ränder der Karpelle mit deren fortschreitendem Längen- und Breitenwachsthum immer höher hinauf zusammentreffen, findet eine von unten nach oben fortschreitende Verwachsung statt. Es entsteht so das den Verschluss der. Fruchtknotenhöhle nach oben bildende Gewebe. Diese Verwachsung findet auch noch statt, nachdem die Spitzen der Kar- pelle zusammengestossen und nebeneinander in die Höhe gewachsen sind, wodurch der röhrenförmige Theil des Griffels gebildet wird. Die 4 freien, nicht mit einander verwachsenden Spitzen bilden dann die Narben. Für die Richtigkeit dieser Beobachtung, welche mit der normalen Entwickelung des Griffels bei oberständigen Fruchtknoten übereinstimmt ®), spricht auch die Ausbildung der Kommissuralnarben bei Epilobium. Aehnliche Anschwellungen wie an den verwachsenden Karpellrändern treten gleichzeitig an der Innenseite des Cyklomes und am Grunde des Bechers auf. Diese Vorgänge lassen sich am besten veranschaulichen — eine Vorstellung, die nur ein Bild zur Verdeutlichung sein soll —, dass in dem Walle die Basen der 4 Karpelle gebunden sind. Es beginnen dann die Ränder derselben sich aus dem Walle herauszudifferenzieren, indem die diesen Rändern entsprechenden Stellen von oben nach dem Grunde des Bechers zu fortschreitend anschwellen und durch massige Entwicklung die Placenten bilden. Nach Barcianu dagegen sollen bei Beginn der Plaeentenbildung am Grunde des Bechers 4 neue Höcker- bildungen auftreten. Die zum Beweise von Barcianu benutzten Fig. 13, 1) B.l. e. pag. 107. 2) Cel. 1. c. pag. 45. Anm. 2. 3) cf. Goebel, Entw. pag. 329, 99 14 und 15 entsprechen, wie man sich auf entsprechenden etwas dickeren Längsschnitten leicht überzeugen kann, so alten Stadien, dass die Placenten bereits als an den Seitenwänden verlaufende Leisten leicht erkennbar sind. Die Figuren 13 und 14 stellen keine medianen Schnitte dar. Es ist hier einer der Placentenwülste dicht vor der nach dem Beobachter zu liegenden Wand getroffen, diese Blüthe ist also nur angeschnitten. Daraus schliesst nun Barcianu: »Wenn wir nämlich ein Präparat vor uns haben, das »ein Entwicklungsstadium repräsentiert, wie es in Fig. 13 wiedergegeben »ist, so sehen wir bei oberflächlicher Einstellung die Contoure eines runden »Höckers, die nach beiden Seiten zu abfallend in das Gewebe des Becher- - »grundes sich verlieren (Contour 1)«e!). Dem ist nur hinzuzufügen, dass dieser Höcker sich rückwärts an die abgeschnittene Wand ansetzt, sogar noch an dieser eine Strecke weit in die Höhe läuft. Es ist also that- sächlich gar kein Höcker, sondern der angeschnittene Theil des Placenten- leistens. Dieses folgt auch aus dem Vergleiche mit dem Folgenden: »Beim langsamen Senken des Tubus verschwindet die Deutlichkeit dieser »Gontour immer mehr, bis wir, bei einer mittleren Einstellung, von ihr »nichts mehr deutlich unterscheiden können, dagegen uns scharf um- »schrieben die Contour (2) entgegentritt, die quer von der einen Seite des »Fruchtknotens zur gegenüberliegenden verläuft; sie erscheint da, wo »sie derFruchtknotenwand anliegt, am höchsten und steigt »sanft ab gegen das Centrum, welches die tiefste Stelle einnimmt«. Es ist das die Contour der beiden seitlich an den Wänden verlaufenden Placentenleisten. Sie erscheint aber nicht nur an der Ansatzstelle am höchsten, sondern verläuft allmählich in dieselbe. Selbst aber nach Bar- cianus, in dieser Beziehung nicht ganz getreuen Zeichnung, kann die Contour 2 nicht als Umriss zweier Höcker gedeutet werden. Es ist ganz deutlich zu sehen, dass sie mit der Wand in Verbindung stehen, durch keinen Zwischenraum von ihr getrennt. Wären Höcker vorhanden, so müsste ein ınedian geführter Schnitt 2 derselben treffen. Ein solcher medianer Schnitt, obwohl verhältnissmässig leicht zu erhalten, ist vonBarcianu nicht gezeichnet worden, weil eben auf diesem von Höckerbildung gar nichts zu sehen ist. Jeder mediane Schnitt geht durch 2 gegenüberliegende Placentenleisten. Wir sehen die Wand gleichmässig in den Becherboden übergehen. Dagegen sind zwei Höcker zu sehen auf einem von B. in Fig. 15 dargestellten Schnitte durch 2 gegenüberliegende Vertiefungen, der viel schwieriger zu erhalten ist, weil er quer zur Mediane geführt werden muss. Die beiden hier am Grunde des Bechers erscheinenden Höcker, welche vor der Mitte der Kar- pelle liegen, müssten nach B.’s Auffassung die Ränder seiner Placenten- höcker sein. Diese selbst erscheinen im Hintergrunde als an den Seiten- 1) Bareianu a. a. O. pag. 106. 100 wandungen verlaufende Leisten. Es ist dieses eine entsprechende Ansicht, wie wir sie schon mehrfach in oberständigen Fruchtknoten, z. B. bei Ailanthus gefunden haben. Die 2 Höcker sind danach den »Sohlen« analoge Gebilde. Ein solcher Längsschnitt beweist also, dass sich die Anschwellung nicht nur über die ganze Innenseite des Cyklomes bis an den Grund verbreilet hat — und zwar in absteigender Richtung, während die freien Karpellränder, wie wir gesehen, in aufsteigender Richtung ver- wachsen —, sondern noch über den Bechergrund selbst. Wir erkennen, wie die vor den Spitzen der freien Karpelle liegenden Randstellen der gebundenen Karpelle sich durch Periblemtheilungen hervorzuwölben be- ginnen. Diese »Sohlen« müssen wir auch hier als die Randprodukte der im Cyklome gebundenen Karpellbasen auffassen, wenn wir uns gegen- wärtig festhalten, dass das Cyklom mit seiner Basis auf den Boden des Axenbechers übergreift. Aeusserlich bemerkbar macht sich dieser Vorgang als das Auftreten von 4Grübchen, wie es Payer angab. Nur entstehen dieselben nicht vor der Basis des Cyklomes auf einem den Grund des Bechers einnehmenden Axengewebe, sondern auf der Basis des auf den Grund des Bechers übergreifenden Cyklomes, auch nicht durch einen »unbestimmten Prozess der Aushöhlung«, wie es Payer von Bareianu vorgeworfen wird, sondern durch den ganz bestimmten oben geschilderten Vorgang der vorschreitenden Anschwellung der Karpellränder, wie es sich typisch bei der Entwiekelung schildförmiger Blätter findet, und wie es analog bei der Sohlenbildung von Ailanthus festgestellt wurde. Diese Grübchen vertiefen sich dadurch immer mehr, dass die am Grunde derselben, also etwas oberhalb der Ansatzstellen des Karpellwalles liegenden Zellen sich nur durch radiale Wände theilen, während rings um dieselben die angeschwollenen Karpellränder durch intensiv tangen- tiale Theilungen rasch in die Höhe wachsen. Die zugleich hiermit stattfindende Weiterentwickelung ist von B. richtig in der Weise angegeben worden, dass der Vegetationspunkt der Axe, wenn wir einen solchen als noch vorhanden annehmen, im Zu- sammenhange mit dem ihn aussen bekleidenden Placentengewebe derart in die Höhe wächst, das das Axengewebe im ausgebildeten Fruchtknoten etwa bis zu ®/s der Fruchtknotenhöhle emporreicht. Bareianus Gründe für die Annahme, dass die Placenten als selb- ständige, den übrigen Phyllomkreisen coordinirte Blasteme aufzufassen seien, erweisen sich als hinfällig. Es beruht vielmehr die Placentenbil- dung hier auf ganz demselben Vorgange, wie er sich bei vielen ober- ständigen Fruchtknoten findet, analog dem der Entwickelung schildförmiger Blätter charakteristischen Verhalten. 101 Campanulaceen. Betrachten wir schliesslich noch einen in Beziehung auf Placenten- bildung zu den Scrophularineen und Solaneen analogen Fall beim unter- ständigen Fruchtknoten, so bietet das zu den Campanulaceen gehörige Phyleuma zur Untersuchung gut geeignetes Material. Untersucht wurde von mir Phyteuma nigrum, das Ende April gesammelt in seiner Aehre bereits Blüthen auf allen nölhigen Entwicklungsstufen angelegt hatte. Auf medianen Längsschnitten durch ältere Fruchtknoten erscheint die Placenta wieder als ein scheinbar die Fortselzung der Axe bildender, unten massig ausgebildeter Zapfen, der nach oben in die Ränder der zu den Griffeln sich ausbildenden beiden Spitzen der Fruchtblätter sich fort- setzt. Dieser Umstand sowie der ganze Verlauf der Zellen weist darauf hin, dass wir die Placenta als Erzeugniss der Fruchtblattränder anzusehen haben. Es umziehen nämlich die Zellen in regelmässiger Anordnung bogenförmig ringsum die Höhlung. Auch die Gefässbündel folgen diesem Verlauf, indem sie sich nicht direet nach unten wenden, sondern in einem Bogen etwas nach oben umbiegend dem Hauptgefässstrange unter einem spitzen Winkel sich anlegen, was sie als eine Fortsetzung nicht des Hauptgefässstranges, sondern des in der Fruchtknotenwandung und im Griffel verlaufenden Zweiges erscheinen lässt (Fig. 30). Nachdem auf dem bei den Campanulaceen verhältnissmässig wenig vertieften Blüthenhöcker der Reihe nach die fünf Kelch-, Blumen- und Staubblätter in regelmässiger Alternation angelegt sind, "bildet sich ganz am Grunde der nur noch wenig vertieften Höhlung die.-Anlage der beiden Fruchtblätter als ein schon bald an den zwei in der Mediane einander gegenüberliegenden Stellen etwas erhöhter Ringwall aus. Zur Ausbildung desselben wird das Axengewebe hier wiederum von Anfang an ganz ver- braucht. Die Zelltheilungen erfolgen, wie gewöhnlich, in der ersten Peri- blemschicht und verbreiten sich da rasch bis auf den Grund der Höhlung. Durch Quertheilungen der am Grunde liegenden, den Ansatzstellen beider Fruchtblätter gemeinsamen Zellen wird danach eine starke Verbreiterung des Grundes bewirkt. Der vorher ausgerundete Blüthenboden erscheint dadurch bald eben. Während die Fruchtblätter bis dahin nur sehr langsam empor- gewachsen sind, strecken sich dieselben jetzt rasch. Die von ihnen ein- geschlossene Höhlung wird also nicht nur breiter, sondern auch tiefer, inden die zu den Seiten des Grundes liegenden Zellen der Fruchtblälter durch Quertheilungen das darüberliegende Gewebe emporheben. Beim ersten Auftreten sind diese Quertheilungen auf die ersten zwei bis drei Periblemschichten beschränkt. Erst allmählich betheiligen sich auch die tiefer liegenden Schichten des Axengewebes. Gleichzeitig mit der Anlage dieser bekanntlich durch intensive Quer- theilung die Ausbildung des unterständigen Fruchtknotens bewirkenden 102 Querzone erfolgen in transversaler Richtung über den Grund der Höhlung fortschreitend diejenigen Zelltheilungen, welche die Placentenbildung zur Folge haben. Es wird zuerst seitlich an den Stellen, wo die beiden freien Fruchtblattränder zusammenstossen, eine Anschwellung bemerkbar. Diese verbreitet sich rasch bis zur Mitte der Höhlung, doch so, dass sie immer an den Seiten, beim Uebergange in die freien Fruchtblaitränder, am höchsten bleibt. Auf medianen Längsschnitten erscheint infolgedessen der Grund der Höhlung von jetzt ab immer gewölbt, und die Wölbung erscheint um so grösser, je mehr seitlich der Schnitt geführt ist. Indem die an den Seiten verlaufenden Theile des Wulstes nach oben hin rasch verwachsen und besonders nach der Mitte der Höhlung zu sich massig ausbilden, wächst der mittlere Theil nur bis etwa zu ?/, der Frucht- knotenhöhlung in die Höhe und besonders nach den Seitenwandungen zu stark in die Breite, so dass er bald die ganze innere Höhlung ausfüllt und nur einen schmalen Spalt frei lässt. Auf medianen Längsschnitten findet man immer in den oberflächlichen Schichten des mittleren Wulstes intensive Theilung durch tangentiale Scheidewände. Wie im Gegensatz zu den vorher betrachteten unterständigen Frucht- knoten schon die Vertiefung der Anlage von Anfang an eine geringe war, so unterscheidet sich Phyteuma auch noch dadurch, dass die freien Ränder der Fruchtblätter getrennt bleiben. Das Gewebe, welches die obere Decke der Fruchtknotenhöhle bildet, erscheint als eine Fortsetzung der seitlichen Placentenwäülste. Erwähnt mag noch werden, dass nicht selten bei Phyteuma wie bei den übrigen Campanulaceen, sich drei Fruchtblätter ausbilden, eins me- dian nach der Axe zu, die beiden anderen seitlich, und entsprechend dann auch drei Placentenwülste. Schlussbemerkung. Zum Schlusse sei noch einmal kurz darauf hingewiesen, dass diese Untersuchung den Zweck batte, die Entscheidung einiger noch schweben- der Fragen betreffs des Fruchtknoltens herbeizuführen auf Grund der entwicklungsgeschichtlichen Methode, indem alle sonst etwa anwendbaren Methoden, besonders die anatomische, sich als unzulänglich erweisen. Besonderes Gewicht wurde dabei auf die Untersuchung der Frage gelegt, welches Areal des Blüthenbodens eine Fruchtblattanlage von allem Anfang an verbraucht. Als ein weiterer für das Verständniss einiger Verhältnisse wichtiger Factor erwies sich die Thatsache, dass wie oft in der vege- tativen Region, so auch bei Ausbildung der Blüthenblattorgane, allmählich ein immer grösseres Areal des Blüthenbodens verbraucht wird, in die Ausbildung der Blattorgane mithineingezogen wird, was sich als ein Vorschreiten der Fruchtblätter auf den Blüthenboden bemerkbar machte. Es bestätigen diese Untersuchungen die Annahme, dass der Aufbau. des 103 oberständigen Fruchtknotens der Angiospermen durch die Entwicklung der'Fruchtblätter herbeigeführt wird, dass die Axe, besonders beim Auf- baue“des unterständigen Fruchtknotens nur als Träger der Karpelle be- theiligt ist. Auch haben sich die Fruchtblätter in wahrem Sinne als Sporophylle erwiesen, indem die Placenten stets als Ausgliederungen desselben erscheinen. Die verschiedenen Arten der Placentenbildung lassen sich immer auf eine massige Ausbildung der Fruchtblattränder zurückführen, da in solchen Fällen, wo die Samenknospen auf der Blatt- fläche der Karpelle selbst zerstreut und nicht auf einem besonders aus- gebildeten Gewebe sitzen, von einer Placenta überhaupt nicht die Rede sein kann. Dabei ist noch ein Umstand zu erwähnen, welcher gegen die früher eifrig erörterte Foliartheorie der Samenknospen spricht, dass: nämlich auch in den Fällen, wo eine deutliche Placenta entwickelt ist, die Samenknospen nicht an den Rändern selbst sitzen, wie an vegetativen Blättern die Fiederblättehen, sondern etwas _ seitlich des Randes auf der Fläche der Fruchtblätter selbst. Als Grund- arten der Placentation, auf welche sich alle vorkommenden Fälle zurückführen lassen, erscheinen diejenigen, wo einestheils an der Ansatz- stelle des Karpellhöckers die Placenta sich als Sohle entwickelt, andern- theils der bekannte Fall, wo die Placenta_gebildet wird durch massige Entwicklung zweier zusammenstossender und verwachsender Ränder, sei es desselben Fruchtblattes oder zweier aneinandergrenzender Frucht- blätter. Diese beiden Fälle können dann auch miteinander kombinirt auftreten. So erwies sich die Placenta bei Ailanthus glandulosa als eine echte Sohle, die nicht durch Verwachsung freier Karpellränder ent- standen ist, sondern als eine geschlossen auftretende Ausgliederung der Ansatzstelle des Karpellhöckers, welche Auffassung sich sehr wohl mit den Vergrünungen in Einklang bringen lässt. Eine solche echte Sohle in Verbindung mit der Ausbildung ver- wachsender Fruchtblattränder zu Placentenwülsten fanden wir als Grundform der Placentenbildung bei den Malvaceen. Von dieser Grund- form aus machte sich innerhalb dieser Familien in doppelter Weise eine Rückbildung bemerkbar, indem bei einer kleinen Anzahl Arten nur die seitlichen Placentenwälste zur Ausbildung gelangen, während bei einer anderen, die meisten Malvenarten umfassenden Gruppe durch Zurück- bleiben der Seitentheile der Fruchtblätter diese seitlichen Placenten ganz verschwinden und nur die Sohle, wenigstens bei den Uebergangsformen, gebildet wird. Durch einen als Berindung bezeichneten Prozess werden die Placentenwülste immer unter das Niveau des Blüthenbodens an den Rand der Axe verschoben. Ebenderselbe diesem Prozesse zu Grunde liegende Wachsthumsvorgang bewirkt in Verbindung mit einem starken Flächenwachsthum des Karpellrückens das Verschwinden jeder Art von Placenta bei den am meisten rückgebildeten Arten. 104 Ganz entsprechend fanden wir den Vorgang bei den Scrophularineen und Solaneen, bei denen das Vegetationspunktgewebe von Anfang an verbraucht wird, so dass die beiden Fruchtblätter mit breiten Ansatz- stellen ineinander übergehen. Auch für die Familie der Caryophylleen bestätigte sich der karpel- lare Ursprung der Placenten. Es machte sich innerhalb dieser Familie wiederum ein Rückgang von der Untergruppe der Sileneen bis zu Ce- rastium, dem äussersten Gliede der Alsineen bemerklich. Die Placentation im unterständigen Fruchtknoten, welche in den Familien der Compositen, Oenothereen und Campanulaceen untersucht wurde, erwies sich mit derjenigen in oberständigen Fruchtknoten völlig übereinstimmend. Figuren - Erklärung. Ailanthus glandulosa. Fig. 1 und 2. In 1 ist die »Sohle« angelegt; Fig. 2 etwas älteres Stadium. Malvaceen. Abutilon venosum. j Fig. 3—6: mediane Längsschnitte. Abutilon spec? Fig. 7: stärkerer Querschnitt, zeigt Theilung der Placenten, Malva moschata. Fig. 8-11: mediane Längsschnitte. Schraffirte Zone in Fig. 9 zeigt starkes Längenwachsthum, In Fig. 11 sind die Karpelle eben angelegt. Althaea rosea. Fig. 12: Längsschnitt zeigt »Sohle« noch als Saum angedeutet. Malope trifida. Fig. 13: Beginn der Karpellbildung. Scrophularineen und Solaneen. Atropa Belladonna. Fig. 14-17: 14a medianer, 14b etwas seitlicher Längsschnitt durch junge Karpellanlagen. Compositen. Helianthus annuus. Fig. 18—23: mediane Längsschnitte. cp: Karpell; st: Staubblatt. Silphium connatum: mediane Längsschnitte. Fig. 24 und 25: fruchtbare Blüthen. Fig. 26—28: unfruchtbare Blüthen, Oenothereen. Oenothera biennis. Fig. 29: medianer Längsschnitt. Campanulaceen. "Phyteuma nigrum. Fig. 30-38: mediane Längsschnitte. f: Fruchtblatt; st: Staubblatt. 105 Zur Kenntniss von Maeroeystis und Thalassiophyllum. Von Otto Rosenthal. (Hierzu Tafel VII und VIIL) Im Jahre 1884 erschien in der botanischen Zeitung eine vorläufige Mittheilung von Will!) über die Anatomie von Macroeystis Tuxurians, in welcher eine eingehendere Zusammenstellung der Untersuchungsresultate in Aussicht gestellt wird. Da seitdem Ausführliches nicht veröffentlicht ist, so unternahm ich es, auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. Faikenberg, Maecrocystis genauer zu bearbeiten, zumal dieses um so nothwendiger war, als Will sich augenscheinlich von unrichtigen Anschauungen über die Vermehrung der Gewebemasse leiten liess, und weil die Entwicklungsgeschichte auch im einzelnen grosse Lücken aufzuweisen hatte. Im Verlauf der Bearbeitung von Macrocystis gelangte ich an ver- schiedene Punkte, die zu einem Vergleich mit anderen Melanophyceen Veranlassung gaben. So bildet die Untersuchung von Macroeystis und die Vergleichung ihrer anatomischen Verhältnisse mit anderen Laminaria- ceen und einigen Fucaceen den ersten, grösseren Abschnitt meiner Arbeit. Der zweite Theil behandelt die Gattung Thalussiophyllum, über deren Aufbau und Wachsthum bisher keinerlei Angaben vorlagen, ausser dem was Agardh?) über die Gattung sagt. Die Arbeit wurde im Wintersemester 1888/89 und einen Theil des Sommersemesters 1889 im botanischen Institut der Universität Rostock angefertigt. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Falkenberg, für die liebenswürdige und an- regende Unterstützung, welche mir: derselbe jederzeit angedeihen liess meinen herzlichen Dank auszusprechen. Auch Herrn Privatdocent Dr. Oltmanns fühle ich mich verpflichtet. Das mir zu Gebote stehende Material von Macrocystis verdanke ich der italienischen Expedition des Vittore Pisano; es wurde in, der Magalhaensstrasse von Capitain Chierchia gesammelt und, in Alcohol gesetzt, durch Vermittelung der zoologischen Station in Neapel dem Rostocker botanischen -Institut bereitwilligst überlassen. Herbariumsexemplare, welche ich zur Orientirung über die äussere Gestaltung brauchte, wurden mir freundlichst vom Berliner botanischen Museum zur Verfügung gestellt; auch ihm bin ich zu Dank verpflichtet. 1) Will, Zur Anatomie von Maerocystis luxurians Hook fil. et Harv. Botan. Zeitung 1884. No. 51 und 52. Vorläufige Mittheilung. 2) J. G. Agardh, Spec. gen. et ordin. Algarum pag. 138, 139, 106 Das übrige Material, von Thulassiophyllum und den anderen Afeluno- phyceen, entstammt dem Herbarium und der Spiritussammlung des Rostocker botanischen Instituts. Bevor ich mit der Darstellung meiner Untersuchungsergebnisse be- ginne, möchte ich kurz die Behandlungsweise des Materials anführen. Bei der äusserst feine Schnitte erfordernden Verfolgung der ent- wicklungsgeschichtlichen Punkte, bei der Empfindlichkeit der Präparate gegen Wasser und Glycerin, wodurch oft eine störende, zu starke Quellung der Gewebe hervorgerufen wurde, sowie endlich bei der, durch das schnelle Verdampfen bedingten unzweckmässigen Verwendung von Alcohol, empfahl es sich, das Material nach der von Strasburger'!) angegebenen Methode in Paraffin einzubetten und mit dem Mikrotom zu schneiden. Die untersuchten Algen, ausser Thalassiophyllum, welch’ letzteres Jahre lang im Herbarium gelegen hatte, konnten ohne Weiteres der Härtung und Einbettung unterworfen werden. Thalassioplhyllum war jedoch der starken Schrumpfung der Gewebe wegen, vor der Verarbeitung mit Wasser zu behandeln, und erwies sich die Methode, die Thallusstücke mehrere Stunden in Wasser von 55—60° liegen zu lassen, als ganz zweck- mässig, soweit überhaupt die eingetrockneten Gewebe eine Aufbesserung gestatteten. Die Härtung vor der Einbettung in Paraffin hatte sehr vorsichtig zu geschehen, weil bei zu schneller Concentration des Alcohols die Zellen bedeutende Schrumpfung erlitten. Am besten eignele sich die Härtungs- methode mittelst des Dialysators, wie sie Strasburger?) angiebt. Zur Erreichung günstiger Färberesultate wandte ich zwei verschiedene Verfahren an, die sich beide bewährten. Das erste beruht darauf, das Material von vornherein zu färben und dann die Einbettung vorzunehmen; das zweite besteht in der Färbung nach dem Aufkleben der Schnitte, Bei der ersten Methode bediente ich mich wässeriger Farbstofflösungen, in welche ich die Thallusstücke meist 48 Stunden hineinlegte, um sie dann der Härtung zu unterwerfen und einzubetten. Nach dem zweiten Verfahren werden die aufgeklebten Schnitte entweder mit einer Lösung von Farbstoff in Chloroform tingirt, oder nach Entfernung des Paraffins mittelst Chloroform oder Benzin und nachheriger Behandlung der paraffin- freien Schnitte successive mit Aether-Alcohol, Alcohol und Wasser, durch wässerige Lösungen gefärbt. Es ist die zuletzt angegebene Methode ct- was umständlich und äusserst sorgfältig vorzunehmen, sie eignet sich auch nicht für Serien, bietet jedoch wieder den Vortheil, sehr dünne Schnitte mit Reagentien weiter behandeln zu können, wie ich beispielsweise bei 1} Strasburger, Das botanische Practicum pag. 270 fi. 2) Strasburger, Das botanische Practicum pag. 314 ff. 107 * der Plasmaentfernung durch Eau de Javelle öfters auszuführen Gelegen- heit hatte. Man kann ja allerdings auch ohne Einbettung das Material zwischen Hollundermark mit dem Mikrotom schneiden, es haben aber die Uebertragung der äusserst dünnen Schnitte auf den Objectträger und die unversehrte Ausbreitung bedeutend mehr Schwierigkeiten, als wenn man aus den aufgeklebten Schnitten durch gehärtetes Material das Paraffin entfernt. Bei den überaus vielen Versuchen, wo es sich darum handelte, zweck- entsprechende Doppelfärbungen zu erzielen, kam ich immer wieder auf Safranin und Haematoxylin zurück. Besonders ersteres ist in wässeriger Lösung ganz vorzüglich zu brauchen. Eine Lösung von Safranin in Chloroform, welche ich zur Färbung der aufgeklebten Schnitte meist anwandte, wird durch Eosinsäure, einem neuen, im Rostocker chemischen Universitätslaboratorium von Herrn stud. Walcker dargestellten Farbstoff, in gleicher Lösung an Tinctionsintensität noch bedeutend übertroffen. j Macrocystis luxurians. L Aeussere Gestaltung. Der mit gabelig verzweigten Wurzeln an Steinen haftende Thallus von Macrocystis gliedert sich in »Stamm« und »Blätter« (Fig. 2) und in ein grösseres zusammenhängendes Endstück (Fig. 1). Das Endstück ist ein sichelförmiges bis schwertförmiges Gebilde, welches sich der ungleichen Dicke seiner Ränder wegen, der Klinge eines Messers vergleichen lässt, insofern als der verdickte Rand (Fig. 1s—»), der sich nach der Spitze des Gipfelstückes mehr und mehr verdünnt (Fig. 1v—1), dem Rücken, der andere Rand (Fig. 1d) der Schneide des Messers entsprechen würde. An jener Stelle, wo der Rücken sich nach der Spitze des Endstückes hin zu verdünnen beginnt, liegt der Vegetationspunkt (Fig.1v). In diesem treten Risse auf, welche streng progressiv entstehen: Die jüngsten und dementsprechend kleinsten liegen daher immer der Spitze des Endstückes zunächst. Die Risse verlaufen mehr oder minder unter spitzem Winkel zum Rücken; sie beginnen in der Nähe des letzteren und verlängern sich gegen die Schneide hin. Die Rissebildung geschieht im Vegetationspunkt derart, dass zwischen dem jüngsten Riss und dem Rücken des Endlappens, parallel oder unter spitzem Winkel zum Rücken verlaufende Furchen von der oberen und unteren Fläche her durch das Gewebe mit einander in Verbindung treten, zu einem einzigen Riss verschmelzen und so den Vegetationspunkt in zwei Hälften theilen, welche, wie ihre weitere Ausbildung zeigt, nicht gleichwerthig sind. 108 Während die eine Hälfte sich an ihrer Basis streckt, mehr oder weniger cylindrischen Querschnitt annimmt und sich in ihrem mittleren Theil den Character des Vegetationspunktes conservirt, wird die andere Hälfte blattartig; sie rundet sich an ihrer Basis zum Stiel ab, der sich mit der Zeit zur Schwimmblase modifieirt (Fig. 15), während die ober- halb des Stieles gelegene Partie spreitenartig bleibt (Fig. 1e). Durch die beträchtliche Längenwachsthumsenergie des Rückens und der ihm angrenzenden Partieen, die sich unterhalb des Vegetations- punktes in Folge des Dickenwachsthums mehr und mehr cylindrisch ab- gerundet und das Aussehn eines Stanımes angenommen haben, rücken die Insertionspunkte der blattartigen, anfänglich noch zusammenhängenden Lappen auseinander. Mit Hülfe der Wellen werden schliesslich die Lappen von der End- lamina unter Verlängerung der Spalten bis zum Schneidenrand abgerissen. Sie erscheinen dann dem Rücken des Endstückes wie die Blätter höherer Pflanzen inserirt, und zwar ist die Einfügung eine einzeilige. Wenn auch die blattartigen Gewebelappen ihrer Entstehung nach keine Blätter sind, und ebenfalls der abgerundete Rand mit einem Stamm nichts gemein hat, so wird doch der Einfachheit wegen die Nomenclatur Blatt und Stamm im folgenden Anwendung finden. Die Spaltung in ungleichwerthige Hälften, wie im Vegetationspunkt “ von Macroeystis, ist nicht von Anfang an an den Individuen vorhanden. Verfolgen wir das einseitige Verzweigungssystem nach der Basis des gegliederten Thallus (Fig. 2), so kommen wir schliesslich an einen Punkt, an dem die einseitige Insertion von einzelnen Blättern aufhört und Spal- tungen in gleichwerthige Abschnitte stattgefunden haben. Eines dieser Theilstücke (Fig. 2«6) erhob sich nach unserer Figur durch gesteigertes Längenwachsthum über die anderen us as as, und wird durch das ganze einseitige Verzweigungssystem (Fig. 2as + Fig. 1) mit dem thätigen Vegetationspunkt repräsentirt. Diese anfänglichen Spaltungen in gleichwerthige Lappen lasscn sich am besten an einem Keimling von Macrocystis übersehn (Fig. 3). Nach Will und Agardh'') wird der Anfang zur späteren reichen Gliederung des Thallus von Macrocystis dadurch eingeleitet, dass sich an der Basis der schwert- bis sichelförmigen, stiellosen jugendlichen Pflanze in der Mitte ein Spalt sichtbar macht, der sich nicht bis zur Spitze oder dem Rand der Lamina fortsetzt (Fig. 3«), und durch den der Keimling an der Basis in zwei gleichwerthige Hälften gespalten wird. Die letzteren theilen sich ihrerseits eben so weiter, indem sich auch in der Mitte der durch Spaltung entstandenen Hälften an der Basis Risse bemerkbar machen, die jeden Abschnitt wieder in zwei Theile spalten (Fig. 36'2). 1) Agardh, Spec. gen. et ordin. Algar. pag. 153 fl. 109 Diese Theilungen in gleichwerthige Hälften können sich in derselben Weise noch weiter wiederholen. Die Basis des Keimlings, sowie die entstandenen .Lappen wachsen in die Länge und werden an ihrem unteren Ende stielrund, während die oberen flachen Theile zunächst noch unter einander in Zusammenhang bleiben und später auseinander gerissen werden. Es entspricht die Gliederung ini Figur 2 derjenigen in Figur 3. Die Risse a, 5}, 5? im jugendlichen Stadium (Fig. 3) sind analog s, s’, s? im weiter vorgerückten (Fig. 2). Die noch nicht gestreckten und abgerun- “ deten gleichwerthigen Thallustheile cı ce; cs «4; cs co an der Basis e kann man den in Stiel und Spreite gegliederten älteren gleichwerthigen Ab- schnitten aı as; as as; as as an der Basis « vergleichen. Von diesen weisen die Blätter A, B, CO am Grunde der Lamina je drei Risse auf. Die Spaltung in gleichwerthige Hälften hört nach Agardh auf, wenn das eine oder das andere dieser Theilstücke vom Längenwachsthum be- vorzugt wird und sich bedeutend über die anderen erhebt (Fig. 3cs ent- sprechend Fig. 2ae). Es werden dadurch die übrigen Lappen, welche im Wachsthum zurückbleiben, von der kräftigst wachsenden Lamina in ähnlicher Weise abgerissen, wie ich es oben für das spätere Endstück beschrieb; der stärker wachsende Abschnitt mit dem dauernd thätigen Vegetationspunkt (Fig. 10) sorgt für weitere Gliederung durch einseitige Blattbildung, und so kommt das Verzweigungssystem zu stande, welches ursprünglich den zusammenhängenden Thallus ausmachte (Fig. 3). Meist sind es an der jugendlichen Pflanze die am weitesten nach aussen gelegenen Theilstücke, welche sich über die anderen erheben; es kommt aber auch vor, dass dieses oder jenes nach innen gelegene Stück stärker in die Länge wächst. Es kann sich ereignen, dass dies mehr oder weniger zu gleicher Zeit stattfindet — man denke sich zum Beispiel, wie es an einigen von mir untersuchten Pflanzen der Fall war, Fig. 2a zum Stamm verlängert, in gleicher Weise wie as — ich habe aber auch Exemplare angetroffen, an denen bereits ein Stück sehr lang entwickelt war und hoch über der Basis des gegliederten Thallus einen Vegetations- punkt trug, während ein jüngeres Theilstück sich nachträglich auch stärker in die Länge streckte als seine Schwesterstücke (Fig. 2AX) und sich ebenso verhielt, wie das zuerst vom Längenwachsthum bevorzugte, also gleichfalls durch Rissbildung für die weitere einseitige Gliederung sorgte. Es geht aus diesen Thatsachen hervor, dass schliesslich jedes Theil- . stück einen dauernd thätigen Vegetationspunkt haben kann, und dürfte Agardh nicht ganz im Recht sein, wenn er behauptet, dass die Riss- bildung in der jugendlichen Pflanze aufhört, sobald sich das eine‘ oder andere Theilstück in Folge stärkeren Längenwachsthums erhebt, 110 Während die Blätter A, B, C in Figur 2 durch »Dichotomirung«e — wenn man diese allerdings bequeme aber uncorrecte Bezeichnung an- wenden will — aus dem jungen Thallus hervorgegangen sind (Fig. 3 cs—cs), findet mit der Streckung von as die Abtrennung der Blätter im Vegetations- punkt, wie oben angegeben, nur nach einer Seite hin statt. Will be- zeichnet diese Erscheinung als eine »sympodiale bostrychoide Gabelung«. Man kann dieses Verzweigungssystem . allerdings als sympodiale Gabelung auffassen, jedoch schliesst die Bezeichnung »bostrychoid« eine Richtung der seitlichen Blätter ein, welche in verschiedenen Ebenen liegt, und das ist bei Macrocystis nicht der Fall. Andererseits ist es auch nicht un- zweckmässig, das fortwachsende Ende als gemeinsames Fussstück der seitlich inserirt erscheinenden Blätter zu betrachten und das System als Monopodium aufzufassen, zumal aus dem gleichen Vegetationspunkt das ganze Verzweigungssystem hervorgeht. Die durch die Thätigkeit des Vegetationspunktes entstandenen Blätter (Fig. 1, Fig. 2 ED) modificiren ihren Stiel, wie bereits erwähnt, zu einer birnförmigen Schwimmblase. Es schien mir anfangs, dass mit der Blasen- entstehung für die Blätter die Fähigkeit verloren gegangen sei, an ihrer Basis durch Risse neue zu erzeugen, weil sich an dem mir zu Gebote stehenden Material kein einziges blasentragendes Blatt vorfand, welches Risse gezeigt hätte An einem alten, der Basis der Pflanze genäherten Blatte von Macroeystis pyrifera var. zosteraefolia aus dem Herbarium des botanischen Museums zu Berlin bemerkte ich jedoch oberhalb der Schwimmblase, wo die Erweiterung zur Spreite ihren Anfang nimmt, einen grösseren und einen kleineren Spalt; ich zeichnete dieselben in Figur 2D hinein. Es schien mir dies ein noch thätiger Vegetationspunkt zu sein, der, wie wohl anzunehmen, erst später seine Thätigkeit entfaltete, es müssten sonst die Risse bei dem Alter des Blattes länger gewesen sein, oder es hätte schon ausgiebigere Blattbildung stattgefunden. Wenn man auch aus dem Vorhandensein progressiv kürzerer Risse mit ziemlicher ‘Sicherheit auf einen thätigen Vegetationspunkt schliessen kann, so ist doch die Möglichkeit da, dass seitlich von dem grösseren Riss ein dem auf der anderen Seite entsprechender kleinerer sich noch nachträglich einstellt. In diesem Fall würde man es nicht mit einem activen Vegetationspunkt zu thun haben. Jedenfalls ist aber Will’s Angabe, dass mit Schwimmblasen verschene Blätter die Fähigkeit eingebüsst haben, durch Rissbildung für weitere Differenzirung zu sorgen, unter Vorbehalt aufzunehmen. Nach dem Abreissen der jungen Blätter von der Endlamina der Spross- spitze finden sich am Rande oberhalb des Stieles oder der in Bildung begriffenen Schwimmblase kleine zahnartige Vorsprünge, die mit dem Wachsthum der Blattspreite auch an Grösse zunehmen; es sind dann die älteren Blätter in gewissen Zwischenräumen mit länglichen, dem Rande amt anliegenden und nach der Spitze gerichteten Zähnen besetzt; auch die letztere läuft in einen Zahn aus. Die an die Blattstellung höherer Pflanzen erinnernde seitliche Insertion tritt sehr deutlich hervor, wenn, wie es regelmässig vorkommt, der Stamm sich dehnt; die Blätter erscheinen dann zweizeilig an demselben eingefügt. Die Entstehung der ihnen eigenen schwertförmigen Gestalt rührt daher, dass die eine Seite des mit dem Gipfelstück noch zusammenhängenden Blattes, und zwar die vom Vegetationspunkt abgewendete stärker wächst als die andere. In der Jugend glatt, zeichnen sich die Blätter im Alter. durch runz- liche Beschaffenheit aus. Nach Will schwanken Länge und Breite, und bewegen sich innerhalb weiter Grenzen; an einem ca. 70 Meter langen Maerocystisstamm fanden sich Blätter von 1,6 Meter Länge hei einem mittlern Durchmesser von 0,27 Meter. j Die im jüngeren Zustande cylindrischen Stiele und Stämme mit kreis- förmigem Querschnitt nehmen mit der Zeit auf dem Querschnitt ovale, plattgedrückte Gestalt an. Der Stamm erreicht nach Will, speciell an der Blattinsertion, wo er sich besonders abflacht, einen grösseren Durch- messer von 15 Millimetern. . Das Dickenwachsthum ist also im Verhältniss zur Ausdehnung in die Länge, die 200—300 Meter betragen kann, ein relativ geringes. Fortpflanzungsorgane habe ich, ebensowenig wie Will, nachweisen können, I. Anatomie und Histologie. Wie die äussere Gestaltung, so wurde auch der innere Bau von Macroeystis bereits von Will unter gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die Entstehung einzelner Formelemente behandelt. Will geht zu Anfang seiner Arbeit auf die Gewebeformen der Spreite ein und beschreibt dann die Differenzirung des Spreitentheils in Stamm und Blatt. Des weiteren behandelt er den inneren {Bau des jungen Stammes und Blattstiels, knüpft daran Betrachtungen über das Dicken- wachsthum und spricht am Ende dieses Abschnittes von der Entstehung der Schwimmblasen. Der Bau des alten Stammes bildet den Schluss seiner Arbeit. Ich werde im folgenden den Stoff etwas anders anordnen. Es scheint mir zweckmässiger, vom Vegetationspunkt auszugehn und dann Rücksicht zu nehmen auf Spreite und Stamm, in die der Vegetationspunkt nach der Sprossspitze und der Basis zu übergeht. Nach Besprechung der Anatomie und des Dickenwachsthums werde ich die entwickelungsgeschichtlichen Punkte zu erledigen haben. 112 1) Thätiger Vegetationspunkt. Der länglich-ovale Querschnitt durch den Vegetationspunkt lässt drei sehr scharf von einander abgegrenzte Gewebe unterscheiden: Zu äusserst die Bildungsschicht, dann die Rinde und endlich das Füllgewebe, welches den mittleren Theil einnimmt. Die Zellen der Bildungsschicht (Fig. 4a) sind durch ihre Gestalt von dem übrigen Gewebe auf den ersten Blick hin zu unterscheiden. Sie be- sitzen Cylinder-, Kegel- oder umgekehrte Kegelform und enthalten reichlich gefärbte Chromatophoren. Die sich an die Bildungsschicht anschliessende Rinde (Fig. 45) besteht in ihrem äusseren Theil, der Aussenrinde, aus radialen Zellreihen, deren Glieder zunächst der Bildungsschicht klein und isodiametrisch sind, und, wie diese, Chromatophoren, allerdings in spärlicherer Menge führen. Eine Mittellamelle tritt in ihren Wänden in Folge anderen Lichtbrechungs- vermögens deutlich hervor. Weiter nach innen vergrössert sich das Lumen der Zellen mehr und mehr und nimmt radial gestreckte Gestalt an. Die innere Schicht des Rindenmantels, die Innenrinde, unterscheidet sich von der Aussenrinde dadurch, dass die Zellwände hier dickere Be- schaffenheit haben, und die radiale Streckung der Zellen, wie sie die Aüssenrinde zeigt, isodiametrischer oder tangential gestreckter Form Platz machte. Auf dem Längsschnitt erweisen sich die ‚Innenrindenzellen als Gebilde, deren grösserer Durchmesser in die Längsaxe des Vegetations- punktes fällt (Fig. &c und Fig. 5). Je näher dieselben dem Füllgewebe liegen, desto reichlicher treten in ihnen neugebildete Querwände auf, durch welche die langgestreckten Innenrindenzellen quer gefächert er- scheinen. Die einzelne Innenrindenzelle wird dadurch in einen Zell- faden verwandelt, der aus rechteckigen oder quadratischen Gliedern besteht, und dessen Endzellen zugespitzt sind (Fig. 5 u. 6). Bildungsschicht und Rindenzellen schliessen sich interstitienlos an einander an. Die Mitte des Vegetationspunctes wird durch ein Gewebe eingenommen, dessen Wände mehr verdickt sind als die der Innenrinde und sich in Folge dessen von Bildungsschicht und Rinde als dritte Gewebeform deut- lich unterscheiden lässt; sie wurde bereits mit dem Namen Füllgewebe bezeichnet. Seine Zellen ähneln sehr denen der innern Rinde, zeigen ebenfalls auf dem Querschnitt isodiametrische oder tangential gestreckte Form und bestehen aus mehr oder weniger durch die gequollenen, verdickten Wände auseinandergedrängten Reihen, die an einigen Stellen noch mit einander in Zusammenhang stehn und deren einzelne Zellen nur wenig gestreckter erscheinen als die der inneren Rinde (Fig. 7i, vergl. auch Fig. 10). Zwischen ihnen ziehen sich in beschränkter Anzahl nach allen Richtungen schmale Zellfäden hin, die Hyphen, 113 Wenn ich die äusserste Gewebepartie mit Bildungsschicht bezeichne, so geschieht das aus dem Grunde, weil einzig und allein durch ihre Thätigkeit die übrigen Gewebe, äussere und innere Rinde, sowie das Füllgewebe erzeugt werden. Ungemein klar und übersichtlich tritt die Entstehung sämmtlicher Zellen aus der Bildungsschicht auf axilen Schnitten durch einen Vegetations- punkt hervor, welche parallel der Flächenausbreitung des Endlappens geführt wurden (Fig. 4—71). . Die Bildungsschicht ist in lebhafter Theilung durch radiale und tan- gentiale Wände begriffen (Fig. 4a). Durch den ersten Process wird die Zahl der Oberflächenzellen vermehrt, während die durch tangentiale Wände abgeschnittenen Zellen zu Rindenzellen werden. Die letzteren theilen sich ihrerseits wieder, sodass radiale Zellreihen entstehen, die auf Quer- uud Längsschnitt dieselbe Anordnung aufweisen (Fig. 45) und über- aus deutlich, eben durch ihre radial an die Zellen der Bildungsschicht sich anschliessende Orientirung den Ursprung aus letzterer erkennen lassen. Man würde die Bildungsschicht und das Rindengewebe deutlich als ein System von radial gestellten Fäden mit selbstständigem Spitzenwachsthum und weiterer Verzweigung ansehen können, wenn nicht eben nachträglich in den inneren älteren Segmenten des Fadens neue Zelltheilungen aufträten. Dort, wo die Wände der Rindenzellen sich zu verdicken beginnen, also am Uebergang von äusserer zu innerer Rinde, strecken sich die Zellen der ersteren in die Richtung der Längsaxe des Vegetationspunktes (Fig. 4e) und beginnen sich dann durch Querwände zu fächern und zu Fäden zu modificiren (Fig. 5 und 6), wie ich vorher schon angegeben. Diese kurzgliederigen Fäden bilden die erwähnte dritte Gewerbeform, das Füllgewebe (Fig. 7:), welches dadurch characterisirt ist, dass in ihm Hyphen verlaufen, dass die Längswände der Zellfäden sich stärker ver- dickt haben und die Mitte des Querschnitts einnehmen, in. welche sie durch den von der Bildungsschicht aus erfolgenden Nachschub gedrängt werden. Was die Bildung der Hyphenfäden anlangt, so findet dieselbe in den Zellen der inneren Rinde statt und zwar derart, dass sich an irgend einem Punkte der Zelllängswand eine Ausstülpuug bemerkbar macht. Dieselbe wächst bedeutend in die Länge, fächert sich durch Querwände und dringt, blind endigend, zwischen die Zellen des innersten Gewebe- eylinders hinein (Fig. 7A). Will hat die Entstehung sämmtlicher Gewebe aus der Bildungsschicht nicht in ihrem vollen Umfange erkannt, wie wir bei Behandlung des Diekenwachsthums sehen werden, und ist daher auch seine Nomenclatur nicht correct. . Was ich als Bildungsschicht, Rinde und Füllgewebe bezeichne, nennt Will »Hautschicht«, »Rindenparenchym« und »Hyphengewebe«. Flora 1890. j 8 114 Die oberflächlich gelegenen Zellen, die Will »Hautschicht« nennt, können mit einer solchen überhaupt nicht verglichen werden, da sie con- tinuirlich nach innen Elemente bilden, die successive zu Rinden- oder Füllgewebszellen werden. Ich habe sie daher als Bildungssehicht bezeichnet. Unter »Rindenparenchyme« versteht Will dasselbe, was ich als äussere und innere Rinde trenne. Er spricht erst beim »Stamm« von einem »sceundären Rindenparenchym«, dessen Zellen jedoch von der inneren Rinde jüngerer Stämme, als sie Will untersuchte, verschieden gestaltet sind (vgl.sub Abschnitt 4a). Hätte er in jungen Stammtheilen den Ueber- gang von äÄusserer zu innerer Rinde verfolgt, so würde er nicht zu seiner unrichtigen Beurtheilung des Dickenwachsthums dureh Annahme eines besonderen »Verdickungsringes« gekommen sein. Der Ausdruck »Hyphengewebe« scheint mir ebenfalls für die mittelste Gowebezone nicht der richtige zu sein, denn die Hyphen sind im Ver- hältniss zu den vertieal verlaufenden Zellen des Füllgewebes nur von geringerer Bedeutung und erst aus den letzteren, resp. den angrenzenden Innenrindenzellen entstanden, immerhin also eine sceundäre Erscheinung und in Folge dessen nicht geeignet, dem mitlelsten Gewerbeeomplexe als Bezeichnung zu dienen. 2) Uebergang vom Vegetationspunkt in die Endlamina und den ie} ke} i=} jungen Stamm. Aufwärts vom Vegetationspunkt geht dessen Gewebe in dasjenige der Endlamina, abwärts in das Gewebe des Stammes über. Die Endlamina zeigt die Gewebe des Vegetationspunktes in Lagerung und Ausbildung gleich, nur durch Wachsthum des Organes in einer Richtung in die Breite gezogen. Bei dem vorherrschenden Wachsthum in Richtung der Flächenaushreitung der Lamina, welches eine über- .wiegende Theilung durch radiale Wände bedingt, ist die innere Rinde in älteren Partieen aus der Endlamina nur äusserst schmal und besteht aus nur einer bis zwei Reihen von Zellfäden, die auf dem Querschnitt tangential gestrecktes Lumen aufweisen. Auch das Füllgewebe ist in Folge des geringen Zuwachses in radialer Richtung und der Zerrung, die es durch das Wachsthum in Richtung der Flächenentwickelung der Spreite erfährt, in älteren Partieen schr schmal. Die Veränderungen im Füllgewebe, gegenüber den Verhältnissen im Vegetationspunkt, sind dieselben wie im jungen Stamm, auf den ich jetzt zu sprechen komme. Wies der Querschnitt im Vegetationspunkt länglich-ovale Form auf, so ist er im jungen Stanım, in Folge starken Wachsthums der vorderen und hinteren Fläche in radialer Richtung kreisrund geworden. Die Gewebe- elemente sind im Princip dieselben wie im Vegetationspunkt. Aeussere und innere Rinde sind allerdings etwas umfangreicher geworden, haben jedoch dieselbe Anordnung wie dort. Die äussere Rinde besteht aus 115 radialen Reihen, die innere aus Zellen, deren Längsaxe derjenigen des Stammes parallel liegt. Auf dem Querschnitt zeigen die Innenrindenzellen isodiametrisches bis tangential gestrecktes Lumen; es sind das die in leb- hafter Theilung begriffenen, gestreckten, zugespitzten Zellen (Fig. 5, 6, 10). Im Füllgewebe haben einige Veränderungen stattgefunden, auf die ich hier eingehn werde. Während im Vegetationspunkt die Zellen des Füllgewebes denen der Innenrinde im grossen und ganzen gleichen und ° nur wenig stärker verdickte Wände haben als letztere, so ist im jungen Stamm darin eine Aenderung eingetreten, insofern als die Verdickungen im Füllgewebe bedeutend gegen die in der inneren Rinde überwiegen. Auf dem Querschnitt treten im Füllgewebe radiale Zellreihen, deren rundes Lumen nach der Mitte zu kleiner wird, und die vielfach durch ‚horizontal verlaufende Hyphen getrennt werden, deutlicher hervor als im Vegetationspunkt; sie liegen mit den Innenrindenzellen auf einem Radius und lassen klar den Ursprung aus letzteren erkennen. Es sind dies, wie der Längsschnitt ergiebt, vertical verlaufende Füllgewebszellen, die sich ‚beträchtlich gestreckt haben und durch Querzeihen (Fig. 71, Sa) mit ein- ander verbunden sind. Die eigenartige Aufbauschung an den Querwänden, der contrahirte Plasmainhalt, sowie das Vorkommen von callus- und schlauchkopfähn- lichen Bildungen (Fig. Sc), Verhältnisse, wie sie sich besonders an älteren Füllgewebszellen finden, geben denselben das Aussehn von Siebröhren höherer Pflanzen. Auf ihre Entstehung, sowie auf die Vergleichung mit den Siebröhren der höheren Pflanzen gehe ich später ein. Die Hyphen haben sich, gegenüber dem Vegetationspunkt, im jungen Stamm bedeutend vermehrt; sie durchziehen das Füllgewebe nach allen Richtungen (Fig. 8%, h’) und zeichnen sich durch grössere Länge aus. Was die Entstehung der die vertical verlaufenden Zellen des Füll- gewebes verbindenden (Querreihen betrifft, so lässt sich dieselbe auf- Längsschnitten durch den jungen Stamm verfolgen. Die Horizontalreihen fallen hier. mehr in’s Auge als im Vegetationspunkt. Beim Uebergang von innerer Rinde zum Füllgewebe, wo Zunahme der Quellung der Membranen stattfindet, kann man constatiren, dass die Tüpfelschliesshäute ihre ursprüngliche Dünne beibehalten (Fig. 6). Während man dort von einem Tüpfelkanal eigentlich kaum reden kann, weil der Tüpfel sehr breit, und der Kanal äusserst flach und ohne scharfe Ränder ist, kommen im ausgebildeten Füllgewebe schliesslich durch, die Quellung der an die dünnbleibende Schliesshaut angrenzenden Membran- particen Tüpfelkanäle zu stande, die mit fortschreitender Quellung der Wände immer tiefer werden, und entweder auf beiden Seiten gleich stark (Fig. 7a) oder ungleich stark (Fig. 7) entwickelt sind. Mit der Vertiefung der Tüpfelkanäle wird an der längsverlaufenden Füllgewebszelle gewisser- massen ein horizontal gerichteter Ast gebildet, der durch das Auftreten g* 116 einer Querwand von dem Haupttheil der Zelle als selbstständige Zelle abgegrenzt werden kann Fig. 7). Es ist dies die Entstehung der emen Form von Querverbindungen, Aurch welche die verticalen Reihen beim Auseimanderweichen in Zu- sammenhang bleiben. Eine andere Art, welche wohl noch häufiger ist, als die eben beschriebene, entsteht dadurch, dass sich von einer oder niehreren spilzen Zellen der Fäden an der Grenze des Füllgewebes von vornherein Tochterzellen abgliedern, die der Streckung folgen und sich derselben entsprechend theilen (Fig. 105, e). Uebergänge zwischen aus Tüpfeln entstandenen Querreihen und den zuletzt beschriebenen sind nicht selten. Callus- und Schlauehkopfbildung finden sich an den Querwänden der verbindenden Horizontalreihen in derselben Weise wie bei den vertical verlaufenden siebröhrenähnlichen Füllgewebszellen. Solche Vegetationspunkte‘, welche ihre Thätigkeit bereits eingestellt hatten, zeigten, abgesehen von der Querschnittsform, im wesentlichen dieselben Gewebeelemente, besonders im Füllgewebe, wie der junge Stamm. 3) Das Dickenwachsthum des Stammes. Während im Vegelalionspunkt das Wachsthum in Richtung der Flächenausbreitung der Lamina dem Diekenwachsihum bedeutend über- legen ist, und dernentsprechend Theilungen in radialer Richtung seltener auftreten, so sind im jungen Stamm durch ein am ganzen Umfang intensiv thätiges Wachsthum radiale Zellreihen entstanden, die sich deutlicher als im Vegetationspunkt von der Bildungsschicht bis in’s Füllgewebe hinein verfolgen und klar ihre Entstehung in letzter Linie aus der Bildungsschicht erkennen lassen. Wenn man, wie schon oben bei Besprechung des Vegelationspunktes, .die Entstehung der Gewebe von der Bildungsschicht bis in’s Füllgewebe verfolgt (Fig. 4—8) und sich noch einmal vergegenwärtigt, dass aus den Zellen der Bildungsschicht die äussere Rinde hervorgeht, die sich ihrer- seits wieder heilt und die innere Rinde erzeugt, und dass sich aus letzterer das Füllgewebe bildet, wenn man ferner bedenkt, dass nach Differenzirung von äusserer, innerer Rinde und Füllgewebe, die Bildungsschicht immer noch durch ausgiebige Theilungen für weiteren Nachschub sorgt, und zwar selbst dann noch, wenn auch nur in geringem Maasse, theilbar ist, wenn die Aussenrinde ihre Theilungen beschränkt und die Innenrinde aufgehört hat, Füllgewebszellen zu erzeugen, so ist nicht einzuschn, wes- halb der Bildungsschicht die Fähigkeit, für das Dickenwachsthum zu sorgen, abgesprochen werden kann, und weshalb dasselbe einer Meristem- zone im Inneren, der von Will als »Verdickungsring« bezeichneten Ucbergangszone von innerer Rinde zum Füllgewebe — den Zellfäden (Fig. 6 u. 10) — zugeschrieben werden soll. 117 Für meine Auffassung des Dickenwachsthums vermittelst der ober- flächlich gelegenen Bildungsschicht spricht auch die in verschiedenen Ent- wicklungsstadien verschiedene Lage der später noch ausführlicher zu cr- wähnenden Schleimgänge (Fig. 14—20), derer Bildung dicht unler dem Vegetationspunkt, und zwar dicht unter der Bildungsschicht, beginnen. Dieselben rücken mit zunehmendem Alter und zunehmender Dicke des Stammes mehr und mehr nach innen. Ueberzeugt man sich ferner, dass auf einem Stadium, wie Fig. 20 es zur Anschauung bringt, das Füllgewebe keinen Zuwachs mehr erfährt, die innere Rinde also nichts mehr abgiebt, während dort die Bildungs- schicht noch in geringem Grade theilungsfähig ist, so dürfte auch durch die Lage der Schleimgänge der sichere Beweis erbracht sein, dass nicht der im Inneren gelegene »Verdickungsring« die Ursache des Dickenwachs- thums von Macrocystis ist, sondern lediglich die oberflächlich gelegene Bildungsschicht. Ein Widerspruch macht sich offenbar in der Bemerkung Will’s geltend, dass in älteren Stammtheilen die Schleimgänge durch die Thätig- keit der »Hautschicht« -— Bildungsschieht — weiter nach innen gerückt sind, während er doch vorher behauptet, die Zellen der »Hautschicht« folgen nur dem durch den »Verdickungsrings« verursachten Dickenwachs- thum. Träfe letzteres wirklich zu, so könnten die fast oberflächlich ent- stehenden Schleimgänge nicht schliesslich so weit im Inneren liegen, wie es thatsächlich der Fall ist. Will scheint, wie schon früher angegeben, dadurch zu falschen Deutungen verleitet worden zu sein, dass er von vornherein nicht der aus- gesprochenen, auf Flächenschnitten durch jüngere Stadien so klar ge- botenen Entstehung der Gewebe aus der Bildungsschicht die nöthige Beachtung angedeihen liess; auch dürften ihn die lebhaften und sehr auffälligen Theilungen in äusserer und innerer Rinde etwas älterer Stämme (vgl. sub Abschnitt 4a), neben denen die Thäligkeil der Bildungsschicht wenig in’s Auge fällt und die radiale Anordnung des Gewebes sich weniger deutlich sichtbar macht, zur falschen Beurtheilung der Sachlage gebracht haben. Wenn er die Dickenwachsihumsunterschiede in Lamina und Stanım auf das geringere und reichlichere Vorhandensein von Flyphen zurück- führt, nnd somit letztere dadurch, dass sie die Reihen im Füllgewebe auseinanderdrängen, als wesentliche Factoren für das Dickenwachsthum hinstellt, so entspricht auch diese Auffassung nicht den thatsächlichen Verhältnissen. Durch den breiten Innenrindenmantel im Stamm, aus dessen Zellen Ja die Hyphen entspringen, kann auf einen relativ kleinen Raum, wie ihn das runde Füllgewebe einnimmt, eine grössere Anzahl von Hyphen zu- sammengedrängt werden, als durch den schmalen Innenrindenkörper der 118 Lamina, in welch’ letzterer die Hyphen in weiteren Entfernungen von ein- ander im flachen Füllgewebskörper verlaufen. Dieser Umstand ist es, nach meinem Dafürhalten, der Will zu dem “ Schluss geführt hat, dass die Hyphen durch ihre auseinanderdrängende Thätigkeit Einfluss auf das Dickenwachsthum ausüben. Von einem secundären Dickenwachsthum, wie ich es im alten Stanım von Thalassiophyllum fand, kann bei Macrocystis keine Rede sein. Während dort die Zellen der Bildungsschicht .absterben, und eine Meristem- zone in der äusseren Rinde ein secundäres Dickenwachsthum einleitet, functionirt bei Macrocystis die oberflächlich gelegene Bildungsschicht, so lange der Stamm überhaupt in die Dicke wächst, ununterbrochen weiter. 4) Spätere Entwicklungsstadien des Stammes. a) Aelterer Stamm, von 2 nım, Durchmesser, näher der Basis des 'Thallus. Während im jungen Stamm der Unterschied zwischen äusserer und innerer Rinde sich durch die radiale Streckung der Zellen der ersteren und die auf dem Querschnitt hervortretende isodiametrische oder tangential gestreckle Form der kurzgliederigen spitzendenden Zellfäden der letzteren sehr deutlich bemerkbar machte, so ist in etwas älteren Stämmen auch noch eine Unterscheidung sehr gut möglich, jedoch tritt dieselbe nicht mehr so klar hervor, weil die äussere Rinde beim Uebergang in die innere sich nicht wie im jungen Stamm zu Zellen streckt, die sich hernach zu Fäden fächern, sondern sie erzeugt durch '[heilwände nach allen Rich- tungen isodiametrische Zellen. Die Innenrindenzellen sind von gleicher Form und zeigen ebenfalls ausgiebige Theilungen. Während also der innere Theil der Aussenrinde und der sich an letztere anschliessende Innenrindenmantel aus mehr oder minder isodia- metrischen Zellen besteht, entgegen den Verhältnissen im jungen Stamm, hebt sich von diesem breiten Gürtel die dem Füllgewebe . angrenzende schmale Zone der Innenrinde durch ihr auf dem Querschnitt kleiner und gewöhnlich mehr in tangentialer Richtung gestrecktes Lumen ab. Es sind dies die langgestreckten Zellfäden (Fig. 10), wie der Längsschnitt ergiebt, denen wir im jungen Stamm begegneten, und die dort unmittelbar aus der äusseren Rinde an der Grenze der inneren sich zu bilden be- gannen (Fig. &c, 5). Waren im jungen Stamm Rinde und Füllgewebe einander fast an Durchmesser gleich, so ist letzteres hier von einer Rinde umgeben, welche zwei- bis dreimal so breit erscheint als das Füllgewebe. Will nennt die breite Innenrindenzone »secundäres Rindenparenchym« und die an der Grenze des Füllgewebes liegenden Zellfäden »Verdickungs- ringe. Dieses Stadium ist es, welches Will zu seinen falschen Schlüssen betrefis des Dickenwachsthuns veranlasste (vgl. sub Abschnilt 3), Im Füligewebe sind die langgestreckten Zellen durch die verringerte Quellung der Membranen näher aneinander gerückt. . 119 \b) Alter Stamm, in dem sämntliche Gewebe, mit Ausnahme der Bildungsschicht, ihre Theilungen eingestellt haben. \ Die analomische Untersuchung dieses Stadiums giebt bald darüber Aulschluss, dass die Theilungen hier auf die Bildungsschicht und die ihr direct anliegenden kleinen Zellen der äusseren Rinde beschränkt sind und nur noch in geringem Grade statlfinden, dass aber die andern Gewebe mehr oder weniger in den Dauerzustand übergingen und durch geringe Streckung und passive Dehnung dem beschränkten Wachsthum folgen. Die Bildungsschicht hat dasselbe Aussehn wie im jungen Stamm und dem Vegelationspunkt. Während die Zone der Innenrinde an Mächtigkeit bedeutend zu- genommen hat, erscheint die Dicke der Aussenrinde kaum wesentlich ver- grössert. Die Zellen der Innenrinde sind dort, wo sie sich an die äussere anschliessen, isodiametrisch, meist nicht gleichmässig rund, sondern poly&drisch und zeigen ein sehr grosses Lumen. Vielfach liegen zwischen den grosslumigen Rindenzellen kleinere eingefügt. Nach dem Füllgewebe hin werden die Zellen kleiner und haben auf dem Querschnitt tangentiale Streckung; sie sind, wie in jungen Organen, in Reihen, die sich mit spitzen Enden in einanderkeilen, angeordnet, lassen jedoch nicht mehr die Quellung an den Längswänden und die kurzgliederige Beschaffenheit erkennen, sondern sind langgedehnt; sie geben an’s. Füllgewebe nichts mehr ab. Der plasmatische Inhalt, den die Zellfäden jüngerer Organe in sehr reich- lichem Maasse führen, ist hier nur noch’ gering. Der Querschnitt des Füllgewebes hat, dem Umriss des Stammes ent- sprechend, länglich ovale Form und tritt um das 6—8fache gegen die Breite der Rinde zurück. Die -Zunahme der Membrangquellung hat fast vollständig aufgehört und die vertical verlaufenden Reiben von Zellen Werden jetzt durch ein Gewirr von Hyphen von einander getrennt. Die cylindrischen lang- gestreckten Füllgewebszellen haben gegen die im jungen Stamm betrach- teten ein weiles Lumen, zeigen jedoch nicht mehr wie dort radiale Anordnung; dieselbe ist in Folge der Dehnung des Gewebes und der Ein- schiebung der Hyphen verloren gegangen. Vielfach sind die langgestreckten Zellen einzeln im Füllgewebe zerstreut, oft trifft man jedoch zwei bis vier unmittelbar an einander liegen. Die Beschaffenheit der Füllgewebszellen wird in noch älteren Stadien, wie in dem unter Abschnilt &a und hier beschriebenen, um so mehr sieb- röhrenartig als die Querwände und einzelne Stellen der Längswände ein Aussehn zeigen — entgegen den Verhältnissen im Füllgewebe jüngerer Thallustheile — welches an Siebplatten und Siebfelder erinnert. Die Quer- wände der die Siebröhren verbindenden Horizontalreihen weisen dieselbe Erscheinung auf. 120 Die bereits früher erwähnten callus- und schlauchkopfähnlichen Bil dungen finden sich auch in diesen Stadien. Im Plasma und an den Längswänden sind schliesslich stark licht- brechende Krystalloide sichtbar. Meine Untersuchungen des alten Stammes stimmen im wesentlichen mit den Will’schen überein. Die streng radiale Anordnung der Füll- gewebszellen konnte ich auf dem Querschnitt wohl in jungen Slamm- theilen, wie angegeben, nachweisen; hier ist dieselbe jedoch nicht gewahrt geblieben. 5) Die Wurzel. Die Wurzel von Macrocystis zeigt dieselben Gewebeformen wie Stamm und Blatt; man kann hier ebenfalls Bildungsschicht, Rinde und Füllgewebe unterscheiden. Was die Wachsthumsweise der Wurzel von der des Stammes wesent- lich unterscheidet, ist der terminal gelegene Vegetationspunkt, welcher die Wurzelspitze einnimmt. Die Verzweigungen der Wurzel sind echte Dichotomirungen und konımen dadurch zu Stande, dass an einem Punkt der Wurzelspitze das Wachsthum sistirt wird, und die rechts und links gelegenen Partieen in einer Ebene in die Länge wachsen. Eine Scheitelzelle konnte ich im Vegetationspunkt an meinen Präparaten nicht constatiren, glaube auch nach letzteren mit Sicherheit annehmen zu dürfen, dass eine solehe nicht vorhanden ist, sondern dass die Aufgabe, für Zuwachs zu sorgen, lediglich der Bildungsschicht zukommt, wie in den übrigen Organen des Thallus. Mit absoluter Sicherheit konnte ich diese Frage nicht entscheiden, weil mein Alcoholmaterial überhaupt keine Wurzeln enthielt, und die aus den Herbariumsexemplaren stammenden in Folge der nicht ganz wegzubringenden Schrumpfung die Gewebe nicht in unversehrter, regelmässiger Anordnung zeigten. Die Wurzelspitze besteht aus neben einander liegenden, mehr oder weniger parallel der Längsaxe orientirten Zellfäden, deren Scheitelzelien die oberflächlich gelegene Bildungsschicht bilden. In einiger Entfernung von der Spitze wandeln sich die Zellreihen, welche die Mitte des Gewebes einnehmen, in Füllgewebe um und zeigen längergestreckte Gestalt. 6) Zahnbiildung am Rande der Blätter. Oberhalb der Stelle des jungen Blattes, die sich zum Stiel abrundet, machen sich am Rande der Lamina die jugendlichen Zähne in ihrer dichten Reihenfolge zuerst bemerkbar. Mit der Zunahme des: Längenwachsthums rücken sie auseinander, sodass sie an älteren Blättern als spitze Gebilde in ziemlich weiten Ab- ständen stehn. 121 Ihre Entstehung findet nach Art der Bildung von Emergenzen in der Weise stait, dass sich die Zellen der Bildungsschicht und der äusseren Rinde an dem Punkte, wo der Zahn später sichtbar wird, lebhafter theilen und strecken als an den anderen Theilen des Randes und dadurch im Verlauf des Wachsthums diese Gewebepartie über den Rand des Blattes heı vortreten lassen. 7) Beschaffenheit der Membranen. Die äusseren, vorgewölbten, Schichtung zeigenden Wände der Bildungs- schichtzellen sind gleichmässig von einer dicken Membran überzogen, die von Reinke!) bei Laminaria als »Schleimeutieula« bezeichnet wird (Fig. As). Dieselbe hat jedoch mit einer Cuticula nichts gemein, sondern ist vollständig, ohne Hinterlassung eines cuticularisirten Häutchens, in einer wässerigen Lösung von Chromsäure löslich; man thut daher wohl besser, für den Ausdruck »Schleimeutieula« die Nomenelatur äusserle oder oberflächlich gelegene Schleimmembran anzuwenden. Die nach innen gelegenen Wände der Zellen der Bildungsschicht, so- wie die Membranen der jüngeren Aussenrindenzellen besitzen relativ dünne Beschaffenheit; erst mit dem Uebergang in die Innenrinde nehmen die Wände an Dicke zu, sodass die Zelllumina nach der Mitte des Füllgewebes hin mehr und mehr auseinander gerückt erscheinen, wie ich es oben bereits angab. Ueber die Natur der äussersten Schleimmembran, über die Ursache der zunehmenden Dicke der Zellwände in der Innenrinde, und der Aus- einanderweichungen der Zellfäden giebt die Färbemethode mit einer. wässerigen Lösung von Safranin die denkbar günstigsten Resultate. ‚Während die jungen Wände’ der Bildungsschicht und der äusseren Rinde — je nach dem Alter — mit rosa bis gelbrother Nüance auf Safranin reagiren, verhält sich die äusserste ‚Schleimmembran gegen Safranin genau wie die dicken Wände der Innenrinde, und haben beide mit dem Inhalt der Schleimgänge dieselbe Reaction, indem sie sich braun- roth färben. Dieses gemeinsame Verhalten gegen Safranin ist der beste Beweis dafür, dass die oberflächlich gelegene Schleimmembran durch“Quellung aus den äusseren Schichten der Bildungsschichtzellen hervorgegangen ist, und dass auch die grössere Dicke der Zellwände der Innenrinde zum grossen Theil auf Quellung von Cellulose zurückzuführen ist. Dieselbe rothbraune. Färbung zeigen auch in der Aussenrinde die Parlieen, an denen mehrere Zellen mit ihren abgerundeten Ecken an einander stossen, wo die Mitiellamelle, anstati einen Intercellularraum zu 1) Reinke, Beiträge zur Kenntniss der Tange; Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Pringshein, pag. 372. 122 . bilden, der oberflächlich gelegenen Schleinnmembran und den Innenrinden- zellen gleich verändert ist. Eigenthümlich ist die Erscheinung, dass sich die Zellwände in den äusseren Theilen der Innenrinde nicht an allen Stellen zu gleicher Zeit durch Quellung verändern. Während manche Stellen schon braunrothe Färbung durch Safranin angenommen haben (Fig. 9c, d), reagiren wieder andere von gleicher oder ungleicher Ausdehnung ebenso wie die Membranen der Aussenrinde, sie färben sich rosa bis gelbrotli (Fig. 9a, b). Es führt mich dieser Umstand zu der Annahme, dass die Diehtigkeit in den Zellwänden nicht an allen Punkten übereinstimmend ist. Auch das Auseinanderweichen der Zellfäden in den inneren Theilen der Innenrinde und im Füllgewebe ist auf Quellung der Mittellamelle zurückzuführen (Fig. 67). Es ist hier aber eine Umwandlung der Membran- substanz damit verbunden, die von den bisher erwähnten Veränderungen der Zellwände vollständig verschieden ist. Färbten sich die Wände der Innenrinde und der äussersten Schleim- membran braunroth, so sind hierin im Füllgewebe Aenderungen ein- getreten, wie die verschiedene Reactionsfähigkeit gegen Safranin deutlich beweist. Die gequollene Mittellamelle färbt sich nämlich nicht, oder nur schwach rosa, und auch die Längswände der Füllgewebszellen haben die Eigenschaft eingebüsst, sich mit Safranin braunroth zu färben, sondern erscheinen gleich der gequollenen Mittellamelle farblos bis rosa. Die einzigen Membranen, welche sich im Füllgewebe mit Safranin rothbraun färben, sird die Querwände der siebröhrenartigen Zellen. Die- selben nehmen jedoch nicht in ihrer ganzen Ausdehnung rothbraune Färbung an, sondern nur in den Theilen, welche den Längswänden 'an- grenzen, während die Mitte hell bleibt (Fig. 85, 11). Auf dem Quer- schnitt durch eine junge Siebröhre zeigt ein dunkel gefärbter Ring zwischen sich eine helle Wandpartie eingeschlossen. Diese letztere findet sich schon in der dem Füllgewebe angrenzenden Innenrinde in der Mitte der Querwände, ist jedoch dort bedeutend zarter. Auf diese Verhältnisse komme ich übrigens bei Besprechung der Siebplattenentwickelung zurück. Die Hyphen verhalten sich gegen Safranin genau wie die Füllgewebs- zellen. Onellungsmiltel, wie Glycerin, Wasser, Chlorzinkjod, Schwefelsäure geben hinsichtlich der Beschaffenheit der Zellwände Aufschlüsse, welche die oben geäusserte Annahme bezüglich der ungleichen Dichtigkeit der Membransubstanz bestätigen. Vor Allem in jüngeren Zellwänden macht sich eine eigenthümliche Falten- und Lamellenbildung bemerkbar, die speciell bei längerer Einwir- kung von Wasser hervortritt, 123 Glyeerin, Chlorzinkjod und Schwefelsäure lassen in Wänden von Rindenzellen die Mittellamelle an einzelnen Punkten aufquellen (Fig. 12«, 6, c), sodass dadurch, zumal auf Schnitten durch älteres Rindengewebe scharfumschriebene, linsenförmige Verdickungen entstehn. Die Eigenschaft, in dieser Weise auf Quellungsmittel zu reagiren, zeigen schon junge Wände; es ist also die Quellungsfähigkeit der Mittel- lamelle,- wie sie am stärksten im Füllgewebe zur Geltung kommt, von vorn- herein schon vorhanden. Die interessante Erscheinung, dass die Zellen der Innenrinde mit dem Uebergang in’s Füllgewebe — theilweise schon die letzteren angrenzenden — spiralige Verdickungsleisten aufweisen, mag hier erwähnt sein (cf. Fig. 27). Es erinnert diese Struclur der Zeilwände lebhaft an die in ähnlichem Sinne verdickten Längswände der Gefässe höherer Pflanzen, und ist die- selbe zu characteristisch und streng regelmässig an allen Füllgewebszellen, als dass sie als Folge einer Quellung, die auf Einwirkung von Reagentien hätte stattfinden können, zu betrachten wäre. Diese Verdickungen sind übrigens nicht auf die vertical und quer verlaufenden Füllgewebszellen beschränkt, sondern finden sich ebenfalls an den Hyphen, an denen sie schon im Vegetationspunkt nachzuweisen sind. Sehr hübsch treten die Verdickungsleisten an den älteren siebröhrenartigen Füllgewebszellen nach Behandlung mit geeigneten Färbemitteln hervor, von denen Lösungen ' von Safranin oder Eosinsäure in Chloroform die besten Dienste tlıun. Die von Will beschriebene Schichtung und Faltung in den Wänden der Siebröhren bei Zusatz von Quellungsmitteln hängt, meiner Ansicht nach, ausser mit der verschiedenen Dichtigkeit, noch mit dem Vorhanden- sein der spiraligen Verdickungen zusammen, die Will’s Beobachtung ent- gingen. 8) Entstehung der Risse im Vegetationspunkt. Früher erwähnte ich bereits, dass die Spalten im Vegetationspunkt niehr oder minder parallel oder unter spitzem Winkel zum Rücken gegen die Schneide hin verlaufen. Die Anlage der Risse wird nun dadurch eingeleitet, dass von der vorderen und hinteren Fläche des Vegetationspunktes aus die äusseren Gewebe des letzteren in der Richtung des künftigen Risses oberflächlich gespalten werden. Nach dem Auftreten dieser äusserlichen Risse machen sich sehr bald im Füllgewebe stärkere Quellungen sichtbar, die sich, wie der Querschnitt zeigt, radial vom Füllgewebe au:gehend, in die Rinde hinein fortsetzen und den von aussen her angelegten Rissen entgegen laufen. Während die Bildungsschicht- und Rindenzellen an den Spaltenrändern ihre Thei- lungen zu vermehren beginnen, bilden sich in den gequollenen Partieen der inneren Gewebe Hohlräume aus, welche schliesslich in die von aussen 124 her entstandenen Risse münden. Damit ist die Spaltung des Vegetations- punktes perfect geworden. Die in lebhafter 'Theilung begriffenen Bildungsschicht- und Rinden- zellen der Wundränder produeiren nach Art der Kallusbildung an den Wundstellen höherer Pflanzen ein Gewebe, welches die Spaltungsränder verschliesst. Die Zellen des Füllgewebes verhalten sich dabei völlig passiv. Dass nach Will’s Mittheilangen die in der Quellung entstandenen Hohlräume bis an die »Hautschicht« — Bildungsschicht — reichen, und dass durch gesteigerte Theilung der letzteren »das Rindenparenchym« von beiden Seiten nach den entstandenen Hohlräumen gedrängt wird, ist nach meinen Untersuchungen nicht ganz zutreffend, sondern zuerst treten die Risse von aussen auf und in zweiter Linie findet erst Gom- mnnication zwischen den Spalten und Hohlräumen statt. Den Wund- verschluss besorgt nicht die »Hautschicht« allein, sondern derselbe wird von der Bildungsschicht, resp. den durch die Zerreissung freigelegten Zellen des äusseren Rindengewebes gemeinschaftlich bewerkstelligt. 9) Die Schleimbehälter und ihre Entstehung. Schleimbehälter finden sich im ganzen Thallus von Macrocystis, in Stamm, Blatt und Wurzel, mit Ausnahme des Vegetationspunktes. Sie treten zuerst, wie bereits oben angedeutet, an der Stelle auf, wo der Vegetationspunkt nach unten in den jungen Stamm übergeht, unter Aus- schluss der Seite, an welcher die Abtrennung des letzten Blattes erfolgte. Die Schleimbehälter lassen sich, ihrer Entstehung nach, als primäre und secundäre Bildungen unterscheiden, die sämmtlich in der Rinde, wie im Füllgewebe der Organe verlaufen. a) Die primären Bildungen durchziehn die Pflanze ausschliesslich in der Längsrichtung, und sind lange Gänge oder Röhren, die daher zweck- mässig Schleimgänge oder Schleimröhren genannt werden können (Fig. 205). Auf dem Querschnitt haben sie, je nach dem Alter, elliptisches bis kreis- rundes Lumen, liegen in Abhängigkeit vom Alter in verschieden grosser Entfernung von der Peripherie des Organes (Fig. 14s, 155, 16s), und sind in jüngerem Zustande von kleinen, durch reichlichen. Plasmainhalt aus- gezeichneten Zellen, die ich als Begrenzungszellen bezeichne (Fig. 155, 18), umgeben. Den alten Schleimgängen fehlen die letzteren. b) Die secundären Bildungen lassen sich einerseits in secundäre Schleimnester, andererseits in secundäre Schleimgänge eintheilen. &) Die secundären Schleimnester (Fig. 165’s?) sind Gebilde von der Form eines Schlauches; dieselben haben auf Quer- und Längsschnitt an- nähernd die gleiche Form und sind in derselben Weise von Begrenzungs- zellen umgeben (Fig. 165) wie die primären Schleimröhren. Man theilt diese secundären Nester am besten in zwei Kategorien ein, die einen liegen den primären Gängen dicht an (Fig. 16’ s®) und stehn mit den- 125 selben in Verbindung, die anderen liegen ziemlich weit von den primären Gängen entfernt und treten nicht mit ihnen in Zusammenhang, wie es in den alten Stämmen vorkommt. £) Die sceundären Schleimgänge (Fig. 20 ’—s*) finden sich nur in alten Thallustheilen. Sie verlaufen meist radial von den primären Schleim- gängen bis zwischen die Bildungsschichtzellen, und sind von vornherein nicht, wie die secundären Schleimnester und jüngeren primären Gänge, von Begrenzungszellen umgeben. Sämmtliche Schleimbehälter, mit Ausnahme der secundären Nester in der Innenrinde alter Stammorgane, können wieder unler einander in Ver- bindung treten und so das System mehr oder minder in Zusammen- hang stehender Schleimbehälter bilden, welches nach innen zu durch die primären Gänge, denen einige secundäre Nester anliegen können, begrenzt wird (Fig. 20s, 16). Ich wies bereits früher darauf hin, dass der Inhalt der Schleim- behälter mit Safranin, Haematoxylin und Alauncarmin gleiche Reaction zeigt wie die gequollenen Zellwände der Innenrinde, woraus: zu schliessen ist, dass der Inhalt aus desorganisirter Cellulose besteht. Auf Schnitten durch ältere Stanmtheile, die reichlichen Inhalt führten, suchte ich nach geformien Elementen im Schleim und konnte auch die Anwesenheit von: stark lichtbrechenden, grösseren und kleineren Krystalloiden, die sich mit Haematoxylin violett färbten und in Essigsäure unlöslich waren, feststellen. Auch waren Krystalle, dem rhomischem und quadratischen System an- gehörig, vorhanden; dieselben verhielten sich gegen Essigsäure wie die Krystalloide. Die Veränderungen der Lage, sowie die Grössenunterschiede der primären Schleimgänge in successive älteren Organen zeigen, dass die Gänge in den äussersten Gewebeparthieen angelegt werden, und dass die Schleimgänge unter Vergrösserung ihres Lumens nach und nach dadurch weiter nach innen rücken, dass die Bildungsschicht fortfährt an der Ober- fläche der Organe neue Zellschichten zu erzeugen. Da die primären Schleimgänge stets nur in der Rinde, niemals im Füllgewebe, verlaufen und in Stämmen beliebigen Alters immer in relativ grosser Entfernung von Füllgewebe sich vorfinden, so lässt sich von vorn- herein beim ersten Auftreten der Schleimgänge constatiren, bis wie weit etwa die Umwandlung des Rindengewebes in Füllgewebe stattfinden wird, denn die Umwandlung der Rinde in Füllgewebe hört stels eher auf, als die Füllgewebebildung die Schleimgänge erreicht hat. Aus dem Umstand, dass die in der Bildungsschicht angelegten primären Schleimgänge später tief im Stamm in der Innenrinde zu finden sind, er- giebt sich, dass alles Gewebe, soweit es ausserhalb der durch die primären ‘Schleimgänge bezeichneten Zone liegt, aus dem Gewebe hervorgegangen 126 sein muss, welches bei der ersten Anlage der primären Gänge aussserhalb dieser lag: und das’ist die oberflächliche Bildungsschicht. Die primären Schleimgänge kommen nun in der Bildungsschicht, ähnlich wie die Secretbehälter schizogenen Ursprungs bei höheren Pflanzen, durch Auseinanderweichen benachbarter Längsreihen zu stande Wenn zwei der letzteren unter Quellung der Mittellamelle im mittleren Abschnitt der trennenden Wand auseinandergedrängt sind (Fig. 14s), so bildet sich in der Gallerte ein scharf umschriebener Hohlraum aus, der mit des- organisirter Cellulose erfüllt ist. Die Zellen, welche den später weiter nach innen gerückten Schleim- gang umgeben, sind Derivate der ursprünglichen Bildungsschichtzellen, zwischen denen der primäre Gang angelegt wurde; dieselben rückten in Folge des Auftretens tangentialer Wände in den äussersten Partieen der Bildungsschichtzellen zugleich mit dem Schleimgang nach innen und theilten sich der Erweiterung des letzteren entsprechend. Dass die Begrenzungszellen den alten primären Schleimröhren fehlen, deutete ich bereits an; dieselben werden nach und nach, wie die Zellen bei Bildung der Oelbehälter höherer Pflanzen, resorbirt. Es dürfte das Vorhandensein der geformten Elemente im Schleim alter Gänge mit der Resorption der Grenzzellen in Zusammenhang zu bringen sein. Was die secundären Bildungen betrifft, so findet die Entstehung der seenndären Schleimnester, welche von vornherein dem primären Gange anliegen (Fig. 16sı s2), in der Weise statt, dass sich eine der dem letzteren angrenzenden Zellen durch Scheidewände theilt (Fig. 17,1). Die Tochter- zellen treten an einem oder verschiedenen Punkten durch Quellung der Mittellamelle auseinander und werden ebenso wie in der Bildungsschicht nach Entstehung eines schleimerfüllten Hohlraumes (Fig. 18,2; 19,s) bei Seite gedrängt. Es ist auf diese Weise ein secundäres Schleimnest ent- standen, welches, wie die primären Gänge in jüngeren Organen, von Be- grenzungszellen umgeben ist. Die letzteren können durch Theilung und Auseinanderweichen weitere Schleimnester erzeugen. Die secundären Schleimnester der zweiten Kategorie, wie sie in der Innenrinde alter Stämme vorkommen, und die nicht mit den primären’ Schleimgängen in Verbindung treten, entstehn aus Rindenzellen, die jenseits der Grenzzellen liegen, in derselben Weise wie ich es für die dem primären Gange angrenzenden Schleimnester beschrieb. Die secundären Schleimgänge, die meist in radialer Richtung gegen die Bildungsschicht verlaufen, bilden sich durch Verschleimung der Mittel- lamelle der benachbarten Gewebe (Fig 20 sı—ss). Auf gleiche Art kommt die Verbindung zwischen sämmtlichen überhaupt in Zusammenhang stehen- den Schleimbehältern zu stande. Will giebt die Entwicklungsgeschichte der Schleimbehälter nicht in Zusammenhang und macht nicht den Unterschied in primäre und secun- 197 däre Schleimbehälter, sondern spricht von »Schleimgängen und kurzen Ahzweigungen, welche sich in Gruppen kleiner plasmahaltiger Zellen, Secretionszellen, fortsetzene. Die Will’schen »Sehleimgänge« und »kurzen Abzweigungen« sind identisch mit den von mir als primäre Schleimgänge beziehungsweise secundäre Schleimnester bezeichneten Gebilden. Bei Besprechung des alten Stammes erwähnt Will die radial gegen die Bildungsschicht verlaufenden Gänge zwar, unterscheidet dieselben jedoch nicht von den übrigen Behältern als secundäre Schleimgänge. Die Will’schen »Secretionszellen« sind ‚gleichbedeutend mit meinen Grenzzellen. 10) Die Anordnung der Tüpfel. Durch Entfernung des Plasma aus den Zellen und Färbung der Wände mit Haematoxylin gelang es mir, die characteristische Vertheilung der Tüpfel in den Rindenzellen von Macrocystis nachzuweisen. Die Tüpfelschliesshäute heben sich deutlich gegen die dunkelen Zellwandflächen als helle ungefärbte Fleckchen ab, die auf Quer- und Längsschnitten durch das Gewebe auf jeder Zellwand kreisförmig angeordnet erscheinen, sodass nach allen Richtungen hin im Gewebe Tüpfelverbindungen vorhanden sind (Fig. 21-23). Meist weist die Scheidewand zwischen zwei Zellen 6—10 Tüpfel auf, es können jedoch auch weniger, äusserst selten mehr sein. Die 'Tüpfel lassen sich an günstigen Präparaten schon in den Zellen der Bildungs- schicht erkennen und sind in der kreisförmigen Lagerung bei der geeigneten Behandlungsweise mit Eau de Javelle und Haematoxylin durch das ganze Rindengewebe bis zum Füllgewebe leicht zu verfolgen. Beim Uebergang der Rindenzellen in’s Füllgewebe treten mit den Tüpfeln zum Theil Veränderungen ein, auf die unten weiler emgegangen werden wird, zum Theil bleiben sie — zumal an den Längswänden der Füllgewebszellen — unverändert erhalten, jedoch geht hier durch die Längsstreckung der Zellen die characteristishe Anordnung, wie sie die Rindenzellen zeigen, verloren. 11) Entwickelung der Siebröhren. Mit dem Uebergang der Innenrindenzellen in’s Füllgewebe hören in denselben die Theilungen auf (Fig. 7), und die Füllgewebszellen folgen dem äusserst starken Längenwachsthum der Organe durch Streckung, ohne sich zu theilen. __ Diese Streckung nimmt von der Grenze der inneren Rinde bis in’s Füllgewebe hinein successive zu, wie sich auf Längsschnitten sehr klar und übersichtlich verfolgen lässt, sodass die ältesten, am weitesten nach innen gelegenen Füllgewebszellen die längsten sind. Diese innersten Zellen des Füllgewebes zeigen amı deutlichsten den Typus der sogenannten Siebröhren Will’s ausgeprägt. Je weiter man 128 nach aussen geht, um so kürzer sind die Siebröhren, und um so weniger ausgebildet ist der Siebröhrencharakter, denn in dem Maasse wie die Zellen der Innenrinde allmälich zu den Füllgewebszellen werden, so nehmen die letzteren dann weiter nach innen unter fortschreilender Streckung den Character der sogenannten Siebröhren an (Fig. 7 -+ 9). Auf das Vorhandensein dieser Siebröhren bei Macrocystis hat Will bereits hingewiesen ; ex ist jedoch erst bei Untersuchung des alten Stammes darauf aufınerksam geworden und hat keine Rücksicht auf die Entwick- lung genonmmen. Die in jüngeren Thallustheilen befindlichen siebröhren- artigen Füllgewebszellen sind aber, wenn sie auch noch auf niedriger Ausbildungsstufe stehen, vollkommen identisch mit den im älteren Stanım vorkommenden, von Will als Siebröhren hervorgehobenen Zellen. Den Namen hat Will ilmen gegeben wegen der siebartigen Skulptur ihrer Qucerwände. 12) Entwickelung der Siebplntte. Nach Entfernung des Plasma aus den Zellen mit Eau de Javelle und Dunkelfärbung der Wände durch Haematoxylin waren die Hauptschwierig- keiten, die sich dem Nachweis der Sichplattenentwickelung entgegen- stellten, gehoben, und zeigten günstige Präparate zweifellos, dass die Siebplatte aus den Tüpfeln der Innenrinde beim Uebergang letzterer in’s Füllgewebe gebildet wird. Während die Tüpfel in den Zellen der inneren Rinde noch zu einem weiteren Kreise angeordnet sind (Fig. 22), liegen dieselben an der Grenze des Füllgewebes schr dieht aneinander (Fig. 93), so dass es den Anschein gewinnt, als ob sie in den äusseren Theilen des Stammes ursprünglich durch stärkere Turgescenz der Zellen weiter auseinander gerückt worden wären. Dann wird der Umriss der einzelnen Tüpfel an ihrem Innenrande dadurch undeutlich,. dass die oberflächlichen Partieen des zwischen den Tüpfeln liegenden Membrantheiles resorbirt werden und zuletzt fliesst der ursprüngliche Kreis von Tüpfeln zu einem einzigen grossen Tüpfel zu- sammen (Fig. 24). Diese zeitweilige ganz dünne Membran wird zur Siebplatte. Unmittelbar nach der Verschmelzung der getrennten Tüpfel stellt sich die Querwand dar als ein an die Längswand angrenzender, durch Hacmatoxylin oder Safranin sich dunkel färbender Ring, zwischen dem eine ungefärbt gebliebene Lamelle, die junge Siebplatte, diaphragmaartig ausgespannt ist (Fig. 11). Mit dem Alter verdickt sich die junge Sieb- platte mehr und mehr und weist deutlich eine Mittellamelle auf. Während die Platten junger Siebröhren sich durch Corallin und Safranin nicht verändern, zeigen die Siebplatten sehr alter Röhren anf deın Querschnitt nach Einwirkung genannter Farbstoffe ihre Oberfläche 129 mehr oder minder roth gefärbt. Es folgt daraus, dass sich die Siebplatte mit einem nach und nach dicker werdenden Ueberzuge von callusartiger Substanz bedeckt, welcher an mancher alten Platte so beträchtliche Dicke erreicht, dass er der Siebplatte wie ein Polster aufliegt und durch sein starkes Lichtbrechungsvermögen, sowie durch die Eigenschaft, sich durch Corallin und Safranin sehr intensiv zu färben, sofort in’s Auge fällt. Bleiben die jüngeren Siebplatten auf dem Längsschnitt nach Behand- lung mit Safranin farblos, so nehmen dieselben im Alter einen schwach rosarothen Ton an. Structurverschiedenheiten innerhalb der ganz jungen Platten (Fig. 11 s) konnte ich trotz vorzüglichster Färbemethode, sehr dünner Schnitte und äusserst starker Vergrösserung — Oelimmersion, Zeiss — nicht nachweisen. Da an Platten älterer Organe eine siebartige Zeichnung vorhanden ist, und ich an ganz alten Siebröhren thatsächlich eine Perforation der Platte gesehen habe, wie ich vorgreifend bemerke, so muss ich entweder annehmen, dass sich von vornherein in den zur Siebplatte verschmolzenen primären Tüpfelschliesshäuten der Rinde Poren befinden, welche über die Grenze des Sichtbaren hinausgehn, oder aber, dass nachträglich erst nach Verschmelzung der Tüpfel in der ganzen Siebplatte diese Poren nach Art der Siebplatten der Angiospermen entstehn, und sich gleichfalls bis zu einem gewissen Alter dem Blick entziehen. Gegen die erste Annahme, dass von Anfang an in den Schliesshäuten der primären Tüpfel Poren vorhanden sein könnten, spricht der Umstand, dass in den alten Siebplatten die grösseren Löcher sich in der Mitte be- finden (Fig. 13) — also an einer Stelle, wo ursprünglich gar kein Tüpfel gelegen hat — es müsste denn sein, dass die kleineren, in den Tüpfel- schliessmembranen vorhandenen in der Entwickelung gegen die in der Mitte der jungen Siebplatte angelegten Tüpfel zurückblieben. Mir scheint diese Annahme wenig Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, ich möchte vielmehr glauben, dass in der jungen Siebplatte die Anlage aller Poren von der Mitte aus nach dem Rande fortschreitend nachträglich erfolgt. Der Nachweis von durchgehenden Plasmasträngen hatte grosse Schwierigkeiten, da der Zellinhalt bei dem Alcoholmaterial sehr contrahirt war, und die Möglichkeit nahe lag, dass sich die zarten Stränge aus den Siebplatten bei den vielen mit den Schnitten angestellten Manipulationen zurückgezogen haben könnten. Nachdem Versuche, die Cellulose mit Schwefelsäure zu entfernen und hernach die Plasmastränge mit Jod, Safranin oder Haematoxylin zu färben, zu einem negativen Resultat geführt hatten, und da die von Hick’) an- 1) Hick, Protoplasmatic continuity in the Fucaceae. Journal of Bot. XXIII. pag. 97—102, 354 -- 857. . Flora 1890, 9 130 gegebenen Doppelfärbungen und Quellungsmethoden ebenfalls ohne Erfolg verliefen, so versuchte ich, das Material von vornherein mit einer sehr concentrirten Lösung von Safranin in Wasser zu färben, und war dies die einzige Methode, welche mich zum positiven Resultat führte. Nur einige wenige Präparate von Maerocystis, Schnitte von "soo mm Dicke, zeigten durch die alte, schwach rosa gefärbte Siebplatte ununter- brochene Stränge von dunkelerer Nüance hindurchgehn. Ich bin sicher der Ansicht, dass keine trennende Mittellamelle zwischen den Strängen des Protoplasma sich befand, und wurde mir durch zwei Zeugen Bestätigung meiner Ansicht zu Theil. 13) Vergleich der Siebröhren von Macrocystis mit denen höherer Pflanzen. Ausser der durch, den äusseren Habitus und dem Vorkommen von Callus und Schlauchköpfen bedingten Aehnlichkeit zwischen den Sieb- röhren von Macrocystis und denen höherer Pflanzen, bietet sich in der Entwickelung der Siebplatte eine weitere Verwandtschaft. Fischer’) und Russow haben in der jungen Siebplatte höherer Pflanzen bereits »seichte Tüpfelungen« bemerkt, die sich mit dem Alter vergrössern und durchbrochen werden. Macrocystis zeigt, wie wir ge- sehen haben, in jungen Platten noch keine sichtbaren Structurverschieden- heiten, dieselben treten erst in älteren Stadien auf; es finden sich hier, ebenso wie in den Siebplatten höherer Pflanzen, Tüpfel, die schliesslich unter Resorption der trennenden Mittellamellen mit einander in offene Communication treten. Ob bei Macrocystis auch Obliteration der Siebröhren stattfindet und sich auch darin Uebereinstimmung mit den -Siebröhren höherer Pflanzen geltend macht, kann ich nicht mit Sicherheit angeben, da mir kein lebendes Material zur Verfügung stand. Aus dem Vorkommen krystalloidähnlicher Schleimkörper im Plasma oder an den Längswänden alter Siebröhren, aus dem Auftreten von stark lichtbrechenden, homogenen Schleimfäden, welch’ letztere die langen Füllgewebszellen in ihrer ganzen Ausdehnung durchziehn, sowie aus dem Vorhandensein von dicken Calluspolstern an den Siebplatten alter Röhren lässt sich allerdings schliessen, dass auch bei Macrocystis, wie bei den gleiche Erscheinungen zeigenden Siebröhren höherer Pflanzen, Obliteration stattfindet. Es spricht jedoch auf der anderen Seite die Thatsache dagegen, dass Schlauchköpfe, die nach Fischer das Kriterium für eine active Siebröhre bilden, bei Macroeystis erst in den älteren, Obliterationserscheinungen zeigenden Siebröhren auf- treten. 1) A. Fischer, Neue Beiträge zur Kenntniss der Siebröhren. Berichte über die Verhandlungen der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Math.-phys. Klasse. 38, Band. pag. 307 ff. 131 Wesentliche Unterschiede zwischen den Siebröhren von Macroeystis und denen höherer Pflanzen sind in der Entwickelung und dem Fehlen oder Vorhandensein des Zellkerns und der spiraligen Verdickungen zu suchen, Während bekanntlich die Entwicekelung der Siebröhren bei den höheren Pflanzen mit Abgliederung von Geleitzellen verbunden ist, verwandelt sich bei Macroeystis die junge Füllgewebszelle durch Streckung direct in eine Siehröhre, ohne vorhergehende Abscheidung besonderer Zellen, die man als Geleitzellen auffassen dürfte. Jede Siebröhre von Macrocystis weist einen Zellkern auf, wohingegen die Röhren höherer Pflanzen keinen Kern besitzen. Endlich zeigen die sogenannten Siebröhren von Macrocystis spiralige Verdiekungen, und das ist eine Skulptur der Membranen, wie dieselbe niemals an den Längswänden der Siebröhren höherer Pflanzen auftritt. 14) Bildung der Schwimmblasen. An dem jungen Blattstiel macht sich die Umgestaltung zur Schwimm- blase schon äusserlich durch eine Anschwellung bemerkbar. Im Inneren des Füllgewebes ist stärkere Quellung der Intercellularsubstanz eingetreten, dieselbe lässt in älteren Stadien Hohlräume erkennen, welche in noch älteren Stielen mit einander durch die Gallerte in Verbindung treten und so einen zusammenhängenden Hohlraum bilden, welcher das Füllgewebe bei Seite drängt, und in den Reste des letzteren hineinragen. Die Gewebe in den Wandungen der Schwimmblase sind genau dieselben wie im dar- unter befindlichen Stiel und im jungen Stamm. Die innere Rinde giebt ebenso wie dort an’s Füllgewebe so lange neue Elemente ab, als dieselbe überhaupt noch in Theilung begriffen ist. Das Füllgewebe wird nach und nach von innen nach aussen resorbirt, sodass in einer älteren Schwimmblase, deren Wand den gleichen anato- mischen Bau wie der unter Abschnitt 45 beschriebene alte Stamm bis zum Füllgewebe zeigt, von letzterer Gewebeform nicht mehr die Rede sein kann, sondern es grenzen die englumigen gestreckten Zellen der inneren Rinde direct an den Hohlraum. Wenn N. Wille’) das Vorhandensein des Füllgewebes, welches von ihm ohne die nothwendige Unterscheidung in Vertical-, Querreihen und Hyphen unrichtig als einheitliches »Siebhyphengewebe« bezeichnet wird, ausschliesslich als der Leitung in verticaler Richtung dienend annimmt, weil die Rindenzellen nur an ihren tangentialen Wänden »Poren« besitzen und daher nur in radialer Richtung leiten können, so ruht diese An- schauung auf falscher Grundlage. Abgesehn davon, dass die Rindenzellen in Folge der Tüpfelvertheilung am ganzen Umfang fähig sind, Diffusion nach allen Richtungen zu ge- I) N. Wille, Bidrag til Algernes physiologiske Anntomi. 9 132 statten, ist durch das vollständige Zugrundegehn des Füllgewebes in den Schwimmblasen der beste Beweis gegeben, dass nicht ein besonderes Leitungsgewebe — in diesem Fall das Füllgewebe — da zu sein braucht, dass wenigstens demselben nicht die grosse Bedeutung hinsichtlich der Leitung von Nährstoffen beizulegen ist, wie es N. Wille thut. Bezüglich des Inhalts der Schwimmblasen an Gasen kann ich keine sicheren Angaben machen, da ich nur mit todtem Material 'arbeitete und die bisher von Rosanoff und N. Wille’) angegebenen Resultate absolut keine Uebereinstimmung zeigen. Rosanoff fand in der Blase von Fucus Stickstoff, während in denen, welche N. Wille von Ozothallia und Fucus im chemischen Laboratorium zu Stockholm untersuchen liess, Sauerstoff nachgewiesen ist. 15) Anatomische Vergleichung von Macrocysüs mit anderen Lami- nariaceen und einigen FTucaceen. Als ich zum Zweck des Constatirens der Plasmaverbindungen bei Macrocystis noch andere Melanophyceen aus den Gruppen der Lamina- riaceen und Fucaceen untersuchte, — worüber ich hernach in einem besonderen Abschnitt berichte — zeigte sich, dass sich trotz der Ueberein- stimmung in der Lage der verschiedenen Gewebeschichten constante Unterschiede im Membranbau zwischen den Laminariaceen einerseits und den Fucaceen andererseits constatiren lassen. Die untersuchten Laminariaceen sind: Alaria esculenta, Laminaria saccharina, Thalassiophyllum Clathrus und im Anschluss an dieselben Chorda filum. Aus der Familie der Fucaceen lagen mir vor: Fucus vesiculosus, Fucus serraltus, Ascophyllum nodosum und Halidrys siliquosa. Für alle hier kurz zu betrachtenden Melanophyceen gilt, wie bei Macrocystis, die Unterscheidung der drei Gewebearten: Bildungsschicht, Rinde und Füllgewebe. Die Bildungsschicht liegt zu äusserst und erzeugt die Rinde; aus letzterer geht die centrale Schicht, das Füllgewebe, hervor, den Verhält- nissen bei Macrocystis entsprechend. Wenn auch im Prinzip der Uebergang der Innenrindenzellen in’s Füllgewebe bei allen untersuchten Melanophyceen gleich ist, so nimmt Macerocystis doch insofern eine Sonderstellung ein, als in der inneren Rinde von Macrocystis so ausgiebige Theilungen stattfinden, wie sie keine andere der oben erwähnten Melanophyceen aufzuweisen hat. Ich möchte das darauf zurückführen, dass Macrocystis ein bedeutend stärkeres Längenwachsthum zeigt als die übrigen braunen Algen. 1) N. Wille, Ueber die Blasen der Fucaceen. 133 Fächerte sich bei Macrocystis eine tangential gestreckte Innenrinden- zelle durch zahlreiche horizontale Scheidewände zu einem Faden, dessen Endzellen spitz erscheinen, so habe ich bei Ascophyllum (Fig. 26f) und Fucus (Fig. 29), die ich speciell darauf untersuchte, wohl auch Streckung und prosenchymatische Zuspitzung von Innenrindenzellen unter Anlage von wenigen horizontalen Wänden bemerkt, eine so lebhafte Theilung, wie bei Maeroeystis, habe ich jedoch bei keiner der anderen Melano- phyceen nachweisen können, Die lange Streckung der Siebröhren im Füllgewebe von Macrocystis, deren die Siebröhren. der übrigen untersuchten braunen Algen entbehren, ist ebenfalls, wie die erwähnte lebhafte Theilung in der Innenrinde auf das energischere Längenwachsthum von Macrocystis zurückzuführen. Die Füllgewebszellen sind unter einander durch Querreihen verbunden, deren Entstehung die gleiche ist, wie ich sie bei Macrocystis beschrieb. Hyphenfäden durchziehn das Füllgewebe sämmtlicher Melanophyceen nach allen Richtungen. Die Beschaffenheit der Membranen ist im wesentlichen dieselbe, wie sie Macrocystis zeigt, und verhalten sich die Zellwände aller untersuchten Melanophyceen gegen die bei Macrocystis gebrauchten Farbstoffe in über- einstimmender Weise. Die Bildungsschichtzellen sind bei sämmtlichen von der oberflächlich gelegenen Schleimmembran überzogen. Die Wände der Rindenzellen nehmen nach dem Füllgewebe hin successive an Dicke zu, und tritt auch an der Grenze des Füllgewebes bedeutende Quellung der 'Intercellularsubstanz ein, die gegen die Mitte des Organes stärker wird, sodass bei allen Melanophyceen die Füllgewebszellen gleichsam einer homogenen Masse eingebettet erscheinen. Die verschiedene Dichtigkeit, wie sie bei Macrocystis nach Anwendung von Quellungsmitteln hervor- tritt, war bei den meisten darauf hin untersuchten braunen Algen eben- falls vorhanden. Während sich in der Lagerung der Gewebeschichten, dem Uebergang der Innenrindenzellen in’s Füllgewebe und in der Beschaffenheit der Membranen im grossen und ganzen Uebereinstimmung zwischen Macro- cystis und den übrigen Melanophyceen zeigte, so treten in der Anordnung der Tüpfel in den Rindenzellen, der Entstehung der Siebplatte, sowie dem Vorkommen der spiraligen Verdickungen zwischen den Laminariaceen incl. Chorda einerseits und den Fucaceen andererseits interessante Unter- scheidungsmerkmale auf, welche für die Zusammengehörigkeit der .ein- zelnen Gattungen zu Familien nicht ganz ohne Bedeutung sein dürften. Sirrd bei Macrocystis die Tüpfel auf Quer- und Längsschnitt kreis- förmig orientirt, so trifft dies ebenfalls für die nahe verwandten Lamina- riaceen mit Einschluss von Chorda zu, während man bei den Fucaceen auf Quer- und Längsschnitt nur einen Tüpfel findet (Fig. 25 4, 262). Es ist demnach auch die Siebplattenentwickelung bei beiden Familien eine 134 verschiedene. Sie stimmt bei Alaria mit Mueroeystis überein und wird wohl auch bei Laminaria, Thalassiophylium und Chorda eine gleiche sein, wie bei derselben Anordnung der Tüpfel zu erwarten ist. Bei den Fucaceen jedoch geht die Siebplatte nicht aus mehreren Tüpfeln hervor, wie bei den Laminariaceen, sondern nur aus einem. Derselbe wird von der Bildungsschicht nach dem Füllgewebe zu grösser und stellt beim Uebergang in letzteres die junge Siebplatte dar (Fig. 25>, 265). Die weitere Ausbildung der Platte im Füllgewebe stimmt im wesent- lichen mit derjenigen bei Macrocystis überein; ich muss auf diesen Punkt bei Besprechung des Plasmazusarmmenhangs in anderen Melanophyceen noch zurückkommen. Die spiraligen Verdickungen an .den Längswänden der Siebröhren und Hyphen, deren ich bei Macrocystis Erwähnung that,. fand ich zuerst bei Laminaria (Fig. 27). Nachdem ich dieselben bei Macroeystis cben- falls nachgewiesen, suchte ich das Vorkommen noch bei den anderen Luminariaceen festzustellen, was mir auch gelang. Die Verdickungsleisten treten bei sämmtlichen untersuchten Laminariaceen und bei Chorda in der Innenrinde an der Grenze des Füllgewebes zuerst auf. Die Uebereinstimmungen, die Chorda in der Anordnung der Tüpfel und dem Vorhandensein der spiraligen Verdickungen mit den Lamina- viaccen zeigt, dürften für die noch fragliche Zusammengehörigkeit beider von Wichtigkeit sein. Es erschien mir von Interesse, die Anwesenheit der spiraligen Ver- diekungen auch bei den Fucaceen zu constatiren, jedoch war es mir nicht. möglich, bei dieser Familie in Füllgewebszellen und Hyphen irgend welche Verdickungen nachzuweisen, und sind also letztere nur den Laminariaceen eigen. 16) Plasmaverbindungen in anderen Melanophyceen. Die Schwierigkeiten, mit denen ich anfangs bei dem Nachweis von durchgehenden Plasmasträngen durch die Siebplatte von Maeroeystis zu kämpfen hatte, veranlassten mich, andere Melanophyccen in den Bereich der Untersuchungen zu ziehn, ih der Hoffnung, bei diesen eher zum Ziel zu gelangen, und nahm ich daher Laminaria, Thalassiophylium, Fucus und Ascophylium in Arbeit. Da sich aber bald herausstellte, dass ich bei diesen Untersuchungs- objecten noch weniger zum Resultat kam, kehrte ich zu Meecroeystis zurück, und gelang es mir ja auch, in den Siebplatten Plasmaverbindungen mit Sicherheit zu constatiren. In Folge der vergeblichen Bemühungen, auch bei anderen Melano- phyceen Zusammenhang des Protoplasma nachzuweisen, bin ich zu der Annahme gedrängt, dass die Perforationen bei allen übrigen bedeutend winziger sind als bei Maecrocystis und sich auch mit den besten Hilfs- mitteln nicht sicher feststellen lassen. 135 Hick ') will, wie bei den Florideen, so auch bei den Melanophyceen Continuität des Plasma constatirt haben, und zwar im ganzen Gewebe mit Ausnahme der Bildungsschicht. Die von ihm untersuchten Algen sind: Fucus vesiculosus, Fucus serratus, Ascophylium nodosum, Himan- thalea lorea und Laminari ia digitate. Ich habe bei Fucus, Ascophyllum, Laminaria und Thalassiophyllum, wie erwähnt, gesucht, konnte aber nicht zu deinselben Schluss kommen, und möchte ich Hick’s Resultate sehr in Frage stellen; mir scheint, als hätte Hick überall da, wo Tüpfel sind, von vornherein durchgehende Plasmastränge angenommen, ohne auf das Vorhandensein einer Schliess- haut Rücksicht zu nehmen. Bei der Grösse der 'Tüpfel in der Rinde von Ascophyllum und Fucus (Fig. 261, 251) durfte es, wenn überhaupt möglich, nicht schwer fallen, die Schliesshaut durchziehende Stränge zu sehn, es ist mir aber in keinem Fall gelungen, ebensowenig wie bei Laminaria, Macrocystis und Thalas- siophylium. In den langgestreckten, siebröhrenähnlichen Füllgewebszellen hatte es Ja den Anschein, als wären Verbindungen da; dieselben aber mit Sicher- heit nachzuweisen, wie bei Macrocystis, dazu war ich ausser Stande. Die von Hick beobachtete vierfache Art des Plasmazusammenhangs beruht ebenfalls auf falschen Deutungen. Hicks »weiter offener Porus«, welcher von einem »Verdickungsring« umgeben ist, stellt meiner Ansicht nach nichts Anderes vor, als die stark lichtbrechende, gegen Farbstoff indifferente junge Siebplatte, die Hick wahrscheinlich in Folge ihrer zu starken Quellung übersehn hat (Fig. 28 ce). Wenn er in dem, in anderen Fällen beobachteten, in den Ring (Fig. 11r) gespannten Diaphragma drei verschiedene Durchbohrungs- formen gefunden haben will, nämlich erstens »ein feines rundes Lochs, zweitens. »einen schmalen Spalt« und endlich »viele Löcher«, wie in der alten Siebplatte, so sind auch die beiden ersten Beobachtungen aus un- richtig gedeuteten Präparaten hervorgegangen. Schnitte, die parallel der Längswand einer Füllgewebszelle durch den Ring und einen Theil der Siebplatte geführt werden, können je nach der Region, wo das Messer Ring und Siebplatte trifft, zu der Auffassung führen, dass die beiden auf dem Präparat sichtbaren dicken Zapfen des Ringes die Siebplatte darstellen, und dass die dünnen Stellen zwischen den Zapfen spält- oder lochartige Perforationen sind (Fig. 28a, b). Mit Safranin, in Wasser gelöst, gefärbte Präparate, die den Ring hraunroth, die zarte Siebplatte aber ungefärbt zeigen, könnten bei An- wendung von Quellungsmitteln zu dergleichen Missverständnissen Anlass geben. 1) Hick, Protoplasmatic continuity in the Fucaceae, J. of B. XXIII. pag. 97—102, 354-857. 136 Die Hick’sche Ansicht, dass wirklicher Abschluss der benachbarlen Zellen nur nach dem Absterben derselben einzutreten scheint, kann”ich aus dem Grunde nicht theilen, weil doch in den ältesten Zellen des Füll- gewebes die Tüpfel resp. Perforationen erst recht deutlich hervortreten. Hick gründet wahrscheinlich seine Anschauung darauf, dass er »den weiten Porus« für das Anfangsstadium und die »loch- und spaltenförmigen Perforationen« für den Uebergang zur siebplattenartigen Querwand hält, deren vollständige Schliessung nach seiner Meinung mit dem Tode eintritt. Thalassiophyllum Clathrus. 1) Aeussere Gestaltung. Wie bei Macrocystis, so kann man in gleichem Sinne auch bei Thalassiophyllum von einer Gliederung in Stamm und Blatt reden. Der Thallus von Thalassiophyllum stellt ein Gebilde vor, welches im Alter reiche Verzweigung aufweist, und dessen Hauptstamm und Seitenäste an ihrer Spitze in eine durchlöcherte Lamina von nieren- förmigem Umriss übergehn (Fig. 30). Betrachten wir einen einzelnen Spross, so sehen wir, dass die La- mina, in die er ausgeht, an dem einen Rande dütenartig eingerollt ist; Figur 30 r zeigt. diesen Rand nach der Auseinanderrollung. Nach unten hin setzt sich derselbe in den Stamm fort (Fig. 30 s), sodass der Punkt x in seiner natürlichen Lage in der Verlängerung der Richtung des Stanımes liegt. Die andere Seite der Lamina geht allmälich zu Grunde und ihre Reste bleiben als eine ‘den Stamm spiralig umlaufende Narbe übrig. In dem eingerollten Seitenrand liegt der Vegetationspunkt (Fig. 30 v). Wie bei Macrocystis der den Vegetationspunkt tragende Rand dem Rücken, der entsprechende andere der Schneide eines Messers vergleichbar ist, so kann man auch bei Thalassiophylium denselben Vergleich an- wenden und den Rand », bis zum Punkt x in der Figur 30, mit dem Vegetationspunkt als Rücken, den gesammten übrigen Rand der Lamina als Schneide bezeichnen. Die Bildung der Löcher findet im Vegetationspunkt in einiger Ent- fernung vom Rücken statt. Die Löcher sind dort so klein, dass man sie mit blossem Auge nur schwer wahrnehmen kann. Nach der Schneide hin wächst das Lumen, und ändert sich auch die Form’ von der kreis- runden bis zur länglich-ovalen (Fig. 30). Während die Löcher in der Nähe des Rückens so dicht bei einander liegen, dass eine Anordnung in Reihen nicht zu constatiren ist, so orientieren sie sich, je näher man der Scheide kommt, um so deutlicher in Längsreihen, die mit dem Thal- lusrücken einen spitzen Winkel bilden und gegen die Schneide strahlen- arlig divergiren. 137 Die Ränder jüngerer Löcher sind nach aussen zurückgeklappt (Fig. 33 « 34 u). Diese Umklappungen gleichen sich mit dem Alter immer mehr aus, sodass die Ränder alter Löcher flach sind und mit beiden Flächen der Lamina in einer Ebene liegen. In den Grössenunterschieden der Löcher des eingerollten Randes ist uns ein Mittel gegeben, zu bestimmen, wo der eigentliche Vegetations- punkt gelegen ist. Es stellt sich heraus, dass die Erstreckung desselben wie bei Macrocystis, nicht scharfe Begrenzung zeigt. Ebenso entspricht die Lage des Vegetationspunktes bei Thalassio- phyllum genau der von Macrocystis. Bei beiden Laminariaceen ist der Vegetationspunkt am Rande gelegen; bei T’halassiophyllum wird er seit- lich einerseits vom Rücken, andererseits von der jüngsten Lochreihe begrenzt, bei Macrocystis durch den Rücken und den jüngsten Riss. Die Gewebe des Vegetationspunktes gehn bei Z’halassiophylium wie bei Macrocystis nach oben in die Gewebe der Lamina, nach unten in die des Stammes über, und liegt dem Vegetationspunkt bei beiden Lami- nariaceen die Function ob, einerseits die Lamina zu vergrössern anderer- seits den Stamm zu verlängern. Wenn auch die im Vegetationspunkt von Thalassiophylium erzeugten Löcher mit den Rissen von Macrocystis wenig Verwandtschaft zu haben scheinen, so findet man doch bei genauerer Betrachtung, dass beide Bildungen analog sind. Die Reihen der progressiv vom Rücken bis zur Schneide grösser werdenden Löcher von Thalassiophyllum, wie auch die zwischen ihnen liegenden Spreitentheile, welche zum Rücken unter spitzem Winkel ver- laufen, haben gewisse Aehnlichkeit mit den successive sich vergrössernden Rissen in der Endlamina, beziehungsweise den unter gleichem Winkel zum Rücken inserirten jungen Blättern von Maecrocystis, nur dass der einzelne Riss von Maerocystis einer ganzen Reihe von Löchern bei Tha- lassiophylium entspricht. . Wie bei ‚Macrocystis der Vegetationspunkt durch den Riss in zwei ungleichwerthige Hälften getheilt wird, deren eine das spätere Blatt darstellt, deren andere den Charakter als Vegetationspunkt beibehält, so findet auch bei T’halassiophyllum durch die Lochbildung gleichsam eine Theilung des Vegetationspunktes in ungleichwerthige Hälften statt. Der eine Theil würde dem Blatt von Mecrocystis entsprechen, der andere weiter als Vegetationspunkt fungiren. Während bei Macrocystis das Längenwachsthum bedeutend stärker ist als das Wachsthum in Richtung der Flächenausbreitung, so herrscht bei Thalassiophylium das letztere vor. Durch die Thätigkeit des Vege- tationspunktes wird einmal die Fläche der Spreite verbreitert und damit auch Platz für die Neuanlage von Löchern geschaffen, andererseits wird die Länge des ganzen Thallus vergrössert. 138 Verfolgen wir zunächst den Uchergang des Vegelalionspunktes nach unten, so sehn wir, dass sich derselbe wie bei Macrocystis, zum Stanım verdickt, der aber hier viel stärkeren Durchmesser erreicht. Hatte der Querschnitt durch den Vegetationspunkt eine Form, wie sie Figur 31 schematisch andeutet, so zeigt derselbe nach Beginn der Verdickung eine Gestalt, wie sie Figur 32 veranschaulicht. Das Wachsthum in die Dicke nimmt nach unten hin zu, wie auch die seitlich angrenzende Spreite (Figur 32 sy) sich, gegenüber derjenigen des Vegetationspunktes, ver- stärkt hat. Was nun das Wachsthum der Spreite betrifft, so sei zunächst er- wähnt, dass des Grund der spiraligen, dütenartigen Einrollung des Vege- tationspunktes einerseits in dem stärkeren Wachsthum der äussern Lamina- seite im Verhällnisse zu dem der inneren zu suchen ist, andererseits in dem. Bestreben des Vegetationspunktes in die Länge zu wachsen. Während dıese Eigenschaften dem Vegetationspunkt dauernd erhalten bleiben, stellen die unterhalb desselben befindlichen Gewebepartieen nach und nach das Wachsthum in Richtung der Länge und Spreitenfläche ein und verdicken sich, wie wir sahen, zum Stamm. Die seitlich an den Vegetationspunkt sich anschliessenden Spreiten- theile, die natürlich durch das stärkere Flächenwachsthum ihrer Aussen- seite in den Einrollungsprocess, der die jüngsten Thallustheile trifft, mit hineingezogen worden sind, gleichen die Krümmung allmählich durch stärkeres Wachsthum der Innenseite aus und entfalten sich. Während sie selbst aber. sich aus der eingerollten Lage heraus in eine Ebene auszubreiten bestrebt sind, vermögen sie nicht, die durch die ursprüngliche Einrollung bedingte spiralige Drehung der Rückenpartie der Lamina rückgängig zu machen, da diese inzwischen sich selbst- ständig zum Stamm zu verdicken begonnen hat. Der flache Spreitentheil bleibt, seiner Entstehung entsprechend, mit der zum Stamm werdenden Rückenpartie zunächst in Zusanımenhang und erscheint an demselben in einer Spirallinie inserirt. Schliesslich reisst der flache Spreitentheil aber vom Stamm ab mit Hinterlassung „einer der ursprünglichen Insertion entsprechenden spiralig verlaufenden Narbe. Zu diesem Abreissungsprocess trägt einmal das Bestreben der Spreite bei, sich durch nachträglich stärkeres Wachsthum der Innenseite in eme Ebene auszubreiten, andererseits der Umstand, dass im Stamın nun auch ein secundärer Dickenzuwachs beginnt. 2) Der innere Bau der Spreite vom Rücken bis zur Schneide, soweit derselbe für das Wachsthum von Bedeutung ist. Dass Thalassiophyllum die drei Gewebearten Bildungsschicht, Rinde und Füllgewebe, ebenso wie Macrocystis, unterscheiden lässt, erwähnte ich schon. 139 Die anatomische Untersuchung des Vegetationspunktes giebt sofort darüber Aufschluss, dass die Ein- und Abrollungen des Thallus auf un- gleichmässig auf seine beiden Spreitenflächen vertheiltes Wachthum zurück- zuführen sind. In den eingerollten Partieen sind die Bildungsschicht- und Rindenzellen der äusseren Laminaseite in sehr lebhafter Theilung begriffen, und es werden hier Reihen von Zellen erzeugt, die auf dem Querschnitt radial hintereinander gelegen sind. Dagegen findet in den Geweben der inneren Seite des Vegetationspunktes bei weitem nicht so rege Theilung statt; es ist hier die Rinde schmäler als auf der Aussen- seite, und zeigen auch die Zellen eine ganz andere Anordnung, indem dieselben auf dem Querschnitt zu kurzen tangentiel gestreckten Reihen, welche mit ihrer oft spitzen Endzelle in einander greifen, orientirt sind. Die Gewebe der Innenseite werden also in dem eingerollten Veegetations- punkt durch die stärker wachsende Aussenseite gedehnt. Dass das stärkere Wachsthum der äusseren Laminaseite in Richtung der Fläche es ist, welches die jungen Theile der Lamina zunächst dem . Vegetationspunkt zwingt, sich dütenartig einzurollen, geht daraus hervor, dass zugleich mit der Abnahme der Einrollung auch die Unterschiede in der Zellenanordnung auf der Aussen- und Innenseite mehr und mehr ver- schwinden; nachdem eine Zeitlang die innere Fläche stärker: gewachsen ist als die äussere, zeigen dann die vollständig flachen älteren Spreiten- theile die Rindenzellen auf beiden Seiten des Füllgewebes gleichmässig ausgebildet und zwar auf beiden Seiten mit tangential gestrecktem Lumen. Aus der ungleichen Breite des Füllgewebes, welches ich auf Quer- schnitten durch die Spreite vom Rücken bis zur Schneide der Messung unterzog, konnte ich schliessen, dass das Rindengewebe sehr bald seine Theilungen einstellt und nichts mehr an’s Füllgewebe abgiebt. Während ungefähr 1'/s Centimeter vom Rücken entfernt das Füllgewebe breiter ist als im Vegetationspunkt, und bis dort die Rindenzellen also noch das Füllgewebe vergrössert haben, so verschmälert sich dasselbe, je näher man der Schneide kommt, mehr und mehr, und hat man schliesslich auf Querschnitten durch ganz alte Spreitentheile aus der Nähe der Schneide ein Gewebe, welches kaum noch die Differenzirung in Bildungschicht, Rinde und Füllgewebe erkennen lässt. Es ist in Folge der Streckung der oberflächlichen Zellen das Füllgewebe durch pässive Zerrung so schmal geworden, dass uns hier und da eine Zelle desselben, auf dem Querschnitt durch das kleinere Lumen erkennbar, zwischen die tangential gestreckten Rindenzellen eingestreut erscheint. Die Quellung der Mittellamelle, wie sie jüngeres Füllgewebe zeigt, hat hier vollständig aufgehört. Mit dem baldigen Uebergang der Rindenzellen in den Dauerzustand ist auch das äusserst geringe Vorkommen von Hyphen in alten Spreiten- theilen in Zusammenhang zu bringen. 140 Schnitte, die parallel der Flächenentwickelung geführt sind, zeigen die Folge der Zerrung in Richtung der Fläche insofern auch sehr deutlich, als die siebröhrenartigen Füllgewebszellen sehr weit auseinander gerückt sind, und die sie verbindenden Querreihen bedeutende Streckung erfahren haben. Dass auch Wachsthum in die Länge stattfindet, geht aus der That- sache hervor, dass die Füllgewebszellen in älteren Laminatheilen sehr viel längere Ausdehnung zeigen als in jüngeren. 3) Die Entstehung der Löcher im Vegetationspunkt. Die Lochbildung beruht auf dem Absterben des Gewebes an einer Stelle des Vegetationspunktes. Das Zugrundegehen der Zellen nimmt seinen Anfang von aussen her, und zwar von der äusseren und inneren Fläche des eingerollten Vegetationspunktes ausgehend; es werden aber die Zellen in der ganzen Ausdehnung der Stelle, welche zum Loch werden soll, nicht überall mit gleicher Energie desorganisirt, sondern das Ab- sterben des Gewebes zeigt sich von beiden Laminaflächen aus nach innen vorzüglich in einer kreisförmigen Zone, welche dem Umfange des späteren Loches entspricht, so dass es den Anschein gewinnt, als sollten runde Stücke aus dem Zusammenhang des Vegetationspunktes heraus- getrennt werden. Das Absterben der Gewebe theilt sich nun auch, dem innerhalb der ringförmigen Zone befindlichen, dem späteren Loche selber ent- sprechenden Spreitentheile mit, indem von beiden Laminaflächen aus nach einander Bildungsschicht-, Rinden- und Füllgewebszellen zu Grunde gehn. Gleichzeitig vermehren sich die Theilungen in den Bildungsschicht- und Rindenzellen der dem späteren Loche angrenzenden Partieen, und ist es besonders die Innenseite, welche durch ausgiebigere Theilungen für die Schliessung der Stellen sorgt, an denen das Absterben der Gewebe sich zuerst bemerkbar machte. Indem in der Umgebung des gebildeten Loches das Wachsthum sich zunächst fortgesetzt auf die Innenseite der Lamina concentrirt, wird die Umklappung des Lochrandes nach der äusseren Spreitenfläche herbeigeführt. 4) Entstehung der Adventivsprosse. Die Seitensprosse von Thalassiophyllum sind keine normalen Ver- zweigungen, sondern verdanken ihre Entstehung lediglich der gesteigerten Wachsthumsenergie an den Wundrändern der neugebildeten Löcher der Spreite. Sie sind also vergleichbar den aus dem Wundcallus höherer Pflanzen hervorgehenden Adventivsprossen. Von den umgeklappten Rändern von Löchern, welche dicht am Stamme liegen, wächst der eine oder der andere stärker in Richtung der Fläche und rollt sich dütenartig nach innen ein (Fig. 33a, 34a). Der eine 141 Rand eines solchen Adventivlappens wird zum Vegetationspunkt, welcher Stamm und Spreile eines Adventivsprosses produeirt. Während im Laufe der Zeit die alten Spreitentheile vom Stamme abgerissen werden, bleiben die jungen Adventiväste mit demselben in Zusammenhang und entwickeln sich weiter. 5) Das Diekenwachsthum des Stammes und die Entstehung der con- centrischen Gewebezonen im Innern desalten Stammes. In jener Region des Rückens, wo die vom Vegetationspunkt erzeugten Gewebe durch stärkeres Wachsthum zur Stammbildung schreiten, ent- falten die Bildungsschichtzellen am Rücken und den zunächst angrenzen- den Stücken der Aussen- und Innenseite des Vegetationspunktes eine regere Thätigkeit und erzeugen eine umfangreiche Rinde, die in ihrer radialen Anordnung zweifellos den Ursprung aus der Bildungsschicht er- kennen lässt. . Weiter nach der Basis hin vergrössert sich der Durchmesser der Rindenschicht mehr und mehr und erreicht eine so bedeutende Ausdehnung, dass das geringe Füllgewebe sehr weit nach innen gerückt erscheint. Die verdickende Thätigkeit der Bildungsschicht hört allmählich auf, und es sterben die Bildungsschicht und die äussersten Rindenzellen nach und nach ab, je näher man der Gegend des Stammes kommt, wo die Abreissung der Spreite erfolgt. Dort finden unterhalb der absterbenden äusseren Gewebeschichten in den peripherischen 'Theilen der Aussenrinde lebhaftere Theilungen statt als vor Eintritt des Absterbens der äusseren Gewebe, und es kommt hier zur Bildung einer Zone von meristema- tischem Gewebe, dessen Zellen auf dem Querschnitt cambiumähnliches, tafelförmiges Aussehen besitzen. Es haben in der That nach dem Absterben der Bildungsschicht diese Aussenrindenzellen die Funetion übernommen, für das weitere Dicken- wachsthum zu sorgen. Durch die vermehrten Theilungen in der äusseren Rinde und die damit verbundene Vergrösserung des Stammumfanges tritt in dem ab- gestorbenen Gewebe, welches sich der Zunahme des Umfanges entsprechend nicht zu dehnen vermag, Bildung von Rissen ein. Durch die Desorganisation der äusseren Gewebepartieen zur Zeit des Beginnes des secundären Diekenwachsthums wird auch hauptsächlich das Abreissen der Lamina bedingt, die des secundären Diekenwachsthums entbehrt. Schon mit blossem Auge sieht man auf Querschnitten durch den alten Stamm dunkle Zonen, deren Entstehung erst beginnt, nachdem die äusseren Gewebe des Stammes ihre Lebensfähigkeit verloren haben; es wird durch die Gew ebezonen ganz wesentlich zur Verdickung des Stammes beigetragen. 142 Die Färbemethode durch eine concentrirte Lösung von Safranin in Wasser erweist sich beim Nachweis der Entstehung der concentrischen Zonen als sehr zweckentsprechend. Während die zu Grunde gegangenen und die theilweise im Absterben begriffenen Zellen der äusseren Partieen des alten Stammes sich mit Safranin dunkelroth färben, so nehmen die inneren Zellen der Rinde einen dunklen Rosaton an, ihre Mittellamelle zeigt braunrothe Nüaneirung. In jener Zone, wo die ausser Function gesetzten Rindenzellen an die noch thätigen grenzen, findet sehr ausgiebige Zelltheilung statt. Es tritt diese nicht am ganzen Umfang des Stammes zu gleicher Zeit ein, sondern meist zeigen sich die vermehrten Theilungen zuerst an irgend einer be- liebigen Stelle der Aussenrinde, um sich nach und nach an der ganzen Peripherie bemerkbar zu machen. Diese jungen Zellen nehmen mit Safranin hellrosa Nüance an, die Mittellamelle ist weniger gequollen und fällt daher nicht so auf als in den älteren Rindenzellen, sodass diese in Folge ihrer ungleichzeitigen Ent- stehung verschieden breite Zone sich deutlich gegen das ältere Rinden- gewebe abhebt und letzteres als Ring klar hervortreten lässt. Dieser Gürtel junger Zellen ist es, durch den die Dickenzunahme des Stammes wesentlich bedingt wird. . Es macht sich die Grenze zwischen jüngerem und älterem Rinden- gewebe noch um so deutlicher sichtbar, als speciell die peripherischen Schichten der älteren Rinde reichlicheren Inhalt an dunkelbrauner Masse führen als die Zone der jüngeren Rindenzellen. Anfangs hielt ich den braunen Zellinhalt für Harz; da jedoch weder Alcohol noch Aether denselben lösten, so kam ich von dieser Annahme bald zurück. Lösungsversuche mit Eau de Javelle, die erfolgreich verliefen, brachten mich zu der Ansicht, dass der Zellinhalt Plasma ist, welches seine gc- formte Beschaffenheit eingebüsst hat und sich zu einem homogenen Klumpen zusammenballt. Meine Ansicht ist um so gerechtfertigter, als die jüngeren Rindenzellen älterer Stämme, sowie die äusseren Gewebe jüngerer Organe denselben Inhalt führen, der sein homogencs, harzartiges Aussehn dadurch erhalten haben mag, dass das mir zu Gebote stehende Material getrocknet wurde, denn in frischem Zustande ist der Inhalt körnig, wie Ruprecht!) angiebt. Es sind eben im alten Stamm die reichlicher Plasma enthaltenden Aussenrindenzellen durch die vermehrten Theilungen in der cambialen Zone der äusseren Rinde weiter nach innen gerückt. 1) Ruprecht, Bemerkungen über den Bau und das Wachsthum einiger grossen Algenstänme, pag. 62 f. Memoires de l’academie imperiale des sciences de St. Petersbourg, ser, VI, science. math. phys. et natur. Tome VIII. 1849, . 143 Das dunklere Aussehn der Wände der älteren Rindenzellen gegen- über dem der jüngeren, wie es sich besonders an der Grenze zwischen beiden zeigt, führte mich anfangs zu der Vermuthung, dass eine Ver- holzung der Membranen eingetreten sei; da jedoch Phlorogluein und schwefelsaures Anilin keine characteristische Reaction gaben, so kam ich auf Grund des verschiedenen Verhaltens der Membranen der jungen und alten Rindenzellen gegen Safranin zu dem Schluss, dass das ungleiche Aussehn derselben auf stärkere Quellung der Wände, besonders der Mittellamelle der alten Rindenzelle zurückzuführen sei. Ohne Färbung lässt sich schon constatiren, dass die Mittellamelle der älteren Zellen stärker gequollen und dunkler braun gefärbt ist als in jüngeren. Ruprecht hat bereits über die Entstehung der concentrischen Ringe oder Zonen Mittheilungen gemacht. Meine Untersuchungsresultate stimmen im wesentlichen mit denen von Ruprecht überein. Er führt an, dass die Ringbildung »auf neuer Zellenbildung in der Peripherie des Stammes und Hineinrücken der anliegenden Rindenzellen in’s Innere« beruht, wie ich es angab. Ruprecht bringt ebenfalls das dunklere Aussehn der älteren Rindenzellen mit der verschieden starken Quellung und Braun- färbung der Mittellamelle in Zusammenhang und stellt, gegenüber den Behauptungen anderer Forscher, das Auftreten der Ringe als nicht streng periodisch wiederkehrend hin, wie sich aus der ungleichen Entfernung mehrerer dunkler Zonen von einander und auch aus der nicht gleich- zeitig von allen Punkten der Peripherie ausgehenden Entstehung ergiekt. Der vielfach angestellte Vergleich mit den Jahresringen dicotyler Stämme ist daher wegen der abweichenden und besonders nicht perio- dischen Entstehung nicht richtig. Mit der Behauptung Ruprecht’s, dass bei Thalassiophyllum die braune körnige Masse, welche ich als Protoplasma diagnosticirte, in den Ringen nicht stärker angehäuft sei als in dem übrigen Rindengewebe, kann ich mich nicht einverstanden erklären; ich habe in den Zellen der concentrischen Zonen, speciell den peripherischen, stets etwas grössere Plasmamassen gefunden als in den jüngeren Rindenzellen. Morphologische Vergleiechung von Macrocystis und Thalassio- phyllum mit den übrigen Laminariaceen. Nachdem schon vorher die analogen Erscheinungen im Bau des Thallus von Macrocystis und Thalassiophyllum besprochen wurden, mag jetzt auf eine Vergleichung ihrer äusseren Gestaltung mit der der übrigen Laminariaceen eingegangen sein. Alle Laminariaceen, mit Ausnahme der zweifelhaften Chorda, sind in stamm- und blattartigen Abschnitt gegliedert. 144 . Wie bei Thalassiophyllum und Macrocystis der Vegetationspunkt nicht scharf localisirt und in einiger Entfernung von der Sprossspitze gelegen ist, so auch bei Laminaria. Bei allen drei Gattungen vergrössert resp. erzeugt der Vegetationspunkt einerseits das Blatt, andererseits bildet und verlängert er nach unten den Stamm. Befindet sich aber bei Macrocystis und Thalassiophyllum, wie wir sahen, der Vegelationspunkt seitlich an dem einen Rande der Lamina, so nimmt derselbe bei Laminaria dem gegenüber die Mitte des Blatt- grundes an der Grenze zwischen Stamm und Spreite ein. Die Spaltung des Vegetationspunktes in ungleichwerthige Hälften, wie wir sie bei Macrocystis und ähnlich bei Thalassiophylium kennen lernten, ist bei Laminaria nicht vorhanden, sondern es löst sich bei einigen Gattungen die Spreite in riemenartige Blätter auf, die alle gleichwertbig sind, und von denen keines wie bei Maecrocystis einen thätigen Vege- tationspunkt besitzt. Bei Macrocystis sind die Blätter der Lage des Vegetationspunktes entsprechend dem Stamm seitlich inserirt und perennirend, bei Laminaria dagegen nimmt die Spreite terminale Stellung ein und wird, mit einigen Ausnahmen, alle Jahre durch eine neue, vom Vegetationspunkt erzeugte emporgehoben und schliesslich abgeworfen. In Folge dieser durch die verschiedene Lage des Vegetationspunktes bedingten verschiedenen Gliederung des 'Thallus, nehmen einerseits Macro- eytis und Thalassiophyllum, andererseits Laminaria gesonderte Stellung ein. Wenn wir auch für Alaria, Costaria und Agarum nicht wissen, wo der Zuwachs erfolgt, und ob auch bei ihnen ein jährliches Abwerfen der Spreite stattfindet wie bei Laminaria, so schliesst sich .diese Gruppe in Folge der Gliederung ihres T'hallus doch an Laminaria an, und steht also Macroeystis- Thalassiophyllum der Gruppe Laminaria - Alaria - Costaria- Agarum gegenüber. Sind beide Gruppen auch durch die Lage des Vegetationspunktes unterschieden, so wiederholt sich die Gliederung der Laminaria in beiden Gruppen doch nach denselben Prinzipien. Wie die Spreite bei Macroeysiis durch lange Spalten in lineale Streifen zerrissen wird, so auclı bei Laminaria. Ein Pendant zu Thalassiophyllum, bei dem nur einzelne Löcher auf- treten, die den Gesammtzusammenhang der Lamina nicht stören, bildet innerhalb der anderen Gruppe von Gattungen Agarum mit seiner durelı- löcherten Spreite. 145 Erklärung der Figuren. Fig. 1. Macrocystis. Sprossspitze mit Vegetationspunkt v. Bei a, setzt.sich Fig. 1 an den Stamm a, der Fig. 2 an. Schematisirt. Natürliche Grösse. Weitere Erklärung im Text. Fig. 2, M. Thallusstück kurz über der Wurzel; oberhalb des Blattes X sind einige Blätter weggelassen. Natürliche Grösse, etwas schematisirt. Weitere Erklärung im Text. Fig. 3, M. Schematische Darstellung der Spaltenbildung am Keimling. ce, + das Stück, welches sich mit dem Vegetationspunkt v, a, in Fig. 2 entsprechend, in Folge stärkeren Längenwachsthums über die anderen Abschnitte erhebt. Weitere Erklärung inı Text. Fig. 4 M. Radialer Längsschnitt, parallel der Flächenentwickelung der Lamina, durch einen Theil eines nicht mehr thätigen Vegetationspunktes. s oberflächlich gelegene Schleimmembran; a Bildungsschicht; b äussere Rinde; c Beginn der inneren Rinde. Vergr. ®ı. . Fig. 5. M. Schnitt wie sub Fig. 4. An Fig. 4 c sich anschliessend. Die Zeichnung stellt einen Theil der inneren Rinde dar. + Tüpfel. Vergr. °%%ı. Fig. 6. M. Schnitt wie sub Fig. 4. An Fig. 5 sich anschliessend. Die Zeichnung stellt die innere Rinde am Uebergang in’s Füllgewebe dar. t, t' Tüpfel. Vergr. "%ı. Fig. 7. M, Schnitt wie sub Fig. 4. An Fig. 6 sich anschliessend. i Gewebe, wie sie im Füllgewebe eines thätigen Vegetationspunktes vorkommen. © -+% die Fortsetzung von Fig. 6 nach dem Füllgewebe hin. a, t in der Entstehung aus Tüpfeln begriffene Querverbindungen, ! weiter fortgeschrittenes Stadium; h Hyphen. Die gequollene Mittellamelle schraffirt. Vergr. ?'hı. Fig. & M, Schnitt wie sub Fig. 4 An Fig. 7 sich anschliessend. Die Zeichnung stellt die Mitte des Füllgewebes dar mit den siebröhrenartigen Zellen. a ver- bindende Querreihen ; A Hyphen auf dem Längsschnitt,’ auf dem Querschnitt. Bei b der durch Safraninfärbung hervortretende Ring an den Querwänden der Füllgewebezellen. Bei e callusartige Bildung. Die gequollene Mittellamelle schraffirt. Vergr. °°%h. Fig. 9. M. Schnitt, parallel der Oberfläche, durch einen ganzen Stamm, den ver- schiedenen Grad der Quellbarkeit der Wand einer Zelle der inneren Rinde zeigend. Die Wandstellen a und 5 noch nicht, d und c dagegen bereits ge- quollen. + Tüpfel. Vergr. °°°h, Fig. 10. M. Längsschnitt durch einen jungen Stamm. Die durch Quellung aus- einandergewichenen in’s Füllgewebe übergehenden Innenrindenzellen. e, b ver- bindende Querreihen an den zugespitzten Enden des durch Theilung aus einer Rindenzelle hervorgegangenen Zellfadens. Die gequollene Mittellamelle schraffrt. Vergr. **h. Fig. 11. M. Längsschnitt aus einem jungen Stamm. Junge Füllgewebezellen mit schwach gequollener Siebplatte s und dieselbe umgebendem Ringe r. s bleibt hell nach Färbung mit Safranin, r färbt sich braunroth. Vergr. °°%ı. Fig. 12. M. Querschnitt durch einen alten Stamm in Chlorzinkjodlösung. Bei a, b, c die durch Quellung der Mittellamelle verdiekten Wandpartieen; t Tüpfel, Vergr. °'%ı. ' Fig. 13, M. Qwerschnitt durch einen alten Stamm. Siebplatte. Vergr. *%ı. Fig. 14. M. Querschnitt durch einen jungen Stamm. s junger primärer Schleim- gang. Vergr. *h, \ Flora 1890, 10 146 Fig. 15. M. Querschnitt durch einen wenig älteren Stamm. s weiter nach innen gerückter primärer Schleimgang. Vergr. *ı. b Begrenzungszellen. Fig. 16. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. Ein aus zweien entstandener primärer Schleimgang s, der mit zwei secundären Schleimnestern, s,, s,, in Ver- bindung steht; letztere von kleinen Begrenzungszellen, 5, umgeben. Vergr. *°°h; g ’ g g ’ g Fig. 17. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. s primärer Schleimgang. 1) in Theilung begriffene Grenzzelle, jüngstes Stadium der Bildung eines secun- dären Schleimnestes. Vergr. *'%ı. Fig. 18. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. s primärer Schleimgang; 2) in der Entwickelung begriffenes secundäres Schleimnest, älter als wie es Fig. 17 darstellt. In der Mitte der getheilten Zelle macht sich Quellung der Inte cellularsubstanz bemerkbar. Vergr. *°%ı. b Begrenzungszellen. Fig. 19. M. wie sub Fig. 18. s primärer Schleimgang; 3) weiter vorgerücktes Stadium eines secundären Schleimnestes. Vergr. *'"ı. Fig. 20. M. Längsschnitt durch einen alten Stamm. s primärer Schleimgang, die Begrenzungszellen sind resorbirt. s,—s, mehr oder minder ausgebildete, radial gegen die Bildungsschicht verlaufende secundäre Gänge, von denen s, in seit- licher Richtung sich zu erweitern beginnt, Vergr. '*%. Eig. 21. M. Querschnitt durch einen jungen Stamm. Anordnung der Tüpfel in einer Aussenrindenzelle. Vergr. °'%. Fig. 22. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. Anordnung der Tüpfel in einer Innenrindenzelle. Vergr. °'%ı. Fig. 2%. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. Anordnung der Tüpfel in einer dem Füllgewebe benachbarten Innenrindenzelle. Vergr. °'%ı, Fig. 24. M. Querschnitt durch einen älteren Stamm. Die Tüpfel verschnielzen unter Resorption der zwischen ihnen liegenden Membran, die zum Theil noch sichtbar ist, zur Siebplatte. Der Umriss der Tüpfel auf ihrer Aussenseite noch erkennbar. Vergr. °’%h. Fig. 25. Fucus vesiculosus. Querschnitt durch die Mittelrippe des Laubes. £ 'Tüpfel verschiedenen Alters, die nach der Mitte an Grösse zunehmen und im Füll- gewebe zur Siebplatte s werden. Vergr. **'h. Fig. 26. Ascophyllum nodosum. Längsschnitt durch ein jüngeres Organ. t Tüpfel, welche die durch starke Quellung auseinandergerückten Rindenzellen verbinden. Bei f strecken sich die Innenrindenzellen tangential, um sich im Füllgewebe zu siebröhrenartigen Gebilden weiter zu strecken. Bei s Jie aus einem Tüpfel hervorgegangene Siebplatte. Vergr. '°%h. Fig. 27. Laminaria saccharina. Längsschnitt aus einem alten Stamm, Spiralige Verdickungen in der Wand einer Siebröhre. Vergr. '%°%ı. Fig. 28. Macrocystis luxurians. Längsschnitt durch einen jungen Stamm. Drei Füllgewebezellen, schräg getroffen. Bei @ der dicke, die Siebplatte umgebende Ring; letztere nur als schmaler Spalt sichtbar, der sich mit Safranin nicht fürbte, während der Ring braunrothe Farbe angenommen hatte. Bei b ein grösseres Stück der Siebplatte, bei e die gunze Siebplatte, der Ring nur als zwei kleine Zacken sichtbar. Vergr. '°°%. Fig. 29. Fucus vesiculosus, Längsschnitt durch die Mittelrippe des Laubes. Die Zellfäden mit spitzen Endzellen an der Grenze der Innenrinde und des Füll- gewebes. Ah verbindender Tüpfelcanal, durch Quellung der Mittellamelle vertieft. s Siebplatte; 2 Tüpfel. Vergr. '%ı. [u 3 147 Fig. 30. Thalassiophyllum Claihrus. Oberer Theil eines Stammes mit Spreite, schematisirt; natürliche Grösse. Der Rand r ausgerollt; in Wirklichkeit ist derselbe dütenartig eingerollt, so dass der Punkt x in der Verlängerung der Richtung des Stammes s liegt. Rand r dem Rücken, der andere Rand, von & an, der Schneide eines Messers entsprechend. Die Spreite, welche sich vom Stamm abrollt, a, ist von reihenweise gestellten Löchern durchbrochen, deren kleinste und jüngste sich in der Nähe des Vegetationspunktes © befinden. Fig. 31. Thal. Querschnitt durch den eingerollten Rand, schematisch. ® Vege- tationspunkt, sp Spreite. Fig. 32. Thal. Querschnitt durch den sich zum Stamm verdickenden Theil unterhalb des Vegetationspunktes, schematisch. s junger Stamm, sp Spreite, Fig. 33. Thal. Oberes Stück eines älteren Stammes s mit Spreitenresten sp. Jüngstes Stadium der Adventivsprossbildung a, u zurückgeklappter Rand. Mittelst des Dieatopters gezeichnet. Viermal vergrössert. Fig. 34. Thal. Theil eines Thallus, welcher die Adventivsprossbildung in ihrer weiteren Entwickelung zeigt. a Adventivspross; bei e die Einrollung des Loch- randes sichtbar. u nach der unteren Spreitenfläche zurückgeklappte Ränder. Mittelst des Dicatopters gezeichnet. Viermal vergrössert. Ueber den anatomischen Bau von Danaea von Dr. Richard Kühn. In meiner Arkit über den anatomischen Bau der Marattiaceen') habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Untersuchungsergebnisse von Holle?*), betreffend die Gattung Danaea, sehr auffallende Abweichungen von dem sonst so gleichmässigen Bau der übrigen Angehörigen dieser Familie zeigen. Da ich durch die Freundlichkeit der Herren Professoren Urban in Berlin und Peter in Göttingen Material dieser Gattung aus den betreffenden Universitätsherbarien erhielt, (wofür ich diesen Herren meinen besten Dank sage), konnte ich Holle’s Angaben prüfen. Obwohl von der durch Holle untersuchten Species D. trifoliata nur stammlose Exemplare im Göttinger Herbar vorhanden sind, lehrte doch die Unter- suchung der übrigen Species, dass der anatomische Bau der Gattung Danaea in nichts Wesentlichem von dem der anderen Marattiaceen- Gattungen abweicht. An der Hand der Arbeit von Holle werde ich in Folgendem die Ab- weichungen seiner Angaben von meinen Untersuchungsergebnissen an- führen. 1) Rich. Kühn, Untersuchungen über die Anatomie der Marattiaceen und anderer Gefässkryptogamen. Flora 1889. S. 457 u. £. 2) Holle, Ueber die Vegetationsorgane der Marattiaceen. Sitzung d. kgl. Ge- sellschaft d. Wissensch. zu Göttingen, 8. Jan. 1876; Botan. Ztg. 1876. .S. 215, Fi 148 Holle führt an: ‚Bei D. ist der Stamm ziemlich gestreckt und verzweigt. Am Grunde des Blattstiels finden sich keine Stipeln. Die untersuchten Arten dagegen besassen einen radiären, gestreckten Stamm, der dem der Keimpflanzen der Gattung Marattia entspricht, welchen ich in meiner eitirten Arbeit beschrieben habe '). Eine Verzweigung konnte nirgends erkannt werden, obwohl dieselbe nicht ausgeschlossen ist, da die Herbarexemplar__ un- vollständig sind. Am Grunde des Blattstiels sind stets Stipulae vor- handen, deren Gestalt jedoch nicht sicher zu erkennen war, da dieselben völlig verschrumpft waren. Nach Holle findet sich bei D. unmittelbar unter der Epidermis des Blattstieles, ähnlich wie bei Marattia und Angiopteris, hejlgefärbtes Sklerenchym, welches aber nicht wie bei letzteren Gattungen am Grunde des Blattstieles in Collenchym und schliesslich in gewöhnliches Parenchym übergeht, sondern sich in normales braunwandiges Sklerenchym ver- wandelt, das an den Seiten des Blattstieles von einem schwammigen un- verdickten Zellgewebe unterbrochen wird. Das braunwandige Sklerenchym setzt sich auch in den Slamm hinein fort, denselben mit einem ununter- brochenen Sklerenchymmantel bedeckend. Ausserdem aber finden sich zerstreute Gruppen besonders stark verdickter dunkel gefärbter Skleren- chymzellen in der Umgebung der Gefässbündel des Stammes und des Blattstielgrundes. Dieses letztere zeichnet sich von dem peripherischen Sklerenchym dadurch aus, dass seine an unveränderte Parenchymzellen stossende Wände fast immer unverdickt sind. Auch die Rinde der Wurzel ist sklerenchymatisch ausgebildet. Ueber die Anordnung der Gefässbündel sagt Holle nichts. Dieselben sind im Blattstiel, wie aus der Untersuchung hervorging, auch hier wie bei den anderen Marattiaceen zu einem kreisförmigen Gefässbündeleylinder angeordnet, in dessen Inneren ein Centralstrang verläuft. Die einzelnen Bündel sind hier ebenfalls con- centrisch gebaut, nnd zwar ist der centrale Gefässtheil vom peripherischen Siebröhrentheil umgeben. Eine Strangscheide ist nicht vorhanden. Das einige Zellschichten unter der Epidermis verlaufende, hellgelblich gefärbte Sklerenchym geht auch hier am Grunde in riormal gebautes Collenchym und schliesslich in Parenchym über. Der Stamm weist weder einen Sklerenchymmantel, noch irgend welche andere sklerenchymatische Elemente auf und stimmt darin eben- falls mit den anderen Marattiaceen-Gattungen überein. Die Gefässbündel sind denen des Blattstiels conform gebaut. Die Epidermis der Blattunterseite besteht aus ziemlich gleichgrossen mit gewellten Wänden ineinandergreifenden Zellen, deren Spaltöffnungen von 3 bis 4 schmalen langgestreckten Zellen umgeben sind, welche bei )leS. 149 D. elliptica Sm. stets, bei den anderen Species, soviel an dem getrocknelen Material constatirt werden konnte, hier und da Gerbstoff enthielten. Auch der Gattung D. fehlen die den Maratliaceen eigenthümlichen Schleimgänge und Gerbstoffschläuche weder im Stamm noch im Blattstiel. Eine Abweichung der Gattung D. von den übrigen Gattungen der Familie findet dagegen im Bau der Wurzel statt. Wenige Zellschichten unter der Epidermis befindet sich, wie im Blattstiel, ein geschlossener 2 bis 3 Zell- reihen starker Sklerenchymfaserring. In der Innenrinde liegen zahlreiche Schleimgänge, während Gerbstoff- zellen über den ganzen Querschnitt vertheilt sind. Beide Elemente erwähnt Holle nicht. Der centrale Gefässbündelstrang ist von einer Strangscheide umgeben und ist nicht, wie Holle angibt, diarch, sondern besteht bei den untersuchten Exemplaren aus 10 bis 12 Gefässtheilen und ebensoviel Siebröhrentheilen. Eine von mir bei den anderen Marattiaceen-Gattungen nicht be- obachtete Eigenthümlichkeit konnte hier constlatirt werden. Nur bei einigen Exemplaren vonD.alata Sm. bestand das sogenannte Verbindungs- gewebe!) des Wurzelgefässbündels aus unverdickten Parenchymzellen. Bei anderen Exemplaren derselben Species und bei allen der untersuchten übrigen waren dagegen die Zellen des Verbindungsgewebes in stark ver- dickte, gelbliche Sklerenchymfasern verwandelt worden. Die Wurzeln scheinen normal unverzweigt zu sein. Eine Pilzinfection war nicht zu be- ohachten. ‘Nach all dem Vorstehenden kann nur angenommen werden, dass Holle als Danaea trifoliata einen überhaupt nicht zu den Marattiaceen gehörenden Farn untersucht hat, was um so leichter möglich ist, da auch ich folgende Beobachtung gemacht habe. im Berliner Herbarium befindet sich unter Nr. 1295 ein nicht fructi- ficirendes Exemplar, angeblich von Danaea elliptica Sm., welches 1858 von Wilson in Jamaica gesammelt worden ist und aus dem Herbarium des königlichen Gartens zu Kew stammt. Während die anderen, sämmt- lich fruetifieirenden und daher unzweifelhaft als D. zu indentificirenden Exemplare von D. elliptica Sm. obigen normalen Bau besitzen, zeichnet sich jenes Exemplar durch einen ganz anderen morphologischen und ana- tomischen Bau aus. Das kriechende, dorsiventrale Stämmchen trägt an der Oberseite die Blätter, während an der Unterseite die Wurzeln ent- springen. Sowohl das Stämmchen, wie die eingerollten Blattstiele sind mit Paleae besetzt, welche allen Marattiaceen fehlen. Die Blätter ähneln zwar in Gestalt und Nervatur auffällig den Marattiaceen, doch kann .dies allein noch keinen Anhalt für die Richtigkeit der Bestimmung bieten, da, wie schon erwähnt, die Fructificationsorgane fehlen. Das betreffende Exemplar 1) De Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane. Leipzig 1877. S. 365. - 150 trägt übrigens von Wilson die Bemerkung: this is seldom to befound on trees or in fructification. Der anatomische Bau ist dagegen völlig ver- schieden von dem der übrigen Marattiaceen. Die äussere Rinde des Stänmchens besteht aus dünnwandigen,, polyedrischen, dicht aneinander schliessenden Zellen, auf die ein Sklerenchymfaserring folgt. Die Innen- rinde ist an der Unterseite von einem mächtigen, halbmondförmigen Ge- fässbündel durchzogen, während nach der Oberseite zu fünf kleinere Bündel liegen. Ein centrales Bündel ist nicht zu erkennen. Die Bündel sind wie die von Aspidium filix mas L. bicollateral gebaut, d. h. dem Ge- fässtheil sind auf beiden Seiten Siebröhrentheile aufgelagert. Die Bündel sind von einer starken Sklerenchymscheide umgeben. Während Gerbstoff- zellen vorhanden sind, fehlen Schleimgänge völlig. Der Blattstiel trägt zehn Fiederblätter, welche abwechselnd gestellt sind. Er wird von drei Gefässbündeln durchzogen, welche mit einer Sklerenchymscheide umgeben sind. Unterhalb der Epidermis liegt auch hier ein Sklerenchymfaserring, der aber an der Basis nicht in Collenchym übergeht, sondern sich direct in den Stamm hinein fortsetzt. Auch hier sind Gerbstoffzellen vorhanden, während Schleimgänge fehlen. Die Epidermis der Blattunterseite besitzt langgestreckte, ineinandergreifende Epidermiszellen mit normalen Spalt- öffnungen. Die Gefässbündel des Blattes sind zunächst von einem braunen Sklerenchymfaserring, dann von einem ebensolchen, aber farblosen um- geben. Demnach gehört diese Pflanze sicher nicht zu Danaea. Die wesentlichen Resultate dieser Untersuchung sind folgende: 1. Die Gattung Danaea stimmt, in ihrem anatomischen Bau im Wesentlichen mit dem der anderen Marattiaceen überein. 2. Es existiren einige, wahrscheinlich zu den Polypodiaceen gehörende, Farne, welche in ihrer Blattform grosse Aehnlichkeit mit den Marattiaceen zeigen, in ihrem anatomischen Bau aber völlig von diesen verschieden sind. 3. Das kleinste Stammstück einer Marattiacee ist leicht als eine solche zu erkennen an dem Fehlen der sklerenchymatischen Elemente und an dem Vorhandensein von Schleimgängen, Gerbstoffzellen und concentrischen Gefässbündeln. Litteratur. Kohl, Anatomisch-physiologische Untersuchung der Kalksalze und Kiesel- säure in der Pflanze. Ein Beitrag zur Kenntniss der Mineralstoffe im lebenden Pflanzenkörper. Mit 8 lithogr. Tafeln. Marburg 1889. 314 S. Der Verf., welcher sich bei Beginn seiner Untersuchungen zwei Aufgaben stellte, hat die eine, die zerstreuten Beobachtungen und Angaben über seinen Gegenstand zu sammeln und durch eigene Beobachtungen zu vermehren, in verdienstvoller Weise gelöst. Für diejenigen, welche auf diesem Gebiete vorzudringen beabsichtigen, wird das Buch des Verf. eine ganz wesentliche Erleichterung ihrer Arbeit sein, da sie die umfassende Bearbeitung der Litteratur hier vorfinden. Die zweite Aufgabe, welche dem Verf. vorschwebte, war die, aus der Sammlung der Thatsachen womöglich erst 151 den rechten Nutzen dureh Erlangung von Einsicht in die physiolozische Bedeutung der Mineralstoffe zu ziehen. Doch kann man diese vom Verf. durch einen Satz von Solms-Laubach ausgedrückte Hoffnung wohl kaum als erfüllt ansehen. Der Verf hat zwar, seiner Aufgabe entsprechend, nicht, versäumt, an die mitgetheilten Beobach- tungen physiologische Betrachtungen anzuschliessen, allein es sind dies eben mehr Betrachtungen und Hypothesen, zu denen die Beobachtungen vielfach berechtigen können, als zwingende Schlüsse, welche auf dem angezogenen Gebiete ja besonders erwünscht wären. Es darf nicht verkannt werden, welche grosse Schwierigkeiten sich gerade hier der Forschung entgegenstellen, aber deshalb wird es auch nach der Ansicht des Ref. geboten sein, die Lösung dieser Aufgabe nicht mit einseitiger Be- vorzugung einer Methode, sei diese nun die chemische oder anatomische, sondern unter gründlicher Anwendung aller einschlägigen Methoden der Untersuchung anzugreifen. Das in dem Buche des Verf. enthaltene Thatsachenmaterial ist zu umfangreich, als dass es hier vollständig besprochen werden könnte; es kann hier nur unsere Aufgabe sein, eine kürzere Kritik der Darstellung der Thatsachen und einiger Auf- fassungen des Verf. zu geben. Was der Verf. über Kalkpflanzen im Allgemeinen sagt, ist: gewiss zutreffend, es erscheint aber doch unzweckmässig einen ganz neuen Begriff der »Kalkpflanze< neben dem bis jetzt herrschenden aufzustellen, der ja durch des Verf. Auffassung nicht beseitigt wird. Da man bisher die Indicatoren des Kalkbodens mit dem Namen Kalkpflanzen bezeichnete, so dürfte man kaum, ohne Verwirrung anzurichten, denselben Namen auf Pflanzen übertragen, deren Asche sich durch einen hohen Procentgehalt an Kalk auszeichnet. Die ausführliche Behandlung der einzelnen Calciumsalze beginnt in dem Buche mit dem Calciumoxalat. Der Aufführung der vorkommenden Krystallformen reiht der Verf. Versuche zur Ermittelung der Entstehungsbedingungen der verschiedenen Formen und Combinationen an. Beide Abschnitte haben vorwiegend ein krystallo- graphisches Interesse. Bezüglich des Verhaltens des oxalsauren Kalkes im Stoff- wechsel beobachtete der Verf. dieselben Verschiedenheiten wie Schimper, dessen Untersuchungen als bekannt vorausgesetzt werden dürfen. Ref. hält es nicht für sehr glücklich, das verschiedene physiologische Verhalten derselben chemischen Ver- bindung durch die adjectivischen Bestimmungen primär, secundär etc. auszudrücken, da hierdurch leicht zwischen verwandten Wissenschaften Missverständnisse entstehen. Ihren Zweck einer kurzen Verständigung verfehlen aber diese Beiworte natürlich ganz, wenn, wie im vorliegenden Falle zwei Autoren, Kohl und Schimper, dieselben in verschiedenem Sinne anwenden. Die Anhäufung von Caleiumoxalat an Orten, wo Zellwandverdickungen beobachtet werden, veranlasst den Verf. einen Zusammenhang beider Vorgänge anzunehmen, doch nur in hypothetischer Weise, wie dies schon früher (vom Ref. vor Möller in »Die Quebrachorinde«) von anderer Seite ge- schehen. Es lassen sich aus den mitgetheilten Beobachtungen keine bestimmten Schlüsse ableiten. Die ausführlicheren Auseinandersetzungen, welche Verf. im >An- hange zu den Kalksalzen« p. 171 ff. über die Entstehuug und Bedeutung des Cal- ciumoxalates mittheilt, entfernen sich doch im Allgemeinen etwas zu weit vom Boden der Thatsachen, um mehr als Vermuthungen des Verf. zu sein. Die Bildung von Amiden aus Nitraten und Kohlenwasserstoffen ist durch keine Thatsache glaub- würdig gemacht, sondern ganz willkürlich angenommen, um ein Schema für die Eiweissbildung zu vervollständigen. Aber ebendeshalb kann dieses nicht einmal den Werth besitzen zu experimentellen Untersuchungen Anlass zu geben. Die an diesem Orte berechtigtere Meinungsäusserung ‘über die Entstehung der Ozal-äure erscheint aber ebenfalls nicht einleuchtend. Der Verf. ist der Ansicht, dass die Oxalsäure bei der Synthese der Eiweissstoffe entstehe, Wenn man ohne thatsächliche Unterlage 152 über diese Frage discutiren wollte, so würde es Ref. für berechtigter halten, auf Grund der chemischen Vorgänge bei der künstlichen Eiweissspaltung die Oxalsäure in den Pflanzen als ein Spaltungsprodukt der Eiweissstoffe zu bezeichnen. Es ist vielleicht nicht unberechtigt, die Frage autzuwerfen, ob nicht die Oxalsäure bei der Athmung als Spaltungsprodukt von Eiweissstoffen entstehe. So dankenswerth die Zusammenstellung der Beobachtungen über das Calciumoxalat ist, so kann man doch nicht sagen, dass eine erweiterte Einsicht in die Entstehung und Bedeutung des ver- breiteten Salzes aus dem Studium dieses Kapitels sich ergibt. Es gilt dies aber auch für die übrigen Kalksalze. Weder über die Entstehung der Incrustirungan von Calecium- carbonat, noch über dieCystolithen, gelangen wir zu wesentlich erweiterten Anschauungen. Die Ansicht des Verf. über die Funktion der Cystolithen ist zwar neu, bedarf aber doch zunächst einer Bestätigung. Die Cystolithen werden als Speicherorgane betrachtet für kohlensauren Kalk, welcher gelegentlich wieder in den Stoffwechsel eintreten soll, um wanderungsfähige Verbindungen von Calcium und Kohlehydraten zu bilden. »Man kann beobachten, dass aus alten Blättern, die dem Absterben ent- gegengehen, allmählig der grösste 'Tneil des Kalkes in den Stamm zurückgeführt wirde, Ueberlegt man, dass’ in absterbenden Blättern durch die Einwirkung der sauren Zellsäfte auf die Cystolithen sehr leicht eine Lösung des Caleiumbarbonates zu Wege kommen lassen, so ist das Verschwinden des Carbonates verständlich, eine Wanderung ohne Beweis anzunehmen, liegt kein Grund vor. Der Verf. schliesst überhaupt mehrfach aus dem blossen Verschwinden von festen Substanzen ohne Weiteres auf eine »Wanderung« derselben. Der zweite Abschnitt des Buches, welcher das Vorkommen der Kieselsäure be- handelt, beschränkt sich mehr als der erste auf die Nachuntersuchung der vorhandenen Angaben. Ausführlicher in eigenen Untersuchungen wendet sich der Verf. den Stegmatis zu, welche bei den Dicotylen nicht vorzukommen scheinen bei den Palmen, Pandaneen, Cannaceen, Musaceen, einem Theil der Orchideen und bei einer Anzahl Pteridophyten gefunden wurden. Die später gewöhnlich linsenförmigen Deckzellen gehen durch Theilung aus Pärenchymzellen hervor, in ihnen scheiden sich die aus amorpber Kieselsüure bestehenden Inhaltskörper ab. In der Auffassung der eigen- thümlichen Kieselkörper als Ventilverschlüsse, welche die Wasserbewegung reguliren sollen, scheint mir der Verf. wieder etwas kühn in den Hypothesenschatz gegriffen zu haben. Nicht immer sind auch die Speculatiouen des Verf. klar durchdacht. Derselbe erblickt in der Verkieselung der Podostemaceen ein wirksames Schutzmittel gegen das Austrocknen und gegen Zerreissen durch Wassergewalt: »man wird es von vornherein begreiflich finden, dass die Podostemaceen, sollen sie die Trocken- periode auch nur eine kurze Zeit lang ertragen oder gar überstehen, um bei dem nächsten Wasserzufluss weiter zu wachsen, ganz besondere Einrichtungen besitzen müssen, welche das schädliche Zusammenfallen ihrer Gewebe verhindern«. Verf. erblickt in der Erzeugung verkieselter Zellinhalte ein wirksames Schutzmittel gegen diese Gefahr. Inwiefern aber eine Steifung durch Kieselsäureeinlagerung die Pflanzen vor übertriebener Verdunstung schützen soll, erhellt nicht aus den Angaben des Verf. Es kann den Podosteniaceen bitterwenig daran liegen, wenn sie nach völligem Vertrocknen auch noch so steif ausschen. Auch in dem zweiten Theile er- scheinen dem Ref. die thatsächlien Beobachtungen wichtiger und dankenswerther, als die theoretischen Erörterungen. Die ersteren hat der Verf. durch 8 Tafeln mit einer Fülle schön gezeichneter Abbildungen erläutert, welche ganz besonders dem Buche eine dauernde Benutzung sichern. Die correetere Wiedergabe zahlreicher der an- geführten Pflanzennamen wäre erwünscht gewesen. Dr. A. Hansen. 153 F. von Müller, records of observations on Sir William Mac Gregor’s Highland - Plants from New - Guinea. Neu-Guinea’s, so lange ganz unbekannte Pflanzenwelt, bietet, wie schon jetzt ersichtlich ist, höchst interessante pflanzengeographische Verhältnisse und vor Allem gilt dies von der Hochgebirgsflora dieser Insel. Zöllers bekannte Expedition hat eine botanische Ausbeute, soweit Ref. bekannt, nicht ergeben. Bekanntlich hat der Gouverneur von Britisch Neu-Guinea, Sir W. Mac Gregor, eine Besteigung der Owen Stanley -Kette ausgeführt. F. von Müller hat .eine Bearbeitung der in einer Höhe zwischen 8000 und 13000 Fuss gesammelten Pflanzen gegeben. Es sind deren 80. Davon ist, soweit sich bis jetzt beurtheilen lässt, nicht weniger als die Hälfte endemisch. Zwei der endemischen Arten Ischnea elachoglossa und Decatoca Spencerü stellen neue Gattungen dar. Die eineist der ausschliesslich italienischen (sehr seltenen) Composite Nananthea perpusilla, die andere der australischen (hauptsächlich alpinen) Trachocarpa verwandt, Von den anderen endemischen Pflanzen gehören 17 Himalaya- Typen an, obwohl einige derselben auch Anklänge an die Sundavegetation (a touch of the Sundaic vegetative element) zeigen. Auffallend ist die reichliche Vertretung von Ericaceen- (inel. Vaceiniaceen)-Formen, die in Australien nur spärlich und aus- schliesslich in der alpinen Region vorkommen, Andererseits kommen sogar vor- wiegend alpin-australische, neuseeländische und sub-antarktische Typen in der Hochlands- Vegetation von Neu-Guinea vor (soweit sich bis jetzt übersehen lässt). Dies wird bewiesen durch das endemische Vorkommen von Ranunculus amerophyllus, Metrosideros Regeli, Rubus dielinis, Olearia Kernotii, Vittadinia Alinae, V. macra, Veroniea Lendenfeldtii, Libocedrus Papuana, Phyllocladus hypophyllus, Schoenus cur- vulus und Festuca oreoboloides, ferner kommen eine Anzahl von Arten in Neu- Guinea vor, welche mit denen der obengenannten Gebiete identisch sind. Merk- würdigerweise finden sich aber auch vier Pflanzen, die bis jelzt nur von den (Nepenthes — berühmten!) Höhen des Kina Balu') in Borneo bekannt waren; es sind dies Drinys piperita, Drapetes ericoides, Rhododendron Lowii und Phyllocladus hypophyllus. Noch auffallender ist das Vorkomnien von Taraxaenm offieinale und Scirpus caespitosus, welche den malayischen Inseln und dem australischen Continent fehlen. Von weitrerbreiteten Pflanzen sind zu nennen: Ajra caespitosa, Festuca ovina, Lycopod. celavatum, L. Selago, auch eine Potentilla kommt vor. Mögen bald weitere erfolgreiche Forschungsreisen, namentlich auch in Deutsch- Neu-Guinea (Kaiser Wilhelmsland), weitere Aufschlüsse ergeben! Erst dann werden allgemeinere Erwägungen eine feste Basis haben. KG Eingegangene Litteratur. Bachmann, Ueber nichtkıystallisirte Flechtenfarbstoffe, ein Beitrag zur Chemie und Anatomie der Flechten. 8.-A. aus Pringsheim’s Jahrb. f. wiss. Botanik. Ba. XXI, Heft 1. Boehm, Ursache des Saftsteigens. $.-A. aus d. Ber. d. Deutschen Bot. Ges. Jahr- gang 1889, Band VII. * 1) F. von Müller schreibt Kini-Balu, die obige Schreibweise, welche z. B. auch _ von Burbidge, der den Berg besuchte, angewandt wird, dürfte die richtigere sein. 154 Errera, Sur la distinetion mierochimique des Alcaloides et des matieres prot&iques. Extrait des Annales de la, Societe belge de mieroscopie. t. XIII, 2e fascicule 1889. Gravis, Anatomie et Physiologie des tissus conducteurs chez les plantes vasculaires. Extr. des M&moires de la soc. belge de microscopie, t. XU. Heinricher, Johann Peyritsch. 8.-A. a. d. Ber. d. deutschen botan. Gesellschaft. Jahrg. 1889, Band VII. Hempelu. Wilhelm. Die Bäume und Sträucher des Waldes. U. Lieferung. Jännicke, Gekeimte Samen in Früchten von Impatiens longicornis Wall. S.-A. a. d. Ber. d. Deutschen Bot. Ges. Jahrgang 1889, Band VII, Heft 8. Keller, Das Potentillarium von Herrn H. Siegfried in Winterthur. S.-A. a. d. Bot. Centralblatt Nr. i Klebs, Zur Physiologie der Fortpflanzung. 8.-A. a. d. »Biol. Centralblatt« Bad. IX, Nr. 20 und 21. Müller, Baron Ferdinand von, Records of observations on Sir William Mac Gregor’s Highland plants from New Guinea. Prahl, Kritische Flora der Provinz Schleswig -Holstein, des angrenz. Gebiets der Hansastädte Hamburg u. Lübeck u. des Fürstenthums Lübeck. IT. Theil, 1. Heft: Kritische Aufzählung und Besprechung der im Gebiete beobachteten oder aus demselben angegebenen Gefässpflanzen und ihrer Formen. Rostowzew, Ein interessanter Wohnort wilder Pflanzenformen oder Verzeichniss der auf der »Galitschja Gora« wildwachsenden Pflanzen. $.-A. a. d. Botan. Centralblatt. Schütt, Ueber Auxosporenbildung der Gattung Chaetoceros, S.-A. a. d. Ber. d. Deutschen bot. Gesellschaft. Jahrgang 1889, Band VII Schröter u. Stebler, Die besten Futterpfanzen,. 11T. Theil. Die Alpen -Futter- pflanzen. Bern, Verlag v. K. J. Wyss. — — Beiträge zur Kenntniss der Matten und Weiden der Schweiz. 8.-A. aus dem ‚Landw. Jahrbuch der Schweiz. III, 1889. Schröter u. Fischer, Rapport sur une excursion botanique & la Grigna di Man- dello. $.-A. d. ]. bibliotheque universelle, III. periode, tome XXL. . Schröter, Beiträge zur Kenutniss schweizerischer Blüthenpflanzen. S.-A. aus dem Jahresbericht der St. Gallischen naturw. Gesellschaft 1887/1888, Taubert, Monographie der Gattung Stylosanthes. S.-A. a. d. Abh. d. Bot. Vereins d. Prov. Brandenburg. XXXI. Voigt, Localisirung des ätherischen Oeles in den Geweben der Allium-Arten. 8.-A. a. d. Jahrbuch der Hamb. Wissenschaftl, Anstalten VL- Wettstein, Untersuchungen über »Nigritella angustifolia Rich.« S8.-A. aus dem Ber. d. Dentsch. Bot. Gesellschaft. 1889. Bd. VII, Heft 8. — -— Studien über die Gattungen Cephalanthera, Epipactis und Limodorum, S.-A. aus der »Oestr. Bot. Zeitschrift«. Jahrg. 1889, Nr. 11 und 12. — 0 Do mm Marburg. Universitäts-Buchdruckerei (R. Friedrich), “ Flora 1890. 3. Girösserhagen adnak. del. Flora: 1800: D\ ann Y D@ W-A.Meyn iuh. 2 2 „% 2 00,8 ce 2 o 0 v0; De 00e”. un u“ “5 was Ye Fi 1 Jet 3 Ansenäurk . - MISSOUN: BOTANICA. GARDEN. Arbeiten aus dem botanischen Institut zu Marburg. VII 8. Rostowzew: Beiträge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen. 1. Umbildung von Wurzeln in Sprosse. In der Litteratur findet sich eine Anzahl von Angaben über die Um- wandlung einer Wurzelspitze in einen Spross. Viele Beobachter erwähnen diese Bigenthümlichkeit bei den verschiedensten Pflanzen, Gefässkrypto- gamen und Phanerogamen, aber nur in wenigen Fällen ist diese Er- scheinung genauer untersucht und sicher nachgewiesen worden, in den meisten anderen bedarf sie noch sehr der Bestätigung. An die erste Stelle der zweifellos constalir, ‘en Thatsachen betreffs der Umwandlung einer Wurzelspilze in einen Stross, müssen wir die monocotyle Pflanze, Neottia nidus avis, stellen. ! Viele Autoren, Vaucher!), Reichen- bach?), Irmisch®), Prillieux*), Hofmeister®), bieten mehr oder minder genaue Angaben über diese Eigenthümlichkeit der Neottiawurzeln dar und Warming‘) hat sie genau untersucht. Bei der Umwandlung einer Wurzelspitze in einen Spross bei dieser Orchidee erneuert sich die Haube der Wurzel nicht mehr, die Spitze der Wurzel verengt sich, sie wird weisslich, da die Haube abfällt. Dann erscheinen am Sprosse das erste Blatt und nachher die erste Wurzel des Sprosses. Das Gefässbündel der veränderten Wurzel geht geradezu in den Spross über und dabei verändert sich die Vertheilung des Phlo&ms und des Xylems im Gefäss- bündel. Am Querschnitte der Stelle, wo die Wurzel in den Spross über- geht (Fig. 11, Warming’scher Taf. IV) sieht man, dass einige Phlo&m- elemente nicht nur zwischen Xylempartieen, wie in der normalen Wurzel (Fig. 12, Taf. IV), sondern auch vor denselben liegen. Wahrscheinlich dreht sich hier das Gefässbündel und nimmt also den typischen Stamm- bau an. Ein anderer zweifelloser Fall der Wurzelspitzenumbildung in einen Spross ist bei Anthurium longifolium von Goebel?) nachgewiesen. Er 1) Vaucher: Hist. physiologique des plantes d’Europe. IV. 2) Reichenbach: De pollinis orchidearum genesi ac structura. Lipsiae 1852, 3) Irmisch: Beiträge zur Biologie und Morphologie der Orchideen, 1852, und Bot. Zeit. 1857. 8. 472, 4) Prillieux: Ann. d. sc. nat. IV. ser. 1852, 5) Hofmeister: Allgem. Morph. $. 428. 6) Warming: Om Rödderne hos Neottia nidus AvisL. (Medd. fra den naturhist. ‚Forening i Kjobenhavn. 1874, N. 1—2). 7) Bot. Zeit. 1878. 8. 645. Flora 1890. 11 og: 5 da. YF 156 hat bei einem älteren Exemplar von dieser Pflanze an der Oberfläche des Topfes zahlreiche junge Pflänzchen gefunden, welche, wie die Beobach- tungen gezeigt haben, direct an den Wurzelspitzen sassen. Die Ver- änderungen der Wurzel beginnen nach des Verfassers Beobachtungen damit, dass an der Spitze der Wurzel, welche der Oberfläche des Bodens nahe ist, einige grünliche Schüppchen erscheinen, die bei weiterem Wachsthum des Pflänzchens verkümmern. Nachher bemerkt man eine kleine Einschnürung an der Wurzelspitze; auf die Einschnürung folgt eine knötchenförmige Anschwellung, der erste Knoten des jungen Pflänzchens, welches bald Blätter entwickelt. Das Gefässbündel und der anatomische Bau der Wurzel geht direct in den des Stanımes über. In der Wurzel befindet sich ein centrales polyarches Gefässbündel, dessen centraler Theil von cinem Strange langgestreckter diekwandiger Bastzellen eingenomnien wird. Bei dem Ucbergange verschwindet vollständig der Gentralsklerom- strang und verlaufen die Gefässtheile des Wurzelgefässbündels unregel- mässig, geschlängelt und gewunden. Von einem Gefässtheil der Wurzel gehen gewöhnlich zwei Gefässtheile in den Stamm. Querschnitte durch die Uebergangsstelle zeigen, dass an der Aussenseite des Wurzelgefäss- bündels die Parenchymzellen Theilungen erfahren und der Verfasser glaubt, dass aus diesen Zellen ein Phloömtheil sich vor jedem Gefässtheil bildet und auf diese Weise das neue Gefässbündel den collateralen Bau erhält. Ob diese Phloömtheile des Sprosses mit denen der Wurzel in Verbindung stelien, hat der Verfasser nicht nachgewiesen. In diesen zwei Fällen ist die uns interessirende Erscheinung bei den Phanerogamen zweifellos constatirt. Es gibt auch noch einige zufällige lückenhafte Beobachtungen dieser Erscheinung bei anderen Phanerogamen. Obwohl diese Angaben in Lehrbüchern und in Abhandlungen von vielen Beobachtern ziemlich oft erwähnt worden, sind sie nicht mit Sicherheit nachgewiesen, sie sind zum Theil zweifelhaft und unrichtig. So bemerkt Beer!), dass bei Catasetum tridentatum, einer Orchidee, »eine voll- kommene junge Pflanze sich an der Wurzelspilze bildet.« Diese kurze Bemerkung ist nicht genau genug, um diese Angabe für zweifellos halten zu können. Karsten’s Beobachtung über die Entwickelung des Blüthen- standes resp. des Sprosses aus einer Wurzelspilze bei einer gefüllt- blühenden Gartenbalsamine ist unvollständig. Das sieht man schon an den Notizen des Verfassers selbst. Er sagt?), dass »die umgebildete Wurzel aus der Basis eines Asles entsprossen war....« »Das Gewebe der Wurzelmütze war in der Entwickelung augenscheinlich zurückgeblieben, dagegen hatte an deren Stelle die Epidermis mit den äusseren Schichten des Rindengewebes, bis fast zur Spitze hin das Cambium überwachsen, 1) Beer: »Praktische Studien an der Fam. der Orchideen«. Wien 1854. S. 36, 2) Karsten: »Blumenentwicklung aus einer Wurzelspitzec, Flora 1861. 8. 232. 157 aus dem die Blumenknospen sich entwickelt hatten«'). Diese Beschreibung. ist nicht klar genug, um daraus einen sicheren Schluss über das Wesen der beobachteten Erscheinung abzuleiten. Die Angaben von diesem Verfasser über die. Umwandlung der Wurzel- spitze in einen Spross bei einer Dioscorea®?) sind auch nicht gut nach- gewiesen und sehr zweifelhaft. Bei mehreren Dioscorea-Arten kommen einige unterirdische Knöllchen durch eine eigenthümliche Veränderung der Wurzeln vor. Sachs?) hat solche Knöllchen bei D. sativa und D. Japonica untersucht. Nach dieser Beobachtung unterscheiden sich aber ganz entwickelte Knöllchen sehr von den echten Wurzeln, da sie keine Haube haben und einen ganz besonderen anatomischen Bau besitzen. Sachs hat beobachtet, dass neue Sprosse sich aus dem dünnen Ober- ende der Knöllchen entwickeln. Er hat auch einige Knöllchen in 3—10 Stücke geschnitten und an jedern Stück entstand wenigstens eine neue Pflanze; jede von diesen Pflanzen hatte eine Hauptwurzel und einen Hauptspross, verhält sich also ganz ähnlich, wie eine sich aus einem Samen entwickelnde Pflanze. Karsten beobachtete auch die Entwickelung eines Sprosses bei einer unbestimmten Dioscoree. Er sagt‘), »dass an dem unteren Ende dieser Knollen dort, wo früher die Wurzelmütze sich befand, bei der Dioscorea sich später Knospen bilden, die einen beblälterten Stamm entwickelne. Die Angabe Karsten lässt nicht zweifellos erkennen, ob eine wirkliche Wurzelumbildung oder eine Adventivknospe an den Knöllchen vorlag. Vaucher?) erwähnt, dass eine Entwickelung eines Sprosses aus einer Wurzelspitze bei einer anderen Dioscoreengattung — Tamus — vor- kommt. Aber schon Dutrochet und Mohl®) haben darauf aufmerksam gemacht, dass bei Tamus das Rhizom eine eigenthümliche Veränderung annimmt: es besteht aus einem einzigen Internodium, welches sich in concentrischen Schichten verdickt und nicht aus axillaren Knospen Stengel treibt, sondern dieselben aus Adventivknospen entwickelt. Dasselbe war wahrscheinlich auch bei Vaucher der Fall. Unter den Gefässkryptogamen ist die Umbildung einer Wurzelspitze in einen Spross bis jetzt nur bei einer Polypodiaceenart, Anisogonium seramporense Presl durch Lachmann’) constatirt. Dieser Beobachter 1) L.c. p. 283. 2) Karsten: Die Vegetationsorgane der Palmen. Berlin 1847. 8. 118. 8) Sachs: Stoff nnd Form der Pflanzenorgane. Arbeit, des bot. Inst. in Würz- burg. IV. H. 1882. S. 708. 4) L. e. p. 113. 5) Vaucher: Hist. phys. p. 323. 6) Citaten nach Schnitzlein: Iconoger. I. t. 57. 7) Lachmann: Contributions & l’histoire naturelle de la racine des Fougeres p- 159. i 11* nn. Ze 158 hat bei einem grossen, gut entwickelten Exemplare dieses Farns im Ge- wächshause von Lyon drei Pflänzchen gefunden, welche aus den Enden der Wurzeln entstanden waren. Diese Wurzeln, die Verfasser als »les racines gemmipares« bezeichnet, verliefen horizontal, nicht allzu tief unter dem Boden und unterscheiden sich nicht von’ den anderen unveränderten Wurzeln dieser Pflanze; sie waren von normalem Bau und Ansehen. Ich werde die Gelegenheit haben, noch genauer auf diesen Fall einzu- gehen. Obwohl der Verfasser nicht jüngere Stadien beobachtet hat, müssen wir annehmen, dass hier thatsächlich eine Wurzelspitze sich in einen Spross umbildet, da die vom Verfasser beobachteten Sprosse direct an den Wurzelenden sassen und das Wurzelgefässbündel direct in das des Sprosses übergeht und da zweitens Anisogoninm seramporense dieselbe Pflanze ist wie Asplenium esculentum Kr.'), deren Wurzelspilzenumwandlung in einen Spross ich mit Sicherheit nachgewiesen habe. Ausser diesem Falle kennen wir keine andere Gefüsskryptogamen- pflanze‘, bei welcher die Wurzelspitzenumwandlung in einen Spross vor- kommt, obwohl man noch Ophioglosseenarten erwähnt, aber das ist nicht ‚ „richtig. Obwohl verschiedene Autoren, (Mettenius, Hofmeister, Van Tieghem, Fee, Holle, Lecog, Duval-Jouve und andere) / über die Knospenerscheinung an den Wurzeln von Ophioglossum (vul- gatum, peduneculosum, nudicale) und Botrychium lunaria bemerken, sieht man nach diesen Beobachtungen nicht, dass die Knospen bei diesen Arten durch eine Wurzelendungveränderung hervorgeht. Vergl. z. B. Angaben ‘von Hofmeister?) Van Tieghem?) und Holle*). Zwar sieht man, dass der junge Spross auf einer Wurzel, an der Stelle®), wo eine Neben- wurzel erscheinen sollte, sitzt; allein damit ist nicht nachgewiesen, dass sich hier die Nebenwurzel in einen Spross umbildet. Endlich rechnen einige Autoren zu der Kategorie der Erscheinungen der Wurzelspitzenumwandlungen in einen Spross auch die Entwickelung des Laubsprosses bei Selaginella- Arten, die Pfeffer) beobachtet hat. Bei einigen Selaginella-Arten ($. laevigata, Martensii und inaequalifolia”) findet man beblätterte Sprosse an der Stelle der ‚Wurzelträger, besonders dann, wenn die über den Wurzelträgern stehenden beiden Gabelsprosse ' 1) Vergl. Hooker: Sp. Fil. 3. p. 268: Asplenium esculentum = An. serampurense. 2) Hofmeister: Abhandl. der Königl. Sächs. Gesellschaft der Wissensch. 1856. 1. Bd. S. 133. 3) Van Tieghem: Ann. sc. nat. 5. ser. t. XII. p. 111. 4) Holle: Bot. Zeit. 1875. S. 813. 5) s. Holle, 1. c. Fig. 10. 6) Pfeffer: Die Entwickelung des Keimes der Gattung Selaginella. Hanstein’s Bot. Abh. Ba. 1, Heft V, 1867. 8. 67. 7) Beijerinek (Beobachtungen und Betrachtungen. Amsterdam 1886. 8. 16) hat noch solche Sprosse bei S, denticulata und $, Galeottiana beobachtet. 159 weggebrochen waren. Jedoch muss man hier zuvor nachweisen, ob die Wurzelträger Wurzeln ohne Haube oder blattlose Sprosse sind. . Nach der oben geführten Betrachtung der wichtigsten Angaben über die Wurzelspitzenumwandlung in einen Spross, sehen wir, dass diese Er- scheinung ohne Zweifel nur bei Neottia nidus avis, Anthurium longi- «ı folium , Anisogonium seramporense (oder Asplenium esculentum) nach- gewiesen ist. (Nachher ist die Zahl solcher Pflanzen vergrössert worden etzt können wir zu diesen Pflanzen noch Platyceriumarten rechnen. Schon Sachs’) hat die Vermuthung ausgesprochen, dass bei Platycerium Willinkii sich eine Wurzelspitze in einen Spross umbilden kann, und diese Vermuthung ist jetzt durch nreme Beobachtungen bestätigt. Ich habe die Umbildung der Wurzelspitze in einen Spross bei Asple- nium esculentum Pr. und Platycerium aleicorne Desv. untersucht, ausser- dem habe ich solche Umwandlung bei anderen Platyceriumarten, welche in den Marburger Gewächshäusern eultivirt werden (Pl. Willinkä Ur., Pi. Siemmaria Desv. und Pl. Hilli Moore) beobachtet. Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Herrn Prof, Goebel für die Ueberlassung des Untersuchungsmaterials und für das grosse Interesse, welches er für meine Arbeit gezeigt hat, an dieser Stelle verbindlichst zu danken. Im Spiritusmaterial von Asplenium esculentum, welches mir Herr Prof. Goebel liebenswürdig zur Verfügung gestellt hatte, habe ich eine grosse Anzahl junger Sprosse gefunden; wie die nähere Untersuchung ergab, stellten dieselben Wurzelendenumwandlung in Sprosse in allen mög- lichen Entwicklungsstadien dar. Dieses Material war in Rosiock von Herrn F. Schulze (früher Universitätsgärtner in Rostock), welcher auf diese Erscheinung schon einige Jahre vor der Publikation Lachmann’s aufmerksam machte, von einem grossen Exemplar von Asplenium ge- sammelt worden, welches im Gewächshause des dorligen botanischen Gartens cultivirt wird. Die umgebildeten Wurzeln waren von verschiedenem Alter und ver- schiedener Grösse, einige waren sehr jung, fein und kurz, einige waren “ ziemlich ‚lang und dick (bis 2mm), also kann die Wurzelspitze in ver- schiedenem Lebensalter sich in einen Spross umbilden, in einigen Fällen geschieht das wahrscheinlich schon, bevor die Wurzel noch die Rinde ihrer Abstammwurzel durchbrochen hat. Nach den Notizen des Rostocker Universitätsgärtners und so viel man aus dem Spiritusmaterial urtheilen konnte, bilden sich sehr leicht Sprosse aus den Nebenwurzeln solcher Wurzeln, von denen die Spitze abgeschnitten worden ist (Taf. IX, Fig. 1). Man bekommt mit ziemlicher Sicherheit zu Sprossen umgebildete Wurzeln, wenn man ein Stück einer gut entwickelten, gesunden Wurzel von der 1) Sachs: Vorlesungen. 1. Aufl. 8. 29. zu 160 Pflanze abschneidet, wie die Beobachtungen des Herrn Schulze und die meinigen im Marburger Gewächshause gezeigt haben. Da die von mir untersuchten Sprosse ziemlich klein waren und nur kurze, aber gut ent- wickelte Blätter hatten, müssen wir annehmen, dass sie sich an solchen Wurzeln bilden, welche nicht tief im Boden liegen, wie das auch Lach- mann in Lyon beobachtet hat. Es ist sehr interessant, dass bei dem Asplenium esculentum gewöhn- lich nur diese eine Vermehrungsart existirt; fertile Blätler werden hier, soviel bekannt, nur äusserst selten gebildet. Das Rostocker Exemplar, welches massenhaft junge Sprosse aus Wurzeln bildet, hat bisher niemals fertile Blätter entwickelt. Auch in Lyon befindet sich nach Lachmann‘) ein grosses Exemplar dieser Pflanze, an welchem noch nie Sporenbildung beobachtet wurde. Es ist meine Aufgabe, zunächst zu untersuchen, welche anatonıischen "Veränderungen in der Wurzel bei ihrer Umbildung zum Spross vor sich gehen. Nach Erledigung dieser Frage wird es interessant sein, auch über die äusseren Ursachen Näheres zu erfahren. Vorläufig kann ich freilich zur Aeliologie nur wenige Angaben machen, welche sich auf Beobach- tungen an todtem Material und einige an lebenden Pflanzen stützen. Ich kann nur sagen, dass die umgebildeten Wurzeln der von mir untersuchten Farnarten immer gesund, gut genährt, ihre Rinde reich an Stärke oder an Schleim (bei Platycerium) waren, und dass sie nahe der Oberfläche des Bodens oder ganz auf derselben (Platycerium) liegen. Eine spätere Fortsetzung meiner Arbeit wird mir hoffentlich gestatten, auf Grund experimentaler Untersuchungen eingehender die Ursachen der Umbildungs- erscheinung klarzulegen. Die Wurzeln der von mir untersuchten Farnarten haben ganz nor- malen Bau. Bei Asplenium esculentum und Platycerienarten sind sie diarch gebaut und haben viele zweizeilig gestellte Nebenwurzeln (Fig. 1 und Fig. 2). Bei Asplenium bildeten sich grösstentheils die Endungen der Hauptwurzeln um (Fig. 1), aber nicht selten auch die der Neben- wurzeln: manchmal konnte man auf einem Wurzelstück viele Sprosse finden, von denen die einen an der Spitze einer Hauptwurzel, die anderen an der der Nebenwurzeln sassen, manchmal beobachtete man einen Spross nicht am Ende der Wurzel, sondern an ihrer Seite (Fig. 1, Sp‘ und fol- gende Fig.), wie das zu erklären ist, werde ich weiter unten auseinander zu setzen Gelegenheit haben. Bei ‚Platycerienarten waren, wie Fig. 2 (Pl. alcicorne) zeigt, die Haupt- und Nebenwurzeln zu Sprossen umge- wandelt und bei P. aleicorne fanden sich nicht selten eine grosse Anzahl solcher Sprosse dicht bei einander. Bisweilen war aber bei Pi. alcicorne und grösstentheils bei anderen Platycerienarten auch an einem grösseren l) L.e p. 159. 161 Wurzelstück nur eine einzige Umwandlung zu finden. Die Zahl der Sprosse ist vom Alter der Mutterpflanze abhängig. Die Wurzeln der heiden Farnarten haben eine tetraedische Scheitel- zelle, der Vegetationspunkt ist mit einer gut entwickelten Haube bedeckt, Bei Platycerium ist die Scheilelzelle ziemlich tief in das Meristemgewebe der Wurzel eingesenkt. Bei Asplenium liegt die Scheitelzelle hoch und tritt aus dem Meristemgewebe der Spitze empor, so dass das Ende der Wurzel zugespitzt ist (Fig. 1), bei Platycerium ist es stumpf (Fig. 2), da die Wurzelhaübe bei dieser Art etwas weniger entwickelt ist als bei Asplenium. Die Oberfläche der Neben- und Hauptwurzeln ist bei Platycerium in ihrer ganzen Länge, wie meistentheils bei epiphytischen Pflanzen, dicht mit braunen Haaren bedeckt (Fig. 2); bei Asplenium (Fig. 1), als bei einer Landpflanze, stehen die Haare nur an einer kurzen Strecke des Wurzel- endes unweit von ihrer Spitze. Die braunen Haare des Platycerium sind ziemlich lang, am Ende bisweilen verzweigt und einige von ihnen stellen eine dünne Röhre dar, welche von Pilzfäden und Conidien über- ragt ist. Die Wände der Haare sind braun und bestehen aus umgewan- delter Cellulose, welche der Wirkung der kochenden Kalilauge und Schwefelsäure widersteht, nur das Ende einiger Haare ist farblos und es besteht aus reiner Cellulose; bisweilen fällt dieses farblose Ende bei dem nächsten Haarwachsthum ab und es bildet sich dann eine dünne Röhre. Die jüngsten, dicht an der Wurzelspitze stehenden Haare sind ganz farb- los. Man muss annehmen, dass die alten Haare die Function haben, die Wurzel gegen starke Wasserverdunstung und gegen das Austrocknen zu schützen, während die jüngsten Haare das Wasser und die Nährstoffe aus dem Substrat absorbiren. Wahrscheinlicher wird diese Annahme noch durch den Umstand gemacht, dass die Wände der Epidermiszellen weiter rückwärls von der Wurzelspitze ebenfalls incrustirt und zur Wasser- aufnahme unfähig gemacht sind. Von der Pilzinfection kann ich nur einige Worte sagen. Einige sehr dünne Hyphen des Pilzes, dessen Natur nicht nachgewiesen ist, um- ‚schlingen manchmal sehr dieht einige Haare, treten in dieselben ein, ent- weder durch ihre Oeffnungen oder mit Durchbrechung ihrer Wände. Die Hyphen strecken sich durch die ganze Länge des Haares, manchmal ver- zweigen sie sich und bilden in einer Epidermiszelle einen Knäuel. Diese Hyphen sind sehr dünn und fein und haben zerstreute glänzende Körper. Nicht selten beobachtet man Gonidienbildung dieses Pilzes, welche in der Weise vor sich geht, dass das Ende einer Hyphe Conidien abschnürt, manchmal bilden sich die Conidien auch mitten in einer Hyphe, indem eine Partie derselben anschwillt und sich zu Sporen umbildet. Die Coni- dien bilden sich massenhaft und eine Epidermiszelle und Haare waren völlig mit derselben erfüllt. 162 Die Zellen der Wurzelrinde haben inerustirte Gellulosemembranen von gelblicher Farbe, die äusseren sind dunkler als die inneren; auf den porösen Membranen sieht man sehr klar ohne Behandlung mit Reagentien eine Streifung. Die Rinde hat folgenden Bau: ihre erste Schicht besteht aus tafelförmigen Zellen, deren grosser Diameter auf Querschnitten radial gerichtet ist, bei anderen Schichten (4—-6) der Rinde ist der grosse Dia- meter tangential gerichtet. Das Gefässbündel ist von einem gut ent- - wickelten Sklerenchym beschützt. Die sklerenchymatischen Zellen sind dunkelbraun, mit selır verdickten Wänden und von Porenkanälen durch- zogen. Das sklerenchymatische Gewebe bildet im Querschnitt entweder zwei halbmondförmige Platten, welche den Phloömtheilen gegenüber liegen, oder einen vollen Ring. Das diarche Gefässbündel ist mit gut entwickelter Endodermis umringt; auf die Endotermis folgt nach innen zu der Peri- cikel (oder Protophloöm), welcher beinahe aus drei Schichten Zellen be- steht, von denen die der ersten Schicht fast doppelt so gross sind als die der anderen. Das Phlo&m besteht aus zwei Partien, welche dem Xylem anliegen. Die mittleren Elemente des Xylems sind bisweilen unverholzt. Bei Asplenium erfahren die Wurzelhaare keine solche Veränderung, wie bei Platycerium, und sterben bald ab. Die Rinde besteht aus Zellen von beinahe isodiametrischem Querschnitt, welche in der Mitte der Rinde grösser sind, als an ihren Grenzen. Ihre porösen Membranen sind in den innersten Schichten der Rinde am dicksten, nach aussen zu nehmen sie allmählich an Dicke ab; sie sind braun. Also bildet sich ringsherum um das Gefässbündel eine Röhre von diekwandigen Zellen. Das diarche Gefässbündel hat eine gut entwickelte Endodermis, einen Pericikel, welcher aus zwei Schichten von Zellen besteht, von denen die am Xylem an- liegenden kleiner sind als die anderen. Bei einigen so gebauten Wurzeln tritt zu einer Zeit, unter dem Ein- fluss noch nicht bekannter Bedingungen eine Veränderung der Theilung der tetraedrischen Scheitelzelle ein, d. h. sie beginnt nur nach drei Rich- tungen sich zu theilen, die Abgrenzung eines oberen Segmentes, welches zur Bildung der Wurzelhaube nöthig ist, unterbleibt, die Scheitelzelle zeigt also gleiches Veghalten, wie die des Sprosses, die Wurzel bildet sich also direkt in einen Spross um, Das ist das erste Stadium der Umbildung. Die 'Theilungen in der Scheitelzelle setzen. sich in derselben Ordnung fort, aber die Sprosssegmente Itheilen sich auf andere Weise, als die der Wurzel, und dadurch ist die Grenze zwischen dem Sprosse und der Wurzel leicht zu bestinnmen (Fig. 3). Die Sprosssegmente theilen sich durch Wände nach den drei Richtungen des Raumes und es bildet sich also ein Zellkörper, welcher bei Asplenium zugespitzt (Fig. 3), bei Platycerium (Fig. &) anfangs etwas vertieft und nachher flach ist. Dieser Zellkörper besteht zuerst aus meristematischem Gewebe, aber schon früh tritt eine Diflerenzirung derselben ein. Die äussern Zellen des Zellkörpers 163 nehmen parenchymatischen Charakter an (Fig. 3, 4), in dem Gentrum des Körpers erscheinen langgestreckte Elemente, welche das Gefässbündel bilden; an der Spitze des Körpers rings um die Scheitelzelle befindet sich meristematisches Gewebe und bei ‚Platycerium besteht die erste Schicht desselben aus tafelförmigen Zellen, welche perpendieulär zur Oberfläche angeordnet sind. Die ersten Stadien der Wurzelumbildung sind ohne Schnitte sehr schwer zu erkennen. Es giebt nur ein Merkmal, und namentlich, wenn die Wurzelspitze sich in einen Spross umgewandelt hat, so verlängert sich die Wurzel nicht mehr so rasch und die Wurzelhaare stehen also näher an der Wurzelspitze, als auf den unveränderten Wurzeln, besonders be- obachtet man das bei ‚Platycerium (Fig. 2). Nachher, wenn der Zellkörper schon ausgebildet ist, kann man leicht die veränderten Wurzeln von den normalen unterscheiden, da sie an ihrem Ende fast kugelförmig ange- schwollen sind (Fig. 1,2). j Die Haube bleibt ziemlich lange an dem Sprosse hängen, man findet sie noch bei Asplenium, wehn schon das erste und zweite Blatt, bei Platycerium, wenn schon das Mantelblatt und 1-—2 Laubblätter ziemlich entwickelt sind. Am Anfange der Wurzelumbildung theilen sich die jüngsten Segmente der Haube fort, wie bei einer normalen Wurzel (Fig. 3), bei Platycerium dauern diese 'Theilungen länger fort als bei Asplenium, da die Haube beim ersteren (Fig. 4) inniger mit der ver- änderten Wurzelspitze verbunden ist, als bei dem letzteren; bei diesem ist sie nur an ihrem unteren Theile mit der Wurzelspitze verbunden (Fig. 3), bei Platycerium dagegen mit ihrer ganzen unteren Fläche (Fig. 4). Die Anlage des ersten Blattes, des Mantelblattes, bei Platycerium trilt sehr früh ein, und sowohl diese Anlagen, als auch der Vegetationspunkt des Sprosses, sind durch gegliederte und kopfförmige drüsige Haare geschützt, bei Platycerium finden sich nicht so viele wie bei Asplenium, bei Platycerium erscheinen zu diesem Zwecke noch so viele Schuppen (Paleae), welche in Spiralen angeordnet sind. Die Anlagen des Blattes, des Haars und der Schuppe sind eine einzige Zelle der meristemalischen Oberfläche der Sprossspitze. Sie ragt empor und bei der Blattanlage ist sie viel grösser [ als bei Haaren und Schuppen. Diese primäre Zelle verhält sich ver- schieden bei der Blatt-, Haar- und Schuppenbildung; bei der Bildung des ersten Organs theill sie sich nach drei Richlungen und bildet einen Zellkörper, bei der Haarbildung theilt sie sich nur durcli quere Wände und bildet eine Reihe von Zellen, bei Schuppenentwicklung bildet sich eine einschichlige oder bisweilen mehrschichtige Lamelle. Die Schuppen- anlagen bei Platycerium dringen in die Haube ein (Fig. 4), welche da- durch Zacken bildet und erscheint also eine feste Verbindung der Haube mit dem Sprosse. Deswegen verhält sich die Haube bei weiterem Spross- wachsthum bei Asplerium und Platycerium verschieden. Bei ersterem 164 spannt der wachsende Spross die Haube, welche dadurch allmählich ab- stirbt. Endlich wird dieselbe durch das starke Drängen des Sprosse zer- sprengt. Es werden dabei entweder einzelne Fetzen gebildet, welche noch einige Zeit lang an der Basis des Sprosses hängen bleiben (Fig. 5,6), oder aber die Haube reisst mit einem Male an ihrer Anheftungsstelle los und wird in toto abgeworfen. Die junge Sprossanlage wird dort nackt, sie hat schon ein’ gut entwickeltes erstes Blalt, welches typisch schnecken- förmig eingerollt ist und direct am Vegelationspunkte anliegt, sie hat auch die Anlage des zweiten Blattes. Die erste Wurzel durchbricht bald die Rinde des Sprosses, die Anlage dieser Wurzel erscheint sehr früh, gleich- zeilig mit der Blattanlage oder vielleicht noch etwas früher. Diese Wurzel verlängert sich rasch und dringt in den Boden ein, fast gleichzeitig mit der ersten Wurzel erscheint die zweite und der Spross entwickelt sich weiter, das erste Blatt entfaltet sich und der Spross kann nun selbständig vege- tiren (Fig. 7), sodann bilden sich, wie in gewöhnlichen Fällen, mehr Blätter und Wurzeln aus. Wie schon oben gesagt wurde, können sowohl Hauptl- als Nebenwurzeln zu Sprossen umgebildet werden, und daher ist die Lage der Sprosse an der Wurzel verschieden. In einigen Fällen sitzt der Spross ganz am Ende der Wurzel (Fig. 1,3, 5, 7, 8), in diesen Fällen wächst der Spross anfangs in der Richtung der Wurzel (Pig. 3,5), aber bald tritt eine geotropische Krümmung ein (Fig. 5, 6,7,8). Wenn der Spross auf Hindernisse stösst, wie Steinstücke, Wände des Culturtopfes u. Ss. w., so nimmt er sehr verschiedene Gestalt an. Ich habe z. B. einen Spross gesehen, bei welchem das schon aufgerollte erste Blatt spiralig gekrümmt war. Der viel länger als gewöhnlich entwickelte Sprosshöcker (erster Zellkörper) war umgebogen und nur der Theil des Sprosses mit dem zweiten und dem dritten Blatte hatte normale Lage und Gestalt. Fig. 8 stellt auch einen Spross dar, welcher auf ein Hinderniss gestossen war. Die umgewandelte Wurzel kann bisweilen Nebenwurzeln entwickeln, die um den Spross herum in der ursprünglichen Richtung der umge- bildeten Wurzel weiter wachsen, so dass es bisweilen aussicht, als ob der Spross seitwärts aus der Wurzel hervorgewachsen sei. Ganz verschieden von diesem Verhalten ist ein anderes Vorkommen von Sprossanlagen, welches man häufig beobachten kann und bei welchem der Spross thatsächlich seitlich an einer Wurzel entspringt. Dieser Uın- stand findet seine Erklärung dadurch, dass hier eine noch nicht ganz entwickelte Nebenwurzel in einen Spross umgewandelt ist (Fig. 9, 11). Solche Umbildung tritt an Nebenwurzein entweder ziemlich weit von der Spitze der Hauptwurzel (Fig. 9, 10) oder ganz in der Nähe derselben (Fig. 11) auf. Im letzteren Falle hört_die Spitze der Hauptwurzel grössten- theils auf weiter zu wachsen, beim ersten Falle wächst sie gewöhnlich weiter (Fig. 12) und es erscheinen dann neue Nebenwurzeln (Fig. 10), die Sich bisweilen ebenfalls in einen Spross umbilden können. Da die in der 165 Nähe stehenden unveränderten Nebenwurzeln bisweilen den entstandenen Spross in dichtem Gewirre umgeben, ist es schwer, sich über die Insertion des letzteren zu orientiren. In den Fällen,- in welchen eine noch nicht entwickelte Nebenwurzel in einen Spross umgewandelt ist, kann häufig der Anschein erweckt werden, als ob hier eine Adventivknospen-Bildung vorläge. Dass das nicht der Fall ist, lässt sich durch anatomische Untersuchung oft sehr schwer feststellen; indess giebt es andere Gründe, welche darthun, dass hier die Umwandlung einer sehr jungen Nebenwurzelanlage stattgefunden hat, Es stehen solche Sprossanlagen stets in der Reihe der unveränderteu Nebenwurzeln (Fig. 9, 10, 11), und ferner sehen wir, dass sonst die Um- wandlung einer Nebenwurzel in einen Spross in jedem beliebigen Alter der Wurzel eintreten kann. Da: fernerhin die Wurzeln bald kurz, bald lang sind, können wir wohl annehmen, dass sich die Sprossanlagen bereits dann gebildet haben, wenn die Wurzelspitze noch nicht das Rindengewebe durchbrochen hat. Da die Wurzelhaube in den ersten Stadien der Sprossenliwickelung noch vorhanden ist, sieht man keine äussere Grenze zwischen dem Sprosse und der Wurzel, erst später kann man sie bestimmen. Das ist dadurch bedingt, dass die Epidermis der Wurzel unterbrochen wird und dass der Sprosshöcker angeschwollen und seine seitliche Oberfläche aus paren- chymatischen Zellen gebildet ist (Fig. 5). Die kreisförmige Erhebung, die Lachmann’sche »saillie eirculairee?), sieht man nur auf ganz entwickeltem Sprosse, wenn die geotropische Krümmung desselben schon eingetreten ist und sieht man das nur selten. An den Längsschnitten er- kennt man die Grenze sehr deutlich, sowohl in den der jüngeren Stadien, als wie in den der älteren, da die Rinde und Gefässbündel des Sprosses anderen Bau haben, als die der Wurzel. Bei Platycerium bietet die Wurzelumwandlung nicht solche Mannig- faltigkeiten dar, wie bei Asplenium. Hier habe ich niemals eine seitliche Sprossanlage beobachtet. In einen Spross aber können sehr kurze Neben- wurzeln sich umbilden, sie haben schon die Rinde der Abstammwurzel durchbohrt, manchmal liegen sie sehr nahe bei einander, also erscheint eine ganze Reihe von Sprossen (Fig. 2). Die Zahl der Sprosse, welche auf einem Exemplar der Pflanze erscheinen können, ist verschieden. Einige nicht sehr grosse Exemplare in den Marburger Gewächshäusern haben eine ganze Menge Sprosse in den verschiedensten Entwicklungs- stadien (Goebel, Pflanzenbiolog. Schild. S. 227). Die Scheitelzelle bei der normalen Wurzel ist, wie schon erwähnt, ziemlich vertieft und der ganze Vegetationspunkt mit der Haube bedeckt. Die Scheitelzelle bleibt. auch bei der Wurzelspitzenumbildung einige Zeit vertieft, aber nachher, wenn 1) L. c. p. 160. 166 die Sprossanlage schon gut entwickelt ist, in der Form eines cylindrischen Höckers (Fig. 4), liegt sie in der platten Scheitelfläche des FHöckers. Das Auftreten der Schuppen und ersten Organanlagen am jungen Sprosse, sowie das Verhalten der Wurzelhaube, sind bereits oben geschildert worden. Die Scheitelzelle der umgebildeten Wurzel giebt nach drei Richtungen Segmente ab, die älteren von denen stellen eine rechtwinklig gebogene Tafel dar (Fig. 4). Die Segmente theilen sich nach allen drei Richtungen des Raumes, aber peripherische Zellen sind immer tafel- förmig und geben die Anlagen der Schuppen und der Blätter. Die Blätteranlagen und einige Schuppen sind mit drüsigen und verzweigten steruförmigen Haaren bedeckt. Durch die Thätigkeit der Scheitelzelle und durch die der peripherischen Zellen der Segmente wird die Scheitelfläche des Sprosses vergrössert und etwas abgerundet, indem sich die mittlere Partie emporwölbt und die anfangs in gleicher Höhe liegende Rand- partien der Scheitelfläche an die Sprossseiten gerückt werden. Die Schuppen, an welchen die Haube festhing, werden durch das Wachsthum des Stammscheitels nach abwärts gerückt, die Haube zerreisst und die einzelnen Fetzen derselben werden braun und sterben ab. Der junge Vegetationspunkt und die jungen Blätter sind sehr gul durch die Schuppen geschützt. Diese Schuppen legen sich dicht an- einander an. Die mehrschichtigen unter ihnen &nthalten viele verdickte, braune, sclerenchymatische Zellen, wodurch die Schutzthäligkeit der Schuppen sich vergrössert. Als Schutz des Sprosses spielt olıne Zweifel auch der Schleim eine grosse Rolle, von welchem jede lebende Zelle des Sprosses erfüllt ist. Sowohl bei Asplenium als bei Platyceriun geht das Gefässbündel der umgebildeten Wurzel direct in den Spross über. Diese Eigenthümlichkeit hält Lachmann!), welcher die ersten jungen Stadien der Sprossent- wiekelung nicht beobachtet hat, für den zweifellosen Beweis für die Um- bildung der Wurzelspitze in den Spross. Aber seine Beobachtungen über den Gefässbündelübergang sind nicht ausführlich. Bei den beiden untersuchten Arten ist der Gefässbündelübergang gleichartig. An Querschnitlserien sieht man, besonders nach Behand- lung mit Phloroglyein und Chlorzinkjod sehr klar diesen Uebergang. Die Strangscheide, welche bei Asplenium aus diekwandigen parenchymatischen, bei Platycerium aus sclerenchymalischen Zellen besteht, verschwindet all- mählig im jungen Sprosse; die Endodermis geht ohne Veränderung in den Spross, der Pericykel wird bei dem Uebergang mehrschichtig. Noch grössere Veränderungen treten in den wichtigsten Theilen des Gefäss- bündels im Xylem und im Phloöm ein (Fig. 13—17). Das Gefässbündel ist, wie schon oben erwähnt, diarch. Die erste Veränderung besteht 1) L. c. p. 162. 167 darin, dass das Xylem nicht mehr mit: dem Pericykel in Berührung steht, sondern zwischen ihnen enge Phloömzellen erscheinen. Ein grosser Theil des Xylems in der Mitte des Bündels bleibt unverholzt (Fig. 13), dann er- scheinen die Xylemelemente rechts und links, indem das Xylem sich in . zwei Stücke theilt und eine Drehung macht, in den Raum zwischen den Xylemstücken ragt das Phloöm hinein (Fig. 14,15) und nachher nimmt das Gefässbündel coneentrischen Aufbau an (Fig. 16). Das Phlodar ist auf beiden Seiten des Xylems ausgebildet, in der Mitte des Bündels liegt eine Paıtie parenchymatischer Zellen, welche bei Platycerium bald dunkelbraun werden und absterben. In der weiteren Umbildung, zur Zeit der Erscheinung des ersten Blattes, entsteht aus diesem ringförmigen Gefässbündel allmählich ein hufeisenförmiges (Fig. 17) und später theilt sich dasselbe in zwei Bündel, welche den normalen Charakter des Stamm- gefässbündels haben. Das Netz des Verlaufes des Gefässbündels im jungen Sprosse ist dasselbe wie im Stamm. Es kommt vor, dass das Geläss- bündel, während es bei dem Uebergange die oben beschriebenen Ver- änderungen durchläuft, Seitenstränge an Nebenwurzeln abgiebt. Die Resultate dieser Arbeit sind folgende: 1. Bei Asplenium esculentum Pr. und Platycerienarten (P. aleicorne, P. stemmaria, P. Hili, P. Willinkii Hr.) kann die Wurzel sich direet in einen Spross umbilden. Diese Umbildung kann in den verschie- denen Altersstadien der Wurzel vor sich gehen. 2. Bei dieser Umbildung wird die Scheitelzelle der Wurzel direct zur Scheitelzelle des Sprosses. 3. Das Gefässbündel geht direct in den Spross über, indem es ähnliche Veränderungen durchläuft, wie im hypocotylen Glied der Embryonen höherer Pflanzen. Die sichere Nachweisung der ähnlichen Umwandlung der Wurzelspitze in einen Spross hat eine grosse Bedeutung in Betreff der Definition der morphologischen Dignität der Wurzel. Wir kennen jetzt nur wenige Eigenthümlichkeiten, durch welche wir die Wurzel von dem Sprosse unterscheiden ’können und in einigen Fällen sind sie nicht constant und absolut und können sich verändern durch einige Einflüsse und die Wurzel kann zum Spross werden. Hier ist zu erwähnen, dass die Angabe von Beijerinek‘), wenn richtig, von grossem Interesse wäre. Er will be- obachtet haben, dass bei Rumex Acetosella ein junger Spross, welcher aus einer adventiven Knospe der Wurzel entstanden ist, sich in eine Wurzel umbildet. Die Bejijerinck’sche Beschreibung dieser Beobachtung und die dazu gegebenen Figuren (Taf. I, Fig. 8, 9, 10 u. s. w.) erweisen indess seine Meinung nicht, Aus den Wurzeln von Rumex Acetosella bilden sich viele Nebensprosse und Nebenwurzeln dicht beisammen. So 1) L.08.39. 168 z. B. in Fig. 9 sieht man nicht klar, ob der Theil, den Beijerinck als Vorblatt bezeichnet hat, thatsächlich ein Blatt ist, oder ein Stück von der zerrissenen Rinde. Die Umwandlung einer Sprossanlage in eine Wurzel müsste also erst noch sicher erwiesen werden; bis jelzt ist es nur zweifellos bekannt, dass bei einigen Pflanzen eine Wurzelspitze zum Sprosse werden kann. Erklärung der Figuren. Die Buchstaben haben in allen Figuren die gleiche Bedeutung. Fig. 1. Ein Stück der Wurzel von Asplenium esculentum. Natürliche Grösse. Sp = Spross am Ende der Wurzel, Spı = an der Seite derselben. Fig. 2. Ein Stück der Wurzel von Platycerium aleicorne Natürl. Grösse, Spı = Spross mit Mantelblatt. Fig. 8. Längsschnitt eines jungen Sprosses von Asplenium eseulentum 18011. Ep = Epidermis der Wurzel, Hb — Haube. Fig. 4. Längsschnitt eines jungen Sprosses von Platycerium alcicorne 100/1. Pl = Paleae; Scha = Scheitelzelle; JH = junge Haare; U = Haare; Gfl. = Gefässbündel; Sc = Sclerenchymscheide. Die obere punktirte Linie = Grenze des Meristenıs des Sprosses. Die untere punktirte Linie = Grenze des Sprosses und der Wurzel. Fig. 5. Längsschnitt eines ziemlich entwickelten Sprosses von Asplenium escu- lentum 2601. Sehe = Scheitelzelle des Sprosses; Wı = erste Wurzel des Sprosses; Bı — erstes Blatt, schief geschnitten; Bıı = Anlage des zweiten Blattes, . Fig. 6. Junger Spross von Asplenium eseulentum. Vergröss. BHbı = innere Schichte der Haube; G@ == Grenze, an welcher die Haube abgerissen ist. Fig. 7. Junger Spross von Asplenium esculentum 5ll. W= Abstammwurze]; Wırı = Anlage der dritten Wurzel des Sprosses. Fig. 8. ‚Junger Spross von Asplenium esculentum 5ll. j Fig. 9. Ein Stück der Wurzel von Asplenium esculentum 10/1. Nbw — Neben- wurzel; Rn = Rinde. Fig. 10, 11. Wurzeln (W) von Asplenium esculentum mit Sprossen. Fig. 1% Junger Spross von Asplenium esculentum. Fig. 13—17. Querschnitte der Wurzel und des Sprosses bei Platycerium aleci- corne. Se — Sclerenchymscheide; En = Endodermis; P = Pericikel; Ph = Phloem; X = Xylem; Pr — Parenchympartie. 169 Untersuchungen über normale und abnorme Marsilienfrüchte. Von M. Büsgen, - Die Resultate der Russowschen Untersuchungen über die Sporenfrüchte der Marsilien haben zum ersten Male die Möglichkeit nahe gerückt, die anscheinend endogene Bildung der Sporangien dieser Pflanzen mit dem Entstehungsmodus der Sporangien der homosporen Leptosporangiaten in Einklang zu bringen und so der Stellung der Marsiliaceen in der Nähe jener Farngruppe eine sichere Basis zu verschaffen. Russow (Vergl. Unter. etc. M&m. de l’acad. imp. d. sc. de St. Petersbourg VII. ser. t. XIX No. 1 1872) fand auf der Bauchseite junger Früchte zwei Längsfurchen, in denen in acropetaler Folge Grübchen oder trichterförmige Einsenkungen auftreten, deren Zahl der der später sich bildenden Seri entspricht. Die letzteren entstehen aus je einer Reihe von Initialzellen, welche einwärts von jedem Trichter in der Richtung von dessen idealer Fortsetzung gelegen sind. Zwischen den dem dorsoventralen Längsschnitte der Frucht zugewandten Scheiteln dieser Initialzellen und dem mittleren Innengewebe der Frucht soll sich durch Trennung ein Iniercellularraum bilden, der Soruscanal, der.mit dem Grübchen in offener Verbindung steht. »Könnte nachge- wiesen werden« sagt Alexander Braun in Anknüpfung an ein Citat der Russowschen Beobachtungen, »dass der Soruscanal selbst eine directe Fort- setzung des Grübchens ist, eine Annahme, mit weicher die Darstellung Russows vielleicht nur in scheinbarem Widerspruch steht, so würde das so sehr abweichende Verhalten in der Lage der Sori von Marsilia sich vollkommen anreihen an das.der Farne mit eingesenkten Häufchen der Sporangien (Antrophyum, Vittaria, manche Polypodien ete).« Trotzdem Braun diese Aeusserung bereits im Jahre 1872 gethan hat (Monatsber. d. Berliner Acad. a. d. Jahre 1872 p. 653), ist erst Goebel 1882 wieder auf den betreffenden Punkt eingegangen. Gelegentlich seines Aufsatzes über die Frucht von Pilularia globulifera (Bot. Ztg. 1882 Nr. 45) theilt er kurz mit, dass nach den Bildern, welche er bei der Untersuchung sehr junger Früchte von Marsilia macra A. Br. erhalten hahe, der Soruscanal schon wahrnehmbar ist, wenn die Placenta eben auftritt. Er findet in ihm thatsächlich eine directe Fortsetzung der Grübchen und gelangt in Folge dessen zu der Ansicht, dass bei der Fruchtbildung der Marsilien derselbe Vorgang statthabe, den er für Pilularia nachweisen konnte, d. h. »es bilden sich die Placenten in Vertiefungen der Fruchtanlagen, sie geheri aber überall aus Oberflächenzellen hervor, und die Fruchtbildung der Marsiliaceen schliesst sich ebenso der der homosporen Farne an, wie die der Salviniaceen«. - Die Angaben Goebels über Pilularia haben neuerdings durch Meunier (La cellule. Rec. de cytologie et d’histol, generale. t. IV. 2. fasc. p. 320) Tan 170 eine ausführliche Bestätigung gefunden. Um so weniger Grund würde nach seinen eben citirten Aeusserungen über Marsilia vorgelegen haben, die Entwickelungsgeschichte von deren Früchten ciner erneuten Untersuchung zu unterziehen, wenn nicht die, Auffindung einer eigenthümlichen Meta- morphose Anlass dazu gegeben hätte. Im vergangenen Herbst entdeckle ich bei Marsilia hirsula im Uebrigen normale Blätter, deren Spreitentheile in verschiedenem Grade in Früchte umgewandelt waren, welche zweifellos endogen entwickelte Sporangien führten. Ein Vergleich dieser Missbildungen mit den normalen Früchten musste eniweder zu einer veränderlen Auf- fassung der letzteren führen oder ein neues und schlagendes Beispiel da- für liefern, wie sehr die Berücksichtigung derartiger Erscheinungen in morphologischen Fragen den wahren Sachverhalt verdunkeln kann. I. Die Entwickelung der normalen Früchte einiger Marsilien. Russow hat die Fruchtentwickelung bei Marsilia Drummondii, M. elata u. M. salvatrix untersucht. Von diesen drei Arten stand mir leider kein geeignetes Material zu Gebot. Alle für die Erkenntniss der Anlage der Sori wichtigen Entwicklungsstadien fand ich bisher nur bei M. macra; jedoch lieferten mir andere Arten wenigstens einzelne Zustände, welche den Schluss gestatten, dass sie sich ebenso verhalten wie die genannte Form. Marsilia macra Al. Br. gehört zu den Arten, welche eine oder wenige nicht sehr lang gestielte Früchte an den fertilen Blältern entwickeln. Dicselben entspringen dem Blatistiele oft so nahe an der Basis, dass bei dem ersten Blicke nicht zu unterscheiden ist, ob. ihre Stiele (hatsächlich an dieser oder z. T. an dem die Blätter tragenden Hauptstanıme inserirt sind. Mitunter ist ein Fruchtsliel verzweigt und jeder Zweig trägt eine Frucht. Die microscopische Untersuchung lehrt, dass die Tracheiden des Fruchistieles, welcher der Blallinsertion am nächsien steht, sich entweder mit denen des Blattstieles vereinigen, ehe dessen Gefässbündel in das des Hauptstammes einmündet oder wenigstens gleichzeilig mit den beiden letzteren verschmelzen. Ein Theil der an einer Blatibasis stehenden Früchte kann übrigens zu nur wenige Millimeter hoch entwickelten Blätt- chen der rächsten Seitenknospe gehören. Auch am Hauptstamm kommt es vor, dass nur die Frucht sich entwickelt, während das sie erzeugende Blatt selbst ganz zurückbleibt; niemals aber kam mir eine Frucht vor Augen, welche nicht mit einem Blaltstiele verbunden gewesen wäre. Die erste Anlage einer jungen Frucht zu sehen gelang mir nur zweimal mit einiger Sicherheit. Im einen Falle erschien dieselbe als eine scheinbare grosse Lücke im Zellgewebe des jungen Blattes, wenige Zell- schichten unterhalb seiner Scheitelzelle, das andere Mal als stumpfe Vor- wölbung. Beide Male war das Blatt selbst erst zu einem stumpfen Höcker 171 entwickelt, welcher noch keine Spur einer Spreitenanlage erkennen liess. Wenn die Blaitfiedern eben hervorzutreten beginnen, ist an der jungen Frucht schon Stiel und fertiler Theil zu unterscheiden. Der erstere ist noch sehr kurz und gegen letzteren durch eine Krümmung abgesetzt; der fertile Theil wendet sich etwas nach aufwärts und bekommt einen schwach eoncaven Rücken, sodass nun die ganze Anlage nicht mehr mit einem jungen Blatte zu verwechseln ist, welches schon sehr frühe nach dem Stammscheitel zu eingekrümmt erscheint. In der allerersten Jugend ver- halten sich Blatt- und Fruchtanlage ganz gleich. Beides sind mit grosser Scheitelzelle wachsende Höcker. Aus dem Gesagten geht erstens hervor, dass die Früchte von Marsilia macra Auszweigungen der Blätter sind, zweitens aber, dass sie nicht etwa je einer älteren Blattfieder entsprechen, sondern, der Entwicklungsgeschichte nach, als dem gesammten sterilen Blatte äquivalente Blatttheile zu be- trachten sind. Die Blattfiedern werden ganz anders angelegt. Sie besitzen in der ersten Anlage keine Scheitelzelle, sondern zeigen, wie schon Han- stein fand und ich bestätigen kann, von vornherein Randzellenwachsthum. Am Stiel der jungen Frucht beginnt sehr bald die Bildung der be- kannten langen Haare. Dieselbe stört aber die weitere Untersuchung zunächst nicht, da sie erst« verhältnissmässig spät auf die Frucht selbst _ übergreift und auf dieser dann langsam vom Rücken her über die Flanken zum Bauche fortschreitet. Es gelingt ziemlich leicht, die Fruchtspitze aus dem Haarwalde des Stieles herauszuschneiden. ' Behandelt man sie dann mit Eau de Javelle, so erhält man Objecte, deren ganzer Bau, Zelle für Zelle ohne besondere Schwierigkeiten sich feststellen lässt. Die zweischneidige Scheitelzelle der jungen Frucht ist so orientiert, dass die Durchschnittslinien ihrer beiden Innenwände nach dem Rücken und Bauch, die Segmente also nach den Flanken der Frucht hin zu liegen kommen. Schon nach den ersten Theilungen der Segmente durch longi- tudinale Antiklinen tritt ein Unterschied zwischen Rücken und Bauch der Frucht hervor. Die dem ersteren zugewandten Segmentstücke wachsen . unter Theilungen nach verschiedenen Richtungen zu polygonalen Zellen heran, welche sehr rasch keine auf ihre Abkunft deutende Anordnung mehr erkennen lassen. Ihre weiteren Schicksale sind für uns ohne Interesse. Die bauchsichtigen Segmenttheile dagegen erfahren sehr regelmässige Theilungen, von welchen die ersten bereits für die Anlage der wichtigsten Theile der Frucht von Bedeutung sind. Sie zerfallen durch weitere longi- tudinale Antiklinen in ungleiche Stücke, je ein kleineres bauchsichtiges und ein längeres mehr auf der Fruchiflanke gelegenes. Letzteres giebt weiterhin noch ein kleines bauchsichtiges Stück ab, so dass endlich die Mittelfläche der Fruchtbauchseite in der Oberflächenansicht vier parallele Längsreihen anfangs äquidimensionaler, späler elwas längsgestreckter Flora 1890. 12 172 Zellen zeigt. Die Glieder der beiden mittleren Reihen können sehr regel- mässige Gestalt besitzen, während der Umriss der den äusseren Reihen angehörigen durch die in den angrenzenden Segmentstücken stattfindenden Wachsthumsvorgänge beeinflusst wird. (Fig. 1.) - Die genannten grösseren Stücke der bauchsichtigen Segmenitheile spalten sich durch Transversalwände in je zwei Scheiben, welche sich weiterhin verschieden verhalten (Fig. 4). Die eine der beiden Scheiben (i in Fig. 4) zerfällt durch Periklinen in mehrere arinähernd gleich grosse Stücke, die andere (s in Fig. 4) in eine grössere bauch- und eine kleinere rücken-sichtige Zelle, von welchen die letztere sich am Aufbau des sterilen Gewebes betheiligt, während wir die erstere. als Mutterzelle eines Sorus ansprechen dürfen. Sie wölbt sich etwas über ihre Nachbarzellen vor und ‚entwickelt sich künftig in einer selbständigen, von der aller übrigen Fruchtzellen abweichenden Weise. Fig. 4 und die Oberflächenansichten Fig. 1 u. Fig. 2 zeigen, dass zunächst in ihr Transversalwände auftreten, welche etwas gegeneinander geneigt sind. Sie trennen schmälere seitliche Zellen von einer mittleren,‘ welche allein in die Bildung des Sorus selbst eintritt, während wenigstens die äusseren von jenen nur Verbindungsglieder zwischen ihr und den gleich zu besprechenden Zwischenplatten vorstellen. Die Zahl der in der bezeichneten Weise angelegten Sorus-Mutterzellen vermehrt sich, bis der Scheitel der Frucht sein Wachsthum einstellt. Ob er bis dahin die zweischneidige Scheitelzelle beibehält, kann ich nicht an- geben. Einmal sah ich in derselben schon frühe eine Wand aufgetreten, welche zu den bisherigen Segmentwänden senkrecht stehend von ihr nach dem Rücken der Frucht zu ein kleines Stück abschnitt. Die zwischen den Sorus-Mutterzellen liegenden Zellplatten und die vier Zellreihen des Fruchtbauches theilen sich vorläufig nur durch peri- kline Wände und erheben sich dabei um die Sorus- Mutterzellen herum wie ein Wall, der jede von ihnen von drei Seiten einschliesst. Dabei be- rühren die Bauchzellen wenigstens die Sorus-Mutterzellen nicht, sondern bleiben von ihnen, durch allerdings sehr enge Intercellularspalten, die Grübchen oder trichterförmigen Einsenkungen Russow’s, getrennt. Die- selben sind in Fig. 3, wo s eine Sorus-Mutterzelle, 5 die beiden angrenzen- den Bauchzellreihen bedeutet, in der Oberflächenansicht zu sehen. Fig.5 zeigt eine der Spalten im Längsschnitt. Diese Figur stellt einen Theil des Querschnitts einer jungen Frucht dar, der einem etwas älteren Stadium als Fig. 4 entspricht. Wie Oberflächenansichten lehren, liegen die Sorus- Mutterzellen beiderseits der Mittellinie des Fruchtbauchs einander nicht gerade gegenüber, was sich aus ihrer Bildung aus alternirenden Scheitel- zellsegmenten erklärt. Man sieht daher in der Figur nur die links ge- jegene Sorus-Mutterzelle, während rechts die Zwischenplatte erscheint. Die Sorusnmutterzelle ist durch das Wachsthum der hinter ihr auf der Fruchtflanke gelegenen Gewebepartieen mehr naclı dem Fruchtbauche hin- 173 gewandt worden, als wohl ohne dies der Fall sein würde Man ver- gleiche die ein jüngeres Stadium darstellende Fig. 6 mit Fig. 5. Ausser- dem hat sie sich nach einer Richtung in die Länge gezogen, senkrecht zu welcher sie in Abtheilungen zerfällt, von denen jede einem Sorustheil den Ursprung geben wird (vgl. Figg.7 u. 8 und Russow I. ce, Fig. 71 u. ff.). Zugleich auftretende weitere Transversalwände zeigt die Ansicht vom Fruchtbauche her (Fig. 3). Durch die Lücke Z von der Sorusmutterzelle getrennt folgen nach rechts in der Fig.5 die vier Bauchzellreihen, welche schon ca. fünfmal so hoch geworden sind, als sie zur Zeit ihrer Anlage (vgl. Fig. 6) waren, und unmittelbar an sie anschliessend die Zwischen- platte zwischen zwei Sorusmutterzellen. (Vgl. die Erläuterung zu Fig. 2). Nicht verschweigen will ich, dass ich mich nicht völlig davon über- zeugen konnte, dass jeder Sorus sich auf eine einzige Mutterzelle zurück- führen lässt. Die Möglichkeit war nicht ganz auszuschliessen, dass die Sorus bildenden Zellreihen der Figuren 5, 7, 8 nicht durch Quertheilung einer Mutterzelle entstanden seien, sondern sich aus Elementen gebildet hätten, welche von der ersten Sorusmutterzelle aus nach dem Frucht- rücken hin lagen und mit ihr allmählich eingesenkt wurden. Die Weiter- entwickelung der Frucht geschieht in der Weise, dass die Sorusmutter- zellen, resp. ihre ersten Abkömmlinge, immer höher von ihrer Umgebung umwallt werden. Dabei erfahren sie selbst ihre Ausbildung in der ange- deuteten Richtung. Bei Marsilia hirsuta sah ich die im Querschnitt neben einander liegenden Sorusinitialen (s in Fig. 7) sich gegeneinander ab- runden. Ein durch etwas geneigte Wände abgegrenzter mittlerer Abschnitt einer jeden wird zur Scheitelzelle, deren Gipfel nach Russows Beschreibung und Abbildungen schliesslich in der Bildung eines Macrosporangiums auf- geht, während ihre Segmente zu der von Placenta und Mierosporangien schreiten. Dabei erweitern sich die Intercellularläcken, soweit die Sori ihnen anliegen, zu ansehnlichen Hohlräumen, während sie von dort bis zur Oberfläche der Frucht die Gestalt enger Gänge beibehalten. Diese Gänge sind die Russow’schen Sorus-Kanäle, welchen nach obiger Dar- stellung also eine andere Entstehung zukommt als Russow annahm. Später werden sie geschlossen, indem die Bauchzellreihen sich verbreitern und mit dem über die Sori hinausgewachsenen Gewebe der Fruchtflanken in Verbindung treten. Die Beobachtungen Russows bleiben übrigens auch bei der hier dar- gestellten Entwickelungsweise zu Recht bestehen. Der innere Theil der Soruskanäle kann zeitweise geschlossen werden, indem die Sorusinitialen sich eng an die ihnen angrenzende Reihe von Bauchzellen anschmiegen und diese selbst zusammendrücken. Ein derartiges Verhalten ist in Fig. 8 dargestellt. Wenn später dann an solchen Stellen die Sorus führenden Hohlräume auftreten, kann man ohne Kenntniss der Anfangsstadien in der That zu der Ansicht gelangen, dass man es hier mit schizogenen Neu- 12* 174 bildungen zu thun habe. Die ganze Auffassung der Fruchtentwickelung verinögen diese Vorkommnisse nicht zu änderen. Nicht das innigere oder lockerere Aneinanderschliessen der in Frage kommenden Zellen, sondern die eigenthümliche Wachsthumsweise der verschiedenen Theile der Frucht gibt hier den Ausschlag. . Die mitgetheilten Beobachtungen lösen die Trage nach der Abkunft der Sporangien zunächst für Marsilia macra im Goebel’schen Sinne. Die Entwickelung der Sporangien lässt sich hier zweifellos auf Oberflächen- zellen der Fruchtanlage zurückverfolgen, wie bei den homosporen Filicinen. Von anderen Arten konnte ich nur M. Nardu, uncinata und hirsuta untersuchen, Die letztgenannte Form zeigt nach diesjährigen gesunden Früchten Uebereinstimmung mit M. maera (Fig. 7). Von M. Nardu und und uneinata hatte ich nur auf den Stufen der Figuren 7 u. 8 stehen gebliebene Früchte zur Verfügung, welche in den Gefässbündeln und auch an anderen Stellen braungefärbte Zellwände besassen. Da indess die Anordnung ihrer Zellen, soweit untersucht, ganz dieselbe war wie bei entsprechenden gesunden Früchten der beiden anderen Arten, liegt kein Bedenken dagegen vor, sie in dieser Beziehung für normal zu halten und ihnen dieselbe Entwickelungsweise wie jenen Formen zuzuschreiben. Ueber die muthmassliche ursprüngliche Gestalt des fertilen Abschnitts der Marsiliablätter und über etwaige Homologieen desselben mit der Spreite des sterilen Blaittheils dürfle mangels genügend nahestehender Formen, welche einen Aufschluss durch Vergleichung ermöglichten, nicht wohl zu streiten sein. Will man eine Vermuthung aufstellen, so hat wohl die von Russow (l. c. p. 74) ausgesprochene am meisten Berechtigung. Die reife Frucht wird beim Liegen in Wasser bekanntlich in drei Slücke zersprengt, zwei symmetrische Klappen und einen länglichen, knieförmig gebogenen Körper, der mit dem Stiele fest verbunden bleibt. »Letzteren Theil«, sagt Russow, »glauben wir der Entwickelung zufolge als zum Fruchtstiel gehörig, d.h. als directe die Fruchtklappen tragende Fortsetzung des Fruchtstiels und die Klappen als an diesern Theile (dem Ende des Stieles) hervorgesprosste Lamina betrachten zu müssen.«e Danach hätten wir in jeder der beiden Fruchtklappen ein fertiles Fiederblätichen des Sporophylis zu erblicken. Thatsächlich gleicht in frühen Stadien die junge Frucht sehr einem jungen Blalte, an welchem zwei sehr breit inserirte Fiedern hervorwachsen. Mit Russows Auffassung liesse sich auch das Verhälten der Bauchzellreihen in Einklang bringen. Meunier (l.c. p. 273) hat neuerdings gegen Goebel die Meinung verlreten, dass das ceutrale Gewebe der Pilulariafrucht und somit auch der diesem aequivalente Bauch- zelleomplex der Marsilien Indusiumcharakter besitze, da Jie Spaltung der- selben in die Theile, welche zur Bildung der die Sori einhüllenden Säckchen beitragen, schon in den jüngsten Stadien vorhanden sei und nicht erst durch spätere Differenzivung zu Stande komme. Bei Marsilia hirsuta, und 175 wohl auch bei den anderen Arten, geschieht indess die Theilung der Bauchzellreihen sicher erst spät, wie ein Vergleich der Figg. 5 und 7 er- kennen lässt. Meiner Ansicht nach würde aber dieser Umstand bei der Beurtheilung der fraglichen Gewebepartieen weniger ins Gewicht fallen, als ihre Wachsthumsweise. Die Indusien sind, wie Goebel hervorhebt, umgeschlagene Blattränder oder Wucherungen der Blattoberfläche. Eine solche Wucherung liegt nun in den Bauchzellreihen der Marsilia vor. Sie entwickeln sich aus den. Oberflächenzellen, von welchen in Fig. 6 unter b vier nebeneinanderliegende zur Erscheinung kommen. Wenn sich also für die Marsilia eine phylogenetische Beziehung darböte, welche das Vorhandensein eines Indusiums verlangt, so könnte man jenem Gewebe wohl diesen Namen beilegen. Reelleren Werth aber als diese immerhin etwas gekünstelte Be- trachtungsweise hat A. Brauns Vergleich des Marsiliasporophylis mit dem von Holcosorus pentagonus Moore = Grammitis bisulcata Hooker, den auch Goebel herbeizieht. Goebel sieht in den Früchten der Marsiliaceen einfache Blattabschnitte, in welchen, wie bei Grammitis, die Sori in Gruben auftreten, die bei jenen später durch Wucherungen ihrer Ränder ge- schlossen werden, und dieser Auffassung trete ich bei dem dermaligen Stande unserer Kenntnisse vollkommen bei. U. Ueber metamorphosirte Blättchen von Marsilia hirsuta R. Br. Im botanischen Garten zu Jena werden Marsilia birsuta R. Br. und und Marsilia macra Al. Br. in einige Centimeter hohen weiten Thonschalen eultivirt, welche mit dem unteren Theile in Wasser stehen. An den langgestielten Luftblättern der reichlich fructificirenden erstgenannten Art beobachtete ich im vergangenen Sommer die Missbildungen, von welchen oben in der Einleitung die Rede gewesen ist, nämlich ver- schiedene Stufen der Umwandlung von Marsilia- Blättchen in Früchte. In der Lilteratur habe ich keine Angaben über derartige Umwandlungen bei Marsilien finden können, während es eine bekannte Sache ist, dass sie bei andern Farnen nicht zu selten vorkommen. Goebel beschreibt z. B. in seiner vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane (Schenk, Handbuch d. Botanik. 1II. 1. p. 111) das Fertilwerden sonst steriler Blattfiedern von Botrychium Lunaria. Dieser Erscheinung lassen sich die hier zu be- schreibenden Vorkommnisse anreihen. Al. Braun hatte solche Missbildungen, von welchen er Aufschlüsse über die morphologische Natur des Sporocarps erwartete, bei seinen Arbeiten über Marsilia vergeblich gesucht; vielleicht darf man sagen zum Glück, denn aller Wahrscheinlichkeit nach würde ein derartiger Fund in der damaligen Zeit das Studium der Verwandtschafts- beziehungen der Marsilien in ganz falsche Bahnen gelenkt haben. Al. Braun fand nur drei -verbildete Früchte bei Marsilia Drummondiü, welche zu 176 keinen weiteren Betrachtungen Anlass gaben: 1) eine im obersten Dritt- theil getheilte, in zwei nebeneinander liegende Spitzen auslaufende Frucht; 9) eine bis auf den Grund getheilte Frucht, so dass zwei divergirende Früchte auf der Spitze desselben Stieles standen; 3) einen Fruchtstiel, welcher an Stelle der Frucht eine schmal !anzeltförmige, von einem ein- fachen Nerven durchzogene Spreite trug (Monatsber. d. Berliner Acad. 1870. p. 707). \ Die vier keilförmigen Theilblättehen eines normalen Marsiliablattes sind bekanntlich zu zwei übereinander stehenden Paaren angeordnet, einem unteren älteren und einem in der Jugend von diesem eingeschlossenen jüngeren. Es ist für die zu beschreibenden Bildungen charakteristisch, dass die beiden einem Paare zugehörigen, also gleichalterigen Blättchen überall in ziemlich gleichem Grade verändert waren. Folgendes sind die beobachteten Metamorphosen: 1. An Stelle der vier Theilblättchen fand sich auf einem Stiele von normaler Länge ein braunes, stark behaartes, rundliches Gebilde, welches bei näherer Untersuchung sich aus vier Theilen zusammengesetzt erwies. An Stelle des untersten Theilblättchenpaares waren zwei etwa eiförmige Körper von ca. 3mm Länge getreten, an Stelle des oberen zwei etwas grössere muschelförmige Gebilde, welche namentlich an ihrem Vorder- rand auf die mehrfache Dicke normaler Blättchen angeschwollen erschienen. Dieselben hatten einander ihre concaven Seiten zugewandt und sich so gekrümmt, dass das eine etwas über das andere übergriff (Fig. 9). Ihre Innenflächen sind kahl und heller gefärbt als die Aussenseiten, welche in Farbe und Behaarung ganz mit den eiförmigen Körpern übereinstimmen. Alle vier Stücke der Missbildung tragen die eigenthümlichen, ihrer Fläche parallel gerichteten Borsten der normalen Früchte, welche sich von den auf der Unterseite der Blättchen befindlichen nur durch stärker gebräunte Inhaltsmassen unterscheiden. Die beiden muschelförmigen Körper, um diese zuerst näher ins Auge zu fassen, besitzen eine mehrschichtige harte Schale, welche, soweit sie ihrer Aussenseite angehört, ganz der Schale normaler Marsilienfrüchte gleicht, auf der Innenseite der Muscheln aber einige Abweichungen er- kennen lässt. Die im Querschnitt isodiametrisch polygonalen Epidermis- zellen, welche mit geraden Wänden aneinanderstossen und fast alle gelbe oder braune Membranen und z. Th. auch ebensolche Inhaltsmassen führen, sind auf der Innenseite der Muscheln von gleichmässiger Höhe; auf ihrer Aussenseite aber zeigt die Epidermis Einsenkungen, nach deren Centrum hin die Zellen an Höhe abnehmen. Am tiefsten Punkte der Einsenkungen finden sich die beiden Arten von Spaltöffnungen, welche Russow (l. c.) für die Marsilienfrüchte beschreibt, nämlich solche, welche in flaschen- förmige Intercellularräume münden, und solche, unter denen das gleich zu beschreibende Sklerenchym ohne Unterbrechung weiter läuft. Dieses 177 Sklerenchym besteht zunächst aus einer Schicht senkrecht zur Epidermis gesireckter prismatischer Zellen, deren Seitenwände hier und da gebräunt und so stark verdickt sind, dass ihr Lumen auf einen ganz engen, oft anscheinend noch unterbrochenen Kanal, der sich nur an den Zellenden etwas erweitert, redueirt ist. Ungefähr in halber Höhe, etwas näher dem oberen Ende, verläuft über die Wände die sogenannte linea lucida, welche seit Metienius und Russow von den Schalen der Marsilienfrüchte und Papilionaceensamen bekannt und von Mattirolo (Mem. delle Reale Accad. d. sc. d. Torino Ser. I t. XXXVID) und Meunier (l. c. Ref. Bot. Ztg. 1889 No. 36) neuerdings näher untersucht worden ist. Auf der Aussenseite der Muscheln zieht sich unter der eben be- -schriebenen Prismenschicht eine zweite hin, welche aus längeren Zellen mit weniger stark verdickten, ebenfalls theilweise gebräunten Wänden ohne linea Jucida zusammengesetzt ist (Fig. 11). Sie geht auf der Muschel- innenseite in pallisadenförmig angeordnete Zeilen mit wenig auffallender Wandverdickung über (Fig. 12). Den Uebergang zwischen Schale und Inhalt macht eine ebenfalls nur auf der Muschelaussenseite gut ausgebildete Schicht von Parenchymzellen, welche auf dem Querschnitt biconcave Form besitzen, so dass sie ovale Intercellularräume zwischen sich lassen (Fig. 11). Auch sie findet sich bei den normalen Marsiliafrüchten dicht unter der harten Schale. Ihr folgen nach Innen weitere Parenchymlagen, welche die Gefässbündel um- schliessen, deren Hauptstränge bei unseren Metamorphosen unter der äusseren Schale der Muscheln von ihrer Ansatzstelle an den Blattstiel aus nach ihrem gegenüberliegenden Rande verlaufen. Der noch übrige Innen- raum der Muschel stellt einen durch sehr zarte Septen in mehrere Querfächer getheilten Hohlraum dar, der nur nach dem Blattstiele hin von einem farblosen grosszelligen Schwellgewebe erfüllt ist. Die quellbare Substanz der betreffenden Zellen findet man an Spiritusmaterial dem con- trahirten Plasma anliegend. Sie hebt sich bei Wasserzutritt von letzterem als faltige Masse ab und wird dann unter fortwährender Ausdehnung, welcher die anfangs eingefaltelen Zellwände folgen müssen, undeutlich. Der bemerkenswertheste Inhaltsbestandtheil der Muscheln sind die Sporangienhäufchen, welche über den Gefässbündeln entspringend in die Fächer des Hohlraums hineinragen. Die Placenten erheben sich als breite Höcker auf der Muschelaussenwand und tragen in grosser Anzahl die langgestielten Sporangien. Um zu einer richtigen Beurtheilung der letzteren zu gelangen, ist es nöthig, einen Blick auf die Sori der gleich- zeitig entwickelten normalen Früchte zu werfen. Dieselben enthielten 1—3 Macrosporangien und eine grössere Anzahl von Microsporangien, welche zum Theil gebräunt und eingetrocknet waren. Die Macrosporen erfüllten zur Zeit der Ernte des Materials (Ende Juli) fast den ganzen Innenraum ihrer Behälter und zeigten unter der Schleim- 178 hülle die bekannte aus senkrecht zur Sporenoberfläche gestellten Prismen bestehende Wandschicht wohl ausgebildet. Sie waren somit jedenfalls der Reife nahe. Die Microsporangien derselben Sori enthielten keine reifen Microsporen, sondern rundliche Körper verschiedener Grösse in grosser Anzahl neben 16 grösseren Zellen, welche augenscheinlich den Mutterzellen der Microsporen entsprachen. Jene rundlichen Körper be- standen aus einer farblosen Masse, welche an die aus Prismen zusammen- gesetzte Episporiumschicht der Microsporen erinnerte, aber nicht überall radiale Streifung zeigte. Sie umhüllt emen oder mehrere Tropfen einer gelblichen Substanz, welche sich beim Aufkochen in Kalilauge braun, mit Jodtinktur, wie die Hüllmasse, gelb färbt. Jod- und Schwefelsäure rufen keine Blaufärbung hervor. Die ganzen Gebilde sind gegen Kalilauge und Schwefelsäure von grosser Resistenz. Zu äusserst umgiebt die Körper eine hyaline Hülle, welche oft zwei Schichten erkennen lässt. Ihrer Natur nach müssen sie Derivate der Tapetenzellen sein. Die 16 grösseren Zellen erscheinen z. Th. annähernd kugelig, z. Th. aber besitzen sie Fortsätze und Ausbuchtungen, welche auf unvollständige Theilung schliessen lassen. Dass indess nicht normale Theilungszustände vorliegen, geht daraus hervor, dass die betreffenden Zellen bereits Prismenschicht und Gallertmantel zeigten. Der ganze Sporangieninhalt erinnert an eine Beobachtung, welche Russow (l. ec. p. 59) an im Spätsommer angelegten Früchten, wahr- scheinlich von Marsilia Drummondi und M. elata, machte. Er fand in den Microsporangien der genannten Früchte neben den gewöhnlichen Microsporen eine Menge kleiner Bläschen, welche seiner Beschreibung nach mit meinen Tapetenzellderivaten übereinstimmen. Russow meinte, in diesen Gebilden Produkte einer wiederholten Theilung einiger Sporen- zellen vor sich zu haben, da er in den sie enthaltenden Sporangien weniger Mierosporen antraf als in den normal entwickelten. In den mir vorge- kommenen Sporangien kann ihre Entstehung nicht auf diese Weise vor sich gegangen sein, da neben ihnen gewöhnlich alle 16 Microsporen- Mutterzellen gefunden wurden. Die oben gegebene Darstellung des Mierosporangieninhalts normaler Früchte könnte ebenso gut von den Sporangien der metamorphen Blättchen hergenommen sein, so genau stimmen beide in den in Rede stehenden Verhältnissen überein. Auffallend ist nur, dass in den Soris der Blättchen keine Macrosporangien zu finden waren. Es kann das darauf beruhen, dass die Sporen noch nicht die Entwickelungsstufe er- reicht hatten, auf welcher sich Macro- und Mierosporangien von einander unterscheiden lassen; doch wird man geneigt sein, als Gegengrund gegen diese Annahme den vorgeschrittenen Reifezustand der Sporangien in normalen Früchten gleichaltriger Pflanzen geltend zu machen. Schlagend wäre ein solcher Einwand nicht, da wir es Ja mit Bildungsabweichungen 179 zu thun haben, deren Entwickelungsdauer uns unbekannt ist. Sie könnten recht wohl ihr eigenes Tempo besitzen. Die beiden eiförmigen Körper, welche an Stelle des unteren Blättchen- paares des metamorphosirten Marsiliablattes getreten waren, besassen je eine Längsfurche auf ihrer dem Centrum des Köpfchens zugekehrten Seite, welche der Concavität der muschelförmigen Körper entspricht. Ihre Struktur stimmte ganz mit der der letzteren überein. Nur fehlte die innere Prismenschicht blos an einer sehr schmalen Stelle im Grunde der Furche. Das Schwellgewebe war am stärksten in ihrer Nähe aus- gebildet. Von hier aus durchzogen auch die Hauptsepten den Innenraum, Sorus führende Fächer bildend. Die Sori sassen wieder auf Placenten, welche von der der Furche entgegengesetzten Seite aus, wo auch die Gefässbündel lagen, ins Innere vorsprangen. Interessant war, dass der Querschnitt senkrecht zur Furche nicht, wie man hätte erwarten sollen, zwei nebeneinander liegende Sori zeigte, wie die normalen Früchte, sondern eine grössere Anzahl (Fig. 13). 2. Einen ganz ähnlichen Aufbau, wie das beschriebene Köpfchen, zeigte ein zweites, welches auch äusserlich dem ersten schr ähnlich war. Auch hier erschienen an Stelle der beiden untersten Theilblättchen ei- förmige Körper mit’ rückenständiger Furche, während aber die beiden oberen durch einen einzigen muschelförmigen Körper vertreten wurden, an welchem nur eine tiefe Ringfurche verrieth, dass er aus zwei an- fänglich getrennten Anlagen hervorgegangen sei. Im Inneren machte sich dieser Umstand nur insofern bemerklich, als an der eingeschnürten Stelle die Septen etwas dichter standen. Dies war indess wohl eine rein mechanische Folge der geringeren Weite des Lumens daselbst, wie aus dem unten Mitzutheilenden hervorgehen wird. 3. Den Schlüssel zum Verständniss der im Obigen dargestellten Er- scheinungen liefert die in Figur 10 abgebildete Abnormität. Statt der unteren Theilblättchen sind hier muschelförmige Köiper auf- getreten, welche sich von denen der Abnormitäten 1 und 2 nur dadurch unterscheiden, dass ihr Innenraum keine Sporangien führende Lücken zeigt, sondern ganz von Schwellgewebe erfüllt ist, dessen Ausdehnung ihre Dicke ums Doppelte vergrössern kann. Die beiden oberen Theilblättchen besitzen nur an ihren Vorderrändern eine Einkrümmung nach der Blatt- oberseite hin, an welcher sich blos ein schmaler Streif auf jeder Seite des Blättchens nicht betheiligt. Die eingekrümmten Theile sind gleich- zeitig braun gefärbt, anscheinend etwas stärker behaart und dicker als die unveränderten Partieen, in welche sie nach dem Blattstiel zu all- mählich übergehen. Die microscopische Betrachtung lehrt, dass auch sie keine Sporangien enthalten, im übrigen aber denselben Bau. besitzen wie die muschelförmigen Körper. Speciell zeigten sie dieselben Unterschiede in der Wandstruktur auf der concaven und convexen Seite. Auf der 180 ersteren sind die Epidermiszellen alle gleich hoch; es fehlen die Spalt- öffnungen und an Stelle der inneren Prismenschicht findet sich nur eine Lage weitlumiger, wenig gestreckter, prismatischer Zellen ohne auffallende Wandverdiekungen (Fig. 12). Ihren besonderen Werth erhalten diese halbumgewandelten Blätter dadurch, dass sie es ermöglichen, die Theile der sämmtlichen Metamor- phosen mit denen der normalen Blätter in Beziehung zu setzen. Sie zeigen unmittelbar, dass ihre convexe Seite mit den spaltöffnungsführenden epidermalen Einsenkungen überall der Blattunterseite, die concave Fläche der Blattoberseite entspricht, welche bei den eiförmigen Körpern nur in Gestalt eines ganz schmalen Längsstreifens im Grunde der Furche zur Entwickelung gelangt ist. Die umwandelnden Einflüsse müssen schr früh auf die Blattanlage gewirkt haben, denn die Epidermiszellen der meta- morphosirten Stellen sind auf der embryonalen Form des Prismas stehen geblieben und haben sich in dieser vergrössert und wohl auch durch Theilung vermehrt, während die der normalen Blattpartieen ohne weitere Theilungen wachsen, wobei ihre Seitenwände sich wellig biegen. Die Prismenschichten entstehen aus der unter der Epidermis gelegenen Zell- schicht, deren Glieder sich normaler Weise auf der Blattoberseite zu ver- „weigten Pallisaden mit senkrecht zur Blattoberfläche gestellten Armen, auf der Blattunterseite zu parallel der Epidermis etwas gestreckten, viel- fach ausgebuchteten Zellen des Lückenparenchyms entwickeln. In. den metamorphen Theilen treten bereits vor der Bildung der Intercellularen in den betreffenden Zellen vermehrte Theilungen und weiterhin starke Celluloseablagerungen auf, die zur Bildung der sclerenchymatischen Prismen führen. Die innere und äussere Prismenschicht scheinen durch Theilung einer einzigen subepidermalen Zelllage zu entstehen. Wenigstens weisen die Zelinetze an der Grenze zwischen den metamorphen und den nicht umgewandelten Blatttheilen darauf hin. Das Schwellgewebe geht aus den zwischen der zur Blattoberseite gehörigen subepidermalen Schicht und dem die Gefässbündel: unmittelbar einhüllenden Parenchym gelegenen Zellen hervor. Dieselben erleiden keine vermehrten Theilungen, sondern strecken sich senkrecht zur Blattoberfläche, bis sie zum Theil zerreissen (Fig. 12). Es scheint fast, als ob sie dabei einem durch das Flächen- wachsthum der Prismenschichten senkrecht zum Blattinnern ausgeübten Zuge folgten. Am wenigsten verändert das Parenchym der Blattunter- seite mit den Gefässbündeln seine Entwickelungsrichtung. Es wird auch in’den umgewandelten Blatttheilen zum Lückenparenchym, welches vom normalen namentlich durch die eigenthümliche Ausbildung abweicht, die seine äusserste, den Prismen angrenzende Schicht erfährt (Fig. 11). Vergleicht man diejenigen der beschriebenen Bildungen, welche am weitesten von den Blättchen abweichen, mit normalen Früchten von Marsilia hirsuta, so findet sich in der anatomischen Structur ihrer ein- 181 zelnen Theile, der Schale, des Schwellgewebes, der Placenten und Sporangien, vollständige Uebereinstimmung bis in die kleinsten Einzel- heiten. Denkt man sich die eiförmigen Körper der Figur 9 etwas anders gestaltet und die rückenständige Spalte auf Null redueirt, so hat man das tehäuse der normalen Frucht vor sich, welche hiernach einer einzigen der Fiedern des sterilen Blatttheils entsprechen würde. Unterschiede bestehen in dem Gefässbündelverlauf und der davon abhängigen Anord- nung der Sori. Das Gefässbündelsystem der ächten Frucht besteht aus einem dorsalen Stamm, von welchem unter rechten Winkeln Seitenäste abgehen, die nach dem Fruchtbauche verlaufen, während in den Meta- morphosen von einem Punkte, dem Stielansatz, ausstrahlende Bündel vorliegen. Könnte man nun auch ohne besondere Schwierigkeit das eine Schema aus dem andern ableiten, so warnt doch ein anderer Umstand davor, aus den Metamorphosen morphologische Schlüsse auf die normalen Früchte zu ziehen, nämlich die endogene Anlage der Sporangien, welche hier als ebenso zweifellos feststehend gelten muss wie der Ursprung der Sporangien der normalen Früchte aus Oberflächenzellen. Sie zeigt deut- lich genug die Berechtigung der Zurückweisung, welche Goebel in seiner vergleichenden Morphologie der Teratologie als entscheidender Instanz in morphologischen Fragen zu Theil werden. lässt. Die Entwickelungsgeschichte der Metamorphosen direct festzustellen, gestattete das vorliegende Material nicht; doch giebt die Vergleichung der verschiedenen vorkommenden Umwandlungsstufen einige Fingerzeige für die Erkenntniss des Ganges, welchen die Abänderung genommen haben mag. Die am wenigsten umgewandelten Blättichen wiesen ausser einer Einkrümmung und auf Dilatation des Mesophylis beruhender Verdiekung nur die Schalenbildung auf, bei anderen kamen dazu die inneren Hohl- räume; die am weitesten veränderten endlich führten in diesen Höhlungen sporangien. Wenn es erlaubt ist, jene Zustände mutatis mutandis als zeitlich aufeinander folgend auf ein Object zu übertragen, so kann man sich nachstehende Vorstellung über das Zustandekommen der Metamor- phosen bilden. Die Umwandlung beginnt mit vermehrten Zelltheilungen und ab- normer Gelluloseablagerung in den lnitialzellen der Prismenschichten. Das Ausdehnungsbestreben der letzteren in tangentialer Richtung veran- lasst einen nach dem Blattinneren gerichteten Zug, in Folge dessen ab- normes Wachsthum und schliesslich Zerreissung gewisser Gewebspartieen . eintritt. 'In die so entstehenden Höhlungen hinein bilden sich endlich die Sporangien, wenn sie überhaupt zur Anlage gelangen. Ausder angegebenen Entwickelungsfolge würde sich auch die so sehr auffallende Verschiebung der Sporangien ins Innere des Blattgewebes erklären. Da die Oberflächen- zellen zur Zeit ihrer Anlage bereits in die Schalenbildung eingetreten sind, bietet für sie nur der centrale Hohlraum Platz, dessen Umgrenzungs- 182 zellen sich in ähnlicher Lage befinden, wie die calluserzeugende Un- gebung einer Schnittwunde. Durch die in Folge der Zerreissungen im Blattinneren veränderten Spannungsverhältnisse wie durch die sie um- spülende Luftmenge werden sie in gleicher Weise zu Neubildungen an- geregt, deren Natur die Factoren bestimmen, welche die ganze Metamor- phose veranlasst haben. Ueber die Aetiologie der Metamorphosen kann ich nichts sagen. Es kamen an den umgewandelten Blättern meistens Pilze zur Beobachtung, welche sich in den vorhandenen Höhlungen angesiedelt hatten und oft auch das Schwellgewebe und selbst. einzelne Zellen der Prismenschicht durchwucherten. Da sie indess nicht überall gefunden wurden, darf ihnen keine weitere Bedeutung zugeschrieben werden. Es müssen andere Agentien gewesen sein, welche Stoffwechsel und Wachsthum der Blättchen- anlagen in die Bahn lenkten, die schliesslich zur Bildung der Sporangien hinführte. Erläuterung der Abbildungen. Fig. 1. Oberflächenansicht des Bauches einer jungen Frucht von M. macra. 5 die vier Bauchzellreihen. Die Sorusinitialen s und die Zwischenplatten sind schon zu unterscheiden. Fig. 2. Etwas älteres Object in derselben Ansicht, Die Spitze des Pfeils zeigt nach der Fruchtspitze. Es sind nur 3 Bauchzellreihen gezeichnet, Die Sorusinitialen sind durch Transversalwände getheilt. An ihrer Grenze gegen die äusserste Bauchzellreihe beginnt die Bildung der »Grübchen«. M. macra. Die erste Anlage der Grübchen geschieht chizogen, indem die Sorusinitiale sich von den ihr an- grenzenden Bauchzellen trennt. Vgl. auch Fig. 3. In Figg. 1 und 6 hat diese Trennung noch nicht stattgefunden. Fig. 3. Eine etwas ältere Sorusinitiale mit Grübchen und den beiden angrenzenden Bauchzellreihen. M. macra. Fig. 4. Spitze einer jungen Frucht im Profil. Einstellung wenig unter der Ober- fläche. s Sorusinitialen, © Zwischenplatten. M. macra. Figg. 5—8. Querschnitte durch verschieden alte Früchte. 5, 6, 8 M. macra; 7 M. hirsuta; die nicht zum Sorus selbst gehörigen Zellen zun: Theil schematisirt. Figg. 9 u. 10. Metamorphosirte Blättchen von -Marsilia hirsuta. Wenig vergrössert. Fig. 11. Stück eines Längsschnitts durch die äussere Schale eines der muschelförniigen Körper der Fig. 9. (Blattunterseite.) Die Parenchymzellwände, nit Ausnahme der an die Intercellularen grenzenden Stellen, etwas zu stark gezeichnet. Fig. 12. Innere Schale derselben Muschel. (Blattoberseite.) Fig. 18. Querschnitt eines der eiförmigen Körper der Fig. 9. » Placenten. Die Sporangien der besseren Uebersicht wegen entfernt. 183 Zur Präparation der Agrumen - Früchte. Von Dr. M. Kronfeld (Wien). Die saftigen Citrus-Früchte können, wenn anders man sie nicht bis zur Unkenntlichkeit einschrumpfen lassen will, nur in conservirenden Flüssig- keiten, so namentlich Alkohol, aufbewahrt werden. Allein, abgesehen davon, dass Alkohol die Farben ausblassen macht, ist die Verwahrung in demselben eine ziemlich kostspielige, da sie grössere Gläser erheischt. In dem Bestreben, eine Reihe von Abnormitäten aufzubewahren, welche namentlich die Orangen darbieten — z. B. meridional gerichtete Wülste und Furchen, welche meist den Zwischenräumen zwischen den Schnitzen entsprechen — kam ich auf ein Verfahren zur Präparation der Früchte, welches sich wegen seiner Einfachheit und Zweckdienlichkeit von selbst empfehlen dürfte. Die Frucht wird nämlich entzweigeschnitten und jede Hälfte für sich behandelt. Man räumt die gesammte pulpa aus, so dass nur die Schalen- hälfte übrig bleibt. Diese Schalenhälfte wird mit heissem Paraffin aus- gegossen, so dass nach dem rasch erfolgenden Erstarren desselben die Schale über einen Paraffinkern gespannt erscheint; in dieser Lage trocknet sie vollkommen aus, ohne merklich einzuschrumpfen oder die Farbe zu ändern. Da die teratologischen Besonderheiten gewöhnlich nur an einer Seite der Frucht vorkommen, genügt es, die entsprechende Hälfte zu präpariren. Will man übrigens die ganze Frucht aufbewahren, so klebt man die beiden vorgerichteten Hälften mit den Paraffinflächen aneinander. All dies geschieht leichter und schneller als es beschrieben werden kann. Bei einiger Uebung erhält man sehr schöne und unverwüstliche Präparate. In den meisten Fällen genügt es, eine Längenhälfte der Frucht auf- zubewahren. Befestigt man dieselbe mit der Paraffinseite auf ein Brettchen oder Cartonstück, so ist damit ein handsames ee N und zugleich hübsches Präparat für die Samm- N lung gewonnen. Noch elegantere Präparate — | om förmliche Halbreliefs der Agrumen-Früchte — TRITT] en ur nen Paraffin ausgefüllten Fruchthälften in Gyps,: der nahe dem Erstarren ist. Um gleich grosse Objecte zu bekommen, empfiehlt es sich, den Gyps in flache viereckige Formen auszugiessen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Abnormitäten der Citrus- Früchte aufbewahren, sondern sämmtliche ökonomisch wichtigen Agrumen zum Anschauungsunterrichte aufstellen. Noch sei bemerkt, dass man, um mit dem Paraffin zu sparen, unter dasselbe, wenn es noch flüssig ist, Papierschnitzel mengen kann. Fe 184 Die Liehenen der Insel Ascension von Dr, Ernst Stizenberger. Die grosse Mehrzahl der afrikanischen. Inseln, so wie auch die der Südspilze Afrika’s mehr oder weniger benachbarten anlarktischen Eilande sind in lichenologischer Beziehung durchaus keine terra incognita ; ja manche derselben, wie Madera, die kanarischen Inseln, die Inseln des Meerbusens von Guinea, St. Helena, die Maskarenen, Sokotra u. s. w. gehören sogar zu den lichenologisch- ziemlich gut bis sehr gut durch- forschten Theilen der Erdoberfläche. Wer die hierüber von Acharius bis heute angewachsene (bis zum Jahre 1870 in v. Krempelhubers Geschichte der Lichenologie aufgeführte) Literatur durchzugehen sich die Mühe nehmen will, ist auch bezüglich der Mehrzahl der afrikanischen Inseln im Stande sich daraus ein lückenfreies Bild der bisher daselbst beobachteten Lichenen- vegetation zusammenzustellen. Diametral entgegengesetzt liegen diese Dinge für die Insel Ascension. (7° 55° südl. Br., 14° 95° westl. v. Greenw.) und zwar sonderbarer Weise ausschliesslich in Folge rein äusserer Zufälligkeiten. Ich hatte bei meinen seit mehr denn 4 Jahren betriebenen Studien über die Flechten Afrika’s Gelegenheit der Sache etwas näher zu treten - und benütze meine diesfälligen Erfahrungen zur Aufklärung der (wie man wohl sagen darf) hier eingetretenen Verwirrung. Ueber die Flechten der Himmelfahrlinsel liegen folgende literarische Notizen vor: 1. Ach. L. U. p. 422 (Lecanora Ascensionis Ach.); 2. Nyl. “Syn. 1p.259 (Roccella phycopsis Ach.) und 407 (Physcia flavicans Sw., DC.) ; 3. Cromb. Chall. Exp. Addit. p.83 (Ph. flavicans und angustifolia Mey.-Fw.); 4. Müll.- Arg. Exp. Gaz. und Nachtrag (siehe unten sämmt- liche von Dr. Naumann gesammelten Nummern) und 5. Mass. Lich. Cap. p. 58 (Haematomma Fenzlianum Mass.), p. 65 (Buellia pachyospora Mass.) und p. 81 (Enterographa Capensis Mass.). Bei diesen 3 Massalongo’schen Flechten ist neben dem Standorte: »Hab. ad saxa« oder »ad saxa vul- canica« das Wort »Ascension« (oder auch Adscension) in Parenthese beigesetzt und damit wohl zum mindesten, wenn auch wie es scheint unbewusst und ohne klare Absicht, angedeutet, dass nicht alle in Mass. Cap. beschriebenen (von Dr. Wawra gesammelten) Lichenen vom Kap der guten Hoffnung, sondern einzelne derselben von Ascension stammen, Hat man dann bei weiterem Vordringen das Glück durch das liebens- würdige Entgegenkommen der betr. Anstaltsvorstände die bei Mass. 1. c. beschriebenen Lichenen im Original betrachten zu können, so wird man sofort durch das heterogene Aussehen der unorganischen Unterlagen der Steinflechten in der Ansicht bestärkt, dass ein grösserer Theil derselben der Gesteinsbeschaffenheit wegen nicht vom Kap stammen kann. Wollte 185 man aber aus den Fundortsbezeichnungen auf den Etikelten der betreffenden. Exemplare sich eines Bessern belehren lassen, so stände man bei der wirklich grossartigen Unvollkommenheit und Unvollständigkeit der Mehrzahl derselben rathlos da. Und doch ist es für die Geographie der Flechten durchaus nicht gleichgültig, ob man die Lava bewohnenden Lichenen eines isolirt im atlantischen Ozean liegenden und dessen Spiegel als Insel über- ragenden Vulkanes zwischen Westafrika und Brasilien mit den Lichenen des um 26 Breilengrade südlicheren und um 35 Längengrade östlicheren Kaplandes zusammenwirft oder nicht. Um sicher und vollständig ins Reine zu kommen und von dem Umstande ausgehend, dass die im Herbar der botanischen Abtheilung des Wiener Hofmuseums vertretenen Exeniplare der Wawra’sehen Sammlung der von der Carolina-Expedition herrührenden Fiechten Nummern trugen, die nicht von Massalongo’s Hand, sondern offenbar vom Sammler herrührten, fragte ich in Wien nach den Tage- büchern des Dr. Ritters v. Wawra. Herr Dr. Zahlbruckner, welcher sich der Mühe der Untersuchung der betreffenden Tagebücher bereitwilligst unterzog, lieferte mir einen Auszug der maassgebenden Stellen derselben, aus welchem nicht länger unklar bleiben konnte, was vom Kap und was faktisch von der Insel Ascension, welche Wawra auf der Fahrt der Korvette Carolina berührt hatte, stammte; denn die erwähnten Nummern der Wäwra’schen Liehenenexemplare entsprachen richtig den Nummern der Wawra’schen Tagebücher und es fanden sich in letzteren mehr als genügend spezialisirte Bezeichnungen der Fundorte für die Mehrzahl der von Mass. |. c. beschriebenen Lichenen der Carolina - Expedition. Stellen wir nun in systematischer Ordnung die Lichenen zusammen, welche in der obenangeführten Literatur notirt sind und fügen wir den- selben alles dasjenige aus Mass. Lich. Cap. bei, was sicher als von der Himmelfahrtinsel stammend constatirt werden konnte, so ergibt sich das nachfolgende, aus fast 30 Arten bestehende lichenologische Vegetations- bild, welches in seiner specifischen Zusammensetzung mit Sicherheit auf eine kleine, vulkanische, den wärmern Erdgürteln zugehörige Insel als seine Heimath schliessen lässt: Leptogium diaphanum (Sw.) Mnt. — In Gesellschaft von Physcia leucomelas 2000 m: Dr. Neumann. Ramalina dendriscoides Nyl. in Flora 1876 p. 412 var. subnuda Müll.-Arg. Gaz. Nachtr. p. 134. — Auf Baumrinden 2000 m: Dr. Nau- mann. R. Bourgaeana Mnt. — Auf beschatteten, ganz nackten Lavablöcken am Fusse und auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 60 z. Th. Roccella tinetoria DC. — Ebenda: Dr. Wawra No. 60 z. Th.. R. phycopsis Ach. — An Felsen des Meeresufers, (Nyl. Syn. I p. 259). Evernia prunastri (L.) Ach. — Steril auf Lava 2000 m: Dr, Neumann. 186 . Parmelia perforata (Jacq.) var. cetrata Ach. — Steril auf Baumästen mit Physcia flavicans 2000 m: Dr. Naumann. — Var. wlophylia Mey.-Fw. — Auf vulkanischem Gestein: Dr. Naumann. P. olivetorum (Ach.) Nyl. — Sterilan Baumästen 2000 m: Dr. Naumann. P. Soyausii Mül.-Arg. Afric. occid. p. 32. — Steril auf Lava: Dr. Nau- mann. Physcia flavicans (Sw.) DC. — An nackten freien Felsblöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 61, steril an Felsen: Moseley (Gromb. Chall. Add. p. 83), auf Baumästen 2300 m: Dr. Naumann. (Auch schon in Nyl. Syn. I p. 407 angezeigt.) P. leucomelas (L., Sw.) Mich. — Steril an Felsen 2000 m: Dr. Naumann. — Var. angustifolia Mey.-Fw. — Auf Erde zwischen Felsen: Moseley (Cromb. Chall. Add. p. 83). P. hypoleuca (Ach.) Nyl. — Steril auf Erde 2000 m: Dr. Naumann. P. Ascensionis (Ach.) Nyl. in Gromb. Chall. p. 212. — Auf Lava (Mus. Swartz nach Angabe des Ach. L. U. p. 422). Lecanora scoriophila Mass. Cap. p.55. — Nachdem in Dr. Wawra’s Tagebüchern unter No. 34—47 die Carolinalichenen von Kap und unter No. 51—62 diejenigen von der Insel Ascension aufgeführt sind, ist L. scoriophila (mit No. 63) im Tagebuch nirgends zu finden. Die Gesteinsbeschaffenheit des Substrates zeugt für Ascension. L. murorum (Hffn.) var. oblöiteratum (Pers.) Nyl. — Auf Basalt und von da auf thierische Excremente übergesiedelt: Dr. Naumann. L. Ascensionis Müll.-Arg. Gaz. Nachtr. p. 136 unter Dimelaena. — Auf Basalt: Dr. Naumann. L. chlarona Ach. — Auf Baumzweigen mit Leecidea allantiea und Ope- grapha aterula: Dr. Naumann. L. dirinaeformis Mass. Cap. 57. — An freien vorragenden Blöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 56. L. Fenzliana Mass. Cap. p. 58 unter Hoematomma. — An gleichen Stellen wie die vorige: Dr. Wawra No. 58. L. tartarea (L.)) Ach. — Das in Wien aufbewahrte, von Dr. Wawra auf der Carolina-Expedition gesammelte Exemplar stammt laut Etikette von freien Blöcken am Green Mountain, L. gyalectella (Mass. Cap. p. 62). — An freien vorragenden Blöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 57. Lecidea cupularis (Hdw.) Ach. — Von mir auf demselben Substrat mit Lecanora Fenzliana (Wawra No.58) desk.k. Hofmuseums aufgefunden. L. atlantica Müll.-Arg. Gaz. Nachtr. p. 137 unter Patellaria«. — An dürren Zweigen: Dr. Naumann. L. anatolodia (Mass. Cap. p.67). — An freien vorragenden verwitlerlen Blöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 58, 57. 187 L. Carolinae (Mass. Cap. p. 66). — Mit der vorhergehenden: Dr. Wawra No, 58. L. pachyospora (Mass. Cap. p. 65). — An freien hervorragenden ver- witterten Blöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra No. 56. Opegrapha aterula Müll.-Arg. Gaz. Nachtr. p. 139. — An dürren Zweigen : Dr. Naumann. ©, Zanei Mass. Cap. p.80. — An kleinen Höhlungen oder beschatteten Stellen der Felsen des Green Mountain: Dr. Wawra No. 55. Stigmatidium Capense (Mass. Cap. p.81). — An freien vorragenden verwitterien Blöcken auf halber Höhe des Green Mountain: Dr. Wawra (ohne Nummer, aber Fund- sowie Standort aus den Angaben in Mass. 1. e., verglichen mit dem Tagebuchauszug Wawra’s, hinreichend klar festzustellen). Die Benennung »Capenses für eine Pflanze, zu deren Standort Massalongo selber in Parenthese »(Ascension)« bei- fügt, lässt doch entweder über die geographischen Kenntnisse Massa- longo’s oder über seine Gründlichkeit beim Arbeiten gerechte Bedenken aufkommen. Lichenologische Beiträge von Dr. J. Müller. XXX. 1508. Leptogium foliare Krplh. Lich. foliicol. p. 2 et Lich. Bece. p. 10, est species insignis e sectione Stephanophori. Apothecia evoluta amm lata, lacinulis fertilibus turgidis brevibus podicellata, tota adnata et apicem occupantia, i. e. terminalia, infra marginem proprium lobulis exiguis thallinis erispulis coronata; sporae utrinque rotundato -obtusae, medis subeonstrietae, 4-loculares, loculi duo intermedii vulgo crueiatim divisi. —- Subsimile est Z. tremelloidi Fr., sed monophyllum, arcte adpressum et totum crebre rugulosum. — Borneo: Beccari. (vidi specim. orig.) 1509. Leptogium crispulum Krplh. Lich. foliicol. p. 1 et Lich. Bece. p. 9, quoad speeimen ramulicolum ex ins. Sarawak, est parvum pulvini- forme, fulvescenti - pallidum, laciniae confertae, margine undulato-crispae, saltem pro parte, caeterum integrae v. etiamı leviter crenato-denticulafae, obsolete rugulosae. — Non diversum videtur a Leptogio diaphano Nyl. Syn. p. 195, at hoc ipse vix specifice differt a vulgatissimo et variabili Lept. tremelloide Fr. Planta Sarawakensis, sterilis, forte pro forma cris- pula hujus speeiei habenda esset, sed speeimina foliicola L. erispuli non- dum vidi. 1510. Coccocarpia epiphylla Krplh. Lich. foliic. p. 5, et Lich. Becc. p. 13 (excl. syn. F&ean.), eadem est ac Coccocarpia aeruginosa Müll. Arg. Revis. Lich. Feean. p. 16. Sporae 6—8 u longae (diiplo longiores Flora 1890. 13 188 vidi quam in descript. Krempelhuberi), — In insula borneensi Sarawak (vidi speeim. orig. Krplh.). 1511. Lecanora mierommata Krplh. Lich. foliicol. p. 3, et Lich. Beccar. p. 16, sit Lecania micrommata Müll. Arg., juxta Lecaniam heterochroam Müll. Arg. L. B. n. 283 locanda, a qua differt (hallo einereo- glauco, laevigato et disco fusco. Hypothecium erassum rufo-fulvum est. — Foliicola in Borneo: Beccari (vidi speeim. orig.). 1512. Biatora Phyllocharis Montg. Gent. VI. n. 16 bis et Sylloge p. 340, eadem est ac Gyalectidium dispersum Müll. Arg. L. B. n. 252, et dein Gyalectidium Phyllocharis nuncupanda est. Specimen orig. Montg. pauperrimum est et apothecia nunc tantum juvenilia offert, et iu lisdem foliis insuper oceurrit similiter juvenile Gyalectidium filiceinum Müll. Arg. L. B. n. 253, facile recedens thallo planiore, minus aeruginoso et minute granulari et margine apotheciorum haud integro. — In insula Taiti: L£pine n. 20 (vidi speeim. orig. Montg.), et in Australia orientali: Bailey n. 236, 503. 1513. Gyalectidium rotuliforme Müll. Arg. Lich. Paraguay. n. 100, sit Myxodietyon rotuliforme. Gonidia 1. e. perperam phyllactidialia indi- cata sunt. Hyphae ipsae pro parte dense radiantes fere Phyllactidium simulant, sed gonidia vera globosa vulgaria sunt (copiose visa). — In Paraguay. . 1514. Lecidea pallidula Krplh. Lich. foliicol. p. 9, el Lich. Becc. p. 97, sit Patellaria (s. Bilimbia) pallidula Müll. Arg. — Cum Lecidea pinetı Schrad. comparavit cl. Krempelhuber, sed gonidia non sunt chroole- poidea ct planta dein ab hac generice diversa est. — Thalli granula !ıomm lata et minora, i. e. minora quam in P. galbinea, et glauco-albida; apothecia bene evoluta diametro °/s mın attingunt. — In Borneo (vidi specim. orig.). 1515. Lecidea galbinea Krplh. Lich. foliicol. p. 8 et Lich. Becec. p. 27, sit Patellaria (sect. Bilimbia) galbinea Müll. Arg.; thalli granula hemisphaerica eirc. ®/eo mm lata, intus laete flava; apothecia ®”"*/s mm lata; sporae 12—14 u longae, 31/e—4!/e u latae, utrinque obtusae. — E sporis et colore flavido-fulvo disci proxima est 7. palmicolae (Tuck.). — In Borneo {vidi speeim. orig.). 1516.. Lecidea palmicola Tuck. in Proceed. Amer. Acad. v.6, p. 277, North Amer. Lich. p. 158 (et Lich. Cub. n. 201); Krpih. Lich. foliicol. p. 10 et Lich. Becc. p. 26, sit Patellaria (sect. Bilimbia) palmicola Müll. Arg. — Similis P. galbinese, sed thallus laevissimus, eontinuus, haud granuliger, apothecia minus fulvo-flavicantia et sporae bene evolutae va- lidiores, caelerum conformes. — In Borneo (vidi specim. orig.). 1517. Patellaria (sect. Bilimbia) fumoso-nigricans Müll. Arg. Lich. epiph. nov. n. 14, v. fulvescens Müll. Arg.; apolheeia fulvescenli - fusca. — Reliqua omni respectu conveniunt, sed planta primo intuitu satis dis- crepans. Inter apothecia plantae normalis speeiei subinde occeurrunt. quaedam fuscescentia ct transitum manifestum praebent. — Folitcola prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 1456. 1518. Patellaria (sect. Bilimbia) pellicula Müll. Arg.; hoc sub no- mine recipienda est planta, quam antea in Lich. Gazelle p. 56, neglectis gonidiis, sub Arthonia pellieula habui, quae forma apolheciorum et aseis late obovoideis optime Arthonige speciem simulat, quae autem ıe vera 189 ab Arthoniis differt gonidiis globosis, nec chroolepoideis et dein Patellarüs adscribenda est. Juxta consimilem P. fumoso - nigrieantem Müll. Arg. in- serenda est, a qua recedit sporis majoribus, 22—30 u longis et 8-11 u latis et forma brevi ampliuscula ascorum. -- In foliis Aurantiorum in insula Fidji: Naumann. . 1519. Iecanora epiphylia Krplh. Lich. foliicol. p. 3 et Lich. Bece. p. 60 (non Fee), est Patellaria (sect. Bilimbia) leucoblephara Müll. Arg. L. B. n. 277. — Foliicola in Singapore (vidi specim. orig.). 1520. Biatora tricholoma Montg. Guy. n. 114, et Syllog. p. 339, sit Patellaria (sect. Bilimbia) tricholoma Müll. Arg. et eadem omnino est illa quam olim prope Caracas in foliis Stanhopiae lectam et a cl. Dr. Ernst missam sub Patellaria cinnamotricha in meis Lich, Beitr. n. 294 descripsi. Jam l. c. ambas valde affines credidi, at colore vestimenti apotheciorum, in deseriptione Montg. I. ec. haud bene indicato, diversas putare debui. Pili marginis einnamomei, eire. 15—27 u longi et 4—5 u ati, haud stricti, nonnihil asperuli. — In Guyana gallica: Leprieur n. 1366, et prope Caracas: Dr. Ernst (vidi specim. orig. Montg.) 1521. Patellaria (sect. Bilimbia) rufula Müll. Arg. L. B. n. 299, var, nigrata; apothecia nigrata. — Est analoga P. fuscatulae $ nigricanti Müll. Arg. L. B. n. 995, et species ambae vix inter se absolute diversae sunt nisi sporis, in priore latioribus et magis divisis vulgoque, non semper, longioribus. Reliqui characteres, colores marginis et hypothecii ludunt. — Foliicola prope Rio de Janeiro: E. Ule n. 18 pr. p. 1522. Patellaria (s. Bilimbia) tomentosa Müll. Arg.; thallus albido- argillaceus, tenuissimus, continuus, superficie leprosulus v. obsolete tomen- tellus; gonidia globosa; apothecia cire. }s mm lata, depresso-hemisphaerica, basi subconstricta, novella undique vestimento cum thallo concolore bre- viter tomentoso-teeta, vertice dein punctis nonnullis discretis subnigris mox confluentibus v. simul toto vertice denudafa, at persistenter late tomentoso-marginata; hypothecium nigro-fuscum; sporae ignotae, sed affinitas naturalis optime manifesta. — Valde affınis P. leucoblepharae Müll. Arg., sed apothecia juniora tota, etiam in disco, vestirnento involuta, saepius sensim per puncta discreta in disco denudata et semper longe minus depressa quam in comparata specie. Punctula illa denudata bene Chiodecton simulant, sed lamina unica adest et gonidia globosa sunt, aut spermogonia jun. referre videntur, sed non sunt receptacula. — Foliicola prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 2100. 1523. Lecidea cinnamomea Krplh. Lich. foliic. p. 7 et Lich. Becc. p- 27, sit Patellaria (sect. Bacidia) cinnamomea Müll. Arg.; thallus pulveraceo-furfuraceus, cinnamomeus; gonidia globosa, glomeruloso- eohaerentia, flavescenti-viridia; apothecia novella pallido-carnea, dein carnea, livido-fuscescentia et demum rufo-nigrata; margo primum pallidus, demum sensim in nigrum abiens et levissime tantum prominens; hypo- thecium rufum v, rufo-fuscum; sporae 4-loculares, 20 -28 u longae, 11/a—2 w latae. — Inter brachy-stenosporas thallo exinie distineta est. — In Borneo, foliicola (vidi specim. orig.). 1594. Sporopodium Leprieurii Montg. Guy. n. 116 in Ann. Se. nat. ° 3, XVI, p. 54, et Syllog. p. 341; Lecidea reveniens Nyl. Enum. gen. p. 193 n. 99; thallus (e miserrimo speeim. orig.) maculari-tenuis, flavescenti- glaucus, granulis Lıo mm lalis acutiuscule hemisphaericis erebre ad- 13* 190 spersus; gonidia globosa, eire. 5--6 w lata, glomeruloso-cohaercntia; apothecia "a—1mm lata, e depresso mox elatiuscula , diseus nigro-fuscus et nudus, convexus; margo fuscus, primum latus sed non prominens, mox dein evolutione laminae exclusus; receptaculum extus eiliis retrorsis lon- giusculis dein evanescentibus cum thallo eoncoloribus ornatum; lamina fulva, inferne obseurior; paraplıyses valde tenellae, intricatim connexo- ramosae; sporae in ascis solitariae, elongato-ellipsoideae, curvulae, juniores 70—80 u longae (100 # longae ex Montg.), locelli in series 30 Lransversales disposilae (nullomodo podicellatae). — Deseriptio Montagneana multis gravissimis falsis obscurata est, et nomen genericum infelieissimum res falsas indicans haud admittendum est. E structura exposita verum Lo- padium est et quidem species valde distineta ob apolhecia extus ciliala. Sit dein Lopadium Leprieurii Müll. Arg. — In Guyana gallica: Leprieur (vidi specim. orig.) 1525. Phlyctis? arachnoidea Krp!h. Lich. foliic. p. 11, et Phlyetis arachnoidea ejusd. Lich. Becc. p. 16, e forma gonidiorum et apotheciis biatorino-warginalis non est hujus generis; sit Lopadium arachnoideum Müll. Arg.; gonidia glohosa, vulgarıa; apolhecia 'a—"/s mm, lata, arcte sessilia, extus tota allitudine pilis copiosis 5—6 u crassis, simplicibus aut subpeelinatim ramosis, rigidis, eximie pachydermeis, hine inde fere solidis et latitudini disci circ. acquilongis aut eo longioribus radiatim strigoso- pilosa; margo pallidus, sed intus gonidiis destitutus, demum lividus aut nigricans, inleger, pro more crassiusculus et prominens; discus e fusco demum nigrieans; hypothecium pallide nigricans; paraphyses tenellae, molles, laxiuscule connexo-ramosae; asei 1-spori; sporae non bene evo- lutae mihi obviae, visae 65 # longae et 17 « latae (a cl. Krplh. visae duplo longiores et latiores), copiose eubico- multicellulosae. — Est species insignis, quodammodo analoga Patellariae leucoblepharae Müll. Arg. — Borneo (vidi speeim. orig.) 1526. Echinoplaca epiphylla Fte Ess. p. XCII, t. 1, Fig. 29, cujus originalia nondum vidi, est, ut omnia suadent, Lopadium vulgare Müll. Arg. L. B. n. 276, in cujus thallus, apotheeiis admixta, adest Tricharia melanothrix Fee. Haec Tricharia enim etiam similiter oceurrit inler apothecia Lopadii urceolati, L. carnei, L. epiphylii Müll. Arg., quorum apotheeia minus pallida ei minus in thallo innato-sessilia sunt. — Genus Echinoplaca dein, e rebus inter se alienis.compositum omnino recusan- dum est. 1527. Lecidea (s. Biatora) Araucariae Müll. Arg.; thallus albidus v. albo-virens, maculiformi-tenuis, laevigatus, demum leprosus; gonidia globosa, circ. 7—8 w lata; apothecia ?-3/ıo mm lata, flavescenti-pallida, convexa, immarginata, nonnihil pellucentia et demum pro parte livido- fuscescentia; lamina undique hyalina; paraphyses conglutinatae; asci elongato-obovoidei, 8-spori; sporae 12-14 uw longae, 3—3!le u latae, eylindrieo - ellipsoideae, utrinque obtusae et longo tractu caelerum aequi- latae, rectae aut incurvae. — Prope L. tenuem Müll. Arg. Lieh. Afric. oecid. n. 19 locanda est. — In foliis sublignosis vetustis Araucariar prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 2233 pr. p. 1528. Byssocaulon niveum Montg. Flor. Fernandez. p. 9, n. 52, Nyl. Enum. gen. p. 119, s. Parmelia gossypina v. filamentosa Montg. Guy. n.95, el Syllog. p. 331, ex ins. Juan Fernandez (Bert.), non differt a nor- mali Byss. gossypino (Sw., Ach.) Müll. Arg. Lich. Gazelle Nachtr. p. 138, 191 quod in Lich. Wrightian. Cub. sub n. 110 pulchre distributum fuit et in ins. Jamaica recenter a cl. Hart pulchre fructiferum lectum est. 1529. Coenogonium tenuissimum Krplh. Lich. folic. p. 6, et Lich. Bece. p. 25, est proximum ©. depresso Müll, Arg. L. B. n. 364, et ab hoc differt fiiamentis 6--7 u crassis, fere albis, pluries longioribus, valde intricato -interplexis. — Borneo (vidi specim. orig.). 1530. Aulaxina Fee Ess. p. C. et XCIV. t. 2. Fig. 6, et Suppl. p. #7. t. 43, add. Fig. 18 bis; thallus erustaceus; gonidia globosa, laete viridia; apothecia gymnocarpica, lirellina, ex orbiculari oblongata et linearia, margine proprio lecideino praedita; paraphyses laminae irregu- lares (valde tenues}, connexae; sporae hyalinae, transversim divisae. — Gonidia ut in Lecanoreis et Lecideeis, sed apothecia ut in Opegrapha (sed perithecium in speciebus notis dimidiatum) et genus diu diugue neglectum nunc inter Xylographideas (Xylograpliideos Th. M. Fries Scand. .p. 634) inserendum est. 1531. Aulaxina opegraphina Fee. Ess. p. XCIV. t. 2. Fig. 6; thallus e fuscidulo aut obseure olivaceo dein in colorem virentem aut argillaceum abiens, late expansus, tenuissimus, maculiformis et laevigatus, demum circa apothecia minute. orbiculatim decolorando-albescens (hoc statu in opere F&eano pictus et desceriplus), orbillis his decoloratis demum con- fluenlibus; gonidia 7—10 « lata; apothecia primum orbicularia, mox centro late aperta; margo regulariter annularis v. mox plus ıninusve angulosus, demum ambitu oblongatus aut varie trigonus,. obtuse aut acule angulalus, niger et semper protminens et nudus, diametro majore demum }a — Ns mm aequans, caeterumque tamen longe minor; margines in sectione perpendi- culari inferne patentes, sub lamina plane et late deficientes; discus planus, depressus, einereo-pruinosus; Jamina tota cum hypothecio hyalina; para- physes valde tenellae et irregulariter connexae; asci elongato -obovoidei, 2—6-spori; sporae hyalinae, circ. 25—40 u longae et 7—S u latae, longo tractu aequilatae, utrinque rotundato-obtusae, 4-9-loculares. — Apo- thecia saepissime incomplete evoluta, rotundata, et sporae ipsae saepissime immaturae inveniuntur. Lamina ut in Lopadiis et Arthoniis. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou n 18104, 18075 pr. p.; in foliis Psycho- triae ad Porto Estrella; prope Apiahy in variis foliis: Puiggari n. 310, 1736, 2650; et in foliis Zubernaemontanae prope Bahiam, in Psychotria ad Rio Negro. 1532. Aulaxina velata Müll. Arg.; ihallus virenti-argenteus v. demun pure argenteo-albus, tenuissimus, minutissime ruguloso-v. subgranulato- inaequalis; gonidia globosa; apothecia nigra, usque ad rimam halone argenteo thallino velata, e brevi .linearia, subsimplicia, recta et curvula, eirc. "io mm lata v. leviler latiora, /a—1 mn longa, arcte adpresso-sessilia ; labia in sectione perpendiculari conico-conniventia, demum superne nudata; perithecium basi deficiens; hypothecium olivaceo-fuscum; asci 1—2-seriatim &-spori; sporae hyalinae, tenellae, 9-20 u longae et 2’; -Ayu latae, digi- tiformes, regulariter 4-loculares. — Foliicola prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 1515, 2673. 1533. Rotula vulgaris « radians; AR. radians Müll, Arg. Lich. epiphyll. nov. n. 48, s. genuina Strigula Rotula Montg. Cub. p. 140 (fide specim. orig.); Platygrapha Rotula Nyl. Enum. gen. p. 139, est accurale Plaiygrapha radians Müll. Arg. Lich. Paragnay. n. 166, sed character sporarum in Montagnei Syllog. p. 375 amplius indicatus, sc. sporae pluries 192 septatae, evidenter (ut docent specim. hl. Montg.) e speciminibus guyanen- sibus Leprieurii n. 1358, 1359, desumtus, a planta primitiva cubensi hujus noninis recedit et species dein hucusque e scriptis Montagn. recte erui haud potuit. Sporae in vera planta cubensi cire. 204 longae et 4a latae sunt (non maximae), tantum 4-loeulares (nec pluriseptatae), quarum loculus superior intermediorum demum plus minusve manifeste ventricosus s. reliquis paullo latior est. — Foliicola in Cuba (hb. Montg., et in .Blechno collectionis Wrightianae sub n. 864), ad flumen Amazonum (Spruce), et frequenter in Brasilia meridionali prope Rio de Janeiro: Glaziou, et prope Apiahy: Puiggari. — — $ granularis Müll. Arg.; thallus plus minusve copiose minute aut minutissime granuliger, granula sparsa. — Foliicola vulgaris in Brasilia meridionali, prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 18083 pr. p., 18085 pr. p., et ibidem in Serra da Bica in foliis Dactylostemonis: E. Ule n.49; prope Apiahy: Puiggari n. 1038 pr. p., 2230, 2231h, 2529, 2537. — — — *athallina Müll. Arg.; thallus circa apothecia omnino v. fere omnino evanescens, vestigia thalli (quae raro adsunt) granuligera. — Sporae non differunt. Primo intuitu valde recedens, sed transitus adsunt. — Foliicola prope Apiahy: Puiggari n. 1038 pr. p. — — y laevis Müll. Arg.; thallus non granuliger, laevigalus, caeterum cum # granulari conveniens. — Foliicola prope Apiahy Brasiliae meridio- nalis: Puiggari n. 2670, 2692, et in monte Corcovado prope Rio de Janeiro in folis Artocarpi integrifolii: E. Ule n. 21 pr. p. (pro magna parte sper- mogonifera). 1534. Rotula emergens Müll. Arg.; thallus fuscescenti-olivaceus, laevis; apothecia exigua, ' *omm lata, modice tantum ce thallo emer- gentia, truncato-plana ct tenuiler marginata, margo subaculus; hypo- Ihecium olivaceum v. sublıyalinum ; sporae 13—23 u longae, 3—4'/2 w latae, 4-loculares, loculus superior intermediorum leviter major. — 'Similis bor- neensi .R. minimae Müll. Arg., sed hypothecium aliud, et I. melanophthalmae, sed sporae graciles. A R. vulgarı dein differt apotheciis mullo minoribus et magis depressis, margine tenuiore, colore thalli. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 18078 pr. p., et in foliis Artocarpi integrıfolii in monte Corcovado: E. Ule n. 21 pr. p. 1535. Platygrapha minima Krplh. Lich. foliic. p. 1%, et Lich. Bece. p. 34, sit Rotula minima; thallus olivaceo-fusceseens, laevigatus; apothecia eirc. /s mm lata; discus toto apothecio eirc. triplo angustior; hypothecium late nigricans; sporae 12—15 a longae et 3’ —4 u latae. — Exiguitate apotheciorum et sporarum et insuper apotheciis leviter tantum emergen- tibus distineta est. A simili S. emergente Müll. Arg. recedit hypotheeio crasso nigricante. — In Borneo (vidi specim. orig.). 1536. Platygrapha chlorochroa Krplh. Lich. foliic. p. 14, pr. p., et Lich. Becc. p. 40 pr. p., sc. Ihallo virente, est Rotulae species, et a simili R. vulyari v. radiante Müll. Arg. tantum sporis 6-loculäribus, magis ceylindraceis et apotheciis paullo minoribus differt et juxta .R. striguloidem sub Rotula chlorochroa servanda est, sed ab hac excludenda sunt indi- vidua immixtim in eodem folio crescentia thallo albido v. saltem pallidiore, haud radiatim subplicato et sporis 4-locularibus praedita, quae ad Ro- tulam melanophthalmam Müll. Arg. referenda sunt. — Borneo (vidi specim. orig.). 193 1537. Platygrapha striguloides Krplh. Lich. foliicol. p. 15 et Lich. Becc. p. 41, cui referenda est Strigula Rotula Montg. Syll. p. 375 quoad sporas (et hb. Montg.), non autem ejusd. Cub. p. 140 (fid. hb. Montg.); Öpegrapha Rotula Müll. Arg. L.B. n. 686 (exelus. syn. Nyl.). — Est similis R. vulgari $ granulari Müll. Arg., saepe tamen validior et apolheciis vulgo magis emersis, margine crassiore et demum albido — decolorato cinctis et praesertim sporis multo et subduplo longioribus, 6—8—10 - locularibus (nee 4-locularibus, nisi statu juvenili facile recognoscendo), ambitu tenuio- ribus, loculo nullo ventricosulo bene distineta est, at extus tantum nun- quam tute recognosceenda. — Ülar. Montg. Syll. 1. c. essentialiter speci- mina guyanensia Leprieuriana (n. 1358, 1359), nec primitivum cubanum suae speciei ante oculos habuit, at thallus »lineis exstantibus radiantibus« ad primitivam suam Strigulam Rotulam pertlinet. — Ob characterem sporarum in Montg. Syll. datum, se. ob sporas magis divisas hanc olim pro vera Strigula Rotula Montg. habui, et dein veram Sir. Rotulam Montg. pro nova specie habui, unde orla est Opeyrapha radians Müll. Arg. 1. c. — Nomen admissum, sub Platygrapha, jam antea in Enum. Nyl. p. 131 editum, sed nunquam stabilitum, i. e. nunguam characteribus specificis justificatum fuit. — Hanc vidi e Guyana gallica in folis Pupayrolae, e Cayenne: Leprieur n.. 1358, 1359, e Brasilia meridionali prope Apiahy pluries lectam: Puiggari n. 378, 385, 1033 et al., ex insula borneensi Sarawak: Becc. n. 232b (vidi specim. orig.). 1538. Platygrapha mirifica Krplh. Lich. foliic. p. 13, et Lich. Becc. p. 40, paraphysibus liberis, reclis, apice clavatis et apotheciis hine inde retrorsum coronato-dentalis a genere Platygrapha recedit; sit Thelotrema mirificum Müll. Arg. — Species valde insignis, statu slerili in variis num, borneens. a ci. Beccari distributis, e. g. n. 905, 1836, occurrit. Habitu ad Th. megalophthalmum Müll. Arg. L. B. n. 520 accedit, al.sporis et thallo valde differt. — In insula Borneo (vidi specim. fert. orig.). 1539. Opegrapha Phylloporinae Müll. Arg.; apothecia in thallo alieno parasitantia, nigra, simplieia et stellatim 3--6-ramilligera‘, linearia, arcte adpressa et paullo depressa, eirc. Yiomm tantum lata, "„—1mm longa; perithecium basi crassius aut tenuius completum, labia in seclione perpendiculari conico-connivenlia; asci 8-spori; sporae 12—17 u longae, 4--5 u latae, late digitiformes, aequaliter 4-loculares. — Sporae statu turgido semper hyalinae visae, sed demum obfuscatae et varie contracto- difformes sunt ut in reliquis congeneribus. Species quandamı analogiam offert cum Opegrapha medusuliza Nyl., sed apothecia sunt valde lenuiora et sporae angustiores. — In thallo Phylloporinae epiphyllae Müll. Arg. prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 3033. 1540. Opegrapha phyllobia Nyl. in Flora 1874, p. 73, a cl. Leight. Amazon. Lich. p. 455 pro Op. vulgata Ach. (ad Spruce n. 276) determi- nata, est Op. filieina Montg. Cub. p. 184 t. 9. fig. 1, et Guy. n. 154, sc. nunce Opegraphella filieina Müll. Arg. Lich. epiph. nov. n. 49. — Lati- tudo lirellarum °="*/ı0oo mm aequat, sc. haud parum ludit saepe in uno eodemque thallo, et adhuc magis ludit earum longitudo. Perithecium “ dimidiatum est et labia sicca apice quasi in eristam obtusam acutiuscule convergunt. Sporae 17—21 u longae, 3—3!ja u latae, evolutae 6-loculares, loculus unus intermedius demum nonnihil ventricosus et saepe longior. — Foliicola ad San Gabriel in Brasilia sept.: Spruce n. 276, et meridionali pluribus locis, in Guyanis, ad Caracas et in Cuba. ” 194 1541. Micrographa Müll. Arg.; thallus crustaceus; gonidia phyllacti- dialia; apothecia gymnocarpica, opegraphina (dimidiata), margine proprio lecideino praedila; laminae paraphyses non anastomosantes; sporae € hyalino fuscae, transversim divisae. — Omnia ut in Melaspilea, inelusa Melanographa Müll. Arg., sed gonidia phyllactidialia, nec chroolepoidea. — Species Opegraphae exiguas simulant. Praeter novas duas sequentes hic pertinet: Micrographa phaeoplaca ; Melaspilea phaeoplaca Müll. Arg. Lich. Paraguay. n. 155. Tota potius Fungum simulat, sub hyphis fuseis aut nigris vultu funginis autem adest systema gonidiale phyllactidiale. Primum in Paraguay et dein eliam prope Apiahy in Brasilia meridionali ab oculatiss. Puiggari sub n. 476, 489, 1519, 2210 lecta fuit. 1542. Micrographa abbreviata Müll. Arg.; thallus maculiformi-tenuis, obscure olivaceus, continuus et laevis; gonidia obscurato -phyllactidialia ; hyphae fusco-nigricantes, squarrosulae; apothecia "ıomm lata, ex orbicu- lari oblonga, 1-3-plo longiora quam lata, raro ambitu paullo longiora, clauso-lirelliformia, sulco perangusto; perithecium basi deficiens; asci obo- voidei, superne pachydermei, 8-spori; sporae 23—27 wu longae, 7—8 u latae, aequaliter 2-loculares, medio paullo angustiores. — Foliicola’prope Apiahy Brasiliae: Puiggari n. 341. ; 1543. Micrographa anisomera Müll. Arg.; thallus maculiformi- tenuissimus, fusco-griseus, continuus, laevigatus; gonidia fuscidulo-phyllacti- dialia, hine inde direete in margineın lirellarum abeuntia; lirellae confertac, vix Yıznım latae, ! Sjıomm longae, ambitu eximie ludentes, vulgo tamen angustae, emersae, nigrae, margo tenuissimus; discus demum subplanus, late apertus et niger; perithecium basi deficiens; hypothecium hıyalinum; asci oblongato-obovoidei, 8-spori; sporae e hyalino fuscae, 8-13 # longae, 4—6 u latae, clavato-obovoideae, valde inaequaliter 2-loculares, loculus superior inferiore multo lalior et 2—4-plo longior. — Habitu ad Ope- graphellam filieinam accedit. — Foliicola prope Apiahy in Brasilia meri- dionali: Puiggari n. 3034. 1544. Myriostigma candidum Krpib.Lich. foliic. p. 22, et Lich. Becc. p. 45, est vera Arthotheliü species et dein Arthothelium candidum Müll. Arg. nominandum est. — Thallus coerulescenti-albus, quasi halonis instar tenuissimus; gonidia chroolepoidea, ceirc. 6-8 u lata; hyphae 24 lalae; stromata auctoris sunt ipsa vera apotheeia, irregularia, fere plana; asci magni, subglobosi et globosi, pachydermei, 50—60 « longi, 8-spori (non 4-spori, saltem normaliter), paraphysibus spuriis Arthoniarum tenellis con- nexo-ramosis copiose involuti; sporae 40—55 u longae, 11—14 u latae, evolutae 10-loculares, loculi transversim 2—3(—4)-locellati. — Apothecia candida, in superficie ob ascos obsolete velato-emergentes nonnihil inter ascos numerosos impresso -punclata. Haec punctula s. depressiones cl. auctor pro apotheciis habuit, unde genus Myriostigma erronee conditum fuit. Prope Arthothelium leucocarpum Müll. Arg. Diagn. Lich. Socotr. p- 15 inserendum est. -- In Borneo (vidi specim. orig.). 1545. Pyenographa Müll. Arg., gen.nov.; thallus cruslaceus; gonidia phyllactidialia; apothecia in siromate nigro sita, circa centrum radiantia, lirellina, opegraphina, paraphyses liberae; sporac hyalinae, transversim divisae. -- A Giyphide et Sarcographa differt gonidiis et simul sporis. 195 1546. Pycnographa radians Müll. Arg.; thallus olivaceo-virens, per- tenuis, laevigatus; stromata orbicularia, tenuia, 1'/’.—2mm lata, nigra, centro altiora; lirellae lale lineares, simplices, erga centrum stromalis ad- scendenti-convergentes, ex innato-sessili demum emersac, ceirc. !/r mm latae; margines in seclione perpendiculari arcle conniventes, demum tamen hiantes, integri et nigri; lamina hyalina, basi in stroma commune abiens; . asci oblongo-obovoidei, circ. 4-spori; sporae circ. 14u longae et 6 u latae, 2-loculares, loculus superior paullo latior et vulgo leviter brevior. — Foliicola prope Apiahy in Brasilia meridionali: Puiggari n. 2542, 3051. 1547. Phyllobathelium Müll. Arg., gen. nov.; Bathelii sect. Phyllo- bathelium Müll. Arg. L. B. n. 680; omnia ut in Bathelio, sed gonidiorum systema primum phyllactidiale, sed radii mox hyphis percurrentibus segre- gati et valde intricati et tum spurie formam chroolepoideam, at cellulis magis ceylindrieis et-longioribus, referentes. — Paraphyses liberae; sporae hyalinae, parenchymatosae. — Species unica nota brasiliensis: Phyllo- bathelium epiphyllum Müll. Arg., Bathelium epiphyllum ejusd. |. c., prope ‚Apiahy: Puiggari n. 369, 1464, 1719, 2626, et prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 18074, 18096, 18099, 1810Ya. 1548. Microtheliopsis Müll. Arg., gen. nov.; thallus crustaceus; gonidia phyllactidialia; apothecia pyrenocarpica, simplicia; paraplıyses pertenues, verisimiliter connexae; sporae fuscae, simpliciter transversim divisae. — A genere Microthelia recedit systemate gonidiorum. 1549. Microtheliopsis Uleana Müll. Arg.; ihallus fuscescenti-olivaceus, pertenuis, continuus et laevis; apothecia eire. "ıo mm lata, fusco -nigra, subdepresso-hemisphaerica, nitidula, basi saepe zonula angusta eincta; perithecium dimidiatum; asei valde exigui, obovoidei, S-spori; sporae mox fuscae, 10—13 u longae, 4—5 u latae, fusiformi-ellipsoideae, acqualiter 4-loculares, — Exiguam ‚Phylloporinam simulat. — Foliicola in Morro da Nova Cintra prope Rio de Janeiro: E. Ule n. 22 pr. p. 1550. Verrucaria virescens Krplh. Lich. foliie. p. 21, et Lich. Becec. p. 53, est vulgalissima Porina epiphylia Fee Ess. Suppl. p. 75; Müll. Arg. L. B. n. 653, s. Phylloporina epiphylla Müll. Arg. Lich. epiph. nov. n. 50. — Sporae ab auctore vix liberae visae nimis longae indicalae, divisione Judunt, vulgo 7-septalae, sed etiam simul hinc inde 9—11-septatae adsunt. Ile Lichen autem, quem in meis L. B. n. 652 (ex divisione sporarum et falsis dimensionibus Krplh.) pro Verrucaria virescente Krplh. habui et sub Porina virescente enumeravi, distinetus est et specifice sub Phylloporina virescente Müll. Arg. Lich. epiph. nov. n. 50 servandus est. — Vidi specim. orig. 1551. Verrucaria melanobapha Krplh. Lich. foliic. p. 18, et Lich. Bece. p.51, est pulchre evoluta Rhacoplaca subtilissima Fee Ess. p. XCIX. t. 2. fig. 5, nunc Strigula subtilissima Müll. Arg. L. B. n. 6/8. — In Borneo (vidi speein. orig.). 1552. Verrucaria monocarpa Krplh. Lich. foliie. p. 19, et Lich. Becc. p. 63, cujus sporae hucusque ignotae et cujus locus systematicus dein dubius, sit Phylloporina (s. Segestrinula) monocarpa Müll. Arg. — Est species eximie distincela. Thallus orbillas perexiguas, vix 1 nını latas, centro monocarpicas v. circa apolhecium plus minusve obsoletas fornıans; gonidia phyllactidialia; apothecia *ıo mm lata, conico-henisphaerica, dimidiata, fusco- v. rufo-nigricantia, primum magis fulva; paraphyses 196 tenellae; sporae in ascis eylindricis $-nae, eirc. 35 u longae et 4—4'z u latae, anguste digitiformes, utrinque subobtusae, regulariter 6-loculares. — Foliicola ad Singapore: Beccari (vidi specim. orig.). 1553. Verrucaria limbolata Krplh. Lich. foliic. p. 17, et Lich. Becc. p. 54, sit Phylloporina (s. Segestrinula) limbolata Müll. Arg. — Thallus - obseure olivaceus; gonidia phyllactidialia; apothecia rufescentia et fusca, inferne crassiuscule thallino-velata et, ostiolo excepto, undique subradiatim cellulosa, basi late in thallum abeuntia. — Sporae a Krplh. bene descriptae. — Cum Ph. albicera in iisdem foliis commixtim crescens, et statu sicco aegre ab ea recognoscenda, madefacta autem optime diversa thallo longe obscuriore, apotheciis intensius fusco-rufescentibus (in illa autem intensius flavescenti-pallida) et basi non contractulis. Sporae demum ambilu paullo latiores, magis fusiformes. A simili PA. rubicolore Müll. Arg. differt colore thalli, apotheciis magis thallino-corticatis, paullo majoribus et sporis vali- dioribus. — In Borneo (ins. Sarawak): Becc. (vidi specim. orig.). 1554. Verrucaria albicera Kıplh. Lich. foliic. p. 16, et Lich. Becc. p. 53, sit Phylloporina (s. Segestrinula) albicera Müll. Arg.; thallus aeruginoso-virens, tenuissimus; gonidia phyllaetidialia; apothecia ?ho mm lata, hemisphaerica, vitellino-pallida, ostiolo perexiguo prominente carneo ornata, sub microscopio virenti-flavicanlia; sporae ut in Ph. rufula el in brasiliensi et affini Ph. fulvella Müll. Arg., cujus apothecia sunt de- pressa. — Foliicola in Borneo (ins. Sarawak): Beccari (vidi specim. orig.). 1555. Verrucuria rufula Krplh. Lich. foliic. p. 29, et Lich. Bece. p. 53 (1574), sit Phylloporina (s. Segestrinula) rufula Müll. Arg. — De- scriplio auctoris infelix et falsis, e confusione aut potius transposilione quadam notularum ortis valde obfuscala est. — Maculae thallinae bene eircumscriptae, phyllactidiales, ochraceo-flavae (nec teslaceae); apothecia a mm lata, grosse radiatim cellulosa, cum thallo fere concolora v. demum paullo obscuriora et leviter rufula, salteın inferne obsolelte thallino-corti- cala; sporae 4-loculares (non 4—-5-seplatae, i. ec. 5—6-loculares), 20—22 u (nee 32—34 u) longae, 34a —4 u (nec S—9 u) latae, ut in Ph. rubentiore Müll. Arg., sed thallus et apothecia alia. — Dimensiones et struclura sporarum apud Krplh.e Verrucaria ravida Krplh. depromptae videntur. — Juxta Ph. fulvellam Müll. Arg. locanda est, cl eadem est ac vulgalissima Verru- carıa rubicolor Stirt. Lich. on Leaves p. 9 (1878), s. Porina rubicolor Müll. Arg. L. B. n. 659. -Thallus colore, ut jam antea in meis L. B. dixi, valde ludit, saepius argillaceo-flavicans, interdum olivaceo-virens aut de- colorato-albescens, v. dein aurantiaco- v. ochraceo-flavicans. — Folii- cola in Borneo, et vulgaris in America calidiore. Ph. ruf. v. rhodoplaca; Porina rubicolor v. rhodoplaca Müll. Arg.L.B. n. 659. — In Brasilia sept. ad San Gabriel: Spruce n. 466 pr. p., prope Apiahy: Puiggari n. 1453 pr. p., in Philippinis in Cumingiü n. 829 Myri- sticae bracteatae v. longifolia A. DC. Ph. ruf. v. obscurata; Porina rubicolor v. obscurata Müll. Arg. L.B. n. 659; cunı planta normali vulgaris. — Ad hanc dein etiam Porin« leptospermoides Müll. Arg. L. B. n. 658 revocanda est, cujus statum non omnino evolutum refert. Apothecia enim juniora ipsius plantae normalis sporas offerunt speciei suppressae. . 1556. Porina (s. Euporina) imitatrix Müll. Arg.; thallus argillaceus v. argillaceo-virens, tenuis, sublaevis v. obsolete gibbosulus, margine hinc 197 inde latius in zonam argenteo-nigrescentem subplumosulam et pro parte interruptam abiens; gonidiorum chroolepoideorum articuli breves; apothecia 2/s mm lata, thallino-vestita, nano-hemisphaerica; ostiolum e fulvo-fusco demum nigricans, semper punctiformi-angustum; perithecium obscure tincetum; sporae S8-nae, 40—47 u longae, 7--10 wu latae, late fusiformes, utringue obtuse attenuatae, 8-loculares. — Apothecia illa referunt Porinae TetraceraeMüll. Arg. et P. desguamescentis Fee, sed thallus zona cinctus et sporae exacte ut in proxima P. marginata Fte, cujus apothecia superne late fulva. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou, inter n. 15072, 18085, 18086. 1557. Porina (s. Euporina) verruculosa Müll. Arg.; thallus carneo- argillaceus, tenuissime granularis, granula nano-hemisphaerica, ao—"ıs mm lata, densa; gonidiorum articuli breves; apothecia ?Jı1o mm lata, alte hemi- sphaerica, cum thallo concolora, granulis thallinis aliquot verruculosa, verlice haud prominente fulvo- v. pallido-ostiolata; perilhecium pallidum; sporae 8-nae, 16—19 u longae, 4—5 u lafae, digitiformes, 6-loculares. — Juxta paraguayensem P. lecanorellam Müll. Arg. locari potest, cui tamen non arcte affinis est. Apothecia quasi formamı exiguam referunt Pertu- sariae granulaiae Müll. Arg. (Pert. verrucosae Montg.), et habitu etiam ad Porinam nuculam Ach: accedunt, ubi sporae longe aliae. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 18103. 1558. Phylloporina (s. Euphylioporina) macrospora Müll. Arg.; thallus argillaceo-pallidus, tenuissimus, continuus et laevis; apothecia "/a—-!/e mm lata, hemisphaerica, thallino-corticata, apice obtuso fulvo-carnea; sporae 8-nae, circ. 80 u longae et 154 latae, 18—92-loculares, loculi omnes subduplo latiores quam longi. — Extus satis Phylioporinam epiphyliam Müll. Arg. simulal, sed sporae longe majores, pluries laliores et loculi 3-plo numerosiores. — ''halli gonidia valde mixta visa sunt, alia simplicia globosa numerosa, alia pauciora depauperato-serialia et iferum alia dein regulariter phyllactidialia. Haec ultima, etiamsi minus numerosa, ex summa analogia huie speciei propria adseribenda videntur. — Juxta Phylioporinam multiseptatam Müll. Arg. inserenda est. — Foliicola prope‘ Rio de Janeiro: Glaziou n. 18081. 1559. Phylloporina (s. Buphylloporina) platyspora Müll. Arg.; thallus pallido-virens, tenuissimus (aegre perspiciendus); apothecia "z mm lata, truncato-hemisphaerica, lateraliter pallide thallino-corlicala, apice late truncato nuda et fulvo-fuscescentia; sporae —6-nae, 2-seriales, late fusi- formes, 55—80 u longae, 14—17 u latae, 10—16-loculares, loculi omnes multo latiores quam longi. — Gonidia adsunt mixta, partim globosa, partim phyllactidialia ut in PA. macıospora Müll. Arg., cui affinis est. Apothecia de supra visa Zecanoram fere simulant. — Foliicola prope Apiahy in Brasilia meridionali; Puiggari n. 2218 pr. p. 1560. Phylloporina (s. Segestrinula) rubentior Müll. Arg.; Verru- caria rubenlior Süirt. Lich. on Leaves p. U; thallus olivaceo - virens, tenuissimus (aegre distinguendus), continuus; gonidia irregulariter phyllacti- dialia, pro parte in filamenta soluta; apothecia ®-%/ıoo mm lata, demum alte globoso-hemisphaerica, basi constrieta, rufo-fusca, demum rufo-nigri- cantia, nuda, hinc inde demum apice late collapso-concava; perithecium irregulariter cellulosum; sporae in aseis 8-nae, 1—2-seriales, obtuse fusi- formes, 15-20 « longae, 31/a—4w latae, 4-loculares. — Sporae ut in 198 vulgari Phyllop. rufula Müll. Arg., sed apothecia insigniter superficiali- emersa et alte convexa, et praesertim aliter cellulosa. Apothecia juniora omnino simulant illa Phyli. rufulae et species hoc statu vix nisi cellulis perithecii recognosci potest. — Foliicola in Brasilia meridionali prope Apiahy: Puiggari n. 2629 pr. p., 2681, et prope Rio de Janeiro: Glazivu (inter Miscellan.), in Paraguay: Balansa. 1561. Phylloporina (s. Segestrinula) octomera Müll. Arg.; thallus orbillas exiguas mox confluentes fuscescenti-pallidas et tenuissimas for- mans; gonidia pulchre phyllactidialia, cellulae elongatae; apothecia ??/ıio mm lata, alte hemisphaerica, basi thallino-vestita, caeterum nuda, sicca fusca, madefacta fulvo-fusca et paullo pellucida, sub microscopio marginern versus radiatim cellulosa ; asci angusti, 8-spori; sporae 26—838 # longae, 4-42 u lalae, anguste fusiformes, basi longius angustatae, S-loculares. —- Juxta Ph. monocurpam Müll. Arg., e Borneo, cujus apothecia majora et magis depressa et cujus sporae ampliores, locanda est. — Foliicola prope Apiahy et Iporanga in Brasilia meridionali: Puiggari n. 368 pr. p., et prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 15095, et E. Ule n. 47 pr. p. 1562. Phylloporinae sect. Sagediastrum Müll. Aıg. Lich. Epiphyli. nov.n. 50; gonidia in systema phyllactidiale evoluta, i. e. in series dicho- tomas abeuntia quae ipsae tantum brevi v. etiam varie longiore tempore in membranam coalitae sunt; series hae non raro apice v. longiore tractu v. fere undique demun: liberae evadunt et tum gonidia chroolepoidea simulant. Hoc respeetu in una eademque specie valde variant, at a veris chroolepoideis in ‘eo discernuntur quod cellulae longe magis regulares, ceylindricae, non v. vix irregulariter ventricosae et propter originein semper valde numerosae. Subinde etiam, statu segregalo, series valde intricatae et hyphis percursae observantur, hinc inde tamen ramificationem dicho- tomam clare ostendentes. 1563. Phylloporina (s. Sagediastrum) Janeirensis Müll. Arg.; thallus olivaceo-virens, tenuissimus, continuus et lacvis, late effusus; apolhecia 5-60. mm lata, nigra, nano-pyramidalia, obtuse subacuminata, nuda, opaca, apice nilidula; peritheeium dimidiatum, basi late apertum; nucleus albus; paraphyses lenuiter capillares; asci angusti, 4--6-spori; sporae 50—60 u longae, circ. 7 a tantum latae, utrinque obluse anguslatae, medio modice constrietae, anguste fusiformes, 2 -loculares, loculi aequales. — Apotlecia majora quam in vulgatissima Ph. phyliogena, et sporae longitudine pro hac sectione insignes. Systema gonidiorum phyllactidiale, cellulae breves, mox laxac el earum series dein plus minusve chroolepoideo-segregatac. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou (inter miscell, parce). 1564. Phylloporina (s. Sagediastrum) obducta Müll. Arg.; thallus olivaceo-argillaceus, tenuissinus, laevis; gonidia irregulariter phyllactidialia ; apolhecia copiosa, *homm lata, conico-hemisphaerica, aculata, praeter verlicem nudum et altrum undique strato thallino cum thallo concolore obducta; perithecium dimidiatum; sporae in ascis linearibus imbricatim subuniseriales, 8-nae, eirc. 10—12 « longae, anguste fusiformes, 9-loculares. — Apotheeiis minoribus fere omnino thallino-obductis magis elato-acutatis a communi Ph. phyllogena differt. — Folicola prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 13085 pr. p., et 18086. 1565. Phylloporina (s. Sagediastrum) caerulescens Müll. Arg.; thallus olivaceo-virens, tenuissinnus, laevis, ambitu in zonam latiusculanı 199 plus minusve imove pulchre caeruleam abiens; gonidia irregulariter phyl- lactidialia; apotheeia cire. "s mm lata, hemisphaerica, halone thallino tecta, einerascenti-atra; perithecium dimjdiatum; sporae in ascis linearibus imbricatim 1-seriatim 8-nae, circ. 10 u longae et 3 latae, 2-loeulares. — Cum vulgari Ph. phyllogena characleribus carpologieis congruit, sed thallus margine in zonam plus minusve coeruleam transit. Saepius inter alios Lichenes insulatim erescit raroque bene evoluta est, et subinde a Phyllo- porina epiphylla aut aliis pro parte obtecta est. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou, inter miscell. et n. 18078 pr. p., 18105 pr. p. 1566. Strigula Nematora Montg. Cub. p. 143 (non Nematora ar- gentea Fee Ess. p. XCIX, nec Strigula nemathora Nyl. Pyr. p. 67), est Strigula argyronema Müll. Arg. Pyr. Cub. p. 379. Est longe validior quam St. elegans v. nemathora Müll. Arg. Pyr. Cub. p. 380, s. Nematora argentea Fee, a qua insuper differt apotheciis multo majoribus et thallino- oblectis, nee nudato-nigris. — In insula Cuba: Ramon de la Sagra (vidi speeim. orig. Montg.). 1567. Strigula Glaziovii Müll. Arg.; Strigula nitidula Monig.? ex Krplh. Lich. Glaz. p. 83 (non Montg.). — Plagulae "is—-1'/s cm latae, orbieulares, subregulares, tenuissimae et planissimae, argenteo -griseae, opacae, pilis griseis adpressis vestitae, in peripheria magis virides et in lobulos radiantes lineares obtusos solutae; gonidia pulchre. phyllaetidialia. — Apothecia ignota. — Hucusque pro Strigula actinoplaca Nyl. habui, sed haec non est vera Strigulae species. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 5407, 5408, et in foliis, Anonacearum prope Caracas: Dr. Ernst. 1568. Strigula actinoplaca Nyl. Pyrenoc. p.67; haec species minime ad genus Sirigulam referenda est, gonidia enim globosa sunt, ut recenter eliam recognovit cl. Hariot (Notice sur le genre Cephaleuros p. 4, infra) et plantula verisimiliter Lecaniae aut Gyalectidio aut Lopadio adscribenda est, sed apolheeiis caret et dein accurate enucleari haud potest. Nunc simpliciter e genere Strigula exelusa sit. — Prope Mexico: Fred. Mueller in hb. Mus. Parisiensi (vidi specim. orig.). 1569. Strigula complanata Montg. Cub. p. 140. t. 7. fig. 3 et Syl- loge p. 375 (non allata Phyllocharis complanata Fee Ess. p. XCIX. t. 2. fig. 3, quae Strigula complanata Nyl. Pyrenoc. p. 65 pr. p., et Strigula complanata v. genuina Müll. Arg. Pyr. Cub. p. 381), est Strigula pachy- neura Müll. Arg. L. B. n. 914. — Tota est longe validior et amplior quam Strigula complanata Nyl., plicae marginis plagularum magis irregulariter radiantes. — In insula Cuba: Ramon. de la Sagra (vidi specim. orig. Montg.). 1570. Strigula eiliata Montg. Cub. VI. n. 19) et Sylloge p. 376, jam in Pyrenoc. cubens. p. 380 sub Strigula complanata v. eiliata Müll. Arg. enumeravi. Speeimina 2 Montg. conveniunt, at lacinulae quam vulgo sub- tiltus et hine inde vix distinete longitrorsum costulatae sunt. Prima fronte a Str. complanata (F6e) valde diversa videtur, sed intercedente var. meso- tropa Müll. Arg. Pyrenoc. Cubens. p. 380 omni jure cum ea conjungitur. — Vidi speeini. Montg. 1571. Strigula rugulosa Müll. Arg.; plagulae prasino-virentes, orbi- culares, 6—10 mm latae, planae, margine crenatae, mox tota latitudine valide et crebre rugulosae, superficie ipsa sub mieroscopio haud costu- 200 latae; apothecia 3-*ıo mm lata, hemisphaerica, nigra, nilidula; sporae in ascis linearibus 8-nae, 14—17 u longae, 3—4 u latae, 2-loculares; stylo- sporae sporis paullo longiores et tenuiores. — A proxima St. nitidula Montg. differt thallo undique ruguloso, non fere erustaceo -amorpho. Thallus in centro demum late evanescit. Species inter St. prasinam Müll. Arg. et St. mitidulam Montg. inseranda est. — Foliicola prope Rio de Janeiro: Glaziou (inter Miscell.), et prope Apiahy Brasiliae meridionalis: Puiggari n. 262) pr. p. — — v. irregularis Müll. Arg.; tota 2-3-plo minor, ambitu irregu- lariter obluse lacero-lobata (et undique ruguloso-inaequalis). — Pyenidigera tantum visa est. — Foliicola prope Apiahy: Puiggarı n. 1453, 1572. Strigula tremens Müll. Arg.; thallus virenti-albidus, e centro longe lineari-radians, laciniae fere undique distanter discrelae v. centro confluentes, parce dichotome v. subpennatim divisae, aut breviores indivisae, omnes lineares et subflexuosae, circ. °-15/so mm latae, majores 1Y/—2!/e mm longae, superne saepe iterum in rotulam abeuntes, omnes supra late et obtuse canaliculalae, margine leviter. incurvae et tota longitudine alter- natim latiores et angustiores, haud rectae et dein sub lente quasi flaccido- trementes; gonidia phyllactidialia; apothecia 5-%/20 mım lata, hemisphaerica, eirca basin annulo alte thallino-corticata, apice late nuda et nitida; asci oblongato-obovoidei, 8-spori; sporae 18—22 u longae, 4'/a—6 u latae, 2-loculares, medio paullo angustiores, utringue obtusae. — Specimina minora habitu ad Sir. subtilissimam (Fee) accedunt, sed laciniae trementes, apotheeia lateraliter thallino-corticata et sporae multo majores recedunt. Foliicola prope Apiahy in Brasilia mefidionali: Puiggari n. 358 pr. p., cum Opegraphella Puiggarii Müll. Arg., 2070, 2071, et aliis n. admixta. 1573. Strigula subtilissima (F6e) Müll. Arg. L. B. n. 678, nunc copiose lecta evadit species insigpiter variabilis. Thallus olivaceo-viridis aut-virens, vulgo mox fuscus Y olivaceo-fuseus v. eliam obseure fuscus, demum in nonnullis decolorantıo-cinerascens et pro parte albicans, in halone nigrescente plus minusve perspicuo situs, nunc fere undique in- teger et tantum margine in lobos varios, obtusos, aculos, bi-trifurcatos abiens v. margine ipso saltem pro parte fere integer et centro lato, quasi fissuris radiantibus interruptus est, nune tota v. fere tota longitudine in Jacinulas irregulariter v. regulariter lineares et dichotomas aut varie irregu- lariter ramosas, discretas aut partim varie superposito-imbricatas divisus occurrit et saepissime in uno eodemque folio valde ludit; apothecia demum juniora halone thallino velata, mox dein nigra et opaca v. etiam demum nitida observantur; sporae vulgo 2-loculares, at demum subinde simul A-loculares inveniuntur, similiter ac in aliis quibusdam hujus generis. — Cum hae dein etiam jungenda est Strigula amblyolobe Müll. Arg. L. B. n. 679, quacum formis diverso modo intermediis optinie coadunatur. — Foliicola in America calidiore tota vulgatissima, etiam in Borneo lecta et verisimiliter in reliquis regionibus calidis sat vulgaris sed ob minutiem hucusque praetervisa. 1574, Strigula Babingtonii Berk. Suppl. Engl. Bot. 1. 2957; Leight. Angiocarp. Lich. p. 70;. Lichenfl. of Great Brit. ed. 3. p. 498; Nyl. Pyrenoc. p. 68; Mudd Man. p. 309, in foliis Pruni Lauro-Gerasi, Arbuti et Buxi in Anglia, quam etiam prope Genevam in foliis Buxi ipse legi, a_cl. Hariot (Note sur le genre Cephaleuros p. 5) ad Fungos relata fuit. Jam 201 antea (L. B. n. 925, Obs. I) haec species a me ipso e genere Strigula excelusa fuit, sed absentia non solum gonidiorum, sed etiam microgoni- diorum, plantaın absolute a Lichenibus separat et ad Fungos transfert. 1575. Strigula Mierothyrium Montg. Gent. VI. n. 19, bis, et Sylloge p. 376, a cl. Hariot, Notice. sur le genre Cephaleuros p. 5 simplieiter pro diseulis decoloratis epidermidis habita, est status juvenilis asporus Fungi eujusdanm, habilu depazeoideo. Perithecia in disculis orbicularibus con- vexis albidis, nec in reliqua parte folii crescunt. Thallus verus Strigulae omnino deest et species dein e genere, imo et elasse Lichenum exeludenda est. — In insula Taiti: Lepine (vidi specim. orig.). 1576. Haplopyrenula Müll. Arg. L. B. n. 606 (anno 1883), inter Lichenes pyrenocarpicos recepta, nunc definitive ad Fungos releganda est, sub thallo et in thallo Lichenum variorum epiphyllorum erescens. — In Puiggarii n. 1464 et C. Wrightii Lich. Cubens n. Il. 197 pr. p., veram Haplopyrenulam tunicatam Müll. Arg. gerens, thallus madefactus saepe desquamescit, at solus desquamescit, apothecia ipsa nudissima, atra, nitida, immediate in epidermide folii stantia relinguens, unde thallus, gonidia globosa continens, evidenter alienus apparet. Si enim thallus et apothecia conjunctim unum Lichenem constituissent, tum eliam conjunctim, ul mos est, e folio delapsa fuissent, et tlıallus insuper dein, pro thallo incomplete sterili Zecaniae heterochroae Müll. Arg. recognosei potuit. — Hoc de organismo composito certioratus dein Haplopyrenulae species omnes (7) descriptas pro thalli struclura iterato examini subjeci et sequentia observavi: Gonidia ZH. microphorae Müll. Arg. globosa sunt, et thallus re vera ad Gyalectidium filicnum Müll. Arg. pertinet. Reliquae species, e variis speciminibus, nune gonidia globosa et chroolepoidea, nunc chro- olepoidea et phyllactidialia, nune etiam (H. tunicata Müll. Arg.) 3 formas gonidiorum ostendunt, unde ex omni generali experientia thallus omnium harum specierum pro alieno necessarie habendus est, nam genus naturale Lichenum, et eo forlius ipsa species, gonidia diversa habere nequeunt. - Thallus ergo, qualis hucusque descriptus, ad varias Zecanoreas et Leci- deeas, ad Graphideas et Pyrenocarpeas pertinet, at apothecia e contra sunt Fungilli, nunc sub thallo nune in thallo lichenino erescentia. — Cum hac interpretatione demum oplime quadrat character mihi pretiosissimus, ob minutiem partlium tamen hic aegrius statuendus, sc. absentia miero- gonidiorum in omnibus partibus apotheeiorum. Haplopyrenula ergo omni jure ad Fungos pertinet. . 1577. Tricharia orbieularis Krpih. Lich. folic. p. 24, et Lich. Becc. p. 64, est duplex et supprimenda. Planta ab auctore essentialiter descripta est Fungus depazeoideus, in pagina superiore maculas albidas ant virenti- albidas, margine prominulas, gonidiis destitutas referens, quibus in pagina infera respondent maculae conformes, rite oppositae, pallidiores et sleriles; apotheecia in maculis prioribus sparsa, perexigua, primun integre clausa, haud piligera, demum fere dehiscenti-gyalectoidea (sporis destituta), desupra visa subelathratim pellueido-porosa. In jisdem foltis dein, sed in pagina supera tantum, simul oceurrunt maculae magis effusae Trichariae melano- thrichos Fee, cujus apolhecia sunt piligera, et hae ambae ab auctore con- junctim pro nova T’richariae descriplae fuerunt. -— Foliicola ad Singapore: Beccari (vidi specim. orig.). 1578. Trichoplacia microscopica Massal. Aleuni Generi p. 9 (charact. ap. Trev. el Mass. ex oper. seg. Montg. mutuati); Biatora microscopica 202 . Montg. Guyan. n. 115, et Syllog. p. 339, Bacidia microscopica Trev. Brigant. p. 293, n. 19. — Specimina duo "herbarüi Montg. hodie in eo destructa sunt quod apotheciis omnino orbata sunt. Substratum nigrum,, radialo-filamentosum, mycelium sistit funginum; filamentorum ramosorum ramilli haud pauei adsunt obovoidei, tumidi. Sporae dein fusiformes, regu- lariter 3-loculares, quae inter Lichenes perrarae, quales ab auct. descripiae et in chartula adjuneta delineatae fuerunt, in fungillo versimiliter identieo, foliicolo, hinc inde oceurrunt inter Lichenes epiphylios austro-americanos. — Speeies e Lichenibus exeludenda est (vidi speeim. orig. Montg.). 1579. Orthidium sit nomen novae fructificationis Lichenum. Est conforme Campylidio Müll. Arg. L.B n. 281 (in Flora 1881), sed rectum, perfecte regulare, similiter superfieiale et habitu biatorino - gyalectinum (carneo- pallidum); receptaculum latiuscule apertum et profunde concavum (marge erassus, oblusus, inleger) ; discus concavus, lamina nana; basidia filformia, simplieia; acrosporae unicellulares (eylindrico - oblongatae). — Onmnino Gyalectam, aut Biatorinopsin simulat, sed basidia nee ascos pro- fert. — Haec fruclificatio ad Jatellariae secl. Bacidiam spectat et in {hallo viridi tenuiter erustaceo gonidia globosa gerente et demumm tenuiter rimuloso nondum specifice recognito observala cst. — Foliicolum prope Rio de Janeiro: Glaziou n. 18085 pr. p Litteratur. Boerlage, Dr. J. G., Handleiding tot de Kennis der Flora van neder- landsch Indie. Beschrijving van de families en geslachten der nceder!l. indische Phancrogamen. Eerste Deel, Dicotyledones dialypetalae, cerste Stuk Thalamiflorae-Disciflorae. Leyden, E. J. Brill. 1890. In dem Werke, dessen erster Theil (Ranuneulaceen-Moringaceen) hier vorliegt, begrüssen wir den Vorläufer einer neuen Flora von Niederländisch-Indien. Miquels bekanntes, verdienstliches Werk ist in mehr als einer Hinsicht veraltet; die Neu- arbeitung eines Florenwerks, welches ein so reiches Gebiet zu umfassen hat, ist eine Arbeit von so grossen Umfang, und sie erfordert noch so zahlreiche Vorarbeiten durch Sammlungen, Monographien ete., dass eine baldige Fertigstellung desselben nicht zu denken ist. Boerlage’s »Handleiding« wird unterdessen nicht nur dem Fach- manne ein willkommenes Hilfsmittel für das Studium der malesischen Pflanzenwelt sein, sondern auch Nichtbotanikern eine Orientirung ermöglichen, und so hoffentlich dazu beitragen, dass auch die letzteren durch Anlegung von Sammlungen weitere Bausteine für eine künftige Flora zu liefern. Vielleicht würde es sich empfehlen, zu diesen Zwecke noch eine speciell für Niederländisch Indien berechnete Einleitung in die systematische Botanik (womöglich mit einer Anzahl von Abbildungen und einer Anleitung zum Sammeln) der »Handleiding« beizugeben, um so die grosse Zahl von Pflanzern und Beamten, welche im indischen Archipel leben, für floristische Studien zu interessiren. Die Anordnung des Boerlage'schen Werkes folgt im Wesentlichen den Bentham- Hooker’schen Genera plantarum. Die Kryptogamen sind nicht aufgenommen, da sie noch mehr als die Phanerogamen weiterer Untersuchungen bedürfen. Eine Bearbeitung wie die »Ferns of british Indiasx von Beddome dürfte das Studium dieser auch dem Laien leicht zugänglichen Abtheilung mächtig fördern. — Dem verdienstvollen Unter- nehmen, dessen erster Theil jetzt vorliegt, wünschen wir gedeihlichen Fortgang und reichen Erfolg. Ka. 203 Mayr, Dr. H., Die Waldungen von Nordamerika, ihre Anbaufähigkeit und forstlicher Werth. München, Rieger’sche Universitätsbuchhandlung. 1890. Preis 18 M. Im Auftrage der bayrischen Regierung bereiste der Verf. die Waldgebiete Nord- amerikas, und daran schlossen sich weitere Studien in den Waldungen Japans, Javas, Ceylons und Nordindiens. Das Werk, in welchem er die Resultate seiner Unter- suchungen niederlegt, bietet nicht nur dem Forstmanne, sondern auch dem Botaniker vieles Interessante. Haben doch die Wälder Nordamerikas ein ungemein grosses pflanzengeographisches Interesse, es braucht nur an die dort erhalten gebliebenen Tertiärtypen, an die Verwandtschaft der atlantischen Flora Amerikas mit der des nordöstlichen Asiens u. a. erinnert zu werden. Dazu kommt als nicht minder inter- essantes, wenngleich sehr unerfreuliches Thema die schonungslose Vernichtung des Waldgebietes, wie sie heute an vielen Stellen der Union sich vollzieht. Mit leb- haften Farben schildert Mayr diese ausgedehnte Waldverwüstung und ihre traurigen Folgen; freilich ist diese Erscheinung nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Auch der Urwald der Tropen geht an vielen Stellen dem Uutergang entgegen, wofür sich aus dem tropischen Asien Beispiele genug anführen lassen. Das Mayr’'sche Werk beschränkt sich nicht ausschliesslich auf die Waldungen Nordamerikas. Im Eingange werden »allgemeine Gesichtspunkte über die Existenz- bedingungen der Wälder«, sowie eine allgemeine Betrachtung der Waldflora gegeben. Was speciell die Waldungen von Nordamerika betrifft, so wird besprochen der all- meine Zustand des nordamerikanischen Waldes, Grösse und Vertheilung der Wal- dungen, die Walderzeugnisse, Zuwachs und Qualität der nordamerik. Waldbäume, Veränderungen in der Waldvegetation durch die Eingriffe der Menschen, forstliche Bestrebungen in Nordamerika. Dann folgt eine specielle Betrachtung der nord- amerikanischen Waldflora nach Gebieten und Holzarten, eine Besprechung des Ver- haltens der exotischen Holzarten in Nordamerika und der amerikanischen Holzarten betrefis ihrer Anbaufähigkeit in Europa (speeiell in Deutschland), woran sich noch weitere Erörterungen von speciell forstwirthschaftlichem Interesse schliessen. Es ist bei einem so vielseitigen Inhalt nicht möglich, hier auf Einzelnes näher einzugehen. Nicht unerwähnt mag bleiben, dass eine Anzahl der Abbildungen besser hätte wegbleiben können, da nicht wenige derselben durch ihre Ausführung ihrem Zwecke nicht entsprechen, wohl aber den Preis des Buches erhöhen. RK. 6. Dr. Arthur Petry, Die Vegetationsverhältnisse des Kyffhäuser - Gebirges. Halle 1889: Das kleine Florengebiet, mit welchem sich die vorliegende Arbeit beschäftigt, birgt, obgleich es auffallend wasserarm ist, eine reiche und interessante Flora. Petry stützt sich bei der Darstellung derselben hauptsächlich auf eigene, sorgfältige Beob- bachtung, nur mit Vorsicht werden die Angaben der ziemlich umfangreichen ein- schläglichen Litteratur verwerthet, — Entsprechend den lokalen Verhältnissen finden sich in dem Kyffhäuser-Gebirge vorwiegend solche Pflanzen, denen ein trockener, sonniger Stand und ein kalkhaltiger Boden zusagt. Der Verfasser zählt in dem kaum 1's Quadratmeilen grossen Gebiete 918 Arten von Gefässpflanzen, darunter 26 Orchideen, verhältnissmässig viele Compositen und Papilionaceen, 9 Orobanchen, 8 Hypericum-Arten u. es. w. Natürlich treten der Wasserarmuth entsprechend die Wasser- und Sumpfpflanzen, die Cyperaceen und Juncaceen wie auch die Gefüss- kryptogamen an Zahl zurück. Ein besonderes Interesse gewinnt die Arbeit dadurch, dass der Verfasser auf Grund der Zusammensetzung der Flora und ihrer Vertheilung in dem Gebiete einige Flora 1890. 204 pflanzengeographische Fragen erörtert. Vorerst behandelt er die vielumstrittene Frage nach den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen. Die Salz- wiesen zwischen Auleben und der Numburg am Fusse des kleinen Gebirges bergen eine charakteristische Halophytenflora. Auf Bodenflächen mit sehr hohem Salzgehalt tritt die gewöhnliche Wiesenvegetation ganz zurück, an ihrer Stelle breiten sich die Salzpflanzen in üppigsten Wachsthum auf dem nackten Boden aus. Es wird dadurch der Satz bestätigt, dass ein grosser Salzgehalt des Bodens die Entwickelung unserer gewöhnlichen Wiesenpflanzen stört. Gewisse exquisite Halophyten wie Obione pedun- culata, Chenopodina maritima und Salicornia herbacea kommen nur auf sebr salz- reichem Boden vor, während andere, wie Aster tripolium und Glaux maritima, auch an weniger salzhaltigen Orten inmitten einer üppigen Wiesenflora gefunden werden. Daraus schliesst der Verfasser, dass die Menge des im Boden enthaltenen Chlor- natriums für gewisse Halophyten eine wesentliche Bedeutung besitzt, und ferner, dass nicht etwa nur die mangelnde Concurrenz anderer Pflanzen, sondern eine directe Einwirkung des Chlornatriums die Entwickelung der Halophytenflora an salzhaltigen Standorten befördert. Gewiss wird ‘der letztere Satz für einige Salzpflanzen Geltung haben; ob für alle, das erscheint sehr zweifelhaft und bedarf entschieden der ex- perimentellen Prüfung. Zu Beobachtungen über das Verhalten der Vegetation gegen Kalk- und Kiesel- boden bietet das Kyffhäuser-Gebirge ein günstiges Feld, da beide Bodenarten, in scharfen Gegensatze ausgeprägt, mit einander abwechseln. Die beiden Haupteom- ponenten des Gebirges sind rotber Sandstein und Zechsteinformation; das Verwitte- rungsproduct des ersteren ist äusserst kalkarm, aber sehr kieselreich, während der Zechsteinboden Kalk und Kiesel im umgekehrten Verhältnisse enthält. Die Pflanzen- decke auf dem rothen Sandsteingebirge ist nun ausserordentlich einförmig und arın an Arten, auf dem Zechsteinboden dagegen findet sich eine abwechslungsvolle, arten- reiche Flora, deren charakteristische Glieder zum grössten Theile zu den sogenannten Kalkpflanzen gehören. Der Gegensatz in der Vegetation ist so scharf, dass man in Wald und Feld sofort an den Pflanzen bemerkt, wenn man die Grenze zwischen den beiden Gebirgsarten überschritten hat. Es fragt sich nun, ob die chemische oder die physikalische Beschaffenheit des Bodens diesen Unterschied in der Pflanzenver- theilung bewirkt. Auf Grund der thatsächlichen Verhältnisse weist Petry nach, dass im Wesentlichen die chemische Zusammensetzung des Bodens allein von Einfluss ist. Sowohl auf demrothen Sandstein, als auch im Gebiete der Zechsteinformation wechseln Bodenstrecken von der verschiedensten physikalischen Beschafienheit nıit einander ab, ohne dass dadurch die Zusammensetzung der Vegetation merklich beeinflusst würde. Im letzten Abschnitt seiner Arbeit charakterisirt der Verfasser die pflanzen- geographische Stellung der Kyffhäuser -Flora. Von typischen Glacialpflanzen fehlt in dem Gebiete jede Spur, vielleicht weil das kleine Gebirge in der Glacialzeit von Eis bedeckt war und also nicht gleich andern einen Zufluchtsort für die Vegetation bilden konnte. Eine andere Pflanzengenossenschaft aber von ganz entgegengesetztem Charakter hat in Kyffhäuser eine reiche Vertretung. Es sind das die südosteuro- püischen Steppenpflanzen, von denen eine grosse Zahl in dem Gebiete den äussersten Punkt ihres Vordringens nach Nordwesten erreicht. Es ist klar, dass diese Pflanzen erst nach der Eiszeit von ihrem heutigen Standort Besitz ergriffen haben. Da nun die bebauten Felder und ebenso die Wälder und Sümpfe, welche vor der Zeit des Feldbaues in Deutschland vorbanden waren, für die Verbreitung der Pflanzen ein unüberwindliches Hinderniss bilden, so ist an eine so massenhafte Einwanderung der betreffenden Arten in historischer Zeit oder in der nächstvorhergehenden Epoche nicht wohl zu denken. Petry kommt daher zu der Ansicht, dass die Einwanderung jener Pflanzen in einer noch weiter zurückliegenden Zeit stattfand, in welcher weder 205 Ackerland noch Wald in Mitteldeutschland vorhanden waren. In der That ist es in neuerer Zeit durch geologische und paläontologische Befunde höchst wahrscheinlich gemacht worden, dass in postglacialer Zeit eine Epoche existirte, in welcher ein - grosser Theil von Deutschland geradezu Steppencharakter besass. Die heute in Mitteldeutschand vorkommenden Steppenpflanzen sind nach des Verfassers Ansicht eine Reliktenflora aus jener weit zurückliegenden Zeit, in welcher sie ein zusammen- hängendes, bis in unsere Gegend ausgedehntes Verbreitungsgebiet besassen. Auch die charakteristische Flora des Salzbodens spricht der Verfasser als Re- liktenflora aus der postglacialen Steppenperiode an, weil ihm ein sprungweises Wandern dieser Pflanzen undenkbar scheint. Er sucht diese Annahme mit der inter- essanten Thatsache zu stützen, dass sich überall an den Standorten der Salzpflanzen eine Anzahl halophiler Insekten findet, von denen wenigstens einige sich nur von den Salzpflanzen nähren. Wenn nämlich, so schliesst er, von diesen Insekten auch nur einige von den Salzpflanzen direkt ahhüngig sind, so können letztere sich nur in der Weise verbreitet haben, dass die von ihnen lebenden Insekten ihnen zu folgen vermochten. Der Schluss ist richtig, es fragt sich nur, ob nicht etwa auch Jie In- sekten sprungweise mit den Pfanzen gewandert sein können. Was hindert z. B, anzunehmen, dass zur Zeit der Völkerwanderung nordische Küstenstämme, welche mit ihrem gesammten Hausrath, mit Nahrung für sich und ihr Vieh die Länder durchzogen, bei ihrer Rast an Quellen und Bächen unabsichtlich keimfähige Samen ihrer heimischen Strandpflanzen und zugleich Eier von Insekten eingeschleppt hätten ? Damit soll natürlich keine Erklärung für die Verbreitung der Halophyten gegeben sein, es soll nur gezeigt werden, dass ein gemeinsames Wandern von Pflanzen und In- sekten auch über weite Strecken hin nicht undenkbar ist, Jedenfalls bedarf die Frage nach der pflanzengeographischen Bedeutung der Halophyten noch weiterer Prüfung. Die Sorgfalt, mit welcher der Verfasser das kleine Florengebiet durchforscht und seine Befunde pflanzengeographisch verwerthet hat, sichert seiner Arbeit ein allgemeineres Interesse. Es ist sehr zu wünschen, dass recht viele Florengebiete in gleich eingehender Weise und mit gleichem Verständniss für allgemeinere Fragen behandelt werden. Giesenhagen. Eingegangene Litteratur. Beck v. Mannagetta, Zur Pilzflora Niederösterreichs. V. Aus den Verh. der k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien, Jahrgang 1889. Bennett, Freshwater Algae and Schizophyceae of Hampshire and Devonshire. Re- printed from the Journal of the Royal Mieroscopical Society 1890. Boerlage, Handleiding tot de Kennis der Flora van Nederlandsch Indi&. 1e Deel, le Stuk. Verl. von E. J. Brill, Leiden. Bornet et Flahault, Sur quelques plantes vivant dans le test calcaire des mollusques. Extr. du Bull. de la Soc. bot. de France. Tome XXXVI. Errera, L’aimant agit-il sur le noyan en division? Extrait du Compte-renda du la seance du 11. janvier 1890 de la SocietE royale de botanique de Belgique. Bulletin, tome XXIX. Garcke, Flora von Deutschland. 16. Auflage. 1890. Verlag v. Paul Parey, Berlin. 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Berthelot und Andre verdanken wir ausführliche Mittheilungen über die Verbreitung der Salpetersäure im Pflanzenreich. Ein irgendwie befriedigendes Bild der Schicksale der Mineralsalze in der Pflanze, der Betheiligung ihrer sauren und basischen Bestandtheile am Stoffwechsel, ist aus den genannten Arbeilen, trotz der grossen Sorgfalt, mit der sie ausgeführt wurden, nicht zu entnehmen, und es ist nicht wahrscheinlich, dass die bisher angewandten Methoden für sich allein uns viel weiter bringen werden. Letztere leiden an dem Uebel- stand, dass sie nur an den Gliedern der Pflanze in toto Verwendung finden können, eine Trennung derselben in Meristeme und fertige Ge- webe, leitende, speichernde, verarbeitende Zellen ausschliessen. Eine tiefere Einsicht in den Stoffwechsel können wir natürlich nur dann erreichen, wenn wir die Thätigkeit der einzelnen Gewebearten für sich allein ins Auge fassen. Für die Kohlehydrate besitzen wir bereits in den Arbeiten von Sachs und Andern, für die Wanderung des Asparagins und anderer Amide in denjenigen von Th. Hartig, Pfeffer, Borodin, Leitgeb, sehr befriedigende Aufschlüsse, welche durch die eben- falls in grosser Zahl vorhandenen makrochemischen Untersuchungen be- stätigt und durch genaue quantitative Angaben unterstützt worden sind. Das Gebiet, das ich mit der vorliegenden Arbeit betrete, ist dagegen für den Botaniker beinahe noch terra incognita. Es war meine Absicht, mit Hülfe mikrochemischer Methoden, die einzelnen Nährsalze von dem Moment ihres Eindringens in die Pflanze bis zu den Stätten ihres Ver- brauchs zu verfolgen, die Bedingungen der Assimilation der Mineral- säuren, die Bedeutung der mit ihnen verbundenen Basen für den Stoff- wechsel festzustellen. Ich bin sehr weit hinter meinem Ziele geblieben und zwar hauptsächlich wegen der Unvollkommenheit der Methoden. Ich bin jedoch zur Ueberzeugung gelangt, dass der letztere Uebelstand sich im Laufe der Zeit beseitigen lassen wird und ich hoffe, dass der Leser dieser Arbeit diesclbe theilen wird. Der Zweck des vorliegenden Fragments ist in erster Linie, durch Einführung einiger in der Botanik 14* 210 bisher kaum oder gar nicht gebrauchter mikrochemischer Methoden und durch präcisere Aufstellung der Fragen, neue Untersuchungen zu ver- anlassen. I. Methodisches. 1. Mikrochemische Reaectionen. Der mikrochemische Nachweis von Mineralsäuren und Mincralbasen in der Pflanze ist bis jetzt wenig gepflegt worden. Nur für einzelne Fälle sind, meist in neuester Zeit, Methoden in Anwendung gekommen, so die Diphenylaminreaction der Salpetersäure (Bildung eines Anilinblau) und der Nachweis von Phosphorsäure durch molybdänsaures Anımoniak und Salpetersäure. Im Gegensatz zu den Pflanzenphysiologen, pflegen die Mineralogen und Petrographen, bereits ‘seit Jahren, den mikrochemischen Nachweis der meisten Elemente. Die diesbezüglichen, sehon zu grosser Vullkomnien- heit gelangten Methoden bilden den Gegenstand zweier kleiner Hand- bücher; das eine, von Haushofer, ist mit zahlreichen, schr naturgetreuen Figuren im Holzschnitt versehen, und ich habe daher, da es doch einem Jeden, der sich mit dem mikrochemischen Nachweis der Aschenbestand- theile beschäftigen will, unentbehrlich ist, es unterlassen, meinerseits auch die Niederschläge abzubilden. Das Werk von Klement .und Renard ist nicht viel mehr als eine französische Bearbeitung des Haushofer’schen Buches mit einigen Zusätzen. Die Titel beider Werke sind im Litteratur- verzeichniss ausführlich mitgetheilt. Selbstverständlich war die Ucher- tragung der genannten Methoden auf pflanzliche Objecte ohne gewisse Modifieationen nicht möglich. Ich habe es daher -für nothiwendig be- trachtet, dieselben, soweit sie in dieser Arbeit zur Verwendung kommen, einer ausführlichen Besprechung zu unterwerfen. Die Reactionen habe ich. theils an frischen Objecten, theils an den Aschen vorgenommen; es empfiehlt sich, wo möglich, immer beide zu untersuchen. Die Niederschläge sind in den meisten Fällen sehr charakteristisch ; bei einiger Kenntniss der Krystallographie ist eine Verwechselung in der Regel ausgeschlossen. Immerhin empfiehlt es sich, wo möglich, zwei verschiedene Reactionen anzuwenden, z. B. bei dem Nachweis von Natron, zuerst mit reinem Uranacetyl und dann unter Zusatz eines Magncesiasalzes zu verfahren. Ausgezeichnete Dienste leistet bei schwer löslichen Niederschlägen die von Borodin zur Prüfung der Asparaginniederschläge empfohlene Methode. Man behandelt die bei der Reaction entstehenden Krystalle mit einer gesättigten Lösung der Substanz, die man als Niederschlag erhalten zu haben vermuthet. Ist letzterer z. B. Chlorthallium, so lässt man die Krystalle vorsichtig eintrocknen und setzt einen ’Iropfen ge- 4 211 sättigter Ghlorttalliumlösung hinzu. Sie werden sich in derselben wie in reinem Wasser auflösen, falls man sich über ihre Natur geirrt, un- gelöst bleiben und an Grösse zunehmen, wenn man wirklich Chlor- thallium gefällt hat. Allgemeines lässt sich übrigens über die Anwendung der Reagentien kaum sagen. Der Grad der Concentration der letzteren ist meist ziemlich gleichgültig, darf jedoch bei Salzen nicht zu gross sein; eine 5° Lösung wird in allen Fällen ausreichen. Die Reagentien sind meistens nicht rein und enthalten manchmal, wenn auch nur in Spuren, gerade diejenige Substanz, zu deren Nachweis sie dienen sollen, z. B. ist das Platinchlorid des Handels stets kalium- haitig. Man muss dann entweder das Reagens reinigen, was beim Platin- chlorid sehr schwer, m andern Fällen leichter gelingt, oder sich ein vollkommen reines Präparat herstellen lassen. Caleium. Gyps. Die beste Reaction auf Galeium, namentlich bei der Unter- suchung der Asche, ist die schon längst in der Mikrochemie gebräuch- liche der Erzeugung von Gypskrystallen durch Zusatz von Schwefelsäure. Die meisten Pflanzenaschen enthalten so viel Kalk, dass die Krystalle sich nach Zusatz des Reagens sofort bilden. Bei geringem Kalkgehalt löse man die Asche in möglichst wenig Wasser auf, setze, am besten mit dem Platindraht, eine Spur verdünnter Schwefelsäure hinzu und lasse langsam eintrocknen. Auf diese Weise habe ich die Gypsnadeln in dem Rückstand eines Tropfens von 1 CaCl, in 50000 H,O noch erkennen können. Ist der Kalk als Gyps in der Asche enthalten, so scheidet er sich schon aus der wässerigen Lösung in Form der bekannten Krystalle aus. Calciumoxalat. Die auf der Entstehung der äusserst schwer lös- lichen Kalkoxalatkrystalle beruhende Reaction mit Ammoniumoxalat leistet namentlich da gute Dienste, wo es sich darum handelt, Kalk im Zellsafte nachzuweisen. Bei gewöhnlicher Temperatur scheidet sich das Salz in Form winziger, ziemlich schwach doppelbrechender tetragonaler Pyramiden, deren Form bei starker Vergrösserung leicht erkennbar ist. Um die monokline Form zu erhalten, lege ich die Schnitte in kochende Ammonoxalatlösung; die alsbald entstehenden Krystalle sind ebenfalls sehr klein, meist von schmal ovaler Gestalt und sehr stark doppelbrechend. Man wird es nie unterlassen dürfen, beiderlei Krystalle hervorzurufen. Bei Anwendung einer reinen Lösung von Kalknitrat in der Concentration 1:20000 fand ich die Reaction noch brauchbar. CGaleiumcarbonat. Auch diese Reaction leistet manchmal gute Dienste, namentlich wenn der Zellsaft ziemlich kalkreich ist. Man legt 212 den Schnitt einfach in einen Tropfen Ammoncarbonat, dem man hej stark saurer Reaction des Zellsaftes etwas Ammoniak hinzugesetzt hat. Nach kürzerer oder längerer Zeit scheiden sich im Zellinhalt meist kleine, aber schr regelmässig ausgebildete, stark doppelbrechende Rhom- boeder. Chlor. Chlorsilber. Silbernitrat fällt lösliche Chlorverbindungen in Form eines reinen amorphen Niederschlags, der nichts Charakteristisches bietet. Lässt man aber diesen Niederschlag sich in etwas Ammoniak lösen, so scheiden sich bei Verdunsten des letzteren in den Zellen und in der um- gebenden Lösung kleine Würfel und Oktaöder, auch Combinationen beider, die bei wässeriger Beschaffenheit der Lösung schr scharf und regelmässig ausgebildet sind, und, zunächst farblos, alsbald violett werden. Vielfach ist die durch Reduction von Silbermetall bedingte Violettfärbung an den Krystallen schon vorhanden, als dieselben deutlich erkennbar werden; die sonst langsam unter dem Lichteinfluss eintretende Reduction wird durch die Pflanzensäfte sehr beschleunigt. Bei dickerer Beschaffenheit der Lösung, in Knollen, Samen, in Blatt- mesophyll ete., scheiden sich in der Regel mehr oder weniger regelmässige Krystallskelette, manchmal aber auch unregelmässige Körner, die namnent- lich wo Phosphate gleichzeitig vorhanden sind, zu wenig Charakteristisches bieten, um ohne weiteres als Beweis der Anwesenheit von Chlor zu dienen, aber an ihren Reactionen sichere Merkmale bieten. Das Chlor- silber ist nämlich leicht löslich in Ammoniak, Cyankalium, unterschweflig- saurcm Natrium und einer conc. Lösung von salpetersaurem Quecksilber- oxyd; es ist etwas löslich in concentrirten Lösungen der Alkalimetalle und in concentrirter Salzsäure. Den besten Nachweis liefert jedoch das Verhalten gegenüber einer gesättigten Chlorsilberlösung in concentrirter Salzsäure oder Kochsalzlösung. Chlorthallium. In chloridhaltigen Pflanzentheilen scheidet sich bei Zusatz von 'Thalliumsulfat, sofort oder beim Verdunsten, das schwer- lösliche Thalliumchlorid. Dasselbe stellt, wo die Lösung hinreichend dünn, reguläre Oktaöder, oder meist mehr oder weniger wohl ausgebildete Skelette des regulären Systems, von körnig unebener Oberfläche, die in Folge ihrer hohen Lichtbrechung im durchfallenden Lichte schwarz, im auffallenden hingegen weiss erscheinen. In diekeren Lösungen werden ganz unregelmässige körnige Gebilde erzeugt. Die Reaction ist bei guter Ausbildung der Skelette sehr charakte- ristisch. Zur Controle kann man sich übrigens einer gesättigten Lösung von Chlorthallium in Wasser bedienen, die den Niederschlag nicht auf- löst, während er in reinem Wasser verschwindet; diese Reaction, die zu | voller Sicherheit führt, hat mir immer ganz klare Resultate gegeben. 213 Sowohl die Chlorsilber- wie die Chlorthalliumreaction lassen sich selbstverständlich auch für die Untersuchung der Aschen benutzen, und geben da, wo der Zellsaft dick ist, besser ausgebildete Formen als in diesem. Direeter Nachweis des Chlorkalium und Chlornatrium, Hat man Pflanzenasche mit Wasser behandelt, und lässt eintrocknen, so kommen häufig farblose reguläre Würfel zum Vorschein, deren Natur häufig direct festgestellt werden kann. Man setzt einen kleinen Tropfen Platinchlorid am Rande des Präparates und bewegt dasselbe mit einer Nadel vorsichtig bis zu einem der Würfel. Ist dasselbe Chlorkalium, so wird es in einen Haufen rother Körnchen zerfallen. In gleicher Weise wird man zum Chlornachweis Thalliumsulfat, zur Prüfung auf Natrium Uranacetyl verwenden (s. u.). Selbstverstandlich kann ein und derselbe Würfel nur zu einer dieser Reactionen Verwendung finden. Kalium. Kaliumplatinchlorid. Der beste mikrochemische Nachweis des Kalium beruht auf der Bildung des Kaliumplatinchlorids, welches in regulären Oktaödern und Würfeln krystallisirt, die in Wasser sehr schwer, in Alkohol noch schwerer löslich sind. Ganz ähnliche Salze’ liefern aller- dings auch die entsprechenden Salze des Ammonium, Caesium und Rubi- dium. Die beiden letzten Elemente kommen für die Pflanze nicht in Betracht, da sie im besten Falle nur in Spuren vorhanden sind, die in den kleinen Fragmenten, wie sie bei der mikrochemischen Analyse zur Verwendung kommen, gar nicht nachweisbar wären. Das Ammonium ist bei der Untersuchung von Aschen ausgeschlossen. Uebrigens wird in zweifelhaften Fällen die Borodin’sche Methode zur Entscheidung führen. Das Verfahren beruht darauf, dass man den zu prüfenden Schnitt mit einem Tropfen des Reagens versetzt und verdunsten lässt; um letzteres zu beschleunigen, kann man den Schnitt auf der Spiritusflamme bis zum Eintrocknen erwärmen und, während der Objectträger noch heiss ist, die Platinchloridlösung hinzufügen. Letzteres roheres Verfahren leistet da, wo viel Kali vorhanden, noch gute Dienste. Ist Asche zu untersuchen, so löse ich letztere in einem angesäuerten Wassertropfen auf und erwärme auf der Spiritusflamme bis zurn Trocknen. Auch hier kann das Reagens entweder vor, oder nach dem Erkalten zu- gesetzt werden. In beiden Fällen bilden sich zuerst Krystalle am Rande des Tropfens, und zwar bei rascher Ausscheidung zunächst in Form von Skeletten; in der Mitte des Tropfens bilden sich allmälig wohl ausgebildete reguläre Oktaöder. Das Reagens steht an Empfindlichkeit denjenigen auf einige andere Aschenbestandtheile vielleicht etwas nach. In dem Rückstande eines 914. Tropfens einer Lösung von PO,K, in 40000 H,O konnte ich jedoch das Kali cben noch nachweisen. Das Reagens ist ganz kalifrei im Handel nur auf Bestelluug zu be- ziehen. Die Reinigung des gewöhnlichen Platinchlorids des Handels mit absolutem Alkohol führte zu keinen guten Resultaten. Die Prüfung ist schr einfach; man braucht nur einen Objectträger etwas zu erwärmen und einen Tropfen des Reagens auf demselben langsam verdunsten zu lassen. Magnesia. Die besten Methoden zum Nachweis der Magnesia beruhen auf der Bildung der phosphorsauren Ammoniak-Magnesia und des Magnesia- Natron Uranat. Erstere eignet sich am besten für Gewebestücke, letztere für die Aschenanalyse. Phosphorsaure Ammoniak-Magnesia. Das zu untersuchende Gewebestück wird in einem Tropfen phosphorsauren Natron oder phos- phorsauren Natron-Anımoniak gelöst und etwas Ammoniak zugesetzt. Das Magnesia-Ammontak-Salz scheidet sich innerhalb der Zellen in Form wohl- ausgebildeter und höchst charakteristischer sargdeckelförmiger Krystalle. Dieselben gehören dem rhombischen Systeme an, sind hemimorph und zeigen die Combination zweier oder mehr Domen mit der Basis. Pflanzenasche in derselben Weise behandelt gibt in den meisten Fällen keine wohl ausgebildeten Krystalle, sondern charakteristische X-förmige Krystallskelette, wie sie auf Haushofer’s Fig. 74 in d und e abgebildet sind. Die Krystalle sind natürlich um so besser ausgebildet, je grösser die Verdünnung. Die Empfindlichkeit der Reaction ist cine zemlich grosse. Wird ein Tropfen einer Lösung Magnesiasulfat von 1:40 000 auf dem Objectträger getrocknet, so erhält man aus dem Rück- stande bei der erwähnten Behandlung gut ausgebildete Sargdeckel, aller- dings in geringer Anzahl und hauptsächlich in der Nähe des Saumes des Rückstands. Uranacetylmagnesianatrium. Die Asche einer jeden Pflanze, die nicht bei Ausschluss von Natrium gezogen worden, wird, bei Be- handlung mit Uranacetyl, kleine, schwach gelbliche oder farblose rhom- bo@drische Krystalle ausscheiden, von der Combination R,—2R.OR, gewöhnlich mit Vorherrschen der Basis. Dieselben bestehen aus einer Verbindung von Uranacetyl mit Natron und Magnesia, Ihre Zusaimmen- setzung soll der Formel entsprechen: (Na C,H,0, + U0,C,H,0,) + MeG,H,0, -+ 2U0,C,0,H,) + 9H, 0. 215 Natrium. . Uranacetylnatrium. Wird ein natriumhaltiges Gewebestück bezw. ebensolche Asche mit Uranacetyl versetzt, so scheiden sich beim Verdunsten am Rande des Präparats sehr scharf ausgebildete Tetra@der, die bei ge- ringer Grösse farblos, bei grösseren Dimensionen gelblich erscheinen. Bei:sehr geringen Mengen Natrium bilden sich stets die nachher zu be- schreibenden Krystalle des Uranacetylmagnesianatrium aus, da Magnesia in jeder Zelle vorhanden ist. Das Uranacetyl des Handels ist stets natriumhaltig. Um es zu reinigen, löst man in absol. Alkohol in der Kälte und lässt das Filtrat bis zum Eintrocknen eindampfen. ’ . Uranacetylmagnesianatrium. Diese Reaction ist weit empfind- licher als die vorige, indem das Salz nur 1,48 Na enthält. Wie bereits erwähnt, tritt dieselbe bei geringerem Gehalt an Natrium oder bei grosser Menge Magnesia ausschliesslich auf; bei natriumreichen Präparaten treten gleichzeitig die Tetraöder des Uranacetylnatrium und die Rhomboöder des Uranacetylmagnesianatrium auf. Ueber letzlere vergleiche das Nähere unter Magnesium. Für beide Reactionen leistet die Borodin’sche Methode gute Dienste. Oxalsäure. Kalkoxalat. Zur Erzeugung der telragonalen und der monoklinen Krystalle bedient man sich am besten des Kalknitrats und verfährt übrigens genau so, wie beim Nachweis des Kalks durch Ammenoxalat. Uranyloxalat. Versetzt man einen Tropfen Uranacetyl zu einem lösliche Oxalate in nicht zu geringer Menge enthaltenden Präparat, so scheiden sich prächtige Krystalle des rhombischen Systems aus, die meist’ rectanguläre Gestalt zeigen, bei hinreichender Grösse deutliche gelbe Färbung besitzen und zwischen gekreuzten Nicols in äusserst lebhaften Farben glänzen. Diese schöne Reaction ist weniger empfindlich als die vorige. Näheres über die Zusammensetzung dieser Krystalle, welche Haushofer bereils erwähnt, ist mir nicht bekannt. Das saure oxalsaure Kali lässt sich bei hinreichender Concen- tration in eingetrockneten Präparaten, beim Vergleich einer eingetrockneten Lösung des Salzes, an Krystallfornı, lebhaften Polarisationserscheinungen, Borodin’scher Reaction ete. leicht erkennen. Phosphorsäure. Ammoniumphosphomolybdat. Diese von Hansen in die Mikrochemie eingeführte Reaction ist von sehr grosser Empfindlichkeit, . wird aber durch gewisse organische Substanzen, z. B. weinsteinsaures Kali, verhindert; man wird daher nur bei der Analyse von Aschen sicher 216 sein, dass bei Nichteintreten derselben Phosphorsäure in nachweisharer Menge nicht vorhanden ist. Als Reagentien dienen molybhdänsaures Ammoniak und Salpetersäure; das entstehende charakteristische Product ist phosphor-molybdänsaures Ammoniak in glänzend gelben Krystallen des regulären Systems, gewöhn- lich Combinationen des Oktaöders und Würfels. Die ausserordentliche Empfindlichkeit der Reaction erklärt sich durch die sehr geringe Menge der im Salze (11 Mo0O® + PO®H® + 12H?0) enthaltenen Phosphorsäure. Verwechslungen mit anderen Niederschlägen, so mit dem isomorphen arsensauren Salze und mit einem gelben Niederschlag, der durch Kiesel- säure hervorgerufen wird, kommen für den Botaniker unter gewöhnlichen Umständen nicht in Betracht. _ Will man ein Gewebestück untersuchen, so versetzt man dasselbe mit einem Tropfen der Ammonmolybdatlösung und setzt etwas Salpeter- säure hinzu. Ist der Zellsaft rein an Phosphorsäure, so entsteht der Niederschlag sofort; ist letzteres nicht der Fall, so erwärmt man das Präparat bis zum Kochen und lässt, wenn die Reaction dann noch ausbleibt, einige Stunden liegen. Die in eiweissartigen Substanzen (z. B. Siebröhrenschleim), in Nuclein und sonst organisch gebundene (Globoide) Phosphorsäure lässt sich nur in der Asche nachweisen. Die Prüfung der Asche wird in ganz ähnlicher Weise vorgenommen, wie diejenige von Gewebestücken. Ich löse in Salzsäure auf, erhitze bis zu völligem Eintrocknen, und setze dann das Reagens zu. Der Rückstand eines Tropfens von 1 PO,K, in 60000 H,O gab mir bei dieser Reaction noch wohl erkennbare Krystalle. Die Grenze der Empfindlichkeit in diesem und anderen Fällen genau festzustellen, hielt ich für überflüssig, da geringe Spuren der nachzuweisenden Stoffe sich im destillirten Wasser stets befinden, und solche Resultate, wie bei künstlich hergestellten Lösungen von der Untersuchung pflanzlicher Prä- parate nicht zu erwarten sind. Magnesium-Ammoniumphosphat. Diese Reaction auf Phos- phorsäure steht der vorstehenden an Empfindlichkeit nicht nach und ist für den Nachweis in Geweben vorzuziehen, da der Niederschlag vielfach in den Zellen entsteht und durch organische Substanzen nicht verhindert wird; ein ähnliches Salz wird ausser durch Phosphorsäure nur noch durch Arsensäure gebildet. Die Formen der Krystalle sind bereits unter Magnesia beschrieben worden. Ich konnte die Anwesenheit von Phosphorsäure noch in Tropfen einer Lösung von 1:25000 PO*H? bequem nachweisen, glaube jedoch kaum, dass in den Zellen noch bei solcher Verdünnung die Reaction erkennbar sein würde, 217 In dem Rückstande von Tropfen einer Lösung von 1:50000 lässt sich, wenn man möglichst wenig der Reagentien, Magnesiasulfat und Chlorammonium, verwendet, die Phosphorsäure noch sicher nachweisen. Auf noch geringere Mengen habe ich nicht geprüft. Salpetersäure. Diphenylamin. Dieses ausserordentlich empfindliche Reagens zum Nachweis von Nitraten (und Nitriten) hat für die Mikrochemie zwei Nach- theile. Erstens sind ausser der Salpeter- und salpetrigen Säure noch andere Stoffe bekannt, die dieselbe Reaction (Bildung eines Anilinblau) hervorrufen, andererseits wird letztere durch in der Pflanze enthaltene Stoffe geschwächt bis ganz verhindert. Trotz dieser Nachtheile liefert das Diphenylamin sehr gute Dienste, da wo man, z. B. bei künstlich mit Salpetersäure ernährten, ‚vorher nitratfreien Pflanzen und Pflanzenorganen die Möglichkeit einer Verwechselung ausschliesst, andererseits festgestellt hat, dass etwaiges Ausbleiben der Reaction wirklich durch Verschwinden des Nitrat und nicht durch die reducirende Wirkung von Pflanzenstoffen herrührt. Am meisten wirken verholzte Gewebe hemmend auf die Re- action, aber beinahe sämmtliche Pflanzentheile dürften in mehr oder weniger hohem Grade dem Zustandekommen derselben entgegenwirken; um sich dessen zu überzeugen, braucht man nur ein nicht zu nitrat- reiches Gewebestück einige Secunden in reiner Schwefelsäure liegen zu lassen und erst nachher die Diphenylaminlösung zuzusetzen; die Blaufärbung ‚ tritt weit schwächer auf, als bei unmittelbarem Legen in Diphenylamin- lösung oder bleibt auch ganz aus. Man kann sie vielfach im letzteren Falle doch noch dadurch hervorrufen, dass man eine grössere Menge des Reagens verwendet. Hervorgehoben sei jedoch, dass die Bildung der redueirenden Stoffe in nicht verholzten Geweben weit langsamer vor sich geht, als die Oxydation des Diphenylamin durch die Nitrate, so dass die Reaction, wo letztere nicht zu spärlich, wenn auch etwas geschwächt, eintritt; dagegen ist an den Nachweis von Nitraten durch Diphenylamin, bei solchen Mengen, wie sie in der Pflanze vorkommen, in verholzten Geweben nicht zu denken. Der Chemiker, der mit grösseren Mengen arbeitet, kann äusserst schwache Spuren von Nitraten durch Diphenylamin aufdecken. Bei der Mikrochemie hat man es mit sehr geringen Flüssigkeitsmengen zu thun, und schon dadurch ist die Empfindlichkeit der Reaction sehr herabgesetzt. Das Wasser unserer Wasserleitung nahm z. B. im Becherglase eine dunkel- blaue Färbung an, während ein Tropfen desselben Wassers auf dem Object- träger erst nach mehreren Secunden eine schwache Reaction zeigte; während der gleichen Zeit würde die Schwefelsäure in einem Gewebe- stücke bereits reducirende Stoffe reichlich erzeugt haben. Die Menge Nitrate, die durch Diphenylamin in Pflanzentheilen nach- gewiesen werden kann, ist je nach der Gewebeart, vielleicht auch der 318 Pflanzenart, schr schwankend. Einige diesbezügliche Versuche machte ich mit Schnitten aus der Rinde diesjähriger Zweige von Hocdera Helix, dem Parenchym des Stiels etiolirter, in destillirtem Wasser culti- virter Maispflänzchen und den krautigen Endzweigen von Medicago arborca; diese Pflanzen wurden daher gewählt, weil sie für sich allein gar keine Reaction haben. Die Schnitte blieben 48 Stunden lang im Lösungen von 1:5000 und 1:10000 Magnesianitrat, sowie in dem schon erwähnten Wasserleitungswasser. Die Schnitte von Hedera und Medicago nahmen gar keine Blaufärbung an, während die Flüsssigkeiten deutlich, die 1:5000 sogar ziemlich stark reagirten. Anders die Maisstücke, die offenbar Nitrate aufgespeichert hatten. Wenigstens reagirten solche, die in der 1:5000 Lösung gelegen hatten, stärker als die letztere, während solche aus den schwächeren Lösungen nur eine noch eben sichtbare Färbung annahmen. i Die mit der Diphenylaminreaction verbundenen Fehlerquellen sind bereits von Molisch, der dieselbe zuerst in die Botanik einführte, für gewisse Fälle, spec. verholzte Gewebe, erkannt worden. Ich kam in meiner Arbeit über das Kalkoxalat zu dein Schluss, dass beinahe alle Gewebe Stoffe enthalten, die der Reaction entgegenwirken und sie zunı Theil ganz verhindern. Ganz anders Frank, der in seiner vie] später als diejenige von Molisch erschienenen grossen Arbeit, in welcher letztere doch eitirt (p. 457 u.) und kritisirt wird, diese Befunde vollkommen ignorirt und behauptet, dass die Reaction durch die Gegenwart von keinen in der Pflanze vorkommenden Stoffe verhindert wird. Diese Be- hauptung stützt sich auf Versuche mit folgenden Substanzen: Trauben- zucker, Dextrin, Inulin, arabisches Gummi, Mannit, ÖOxalsäure, Weinsäure und weinsaures Kali, Aepfelsäure, Citronsäure, Legumin, Gluten-Kasein, krystallisirtes Eiweiss aus der Paranuss, Albumin, Asparagin, Leuein, Tyrosin, Pepsin, Cumarin, Tannin, Solanin, Narcotin, Saliein. Hätte der Verf. ein mit Nitrat imprägnirtes Stück Holz benutzt, — und Holz ist doch ein mehr verbreiteter Bestandtheil der Pflanze als etwa das Cumarin, — so würde er vergeblich auf die Reaction gewartet haben. Der richtige Weg war nicht, alle möglichen isolirten Stoffe, sondern Stücke der Pflanze in ihrer Wirkung auf das Reagens zu prüfen. Dass da, wo die Blaufärbung ausbleibt, kein Nitrat vorhanden sein soll, ist ebenso unrichtig, als die ebenfalls von Frank vertretene Ansicht, dass überall, wo in der Pflanze oder im Boden die Reaction eintritt, die- selbe als untrügliches Zeichen der Anwesenheit eines Nitrats zu betrachten ist. Durch dieses unverdiente Vertrauen wurde Frank verleitet, Oxyde des Eisens und Mangans, die die Oberfläche von Sandkörnchen überzogen, trotz ihrer Unlöslichkeit als Nitrate zu betrachten’). In der Pflanze ist 1) Vgl. Kreusler, 1. .c. 319 es allerdings höchst wahrscheinlich, dass Blaufärbung bei Behandlung mit Diphenylamin wirklich auf Nitrate zurückzuführen ist. indem es weder Frank noch mir gelungen ist, bei nilratfrei gezogenen Pflanzen eine Spur solcher Reaction zu erhalten. Directer Nachweis des Kaliumnitrats. Bereits Borodin und Monteverde haben das Kaliumnitrat direct in der Pflanze nachgewiesen. Man verfährt am besten, wie es die genannten Autoren empfohlen, indem man die Schnitte in einen Tropfen Alkohol legt und bis zur '[rockniss, ohne zu erwärmen, eindampfen lässt. Die meisten Krystalle haben breit rhombische Umrisse und gehören wohl der hexagonal rhomboedrischen Modification des Salzes an; ausserdem sind auch prismatische Formen, mit eigenthümlich gezackten Kanten vorhanden. Vergleiche mit dem Rückstand einer Kalinitratlösung und Anwendung von Diphenylamin werden zur Sicherheit führen; dagegen lässt hier die Borodin’sche Re- aclion, wie bei anderen leicht löslichen Körpern häufig, im Stiche. Die- selbe gestattet jedoch eine sichere Unterscheidung von den Krystallen des sauren oxalsauren Kali und des Asparagins, die übrigens bei genauer Untersuchung ‘schon an ihrer Form von denjenigen .des Kalisalpeters leicht kenntlich sind. Schwefelsäure. Wirklich brauchbare Reactionen zum mikrochemischen Nachweis der Schwefelsäure in pflanzlichen Geweben sind mir leider nicht bekannt. Auf Fehlen derselben kann man zwar bei Ausbleiben des Niederschlags nach Chlorbaryumbehandlung schliessen; wo ein solcher aber entsteht, ist die Entscheidung häufig schwer. Manchmal leistet gute Dienste die Bildung von Strontiumsulfat nach Behandlung der zu prüfenden Gewebestücke mit Strontiumnitrat. Es bilden sich kleine, dicke Krystalle von meist rundlich-rhombischen, zuweilen aber scharfen und geradlinigen Umrissen, die sich in Wasser gar nicht mehr lösen. Auch nach Behandlung mit Chlorbaryum habe ich zuweilen scharfe, rhombische Täfelchen erhalten. In den Aschen lässt sich nach Zusatz eines Wassertropfens häufig schwefelsaures Kali direct nachweisen, — farblose, hexagonale Krystalltafeln, die, da sie ziemlich schwer löslich sind, schon am Rande des Tropfens sich zeigen und manchmal bedeutende Dimensionen erreichen. Bei Zusatz (nach dem Eintrocknen) eines Tropfens Platinchlorid, zerfallen sie in einen Haufen rother Körnchen, desgl. in farblose Körnchen nach Zusatz von Ghlorbaryum. Mit grösserer Sicherheit, manchmal auch an lebenden Geweben (Crambe maritima), lässt sich Kalisulfat, auch Natronsulfat, durch schwefelsaures Nickel nachweisen, das mit letzteren ein schön krystalli- 220 sirendes Doppelsalz (SO 4)? NiK?(s.Na?) + 6 H?O von sehr einfacher Gestalt (monoklines Prisma mit Basis) bildet. Allerdings ist das Salz leicht löslich. Weinsäure. Saures Kaliumtartrat. Versetzt man cine saure Lösung von Weinsäure oder eines ihrer Salze mit Kaliumacetat, so bildet sich sofort, oder in pflanzlichen Objecten nach dem Verdunsten, das rhombisch hemiedrisch krystallisirende, schwer lösliche saure Kaliumtartrat. Calciumtartrat. Diese Reaction, die mir in Pflanzen, z. B. bei Vitaceen, die besten Resultate gegeben hat, beruht in der Bildung von krystalllmischem Calciumtartrat bei Behandlung neuraler Lösungen wein- saurer Salze mit CGhlorcaleium. Die Krystalle gehören dem rhombischen System an und bestehen in der Regel aus der Combination eines lang- gestreckten Prisma mit einem Doma. Die Krystalle sind leicht in ver- dünnter, schwer in concentrirter Essigsäure löslich. Ueber den dirceten Nachweis von Caleiumtartrat bei Vitis-Arten ist der Abschnitt über die »organischen Kalksalze der Pflanze« zu vergleichen. 9. Uebersicht der zu Wasserculturen benutzten Lösungen. Die nachfolgenden sind sämmtlich concentrirte Lösungen, die mit destill. Wasser im Verhältniss von 1:4,8 zur Verwendung kommen. Normale Lösungen. Gr. 1) 6 Kalknitrat. 1,5 Kalinitrat. 1,5 schwefelsaure Magnesia. 1,5 neutr. phosphorsaures Kali, 1,5 Chlornatriun. 600 destill. Wasser. 9) 7 Kalinitrat. 1,5 schwefelsaure Magnesia. 1,5 Chlornatrium. 600 destill. Wasser. Neutrales Kalkphosphat in Ueberschuss. 3) 7 Kalinitrat. 1,5 schwefelsaure Magnesia. 1,5 Chlornatrium. 1,5 neutr. phosphorsaures Kali. 600 destill. Wasser. Gyps in Ueberschuss. 4) Kalkarm. “ Kalinitrat. 2% Kalknitrat. 1,5 neutr. Kaliphosphat. 1,5 Magnesiasulfat. 1,5 Chlornatrium. 600 destill. Wasser. Tradescantia Selloi gedieh gleich gut in den Lösungen 1—3; Lösung 4 kam nur einmal, im Spätherbst, mit zweifelhaftem Erfolg zur Ver- wendung. Kalkfreie Lösungen. Die Lösungen 2 und 3 mit Ausschluss des Kalks. ’ Kalifreie Lösungen. 1) 7 Kalknitrat. 1,5 Magnesiasulfat. 1,5 Chlornatrium. 1,5 neutrales Natronphosphat. 600 destill. Wasser. 9) Dieselbe Lösung, aber anstatt des Natronphosphats Kalkphosphat in Ueberschuss. ’ Magnesiafreie Lösungen. 1) 6 Kalknitrat. 1,5 Kalinitrat. 1,5 neutr. Kaltiphosphat. \ 1,2 Kalisulfat. 600 destill. Wasser. 9) Dieselbe, aber anstatt Kaliumsulfat Gyps in Ueberschuss. Stiekstofffreie Lösung. Gr. 1,5 neutr. Kaliphosphat. 1,5 Magnesiasulfat. 1,5 Chlorkalium. 600 destill. Wasser. Phosphorfreie Lösung. 0,5 Kalinitrat. 1 Kalknitrat. 0,5 Magnesianitrat. 0,5 neutr. Kalisulfat. 1000 destill. Wasser. NB. Diese Lösung erfuhr keine weitere Verdünnung. 222 II. Ueber Vertheilung und Leitung der Aschenbestandtheile in der Pflanze. j In meiner Arbeit »über Kalkoxalatbildung in den Laubblättern«e habe ich bereits in aller Kürze gezeigt, dass die Nährsalze des Bodens meist nicht direet durch die Wasserbahnen nach den Orten ihres Verbraueches geführt, sondern in der Mehrzahl der Fälle mehr od&r weniger lange in bestimmten Geweben aufgespeichert werden, welchen theilweise auch die Leitung derselben zukommt. Für den Salpeter war diese Aufspeicherung in bestimmten Fällen schon längst erkannt worden und in neuerer Zeit namentlich von Borodin, Monteverde, Bertlielot u. a. näher untersucht oder doch berücksichtigt worden. Wie der Salpeter verhalten sich aber auch Phosphate, Sulfate und Chloride. Die Aufspeicherung und Leitung der Aschenbestandtheile bildet eine Hauptaufgabe gewisser Gewebe und ist für eine nähere Einsicht der Be- ziehungen der Pflanze zu ihrer Umgebung von hervorragender Bedeutung. Hier werde ich wesentlich nur diejenigen Punkte berühren, die für das Verständniss der übrigen in dieser Arbeit besprochenen Erscheinungen von Belang sind. 1. Aufspeicherung von anorganischen Salzen in den Reservestoffbehältern und Auswandern derselben bei der Keimung bezw. der Entfaltung der Knospen, Von einer Aufspeicherung anorganischer Salze im Samen kann kaum die Rede sein, indem die in demselben reichlich vertretenen Phosphate von Kali, Kalk und Magnesia mit organischen Bestandtheilen in lockerer Verbindung stehen. Es ist bekannt, dass phosphorsaures Kali einen Be- standtheil gewisser eiweissartiger Verbindungen des Samen bildet und die Phosphate von Kalk und Magnesia sind, wie Pfeffer zeigte, in den Globoiden mit einer organischen Säure gepaart. Es war mir unmöglich, aus Schnitten trockener oder zuerst einen bis zwei Tage aufgeweichter Samen ’) die Phosphorsäurereaction mit Magnesiasulfat, Chlorammonium und Ammoniak zu erhalten; auch die Molybdänreaction blieb ohne Erfolg, so dass die Anwesenheit anorganischer Phosphate ausgeschlossen ist. Ob anorganische Sulfate im Samen präexistiren, dürfte wohl noch nicht als feststehend betrachtet werden; die Anwesenheit einer beträchtlichen Menge Schwefelsäure im Samen behauptet Arendt für Hafer, Raps und Sau- bohnen. Ob die von dem genannten Verfasser beschriebene Methode des Nachweises (l. c. p. 33) wirklich einwurfsfrei ist, muss ich dahingestellt lassen. Die mikrochemischen Reactionen auf Schwefelsäure sind für Samen wegen der die Krystallbildung erschwerenden Stoffe nicht möglich. 1) Benutzt wurden Lupinus albus, Phaseolus multiflorus, Cueurbita Pepo, Rieinus communis, Spinacia oleracen und Zea Mais, 223 Jedenfalls bleibt es dahingestellt, ob die Schwefelsäure an anorganische Basen gebunden ist und ob sie sich in der Schale oder in den Reserve- stoffbehältern befindet. Aehnliche Zweifel bleiben auch in Betreff der stets spärlichen Chloride bestehen, während Nitrate bekanntlich in Samen nicht vorkommen. Ganz anders als die Samen verhalten sich die Rhizome, in welchen die Mineralstoffe, zum grossen Theile wenigstens, in anorganischer Verbindung aufgespeichert sind"). Phosphate sind sehr reichlich vor- handen, und zwar, in manchen Fällen wenigstens, zum Theile als lösliches Kalkphosphat, so in der Georgine, wo sich, wie Leitgeb zeigte, das Phosphat im Alkohol in Form von Sphaeriten ausscheidet und im Salomonssiegel. In manchen Fällen (Begonia, Kartoffel, Ganna) konnte ich allerdings gelösten Kalk in den Zellen nicht finden; es ist aber doch möglich, dass hier sehr feinkörniges festes Kalkphosphat, ähnlich wie in den Globoiden, vorliegt. Sulfate konnte ich in den untersuchten Fällen nicht mit Sicherheit nachweisen, was allerdings auf die die Ausscheidung deutlicher Krystalle verhindernde Beschaffenheit des Zellsafts zurückgeführt werden könnte. Chloride liessen sich überall nachweisen, namentlich reichlich im Rhizom von Polygonatum. Salpetersäure fand ich reichlich bei der Kartoffel (äusseres Parenchym), bei der Georgine und Canna, bei Begonia nur in einem Theile der untersuchten Knollen, in Hyacinthen- zwiebeln und Rhizomen von Polygonatum und Convallaria gar nicht. Ich lasse es dahingestellt, ob dieses Fehlen constant ist oder von der chemischen Beschaffenheit des umgebenden Bodens herrührte. Aehnliches wie von Rhizomen gilt auch von perennirenden als Reservestoffbehälter fungirenden oberirdischen Organen, so namentlich von dem Holze unserer Sträucher und Bäume, das Phosphate aufspeichert. (Vgl. darüber Deherain p. 23). Bei der Keimung gleichen sich die Unterschiede zwischen Samen und anderen Reservestoffbehältern in Bezug auf die Phosphate aus; die organischen Verbindungen, in welchen letztere gleichsam verborgen waren, werden gespalten, so dass dieselben in der Keimpflanze auch in frischen Geweben nachweisbar werden. Die Auswanderung der Phosphate ist vom Anfang der Keimung an, wie auch schon aus den makrochemischen Untersuchungen über die letztere hervorgeht, eine sehr beträchtliche, und zwar dient zur Leitung derselben, soweit sie als anorganische Salze wandern, das chlorophyllarme Rinden- und Markparenchym des Stengels und der Wurzel, sowie das Nervenparenchym der Blätter; ausserdem findet im Siebtheil der Gefäss- bündel eine Auswanderung phosphathaltiger organischer Körper statt, 1) Ich untersuchte Knollen der Kartoffel, Georgine, Begonia sp.; Rhizome von Polygonatum multiflorum, Convallaria majalis und Canna sp. Flora 1890. 15 294 die uns hier nicht zu beschäftigen hat. In gewissen Fällen ist die wandernde Phosphorsäure nur oder beinahe nur an Kali gebunden, so beim Mais, wie sowohl aus den makrochemischen Untersuchungen ]orn- bergers, wie aus dem mikrochemischen Befunde hervorgeht. In anderen Fällen, so namentlich bei dem Treiben der Kaulome, wandern auch reichlich Kalk und Magnesia aus, ersterer in gewissen Fällen nachweisbar und wahrscheinlich überall ganz oder zum grossen Theile ebenfalls als Phosphat. Das weitere Schicksal dieser Phosphate wird uns im letzten Kapitel dieser Arbeit zu beschäftigen haben. Hier will ich nur heıvor- heben, dass in den Vegetationspunkten sehr reichlich, im Blattmesophyll etwas weniger Phosphorsäure in organischer, nur bei der Untersuchung der Asche nachweisbarer Verbindung sich anhäuft, während anorganische Phosphate gänzlich fehlen. Die Vegetationspunkte und das Blattmesophyll stellen demnach Endziele der Wanderung dar, Bildungsstätten phosphorsäurcehaltiger organischer Verbindungen. Die Nitrate und Chloride der Knollen wandern in denselben Geweben wie die Phosphate. Das chlorophyllarme langzellige Parenchym der Kaulome und Blattnerven, in welchem bekanntlich Zucker und Amide geleitet werden, stellt demnach während der Keimung des Samen und anderer Reservestoffbehälter auch die Bahn dar, in weleher die Mineralsalze sich nach den Orten ihres Verbrauchs bewegen. 2. Aufspeicherung und Leitung der Mineralsäuren und Mincralbasen in der erwachsenen Pflanze. Wie während der Keimung, so auch nachher, ist die Vertheilung der Mincralsalze keineswegs eine gleichmässige. Als Behälter derselben dienen vielmehr, unter normalen Umständen, beinahe ausschliesslich die- selben Gewebe, die wir auch während der Keimung diese Rolle über- nehmen sahen, also das saftreiche und chlorophyllarme Parenchym von Mark und primärer Rinde der Wurzeln und Kaulome, sowie das sehr ähnliche Parenchym der Blattnerven. Hierzu kommt in vielen, ala-- nicht in allen Fällen, die Epidermis mit ihren Anhängen. Das Blattmesophyll und die Holztheile der Gefässbündel enthalten unter gewöhnlichen Umständen meist weder Nitrate, noch anorganische Phosphate, noch Sulfate in nachweisbaren Mengen, Chloride dagegen habe ich auch im Blattmesophyll häufig gefunden. Wo das Substrat an den Salzen der einen oder der anderen der genannten Säuren reich ist, werden ihre Salze auch in den erwähnten Geweben nachweisbar. 225 Ausnahmslos frei von Mineralsalzen fand ich die Meristeme der Vegetationspunkte und secundären Zuwachszonen, die Pollenkörner, Ovula, Siebröhren, Milchröhren, cellularen und intercellularen Secretbehälter. Das Vorkommen der Mineralsalze in den Pflanzen und die Art ihrer Vertheilung in den Geweben bietet grosse Unterschiede und erscheinen geeignet über manche Fragen des Stoffwechsels und der Biologie Licht zu werfen; ich werde daher im Folgenden die bisher darüber gesammelten Daten kurz zusammenstellen und dann auch den Aschenbestandtheilen der Mineralsäuren nicht enthaltenden Gewebe einige Zeilen widmen. Vorkommen und Vertheilung der Mineralsäuren in der Pflanze. Die Befähigung Salze der Mineralsäuren aufzuspeichern kommt wohl allen Pflanzen in geringerem oder grösserem Grade zu, wie sich bei der Cultur auf einem Substrat, das solche in sehr grosser Menge enthält, zeigt. Unter gewöhnlichen Umständen zeigen sich aber viele Pflanzen nahezu oder ganz frei von Mineralsalzen, während solche bei anderen, auf demselben Substrat wachsenden Pflanzen, sehr reichlich auftreten können. Manche Pflanzen beschränken dementsprechend ihre Salzaufnahme ungefähr auf den augenblicklichen Bedarf. Hierher gehören viele, wenn auch keineswegs alle Holzgewächse, z. B. die strauch- und baumartigen Rosaceen, Amentaceen, Coniferen, unter den krautigen Gewächsen wiederum namentlich Rosaceen (Arten von Fragaria, Potentilla, Poterieen ete.), auch einige Ranunculaceen (Aconitum Napellus, Helleborus foetidus etc.) Gerade entgegengesetzt verhalten sich viele andere, haupt- sächlich krautige Gewächse, welche von sämmtlichen Nährsalzen des Bodens grosse Mengen aufspeichern, so namentlich sämmtliche Cheno- podiaceen, Amarantaceen, Gruciferen, krautige Solanaceen (Datura Stra- monium, Hyoscyamus, Solanum nigrum) überhaupt alle Gewächse, die häufig auf Schutt und an anderen salzreichen Standorten wachsen; diese Ihre Neigung, grosse Menge löslicher Salze aufzuspeichern, tritt aber auch auf salzarmem Boden in auffallender Weise zum Vorschein. Viele Pflanzen endlich zeigen nur zu bestimmten Mineralsäuren grosse Begierde: Lösliche Phosphate findet man z. B. in sehr grosser Menge angehäuft im Parenchym der Stiele und Blätter der Rosskastanie'), Forsythia viridissima, Premna latifolia, Tectonia grandis, Vitex incisa, Allium Gepa, Ranunculus repens, Anemone japonica u. a., während Nitrate, Sulfate und Chloride gar nicht oder nur in sehr geringer Menge nachweisbar sind. Neigung, Chloride bei Ausschluss anderer Mineralsalze in ihren Blattge- weben aufzuspeichern, finden wir bei vielen Holzgewächsen, die unter natür- 1) Phosphatgehalt der Asche der Blätter nach Wolf 24,40 ob. 15* 226 lichen Bedingungen vorwiegend auf dem Strand wachsen, aber auch auf gewöhnlichem Boden sehr chlorgierig bleiben, so, nach meinen Beobach- tungen in Buitenzorg, bei Bruguiera Rheedii, Sonneratia acida, Terninalia Catappa, Excoecaria Agallocha, Paritium tiliaceum, Glimacandra obovata. Dieselbe Eigenschaft, Chloride aufzuspeichern, bei Aus- schluss anderer Mineralsalze, fand: ich aber auch bei Holzgewächsen, die unter natürlichen Bedingungen nicht als Halophyten wachsen, aber meist mit Halophyten ver- wandt sind, so bei Hibiscus Lampas, Abutilon atropurpureum, Brunfelsia americana, Derris sinuata, Clematis tubulata, Excoecaria bicolor, Terminalia Arjuna und bicolor, Sapium-Arten und vielen anderen Euphorbiaceen. Auf dem Strande sind die Chloride zum grossen Theil in Form von Chlornatrium, an anderen weniger chlorreichen Standorten von Chlor- kalium enthalten und befinden sich wohl vorwiegend in den Blättern. Ob es Pflanzen giebt, die Nitrate oder Sulfate, bei Ausschluss anderer Mineralsalze, aufspeichern, ist mir nicht bekannt. Der grosse Unterschied in Menge und Beschaffenheit des Vorraths an Mineralsalzen, den sich verschiedenartige Gewächse aus deinselben Substrat verschaffen, trat z. B. in auffallender Weise bei der Pflanzengesellschaft hervor, die einen Composthaufen des Botanischen Gartens in Bonn über- wucherte. So zeigten sich Nitrate in enormen Mengen bei Impatiens parviflora, Fumaria officinalis, Atriplex hastata, Thlaspi arvense, Alliaria offieinalis, Lamium purpureum, Datura Metel, in geringer Menge dagegen bei Vicia angustifolia, sowie jungen Pflanzen von Aesculus Hippocastanum und Acer sp. Bei Aesculus und Impatiens waren grosse Mengen von Phosphaten aufgespeichert. Eine starke Reaction auf Ghloride zeigten Atriplex, Impatiens, Fumaria, Lamium, während Aesculus und Acer kaum reagirten. Instructiv war in derselben Hinsicht die Untersuchung der Gewächse, welche auf einigen Beeten der zu den Rosaceen gewidmeten Abtheilung des Botanischen Gartens wuchsen. Die auf ihren Salzgehalt geprüften Rosaceen ergaben eine auffallende Armuth an Salpetersäure, anorganischer Phosphorsäure und Chlor (Fragaria vesca, Sanguisorba offieinalis, Agri- monia Eupatorium, Acaena sarmentosa, Potentilla mollissima), während einige zu anderen Familien gehörige Pflanzen, die als Unkräuter mit den Rosaceen wuchsen (Impatiens parviflora, Calystegia sepium, Yumaria Vaillanti, Lamium album, Solanum nigrum, Euphorbia Peplus, Seneeio _ vulgaris), eine intensive Reaction auf Nitrate und Phosphate gaben und zam Theil auch sehr chlorreich waren (namentlich Seneeio, Kuphorbia, Impatiens, Lamium). Der Modus der Vertheilung der anorganischen Salze im pflanzlichen Organismus zeigt, je näch der Qualität derselben, bedeutende Unterschiede. Zwar dienen zur Speicherung aller Salze, wie bereits früher erwähnt, D 227 wesentlich nur das plasmaarme Parenchym der Rinde und des Marks, sowie dasjenige der Blattnerven und der Epidermalgebildee Während aber Phosphate und Chloride in der Gesammtheit dieser Speicherzellen vorhanden sind, zeigen sich die Nitrate vielfach nur in einem Theile derselben. Auch sind die letzteren weit strenger an die Speichergewebe gebunden als die Phosphate und namentlich die Chloride. Nitrate sind im Mesophyli nur dann nachweisbar, wenn das Substrat sehr reich daran ist oder die Bedingungen für ihre Assimilation ungünstig sind; das Vorhandensein anorganischer Phosphate im grünen Blattgewebe ist schon eine gewöhnlichere Erscheinung, dasjenige von Chloriden, da wo die Pflanze zu ihrer Aufspeicherung neigt, die Regel. In Blüthentheilen, spec. in der CGorolle, findet man häufig kleine Mengen Phosphate und grössere Mengen Chloride, während die Nitrate constant zu fehlen scheinen. Die Vertheilung der Salze in der Pflanze zeigt auch je nach der Art mehr oder weniger grosse Unterschiede. So waren z. B. bei den jungen Exemplaren von Aesculus und Acer, die auf dem vorhin erwähnten Composthaufen gewachsen waren, Nitrate mit Diphenylamin beinahe nur in der Wurzel nachweisbar, während solche bei Atriplex hastata in der Wurzel ganz zu fehlen schienen, in sämmtlichen Sprosstheilen dagegen massenhaft aufgespeichert waren. Die Phosphate zeigten sich bei allen drei Pflanzen hauptsächlich in der Wurzel, bei Aesculus auch in den Blattstielen angehäuft. Die Regel scheint jedoch für die Nitrate grösste Anhäufung im Stengelparenchym zu sein, während die Phosphate eine mehr gleichmässige Vertheilung, die Chloride eine Bevorzugung der grünen Organe zu zeigen pflegen. 3. Die Mineralbasen der anorganischer Säuren entbehrenden Gewebe. Anorganische Salze fehlen, wie schon erwähnt, stets in den Ür- meristemen, den Siebtheilen der Gefässbündel, den Milchröhren und Secretbehältern, den Pollenkörnern und Ovula und kommen im Blatt- mesophyll und Wassergewebe meist nur in geringer Menge vor. Die in diesen Geweben enthaltenen Mineralbasen befinden sich daher in orga- nischer Verbindung, sind assiniilirt. Eine genauere Untersuchung des Gehalts dieser Zellen an anorganischen Basen würde gewiss dazu beitragen, die Rolle der letzteren im pflanz- lichen Stoffwechsel zu beleuchten. Schon die noch unvollkommenen Methoden, deren ich mich bediente, haben Resultate ergeben, die einiges Interesse beanspruchen dürften. Fangen wir mit den Meristemen an, so zeigten dieselben stets eine intensive Reaction auf Kali und Magnesia, während sich Kalk nicht nachweisen liess, so im Vegetationskegel der Sprosse von Elodea cana- 228 densis, Hippuris vulgaris, Tradescantia Selloi, der Luftwurzeln von Philo- dendron cannifolium, Anthurium-Arten und verschiedener Orchideen, im Cambium von Aesculus Hippocastanum, Alnus glutinosa, Rosa centifolia, Brassica oleracea. — Phosphorsäurereaction wurde im Cambium hier und da, so bei Aesculus, beobachtet, dürfte aber von den älteren Zellen herrühren. Die Asche des Cambium der erwähnten Pflanzen zeigte eine ganz schwache Reaction auf Kalk. In den Blattmesophyllzellen wurden Magnesia und Kali stets sehr reichlich gefunden, während Kalk häufig nicht nachweisbar war. Für letzteren bestand das Verfahren in Behandlung der Schnitte mit Kalioxalat-Eau de Javelle, Auswaschen derselben mit Wasser und mit Alkohol, und Untersuchung bei starker Vergrösserung in Origanum -Oel. Bei Prunus Laurocerarus, Dianthus chinensis wurde in den Zellen, die kein Kalkoxalat schon vorher enthielten, solches gar nicht gefunden; dieselben enthielten also keinen Kalk, oder doch nicht innachweisbarer Menge. Bei Nymphaea alba wurde bei der erwähnten Behandlung reichlich Kalkoxalat im Schwammparenchym, dagegen keines in den Palissaden- zellen ausgeschieden. Siebröhren. Der frische Saft der Siebröhren von Cucumis sativus (Stengel) und Cueurbita Pepo (Stengel und unreife Frucht) gab eine intensive Reaction auf Kali und Magnesia, eine sehr schwache auf Kalk. In der Asche war Phosphorsäure ausserordentlich reichlich, Kalk in Spuren vorhanden. Bei Wistaria sinensis liessen sich in den Siebröhren an Schnitten Kalk und Magnesia nachweisen; die kleinen Tropfen des Querschnitts reagirten intensiv auf Kali. Die Schnitte waren ausserordentlich reich an anorganischer Phosphorsäure, die jedoch dem Siebröhren - Inhalt zu fehlen schien. Bei Aristolochia Sipho liess sich im Siehröhreninhalt der frischen Schnitte Kalk und Magnesia, nach dem Eintrocknen der Schnitte in Platinchlorid eine sehr grosse Kalimenge nachweisen. Bei Menispermum canadense liess sich in den Siebröhren des Stengels sehr reichlich Magnesia und, nach Eintrocknen der Schnitte in Platin- chlorid, Kali nachweisen. Spuren von Kalk waren ebenfalls erkennbar, dagegen keine anorganische Phosphorsäure. Der veraschte Bast gab intensive Phosphatreaction. Die Milchsäfte und Gummiharze gaben keine Reaction auf anorganische Säuren. Folgende waren die Ergebnisse meiner mikro- chemischen Untersuchung der Asche: Papaver somniferum, junge Früchte von der Grösse einer Wallnuss bis nahezu zum fertigen Zustande: Phosphorsäure (intensive Reaction), Schwefelsäure (id.), Kali, Kalk, Magnesia. 229 Opium-Patna (von der hiesigen Sammlung): Phosphorsäure, Schwefel- säure, Kalk, Kali; Magnesia und Natron fehlen. Lactucarium von Lactuca virosa (aus Zell): Phosphorsäure, Schwefel- säure, Chlor, Kali (intensiv), Magnesia (id.), Kalk (schwach). — Natron fehlt. Euphorbia Lathyris: Schwefelsäure, Spuren von Phosphorsäure, Kalk (bildet als CO,Ca die Hauptmasse der Asche), zweifelhafte Spuren von Kali und Magnesia. Euphorbia procera: Stengel blühender Pflanzen. Die Asche besteht beinahe nur aus kohlensaurem Kalk, neben Spuren von Gyps. Kali, Natron, Magnesia, Phosphorsäure sind nicht nachweisbar. Euphorbium des Handels. Die Asche besteht beinahe nur aus Carbonaten des Kalkes und der Magnesia. Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kali sind nicht nachweisbar. Ficus elastica: 'Junger Trieb und Blattstiele desselben. Die Asche besteht vorwiegend aus kohlensaurer Magnesia, untergeordnet aus kohlen- saurem Kalk; von Gyps sind Spuren vorhanden. Kali, Phosphorsäure, Chlor fehlen. Ammoniacum: Sehr rein, milchweiss. Die massenhafte Asche besteht beinahe nur aus den Carbonaten des Kalks und der Magnesia; etwas Phosphorsäure ist nachweisbar. Olibanum: Die sehr reichliche Asche besteht beinahe nur aus kohlensaurem Kalk; Schwefelsäure und Phosphorsäure sind eben nach- weisbar. Keine Reaction auf Magnesia, Kali, Natron. Gummi-Resina Hederae: Die Asche besteht wesentlich aus kohlen- saurem Kalk; auch etwas Magnesiacarbonat ist vorhanden. Keine Reaction auf Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kali, Natron. Pollenkörner. Der frische Zellinhalt des Pollens von Hemerocallis fulva, Althaea rosea, Cucurbita Pepo reagirt intensiv auf Kali und Magnesia; Kalk ist nicht nachweisbar. Nach der qualitativen Analyse von Planta enthält die Asche des Blüthenstaubs von Corylus Avellana wenig Kalk, mehr Magnesia und Alkalien, viel Phosphorsäure, Spuren. von Chlor. III. Die organischen Kalksalze der Pflanze. In meiner Arbeit über die Kalkoxalatbildung in Laubblättern habe ich gezeigt, dass dieselbe in der Regel nicht ihrer Gesammtmenge nach an gleiche Bedingungen gebunden ist. Unabhängig von Licht, Chlorophyll und Transpiration wird in wachsenden Pflanzentheilen das primäre Kalkoxalat erzeugt. Im ausgewachsenen Blatt hört die Bildung desselben und manchmal von Kalkoxalat überhaupt ganz auf; in den meisten Fällen aber fährt die Erzeugung fort, aber von nun an nur in chlorophylihaltigen transpirirenden Zellen unter dem Lichteinflusse. Ich habe diese zweite 230 Art der Kolkoxalatbildung als secundäre bezeichnet. Tertiär habe ich endlich das Kalkoxalat genannt, das in vergilbenden Blättern durch Wechselzersetzung von Kalioxalat und Kalksalzen entsteht. Wie eben erwähnt, bilden nicht alle Blätter, in welchen primäres Kalkoxalat erzeugt wird, auch secundäres. So scheint letzteres bei manchen Monoecotylen, wie Iris, Funkia, aber auch bei Dicotylen, z. B. den Onagraceen, zu fehlen. Die Resultate, zu welchen ich gelangt bin, sind von Kohl in der Hauptsache bestätigt worden. Ein Hauptunterschied beruht darauf, dass er einen vierten Modus der Kalkoxalatbildung unterscheidet, den er als tertiär bezeichnet, während mein tertiäres Kalkoxalat von ihm quartärcs genannt wird. Da jedoch dieses Kohl’sche tertiäre Kalkoxalat in Laub- blättern nicht oder in ganz untergeordneter Weise auftreten soll, so war hierin bisher ein Gegensatz unserer Anschauungen eigentlich nicht vorhanden. Ausserdem nimmt Kohl an, dass das Kalkoxalat weniger wanderungsfähig ist als ich es in meiner Arbeit darstelle, und sich nicht als solches bewegt, sondern zunächst eine Zersetzung erleidet. Es war schon, als ich die Kalkoxalatbildung in Laubblättern unter- suchte, meine Absicht, dieselbe später auch in den anderen Organen zu verfolgen. Die Resultate meiner diesbezüglichen Beobachtungen sind im Nachherigen mitgetheilt, und zwar, abgesehen von einigen Zusätzen in Anmerkungen, so, wie sie bereits vor Erscheinen des Kohl’schen Buches niedergeschrieben worden waren, da letzteres meine diesbezüglichen An- schauungen nicht modifieirt hat. Diesem Abschnitt will ich aber einen solchen vorausstellen, in welchem ich die, ausser von Kohl, auch von Wehmer discutirte Frage der Wanderung des Kalkoxalats bespreche. Die vom letzteren Autor vertretenen Anschauungen sind von Kohl einer scharfen Kritik unterzogen worden, welcher ich mich in der Hauptsache anschliessen muss; die Thatsachen an sich bilden aber einen nicht werthlosen Beitrag zu der Kalkoxalatbildungsfrage. Entstehung und Wanderung des Kalkoxalats. Das Kalkoxalat tritt in der Pflanze in Krystallform auf und ist dem- entsprechend in dem Medium, wo es entsteht, etwas, wohl nur spurweise, löslich, da die Krystallisation eines Körpers einen gelösten Zustand des- selben voraussetzt’), ausser bei einigen molecularen Umlagerungen, wie sie beim Uebergang des monoklinen in rhombischen Schwefel stattfinden, — Fälle, die hier gar nicht in Betracht kommen können. Da die Kalk- oxalatkrystalle häufig sehr gut ausgebildet und relativ gross sind, so muss das Salz im umgebenden Medium ziemlich leicht beweglich sein. 1) Auch die Krystallisation aus dem Schmelzfluss gehört, wie es O. Lehmann ge- zeigt, als Specialfall hierher. 231 Wehmer ist von der Ansicht ausgegangen, das Kalkoxalat wäre unlöslich und könnte dementsprechend nicht wandern. Es ist mir nicht eingefallen, in meiner früheren Arbeit die Löslichkeit des Kalkoxalats zu betonen, da sie ja bei einem krystallisirenden Körper ganz selbstverständlich ist. In einer Salzlösung, deren Concentration sich nie rasch über den Sättigungspunkt erhebt, z.B. bei langsamem Eindampfen oder bei lang- samer neuer Zufuhr des Salzes, werden relativ nur wenige Krystalle ge- bildet, die als Anziehungscentra auf eine mehr oder weniger grosse Entfernung wirken. Solche Krystalle zeigen nicht nur bedeutendere Grösse, sondern meist auch vollkommenere Ausbildung, als solche, die beim plötzlichen Ueberschreiten des Sättigungspunktes gebildet werden. Die Gesammtheit der Cystoplasten des grünen Blaltgewebes, die ja cin zusammenhängendes Ganzes bilden, enthält höchst wahrscheinlich während der secundären Kalkoxalatbildung eine Lösung des Salzes, die meist ganz in der Nähe des Sättigungspunktes verbleibt; die Zahl der Krystalle ist dementsprechend relativ gering. In vielen Zellen finden wir nur einen Krystall (bezw. eine Druse); derselbe wächst nicht blos auf Kosten des in unmittelbarer Nähe gebildeten Salzes, sondern bildet den Mittelpunkt einer Anziehungssphäre, die sich weit über die Zelle hinaus erstrecken kann, ähnlich wie bei der Bildung des Inulins bei langsamer Ausscheidung. Wenn wir daher vielfach benachbarte grüne Zellen theils mit, theils ohne Kalkoxalatkrystalle sehen, so ist daraus nicht zu schliessen, dass die Kalkoxalatbildung nur bestimmten Zellen zukommt, sondern es ist die nothwendige Folge des Krystallisations- processes. Die Kalkoxalatbildung kann in allen Zellen gleich stark vor sich gehen und doch nur der zehnte, der hundertste oder noch ein viel geringerer Theil der Zellen Krystalle enthalten. Eine Wanderung des Kalkoxalats im Blatt muss stattfinden, da dasselbe sonst nicht in Krystallen, sondern als feinster amorpher Staub auftreten würde. Nun sehe ich in vielen Blättern das secundäre Kalkoxalat regellos im Mesophyll zerstreut, in anderen mehr oder weniger strenge auf bestimmte Zellen, sogen. Krystallzellen bezw. Raphidenzellen, localisirt. In allen diesen Fällen ist seine Bildung aber an die gleichen Bedingungen ge- bunden, wir müssen also doch annehmen, dass sie in wesentlich gleicher Weise vor sich geht. Zumal ist die Erzeugung des Kalkoxalats an die Thätigkeit des Plasma, spec. an diejenige der Chlorophylikörner, gebunden, und die Krystall- und Raphidenzellen sind plasmaarm und enthalten wenig oder gar kein Chlorophyll. Es wird uns daher wahrscheinlich dünken, dass diese Krystallzellen nur Speicherorgane [ür das in grünen Zellen gebildete Salz darstellen, und diese An- nahme ist sowohl durch meine Beobachtungen, als durch diejenigen Kohl’s und Wehmer’s, wesentlich unterstützt worden. Der Unterschied 232 in unseren Ansichten besteht nur darin, dass Kohl, aus mir nicht recht verständlichen Gründen, eine Zersetzung und Wiederbildung des Salzes annimmt, anstatt dasselbe sich als solches bewegen zu lassen, während Wehmer, die von ihm in Anschluss an meine Befunde festgestellten Er- scheinungen, die für meine Ansicht sprechen, als abnorm bezeichnet. Worin diese Abnormität aber eigentlich besteht, wird gar nicht erklärt, wie es auch Kohl hervorhebt. Es frägt sich nun, wie wir uns die Thätigkeit dieser Krystallzellen vorstellen sollen. Wir könnten auf die Dunkelheit, welche die Vorgänge der Zucker- und der Asparaginwanderung umhüllt, hinweisen, wo in lebenden Organ die Fortbewegung eines gelösten Stoffes in bestimniten Bahnen nach bestimmten Orten stattfindet, ohne dass wir im Stande wären, dieselbe zu erklären. In dem uns beschäftigenden Falle ist aber die Erscheinung einer physikalischen Deutung zugänglich. Damit das Kalkoxalat sich in den Krystallzellen anhäuft, braucht es in denselben nur noch weniger löslich zu sein, als im grünen Blattparenchym. Das osmotische Gleichgewicht wird dann fortwährend zu Gunsten der Krystallzellen gestört und cine Anhäufung des gesammten Kalkoxalats in denselben würde schliesslich, bei hin- reichend langer Lebensdauer des Blattes, eintreten können. Ich möchte keineswegs behaupten, dass die gegebene Erklärung der Wirklichkeit entspricht; ich wollte nur zeigen, dass die Erscheinung nicht undenkbar ist, sondern sich sogar künstlich nachahmen liesse. Ich habe an dem, was ich in meiner früheren Arbeit gesagt habe, dementsprechend nur weniges zu ändern, nämlich nur, dass ich mir damals die Wanderung des Kalkoxalats als intensiver vor sich gehend gedacht habe, als sie es wirklich sein dürfte. Dieser Punkt ist aber, ob-. wohl an sich nicht unwichtig, für den Gegenstand dieser Arbeit irrelevant. Die Kalkoxalatbildung ausserhalb der Blätter. Bei krautigen Pflanzen ist cs ein leichtes, sich zu überzeugen, dass die Kalkoxalatbildung in Stengel und Wurzel an ähnliche Bedingungen geknüpft ist, wie in den Laubblättern. Primäres Kalkoxalat wird bei Pflanzen, die solches in ihren Laubblättern erzeugen, auch in den Caulomen und meist in den Wurzeln erzeugt, und zwar nur in der wachsenden Region unterhalb der Urmeristeme. Nach vollendeter Streckung, wohl meist schon früher, hört die Kalkoxalatbildung in nicht grünen Zellen auf, während sich in chlorophyliführenden Zellen, und zwar vor- zugsweise an der Peripherie, secundäres Kalkoxalat anhäuft. Am geeignetsten zur Untersuchung sind langgestreckte Sprosse und Wurzeln, z. B. die Stengel von Tradescantia Selloi und habituell ähn- licher anderer Arten, besser noch diejenigen von Begonia- und die un- geheuer langen Wurzeln von Philodendron-Arten. Bereits Hilgers war , 233 zu dem Ergebnisse gelangt, dass die Krystalle schon in noch in die Länge wachsenden Pflanzentheilen ihre definitive Grösse und Zahl er- reichen ; der genannte Autor hatte aber blos Pflanzen untersucht, weiche ausschliesslich primäres Kalkoxalat bilden, während die vorhin zur Untersuchung empfohlenen Gewächse auch secundäres Kalkoxalat in grosser Menge erzeugen, in den Stengeln jedoch blos in der chlorophyli- reichen Peripherie, während im Mark nur solange eine schwache Zu- nahme der Krystalle mn den erwachsenen Internodien sich zeigt, als das Chlorophyll ziemlich reichlich bleibt und das Licht hinreichenden Zutritt erhält. In den von Stärke strotzenden älteren Zellen hört die Zunahme des Kalkoxalats gänzlich auf; ja, es kann sogar bei Begonia Wiederauf- lösung desselben stattfinden. Weit complicirtere Erscheinungen zeigen sich in Pflanzentheilen mit ergiebigem Dickenzuwachs, also namentlich in den Holzgewächsen. All- gemein bekannt ist der grosse Reichthum der Mehrzahl der Baumrinden an Kalkoxalat, und dieser Umstand wurde von Sachs zu Gunsten der Annahme, dass die Siebröhren den Sitz der Eiweissbildung darstellen, benutzt’). . Es ist, nachdem festgestellt wurde, dass das Längenwachsthum mit Kalkoxalatbildung verknüpft ist, a priori sehr wahrscheinlich, dass Aehn- liches auch von dem Dickenwachsthum gelten wird. Nähere Unter- suchung zeigte mir in der That, dass die Kalkoxalatbildung in der Rinde mit der Thätigkeit des Cambium, nicht mit derjenigen der fertigen Siebröhren, verknüpft ist. Die Feststellung dieser Thatsache war allerdings mit Schwierigkeiten ver- bunden, da hier, ähnlich wie in den Laubblättern, die Wanderungsfähigkeit des Kalkoxalats unter Umständen verwirrende Erscheinungen hervorruft. Der eben aufgestellte Satz ergab sich dennoch mit voller Sicherheit aus folgenden Erscheinungen: 1. Ist das Kalkoxalat ein Produkt der Siebröhren, so wird dasselbe auch da von den letzteren erzeugt, wo secundäres Dickenwachsthum nicht stattfindet. Nähere Untersuchung zeigt jedoch, dass in Organen ohne secundäres Diekenwachsthum Kalkoxalatbildung im Siebtheil der Gefäss- bündel nicht stattfindet, auch da, wo solche in anderen Geweben reichlich auftritt (Tradescantia, Araceen etc.). Auch fehlt es in der Regel in den Gefässbündeln dicotyler Blätter, auch solcher Gewächse, die in ihrem secundären Baste reichlich Kalkoxalat erzeugen; da, wo solches auch in den Siebtheilen der Blätter auftritt, ist ebenfalls eine Cambiumzone dauernd thätig (Eucalyptus ete.). 1) Diese Sachs’sche Annahme wird auch von Kohl, 1. c. p. 44 ff., bestritten, jedoch, wie mir scheint, nicht widerlegt. 234 ‚ 3. Ist die Annahme, dass die Stoffwechselvorgänge in den Sichröhren mit der Ausscheidung von Kalkoxalat verbunden sind, richtig, so wird letztere in Baumrinden von Innen nach Aussen zunehmen müssen. In manchen Rinden kann man sich leicht überzeugen, dass die Krystalle in definitiver Grösse und Zahl schon in der Nähe des Cambrum auftreten, so z.B. in schematischer Deutlichkeit in der Granatrinde; unter Umständen kann sogar, wie noch nachher des Näheren erwälnt werden soll, eine rasche Abnahme durch Wiederauflösen von Innen nach Aussen statt- finden. In vielen alten Rinden, z. B. bei Nadcelhölzern, in der Condurango- Rinde u. s. w., ist hingegen eine Zunahme der Krystalle von Innen nach Aussen erkennbar, so dass die Annahme, dass Kalkoxalatbildung ınit der Thätigkeit fertiger Siebröhren stattfinde, beim ersten Blicke cine Be- stätigung zu erfahren scheint. Nähere Untersuchung zeigt jedoch, dass die Krystalle in Zonen des Bastes zunehmen, in welchen die Siebröhren längst ganz zusammengedrückt sind, so dass auch diese Be- funde sich nicht zu Gunsten der Eiweissbildungshypothese verwenden lassen. Dagegen werden uns dieselben leicht verständlich, wenn wir an- nehmen, dass das nur zum kleinsten Theil in den Stoffwechsel zurück- kehrende Kalkoxalat nach den äusseren, alternden und bald abfallenden Rindenschichten wandert, um aus dem Wege geschafft zu werden. Der- artige Wanderungen habe ich früher für die Blätter beschrieben, und der Umstand, dass die Krystallkammern Begleiter der Fasern sind, wurde bereits von Sanio in ähnlicher Weise gedeutet. Zur Gewissheit konnten jedoch solche Vorstellungen, sovicl sie auch für sich a priori haben mochten, nicht führen; ich wandte mich daher an Objecte, von welchen eine bestimmte Beantwortung der Frage zu er- warten war. Als sichergestellt muss nämlich die Unabhängigkeit der Kalkoxalat- bildung von den Siebröhren betrachtet werden, wenn es gelingt, den Nachweis zu liefern, dass auch in sicbröhrenfreiem sceundärem Baste Kalkoxalat gebildet wird. Dieser Nachweis befindet sich aber bereits in de Bary’s Vergl. Anatomie p. 595. Bekanntlich befinden sich bei Arten der Gattung Sirychnos, wie es de Bary zuerst erkannte, die Siebröhren, begleitet von ihren Geleitzellen und anderen zartwandigen Elementen, in Form dünner Stränge im Holze eingesprengt, während der nur wenig entwickelte Bast der Siebröhren ganz entbehrt. Bereits de Bary betont den Reichthum dieses sieb- röhrenfrcien Bastes an Kalkoxalat, und zwar für eine unter dem Namen Str. nux vomica (?) bezogene Art. Aehnliche Verhältnisse fand de Bary in dem Stamme einer Art der zu den Malpighiaceen gehörenden Gattung Dicella. Hier wird von der Rinde hervorgehoben, dass »in ihren schmalen zerstreuten Fasern und 335 viele kleine Krystalldrüsen führenden Bastschicht Siebröhren nicht ge- funden werden konnten«, während solche sich, wie bei Strychnos, im Holze befanden. Mir standen zur Verfügung Stammstücke von Strychnos triplinervia, die theils von mir bei Blumenau, theils von Dr. Schenck bei Rio ge- sammelt worden waren. Der Freundlichkeit des letzteren verdankte ich ausserdem ein Stammstück von Str. brasiliensis (Blumenau) mit normaler Holzstruetur und ein solches einer unbekannten, von ihm bei Pernambuco gesammelten Art, die sich, bei sonst wesentlich gleicher Structur wie St. triplinervia, als krystallfrei erwies. Die von de Bary für Str. nux vomica (?) festgestellten und die jetzt von Str. triplinervia zu schildernden Verhältnisse sind demnach nicht für alle Arten der Gatttung gültig. Allem Anscheine nach verhält sich Sirychnos triplinervia in Bezug auf das Kalkoxalat ganz ähnlich wie die von de Bary untersuchte Art. Auch hier strotzt der Bast von Kalkoxalatkrystallen. Solche, aber von geringerer Grösse, befinden sich auch in den Siebröhren führenden Strängen, die ich nicht ohne weiteres als Siebbündel bezeichnen möchte, da sie aus zwei wohl unterscheidbaren Theilen zusammengesetzt sind, von welchen der innere Siebröhren führt, während der äussere nur aus Stärke- und krystallführenden Zellen besteht. Krystalle fehlen den fertigen - Strängen in dem eigentlichen Siebtheile ganz oder sind auf eine einzige Zellreihe beschränkt, und auch da nur in geringer Menge vorhanden; ausser- dem liegen sie in grosser Menge an der Peripherie des Stranges. Noch in Bildung begriffene Stränge enthalten Krystalle auch zwischen den Sieb- röhren; es findet also eine nachträgliche Umlagerung statt. Eine Zunahıe der Krystalle findet in den siebröhren- führenden Strängen, sobald dieselben fertig sind, nicht mehr statt. Das Vorkommen von Kalkoxalat in diesen Strängen ist also keineswegs auf synthetische Vorgänge in den Siebröhren zurückzu- führen, da sonst eine Zunahme der Krystalle stattfinden würde. Die Er- scheinung findet vielmehr höchst wahrscheinlich darin ihre Erklärung, dass die Elemente des Bastes den wachsenden Theilen Stoffe zuführen, deren Bearbeitung mit der Ausscheidung von Kalkoxalat verbunden ist; näheres darüber wird in einem späteren Kapitel enthalten sein. Noch eine Reihe anderer Erscheinungen haben die Richtigkeit meiner Annahme bestätigt, nämlich die Kalkoxalatbildung in Stämmen mit abnormem Dicekenwachsthum, wo die Wanderung nach Aussen erschwert ist. Zu dieser Untersuchung geeignetes Material boten die von Dr. Schenck und von mir aus Brasilien mitgebrachten Samm- lungen. Die Namen verdanke ich meinem genannten Freunde. Auf wiederholter Cambiumbildung bertiht das Diekenwachsthum der zu den Polygalaceen gehörigen Liane Securidaca Selloana. Die successiven Bastzonen enthalten reichlich grosse Prismen von Kalkoxalat, und zwar 236 sind die Krystalle ebenso gross und zahlreich in den allerneuesten grössten, wie in den älteren tieferen Bastzonen; ganz ähnlich verhält es sich mit dem Kalkoxalat in der Euphorbiacee Fragariopsis scandens, wo dasselbe jedoch weniger reichlich ist. Bei,Gomphrena holosericea (Amaranthaccae) findet eine wiederholte Bildung von Gefässbündelringen statt. Hier wird in den Siebtlieilen kein Kalkoxalat erzeugt, reichlich dagegen in dem dazwischen liegenden Parenchym. Die Drusen haben schon in der Nähe des Cambium ihre maximale Anzahl und Grösse; sie nehmen nach Innen nicht nur nicht zu, sondern ab, und verschwinden gänzlich, mit Ausnahme des im Mark enthaltenen. Es geht aus diesen Befunden mit voller Sicherheit hervor, dass die Kalkoxalatbildung im Bast, bezw. in ausserhalb desBasts liegenden Siebgruppen, ganz ähnlich wie inin die Länge wachsenden Pflanzentheilen, mit den Vorgängen des Wachsthums, nicht mit der Bildung orga- nischer Stoffe durch die Siebröhren zusammenhängt. Das bei dem secundären Dickenwachsthum gebildete Kalkoxalat ist dement- sprechend dem primären zu rechnen. Man könnte sich vielleicht -wundern, dass das Kalkoxalat im Bast, nicht auch im Holze ausgeschieden wird. Es ist jedoch dagegen einzu- wenden, dass es thatsächlich zahlreiche Fälle von Kalkoxalatbildung im Holze gibt (z. B. in den Markstrahlen des Holzes von Camellia, der Mascrrinde des Rhabarbers ete.)'); die Bevorzugung des Basts ist übrigens aus zwei Gründen wohl begreiflich. Erstens wird durch eine Ausscheidung des zum grössten Theile nutzlosen Produkts nach aussen dessen baldige gänzliche Beseitigung erreicht, zweitens liefert, wie wir später schen werden, der Bast die Stoffe, aus welchen das Kalkoxalat oder wenigstens das demselben vorausgchende Kalioxalat erzeugt wird. Die Richtigkeit unserer Ansicht über die Kalkoxalatbildung im Baste. gcht endlich auch aus dem Umstande hervor, dass auch die Peri- dermbildung in vielen Fällen mit Kalkoxalatbildung ver- knüpftist, und zwar vornehmlich da, wo neben Kork auch Phelloderm erzeugt wird. Das Kalkoxalat liegt dann in den Zellen des Phelloderms. Ein ausgezeichnetes Beispiel des Vorkommens von Kalkoxalat im Phelloderm zeigte die schon erwähnten Strychnos triplinervia und Securi- daca Selloana, ferner Bignonia unguis (Raphiden), eine nicht bestimmte Dalbergice von Rio de Janeiro, Canclla alba und Cinnamodendron corti- cosum, wo sie schon de Bary hervorhebt, u.a. m. Wahrscheinlich würde eine diesbezügliche genauere Untersuchung eine ungefähr ebenso 1) Mehrere Beispiele bei Kohl, S. 86. 237 grosse Verbreitung des Kalkoxalats im Phelloderm, wie im Bast, ergeben. Herr Geheimrath Strasburger hatte, unabhängig von mir, bei Coniferen die gleiche Beobachtung gemacht. Da, wo nur Kork gebildet wird, ist die Kalkoxalatbildung weniger ergiebig und schwerer zu constatiren, da eine Ablagerung in dem Korke nur selten stattfindet und eine Bildung in der primären Rinde als Zuwachs der schon in derselben abgelagerten Krystalle, wenn sie nicht sehr reichlich ist, sich nur schwer feststellen liesse. Das reichlichere Auftreten bei gleichzeitiger Phellodermbildung ist übrigens leicht begreiflich, da letztere mit der Erzeugung von Nuclein und diese, wie wir nachher sehen werden, mit derjenigen von Kalkoxalat verknüpft ist, während bei ausschliesslicher Korkbildung jedenfalls nur sehr wenig neue Kernsubstanz entsteht. Pflanzen ohne Kalkoxalat. “ Die Kalkoxalat bildenden Pflanzenarten sind bekanntlich sehr zahl- reich; es gibt aber dennoch viele Gewächse, die desselben entbehren, und da wo es vorhanden, wird es häufig nur im Zusammenhang mit dem Wachsthum, also primär, nicht auch in den grünen Geweben, als Nebenprodukt bei der Verarbeitung der Bodensalze erzeugt. Diese Unterschiede können wir auf zwei Ursachen zurückführen. Entweder ist die Bildung von Kalkoxalat eine Eigen- thümlichkeit gewisser Gewächse, ohne Analogon bei den anderen, oder es wird bei den des Kalkoxalats entbehren- den Pflanzen, im Zusammenhang mit den gleichen Pro- cessen, ein anderes Kalksalz erzeugt. Die letztere Hypothese ist a priori die wahrscheinlichere, da wir wissen, dass kohlensaurer, äpfelsaurer und weinsaurer Kalk bei vielen Pflanzen nachgewiesen worden sind. . Es ist namentlich durch die Untersuchungen Neubauer’s und Hilger’s festgestellt worden, dass die Weinblätter, ausser oxalsaurem, sehr reichlich weinsauren und äpfelsauren Kalk enthalten. Das Kalkoxalat wird aber in Weinblättern bei weitem der Hauptmasse nach, wenn nicht aus- schliesslich, primär erzeugt; nichtsdestoweniger nimmt der Gehalt der Asche des erwachsenen Blattes an kohlensaurem Kalke beständig und schr bedeutend zu. So enthalten nach Hilger die frischen Blätter im Juli 2,03% ihrer frischen Substanz an Asche, wovon 34,26 °/ aus kohlen- saurem Kalk bestehen, während im Oktober der Gehalt an Asche 2,89 %o, derjenige an kohlensaurem Kalk in derselben 50,440 beträgt. Es findet demnach, ähnlich wie in Blättern, die secundäres Kalkoxalat erzeugen, eine bedeutende Zunahme des Kalkgehalts mit dem Alter statt, die durch die geringe secundäre Kalkoxalatbildung nicht erklärt werden kann. 238 Nähere Untersuchung zeigt uns, dass diese Zunahme, zum grossen Theile derjenigen der im Zellsafte löslichen Kalksalze, also des wein- und äpfelsauren Kalkes zuzu- schreiben ist. Dass gleichzeitig eine beträchtliche Zunahme ungelösten Kalks, als Einlagerung in der Membran, stattfindet, ist mindestens schr wahrscheinlich. Die mikrochemische Untersuchung von Blättern des Weinstocks oder der sich ganz ähnlich verhaltenden wilden Rebe zeigt, dass der Zellsaft sämintlicher Zellen des Mesophylis, des Nervenparenchyms und der Epidermis reich ist an gelösten Kalksalzen (Tartrat und Malat), während in Blättern, wo secundäres Kalkoxalat gebildet wird, in den Mesophyll- zellen wenigstens, lösliche Kalksalze nicht nachweisbar sind. Diese ge- lösten Kalksalze verhalten sich ganz ähnlich wie secun- däres Kalkoxalat; sienehmen mit dem Alter an Menge zu; sie sind in stark beleuchteten Blättern weit reichlicher vorhanden als in Schattenblättern. In den vergilbenden Blättern von Vitis vinifera und V. Labrusca, sowie in Ampelopsis, wird als Ersatz für das tertiäre Kalkoxalat, tertiäres Kalktartrat krystallinisch ausgeschieden. Die Krystalle haben die beim Kalktartrat gewöhnliche Form cines rhombischen Prisma mit Mikrodoma, selten Makrodoma. Sie sind schr ungleich gross, am grössten im Blattstiele zwischen den Gefäss- bündeln und an der Markseite der letzteren, dagegen aber klein, meist in Form winziger Körnchen, in den peripherischen Stielzellen. Gut aus- gebildete Krystalle sind in den Rippen vorhanden, während das Mesophyll nur kleine Körnchen enthält. Die Krystalle waren .in den untersuchten Blättern von V. Labrusca grösser als bei V. vinifera, ob dieses durch- gehend der Fall, mag dahingestellt bleiben. Das Kalktartrat ist wenig löslich in Wasser, sehr leicht in Kalilauge, leicht in verdünnter, schwer in concentrirter Essigsäure. Auf der un- gleichen Löslichkeit in Essigsäure, je nach der Concentration derselben, beruht eine höchst eigenartige Erscheinung. Legt man einen Schnitt mit unversehrten Zellen in mässig verdünnte Essigsäure, so sieht man die Krystalle in den Zellen sich zuerst zum Theil.auflösen; da aber im Zell- inhalt die Concentration der Säure sich allmählich steigert, so scheidet sich nach und nach das Salz wieder aus, und zwar durch Heranwachsen der unvollständig gelösten grösseren Krystalle. Auf diese Weise wird eine geringere Anzahl modellartig ausgebildeter Krystalle ausgeschieden. Ob ausser dem Kalktartrat auch Kalkmalat tertiär entsteht, ist mir nicht bekannt. Bei der unvollkommenen Krystallisation des letzteren Salzes muss es dahingestellt bleiben, ob ein Theil der Krystallkörner aus diesem oder dem Tartrat besteht, 239 Auch kohlensaurer Kalk wird wohl in vielen Fällen als Ersatz des Kalkoxalats erzeugt. Dafür sprechen die Beobachtungen von Chareyre und Kohl über die Cystolithen und diejenigen von Hassak über die Bil- “dung der Kalküberzüge von Wasserpflanzen, spec. von Chara foetida. Die Gystolithenbildung der Artocarpeen scheint an ähnliche Be- dingungen geknüpft zu sein wie diejenige des secundären oxalsauren Kalks; sie findet nur in der chlorophyllhaltigen Zelle unter Lichteinfluss statt. Ganz anders bei den Acanthaceen, wo sie sich ähnlich wie die- jenige des primären Kalkoxalats verhält, schon dicht unterhalb des Vege- tationspunktes beginnt und sowohl in etiolirten als. in grünen Theilen normal vor sich geht. Die Ueberzüge an der Oberfläche von Wasserpflanzen sind jedenfalls theilweise, wie es Pringsheiin nachgewiesen, aul die Zersetzung des doppelkohlensauren Kalks des Medium zurückzuführen. Wie aber Hassak an Chara foetida nachgewiesen hat, ist diese Pflanze im Stande, auf Kosten anderer anorganischer und organischer Kalksalze ebenfalls, und zwar nur unter Lichteinfluss, Kalkcarbonat zu erzeugen. Wenn die An- nahme des genannten Beobachters, dass diese Kalkcarbonatbildung auf Wechselzersetzung mit einem von der Pflanze ausgeschiedenen kohlen- sauren Alkali beruht, sich bestätigt, so hätten wir darin, wie im nächsten Capitel dieser Arbeit gezeigt werden soll, eine weitere Stütze zu Gunsten der Analogie zwischen der Bildung von Kalkcarbonat und secundärem Kalkoxalat. Es gibt endlich eine Anzahl Pflanzen, bei welchen der organische Kalk in keiner der erwähnten Formen auftritt, z’B. bei vielen Gefäss- kryptogamen, Gräsern, Cruciferen, Compositen. Es wäre höchst wünschens- werth, dass uns ein Chemiker mit der Natur der in diesen Pflanzen gelöst vorkommenden oder in der Membran eingelagerten organischen Kalksalze bekannt mache, ähnlich wie es z. B. Hilger für den Weinsiock gethan. Dann wird es vielleicht auch. möglich werden, auf mikrochemischem Wege das Verhalten dieser Salze genau zu prüfen. Nach den vorliegenden Analysen und meinen Beobachtungen kann es schon kaum einem Zweifel unterliegen, dass hier auch ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei Kalk- oxalatpflanzen, vorhanden sind. Dass auch hier mit dem Alter eine be- deutende Zunahme der organischen Kalksalze stattfindet, geht aus den Analysen von Church für Iex Aquifolium hervor und lässt sich beim Mais, bei Cruciferen, Compositen ete. an der höchst ungleichen Menge des kohlensauren Kalks in der Asche leicht nachweisen. Die Abhängig- keit der Bildung nicht näher bestimmbarer organischer Kalksalze vom Chlorophyll konnte ich an panachirten Blättern von Zea Mais, Petasites sp., Funkia ovata feststellen, welche letztere zwar primäres, aber kein secundäres Kalkoxalat erzeugt, während die beiden. erstgenannten über- haupt kein Kalkoxalat enthielten. Die Fähigkeit kalkoxalatfreier Gewächse, Flora 1890. . 16 240 in ihren Blättern organische Kalksalze aus anorganischen (Kalknitrat, Kalkphosphat und Gyps kamen zur Verwendung) herzustellen, zeigten Wassereulturen von Zea Mais. Dass in allen diesen Fällen erst genauere Untersuchungen zu defini- tiver Entscheidung führen werden, liegt auf der Hand. Mit grösster Wahrscheinlichkeit lässt sich jedoch aus der Gesamtheit unserer Beobach- tungen und derjenigen der eitirten anderen Forscher schon schliessen, dass Vorgänge, die der primären, secundären und tertiären Kalkoxalatbildung entsprechen, auch in kalkoxalatfreien Pflanzen vor sich gehen, mit dem Unterschiede, dass die Oxalsäure durch andere organische Säuren ersetzt wird, Es soll jedoch keineswegs behauptet werden, dass alle Ablagerungen organischer Kalksalze sich aufdie cben erwähnten Proecsse zurückführen lasscn werden. Einen ganz anderen Ursprung zeigen vielmehr die Kalküberzüge bei Wasserpflanzen, soweit sie aus der Zersetzung des doppelkohlensauren Kalks herrühren, und die grossen Mengen kohlensauren Kalks, die von Molisch im Kernholze vieler Bäume nachgewiesen worden sind, dürften ebenfalls in ihrer Entstehung keine Analogie zum Kalkoxalat zeigen. Das Gleiche gilt vielleicht auch von den Kalkschuppen der Saxifrageen, sowie mancher anderen Arten des Auftretens des kohlensauren Kalks und anderer organischer Salze derselben Basis. IV, Zur Kenntniss der Rolle des Kalks und des Kali im Stoffwechsel. Unsere mikrochemischen Methoden gestatten die Vertheilung der Basen im pflanzlichen Organismus weit genauer zu verfolgen als die makrochemischen. Während der Chemiker stets mit grösseren Mengen Substanz zu verfahren hat, die aus den verschiedenärtligsten Geweben be- stehen, können wir Kalk und Magnesia innerhalb der Zellen nachweisen, und wenn auch letzteres für das Kali meist nicht gelmgt, so können wir dessen Anwesenheit oder Fehlen doch am kleinsten Gewebestück fest- stellen. Die mikrochemische Untersuchung der Vertheilung der drei erwähnten Basen hat einen auffallenden Unterschied zwischen Kalk einerseits, Kali und Magnesia andererseits erwiesen. Die beiden letzteren sind gelöst in jeder Zelle vorhanden, namentlich in den Meristemen, während der Kalk dem Zellinhalt bestimmier Gewebecomplexe ganz fehlt. Als kalkfrei er- wiesen sich namentlich die Zellen der Meristeme. Kalk finden wir auch in vielen Mesophylizellen in nachweisbaren Mengen nicht. Für die Vor- gänge der Assimilation scheint er daher unnöthig zu sein und diese Ent- behrlichkeit ist thatsächlich schon von Böhm, dessen Angaben ich bestätigen kann, an kalkfrei gezogenen Pflanzen festgestellt worden. Hiergegen sind die Mesophylizellen stets schr kali- und magnesiareich. Die wichtigsten Vorgänge des pflanzlichen Stoffwechsels, 341 Synthese der Kohlehydrate, der Eiweisskörper und Nucleine und Bildung der organisirten Plasmagebilde scheinen daher ohne Anwesenheit von Kalk stattfinden zu können, dagegen des Vorhandenseins reichlicher Mengen von Kali und Magnesia zu bedürfen. Nichtsdestoweniger ist der Kalk ein unbedingt nothwendiger Bestand- theil der Pflanzennahrung und wir wollen nun, theils auf Grund der im vorhergehenden festgestellten Thatsachen, theils noch zu mittheilenden Beobachtungen, die Ursache dieser Unentbehrlichkeit festzustellen ver- suchen. Eine rege Betheiligung des Kalks am Stoffwechsel ist, auf Grund der Ausscheidung seiner organischen Salze, in wachsenden Pflanzen- theilen, jedoch nur ausserhalb der Urmeristeme und in den grünen Theilen, jedoch nicht bei der Assimilation der Kohlensäure, anzunehmen. Wir werden zuerst die ersteren Vorgänge einer näheren Betrachtung unterziehen. Rolle des Kalks beiden Wachsthumsvorgängen. Die ungleiche Bedeutung des Kalks und des Kali für die Neubildungs- vorgänge, auf welche schon die ungleiche Vertheilung beider Basen hin- weist, geht in deutlichster Weise aus ihrem ungleichen Verhalten bei der Keimung hervor. In den Anfangsstadien der letzteren wandern reiche Mengen von Kali in die junge Pflanze ein, während der Kalk zunächst meist beinahe ganz in den Reservestoffbehältern verbleibt und die junge Pflanze erst viel später, theils aus den Samen, theils aus dem Boden, grössere Mengen dieser Basis entnimmt '). Das Kali wandert aus den Samen in Form von Kali- phosphat. Die Anwesenheit reichlicher anorganischer Phosphorsäure lässt sich, mit Kali zusammen, in ‘den leitenden Geweben stets nach- weisen, und zwar ist das Salz eines der sauren. Es ist demnach klar, dass schon bei den frühesten Entwickelungsvorgängen chemische Processe vor sich gehen, die eine grosse Menge Phosphorsäure und Kali bean- spruchen. Wozu die erstere, wenigstens zum grossen Theile, Verwendung findet, ist, seitdem wir über die Constitution der Zellkerne näher unter- richtet sind, ohne weiteres klar. Die Thätigkeit der Meristeme ist mit der Bildung von Nuclein verknüpft und Nuclein ist bekanntlich eine Phosphorsäureverbindung. Ganz ähnliches wie von der Keimung gilt auch von dem Treiben der ' Rhbizome. Auch hier wandert Phosphorsäure massenhaft aus, und zwar auf den ersten Stadien in Form von saurem Kaliphosphat, später auch in derjenigen von saurem Kalkphosphat, welch’ letzteres bei manchen Pflanzen in sehr grosser Menge nachweisbar ist. 1) Vgl. darüber die eitirten Arbeiten von Arendt, Hornberger, Schröder. 16* 242 Bei der Nucleinbildung wird die Phosphorsäure von den Basen, mit welchen sie gewandert, abgespalten; es wird sich fragen, was aus letzteren wird, ob sie ebenfalls ganz in die Bildung der organischen Gebilde ein- schen oder ausgeschieden werden. Ein durchsichtiges Verhalten zeigten mir in dieser Hinsicht die treibenden Rhizome von Polygonatum multiflorum. Dieselben sind, und zwar im ruhenden Zustande, reich an Phosphorsäure, zum grossen Theil in Form eines sauren Kalksalzes. Letzteres lässt sich durch Alkohol als feines in Wasser lösliches Pulver ausscheiden, in deren Lösung ich weder Kali noch Magnesia finden konnte. Dieses Kalkphosphat dringt in grosser Menge in die jungen Triebe, ohne jedoch das Scheitelmeristem zu er- reichen. Letzteres ist zwar reich an Kali und Magnesia und sehr reich an Plıiosphorsäure in organischer Verbindung, entbehrt aber, wie andere Meristeme, des Kalks in seinem Zellinhalt gänzlich. Dieht unterhalb des Scheitelmeristems aber, ungefähr da, wo das Kalk- phosphat verschwindet, findet reiche Bildung von Kalk- oxalatraphiden statt. Es ist demnach kaum zweifelhaft, dass das Scheitelmeristem aus dem zugeführten Kalksalz die zur Bildung des Nuclein nöthige Phosphorsäure entnimmt, während der Kalk an die bei der Synthese des Nuclein entstehende Oxalsäure als Nebenprodukt verbunden verbleibt. Dass bei der Bildung des Nuclein aus Amiden und Glycose, Oxal- säure oder andere organische Säuren gebildet werden, scheint mir aus den in den Berichten der Botanischen Gesellschaft veröffentlichten Be- trachtungen Palladin’s über die Synthese der Eiweissstoffe hervorzugehen. Proteinstoffe und Nucleme können dabei nur unter Ausscheidung sauer- stoffreicher Körper gebildet werden. Nach der von Lieberkühn ange- nommenen Formel für das Albumin könnte, wie Palladin darstellt, letzteres in folgender Weise aus Glycose und Asparagin entstehen: 9C4 HsN203 + 966 Hı2 06 = CreHnaNı8 022 + 9CaH20: + 9310 + 2Ha. Zu ähnlichen Ergebnissen würde auch die Synthese des Nuclein, welchem Miescher die Zusammensetzung Cas His Ns Ps Oz2 zuschreibt, führen. Ist es bei Polygonatum zum grossen Theile Kalk, der zum Transport. der Phosphorsäure aus den Knollen in die jungen Triebe dient, so kommt in den treibenden Knollen von Begonia-Arten diese Rolle fast. ausschliesslich saurem Kaliphosphat zu. Schon dieht unter dem Scheitel- meristem und in ganz jungen Blättern finden wir äusserst reichlich saures oxalsaures Kali, und es ist daher anzunehmen, das letzteres, in ähnlicher Weise wie bei Polygonatum das Kalkoxalat, als Nebenprodukt bei der Phosphorsäureassimilation erzeugt wird. 243 Die Stoffmetamorphosen lassen sich da, wo anstatt oxalsaure andere organische Salze erzeugt werden, weniger deutlich verfolgen als in den bisher besprochenen Fällen. Einige Beobachtungen habe ich an Keim- lingen des Mais angestellt, für welche makrochemische Untersuchungen von Hornberger vorliegen. Leider geben uns letztere, wie die vorhandenen. analytischen Untersuchungen überhaupt, Auskunft nur über einige wenige Punkte, aus welchen ein zusammenhängendes Bild der Stoffwechselvorgänge sich auch nur vermuthungsweise nicht entnehmen lässt. Von Wichtigkeit ist, dass nach den Untersuchungen des genannten Forschers aus dem Samen von Aschenbestandtheilen wesentlich nur Kali und Phosphorsäure auswandern. Die Menge des gleichzeitig in den Keimling eintretenden Kalks und Magnesia war so gering, dass Verf. auf ihre Bestimmung verzichten Zu müssen glaubte. Erst gegen das Ennde der zweiten Woche beginnen Aschenbestandtheile aus dem Boden, darunter auch Kalk, in die junge Pflanze einzuwandern. Ich liess Maissamen in destillirtem Wasser keimen und erhielt Re- sultate, die mit denjenigen Hornberger’s in Einklang standen. Die lang- gestreckten Parenchymzellen des Stengels und der Blattrippe waren überreich an Phosphorsäure und Kali, enthielten aber auch Magnesia in Lösung, während Kalk sich nicht nachweisen liess; nur in der Asche war die Anwesenheit von Spuren solches festzustellen. Es geht aus dem Vorhergehenden wieder der grosse Unterschied in der Bedeutung des Kali (und Magnesia) einerseits, des Kalks andererseits für die Entwicke- lungsvorgänge hervor. Nebenbei erwähnt zeigen auch diese Befunde, dass die wandernde Glycose, wenigstens beim Mais, an Kalk nicht ge- bunden ist, ein Schluss, auf welchen auch alle anderen Keimungsgeschichten schliessen lassen. Ich ‘werde übrigens nachher noch auf diesen Gegen- stand zurückzukommen haben. Die im Vorhergehenden aus dem Verhalten keimender Samen und treibender Rhizome gezogenen Folgerungen können beinahe unmittelbar auf die autonom sich ernährenden Gewächse übertragen werden. Die Sioffwechselvorgänge in den wachsenden Spross- und Wurzelspitzen der letzteren sind denjenigen von Keimpflanzen und jungen Trieben voll- kommen ähnlich. Vegetative Sprosse und Wurzeln sind Reservestoff- behälter, die sich von Samen und Rhizomen ernährungsphysiologisch wesentlich nur dadurch unterscheiden, dass sie ihre Vorräthe selbst er- zeugen und fortwährend erneuern und daher nur bei unterbrochener Zufuhr von aussen, bezw. vor dem Absterben, eime ähnliche Entleerung zeigen wie die Reservestoffbehälter im eigentlichen Sinne. Aus dieser vollkommenen Analogie in den Bildungsherden der Keim- linge und Rhizomtriebe einerseits, derjenigen autotropher Pflanzen andererseits, dürfen wir wohl auf eine ganz ähnliche Bedeutung der mit dem Wachsthumsprocess verbundenen Ausscheidung organischer Kalk- - 2A und Kalisalze schliessen. In der That setzen sich die Vorgänge in der wachsenden Spitze beim Uebergang des Keimungsstadium in das autotrophe ohne jede Unterbrechung in vollständig gleichmässiger Weise fort; nach wie vor finden wir unterhalb des Vegetationspunkts anorganische Phosphate des Kalks und des Kali, in der Zone, wo sie verschwinden, die Bildung von Kalkoxalatkrystallen bezw. oxalsaurem Kali vor sich gehen, und wir dürfen daher ebenfalls letztere als Nebenprodukte bei der Bildung des Nuclein aus Phosphaten und organischen Stoffen betrachten. Wie berechtigt diese Uebertragung der an Keimpflanzen und Rhizom- trieben gewonnenen Ergebnisse auf die wachsenden Spitzen autotroph gewordener Pflanzen ist, zeigt sich durch die mikrochemische Unter- suchung wachsender Sprosse und Wurzeln. Ein sehr instruktives Objeet boten mir die raphidenreichen Luft- - wurzeln des im hiesigen Botanischen Garten cultivirten Philodendron cannifolium. Die Schnitte wurden, wie gewöhnlich, mit einer Lösung von Kalkoxalat in Eau de Javelle zur Zerstörung der Eiweisskörper und ‚Fällung des Kalks behandelt und dann zur Entfernung des Reagens und “des Fetts mit Wasser und Alkohol gewaschen und mit Aether extrahirt. Die langgestreckten Parenchymzellen der Rinde sind reich an gelöstem Kalkphosphat; andere anorganische Säuren waren nicht nachweisbar. In den eben erwähnten Präparaten zeigten sich diese Zellen reich an Krystallkörnern von Kalkoxalat, während das vollkommen wasserhelle Meristem keine Spur eines körnigen oder sonst geformten Zell- inhalts, auch bei der Untersuchung mit der Oelimmersion '!ıs von Leitz, zeigte. Das Verschwinden des phosphorsauren Kalks in der Nähe des Vegetationspunktes ist ein rasches und coin- eidirt mit dem Auftreten der Raphiden. Wie für die ganz ähnliche Erscheinung, die ich vorher für die jungen Triebe von Poly- gonatum beschrieben, müssen wir annehmen, dass das Kalkoxalat als Nebenprodukt der Assimilation des Kalkphosphats bei der Synthese des Nucleins gebildet wird. Aehnliche, jedoch in Folge ihres viel geringeren Gehalts an löslichen Kalksalzen weniger auffallende Resultate, lieferten die Luftwurzeln der untersuchten Orchideen. Die Untersuchung der Sprosse von Tradescantia pilosa und Tr. Selloi führte zu ganz ähnlichen Resultaten, jedoch mit dem Unterschied, dass - bei letzterer neben Phosphaten im Stengel auch Nitrate nachweisbar waren. Da aber letztere, auch in nitratfreier Lösung, unter Bildung von Raphiden am Gipfel lange Zeit fortwächst, während Ausschluss von Phosphorsäure ein rasches Eingehen der Pflanze zur Folge hat, so werden wir die Bildung des primären Kalkoxalats ebenfalls ohne weiteres auf das Phosphat zurück- 245. führen können, ganz abgesehen davon, dass unserer Annahme nach eine Ver- arbeitung der Nitrate m wachsenden Spitzen überhaupt nicht stattfindet. ‘Die Entstehung des primären Kalkoxalats in der Nähe des Cambium und anderer secundärer Zuwachszonen ist auf die gleichen Vorgänge zurückzuführen. Das Cambium ist, wie andere Meristeme, ein Bildungs- herd von Nuclein. Phosphorsäure ist in dem angrenzenden Bast, nament- lich in ausserordentlicher Menge im Siebröhreninhalt sammt Kali, Kalk und Magnesja vorhanden. Die vollständig gleichen Bedingungen lassen auf eine ganz ähnliche Bedeutung des beim Dickenwachsthum entstehenden Kalkoxalats schliessen. Wir dürfen demnach das primäre Kalioxalat und Kalk- oxalat als Nebenproducte bei der Nucleinbildung, ev. der Bildung noch anderer organischer Phosphate, betrachten. Die Phosphorsäure wird den Bildungsherden des Nucleins, sammt den anderen Bildungsstoffen dieser Substanz, Glycose und Amiden, zugeführt, die anorganische Basis abgespalten und an die beim selben Process ent- stehenden organischen Säuren gebunden ausgeschieden. Dass da, wo anstatt ÖOxalsäure eine andere organische Säure entsteht, die Vorgänge ganz entsprechend sein werden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Der Kalk spielt bei der Zufuhr der Phosphorsäure zu den Meristemen, ähnlich wie nach meinen früheren Untersuchungen, bei der Zufuhr an- organischer Säuren in die grünen Zellen, wesentlich nur die Rolle eines. Vehikels. Es ist a priori nicht einzusehen, warum diese Rolle nicht von einer anderen Basis übernommen werden kann, und die Beispiele des Mais, der treibenden Begoniaknollen, zeigt uns dieselbe in der That vom Kali vollzogen. Wir dürfen demnach in der Zufuhr der Phosphorsäure nach den Bildungsstätten der Nucleine noch nicht die Ursache der Un- entbehrlichkeit des Kalks betrachten. Ursache der Unentbehrlichkeit des Kalks. Wie schon von den meisten früheren Autoren wurde zur Lösung der Frage, warum der Kalk für die Existenz der Pflanze unentbehrlich ist, die Gultur in kalkfreien Lösungen benutzt. Gleichzeitig wurden auch magnesiafreie und kalifreie Culturen hergestellt. “ Der Wuchs der in kalkfreier Lösung eultivirten Trad. Selloi wich meistens in den ersten fünf oder sechs Wochen von demjenigen normal gezogener nicht ab. Die neu entstandenen Internodien und Blätter waren durchaus kräftig und gesund. Die Folgen des Kalkmangels zeigen sich zuerst an den jüngsten Internodien und den Blättern, die braunfleckig werden und absterben. Bald darauf gehen auch die älteren Blätter unter Fleckig- werden zu Grunde, während der Stengel, ausser an seiner Spitze, noch lange gesund bleibt und wiederholt neue Seitensprosse erzeugt, die als- bald zu Grunde gchen. 246 Die Prüfung auf Kalk ergab, dass die zuerst entstandenen Blätter solchen in geringer Menge enthalten, und zwar sowohl in Form von Raphiden als in der Membran. Nach einiger Zeit werden Blätter erzeugt, die in ihrem Zellinhalt gar keinen Kalk mehr führen, und deren Asche sich als kalkfrei oder nur Spuren solchen enthaltend erweist, während die Blätter normal gezogener Tradescantien äusserst kalkreich sind. Dennoch unterscheiden sich solche kalkfreie Blätter, ausser durch grösseren Stärkereichtium, in gar nichts von normalen; sie besitzen gleiche Grösse und Dicke, gleiche Chlorophylikörner und Zellkerne wie diese, assimiliren auch ungestört fort. Dieser Befund, sowie die bereits erwähnte wiederholte Entwickelung von Seitenknospen, die nach kurzer Zeit zu Grunde gchen, stimmt vollständig zu den Anschauungen, zu welchen die Vertheilung des Kalkes in der Pflanze uns geführt hatte. Kalkverbindungen sind weder noth- wendige Bestandtheile des Plasma, noch bei der Anlage neuer Organe, noch, wie es bereits Bochm erkannte, an der Assimilation nothwendig. Die Ursache der Unentbehr- lichkeit des Kalks ist in seiner Betheiligung an Vorgängen zu suchen, die sich inder wachsenden Region, aber ausser- halb des Urmeristems, sowie in den grünen Zellen, aber unabhängig von der Assimilation, abspielen. Ganz anders gestaltete sich die Entwickelung der in kali- und in magnesiafreier Lösung cultivirten Pflanzen, und zwar zeigte sich dieselbe wiederum mit dem Modus der Vertheilung in Einklang. Die kalifreien und die magnesiafreien Pflanzen waren einander schr ähnlich, doch traten die Folgen der unvollständigen Ernährung bei den ersteren weit früher und heftiger en, als bei den letzteren. ‘Während die Knospen der kalk- frei gezogenen Pflanzen bald absterben, bleiben sie bei den kali- und den magnesiafreien sehr lange leben und erzeugen fortwährend neue Blätter, die jedoch bald unter Schwarzwerden zu Grunde gelien. Die mikro- chemische Untersuchung der Endknospen und jungen Blätter zeigt, dass dieselben an Kali bezw. Magnesia reich bleiben. Es werden daher Kali und Magnesia bei Fehlen dieser Elemente in der Lösung, in grosser Menge den älteren Theilen entzogen und den jüngsten zugeführt. Während die in kalkfreier Cultur neu entstandenen Blätter und Internodien sich von normalen nicht unter- schieden, werden diejenigen kali- oder magnesiafrei gezogener Pflanzen immer kleiner und dünner, schliesslich von winzigen Dimensionen. Stets aber sind Kali und Magnesia in der wachsenden Spitze reichlich nach- weisbar, wenn sie derselben auch in abnehmender Menge zufliessen, indem die absterbenden älteren Blätter einen T'heil des Vorratlis an diesen Elementen behalten. Schliesslich stirbt die Endknospe ab und darauf der grössere Theil des Stengels. 0 247 Diesc Versuche zeigen, im Einklang mit den Befunden über die Vertheilung des Kali und der Magnesia, dass Ver- bindungen dieser Elemente an den Vorgängen bei Anlage und Entwickelung der Organe derart theilnehmen, dass eine Abnahme derselben eine solche der Organe und end- lich den Tod zur Folge hat. Bei den kalifrei gezogenen Pflanzen hört schliesslich auch die Assimilation auf, wie es Nobbe schon erkannte und ich es auch in einer früheren Arbeit ') hervorhob; jedoch tritt die Abnahme in der Grösse der Blätter und der Dicke des Stengels schon zu einer Zeit in auffallender Weise zum Vorschein, wo die Blätter noch reichlich assimiliren und von Stärke und Zucker strotzen, sodass sie nicht auf den Mangel an verfügbaren Kohlehydraten zurückgeführt werden kann, wenn auch letzterer auf späteren Stadien die Erscheinungen ver- stärken dürfte. Es ging aus den eben geschilderten Befunden mit grosser Wahr- scheinlichkeit hervor, dass die Bedeutung der Kalkverbindungen für den Stoffwechsel sich weit leichter feststellen lassen würde, als diejenige des Kali oder der Magnesia, die ebenso constante Bestandtheile der Zelle “sind, als die unentbehrlichen Metalloide, und bei den dunklen Vorgängen in den embryonalen Regionen eine Hauptrolle spielen. Durch die Fort- setzung meiner Versuche wurde diese Annahme vollkommen bestätigt; es wird uns daher das Verhalten des Kalks weit mehr als dasjenige des Kali und namentlich der Magnesia zu beschäftigen haben. Die Ursache der Unentbehrlichkeit des Kalks ist bekanntlich in einer Betheiligung an der Wanderung der Assimilate gesucht worden; man glaubte früher, auf Grund der Untersuchungen Böhm’s und anderer, dass bei Kalkmangel der Zucker nicht im Stande ist, sich in der Pflanze fort zu bewegen, dass sich in Folge dessen die Stärke in den Blättern an- häuft, während die Endknospe aus Mangel an Nährstoffen ihr Wachsthum einstellt und zu Grunde geht. Gegen diese letzte Annahme, die ich in meiner Arbeit über Kalk- oxalat noch als wahrscheinlich richtig bezeichnete, erhoben sich mir, nachdem ich diesem Punkte in erster Linie meine Aufmerksamkeit zu widmen anfing, wichtige Bedenken. Das Schwarzwerden ist nämlich nicht auf die Endknospe beschränkt, sondern trifft auch die stärke- führenden jüngeren Internodien und Blätter, wenn die Pflanzen gut be- leuchtet sind. Besonders gegen die Böhm’sche Ansicht sprach der Um- stand, dass bei gut beleuchteten Pflanzen auch die älteren, von Stärke strotzenden Blätter, unter Schwarzwerden zu Grunde gehen, während die entsprechenden Theile des Stengels gesund bleiben. Endlich stellte Deherain fest, dass das Absterben der Organe in Folge 1) Bot. Zeit. 1888 Sp. 104. 248 von Kalkmangel bei höherer Temperatur ausbleibt, sodass Zunahme der Temperatur gleichsam die Wirkung des Kalks ersetzt. Es gab cinen direeten Weg, sich zu überzeugen, ob die Anhäufung der Stärke in den assimilirenden Organen, bei Ausbleiben des Kalks, durch die Unfähigkeit der Assimilate zu wandern bedingt wird oder nicht, Ich legte Blätter kalkfrei gezogener Tradescantien, die die pathologische Stärke- anhäufung im höchsten Maasse zeigten, auf cine 2° Lösung ganz reinen, krystallisirten Cayennezuckers, den ich der Freundlichkeit des Herrn Dr. Schuchardt in Görlitz verdankte. Gleichzeitig wurden auch normale Blätter auf dieselbe Lösung gelegt. Das Resultat war, dass sowohl bei den kalkfreien wie bei den normalen Blättern, Zucker reichlich in die @ewebe eindrang, wo er in Glycose un- gewandelt wurde. Die Wanderung von Glycose ist demnach von der Anwesenheit von Kalk unabhängig, und die Anhäufung von Stärke kann daher nicht auf eine Betheiligung des Kalks an der Stoffbewegung zurückgelührt werden. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen führt übrigens auch die Keimungsgeschichte des Mais, wo der nur in sehr geringem Maasse auswandernde Kalk in den zuckerreichen Zellen gar nicht nach- weisbar ist. Dass übrigens Mangel an Zufuhr von Kohlehydraten nicht die Ursache des Absterbens der Endknospen ist, geht oline weiteres aus dem Umstande hervor, dass neue Knospen sich darauf entwickelten, und dass nach dem Zugrundegehen dieser dasselbe sich bäufig noch zweimal wiederholte, und zwar vornehmlich oder ausschliesslich an im Schatten gezogenen Pflanzen. Es hört dementsprechend die Wanderung von Kohlchydraten nicht vollständig auf, wenn sie auch stark beeinträchtigt ist. Endlich ist mit der genannten Annahme das Fleckigwerden und Absterben der Blätter nicht erklärbar. Die Folgen der Kalkentziehung zeigen vielmehr alle Symptome ciner Vergiftung und zwar durch einen Stoff, der vornehmlich in den wachsenden Spitzen und. den Laubblättern erzcugt wird. Suchen wir wodurch die Bestand- theile des Zellinhalts kalkfrei gezogener Pflanzen sich von denjenigen normal ernährter unterscheiden, so finden wir, dass die Zellen der kalk- freien Gewächse einen enormen Gehalt von meist saurem Kalioxalat führen, während solches unter gewölmlichen Umständen, wenn auch beinahe stets erkennbar, doch nur in geringer Menge vorhanden ist. Schon der Umstand, dass die wachsende Spitze und die Laubblätter, die Bildungsstätten des Kalioxalats, zuerst zu Grunde gehen, machte es höchst wahrscheinlich, in der Anhäufung dieses Stoffes die Ursache der patho- 249 logischen Erscheinungen zu erblicken. Entsprechende Versuche erhoben diese Annahme zur Gewissheit. 1) Zweige von Tradescantia Selloi wurden in Lösungen von neutralem und von saurem oxalsaurem Kali!) gestellt, in der Concentration von 1, 2 und 3%. - Sie gingen allmählich zu Grunde, und zwar unter Bildung ganz ähnlicher brauner Flecken an den Blättern, wie wir sie vorher für kalkfrei. gezogene Pflanzen beschrieben, manchmal sogar unter Absterben der Endknospen. Die Untersuchung zeigte, dass das Salz in grosser Menge in die Blätter gelangt war. Die sauren Lösungen wirkten viel energischer als die neutralen. 9) Stellt man kalkfrei gezogene Pflanzen in kalkhaltige Lösungen, so werden schon nach einigen (5-6) Tagen die normalen Verhältnisse her- gestellt. Die Untersuchung zeigt, dass das Kalioxalat beinahe ganz und gar durch Kalkoxalat ersetzt ist. Endlich ist mit unseren Befunden die sonst so verwirrende Entdeckung Dehecrain’s, dass durch Kalkmangel erkrankte Keimpflanzen durch blosse Temperaturerhöhung hergestellt werden, begreiflich, indem letztere, wie bekannt, eine Zerstörung von Säure hervorruft. Die Ursache der Unentbehrlichkeit des Kalks in der Tradescantia liegt darin, dass bei Fehlen desselben, die im Stoffwechsel entstehende Oxalsäure nur an Kali ge- bunden wird, und dass eine Anhäufung der Kalioxalate, speciell des sauren Salzes, giftig wirkt. Die verhinderte Lösung der Stärke ist nur eine secundäre pathologische Erscheinung. Da bei anderen Pflanzen Kalkmangel ähnliche Erscheinungen hervor- ruft (Mais, Bohne), so dürfte wohl die Bedeutung des Kalks, die wir für Tradescantia Selloi festgestellt haben, allgemeine Gültigkeit haben. Da wo keine Oxalsäure gebildet wird, werden andere organische Kalisalze in schädlicher Weise angehäuft. Die soeben ausgesprochene Ansicht über die Ursache der Unentbehr- lichkeit des Kalks erinnert an diejenige einiger älterer Physiologen, z. B. W. Schumacher’s, die dieselbe in der Abstumpfung der Säuren erblickten. Ich glaubte früher, diese Annahme, die als blosse Hypothese ohne Ver- suche aufgestellt worden war, im Anschluss an H. de Vries verwerfen zu müssen, und zwar namentlich deswegen, weil wir eine Anzahl Pflanzen kennen, die ohne Schaden in ihren Geweben grosse Mengen von saurem oxalsaurem Kali führen. Dieser Einwand hat jedoch, seitdem ich be- gonnen habe, mich mit der Salzaufspeicherung in der Pflanze zu be-. schäftigen, seine Beweiskraft für mich verloren. Nichts ist, je nach der Art; mehr wechselnd, als der von verschiedenen Pflanzen ertragene 1) Das in Pflanzensäften vorkommende Salz CsO«HK, das ich der Freundlichkeit des Herrn Dr. Schuchardt verdanke, nicht das gewöhnliche Kleesalz des Handels, 250 ” oder gar zu ihrer normalen Eintwickelung gehörige Concentrationserad bestimmter Salze. Die Befähigung grosse Mengen von Chlornatrium oder Salpeter ohne Schaden zu entragen, ist eine nur bestimmten Pflanzen zukommende Anpassung an bestimnite äussere Bedingungen. Datura Mctel, Chenopodiaceen, sah ich üppig gedeihen in einem ’Substrat, das mit Salpetersäure begossen wurde, deren Concentration von 1 bis auf 4° erhöht wurde, und in welchem andere Pflanzen, wie Urtica dioica, Lychnis vespertina u. a., nach wenigen Tagen zu Grunde gegangen waren. In der Anhäufung des Kalioxalats haben wir es mit einer ähnlichen, auf wenige Gewächse beschränkten Anpassung zu thun, und zwar, wie von Stahl gezeigt wurde, wahrscheinlich gegen Schneckenfrass.. Warum diese Eigenschaft bestimmten Pflanzen zukommt, während andere durch angehäuftes Kalioxalat bald zu Grunde gerichtet werden, ist ebensowenig zu beantworten, als warum sich gewisse Thiere, z. B. Schneekenarten, ausschliesslich von gewissen Pflanzen, wie Euphorbien, Schwänmien, er- nähren, die für andere, sogar verwandte Thiere, starke Gifte sind. Wie bei manchen Vorrichtungen ist mit dem. Vortheil auch ein Nachtheil verbunden, nämlich die Anhäufung von Kali, eines Stoffs, mit dem die Pflanze sehr sparsam umgeht, in unthätiger Form. Schon dieser Unistand wird der Entwicklung einer solchen Anpassung bei zahlreichen Gewächsen entgegengewirkt haben können. Uebrigens ist auch die Fähigkeit der Kleesalz speichernden Gewäche, solches zu ertragen, nicht unbegrenzt, wie die grosse Anhäufung von Kalkoxalat, z.B. beiın Sauer- ampfer, zeigt. Wechselzersctzung der Kali- und Kalksalze. Wir haben vorher gesehen, dass wenn wir einer kalkfreien Pflanze ein Kalksalz zuführen, letzteres in Wechselzersetzung mit dem in derselben angehäuften organischen Kalisalze geräth. Ist letzteres Kalioxalat, so wird einerseits Kalkoxalat, andererseits, je nach der Natur des zugeführten Kalksalzes, ein schwefelsaures, salpetersaures, phosphorsaures etc. Kalisalz erzeugt. Nähere Untersuchung zeigt, dass nicht bloss bei kalkfrei ge- zogenen Pflanzen, sondern auch unter normalen Umständen, die Kalk- oxalatbildung in solcher Weise vor sich gcht; es lassen sieh näm- lich neben dem ungelösten Oxalat beinahe stets auch geringe Mengen gelösten nachweisen, in den meisten Fällen vorwiegend oder ausschliesslich Kalioxalat, da Natronoxalat bei der grossen Mehrzahl der Pflanzen nur sehr wenig gebildet wird, andere lösliche Oxalate aber in der Regel ausgeschlossen sind. Dieses lösliche Oxalat muss sich aber mit den Kalksalzen in ganz ähnlicher Weise um- setzen, wie wir es vorhin für die kalkfrei gezogenen Pflanzen nachweisen konnten. In anderen Worten, es kann kein Kalksalz in die grüne Zelle eindringen, ohne seine Säure an Kali abzugeben. 351 Als erstes sichtbares Nebenproduet bei der Assimila- tion der Mineralsalze in grünen Zellen wird demnach nicht Kalkoxalat, sondern Kalioxalat erzeugt. Das secundäre Kalkoxalat ist nur ein Product der Wechselzersetzung des Kalioxalats mit anorganischen Kalksalzen. Unsere Ansicht über die Entstehung der organischen Kali- und Kalk- salze ist demnach folgende: Die hauptsächlich als Kalksalze in die grüne Zelle gelangenden Mineralsäuren werden in Form von Kalisalzen assi- milirt. Als Nebenproduct bei der Bildung der Eiweisskörper wird eine organische Säure, sehr häufig Oxalsäure erzeugt; diese wird an dem bei der Assinmlation abgespaltenen Kali gebunden ausgeschieden. Das orga- nische Kalisalz tritt unter gewöhnlichen Umständen alsbald in Wechsel- zersetzung mit einem anorganischen Kalksalz; es wird ein organisches Kalksalz gebildet, während das Kali an anorganische Säuren gebunden in den Stoffwechsel zurücktritt u.s. w. Bei kalkfrei gezogenen Pflanzen bleibt die Wechselzersetzung aus; das organische Kalisalz häuft sich an. Treten wieder Kalksalze ein, so wird bald der normale Zustand wiederhergestellt. Das secundäre Kalkoxalat, und ähnliches müssen wir auch für die anderen entsprechenden Kalksalze, wie secundäres Kalktartrat, Carbonat etc., annehmen, entsteht demnach, wenn unsere Ansicht richtig ist, ganz ähnlich wie das tertiäre, durch Wechselzersetzung mit einem Kalisalz derselben organischen Säure. Es drängt sich die Frage auf, ob das Gleiche nicht für das primäre Kalkoxalat anzunehmen ist. Schon der Umstand spricht dafür, dass das Kalkphosphat schon vor seinem Eintritt in die Urmeristeme zersetzt, dass der Kalk in dieselben gar nicht gelangt, während Kali sich in denselben massenhaft nachweisen lässt. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass die Phosphorsäure nach der Abspaltung des Kalks, in Form eines Kali- salzes ihren Weg fortsetzen wird. Thatsächlich fand ich bei Tradescantia Selloi, wenigstens in Wasserculturen, neben Kalkoxalat auch in geringer Menge Kalioxalat unterhalb des Vegetatiouspunktes, und die Anhäufung des Kalioxalats war es, ganz ähnlich wie in den Blättern, die bei fehlender Kalkzufuhr den Tod der Gewebe herbeiführte. Auch hier wurde durch Zufuhr von Kalksalzen der normale Zustand durch Wechselzersetzung bald wieder hergestellt. Dass in diesen Fällen die Phorphorsäure nicht an Kalk, sondern an Kali gebunden, assimilirt wurde, kann keinem Zweifel unterliegen. In anderen Fällen, z. B. in den Luftwurzeln des Philodendron earnifolium, konnte ich allerdings unterhalb des Vegetations- punktes kein Kalioxalat nachweisen; ein solcher negativer Befund ist aber natürlich nicht beweisend. Für die erwähnte Ansicht spricht auch besonders der Umstand, dass bei der Keimung zuerst beinahe nur Kali- phosphat auswandert. 252 Man könnte gegen meine Ansicht, dass die Kalkoxalatbildung stets auf Wechselzersetzung mit einem Kalisalz beruht, vielleicht geltend machen, dass die in den Zellen enthaltene Oxalsäure theilweise ganz frei sein, und dircet auf die organischen Kalksalze einwirken könnte. Abgesehen jedoch davon, dass freie Oxalsäure mit der zweifelhaften Ausnahme der Brenn- nessel und einiger Pilze, noch nie in der Pflanze nachgewiesen worden ist, lässt sich der Nachweis leicht liefern, dass nicht freie Oxalsäure, sondern nur oxalsaures Kali (neutrales und saures), im Stoffwechsel erzeugt wird. Man braucht dazu nur eine Tradescantia Selloi aus der normalen in eine kalifreie Lösung zu übertragen. Drei oder vier Wochen lang, auch länger, wird die Pflanze ganz normal fortvegetiren und doch ist schon nach fünf Tagen lösliche Oxalsäure in ihren Zellen nicht mehr nachweisbar. Es ist aber wohl anzunchmen, dass die Kalioxalatbildung fortgesetzt wird, dass aber die Umsetzung mit den Kalksalzen zu schnell erfolgt, um direct nachweisbar zu sein. In dem Vorhergehenden ist weder der Magnesia noch des Natron Erwähnung gethan, und doch ist das Verhalten beider interessant genug. Es ist eben ganz negativ. In kalifreier, aber natronhaltiger Nähr- lösung wird Natronoxalat nicht gebildet; da wo solches in der Pflanze auftritt, ist es dementsprechend auf Umsetzung mit Kalioxalat zurück- zuführen. Auch Magnesiaoxalat wird nicht gebildet, weder in Form eines unlöslichen noch eines löslichen Salzes. Dass letzteres nicht der Fall, geht aus demselben Grunde hervor, den wir für das Natronoxalat erwähnten, und in kalkfreier Lösung treten unlösliche Oxalate nicht auf. Eine wesentliche Stütze besitzen die im Vorhergehenden ver- tretenen Ansichten in einigen bereits bekannten Erscheinungen, nämlich in der Kalkoxalatbildung bei den Pilzen, wie sie von de Bary für die Peziza Sclerotiorum klargelegt worden ist und in der Bildung der Kalk- carbonatüberzüge bei einigen Wasserpflanzen, über welche Hassak neue Untersuchungen angestellt hat. Wir wollen aber gleich gestehen, dass die Resultate des letzteren Forschers uns einer kritischen Prüfung noch zu bedürfen scheinen. Aus de Bary’s Angaben entnehme ich folgende für unser Thema be- sonders wichtige Stellen: »In den Nährlösungseulturen findet sich dieselbe (d. h. die Oxalsäure), wenn der Lösung ein Calciumsalz zugesetzt war, als Caleciumsalz an den jüngeren Theilen der Mycelhäute — nicht den jüngsten Hyphenenden — niedergeschlagen in einzelnen Krystallen. Die älteren Hyphen sind mit Caleiumoxalat oft dicht incrustirt. In den klaren Flüssigkeitstropfen, welche aus den in Bildung begriffenen Selerolien aus- treten, ist Oxalsäure ebenfalls reichlich enthalten und zwar als Kalium- salz; ob daneben noch in kleineren Mengen in anderer Verbindung, konnte nicht entschieden werden. In der Nährflüssigkeit selbst konnte ich bei Gegenwart von Caleiunisalza weder gelöste Oxalate noch freie 253 Oxalsäure nachweisen. In caleiumfreier Nährlösung (7,5procentige Lösung von Traubenzucker mit Zusatz von je 0,5 Procent sauren Kaliumphosphat, Magnesiasulfat und Ghlorammonium) war dagegen Oxalsäure an Kalium gebunden, sowohl in der Lösung wie in den Sclerotientropfen nach- weisbar. Es mag gleich hervorgehoben werden, dass die Oxalsäure bei parasitischer Vegetation des Pilzes nicht minder reichlich auftritt (Sp. 401)«. »Nach alledem kommen wir zu dem an der obersten Grenze der Wahr- scheinlichkeit stehenden Resultat, dass die Oxalsäure innerhalb den lebenden Sauerstoff aufnehmenden Zellen des Pilzes aus dem Zucker ge- bildet und alsdann von demselben — gleich der bei der Respiration entstehenden Kohlensäure — ausgestossen wird, dass, mit anderen Worten, der Process dieser Oxydationsgährung sich im Innern der lebenden Zelle des gährungserregenden Pilzes abspielt. Nach dem Befunde bei der Sclerotienflüssigkeit ist es wahrscheinlich, dass die Oxalsäure nicht nur hier, sondern auch an den Mycelfäden an Kalium gebunden ausgeschieden wird, und dass der Niederschlag von Caleiumoxalat an dem Mycel seinen Ursprung einer Umsetzung des ausgeschiedenen Kaliumsalzes in der Caleium enthaltenden Nährlösung verdankt. Dass sich diese Umsetzung in den Selerotien nicht. oder nur wenig vollzieht, erklärt sich aus dem geringen Caleiumgehalt des Pilzes selbst. Eine Aschenanalyse reifer (auf Rüben erzogener) Sclerotien ergab nur 0,39% CaO auf 25,87 K20, 18,89 Na: O, 48,67 P2 Os u. s. w. Einzelne Krystalle und Krystallaggregate von Caleium- oxalat finden sich übrigens in den Selerotien nicht selten«. An einem höchst durchsichtigen Beispiele zeigen uns die von de Bary geschilderten Verhältnisse ein vollständiges Analogon zu den Vorgängen, wie wir sie für grüne Pflanzen annehmen zu dürfen glauben; der einzige Unterschied ist der, dass bei den Pilzen besondere redueirende Organe nicht vorhanden sind, sodass der Unterschied zwischen primärer und secundärer Kalkoxalatbildung wegfällt. Ganz ähnlich, wie bei grünen Pflanzen, beginnt die Kalkoxalatbildung erst in einiger Entfernung vom Vegetationspunkte und beruht auf der Einwirkung des beim Stoffwechsel, offenbar als Nebenprodukt der Phosphor- säureassimilation, ausgeschiedenen Kalioxalats auf Kalksalze. Während aber bei den grünen Pflanzen diese Vorgänge sich sämmtlich innerhalb der Pflanze abspielen, tritt hier das oxalsaure Kali in das umgebende Medium heraus, und dieses gerade ist cs, das die ganze Erscheinung so instructiv macht. Hier zeigt es sich in überzeugender Weise, dass Kali- oxalat dem Kalkoxalat vorausgeht, dass letzteres durch Umsetzung von anorganischen Kalksalzen mit ersterem entsteht. Sehr instruetiv ist auch der Umstand, dass Natronoxalat in nachweisbarer Menge in den Sclerotium- tropfen nicht gebildet wurde, obwohl das Verhältniss des Natron zu dem Kali in der Asche dem von 3 zu & ungefähr entsprach und dass Magnesia- oxalat bei der Cultur in kalkfreier Lösung ebenfalls fehlte. Vergleichen 254 wir diese Befunde mit den von uns bei grünen Pflanzen gewonnenen, so werden wir wohl mit Recht dem Kali eine besondere Bedeu- tung für die Assimilation der Mineralsäuren zuschreiben müssen, während der Kalk nur als Vehikel der letzteren dient. Endlich erhalten die Schlüsse, zu welchen wir für die Bedeutung des Kalks als nothwendiger Nährbestandtheil der grünen Pflanze gelangt. waren, durch die Stoffwechselvorgänge bei der Peziza eine weitere Stütze. Bei letzterer findet nämlich derjenige Process, bei welchem der Kalk thätig ins Pflanzenleben eingreift und für letzteres unentbehrlich ist, nämlich die Wechselzersetzung mit Kalioxalat, der Hauptsache nach wenigstens, ausserhalb der Pflanze statt. Innerhalb derselben wird sich daher, wenn unsere Ansicht über die Rolle des Kalks richtig ist, eine irgendwie erhebliche Kalkmenge nicht befinden. In der That ent- halten die Sclerotien von Peziza in ihrer Asche nur 0,39% CaO gegen nahezu 26°%6 KeOÖ und 19° NaeO. Dadurch wird der Schluss, zu welchen wir für die grünen Pflanzen gelangt waren, dass der Kalk einen wesentlichen Bestandtheil der lebenden Zelle nicht bildet, sehr befestigt. Die äusserst geringe Menge Kalk der Sclerotien- asche dürfte, ähnlich wie bei höheren Pflanzen, in der Membran eingelagert oder in Form winziger Oxalatkrystalle im Zellinhalt vorhanden gewesen sein, da solche sich manchmal in den Sclerotien von Peziza direct nachweisen lassen. Hassak fand, dass bei der Cultur von Süsswasserpflanzen (Ceratophylium, Elodea, Oedogonium, Chara foetida) in durch Kochen von seiner Kohlen- säure befreitem Regenwasser, letzteres im Lichte alkalisch wird, ebenso wie es Klebs bekanntlich für normale Gulturen angegeben hatte. Hassak nimmt an, dass die Pflanze ein kohlensaures Alkali ausscheidet, und will die Anwesenheit desselben dadurch nachweisen, dass er entkalkte Exemplare von Chara foetida in Lösungen von verschiedenen Kalksalzen (Nitrat, Acetat, Chlorid, Sulfat) eultivirt. Steht die Kalkinerustation von Chara mit der Ausscheidung von Alkali im Zusammenhang, so muss hier auch Kalkcarbonat erzeugt werden, indem das kohlensaure Kali sich mit den Kalksalzen umsetzen wird. In der That wurde in allen diesen Fällen im Lichte eine Kalkincrustation, wie unter normalen Umständen, gebildet. Die Erscheinung würde, wenn die Erklärung Hassak’s richtig ist, ein vollständiges Analogon zu den von de Bary bei Peziza beobachteten und eine wichtige Bestätigung unserer Ansichten bilden. V. Die Rolle des Mesophylis bei der Assimilation der Mineralsalze. In meiner Arbeit über Kalkoxalatbildung in den Laubblättern gelangte ich u. a. zu dem Schlusse, dass Nitrate in grünen Zellen, spee. im Mesophyli, in grosser Menge verarbeitet werden. Ungefähr gleichzeitig 255 kam Frank zu gerade entgegengesetzten Resultaten; nach ihm nimmt das Mesophyll an der Assimilation der Salpetersäure, deren Sitz er in Stengel und Wurzel verlegt, keinen Antheil. Die Ursache dieses Unterschiedes ist in der Ungleichheit der von uns angewandten Methoden zu suchen. Für Frank war überall die Diphenylaminreaction massgebend, während ich, der die mit dieser Methode. verbundenen Fehlerquellen erkannt hatte, dieselbe wohl mit be- nutzte, das Hauptgewicht aber auf Versuche legte, bei welchen solche Fehlerquellen ausgeschlossen waren. Frank hält nicht bloss das Eintreten der Blaufärbung bei Behandlung pflanzlicher Objecte mit Diphenylamin-Schwefelsäure für ein untrügliches Zeichen des Vorhandenseins von Nitraten, sondern auch ihr Ausbleiben für ein solches ihres Fehlens. Ich bin wohl geneigt, mich der ersteren Ansicht anzuschliessen ; dagegen ist die letztere unzweifelhaft unrichtig, da es bei Nichteintreten der Reaction möglich ist, entweder dass die Lösung zu verdünnt sei oder dass sie durch die in jeder Zelle unter dem Einfluss der Schwefelsäure entstehenden redueirenden Stoffe verhindert werde. Dass Nitrate sich in der Pflanze befinden können, ohne mit Diphenylamin nachweisbar zu sein, zeigt jeder beliebige Versuch mit einem in ver- dünnte Nitratlösung getauchten Stück Holz. Dasselbe geht übrigens auch aus den Angaben von Frank selbst hervor, der in den Blaltstielen von Vitis vinifera und den Blattgelenken von Robinia Pseudacacia Nitrate findet, während sie nach ihm in den Zweigen, die doch den einzigen Weg darstellen, durch welche dieselben nach den genannten Orten ge- langen können, vollständig fehlen sollen. Das gleiche gilt von dem von mir im zweiten Capitel erwähnten Atriplex hastata, dessen Wurzel auf Nitrate nicht reagirte, während Stengelschnitte beinahe schwarz wurden. Frank nimmt an, dass die Nitrate da verarbeitet werden, wo er sie mit Diphenylamin aufdecken kann, nämlich in der Wurzel, dem Stengel, ev. wohl auch in Blattstielen und Rippen. Um nachzuweisen, dass die- selben im Mesophyll nicht assimilirt werden, stellte er folgende Ver- suche an: Erster Versuch. Frank nimmt aus dem Boden Pflanzen von Heli- anthus annuus und verpflanzt sie in Wasserleitungswasser und »stickstoff- freie Normallösunge. »Bis zum Ende der vierten Woche blieben die Pflanzen am Leben; der ihnen nicht zusagende Aufenthalt in der Wasser- eultur ist die Ursache ihres früheren Absterbens«. Es handelt sich also um einen Versuch mit ungesunden Pflanzen, dem schon deswegen keine Beweiskraft zugeschrieben werden kann. Während dieser Zeit verschwindet das Nitrat aus der Wurzel, verbleibt aber im Stengel bis zum Tode der Pflanze in anscheinend unveränderter Menge. Verf. nimmt an, »dass der Nitratstrom innerhalb der vier Wochen sich in die Blätter ergossen haben und versiecht haben müsste«. ‘Wenn die Pflanzen. gesund gewesen wären Flora 1890. 17 256 und länger gelebt hätten, so wäre auch wohl der Nitratstrom schliesslich versiecht, vielleicht in mehr, vielleicht in weniger als vier Wochen. Tradescantia. Selloi lebt in nitratfreier Lösung und in Wasserleitungs- wasser, je nach der Länge der Sprosse, zwei bis vier Monate, indem die neu gebildeten Blätter sich gleich nach ihrem Auswachsen zu Gunsten der wachsenden Region wieder entleeren und absterben. Schon nach kurzer Zeit, unter Umständen schon einer Woche, ist in den Sprossen keine Spur der vorher reichlichen Nitrate mehr zu finden. »Bei einem zweiten Versuch... handelte es sich darum, die ver- meintliche Zersetzung von Salpetersäure im grünen Blattgewebe näher zu prüfen. .... Wenn die bisherige Deutung richtig sein sollte, dass man in diesem Gewebe deshalb keine Salpetersäure findet, weil dieselbe dort angelangt, sogleich assimilirt wird, so müsste es gelingen, dieselbe dort sich ansammeln und nachweisbar werden zu lassen, wenn die Be- dingungen der Assimilation aufgehoben sind«. Verf. liess in nitrathaltiger Lösung Pflanzen von Phaseolus nanus wachsen, und fand, dass das Mesophyll keine Nitratreaction zeigte, obwohl sämmtliche Rippen in Diphenylamin intensive Blaufärbung annahmen. Die im Dunkeln ent- standenen kleinen etiolirten Blätter zeigten eine schwächere Reaction als die normalen Laubblätter. Es wird schwerlich ein Pflanzenphysiologe noch der etwas naiven Meinung sein, dass die Nitrate nur deswegen im Blattmesophyll unsichtbar seien, weil sie sofort zersetzt werden. Die nächstliegende Annahme ist vielmehr, dass die Mesophylizellen Stätten der Verarbeitung, nicht der Aufspeicherung, darstellen und daher verhältnissmässig weit weniger Nitrate aufnehmen als die als Speicherorgane für Salze dienenden be- nachbarten Rippenparenchym- und z. Th. Epidermiszellen. Dass die Mesophylizellen die Fähigkeit besitzen, Nitrate aufzunehmen, geht ohne weiteres aus der Cultur bei reichlicherer Nitratzufuhr, etwa bei Begiessen mit 0,1 bis 1°) Lösung; dann wird man in dem Mesophyll der meisten Pflanzen, z. B. Tradescantia Selloi, Datura Metel, Amarantaceen etc., eine intensive Nitratreaction erhalten. Das sind die einzigen Versuche, auf welche Frank seine Ansicht stützt, dass Nitrate im Blattmesophyll nicht verarbeitet werden. Sehen wir dagegen, welche Gründe wir haben, den Sitz der Assi- milation der Nitrate, zum grossen Theil wenigstens, in das Blattmesophyll zu verlegen. Da dieselben bei Frank eine Diskussion nicht erfahren haben, so sei wiederum auf die alten Ringelungsversuche, auf die Arbeiten Hornberger’s und Emerling’s, aus welchen die Abhängigkeit der An- häufung von Amiden im Stengel von der Thätigkeit des Blatts so klar hervorgeht, auf die von Arth. Meyer nachgewiesene Auswanderung von Albuminstoffen aus Blättern bei Verdunkelung, hingewiesen. Diese An- gaben sind in meiner eitirten Arbeit discutirt. 957 Endlich sei es mir erlaubt, auf meine eigenen Versuche zurückzu- kommen, damit der Leser in der Lage sei, sich in der Streitfrage ein Urtheil zu bilden, und weil ich Einiges hinzuzufügen habe. Tradescantia Selloi und Fagopyrum esculentum in einer Nährlösung, die die Salpetersäure und den Kalk nur als Kalknitrat enthält, oder auch in kalifreier Lösung (Tradescantia) eultivirt, nehmen das Kalknitrat in ihre Blätter reichlich auf und erzeugen in ihrem Mesophyll enorme Mengen von Kalkoxalat. In einer kalkfreien Lösung, wo die Salpetersäure als Kalinitrat ge- boten wird, bildet Tradescantia in ihrem Blattmesophyll, das reichliche Mengen von Salpeter aufnimmt, Kalioxalat aber kein Kalkoxalat. In destillirtem Wasser wird weder Kalk noch Kalioxalat gebildet. Abgetrennte junge etiolirte Blätter von Pelargonium zonale und Chenopodium Bonus Henricus wurden in einer Nährlösung eultivirt, in welcher die Salpetersäure als Kalknitrat enthalten war; ausserdem wurden ähnliche Blätter in (kalkhaltigem) Leitungswasser und in destillirtem Wasser eultivirt. Es wurde sehr reichlich Kalkoxalat in den Blättern gebildet, die Kalknitrat erhalten hatten, sehr wenig in solchen, die in Leitungs- wasser gestanden, keine nachweisbaren Mengen in denjenigen, die in destillirtem Wasser gezogen worden waren. Details über diese und andere Versuche sind in meiner ceitirten Arbeit enthalten. In allen diesen Fällen konnten die Nitrate auch im Blattmesophyli nachgewiesen werden, da die Lösungen relativ reich daran waren. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass in den erwähnten‘ Fällen die Assimilation der Nitrate im Blatt stattgefunden hat, und da letztere sich im Mesophyll nachweisen liessen und ein Nebenprodukt ihrer Ver- arbeitung, Kalk- oder Kalioxalat, vom Mesophyll erzeugt wurde, so dürfen wir wohl letzteres als den Sitz dieses Assimilationsprocesses betrachten. Auf andere Vessuche, durch welche ich das Verschwinden der Nitrate in abgetrennten Blätiern direct nachwies und die in meiner Arbeit eben- falls beschrieben sind, will ich hier nicht näher eingehen, da sie häufig nicht gelingen, ohne dass es mir zur Zeit möglich wäre, die Bedingungen für ihr Gelingen anzugeben. Dass wir die Ergebnisse der eben erwähnten Versuche auf Pflanzen, die in natürlichem Boden wachsen, ausdehnen dürfen, wird wohl keinem Zweifel unterliegen. Die Nährstoffe sind die gleichen; sie lassen sich bis in das Blatt verfolgen, häufig auch bis in das Mesophyll, und in letzterem sehen wir ebenfalls das Kalk- und Kalioxalat auftreten. Dass eine Verarbeitung der Nitrate im Mesophyll stattfindet, darf als feststehend betrachtet werden. Es frägt sich nun, ob andere Gewebe die gleiche Funktion verrichten. Es ist klar, dass mit der Verarbeitung der Mineralsalze eine Aus- scheidung von Aschenbestandtheilen verbunden ist, da nur ein Bruch- 17* 258 theil der an Säuren gebundenen Basen im Stoffwechsel verbleibt. Ausser- ordentlich belehrend sind in dieser Hinsicht die von Wolff angegebenen Durchschnittszahlen der Aschenmengen : 1 und 2jährige Pflanzen: Perennirende Gewächse: Samen 3% Samen 3% Wurzeln 5 % Holz 1° Stengel 4% Rinde 7% Blätter 15 % Blätter 10 % Schon beim ersten Blicke fällt es auf, dass die Blätter, namentlich bei krautigen Pflanzen, weit mehr Asche enthalten, als die übrigen Theile, und zwar beruht der grosse Unterschied hauptsächlich auf ihrem Reich- thum an Kalk, einem Stoffe, dem in erster Linie die Rolle eines Velikels zakommt. Der Aschenreichthum der Blätter wird uns aber noch weit bedeutsamer erscheinen, wenn wir bedenken, dass die Rinde, speciell bei krautigen Pflanzen, chlorophylihaltig und dem Blatimesophyll gleichzu- setzen ist. Ferner sind Wurzeln und Kaulome Speicherorgane und Wanderbahnen für die Rohstoffe, und, in anderen Geweben, für die assimilirten, stets aschenreichen Reservestoffe, während die erstere Function nur in geringem Grade, die letztere gar nicht, den Blättern zukommt. Nndlich ist der grössere Theil des Kalks in Wurzeln und Kaulomen, namentlich in der Rinde der Holzgewächse, an Oxalsäure als primäres Kalkoxalat gebunden, und wir wissen, dass dieses Salz ein Nebenproduct der Phosphorsäurcassimilation in wachsenden Pflanzen- theilen darstellt. Der relativ grosse Reichthum der Baumrinde an Aschen- bestandtheilen erklärt sich ferner daraus, dass sie weit länger mit dem Stamm verbunden bleibt, als das alljährlich abfallende Laub, und so das beim Dickenwachsthum mehrerer Jahre gebildete primäre Kalkoxalat in sich speichert. Die enorme Menge Aschenbestandtheile, die im Laube enthalten ist, stellt übrigens nur einen Bruchtheil der- jenigen, die der Transspirationsstrom demselben zuge- führt hatte, nämlich einerseits die als integrirende Bestandtheile den Plasmagebilden gehörigen, andererseits die aus dem Stoffwechsel als Kalkoxalat u. s. w. geschiedenen. Es geht nämlich aus vielen Erschei- nungen mit voller Sicherheit hervor, dass Aschenbestandtheile, nament- lich Phosphorsäure und Kali, fortwährend aus dem Blatte in den Stengel wandern, Dass aus den Blättern eine Wanderung von Kali stattfindet, zeigen 2.B. die Untersuchungen von Arendt an der Haferpflanze. Während der Jugend nimmt das Kali in derselben schr rasch zu, bleibt dann bei mehr oder weniger grossen Schwankungen im Durchschnitt gleich, um schliess- lich während der Fruchtreife abzunehmen. Diese Resultate, welche für andere Pflanzen auch Gültigkeit haben, können entweder dahin gedeutet 259 werden, dass das Blatt nur während der Jugend Kalisalze aufnimmt, später solche nicht mehr erhält, und schliesslich einen grossen Theil seines Kali in den Stengel ergiesst, oder dahin, dass das aufgenommene Kali zuerst zum Aufbau des Blattes Verwendung findet, später aber mit den assimilirten Stoffen wieder auswandert, schliesslich in viel grösserem Maassstabe, als es zugeführt wird. Diese letztere Annahme allein erklärt uns die zum Theil bedeutenden Schwankungen. Dass sie der Richtigkeit entspricht, geht aber auch aus verschiedenen Experimenten hervor. Um zu beweisen, dass den ausgewachsenen Blättern die Fähigkeit keineswegs abgeht, Kalisalze aufzunehmen, brauchen wir nur Topfpflanzen mit einer 0,1-—-1 procentigen Kalisalpeterlösung zu begiessen; wir werden das Salz in grosser Menge in den Blättern wiederfinden. Wir wissen übrigens und können direct zeigen, dass die Blätter fortwährend anorganische Kalisalze, spec. Salpeter, erhalten und verarbeiten. Es müsste also eine Anhäufung von Kali stattfinden, wenn letzteres nicht fortwährend wieder abginge. Eine solche Anhäufung können wir übrigens hervorrufen, wenn wir die Bildung einer für den Stoffwechsel unbrauchbaren Kaliverbindung in den Blättern veranlassen, wie bei der Cultur von Tradescantia Selloi in kalkfreier Lösung, :wo das Kalioxalat sich nicht mit Kalksalzen um- setzen kann und daher im Blatte verbleibt. Ganz ähnliches wie vom Kali, gilt auch von der Phosphorsäure. Auch sie nimmt bis zum Auswachsen des Blatts zu, um nachher relativ stationär zu bleiben und schliesslich abzunehmen. Aus ganz ähnlichen Gründen wie beim Kali, muss man auch hier schliessen, dass eine fort- währende Auswanderung der Phosphorsäure aus dem Blatt in den Stengel stattfindet. Wir sind zur Annahme gedrängt in den grünen Zellen, spec. denjenigen des Mesophylls, die Laboratorien zu er- blicken, in welcher beinahe sämmtliche Rohstoffe der Pflanzennahrung ihre erste Verarbeitung erfahren. Die nur als Vehikel dienenden Bestandtheile, wie der grösste Theil des Kalks, die wohl hauptsächlich als Kalisilikat eintretende Kieselsäure, werden, ebenso wie der überschüssige Sauerstoff der Kohlensäureassimilation, im Blatte ausgeschieden, während die brauchbaren Producte das Blatt ver- lassen, um nach den Verbrauchsorten transportirt zu werden. Nicht von allen Rohstoffen. der Pflanzenernährung möchten wir jedoch behaupten, dass sie ihren Weg über die Blätter nehmen, und sich erst dann nach den Verbrauchsorten bewegen. Wir haben namentlich keinen Grund, das vom sauren Kalk- und Kaliphosphat anzunehmen, die sich nach den wachsenden Regionen begeben, um dort zur Bildung von Nuclein, Kali- und Kalkoxalat etc. Verwendung zu finden. Dieses dürfte aber der wichtigste synthetische Process sein, der sich auf Kosten von Rohmaterial ausserhalb der grünen Zelle abspielt. 260 Man könnte der Meinung sein, dass, da die Phosphorsäure auch ausserhalb des Mesophylis assimilirt wird, das Gleiche mit Wahrschein- lichkeit, wenn auch in geringem Grade, von der Salpeter- und Schwefel- säure gelten dürfte. Es handelt sich aber in beiden l'ällen um wesentlich andere Vorgänge; die Phosphorsäure nimmt nämlich als solche Theil an dem Aufbau der organischen Substanz, wird nicht redueirt, während Salpeter- und Schwefel- säure, ganz ähnlich wie dieKohlensäure, redueirt werden. Ich habe für die Salpetersäure nachgewiesen, dass ihre Assimilation an ähnliche Bedingungen gebunden ist, wie diejenige der Kohlensäure, nänı- lich an Chlorophyll und Licht. Es ist mir daher höchst wahr- scheinlich, dass das Chlorophyllkorn nicht bloss bei der Kohlensäureassimilation, sondern auch bei derjenigen der Salpetersäure, und wohl der Schwefelsäure, als redu- eirendes Organ wirkt, dass die Assimilation der beiden genannten . Säuren an dessen Thätigheit ebenso gebunden ist, wie die längst bekannte der Kohlensäure. Die Assimilation der Phosphorsäure dagegen findet auch ausserhalb der grünen Gewebe und unabhängig vom Lichte statt, da sie von der Mitwirkung eines reducirenden Organes nicht direct ab- hängig ist. Nehmen wir mit Emmerling an, dass bei der Assimilation der Sal- petersäure die Bildung von Amiden derjenigen von Eiweiss vorausgelt, so könnte dieselbe nach folgender Gleichung stattfinden: Cs Hız Os (Glycose) + 2(NOsH) = C+ Hs N» Os (Asparagin) —+- Ca O+ Ha» (Oxalsäure) +2 H20 +30. Die geringe Menge freien Sauerstoffs wird auf die Constanz der Volumina bei der Kohlensäureassimilation nur einen unbedeutenden Ein- fluss haben können: zudem ergeben die kleinen Abweichungen von derselben stets einen Ueberschuss an Sauerstoff. Es ist übrigens auch möglich, dass eine grössere Menge organischer Säure gebildet werde, als nach der natürlich nur ganz provisorisch aufgestellten Gleichung der Fall sein würde. Unserer Ansicht nach wird aus den Blättern ein Strom von Assiumij- laten abgeleitet, der nicht bloss aus Kohlehydraten besteht, wie man es bisher annahm, sondern auch aus organischen Stickstoff-, Schwefel-, Phosphorsäure-, Kali- und wahrscheinlich Magnesia-Verbindungen. Als Wanderform der Stickstoffverbindungen können wir zum grossen Theile unzweifelhaft die Amide und Amidosäuren betrachten, die sich im leiten- den Parenchym der Blätter nachweisen lassen. Eine grosse Rolle für die Fortleitung der durch das Blatt zubereiteten Stoffe wird aber allem An- scheine nach den Siebröhren zukommen, deren Bedeutung für die Pflanze nach unserer Annahme vollkommen klar wird, während es nach der bisherigen Ansicht unverständlich war, warum es Leitungsorgane für 261 die Eiweisskörper gäbe, da dieselben doch überall entstehen sollten. Die Zusammensetzung des Siebröhreninhalts: zeigt grosse Aehnlichkeit mit deinjenigen der Aleuronkörner, die ebenfalls das vorbereitete Material für die Bildung der Albumine und Nucleine darstellt, nämlich Reichthum an denjenigen Stoffen, die wir in den Meristemen reichlich finden: eiweiss- artige Körper, Phosphorsäure, Kali, Magnesia, Zurücktreten des Kalks, Fehlen der Kieselsäure, des Chlor, des Natrium. Dass auch Phosphor- säure reichlich vorhanden ist, obwohl sie den Orten ihres Verbrauchs auch direct zugeführt wird, kann uns nicht auffallend erscheinen, wenn wir bedenken, dass phosphorsaures Kali die Löslichkeit sonst unlöslicher Eiweissstoffe, z. B. der Aleuronkörner, bedingt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch hervorheben, dass die Bezeichnung »Schleim« für den Inhalt lebender Siebröhren unzutreffend ist, indem. letzterer im frischen Zustande wässerig flüssig ist und erst an der Luft schleimig bis gallertig wird. Man wird vielleicht gegen die hier vertretenen Anschauungen die Assimilation der Salpeter- und Schwefelsäure durch gewisse Pilze, unab- hängig von Licht und Chlorophyll, geltend machen. Ein Vergleich zwischen den Reductionsvorgängen bei Pilzen und grünen Pflanzen ist jedoch nicht zulässig; die Reductionsvorgänge beruhen in beiden Fällen auf ganz ungleichen Vorgängen. Die Purpurbaeterien assimiliren die Kohlensäure, wie Engelmann gezeigt hat, in der Dunkelheit, indem ihre Kraftquelle im Ultraroth liest und Hüppe hat sogar festgestellt, dass gewisse ganz farblose Bacterien im Dunkeln aus kohlensaurem Ammoniak ein der Cellulose sehr nahestehendes Kohlehydrat herzustellen vermögen. Die Zahl der Pilze, welche Salpetersäure assirmiliren, ist eine relativ geringe; die Sprosspilze thun es, nach Nägeli’s Untersuchungen, nicht, und was die Spaltpilze betrifit, denen diese Fähigkeit theilweise zukommt, so »ist zu bemerken, dass die Salpetersäure als solche nicht assimilirt, sondern vor- her in Ammoniak umgewandelt wird, und dass es somit wesentlich von dem Reductionsvermögen der Pilze abhängt, ob sie dieselben ernähren kann oder nicht« ’). Man ersieht daraus, dass die Assimilation der Sal- petersäure bei Pilzen und grünen Pflanzen in ganz ungleicher Weise vor sich geht. Letzteres wird wohl auch von der Schwefelsäure gelten; Pilze können ihren Schwefel auch aus schwefliger und unterschwefliger Säure aufnehmen, und es scheinen sogar die beiden letzten Verbindungen bessere Resultate zu geben, als die Schwefelsäure?). Auch hier sind demnach ganz andere Ernährungsvorgänge im Spiele, als bei grünen Pflanzen. 1) Nägeli, 1. c, p. 399. 2) Nägeli, 1. c. p. 459. Litteratur. K. Goebel, Morphologische und biologische Studien. Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg. Vol. IX, pag. 1-1:6. Die neuesten Arbeiten Goebels, welche eine Fortsetzung seiner in den Ann. du Jard. Bot. de Buitenzorg veröffentlichten Abhandlungen bilden, liegen als Separat- abzug aus der genannten Zeitschrift in Gestalt eines stattlichen Bandes mit 16 Figuren- tafeln vor. Das Werk, welches drei gesonderte Abhandlungen enthält, bietet eine Anzahl nener Studien über die Morphologie und Biologie der Pflanzen. Der Wunsch, dem Leser den Inhalt der nicht Allen leicht zugänglichen Originalarbeit möglichst eingehend anzudeuten, möge die grosse Ausdehnung des Referates entschuldigen. Die erste Abhandlung beschäftigt sich mit einigen neuen oder wenig bekannten javanischen Lebermoosen. 1) Treubia insignis Goeb. ist eine neue Art, welche an einem genau bezeichneten Standort bei Tjibodas auf vermodernden Baumstämmen vorkommt. Das stattliche Lebermoos gehört zu den Formen, welche wie Blasia, Fossombronia, Androeryphia und Petalophylium den Uebergang von den thallosen zu den foliosen Formen ver- mitteln. Treubia wächst dem Substrate dicht angeschmiegt. Die bis 16 cm. langen Sprosse sind monopodial verzweigt und zweizeilig beblättert. Amphigastrien fehlen. Die Blätter, bis lcm. lang und fast ebenso breit sind an der Basis mehrschichtig und schwach unterschlächtig inserirt. Die Seitensprosse stehen zwischen je zwei Blättern einer Zeile. Auf der Dorsalseite des Stammes verläuft ein zickzackförmiger Kamm, welcher durch zwei Reihen kleiner Schuppen (Dorsalschuppen) gebildet wird. An der Unterseite, weiche häufig eine seichte, mit Schleim erfüllte Rinne zeigt, stehen lange Haarwurzeln. Sporogonien fanden sich an den untersuchten Pflanzen nicht. Am Vegetationspunkt findet sich eine dreiseitig pyramidale Scheitelzelle. Jedes seitliche Segment derselben theilt sich zunächst in drei Zellen aus deren unterster die freie Stammoberfläche der Unterseite gebildet wird. Die mittlere entwickelt sich zum Blatt, die oberste zur Dorsalschuppe, welche fast senkrecht zur Blatttfläche emporwächst. Jedes Blatt besitzt an seinem unteren Rande einen Flügel mit reich- lichen schleimabsondernden Papillen. Letztere sind theils einfache Zellen theils mehrzellige Gebilde. Die Archegonien stehen in dem Winkel zwischen Dorsalschuppe und Stammoberseite. Die zwischen ihnen befindliche Schleimmasse wird von Pa- pillen der Dorsalschuppen abgesondert, Die Papillen stehen hier nicht selten auf schmalen, schuppenförmigen Zellflächen, welche eine höhere Ausbildung der Schleim- haare darstellen. Antheridien fanden sich leider nicht, dagegen an manchen Exem- plaren 3 bis 4zellige kurzgestielte Brutknospen. Einzelne Zellen der Zreubia führen Oelkörper. Alle untersuchten Exemplare zeigten Pilzinfection, durch welche indess eine eingreifende Schädigung des Wirthes nicht herbeigeführt wird. — Fasst man die Dorsalschuppen als selbstständige Gebilde auf, so lässt sich der Aufbau der Treubia in gewisser Beziehung mit Blasia vergleichen. Will man dieselben als Theil des Blattes betrachten, so können Fossombronia, Androcryphia u.a. zum Vergleiche herangezogen werden besonders hinsichtlich des Verhaltens der Scheitelzelie. Der Vergleich mit Blasia scheint indess der näherliegende zu sein. 2) Calobryum Blumii Nees, welches Nees v. Esenbeck vor nahezu 60 Jahren unter den hepaticae javanicae aufführte, ist bisher äusserst unvollständig bekannt gewesen. Goebel fand es in Java in isolirten kleinen Rasen an der Buitenzorger Seite des 263 Salak, ausserdem kommt es auch am Pangerango vor. Nees hatte Calobryum mit Monoclea zusammengestellt, weil die Columella-lose Kapsel mit einem Längsriss auf- springe, Die Dehiscenz der Kapsel kann indess, wie schon Gottsche und Leitgeb für Monoclea betonen, hier nicht als systematisches Unterscheidungsmerkmal dienen. Schon die habituelle Vergleichung zeigt, dass Calobryum mit Haplomitrium verwandt ist. Beide sind aufrecht wachsend und radiär gebaut, beide besitzen eigenthümliche unterirdische Organe und ermangeln der Haarwurzeln. Scheinbar besitzt Calobryum ein einheitliches Rhizom, aus dem die beblätterten Sprosse entspringen, bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das Rhizom ein Sympodium ist. An der Basis der be- blätterten Triebe entstehen blattlose Zweige, welche nach unten wachsen, im Boden kriechen, später an der Spitze Blätter bilden, sich erheben, an der Spitze Geschlechts- organe erzeugen, und ihrerseits an ihrer Basis durch blattlose Seitensprosse das nazom fortsetzen. Die Rhizomsprosse, welche hinsichtlich ihrer Stellung in keiner Beziehung zu den Blättern stehen, werden schon am Scheitel durch Endverzweigung angelegt und ruhen dann längere Zeit. Wahrscheinlich wird bei Haplomitrium ent- gegen der Leitgebschen Ansicht derselbe Fall vorliegen. Die Rhizomäste von Calo- dryum sind mit einer Schleimhülle bedeckt, welche von besonderen Keulenpapillen zwischen Cuticula und Cellulosehaut abgesondert wird. Am Vegetationspunkt stehen die schleimbildenden Papillen besonders dicht. Die dreiseitig pyramidale Scheitel- zelle liegt in einer seichten, von Schleim erfüllten Versenkung. Die meist ganz- randigen Blätter der aufrechten Spirossenden sind in drei Reihen angeordnet und nehmen nach oben hin an Grösse zu. Sie sind in ihrera unteren Theile mehrschichtig von fast fleischiger Beschaffenheit. In dem Stämmchen sind die äusseren Zellbogen stärkereich, die inneren langgestreckt und stärkelos, wahrscheinlich dienen die letz- teren der Wasserspeicherung. Das Wachsthum der Laubsprosse wird durch die Bildung der Geschlechtsorgane abgeschlossen, welche zu terminalen Inflorescenzen vereinigt sind. Die Inflorescenzen sind von Hüllblättern umgeben, von denen drei sich durch besondere vor den Stengelblättern auszeichnen. Zwischen den Archegonien resp. Antheridien der Inflorescenz stehen nur Schleimpapillen, nicht Blätter, wie es bei Haplomitrium Hookeri der Fall ist. Calobryum stimmt in Bezug auf die Arche- gonienbildung also mit den akrogynen Lebermoosen überein, ein Umstand, welcher indess keineswegs dazu berechtigt, die durch andere Thatsachen hinlänglich bewiesene Verwandtschaft von Haplomitrium und Calobryum zu leugnen, sondern vielmehr beweist, dass der Vorgang des Akrogynwerdens, des Hinaufrückens der Geschlechts- organe gegen den Sprossscheitel im Laufe der phylogenetischen Entwickelung sich mehrmals vollzogen hat. Calobryum stellt den Endpunkt einer solchen Reihe, der »Calobryaceen« dar, als deren Glieder wir bisher Haplomitrium und Calobryum kennen gelernt haben. Die eigenthümliche geographische Verbreitung der Calobryaceen weist darauf hin, dass wir es mit einer Gruppe zu thun haben, welche die Reste einer vormals weit verbreiteten und formenreichen Sippe darstellt. 8) Colura ornata Goebel ist eine nene Species der interessantesten Lebermoos- gattung, welche sich durch die charakteristische Wässersackbildung der Blätter aus- zeichnet (vergl. Goebel, Morph. u. biol. Studien I. Ann. du Jard. Bot. Buitzg. Vol. VII p.38 ff). Die neue Art gehört, wie die schon bekannten, zu den vorzugsweise blatt- bewohnenden Epiphyten. Von den übrigen Arten unterscheidet es sich dadurch, dass die Blätter, deren Zellwände Verdickungsleisten besitzen, zierlich gebuchtet sind und dass der Wassersack von einer ebenfalls gebuchteten Zellfläche überragt wird. In dem auf einem Laubblatt ausgebreiteten Rasen der Colura ornala, welcher dem Verfasser zur Untersuchung vorlag, fanden sich zahlreiche keimende Sporen, welche 264 gestatteten die Entwickelung von Anfang an zu verfolgen. Aus der Spore geht durch Quer- und Längstheilungen eine Zellläche hervor, welche aus zwei neben einander liegenden Zellreihen besteht. Das junge Pflänzchen entsteht, indem sich nabe dem Vorderende des Vorkeims am Rande eine dreiseitige Scheitelzelle bildet. Das erste Blatt einer abgebildeten Keimpflanze bestand nur aus drei Zellen, von denen zwei dem Öberlappen eine dem Unterlappen des Blattes entsprechen. Letzterer ist stets durch eine Papille gekennzeichnet. Amphigastrien und sackförmige Blätter treten erst später auf, Letztere sind zuerst einfacher gestaltet; der Kamm ist schwach entwickelt und die noch umgekehrte Mündung des Schlauches steht offen. Beim ausgebildeten Schlauchblatt ist die Mündung durch eine Klappe geschlossen, welche auf einen Rahmen von vorspringenden, theilweise schwanzartig verlängerten Zellen der Schlauchunterseite ruht. Die Entwickelung der Schlauchblätter geht in der Weise vor sich, dass sich der Blattunterlappen gegen den Oberlappen einrollt und dadurch die auf den Wassersack zuführende enge Röhre bildet. Zugleich wird der Oberlappen durch ein gesteigertes Flächenwachsthum an der inneren Seite kapuzen- förmig ausgehöhlt und bildet dadurch den Sack. Der dem Wassersack aufsitzende Kamm entsteht als ein Auswuchs aus einer Zellreihe der Blattfläche. Die Klappe geht aus einer Randzelle des Blattunterlappens hervor. An manchen Blättern von Colura ornata unterbleibt die Ausbildung des Sackes ganz. Die Seitenäste und auch die Acste, welche die Sexualorgane tragen, stehen an der ventralen Insertion von Oberblättern. Das Perianth ist oben dreikantig und etwa Imm, hoch. Der Stiel des Sporogoniums ragt nur wenig darüber hervor. Die Elateren, welche oben an den Rändern der vier Kapselklappen angeheftet sind, besitzen ringförmige Ver- diekungen. 4) Eine javanische Plagiochila mit Wassersäcken. Den meisten Arten der umfang- reichen Gattung Plagiochila fehlen die Wassersicke. Die hier zu besprechende mit Wausserbehältern versehene Art gehört zu der in der Synopsis hepaticarum von Gottsche, Lindenberg und Nees v. Esenbeck als cucullatae bezeichneten Unterabtheilung der adiantoiden Plagiochilen, vielleicht ist es Pl. blepharophora Nees. Der Arche- gonienstand ist terminal, unterhalb desselben entspringen zwei gegenständige Inno- vationssprosse, Die Hauptsprosse sind mit Haarwurzeln dem Substrate angeschmiegt, die Sprosse, welche Archegonien tragen , erheben sich frei. Die länglich eiförmigen Blätter sind am ganzen Rande mit Wimperzähnen besetzt. Die Wassersäcke kommen durch Umrollung des ventralen Blattrandes zn Stande. Aus der Biatffläche ent- springen oft durch zahlreiche Adventivsprosse. Dass das Vorkommen von Wasser- säcken in der Gattung Plagiochila noch weiter verbreitet ist, bewies die Unter- suchung der columbischen Pl. eurvifolia Jack. Leider reichte das von dieser Form vorhandene Material zu einer eingehenden Prüfung nicht aus. 5) »Kurzia crenacanthoidea«. Die von v. Martens als Alge betrachtete javanische Pflanze ist in Wirklichkeit ein Lebermoos, wie die Untersuchung Martens’scher Ori- ginalexemplare und in Java gesammelten Materials zweifellos ergab. Es sind zwei seitliche Blattreihen und Amphigastrien vorhanden. Die seitlichen Blätter bestehen aus drei an der Basis verbundenen Zellreihen. Die Amphigastrien bestehen gewöhnlich nur aus vier Zellen. Die Verzweigung ist überwiegend seitlich, die Sexualsprosse aber stehen immer ventral. An den letzteren werden wohl entwickelte, am Rande zerschlitzte Blätter ausgebildet. Perianthien und Früchte kamen nicht zur Beob- achtung. Trotzdem lässt sich erkennen, dass die Pflanze zu Lepidozia zu stellen und also die Gattung Kurzia zu streichen ist. Ob die Form als Lepidosia cerena- canthoidea zu bezeichnen oder ob sie etwa mit L. gonyotricha identisch ist, bleibt vor der Hand unentschieden. 265 Die zweite Abhandlung beschäftigt sich mit einer eingehenden Untersuchung der Morphologie der Gattung Utricularia. Verfasser giebt zunächst einen Ueber- blick über die bisher vertretenen Anschauungen. Es werden dabei nach einander die Auffassungen der Systematiker, die aus den Stellungsverhältnissen, aus der Ent- wickelungsgeschichte und aus den anatomischen Verhältnissen abgeleiteten Deutungen der Ütricularia-Organe kritisch besprochen. Sodann wendet 'sich der Verfasser zur Einzelbeschreibung des Aufbanes einer Anzahl genau untersuchter Species. A. Landformen. I. Landformen mit blasenlosen Blättern. 1) Utricularia orbieulata Wall. ıst im südlichen Asien weitverbreitet. Sie besitzt kriechende zwischen Moos ete. verborgene Stämmchen, deren Vegetationspunkt nicht eingerollt ist. An dem Stämmchen stehen seitlich Blasen und gestielte, 2—3 mm. breite fast kreisrunde Blätter mit gabelig verzweigter Nervatur. Die Blasen stehen in zwei Reihen auf den Flanken, die Blätter in einer Längsreihe auf dem Rücken des Stämmchens die organische Blattoberseite und dem entsprechend auch der Achselspross sind vom Sprossscheitel abgekehrt. Die Blüthenstände sind mit Ausnahme des ersten an der Keimachse Achselsprosse der Laubblätter. An ihrer Basis stehen Laub- und Schuppenblätter, welche secundäre Inflorescenzen in ihren Achseln tragen und weiter oben zarte schildförmige Deckblätter der Blüthen. Die Anordnung der seitlichen Organe an der Inflorescenz ist eine radiäre, sie beginnt mit zwei seitlich gestellten Laubblättern ohne Achselsprosse. Statt dieser Laub- blätter können Ausläufer auftreten, welche sich wie die kriechenden Hauptsprosse verhalten. Weiter oben an der Inflorescenz treten weitere Laubblätter auf. welche seitliche Inflorescenzen in ihren Achseln haben können. Die Blätter besitzen zwei sehr dünne Vorblätter. An manchen Ausläufern schwellen die Internodien tonnen- förmig an und bilden so Wasserbehälter. Die Blasen von DUtrieularia orbiculata haben zwei mit Drüsenhaaren besetzte Antennen. Auch auf den übrigen Theilen der Pflanze finden sich Drüsenhaare, welche stets unterhalb der kugeligen Endzelle eine kurze Scheibenzelle besitzen. Die sehr kleinen Samen tragen am hinteren Ende haarförmige Ausstülzungen der Samenschalenzellen mit Widerhaken besetzt. Der Embryo besitzt keine Wurzel- anlage, oben erkennt wan zwei sehr kleine meristematische Colyledonaranlagen, deren eine bei der Keimung wahrscheinlich zum Laubblatt, die andere zur ersten Blase oder zum Ausläufer sich entwickelt. 2) Utrieularia reniformis A. de St. Hil. hat langgestielte nierenförmige Blätter. Die Anordnung der seitlichen Organe an den dicken im Moose kriechenden Aus- läufern ist ähnlich wie bei voriger Art, nur stehen an Stelle der Blasen reich- verzweigte, blasentragende Ausläufer ohne Blätter. Der Vegetationspunkt der stärkeren Ausläufer ist schneckenförmig eingerollt. 3) Utrieularia montana. Bei der Keimung entsteht ein wurzelloser radiärer Keimspross, an welchem Blätter, Blasen und Ausläufer auftreten. Letztere tragen zwei seitliche Reihen von Blasen und blasentragende Ausläufer und auf dem Rücken Blätter mit Achselsprossen oder statt dessen Ausläufer. Auf den Blättern der Keim- pflanzen treten häufig Adventivsprosse auf. 4) Utricularia longifolia. Die bis 17cm. langen Blätter dieser Art können an ihrer Spitze als Ausläufer weiterwachsen, andererseits können auch Ausläufer sich an der Spitze einer Blastfläche verbreitern. Die Anordnung der seitlichen Organe an den Ausläufern lässt keine allgemeine Regel erkennen. ü 266 5) Utrieularia bryophila. Auch bei dieser Form kommen Uebergänge zwischen Blatt und Ausläufer häufig vor. An den Ausläufern stehen Blasen, Ausläufer und Blätter in zwei seitlichen Zeilen. IL. Landformen mit blasentragenden Blättern. 6) Dirieularia Warburgi Goebel. nov. spee. Blätter lineal-spatelförmig, ein- ' nervig bis 15 mm. lang. Blasen an Ausläufern und Blättern. Länge derselben bis 2,3mm. An den 6-9 cm. langen Blüthenschäften 4-6 gelbe Blüthen, Blüthbenstiele kurz, Deckblätter lanzettlich, der untere Theil derselben über den Insertionspunkt hinaus verlängert. Auch die beiden Vorblätter besitzen einen solchen Portsatz, Kelchblätter 1’/ mm. lang, fast kerisrund. Oberlippe der Blumenkrone ausgerandet. Gaumen der Unterlippe rahmenförmig aufgetrieben, am vorderen Rande mit zwei kurzen Aussackungen. Der Sporn aufsteigend, wenig länger als die Unterlippe, an der Spitze zweispaltig oder ganz. Frucht bei der Reife von den Kelchblättern un- hüllt. Samen kurz eirund, mit kurzen stumpfen Warzen bedeckt. Bei dieser Aıt stehen scit!iche Ausläufer nur an der Basis des Blüthensprosses. An Jen kriechenden Achsen stehen zwei seitliche Reihen von Blasen und auf dem Rück"n Blätter mit Achselsprossen. Das Blatt trägt 2 bis 3 Blasen. Die Inflorescenz bildet das Ende der Keimachse. Ausserdem entstehen Inflorescenzen als Achselsprosse bei den Blättern der Ausläufer. j 7) Utrieularia bifida ist in Indien weitverbreitet.. Die Keimung erinnert an die von Utr, montana. Der Embryo besitzt keine Colyledonen. Eine Wurzel wird nicht gebildet. Die beiden ersten Orzane sind ein Blatt und ein langer Ausläufer. Letzterer dringt in dus Substrat ein. Der Keimspross ist radiär und schliesst mit einer Inflorescenz ab. Die langen, schmalen Blätter wachsen sehr lange an der Spitze fort. Der’ Keimspross entwickelt Blätter und Ausläufer, letztere in Stellung und Entstehung ersteren durchaus entsprechend. Die Ausläufer tragen Blasen, Blätter und Ausläufer höherer Ordnung. Die Blätter stehen auf dem Ricken, Blasen und Ausläufer auf den Flanken. In der Nähe der Blätter entstehen noch Inflorescenz- anlagen. An den radiären Inflorescenzachsen stehen ausser den Deckblättern der Blüthen an der Basis Ausläufer gewöhnlicher Art. Oberhalb derselben entstehen an der Achse deckblattlos, exogen Rhizoiden mit kurzen Seitenzweigen, welche als Ausläufer ohne Blatt- und Blasenbildung anzusehen sind. 8) Utricularia affinis. Der radiäre Keinspross verlüngert sich zur Inflorescenz. An demselben stehen Ausläufer, Rhizoiden und einige Blätter. Die Stellung der seitlichen Organe an den Auslänfern ist wie bei Utr: bifida. Nicht selten findet sich in der Achsel der Rhizoiden eine Knospe. Auch in der Achsel kleiner an der In- florescenzachse stehender Schuppenblätter sind Achsellinospen vorhanden, an denen statt der Vorblätter Rhizoiden entstehen können. 9) Utrieularia rosea. Am freigelegten Vegetationspunkt erkennt man zweizeilige Blasenstellung. Rechtwinklig dazu stehen die Blätter, deren manche Achselsprosse besitzen. Auf den Blättern entspringen sehr häufig Adventivsprosse, welche in radiärer Vertheilung Blätter und blasentragende Ausläufer hervorbringen. 10) Utrieularia elachista. Goebel n. spec. ist eine sehr kleine Form mit aus- schliesslich kleistogamen Blüthen. Die Blätter stehen auf dem Rücken der Ausläufer, ihnen annähernd gegenüber die Ausläufer. Letztere können auch von den Blättern entfernt auftreten. Die Blüthenschäfte entspringen normal in dem Zwischenraum zwischen Blatt und Ausläufer. Dieselben tragen nur eine Schuppe und eine schein- bar ternıinale Blüthe mit Vorblättern. Die zur Seite gedrüngte Spitze der Inflorescenz- achse stellt ein kleines Höckerchen dar. Die Blüthen haben einen tief zweitheiligen 567 Kelch und eine zarte spornlose Blumenkrone. Die beiden Staubblätter haben je eine einfächrige Anthere. Die Narbe des Fruchtknotens ist trichterförmig vertieft. Die Frucht enthält nur 2—7 Samen. Bei der Keimung entsteht ein radiärer Keimspross der mit einer einblüthigen Inflorescenz abschliesst. An der Basis desselben entspringen Ausläufer der oben beschriebenen Form. 11) Dtrieularia reticulata Sm. Das lange Blatt trägt zahlreiche Blasen nahe am Rande und daneben Adventivsprosse, an deren Basis sehr frühe eine Anlage auftritt, welche gewöhnlich zum blasentragenden Ausläufer, seltener zu einem Blatt wird. Weiter oben entwickelt der Adventivspross noch mehrere radiär gestellte Seitenorgane und wird schliesslich zum Blüthenspross.. An den dünnen Achsen von Utr. retic. stehen die Blätter dorsal in einer Reihe, seitlich zwei Blasenreihen und Ausläufer. Die zum Winden befähigten Inflorescenzen besitzen an der Basis ein stark entwickeltes System von Rhizoiden, an denen gelegentlich auch Blasen auf- treten. An den bei Nuwara Elyia gesammelten Exemplaren fanden sich an den Blüthenstielen statt der normal vorhandenen 2 Vorblätter blasentragende Ausläufer, welche bisweilen auch Seitenzweige und Blätter hervorbrachten. Il. Utrieularien mit Blättern, welche normale Ausläufer tragen. 12) TDiricularia coerulea L. Die Blätter sind hier nicht in einer Zeile an- geordnet, sie stehen unregelmässig auf der oberen, selten auf der unteren Seite der Ausläufer, ihnen annähernd gegenüber meist je ein Ausläufer. Blätter und Ausläufer können auch einzeln stehen. Die Grösse der Blätter ist sehr unbestimmt. Auf der Unterseite der Blätter stehen theils Blasen, theils zahlreiche Ausläufer, welche den Ausläufern zweiter Ordnung gleichwerthig sind. Bisweilen steht an Stelle eines blattbürtigen Ausläufers ein Blatt, so dass also ein Blatt direct aus dem andern entspringt. In den Achseln der Blätter und der blattständigen Ausläufer entspringen die Inflorescenzachsen, welche an ihrem unteren Theil Rhizoiden und Ausläufer produciren. B. Wasserformen. 13) Utricularia flexuosa Vahl. Der Vegetationspunkt der schwimmenden Sprosse ist stark eingerollt, auf seinen Flanken stehf je eine Blattreihe, auf der Spross- oberseite entspringen ziemlich viele rankenähnliche Sprosse mit eingerollten Vege- tationspunkt und zwei Blattreihen. Die Inflorescenzen stehen ebenfalls auf der Sprossoberseite etwas mehr gegen die Flanken hin, aus ihrer Basis entspringt stets ein beblätterter Spross.. Da der letztere ziemlich gleichzeitig mit der Inflorescenz angelegt wird, so bleibt zweifelhaft, welches von beiden Organen als das primäre anzusehen ist. 14) Utricularia stellaris. Aehnlich wie bei Utr. inflata, einer nordamerikanischen Art, findet sich bei dieser Form am Inflorescenzstiel ein Kranz von Schwimmorganen mit grossen Lufträumen. Diese Schwimmorgane sind an den an der Inflorescenz- basis von Utr. flewuosa entstehenden Ausläufern homolog. Der der Stengeloberseite zugekehrte Blattstrahl der vielzertheilten Blätter von Uir. stellaris ist kleiner als die übrigen Blatttheile, und erscheint als ein flossenförmiges Anhängsel, 15) Utricularia exoleta. Gewöhnlich entwickeln sich bei der Keimung der flachen breitgeflügelten Samen zwei einfache Primärblätter (Kolyledonen) und da- zwischen ein Ausläufer, welcher sich zu einem schwimmenden zweizeilig beblätterten Stamme entwickelt. Der Ausläufer ist als seitliches Organ an dem sich nicht weiter entwickelnden radiären Keimspross aufzufassen. In selteneren Fällen entstehen am Keimling statt der Primärblätter Ausläufer. Die ersten Blätter der Ausläufer sind 268 entweder einfach oder gegabelt; im letzteren Falle ist einer der Gabelzweige häufig als Blase ausgebildet. Verglichen mit den vorher geschilderten Landforwen weicht Utr. exoleta hauptsächlich insofern ab, als der Keinispross sein Wachsthum sehr früh einstellt, ohne eine Inflorescenz zu bilden. Die schwimmenden Ausläufer der Pflanze besitzen einen stark eingerollten Vegetationspunkt. Die aus fadenförmigen Segmenten bestehenden Blätter sind spärlich verzweigt und tragen nur wenige Blasen, sie stehen zweizeilig an den Flanken. Die Verzweigung ist axillär, die Achsel- sprosse verzweigen sich gleich an der Basis. Ausser den gewöhnlichen Sprossen giebt es auch solche, bei denen die Blase aus der Umwandlung eines ganzen Blattes hervorgegangen ist, und Uebergänge zwischen diesem und dem normal ausgebildeten. An der Basis der Inflorescenzen stehen Ausläufer in radiärer Vertheilung und weiter oben eigenartige den Rhizoiden der Landformen entsprechende Sprosse, welche be- setzt sind mit zweizeilig gestellten, krallenförmigen Organen. Diese Krallensprosse können in gewöhnliche Ausläufer übergehen. Die Inflorescenzen sind Achselsprosse, von ihnen können 2. B. aus der 'Achsel eines Krallensprosses secundäre Inflorescenzen entspringen. Aus den gegebenen Einzelschilderungen sucht nun der Verfasser allgemeine Schlüsse über den Aufbau der Utrieularien abzuleiten. Es zeigt sich, dass zunächst die Landformen sehr leicht auf einen Typus zurückzuführen sind. Bei allen Arten tritt eine radiäre Keimpflanze auf, deren Achse mit einem Blüthenstand abschliesst. An dieser Keimachse entstehen Blätter, Blasen und Ausläufer und uJiese letzteren bringen in den Achseln der Blätter neue Blüthenstände hervor, die in ihrem Ver- halten dem radiären Keimpross entsprechen. Alle diese landbewohnenden Arten sind wurzellos. Auch die Wasserformen lassen sich auf diesen Typus zurückführen, Nur bleibt bei ihnen die Achse des radiären Keimsprosses sehr kurz und entwickelt gewöhnlich nur einen Ausläufer. Um die Homologieen in der Bildung der Organe zu besprechen, gibt der Ver- fasser zunächst einen kurzen Ueberblick über die äussere Gestaltung derselben. l. Blätter. A. Wasserbewohnende Arten. Es giebt hier viererlei Blattformen: 1. Die feingetheilten gabelig verzweigten Blätter, weiche in zwei Reihen auf den Flanken der fluthenden Wassersprosse stehen. 2. Die krallenförmigen blasenlosen Blätter der oberen aus der Inflorescenzbasis entspringenden Sprosse. 3. Die ganzrandigen Blätter, welche an den rankenartigen Sprossen stehen. 4. Die Schwimmorgane der Inflorescenzen von Uir, inflata und stellaris, welche als Mittelformen zwischen Blättern und Ausläufern geiten können. B. Landbewohnende Arten, Die Blätter stehen hier meist auf der Oberseite der kriechenden Sprosse und kehren dem Vegetationspunkt ihre Unterseite zu, während an den radiären Sprossen die normale Blattorientirung statthat. Es giebt: 1. Blätter ohne Anhangsgebilde. 2. Blätter mit Anhangsgebilden; Blasen und Ausläufern. IL. Ausläufer. 1. Beblätterte Ausläufer. a) Bei Wasserformen schwinımende, zweizeilig beblätterte, axillär resp. supra- axillär verzweigte Sprosse. b) Bei Landformen Sprosse mit weniger regelmässiger Stellung der seitlichen Organe. Meist stehen die Blätter dorsal, die Ausläufer seitlich oder ventral. 269 2. Blasentragende Ausläufer, welche in das Substrat eindringen. 8. Rhizoiden ohne Blätter und Blasen, nur mit kurzen Seitenästchen versehen, Ihnen entsprechen bei den Wasserformen die Krallensprosse. Il. Blasen, Blasen kommen an dem radiären Keimspross, an Ausläufern und an Blättern vor. Sie lassen sich als umgebildete Blattorgane betrachten. Die Form der Blasen ist sehr eigenthünlich und innerhalb der Arten constant, sodass dieselbe bei der Species- Charakteristik sehr vortheilhaft verwendet werden könnte. Es werden drei Blasen- formen eingehend geschildert. 1. Die Blasen der Wasserarten, welche im allgemeinen denen von Uir. vulgaris ähnlich sind. oo. 2. Blasen mit langen Antennen und verlängerter oberer Trichterwand z. B. bei Utr. orbiculata, coerulea, bifida, elachista u. a. 8. Blasen mit weitem, trichterförmigem Eingang und Rüsselbildung z. B. Utr. rosea und Warburgi. Die sehr eingehenden Schilderungen der Blasenformen zeigen, dass diese kleinen Organe eine sehr hohe Ausbildung besitzen. Was nun das gegenseitige Verhältniss von Ausläufern, Blättern und Blasen be- trifft, so ergiebt sich zunächst wit grosser Sicherheit, dass Blätter und Ausläufer homologe Organe sind. Diese Homologie kann in verschiedener Weise aufgefasst werden: 1. Die Ausläufer sind Sprosse und demgemäss die Blätter Phyllocladien. 2. Die Ausläufer sind umgebildete Blätter. 3. Die morphologische Differenzirung der Utrieularien ist so wenig durchgreifend, dass Blätter und Sprosse in einander übergehen können. . Die Ansicht, dass die Blätter der TUiricularien Phyllocladien seien, wird durch die Keimung widerlegt. Bei Utr. montana tritt zuerst ein Laubblatt und eine Blase auf, bei Utr. bifida und affinis ein Laubblatt und ein Ausläufer. Wären diese Gebilde Sprosse, so hätten wir den sonst unerhörten Fall, dass am Embryo gleich zwei Sprosse ohne jede Blattbildung entstehen. Ferner stehen die angeblichen Phyllocladien und die Ausläufer selbst an den radiären Sprossen stets deckblaitlos, Endlich wurde gezeigt, dass Ausläufer an Stelle von Vorblättern von Blüthen auf- treten können. Daraus folgt, dass wenn man die übliche Unterscheidung von Blatt und Spross beibehalten will, die Ausläufer als umgebildete Blattorgane anzusehen sind. Nun ist aber gezeigt worden, dass diese umgebildeten Blattorgane in vieler Beziehung vollständig Charaktere zeigen, die man sonst als den Sprossen eigen- thümlich betrachtet. Es ergiebt sich daraus, dass bei den Utricularien die Grenze zwischen Blatt und Spross vollständig verwischt ist. In der dritten weniger umfänglichen Abhandlung behandelt Goebel die Morpho- logie und Anatomie einiger Limnanthemumarten. Bei Limnanthemum indicum und eristatum entspringen die Blüthenstande aus dem Stiele eines Schwimmblattes. Die Ansicht Eichlers, dass hier die Inflorescenzen ihrem Deckblatt angewachsen seien, ist nicht zutreffend. Vielmehr stehen die Inflorescenzen terminal an einem unten seheidenförmig verbreiterten Spross, an welchem dicht unterhalb des Blüthenstandes das nur kurzgestielte Schwimmblatt inserirt ist. Die ganze Pflanze ist sympodial gebaut. Jede Inflorescenz beginnt mit zwei einander annähernd gegenüberstehenden Vorblättern. Das eine ist ein Niederblatt, welches als Achselspross eine neue In- florescenz besitzt, das andere ein Laubblatt. Das Laubblatt drängt schon frühe den Vegetationspunkt der Inflorescenz zur Seite und stellt sich terminal, so dass der 279 Anschein erweckt wird, als ob der Vegetationspunkt seitlich am Blattstiel entstände. Der Vegetationspunkt bringt dann zunächst ein weiteres Blatt hervor, deren Achsel- knospe mit der des Schwimmblattes und mit der Spitze der Inflorescenzachse bei der Blüthenbildung betheiligt ist. Aus dem Winkel zwischen dem schwimmenden Blatt und der Inflorescenz geht regelmässig ein vegetativer Spross hervor. In bio- logischer Beziehung iet zu bemerken, dass die Lünge der Inflorescenzachse sich nach der Tiefe des Wassers regelt. Das Schwimmblatt gibt der Inflorescenz Halt und bildet einen Hintergrund, von dem sich die weissen Blüthen den Inseeten weit sichtbar abheben. Die Assimilationsproduete des Schwimmblattes können den reifenden Früchten auf kurzem Wege zugeführt werden. Hinsichtlich des anatomischen Baues der Inflorescenzachse und des Blattstieles unterscheiden sich die beiden Sectionen von Linmanthemum wesentlich. Während in der Section Waldschmidtia ein normaler dicotyler Bau vorhanden ist, zeigen diese Organe in der Section Nymphaeanthe ähnliche Verhältnisse wie sie sich bei den Nymphaeaceen finden. Ein stürkeres zusammengesetztes Gefässbündel verläuft central; die peripherischen Bündel anastomisiren unter einander und mit der centralen Bündelgruppe. Limnanthemum aurantiacum bildet lange im Wasser fluthende Sprosse, indem die in der Achsel des Laubblattes der Inflorescenz stehende Knospe die Inflorescenz fortsetzt. Er bildet ebenfalls ein Hochblatt und ein Laubblatt, dessen Achselknospe wieder gleiches Verhalten zeigt, während die Sprossspitze und die Achselknospe des Hochblattes jedesmal mit einer Blüthe endigen. Ghgn. Th. Bokorny, Die Wege des Transpirationsstromes in der Pflanze. Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. 21. Heft 3. 1890. Sachs hat das Verdienst, die Fehlerquellen der früheren, zur Bestimmung der Transpirationsgeschwindigkeit angewandten Methoden durch ausführliche Unter- suchungen festgestellt zu haben. Dieselben sind bekannt. Es liegt kein Grund vor, diese erledigten Fragen noch einmal, dazu mit einer bedauernswerthen Oberflächlichkeit, wie dies in der vorliegenden Abhandlung geschehen, zu behandeln. Wie bekannt, ist schon von Sachs der naheliegende Gedanke zum Versuch gestaltet worden, anstatt der als unbrauchbar erkannten Farbstofflösungen, von transpirirenden Pflanzen Salz- lösungen aufnehmen zu lassen, welche durch eine Farbenreaution sich später in den Geweben nachweisen lassen. Er verwandte z. B. Ferrocyankalium, dessen Nachweis durch Eisen- oder Kupferlösung leicht ist. Ohne der Priorität und dem Scharfsinn B.’s Abbruch thun zu wollen, sei die Bemerkung erlaubt, dass das umgekehrte Ver- fahren in mehreren Laboratorien eingeschlagen wurde, nämlich eine Eisenlösung auf- nehmen zu lassen und nachher mit Ferroeyankälium zu, reagieren. Der Anlass zur Publication einer Abhandlung wurde darin freilich nicht erblickt. Die hier berührten Versuche wurden auch ganz ausschliesslich zur Demonstration verwendet, dass die genannten gelösten Stoffe in die Holzzellwände eintreten. Wissenschaftliche Folge- rungen konnten daraus nicht mehr gezogen werden, nachdem Sachs nachgewiesen, dass mit abgeschnittenen Zweigen oder Pfunzen angestellte Transpirationsversuche ein ganz fehlerhaftes Resultat geben und nachdem derselbe Forscher ferner fest- gestellt, »dass es ganz unzulässig ist, aus der Färbung gewisser Gewebeschichten zu folgern, dass nur diese allein bei der Fortleitung der fürbenden Lösung betheiligt sind«. Damit sind B.’s Versuche eigentlich schon vollständig hinfällig. “ Bokorny, welcher die Aufnahme einer Eisenvitriollösung mit dem nachträglichen Nachweis des Eisens durch Fersoeyankaliun als eine neue Methode hier der Ocflent- 271 lichkeit übergibt, begründet die Nothwendigkeit derselben zunächst durch folgende Ausführungen. Perrocyankaliun sei deshalb als Aufnahmelösung unbrauchbar, weil diese Verbindung durch Eiweisstoffe, welche in den Membranen nachgewiesen seien, der wässerigen Lösung entzogen und festgehalten werden können. Abgesehen davon, dass der Eiweissgehalt der Membranen noch viel zu unvollkommen nach- gewiesen ist um damit rechnen zu können geht das Eisen, wie bekannt, ebenfalls Verbindungen mit Eiweisstoffen ein. Ausserdem ist gerade der Eisenvitriol eine so leicht veränderliche Substanz, dass das Umwechseln der beiden Salze in Bokorny’s Versuchen gar nichts bedeutet. Es ist nur das Zwecknässigere mit dem Unzweck- mässigeren vertauscht worden. Die Rückkehr zu diesen Versuchen überhaupt, welche Sachs nach Benutzung des Lithiums als des besten Indicators, vollständig verworfen, hält der Verf. wegen der zu geringen Genauigkeit der Lithiumversuche für geboten. Das Lithium lässt nach B.'s Ansicht nur Steighöhen in einer gewissen Querzone des Stengels erkennen, während er das Ziel erstrebe, bis auf die einzelne Zelle die Bahnen des Wasser- stromes zu verfolgen (p. 470). Wir müssen zu dem Zwecke voraussetzen, dass die Eisensalzmoleküle der Bokorny’schen Lösung in gleicher Geschwindigkeit mit dem Wasser wandern. Nach B.'s eigenen Angaben ist dies aber nicht der Fall. Es wird (p. 472) mitgetheilt, dass an einem in Eisenlösung tauchendem Streifen Filtrirpapiers das Eisensalz auf eine Strecke von 13 cm schon einen ganzen Centimeter zurückgeblieben sei. In welchem Verbältniss diese Genauigkeit zu derjenigen des Litbiumversuches steht, wo die Differenz der Querzonen vielleicht 1 oder 2 Millimeter beträgt, über- lassen wir dem Leser zu entscheiden. Bokorny hält die von ibm beobachtete Bin- dung des Eisenvitriols für nicht erheblich (p. 472). Dex Verf. hätte bei seiner ganzen Auffassung dieses Versuches natürlich schliessen müssen, dass der Eisenvitriol in der lebenden Pflanze noch bedeutend mehr hinter dem Wasser zurückbleibe. Für uns hat dieser Filtrirpapierversuch freilich überhaupt gar keinen Werth, da dies Papier allerdings aus Pflanzenfasern, lebendige Pflanzengewebe aber nicht aus Filtrirpapier bestehen und Bokorny offenbar durch einen solchen directen Vergleich zu erkennen giebt, dass er die äusserlich ähnlichen, aber zu ganz anderen Zwecken angestellten Versuche von Sachs vollständig missverstanden hat. Bokorny hat eine grössere Anzahl Pflanzen, theils abgeschnitten, theils mit den Wurzeln in die Eisenvitriollösung gestellt und auf die Steighöhe des Wassers aus der Reaction mit Ferrocyankalium geschlossen. Die Resultate haben, wie oben er- "örtert für die Wissenschaft keinen Werth. Es kam dem Verf. aber vorwiegend darauf an, die Wege des Wassers selbst zu bestimmen. Durchgehends ergab die Reaction mit Ferrocyankalium die Aufnahme des Eisens in die Wandungen des Xylems besonders auch der Gefässe, ferner des Sklerenchynis und Collenchyms. B. hält es für ausgeschlossen, dass dds Eisen nur in die Zellwände eingelagert werde, ohne dass diese auch das Wasser leiten. »Diese Befürchtung«, sagt er, »ist nicht zu hegen da eine derartige Zerlegung der Lösung in kaum nennenswerthem Maasse stattfindet (siehe Einleitung)«. Durch das »siehe Einleitungs enthebt sich B. in bequemer Weise jeder Beweis- führung, ohne dass man dort mehr findet als jenen feuchten Streifen Filtrirpapier. Es ist aber ausserdem auch weniger wahrscheinlich, dass gefärbte Gewebe das Wasser nicht leiten, als dass thatsächlich wasserleitende Gewebe sich gar nicht färben, wie Sachs schon nachgewiesen hat. Die ungemeine Feinheit der Bokorny’schen Absicht bis auf Zellen und Zellenbestandtheile die Wasserwege zu erkennen wird durch die völlig verfehlte Methode zum blossen Schein. Flora 1890. 18 972 Der Verf. hebt wiederholt als Resultat seiner Versuche hervor, dass besonders die Zellwandungen einen Eisengehalt erkennen lassen. Man hält daher seine Ver- suche zunächst für Beweise für die Imbitionstheorie. Allein p. 500 sagt B. »da die Tracheiden im Sommer Wasser und Luft führen, wie R. Hartig gezeigt hat, so braucht nicht weiter bewiesen zu werden, dass eine Wasserbewegung im Lumen der Organe möglich iste, — Es wird also ausdrücklich diese der Imbitionstheorie entgegengesetzte Ansicht als richtig anerkannt, von B. aber gleich hinterher gesagt, nach seinen Ver- suchen gestatte auch die Wand die Fortleitung des Wassers, Im darauf folgenden Satze heisst es dagegen: »wenn sich das Eisen auch im Lumen vorfindet, lässt sich natürlich aus dem Eisengehalt der Zellwände nicht schliessen, dass das Wasser in diesen emporgestiegen seie! — Diesem haltlosen Gerede gegen- über fragt man wohl mit Recht, was B. denn eigentlich mit seinen Versuchen beab- sichtigt. Unter wasserleitenden Geweben versteht B. solche, welche das Wasser zur Deckung des Transpirationsverlustes leiten. Dieser Erklärung folgt der Satz: »Es ist dabei nicht entscheidend, ob die betreffenden Gewebe als Wassertransportwege in der lebenden unverletzten Pflanze wirklich benutzt werden«. — Der Autor erklärt also Gewebe für Wasserwege, wenn dieselben auch gar nicht in der Pflanze als solche fungiren, womit er sich beiläufig zum Titel seiner Abhandlung in einen vollständigen Gegen- satz stellt. Mit weleber verblüffenden Oberflächlichkeit B. an die ernstesten wissenschaft- lichen Fragen herantritt, beweist der mit »Ursachen des Saftsteigens« überschriebene Absatz, in dessen Text sich nicht ein Sterbenswörtchen über diese Ursachen findet. B. hält 20 inhaltlose Zeilen der Bände umfassenden Behandlung dieser Fragen durch die namhaftesten Forscher für gleichwerthig. Fassen wir die Kritik zusammen, so lässt sich nur sagen: Die Methode kann von vornherein nur zu unsicheren, unklaren oder nichtssagenden Resultaten führen. Thatsächlich ist auch weder für die Ansicht der Wasserbewegung in den Zellwänden noch für diejenige eines Transportes in den Höhlungen der Zellen irgend ein Anhalts- punkt geliefert. Ebensowenig ist es aber möglich aus den Färbungen zu entnehmen, ob noch andere Gewebe als das Holz, wie z. B. das Collenchym etc. sich an der Wasserleitung‘ betheiligen oder nicht. Was aber die nichtgefärbten Gewebe thun, bleibt selbstverstindlich im Dunkel. Dis Resultat beschränkt sich also nur aufeinige blaue Flecke, welche wohl nur in B.’s Augen eine wissenschaftliche Bedeutung haben. j Dr. A. Hansen. Gustav Hempel und Karl Wilhelm, Die Bäume und Sträucher des Waldes in botanischer und forstwirthschaftlicher Beziehung geschildert. Lief. 1—3. Wien und Olmütz, Verlag von Ed. Hölzel. Nachdem von diesem Werke die ersten drei Lieferungen vorliegen, ist es müg- lich sich eine zuverlässige Vorstellung über die Gestaltung des Ganzen zu machen. Es ist dasselbe der Forstbotanik gewidmet, Bäume und Sträucher des Waldes sollen in naturgeschichtlicher und forstwirthschaftlicher Richtung besprochen werden, nnd zwar so, dass der Text in weitgehendem Maasse durch die bildliche Darstellung unterstützt wird. Demgemäss finden sich in dem Werke nicht nur Holzschnitte (im Texte beigegeben) sondern vor Allem eine grosse Zahl vorzüglicher Farbentafeln Wiihrend die Holzschnitte namentlich anatomische und morphologische Einzelnheiten wiedergeben, sind die Farbentafeln den Habitusbildern gewidmet. Diese Tafeln ge- hören zu den besten Leistungen auf diesem Gebiet, die meisten derselben sind vor- 973 »üglich gelungen und verleıhen deshalb dem Werke einen ganz besonderen Werth. Nur das Grün der Blätter ist in mehreren Fällen nicht ganz natürlich ausgefallen, ganz besonders schön ausgeführt ist dagegen die Darstellung der Coniferenzapfen. Auch der Text zeigt eine eingehende und sorgfältige Bearbeitung. Dem all- gemeinen Theile hätte Referent eine lebensvollere, weniger lehrbuchhafte Darstellung gewünscht, Die Einzelbeschreibungen der einzelnen Waldbäume sind kleine, treffliche Monographien der betreffenden Formen, welche in Verbindung mit den Abbildungen sicher viel zur Verbreitung forstlicher und botanischer Kenntnisse beitragen werden. K. 6. Dr. Eug. Warming, Handbuch der systematischen Botanik. Deutsche Ausgabe von Dr. Emil Knoblauch. Mit 573 Abbildungen. Berlin 1890. Eine Uebertragung ausländischer botanischer Werke in das Deutsche hat in den letzten Jahrzehnten nur äusserst selten stattgefunden. In der That ist ja auf den meisten Gebieten, auch dem der Lehr- und Handbücher die »home-production« bei uns eine so ausgedehnte, dass ein Bedürfniss nach Vebersetzungen nicht besteht. Das vorliegende Handbuch füllt aber trotzdem eine Lücke in sehr erwünschter Weise aus, Es ist eine unter Mitwirkung des Verfassers zu Stande gekommene deutsche Bearbeitung des »Handbog i den systematiske botanik«, welches den Fachleuten zwar schon durch seinen sorgfältig und methodisch bearbeiteten reichen Inhalt be- kannt, weiteren Kreisen aber wegen der Sprache, in der das Original erschien, nicht zugänglich war. Die neuere Litteratur hat bei der vorliegenden deutschen Bear- beitung eingehende Berücksichtigung gefunden; auch sind zahlreiche morphologische und biologische Angaben aufgenommen worden. Die Anordnung erfolgte in der Weise, dass Formen, welche als weniger einfach, mit reicherer Arbeitstheilung aus- gestattet oder als redueirt erscheinen, als jünger angesehen und den »einfacheren« vollzähligeren oder reicheren Formen nachgestellt werden; ein Princip, welches als ausserordentlich lehrreich bezeichnet werden muss, wenn auch natürlich nicht überall die Entscheidung über die Anordnung eine zweifellose ist‘). Von kleinen Ausstellungen, welche dem Ref. bei Durchsicht des Buches aufgestossen sind und wie man sie ja wohl in jedem Werke, welches auf so zahlreiche Einzelheiten Rücksicht zu nehmen hat, wird finden können, seien hier genannt: pag.2. Der Generationswechsel der Muscineen ist nicht glücklich charakterisirt wenn gesagt wird I. Vorkeim und das ganze Ernährungssystem Il, ein kapselartiger Sporenbehälter mit Sporen. Wesentlich für I ist ja bekanntlich der Besitz von Ge- schlechtsorganen. pag.135. Die Angabe, dass die Schachtelhalme Sporen haben, welche zwei Arten von Vorkeimen entwickeln, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig, Man kann, wie Buchtien gezeigt hat, aus antheridientragenden Vorkeimen archegonientragende erziehen und umgekehrt. pag.138. Die Ansicht, die Sporangien seien »eigenthümlich ausgebildete Haare« dürfte denn doch eine veraltete sein. Unrichtig ist die Angabe über die Insertion der Cilien der Farn-Spermatozoiden, dieselben stehen nicht »auf einer Kante des Vorderendess, wie früber angenommen wurde. Dass die Farnblätter (pag. 142) zu ihrer Entwicklung mehrerer Jahre bedürfen, gilt nur für eine Anzahl Formen, keineswegs für alle; Osmunda trägt die Sporan- 1) Bei den Ranunculaceae z. B. würden wohl die Anemoneae vor die Ranuncu- leae zu stellen sein, welch letztere viel mehr unigebildete Blüthen zeigen. 27% gien nicht nur »auf dem Rande« der fertilen Blattabschnitte, sondern auch auf der Ober- und Unterseite derselben, Nicht klar ist es Ref. geworden, warum für Musa Ensete pag. 226 angeführt ist, >gedeiht auch im Freien, z. B. im Schlossgarten zu Friedrichshafen am Bodensees. Denn dass Musa Ensete im Sommer ausgepflanzt wird, und dann auch recht gut gedeiht‘), ist wohl in jedem botanischen Garten und auch an zahlreichen andern Orten üblich, und anders dürfte es wohl auch in Friedrichshafen nicht sein. Die Abbildungen (von denen viele Copieen sind) sind mit wenigen Ausnahmen gut und instructiv. Als solche Ausnahmen seien genannt: Fig. 267 (Colchicum), 384 (Nepenthes), 479 (Pisum), 532 und 583 (Utrienlaria; letztere Figur, eine Copie der bekannten Cohn’schen Abbildung, stellt einen schiefen, nicht medianen Blasen- längsschnitt dar, und ist auch bezüglich des Blaseneingangs nicht richtig). Alles in Allem hält Ref. das vorliegende Buch für die beste Einführung in die systematische Botanik, welche wir derzeit haben. k .6. Dr. Ferd. Pax, Allgemeine Morphologie der Pflanzen, mit besonderer Berücksichtigung der Blüthenmorphologie. Mit 126 in den Text ge- druckten Abbildungen. Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke. 1890. Preis 9 Mark. Der Verfasser stellt sich als Aufgabe, die Hauptergebnisse der pflanzlichen Mor- phologie in einem für die Studirenden bestimmten Buche zusammenzufassen. Nach einer kurzen, die allgemeine Differenzirung des Pflanzenkörpers und die Methode der Untersuchung besprechenden Einleitung wird im ersten Theil die Morphologie der Vegetationsorgane geschildert, im zweiten die der Reproductionsorgane. Was die Art und Weise der Behandlung des Stoffes betrifft, so kann Ref. die Eintheilung des Ganzen nicht für eine glückliche halten. Von den Angiospermen auszugehen und Gymnospermen und Pteridopkyten mehr anhangsweise zu betruchten, das mag für die allererste Einleitung in die Morphologie berechtigt sein, weil dieser Gang gestattet an allgemeiner bekannte und leicht zugängliche Verhältnisse anzu- knüpfen. Für ein Handbuch aber, welches eine allgemeine Orientirung schon voraus- setzt, ist der umgekehrte Weg der richtige. Der Schlüssel für das Verstündniss der Blüthenbildung liegt bekanntlich bei den Pteridophyten. Eine vergleichende Schilde- rung von Sporophyli und Sporangium, eine eingehende Durlegung der Blüthenbildung der Cycadeen wird dem Studirenden ein klares Verständniss der Verhältnisse der angiospermen Blüthen vermitteln, welche keineswegs die einfachsten, sondern die complicirtesten sind, welche wir kennen. Hätte der Verfasser diesen Weg einge- schlagen, so würde er auch wohl kaum die veraltete Ansicht beibehalten haben, dass man (pag. 6) »alle Organe der höher entwickelten Gewächse den morphologischen Begriffen, Wurzel, Achse, Blatt, unterordnen kanne. Das sind eben die Vege- tationsorgane, von denen die alte Morphologie die Fortpflanzungsorgane nicht gehörig unterschied. Es ist aber diese Unterscheidung gerade eines der nicht am wenigsten wichtigen Ergebnisse der neueren Morphologie; ist denn z. B.das Archegonium von Pinus vielleicht ein Trichom? Oder der Pollensack von Cycas eine »Eiwnergenz« ? Das wären doch reine Spielereien mit Worten, welche gegenüber den klarerkannten Homologien nicht in Betracht kommen können. Der Verf, versteht ferner unter all- 1) Auf dasselbe kommt es natürlich heraus, wenn die Musa im Boden bleibt, aber im Winter unter ein Glasdach kommt, 275 gemeiner Morphologie offenbar etwas Anderes, als heutzutage wohl die meisten übrigen Botaniker. In einer allgemeinen Morphologie erwartet man die allge- meinen Regeln der Gliederung des Pflanzenkörpers zu finden. Wir finden nirgends 2. B. etwas von der Correlation der Organe, von der »Polarität«, von der Einwirkung Ausserer Factoren, von der Vererbung, den Rückschlagserscheinungen, von der enge damit zusammenhängenden Frage, inwieweit allen Zellen ursprünglich gleiche Eigen- schaften zukommen ete.'). Dagegen setzt der Verf. auseinander, was man unter einen gelappten, einem gespaltenen, getheilten, geschnittenen etc. Blatte versteht. Das sind Dinge, die meiner Ansicht nach in eine allgemeine Morphologie nicht gehören, es sind das Definitionen, die man sonstwo leicht nachschlagen kann; früher bestand wohl die »Morphologie« in einer blossen Terminologie, welche dem Studirenden das Verständniss der in den Diagnosen verwendeten Kunstausdrücke vermitteln sollte, heute ist der Inhalt dieser Diseiplin aber ein andrer tieferer geworden. Im Uebrigen hat der Verf. ohne selbst Neues zu bieten, sich bemüht, das ihm wichtig erscheinende fleissig zusammenzustellen, wobei namentlich anzuerkennen ist, dass er auch ihm ferner stehenden Richtungen, wie der Entwicklungsgeschichte, ge- recht zu werden sucht. Nicht zu billigen ist der Ballast von unnötbigen Fremd- worten, welche es schliesslich noch dahin bringen werden, dass man Botanik nicht ohne Hilfe eines besonderen Lexikons studiren kann. Dahin gehören Proanthesis (pag. 36), Opsigonie und Metanthesis (pag. 37) Thallidien (pag. 45) und Anderes. Auf einzelne Ausstellungen soll hier nicht weiter eingegangen werden. Erwähnt sci nur, dass die Art und Weise, wie der Verf. die Blattstellung zu erklären versucht, nicht geglückt ist. Er sagt (pag. 64) »daraus würde zunächst eine zweizeilige Anord- nung folgen; indess ist ebenso leicht einzusehen, wie bei grösserer Zahl der Blatt- anlıgen am Vegetationspunkt und bei rascher Aufeinanderfolge derselben, die conse- cutiven Anlagen sich mehr oder minder schief gegenüberstellen müssen, woraus eben eine spiralige Anordnung sich mit Nothwendigkeit ergiebt«. Das ist ganz unklar. Dass die Ansicht von Müller über die einfuchen Cucurbitaceenranken, welche Pax auf pag. 110 wiedergibt, nicht richtig ist, hätte der Verf. aus meinen und Kunf- holz’s Angaben ersehen können; bezüglich der Mikrosporen scheinen ihm die neueren Arbeiten entgangen zu sein, welche zeigen, dass die Entwicklung derselben bei allen heterosporen Pteridophyten im Wesentlichen gleich erfolgt. Die Abbildungen stellen zum grössten Theil Copien dar, deren technische Aus- führung (wie es scheint durch Zinkographie) nicht als schön bezeichnet werden kann. Iın Ganzen betrachtet, ist das vorliegende Buch eine recht fleissige Compilation, die in keiner Richtung etwas Neues bringt, allgemeinere Fragen vermeidet, viel zu wenig ausführlich ist, um etwa als Nachschlagewerk dienen zu können und methodo- logisch theilweise auf einem veralteten Standpunkt steht. Wir können somit nicht sagen, dass es eine Lücke in der botanischen Litteratur ausfülle. K. G. 1) Man wende nicht ein, derartige Fragen gehörten in die »Physiologie«. Die Entwicklung der Wissenschaft in den letzten Jahren hat zur Genüge gezeigt, dass Morphologie und Physiologie sich nicht trennen lassen, und auf das Grenzgebiet beider verzichten, heisst gerade den Theil der Morphologie ignoriren, welchem eine reiche Zukunft gehört, 276. Dr. Carl Müller, Medicinalflora. Eine Einführung in die allgemeine und angewandte Morphologie und Systematik der Pflanzen, mit besonderer Rücksicht auf das Selbststudium für Pharmazeuten, Medieincr und Studirende bearbeitet. Mit 380 in den Text gedruckten Figuren. Berlin, Verlag von Julius Springer. 1890. Preis 8 Mark. Einem neuen Lehrbuch wird man zunächst — bei der-Menge der schon vor- handenen — mit einem gewissen Misstrauen entgegenkommen. Das vorliegende Buch hat indess die Aufgabe, die es sich stellte, in trefflicher Weise gelöst, und kann den auf dem Titel genannten Kreisen bestens empfohlen werden. Es soll dem Selbst- studium der Botanik (namentlich für Pharmazeuten) in der Zeit vor dem akademischen Studium dienen und es erfüllt diesen Zweck, indem es — ohne shöhere« wissenschaft- liche Prätensionen — in klarer präciser Weise das vorträgt, was dem Pharmazeuten etc. vor Allem zu wissen wichtig ist. Auch die Abbildungen sind, wenn auch viel- fach nicht gerade schön ausgeführt, zum grössten Theil recht zweckentsprechend ; bei einer zweiten Auflage wäre eine ausgedehntere Beigabe von Habitusbildern erwünscht, die aber nicht zu klein sein dürfen. Wer z. B. die Sagopalme (Metroxylon Rumphii) nach der (einem andern Lehrbuch entlehnten) Fig. 107 erkennen wollte, würde sich unter den Fiederpalmen wohl schwer zu einer Wahl entschliessen können. Auch einige andere Habitusbilder, z. B. die der Ophrydeen, lassen zu wünschen übrig. Im Texte würden einige Streichungen (namentlich von terminologischen Anführungen und morphologischen Finzelheiten) von Vortheil sein. Es ist dem Buche in pharmazeutischen Kreisen (die in der That, wie der Verf. in dem Vorwort richtig bemerkt, das grösste und strebsamste Contingent der Hörer botanischer Vorlesungen stellen) eine weite Verbreitung zu wünschen, da es dem /wecke, der auf dem Titel angegeben ist, gerecht wird, und eine gute Grundlage für weitere Studien darbietet. K. 6. Eingegangene Litteratur. Beck v. Mannagetta, Einige Bemerkungen zur systematischen Gliederung unserer Cruciferen. 8.-A. aus d. Sitzungsberichten der k. k. zoolog.-bot. Gesellschaft in Wien. Bd. XL, 5. März 1890. . — — Die Nadelhölzer Niederöstereichs. S.-A. ans den Blättern des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich. Jahrgang 1890. , Bennet, Reproduction among the lower forms of vegetuble life. From Trans. Biol. Soc., L’pool. Vol. IV, 1890. Büsgen, Untersuchungen über normale und abnorme Marsilienfrüchte. S.-A. aus »Flora«. Heft IT. 1890. Burck, Ueber Kleistogamie im weiteren Sinne und das Knight-Darwin’sche Gesctz. Aus dem Holl. Manuskript übersetzt von Dr. P. Herzson. Extrait des Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg. Vol. VII. Coulter and Evans, A Revision of North American Cornaceae. T. From the Botanicae Gazette. vol. XV. No. 2. Denkschriften der kgl. bayr. bot. Gesellschaft zu Regensburg. 6. Bd. Inhalt: Singer, Geschichte der k. b. bot. Gesellschaft in Regensburg. Arnold, Die Lichenen des fränkischen Jura. Weiss, Beiträge zur Kenntniss der Kork- ildung. ° „277 Fischer, Emil, Synthese der Mannose und Lävulose. $8.-A. aus d. Ber. der deutschen Chemischen Geseilschaft. Jahrg. XXIIl. Heft 3. — — Synthese des Traubenzuckers. S.-A. aus d. Ber. d. deutschen Chemischen Ge- sellschaft. Jahrg. XXIIL. Heft 5. j Fritsch, Beiträge zur Kenntniss der Chrysobalanaceen. Tl. Descriptio specierum novarum Hirtellae, Couepiae, Parinarüi. S.-A. aus den Annalen des k. k. naturhist. Hofmuseums. Bd. V. Garcke, Was ist aus Astropus tomentosus Spr. geworden? S$.-A. aus Engler’s bot. Jahrbüchern. 11. Band. 5. Heft. 1890. — — Ueber Cassine domingensis Spr. S.-A. aus Engler, bot. Jahrbücher. XI. Band. 4. Heft. j Gibson u. Miss Warham, Note on the stinging hairs of Urtica Dioiea, 8.-A. aus Proc. L’'pool Biol. Soc. vol. IV. PL I. Guignard, Sur la localisation dans les nmandes et le laurief-cerise des prineipes qui fournissent l’acide cyanhydrique Extr. du Journal de Pharmacie et de Chimie. 1890. — — Reponse & la derniere note de M. Van Beneden fils. Extrait des comptes . rendus des seances de la Societe de Biologie. ler mars 1890. — — Etude sur les phenomenes morphologiques de la fecondation. Extrait du Bulletin de la Societe Lotanique de France. Tome XXXVI. Haberlandt, Das reizleitende Gewebesystem der Sinnpflanze. Leipzig, Wilh. Engelmann. Hansen, A., Die Ameisenpflanzen. Aus: »Prometheus« No. 25. Hegelmaier, Ueber einen Fall von abnormer Keimentwickelung. S.-A. aus »Jahres- hefte des Vereins für vaterl. Naturkunde in Württ.« 1890. Heinricher, Ueber einen eigenthümlichen Fall von Umgestaltung einer Oberhaut und dessen biologische Deutung, 8.-A. aus den Sitzungsberichten der kais. Akademie d. Wissenschaften in Wien. Math.-naturw. Classe; Bd. XCIX, Ab- theilung 1. Febr. 1890. Jost, Die Erneuerungsweise von Corydalis solida Sm. S8.-A. aus der Bot. Zeitung 1890. No. 17-19. Kamienski, Recherches sur la famille des Lentibulariees (Utricularieds). Odessa 1890. (Russisch). Kihlmann, Bericht einer naturwissenschaftlichen Reise durch Russisch Lappland im Jahr 1889. S.-A. aus Pennia, Bulletin de la Soeiete de Geographie de Fin- lande, 8, No. 6. — und Palmen, Die Expedition nach der Halbinsel Kola im Jahr 1887. S.-A. aus Fennia, Bulletin de la Societ& de Geographie de Finlande, 8, No. 5. Klein, L., Ueber den Formenkreis der Gattung Volvox und seine Abhängigkeit von äusseren Ursachen. S9.-A. aus »Hedwigia«. 1890. Heft 1. — — Vergleichende Untersuchungen über Morphologie und Biologie der Fortpflanzung bei der Gattung Volvox. S.-A. aus Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. Band V. Heftl. Koch, L., Die Paraffineinbettung und ihre Verwendung in der Pflanzenanatonie, S.-A. aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wissensch. Botanik. Bd. XXI. Heft 3, Koehne, Die Gattungen der Pomaceen. Wissenschaftl. Beilage zum Programm des Falk - Realgymnasiums zu Berlin. Ostern 1890. Krabbe, Untersuchungen über das Diastaseferment unter specieller Berücksichtigung seiner Wirkung auf Stärkekörner innerhalb der Pflanze. S.-A. aus Pringsheim’s Jabrbüchern für- wissensch. Botanik. Band XXI. Heft 4. 1890. Lindberg, Eine merkwürdige Euphorbia. S8.-A. aus »Gartenflora«. 37. Jahrgang- — — Rhipsalis pulvinigera G. A. Lindberg u. sp. 8.-A. aus »Gartenflora«. Jahr- gang 1889. Heft 7. — — Rhipsalis Regnelii G. A. Lindberg u. sp, $S.-A. aus »Gartenflora«. Jahrgang 1890. Heft 5. — — Lepismium (?) dissimile G. A. Lindderg u. sp. S.-A. aus »Gartenfloras. Jahr- gang 1890. Heft 7. Mattirolo, Sulla funzione della Linea lucida nella cellule Malpighiane. Estr. dagli Atti della R. Academia delle Scienze di Torino. vol. XXV. -- — Sul valore sistematico della Saussurea depressa Gren., nuova per la Flora Italiana. Aus: Malpighia, anno II. vol. III. 278 Migula, Die Characeen. Rabenhorst’s Kryptogamen-Flora. 5. Bd. 2.1.3. Lieferung. Müller, Ferd. v., Second systematic census of Australien plants, with chronologie, literary and geographie annotations. Part. L Vasculares, Melbourne 1889. — — Inauzural adress. Reprinted from the Transactions of the Australasian Asso- eiation for the Adrancement of Science — — Brief report on thn Papwan Highland plants, gathered during Sir William Maggregor's expedition in May and June 1859, Pax, Allgemeine Morphologie der Pflanzen. mit bes. Berücksichtigung der Blüthen- morphologie. Verl. v. Ferdinand Enke, Stuttgart. 18%. Proceedings ofthe California Academy of Sciences. Vol. II. v. Sachs, History of Botany (1530—1860). 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Overgedxrukt uit Botanisch Jaarboek uitgegeven door het Kruidkundig genootschap Dodonaea te Gent. Tweede Jaargang. 1890. Stitzenberger, Lichenaea Africana. St. Gallen. In Commission bei A. und J. Köppel. 1890. Strasburger, Die Vertreterinnen der Geleitzellen im Siebtheile der Gymnospermen. 1890. XII. 8.-A. aus den Sitzungsberichten der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Sturgis, On the carpologie structure and development of the Collemaceae and allied groups. Reprinted from the Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences. Vol. XXV. Volkens, Ueber Pflanzen mit lackirten Blättern, 8.-A. aus d. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1890. Band VII. Warming, Handbuch der systematischen Botanik, deutsche Ausgabe mit 573 Ab- bildungen. Berlin, Gebrüder Bornträger. — — Om Caryophyllaceernes Blonster. Saertryk af den botaniske Forenings Fest skrift. Kjobenhavn 1890. Weiss, J. E., Beiträge zur Kenntniss der Korkbildung. S8.-A. aus »Denkschriften der kgl. bayr. Botanischen Gesellschaft zu Regensburge. VI. Band. Zimmermann, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung, Tübingen. — — Ueber die Chromatophoren in panachirten Blättern. S.-A. aus d. Ber. der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrgang 1890. Band VIIL Heft 3. . — - Botanische Tinetionsmethoden. 8.-A. aus der Zeitschrift für wissensch. Mi- kroskopie u. für mikr. Technik. Band VIL 1890. Marburg. Universitäts-Buchdruckerei (R. Friedrich). BOTANICH.. GARDEN. Die Nährschicht der Samenschalen. Von A J. Holfert. (Hierzu Tafel XI und XIL) a Der Bau der Sammenschalen, einzelner Arten sowohl, wie ganzer Gat- tungen, ist bereits häufig Gegenstand eingehender Untersuchung gewesen. Alle darauf bezüglichen‘ Arbeiten jedoch, mögen dieselben monographi- scher Natur sein oder die Systematik einzelner Gattungen zum Zweck haben; oder mögen ihnen prineipielle Fragen zu Grunde liegen, sind im Wesentlichen rein anatomisch. Nur hier und da finden sich, besonders unter den Arbeiten der letzteren Art, Andeutungen über die Physiologie der Samenhülle. Dieselben sind im Verhältniss zu der übrigen, reichen Samen schalen-Litteratur jedoch nur spärlich zu nennen. Es kommen von diesen Notizen die in den Arbeiten von Marloth !), Tschirch ?), Haberlandt°®) ent- haltenen Angaben allein in Betracht. Alles daselbst erwähnte jedoch be- zieht sich äuf die Funktion der Hartschichten (Selereidenschichten Tschirch). Ueber die übrigen, dünhnwandigen Gewebeparthieen der Samen- schale sind zusammenhängende Untersuchungen überhaupt noch nicht vorgenommen worden. Wenngleich sich auch hierüber gelegentliche Bemerkungen allenthalben vorfinden, so hat man doch planmässig diese Gewebe auf ihre physiologische Bedeutung noch nicht studirt und alle später zu erwähnenden Bemerkungen in entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten sind nur gelegentliche. Die Bedeutung der im reifen Samen obliterirten oder nicht obliterirten, zartwandigen Gewebeelemente erwähnt erst Tschirch. Auch der Name »Nährschicht bez. Nährgewebe der Samen- schalen«e wurde diesem Gewebe von Tschirch gegeben. Derselbe sagt darüber *) folgendes: i »Wenn man Samen anatomisch untersucht, so findet man fast regel- mässig, meist unter der sogenannten Hartschicht, d. h. der sclerenchy- matischen Hülle, eine Zone, die in den Lehrbüchern als »collabirt, obliterirt« oder dergleichen beschrieben wird (Lupinus luteus). Diese Zone obliterirter Zellen ist aber nur im reifen Samen in diesem Zustande vor- handen, im unreifen Samen sind die Zellen ganz normal ausgebildet, 1) Marloth, Mechanische Schutzmittel der Samen. Engler’s hotan. Jahrb. 1883, IV. Bd., IIT. Heft. 2) Tschirch, Beitr. z. Kenntn. d. mech. Gew.-Systems. Pringheim’s Jahrb, Bd. 16, Ss. 312. 3) Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, S. 275. Leipzig 1884. — Haber- landt, Schutzeinrichtungen d. Entw. der Keimpflanze. 4) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie 8.459. Wien 1889. Flora 1890. 19 280 führen reichlich Wasser, Stärke, ja sogar Chlorophylikörner. Diese Schicht, der ich den Namen »Wassergewebe« oder, da sie im unreifen Samen stets ') transitorische Stärke führt, »Nährschieht« gegeben habe, dient dazu, den reifenden Samen mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen und seine völlige Entwicklung zu sichern. Sobald der Same reif geworden ist, fällt diese Schicht für gewöhnlich so stark zusammen, dass — wie beim Keralenchym — die Zelllumina nur als zarte Linien noch erkennbar sind. Bei Lupinus luleus, wo ich ihr Verhalten beim Reifen genau ver- folgt habe, sinkt in Folge dessen die Dicke der Samenschale beim Reifen des Samens auf die Hälfte herab«. Im Anschluss hieran ertheilte mir Herr Professor Tschirch die Aufgabe, einestheils über die Verbreilung der Nährschicht bei den Samenschalen. einzelner Pflanzenfamilien Untersuchungen anzustellen und anderntheils an der Hand eines so gewonnenen, umfangreichen Materials die anatomischen Verhältnisse sowie die physiologische Bedeutung der Nährschicht weiter zu studiren. Dass die Lösung meiner Aufgabe in dem gestecklen Rahmen nicht im Entferntesten erschöpfend sein kann, da ich nur die hauptsächlichsten Familien und aus diesen nur je einige, oder gar nur einen Vertreter heranziehen konnte, liegt auf der Hand; doch glaube ich, nichtsdestoweniger ein Bild zu geben, welches in Gombination mit dem über Samenschalen der einzelnen Familien bereits Bekannten, Folgerungen auf verwandte Arten und selbst Galtungen in allgemeinen Umrissen nicht unberechtigt erscheinen lässt. Andrerseits jedoch enthalte ich mich, bezüglich der Verbreitung der Nährschicht, jeder Muthmassung und Verallgemeinerung, denn die Erfahrung hat gelehrt, dass der Bau der Samenschalen innerhalb einzelner Familien ein sehr verschiedener seinkann. Während bei manchen Familien (Papilonaceen, Dipsaceen, Compositen, Umbelliferen, Gramineen) ein allgemeiner Bauplan in allen untersuchten Fällen zur Erscheinung kommt, sind bei anderen die Verschiedenheiten so gross, (Rosaceae, Pa- paveraceae, Ranunculaceae) dass selbst von Andeutungen eines gemein- samen Bauplanes nicht mehr die Rede sein kann. Nächst der Verbreitung der Nährschicht interessiren zunächst Art und Wesen derselben und sodann die Fragen: Welche Auf- gabe fällt dieser Schicht während der Entwicklung des Samens und welche Aufgabe nach der Reife desselben zu? sowie zweitens: Wodurch wird die Nährschicht bei denjenigen Samenschalen, denen sie mangelt, ersetzt, beziehentlich warum ist hier ihre Anwesenheit nicht nothwendig? Beide Fragen werden durch eine grosse Anzahl von Nebenfragen complieirt, welche sich in logischer Folge aus den Hauptfragen entwickeln und ihre Beantwortung greift stellenweise ineinander. 1) Wir werden unten schen, dass es einige wenige Ausnahmen giebt. 281 Die prineipielle Lösung dieser Fragen wird die Aufgabe des folgenden Allgemeinen ’[heiles meiner Arbeit sein. In dem zweiten Speciellen Theile finden sich dann die Belege dafür. Mit der im zweiten Theil enthaltenen Wiedergabe meiner Einzelbeobachtungen beantwortet sich gleichzeitig die Frage nach der Verbreitung der Nährschicht, soweit ich diese feststellte, von selbst. Allgemeiner Theil. Um in allen Punkten richtig verstanden zu werden, ist es nöthig, folgende Definition der Nährschicht vorauszuschicken. »Die Nährschicht der Samenschalen ist ein (transito- risches) Speichergewebe und besteht aus Parenchymzellen, deren Inhalt während des Reifungsprocesses zu secun- dären Membranverdickungen anderer Gewebeparthien der Samenschale verbraucht wird. Die Nährschicht tritt in einer oder in zwei, durch Hartschichten getrennten Lagen auf. Im reifen Samen hat das Gewebe der Nährschicht seine Bestimmung erfüllt und ist meist ganz oder theil- weise obliterirte«. Ferner muss ich vorausschicken, dass meine Untersuchungen, hiervon ausgehend, folgende drei Typen ergaben, welche dem zweiten, Speciellen Theile zu Grunde gelegt sind. Typusl. Es sind einerseits eine, beziehentlich mehrere Nährschichten und andererseits Zelllagen mit secundären Membranverdickungen (Hart- oder Schleimschichten oder starkwandige Zelllagen) vorhanden. Typus Il. Es ist eine Nährschicht vorhanden, dagegen fehlen Zell- lagen mit seeundären Membranverdickungen. Typus III. An Stelle der Nährschicht ist ein nicht obliterirendes Parenchym’ vorhanden. Zelllagen mit secundären Membranverdickungen fehlen, Die Erfahrung lehrte, dass in den weitaus meisten Fällen Typus I auftritt und zwar vertheilen sich die 174 untersuchten Samenschalen nach der Proportion: Typus 1:1:1N = 139:19:12, also rund etwa wie 14:2:1. Da die Wahl des Untersuchungsmaterials eine durchaus unbe- einflusste war, und nur von dem Bestreben geleitet wurde, die ver- schiedensten Familien heranzuziehen, da ferner aber von umfangreichen Familien auch eine entsprechende Anzahl Gattungen zur Verwendung kam, so steht zu erwarten, dass das hier gefundene Verhältniss auch annähernd das in der Natur thatsächlich obwaltende sein dürfte. Beiläufig muss ich noch erwähnen, dass ich den Begriff »Samenschale« im entwicklungsgeschichtlichen Sinne gebrauche und darunter nur die 19* 282 aus dem, bez. aus den Integumenten hervorgegangenen Schichten verstehe, nicht wie Marloth und Haberlandt, von denen Ersterer ') die Fruchtschalen der Caryopsen, Letzterer?) auch das Endosperm der Samen zur Samen- schale rechnet. Anatomisch richtig ist das Parenchym der Nährschicht zwar in den meisten. entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten beschrieben worden, nicht so aber bei den Untersuchungen reifer Samen; denn wie schon Schleiden darauf hinwies, dass eine Beschreibung der fertigen Samenschalen bezw. deren einzelnen Schichten ohne Berücksichtigung der Entwicklungsgeschichte derselben eine unzulängliche sei®), so hat auch in der That die Nähr- schicht in allen Fällen, wo reife Samenschalen beschrieben wurden, eine falsche Beurtheilung erfahren. Zum Mindesten aber hat sie wegen ihrer unscheinbaren, oft ohne Quellungsmittel kaum erkennbaren Form, eine meist nur nebensächliche Berücksichtigung gefunden. Von entwicklungs- geschichtlichen Arbeiten sind zu nennen diejenigen von Bachmann ®), Lohde®), Fickel®), Haberlandt”), Röber®), Kudelka®), sowie auch ferner die von Uloth!) und Chatin!!), Beschreibungen reifer Samenschalen lieferten unter Anderen Harz!?), Nobbel), Ghalon'), Schroeder!), Sempolowski!%), Strandmark!”), Ferner 1) Marloth, Ueber mechan. Schutzmittel d. Samen. 2) Haberlandt, Die Schutzeinr. in der Entwick]. der Keimpflanze. — Haberlandt, Ueber d. Entw.-Gesch. u. d. Bau der Samenschale bei Phaseolus. 3) Schleiden, Grdzge. d. wissensch. Botan. Leipzig 1850. 8. 386. 4) Bachmann, Darstlg. der Entw.-Gesch. u. d. Baues d. Samensch. d. Scrofularineen. Halle 1881 und Nova acta der Kaiserl. Leop. Carol. Deutsch. Acad. d. Naturforsch. Ba. XLII. No. 1. 5) Lohde, Ueb. d. Entw.-Gesch. u. d. Bau einiger Samensch. in: Schenk-Luerssen Mittheilungen. II. 1. 6) Fickel, Ueber die Entw.-Gesch. d. Samensch. einiger Cucurbitac. Bot. Ztg. 1876, S. 738, 7) Haberlandt, Ueb. d. Entw.-Gesch. u. d. Bau d. Samensch. bes. d. Gattung Phaseolus. Sitzber. d. Acad. d. Wissensch. Wien. Bd. LXXV. 1. Abth. 1877. 8) Röber, Ueb. d. Entw.-Gesch. u. d. Bau einiger Samensch. 9) Kudelka, Ueb. d. Entw.-Gesch. u. d. Bau der Frucht- u. Samensch. unserer Cerealien. ° 10) Uloth, Ueb. Pflanzenschleim u. s. Entst. i. d, Samenepid. v. Plantago maritima u. Lepidium sativum. Flora 1875. 11) Chatin, Etudes sur le developpement de l’ovule et de la graine dans les Serofularindes, les Solandes, les Borragindes et les Labides. Annales des sciences natur. Ser. V. 1. 19. 1874. ” 12) Harz, Landwirthschaftliche Samenkunde. 13) Nobbe, Handbuch der Samenkunde. 14) Chalon, La graine des Legumineuses, 15) Schroeder, Landw. Versuchsstationen. Bd. XIV. S. 179. 16) Sempolowski, Landw. Jahrbücher des Preuss, Staats. Bd. IIL 1874. 8. 854. 17) Strandmark, Bidrag till kännedomen om fröskalets byggnad. Lund 1874. 283 finden sich Abbildungen in Tschirch’s Anatomie und anderen Hand- büchern. Die Beschreibung der obliterirten Nährschicht ist in diesen Arbeiten, wie schon erwähnt, theilweise unzutreffend zu nennen. So bezeichnet beispielsweise Nobbe !) die obliterirte Nährschicht der Papilionaceen als »aus flachen, etwas schwellkräftigen, korkähnlich verzerrten Zellen be- stehend. Harz nennt das obliterirte Gewebe theilweise »gequollenwandig«. Ich habe dies in den betreffenden Fällen unzutreffend gefunden und vermuthe, dass diese Täuschungen auf den Zusatz von Quellungsmitteln (Kalihydrat oder zuweilen schon Wasser) zurückzuführen sind. Sempolowski behandelt die Nährschicht der Papilionaceen und Cruei- feren sehr kurz. Er scheint derselben keinerlei Bedeutung zuzuschreiben und enthält sich jeder Vermuthung über deren physiologische Funktion. Bachmann bezeichnet die Nährschicht im obliterirten Zustande in ihrer ganzen Mächtigkeit als eine »dünne Lamelle« und glaubt an ihre Resorption. An anderer Stelle?) nennt er sie (bei Rhinanthus) eine Lage mit paralleler Strichelung. Auch physiologische Deutungen wurden, wie schon erwähnt, ge- legentlich, meist anbangweise versucht. Als im Allgemeinen richtig sind darunter diejenigen von Lohde und Röber zu bezeichnen. - Lohde sagt am Schlusse seiner Arbeit: »Findet man in der reifen Samenschale Zelllagen, deren Beschaffenheit nicht auf einen physiologischen Zweck schliessen lässt, so sind es Ueberreste von Zellparthieen, welche durch die Produktion von Bildungsstoffen einen bedeutenden Antheil an denjenigen Theilen der Testa nahmen, welche für den reifen Samen so wichtig wurden. Sie bereiteten das, was die anderen Zellparthieen zum Besten des ganzen verwertheten«. . Röber äussert sich über die Nährschicht folgendermassen: »Auffallend ist die Erscheinung, dass alle mit homogenem Plasma erfüllte Zellen während den mittleren Entwicklungsstadien eine bedeutende Grösse er- reichen, aber dünnwandig bleiben, oft bis zum Verschwinden zusammen- gepresst werden und überhaupt für den reifen Samen ohne Werth sind«. Bachmann dagegen äussert sich am Schlusse seiner Arbeit (Ueber die Samenschalen der Scrofularineen), welche sich sonst durchaus im Rahmen dieser Ueberschrift hält, merkwürdigerweise folgendermassen: »Fast in jedem Samen, gleichviel aus welcher Familie er stammt, ist. ein Theil des ehemaligen Gewebes des Integuments zu einer dünnen Lamelle zusammen- gepresst oder resorbirt worden. Der Zusammendrückung und Resorption seitens des Endosperms oder Embryos gehen allerlei Veränderungen in 1) a.a. 0. 8. 80. 2) a. a. O. 8. 160. 284. dem betreffenden Gewebe voraus, welche unter dem Namen des Degene- rationsprocesses zusammengefasst werden können. Derselbe besteht in einer allmählichen Abrundung der Zellen, womit das Auftreten von Inter- cellularräume zusammenhängt und in einem damit Schritt haltenden Ver- luste des Inhalts und schreitet stets centrifugal vorwärts, d. h. so, dass zuerst die innerste Schicht davon ergriffen wird und schon völlig zu- sammengepresst sein kann, während die Zellen der äusseren Lagen noch ihre geraden Conturen und all ihren Inhalt haben; denn diese werden zuletzt zusammengedrückt. Es verdient das umsomehr der Hervorbebung als es von manchem derjenigen Forscher, welche Samenschalen untersucht haben, gar nicht erwähnt worden ist, obwohl aus den Abbildungen, die sie ihren Schriften beigegeben haben, ersichtlich ist, dass sie den centri- fugalen Fortschritt des Degenerationsprocesses wohl bernerkt haben«. Auf die Wiederlegung dieses »Degenerationsprocesses«e komme ich an anderer Stelle zurück. Nach diesem historischen Exkurs komme ich nunmehr zu der Ent- wicklungsgeschichte der Nährschicht. Das Gewebe der Nährschicht ist meist in einer oder mehreren Zell- reihen, welche sich von den übrigen nach Form und Inhalt nicht unter- scheiden, anı Integumentartheile der unbefruchlelen Samenknospe bereits vorhanden. In anderen Fällen entsteht es erst nach der Befruchtung durch tangentiale Theilungen aus Zellreihen, denen später eine andere Funktion zufällt. Fast in allen Fällen aber vermehrt sich die Anzahl ihrer Zellreihen nach der Befruchtung, und zwar zuweilen sehr bedeutend. So kommen bis dreissig Zellreihen vor bei Lupinus') und Paeonia; andererseits aber besteht die Nährschicht aus nur. zwei Zellreihen bei den Gramineen und der Mehrzahl der Umbelliferen, endlich aus einer ein- zigen Zellreihe bei Stellaria. Das Gewebe der Nährschicht besteht, entsprechend seiner physio- logischen Aufgabe, stets und ausnahmslos aus Parenchymzellen typischer Form, mit Intercellularen und dünnen unveränderten tüpfellosen Cellulose- membranen, welche eine rasche Füllung, bezüglich Entleerung durch Osmose ermöglichen. Die Zellen haben zur Zeit der Höhe ihrer Funklions- dauer einen deutlichen Zellkern und sind mit einem mehr oder weniger feinkörnigen Protoplasma erfällt?). Dasselbe enthält oft Chlorophylikörner, welche theilweise im oblite- rirten Gewebe der reifen Samenschale als schwarzbräunliche Massen noch vorhanden sind (Cannabis, Lupinus, Brassica, Sinapis, Carum, Foeniculum, Cyclanthera, Cucurbita). 1) Fig. 1,2, 8. 2) Fig. 1. 285 . Sehr häufig ist das Auftreten von transitörischen Stärkekörnern, durch welche oft das Lumen bis zur völligen Verdrängung des plas- matischen Inhalts erfüllt wird (Guseuta, Vincetoxieum, Linum). In einigen Fällen hat die Bildung transitorischer Stärke bereits vor der Befruchtung begonnen (so bei Linaria, Tritieum), in den meisten Fällen aber fällt der Beginn ihres Auftretens kürzere oder längere, zu- weilen auch beträchtliche Zeit nach der Befruchtung. Auch die Speicherungsdauer ist eine sehr verschiedene, indem, je nachdem der Ausbau der Hartschichten früher oder später stattfindet, die Entleerung eine raschere oder langsamere ist. Im reifen Samen ist das obliterirte Gewebe bis auf vereinzelte Ghlorophylikornreste völlig leer. Die Grösse der Stärkekörner beträgt durchschnittlich 0,7 bis 17 k. Am häufigsten vorkommende Werthe sind 2 bis 6. Diese Grösse pflegen die Körner in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu haben, wo eine Nährschicht vorhanden ist. Wo mehrere Nährschichten vorliegen, sind die Stärkekörner der ınnersten meist am kleinsten; die äusseren sind grösser und haben Formen, welche man sonst bei transitorischer Stärke meist nicht, sondern nur bei Reservestärke anzutreffen gewöhnt ist. So sind bei Linum die Stärkekörner der innersten Nährschicht 1 bis 2,7» gross, die der äusseren 3 bis $«# und die der Epidermis 6 bis 10 Bei Cuscuta sind die Körner der Nährschicht sowohl wie die der Epidermis bis 17 a» gross. Die Körner sind .in beiden Geweben einfach oder zu zweien und auch häufig zu dreien zusammengesetzt, ohne Schichtung, ınit meist fehlender, doch wo vorhanden, spaltenförmiger Kernhöhle. Bei CGuscuta, wo der Stärkevorrath ein so ausserordentlicher ist, fand ich übrigens auch Stärkekörner noch vereinzelt in der obliterirten Nährschicht des reifen Samens. Es ist also hier der Fall eingetreten, wo die Zufuhr der Baustoffe etwas zu reichlich beniessen war. In allen Fällen nimmt der Stärkegehalt von innen her ab, und in dem Maasse wie dieser Reservestoff einerseits verschwindet, wachsen die Membranverdickungen der Sclereiden- oder Schleimschichten. Die dieselben versorgende Nährschicht liegt meist in radialer Folge innerhalb der . Orte des Verbrauchs und die Wanderung der Baustoffe entspricht in den meisten Fällen völlig der osmotischen Strömung, welche von dem an der Chalaza sich meist in die Samenschale verzweigenden Gefässbündel der Raphe in der Richtung der Längsachse der Samenknospe einmal und zweitens in radialer Richtung innerhalb der parenchymatischen Elemente stattfindet. Dem entsprechend wurden die ersten Stärkekörner stets in der Nähe der Chalaza wahrgenommen, von wo aus die Füllung der Zellen bis zur Mikropyle ringsum fortschreitet. Ausnahmslos auch konnte ich, wo Gefässbündel in der Samenschale vorkommen, die Nährschicht als die dieselben führende Schicht identifieiren. Dass auch alle anderen, 286 nicht so deutlich wie Stärke in Erscheinung tretenden Stoffe den gleichen Weg verfolgen, steht ausser Zweifel. Das Auftreten der Stärke ist in die Augen springend und weist am deutlichsten auf die physiologische Funktion der Nährschicht bin. Würden die peripherischen Sclereidenreihen sofort zum Ausbau gelangen, so würde rückwirkend die Zufuhr weiteren Kohlehydrat-Materials abgeschnitten werden. Denn diese Zufuhr ist nicht allein durch den Wurzeldruck, sondern durch die Verdunstung der das Material herbeischaffenden Wassefmenge andrerseits bedingt. Um diese nicht zu hemmen, finden die secundären Membranverdiekungen der peripherischen Hartschichten und Schleimschichten erst dann statt, wenn das Material in unmittelbarer Nähe und in genügender Menge abgelagert ist. So gehört die Nähr- schicht in die Reihe der transitorischen Reservebehälter, wie die Wurzelknöllchen der Leguminosen und die Stärkescheide (Heine). In den meisten Fällen ist es die secundäre unveränderte nicht quellende Membran der Sclereiden, welche in erster, zweiter, dritter oder vierter Schicht als Makro-, Brachy- und zuweilen Osteosclereiden !) einfach oder mehrreihig den Samen umschliessen oder die oft nur einseitig ver- diekte Epidermis, welche aus dem Kohlehydratmaterial der Nährschicht hervorgeht. In anderen, wenigen Fällen dagegen entsteht daraus die äusserst quellungsfähige Membran der Schleimepidermis?) (Linum, Sinapis und andere Cruciferen, Oydonia, Plantago, Cuscula) oder anderer, innerer Schleimschichten (Berberis). Hier wird Stärke in grossen Mengen als Material zur Bildung der Schleinnmembran herbeigeführt und ebenfalls eine geraume Zeit hindurch bis zum Verbrauch aufgespeichert.. Diese Stärkekörner zeichnen sich, wie schon erwähnt, meist von denen der inneren Nährschichten durch auffallende Grösse aus (bei Linum bis 10 #). Es liegen deshalb ausnahmslos unmittelbar unter den Schleim- schichten mehr oder weniger mächtige Nährschichten. Dieselben obliteriren (Linun, Sinapis) oder verdicken ihre Wendungen und bleiben resistent (Cydonia). . Cramer?) hat deshalb gar nicht Unrecht, wenn er sagt, dass bei Linum die Stärkekörner sich in Schleim verwandeln, denn sie thun es thatsächlich, indem sie den Baustoff zur Schleimmembran der Epi- dermiszellen liefern, wie. Frank®) und Hofmeister5) bereits bewiesen 1) Tschirch, Angew. Pflanzenanatomie. Wien 1889. S. 801. -— Tschirch, Beitr. z. Kenntn. d. Mechan. Gewebesystems. Pringheim’s Jahrb, Bd. 16. 2) Tschirch, Angew. Pflanzenanatomie. Wien 1889. 8. 251. . 3) Cramer, Ueber die Entstehung einiger Pflanzenschleime. Naegeli - Cramer, Pflanzenphysiologische Untersuchungen. Zürich 1855. 4) Frank, Ueber die anatomische Bedeutung und. die Entstehung der vegetab. Schleinie. Jahrb. f. wissensch. Botanik 1865: Bd. 5. S. 162. 5) Hofmeister, Ueb. die zu Gallerte aufquellende Membr. der Aussenfläche von Samen u. Pericarpien. Ber. d. K. Sächs. Ges. d. Wissensch. Leipzig 1858, 287 haben. Lohde’s’) Vorwurf gegen Cramer ist deshalb durchaus un- gerechtfertigt. Die Entstehung der Schleimmembran bei Linum und Plantago wurde ausführlich bereits von Frank?) beschrieben. Der Vorgang ist der gleiche bei Sinapis und Cuseuta. Auch bei Cydonia fand Frank, dass Stärke theilweise das Material zur Bildung der Schleimmembranen abgebe. Wenn Frank meint, dass hier die Stärke der Epidermiszellen nur einen Theil des Schleimmembranmaterials liefere, so klärt sich die Sache dadurch, dass hier eine starke Nährschicht an die Epidermis angrenzt. Ueberall, wo Stärke nicht wahrgenommen wurde, dagegen Hart- schichten, beziehentlich secundäre Membranverdickung überhaupt, dennoch in der Samenschale. auftreten, muss angenommen werden, dass das in löslicher Form herbeigeführte Cellulosematerial direet aus löslicher Form in secundäre Membran übergehe und nicht erst als transitorisches Reservematerial dem Auge zur Erscheinung komme. Zuweilen werden Vorrichtungen angetroffen, welche die Zufuhr weiteren Cellulosematerials trotz der verdunstungshemmenden Sclereidenreihen ermöglichen, wie die Spaltöffnungen der Samenschalen von Viola, Canna. Zu erforschen, welcher “Art die lösliche Form des Cellulosematerials sei, ist hier natürlich ein sehr naheliegender Gedanke. Einen Aufschluss darüber auch nur mit einiger Sicherheit zu geben, war mir jedoch un- möglich, da ich ausschliesslich mit Alcoholmaterial arbeiten musste. Auch fettes Oel gehört sehr häufig zu den transitorischen Inhalts- stoffen der. Nährschicht-Zellen, und es steht ausser Zweifel, dass dasselbe Reservestoff ist. Anders verhält es sich mit dem transitorischen Auftreten von Calcium- oxalat, welches bei Lupinus und Nuphar beobachtet wurde. Das Vor- kommen definitiv als Exeret ausgeschiedener Calciumoxalatcrystalle oder Raphiden’ ist in den Samenschalen ausserordentlich häufig (so u. a. bei Phaseolus, Oenothera, Epilobium, Beta, Euphorbia, Viola, Reseda, Cheli- donium). Die CGrystalle liegen meist einzeln in Sclereiden, deren ganzes Lumen sie ausfüllen, die Raphiden meist in dünnwandigen Parenchym- zellen. Ob das Caleiumoxalat hier nur ein durchaus unnützes Exkret ist, oder nicht vielmehr zur Festigung und Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Samens beizutragen bestimmt sei, zumal häufg auch die Pallisaden- schicht damit inkrustirt gefunden wird, ist eine schon häufig erörlerte, hier nicht zu entscheidende Frage. Ich komme auf das transitorische Vorkommen dieses Salzes innerhalb der Nährschicht zurück. Kohl’s?) Hypothese angenommen, dass Kalk- 1) Lohde a. a. 0. 8. 6. 2) Frank a. a. 0.8.2 bis 5. 3) Kohl, Zur Kalkoxalatbildung in der Pflanze. Bot. Centralbl. Bd. 38. No. 2. 288 Glycose die lösliche Form des Cellulosematerials sei, würde die Anwesen- heit von Kalk in der Nährschicht einerseits erklären. Die Beobachtung Wehmer’s ’} andererseits, nach welchem an Orten, wo ein lebhafter Ver- brauch plastischer, besonders Sticksloffhaltiger Substanzen staltfindet, an- dauernde Oxalsäurebildung auftritt, lassen in der Nährschicht, wo diese Bedingungen gegeben sind, die Entstehung von Oxalsäure gleichfalls er-. klärlich erscheinen. Es wäre dann, wenn bei reichlicher Stärkehildung und gleichzeitigem Schwinden des Stickstoffhaltigen Plasmas in der Nähr- schicht Kalkoxalat Iransitorisch auftritt, eine Reaktion herbeigeführt, welche die Folge des Zusammentreffens von Säure und Base an Ort und Stelle ist. In den Fällen aber, wo das transitorische Auftreten von Caleium- oxalal nicht in Greystallformen zur Erscheinung kommt, kann man an- nehmen, dass der Zeitpunkt der Entstehung von Säure und Base nicht in gleicher Weise coincidirt, oder aber hinreichende Wassermengen das Salz noch gelöst nach den Orten der definitiven Ausscheidung befördern, welche meist die benachbarten peripherischen Sclereidenreihen sind. Bei Lupinus luteus fällt das Auftreten der ersten Calciumoxalaterystalltäfelchen beträchtlich vor die Halbreife der Samen und bald nach Erscheinen der ersten Stärkekörnchen. Die Crystalle wachsen dann schnell und fangen mit dem Verschwinien der Stärke an, corrodirt zu werden (Fig. 4. a,b, c, d), bis sie mit zunehmender Obliteration des Gewebes ganz verschwinden. Die Art des Verschwindens der Caleiumoxalaterystalle stimmt im All- gemeinen mit den hierüber gemachten Beobachtungen überein. Tschirch ?) beobachtete den Vorgang bei den Blättern der Begonien und m Aleuron- körnern, Frank ®) in den Knollen von Orchis majalis, Van der Ploeg *) im Blatte von Vicia Faba, N. J. C. Müller?) in der Fichtenrinde, De Vries ®) und Sorauer ?) endlich in den Körnchenschläuchen der Kartoffelknollen. Jedenfalls steht fest, dass das transitorische Vorkommen von Caleium- oxalat in der Nährschicht eine erhebliche ernährungspliysiologische Be- deutung für die benachbarten Gewebepartien nicht hat, sondern eine mehr zufällige ist. Die Obliteration der Nährschicht ist eine natürliche Folge des Umstandes, dass der auf Null herabsinkende hyılrostatische Druck des Zellinhaltes der Nährschichtzellen von den mächtig anschwellenden Gewebe- 1) Wehmer, Das Caleiumoxalat der oberird. Theile v. Crataeg. oxyacanlh. T.. ı. Herbst u. Frühjahr. Ber. d. Bot. Ges. Bd. 7. 1889. Heft 5. 2) Tschirch, Ueber die Kalkoxalaterystalle in den Aleuronkörnern d. Samen und ihre Funktion. Sitzungsber. d. Ges. d, natuxrf. Freunde. No. 4. 1837. \ 5) Frank, Pringsheims Jahrb. 5. S. 181. 4) Van d. Ploeg., Akad. Preisschrift. Leiden 1879, 5) N. I. C. Müller, Botan, Unters. 4. 1875. 6) De Vries, Landw. Jahrb. 10. S. 80 und 6. 8. 648. 7) Sorauer, Annalen der preuss. Landwirthschaft 3. 8, 156. 289 massen des Nucleartheiles einerseits und der durch Wasserabgabe sich zu- sammenziehenden Hartschicht andererseits überwunden wird. Das Nähr- gewebe wird nach Erfüllung seines Zweckes gegen die Wand der Hart- schicht gedrückt. Welcher der beiden Kräfte in den einzelnen Fällen der Hauptantheil bei der Obliteration zuzuschreiben ist, ist schwer zu ent- scheiden. Durchschnittlich scheint die von innen nach aussen wirkende Kraft zu überwiegen. Messungen an Lupinus lufeus ergaben als Durchschnittszahlen von je zehn Samen gleicher Stadien folgende Resultate in Millimetern: Mittel aus Dick Umfane Länge und icke Breite des | der Schale. des ganzen Nucleartheiles. Samens. Halbreif, vom Stock . . 2. 2 2 2 202. 3,3 11 17 Reif vom Stock, nicht getrocknet (Wachsreife) 6,1 0,4 22 Getrennt vom Stock ausgereift (Trockenreife) 5,7 02 16 Der Nucleartheil weist also während des Wachsthunis von der Halb- reife bis zur Wachsreife eine Zunahme von 3,83 mm auf, während gleich- zeitig die Dicke der Samenschale sich um 0,7mm verringert. Ursache davon ist die Obliteration, welche ausschliesslich durch centrifugalen Druck bewirkt wird, da der Umfang des ganzen Samens ja gleichfalls um 5mm zugenommen hat. Die von diesem Stadium ab jedoch erfolgende weitere Reduction der Samenschalendicke um abermals 0,2 mm ist allein auf Rechnung des centripetalen Druckes der austrocknenden Hartschichten zu setzen, da der Umfang des ganzen Samens sich sogar noch weiter als bis zu den Dimensionen des halbreifen Samens verringert hat, während der Nucleartheil selbst um 0,&mm in seiner Ausdehnung reducirt wird, also selbst dem centripetalen Drucke nachgiebt. Die Reduction des Durchmessers der Samenschale von der Halbreife bis zur Wachsreife ist ein physiologischer Vorgang, diejenige von der Wachsreife bis zur Trockenreife jedoch ein vorwiegend mechanischer. Die Kraftäusserungen beider stehen im geraden Verhältniss der Differenzen .der Samenschalendurchmesser, verhalten sich also, wenn numerische Ver- gleiche zulässig wären, wie 0,7 zu 0,2 oder wie 3,5 zu 1, ungerechnet der Reduction, welche der Nucleartheil selbst im zweiten Stadium erleidet. Bei Paeonia offieinalis reducirt sich unter gleichen Verhältnissen die . Samenschale von 1,5 auf 0,3nım, also um *%s ihrer eigenen Stärke. Hieraus geht nun auch hervor, dass an allen den Stellen, auf welche ein radialer Druck von innen oder aussen nicht ausgeübt wird, die Nähr- schicht nicht obliterirt, sondern nach ihrer Aufsaugung luftführend be- stehen bleiben muss, oder Obliteration nur in den inneren Reihen eintritt, wenn innerer (centrifugaler) Druck allein vorhanden ist. Dieser Fall hat 290 statt an den Schmalseiten aller Samen von platter Form (Capsicum, Lycopersicum, Cucurbita, Cyelanthera, Vincetoxicum), in den Flügeln der geflügelten Samen (Scrofularineen) und oft an gerippten oder behöckerten Samen (Oenothera, Convolvulus). Desgleichen pflegt das Gewebe der Nährschicht in der Gegend der Chalaza nicht obliterirte Form zu besitzen und zwar bei den Papilionaceen und anderen Samen anatroper und campylotroper Form. ” Aber auch in ihrem ganzen Umfange bleibt die Nährschicht zuweilen, ohne zusammengedrückt zu werden, bestehen und das Parenchym: zeigt noch im Zuslande der Samenreife seine ursprüngliche Form (viele Garyo- phyllaceen, Mirabilis, Ruta, Viola). In anderen Fällen erstarken die Wandungen ihrer Zellen selbst dermassen, dass eine Öbliteration unmög- lich ist (Gaultheria). Nicht immer jedoch liegt die Nährschicht innerhalb der Hart- schicht. Sie liegt ausserhalb derselben bei Beta, Acer und den Gra-_ mineen. Ihre Obliteration erfolgt in diesen Fällen durch Druck gegen die Fruchtschale. - Die Form der obliterirenden Parenchynizellen der Nährschicht - ist in der Regel dieselbe wie sie Haberlandt!) am Wassergewebe des ‚Blattes von Peperomia trichocarpa abbildet. Die Radialwände verbiegen oder knicken sich bei beginnender Obliteration zuerst knieförmig ein, während die Tangentialwände gespannt bleiben, seltener gleichfalls wellige Verbiegungen erleiden. Ein dementsprechendes ist das Bild der obliterirten Nährsehicht in der reifen Samenschale. Hier sind die einzelnen Zellen in den meisten Fällen-ohne Weiteres nicht zu erkennen. Häufig erst nach Anwendung von Quellungsmitteln werden die Conturen von Zellwänden bemerkbar, und dieser Umstand hat zu den oben erwähnten Irıthümern bei der Beschreibung reifer Samenschaleri geführt. Auch Harz hat sich, wie schon erwähnt, dadurch verleiten lassen, stellenweise die Nährschicht als »gequollenwandig«e zu bezeichnen. In allen, auch den sorgfältigsten und detaillirtesten Zeichnungen wurde die Nährschicht auch mehr oder weniger schematisirtt. Am weitesten ist in diesen Punkte entschieden Harz gegangen, dessen Unter- suchungen des gesammten landwirthschaftlichen Samenmaterials sonst - mit Sorgfalt ausgeführt sind; den Vorwurf einer zu starken Schematisirung aller seiner Zeichnungen und bei diesen nicht zum Mindesten der stief- mütterlich behandelten Nährschicht kann ich dem genannten Autor jedoch nicht ersparen. Ich habe die obliterirte Nährschicht verschiedener Samen sorgfältig mit der Camera aufgenommen und am obliterirenden Samen die Ueber- gangsformen durch Nachzeichnen genau studirt. Ich habe dabei gefunden, 1) Haberlandt, Physiolog. Pflanzenanatomie, Leipzig 1884, S. 270, 291 dass die Kniekung oder Stauchung der Radialwände den Lumina eigen- thümliche zugespitzte Formen verleiht. Die Formen selbst sind schwer zu beschreiben. Ihr Bild erhellt aus den Abbildungen von Lupinus, Linum, Berberis, Lycopersicum. Nur in den Fällen, wo die Parenchym- zellen der Nährschicht nicht parallelepipedische Form besitzen, sondern in tangentialer Richtung zugespitzt sind (Vietoria_regia) ist die Form der Lumina im obliterirten Zustande eine strichförmige, ohne bizarre Zu- spilzungen, da eigentliche radiale Querwände bier nicht vorhanden sind (vgl. Fig. 12 u. 13). In diesem Falle treten auch wellige Verbiegungen in der obliterirten Nährschicht, sowie stellenweise Zerreissungen auf. Eine Resorption der Nährschicht, welehe von Bechmann und Kudelka behauptet wird, erwies sich in allen Fällen als eine Täuschung. Es gibt. keinen Fall, wo es mir nicht gelungen wäre, auch am vollreifen Samen die strichförmigen Lumina der obliterirten Nährschicht zu erkennen (even- tuell auf Zusatz von Aetzkali), und wenn auch ohne Weiteres die Anzahıl derSchichten nicht numerisch nachweisbar war, so stimmte doch die Gesammt- stärke der obliterirten Schicht mit dem Produel der durchschnittlichen ‚Anzahl der im unreifen Zustande beobachtelen Zellreihen und der doppelten Dicke der Einzelwandungen ohne wesentliche Abweichungen überein. Gleichzeitig ist dies ein Beweis, dass Quellungen der Membran ebenfalls ausgeschlossen sind. Dass die Obliteration der Nährschicht in toto die Widerstandsfähigkeit der Samenschale rein mechanisch erhöht, liegt auf.der Hand. Sie wirkt, um einen technischen Vergleich heranzuziehen, wie. eine aus mehreren Lagen gepresste Pappkugel. So wird die Nährschicht der Samenschalen auch nach Beendigung ihrer eigentlichen Funktionsdauer zum Nutzen des Samens verwerthet. Specieller "Theil. Typus 1. Vorhandensein einer oder mehrerer Nährschichten einerseits und Hart- bezw. Schleimschichten oder einer starkwandigen Epidermis andrerseits. Aus der Familie der Papilionaceae wurden die Samen von zwanzig Arten untersucht und sämmtlich’ als diesem Typus angehörig befunden. Die beiden äusseren Schichten der Samenschale zeigen überall im Prineip grosse Uebereinstimmung. Die Nährschicht ist stets die dritte Schicht und zeichnet sich durchweg durch ausserordentliche Mächtigkeit aus. Meist obliterirt der äussere Theil derselben nicht, sondern wird starkwandig. . Auch verzweigen sich die äusseren, sowie die innersten Parenchymzellen einiger Arten mehr oder weniger stark, sodass dann die 292 Nährschicht selbst wiederum aus drei Schichten besteht, deren mittelste am stärksten obliterirt ist und die Gefässbündel führt (Phaseolus).!) Der anatomische Bau der untersuchten Arten ist folgender: Lupinus_luteus L. (Fig. 1. 2. 3. 4.) I. Palissadenreihe von Makrosclereiden mit knapp unter der Cutieula verlaufender Lichtlinie. Stellenweise farblos, stellenweise mit dunklem Inhalt, die Marmorirung der Samen bewirkend. Lumen in der untern Hälfte knieförmig gebogen. II. Osteosclereiden, mässig, aber gleichartig verdickt mit ziemlich weitem Lumen und weiten Intercellularen. 1. Nährschicht?) aus 18 bis 30 Zellreihen bestehend, ausser den 3 bis 6 äussersten Reihen stark collabirt. Die Zellen der Nährschicht führen während des Reifungsprocesses reichlich transitorische Säcke und transi- torisches Caleiumoxalat. Lupinus albus L. I. Palissadenzellreihe mit peripherischer Lichtlinie. II. Osteosclereidenreihe mit weiten Intercellularen. itf. Nährschicht wie bei L. luteus. Lupinus hirsutus L. 1. Aeusserst starke Palissadenzellreihe mil zwei Lichtlinien. Die ein- zelnen Sclereiden zu Bündeln vereinigt und eingeschrumpfl. Die Epidermis zerrissen. 11. Osteosclereidenreihe. Il. Nährschicht wie bei L. Iuteus. Die Samen nachgenannter Arten fand ich, theilweise übereinstimmend mit Harz, im Bau der beiden äusseren Testa-Schichten nur unwesentlich von Lupinus abweichend. Bezüglich der Nährschicht ist folgendes zu erwähnen. Genista_tinetoria L. Nährschicht 5 bis 10 Reihen, obliterirt. Anthyllis vulneraria L. _ Nährschicht 12 bis 16 Reihen, obliterirt. Trifolium_pratense L. Nährschicht 5 bis 8 Reihen, obliterirt. Ornithopus_ sativus L. Nährschicht 3 bis 6 Reihen, obliterirt. 1) Auf den charakteristischen Bau der Samenschale bei der Gattung Phaseolus wies erst Haberlandt in »Entwgesch. u. Bau d. Samensch. b. d. Gattung Phaseolus« hin. Von Sempolowski (s. später) wurden diese Verhältnisse übersehen. 2) Der Nührschicht bei Lupinus luteus thut Harz, dessen Beschreibungen sonst so genau sind, eigenthümlicherweise gar nicht Erwähnung. — Bei Ulex Europaeus erwähnt er sie gleichfalls nicht. 293 Onobrychis sativa’ Lam. Nährschicht 16 bis 20 Reihen, stark obliterirt. Cytisus Laburnum L. Nährschicht 12 bis 16 Reihen, zeitig obliterirend. Robinia Pseudacacia L. Näherschicht ebenso. Melilotus_officinalis L. Nährschicht 4 bis 8 Reihen, deren äusserste nicht obliteriren. Medicago_lupulina L. Nährschicht 3 bis 6 Reihen, obliterirt !). Trigonella faenum Graecum L. Nährschicht ebenso. Lotus corniculatus L. Nährschicht ebenso. Tetragonolobus. purpureus Moench. Nährschicht 12 bis 15 Reihen, deren äussersie nicht obliteriren. Galega offieinalis L. Nährschicht 4 bis 8 Reihen, obliterirt. Astragalus glyeyphyllus L. Nährschicht ebenso. Pisum sativum L. Nährschicht 12 bis 20 Reihen, obliterirt. Vicia_faba L. Nährschicht ebenso). Lathyrus pratensis L. Nährschicht ebenso. Abweichend ist der Bau der Samenschale bei Phaseolus multiflorus L. In der Nährschicht finden sich mit rölhlichem Inhalte ganz erfüllte Zellen während der späteren Entwieklungsstadien. Im Reifezustand ist der Inhalt noch vorhanden und dunkelbraun. Die einzelnen Schichten sind: 1. Palissadenschicht. II. Osteosclereiden mit Caleiumoxalaterystallen. Il. Sternparenchym, nicht obliterirend, starkwandig. IV. Obliterirte Nährschicht mit den Gefässbündeln. V, Obliterirtes Sternparenchym, zartwandig, Zellen verfilzt. Ebenso ist der Bau der Samenschale bei Physostigma venenosum Balf. 1) Hier hat Sempolowski die Ueberreste des Endosperms für Theile der Samen- schale gehalten. j 2) Hier begingen Sempolowski und ebenso Beck den gleichen Irrthum, während schon Schleiden und später Chalon die Verhältnisse richtig beschrieben haben. 29. Oicer arietinum L. Soja hispida Moench. Aus der Familie der Amygdalaceae wurde nur Prunus_domestica L. (Fig. 5. 6) im reifen Zustande untersucht. Die Samenschale zeigt .eine Nährschicht von etwa 12 ‚Reihen obliterirtem Parenehym, welches sich um die intact gebliebenen tangential oblongen Gefässbündel herunilegt. Auch die Epidermis ist obliterirt bis auf einige papillenartig ausgestülpte verholzte Zellen derselben. Während die herangezogenen Verlreter der übrigen Rosifloren-Familien sich dem Typus II und III anschliessen, gehört hierher noch Cydonia_ vulgaris Pers. aus der Fämilie der Pomaceae. Die Samenschale besteht aus folgenden Schichten: I. Schleimepidermis. II. Pigmentschicht aus 4 bis 6 Reihen starkwandigen Parenchyms mit körnigem Inhalt. III. Nährschicht, 4 bis Sreihig, obliterirt. Im unreifen Zustande sind alle Schichten mit feinkörniger Stärke erfüllt. Einen weniger einfachen Bau zeigen die Samenschalen der unter- suchten Onagraceae. Beide untersuchten Species zeigen eine mächtige Nährschicht. Oenothera biennis L. Die einzelnen Schichten sind folgende: 1. Epidermis grosser isodiametrischer Zellen mit nach aussen ge- wölbten Wandungen. Normal cutieularisirt, äussere Membran fein granulirt. I. Isodiametrisches oder schwach gesirecktes, netzig getüpfelles Parenchym mit bräunlichen Wandungen. Inhalt vereinzelte Crystalle oxalsauren Kalkess, Wo diese Schicht mächtiger ist und ihre Zellen radial gestellt sind, werden die kantigen Conturen der Samenschale da- durch verursacht. IIL Mässig verdickte, nach der Peripherie oft zugespitzte länglich walzige Parenchymzellen, welche dicht mit Kalkoxalaterystallen erfüllt sind. IV. Auf dem Querschnilt quadratische, in der Längsachse des Samens verlaufende Prosenchymzellen mit engem Lumen. V. Gleiche, zartwandigere Schicht. VI. Nährschicht, obliterirt, 6 bis Sreihig. Epilobium angustifolium L. Die einzelnen Schichten sind folgende: I. Epidermis geschrumpfter, tangential gestreckter Zellen, einzelne zu stumpfen Trichomen mit engem Lumen ausgewachsen. II. Eine Reihe grosser, zartwandiger Zellen, einzelne dicht mit Raphiden gefällt. 295 III. Eine Reihe kleiner Zellen mit deutlichen Kalkoxalaterystallen. IV. Eine Reihe starkwandiges Prosenchym, auf dem Querschnitte fast quadratisch. V. Nährschicht, obliterirt, 8 bis 10reihig. Eine ausserordentliche Ucbereinstimmung im Bau der übrigens sehr einfachen Samenschale zeigen alle untersuchten Samen der Umbelliferae. Die mit der Frucht verwachsenen Samenschalen dieser Familie wurden in allen Fällen übereinstimmend aus zwei Schichten bestehend gefunden: I. Epidermis mehr oder weniger obliterirter parenchymatischer, tan- gential gestreckter Zellen mit wenig verdickter Aussenwand. {. Nährschicht aus 2 bis 8 Reihen total obliterirtem Parenchym mit bräunlichen Wandungen bestehend und Gefässbündel führend. In der Nähe der Raphe ist die Nährschicht stärker entwickelt und nicht obliterirt. Von diesem Bau wurde die Samenschale gefunden, zum grossen Theil übereinstimmend mit Harz, bei: Anethum_graveolens L. Angelica silvestris L. Aegopodium Podagraria L. Aethusa. Oynapium L. Apium_graveolens L. Apium_Petroselinum L. Carum Carvi L. Oicuta virosa L. Cuminum Cyminum L. Daucus Carota L. Foeniculum_capillaceum Gilib. Heracleum Sphondylium L. Oenanthe Phellandrium Lam. Pastinaca_sativa L. Pimpinella magna L. Pimpinella_Saxifraga L. Pimpinella Anisum L. Ptychotis _Adjovan DO. Anthriscus Cerefolium Hoffm. Anthriscus silvestris Hoffm. Anthriscus vulgaris Pers. Chaerophylium aureum L. Chaerophyllum bulbosum L. Chaerophyllum temulum L. Conium’ maculatum L. Ooriandrum sativum L. Flora 1890, 20 296 Von der Familie der Portulaccaceae wurde ‚Portulacca ‚oleracea L. untersucht. Die einzelnen Schichten sind: 1. Epidermis radial gestellter Zellen mit stark verdickter Aussen- membran. : I. Nährschicht, obliterirt, aus 3 bis 4 Reihen bestehend. Stärke tritt während der Entwicklung im Nährgewebe in reichlicher Menge auf. Die herangezogenen Caryophyliaceae zeichnen sich sämmtlich durch unförmlich verdickte Epidermiszellen aus. Die Nährschicht ist von sehr verschiedener Mächtigkeit. Stellaria nemorum L. Die reife Samenschale besteht hier nur aus drei Schichten: I. Epidermis sehr verschieden gestalteter und verschieden grosser, mössig verdickter, oft keulenförmig ausgebauchter Zellen. Mit welliger Cuticula versehen; stellenweise noch geschrumpftes Protoplasma vorhanden. II. Pigmentschicht ziemlich regelmässiger, tangential gestreckter Zellen mit bräunlichem Inhalt. II. Eine Schicht nach innen ausgebauchter länglicher, parenchyma- tischer Zellen ohne Inhalt. Diese Zellreihe muss als Nährschicht ange- sprochen werden. Die Dicke aller Wandungen beträgt 2 bis 3 u. Agrostemma_Githago L. l. Epidermis stark und unförmlich verdickter, nur an der Innen- membran dünnwandiger, flaschenförmiger brauner Sclereiden mit dunklem körnigen Inhalt und warzenförmig behöckerter Cuticula. II. Nährschicht, obliterirt, 5 bis 8 Zellreihen. Silene inflata Smith ebenso. Saponaria officinal. L. ebenso, nur Epidermiszellen weniger un- förmlich. Dianihus_Carthusianorum L. ebenso. Auch im Bau der Samenschale scheint die den Caryophyllaceae nahe verwandte Familie der Paronychieae ziemliche Uebereinstimmung mit jener zu zeigen. So ist der Bau der Samenschale bei Spergula_arvensis L. folgender: I. Epidermis unförmlich und stark verdickter, stellenweise zu stark- wandigen Keulenhaaren ausgewachsener Zellen mit warzenförmigen Er- höhungen der Aussenmembran. I. Nährschicht, bräunlich, obliterirt. II. Auf dem Querschnitt quadratische, farblose, getüpfelte Zellen mit bräunlichem Inhalt. 237 Aus der Familie der Phytolaccaceae wurde Phytolacca decandra L. untersucht. Die Schichten sind folgende !): I. Palissadenzellschicht, stark eutieularisirt, braunwandig, mit stark verdickter Aussenmembran. I. 2 bis 6 Reihen Parenchym mit körnigem Inhalt. II. Eine bis zwei Reihen auf dem Querschnitt kubischer Zellen. Auftreten transitorischer Stärke wurde in den zur Verfügung stehen- den Entwicklungsstadien nicht beobachtet. Aus der Familie der Chenopodiaceae wurde Beta vulgaris L. untersucht. Die Schichten der Samenschale sind folgende: I. Epidermis kleiner, dünnwandiger, fast isodiametrischer Zellen. II. & bis 6 Reiben nach innen grösser werdender dünnwandiger Parenchymzellen. Diese Schicht ist als Nährschicht anzusehen. Il. 2 bis & Reihen Parenchymzellen mit verdickten, gelüpfelten Wandungen. IV. Eine starke Selereidenschicht mit geraden Tüpfeln und ver- schwindend kleinem Lumen, vereinzelt mit Crystallen oxalsauren Kalkes ausgefüllt. Aus.der Familie der Nyetagineae wurde die Samenschale von Mirabilis Jalappa L. (Fig. 7) untersucht und zeigte folgenden Bau: I. Inhaltlose, stellenweise bis zum Verschwinden des Lumens ZU- sammengepresste, "schwach euticularisirte Epidermiszellen. Il. Eine Reihe tangential gestreckter, auf dem Querschnitt recht- eckiger oder schwach tonnenförmig ausgebauchter Zellen mit mässig ver- dickten Wandungen. If. Nährschicht von 6 bis 10 Reihen inhaltfreiem Parenchym mit geschrumpften Wandungen, von gedrückter Form. Im jugendlichen Zustande enthalten die Zellen aller Schichten im Plasma eingebettet 2 bis 6 w grosse Stärkekörner, welche oft das halbe Zelllumen erfüllen. Aus der Familie der Polygoneae gelangte zur Untersuchung: Fragopyrum esculentum Moench. Die Schichten der Samenschale sind folgende: I. Eine Reihe mässig starkwandiger grosser Epidermiszellen. I. Nährschicht, 1 bis 3reihig, obliterirt. In jungen Stadien wurden diese Zellreihen nicht mit Stärke erfüllt angetroffen, wohl aber mit körnigem plasmatischem Inhalte. 1) Mit Harz stimme ich in der Beschreibung dieser Samenschale nicht überein, 20* 298 Die Samenschale tritt hier in Mächligkeit sowohl wie in Festigkeit zurück, weil der Same in der Fruchtschale eingeschlossen bleibt, und letztere somit den Schutz nach aussen versieht. Die Samenschalen der untersuchten Malvaceae zeigen im Typus wesentliche Uebereinstimmung. Malva borealis Wallm. I. Epidermis kubischer bis parallelepipedischer Zellen mit nicht aus- gewölbten und wenig verdickten Wänden. I. Dünnwandige, parallelepipedische Parenchymzellen, tangential gestreckt. IN. Palissadenzellen; Lumen beiderseits zugespilzt, im äusseren Drittel liegend. IV. Nährschicht aus etwa 6 Reihen Parenchymzellen mit gelblichem Inhalt; von innen nach aussen an Intensiläl der Zusammenpressung ab- nehmend; innerste Reihen total obliterirt. Im jugendlichen Zustande, wo alle Elemente noch zartwandig sind, enthalten dieselben reichlich 1 bis 3 « grosse Slärkekörner. Gossypium herbaceum L. , 1. Epidermiszellen mit bräunlichem Inhalt. II. 6 bis 9 Reihen tafelförmiger Parenchymzellen , gleichmässig mit tiefbraunem Inhalt erfüllt. ll. 1bis2Reihen kubischer bis tafelförnıiger Zellen mit feinkörnigem farblosem Inhalt. IV. Palissadenzellreihe. V. Nährschicht, obliterirend, mehrere Reihen stark. Althaea_roses Willd. I. Kleinzellige Epidermis. II. Einzellreihiges, tangential gestrecktes Parenchym. Il. Palissadenschieht mit Lichtlinie. IV. Nährschicht, obliterirt, die äussersten Reihen noch theilweise mit bräunlichem Inhalt. Althaea _officinalis L. ebenso. Aus der Familie der Linaceae gelangte zur Untersuchung: . Linum usitatissimum L. (Fig. S. 9.) Die Schichten der Samenschale sind folgende: I. Epidermis eingetrockneter Schleimzellen, in Wasser aufgequollen auf dem Querschnitt quadratisch. I. Nährschicht aus 3 bis 6 Reihen obliterirtem Parenchym; führt die Gefässbündel. ‘ NL Selereiden mit bräunlichen Wandungen. IV. Eine Reihe stark tangential gestreckter Zellen. V. Nährschicht aus 6 bis 10 Reihen obliterirtem Parenchym. 299 Auch die untersuchten Euphorbiaceae zeigten Palissaden- und Nährschicht. Euphorbia Lathyris L. I. Epidermis aus isodiametrischen, grossen dünnwandigen Zellen, schwach ceuticularisirt. IL. 2 bis 3 Reihen tangential gestrecktes, obliterirtes Parenchym. In dieser Schicht verläuft das Gefässbündel der Raphe. II. Einzellreihige Schicht rechteckiger, etwas tangential gestreckter stark verdickter Zellen. IV. Palissadenschicht, gelbbraun bis schwärzlich, mit Kalkoxalatein- “ lagerungen. V. Nährschicht, obliterirt, zuweilen noch Kalkoxalat enthaltend. Ricinus communis L. 1. Epidermis isodiametrischer, starkwandiger getüpfelter Zellen stellen- weise mit Pigmenten. I. 6 bis 10 Reihen Parenchym. IM. Parallelepipodische, radial gestellte Zellen. IV. Palissadenschicht. V. Obliterirtes Parenchym, aus 20 bis 40 Reihen bestehend, mit farblosen Wandungen. Im jugendlichen Zustande enthalten alle Zellen der Nährschicht reichlich Stärke. In der Familie der Zropaeolaceae werden zwei Nährschichten an- getroffen. Tropaeolum majus L. Hier besteht die reife Samenschale aus folgenden Schichten : I. Epidermis unregelmässiger Zellen. II. Nährschicht collabirten Gewebes mit farblosen Wandungen. Il. 3 bis 4 Reihen unregelmässiger, mässig verdickter, theilweise mit mit röthlich-braunem Schleim-Inhalt erfüllter Parenchymzellen. IV. Nährschicht, obliterirt, in engem Zusammenhang mit dem stark- wandigen, getüpfelten, Eiweiss- und Stärke-erfüllten Parenchym stehend. Im halbreifen Zustande finden sich grosse Stärkekörner, von 2,7 bis 12 # Durchmesser im äusseren, obliterirenden, zu dieser Zeit aber noch turgescenten Gewebe. Das innere Gewebe ist obliterirt, das mittlere, nicht obliterirende, noch dünnwandig, mit körniger Substanz erfüllt, die sich mit Jod bräunt. In sehr frühem Zustande ist die innerste Schicht mit feinkörniger Stärke (höchstens 2,5 # gross) erfüllt. Dieses Stadium liegi um ein Geringes nach dem Befruchtungsvorgange. - Aus der Familie der Sapindaceae gelangte zur Untersuchung: Aesculus ‚Hippocastanum L. l. Epidermis, auf dem Querschnilt fast rechteckiger, radial gestreckter Zellen von brauner Farbe, mässig cuticularisirt. 300 Il. 20 bis 80 Reihen starkwandiges Parenchym, inhaltslos, mit Inter- cellularen. . ill. Nährschicht, 2 bis 8 Reihen stark, obliterirt. In der Familie der Aceraceue werden Schleimepidermen angetroffen. Acer campestre L. 1. Epidermis tangentialer, Schleim-erfüllter ausgebauchter Zellen mit gewellten Querwänden. I. Nährschicht aus & bis 6 Reihen Parenchym, obliterirt. Acer platanoides L. Die Verhältnisse sind dieselben, nur ist” die Nährschicht um einige Zellreihen mächtiger. Von Celastracewe wurde untersucht: Evonymus Europaeus L. Der Same ist von einem hochgelben Arillus umgeben, dessen Zellen fettes Oel enthalten. Die Schichten der Samenschale sind folgende: 1. Epidermis sehr grosser, tangential gestreckter, nach innen und aussen bauchig ausgewölbter Zellen. il. Nährschicht obliterirt, mehrere Zellreihen stark. Il. Palissadenschicht mit reich getüpfelten Wandungen. Im halbreifen Zustande sind in der Nährschicht reichlich kleine Stärkekörner von kaum 1 # Durchmesser enthalten. Aus der Familie der Piolaceae wurde untersucht: Viola silvatica Fr. Die Samenschale besteht aus: I. Epidermiszellen, auf dem Querschnitt rechteckig. II. Kalkoxalaterystallführende Schicht. II. Prismenschicht, Lumina beiderseits zugespitzt, Membran getüpfelt. IV. Langgestreckte, zartwandige, beiderseits gebauchte Zellen. V, Nährschicht aus einer Reihe isodiametrischem zartwandigem Parenchym. Stärke ist im jugendlichen Zustande nicht vorhanden. Von Resedaceae beschreibe ich die Samenschale von Reseda odorata L. I. Tangential gestreckte Epidermiszellen mit verdickter, gewellter Aussenwand. 1. Eine oder mehrere Reihen tangential gestreckter dünnwandiger Parenchymzellen mit körnigem Inhalt und tafelförmigen Crystallen oxal- sauren Kalkes. Ill. Sclereidenreihe, Zellen auf dem Querschnitt rechteckig erscheinend, getüpfelt. Diese Zellen sind gruppenweisc slärker und bilden die „Ursache der welligen Oberfläche des Samens. IV. Nährschicht obliterirt, aus zwei Reihen bestehend, 301 Grosse Uebereinstimmung in den einzelnen Schichten zeigen die Samenschalen der Oruciferae. Alliaria_hederacea Andr. Die Samenschale des reifen Samens besteht aus folgenden Schichten: I. Epidermis total eingeschrumpfter, pflanzenschleimfreier Zellen, welche körnige Massen (vermuthlich Magnesiumphosphat) !) einschliessen. ll. Ein- bis zweireihige Schicht, mit weitem Lumen, dünnen, ge- bräunten Wandungen, mit Intercellularen, inhaltslos.. Die Zellen sind in regelmässigen Abständen vorgewölbt und bilden dadurch die längsrippig anastomosirenden Oberflächenzeichnungen der Samen. Il. Nährschicht, obliterirt. IV. Pigmentschicht aus tangential gestreckten Zellen bestehend. An diese schliesst sich die einzellreihige Aleuronschicht mit einem stark collabirten Reste von Endosperm an. Im unreifen Samen enthalten die äusseren Schichten reichlich Stärke- körner von 3 bis 6 « Grösse. Alle Zellen bleiben lange turgescent und fallen erst in der Vollreife, nach dem Verschwinden aller Stärkekörner zusammen. . Brassica_nigra Koch. I. Epidermis von Schleimzellen. II. Grosse, mässig starkwandige, nach innen gewölbte Zellen. II. Radial gestreckte und je nach der Lage zu den Wölbungen der äusseren Schicht verschieden lange Palissadenzellen, deren innere Wände ganz, die seitlichen bis zur Hälfte verdickt sind. IV. Pigmentschicht einreihig, stellenweise zweireihig. V. Nährschicht obliterirt, braunwandig, einige Reihen umfassend. Brassica oleracea L. (Schröder, Sempolowski). J. Epidermis tafelförmiger Schleimzellen. II. Nährschicht obliterirt, mit gelblichen Wandungen. IL Braunwandige, innen und seitlich stark verdickte, radial ge- stellte Palissadenzellen. IV. Nährschicht obliterirt & bis 7 Reihen stark. V. Pigmentschicht ein- bis zweireihig. Sinapis_alba L. ° Die reife Samenschale besteht aus folgenden Schichten: I. Schleimepidermis. I. Eine ein- bis dreireihige subepidermoidale Nährschicht. il. Eine nicht continuirliche Reihe grosser starkwandiger tangential gestreckter, nach innen ausgebauchter Zellen. 1) Mit conc. Schwefelsäure keine Gypsnadeln liefernd, beim Glühen eine weisse, in Salzsäure lösliche Asche hinterlassend. 302 IV. Sclereidenschicht mit nur innen und seillich verdickten Wan- dungen. V. Pigmentschicht. VI. Nährsebicht obliterirt 6 bis 8 Reihen stark. Im halbreifen Zustande enthält die Epidermis und die darunter liegende Schicht reichlich grosse (bis 22 w) Slärkekörner. Die Prismen- schicht ist frei von Stärke, die Nährschicht dicht mit feirkörniger Stärke erfüllt. Cochlearia_officinalis L. I. Rundliche, hervorgewölbte schleimfreie Epidermiszellen, an der Aussenseite verdickt. Wand mit radiärer Streifung. Il. Einreihige obliterirte subepidermoidale Nälhrschicht. II. Grosse kubische braunwandige Zellen. IV. Mehrreihige obliterirte Nährschicht mit schwarzbraunen Wan- dungen. Isatis tinctoria L. l. Epidermis zusammengedrückter Zellen mit spaltenförmigen Lumina, und mässig verdickten Wandungen, schleimfrei. II. Eine Reihe grosser dünnwandiger Parenchymzellen. Ill. Eine Reihe tangential gestreckter Zellen. IV. Obliterirte Nährschicht 4 bis 5 reihig. Lepidium sativum L. (Caspari, Hofmeister). J. Epidermis eingeschrumpfter Schleimzellen mit Verdickungsleisten. IL Obliterirte Nährschicht. II. Bräunliche, fast kubische Zellen, deren innere und seitliche Wandungen stark verdickt sind. IV. Eine Lage tangential gestreckter Parenchymzellen. Camelina sativa COrantz. 1. Eingeschrumpfte farblose Schleimepidermis. I. Tangential gestreckte innerseits und seitlich verdickte regelmässige Zellen in einfacher Reihe. Il. _Nährschicht, obliterirt 2 bis & reihig. . Einfacher gebaut ist die Samenschale in der nahe verwanten Familie der Fumariaceae. Corydalis glauca Pers. Die Samenschale besteht aus folgenden Schichten: 1. Einreihige Epidermis nach aussen stark verdickter Zellen mit engen verzweigten Tüpfein in der Wandung. IL. Mehrreihige Nährschicht, obliterirt. In der unreifen Samenschale besteht die Nährschicht aus 3 bis 4 Reihen parenchymatischen Gewebes. Die Verdickung der Epidermiszellen findet schr frühzeitig statt und dem entsprechend enthält die Nährschicht nur in sehr frühern Stadium Stärke (Körner 2-3 u). 303 Die untersuchten Papaveraceae sind im Bau der Samenschale sehr verschieden. Chelidonium majus 1. Die Samenschale besteht aus folgenden Schichten : I. Epidermis, stark cutieularisirt, deren Zellen nach innen ausgebaucht und zartwandig nach aussen sehr stark verdickt sind. ll. Vereinzelte starkwandige, isodiametrische Parenchymazellen. Ill. Einreihige Schicht dünnnwandiger Parenchymzellen mit Ein- schlüssen tetragonaler Kalkoxalaterystallformen. IV. Obliterirte Nährschicht, mehrreihig.' V. Eine Reihe radial gestellter Palissadenzellen, deren radiale Wandungen. durch Druck meist völlig verbogen sind. VI. Zweite obliterirte Nährschicht, deren Lumina weniger gestreckte Form besitzen, als die der äusseren. Im halbreifen Zustande sind die Nährschichten dicht mit 1,5 bis 2 w grossen Stärkekörnern erfüllt. Papaver somniferum L. 1. Epidermis grosser, auf dem Querschnitt stark tangential gestreckter Zellen mit körnigem Inhalt. Die Aussenwände sind verdickt, aber nach einwärts gebogen, so dass die gleichfalls verdickten Seitenwandungen auf der Fläche netzige Erhöhungen bilden. II. Prosenchymatische Elemente mit kleinem, auf dem Querschnitt quadratischem Lumen. III. Pigmentschicht tangential gestreckter Parenchymzellen mit farb- losem oder bräunlichem Inhalt (je nach der Varietät). IV. Obliterirte Nährschicht 2 bis 6 Reihen stark. Die Samenschalen der Ranunculaceae sind sehr verschieden ge- baut. Theilweise fehlen hier Hart- und Nährschicht und die Gattungen Ranunculus und Delphinium gehören deshalb unter Typus Il. Nigella pygmaea L. I. Epidermis papillenartig ausgestülpter starkwandiger brauner Zellen. I. Nährschicht aus 3 bis 4 Reihen nur schwach obliterirtem Pa- renchym. II. Einreihige Pigmentschicht tangential gestreckter tafelförmiger Zellen. IV. Eine Reihe auf dem Querschnitt quadralischer, nicht stark- wandiger Zellen mit geknickten Radialwänden. In der Nährschicht ist im jugendlichen Zustande Stärke reichlich, bis zur fast völligen Verdrängung des Plasma vorhanden. Paeonia offieinalis L. 1. Stark cuticularisirte, mit braunem Inhalt erfüllte Epidermis radial gestreckter Zellen mit dünnen, durch Einschrumpfen geknickten Wan- dungen. 304 I. Prismenschicht stark verdickter, radial gestellter Zellen mit Kalk- oxalaterystallen. " IM. Nährschicht aus netzig verdickten Parenchymzellen mit getüpfelten Wandungen. Die Nährschicht enthält im jugendlichen Zustande reichlich Stärke. “Aus der Familie der Magnoliaceae wurde untersucht: Illicium verum Hooker. Die zerbrechliche, braunglänzende Samenschale setzt sich aus folgenden zwei Schichten zusammen: I. Sclereidenschicht, mässig cuticularisirt. II. Nährschicht aus mehreren Reihen obliterirtem Parenchym typischer Form. Von Berberideae untersuchte ich den Bau der Samenschale von Berberis_vulgaris L. (Fig. 10. 11). l. Stark euticularisirte Palissadenschicht mit weiten Lumina. If. Eine Reihe Parenchymzellen, welche durch Verschleimung der Membrane nur ein spaltenförmiges Lumen haben. II. Aeussere Nährschicht aus 3 bis 4 Reihen obliterirten Parenchym- zellen. {V. Einreihige Trägerzellschicht, stark verdickt mit weiten Intercel- lularen. V. Mehrreihige obliterirte Nährschicht mit braungelben Wandungen. VL Mehrreihige obliterirte Nährschicht mit farblosen Wandungen. Im halbreifen Zustande zeigen die äusseren Parthien wenig Auffallendes. Die Wandungen der Trägerzellen sind nur erst mässig verdickt und un- gefärbt. Die äussere Nährschicht ist schon stark obliterirt. Die beiden inneren bestehen noch aus isodiametrischen dünnwandigen Parenchym- zellen, dicht mit körnigem Inhalt erfüllt. Derselbe färbt sich mit Jod grünlich gelb, mit Eisenchlorid nicht, und desgleichen nicht mit Chlor- zinkjod. Stärke wird auch in jüngsten Stadien nicht angetroffen. Aus der Familie der Nymphaeaceae gehört die Gattung Nuphar dem Typus II an. Zu Uypus I dagegen gehört: Victoria regia Lindl. (Fig. 12. 13.) Die Schichten der Samenschale sind folgende: I. Palissadenschicht von Sclereiden, welche durchschnittlich nur doppelt so lang als breit sind, oder diese Länge noch nicht erreichen; zuweilen tonnenförmig nach beiden Seiten ausgebaucht, mit zahlreichen, gewundenen Tüpfeln. I. 1 bis 3 Reihen parenchymatische, tangential gestreckte Zellen, deren Wandungen relativ dünn sind und dunkel gefärbt erscheinen. 305 II. Mächtige obliterirte Nährschicht mit hellen Wandungen; die Lumina verlaufen unregelmässig. IV. Pigmentschicht, einreihig. Aus der Familie der Betulaceae untersuchte ich: Alnus glutinosa Gärtn. I. Kleinzellige, mässig starkwandige Epidermis. I. Braunwandige, nur mässig obliterirte Nährschicht, an den Breit- seiten ein- bis wenigreihig, an den Flügeln mächtig. IL Mehrreihige Sclereidenschicht. IV. Sternparenchym mit farblosen getüpfelten Wandungen. Aus der Familie der Ericaceae gelangte zur Untersuchung: Gaultheria procumbens L. I. Palissadenschicht starkwandiger, netzig getüpfelter, auf dem Quer- schnitt viereckiger, oft radial gestellter Zellen. 1. Nährschicht aus verdicktem, nicht obliterirendem Parenchym. ' Beide Schichten sind in dieser Form schon in sehr jungen Stadien ausgebildet. Bereits vielfach untersucht ist die Familie der Cucurbitaceae. Ich untersuchte zwei Arten. u Qucurbita Pepo L. Den Bau der reifen Samenschale fand ich übereinstimmend mit Harz und Fickel sowie im Allgemeinen auch mit v. Hoehnel wie folgt: I. Epidermis von Palissadenzellen, an den Flügeln verkürzt. Zellen netzig getüpfelt (porös verdickt), auf dem Querschnitt isodiametrisch. Poren spaltenförmig. Nach Ausbildung der o-Zellen wird im Lumen der Palissadenzellen kleinkörnige Stärke angetroffen. II. Dünnwandiges parenchymalisches netzig getüpleltes Gewebe, an den Längsseiten etwa 4 bis 5 Zellreihen stark, an den Flügeln bis doppelt so mächtig. II. Brachysclereiden, auf dem Querschnitt von o-förmiger Gestalt, getüpfelt, an den Rändern einreihig, an den Flügeln bis dreireihig. IV. Netzig getüpfelte Parenchymzellen mit Intercellularräumen. V. Obliterirte NährscHicht typischer Form. In einem Samen, welcher die Häfte der Grösse des reifen Samens erreicht hat, finden sich kleine Stärkekörner von 2 bis 3 # in der Nähr- schicht sowohl wie in der Palissadenschicht. Oyclanthera explodens Schrad. 1. Epidermis mit braunem Pigment erfüllt. ll. Verzweigtes Parenchym mit stellenweise getüpfelten Wandungen, an der Breitseite etwa 3 Zellreihen, an den Flügeln bis 10 Reihen stark, die Masse des Flügels bildend, nirgends obliterirt. II. o-Zellen, schmäler als bei Cucurbita Pepo. 306 IV. Sternparenchym, an den Kanten gestreckt, wenige Zellreihen umfassend, Gefässbündel führend. V. Obliterirte Nährschicht. Die Nährschicht enthält im jugendlichen Zustande reichlich feinkörnige Stärke. Aus der Familie der Campanaulaceae untersuchte ich: Campanula persicifolta L. l. Stark cuticularisirte Epidermis aus Palissadenzellen mit hammer- förmigem Lumen, weil die Seitenwandungen nur in der Mitte verdickt sind, und bräunlichem Inhalt. ll. Obliterirte Nährschicht. Die Nährschicht enthält nur in sehr frühem Stadium feinkörnige Stärke. Aus der Familie der Caprifoliaceae gehört Sambucus zu Typus I. Hierher dagegen gehört: ” " Symphoricarpus racemosus Pursh. Die Samenschale geht hier direct in das Endocarp über. Die Schichten der Samenschale sind folgende: 1. Sclereiden, welche auf dem Querschnitt langgestreckt und beider- seits zugespitzt erscheinen. Auf dem Längsschnitt sind sie fast isodia- metrisch. II. Eine einreihige Schicht Sclereiden von besonderer Grösse, auf dem Querschnitt isodiametrisch. 111. Eine einzellreihige Parenchymschicht. IV. Mehrreihige, obliterirte Nährschicht, Die Verdiekungen der Sclereidenwandungen finden sehr früh statt. Von Asclepiadeae gelangten zur Untersuchung: Vincetoxicum purpurascens Mönch. 1. Mässig starkwandige Epidermis. 1. Mehrreihige obliterirte Nährschicht. In jungen Stadien enthält die Nährschicht reichlich Stärke. Asclepias Syriaca L. I. Fast isodiametrische Epidermiszellen mit verdickter Aussenwand und punktförmigen Erhöhungen auf der Mille jeder Zelle. 4. 8 bis 16reihige Nährschicht, an den Breitseiten obliterirt, an den Flügeln turgescent geblieben. Von Strychnaceae kommt in Betracht die Samenschale von: Strychnos Nux vomica L. Sie besteht nur aus zwei Schichten: I. Epidermis mit charakteristischen Trichomen, an der Basis stark verdickt. 1. Nährschicht, aus 3 bis 6 Reihen obliterirtem Parenchyın bestehend, am Nabel stärker entwickelt, und theilweise nicht obliterirt. 307 Von Plantagineae untersuchte ich nur: Plantago major L. 1. Epidermis eingeschrumpfter Schleimzellen, aufgequollen quadratisch bis schwach rechteckig. II. Obliterirte Nährschicht, 6 bis 8 Reiben stark. 11. Eine Reihe mässig verdickter, isodiametrischer oder länglich abgerundeier Parenchymzellen mit bräunlichem Inhalt. - Aus der Familie der Labiatae seien folgende Samenschalen be- schrieben: ” Sulvia officinalis L. 1. Epidermis bogenförmig nach innen gewölbter Zellen, deren innere Seite völlig verdickt ist, während die äussere zart geblieben und fein eutieularisirt ist. ll. Mehrreihige obliterirte Nährschicht. II. Parallelepipedische, ausgebauchte, starkwandige Zellen. Seutellaria lupulina L. weist mit wenig Veränderungen dieselben Verhältnisse auf. Die Samenschalen der aus der Familie der Solanaceae untersuchten Pflanzen stimmen darin überein, dass sie sämmtllich aus zwei Schichten bestehen, deren innerste die Nährschicht ist. Die Zellen derselben sind von durchweg typischer Form und enthalten vorübergehend reichlich feinkörnige Stärke. Die Epidermiszellen zeigen grösstenlheils ausserordent- lich starke, unförmliche, schichtenweise Verdickungen der Innen- und Seitenwandungen, lelzterer oft nur partiell, während die scharf euticulari- sirte Aussenmembran unverdickt bleibt. Lycopersicum esculentum Tournef. (Fig. 14. 15.) I. Epidermis von Palissadenzellen, welche mit wellig gebogenen Wänden ineinander greifen. Sie sind nur an der Basis verdickt und etwa in der Hälfte ihrer Länge knieförmig nach der Spitze des Ovulum hin- gebogen. In den äusseren CGonturen sind sie mit dem Fruchtfleisch ver- wachsen '). I. Obliterirte Nährschicht, aus 10 bis 15 Reihen bestehend. In der Jugend enthält die Nährschicht reichlich fettes Oel und fein- körnige Stärke. Hyoscyamus niger L. I. Epidermis von Sclereiden mit unverdickter Aussenwand und körnigem Inhalt. IL. Nährschicht aus 3 bis 5 Reihen okliterirtem braunwandigem Parenchym. 1) Diese Epidermiszellen mit deutlicher Intereellularsubstanz sind von Lohde und Harz für Haare angesehen worden. 308 Capsicum longum. DC. I. Epidermis von Sclereiden mit unverdickter Aussenwand. II. Nährschicht aus 6 bis 8 Reihen obliterirtem Parenchym. Datura Stramonium L. I. Epidermis von Sclereiden mit partiellen bauchigen Seitenwand- verdickungen. II. Obliterirte Nährschicht. Solanum tuberosum L. I. Epidermis von Selereiden, ähnlich denen von Capsicum. II. Nährschieht von 8 bis 12 Reihen an den Kanten theilweise nicht obliterirtem Parenchym. Die untersuchten Convolvulaceae zeigen Palissadenzellreihe und Nährschicht. ” Convolvulus arvensis L. 1. Epidermis aus kubischen bis säulenförmigen Palissaden-Sclereiden, mässig verdickt, gruppenweise stark verlängert und Warzen bildend. Wandungen farblos, Inhalt tiefroth- bis schwatzbraun. ll. Einreihige Schicht, auf dem Querschnitt kubischer, in der Rich- tung des Samens langgestreckter Zellen. II, Palissadenschicht. IV. Nährschicht, 8 bis 12 Reihen stark, obliterirt. Ipomoea Sibirica I. ]J. Epidermis von Palissadenzellen. II. Palissadenschicht mit Lichtlinie. II. Obliterirte Nährschicht. Im halbreifen Zustande strotzt die Nährschicht von Stärkekörnern, deren Grösse bis 21 ıs beträgt. Die Familie der Cuseuteae zeichnet sich durch die Schleimepidermis aus, sowie durch das Auftreten grosser Stärkekörner in den Epidermiszellen. Cuscuta epithymum L. I. Schwach cutieularisirte rundliche Schleimepidermiszellen mit bräun- lichen Wandungen. li. Hellbraunwandige längere und kürzere, theils kubische, theils prismatische mässig verdickte Palissadenzellen. III. Palissadenschicht von Makrosclereiden mit nur spaltenförmigem Lumen. IV. Obliterirte Nährschicht, 2 bis 6 Zellreihen mächtig, mit blass- gelblichen Wandungen. Von Monocotylenfamilien wurden folgende untersucht: Irideae. Crocus sativus All. I. Epidermis papillenartig ausgestülpter, mässig verdickter, bräun- licher Zellen mit körnigem Inhalt. 309 I. Obliterirte Nährschicht mit bräunlichen Wandungen. IN. Grosse, radial gestreckte, dünnwandige Parenchymzellen. IV. Obliterirte Nährschicht, mit hellen Wandungen. Smilaceae. Asparagus offieinalis L. I. Grosszellige Epidermis, aussen und seitlich verdickt, mit braunem, körnigem Inhalt. HM. Obliterirte Nährschicht, 8 bis 12 Reihen. Colchicaceae. Veratrum nigrum L. I. Epidermis starkwandiger, beiderseits ausgebauchter, tangential gestreckter, netzig getüpfelter Zellen. I, Obliterirte Nährschicht mit braunen geschrumpften Zellwandungen. Im halbreifen Zustande sind beide Schichten dicht mit 2 bis 5 u grossen, zuweilen zusammengesetzten Stärkekörnern erfüllt, Veratrum Sabadilla L. zeigt durchaus dieselben Verhältnisse. Colchicum autumnale L. weicht gleichfalls im Bau der Samenschale nicht von der eben geschil- derten Form ab. Seitamineae. Elettaria Cardamomum White. I. Epidermis prosenchymatischer Schlauchzellen. II. Querzellenschicht. ill. Einzellreihige, nicht obliterirte Nährschicht, ölführend. IV. Sclereidenschicht, deren Wandungen nach innen ausserordentlich stark und in geringem Maasse auch seitlich verdickt sind. Gramineae. Triticum vulgare L. Die im reifen Zustande mit der Fruchtschale verwachsene Samen- schale besteht aus zwei Schichten: I. Zwei Reihen obliterirtes, zartwandiges Parenchym. II. Eine Reihe ebenfalls stark zusammengedrückter Parenchymzellen, welche beim Erwärmen mit Wasser oder verdünnter Kalihydratlösung in radialer Richtung um das Zwölffache aufquellen und dann deutliche Schichtung der Membran zeigen. Die Lumina stossen mit ihren zuge- spitzten Enden dagegen in tangentialer Richtung so dicht aneinander, dass sie nur von der primären Membran getrennt erscheinen. Im halbreifen Zustande, und theilweise schon zur Zeit der Befruch- tung, enthält die zweite Schicht Stärkekörner. 310 Typus IL Vorhandensein einer Nährschicht, aber keiner Hart- oder Schleimschichten. Poteriaceae. Poterium Sanguwisorba L. I. Epidermis dünnwandiger brauner, sehr langgestreekler Zellen mit feinkörnigem Inhalt. U. Obliterire Nährschicht, aus 3 bis & Reihen bestehend, mit dem Gefässbündel der Raphe. Sanguisorba offieinalis L. I. Schwach cutienlarisirte Epidermis grosser zartwandiger, nach aussen ausgebauchter Zellen. li. Obliterirte Nähreschicht, aus 2 bis 4 Reihen bestehend. Rosaceae. Rosa canina L. I. Epidermis zarltwandiger unregelmässiger Zellen von sehr ver- schiedener Grösse. 11. Obliterirte Nährschicht. Lauraceae. Laurus nobilis L. Die dünne Samenschale, welche an den Sclereidenring der Frucht angrenzt und mit dieser fast verwachsen ist, besteht nur aus dem wenig- reihigen, völlig obliterirlen Parenchym, in welchem die Gefässbündel verlaufen. Cannabineae, Cannabis sativa L. 1. Kleinzellige Epidermis. IL. Obliterirte Nährschicht, aus 6 bis 12 Zellreihen bestehend, welche von aussen nach innen an Grösse abnehmen und Chlorophylireste noch im reifen Zustande enthalten. Humulus Lupulus L. 1. Epidermis tangential gestreckter Zellen. II... Wie bei Cannabis. Dipsaceae. Scabiosa monspeliensis H. I. Grosszellige dünnwandige, stark gedrückte Epidermis. II. Obliterirte Nährschicht. Compositae. Achillea Millefolium L. I. Epidermis rothbrauner, stark gedrückter Zellen. II. Einreihige Nährschicht, obliterirt Lumina spaltenförmig. 311 Matricaria Chamomilla L. ebenso. Taraxacum offieinale Wigg. ebenso. Scorzonera Hispanica L. I. Epidermis langgestreckter Zellen. II. 3 bis 6 Reihen gestreckter oder kurzer, netzig getüpfelter Pa- renchymzellen mit Intercellularen. Helianthus annuus L. I. Epidermis mässig verdickter, tafelförmiger, nach innen ver- schmälerter Zellen, Intercellularräume bildend. I. 3 bis 5 Reihen plasmagefüllter, unregelmässiger, aber durchweg radial verkürzter Parenchymzellen. II 8 bis 16 reihige obliterirte Nährschicht. Cichorium Intybus L. I. Epidermis farbloser, netzig verdickter Zellen. il. 10 bis 15 Reihen obliterirte Nährschicht. Carthamus_tinctorius L. I. Epidermis schiefer, starkwandiger, gelblicher getüpfelter palissaden- förmiger Zellen. II. Getüpfeltes, inhaltsfreies Parenchym. II. Mächtige obliterirte Nährschicht. Calendula offieinalis L. ]. Epidermis zartwandiger kleiner, etwas gestreckter Zellen. I. 2 bis 5 Reihen grosser Parenchymzellen mit Intercellularen. il. 6 bis 10 reihige obliterirte Nährschicht mit blassgelblichen Wan- dungen. Die Entwickelungsgeschichte der Samenschale ist bei allen ‘unter- suchten Compositen dieselbe. Schon in sehr jugendlichem Zustande, wo die Zellen der zweiten Schicht noch deutliche Zellkerne zeigen, ist die Nährschicht in ihren innersten Reihen bereits gänzlich von Inhalt entleert. Stärke wird in keiner Schicht und in keinem Stadium des Reifungs- processes angetroffen. Caprifoliaceag, Sambucus nigra L. I. Epidermis tangential gestreckter Zellen, beiderseits ausgebaucht, mit zarten Wandungen und braunem Inhalt, welcher sich mit Schwefel- sänre kirschroth färbt. II. Eine bis zur Unkenntlichkeit obliterirte Nährschicht. Im halbreifen Zustande ist die subepidermoidale Schicht bereits plasma- leer. Stärke tritt im Laufe der Entwicklung nicht auf. Scerofulariaceae. Verbascum thapsiforme Schrad. I. Epidermis längsverlaufender Prosenchymzellen. Il. Mehrreihige obliterirte Nährschicht. Flora 1890, 21 312 Rhinanthus_minor Ehrh. 1. Grosse tangential gestreckte Epidermiszellen, dünnwandig, schwach 'ausgewölbt, mässig cuticularisirt. I. 2 bis 6reihige obliterirte Nährschicht. Typus M. Anstatt der Nährschicht ist ein nicht obliterirendes Parenchym vorhanden, Dryadeae. Rubus Caesius L. 1. Epidermis brauner zartwandiger Zellen von prismalischer Gestalt. II. Nicht obliterirendes mehrreibiges Parenchym. III. Einreihige Schicht, auf dem Querschnitte kubischer, zartwandiger Zellen. Ranunculaceae. Ranunculus_ arvensis L. 1. Dünnwandige Epidermis. ll. Nicht obliterirtes Parenchym. II. Pigmenischicht tafelförmiger Zellen mit verdickten Innenwänden und röthlichem Inhalt. Delphinium exaltatum L. (Pig. 16). I. Zartwandige Epidermis, Il. 4 bis 7 Reihen parenchymatisches Gewebe. II. Eine Reihe fast isodiametrischer, beiderseits ausgebauchter Zellen. Im jugendlichen Zustande sind alle Elemente mit 2 bis 6 » grossen Stärkekörnern erfüllt. Delphinium Staphisagria L. l. Epidermis grosser isodiametrischer oder radial gestreckter Zellen mit braunen, deutlich schichtenweise verdickten. Wandungen uud bräun- lichem Inhalt. II. Nicht obliterirtes Parenchym. 1II. Pigmentschicht radial gestreckter Zellen mit körnigem Inhalt und verdickter Innenwand. Das Parenchym enthält im jugendlichen Zustande Stärke. Nuphar_luteum Smith. I. Zartwandige Epidermis. Il. 4 bis 5 Reihen nicht obliterirendes Parenchym. Im jugendlichen Zustande enthält das Parenchym vorübergehend Crystalle oxalsauren Kalkes, 313 Cupuliferae. Quercus_Robur L. I. Epidermis grosser dünnwandiger isodiametrischer Zellen. II. 10 bis 14 Reihen zartwandiges, nicht obliteriries Parenchym. Castanea_vesca L. I. Epiderniis grosser dünnwandiger isodiametrischer Zellen. il. 95 bis 36 Reihen nicht obliterirtes, zartwandiges Parenchym mit bräunlichem Inhalt, Intercellularräume bildend. Zellen nach innen an Grösse abnehmend. Fagus_silwatica L. 1. Epidermis grosser, mässig diekwandiger Zellen mit braunem Inhalt. IM. 6 bis 8 Reihen inhaltsfreier, etwas gedrückter aber nicht ob- literirter Parenchymzellen mit Intercellularräumen; gefässbündelführende Schicht. III. Ein bis zweireihige Schicht tangential gestreckter Zellen. Cor yleae. Corylus_Avellana L. I. Epidermis dünnwandiger isodiametrischer Zellen. 1. 3 bis 5 Reihen dünnwandiges Parenchym mit Intercellularräumen. It. 8 bis 10 Reihen Parenchym. Orobancheae. Bei den den Orobanche-Arten besteht die Samenschale, wie schon L. Koch: mitgetheilt, aus nur einer einzigen Schicht gewölbter tafelförmiger Zellen mit dünner, leicht zerreissender Aussenwand und porös verdickten, dunkelbraunen Radial- und Innenwänden. Borragineae. Borrago_offieinalis L. Hier vertritt nur eine einzellreihige Schicht tangential gestreckter Zellen mit mässig verdickten, stark lichtbrechenden Wandungen die Samenschale. Palmae. Cocos nuci/era L. Hier steht die Oberhaut der Samenschale in unmittelbarem Zusammen- hange mit dem Endocarp. Unter der Oberhaut der Samenschale befindet sich eine ca. 20 Zelireihen starke Schicht tangential gestreckter weisser, netzig getüpfelter Parenchymzellen und unter dieser eine aus etwa ebenso vielen Reihen isodiametrischer hellwandiger Parenchymzellen, welche mit röthlich braunem Inhalt erfüllt sind. 21* 314 Beobachtungen über Zellhautbildung an des Zellkernes beraubien Protoplasten. Von Ed. Palla. (Bierzu Tafel XII) 1. Seitdem durch Hertwig für die Thiere, durch Strasburger für die Pflanzen erwiesen worden ist, welche bedeutende Rolle der Zellkern bei dem Geschlechtsacte spielt, ist von Zoologen wie von Botanikern be- reits mehrfach der Versuch gemacht worden, die Frage, ob gewisse, be- ziehungsweise welche Functionen des Protoplasts an die Gegenwart des Zellkernes gebunden sind, zu lösen. Es sei nur auf die Arbeiten der Zoologen Balbiani, Gruber, Nussbaum, Verworn, Korschelt und Hofer verwiesen; Gruber ist zugleich der erste, der eine Nach- wirkung der Zellkernthätigkeit annimmt). Von Botanikern hat zuerst Schmitz Beobachtungen veröffentlicht, welche auch die Frage nach eventuellen Beziehungen des Zellkerns zu den Functionen der anderen Protoplastentheile berühren. Schmitz?) fand, dass das Protoplasma der vielkernigen Zellen der Siphonocladiaceen bei einer Verletzung der Zelle sich gewöhnlich zu mehreren grösseren oder kleineren Kugeln gestaltet. Diese Kugeln umgeben sich sehr rasch mit einer Membran, enthalten dann aber stets mindestens einen Zellkern. Plasmatheile, die überhaupt keinen Kern besitzen, gehen immer ohne die Bildung einer Zellhaut zu Grunde. Schmitz kommt zu dem Schlusse: »Die Eigenschaft des Plasmas der Siphonocladiaceen-Zellen, dass auch einzelne losgetrennte Stücke des- selben lebensfähig bleiben und sich zu neuen selbständigen Zellen ®) ge- stalten können, ist somit nicht dem Protoplasma als solchem eigen. Es ist vielmehr dafür, dass ein abgerissener Theil des Protoplasmas selb- ständig als Zelle sich gestalte und weiterlebe, durchaus erforderlich, dass dieses losgetrennte Protoplasmaklümpchen einen oder mehrere Zellkerne der Mutterzelle enthalte« ®). Sehr wichtig sind die Arbeiten von Klebs°). Derselbe wendete bei seinen Versuchen eine Methode an, die es gestattet, einen Protoplast ohne 1) Beiträge zur Kenntniss der Physiologie und Biologie der Protozo@n. Ber. d. Naturf. Ges. zu Freiburg i. B. 1. Ba. 1886. S. 46. 2) Beobachtungen über die vielkernigen Zellen der Siphonocladiaceen. Festschrift der Naturforsch. Ges. in Halle a. S. 1879. 8. 278. 3) Hiermit ist wohl, nach der ganzen Darstellung von Schmitz, hauptsächlich die Ausbildung einer Zellhaut gemeint. Ob diese Zellen weiter wachsen, findet sich nicht direct erwähnt. 4) a. a. 0. 8. 306. 5) Ueber den Einfluss des Kernes in der Zelle. Biolog. Centralbl. VII. Bd. 1887. 8. 161. — Beiträge zur Physiologie der Pflanzenzelle. Unters, a. d. botan. Institut zu Tübingen. 1888. S. 551, j 315 grobe mechanische Verletzung in einen kernhaltigen und einen kernlosen Theil zu trennen. Klebs ceultivirte verschiedene Pflanzenzellen in 16—25 joigen Rohrzucker-Lösungen. Bei der sich einstellenden Plasmolyse geschah es dann häufig, dass in langgestreckten Zellen der Protoplast in zwei Hälften zerfiel, von denen die eine den Zellkern enthielt, die andere kernlos war. Auf diese Weise gelang es Klebs, kernlose Protoplaste von Zygnema, Spirogyra und Oedogonium sowie von den Blattzellen von Funaria hygro- metrica zu erhalten. An solchen kernlosen Protoplasten fand nun Klebs vor allem, dass sie im Stande waren, sich sehr lange Zeit hindurch am Leben zu erhalten; wurden sie im Dunklen gehalten, so verschwand die in ihren Chloroplasten vorhandene Stärke, ein Beweis, dass auch in ihnen gewisse Processe des Stoffwechsels vor sich gehen müssen, vor allem Athmung. Weiter konnte die wichtige Thatsache festgestellt werden, dass bei Spirogyra und Zygnema Stärkebildung auch ohne die Gegen- wart des Zellkernes stattfinden kann; denn wurden dureh Aufbewahrung im Dunklen entstärkte Spirogyren und Zygnemen dem Lichte ausgesetzt, so erfüllten sich auch die Chloroplasten der kernlosen Stücke mit Stärke, und zwar viel reichlicher als jene der kernhaltigen. Dagegen konnte Klebs nie beobachten, dass kernlose Protoplaste sich mit einer Zellhaut um- geben hätten; ebensowenig konnte er ein Wachsthum derselben fest- stellen. Eingehend hat sich endlich Haberlandt mit unserer Frage be- schäftigt. In seiner Arbeit »Ueber die Beziehungen zwischen Function und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen«!) wird eine grosse Anzahl von Beispielen zusammengestellt, die darthuen, dass in Zellen, welche ein leb- haftes localisirtes Längenwachsthum zeigen oder eine starke einseitige Verdickung ihrer Membran aufweisen, der Zellkern eine solche Lage ein- nimmt, dass er direct in der nächsten Nähe des stärksten Wachsthums oder der stärksten Zellhautbildung sich befindet oder wenigstens durch Plasmafortsätze auf dem kürzesten Wege mit jenen Stellen verbunden ist. Aus diesen Lagerungsverhältnissen schliesst Haberlandt, »dass der Kern beim Wachsthum der Zelle, speciell beim Dicken- und Flächen- wachsthum der Zellhaut eine bestimmte Rolle spielt«”). Haberlandt führt überdies exvgerimentelle Versuche mit Vaucheria an; er zerschnitt . Vaucheria-Fäden in 5-10 %eiger Rohrzuckerlösung und fand, dass eine grosse Anzahl der bei der Operation ausgestossenen Plasmaballen am Leben blieb. Diese lebensfähigen Plasmaballen hatten alle das gemein- sam, dass sie in allen sicher untersuchten Fällen mindestens einen Zell- kern besassen, weshalb Haberlandt geneigt ist, anzunehmen, »dass die Lebensfähigkeit der ausgeworfenen Plasmatheile an das Vorhandensein 1) Jena 1897. 2) a. 2. 0.8. 99. 316 mindestens eines Zellkernes gebunden ist«”). In Bezug auf die Bildung einer Zellhaut verhielten sich die erwähnten Plasmaballen sehr ver- schieden, indem die einen sehr bald mit einer Membran sich unıkleideten, während die anderen überhaupt keine Zellhaut bildeten. Endlich weist Haberlandt die schon aus Engelmann’s®) Versuchen bervorgehende Unabhängigkeit der Assimilation der Ghlorophylikörper von der Gegen- wart des Zellkerns speciell für die Ghloroplasten der Blattzellen von Funaria hygrometrica nach. In einer anderen Arbeit?) hat dann Haberlandt noch weitere Beobachtungen veröffentlicht, die für eine Abhängigkeit der Zellhaut- bildung vom Zellkerne sprechen. Ir untersuchte die Flaare mehrerer Cucurbitaceen, wie Bryonia dioeca, Sicyos angulata und Momordica Ela- terisem, welche die Erscheinung der »Einkapselung« zeigten, und fand, dass nur solche Plasmatheile sich einkapseln, also mit einer Membran umgeben, welche den Zellkern besitzen. Ebenso beobachtete Haberlandt an den vielkernigen Bastzellen von Nerium Oleander, Vinca minor und Linum usitatissimum und narbonense, die meist mehrere Kapseln enthielten, dass stets jede Kapsel im Besitze mindestens eines Zellkernes war; kernlose eingekapselte Protoplasmatheile kamen nicht vor. Es geben also die Arbeiten der Botaniker übereinstimmend an, dass ihres Kernes beraubte Protoplaste nicht im Stande sind, eine Z ellhaut zu bilden, so dass die Membranerzeugung an die Gegenwart des Zellkernes gebunden erscheint. Wie ich bereits in einer früheren vorläufigen Mit- theilung *) in Kürze berichtet habe, ist es mir dagegen gelungen, nach- zuweisen, dass Zellhautbildung auch an Protoplasten statthaben kann, welche des Kernes verlustig gegangen sind. Ich habe seither meine dies- bezüglichen Beobachtungen noch fortgesetzt und gebe im folgenden die Ergebnisse meiner Versuche. Zum Schlusse werde ich dann die Frage za erörtern haben, ob man die Zellhautbildung für einen vom Zellkerne durchaus unabhängigen Process anzusehen hat oder die hier zu be- sprechenden Fälle als Nachwirkungserscheinungen der Zellkernthätigkeit aufzufassen sind, I. 1. Beobachtungen an Pollenschläuchen. Die Pollenkörner der nachstehend besprochenen Pflanzenarten wurden in den in der zweiten Auflage von Strasburger’s botanischem Practicum Da 2 0.8. 9. 2) Neue Methode zur Untersuchung der Sauerstöffausscheidung pflanzlicher und thierischer Organismen. Botan. Zeit. 1881. S. 441 u. f. 3) Ueber Einkapselung des Protoplasmas mit Rücksicht auf die Function des Zellkernes. A.d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien, Math.-naturwiss. Classe. Bd. XCVIII. Abth, 1. März 1889. S. 190. 4) Ber. d. deutschen botan. Ges. VII. Jahrg. 1889. S. 330. 317 angegebenen Rohrzucker-Gelatine-Lösungen und zwar im hängenden Tropfen eultivirt; meist wurde jedoch der Gehalt an Gelatine erhöht, da es sich zeigte, dass in Folge dessen zwar nicht das Platzen der Pollen- schläuche verhindert, wohl aber bewirkt wurde, dass die hierbei ausge- stossenen Plasmatheile leichter am Leben blieben. Die Culturen wurden bei derselben Pflanzenart theils im Dunklen, theils am Lichte vor- genommen; für die zu besprechenden Vorgänge war dies von keinem wesentlichem Einflusse. Die Zellkerne wurden bei Leucoium vernum, Galanthus nivalis und Seilla bifolia (zum Theile) durch Methylgrün- Essigsäure, bei den übrigen Pflanzenarten durch Borax-Carmin zur An- schauung gebracht. Die Reaction auf Cellulose wurde überall mit Chlor- zink-Jod durchgeführt und ergab stets ein positives Resultat. Das Platzen der Pollenschläuche, das, wie sich zeigen wird, für die nachstehend zu schildernden Beobachtungen von der grössten Wichtig- keit war, erfolgt bei künstlichen Gulturen ungemein leicht; oft genügt schon eine geringe Erschütterung des Präparates, um dasselbe herbei- zuführen. Wohl stets dürfte es die Spitze des Pollenschlauches sein, an welcher das Platzen statt hat; da jedoch gerade hier die Zeilhaut sehr zart ist, so gelingt es nicht, den in ihr entstandenen Riss aufzufinden. Auffallend ist es, dass der Protoplast den geplatzten Scheitel, selbst wenn der Protoplasmaverlust ein ganz unbeträchtlicher ist,. aufzugeben pflegt, indem er sich von der verletzten Stelle durch eine Cellulosekappe ab- schliesst und gewöhnlich auch zugleich sein Längenwachsthum überhaupt einstellt, während in günstigen Fällen, stets aber nur wo wenigstens der vegetative Kern im Schlauche zurückgeblieben ist, an irgend einer Stelle des Schlauches eine Aussackung entsteht, welche weiter wächst, den ge- platzten Scheitel zur Seite schiebt und den ursprünglichen Schlauch fort- setzt. Da sich auch an diesen neu ausgetriebenen Schläuchen derselbe Vorgang wiederholen kann, so sieht man bisweilen Pollenschläuche, die sympodial bis aus vier nacheinander entstandenen Schläuchen aufgebaut sind. Leucoium vernum. Die leicht keimenden Pollenkörner trieben ziemlich rasch oft sehr lange Schläuche, die häufig an ihrer Spitze platzten. Traten hierbei, was nicht selten geschah, beiderlei Zellkerne aus, so ging gewöhnlich der im Schlauche verbleibende kernlose Plasmatheil zu Grunde, ohne eine Zell- haut zu bilden. In einigen Fällen konnte jedoch beobachtet werden, dass das kernlos gewordene Schlauchplasma sich mit einer Cellulosekappe . gegen den verletzten Scheitel hin abschloss. Häufig geschah dies, wenn beim Platzen blos der generative Kern verloren ging, der vegetative jedoch im Schlauche verblieb’), Manchmal kam es vor, dass an geplatzten 1) Bei Leucoium vernum, wie bei vielen Monokotylen überhaupt kann man be- obachten, dass in den wachsenden Pollenschläuchen bald der generative, bald der 318 Pollenschläuchen, nach der Ausbildung der Cellulosckappe unterhalb der verletzten Spitze, ein neuer Scheitel sich bildete, der später den Schlauch fortsetzte; in solchen Fällen wurde festgestellt, dass der vegetative Kem im Schlauch zurückgeblieben war und die Bildung des neuen Scheitels gewöhnlich über demselben erfolgte. Die beim Platzen des Schlauches ausgestossenen Plasmatheile gingen stets sofort zu Grunde. Galanthus nivalis. Die rasch wachsenden Pollenschläuche platzten sehr häufig an ihrer Spitze, wobei gewöhnlich sowohl der generative als auch der vegetative Zellkern mit ausgestossen wurden. In den meisten Fällen erhielt sich der im Schlauche verbliebene Protoplasmarest am Leben, auch wenn er ganz kernlos geworden war, und schloss sich gegen den verletzten Scheitel hin durch eine Cellulosekappe ab. Dann zerfiel er gewöhnlich in mehrere Theile, deren Länge häufig dem Abstande je zweier der hier, wie bekannt, typisch auftretenden Cellulosepfropfen entsprach; diese Theile kapselten sich oft sämmtlich ein, das heisst, sie umgaben sich mit einer Zellhaut, oder es umkleideten sich wenigstens die der Schlauchspitze zunächst ge- legenen Theile mit einer Gellulosemembran (Fig. 1). Die ausgestossenen Plasmapartien gingen sofort zu Grunde, mochten sie den einen oder : beiderlei Zellkerne enthalten oder nicht; in einem Falle jedoch wurde beobachtet, dass sich ein ausgestossener, und zwar kernloser, Protoplasma- theil lebend erhielt und mit einer Zellhaut umgabk. Seilla bifolia. In den meisten Fällen, wenn die Pollenschläuche platzten, wobei fast regelmässig die Kerne mit austraten, zerfiel der im Pollenschlauche zurückgebliebene Protoplasmarest in oft zahlreiche Partien, die sich zumeist sämmtlich einkapselten; so waren zwanzig und darüber grössere und kleinere Kapseln in einem Schlauche nicht gerade selten. Sehr häufig kam es vor, dass beim Platzen des Schlauches ausgestossene Plasmapartien sich lebend erhielten und mit einer Cellulosemembran um- gaben (Fig. 2); bis auf einen Fall wurden dieselben alle kernlos be- funden. Bei manchen solcher ausserhalb des Pollenschlauches ent- standenen Kapseln konnte beobachtet werden, dass sic an einer Stelle eine mehr oder minder kugelförmige bis ellipsoidische Aussackung auf- wiesen, die manchmal die Grösse der Kapsel selbst erreichte; solche Kapseln erinnerten lebhaft an sprossende Hefe. Die Aussackungen traten stets nur in der Einzahl an den Kapseln auf, auch wurde an der Aus- vegetative Zellkern vorausgeht, eine bestinımte Regel für das Vorausschreiten des einen oder des anderen Kernes also sich nicht feststellen lüsst; vergl. diesbezüglich auch Strasburger, Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen, 1884, S. 15. 319 sackung selbst nieht wieder eine weitere Aussackung beobachtet. Ich glaube, dass in dieser Erscheinung ein localisirtes Wachsthum der Kapseln vorliegt, wenn ich auch gestehen muss, dass ich derartige mit einer Aussackung versehene Kapseln zufälligerweise nur in solchen Präparaten zur Ansicht bekam, wo sie bereits abgestorben waren, so dass ich immer- hin zugeben muss, dass solche Kapseln auch derart entstanden sein konnten, dass der ausgestossene Plasmatheil die beschriebene Gestalt be- reits besass, bevor er sich mit einer Zellhaut umgab. Zweifellos aber hatte ein Wachsthum der Kapseln in jenen wenigen Fällen stattgefunden, wo die Kapseln (die sich alle als kernlos erwiesen) in einen den Durch- messer der Kapseln an Länge mehrmals übertreffenden Schlauch sich verengten, trotzdem auch diese gleichfalls erst im abgestorbenen Zustande bemerkt wurden; denn beobachtet man beim Platzen eines Pollen- schlauches das austretende Plasma, so kann man wahrnehmen, dass es hierbei, vorausgesetzt natürlich, dass es lebend bleibt, das Bestreben zeigt, eine mehr minder kugelförmige Gestalt anzunehmen; dass aus dem Schlauche austretendes Plasma eine langgestreckte, einem keimenden Pollenkorne gleichende Gestalt angenommen hätte, konnte nie beobachtet werden. Hyaecınthus orientalis. An den Pollenschläuchen dieser Pflanze wurden ganz ähnliche Er- scheinungen constatirt, wie an jenen von Scilla bifolia. Auch hier traten beim Platzen solcher Schläuche, die bereits eine beträchtliche Länge erreicht hatten, gewöhnlich beiderlei Kerne aus und das im Schlauche zurückgebliebene Protoplasma zerfiel in oft zahlreiche Theile, die sich mit einer Gellulosehaut umgaben. Sehr häufig konnte man beobachten, dass in dem noch von der Exine umgebenen Tiheile der Pollenzelle sich eine, manchmal auch zwei oder drei Kapseln mit bisweilen geschichteter Membran bildeten (Fig. 3); hie und da entstand innerhalb einer solchen Kapsel in Folge einer aus unbekannten Gründen sich einstellenden Con- traction des Protoplasmas nochmals eine Kapsel. Uebrigens trat auch bei älteren ausgekeimten Pollenkörnern mit nicht geplatzten Schläuchen die Bildung einer Kapsel innerhalb des von der Exine eingeschlossenen Theiles der Pollenzelle häufig genug auf. Oefters kam es an Schläuchen, die bereits eine recht ansehnliche Länge besassen und an ihrer Spitze meist mehr oder weniger stark angeschwollen waren, vor, dass an dem Scheitel ganz kleine Plasmatheile austraten, gewissermassen durchgepresst wurden, ohne dass äusserlich eine Verletzung der Schlauchwand zu be- merken war; solche oft winzige Protoplasmapartien umkleideten sich gleichfalls mit einer Cellulosemembran. Die Erscheinungen, die früher an Seilla bifolia als ein Zeichen stattgefundenen Wachsthums gedeutet worden sind, kamen bei Hyacinthus orientalis ebenfalls vor. 320 Hemerocallis fulva. Die durch ihre Grösse ausgezeichneten Pollenschläuche dieser Pflanze wurden dadurch sehr bemerkenswerth, dass sie beim Platzen in Folge ihrer Breite oft ganz ansehnliche Protoplasmamassen verloren, die sich am Leben erhielten und eine Zellhaut ausbildeten. Solche Kapseln (Fig. 4) erwiesen sich in der überwiegenden Anzahl der Fälle als kernlos. Sie zeichneten sich übrigens nicht bloss durch ihre Grösse, sondern auch dadurch aus, dass ihre Cellulosemembran fast stets sehr deutlich ge- schichtet war, manchmal auch Vorsprünge in das Kapselinnere bildete (Fig. 4, IL). Die einzelnen Stadien von dem Austreten der Plasmatheile bis zu deren Umkleidung mit einer Meınbran, die wie bei den übrigen angeführten Pflanzenarten gewöhnlich innerhalb 24 Stunden vor sich ging, konnlen hier besonders deutlich verfolgt werden. Gentiana exeisa. Die Pollenschläuche entwickelten sich fast stets normal fort, ohne zu platzen, und bildeten gewöhnlich, nachdem sie eine ansehnliche Länge erreicht hatten, an der Spitze oft eine sehr bedeutende kolbige An- schwellung, in welcher in den meisten Fällen der vegetative und der meist schon getheilte generative Zellkern lagen. Der Protoplast befand sich nicht in der ganzen Länge des Schlauches, sondern in der Scheitel- hälfte desselben; die andere Hälfte stellte einen leeren Schlauch dar. Unterhalb der Anschwellung zerfiel häufig das Protoplasma in mehrere kernlose Theile, die sich emkapselten; auch das Protoplasma der An- schwellung,. das, wie erwähnt, gewöhnlich die Zellkerne enthiclt, wngab sich öfters mit emer Membran. Ausserhalb des Pollenschlauches zur Ent- wicklung gelangte Kapseln wurden nicht beobachtet. Oytisus Weldeni. Bei dieser Pflanze wurden zwar keine Einkapselungen innerhalb der Pollenschläuche beobachtet, dagegen bildeten aber die in Folge des Platzens, welches sich hier in ungewöhnlicher Häufigkeit einstellte, aus- gelretenen Plasmamassen ungemein häufig eine Celluloschaut. Die so entstandenen Kapseln entbielten manchmal den einen oder anderen, auch beiderlei Zellkerne, gewöhnlich jedoch waren sie kernlos. Manche der kernlosen Kapseln liefen in lange Schläuche aus, deren Scheitel cine starke Verdickung aufwies (Fig. 5). Dass hier ein Wachsthum dieser Kapseln anzunehmen ist, dürfte wohl kaum zu bezweifeln sein. Eine etwaige Verwechslung mit normalen Pollenschläuchen, die ihre Exine abgestreift haben, ist durchaus ausgeschlossen; schon die viel geringere Grösse der Kapseln sowie deren Kernlosigkeit sprechen entschieden da- gegen, 321 Dietammus albus. Auch bei dieser Pflanze wurden ganz ähnliche Erscheinungen wie bei Cytisus Weldeni wahrgenommen. Auch hier wiesen hie und da einzelne der kernlosen Kapseln einen mehr minder langen Schlauch auf; bisweilen wurde, wie bei Scilla bifolia, hefeartige Sprossung beobachtet. In vereinzeiten Fällen wurden auch in den Schläuchen Kapseln (ohne Zellkern) gefünden. Ich hatte meine Versuche mit Pollenschläuchen gerade zum Abschlusse gebracht, als die Abhandlung Tomaschek’s »Ueber die Verdickungs- schichten an künstlich hervorgerufenen Pollenschläuchen von Colchicum autumnale<') erschien. Tomaschek beobachtete gleichfalls die Bildung von Kapseln in Pollenschläuchen von Colchicum autumnale; er sagt dies- bezüglich auf S. 3 seines Aufsatzes: »Losgerissene Partien von Proto- plasma sondern eine selbstständige Membran ab, von der sie vollständig eingeschlossen werden. Solche selbstständige, von einer besondern Mem- bran umgebene Partien des Protoplasmas im Innern des Pollenschlauches gewinnen das Ansehen endogener Zellen.« (Vgl. hierzu Fig. 8 seiner Abhandlung.) Ueber das Verhalten der Zellkerne äussert sich Toma- schek merkwürdiger Weise gar nicht. Uebrigens hat Tomaschek schon im Jahre 1877?) diese Einkapselungen beobachtet und auch die bereits 1845 von Reissek®) erwähnten Erscheinungen dürften zum Theile hierher gehören. Fassen wir die an den Pollenschläuchen gemachten Beobachtungen kurz zusammen, so ergibt sich, dass einerseits in den Pollenschläuchen befindliche losgetrennte, andererseits in Folge des Platzens der Schläuche ausgestossene Protoplastentheile sich lebend erhielten und mit einer Cellulosehülle umkleideten, auch wenn sie kernlos waren, was zumeist der Fall war. Auf das Wachsthum der kernlosen Kapseln soll hier weiterhin nicht eingegangen werden, da, wie schon 1) Botanisches Centralblatt. X. Bd. XXXIX. Nr. 27.28. S.1uf. 2) »Ueber die Entwickelung der Pollenpflänzechen des Colchieum autumnale L.« Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Math.-Naturwiss. Cl. Bd. LXXVI (1877). 8. 489. — Schon in dieser Abhandlung heisst es auf S. 491: »Sobald sich im Innern des Schlauches einzelne Protoplasmamassen aus dem Zusanmmenhange der Gerammtmasse desse!ben loslösen, bezieht sich die Ausscheidung neuen Zellenhautstoffes nur mehr auf diese vereinzelten Massen, wodurch diese letztere als selbstständige Zellen er- scheinen. Fig.4.« Vgl. übrigens auch noch: A, Tomaschek, Eigenthümliche Um- bildungen des Pollens. Bull. de la soc. imp. des naturalistes de Moscou. 'T.XLIV. 2. 8.1. Jahrg. 1871. 3) S. Reissek, Ueber die selbstständige Entwickelung der Pollenzelle zur keini- tragenden Pflanze. Verhandl. d. kais. Leop.-Carol. Akad. d. Naturf. XIII. Bd. II. Abth. S. 467—492. / 322 oben ausgeführt worden ist, das Wachsthum nicht direct. verfolgt werden konnte, sondern auf dasselbe bloss geschlossen wurde, deshalb Einwände gegen die Deutung der angeführten Fälle auf stattgefundenes Wachsthum hin zulässig sind; ich gedenke, um diesbezüglich zu einem entscheidenden Ergebnisse zu gelangen, weitere Beobachtungen darüber anzustellen. 9. Plasmolytische Versuche. Die folgenden Versuche wurden alle mit 10 "iger Rohrzucker-Lösung angestellt, der nach dem Vorgange von Klebs 0,01 % Congorots zugesetzt wurde, sowie 0,01 °% doppelt-chromsauren Kalis, das bezüglich der Ab- haltung von Pilzen und Bacterien denselben Dienst leistete, wie ihn Klebs bei der Anwendung von 0,05% normalen chromsauren Kalis erzielte. Elodea camadensis (Blätter). Zu den Versuchen wurden sowohl jüngere (jedoch nicht zu junge), als auch ältere, in demselben Jahre zur Entwicklung gekommene Blätter verwendet, deren Wachsthumsfähigkeit aher allem Anscheine nach noch nicht gänzlich erloschen war. Die Blätter wurden meistens in Uhr- schälchen gelegt, welche die Zuckerlösung enthielten. Die Protoplaste vieler langgestreckter Zellen zerfielen bei der Plasmolyse in zwei oder mehrere Theile (so besonders häufig die Protoplaste der zwischen den Blattzähnen gelegenen Blattrandzellen). Da. die Zellen in der Regel bloss einen Zellkern enthielten, so war nach der Plasmolyse nur ein Theil- protoplast kernhaltig, alle anderen hingegen kernlos; nur selten kam ces vor, dass einzelne Zellen, in Folge unterlassener oder noch. nicht erfolgter Zellwandbildung, zwei Zellkerne aufwiesen, von denen nach der Plasmo- Iyse ein jeder in je einem Theilprotoplast sich befand. Die Zellkerne waren als solche schon ohne weiteres kennbar, wurden aber stets noch durch Borax-Carmin zur Anschauung gebracht. Wie bereits Klebs be- obachtet hat, so umgaben sich auch hier die plasmolysirten Protoplasle gewöhnlich mit einer Membran. In den Zellen, wo der Protoplast in zwei oder mehrere Theile zerfallen war, schieden aber nicht bloss die kernhaltigen Partien eine Hülle aus, sondern sehr häufig auch die kern- losen. Die ausgeschiedene Membran bestand in vielen Fällen aus einem ziemlich zarten, scharf sich abhebenden Häutchen (Fig. 6); öfters aber auch, namentlich in gegen die Blattbasis zu gelegenen Zellen, erschien sie ziemlich dick und viel schwächer lichtbrechend. In Zellen, in welchen zwei Theilprotoplaste enthalten waren, erschien der kernhaltige Theil häufig mit einer starken, der kernlose mit einer zarten Hülle verschen; es kamen aber auch umgekehrte Fälle vor. Die Membran trat nach Behandlung mit Eau de Javelle meist sehr scharf hervor; namentlich 323 konnte dies an Präparaten constatirt werden, die bereits über eine Woche lang in dem Reagens gelegen waren. Schwefelsäure liess je nach dem Concentrationsgrade die Membran mehr minder stark quellen. Die Cellu- losereaction in sicherer, überzeugender Weise für die nach der Plasmo- Iyse neugebildete Membran zu erhalten, gelang mir nicht, weder mit Chlorzinkjod noch mit Jod und Schwefelsäure. Es stellten sich dies- bezüglich insoferne grosse Schwierigkeiten enlgegen, als die ursprüng- lichen Wände der Blattzellen selbst mit den genannten Reagentien sich intensiv färbten, so dass es nicht möglich ward, sicher zu entscheiden, ob die innen gelegenen neugebildeten Membranen eine Färbung ange- nommen hatten oder nicht; auch die nachträglich sich einstellende all- mälige Entfärbung der Präparate in Folge der Verflüchtigung des Jods führte zu keinem sicheren Ergebnisse. Dass wir es aber hier dessen un- geachtet mit wirklichen Zellhäuten zu thun haben, das beweist nach meinem Dafürhalten einerseits der Umstand, dass es stets gelang, Protoplaste, welche eine derartige Hülle bereits ausgebildet hatten, durch erneute Plasmolyse zu veranlassen, sich von dieser Hülle abzuheben, was auch stets beim Absterben der Protoplaste von selbst eintrat; andererseits das schon erwähnte Verhalten gegen Eau de Javelle und die Thatsache, dass sich neugebildete Hüllen, wenn auch schwach, mit dem in der Rohr- zucker-Lösung enthaltenen CGongorot färbten. Sinapis alba (Wurzelhaare). Die Versuche wurden an den Wurzelhaaren der Keimlinge angestellt. Zu dem Behufe wurden die im Dunklen zur Keimung gekommenen Pflanzen mit der Wurzel in einen Tropfen der Zuckerlösung auf den Objectträger gelegt, die Wurzel mit einem Deckgläschen zugedeckt und das Präparat nunmehr am Lichte belassen. Die Wurzelhaare der zu gleicher Zeit in dieselbe Zuckerlösung gestellten Wurzeln zeigten ein sehr verschiedenes Verhalten. An zahlreichen Wurzeln starben die Wurzel- haare nach der Eintragung in die Zuckerlösung fast sofort ab, an manchen wuchsen sie normal weiter fort, an anderen wieder kam es vor, dass sie an ihrem Scheitel platzten und einen Theil ihres Proto- plasmas verloren; an vielen endlich trat in Folge von sich einstellender Plasmolyse eine Trennung des Protoplasts in oft zahlreiche Theile ein, von denen selbstverständlich bloss einer den Zellkern enthielt. Bei den Wurzelhaaren, welche die Erscheinung des Platzens zeigten, wurde der in wachsenden Wurzelbaaren bekanntlich in der nächsten Nähe des Scheitels sich aufhaltende Zellkern sehr häufig mit ausge- stossen; nichtsdestoweniger ergab sich nicht selten, dass der nun kernlos gewordene Protoplast des Wurzelhaares unterhalb der Wundstelle, ganz analog wie bei den Pollenschläuchen von Leucoium vernum und Ga- lanthus nivalis eine oft ziemlich dicke Kappe bildete, die sich bei Be- 324 handlung mit Chlorzinkjod intensiv violett färbte und so ihre Cellulose- natur kundgab '). Die Präparate, an denen in den Wurzelhaaren in Folge von Plasmo- lyse der Protoplast in mehrere Theile zerfallen war, verhielten sich ver- schieden. An vielen erhielten sich die Theilprotoplaste zwei bis drei Tage am Leben und gingen dann, ohne die Spur einer Membranbildung, zu Grunde. In einigen Präparaten wiesen jedoch zahlreiche Wurzelhaare Einkapselungen der Theile ihres zerfallenen Protoplasts auf (Fig. 7). Höchst auffallend war es, dass gerade der am Grunde der Zelle befind- liche und bei hinreichender Länge des Wurzelhaares stets kernlose Theil- protoplast am häufigsten die Erscheinung der Einkapselung zeigte und eine verhältnissmässig dieke Membran ausbildete (Fig. 7,x). Die übrigen Theilprotoplaste blieben entweder uneingekapselt oder bildeten dünne, oft kaum mehr wahrnehmbare Membranen aus; nicht sellen kam es vor, dass sie nur gegen die Spitze des Wurzelhaares zu eine Kappe auf- wiesen, während gegen die Basis hin jedwede Bildung einer Zellhaut unterblicb (Fig. 7,II,y). Das Congorot erwies sich gerade hier von grösstem Nutzen, indem ces die alte Zellhaut der Wurzelhaare ungefärbt liess, während sich die neugebildeten Membranen der Theilprotoplaste je nach ihrer Dicke mehr oder weniger intensiv färbten und sich derart sehr anschaulich dem Auge darboten. Die Anwendung von Jod und Schwefelsäure ergab bei allen Kapseln die Reaction auf Cellulose. Der Zellkern war in dem abgestorbenen Protoplasma in Folge der reich- licheren Aufspeicherung des Congorots überall ohne weiteres sichtbar; an älteren Wurzelhaaren konnte Fragmentirung desselben beobachtet werden. . Marchantia polymorpha (Rhizoide). Thallusschnitte mit Rhizoiden wurden gleichfalls auf Objeetträger in einen Tropfen Zuckerlösung gebracht, mit einem Deckgläschen zugedeckt und am Lichte gelassen. Es trat Plasmolyse ein, und die Protoplaste der Rhizoide zerfielen in zahlreiche Theile, von denen selbstverständlich wieder nur einer den Zellkern enthielt. Da der Kern, wie bei den Wurzelhaaren, unterhalb des Scheitels sich befindet, so war er nach der Plasmolyse gewöhnlich in dem, von der Spitze des Rhizoids aus gerechnet, ersten Theilprotoplast enthalten. Die Theilprotoplaste gingen in der über- wiegenden Anzahl der Fälle nach zwei oder drei Tagen zu Grunde, ohne sich mit einer Zellhaut zu umkleiden. Es wurden aber in den meisten Präparaten je einige wenige Rhizoide aufgefunden, wo die Theile des D Wortmann (Beiträge zur Physiologie des Wachsthums. Botan. Zeit. 1889. Nr. 17) hat bei seinen Versuchen mit den Wurzelhanren von Lepidium sativum eine Bildung von Kappen unterhalb geplatzter Scheitel der genannten Wurzelhaare nicht beobachtet, 325 zerfallenen Protoplasts eine neue Membran ausgeschieden hatten (Fig. 8). Dieselbe war entweder dünn oder sie stimmte in der Dicke mit der Rhi- zoidenwand überein oder konnte dieselbe in dieser Hinsicht auch über- treffen. Fast alle entstandenen Kapseln waren kernlos, da die gegen die Spitze des Rhizoids zu befindlichen Theilprotoplaste, darunter auch jener, der den Zellkern enthielt, gewöhnlich abstarben, ohne sich eingekapselt. zu haben, während gerade die mehr in der Mitte des Rhizoid-Schlauches gelegenen Theile vorzugsweise eine neue Zellhaut aushildeten; so wurde an einem Präparate, wo in fünf Rhizoiden Einkapselungen sich eingestellt hatten, bloss in einem einzigen Rhizoid eine kernhaltige Kapsel aufge- funden. Auch hier bildete das Congorot zur leichteren Auffindung auch der dünnwandigsten Kapseln ausgezeichnete Dienste, indem es dieselben je nach ihrer Dicke mehr oder weniger stark färbte, während die Rhi- zoidenwand den Farbstoff so gut wie gar nicht aufspeicherte; anderer- seits brachte es in dem abgestorbenen Protoplasma den Zellkern zur deutlichen Ansicht, so dass weitere Zellkernfärbungen naeh den bekannten Methoden nicht nothwendig waren. Bei successiver Behandlung mit Jod (in Jodkalium) und Schwefelsäure (2 Vol.H,SO, + 1 Vol. H,O) quollen, im Gegensatze zur Rhizoidenwand, die keine Quellung zeigte, die Kapsel- wände. sehr bedeutend auf!) und gaben die Cellulosereaction, wobei namentlich die inneren Schichten der gequollenen Wände sich sehr intensiv blau färbten. Die Einkapselungs-Erscheinungen wurden nur in den glattwandigen Rhizoiden beobachtet; in den »Zäpfchenrhizoiden« starben die durch Plas- molyse erzeugten Theilprotoplaste stets ohne jede Spur einer Membran- bildung ab. Zu bemerken wäre noch, dass, während die Rhizoidenwände immer eine sehr deutliche Cuticula besitzen, die Kapselwände nie eine Andeulung eines solchen Häutchens aufwiesen. Oedogonium Sp. Die Fäden der bei Ermangelung jeglicher Fortpflanzungsorgane nicht weiter bestimmbaren Alge wurden ebenfalls, wie diess für die zwei letzt- genannten Pflanzen erwähnt worden ist, auf einem Objectträger unter einem Deckgläschen in der Zuckerlösung der Plasmolyse ausgesetzt. Wohl in jedem Faden gab es dann einige Zellen, wo der Protoplast in eine kernhaltige und eine kernlose Hälfte zerfiel. Vor allem ist zu be-. merken, dass viele der kernlosen Protoplaste sich über einen Monat lang lebend erhielten und wohl noch weiter gelebt hätten, wenn nicht die Versuche abgebrochen worden wären; das gleiche hat bekanntlich Klebs für die kernlosen Hälften von Zygnema-Zellen festgestellt, welche bis 6 Wochen am Leben blieben. Während aber Klebs bei seinen Versuchen nie 1) Vgl. Klebs, Beiträge z. Physiologie .... S. 516. 326 beobachtete, dass kernlose Protoplaste der von ihm benützten Oedogonium- Arten eine neue Zellhaut gebildet hätten, konnte solches hier constatirt werden. Eine ziemliche Anzahl kernloser Protoplaste umkleidete sich nach drei bis vier Tagen, vielfach erst innerhalb einer Woche, mit einer Zellhaut. Die neue Membran war nicht selten nur ganz einseitig aus- gebildet (Fig. 9, D; in vielen Fällen jedoch fand eine vollständige oder nahezu vollständige Einkapselung statt (Fig. 9, 1). Die Membranen wiesen vielfach deutliche Schichtung auf; häufig war mehrfache Kappenbildung zu beobachten. Das Gongorot wurde von den Kapselwänden sehr stark gespeichert; bei Anwendung von Jod und Schwefelsäure ergab sich die Cellulosereaction. Bei sehr vielen der zu den Versuchen verwendeten Oedogonium- Fäden waren einzelne oder auch mehrere Zellen m Theilung begriffen, wie sich aus dem Vorhandensein des »Celluloseringes« und zweier Zell- kerne ergah. . Nachträgliche Versuche mit 20 %piger Rohrzucker-Lösung, die gleich- falls 0,01% Congorots und 0,01% doppelt-chromsauren Kalis enthielt, führte zu den gleichen oben angeführten Resultaten. Die 20 PJoige Lösung war aber insoferne günstiger, als bei der Plasmolyse infolge der rascheren Wirkung der Zuckerlösung der Protoplast nunmelir in sehr vielen Zellen in zwei Theile zerfiel, so dass infolge dessen auch das Vorkommen kern- loser Kapseln ein verhältnissmässig häufiges war. nl. Wie aus den in II mitgetheilten Beobachtungen und Versuchen her- vorgeht, findet die Bildung einer Zellhaut auch an solchen Protoplasien (beziehungsweise 'Theilprotoplasten) statt, die früher ihres Zellkernes ver- lustig gegangen sind. Es ergiebt sich also, dass esnichtnothwendig ist, dass der Protoplast, wenn er eine Zeilhaut ausbildet, sich während dieses Processes noch im Besitze seines Zell- kernes befindet. Einen etwaigen Schluss, dass der Process der Zell- hautbildung überhaupt in gar keiner näheren Beziehung zu der Zellkern- thätigkeit steht, darf man aus dieser Thatsache nicht ziehen; sie spricht durchaus nicht dagegen, dass hier Nachwirkungserscheinungen einer die Zellhautbildung bedingenden Thätigkeit des Zellkerns vorliegen könnten. Hiermit soll nicht etwa gesagt werden, dass vielleicht die Zellhautbildung als solche direkt vom Zellkerne bewirkt wird; wir haben ja guten Grund anzunehmen, dass sie die specifische Eigenschaft eines bestimmten Organs ’) 1) Es kann sich hierbei wohl nur um die Hautschicht und das Körnerplasma handeln; bein weiteren Eingehen auf die Sache aber stösst man bereits auf Schwierig- keiten. Zunächst ist es noch unentschieden, ob die Hantschicht als ein selbständiges 327 ist. Es handelt sich vielmehr darum, ob nicht irgend welche Functionen des Zellkernes so eng mit der Thätigkeit des zellhautbildenden Organs zusammenhängen, dass die Function der Zellhautbildung stets nur auf eine solche vorausgehende Function des Zellkernes hin erfolgt. Wäre diess der Fall, so müsste, wenn das zellhautbildende Organ auch nach der Entfernung des Zellkernes aus dem Protoplast weiter seine Thätigkeit fortsetzt, die ganze Erscheinung für eine Nachwirkung der früheren Zell- kernthätigkeit erklärt werden. Ob nun wirklich eine derartige enge Be- ziehung zwischen der Zellkernthätigkeit und der Zellhautbildung besteht, Organ aufzufassen ist, das sich nie neubildet, sondern stets nur durch Theilung fort- pflanzt. Pfeffer (Ueber Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen. Unters. a. d. bot, Inst. zu Tübingen, II. Bd. 1886, 8. 319 u. f.) und Klebs (Beiträge, 8. 510) bestreiten im Allgemeinen die Selbständigkeit der Hautschicht und behaupten, dass aus einem beliebigen Theile des Körnerplasmas durch Neudifferenzirung sich eine Hautschicht herausbilden könne. Dagegen hat Vries, der zuerst die Ansicht be- gründete, dass die Hantschicht ein selbständiges Organ darstelle, mehrere gewichtige Gründe für seine Annahme in's Treffen geführt (Plasmolytische Studien über die Wand der Vacuolen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XVI. 1885. 8. 493 u. f. — Intracellu- lare Pangenesis. 1889. 8. 159 u. f). Aber abgesehen von der Frage nach der Selbst- ständigkeit der Hautschicht, ergiebt sich bezüglich der näheren Bezeichnung des zellhautbildenden Organs selbst überdiess noch die weitere Schwierigkeit, ob dasselbe in der Hautschicht oder im Körnerplasma zu suchen ist. Klebs (Beiträge, S. 498) betont mit Recht die Möglichkeit, dass die Bildung der Zellhaut im peripheren Theile des Körnerplasnıas vor sich gehen könnte, wonach erst die Ausscheidung derselben durch die Hautschicht hindurch nach aussen erfolgen würde, wie ja gerade auf diese Weise die Bildung der zellhautartigen Hülle der Euglenen erfolgt; es wäre dann die periphere Schicht des Körnerplasmas das Organ der Zellhautbildung, während die Hantschicht vor allem den osmotischen Verkehr zwischen der Aussenwelt und dem Protoplast zu vermitteln hätte. - Andererseits spricht wiederum vieles dafür, dass in der Hautschicht selbst, die Bildung der Zeilwand erfolgt. (Es sei hierbei be- wierkt, dass Vries darauf aufmerksam zu machen sucht, dass sich die Beobachtungen von Strasburger, Haberlandt und Klebs, denen zufolge beim Zerschneiden von Vaucheria-Schläuchen ein Theil der herausgetretenen Protoplasmaballen sich mit einer neuen Cellulosemembran umkleidet, ein anderer Theil hingegen. selbst wenn im Besitze eines Zellkernes, ohne die Bildung einer Zellhaut zu Grunde geht, viel- leicht dahin erklären lassen dürften, dass im ersteren Falle die herausgetretenen Plasmaballen von der ursprünglichen Hautschicht eingeschlossen waren, im letzteren nicht. Dasselbe könnte man für das verschiedene Verhalten der infolge des Platzens der Pollenschläuche ausgestossenen Protoplasmatheile geltend machen. Leider fehlt uns zur Entscheidung dieser Frage noch jegliches Mittel, die Hautschicht zu jeder Zeit leicht zur Anschauung zu bringen). Auf welche Weise die Zellbautbildung vor sich geht, lässt sich aber bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse darüber gleich- falls noch nicht mit Sicherheit entscheiden. Lässt sich nun auch nicht Jäugnen, dass die Vries’sche Hypothese, sowohl was den Ort der Zellhautbildung als auch die Selbständigkeit der Hautschicht anbelangt, sehr vieles für sich hat, so steht die Sache doch noch nicht ganz geklärt da, und müssen uns erst weitere Untersuchungen zu einem endgiltigen Ergebnisse führen. Flora 1890, 22 328 darüber ein bestimmtes Urtheil abzugeben, sind wir derzeit noch nicht berechtigt, da wir über die physiologischen Functionen des Zellkernes noch durchaus im Unklaren und nur soviel anzunchmen gezwungen sind, dass der Zellkern das übrige Protoplasmä irgendwie beeinflussen muss !); desshalb müssen wir uns bezüglich der Einkapselungen kernlosen Proto- plasmas mit dem oben aufgestellten allgemeinen Satze begnügen. Wenn ich dessenungeachtet hier die Meinung ausspreche, dass wir es in den in Il beschriebenen Fällen wahrscheinlich doch mit Nachwirkungserscheinungen der Thätigkeit des früher vorhandenen Zellkernes zu thun haben, so ge- schicht dies aus, wie ich glaube, wohl berechtigten Gründen. Ich bemerke zunächst, dass ein guter Theil meiner oben angeführten Beobachtungen an Pollenschläuchen gemacht worden ist, also an Organen, die sich durch ihr ungemein rasches Wachsthum auszeichnen, mit dem selbstverständlich die Ausbildung einer Zellhaut Hand in Hand geht. Weiter wurde ein Theil der plasmolytischen Versuche an Wurzelhaaren und Rhizoiden angestellt, denen bekanntlich nicht minder schnelles Wachsthum zukommt. Ich weise endlich darauf hin, dass bei vielen Oedogonium-Fäden Theilung der Zellen zu beobachten war und dass die zur Plasmolyse verwendeten Blätter von Flodea canadensis noch im, wenn auch oft nur schwachen, Wachstlume begriffen waren. Es zeigt sich also vor allem, dass die kernlosen Protoplaste, an denen die Neu- bildung einer Membran constatirt werden konnte, solchen kernhaltigen Zellen entstammten, welche meist im Wachsthume begriffen waren, jeden- falls aber noch ihre Zellhaut verdickten. Daraufhin dürfte sich der Gegen- satz zwischen den Versuchen von Klebs und meinen eigenen Beobach- tungen zurückführen lassen. Klebs stellte, soviel aus seinen Darstellungen zu entnehmen ist, seine experimentellen Untersuchungen hauptsächlich im Spätherbste und im Winter an, also zu einer Zeit, wo sich zweifelsohne die zu den Experimenten verwendeten Pflanzen in einem Ruhezustande befanden; nach der Plasmolyse umgaben sich nur kernhaltige Theilproto- plaste mit einer Zellhaut, weil offenbar eben nur diese durch den Zell- kern, der jedenfalls durch die plötzlich geänderten Lebensbedingungen zur Thätigkeit veranlasst wurde, zur Zellhautbildung angeregt werden konnten. Von Oedogomium scheint Klebs gleichfalls nur solche Fäden benützt zu haben, an deren Zellen in dem Augenblicke, wo sie der Plas- molyse ausgesetzt wurden, weder Wachsthum noch Membranverdickung statthatte. Es würden also unter Berücksichtigung der verschiedenen Unıstände, unter denen von Klebs und mir experimentirt wurde, Klebs’ Versuchsergebnisse einerseits, meine eigenen Beobachtungen andererscits 1) Die Nothwendigkeit der Annahme dieses Satzes ergiebt sich aus der in jüngster Zeit veröffentlichten MNittheilung von Boveri (Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigenschaften. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München. V. 1889. 8. 73). 329 entschieden dafür sprechen, dass die Zellhautbildung zu irgend einer Art der Zellkernthätigkeit in enger Beziehung steht und demnach die Ein- kapselungen kernlos gewordener Protoplaste oder Protoplastentheile Nach- wirkungserscheinungen dieser Zellkernthätigkeit sind. Hierzu kommt noch ein weiterer Umstand, auf den Gewicht gelegt werden muss. Es ist bekannt, dass in den Pollenschläuchen der vegetative - Kern immer mehr an Substanz abnimmt, als der Pollenschlauch länger wird, bis er sich schliesslich in vielen Fällen nicht mehr nachweisen lässt’). Nicht minder auffallend ist es, dass er sich, trotzdem er mit der Befruchtung nichts zu thun hat, dennoch fast regelmässig in der Pollen- schlauchspitze aufhält, also in der Nähe jenes Ortes, wo das Längen- wachsthum des Pollenschlauches vor sich geht. Achnlichem Verhalten wie bei den Pollenschläuchen begegnen wir auch bei den Wurzelhaaren und Rhizoiden ?); auch bei diesen hält sich der Zellkern unterhalb der fortwachsenden Spitze auf und geht mit der Grössenzunahme_ dieser Organe oft weitgchende Fragmentationen ein. Beide Thatsachen aber, die Lagerungsverhältnisse sowohl als die Structurveränderungen des Zell- kernes, dürften hier gleichfalls wohl am ‚besten durch die Annahme zu erklären sein, dass zwischen der Zellkernthätigkeit einerseits und dem Wachsthume und der Zellhautbildung andererseits irgend ein Zusammen- hang besteht. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass in solchen Pflanzen- zellen, in denen von selbst ein Zerfall des Protoplasts in zwei oder mehrere Theile eintritt, es stets nur der den Zellkern enthaltende Theil war, an dem die Ausbildung einer Membran festgestellt werden konnte®). Es ist nun nicht ausgeschlossen, dass hier gelegentlich Einkapselungen auch kernloser Theile aufgefunden werden. Zweifellos tritl aber in den meisten Fällen eine Einkapselung nur der kernhaltigen Plasmapartieen ein. Gerade mit Rücksicht auf die entgegengesetzten Resultate der experimen- tellen Versuche verdienen die hierher gehörigen Beispiele jedenfalls eine nochmalige eingehende Untersuchung; namentlich wäre es von Wichtig- keit, die ganze Erscheinung, wo möglich an lebendem Materiale, Schritt für Schritt zu verfolgen. Man könnle vielleicht gegen die Annahme der Zellhautbildung kernlos gewordener Protoplaste als einer Nachwirkungserscheinung die Einwen- dung machen, dass bei Blodea canadensis und Oedogonium die Zellhaut- bildung eıst nach mehreren Tagen sich einstellte, während man doch, wenn sie eine Nachwirkung der Zellkernthätigkeit wäre, erwarten möchte, 1) E. Strasburger, Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogawmen. Jena 1884. S. 19. 2) G. Haberlandt, Ueber die Beziehungen zwischen Function und Lage des Zeilkernes. 8. 59. 3). G. Haberlandt, Ueber Einkapselung des Protoplasmas. 22* 330 dass sie möglichst bald in Erscheinung treten werde. Dagegen kann man aber immer annehmen, dass durch die Plasmolyse das zellhautbildende Organ zunächst derart beeinflusst wird, dass es vorerst nicht im Stande ist, seine zellhautbildende Function fortzusetzen; erst nach einiger Zeit, wenn sieh der Protoplast an die neuen Lebensbedingungen gewöhnt hat, wird das Organ befähigt, seine Thätigkeit wieder aufzunehmen. Schwieriger wäre es freilich, sich vorzustellen, wie es kommt, dass die nachwirkende Zellkernthätigkeit sich noch nach dem Ablaufe einer so langen Zeit geltend machen könne. Auf Erklärungsversuche zur Beantwortung dieser Frage kann hier aber schon aus dem Grunde nicht eingegangen werden, weil zuerst die verschiedenen Möglichkeiten der Einwirkung des Zellkernes auf das übrige Protoplasma näher erörtert werden müssten, was zu weit führen würde. Es ist jedoch klar, dass auch dieser schwierige Punkt gegen die Annahme einer Nachwirkung der Zellkernthätigkeit nicht geltend gemacht werden kann. Es soll hiermit übrigens nicht behauptet werden, dass die hier vor- gebrachten Umstände, welche dafür sprechen, dass die Ausbildung einer Membran seitens ihres Kernes beraubter Protoplaste als eine Nach wirkungs- erscheinung der Thätigkeit des früher vorhandenen Zellkernes aufzufassen ist, die Annahme einer solchen Nachwirkung als über jeden Zweifel er- haben hinstellen. Eine sichere Entscheidung der Sache müssen uns erst fernere Untersuchungen bringen, denen namentlich obliegen wird, festzu- stellen, ob kernlos gewordene Protoplaste immer nur dann im Stande sind, eine Zeilhaut zu bilden, wenn an ihnen in dem Augenblicke, wo sie des Zellkernes verlustig wurden, eine Ausbildung der Zellhaut vor sich ging. Graz, 15. April 1890. Botanisches Institut der Universität. Tafelerklärung. — 62 Sämmtliche Figuren sind nach todten Objecten wit der Camera gezeichnet; das Protoplasma erscheint deshalb (mit theilweiser Ausnahme von Fig. 2 und 3) in Folge eingetretener Contraction von der neugebildeten Membran abgehoben. Fig. 1. Galanthus nivalis. Der Pollenschlauch ist an der Spitze geplatzt; sowohl der generative (9) wie der vegetative (v) Zellkern sind ausgestossen worden. Das im Schlauche zurückgebliebene Protoplasma hat sich zunächst gegen die verletzte Spitze zu durch eine Cellulosekappe (k) abgeschlossen und ist dann in mehrere Theile zerfallen, von denen sich die zwei vorderen eingekapselt haben. Vgr. 550, Fig. Fig. Fig. 331 2. Seilla bifolia. Der Pollenschlauch ist zuerst an der Spitze und dann seitlich, an dem sich neubildenden zweiten Scheitel, geplatzt. Der generative (g) Kern ist ausgestossen worden; der vegetative konnte nicht nachgewiesen werden. Das im Schlauche zurückgebliebene Protoplasma hat gegen die verletzte Spitze hin eine Cellulosemembran (k) ausgebildet. Die meisten der ausgeworfenen Plasma- theile haben sich mit einer Zellhaut umgeben (bei der Kapsel « sowie bei der überwiegenden Anzahl der kleinen Kapseln hat sich das Protoplasma beim Ab- sterben von der Zellwand abgehoben). e (violett) Exine, Vgr. 550. g 3. Hyacinthus orientalis. 1. Innerhalb des Pollenkornes ist eine kernlose Kapsel entstanden; eine andere hat sich im Schlauche ausgebildet. II. Kernlose Kapsel innerhalb des Pollenkornes. e (gelb) Exine. Vgr. 550. 4. Hemerocallis fülva. I und II. Zwei ausserhalb des Pollenschlauches entstan- dene kernlose Kapseln. Ver. 350. 5. Cytisus Weldeni. Ausserhalb des Poilenschlauches entstandene kernlose Kapsel, bei der zweifelsohne ein Wachsthuni stattgefunden hat. Vgr. 550. Die folgenden Figuren beziehen sich auf Zellen, die der Plasmolyse ausgesetzt worden waren; der Zellkern ist überall carminroth gehalten. Fig. Fig. 6. Elodea canadensis. Blattrandzelle; sowohl der kernhaltige als auch der kernlose Theilprotoplast haben sich eingekapselt. Vgr. 550. 7. Sinapis alba. Wurzelhaare. I]. Der über der Basis des Wurzelhaares be- findliche kernlose Theilprotoplast hat sich eingekapselt (x); der Zellkern ist in zwei Theile zerfallen. II. Zwei dünnwandige Kapseln in der Spitze des Wurzel- haares, unterhalb dieser eine längere, deren Membran gegen den Zellkern hin immer undeutlicher wird, bis sie gänzlich verschwindet; am Grunde des Wurzel- haares eine verhältnissmässig dickwandige Kapsel (x). III. An der Spitze ist eine dünne Kappe (y), im unteren Theile eine dicke kernlose Kapsel (x) ausgebildet; der Kern ist im Zerfall begriffen. Vgr. 350. Fig. 8. Marchantia polymorpha. I. und Il. Rhizoide mit kernlosen Kapseln; in Fig. der Richtung gegen a hin die Spitze, gegen 5b hin die Basis der Rhizoide. Rhizoid I enthielt ausser den vier gezeichneten Kapseln noch weitere drei. Vgr. 350. 9. Oedogonium sp. I und II. An beiden Zellen ist der Protoplast infolge von Plasmolyse in eine kernhaltige und eine kernlose Hälfte zerfallen, die beide eine Cellulosemembran ausgebildet haben; bei II sind an den Kapselenden mehrere Kappen hinter einander abgesetzt. Vgr. 350. 332 Frucht in Frucht von Carica Papaya. Von Fritz Müller. Vor Kurzem brachte mir einer meiner Enkel die hier abgebildete jängsdurchschnittene Frucht eines Melonenbaumes (Carica Papaya). Die Frucht umschliesst eine zweite, die fast ebensolang ist wie sie selbst und, um in ihrer Höhle Platz zu finden, oben sich umgebogen hat. Die äussere Frucht ist von mittlerer Grösse, das Fruchtfleisch nach Dicke, Farbe und Geschmack von gewöhnlicher Be- schaffenheit. Sämen fehlen vollständig, wäh- rend unentwickelte Samenanlagen in reich- licher Zahl vorhanden sind. Der Samenmangel erklärt sich daraus, dass (wenigstens an der mir vorliegenden Hälfte) äusserlich jede Spur von Griffel und Narbe fehlt. Dagegen findet sich im Innern der Fruchthöhle eine von deren Scheitel abwärts gerichtete, in gewöhn- licher Weise gelappte Narbe. Die innere Frucht nimmt den ganzen Boden der Höhle der äusseren ein und be- hält bis oben nahezu gleiche Dicke. Sie ist glatt, weiss, ihr Fleisch hart, geschmacklos und ganz ohne Milchsaft, der sonst in unreifen Früchten besonders reichlich vorhanden zu sein pflegt. Sie besteht aus fünf Fruchtblättern; eines derselben ist nur etwa 2, ein anderes etwa 3cm lang; sie enden (wie die Abbildung rechts unten zeigt) mit einem rundlichen schwach vorspringenden Wulst, an welchem ein dunklerer Punkt die verkümmerte Narbe andeutet. Die drei übrigen Fruchtblätter reichen bis zum Ende der Frucht, wo sie in wohlentwickelte, gelappte und zum Theil wunderlich verkrümmte Narben übergehen. Es bleibt hier zwischen ihnen ein ziemlich breiter Spalt, durch den man in die mit zahlreichen Samenanlagen 'bedeckle Fruclithöhle hineinsieht. Diese Höhle verengt sich rasch nach unten, hat 3cm über dem Boden nur noch etwa 3mm, und 25mm über dem Boden wenig über 1mm Durch- messer; sie endet, halbkugelig abgerundet, etwa 2cm über dem Boden der äusseren Frucht. Der unterste Theil der Frucht ist dicht. Samen- anlagen finden sich in der ganzen Länge der Fruchthöhle. Unter der inneren Frucht, zwischen dieser und den Boden der äusseren eingeklemmt, stehen fünf farblose, dünnhäulige spitze Blättchen, deren Länge von 5—8, deren Breite von 2—3 mm schwankt; sie wechseln ab mit den Fruchtblättern der inneren Frucht. 333 Die beiden in der eben besprochenen Frucht vereinigten Bildungs- abweichungen, den in die Fruchthöhle ragenden Griffel und die zweite . innere Frucht, habe ich getrennt bei zwei anderen Pflanzen wiederholt gesehen, letztere bei Passiflora, erstere bei Alpinia. Durch unseren verstorbenen deutschen Consul Vietor Gärtner er- hielt ich ınehrere Früchte von Passiflora alata, die eine vollständige, regelrecht entwickelte, aber natürlich unentfaltete und etwas verknitterte Blume umschlossen. Die Früchte besassen reichliche gute Samen; eine aus diesen gezogene Pflanze meines Gartens hat bis jetzt nur gewöhnliche Früchte getragen. An einer Alpinia, mit deren abweichend gebildeten Blumen ich mich seit einigen Jahren beschäftigt habe‘), waren im letzten Sommer Zwischen- formen zwischen drei- und zweizähligen Blumen ungewöhnlich zahlreich - und unter diesen nicht selten solche, in deren Fruchtknoten eine der drei Scheidewände fehlte, so dass dieser zwei ungleich grosse Fächer zeigte. In etwa einem Dutzend solcher Fruchtknoten und zwar stets in dem grösseren Fiache traf ich einen an die Fäden der Olyra-Halme erinnernden weissen, drehrunden, regellos gebogenen Faden, der bisweilen das Fach so vollständig füllte, dass kaum Raum blieb für einige Samenanlagen. Er entspringt vom oberen Ende des Faches und endet frei in eine kleine flache, am Rande bewimperte Scheibe. Das erinnerte an die ganz ähn- liche Bewimperung des Narbenrandes und nähere Untersuchung ergab, dass der Faden auch sonst in seinem Baue mit dem Griffel übereinstimmt und nichts Anderes ist, als das dem einen Fruchtblatt zugehörige Drittel des Griffels. Dies wurde dadurch bestätigt, dass wo der Faden im Fruchtknoten sich fand, der Griffel nicht drehrund, sondern von einer Längsrinne durchzogen war, die der im Fruchtknoten versteckte Faden hätte bedecken sollen. Nachdem ich dies erkannt, konnte ich schon vor Eröffnung des Fruchtknotens aus der An- oder Abwesenheit einer solchen Rinne entnehmen, ob in demselben der gewundene Faden zu finden sei oder nicht, Die Abbildung, in *%s der natürlichen Grösse, nach einem Lichtbild, das ich der Gefälligkeit meines Freundes B. Scheidemantel verdanke. Biumenau, Santa Catharina, Brazil, 13. Mai 1890. 1) Vgl. Ber. der D. Bot. Ges. VI. 8. 95. 334. Liehenes Afrieae tropico-orientalis anctore Dr. J. Müller. Die nachfolgende Aufzählung der Flechten aus dem ostäquatorialen Africa umfasst folgende Sammlungen: 1. Die vom österreichischen Schiffslieutenant Ritter L. v. Höhnel im Gebiete Leikipia, am Kenia, und am africanischen Montblanc Kilima Ndjaro gesammelten Lichenen, von der Reise stammend, die Ritter v. Höhnel und Graf Teleki vereint ausgeführt aben. 9. Materialien aus den zwischen Victoria Njansa und der San- sibarküste gelegenen Gebieten, gesammelt von den Engländern Rev. J. Hannington, H. H. Johnston, Esq., und Mr. Last und mitgetheilt vom Kew Herbarium. 3. Flechten vom Kilima Ndjaro und aus der zwischen diesem Ge- birgsstock und Sansibar liegenden Gegend Usambara, gesammelt von dem deutschen Afrikareisenden Dr. H. Meyer, und mit- getheilt von Herrn Garteninspector B. Stein in Breslau. Von diesen diversen Materialien sind diejenigen von Dr. Meyer be- reits von Herrn Stein bearbeitel worden, und das Resultat wurde 1888 in der Januar-Sitzung der schlesischen Gesellschaft für vaterl. Gultur vor- gelegt und erschien dann in dem darauf folgenden Jahresbericht dieser Gesellschaft. Ein 1. Abschnitt umfasst die Flechtenvom Kilima Ndjaro mit 26 Nummern; ein 2. diejenigen von Usambara mit 23 Nummern, und ausserdem folgt dort noch ein 3. Absehnitt über Gongo-Flechten, die von Herrn Ledien bei Vivi, im unteren Congogebiete, gesammelt . wurden und die alle am Schlusse dieser Abhandlung als Appendix Be- rücksichtigung gefunden haben. Leider ist der Versuch von Herrn Stein, diese exotischen Flechten wissenschaftlich zu verwertben, sehr unglücklich ausgefallen, denn viel Neues wurde verkannt, und viel Bekanntes wurde als neu aufgefasst. Allein es ist hier zu bemerken, dass ein so schwieriges Thema nur von solchen Forschern gelöst werden kann, welche hierfür mit allen nöthigen Hülfsmitteln ausgerüstet sind, die über grosse exotische T'ypensammlungen und über eine quasi vollständige lichenologische Bibliothek verfügen können. Dazu ist bei den Meyerschen Flechten für Stein noch der doppelt er- schwerende Umstand eingetreten, dass sehr viele Arten nur steril und fast allgemein in nur sehr kleinen Exemplaren mitgebracht worden sind, ein Umstand in welchem nur vollendet in alle exotischen Lichenen Ein- geübte sich richtig und sicher durchzuarbeiten vermögen. Zum Glück für die Lichenographie ist es mir aber möglich gewesen, durch die von Herrn Stein mitgetheilten od. auch nur für die Revision geliehenen Exemplare, alle als neu aufgestellten Flechten zu beurtheilen und in der folgenden Aufzählung richtig zu stellen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich für Anfänger in der exotischen Lichenologie noch hinzusetzen, dass es ja nicht thunlich ist, etwa im Hinblick auf die sehr grosse Anzahl neuer Flechten, die ich in den letzten Jahren publizirt habe, zu wähnen, dass in nicht explorirten Gebieten fast Alles neu sein müsse, denn es wurden von mir auch viele Tausende von Exemplaren studirt die nichts Neues boten und die aus denselben Quellen 335 flossen wie das Neue, Und ebenso erinnere ich daran, dass der Liche- nograph für jedes tropische und subtropische Gebiet in erster Linie immer mit der tropischen Gesammtlichenenmasse, und nicht bloss mit dem Inhalt von Locealfloren desselben Gebietes oder naher Gebiete zu thun hat, denn eine sehr grosse Anzahl von Flechten macht in den Tropen den Kehr unı die Erde; und dass in zweiter Linie immer und immer wieder auch die europäischen Flechten genau berücksichtigt werden müssen, weil nun immer melır und mehr bloss europäisch geglaubie Flechten auch in der breilen Tropenregion constatirt werden. Collemaceae Müll. Arg. Lich. Geneve p. 18. 1. Leptogium tremelloides f. isidiosa Müll. Arg. L. B. n. 374; L. tremelloides Stein Flecht. v. Usambara n. 22; corticola in territorio Usam- bara: Dr. Hans Meyer (Stein n. 20). %. Synechoblastus Robillardi Müll. Arg. L.B. n. 48; Synechoblastus wigrescens Stein Flecht. von Usambara n. 23 (non Trev.). — Sporae anguste dactylinae, curvulae, utrumque apicem versus leviter incrassatae, obtusae, vulgo 4-loculares. Habitu re vera ad S. nigresceniem Trev. bane accedit, sed sporae biclavatae optime differunt. — Corticola ad Usambara: Dr. Hans Meyer (Stein n. 21). Cladonieae Müll. Arg. Lich. Geneve p. 22. 3. Cladonia peltasta Spreng. Syst. 4 p.271; in monte Kilima Ndjaro, alt. 3000 met.: Dr. Hans Meyer (specim. Steinian.). 4. Cladonia erispata Flot. v. subsimplex Müll. Arg.; podetia circ. 1—2 cm longa, s—1'& mm lata, cartilagineo-corticata et laevia, haud squamulosa, apice simplieiter in scyphum (perforatum) parvum patentem margine denticulatum abeuntia v. e scyphi margine semel prolifera. — Habitu formam exiguam simplicem Ol. degenerantis Fk. refert, sed scyphi non clausi sunt. — Terricola in monte Kilima Ndjaro, alt. 3000 met., cum sequente: Ritter v. Höhnel n. 207 pr. min. p. 5. Cladonia Floerkeana Fries Lich. Europ. p. 238; Cladonia isidioclada Stein Flecht. v. Kilima Ndjaro n.5 (non Montgn.); ad truncos wonlis Kilima Ndjaro, alt. 3--4000 met., sine apotheciis: Dr. Hans Meyer (Stein n. 10), mixta cum var. sequente. . — — v. intermedia Hepp Flecht. Europ. n. 291, f. melanocarpa Müll. Arg.; Cladonia isidioclada Stein Flecht. v. Kilima Ndjaro n.5, pr. Pr apotheeia nigrata, lamina sporigera autem sub microscopio apice intense rubra est. Reliqua bene cum eitata var. conveniunt. Podetia fere omnia pulverulenta, nonnulla autem intermixta omnino v. pro parle cartilagineo- corticata sunt. 6. Stereocaulon ramulosum v. farinaceum Th. M. Fries Stereocaul. p. 25; St. Meyeri Stein Flecht. v. Kilima Ndjaro n. 7. — Ad saxa vul- canica in nıonle Kilima Ndjaro, alt. 3—500U met.: Dr. Hans Meyer (speeim. Stein.). — — y. acuminatum Müll. Arg., robustum, superne saepius in ramulos simplices suberectos albescenti-farinosos abiens et ibidem patenter ramu- losum; phyllocladia superiora sensim sensimque breviora, in apice ramu- lorunı dificientia. — Haee forma quodam modo jamaicense St. cornutum Müll. Arg. refert, ubi autem phyllocladia omnino alia; apothecium unicum tantum vidi, junius, cum lis St, ramulosi Ach. conveniens, et planta dein 336 haud affinis evadit St. Salazano Nyl. Etiam cephalodia conveniunt. — In monte Kilima Ndjaro, alt. 3000 met.: Ritter v. Höhnel n. 208. — — v. macrocarpum Babingt. in Hook. Flora of New Zealand p. 30; St. Meyeri v. Bornmälleri Stein Flecht. v. Kilim. n. 7; charaeler a cl. Stein enunciatus is est omnmino quo var. macrocarpum distinguitur, sed plantam ipse non vidi. — In monte Kilima Ndjaro, alt. 4000 met.: Dr. Hans Meyer. 7. Stereocaulon confluens Müll. Arg. L. B. n. 806; 8. vesuwvianum v. Kilimandscharoense Stein Flecht. v. Kilim. n. 6; ad saxa vulcanica montis Kilima Ndjaro, alt. eire. 4000 met.: Dr. Hans Meyer (vidi ab auct, miss.) el similiter in vulcanieis Ged& insulae Javae, alt. 2500 mel.: Prof. olms. — — v. fuscescens Müll. Arg., totum obscurius et praesertim pagina superior squamularum cinereo-fuscescens; granula et squamulae densiora. — In monte Kilima Nrjaro, alt. circ. 3—4000 met.: Ritter v. Höhnel n. 204. ‚, Usneeae 'Ih. M. Fries Gen. Heterol. p. 47. 8. Usnea barbata v. aspera (Eschw.) Müll. Arg. Revis. Lich. Mey. n.2; U. barbata v. florida Stein Flecht. v. Usambara n. 4. — Est robustior et validius papillosa quam v. flordda Fr. — Ad Usambara: Dr. Hans Meyer (Steinn. 4); ad Pangami prope mare zanzibarieum: Ritter v. Höhnel n. 222. — — v. gtrigosa Krplh. Lich. exot. p. 31%; U. strigosa Ach., Stein Flecht. v. Kilim. n. 3 et Usambara n. 5; in silva Rabai Taro et in Usam- bara: Dr. H. Meyer (n. v.), et ad podem montis Merau: Ritter v. Höhnel n. 203 pr. p. — — v. cornuta Plot. in Linnaea v. 17. p. 165 U. cornuta Körb., Stein Flecht. v. Kilim. n. 4; saxicol& ad terminum arborum: Dr. Hans Meyer. — Forma haec est latissime in aliis teırris distributa. — — v. densirostra Müll. Arg. L. B. n. 234; DU, densirostra Tayl. (fide specim. orig.); U. cornuta v. Meyeri Stein Flecht. v. Kilim. n. 4; saxicola in pascuis montis Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer (specim. Stein.). — Bene cum speeiminibus austro- americanis quadrat, et etiam in Mada- gascaria et Zambesia ad Dzomba alt. 2000 met, (Dr. Kirk), et ad Natal (Baines) et in Java ocecurrit, 9. Usnea articulata Hoffm. D. Fl. 135; in territorio Leikipia: Ritter v. Höhnel n. 180, in monte Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer, (U. barbata v. articulata f. gracilis Stein Flecht, v.Kilim. n. 2, quae simpliciter eadem, sed junior aut [orte sumniitates Lichenis referens). — — Sf. erubescens; Usnea barbata v. articulata I. erubescens Stein Flecht. v. Kilim. n. 2; in Kilima Ndjaro, alt. 300U met.: Dr. H. Meyer (n. v.), et in. Java et Nova Caledonia. — — f. erecta; Usnea barbala v. erecta Stein Flecht. v. Kilim. n.2; ad terminum arborum in monte Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer (ipse non vidi). 10. Usnea dasypogoides Nyl. in Trim. Journ. of. Bot. v. 14. p. 263, var. exasperata Müll. Arg.; tenella, rami primarii 1’/—4 dm longi, basi fere 1 mm erassi, longo tractu tenues et laeves (straminei ut tota planta), copiose ramilligeri, ramilli varie flaccido-curvati, subhorizontales, tenelli, plus minusve dense tuberculis sorediosis vulgo acute prominulis exasperati; apothecia parva. — Ramulicola in monte Kilima Ndjaro, ad 3000 met.: Dr. Hans Meyer (Stein n. 1). 337 11. Usnea trichodea Ach. Meth. p. 312%, secund. Stein Flecht. von Usambara n.2; in territorio Usambara: Dr. H. Meyer. 12. Usnea longissima Ach. Univ. p. 626; Stein Flecht. v. Usamb. n. 1; in regione Usambara: Dr. H. Meyer (Stein n. 14). —- — v. Ebersteinii Stein Plecht. v. Kilim. n. 1; intense straminea et brevius ramilligera, sed ramilli in specim. misso pro maxima parte (non tota) e mutilatione tantum abbreviati sunt; in silva Rabai Taro: Dr. H. Meyer (Comm. cl. Stein). 13. Usnea angulata Ach. Syn. p. 307; in regione Leikipia: Ritter v. Höhnel n. 189 (speeimina velusta, robustiora et ramillis orbata occurrunt, quae faciem oflerunt prima fronte valde alienam); in Kilima Ndjaro: H. H. Johnston Esq. — — f. ferruginea Krplh. Lich. Argent. n. 14; Usnea angulata Stein Flecht. v. Usambara n.3; in territorio Usambara: Dr. H. Meyer (Stein n. 13). — — v. flaceida Müll. Arg.; rami primarii parte inferiore tantum acute v. eliam_obtuse angulosi v. subteretes v. inferne superficie impresso- inaequales, caeterum cum ramillis copiosis undique teretes et laeves aut sublaeves, valde flaccidi; corticola ad pedem Aberdarekaka in territorio. Leikipia: Ritter v. Höhnel n. 176. Ramalineae Th: M. Fries Gen. Heterol. p. 50. 14. Ramalina Hoehneliana Müll. Arg.; thallus sesquipedalis et longior, pendulüs, flaccidus, longissime subdichotome divisus ; !aciniae membranaceo- compressae, planae, 4—1 mm latae, longo tractu aequilatae, hine inde paullo spiraliter tortae aut non tortae, erga lucem visae pellucentes et erebre et continue longitrorsum multicostulatae, costulae extus tenuiter prominulae, in latioribus cire.20; apothecia marginalia et sparsa, 1’ —2'’s mm lata, subpodicellata, e concavo nıox plana et convexa, extus et in margine laevia; discus subeinereo-pruinosus; sporae 8-nae, 13—17 u longae, 5-7 4 latae, ambitu satis Iudentes, rectae et subreetae et incurvae. — Species insignis, juxta R. capensem, sc. R. usneoidem v. capensem Nyl. Recogn. Ramal. p.25 (ambitu et brevitate sporarum a R. usneoide Fr. diversam) locanda est, a qua differt laciniis latioribus, tenuioribus, aliter costatis et sporis robustis. Habitu caeterum quasi formam longissimam simulat R. flaccidissimae Urv., sed hujus laciniae non parallele costulatae, nee hine inde spiraliter torlae sunt. — Ad arbores territorii Leikipia,. alt. 15 - 2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 179, 15. Ramalina complanata Ach. Univ. p. 599 var. dentieulata Müll. Arg.; R. denticulata Nyl. Ram. p. 28; R. rigida v. africana Stein Flecht. v. Usambara n.8 pr. p.; corticola in territorio Usambara: Dr. H. Meyer. (Stein n. 9, 10). — — v. canaliculata; Ramalina denticulata v. canaliculata Nyl. Ram. p. 28; R.rigida v. africana Stein l.c. pr. p.; cum var. praecedente: Dr. Hans Meyer (Stein n. 11). — — v. fallax; R. denticulata v. fallax Müll. Arg. L. B. n. 928; R. rigida v. africana Stein 1. c. pr. p.; similis R. dendriscoidi Nyl. DR. dendroides Müll. Arg.« a cl. Stein citata‘ non existit, et spermogonia »pallida subpodicellata margaritacea Steinii nil sunt nisi asperitates sore- diosae huius speciei). — In territorio Usambara: Dr. Hans Meyer (Stein n. 8). — In tota specie (inelusaR. denticulata Nyl.) habitus, magnitudo et ambitus sporarum valde ludunt. et hae insuper rectae, subrectae et cur- vatae commixtim oceurrunt, 338 16. Ramalina calicaris v. subpapillosa Nyl. Recogn. Ramal. p. 34 (sub var. subampliata); corticola in regione Leikipia, alt. 1500—2000 met. : Ritter v. Höhnel n, 179 pr. p. 17. Ramalina polymorpha Ach. Univ. p. 600; Nyl. Recogn. Ramal. p.50; R. Meyer: Stein Flecht. v. Kilim. n. 8; ad saxa vulcanica montis Kilima Ndjaro, alt. 4200 met.: Dr. Hans Meyer (comm. cl. Stein). 18. Ramalina Eckloni v. membranacea Müll. Arg. L. B. n. 818; R. laevigata Stein Flecht. v. Usambara n. 7 (non El. Fries); in territorio Usambara: Dr. H. Meyer (vidi fragm. Steinian.). 19. Ramalina pusiola Müll. Arg.; R. pusilla v. Meyeri Stein Flecht. v. Usambara n.6; ramuli 3-4 cm longi, crassi, compresso -teretes, hine inde (parce) rotundato-perforati et jam sicci erga lucem pellueidi, laeves, apice truncati v. in apothecia abeuntia; apothecia 3-5 mm lata, apici ramulorum immersa, extus laevia, margine rosello cincta; discus albido- pruinosus; sporae S-nae, 10—13 u longae, 4—6 u latae, reclae aut leviter eurvulae. — Cum R. pusilla Le Prev. convenit receptaculo extus laevi et sporis rectis, cum R. abyssinica Nyl. autem thallo laevi nec rugoso et dein ab his proximis simul in eo distat quod rami erga lucem inspecli pellucidi et obsolete reticulatim venulos. — Ramulicola in territorio Usambara: Dr. Hans Meyer (Stein n. 12). Parmelieae Müll. Arg. Lich. Paraguay. p. 3. 20. Peltigera rufescens Hoffm. v. spuria Körb Syst. p.59; ad terram in monte Kilima Ndjaro, cire. alt. 3000 met.: Ritter v. Höhnel n. 171, et Dr. H. Meyer (si P. spuria Stein 1. c. n. 20 eadem). 21. Stieta pulmonacea Ach. Univ. p. 449; frequens in silvis montis Kilima Ndjaro, alt. eire. 3000-metrali: Ritter-v. Höhnel n. 195,205, et in terrilorio Leikipia ad pedem montis Aberdarekaka: Ritter v. Höhnel n. 176 pr. p. 22. Theloschistes flavicans Norm. Conat. praemiss. p.17; Tornabenia flavicans v. acromela Stein Flecht. v. Usambara n. 9 (non auct.); in Usambara: Dr. Hans Meyer (Stein n. 16). — — f. einerascens; Tornabenia flavicans v. acromela T. cinerascens Stein Flecht. v. Usambara n. 9; tota decolorando-cinerascens (apices ra- millorum haud nigrati); in Usambara: Dr. HA. Meyer (Stein n. 15). — — v. melanotrichus Müll. Arg. Revis. Lich. Mey. n. 5; in monte Kilima Ndjaro, alt. eirc. 1500 met.: Johnston, Esq.; et in silva Rabai Taro (fide Steinii Flecht. v. Kilim. n. 10, sed specim. non vidi). 93. Theloschistes parietinus Norm. Conat. praem. p.17; ad ramulos loco Settimahaup, alt. 2000 met., cum europaeo perfecle congruens: Ritter v. Höhnel n. 178 pr. p. — — f. albieans Müll. Arg., est forma normalis speciei, {hallo orbi- culari, depresso, centro late albescente aut demum fere usque ad marginem flavo -aurantiacum v. omnino usque ad marginem decolorato-albido: In Argentinia et Uruguay frequens: Schnider, Spegazzini n. 3, Ricer n. 4,6 et dein in Africa australi: Mac Owen. 24. Parmelia latissima Fee. Ess. Suppl. p. 139; P. Hildebrandtii Stein Flecht. v. Usamb. n. 11 (non Krplh.); ad terminum arborum in monte Kilima Ndjaro, alt. 3—-4000 met. (fide Steinii), et in Usambaria: Dr. H. Meyer (Stein commun.). 25. Parmelia erinita Nyl. Syn. p. 380 (non Ach.); ramulicola prope Pangam versus oram maritimam zanzib..ricam: Ritter v. Höhnel n. 230. 339 . 26. Parmelia urceolata f. sorediifera Müll. Arg. L. B. n. 183; Africa tropico -orientalis: Rev. J. Hannigton. — — v.nuda Müll. Arg. L. B. n. 183; P. Hildebrandtii Krplh. Neue Beitr. n. 15 (non Stein Flecht. v. Usambara n.11); in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. 27. Parmelia Hanningtoniana Müll. Arg.; thallus supra glaucescenli- albidus, opacus, minulissime puncticulato- marmoratus, laevis v. obsolete rugulosus, sublus intense stramineo-flavicans, medio demum fusco-pallidus, modice nigro- v. nigrescenti-rhizinosus, strato grosse lacero - granuloso scaberrimo irregulari concolore teetus, intus albus, ad margines longe nigro-cilialus; apothecia submarginalia, 5—10 mm lata, crasso-podicellata, valde concava; receptaculum extus undique tuberculis grossis breviter lobiformibus, eylindrieis et compressis et cristafo-laceris valde inaequalibus crebre obsitum et iis inerassalum; discus badio-fuseus; sporae 8-nae, late ellipsoideae, 16 - 18 w longae et 10—12 u latae, haud pachydermeae. — Species insignis, habitu supra fere P. urceolatam Eschw. referens, subtus autem potius Celrariam simulans. Thallus haud adpressus est, intus laxe stuppeus. Spermogonia secus margines loborum et in ipsis tubereulis et in margine receptaculi copiosa, nigra, obsolete prominula, spermatiis circ. 6—7 w longis, eylindrieis. — In Africa tropieo-orientali: Rev. J. Hannington; »8. Parmelia abessinica Krplh. Neuer Beitr. z. Afrik. Flecht. p. 140, P. perforata v. eiliata Stein Flecht. v. Usambara n. 10 hie pertinere videlur, ni sterilis tantum lecia fuit: in Usambara: Dr. H. Meyer (comm. cl. Stein). 29. Parmelia Schweinfurthii Müll. Arg. Diagn. Lich. Socotr. p. 3°; in monte Kilima Ndjaro: Ritter v. Höhnel n. 200, sterilis lecta, haud omnino certa, magis platyloba et leviter fuscidula, forte sp. n. 30. Parmelia praetervisa Müll. Arg. L. B. n. 191; P. revoluta v. ambigua Stein Flecht. v. Usambara n. 13; in territorio Usambara: Dr. H. Meyer (Stein n. 2). — Thallus (subtus glaber v. subglaber) paullo validius isi- diosus, caeterum bene conveniens, sterilis tantum lectus. 31. Parmelia perlata Ach. Meth. p. 216; ramulicola in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. 32. Parmelia proboseidea Tayl. in Mack. Flor. Hib. 2.143; in Africa tropico -orientali: Rev. J. Hannington. 33. Parmelia perforata Ach. Meth. p. 217; ad Settimahaup, alt. 2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 178 pr. p. (ster.); in silvis Rabai Taro: Dr. H. Meyer (fid. Steinii). — — v. ulophylla Mey. et Flot. in Act. Acad. Leopold. 1843 p. 218; cum planta normali speciei ad Settimahaup alt. 2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 178 pr. p. (ster.), et in Kilima Ndjaro: Rev. J. Hannington. 34. Parmelia tiliacea Ach. Meth. p. 215; corticola in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. — — v. seortea Nyl. Scand. p. 99; P. tiliacea v. eximia Stein Flecht. v. Usambara n. 12; a planta vulgatissima europaea nullomodo differt (Schaer. Lich. Helvet. n. 359 accurale congruit); in territorio Usambara: Dr. H, Meyer (Stein n. 1, c. apoth. valde juven.). 35. Parmelia coronata Fee Ess. p. 123. t. 31. fig. 2; Müll. Arg. L. B. n. 1150; corticola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 36. Parmelia Borreri v. ulophylla (Ach.) Müll. Arg. Revis. Lich. , Mey. p. 313; ad Seltimahaup, alt. 2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 178 pr. p. 340 37. Parmelia saxatilis Ach. Melh. p. 204; Stein Flecht. v. Kilim. n.14; truncicola ad terminum arborum montis Kilima Ndjaro, alt. 4500 met. : Dr. H. Meyer (fide Steinii). 38, Parmelia caperata Ach. Meth. p. 217; Stein Flecht. v. Kilim. n.17; in Kilima Ndjaro, alt. 3000 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii). — — v. caperatula Nyl. Syn. p. 377; corlicola, in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. 39, Parmelia conspersa Ach. v. laxa Müll. Arg. L. B. n. 575; in Kilima Ndjaro, ad limites nivales, alt. cire. 4200 met.: H. H. Johnston, Esgq., n. 21 (ster.). \ 40. Parmelia molliuseula Ach. Univ. p. 492; Stein Flecht. v. Kilim. n. 13 (inclusa f. stenophylla eiusd., in iisdem specim. transitus auf. simul aınbae formae in eodem thallo observand.); ad terram et saxa supra terminum arborum montis Kilima Ndjaro, alt. 3000-4500 met.: Dr. H. Meyer (speeim. Stein.). 41. Parmelia- sinuosa Ach. Syn. p.207; Stein Flecht. v. Kilim. n. 15; in silvis Rabai Taro, alt. 2300 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii). . 42. Parmelia physodes Ach. Meth. p. 250; Stein Flecht. v. Kilim. n. 16; supra speciem arboream Fricae in monte Kilima Ndjaro, alt. 4000 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii). 43. Physcia leucomelas Mich. Flor. Bor. Amer. 2. p. 326; ad Setlima- haup , alt. 2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 178 pr. p. — — v. angustifolia Nyl. Syn. p. 415 (exel. syn. Mey. et Fiot.); in territorio Leikipia: Ritter v. Höhnel n.6; in monte Kilima Ndjaro ad terminum arborum: Dr. H. Meyer (Stein n.9); in Usambara: Dr. Fl. Meyer (fide Steinii), — - v. subeomosa Nyl. Syn. p. 415; Physcia comosa Stein Flecht. PN n.6 (non Nyl.); in Usambara meridionali: Dr. I. Meyer ein n. 3). 44. Physcia speciosa v. hypoleuca Nyl. Syn. p. 417; Physcia hypo- leuca Nyl., Stein Plecht. Usambara n. 16; ad Tumakanya: Dr. H. Meyer (fide Sleinii). y — — v. ceinerascens; Physcia speciosa f. cinerascens Nyl. Syn. - p. 47; a,reliquis varietatibus recedit rhizinis inter normalem et v. hypo- leucam bene intermedis, sc. ex albo nigricantibus, albo-brunneis v. albo- fuscis et plus minusve thalli laeiniis magis adpressis. — 'Talis occurrit in Abyssinia (a Schimpero pluries leeta, Quartin Dillon et Petit); in Khasia Indiae orientälis, et ibidem in Naja Hills: Griffith; in Himalaya, et demunı in Argentinia (Lorenlz). — -—- f. pulvinigera Müll. Arg.; soredia pulviniformia gerens ut Ph. speciosa f. sorediosa; ad pedem Merou Africae aequatorial-orientalis: Ritter v. Höhnel n. 203; in Naja Hills Indiae orientalis: Griffith. — — f. coralligera, est forma isidiosa varietatis cinerascentis, quacum caeterum habilu adpresso et colore partium bene congruit. — In monte Kilima Ndjaro, alt. 1500—1800 met.: H. H. Johnston, Esq. — — f. brachyloba; thalli laciniae in centro late in lobulos nume- rosos turgidos et imbicatos subinde conglomeratos abeunles. — Directe e var. cinerascente normali orta, adsunt enim transilus, at prima fronte insigniter recedens. — Haec forte eadem est ac Physcia firmula Nyl. . Syn. p. 418, haud sufficienter stabilita. — In Naja Hills et in Khasia Hills Indiae orientalis: Griffith et alii, cum praecedentibus, et dein in Patagonia andina: Claraz. 341 — — f. dispansa; Physcia dispansa Nyl. Syn. p. 418; in ambitu thalli hine inde optime in formam genuinam Physciae speciosae Vv. einerascontis transit. — In Naja Hills Indiae orientalis, cum praecedentibus: riffith. i 45. Physcia pieta Nyl. Syn. p. 430; ramulicola in regione Leikipia, alt. 1500-2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 179 pr. p. (ster.); in monte Kilima Ndjaro alt. 3000 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii), in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. “ — — v. coceinea Müll. Arg. L. B. n. 937; Crocynia Leopoldi Stein Congoflecht. n. 12, nec non Crocynia ? huematina Stein Flechten v. Kilim. n.19; ramulicola ad oram marilimam prope Pangami: Ritter v. Höhnel n. 230 pr. p.; ad Tehamtei: Hildebrandt ; in Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer (speeim,. Stein.), prope Lydenburg in Transwaalia: Wilms n. 3; et dein in Africa oceidentali prope Vivi in territorio Congoensi inferiore (speeim. Steinian.). — Crocynia Mass. est diversissimum genus. — — y, sorediata Müll. Arg. Lich. Afr. oceid. n. 12; in Africa tropieo- orientali: Rev. J. Hannington. Pysineae Müll. Arg. Lich. Paraguay. p. 6. 46. Pyxine Cocoös Nyl. Lich. exot. Bourb. p. 255; Africa tropico- orientalis: Rev. J. Hannington. — — v. chrysantha Müll. Arg., thallus sorediis tenellis aurantiaco- aureis adspersus, intus aurantiacus. — Üorlicola in Africa aequaloriali- orientali: Rev. J. Hanninglon. Gyrophoreae — Gyrophorei Nyl. Syn. 2. p. 3. 47. Gyrophora umbilicarioides Stein Flecht. v. Kilim. n. 21; est bona species; saxicola in monte Kilima Ndjaro, alt. 4000 met.: Dr. H. Meyer (vidi specim. orig.). “ Placodieae Müll. Arg. Lich. Geneve p. 37. 48. Amphiloma elegans Körb. Syst. p. 110; Gasparrinia elegans Stein Fiecht. v. Kilim. n. 22; ad saxa' vuleanica montis Kilima Ndjaro, alt. 6100 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii). 49. Candelaria subsimilis; Lecanora epixantha Nyl. Lich. Ehrenb. p: 62; Gyalolechia epixantha Stein Flecht. v. Kilim. n. 23; muscos in- erustans in monte Kilima Ndjaro, alt. 5000 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii). : Lecanoreae Müll. Arg. Lich. Socotr. p. 359. 50. Lecanora atra Ach. Univ. p. 344; corticola in Africa tropico- orienlali: Rev. J. Hannington. 51. Lecanora subfusca v. allophana Ach. Univ. p. 395; L. subfusca v. vulgaris Schaer., Stein Flecht. v. Kilim. n. 94, ad truncos ad terminum arborum in monte Kilima Ndjaro, alt. 3000—4000 met.: Dr. H. Meyer (fide Steinii); in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. — — v. coilocarpa Ach. Univ. p. 393; corticola in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. — — v. glabrata Ach. Univ. p.393; eorticola cum var. praecedente: Rev. J. Hannington. — — v. cinereo-carnea Tuck. in C. Wright. (Eschw.); L. subfusca Stein Flecht. v. Usambara n. 17; in Usambara, ramulicola, cum Graphide 342 Lincola Ach.: Dr. H. Meyer (Stein n. 22 pr. p.); in Africa tropieo-orientali litorali: Rev. J. Hannington. — In regionibus calidioribus vulgatissima est. 592. Lecanora pleospora Müll. Arg.; thallus subflavescenti -cinereus, tenuis, minule granulari-rugulosus, margine subarachnoideo-effusus; apo- Iheeia dense conferla et mulua pressione angulosa, ®/s—*% mm lala et minora, margine tenui subintegro paullo v. demum vix prominente cincta, discus carneo-pallidus et nudus v. junior subeinereus; lamina hyalina; sporae in ascis obovoideo-cylindrieis 16-nae, ellipsoideae, S—11 1. longae, 6—8 u latae. — Est simillima L. subfuscae v. cinereo-carneae Tuck., sed thallus nonnihil flavicans et asei 16-spori. — Ramulicola in territorio Leikipia, i. e. inter lacum Njansa et montem Kenia, alt. 1500—2000 met.: Ritter v. Höhnel n. 179 pr. p. 53. Lecanora caesio-rubella Ach. Univ. p. 366; corlicola, in Africa tropico -orienlali: Rev. J. Hannington. 54. Lecanora hypocroeina Nyl. in Flora 1876, p. 50%; ramulicola prope Pangami ad oram zanzibaricam: Ritter v. Höhnel n. 222 pr. min. p., cum planta cubensi (Ch. Wright ser. IL n. 48 bene quadrans), et corticola in Africa tropico-orientali, hypothecio minus intense croceo- rubente, caeterum omnibus congruentibus: Rev. J. Hannington. 55. Lecanora flavido-nigrans Müll. Arg.; thallus ce virente albido- flavus, tenuis, crebre rugulosus v. confluenli-granulosus, mox superficie pulverulentus; apotheeia I—1"/a mm lala, sessilia, margine thallino tumido undulato paullo involuto, scd leviter tantum prominente, obsolete pulveru- lento ceincta; discus e plano modice convexus, subniger, pruina livido- einerea obtectus; epithecium subolivaceum; Jamina hyalina; hypotheeium inferne praesertim e flavescente rufo-aurantiacum, sub lente plus minusve carneum v. rufescens; asei 8-spori; sporae 17—20 u longae, 5—1 wu latae, eylindrico-ellipsoideae, saepius 3Ye--4-plo longiores quam latae. — Prope L. sibiricam Müll. Arg. L. B. n. 1368 locanda est. — Extus ferc L. hypo- crocinam: Nyl refert, sed thallus distinele -flavidus, discus aliter eoloratus et ambitus sporarum bene alius. — Corticola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 56. Lecanora (s. Pseudomaronea) fuscula Müll. Arg.; thallus einereo- fuscescens, erebre et grossiuscule granularis, granula contigua, gibboso- irregularia, initiis apotheciorum saepius fusco-impressa, caelerum laevigata, firma; apothecia evoluta 1—1?/s mm lata, sessilia, erassiuscula, plana, margine integro crassiusculo leviter prominente cum thallo concolore cincta, et intra marginem linea nigro-fusca zeorina vulgo leviter distineta praedita; discus obscure fuscus, nudus, lamina hince inde secedente palli- dior et rubescens; epilhecium olivaceo-fuscidulum; lamina hyalina; hypo- thecium subhyalinum, stratum ' subjacens irregulariter rubescens; asei elongato-obovoidei, myriospori; sporae 6-8 u longae, 2-—3 w latae, ambitu satis ludentes, vulgo cylindrico - ellipsoideae. — Juxta transwaalensem Z. crassilabram Müll. Arg. L. B. n. 1371 inserenda est. -- Corticola in Africa tropico -orientali: Rev. J. Hannington. — — v. pruinosa Müll. Arg.; apothecia pro parte distincte majora, margo demum undulatus (sed integer) et discus nigro-fuseus, intense caesio-pruinosus, stratum sub hypothecio situm itensius_carneo -rubens. — Prima fronte ad L. crassilabram Müll. Arg. referenda apparet, sed apothecia minus adpressa, erassiora et margo leviter incurvo- prominens. — Sporae cum jis plantae normalis speciei bene congruunt, — Corticola, in Africa sublitorali tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 343 57. Lecania (s. Haematomma) punicea Müll. Arg. L. B. n. 130; Africa tropico -orientalis: Rev. J. Hannington. 58. Callopisma aurantiacum v. salicinum Mass. Synops. Blasten. p. 11; corticolum in Africa tropieo -orientali: Rev. J. Hannington. 59. Urceolaria scruposa v. cinereo-caesia Müll. Arg. Lich. Montevid. n.35; Urceoluria Steifensandii Stein Flecht. v. Kilim. n,95; sporae normales (nondum vetustae et corrugatae) eirc. 28 u longae et 13 w latae sunt, in ascis S-nae; ad terram turfosam montis Kilima Njaro, alt. 4000 met.: Dr. H. Meyer (Stein n. 16). 60. Pertusaria subvaginata Nyl. in Flora 1866, p. 290; corticola, in Africa tropico-orientali: Rev. J. ‚Hannington. 61. Pertusaria melaleuca Duby Bot. gall. p. 673; Müll. Arg. L. B. n. 729; corticola, in Africa tropico - orientali: Rev. J. Hannington. 62. Pertusaria xanthothelia Müll. Arg.; thallus flavens, tenuis, primum sublaevis, dein grossiuscule et crebre plicato-granularis; verrucae ‘46—1 mm latae, copiosae, concolores, sessiles, basi constrietae, paullo irregulariter gibboso - globosae, vertice plus minusve truncatae v. ibidem depressae, ostiolis 1—3 prominenter hemisphaerieis et concolori - flavis ornatae, caeterum superficie laeves, 1—3-carpicae; sporae in ascis 8-nae, 55—80 u longae, 23—27 u latae, ambitu satis Judentes, intus haud costu- latae. — Juxta P. Wulfenii DC. locanda est, cujus ostiola omnino alia, Habitu ei ostiolis flavis prominentibus ad P. meridionalem Müll. Arg. etiam accedit, sed tota intensius flava, verrucae basi consfrietae, et ostiola cum verrucis concolora sunt. — Corticola, in Africa tropico- orientali: Rev. J. Hannington. 63. Pertusaria subareolata Müll. Arg.; thallus albidus v. paullo virescenti-albidus, tenuis, crebre contiguo-areolatus, areolae irregulares, planae, corticato-firmae; verrucae ®«--imm latae, nano-hemisphaericae, ambitu obsolete gibboso-irregulares et superficie obsolete subareolato- inaequales, quasi ex areolis thallinis imperfeete unitis formatae, cum thallo concolores, oligocarpicae; ostiola indistineta; sporae A-nae (et subinde 6—8-nae in iisdem verrucis), eirc. 52 u longae, 97 u latae aut angustiores, laeves, — Prima fronte deminutam P. leioplacam Schaer. simulat, sed thallo et superficie verrucarum differt, at in hujus vicinitate locanda est. — Corlieola, in Africa tropica orientali: Rev. J. Hannington. Lecideeae Müll. Arg. Enum. Lich. Genäve p. 50. 64. Lecidea (sect. Biatora) russula Ach. Univ. p. 197; corticola in Africa tropico - orientali: Rev. J. Hannington. 65. Lecidea (s. Biatora) carneo-rufa Müll. Arg.; thallus einereus, tenuis, furfurellus, demum subrimulosus; apothecia "/s—*/js mm lata, sessilia, crassiuscula, rufeseenti-carnea, subpellucida, novella medio im- pressa, mox immarginata, plana et nuda; lamina undique hyalina; para- physes facile segregandae; sporae 8-nae, 13—14 u longae, 6—7!ja u latae. — Thallus ut in L. griseo-pallente Nyl.; apothecia potius ut in L. mutabili Fee, sed minus translucentia et magis obscure carnea. — Corticola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 66. Lecidea (s. Biatora) Piperis Spreng. Act. Holm. 1820, p. 467; corticola in Africa tropico - orientali: Rev. J. Hannington. 67. Patellaria (s. Bombyliospora) Meyeri Müll. Arg.; Bombyliospora Meyeri Stein Flecht. v. Usambara n. 19. — Proxima est Paf. conjunctae (Nyl.) Müll. Arg. ex insula Bourbon, sed thalli papillulae longe tenuiores, 23 344. eirec. Ye mm tantum latae, ereberrimae; epithecium brunneo-fuscum ; hypothecium subhyalinum, strato inferiore magis obseuratum; sporae soli- tariae, evolutae SO— 100 u longae, 23—30 u latae, 6—8-loculares, utrinque late rotundato-obtusae. — Corticola in territorio Hundu: Dr. H. Meyer (Stein n. 14). 68. Patellaria (s. Bacidia) endoleucoides Müll. Arg. L. B. n. 988; corticola in Africa tropieo-orienlali: Rev. J. Hanninglon. 69: Buellia parasema £ vulgata Th. M. Fries Scand. p. 590; ramuli- cola ad Pangani prope mare zanzibaricum: Ritter v. Höhnel n. 230 pr. p-; in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 70. Buellia ceinereo-cineta Müll. Arg.; thallus einereus, tenuis, tenuis- sime et obsolete rugulosus et subrimulosus; apothecia Ye mm lata et minora, adpressa, plana, tenuissime cinereo-marginata, margo integer, demum einerascenti- v. livido-niger et evanescens; discus planus, niger et nudus; epithecium et hypothecium crassum nigro-fusca; sporae $-nae, eirc, 13 # longae et 7 w latae, ellipsoideae, 2-loculares. — B. parasema v. vulgata "Th. Fr. quae similis, differt margine apotheciorum nigro et crassiore. Characteres interiores utriusque caeterum bene conveniunt. — Corticola n Africa torpico -orientali: Rev. J. Hannington. Coenogonieae Müll. Arg. Lich. Paraguay. p. 18. 71. Coenogonium implexum Nyl. in Ann. Se. nat. ser. 4 vol. 16 p. 92; corticola in Alrica tropieo-orientali: Rev. J. Hannington. Graphideae Müll. Arg. Graphid. Feean. p. 4 et 13. 72. Graphis Lineola Ach. Univ. p. 264 (excl. syn.); Stein Flecht. v. Usambara n. 20; ramulicola in Usambara: Dr. H. Meyer (Stein n. 92 pr. p.); in Africa tropieo-orientali: Rev. J. Hannington. 73. Phaeographis (s. Schizographis) Palmarum Müll. Arg.; thallus jebus v. albidus, tenuissimus, laevis, instratus; lirellae 3—5 mm longae, eirc. Yes mm latae, longe lineares, simplices, subrectae et modice curvatae, ad extremitates obtusae, utroque latere altiuscule thallino-duplicatae, caeterum nudae et atrae, majore parte emersae; labia conniventi-clausa, laevia et hinc inde irregulariter 1-sulcata ; perithecium basi crasso-com- pletum et lateraliter bası anguloso-productum, undique nigrum; sporae 8-nae, fuscidulae, 88—46 u longae, 9-—11 « latae, valide fusiformes, utrin- que obtusae, 8—12-loculares. — Prope jamaicensemn Ph. sulcatam Müll. Arg. L. B, n. 1046 locanda est. — Ad lignum sicco-putrescens Palmarum, prope Usagara: Last. 74. Helminthocarpon Meyeri Müll. Arg.; Phlyctis Meyeri Stein Flecht. v. Usamb. p. 18; simile H. Le Prevostii Fee, at differt perithecio lirellarum laterali albo, haud nigro-fusco; lirellae elato-emersae, basi in sectione paullo constrictae, extus laeves, late hiantes, oblongatae, cur- vulae; discus crasse albo-pulverulentus; paraphyses firmae, capillares, crebre intricatim ramosae et connexae; sporae crebre parenchymaticae. — Ramulicola ad Tumakanya in Usambara: Dr.-H. Meyer (vidi specim, Steinian.). 75. Phaeographina caesio-pruinosa Müll. Arg. Graphid. Feean. p. 49; ramulicola in monte Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer (vidi fragmentul. unic. in hb. Steinii). — Est species latissime dispersa, in America calidiore vul- gatissima. 345 76. Opegrapha Bonplandi v. abbreviata (Fee) Müll. Arg. Graphid. Feean. p. 17; Stein Flecht. v. Usambara n. 21; corticola in Usambara: ' Dr. HB. Meyer (Stein n. 17). 77. Opegrapha (s. Lecanactis) Quassiae v. nuda Müll. Arg. Revis. Lich. Feean. p.5; corticola in Africa tropieo-orientali: Rev. J. Hannington. 78. Arthothelium aurantiacum Müll. Arg.; thallus intense aurantiacus aut flavescenti-aurantiacus, margine linea nigrescente einetus, tenuissimus, leprosulus v.sublaevis; apothecia nigra, parvula, tenuiter astroideo-ramosa, nigra, obsolete thallino-vestita; sporae in ascis obovoideis apice pachy- dermeis 8-nae, hyalinae, 25—28 « longae et 9I—11 u latae, oblongo-obo- voideae, rectae et curvulae, transversim 8—10-loculares, loculi in axi 3—5-locellatii — Thallus fere ut in Oallopismate aurantiaco Mass., apo- thecia autem ut in Arthonia astrotdea Ach., sed longe gracilius et longius astroideo-ramosa. — Cortieola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Han- nington. 79. Chiodeeton minutulum Müll. Arg.; thallus albido-glaucus, tenuis- simus, laevis, continuus v. demum parce rimulosus, ambitu haud byssinus; verrucae albissimae, fere 1mm latae, orbiculares et oblongae et tum rectae aut varie curvulae v. etiam parce confluentes, nano-convexae, hasi applanatae, laevigatae, minutissime et sat copiose ostiolatae; apothecia dense sparsa, orbicularia v. hine inde oblongata; "so—!jıo mm longa, non prominula, nuda, inlus infra laminam profunde atra, subdiscreta; sporae 96—30 u longae, 3 u latae, tenuiter fusiformes, subrectae, 4-loculares. — Juxta Ch. effusum F&e et Ch. Meratii Fee inserandum est, quibus longe tenuius est. — Corticola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 80. Glyphis favulosa v. intermedia Müll. Arg. Graph. Feean. p. 61; ramulicola in monte Kilima Ndjaro: Dr. H. Meyer (vidi fragm. in hb. Steinii). Pyrenuleae Müll. Arg. Pyrenoc. ceubens. p. 375. 81. Melanotheca eruenta Müll. Arg. Pyrenoc. cubens. p. 379; Pyre- nula Gravenreuthit Stein Flecht. v. Kilima Ndjaro n. 26; ad ramulos minores silvae Rabai Ndara: Dr. H. Meyer (vidi speeim. Steinii). Apo- theeia in specim. viso fere omnia simplicia, qualia etiam hine inde in speeiminibus americanis occurrunt. Sporae bene evolutae 30 # longae et 15 u latae sunt. 82. Arthopyrenia (s. Mesopyrenia) plasipes Müll. Arg.; thallus glauco- albus, tenuissimus, maculiformis, ambitu effusus; apothecia hemisphaerica, ex obtecto demum nuda et nigra, umbilicato-ostiolata, 5ıo—®ıo mm lata, basi insuper in annulum planum vulgo velatum dilatata; peritheeium basi deficiens; paraphyses capillares, firmae, sparsim connexae; asci obovoideo- ceylindrici, 2-seriatim S8-spori; sporae 25—83 u longae, 11-12 u latae, obovoideae, medio subconstrictae, utrinque rotundato-obtusae, 2-loculares. — Apothecia juniora fere illa A. planorbiculatae Müll. Arg. referunt, sed obtecta et sporae multo majores sunt, Ab A. indusiata Müll. Arg. re- cedit structura apotheciorum. Optime, ut videtur, juxta A. terminatam, sc. Verrucariam terminatam Nyl. Lich. Andam. p. 21 locanda est, quae thallo et paraphysibus differt. — Corticola in Africa tropico-orientali: Rev. J. Hannington. 346 Appendix. Als Appendix folge hier noch die Revision der CGongo-Plechten, welche von Herrn Stein als neu beschrieben wurden. Stein’s Aufzählung (p.7—9) enthält 22 Nummern, von welchen 14 als nicht neu, 8 aber als neu figuriren. Die ersteren sind meist gewöhnliche Arten, die recht gut im untern Congo-Gebiet vorkommen können und die somit, richtig oder unrichtig ‘bestimmt, für die Liebenographie und Lichenologie ohne Belang sind, und von diesen sah ich nur 4; dagegen konnte ich durch die bereitwillige Mittheilung des Herrn Stein sämmtliche 8 neue Flechten der Kontrole unterwerfen und bin dadurch zu folgendem Gesammtresultat gekommen. Usnea strigosa f. Ledienii Stein Congo-Flechten n. 1, est Usnea barbata v. aspera (Eschw.) Müll. Arg. Revis. Lich. Mey. n. 2. Tornabenia flavicans v. acromela Stein 1. ce. n.5, est Theloschistes flavicans v. intermedius Müll. Arg. Revis. Lich. Mey. n. 5. Parmelia perforata Stein I. c. n.6, est Parmelia argentina Krplh. Lich. Argent. n. 32. — — v. ciliata Stein l. c., est Parmelia proboseidea Tayl. Parmelia, haud enumerata nisi forte sub P. revoluta l. c. n. 7, est Parmelia tiliacea Ach. v. hypoleuca Müll. Arg; similis P. tiliaceae v. minori Müll. Arg. L. B. n. 46, anguste laciniata, centro rugulosa, laciniae apice applanata, tota subtus pallida. — Corticola prope Vivi: Ledien (Stein n. 42). - Parmelia congensis Stein l. c. n.8, est Parmelia adpressa v. steno- phylloides Müll. Arg. Lich. Paraguay. n. 32. j . Pyxine Cocoösj v. Congensis Stein 1. c. n. 11, est Pyxine Cocoös Fr. normalis. . Crocynia Leopoldi Stein ]. c. n. 12, est Physcia pieta v. coccine& Müll. Arg. L. B. n. 937 (vid. supra n. 45). Dimelaena Stanleyi Stein I. c. n. 13 nec thallum placodialem nec apothecia lecanorina offert Dimelanae, sed species est Buelliae et fere cum B. subalbula (Nyl.) Müll. Arg. Lich. aegypt. n. 49 convenit, attamen di- versa est thallo tenuiore, pallide ochraceo-argillaceo et apotheciis mino- ribus. — Thallus e conlinuo rimoso-diffraclus; sporae 10—13 w longae, 5—6!/a w latae; epithecium nigro- fuscum; hypotheeium pallido - fuscum v. rufescenti- obscuratum. Sit ergo Buellia Stanleyi Müll. Arg. Rinodina exigua v. Congensis Stein 1. c. n. 14, est Rinodina meta- bolica Anzi Cat. p. 53. . , Rinodina sophodes v. Ledienüi Stein 1. c. n. 15, est Rinodina Hüf- feriana Müll. Arg. Lich. Beitr. n. 132. Myxodictyon icmadophiloides Stein 1. c. n. 19, sit Helminthocarpon Congoönse Müll. Arg.; thallus albido -glaucus, tenuis, minute rugulosus, firmus; gonidia chroolepoidea, catenarum articuli valde inaequales, 3—8 u crassi; lirellae evolutae ?/s—*s mm latae, 1—2 mm longae, a et varie oblongatae, simplices v. subastroideo-pauciramulosae, late apertae, planae; labia thallino-corticata, paullo involuta, tenuiuscula et erispula; discus planus, medio depressus, albo-pulverulentus; perithecium basi com- pletum, coerulescenti- v. olivaceo-nigricans; lamina hyalina; asci 1-spori; sporae c. 120 x longae et 30 u latae, hyalinae, crebre parenchymatice loculosae, locelli subeuhici in series 20—25 transversales dispositi, in qua- que serie (in axi) 4—6, haud raro ilerum semel v. cruciatim bis divisi. 347 — Nomen specificum »icmadophiloides« verae naturae, habitui et struc- turae hujus Lichenis contrarium est et recusari debuit. Paraphyses valde tenellae, clathratim connexae. Habitu accedit ad H. Le Prevostii Fe et H. platyleuco Müll. Arg., ubi thallus lacteus et sporae aut perithe- cium alia. — Ramulicola ad Congo di Lemba (Stein n. 47). - Phaeographis tortuosa Stein |. ec. n. 22, non Müll. Arg., sit Phaeo- graphis (sect. Hemithecium) paragrapta Müll. Arg.; thallus albus, tenuis- simus, laevis: lirellae simplices, subrectae et varie leviter curvulae, lineares, utrinque obtusae, nigrae et nudae, e thallo emersae, Y/s--2 mm longae, !/s—!jamm latae; labia sieca modice conniventia, madefacta patentia, nun- quam clausa, subtenuia et integra; discus planus, nudus; perithecium basi deficiens, nigrum; hypothecium superne hyalinum, inferne rufo-fuscescens ; ascji clavato-cylindriei, 8-spori; sporae 23—26 u longae, 6'/e—7'ja u latae, obovoideo-cylindricae, fuscidulae, 6—8 loculares. — Accedit ad Ph. inu- stam (Ach.) Müll. Arg. L. B. n. 459, at differt lirellis emersis, minus late apertis, prima fronte haud male Graphidem scriptam Ach. re- ferentibus. — Ramulicola ad Congo di Lemba in regione Gongoensi: Fr. Ledien (Stein n. 44). — Eodem loco dein etiam pareissime lecta est ma- dagascariensis Phaeograpbis (sect.Phaeodiscus) glauca Müll. Arg. L. B. n.973. (Stein n. 45). Trypethelium mastoideum Stein 1. ec. n. 22, est Trypethelium tro- pieum Müller Arg. Pyrenoe. Cubens. p. 393. Aspicilia citata sed non determinata ]. ce. p. 9, est Urceolaria acti- nostoma Schaer. Enum. p. 87. Psorothecium Schadenbergianum Stein I. c. p.9, e Philippinis adjunc- tum, est Patellaria atro-rubicans Müll. Arg. L. B. n. 448. Litteratur. Die Bewegungen des-Protoplasma von Caulerpa prolifera von D. J. M. Janse. Mit 3 Tafeln. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik her- ausgegeben von N. Pringsheim. Bd. 21. Heft 2. Berlin 1889. Die vorliegende, 119 Seiten umfassende Abhandlung bietet neben einer sehr ansführlichen Beschreibung der Plasmabewegungen in »Rhizomen«e, »Wurzeln«e und '. »Blättern« der Caulerpa woch eine Reihe von Beobachtungen an dieser Alge, welche die Entstehung und die Funktion der viel besprochenen Zellstoffbalken betreffen. Die Protoplasmaströmungen sind in neuerer Zeit wieder mehr in den Vorder- grund getreten durch die Deatung, die ihnen de Vries als Transportvermittler gegeben und durch Versuche einer physikalischen Erklärung, wie sie z. B. von Berthold und Quincke gemacht worden sind. Ohne Zweifel sind pbysikalisch- chemische Prozesse die unmittelbar treibenden Momente bei dieser Bewegung; dem aufmerksamen Beobachter der so mannichfaltig in die Erscheinung tretenden Be- wegung des lebenden Plasma’s wird es aber nicht entgehen, dass diese sehr an- erkennenswerthen Versuche keineswegs eine befriedigende Erklärung abgeben können, sondern dass da noch bestimmende Faktoren mit im Spiele sind, welche man als »physiologische« bezeichnen muss, die mit anderen Worten von Eigenheiten und 348 Reizbarkeiten des lebendigen Plasma’s abhängen, welche einer Kausal-Auflassung noch ganz unzugänglich sind. Dies an einem prügnanten Beispiele zu zeigen, wäre eine dankbare und gerade jetzt recht dienliche Aufgabe gewesen. Leider nimmt die vorliegende Arbeit auf diese interessanten Fragen gar keinen Bezug. Sie ist lediglich in der Absicht unternommen wieder neue Beweise für den Satz von de Vries beizu- bringen, »dass der Transport der organischen Baustoffe in den Pflanzen vorwiegend durch die Rotation und die Cirkulation des Protoplasma vermittelt wird«. Neuere Untersuchungen haben nun gezeigt, dass die Voraussetzung dieser Behauptung, näm- lich die allgemeine Verbreitung der Plasmaströmungen in lebenden unverletzten Pflanzen keineswegs eine zutreffende ist, und wirkliche fussbare Beweis® für diese Deutung der Plasmaströme liefert auch die vorliegende Arbeit nicht. Wohl ist in einfacher schöner Weise gezeigt worden — was auch übrigens der blosse flüchtige Blick auf eine Caulerpa lehrt — dass die Hauptstrombahnen nach und von den jungen wachsenden, Theilen ausgehen, dıss Wunden, welche diese Bahnen unter- brechen, nach einiger Zeit in bestimmter Weise umgangen werden und die Plasma- ströme auf Umwegen ihre Bestimmungsorte erreichen; zur Beweisführung der auf- gestellten Behauptung hätte aber der hier gewiss nit am leichtesten ausführbare Beweis erbracht werden müssen, dass die zu den wachsenden Theilen hinführenden Ströme mit Stoffen beladen sind, welche den von dort zurückkehrenden Strömen fehlen. Zu einem solchen Nachweis ist nicht einmal der Versuch unternommen und wer da behaupten will, dass die Plasmaströme aus irgend welchen andereu Gründen den ganzen Körper dieser Siphonee durchziehen, kann, aus dem Mitgetheilten gerade so viel oder so wenig Beweise für seine Ansicht entnehmen, wie für die vom Verf. behauptete. Die sehr fleissigen eingehenden Einzelbeobachtungen sind sehr ausführlich be- schrieben und bieten für die äusserliche Kenntnis der Plasmabewegungen manch interessantes Detail. So sind auch die Erscheinungen unmittelbar nach der Verwun- dung und später eingehend beobachtet und ausführlich beschrieben. Die Erklärung dieser Erscheinungen dürfte nach Ansicht des Ref. aber besonders da nicht ganz zutreffend sein, wo es sich um dies Auftreten der hellen chlorophylikornfreien Zonen handelt Verf. erwähnt z. B. gar nicht einer eigenartigen weisslichen Substanz, die sich ausser dem eigentlichen Plasma in dem Lumen der Caulerpa vorfindet und durch Erstarrung zu einem festen elastischen Pfropf bei Berührung mit Meerwasser die Wundverschlüsse, nach Beobachtungen des Ref., vornimmt, während sich das Plasma von der Wunde zurückzieht '). Merkwürdig ist, nach der Ueberzeugung des Verf., die Entstehung der Cellulose- balken, welche das Innere der Alge durchsetzen. Dieselben sollen nämlich frei und beweglich im Innern von Plasmaströmungen angelegt werden, und erst später, bei ihrem Längerwerden an die peripheren Wände oder an andere »Balken« angekittet werden. Die Hautschicht, die nach Vorgang de Vries als selbständiges plasmatisches 1) Ueber den inneren Aufbau der Caulerpa, bei welchem die oben erwähnte Substanz eine Hauptrolle spielt, wird Ref. demnächst berichten. Die eiweixsartige, sich -mit Kernfärbemitteln stark und vomehmlich fingirende Materie bildet geradezu die Füllmasse, in der mannichfuche Vakuolengünge hinziehen und innerhalb dieser Nakuolengünge verlaufen die eigentlichen Plasmaströme. Diese Verhältnisse sind freilich nur an äusserst sorgfältig hergestellten Celluloid-Schnitten zu sehen. An Alkoholmaterial schrumpft der komplizirte Bau zu unverständlichen Trümmern zu- sammen, aber auch da bleibt die besagte Materie deutlich gesondert vom Plasma zu erkennen. 349 »Organ« aufgefasst wird, soll sich aus prineipiellen Gründen (beobachtet ist, das nicht) vorber in die Stränge von aussen einstülpen. Wenn man bedenkt, dass trotz sehr fleissigen ausdauernden Suchens seitens des Verf. nur ganz vereinzelt einmal ein freier Balken beobachtet ist, so drängt sich dem Leser eher die Ueberzeugung auf, dass dies irgendwie losgerissene Balken waren, die zur Beobachtung gelangten, als dass alle Balken auf diese Weise entstehen sollten. In der That ist für die Bebauptung des Verf. ausser den seltenen Ausnähms-Fällen, in denen freie Balken einmal beobachtet wurden, kein Argument für eine so eigenthümliche Entstehungsweise bei- gebracht. Das ist festgestellt, dass die Balken im Innern von Plasmasträngen ent- stehen, wie es frühere Forscher schon vermuthet und angenommen haben, ob aber dieselben darin mit freien Enden entstehen oder gleich festsitzend, das ist nach den Ausführungen dieser Arbeit noch zum Mindesten sehr zweifelhaft und unwahrscheinlich, Es ist wohl kaum anzunehmen, dass der spätere Verlauf eines Balkens von 3einem zufälligen Anwachsen abhängig gemacht wird. : Ueber die Bedeutung der Zellstoffbalken oder -»Fasern«, wie sie rücksichtlich ihrer Dimensionen wohl besser bezeichnet würden, hat sich Verf. auch eine eigene Meinung gebildet. Dieselben sollen verhindern, dass die Blätter durch den Turgor aus ihrer flachen Gestalt zu dicken blasigen Schläuchen au-getrieben werden. Die senkrecht von Blattfläche zu Blattfläche verlaufenden Fasern erhalten durch ihre Zugfestigkeit die nützlichere flache Gestalt, Bewiesen wird diese Vermuthung auch unzweideutig durch das Experiment, indem eine lokale Verletzung der Balken die Blattfläche lokal blasenförmig auftreibt. Wäre das Vorkommen der Balken auf die flachen Blätter allein beschränkt, so würde man sich dieser Ansicht des Verf. cin- _ wurfslos wohl anschliessen müssen. Gerade die Hauptmassen der Fasern liegen aber zum Theil in komplizirtem Verlauf im runden derbhäutigen Rhizom und ebenso in den cylindrischen Wurzelschläuchen. Annehmen zu wollen, dass diese vielleicht durch den Turgor ohne Balken gesprengt würden, während doch viel dünnwandige Zellen ohne Balken erhalten bleiben, wird wohl niemandem einfallen. Die Balken werden hier daher eine andre Funktion haben. In einem ausführlicheren Aufsatz’) hat Ref. diese Bedeutung näher beleuchtet und kam zu dem Resultat, dass die Zellstofffasern vermöge ihrer besseren Permeabilität für Salze und Gase, als sie dem Protoplusma zukommt, Zuleitungsbahnen dieser Lebensfaktoren für die inneren Plasmaportionen im Caulerpaleib darstellen. Die Versuche, welche den Ref. zu dieser Auffassung führten, waren mit einer Tötung des Pläsmakörpers' verknüpft, auf welchen Umstand besonders als eventuell das Resultat beeinflussend aufmerksam gemacht wurde, Der Verf. vorliegender Arbeit irrt, sich aber, wenn er glaubt, ich selbst legte deshalb diesen Versuchen keinen Werth bei. Dass die Balken in den Blättern nebenbei auch eine mechanische Funktion erfüllen, das soll dem Verf. durchaus nicht bestritten werien, aber dass die Funktion der Balken im Uebrigen der raschere Austausch zwischen dem Innern der Pflanze und dem Wasser ist, das spricht, trotz oberfläch- licher Verwerfung meiner Resultate, der Verf. an anderer Stelle (pag. 263), wo (auf pag. 270) von der Nothwendigkeit gesprochen wird, dass die Balken auch von der Hautschicht überzogen sein müssten, selbst folgendermassen aus: »Denn weil die aus Cellulose bestehenden Theile sehr viel mehr permeabel sind, wie die Hautschicht . so würde an den Balken, falls diese nicht von Hautschicht umkleidet waren, das Körnerplasma in fast direktem Verkehr mit dem mangelnden Medium treten ...« 1) Ueber die Funktion der Zellstofffasern von Caulerpa prolifera. Arbeiten a. d, bot, Institut zu Würzburg. Bd. III. 1888, 350 Wer Caulerpa nicht aus eigener Anschauung gut kennt, wird sich, unter Vor- behalt dieser wenigen hier. kritisirten Punkte, bei deren Auffassung sich Verf. wohl zuviel von vorgefassten Meinungen leiten liess, aus diesen sehr fleissigen Beobach- tungen und eingehenden Schilderungen ihrer Verhältnisse ein genau detuillirtes Bild von den Bewegungserscheinungen und andern Vorgängen in dieser interessanten Pflanze machen können. Was genaue, selbst mühevolle Beobachtungen und eingehende Schilderung des Gesehenen betrifft, so verdient diese Arbeit alle Anerkenuung der Tachgenossen. Y. Noll. Glaser, Taschenwörterbuch für Botaniker und alle Freunde der Botanik, enthaltend die botanische Nomenklatur, Terminologie und Litteratur nebst einem alphabetischen Verzeichnisse aller wichtigen Zier-, Treib- haus- und Kulturpflanzen, sowie derjenigen der heimischen Flora. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Leipzig, 'T. O. Weigel’s Nachfolger. 1890. Dem Titel nach würe das vorliegende Werkchen in der That ein recht nützliches Unternehmen, weniger für »Botaniker« als für Gärtner und Dilettanten, und da eine „weite »verbesserte und vermehrte« Auflage erschienen ist, so könnte man darin auch ein äusseres Zeichen des Erfolges sehen. Betrachtet man aber diese »Anflages ge- nauer, so sieht man, dass dieselbe einfach ein Abdruck der ersten ist (8.1485) und dass die »Verbesserang und Vermehrunge nur darin besteht, dass ein »erweiternder und berichtigender Anhang« von 8. 486--516 beigegeben ist. Leider hat der Ver- fasser ohne hinreichende Sachkenntniss, Verständniss und Sorgfalt alles Mögliche zusammengestellt. Mit Erstaunen liest man, dass »adulterinus«e unächt »auch: ver- schwägert« bedeute, apokarp »sondersamig (nämlich Carpell)«, dorsiventralis »rückenbauchig« (»dorsum und venter, — ris Bauch — beides verkehrt«), dass Batis zu den Taxaceen oder Ephedreen gehöre, Blasia auf deutsch »kleines Afterıinoos« heisse u. a. TEibenso wenig befriedigend sind die Litteraturaugaben. So soll der Systematiker Engelmann (dessen Cakteenarbeiten nicht erwähnt werden) auch »zur Biologie der Schizomyceten« geschrieben haben, Russow, Janezewski und Wilhelm sind als Autoren von »Beitr. zur Kenntniss des Siebröhrenapparates. Lpz. 1880« aufgeführt, Schimper jun. ist dem Verf. derselbe wie Schimper sen.; dass Schleiden, de Bary, Röper nicht mehr unter den Lebenden weilen, erfährt man nicht. Doch diese Proben mögen genügen, un die Haltung dieses »erweiterten und berichtigtens Buches zu kenn- zeichnen; am ehesten mag noch das Namenverzeichniss von Pflanzen zu brauchen sein- Auch dies leidet freilich an Auslassungen (z. B, fehlen Anhalonium, Leuchtenbergia) und Unrichtigkeiten (Carludovica soll z. B. eine Palme sein). K.G. .—_——r UI. Marburg. Universitäts - Buchdruckerei (R, Friedrich). Tut ‚890. Flora Gas N) \ Sf N 7 2: N, N \ EN \ Mr Au, ay ! 2 1 Da y 4 Ro [> Pl: WA.Meünlith Flora , 390. y Taf An. End JENE N KR rn EL Ze Be N B 15 BREITEREN u | III IIEIIOR 7A Meyn bar. nn _ / Ueber die Vermehrung von Hydrodietyon utrieulatum. Ein Beitrag zur Physiologie der: Fortpflanzung von “ Georg Klebs. Einleitung. Die Untersuchung, deren Resultate in dieser Abhandlung dargestellt werden, nahm ihren Ausgangspunkt von der Frage, in welchem Grade äussere Bedingungen die Fortpflanzung beeinflussen. Dieses Problem, für, Zoologie und Botanik von allergrössiem Interesse, ist oft in Angriff ge- nommen worden, aber, da es sich hierbei um die verwickeltsten Lebens- processe der Organismen handelt, mit wenig Erfolg, sodass bis auf den heutigen Tag nicht viele unzweifelhaft sichere Thatsachen zu Tage geför- dert sind. So erklärt es sich, dass auch heute noch die Ansicht vielfach vertreten wird, nach welcher die Fortpflanzung als die höchste und eigen- artigste Funktion, nur in der inneren Natur des Organismus ihre Ursachen findet, und die Aussenwelt zwar fördernd oder hindernd, aber nicht be- stimmend einwirken kann. Die Versuche Weismanns?) bei Daphniden, Heyers?) bei höhern Pflanzen haben dieser Ansicht neue Stützen gegeben. Andererseits sind in neuerer Zeit lebhafte Bestrebungen aufgetreten, engere Beziehungen der Fortpflanzung mit der Aussenwelt aufzudecken, und besonders hatHerbertSpencer?)in geistvoller Weise den Zusammenhang der Ernährung mit der Fortpflanzung nach mancherlei Richtungen hin erörtert. Ein reiches Thatsachenmaterial, welches dieselbe Frage behan- delt, findet sich in dem dankenswerthen Werke von Düsing®), welcher bestrebt ist, die zerstreuten Beobachtungen durch eine einheitliche Hypothese zu verbinden. Düsing nimmt an, dass die Organismen die Eigenschaft erworben haben, immer gerade diejenige Vermehrungsform, sei sie ge- schlechtlich oder ungeschlechtlich, oder diejenige Geschlechtsform, sei sie männlich oder weiblich, zu erzeugen, welche bei bestimmten äussern Ver- hältnissen die vortheilhafteste ist. Diese nützliche Eigenschaft, je nach }} Weismann, Beiträge zur Kenntniss der Daphnoiden. Zeitschr. für wiss. Zoologie. XXX u. XXXII 2) Heyer, Untersuchungen über das Verhältniss des Geschlechtes bei einhäusigen und zweihäusigen Pflanzen. Halle 1883. 8) Herbert Spencer, Die Principien der Biologie übersetzt von Vetter. Bd. 1 und II. 4) Düsing, Die Regulierung der Geschlechtsverhälinisse bei der Vermehrung von Menschen, Thieren und Pflanzen. Jenaische Zeitschrift für Naturwiss. XVIL 1884. j * Flora. WISSOHIET ” kOorTaNten: G. 352 Umständen das Geschlecht zu regulieren, ist nach Düsing durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden. Abgesehen davon, dass eine eingehende Kritik sowohl der Thatsachen selbst, als der theoretischen Ausnützung derselben, die Anschauungen Düsings sehr erschüttert, hat der vorliegenden Untersuchung der Grundgedanke Düsings ferngelegen. Vielmehr ruht das Hauptgewicht derselben in dem Nachweis, dass bestimmte äussere Einflüsse nothwendig bestimmte physiologische Reactionen des Organismus hervorrufen, welche in der Form der Fortpflanzung sichtbar werden. Von vornherein erschien es verlockend, die Süsswasseralgen zu Ver- suchen über dieses Problem zu verwenden, da mir aus früheren Erfahrungen bekannt war, dass diese Organismen sich zu physiologischen Untersuchungen in hohem Grade eignen. Um so aussichtsreicher schienen diese Versuche, als bei solchen niedrigen Formen am ehesten daran zu denken war, dass die Fortpflanzungserscheinungen durch äussere Bedingungen wesentlich beeinflusst würden. Der Erfolg hat den Erwartungen entsprochen. Aller- dings ist zunächst nur eine einzige Alge, das Wassernetz, zur Untersuchung herangezogen worden, da es vor allem darauf ankam, bei einer einzigen Form, aber bei dieser mit möglichst grosser Sicherheit und zwingender Kraft des Beweises, festzustellen, bis zu welchem Grade und in welcher Weise eine Abhängigkeit der Fortpflanzung von der Aussenwelt existirt. Einige Resultate meiner Untersuchung, welche im Sommer 1888 be- gonnen und bis zum Sommer 1890 fortgesetzt wurde, sind im biologischen Centralhlatt 1889 mitgetheilt worden; die folgende Abhandlung bringt den eingehenden Bericht meiner Beobachtungen. Abschnitt I. Allgemeine Vorbemerkungen. 1. Entwicklungsgang des Wassernetzes. Das Wassernetz tritt bekanntlich in Form langer schlauchförmiger, geschlossener Netze auf, deren cylindrische Zellen zu drei oder vier an den Ecken zusammenstossen und fünf- oder sechseckige leere Maschen bilden. Die Fortpflanzung dieser Alge ist durch die Forschungen von Al. Braun‘), Cohn), Pringsheim?®) sehr gut bekannt. Jede Zelle ist in gleichem Maasse fähig sich fortzupflanzen, und zwar kann die Vermehrung eine ungeschlechtliche oder geschlechtliche sein. Bei der ersten Form der Fortpflanzung zerfällt die Zelle in eine grosse Anzahl von Zoosporen 1) Al. Braun, Ueber die Erscheinungen der Verjüngung. Freiburg 1849-50. 2) Cohn, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der microse. Algen und Pilze. Nova Acta Leop. Carol, XXIV. 3) Pringsheim, Ueber die Dauerschwärmer des Wassernetzes. Monatsber. der Berl. Akadem. Decbr. 1860. - 353 (7000—20000 nach Braun), welche innerhalb .der aufquellenden Mutter- zellhaut kurze Zeit sich hin- und herbewegen, bis sie sich zu einem neuen Netz direct zusammenlegen und mit Zellhaut umgeben. Nach Auflösung der alten Zellhaut wird das junge Netz frei und wächst schnell in 3-4 Wochen bis zu dem Grade heran, dass es von neuem dieselbe Art der Fortpflanzung eingehen kann. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung zerfällt die Zelle in eine sehr grosse Anzahl kleinerer Schwärmer (30000—100000 nach Braun), welche mit dem Ausdruck von Strasburger als Gameten bezeichnet werden mögen. Diese Gameten brechen durch ein Loch der Zellwand hervor, schwärmen umher und copuliren mit einander, welche Erscheinung zuerst von Suppanetz beobachtet wurde’). Das Product der Verschmelzung, die Zygote, entwickelt sich zu einer kleinen Zelle, welche nach einiger Zeit der Ruhe stark heranwächst und in vier grössere Schwärmsporen zerfällt. Dieselben, zur Ruhe gekommen, bilden sich zu polyederartigen Zellen aus, welche nach einigem Wachsthum auf ungeschlechtlichem Wege junge, meist noch sehr einfach gebaute Nelze erzeugen. Die Entwickelung der Zygole ist durch Pringsheim zuerst vollständig klar gelegt worden. Hydrodietyon gilt als ein typisches Beispiel des Generationswechsels, und ist bei den vielfachen Erörterungen darüber von Forschern wie Sachs’), Pringsheim?°), Nägeli*) u. a. häufig berücksichtigt worden, Nach ihrer Darstellung entsteht aus den Zygolen die erste ungeschlechtliche Generation, auf welche zahlreiche Wiederholungsgenerationen (Nägeli) folgen, bis eine einzige Geschlechtsgeneration den Abschluss macht, indem sie Zygoten bildet. Indessen wird nicht näher angegeben, ob dieser Cyelus der Zellgeneralionen — von Nägeli als ontogenetische Periode bezeichnet — nur einmal oder mehrere male im Laufe eines Jahres durchlaufen wird, ob, um mit Weismann zu reden, Hydrodietyon wie eine mono- oder poly- cyclische Species sich verhält. Schon Pringsheim hat darauf hingewiesen, dass die Zahl der ungeschlechtlichen Generationen beim Wassernetz wie bei andern Algen eine unbestimmte ist, was wohl nichts anderes heisst, als dass äussere Verhältnisse dafür massgebend sind, während nach Weis- mann bei Daphniden die Zahl der Jungferngenerationen eine für jede Art bestimmte, unabänderliche Grösse darstellt. Die Haupifrage, von welcher ich in meiner Untersuchung ausgieng, war, ob dieser Generationswechsel thatsächlich vorkommt, und ein in der innern Natur der Alge begründeter, durch Vererbung fixirter Vorgang Äst, 1) Rostafinski, Quelques mots sur l’Haematococcus lacustris. Mem. de la Soc. nat. des Sc. natur. Cherbourg XIX. 1875. 8. 152. 2) Sachs, Lehrbuch der Botanik. 4. Auflage. 8) Pringsheim, UeberSprossung der Moosfrüchte und den Generationswechsel der Thallophyten. Jahrb. für wiss, Botanik. XI. 1878. 4) Naegeli, Theorie der Abstanmungslehre. 1884. Cap. VII. 23% 354: oder ob die äussern Umstände für das Eintreten der beiden Fortpflanzungs- weisen von Bedeutung sind, und der etwa vorhandene Generationswechsel nur durch zufällige äussere Bedingungen bestimmt wird. In der That hat auch bereits Vines') in einem kleinen Aufsatz lebhaft bestritten, dass überhaupt ein Generationswechsel bei Thallophyten abgesehen von Coleo- chaete und Chara existirt; er behauptet, dass die Vermehrungsweise von ‚Aussern Bedingungen abhänge. Gelegentliche Beobachtungen an Hydro- dietyon führten mich auf eine ähnliche Vermuthung, und dieselbe wurde noch gestützt durch eine kurze Angabe von Al. Braun?), dass das Ver- hältniss von Zoosporen und Gametenbildung zum Theil von äussern Um- ständen abzuhängen scheine. Das wichtige Resultat, dass das Verhältniss geradezu dureh die Aussenwelt bedingt wird, ist in meiner vorläufigen Mittheilung bereits angegeben. 9% Gultur des Wassernetzes. In der freien Natur lebt das Wassernetz in Teichen und Sümpfen, bisweilen auch in langsam fliesenden Gräben und tritt gewöhnlich in grosser Ueppigkeit auf. Der eine Weg der Untersuchung, ob seine Fort- pflanzung von äussern Bedingungen abhängt, würde darin bestehen, die Alge an ihrem natürlichen Standort während des ganzen Jahres zu beob- achten und die Vermehrungsweise zu den verschiedenen Zeiten festzu- stellen. Die Resultate meiner darauf bezüglichen Beobachtungen sollen erst später erwähnt werden. Von vornherein erschien es mir viel be- deutungsvoller, mit Hülfe des Experimentes die Frage zu entscheiden; denn nur in einem genau bekannten Experiment ist es möglich, einiger- massen die Bedeutung einer bestimmten äussern Bedingung zu beurtheilen, wenn auch selbst dann Schwierigkeiten des Verständnisses entstehen, weil die zarten Zellen für einen so geringen Wechsel der äussern Bedingungen empfindlich sein können, dass wir es nicht bemerken. Es ist. eine oft gemachte Erfahrung, dass schon bei diesen niedern Organismen anscheinend Individualitäten entwickeltsind, da dieselben Algen unter gleichen Umständen sich verschieden verhalten. Meine zahlreichen Versuche mit dem Wasser- netz haben oft diese Erfahrung bestätigt. Doch scheint es mir, als wenn man sich darin täuscht, diese Verschiedenheit des Verhaltens ausschliess- lich auf die Verschiedenheit der Individuen zurückzuführen. Sehr wahr- scheinlich sind die Umstände eben nur anscheinend gleich, aber nicht wirklich; sie sind es vielleicht nicht in ein und demselben Versuche für alle Zellen desselben Netzes. Als zweites wichtiges Moment kommt hinzu, dass vor dem Versuch schon die Netze unter verschiedenen Einflüssen 1) Sidney Vines, On alternation of generations in the Thallophytes. Journal of Botany. 1879, i 2) Al. Braun, Verjüngung 8. 238. Anmerkung 2. 355 gelebt haben, und in Folge dessen verschiedene Neigungen angenommen haben, welche nachher in dem Versuch die Verschiedenheit des Verhaltens bedingen. Diese Nachwirkung der vorhergehenden Lebensumstände, die Beeinflussung des Versuchsresultates durch dieselbe ist von wesentlichster Bedeutung für die richtige Beurtheilung vieler Versuche. Für die erwähnten Verhältnisse bietet das Wassernetz ein relativ günstiges Versuchsobjeet dar, insofern man, wenigstens soweit es möglich ist, gleicharliges Material zur Verfügung hat, da die zahlreichen Zellen eines Netzes als Schwesterzellen unter gleichen Bedingungen aufgewachsen sind. Um den noch vorhandenen Ungleichheiten möglichst zu begegnen, gilt es viele gleichartige Versuche anzustellen ; andererseits kommt es dar- auf an, die Alge unter möglichst verschiedenen Verhältnissen leben zu lassen, um ein Urtheil über den Einfluss derselben zu gewinnen. Der grösste Theil meiner Versuche wurde mit selbst gezüchtetem Material an- gestellt, welches im Sommer und Herbst 1888 aus dem Neudörfer See hei Basel geholt wurde. Die jungen Netze wurden in sehr verschieden grossen Gefässen cultivirt, auf derem Grunde eine Schicht von Lehm und Sand sich befand. Diese Gefässe wurden theils im Zimmer, theils im Freien bald kälter, bald wärmer, bald lichter, bald schattiger aufgestellt-- Am besten gelang die Cultur in grossen Zinkkästen, welche während des Sommers in einem Gewächshaus standen. Besondere Vorschriften für die Cultur sind kaum anzuführen. Die Hauptsache ist, dass man beständig aufpasst, für neues Wasser, neuen Grund von Zeit zu Zeit sorgt, die directe Sonne je nach der Grösse der Wassermasse je nach der Jahreszeit einwirken lässt. Es ist selbstverständlich,, dass die Culturen im Frühjahr “und Sommer am üppigsten gedeihen, wenn es auch gelingt, den ganzen Winter hindurch die Alge zu erhalten. Für die Zimmereultur sind die Monate October bis Januar die schlimmsten; zu dieser Zeit vermehren sich die Parasiten und Feinde der Algen, seien es Flagellaten oder Pilze, wie besonders Chytridium hydrodietyi A. Br. in verheerendster Weise, und vernichten die wenig widerstandsfähigen Algen. Doch kann man dieselben retten und bewahren durch Cultur in Salzlösungen, in welchen die Parasiten nur geringe Macht haben. Neben dem Material aus Neudorf wurden auch frische Netze aus den Teichen der Umgebung von Freiburg untersucht. Ich verdanke dieselben der grossen Liehenswürdigkeit des Herrn Prof. Klein, welcher mich mehrere male mit neuem Material versorgt hat. Für die im Folgenden beschriebenen vielfältigen Versuche, bei welchen die Netze in verschiedenartigen Nährlösungen ceultivirt wurden, ist meistens filtrirtes Regenwasser als Lösungsmittel benutzt worden. Abschnitt II. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung. 1. Ueber die Methode, Zoosporenbildung hervorzurufen. Die Bedingungen der Zoosporenbildung, seien es innere oder äussere, sind bisher sehr wenig erforscht worden. Doch ist es eine jeden Algo- logen bekannte Thatsache '), dass man bei Algen wie Ulothrix, Oedogo- nium, Vaucheria, die Bildung der Zoosporen hervorrufen kann, wenn man aus dem Freien geholte Exemplare in frisches Wasser bringt. Walz?) zeigte, dass für diese Wirkung des Wassers der in ihm gelöste Sauerstoff allein in Betracht kommt. Ferner wies Gornu?) darauf hin, dass auch die Temperaturverhältnisse bei der Geburt der Schwärmsporen eine Rolle spielen, da Oedogonium aus einem kalten in ein warmes Zimmer ge- bracht, Zoosporen bildet. Famintzin*) konnte bei Protococcusarten durch Salzlösung von 3°/o die Zoosporenbildung aufheben, sie durch Verdünnung mit Wasser wieder hervorrufen; es gelang ihm überhaupt, durch Ver- änderung des Mediums diese Algen zu verschiedenen Entwickelungsformen zu bringen. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung ist also bei gewissen Organismen von äussern Verhältnissen abhängig, und es fragt sich nun, wie Hydro- dietyon sich in dieser Beziehung verhält. Wichtiger ist noch die Frage, welche in den erwähnten Arbeiten nicht in Betracht gezogen worden ist, in wieweit die bezeichneten äussern Bedingungen wirklich die Zoosporen- bildung ursächlich bedingen, oder nur die blosse Veranlassung zur Bildung werden, nachdem dieselbe in Folge des Reifezustandes der Zelle im Wesent- lichen vorbereitet ist. Ich habe versucht, bei. Hydrodietyon auch dieser Frage näher zu treten. Meine Versuche haben gezeigt, dass Hydrodietyon zu jeder beliebigen Zeit des Jahres Zoosporen zu bilden im Stande ist, dass es dieselben bilden muss, sobald bestimmte äussere Bedingungen auf die Zelle ein- wirken. Die Methode besteht einfach darin, die Netze in einer Nährsalz- lösung von 0,5—1°p einige Zeit zu cultiviren und darauf in frisches Wasser zu bringen. Die angewandte Nährlösung entspricht in ihrer Zusammen- “ setzung derjenigen von Knop. Die Mischung der Salze besteht aus 1 Th. salpetersaurem Kali, 1 Th. schwefelsaurer Magnesia, 1 Th. phosphorsaurem 1) Vgl. Strasburger, Wirkung des Lichtes und der Wärme auf Schwärm- sporen. Jenaische Zeitschrift für Naturw. XIL S. 564. 2) Walz, Beitrag zur Kenntniss der Zoosporenbildung der Algen. Botan. Zeitung 1868. No. 31. 3) Cornu, Comptes rendus 1877. T. LXXXV. S. 860. 4) Famintzin, Die anorganischen Salze als Hülfsmittel zum Studium der Ent- wickelung niederer chlorophylihaltiger Organismen. Me&langes biolog. Acad. Imp. de St. P6tersbourg. T. VIIL 1871. 357 Kali und 4 Th. salpetersaurem Kalk. In der Lösung gewinnen nach wenigen Tagen die Zellen ein lichtgrünes Aussehen, indem die Reserve- Stärke !), welche in grosser Menge im Chlorophylikörper sich eingelagert hat, verschwindet, und das reine Grün desselben mit den Amylonkernen hervortritt. Im Sommer genügt ein Aufenthalt von 2—3 Tagen, um ın den Zellen die Neigung zur Zoosporenbildung zu erregen, nach 94 Stunden kann schon ein Theil der Zellen Zoosporen bilden. Bei ungünstiger Witterung, z. B. im Winter, muss die Alge dagegen länger in der Nähr- salzlösung verweilen, und es bedarf eines längeren Zeitraums, bis die meisten Zellen zur Fortpflanzung übergehen. .Der Versuch gelingt nicht nur mit frisch aus dem Freien stammenden Netzen, welche an und für sich häufig in den ersten Tagen im Wasser Zoosporen bilden; er gelingt bei Netzen, die auf alle mögliche Weise eultivirt worden sind, bei Netzen, die in Folge der Zimmereultur in einen vollkommen indifferenten Zustand gerathen sind, so dass kein anderes Mittel sie mehr zur Fortpflanzung veranlassen kann. Solche Netze, schmutzig gelb bis rölhlich gefärbt, sterben schliesslich im Wasser ab, und in Fällen, wo die Netze dem Tode sich schon nähern, gelingt sogar der Versuch noch bei einem Theil der Zellen. Im Allgemeinen darf man sagen, dass der Versuch, die Zoosporen- bildung hervorzurufen, mit einer bei Organismen seltenen Sicherheit und Exaktheit verläuft, dass die Nährlösung allen Netzen, mögen sie her- ‘ stammen, wo sie wollen, die lebhafteste Neigung zur Zoosporenbildung verleiht. Es war vorauszusetzen, dass die Concentration der Nährlösung bedeutungsvoll ist, dass eine obere und untere Grenze für ihre Wirkung existirt. Die erstere wird dadurch bedingt, dass die Zellen bei hoher CGon- centration leicht absterben; halten sie dieselbe aus, so gelingt noch der Versuch, nur dass: der Aufenthalt im Wasser bis zur Zoosporenbildung gewöhnlich verlängert wird. Das Wassernetz erträgt relativ hohe Con- centrationen, sodass es noch in einer 4° Lösung bei allmähliger Ange- wöhnung lebendig bleibt. In Wasser langsam übergeführt, bilden die Zellen Zoosporen. Wird auf der andern Seite die Concentration der Nährlösung unter 0,5% verringert, so hängt die Wirkung sehr von dem Lebenszustand der Zellen ab, da bei gut cultivirten schon eine Lösung von 0,1°%e die Zoo- sporenbildung anregen kann, bei schlecht cultivirten dagegen nicht. In allen Fällen ist das Resultat nicht mehr so sicher, da bei schwächerer Concentration die Nachwirkungen der vorhergehenden Culturweise sich leichter bemerklich machen. Die chemische Zusammensetzung der Nährlösung braucht nicht noth- wendig der angegebenen Mischung zu entsprechen; der Versuch gelingt 1) Ich unterscheide Pyrenoidstärke und Reservestärke; erstere findet sich in den Amylonkernen, letztere im übrigen Theile des Chlorophylikörpers. 358 selbst mit einzelnen Salzen, wenn auch lange nicht so allgemein und so sicher zu jeder Zeit. So kann das salpetersaure Kali in Lösung von 0,5 bis 1° die Zoosporenbildung anregen, ebenso der salpetersaure Kalk, das phosphorsaure Kali. Dagegen misslingen die Versuche mit schwefelsaurer Magnesia und zwar weil schon eine 0,5% Lösung die Zellen sehr rasch tödtet. Andere Salze wie Chlornatrium, Chlorammonium , kohlensaures Natron wirken schlecht oder gar nicht, sodass doch thatsächlich nur die für die Ernährung wichtigen Salze, mit einander vereinigt, das beste Resullat in allen Fällen liefern. Weil nun die Nährsalze in Concentrationen von 0,1—4°/ wesentlich dieselbe Wirkung ausüben, ergibt sich schon daraus mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die Salze hauptsächlich durch ihren Einflus auf die Ernährung wirksam sind, während ihre physikalischen Eigenschaften, besonders ihre Wasser entziehende Kraft erst in zweiter Linie in Betracht kommen, In der Nährlösung halten sich die Netze viele Wochen, ja Monate hindurch in gleichem Zustande, und bewahren ihre Fähigkeit, Zoosporen zu bilden. Dieselben konnten hervorgerufen werden bei Culturen noch nach einem halben Jahre. Allerdings bemerkt man bei so langer Dauer des Versuches, dass die Zellen nicht nıehr so gleichmässig und schnell die Zoosporen erzeugen. Meistens entwickeln sich auch, wenn dieQGultur sich selbst überlassen wird, andere Algen in üppigster Weise und überwuchern die Zellen des Wassernetzes, 2. DerEinfluss von Wärme undLicht auf dieZoosporenbildung. Die Herbeiführung der Zoosporenbildung mit Hülfe der Nährlösung gelingt nur dann sicher, wenn noch andere äussere Einflüsse, vor allem Licht und Wärme mitwirken. Die Wärme hat für den Process dieselbe Bedeutung wie für alle Lebensvorgänge, und seine Abhängigkeit von dem Wärmegrad der Umgebung ist ebenso auffällig wie bei dem Wachsthum. Das Temperaturminimum liegt übrigens relativ sehr hoch im Vergleich mit andern Algen. Denn während Ulothrix') z. B. in einem Wasser von 0° Zoosporen bilden kann, vermag Hydrodietyon es nicht unter 8° C. Die Culturen der aus Nährlösung in Wasser gebrachten Netze können unverändert Wochen lang in einem Zimmer am Fenster stehen, wo die Temperatur cc. 8—10° beträgt; sowie sie in ein warmes Zimmer gebracht werden (16—20°%), entstehen in ihnen gleich Zoosporen. In diesem Falle bildet die Temperaturerhöhung der Umgebung die Veranlassung für die eigentliche Bildung der Zoosporen. Der gesammte Verlauf des Processes, die Einwirkung der Nährlösung, des Wassers u.s. w. geht bei hoher Durchschnittstemperatur viel lebhafter 1) Dodel-Port, Jahrb. für wiss. Botanik. X. 1876. S. 484, 359 vor sich, so z. B. im Thermostaten bei 28° mit gleichzeitiger Beleuchtung. Das Temperatur-optimum und Maximum ist indessen nicht näher bestimmt worden. Auffallender ist die Wirkung des Lichtes auf die Zoosporenbildung. Bisher gilt allgemein, dass dieselbe vom Licht mehr oder weniger unab- hängig ist, in gewissen Fällen sogar von der Dunkelheit begünstigt wird '). Ich habe früher nachgewiesen ?), dass sie z. B. bei Oedogonium nach mehrtägigem Aufenthalt im Dunkeln in Zuckerlösung stattfindet. Bei dem Wassernetz dagegen hindert meistens schon ein zweitägiger Aufenthalt im Dunkeln die Zoosporenbildung; es geht sogar soweit, dass die Alge, welche im Sommer aus 0,5 Nährlösung in Wasser gebracht und gleich dunkel gestellt wird, nach den ersten 24 Stunden keine jungen Netze erzeugt, während in der beleuchteten Cultur nach derselben Zeit eine grosse Menge von solchen sich entwickelt haben. Es fragt sich, ob das Licht sowohl für den Aufenthalt der Zellen in der Nährlösung als auch im Wasser gleich bedeutungsvoll ist. Am besten gelingt der Versuch, wenn das Licht in beiden Stadien auf die Culturen .einwirkt; indessen scheint es, dass besonders für den Aufenthalt im Wasser das Licht erforderlich ist, denn der Versuch gelingt noch — allerdings nicht so sicher —, wenn man die Netze in der Nährlösung im Dunkeln cul- tivirt und die Wassercultur beleuchtet. Hat die letztere im Licht ge- standen und mit der Zoosporenbildung begonnen, so kann dieser Process auch ein wenig im Dunkeln weitergehen, besonders wenn man das Wasser durch eine 1% Lösung von Maltose ersetzt. Alle Versuche weisen daher auf die grosse Abhängigkeit der Zoo- sporenbildung vom Lichte hin. Um so überraschender war daher die Beobachtung einer unter besondern Umständen erzogenen Cultur, bei welcher sich selbst nach achttägigem Aufenthalt im Dunkeln Zoosporen entwickeln liessen. Doch auch in diesem Ausnahmefall begünstigte stets das Lieht die Bildung der Zoosporen. In jedem Falle erfordert diese Abhängigkeit ein Erklärung, besonders weil sie auch für die ungeschlecht- liche Fortpflanzung gegenüber der geschlechtlichen charakteristisch ist. Die Bedeutsamkeit des Lichtes für die Zoosporenbildung erinnert leb- haft an die gleiche Erscheinung, welche für die Bildung der Zellhaut und für das Wachsthum von Zygnema von mir nachgewiesen wurde ®). Auch bier für Hydrodietyon kommt ein Mangel an Nährstoffen in den Dunkel- eulturen nicht in Betracht. Es ist sogar sehr merkwürdig, wie äusserst langsam die Zellen im Dunkeln ihre organische Substanz verbrauchen. Ich kenne bisher keine Alge, welche so lange im Dunkeln in reinem 1) Vergl. z. B. Rostafinski und Woronin, Ueber Botrydium granulatum Bot. Ztg. 1877. 8. 667. 2) Klebs, Untersuchungen aus dem Tübinger Institut. Bd. II. 8. 547. 8) Klebsl. c. 360 Wasser zu leben vermag; standen mir doch stets Dunkelculturen von 3—4 Monaten zur Verfügung, und ich habe lebende Zellen beobachtet, welche ein halbes Jahr lang im Dunkeln gelebt haben. Das Licht muss im Verlauf der Zoosporenbilduug an irgend einer Stelle eingreifen, und zwar zu der Zeit, in welcher die nicht sichtbaren Vorbereitungen in den Zellen vor sich gehen. Die Annahme, dass es sich um thermische Wirkungen des Lichts handelt, ist ausgeschlossen, da eine directe Bestrahlung durch die Sonne nicht nothwendig ist, es auch nie gelang, das Licht blos durch Wärme su ersetzen. Augenscheinlich löst das Licht chemische Processe aus, und zwar um so lebhafter, je inten- siver es wirkt. Jene erwähnten Ausnahmefälle lassen sich dann erklären durch die Annahme, dass diese vom Licht erregten Processe schon früher stattgefunden und die Produkte sich erhalten haben, sodass die Zoosporen- bildung im Dunkeln weiter fortgehen kann. Die wichtige Frage, in welcher Weise das Licht bei der Zoosporen- bildung wirksam ist, lässt sich nicht sicher beantworlen; kennen wir doch seine Rolle so wenig bei viel bekannteren Erscheinungen des Pflanzen- lebens. Man könnte daran denken, dass das Licht chemische Processe sui generis, Synthesen besonderer Stoffe, Eiweisssubstanzen ele. einleitet, welche für die Zoosporenbildung nothwendig sind. Bisher haben sich derartige Lichtwirkungen nicht nachweisen lassen; dagegen weiss man, dass das Licht bei der Zersetzung der Kohlensäure hetheiligt ist, und ferner hat Pringsheim) die wichtige Thatsache entdeckt, dass das intensive Licht die Oxydation in der Zelle befördert. An und für sich sollte man entscheiden können, ob die Zoosporenbildung in irgend welcher Weise mit der Assimilation zusammenhängt, dadurch dass man dieselbe aus- schliesst. In der That gelingt es nicht unter diesen Umständen, die Zoosporenbildung zu beobachten, was aber nichts beweist, da gerade die Versuchsbedingungen die Verhinderung bewirkt haben können. Bei der von mir?) für Zygnema angewandten Methode, die Algen in concentrirter Magnesiumoxyd-Lösung zu cultiviren — wobei in den ersten ‘lagen keine Assimilation nachweisbar ist — blieben die Zellen mit lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung unverändert, während sie in etwas verdünnteren Lösungen Zoosporen erzeugten. Es liess sich nieht entscheiden, ob die Zoosporenbildung durch den Mangel der Assimilation .oder durch Neben- wirkung des Magnesiumoxyds verhindert wurde. Nimmt man den Zusammenhang mit der Assimilation an, so könnte derselbe nach verschiedenen Richtungen sich geltend machen. Die che- mischen und physikalischen Eigenschaften des Zellsaftes könnten in Folge der Assimilation eine günstige Beschaffenheit annehmen, oder es könnte 1) Pringsheim, Ueber Lichtwirkung und Chlorophyllfunction. Jahrb. für wiss. Bot. XII. 1879-81. S. 341; ferner ebenda Bd. XIII. 1882. S. 395, 2) Klebs 1. o. 8. 543, 361 der entstehende Sauerstoff die Hauptrolle spielen. Der Sauerstoff ist un- zweifelhaft eine nothwendige Bedingung für die Zoosporenbildung, welch’ letztere in einem ausgekochten Wasser, in einem luftdicht verschlossenen Gefäss unterbleibt. Andererseits aber lässt sich nicht nachweisen, dass der Mangel an Sauerstoff im Dunkeln in Betracht kommt, und es zeigte sich sogar, dass eine lebhafte Zufuhr von frischer Luft mit Hülfe eines Aspirators das Licht nicht ersetzen kann. Aber vielleicht entsteht im Licht durch den Assimilationsprocess aclivirter Sauerstoff, welcher die Zoosporenbildung begünstigt, eine Annahme, welche Walz!) gemacht hat. Wir wissen aber durch die Untersuchungen Pfeffers?), dass die Entstehung von aclivirtem Sauerstoff in der Pflanze nicht nachweisbar ist, dass der erzeugte Sauerstoff beim Übergang in den Zellsaft und nach aussen nicht activirt ist. Allerdings lässt Pfeffer dieMöglichkeit offen, dass der Sauer- stoff bei seiner Entstehung im Chlorophylikorn activirt werden könnte. Ebensowenig nachweisbar erscheint es, dass das intensive Licht, nach der Ansicht von Pringsheim?), besondere Oxydationsvorgänge hervorruft, welche bei der Zoosporenbildung betheiligt sind. So lässt sich nach keiner Seite hin entscheiden, warum das Licht die Zoosporenbildung befördert, und man wird sich mit dem allgemeinen Aus- spruch begnügen müssen, dass dasselbe besondere chemische Processe, seien es Reductions- oder Oxydationsprocesse anregt, welche für die Zoo- sporenbildung wichtig sind. 3. Ueber den Einfluss des Wassers auf die Zoosporenbildung und über den Zellsaftdruck. Die in der 0,5—1°/o Nährlösung cultivirten Zellen des Wassernetzes bilden in der Lösung trotz ihrer lebhaften Neigung keine Zoosporen, sondern erst, nachdem sie in reines Wasser gebracht worden sind. Das ist indess nicht ausnahmslos, da man nicht selten, namentlich in der ersten Zeit, einzelne Zellen beobachten kann, welche in der Nährlösung selbst noch von 1°/o Zoosporen erzeugen. Im Sommer 1890 bemerkte ich sogar bei einer in vollster Vegetation begriffenen Cultur, dass dieselbe nach kurzem Aufenthalt (2—3 Tage) in 0,5 Nährlösung ungemein lebhaft Zoosporen bildete, obwohl unter diesen Umständen eine regelmässige Netz- hildung nicht erfolgen kann. In diesem Falle verhinderte erst eine 1°% Lösung die Bildung. Jedenfalls erfordert die Regel, dass die Nährlösung Zoosporen erregend, aber nicht erzeugend wirkt, eine Erklärung. Zunächst würde man wieder auf den Gedanken kommen, dass das Wasser durch 1) Walz, Bot. Ztg. 1868. No. 31. 2) Pfeffer, Beiträge zur Kenntniss der Oxydationsvorgänge in lebenden Zellen. 1889. 8. 478—80. 3) Pringsheim |. c. 362 seinen Sauerstoffgehalt die Veranlassung zur eigentlichen Bildung spiele, wie es nach Walz bei andern Algen stattfindet. Frisches sauerstoffhaltiges Wasser wirkt auch bei Hydrodietyon anregend auf die Zoosporenbildung ein; es kann sehr wohl den Reiz abgeben für Auslösung dieses Processes, wenn derselbe vorbereitet ist, und ist in dieser Beziehung für die Zoo- sporenbildung wichtiger als für die Gametenbildung. Indessen kommt dieses Moment nicht allein, wahrscheinlich auch nicht in erster Linie in Betracht, da in der Nährlösung namentlich in der ersten Zeit lebhafte "Assimilation herrscht, überhaupt Sauerstoff in genügendem Masse vor- handen ist. Das Wasser wird vielmehr dadurch vor allem als auslösender Reiz wirken, dass es aus der Umgebung der Zellen die Salze fortschafft, welche neben ihrer Zoosporen erregenden Wirkung durch andere Eigenschaften hemmend wirken. Es folgt das ohne Weiteres aus der Thatsache, dass in verdünnteren Nährlösungen z. B. von 0,08—0,1°/o sehr häufig die Zoosporenbildung bei zahlreichen Zellen direct eintritt, ohne Milwirkung des frischen Wassers. Die Salzlösung könnte von einer gewissen Con- centration ab hinderlich sein, indem ihre wasserentziehende Eigenschaft die in ihr lebenden Zellen beeinflusst. Indessen kann dieser Einfluss nur ein geringer sein; und dass. er nicht in erster Linie in Betracht komnt, beweist die Thatsache, dass Hydrodictyon aus 0,5% Nährlösung in eine 10% Rohrzuckerlösung übergeführt, sehr lebhaft Zoosporen bildet, obwohl die letztere Lösung sehr viel stärker Wasser entziehend wirkt, als die erstere. Dagegen wird bei höherer Concentration von 1°o ab die Wasser anziehende Kraft der Nährlösung bei der Hemmung wesentlich mitwirken. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass schon aus einer 0,5—1o Lösung die Salze in zu grosser Menge in den Zellsaft treten und dann, neben ihren fördernden Einflüssen zugleich eine Hemmung bewirken. Bringt man die Algen aus der Nährlösung in frisches Wasser, so geht der hemmende Ueberschuss der Salze wieder heraus, und die Zoosporen- bildung kann erfolgen. Für die Entziehung des Ueberschusses ist nicht reines Wasser nothwendig, sondern andere selbst stärker concentrirte Lösungen wie die des Rohrzuckers von 10° wirken in derselben Richtung, indem sie die Exosmose der Salze veranlassen. Bei dieser Ansicht wird vorausgesetzt, dass Eintritt und Austritt der Nährsalze bei den Zellen stattfindet. Nicht zweifelhaft ist es, dass die Nährsalze in die Zelle eintreten, was aus ihrer raschen Wirkung auf schlecht cultivirte Zellen in deutlichster Weise hervorgeht. Bei warmem sonnigem Wetter wird die aufgehäufte Reserve-Stärke in solchen Zellen schon nach 24 Stunden verarbeitet, und dieser Process ist durchaus an das Vorhandensein der Nährsalze gebunden. Die Wirkung der Nährsalze für die Zoosporenbildung beweist nicht minder ihr Eintreten in die Zelle. Ueberhaupt steht jetzt von vornherein dieser Ansicht nichts mehr im 363 Wege, nachdem von Pfeffer'), Wieler 2), mir selbst), Janse*) und De Vries®) nachgewiesen worden ist, dass die verschiedenartigsten anorgani- schen wie organischen Substanzen in die Zelle eintreten können. Bezüglich des Austritles von Stoffen aus der Zelle sind noch wenige Beobachtungen bisher gemacht worden. Es handelt sich hier nicht um die bekannte Er- scheinung, dass lebende Zellen im Allgemeinen die in ihnen enthaltenen Stoffe nur in geringem Masse exosmiren lassen. Die Frage ist vielmehr, ob die Zellen, welche in Folge der Cultur Salze aufgenommen haben, einen Theil derselben wieder abgeben, wenn sie aus der Lösung in Wasser kommen. Versuche darüber rühren von Janse®) her, welcher zu dem Schlusse kommt, dass die Extrameabilität des Protoplasten nicht existirt und dass es sich wahrscheinlich um eine fundamentale Eigenschaft derselben handle. Das wäre nun sehr merkwürdig und eines sehr ent- scheidenden Beweises bedürftig, den Janse mit seinen wenigen und mehr- deutigen Versuchen nicht geliefert hat, worauf neuerdings Pfeffer”) mit Nachdruck hingewiesen hat. Pfeffer®) hat auch schon früher beobachtet, dass das in die lebenden Zellen eintretende Methylenblau nach einiger Zeit wieder herausgeht, und dass diese Exosmose mit Hülfe verdünnter Säuren sehr rasch vor sich gehen kann. Ueberhaupt muss bei dem Stoff- wechsel der Zellen, Ein- und Austritt von Substanzen nothwendiger Weise erfolgen. Für jenen Fall, wo ein Uebertritt von Stoffen aus dem um- gebenden Medium in die Zellen bemerkbar ist, gilt mindestens die grosse Wahrscheinlichkeit, dass auch ein Austritt stattfindet, wenn die osmotischen Verhältnisse des Mediums plötzlich verändert werden. Es ist nicht noth- wendig, ja unwahrscheinlich, dass die austretenden Stoffe den eintretenden quantitativ gleich bleiben, da ein Theil der letzteren in den Stoffwechsel hineingezogen werden kann. Meiner eigentlichen Aufgabe liegt eine eingehendere Behandlung der hier in Frage kommenden Probleme zu fern, und die hier zu berück- sichtigenden Momente sind in dem neuesten Werk von Pfeffer in so all- seitiger und kritischer Weise dargestellt worden, dass ich darauf verweise. Anfangs hoffte ich, dass vielleicht eine Erkenntniss der diosmotischen Ver- 1) Pfeffer, Ueber Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen. Untersuchungen aus dem Tübinger Institut Bd. II. 2) Wieler, Bericht der bot. Gesellsch. 1887. Bd. V. 8. 375. 3) Klebs, Untersuchungen aus dem Tübinger Institut. Bd. IT. 8. 540. 4) Janse, Die Permeabilität des Protoplasmas. 1888, 5) de Vries, Ueber den isotonischen ÜCoefficient des Glycerins. Bot. Ztg. 1888, No. 15; id. ebenda 1889. No. 19—20. 6) Jansel.c. 8. 60—70. 7) Pfeffer, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen nebst Bemerkungen über den Aggregatzustand des Protoplasmas und über osmotische Vorgänge. Leipzig 1890. 8. 142-—148, 8) Pfeffer, Untersuchungen aus dem Tübinger Institut. Bd. II. S. 286 u. w. 364. hältnisse in den Zellen engere Beziehungen zur Forlpflanzung entdecken liessen. Ich habe in Folge dessen eine ganze Reihe Versuche über den osmotischen Druck des Zellsaftes bei Hydrodietyon angestellt, was hier an dieser Stelle nur eine kurze Erwähnung finden möge. Die Versuche sind negativ ausgefallen, insofern die gewünschten Beziehungen bisher nicht erkannt wurden; nach anderer Seite haben sie doch vielleicht ein gewisses Interesse, weil sie einen Punkt in der Lehre des Zellsaftdruckes berühren, welcher noch wenig behandelt ist, nämlich die Abhängigkeit desselben von äussern Verhältnissen. Der Zellsaftdruck oder die Turgorkraft der Zelle beruht bekanntlich auf der Wasser anziehenden Eigenschaft der gelösten Salze. Mit dem Wachsthum der Zelle ändert sich die Turgorkraft, indem sie von der Entstehung an allmählich zuninımt bis zu einer gewissen Stärke, welche bis zum Ende des Lebens nach den bisherigen Beobachtungen beibehalten wird '}. Diese Veränderung des Zellsaftdruckes, welche man in eine causale Beziehung zu den in der Zelle sich abspielenden Wachsthumsvorgängen setzt, wird auf in der Zelle selbst liegende Gründe zurückgeführt. Anderer- seits ist durch die Untersuchungen Pfeffers?) bekannt, dass in Folge eines äusseren Anlasses plötzliche Aenderungen der Turgorkraft bei jenen Pflanzen eintreten, welche für Druck, Stoss u. s. w. empfindlich sind, wie Mimosa, Cynareen. Hierbei handelt es sich augenscheinlich um eigen- artig ausgebildete Erscheinungen; es’ drängt sich aber die allgemeine Frage auf, ob nicht auf alle lebende Pflanzenzellen die äusseren Verhältnisse auch in Beziehung auf den Zellsaftdruck von massgebendem Einflusse sind. Die neueren Beobachtungen zeigen, wie durch Einwirkung des Salz- gehaltes des Mediums der Zellsaftdruck erhöht werden kann®). Meine Erfahrungen an den Zellen des Wassernetzes weisen aber noch weiter darauf hin, dass alle möglichen äussern Einflüsse bedeutungsvoll werden können, weil der Zellsaftdruck in engstem Zusammenhange mit der Er- nährung der Zellen steht. Eine Vorstellung von der Grösse des Zellsaftdruckes gewinnt man, wie Nägeli®) und besonders De Vries®) erwiesen haben, mit Hülfe der 1) de Vries, Untersuchungen über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung. Halle 1877; vgl. ferner die neue Arbeit Wortmanns, Beiträge zur Physiologie des Wachsthunis. Bot. Ztg. 1889. 2) Pfeffer, Physiologische Untersuchungen 1873. S. 96. id. Zur Kenntniss der Plasmahaut etc. 1890. S. 187 (des Sep.). 8) Vergl. auch die Arbeit von Fr. Eschenhagen, Ueber den Einfluss von Lösungen verschiedener Concentration auf das Wachsthum von Schimmelpilzen. Stolp 1889. 4) Nügeli, Pflanzenphysiologische Untersuchungen 1. 1885. Primordialschlauch, 5) Vergl. besonders unter dessen Arbeiten: de Vries, Untersuchungen über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung. Halle 1877. 8. 33; id. Eine Methode zur Annlyse der Turgorkraft. Pringsheim’s Jahrb. für wiss. Botanik. 1884. XIV. 365 plasmolylischen Methode, indem die Goncentration einer Salzlösung, z. B. von Salpeler, bestimmt wird, welch eben merkliche Plasmolyse hervorruft. Diese Lösung besitzt ungefähr die gleiche osmotische Kraft wie der Zell- saft. Anfangs wurde auch versucht, den Salpeter zu benutzen; es wurde indessen aufgegeben, weil die Resultate zu unsicher waren. Salpeter dringt in relativ kurzer Zeit in dieZellen ein, und bewirkt vor allem eine Schädigung der Zellen, sodass dieselben, obwohl noch lebendig, sehr un- regelmässig plasmolysiren. Besser gelangen die Versuche bei Anwendung der Knop’schen Nährlösung, welche auch um so lieber benutzt wurde, als die Algen längere Zeit bei relativ hohen Concentrationen lebend blieben. Die interessante Frage nach der Wirkung der einzelnen Bestandtheile blieb vorläufig unberücksichtigt. Die Versuche, den Zellsaftdruck mit 'Hülfe der Nährlösung zu be- stimmen, zeigten bald in welch hohen: Grade derselbe variirt und wie die Art und Weise der Cultur dabei eine bestimmende Rolle ausübt. Die Grenzen, innerhalb welcher die Turgorkraft schwankt, bewegen sich in Gewichtsprozenten der isotonischen Nährsalzlösung ausgedrückt, zwischen 1,5 und 4°%, sind also weit auseinander liegend. Die Minimalwerthe gelten für Zellen, welche lange Zeit im Dunkeln gelebt haben; die Maximalwerthe für Zellen, welche in kleinen Gefässen sehr sonnig eultivirt worden waren. Versucht man nun zu enischeiden, in weichem Grade durch die plasmo- Iytische Methode ein Eintritt der Nährsalze sich nachweisen lässt, so ist der Erfolg durchaus verschieden, je nach dem Ernährungszustand der für den Versuch benutzten Netze. In Netzen, welche durch Zimmercultur mit Nahrungsstoffen überladen sind, steigt die Turgorkraft der Zelle, da auch im Zellsaft eine Ansammlung von Stoffen erfolgt. Wenn man solche Netze, deren plasmolytischer Grenzwerth durch 3°/o Nährlösung bestimmt ist, in eine 0,5—1°/o Nährlösung cultivirt, bemerkt man die auf den ersten Blick höchst überraschende Erscheinung, dass der Zellsaftdruck beträcht- lich sinkt, trotzdem es zweifellos ist, dass Salze in den Zellsaft eintreten; der Grenzwerth beträgt dann 2,6°o Nährsalzlösung. Die eindringenden Nährsalze bewirken, wie schon das ganze Aussehen der Zellen beweist, wesentliche chemische Veränderungen im Protoplasma und höchst wahr- scheinlich auch im Zellsaft, in Folge dessen Verbindungen von geringerer osmotischer Kraft entstehen. Anders verhalten sich die Zellen, welche in lehhaftem Wachsthum begriffen sind, und an und für sich einen gerin- geren Zellsaftdruck besitzen. Bei ihnen zeigt sich durch Cultur in 0,5 bis 1% Nährlösung in der ersten Zeit anscheinend keine Veränderung, oder eine geringe Erhöhung des Zellsaftdruckes, welche allmählig sich steigert, je länger der Versuch dauert. Doch habe ich in langer Cultur, " selbst in %—3°%/, Nährlösung, nur selten Werthe erhalten, welche das Maximum des Druckes überschritten, das bei Netzen aus lange stehenden Wasser- culturen beobachtet wurde. Wie leicht ersichtlich, lässt sich wegen der 366 entgegengesetzten Wirkungen der Nährlösung, ihren Turgor herabsetzenden und ihren Turgor erhöhenden Eigenschaften kein sicherer Schluss über die Menge der eintretenden Nährsalze ziehen. Bei der Entscheidung der anderen Frage, ob die Nährsalze aus den Zellen heraustreten, bieten sich ähnliche Schwierigkeiten dar. Allerdings lässt sich feststellen, dass bei Netzen, welche in der Nährlösung ihren Zellsaftdruck herabgesetzt haben, derselbe noch etwas sinkt, wenn man sie in Wasser überführt, dass ebenso bei Netzen, welche in 2—3°/o Nährlösung eultivirt wurden, nach dem Uebergang in Wasser geringere Turgorkraft zeigten, doch sind die Unterschiede nicht immer sehr prägnant, so dass kein zu grosses Gewicht darauf gelegt werden kann. Man könnte selbst die Ansicht aufstellen, dass trotz einer deutlichen Herabsetzung des Turgors im Wasser kein Eleraustreten der Salze stattgefunden hat, sondern dass durch die Ver- änderung des Mediums innere Veränderungen des Stoflwechsels der Zelle veranlasst sind, welche dazu geführt haben. Es ist sogar sehr wahr- scheinlich, dass bei jenen Zellen mit hohem Zellsaftdruck derselbe durch einfache Cultur in frischem Wasser bei sonst günstigen äusseren Bedin- gungen verringert wird. Neben dem Einfluss des Mediums spielt jedenfalls auch das Licht eine gewisse Rolle bei den Veränderungen des Zellsaftdruckes, vor allem weil die Ernährungsprocesse vun ihm abhängen. Jene chemischen Um- setzungen, welche durch die Nährsalze eingeleitet werden, geschehen wesentlich nur im Licht, so dass z. B. die Auflösung der Reservestoffe durch das Licht sehr befördert wird. Dabei muss natürlich auch eine gewisse Höhe der Temperatur mitwirken. Ausserdem scheint nun aber noch die Temperatur eine ganz besondere Wirkung auszuüben. Denn in Nährsalzlösung von 2%, welche 24 Stunden hindurch bei 28° gehalten wurde, sank der Zellsaftdruck z, B. von 4 auf 3,6 Nährlösung, was nicht durch erhöhte Athmung zu erklären ist, weil durch dieselbe nur sehr langsam die Zellsaftbestandtheile vermindert werden. Stellte man die Nährlösung wieder ans Licht bei gewöhnlicher Temperatur, so stieg der Zellsaftdruck wieder. Wenn auf der einen Seite die wichtige Thatsache sich aus der Beob- achtung ergiebt, dass der Zellsafldruck in hohem Grade von der Aussen- welt abhängig erscheint, so folgt andererseits nichts sicheres daraus, was die Frage über den Ein- und Austritt von Salzen erhellen würde. Die von mir ausgesprochene Ansicht von der Wirkung des Wassers bei der Zoosporen- bildung kann zwar als berechtigt, aber nicht als bewiesen gelten. Als andere Möglichkeit wäre die oben berührte Annahme zu erwägen, dass ohne Austritt von Salzen nach Ersetzung der Nährlösung durch Wasser, chemische Veränderungen der Zellsaftsubstanzen veranlasst würden, welche die Zoosporenbildung möglich machen. 367 Wie es sich auch damit verhalte, so ist hervorzuheben, 'dass die hemmende Wirkung der Nährsalze nur in den allerersten Vorbereitungs- stadien der Zoosporenbildung von Bedeutung ist. Sind diese Stadien durchlaufen, so hält die Nährsalzlösung die weitere Bildung nicht mehr auf. Wenn Hydrodietyon aus 0,5 Nährlösung ein bis zwei Tage im Wasser und bei Licht eultivirt und dann wieder in 0,5 Nährlösung gebracht wird, so geht die Zoosporenbildung mehrere Tage in derselben ruhig weiter; selbst in 1°, bisweilen in 2°) gelingt es noch, diese Bildung zu beobachten, während bei höherer Concentration die hemmenden Wirkungen, die Wasser entziehenden Eigenschaften des Mediums, zu stark werden. 4 Der Einfluss organischer Substanzen auf die Zoosporen- bildung. Die Thatsache wurde schon hervorgehoben, dass die Zoosporenbildung in einer 10° Rohrzuckerlösung sich ereignen kann. Da indessen bei dieser Goncentration stets eine Anzahl Zellen zu Grunde gehen, so ist es besser, nur eine Lösung von 5% zu benutzen. Die Versuche, die Zellen des Wassernetzes nach der Cultur in 0,5 Nährlösung durch 5° Zucker zur Zoosporenbildung zu nöthigen, gelingen mit derselben Sicherheit wie . im Wasser. Ob die Zuckerlösung einen specifisch fördernden Einfluss auf die Zoosporenbildung ausübt, lässt sich schwer entscheiden. Man kann nur sagen, dass bei Netzen mit lebhafter Neigung in Zuckerlösung die Zoosporenbildung auch dann noch sehr allgemein vor sich geht, wenn die Lichtverhältnisse nicht mehr so günstig sind, wie sie die Wasserculturen verlangen. Dagegen gibt es gewisse organische Substanzen, welche in auffälligerer Weise die Zoosporenbildung begünstigen. Hierzu gehört vor allem die Mallose, von der ein kıystallinisches Präparat von Grübler zu Versuchen benutzt wurde. Bringt man frische oder gut eultivirte Netze in 1—2°/o Mallose, so tritt schon nach 2 Tagen Zoosporenbildung ein und zwar in einen Grade, wie es selbst bei den früheren Versuchen mit Nährlösung und Wasser nicht zu beobachten ist. Man kann mit Hülfe der Maltose in kürzester Zeit eine enorme Menge junger Netze bilden lassen, und zur Weitereultur benutzen. Wenn aus irgend welchen Gründen die Zoosporen- bildung nicht in den ersten Tagen vor sich gehen kann, so erfolgt sie ‘später unregelmässig oder gar nicht, weil die Maltoselösungen rasch sich verändern, Bacterien, Pilze, Flagellaten sich lebhaft in ihr entwickeln. Dasselbe findet statt bei höheren Concentrationen; die schädigenden Ein- flüsse werden zu stark, so dass z. B. bei einer 4—5°'o Lösung keine jungen Netze mehr entstehen, während in einer 3° Lösung solche sich noch bilden können. Aehnlich wie Maltose verhält sich eine Lösung von 1 bis 9%, Duleit, wenn auch das Resultat nicht immer so sicher ist. Flora 1890. 24 ” 368 Die Wirkung der Maltoselösung unterscheidet sich von derjenigen der Nährlösung dadurch, dass erstere nicht bloss die Zoosporenbildung anregt, sondern dieselbe direct veranlasst. Auf der andern Seite aber kann die Maltose die Nährlösung nicht ersetzen, weil sie nicht in so allgemeiner und sicherer Weise wirksam ist. Eine gewisse Neigung zur Zoosporenbildung muss schon in den Zellen vorhanden sein, damit die Maltose ihre Wirkung ausüben kann. Sie ist nicht im Stande, indifferente Netze zur Zoosporenbildung zu bringen, und unter Umständen kann auch Gametenbildung in ihr eintreten. Für die Reaction in Maltose spielen die äussern Bedingungen, Licht und Wärme, dieselbe Rolle, wie bei der Nähr- lösung. Im Dunkeln bilden sich in der Maltoselösung gewähnlich keine Zoosporen, doch ist bemerkenswerth, dass es geschehen kann, wenn Netze mit lebhafter Neigung zum Versuch benutzt werden, besonders wenn die Zellen, aus der Nährlösung in Wasser gebracht, einige Zeit be- leuchtet worden waren. . Es ist jedenfalls interessant, dass eine organische Substanz so fördernd auf die Zoosporenbildung wirkt, wenn auch vielleicht geringe Mengen Aschenbestandtheile des Maltosepräparates dabei mitspielen. Mir erscheint es nicht zweifelhaft, dass die Maltose in die Zellen eindringt, in welchen sie eine deutliche Wirkung ausübt. Dieselbe macht sich besonders bemerkbar, wenn man die Zellen in der Maltoselösung ins Dunkle stellt. Nach 1—2 Tagen ist fast alle Stärke verschwunden, die Reserve- wie die Pyrenoid- Stärke, während sonst dieselbe erst nach 3—4 Wochen aufgebraucht ist. Im Zusammenhange damit steht die Beobachtung, dass im Protoplasma zahllose kleine Ölartige Tröpfchen auftreten, was sonst bei Hydrodietyon nicht bemerkt wurde. Ein näheres Verständniss dieser Thatsachen ist bis- - her nicht erzielt worden, aber sie weisen unstreitig auf den Eintritt der Maltose in die Zellen hin, abgesehen von der Wirkung auf die Zoosporen- bildung. 5. Die allgemeinen Bedingungen der Zoosporenbildung. Die Kenntniss von den Bedingungen der Zoosporenbildung beschränkte sich bisher, wie früher (S. 356) angedeutet wurde, auf einige gelegentliche Beobachtungen und die nicht für alle Fälle gültige Ansicht von Walz, nach welcher der Sauerstoffgehalt des Wassers die Algen zur Zoosporen- bildung veranlasst. Hier bei Hydrodietyon gelingt es, wie die vorher- gehenden Abschnitte darlegen, ein wenig tiefer einzudringen und wenigstens aufzudecken, dass eine ganze Reihe der verschiedenen äusseren Bedingungen zusammenwirken müssen, damit die ungeschlechtliche Fortpflanzung statt- finden kann. Die Kenntniss dieser Bedingungen gestattet, die Alge zu jeder Zeit zu dieser Fortpflanzung zu zwingen, und dies Experiment gelingt bei Berücksichtigung aller Bedingungen mit der Sicherheit einer chemi- schen Reaction oder eines physikalischen Versuches. 369 Bei jedem noch so einfachen Versuch mit Körpern der anorganischen Welt ist die nothwendige Voraussetzung für das Gelingen, dass der be- treffende Körper die Rigenschaft besitzen muss, welche durch den Versuch zur äussern Erscheinung gebracht werden soll. Die Fähigkeit z. B. in einer bestimmten Form zu erystallisiren, ist eine unveränderliche Eigenschaft eines Salzes, sie beruht auf der unerklärlichen molecularen Structur desselben; die äusseren Bedingungen dienen nur dazu, diese Fähigkeit zur Thatsache zu machen. Ebenso ist die Fähigkeit in der characteristischen Weise Zoosporen zu bilden, eine unveränderliche unerklärliche Eigenschaft der Hydrodietyon- Zelle. Die äusseren Bedingungen sind es, die sie zur Entfaltung bringen. Die Hypothese des Transformismus erfüllt ein philosophisches Postulat, hat aber, soweit allen bisherigen Beobachtungen ein Gewicht beigelegt werden darf, keine Bedeutung für das physiologische Experiment, eben- sowenig wie das periodische System der Elemente, welches zu der An- nahme eines genetischen Zusammenhanges derselben führt, die Thatsache umstösst, dass die Elemente Eigenschaften besitzen, welche für unsere heutigen Methoden unveränderlich sind. Die unveränderlichen Eigenschaften der Hydrodietyon-Zelle werden als die vererblichen bezeichnet, da sie jedem aus der Zelle stammenden Keim mitgegeben werden. Die vielfältigen Erörterungen in der neueren Zeit, welche durch zahlreiche Gelehrte, wie Darwin, Spencer, Sachs, Naegeli, Weismann, deVries u. a.über das Problem der Vererbung an- gestellt worden sind, haben zu der Annahme geführt, die eigentlich jetzt als selbstverständlich erscheint, dass die vererblichen Eigenschaften der Zelle auf materieller Grundlage ruhen, dass sie bedingt sind durch bestimmten chemisch physikalischen Bau der Materie, welcher gegenüber der mole- eularen Organisation eines Elementes oder seiner Verbindungen ausser- ordentlich viel complicirter vorgestellt werden muss. Da bei der heutigen Sachlage es nicht möglich erscheint, die vererblichen Eigenschaften auf bestimmte chemische Verbindungen zurückzuführen, wird man zu der Annahme von höheren morphologischen Einheiten gedrängt, welche selbst wieder einen complicirten molecularen Bau besitzen müssen. Darwin!) hat diese Einheiten als Keimchen, Spencer?) als physiologische Einheiten, Naegeli®) als Stücke seines zusammenhängenden Idioplasma aufgefasst. Die Schwierigkeiten, welche darin liegen, dass eine Menge verschieden- artiger erblicher Eigenschaften in einer Zeile vorhanden sind, werden nach meiner Ansicht am glücklichsten von De Vries*) vermieden, welcher die alte Darwin’sche Idee der Pangenesis aufgegriffen und umgestaltet hat. 1) Darwin, Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication Ba. Il. 1373. Cap. 27. 2) Herbert Spencer, Principien der Biologie. Bd. I. S. 198. 3) Naegeli, Theorie der Abstammungsfehre. 1884. 4) de Vries. Intracellulare Pangenesis. 1889. 24* 370 Jede einzelne erbliche Eigenschaft denkt man sich durch einen besonderen stoffliehen Träger vertreten; und wenn auch Schwierigkeiten genug sich aufthürmen bei dem Versuch, aus dem Zusammenwirken dieser einzelnen Einheiten, den Pangenen, den Gesammtorganismus der Zelle zu erklären; so gibt doch diese Annahme ein klares anschauliches Bild, mit welchem , man weiter rechnen kann. Die materiellen Träger für die Processe der Ernährung, Theilung, des Wachsthums, der Fortpflanzung müssen für jeden derselben verschieden sein; sonst könnten dieselben äusseren Bedingungen nicht jeden in besonderer Weise beeinflussen. Für die weitere Betrachtung genügt die Annahme, dass die ungeschlecht- liche Fortpflanzung, wie sie in latentem Zustande in jeder Zoospore des Wassernetzes enthalten sein muss, bedingt ist durch einen bestimmten materiellen Träger, welcher hier mit dem einfachen Ausdruck Anlage bezeichnet werden soll, um möglichst wenig damit präjudieiren zu wollen. Erst in einem späteren Kapitel will ich auf die Frage eingehen, ob die Anlage eine eigene innere Entwickelung hat, welche gleichen Schritt hält mit dem Wachsthum der Zelle, oder ob sie von vornherein entfaltungs- fähig, nur mittelbar an die Ausbildung der ganzen Zelle gebunden ist. Vorausnehmen will ich die Thatsache, dass bei relativ noch jungen und unausgewachsenen Zellen die Zoosporenbildung sich zur Entfaltung bringen lässt. Hier beschränken wir uns auf die Annahme, dass in ungefähr aus- gewachsenen Zellen die Anlage in irgend welcher Form vorhanden ist. Die äusseren Bedingungen sind es dann, welche diese Anlage aus ihrem latenten Zustande erwecken, sie zur Entwickelung anregen, wobei die sich entfaltende Anlage die ganze übrige Zelle in Mitleidenschaft zieht und alle weiteren physiologischen Prozesse der Ernährung, des Wachsthums zurückdrängt. Die Beobachtungen zeigen, dass für die vollständige Entfaltung der Anlage der Zoosporenbildung folgende äussere Bedingungen mitwirken müssen: Wärme, Sauerstoff, organische Nahrung, Nährsalze, Licht, Wasser. Nur wenn alle diese Momente zusammenwirken, geht der Prozess unge- stört vor sich. Indessen sind diese Momente überhaupt allgemeine Lebens- bedingungen, und es fragt sich, welche von ihnen als die specielleren Ursachen für die Zoosporenbildung hervortreten. Die Versuche beweisen, dass vor allem ein gewisser Gehalt an Nährsalzen den Zellen eine äusserst lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung verleiht, d. h. dass durch dieselben eine Reihe Processe ausgelöst werden, welche nothwendig zur Zoosporen- bildung führen, wenn sonst alle Bedingungen vorhanden sind. Warum die Nährsalze so wirken, welche ersten chemischen Processe durch sie eingeleitet werden, darüber lässt sich nichts aussagen. Ihr Eintritt in die Zelle veranlasst mannichfache Umänderungen, die lebhafte Wirkung auf die Stärkeauflösung, ihr Einfluss auf die Zusammensetzung des Zellsaftes sind deutliche Zeichen ihrer Thätigkeit, welche höchst wahrscheinlich noch 371 nach andern Richtungen, nur für uns unsichtbar, eingreift. So werden die Salze mittelbar oder unmittelbar auf die Anlage der Zoosporenbildung einwirken. Von den andern Bedingungen ist zunächst das Licht als eine specifische Ursache zu bezeichnen, da es für andere Algen bedeutungslos ist, ja selbst für die geschlechtlichen Schwärmer des Wassernetzes. Höchst wahrscheinlich tritt das Licht in engere Verbindung mit den Nährsalzen, es vermittelt zweifellos den eigenartigen Einfluss derselben auf die Stärke- auflösung, den Zellstoffdruck, und könnte auch bei den andern Einflüssen derselben mithelfen. Die andern Bedingungen werden wir wahrscheinlich nicht als solehe nächste Ursachen der Zoosporenbildung ansehen dürfen, sondern mehr nur als allgemeine Bedingungen jedes Lebensprocesses über- haupt. Ausgeschlossen ist nicht, dass unter Umständen eine dieser Neben- ursachen den ersten Anlass gibt, wie es der Fall zu sein scheint für bestimmte organische Nährstoffe, z. B. Maltose, Indessen wurde schon aufmerksam gemacht, dass diese Substanzen nur dann speciell den Process ins Werk setzen oder beschleunigen, wenn die ersten Schritte bereits ge- macht sind, welche die Lebensbewegung der Zelle leise in die Richtung der Zoosporenbildung gelenkt haben. Sind durch die Nährsalze und das Licht die vorbereitenden Processe eingeleitet, so läuft die Kette der sich daran anschliessenden Veränderungen bis zur Bildung der Zoosporen ab. Ob ein besonderer Anlass oder Reiz, welcher noch irgendwo an einer Stelle eingreifen müsste, nothwendig er- “scheint, lässt sich schwer verneinen oder bejahen. Meistens wird es der Fall sein, dass eine kleine äussere Veränderung den letzten Anstoss gibt schon desshalb, weil, wie wir später sehen werden, die Fortpflanzung in Beziehung zum Wachsthum steht, so dass eine Aenderung in den äusseren Bedingungen, welche das letzlere behindert, zu der Veranlassung werden kann, erstere herbeizuführen. Die Zoosporenbildung kann selbst nur er- folgen, wenn ausser Nährsalzen und Licht die andern allgemeinen Lebens- bedingungen mit thätig sind, und zwar mit einer gewissen Kraft und Stärke, welche nicht zu gering, bisweilen auch nicht zu beträchtlich sein darf. Denn erreicht nur eine von diesen Bedingungen, während alle andern in günstigem Grade entwickelt sind, nicht die gehörige Stärke, so bleibt der vorbereitete und angefangeneProcess stillstehen. Beliebig lange Zeit kann dieser Stillstand währen, bis zu dem Augenblick, wo durch Verstärkung der betreffenden Bedingung das hemmende Rad beseitigt ist, so dass der Process bis zu seinem Ende fortrollen kann. Die zugeführte Bedingung erscheint unter diesen Umständen als ein Reiz), welcher die Zoosporenbildung auslöst, wenn man darunter jeden Anlass bezeichnet, welcher einen vorbereiteten verwickelten Lebensprocess in Bewegung setzt, ganz wie der Anstoss des Pendels das Ablaufen der aufgezogenen Uhr 1) Vergl. Pfeffer, Pflanzen-Physiologie 8. 3—4. 372 oder wie der Funke die Explosion der Pulvermasse bewirkt. So können niedere Temperatur, Mangel an Sauerstoff, Dunkelheit, Mangel an Nahrung als Hemmungen, höhere Temperatur, Sauerstoff-Zufuhr, Beleuchtung, Nahrungszufuhr als auslösende Reize wirken. In allen diesen Fällen wird das Medium, in welchem die Alge lebt, nicht wesentlich verändert ; neue Hemmungen, neue Reize können veran- lasst werden, indem man die Verhältnisse des Mediums verändert. Die einfachste Form einer solchen Hemmung besteht darin, die Alge auf einer feuchten Fläche, sei es Torf, Lehm u. dgl. in einer feuchten Atmosphäre leben zu lassen. Unter diesen Bedingungen kann die Zoosporenbildung nicht erfolgen, was insofern bemerkenswerth ist, als diese Abhängigkeit des Processes vom flüssigen Medium bei der Gametenbildung nicht vor- handen ist. Monate lang kann die Alge, trotz lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung, in feuchter Luft vegetiren; sowie sie in Wasser gebracht wird, tritt der Process ein. Wir haben ferner kennen gelernt, dass die Nährsalze im Ueberschuss hemmend wirken, so dass die Entfernung der- selben durch Wasser oder Zucker zum auslösenden Reize wird. Auch andere Substanzen können, dem Wasser beigefügt, die Zoosporenbildung aufhalten. So habe ich z. B. 5 Wochen lang Hydrodietyon aus 0,5% Nährlösung in einer anfänglich ganz concentrirten Magnesiumoxyd-Lösung eultivirt, in welcher keine Veränderung erfolgte. Als ein Stück des Netzes in Wasser übergeführt wurde, war sehr bald die Bildung junger Netze zu beobachten. Als wichtigsten Punkt in der bisherigen Darlegung möchte ich her- vorheben, dass von jenen äusseren Bedingungen, welche bei der Zoosporen- bildung eingreifen, nicht alle dieselbe Bedeutung haben. Allerdings steht nichts im Wege, die Wirkung der Nährsalze und des Lichtes ebenfalls als eine Reizerscheinung aufzufassen, wie diejenige der andern Bedingungen, da die eigentliche Wirkung aller nicht näher erkannt ist. Man gewinnt aber durch diese Bezeichnung eigentlich keine besondere Aufklärung, ja es liegt die Gefahr nahe, den Begriff des Reizes zu verflüchtigen, und vor allem durch denselben Erscheinungen zu umfassen, deren Verschieden- artigkeit hervorzuheben gerade sehr wichtig ist. Denn die Nährsalze können als Reiz wirken, indem sie das Hemmniss beseitigen, welches durch die zu starke Ansammlung von Nahrungssubstanz in der Zelle entstanden ist. Sie können ferner als Reiz wirken, indem sie bei der Erzeugung der nothwendigen Nahrungsmittel eine Rolle spielen. Aber das erklärt noch nicht, wie sie den Zellen eine besonders lebhafte Neigung zur Zoosporen- bildung verleihen; es ist dies wieder eineganz andere Reizwirkung als in den beiden ersten Fällen, wenn man bei dem Worte bleiben will. Wir müssen annehmen, dass die Nährsalze die vorausgesetzte Anlage wirklich bis zu einem gewissen Grade der Entwicklung bringen. Diese Wirkung ist doch wohl nicht direct gleichzusetzen der Rolle eines Fermentes oder jedes beliebigen 373 auslösenden Reizes, um so weniger als eine deutliche Quantität der Nähr- salze in Betracht kommt. Denn bei dem kleinen Volumen der Hydro- dietyon-Zelle ist die Menge der Salze in einer 0,2% Lösung, in welcher die Zoosporenbildung angeregt und vollzogen wird, relativ gross, und da- bei genügt dieselbe noch nicht für alle Fälle. Wesentlich das Gleiche ist von dem Lichte zu sagen, wenn man auch nicht im Stande ist, in Maass und Zahl die nothwendige Lichtquantität anzugeben. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dass ebenso wie bei den Assimilationsprocess auch hier eine gewisse Lichtenergie verbraucht wird. So können wir bei dem ganzen Process der Zoosporenbildung unter- scheiden, die vererbte innere Anlage, welche im latenten Zustande vor- handen ist; die nächsten Ursachen, welche die erste Entfaltung derselben bedingen Nährsalze und Licht, die Nebenursachen oder allgemeinen Lebens- bedingungen, wie Nahrung, Wärme, Sauerstoff, Wasser, welche, wenn sie nicht in richtiger Menge vorhanden sind, den Process zum Stillstand bringen und welche dann, neu zugeführt, als Reize wirken, die den vor- bereiteten Process zu Ende führen. Abschnitt III. Die geschlechtliche Fortpflanzung. 1. Methode, die Gametenbildung hervorzurufen. Die geschlechtliche Fortpflanzung erscheint als die eigenartigste und höchste Leistung des Organismus und bildet im Allgemeinen den Abschluss des Lebensganges des Individuums. Selbst wenn sie in so einfacher Form auftritt, wie bei Hydrodietyon, wird das Räthselhafte des ganzen Vorgangs nicht begreiflicher, sondern nur schärfer bestimmt. Zwei kleine Zellen, welche eben durch Theilung aus derselben Mutterzelle gebildet worden sind, verschmelzen gleich wieder, und das Product erlangt dadurch die Fähigkeit, einen neuen eigenthümlichen Entwickelungsgang einzuschlagen, während die Zellen, die nicht copuliren, zu Grunde gehen. Es war zu erwarten, dass dieser Vorgang der ‚geschlechtlichen Fortpflanzung nicht in so relativ einfacher Abhängigkeit von der Aussenwelt stehe, wie der- jenige der ungeschlechtlichen. In der That hat es lange gedauert, und zahllose oft vergebliche Versuche waren nothwendig, um die Bedingungen insoweit zu erkennen, dass mit Hülfe derselben zu jeder Zeit die Zellen zur geschlechtlichen Fortpflanzung gezwungen werden konnten; aber der hohe Grad der Sicherheit, wie bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung, liess sich bisher nicht erreichen, da es immer ab und zu vorkommt, dass einzelne Versuche versagen. Dessen ungeachtet ist das Beweismaterial vollständig genügend, um die Ansicht zu widerlegen, nach welcher das Wassernetz besondere sexuelle Generationen besitzt, welche den Abschluss des Lebenseyclus der Alge bilden, wie etwa die Blüthe resp. Frucht den 374. Abschluss einer einjährigen Pflanze. Zu allen Zeiten, an allen Netzen, welche ungefähr ausgewachsen sind, können die Gameten entstehen. Ent- scheidend sind nicht innere Gründe der Entwickelung, sondern äussere Einflüsse. So findet sich in dieser Beziehung die weitgehendste Aehnlich- keit zwischen Zoosporen- und Gametenbildung, welche sich andererseits dadurch unterscheiden, dass für jede Form der Fortpflanzung eine be- sondere Combination äusserer Einflüsse characteristisch ist. Im Allgemeinen erhält man im Sommer leicht und sicher Gameten, wenn man die Zellen des Wassernetzes in einer Zuckerlösung am Fenster eultivirt. In der ersten Zeit benutzte ich eine Lösung von 10° Rohr- zucker, später meistens eine solche von 5°, da die letztere dieselben Dienste thut und weniger schädigt als erstere. Die Wirkung der Zucker- lösung ist eine sehr überraschende, denn nach 6—8 Tagen, manchmal schon früher, manchmal auch später, tritt die Gametenbildung in einem Grade auf, wie man es in der freien Natur kaum je beobachten kann. Fast sämmtliche Zellen eines Netzes, je nach der Grösse des benutzten Stückes zu Hunderten an der Zahl, bilden Gameten, wobei die einzelnen Zellen sich leicht von einander loslösen, sodass das Netz vollständig zer- fällt. Es dauert oft mehrere Tage, bis schliesslich der grösste Theil der Zellen sich geschlechtlich fortgepflanzt hat; während dieser Zeit kann man beständig eben heraustretende, bewegliche und copulirende Gameten beobachten, sodass das Wassernetz ein ausgezeichnetes Demonstrations- object darstellt... Die Concentration der Zuckerlösung hat innerhalb ge- wisser Grenzen keine sehr grosse Bedeutung für den Process, selbst eine Lösung von 1--2°% kann noch in ähnlichem, wenn auch schwächerem Grade wirken, wie eine 12%, und sogar in 16°o beobachtete ich Bildung von Gameten, welche aber dann nicht mehr die Fähigkeit hatten, heraus- zutreten und zu schwärmen. DieWassernetze zeigen sich sehr verschieden gegenüber stärkerer Concentration der Zuckerlösung, was schon daraus hervorgeht, dass manche Netze in 16° Zucker ruhig leben, während andere schon von 8° stark geschädigt werden; es kommt dabei ganz auf die vorhergehende Culturweise der Netze an. Zur Veranschaulichung will ich aus den zahlreichen Versuchen während 2 Jahren eine Reihe herausgreifen und in nebenstehender Tabelle anführen. Zu den Versuchen wurden Netze benutzt, die im Februar 1889 entstanden waren und Ende April im Garten in einem grossen Culturgefässe heran- gewachsen waren. Aus dieser Tabelle ersieht man, dass die Zuckerlösung, ebenso auch Glycerin die Gametenbildung in hohem Grade begünstigt, indem ‚sie die- selbe bei Netzen hervorruft, weiche an und für sich im Wasser (s. No. 11) Zoosporen bildeten, oder wie es bei vielen Zellen der Fall war, unverändert blieben. Diese Wirkung des Rohrzuckers bestätigle sich in Hunderten von Versuchen, welche im Laufe der Jahre 1888—89—90 angestellt wurden. 375 Tabellel. Nummer | Datum Medium % Resultat nach 5—8 Tagen. 1 6. Mai Rohrzucker 6 sehr viele Gameten. _ _ sehr viele Gameten. 3 _ _ 8 viele Gameten, eine Anzahl Zellen todt. 4 _ _ 9 viele Gameten, eine Anzahl Zellen todt. 5 — _ 10 viele Gameten, viele Zellen todt. 6 = Glycerin 1 viele Gameten. 7 — _ 2 viele Gameten. 8 ——_ _ 3 ‘viele Gameten, viele Zellen todt. 9 — _ 4 viele Gameten, viele Zellen todt. 10° _ .- 5 alle Zellen todt. 11 8. Mai Wasser mässig viele Zoosporen. 12 9. Mai Rohrzucker 2 sehr viele Gameten. 13 — _ 4 sehr viele Gameten. - 14 12. Mai _ sehr viele Gameten. 15 8. Mai Nährlösung 0,5 nichts, 16 12. Mai | Nr. 15 Wasser sehr viele Zoosporen. 17 _ Nr. 15 Rohrzucker 5 sehr viele Zoosporen. 18 14. Mai Rohrzucker 1 sehr viele Gameten. 19 _ — 0,5 viele Gameten. 20 _ —_ 10 viele Gameten. Indessen hatten nicht alle Versuche das gleiche Resultat, und ich er- kannte bald, dass die Wirkung des Rohrzuckers für die Gametenbildung nicht einfach der Wirkung der Nährsalzlösung für die Zoosporenbildung gleich zu setzen war. Das Wassernetz erwies sich hinsichtlich seiner ge- schlechtlichen Fortpflanzung oft so launenhaft, dass es kaum möglich schien, dieselbe auf eine gesetzmässige Wirkung der Aussenwelt zurück- zuführen. Wenn in der Zuckerlösung die Netze nicht Gameten bildeten, so konnten sie entweder Zoosporen bilden oder unverändert bleiben. Letzteres ist bei ausgewachsenen Zellen gewöhnlich ein Zeichen eines krankhaften Zustandes, in welchen die Netze durch längere Zimmereultur stets hineingerathen. Selbst frische gesunde Netze können in der Zucker- lösung indifferent bleiben, wenn die sonstigen Bedingungen ungünstig sind ; 376 bisweilen wurde auch beobachtet, dass durch chemische Veränderungen der Lösung, alcoholische oder saure Gährungen, die Netze geschädigt wurden. Aus dem indifferenten Zustande kann der Rohrzucker die Zellen nicht befreien, sondern ausschliesslich frische Nährsalze enthaltendes Wasser. Schon früher (S. 36%) wurde hingewiesen, dass gerade Netze aus solchen Nährsalzculturen in der Zuckerlösung Zoosporen bilden. Die kleine Tabelle zeigt auch, dass aus derselben Cultur in Zucker Gameten bildende Nelze durch einen Atägigen Aufenthalt in 0,5 Nährlösung genöthigt wurden, in der gleich concentrirten Zuckerlösung Zoosporen zu erzeugen. (Vergl. Tabelle I, Versuch 19—14, 15 und 17). Ohne Zweifel kann die Zuckerlösung nur dann die Gametenbildung in so hohem Masse begünstigen, wenn die Zellen der Netze schon vorher eine gewisse Neigung zur geschlechtlichen Fortpflanzung besitzen. Für das Gelingen der Versuche ist daher in erster Linie erforderiich, die Be- dingungen zu erkennen, durch welche die Netze die geschlechtliche Neigung erwerben. Die Beobachtungen der Culturen im Zimmer und Garten im Laufe des Sommers machten es wahrscheinlich, dass gerade durch diese Culturweise die Neigung zur Gametenbildung gesteigert werde, weil Hydro- dictyon gewöhnlich in der freien Natur mehr zur Zoosporenbildung hin- neigt. Stets liessen sich auch frisch geholte Wassernetze durch die Zimmer- eultur zur Gametenbildung im Wasser führen. Am besten und sichersten gelingt es, wenn man die Veränderungen, welche in den äussern Lebens- umständen der Alge durch die Zimmercultur hervorgerufen werden, gleich in starkem Grade eintreten lässt, indem man die Netze in flachen Glas- schaalen mit relativ wenig Wasser an ein sonniges Fenster stellt. Der wesentliche Grund jener Veränderung liegt darin, dass die Alge in einer sehr geringen, nicht gewechselten Wassermenge lebt, während in freier Natur selbst in kleinen Tümpeln eine im Verhältniss zur Alge grosse Wassermenge ihr zur Verfügung steht, welches durch Ab- und Zufluss meist frisch gehalten wird. Vor allem bedingt das frische Wasser neue Zufuhr von Nährsalzen und Sauerstoff und es wäre auch denkbar, dass eine Ansammlung schädlicher Stoffwechselproducte verhindert würde, welche aus der Zelle in die nächste Umgebung herübertreten. Bei den Culturen mit wenig Wasser kommt dann noch hinzu, dass bei directer Bestrahlung durch die Sonne sehr leicht die Temperatur eine schädliche Höhe erreichen kann. Die Culturen im Garten liessen stets sehr deutlich erkennen, wie die jungen Netze um so lebhafter und längere Zeit wuchsen, je grösser die angewandten Gefässe waren. In den kleinen Schaalen machte sich stets ein Stillstand des Wachsthums bemerklich, welches von allen Lebensäusserungen der Alge, am empfindlichsten gegenüber kleinen Aenderungen äusserer Bedingungen sich verhält. Mit dem Aufhören des Wachsthums u. damit des wesentlichsten Momentes, welches Verbrauch von Nahrung erfordert, ist eine starke Ansammlung organischer Nahrung 377 verbunden, da die Assimilation ungestört weiter geht. Diese Aufspeicherung von Reservestoffen,, hauptsächlich Stärke, führt allmählich zur Verküm- merung der Alge, welche schliesslich am Uebermass erzeugter Nahrung und der dadurch herbeigeführten Lähmung aller Lebensprocesse zu Grunde ‘geht, Wenn man mit Hülfe der Nährlösung die Anhäufung der Reserve- stoffe verhindert (S. 357), so können die Zellen Monate lang in frischem grünem Zustande in ganz kleinen Culturgefässen gezogen werden. Selbst im Dunkeln halten sich die Netze frisch, sogar länger lebendig, da eben- falls die Ansammlung nicht zu Stande kommt. Sicher wird in ‘der ersten Zeit solcher Zimmereultur in den Netzen die Neigung zur Gametenbildung vermehrt resp. gesteigert, sodass regel- mässig die Netze Gameten bilden, nachdem sie Anfangs Zoosporen erzeugt haben. In den flachen Glasschaalen mit wenig Wasser genügen bei son- nigem Wetter oft wenige Tage, um die Neigung zur geschlechtlichen Fortpflanzung hervortreten zu lassen. Während in diesen Culturen immer nur eine beschränkte Anzahl Zellen Gameten bilden, entstehen in Netzen, welche in Zuckerlösung gebracht werden, in fast allen Zellen die Gameten. Die Zuckerlösung bewirkt aber auch dasselbe Resultat bei Netzen, an welchen Gametenbildung nicht bemerkt wurde, solange sie im Wasser waren. Lange noch, nachdem in den Culturen die eiwa begonnene Gametenbildung aufgehört hat, kann dieselbe im Zucker noch hervor- gerufen werden. — Es fragt sich jetzt, welcher von den oben bezeichneten Einflüssen der Zimmereultur auf das Verhalten des Wassernetzes hauptsächlich mass- gebend ist für die Erregung der geschlechtlichen Neigung. Der Stillstand des Wachsthums kann es an und für sich nicht sein, da derselbe in gleicher Weise vor der Zoosporenbildung eintritt. Der Mangel an Nähr- salzen, welcher aber nur bis zu einem gewissen Grade sich einstellen darf, ist jedenfalls insofern bedeutungsvoll, als er die Neigung zur Zoosporen- bildung unterdrückt. Man wird zu der Vorstellung genöthigt, dass geradezu diese Unterdrückung nothwendig ist für das Zustandekommen der Gameten- bildung. Ferner spielt aber eine sehr wichtige Rolle die Ansammlung der organischen Nahrungssubstanz; durch sie werden Zustände in den Zellen geschaffen, welche die Gametenbildung einleiten. Jenach den son- stigen äusseren Bedingungen, je nachdem die schädlichen Einflüsse der Zimmereultur sich schneller oder langsamer bemerklich machen, kann die Gametenbildung in schwächerem oder stärkerem Grade stattfinden. Der Rohrzucker, von dem wir annehmen müssen, dass er in die Zellen eintritt, wirkt in derselben Richtung wie die Zimmercultur, ihren Einfluss erheblich verstärkend und gleichzeitig auf alle Zellen übertragend, sodass die von mir beobachtete allgemeine Gametenbildung zu Stande kommt. Durch die Cultur in Zuckerlösung werden zugleich die Netze ihrer alten Umgebung entrückt; sie erhalten frisches Wasser, Spuren 378 von Nährsalzen, sowohl aus dem Zucker als aus dem Wasser, sodass die allgemeinen Bedingungen günstiger liegen, als in der Wassereultur, wenn sie auch für die Zoosporenbildung nicht günstig genug sind. Wie wir ge- sehen haben bei dem Hydrodietyon der Tabelle ist der Rohrzucker allein im Stande, die Netze zur Gametenbildung zu bringen, selbst wenn die- selben eine geringe Neigung zur Zoosporenbildung besitzen. In diesem Falle tritt noch deutlicher hervor, wie die Ansammlung organischer Sub- stanz eine sehr wichtige Ursache der Gametenbildung ist. Die wichtige Frage, wie dagegen Netze mit sehr lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung doch noch zur geschlechtlichen Fortpflanzung zu veranlassen sind, wird später eingehend behandelt. Da Rohrzuckerlösung eine solche Gameten erregende Wirkung ansübt, lag es nahe, zu untersuchen, ob andere organische Substanzen in Ähnlicher Weise wirken. Meine Versuche sind aber in dieser Beziehung zu wenig ausgedehnt, als dass ich ein endgültiges Urtheil abgeben könnte. Ich will “ daher nur kurz meine Erfahrungen angeben, aus welchen sich ergibt, dass nur solche Substanzen den Rohrzucker bis zu einem gewissen Grade vertreten können, von welchen eine ähnliche physiologische Rolle ver- muthet werden kann. Organische Substanzen wie weinsaures Ammoniak, Harnstoff, Asparagin, Glycocoll, Amydalin zeigten sich indifferent oder schädlich. Am meisten wurde Asparagin geprüft, wegen seiner Bedeutung im Stoflwechsel. Indessen sah ich nur einmal eine Entwickelung von Zoosporen, während Gameten bisher nicht bemerkt wurden. Vorzugsweise wurden die Kohlehydrate berücksichtigt und daneben die mehratomigen Alcohole Mannit, Duleit, Erythrit und Glycerin. Letzteres kann, wie die Tabelle gezeigt hat, die Gametenbildung befördern, ebenso wie Rohrzucker. Doch geschieht es sehr viel häufiger, dass die Netze in Glycerin sich in- different verhalten aus nicht ‘näher untersuchten Gründen. Von den Kohlehydraten würde am ehesten von der Glycose zu erwarten sein, dass sie Gametenbildung begünstige. Indessen entsprach der Erfolg nicht den Erwartungen, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Netze in der rasch sich verändernden Traubenzuckerlösung zu leicht kränkeln, oder durch die in ihr sich entwickelnden Organismen gestört werden, so dass sie indifferent werden. In Milchzucker (2—5°o), in Mannit, Erythrit wurde ab und zu lebhafte Gametenbildung beobachtet, in Dextrin, Lävulose, Galactose, Sorbin, Quereit dagegen nicht, doch fehlt die eingehende Unter- suchung, in welchem Grade die anscheinend der Gametenbildung günstigen Stoffe wirklich dabei wirksam sind und ob bei den ungünstigen Stoffen die negativen Resultate sich immer zeigen. Jedenfalls gehen Netze mit lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung in Glycerin, Traubenzucker, Milch- zucker, Mannit zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung über. Am genauesten wurde von den Kohlehydraten neben Rohrzucker nur noch Maltose untersucht, von welcher schon berichtet wurde, dass sie die Netze zur 379 lebhaftesten Zoosporenbildung anregt; andererseits kann in ihr auch Gametenbildung eintreten, worauf aber erst später einzugehen ist. 2. Der Einfluss von Wärme und Licht auf Gametenbildung. Einige der wichtigeren Ursachen der Gametenbildung sind oben her- vorgehoben worden (S. 377). Indessen spielen wie bei der Zoosporen- bildung noch andere äussere Bedingungen dabei mit, vor allem ist es selbstverständlich, dass Wärme nothwendig ist, und zwar sehen wir, dass auch für die geschlechtliche Fortpflanzung die Temperatur über 10° be- tragen muss, dass bei 10—12° die Gametenbildung äusserst langsam vor sich geht und schliesslich viele Zeilen indifferent werden. Je höher die Temperatur steigt, um so lebhafter bilden die Zellen Gameten; ja höhere Temperatur erscheint viel bedeutungsvoller für diesen Process als für die Zoosporenbildung. Denn nicht allein bewirkt höhere gleichmässige Tem- peratur (26—30°), wie sie in einem 'T'hermostaten erhalten wurde, den schnelleren Verlauf des eigentlichen Processes, sondern sie vermittelt augenscheinlich auch eine schnellere Wirkung der Zuckerlösung. Leider liess sich bisher nicht nachweisen, dass eine grössere Menge Zucker bei höherer Temperatur in die Zellen eintritt als bei niederer, was wahr- scheinlich die schnellere Bildung der Gameten veranlasst. Als zweites höchst bedeutungsvolles Moment haben wir bei der Zoosporenbildung das Licht kennen gelernt; es ist von grossem Interesse, seine Wirkung auf die Gametenbildung zu verfolgen. In dieser Beziehung offenbart sich ein merkwürdiger Unterschied der beiden Fortpflanzungs- formen, insofern die Gametenbildung in hohem Grade unabhängig vom Licht erscheint. Frische Netze in 5--10°%o Rohrzucker, im Dunkeln eulti- virt, liessen nach 8—10 Tagen ungezählte Mengen von Gameten aus ihren Zellen heraustreten; ein Unterschied gegenüber den Lichteulturen konnte nicht bemerkt werden. Einige Versuche will ich in Tabelle II (s. folgende Seite) anführen. Sie wurden im Sommer 1889 angestellt. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass Hydrodietyon, welches 14 Tage bis 4 Wochen im Dunkeln sich aufgehalten hat, lebhaft Gameten zu bilden vermag, vorausgesetzt, dass Rohrzucker vorhanden ist. Denn ohne Zucker in gewöhnlichem Wasser lässt sich nach achttägiger Dunkelheit die ge- schlechtliche Fortpflanzung nicht mehr beobachten, und es sind nicht häufige Fälle, dass nach einem Aufenthalt von 4—5 Tagen im Dunkeln im Wasser noch lebhafte Gametenbildung eintritt. Diese Erscheinung ist verständlich, weil eine Anhäufung von organischer Substanz nicht zu Stande kommt, da im Dunkeln sogleich ein Verbrauch derselben statt- findet. So ist auch der Einfluss der Zuckerlösung nur durch die Annahme erklärlich, dass Zucker in die Zellen eintritt und für die Gametenbildung 380 Tabelle II. Beginn %o Ende Nummer | Frühere Cultur des Rohr- des Resultat Versuchs| zucker | Versuchs 1 seit 24/VII dunkel | 1/V1II 10 10/VIII | sehr viele Gameten. 2 hell 4/VIII 10 29/VIIT | sehr viele Gameten. 3 seit 9IX dunkel 21IX 10 297X | sehr viele Gameten. 4 seit 91X dunkel 5X 10 nichts. 5 seit 11/{X dunkel 25/X 10 19/XI | vereinzelte Gameten, 6 hell 25/X 10 1x1 sehr viele Gameten. 7 seit 25/IX dunkel 25x 10 31/X sehr viele Gameten, 8 seit 25/TX dunkel 3X 10 2IXIL | mässig viele Gameten. 9 heil a/XI 10 HIXI viele Gameten. 10 seit 25/IX. dunkel 31R 5 nichts. 11 hell 9X 10 17/XI | viele Gameten. benützt wird. Die Concentration der Zuckerlösung spielt insofern eine gewisse Rulle dabei, als vielleicht der Eintritt von Zucker dabei verstärkt wird; doch auch in einer Lösung von 2—5°/o wurde die Gametenbildung im Dunkeln beobachtet. Noch auffallender ist die Thatsache, dass selbst nach einem 10monatlichen Aufenthalt im Dunkeln Zellen des Hydrodietyon nicht bloss frisch grün waren, sondern auch bewegliche Gameten erzeugt hatten. Diese Zellen, seit 11. Oct. 1888 in einer verdünnten Citronensäure (0,03) dunkel cultivirt, wurden den 3. Jan. 1889 in 2% Glycerin gebracht; die Cultur blieb unverändert im Dunkelschrank stehen und wurde nur - ab und zu untersucht. Am 20. Juli 1859 sah ich in Zellen von nur 0,1 bis 02mm Länge bewegliche Gameten und ruhende kleine Zellen, höchst wahrscheinlich Zygoten. Die letzten lebendigen grünen Zellen dieser Cultur sah ich am 3. November 1889, so dass die Zellen über ein Jahr im Dunkeln gelebt hatten. Eine zweite Gultur in 2° Glycerin, welche am 91. November 1888 ins Dunkele gestellt wurde, zeigte noch lebende Zellen am 12. December 1889. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass an und für sich die Gameten- bildung ganz unabhängig vom Licht vor sich gehen kann. Aufder andern Seite muss aber die Thatsache hervorgehoben werden, dass die Dunkel- culturen lange nicht mit derjenigen Sicherheit gelingen wie die Licht- eulturen. Es herrscht augenscheinlich dabei eine Launenhaftigkeit im Verhalten, welche nicht recht zu erklären ist. Die einen Versuche haben, wie die Tabelle zeigt, das beste Resultat, andere nicht oder nur in gerin- gerem Grade. Wahrscheinlich treten Nebenwirkungen dabei ins Spiel, 381 welche durch den Mangel des Lichtes hervorgerufen werden. Schliesslich wäre das keine wunderbare Erscheinung, da das ganze Leben einer Wasser- netzzelle beständig dem Wechsel von Tag und Nacht unterworfen ist, so dass alle Funetionen in irgend welcher Weise bald mehr, bald weniger vom Lichte abhängig sind. Ein Theil der Liehtwirkungen beruht auf der durch directe Bestrahlung erzeugten Wärme, welche sich durch höhere gleichmässige Temperatur im 'Thermostaten ersetzen lässt. Es wurde oben schon die Thatsache berührt, dass bei Anwendung höherer Temperatur (26—28°) die Gametenbildung sicherer zu erreichen ist. Die photochemi- schen Wirkungen des Lichtes lassen sich nicht ersetzen, weil sie unbe- kannter Natur sind. Vorläufig muss man sich mit dem Resultate begnügen, dass die Gametenbildung ein vom Licht nicht direct bedingter Process ist, wenn derselbe auch bei normal beleuchteten Culturen mit grösserer Sicher- heit als bei lange im Dunkeln gehaltenen verläuft. Eine andere Frage ist, ob die Dunkelheit in der ersten Zeit die Gametenbildung begünstigt. Wenn im Sommer in einem Gulturgefäss lebhafte Neigung zur Gametenbildung erregt war, ohne dass sie zum Aus- bruch kam, so genügte ein Aufenthalt im Dunkeln während mehrerer Tage, um die Entwickelung der Gameten in hohem Grade herbeizuführen, selbst in Lösungen von 0,1—0,5°) Salpeter. Netze aus derselben Gultur bildeten in Maltose und Duleit Zoosporen, im Falle sie beleuchtet wurden. Vielleicht am richtigsten drückt man den Sachverhalt dahin aus, dass die Dunkelheit die Zoosporenbildung verhindert und dadurch den schon ein- geleiteten Processen freie Bahn schafft, welche zur Gametenbildung führen. Wenn dieselbe aber nicht in den ersten Tagen eintritt, so erfolgt sie im Wasser überhaupt nicht mehr, so lange Dunkelheit herrscht. Der blosse Aufenthalt im Dunkeln genügt nicht, dem Wassernetz eine bestimmte Neigung zur Gametenbildung zu verleihen. Zahlreiche Versuche sind von mir angestellt worden, um zu entscheiden, ob das Leben im Dunkeln — zunächst Wasserculturen vorausgesetzt — für die Art der später im Licht eintretenden Fortpflanzung von Bedeutung ist. Ein klares Resultat hat sich bisher nicht ergeben. Nur habe ich im Allgemeinen folgenden Ein- druck gewonnen: Netze mit schwächerer oder stärkerer Neigung zur Zoosporenbildung, bewahren dieselbe, mögen sie so lange im Dunkeln sich aufhalten, wie es überhaupt ohne Schädigung möglich ist. Ebenso kann es bei Netzen geschehen, welche Neigung zur Gametenbildung besessen haben. Da aber nach längerer Dunkelheit keine Nahrungsstoffe genügend vorhanden sind, kann in den ersten Tagen weder das eine noch das andere entstehen, und es hängt jetzt sehr gerade von den äussern Bedin- gungen dieser ersten Tage ab, welche Art der Fortpflanzung veranlasst wird. 382 Abschnitt IV. Das Verhältniss der ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Fortpflanzung. 1. Aufgabe der Untersuchung. Die in den beiden letzten Abschnitten dargelegten Beobachtungen beweisen, dass Zoosporen- und Gametenbildung nicht nothwendig auf- einanderfolgende, durch besondere Generationen vertretene Stufen des Entwicklungsganges vorstellen, sondern Fortpflanzungsformen sind, welche zu beliebiger Zeit an beliebigen Netzen auftreten können, wolür äussere Bedingungen massgebend sind. Es hat sich ferner die wichtige Thatsache herausgestellt, dass die beiden Formen nicht bloss ihrer Anlage nach ver- schieden sind, sondern dass für das Eintreten jeder von beiden specifische, von einander verschiedene äussere Bedingungen nothwendig sind. Diese Thatsachen hängen aufs innigste mit der Frage zusammen, worin die Unterschiede zwischen ungeschlechtlicher und geschlechtlicher Fortpflan- zung eigentlich liegen. Da es sich hier um ein Problem von allgemeinster Bedeutung handelt, ist es die Aufgabe, die Abhängigkeit beider Fortpflanzungsformen von der Aussenwelt noch sicherer zu beweisen, noch eingehender zu erforschen, als es durch die vorhergehenden Untersuchungen geschehen ist. Man musstesich sagen, dass, wenn wirklich äussereVerhältnisse die eine oder andere Art der Vermehrung herbeiführen, es gelingen müsse, an ein und dem- selben Netz gleichzeitig die eine und die andere Fortpflanzung als noth- wendige Folge äusserer Einflüsse zur Erscheinung zu bringen. Die Zellen eines Netzes sind Schwesterzellen, sie sind, so weit es überhaupt möglich ist, unter denselben Bedingungen aufgewachsen, sie zeigen thatsächlich dasselbe Verhalten, wenn das ganze Netz in der früher geschilderten Weise entweder zur Zoosporen- oder zur Gametenbildung veranlasst wird. Wenn man nun noch einen innern unbekannten Faktor annehmen wollte, welcher den Vermehrungsprocessen zu Grunde liegt, so müsste derselbe doch wenigstens in denselben Zellen eines Netzes der gleiche sein. Er müsste sie stets nach derselben Richtung hintreiben. Gelingt es dagegen aus- schliesslich mit Hülfe der äussern Bedingungen bei jedem Netz, woher es auch komme, die eine Hälfte zur Zoosporen-, die andere zur Gameten- bildung zu bringen, so beweist das nicht nur, dass äussere Verhältnisse überhaupt dabei mitwirken, sondern dass sie allein darüber entscheiden. Daher war es ein sehr wichtiger Theil meiner Untersuchung, den Nach- weis eines solchen Verhaltens der Netze zu führen. Im Laufe der Unter- suchung verschob sich die Fragestellung nach einer andern Richtung. Wie aus den früheren Abschnitten ersichtlich ist, gelingt es auf dem Wege der Cultur, den Netzen eine besonders lebhafte Neigung zu einer Fortpflanzungsweise, sei es die geschlechtliche, sei es die ungeschlechtliche 383 zu indueiren, und so gleichsam eine Art von innerer Ursache zu erzeugen. Denn würde man nieht die allmähliche Entstehung der Neigung in Folge der äussern Einflüsse kennen, sondern nur die Thatsache derselben, so würde sie für ein Zeichen eines in der innern Natur der Zelle begrün- deten Faktors gelten. Netze können nach der Gultur in 0,5 Nährlösung während mehrerer Monate die Neigung zur Zoosporenbildung in gleichsam ruhendem Zustande bewahren; ein kleiner Reiz genügt, die Spannung in die Reaction umzusetzen. Ebenso gelingt es in Netzen die Neigung zur Gametenbildung in hohem Grade zu steigern. Nun kam es darauf an, ein Netz mit einer solchen hochgradigen Neigung zu der einen Fort- pflanzungsweise, dennoch durch äussere Bedingungen, mit vollkommener Sicherheit zu der andern entgegengesetzten Fortpflanzung zu bringen. Erst wenn die Versuche nach den beiden möglichen Richtungen vollständig gelingen, ist die Anschauung bewiesen, dass allein äussere Bedingungen das Verhältniss der beiden Fortpflanzungsformen regeln. 9. Die Umwandlung Gameten bildender Netze in Zoosporen bildende. Netze, welche in Folge der früher erwähnten Culturweise oder während des Lebens in der freien Natur eine lebhafte Neigung zur Gametenbildung erlangt haben, lassen sich leicht und sicher zur Zoosporenbildung bringen, indem man sie bei hellem Lieht in 0,5 Nährlösung cultivir. Wenn bei den Netzen schon eine Anzahl Zeilen Gameten erzeugt haben, so kann in den ersten Tagen dieser Process bei manchen Zellen weitergehen, während mit jedem Tage, bei einer immer grösser werdenden Anzahl, die Neigung zur Zoosporenbildung überhand nimmt. Während noch einzelne Zellen in der Nährlösung Gameten erzeugen, bilden andere desselben Netzes, in Wasser übergeführt, Zoosporen. Schliesslich hört bei allen die geschlechtliche Fortpflanzung auf, und die Neigung zur ungeschlechtlichen ist allen Zellen indueirt. Bei stärkerer Concentration der angewandten Nährlösung gelingt der Umkehrungsversuch leichter und schneller. Bei Netzstücken, deren Zellen theilweise lebhafte Gameten bildeten, genügte schon ein Aufenthalt von 3 Tagen in 10/o Nährlösung bei Licht und Wärme, um nach Einführung in Wasser Netzbildung hervorzurufen. Ganz cbenso gelingt der Versuch mit Netzen, welche in einer Rohrzuckerlösung von 5—100/o in intensiver Gametenbildung begriffen sind. Sowie ein Theil der noch unveränderten Zellen eines solchen Netzes direct aus dem Rohrzucker in 0,5 Nährlösung gebracht wird, hört die Gametenbildung sofort auf, und in wenigen Tagen sind die betreffenden Zellen im Stande Zoosporen zu bilden, während in der Zuckereultur die Gametenbildung weitergeht. Die Umwandlung gelingt auch häufig dadurch, dass man die Zellen aus der Rohrzuckerlösung in gewöhnliches Wasser überführt. Durch die plötzliche Aenderung des Flora 1890. 25 384 Mediums wird die Gametenbildung aufgehalten, und bei sonst günstigen Bedingungen kann die Anlage der Zoosporenbildung den Vorsprung er- halten und siegen. Manchmal, wenn Gametenbildung in einer Wasser- cultur sich gezeigt hat, kann einfach Wechseln des Wassers und helle Be- leuchtung an demselben Netz die Zoosporenbildung hervorrufen. Doch ' am sichersten bleibt immer die Anwendung der Nährsalzlösung. Es ist unnöthig, einzelne Versuche anzuführen, weil alle ganz über- einstimmende Resultate geliefert haben. Unzweifelhaft können durch äussere Bedingungen die Processe, welche die Gametenbildung einleiten, und die Neigung zu derselben verursachen, rückgängig gemacht, oder unterdrückt und jene Processe angeregt werden, welche die Zoosporen- bildung bedingen. 3. Die Umwandlung Zoosporen bildender Netze in Gameten bildende. Obwohl kein Grund einzusehen war, warum die Umwandlung unge- schlechtlich sich fortpflanzender Netze .in geschlechtliche nicht eben so leicht vor sich gohen sollte, wie der umgekehrte Process, so traten doch bei der Untersuchung auffallende Schwierigkeiten hervor, in: Folge dessen es sehr langer und sehr zahlreicher Versuche bedurfte, um einigermassen zum Ziele zu gelangen. Allerdings die einfache Thatsache, dass die Netze, deren Zellen theil- ‘weise Zoosporen bilden, infolge der äussern Bedingungen Gameten bilden können, war leicht nachweisbar. Wir haben kennen gelernt, dass Netze, welche im Lauf des Sommers aus der freien Natur frisch geholt werden, gewöhnlich in den ersten Tagen sich ungeschlechtlich fortpflanzen ; all- mählich ändert sich in denselben Netzen durch Einwirkung der Zimmer- ceultur diese Neigung nach der geschlechtlichen Seite. Aber auch die Netze, welche durch die Gultur in Nährlösung cine besonders lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung erworben haben, können unter Umständen Gameten bilden. So ist es eine gar nicht seltene Erscheinung, dass solche Netze, in Wasser übergeführt, zuerst Zoosporen erzeugen, bei längerer Dauer des Versuches, ungünsligen Lichtverhältnissen, später Gamelen bilden. Vor allem wurde es beobachtet bei Anwendung von Zucker- lösungen; ich will nur anführen, dass bei 40 derartigen Versuchen im Jahre 1888 20 ausschliesslich Zoosporen, 16 zuerst Zoosporen, dann Gameten bildeten, während 4 Dunkelversuche kein Resultat lieferten. Ein längerer Aufenthalt in der Zuckerlösung wirkt also dahin, in den Neizen die Neigung zur Zoosporenbildung zu unterdrücken und der zur Gameten- bildung zum Siege zu verhelfen. Auch noch auf eine andere Weise ge- lingt es den Nachweis zu führen, dass ein und dasselbe Netz mit Hülfe äusserer Bedingungen gleichzeitig in seinen verschiedenen 'Theilen .auf beide ‘Arten sich vermehren kann, wie folgende Tabelle zeigl, welche 385 Versuche vom Sommer 1889 angibt. Dieselben sind derart angestellt, dass ein Netz getheilt wurde und die eine Hälfte A. beleuchtet, die andere B verdunkelt wurde bei Anwendung des gleichen Nährmediums. Tabelle IM. | yeram |, Bernd mans a Ierteis] mun n Versuchs N eleuchtet B verdunkelt 1 25/V | Maltose 2 1/VI .| Zoosporen 6/VI Gameten 2 31V Duleit 2 3/VI Zoosporen 3/vI Gameten 3 3/VI | Maltose 0,5 5/VI Gameten. VI Gameten 4 3/VvI Duleit 0,5 5/VI Zoosporen 5/VI Gameten 5') 4/VI Maltose 1 7VI Zoosporen _ nichts 6 5/VI Maltose 0,5 7V1 Zoosporen vl Gameten 7) avı nd 08 10/VI | Zoosporen | 10/VI | Gameten 8 8/vı Wasser 11/VI Zoosporen 12/VI Gameten 9 sv Maltose 2 11/VI Zoosporen nichts 10 8'VI |[Rohrzuck. 5 11/V1 Zoosporen 11/VI Gameten 11 8/vI Duleit 1 10/V1 Zoosporen 10/V1 Gameten 12 9;v1 Maltose 1 13/VI Zoosporen 15/VI Gameten 13°) | 20/VI Duleit 2 23/VI Zoosporen 23/VI Gameten 14 171X | Maltose 1 29/IX Zoosporen 20IX Gameten 15 17IX Duleit l 29/IX Zoosporen, 29% Gameten dann Gameten Bei der Durchsicht springt die Thatsache in die Augen, wie oft eine verhältnissmässig sehr kleine Veränderung in den äussern Bedingungen genügt, zu entscheiden, welche Fortpflanzungsweise die Zellen eines Netzes annehmen, sodass einer innern Ursache keine Bedeutung dabei zukommt. Natürlich haben nicht alle Versuche, welche in gleicher Weise angestellt werden, dasselbe Resultat, und es muss überhaupt bemerkt werden, dass die Gametenbildung in den Dunkelversuchen häufig nur theilweise eintritt. Denn diese auffallende und interessante Erscheinung, durch Licht und Dunkelheit über die geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung zu entscheiden, ist nur bei solchen Netzen möglich, welche keine ausge- sprochene Neigung zu der einen oder andern Form haben. In diesem Falle lässt sich die Sache noch weiter treiben, indem es gelingt, dieselben Hälften der Netze, welche im Dunkeln in Duleit und Maltose Gameten gebildet haben, durch Beleuchtung zur Zoosporenbildung zu bringen. 1) Diese Cultur seit 14/III dunkel. 2) Diese Cultur seit 17/VI in 0,5 °/, Nährlösung. 386 Die Schwierigkeiten traten erst auffallend hervor, als versucht wurde, Netze mit sehr lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung zur Gameten- bildung zu nöthigen mit derselben Sicherheit, wie der umgekehrte Versuch gelang (siehe S. 383). Iis mag mir gestattet sein, etwas ausführlicher auf die Versuche einzugehen, weil sowohl die positiven als auch die negativen Resullate bedeutungsvoll sind, wenn man das Verhällniss der beiden Fortpflanzungsformen näher erkennen will. Die Beobachtung, dass”ungeschlechtlich gestimmte Netze bei längerem Verweilen in der Zuckerlösung ab und zu Gameten bilden, war die Ver- anlassung zu verschiedenen Versuchsreihen. Die Tendenz zur Gameten- bildung konnte dadurch angeregt werden, dass allmählich eine grössere Menge Zucker in die Zellen übertrat, oder dass die im Ueberschuss vor- handenen Nährsalze zum Austritt genöthigt wurden; beide Momente konnten auch nebeneinander wirksam sein. Zunächst wurde versucht, den Aufenthalt der Netze in der Zuckerlösung zu verlängern, indem die Culturen entweder im Dunkeln oder bei niederer Temperatur gehalten wurden. Für den letzteren Versuch benutzte ich cin nach Norden ge- legenes Zimmer, welches nie geheizt wurde und daher den ganzen Winter hindurch eine Temperatur unterS° hatte. Meine Versuche zeigen nun, dass trotz langem Aufenthalt im Dunkeln oder Kalten bei Gegenwart von Zucker die ungeschlechtliche Neigung sich in stärkerem oder geringerem Grade erhielt, so dass im Licht oder bei höherer Temperatur die Zoosporenbildung gleich wieder eintrat, Ein zweiter Weg eine Ansammlung organischer Substanz in den Zellen herbeizuführen, besteht darin, die Netze statt in Wasser auf einer feuchten Unterlage, sei es Torf, Lehm oder Filtrirpapier zu culliviren und recht sonnig zu stellen. In diesen Versuchen wurde dafür gesorgt, dass der Lehm slels feucht war und die Torfsticke u. s. w. mit ihrem unteren Theil im Wasser standen, Unler diesen Umständen kann eine Zoosporen- bildung nicht oder nur sehr spärlich erfolgen, die Zeilen assimiliren weiter und speichern grosse Massen Stärke in sich auf. Die Versuche schienen um so mehr Aussicht auf Erfolg zu haben, als vielfach Netze in dieser Weise cultivirt, lebhafteste Gametenbildung zeigten. Jedoch trat der erwartete Erfolg nicht ein, die Neigung zur Zoosporenbildung schien unverändert, ja vielleicht erhielt sie sich bei keiner andern Versuchsreihe in so hohem Grade, da bei Wasserzufuhr stets in kurzer Zeit sämmiliche Zellen Zoo- sporen bildeten. Einige Beispiele will ich in folgender Tabelle anführen. 387 Tabelle IV. Feuchte Unterlage. In Wasser. Datum des Resultats, I. Sand seit 24/III 89 2 231IV »# 24;1V Zoosporen 2) 28/V 30/V Zoosporen I. Torf seit 1/III ar 27/IIl Zoosporen f 1) 1/X1I 2/XI Zoosporen JIt. Filtrirpapier seit 11[X 89 | 2 2) 8/1 90 10/I Zoosporen 8) 1/II 90 3/IL Zoosporen Die Tabelle zeigt, dass selbst nach mehr als 3Y/e Monaten die Neigung zur Zoosporenbildung noch vollständig‘ sich erhalten hatte. Auch bei Versuchen, bei welchen das Filtrirpapier mit Maltose-, Dulcit- oder Rohr- zuckerlösung getränkt war, liess sich kein Erfolg nachweisen, während bei beliebigen Netzen unter diesen Umständen vielfach Gametenbildung ein- treten kann, wenn keine lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung vorhanden ist. Die Thatsache ist insofern bemerkenswerth, als sich dabei eine Ver- schiedenheit im Verhalten der Zoosporen- und Gametenbildung heraus- stellt; es ist wahrscheinlich, dass Netze, bei denen die Neigung zur Zoo- sporenbildung nicht sehr gefestigt ist, durch allmähliches Eintrocknen des Standortes zur Gametenbildung geführt werden. Neben der Anhäufung organischer Substanz kommt noch ein zweiter wichtiger Punkt in Betracht, das Verhalten der Nährsalze. Sie sind es gerade, welche die lebhafte ungeschlechtliche Neigung bedingen; will man dieselbe unterdrücken, so musste dafür gesorgt werden, dass die Nährsalze entfernt werden. Natürlich durfte das nur bis zu einem gewissen Grade erfolgen, da auch für die Gametenbildung geringe Mengen von Nährsalzen nothwendig sind. Die Schwierigkeit liegt darin, dass kein Mittel bekannt ist, welches direct die Exosmose der Nährsalze bewirkt. Indessen war wenigstens zu versuchen, ob nicht durch einen längeren Aufenthalt in höherer Temperatur der Austritt der Nährsalze gesteigert würde. Doch hatten die Versuche keinen durchschlagenden Erfolg, da nur hier und dort, ‘aber nicht regelmässig, die Zoosporenbildung unterdrückt und die Gametenbildung hervorgerufen werden konnte. Jetzt blieb noch ein Mittel zu versuchen übrig, zu welchem ich von Zeit zu Zeit immer wieder ge- griffen habe und weiches dem Gedanken entsprang, durch besondere chemische Substanzen eine Exosmose der Zellsaftstoffe zu veranlassen. Vor allem lag es nahe in dieser Beziehung an Körper sauren Characters zu denken). Leider aber zeigte sich doch, dass sichere Resultate nicht erreicht werden konnten. Die vielen Versuche mit verdünnter Aepfel-, 1) Vergl. Pfeffer, Arbeiten des botanischen Instituts Tübingen. II. 8. 288-291; hier wird gezeigt, wie durch Citronensäure Exosmose der in die Zellen eingedrun- genen Anilinfarbstoffe veranlasst wird. 388 Citronen-, Essig-, Phosphorsäure, mit saurem und gewöhnlich weinsaurem Kali, mit Eisenweinstein, weinsaurem Ammoniak führten zu keinem Resultat. Höchstens liess sich feststellen, dass die Gametenbildung ungestört in ver- dünnten organischen Säuren vor sich gehen kann, während Netze mit ungeschlechtlicher Neigung keine Zoosporen bilden, bis die Säure durch Wasser ersetzt ist, im Falle die Netze nicht zu sehr geschädigt worden waren. In alkalischen Lösungen, z. B. von Magnesiumoxyd, bleibt die Neigung zur Zoosporenbildung unverändert; sie kann vor sich gehen, wenn die Lösung schwächer, aber immerhin noch alkalisch reagirt. So war die Frage trotz aller Bemühung ungelöst, so dass ich in meiner ersten vorläufigen Mittheilung ausdrücklich auf diese Lücke aufmerksam machen musste. Erst im Winter 89—90 gelang es mir dieselbe bis zu einem gewissen Grade auszufüllen, indem ich die verschiedenen äussern Einflüsse in mannigfachen Combinationen auf die Netze einwirken liess. ‚Mich leitete dabei folgender Gedankengang. Wenn ein einzelner Factor, wie niedere Temperatur, Lichtmangel, welcher an und für sich die ge- sarnmten Lebensvorgänge ungünstig beeinflusst, längere Zeit auf die Cultur einwirkt, so wird die Folge davon sein, dass abgesehen von der noth- wendigen Athmung alle andern Processe so gut wie stillstehen, infolge dessen keine wesentliche Veränderungen in den Zellen eintreten können. Die Neigung zur Zoosporenbildung erhält sich desshalb unverändert, und die für die Gametenbildung nothwendigen Processe können nicht Platz greifen. Auch für die letzteren wirkt ein gewisser Grad der Beleuchtung günstig, und ebenso ist eine gewisse Menge Wärme für die einleitenden Processe nothwendig. Daher muss man versuchen, die ungeschlechtlich gestimmten Netze dem Licht auszusetzen, aber einem solchen, welches zu schwach ist, lebhafte Zoosporenbildung zu erwecken, und ebenso er- scheint es nothwendig, eine Temperatur anzuwenden, welche noch hoch genug ist, um die Lebensprocesse der Zelle fortgehen zu lassen, aber so niedrig, dass die Zoosporenbildung nicht recht zum Ausbruch kommen kann. Diese Ueberlegungen führten zu einer grossen Anzahl Versuche, welche in überraschender Weise und mit solcher Sicherheit gelangen, dass ich in einem kleinen Nachtrag !) zu meiner ersten Mittheilung das Proplem als vollständig gelöst bezeichnete. Zu den Versuchen wurden Netze benutzt, welche in Nährlösung von 0,5—13$ seit Ende October oder Anfang November enltivirt worden waren, und welche wie immer in solchen Fällen leb- hafteste Neigung zur Zoosporenbildung besassen. Die Netze wurden ent- weder in Wasser oder direct in eine 5°, Rohrzuckerlösung gebracht und an einem Nordfenster cultivirt, an welchem während der Wintermonate ein relativ'schwaches diffuses Licht am Tage herrschte und zugleich eine Temperatur von 10-12°, Nach 10—20 Tagen kamen die Culturen in 1) Klebs, Biologisches Centralblatt IX. 1890. No, 24. 389 den Thermostaten, dessen Temperatur auf circa 28° gehalten wurde. Meist schon nach 1-2 Tagen trat vollständigste Gametenbildung ein. Wenn dies nicht der Fall war, wurden die Culturen von Neuem an das Nordfenster gestellt urid dann später der Wirkung des Thermostaten aus- gesetzt. Stalt ausführlicher Beschreibung der Gombinationen wird es zweckmässig sein, eine Anzahl Versuche tabellarisch aufzuführen. Die- selben beziehen sich alle auf ein und dieselbe Haupteultur, in welcher einige wenige aber sehr grosse Netze sich befanden, welche dann auf die verschiedenen Versuche vertheilt wurden. Die römischen Zahlen geben die einzelnen Versuche resp. Versuchsreihen an mit einer bestimmten Menge Hydrodictyon aus dieser Haupteultur. Entweder wurde das Material direct derselben entnommen oder einer secundären Cultur, in welcher die Netze aus der Nährlösung in Wasser gebracht worden waren. Es findet sich bei dem betreffenden Versuch in der zweiten Rubrik die Angabe der Nummer, aus welcher das Material stammt; so ist z. B. das Material des Versuches No. I zu mannigfachen andern Versuchen verwendet worden. Die Temperatur im Thermostaten wie am Nordfenster ist ziemlich constant gewesen; sehr wechselnd war sie in dem Falle, dass directe Sonne auf die Culturen einwirkte, infolge dessen die Grenzen ungefähr angegeben sind. Bei der Angabe der Lichtstärke heisst »mässig hell« stels diffuses Licht ohne directe Sonne, »hell« dagegen zeitweilige Sonnenbeleuchtung. Tabelle V. Hydrodietyon seit 2/XT in 0,5 Nährlösung. No. Datum und Medium. Licht. Tem- Resultat. peratur. I Seit 8/XII Wasser mässig heil 10° wenige Netze I |No.T12/XII 5°), Rohrzucker dunkel 28° mässig viel Netze Dann 20/X11 » » mässig hell 10° nichts » 28XII » » dunkel 280 schr viele Gameten II |No.I 10/XlI » » dunkel 280 nichts Dann 20/XIl » » mässig hell 10° nichts » 28XII >» » dunkel 280 sehr viele Gameten IV |No.110/XIl » » mässig hell 10° einzelne Netze Dann 20/XI >» » dunkel 28° einzelne Netze, sehr viele Gameten V INo.I23/XlI » » mässig bell 28° einzelne Netze, sehr viele Gameten VI |NoIBXI » » müssig heil | 10% einzelne Netze 390 Tabelle V. (Fortsetzung). No. Datum und Medium. Licht. Tem- Resultat. ” peratur, , VI | Dann 8/1 5°), Rohrzucker dunkel 28° sehr viele Gameten vl No. 1 5/I Wasser hell 10-20° | sehr viele Netze vi No. 13/1 1°), Duleit hell 10-20° | sehr viele Netze IX 7/XIL 5°/, Rohrzucker mässig hell 10° nichts Dann 11/XI1 5°], Rohrzucker dunkel 28° wenige Netze, wenige Gameten » 20/XII >» » mässig hell 10° nichts >» MU, » dunkel 28° sehr viele Gemeten X 7/XIL 5°, Rohrzucker mässig hell 10° wenige Netze Dann 20/XII 5°/, Rohrzucker dunkel 980 sehr viele Gameten xI 25/X1 Wasser dunkel 280 nichts Dann 6/XII 5°), Rohrzucker dunkel 28° nichts » 20/XII >» » mässig hell 10° nichts » 61 » » dunkel 980 sehr viele Gameten xl 23/XII >» » mässig hell 280 einige Netze, schr viele Gameten XI 23/XI >» » mässig hell 10° nichts Dann Sl» > dunkel 280 nichts » UI» » mässig hell 10° nichts » 3801 » » dunkel 280 sehr viele Gameten XIV 23/XII Wasser mässig hell 28° einige Netze Dann 2/I Wasser bell 10—20° |sehr viele Gameten XV 23/XII Wasser mässig hell 10° nichts Dann 3/I Wasser dunkel 280 nichts » 8I » mässig hell 10° nichts > 2 » dunkel 280 viele Gameten xXVvI 6/1 Wasser mässig hell 10° nichts Dann 28/1 Wasser dunkel 280 nichts » 801» mässig hell 10° nichts » 7m » dunkel 283° nichts » 18U » hell 10--20° |eine Anzahl Netze » 2611 » dunkel 28° sehr viele Gameten 3 Tabelle V. (Fortsetzung). No, Datum und Medium, Licht. Tem- Resultat, peratur, xVvi ‚6 5°%/, Rohrzucker hell 10-20° |eine Anzahl. Netze Dann 16/1 5°/, Rohrzucker dunkel 28° sehr viele Gameten XVII 61 5°/, Rohrzucker mässig hell 10° wenige Netze Dann 16/1 5°/, Rohrzucker dunkel 98° nichts Dann 24/1 5°), Rohrzucker | mässig hell 10° wenige Gameten XIX 25/XI Wasser dunkel 10° nichts Dann 24]1 5°/, Rohrzucker hell 10--20° |eine Anzahl Netze » 211 >» » dunkel 28° sehr viele Gameten XX 13/1 Wasser dunkel 280 nichts Dann 26/I Wasser hell 10—20° |eine Anzahl Netze » 5 » dunkel 28° sehr viele Gameten XXI "No. XX 1/H Wasser mässig hell 10° nichts | Dann 4/II 5°), Rohrzucker | mässig hell 10° nichts » 1611 » » dunkel 280 sehr viele Gameten XXH 12/1 Wasser. hell 10--20° viele Netze Ganz entsprechende Resultate haben noch andere Versuchsreihen gezeigt, welche deshalb nicht weiter angeführt werden sollen. Die nähere Durchsicht der angeführten Tabelle beweist, dass das Hydrodietyon in 0,5 Nährlösung vom 8. Dec. 89 bis 12. Febr. 90 seine lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung bewahrt hatte und sich unge- schlechtlich vermehrte, sobald es in Wasser gebracht wurde, und Sonnen- licht einige Zeit einwirkte (vergl. Versuch I. VII. VIIL XXI). Wenn also während der ganzen Zwischenzeit die Netze derselben Gultur zu der denkbar vollständigsten Gametenbildung gebracht werden konnten, so musste stets vorher die lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung unter- drückt werden. Das erstrebte Ziel war thatsächlich in diesen Fällen er- reicht. Eine der Hauptursachen bei dieser Unterdrückung spielte das Licht in Combination mit relativ niederer Temperatur; beide Factoren liessen die Zoosporenbildung nicht oder nur in geringem Masse erfolgen. Jetzt konnten die zur Gametenbildung führenden Ursachen den Vorrang gewinnen und schliesslich siegen. ‘Sehr bezeichnend, übrigens mit allem was sonst beobachtet wurde, übereinstimmend, ist die Thatsache, dass diese Unterdrückung der ungeschlechtlichen Neigung nur eine zeitweilige war, d. h. nur so lange gelang, als dasLicht sich in bescheidenen Grenzen 392 hielt. Der Vergleich der Versuche I und VII, welche mit demselben Material und auch mit demselben nicht gewechselten Wasser angestellt wurden, lässt aufs Klarste hervortreten, wie noch nach 4 Wochen der Cultur bei geringem Licht und niedriger Temperatur die ungeschlecht- liche Neigung sich unverändert erhielt und sofort wieder zum Ausbruch kam, als directe Sonne d. h. helles Licht und höhere Temperatur ein- wirkte. Neben der geringeren Wärme und Licht-Intensität, welche durch Zurückdrängung der ungeschlechtlichen Neigung die Gametenbildung be- förderte, wurde dieselbe weiterhin durch Dunkelheit und hohe Temperatur in hohem Masse gesteigert. Beide Factoren dienten wesentlich dazu möglichst schnell und möglichst vollständig in einer Gultur die Gameten- bildung hervorzurufen. Dieselbe konnte auch eintreten in Versuchen, bei welchen das Innere des 'Thermostaten bei 28° erleuchtet wurde und an- dererseits konnte auch eine Temperatur von 20° in der Dunkelheit für viele Zellen genügen. Im Allgemeinen gelangen die Versuche, bei welchen Zuckerlösung benutzt wurde, sicherer, als bei Anwendung von Wasser aus dem leicht verständlichen Grunde, weil die Zuckerlösung an und für sich die Gametenbildung begünstigt. In Wasserculturen gelang bisweilen eine ganze Anzahl Versuche noch in ganz anderer Weise als in der Tabelle angegeben ist. Wenn man nämlich die Netze in der Nährlösung im Dunkeln eultivirt, so wirkt dieselbe in jedem Falle nicht so günstig für die Zoosporenbildung wie im Licht (vergl. S. 359). Nach dem Ver- setzen in Wasser bei fortwährender Dunkelheit kann die ungeschlechtliche Neigung nicht in so hohem Grade erregt werden. Solche Culturen in den Wintermonaten einem mässig hellen Licht ausgesetzt, bilden ausser- ordentlich leicht Gameten. Der Versuch gelingt im Sommer in den seltensten Fällen, weil bei der starken Lichtintensität die Zoosporenbildung zu schnell eintritt. Die im Vorhergehenden besprochenen Versuche beweisen unzweifel- haft, dass Netze mit lebhafter Neigung zur Zoosporenbildung durch äussere Bedingungen zur geschlechtlichen Fortpflanzung genöthigt werden können, und sie vervollständigen den schon früher ausgesprochenen Satz, dass die Aussenwelt die Fortpflanzung regulirtt. In meinem kleinen Nachtrag glaubte ich mich in Folge dessen zu dem Ausspruch berechtigt, dass jedes Netz bald zu der einen, bald zu der andern Fortpflanzungsart, je nach den äussern Bedingungen gezwungen werden kann. Indessen haben weitere Untersuchungen mich genöthigt, den Satz etwas einzuschränken, sie haben zugleich eine für die ganze Frage wichtige Erscheinung kennen gelehrt. Unter meinen Culturen im Grossen fand sich eine einzige vor, bei welcher in allen Netzen die Neigung zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung in solchem Grade entwickelt war, dass alle Mittel Gameten hervorzurufen, fehl schlugen. Die Gultur bestand in jungen Netzen, welche im Sommer 393 1889 erzeugt und während der grossen Ferien in einem Gefäss im Garten unbeachtet stehen geblieben waren. Anfang October wurden die Netze in einem grossen Holzbehälter draussen cultivirt bis Anfangs December, zu welcher Zeit sie in einem kleineren Gefäss im Warmhaus weiter ge- zogen wurden. Die Netze waren wenig gewachsen, gelb gefärbt und dicht mit Stärke erfüll. Noch bis Ende October liessen sich beide Arten der Fortpflanzung hervorrufen, wenn auch wegen des schlechten Zustandes, nur bei einem Theile der Zellen. In 5—10°/, Rohrzucker traten im Ther- mostaten bei einer Anzahl Zellen Gameten auf; im Allgemeinen aber schien die ungeschlechtliche Fortpflanzung leichter einzutreten, und nach Weihnachten gelang es kaum mehr Gameten zu sehen. Die Netze dieser Cultur wurden nun in 0,5°/, Nährlösung gebraeht und gewannen dadurch normales Aussehen. Zugleich steigerte sich die Neigung zur Zoosporen- bildung und wurde zu einer anscheinend von der Aussenwelt unabhän- gigen Eigenschaft. In den Monaten Januar bis April 1890 habe ich in der Ueberzeugung, dass der Versuch Gameten hervorzurufen, gelingen müsse, das denkbar möglichste versucht und die aller mannigfachsten Com- binationen äusserer Factoren angewandt; ich könnte viele Seiten anfüllen mit der Besprechung solcher Versuche, aber alle fielen in derselben Weise aus, d. h. überall traten Zoosporen auf, wenn die Bedingungen überhaupt die Fortpflanzung gestatteten. Immerhin ist es denkbar, dass es noch eine unbekannte Versuchsanstellung gegeben hätte, durch welche die Gametenbildung veranlasst worden wäre. Indessen halte ich es desshalb für unwahrscheinlich, weil alle Versuche in durchaus gleicher Weise reagirten, weil während der ganzen Zeit unter den vielen Hunderten von Zellen nicht eine einzige Zelle mit Gameten beobachtet wurde, Im Zu- sammenhange mit dieser auffallenden Befestigung der ungeschlechtlichen Neigung steht die Thatsache, dass bei dieser Cultur die Zoosporenbildung in hohem Grade unabhängig vom Licht geworden war (S. 359). Bei An- wendung des Thermostaten gelang es wiederholt junge Netze zu erzeugen, nachdem die Gultur 8—14 Tage im Dunkeln gestanden hatte. Nach der Feststellung der Thatsache, dass durch die Art und Weise der Cultur Netze die nicht mehr veränderliche Eigenschaft erwerben, .Zoosporen zu bilden, war die wichtigste Frage wie die Nachkommen solcher Netze sich verhalten. Im April 1890 wurden frische junge Netze derselben Cultur weiter eultivirt; sie wuchsen schnell zu lebhaft grünen Netzen heran. Schon nach 3 Wochen ‚zeigten sie lebhafte Neigung zur Zoosporenbildung und behielten dieselbe auch bis Mitte Juni bei, wo die Cultur durch die Versuche aufgebraucht war. Doch gelang es schliesslich, wenn auch schwer, mit Hülfe von Zuckerlösung und Dunkelheit einige Zellen zur Gametenbildung zu bringen. Sehr viel leichter ging es bei der zweiten Generation, es scheint daher als wenn die stark befestigte Neigung zur Zoosporenbildung nur bis zu einem gewissen Grade auf die Nachkommen übertragen werde. 394. Es bedarf keiner ausführlichen Darlegung, dass die hervorgehobenen Thatsachen nichts dafür beweisen, dass es wirklich ungeschlechtliche Generationen bei Hydrodietyon gibt, denn anfänglich liessen in der Cultur wie immer beide Fortpflanzungsweisen sich hervorrufen. Erst allmählich durch die Art der Cultur erhielt die eine Form, die ungeschlechtliche, das Uebergewicht, bis schliesslich, besonders durch die Einwirkung der Nährlösung, dieselbe den hohen Grad der Festigkeit erlangte, so dass die Netze specifisch ungeschlechtlich wurden. Am besten erklärt sich wohl diese merkwürdige Erscheinung durch die Annahme, dass in Folge der Culturbedingungen selıon weitergehende, wenn auch noch nicht sichtbare Processe der Zoosporenbildung in den Zellen eingetreten- waren, so dass dieselben nur aufgehalten aber nicht mehr unterdrückt werden konnten. Die interessante Frage ob es möglich ist, eine ungeschlechtliche Race zu erziehen, konnte bisher nicht experimentell geprüft werden. 4. Die Unterschiede der geschlechtlichen und ungeschlecht- lichen Fortpflanzung. Die Untersuchungen, welche die auffallende Abhängigkeit der Fort- pflanzungserscheinungen von der Aussenwelt klar bewiesen haben, werfen zugleich einiges Licht auf die Frage von allgemeinster Bedeutung nach den Unterschieden der geschlechtlichen und ungeschlechtlichen Vermehrung. Die Frage kann verschieden gestellt werden. Zunächst würde es sich darum handeln, festzustellen, welche bestimmte physiologische Ursachen für das Eintreten jeder der beiden Vermehrungsarten charakteristisch sind. Man kann aber weiter gehen und das Problem erforschen, wie phylogenetisch die Entstehung beider Erscheinungen vorzustellen ist, und worin die Bedeutung jeder der beiden Fortpflanzungsweisen liegt. Bei der Besprechung der allgemeinen Bedingungen der Zoosporen- bildung wies ich bereits darauf hin, dass bei der physiologischen Er- klärung derselben die vererbte Anlage von den äusseren Ursachen zu unterscheiden ist. Das für die Zoosporenbildung Gültige bezieht sich auch auf die Gametenbildung. Wir werden am einfachsten annehmen, dass in den Zellen des Wassernetzes eine besondere Anlage der Gameten- bildung sich findet, welche durch ein materielles System von bestimmter molecularer Organisation gebildet wird. Diese Anlage, auf welcher der charakterislische Verlauf der Gametenbildung beruht, muss bei jeder Theilung der Wassernetzzelle vermehrt und jeder Zoospore zugetheilt werden, in welcher daher die Anlagen beider Fortpflanzungsweisen nebeneinander vorkommen. Wenn man von phylogenelischen Specu- lationen vorläufig ganz absielht, entspricht den 'Thatsachen am besten die Annahme, dass beide Anlagen verschiedenartig ausgebildet sind. Wie man sich diese Verschiedenartigkeit der Anlagen selbst nun auch vor- zustellen habe, es bleibt die sichere Thatsache von wesentlicher Bedeutung, 335 dass die äusseren Bedingungen für die geschlechlliche und ungeschlecht- liche Fortpflanzung verschiedenartig sind. Allerdings lassen sich nicht, wie ich selbst anfangs hoffte, für jede Fortpflanzung speeifische Unterschiede erkennen. Vielmehr sind es die- selben äusseren Kräfte, welche die Entfaltung beider bedingen; es kommt auf die verschiedene Combination derselben an, es hat der verschiedene Intensitätsgrad ihrer Wirkung eine grosse Wichtigkeit. So kann inten- sives Licht sowohl die Zoosporen- wie Gametenbildung befördern, je nach- dem sich andere Bedingungen damit vergesellschaften. Andererseits kann schwaches und starkes Licht verschiedene Wirkungen ausüben. Eine be- stimmte Combinalion äusserer Kräfte längere Zeit auf Zellen einwirken zu lassen, ist kaum in der Wirklichkeit durchzuführen, weil im Lanfe schon eines Tages, noch mehr einer oder mehrerer Wochen Licht, Tempe- ratur, Beschaffenheit des Mediums sich verändern. Jede Combination, welche eine gewisse Zeit eingewirkl hat, hinterlässt Veränderungen des Zellinhaltes, welche die Wirkung der nächstfolgenden Combination beeinflussen. In diesem bunten Wechsel der Einwirkungen äusserer Kräfte, ihrer mannigfaltigen Gombinationen verhalten sich die beiden Anlagen der Fortpflanzung wie zwei Gegner, von welchen jeder den andern vollständig unterdrücken muss, um zu seinem Ziele, seiner Entwickelung, zu gelangen. Jeder von ihnen sucht die sich ihm dar- bietenden äusseren Umstände zu benutzen, bald mit Hülfe dieses bald jenes Momentes einen Vortheil zu erringen. Hat die eine Anlage einen Vorsprung gemacht, so kann derselbe wieder rückgängig gemacht werden, und die andere kann mit Hülfe günstiger Combinationen den Sieg erreichen. Ich will jetzt versuchen die verschiedenen Combinationen äusserer Be- dingungen kurz zu charakterisiren, welche in dem Kampf der beiden Anlagen von entscheidender Bedeutung sind. Man muss dabei die beiden Fälle unterscheiden, dass die Anlagen in der Zelle ungefähr sich das Gleich- gewicht halten und dass eine derselben entwickelter ist wie die andere, oder, wie ich mich vorhin häufig ausdrückte, in den-Zellen eine ent- schiedene Neigung zu einer der beiden Fortpflanzungsformen herrscht. 1. Beide Anlagen halten sich ungefähr das Gleichgewicht. A. Die Zoosporenbildung wird angeregt und hervorgerufen durch: a) Frisches Wasser, während einiger Zeit helles Licht, am besten zeitweilig directe Sonne, bei einer Temperatur, welche zwischen 12 und 98°C. schwanken darf. b) Frisches Wasser, diffuse Beleuchtung bei durchschnittlich etwas höherer Temperatur 20—-28°. ce) Maltose und Duleitlösung von 0,5—2 °/o, Beleuchtung und Tempe- ratur enlweder wie bei a oder b. d) Nährsalzlösung von 0,05—0,4°jo, Beleuchtung und Temperatur wie beia. 396 B. Die Gametenbildung wird angeregt und hervorgerufen durch: «) Cultur in wenig nicht gewechseltem Wasser, in heller Beleuchtung bei einer Temperatur von 16—98°. £) Cultur ohne Wasser in feuchter Atmosphäre, sonst wie bei «. y) Zuckerlösung 5—12°%, diffuse oder sonnige Beleuchtung bei einer Temperatur von 12-38. d) Zuckerlösung, Maltose, Duleit in der Dunkelheit bei 15—28°. Keineswegs darf vorausgesetzt werden, dass der Erfolg in den an- geführten Fällen immer den Erwartungen entspricht. Gerade wenn beide Anlagen ziemlich gleichwerthig sind, so genügen kleine Unterschiede in den äusseren Verhältnissen, um den Sieg der einen oder andern Anlage herbeizuführen, so dass in einem Versuch Gametenbildung auftritt, wenn man Zoosporenbildung zu beobachten hoffte. Der Fall wird eigentlich nicht häufig sein, dass beide Anlagen ganz gleich sind, da die vor- hergehenden Lebensumstände stets Wirkungen ausgeübt haben, welche eine gewisse Neigung zu einer der Fortpflanzungsweisen erweckt haben. Im Allgemeinen haben die aus dem Freien geholten Netze eine Neigung zur Zoosporenhildung, in Folge dessen schon frisches Wasser und helles Licht genügt, sie zur Entfaltung zu bringen. Andererseits wissen wir, dass bei der Zimmereultur leicht die Neigung zur Gametenbildung erregt wird, daher rührt es, dass bei vielen solcher Versuche zuerst Zoosporen-, dann Gametenbildung auftritt. Ferner 'spielt die schon erwähnte Er- scheinung mit, dass eine bestimmte Combination äusserer Umstände sich schwer lange festhalten lässt, da durch den Wechsel des Klimas tägliche Veränderungen eintreten, welche das Resultat beeinflussen. Ganz beson- ders gilt dies für das Licht. In den Versuchen, in welchen Zoosporen- bildung eintreten soll, wird durch eine Reihe trüber "Tage dieselbe be- hindert und demgemäss kann die Anlage der Gametenbildung den Vorrang gewinnen. Bei dem für das Resultat so wichtigen Wechsel von Licht und Temperatur erschöpfen die aufgezählten Combinationen nicht die Mannigfaltigkeit der vorkommenden Fälle. II. Entschiedene Neigung zur Gametenbildung. Dieselbe kann sich bei Netzen vorfinden, welche aus der freien Natur stammen oder sie ist erlangt worden durch die Ile bis d erwähnten Culturmethoden. Zoosporenbildung wird hervorgerufen: a) durch Cultur in frischem Wasser bei heller Beleuchtung und einer Temperatur von 16—28°, b) durch Cultur in 0,5—2°o Nährsalzlösung und Ueberführung in Wasser, sonst wie a. . Die erste Methode kann man mit Erfolg gebrauchen, wenn die Ga- metenbildung durch Cultur in Zuckerlösung angeregt ist. In jenen Fällen, 397 in welchen die Neigung in Wasserculturen erstarkt ist, genügt einfaches Wechseln des Wassers nicht immer, die zweite Methode hat für diese wie überhaupt alle Fälle sicheren Erfolg. IM. Entschiedene Neigung zur Zoosporenbildung. Dieselbe wird hervorgerufen durch die Culturmethoden la—ec, vor allem aber in hohem Grade durch die Methode IIh. Gametenbildung wird hervorgerufen: a) durch Wasser, lange Einwirkung niederer Temperatur 8—12° bei mässig hellem Licht (Ausschluss direeter Sonne), dann Anwendung höherer Temperatur 26—30° und Dunkelheit. b) durch Zuckerlösung von 5—10°p, sonst wie a oder zuerst in Dunkelheit bei 28°, dann mässig hellen Licht und wieder höhere Tempe- ratur. . ce) dureh Cnltur in 0,5% Nährlösung im Dunkeln, Ueberführung in Wasser im Dunkeln, später bei mässig hellem Licht und einer Temperatur von 12—20°. Auf die sonstigen kleineren Unterschiede in den Versuchen, welche zu demselben Resultat geführt haben, soll hier nicht näher eingegangen werden. Nur möchte ich bemerken, dass in den Sommermonaten die Versuche nicht recht gelingen, weil es schwer zu erreichen ist, während längerer Zeit niedere Temperatur und mässiges Licht gleichzeitig ein- wirken zu lassen. Namentlich gilt das für die Methode Illc. Als weiterer Fall müsste jene merkwürdige Erscheinung erwähnt werden, dass unter besonderen Culturbedingungen die ungeschlechtliche Neigung sich so befestigen kann, dass sie nicht zu unterdrücken ist, in Folge dessen die Gametenbildung unmöglich wird. Der andere denkbare Fall, dass die Neigung zur Gametenbildung in gleichem Grade sich fest- setzt, wurde bisher nicht beobachtet, und er ist sehr wenig wahrscheinlich, da bei dem Wassernetz die geschlechtliche Neigung sich stets mit solcher Sicherheit zurückdrängen lässt. Aus der gegebenen Darstellung ist ersichtlich, dass man nicht in einer kurzen Formel den Unterschied der beiden Fortpflanzungsformen auszudrücken im Stande ist. Wenn man das typische Verhalten des Wassernetzes im Laufe der Sommermonate im Auge behält, so kann man den Unterschied etwa in folgender Weise formuliren: die un- geschlechtliche Fortpflanzung tritt ein, wenn die Netze bei genügend hoher Temperatur, hellem sonnigem Wetter, bei Vorhandensein eines frischen nährsalzhaltigen Wassers in lebhaftem Stoffwechsel begriffen sind, bei welchem Ernährung und Verbrauch sich ungefähr die Wagschale halten. Ein besonderer Reichthum des Wassers an anorganischen Nähr- salzen verleiht den Netzen eine besonders lebhafte Neigung zu dieser Fortpflanzungsart. 398 Die geschlechtliche Fortpflanzung tritt dagegen ein, wenn bei den Netzen durch irgend ein äusseres Moment, sei es niedere Temperatur, zeitweilig geringes Licht oder Dunkelheit, nicht gewechseltes Wasser oder Mangel an Wasser, die Zoosporenbildung verhindert wird und zugleich eine lebhafte Ansammlung organischer Substanz stattfindet. Besonders wirken in dieser Richtung fördernd organische Nährlösungen, vor allem Zucker. Vergleicht man die Bedingungen beider Fortpflanzungsarten unter einander, so könnie man eine Bestätigung des Satzes von Herbert Spencer’) herauslesen, nach welchem die ungeschlechtliche Fortpflanzung, die Agamogenesis, bei Ueberfluss, die geschlechtliche oder Gamogenesis bei Mangel auftritt. Düsing?) hat sich Spencer angeschlossen und das Material, welches dafür spricht, zusammengestellt. Dieser Ansicht. kommt eine gewisse Berechtigung zu, insofern auch hier bei Hydrodielyon die Agamogenesis an schr günstige‘ Ernährungsbedingnngen gebunden ist, während es für die Gamogencsis charakteristisch ist, dass irgend eine der Bedingungen sich ungünstiger gestaltet. Andererseits sind diese Aus- drücke Ucherfluss und Mangel, Gunst und Ungunst zu unbestimmt, zu wenig bezeichnend; sie sind nicht im Stande die vorhandenen’ physio- logischen Unterschiede hervorzuheben. Wenn man diese Ausdrücke in ihrem eigentlichen Sinne fasst, so erscheinen sie noch weniger passend, weil Ueberfluss an Nahrung geradezu für die Gametenbildung förderlich ist, und die Zoosporenbildung auch selbst bei relativ ungünstigen Lebens- verhältnissen erfolgt, wenn nur die Neigung dafür durch vorhergehende Einflüsse geweckt ist. In seiner eigentlichen Richtigkeit erscheint der Satz Spencer’s, wenn man die physiologischen Ursachen der Fortpflanzungsarten unberück- sichtigt lässt und sich nur fragt, welche biologische Bedeutung haben beide für das Leben der Alge. Unzweifelhaft weisen die Beobachtungen bei Hydrodietyon wie bei vielen anderen niederen Organismen darauf hin, dass die ungeschlechtliche Fortpflanzung vor allenı der Vermehrung, die geschlechtliche der Erhaltung dient. Je günstiger die allgemeinen Lebensbedingungen sind, je üppiger Wachsthum und Ernährung statt- gefunden haben, um so lekhafter erfolgt die Vermehrung auf unge- schlechtlichem Wege. Tritt eine Störung ein, gestalten sich in irgend welcher Beziehung die Lebensverhältnisse ungünstiger, so schützt sich die Pflanze vor dem Untergang durch die Bildung widerstandsfähiger Ruhe- zellen auf geschlechtlichem Wege. Sie sind bei vielen Algen die Organe, mit Hülfe deren die Pflanze auch ihren Standort verlassen und neue Gebiete aufzusuchen im Stande ist. 1) Herbert Spencer, Principien der Biologie Bd. T. S. 243 u. w. 2) Düsing, Die Geschlechtsregulirang ete. 8. 233, 399 Der Werth einer solchen biologischen Deutung der Fortpflanzung liegt hauptsächlich darin, eine Vorstellung von der phylogenetischen Entstehung derselben zu geben. Es erscheint ausgeschlossen, die physio- logischen Ursachen zu erkennen, welche zur Differenzirung der beiden Fortpflanzungsarten geführt haben, weil, wie schon früher betont wurde, beide in ihrem Wesen als unveränderliche Eigenschaften der Zelle uns gegenübertreten. Doch dem Drange der Erkenntniss Folge leistend werden wir annehmen müssen, dass die Agamogenesis die ursprünglichere Form der Fortpflanzung ist, aus welcher erst später sich die Gamogenesis ent- wickelt hat. Der Wechsel des Klimas, der Eintritt ungünstiger äusserer Umstände wurde zur Ursache der Bildung der ersten Ruhezellen, anfänglich durch Umwandlung einfacher vegetativer Zellen, bis dass an den ver- schiedenen Theilen des Systems die Verschmelzungen zweier Zellen, damit die Sexualität an die Stelle trat und von nun an immer bedeutungsvoller für das ganze Leben der Organismen wurde. Wohl kann man sich auch hier die Vorstellung erlauben, dass durch die Vereinigung zweier Zellen eine besonders starke Ernährung ') der Ruhezellen erreicht wurde oder, wie Weismann?) sich ausdrückt, eine besondere Stärkung der Kräfte des Organismus in Bezug auf die Vermehrung. Aber damit wird natürlich das Geheimniss, welches über der ersten Entstehung der geschlechtlichen Fortpflanzung schwebt, nicht erhellt. Es liegt mir fern, auf die Hypo- thesen, welche sich mit diesen Problemen beschäftigen, einzugehen. Aus meinen Untersuchungen am Wassernetz ergibt sich nur die interessante Thatsache, dass die ungeschlechtliche Fortpflanzung viel leichter und sicherer eintritt, und dass eine bestehende Neigung dafür viel schwieriger zu unterdrücken ist als es bei der geschlechtlichen der Fall ist. Die erstere erscheint als die ursprünglichere einfachere und mehr gefestigte Form, die letztere als die jüngere, abgeleitete, complieirtere und daher schwerer sich befestigende Form. Möglicherweise ist das Verhältniss der beiden Fortpflanzungsweisen schon bei anderen Algen verändert. - 5. Der Einfluss des Alters auf die Fortpflanzung. In allen bis jetzt angeführten Beobachtungen und daran anschliessenden Betrachtungen handelte es sich stets um Netze, welche in ihrer Ent- wickelung so weit vorgeschritten waren, dass sie sich fortpflanzen konnten. Es ist eine sehr allgemeine Erscheinung bei Pflanzen und Thieren, dass die Fortpflanzungsfähigkeit erst mit einem gewissen Alter beginnt, ge- wöhnlich dann, wenn die betreffenden Organismen ihr Wachsthum be- endet haben. Die Frage stellt sich ein, in welchem Grade bei Hydro- dietyon die Fortpflanzung in 'beiderlei Formen von der Entwickelung der ganzen Zelle abhängig ist. 1) Rolph, Biologische Probleme. Leipzig 1882. 2) Weismann, Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung Jena 1886 8. 52. Flora 1890, 26 400 Allerdings erhebt sich gleich die grosse Schwierigkeit, den Moment zu bestimmen, wann unter normalen Verhältnissen die Zellen ausgewachsen sind, ja es ist einfach unmöglich, weil das wichtigste Merkmal, das Auf- hören des Wachsthums, nicht brauchbar ist. Denn man weiss sehr selten bei einer Zelle, ob der Stillstand im Wachsthum auf inneren Gesetzen der Entwickelung oder nur auf zufälligen äusseren Bedingungen beruht. Die charakteristische Wachsthumsweise der Zellen findet ihre Ursache in einer vererbten Anlage, deren Entfaltung in slärkster Abhängigkeit von der Aussenwelt steht. Wärme, Licht, Beschaffenheit des Mediums ete. müssen in geeigneter Weise neben und mit einander einwirken, um nor- males Wachsthum zu veranlassen. Schon kleine Abweichungen und Ver- änderungen führen den Stillstand herbei, es wurde schon früher (S. 376) hingewiesen, wie gerade das Wachsthum, unter welchem hier immer nur Vergrösserung der Zelle, sei es der Länge, Dicke oder Breite nach ver- standen wird, eine so grosse Empfindlichkeit gegenüber denn Wechsel äusserer Einflüsse zeigt. Von dem Aufhören dieses Processes werden die anderen Functionen der Zelle direct nicht betroffen, die Zelle selbst erhält sich sehr lange Zeit lebendig, wie es besonders die Dunkeleulturen be- weisen, in welchen die Netze über ein halbös Jahr lang frisch sich erhielten, obwohl sofort nach Entziehung des Lichtes Ernährung und Wachsthum aufhörten. Monatelang können die Zellen in der 0,5-Nährlösung im vollen Licht stehen und sich frisch erhalten, obwohl in derselben kein Wachsthum zu beobachten ist. Sehr nahe liegt hier die Frage, ob nicht gerade die Verhinderung des Wachsthums zu einer Beförderung der Fortpflanzung wird. In der That erscheinen Wachsthum und Fort- pflanzung bis zu einem gewissen Grade als antagonistische Processe, welcher Gegensatz allerdings erst zu der Zeit deutlich wird, in welcher beide normaler Weise auf einander folgen. So lange lebhaftes Wachs- thum herrscht, sind die erworbenen Nahrungsstoffe absorbirt, können die Fortpflanzungsanlagen sich nicht entwickeln. Sie können es erst dann, wenn äussere Bedingungen ihnen zu Hülfe kommen, welche das Wachsihum zum Stillstand bringen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass eine untere Grenze des Alters existiren wird, unter welcher allein Wachs- thum herrscht, und eine obere, von welcher ab die Fortpflanzung an und für sich im Vorrang ist, während zwischen diesen Grenzen beide Functionen mit einander kämpfen, da sie sich bei den Zellen des Wassernetzes gegen- seitig ausschliessen. Hier bei Hydrodictyon liegen augenscheinlich diese Grenzen ziemlich weit auseinander, und in Folge dessen trilt die Cor- relation von Wachsthum und Fortpflanzung sehr deutlich hervor. Der beste Weg, von dem Verhältniss der beiden Functionen ein klares Bild zu gewinnen, besteht darin, eine Cultur ganz junger Netze von Zeit zu Zeit zu prüfen und den Zeitpunkt zu bestimmen, wann die Fort- pflanzung überhaupt möglich ist. Dabei berücksichtige ich zunächst nur A0l die Zoosporenbildung, weil sie jedenfalls in directerer Beziehung zum Wachsthum stelit als die Gametenbildung und vor allem leicht und sicher hervorzurufen ist. Bei einer solehen Cultur beobachtete ich, dass etwa 3 Wochen alte Netze zur Zoosporenbildung genöthigt werden konnten. Die Zellen hatten eine Länge von 0,8—1mm. In der freien Natur wird bei der rascheren Entwickelung eine kürzere Zeit nothwendig sein. Bei sehr ‘günstigen äusseren Bedingungen erlangen die Zellen des Wassernetzes eine Maximalgrösse von S—10 ınm. Während der ganzen Zeit, in welcher die Zellen von 0,8 bis auf 8, also das Zehnfache ihrer Länge heranwachsen können, hängt es von äusseren Bedingungen ab, ob Wachsthum oder Fortpflanzung herrscht. So lange alle Lebensverhältnisse in günstigster Combination auf die Zelle einwirken, erfolgt ununterbrochen Wachsthum. Erst wenn durch irgend eine kleine Veränderung dieser Combination, 2. B. zeitweilig zu niedere Temperatur in der Nacht oder zu hohe am Tage, eine Störung hervorgerufen wird, welche das Wachsthum behindert, kann die Anlage zur Zoosporenbildung freie Bahn für ihre Entfaltung gewinnen; die Zelle wächst nicht mehr, sie bildet Zoosporen, voraus- gesetzt —, dass die Bedingungen sich in den für die Bildung nothwendigen Grenzen halten. In dem Maasse, als die Zelle sich ihrem Grössenmaxi- mum nähert, von welchem ab überhaupt Fortpflanzung eintritt, brauchen diese Veränderungen der äusseren Bedingungen immer kleiner zu werden, um den Sieg der Fortpflanzung herbeizuführen. Bei der oben erwähnten Cultur gelang es nach 3 Wochen nur mit Hülfe einer 0,5-Nährlösung die Zeosporenbildung hervorzurufen, nach 4 Wochen, wo die Zellen beträcht- lich gewachsen waren, genügte ein Wechsel des Wassers, um dasselbe zu erreichen. Wie verhält es sich jetzt mit der geschlechtlichen Fortpflanzung ? Die früher besprochenen Beobachtungen haben gezeigt, dass dieselbe erfolgt, wenn die Anlage zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung zurück- gedrängt ist. Erstere steht zur letzteren in einem ähnlichen Verhältniss wie diese zum Wachsthum. Bei guten Gulturen, bei frischem Material aus dem Freien, welches ja fast nie aus ausgewachsenen Zellen besteht, muss daher nach Unterdrückung des Wachsthums eine Neigung zur Zoo- sporenbildung zunächst hervortreten, bis nach Unterdrückung derselben die Neigung zur Gametenbildung sich durchbrieht. Natürlich kommt es auch vielfach vor, dass junge Netze plötzlich in solche Bedingungen versetzt werden, dass sofort die Neigung zur Gametenbildung erweckt wird. Man würde vermuthen, dass vielleicht bei höherem Alter, bei der Annäherung an das Grössenmaximum aus inneren Gründen die Anlage zur geschlechtlichen Fortpflanzung in den Vordergrund tritt gegenüber der ungeschlechtlichen. Doch lassen die Beobachtungen bisher nichts davon bemerken; ich beobachtete sogar, dass die grössten Zellen von 8-10 mm im Herbst 1889, aus dem Freien geholt, sehr entschieden un- 26* 402 geschlechtlich gestimmt waren, wenn auch die Erregung der geschlecht- lichen Neigung schliesslich gelang. So lange lebhaft wachsende Culturen zur Verfügung stehen, befindet sich die Grösse der Zellen in einem proportionalen Verhältniss zum Alter, Da aber das Wachsthum so leicht für lange Zeit stillstehen kann, ist man meistens nicht im Stande aus der Grösse auf das Alter schliessen zu dürfen. Der grösste Theil der Versuche ist mit einem Material angestellt worden, dessen Alter nicht zu bestimmen war, sondern bei welchem sich sicher nur die allerverschiedensten Grössen nachweisen liessen. Es bietet daher ein gewisses Interesse, zu untersuchen, in wie weit die Forl- pflanzung von der Grösse der Zellen abhängt. In noch viel stärkerem Grade, als vorhin festgestellt wurde, gelang der Nachweis, dass selbst sehr wenig ausgewachsene Zellen fähig sind, sich fortzupflanzen. So wurde Gametenbildung bei Netzen beobachtet, deren Zellen eine Länge von 0,09—0,11 oder von 0,15--0,23, von 0,92--0,25, von 0,94—0,32, von 0,32-—-0,48 u. s. w. besassen, und wenn man damit die ausgewachsenen Zellen von S—10 mm vergleicht, so ergiebt sich innerhalb sehr weiter Grenzen eine Unabhängigkeit der Fortpflanzung von der Grösse der Zellen. Aehnlich, wenn auch nicht so auffallend, verhält es sich mit der Zoo- sporenbildung, welche noch bei Netzen beobachtet wurde, deren Zellen eine Länge von 0,24—0,48 oder 0,32—0,48 u. s. w. besassen. Die auffallende Thatsache, dass so wenig ausgewachsene Zellen die Fähigkeit besitzen, sich fortzupflanzen, erklärt sich zum Theil aus der An- nahme, dass auch ohne Wachsthum mit dem Alter Veränderungen in den Zellen vor sich gehen, welche die Entfaltung der Fortpflanzungs- anlagen möglich machen. In jenen von Anfang an verfolgten Gulturen liess sich in den ersten Wochen weder Zoosporen- noch Gametenbildung erreichen bei Zellen, welche unter 0,5 ınm lang waren, während solche Zellen leicht dazu gebracht werden konnten, nachdem sie mehrere Monate bei unveränderter Grösse älter geworden waren. Wir können also sagen, dass bei 1—20 Tage alten Zellen von einer Länge unter 0,5 mm über- haupt bisher keine Fortpflanzung beobachtet wurde, dass mit steigendem Alter auch kleinere Zellen. und zwar bis zu solchen von 0,1 mm die Fähigkeit erlangen, sich fortzupflanzen, dass dagegen die Zellen unter O,1mm gewöhnlich trotz noch so hohen Alters steril bleiben.. Zellen von 0,5—10mın gleichgültig welchen Alters, wachsen oder pflanzen sich fort je nach ‘den äusseren Bedingungen. Die Anlagen der beiden Fortpflanzungsformen sind daher nicht gleich zur vollständigen Entwickelung zu bringen in dem Zustande, in welchem - sie sich in der Zoospore befinden, sie erlangen erst. die Fähigkeit von einen gewissen Entwickelungszustande der aus den Zoosporen entstehenden Zelle. Die eine Möglichkeit wäre, dass die Anlagen zwar an und für sich von Anfang an entfaltungsfähig sind, aber die ganze Zelle erst dann in 403 Mitleidenschaft ziehen können, wenn die anderen Bestandtheile und Or- gane derselben, das Protoplasma, die Zellkerne, der Zellsaft sich etwas entwickelt haben. Auf der anderen Seite liegt die Annahme nahe, dass die Anlage selbst eine innere Entwickelung durchmachen müsse: z. B. eine gewisse Grösse erlangen oder sich vermehren müsse, bis die Aussenwelt entscheidet, ob überhaupt und welche von den Anlagen sich entfalten kann. Wahrscheinlich werden beide Momente, innere Ent- wickelung der Anlage und Entwickelung der übrigen Zellbestandtheile erforderlich sein, so dass erst von einer gewissen Grösse der Zelle resp. von einem gewissen Alter derselben an die Fortpflanzung erfolgen kann. Dabei bleibt die interessanle Thatsache bestehen, dass in so auflallendem Grade Fortpflanzung und Wachsthum von einander unabhängige Processe vorstellen. Weil aber zugleich beide mit derselben Function der Ernährung im engsten Zusammenhange stehen, so, existirt die früher hervorgehobene Beziehung, dass der Stillstand des Wachsthums in Folge äusserer Be- dingungen den Eintritt der Fortpflanzung nach sich zieht, vorausgesetzt, dass die Bedingungen derselben sonst günstig sind. 6. Das Verhalten des Wassernetzesin der freien Natur. In ‘der bisherigen Untersuchung war versucht worden auf dem Wege des Experimentes über die Abhängigkeit der Fortpflanzung von der Aussen- welt Aufschluss zu gewinnen. Die andere Methode, welche von den meisten ähnliche Fragen behandelnden Arbeiten befolgt wird, geht darauf aus, das Verhalten des Organismus in der freien Natur während des ganzen Jahres zu beobachten. Auf diesem Wege müsste sich schliesslich entscheiden lassen, ob ein regelmässiger Generationswechsel existirt oder ob die Fort- pflanzungsformen in mannigfaltigstenm Wechsel anscheinend in Abhängig- keit von der Ausenwelt auftreten. Leicht lässt sich auch feststellen, dass bei Hydrodietyon in der freien Natur eine vollständige Regellosigkeit in der Fortpflanzungsweise herrscht, welche um so auffallender erscheint, wenn man mehrere Jahre hinter- einander die Beobachtungen macht, und welche sich mit der Auffassung des Generationswechsels kaum vereinigen lässt. In allen Jahreszeiten, mit Ausnahme der eigentlichen Wintermonate, während welcher kein Stand- ort mit Hydrodietyon mir zur Verfügung stand, kommen nebeneinander, oder bald die eine bald die andere Form vorherrschender, beide Fort- "pflanzungsarten vor. Schon Alexander Braun!) bemerkte es, in Folge dessen er den Gedanken aussprach, dass äussere Verhältnisse massgebend einwirken müssen. So wie ich aber die nothwendigen Beziehungen zu erforschen suchte, welche zwischen der Beschaffenheit eines bestimmten Standortes und der an ihm auftretenden Fortpflanzungsweise existiren, (1 Al. Braun, Verjüngung etc, 8. 238, Anmerkung 2, 104. leglen sich so grosse Schwierigkeiten in den Weg, dass es im besten Falle nur möglich erschien, allgemeine und wenig präcise Vorstellungen dieser Beziehungen zu gewinnen. Diese Erkenntniss der Mängel der Methode führte auf die Nothwendigkeit des Experimentes. \ Die Hauptschwierigkeit liegt in der Beurtheilung der physiologischen Verhältnisse eines Standorts, besonders wenn es sich um Zellenpflanzen des Wassers handelt wie bei Hydrodietyon. Bei einem Standort, wie z. B. dem grossen Teich bei Neudorf in der Nähe von Basel, wirken Verhältnisse zusammen, welche quantitativ und qualitativ sehr schwer ihrer Bedeutung nach abgeschätzt werden können, zumal die Zellen für Unterschiede em- pfindlich sind, welche sich der direeten Beobachtung entziehen. Die Be- schaffenheit des Bodens, des Wassers, die Temperaturen bei Tag und Nacht, die Beleuchtung, die Wirkung anderer Gewächse, die Coneurrenz mit anderen Netzen bei sehr dichtem Wuchs, alles vereinigt sich in mannigfaltigen, dabei von Tag zu Tag wechselnden Combinationen. Man macht sich die grosse Schwierigkeit besonders klar, wenn man an dem- selben Standort zu gleicher Zeit Netze mit geschlechtlicher, andere mit ungeschlechtlicher Fortpflanzung findet oder Netze, welche beides gleich- zeitig zeigen. Wie soll man herausfinden, auf welche physiologischen Bedingungen diese Verschiedenheit zurückzuführen ist? Man kann sich ungefähre Vorstellungen bilden, welche in den meisten Fällen falsch sein werden. Dazu kommt die schon mehrfach erwähnte Erscheinung der Nach- wirkungen, in Folge deren die an einem Standort beobachtete Fort- pflanzung in keiner Beziehung zu stehen braucht zu dengerade waltenden Verhältnissen, vielmehr das Resultat früherer, nicht mehr vorhandener Bedingungen sein kann. Schliesslich ist noch zu berücksichtigen bei Algen wie Hydrodictyon, dass die Feststellung der an einem Standort herrschenden Fortpflanzung mit kritischer Vorsicht erfolgen muss. In den meisten Fällen findet die Untersuchung des Materiales zu Hause statt, vielleicht erst mehrere Tage nachdem die Algen in anderem Wasser unter ganz anderen Licht- und Temperaturbedingungen im Zimmer gelebt haben. Dadurch können aber die Neigungen oder die Fortpflanzungsweisen direct andere werden als an dem Standort selbt. Da stets die Beobachtungen in der freien Natur für die vorliegenden Fragen sehr wichtig sind, ist es um so nothwendiger, die bezeichneten Schwierigkeiten im Auge zu behalten und nicht die dadurch bedingten Schranken zu übersehen, welche sich der Erkenntniss der physiologischen Ursachen der Fortpflanzung gegenüberstellen. Selbst bei Experimenten, bei welchen die Wirkung einer einzelnen äusseren Bedingung für sich in Betracht gezogen und ihrem Werth nach beurtheilt werden kann, ist der richtige Einblick oft schwer zu erhalten. Es wäre ein Irrthum, zu glauben, mit Hilfe von Experimenten gleich vollen Aufschluss zu gewinnen. Die grosse Unkenntniss 405 der verwickelten Lebensprocesse, welche mit und nebeneinander in einer Zelle vor sich gehen, führt es mit sich, dass die Wirkung der einzelnen Bedingung, welche doch meistens auf alle Lebensprocesse Einfluss aus- übt, nur in Rücksicht auf die Fortpflanzung oft schwer genau ab- zuschälzen ist. Die bisherigen Experimente entsprechen auch noch nicht allen Anforderungen exacter Versuche wie in der Chemie und Physik, da gewisse Bedingungen besonders die sehr wichtige des Lichtes nicht in genau bekanntem und bei den Versuchen sich gleich bleibenden: Maasse angewendet wurden. Man müsste wohl zu künstlichen Lichtquellen greifen, um constante bekannte Lichtmengen für die Versuche zur Verfügung zu haben. Ebenso lässt sich bisher der Eintritt der Nährsalze in die Zelle, welcher doch vor allem wichtig erscheint, nicht genau bestimmen. So erklärt es sich, dass man bei den vielen Versuchen im Laufe mehrerer Jahre doch auf Resultate stösst, welehe nicht mit der Erwartung überein- stimmen, was sich allerdings wesentlich nur auf die geschlechtliche Fort- pflanzung bezieht. Wenn nun auch die Experimente in ihren Resultaten einer stetigen scharfen Kritik wegen der noch bestehenden Fehlerquellen zu unterziehen sind, so geben sie uns doch, wie ich glaube gezeigt zu haben, sichere Andeutungen über die Wirkung der Aussenwelt auf die Zelle. Von dem gewonnenen Standpunkt aus kann man jetzt eher daran gehen, die Stand- ortsverhältnisse in der freien Natur zu beurtheilen und sie andererseits zur Bestätigung oder Erweiterung der Anschauungen zu benutzen. Am richtigsten wird die Erklärung ausfallen, wenn an einem freien Standort ein auffallender Wechsel in der Fortpflanzung erfolgt, wenn nach langer ungeschlechtlicher Vermehrung Gametenbildung auftritt in einem Grade, der völliges Verschwinden der Algen nach sich zieht, wie es z. B. der Fall war im Juli 1889 im Teich von Neudorf. Hier hing die Erscheinung wahrscheinlich damit zusammen, dass das Wasser des Teiches, welcher an der einen Stelle vollgepfropft mit Netzen war, gerade dort zurückging, so dass die Unmasse Netze in relativ wenig Wasser einer glühenden Juli- hitze während des Tages ausgesetzt waren. Ganz andere Ursachen wirken vielleicht dahin, dass im Herbst häufig die Gametenbildung sehr reich- lieh auftritt. Die kühlen Nächte behindern die Zoosporenbildung, ebenso die vielen trüben Tage, welche andererseits ausreichend Licht geben, so dass die Bildung von Nahrungsstoffen vor sich gehen, und die Gametenbildung un sich greifen kann. In der freien Natur handelt es sich jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle um Netze, bei welchen die beiden Anlagen der Fortpflanzung ungefähr sich das Gleichgewicht halten, in Folge dessen alles in Betracht kommt, was ich früher ausführlich über diesen Punkt behandelt habe (8.395). Dabei kann es sehr wohl sich er- eignen, dass unter besonderen Umständen, bei bestimmten Standorten lebhafte Neigungen zu der einen Fortpflanzungsform sich bemerkbar 406 machen, wie es der Fall sein muss bei jenen Netzen, welche nach Klein?) in der Nähe von Freiburg bis in den Winter hinein sich durch Zoo- sporenbildung erhielten. Hier könnte in der That eine reichliche Zu- fuhr von Nährsalzen die wesentliche Rolle gespielt haben. So wird man sich meistens eine Vorstellung bilden können über den Zusammen- hang von Standort und Fortpflanzung, ohne dabei zu vergessen, dass die Gefahr sehr nahe liegt, in Irrthümer zu verfallen. 7. Der Generationswechsel bei Hydrodictyon und anderen Algen. In meiner vorläufigen Mittheilung habe ich die Resultate meiner Arbeit in folgender Weise bezeichnet. Das wichtigste Ergebniss meiner Unter- suchung besteht darin, dass das Wassernetz keinen bestimmten, auf inneren Gründen beruhenden Wechsel von geschlechtlichen und ungeschlechtlichen Generationen zeigt, dass überhaupt keine besonderen Generationen, sei es der einen oder der anderen Fortpflanzungsform existiren; vielmehr besitzt jede Zelle des Netzes die Anlagen für beide Formen, und über das jedesmalige Eintreten derselben entscheiden die äusseren Bedingungen. Ich fügte noch bei, dass man in gewisser Weise die Zellen mit jenen enantiotropen Substanzen wie Schwefel, Salpeter etc. vergleichen könne, welche in zweierlei Formen vorkommen und welche die eine oder die andere annehmen je nach den äusseren Bedingungen. Mit diesem Vergleiche sollte nur soviel gesagt werden, dass in beiden Fällen die Fähigkeit, in ver- schiedenen Formen aufzutreten, in der speeifischen unerklärlichen Natur, sei es der Zelle oder der Substanz des Schwefels etc. begründet ist, dass “ aber die Entscheidung darüber, welche Form angenommen wird, von der Aussenwelt abhängt. Die seit jener Mittheilung neu beobachteten Thatsachen haben diese Sätze nur noch bestätigt, und es existirt eine nothwendige Aufeinander- folge von ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Generationen bei dem Wassernetz jedenfalls nicht. Die Frage des Generationswechsels ist aber damit noch nicht gelöst, weil ein sehr wichtiger Punkt, die Entwickelung der Zygoten, bisher nicht berücksichtigt worden ist. Wir wissen durch Pringsheim’s?)treffliche Untersuchung, dass die Zygoten bei der Keimung grosse ungeschlechtliche Schwärmer bilden, dass die daraus entstehenden Polyeder auf ungeschlechtlichem Wege die ersten jungen Netze erzeugen. Liegt hier ein nothwendiger Entwickelungsgang vor, so müsste man von einem wahren Generationswechsel sprechen. Die Frage lässt sich theoretisch nicht entscheiden, sondern einzig auf dem Wege des Experimentes Man 1) L. Klein, Vergleichende Untersuchungen über Morphologie und Biologie der Fortpflanzung bei der Gattung Volvox; Berichte der Naturf. Gesellsch. Freiburg V 1,1890, S. 81. 2) Pringsheim, Monatsberichte der Kgl. Akad. d. Wissensch. Berlin 1861. 409 müsste versuchen sowohl die Polyeder wie auch schon die Zygoten direct zur Erzeugung von Gameten zu nöthigen; es könnte auch bei ersteren gelingen ?), bei letzteren nicht. Meine eigenen Versuche sind negativ aus- gefallen, doch kann ich kein Gewicht darauf legen, weil sie zu wenig zahl- reich und mannigfaltig waren. Nur eine Beobachtung machte ich dabei» welche der Erwähnung wertb ist. Wie Pringsheim nachgewiesen hat, und ich bestätigt gefunden habe, bleiben die Zygoten eine ganze Zeit hindurch ruhend, bis sie keimen. Diese Ruhezeit ist aber keine noth- wendige, da es gelingt, die Zygoten gleich nach ihrer Bildung zum Wachs- thum zu bringen, indem man sie in 0,5-Nährsalzlösung bei vollem Licht eultivirt. Sie wachsen allmälich heran und bilden nach einigen Wochen Zoosporen, sowie sie in frisches Wasser übergeführt werden. Die gewonnenen Polyeder erzeugten bisher nur ungeschlechtliche Zoosporen. Es bleibt also die Möglichkeit bestehen, dass Hydrodictyon einen Ge- nerationswechsel in dem Sinne besitzt, dass aus den auf geschlechtlichem Wege erzeugten Zygoten immer zuerst aus inneren Ursachen 1 oder 2 ungeschlechtliche Generationen entstehen. Von diesen ab entscheiden dann die äusseren Bedingungen, welche Art der Fortpflanzung stattfindet. Die bei Hydrodietyon sich darbistenden Probleme des Generations- wechsels drängen sich auch bei allen anderen Algen auf; ein weites Gebiet neuer Untersuchungen eröffnet sich, da die bisher herrschenden Auffassungen mehr auf gelegentliche Beobachtungen als auf planvoll Aurchgeführle Versuche sich gründen. Bereits Vines?) hat den Generations- wechsel für alle Thallophyten geleugnet mit Ausnahme der Coleochaete und Characeen, obwohl auch für diese bisher der Nachweis nicht geliefert ist. Denn bei Coleochaete wäre es möglich, dass die Zellscheibe, welche aus ‚der Oospore sich entwickelt, unter geeigneten Bedingungen direct zu einer geschlechtlichen Pflanze wird, und die Characeen haben überhaupt keinen "Generationswechsel, weil der wesentliche Charakter, die Selbstständigkeit der ungeschlechtlichen Generation, die aus der Eispore entwickelt wird, nicht vorhanden ist. Wenn man von der Entwickelung der Geschlechtsproducte absieht und sich zunächst darauf beschränkt, das Verhältniss von ungeschlecht- licher und geschlechtlicher Fortpflanzung bei den Algen zu erkennen, so tritt schon jetzt aus den Beobachtungen Anderer und von mir aufs Deut- lichste hervor, dass die Aussenwelt dieses Verhältniss in sehr hohem Grade beeinflusst. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür liefert uns Botrydium granulatum, dessen Lebensgang in so ausgezeichneter Weise durch 1) Pringsheim ].c. 8.10 erwähnt, dass er in dem Polyeder zweierlei Schwäru- sporen, grössere und kleinere, beobachtet habe; doch treten beide Formen zu jungen Netzen zusammen, " 2) S. Vines, On alternation of generations in the Thallophytes. Journal of Botany 1879, 408 Rostafinski') undWoronin bekannt geworden ist. Je nach den äusseren Bedingungen erzeugen die vegetativen Pflanzen Zoosporen oder vegetative Ruhezustände in verschiedenen Formen; durch Einwirkung der Insolation, der "Trockenheit lassen sich Sporen hervorrufen, welche Gameten bilden. Botrydiunm wäre jedenfalls einer besonderen Untersuchung werth, um die physiologischen Bedingungen der Fortpflanzung zu erkennen. Wenn auch selten so deutlich, zeigt sich immerhin bei anderen Algen die gleiche Erscheinung der Abhängigkeit von der Aussenwelt. Strasburger) äusserle sich auf Grund seiner reichen Erfahrungen, dass die Algen unter den günstigsten Verhältnissen sich gewöhnlich nur auf ungeschlechtlichem Wege vermehren, meist aber reichlich Geschlechtsorgane erzeugen, sobald ihnen der Tod zu drohen beginnt. Besonders abhängig von äusseren Bedingungen erscheint die ungeschlechtliche Fortpflanzung; es ist bekannt, wie leicht viele Algen wie Ulothrix, Oedogonium, Conferva etc. zur Zoosporenbildung zu bringen sind. Es-scheint als wenn bei diesen Algen unter normalen Verhältnissen die Anlage zur Zoosporenbildung in der Zelle schon meist entfaltet ist, so dass ein leichter Anstoss, eine Verände- rung des Mediums genügt, um die Entwickelung der Schwärmer hervor- zurufen, Die Ansicht von Walz, dass der Sauerstoff des Wassers einen solchen Reiz abgiebt, ist für viele Fälle richtig aber nicht allgemein gültig. Vaucheria geminata, welche gern in rasch fliessendem Wasser vorkommt, bildet Zoosporen, wenn man sie in stehendes Wasser überführt, obwohl ihr in letzterem weniger Sauerstoff zur Verfügung steht als in ersterem. So werden die verschiedensten Momente die Veranlassung zur ungeschlecht- lichen Fortpflanzung werden können, und sie werden auch nicht immer so cinfach herauszufinden sein, so z. B. bei Algen wie den Cladophora-Arten, bei welchen die Zoosporenbildung anscheinend so unregelmässig und launenhaft auftritt. Verwickelter und zweifelhafter liegt die Frage bezüglich der Abhängig- keit der geschlechtlichen Fortpflanzung von der Aussenwelt bei vielen Algen, sei es isogame oder oogame Befruchtung. Hicrbei können die gelegentlichen Angaben über das Erscheinen der Geschlechtsorgane wenig entscheiden, und richtig ausgeführte Versuche fehlen. Doch weist wenig- stens jetzt schon eine Reihe Erfahrungen darauf hin, dass äussere Bc- dingungen eine massgebende Rolle dabei spielen, so z. B. gerade die Angaben von Rostafinskiund Woronin, nach welchen die Geschlechts- sporen bei Botrydium durch allmähliches Eintrocknen bei hellen Licht hervorgerufen werden. Eigene Beobachtungen und Versuche sind von mir bei Chlamydomonas und Vaucheria angestellt worden. Seit vielen Jahren wende ich eine einfache Methode an, um bei Ghlamydomonas pulvisculus mit Sicherheit Gameten zu erlangen. Die Zoosporen werden auf Torf aus- 1) Rostafinski und Woronin, Ueber Botrydium granulatum. Leipzig 1877. 2) Strasburger in Pringsheims Jahrbücher, VIL 1869—70. 8. 420. 409 gesät, welcher mit einer sehr verdünnten Nährsalzlösung getränkt worden ist. Allmählich bilden sich grosse pallmellenähnliche Gallertmassen durch lebhafte vegetative Theilung. Wenn man solche Torfstücke in Wasser bringt, so werden schon nach 24 Stunden unzählige Gametenschaaren entwickelt. Ebenso gelingt es zu verschiedenen Zeiten des Jahres die Geschlechtsorgane der Vaucheria geminata zu erhalten. An solchen Stand- orten, wo lebhaft fliessendes Wasser vorhanden ist, scheint die Alge selten zu fructificren. Bringt man aber sterile Rasen der Alge in Cultur- gefässe und stellt sie im Zimmer hell, so entwickeln sich in einigen Wochen stets die Geschlechtsorgane in grösster Anzahl. Diese Beobachtungen sind natürlich zu vereinzelt und lassen verschiedene Deutungen zu; doch ge- nügen sie, um die Wahrscheinlichkeit zu stützen, dass äussere Bedingungen das Auftreten der Geschlechtsorgane reguliren. In neuester Zeit hat auch Klein!) in einer interessanten Arbeit über Volvox den grossen Einfluss der Aussenwelt auf die Fortflanzung hervor- gehoben und die Idee eines regelmässigen Generationswechsels aufgegeben, welche er noch in der vorletzten Abhandlung zu retten gesucht hatte ?). Klein stützt seine Ansicht ausschliesslich auf das Verhalten von Volvox in der freien Natur, in welcher statt einer regelmässigen Aufeinander- folge ungeschlechtlicher und geschlechtlicher Colonieen eine bunte Mannig- faltigkeit und vollständige Regellossigkeit derselben zu beobachten ist. Zwischen den Extremen, rein ungeschlechtlichen, rein weiblichen, rein männlichen Colonieen gibt es eine grosse Menge Mittelformen, verschiedene Combinationen, von welehen Klein nicht weniger als 20 aufzählt. Diese Combinationen finden sich an den verschiedensten Standorten in sehr ver- schiedenen Mengeverhältnissen ; die sexuellen Colonieen können den Höhe- punkt ihrer Entwickelung zu den verschiedensten Zeiten des Jahres erreichen, und an benachbarten Standorten können alle möglichen Formen dieser Colonieen gleichzeitig entwickelt sein, Klein glaubt nun, auf sein reiches Beobachtungsmaterial gestützt, dass die ganze chaotische Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung von Volvox aureus der Hauptsache nach, der Eintritt oder das Ausbleiben der sexuellen Fortpflanzung ausschliesslich durch äussere Ursachen bedingt ist. In welcher Weise allerdings die Aussenwelt eingreift, wie es zu erklären ist, dass zu derselben Zeit an demselben Standort die verschiedenen CGombinationen vorkommen, ist bisher vollkommen räthselhaft. Die Versuche Klein’s sind negativ ausgefallen; seine Ideen werden sich kaum beweisen lassen und erhellen das Dunkel nicht. Gerade die verwickelten Erscheinungen bei Volvox mahnen zur Vor- sicht, diesen Gedanken über die Abhängigkeit der Fortpflanzung von äusseren Ursachen nicht gleich zu schnell auf alle Fälle zu übertragen und 1) L. Klein, Vergleichende Untersuchungen über Morphologie und Biologie der Fortpflanzung bei der Gattung Volvox; Ber. der Naturf. Gesellsch. Freiburg V,1. 2) L. Klein, Morphologische und biologische Studien über die Gattung Vol- vox; Pringsheims Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. XX, 1889, 410 zu übertreiben. Denn innere Ursachen, mögen sie auch noch so räthselhaft für uns erscheinen, spielen jedenfalls eine wichtige Rolle; umfassen sie doch den ganzen verwickelten Complex von Stoffen und Kräften, welchen wir uns in der vererbten Anlage vorstellen müssen. Wahrscheinlich muss diese Anlage selbst wieder eine gewisse innere Entwickelung durchmachen, und es ist wohl möglich, dass bei manchen Algen auch die Zeit ihrer Fructification erblich fixirt ist wie bei höheren Pflanzen. Dabei bleibt auch die Frage noch offen, ob nicht die Producte der geschlechtlichen Fortpflanzung aus inneren Gründen zuerst ungeschlechtlich sich fortpflanzen müssen, bevor sie wieder zur Sexualilät schreiten können. Nur ein Fall ist mir bisher bei Algen bekannt, wo die äusseren Bedingungen darüber entscheiden, in welcher Weise die sexuell erzeugten Keime sich entwickeln. Es ist dies die merkwürdige Alge Phyllobium dimorphum, welche in Blättern von Lysimachia lebt. Wie ich früher!) nachgewiesen habe, entstehen durch Copwlalion zweier geschlechtlich differenzirter Gameten Zygoten, welche sich in für sie günstigen Verhältnissen zu geschlechtlichen Sporen ent- entwickeln, dagegen bei ungünstigen Bedingungen zu ungeschlechtlich sich fortpflanzenden Zellen heranwachsen. Hier ist augenscheinlich das Verhältniss der beiden Fortpflanzungsformen ein ganz abweichendes gegen- über Hydrodictyon. Schon mehrfach behauptet ist das vollständige Fehlen eines nothwendigen Generationswechsels bei den Pilzen, bei welchen überhaupt die Fortpflanzungserscheinungen in sehr auffallendem Grade von äusseren Ursachen, besonders von der Ernährung abhängen. Bei Mueorineen, deren Entwickelungsgang so häufig mit demjenigen der Algen verglichen worden ist, wird nicht bloss das Auftreten von Gonidien und Zygosporen-Fructification durch die Aussenwelt regulirt, sondern es gelang Brefeld?) auch die Zygosporen von Mucor dichotomus direct wieder zur Bildung von Zygosporen zu bringen, während gewöhnlich bei der Keimung zuerst ungeschlechtliche Fortpflanzung erfolgt. Allerdings sind auch bei den Pilzen die Verhältnisse durchaus noch nicht so aufgeklärt ; hat doch selbst Brefeld®), welcher über ein so reiches Beobachtungsmalerial ver- fügt, später seine Ansicht zurückgenommen und die Meinung ausgesprochen, dass die äusseren Umstände von keiner wesentlichen Bedeutung für das Auftreten der geschlechtlichen Fortpflanzung seien. Der rasche Ueberblick, welchen ich im Anschluss an meine Arbeit über Hydrodictyon gegeben habe, soll nur zeigen, welch’ eine Fülle von neuen Untersuchungen sich aufdrängt, um die Frage zu entscheiden, welchen Einfluss die Aussenvwelt auf die Fortpflanzungserscheinungen aus- übt; meine eigene Untersuchung möge nur dazu anregen und den Weg anbahnen, mit Hülfe des Experimentes dem wichtigen Problern näher zu treten. 1) Kilebs, Beiträge zur Kenntniss niederer Algenformen. Bot. Zeitg. 1881. 2) Brefeld, Botanische Zeitung 1875, S. 817—48. 3) Brefeld, Schimmelpilze; IV, 1881, S. 74—75, 411 Arbeiten aus dem botanischen Institut zu Marburg. VII. 0. Giesenhagen: Die Hymenophyllaceen. (Hierzu Tafel XIV—XVIM. 1. Einleitung. Wie aus den Notizen der Sammler und aus gelegentlichen Bemer- kungen .in der Litteratur hervorgeht, leben die Hymenophyliaceen unter ganz eigenartigen Verhältnissen, sie haben in den feuchten, schattigen Wäldern der Tropen und der, subtropischen Länder ihre eigentliche Heimat. Ihr Standort befindet sich meistens hoch über dem Erdboden auf den Stämmen und Aesten der Waldbäume oder auf überhängendem Gestein in feuchten Gebirgsschluchten. Es ist klar, dass diese Farne durch ge- wisse Eigenthümlichkeiten in ihrem Aufbau befähigt sein müssen, eine so extreme Lebensweise, wie sie ihnen durch die äusseren Umstände ge- boten ist, zu ertragen. Wir wollen nun versuchen, im Folgenden die Morphologie und Anatomie dieser interessanten Farnfamilie in ihren Beziehungen zu den äusseren Lebensbedingungen zu schildern. - Es werden sich im Laufe der Untersuchung auch einige Resultate ergeben, welche für die Systematik der Hymenophyliaceen zu verwerthen sind. Auf dem letzteren Gebiete herrscht heute eine ausserordentliche Verwirrung, da fast jeder Autor, welcher eine Untersuchung der Hymeno- phyllaceen unternahm, eine neue Anordnung und die Neuaufstellung von Gruppen und Gattungen für gut befunden und die vorhandenen Artbegriffe nach seinem Ermessen abgewandelt hat. Aus diesem Grunde wäre eine eingehende Neubearbeitung der Systematik dieser Familie von einem ein- heitlichen Gesichtspunkte aus ein für die Wissenschaft sehr erwünschtes Unternehmen. Zum grossen Theil scheint mir an der herrschenden Ver- wirrung in der Artumgrenzung der Umstand schuld zu sein, dass die Bearbeiter bei der Aufstellung von Arten und bei der Vereinigung der- selben zu grösseren Abtheilungen auf die eigenartige Biologie der Hymeno- phyllaceen nicht die nöthige Rücksicht nahmen. Die Hymenophyliaceen gehören zum Theil zu denjenigen Gewächsen, welche sich gegenüber den Einflüssen der äusseren Umstände ein ziemlich grosses Mass von Bild- samkeit bewahrt haben, welche also mit Leichtigkeit inconstante Standort- varietäten bilden. Dem Systematiker werden, wenn er nicht Gelegenheit nimmt diesen Umstand eingehender zu prüfen, leicht zwei Exemplare derselben Species, welche durch verschiedene äussere Umstände beein- flusst different ausgebildet sind, als besonderen Arten zugehörig erscheinen, zumal da für die Untersuchung in vielen Fällen nur mangelhaftes Herbar- material vorhanden ist. Eine Neubearbeitung der Systematik der Eiymeno- phyllaceen würde also bei der Fixirung der Speciebegriffes auf die Beein- 412 flussung der Formen durch die äusseren Umstände ihre Aufmerksamkeit zu lenken haben. Auch hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe kann die vorliegende Arbeit, welche einige Beziehungen zwischen dem Bau und der Lebensweise der Hymenophyllaceen klar zu legen sucht, für die Systematik nutzbringend sein. Es sollen ausserdem, wenn sich dazu Gelegenheit bietet, Andeutungen über etwa gefundene Incongruenzen und Unrichtig- keiten gegeben werden. Für eine eingehende Bearbeitung der Systematik hielt ich das mir zugängliche Material nicht für genügend. Ausser dem Herbarium der Universität Marburg standen mir zur Verfügung die Hymenophyllaceen der Universitätsherbarien von Göttingen, Leipzig und München, das Herbarium Grisebachianum und ‘das Privatherbar des Herrn Professor Goebel. Von dem Berliner Herbarium, dessen Hymenophyllaceen für cinen andern Bearbeiter reservirt werden, waren mir einige Doubletten überlassen worden. Von Herın Alfred Viereck, zur Zeit in Blumenau in Brasilien, wurden mir einige interessante brasilianische Formen zur Bearbeitung übersandt. Ich nehme die Gelegenheit, sämmtlichen Herren Professoren und Direktoren, durch deren Güte mir die Benutzung des genannten Materials für meine Arbeit gestattet war, sowie dem Herrn Viereck für seine Sendung, auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszudrücken. Dem Herrn Professor Goebel bin ich noch zu ganz besonderem Danke verpflichtet für die Ueberlassung werthvollen Alkoholmaterials und für das Interesse, dass er in jeder Weise meinen Arbeiten zuzuwenden die Güte hatte. Es ist wohl selbstverständlich, dass ich bei der folgenden Darstellung der Wachsthurns- und Gestallungsverhältnisse bei den Hymenophyliaceen das in der Litteratur gegebene Thatsachenmaterial eingehend berück- sichtigt und, soweit es mir geboten erschien, im Zusammenhang wieder gegeben habe. Natürlich ist das nicht ohne Prüfung der betreffenden Angaben älterer Autoren geschehen, sofern es das Material gestattete. Um nicht durch allzuhäufige Hinweise auf die Litteratur die Darstellung ungeniessbar zu machen, füge ich hier eine kurze Uchersicht über die wichtigeren einschläglichen Arbeiten ein. Die Hymenophyllaceen sind schon mehrfach zum Gegenstande zu- sammenhängender Untersuchungen gemacht worden. Die älteren Autoren Swartz'), Hooker?), Presl®), Van den Bosch‘) und andere be- 1) Synopsis filicum. Kiliae 1806, 2) Species filicum. Vol. I. Hooker et Greville, Icones flicum. Garden Ferns, Exotic flora, Teones plan- tarum Vol. X, XVII, Second Century of Ferns etc, 3) Hymenophyllaceae. Prag 1843. 4) Inleiding tot de Kennis der Hymenophyllaccae und Rerste Beidräge tot de Kennis der Hymenophyllaceae. Verslagen en Mededeel. d. K. Acad. Amsterdam 1861. Deel XI. Hymenophyllaceae Javanicae. Natuurk. Verh. der K, Akad, Deel IX. 413 mühten sich entsprechend der vorwiegenden Richtung in der wissen- schaftlichen Botanik ihrer Zeit die zahlreichen Formen dieser Farnfamilie zu beschreiben und in systematische Ordnung zu bringen; von kleineren Arbeiten, welche gleichfalls eine rein systematische oder pflanzengeogra- phische Richtung verfolgen, will ich hier als für meine Arbeit bedeutungs- voll nur die folgenden nennen: Kunze, Analecta pteridographica '); Derselbe, über Hooker species filicum 2); K. Müller, über einige bisher verwechselte Arten der Farrngruppe der Aymenophyllaceae®); Karsten, Flora Columbiae*); Sturm, über einige neue Hymenophylleenarten aus der Verwandtschaft des Hymenophyllum sericeum Sw.5); Baker, Dekription of six new Species of simplefronded Aymenophyllaceae®); Luerssen, Peridologische Notizen’). Ferner nenne ich hier noch Taschner, de duabus Triehomanum speciebus®). Eine eingehende Untersuchung der Ilymenophyllaceen hinsichtlich ihres Baues und ihrer Entwickelung hat zuerst Mettenius°) unternommen. Er begnügt sich damit, einfach die vorgefundenen morphologischen, anatomischen und entwicklungsgeschicht- lichen Thatsachen zu constatiren; ausser gelegentlichen Hinweisen auf ein ähnliches oder abweichendes Verhalten in andern Farnfamilien finden wir in seiner Arbeit nur wenige Versuche, aus den beobachteten Verhältnissen allgemeine Schlüsse für das Verständniss der untersuchten Pflanzengruppe abzuleiten. Prantl’®), der jüngste Monograph der Zymenophyilaceen, hat nun die von Mettenius gefundenen Thatsachen und die Resultate seiner eigenen Untersuchungen für die Systematik und Abstammungslehre zu verwerthen gesucht. Er glaubt zeigen zu können, dass sich in den Hymenophyllaceen die Ausgangspunkte für die alien übrigen Ordnungen der Farne und vielleicht noch den Gycadeen zukommenden Charaktere erkennen lassen, und glaubt Anhaltspunkte zu finden, welche den Gang der morphologischen Differenzirung von der Mooskapsel zum einfachsten Typus der Gefässkryptogamen mit einiger Wahrscheinlichkeit anzudeuten gestatten. Prantl hat sich bei seinen Untersuchungen und Deductionen vorwiegend auf die vegetative Generation der Hymenophyllaceen beschränkt und auch dort nur einzelne Punkte, vornehmlich den Aufbau und die 1} Leipzig 1837. 2) Bot. Zeitg. 1847. p. 183. 8) Bot. Zeitg. 1854. p. 718. 4) Tom. 2. p. 107 figd. - 5) Bot. Zeitg. 1859. p. 297. 6) Linn. Soe. Journ. bot. Vol. IX. 7) Bot. Centralbl. IX. p. 438 und XI. p. 26. Flora 1876. Nr. 15. 8) Jena 18435. 9) Ueber die Hymenophyllaceae. Abhandl. d. math.-phys. Classe der Kgl. Sächs. Gesellsch. der Wiss. Bd. VIL 10) Morphologie der Gefässkryptogamen. Heft I. Leipzig 1875. 414 Entwickelung des Blattes eingchender betrachte. Mögen auch diese Untersuchungen hinreichen, um dazuthun, dass in den Hymenophyllaceen die Hauptcharaktere der übrigen Farngruppen ebenfalls vorhanden sind, so sind sie doch keineswegs genügend, um die Phylogenesis des I/ymeno- phyllaceentypus in irgend einer Weise verständlich zu machen. Die Dar- stellung, welche Prantl von dem Entwicklungsgange von der Moosbüchse zur einfachsten Farnpflanze giebt, hat einen durchaus hypothetischen Charakter. Es ist nicht zu leugnen, dass wir m der Moosbüchse und in der vegetativen Farnpflanze homologe Gebilde vor uns haben; ob aber wirklich die erstere eine Station in dem Entwicklungsgange der letzteren darstellt, darüber wissen wir bis jetzt, auch nach Prantls Untersuchungen, nichts. Es können ebensogut Moosbüchse und Farnpflanze die Endpunkte zweier Entwickelungsreihen sein, welche von einer uns unbekannten längst verschwundenen Urform ihren gemeinsamen Ursprung genommen haben. Um die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Muscineen und Filieineen klarzulegen, ist es erfolgreicher gewesen, die geschlechtliche Generation der Hymenophyllaceen zum Gegenstande der Untersuchung zu machen, wie es Goebel in seinen Beiträgen zur Keimungsgeschichte einiger Farne') gethan hat. Er macht in der citirten Arbeit vor allen Dingen auf die Vebereinstimmung der Prothallien mit den Moosprotonemen aufinerksam und zeigt, wie in sehr einfacher Weise aus dem Aufbau dieser Gebilde der phylogenetische Zusammenhang zwischen denselben zwangslos abgeleitet werden kann. Studien über das Hymenophyllaceenprothallium finden wir ausserdem noch in den schon erwähnten Arbeiten von Taschner und Mettenius und ferner bei Janczewski und Rostafinski?) und bei Bower?), welch letzterer auch die Erscheinungen der Aposporie und Apogamie bei Trichomanes beschreibt. Damit dürfte die Aufzählung der wesentlichsten Arbeiten über die Hymenophyllaceen abzuschliessen sein. Was sonst noch an Litteratur benutzt worden ist, soll gelegentlich im Text angegeben werden. Bevor wir nun an die Behandlung des Stoffes herantreten, mögen hier noch einige Betrachtungen Platz finden, welche die Art der für die vorliegende Arbeit bedeutungsvollen Fragestellung charakterisiren und rechtfertigen sollen. Wir haben die Absicht, die Morphologie und Anatomie der Hymenophyllaceen in ihrer Beziehung zu den für diese Gewächse gegebenen Lebensbedingüngen zu betrachten; wir wollen den Zusamumenhang ins Auge fassen, welcher zwischen der eigenartigen Aus- 1) Ann. du Jard. Bot. de Buitenzorg VII. p. 74, 2) Note sur le Prothalle de l’Hymenophylium Tunbridgense. Mem. de la soc. nat. de Cherbourg. 1875. 3) On some Normal and Abnormal Developmenis of the Oophyte in Trichomancs. 415 bildung der‘ Hymenophyllareen und den ihre Lebensweise bedingenden äusseren Verhältnissen besteht. Däss ein solcher Zusammenhang existirt, bedarf keines Beweises, es fragt sich nur, welcher Art derselbe ist. Albrecht von Haller hat die Ansicht ausgesprochen, dass die Natur aller Orten gerade diejenigen Gewächse hervorbringt, welche, den vorhandenen örtlichen Verhältnissen angemessen sind. Er wollte damit die geographische Verbreitung der Pflanzen, das oft durch weite Strecken getrennte Vorkommen gleicher Pflanzenarten erklären. Wenn nun auch dieser Satz in dem Sinne, wie Haller ihn auffasste, für uns unannehm- bar ist, so können wir doch in demselben ein Körnchen Wahrheit finden, einen Gedanken, der freilich in etwas veränderter Fassung auch von’ Darwin ausgesprochen worden ist, wenn er sagt, dass die den Verhält- nissen nicht oder schlecht angepassten Wesen im Kampf ums Dasein von’ den günstiger organisirten verdrängt werden. Dabei fällt‘ nun freilich der Natur, das heisst hier .der Gesammtheit der äusseren Umstände, eine ganz andere Rolle zu. Sah Haller sie als die Erzeugerin oder Erzieherin zweckmässiger ‘Formen an, so erblickt Darwin in ihr die Vernichterin alles Unzweckmässigen. Der Erfolg ist derselbe, das Vorhandene ist den Umständen angemessen gebildet. Darwin nahm an, dass Pflaazen und Thiere die Fähigkeit besitzen, nach jeder beliebigen Richtung hin zu varüiren. Die Fixirung der durch die Variation erlangten neuen Eigen- schaften aber steht unter dem Einfluss der durch die äusseren Verhält- nisse ausgeübten Selection. Alles den Umständen angemessene erhält sich und bildet sich weiter, alles nicht passende geht zu Grunde. Nägeli') hat indes gezeigt, dass die thatsächlichen Verhältnisse durch die Ansicht Dar wins keine genügende Erklärung finden. Vielmehr lässt sich aus den Thatsachen schliessen, ‘dass das Varüren der Pflanzen aus innern Ursachen und nicht allseitig, sondern in bestimmten Richtungen erfolgt. Dieser Gedanke, den auch Goebel in der Einleitung zu seinen pflanzenbiologischen Schilderungen ausspricht, birgt eine Gefahr für die naturphilosophische Betrachtung in sich, und in der That wird er von Lasson?) benutzt, um daraus ein Argument gegen die Berechtigung der: auf dem Boden der Entwicklungsgeschichte stehenden Weltanschauung abzuleiten. Die Gewächse sind ohne Ausnahme ihren Lebensbedingungen entsprechend gebaut, sind in gewissem Grade den äusseren Verhältnissen angepasst. Da die jetzt existirenden zweckmässigen Formen durch Variren: in bestimmten Richtungen aus anders gebauten entstanden sind, so ist der Gedanke Nägelis in dem Sinne missverstanden worden, als ob die bestimmten Richtungen, in denen das Variiren der Gewächse aus innern- 9 Ueber den Einfluss der äussern Verhältnisse auf die Varietätenbildung im Pflanzenreiche. Bot. Mittheilg. II. p. 108. ” Theorie der Abstammungslehre 1884. 2) In seinen Vorlesungen über die Grundprobleme der Philosophie. u Flora 1890. 27 us 416 Ursachen erfolgt, auf die höhere Zweckmässigkeit hinzielen, als ob die Variation aus innern Ursachen bestinnmte Bahnen einschlägt, welche zu einer vollkommeneren Ausbildung führen müssen. Damit wäre dann die Zweckmässigkeitsidee, wie sie die Naturwissenschaften bis in unser Jahr- hundert hinein beherrschte, wieder in ihre vollen Rechte eingesetzt. Das hat indes nicht entfernt in der Absicht Nägelis gelegen. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass die Richtungen der Variation, von denen Nägeli spricht, anzusehen sind als die Wirkung einer Summe von innern Ursachen, deren Zusammenhang mit den äusseren Umständen’ wir durchaus nicht kennen. Die Beziehung zwischen den durch Variation erworbenen Eigenschaften und den äussern Umständen wird vielleicht überhaupt erst durch die Einwirkung der letzteren hergestellt, sei es durch ausgeübte Selection im Laufe der Generationen, sei es durch dirckte Beeinflussung. Dass die existirenden Pflanzenformen zweckmässig gebaut sind, beruht einfach darauf, dass unzweckmässig gebaute nicht existenz- fähig sind. Dass aber die von der Variation eingeschlagenen Richtungen nicht immer zu zweckmässigen Formen geführt haben, beweist der Um- stand, dass ausserordentlich viele Pflanzenformen vollständig zu Grunde gegangen sind. Kehren wir nach diesen allgemeinen Betrachtungen zu unserer speciellen Aufgabe zurück. Die Hymenophyllaceen sind den eigenthüm- lichen Lebensbedingungen, unter denen sie wachen, angepasst; sie würden sonst nicht existiren können. Wir werden bei der Betrachtung der ein- zelnen Anpassungserscheinungen, die wir als erbliche Eigenschaften der Formen erkennen, nicht fragen, zu welchem Zweck ist diese oder jene Einrichtung an den Pflanzen vorhanden? — Das Wort Zweck involvirt für mich immer den Begriff des Bewussten, Gewollten; — sondern wir werden vielmehr fragen, wie funetionirt die Einrichtung unter den vor- liegenden äusseren Bedingungen, welche Folge hat das Vorhandensein derselben für das Leben und Gedeihen der vorliegenden Species? Natür- lich können wir auch den umgekehrten Weg einschlagen. Wir kennen die vitalsten Bedürfnisse der Pflanzen, Licht, Luft, Nahrung und Sicher- heit gegen äussere Angriffe. Wir kennen ferner die Verhältnisse, unter welchen diese Lebensbedingungen am Standort der Hymenophyllaceen dargeboten sind. Welches "sind nun die Einrichtungen im Bau der Pflanzen, die es ihnen ermöglichen, an dem Standorte zu leben trotz des von dem gewöhnlichen abweichenden Verhältnisses, in dem die Existenz- bedingungen dargeboten sind? Die erstere Art der Fragestellung war für mich während der Arbeit die nächstliegende, für die Darstellung meiner Resultate halte ich die letztere für angemessener. Es ist noch ein Punkt kurz zu erwähnen. Vorhin schon wurde dar- auf hingewiesen, dass die Hymenophyllaceen gegenüber dem direkten Ein- fluss der äusseren Umstände ein relativ hohes Mass von Bildsamkeit 417 besitzen. In ein und demselben Rasen finden wir z. B. oft die Blätter einer Art different ausgebildet, je nachdem sie von ihren Nachbarblättern überdeckt und beschattet oder der Belichtung frei ausgesetzt sind. Es fragt sich, ob aus solchen durch den direkten Einfluss der Umstände erzeugten Veränderungen Anpassungserscheinungen resultiren können. Diese Frage muss auf Grund der Erfahrungen in anderen Pflanzenfamilien bejaht werden. Lässt man Samen von Ranunculus sceleratus unter Wasser keimen, so entwickelt die Keimpflanze zunächst Schwimm- blätter, welche offenbar für die Ausübung ihrer Funktionen unter den vorhandenen Umständen geeigneter sind als die normal sich bildenden Laubblätter. — Ist Lythrum salicaria gezwungen, in einem flachen Wasser zu wachsen, so entwickelt es an seinem submersen Stengel- theilen anstatt des Korkes ein von Schenk als Aörenchym bezeichnetes Gewebe, das den Gasaustauch an den unter Wasser befindlichen Theilen der Pflanze erleichtert. Das sind bekannte Beispiele, welche beweisen, dass die Reaction des Pflanzenkörpers auf die direkte Einwirkung der äusseren Verhältnisse zu zweckmässigen Abänderungen des normalen Baues führen kann. So werden wir auch bei den Hymenophyllaceen ver- muthen dürfen, dass manche als Anpässung zu bezeichnende Erscheinung nicht zu den erblichen Eigenschaften der Pflanzen gehört. Es treten z. B. bisweilen auf den Blattunterseiten gewisser Species, wenn dieselben dem Substrat angeschmiegt wachsen, reichlich braune Haarwurzeln auf, welche die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen in die Zellen des Blattes vermitteln und zugleich als Haftorgane dienen. An andern Exem- plaren derselben Arten fehlen diese Haarwurzeln auf den Blättern, oder sie sind doch nur spärlich vorhanden. So leicht wie in diesem Falle lassen sich die Verhältnisse meistens nicht übersehen, besonders weil die Formen oft derart verändert sind, dass die Identität derselben mit der normal gebauten nicht wie hier ohne weiteres einleuchtet. Um klar in jedem Falle zu entscheiden, welche Eigenschaften erblich sind, und welche innerhalb des Variationsbezirkes der Species liegen, müsste man lang- andauernde Culturversuche machen oder Gelegenheit haben, die Hym no- phyllaceen in ihrer Heimat eingehend zu studiren. I. Orientirung über die biologischen Verhältnisse der Hymenophyllaceen. Die Lebensweise und die Gestaltung der Gewächse stehen, wie wir gesehen haben, in Beziehung zu dem Verhältniss, in welchem Licht und Wärme, Athemluft, Feuchtigkeit und Nährstoffe ihnen zugänglich sind. Versuchen wir nun, aus den spärlichen Angaben der Herbarien und aus der Litteratur uns die Verhältnisse klar zu machen, welche an den Stand- orten der Hymenophyllaceen vorliegen. 27* 418 Die Mehrzahl der Mymenophyllaceen lebt im dichten Urwalde der Tropen und der subtropischen Gebiete. Nur wenige Formen vermögen in andern Zonen zu existiren. Wie etwä die europäischen Arten dürfen wir diese wohl unbedenklich als Ueberbleibsel aus einer früheren Epoche ansehen, in welcher andere klimatische Bedingungen und eine wesentlich andere Zusammensetzung der Flora den Hymenophyilaceen auch in höheren Breilen günstigere Existenzbedingungen gewährten. Die Belichtung des niedern Pflanzenwuchses im Urwalde ist nur schwach. Selten kann ein Sonnenstrahl durch das dichte Blätterdach der Waldriesen hindurch seinen Weg finden zu den Farnen, welche am Boden oder epiphytisch auf über- wachsenen Stämmen und auf Felsblöcken sich angesiedelt haben. Die Hymenophyllaceen sind also typische Schattenpflanzen, denen infolge ihres eigenartigen Baues das schwache, diffuse Licht des geschlossenen Hoch- waldes zur Assimilation genügt. Hinsichtlich der Zufuhr von Kohlen- säure und Athemluft sind am Standort der: Zymenophyllaceen keine auf- fälligen Verhältnisse geboten. Die zarten Blattflächen und ebenso auch die Sprosse und Wurzeln stehen jederzeit mit atmosphärischer Luft in Berührung. Eigenartig ist dagegen das Verhältniss, in welchem Wasser und Nährstoffe den Hymenophyllaceen an ihrem Standorte zur Verfügung stehen. Wenn wir uns die meteorologischen Verhältnisse des Urwaldes der Tropen und des subtropischen Gebietes vergegenwärtigen, so werden wir erkennen, dass es in demselben den Pflanzen im allgemeinen an Feuchtig- keit nicht gebrechen kann. An jedem Morgen trieft infolge der aus- giebigen Thaubildung der Urwald der Gebirge von Feuchtigkeit, auch wenn es nicht geregnet hat. Diese Wasserzufuhr wird den im Waldboden wurzelnden Gewächsen für den Lauf des Tages genügen, zumal da in der Wasserdampf-gesättigten Atmosphäre die Verdunstung verhältnissmässig langsam vor sich geht. Die Hymenophyllaceen haben aber den meisten übrigen Pflanzen des Urwaldes gegenüber ein besonders gesteigertes Wasserbedürfniss. Sic besitzen zum 'Uheil überhaupt keine Wurzeln; aber auch an vielen bewurzelten Formen erkennt man, dass die Zellen des Blattes auf eine direkte Wasseraufnahme von aussen her angewiesen sind. Dadurch wird eine Benetzung der Blattfläche zur Lebensbedingung. So paradox es auch klingen mag, von den Wasserpflanzen des festen Landes zu reden, die Hymenophyllaceen sind meist im eigentlichen Sinne solche Wasserpflanzen. Diejenigen unter ihnen, welche im dichten Moos- rasen kriechend nur kleine Blattflächen entwickeln, werden wohl infolge dieser Lebensweise auch für die regen- und thaufreie Zeit des Tages von hinreichender Feuchtigkeit umgeben sein. Die epiphytischen Formen aber sind von dem wassergesättigten Waldboden abgeschnitten und nur der direkten Benetzung durch den herabtropfenden Thau oder Regen aus- gesetzt. Es müssen bei diesen Formen also Einrichtungen vorhanden sein, 419 welche denselben einen reichlichen Wassergenuss auch nach dem Auf- hören der Thaubildung sichern. Wir werden später im Laufe der Unter- suchung einige solche Vorrichtungen kennen lernen. Dass dieselben aber ‚auch nur functioniren in der wasserdampferfüllten Luft des geschlossenen Urwaldes und unter den Benetzungsvorgängen, welche an diesen Standort gebunden sind, das wird gezeigt durch eine Thatsache, welche Gochel in seinen pflanzenbiologischen Schilderungen erwähnt. In der Nähe von Tjibodas auf Java war der Urwald an einer Stelle angeschlagen und dadurch dem Licht und der Luft freier Eingang verschafft worden. Die Folge war, dass eine weite Strecke waldeinwärts alle Hymenophyllaceen vertrockneten und zugrunde gingen. Auch wo sonst mitten im Urwalde einer der Waldriesen vor Altersschwäche zusammengebrochen ist, sodass in dem sonst undurchdringlichen Laubdach eine Lücke entsteht, kann man dieselbe Beobachtung machen. Die Mehrzahl der Hymenophyllaceen des Urwaldes kann an der freien Luft nicht existiren, in kürzester Frist gehen die Pflanzen durch Vertrocknen zugrunde, eine Erfahrung, welche uns lehrt, wie empfindlich diese Gebilde gegen Wassermangel sind und wie wichtig also für sie die Vorrichtungen sein müssen, durch welche ihnen unter gewöhnlichen Umständen ein hinreichender Wasservorrath gesichert ist. Die wenigen Hymenophyllaceen, welche ausserhalb des Urwaldes zu leben iın Stande sind, werden zum Theil gegen Wassermangel nicht ganz so empfindlich sein. Uymenophyllum Tunbridgense 2. B. ist eine fast über den ganzen Erdball verbreitete Species, es kommt in Schottland ebensowohl vor als am Kap der guten Hoffnung, in Brasilien und in Neuseeland. Janczewki und Rostafinski, welche das Farnkraut in der Umgebung von Gherbourg fanden, schreiben von demselben '): »L. Hymenophyllum tunbridgense croit dans les fentes des rochers et sur leur surface verticale, et exige une humidite constante; c’est pourgquoi il choisit le cöt& du Nord et l’indique toujours d’une maniere aussi precise qu’une aiguille magnetiques. Seit in der Umgebung von Cherbourg der Wald abgeschlagen wurde, ist Aymenophyllum Tunbridgense dort nicht mehr gefunden worden. Wir sehen, dass immerhin auch bei dieser Art ein geringer Unterschied in der Feuchtigkeit des Standortes die Existenz der Pflanzen beeinträchtigt. Dennoch wird wohl der relativ geringe An- spruch dieser Form an die Wasserversorgung als der hauptsächlichste Faktor anzusehen sein, welcher es ihr gestattete aus einer früheren Periode, in welcher der Urwald und die Hymenophyllaceen weiter verbreitet waren, an Orten zurückzubleiben, welche für die Mehrzahl der Aymeno- phyllaceen die Bedingungen für eine gedeihliche Entwickelung nicht mehr boten. 1) a.a. 0. 420 In anderen Fällen dürften lokale Standortverhältnisse das Vorkommen von Hymenophyllaceen ausserhalb des Urwaldes erklären. Es giebt in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ausser dem lebenszähen Trichomanes radicans, welches ähnlich wie Hymenophyllum Tunbridgense fast über die ganze Erde verbreitet ist, soweit mir bekannt geworden '), nur noch eine einzige //ymenophyllacee, das Trichomanes Petersii A. Gray, welches an einem einzigen Standorte im Berglande von Alabama ge- funden worden ist. Ueber den Standort dieser Pflanze wird in Hookers Icones plantarum ?) folgendes angegeben: »found only on the face of an insulate sandstone rock, within the reach of the spray of a waterfall«. Es fehlt also dem kleinem Farne nicht an den rechten Existenzbedingungen, feuchter Luft und ständiger Benetzung. Aehnliche Beispiele zum Beleg meiner Ansicht dürften sich noch hin und wieder finden. Wenn wir nun noch einmal unsere Betrachtung kurz überblicken, so zeigt sich deutlich, welche eigenartigen biologischen Verhältnisse bei den Hymenophyllaceen herrschen. Den Schattenpflanzen, Epiphyten, Wasser- pflanzen, allen drei Kategorien müssen wir die Mehrzahl der hierher- gchörigen Formen gleichzeitig unterordnen, und es ist deshalb von vorne herein zu erwarten, dass der Aufbau und die Entwickelung der Uymeno- phyllaceen in vielen Beziehungen von dem Schema abweichen werden, das wir aus den gewöhnlichen Vorkommnissen im Pflanzenreiche ab- strahirt und als das normale anzusehen uns gewöhnt haben. Wir haben bisher bei der Betrachtung der biologischen Verhältnisse der Hymenophyllaceen nur die vegetative Generation berücksichtigt; über die Lebensweise der Prothallien ist wenig hinzuzufügen. Dieselben stehen an Umfang hinter den Polypodiaceen-Prothallien zurück. Sie wachsen am Boden oder häufiger an der Rinde der Bäume, oft kriechen sie zwischen Moos oder zwischen den Haarwurzeln der ungeschlechtlichen Pflanzen umher, so dass ihnen wohl stets eine genügende Feuchtigkeit zur Verfügung steht. Das Licht dringt freilich zu ihren Standorten wohl bisweilen noch spärlicher als zu den Blättern der vegetativen Pflanzen. Es ist indes bei ihnen keine sehr ausgiebige Production von Baustoffen erforderlich, da sie sehr langsam wachsen, wie aus einigen Culturversuchen Goebels hervorgeht. In seiner oben citirten Arbeit über die Keimung einiger Farne erwähnt Goebel, dass aus Sporen von Trichomanes maximum und Trichomanes diffusum, welche er in Java aussäete, Pro- thallien hervorgingen, die nach achtmonatlichem Wachsthum noch nicht bis zur Bildung von Geschlechtsorganen vorgeschritten waren. Nach einer gütigen Mittheilung des genannten Autors kann ich hinzufügen, dass aus 1) vergl. auch Baker, On the geograpbical distribution of Ferns in Transact. of the Linnean Soc. 1867. Vol. XXVL p. 805. 2) vol. 10. pl. 986. 421 Sporen erzogene Prothallien von Trichomanes radicans auch nach drei vollen Jahren ungestörten Wachsthums noch keine Antheridien und Arche- gonien gebildet haben. Grössere flächenförmige Ausbreitungen, welche einer ausgiebigeren Assimilation dienen könnten, sind bei den Prothallien der Hymenophylia- ceen nicht vorhanden; eine schmale, bandartige Verbreiterung des ur- sprünglichen Zellfadens oder seitliche, schmale, blattähnliche Anhängsel bei den Trichomanesarten, ein kleiner in bandartige Stränge zerschlitzter Thallus als Fortsetzung des anfänglichen Keimfadens bei /ymenophylleen sind es, welche vorwiegend die vegetativen Functionen dieser Prothallien zu erfüllen haben. u Entsprechend der langsamen Entwickelung haben die Hymenophylla- ceen-Prothallien eine lange Lebensdauer, ausserdem sind dieselben mit Vorrichtungen zu vegetativer Vermehrung ausgerüstet. Das Gesagte mag zur vorläufigen Orientirung über die biologischen Verhältnisse der Hymenophyllaceen genügen. II. Die geschlechtliche Generation. Für eine Untersuchung über den Bau und die Entwickelung der Pro- thallien bei den Hymenophyllaceen ist brauchbares Untersuchungsmaterial nur sehr schwierig zu beschaffen. Wegen ihrer Kleinheit sind die Pro- {hallien in ihrer Heimat nur bei der sorgfältigsten Nachsuche aufzufinden; die Aussaat der Sporen aber ergiebt, wie oben erwähnt wurde, selbst nach Jahren noch kein verwendbares Resultat. Mettenius und Prantl haben für ihre Untersuchungen ausser den durch Aussaaten erlangten sterilen Prothallien ebenso wie Taschner nur getrocknetes Materjäl vor sich gehabt, wie es sich gelegentlich in grösseren Rasen der Heırbar- exemplare vorfindet. Janczewski und Rostafinski fanden in der Nähe von Gherbourg in Rasen von Zrichomanes Tunbridgense lebende Prothallien, so dass sie für diese Form wenigstens eine naturgetreue Be- schreibung liefern konnten. Goebel konnte bei seinem Aufenthalt in den Tropen ein reichliches Material von Prothallien verschiedener Tricho- manes- und Hymenophyllumarten sammeln und für seine Untersuchungen verwenden. Bowers Untersuchungsmaterial lieferten lebende Räschen von Prothallien, welche sich in den Culturräumen der Aymenophyllaceen in Kew angesiedelt hatten. Da alle diese Untersuchungen sich aus leicht ersichtlichen Gründen nur auf wenige Arien der so formenreichen Familien erstrecken konnten, so ist unsere Kenntnis über die Prothallien der Hymenophyllaceen noch sehr lückenhaft zu nennen. Mir stand für meine Arbeit ausser gelegentlich in Herbariumrasen aufgefundenen, keimenden Sporen und sterilen Prothallien durch die Güte des Herrn Professor Goebel auch das von demselben in Java gesammelte und ein aus Kew stammendes Alkoholmaterial zur Verfügung. Ausserdem fand ich an einem 492 b Rindenstücke mit Hymenophylium caudiculatum, welches Herr Alfred Viereck auf dem Spitzkopf bei Blumenau in Brasilien gesammelt hatte, sehr schön aus- gebildete Prothallien mit Geschlechtsorganen. Das Material genügte voll- kommen, um mir die Formverhältnisse der geschlechtlichen Generation bei den Hymenophyllaceen bekannt zu machen und die bisherigen Arbeiten anderer Autoren zu illustriren, nicht aber um die Kenntnisse von den Hymenophyliaceen-Prothallien in irgendwie erheblicher Weise über den gegenwärligen Standpunkt hinauszuführen. Wenn ich trotzdem einen Abschnitt über die geschlechtliche Generation der Hymenophyllaceen meiner Arbeit einfüge, so geschieht das, um derselben eine gewisse Vollständigkeit und Abgeschlossenheit zu geben, und weil ich glaube, dass auch bloss eine übersichtliche Zusammenfassung des bisher bekannten immerhin den Werth hat, den Leser auf die noch schwebenden Fragen aufmerksam zu machen und zu erneuten Untersuchungen anzuregen. Die Sporen der Hymenophyllaceen sind denen der übrigen Farne ähnlich. Sie enthalten ausser den wesentlichen Plasmabestandtheilen auch Chlorophyll. Mit dem letzteren Umstande wird es zusammenhängen, dass bei den Sporen der Hymenophyliaceen das Austrocknen den Verlust der Keimfähigkeit zur Folge hat. Sie sind nur entwicklungsfähig, wenn sie nach der Reife direct in die für die Keimung günstigen Verhältnisse gelangen, d. h. wenn Wärme und Feuchtigkeit in zureichendem Masse vorhanden sind, welche beide unter den normalen Umständen an den Standorten der ungeschlechtlichen Pflanze nicht fehlen werden. Dass übrigens die Keimung der Sporen gleich nach der Reife ohne längere Ruhepause er- folgt, lässt sich auch daraus schliessen, dass bei den Hymenophyllaceen- Exemplaren der Herbarien vielfach im Innern der Indusien oder gar noch innerhalb der Sporangien keimende Sporen gefunden werden, welche bereits die ersten Zelltheilungen erfahren haben. Im Allgemeinen ist der Vorgang bei der Keimung der Sporen von Trichomanes der folgende. Die ergrünte Spore dehnt sich unter Wasser- aufnahme stark aus, indem sie drei seitliche Vorwölbungen bildet. Da- durch wird das Exosporium längs der drei Scheitelkanten gesprengt, und die Vorwölbungen treten aus den entstandenen Spalten hervor. Wenn dieselben eine gewisse Grösse erreicht haben, treten die ersten Theilungs- wände auf. Diese stehen entweder so, dass sie im Mittelpunkt der Spore zusammentreffen und das ganze Gebilde in drei Zellen zertheilen, deren jede eine der Vorwölbungen als Spitze hat; oder aber die Zellwände, drei an der Zahl, trennen die Vorwölbungen von der Zelle ab, so dass jetzt eine centrale und drei peripherische Zellen vorhanden sind. Mettenius glaubte, dass das erstere Verhalten nur den Sporen von Hymenophylium, das letztere denen von Trichomanes ausschliesslich zu- komme. Diese Ansicht findet sich auch bei Prant] wieder. Goebel hat indes nachgewiesen, dass dieselbe auf einem Irrihum beruht. Da auch 493 sonst bei der Keimung Abweichungen vorkommen können, indem etwa die Ausbildung einer Wand unterbleibt oder verzögert wird, so ist es fraglich, ob überhaupt die oben beschriebenen Keimungsvorgänge inner- halb der einzelnen Arten constant sind, ja ob überhaupt die tripolare Entwickelung als ein charakteristisches Merkmal der Hymenophyllaceen- spore anzusehen ist. Für Trichomanes maximum wenigstens constatirt Goebel, dass in allen von ihm untersuchten Fällen die bei der Keimung sich etwas verlängernde Spore durch eine einzige Wand getheilt wird. Später sprossen dann aus der Sporenzelle Zellreihen als Seitenzweige her- vor. Dieses Verhalten giebt dem genannten Forscher Veranlassung, die Ansicht auszusprechen, dass auch die gewöhnliche Dreitheilung respective die Abgrenzung dreier peripherischer Zellen bei den Sporen nichts anderes ist als eine frühzeitig eintretende regelmässige Verzweigung des Prothallium- fadens, wie sie, freilich nicht regelmässig, auch bei Polypodium sinnosum,, Vittaria parvula und Platycerium vorkommt. Vielleicht kann zur Stütze dieser Ansicht noch die Beobachtung von Mettenius herangezogen werden, dass bei der Dreitheilung der Sporen die Wände nicht gleich- zeitig, sondern nach einander auftreten. Verfolgen wir nun die Keimung der Sporen von Trichomanes weiter, so sehen wir, dass aus den won der Sporenzelle abgegrenzten Zellen, beziehungsweise aus den drei Theilzellen je ein Zellfaden hervorgeht, der durch Quertheilung seiner Scheitelzelle in die Länge wächst. Gewöhnlich wird einer von den Aesten des dreistrahligen Prothalliums bedeutend ge- fördert, während die beiden andern im Wachsthum zurückbleiben; der eine von ihnen pflegt sein Wachsthum nach Bildung eines kurzen Zell- fadens damit abzuschliessen, dass seine Endzelle zum Rbizoid wird d. h. zu einer schmalen, cylindrischen, bisweilen mehrarmig zertheilten Zelle mit characteristisch braungefärbter Wand. Ganz gleiche Rhizoiden können auch als Seitenäste aus jeder Zelle des Prothalliumfadens, selbst noch aus der ursprünglichen Sporenzelle hervorsprossen. Verzweigung pflegt über- haupt bei den Fäden sehr reichlich aufzutreten. Sie entsteht in der Weise, dass in der Mitte oder mehr am vordern Ende der einzelnen Zellen des Fadens eine Ausstülpung gebildet wird, welche heranwächst und dann durch eine Zellwand von der Mutterzelle abgegrenzt wird. Bisweilen kommt es vor, dass aus einer Fadenzelle mehrere Seitenzweige hervorgehen. Im allgemeinen entstehen die seitliehen Auszweigungen an den Fäden in fortschreitender Reihenfolge. Indes kommt es vor, dass weiter rückwärts eine Zelle des Prothalliumfadens tornenförmig an- schwillt und neue Auszweigungen hervorbringt. Die als Seitenzweige aus den Hauptfäden der Prothallien hervor- gehenden Gebilde sind nun entweder gleichwerthige Zellreihen, welche durch Quertheilung ihrer Scheitelzelle in die Länge wachsen und sich ebenfalls verzweigen, oder aber sie stellen Rhizoiden dar, die einer weiteren 424 Entwickelung normal nicht fähig sind. Die Stellung der Rhizoiden, sowie der Umstand, dass bisweilen ein Zellfaden an seinem Ende in ein Rhizoid übergeht, lassen zur Genüge erkennen, dass zwischen ihnen und den übrigen Zellen des Prothalliums ein morphologischer Unterschied nicht besteht. In den einfachsten Fällen, wie sie durch Goebels Arbeit für Tri- chomanes diffusum, durch Bower für Trichomanes pyzidiferum bekannt geworden sind, bleibt die vegetative Ausbildung der Prothallien auf die Production reichverzweigter Fäden beschränkt. Auch die Ausbildung der männlichen Geschlechtsorgane geht in der einfachsten Weise vor sich; die Antheridien entstehen als Seitenäste aus einer Fadenzelle. Erst wenn diese Prothallien sich zur Entwickelung weiblicher Geschlechtsorgane an- schicken, tritt eine Complication des Aufbaues dadurch ein, dass an dem Prothalliumfaden ein Zellkörper gebildet wird, welcher die Archegonien trägt. Dieser als Archegoniophor bezeichnete Zellkörper, welcher meist nur aus wenigen Zellen besteht, geht entweder durch Auftreten verschieden gerichteter Theilungswände aus einer Zelie des Prothalliumfadens hervor, oder er bildet sich als seitliche Auszweigung an dem laden. Was nun die Form der Geschlechtsorgane bei Trichomanes anbetrifft, so ist dieselbe im Wesentlichen von der bei den übrigen Farnen gefun- denen wenig verschieden. Die Antheridien sitzen als kugelrunde Köpfchen auf einer flachen Stielzelle. Die Aussenwand des Köpfchens wird von einer Schicht flacher, tafelförmiger Zellen gebildet. Innerhalb derselben liegt ein kugelförmiger Complex von Spermatozoiden-Mutterzellen, welche denen der übrigen Farne gleichen. Die Spermatozoiden gehen der Haupt- sache nach aus der Kernsubstanz der Mutterzellen hervor. Ihr Austritt aus dem Antheridium erfolgt, wie Bower bei Trichomanes pyzxidiferum beobachtete, durch einen Riss nahe dem Scheitel in der Antheridienwand. Die Archegonien stehen meist zu mehreren auf dem sie tragenden Zell- polster. Der Bauchtheil ist in das Polster eingesenkt. Der kurz ceylin- drische Hals besteht aus vier kurzen Zellreihen. Eine Bauchkanalzelle und eine Halskanalzelle sind vorhanden. Die Oeffnung des Archegonienhalses zum Zweck der Befruchtung erfolgt in der gewöhnlichen Weise. Ueber die Zellfolge bei der Entstehung der Antheridien bei Tricho- manes liegen nur wenige Beobachtungen vor, nach denen es scheint, als ob die Reihenfolge des Auftretens der Theilungswände hier überhaupt nieht constant ist. Reichlicheres Untersuchungsmaterial wird vielleicht später ein anderes Resultat herbeiführen. Die Wachsthumsvorgänge bei der Entwickelung der Archegonien verlaufen ähnlich wie diejenigen, welche für die übrigen Farne bekannt geworden sind. Der Vorgang der Be- fruchtung, sowie die erste Entwickelung des Embryo, sind bis jetzt weder bei den bisher geschilderten Prothallien, noch überhaupt bei einer Species der Hymenophyllaceen beobachtet worden. 495 Wie schon eingangs erwähnt wurde, sind durch die bisherigen Unter- suchungen Prothallien erst von wenigen Trichomanesarten bekannt und beschrieben worden, wir müssen es aus diesem Grunde dahin gestellt sein lassen, ob die soeben besprochenen einfachen Formen überhaupt den einfachsten Typus der Fymenophyllaceenprothallien bezeichnen, ob nicht bei andern Arten die geschlechtliche Generation überhaupt jeder Ausbildung eines Zellkörpers entbehrt, so dass die weiblichen in gleicher Weise wie die männlichen Geschlechtsorgane einfach den Zellfäden als Seitenäste aufsitzen. Goebel setzt aus Gründen der Ab- stammungslehre einen solchen einfachen Typus voraus, womit freilich nicht gesagt ist, dass derselbe auch thatsächlich noch bei einer der jetzt- lebenden Arten vorhanden sein muss. Jedenfalls kommt die von Bower beobachtete und abgebildete Prothallienform, bei welcher der als Arche- goniophor bezeichnete Zellkörper durch Zelltheiling aus einer einzigen, äusserlich unveränderten Fadenzelle hervorgeht, dem von Goebel postu- lirten einfachsten Hymenophyliaceenprothallium sehr nahe, wodurch die von diesem Autor ausgesprochene Ansicht eine erhöhte Bedeutung gewinnt. Bei höher entwickelten Formen von Zrichomanes erfahren die Pro- thallien eine Vergrösserung der assimilirenden. Fläche. In einfachsten Falle geschieht das, indem ein Faden in einem "Theil seines Verlaufes durch Längstheilung seiner Zellen bandartig umgestaltet wird. In anderen Fällen sprossen aus den Fäden seitlich schmale, blattähnliche Zellflächen von lineal-lanzettlichem Umriss hervor, oder der ursprüngliche Zellfaden geht an seiner Spitze in eine spatelförmige Zellfläche über (Fig. 12). Auch diese letzteren seitlich oder terminal gesteliten Flächen bekunden ihren Ursprung aus einem Zellfaden dadurch, dass sie an ihrer Spitze wieder in eine Zellreihe übergehen können. Das Wachsthum dieser Flächen wird, soweit bekannt, nicht durch eine Scheitelzelle vermittelt, sonders es geht durch häufige Theilungen in der meristematischen Region des vor- . deren Endes vor sich. Aus den Randzellen dieser Flächen sprossen Seitenäste und Rhizoiden hervor. Bemerkenswerth ist es, dass auch die Zellen in der Fläche neuen Zellfäden den Ursprung geben können, wie ich an einigen Prothallien von Trichomanes holopterum sicher beobachten konnte. Dieses Verhalten ist insofern von Bedeutung, als es eine An- näherung an dasjenige der Prothallien höherer Farne darstellt, bei denen stets Rhizoiden und Geschlechtsorgane auf der Fläche entspringen. Da Meitenius die erwähnte Thatsache für die von ihm beobachteten Tri- chomanes-Prothallien bestimmt in Abrede nimmt, so ist wohl anzunehmen, dass sie zu den selteneren Vorkommnissen gehört, vielleicht war sie bei dem mir vorliegenden Material durch Verletzung des Scheitels der Zell- flächen veranlasst. Hinsichtlich der Stellung der Geschlechtsorgane kommen bei len mit flächenförmigen Ausbreitungen versehenen Trichomanesprothallien einige 496 Verschiedenheiten vor. Die Antheridien stehen als seitliche Aeste an den Fäden oder an dem Rande der Zellflächen. Als Träger der Archegonien ist immer ein Zellkörper vorhanden. Derselbe entsteht entweder an den Fäden als seitliche Auszweigung, oder aber er geht auseiner dem Rande unmittelbar benachbarten Partie der Zellflächen hervor, indem in derselben Theilungs- wände parallel zur Oberfläche auftreten. Auf dem so entstandenen ÄArchegoniophor stehen die Archegonien, wie Mettenius angiebl, sowohl auf der oberen als auch auf der unteren Seite. Die Form der Antheridien und Archegonien stimmt mit der vorhin für die einfachen Fadenprothallien geschilderten überein. Eigenthümlich ist bei den Prothallien der Zrichomanesarten die Bildung von Brutknospen, welche hier sehr häufig zu sein scheinen (Fig. 11 u. 13). Die Endzelle eines Fadens erzeugt als Sprossungen eine Anzahl kleiner flaschenförmiger Trägerzellen, an deren vorderem Ende eine reich mit Protoplasmainhalt versehene Zelle. von Kugelform abgeschnürt wird. Diese Kugelzelle theilt sich dann zunächst durch eine Wand in eine rechte und eine linke Hälfte, welche sich etwas seitlich strecken und noch mehr- mals gleichmässig durch gleichgerichtete Wände getbeilt werden, so dass eine dem Stiel quer aufsitzende, halbmondförmige Zellreihe entsteht. Die- selbe entwickelt sich nach der Abtrennung von der Stielzelle weiter, in- dem sie Rhizoiden bildet und zu einem neuen Prothalliumfaden auswächst. Es mag hier noch kurz auf einige abnorme Vorkommnisse hingewiesen werden, welche Bower an den Prothallien von Trichomanes pyzidiferum und Zrichomanes alatum beobachtet hat. Er fand, dass bei diesen Arten Prothallien auch ohne Sporenkeimung aus der ungeschlechtlichen Farn- pflanze hervorgehen können, indem entweder eine Sporangienanlage oder ein Zellcomplex des Receptaculum oder gar eine Zelle des Blattrandes oder aus der Nähe des Blatinerven vegetativ zum Prothallium auswächst (Fig. 13). Dieser Aposporie, welche ja auch bei andern Farnen, verschiedenen Varietäten von Athyrium Filix femina, Polystichum angulare und anderen vorkommt, steht bei denselben Zrichomanesarten die Apogamie zur Seite, eine Er- scheinung, welche darin besteht, dass aus den Prothallien olıne Befruchfungs- vorgang, ja ohne Bildung geschlechtlicher Organe durch vegetative Sprossung eine normale Farnpflanze hervorgehen kann. In Gardeners’ Chronicle 1886 p. 372 wird ein Exemplar von Trichomanes Petersii erwähnt und abge- bildet, bei welchem aus der Basis des freien Thheiles des Receptaculum ein kurzes Rhizom mit drei kleinen Wedeln hervorgewachsen. ist. Wahr- scheinlich handelt es sich in diesem Falle auch um Aposporie und Apogamie, Die Keimung der Sporen von Hymenophyllum geht im Anfang in ähnlicher Weise vor sich, wie sie soeben für die ZTvichomanesarten be- schrieben worden ist. Von den drei durch die ersten Theilungen erzeugten Zellen wachsen in der Regel zweie nur zu kurzen Fäden aus, welche mit 497 einem Rhizoid abschliessen. Die dritte aber bildet "zunächst einen kürzeren oder längeren Zellfaden, welcher endlich in 'eine Zellfläche übergeht. Die Zeilfläche besitzt hier von Anfang an eine zweischneidige Scheitelzelle, welche indess nicht dauernd functionirt. Ihre Thätigkeit wird später durch Randzellwachsthum ersetzt. Indem an dem Scheitelende einer Pro- thalliumfläche die mittlere Partie -des meristematischen Gewebes in den’ Ruhestand übergeht, während :die seitlichen Zelleomplexe ihr Wachsthum fortsetzen, kommt eine Verzweigung zustande, welche als Gabelung der ursprünglichen Fläche aufgefasst werden kann. Ausserdem treten, wie Goebel gezeigt hat, namentlich an Prothallien, deren Scheitelregion ver- letzt worden ist, Adventivsprosse auf. Im erwachsenen Zustande stellen die Prothallien der Hymenophylien einen bandförmigen wiederholt ver- zweigten Thallus dar, dessen Randzellen vielfach zu Rhizoiden ausgewachsen sind. Die Rhizoiden sowohl als ihre-in dem Rande der Zellflächen ge- legenen Tragzellen haben braungefärbte Wände. Während nach Bower die von ihm untersuchten Trichomanes-Pro- thallien wahrscheinlich diöcisch sind, kommen bei den genauer bekannt gewordenen Hymenophyllum-Prothallien beiderlei -Geschlechtsorgane auf derselben Pflanze oft nahe nebeneinander vor. Die Antheridien entstehen hier entweder auch als seitliche Auszweigungen an dem Rande oder nahe demselben auf der Unterseite der Prothallien. Bei Hymenophyllum Tun- bridgense finden sie sich nach Janezewski’s Angabe über die ganze untere Fläche zerstreut vor. Die Archegonien sind stets dem Rande ge- nähert auf einem Zellpolster inserirt. Ihre Anlage erfolgt. wohl ohne Ausnahme von einem vom Scheitelrande. der Prothalliumfläche abgezweigten meristematischen Gewebe aus, welches auch nach der Ausbildung der ersten Archegonien noch weiter wachsen und sich sogar etwas verzweigen kann. Die Archegonien stehen auf der Unterseite der Prothallien, so dass hier hinsichtlich der Stellung der Geschlechtsorgane einige Uebereinstim- mung mit den übrigen Farnen herrscht. Form und Entwickelung der Geschlechtsorgane bieten, soweit bekannt, auch hier nichts Auffälliges dar '). Wie bei Trichomanes, so findet auch bei Hymenophylium, wie Goebel an den von ihm untersuchten Arten constatirt hat, eine ausgiebige vege- tative Vermehrung der Prothallien durch Brutknospen statt. Dieselben entspringen aus einer Zelle am Rande des bandartigen Prothalliums und entwickeln sich noch an dem Mutterspross zu einer kleinen Zellfläche, welche eine zweischneidige Scheitelzelle besitzt. Ausserdem tritt eine Ver- mehrung der Prothallien auch in der Weise ein, dass die Sprosse wie bei thallösen Lebermoosen von hinten her allmählich absterben, so dass die seitlichen Verzweigungen nach und nach isolirt werden und selbständig weiter wachsen. 1) Zur Entwickelung der Spermatozoen vergl. Carnoy, Biologie cellulaire- Lierre 1884 p. 227. - 428 Die Anatomie der Prothallien bietet bei den Hymenophyllaceen nichts Auffälliges dar. Die Wände, welche die einzelnen Zellen sowohl der Zell- fäden als auch der Flächen von einander trennen, sind getüpfelt, so dass trotz der relativen Stärke der Wände ein Stoffverkehr leicht stattfinden kann. Der Zellinhalt besteht aus reichlichem Protoplasma mit grossem Zellkern und Chlorophylikörnern. Mit wenigen Worten möge noch die Pilzinfection bei den Rhizoiden der Prothallien erwähnt werden, deren Vorkommen Goebel eingehender untersucht hat. Bei der Unzulänglichkeit des Materials und der Schwicrig- keit der Beobachtung gelang es indess nicht, Aufschluss über die biolo- gische Bedeutung dieser Erscheinung zu gewinnen. Der bedeutungsvollste Erfolg, welchen die Untersuchungen der ymeno- phyllaceen-Prothallien bisher gehabt haben, liegt offenbar in den Resultaien der Arbeit Goebels ausgesprochen, welche klar und übersichtlich den phylogenetischen Zusammenhang zwischen den Moosen und den Gefäss- kryptogamen vor Augen führen und damit die Lücke überbrücken, welche vorher zwischen diesen Formenkreisen in der Entwickelungsreihe der Archegoniaten bestand. IV. Die ungeschlechtliche Generation. a. Orientirang über Morphologie und Anatomie. Die ungeschlechtliche Generation der Hymenophyllaceen zeigt auch bei den einfachsten Formen hinsichtlich ihres morphologischen Aufbaues immer den ausgesprochenen Charakter einer Gefässpflanze und weicht in keinem wesentlichen Merkmal von dem Typus ab, der aus der Betrach- tung der übrigen Farnfamilien abgeleitet werden kann. Thallöse Formen, wie Beijerinck') sie gesehen haben will, sind mir ebenso wenig vor- gekommen wie irgend einem andern Botaniker, der sich mit dieser Familie beschäftigt hat. Die Gesetzmässigkeit in der morphologischen Ausbildung eines beblätterten Sprosses ist innerhalb derselben überall so bestimmt ausgesprochen, dass das Vorkommen thallusähnlicher Formen absolut aus- geschlossen erscheint. Als Beijerinck die jedem Einsichtigen absurd erscheinende Behauptung in die Welt setzte, hatte er wenigstens die Pflicht das Paradoxon in eingehender Untersuchung durch unzweifelhafte That- sachen zu belegen. Da das bisher nirgends geschehen ist, so muss Beijerinck es sich gefallen lassen, seine Mittheilung als eine unüber- legte, durchaus unwissenschaftliche Aeusserung betrachtet zu sehen. Wie schon erwähnt, besitzen alle Hymenophyllaceen eine typische Sprossachse, welehe Blätter erzeugt und sich regelmässig verzweigt in der Weise, dass zu jedem Blatt ein Seitenspross gehört. Diese regelmässig auftretenden Seitensprosse stehen nicht immer in der Achsel ihres Trag- 1) Wurzelknospen und Nebenwurzeln p. 132. 439 blattes, sondern, wie es ja auch für die Davallien bekannt ist, neben dem- selben oder etwas auf den Blattstielgrund hinauf gerückt. Ausserdem‘ ‘finden sich bei einigen Hymenophyliaceen blattbürtige Knospen. Bei Tri- chomanes pinnatım und einer Anzahl nahestehender Formen werden seitlich an der verlängerten Rhachis mancher Blätter Knospen entwickelt, welche in dem Stellungsverhältniss der Blattfiedern angeordnet sind, nur mit dem Unterschiede, dass ihre Insertionspunkte durch die Streckung der Blaltspindel weit auseinandergerückt sind. Aehnliche Bildungen kommen auch in andern Farnfamilien vor. Ein besonders schönes Beispiel bietet Adiantum caudatum. Die Mittelrippe der zierlichen Wedel wächst lang aus. Die äusserste Spitze drängt sich in eine Ritze des Felsen oder der Mauer oder in die Unebenheiten der Rinde des bewohnten Baumes hinein und bildet eine Knospe, aus welcher eine neue Pflanze hervorgeht. Die Abbildung, welche Hooker?) von dem Adiantum caudatum giebt, lässt eben erst die Anlage der Knospe an der Spitze der Rhachis erkennen. Besser zu übersehen ist das Verhältniss in der Abbildung Kerners?). Eine andere Art blattständiger Knospen treten bei Trichomanes diffusum, Trichomanes proliferum u.a.m. auf. Dort entspringen auf der Oberseite der Blätter aus der Mittelrippe Knospen, welche an ihrer kurzbleibenden Achse meist nur ein einziges Blatt entwickeln, das in gleicher Weise proliferiren kann. Prantlnimmt an, dass das erste und meist einzige Blatt der Knospe dem Mutterblatte gegenübersteht. Ich konnte an Alkoholmaterial von Trichomanes diffusum die Entwickelung dieser Knospen untersuchen. Die Stellung ist dort eine andere. Das Blatt der Knospe entspringt an der nach der Spitze des Mutterblattes hin gewendeten Seite der rudimentären Achse, so dass die Blattspreiten elagenartig übereinander stehen, wie etwa die Jahressprosse von Hypnum splendens. Die Knospen werden bei der Entwickelung des Blattes gleich am Vegetationspunkt angelegt. Wirkliche Adventivsprosse, d. h. solche, welche nachträglich aus Dauergewebe her- vorgehen, fehlen gänzlich. Neben einer Anzahl wurzelloser Formen finden wir unter den Hyme- nophyliaceen solche mit Adventivwurzeln, deren Stellung an ‘der Achse keiner festen Regel zu folgen scheint. Hinsichtlich der Stellung der son- stigen seitlichen Organe sind zwei Fälle zu unterscheiden. Entweder ist die Sprossachse dorsiventral gebaut. Die Blätter und mit ihnen die Seiten- sprosse enspringen seitlich an derselben je in zwei Zeilen, welche meist durch langgestreckte Internodien unterbrochen sind. Im andern Falle ist der Spross radiär beblättert und verzweigt und besitzt gestauchte Inter- nodien. Die Form und Grösse der Blätter ist innerhalb der Familie ausserordentlich wechselnd. Neben vollständig einfachen kommen mehr- 2) Exotie Bora II 104. 3) Pflanzenleben II p. 38. Asplenium Edgeworthü. 430 fach gefiederte, fein zerschlitzte Blätter vor, neben zierlichen, von wenigen Millimetern Ausdehnung solche, deren Länge fast einen halben Meter beträgt. Entsprechend diesen Verhältnissen bietet auch die Nervatur der Blätter eine grosse Abwechselung. Ausser dem vollständig einfachen Mittelnerven der kleinsten Formen finden wir wiederholt dichotomisch verzweigte und reich gefiederte Blattnerven, sowie alle Uebergänge zwischen diesen Ausbildungsformen. Bei den Arten, deren Blätter eine mehrfach gefiederte Nervatur besitzen, hat man eine anadrome und eine katadrome Anordnung der Nerven unterschieden und für die Systematik nutzbar gemacht. Als anadrom’ werden nach Mettenius Vorgang die Nerven bezeichnet, wenn auf den Fiedern erster Ordnung der erste Seitenast und folglich alle ungeraden auf der der Blatispitze zugekehrten Seite stehen. Sind hingegen die ungeraden Fiedern zweiter Ordnung nach der Blatt- hasis zu gerichtet, so wird die Anordnung der Nerven als katadrom bezeichnet. Bei einigen Aymenophyllaceen sind die sterilen und fertilen Blätter in ihrem Aufbau verschieden. Jrichomanes Spruceanum 2. B:, welches Hooker!) abbildet, hat doppelt fiederspaltige Blätter. Die sterilen sind kurz gestielt. Die fertilen Blätter besitzen dagegen einen sehr langen Stiel. Der Umriss der Blattfläche ist bei den sterilen Blättern breit eirund, bei den fertilen länglich. Interessant ist die Heterophyllie bei Trichomanes pinnatum und den verwandten Arten. An Exemplaren von Trichomanes pinnatum ist bei einigen Blättern, wie bereits erwähnt, die Rhachis an der Spitze sehr verlängert und erzeugt Knospen. Die Fiedern solcher Blätter tragen wenige oder gar keine Sori. Sehr reichlich finden sich dagegen die Sorian Blättern, welche nicht proliferiren, sondern mit einem Endblätichen abschliessen. Die Zahl der Fiedern an diesen fertilen Blättern ist meist geringer als bei den proliferirenden, sie schwankt, ebenso wie auch die Länge des Eindblättchens, innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Trichomanes pennatum zeigt sehr ähnliches Verhalten. Bei einem Exemplar des Leipziger Herbariums besitzt ein fertiles Blatt nur zwei Paare seitlicher Fiederblättchen, das Endblättchen dagegen nimmt etwa zwei Drittheile von der Gesammtlänge der Blattfläche ein. Bei Trichomanes Piltaria hat das fertile Blatt überhaupt keine Seitenfiedern mehr, es besteht aus einem bandartigen Parenchymstreifen, welcher von einer starken Mittelrippe und zahlreichen parallelen Seitennerven durehzogen ist. Am Ende der letzteren stehen die Sori. Trichonianes spicatum und botryoides haben gar kein Parenchym an den fertilen Blättern, die Sori stehen auf kurzen Stielchen in zwei gegenüberstehenden Zeilen an der Rhachis. Den Ueber- gang zwischen Trichomanes Vittaria und den zulelzt genannten Formen bildet Zrichomanes elegans, dessen fertile Blätter zwischen den die Sori 1) Cent. of ferns 81. 431 tragenden Seitennerven noch ein schwaches Blattparenchym entwickeln. Die sterilen Blätler aller erwähnten Formen sind einfach gefiedert und zeigen mit einander im Bau grosse Uebereinstimmung. Diese Formenreihe ist geeignet, den Uebergang von isomorpher Blattbildung zur Heterophyllie in klarer Weise zu illustriren. Die Sori finden sich bei den Hymenophyllaceen von einem Indusium eingehüllt an einem die Fortsetzung eines Blattnerven bildenden Recepta- culum. Die.Form der Indusien ist becher- oder schlauchförmig bei der Gattung Trichomanes, bei Hymenophyllum besteht das Indusium im all- gemeinen aus zwei rundlich schalenförmigen, zusammengeneigten Klappen. Die Sporangien, deren Ring, wie aus der Systematik bekannt ist, wage- recht oder schief liegt, entstehen an dem Receptaculum in basipetaler Reihenfolge. Der Stamm der Hymenophyllacen — ich nehme immer Loxsoma aus, welches seinem ganzen Aufbaue nach eine besondere Stellung ein- zunehmen scheint und von den Systematikern neuerdings auch von den Hymenophyllaceen getrennt wird — besitzt ein centrales, collateral oder concentrisch gebautes Gefässbündel. Dasselbe ist umgeben von einer Endodermis, deren Radialwände auf Schnitten deutlich die für dieses Gewebe characteristische Wellung erkennen lassen. Die daran grenzenden Zellen der Rinde sind mehr oder weniger sclerenchymatisch ausgebildet, ihre verdickten Wände sind. braungefärbt und getüpfelt. Nach aussen hin wird diese Sclerenchymscheide von einer oder mehreren Schichten zartwandiger weitlumiger Zellen überkleidet, deren äusserste die Epidermis darstellt, während die sonst noch vorhandenen als Aussenrinde bezeichnet werden. Eigenthümlich ist in dem Stamm der meisten Zrichomanesarten das Vorkommen flach tafelförmiger Zellen, welche einen ihrer Innenwand anliegenden Kieselkörper enthalten. Gewöhnlich sind diese Zellen dem Sclerenchym nach aussen in Längsreihen aufgelagert, sie kommen aber auch bei einzelnen Arten unabhängig vom Selerenchym vor. Mettenius, der zuerst auf dieselben aufmerksam machte, bezeichnet sie als Deckzellen oder Stegmata. Ihre Function und ihre biologische Bedeutung ist völlig unbekannt !). Die bei einer grossen Anzahl von Hymenophyllaceen vorkommenden Adventivwurzeln besitzen einen centralen Bündelstrang mit Endodermis. Die Angabe Russows?), dass der Strang der Wurzel bei Hymenophyllum stets diarch sei, während bei Zrichomanes immer andere Zahlenverhält- nisse obwalten, ist schon von Prantl widerlegt worden. Die Rinde der Wurzeln besteht aus zwei Theilen, einer stark verdickten, selerenchyma- tischen Innenrinde und einer wenigschichtigen Aussenrinde aus dünn- 1) Vergl. indes Kohl, Kalksalze ete. p. 297. 2) Vergleichende Untersuchungen p. 95 Anm. 2. Flora 1890, 28 432 wandigen Parenchymzellen. Deckzellen sind in der Wurzel bisher nicht beobachtet worden. Der Bau des Blattstiels und der Blattnerven ist demjenigen des Stammes enisprechend. Das Parenchym der Blätter ist meistens ein- schichtig, in selteneren Fällen treten zwei bis vier Schichten auf. Die Wände zwischen den Zellen des Blattparenchyms sind meist stark verdickt und von zahlreichen Tüpfeln durchsetzt. Auf den freien Aussenflächen besonders in der Nähe des Blattrandes ist in vielen Fällen eine deutliche Faltung der Zellmembran zu erkennen, mit welcher gleichzeitig Tüpfelung der Aussenwände aufzutreten pflegt. Nach aussen sind die Zellwände des Blattparenchyms durch eine meist ausserordentlich zarte Cutlicula über- kleidet. Die Indusien bestehen in ihrem oberen Theile fast immer nur aus einer Zellschicht, deren Zellen denen der Blattfläche ähnlich sind, nur ist in manchen Fällen der obere Rand von ausserordentlich stark ver- diekten Zellen gebildet. Im untern Theil des Indusium treten gewöhnlich Selerenchymzellen auf. Zu beiden Seiten, wo das Indusium mit dem Blattparenchym sich zusammensetzt, verläuft je ein dünnes Gefässbündel, welches sich von dem Bündel des den Sorus tragenden Nerven abzweigt. Das Receptaculum, welches die Fortsetzung dieses Nerven bildet, ist gleich- falls von einem Bündel durchzogen. Von den vielgestaltigen Haargebilden, welche sich bei den Hymeno- phyllaceen finden, seien hier vorläufig als die häufigsten nur die folgenden erwähnt. Bei den wurzellosen Formen und auch bei einer Anzahl be- wurzelter ist der Stamm dicht mit langen, braunen Haarwurzeln über- kleidet. In der Nähe der Sprossvegetationsscheitel finden sich meist eigen- artige Schleimhaare, welche von den Autoren als Paleae bezeichnet werden. Dieselben sind gewöhnlich etwas schief oder völlig seitlich inserirt. Die Blait- fläche vieler Formen ist dicht mit Sternhaaren überkleidet. Am Blattrande mancher Trichomanesarten stehen Gruppen stark verdickter Dornhaare. Eine eingehendere Schilderung dieser Gebilde wird in einem späleren Abschnitt der Abhandlung gegeben werden. Wir können hiermit die allgemeine Betrachtung abschliessen und uns speciellen Untersuchungen zuwenden. b. Festigung und Schutzeinrichtungen. Zu den einfachsten und allgemeinsten Bedingungen, welche die äusseren Umstände von den Gewächsen fordern, gehört offenbar der Besitz einer hinreichenden Festigkeit, um den Druck der eigenen Schwere zu ertragen und um mechanischen Einwirkungen von aussen her und den Angriffen parasitischer Organismen widerstehen zu können. Wir finden dement- sprechend auch überall im Pflanzenreiche Einrichtungen verbreitet, welche die mechanische Festigkeit sowohl der einzelnen Zelle als auch des ge- sarmmten Zellenverbandes bewirken. Bei den höheren Pflanzen ist meistens 433 eine Arbeitstheilung unter den Geweben eingetreten. Eine besondere Gewebeart, die Epidermis, umkleidet die Pflanze und übernimmt den Schutz der einzelnen Zellen; eine andere Gewebeart, das mechanische System, giebt dem Pflanzenkörper die nöthige Festigkeit. Bei den ein- fachen histologischen Verhältnissen, wie sie bei den Hymenophyllaceen vorliegen, ist eine so weitgehende Arbeitstheilung nicht zu erwarten. Freilich, ein’ mechanisches System ist, wie wir sehen werden, auch hier vorhanden, aber ein eigenes epidermales Gewebe zum Schutz der einzelnen Zellen findet sich meistens nicht. Bei den zarten einschichtigen Blättern ist das selbstverständlich, aber auch bei den Formen, welche ein mehr- schichtiges Blattparenchym besitzen, Trichomanes reniforme, Hildebrandtii, membranaceum, Hymenophyllum scabrum u. a. m. ist eine als Schutz- organ ausgebildete Epidermis nicht vorhanden. Am Stamme der Hymeno- phyllaceen findet sich freilich als äusserste Zellschicht ein different aus- gehildetes Gewebe, dem wir wegen seiner Lage den Namen Epidermis nicht versagen können. Dasselbe wird in vielen Fällen aus ziemlich zart- wandigen Zellen gebildet, welche schon deshalb nicht als Schutz für das darunter liegende Gewebe angesehen werden können, weil das letztere aus stark verdiekten Sclerenchymzellen besteht, die eines Schutzes weit weniger bedürfen, als die Epidermiszellen selber. In anderen Fällen freilich, wie bei Hymenophyllum caudieulatum und eruwentum und bei den meisten Adventivwurzeln der Hymenophyllum- und Trichomanesarten giebt diese Epidermis in der That eine schützende Hülle ab für die darunter liegenden. wenigen Schichten eines grosszelligen, zartwandigen Rinden- parenchyms. - Die Zellen der Epidermis sind hier kleiner und besitzen stärkere Wände, als das zu schützende Rindengewebe. Aus der allgemeinen anatomischen Betrachtung, welche wir vorhin bei den Hymenophyllaceen vorgenommen haben, wird erinnerlich sein, dass der Stamm und die Wurzel eine feste sclerenchymatische Rinde be- sitzen, wodurch im Allgemeinen ein Schutz für die im Innern dieser Organe gelegenen Zellgruppen gegeben ist. Es sind also hauptsächlich die Zellen des Blattparenchyms, für welche besondere Vorrichtungen zur Erreichung einer genügenden Festigkeit vorhanden sein müssen. Vor allen Dingen bedürfen die am meisten exponirten Zellen des Blattrandes eines Schutzes. Bei vielen Trichomanesarten, z. B. Trichomanes lanceum und einer grossen Zahl der zu der Hemiphlebiengruppe gehörigen Formen finden wir den Rand mit eigenthümlichen, starkverdickten Dornhaaren besetzt, welche einzeln oder zu Gruppen vereinigt zwischen den Endigungen der Blattnerven stehen (Figg. 2,7,18,22). Diese Haare sind an ihrer Basis stark gekrümmt, so dass sie nicht von der Blaitfläche abstehen. Sind die Haare einzeln gestellt, so entspringen sie in der Ebene der Blattfläche aus einer Randzelle und laufen gegen die Blattspitze hin gerichtet vollständig mit dem Rande paralle. In den zweizähligen Gruppen ist das eine Haar 28* 434. gegen die Blattspitze, das andere gegen die Basis hin dem Blattrande ange- schmiegt (Fig. 7). Sind noch mehr Haare in den Gruppen vorhanden, so sind einige derselben stets dem Blattrande angeschmiegt, während die übrigen sich dicht über die ihrer Basis benachbarte Partie des Blattes herneigen (Fig. 18). Besonders im Jugendzustande der Blätter, in welchem ein Schutz des noch zarten, unentwickellen Parenchyms sehr nöthig ist, stehen diese Schutzhaare, welche sich sehr frühzeitig entwickeln, so genähert, dass der ganze Blattrand und, wo mehrzählige Gruppen vorhanden sind, auch der grösste Theil der Blattfläche schützend überdeckt wird. Als eine phylogenetisch mit diesen Gruppenhaaren des Blattrandes zusammenhängende Erscheinung müssen wir die eigenthümlichen ein- gerollten Schuppen am Blattrande von Trichomanes membranaceum auf- fassen, welche wie jene ausser anderer später zu besprechender Function sicher auch dem mechanischen Schutze des Blattrandes dienen (Fig. 24). Sie sind, wie die Gruppenhaare stets, zwischen den freien Enden zweier Blatt- nerven inserirt. Ueber die Bedeutung dieser Schuppen ist man lange Zeit im Unklaren gewesen. Nach Hooker') sind dieselben small, peltate, umbilicated, pale brown, sessile, membranaceous scales, which appear to be either aborlive involucres, or themselves young fructificalions, and corresponding with the membranaceous lips of the involucres. Pres!?) schreibt über sie: »Cuinam scopo haec organa marginalia e duabus squamis constructa ... inserviunt aut inservire possunt, plane ignoro. Jam in juvenilibus speeiminibus soros nondum gerentibus fere in toto aınbilu ob- . veniunt, sed semper hucusque vacua visa sunt. Anne cum gemmis com- parari possunt? In Hymenophyllacearum ordine unieum exemplum haecce organa sunt et ad indumentum, sicuti ad pilos, paleas etc. nnmerari non possunt«e. Im Jahre 1845 hat K. Müller?) eine genauere Untersuchung der Morphologie und der Entwickelungsgeschichte dieser Organe vor- genommen, aus welcher wenigstens mit Sicherheit hervorgeht, dass die- selben weder jugendliche oder redueirte Indusien noch auch Brutknospen sind. Müller kam zu dem Resultat, dass diese Schuppen eine Lamellen- bildung darstellen. Mettenius weist nun darauf bin, dass auch diese Ansicht nicht zu billigen sei, da die Schuppen niemals auf den Blatt- nerven stehen, wo doch nach sonstigen Erfahrungen die Lamellenbildungen vorwiegend aufzutreten pflegen. Er denkt sich die Schuppen in der Weise entstanden, dass alle Strahlen einer mehrzähligen Haargruppe, wie sie etwa bei Zyrichomanes muscoides sich findet, zu einer continuirlichen Schicht verbunden seien. Die Haare der Gruppen sind aber einzellig, während bei den Schuppen von Trichomanes membranaceum in radialer Richtung mehrere Zeilen aufeinanderfolgen; auch würde bei der Ver- 1) Exotic flora vol. 176. Vergleiche auch Martius, Ic. plant. erypt. Bras. p. 108. 2) Hymenophyllaceen p. 12. 8) Bot, Zeitg. III p. 577. 435 einigung aller Strahlen einer vielzähligen Gruppe zunächst nur ein schild- förmiges Gebilde entstehen, dessen halbkreisförmige Hälften über die Blatt- flächen hergeschlagen wären. Es hat indes wenig Werth den Einzelheiten der Entstehung nachzuforschen. Die Aehnlichkeit in der Insertion dieser Gebilde und der Haargruppen der dem Trichomanes membranaceum nahe verwandten Formen, sowie die Uebereinstimmung hinsichtlich der früh- zeitigen Entwickelung geben uns Anlass, die Schuppen als eine Modi- fication der Haargruppen anzusehen. Die Dicke der Zellwände in den Schuppen berechtigt uns ihnen die Function von Schutzorganen zuzu- schreiben. Es sei hier noch erwähnt, dass am Blattrande einiger Zymenophyllaceen eigenthümliche kurze Haare vorhanden sind, welche aus einer cylindrischen Stielzelle und einer keulenförmig angeschwollenen Endzelle bestehen. Ver- muthlich liegen hier secernirende Organe vor, welche durch reichliche Schleimabsonderung: ebenfalls einen Schutz für die Randzellen abgeben könnten. Ganz gleiche Haare kommen übrigens auch auf den Nerven der Blattunterseite sehr vieler Hymenophyllum- und Trichomanesarten vor (Fig. 6). Es ist das vielleicht nur der Ausdruck der Thatsache, dass die über die Blattfläche hervorragenden Parenchymzellen, welche die Nerven über- kleiden, gleichfalls eines erhöhten Schutzes bedürfen. Ob die Keulenhaare etwa nur im jugendlichen Zustande des Blattes functioniren, das lässt sich selbstverständlich an dem Herbar- und Alcoholmaterial nicht entscheiden. Bei der Mehrzahl der Hymenophyllacen sind besondere Schutz- vorrichtungen, wie die eben beschriebenen, am Blattrande nicht vorhanden. Die Zellen .des Blattparenchyms selber aber zeigen einen Bau, welcher eine gewisse Festigkeit bedingt, ohne im übrigen die vegetativen Functionen wesentlich zu beeinträchtigen. Es finden sich nämlich an den Aussen- wänden dieser Zellen Membranfaltungen vor, die für die Erhöhung der Festigkeit der Wand eine ähnliche Bedeutung haben müssen, wie die Wellung der Zinkblechplatten, welche gegenwärtig in der Architektur eine so ausgedehnte Anwendung finden. Mettenius, welcher genauer als irgend ein anderer Forscher die Structur der Zellwände bei den Hymenophyllaceen untersucht hat, giebt über diese Erscheinung eine Reihe beobachteter Einzelheiten an, welche indes für unsere Betrachtung keine weitere Bedeutung haben. Das Wesentliche ist in allen Fällen, dass die Zellwand eine Festigung erfährt, ohne dass ihre Durchlässigkeit für Licht, Luft und Wasser allzusehr herabgesetzt wird. In ähnlicher Weise, wie es soeben für die Zellen des Blattrandes ge- schildert worden ist, wird auch vielfach den Zellen der Blattfläche durch Wellung der Wände eine höhere Festigkeit verliehen, wie ebenfalls Mettenius in seiner eingehenden Weise zuerst geschildert hat. Wir finden allerdings hier nicht auf den Aussenwänden die Wandfalten, sondern auf den Seitenwänden, welche die einzelnen Zellen trennen. Es 436 wird dadurch ein innigerer Verband der Zellen unter einander hergestellt. Die gefalteten Seitenwände bilden gewissermassen ein festes Maschenwerk, zwischen welchem die zartgebliebenen Aussenwände ausgespannt sind. In vielen Fällen tritt zugleich mit der Wandfaltung oder unabhängig von derselben in den Blattzellen eine Wandverdickung auf. Bisweilen er- streckt sich dieselbe gleichmässig über die ganze Fläche der Seitenwände, indem nur eine Anzahl eng umschriebener Wandstellen als Tüpfel un- verdickt bleiben, häufiger aber ist sie eine partielle. Die Wandverdickungen treten dann als kräftige Leisten in den Kanten der Zellen auf, oder sie bilden einzelne senkrecht zur Blattfläche gestellte Balken in der Mitte der Seitenwände in ähnlicher Weise, wie cs bei manchen Lebermoosen sich findet und neuerdings noch für die Blattzellen der Colura ornata von Goebel!) erwähnt worden ist. In einigen Fällen, wie z.B. Mettenius für Trichomanes millefolium angiebt, sind diese balkenförmigen Ver- dickungen der Seitenwände nur in einzelnen Zellkomplexen über die ganze Blattfläche zerstreut, gewöhnlich aber finden sie sich, wo sie überhaupt vorkommen, in jeder Zelle und sind auf den Wänden so vertheilt, dass dic Verdickungen in benachbarten Zellen einander genau entsprechen. Als ein Beispiel besonderer Ausbildung möge bemerkt werden, dass bei einigen Arten eine Kieseleinlagerung in die verdickten Membranstellen vorkommit. Wir sahen, dass die Wandverdickungen, welche die Festigung des Blattparenchyms bewirken, immer fast ausschliesslich auf die Seitenwände der Zellen beschränkt sind. Nach aussen hin ist der Zellinhalt von einer dünnen Membran überspannt, so dass der Lichtzutritt, der Gasaustausch und die direkte Wasseraufnahme in die Zelle durch diese Vorrichtungen nicht beeinträchtigt werden. Wenn in dieser Weise eine hinreichende Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Einwirkungen auf die einzelnen Zellen zustande kommt, ist damit ein Schutz gegen die Infection seitens parasitischer Organismen noch nicht gegeben. Es sind zwar in allen darauf hin geprüften Fällen die Zellen von einer zarten Cuticula über- kleidet, dieselbe ist indes nicht immer im Stande das Eindringen von Pilzhyphen in die Zellen zu verhindern. Viele Hymenophyllaceen werden, da die Oberfläche ihrer Blätter infolge der eigenartigen Lebensweise, immer feucht ist, von epiphytischen Gewächsen bewohnt. Zarte Leber- nıoose, Algen und Pilze überziehen häufig die Blattfläche mit einer zu- sammenhängenden Kruste. Es ist unter den gegebenen Umständen kein Wunder, dass auch parasitische Pilze sehr leicht auf den Blättern zur Keimung kommen und, da die zarte Aussenwand ihrem Eindringen keinen grossen Widerstand entgegensetzt, auch in das Innere der Blattzellen ge- 1) Goebel, Morphologische und biologische Studien. Annales du Jardin Bot, de Buitenzorg Vol. IX. 437 langen. Sehr häufig, besonders bei den kleinblättrigen Arten, habe ich PilZhyphen in dem Blattgewebe gefunden. Manchmal waren die inficirten Zellen abgestorben und von ihren gesund gebliebenen Nachbarinnen durch gebräunte Wände geschieden. Es ist mir nicht gelungen zu ermitteln, ‚ob die Bräunung der Wände mit einer eingreifenden Substanzveränderung etwa mit einer Verkorkung zusammenhing, indes darf das wohl als wahr- scheinlich hingestellt werden. In einigen Fällen fand ich das ganze Blatt von Pilzfäden durchzogen. Ich habe nicht Gelegenheit genommen, die Verwandtschaft der hier vorkommenden Pilze festzustellen. In der Litteratur fand ich nur selten Notizen über diesen Gegenstand; so wurden z. B. Sphaerella Trichomanes Cooke, Sphaerulina assurgeus Cooke und Uyphella Allicola Cooke als hierher gehörig bezeichnet. Sicher sind verschiedene Formenkreise oft in demselben Blatt vertreten. Mehr noch als die Zellen des Blattparenchyms sind die Haarwurzeln und die Epidermis des Stammes und der Adventivwurzeln der Pilzinfection ausgesetzt. Man braucht in diesen Organen nirgends lange nach Parasiten zu suchen. Einzelne Epidermiszellen fand ich bei einigen Trichomanesarten wohl in Folge der Pilzinfeetion kugelförmig aufgetrieben. Goebel schreibt, dass die Rhizoiden der Hymenophyllaceenprothallien von Pilzen bewohnt werden, ohne dass den Wirthen daraus ein ersichtlicher Nachtheil entsteht. Dasselbe mag wohl in manchen Fällen für die Haarwurzeln der geschlechtlichen Pflanzen gelten. Ob ein symbiotisches Verhältniss vorliegt, wie es bei den Mycorrhizen höberer Pflanzen angenommen wird, das ist hier ebenso- wenig zu entscheiden als bei den Prothallien. Das mechanische System ist bei den Hymenophyllaceen meist gut entwickelt. In dem Stamm wie in den Wurzeln stelit dasselbe einen Hohlevlinder von starkverdickten Sclerenchymzellen dar, welcher der Ober- fläche mehr oder weniger nahe gerückt ist (Fig. 3). In den Blättern bildet gewöhnlich eine Sclerenchymschicht beiderseits den Beleg der Gefäss- bündelstränge (Fig. 8). Ausserdem kommen auch im Anschluss an diese echten Blatinerven Selerenchymstränge im .Blatt einiger Zrichomanesarten vor, welche von keinem Gefässbündel begleitet smd und aus diesem Grunde als Scheinnerven bezeichnet werden (Fig. &). "Prantl hat alle Trichomanesformen, bei denen Scheinnerven auf- treten, zu der Gattung Hemiphlebium vereinigt. Ob das vom entwick- lungsgeschichtlichen Standpunkt aus richtig ist, erscheint mir nicht sicher. Die Scheinnerven sind offenbar‘ nichts anderes als durch Rückbildung auf den Sclerenchymstrang redueirte wirkliche Blattnerven. Das geht schon daraus hervor, dass sie in dem morphologischen Aufbau des Blattes in vielen Fällen die Stelle echter Nerven vertreten. Es kommt auch vor, dass ein echter Nerv in seinem weiteren Verlauf nach dem Blattrande zu in einen Scheinnerven übergeht. Die Rückbildung, welche zur Entstehung der Scheinnerven geführt hat, kann nun ganz gut in verschiedenen Ent- 438 wickelungsreihen vor sich gegangen sein, so dass ein Theil dieser Formen phylogenetisch zu einer anderen Gruppe gehören würde als der andere. Bevor indes über diese Frage durch eine neue systematische Untersuchung Licht verbreitet wird, können wir Prantls Gattung als Gruppe in dem Genus Trichomanes gelten lassen. Die Hemiphlebiengruppe enthält die kleinsten und zierlichsten Farn- pflanzen, welche überhaupt bekannt sind. Hinsichtlich der systematischen Bezeichnung der hierher gehörigen Formen herrscht in der Litteratur wie in den Herbarien ein wirres Durcheinander. Ich werde im Folgenden hin und wieder Gelegenheit haben, Formen aus diesem Kreise zu citiren. Um mich dem Leser verständlich machen zu können, lasse ich hier eine kleine Tabelle folgen, aus welcher für jede hierher gehörige Form der von mir für dieselbe gebrauchte Name leicht ersehen werden kann. Es sind von mir in mehreren Fällen unter einem Namen Formen vereinigt, welche bisher als eigene Species galten. Besonders ist das in solchen Fällen geschehen, in denen die Speciesunterschiede mir als innerhalb der Species variabele Eigenschaften erschienen. Die Auffindung einer kleinen unbestimmten Form war mir Veranlassung, vorzugsweise die Hemiphlebien mit Dornhaaren am Blattrande in systematischer Beziehung genau zu untersuchen. Materiäl für diese Untersuchung war hinreichend vorhanden. Ich habe alle in der Litteratur genannten hierher gehörigen Formen meist in mehreren gut bestimmten Exemplaren prüfen können, mit alleiniger Ausnahme von Trichomanes Robinsoni Baker, welches deshalb. in der Tabelle in Parenthesi aufgeführt ist. Gen. Trichomanes. Scheinnerven vorhanden. S Hemiphlebium. A. Blattrand mit Gruppen von Dornhaaren oder mit Schuppen besctzt. I. Mittelrippe deutlich das Blatt bis zur Spitze durchziehend. a) Dornhaare am Blattrande nur zu 1—3 in einer Gruppe, 1) Indusium deutlich zweilippig. Lippen fast so breit als lang. «) Blatt ganzrandig. Trichomanes microphyllum n. sp. . £) Blatt tief ausgebuchtet oder gespalten. aa) Blatt im Umriss rundlich, fiederspaltig, die Lappen rund- lich ausgebuchtet. Trichomanes muscoides. [bb) Blatt im Umriss länglich, fiederförmig, buchtig gelappt, eichenblattähnlich. Trichomanes Robinsoni Baker.] (2 Indusium schwach zweilippig. Lippen schmal. Blatt einfach ganzrandig oder schwach buchtig ausgeschweilt. Trichomanes Petersü A. Gr. 439 b) Dornhaare am Blattrande bis zu 10 in einer Gruppe. 1) Nervatur fast fächerförmig, die Seitennerven gehen unter sehr spitzem Winkel vom Hauptnerven aus. Blatt einfach, ganz- randig oder unregelmässig gelappt. Trichomanes pusillum. 2) Nervatur deutlich fiederförmig, Blätter regelmässig zertheilt. Trichomanes Krausi. II. Mittelrippe nicht deutlich hervortretend, Nervatur fächerförmig. a) Blattrand mit vielzähligen Haargruppen besetzt. Trichomanes punctatum. b) Blattrand mit Spiralschuppen besetzt. Trichomanes membranaceum L. B. Blattrand kahl. I. Blattrand nicht von einem Nerven umsäumt. a) Blätter alle oder zum Theil schildförmig. 1) Blattparenchym einschichtig. Trichomanes peltatum. 2) Blattparenchyın mehrschichtig. Trichomanes Hildebrandtii. b) Blätter nicht schildförmig. 0 [Triehomanes sublimbatum.] [Tr. Kapplerianum Sturm. ] [Tr. Henzaianum Parish.] [Tr. Godmani Hook.] [Tr. Motleyi V. d. B.] Il. Blatt mit Randnerven. a) Blätter fast sitzend, an der Basis keilförmig verschmälert. Mittel- nerv bis in die Blatispitze deutlich. Trichomanes Hookeri. b) Blätter ziemlich lang gestielt, fächerförmig. Trichomanes cuspidatum. Die einfachste von allen in der Tabelle genannten Formen ist die zuerst aufgeführte, eine neue Species, deren Beschreibung hier folgen möge. Trichomanes mierophyllum Ghgn. (Fig.2). Stamm kriechend, behaart, dorsiventral zweizeilig beblättert; Blätter gestielt, einfach, oval bis lanzettlich, durchschnittlich 7 mm lang und 2'e mm breit, ganzrandig oder schwach ausgeschweift, der Rand mit zweizähligen Dornhaargruppen und mit ein- zelnen kleinen Drüsenhaaren besetzt; Nervatur des Blattes fiederförmig, Scheinnerven zahlreich, nur die Mittelrippe enthält ein Gefässbündel; stets nur ein einziger Sorus an der Spitze des Blattes, Indusium cylindrisch, an der Basis verschmälert, der Rand breit zweilippig, Lippen mit stark- verdickten Zellen gesäumt, Receptaculum verlängert. Heimat Gomoren, Insel St. Johanna. 440 Ich fand diese durch die Einfachheit aller Verhältnisse ausgezeichnete Species in einem grösseren Rasen von Trichomanes cuspidatum des Mar- burger Herbariums, welcher im Jahre 1875 von Hildebrandt an dem angegebenen Standort am Boden im Waldesschatten gesammelt worden war. Ausser den geschilderten Scheinnerven kommen in den Blättern der JHemiphlebien und hin und wieder auch bei anderen Species noch ähn- liche Gebilde vor, welche Prantl als Streifen bezeichnet. Dieselben unter- scheiden sich von den Scheinnerven wesentlich nur durch ihre Lage im Blattparenchym, nach welcher sie nicht als zur Architektur des Blattes gchörig bezeichnet werden können. In selteneren Fällen bestehen die Streifen nur aus Deckzellen oder auch bloss aus rechteckigen Parenchym- zellen, welche zu kurzen Reihen verbunden sind. Die Streifen sind ent- weder regellos in der Blattfläche vertheilt, oder sie umsäumen den Rand des Blattes, bisweilen im Anschluss an die regelmässige Nervatur. Ich halte auch die Streifen für rückgebildete Nerven, wenn wir auch ihre Beziehung zu dem vereinfachten Blatibau nicht mehr erkennen können. Ob die im Parenchym zerstreuten, einzelnen Streifen für die Festigung des Blattes cine nennenswerthe Bedeutung besitzen, ist wohl in Zweifel zu ziehen. Meistens sind gerade diejenigen Blätter, in denen die Streifen am häufigsten auftreten, so klein, dass an ihre Biegungsfestigkeit nur schr geringe Ansprüche gestellt werden können. Dicse Streifen sind eben verkünmmernde Organe. Die Streifen des Blattrandes hingegen müssen für das Blatt entschieden einen Vortheil bieten, da sie dasselbe vor dem Einreissen schützen, Wir finden bei den Hymenophyllaceen noch andere Bauverhältnisse des Blattrandes, welche den Blättern einen gleichen Nutzen gewähren. So sind z. B. bei Huymenophyllum Neesii, welches Mettenius abbildet, und bei andern Arten die Zellreihen in der Nähe des Blattrandes mit auf- fallend stark verdiekten Wänden versehen. Ein exquisites Beispiel für diese Form der Wandverstärkung bietet eine kleine Hymenophyllacee, welche im Münchener Herbar als Hymenophyllum Cheesemani Baker be- stimmt ist!). Der zierliche Farn hat am Rande der kleinen, meist dicho- tomisch getheilten Blätter einen breiten Saum von parenchymatischen Zellen, deren Wände stark verdickt und dunkelbraun gefärbt sind. In regelmässigen Abständen entspringen aus diesem Saum Haare, welche je eine Reihe ebensolcher Zellen darstellen und welche dem Blattrande dicht angeschmiegt sind. Die Wände der braunen Zellen sind getüpfelt. Die Zellen der Blattfläche haben hier abweichend von allen sonst beobachteten Fällen zarte, unverdickte Wände. Wären diese Zellen, wie es bei den übrigen Hymenophyllaceen der Fall ist, auf ihre eigene Festigkeit ange- 1) Vergl. Just Jahresber. 1876 p. 344 Nr. 24 und Hooker’s Icones plantarum Yol. XVII Pl. 1614 Hym. Armstrongii. 4a wiesen, so würde die Blattfläche wohl nicht ausgebreitet bleiben, sondern sich zusammenfalten und bei der geringsten Inanspruchnahme ihrer Festigkeit zerreissen. Der starke Saum von Randzellen hält aber das zarte Gewebe wie in einem festen Rahmen glatt ausgespannt und schützt es vor Zerstörung. Bei einer Reihe von Formen werden die Zellen des Blattrandes durch eine Wand parallel zur Blattfläche getheilt, so dass ein festerer Saum entsteht. Diese Erscheinung tritt gewöhnlich in den Win- keln zwischen den einzelnen Fiederabschnitten am ersten und ausgepräg- testen auf, es ist diese Stelle des Blattrandes dem Einreissen besonders leicht ausgesetzt. Einen analogen Fall ungleichmässiger Ausbildung der verschiedenen Randstellen finden wir bei Trichomanes Krausti, bei welchem die in den Winkeln stehanden Gruppen von Dornhaaren sechs- bis zehn- zählig sind, während im Uebrigen meist nur zwei oder drei Strahlen in einer Gruppe stehen. Bei Zrichomanes reniformis, dessen Blatt aus vier Zellschichten gebildet wird, ist der Rand von einem Polster von Zellen eingenommen, welche etwas gestreckt sind und stark verdickte Wände haben. Ganz ähnliche Schutzeinrichtungen finden wir in vielen andern Pflanzenfamilien, bei den zarten Blättern der Moose, der Selaginellen, z. B. Selaginella apodum, S. cuspidatum, ferner bei Adiantum tenerum u. a. m. Die Indusien müssen wir als Schutzorgane der Sori ansehen. Bei den Hymenophyllaceen mit einschichtigem Blattparenchym ist der Indusien- rand gleichfalls einschichtig. Im unteren Theil pflegt in den Indusien bei Trichomanes ein von Parenchym beiderseits überkleideter Sclerenchym- mantel aufzutreten. Am weitesten hinaufreichend fand ich denselben bei Trichomanes microphyllum und bei verwandten kleinsten Formen. Dort war ausserdem der Saum der Indusienlippen von parenchymatischen Zellen gebildet, deren Innenwände ganz enorm stark verdickt waren (Fig. 3a). Es fiel mir auf, dass bei den getrockneten Exemplaren in den Her- barien die zweilippigen Indusien überall weitgeöffnet waren. Entsprechend meiner Auffassung, dass das Indusium ein Schutzorgan des Sorus ist, ver- muthete ich vielmehr, dass die Lippen im normalen Zustande den Sporangienstand dicht umhüllen.. Um einen Aufschluss über die natürliche Stellung der Indusienlippen zu bekommen, behandelte ich ein fertiles Blatt von Trichomanes microphylium mit wenig erwärmter Kalilauge. Der Erfolg war, dass sich die Lippen des Indusium, welche anfangs völlig zurückgeschlagen gewesen waren, allmählich streckten und oben fast zu- sammenschlossen. Als ich das Blatt darauf auswusch und in Alcohol legte, trat infolge der Wasserentziehung alsbald wieder eine Rückwärts- krümmung der Lippen ein. Das Spiel liess sich noch einige Male wieder- holen. Es scheint danach, als ob die Lippen des Indusium hier ähnlich wie das Peristom der Mooskapsel hygroskopisch seien !). Selbstverständ- lich lässt sich ein sicherer Schluss auf diesen Versuch nicht basiren. 1) Vergl. hierzu auch Hooker Ic. pl. Vol. XVII Pi 1619 fig. su 4 449 Der Vegetationspunkt des Sprosses ist bei den Hymenophyllaceen auf- fallend wenig geschützt. Bei den radiär gebauten Formen, deren Inter- nodien gestaucht sind, ist er natürlich von der Blattrosette eingehüllt und von jungen Blattanlagen überragt. Bei den dorsiventralen Arten aber, besonders bei den wurzellosen, bei welchen die Blattanlagen erst ziemlich weit vom Vegetalionspunkt ein kräfliges Wachsthum entwickeln, liegt der Stammscheitel ohne Hülle frei. Es bilden sich hier unmittelbar hinter dem wachsenden Scheitel eigenartige Drüsenhaare aus, welche sich über den Vegetationspunkt herneigen und wohl durch Schleimabsonderung aus ihren keulenförmigen Endzellen einen Schutz für denselben bilden (Fig. 14). Bei Trichomanes peltatum, Trichomanes Hildebrandtii und andern mehr bestehen diese Drüsenhaare aus längeren Zellreihen,. In anderen Fällen sind sie einzellig oder es ist ausser der keulenförmigen Endzelle nur eine einzige Stielzelle vorhanden, welche wie z. B. bei Zrichomanes pusillum mit körnigen Wandverdickungen versehen und etwas schief angeheftet ist. Bei andern Arten endlich ist die Befestigungsstelle des Stieles ganz auf die Längsseite des Haares, wohl gar auf die zweite oder dritte Zelle der Reihe verschoben. Diese letzteren Formen gleichen in ihrem Jugend- stadium den vorhin geschilderten; das an der schief befestigten Stielzelle über die Insertionsstelle vorgezogene Ende wächst dann später lang aus und theilt sich durch eine oder zwei Querwände. "Die schildförmige Befesti- gung dieser Haare ist der Grund gewesen, weshalb die älteren Autoren dieselben als Paleae bezeichnet haben. Wir finden sie, freilich nicht so zahlreich, auch an der jungen Blattanlage. An älteren Theilen sind die Paleae gewöhnlich nicht mehr vorhanden. Haarähnliche Paleae sind auch bei einigen Polypodiaceen vorhanden, welche Kuhn!) zu der Gruppe Ohaetopterides vereinigt hat. In den meisten Farnfamilien sind die jungen, in Wachsthum begriffenen Blätter und Blattabschnitte, deren Gewebe noch zart und empfindlich ist, durch Einrollung vor Verletzung geschützt. Unter den Hymenophyllaceen besitzen viele Formen gleichfalls diese Schutz- vorrichtung, andern aber fehlt sie (Fig. 16 u. 22). Die schildförmigen Blätter von Trichomanes Hildebrandtii und peltatum breiten sich an ihrem ganzen Umfange fortwachsend von Anfang an flächenförmig aus (Fig. 1). Bei den I]lemiphlebien sind die Blätter gleichfalls nicht eingerollt; sie zeigen zu- nächst vorwiegendes Längenwachsthum. Die Lamina ist z. B. bei Zri- chomanes Petersii zuerst nur durch einen sehr schmalen Flügelsaum zu beiden Seiten der Mittelrippe angedeutet, so dass die Blattanlage von einem jungen Seitenspross kaum zu unterscheiden ist. Erst wenn die Mittelrippe nahezu ihre definitive Länge erreicht hat, beginnt das Flächen- wachsthum und die Anlage der Nerven höherer Ordnung. Gerade im Gegensatz dazu steht das Verhalten der jungen Blätter bei Aymeno- 1) V.d. Deckens Reisen 111. Bd. 3. Abth. 1879 p. 7. AA3 phyllum caudiculatum (Fig. 22). Die Spitze ist hier stark eingerollt und ent- wickelt sich sehr langsam. Die Blattfläche, das Parenchym zu beiden Seiten des Nerven, wird sehr früh ausgebildet, so dass alle Theile bis dicht unter die fortwachsenden Spitzen schon vollständig ausgewachsen sind. Das Blatt kann frühzeitig seine assimilatorische Thätigkeit beginnen und, wenn ihm genügende Feuchtigkeit und Nährstoffe zur Verfügung stehen, die zu seiner weiteren Entwickelung nöthigen Baustoffe selber produeiren. Es wird dadurch von der Energie der Stoffzufuhr vom Stamme her im gewissen Grade unabhängig. Die wechselnde Grösse der Blätter und das Auswachsen einzelner Blattzipfel zu schwanzförmigen Bändern mögen mit diesem Umstande in Zusammenhang stehen. L c. Aufnahme und Leitung von Stoffen. Wir haben manche Hymenophyllaceen ihrer Lebensweise nach als Wasserpflanzen (im weiteren Sinne) bezeichnet. Dieselben bethätigen diesen Character auch in ihrem anatomischen Bau. Wir finden bei ihnen Einrichtungen, welche die directe Wasseraufnahme in die Zellen des Blattes ermöglichen. Sehr wesentlich ist es, dass die Blattoberflächen leicht benetzbar sind. Bei den meisten Gewächsen nehmen die Blatt- flächen das Wasser nicht so leicht an; ja auf den Blättern der Palmen, der Ficusarten, der Aralien und Nelumbien, um aus der Menge einige Beispiele anzuführen, bleibt das Wasser in rundlichen Tropfen auf den Blättern liegen wie Quecksilber auf einer Glasplatte und wird durch die geringste Bewegung abgeschüttelt. Bie Blätter der Hymenophyllaceen aber, soweit ich dieselben im lebenden Zustande gesehen habe, nehmen das Wasser sehr leicht an und haben deshalb unter richtigen Culturbedin- gungen immer eine feuchte Oberfläche. Lässt man ein Blatt von TZri- chomanes peltatum an seiner Oberfläche trocken werden und legt alsdann mit einem Glasstab einen Wassertropfen auf dieselbe, so wird der Tropfen leicht angenommen und breitet sich über eine grössere Fläche aus. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Zellen des Blalt- parenchyms zur Festigung ihres Gewebes hauptsächlich nur auf den Seitenwänden Wandverdickungen besitzen. Die Aussenwände bleiben zart und durchlässig. Ausserdem treten sowohl an den Zellen des Blattrandes als auch an denjenigen der Fläche Tüpfel auf, d. h. dünnere Membran- stellen, welche die osmotischen Vorgänge erleichtern. Zellen, welche eine grosse mechanische Leistung auszurichten haben, sind bei den Hymenophyllaceen, wie wir in einigen Fällen gesehen haben, äusserst stark durch Wandverdickungen befestigt. Immer aber finden wir in diesen Zellen eine Communication mit der umgebenden Feuchtigkeit durch dünn gebliebene Wandstellen vermittelt. So sind die Indusienlippen mancher Arten am Rande von Zellen eingefasst, welche durch breite Verdickungs- schichten auf den Innenwänden ganz ausserordentlich, fast steinzellenartig AA. verstärkt sind. Alle Aussenwände aber, die obere und untere und ebenso die den Rand bildende, sind unverdickt geblieben (Fig. 3a). Ein zweiter ganz characteristischer Fall liegt in den Dornhaaren vor, welche wir als Schutz- vorrichtung am Blattrande einer Anzahl von Jlemiphlebien kennen gelernt haben. Die Dornhaare sind an der dem Blattrande zugekehrten Seite meist so stark verdickt, dass die Innengrenze der Verdickungsschicht über die Mittellinie desHaares hinausgeht (Fig. 7). Die entgegengesetzte Wandseite des Haares bleibt zart. Bei den schneckenförmig gerollten Schuppen am Blattrande von Trichomanes membranaceum ist die Wandverdiekung in den verschiedenen Zellreihen verschieden stark. ‚Die Zellen, welche den Rand der Schuppe bilden, sind an ihrem vordern Ende wenig verstärkt. Diejenigen aber, welche zunächst um den Insertionspunkt der Schuppen gruppirt sind, haben ringsum stark verdickte Wände, also abweichend von den bisher betrachteten Fällen sind hier auch die Aussenwände mit starken Verdickungsschichten belegt. Trotzdem sind diese Zellen nicht von der Wasserzufuhr von aussen her abgeschnitten. Bei aufmerksamer Betrachtung der Zellen von der Fläche her, natürlich unter Anwendung einer hinreichend starken Vergrösserung, finden wir auf denselben ge- wöhnlich eine Längsreihe von Kreisen mit röthlich erscheinendem Mittel- punkt, welche der Flächenansicht von gehöften Tüpfeln täuschend ähnlich sehen (Fig. 9). Der Querschnitt lehrt, dass hier in der That Tüpfel die Ver- diekungsschichten durchbrechen, deren Kanal ringsum von einer Zone stärkster Wandverdickung umgeben ist (Fig. 10). In einigen Fällen liess der Querschnitt an der Tüpfelendigung einen schmalen Spalt zwischen der Zellwand und den Verdickungsschichten erkennen, so dass es schien, als ob der Tüpfelkanal in einen linsenförmigen Hohlraum mündete. In anderen Fällen war ein solcher Hohlraum nicht vorhanden. Es giebt, wie schon Mettenius eingeliend nachgewiesen hat, eine ganze Reihe von völlig wurzellosen Trichomanesarten. Hierzu gehören alle Hemiphlebien ausser dem Trichomanes muscoides, welches nach Mettenius’ Angaben in sehr seltenen Fällen Adventivwurzeln bildet. Auch Trichomanes membranaceum, welches bisweilen für bewurzelt ge- halten wird !), scheint mir wurzellos zu sein. Die wurzelähnlichen Organe am Stamm dieser Art sind Sprosse, die sich ihrerseits regelmässig diametral zweizeilig verzweigen. Obgleich die Blätter an diesen wurzelähnlichen Sprossen vollständig unterdrückt sind, lässt doch die Regelmässigkeit der Verzweigung, welche sich derjenigen der Hauptachse vollkommen an- schliesst, schon auf die Sprossnatur dieser Organe schliessen. Ausserdem sind die Vegetationsscheitel nicht von einer Wurzelhaube bedeckt, sondern von einzelligen Paleae umhüllt. Solche wurzelähnlichen Sprosse kommen 1) Vergl. Russow, Vergleichende Untersuchungen betr. die Histologie der Leit- bündeleryptogamen. M&m. de l’Acad. d. Sc. st. Petersbourg. VII. Serie Tome XIX. Nr. 1. 1872. p. 95. 445 in verschiedenem Grade der Ausbildung bei einer ganzen Reihe von Formen vor. Trichomanes membranaceum stellt einen extremen Fall dar, da hier die Blätter an den umgebildeten Sprossen gänzlich fehlen. In anderen Fällen, z. B. bei Triehomanes peltatum und Krausü sind Blatt- rudimente noch deutlich nachweisbar. Es wäre denkbar, dass diese Blatt- rudimente entwieklungsfähig bleiben und, falls der umgebildete Spross dureh das Absterben älterer Theile isolirt wird, zu Blättern auswachsen. Ueber die physiologische Bedeutung der wurzelähnlichen Sprosse kann wohl kein Zweifel bestehen. Sie kriechen nach allen Richtungen im Substrat oder auf demselben hin, befestigen die Pflanze und führen der- selben Nährstoffe zu, welche in Lösung von ihren Haarwurzeln aus der Umgebung aufgenommen werden. Gewöhnlich trägt an den wurzel- ähnlichen Sprossen jede Epidermiszelle eine Haarwurzel. Diese Gebilde kommen in reichlichem Masse bei allen Formen vor, welche keine echten Wurzeln besitzen. Sie überkleiden nicht bloss die Sprossachse, sondern auch die Blattstiele (Fig. 2 u. 21), ja sie kommen oft, z.B. bei Trichomanes Hilde- brandti (Fig. 5) regelmässig, auch auf der Blattunterseite vor, wenn dieselbe dem Substrat genähert ist. Uebrigens sind die Haarwurzeln nicht auf die wurzellosen Hymenophyllaceen beschränkt, sie finden sich auch am Stamm und Blattstiel mancher bewurzelten Form, nur den radiär gebauten Arten scheinen sie zu fehlen, man müsste denn wie Prant] die auf den Wurzeln stehenden Wurzelhaare mit diesen Gebilden in einen Begriff zu- sammenfassen. Prant| will, »um den unlogischen Namen Haarwurzeln für die Rhizinen des Stammes auszumerzen«, die hier auftretenden Haar- wurzeln und Wurzelhaare, ferner die ähnlichen Gebilde an den Prothallien und bei Thallophyten alle mit dem Gesammtnamen Rhizinen bezeichnen. Soll etwa damit ausgedrückt sein, dass diese Dinge morphologisch gleich- werthig sind? Ich muss gestehen, dass mir der Name Haarwurzel für die braunen Haare, welche auf der Oberfläche des Stanımes stehen, wenigstens nicht unlogischer erscheint als der Name Rhizinen. Wer die Sache kennt, wird sich bei jedem Namen das richtige vorstellen, wer sie nicht kennt, dem wird durch das Wort Rhizinen auch nicht mehr ge- holfen sein als durch das Wort Haarwurzeln. Da die Blattzellen der Zymenophyllaceen zur direeten Wasseraufnahme eingerichtet sind, so könnte es scheinen, als ob durch diese Einrichtung eine Wasserleitung innerhalb der Pflanzen überflüssig wird. In der That bei den einfachsten wurzellösen Formen sind die Gefässbündel so reducirt, dass eine irgendwie ausgiebige, für die ganze Pflanze genügende Wasser- leitung in denselben nicht wohl angenommen werden kann. Ich will hier zum Belege die einfachsten Fälle, welche mir vorgekommen sind, etwas näher schildern. Trichomanes microphyllum besitzt einen fadendünnen Stamm mit dem denkbar einfachsten Gefässbündel (Fig. 3). Wir finden auf dem Querschnitt 446 nur eine einzige, sehr enge Tracheide, welche von vier bis fünf Gambiform- zellen umgeben ist. Eine im Querschnitt aus etwa fünf oder sechs Zellen bestehende Endodermis mit gewellten Radialwänden grenzt das Bündel gegen die Stammrinde ab. Die Zellen der letzteren sind in der Nähe des Bündels ziemlich dünnwandig, nehmen aber nach aussen hin schnell an Wandstärke und an prosenchymatischer Zuspitzung zu. Im Blattstiel und in der Mittelrippe des Blattes sind die Gefässbündel ebenso einfach wie im Stamm. Die seitlichen Nerven des Blattes enthalten über- haupt kein Bündel, sind also Scheinnerven. Triehomanes pusillum, eine nahestehende Form, besitzt fast gleich einfache Bündel in Stamm und Blatt, nur sind vielleicht die Tracheiden ein wenig länger und infolge dessen an ihren zugespitzten Enden weiter neben einander geschoben, so dass man auf dem Querschnitt häufiger zwei Tracheiden trifft, Ucbrigens sind im Blatt von Tyichomanes pusillum auch einige der seitlichen Nerven mit Bündeln ausgestattet. Damit steht jedenfalls in Zusammenhang, dass wir hier häufiger an einem Blatt mehrere Sori treffen, während bei Tri- chomanes microphyllum constant nur ein einziger an jedem Blatt vor- handen ist. Die Stammbündel der beiden soeben beschriebenen Arten sind die einfachsten, welche ich überhaupt gesehen habe, höchstens finden sich wohl in den Blattnerven höherer Ordnung bei einigen nahestehenden Arten gleiche Verhältnisse wieder (Fig. 5 u. 8). Im Uebrigen besitzen alle hierher gehörigen Formen in ihren Stammbündeln auch Phloömzellen mit verdickten stark lichthbrechenden Wänden. Gewöhnlich ist bei den Iemi- phlebien die Zahl derselben gering. Sie liegen nur auf der dorsalen, vom Substrat abgekehrten Seite der einen oder der wenigen Tracheiden, welche der Querschnitt aufweist, so dass wir diese Bündel als collateral bezeichnen müssen. Alle Hemiphlebien, deren Blattrand mit Dornhaaren besetzt ist, zeigen gleiche Einfachheit des Stammbündels; selbst bei Trichomanes Krausü, das oft ziemlich starke Blätter entwickelt, kommt das Stamm- bündel nicht wesentlich über das geschilderte Stadium hinaus. Von den ‚Hemiphlebien obne. Dornhaare zeigt Trichomanes peltatum gleichfalls nur einen einfachen Tracheidenstrang, die übrigen Formen Trichomanes cuspi- datum, Hookeri etc. haben meist mehrere Tracheiden neben einander in ihrern Stammbündel. Dasselbe ist auch bei Zyrichomanes membranaceum der Fall. Trichomanes Hildebrandtiü endlich, das meines Erachtens zu den Hemiphlebien gestellt werden muss, bildet hinsichtlich des Baues seines Stammbündels einen Uebergang zu den complieirter gebauten Formen. Sein Bündel ist noch ausgeprägt collateral. Die Zahl der Tra- cheiden beträgt auf dem Querschnitt etwa 10, die Bastzellen liegen zu einem Streifen vereinigt, welcher im Querschnitt halbmondförmig um die Gruppe der Tracheiden herumgreift. Zwischen den beiden Haupielementen des Bündels und um dieselben liegen zahlreiche Cambiformzellen. Die Schutzscheide ist deutlich ausgeprägt. Indem nun bei höher ausgebildeten . 447 Formen der Phloemstreifen des Bündels die Tracheidengruppe vollständig umschliesst, entstehen die concentrischen Bündel, die in verschiedener Stärke bei der Mehrzahl der Hymenophyllaceen vorhanden sind. So haben wir denn gesehen, dass alle Hymenophyllaceen auch die allereinfachsten Arten Leitbündel besitzen. Es wird also auch eine Stoff- leitung in den Pflanzen vor sich gehen. Versuchen wir darüber Auf- schluss zu erlangen, welche Bedeutung diese Leitung für das Leben der Pflanzen hat. Dass es sich nicht um eine Zufuhr von Wasser und Nähr- stoffen in das assimilirende Gewebe handelt, zeigt sich bei den Hemi- phlebien ganz deutlich. Dort sind gerade diejenigen Nerven, welche sich von dem Hauptnerven abzweigend in dem Blattparenchym vertheilen, denen also eine Versorgung dieser Zellen obliegen müsste, verkümmert und durch den Verlust des Leitbündels für diese Function untauglich geworden. Aus der näheren Betrachtung der Verhältnisse bei den Hemi- phlebien können wir ausser dieser negativen Erkenntniss aber auch einen Aufschluss über die Function gewinnen, welche hier die Gefässbündel haben. Wir sehen nämlich, dass in keinem Falle ein Sorus an einem Scheinnerven gebildet wird. Stets führt ein Leitbündel zu der Ursprungs- stelle desselben hin. Durch das umhüllende Indusium ist das Receptaculum an der directen Wasseraufnahme verhindert. Da in demselben fortgesetzt Wachsthums- und Entwickelungsvorgänge stattfinden, so ist in ihm offenbar ein gesteigertes Wasserbedürfniss vorhanden, welches durch die Zuleitung aus den benaclıbarten Zellen des Indusiums vielleicht nieht hinreichend befriedigt wird. Es ist also wohl möglich, dass das Receptaculum das für die physiologischen Processe in seinen Zellen nölhige Wasser wenigstens theilweise durch das Gefässbündel bezieht. Wichtiger ist es indess wohl noch, dass durch das Bündel die für das Wachsthum erfor- derlichen Baustoffe, welche durch die Assimilation in dem Blattparenchym erzeugt worden sind, dem Entstehungsorte der Sori zugeführt werden, da ja hier eine Production der Baustoffe aus anorganischen Substanzen nicht stattfinden kann. Es giebt noch andere Theile an der Pflanze, welche die zu ihrem Aufbau nöthigen Stoffe nicht selbst erzeugen oder aus ihrer nächsten Umgebung beziehen können. Das sind die Sprossscheitel und die Blätter in ihren ersten Jugendstadien. Auch für sie wird das Gefäss- bündel als Zufuhrweg für Assimilationspruducte eine hohe Bedeutung haben. Das hier gesagte gilt nicht nur für die Hemiphlebien, die Recepta- ceula, die Sprossscheitel und die jungen Blattanlagen werden in jedem Falle auf die Stoffzufuhr durch die Gefässbündel angewiesen sein. Wie gelangen nun die Assimilationsproducte in die Leitbündel hinein ? Das Bündel des Stammes und des Blattstiels ist ringsum von einer sclerenchymatisch ausgebildeten Rindenschicht eingehüllt. In den Blatt- nerven dagegen wird das Bündel meist nur oben und unten von einem Selerenchymstreifen bedeckt, während seitlich zwischen den Zellen des Blatt. parenchyms und dem Bündel eine Stoffleilung leicht erfolgen kann (Fig. 8). Flora 1890. 29 448 Bei Hymenophyllum scabrum greifen die selerenchymafischen Bündelbelege seitlich um das Bündel herum. Sie schliessen aber nicht zu einem con- tinuirlichen Cylinder zusammen, sondern lassen beiderseits einen schmalen Spalt für parenchymatische Zellen frei. Es bleibt also auch hier ein Weg für den Stoffverkehr zwischen Blattparenchym und Gefässbündel offen. Ein ähnliches Verhalten zeigen sehr viele der grösseren Formen. Wo aber wie bei Hymenophyllum Malingii (Fig. 25) die Leitbahnen des Blattes ringsherum von stark verdickten Elementen eingeschlossen sind, dort wird durch zahlreiche weite Poren in den verdickten Zellwänden der Uebertritt von Stoffen aus dem assimilirenden Gewebe in die Gefässbündel ermöglicht. In den chlorophylihaltigen Blattzellen sind die Wände, wo eine irgendwie bedeutende Wandverdickung auftritt, von zahlreichen Tüpfeln durchsetzt. . Dass diese Tüpfel nicht lediglich einen Stoffaustausch zwischen den nächstliegenden Zellen, sondern eine Wanderung der Stoffe in einer bestimmten Richtung vermitteln, lässt sich auch daraus ersehen, dass dieselben bei einer Anzahl von Formen, z.B. Trichomanes microphyllum, pusillum, punctatum u.a. m. nach den verschiedenen Richtungen hin ver- schieden zahlreich sind. Die Wände, welche zu der Richtung vom Blatt- rande nach dem Nerven hin senkrecht stehen, sind auffallend viel reich- licher getüpfelt als diejenigen, welche parallel zu dieser Richtung verlaufen. Oft sind ausserdem die Blattzellen in dieser Stromrichtung etwas gestreckt und in regelmässigen Reihen angeordnet. Als exquisites Beispiel für dieses Ver- halten kann das Blatt von Hymenophyllum Smithii angeführt werden (Fig. 923). Wenn wir kurz noch einmal die geschilderten Verhältnisse überblicken, so kommen wir zu dem Resultat, dass bei den Hymenophyllaceen eine Saftströmung in der Richtung vom Blattrande gegen den Blatinerv hin und durch die Leitbahnen zu den im Wachsthum begriffenen Theilen der Pflanze, zu den Sprossscheiteln, den Blattanlagen und den Entwickelungs- stellen der Sporangien stattfindet. Bei den kleinen Formen mit stark redueirten und sehr einfachen Bündeln mag dieser Strom der einzige oder doch der überwiegende sein. Sie leben meist im Moose kriechend oder dem Substrat etwa der Oberfläche eines bewachsenen Baumstammes an- geschmiegt. Das Wasser, welches die Blätter dieser kleinen Pflänzchen hier benetzt und von ihnen aufgesaugt wird, enthält sicher Nährstoffe in ausreichender Menge in Lösung, so dass eine Zufuhr anorganischer Stoffe aus dem Substrat durch Vermittelnng des Sprosses kaum ‚erforderlich sein dürfte. Anders ist das bei den Arten, welche grössere vom Substrat sich erhebende Blätter ausbilden. Dort steht dem Blattparenchym nur Regen- oder Thauwasser zur direkten Aufnahme zur Verfügung, es müssen also vom Substrat her Nährstoffe in das assimilirende Gewebe geleitet werden. Wir finden daher bei solchen Formen stärkere Gefässbündel mit gut ent- wickelten Tracheiden vor. Die Aufnahme der Stoffe aus dem Boden er- folgt durch die Adventivwurzeln und wo diese fehlen in erster Linie durch die Haaıwurzeln des auf oder in dem Substrat hinkriechenden 449 Sprosses. Es ist leicht zu ersehen, weshalb es keine radiär gebauten Hliymenophyllaceen ohne Wurzeln giebt. Der gedrungene Stamm erhebt - sich vom Substrat, könnte also auch bei reichlichster Bekleidung mit Haarwurzeln nicht die Aufnahme von anorganischen Substanzen aus dem Boden vermitteln. d. Belichtung und Durchlüftung. ‚Der Belichtung sind die im Urwalde unter dem dichten undurch- dringlichen Laubdache wachsenden Hymenophyllaceen nur in schwachem Grade ausgesetzt. In den meist einschichtigen Blättern ist das Chlorophyll direct dem diffusen Licht des Waldesschattens zugänglich. Die Chlorophyl!- körner sind meistens gross und soweit es nach der Beschaffenheit des Untersuchungsmaterials geschlossen werden kann, den Aussenwänden an- gelagert. Diese Wände sind gewöhnlich etwas uhrglasartig nach’ aussen gewölbt. Oft erreicht die Vorwölbung eine beträchtliche Höhe. Bei mehreren Arten, Trichomanes auriculatum, Hymenophyllum Karstenianum, speciosum, plumosum und Malingii constatirt Mettenius eine papillen- förmige Ausstülpung der äusseren Wände des Blattparenchynis, welche über die Seitenwände der Zellen ebenso hoch oder höher hinaufragt als die Höhe dieser Wände beträgt. Es kommt so eine starke Flächen- vergrösserung in den Zellen zustande, welche die Ausbildung möglichst vieler Chlorophylikörner in den Zellen gestattet. BHymenophyllum Malingii ist eine sehr eigenthümliche Form. Dieselbe bildet gar keine Blattfläche aus. Die Assimilation ist einfach auf die parenchymatischen Zellen be- schränkt, welche die fiederförmig verzweigten Blattnerven überkleiden. Jede dieser Zellen ist zu einer langen eylindrischen Papille ausgewachsen (Fig. 25), deren Wand dicht mit Chlorophylikörnern belegt ist. Die Papillen auf der stärker beleuchteten Blattoberseite sind etwas länger als diejenigen der Unterseite, Die Formen, deren Blattfläche aus mehreren Zelllagen besteht, führen das Chlorophyll fast ausschliesslich in den Zellen der äussersten Schichten, Bei Trichomanes reniformis enthalten sowohl die Zellen der Blattoberseite als diejenigen der Unterseite die Chlorophylikörner; ebenso ist es bei Hymenophyllum dilatatum und scabrum. Die Blätter sind, sei es durch die Länge des Blattstiels, sei es durch die aufrechte Stellung, so gerichtet, dass das Licht beide Seiten derselben treffen kann. Trichomanes Hilde- brandtii hingegen, dessen Blätter. ebenfalls aus mehreren Zellschichten zu- sammengesetzt sind (Fig. 5), besitzen Chlorophylikörner nur in der äussersten Zellschicht der Blattoberseite. Dieser Umstand steht mit dem Wuchs der interessanten Form im engsten Zusammenhang. Da in der Litteratur nur spärlich Angaben über Trichomanes Hildebrandtii vorhanden zu sein scheinen !), — mir ist keine einzige zu Gesicht gekommen, — so will 1) In Just. Jahresbericht ist angegeben A. Braun, Die von J. M. Hildebrandt auf der Comoreninsel Johanna gesammelten Gefässkryptogamen. 29* 450 ich diese Form, soweit es das Material erlaubt, hier etwas eingehender beschreiben. Trichomanes Hildebrandtii Kuhn (Fig. 1) ist im Jahre 1875 von Hilde- brandt auf St. Johanna, einer Insel der Comorengruppe gesammelt worden, wo es im schattigen Walde an Baumstämmen bei 600 bis 800 Meter Meereshöhe vorkommt. Durch gütige Mittheilung des Herrn Rektor Rensch in Berlin, welcher seiner Zeit die von Hildebrandt gesam- melten Pflanzen vertheilt hat, erfuhr ich, dass unter den damals erbeuteten Exemplaren nur zwei fructificirende vorhanden gewesen sind, von denen das eine in das Berliner Herbarium, das andere in Privatbesitz überging. Das Exemplar des Berliner Herbariums scheint verloren gegangen zu sein, wenigstens wurde mir von dort auf meine Anfrage mitgetheilt, dass Trichomanes Hildebrandtii Kuhn nicht vorhanden sei. Das in Privat- besitz befindliche Exemplar war mir nicht zugänglich. Ich bin also bei meiner Beschreibung auf die sterilen Exemplare des Marburger Her- bariums angewiesen. Die interessante Art besitzt einen kriechenden Stamm, welcher vom Rücken nach der Bauchseite etwas zusammengedrückt ist, sein Querschnitt ist also nicht kreisförmig, sondern oval. — Abflachung der Achsen kommt auch sonst im Pflanzenreiche häufig vor, z. B. bei den Phyllocladien mancher Stammsuceulenten. In derselben Weise wie bei Trichomanes Hildebrandtii findet sie sich bei Pothos celatocaulis'), einer tropischen Aroidee, welche seit einigen Jahren in europäischen Gärten eultivirt wird. Die Pflanze wächst gleich dem Trichomanes der Öber- fläche eines Baumstammes dicht angeschmiegt. Der Spross wird von den breiten, starren Blättern völlig überdeckt. Interessant ist auch die Ab- flachung des Stammes bei Polypodium Schomburghianum, welches Goebel®) in seinen Pflanzenbiologischen Schilderungen erwähnt. Der Stamm ist hier vielmals breiter als dick und flachrinnenförmig der Oberfläche des Baumstammes angeschmiegt. Er schützt die zarten Würzelchen der Unterseite und ist auch wohl imstande, Nährstoffe und Feuchtigkeit festzuhalten. — Adventivwurzeln fehlen dem Trichomanes Hildebrandtii, wenigstens an allen Stücken des Marburger Herbariums. Die Unterseite des Stammes ist dicht mit Haarwurzeln bedeckt. Die Blätter stehen scheinbar in einer Linie auf dem Rücken des Stammes. Dass es sich indes auch hier um eine dorsiventral zweizeilige Beblätterung handelt, deren Zeilen nur sehr genähers sind, schliesse ich aus der Stellung der Seitensprosse. Dieselben entspringen je einer neben jedem Blatte abwechselnd rechts und links, so dass sie in zwei gegenüberstehenden Zeilen auf den Flanken des Haupt- sprosses stehen. Die Blätter sind ungestielt und schildförmig. Die Nerven verlaufen von der Anheftungsstelle des Blattes aus radial zur Peripherie 1) Flore des serres. 1880. p. 133. 2) a. a. OÖ. p. 228, 451 und gabeln sich wiederholt. Auf der Unterseite der Nerven stehen zahl- reiche Haarwurzeln (Fig.5). Die Blätter sind der Rinde des von der Pflanze bewohnten Baumes dicht angeschmiegt. Sie sind in der Jugend völlig kreisrund, ihre Anheftungsstelle liegt genau in der Mitte der Fläche. Sobald sie mit den benachbarten Blättern in Berührung kommen, treten Unregelmässigkeiten ein, die für uns ein besonderes Interesse haben. Ueberall nämlich, wo ein Blatt von einem andern überdeckt wird, stellt es bald das Wachsthum ein, auch das überdeekende Blatt wird an der betreffenden Stelle in der Weiterentwicklung gehemmt. An den Stellen, wo der Blattrand nicht mit den Nachbarblättern zusammentrifft, wächst er gleichmässig aus, so dass statt der Kreisform eine unregelmässig lappige Gestalt des Blattes zustande kommt. Wir haben hier offenbar einen Fall vor uns, in welchem die Form eines pflanzlichen Organes durch äussere Umstände direct beeinflusst wird, und dieser Einfluss lässt sich hier ziem- lich leicht übersehen. Die von einem andern Blatt überdeckten Theile des Blattrandes sind ungenügend beleuchtet, so dass in ihren Zellen die Production von Baustoffen beeinträchtigt wird. An dem überdeckenden Blatte aber ist die betreffende Stelle gleichfalls nicht imstande, ihr Wachs- thum weiter zu führen, weil sie durch das überdeckte Blatt von dem Substrat abgeschnitten ist. Das obere Blatt bildet an der Berührungs- stelle gar keine Haarwurzeln auf seinen Nerven aus. Von den Blättern, welche mir vorlagen, mass das grösste in der Richtung quer zum Spross über 9 cm, während seine Ausdehnung in der Richtung des Stammes beiderseits durch die Nachbarblätter sehr beeinträchtigt war. Hinsichtlich des anatomischen Baues von Trichomanes Hildebrandt ist schon bei anderer Gelegenheit erwähnt worden, dass das Bündel des Stammes collateral ist. Die Blaltnerven sind sehr einfach gebaut, sie zeigen auf dem Queıschnitt oft nur eine Tracheide. Ein Beleg von . Sclerenchym ist nur auf der Oberseite vorhanden (Fig. 5). Da die Blätter mit ihrer Unterseite dem Substrate angeschmiegt sind, so ist eine mechanische Schutzvorrichtung für das Bündel oder zur Erhöhung der Biegungsfestig- keit des Blattes an dieser Seite nicht erforderlich. Eine Zahl der letzten Gabelzweige der Nervatur besteht bei den Exemplaren des Marburger Herbariums aus Scheinnerven. Da nirgends Sori vorhanden, die Blätter also wohl auch noch nicht ausgewachsen sind, so wäre denkbar, dass die Ausbildung eines Bündels noch nachträglich auch in diesen Gabel- ästen auftreten könnte. Indes ist das nach Form und Grösse der unter den Sclerenchymsträngen der Scheinnerven liegenden Zellen nicht anzu- nehmen. Ich habe daher kein Bedenken getragen, das Trichomanes Hildebrandtii als zur Gruppe der Hemiphlebien gehörig zu bezeichnen, mit dessen Mitgliedern es auch sonst einige Uebereinstimmung zeigt. Er- wähnenswerth ist noch das Vorkommen der Stegmata bei dem Tricho- manes Hildebrandtii. Dieselben liegen sowohl oberhalb der Bündel als 452 Deckzellen der Sclerenchymstränge, als auch an der Blattunterseite, wo kein Sclerenchym vorhanden ist. Deckzellen kommen unabhängig vom Selerenchym auch sonst noch bei den Hymenophytlaceen vor, z. B. bei Trichomanes elegans, Trichomanes diversifrons, wo Reihen von Deck- zellen in dem Blattparenchym als Scheinnerven auftreten. Kohl nimmt an, dass die Function der Deckzellen in der Regulirung des’ Wasserverkehrs zwischen den Bastzellen und den Intercellularräumen bestehe. Da bei den Hymenophyliaceen meistens keine Intercellularräume, bisweilen auch nicht einmal Sclerenchymzellen in der Nähe der Stegmata liegen, so kann die von Kohl ausgesprochene Ansicht hier keine Geltung haben. Trichomanes Hildebrandtii gehört zu den epiphytischen Formen. Die epiphytische Lebensweise, welche bei den Hymenophyllaceen ausser- ordentlich häufig gefunden wird, ist für die Pflanzen hinsichtlich der Be- leuchtungsverhältnisse des Urwaldes offenbar von Vortheil. Die Pflanzen werden durch dieselbe der Lichtquelle näher gerückt und können ihre assimilirenden Flächen besser dem Lichte darbieten. Die flach schild- förmige Ausbildung der Blätter muss dabei für Trichomanes Hildebrandtiüi von besonderem Vortheil sein. Es ist mir zweifelhaft, ob nicht in der Litteratur bisweilen Tricho- manes Hildebrandtii mit Tr. peltatum verwechselt worden ist, oder ob nicht gar eine dritte nahestehende Species existirt. So findet sich z. B. bei Moseley') in seinem Bericht über die Flora der Admiralitätsinseln folgende Stelle: »On one of these treetrunks I found also a very curious fern, Trichomanes peltatum. "The fronds of the fern are orbieular in form and adhere in rows (as connected by the slender rhizome) to the bark. They are pressed absolutely flat against the bark, so as to look like an adhering erust, and have allthe appearance of a Riceia or some such form, for which, indeed, I took them when I gathered the specimens by cutting off flakes of the bark. Diese Schilderung passt viel besser zu Trichomanes Büldebrandtii als zu dem kleinen zierlichen Zrichomanes peltatum, dessen Blätter, wenn schildförmig, meist etwas trichterartig sind, so dass krause Räschen entstehen, für welche ich die Bezeichnung pressed absolutely flat against the bark ebenso ungeeignet finde als den Vergleich mit einer Riceia. Die Entwickelung der schildförmigen Blätter bei Zrichomanes Hildebrandtii habe ich nicht verfolgen können, bei Trichomanes peltatum verläuft dieselbe ähnlich wie sie für die Blätter höherer Pflanzen von Goebel?) geschildert worden ist. Uebrigens sind bei dieser Species nicht alle Blätter schildförmig ausgebildet und bei den schildförmigen liegt die Anheftungsstelle des sehr kurzen Blattstiels sehr häufig dem Rande der 1) Challenger Expedition. Linn. Journ. — Botany, Vol. XV p. 79. 2) Entwicklungsgeschichte p. 234. 453 Blattfläche mehr oder weniger genähert. Die Ansicht Fourniers'), dass die nicht schildförmigen Blätter von Trichomanes peltatum Jugendstadien seien, ist schon von Luerssen) richtig gestellt worden. Ich sah ganz nahe hinter dem Stammscheitel junge Blätter schildförmig ausgebildet, während weiter rückwärts marginal befestigte Blätter mit schidförmigen gemischt standen. Die Ausbildung der einzelnen seitlichen Organe ist überhaupt bei Trichomanes peltatum eine sehr ungleichmässige. Ein Sprossstück, welches ich untersuchte (Fig. 26), besass an der Hauptachse sechs Blätter. Das älteste (Bl.1) war fast ausgewachsen, von stattlicher Grösse und schildförmig. Die Befestigungsstelle des Stieles war dem vorderen Rande sehr genähert. Neben dem Blatt entsprang ein kurzer Seitenspross, der nahe an der Spitze ein noch unentwickeltes Blatt trug. Das nächstjüngere Blatt des Hauptsprosses (Bl. 2) war ganz in der Ausbildung zurückgeblieben und kaum noch als Höckerchen mit keilförmiger Scheitelzelle zu erkennen. Neben dem Höckerchen entsprang ein Seitenspross mit zwei Blättern, von denen das jüngere schildförmige und central befestigte das ältere an Grösse vielmal übertraf. Das dritte Blatt (Bl. 3) des Hauptsprosses war sehr kurz gestielt und besass eine schildförmige Lamina, deren Durchmesser einen halben Millimeter noch nicht erreichte. Ein Seitenspross war hier wie bei den folgenden Blätlern noch nicht entwickelt. Das nächste Blatt (Bl. 4) hatte die verhältnissmässig stattliche Grösse von fast ’/a cm. Darauf folgte wieder ein höckerförmiges Rudiment (Bl. 5) und endlich als jüngstes Blatt (Bl. 6) eine Anlage mit 1Ya mm langem Stiel und noch schwach entwickelter, schief schildförmiger Lamina. Auch in der Maximalgrösse der Blätter scheint Trichomanes peltatum, vorausgesetzt dass nicht verschiedene Species vor- liegen, sehr zu variiren. Baker?) giebt an, dass die Blätter Ye bis 1a Zoll Durchmesser haben. Die Specimina, welche ich gesehen habe, be- sassen fertile, also ausgewachsene Blätter, deren grösste Ausdehnung höchstens 1 em betrug, d.i. noch nicht einen halben Zoll, und Luerssen®) erwähnt einen ganzen Rasen von Trichomanes peltatum, welcher nur 1! cm mass. Das Blatt von Trichomanes peltatum ist zart und durchscheinend, eine Eigenschaft, welche sehr vielen Blättern bei den Hymenophyllaceen zukommt, und welche für bie Durchleuchtung des Blattes sicher von hoher Bedeutung ist. Die durchscheinenden Blätter sind ein Merkmal, welches die Hymenophyliaceen mit manchen echten Wasserpflanzen gemeinschaft- lich besitzen, z. B. Elodea und Potamogeton. Da die Oberfläche des Wassers einen grossen Theil der auffallenden Lichtstrahlen reflectirt, so erhalten die submersen Pflanzen nur ein abgeschwächtes Licht, ihre 1) Filices Novae-Caledoniae. An. sci. nat. 5 serie XVIIL p. 258. 2) Bot. Centralbl. XI p. 28. 3) Linn. Soc. Journ. bot. Vol. IX. 4) a. 2. 0. 454 Belichtungsverhältnisse sind also im Allgemeinen denen der HIymenophyl- laceen im Urwalde ähnlich. H. Schenk?) nimmt sogar an, dass auch den Wasserpflanzen nur diftuses Licht zur Verfügung steht. Diese An- sicht ist indes wohl nur zutreffend für stark verunreinigtes Wasser, wie es etwa in einem Sumpfe vorkommt, oder für Tümpel, deren Oberfläche dicht mit Lemna und anderen Schwimmpflanzen bedeckt ist. Im klaren Wasser werfen die Gegenstände bei Sonnenschein einen scharfen Schatten. Eine weitere Aehnlichkeit im Bau der Hymenophyliaceen und der Wasser- pflanzen ist die sehr häufig auftretende, weitgehende Zertheilung der Blattfläche in zarte Zipfel. Durch dieselbe wird die Gesammtaussenfläche der Blatizellen wesentlich vergrössert. Diese Einrichtung hat bei den Hymenophyllaceen für die Assimilation eine ähnliche Bedeutung, wie das papillenartige Auswachsen der Blattzellen, welches oben erwähnt worden ist. Haben wir im Vorstehenden hin und wieder auf die Uebereinstin- mung in der Structur der Hymenophyllaceen und der echten Wasser- . pflanzen hinweisen können, so dürfen wir jetzt nicht vergessen, auf einen scharfen Unterschied zwischen denselben aufmerksam zu machen. Die submersen Gewächse sind von der directen Berührung mit der atmosphäri- schen Luft abgeschnitten, wir finden daher bei ibnen besondere Ein- richtungen, welche zu diesem Umstande in Beziehung stehen. Dahin gehört als gewöhnlichster Fall die Ausbildung weiter Intercellularräume. Die in der Luft wachsenden Hymenophyllaceen besitzen dagegen nur sehr enge oder zum Theil überhaupt keine Intercellularräume, auch in mehr- schichtigen Blättern schliessen die Zellen überall lückenlos zusammen. Wo in dickeren Sprossen und Wurzeln enge Intercellularen vorhanden sind, da treten dieselben doch nicht mit der atmosphärischen Luft durch Spaltöffnungen oder Lenticellen in Verbindung, sie bilden also offenbar kein Durchlüftungssystem. Anders ist das bei dem den Hymenophyllaceen nahe stehenden Loxsoma. Dasselbe besitzt in seinen Blättern Spalt- öffnungen und ein zusammenhängendes System von Zwischenzellräumen. Das Material, welches ich von Loxsoma besass, konnte ich nicht ver- wenden, um die eigenartigen Bauverhältnisse dieser in mancher Hinsicht interessanten Form zu studiren; ich muss diese Aufgabe verschieben, bis sich eine günstigere Gelegenheit bietet. e, Wasserversorgung. Die Verhältnisse der Wasserversorgung sind im Urwalde im AI- gemeinen sehr günstig. Durch das wechselnde Spiel der meteorologischen Erscheinungen wird allnächtlich eine gründliche Durchfeuchtung des ganzen Waldes herbeigeführt. Die dem Waldboden durch den herab- tropfenden Nachtthau zugeführte Nässe reicht für den Bedarf der im 1) Biologie der Wassergewächse. Bonn 1886. 455 Boden wurzelnden Pflanzen aus. Bei den Epiphyten, welche durch ihre Lebensweise von dem Waldboden abgeschnitten sind, finden wir Ein- richtungen, welche in anderer Weise eine hinreichende Wasserversorgung vermitteln. Goebel hat in seinen Pflanzenbiologischen Schilderungen für eine ganze Reihe von epiphytischen Gewächsen aus den verschiedensten Familien solche Einrichtungen beschrieben. Wir werden sehen, dass deren ähnliche auch bei den epiphytischen Hymenophyliaceen vorhanden sind. Es handelt sich dabei in der Mehrzahl der Fälle darum, dass das Wasser des Thaues oder Regens von den Pflanzen durch irgendwelche besondere Baueinrichtungen aufgesammelt und festgehalten wird. Die einfachsten Vorrichtungen dieser Art finden wir in der Haar- bekleidung der Organe. Schon der dichte Filz von Haarwurzeln, welcher bei den Arten ohne Adventivwurzeln und auch bei vielen bewurzelten Formen den Spross und die Blattstiele überzieht, ist im Stande eine ziemliche Menge Wassers festzuhalten (Fig. 2 u. 21). Ich fand in dem Haarwuızelfilz bei Tr. Krausii, punetatum, muscoides und vielen andern häufig eine ganze Flora von Diatomeen und Süsswasseralgen angesiedelt, ein Beweis, dass in demselben während des Lebens der Pflanze dauernd Wasser vorhanden gewesen sein muss. Auch die Gruppen von stark verdickten Dornhaaren, mit welchen, wie früher geschildert wurde, der Blattrand bei einer Anzahl von Hemiphlebien besetzt ist, werden gemäss ihrem Bau und ihrer An- ordnung als Wasserfangeinrichtung dienen, welche besonders dem jungen Blatte wesentliche Vortheile gewährt (Fig. 18). Am letzteren sind die Haar- gruppen einander so nahe gerückt, dass sie seitlich übereinander greifen und so ein festes maschiges Gitterwerk dicht über der Blattfläche bilden, zwischen welchen eine hinreichende Wassermenge fest gehalten werden kann. Die Schuppen am Blattrande von Trichomanes membranaceum schliessen zwischen ihren Windungen schmale Spalten ein, in denen der Blattrand liegt (Fig. 24). Er wird dadurch nicht nur gegen mechanische Angriffe geschützt, sondern auch mit Wasser versorgt. Bei der Benetzung wird nämlich das Wasser capillar in die schmalen Spalten hineingezogen und vor Verdunstung geschützt lange festgehalten werden, so dass die Zellen des Blattrandes immer von Feuchtigkeit umhüllt sind. Eine dichte Bekleidung mit sternförmigen Haaren finden wir auf den Blättern sehr vieler Hymenophyllen vor. Als Beispiele seien Hymeno- phyllum Sieberi, speciosum, Raddianum, hirsutum genannt. Bei anderen Arten sind diese Haarbildungen auf den Blattrand und die Nerven be- schränkt, z. B. bei Hymenophylium Lyallü, ciliatum, subtilissimum. Die Strahlzellen der Sternhaare sind parallel zur Blattfläche an einer Stielzelle befestigt und bilden dicht gestellt, indem sie seitlich über einander greifen, einen filzigen Ueberzug, unter welchem das die Blätter benetzende Wasser gesammelt und wenn nicht am Verdunsten, so doch am Abtropfen ver- hindert wird. In manchen Fällen kommen die Sternhaare in Verbindung 456 mit andern Wasserfangeinrichtungen vor. Ich führe als Beispiel Hymeno- phyllum Malingii an. Wir haben früher gesehen, dass die Parenchym- zellen dieser Art lang papillenförmig auswachsen. Die schmalen Spalten zwischen den einzelnen Papillen saugen, da die Oberfläche im lebenden Zustande jedenfalls leicht benetzbar ist, Wasser an und halten dasselbe vermöge der Capillarität fest. Die Sternhaare sind nun so gestellt, dass ihre Strahlen gerade dicht oberhalb der Papillenkuppen ausgebreitet sind (Fig. 35)- Offenbar wird dadurch die Fähigkeit des Blattes, Wasser längere Zeit festzuhalten, noch vermehrt. Aehnliche Verhältnisse finden sich, wenn auch nicht so characteristisch ausgeprägt, ferner bei Hymenophyllum spe- ciosum und Karstenianum. Bei Hymenophyllum Fusugasugense und einigen verwandten Formen kommen mit den S?ernhaaren zugleich Lamellen auf den Blättern vor, deren Vorhandensein mir gleichfalls mit der Wasser- versorgung zusammenzuhängen scheint. Die Lamellen sind flügelartige Auswüchse des die Blattnerven bedeckenden Gewebes, welche in der Textur dem Blattparenchym gleichen. Hinsichtlich der Zahl und Stellung der Lamellen kommen einige Verschiedenheiten vor. Karsten') unter- scheidet danach die ihm bekannten hierher gehörenden Formen in folgender Weise: A. Segmentis liberis. Hymenophylium) Fusugasugense Kıst. parenchymate laevi, nervis utrinque alatis. H. tomentosum Knz. parenchymate laevi, nervis supra alatis. II. plumosum Klf. parenchymate papilloso. B. Segmentis adnatis. H. lobato-alatum Kl. nervis subtus alatis. H. pyramidatum Desv. foliis lineari-lanccolatis, nervis utrinque alatis. H. sericeum Sw. foliis elongato-oblongis, basi angustatis, nervis utrin- que alatis, indusiis longissime ciliatis. H. Cubense Sturm, foliis elongata-oblongis, basi angustatis, nervis utrinque alatis, indusiis breviter cilialis. Ausser den in dieser Tabelle genannten Arten sind mir noch zwei bekannt geworden, bei denen sich eine Lamellenbildung findet: Hymeno- phyllum dipteroneurum A. Braun und Trichomanes Martiusii, welch letzteres in den Herbarien manchmal mit Trichomanes crispum L. ver- wechselt wird. Alle diese Formen, — wohl auch Hymenophyllum diptero- neurum, dessen Standort unbekannt ist —, haben in ihrer Lebensweise das Gemeinsame, dass sie lange, schmale, gefiederte Blätter ausbilden, welche von Felsen oder Baumästen herabhängen. Das von oben an dem Blattstiel herabrieselnde Wasser wird nun zwischen den "Lamellen auf- gefangen werden und sich in den von ihnen gebildeten schmalen Rinnen 1) Flora Columbiae t. IL p. 108. Vergl. auch Sturm in Bot. Zeitg. 1859 p. 297. 457 längs der Nerven des Blattes vertheilen. Die Spalten zwischen den Lamellen sind wenigstens in der Tiefe so schmal, dass sie capillar wirken müssen. Bei Hymenophyllum dipteroneurum schien es mir, als ob die Lamellen sich je nach der Menge des aufgefangenen Wassers an einander legen oder von einender entfernen können. Um diese Erscheinung sicher constatiren zu können, müsste man lebendes Material besitzen. Uebrigens bedeutet die Lamellenbildung zugleich auch eine Vermehrung des assimi- lirenden Gewebes; als solche werden wohl lediglich die lokalen, haut- artigen Auswüchse der Blattfläche aufzufassen sein, welche entfernt von den Nerven, z. B. bei Hymenophyllum eristatum, Jamesonü u. a. m. auf- treten. Die Lamellen finden sich gut entwickelt meist nur an älteren Blättern oder doch an den älteren Theilen der Blätter. Die jungen noch im Wachsthum begriffenen Blatttheile sind stark eingerollt und dicht mit Haaren überkleidet. Die Haare entwickeln sich sehr früh; da sie auf den jugendlichen Partien der Blätter noch dicht zusammengedrängt stehen, so sind sie wohl geeignet, diesen Theilen einen ausreichenden Wasservorrath zu sichern. Ueberhaupt kann man an den Blattanlagen der Hymeno- phyllaceen ganz allgemein constatiren, dass die Haarbildungen sehr früh auftreten und sich schnell entwickeln. Gewöhnlich findet man die Blatt- primordien in einen dichten pinselförmigen Schopf langer Haare versteckt, so dass eine stete Benetzung des jungen Organes dadurch völlig gesichert erscheint (Fig. 17). Nicht immer spielen Haargebilde bei der Wasserspeicherung der Hymenophyllaceen eine Rolle. Die Blätter von Trichomanes Hildebrandtüi sind der Rinde eines Baumes flach angepresst. Die Blatinerven springen auf der Unterseite etwas vor, so dass der Umriss des Blattquerschniltes an der Unterseite bogenförmig ausgeschweift ist (Fig.5). Das Parenchym zwischen den einzelnen Nervensträngen liegt der Baumrinde also nicht unmittelbar an; es sind kleine flache Längsspalten zwischen der Rinde und dem Blatt vorhanden, in denen das eingedrungene Thau- oder Regen- wasser capillar festgehalten wird. Bei dieser Form tritt vielleicht noch eine andere wasserspeichernde Einrichtung in Function. Wir haben ge- sehen, dass das Chlorophyll nur-in der oberen Zelllage des mehrschichtigen Blattes enthalten ist. Die nach unten hin gelegenen Schichten bestehen aus weiten Zellen mit geringem Plasmainhalt, deren Wände von Tüpfel- kanälen durchbrochen sind. Es ist wohl möglich, dass diese Zellen Wasser und Nährstoffe aufspeichern, und dass bei eintretender Trockenheit die assimilirenden Zellen eine Zeit lang von hier aus versorgt werden können. Bei Trichomanes reniforme und bei Hymenophyllum dilatatum und scabrum sind zwischen den chlorophylihaltigen Zellschichten der Ober- und Unter- seite des Blattes ebenfalls solche grosslumigen Zellen vorhanden, welche den Eindruck eines Wassergewebes machen. Wir hätten also hier eine Speicherung der Feuchtigkeit im Innern des Blattes. Bei vielen Hymeno- 458 phyllaceen, 2. B. Trichomanes lucens, apiifolium, cellulosum, longisetum trichoideum, Pluma; Hymenophyllum crispatum, Zollingeri u. a.ın. finden wir die Blattfläche in feine Zipfel zertheilt. Auch diese Einrichtung kann zum Wasserfang dienen. Sieht man ein durch den Sprühregen eines Springbrunnens feucht erhaltenes Cultur-Exemplar von Zrichomanes ra- dicans darauf hin an, so findet sich, dass zwischen den übereinander greifenden Zipfeln des Blattes Wassertropfen festgehalten werden, welche auch nicht verschwinden, wenn der benetzende Sprühregen zeitweilig unterbrochen wird. Ein besonders deutliches Beispiel für die wasser- sammelnde Function zerschlitzter Blätter bietet Trichomanes sibthorpioides Bory dar. Bei einem aufgeweichten Exemplar ist die vielzerschlitzte Blatt- fläche, welche ausgebreitet nierenförmigen Umriss hat, tutenförmig auf- gerollt, wobei die einzelnen Zipfel seitlich etwas übereinander geschoben sind (Fig. 19). In der Trockenheit dagegen sind alle Zipfel des Blattes zu einem dichten Pinsel zusammen gedrängt (Fig. 20). Das Spiel dieser Wasserfangvor- richtung wird bei der lebenden Pflanze etwa folgenderweise verlaufen. Wird das eintrocknende, pinselförmig zusammengedrängte Blatt durch Thau oder Regen benetzt, so saugt es das Wasser in die Hohlräume zwischen den Zipfeln ein. Es dehnt sich allmählich aus, bis es die tutenförmige Gestalt wieder erlangt hat. Schwindet das Wasser durch Verbrauch und Verdunstung, so rücken die Blattzipfel allmählich wieder zusammen und halten die Feuchtigkeit bis zum letzten Rest eng umschlossen, indem die Transpiration durch die Oberflächenverringerung auf ein Minimum herab- gesetzt wird. Die Eigenthümlichkeit zwischen den feinzertheilten Blattzipfeln Wasser zu speichern, ist nicht auf die Aymenophyllaceen beschränkt. Goebel!) erwähnt in seiner Arbeit über epiphytische Farne und Muscineen ein Lebermoos Zrichocolea. Bei demselben ist das Stämmchen von einem durch die Blattzipfel gebildeten System capillarer Hohlräume umgeben. Unter den Farnen können ausserdem als hierher gehörig einige T'odea- arten genannt werden. _Todea suwperba z. B. besitzt im Grossen und Ganzen denselben anatomischen Blattbau, wie etwa Hiymenophyllum dilatatum. Es sind nur wenige Zellschichten vorhanden, Spallöffnungen fehlen. Die Zartheit der Zellaussenwände, sowie der Umstand, dass die Pflanze nur im feuchten Raum und bei steter Benetzung gedeiht, machen es wahrscheinlich, dass hier ebenfalls das Wasser direct von den Zellen der Blätter aufgenommen wird. Die Blattfläche ist vielfach zertheilt und kraus. Die Wirksamkeit dieser Einrichtung für die Wasserspeicherung ist so bedeutend, dass jedes Blatt etwa sein eigenes Gewicht an Wasser äusserlich festzuhalten vermag. Bei einer Anzahl stattlicher Hiymenophyllen mit zertheilten Blättern ist das Blattparenchym stark gekräuselt, so dass zwischen den umgefalteten 1) Morphol. u. biologische Studien I. Ann. du Jard. bot. de Buitenzorg. Vol. VII. 459 Randpartien und der mittleren Blattfläche schmale Hohlräume gebildet werden, in denen in Folge der Capillarität Feuchtigkeit festgehalten wird (Fig. 15). Beispiele für diese Erscheinung bieten ausser anderen Hymenophyllum amoenum, flexuosum, fimbriatum, undulatum, imbricatum, erispum, quadrihdum. Im jugendlichen Zustande der Blätter entsiehen bei diesen Formen durch die Kräuselung der Blattfläche an der eingerollten Spitze eine Anzahl von Falten und Oehrchen, welche oftmals, z. B. bei Hymenophyllum dichotomum (Fig. 16), mit den Wassersäcken einiger Leber- moose der Form nach grosse Aehnlichkeit haben. Die formenreiche Familie der Hymenophyllaceen bietet gewiss noch ‘viele interessante biologische Erscheinungen dar, deren Erkennung und Untersuchung das Material nicht zuliess. Vielleicht erlaubt mir ein Besuch in der Heimat der Hymenophyllaceen früher oder später, manche in den vorstehenden Blältern ausgesprochene Vermuthung zu bestätigen oder zu berichtigen, auf manche offen gebliebene Frage die richtige Antwort zu finden. Schluss. Die Hymenophyliaceen sind von älteren Systematikern wohl als eine den Uebergang von den Moosen zu den Farnen vermittelnde Familie an- gesehen worden. Van den Bosch trennt sie als Dryopterides ganz von den eigentlichen Farnen ab. Presl erkennt zwar an, dass dieselben in ihrem Bau mit den echten Farnen die grösste Analogie zeigen, indes kommt auch er zu dem Schluss, dass sie wegen ihrer morphologischen und anatomischen Eigenthümlichkeiten »von den Filicaceen ziemlich weit entfernt sind, und als ein Verbindungsglied mit den Moosen und Leber- moosen angesehen werden müssen«e. Mettenius räumt, wie vor ihm schon Linne, Swartz und Wildenow den Hymenophyllaceen die niedrigste Stufe unter den Farnen ein). Auch Prant!l vertritt die gleiche Anschauung. Er hält die Hymenophyllaceen für diejenige Entwickelungs- reike, »welche unter den vom Urtypus der Farne ausstrahlenden Reihen den verhältnissmässig niedrigsten Höhepunkt der Entwickelung erreicht hat«. Sehen wir uns nun einmal die Hymenophyllaceen daraufhin an, was uns berechtigen könnte, dieselben als dem Urtypus der Farnreihe wesentlich näherstehend zu betrachten als die übrigen Familien der Farne. Ich habe schon früher Gelegenheit genominen zu betonen, dass die Hymenophyllaceen überall, auch in ihren einfachsten Formen, den Character typischer Gefässpflanzen zeigen. Dieser Character spricht sich selbstver- ständlich nicht allein in dem Vorhandensein von Gefässbündeln aus, sondern auch der morphologische Aufbau zeigt in allen wesentlichen Punkten die- 1) Aehnlich verfährt Trevisan, welcher die Hymenophyllaceen als Bryofilicales ans Ende der Farnreihe stellt. Bull. de la soc. royale de bot. Belgique tom. XVI p. 4. 460 selben Verhältnisse, wie bei den übrigen Gefässpflanzen. Wir finden einen regelmässig beblätterten und verzweigten Spross, hoch entwickelte Blätter mit einer in bestimmter Gesetzmässigkeit vertheilten Nervatur, Sporangien, welche bis auf das rein äusserliche Merkmal der Orientirung des Annulus denen der übrigen Farne gleichen. Einzig könnte das Fehlen der Wurzeln bei gewissen Tsichomanesarten als eine Abweichung der morphologischen Ausbildung aufzufassen sein. Wir wissen indes nicht, ob die hierher gehörigen Formen wirklich in jedem Entwickelungsstadium wurzellos sind. Keimpflanzen der als wurzellos bezeichneten Species sind bisher nicht beobachtet worden. Bei den übrigen Arten wird, soweit Beobachtungen vorliegen, bei der Keimung eine Wurzel ausgebildet. Für //ymenophyllum Tunbridgense haben Janzewski und Rostafinski das Vorhandensein einer Keimwurzel am Embryo constatirt. Dieselbe geht freilich bald zu Grunde. Goebelgiebt an, dass alle von ihm beobachteten Keimlinge von Hymenophyliaceen eine Keimwurzel besassen. An einer Keimpflanze von Trichomanes alatum, welche ich zu beobachten Gelegenheit fand, war ebenfalls eine deutliche Keimwurzel ausgebildet (Fig. 17). Ich habe Ur- sache zu der Vermuthung, dass auch diejenigen Trichomanesarten, bei welchen normal keine Adventivwurzeln auftreten, eine Keimwurzel ent- wickeln: Wenn aber auch wirklich gar keine Wurzel angelegt würde, so könnten wir daraus noch keineswegs den Schluss ziehen, dass diese wurzellosen Formen dem Urtypus der Entwickelungsreihe näher stehen. Wir finden den gänzlichen Mangel der Wurzeln z. B. auch in einer hoch- entwickelten Familie der Samenpflanzen wieder. Wie Goebel!) nach- gewiesen hat, bilden die Utricularien weder bei der Keimung noch in der späteren Entwickelung Wurzeln aus. Es zeigt sich also, dass uns die Morphologie nicht zu der Folgerung zwingt, dass diese Familie gegenüber den anderen Farnen eine grössere Ursprünglichkeit besitzt. Noch weniger können die anatomischen Eigen- thümlichkeiten der Familie einen solchen Schluss bedingen. Die Einfachheit des Blattparenchyms, den Mangel einer Epidermis, theilen die Bymeno- phyliaceen mit einigen Formen aus anderen Familien, z. B. mit Todea superba und »pellucida. Das zarte Blatt von Selaginella cuspidata kann insofern zum Vergleiche herangezogen werden, als dasselbe nur in der Nähe der Mittelrippe Spaltöffnungen besitzt, während die dem Rande genäherten Partien in ihrem Baue dem Blattgewebe der Hymenophyllaceen sehr ähnlich sind. Die gleichen Verhältnisse finden sich auch bei ZLyco- podium linifolium L., welches wie die Hymenophyllaceen epiphytisch in schattigen Wäldern Westindiens lebt. Auch Adiantum delicatulum möge hier erwähnt werden. Nach der Abbildung, welche Martius?) giebt, 1) Morphologische und biologische Studien. Ann. du Jard. Bot. de Buitenzorg. Vol. IX. 2) Icon. plant. crypt. Bras. p. 108. 461 scheint es, als ob nur bestimmt umgrenzte Blatttheile dieser Pflanze mit einer Spaltöffnungen führenden Epidermis versehen sind, während andere mit ihnen abwechselnde Partien ganz den Bau der Hymenophyllaceen- blätter besitzen. Leider fehlte es mir an Material, um das Adiantum hin- sichtlich des erwähnten Verhältnisses genauer untersuchen zu können. Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch eine ganze Anzahl von Wasserpflanzen aus höheren Familien, Potamogeion, Elodea u. a. m. in dem Mangel einer .Epidermis im physiologischen Sinne mit den Hymeno- phyliaceen übereinstimmen. Dasselbe ist auch bezüglich der Einfachheit in der Ausbildung der Gefässbündel der Fall. Man könnte zu der Ansicht gelangen, dass freilich wohl die Einfach- heilen im Bau der Hymenophyllaceen, der Mangel der Wurzeln bei manchen Formen, das ausnahmslose Fehlen einer Epidermis mit Spaltöffnungen u. a. m. bei höherstehenden Pflanzen Analoga finden; während aber hier solche Structureigenthümlichkeiten vereinzelt als Rückbildungen auftreten, seien dieselben bei den FHymenophyllaceen ursprünglich. Mit einiger Phantasie liesse sich dieser Gedanke anschaulich erörtern. Wir finden bei den einfachsten Formen statt der Wurzeln wurzelähnliche Sprosse, welche an ihrer äussersten Spitze von haarähnlichen Paleae überwölbt und in ihrer ganzen Ausdehnung von Haarwurzeln bedeckt sind. Denken wir uns, dass die Entstehung der Paleae durch die fortschreitende Ent- wickelung aus den Scheitelsegmenten in die Scheitelzelle selbst verlegt werde, so sehen wir aus dem ursprünglichen wurzelähnlichen Spross eine echte Wurzel mit Haube und Wurzelhaaren hervorgehen; der Umstand, dass das Stützblatt der wurzelähnlichen Sprosse bei einigen Formen unter- drückt wird, lässt uns auch vermuthen, wie die an die Blattstellung gebundene, regelmässige Anordnung dieser Gebilde in die von der Blatt- stellung unabhängige Anordnung der Adventivwurzeln übergegangen sein mag. — Es ist wohl möglich, dass die Umbildung der Sprosse zu Wurzeln im Laufe der phylogenetischen Entwickelung einmal in ähnlicher Weise vor sich gegangen ist. Wurzelähnliche Sprosse finden sich auch bei Haplomitrium Hookeri, bei Sendtnera Sauteriana, ferner bei Psilotum u. a. m. — Innerhalb der Familie der Hymenophyllaceen in ihrem gegen- wärtigen Bestande haben wir aber diesen Umwandlungsprocess nicht zu suchen. Schon der Umstand, dass von manchen in jeder andern Beziehung verwandtschaftlich sehr nahe stehenden Arten die einen wurzellos, die andern mit typischen Wurzeln versehen sind, lässt die Annahme gewagt erscheinen, dass ein so auffälliger Unterschied in dem Grade der morpho- logischen Differenzirung vorliegen sollte. Einen strikten Beweis gegen diese Annahme liefert eine von Mettenius mitgetheilte Thatsache. Die Hemiphlebien sind alle ohne Adventivwurzeln, nur bei dem im übrigen von den nächstverwandten Species nicht wesentlich verschiedenen Tri- chomanes muscoides fand Mettenius unter hunderten von untersuchten 462 Exemplaren eine wirkliche Adventivwurzel. Wenn man nicht annehmen will, dass der phylogenetische Uebergang von den wuırzellosen zu den bewurzelten Formen sich unvermittelt und sprungweise vollzogen habe, so kann das gelegentliche Auftreten einer echten Wurzel bei dem Tri- chomanes muscoides nur angesehen werden als ein Wiederauftreten einer in früherer Epoche erworbenen Eigenschaft, welche durch den eigen- artigen Entwickelungsgang, den die Art eingeschlagen hat, zurückgedrängt worden war. Es folgt daraus, dass Trichomanes muscoides und die ihm nahestehenden Hemipblebien von einer bewurzelten Stammform abzuleiten sind. Insofern es sich hier um das Aufgeben complieirterer Structur- verhältnisse und um eine Rückkehr zu einfacherem Bau handelt, können wir diese Formen und mit ihnen alle wurzellosen Arten der Famllie als Rückbildungen auffassen. Für die meisten wurzellosen Formen wird diese Annahme noch durch eine andere Thatsache bestätigt, nämlich durch das Vorkommen der Scheinnerven. Wie in einem früheren Abschnitt gezeigt wurde, existiren zwischen den allereinfachsten Formen der Scheinnerven und den echten Blaitnerven alle Uebergänge. Manche in ihrem Basal- theil vollständige Blattnerven gehen nach der Spitze zu allmählich in Scheinnerven über, indem das Gefässbündel nach kurzem Verlaufe auf- hört, so dass nur der Sclerenchymbeleg mit seinen Deckzellen und endlich in einigen Fällen gar nur die letzteren allein jederseits von einer Parenchym- schicht überkleidet den Nervenstrang fortsetzen. Neben den mit dem Hauptnerven des Blattes in unmittelbarer Berührung stehenden Schein- nerven finden sich solche, die nur durch eine oder wenige Parenchymzellen von dem Verbande mit der Mittelrippe abgeschnitten sind, und so fort alle Uebergänge bis zu den ganz abgesondert im Blattparenchym zerstreuten kurzen Streifen, welche bisweilen nur aus einer einzigen Selerenchymzelle mit oder ohne Deckzellen gebildet werden. Diese Streifen für in Ent- stehung begriffene Blattnerven zu erklären, dürfle wohl niemandem in den Sinn kommen schon aus dem einen Grunde nicht, weil sie mit der vorhandenen Nervatur des Blattes nicht im Zusammenhang stehen. Wir haben also hier in der Rückbildung begriffene Organe vor uns, welche bekunden, dass die einfachsten Alymenophyliaceen von complieirter ge- bauten Formen abstammend zur Vereinfachung des morphologischen Baues fortgeschritten sind, was so wohl in der Unterdrückung der Wurzelbil- dung als in der Vereinfachung der Blattform und der Reduction der Leit- bündel zum Ausdruck kommt. Wie steht es nun mit dem allen Hymenophyllaceen eigenthümlichen Mangel der Spaltöffnungen. Dürfen wir vielleicht dieses Merkmal als eine ursprüngliche Eigenschaft ansehen, dürfen wir annelımen, dass die Hymenophyllaceen auf einer so niedern Stufe der Entwickelung stehen, dass es bei ihnen überhaupt noch nicht zur Ausbildung einer Epidermis mit Spaltöffnungen gekommen ist. Die Möglichkeit der Annahme, dass 463 auch die anatomische Einfachheit des Blattbaues durch Rückbildung ent- standen sei, ist schon oben durch den Hinweis auf spaltöffnungslose Blüthenpflanzen dargethan worden. Die Annahme gewinnt au Wahr- scheinlichkeit dadurch, dass Loxsoma, dessen nahe Verwandtschaft mit den Hymenophyllaceen durch die Anlage der Sori und die Form der Sporangien hinreichend dokumentirt ist, wohlentwickelte Spaltöffnungen besitzt. Wir brauchen uns indes nicht damit aufzuhalten, den bündigen Machweis zu liefern, es genügt für uns, gezeigt zu haben, dass gerade die einfachsten Formen in der Familie, die Hemiphledien und ihre nächsten Verwandten, sicher in einem vom Complieirten zum Einfacheren fort- schreitenden Entwickelungsgange sich befinden. Die neueren Bestrebungen, die Anatomie der Systematik dienstbar zu machen, haben überdies gezeigt, wie inconstant anatomische Merkmale sind, und wie wenig dieselben bei der Beurtbeilung des phylogenetischen Entwicklungsstadiums und der Stellung einer Pflanze im System ins Gewicht fallen können gegenüher den aus der Morphologie und Entwicklungsgeschichte entnonimenen Merk- malen. Die letzteren aber, der regelmässige Aufbau der Sprosse, die Art der Sorusbildung, die Entwickelung und Form der Sporangien, die Sporen- bildung und ferner das Vorhandensein einer Wurzelanlage beim Embryo in allen beobachteten Fällen weisen mit Bestimmtheit darauf hin, dass die Hymenophyllaceen den Polypodiaceen wenigstens ebenso nahe stehen als irgend eine andere Familie der homosporen Leptosporangiaten, und uns in ihrem Bau keinerlei Anhaltspunkte bieten, welche den Gang der Differenzirung von der Moosfrucht zur einfachsten Farnpflanze anzudeuten gestatten. Die rein äusserliche Aehnlichkeit, welche Prant| zwischen dem Hymenophyllaceen-Sorus und der Anthoceros-Kapse! findet, die entfernte Uebereinstimmung, welche etwa zwischen dem Indusienrande von Zri- chomanes hispidulum und dem Peristom gewisser Laubmoose besteht, dürfte den mitgetheilten Thatsachen gegenüber wohl kaum irgendwelche Bedeutung behalten; jedenfalls trägt sie nicht zur Erklärung des Ent- wicklungsganges bei, Wollen wir uns über den Gang der Differenzirung eine Vorstellung machen, so können wir uns dabei nur auf Analogieschlüsse stützen. Die Erfahrungen haben gelehrt, dass die Variation der Arten, aus welcher ja die phylogenelische Fortentwiekelung resultirt, aus innern, uns unbekannten Ursachen in bestimmten Richtungen fortschreitel. In der Formenreihe der Algen sehen wir vom Einfachen zum Höherentwickelten fortschreitend auf stielrunde Formen flächenartig verbreiterte folgen. Eine allmählich auftretende regelmässige Gliederung des Thallus leitet hinüber zu der Differenzirung in Achse und seitliche Organe. Ebenso sehen wir bei den Lebermoosen auf die unregelmässig thallosen Formen regelmässigere folgen, welche uns durch die Uebergangsformen der Blasia, Fossombronia, Androcryphia, Pelalophyllum zu den foliosen Arlen führen. Bei den Flora 1890, 30 464 Laubmoosen finden wir statt des dicholomischen monopodialen Aufbau der Sprosse, zugleich sehen wir auch in dem anatomischen Bau des Sprosses Wandlungen sich vollziehen, welche auf die Entwickelung von Leitbündeln hindeuten. Aehnlich wie in diesen Formenreihen wird auch bei den Farnen der Uebergang von thallöser Urform zu der Höhe der gegenwärtigen Entwickelung sich vollzogen haben. Das ist alles, was wir darüber sagen können. Die Einzelheiten dieser Entwickelung mit mehr oder minder reicher Phantasie zu construiren, kann nicht die Aufgabe der exaclen Wissenschaft sein. Figurenerklärung. Tafel XIV. Fig. 1. Trichomanes Hildebrandti Kuhn. Habitusbild in natürl. Grösse. Fig. 2. Trichomanes mierophyllum Ghgn. Habitusbild vergrössert. Fig. 3. » > Stammquerschnitt. Fig. 3a. » » Zelleomplex vom Rande des Indusium. Tafel XV. Fig. 4 Trichomanes membranaceum L. Blattquerschnitt. Fig. 5. Trichomanes Hildebrandtii Kuhn. Blattquerschnitt. Fig. 6. Trichomanes microphylium Ghgn. Drüsenhaar von der Blattunterseite. Fig. 7. " » Dornhaargruppe am Blattrande. Fig. 8. Trichomanes membranaceum L. Querschnitt des Blattnerven. Fig. 9. > » Zellcomplex von einer Schuppe des Blattrandes. Fig. 10. » » Querschnitt einer Zelle der Schuppe. Fig. 11. Trichomanes alatum Sw. DBrutknospenbildung an der Spitze cines Pro- thalliuınfadens. ‘ : Fig. 12. Trichomanes holopterum Kre. Prothallium obne Geschlechtsorgane. Fig. 15. Trichomanes alatum Sw. Theil eines Blattes, aus dessen Rand ein Pro- thallinm hervorsprosst (Aposporie). Tafel XVI. Fig. 14. Trichomanes peltatum Bak. Sprossscheitel. Fig. 15. Aymenophyllum fliexuosum AU, Cunn. Theil des Blattes schwach vergrössert. Fig. 16. Trichomanes dichotomum Kze. Junges Blatt, Fig. 17. Trichomanes alatum Sw. Keimpflanze. Pr = Prothallinm, W = Wurzel, Bl = Blatt. Vig. 18. Srichomanes punetatum. Junges Blatt. Fig. 19. Trichomanes sibthorpioides Bory. Befeuchtetes Blatt. Fig. 20. Dasselbe im trocknen Zustande, Tafel XVI. Fig. 21. Trichomanes Petersii A. Gray. Bl 1 und 2 Blätter des Hauptsprosses. Ax. 1 und 2 die zugehörigen Seitensprosse. Fig. 22. INymenophyllum caudiculatum Mart. a, b, ce jugendliche Entwicklungs- stalien des Blattes. Fig. 23. Hymenophyllum Smith. Blattabschnitt, Fig. 24. Trichomanes membranaceum ]. Schuppe vom Blattrande. Fig. 25. Hymenophyllum Malingü. Blattquerschnitt. St. = Sternhaar. Fig. 26. Trichomanes peltatum. Bl. 1-6 Blätter des Hauptsprosses, 465 Die Moose von vier Kilimandscharo - Expeditionen. Von Dr. Karl Müller Hal. Es sind erst vier Jahre her, seitdem wir von der Mooswelt des berühmten afrikanischen Schneeberges eine leichte Vorstellung haben. Denn im Jahre 1886 veröffentlichte William Mitten in Hurstpierpoint 38 Arten, welche der ehemalige in Uganda so grausam ermordete Bischof von Mombasa, Hannington, auf dem Berge selbst gesammelt hatte. Zwei Jahre später aber gab uns auch ein deutscher Reisender, Dr. Hans Meyer-Leipzig, Gelegenheit, eine Sammlung von Moosen zu untersuchen, die er daselbst eigenhändig zusammen gebracht hatte. Diese Sammlung war um so wichtiger, als sie namentlich die höheren und höchsten Lagen des Berges betraf, während Hannington sich auf die unterste Wald- ‘ zone hatte beschränken müssen. Sie ergab zugleich 25 neue Arten und erweiterte unsere Kenntnis der betreffenden Mooswelt also nicht unbe- trächtlich. Dieser glückliche Erfolg bestimmte den eifrigen Reisenden, bei seiner zweiten Besteigung des Berges im Jahre 1888 den Moosen aber- mals seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, und zwar mit nicht geringerem Erfolge. Nicht nur übertrifft diese zweite Sammlung die erste um ein Beträchtliches, sondern sie zeigt uns die fragliche Welt auch in einem ganz neuen Gepräge, da die auf einer anderen Seite des Berges gesammelten Moose wieder ganz andere Arten sind, unsere bryologische Einsicht folglich höchst bedeutend erweitern. Dazu kam noch ein zweiter glücklicher Umstand, der nämlich, dass der ungarische Graf Teleki eine ganz ähn- liche Expedition auf den Kilima-Ndscharo im Jahre 1837 veranstaltete und einen Begleiter hatte, der sich ebenfalls der Moose annahm: den österreichischen Schiffs-Lieutnant L. v. Höhnel. Auch dieser eifrige Mann hat mir seine Sammlung zugehen lassen, und so bin ich in der schr glücklichen Lage, mit Zustimmung von Dr. Hans Meyer das von Jenem Gesammelte mit dem des Letzteren vereinigen zu können. In Folge dessen haben wir an neuen Arten nicht weniger als 44 erhalten, von denen 33 durch Hans Meyer, 11 durch L. Höhnel entdeckt wurden. Da jedoch die erste Meyersche Sammlung bereits 25 neue Arten einbrachte, so erhöht sich die Zahl der von diesem Reisenden entdeckten Moos-Arten auf 69 neue. Bischof Hannington’s Sammlung halle aber 38 Arten ergeben, von denen ich nur 27 als mir unbekannt und sicher einreilhen darf. So erhöht sich die Zahl der vom Kilima-Ndscharo bis, jetzt be- kannten Moose auf die immerhin schon bedeutende Zahl von 94 Arten. Eine Zahl, welche uns in den Stand setz{, das Mooshild des Schnecberges in geographischer Beziehung einigermassen gestalten zu können. Im Ganzen kann man wohl sagen, dass die unterste Zone als die des Urwaldes einen völlig tropischen Charakter an sich hat, welcher . 3u* 466 etwa bis 3000 m reicht. Hier kehren dieselben Typen wieder, die man auch in anderen Tropenländern als Begleiter des Urwaldes kennt: Rhizo- gonium, Syrrhopodon, Rhacopilum, Hookeria, Daltonia, Cryphaca, Prio- nodon, Galyptothecium, Papillaria, Orthostichella, Trachypus, Erythro- dontium, Distichia, Microthamnium, Fabronia und Erpodium. Nur inklinirt diese tropische Mooswelt z. Th. nach Madagaskar, z. Th. nach dem sub- tropischen Kaplande, ohne jedoch im Allgemeinen mit diesen Floren- Gebieten zusammen zu fallen. Ueber 3000 Meter beginnt eine unendliche Grasfläche, und wie sic höher steigt, um so mehr nimmt der tropische Charakter ab, der einer gemässigten oder arktischen Zone zu. In letzterer Beziehung treten dann Typen hervor, wie sie unsere eigenen Gebirge charakterisiren: Andreaea, Distichium, Polytrichum, Campylopus, Scopella, Rhodobryum, Eubryum, Arg gyrobryum, Senodietyum, Selerodietyum, Phi- lonotis, Eubartramia, Syntrichia, Anoectangium, Hedwigia, Ulozygodon, Eugrimmia und Brachythecium. In der Mitte zwischen diesen beiden extremen Zonen steht eine vermittelnde mit folgenden Typen: Leucoloma, Leptostomopsis, Philonotula, Plicatella, Leptodontium, Braunia und Ptero- gonium, welche z. Th. an die höheren Gebirge der Maskarenen erinnern. Es folgt hieraus, dass der Kilimandscharo wider alles Erwarten nur solche Moos-Typen besitzt, welche man in den betreffenden Höhenlagen nach Analogie anderer Länder erwarten durfte; nur dass fast sämmtliche Arten eigenthümliche oder solche sind, die mit anderen Arten verwandter Länder korrespondiren. Ich kenne jedoch eine Ausnahme von diesem Gesetze, und selbige ist allerdings sehr bemerkenswerth: Erpodiopsis. Sie allein, welche eine eigene Familie, Gattung und Art vertritt, konımt dem Kilimandscharo bis jetzt als eigenthümlich zu und deutet darauf hin, dass bei dem wahrscheinlichen grossen Reichthume des Berges an Laubmoosen noch mancher andere neue Typus zur Erscheinung gelangen könnte. Hiervon aber abgesehen, unterliegt der Berg dem allgemeinen geographi- schen Gesetze, dass seine Mooswelt mit zunehmender Höhe immer nor- discher wird. Um jedoch den Raum dieser Abhandlung nicht über Gebühr anszu- dehnen, unterlasse ich eine Aufzählung der bisher bekannten Kilimand- scharo-Moose mit näherem Eingehen auf dieselben und führe hier nur ihre Namen auf, um ein Gesammtbild in systematischer Reihenfolge zu entwerfen, wie folgt. J. Musei cleistocarpiei, Trib. Erpodiopsideae. 1. Erpodiopsis Kilimandscharica C. Müll. II. Musei schistocarpici. Trib. Andreaeaceae. 2. Andreaea firma m., 3 A. striata m. 467 III. .Musci stegocarpiei. a. Musci acrocarpici. Tribus Fissidenteae. 4. Fissidens caloglottis m., 5. F. undifolius m Tribus Distichiaceae. 6. Distichium Kilimandscharicum m. Tribus Funariaceae. 7. Funaria (Eufunaria) Kilimandscharica m. Tribus Pilniaceae. 8. Mnium Kilimandscharicum m. 9. Rhizogonium spiniforme Brid. nach Mitten. Tribus Polytrichaceae. 10. Eupolytrichum nano-globulus m., 14. E. pungens m., 12. E, Höhneli n. sp. Tribus Dieranaceae. 13. Leucoloma dichotomum Brid. nach Mitten, 14. L. drepanocla- dium n. sp. 15. Campylopus procerus n. sp.,. 16. C. Höhneli n. sp., 17. C. 18. C. Joannis Meyeri m., 19. C. acrocaulos m., 20. C. leucochlorus. 21. Scopella acanthoneura n. Sp. Tribus Brycaeae. 29. Rhodohryum minutirosatum m., 23. Rh. rosulatulum n. sp., 24. Rh. spathulosifolium n. sp. 95. Leptostomopsis Meruensis n. sp. 96. Eubryum bicolor n. sp., 27. E. nano-torquescens n. sp., 28. E. inclusum. n. sp. 29. Brachymenium capitulatum Mitt. fide Mitten. 30. Argyrobryum ellipsifolium n. sp., 31. A. argentisetum n. sp. 32. Senodietyum afro-erudum n. sp. 33. Apalodietyum wminufirete m. 33. Selerodictyum compressulum m. Tribus Bartramiaceae. 35. Philonotis tricolor n. sp. 36. Philonotula gemmascens n. sp. 37. Eubartramia strictula m. 38; Plicatella Kilimandscharica m., 39. Pl. subgnaphalea n. sp. Tribus Calymperaceae. 40. Orthotheca aspera Mitt., nach demselben. . Tribus Pottiaceae. 41. Syntrichia Meruensis n. sp. 42. Senophyllum pygmaeum m. 43. Leptodontium Joannis Meyeri, 44. L. pumilum n. sp., 45. L. repens n. sp., 46. L. radicosum Mitt., nach Mitten. Tribus Zygodonteae. 47. Anoectangium viridatum n. Sp., 48. A. pusillum Mitt, 49. A. pau- eidentatum m. 50. Ulozygodon Kilimandscharieus n. sp. 51. Stenomitrium erosum Mitt. Tribus Orthotrichaceae. 59. Euorthotrichum serrifolium n. sp., 53. E. undulatifolium m. Tribus Grimmiaceae. 54. Eugrimmia immergens n. sp., 55. E. calyculata m., 56. E. obtuso- lincalis n. sp., 57. E. argyrotricha n. sp., 58. E. campylotricha m. Tribus Brauniaceae. 59. Iledwigia Joannis Meyeri m. 60. Hedwigidium teres m. 61. Braunia Schiunperiana Bryol-Bur. b. Musci pleurocarpici. Tribus Erpodiaceae. 62. Erpodiun: Joannis Meyerin. p. Tribus Hypopterygiaceae. 63. Rhacopilum. Africanum Mitt. Tribus Hookoriaceae. 64. Callicostella versicolor Mitt. Tribus Mniodelphaceae. 65. Daltonia patula Mitt. Tribus Gryphaeacene. 66. Cryphaca Welwitschii Mitt, nach demselben, 67. Cr. scariosan. sp. Tribus Neckeracene. 68. Porotrichum subpennaeforme n. sp., 69. E. rufiecaule n. sp., 70. P. pterops Rehm., nach Mitten. 71. Distichia platyantha n. sp. 72. Pilotrichella chlorothrix n. sp. 73. Orthostichella imbricatula m., 74. O. tenellula n. sp., 75. O. pro- fusicaulis n. sp.. 76. Eriocladium cymatocheilos n. sp. 77. Papillaria serpentina n. sp., 78. P. brevieulifola n. sp. 79. Prionodon Rehmanni Mitt,, nach denselben. 80. Calyptothecium Africanum Mitt., nach demselben. 81. Trachypus serrulatus P. B. nach Mitten. 82. Leptodon Smithii Mohr. 83. Pterogonium Kilimandscharieum n. sp. 84, Entodon (Erythrodontium) rotundifolius n. sp. 469 Tribus Hypnaceae. 85. Anomodon devolutus Mitt., nach demselben. 86. Microthamnium glabrifolium n. sp. 87. Cupressina Höhneli n. sp. 88. Hyocomiella bartramiophila n. sp. 89. Brachythecium gloriosum n. sp., 90. B. nigro-viride n. sp. 91. Tamariscella loricalyeina n. sp. 92. Trismegistia trichocolea.n. sp. 93. Helicodontium subeompressum n. sp. 94. Rigodium toxarion Mitt., nach demselben. Hiermit ist das Moosbild des Kilima-Ndscharo’s geliefert. Die Samm- lung Höhnel’s aber dehnt sich auch auf die Region des Kenias aus und zeigt. wie selbige in Leikipia, namentlich am Fusse der Settima-Kette, welche der Engländer Thomson die Aberdare-Kette nannte, die Moos-Flora mit jener des Kilima-Ndscharo’s verbindet. In Folge dieses innigen Zusammen- hanges mochte ich diese Moose nicht von denen des Kilima-Ndscharo’s trennen und’ habe auch sie hier mit beschrieben. Es sind folgende: . Fissidens lineari-limbatus n. sp., . Rhodobryum Keniae n. sp., . Eubartramia Leikipiae n. sp., . Syntrichia Leikipiae n. sp., . Eutrichostomum Leikipiae n. sp., . Euorthotrichum Leikipiae n. sp., . Macrocoma liliputana n. sp., . Braunia entodonticarpa n. sp., . Lasia flagellacea n. sp., 10. Fahronia Leikipiae n. sp., 11. Calyptotheeium Höhneli n. sp., 12. Rhystophyllum Höhneliana n. sp., 13. Orthostichella sericea n. sp., 14. O. curvifrons n. sp., 15. O. ca- pillicaulis n. sp., 16. Papillaria filifunalis n. sp., 17. Euanomodon filivagus n. sp., 18. Herpetineuron Leikipiae n. sp., 19. Cupressina Höhneli n. sp., 20. Leptodon Smithii Mohr. Mithin hat also der Reisende das Verdienst, auf der berühmten und gefährlichen Expedition des Grafen Teleki nicht weniger als 30 neue Moos-Arten entdeckt zu haben. Das Geheimniss beruht darin, dass auch . die dortigen Moose sehr unter einander wachsen und folglich in kleinen Rasen oft mehrere Arten ergaben. Ich habe darum bei jeder Art den Namen des Sammlers ausdrücklich angegeben, um das Verdienst eines jeden der beiden Männer hervorzuheben. er nuenepwien 470 1. Erpodiopsis Kilimandscharica n. gen. ct sp.; cespites habitu Phi- lonotulae depressi viridissimi incani teneri; caulis erpodiaceus brevissimus siimplex basi solum innovando ramulis brevioribus caractere pleurocar- pico prostrato tener et tenellus, e protothallo confervoideo breviter arti- culato hyalino-viridi glaberrimo egrediens flexuosus flaccidus; folia minuta siecitate Taxe imbricata parum torta madore valde patula plus minus remota in summitate surculi in gemmulanı minutissimam congesta tenera, e basi ad axin pro plantula crassiusculum mollem pallide rubrum parum decurrente in laminam vesiculoso-ovatam pilo reflexiusculo basi latiusculo minutissime denticulato acutato hyalino coronatam producta, margine erecto ubique integerrima, cochleariformi-eoncava tenera mollia encrvia, e cellulis majusculis laxe prosenchymatieis longiuseulis pellueidis sed utri- eulo primordiali vel chlorophylio parietali repletis eleganter reticulata. Caetera ignota. .. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marango, 1800 bis 3000 m in planitie graminosa superiore: Dr. Hans Meyer 1889. Ein ganz merkwürdiges Moos, welches leider keine Frucht”besass, aber seine Stellung wohl sicher dadurch ankündigt, dass der einfache Stengel aus einem Protonema hervorgeht, wie cs nur kleistokarpische Moose aus der Familie der Ephemeraceae sonst zu erzeugen pflegen. Ist diese An- ' nahme, wie ich nicht zweifele, richtig, so haben wir es auch mit einer neuen kleistokarpischen Gattung zu tun, welche zugleich cine eigene Farilie begründet. Denn ich kenne Kein zweites Moos, das mit, diesem dem Typus nach zusammenfiele. Die zunächst stehende Gattung würde . Gigasperinun Ldbg. sein, allein selbige ist ein stegokarpisches Moos, das überdies gar nicht solche Stengel bildet, sondern sein Frucht-Acstehen aus einem kriechenden Stämmchen treibt, wenn es auch sonst in seinen Blättern mil Erpodiopsis verglichen werden könnte, als beide ein Blatlhaar bilden, das wie Argyrobrya sich schon mit hyaliner Basis auf die Blatt- spitze aufsetzt. Ich habe darum das Moos auch Erpodiopsis genannt, weil es in der Tracht einigermassen an die Tricherpodia mit seinem ein- fachen Stengelchen erinnert. Unter den kleistokarpischen Moosen könnte es nur mit Lorentziella verglichen werden, aber diese erzeugt ebenfalls keine pleurokarpischen Stengel, wie überhaupt bisher kein kleistokar- pisches Moos mit solchem bekannt ist. In Folge dessen bleibt nichts Anderes übrig, als eine kleistokarpische Familie der Erpodiopsideae an- zunchmen. Dann würde die Charakteristik folgendermassen lauten: Erpodiopsideae: Musei cleistocarpiei, surculo pleurocarpico perenni, ‚protothallo confervoideo pracdito simpliei ce protonema egrediente, foliis laxe prosenchymatice reticulatis cochleariforni -ovatis pilo hyalino ter- ininatis. Diese Charakteristik würde, da eben die Frucht noch unbekannt ist, his heute auch die der Gattung sein. Jedenfalls erscheint das Moos als 471 eine der merkwürdigsten bryologischen Eroberungen unserer Tage über- haupt und speziell aus Afrika, so winzig es auch sonst vorliegt. 2. Distichium Kilimandscharicum n. sp.; cespites dilatati molles viridissimi maxime intertexti; caulis elatus subuncialis tenuis sinplex tener flexuosus; folia caulina siccitate crispalissima, madore valde patula, aetate caulem elegantissime pinnatum sistentia, flexuosa filiformia, e basi elon- gata vaginata angustissime albide marginata (leucolomata), e cellulis minutissimis occultis in membranam luteam veluti conflatis areolata, in filum refractum flexuosum valde attenuatum summitate aspera solum ncervo omnino fere occupatum protracta integerrima. (Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. . Ex habitu Distichü capillacii proximi, sed folia erispatisima multo mollius areolata summitate papillosa. Fructus adhuc ignotus caracteres alios verosimiliter dabit. 3. Fissidens lineari-limbatus n. sp.; cespites pusilli sordide virides; caulis humilis rarius divisus gracilis apice incurvatus; folia caulina sicci- tate crispata firma rigida, madore apice incurva patula oblongo-lanceolata ; lamina vera ultra medium lanceolato-exeurrens subappressa; lamina dor- salis angustissime decurrens;. lamina apicalis nervo flavo tenui in mucro- nem brevissimum excedente acutata; omnes laminae coriaceae limbo quam maxime angusto lineari circumductae, e cellulis minutissimis obscuris viridibus areoluta. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in regione oceid. montis Kenia, inter Trichostomum Leikipiae m. vigens: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Inter omnes Fissidentes foliis coriaceis minutissime obscure areolatis plerumque erispatis species hucusque prima foliis omnino limbatis. 4. Funaria (Eufunaria) Kilimandscharica n. sp.; monoica; Funarlae hygrometricae simillima; folia erispatissima, e basi angustata laxius reti- culata elongate spathulato-ovata obtusiuscula vel vix acuminulata inlegra vel apicem versus indistincte dentieulata, nervo pertenui rubente excur- rente vel ante apicem evanido percursa, e cellulis mediis eleganter reti- culata; theca in pedunculo pallide flavido tenui flexuoso parvula, collo eurvulo et operculo majusculo; peristomii dentes externi robusti lati maxime applanati sed margine longe pectinati rubri, interni longi an- gustissimi euspidati integerrimi. Patria. Marango, in regione graminosa superiore (1500—3000 m) montis Kilima-Ndscharo: Dr. H. Meyer. ; A. F. hygrometricu foliis obtusiusculis erispatissimis multo angustioribus jam primo visu differt. 5. Polytrichum (Eupolytrichum) Höhneli n. sp.; cespites circa 5- unciales laxissime cohaerentes rufescentes; caulis elongatus gracilis simplex 472 flexuosus rigidus firmus in basin longiusculam nudiuseulam filiformen excurrens; folia caulina siceitate horridissima secunda falcata veluti erispata, madore juniperoideo-patula recurva lineali-angusta rufescentia, e basi elongato-vaginata in laminam raptim fere reflexulam anguste Jan- ecolato-acuminatam robustam obscuram crassam superne dentibus acutis rufescentibus remotis serratam attenuata, nervo latissimo laminae folüi partem maximam oceupante superne dorso remote aculeolato apiee crasso ubique serrato pereursa ; cellulae vaginae membranaccae ad nervum clon- gatae angustae aureo-coloratae firmae, ad marginem membranam scariosam albidam sistentes conflatac; calyptra brevis parva basi et apiece veluti truncata, pilis capilaribus appressis ve) parum patulis artieulatis intricatis tomentosula. Cactera ignota. Patria. Afyica or. trop., monte Kilima-Ndscharo, sine loco speeiali: L. öhnel in Exped. Telckiana 18897. Species distinetissima speclabilis elegantissima, folis secundis ad Eupolytricha sceundifoha accedens, caracteribus supra illustralis primo visu distinguenda, habitu peculiari. 6. Dieranum (Campylopus) procerum n. sp.; dioieum, cespiles altis- simi cirean 4—5-pollicares laxe cohaerentes radieulosi virides splendentes; caulis strietiusceulus, folis inferioribus brunnescentibus horridis, inferne simplex, apice in ramulos eiren 4 breviusculos caudatos attenualus, Tolfis viridibus laxc confertis faseiculatim dispositis divisus; folia caulina viridia magna nıadore valde palula, ce basi longe deeurrente cellulis alaribus per- multis magnis lJaxis albescentibus mareccscentibus alam lataın sistenlibus ornata in laminam scmi-convolutam lanceolato - acuminatam producta, nervo Jatissimo laxiuscule retieulato dorso glaberrimo in cuspidem Jongis- simam flexuosam summitate serrulatam candem ommino occupante per- cursa, e cellulis clliptieis densis minuseulis nıembranam firmanı coriaccam sistentibus arcolata. Cactera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu Campylopodis altissimi C. Müll. cx Antioquia Andium, scd caule strieto apice fascieulatim diviso jam primo visu distinetum. Eine höchst merkwürdige Art, welche ich auf dem berülimtesten Schneeberge Afrika’s niemals gesucht haben würde. Es gibt unter den Campylopus-Arten eine Abtheilung, welche ich als Campylopodes exaltati zusammenfasse, und selbige Arten, von denen ich bisher 13 kannte, zeigen eine so grosse Achnlichkeit mit jenen Dieranum-Arten, zu welchen unter anderen D. majus gehört, dass nur die breite, fast das ganze Blatt ein- nchmende, flache und locker gewebte Rippe die Gampylopus-Natur nach- weist, sobald man keine Früchte vor sich hat. Jene 13 Arten aber be- wohnen nur das tropische Amerika, wo sie von den Gebirgen Westindiens und Brasiliens bis zu den höchsten Höhen der Anden in den Ver. Staaten 4.73 von Kolumbien aufsteigen. Um so wunderbarer ist aber, den herrlichen Typus nun auch auf dem Kilima-Ndscharo kennen zu lernen. In solcher Höhe und unter dem unwirthlichen Klima des Berges hätte man ihn sicherlich nicht erwartet. 7. Dieranum (Campylopus) Höhneli n. sp.; cespites latissimi bipolli- cares laxissime cohaerentes rigidissimi inferne parce tomentosuli ferruginei superne lutei nitidi; caulis gracilis altiusculus teretiusculus apice capituli- formi-nodosus, e coma innovationes 1—2 julaceas curvulas acutatas luteas firmas exmittens; folia dense imbricata madore patula, e basi latiuscula lanceolata in pilum elongatum basi planum strietum valde serrulatum robustum protracta, nervo lato in cavitate lato-canaliculata excurrente ferrugineo percursa, lamina extra nervum latiuseula e eellulis elliptieis incrassatis basi longis angustis atque cellulis alaribus pluribus parenchy- maticis maculam intensem purpurascentem planam sistentibus areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, sine loco speciali, sed copiosissime: L. Höhnel in Exped. Telekiana forsan in altitudine 3000-4000 m 1887 legit, E speciosis Campylopodum proliferorum, inter illas species montis nivalis nominati altissima. 8. Dieranum (Leucoloma) drepanocladium n. sp.; cespites dilatati pallide virides densiusculi firmiusculi subdepressi; caulis breviusculus sim- plex vel ramulis brevissimis paucis veluti pinnatus, apice in comam brevem convolutam falcatam exeurrens; folia caulina laxe disposita erecla vel patentia inferne tumidula, e hasi decurrente cellulis alaribus majusculis robustis crasso-articulatis aureis densis vel albidis marcescentibus alam magnam planiusculam sistentibus ornatä in laminam plus minus convo- lutam lato-lanceolatam acuminatam ad acuminis apicem latiusculam irre- gulariter breviter dentatam canaliculatam producta, ad marginem erectum limbo angustissimo albido eireumducta, nervo tenuissimo dorso glabro pallido exeurrente percursa, e cellulis perangustis longiusculis veluti in membranam glaberrimam luteo-viridem conflatis ad parietes haud inter- ruptis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marengo, 1800— 3000 m in planitie graminosa superiore: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu Dierani scoparii, sed quoad typum jam longe recedens. So sehr auch das schöne Moos an unser Dicranum scoparinm erinnert, kann doch in keiner Weise von einer Verwandtschaft gesprochen werden. Am meisten drückt sich eine solche mit australischen Arten aus, z. B. D. confine Hpe., obgleich auch dieses wieder beträchtlich abweicht. Da die Art jedoch einen limhus albidus an ihren Blättern hat, so muss sie ohnfehlbar zu Leucoloma gehören, wenn auch dieser limbus noch so AT& schmal ist. In Folge dessen findet die Pflanze ihre beste Stelle innerhalb jener Abtheilung, welche ich Oneophoroloma genannt habe, die also die Tracht des D. scoparium mit Leucoloma verbindet und in Australien recht ausgezeichnete Mitglieder hat, obschon sie auch Südafrika in D. nitidulum n. sp. vom Tafelberge und selbst Madagaskar in D. pycnoloma n. sp. besitzt. 9. Dieranum (Scopella) acanthoneuron n. sp.; cespites robustissimi luteo-virentes, tomento caulis fuscati; caulis breviusculus parum divisus flexuosus crassus firmus rigidus apice in comam brevem paulisper falcatam prostratus; folia caulina horrida secunda vel strietiusceula brevia lanceolata breviter acuminata firma convolutacco-concava ad marginen superiorem grosse scerrata, nervo tenui pallido striatulo dorso superiore veluti parallclo diviso et utrinque grossiuscule serrato percursa, e cellulis robustis longis in membranam luteam conflatis ad parietes interruptis grosse areolata, cellulis alaribus multis Jammam majusculam planiusculam decurrentem sistentibus grossis aureis vel fuscatis aetate marcescentibus albidis ornata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marango, in planitie grammosa superiore inter 1800—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Quoad habitum Dieran. scoparium in memortam redigens, sed costa superne veluti divisa igitur carinam sistente et utrinque serrafa jam diversumn. 10. Bryum (Bhodobryum) rosulatulam n. sp.; cespites humillimi basi tomentosuli densiusculi firmiusculi; eaulis pusillus rosulis minutis nodi- formibus, junioribus aeruginoso-viridibus, senioribus brunnescentibus sim- plieibus innovantibus; folia in rosulanı minutam dense congesta inadore aperto-patula, e basi elongata perangusta spathwlato-ovata, nervo hasi tonui apicem versus sensim tenuissimo in aristam strietam brevem tenuis- sinam acutissimam producio exarata, carimato-concava, Iimbo tenuissino apice folii denticulato eircumdueta, e cellulis teneris chlorophyllosis parvis basin versus sensim longioribus laxioribus reticulata. Caetera ignota. Patria. Africa or trop., monte Kilima-Ndscharo, Marango, in planitie graminosa. superiore inter 1800—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Br. minuto-rosulatum wihi ejusdem montis folis lato-limbiuis recurvo- acuminalis jam differt. j 11. Bryum (Rhodobryum) spathulosifolium n. sp.; cespites humiles viridissimi inferne tomentosuli; caulis pro robustitate plantae pusillus sub- simplex ; folia caulina in rosulam subtortam ınadore planissimam congesta, e basi elongata perangusta in laminam spathulato-ovatam producta, acumine brevi reflexiusculo acutato terminata, margine infero late revo- luta supero plana, limbo pro folii magnitudine angusto circumducta, superne dentibus brevibus tenuibus teneris serrulata, e cellulis pro folio 475 minusculis mollibus chlorophyllo omınino rcepletis basin versus longioribus laxioribus reticulata. (Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marengo, in planitie graminosa superiore inter 1800—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Bryum roseum Mitt. in Journ. of. Linn. Soc. 1886. p. 307. A. Bryo Keniae humilllate caulis, parvitate et. mollitie et teneritate onınium par- tum, praesertim folis elongate anguste spathulatis prima inspectione distinguitur. Br. Keniae surculo robustissimo alto ca. quinquies proli- ficante, foliis firmis magnis ad basin breviter lato-spathulalis raptim recedit. .Br. roseum Europaeum foliis lato et brevi-spathulatis nec lim- batis aliisque caracteribus facile distinguitur. Es ist mir unverständlich, wie Mitten das Kilimandscharo-Moos zu der europäischen Art bringen konnte; um so ınehr, als derselbe sogar auch Br. inteyrifolium Rehm. von Natal, Br. giganteum Hook. aus Indien und Br. grandifolium Tayl. aus Süäd-Amerika dazu stellte. Bei derartigen Anschauungen hört schliesslich alle Geographie der Moose auf und kann nur verwirrend wirken. 12. Bryum (RBhodobryum) Keniae n. sp.; ex habitu Bryi rosei, sed multo robustius atque rosellam multo majorem sistens pluries prolificans, folia majora robustiora magis serrata latiuscule flavide limbata, dentibus inaequalibus majusculis et minoribus flavidis ornata, e cellulis multo ma- joribus utriculo primordiali minus evoluto instructis densioribus reticulata, nervo flavido breviter excedente acute pungentia. Caetera ignota. Patria. Africa orientalis, monte Kenia et in ejusdem vieinia in ter- ritorio Leikipia ad basin tract. montium Aberdare: L. Höhnel 1837. 13. Bryum (Leptostomopsis) Meruense n. sp.; dioicum; cespites pusilli sordide flavidi inferne ferrugineo-tomentosi compacti; caulis fertilis inter ramulos plures breves tenues intermedius minutus; folia caulina minuta imbricata humore paulisper patula, e basi longiore oblongata in laminam ovato-acuminatanı semi-complicatam ideoque asymmetricam subintegerrimam angustissime limbatam profunde carinatam producta, e cellulis ubique teneris pellueidis laxis manibus eleganter reticulata, nervo tenui rubente in aristam tenuem flexuosam vix dentieulalam acutatam apice diaphanam excedente percürsa; perichaetialia similia laxius reti- culata; theca in’peduneculo breviusculo rigido flexuoso horizontalis vel fere nutans, e collo longiusculo vesiculoso-ovalis ochraeca microstoma, oper- culo impresso brevi conico, annulo latiuseulo multipliei; peristomii dentes externi robustuli breviter cuspidati rubiginosi dense trabeculati, interni externis dense adhaerentes breviores valde carinati vix hiantes, eiliis rudimentariis. Patria. Africa orientalis Kilimandscharica, monte Meru: L. Höhnel 1887 legit. 476 Ab omnibus congeneribus ramulis valde tenuibus, foliis minutis ubi- que laxe reticulatis aliisque caracteribus differt. 14. Bryum (Eubryum) bicolor n. sp.; dioicum; cespites biunciales dense conferti turgidi, inferne radieulosi nigricantes superne pallide lutei; caulis altiusculus subteres erassiusculus veluti squamatus, solitarius i. c. ramulis perpaueis innovando ortis appressis pergracilibus brevibus; folia caulina squamato-imbricata madore patula albescenti-lutea vix nitentia firmiuscula, e basi brevi angustiore subspathulato-ovata in acumen lon- giusculum producta carinato-concava, ubique limbo angustissimo vix revoluto integerrimo eircumducta, nervo validiusculo strietiuseulo inferne purpurascente superno luteo in aristam pungentem robustiusculam plus minus elongatam pereursa, e cellulis majusceulis firmiusculis inanibus luteis laxiusculis basi purpurascentibus laxioribus reticulata; perichaetialia similia vel longius acuminata atque aristata; theca in pedunculo straminco inferne rubente unciali apice curvulo vix inclinata eylindracea basi tumi- dula medio subcoarctata lutea gracilis parva, operculo minuto- conico luteo, annulo persistente; peristomium duplex: dentes externi anguste lineali-lanceolati breves dense articulati haud cristati pallidi linea longi- tudinali desituti, interni multo angustiores veluti filiformes, aliolis rudi- mentariis. ‚Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000 —4800 m, cum Bartramia tricolore consociatum: Dr. Hans Meyer 1889 Ig. Species palustris. Ex habitu ad Br. Schleicheri aliquantulum accedens, sed ab omnibus eongeneribus Bryorum bimorum caule subtereti, foliis stramineo - lutei at- que theca parva eylindracea conico-opereulata toto coelo differt et species elegantissima. 15. Bryum (Eubryum) nano-torquescens n. sp.; cespites perpusilli rufi laxe cohacrentes; caulis nanus tomentosulus, coma rosulata minuta innovationes breves graciles plures exmittente terminatus; folia leniter eirca axin torqueseentia minuta rufa, madore patula setosa, e basi pro foliolo latiuscula oblongo-acuminata flaccida plus minus complicata in- tegerrima, margine erecto sinuato-undulata, inacqualiter concava tenera pellueida, limbo quam maxime angusto eircumdueta, nervo tenui pro foliolo autem validiusculo rufulo vel flavo' in aristam longiusculam acntatam flexuosam tenuem protracto exarata, carinato-concava, e cellulis teneris laxiusculis ubique reticulata. Caetera ignota. Palria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Dsehagga (Marango), 1300 m: Dr. Hans Meyer 1889. Inter alios muscos viget. Humilitate atque teneritate partium omnium ab omnibus eongenerum torquescentium jam distat. Bryum erythrotropis mihi terrae Niam-Niam ct Br. pottiaefolium mihi terrae inter Atbara et: mare erythraeum ex habitu atque foliis pellueidis proximae species sunt. 477 16. Bryum (Eubryum) inclusum n. sp.; planta pusilla solitarie inter Argyrobryi cespitem compactum inclusa viridissima simplex, sed innovando sursum crescens et ramulos brevissimos erectos exmittens; folia caulina in axi rubro pro plantula crassiusculo densiuscule imbricata parva, e basi angustiore latiuscule ovata in acumen attenuata subcochleariformi-concava, margine parum revoluto pallide marginata integerrima ad summitatem solum minutissime denticulata, nervo validiusculo luteo-virente flexuoso in aristam brevem albide pungentem excedente percursa, e cellulis basi multo Jaxioribus majusculis Jaminam teneriorem albido-rubentem sisten- tibus ad apicem versus minoribus densioribus firmioribus plus minus viri- dibus utrieulo primordiali destitutis reticulata; perichaetialla similia sed angustiora margine lato-revoluta; theca in pedunculo pro plantula lon- giusculo flexuoso aureo pendula parva, e collo brevi perfecte ovalis vel globosula glaberrima ochracea, operculo conico brevi, annulo persistente latiusculo madore raptim dissoluto; peristomium duplex parvum: dentes externi anguste lanceolato-subulati inferne dense articulati aurantiaci ad subulam hyalini, interni ut videtur imperfecti. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000—4500 m: Dr. Hans Meyer 1889. In cespitibus Argyrodryi ellipsifolii n. sp. viget. Habitus peculiaris ad Brya gemmiformia spectans caule gemmaceo- folioso, plantam tenellam pulchellam sistens; inter Brya alpina species disponendal, ex habitu Zryo gemmiparo D. Not. aliquantulum similis. 17. Bryum (Argyrobryum) ellipsifolium n. sp.; cespites dilatati com- pacti madorem facile sugentes argentei; caules circa pollicares parallelo- adhaerentes teretes tenues simplices vel ultra medium in ramulos 2—3 similes appressos divisi humore flexuosi flaceidi; folia caulina m axi rubro pro plantula crasso appressa minuta, inferiora perfecte ellipsoidea summi- tate obtusata et perfecte cochleariformi-concava, margine erecta integer- rima, superiora vix obtusato-acuminata, omnia nervo mediano tenui planissimo striatulo diaphano dissoluto notata, e cellulis parvis pellucidis inanibus membranam nitidulam tenuem sistentibus apice folii grossiuscule elliptieis membranam argenteam scariossam sistentibus reticulata, Caetera ignota. Pairia. Africa or. trop., monte Kilima-Ndsaharo, alt. 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Caraeteribus supra descriptis, praesertim foliolis perfecte ellipticis, nervo tenerrimo e cellulis elongatis paueis composito diaphano atque caulibus parallelis perfecte teretibus cespitem compactum radiculosum sistentibus facile distinguendum. Es hilft Herrn Mitten nichts, wenn er, wie es scheint, in seiner Abhandlung über die Kilimandscharo- und andere afrikanische Moose (Journ. of the Linn. Soc. 1886, p. 307), die von mir von Br. argenteum L. getrennten Moose wieder zu diesen zu bringen geneigt ist. Die Unter- 478 schiede sind da für Jeden, welcher schen will und sehen kann, und was sich noch unterscheiden lässt, ist doch jedenfalls etwas Selbständiges. Es wäre auch sonderbar genug, wenn es in der ganzen Welt nur ein Argyrobryum gäbe, während sich alles Uebrige in der Pflanzenwelt nach Klima und Höhen-Verhältnissen richlet. Meines Erachtens ist in der That unter den Argyrobryum-Arten eine derartige Verschiedenheit vorhanden, dass man sie sogar in verschiedene Gruppen bringen könnte. Zwei der- selben drängen sich dem Beobachter ganz von selbst auf, je nachdem die Blätter eine Kreisform beschreiben oder je nachdem sie in eine Spitze auslaufen. Die erste Form haben wir in der soeben beschriebenen Art vor uns, die zweite zeigt der Kilimandscharo ebenfalls, nämlich in Bryum argentisetum n. Sp. 18. Bryum (Argyrobryum) argentisetum n. sp.; cespites humiles planiusculi veluti argenteo-lanati; caulis brevissimus simplex vel ramulo maxime brevi divisus dense foliosus; folia parva siceitate et humore densissime in comam gemmiformem congesta, e basi angustiore latiuseule ovata in pilum hyalinum parce denticulatum plus minus refractum eu- spidata, margine basilari parum revoluta superiore erecta, nervo tenui calloso basi rubro medium versus flavido supra medium hyalino atque in pilum flexuosum excurrente dorso basilari saepius in fila brevissima hyalina plura diviso veluti aculeolato percursa, e cellulis basi quadratis rubentibus demum elongatis flavido-viridibus apice argenteis membranam scariosam sistentibus reticulata. Caetera ignota. Pairia. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marango, 1800— 3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu Bryo squarripilo mihi insulae S. Thom& simillimum, sed multo minus. 19. Bryum (Senodictyum) afro-crudum n. sp.; caulis pusillus tener- rimus ruber simplex flexuosus basi rubro-radieulosus, demum foliis minu- tissimis distantibus angustissime lanceolato-acummatis pallidissimis apice minutissime denticulatis ornatus; folia caetera in comam parvam congesta viridissima splendentia, e hbasi angustiore longiuscule ovato-acuminata, acumine plerumque semitorto serrulato saepius recurvato vel undwlalo terminata, margine plano, nervo pro foliolo validiusculo pallido flexuoso ante apicem evanido percursa, e cellulis angustis elongatis chlorophyllosis mollibus areolata, profundius carinata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000-4800 m cum Distichio Rilimandscharico: Dr. Hans Meyer Ig. 1889. Ex habitu Bryi crudi, sed omnibus partibus minus, tenerius atque elegantius. 90. Bartramia (Philonotis) tricolor n. sp.; bi-vel tri-uncialis com- pacte cespitosa; cespites inferne nigricantes, demum tomento fusci, deni- 479 que lutei; caulis elongatus solitarius vel ramis parallelis rectis flexuosis divisus subteres; folia caulina in axi rubro crasso firmo fragili dense im- brieata vix secundula apicibus patulis, madore similia nec recurva, firma lutea, e basi late rotundato-ovata in acumen longiusculum parum recur- vum attenuata, margme ubique fere anguste revoluta, nervo validiusculo luteo flexuoso in aristam elongatam serrulatam producto percursa, e cel- lulis majuseulis inanibus firmis basi laxioribus areolata, papillis ubique asperrima. Caetera ignota. Patria.‘ Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000-4800 m cum Bryo bicolori: Dr. Hans Meyer lg. 1889. Species palustris robustiuscula ex affinitate Philonotis fontanae, sed modo crescendi compacto, colore triplice et foliis siceitate atque madore erecto-imbricatis longe aristatis tuberculoso-papillosis longe distans.. E speciebus elegantissimis ! 21. Bartramia (Philonotula) gemmescens n. sp.; perpusilla cespitem tenerum humillimum glauco-viridem sistens; caulis perbrevis simplex sed ex tomento rufo vel ex axillis foliorum gemmas rufo-stipitatas minutas exmittens; folia imbricata vel remotiora erecta madore patula minuta lanceolato-acuminata, nervo pro folio validiusculo virente in acumine acuto brevi evanido exarata, carinato-concava, margine erecta superne minutissime serrulata, e cellulis minutis sed laxiusculis virenti-pellueidis reticulata, parce et minutissime papillosa; folia gemmarum minutissima angustissime ligulata glabriuscula. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, Marango, in planitie graminosa superiore inter 1800—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. E pygmaeis; gemmulis minutis stipitatis foliisque minutis minutissime superne serrulatis jam prima serutatione facile distinguitur. 22. Bartramia (Eubartramia) Leikipiae n. sp.; cespites unciales laxe cohaerentes lurido-virentes rigidi; caulis simplex vel supra medium in ramulos breves plures subappressos divisus caudiformis flexuosus et plus minus curvulüs; folia caulina patulo-erecta strieta, apice surculi in comam parvam dicranoideam densam congesta, madore magis patula, e basi parum latiore in laminam angustam demum elongata cuspidatam flexuo- sulam attenuata, margine e basi usque ad cuspidem serrulatam latiuscule revoluta, inferne integerrima sed papillis aspera, nervo crassiusculo lurido strietiusculo in cuspidem exeunte et eandem omnino oceupante percursa, e cellulis basi laxiusculis anguste rectangularibus pellueidioribus laevioribus apicem versus minoribusincrassatis aspero-papillosis areolata. Caelcra ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in oceidente montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette, Novhri 1887: L. Höhnel in Exped. Telckiana. Ex habitu Bartramiae strietae, sed ceaulibus caudiformibus flexuosis comosis raplim discernenda. Variat caule angustiore brunneo-flavo. Flora 1890. a 480 . 23. Bartramia (Plicatella) sudgnaphalea n. sp.; dioica; caulis clatus gracilis fusco-tomentosus, ramulis brevibus viridibus varie brevibus teneris distantibus indistinete pinnatus; folia caulina stipitis summi robustiuseuli recurva summo apice stellatim disposita penicillum minutum strielum sistentia, ramea patentissima, apice caulis minus stellata atque penicillata, omnia e basi brevissima vaginata 4-plicata in laminam plus minus re- eurvatam longiusculam anguste. lanceolato - acuminatam serrulato -denti- ceulataın attenuata, margine inferiore parum revoluta, nervo tenui viridi in aristulam protracto percursa, e cellulis densis angustissimis linearibus apicem versus magis quadratis tenuiter papillosis areolata; theca in pedun- culo perbrevi rubro pendila majuscula globoso -ovalis, siceilate parte superiore angustata plicatula. Patria. Africa or. trop., mte. Kilima -Ndscharo inter 3000—4800 ın cunı Campylopode procero consociata: Dr. Hans Meyer 1880. Ex habitu B. ynaphaleae Borbonicae, sed folis ut in BD. gigantca apice stipitis stellatim et penicillate dispositis raptim discernenda species. 24. Barbula (Syntrichia) Meruensis n. sp.; cespites breves vigidiu- sculi rubiginosi; caulis pusillus basi tomentosus simplex, foltis inferioribus minutis, inferne graeilior, superne densiuscule foliosus; folia caulina par- vula inordinatim spiraliter imbricata, humore parum recurvo-squamosa, e basi brevi pallide rubiginosa cellulis laxis majusculis marginem versus sensim multo minoribus reticulata spathulato-ovalia, paulisper invo- lutacea, margine vix revoluta vel erecta, c ecllulis pro folio parvulis hexagonis ob papillas asperulis arcolata, nervo crassiusculo pulchre pur- purco dorso glaberrimo in mucronem brevissimum tenuem acutum ex- cedente percursa; caetera ignota. Patria. Africa Kilimandscharica, monte Meru, cum Dryo Meruensi GC. Müll. consociata: L. Höhnel, Ex habitu Bardulae laevipilae similis, sed foliis brevissime mueronatis jam diversa et pulchra speeies, cujus affınes africanae plures sunt. 95. Barbula (Syutrichia) Leikipiae n. sp.; Barbulae Meruensi ex habitu simillima pusilla, sed folia e basi pallida eellulis laxis magis lon- gioribus quam latioribus pallide virentibus reticulata margine parum revoluta spathulata latiuscule rotundato-ovalia planiuscula nec involutacea, e cellulis majoribus hexagonis crassis asperulis areolata carnosula, ner-vo crasso purpurascente dorso glabro im mucronem crassiorem excedente percursa. Gaetera ignota. Patria. Africa orientalis tropica, Leikipia regione montis Keniae, inter alios muscos: L. Höhnel 1887. 26. Trichostomum (Leptodontium) pumilum n. sp.; caulis humilis subsimplex flexuosulus teretiusculus; folia caulina subspiraliter eirca axin contorta madore raptim reflexa viridissima, e basi semiamplexicauli bre- 48l vissime vaginacea aurea lato-oblonga in acumen longiusculum reflexum producta, margine basilari ad latus alterum vix vel angustius ad latus alterum late plieato-revoluta superne usque ad acumen serrulatum anguste revoluta, profunde complicato-concava, nervo in acumine acutato robustiu- sculo evanido dorso papilloso flavido exarata, e cellulis minutis angulate rotundatis obseure viridibus papillosis basin versus pallidioribus angustis- sime linearibus rectangularibus glabris areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 1500—3000 m alt., sum Polytricho nano -globulo mihi consociatum: L. Höhnel. Foliis siecitate circa axin dense imbricatis atque surculum subteretem sistentibus jam distinetum. 27. Trichostomum (Leptodontinm) repens n. sp.; caulis primarius repens surculos pumilos graciles flexuosos simplices pallide luteos exmittens, folia caulina siccitate basi amplexicaulia apieibus reflexo-patulis lortuosis, madore raptim reflexa patentissima longiuscula, e basi semiamplexicauli vaginacea lata aurea in laminam late oblongam et sensim in acumen re- flexum latum longiusculum remote runcinatule serrulatum brevissime acufatum attenuafa, margine e basi usque ad acumen latiuscule revoluta, profunde complicato-concava tenerrime indistinete papillosa, nervo flavo in acumine evanido exarata, e cellulis grossis in membranam flavidam angulate rotundate conflatis basin versus pallide aureis quam maxime linearibus punctulatulis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 5000—9000 ped. altitudinis: L. Höhnel inter alios muscos 1887 in Exped. Telekiana. 9%. Trichostiomum (Eutrichostomum) Leikipiae n. sp.; cespites lati humiles sordide lutei robusti firmi laxissime cohaerentes, caulis breviu- sculus parce divisus; folia caulina robusta incurvo-involuta nec crispata nec torta, e basi breviore vaginacea pallidius lutea in laminam longiorem latiusculam lanceolatam breviter acuminata, margine integerrimo parum undulato involutacea basi ad alam unicam latiuscule revoluta, nervo valido luteo in mucronem robustum pungentem acutum excedente exarata, e cellulis minutissimis obscuris rotundis basin versus distinctioribüs fiavidis basi parum majoribus sed latiuseulis pellucidis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in regione oceidentali montis Kenia: L. Höhnel 1887 in Exped. Telekiana. Ex foliis sordide luteis firmis subeireinnatim incurvatis facile distin- guendum. 29. Zuygoden (Anoectangium) viridatus n. sp.; cespites tenelli laxe cohaerentes aeruginoso-virides teneri pusilli; caulis humilis tener flexuosus simpliciusculus vel apice parce divisus; folia caulina valde crispata madore patula vel patentia remotiuscula angustissime linearia, e basi brevissima scmi-amplexicauli angusta in laminam breviusculam lincari-acuminatam 3ı* 482 flexuosam produeta, margine ubique fere angustissime revoluta summitate parce minute denticulata, nervo pro foliolo latiusculo carinato pällide virente excurrente percursa, profunde canaliculata, e cellulis ıninutis ubi- que dislinctis rotundatis pallide virescentibus basi magis quadratis parum majoribus areolata. Cactera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. ’ Foliis minutis acutatis margine angustissime revolutis summitate denti- culatis facile discernenda species. Anoectangium paucidentatum ejusdem montis colore rubiginoso cellulisque obscuris basi laxis pellueidis jam toto coelo differt. . 30. Zyyodon (Ulozygodon) Kilimandscharicus n. sp.; cespites Ya- pollicares mollissimi viridissimi inferne fuscati radiculosi laxe cohacrentes; caulis tener dichotome in ramos appressos erectos parce divisus; folia caulina valde crispata madore erecto-patula elongata, e basi angustiore longe lineari-attenuata acutato-acuminata profunde canalieulata plus minus complicata valde flexuosa, margine ereeto a basi fere usque ad acumen remote sinuate minutissime denticulata, nervo pro folio angusto latiusculo in acumine evanido flavido percursa,. e cellulis ubique mollibus valde et amoene chlorophyllosis ad basin folü angustissime rectangularibus laxioribus apicem versus minoribus rotundatis distinctis areolata glabra. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Caracteribus illustratis a 7. eyathicarpo atque Z. eurvipede Toliis denticulatis affini facile distinguitur. An Oncophorus (Rhabdoweisia) eyathicarpus Mitt. in Journ. of Linn. Soc. 1886 ? 31. Orthotrichum (Euorthotrichum) serrifolium n. sp.; cespites dilatati aurei firmi laxissime collaerentes; caulis sceiniuncialis apice ramulis bre- vissimis cerassiusculis pluribus appressis divisus apice folis recurvis stel- latus; folia caulina siceitate dense conferta vel horrida majuscula robu- stiuscula, madore difficile recurva, e basi angustiore hic inde aureo-colorata in Jaminam lato-ovatamı demum lanceolato-acuminatam attenuata, margine usque ad acumen serrulatum lato-revoluta, carinato-concava, ncrvo fuscescente in cuspidem brevem tenuem acuto-pungentem excurrente per- eursa, e cellulis majusculis robustulis angulato-quadratis tenuiter papillosis obscuriuseulis virentibus basin versus pallidioribus vel flavidis elongatis angustis laxiusculis arcolata. Gaetera ignota. Pattria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, in sylva prinaeva inter 1500-3000 m arborieola: Dr. Hans Meyer 1889. Gespitibus dilatatis aureis, caule apice stellatim folioso foliisque robustis pungentibus serratis prima inspeclione distinguendum. Species e robu- stioribus. 483 32. Orthotrichum (Euorthotrichum) Leikipiae n. sp.; monoicum; - caulis humilis basi nudiusculus densiuscule foliosus simplex vel apice breviter ramulosus; folia imbricata robustiuscula, madore recurviuseula, e basi parum decurrente angustiuscule lanceolata acuminata complicato- concava, margine ubique latiuscule revoluta integerrima, profundius cari- nata recurva, nervo crassiusculo in mucronem robustum pungentem apice parce denticulatum excedente percursa, e cellulis basi longiusculis an- gustis mollibus laevibus laxiusculis apicem versus parvis rotundis tenuiter papillosis areolata; perichaetialia similia; theca in peduneulo brevi erecta ovalis laevis (haud plicata) ; peristomium (tantum rudimentarie observatum) duplex, internum e dentibus longiusculis latiusculis compositum. Patria. Africa or. trop., Leikipia in oceidente montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Ketie, inter alios muscos: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Ob folia robuste pungentia atque fructum leiothecium exsertum facile distinguenda species. Specimina solum tria observavi. Innovando theca lateralis fit. j 33. Macromitrium (Macrocome) liliputanum n. sp.; caulis longe repens, ramifieationibus profusis pluries divisis tenuiter filiformibus fusce- scentibus julaceo-teretibus; folia caulina dense imbricata, madore juni- peroideo - patentissima, minuta, e basi amplexieauli minute ventricosa in laminam brevem angustissime lineali-lanceolatam integerrimam profunde canaliculatam inferne margine revolutam producta, nervo ferrugineo pro foliolo cerassiusculo ante acumen planiusculum evanido percursa, e cellulis minutissimis rotundis veluti punctiformibus obscuris membranam ferru- gineam sistentibus areolata; perichaetialia vix majora erecta minuta ovalis, opereulo conico recto. CGaetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in oceidente montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette, Novbr. 1887: L. Höhnel in Exped. Telekiana. Macromitrie Dregei simillimum, sed partibus omnibus multo mino- ribus, foliis minutissimis lineali-lanceolatis facile ab eodem distinguenda species tenella. 34. Grimmia (Engrimmia) immergens n. sp.; cespites usque ad in- novationes recentes teretes virides curvulas madore erectas breves firmiu- sculas in terra immersi; folia caulina dense imbricata parva madore patula, e basi angustiore anguste oblongo-acuminata in pilum hyalinum brevem subdentieulatum protracta, margine integerrima erecta vel hic inde an- guste revoluta, curvula profunde canaliculato - concava, nervo pro foliolo lato percursa, e cellulis viridissimis infima basi folii quadratis apicem versus rotundis minutis ubique mollibus areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Kilima-Ndscharo, 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889, 484. Ob cespites imniersos, innovationes juveniles solum exsertas breves teretes viridissimas foliaque minuta molliter areolata faeile cognoscenda. 35. Grimmia (Eugrimmia) calyculata C. Müll. in Coll. Meyeriana 1; dioica; cespites magni cupulato-pulvinati canescentes laxe cohaerentes facile dilabentes; caulis ca. uncialis flexuosus inferne nigrieans superne flavo-viridis, ex innovationibus brevissimis veluti articulos sistentibus con- positus, caeterum valde divisus flabellatus; folia caulina erecto - conferta madore laxe patula erecta subappressa, e basi angustiore anguste lan- ccolato-acuminata in pilum strietum longiusculum crassiusculum hyalinum teretem acutatum indistinete dentieulatum protracta, margine ad latus unicum plus minus revoluta, profunde canaliculata, nervo canaliculam dorso latiuscule dilatatam percurrente, e cellulis in membranam flavidanı conflatis basi longioribus apicem versus sensim minoribus rotundatis arcolata; perichaetialia multo majora latiora longiora in eylindıum patulunn parum exsertum congesta subplicata pulchre flavido-membranacca"longius ct crassius pilosa; theca in pedunculo brevi strieto sed sacpius subcurvulo ereclä exserta, e basi crassiore oblonga ore angustata ochracca lato- annulata, opereulo longiuscule rostrato strieto, calyptra profundius divisa campanulata hiante glabra; peristomit dentes pro opereuli longitudine breviusculi anguste lanceolati subulati rubri inferne dense articulati fissiles; sporae maxime minutae. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Caulis masculus foliis brevioribus, floribus masculis in summitate omnium innovationum minute gemmaceis fuscis. Habitus plantae Grim- miae ovalue. Ich habe diese neue schöne Art noch einmal beschrieben, da sie mir nun erst in vollständigen Exemplaren vorliegt und sie dadurch einen etwas anderen Anblick gewährt, als in dem winzigen Exemplare, das ich zuerst vor mir hatte. 36. Grimmia (Eugrimmia) obtuso-linealis n. sp.; majuscule pulvinata firma obscuro-viridis sordida; caules laxe cohacrentes breviusculi, inferne nigricantes apice solum flavo-virentes, in ramulos robustulos parallelos parce divisi; folla caulina dense imbricata madore erecto-patula parva, e basi angustiore anguste oblonga flavida in laminam valde lincalem obtusatam obscuram carnosulam apice pro more uncinatulam cueullatulamı sensim attenuata, margine ubique erecta integerrima concava, nervo tenui in laminam superioren? omnino evanescente indistincto percursa, e cellulis ad basin folii solum flavidam distinetis reetangularibus incrassatis apieem versus carnosum minulis rotundis valde obscuris areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 3000-4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. 485 Species distinctissima, ob folia in collum angustum carnosum obtu- satum facile distinguenda, habitu dryptodontoideo. 37. Grimmia (Eugrimmia) argyrotricha n. sp.; ‘cespites nani den- siuscule pulvinati murino - canescentes e surculis teneris parallelis extri- cabilibus compositi; caulis humilis im ramulos appressos aequilongos fasciculatim divisus; folia caulina perminuta imbricata madore patula, ' inferiora e basi angustiore perangusto-oblonga flavida in laminam obscu- riorem angustiorem attenuata obtusula. stricta vel flexuosa vel introrsum curvula, suprema in pilum teretem minute denticulatum flexuosum vel strietum vel subreeurvum longitudinem folii subsuperantem protracta, margine ereeta integerrima, nervo pro foliolo lato excurrente percursa, e eellulis ad basin folii membranam flavido- virentem sistentibus minutis quadratis apicem versus minoribus rotundatis magis incrassatis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 3000-4800 m: Dr. Hans Meyer 1880. Ex habitu Gr. Donianam vel affines in memoriam redigens, sed folüis minutis inferne obtusatis superne solum longe hyalino-pilosis raptim cognoscenda nana Species. 38. Braunia (Eubraunia) entodonticarpa n. sp.; cespites magni maxime intertexti brunneo-virides firmi; caulis gracilis teres breviusculus, flagellis brevioribus pluribus attenuatis praeditus; folia caulina dense con- ferta madore patentissima parva, e basi vix decurrente rotundato-ovalia in acumen breve acutiusculum indistinete denticulatum obliquum producta integerrima, margine ubique usque ad acumen angustalim revoluta, cucullato-concava, enervia, e cellulis minutis rotundis ad alam basilarem multo majoribus incrassato-parenchymatieis coloratis areolata; perichae- tialia e basi pluries angulate plicata cellulis longioribus angustis pallidis areolata in laminam ovatam recte et longius acuminatam margine anguste revolutam ut in caulinis areolatam producta; theca in pedunculo breviu- sculo rubente stricto erecta parva anguste cylindrica rubra, operculo parvo oblique rostellato. Patria. Africa or. tropica, Leikipia in oceid. montis Kenia: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Omnium specierum brevissima atque gracillima, theca entodontoidea angustissime cylindrica prima inspectione diversa. 39. Braunia (Eubraunia) Schimperiana Bryol. Eur.; cespites latissimi ca. bipollicares sordide luridi valde intricati sed laxe cohaerentes rigidi; caulis subgracilis teres ascendens, ramulis brevibus curvulis julaceo-tere- tibus vel in flagellum breve excurrentibus inaequaliter divisus; folia caulina dense imbricata madore sensim sensimque apice parum patula, e basi angustiore aurea enervi latiuscule ovata, acumine breviusculo lato 436 rohusto acutiusculo terminata, margine ce basi usque ad acumen late revo- luta integerrima, e cellulis elliptieis parvulis densis basi longioribus areolata tenuiter papillosa, cochleariformi-concava; folia ramorum flagellaceorum inferiora in cuspidem plus minus celongatam planam apice hyalinam asperulam attenuata, superiora juniora angustissima multo minora in cuspidem longissimam flaceidam valde flexuosam vel loricatam vel reflexam pilo longo capillari albo terminatam protracta, e cellulis longioribus veluti conflatis sublaevibus areolata; perichaetialia in cylindrum dense convoluta pallide lurida, e basi convoluto -vaginata longiuscula acuminata acutata, e cellulis longiuscule elliptieis densis areolata; theca in pedunculo medio rubro spiraliter torto erecta majuscula rufa eylindracca ore angustata. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 5000-6000 ped. alt, ubi L. Höhnel in Exped. Telekiana legit 1887. Ich kann dieses Moos nicht von dem abessinischen trennen, obgleich es in mancher leichten Beziehung etwas abweicht, und habe deshalb auch eine eingehendere Beschreihung gegeben. 40. Erpodium (Tricherpodium) Joannis Meyeri n. sp.; monoicum; eespites dilatati profusi planissimi ce viridi canescentes; caulis angustissinus subplanus brevissime diehotome ramulosus, ob folia albido-pilosa setosus, madore distichaceus anıoene viridis surculum parvum infima basi nudum eleganten frondiformem sistens; folia caulina parva patentia laxe imhri- cala anguste ligulato-clliptica cochleariformi-concava, margine integerrimo erecta, cnervia, pllo elongato folii longitudinem aequante hyalino flexuoso- slriclo aeutato divisurali-striatulo coronata, e cellulis grossiuscule hexagonis ob papillam unicam truncatam grosse unipunctatis mollibus teneris chloro- phyllosis areolata; rammlus fertilis ascendens brevissimus flavus, foliis perichactialibus multo longioribus majoribus flavo-virentibus ce basi anguste lanecolata in pilum basi latam multo robustiorem attenuatis, superne lae- vibus laxioribus reticulatis; theca immersa anguste eylindrica, operculo eonico recto, annulo latissimo persistens, calyptra operculum solum ob- tegente basi in lacinias plures elegantes basi obtusatas profunde fissa plicata, ad plicas angustissime alata rugulosa. Patria. Africa or. trop., Ügueno in regione meridionali mıontis Kilima-Ndscharo, 1800 m, in truneis arborum: Dr. Hans Meyer 1889. E descriptione Mitteni Erpodio Hanningtoni Mitt. ex regione lac. Vietoria-Nyanza proximum, sed icone ejusdem valde remotum, multo robustius. Flores masculi in basi sureuli infra ramulum fertilem seriatim dispositi multi minutissime gemmacei ovales. Species elegantula. 41. Cryphaea scariosa n. sp.; caulis uncialis valde flexuosus cras- siuscule foliosus, ramulis tenuibus attenuatis brevioribus vel longioribus flexuosis remotis inaequaliter pinnatus luteus; folia densiuscule imbricata madore patula lutea nitidula, e basi decurrente latiuscula late ovata con- cava, in acumen longiusculum robustiusculum acutatum summitate in- - 487 distinete denticulatum producta, margine e basi extrema usque ad acumen et ultra late revoluta integerrima, nervo tenuiusculo luteo in acumine evanido leniter carinato exarata, e cellulis luteis indistincte elliptieis in membranam veluti scariosam firmam conflatis, ad -alas multo minoribus quadratulis incrassatis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, 5000—6000 ped. alt., inter Brauniam Schimperianam: L. Höhn el 1887 in Exped. Telekiana. Ob areolationem folii magis scariosam ab omnibus congeneribus sub- recedens, sed distincta species. 42. Lasia flagellacea n. sp.; monoica; cespites valde intricati laxis- sime cohaerentes lurido -sordidi; caulis filiformis repens surculos multos singulos remotos cryphaeoideos exmittens; surculus uncialis in ramulos perpaucos breves vel longiores flagellaceo - attenuatos superne divisus, siceitate teretiusculus madore raptim patentifolius turgescens; folia caulina dense imbricata, humore subito patenti-patula, e basi angustiore cordata latiuscule ovata breviter lato-acuminata brevissime acutata concava, margine infero latiuscule revoluta, integerrima, nervo pallido superne saepius brevissime furcato ad acumen evanido percursa, e cellulis ery- phaeoideis grossiuscule elliptieis (vel inferne magis rotundis) densis pallide luridis areolata facile fragilia; perichaetialia in cylindrum nitidum an- gustissimum acutum longiusculum eonvoluta, e basi convolutaceo-lanceo- lata in acumen elongatum protracta, nervo mediano indistincto plerumque furcato, cellulis elongatis pallidissimis laxioribus; theca in pedunculo rubro parum curvulo emersa cylindraceo - ovalis ore angustior, rufa; calyptra parce pilosa; peristomium (imperfeetum) e dentibus externis angustis linealibus rufis articulatis compositum. Patria. Africa or. trop., Settima-montes (Aberdarc-Ketie) in occidente montis Kenia, 8. Novembri 1887: L. Höhnel. Inter cespitem Leptodontis Smithii viget. Ex habitu Lasiae Ohioensi (Sulliv.) similis, sed ab eadem atque con- generibus plurimis surculo paucirameo jam differt. . 43. Fabronia Leikipiae n. sp.; monoica pusilla tenerrima pallide viridis; folia caulina madore patenti-patula remota ovato-acuminata in pilum breviusculum inferne cellulosum superne unicellulare capillare albidum acutissimum protracta integerrima, nervo tenuissimo vix distincto mediano tenerrime notata, e cellulis majusculis pellucidis viridulis reticulata; peri- chaetialia minuta in gemmulam minutam congesta enervia multo teneriora brevius pilifera; theca in pedunculo pro plantula longiusculo flavido erecta minuta urceolato-ovalis macrostoma. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in oceidente montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette, inter alios muscos: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. 488 Ich habe von diesem niedlichen Moose zwar nur ein einziges Exemplar unter anderen Moosen von Leikipia aufgefunden, mochte es aber trotz seiner Unvollständigkeit nicht übergehen, um wenigstens das Dasein des Fabronia - Typus in jenen Gegenden fest zu stellen. Es hat sonst nichts Bömerkenswerthes an sich, als die ganzrandigen fast rippenlosen Blätter, lässt sich aber hierdurch gut unterscheiden, da Arten mit solchen Blättern selten sind. Doch ist ein Gewicht darauf zu legen, dass die Blätter nicht dieht über einander liegen, wie das bei Fabronia meist der Fall ist, sondern unter dem Mikroskope olıne Präparation einzeln leicht betrachtet werden können. Die vorliegende Art zeigt uns, dass der Typus vom Süden Afrika’s bis nach Abessinien hin und ebenso in Zentral- Afıika heimisch ist; denn sie füllt gerade die Lücke aus, welche zwischen dem Kilimandscharo, wo der Typus ebenfalls zu Hause ist, und Abessinien stallfand. 44. Porotrichum subpennaeforme n. sp.; caulis ultrapollicaris tenellus in ramificationes mullas inaequales breviores vel longiores scd angııstis- simas attenuatas cwvulas apice surculi fasciculatim dispositas squalido- virides divisus; folia creeto-imbricata parva madore patula, ce basi ob alas parvas valde impressas angustissime in laminam oblongatam late acuminatam ad acumen breve grossiuscule serratam produeta, planiusculo concava, margine ereceta infra apicem integerrima, nervo tenuissinio saepius furcato dorso leniter carinato glabro flavidulo infra acumen eva- nido exarata, e cellulis ellipticis incrassatis basin versus longioribus omnibus in membrananı luteo - viridem firmam veluti conflatis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. {rop., monte Kilima-Ndscharo in sylva primaeva inter 1500—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Porotrichum pennaeforme Mitt. Capense in Journ. of Linn. Soc. 1886 p. 315 huc pertinere videtur, sed haecce species multo robustior atque altior folia habet basi lata nec impressa angustissima. Fructus practerea caracteres alios distinguendos certe dabit. 45. Porotrichum ruficaulen.sp.; cespites depressi planiusculi squalido- rufuli valde intricati ob stolones multos veluti maxime sctosi; caulis 1—2- pollicaris tener in ramificationes permultas teneras divisus; ramus angustus in apicem stolonaceum flexuosum capillarem protractus, ramulis paueis iterun saepius stolonaceis vix pinnatus; folia parva laxe imbricata vel distichacea rufo-lutea oblonga in acuınen latiusculum breve acutum producta, margine basilari anguste revoluta demum erecta atque ad acumen grossiuscule serrata, caviuscula, nervo unico tenui luteo ante acumen evanido dorso leniter carinato notata, e cellulis rotundis vel elliptieis incrassatis basin versus longioribus angustis omnibus in mem- branam scariosam conflatis areolata, cellulis alaribus paucis impressis brunneis parvis basi ornata. Cactera ignota. 489 Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, sine loco speciali: L. Höhnel 1887 in Exped. Telekiana. Ex habitu Porotricho setoso-flagellaceo mihi Hb. ex Antioquia Novae Granatae simillimum, sed colore rufulo-luteo jam ab hacce specie Ameri- cana distinctum. Species hujus formationis prima Africana et stolonibus ditissimis memorabilis. Folia stolonum capillarium sensim minula remo- tissima in caule rubro crassiusculo angustissime lineari-acuminata apice subdenticulata nervosa. Flores masculi pro tenuitate surculi majusculi rufo -lutei, foliis similibus stolonis. 46. Distichia platyantha n. sp.; monoica; procera cespites elatos molles turgescentes pallidos sistens, ramis brevioribus vel longioribus pinnata; folia caulina laxe imbricata majuscula, e basi parum auriculata late ovata in laminam latiusculam oblongatam late et breviter acuminatam indistinete denticulatam producta, inferne paululo margine complicata, nervis binis vel in unam costam coalitis usque ad medium protraetis planis pallidis, e cellulis densis pallidissimis angustissimis longiusculis in membranam veluti conflatis areolata, undulata, ramea planiora magis acuminata; perich. calycem magnum pallidum turgescentem sistentia, € basi parum convoluta oblongata in cuspidem longissimam strietiusculam denique filiformem protracta enervia laevia, e cellulis multo longioribus laxioribus areolata pallidissima; theca subsessilis pro planta parva ovalis vel globulosa coriacea, opereulo robustulo e basi conica in rostrum breve erectum producto; peristomium duplex: dentes externi lineali-lanceolati albide articulati paulisper rugulosi eleganter curvati integri nec divisi sed linea longitudinali indistincta notati; interni: membrana brevissima vix in dentes brevissimos exiens; calyptra campanulata pro operculo longe coriacea, in stylum elongatum protracta, basi vix semel divisa, superne subtuberculosa. » Patria. Kilima-Ndscharo, ubi inter alt. 50009000 ped. vegetationem massaliter effirmat: L. Höhnel in Exped. Telekiana. 1887. Muscus pro regione sua characteristicus habitu robusto, colore pallido partium omnium vegetationis atque calycibus magnis turgidis pallidis prima fronte cognoscendus. 47. Neckera (Calyptothecium) Höhneli n.sp.; procerrima vegetationem laxissimam pallide virentem turgidam sistens subgracilis flexuosa, ramis caudiformibus patentibus vel recurvis curvatis distantibus pinnata, rigida fragilis; folia caulina laxe imbricata majuscula firma, e basi late rotun- data subauriculata fuscata laxius reticulata oblongo-acuminala integerrima ad apicem angustatum obliquum brevem convoluta enervia, e cellulis angustis longiusculis membranam firmam flavo-virentem sistentibus areo- lata. Caetera ignota. Patria. Africa or. tropica, Leikipia regionis montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette: L. Höhnel in Exped. Telekiana. \ 490 Caule longissimo, ramis gracilioribus caudiforniibus pinnato firmo fragili jam primo visu discernenda species peculiaris. 48. Neckera (Rhystophyllum) Höhneliana n. sp.; monoica; habitus Neckerae pennatae vel N. undulatifoliae Mitt.; statura humilis irregulariter pinnata; folia caulina valde et regulariter horizontaliter undulata, un- Aulis laminam totam transverse occupantibus pracdita, e basi asymmetrica nervis binis brevissimis pallidissimis notata ad latus unum erceta vix conplicata ad latus alterum rotundata in laminam subanguste ligulatam apice parum acuminato plerumque reflexo cucullato terminatam producta, superne denticulata, pallidissima, ce cellulis Imcaribus densiusculis arcolata ; perichaetialia in cylindrum palulum congesta, e basi lato vaginata laxius reticulata enervi in laminam elongatam latiuscule cuspidataın iMegerri- mam ob celiulas laxiusculas striatulo-retieulatam strietiusculanı summitate subdenticulatam attenuata, extima minora obtusata, onınla caelerum ec cellulis angustis arcolata; Lheca immersa ovalis laxe reticulata. leptodermis breviter pedicellata exannulala, operculo oblique rostellato; peristominm duplex elongatum pallidissimum: demtes externi angustissini linea longi- tudinali fissiles ad marginem artieulorum vix nodosiusculi, interni illis aeguilongi capillares vix nodosiuseuli in membrana brevissiina positi. Patria. Africa or. trop., Leikipia, ad pedem der Aberdare-Kelle in occidente ınontis Kenia: I. Höhnel Novbhr. 1887. Species foltis maxime undulatis, undulis totam Jaminam oceupantibus ornalis, igitur varie concavis sacpius cucullatis, perichacetialibus extimis obtusalis atque peristomii fabrica facile distinguenda. Calyptramı non vidi, sed opereulum oblique rostellatum dimidiam indicat. 49. Pilotrichella chlorothrix n. sp.; caulis pendulus elongatus fili- formis valde flexuosus, ramis remolis brevibus patentibus vel reflexis flexuosis singulis vel binis oppositis distantibus pinnatus sordide brunneseens, in apicem stoloniformem viridissimum nitidum longiuseulum filiformen flexuosum brevissime euspidatum simplicem protraclus; folia dense im- bricata ramos ct ramulos julaceos altenuatos sistentia, inferiora late ‚rotundate ovata plus minus breviter subilo acuminata, usque ad acumen “cochleariformi - concava, margine creclo integerrima, indistinete carinala, basi alis parvis impressis ornata, superiora angusliora viridia longius flexuose cuspidata, suprema in acumen piliforme scemitortum flexuosum producta, omnia nervis binis indistinctis brevissimis notata ct e cellulis angustissime linearibus ad alas basilares parenchymatieis incrassatis arcolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., in sylva primaeva montis Kilima-Näscharo, 1500—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889. Habitus Pilotrichellae biformis Hpe. Madagassae, sed multo tencrior. 50. Orthostichella sericea n. sp. ; caulis breviusculus in ramificationem 491 ditissimam elongatam capillarem sericeo - pallidam inaequalem fragilem ascendens; rami primarü elongati flexuosi rigidi capillares, ramulis paten- tissimis capillaribus ve) reflexis strictiusculis vel flexuosis valde remotis simplieibus vel hie inde iterum brevissime ramosulis teretibus pinnati; folia distinete orthostichacea dense imbricata pro fenuitate 'surculi maju- scula, ce basi ob auriculas rotundatas vix eircinnatas latiuscula in laminam oblongam* vix panduraeformi-excavatam demum ovatam et subito fere longiuseule striete euspidatam producta, margine erecto integerrima aperto- concava apice plus minus convolutacea, nervis binis.brevissimis indistinetis notata, e cellulis angustissime linearibus pallidissimis areolata Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in regione oceidentalis montis Kilima-Ndscharo, ad pedem der Aberdare-Kette: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Habitus peculiaris, ramificationibus elongatis capillaribus sericeo-pal- lidis foliisque majusculis vix panduraeformibus oblongo-acuminatis lon- giuscule cuspidatis distinctus. 51. ÖOrthostichella curvifrons n. sp.; cespites lati valde intrieati firmi squalido-lutei; caulis breviusculus "/s-pollicaris frondiformis i. e. apice in ramos plures iterum ramulosos eurvatos divisus tenellus, ramulis brevibus subteretibus valde inaequalibus breviter attenuatis; folia caulis primarii dense appressa majora, ramea indistincte orthostichacea imbricata, e basi latiuscula alis rotundatis latioribus subeircinnatis ornata in laminam an- gustiorem demum oblongo-ovatam acumine pro folio longiusculo acuto euspidatam produeta panduraeformia, margine erecto integerrima apice folii convolutacea aperto - concava, nervis binis brevissimis indistinetis, e cellulis angustissime linearibus membranam scariosam sistentibus ad alas majoribus inerassatis arcolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in regione meridionali montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette: L. Höhnel Novembri 1887 in Exped. Telekiana. Orthostichellae panduraeformi Africae Capensis similis, sed statura humili raptim toto coelo diversa. 59. Orthostichella capillicaulis n. sp.; cespites lati valde intricati squalido-virides molles; caulis tener 2—3-pollicaris flexuosus vage ramosus in ramos capillares elongatos brevissime pinnatos apice simplices i. e. . exramulosus protractus; folia caulina minuta imbricata indistincte ortho- stichacca saepius delapsa et ramum defoliatunı sistentia, anguste pan- duracformi-ovata basi vix latiora apice brevissima mueronata, alis basi- laribus nce cireinnatis parum evolutis ornata, nitida, aperto-concava apice vix involutacea, nervis binis obsoletissimis vix notala, margine crecto integerrima, e cellulis angustissime Iinearibus membranam scariosam » sistentibus pallidissimis areolata. Caetera ignota. 492 Patria. Africa or. trop., Leikipia in oecidente montis Kenia, ad. pedem der Aberdare-Kette: L. Höhne] legit Novembri 1887 in Expced. Telekiana. Ab O. tenellula simili foliis multo minoribus imbricatis diverse for- malis jam longe recedens. 53. Orthostichella tenellula n.sp.; cespites lati valde intertexti molles squalido-lutei; caulis 4—5 pollicaris elongatus tener flexuosus subflaceidus frondem perangustam sistens, ramulis brevissimis teneris patentibus vel reflexis curvulis remotis distanti-pinnatus, apice breviter profusus simplex vcl vix brevissime ramulosus; folia caulina indistinete orthostichacea minuta patentia nec imbricata, anguste panduraeformi-ovata, basi latius auriculata brevissime binervia, aperto-concava apice parum involulacen, margine erecto integerrima, in acumen pro foliolo longiusculum strietum acutum protracta, e cellulis angustissimis pallidissimis membranam scario- sam sistentibus, ad alas basilares vix circinnatas minutis incrassatis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., in sylva primaeva montis Kilima-Ndscharo: L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Ex teneritate partium omnium atque. foliis patentibus nunquamı im- hrieatis facile distinguenda species, cujus folia ad apicem ramulorum tencrorum saepius delapsa. Orthostichellae capillicauli proxima. 54. Orthostichella profusicaulis n. sp.; cespites latissimi valde inter- texti laxissime cohaerentes pallide flavidi firmi; caulis longe profusus ca. 4-pollicaris plerumque in ramos longiusculos pluries divisus, ramulis re- motis fere "s-pollicaribus vel multo longioribus inaequalibus teretiusculis patentibus vel valde patulis distanti-pinnatus, in ramos prineipales lon- giusculos strietiusculos vel rarius curvulos simplices i. e. vix brevissime ramulosos protractus; folia caulina indistinete orthostichaceo-disposita vesi- culoso -turgescentia nitida, e basi alis latiusculis subcireinnatis Jatiuseula in laminam primum angustiorem demum panduraeformi-ovatam laliorem rotundatam in acumen breve robustiusculum mucroniformem acutum ex- currentem producta, aperto-concava vel cochleariformia apice solum parum involutacea, margine ereela integerrima, e cellulis pallidissimis angustissinis ad alas basilares paucis incrassalis minusculis aureis arcolata, indistinete binervia. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Ugueno, in regione meridionali montis Kilima-Ndscharo, 1500 m altitudinis: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu frondiformi ad Orth. ampullaceam Eipe. Comorensem accedens, sed haecce species colore virescente foliisqgue erenulatis jam recedit. Omnes species Orthostichellae caulibus profuso - frondiformibus tribulum proprium formant. 493 55. Eriocladium cymatocheilos n. sp.; caulis longiusculus ca. 6-polli- caris valde flexuosus flaccidissimus mollis subdistichaceo-foliosus in ramulos latiusculos paucos remotos valde inaequales coma brevissima gemmacea pallidissime flavida pro more curvula coronatos divisus; folia caulina pallide flavida nitida membranacea actate brunnescentia vel brunneo- purpurascentia siceitate et humore laxe patula vel patentia, e basi ob alas impressas complicatas angustiore amplexicauli in Jaminam latiusculam oblongatam sensim longissime acuminatam demum capillari-euspidatam flexuosam protracta, margine superiore sinuato-undulata, ubique fere ininutissime indistinete denticulata, parum convolutacea sed carinato-con- cava plerumgue aperta, nervo tenuissimo supra medium capillari-evanido notata, e cellulis longiuseulis angustissimis pallidis minutissime punctato- papillosis in membranam scariosulam veluti conflatis areolata. Caetera ignota. Palria. Africa or. trop., ÜUgueno, in regione meridionali montis Killmandscharo, in sylva primaeva inter Orthostichellam profusicaulem, 1500 m alt.: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu Eriocladio lanosulo CG. Müll. Comorensi aliquantulum simile, sed caracteribus explicatis plerumque foliis sinuato -undulatis remotissimum. 56. Papillaria serpentina n. sp.; caulis primarius repens capillaris, secundarius capillaris elongatus 4—5 pollicaris maxime serpentino-flexuosus, ramulis tenuissimis brevibus valde flexuosis solitariis remotis valde im- aequaliter pinnatus; folia dense imbricata caules et ramulos teretes sistentia madore patula, pro tenuitate axis majuscula, e basi semiamplexicauli plicata ob alas latiusculas semirevolutas in auriculas decurrentes angustas transeuntes auriculata in laminam ovato-lanceolatam longiuseulam pro- dueta, in acumen elongatum basi latiusculum apice acute cuspidatum denique fere capillare protracta, nervo flavido -pallido dorso in acumine evanido exarata, carinato-concava, margine basi anguste revoluta superne erecta integerrima, e cellulis fuscatis minutis rotundis obscuris basin versus pallidiorem longioribus areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, in sylva primaeva: L. Höhne! 1887 in Exped. Telekiana. Tenuitate partium omnium axis capillaris maxime intertexto-flexuosi atque aurieulis folii liberis saepe decurrentibus facillime cognoscenda, a Papillaria Africana caracteribus designatis certe distincta. 57. Papillaria filifunalis n. sp.; cespites lati laxe cohacrentes rigi- dissimi fuscati valde intricati; caulis singulus elongatus valde flexuosus pendulus filiformis, ramulis brevibus patentibus vel patulis flexuosis capillaribus vix attenuatis teretibus remotis pinnatus; folia caulina dense imbricata humore patula brevia, e basi pallida ovata lanceolato-acuminata integerrima strieta, margine basali latiuscule revoluta apicem versus erecta 494. carinato-concava ante acumen cucullata, nervo tenui pallido supra medium evanido notata, e cellulis minutis rotundatis distinetis obscure virentibus basi parum majoribus pallidis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or trop., Leikipia, Settima- (Aberdare-) Kette, Novbr. 1887: L. Höhnel in Exped. Telekiana. Papillariae Africanae GC. Müll. proxima et simillima, scd haccee species foliis longe filiformi-capillari-attenuatis jam differt. 58. Papillaria brevieulifoia n. sp.;.profusa ca. 6-pollicaris vage ramosa firma rigida obscuro -viridis sordida; caulis singulus celongatus, ramulis brevibus teretiusculis e basi usque ad apicem aequalibus simpli- eibus vel ramulo brevissimo iterum divisis curvulis distantibus maxime patulis pinnatus; folia caulina dense imbricata, madore rigido-patula brevia viridissima, e basi lata pallida alam alteram planam latiusculam alteram complicatam latiuscule auriculatam exmittente hastato-lanceolata obscuro-viridia in cuspidem brevem acuminata, margine erecto integerrima, nervo tenui carinato -ante acumen evanido pallido pereursa, profunde carinato-concava ante acumen cucullata, lceniter plicata, e cellulis basi pallidis inerassatis indistinctis angustis, ad alas rotundatis incrassatis, apicem versus minute rotundatis nıinutissime papillosis sordide viridibus areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., UÜgueno, in regione meridionali montis Killma-Ndscharo, 1500 m: Dr Hans Meyer 1889. Papillaria Borchgrevinkii Kiaer Madagassa similisramulis robustioribus, foliis majoribus apice brevi semitortis atque denticulatis raptim recedit. 59. Pterogonium Kilimandscharicum n. sp.; cespites laxissimi inter- texti pallidissimi rigidi; caulis ultrapollicaris gracilis tenax julaccus flexuosus arcuato-curvatus, zamis permultis capillaribus elongatis flexuosis julaceis valde divisus; folia dense imbrieata in caule prineipali secunda, madore patula nee patenti-juniperoidea, e basi semiamplexicauli alis majuseulis subdecurrentibus ornata lato-ovata acumine latiusculo serrulato plus minus longo terminata, margine erceta, planiusculo-concava, nervis binis brevin- seulis indistinetis notata, ce cellulis pallidis incrassatis verticaliter elliptieis ad alas basilares horizontalibus depressis arcolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., in monte Kilima-Ndscharo, 5000—6000 ped. alt., inter Brauniam Schimperianam : L. Höhnel in Exped. Telekiana 1887. Pteroyonio Madagasso mihi proximum. sed habitu omnino diversum, foliis multo majoribus madore patulis nee juniperoideo- patentibus, alis multo majoribus deeurrentibus. Fructus hucusque ignotus caracteres certe dabit. An Pt. gracile Mitt. in Journ. of Linn. Soc. 1886. p. 316? Facece species toto coelo differt. 60. Entodon (Erythrodontium) rotundifolius n. sp.; monoleus; cespites corticoli adnati profusi luteo-virides bicolores; caulis repens rauı- 495 - fieationibus ascendentibus breviuseulis fascieulatim divisis, ramulis julaceis rigidis viridissimis nitidis curvulis; folia caulina dense imbricata madore parum patula caulem teretem sistentia, e basi lata alis parum decurren- tibus ornata in Jaminam brevem latam rotundatam excurrentia, acumine muceroniformi brevissimo acuto plano coronata, usque ad mucronem cochlenriformi-coneava, margine erecto integerrima, nervis binis obsoletis brevissimis notata, e cellulis angustis linearibus chlorophyllose coloratis, ad alas latiusculas panduraeformi excavatas permultis hexagonis paren- chymaticis multo magis chlorophyllosis areolata; perichaetialia pallidissima in eylindrum brevem eonvoluta, externa minuta madore apice squarrosa breviter acuminata, interna multo majora convolutaceo-lanceolata in cuspidem longiusculam tenuissimam acutatam protracta, e cellulis palli- dissimis basi laxioribus superne longissimis pellueidis reticulata; theca in pedunculo brevi rubente torto erecta parva ovalis. Caetera ignota. Patrid. Africa or. trop., in regione montis Kilima-Ndscharo, Dschagga (Marango), 1300 m: Dr. Hans Meyer 1889. Foliis caulinis subpanduraeformi-rotundatis brevissime mueronatis cochleariformi-cucullatis ab omnibus raptim distinguitur. Ex habitu Plerigynandro Schweinfurthi simile. An Pferogonium gracile Mitt. in Journ. of Linn. Soc. 1886, p. 316? 61. Anomodon (Euanomodon) flivagus n. sp.; monoicus; caulis fili- formis tener repens valde vage ramosus, ramificationibus atque ramulis eapillari-Aliformibus julaceis pallescentibus valde flexuosis; folia caulina minuta dense imbricata madore patenti-patula, e basi angustiore cordata perfecta ovala in acumen longiusculum obliquiusculum attenuala, margine ad infimam basin solum parum revoluta integerrima, carinato-concava, nervo lenui pro foliolo validiusculo flavidulo in acımine flexuose evanido exarata, e cellulis pro foliolo majusceulis rotundatis pallidis ad alas basilares magis quadratis areolata; perichaetialia circa petiolum breviusculum rubentem dense imbrieata multo pallidiora majora stricta, e basi latiu- scula in acumen longiusculum attenuata; theca minuta ceylindracea; peri- stomium (incomplete tantum scrutatum) dentibus minutis brevibus lan- ceolato -subulatis inferne densiuscule arlieulatis. CGaetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in regione occidentali montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Keite, Novbr. 1887: L. Höhnel inter alios muscos in Exped. Telekiana legit. Muscus tenellus omnibus partibus minutis teneris pallidis, ex habitu Anomodonti clavirameo haud dissimilis, sed theca erecta cylindracea primo adspectu raptim distinguendus. 62. Anomodon (Herpetineuron) Leikipiae n. sp.; cespiles perhumiles sordide virides vel lutei laxissime cohaerentes; caulis simplex julaceus parvulus plus minus curvulus; folia caulina dense imbricata madore patenti-patula brevia, e basi rotundate cordata lata ovata in acumen Flora 1890. 32 496 breviusculam robustum latiuseulum obliguum produeta, earinato-concava integerrima, margine basilari parum revoluta superne erecta, nervo vali- diusculo luteo apice parum serpentino-flexuoso in acumine evanido exarala, e cellulis minusculis rotundatis ad alas basilares magis quadratas seriatim dispositis areolata luteo-viridia. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in reg. oceid. montis Kenia, West- rand der Äberdare -Kette, inter Hepaticas: L. Höhnel 1887 in Exped. Telekiana. Herpetineuro clavirameo Capensi similis, sed foliis multo majoribus latioribus jam diversus. Es gibt unter den Anomodon-Arten eine ganze Gruppe, welche sich dadurch merkwürdig auszeichnet, dass ihre Blattrippe mit ihrem obersten Verlaufe ziekzackartig wird; und mit diesem Merkmale hängt stets zu- sanımen, dass die Stengel mehr oder weniger gckrümmt oder fast schnecken- artig eingerollt an der Spitze werden. In Folge dessen habe ich mich genöthigt gesehen, diese Arten in einer eigenen Gruppe unter dem Namen Herpetineuron (Schlangen-Rippe) zu vereinigen. Es gehören hierher ausser der beschriebenen und der ihr verwandten Art: Anomodon rubiginoulus mihi (A. Toccoae Bryol-Javan.), A. Zippelii mihi (Hypnum Zippelii Dz. & Mb.) von Amboina, A. Toccoae Sull. & Lesq. aus den südlichen Ver, Staaten, A. acutifolius Mitt. aus Tibet, A. devolutus Mitt. aus den in- dischen Gebirgen, A. serratus n. sp. aus Japan, A. Yokohamae n. sp. ebendaher und A. Janeirensis n. sp. (Papillaria sciuroides Hpe. und ?Rhizogonium sciuroides Hpe. Hb.). Auch vom Kilimandscharo führt Mitten (Journ. of Linn. Soc. 1886. p. 318) einen A. clavirameus auf, der höchst wahrscheinlich hierher gehört. Da ich ihn aber von diesem Schneeberge noch nicht sah, so weiss ich nicht, ob er zu der kapischen Art wirklich gehört oder mit der oben beschriebenen zusammenfällt oder eine eigene Art ist. 63. Hypnum (Microthamnium) glabrifolium n. sp.; caulis longe vage ramosus, ramulis brevibus curvulis viridissimis plumose foliosis; folia eaulirıa siccitate alque madore patenti-palula, e basi semiamplexicauli latiuscule lanceolata elongate acuminata, acumine stricto angustissimo acutato-cuspidalo terminata, margine erecto lenerıime denticulata, caviu- seula, nervo tenuissimo mediano notata, e cellulis quam maxime anguste linearibus molliculis chlorophyllosis areolata nitido-viridia glabra nee papillosa. Caetera ignota. Patria. Afvica or. trop., monte Kilima-Ndscharo, in sylva primaeva inler 1500—3000 m: Dr. Hans Meyer 1889, Foliis siceitate et madore strictis patenti-patulis viridissimis glabris facile a suis congeneribus distinguendum. An Microthamnium pseudo- reptans Mitt. in Journ. of Linn. Soc. 1836. p. 316? 497 64. Hypnum (Cupressina) Höhneli n. sp.; cespites dilatati molles pallescentes turgidiuseuli; ‚caulis longe profusus valde flexuosus vage ra- mosus, ramulis longioribus vel brevioribus attenuatis squalidis curvatis subturgidis vix complanatis inaequaliter pinnatus; folia pallescentia nitida densiuscule imbricata falcata, in summitate ramulorum comam minutam drepanophyllaceam sistentia, madore ramulum teretiusculum turgescentem sistentia veluti squamoso-patula, e basi alis impressis ornata anguste oblongo-acuminata, acumine longiuscule oblique cuspidato vix conspicue dentieulato terminata, integerrima margine erecta basi solum anguste revoluta pro more plus minus cönvolutaceo-concava, nervis binis brevis- simis indistinctis notata, e cellulis angustissimis linearibus in menıbranam maxime pallescentem veluti conflatis et alaribus multis planis parenchy- matieis incrassalis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., Leikipia in occidente montis Kenia, ad pedem der Aberdare-Kette, Novbr. 1887: L. Höhnel in Exped. Telekiana. — In monte Kilimandscharo viget inter 3000--4800 m in cespilibus Distichii Kilimandscharici. Ex habitu Aypno cupressiformi simile, sed caracteribus accuratius explicatis diversum. Es ist seltsam, dass ein Moos, welches wahrscheinlich unter ganz anderen Verhältnissen am Fusse der Aberdare-Kette lebt, noch in so grosser Höhe auf dem Kilima-Ndscharo vorkommt, wo es sich in den Rasen des Distichium Kilimandscharicum verbirgt. Doch vollführt unser eigenes H. cupressiforme ganz Aehnliches, indem es von den Niederungen bis zu den Alpen hinauf geht. Ich habe wenigstens beide Moose von Leikipia und vom Kilima-Ndscharo nicht von einander unterscheiden können, nur dass letzteres nicht so blasse, sondern grünlichere Blätter entwickelt, weshalb ich es nur als var. alpina von dem ersteren trenne. 65. Hypnum (Hyocomiella) bartramiophilum n. sp.; caulis humilis vix uncialis gracilis flexuosus, inferne tomentosulus fusco-nigricans superne aureo -stramineus; simplex vel supra in ramıulos brevissinos plures fasciculatim divisus; folia caulina splendentia parva, siccitate squarrosulo- patula madore patula, scarioso-membranacea, e basi lata alis majusculis valde impressis e cellulis alaribus multis laxis pellucidis parenchymatieis reticulatis ornata laliuscule ovato-acuminata, acumine longiusculo acuto- cuspidato terminata, margine ubique integerrimo erecla, striatulo -plicata itaque flaccida, carinato-concava, nervis binis tenuibus brevibus vel in unam costam longiorem conflatis notata, e cellulis angustis linearibus pallidissiinis nec in membranam conflatis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000--4800 m cum Philonoti tricolore consociatum: Dr. Hans Meyer 188. Ein ganz isolirt stehendes winziges Moos, dessen nächste Nähe sich bei Hyocomium befindel. Von demselben ist es jedoch schon durch die 498 olia integerrima, sowie durch die cellulae alares, welche einen relativ grossen eingepressten Flügel bilden, sogleich unterschieden. In, diesen Unterschieden liegt auch zugleich der Charakter der neuen Sektion. In mancher Beziehung neigt sie zu Campylium, weicht aber durch die grossen eingedrückten Blattflügel und deren grosse Zellen sogleich ab. 66. Hypnum (Brachythecium) gloriosum n. sp.; cespites lati depla- nati robusti aureo-virides bicolores splendiduli molles; caulis primarius surculos plagiothecioideos plures ramosulos exmittens; surculi unciales flexuosi flaceidi caudiformes in comam brevissimam pallide luteam gem- maceam attenuati virides inferne pallide ferruginei latiusculi; folia caulina densiuscule conferta, siccitate parum madore magis patula, ramum sub- teretem sistentia, e basi cordata late ovata in acumen breviusculum apice perangustum et semitortum altenuata, usque ad acumen concava inte- gerrima margine vix revoluta, nervo tenui pallide virente supra medium evanido nötata, e cellulis pellucidis elongatis angustis mollibus parum chlorophyllosis infima basi ad alas angulares parenchymaticis hexagonis laxiusculis paucis reliculata. Caetera ignota. Patria. Africa. or. trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Ex. habitu atque robustitate Brachythecio glareoso simile, sed sureulis plagiotheeioideo-caudiformibus pulchre fiavo-virentibus splendentibus primo visu distinetum. Species pulcherrima! 67. Hypnum (Brachythecium) nigro-viride n. sp.; cespites lati nigro- virides laxe intertexti firmiuseuli; caulis vaganti-ramosus ramulis brevibus subteretibus divisus, inferne nigricans ad ramulos juniores viridissimus ; folia caulina densiuscule imbriecata madore erecto-patula parvula, e basi cordata ad alas impressa anguste ovato-acuminata, acumine brevi strieto terminata, firmiuscula basi integerrima apicem versus minuta denticulata margine infimo parum revoluta, nervo e basi crassiore tenuissime supra medium evanido percusa, e cellulis angustissimis linearibus valde chloro- phyllosis ad alas basilares parenchymatieis parvis laxis fuscidulis areolata. Caetera ignota. Patria. Africa or trop., monte Kilima-Ndscharo, inter 3000—4800 m: Dr. Hans Meyer 1889. Ex habitu Brachythecio rutabulo simile, sed foliis minoribus diverse formatis toto coelo distans. 68. Dypnum (Tamariscella) Toricalycinum n. sp.; robustum longe repens valde ramosum, ramulis remotissime bipinnatis flavo-rufis; para- phylla solum in axi primario tomentolum pallide viride sistentia tenera valde intricata, rarius in axi secundario, deficientia in ramulis; folia cau- lina squamaeformi-imbricata, e basi carinate cochleariformi-concava late rotundate ovata distinete plicata in acumen latiusculum breviuseulum re- 499 curvulum margine ob papillas pseudo-dentieulatum producta, e margine basilari usque ad medium folii late revoluta, nervo tenui luteo ad acumen evanido exarata, ubique papilloso-aspera; ramulina multo minora vesicu- loso-concava, e basi latiuscula ovalia brevissime acuminata, margine ubi- que erecta, valde papilloso-aspera, nervo evanido flavido tenui notata, nee carinato-concava; perich. e basi vaginante in laminam loriformem longiusculam angustam acutalo-cuspidatam planam protracta, papillosa fuscata. (aetera ignota. Patria. Africa or. trop., in sylva primaeva montis Kilima-Ndscharo inter alios muscos: L. Höhnel 1887, Forsan Thuidium tamariscinum Mitt. in Journ. of Linn. Soc. 1886. p. 318, sed haecce species foliis perichaetialibus ciliato-fimbriatis jam differt. Litteralur. Dr. W. Burck, Eenige bedenkingen tegen de theorie van Weismann aangaande de beteekenis der sexueele voortplanting in verband met de wet van Knight-Darvin. Overgedrukt uit het Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch-Indi&. Deel XLIX, Aflevering 4. Weismann führt im Anschluss an seine Lehre von der Continuität des Keim- plasmas die Variabikität der Species darauf zurück, dass bei der aus der Kreuzung zweier Individuen resultirenden Fortpflanzung das Keimplasma der zweiten Generation eine Vereinigung der beiden elterlichen Keimplasmen darstellt, welche je ihre beson- deren Vererbungstendenzen besassen. Nachkommen einer ohne Kreuzung zu Stande kommenden Fortpflanzung können immer nur dieselben erblichen Eigenschaften haben, wie ihre Vorfahren. Bei den immerfort sich verändernden Lebensumständen und äussern Einflüssen, denen die Art ausgesetzt ist, muss das Vermögen, innerhalb weiter Grenzen zu varüren und sich den Umständen anzupassen, für die Erhaltung der Art unentbehrlich sein. Da nun nach Weismann’s Ansicht die Fortpflanzung ohne Kreuzung dieses Vermögen ausschliesst, so folgt, dass alle Pflanzen und Thiere, welche sich ohne Kreuzung fortpflanzen, auf dem Wege sind auszusterben; nur Kreuzbefruchtung kann die Erhaltung der Art sichern. Burck greift diesen Satz an. Er weist zunächst darauf hin, dass eine grosse Anzahl von Pflanzen sich ohne Kreuzung verschiedener Individuen fortpflanzt, und zwar handelt es sich dabei zumeist nicht um Partheno- genesis oder Apogamie, sondern um Selbstbestäubung. Nach dem Hinweis auf das häufige Vorkommen cleistogamer Blüthen schildert der Verfasser eine Anzahl von Blüthenformen, deren Einrichtungen eine Fremdbestäubung unmöglich machen. Bei Myrmecodia tuberosa, bei einigen Arten von Unona, Artabotrys u. s. w. bleiben die Blumenkronen vollständig geschlossen, wie bei den cleistogamen Blüthen, von denen sie nur durch Grösse, Farbe und Wohlgeruch sich unterscheiden. Selbstbestäubung . ist hier die ausnahmslose Regel. Wegen der lebhaften Färbung der Blüthen und der bei ihnen noch vorhandenen reichlichen Honigabsonderung nimmt Burck an, dass dieselben ursprünglich auf Insectenbestäubung eingerichtet waren, ebenso wie die 500 meisten cleistogamen Blüthen, die ja zum Theil gerade in solchen Familien auftreten, deren Blüthen übrigens in hervorragender Weise dem Insectenbesuch angepasst sind. — Eigenthüilich berührt zwischen den Resultaten exacter Forschung die phantasie- volle Personifieirung der Natur, welche der Verfasser an verschiedenen Stellen seiner Arbeit eingeflochten hat; so findet sich auf Seite 521 der folgende Passus: »De eenige mogelijke verklarung is in mine oogen: dat de bloemen van Myrmecodia, Artabotrys, Gonivuthalamus, Unona, Cyathocalyx, Mitrella voorheen waren ingericht voor bevruch- ting door tusschenkomst van insecten ; dat de natuur echter in den loop der tijden haar plan heeft gewijzigd; dat bijkomende omstandigheden, waarmede de natuur in den beginne geen rekening heeft kunnen houden haar hebben gedwongen van haar oorspronkelijk plan af te wijken.« — Die Blüthen von Myrmecodia etc. sind nach Burck’s Ansicht auf dem Wege cleistogam zu werden, und die gegenwärtig cleisto- gamen Blüthen unter den Leguminosen, Violaceen etc. haben sich in früherer Epoche einmal in demselben Stadium befunden. Wenn aber die Pflanzen mit geschlossenen Blüthen im Stande sind, sich schrittweise weiter zu verändern, so ist der Beweis geliefert, dass auch die Fortpflanzung ohne Kreuzung der Individuen zur Variation der erblichen Eigenschaften führen kann. Den Nachweis der Varürbarkeit von Pflanzen mit Selbstbefruchtung erbringt der Verfasser an dem Beispiel von Artabotrys. Alle Arten dieser Gattung besitzen geschlossene Blüthen, welche Fremdbestäubung ausschliessen. Dass die Verwandlung der offenen Blüthen in geschlossene sich in jeder Species besonders vollzogen habe, ist nicht wohl möglich; vielmehr müssen alle diese Arten von einer gemeinsamen Urform mit geschlossenen Blüthen ausgegangen sein. Die Trennung der Artabotrysform in wohl unterschiedene Species hat sich also erst vollzogen, nachdem durch das Geschlossenbleiben der Blüthen die Fortpflanzung durch Kreuzung vollkommen unmöglich gemacht worden war. Der Verfasser führt dann weiter aus, dass in sehr vielen Fällen der Insectenbesuch überbaupt nicht die Fremd- bestäubung, sondern nur die Selbstbestäubung der Pflanzenindividuen vermittelt. Als Beispiel dafür, dass oft die in der Natur vorliegenden Verhältnisse von den unter dem Einfluss des Knight-Darwin’schen Gesetzes stehenden Beobachtern falsch gedeutet worden seien, bringt ex den Nachweis, dass der Insectenbesuch bei den Aristolochia- Arten nur Selbstbestäubung vermitteln kann. Andere Beispiele regelmässiger Selbst- bestäubung bieten Coffea bengalensis, Morina elegans, Erophila verna u. a. m. Die kurzen Andeutungen mögen genügen, den Leser auf die interessante Abhand- lung sowie auf die damit in Zusammenhang stehende ausführlichere Arbeit desselben Autors in den Annales du Jardin botanique de Buitenzorg aufmerksam zu machen. Ghen. Dr. F. Höck, Nährpflanzen Mitteleuropas, ihre Heimat, Einführung in das Gebiet und Verbreitung innerhalb desselben. Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn, 1890. Der Verfasser hat sein Buch in erster Linie für den Geographen bestimmt und die Umgrenzung und Gliederung des Stoffes danach bemessen. Er theilt die Nähr- pflanzen in Getreidepflanzen, Obstpflanzen und Gemüsepflanzen und behandelt im ersten Abschnitt seiner Arbeit die Heimat und Geschichte, im zweiten die Verbreitung der Nährpflanzen Mitteleuropas mit Rücksicht auf das Klima. In gedrängter Kürze wird das dem Verfasser zugängliche, reichhaltige Litteraturmaterial über den Gegen- stand verarbeitet. Nicht nur für den Geographen, sondern auch für den Botaniker erhält das Buch durch die zahlreichen Litteraturangaben einen bleibenden Werth; es ist ein mit Sorgfalt und Mühe zusammengetragenes, kleines Nachschlagewerk, an dem 501 der Botaniker nur bedauern kann, dass sich sein Inhalt nicht über ein weiteres Ge- biet erstreckt. Für den wissenschaftlichen Gebrauch, zur schnellen Orientirung über einen Gegenstand ist die vom Verfasser beliebte Bündigkeit des Stils entschieden praktisch. — Man vergleiche nur den Absatz über den Weinstock auf Seite 27; auf kaum einer halben Textseite wird uns das Wichtigste über den Ursprung und die Geschichte der Rebe nebst, 9 darauf bezüglichen Litteraturnachweisen mitgetheilt. — Für eine zusammenhängende Lectüre dürfte die Schreibweise weniger geeignet sein, zumal da die häufige Unterbrechung der Zeilen durch die Litteraturangaben das Lesen erschwert. Wegen seines reichen Inhaltes von allgemeinem Interesse verdient das Büchlein trotzdem, auch im Laienpublicum einen grösseren Leserkreis zu finden. Ghgn. Welislaw P. Wojinowie, Beiträge zur Morphologie, Anatomie und Biologie der Selaginella lepidophylla Spring. Diss. Breslau 1890. Selaginella lepidophylla gehört zu denjenigen Pflanzen, welche ohne Schaden lange Perioden der Trockenheit überstehen können. Sie wächst im Gebirge des tropischen und subtropischen Amerikas auf steinigen Felsabhängen und befindet sich während der längsten Zeit des Jahres im trockenen Zustande; die Zweige sind nach aufwärts eingekrümmt, so dass die Pflanze einem festen Knäuel gleicht, alle Theile _ sind trocken, braun und brüchig. Geht an dem Standorte ein Platzregen nieder, so saugt die Pflanze schnell Wasser an, breitet ihre Zweige flach rosettenförmig aus und vegetirt, bis der Verbrauch und die Verdunstung des ‘aufgenommenen Wassers die Lebensthätigkeit meist schon nach Verlauf weniger Stunden wiederum zum Stillstand bringt. Der Verfasser hat die Morphologie und Anatomie der Pflanze untersucht und sucht daraus Anhaltspunkte zur Erklärung der merkwürdigen biologischen Verhält- nisse zu gewinnen. Hinsichtlich der Morphologie ist die eigenartige Sprossverkettung bei Sel. lepidophylla bemerkenswerth. Die sympodiale Hauptachse des Pflänzchens bildet eine korkzieherartige Spirale, das ganze Sprosssystem stellt eine schraubelähn- liche Dichotomie dar, bei welcher stets der linke Gabelast eines der homodromen Glieder des Sympodiums bildet, der rechte aber zum Seitenzweige wird. ‚Das Einrollen der Zweige bei eintretender Dürre ist ein rein mechanischer Vorgang, welcher auf ungleichmässiger Zusammenziehung der antagonistischen Sprossseiten bei dem Wasser- verlust beruht. In den äussersten Zweigen, welche im zusammengerollten Zustand die jüngeren Pflanzentheile einhüllen, sind die Zellwände intensiv roth gefärbt durch einen eigenthümlichen Farbstoff, der nach des Verfassers Anschauungs- und Ausdrucks- weise die »Aufgabe« haben soll, die zarteren Organe vor zu starker Insolation zu schützen. Die Widerstandsfähigkeit der Zellen gegen das Austrocknen erklärt der Verfasser durch das Vorhandensein einer verhältnissmässig grossen Menge eines fetten Oeles in den Zellen der älteren Sprosse und Blätter. Bedenklich erscheint mir dabei der Umstand, dass die normal wasserreichsten Organe, die jüngeren Pfianzentheile, denen bei andern Gewächsen das Austrocknen zuerst verhängnissvoll zu werden pflegt, fast kein Oel enthalten. Das Verständniss der anatomischen Angaben des Textes ist durch die beigegebenen zahlreichen Figuren erleichtert. Hinsichtlich der nach Photographien hergestellten Tafel 1 kann man freilich mit gutem Recht genau dasselbe behaupten, was der Ver- fasser auf pag. 4 von der Arbeit eines älteren Autors sagt: »Seinem Aufsatze ist eine Tafel beigegeben, welche in einer, wegen mangelhafter Technik der Ausführung allerdings nur unvollkommenen Weise, die Pflanze in zusammengerolltem und aus- gebreitetem Zustande darstellt«. Ghgn. 502 Erwiderung auf die Besprechung von Glaser’s Taschenwörterbuch für Botaniker, 2. Aufl. 1890, im 4. Heft der »Flora oder allgemeine botanische Zeitung«, 1890. Der Herr Recensent meines Taschenwörterbuchs hat mich durch Andeutung wirklicher Verstösse in demselben nur zu Dank verpflichtet, wenn er es meines Dafürhaltens vermöge Besserwissens mit einigem zu genau ninımt und dem Verfasser gegenüber zu weit zu gehen sche’nt, indem er sagt, »leider hat der Verf. ohne hin- reichende Sachkenntniss, Verständniss und Sorgfalt alles Mögliche zusammengestellt«. Dass dieses »alles Mögliches nach den Urtbeilen einer weniger scharfen Kritik eine »Fülle von Belehrungene — über Wortbedeutung, Accentuirung und Orthographie der Worte, über die Systemstellung der Genera, deren deutsche, französische und englische Benennung, mit Angabe ihrer wichtigsten Arten und des Vaterlands, über technisch-mereantile und pharmazeutische Producte, über das zum Verständniss lateinisch geschriebener Descriptionstexte Erforderliche, lateinische Druckorte der Schriften, Iateinisch-geographische Adjectiva u. s, f. in einer möglichst umfassenden alphabetischen Uebersicht die wichtigsten Cultur-, Zier- nnd exotischen Gewächshaus- pflanzen, sowie der ganzen heimischen Flora — in gedrängter, handlicher, zum Nachschlagen berechneter Form (also in nuce) bietet, unterlässt der Hr. Recensent anzuerkennen. Er hat für das Buch nur Tadel, indem er einige Fehler herausgreift, und zuerst an der kurzen Worterklärung von adulterinus »unächt, auch: verschwägerts Anstoss nimnit. Abgesehen von der zweifelhaften Ethymologie von adulter, hat der Verf. aber seinen Zusatz »auch verschwägert« nicht etwa aus der Luft gegriffen. In Mössler-Reichenbach’s Handbuch der Gewächskunde (Altona 1834, 3. A., III, S. 1242) ist vielmehr zu lesen: Pelargonium adulterinum »Verschwägerter Kranichschnabele. Dann tadelt der Hr. Recensent apocarp »sondersamig (nämlich Carpell)e, da es aus- führlicher doch etwa heissen musste: »Fruchtblatt zu einem besonderen (abgesonderten) Samenfach umgebogen, wie z. B. bei Ranunculaceen etc., im Gegensatz zu syncarp«. — Der Verfasser bemerkt in einer besonderen Anmerkung des Taschen wörterbuchs (8. 486 der 2. Aufl.), dass »nühere Erklärung terminologischer Ausdrücke die Lehr- bücher vermitteln, während das Taschenwörterbuch nur Wortübersetzung mit blosser Andeutung des Sinnes der Worte gibt«, und dabei muss er allen Vorwürfen wegen ungenauer, unzureichender oder gar unrichtiger Erklärung seiner terminologischen Wörter stehen bleiben, also z. B. auch bei der Uebersetzung von dorsiventral u. dgl. Wurde ihm bei der 1. Auflage des Taschenbuchs von anderer Seite gar die Ver- deutschung des Wortes Flora bemängelt! Dass Carlodovica irrig zu den eigentlichen Palmen statt Cylantheen, Batis ' den Taxaceen oder Ephedreen statt Urticaceen (in einem andern Batis = Crithin zu den Umbelliferen) gezählt ist, wie wohl noch manches andere verfehlt sein kan, muss ich natürlich zugeben, und dergleichen muss später geändert werden. Dass, Blasin (nämlich B. pusilla) mit »kleines Aftermoos« bezeichnet ist, beanstandet der Hr. Rec., obgleich die Bezeichnung der Jungermanniaceen, einer moosigen Form der Lebermoose, als »Aftermooses gar nicht ungewöhnlich ist. — Dass ferner bemerkt wurde, es fehle in dem Buche noch gar mancher Name, wie Anhalonium, Leuchten- bergia etc., ist gleichfalls richtig; der Verf. kann sogar hinzusetzen, dass in seinem ursprünglichen Concepte noch Hunderte von Namen enthalten sind, von denen er keinen Gebrauch machte, da es sich nicht um absolute Vollständigkeit, sondern nur um die Auswahl des ihm notbwendigst dünkenden handelte. Wenn der Hr. Recensent in dem litterarischen Theil des Wörterbuchs Mängel, Lücken und Unrichtigkeiten bemerkte, so hat schon in der »Natur« der bewährte a \ 2 503 Botaniker Dr. K. Müller bei Besprechung der 1. Auflage des Buchs eine dessfallsige Aeusserung mit dem Zusatz gemacht, dass Vollständigkeit in dieser Beziehung schwierig und einem Taschenbuch nicht wohl zuzumuthen sei. Dass z. B. von dem Ableben von Schleiden, de Bary, Röper, Schimper u. a. nichts angegeben ist, dass unter den Autoren über Cacteen Engelmann fehlt, derselbe aber auch über Schizo- myceten geschrieben haben solle’), die beideu Schimper nicht gehörig unterschieden sind — nun, derartige kleine Mängel und Verstösse, die dem Späherauge eines scharfen, besser unterrichteten Kritikers nicht zu entgehen pflegen, mögen noch mehr vorhanden sein, ohne dass sie — das wird auch der Hr. Rec. zugeben — der Ver- dienstlichkeit eines im Ganzen dem praktischen Bedürfnisse entgegenkommenden Taschenbuchs sehr wesentlichen Abbruch thun. Unter Tausenden nützlicher und richtiger Wortbelehrungen dürfen ein oder etliche Dutzend Ungenauigkeiten, selbst Irrthümer mit unterlaufen, ohne dass den Verfasser darum der Vorwurf ungenügender Sachkenntniss trifft oder herabsetzt, da dergleichen auch dem grössten Autor zu passiren pflegt. Wenn der Hr. Rec. es endlich rügt, dass die 2. Auflage die erste einfach bis S 485 (nämlich als Stereotyausgabe) wiedergibt, so hätte auch im andern Fall die Wiederkehr derselben Wörter in derselben alphabetischen Reihenfolge nicht ver- mieden werden können. Und in dem Nachtrage der 2. Ausgabe ($. 486—516) wird jeder Leser finden, dass offenbare Fehler der 1. Ausgabe (unter Bezeichnung der ._$eiten derselben) wirklich »verbessert« worden sind. — Schon bei der 1. Auflage standen einer nür tadelnder Rrivik Dirtzendevon-beifilligen seitens gleichfalls com- petenter Kritiker gegenüber, und so dürfte es auch bei dieser zweiten wieder sein. Trotzdem der Verfasser kein akademischer Docent der Botanik ist, hat er als Pädagog doch, wie bisher kein Berufsbotaniker, das Sitzfeisch gehabt, sein Nachschlagebuch für Lehrende und Lernende mit Mühe und »mit wahrem Bienenfleiss« zusammen- zustellen, von dem es im Wolf’schen »Manuskript«e (Lpz. 1884. Nr. 5) nach dem Wortlaut des begutachtenden Fachmannes heisst: »Ein ganz vorzügliches, von allen vorhandenen ähnlichen völlig unabhängiges und im praktischen Gebrauch sie über- treffendes Buch«. Dr. L. Glaser. 1) Gern bemerke ich, dass die letztere Angabe von Engelmann mit dem Zusatz Bot. Z. 1882, aus irgend einer mir nicht mehr erinnerlichen Quelle geschöpft ist und ich mich gern eines dessfallsigen Irrthums bescheide. D. E. Eingegangene Litteratur. Ambron, Ueber den Glanz der Sapphirinen. S.-A. aus den Mittheilungen aus der Zoolog. Station zu Neapel. IX. Band, 3. Heft. . — — Cellulose- Reaction bei Arthropoden und Mollusken. S.-A. aus den Mitth, aus der Zoolog. Station zu Neapel. IX. Band, 3. Heft. . . Bohlin, Myxochaete ett nytt slägte bland sötvattensalgerna. Bihang till K. Svenska Vet.-Akad. Handlingar. Band 15. Afd. IIl. No. 4. . . Borzi, Stadii anamorfici di alcune Alghe verdi. Estratto dal Bullettino della Societä botanica italiana nel Nuovo Giornale Bot. Ital.. 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