FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG, 79. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1894. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit 13 Tafeln und 58 Textfiguren. Erschienen am 29. Oktober. Inhalt. WL. BELAJEFF, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen Seite 1—4g WILLIAM FRANCIS GANONG, Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Biologie der Cacteen B . . . . . ” 49—86 G. KARSTEN, Die Elateren von Polyposium imbricatum 87-1 M. RAUIBORSKI, Beiträge zur Kenntniss der Cabombeen und Ny mphacaccen „92-108 ADAM MAURIZIO, Zur Entwicketungsgeschichte und Systematik der Sapro- legnieen . 5 . . B “ „ 109-158 E. BRUNS, Ueber die Inhaltskörper der Meeresalgen F „ 139-178 WLADISLA\ ROTHERT, Die Streitfrage über die Function der w urzelspitze „ 179-218 Dr. J. R. JUNGNER, Klima und Blatt in der Regio alpina . . . . „ 219— 285 HUGO DIHM, Untersuchungen über den Annulus der Laubmouse . m 286-5349 W. SCHOSTAKOWITSCH, Ueber die Reproduction und Regenerationser- scheinungen bei den Lebermuosen . . . n 350-384 LYDIA RABINOWITSUIH, Beiträge zur Kntwickelungsgeschichte der Frucht. . ; körper einiger Gastromyceten . . „ 3RS-418 . BARTHOLD HANSTEEN, Ueber die U rsachen der Entleerung der Reserve. stoffe aus Samen . oo. „ 41942? WE, BELAJEFF, Zur Kenntniss der Karyokinese bei len Pflanzen . „430-442 LITTERATUR: Das Reductionsgesetz der Blüthen, das Dedoublenent und die . Obdipiostemonie. Ein Beitrag zur Morphologie der Blütlen von Dr. Lad. J. Celakovsky . . £ er 413445 u EINGEGANGENE LITTERATUR Pa EEE SER „ 446452 4 MARBURG. N. &. ELWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1894. muB" Mit Katalogbeilage von Riehari Jordan, Antiquariat ir in München Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse 33. rn FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 79. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1894. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit 13 Tafeln und 58 Textfiguren. _—Mo__Rot. Garden, 1895. MARBURG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1894. H | \ i Inhaltsverzeichniss. I, Abhandlungen. WL. BELAJEFF, Ueber Bau und Tntwiekelung der Spermatozoiden ve der Pflanzen . 1—48 WILLIAM FRANCIS GANONG, Beiträge zur Kenntniss der Morpho- logie und Biologie der Cacteen . . . . 49—86 G. KARSTEN, Die Elateren von Polypodium imbricatum . . 87--91 M. RACIBORSKI, Beiträge zur Kenntniss der Cabombeen und Nym- phaeaceen . 92— 108 ADAM MAURIZIO, Zur Entwiekelungsgeschichte und Systematik der Saprolegnieen . . . . 109-158 E. BRUNS, Ueber die Inhaitskörper der Moeresalgen” . 159— 178 WLADISLAW ROTHERT, Die Streitfrage über die Function der Wurzelspitze 179— 218 Dr. J. R. JUNGNER, Klima und Blatt in der Regio alpina . . 219— 285 HUGO DIHM, Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose . 286— 349 W. SCHOSTAKOWITSCH, Ueber die Reproduction und Regenerations- erscheinungen bei den Lebermoosen . 350—384 LYDIA RABINOWITSCH, Beiträge zur Kntwicelungsgeschicht der Fruchtkörper einiger Gastromyceten . 385418 BARTHOLD HANSTEEN, Ueber die Ursachen“ der Entleerung der Reservestoffe aus Samen . . 419 — 429 WL. BELAJEFF, Zur Kenntniss der Karyokinese bei "den Pflanzen . 430—442 HI. Abbildungen. A. Tafeln. Tafel 1 zu Belajeff, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen* Tafel IIA zu Karsten, Die Elateren von Polypodium imbricatum. Tafel IIB zu Raciborski, Beitrüge zur Kenntniss der Cabombeen und Nym- Phaeaceen, Tafel III, IV, V zu Maurizio, Zur Entwickelungsgeschichte und Systematik der Saprolegnieen. Tafel VI zu Bruns, Ueber die Inhaltakörper der Meeresalgen. Tafel VII, VII, IX zu Dihm, Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose, Tafel X, XI zu Rabinowitsch, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Frucht- körper einiger Gastromyceten. Tafel XIL, XUII zu Belajeff, Zur Kenntniss der Karyokinese bei den Pflanzen, 4 Theil einer Windung des zukünftigen Spiralfadens angehört.“ Nach Mettenius folgt daraus, dass das Spermatozoid sich im Innern des Kernes der spermatogenen Zelle bildet. Aber Mettenius setzt noch hinzu, dass es zuweilen scheine, als ob die glänzenden Punkte ausser- halb des Kernes liegen. Solche Fälle erklärt Mettenius dadurch, dass der Kern bereits zum Theil aufgelöst ist, oder von dem sich in ihm bildenden Spiralfaden an den Rändern ausgedehnt wird, Allein auf den Abbildungen (Fig. 76, die erste Zelle von unten) ist bei Mettenius der Kern in scharfen Umrissen dargestellt; daneben aber erblickt man ausserhalb des Kernes zwei helle Körperchen. Wäre es nicht richtiger anzunehmen, dass in den Fällen, wo die hellen Pünktehen im Innern des Kernes zu liegen schienen, sie oberhalb oder unterhalb desselben plaeirt waren, so dass die Umrisse der Körperchen von den Conturen des Kernes eingeschlossen wurden. Ganz anders wird die Bildung der Spermatozoiden bei den Farren von Nägeli') geschildert, dessen Arbeit etwas früher als die von Mettenius veröffentlicht wurde. Nach Nägeli enthält jede sperimatogene Zelle einen Kern und homogenen Schleim. „Der Schleim körnt sich und bildet kleine Chlorophylikügelchen , die um den Kern gruppirt sind. Dann erfolgt die Auflösung des Kernes, der Chlorophyll- und Schleimkörnchen. Das Zellchen ist bloss mit farb- losem homogenen Schleim erfüllt. In demselben tritt die Bildung des Spiralfadens auf,“ Hofmeister?) weistin seinen „Vergleichenden Untersuchungen“ in Uebereinstimmung mit Mettenius auf den Zusammenhang zwischen dem Spermatozoiden und dem Kern der Mutterzelle hin. Seiner Ansicht nach „enthält jede der kleinen tesseralen Zellen des Antheridiums bei Peillia ein linsenförmiges Bläschen (Zellenkern), in welchen ein spiralig aufgerollter Faden aus durchsichtig schleimiger Substanz sich bildet.“ (8. 15.) Dasselbe beobachtete er auch bei Fossombronia und Frullania (8. 35), bei Riceia ($. 46), Anthoceros (S. 4), den Laubmoosen (Phascum) 8. 67 u. s. w. In gleicher Weise beschreibt er auch die Bildung der Spermatozoiden bei den Farnen: „in jeder der kleinen tesseralen Zellen des Innern der Antheridien entsteht innerhalb eines linsenförmigen oder kugeligen 1) Nägeli, „Bewegliche Spiralfäden an- Farren“, Zeitschrift für wissen- schaftliche Botanik von Schleiden und Nägeli B. I, H. I, 1844, 8, 674. 2) W. Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung etc. höherer Kryptogamen. Leipzig 1850. RT 5 Bläschens (wie es scheint, des primären Kerns der kleinen Zelle) ein in wenigen Windungen spiralig aufgerollter, platter Samenfaden“ (8. 79). Bei den Isoötes entstehen nach Hofmeister in den Zellchen, die sich im Innern der Mikrospore bilden, ebenfalls je ein oder zwei Bläschen und in jedem Bläschen je ein in rechtsläufiger Spirale auf- gerollter Samenfaden.!) Die Beschreibung der Spermatozoidenbildung bei den Schachtelhalmen stimmt bei Hofmeister mit seinen Beob- achtungen hinsichtlich der Moose, der Farne und der Lycopodineen nicht überein. In jeder der kleinen tesseralen Zellen des Antheri- diums der Schachtelhalme kommt es zur Bildung je eines abgeplattet- ellipsoidischen Zellehens, „welches mitunter in seinem Inneren ein kleines Bläschen mit das Licht minderbrechender Inhaltsflüssigkeit erkennen lässt.“ In den ellipsoidischen Zellen erscheint eine der Innenwand derselben anliegende gallertartige Masse und bildet einen unvollständigen Ring. Dies ist die erste Andeutung des im Entstehen begriffenen Samenfadens.?) Somit weisen schon die ersten Forscher, welche sich mit der Frage über Spermatozoidentwickelung beschäf- tigten, auf den engen Zusammenhang zwischen dem Sperma- tozoiden und dem Kerne der Mutterzelle hin; nur Nägeli macht eine Ausnahme. Noch ausführlicher schildert dieses Verhältniss Schacht. In seinem „Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse“ 3) beschreibt Schacht die Bildung der Spermatozoiden bei Pellia epiphylla. In den spermatogenen Zellen sicht er je einen runden Kern, in dem jedoch kein Nucleolus zu bemerken ist. In einem späteren Stadium ändert der Kern seine Gestalt, wird schmäler und bildet eine Verlängerung, welche der Wand der Zelle folgt. Auf Grund dieser Beobachtung vermuthet Schacht, dass aus dem Kern selbst der Schwärmfaden hervorgeht. Wenn der letztere vollkommen ausgebildet ist, fehlt der Zellkern gänzlich. In seiner weiteren, speciell den Spermatozoiden gewidmeten Arbeit *) beschreibt er die Spermatozoidenbildung beiden Characeen. 1) W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntniss der Gefässkryptogamen. Ab- handl. d. K. Sächs, Gesellschaft d. Wiss. B. IV, S. 129, 2) Vergl. Unt. 8. 100. 3) H. Schacht, Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse II. Theil, 1859, 8. 246, u 4) H. Schacht, Die Spermatozoiden der Pflanzen (Braunschweig 1864) 8. 30. In den Mutterzellen der Spermatozoiden beobachtete er einen umfangreichen Kern, der mindestens die halbe Zelle einnimmt. Ein Kernkörperchen ist in ihm nicht deutlich wahrzunehmen. „Die Um- grenzung des Zellkernes erscheint mit einer doppelten Contour, welche zuerst an einer Seite, dann ringsum und endlich so auftritt, dass sie statt einen geschlossenen Ring zu bilden, nach einwärts lenkt und als directe Windung des Spermatozoidens auftritt. Von nun an ist der Kern als solcher nicht mehr nachzuweisen.“ Die erste Spiralwindung des Spermatozoiden wächst und dehnt sich aus, wobei sie einen grösseren Raum als der frühere Zellkern innerhalb der Zelle einnimmt. Nach dem Austritt des Spermatozoiden aus der Zelle verbleibt in derselben kein sichtbarer Rückstand. Am Ende der letzten Spiralwindung bei Nitellasynearpa bemerkte Schacht eine schwach contourirte und etwas verdickte Partie, in der einige glänzende Körner liegen; dieses Gebilde entspricht seiner Meinung nach dem Bläschen bei den Farnkräutern und den Schachtelhalmen. Seinen Schluss über Entstehung der Spermatozoiden formulirt jedoch Schacht mit grösster Vorsicht: „Die Spermatozoiden der Krypto- gamen“, sagt er, „entstehen aus dem festen und flüssigen Inhalt ihrer Mutterzellen im Innern des Antheridiums unter namentlicher Be- theiligung des Zellkernes, welcher dabei in den meisten Fällen ver- schwindet.“ An einer anderen Stelle behauptet er, dass der Samen- faden aus dem ganzen Inhalte seiner Mutterzelle unter besonderer Betheiligung des Zellkerns desselben entstehe. Mit Bezugnahme auf die Resultate von Meyen’s und Hofmeister’s Arbeiten, findet Schacht, dass ihre Beobachtungen genügen, „um den Beweis zu führen, dass sich der Zellkern in sehr wesentlicher Weise bei der Bildung des Spermatozoiden betheiligt und gewissermaassen in das- selbeübergeht.“ Der Spermatozoidkörper entspricht nach Schacht einer Zelle, die mit einem plasmatischen Häutchen bedeckt ist. Sieht man von einigen Algen ab, so ist der Kern in diesem Körper nicht zu unterscheiden. Nach Schacht sind die Wimpern (Cilien) Fort- sätze der Plasmahaut,!) Das Bläschen bei den Farnen und Schachtel- 1) Guignard (Developpement et constitution des antherozoides, Revue general de botanique, No. 1, 1889) hebt in seiner Uebersicht der Litteratur in Be- treff der „Anatomie und Physiologie der Gewächse® hervor, dass nach Schacht die Cilien sich aus dem Kern bilden. Ich konnte diesen Ausspruch bei Schacht nicht finden; auf der von Guignard angedeuteten Seite behauptet er nur, dass aus dem Kern selbst der Schwärmfaden (d. h. der Spermatozoidenkörper) her- vorgeht. 7 halmen hält Schacht für eine Anschwellung der den Spermatozoiden- körper bedeckenden Membran. In Strasburger’s‘) Arbeiten finden wir eine Rückkehr zu Nägeli’s Ansichten. Nach Strasburger enthält jede Special- mutterzelle des Spermatozoiden bei den Farnkräutern einen deutlichen Kern. Bei der Entwickelung der Spermatozoiden gibt der Zellkern der Mutterzelle seine Grenzen gegen das umgebende Protoplasma auf (wird aufgelöst), während gleichzeitig das Kernkörperchen in kleine Körner zerfällt. Der Inhalt der Mutterzelle erscheint gleich- mässig körnig. An der Oberfläche des Plasmakörpers entwickelt sich eine bandförmige Verdiekung, welche einen schraubenförmigen Verlauf zeigt. Auf diese Weise entsteht der Spermatozoid, zu dessen Bildung der ganze Inhalt der Mutterzelle bis auf die Umhüllung des centralen Bläschens verbraucht wird. Der bandförmige homogene Spermatozoidenkörper der Schachtelhalme und der Farne entbehrt, nach Strasburger’s Ansicht, jeder Struktur. Die Cilien werden von der vordersten Windung des Bandes getragen. Das Bläschen hielt Strasburger nicht „für den integrirenden Theil* des Sperma- tozoiden, da dasselbe sich loslösen kann und keinesfalls bei der Be- fruchtung mit zur Verwendung kommt. Die Spermatozoidbildung bei den Characeen beschreibt Strasburger anders. Er bemerkte, dass bei der Spermatozoidbildung dieser Gewächse der Kern der Mutterzelle excentrisch der freien Aussenwandung der eylindrischen Zelle anliegt. Das Plasma der Zelle erhält die Gestalt eines Bandes, welches der freien Aussenwand der Zelle folgt. „Die Bildung des- selben beginnt an der vom Kern abgelegenen Seite der Zelle, erreicht aber alsbald den Zellkern, der in dessen Bildung hineingezogen wird und aufgeht.“ Anfangs umschreibt das Band kaum mehr denn eine Windung, allmählich dehnt es sich jedoch aus und wird dünner. „Der ganze protoplasmatische Inhalt sammt Zellkern wird so zur Bildung des Spermatozoiden verwendet.“ Sachs?) ist hinsichtlich der Spermatogenese derselben Ansicht, wie Nägeli und Strasburger. In der spermatogenen Zelle der Characeen soll der Kern zunächst in deren Mitte liegen, später legt er sich an die Querwand, und sodann verschwindet er. Die Kernsubstanz mischt sich mit der des Protoplasma, welches einen 1) Ed. Strasburger, Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. VI, 1869-70, 8. 394 und Zellbildung und Zelltheilung, IH. Aufl, 1880, 5. 94. 2} J. Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl, 1874, 8. 303. 8 centralen, von einer hyalinen Flüssigkeit umgebenen Klumpen bildet. Aus dem centralen Klumpen entwickelt sich der Spermatozoid. Ein besonderes Interesse haben für uns die kurzen Bemerkungen von Schmitz über den Bau und Entstehung der Spermatozoiden !). Schmitz kehrt von neuem zu der fast in Vergessenheit gerathenen Anschauung von Schacht zurück und macht uns nochmals auf die innige Beziehung des Kernes zum Spermatozoidenkörper aufmerksam; nach seinem Dafürhalten entstehen aber nicht alle Körpertheile des Spermatozoiden aus dem Kern der Mutterzelle: „Ich finde, sagt Schmitz, bei Characeen und Laubmoosen, dass der Zellkern (der Mutterzelle des Spermatozoiden) keineswegs aufgelöst wird. Derselbe bildet vielmehr durch directe Umgestaltung den Körper des Sperma- tozoiden, indem seine peripherische Schicht sich verdichtet und zu einem ringförmigen resp. spiralig eingerollten Bande sich spaltet, während der mittlere Theil des Kernes sich auflockert und zu dem sogen. farblosen Bläschen sich ausbildet. Nur das vordere cilien- tragende Ende des Spermatozoiden geht (sicher mindestens bei den Characeen) aus dem umgebenden Protoplasma hervor; der grösste Theil des ganzen Spermatozoiden aber entsteht aus dem Zellkern selbst.“ Leider waren dem Referate Schmitz keine Abbildungen beigefügt, und in der Folge lieferte er auch keine ausführlichere Arbeit über diesen Gegenstand. Nach Schmitz ist demnach der Spermatozoidenkörper doppelter lierkunft: ein Theil entsteht aus dem Kern, der andere aus dem Plasma. Mit Schmitz ziemlich übereinstimmend beschreibt auch Zacharias?) die Bildung der Spermatozoiden. Nach Zacharias begibt sich der Kern der Spermatozoidmutterzellen bei den Chara- ceen vor der Spermatozoidenbildung zur Aussenwand der Zelle; das Plasma hingegen sammelt sich an der entgegengesetzten Seite an. Die peripherische Schicht des Kerns verdichtet sich, der mittlere Theil lockert sieh auf. Auf der verdichteten peripherischen Schicht des Kernes entsteht das Schraubenband. Zacharias war nicht im Stande zu entscheiden, ob das Vorderende des Spermato- zoiden mit den Cilien aus dem Plasma uvder aus dem Kern hervor- geht. Hinsichtlich des Bläschens neigt Zacharias zur Annahme, dass dasselbe aus dem Zellprotoplasma und nicht, wie Schmitz angibt, aus dem Kerninnern entsteht. Besonders interessant erscheint DE Schmitz, Sitzungsberichte der ‘niederrheinischen Gesellschaft für Naturw. und Heilkunde zu Bonn, B. 11, Juli, 1880, S. 188. 2) E. Zacharias, Ueber die Spermatozoiden, Bot.-Zeit. 1881, 8. 849. Korn, sm mn a new ) der Versuch von Zacharias verschiedene Reagentien beim Studium des Spermatozoidenbaues anzuwenden. Die mikrochemischen Re- actionen, sowie die Entwiekelungsgeschichte, bringen Zacharias auf den Gedanken, dass eine gewisse Uebereinstimmung zwischen dem Spiralkörper des Spermatozoiden und dem Kern, und zwischen den Cilien und dem Plasma der Mutterzelle besteht. Die Spermatozoid- spirale bei den Oharaceen wird unter Einwirkung von Pepsin nicht aufgelöst, sondern tritt in Gegentheil ungemein scharf hervor und wird sehr stark lichtbrechend, wobei sie entweder ihre Gestalt bei- behält oder sich verkürzt und verdickt. Die einzelnen Windungen können dabei mit einander verschmelzen und auf diese Weise homogene Klumpen bilden. Die Cilien lösen sich fast vollständig auf. Das hintere Bläschen quillt an. In einer verdünnten Kochsalz- lösung quillt der Spermatozoidenkörper langsam auf, wobei eine peripherische dichtere Partie zu Tage tritt. Schliesslich wird das Innere des Schraubenbandes vollständig gelöst, und es bleibt nur der äusserste Theil desselben als zartes Häutchen zurück. Das Bläschen quillt zunächst an, um dann wieder zusammen zu sinken. Die Cilien quellen nicht, sondern treten im Gegentheil schärfer hervor. Gleich dem Kochsalze lässt auch concentrirte Salzsäure nur zarte, peri- pherische Theile tom Spermatozoidenkörper übrig, wogegen das Bläschen und die Cilien, welche nur ein wenig zusammenschrumpfen, erhalten bleiben. Nach Behandlung der Spermatozoiden mit Pepsin- lösung zeigen die unverdauten Theile folgende Reactionen: eoncen- trirte Salzsäure verwandelt das Schraubenband in einen glänzenden Klumpen; die Hauptmasse des Schraubenbandes wird schliesslich voll- ständig aufgelöst und nur der äussere Theil desselben verbleibt in Form eines lHäutchens. Die Reste der Gilien und des Bläschens bleiben unverändert. Gleiche Wirkung zeigt auch verdünnte Soda- lösung. Nach 24stündiger Behandlung mit verdünnter Kochsalzlösung erscheint das Schraubenband sehr blass uud gequollen. Die Reste der Cilien bleiben stark lichtbrechend; das Gleiche gilt auch für das hintere Bläschen. Was die chemischen Eigenschaften der Mutterzellen der Sperma- tozoiden anbetrifft, so fand Zacharias, dass unter Einwirkung von Pepsin der Kern in diesen Zellen homogen wird und das Aussehen eines Oeltropfens annimmt. Hierauf quillt er an und geht in den scharf contourirten, stark liehtbreehenden Zustand über, Der unge- löste Plasmarest ist geringfügig und weniger lichtbrechend als der Kern. Nach 24stündiger Einwirkung von Pepsin ergibt der Rest des 10 Inhalts der Mutterzelle folgende Reactionen: concentrirte Salzsäure löst die Kerne langsam, die Plasmareste bleiben aber stark licht- brechend. Schwache Sodalösung lässt den Kern verquellen, der Plasma- rest bleibt jedoch erhalten. Verdünnte Kochsalzlösung bewirkt starke Quellung des Kernes, der nach 24 Stunden kaum noch wahr- zunehmen ist. Der Plasmarest bleibt jedoch erhalten. Auf diese Weise „zeigt der in Pepsin unlösliche Theil der Kerne dieselben Re- actionen, wie die Hauptmasse des Schraubenbandes reifer Sperma- tozoiden, während andrerseits die nach Pepsinbehandlung zurück- bleibenden Reste des Zellplasma der Mutterzelle sich verhalten wie die Reste des hinteren Bläschens, der Cilien und der Hülle des Schraubenbandes.“ Die Spermatozoiden der Moose ergeben eine ähnliche Reaction ; die Spermatozoiden der Farne weisen jedoch in dieser Hinsicht einige Unterschiede auf. Das Schraubenband des Spermatozoiden bei Mar- silia erwies sich den verschiedenen Reagentien gegenüber viel wider- standsfähiger. Weder 10°|, Kochsalzlösung, noch Pepsin und con- centrirte Salzsäure konnten es auflösen, ja bewirkten nicht einmal eine Quellung desselben. Das Schraubenband der Spermatozoiden bei den Farnen löst sich, wie voraus zu sehen war, in Pepsin nicht auf, erhält aber scharfe Umrisse. Nach vorhergehender Behandlung mit Pepsin bewirkt die Kalilauge eine Quellung des Spiralbandes, löst es jedoch nicht auf. In einer seiner späteren Arbeiten!) be- schreibt Zacharias die Umwandlung, welche der Kern der sperma- togenen Zelle bei Pteris serrulata während der Spermatozoid- bildung erfährt: der Kern nimmt erst eine halbmondförmige Gestalt an, um sich dann unter Streekung und Verschmälerung in ein Band umzuwandeln, welches schraubenlinig aufgerollt, allseitig vom Proto- plasma umgeben, in der Mutterzelle liegt. Bei weiterem Wachsthum des Spiralbandes werden die Maschen des Kerngerüstes enger. Schliesslich gewinnt das Band ein homogenes Aussehen. Im Magen- saft erscheint es glänzend und scharf umschrieben. Das aus dem Kerne hervorgegangene Band ist vom Plasma umschlossen, was be- sonders deutlich bei der Untersuchung von frisch mit 10°;, Kochsalz- lösung behandeltem Materiale zu Tage tritt. Auch bei reifen Sper- matozuiden ist das Band mit einer Plasmahülle umschlossen, welche durch Kochsalzlösung sichtbar gemacht werden kann. Bei Färbung des in Alkohol aufbewahrten Materials mit ammoniakalischer Carmin- 1) E. Zacharias, Beiträge zur Kenntniss des Zellkerns und der Sexual- zellen. Bot. Zeit. 1887, No. 18—24. er i1 lösung kann man ebenfalls die sich nicht färbende Hülle von der inneren hellroth gefärbten Partie unterscheiden. Am hinteren Ende des Spermatozoiden verlängert sich die Plasniahülle über das Kernband hinaus und bildet das hintere Bläschen, worin sich die Stärkekörner be- finden. Nach Zacharias zeigen somit die Entwickelungsgeschichte und die mikrochemischen Reactionen, dass die Hauptmasse des spiraligen Spermatozoidkörpers aus dem Kern, das Häutchen aber der Spirale, sowie die Cilien und die Blase aus dem Plasma der Mutterzelle entstehen. Schon 3 Jahre vor dem Erscheinen der letzten der hier ge- nannten Arbeiten von Zacharias weist Goebel‘) bei seiner Be- schreibung der Entwickelung der Spermatozoiden bei den Characeen auf die hervorragende Rolle hin, welche der Kern bei der Bildung des Spermatozoidenkörpers spielt. Der fadenfürmige Spermatozoid der Characeen zeigt 3—4 Spiralwindungen und trägt an seinem vorderen Ende 2 lange Cilien. Das hintere Ende des Spermatozoiden bei den Characeen hat die Gestalt eines kugeligen oder ovalen Bläschens. Uinsichtlich der chemischen Eigenschaften, die den Be- standtheilen des Spermatozoiden zukommen, ist Goebel derselben Meinung, wie Zacharias. Nach Goebel besteht das Schrauben- band seiner Hauptmasse nach aus einer Substanz, deren Reactionen mit denen der Nucleine übereinstimmen. Die dünne lülle auf der Hauptmasse des Schraubenbandes und der grösste Theil des hinteren Bläschens bestehen wahrscheinlich aus Plastin, die Cilien ihrer Haupt- masse nach aus Biweisskörpern. Die Entwickelungsgeschichte der Spermatozoiden hat Goebel an 2 Charaspecies verfolgt. Die erste Veränderung, welche in der Spermatozoidenmutterzelle bei der Sper- matozoidenbjldung vor sich geht, ist die, dass sich das Zellplasıma in Form eines breiten Bandes an einer Seite des Zellkernes anlegt, der dabei entweder seine centrale Lage in der Zelle beibehält oder mehr nach einer Seite derselben rückt. „Ehe von dem Körper des Spermatozoiden irgend etwas zu sehen ist, sicht man feine Contouren über den Zellkern verlaufen.“ Dies sind die Cilien, welche also sicher aus dem Plasma hervorgehen, das zu ihrer Bildung verbraucht wird. „Die ersten Anfünge des Spermatozuidkörpers erscheinen in Form eines stark lichtbrechenden Knopfes an einer Seite des Zell- kerns.“ In den späteren Entwickelungsstadien sieht man, dass der 1) K. Goebel, Entwickelungsgeschichte der Pflanzenorgane. Eine. d. N.- Wiss. Handbuch d. Botanik, her. von A. Schenk, II. Bd. 5. 420-422. 12 Spermatozoidenkörper in Form eines ziemlich breiten Bandes als Ver- längerung jenes Knopfes aus dem Kern hervorwächst. Daraus zieht Goebel folgende Schlussfolgerung: „Der Kern bildet zuerst auf einer Seite einen bandförmigen Auswuchs, der sich allmählich ver- längert, wobei die übrige Substanz des Zellkerns mit Ausnahme des farblosen Bläschens zum Wachsthum dieses Bandes verwendet wird.“ In Uebereinstimmung mit Schmitz nimmt Goebel an, dass das hintere, bläschenförmige Ende des Spermatozoiden ebenfalls aus dem Zellkern entsteht. Goebel’s Verdienst ist es, dass er zuerst das allmähliche Wachsthum des Spermatozoiden verfolgte, während seine Vorgänger entweder die Spermatozoidbildung in unklaren und un- bestimmten Worten beschrieben haben, oder die Spermatozoiden durch eine plötzliche Umwandlung des Kerns zu einem Schraubenbande ent- stehen liessen. j In demselben Jahre, wo die Arbeit Goebel’s erschien (1879), wurde auch „La biologie cellulaire® von Carnoy!) veröffentlicht, in welcher wir die consecutiven Kernveränderungen bei der Sperma- tozoidenbildung des Hymenophyllum abgebildet finden. Der Kern nimmt erst die Form einer Bohne, dann die einer Sichel, weiter die des Buchstaben C und schliesslich die einer Spirale an. Auf diese Weise hat Carnoy zuerst die Metamorphose des Kerns beim Bil- dungsprocesse der Spermatozoiden der Gefässkryptogamen dargestellt. Die verschiedenen Entwickelungsstadien der Spermatozoiden sind bei ihm in einem Antheridium vereinigt, was jedoch, wie Zacharias richtig bemerkte, bei den Farnen nie der Fall ist, da in den An- theridien dieser Gewächse immer nur Spermatozoiden des gleichen Reifestadiums enthalten sind. Nach Carnoy bestehen die reifen Sper- matozoiden aus einem Spiralkörper, welcher sich aus dem Zellkern bildet und mit dem Kernhäutchen bedeckt ist. An dasselbe befestigen sich die Cilien, welche aus dem Zellplasma entstehen. Das Nuclein bildet im Spermatozoidkörper eine einförmige Masse („la nucleine fusionnde d’une maniere uniforme dans la masse nueldaire“). Die Verschmelzung des Nucleins zu einer solchen homogenen Masse voll- zieht sich während der Spiralbildung des Kerns. Der chronologischen Reihenfolge nach ist die nächste die Bildung der Spermatozoiden betreffende Arbeit die meinige.?2) Bei meinen 1) J. B. Carnoy, La biologie vellulaire, Lierre, 1884. 2) WI. Belajeff, Antheridien und Spermatozoiden der heterosporen Lyco- podineen (Moskau, 1885) und Bot. Zeit. 1885, No. 50 u. 51, 13 Untersuehungen des Baues und der Fntwickelung der Antheridien bei den heterosporen Iycopodineen berührte ich auch die Frage über den Bau der Spermatozoiden dieser Gruppe und über die Ent- wickelung derselben bei dem lso&tes. Ich wies darauf hin, dass der Spermatozoidenkörper bei den Iso&ätes ausser dem stark Heht- brechenden Faden, welcher sich mit denselben Farbstoffen intensiv färbt, die den Kernen eine charakteristische Färbung verleihen, noch aus einem sich nicht fürbenden, bandartigen Saum besteht. Zur Bil- dung des Farbstoff annehmenden Fadens geht das ganze Nuclein des Kerns der Mutterzelle auf. Was den Saum anbetrifft, so äusserte ich angesichts seiner eentralen Tage in der spermatogenen Zelle die Meinung, dass derselbe aus der achromatischen Grundsubstanz des Kerns entstehe. Ich vermuthete gleichfalls, dass die beiden spongiösen Körperchen, welche bei dem Freiwerden der Spermatozoiden von den- selben abfallen und die der Blase bei den anderen Spermatozoiden zu ent- sprechen scheinen, ebenfalls aus der Grundmasse des Kerns entstehen. Auf diesen Gedanken brachte mich die zwischen diesem Saum und den genannten Körperehen herrschende Aehnlichkeit hinsichtlich der Struktur und ihres Verhaltens gegen Reagentien. In Berthold’s!) „Studien über Protoplasmamechanik“ finden wir gleichfalls Angaben über die Entwickelung der Spermatozoiden. Nach Berthold bildet sich im Plasma der spermatogenen Zelle bei Chara foetida eme Vaeuole, welche den Kern, der früher eine centrale Lage einnahm, zur Seite schiebt. An der Stelle, wo der Kern liegt, bildet das Plasma einen stark verdichteten Wandbeleg. Aus dem Kern stülpt sich ein schwanzartiger Anhang vor, der sich mehr und mehr verlängert und, dem Wandbeleg eingelagert, die Vaeuole umkreist. Der Körper des Kernes wird nach und nach immer kleiner und versehwindet zuletzt vollständig. Der Kern hat so die Form eines dünnen Spiralbandes angenommen, das mehr als 3 volle Windungen beschreibt. Das von der Wand etwas zurückgetretene Plasma nimmt rasch an Masse ab und ist bald nur noch schwer zu erkennen. Ueber die Entstehungszeit der Cilien kann Berthold nichts Bestimmtes sagen, hält jedoch ihre frühzeitige Entstehung für unwahrscheinlich, da bei den Schwärmern die Cilien erst zuletzt, kurz vor ihrem Austritt sich bilden. Im Wesentlichen nimmt die Ent- wickelung der Spermatozoiden bei den Schachtelhalmen denselben Gang. Die Blase hält Berthold für den mit einer Membranschieht umgebenen Saftraum der Zelle. 1)G. Berthold, Studien über Protoplasmamechanik. (Leipzig, 1836) $. 306—-807. 14 Schliesslich änderte auch Strasburger seine ursprüngliche Ansicht und schloss sich der Zahl der Forscher an, welche den Sper- watozoidenkörper als einen metamorphosirten Kern der spermatogenen Zelie betrachten. Wir finden wenigstens in den Untersuchungen von D. Campbell,!) der in Strasburger’s Laboratorium arbeitete, die Ansicht, der Spermatozoidenkörper sei ein verwandelter Kern. Camp- bell’s Untersuchung betrifft die Spermatozoiden der Farne, ein- schliesslich die Wasserfarne, und der Moose. Seinen Worten zufolge bildet sich auf der einen Seite des Kernes der spermatogenen Zelle eine Spalte oder Einstülpung, so dass der Kern von oben gesehen sichelföürmig erscheint. Das zusammengezogene Kerngerüst hat näm- lich die Porm eines dieken, gekrümmten Bandes. Allmählich wird das Band dünner und platter, die anfangs netzartige Struktur des Kernes verschwindet, und der Körper des Spermatozoiden wird homogen, Die Cilien bilden sich im letzten Entwickelungsstadium des Spermatozoiden und entstehen aus dem Plasma, wie der Autor an einigen Präparaten zu constatiren Gelegenheit hatte. Das Bläschen entwickelt sich aus der bei der ersten Differenzirung des Sperma- tozoiden entstandenen Einstülpung, ist also plasmatischer Herkunft. Wie Guignard richtig bemerkt, lassen Campbell’s Abbildungen viel zu wünschen übrig. Gleichzeitig untersuchte die Entwickelung der Spermatozoiden Buchtien?) im Laboratorium von Goebel. Buchtien hat die Spermatozoidenbildung bei den Schachtelhalmen, Farnen und Moosen beschrieben. Nach Buchtien’s Darstellung wird der grosse Kern der spermatogenen Zelle vor der Spermatozoidenbildung wandständig und beginnt an einem Ende auszuwachsen, wobei er sich mehr und mehr abplattet. „Es unterliegt keinem Zweifel,“ sagt Buchtien, „dass dieser (Spermatozoid) lediglich dem Zellkerne seinen Ursprung verdankt.“ Die grob schematischen Abbildungen von Buchtien stellen die consecutiven Veränderungen des Kerns bei der Sperma- tozoidenbildung dar und vervollständigen gewissermassen die Carnoy- schen Zeichnungen. Die Blase hält Buchtien für den Rest der Mutterzelle, der mit einer zarten Membran umgeben ist. Dem Autor glückte es zu beobachten, dass bei Pellia epiphylla die Cilien 1) D. H. Campbell, Zur Entwiekelungsgeschichte der Spermatozoiden, B. der deutsch. bot. Gesellschaft, Bd. V, 1887, 8. 120-126. 2) ©. Buchtien, Entwickelungsgeschichte des Prothalliums von Egquisetum, Cassel, 1887. nn mern PER ! 15 angelegt werden, bevor der Zellkern seine Form wesentlich verändert hat. „In diesem Falle“, sagt Buchtien, verdanken sie also sicher dem Zellplasma ihren Ursprung.“ Der Spermatozoidenkörper der Schachtelhalme und der Farne beschreibt 2 bis 3 Spiralwindungen, von denen die ersten die engsten sind. Buchtien behauptet, dass‘ die Cilien nur auf einer bestimmten halbkreisförmigen Zone, und zwar der econvexen Rückenseite des Sper- matozoidenkörpers dicht unterhalb des Vorderendes inserirt sind. Nach Buchtien’s Versicherung kann man die Insertion der Cilien nur an lebenden Spermatozoiden beobachten: beim Absterben legen sich meistens die Cilien dem Körper dicht an, so dass es scheint, als ob sie am ganzen Spermatozoidkörper befestigt wären. Nur bei Mar- silia sind die Cilien am hinteren Ende des Spermatozoiden befestigt, stehen indessen ebenfalls nur auf einer halbkreisförmigen Zone der Rückenseite, In seiner 1888 erschienenen Arbeit gibt uns D. Campbell) bei der Beschreibung der Spermatozoidbildung bei Pilularia globuliferan Zeichnungen, auf denen die Metamorphose des Kerns der sich in den Spermatozoidkörper verwandelt, in gleicher Weise wie bei Buehtien veranschaulicht wird. Der Kern der sperma- togenen Zelle rückt zur Peripherie, nimmt dann die Form eines Halb- mondes an, streckt sich und beschreibt endlich 2 Windungen. Die zahlreichen Cilien bilden sich aus dem peripherischen Plasma, wo- gegen der centrale Theil der spermatogenen Zelle mit den in ihm enthaltenen Stärkekörnehen zur Blase wird. Somit wird von den meisten Forschern dem Plasma eine geringere Bedeutung bei dem Bildungsprocesse der Spermatozoiden beigelegt. Aus demselben entstehen nun die Organe zweiter Ordnung — die Cilien und das Bläschen. Nach Leelere du Sablon’s?) Meinung spielt jedoch das Plasma bei der Spermatogenese eine wichtige Rolle und ist bei der Bildung des Spermatozoidenkörpers betheiligt. Beim Metzgeria furcata begibt sich der Kern der spermatogenen Zelle an die Oberfläche derselben, ohne seine Form zu verändern. Zur selben Zeit differenzirt sich um die Zelle herum in dem grossen Kreise, der den Kern, welcher eine excentrische Lage eingenommen 1) D. H. Campbell, On the development of Pilularia globulifera. Annals of Botany (London, 1888) 8. 241. 2) Leclere du Sablon, Sur la formation des Antherozoides des Hepatiques, Comptes rend. de l’Acad, d. sciences, 19. Mars 1888, pag. 876. 16 hat, berührt, ein dünner Protoplasmafaden; dieser Faden wird homogen und glänzend und lässt sich schwer mit den gewöhnlichen Reagentien für das Plasma und den Kern färben. Dies ist das erste Anzeichen der Bildung der Spermatozoiden. Dabei ist zu bemerken, dass sogar jetzt noch die Form des Kernes im Wesentlichen unver- ändert bleibt. Demzufolge kann man nicht sagen, dass nur in dem immer länger und dünner werdenden Kerne der Ursprung des Sper- matozoiden zu suchen sei. Es ist wohl wahr, dass der Kern mit dem Faden in Berührung kommt, jedoch kann man bei Einwirkung von Hämatoxylin den farblosen Faden auf der Oberfläche des Kernes, der dabei eine intensiv violette Färbung annimmt, verfolgen. All- mählich wird der Kern kleiner, das Plasma flüssiger und der Faden dicker. Augenscheinlich wächst derselbe auf Kosten des Kerns und des Plasmas. Zuletzt verschwindet der Kern, der Ring öffnet sich und der Faden dehnt sich aus, wird immer dünner und nimmt all- mählich die Form eines reifen Spermatozoiden an. Gleichzeitig er- scheinen an einem der beiden Enden (des Fadens) zwei Cilien. In einer anderen, in den Bulletins der französischen botanischen Gesellschaft im Jahre 1888 erschienenen Abhandlung, beschreibt der- selbe Autor die Spermatozoidenbildung bei den Farnen.!) Auch hier behauptet er die Entstehung eines hyalinen und homogenen Ringes. Der Ring erscheint ursprünglich in der dünnen Plasmaschicht, welche die Zellwand vom Kerne trennt, der vom Centrum der Zelle an die Öberfliche derselben gerückt ist, verlängert sich dann schnell und schliesst sich rasch um die Zelle herum. Auf die Bildung des Ringes folgt die Formveränderung des Kerns, welcher anfangs oval wird; darauf dehnen sich seine beiden Enden weiter aus, bleiben aber im Zusammenhange mit dem plasmatischen Ringe; dadurch nimmt der Kern die Form eines Ialbmondes an, dessen mittlerer Theil noch stark aufgetrieben ist. Die beiden Enden des Fadens, welcher sich bei der weiteren Ausdehnung des Kernes bildet, vereinigen sich an der Seite der Zelle, die der ursprünglichen Lage des Kernes ent- gegengesetzt ist. In Folge dessen sieht man im Innern des hyalinen plasmatischen Ringes einen anderen aus dem Kerne entstandenen Ring. Dann platzt der hyaline Faden, das eine seiner Enden wächst in derselben Richtung weiter, das andere aber biegt ins Innere der Zelle ein. Unterdessen ist die der anfänglichen Lage des Kerns ent- 1) Leelere du Sablon, Sur les Antherozoides du Cheilantes birta, Bulletin d. 1. Soc. bot, de France, t. XXXV. 1888, s&ance 13. Avril, pag. 238. ur re 17 sprechende Auftreibung fast verschwunden. Die Cilien werden erst dann bemerkbar, wenn die Spermatozoiden schon vollkommen aus- gebildet sind. So lange die Cilien noch nicht zum Vorschein ge- kommen sind, bleibt der Spermatozoidenfaden relativ dick. Die Cilien bleiben anfangs an dem Faden haften, später jedoch lösen sie sich von demselben allmählich ab, und zwar in der Weise, dass ihr dem Vor- dertheil des Spermatozoiden zunächst liegendes Ende ihre Insertions- stelle bildet. So entstehen die Cilien auf Kosten des plasmatischen Ringes, jedoch geht nicht der ganze Ring bei ihrer Bildung auf: an dem Spermatozoidenkörper verbleibt auch nach Loslösung der Cilien eine dünne plasmatische Schicht. Aus dem Plasma, welches in der Zelle nach der Bildung des Spermatozoidenkörpers und der Cilien verblieben ist, entsteht die Blase. Uebrigens bildet sich diese Blase nicht immer, weit öfter, und — nach Ansicht des genannten Forschers — auch bei normalem Verlauf, zerfliesst der Rest der Mutterzelle im Wasser ohne cine Blase zu bilden, die nur dann bemerkbar wird, went der Spermatozoid noch nicht seine volle Reife erlangt hat. Im Januar 1889 erschien die Untersuchung Guignard’s,!) eine der umfassendsten Arbeiten über die Entwickelung und den Bau der Pflanzenspermatozoiden. Guignard geht hauptsächlich von der Untersuchung des Baues und der Entwiekelung der Spermatozoiden bei den Characeen aus. Nach Guignard’s Beschreibung rückt bei den Characeen der Kern der spermatogenen Zelle erst an die Seitenwand und dann an eine der Querwände. Das Protoplasma der spermatogenen Zellen ist feinkörnig, füllt den ganzen Zellenraum aus und enthält keine Vacuolen. Von der Seitenwand, an die der Kern gerückt ist, wird er durch eine dünne Plasmaschicht geschieden. „An der Aussen- seite erscheint ein Faden, der diehter und stärker lichtbrechend ist, als der übrige Kern.“ Dieser Faden verläuft den Querwänden parallel und zwar der dem Kern nächstanliegenden Wand. Obschon es scheinen könnte, als ob dieser Faden bloss der Oberfläche des Kernes anliege, so ist doch zweifellos, dass derselbe durch Differenzirung des Kerns entsteht und mit demselben ein Ganzes bilde. Kaum ist dieser Streifen erschienen, so befestigen sich auch an einem seiner Enden, und zwar an der Aussenseite, die Cilien: auf solche Weise wird dasjenige Ende gekennzeichnet, das den Vordertheil des 1) L. Guignard, Developpement et constitution des antherozoides. Revue generale de botanique, 1889, pag. 11. 9 Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 18 Spermatozoidenkörpers bilden soll. Das Vorderende des Streifens verlängert sich und bildet „eine Art Schnabel“, der an der Seiten- wand des Kerns aus dessen Masse hervortritt. Guignard bemerkte, dass, wenn man die Präparate mit einer Mischung von Methyl- grün und Fuchsin färbt, dieses Ende eine schwächere grüne Färbung, als die Kernmasse erhält; dessenungeachtet grenzt diese grüne Fär- bung den Faden deutlich und scharf von dem rosa gefärbten Proto- plasma ab. Wenn auch bei den weiteren Entwickelungsstadien die Färbung eine noch schwächere wird, so ist es doch zu berücksichtigen „que cette exträmite est tres grele et que la substance, qui la forme, provient surtout de la partie fondamentale du noyau, qui sert de support a la chromatine et qui, par elle möme, est bien moins colo- rable que cette derniere substance. C’est sur cet elöment nucleaire que porte la premiere differeneiation: la chromatine s’y melange peu A peu, au fur et % mesure que ses granulations diminuent de grosseur et peut-ötre se dissoluent plus ou moins completement dans le noyan.“ Weiter wiederholt Guignard: „Des methodes de eoloration indiqudes plus haut montrent avec evidence, que ce n’est pas le protoplasme, qui forme la bande d’epaississement, mais bien le noyau lui-meme.* Nach Guignard’s Worten zeigen dasselbe auch die Reagentien, mit deren Hilfe man den Kern vom Plasma unterscheiden kann: Magensaft löst wohl das Plasma der spermatogenen Zelle auf, zer- setzt jedoch weder den Kern noch das sich zum Spermatozoiden aus- dehnende Bändchen. Das entstandene Vorderende des Spermatozoiden dehnt sich schnell an der Oberfläche des körnigen Plasmas aus, dessen Contouren es genau folgt: „Avant m&me qu’elle n’ait deerit un quart de cercle, l’extremit& caudale prend naissancee & T’oppose pour s’accroitre en sens inverse ef venir se juxtaposer latcralement \ la premiere® ... „avec le noyau les deux parties opposces du corps forment ensemble A ce stade un tour de spire.* Der Kern wird kleiner und homogen. Das Hinterende des Spermatozoidenkörpers wird etwas dieker als das vordere. Von der Seite, wo es mit dem Plasma in Berührung kommt, ist seine Oberfläche uneben und runzelig; an dieser Stelle kann man leicht die Körnehen unterscheiden. Dieser Theil des Ilinterendes färbt sich schwach mit Methylgrün, und die Körnchen erhalten sogar bei Einwirkung von Fuchsin eine rosarothe Färbung (une legere teinte rose). Der Spermatozoid streckt sich immer mehr aus, und sobald der Faden zwei Spiralwindungen be- schrieben hat, verschwindet die Verdiekung in seiner Mitte, wo sich früher der Kern befand. Allmählich verringert sich auch die Quan- 19 tität des Plasmas, als ob der Spermatozoid dasselbe verdaue und ab- sorbire („’antherozoide le digere, pour ainsi dire, et P’absorbe peu A peu“). Das Vorderende isolirt sich ziemlich bald vom Plasma und diese Isolirung setzt sich allmählich bis zum Hinterende fort, so dass das Plasma zuletzt nur noch an der hinteren Spiralwindung haften bleibt. Zuletzt dringen die Plasmakörnchen, ohne eine wesent- liche Veränderung zu erfahren, in das hintere Ende des Spermatozoiden ein (s’y incorporent) und bewirken dadurch die Unebenheit seines inneren Randes. Zu seiner Reifezeit bildet der Spermatozoid etwas über 3 Spiralwindungen und absobirt das Plasma gänzlich. Die den Körper eines reifen Spermatozoiden bildende Substanz „lässt sieh mit allen Reagentien auf Nuclein färben, und das Vorderende reagirt wie eine Nucleinsubstanz, nicht wie das Protoplasma* (l’extr&mite anterieure reagit comme la substance nueleaire et non comme le protoplasme). An der Oberfläche des Spermatozoidenkörpers ist ein äusserst dünnes Häutcehen zu bemerken, welches sich kaum mit den für das Plasma charakteristischen Reagentien färben lässt. Hinsichtlich der Entsteh- ung der Cilien gibt uns Guignard bestimmte Ausgangspunkte. Zur Zeit, wo das sich später in den Spermatozoidenkörper verwandelnde Verdiekungsband erscheint, ist, wie schon bekannt, der Kern der spermatogenen Zelle an seiner Aussenseite mit einer dünnen hyalinen Plasmaschieht überzogen; diese äusserst dünne Schicht ist, was ihre Contouren und Reaction anbetrifft auch an der übrigen Peripherie der Zelle, vom körnigen Plasma, wenn auch schwierig, doch zu unterscheiden. „Elle ne forme pas un anneau etroit et saillant en dehors du noyau et tout autour du protoplasme, mais une lame d’une certaine longueur, dans laquelle les eils se deeoupent cöte & cöte en un möme plan et en spirale.“ Die Differenzirung der Cilien beginnt am Vorderende des Sper- matozoiden und geht sehr schnell von statten, so dass sie ihre defi- nitive Länge schon dann erlangen, wenn der Spermatozoidenkörper kaum eine halbe Spiralwindung beschrieben hat. Ihre Länge ent- spricht der eines reifen Spermatozoidenkörpers. Demgemäss müssen sie etwa 3 Spiralwindungen ausmachen. Im optischen Längendurch- schnitt der Zelle erscheinen. die Cilien bei Anwendung einer doppelten Färbung in Form von rotben Pünktchen. Folglich müssen an jeder Seite des Spermatozoidenkörpers sechs solche Punkte vorhanden sein. „Mais au debut“, bemerkt Guignard, „soit que la differenciation des eils soit encore incomplöte, soit qu’ils restent partiellement soudes ou accoles au corps de l’antherozoide et au protoplasme il est moins &leve et varie fore&ment.“* or 20 Infolge ihrer Insertion am Vorderende des Spermatozoiden, be- wirken sie bei (iebrauch von Methylgrün eine schwächere Färbung dieses Endes. Nach Guignard’s Dafürhalten veranlasste dieser Umstand Schmitz zu der Annahme, dass das Vorderende nicht aus dem Kerne entstehe. Nach Guignard vollzieht sich die Spermatozoidenbildung bei den Leber- sowie bei den Laubmoosen im allgemeinen in derselben Weise, wie bei den Characeen, Wenn auch einzelne Abweichungen vorkommen, so sind dieselben doch nicht wesentlich, Bei der Pellia 7. B. dehnt sich der ganze Kern zu einer Spirale aus, ohne einen schnabelähnlichen Auswuchs zu bilden, wie dies bei den ÜCharaceen in den ersten Stadien der Spermatozoidenentwickelung zu bemerken ist. In den meisten Fällen enthalten die reifen Spermatozoiden in ihren letzten Spiralwindungen Ueberreste von nicht verbrauchtem Plasma, das die sogenannte Blase bildet; immerhin kommt es nicht selten vor, dass das Plasma, wie bei den Characeen, gänzlich bei der Spermatozoidenbildung aufgeht. Von den Farnen zieht Guignard besonders die Spermatozoiden der Maratiaceenin Betracht. Auch hier rückt der Kern der spermatogenen Zelle an die Peripherie, wird feinkörnig, dehnt sich aus und erscheint an der zum Centrum der Zelle gewandten Seite eingedrückt. Das eine Ende des ausgedehnten Kerns wird spitziger und bildet anfangs einen hakenförmigen Schnabel, der sich spiralförmig verlängert. Dies ist das vordere Ende. Das hintere Ende wächst ebenfalls, nur bleibt es beständig dicker, als das vordere. „Tant qu’elle n’a pas atteint sa longueur definitive la partie anterieure de l’antherozoide est granuleuse et moins chromatique, yue le reste du corps.“ Zur Reifezeit verbleibt vom Plasma ein Rest, der sieh in ein Bläschen umwandelt. Ein reifer Spermatozoiıl hat ungefähr 2? Spiralwindungen. Die Cilien bilden sich aus der hyalinen Plasmaschicht , welehe den Kern und das körnige Plasına der Zelle bedeckt und so von der Peripherie aus die ganze Zelle umgibt. Anfangs kann man in dieser Schicht nur Striche unter- scheiden; wenn man jedoch die hyaline Schicht, welche den Körper bedeckt, „evreisst und die Cilien isolirt, so kann man sich überzeugen, lass diese Streifen körnige Fäden darstellen, die später in Folge der Auflösung und des Verschwindens der Körnchen homogen werden. Die Cilien befestigen sich ausschliesslich an der ersten Hälfte der vorderen Spiralwindung. Bei (tebrauch der von Zacharias in Vorschlag gebrachten Reagentien erhält man keine allgemein gültigen und genauen Resul- 21 tate in Bezug auf die Zusammensetzung der einzelnen Theile des Spermatozoiden. Guignard’'s Ansicht nach liegt kein Grund vor, das Häutchen auf dem Spermatozoidenkörper für ein Produkt des Plasmas zu halten, wie das von Zacharias behauptet wird. „Les procedes de double coloration“, sagt Guignard, „ne m’ont pas permis de reconnaitre un depöt pur et simple de protoplasme & la surface de la bande spiralee.*“ Die Entwickelung und der Bau der Sperma- tozoiden der übrigen Farne unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Spermatozoiden der Maratiaceen. Noch vor dem Erscheinen der Arbeit Guignard’s machte ich am 14. Deeember 1888 J. in der Sitzung der St. Petersburger Naturfor- schergesellschaft eine Mittheilung über den Bau und die Entwickelung der Spermatozoiden bei den Gefässkryptogamen. Diese Mittheilung wurde von mir später in den Beriehten der deutschen botanischen Gesell- schaft veröffentlicht. !) Bei meiner Untersuchung des Baues der Spermatozoiden der Schachtelhalme und der Farne überzeugte ich mich, das die Spirale der Spermatozoiden aus einer achromatischen Substanz besteht, in welcher em Chromatinfaden oder ein mehr oder weniger länglicher Chromatinkörper eingeschlossen ist, der jedoch das vordere Ende des Spermatozoiden nieht erreicht. Die Entwiekelungsgeschichte zeigt, dass das achromatische Band sich aus dem Plasma der Zelle, der Chromatinfaden jedoch aus dem Kerne bildet. Später veröffentlichte ich eine ganze Serie von Mittheilungen über den Bau und die Entwiekelung der Sperma- tozoiden bei verschiedenen Pflanzen.?) Da der Inhalt dieser Mittheilungen in vorliegender Abhandlung mitverarbeitet ist, so halte ich es für über- flüssig diese Arbeiten hier zu besprechen. Ende 1889 veröffentlichte Guignard in den Bulletins der französischen botanischen Gesellschaften zu seinem grossen Werke einen Nachtrag unter dem Titel: „Ueber Antherozeiden der Marsiliaceen und Schachtelhalme.*?) Durch die 1) Wi. Belajeff, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden bei den Gefässkryptogamen, Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft 1889, H. 3, 8. 122. 2) WI, Belajeff, Ueber Pflanzenspermatozoiden. Warschauer ‚Naturforschergesellschaft No. 8 vom 17. Mai 1889. tozoiden bei den Characeen, ebenda No. 4 vom 27. September 1589. Ueber Pflanzen- 8. Versammlung russischer Naturforscher und Aerzte Protokoll der Sitzung der Ueber Sperma- spermatozoiden. Protokolle der 8 1890 und Seripta Botanica Bd. III. 83) L. Guignard, Sur les antherozoides «des Marsiliacdes et des Equisstae des (Bulletin de la Sue. bot. de France 1889, XXXVIL, pag. 378). 22 Erforschung des Baues und der Entwickelung der Spermatezoiden bei der Pillularia, kam Guignard zu der Schlussfolgerung, dass auch bier die Spermatozoidenbildung ebenso vor sich geht, wie bei den Characeen, den Moosen und den Farnen. Der Kern schiebt sich zur Wand und streckt sich dann in den Spiralkörper des Spermatozoiden aus, Das Plasma wird dabei theilweise verbraucht, der übrig ge- bliebene Theil desselben bildet die Blase. Der Spermatozoidenkörper, welcher an die Spermatozoiden bei Sphagnum erinnert, zeigt an seinen Vorderende, wie bei den Torfmoosen, eine kleine Anschwellung, die eine gewisse Anzahl Cilien trägt. Die Cilien bilden sich auch hier aus der hyalinen peripherischen Plasmaschicht. Beim Uebergange zu der Besprechung der Schachtelhalme eitirt Guignard die Ergebnisse meiner Arbeit und weist auf die Widersprüche zwischen meinen Ergebnissen und seinen eigenen Resultaten hin, bleibt aber bei seinen früheren Ansichten. Die Entwickelung der Spermatozoiden bei den Schachtelhalmen vollzieht sich auf gleiche Weise, wie bei den Farnen. Die vordere Spiralwindung des Spermatozoiden ist äusserst dünn und besteht hauptsächlich aus einer sich nicht färbenden hyalinen Substanz. An der zweiten Hälfte der ersten Spiralwindung kann man schon einzelne Körnchen und sogar einen dünnen Chromatinfaden unter- scheiden. Die die erste Spiralwindung bildende achromatische Sub- stanz geht am hinteren Theil des Spermatozoiden in das seinen Körper bedeekende Häutchen über. Die Beschreibung des Sperma- tozoiden der Schachtelhalme unterscheidet sich in nichts Wesentlichem von meiner Beschreibung. Früher war Guignard anderer Meinung: er behauptete, dass das Chromatin gleichmässig im ganzen Sperma- tozoidenkörper vertheilt sei, da es sich in der Grundmasse des Kernes, der sich schliesslich seiner Meinung nach in den Spermatozoidenkörper verwandelt, auflöse. Was die Entstehung des Achromatins anbetrifft, so ist auch jetzt Guignard der Meinung, dass diese Substanz nicht aus dem Plasma hervorgeht, sondern die Grundmasse des Kerns der spermatogenen Zelle darstellt. Aus dem hier angeführten Ueberblick der Litteratur ist ersichtlich, wie mannigfach und widersprechend die Resultate zahlreicher Unter- suchungen über die Spermatogenese im Pflanzenreiche sind. Die llauptursache dieser Widersprüche in den Daten und den Schluss- folgerungen der Autoren besteht wohl darin, dass die spermatogenen Zellen und vor allem die in ihnen enthaltenen Elemente, welche bei der Spermatozoidenbildung eine bedeutende Rolle spielen, sehr ge- ringe Dimensionen haben, 23 Fassen wir die Litteraturdaten über Pflanzenspermatogenese zu- sammen, so können wir die Ansichten der Autoren in 3 Gruppen theilen: 1. Nach der Meinung der einen Forscher vermischt sich der Kern vor der Spermatozoidenbildung mit dem Plasma und der Sper- matozoidenkörper erhält seinen Ursprung an der Peripherie der gleich- artigen Masse, welche die Zelle ausfüllt (Nägeli, Strasburger, Sachs). 2. Andere Forscher behaupten, dass an der Bildung des Sper- matozoidenkörpers sich der Kern und das Plasma der Zelle betheiligen (Schmitz, Zacharias, Leclere du Sablon und meine Uhter- suchungen). 3. Die Mehrzahl der Forscher vertritt die Ansicht, dass der Spermatozoidenkörper ausschliesslich aus dem Kerne entsteht(Schacht, Goebel, Campbell, Strasburger, Buchtien, Guignard). Was die Cilien anbetrifft, so stimmen alle Forscher darin über- ein, dass diese Gebilde sich aus dem Plasma entwickeln, jedoch machen nur Leclere du Sablon und Guignard einen Versuch ihre Ent- stehungsart zu erklären. Die Blase wird von den meisten Forschern für den Plasmarest der Zelle gehalten; nur Schmitz ist der Meinung, dass dieselbe sich aus dem Kern der Mutterzelle des Spermatozoiden bilde. Eigene Untersuchungen. Characeue. Die Antheridien der Characeen bilden ein vortreffliches Material zum Studium der Entwiekelung der Spermatozoiden. Die spermatogenen Zellen finden sich hier in Form von Fäden vereinigt, welche sich leicht aus dem Antheridium entfernen lassen. Demgemäss ist es nicht schwierig, die Veränderungen, welche in den spermatogenen Zellen vorgehen, bei ihrer Seitenlage zu verfolgen. Viel schwerer ist es, diese Zellen von ihrer unteren oder oberen, sie mit einander ver- einigenden Querwand zu betrachten. Es gelang jedoch Guignard auch dieses Hinderniss zu beseitigen. Wenn man nämlich die Anthe- ridien der Einwirkung von Osmiumsäure und dann von absolutem Alkohol aussetzt, so lassen sich die Zellen leicht von einander trennen- Die Spermatozoiden der Characeen sind verhältnissmässig gross, und 24 ihr Bau ist äusserst einfach; sie tragen nur zwei Cilien und haben gar keine Blase, wenn man nicht das verdiekte hintere Ende des Spermatozoidenkörpers als solche betrachtet. Dank diesen Vorzügen bilden die spermatogenen Zellen der Characeen schon längst das klassische Material zum Studium der Spermatogenese. Da ich mich zuerst mit der Entwickelung der Spermatozoiden in den Lycopo- dineen, Schachtelhalmen und Farnen beschäftigte, wusste ich später die Vorzüge zu schätzen, welche die Characeen beim Studium dieses Processes gewähren. Was bei den Gefässkryptogamen nicht vollkommen klar schien, worüber man sich nur mit äusserster Mühe eine bestimmte Anschauung bilden konnte, das trat bei den Characeen ohne Schwierigkeit und mit wunderbarer Klarheit zu Tage. Beim Studium der Spermatogenese der Characeen wandte ich zur Bereitung der nöthigen Präparate folgende Methode an: Die Sprossen der Characeen mit den Antheridien wurden in eoncentrirter Pierinsäure fixir. Nach 24 Stunden wurden sie sorg- fältig gewaschen, wozu ebenfalls 24 Stunden erforderlich waren, da das destillirte Wasser mehrmals gewechselt werden musste. Dann kamen die Stengel in Boraxcarmin, wo sie 48 Stunden lang ver- blieben. Nach Ablauf dieses Zeitraumes wurden die Objeete nochmals einige Minuten lang gewaschen, worauf sie in Wasser oder Glycerin untersucht wurden. Dabei wurden die Antheridien vermittelst einer Nadel geöffnet, die aus denselben hervortretenden Fäden der sperma- togenen Zellen zerschnitten und dann mit der Nadel in den Wasser- tropfen des Objeetivglases gebracht. Der Boraxearmin färbte den Kern intensiv roth, das Plasma jedoch blieb farblos. Das mit Carmin gefärbte Material bewahrte ich in Alkohol auf, wobei der Kern mehrere Jahre lang seine intensive Färbung, die jedoch leicht ihre Nüance änderte, beibehielt. In Anbetracht der sich widersprechenden Resultate meiner Unter- suchungen und der Arbeit Guignard’s entschloss ich mich später, die von letzterem vorgeschlagene Methode anzuwenden. Seinen Vor- schriften gemäss fixirte ich die Antheridien durch Dämpfe von Osmium- säure und brachte dann die Präparate in absoluten Alkohol. Zuweilen bediente ich mich zur Fixirung auch der Flemming’schen Flüssig- keit; nach längerem Spülen der Präparate mit Wasser wurden die- selben nochmals in Alkohol gehärtet. Die Antheridien wurden ver- mittelst einer Nadel geöffnet. Die gegliederten spermatogenen Fäden zerfallen bei Einwirkung von Osmiumsäure oder Flemming'’scher Flüssigkeit und Alkohol leicht in einzelne Zellen. 25 Um das Plasma vom Kern zu unterscheiden, gebrauchte ich eine Mischung von Jodgrün und Fuchsin, welche Strasburger in seinem „Botanischen Praeticum® empfiehlt und die von mir bei meiner Beschäftigung mit den Spermatozoiden der Gefässkryptogamen ange- wandt wurde.!) Guignard empfiehlt zu demselben Zwecke eine Mischung von Methylgrün und Fuchsin. Ich habe auch diese Mischung versucht, Ich erhielt dabei ganz gleiche Resultate, nur mit dem Unterschiede, dass die mit Methylgrün gefärbten Präparate schneller verblichen. Hierbei ist zu bemerken, dass die rothe Färbung des Plasmas besonders intensiv scheint, wenn die Präparate im Wasser betrachtet werden. Glycerin entzieht dem Plasma, welches dabei etwas blasser wird, das Fuchsin in bedeutendem Maasse. Um das Blasswerden des Plasmas zu verhindern, brachte ich die Präparate in vorher mit einer Mischung von Jodgrün und Fuchsin gefärbtes Glycerin. Bei Bereitung der Mischung sind das Fuchsin und das Jodgrün in solchen Proportionen zu nehmen, dass dieselbe eine violette Färbung erhält. Die Mischung muss jedes Mal frisch bereitet werden. 24 Stunden nach ihrer Herstellung zeigt sie schon eine schmutzige Färbung und mit der Zeit verschwindet allmählich der Unterschied zwischen Kern- und Plasmafärbung. Die Präparate wurden grösstentheils in Glycerin aufbewahrt. Nach 2-3 Monaten verloren gewöhnlich die Objeete ihre Färbung. Es genügte jedoch den Präparaten, welche unverklebt aufbewahrt wurden, eine frische Mischung von Jodgrün und Fuchsin hinzuzufügen, um die frühere intensive Färbung wieder herzustellen. In alten, ungefähr 2 Jahre in Glycerin aufbewahrten Präparaten ist es mir nieht mehr gelungen, eine verschiedene Färbung des Kerns und des Plasmas hervorzurufen. Wegen der geringen Dauerhaftigkeit der in Glyeerin aufbe- wahrten Präparate und wegen der Schwierigkeit, dieselben unverklebt zu bewahren, machte ich den Versuch, die Präparate in eine feste Mitte einzuschliessen. Zu diesem Zwecke gebrauchte ich eine Lösung von Gummi arabicum, Ich streute auf die Präparate, welche im Wassertropfen durch die Mischung von Jodgrün und Fuchsin eine intensive Färbung erhalten hatten, mit einem Pinsel pulverisirtes Gunmi arabiecum. Das Gummi arabicum löste sich auf und allmählich trocknete diese Lösung an der Luft; so wurden die Spermatozoiden und die spermatogenen Zellen von einer festen Masse, ohne dass sie 1) Ueber Bau und Entwickelung der $permatozoiden beiden Gefüsskryptogamen. Ber. d. deutsch. bot. Gesellsch, 1889, pag. 128. 26 dabei ihre Form geändert hätten, umschlossen. Der eingetrocknete Gummifleck wurde noch mit einem Tropfen Canadabalsam bedeckt, worauf ein Deckgläschen kam.!) Auf diese Weise gelang es mir, die intensiv gefärbten Präparate zu liefern, deren Färbung sich noch jetzt, nach 4 Jahren, unverändert erhalten hat. Der Bau der Sper- matozoiden ist auf solchen Präparaten in seinen feinsten Details ganz deutlich zu erkennen. Als Untersuchungsobjecte dienten mir die verschiedenen Arten der GattungChara(Charafoetida,stelligera,ceratophylla u.s.w.) und eine Art von Nitella (N. flexilis). I. Bau der Spermatozoiden. Ich begann meine Untersuchungen mit dem Studium des Baues der Spermatozoiden. Hat man erst die Eigenthümlichkeiten des Baues eines reifen Spermatozoiden kennen gelernt, so kann man sich schon a priori eine Vorstellung von der Entstehung seiner einzelnen Theile machen; auch bietet es weiter keine Schwierigkeit die einzelnen Stadien der Verwandlung der Zelle in den Spermatozoiden zu ver- stehen. Die Spermatozoiden der Characeen bestehen aus einem spiral- förmigen, fadenähnlichen Körper, der zwei an der Aussenseite der Spirale befestigte Cilien trägt, Die Cilien sind nicht am äussersten Einde des Spermatozoidenkörpers, sondern in einiger Entfernung von diesem Ende befestigt und verlaufen spiralförmig nach dem entgegen- gesetzten Ende hin. Nach den Beschreibungen fast sämmtlicher Autoren — Guignard nicht ausgeschlossen — sind die Cilien am äussersten Vorderende des Spiralkörpers befestigt. Nur auf den vor- züglichen Abbildungen und im Texte der Arbeit von Thuret?) finden wir eine richtige Darstellung der Spermatozoiden bei den Characeen. Bei allen Spermatozoiden dieser Gruppe, die er in seiner Arbeit auf Tabelle 9 (Fig. 5 u. 6) darstellt, sind die Cilien in einiger Entfernung vom Vorderende des Spermatozoidenkörpers be- festigt.?) Man könnte übrigens voraussetzen, dass Guignard und 1) Diese Methode ist von mir ausführlicher in den Protokollen der Sitzungen der St. Petersburger Naturforschergesellschaft 1892, 8. 10, beschrieben. 2)G. Thuret, Recherches sur les antheridies des eryptogames, Ann. d, sc. natur. Botanique, 2ieme ger, t. XVI, 1851. 3) Thuret sagt über die Befestigung der Cilien: „Deux cils tr&s longs .. . naissent un peu en arriere de l’extr&mitd anterieure de la spire“ (pag. 20). 27 die übrigen Forscher andere Arten von Characeen, bei denen die Spermatozoiden anders gebaut sind, zu ihren Untersuchungen ver- wandt haben, als diejenigen, welche ich und Thuret gebrauchten. In der That beschäftigte sich Guignard speciell mit den Sperma- tozoiden der Chara fragilis, die bei meinen Untersuchungen nicht zur Verwendung kam. Allein erstens tragen Spermatozoiden der Nitella, einer anderen Gattung derselben Klasse, meinen Beobach- tungen zufolge, die Cilien auch in einiger Entfernung vom Vorderende; zweitens sind beiThuret auf Fig.5 die Spermatozoiden der Chara fragilis ganz ebenso dargestellt wie bei mir die Spermatozoiden anderer Arten; drittens sind auf den Abbildungen von Guignard (Fig. 24 u. 22) die Cilien nicht ganz am Ende des Spermatozoiden- körpers befestigt. Guignard aber, der sie zum Unterschiede von der blauen Färbung des Spiralkörpers roth färbt, führt sie bis zum äussersten Ende des Spermatozoiden fort. Eine Mischung von Fuchsin und Jodgrün (oder Methylgrün) färbt die Oilien hell oder intensiv roth, je nachdem die Mischung mehr oder weniger concentrirt ist. Gleiche, jedoch etwas intensivere Färbung erhält auch der vordere Theil des Spermatozoidenkörpers. Dieser sich roth färbende Vordertheil endigt, von der Ansatzstelle der Cilien aus gerechnet, etwas weiter nach hinten. Der Vordertheil ist dünner als der übrige Körper des Spermatozoiden (Fig. 31, 33 u. 35). Der mittlere und zugleich der längste Theil nimmt bei Behandlung mit der erwähnten Mischung eine blaugrüne Jodgrünfarbe an. Er scheint voll- kommen homogen zu sein; nur mit Mühe lässt sich an seiner inneren (Bauch-)Seite eine schmale körnige Einfassung unterscheiden, welche sich roth färbt. Bei intensiver Färbung mit Fuchsin lässt sich längs des ganzen mittleren Theiles ein äusserst dünnes Häutchen wahr- nehmen, welches eine rosarothe Färbung erhält. Das hintere und zugleich das diekste Ende des Spermatozoiden färbt sich gleich dem Vorderende roth; diese Färbung ist jeduch weniger intensiv. Am hinteren Ende lässt sich leicht ein homogener, sich nur schwach färbender Rückenfaden und eine innere (Bauch-)Einfassung, die sich stark färbende Körnchen enthält, unterscheiden (Fig. 31). Die freie Seite dieser Einfassung zeigt nicht selten ä:sserst unregelmässige Konturen (Fig. 35). Zuweilen nimmt der hintere Theil eine wabige Struktur an (Fig. 33 u. 34). Die Querwände der an einander stossenden Kammern und die innere Seite der Spirale färben sich intensiv roth, das Uebrige hell rosafarbig. Augenscheinlich besitzen eine solche Struktur nur ganz reife Spermatozoiden, 28 Die Länge der Spermatozoiden variirt je nach den verschiedenen Gattungen und Arten. Die Spermatozoiden der von mir untersuchten Charaarten sind bedeutend länger als die Spermatozoiden der Nitella flexilis. Der Spermatozoidenkörper der Chara bildet bis 3!,. Spiral- windungen, derjenige der Nitella bloss gegen 21,2 soleher Windungen. Meine Beobachtungen über die Zahl der Spiralwindungen der Sper- matozoiden bei der Nitella flexilis stimmen mit den Abbildungen von Thuret überein, der die Nitella syncarpa vor Augen hatte. Die soeben erwähnte Anzahl der Windungen scheint für diese beiden Arten charakteristisch zu sein. Auf den mittleren Theil, der sich durch die genannte Mischung blaugrün färbt, kommen bei der Chara 2!;, und bei der Nitella 1!,, Spiralwindungen. Der vordere und hintere Theil zusammen beschreiben folglich in beiden Fällen ungefähr eine Windung. Unter dem Mikroskop betrachtet, erscheint die Spirale des Sper- matozoiden wie bei der Chara, so auch bei der Nitella von rechts nach links, d. h. in Wirklichkeit von links nach rechts (im botanischen Sinne) zu gehen. Auf diese Weise entspricht meinen Beobachtungen nach weder die Insertionsstelle der Cilien, noch die Vertheilung der Färbung in dem Spermatozoidenkörper der Beschreibung und den Abbildungen Guignard’s.. Nach Guignard färbt sich das vordere Ende des Spermatozoiden durch Methylgrün schwächer als die übrige Masse des Kerns, weist jedoch vollkommen deutliche blaue Färbung auf. Guignard führt zur Erklärung der schwächeren Färbung verschiedene Gründe an: erstens dureh Beschaffenheit dieses Endes, welches haupt- sächlich aus der sich schwach färbenden Grundsubstanz des Kernes entsteht, zweitens «durch die ausserordentliche Dünne dieses Endes und drittens durch die Befestigung derCilien, welche sich rot färben und somit die grüne Färbung dieses Endes maskiren. Bei mir färbte sich jedoch dieses Ende gar nicht dureh Methylgrün, sondern nur mit Fuchsin, und zwar sowohl ober- als unterhalb der Befestigungsstelle der Gilien. Obgleich das Ende äusserst dünn ist, nimmt es doch eine intensiv rothe Färbung an, die diejenige der Cilien weit über- trifft. Ich beschränkte mich nicht allein auf die Färbung mit Fuchsin und Jodgrün, sondern bediente mich auch anderer Färbemittel, wobei ich gleiche Resultate wie beim Gebrauch dieser Mischung erhielt. Die kernfärbenden Mittel verlichen auch dem mittleren Theil des Spermatozoidenkörpers dieselbe Färbung und die plasmafärbenden — 29 bewirkten gleiche Färbung des hinteren und vorderen Endes des Spermatozoiden. An den in Boraxcarmin gehaltenen Spermatozoiden färbt sich der mittlere Theil intensiv roth, während das vordere und hintere Ende, sowie die Cilien, hell bleiben oder eine schwache Rosa- färbung erhalten. Auf Fig. 36 sind in Mutterzellen eingeschlossene Spermatozoiden abgebildet. Ihr mittlerer Theil, der mit Boraxcarmin roth gefärbt ist, hat sich bei der Herstellung des Präparats zusammen- gezogen, so dass er nicht mehr als eine halbe Spiralwindung bildet, "Wahrscheinlich ist diese Zusammenziehung eine Folge der Einwirkung von Pierinsäure, womit das Präparat fixirt wurde. Später werden wir sehen, dass eine ähnliche Zusammenziehung des mittleren Theils auch bei Einwirkung einiger anderen Säuren stattfindet. Wenn man obengenannte Stoffe als zuverlässige Reagentien für Plasma und Kern betrachtet, so muss man auf Grund der Färbung eines reifen Spermatozoiden zu dem Schlusse kommen, dass sein mittlerer Theil sich aus dem Kern, der vordere und hintere Theil jedoch, sowie die Cilien sich aus dem Plasma bilden. Wir wollen uns jedoch nicht auf diese Daten beschränken, sondern werden 1. die Entwickelungsgeschichte des Spermatozoiden und 2. das Ver- halten der Bestandtheile der Spermatozoiden und ihrer Mutterzellen den verschiedenen Reagentien gegenüber eingehend betrachten, um auf diese Weise die Entstehung der einzelnen Spermatozoidentheile aus den Elementen der Mutterzelle uns zu erklären. II. Entwiekelungsgeschichte der Spermatozoiden. Wie bekannt, vermehren sich die spermatogenen Zellen der Characeen durch Theilung vermittels sich bildender Querwände, und sind desswegen fadenförmig gruppirt. In sehr jungen Antheridien haben die fädenbildenden Zellen eine eylindrische Form, deren Höhe viel grösser als der Diameter ihrer Basis ist. So oft sich die Zellen theilen, verringert sich die JIöhe derselben und zuletzt nehmen sie die Form von eylindrischen Plättchen an, deren Höhe 3—4 Mal geringer ist als der Diameter ihrer Basis. Die die spermatogenen Zellen von einander trennenden Scheidewände werden wir in unseren weiteren Auseinandersetzungen als Querscheidewände bezeichnen, die Wand aber, welche die Zelle nach aussen hin begrenzt, Seitenwand “der Zelle benennen. In jeder spermatogenen Zelle ist ein Kern enthalten, der das Centrum derselben einnimmt (Fig. 1). Das Chromatin im Kern ist in Form von äusserst kleinen Körnchen vertheilt, in Folge dessen 30 der Kern fast homogen erscheint. Er enthält ausserdem noch 2—3 Nucleolen, welche sich (Guignard ist anderer Ansicht) ihrer Grösse nach wesentlich von dem äusserst kleinen Chromatinkörnchen unter- scheiden. Das Plasma füllt nieht, wie Guignard behauptet, die ganze Zelle aus, sondern bildet einen dünnen Wandbeleg, von dem aus Fäden zu dem im Centrum der Zelle befindlichen Kerne laufen. Sowohl im Plasma der Wandschicht, als auch in den Fäden sind Mikrosomen sichtbar. Dieselben sind an den Querwänden wie auch an der Seitenwand der Zelle (Fig, 1) Äusserst regelmässig an einander gereiht. Die Plasmafüden sind nur bei sehr intensiver Färbung mit Fuchsin deutlich bemerkbar. Bei schwacher Färbung nimmt die ganze Zelle eine gleichmässige rosarothe Farbe an, wobei die sich oft verzweigenden Fäden nur an der Lage der in ihnen enthaltenen Mikrosomen zu erkennen sind (Fig. 2). Vor der Theilung der spermatogenen Zellen vollzieht sich die Theilung der Kerne durch Karyokinese. Bevor es zu dieser Theilung kommt, werden die Chromatinkörnchen im Kerne grösser, die Kern- körpercehen jedoch verschwinden: dies ist das Stadium des diehten Knäuels (Fig. 2). Oft gewahrte ich ganze Fäden spermatogener Zellen, bei denen die Chromatinfäden des Kernes sich an derjenigen Seite zusammenzogen, die der Basis des Fadens zugewandt war (Fig. 3). Die entgegengesetzte Seite des Kernes war von dessen Grundsubstanz eingenommen, welche sich wederdurch Fuehsin, nochdureh Jodgrün färbte; von der Chromatinanhäufung gehen einzelne Fäden aus, die in dem hellen, sogenannten Kernsafte verlaufen. Sie nehmen keine Färbung an und bestehen augenscheinlich nur aus Linin. Der Gedanke lag nahe, dass der Kern in solchen Zellen sich im Stadium des lockeren Knäuels befinde und dass die dem Polar- felde zugewandten Chromatinschleifen diese Anhäufung verursacht hätten. Dies schien mir um so wahrscheinlicher, da zwischen diesen Zellen zuweilen mehrere Zellen mit im Mutterstadium befindlichen Kernen vorkamen. Allein eine nähere Untersuchung zeigte, dass eine solche Chromatinansammlung auch in denjenigen sterilen Zellen zur Beobachtung kommt, an die sich die spermatogenen Fäden befestigen und welche keiner Theilung unterworfen sind. Hiernach ist die Vor- aussetzung weit natürlicher, dass die Ansammlung von Chromatin durch Einwirkung der Reagentien zu Stande komme. In den mit Flemming’scher Flüssigkeit fixirten Präparaten suchte ich vermittels verschiedener Färbungsmethoden die Anwesen- heit von Attractionskörperchen und Centrosomen festzustellen, Vor- 31 läufig ist mir dies jedoch nicht gelungen. Dieser Misserfolg lässt sich vor allem durch die Kleinheit des Objects erklären. Uebrigens schienen mir im Stadium der äquatorialen Gruppe (des Muttersterns) an Endpunkten der Spindel Körnchen vorhanden. Die Körnchen waren jedoch so klein, dass ich sie nicht auf meinen Zeichnungen zu reproduziren wagte. Eine eigenartige Erscheinung bieten, was ihre Lage anbetrifft, die Spindeln der in Theilung begriffenen Kerne. Die Axe der Spindel deckt sich nie mit der Axe des Zelleylinders, sondern ist immer geneigt und bildet eine Diagonale (Fig. 4). Ausserdem haben die Axen der Spindeln zweier Nachbarzellen meistens verschiedene Riehtungen (Fig. 5 u. 8), neigen sich jedoch zuweilen nach ein und derselben Richtung (Fig. 4 unten und Fig. 6 oben). Höchst selten erhielt ich solche Präparate, bei denen man im Muttersternstadium noch die Konturen des Kerns unterscheiden konnte (Fig. 8). Die Achromatinfäden der Kernspindel erscheinen bei schwacher Färbung mit Fuchsin hell, färben sich aber durch stärkere Lösungen intensiv roth, Diese Fäden laufen gewöhnlich an den Polen der Spindel in einen scharfen Winkel zusammen, nicht selten jedoch stemmen sie sich auch gegen die Querwand, wobei sie gleichsam gebrochen er. schienen. Man erhält den Eindruck, als ob die Spindel nicht mehr Platz genug in der Zelle hätte. Was nun die Chromatinsegmente anbetrifft, so treten sie bei der Chara in Form von ziemlich grossen Körnchen auf, bei der Nitella jedoch in Form von dünnen Fäden. Sobald sie sich den Polen nähern oder, wie man jetzt an- nimmt, von den Polen angezogen werden, drängen sie sich anein- ander und treiben die Spindel auf. Am Pole angelangt, bilden sie daselbst breite Polargruppen (Tochtersterne). Diese Gruppen sind an der Peripherie der Zelle dicker und gegen die Axe derselben dünner (Fig. 6). Die Achromatinfäden behalten auch jetzt noch ihre diagonale Richtung, wobei sich in ihrer Mitte schon die Verdickungen zeigen, welche später bei ihrer Verschmelzung (die Zellplatte bilden. All- mählich jedoch vertheilen sich die Chromatinsegmente gleichmässig längs der ganzen Querwand und die Achromatinfäden nehmen eine der Zellaxe parallele Richtung (Fig. 7). Auf diese Weise verändert die Axe der Kernspindel ihre Lage und die in Entstehung begriffene Zellplatte nimmt eine den Querwänden parallele Stellung ein. Aus den Chromatinsegmenten an den Querwänden bilden sich die Tochter- kerne und die in die Zellscheidewand übergehende Zellplatte theilt 32 die Zelle in zwei Hälften. Unter den Tochterkernen bilden sich zwischen den Achromatinfäden Vaeuolen, welche allmählich grösser werden, den Rest der Kernspindel verdrängen und der neuen Quer- wand zuschieben (Fig. $, die beiden oberen Zellen). Die plasmatischen Plättchen zwischen den mit einander verschmelzenden Vacuolen ver- wandeln sich in diejenigen Fäden, vermittelst derer der Kern an den Zellwänden suspendirt ist. Die sich auf diese Weise bildenden Quer- scheidewände sind äusserst dünn, und selbst bei Anwendung der stärksten Vergrösserungen ist es mir nicht gelungen in diesem Stadium die beiden Konturen, welche Guignard aufFig. 1 darstellt, zu ent- decken. Untersucht man eine ganze Reihe von Zellen, so unter- scheiden sich gewöhnlich die karyokinetischen Figuren sehr wenig von einander, in einem ganzen spermatogenen Faden jedoch, findet man Zellgruppen mit in verschiedenen Stadien der indireeten Theilung befindlichen Kernen (Fig. 8). In seiner Beschreibung der Kerntheilung in den vegetativen Zellen bei der Chara foetida kam Johow zu der Schlussfolgerung, dass die Karyokinese dieses Gewächses von dem für die anderen PHanzen bekannten Schema abweicht. Die bei der Theilung der Zellen bei der Chara foetida- stattfindende Kerntheilung, sagt Johow, „hat wenig Aehnlichkeit mit den meisten bei Pflanzen und Thieren bekannten Theilungsmoden“.!) Das ganze Chromatin des Kernes ist nach Johow’s Meinung bei den Characeen in dem Nucleolus enthalten; eine Kernspindel und das Muttersternstadium bilden sich gar nicht ete. Meine Beobachtungen hinsichtlich der Karyokinese in den spermatogenen Zellen zeigen, dass wenigstens in diesem Falle die Kerntheilung bei den Characeen dem für die höheren Pflanzen bekannten Schema vollkommen analog ist. Ungeachtet der grossen Ausdehnung des spermatogenen Fadens während seiner Entwickelung, theilt er sich zuletzt doch nur in äusserst flache Zellen (Fig. 9). Die Kerne dieser Zellen wandern schon im Stadium des dichten: Knäuels aus dem Centrum der Zelle zu der Seitenwand hin. Die Seitenwand, zu der sich der Kern begibt, werden wir „Rückenseitenwand“ der Zelle benennen und die entgegengesetzte Wand als „Bauchseitenwand“ derselben bezeichnen. Auf der Rücken- seite wird der Kern, welcher das Centrum verlassen hat, netzartig und feinkörnig und allmählich setzt sich diese Strukturveränderung gegen das Centrum der Zelle fort (Fig. 10). Schliesslich erscheinen in ihm auch die 1) Fr. Johow, Die Zellkerne von Chara foetida, Bot. Zeit. 1881, pag. 749. 33 Nucleolen (Fig. 11). Während der Wanderung des Kernes vom Centrum der Zelle bis zur Peripherie derselben, rückt er bald nach der einen, bald nach der anderen Seife hin, ohne eine bestimmte Regel zu befolgen. Oft jedoch liegen die Kerne in der ganzen Zell- reihe an ein und derselben Seite, In den mangelhaft fixirten Präparaten liegen die Kerne oft der einen Querscheidewand näher, als der anderen. Augenscheinlich nähern sie sich der der Basis. des Fadens zunächst liegenden Scheide- wand und lagern sich derselben so dicht an, dass sie sich an dieser Seite abtlachen. An dieser Scheidewand befindet sich auch eine dichte Ansammlung des Plasmas (Fig. 12). Auf diese Erscheinung weist auch Guignard hin. Allein auf den besser fixirten Präparaten und besonders auf den mit Flemming ’scher Flüssigkeit behandelten, ist eine solche Verschiebung der Kerne und eine solche Ansammlung des Plasmas nicht zu bemerken (Fig. 11). Bei frischen Präparaten befinden sich die Kerne ebenfalls in gleicher Entfernung von beiden Querscheidewänden. An fixirten Präparaten bemerkt man zugleich ein Loslösen des Plasmas von der Zellmembran. Der plasmatische Sack zieht sich zusammen und die Vaeuolen nehmen an Zahl und Grösse ab, ohne jedoch gänzlich zu verschwinden; dies ist deutlich aus Fig. 13 zu ersehen, wo die spermatogenen Zellen von einer der flachen Seiten aus abgebildet sind und wo wir mehrere dem Kern der spermatogenen Zelle anliegende Vacuolen vorfinden. Eine solehe Zusammenziehung des Plasmas, jedoch in eimem viel geringeren Maasse, kann man auch an lebenden Objeeten (Fig. 14) beobacltten. Sie wird aber noch bedeutender in Folge der Einwirkung von Fixirungs- mitteln. Am deutlichsten ist das Zurücktreten des Plasmas an der Seitenwand wahrzunehmen. Von den Querwänden löst dagegen sich das Plasma wahrscheinlich in Folge des Vorhandenseins von plas- matischen Fäden, welche den Inhalt der Nachbarzellen verbinden, sehr wenig ab. Um dem Plasmaeylinder herum bildet sich in Folge seines Zurücktretens von der Seitenwand eine ringföürmige Rinne. Diese Rinne spielt eine wesentliche Rolle: in dieselbe treten später- hin die heranwaehsenden Cilien und der Spermatozoidenkörper. Der an der Peripherie der Zelle befindliche Kern ist von der der Seiten- wand zugekehrten Seite aus mit einer kaum merkbaren, dünnen Plasmaschicht bedeckt. Wie wir bereits gesehen, ist nach Guignard’s Ansicht diese dünne Schicht von grosser Wichtigkeit, da er annimmt, dass sich trotz ihrer äusserst geringen Dicke die Cilien der Sperma- tozoiden daraus bilden. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd, 3 34 Den Beginn der Entwiekelung des Spermatozoidenkörpers kenn- zeiehnet das Auftreten eines kleinen Plasmahöckers an der Grenze zwischen Kern und Zellplasma. Dieser Ilöcker begibt sich in die ringförmige Rinne und ist der Seitenwand der Zelle zugewandt. Am deutlichsten ist das Hervortreten dieses Ilöckers von einer der flachen Seiten der spermatogenen Zelle aus zu verfolgen (Fig. 15a). Dieser Höcker entspricht augenscheilich den „glänzenden Pünktchen“ des Mettenius und dem von Goebel beschriebenen „Knopfe*. Aus dem Höcker wachsen zwei kurze, elastische Fäden hervor, die beide parallel der Seitenwand, aber in entgegengesetzter Richtung verlaufen.?) Die Cilien lagern sich in der Rinne und kommen ausser dem Ilücker, aus dem sie hervorgegangen, mit dem Plasma nirgends in Berührung. Wenn man demnach zugibt, dass der Höcker aus den Kern entsteht, so muss man auch die Cilien als Auswüchse des Kerns betrachten; eine solehe Voraussetzung wäre aber im direeten Widerspruche mit der Meinung aller Forscher, welche sich mit der Spermatogenese im Pflanzenreiche beschäftigt haben. Ausserdem färbt eine Mischung von Fuchsin und Jodgrün die Cilien sowie den Höcker intensiv roth, was auf die Entstehung derselben aus dem Plasma schliessen lässt. Bei einer weiteren und genaueren Untersuchung des Höckers ergibt sich, dass derselbe von dem Kern scharf abgegrenzt ist und unmerk- bar in das Plasma der Zelle übergeht. Somit dürfte, glaube ich, die Herkunft des Höckers aus dem Plasma ausser Zweifel sein. Wenn ler Iöcker auch dicht neben dem Kerne entsteht, so beweist das noch nicht, dass er aus dem Kern entstehe. Augenscheinlich ist der Kern an jeder Neubildung in der Zelle betheiligt (Haberlandt); so ist cs bekannt, dass derselbe sich der sich verdiekenden Wand nähert; soll man jedoch daraus schliessen, dass die Wandverdickung aus dem Kerne entstehe?! Das eben beschriebene Entwickelungsstadium der Spermatozoiden hat eine auffällige Aehnlichkeit mit der Zoospore der Algen. Dem zugespitzten Ende der Zoospore, aus welchem in den meisten Fällen zwei nach entgegengesetzter Riehtung laufende Cilien entstehen, ent- spricht der Höcker bei den Characeen, aus dem ebenfalls zwei eine entgegengesetzte Richtung nehmende Cilien hervorgehen. In 1) Diese Billlung der Cilien ist bis zu einem gewissen Grade der Bildung der Cilien bei den Flagellaten ähnlich, welche Fisch beschreibt. (Untersuch, über einige Flagellaten. Zeitschrift für wiss. Zool. Bd. 42, 1835, pag. 47.) Nach Fisch’s Beschreibung erscheint die Cilie in Form eines laugen sich allmäh- lieh ausdehnenden Kegels. 35 beiden Fällen befindet sich der Kern in der Nähe der Befestigungs- stelle der Cilien. Wenn wir die weiteren Entwiekelungsstadien des Spermatozoiden verfolgen, so fällt uns die Lageveränderung des llöckers auf, der allmählich vom Kern zur entgegengesetzten Seite der Zelle rückt, Diese Lageveränderung vollzieht sich parallel der Seitenwand. Vom llöcker zum Kern geht ein dünner, mit Fuchsin sich intensiv roth färbender Faden, der bei seinem ferneren Wachsthum den Höcker weiter schiebt (Fig. 16). Dieser Faden befindet sich im Plasma, aus welchem bloss der die Cilien tragende Höcker in die Rinne tritt. Auf diese Weise vollzieht sich die Anlage des vorderen Spermato- zoidenendes. Zu gleicher Zeit wird auch die Bildung des hinteren Endes bemerkbar. An der der Ursprungsstelle des Höckers gegen- überliegenden Seite des Kerns erscheint im Plasma ein homogener Faden, weleher ebenfalls parallel der Seitenwand und zwar dem Vorderende des Spermatozoiden entgegen wächst. Dieser Faden ist bedeutend dieker als derjenige, der die Cilien trägt. Das der Bauch- seitenwand der spermatogenen Zelle zugewandte Ende dieses Fadens tritt aus dem Plasma in die Rinne und bildet einen schnabelähnlichen Auswuchs (Fig. 16, 17 und 19). Fuchsin färbt diesen Faden viel schwächer als denjenigen, welcher das Vorderende des Spermatozoiden bildet, und eine Mischung von Fuchsin und Jodgrün bewirkt nur eine rosige, in keinem Falle aber eine grüne Färbung derselben. Bei Behandlung mit einer Mischung von Fuchsin und Jodgrün färbt sich der Kern der spermatogenen Zelle besonders an der Peripherie (nach Schmitz die verdiekte peripherische Schicht) intensiv grün und unterscheidet sich dadurch äusserst scharf vom Plasma und den beiden fadenförmigen Gebilden, i. e. dem vorderen und dem hinteren Ende des zukünftigen Spermatozoiden. Zu derselben Zeit, wo die vom Plasma eingeschlossenen faden- förmigen Gebilde sich ausstrecken, wachsen auch die Cilien mit grosser Schnelligkeit in die Länge (Fig. 17 und 19). Die Zahl der von den Cilien beschriebenen Windungen wächst immer mehr an. Fig. 15 b zeigt das Entstehungsstadium der Cilien; im optischen Längendurchschnitt des Fadens der spermatogenen Zellen ist in jeder derselben an der Bauchseite ein rothes Pünktchen zu bemerken, welches den optischen Durchschnitt einer der Cilien darstellt. Auf Fig. 18 sind an der Bauchseite je drei rothe Pünktchen zu bemerken: das eine von ihnen stellt den optischen Durchschnitt derjenigen Cilie dar, welche vorwärts (in derselben Richtung, wie das vordere Ende 3* 36 des Spermatozoiden) wächst, nicht weit von der Insertionsstelle der- selben; die beiden anderen Pünktchen bezeichnen die optischen Durch- schnitte der beiden Cilien, welche eine ganze Windung gemacht haben. An der Rückenseite sind vier rothe Pünktchen vorhanden; zwei von ihnen stellen die Durchschnitte der beiden Cilien dar, nachdem sie eine halbe Windung beschrieben haben, und die beiden anderen Pünktchen die Durchsehnitte derselben Cilien mit 11), Windungen. Demgemäss beschreiben schon in diesem Fintwiekelungsstadium die Cilien ungefähr 1!/g Windungen an der Peripherie der spermatogenen Zelle. Dank der Lagenveränderung des Tlöckers bildet eine der Cilien, welche derselbe trägt, eine Schlinge (Fig. 19) und wächst nun nach entgegengesetzter Seite, d. h. nach derselben Richtung mit der anderen Cilie weiter. Dieser Umstand zeigt, dass die Cilien von ihrer Basis aus wachsen. Wie wir bereits sahen, bemerkte schon Guignard die all- mähliche Vergrösserung der Anzahl der rothen Pünktchen an den Seiten des sich entwickelnden Spermatozoiden, da er aber für die Entstehung der Cilien, welche seiner Ansicht nach aus der äusseren Plasmaschicht sich ausscheiden (se d&coupent), eine aus seinen Ab- bildungen durchaus nieht hervorgehende Erklärung zuliess, so musste er seine Zuflucht zu der Voraussetzung nehmen, dass die Cilien am Anfang der Spermatozoidenentwiekelung zusammenfliessen oder dem Körper des Spermatozoiden verbunden bleiben, um auf Grund dieser Voraussetzung eine Erklärung für die allmähliche Vergrösserung der Anzahl der optischen Durehschnitte der Cilien während der Spermato- zoidenentwickelung zu finden. Der auf der mittleren Linie der Rinne liegende elastische Faden des hinteren Spermatozoidenendes tritt aus dem Plasma in Form einer kleinen Walze hervor, die im optischen Durchschnitt der sper- matogenen Zelle die Gestalt eines kleinen Knopfes hat (Fig. 20). Während seines weiteren Wachsthums theilt sich dieser Faden an seinem der Bauchseite der Zelle zugewandten Ende von dem Plasma ab und bildet einen stäbchenförmigen Auswuchs (Fig. 21, 22 und 24). An diesem stäbehenförmigen Auswuchse lassen sich schon die Eigen- thümlichkeiten der Struktur nachweisen, welche wir am hinteren Ende des reifen Spermatozoiden beobachtet haben: der Auswuchs enthält ausser cinem homogenen, sich schwach färbenden Rückenfaden noch eine körnige Einfassung an seiner inneren (Bauch-)Seite. Der die Cilien tragende Faden wächst innerhalb des Plasma weiter. So lange derselbe die mittlere Linie an der Bauchseite der spermatogenen 37 Zelle noch nicht erreicht hat, sind die Cilien an seinem vorderen Ende befestigt. Von diesem Zeitpunkte an bleibt die Ansatzstelle der Cilien unverändert, so dass das fernere Wachsthum des Fadens zur Bildung desjenigen Theils des vorderen Spermatozoidenendes führt, welcher vor der Befestigungsstelle der Cilien liegt. Ob dabei eine Verwachsung der Cilien mit dem Vorderende stattfindet, oder ob dasselbe von einem oberhalb der Insertionsstelle der Cilien liegen- dem Punkte weitergewachsen, ist schwer zu entscheiden. In jedem Falle bleibt der über der Insertionsstelle befindliche Faden vollkommen intact und niemals spalten sich die Cilien von demselben ab. An der Befestigungsstelle aber spalten sich die Cilien gleichsam von dem Faden ab, der dabei dünner wird, aber ein wenig näher zur Basis wieder seinen früheren Diameter zeigt. Wie mir scheint, kann das Wachsthum des Fadens an seinem vorderen Ende ebenfalls als Beweis dafür dienen, dass derselbe nicht aus der Kernsubstanz entsteht, da in diesem Falle der Faden ausschliessich an seiner Basis fortwachsen müsste. Obschon der vordere Faden weniger elastisch ist als der hintere, so wird das Plasma doch sichtbar nach der Bauchseite geschoben, wie auf Fig. 22 zu sehen ist, Das Ende des vorderen Fadens trifft nieht mit dem Ende des hinteren zusammen, da beide, wie aus dem optischen Längendurchschnitt der spermatogenen Zellen (Fig. 23) zu ersehen ist, nicht in einer Fläche liegen. In diesem Entwickelungsstadium des Spermatozoiden finden in der Kernstruktur wesentliche Veränderungen statt: die Nucleolen verschwinden und das Chromatin zerfliesst nach Carnoy’s Worten gleichmässig in der ganzen Masse des Kerns, der dabei homogen wird und durch Jodgrün eine diffuse blaugrüne Färbung erhält (Fig. 22). Die Kernform ändert sich ebenfalls: aus einer mehr oder weniger runden Form wird eine elliptische (Fig. 21 und 22) und weiter eine halbmondförmige, an deren zugespitzten Enden sich das vordere und hintere Spermatozoidenende befestigen (Fig. 24). Bei weiterer Aus- dehnung nimmt der Kern die Form einer Sichel an und drängt aus dem Plasma der Mutterzelle das vordere und hintere Ende des Sper- matozoiden heraus. Wenn sich dabei das eine Ende rechts nach oben wendet, so zieht sich das andere links nach unten (Fig. 26). Das aus dem Plasma der Zelle hervortretende vordere Spermatozoiden- ende dehnt das die Zelle bedeckende plasmatische Häutchen aus und zieht die körnige Plasmasubstanz, welche sich in einer dichten Masse an der Basis dieses Spermatozoidenendes sammelt, nach sich. 38 Die Struktur des aus dem Plasma hervortretenden Vorderendes erinnert deutlich an diejenige des hinteren Endes: an seiner Aussen- seite (Rückenseite) zieht sich ein homogener, sich intensiv mit Fuchsin färbender Faden hin, der zwei Cilien trägt, an seiner inneren (Bauch-) Seite dagegen eine spongiöse oder feinkörnige Einfassung, welche sich weniger intensiv färbt und an der Basis des vorderen Spermato- zoidenendes in die körnige Plasmamasse der Mutterzelle übergeht. Gleich dem vorderen tritt auch das hintere Spermatozoidenende bis auf seine Basis aus dem Plasma der Mutterzelle heraus. Die an seiner inneren (Bauch-)Seite befindliche körnige Einfassung geht an seiner Basis in die centrale körnige Plasmamasse über, welche im sichelförmigen mittleren Theil des Spermatozoiden eingeschlossen bleibt. Auf diese Weise besteht der Spermatozoid schon in diesem Entwickelungsstadium aus drei Theilen: aus zwei plasmatischen Enden, von denen jedes einen homogenen Rückenfaden und eine körnige Baucheinfassung besitzt, und aus einem mittleren, sichelförmigen Theil, der sich aus dem Kern entwickelt hat. Dieser mit einer Mischung von Fuchsin und Jodgrün sich blaugrün färbende mittlere Theil ist mit einem dünnen Häutehen bedeckt, welches bei Behand- lung mit derselben Mischung eine rosarothe Färbung erhält. Bei weiterem Wachsthum des Spermatozoiden dehnen sich das vordere und hintere plasmatische Ende noch einige Zeit weiter aus, dann aber beschränkt sich das Wachsthum nur auf seinen mittleren Theil, der allmählich dünner und länger wir. Wenn man den Spermato- zoiden von oben oder unten, d. h. von einer der flachen Seiten der Mutterzelle aus betrachtet, so scheint es, als ob der mittlere Theil einen Ring bilde, in dessen Mitte die körnige Plasmamasse enthalten ist (Fig. 27). Wenn man ihn jedoch von der Seite aus betrachtet, so sieht man, dass der Spermatozoidenkörper eine Spirale beschreibt (Fig. 28), Dann zieht sich der Ring zu einer engen, das Plasma der Mutterzelle enthaltenden Schlinge zusammen (Fig. 29), während das aus der Schlinge hervortretende vordere Ende des mittleren Theils sich allmählich des körnigen Plasmas entledigt und die zweite, be- deutend breitere Spiralwindung bildet (Fig. 380). An der inneren Seite des aus der Schlinge hervortretenden Endes ist die körnige plasmatische Einfassung zn bemerken, die mit der centralen Plasma- masse und mit der Einfassung des vorderen Spermatozoidenendes in Zusammenhang steht. Das fernere Wachsthum des mittleren Theils des Spermatozoiden bewirkt die Vergrösserung des Diameters der Schlinge, in welcher der Plasmarest der spermatogenen Zelle einge- 39 schlossen ist. Bei seinem Weiterwachsen wird der Diameter der Windungen des mittleren Spermatozoidentheils zuletzt grösser als der Diameter der Windung des vorderen Endes und ebenso gross wie der Diameter der hinteren Windung (Fig. 30, 31 und 34). Mit der Aus- dehnung der mittleren Schlinge zugleich verschwindet auch die in ihr enthaltene körnige Plasmaansammlung. Diese Ansammlung ver- wandelt sich in die körnige Einfassung der mittleren Spiralwindung des Spermatozoiden. Der Spermatozoidenkörper 'besteht also in diesem Stadium der Entwiekelung aus einem spiralförmigen homogenen Rückenfaden, der in seinem mittleren Theil sich durch eine Mischung von Fuchsin und Jodgrün blaugrün und an seinem vorderen und hinteren Ende roth oder rosaroth färbt, und aus seiner körnigen oder spongiösen Baucheinfassung, die bei Einwirkung derselben Farbstoffe ihrer ganzen Länge nach eine rothe Färbung erhält (Fig. 31). Bei weiterem Wachsthum des Spermatozoidenkörpers bildet sein mittlerer Theil noch eine halbe Spiralwindung, wobei die Einfassung immer dünner und weniger bemerkbar wird. Es ist höchst wahrscheinlich, dass das Plasma zum grossen Theile von dem im Wachsthume begriffenen Rückenfaden verbraucht wird, da derselbe besonders an solchen Stellen wächst, wo er mit der Plasmamasse in Berührung kommt. Die körnige Einfassung einer reifen Spermatozoidenspirale ist am hinteren Theile des Spermatozoiden ziemlich umfangreich, an seinem mittleren Theile kaum bemerkbar und am vorderen Ende gar nieht zu unterscheiden. Dieses vordere Ende wird zur vollen Reifezeit des Spermatuzoiden ein wenig kürzer, da der Faden des mittleren Spermatozoidentheils bei seiner Ausdehnung in die Basis des vorderen Endes tritt und fast die Insertionsstelle der Cilien erreicht. Noch che der Spermatozoid seine volle Reife erlangt, hört das Wachsthum der Cilien auf, so dass sie zu der Zeit, wo der Kern der spermatogenen Zelle seine Form ändert, schon ihre endgültige Länge erreicht haben. Im optischen Längendurchschnitt eines Fadens der spermatogenen Zellen sind in jeder Zelle 4 bis 5 optische Durch- schnitte der Cilien an jeder Seite des Spermatozoiden enthalten (Fig. 23 u. 32). Eine solche Anzahl der Durchschnitte zeigt, dass die Cilien ungefähr 2 Spiralwindungen beschreiben. Der fünfte Durchschnitt liegt, wenn er vorkommt, nicht weit von der Insertions- stelle der Cilien, wo sie noch nicht aus einander gehen. Obgleich auf diese Weise die Zahl der von den Cilien beschriebenen Spiralwindungen geringer ist als die Anzahl der Windungen des Spermatozoidenkörpers, 40 so gibt ihre Länge dennoch derjenigen des letzteren nicht viel nach, da ihre Windungen einen verhältnissmässig grösseren Diameter besitzen. In den spermatogenen Zellen liegen die Spermatozoiden in einem diehten spiralförmigen Knäuel, wobei das breite hintere Ende der einen und das dünne vordere Ende der anderen Querscheidewand zu- gekehrt ist. Auf Fig. 32 ist in einer ganzen Zellenreihe das vordere Spermatozoidenende derjenigen Querscheidewand zugekehrt, welche der Basis des Fadens am nächsten liegt. Allein es kommt nicht selten vor, dass die Spermatozoiden in den Nachbarzellen einander entweder mit ihren vorderen oder hinteren Enden zugewandt sind. Folglich gibt es keine feststehenden Regeln hinsichtlich der Anord- nung der Spiralfäden, so dass auch zwischen der Aufeinanderfolge der Theilung der spermatogenen Zellen und der Lage der Sperma- tozoiden zu einander keine Correlation festgestellt werden kann. Nachdem wir auf diese Weise die Entwickelungsgeschichte der Spermatozoiden bei den Characeen Schritt für Schritt verfolgt ‚haben, sind wir zu denselben Resultaten gelangt, die wir bei der Er- forschung des Baues eines reifen Spermatuzoiden erhielten. Diese Entwickelungsgeschichte bestätigt unsere Ansicht, dass das vordere und hintere Ende des Spermatozoiden sich aus dem Plasma, der mittlere Theil dagegen aus dem Kerne der Mutterzelle bilde. Ein Einwurf dürfte noch gemacht werden: das vordere und hintere Spermatozoidenende könnte sich ja aus dem Plasma bilden aber erst nachdem letzteres den Kern passirt, d. h. der Kern könnte, wie Guignard annimmt, dass Plasma der Mutterzelle verschlingen, um es später in Gestalt der beiden Spermatozoidenenden wieder aus- zuscheiden, die ja mit ihrer Basis dem Kerne der Mutterzelle an- liegen. Gegen diese Vermuthung spricht aber der Umstand, dass das vordere Ende über der Insertionsstelle der Cilien weiter wächst. Es lassen sich zu Gunsten dieser Hypothese kaum genügende Gründe finden. Viel wahrscheinlicher ist es, dass alle Theile des Rücken- fadens eines Spermatozoiden (obgleich verschiedener Herkunft) nur durch Intususception auf Kosten des ihnen in Form eines körnigen Bauchrandes anliegenden Plasmas wachsen, dass in dem Maasse, in welchem der Spermatozoid wächst, verbraucht wird. IL. Wirkung der ReagentienaufdieBestandtheilederSpermatozoiden. Mit Benutzung der Untersuchungsresultate von Zacharias und Fr. Schwarz,!) die das verschiedene Verhalten des Plasmas und 1) Fr. Schwarz, Die morphologische und chemische Zusammensetzung des Protoplasmas. Beiträge zur Biologie d. Pflanzen, her. von F.Cohn, B. V.,H. 1, 1887. 2 41 des Kernes einzelnen Reagentien gegenüber gezeigt hatten, wählte ich einige der von ihnen bezeichneten Reagentien zu Untersuchungen an Spermatozoiden einerseits und an spermatogenen Zellen andrer- seits, die beide vorher in Alkohol gehärtet wurden, wobei ich folgende Resultate erhielt: a) Eine 10 proc. Kochsalzlösung löst den mittleren Theil des Sper- matozoidenkörpers äusserst rasch auf. Wurde der Spermatozoid zu- vor mit Jodgrün gefärbt, so konnte man ein schnelles Quellen seines grün gefärbten Theils beobachten. Das vordere und hintere Ende, sowie die Cilien bleiben unverändert. Zwischen dem vorderen und hinteren Theile verbleibt ein dünner Faden, der sie zusammen hält. Es ist schwer festzustellen, ob dieser Faden den Rest des plasmatischen Häutchens von: mittleren Theile oder seine Baucheinfassung darstellt. Bei Anwendung von 10°/, Kochsalzlösung quellen die Kerne der spermatogenen Zellen und lösen sich zuletzt auf. Das Plasma wird von dem quellenden Kerne an die Zellwände gedrückt, löst sich jedoch nicht auf. Am besten ist die Reaction an den mit Jodgrün und Fuchsin gefärbten Präparaten zu verfolgen. b) Die 24 Stunden lang in O,5proc. Salzsäure gehaltenen Sper- matozoiden zeigen folgende Veränderungen: ihr mittlerer Theil zieht sich zusammen, lässt sich jedoch durch Jodgrün grün färben. Statt 2!', Spiralwindungen zu bilden, beschreibt er kaum eine volle Windung (Fig. 87). Der vordere Theil und die Cilien verändern sich nicht wesentlich. Am hinteren quellenden Theil erscheinen zahlreiche glänzende Körnehen oder Tropfen, die in der hyalinen Grundsubstanz suspendirt sind, Einen gleichen Bau erhält das hintere Ende bei Anwendung 3proc. Ameisensäure, die jedoch eine grössere Quellung und Verlängerung dieses Spermatozoidentheils bewirkt. Ebenso wie 0,5 proc. Salzsäure ruft auch Pierinsäure eine bedeutende Verkürzung des mittleren Spermatozoidentheils hervor (Fig. 36). Die während 24 Stunden in 0,5proe. Salzsäure gehaltenen Kerne der spermatogenen Zelle bei den Characeen nehmen an Umfang ab, ohne die Fähigkeit zu verlieren sich durch Jodgrün grün zu färben (Fig. 38). Das Plasma bleibt dabei ziemlich unverändert. Augenscheinlich entzieht die 0,5%. Salzsäure den Kernen der sper- matogenen Zellen und dem mittleren Theile des Spermatozoidenkörpers irgend eine Substanz, ohne jedoch das in ihnen enthaltene Chromatin wesentlich zu verändern. c) In einer mit Salzsäure angesäuerten Lösung von Pepsin (1 Theil Pepsinglycerin und 3 Theile 0,2% Salzsäure) verschwinden 42 nach 24 Stunden das vordere Ende und die Cilien der in der Mem- bran der spermatogenen Zelle eingeschlossenen Spermatozoiden. Ge- wöhnlich verkürzt sich der mittlere Theil und die Spiralwindungen werden enger und legen sich aneinander ohne jedoch einen Klumpen zu bilden (Fig. 39). Der Beschreibung von Zacharias entsprechend, werden die Umrisse des mittleren Spermatozoidentheils äusserst scharf und die Spirale stark lichtbrechend. Jodgrün färbt sie intensiv. Der hintere Spermatozoidentheil zerfliesst und die unter Einwirkung von Salzsäure entstandenen Körnehen zerstreuen sich in der Zelle, indem sie in die Brown'sche Bewegung gerathen. Obgleich Zacharias darauf hinweist, löst der Alkohol diese Körnchen nicht auf, sondern bewirkt nur ihre Anhäufung, indem es sie zu dem hinteren Ende des mittleren Spermatozoidentheils hintreibt. Augenscheinlich löst sich die Grundmasse des hinteren Spermatozoidenendes unter Einwirkung des Magensaftes nicht auf, sondern quilit bloss ansehnlich an und zieht sich unter Einwirkung von Alkohol wieder zusammen. Freiliegende Spermatozoiden erfahren wesentliche Veränderungen, sobald sie einige Minuten im Magensafte gelegen haben. Das vordere Ende wird feinkörnig und die Cilien verschwinden. Der mittlere Theil wird kürzer, erhält scharfe Umrisse und wird stark lichtbrechend. Das hintere Ende quillt an, wird grobkörnig und löst sich vom mitt- leren Theile ab (Fig. +40). Nach 24stündiger Einwirkung des Magensaftes redueirt sich der Kern in den Mutterzellen der Spermatozoiden beträchtlich, erhält scharf gezeichnete Umrisse und wird stark liehtbreehend. Das Plasma löst sich bis auf einen körnigen Rest auf. d) In einer trypsinhaltigen und nach Kühne!) zubereiteten Flüssig- keit verändert sich zuerst der Rückenfaden des mittleren Theils des Spermatozoidenkörpers, welcher schnell quillt und in Auflösung über- geht. Das hintere Körperende und die Baucheinfassung des mittleren Theils werden körnig. Nach 24 Stunden bleibt nichts mehr von den Spermatozoiden übrig. In den spermatogenen Zellen bewirkt die trypsinhaltige Flüssig- keit zuerst die Veränderung des Kernes, der stark anquillt. Der Process beginnt in den centralen Kerntheilen. In den mit Jodgrün gefärbten Kernen kann man eine Zeit lang in der entfärbten Grund- masse die gefärbten Nueleolen beobachten. Ebenso behält auch die peripherische Kernschicht einige Zeit hindurch ihre grüne Färbung. Nach 24 Stunden ist der ganze Inhalt derspermatogenen Zellen aufgelöst. 1) Fr. Schwarz, Die morph. und chem. Zusammensetzung etc. pag. 1. 43 Der Methode von Fr. Schwarz!) folgend, versuchte auch ich durch Kaliumferroeyanid mit Essigsäure dem mittleren Theile des Spermatozoiden und den Kernen der spermatogenen Zellen das Chro- matin zu entziehen, allein meine Versuche hatten keinen Erfolg. Die Kerne und die Spermatozoiden behielten, wenn sie nach der Methode von Schwarz behandelt wurden, dennoch die Fähigkeit, sich mit Jodgrün grün zu färben. Franz Schwarz behauptet, die Färbung des Kerns sei noch kein Beweis von der Anwesenheit des Chromatins, wenn die Farbe sich leicht aus dem Kern entfernen lässt. Ich gebrauchte hier ebenfalls eine Mischung von Jodgrün und Fuchsin, der das Chromatin die grüne Farbe entzieht. Die Präparate wurden ganz nach der Methode von Schwarz behandelt; es tritt der Unterschied in der Färbung des Kerns und des Plasmas ebenso deutlich hervor, wie früher, so dass es fast ausser Zweifel schien, dass Chro- matin im Kerne enthalten war, wodurch der Unterschied in der Färbung des Plasmas und des Kernes bedingt wurde. Ich wandte ebenfalls die von Fr. Schwarz zu diesem Zwecke empfohlene Kupfervitriollösung an, erhielt jedoch keine besseren Resultate. Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, entspricht das Verhalten der einzelnen Spermatozoidentheile den Reagentien gegenüber voll- kommen ihrem Verhalten den Farbstoffen gegenüber und stimmt mit der Entwickelungsgeschichte des Spermatozoiden überein. Den Ragentien gegenüber verhält sich der mittlere Körpertheil ganz so, wie der Kern der spermatogenen Zelle und wiederum das vordere und hintere Ende sowie die Cilien ganz so, wie das Plasma der Mutterzelle. Zum Schluss wollen wir die wesentlichsten Ergebnisse anführen, zu denen wir bei unserer Betrachtung des Baues, der Entwiekelung und der chemischen Eigenschaften der Spermatozoiden gekommen sind. 1. Die Spermatozoiden der Characcen bestehen aus einem Spiral- körper und zwei Cilien, die in einiger Entfernung von seinem Vorder- ende befestigt sind. 2. Der Spermatozoidenkörper zerfällt in ein vorderes Ende, den mittleren Theil und ein Hinterende. a) Das Vorderende bildet ungefähr eine halbe Spiralwindung und entsteht aus dem Plasma der Mutterzelle. Am Vorderende der un- 1) Die morph. und chem. Zusammensetzung ete. pag. 115. 44 reifen Spermatozoiden kann man einen homogenen Rückenfaden und eine spongiöse Baucheinfassung unterscheiden, die zur Zeit der Reife des Spermatozoiden verschwindet. b) Der mittlere Theil der reifen Spermatozoiden beschreibt bei der Chara 2!j; und bei der Nitella 1! Spiralwindungen. Der- selbe stellt einen homogenen Faden dar, welcher aus dem Kerne entsteht und alle charakteristischen chemischen Eigenschaften der Kerne beibehält; an der inneren (Bauch-)Seite besitzt der mittlere Theil eine körnige plasmatische Einfassung, welche bei den unreifen Spermatozoiden ziemlich breit ist und bei den ihre volle Reife er- langt habenden Spermatozoiden kaum noch zu bemerken ist. c) Das hintere Ende bildet etwas über eine halbe Spiralwindung und entsteht aus dem Plasma. Dieses Ende besteht ebenfalls aus einem homogenen Rückenfaden und einem breiten Bauchrande. Bei den reifen Spermatozoiden nimmt das hintere Ende sehr oft einen wabigen Bau an. 3. Die Cilien entstehen aus dem Plasma, entspringen in Form von Auswüchsen am Ende des im Entstehen begriffenen Spermatozoiden und wachsen von ihrer Basis aus. 4. Der Umwandlungsprocess der Zelle, welche zu einem Sper- matozoiden wird, fängt im Plasma an, wobei der Kern erst dann sich zu verändern beginnt, wenn das vordere und hintere Spermatozoiden- ende sich schon ausgebildet haben. Sehr wahrscheinlich verändert sich der Kern auch in diesem Entwickelungsstadium des Spermatozoiden passiv unter der Einwirkung des ihn bedeekenden plasmatischen Häutchens. Wie bei der Karyokinese der Process im Plasma und von den in ihm befindlichen Attractionssphären aus beginnt, ebenso fängt auch die Spermatogenese mit den im Plasma vorgehenden Um- wandlungen an. Die Beobachtung der Spermatogeneseerscheinungen veranlasst uns der Meinung Hermann’s, dass alle activen Bewegungen der Zelle durch das Plasma bedingt werden), anzuschliessen. Somit bildet das Plasma nicht nur einen Bestandtheil der Sper- matozoiden, sondern spielt auch eine wesentliche Rolle bei ihrer Ent- stehung. Guignard behauptete dagegen, dass der ganze Sperma- tozoidenkörper aus dem Kern entstehe; damit stand im Einklang die damals herrschende Theorie, der zufolge der Befruchtungsprocess sich auf das Eindringen des männlichen Kernes in die Eizelle be- schränkte und man nur den Kern als den Träger der organischen 1) F. Hermann, Beiträge zur Lehre von der Entstehung der karyokinetischen Spindel. Archiv f. mikroskop. Anatomie 1891, 8. 579. 45 Eigenschaften betrachtete. Im Sommer 1891 veröffentlichte Guignard seine Beobachtungen über die Verschmelzung der männliehen und weib- lichen Attractionssphären und Centrosomen bei Befruchtungsprocesse des Lilium') und früher noch wurden ähnliche Beobachtungen hinsichtlich der Befruchtung bei den Seeigeln ) von Folgemacht. Die Attractions- körperchen bilden einen Theil des Plasmas, folglich ist dasselbe, trotz der früheren Behauptungen von Guignard und Strasburger, wesentlich an dem Befruchtungsvorgange betheiligt. Wo soll man nun die Attractionssphären in den Spermatozoiden suchen? Natürlich nicht in den Cilien, obschon nach Guignard’s Meinung nur sie allein aus dem Plasma entstehen. Folglich muss jetzt Guignard zugeben, dass in dem Spermatozoidenkörper ein Theil vom Plasma der Mutterzelle enthalten ist. Sehr wahrscheinlich bildet der Ilöcker, der als erstes Anzeichen der Entstehung des Spermatozoidenkörpers in geringer Entfernung vom Kern hervortritt, die Attractionsphäre ; ob aber diese Voraussetzung begründet ist, wird erst durch weitere Untersuchungen gezeigt werden. Erklärungen der Abbildungen. Die roth und blaugrün gefärbten Figuren sind Präparaten nachgebikdet, welche mit einer Mischung von Jodgrün und Fuchsin behandelt wurden. Die Ab- bildungen, bei denen die Fixirmethode nieht ausdrücklich angegeben ist, stellen in Ösmiumsäure fixirie Objeete dar. Vergrösserung (der Figuren 1--7, 9—29, 31-33, 35—38 und 40: 860; Fig. 8 und 30: 950; Fig. 34 und 39: 700. Chara foetida. Fig. 1. Ein Faden spermatogener Zellen im Ruhezustande. Fig. 2. Ein Faden spermatogener Zellen mit den im Stadium des diehten Knäuels befindlichen Kernen. Fig. 3. Ein Faden spermatogener Zellen. Das Chromatin in den Kernen ist zur Basis des Fadens hingeschoben. Fig. 4—8. Fäden spermatogener Zellen, mit Kernen in verschiedenen Theilungs- stadien. Fig. 9. Ein Faden spermatogener Zellen, die sich eben zum letzten Mal vor der Spermatozeidenbildung getheilt haben. 1) L. Guignard, Sur la nature morphol. du phenomene de la f&condation, Comptes rend. de l’Acad. d. seienees, t. CVII, 8. Juni 1891, 8. 1320. 2) H. Fol, Die „Centrenquadrille“, Anat. Anzeiger 1891, Nr. 9 und 10, 8. 266 — 274. . 46 Fig. 10. Ein Faden spermatogener Zellen, mit soveben zur Seitenwand gerückten Kernen. " Fig. 11. Die zur Peripherie der Zelle abgegangenen Kerne im Stadium der Ruhe. Mit Flemming’scher Flüssigkeit fixirt. Fig. 12. Kerne und Plasmaanhäufung an der Wand, welche der Basis des Fadens zunächst liegt. Fig. 13. Eine in demselben Stadium wie auf Fig. I1 und 12 befindliche sperma- togene Zelle, von einer flachen Seite aus betrachtet. Fig, 14. Ein Faden lebender spermatogener Zellen. 8 S Fig. 15a. Eine spermatogene Zelle (von einer ihrer flachen Seiten aus) zur Zeit der Entstehung des vorderen lindes «des Spermatozoidenkörpers und der Cilien betrachtet. Die dunkle Kontur entspricht der mittleren Linie der Rinne, welche sich seitens «der eylindrischen Oberfläche der Zelle gebildet hat. Die helle Kontur entspricht dem Plasma, welches sich den Querwänden anschliesst. Mit Flemming’scher Flüssigkeit fixirt. Fig. 15). Spermatogene Zellen von demselben Präparate und im gleichen Ent- wickelungsstadium, von der Seite aus gesehen. Fig. 16. Eine spermatogene Zelle von einer flachen Seite aus betrachtet. Das vordere und das hintere Ende wachsen in Form von Fäden, welche den Plasma anliegen. Die Cilien strecken sich aus. Fig. 17 und 18. Spermatogene Zellen aus demselben Präparate in zwei ver- schiedene Lagen. Die Cilien bilden mehr als 12/, Spiralwindungen. Mit Flemming's Flüssigkeit fixirt. Fig. 19. Fine spermatogene Zelle von einer ihrer flachen Seiten aus. Vorder- und Hinterende des Spermatozoiden sind bedeutend gewachsen. In Folge der Ortsänderung der Insertionsstelle hat die gerade laufende Cilie eine Schlinge gebildet. Fig. 20. Dasselbe Stadium von der Seite aus. In der Rinne ist ein Höcker zu bemerken, der den optisehen Durchschnitt des hinteren Endes des Spermato- zoiden darstellt. Fig. 21. Fine spermatogene Zelle von einer ihrer flachen Seiten aus. Weiteres Wachsthum des vorderen und des hinteren Endes. An vorderen Ende bildet sich ein Theil, der höher als die Befestigungsstelle der Cilien liegt; das hintere Ende tritt aus dem Plasma der Mutterzelle. Fiese. 22 und 23. Spermatogene Zellen aus demselben Präparate in verschiedener {a} > P Lase. Das vordere und das hintere Ende wachsen weiter. Fig. 24. Eine spermatogene Zelle von einer ihrer flachen Seiten aus. Bei seiner Ausdehnung erhält der Kern eine halbmondförmige Gestalt. Fig. 25. Dasselbe Stadium von der Seite aus. Fi». 26. Ein weiteres Entwickelungsstadium des Spermatozoiden. Bei seiner Ausdehnung nimmt der Kern die Form einer Sichel an und stüssf das vordere und das hintere Ende des Spermatozoiden aus dem Plasma heraus. 27, Der Kern dehnt sich weifer aus und bildet die erste Spiralwindung. ‚28. Ein junger Spermatozoid von der Seite aus. Der aus dem Kern ent- standene mittlere Theil bildet eine schmale Schlinge. mn no 47 Fig. 29. Ein Spermatozoid in denselben Entwickelungstadium, von oben gesehen. Fig. 80. Ein weiteres Entwickelungsstadium des Spermatozoiden. Das vorlere Ende seines mittleren Theils tritt bei seiner Ausdehnung aus der Schlinge heraus; es trägt an seiner Bauchseite einen körnigen plasmatischen Rand. Fig. 31. Ein Spermatozoid, der seine volle Reife noch nicht erlangt hat, von der Seite aus gesehen. Fig. 32. Ein Faden spermatogener Zellen im optischen Längendurchsehnitt, mit ausgebildeten Spermatozoiden im Innern. Fig. 33. Ein reifer Spermatozoid, von der Seite aus gesehen. Fig. 34. Ein reifer Spermatozoid, von oben gesehen. (Die blauen Flecken im hinteren Ende des Spermatozoidenkörpers sind beim Druck fälschlicherweise hinzugezeichnet.) Nitella flexilis. Fig. 35. Ein vollständig entwickelter Spermatozoid, Uhara fovetida, Fig. 36. Ein Faden spermatogener Zellen, inwendig mit Spermatozoiden. Das Präparat wurde mit Pierinsäure fixirt und mit Boraxcarmin gefärbt. Fig. 87. Ein Spermatozoid, welcher 24 Stunden lang in 0,5proe, Salzsäure ge- halten und mit Jodgrün gefärbt wurde, Fig. 38. Fine spermatogene Zelle von einer ihrer flachen Seiten aus gesehen, 24 Stunden lang in O,5proc, Salzsäure gehalten. Fig. 39. Ein Zellenfaden mit Spermatozoiden im Innern, nach 24 stündiger Ein- wirkung von angesäuerter Pepsinlösung. Fig. 40. Ein Spermatozoid nach nicht lange dauernder Einwirkung von ange- säuerter Pepsinlösung. Vorstehende Arbeit ist «die Uebersetzung meiner 1892 in den Warschauer Universitätsnachrichten (Februarnummer) in russischer Sprache erschienenen Untersuchung. Seitdem sind bereits mehrere Arbeiten veröffentlicht worden, die diese Frage behandeln. D. Campbell!) hält auch in seiner Arbeit über Prothalium und Embryo bei den Osmundaceen daran fest, dass mit Ausnahme eines dünnen Plasmahäutehens an der Oberfläche der ganze Spermatozoiden- körper durch Transformation aus dem Kerne entstehe. In seinen früheren Untersuchungen erwähnt Campbell selbst dieses Iläutchen nicht. Allein er behauptet auch jetzt mit voller Entschiedenheit, dass „nicht die geringste Spur von einem Kerne innerhalb des Sper- matozoidenkörpers, wie Belajeff angibt, wahrzunehmen sei“. In- dessen hat es auf seiner Fig. 58 den Anschein, als ob längs des den Spermatozoidenkörper darstellenden Schraubenbandes der Kern zu sehen sei. 1) D. Campbell, On the Prothallium and Embryo uf Osmunda ete. Annals of Botany, Vol. VI, No. XXI, 1892, 5. 63. 48 Schottländer!) theilt diese Auffassung und bestätigt die Ansicht Guignards, der zufolge der Spermatozoidenkörper aus dem Kerne entsteht. Schottländer’s Abbildungen zeugen jedoch von der weitgehenden Deformation, die seine Untersuchnngsobjecete infolge der von ihm angewandten Methode erfahren haben. Strasburger?) dagegen schliesst sich jetzt den Ansichten an, die ich in der Mittheilung über die Spermatozoiden bei den Gefüss- kryptogamen und in der Untersuchung über Bau und Entwickelung der Spermatozoiden bei den Characcen dargelegt habe, Nach ein- gehendem Studium der Entwiekelungsgeschichte der Spermatozoiden bei den Characeen kann er nieht umhin, alle von mir erhaltenen Resultate mit Ausnahme einiger Einzelheiten zu bestätigen. Er gibt an, dass ich von der irrigen Vorstellung ausgehe, die beiden Cilien der Spermatozoiden bei den Characeen liefen bei ihrer Anlage nach entgegengesetzter Richtung auseinander, womit auch meine Abbildungen nicht ganz in Einklang zu bringen wären. Ich muss jedoch ganz entschieden für die unbedingte Richtigkeit meiner Beobachtungen eintreten, da denselben ein sorgfältiges Studium sehr zahlreicher Präparate zu Grunde liegt. Ich habe die Cilien in den Anfangsstadien ihrer Entwickeiung nie nach derselben Richtung ver- laufen sehen; dagegen nehmen die Cilien in- weiter vorgerückten Stadien constant dieselbe Richtung an. Eine Erklärung dieser Er- scheinung findet der Leser in der Arbeit selbst. Mit dem ihm eigenen Geschick verzeichnet Strasburger die- selben Hauptzüge der Spermatozoidenstruktur nicht nur bei den Characeen, Farnen und Schachtelhalmen, sondern auch bei der Mar- silia und bei einigen Moosen. In Betreff der Marsilia führt Stras- burger an, dass die Spermatozoiden dieses Gewächses nur in den hinteren Windungen ihrer Spirale den Zellkern enthalten und dass bis an die eilientragende Windung die übrigen, verhältnissmässig zahlreichen Windungen, aus Plasma bestehen. Auf Grund meiner schon vor längerer Zeit angestellten, aber noch nicht veröffentlichten Untersuchungen sche ich mich veranlasst, dieser Auffassung Strasburgers beizustimmen. N P. Schottländer, Beiträge zur Kenntniss des Zellkerns und der Sexual- zellen bei Kryptogamen, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, B. VL, H.2, 8. 274. 2) E. Strasburger, Schwärmsporen, Gameten, pflanzliche Spermatozoiden und das Wesen Jder Befruchtung, Jena 1892, S. 105--131. Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Biologie der Cacteen. Von William Francis Ganong. 1. Die Morphologie und Biologie der vegetativen Theile. Die vorliegende Arbeit enthält die Resultate von Forschungen welche unternommen wurden, um die Morphologie und die Homologieen der vegetativen Theile der Familie der Caeteen festzustellen. Die Arbeit ist im pflanzenphysiologischen Institut zu München unter der Lei- tung des Herrn Professor Goebel unternommen worden. Ich möchte Herrn Professor Goebel auch an dieser Stelle für seinen be- ständigen Rath und Hilfe bei meiner Arbeit und für die liebenswürdige Ueberlassung des Untersuchungsmaterials meinen verbindlichsten Dank aussprechen. Die grundlegende Arbeit für alles zukünftige morphologische und biologische Studium der Cacteen ist Goebel’s Erörterung über diese Gegenstände in Band I seiner „pflanzenbiologischen Schilde- rungen“. In diesem Werk werden die Entwiekelungsgeschichte und Morphologie der Cacteen und die biologischen Prineipien ihrer An- passung an Verminderung der Transpiration, an Schutz gegen Thiere und an andere durch eigenthümliche Standorte bedingte Verhältnisse und Bedürfnisse diseutirt. Auf das auf diese \Weise gewonnene Thatsachenmaterial stützen sich die folgenden Studien. Was an wichtigen Fragen bei dieser Familie schon durch die bisherigen Ar- beiten zur Lösung gebracht worden ist und was bei dieser Familie noch zu untersuchen bleibt, werden wir am besten erkennen, wenn wir die Geschichte der Entwickelung unserer Kenntniss der Familie kurz betrachten. Die früheren Autoren schilderten einfach die äussere Form der Cacteen ohne Rücksicht auf ihre morphologische Bedeutung. De Candolle (1828) war hinsichtlich der morphologischen „Deutung Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. Mo. Bot. Garden, 1895. 50 Bahnbrecher. Er hielt die meisten Cacteen für vollständig blattlos, die Dornen nicht für umgewandelte Blätter. Die für diese Familie so charakteristisehen Mamillen oder Blattkissen hielt er bei Mamil- laria für Blätter, bei anderen Gattungen nur für Blattträger. Eine genauere Erörterung dieser Punkte wurde von Zucecarini (1836) gegeben, welcher zum Schlusse kam, dass alle Cacteen, ausser Mamillaria, Eehinocactus, Melocactus und einigen Cerei, Laubblätter besitzen, dass die Dornen umgewandelte Blätter (Knospenschuppen) und die Borsten Triehomgebilde sind, dass die Blattkissen Stamm- nicht Blattnatur besitzen und dass durch deren Verschmelzung die Rippen zu Stande kommen, Weiter nahm er an, dass bei jeder Blattachsel zwei Knospen, eine äussere und sterile, welehe nur Dornen (Knospenschuppen) er- zeugt, und eine innere und fertile, welche Blüthen oder Aeste trägt, vorhanden sind. Treviranus (1838) schrieb, dass die Dornen auf der Spitze einer Mamilla „Endungen eines nur theilweise entwickelten Blattes“ sind und die der Achselknospe „eine verkümmerte und ver- wandelte Blattknospe* darstellen. Ein bedeutender Fortschritt war die Abhandlung von Kauffmann (1859), worin er Vebergangsformen zwischen Dornen und Blättern schilderte und abbildete und zudemSchlusse kam, dass Blätter und Dornen morphologisch identisch sind, und dass die letzteren nur Knospenschuppen darstellen. Die Morphologie des Blattkissens hat er gut verstanden, aber in jeder Blattachsel von Behinoenetus und Mamillaria hat er zwei Knospen, in den anderen aber nur eine gefunden. Vöchting (1874) in seiner umfangreichen Arbeit über Rhipsalis hielt die Dornen für Emergenzen und nahm an, dass die Blätter bis an die äusserste Spitze mit dem Stamm verwachsen sind. Er erkannte das Blattkissen nicht und hielt alle die Knospen, welche in der Achsel des Blattes von einigen Rhipsalis-Arten vor- kommen, mit Ausnahme je einer einzigen für endogenen Ursprung“. Delbrouk (1875), welcher die Entwickelung der Dornen unter- suchte, kam zum Schlusse, dass dieselben Emergenzen, mehr Phyllome als Thallome sind. Demnächst stossen wir auf die schon erwähnte Arbeit von Goebel (1889). Darin hat er bewiesen, dass eine be- sondere morphologische Einheitlichkeit in der ganzen Familie herrscht, dass alle Cacteen Blätter besitzen, auf deren Basen die Achselknospen angelegt sind, und dass Blatt und Knospe zu dem Blattkissen aus- wachsen. Er findet nur eine einzige Achselknospe bei jedem Blatt und vertheidigt die Ansicht, dass die zwei Vegetationspunkte von Mamillaria nur zwei Theile eines einzigen in die Länge gezogenen 51 Vegetationspunktes sind. Er hielt die Dornen für umgewandelte Blätter. Goebel’s Abhandlung enthält zugleich die einzige biolo- gische Betrachtung der Familie, welche bis jetzt veröffentlicht ist. Kurz nachher (1889) sind Wetterwald’s Studien erschienen, welcher unabhängig zu vielen der von Goebel ausgesprochenen An- sichten und Deutungen gelangte. Die Dornen hielt er für Blätter, den inneren Vegetationspunkt von Mamillaria aber für eine Neu- bildung. Schliesslich sind zu erwähnen drei Abhandlungen von Schu- mann (1890, 1891, 1894), worin er auf allgemeinere Erwägungen und nicht auf neue Untersuchungen die Meinung gründete, dass die Dornen Emergenzen sind und dass der innere Vegetationspunkt von Mamillaria eine Neubildung ist. Die für die Anatomie mehr oder weniger werthvollen Abhandlungen von Schleiden, Caspari, Arloing und Lauterbach haben nur untergeordneten Werth für die Morphologie, was auch für die systematischen Werke von De Candolle, Zuecarini, Engelmann und Schumann silt. Delpino hat Honigausscheidung bei gewissen Arten erwähnt. Aus dem Gesagten geht es hervor, dass die wichtigen Punkte, in welchen keine Uebereinstimmung bis jetzt erreicht ist, folgende sind: l. die Morphologie der Dornen, 2. die Beziehung der zwei Vege- tationspunkte bei Mamillaria zu dem einzigen anderer Gattungen, 3. die Fnntstehung der sogenannten endogenen Vegetationspunkte bei Rhipsalis, Wenn wir hinzufügen, dass der Bündelverlauf mit seinen Ilomologien und die innere Anatomie überhaupt sehr wenig studirt worden sind, und dass nur erst eine Grundlage für die biologische Deutung gelegt worden ist, dann schen wir, dass eine erneute Unter- suchung der Familie eine lohnende Aufgabe ist. Die Beiträge, welche ich zur Aufklärung habe liefern können, sollen nunmehr in Kürze geschildert werden. Opuntia, Die Prineipien der ÖOberflächenvergrösserung der vielfach ver- ästelten und gegliederten Formen dieser Gattung sind von Goebel untersucht und die Entwiekelung des Vegetationspunktes ist von Kauffmann, Goebel und Wetterwald geschildert worden. Die Entwickelung ist kurz folgende. Auf dem Stammscheitel ent- stehen auf gewöhnliche Weise Blätter, und bald werden auf deren Basen Achselknospen angelegt.‘) Dicht oberhalb der Knospe hört 1) Auf der Blattbasis aber in Berührung mit dem Stamm, nicht mit einem Zwischenstück wie Schumann sagt. 4 52 eine Zone des Blattgewebes auf zu wachsen, so dass beim weiteren Wachsthum des Gebildes die Stelle als Einsehnürung erscheint, wo später das Blatt abbricht. Die Achselknospe erzeugt Haare und zugleich auf ihrer äusseren (Blatt-)Seite Anlagen, welche mit Blatt- anlagen identisch sind. Ich finde bei 0. arborescens und anderen, dass zwei solche Anlagen, eine rechts und eine links vom Tragblatt, und zwar nach einander zum Vorschein kommen, Später tritt eine weitere Anlage innen (sprosswärts) von den zwei, dann weiter einwärts wieder zwei, dann wieder eine und so weiter in der Anordnung, welche in Fig. 1 abgebildet ist. Unterdessen wachsen der Stamm und die später das Blattkissen bildende Vereinigung von Blattbasis und Achselspross aufsolche Weise, dass die zuerst gegen die Stammachse gerichtete Knospe (welehe mit ihren Erzeugnissen in spä- teren Stadien Dornpolster genannt wird) sich fast um 180° dreht, so dass sie endlich gerade von der Achse abgekehrt ist, und wegen der Ver- schmelzung des Kissens mit dem Stamm auf der Stammoberfläche zu sitzen scheint. Diese Vor- gänge sind zun Theil in Fig. 6 diagrammatisch Fig. 1. dargestellt. Sobald als Raum genug auf der Anordnung der Dornen inneren Seite des Vegetationspunktes der Achsel- bei O0. arboreseens. knospe vorhanden ist, treten auf dieser Seite B Blattbündel; Bo Bor- sten; V Vegetations- punkt. Blattanlagen auf, die in unterbrochenen Linien angeordnet sind. Diese Blattanlagen sind viel zahlreicher (bis zu Ilunderten) als die schon erwähnten Dornanlagen, aber sonst ähnlich gebaut und angeordnet. Aus diesen Anlagen gehen die Borsten hervor; Gebilde, welche nur bei der Gattung Opuntia sich finden. Es folgt aus den erwähnten Thatsachen, dass die Anordnung und Entstehung von Dornen und Borsten eine dorsiventrale ist. Die Basen der Blätter am Hauptvegetationspunkt sind dicht ge- drängt aber nicht überall in Berührung mit einander, so dass gewisse kleine Stücke der Stammoberfläche zu Tage treten. Bei den Flach- opuntien sind die Blattkissen schliesslich auf der Oberfläche weit getrennt; bei O. subulata ist über jedes Blattkissen ein freies Areal der Stamm- oberfliche, und endlich bei O0. arborescens, wie sehr leicht an jungen Stadien zu sehen ist, wird das Areal auf ein kleines Stück redueirt, welches dieht oberhalb des Polsters liegend, die obere Grenze der- PP 53 selben bildet und mit dem Wachsthum des Kissens wächst (Fig. 6, So). Dieses Stück der Stammoberfläche ist nieht zu verwechseln mit einem Feld der quergetheilten Blattkissen, wie sie bei manchen Formen auf- treten. Die Achselvegetationspunkte ruhen entweder lange Zeit als entwickelungsfähige Knospen oder sie erzeugen jährlich neue Dornen und Borsten oder sie wachsen zu einem Ast oder einer Blüthe aus. Zunächst müssen wir die Erzeugnisse des Polsters genauer be- trachten. Diese sind Haare, Dornen, Borsten, Kurztriebe, Aeste, Bläthen und seltener Neetarien und Wurzeln. Die Haare sind hauptsächlich Schutzorgane für die Vegetations- punkte. Sie sind ausdauernd, enthalten nur selten Krystalle, und ihre Zellwände, besonders die der Endzellen, sind oftmals so schön gestreift und getüpfelt, dass es fast scheint, als ob sie wasserabsor- birende Organe sind. Die Haare dieser ganzen Familie können als besonders günstiges Material für das Studium der Zellwände empfohlen werden, Eine wichtige Function der Haare ist ihre Verwendung zur Bildung der Haube, welche die Dornen vieler Cylinderopuntiae wie eine weisse zarte Scheide umhüllt. Diese Bildung ist ein Haupt- charakter der Abtheilung Tunicatae und durchaus auf diese beschränkt. Von allen früheren Beobachtern ist sie als eine Epidermis gedeutet worden, aber ihre Entwickelungsgeschichte zeigt uns, dass die JIaare dicht um den jungen Dorn sich schliessen und über ihm zusanımen- kleben und endlich zur mantelartigen Scheide werden. Ueber die biologische Bedeutung der Scheide habe ich mir kein T'rtheil bilden können. Sie ist nicht nöthig zum Schutz der jungen Dornen, weil sie so vielen fehlt. Möglicherweise ist sie eine vererbte Eigenthüm- keit, welche früher wichtig war. !) Die Dornen sind nach Form und Ausbildung sehr verschieden. Ihr Bau und ihre Entwiekelung sind von Delbrouk und Caspari geschildert. Man kann drei Abtheilungen unterscheiden: 1. Schutz- dornen, welehe stark und gerade nach auswärts gerichtet sind und deren diekwandige tüpfellose?) Epidermiszellen mit Haken versehen sind; — 2. die Weichdornen, welche sehr lang und dünn und leicht biegsam sind. Sie stehen nicht gerade nach aussen und sind weiss gefärbt. 0. Scheerii und 0. leucotricha sind ausgezeichnete Beispiele. Die weisse Farbe entsteht dadurch, dass die Epidermis- zellen dünnwandig und mit verschieden geformten Tüpfeln versehen 1) Scheiden von zusammenklebenden Haaren sind anderswo bekannt, ®. Gocbel, Schilderungen II, Taf, XXHI, Fig. 12. 2) Falsche Tüpfel sind durch Pilzethätigkeit vielfach vorhanden, 54 sind, so dass Luft (und Wasser) sehr leicht hinein- und herausgehen kann. Gleiche Tüpfelbildungen finden sich auch in anderen Gattungen. Was ihre biologische Bedeutung ist, kann nur an den natürlichen Standorten festgestellt werden. Sie sind gewiss nicht zur Wasscrauf- saugung angepasst, weil keine Einrichtung vorhanden ist, das Wasser in den Stamm einzuleiten; -- 3. Nectariendornen, welche unten näher beschrieben werden sollen. Um die Morphologie der Dornen ist viel gestritten worden. Zuccarini, Kauffmann, &oebel und Wetterwald halten sie für umgewandelte Blätter, aber De Candolle, Delbrouk und be- sonders Schumann für Emergenzen. Schumann (III) hält sie nicht für Blätter, 1. weil ihre Anordnung nicht spiralig ist, — 2. weil manchmal zwischen den älteren Dornen neue auftreten, — 3. weil die Borsten viel zahlreicher sind, als sonst irgendwo in der Natur Blattanlagen an Seitenästen angetroffen werden. Diese Einwürfe sind leicht zu widerlegen: 1. nicht selten sind wirkliche Blätter dorsi- ventral angelegt, wie hier die Dornen; — 2. eine wirkliche Ein- schiebung von neuen Dornen zwischen den älteren findet nicht statt; ich habe diese Frage sehr genau untersucht und finde keinen Fall davon; bei oberflüchlicher Beobachtung kann allerdings der Schein erweckt werden, wenn ein altes Polster seine Dornen radial und dieht gedrängt anlegt; — 3. dass für gewöhnlich nicht so viele Anlagen auftreten, ist kein Beweis, dass sie nicht auftreten können, wenn Be- dürfniss dafür vorhanden ist, und jedenfalls sind die Anlagen hier nicht viel zahlreicher als die Staubblätter einiger Blüthen. Viel beweiskräftiger aber als diese theoretischen Argumente ist das Vorkommen von normalen Uebergangsformen zwischen Dornen und Blättern, welche Kauffmann vor vierzig Jahren geschildert und abgebildet hat und welche ich auch wieder beobachtet habe. Wenn ein Achselvegetationspunkt von Opuntia aufhört Dornen zu erzeugen und anfängt Blätter zu bilden, so ist der Uebergang nicht plötzlich, sondern allmählich. Nach dem letzten Dorn kommt ein Gebilde, welches an der Basis etwas blattähnlich ist, darauf ein noch blattähnlicheres. Beim nächsten tritt schon die Spur eines Gefäss- bündels (Fig. 2) und einer Achselknospe auf, dann folgt ein Gebilde, welches nur an der Spitze dornähnlich ist und eine gut entwickelte Achselknospe hat (Fig. 3) und schliesslich folgt ein typisches Blatt. Die Zahl dieser Zwischenformen ist sehr verschieden. Manchmal sind nur zwei oder drei vorhanden, in älteren Polstern zuweilen acht oder zehn. Man kann sie nur durch sorgsamste Unter- Ey 55 suchung finden und nur, wenn die erste Anlage des neuen Triebes zum Vorschein kommt, weil sie sehr leicht abbrechen. Ich habe sie bei O. coceinellifera und O, Californica in älteren Polstern am besten ausgeprägt gefunden. Ganz ähnliche Erschei- nungen habe ich bei anderen Gattungen ge- funden, wie später er- wähnt werdensoll. Man kann nicht zweifeln, dass diese Erschei- nungen nur durch Ho- mologie der Dornen und Blätter hervorgerufen werden kann. Man fin- det auch oftmals bei Opuntiaarten Dornpol- ster, welche verzweigt sind, d. h., neue Polster erscheinen zwischen den Dornen eines älteren, und weiter findet man neue, junge Polster in Fig. den Achseln von Dornen an der Basis eines Astes, welcher abgefallen ist. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einer Knospenerzeugung in den Achseln von Dornen zu thun, was gleichfalls für die Blattnatur der Dornen spricht. Die für die Opuntien so charakteristischen Borsten finden sich bei allen Arten dieser Gattung. Sie sind überall sehr gleichartig und sind immer viel kleiner als die Dornen, schlank, verholzt; die Epidermiszellen erzeugen rückwärtsgerichtete Taken. Wenn sie ausgewachsen sind, brechen sie bei leichter Berührung an der Basis ab, was dadurch bedingt ist, «lass das Gewebe der Basis mit Ausnahme der Epidermiszellen desorganisirt ist, so dass die Borsten also nur durch die leicht zerbrechliche Epidermis gehalten werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Borsten angepasst sind, leicht abzubrechen und in dem Fleisch eines Thieres eine Entzündung zu veranlassen, so dass das Thier nachdrücklich an die Gefährlichkeit der Berührung erinnert wird. Manchmal brechen die kleineren Dornen auch auf dieselbe Weise ab. Morphologisch sind die Borsten den 2, Ein Blattdorn Fig. 3. Ein Blattdorn von von einer Platopuntia. 0, coeeinellifera. 56 Dornen gleich. Die Entstehung ist dieselbe, man findet alle Teber- gangsformen und in älteren Polstern geht die Erzeugung von Dornen langsam in die von Borsten über. Bei einigen Arten, wie 0), Rafines- quii und O. vulgaris verschwinden die Dornen allmählich, während die Borsten zahlreicher werden und bei 0. microdasys sind die ersteren ganz verloren gegangen, die letzteren aber schr zahlreich. Nectarien auf den vegetativen Theilen der Opuntien sind bis jetzt nicht geschildert worden, obwohl sie bei Manillaria, Rhipsalis und Cereus ‚bekannt sind. Sie sind indess auch bei Opuntien sehr häufig und scheiden grosse Tropfen von krystallklarem, klebrigem, süssem Ilonig aus, So weit verbreitet ist diese Bildung, dass ich sie fast bei jeder Art!) der Sammlung des Münchener botanischen Gartens gefunden habe. Man findet den Honig auf den Polstern in jungen Sprossen und in älteren, auf welchen jüngere entspringen. Bei den Flachopuntien erscheinen die Tropfen auf den Spitzen je zweier jüngerer Dornen; bei den Cylinderopuntien, wie 0, arborescens und imbricate, aber auf bestimmten, leicht erkennbaren Drüsen, welche in dem jüngsten Theil des Polsters mit ihrem Gipfel in derselben Ebene wie die Spitzen der Haare stehen. Wenn wir die Drüsen genauer be- trachten und ihre Entwickelungsge- schichte studiren, dann bemerken wir, dass sie auf ganz dieselbe Weise wie Dornen entstehen. Zuerst sind sie spitzig, mit Haken versehen. Später aber verholzen sie nicht wie die Dornen, sondern sie wachsen schnell in die Dicke (Fig. 4) und an ihrer Basis entstehen Gefässbündel. Endlich Fig. 4. Drei Stadien der Entwickelung haben sie eine walzenförmige Gestalt, eines Nectariendornes von O, «borrs- quf dem verbreiteten Kopf steht noch die mit Haken verschene Spitze. Die Zellen bleiben noch unverholzt und inhaltsreich, und eine Cuti- eula sondert sich ab (Fig. 5), zwischen welcher und der Drüsenober- fläche der IIonig ausgeschieden wird. Schliesslich zerreisst die Cuti- EENS, I) Bei 0, arborescens, imbricate, monceuntha, triacantha, ‚Anyelaca, glauco- phylla, aurentiaca, Scheerü, robuste, enerinellifera, Engelmanni, psendotune, deeu- merva, eletior, Californica und zwei unbestimmten Arten. Für die Kiehtigkeit der Bestimmung kann ich nicht einstehen. Bei nur einer einzigen Art konnte ich sie nicht finden, O0, Zeweotrich«, bei welcher die jungen Sprosse von vielen schwachen Dornen umhüllt sind. wre „> N 57 cula und der Honig steht als grosser Tropfen auf der Drüse. Später schrumpfen die Drüsen, verholzen und werden ausdauernd, so dass sie auch noch in alten Polstern zwischen den Dornen leicht zu finden sind. Es kann gar keinem Zweifel unter- liegen, dass die Drüse einen umgewandelten Dorn darstellt. Bei den Flachopuntien ist der Fall etwas anders. Hier sind keine besonderen Drüsen, sondern nur Dornen, welche mit Fig. 5. Die Spitze eines Nec- blossem Auge durch ihr zartes Aussehen tariendornes von 0. urboreseens. auffallen und von gewöhnlichen Dornen derselben Grösse dadurch unterschieden sind, dass sie unverholzt bleiben, dieker werden und Gefässbündel ausbilden. An der Spitze der lIaken scheint eine Cuti- cula ausgebildet zu werden; sonst habe ich hier keine Cuticular- bildung sicher nachweisen können. Sie dürfte aber wohl an der ganzen Oberfläche vorhanden sein. Nachdem der Ilonig ausgeschieden ist, verschrumpfen und verholzen die Dornen und dauern zwischen den übrigen Dornen aus. Es ist klar, dass wir hier mit einem ein- facheren Fall derselben Erscheinung als bei den Cylinderopuntien zu thun haben, und zweifellos wird genauere Untersuchung die Zwischen- stadien zu Tage bringen. Die biologische Bedeutung dieser Neetarien ist ganz unbekannt. Die Analogie veranlasst uns zu der Vermuthung, dass eine Unter- suchung am natürlichen Standort ergeben wird, dass diese Caeteen Ameisenpflanzen sind, möglicherweise mit demselben Erfolg wie ge- BE Er Ku aa EL U SSLERERENDERN wisse Acacien. Wurzeln können bei gewissen kriechenden Formen, wie 9. Rafi- nesguit und Q. vedyaris, aus den Polstern bervorwachsen. Der Vege- tationspunkt hat nichts damit zu thun. Die Wurzeln gebrauchen nur das Polster als Durchbruchstelle durch die Epidermis. Derselbe Vegetationspunkt, weleher die Dornen erzeugt, wächst zu einer Blüthe oder einem Ast aus. Von den letzteren giht es zweierlei Arten: gewöhnliche Sprossäste und sehr kurze Aeste, welche kaum aus dem Polster hervorragen und von ibm schwer zu unter- scheiden sind. Die letzteren sind auch noch in anderen Gattungen vorhanden und werden in dem Abschnitt über Cereus, wo ich sie genauer studirt habe, näher besprochen werden. Hier möchte ich einige Bemerkungen über die Anatomie der Opuntien hinzufügen. Die Opuntien zeigen uns die typische Gaeteen- anatomie. Schleim, dessen biologische Bedentung bei der Besprechung 58 der Gattung Rhipsalis diseutirt werden wird, ist reichlich vorhanden. Krystalle sind besonders häufig in älteren Theilen, wahrscheinlich zahl- reicher als irgend anderswo in der Pflauzenwelt. Der Reichthum der Cacteen an Krystallen ist zum Theil Resultat des Fehlens abfallender Theile und der Condensation des Saftes durch langsames Wachsthum. Fig. 6. Diagramm des Bündelverlaufs u. s. w. bei einer Cylinderopuntia. B Blatt; Bo Borsten; D Dornen; So Stammoberfläche; V Achselvegetationspunkt; VP Haupt- vegatationspunkt; B.Syst. Blattsystem: B.P.Syst. Blattpolstersystem: P,Syst. Polster- system; P.S.Syst. Polsterstammsystem: S.Syst. Stummsystem. Interessant ist bei 0. sebulate das Vorkommen von rundlichen licht- brechenden Massen, welche nach der freundlichst gemachten Unter- suchung meines Freundes Dr. M. Raciborski Einschlüsse von Kalkphosphat in Eiweiss sind. In jungen Sprossen bilden sie einen vollständigen Panzer dicht unterhalb der Epidermis, wahrscheinlich 59 ein Schutz gegen das Gefressenwerden durch kleine Tiere. Die Epidermis, der Kork und das Hypoderm sind nicht so mächtig ent- wickelt als in einigen anderen Gattungen. Ich habe den Bündelverlauf ziemlich genau untersucht (Fig. 6). Bei typischen Fällen erzeugen die Blattspuren in der Nähe des Winkels, wo sie von dem Stamme ausbiegen, die nächst höheren Blattspuren und an ungefähr demselben Ort eine Quer- bindung zu dem vereinigten Blattspur- strang der nächsten Orthostiche (Fig.7). Dadurch ensteht das für diese Gattung so charakteristische Netzwerk mit grossen Marköffnungen. Das System des Achselsprosses geht in typischen Fällen nicht von dem System des zu- gehörigen Blattes aus, sondern es entspringt oberhalb der Blattspur aus den Maschen der vereinigten Blatt- spurstränge (Fig. 6 und 7). Zwischen Achselspross- oder Polstersystem und Blattkissen ist eine wichtige Queiver- bindung vorhanden (B.P.Syst. in Fig.6), Manchmal bei Opuntien und besonders bei anderen Gattungen fehlt das Pol- stersystem oder es ist mit dem Blatt- system vereinigt. Im ersten Fall ist das Polstersystem durch die Blattpolster- verbindung ersetzt. Noch ein System, Fig. 7. Diagramm des Bündelver- welches bei Cylinderopuntien Bedeu- laufr u. sw. bei einer Flachopuntin. : : Buchstaben wie bei Fig. 6. tung hat, ist ein Polsterstammsystem {P.S.Syst. in Fig. 6), welches, wenn die Kissen älter werden, eine starke directe Verbindung zwischen Polster und Stamm herstellt, Alte diese Thatsachen sind ohne weitere Bemerkungen durch die Figuren 6, 7 und 5 klargelegt. Bemerkungen über einzelne Arten. Gewisse Flachopuntien, besonders O, robuster scheinen mir sympo- dial zu wachsen. Die Polster sind so weit von einander getrennt, dass der Hauptvegetationspunkt nieht von den nächstliegenden Polstern geschützt ist, sondern in das umliegende Gewebe eingesenkt ist. Er 60 scheint nicht weiter zu wachsen, aber ein seitlicher Punkt er- setzt ihn. O, tesselata besitzt sehr langgestreckte Polster mit einer grossen Zahl von Borsten. Sie sind aber alle von einem Vegetationspunkt erzeugt und durch das Wachsthum des Stammes zu einer langen Linie ausgezogen. O. subulata. Engelmann hat gezeigt, dass die frühere Peireskia subulata wirklich eine Opuntia ist, zum Theil weil die Dornen mit Haken versehen sind und Borsten vorhanden sind. Ich finde, dass diese beiden Charaktere bei Peireskia spatulata auch vorkommen und dass hier Fig. 8. Bündelverlaufin wie auch bei. subulata keine Peireskia-ähnliche einem Blattkissen. Quer- Trennung des Achselvegetationspunktes stattfin- schnitt in der Riehtung det, wodurch es möglich scheint, dass beide Formen a eh Opuntien sind. Beide Arten erzeugen neben Fig. 6. Dornen und Borsten langgestreckte haarähn- liche Gebilde, welche aus mehreren Zellen- reihen bestehen und welche auch bei Peireskia vorkommen. Mög- licherweise sind alle subulata- und spathrlata-ähnliche Peireskien, obwohl Uebergangsarten, näher mit Opuntia als mit Peireskia verwandt. Peireskia. Bei dieser verhältnissmässig kleinen (ungefähr 13 Arten) Gattung sind zweierlei Gestaltsformen vorhanden: 1. verästelte holzige mit breiten abfallenden Blättern versehene Sträucher oder kleine Bäume, und 2, fleischige eylinderopuntienähnliche einen Uebergang zu Opuntia bildende Formen mit dieken oder walzenförmigen Blättern. Nur die ersteren und hauptsächlich die Langtriebe von /. «culeata hatte ich Gelegenheit zu untersuchen. Ihre Entwickelung ist, abgeschen von einigen Bemerkungen von Kauffmann, noch nicht untersucht worden. Auf dem Stammscheitel entstehen auf ganz gewöhnliche Weise Blätter und verhältnissmässig später als bei Opuntia entstehen Anlagen von Achselknospen. Die allererste Anlage derselben habe ich nicht sicher bestimmen können; sie dürften wohl auf der Blattbasis wie bei Opuntia, aber in Berührung mit dem Stamm entspringen. Ganz sicher ist es, dass sie bald nach ihrer Anlage gleich in dem Winkel zwischen Blatt und Stamm und mit beiden in Berührung stehen. In diesem Stadium kommen auf der inneren (Stamm-)Seite der Achsel- knospe lange Gebilde zum Vorschein, welche mehrzellreihigen Haaren 61 gleichen, welehe entweder mit den schon erwähnten gleichgeformten Haaren von Opuntia subulata identisch sind oder möglicherweise mit Borsten homolog sind. Auf der äusseren (Blatt-)Seite entstehen zwei Anlagen und zwar nach einander, welche später zu den Kletterdornen auswachsen, Später fallen die Blätter ab, wie bei Opuntia und auf analoge Weise bewegt sich das Polster nach aussen bis es wie bei Opuntia gerade auf der Stammoberfläche zu sitzen scheint. Bei weiterem Wachsthum aber verhält sich die Achselknospe ganz verschieden von derjenigen von ÖOpuntia. Durch schnelles Wachsthum des Stammes wird der Vegetationspunkt ausgestreckt und erzeugt in der Mitte Haare und geht in Dauergewebe über. Ein Ende des Vegetationspunktes (der zukünftige „äussere Punkt“) bleibt auf oder mit der Blattbasis zurück, während das andere Ende (der zukünftige „innere Punkt“) durch weiteres Wachsthum les Stammes weit von dem anderen stammscheitelwärts fortgetragen wird (Fig. 9). Dadurch kommt es, dass das Polster lang ausgestreckt ist, und stu- fenweise durch überwölbendes Wachs- thum des umliegenden Gewebes theil- weise besonders am oberen Ende eingesenkt wird und durch noch weiteres Wachsthum kommt er end- lich am Boden eines ab- und aus- wärts gerichteten Kanales oder tiefen Grube zu liegen (Fig. 9.) Diese Grube aber ist nicht leer, sondern mit kork- artigem Gewebe gefüllt, dessen Ur- . . . sprung, obwohl ich es noch nicht Fig. 9. Die zwei Achselvegetations- punkte vun P. weuleatay, B, Blatt; D. genau untersucht habe, wohl von Dorn ; F.Furche oder Kanal; Vaäusserer dem Gewebe, welches den inneren _Vegetationspunkt; Vi innerer Vege- Punkt umgibt, ausgehen dürfte. Ilier tationspunkt; haben wir eine Erscheinung vor uns, andere Buchstaben wie bei Fig. 6. welche ohne Kenntniss des Entwickelungsvorganges leicht als endogene Knospenbildung gedeutet werden könnte. Wir werden später sehen, dass eine gleiche Trennung eines Vegetationspunktes auch in anderen 62 Gattungen stattfinder, Wenn wir nun diese zwei Vegetationspunkte weiter verfolgen, so finden wir, dass der äussere gewöhnlich zwei Kletterdornen erzeugt und später noch andere, welche hier spiralig angelegt werden, nieht wie bei Opuntia dorsi- ventral. Schliesslich wächst der Punkt nach / \ Erzeugung von zwei oder mehr Dornen zu \ einem Ast aus. Der innere bleibt nicht lange als Ruhepunkt,sondern wächstdurch denKanal bis zur Oberfläche, wo er als ruhende Knospe lange Zeit ausdauert (Fig. 10V). Häufig ge- schicht es, wenn der äussere Punkt ohne weitere Dornbildung zu einem Ast aus- PR wächst, dass der letztere den inneren Vege- tationspunkt emporträgt, so dass er wie eine SSybst ? ji Knospe ohne Stützblatt auf dem neuen Ast | in der Nähe des Winkels sitzt. B Syst. Wenn der junge von dem äusseren Punkt erzeugte Ast weggenommen wird, wie ich es künstlich versuchsweise gethan habe, so Fig. 10. Die zwei Achselvege- wächst sofort der innere Punkt auch zu tationspunkte von P. aenleatae, einem Ast aus, was uns zeigt, dass er hier Der innere ist zur Oberfläche eine Art Ruheknospe wirklich darstellt. Bei gelangt. Buchstaben wie bei „nderen Arten, welche achselstündige Blüthen Fir 9 besitzen, ist er wahrscheinlich eine Blüthen- knospe, weil die Schilderungen von solchen Arten ergeben, dass die Blüthen aus den Achseln dieht oberhalb der Polster hervorkonmen. Das Verhalten der Kurztriebe ist gleich, nur mit dem Unterschied, dass dureh weniger Längenwachsthum die zwei Vegetationspunkte ein- ander nahe bleiben. Jetzt liegt die Frage sehr nahe, kommt diese Erscheinung, d.h. die Trennung des Achselvegetationspunktes, bei anderen resp. allen holzigen Peireskien vor. Leider habe ich dies wegen Mangels an Material nieht bestimmen können, aber es dürfte wohl der Fall sein. Was ihre biologische Bedeutung ist, das kann man nur bestimmen, wenn (die eigentliche Function des zweiten Punktes bekannt wird. Möglicherweise ist sie eine Einrichtung, eine zweite Reilie von Knospen als Reserve bei Verletzung der ersteren Reihe zu liefern. Die Dornen sind von zweierlei Art: 1. dieke, rückwärtsgekrümmte Kletterdornen und 2, längere, gerade, schlanke, hakenlose Schutz- dornen. Uebergangsformen zwischen Dornen und Blättern werden 63 nur durch kleine schwarze Schuppen auf den Basen der neuen Zweige dargestellt. Das einzige wohlentwiekelte Blatt aus der Mitte des Polsters, welches häufig bemerkt und von Zucearini abgebildet worden ist, stellt nur ein Blatt des neuen Astes dar und ist mit dem Habitus der gewöhnlichen Kurztriebe vergleichbar, weil die letzteren regelmässig im ruhenden Zustand ein wohlentwiekeltes Blatt am Ende des Stammes tragen mit dem lHaupfvegetationspunkt im ruhenden Zustand an seiner Basis. Gochbel’s Experiment,‘ welches ich viel- fach nachgemacht habe, wo in Folge des Abschneidens einer Ast- spitze der äussere Vegetationspunkt einen Ast hervortreibt, zeigt uns, dass gewisse Anlagen des Achselvegetationspunktes Blätter anstatt Dornen erzeugen können. Anatomisch stehen die holzigen Peireskien anderen holzigen Pflanzen sehr nahe. Hier will ich nur bemerken, dass Schleim vor- handen ist, dass sonderbar verzweigte Selerenehymfasern in den Blatt- basen von P. aeuleata vorhanden sind, dass die grossen Marköffnungen mit einer prachtvollen Zwischenform zwischen gewöhnlichen Mark- strahlzellen und den Rundzellen der Cacteen gefüllt sind, und dass Chlorophy!! in dem Gefässsystem vorhanden ist. Das Bündelsysten ist einfach und im Allgemeinen gleich dem von Opuntia und wahrschein- lich ist es das Polsterstammsystem (P.S.Syst.), welches das Polster mit dem Stammeylinder verbindet. Die mögliche Zugehörigkeit ge- wisser Peireskien zu den Öpuntien ist schon hei Besprechung der letzteren erwähnt. Cereus. Bei allen Formen dieser grossen Gattung (ungefähr 200 Arten) herrscht eine eigenthümliche Gleichförmigkeit au Gestalt; fast alle sind ungegliederte, selten ästige, sänlenförmige, senkrechtstehende, kriechende oder hängende Gebilde. Oberflächenvergrösserung ist ge- wöhnlieh dureh Rippen zu Stande gebracht. Die Entwiekelung des Sprosses ist durch Goebel’sund Wetter- wald’s Schilderungen wohl bekannt. Blattbildung, Anlage der Achsel- knospen, Wachsthum des Blattkissens sind am Anfang ähnlich wie bei den Opuntien. Die Dornen sind immer nur dorsiventral angelegt, aber es werden keine Borsten erzeugt. Mit Ausnahme von €. fr- angularis, bei welchem auf der Stammseite der Achselknospe lange mehrzellreilige Haare entstehen, ähnlich jenen, welche schon bei Peireskia geschildert worden sind, habe ich keine Bildungen auf der Stammseite der Achselknospe von Cereus gesehen. Der Vegetations- 64 punkt selbst aber liegt in älterem Zustand tiefer in dem Polster ein- gesenkt als bei Opuntia und hat fast nie Raum für Produktionen auf der inneren Seite. So viele Dornen aber sind oftmals dorsiventral angelegt, dass man die reihenweise Anordnung derselben olıne Weiteres sehen kann. Endlich ruht der Vegetationspunkt lange Zeit oder wächst zu einer Blüthe oder zu einem Ast aus, die scheinbar und, wie auch die meisten Autoren angeben, dicht oberhalb des Kissens entspringen. 7/wischen Linien von dichtstehenden Blattkissen und vollständigen Rippen sind alle Uebergangsformen und in gewissen Fällen, wie bei Ü. Chilensis, können wir zuweilen ein nacktes Stück der Stammober- fläche wahrnehmen in derselben Weise, wie bei Opuntia geschildert worden ist. Die an Grüsse, Gestalt und Farbe sehr verschiedenen Dornen sind mit Ausnahme der Honigdornen ohne erwähnenswerthe Eigen- thümlichkeiten. Delpino hat Ilonigausscheidung bei zwei Arten Cereus gesehen, (. Pernambucensis und C, Napoleonis, und meint, dass der Ilonig von der Blattbasis, und zwar auf dem Rücken der- selben, ausgeschieden wird, lch habe diese Erscheinung nur bei C. Zriangularis gesehen, wo sie sehr früh zum Vorschein kommt und zwar wenn die Blätter noch so dieht gedrängt sind, dass sie in Berührung stehen. Wenn man nun cin Blatt, auf welchem ein grosser Hlonigtropfen steht, genau betrachtet, so kann man sehen, dass aus dem Polster des nächstunter- liegenden Blattes zwei zarte Dornen mit verschrumpften Spitzen her- vorragen. Sie sind lang genug den Jlonigtropfen zu erreichen und manchmal sind sie mit demselben in Berührung. Bei noch jüngeren Stadien, wo der Ilonig nach nicht vorhanden ist, sieht man dieselben zwei Dornen jetzt aber unverschrumpft und zart lichtbrechend. Ob- wohl ich die eigentliche Ausscheidung des Honigs, welche schr schnell zu Stande kommen muss, nicht habe sehen können, kann es doch keinem Zweifel unterliegen, dass der Honig von diesen Dornen aus- geschieden wird, während sie mit dem darüberstehenden Blatt in Berührung sind. Durch rasches Waehsthum werden die Blätter von den Dornen weit entfernt. Hier drängt sieh die Frage auf, ol das Vorhandensein des Honigs auf dem Blatt anstatt auf den Dornen von Vortheil ist, oder eine mehr zufällige Wachsthumserscheinung darstellt. Man kann leicht die Entwiekelung dieser Dornen verfolgen und findet, dass sie zart und inhaltsreich in den Polstern liegen. Sie sind die ersten Dornen des Polsters und werden successiv angelegt 65 und ausgebildet. Die letztere Thatsache erklärt die oftmals vor- handene Erscheinung, dass der Honig zuerst in zwei Tropfen, der eine oben und seitwärts von dem andern, auftritt, welche später ver- schmelzen. In älteren Polstern kann man die verschrumpften Dornen sehen. Die Honigausscheidung habe ich bei anderen Arten auch bei sorgsamster Untersuchung nicht finden können. Der Achselvegetationspunkt wächst manchmal zu einer Art Kurz- trieb aus, wie schon bei Opuntia erwähnt worden ist, Dieser ragt kaum aus dem Polster hervor und scheint fast ein neues Stück desselben zu sein. Er ist aber radial gebaut und erzeugt wirkliche Blätter, an deren Basen dornenerzeugende Achselknospen vorhanden sind. Eine Eigen- thümlichkeit dieser Kurztriebe liegt darin, dass die Blattbasen wohl etwas wachsen aber nicht zu Rippen vereinigt werden. Sie bleiben sehr dünn, so dass jedes Blatt und Achselpolster auf einem Stiel zu sitzen scheint. Diese Triebe wachsen nicht weiter, sondern sie ver- holzen und sie dauern aus. Man kann sich denken, dass sie das Resultat des Bestrebens des Vegetationspunktes einen Ast zu bilden sind, dass aber dieses Bestreben durch ungünstige Umstände früh- zeitig unterdrückt wird. Dadurch erklärt sich ihre Schmächtigkeit, ihre Kürze und die schwache Ausbildung der Blattkissen.!) Anatomische Bemerkungen. Schleim ist reichlich vorhanden und je dünner die Stämme sind, desto reichlicher ist der Schleim. Junge Sprosse und sogar zu- weilen junge Dornen sind rotlı gefärbt, was an Stahl’s Bemerkung erinnert, dass solche rothe Farbe mit Vorhandensein von Gerb-(Schutz-) Stoff verbunden ist. Der Bündelverlauf zeigt uns verschiedene Blatt- und Sprosssysteme mit einer Zwischenbindung in der Nähe des Polsters, Von dem Blatt- systeme entspringen Bündel, welche nach rückwärts zu den Zwischen- stücken der Rippen verlaufen. In der Mitte zwischen den Rippen- leisten und dem Stammeylinder läuft ein System zwischen den successiven Blatt- und Polstersystemen. Sehr gut ist das bei Ü. Schrankii ausgeprägt. Es wäre möglich diese Verbindung mit dem Polster- stammnsystem der Opuntien in Parallele zu setzen. 1) Einen solchen Kurztrieb hat Wetterwald ohne Verstehen seiner Natur abgebildet. (Taf. IH, Fig. 24 und Taf. V, Fig. 29.) Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 5 66 Pilocereus. Diese Gattung ist wahrscheinlich nur ein Cereus mit grösseren Polstern. Die Iaare des lHaarschopfes bei P. Houlletianus scheinen wirkliche Haare von vielen Zellreihen zu sein, während dieselben P. senilis Dornen sind. Cephalocereus. Diese Gattung scheint in ihrer Morphologie Cereus zu gleichen mit Ausnahme der Cephaliumbildung, welche von Goebel geschildert worden ist. Die theilweise Sonderung von Blatt und Spross und grössere Entwickelung des Blattes, wenn sie wohl geschützt in dem Cephalium sind, zeigt uns, wie abhängig das Vorkommen der Blatt- kissen von Trockenheit ist. Echinocereus. Das morphologische Verhalten dieser Gattung ist dem der Cereus- arten gleich. Bei den kriechenden Formen findet man das obener- erwähnte „Stammstück’ zwischen den Polstern gut ausgeprägt und eine ausgesprochene Tendenz, Blatt und Achselknospe zusammen durch basales Wachsthum emporzuheben, so dass das Polster auf der Spitze eines walzenförmigen lHöckers steht; das sogenannte Blatt an den Fruchtknoten, welehes in der Nähe seiner Spitze sein Polster trägt, ist nielts anderes als ein solcher Höcker. Auf der Spitze des oben- erwähnten Höckers ist der Raum so gering, dass das Polster sehr beschränkt und der Vegetationspunkt tief eingesenkt ist. Bei einigen Arten, wie z,B. E. Blanckii, muss die Blüthe rep. Ast das umliegende Gewebe durchbrechen. Wenn man einen solchen durchbrechenden Spross betrachtet, sieht man, dass die erstgebildeten Dornen vielfach gekrümmt sind. E. caespitosus, Vertreter der säulenförmigen Formen, hat die Weichdornen besonders gut ausgeprägt mit charakteristischer Epider- mistüpfelbildung und weisser Farbe. Phyliocactus. Diese Gattung unterscheidet sich in morphologischer Ilinsicht nicht von Cereus, und dasselbe gilt auch, wie Goebel gezeigt hat, für andere Charaktere. Deswegen hat Goebel vorgeschlagen, Cereus und Phyllocaetus zu vereinigen. Allein es wäre besser für bequemere Betrachtung der Familie sie getrennt zu halten. Was Zuecarini in den dreissiger Jahren sagte, ist noch heute wahr, — „die Genera ur sr 67 (d. h. der Cacteen) seien nur künstliche, in der Natur auf keine Weise begründete Abtheilungen, die man indessen der bequemeren Uebersicht wegen vorläufig bestehen lassen muss“, und wie Schu- mann behauptet, zwingen dieselben Prineipien, welche Phyllocactus und Cereus vereinigen würden, alle Cacteen in drei Gattungen zu setzen. Eine solche Eintheilung wäre viel unbequemer als die gegen- wärtige und doch noch nicht natürlich, Die Flachsprossformen zeigen die Anwendung der Blätter als Schutzschuppen für die Polster, welche deswegen wenige Haare zu erzeugen brauchen. Eine blattähnliche Entwiekelung des Rückens des Blattkissens, wie bei P. erenatus, eine Einrichtung, welche bei Rhipsalisarten besonders häufig vorkommt, ist bei gewissen Flach- sprossformen gut ausgeprägt. Die geringe Anzahl oder das gänzliche Fehlen der Dornen ist mit ihrer Lebensweise als Waldbewohner oder Epiphyten verbunden. Schleim ist reichlich vorhanden. Das Bündel- system ist sehr ähnlich dem der Üereusarten. Epiphyllum. Diese Gattung ist nur ein Cereus oder besser ein Phyllocactus, welcher zuweilen gegliedert ist. Man findet Glieder mit drei oder vier Rippen. Die unteren Polster jedes Gliedes sind gewöhnlich steril, die zwei oberen aber wachsen so stark, dass das obere Ende des Gliedes eine viereckige Gestalt besitz. Aus den Achseln kommen neue Sprosse hervor, so dass jedes Glied‘ gewöhnlich drei Sprosse, einen terminal und zwei lateral, austreibt. In gewissen Fällen, wie z. B. häufig bei E, Russellianumn kommen mehrere, bis zu sieben hervor. Trotz sorgsamster Untersuchung habe ich die Spuren anderer Blätter oberhalb der zwei grossen Polster nicht finden können, so dass es scheint als ob wir es hier zu thun haben mit einer Trennung des Achselvegetationspunktes auf ungefähr dieselbe Weise wie bei Rhipsalisarten. Die Sache verdient noch genauer untersucht zu werden. Wenn keine Trennung des Achselvegetationspunktes statt- findet, dann muss eine Verzweigung des Hauptpunktes eintreten. Echinopsis. Diese Gattung stellt nur kugelige oder kurz säulenförmige Cereen dar und stimmt in ihrer Morphologie vollständig mit jener Gattung überein. Bei einigen Arten, z. B. #. Eyriesii, kann man schöne Ueber- gangsformen zwischen Dornen und Blättern auf der Basis der jugend- 68 lichen Sprosse finden. Dieselben sind noch zahlreicher als bei Opuntia und noch leichter zu finden. Das Bündelsystem zeigt das eigenthümliche Marksystem, von welchem De Bary (vergl. Anat. 8. 322) gesprochen hat. Das . Collenehym ist wie in den meisten kugeligen gerippten Formen be- sonders stark ausgebildet. Rhipsalis. Alle die ungefähr 30 Arten dieser Gattung sind Epiphyten, ob- wohl man sagt, dass einige derselben auf trockenen Felsen gedeihen können. Ihre Anatomie ist von Vöchting und ihre Formverhält- nisse, Verwandtschaften u. s. w. von Goebel untersucht worden. Ich habe die Entwiekelung einer eylindrischen Form R. pulri- nigera studirt. Die Blätter sind in Basis und Spreite getheilt; die letztere dauert wie eine Schuppe zum Schutz des Polsters aus und die Basis ist durch langes Stammwachsthum sehr be- trächtlich in die Länge ausgezogen. Das allererste Vortreten der Achselknospe habe ich nicht gesehen. Sie kommt aber ver- hältnissmässig später als bei Opuntia, Cereus u. s. w. zum Vorschein. Kurz nach ihrer Entstehung liegt sie im Winkel zwischen Blatt und Stamm mit beiden in Berührung. Durch weiteres Wachsthum wird der Vege- tationpunkt ausgestreckt, erzeugt in seiner Mitte ITaare und geht dort in Dauergewebe Fig. 11. über. Dadurch entstehen aus dem einen Die drei Achselvegetationspunkte Vegetationspunkt durch eine Trennung bei Ro puleinigeras; NS Ausserer wei, Der innere wird durch weitere Ver- Vegetationspunkt; Vi zweiinnere _, Vegetationspunkte: andere Buch- längerung des Stammes von dem äusseren staben wie bei Fig. 6. etwas entfernt. Bei dem letzteren findet später eine nochmalige Trennung statt, so dass wir drei und wahr- scheinlich in anderen Fällen noch mehrere Vegetationspunkte in der Achsel jedes Blattes finden (Fig. 11). Durch Wachsthumsprocesse, welehe vergleichbar mit den schon bei ÖOpuntia geschilderten sind, wird der äussere Punkt auch auf den Stamm verschoben. Es ist klar, dass wir es hier mit derselben Erscheinung zu thun haben, wie sie schon bei Peireskia zeschildert worden ist, nur mit dem Unterschied, dass mehrere und dicht bei einander liegende Punkte hier aufein- ander folgen. S.Sysi —._, 69 Gleichzeitig wächst der Stamm in die Dicke, und weil die Vege- tattonspunkte ungefähr auf derselben Stelle bleiben, so kommt es, dass dieselben endlich in der Tiefe eines Kanales sitzen, dessen Höhlung durch Wachsthum eines aus den haartragenden Zellen ent- stehenden Gewebes gefüllt wird. Später ruhen entweder die Vege- tationspunkte oder sie wachsen zu Blüthen oder Aesten aus. Die Schilderung und Erklärung dieser Vorgänge sind von Vöchting ganz anders gegeben. Er hielt das Blatt für mit dem Stamm durchaus seiner Länge nach verwachsen und die zwei inneren Vegetationspunkte für endogene auf dem Cambium des Bündelsystemes der Achselknospe entstehende Gebilde. Die vorherstehenden Beob- achtungen zeigen die Unrichtigkeit dieser Meinung und hätte Vöch- ting die Homologien von Rhipsalis z. B. mit Opuntia studirt, so würde er den ersten Irrthum nicht gemacht, und hätte er die Entwickelung der Vegetationspunkte genau verfolgen können, was freilich an seinem Material nicht wohl möglich war, so würde er den zweiten Irrthum vermieden haben. Nur das Vorhandensein eines Blatt- kissens, nicht das eines mit dem Stamm verwachsenen Blattes, macht die Wanderung der Achselknospe auf den Stamm erklärlich, und die Thatsache allein, dass die inneren Vegetationspunkte von vornherein oberflächlich in der Vertiefung liegen, zeigt uns, dass sie nicht aus dem Gambium des Polstersystems abstammen können, Das Vorkommen von Honigausscheidung bei Rhipsalis ist von Irmisch, Delpino und Goebel erwähnt worden und die Schilde- rungen der beiden erstgenannten Autoren zeigen, dass der Honig von sehr schlanken Dornen ausgeschieden wird, — eine Uebereinstim- mung mit Opuntia und Rhipsalis, welche zu erwarten ist, Die Untersuchungen von Vöchting lassen nicht viel über die Anatomie der Rhipsalideen zu sagen übrig und ich werde hier nur einige allgemeine Bemerkungen machen. Schleim ist gewöhnlich oftmals in einer ungeheueren Menge vorhan- den. Was seine biologische Bedeutung betrifft, so liegen zwei Möglich- keiten vor. Er kann entweder ein Schutzmittel gegen Gefressenwerden dureh Thiere sein, wie Stahl meint, oder eine Einrichtung um Wasser festzuhalten. Ohne auf Einzelheiten näher einzugehen genügt es zu sagen, dass Grund zu sein scheint, den Schleim für eine hauptsäch- lich wasserspeichernde Einrichtung zu halten. Es liegt die Frage nahe, warum haben diese Epiphyten solehen Schleim- und Cutieular- schutz gegen Transpiration, welche letztere oftmals hier besser ent- wiekelt sind als bei vielen wüstenbewohnenden Cacteen. Die Ant- 70 wort dürfte kurz die sein, dass diese Arten als Schattenpflanzen eine weit grössere Oberfläche dem Licht darbieten müssen als die in Wüsten, d. h. an sonnigen Standorten lebenden Formen. Sie müssen aber Perioden der Trockenheit durchmachen, haben keine wasserspeichernden Wurzeln und bedürfen deshalb eines Schutzmittels. Da nun das beste Schutzmittel, d. h. die Oberflächeverminderung, bei ihnen nicht vor- handen sein kann, so treten an dessen Stelle die Schleim- und die Cutieulabildung auf. Spross- und Blattsysteme sind verschieden und die grosse Ent- fernung zwischen den Insertionen derselben in dem Holzceylinder scheint zum Theil Resultat der späteren Anlegung der Achselknospe und zum Theil Resultat des internodialen Wachsthums zu sein. Echinocactus. Die über 150 Arten dieser grossen Gattung sind alle nahezu kugelig, mit allen Abstufungen von distineten mamillariaähnlichen Blattkissen durch Mamillenreihen bis zu vollständigen scharfkantigen Rippen. Die Entwiekelung des Vegetationspunktes stimmt mit der- jenigen anderer Cacteen überein. In der weiteren Entwickelung des Polsters aber treffen wir einen Unterschied zwischen den meisten ge- rippten Formen und den, welche mehr oder weniger ausgesprochene Blattkissen besitzen. Die ersteren zeigen kurze, ovale Polster, aus welchen Blüthen und Acste dieht oberhalb der Dornen ganz wie bei Cereus hervorragen, und also ebenso wie dort, besonders bei jungen Exemplaren, wie z. B. E. Wislizeni, auf einem walzenförmigen Höcker sitzen. Bei den Formen mit distineten Mamillen aber wird das Polster durch Wachsthum des Blattkissens ausgezogen, so dass end- lich das dornerzeugende Ende des Polsters an der Spitze des Blatt- kissens steht. Das blüthen- oder asterzeugende Ende des Polsters aber steht in der Achsel des Blattkissens und die zwei sind durch eine mit Haaren erfüllte Grube oder Furche getrennt. Diese Er- scheinung, wie ich aus den Abbildungen der Autoren ersche, ist am besten bei E. brerihumatus und E. Scheerüi ausgeprägt und auch gut bei £. Bolansis, bei welcher ich sie studirt habe. Hier kann man sehen, dass die Dornanlagen von dem Achselvegetationspunkt dorsiventral an- gelegt sind und alsbald durch Blattkissenwachsthum fortgerückt werden. Dann folgt ein kleines Stück ohne Dornanlagen und schliesslich der Punkt selbst, welcher zur Blüte oder zum Ast auswächst. Dies scheint der Fall zu sein, wo neue Dornen, nachdem die erstgeformten sich entwickelt haben, nicht erzeugt werden. Bei anderen Fällen Pos 71 sehen wir neue Dornen zum Vorschein kommen, nachdem das Dorn- ende des Polsters von dem Vegetationspunkt entfernt ist, was uns zeigt, dass der Punkt selbst gespalten ist, so dass ein Stück mit den Dornen von dem anderen entfernt zu liegen kommt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass alle Abstufungen vorhanden sind zwischen der einfachen Erzeugung der Dornen von einem Vegetationspunkt, dann durch eine Abtrennung eines Theiles, welcher schon zum Theil in Dornanlagen übergegangen ist, bis zu einer Abtrennung eines Theiles, weleber neue Anlagen erzeugen kann. Bei dieser Gattung haben wir also die Ucbergänge zwischen dem Cereustypus und dem der bald zu erwähnenden Mamillariaarten. Die Dornen sind mächtig entwickelt und verschiedenartig geformt und sind entweder Schutz- oder Weichdornen. Neetariendornen sind bei dieser Gattung nicht bekannt. Die Schutzdornen besitzen häufig rückwärts gebogene Spitzen. Die einzige Idee, die ich mir über ihre biologische Bedeutung machen kann, ist, dass sie das Maul eines Thieres, welches die Pflanze zu fressen versucht, nicht nur stechen, sondern auch zerreissen und daher besser ihre Gefährlichkeit dem Gedächtniss des Thieres nachdrücklich einprägen. Eine bei dieser Gattung weit verbreitete Erscheinung ist die Querbänderung der Dornen, welche dadurch entsteht, dass hellere und leistenförmig hervorragende Stücke mit dunkleren und eingesenkten alterniren. Wenn man diese Erscheinung genau und mit 1filfe von Sehnitten untersucht, so findet man, dass die dunkleren Bänder da- durch verursacht sind, dass die Zellhöhlungen Luftblasen enthalten, welche bei den helleren Bändern fast vollständig fehlen. Wie ent- steht nun diese Erscheinung? Man findet, dass die Länge der Fasern- zellen der Dornen im Allgemeinen mit der Entfernung zwischen den Bändern übereinstimmt und es liegt die Vermuthung nahe, dass die- Fasern etagenweise angeordnet sind, so dass ihre untereinander- greifenden Ende, in denen das Lumen schr stark verengt ist, die klaren Bänder machen, während ihre mittleren weiteren Theile die dunkleren Stellen bilden. Ob nun diese Vermuthung zutrifft oder nicht, jedenfalls handelt es sich hier um eine Wachsthumserscheinung, denn an allen Dornen, welche senkrecht zu der Polsteroberfläche wachsen, sind die Bänder rings um die Dornen ausgebildet, und wo die letzteren gebogen sind, kommt die Ringbildung nur auf der oberen Seite vor und verschwindet auf dem Längsschnitt ungefähr in der Mitte des Dornes, und sie scheint hier mit der Biegung der Dornen in Zusammenhang zu stehen. Die Bänder sind zu zahlreich um die 72 Annahme zuzulassen, dass die Aufeinanderfolge nasser und trockener Perioden der Grund für ihre Entstehung gewesen sei. Ziemlich häufig ist das Vorkommen eines Auswachsens des Blattkissens unterhalb des Blattes. Ganz dieselbe Erscheinung haben wir schon bei Phyllocactus, Epiphyllum und Rhipsalis erwähnt. Sie ist bei E, reductus am besten ausgeprägt, wo diese Bildung fast wie eine ausdauernde verdickte Blattspreite erscheint. Bei E. mamillosus und einigen anderen ist diese Bildung ein gerundeter Höcker, zwischen welchen die Polstern eingesenkt sind. Das oben vielfach besprochene freie „Stammstück“ der Stamm- oberfläche ist bei einigen Arten, wie z. B. E. Rinconensis und E. laneifer, vorhanden. Bei der letzteren Art dürften gewisse kurze Rippen- stücke, welche keine Polster tragen, wohl solche Stücke darstellen. Schleim habe ich nicht gefunden. Das Hypoderm aber, häufig mit einem Krystallpanzer, ähnlich dem schon bei Opuntia geschilderten, ist mächtiger als in irgend einer anderen Gattung. Auf der Stamm- oberfläche bei E. ornatus stehen Gruppen von Haaren, deren Wände getüpfelt, zart und sehr zierlich maschenartig gezeichnet sind. Ihre Bedeutung dürfte wohl dieselbe wie die der Epidermis der Weich- dornen bei Echinocereus u. s. w. sein. Das Bündelsystem ist.gleich dem der schon erwähnten Echinopsisarten, d. h. Spross- und Blattsysteme sind getrennt. Bemerkungen über einzelne Arten. Die Art, welche manchmal Anhalonium Williamsüi genannt worden ist, trotz ihrem unbeschuppten Fruchtknoten, gehört ohne Zweifel in diese Gattung, wohin Engelmann und später Schumann sie ge- stellt hat. Die Polster, welche kleine Dornen enthalten, besitzen einen ungetrennten Vegetationspunkt und stellen das ganze Polster dar, nieht wie Engelmann meinte, nur seinen inneren spross- und blüthenerzeugenden Theil. Die Keimpflanzen sind ganz echinoecactus- artig, gar nicht anhaloniumähnlich, was auch vollständig für die innere Anatomie gilt. Wenn man sich ein erwachsenes Exemplar von 4. Williamsii oder noch besser A. Jourdanianum mit Dornen aus den Polstern hervorragend denkt, so hat man einen Echinocactus des Typus der jungen E. horizöntalonins vor sich. 4. Williamsii sieht wie ganz ohne Schutzmittel aus, und wir müssen fragen, wie ist es geschützt? Bei einer Varietät dieser Art will Lewin ein höchst giftiges Alkaloid gefunden haben. Aber bei einer von Goebel erwähnten Nachuntersuchung wurde dasselbe nicht [ne 73 wieder gefunden. Wenn diese Art wirklich giftig wäre (doch ist der Beweis nicht vorhanden), so könnte die Bedeutung des Giftes als Schutzmittel nicht mehr als eine nebensächliche sein. Astrophytum. Die einzige Art dieser Gattung, 4. myriostigma ist wirklich nur ein Echinocactus, sehr nahe mit X. ornatıs verwandt. Es hat kleine, dem blossen Auge unsichtbare Dornen in den Polstern und die Haare auf der Oberfläche gleichen den schon geschilderten von E. ornatus. Malacocarpus. Diese Gattung ist auch sehr nahe mit Echinocactus verwandt. Das freie „Stammstück“ dürfte hier wohl eine wichtige Rolle bei der Rippenbildung spielen. Melocactus. Diese Gattung stellt einen Echinocaetus mit einem Cephalium dar. Er zeigt keine Trennung des Achselvegetationspunktes und Goebel hat gezeigt, dass das Blatt in dem Cephalium besser ent- wickelt ist, als auf den Rippen, was also mit derselben Erscheinung bei Cephalocereus übereinstimmt. Der Bündelverlauf zeigt bei M/. ziolaceus, welchen ich untersucht habe, ein ausgeprägtes Markbündelsystem. Blatt- und Polstersysteme haben verchiedenen Ursprung, vereinigen sich aber bald und trennen sich wieder, was uns einen Uebergang zwischen getrennten und ver- einigten Polster- und Blattsystemen zeigt. Leuchtenbergia. Die einzige Art (L. principis) dieser Gattung besitzt eine mamil- lariaähnliche Form mit lang ausgezogenen Mamillen, welche die durch etwas nassen Standort veranlasste oberflächliche Vergrösserung liefern. Man hielt sie früher gewöhnlich für nahe verwandt mit Mamil- laria. Schumann, welcher die Angaben von Labouret, Engel- mann und Goebel, dass die Blüthen an der Spitze der Mamillen stehen, übersah, hat früher die Pflanze zu den Mamillarien gestellt. Nachdem er neuerdings aber die Angabe der genannten Autoren be- stätigt fand, hat er die Leuchtenbergia mit Recht zu den Echino- cacteen gestellt. 74 An dem Material, welches von Herrn Professor Goebel gütigst zu Verfügung gestellt wurde, habe ich die bisher nicht bekannte Ent- wickelung verfolgen können. Die Blätter entstehen wie Höcker, auf deren Basen gleich die Achselknospen angelegt werden. Zunächst rücken durch gewöhnliches basales Wachsthum Blatt und Achsel- knospe von dem Stamm fort und werden durch die stielartigen Blatt- kissen emporgehoben. Der ganze Punkt rückt mit der Mamillenspitze fort, so dass keine Spur eines Mamillaachselpunktes übrig bleibt. Die dünnen Dornen werden dorsiventral erzeugt mit concaven Basen und endlich geht der Punkt in eine Blüthe, nie normal in einen Spross über. Man sagt, dass abgeschnittene Mamillen dieser Art manchmal ge- deihen und Sprosse statt Blüthen von dem Vegetationspunkt erzeugen. Herr Mathson von Buckau, der diese Pflanzen in Mexico be- obachtet hat, sagt in einem mir von Herrn Professor Goebel mitgetheilten Brief: „Der Stamm wird nie über 15 cm hoch und treibt aus den unteren Theilen kleine Sprösslinge hervor“. Weil keine Spur einer ruhenden Achselknospe vorhanden ist, so müssen die Sprösslinge aus adventiven Knospen entstehen. Wären Achsel- knospen vorhanden, so müsste diese Pflanze zu den Mamillarien, nicht zu den Echinocacteen gestellt werden. Es ist klar, dass wir es hier nicht mit einem mamillariaähnlichen Verhalten des Achselvegetations- punktes zu thun haben, sondern mit einem reinen Echinocactusprocess, und zwar mit jenen Fällen vergleichbar, wo das Polster auf dem Gipfel eines walzenförmigen Höckers zu stehen kommt. Die Dornen der Keimpflanzen, welche ich an einer mir durch die Güte des Ilerrn Professor Graf Solms zur Verfügung gestellten Keimpflanze untersuchen konnte, sind wie bei anderen Echinocacteen- und Mamillariakeimpflanzen eylindrisch und behaart. Später aber sind sic Nach, trocken und papierartig. Gleiche dünne zum Schutz unge- eignete Dornen sind bei Arten von Echinocacetus und Opuntia ge- funden, Anatomisch bietet die Art viel Interesse. Polster- und Blattsysteme sind verschieden. In den Mamillen kann man zweierlei Art Bündelstränge deutlich erkennen: 1. einen Ring von einfachen Strängen, welcher zum Polster läuft; gewöhnlich sind auch in dem dadurch abgegrenzten Mark noch zwei Bündel vorhanden; 2. ein Rindensystem, dessen Bündel mit grossen Spiraltracheiden umhüllt sind und in grossen Massen derselben in der Nähe der Spitze endigen. Diese grossen Tracheiden sind bei anderen Gattungen der Cacteen vorhanden und ebenso auch bei suceulenten Pflanzen von anderen Familien. Sie stellen einen verbreiteten, xerophilen Charakter dar, u 75 deren biologische Bedeutung, wenn sie nicht wasserspeichernde Organe sind, bis jetzt unbekannt ist. Die Tracheiden des Molzeylinders sind besonders prachtvoll. Auswärts von den Stammbündeln sieht man membranähnliche Scheiden von zusammengedrückten Phloemzellen. Mamillaria. Diese, die grösste (über 200 Arten) und am meisten typische Gattung der Familie, enthält nur kugelige oder selten kurz säulen- förmige Formen, bei denen die Variation der Oberflächlichenausbildung durch die Mamillen bedingt ist. Ein besonderes 'morphologisches Merkmal der Gattung ist das Vorhandensein von zwei Vegetationspunkten bei jeden: Blattkissen der erwachsenen Pflanze, der eine liegt an der Spitze des Blattkissens und trägt gewöhnlich nur Dornen, der andere, manchmal mit dem ersten durch eine Furche verbunden, in der Achsel und trägt Blüthen resp. Aeste. Um nun diese zwei mit dem einen anderer Gattungen in Homologie zu setzen, haben Zuceearini, Wetterwald und Schuh- mann den äusseren Vegetationspunkt für mit dem einzigen der übrigen Gattungen morphologisch gleichbedeutend erklärt, den inneren aber für eine Neubildung gehalten. Gocbel aber meint, dass die beiden von einem einzigen durch eine solche Spaltung, wie schon bei Eehinocactus geschildert worden ist, zu Stunde gekommen sind. Die Entwickelung des Vegetationspunktes ist von Kauffmann, Gocbel und Wetterwald untersucht worden. Die Blätter sind äusserst klein und gleich nach ihrer Entstehung werden die Achsel- knospen auf ihren Basen angelegt. Die beiden wachsen zusammen zu dem Dlattkissen aus. Auf der äusseren Seite des Achselvegetationspunktes werden nach einander zwei Anlagen, die eine rechts, die andere links, erzeugt, welche zu Dornen auswachsen, und später entstehen noch weitere und zwar immer dorsiventral. Während sie noch im Entwiekelungs- stadium stehen, werden sie durch Wachsthum des Kissens von dem erzcugenden Vegetationspunkt entfernt. Betrachten wir jetzt den Achselvegetationspunkt selbst, so schen wir, dass sein Verhalten verschieden sein kann. Bei den mit einer Furche verschenen Arten, wie M. macromeris, M. pyenacuntha, M. ralcarata, MH. conimanıma, welehe ich alle untersucht habe, wird der Vegetationspunkt und deswegen das Polster, nachdem einige Dorn- anlagen aufgetreten sind, durch Wachsthum des Kissens auf die schon bei Echinocactus geschilderte Weise in die Länge gezogen, 0 dass i6 zwei durch Dauergewebe getrennte Punkte entstehen. Ueber dieses Dauergewebeareal schliessen sich die Ringwälle des Polsters allmählich zusammen, bis sie in Berührung kommen, Dann dauern sie entweder so aus und verursachen die Erscheinung einer Furche, oder sie ver- schmelzen mit einander vollständig, wie bei gewissen Mamillen von AM. macrothele. Daher haben wir zwei weit getrennte Vegetations- punkte, welche durch cine Zerspaltung von einem entstanden sind, den einen an der Mamillenspitze, welcher Dornen erzeugt, den anderen achselständig, welcher Blüthen bildet. Das Verhalten des Vegetationspunktes der furchenlosen Mamil- larien ist anders. Ich habe M. multiceps und M, decipiens am ge- nauesten untersucht, Der Vegetationspunkt wird sehr bald nach seiner Anlage, und zwar gleich nach dem allerersten Auftreten der zwei Dornanlagen und bevor ein Ringwall des Polsters geformt ist, in die Länge gezogen. Ein Zwischenstück in seiner Mitte geht in Dauergewebe über und bildet die innere Grenze und den inneren Ringwall des alsbald dornerzeugenden äusseren Punktes, so dass keine Furche hier zu sehen ist. Der innere Punkt, weleher in der Achsel zurückbleibt, erzeugt später eine Blüthe oder einen Ast. Die Spaltung des Vegetationspunktes bei den Formen mit Furchen ist leicht zu sehen und zu verfolgen, weil sie verhältnissmässig spät stattfindet, wenn das Gewebe schon weiter differenzirt ist. Bei den furchenlosen Formen aber findet die Spaltung so früh statt, dass alles Gewebe noch meristematiseh ist, so dass es schwer zu unterscheiden wird, was Vegetationspunkt und was nur jugendliches Dauergewebe ist. Dass aber ein Stück Vegetationspunkt wirklich in der Achsel der Mamilla zurückbleibt, lässt sich leicht nachweisen. Man kann nämlich mit Ililfe von Färbemethoden von den frühesten Stadien an bis zu dem Zeitpunkt, wo schon alles umliegende Gewebe in Dauer- zustand übergegangen ist, ein Stück meristematisches Gewebe in der Achsel immer erkennen. In späteren Stadien bildet dieses Gewebe einen bestimmt geformten Punkt, welcher unmittelbar in der Achsel oder deutlich auf der Mamilla liegt. Der Unterschied zwischen den zwei Spaltungsmethoden ist also kurz der folgende: dass bei den furchenlosen Formen die Spaltung des Vegetationspunktes viel früher stattfindet, man kann sagen, so früh als überhaupt möglich, und schneller und vollständiger sich voll- zicht als bei den Formen mit Furchen. Normale Uebergangsformen zwischen diesen beiden Methoden habe ich in der Sammlung des Münchener botanischen Gartens nicht I finden können '), obgleich sie wohl in der Natur vorkommen dürfen. Eine Rückschlagsform aber habe ich gesehen. Bei einer typisch- furchenlosen Art, welche in der Sammlung des Münchener botanischen Gartens als M. magnimamma bezeichnet ist, finden sich gewisse Mamillen, welche infolge von Raummangel etwas abnormal sind. Dass sie wirkliche Rückschläge sind, ist dadurch nachgewiesen, dass die gewöhnlich unsichtbaren Blätter wahrnehmbar und bis fast I mm lang sind. Gewisse Mamillen zeigen kurze Furchen, welche wenigstens in einem Falle eine deutliche, lange, mit Haaren versehene Furche ist. Die Spaltung des Achselvegetationspunktes findet bei den Keim- pflanzen nicht statt. Er wird mit seinen Dornen auf das Blatt- kissen ‘erhoben und keine Spur einer Achselknospe ist vorhanden, Bei den Formen mit Furchen, wie M. calcarata und M. elephantidens tritt die erste Spur der Trennung des Vegetationspunktes erst auf, wenn schon die Pflanzen 2 oder 3 em hoch sind. Man kann dann schen, dass auf einer neuen Mamilla das Polster etwas ausgestreckt wird; auf einer noch jüngeren noch weiter ausgestreckt, bis es endlich von der Achsel bis zur Spitze reicht und sich zu einer Furche verengt. Diese Erscheinung zeigt uns, dass die Spaltung des Vegetationspunktes auf frühere Entwiekelungsstadien der Mamilla zurück verlegt wird, bis sie endlich in einer sehr frühen Entwickelungsperiode der Mamilla vor sich geht. Das Extrem finden wir bei den furchenlosen Mamil- larien, wo die Zerspaltung schon beim allerersten Auftreten der Mamilla sich vollzieht. Die erste Spaltung bei den jungen Pflanzen der furchenlosen Formen habe ich nicht gesehen, weil mein Material entweder zu jung oder zu alt war. In gewissen Mamillen auf jungen Sprossen aber, wie z. B. bei 4. multiceps, steht der innere Punkt auf der Mamilla selbst und zwar bedeutend von der Achsel entfernt. Ich glaube wohl, dass bei diesen Formen eine ganz analoge Spaltung bei den jungen Pflanzen stattfinden dürfte, und dass auf gewissen Mamillen der innere Punkt zuerst auf der Mamilla selbst steht, bei Jüngeren aber tiefer, bis bei noch jüngeren er in der Achsel vorkommt. Der Uebergang könnte wohl auch ein unvermittelter sein, indem also eine Mamilla mit vollständiger Spaltung eine solehe mit ungespaltenem Vegetationspunkt verfolgte. In den Beschreibungen gewisser Mamillariae ist angegeben, dass auf der Spitze der Mamillen neue Sprosse entstehen. Diese Er- 1) M. macrothele ist nur eine Form mit Furchen, bei welcher die Furche durch nicht selten Verwachsen der Ränder verschwunden ist, 78 scheinung wird dadurch hervorgerufen, dass der äussere Punkt nach Erzeugung der Dornen zu einem Ast auswächst, wie z. B. bei M. elephantidens und nach Engelmann auch MW. ralcarata. Es dürfte wohl der Fall sein, dass die Erscheinung bei einigen Arten dadurch verursacht werden kann, dass junge Sprosse von einem inneren Vege- tationspunkt, während er auf oder nahe der Spitze einer jungen Mamilla steht, erzeugt werden. Wenn man sorgsam die jungen Mamillen bei gewissen Arten, 2. B. M. multiceps und M. decipiens, wegreisst, so kann man sehen, dass eine mehr oder weniger entwickelte Leiste von dem Achselposter stammscheitelwärts zwischen den nächst oben liegenden Mamillen zu der nächst höheren derselben Örthostiche läuft. Diese Leiste entspricht der Rippe der gerippten Formen und hier stellt sie, morphologisch betrachtet, ein Stück der Stammoberfläche dar. An dem Rücken der Mamillen gewisser Arten, wie z. B. MM. gummifera«, kann man eine resp. zwei Querfurchungen sehen. Diese sind mit der Quertheilung ıles Blattkissens, wie schon bei Opuntia erwähnt wurde, homolog und stellen nur eine Wachsthumserscheinung dar. Die Produkte des Polsters sind Haare, Dornen, Neetarien, Aeste und Blüthen. Mehrzellreihige Haare sind ziemlich häufig und gleichen denen, welche schon bei Peiriskia u. a. geschildert worden sind. Die Dornen scheinen immer dorsiventral angelegt zu werden und die Behauptung der Beschreibungen, dass bei gewissen Arten ein Centraldorn das Wachsthum schliesst, ist höchst unwahrscheinlich. Die dorsiventrale Anordnung der Dornen an der Mamillaspitze wie auch der Dornen anderer Gattungen macht es unmöglich, sie für umgewandelte Knospenschuppen zu halten; dagegen könnte man die spiral angeordneten Dornen, welche bei vielen Arten von dem inneren Punkt unterhalb der Blüthe oder des Astes erzeugt sind, für solche halten. Die Dornen sind entweder Schutz- oder Weich- oder Nectarien- dornen. Die Morphologie und Biologie der Schutzdornen ist dieselbe wie bei Opuntia. Wenige Arten aber zeigen Dornen, deren Spitzen rückwärts gebogen sind. Bei M. ylochidiata sind sie einzeln und central und zeigen Epidermishaken, welche nicht, wie bei Opuntia, rückwärts, sondern scheitelwärts gerichtet sind. Die Weichdornen zeigen zwei Formen, eine, wie z. B. M. graeilis, wo die Epidermis mit den schon bei Opuntia und Echinocereus ge- schilderten Tüpfeln versehen ist, die andere wo sie mit langen Haaren besetzt sind. Diese Haare sind verschiedenartig ausgebildet. Sie 79 sind bei den Keimpflanzen fast aller Gattungen, wo sie wahrscheinlich zur Transpirationsverminderung dienen, vorhanden. An den später auftretenden Dornen finden sie sich gewöhnlich nicht, in vereinzelten Fällen aber treten sie auch dort auf. Sie erreichen ihre grösste Ent- wickelung bei .W. Borasana, wo die Dornen wie Federn aussehen und ein sehr wirksames Schutzmittel gegen Transpiration bilden müssen. Diese Haare sind mit den Haken der Opuntiadornen morphologisch identisch. Wahrscheinlich sind sie gewöhnlich wie bei Keimpflanzen und M. Bocusanc als Schutzmittel gegen '"Transpiration anzusehen, was indess für die getüpfelten Weichdornen nicht gelten kann. Das Vorhandensein von Honigdrüsen bei Mamillarien ist lange Zeit bekannt!) und wird zu systematischer Charakterisierung mit ver- wendet. Ihre Morphologie ist aber bis jetzt unbekannt. Ich habe sie bei M. macrothele untersucht. Hier kann man mit Ililfe von Schnitten sehr leicht sehen, dass die Dornen kreiselförmige Ge- bilde sind, dass sie unverholzt und inhaltsreich sind und dass sie mit einer zarten, leicht ablösbaren Cuticula überzogen sind. Sie stehen dicht bei dem Achselvegetationspunkt und ihr starker Gefässbündel- strang schliesst sich am Bündeleylinder des Achselvegetationspunktes (Fig. 12). Ohne _- weitere Untersuchung ist es klar, dass die Drüsen von dem Achselvegetationspunkt er- zeugt werden und die Entwickelungsgeschichte lehrt, dass sie umgewandelte Dornen sind und ebenso sind auch die Drüsen, welche am äusseren Ende der Furche dicht inner- halb der Dornen stehen, umgewandelte Dornen. Sie stimmen sowohl anatomisch als auch morphologisch, nur mit dem Unterschied, Fir. 12. Honigdrüse von dass sie dicker und typischer, drüsenähnlicher IE muerathelr. D. Drüse: sind, mit den schon für die Cylinderopuntiae y, Achselvegetationspunkt. geschilderten Drüsen überein. Man sagt, dass einige Arten zwei oder drei Drüsen in einer Achsel besitzen. Was über die biologische Bedeutung der Nectarien schon bei Opuntia ge- sagt wurde, gilt auch für Mamillaria. Die Keimpflanzen von Mamillarien und die von Fehinocactus sind so ähnlich, dass man sie leicht verwechseln kann. Bei den beiden Gattungen sind die Keimblätter vorhanden aber äusserst klein. 1: Von ForsterundRumpler werten 13 hierhergehörende Arten aufgezählt. so Schumann behauptet (IL), dass die Keimblätter bei Mamillaria fehlen. Sie sind aber vorhanden und sind bei Goebel u. a. abge- bildet. Es gilt im Allgemeinen für die Cacteen die Regel, dass die Keimblätter sich bezüglich der Oberflächeausbildung ebenso verhalten wie die erwachsenen Pflanzen. Wo Ausnahmen davon vorkommen, dürfte es sich wohl stets um eine Anpassung der Keimpflanzen an besondere Verhältnisse handeln. Anatomische Bemerkungen. Schleim ist sehr selten. Lauterbach gibt an, dass er nur bei M. macrothele, welehe eine der schlanksten der Gattung ist, vorkommt. Epidermis und das Hypoderm sind nirgends besonders entwickelt und in einigen Fällen überraschend zart. Das Bündelsystem zeigt zweierlei Ausbildungsformen, ohne Zweifel mit Zwischenformen. Bei allen den von mir untersuchten Formen mit Furchen sind Blatt- und Volstersysteme getrennt. Das Blatt- system verzweigt sich reichlich in der Mamilla und liefert die Rinden- bündel derselben, Das Polstersystem besteht aus zwei oder drei Strängen, welche gewöhnlich alle von dem Holzeylinder ausgehen. Wenn aber ein Marksystem vorhanden ist, so werden einer oder zwei dieser Stränge mit Querbindung mit dem lHolzeylinder, von diesem geliefert. Indem diese Stränge sich der Oberfläche nähern, verzweigensiesich bis sie einen Ring von 12—20 Bündel bilden, welcher end- lich zu dem Polster läuft. Die lange Ausstreckung des Polsters aber hat den Verlauf des Polstersystems in der Weise beeinflusst, das endlich der Bündelring zu- erst zum inneren Vegetations- Fig. 13. Diagramm einer Mamilla von einer punkt läuft, dann durch dass Mamillaria mit einer Furche. a Längsschnitt; ganze sterile Zwischenstück b Querschnitt; F Furche; Va äusserer Vege- dicht unterhalb der Furche tationspunkt; Vi innerer N egetationspunkf; noch wie ein Ring bis zum andere Buchstaben wie bei Fig. 6. . r . äusseren Vegetationspunkt,wo er mit dem Blattsystem ein Bündelmasehenwerk an den Basen der Dornen bildet (Fig. 13). Von dem Blattsystem geht das ganze Rindensystem an Vuusinettu .- 81 aus und auch noch sogar das der Ränder der Furche. Gelegentlich sind Querverbindungen zwischen den zwei Systemen vorhanden. Bei den furchenlosen Formen aber sind Blatt- und Polstersysteme vereinigt!) und nur eine theilweise Tren- nung wahrnehmbar. Hier fin- det die Spaltung des Vege- tationspunktes statt, bevor die Bündelstränge geformt sind, so dass sie nur wie zwei Aeste eines Systems angelegt werden (Fig. 14). Die successiven Stadien der Entwickelung der zwei For- men sind durch Fig. 15 und 16 erläutert. Pelecyphora. Diese Gattung stellt mor- phologisch eine furchenlose Mamillaria dar. Die früh- Diagramm einer Mamilla von einer Mamillaria. B-+-P vereinigtes Blatt- und Polstersystem ; andere Buchstaben wie in Fig. 6. zeitige Spaltung und darauf beruhende Unabhängigkeit der zwei Punkte von einander ist hier ebenso gut oder fast noch deutlicher Fig. 15. Diagramm der Entwickelung der Mamillen von einer Mamillaria mit einer Furche. Buchstaben wie bei Fig. 13. ausgeprägt als bei Mamillaria. S. Syst. Fig. 16. Diagramm der Entwicke- lung der Mamilla von einer furchen- losen Mamillaria. Buchstaben wie bei Fig. 14. Die Dornen entwickeln sich dorsi- ventral. Sie wachsen aber in der zu der gewöhnlichen Weise um- 1) Man kann diesen Ausdruck gebrauchen; dennoch ist es wahrschein- lich, dass wir es hier mit einer Unterdrückung des Stammendes des Polster- Flora, Ergänzungsband z. Jahrg, 1894. 78. Bd. 6 82 gekehrten Richtung, d. h. die inneren Dornen wachsen viel schneller als die äusseren, obwohl sie später angelegt zu werden scheinen. Die Dornen sind Weichdornen und so angeordnet, dass sie Hohl- räume einschliessen und dadurch die Transpiration vermindern. Die Mamillen sind bei guten Exemplaren in der Divergenz ?!/3ı ange- ordnet. Anhalonium. Ausser dem zu Echinocaetus hingestellien A. Williamsii und A. Jourdemicnum enthält diese Gattung zwei Typen: 1. die Arten, welche tiefgefurchte und mit Höckern versehenen Mamillen tragen, wie z. B. 4. fssuratum, und 2. die Arten, welche pyramidenförmige glatte Mamillen besitzen, wie A. prismaticum. Ich habe die Entwiekelung der zwei genannten Arten genau untersucht. Die jungen Mamillen von A. fissurestum zeigen ganz die- selben Erscheinungen wie die der Mamillen mit Furchen, d.h. eine Ausstreekung und Spaltung des Polsters, so dass endlich zwei Punkte mit einer Zwischenfurche vorhanden sind. Später schliesst sich die Furche am äusseren Ende und ihre Ränder wachsen dort zusammen, so dass der äussere Punkt isoliert wird. Der letztere erzeugt Haare und kleine, aber gut ausgebildete Dornen, welche aber mit blossem Auge nicht sichtbar sind. Durch Weiterwachsthum des Mamillagewebes wird er allmählich überwölbt, so dass nur eine kaum dem blossen Auge sichtbare Spur davon in der erwachsenen Mamilla dieht unter- halb der Spitze übrig bleibt, welche schliesslich nur mit Hilfe des Mikroskops auf Schnitten zu finden ist. Der grösste Theil der Furche dauert als eine mit Haaren gefüllte Grube aus; an deren innerem Ende steht der innere Vegetationspunkt, welcher Blüthen erzeugt. Dieser Punkt steht nieht direet in der Achsel der Mamilla, sondern bedeutend auf der Mamillabasis erhoben. Bei A. prismaticum finden wir Vorgänge, welehe mit denen der furchenlosen Mamillarien fast identisch sind. Die Achselknospe wird getrennt bevor sie ein Polster gebildet hat, so dass keine Furche vor- handen ist. Der äussere Vegetationspunkt wird durch Wachsthum der Mamilla mit ihrer Spitze emporgehoben. Er trägt Haare und kleine, dem blossen Auge unsichtbare Dornen und auf derselben Weise wie bei A. fissuratum ist er überwölbt und zurückgedrängt. Das Blatt dauert aus und wächst, so'dass es eine bedeutende dreieckige Spitze der systems und einer Erweiterung des schon bei Opuntia genannten Blattpolstersystems zu thun haben. 83 Mamilla bildet. Der innere Punkt steht direct in der Achsel der Mamilla. Es ist klar, dass wir hier in dem Verhalten der Gattungen Ana- halonium und Mamillaria eine Parallelbildung. vor uns haben. Die Keimpflanzen von A. prismaticum sind von Goebel abgebildet. Es wäre von besonderem Interesse, die erste Spaltung des Vegetations- punktes bei den schlanken Mamillen dieser Keimpflanzen aufzufinden. Das Verschwinden der Dornen lässt die Pflanzen ohne wahr- nehmbare Schutzmittel gegen Thiere, ausser der äusserst dicken und harten Cutieula. A. fissuratum wächst theilweise in dem Boden ein- gesenkt und seine graue Farbe und flache und gehöckerte Oberfläche machen die Pflanzen dem Boden ähnlich und unauffällig, so dass sie dadurch für Thiere schwer zu sehen sind. Wahrscheinlich haben wir darin die Erklärung seiner Charaktere. Bei A. prismaticum kann dies kaum der Fall sein. Der Holzeylinder zeigt eine Erscheinung, welche nieht anderswo bei den Cakteen sich findet. In einer Grundmasse von wasserspeichern- dem Gewebe liegen die Stammbündel, deren Querschnitte fächerartig ausstrahlen und oftmals so stark gekrümmt erscheinen, dass der Sieb- theil oftmals wieder zum Stammmittelpunkt hingewendet ist, Blatt- und Polstersysteme sind verschieden. Die Gattung Nopalea, Pfeiffera und Hariota habe ich nicht untersucht. Zusammenstellung der wichtigsten Resultate. 1. Das Prinzip von Goebel, dass „die grosse Mannigfaltig- keit in der äusseren Gestaltung der Kakteen sich zurückführen lässt auf wenige, ja man kann sagen eine einzige Grundform, aus welcher durch stärkeres Wachsthum bestimmter Theile, Verkümmerung anderer, alles übrige sich ableiten lässt“, wird durch meine Untersuchungen bestätigt. 2. Normale Uebergangsformen zwischen Dornen und Blätter sind bei Opuntia und Echinopsis wie auch wahrscheinlich bei anderen Gattungen vorhanden. Dadurch ist es bewiesen, dass die Dornen und die mit denselben homologen Borsten umgewandelte Blätter sind. Schon wegen ihrer dorsiventralen Anordnung können sie nicht als Knospenschuppen gedeutet werden, 3. Jedes Blatt bei den Cakteen besitzt eine einzige Achselknospe, welche für gewöhnlich einzeln bleibt. Bei den Gattungen Peireskia, Rhipsalis, Echinocaetus, Mamillaria, Anhalonium und wahrscheinlich Epiphyllum aber, wird der Vegetationspunkt ausgestreckt und ge- 84 trennt. Diese Spaltung ist keine Verzweigung und keine Dichotomie, sondern eine Trennung durch Ausstreckung und Erzeugung von Dauer- gewebe zwischen zwei Theilen des Vegetationspunktes. Der innere Punkt der Mamillarien ist von dieser Trennung abhängig und ist keine Neubildung. Die Furche ist nur das Resultat einer Langaus- streekung des Polsters. 4. Die Erzeugung von Dornen und Borsten ist immer dorsiventral, ausser bei Peireskia, deren äusserer Vegetationspunkt sie radial erzeugt, und ausser Opuntia, deren Vegetationspunkt sie anfänglich dorsiventral, später aber radial erzeugt. 5. Die Scheide der Dornen der Cylinderopuntiae wird von ver- klebten Haaren gebildet. 6. Arten von Opuntia, Cereus, Rhipsalis und Mamillaria besitzen honigausscheidende Gebilde, welche immer wirkliche oder metamor- phosirte Dornen sind. 7. Die Dornen ausser den Nectariendornen sind entweder Schutz- oder Weichdornen. Die ersten zeigen oftmals eine Querbänderung, welche durch Alternieren von lufthaltenden und luftfreien Gewebe- zonen verursacht wird. Die letzteren besitzen getüpfelte oder behaarte Epidermis. 8. Die Bündelsysteme aller Gattungen sind nur Modifieationen mit einem gelegentlichen, zugefügten Marksystem, des Typus, welcher bei Opuntia vorkommt. 9. Parallelbildungen in verschiedenen Gattungen sind häufig. Die folgenden Charaktere kommen wiederholt und augenscheinlich ohne Vererbung zum Vorschein: a) die Trennung des Achselvegetationspunktes; b) das Auswachsen der Basis des Blattkissens zu einem blatt- ähnlichen Gebilde; c) die Anwendung der Blätter wie Schuppen zum Schutz der Polster; d) mehrzellreihige Haare; e) getüpfelte Epidermis der Dornen; f) Cephaliumbildung. Schliesslich haben wir nur zu erwähnen, was die vorliegenden Studien über die Verwandtschaft der Gattungen lehren. Wie Schuh- mann (IV), sagt, sind bei dieser Familie (im Gegensatz der Regel) vegetative Charaktere wichtiger für systematischen Zweck als die der Blüthen. Das Verhalten der Achselvegetationspunkte ausser seiner oftmals neuaustretenden Spaltung bietet das beste Merkmal unter den 85 vegetativen Charakteren. Mit demselben als Hauptcharakter und anderen vegetativen, sowohl Blütheneharakteren als Nebencharakteren, kann man die Verwandtschaft der Gattungen der Cakteen annähe- rungsweise bestimmen. Für die Zusammengehörigkeit der Gattungen lässt sich darnach das nachfolgende Schema construiren. ser er RE Re NN Ss EN SS she AN SEE DO 5 IR En RG > Verzeichniss der eitirten und gebrauchten Litteratur. Arloing, N, Recherches anatomiques sur le Bouturage des Cactees. Ann. Sci, Nat. vn. Ser. IV. 1387, Baillon, Cactacees, Histoire des Plantes IX. 1886. Bentham and Hooker, Cactaceae in (tenera Plantarum 1. Caspari, H., Beiträge zur Kenutniss des Hautgewebes der Cacteen. Zeitschr. für Natw. LVI. 1883, De Bary, A., Vergleichende Anatomie. De Candolle, M. A. P., Revue de la Famille des Caetedes. Mem. Mus. d’Hint. Nat. Paris XVIL 1828. Delbrouk, C., Die Pflanzenstacheln. Hanstein’s Bot. Abkandl. 11. 1875. 86 Delpino, F., Funzione mirmecofila nel Regno vegetale. Mem, del. Acad. del. Scienze di Bologna VII. 1886. Engelmann, G., Botanical Works. Cambridge. Mass. 1887. Forster, ©. F., und Rümpler, T., Handbuch der Caeteenkunde. 2. Aufl. Leipzig 1886. Goebel, K., Kakteen. Pflanzenbiologische Schilderungen I. 1889. Irmisch, J., Ueber die Keimpflanzen von Rhipsalis Cassytha und deren Weiter- bildung. Bot. Zeit. 1876. Kauffmann, N., Zur Entwickelungsgeschichte der Cacteenstacheln. Bull. Soe. imp. des Nat. de Moscou XXXIV. 1859. Lauterbach, C., Untersuchungen über Bau und Entwiekelung der Sekretbe- hälter bei den Cacteen. Bot. Gentr. XXXVIL 1889. Lewin, L., Ueber Anhalonium Lewinii. Arch, für. Exper. Path. u. Pharm. XXIV. Schleiden, M. 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Wie gelegentlich der eingehenden Beschreibung von Polypodium imbrieatum ausgeführt worden ist,') sind die Sori dieses Farnes auf der Unterseite der den sterilen gleiehgeformten fertilen Wedel tief in die Lamina eingesenkt. Sie entsprechen stets der Kreuzungsstelle zweier Blattnerven letzter Ordnung. Jeder Sorus entwickelt eine be- trächtliche Zeit hindurch fortdauernd neue Sporangien, so dass man alle Entwickelungsstadien beisammen antrifft. Die einzelnen Spo- rangien sind lang gestielt. Beobachtet man nun ein annähernd reifes Sporangium, wie es mit geringer Mühe von seinem Stiel isolirt werden kann, und lässt durch einen leichten Druck auf das Deckglas den Annulus sich öffnen, so tritt die Sporenmasse in der Regel als einheitlicher Klumpen ins Freie. (Fig. 1.) Ueber jeder einzelnen der darin peripherisch ge- lagerten, bilateralen Sporen sicht man eim aus zahlreichen, annähernd eonecentrischen Windungen zusammengelegtes Band hervortreten, dessen Enden sich nieht immer mit Deutlichkeit unterscheiden lassen. (Fig. 6u. 8.) Bei stärkerer Vergrösserung erkennt man, dass dieses Band im all- gemeinen aus 2 spiralig um einander geschlungenen Cellnlosefasern be- steht. Da diese Fasern aber keinesweg von glatter Oberfläche sind, sondern im ganzen Verlaufe nach allen Seiten ausserordentlich feine, hin und wieder auch mehrfach zerschlitzte, kürzere Fäserchen und Zipfelehen entsenden, so kommt ein complieirteres Gebilde zu Stande. 1) Annales d. Buitenzorg XII. 2. Epiphytenformen der Molukken pag. 168 ff. Die hier niedergelegten Beobachtungen sind in einem Vortrage vor der botan. Sect. der Vers. D. Naturforscher und Aerzte 1893 in Nürnberg zuerst kurz bekannt gemacht worden, cf. Ber. D, bot. Ges, 1893. (reneralvers. (8.) 88 In der ganzen Länge bleiben die Hauptfasern mehr oder weniger deutlich, bis sie in den sich langsam verjüngenden Enden nicht mehr gesondert wahrgenommen werden können. (Fig. 8—10.) Das ganze Bändchen ist stark hygroskopisch. Es rollt sich bei einem leichten feuchten Hauch momentan nach der einen Seite zu- sammen, um bei wiederum erfolgendem Austrocknen sich nach der anderen Seite hin auseinander drehend, die frühere Ausdehnung wiederzugewinnen. Die Aehnlichkeit dieser Fasern mit den bekannten Elaterenzellen von Marchantia z. B. liegt auf der Hand. Es ist mir niemals gelungen, die Gesammtlänge eines solchen Bandes direct zu messen, da sie bei jedem Auseinanderzerren und Präpariren sich in ein immer dichteres Knäuel verwirren. Wenn man aber nach der Zahl der Windungen und der Grösse der Sporen die Länge annähernd zu berechnen sucht, so ergibt sich, dass einmal die Bänder durchschnittlich etwa 10 Windungen um die Sporen bilden. Andererseits sind die beiden Durchmesser der letzteren auf ctwa 50 und 70x anzusetzen, so dass sich bei angenäherter Rechnung die Länge der ganzen Faser auf 3,5—4mm belaufen würde. Bei einer Prüfung mit Chlor-Zink-Jod, Kalilauge, Schwefelsäure cte. stellte sich heraus, dass die ganzen Fasern schwach verkorkt sind. Reine Cellulose ist nicht nachweisbar. Die einzelnen Sporen sind von ansehnlicher Grösse. Die beiden grossen Durchmesser schwankten von 45,9 —51,5 u: 67,5—72,91. Den Betrag des geringeren Querdurchmessers der bilateralen Sporen habe ich nicht gemessen. Die Form ist wegen einer seichten Einbuchtung an einer der Längskanten nierenförmig zu nennen. Der plasmatische Inhalt zeigt einen nicht sehr grossen, aber stets deutlichen Kern, welcher meist der eingebuchteten Wandstelle genähert ist. Ein dünnes, aus Cellulose bestehendes Endospor ist von einem sehr dicken Exospor, welches stark eutieularisirt ist, umgeben. Dieses hat eine völlig glatte Oberfläche ohne alle Vorragungen und misst 5,4j. im Durchmesser. Eine dritte, dünnere Haut, die sich als Epispor !) erweisen wird, hüllt die Spore ein. Dieses Epispor ist auf seiner Aussenseite mit zahlreichen, fadenförmigen Fortsätzen versehen, die auf der Oberfläche hinlaufend am Ende frei von ihr abstehen. (Fig. 9.) An anderen Stellen gehen die feinen Fädehen in die Windungen des herumliegenden Faserbandes über und verbinden es an einer 1) ef. Russow, E. Vergl, Untersuchungen ete. der Leitbündel-Kryptogamen, Mem. d. Ak. imp. d, sc. d. St, Petersburg. VII. ser. XIX. 1. 1873, pag. 70, 89 vielleicht auch an mehreren Stellen mit dem Epispor und dadurch mit der Spore. Weder am Epispor noch an dem umliegenden Faser- bande konnte ich eine in allen Fällen wiederkehrende, bestimmt gelagerte Anheftungstelle entdecken, vielmehr findet sich die Ver- bindung bald mehr dem Ende, bald der Mitte des Bandes genähert, bald an einer langen, bald an einer kurzen Seite der Spore herge- stellt. Inallen Fällen aber ist durch die bei Feuchtigkeitsschwankungen in heftige Bewegung gerathenden hygroskopischen Faserbänder eine passive Ortsveränderung der mit ihnen verbundenen Sporen gegeben, und es ist somit nicht mehr zweifelhaft, dass diesen bandfürmigen Gebilden der Name von Elateren mit Recht beigelegt wurde. Die Entwiekelungsgeschichte der Sporen und Rlateren zeigt zu- nächst keinerlei Abweichungen von dem bekannten Gange. Auf dem Boden des Sorus gehen einzelne sich keulenförmig er- hebende und anschwellende Zellen zur Bildung von Sporangien über. Die Zelltheilungsfolge bei der Absonderung des einzelligen Archespors, die Annulusbildung ete. weicht von den für Ceratopteris und sonst be- kannt gewordenen Verhältnissen nicht ab. (Fig. 2.) Es sind schliess- lich 4 Sporenmutterzellen von zahlreichen Tapetenzellen umgeben wahrzunehmen. Jede der 4 Mutterzellen geht eine in den Tochter- zellen sogleich wiederholte Theilung ein, so dass jede 4 Sporen bildet, zusammen also 16 Sporen vorhanden sind. (Fig. 3 u. 4.) Schon während dieser Theilungen sind die Tapetenzellen aufge- löst. Ihre Plasmamasse wandert zwischen die Sporenmutterzellen ein, später Jie einzelnen Sporen-Anlagen selbst von einander trennend, Die Kerne der Tapetenzellen scheinen sich nieht weiter zu vermehren. Sie lagern sich vielfach sehr charakteristisch in die von den anein- anderstossenden Sporen freigelassenen Ecken. (Fig. 3—7.) Einzelne Kerne behalten jedoch eine Lagerung ausserhalb der Sporen bilden- den Innenmasse, (Vig. 6.) Einzelheiten der Sporenbildung konnte ich nicht weiter wahr- nehmen, da das Material dazu nicht ausreichte, doch sieht man als- bald um jede Spore die stark cutieularisirte Membran, das Exospor, gebildet. In jungen Stadien ist dieses meist stark eingedrückt, was auf den Einfluss des tödtenden Alkohols zu schieben sein wird. In älteren Zuständen ist die Spore aber in voller Rundung zu finden und zeigt eine völlig glatte Oberfläche. Die aus den Tapetenzellen her- vorgegangene Plasmamasse ist noch erhalten geblieben, die Sporen liegen darin eingebettet. Man bemerkt jetzt um jede einzelne Spore auf der Innenseite des umlagernden Plasmas die beginnende Differen- 90 zirung der Elaterenbänder. (Fig. 6.) Die zuerst sichtbar werdenden Windungen sind sehr schmal und durch breite plasmatische Substanz verbunden. Mit dem langsamen Breitenwachsthum der Elateren- windungen nimmt aber die Plasmamasse mehr und mehr ab. Gleichzeitig lagert sich auf die bisher glatte Oberfläche der Spore eine, wie ein dünner Schleier aussehende Haut auf. Diese ist in jedem Stadium ohne organischen Zusammenhang mit dem eutisirten Exospor, dagegen in inniger Verbindung mit den sich differenzirenden Elateren. Durch leichten Druck lässt sich diese, den Elateren ganz gleich reagirende Membran, die aussen mit flockenartigen Fasern besetzt ist, zersprengen und die Spore, vom glatten Exospor um- geben, tritt heraus. Es ist demnach diese floekige Ilautschichte ausserhalb des Exo- spors nicht als von dem Plasma der rings vom Exospor umschlossenen Spore gebildet zu betrachten, sondern sie verdankt dem zwischen die Sporenanlagen eingedrungenen Plasnıa der ihrer individuellen Selb- ständigkeit beraubten Tapetenzellen ihre Ausbildung. Dieses Plasma wird mit weiter fortschreitender Entwickelung der Haut und der Elateren mehr und mehr verbraucht, bis schliesslich die Kerne, die keine weitere Vermehrung erleiden, allein von der ganzen Plasmalrülle übrig bleiben. ’ Die Homologie der ganzen Entwiekelung mit derjenigen der gleichnamigen Gebilde von Equisetum ist unverkennbar. In beiden Fällen wandern die ihre Selbständigkeit aufgebenden Tapetenzellen zwischen die Sporenanlagen ein und ihr Plasma ist es, das das Material zum Aufbau der Elateren liefert. Bei unserem Polypodium bleiben die Tapetenzellkerne freilich ungetheilt, sie lassen sich noch in völlig reifen Sporangien als kleine, den Elateren oft anhaftende Klümpehen durch Säurefuchsin nachweisen. Bei Bquisetum vermehren sie sich stark und scheinen bei der Blaterenbildung völlig verbraucht zu werden. In beiden Fällen aber ist das stark eutisirte Exospor bereits lange vorher definitiv ausgebildet, das Sporenplasma gegen aussen völlig abgeschlossen, so dass es auf die Elaterenbildung unmöglich einwirken kann. Diese Verhältnisse sind, soweit sie sich auf Equisetum beziehen, zwar keineswegs neu, denn schon R u ss 0 w!) und später Strasburger?) 1) lc. . 2) Bau und Wachsthum der Zellhäute (Jena 1882) 119. cf. auch die ab- weichende Darstellung von Sachs, Lehrb. IV, Aufl, 1874, pag. 399. PR; 91 haben mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Elateren nicht eine Bildung des Sporenprotoplasmas sein können. An beiden Orten ist auch die gleichartige Verwendung des Tapetenzellplasmas in den verschiedensten Fällen hervorgehoben worden. Worin die eigentliche biologische Bedeutung der Hlateren hier zu suchen ist, kann ich mit Sicherheit nicht angeben, da Beobachtungen über etwaige Diöcie der Prothallien fehlen. Sicherlich tragen sie nach dem Aufspringen der Sporangien durch ihre hygroskopischen Eigenschaften zur Aufloekerung der Sporenmasse bei. Es dürfte ausserdem zu beachten sein, dass sie durch ihre nicht unbeträchtliche Länge bei feuchtem Wetter auseinander schlagend die Festheftung der relativ grossen Sporen auf den Baumstämmen befördern können, wie es Beceari!) bereits für die Haarkrone von Asklepiadeen-Samen angegeben hat. Leipzig, Juni 1894. Figurenerklärung. Fig. 1—10. Polypodium imbricatum. Fig. 1. Geplatztes Sporangium mit compaeter Sporenmasse. 73:1. Fig. 2. Junges Sporangium. 2 Sporenmutterzellen, 2 Lagen Tapetenzellen. 178:1. Fig. 3 u. 4. Acltere Stadien. 178:1. Fig. 5. Theil eines Längsschnittes durch ein älteres Sporangium. Sporen heraus- gefallen. Die Kerne der zwischen die Sporenanlagen eingewanderten Tapeten- zellen zwischen den sich bildenden Episporien deutlich. Von Elateren nur Fetzen sichtbar. 178:1. Fig. 6. Theil einer Aufsicht auf eine compaete Sporenmasse. Elaterenbänder be- ginnen sich abzuheben. Ein Tapetenzellkern aussen aufgelagert. 178:1. Fig. 7 wie 5. Aelteres Stadium. Sporen mit dieken Exosporien und Kern inner- halb der Bpisporien. 178:1. Fig. 8 Ein Episporium mit anhaftender Elatere. 178:1. Fig. 92. Aufsicht auf eine Spore mit Episporium ohne Elatere. 178:1. Fig. 9b. Opt. Längsschnitt durch eine fertige Spore im Episporium mit Elateren- ansatzstelle. 178:1. Fig. 10. Spore mit auseinandergezerrter Elatere. 178:1. 1) Beccari, Malesia II. 248, eitirt nach Goebel. Pflanzenbiol. Schilder. I. 232. Beiträge zur Kenntniss der Gabombeen und Nymphaeaceen. Von M. Raciborski. Hierzu Tafel IIB. In diesen Beiträgen habe ich eine Reihe von kleinen Beobach- tungen zusammengestellt, die ich während meiner Studien über die Morphologie der Nymphaeaceen (Flora 1894) und auch später ge- macht habe. Diese beziehen sich auf: 1. Sprossverkettung bei Bra- senia; 2. Braseninkrystalle; 3. Blüthen von Brasenia; 4. Cabomba, caroliniana; 5. die Untersuchungen des Herrn Schumann über die Blattstellung bei Vietoria und meine Beobachtungen dazu; 6. die Perforationen der Vietoriablätter; 7. die Gerbstoffe und Exerete der Nyinphaeaceen; 8. Ueber Schleimbildung im Inneren der Nymphaea- ecen; 9. Ueber die „mechanische“ Theorie der Blattstellung. * * * l. In der „Morphologie der Cabombeen und Nymphaeaceen, Flora 1894* konnte ich wegen des Mangels an geeignetem Material nichts über die Entstehung der charakteristischen Ausläufer berichten, die bei Brasenia Sehreberi vorhanden sind und auch als Reservestoff- behälter funetioniren. Im Frühjahr dieses Jahres habe ich noch einmal die Gelegenheit gehabt, mieh mit der Sprossverkettung dieser Gattung unter Benutzung des lebenden Materials des hiesigen bota- nischen (iartens zu beschäftigen und die Entstehungsweise der Aus- läufer zu verfolgen. Nach Einpflanzung zerstückelter Sprosse der Brasenia treten an den Blattbasen reichlich Adventivwurzel hervor und die Axillarknospe wächst zu einem langen beblätterten Spross aus, deren erstes Blatt free NONNEENEERSEREEE 93 als ein Niederblatt entwickelt ist; die folgenden bleiben untergetaucht und die späteren schwimmen. Das erste, durch das Niederblatt abgeschlossene Internodium des Sprosses ist sehr kurz, aber dick, die späteren sehr verlängert. Aus der Achsel dieses Niederblattes kommt ein ebenso gebauter Spross hervor und die ersten, stark ver- kürzten Internodien der aufeinander folgenden Sprosse bilden einen sympodialen, dicken, bewurzelten, mit Niederblättern bedeekten Wurzelstock. Nachdem schon mehrere fluthende Sprosse an der sympodialen Achse gebildet worden, wächst gewöhnlich einer, seltener zwei von denselben mehr in die Dicke, seine Spitze, statt sich nach oben zu richten, biegt sich bogenförmig nach unten, bohrt sich in die Erde ein, wo sie bis zu einer Tiefe von mehreren Centimetern eindringt. Indem die jetzt unter die Erde gezogene Blattbasis des obersten Blattes sich bewurzelt, treibt die Achselknospe desselben einen sym- podialen Wurzelstock mit zahlreichen fluthenden Laubsprossen, die Spitze des Ausläufers wächst aber weiter entweder horizontal unter der Erde oder bogenförmig nach oben und später nach unten, um sich bei dem nächsten Blatt wieder zu bewurzeln und wieder einen sym- podialen Wurzelistock zu treiben. Wir haben also bei Brasenia ein Beispiel einer interessanten Sprossverkettung gefunden, wo die be- blätterten (ev. blühenden) Sprosse an sympodialen \Wurzelstöcken entstehen, die ihrerseits Achselprodukte eines monopodialen kriechenden, unterirdischen Rhizoms sind. Il. In den unterirdischen Rhizomen von Brasenia sammelt sich schon im Sommer die Stärke in grossen Mengen an. Die Stärke- körner sind sehr schön ausgebildet und gross. In schr vielen der stärkeführenden Parenchymzellen finden sich — in lebenden Zellen — vereinzelte oder zu mehreren grosse, eitronengelbe, rhombische Krystalle, deren chemische Natur von den bis jetzt bekannten Zellen- bestandtheilen abweichend ist. Die Krystalle sind doppeltlichtbrechend, schwach pleiochroisch, in Alkohol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff unlöslich, in warmem Wasser verdunkelt sich ihre Farbe und dabei erscheinen sie etwas corrodirt, ohne sich vollständig zu lösen. In Salzsäure (kalt oder warm), Schwefelsäure, kalter Salpetersäure, kaltem Eisessig, kalter Eisenchloridlösung sind diese Krystalle, die ich Braseninkrystalle nenne, unlöslich, in Kalilauge momentan gelöst, in warmem Eisessig verdunkelt sich ihre Farbe und dabei lösen sie sich langsam, schneller in der warmen Eisenchloridlösung, mit Mil- lon’s Reagenz, Schwefelsäure und Vanillin, Schwefelsäure und Di- 94 phenylanıin, Osmiumsäure, Thymol Schwefelsäure, «-Naphtol-Schwefel- säure tritt keine sichtbare Reaction ein. Beim starken Erhitzen und Ver- brennen verdunkelt sich ihre Farbe und verschwindet endlich ohne Rest. Nach diesen Reactionen scheinen die Braseninkrystalle organisch zu sein, und gehören wahrscheinlich den Verbindungen der Fettreile an. ill. In letzter Zeit konnte ich noch eine Anzahl von Brasenia- blüthen untersuchen. Die meisten stimmen vollständig mit dem als Typus beschriebenen und abgebildeten Fall, doch zeigen manche von ihnen kleine Abweichungen, von welchen die interessanteste das Aus- bleiben des letzten Staminalwirtels ist, wodurch die Carpiden des äusseren Wirtels eine veränderte Stellung zu den Kronblättern einnehmen. Es kommen auch Verdoppelungen der Petalen und Staubblätter vor, so dass eine durch drei nicht theilbare Staubblattzahl resultirt. IV. Cabomba caroliniana Asa Gray, die ich in diesem Jahre untersuchen konnte, weicht in manchen Beziehungen von der schon früher beschriebenen C, aquatica Aubl. ab. Aehnlich der C. aquatica bildet sie einen aufrechten, dicht bewurzelten, verkürzten, einige Millimeter dicken Wurzelstock, welcher sympodial, speciell schraubel- artig verzweigt ist. Die Bildung dieses Sympodiums erfolgt auf die- selbe Weise, wie bei Ö. aquatica. Jeder relative Hauptspross, welcher sich später stark verlängert und zahlreiche Blattpaare untergetauchter, tief zerschlitzter Blätter trägt, besitzt auf seiner Basis zwei bis drei Paare lanzettlicher Niederblätter. An der Grenze zwischen den Niederblättern und den normalen Blättern sind vielfach Uebergangs- formen zu finden, deren Blattspreite klein ist, und nur wenige Zipfel bildet. Das Niederblatt entspricht sonst einem ein wenig verbreiterten Blattstiel des normalen Laubblattes und trägt an seiner Spitze manchmal kleine Spuren der Blattlamina, welche in den erwähnten Uebergangs- formen schon stattlicher entwickelt ist. Die fluthenden Sprosse wachsen sehr bedeutend in die Länge — in dem hiesigen Aquarium sind solehe von über einem Meter Länge zu finden —, hie und da einen Seitenspross bildend. Die untergetauchten Blätter ähneln denen von C. aquatiea, nur die Blattzipfel sind gewöhnlich ein wenig schmäler; dagegen erscheinen die Schwimmblätter viel mehr reduzirt. Die Bildung der Schwimm- blätter begleitet immer die Blüthenbildung und zwar geht jeder Huthende Spross endlich zu derselben über. Die erste Blüthe bildet sich entweder schon in der Achsel eines zerschlitzten Blattes, oder erst in der Achsel eines wechselständigen Schwimmblattes, oder es steht mit einem Paar untergetauchter Blätter ein Paar der Schwimm- Tanne I al mann 22er 95 blätter deeussirt, von welehen eines eine Blüthe in der Achsel trägt. In allen Fällen schliessen sich höher an das erste blüthedeckende Blatt weiter nur die Schwimmblätter, zu einer der Hauptreihe ge- hörenden Spirale angeordnet, und in keinem Falle bildet ein Spross, der schon Blüthen trägt, bei dem weiteren Wachsthum noch unter- getauchte Blätter (welche sich aber aus den Achselknospen bilden können). Die Schwimmblätter im Gegensatz zu Cabomba aquatica sind viel kleiner, pfeilförmig, aber von demselben anatomischen Bau. Die Blüthen bei Cabomba aquatica Aubl. stehen, wie ich früher beschrieben habe deutlich extraaxillär, seitlich von der betreffenden Blattbasis. Bei C. earoliniana ist die seitliche „Verschiebung“ der Blüthen sehr wenig ausgeprägt. Die erste Blüthe, besonders wenn sie in der Achsel eines geschlitzten Blattes steht, sitzt genau oder fast genau centrisch oder ist nur wenig verschoben. Dagegen sind die späteren Blüthen deutlicher verschoben. In keinem Fall handelt es sich um eine Verschiebung im Laufe der ontogenetischen Ent- wiekelung; schon die ersten Anlagen treten mehr oder weniger excentrisch auf. Bei der innigen Verwandtschaft beider Cabombaarten kann die Extraaxillarität der Blüthen der C. aquatica, phylogenetisch gedacht, auf ein gesteigertes Verschieben der ursprünglich rein axillären Blüthenanlagen zurückgeführt werden; die Analogie mit Nymphaea erweist sich als nur scheinbar, und eine der wenigen Analogien zwischen den Nymphaeaceen und Cabombeen ist damit wieder hinfällig geworden. Die vorblattlosen Blüthen sind denen von €. aquatica ähnlich, aber die Petalen sind weiss und die Zahl der Carpelle fast dureh- gängig drei, nur in seltenen Fällen zwei. Bei der Zweizahl der Car- pelle spricht nichts für einen ontogenetischen Abort, es ist auch keine Spur eines Gefässbündels vorhanden. Die Carpiden stehen in der Blüthe auf einer kleinen Erhöhung des Blüthenbodens. V. HerrK. Schumann hat in seiner eben erschienenen Besprechung meiner Morphologie der Nymphaeaceen (B.d.d. b. G. 1894 p. 173 f.) meine kurze Beschreibung der Stellung und Entstehung der seitlichen Organe an dem Vietoria- und Euryalestamme breit interpretirt und ist dabei an zwei Stellen zu irrthümlichen Schlüssen gekommen. Um einer Weiterverbreitung dieser Irrthümer gleich vorzubeugen, will ich hier bemerken, dass die Primordien der Blätter in der weitesten Lücke der Vegetationsfläche erscheinen, dagegen nicht die Blüthen- primordien, deren Anlegungsstelle durch die Position der etwas früher 96 angelegten Blätter bestimmt ist. Während also bei Nymphaea ebenso die Blatt- wie die Blüthenprimordien in der weitesten Lücke der Vegetationsfläche erscheinen, treten die Blüthenprimordien bei Victoria und Euryale zwischen den schon angelegten Blattprimordien auf, wie das an meiner Figur 9 gezeichnet ist, wo z. B. Blüthenprimordium VI zwischen dem Blattprimordium 6 und 8 zum Vorschein kommt. Was meine Beschreibung der Blatt- und Blüthenstellung an den erwachsenen Wurzelstöcken von Vietoria und Euryale anbelangt, so glaubt Herr Schumann auf Grund einer längeren theoretischen Deduction (l. ce. p. 175) zwei „offenbare Irrthümer“* in meiner Be- schreibung nachweisen zu können. Herr Schumann ist zu dieser Meinung gekommen auf Grund einer logischen Auseinandersetzung. Ich glaube, dass man in der speeiellen Morphologie viel leichter und sicherer auf Grund factischer Beobachtungen zum Ziele kommen kann und diese meine Meinung ist auch in dem vorliegenden Falle be- stätigt, indem beide Schumann ’’sche Richtigstellungen thatsächlich un- richtig sind, wie man sich leicht an jedem Wurzelstock oder an der (falseh nummerirten aber schönen) Abbildung Seidel’s überzeugen kann. Wie ich geschrieben habe, ordnen sich die Blattnarben zu mehr oder minder deutlichen 3er-, der- und Ser-Zeilen. An der Ser-Zeile (dureh einen Druckfehler ist I, e, Ser-Zeile geschrieben) treten etwas seitlich die Blüthenbasen zum Vorschein. Nun ist Ilerr Schumann nach seiner theoretischen Auseinandersetzung zu dem Schluss gekommen, „dass die Blüthenbasen nicht bloss seitlich von der Ser-Zeile, sondern auch seitlich von jeder beliebigen anderen die Blätter verbindenden Parastiche auftreten“, Eben dieser logischen Deduction folgen die Wurzelstöcke der Vietoria und besonders deut- lich die von Euryale nicht, an der Ser-Zeile sind vielmehr die Blüthen und Blattbasen in regelmässiger Aufeinanderfolge in derselben Para- stiche angeordnet, so dass übereinander z. B. Blatt 1 Blüthe 4, Blatt 9 Blüthe 12, Blatt 17 Blüthe 20 u. s. w. fallen. Ich benütze gerne die mir jetzt durch Herrn Schumann gebotene Gelegenheit, um diese Thatsache hier zu erwähnen. Zugleich gebe ich auf der Tafel ein Schema der Blatt- und Blüthenstellung von Euryale, um zu zeigen, dass auch, was meinen zweiten vermeintlichen Irrthum anbe- langt, der Irrthum auf Seite des Herrn Schumann ist. Ich habe näm- lich geschrieben, dass „die 5er-Zeile eigentlich eine Doppelzeile ist, aus zwei parallel neben einander verlaufenden Parastichen, einer oberen, auf welcher die Blätter, und einer unteren, auf welcher die Blüthen in denselben Abständen von einander stehen“. Herr Schu- en Be 97 mann glaubt dagegen, „nun ist die blätterverbindende Kurve nicht immer die obere; in den vorliegenden (also meinen M. R.) Zeiehnungen würde sie sogar gegen Herrn Raciborski’s Angabe die untere sein; (hier liegt vielleicht ein Schreibfehler vor)“. Unter Hinweis auf meine frühere Zeichnung der Stammspitze von Euryale (Fig. 9 pag. 27) und die jetzt gegebene schematische Tafel bemerke ich, dass hier meine oben citirten Worte eine wirkliche Thatsache beschreiben, dass kein Schreibfehler in meine Beschreibung sich eingeschlichen hat, und dass unter die die Blätter 3, 8, 13, 18, 23 etc. verbindende 5er-Zeile die parallele, die Blüthen IIL, VII, XIIL XVIIL XXIII ete. verbindende fällt; über dieselbe kommt dagegen die Blüthenzeile VI, XI, XVI, XXI ete. Die Blüthenbasen werden nämlich bei dem nach- träglichen Diekenwachsthum der Sprosse sehr bedeutend verschoben und zwar so, dass jede von ihnen von sechs benachbarten Organen begrenzt wird, z. B. die Blüthe XI von den Blättern 11, 16, 13, 8 und von den Blüthen 6 und 16. Ich werde in Anbetracht dieser jederzeit leicht eonstatirbaren Thatsachen auf das Hervorheben der logischen Irrthümern, die Herrn Schumann zu den erwähnten Trug- schlüssen verleitet haben, verzichten. VI. Die Blätter der Victoria regia sind im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Nymphaeaceen dureh zahlreiche kleine Perfo- rationen der Blattlamina ausgezeichnet. In der systematischen Litteratur vielfach erwähnt, waren dieselben von Unger (Einiges über die Organi- sation der Blätter der Victoria regia, Wien 1853) entwickelungsge- schichtlich und mit Ausnahme eines gleich zu erwähnenden Punktes richtig beschrieben. Später beschäftigte sieh mit ihnen Blenk (Veber die durchsichtigen Punkte in den Blättern, Flora 1884, p. 101) ohne, wie es scheint, die Unger’sche Arbeit zu kennen und auch ohne etwas Neues beizubringen. Diese Perforationen sind nur an dem dem Wasser flach anliegenden Taaminatheile der Vietoriablätter entwickelt, an dem nach oben ge- hobenen Rande derselben fehlen dieselben gänzlich oder sind nur sparsam vertreten. Es lässt sich in ihrer Localisation keine Regel- mässigkeit erkennen, an manchen Orten stehen viele dicht neben einander, während gleich daneben mehrere Quadratcentimeter der Dlatt- lamina davon frei sind. Natürlich fehlen sie über den Blattrippen vollständig, über den dünnsten Gefässbündeln sind sie doch hie und da zu finden, wobei natürlich die entsprechenden Gefässbündelehen unterbrochen werden. An einem grösseren Blatte von 2m Durch- messer kann ihre Zahl etwa 60000 betragen. Flora, Ergänzungsband 2. Jahrg. 1894. 78. Bd. 7 ‘98 Ganz junge Blätter vor Bildung der Spaltöffnungen besitzen noch keine Perforationen, dieselben bilden sich erst kurz vor der Entfaltung des Blattes schon nach der Anlegung der Luftspalten, aber vor vollendeter Streckung der Zellen, und deswegen erscheinen die perforirten Stellen immer etwas dünner als die normalen der neben- liegenden Lamina des erwachsenen Blattes. Fine rundliche Zell- gruppe geht zu Grunde, die Parenchymzellen derselben zerfallen voll- ständig, dagegen die Epidermzellen bleiben länger erhalten, und in den meisten Fällen verschliesst die Cutieularschicht der Blattoberseite während der ganzen Vegetationsperiode des Blattes die Perforation. Die an die Perforation anstossenden Parenchymzellen wölben sich etwas nach aussen, verwachsen vollständig mit ihren Flächen, und schliessen so die Intercellularräume des Blattes von der Perforation ab. An alten Blättern findet ınan fast immer an diesen Perforationen eine Ansiedelung von Öscillarien und Lyngbyen, ausserdem Nieder- schläge von Kalkearbonat. Was für eine Rolle diese Perforationen im Leben der Pflanze spielen, konnte ich ebensowenig wie Unger ergründen. Sachs hat vor Kurzem die Vermuthung ausgesprochen (Flora 1893, p. 61—62), dass durch dieselben die in den blasigen Waben des jungen Vietoria- blattes eingeschlossene Luft beim Ausbreiten derselben freien Austritt nach oben gewinnt. Auch konnte man vermuthen, dass durch die- selben das Regenwasser durchsickern könnte. Die letzte Vermuthung scheint eine Stütze zu haben in der Unger’schen Bemerkung, dass die Perforationen für Wasser sehr leicht passirbar sind. In der That sind sie allein an der Blattoberfläche benetzbar, doch ist es mir nie gelungen, trotz zahlreicher Versuche das Unger’sche Experiment zu wiederholen. Unter dem Druck von 3cem Wasser, welches mit Eosin gefärbt war, drang keine Spur desselben nach unten, ebenso- wenig von unten nach oben. Auch vergeblich habe ich viele Blätter stark belastet, nie war Wasser durch die Perforationen nach oben getreten, aber ebenso- wenig Luft, welche unter der Blattlamina eingeführt war. Wahr- scheinlich ist mir, dass wir cs in diesem Falle nieht mit einer zweck- mässigen Anpassung zu thun haben, sondern, analog wie bei Ouvi- randra, mit einem vorzeitigen Absterben der Zellgruppen, dessen Ursache wahrscheinlich in den während der Zellstreekung stattfindenden Er- nährungsstörungen zu suchen ist. Die Perforationen bilden sich übrigens schon an ganz kleinen Jugendblättern der Pflanze, die nur einen 12cm grossen Durchmesser haben, 99 VIl. Die Nympbacaceen gehören zu den gerbstoffreichen PHanzen, und manche von ihnen wurden schon in dieser Beziehung chemisch und botanisch untersucht. Achnlich wie bei vielen anderen Pflanzen, kann man mit Kraus auch bei den Nymphaeaceen den primären (an dem Licht gebildeten) und den seeundären „Gerhstoff* unterscheiden, d, i. der Grerbstoff, welcher sich ohne Lichteinwirkung an den wachsenden Vegetationspunkten, also Spross und Wurzelspitzen, bildet. Nach der Behandlung einer Wurzelspitze mit Kaliumbichromat, Osmiumsäure oder Methylenblau erhalten wir in der Wurzelhaube, in den vereinzelten Zellen des Parenchyms unmittelbar an der Höhe des stärksten Zu- wachses der Wurzel und etwas tiefer in den gestreckten Zellen der Gefässscheide eine sog. „Gerbstoffreaetion“. Aehnlich nach der Be- handlung der Sprossspitze zeigen alle Schleimhaare, viele Parenchym- zellen und Gerbstoffschläuche der Gefässbündel die Reaction. Es ist klar, dass die in den Haaren, der Wurzelhaube oder in der die ausbrechenden Wurzel noch lange bedeekenden Rhizomschicht sich ansammelnden Stoffmengen nur Exerete darstellen, da alle diese Gerbstoffbehälter früh, mit dem Gerbstoff, abgeworfen werden. Ueber das Schicksal des in den Gefässscheiden oder Parenchymzellen sich ansammelnden Gerbstoffes sind wir nicht im klaren, es scheint jedoch, dass er wenigstens zum Theil fortgeleitet, eventuell umgebildet werden kann. " Bei den Nymphaeaceen, ähnlich wie bei vielen anderen Pflanzen, ist das von der Pflanze nicht mehr benützte, in den Wurzelhauben oder Triehomen abgelagerte Exeret chemisch verschieden von diesen gerbstoffähnlichen Stoffen, welche in der Pflanze verbleiben, Die für die Pflanze ganz verloren gehenden Exerete der Ilaare und der Wurzelhaube geben eine rothe Reaction mit Vanillin-, Cu- minol-, Salieylaldehyd-, Zimmtaldehyd-, Anisaldehydsalzsäure und redu- ziren die Fehling’sche Lösung, Reaetionen, welche die im Periblem und Plerom sich ansammelnden, in der Pflanze verbleibenden oder wandernden Gerbstoffe nicht erzeugen. Die letzten geben dagegen mit Eisenchlorid eine schwarzblaue Reaction, während die ersten mit gesättigter warmer Eisenchloridlösung je nach der Pflanzenspecies verschiedene Reactionen geben, eine schwarzblaue die Haare von Brasenia, braune die von Nuphar, Nymphaea oder Vietoria. Die angeführten mikrochemischen Reaetionen zeigen, dass der Excretstoff der Nymphaeaeceen mit Phlorogluein nächst verwandt zu sein scheint, doch in mancher Beziehung abweicht. Das ganz ähnlich reagirende Exeret des Myriophyllum habe ich Myriophyllin, genannt, 100 Ob manche von diesen mit Vanillin reagirenden Exereten der Pflanzen mit Phlorogluein identisch sind, andere verwandt, ist eine Frage, die im Wege der mikrochemisehen Reactionen nicht zu lösen ist. Ueber das Vorkommen des Phlorogluein in der Pflanze besitzen wir zwar eine Menge von Angaben von Wiesner, Lindt, Waage ete. in der letzten Auflage des Handbuches von Beilstein findet sich auch die Angabe, dass Phlorogluein in den Pflanzen vorkommt, es ist mir jedoch keine Analyse bekannt, welche das Phlorogluein in der lebenden Pflanze nachgewiesen hat. Es erscheint zwar plausibel, bei der Ver- breitung der Phloroglucosiden in den Pflanzen, auch die Existenz des freien Phloroglueins in denselben anzunehmen, doch muss ich auf die Untersuchungen Armand Gautier’s aufmerksam machen, welcher nachgewiesen hat, dass aus Quereitin oder dem Weinfarbstoffe Caı H200ı10 nicht Phlorogluein, sondern Isomere desselben, Quereigluein und Oeno- gluein entstehen, und welcher glaubt, dass die Zahl der Körper, welche süss schmecken, nach ihren allgemeinen Eigenschaften als wahre aro- matische Glycosen angesehen werden müssen, mit dem Phlorogluein gleiche Zusammensetzung haben und demselben schr ähnlich sind, in dem Maasse sich vermehren wird, in welchem man dem Studium dieser Körper grössere Aufmerksamkeit zuwendet. Es scheint mir möglich und wahrscheinlich, dass wir es in dem vorliegenden Falle mit solehen Körpern zu thun haben, Die physiologische Rolle dieser Körper als Exerete tritt z. B. bei Nuphar oder Vietoria ungemein klar hervor. Sie sind hier in den- jenigen Zellen angesammelt, welche dem Untergange anheimfallen. Es stimmt dieser Exeretstoff den mikrochemischen Reactionen nach vollstänig mit dem von Crato studirten Physodeninhalt der braunen Algen. Alle die zahlreichen Reactionen, welche Crato angegeben hat (Botan. Zeitung 1893), habe ich nachgemacht und da sie alle bei dem Exerete der Nymphaeaccen und dem Physodeninhalte von Crato gleich ausgefallen sind, so ist man versucht die beiden Stoffe für identisch oder wenigstens für nächstverwandt zu betrachten. Während jedoch bei den Nymphaeaceen die phloroglueinähnlichen Exerete ohne Zweifel Exerete darstellen, die von der Pflanze als nicht mehr brauchbar aus- geschieden werden, meint Crato, dass diese Stoffe bei den braunen Algen chemische Baustoffe für die Pflanze darstellen, speciell bei der Neubildung des Plasma verbraucht werden. Es wäre sonderbar, wenn dieselben Inhaltsstoffe der Zelle bald als Exerete, bald als wichtige Bau- stoffe des Plasma hervortreten, leider konnte ich in der inhaltsreichen Ab- handlung von Crato keine Beweise für die Annahme finden, dass der In- halt der Physoden bei der Neubildung des Plasma verbraucht wird. gern 101 Ueber die Bedeutung dieser Körper als Schutzmittel kann ich nichts Bestimmtes sagen. Phlorogluein besitzt keine antiseptischen Figenschaften und die toxische Wirkung desselben gegen höhere Thiere ist sehr schwach (Chem. Centralblatt 1890, II, 157). Endlich will ich hier erwähnen die von Tr&cu] beschriebenen und abgebildeten Vertiefungen, „osteola®* an den Spitzen der Stacheln der Vietoria, welche De Bary einer Nachuntersuchung empfiehlt. Die ganz jungen Stacheln der Vietoria tragen an ihren Spitzen je ein mit dem erwähnten Exeret gefülltes Schleimhaar, dasselbe wird bald ab- geworfen und seine vertiefte Basis bildet das Tr&eul’sche „osteolum*. VIti. Die Eigenthümlichkeit der reichliehen Schleimbildung kommt bei den Wasserpflanzen nicht nur an den äusseren 'Trichomen oder Epidermzellen vor, sondern schleimartige, pektinenthaltende Substanzen werden auch im Inneren der Wasserpflanzen vielfach erzeugt. Die schleimigen Auskleidungen der Intercellularräume bei Nuphar hat schon Frank (Beiträge zur Pflanzenphysiologie 185) beobachtet und als Cuticula beschrieben. Später sind solche oder ähnliche Aus- kleidungen bei sehr vielen Land- und Wasserpflanzen von Russow, Berthold, Schaarschmidt, Terletzki als Plasmaauskleidungen der Intercellularräume ausführlich beschrieben. In keinem Fall sind Jedoch hinreichende Beweise für die plasmatische Natur dieser Aus- kleidungen geliefert, meine Untersuehungen beweisen vielmehr, dass in keinem der untersuchten Fälle ein Eiweissgehalt in diesen Aus- kleidungen nachweisbar ist. Untersucht habe ich die Auskleidungen der Intereellularräume der Blatt- und Blüthenstiele von Nymphaea, Nuphar und Vietoria, weiter die von Russow eirirten Rhizome von Aegopodium Podagvaria, Veronica Beeeabunga, Wurzeln von Lycopus europaeus und Blattparenchym von Aeuschynanthus Devonianus, Was die angewandten Riweissreactionen anbelangt, so hat sich das von Krasser empfohlene Allosan überhaupt für Nachweis der Biweisslocalisation, wie es auch schon Klebs angegeben hat, unbrauchbar erwiesen. Die bekannten Reactionen mit Salpetersäure, dem Millon- schen oder Raspail’schen Reagens geben mit kleinen Mengen der Eiweissstoffe sehr schwach gefärbte, nieht distinete Renetionen, so dass deren Ausbleiben, eventuell Unsichtbarkeit, noch keineswegs als Be- weis der Eiweissabwesenheit in dünnen Schnitten der P’Hanzentheile angesehen werden darf, Dagegen besitzen wir in dem ausgezeichneten von Ritschl und Mikosch eingeführten Aldehydreartionen em empfindliches und zuverlässiges Mittel, «die Localisationen der Eiweiss- stoffe im PHlanzenkörper kennen zu lernen. 102 Ich benutze zu diesem Zwecke seit längerer Zeit Vanillinschwefel- säure, die bequemer zu handhaben ist als Salieyl, Zimmt, Anisaldehyd oder Cuminol, wobei ich ganz dünne Schnitte mit einem Tropfen einer fast gesättigten Lösung Vanillins in 50°|, Alkohol bedecke und gleich oder nach einer halben Minute einen Tropfen concentrirte Schwefelsäure zu- setze. Die Reaction tritt entweder momentan oder erst nach einigen Minuten ein; durch ein gelindes Erwärmen kann man sie beschleunigen. Auf solche Weise behandelt, gaben Reiskleber, Albumin, Pepton momentan eine sehr starke Reaction, Pflanzenfibrin, Blutfibrin, Chon- drin, Legumin, Papayotin, Emulsin, Pepsin, Pancreatin, Haemoglobin eine etwas schwächere, die nach schwachem Erwärmen intensiver wird; Elastin gibt eine sehr schwache Reaction, Glutin gar keine. Die Vanillinschwefelsäurereaetion kann aber auch zu Irrthümern Anlass geben und zwar auf verschiedene Weise. Der rothe nach Einwirkung der Reagenz auf Eiweissstoffe entstehende Parbstoff ist leicht löslich, diffuntirt schnell durch das Gewebe und tingirt blass manche ursprünglich ungefärbten Theile des Präparates. Man muss also, um diesen Uebelstande vorzubeugen, den Verlauf der Reaction nach Zusetzen der Schwefelsäure unter dem Mikroskop beobachten und die Stellen des Eintretens der farbigen Reaction gleich bestimmen. Der andere Umstand, welcher zu Trugschlüssen führen kann, ist be- dingt dadurch, dass nieht nur Fiweiss, aber auch viele andere Stoffe ganz ähnliche Reaction mit Vanillinschwefelsäure liefern, besonders das Phlorogluein und verwandte Körper (Myriophyllin ete.), die in vielen Pflanzen verbreitet sind. Es ist also in allen diesen Fällen, wo in den Zellen wie Phlorogluein reagirende Körper vorhanden sind, die Vanillinschwefelsäure nicht anwendbar. Die Anwesenheit solcher Stoffe ist mit Vanillinsalzsäure leicht nachweisbar, und muss iminer vor Benutzung der Vanilinschwefelsäure, die betreffende Pflanze, oder die betreffenden Pflanzentheile mit Vanillinsalzsäure geprobt werden, und nur in solchen Fällen, wo mit Vanillinsalzsäure keine Reaction stattfindet, ist die Ritschl-Mikosch-Eiweissreaetion ınit Erfolg an- zuwenden. Die sog. Plasmaauskleidungen der Intercellularräume der oben angeführten Pflanzen erweisen sich stets als eiweissfrei. Bei Brasenia, Euryale und Vietoria wachsen vielfach manche die Intercellularräume begrenzende Zellen ins Innere derselben höcker- artig herein. An der Oberfläche soleher kurzen und dicken, trichom- artig ausgewaschenen Zellen treten stärker lichtbrechende Tröpfchen einer schleimartigen Substanz hervor, die manehmal mit einander zu- sammenfliessen und sonst mit den Auskleidungen der Intercellular- Sn. 103 räume in ihren Reactionen übereinstimmen. Bei Nuphar und Nymphaea treten nach Verwundungen der Blatt- und Blüthenstiele ebensolehe Zellausstülpungen hervor, die massenhaft Schleim produeiren und nach Art der Thylien die Intercellularräume in der Gegend der verwandeten Stelle verschliessen. Normal treten aber bei manehen Nymphaeen und besonders schön bei allen untersuchten Nuphararten anders ge- staltete innere Haare auf, die ebenfalls Schleim absondern. Die Zellen derselben gabeln sich durch schöne Diehotomien ein- bis mehrfach, die an einanderstossenden Wände verkleben mit einander und so bildet sich endlich ein Diaphragma in den Intercellularräumen, welches je- doch nicht luftdieht ist, und offenbar ähnlieh den anderen Intereellular- diaphragmen der Wasser- und Sumpfpflanzen bei den Vorgängen des Gasaustausches bethätigt ist. Bei Nuphar sind solche Diaphraginen schon von Trecul beobachtet und abgebildet worden, sie bestehen aus sehr dünnwandigen Zellen, in welchen Stärkekörmer, aber keine Exerete nachweisbar sind. Die Querwände derselben zeigen eine Cellu- losereaction, von den Aussenwänden gibt nur die dünne innere Lamelle mit Chlorzinkjod eine Cellulosereaction, die äussere bleibt dagegen farblos, quillt schr stark und geht ohne Grenze in die oben er- wähnten Schleimtröpfehen über, Ebenso bleibt farblos und quillt stark diese äussere Lamelle mit Jod und Schwefelsäure, in kaltem Ammeniak wird sie langsam, in warmem schnell gelöst, auch in warmer Kalilauge. Mit Osmiumsäure ist keine Bräunung der Schleimtröpfehen oder der äusseren Lamelle erzielbar, dagegen speichern diese reich- lich Cyanin aus Glycerinlösung, Safranin und Anilinblau. Offenbar haben wir es hier mit denselben oder ähnlichen schleimigen Ausschei- dungen zu tlun, die schon lange aus den Intercellularräumen der Merathineeen bekannt, in letzter Zeit von Noack auch bei inanchen anderen Pflanzen gefunden worden sind. Auch sind ähnliche, dichotom- wachsende Schleitwhaure schon im PHanzenreiche bekannt, ich meine nämlich die dureh Reiz der Nostoceolonien entstandenen Schleimhaare im Thallus von Blasin, die aus den Untersuchungen Janezewski’s, Leitgeb’s, Szymanski’s und Waldner’s genau bekannt sind. Die Verschiedenheit der Zellmembranen der Intereellularräume von denen des interstitionlosen Gewebes kann man auch makroskopisch sehön «demonstriren. Dünne Querschnitte durch dieke Wurzelstöcke der Wasserpflanzen, anı besten Victoria regia, mit Jodgrünfuehsin ge- färbt und in Canadabalsam oder Glyeeringallerte aufbewahrt, zeigen makroskopisch das Gewebe mit grossen Intereellularräumen grün, das andere mehr oder weniger röthlich. 104 Schleim wird auch reichlich in den Ovarhöhlen aller Cabombeen und Nymphaeaceen erzeugt, wo die Samenanlagen schon vor der Befruchtung in eine Schleimmasse eingebettet sind. Bei Victoria wachsen manche der die Ovarhöhle auskleidenden Zellen papillen- artig ins Innere derselben und erzeugen auf ihrer ganzen Aussen- fläche grosse Schleimmengen. Aehnlich bildet sich Schleim auch in der Ovarhöhle anderer Wasserpflanzen, z. B. der Hydrocharideen. Beim Reifen werfen die Nupharfrüchte die äussere grüne, gerb- stoffhaltige Hülle ab und zerfallen in so viele Abschnitte, als Frucht- blätter an der Fruchtknotenbildung betheiligt waren. Diese Abschnitte, die infolge des reichlichen Luftgehaltes weiss erscheinen und auf der Wasseroberfläche schwimmen, sind von dünnwandigen Zellen umkleidet, welche sehr viel Schleim nach aussen produziren. Im Inneren dieser Zellen sind zahlreiche Stärkekörner vorhanden. In den oberflächlichen Zellen verschwinden die Stärkeköfner gleichen Schritt mit der Schleimbildung, und es scheint mir in diesem Falle sehr wahrscheinlich, dass sie das Material zur Schleimbildung liefern. Endlich will ich an dieser Stelle noch der Schleimdesorganisation des Endosperms von Nelumbo speeiosum gedenken, Nach der Be- fruchtung entwickelt sich das Endosperm von Nelumbo ganz normal, wird jedoch später ganz verschleimt und bleibt lange als eine schleimige Masse zwischen den Cotyledonen liegen. Nach der Samen- reife vertrocknet die verschleimte Endospermmasse, in welcher jetzt keine Struktur mehr erkennbar ist, zu einem Häutchen. IX. In dem Schlusskapitel meiner Morphologie der Nymphaeaceen habe ich in kurzen Worten die Unhaltbarkeit der „mechanischen“ Juxtapositionstheorie besprochen. Meine Besprechung hat dem Ilerrn Schumann (B. d. d. b. G. 1894 p. 177) Anlass gegeben, seine jetzige Stellung zu dieser Frage zu beleuchten, woraus jedenfalls hervorgeht, dass sein Standpunkt seit dem Erscheinen der „Neuen Untersuchungen über den Blüthenanschluss“ sich sehr geändert hat. Wir hören jetzt nichts mehr von den Stössen, welche die Primordien auf einander ausüben, von einem Druckminimum in den Wachsthums- scheiteln, von der Plastieität der Primerdien, welche alle Ecken aus- giessen, als von den mechanischen Ursachen der Blattstellung. Indessen scheint doch Herr Sehumann noch mit einem Fuss auf dem Boden der mechanischen Juxtapositionstheorie zu stehen, wenn er meint, „es kann nun keinem Zweifel unterworfen sein, dass aus dem Contact heraus gewisse eigenthünliche Erscheinungen im Aufbau der Organ- 105 complexe erklärt, d, h. unserem Verständnisse näher gebracht oder in der von mir gebrauchten Auffassung eausal begründet werden“, Ich erlaube mir, diese Frage noch einmal zu besprechen. S. Schwendener hat seine bis an die letzten Folgerungen eonsequent durchgeführte Theorie auf wenige Grundthatsachen zurück- geführt, nämlich auf die: l. relative Grösse der Anlagen, 2. den Contact der neuen Organe mit den vorhergehenden, 3. geringe Schwankungen der Querschnittsgrösse zu Gunsten der Raumausfüllung, und diese drei Punkte bilden das Postulat, auf welches die Schwen- dener’sche Theorie sich stützt (Mech. Blattstellungstheerie p. 57, 58). Was den Contact anbelangt, so will ieh betonen, dass in allen diesen Fällen, welche ieh genauer untersucht habe, die an der Sprossspitze hervortretenden Primordien gar nicht in dem Contacte mit den schon früher angelegten entstehen, sondern in gewissen Ab- ständen davon. Der Contact kommt erst später zu stande in der Folge des weiteren Wachsthums der Primordien, und desshalb kann man in allen diesen Fällen den Contaet — also die später eintretende Erscheinung — nicht als Ursache der Anordnung der vor dem Bin- tritt des Contactes angelegten und sichtbaren Primordien betrachten. fch bemerke weiter, dass man mit dem Constatiren «des angeblichen Contactes bisher zu freigiebig war; eine Untersuchung der auspräparirten ganzen Sprossspitzen kann vielfach zu einer irrthünlichen Auffassung Anlass geben, dass die ersten Primordien im gegenseitigen Contaete stehen, weil nieht überall die Primordien von einander so entfernt sind, wie an den breiten Vegetationsflächen der Nymphaeaceen. Wil jemand über das Vorhandensein des Uontaetes der Primordien einen sicheren Schluss gewinnen, so inmuss er die Vegetationsspitzen an entsprechend dünnen Mikrotomschnitten studiren; die Zeichnungen der auf einander folgenden Sehnitte liefern uns in Isohypsen ein naturgetreues Bild der Verhältnisse an dem Stammscheitel. Auf solche Weise habe ich mich überzeugt, dass die ersten Blattanlagen bei Sempervivum teetorum, Androsace sarmentosa, Iberis sempervirens, Costus speeiosus, Stratiotes aluides, Abies peetinata, Equisetum lime- sum, die Blüthenanlagen bei Ormithogalum umbellatum, Helianthus, Dahlia, die Staubblattanlagen bei Cabomba, Nymphaea, Ovulum- anlagen von Nymphaea oder Vietoria ohne Contact mit den älteren Organen aber trotzdem an den in Voraus bestimmbaren Stellen an- gelegt werden. „In der Litteratur findet man zwar unzählige An- 106 gaben von den angeblich im Contact angelegten neuen Primordien, doch nach exacten Beweisen des Contaetes neu entstehender Organe habe ich in den Werken Schwendener’s und Schumann’s ver- seblich gesucht und so erscheint das Schwendener’sche Postulat, auf welchem die ganze mechanische Blattstellungstheorie sich stützt, nicht nur unbewiesen, sondern widerlegt. Da die ersten sichtbaren lachen Prinordien nicht in gegenseitigem Coniaet stehen, so kann um so weniger von einem Druck, welchen sie aufeinander ausüben, die Rede sein, und es wurde ja auch die Existenz eines solchen Druckes von De Candolle (Consideration sur l’ötude de la phytotaxie) negirt. Die Beispiele, welche damals Schwendener (Zur Theorie der Blattstellungen) zur Bekämpfung der De Candolle’schen Ansicht gebracht hat, z. B. die Verschie- bung der Schuppen auf dem zweijährigen Zapfen von Pinus Pinaster, Neigung der Staubgefässe bei Abies, Pinus ete. können doch nichts in der uns beschäftigenden Frage beweisen, weil es sich in allen diesen Beispielen nicht um Druck der jungen Primordien handelt, sondern um Contaetwirkungen der längst angelegten und weiter wachsenden Organe. Die Druckverhältnisse hat Schwendener be- sonders bei Erklärung der Blattstellung an den Axillarknospen in Anspruch genommen. Dem gegenüber will ich die herrlichen Worte Ilofmeister’s zur Erinnerung bringen (Allg. Morph. 639), welche diese Frage in ungemein klarer Weise erörtern. „Der mechanische Druck, welchen ein in engen Ilüllen rasch wachsendes Gebilde, eine beblätterte Knospe erfährt, kann Verschiebungen von Blattmedianen, Abplattung des Complexes der Blätter hervorrufen; die Pressung der umhüllenden Theile kann auf dem umhüllten tiefe Einprägungen zu- rück lassen; aber selbst bei derartigen Vorgängen sind eigenartige Wachsthumserscheinungen maassgebend betheiligt; und die durch die Pressung der benachbarten Gebilde auf die wachsende Knospe, das wachsende Blatt, geübte Modifieation der Gestaltung ist entweder rasch vorübergehend oder wenn bleibend ganz unerheblich. Die ab- gegliederten Sprossungen des P’Hanzenkörpers erlangen ihre definitive Form im Allgemeinen durch Wachsthumsvorgänge, welche selbständig, nicht beeinflusst und geregelt durch Contaet und Druck der im Knospen- zustande an die betreffende Sprossung grenzenden Gebilde verlaufen.“ Jedem, der sieh mit Blattstellungen beschäftigt hat, tritt mit un- gemeiner Schärfe die Richtigkeit der alten Beobachtung Hofmeister’s hervor, dass lie Primordien sich in den meisten Fällen in (über oder unter) grösste Lücken gleichartiger zuvor gebildeter Anlagen einschalten. nme nn ne I Se EEERNERGREENE 107 Das ist die Haupterscheinung, welehe Schimper und Braun auf idealistische, Chauneey Wright auf eine teleogische, Hofmeister und Schwendener aufeine mechanische Weise aufzuklären gesucht haben. Die Hofmeister’sche Theorie, die ganz in Vergessenheit ge- rathen ist, will ich hier erwähnen, weil sie meiner Ansicht nach auf Grund einer viel riehtigeren Naturansehauung als die Schwendener’scho ent- standen ist. ILofmeister glaubt, wenn in einer gegebenen Zone eines Vegetationspunktes eine von dessen Längsachse divergirende Wachs- thumsrichtung sieh einstellt, so wird die Festigkeit der freien Aussen- wände der Zellen der Oberfläche dem Ilervortreten der neuen Sprossung einen gewissen Widerstand entgegegensetzen. Ist dieser Widerstand nicht in allen Punkten gleich, "ist die Membran der freien Aussenfläche an einer Stelle dehnbarer als an den übrigen, so wird die Sprossung an dem Orte dieser grössten Dehnbarkeit über die Fläche der Achse sich erheben. Auf den Ort der Aussenfäche der betreffenden Zene, welche den Grenzen der letztentstandenen Sprossungen am fernsten liegt, hat jene Zerrung am wenigsten gewirkt. Hier ist die Stelle des geringsten Widerstands gegen das Streben zur Bildung einer neuen Ausstülpung, hier wird die neue Sprossung zum Durehbruch kommen. Das Unriehtige der Uofmeister’schen Theorie scheint mir in dem Umstande zu liegen, dass dieselbe die Wirkungen eines schon angelegten Organes nur in den (niehtbewiesenen und vielleieht nieht existirenden) Spannungs- differenzen der Rpidermwandungen sicht, das richtige dagegen sche ieh in dem Umstande, dass Hofmeister nach den die Blattstellung bestimmenden Kräften nieht ausserhalb des Sprosses in den meeha- nischen Druck- und Contactverhältnissen der schon angelegten Blätter, sondern innerhalb desselben sucht. Nun ist heute nachgewiesen (Jost, in Bot. Zeit. 1893), dass die wachsenden Blätter es sind, welche be- stimmte Reizwirkungen auf bestimmte Zonen des sie tragenden Sprosses ausüben, wir wissen, dass in wachsenden P’fanzentheilen ein verwiekeltes Spiel der inneren Kräfte und Reizwirkungen vor sieh geht und ist meiner Ansicht nach jede Theorie der Blattstellungen verfehlt, welehe die Vorgänge im Innern der wachsenden Sprossspitze nieht in Be- traeht zieht. Näher die Natur dieser Vorgänge zu bestimmen, steht bis jetzt nicht in unseren Kräften; wenn wir jedoch die hypotetische Annahme machen, dass die schon angelegten Primordien Vegetations- eentra darstellen, welche eine gewisse Zone des wachsenden Spross- gipfels zu einer die Stoffe anziehenden Zone verwandeln, so steht diese hypothetische Annahme nicht nur mit der Grundthatsache der 108 Blattstellung, dass die neuen Primordien in der weitesten Lücke zwischen den schon angelegten gleicher Valenz entstehen in vollem Einklang, sondern ermöglicht auch die Fälle zu erklären, wo die neuen Primordien thatsächlieh nicht in grösster Entfernung von den schon vorhandenen entstehen, andererseits aber gewinnen wir eine Frage- stellung, die auch einer experimentellen Prüfung fähig ist. Figurerklärung. Die beigegebene Zeichnung stellt die Anordnung der Blatt- und Blüthenbasen an dem Spross des Euryale ferox dar. Mit arabischen Ziffern sind die Blattbasen, mit entsprechenden römischen, die an deren linken Flanke extraaxillar sitzenden Blüthenbasen bezeichnet. In der Achterzeile stehen die Blüthen und Blätter ab- wechselnd, die Fünferzeile ist eine Doppelzeile, die obere verbindet die Blätter, die untere die entsprechenden Blüthen, nn Zur Entwickelungsgeschichte und Systematik der Saprolegnieen. Von Adam Maurizio. Hierzu Tafel II, IV, V. Einleitung. Die Saprolegnieen sind schon Gegenstand sehr vieler Untersuch- ungen gewesen. Die genauere Kenntniss derselben verdanken wir den in der posthumen Arbeit de Bary’s gesammelten Angaben. In ihr finden sich manche ältere Daten bestätigt,. andere korrigirt und eine systematische Anordnung des grossen von ihm selbst ge- lieferten Materials, so dass man in Anbetracht dieser Umstände be- rechtigt ist zu behaupten, de Bary habe für das Studium der Sapro- legnieen erst eine sichere Basis geschaffen. Es war zu erwarten, dass eine Untersuchung, namentlich der aus dem Gebirge stammen- den Saprolegnieen, interessante Formen finden lassen würde. Ich sammelte desshalb gegen 40 Proben aus Graubünden und dem Berner Oberland und nahm sie in Cultur. Eine Auswahl von Beobachtungen an den verschiedenen Saprolegnieenformen, die in den Culturen sich fanden, liefert systematisch geordnet das Material zur vorliegenden Arbeit. Sie bietet in ihren allgemeinen Resultaten und den Schlüssen, die ich derselben anreihen zu müssen glaubte, neben entwickelungs- geschichtlichen Daten auch einen Beitrag zur Speciesfrage. Es ist nicht nöthig auf diese Resultate der Arbeit, die am Schlusse sich zu- sammengefasst finden, hier näher einzugehen. Hingegen glaube ich, es sei nothwendig, eine kurze Mittheilung über die Cultur der Saprolegnieen zu geben, denn obgleich die Sapro- legnieen eine sehr reiche Litteratur aufweisen, konnte ich in derselben beim Beginne meiner Arbeit keinerlei Angaben über die Cultur und, was mir noch peinlicher war, über die Trennung einer Mischung dieser Pilze finden. Bei diesen morphologisch so nahe stehenden Pilzen ist ja die Unterscheidung an sieh oft recht schwer und in einer Mischung einfach nicht möglich. Und doch ist die erste Bedingung einer erfolgreichen Arbeit die absolute Reinheit der zu untersuchen- 110 den Form. Die Garantie für diese Reinheit glaube ich übernehmen zu können. Das Berner Leitungswasser enthielt zur Zeit, in welcher ich es untersuchte, zwar keine Saprolegnieenkeime, doch wurde das Sterilisiren nie unterlassen. Es werden dann Nährmaterialien ins Wasser ge- worfen — wie es de Bary beschreibt —, so dass sie schwimmend erhalten bleiben. Es sei beigefügt, dass nach meinen Erfahrungen die mittlere Zimmertemperatur für die Entwickelung der Saprolegnieen am günstigsten ist, und dass die Culturen im Sommer in schattigen, im Winter in geheizten Zimmern zu halten sind. Alsbald siedeln sich die Saprolegnieen auf dem ihnen gebotenen Nährboden an, und es kann mit dem Isoliren angefangen werden. Dieses bewirkt man durch Abschneiden von Hyphen unter der Lupe. Man achte darauf, dass noch keine Sporangien oder Oogonien vorhanden sind; man ist dann sicher, mit dem abgeschnittenen Hyphenstück keine Zoosporen mitgenommen zu haben. Man benutzt dazu am besten zwei ausge- glühte Nadeln, indem man zwischen ihre Spitzen ein ganzes IIyphen- bündel anfısst. Waren die Nadelspitzen vorher mit Wasser gut be- netzt, so bleiben an ihnen keine oder nur wenige Hyphen haften. Handelt es sich um Kenntniss des überhaupt in einer Probe Vor- handenen, und nicht um das Isoliren einer bestimmten Species, so wird man mit Ilyphen, an welehen noch gar keine Sporangien sich finden, die besten Erfahrungen machen; bei der Auslese einer be- stimmten Form, die man im Auge hat, ist es besser, Sporangien ab- zuschneiden. Das abgeschnittene Hyphenbündel oder ein Häufchen von abgeschnittenen Sporangien wird nun ein wenig gelockert mittelst der Nadeln oder durch Auftropfen von Wasser. — Für die Anlage der neuen Culturen werden Objeetträger gebraucht; auf jedes kommt ein kleines Tröpfehen Wasser, das unter dem Mikroskop ohne Deck- glas leicht «durehmustert werden kann. Zum Uebertragen auf die Objeetträger bediente ich mich kleiner Tropfenzähler, deren Glasröhren zu Capillaren ausgezogen wurden und mit deren Hilfe man unter dem Simplex ein beliebiges Stück durch Einsaugen fangen und in den Tropfen auf den Objeetträger übertragen kann. Man überzeugt sich unter dem Mikroskop oder unter der Lupe, dass bloss eine Hyphe aufgefangen wurde; die überflüssigen werden auf die gleiche Weise von den Öbjeettrüägern wieder abgesaugt. Dann werden zu jedem Objectträger ein Fliegenbein oder eine kleine Fliege u. a. m. hinzugethan und die Objeeträgereultur unter feucht gehaltener Glas- glocke auf Drahtgitter gestellt. Ameisenlarven (im Handel „Ameisen- 111 eier“) sind ein vorzügliches Material für diese kleinen Oultureu; sie können durch Aufkochen im Wasser nach vorausgegangener Befreiung vom Cocon bequem sterilisirt werden, und dieses Sterilisiren bewahrt die junge Cultur‘ vor einer Bacterieninvasion, welche sie oft tödtet. Nach zwei oder drei Tagen ist auf dem Objeetträger die junge Cultur zu beobachten und erst dann kann dieselbe ausgewaschen werden. Es empfiehlt sich aber schon nach etwa 16 Stunden Nachsehau zu halten, ob wirklich nur eine Ilyphe ausgesät war, was, nachdem die Hyphen Zoosporangien gebildet oder vegetativ gekeimt haben, leicht festzustellen ist. Das Auswaschen durch einen Tropfenzähler und Absaugen des Wassers mit reinem Filtrirpapier muss jeden Tag wiederholt werden, bis die Cultur soweit erstarkt ist, dass aus ihr eine Uebertragung stattfinden kann. Unter ganz gleichen Vorsichts- maassregeln wie das erste Mal wird nun zum zweiten Mal aus dieser Cultur eine neue Cultur mit Hilfe des haarförmig ausgezogenen 'Tropfen- zählers hergestellt. In der Weise entstammt jeder Reineultur I auf dem Objectträger eine in mehreren Exemplaren vorhandene Cultur Il; es werden nun die Uebertragungen fortgesetzt, bis nach Bedürfniss fünf oder mehr je aus den vorhergehenden entstandenen Reineulturen an- gelegt sind, natürlich unter steter Beobachtung der Fortschritte in der Entwickelung der ursprünglichen grossen Cultur. Aus einer der Objectträgereulturen wird eine Reineultur im Grossen angelegt. Nicht selten muss man sechs Wochen warten, bis man sicher ist, eine Rein- eultur vor sich zu haben. Manche Species können sofort nach der ersten Uebertragung erkannt und sicher bestimmt werden, so 8, Thureti, S. asterophora, Achlya polifera und polyandra u. a. m. Solche wird man, falls man sich bloss von ihrer Gegenwart überzeugen will, nicht rein cultiviren, schwierigere Formen aber wird man auch zum Zwecke des „Botanisirens“ eultiviren müssen, ınan wird sie überhaupt nie anders kennen lernen. So musste ich bei der Saprolegnia rhactiea zweimal isoliren, resp. das zweite Mal den Nachweis führen, dass eine völlig reine Cultur ohne Verunreinigung mit der in gleicher Probe vorhandenen 8. Thureti vorlag. Bei der Varietät I der Ilypogyna- Gruppe stiess ich auf eine andere Schwierigkeit. Die wechselnden Eigenschaften derselben liessen mich in ihrer Reineultur drei von einander verschiedene Formen erkennen, die, wie im Speziellen gezeigt ‚werden soll, in den Gestaltungskreis einer einzigen Species gehörten, Das Isoliren musste darum von vorne angefangen werden, aus der Reincultur mussten IIyphen abgeschnitten, auf Objeetträger übertragen, von diesen aus, mehrere Generationen hindurch verfolgt werden, und 112 aus diesen Reinculturen im Kleinen, solche im Grossen hergestellt werden. Es dauerte Monate bis ich mich überzeugte, dass nur eine Form vorliegt. Dieses von mir angewandte Verfahren ist allerdings sehr zeit- raubend, man wird bei Befolgung desselben sehr viel Zeit dem blossen Auswasehen und Abschneiden widmen müssen, aber es ist der einzige Weg um eine grössere Anzahl von Formen gleichzeitig kennen zu lernen. Dasselbe ist auch im Hinblick auf eine rein floristische Ausbeute einzuschlagen. — Die vorliegende Arbeit wurde im botanischen Laboratorium der Universität Bern vom Mai 1893 bis April 1894 aus- geführt, und ich fühle mich verpflichtet Herrn Prof. Dr. E. Fischer meinen warmen Dank für seine Rathschläge und auch für die mir gütigst zur Verfügung gestellte Litteratur hier auszusprechen. ı. Beschreibung der einzelnen Formen. Saprolegnia rhaetica. Nov. spec. Taf. III Fig. 1—16 u. Taf. IV Fig. 1 —4. Der Pilz fand sich in einer Schlammprobe, die einer einge- zäunten Quelle auf dem Abhange genannt La Plotta zwischen Coltura und Soglio, Bergell, Kanton Graubünden, entnommen wurde, Das (Qucellwasser hatte Abfluss und am Grunde lagen Thierleichen, todte Kaulquappen etc. Höhe ü. M. 1100m. Ferner fand er sich vor in einer Probe aus der Gegend des Lunghinosees, Oberengadin, in dem auf dem Wege vom Lunghinosee zum Septimerpass gelegenen algen- reichen Tümpel, Höhe ü. M. 2455m, und in einer solchen mir gütigst von lerrn Lehrer Heinz in Cresta, Aversthal, Graubünden, gesandten. Diese bestand aus etwas Schlamm, Grastheilen mit Wurzeln, Stroh- halmen und Moosstücken und stammte aus dem untern Bandsee, Aversthal, Höhe ü. M. 2576m. Alle 3 Proben befanden sich seit dem 10. October 1893 bis April 1894 in Cultur. Für die Cultur im Grossen eigneten sich sehr gut Mehlwürmer und Kressekeinlinge ; für Objeetträgerculturen wurden benutzt Ameisen- larven, Fliegen und Pliegenbeine und Kressekeimlinge. Aufallen diesen Substraten kommt der Pilz gleich gut fort und obgleich diese Saprolegnia an auf dem Wasser schwimmendem Material eultivirt wurde, zeigte es sich, dass sie auch an völlig untergetauchtem leben und reifen kann; so z. B. kommt sie sehr gut fort an hinunter gefallenen Mehl- würmern. In diesem Falle berührt die Fliege oder die Ameisenlarve nicht direct den Boden des Gefässes da die Hyphen allseitig abstehen und, den Grund des Gefüsses erreichend, das leichte Nährobjeet 113 schwebend erhalten; dies gilt natürlich nicht für am Boden liegende, be- deutend schwerere Mehlwürmer, Die Trennung von andern in gleicher Probe vegetirenden Saprolegnieen geschah nach dem gewöhnlichen Ver- fahren ; so viel sei darüber gesagt, dass auf die Feststellung der Zugehörig- keit der zu erwähnenden Oonidienbildungen zum Entwickelungskreis des Pilzes eine ganz besondere Sorgfalt verwendet wurde. Für manchen Zweck empfahl sich die Cultur in gut sterilisirten feuchten Kammern. Der Rasen ist locker, nicht sehr dicht. Die Hyphen stehen 1—1!izcm vom Substrat ab, sind dünn und leicht brüchig. Ausser- halb des Chitinpanzers des Mehlwurms, also in ihrem oberen Theil, sind sie nicht verzweigt, vorbehaltlich der zu erwähnenden eomplieirten Fälle der Conidien- und Sporangienbildungen. Die Sporangien bilden sich wie die Oogonien am Ende der Hyphen aus; die letzteren können aber ausser als Abschluss der Hyphen, auch auf kurzen Stielen in traubiger Anordnung jedoch immer im oberen Theil der Hyphe stehen. (In vielen Culturen beobachtete ich eine Verzögerung im Wachsthum des Pilzes. So bildeten sich anfangs erst nach 7—9 Tagen Sporangien, nach 2—3 Wochen Oogonien aus. In Objeetträgereulturen, welche die verzögerte Entwickelung zeigen, werden am fünften Tage blosse Sporangiumanlagen sichtbar, die im UDebrigen von den andern nicht verschieden sind. In anderen Fällen findet di® Sporaugienentwickelung in kürzerer Zeit statt.) Bei der S. rhaetica sind auf den ersten Blick zwei verschiedene Arten von Sporangien zu unterscheiden: primäre keulige Sporangien, an denen später Durchwachsungen auftreten, wie sie bei keiner andern Saprolegnia bekannt geworden sind (vgl. Taf. IV, Fig. 3), und kleinere oder grössere Sporangiumanlagen, die wir bis auf weiteres Conidien nennen wollen (vgl. Taf. HI, Fig. 1,2 und 6), und die in gewisser llinsicht ähnlich denjenigen von Cystopus sind. Allen Conidien und Sporangien ge- meinsam ist ein bei ihnen häufig auftretender hohler Zipfel oder solider Cellulosezapfen, der von der untern Seite in sie eindringt und von dem im andern Zusammhienhange weiter unten die Rede sein wird. Sporangien und Zoosporenbildung. Die primären, in Grosseulturen massenhaft auftretenden Sporangien sind bauchig auf- getriebene, zugespitzte kurze Keulen. Unter guten Vegetationsbe- dindungen, frische Nahrung und Wasser und geeignete Temperatur, sind ausschliesslich solche vorhanden. Sie zeigen Durchwachsungen, welche erst nach Behandlung der Conidien besprochen werden können. Die Sporangien, und dies gilt nicht nur von den primären, sondern auch von den durchwachsenden, reifen ausserordentlich langsam. Da Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 8 114 Rothert!) die Zeit, welche von der Trennung der Sporen bis zur Entleerung derselben vergeht, unter normalen Bedingungen für die Species ziemlich constant fand, und die Langsamkeit des Processes in Vergleich mit andern von mir beobachteten Saprolegnieen mir auf- fill, so muss darauf hier aufmerksam gemacht werden. Die Zeit, welche ein Sporangium zu seiner Entwickelung bedarf beträgt eirca 13/ Stunden: 1 Stunde von der Abgrenzung des Sporangiums bis zur Differenzirung der Sporenanlagen; 25 Minuten von da bis zur Trennung der Sporen; 14—20 Minuten von da bis zur Entleerung. Eine langsamere Entwickelung war bei seinen Beobachtungen ein Ausnahmefall. Bei $. rhaetiea hingegen war die Zeitdauer von der Abgrenzung der Sporangien bis zur Zellplattenbildung 3—8 Stunden; von der Trennung bis zur Entleerung 1 Stunde bis 1 Stunde 40 Minuten; von der ersten Bewegung der Sporen innerhalb des Sporangiums (eine Phase, die Rothert nicht festhält, da sie gewöhnlich sammt der Entleerung kaum eine, selten über eine Minute beträgt) bis zu deren Entleerung 10--30 Minuten. Die Zoosporen, deren Durchmesser 12— 15 beträgt, schwärmen nach dem Austritt langsam ein paar Secunden, senden Cilien aus und zerstreuen sich. Es konnte nicht festgestellt werden wie lange sie schwärmen, da ihre Bewegung sehr lebhaft ist und es schwer fällt, derselben zu folgen. Sie schwärmen in beobachteten Fällen wenigstens !is bis a Stunde lang und darüber. Sie häuten sich dann, es werden an ihnen Cilien gebildet, machen ein zweites Schwärmstadium durch und keimen. Conidien. Den Anfang der Conidienbildung zeigt eine kurze keulige Anschwellung der Hyphenspitze an. Bald wird dicht unter der Anschwellung eine Querwand gebildet, es schwillt dann das Hyphenstück unmittelbar unter der Querwand an und reisst. die Conidie von ihrem Zusammenhang mit der Ilyphe los; die Conidie wird abgeschnürt (vgl. Taf. III, Fig. 1,2 und 3). In basipetaler Reihen- folge treten in dem bis zu diesem Zeitpunkte ungetheilten Hyphen- ende neue Querwände auf., womit die Abschnürung neuer Oonidien eingeleitet wird. Auf diese Weise bilden sich eigentliche Ketten oder Reihen von Conidien, bis 9 hintereinander, die alle nicht lange im Zusammenhang mit der Hyphe verbleiben, von der sie ihren Ur- sprung nahmen, sondern abreissen und zu Hunderten frei im Wasser schwimmen (Taf. IH, Fig. 6 und 8). Die einzelne Conidie ist entweder kugelig und besitzt an ihrer Basis meist eine Einschnürung, oder eiförmig, länglich bis eylindrisch; die oberste und grösste ist oft 1) Die Entwickelung der Sporangien bei den Saprolegnieen p. 325. 115 etwas länglich, bis flaschenförmig, es kann aber auch die oberste kugelig und die unter ihr befindliche in einen langen Stiel ausge- wachsen sei. Die Grösse der Conidien nimmt von oben nach unten im Allgemeinen ab, in vielen Fällen ist die unterste so klein, dass sie kaum die doppelte Grösse einer Zoospore des gleichen Pilzes er- reicht (vgl. Taf. IIT, Fig. 6); in andern zerfällt die oberste Conidie nach- träglich in zwei kleinere wie Fig. 5 zeigt; in der gleichen Figur ist die beginnende Lockerung der Conidien bei stärkerer Vergrösserung zu beobachten. Die Trennung der Conidien vom Zusammenhang mit der Hyphe kann also erfolgen, nachdem nicht nur eine Conidie, sondern deren mehrere sich gebildet und abgerundet haben, und die Conidien scheinen dann durch seitlich angeheftete Häute mit einanderiin Verbindung zu stehen. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass ‚diese Häute und die von ihnen scheinbar eingeschlossenen Conidien, mit Conidien, welche als Durchwachsungen in entleerten Sporangien auftreten, nicht zu verwechseln sind. Man muss sich die Bildung dieser Häute so vorstellen: an dem verdickten Hyphenende, welches eine Conidie abschnüren soll, entsteht in der Mitte eine ziemlich dicke Querwand (Fig. 1 und 2 auf Taf. III). Während sich die durch diese Querwand getrennten Conidien langsam abrunden, spaltet sich die (Querwand in 2 Lamellen, welche bloss am Berührungspunkt der beiden Conidien einander berühren (Fig. 3). Die peripherischen Mem- branschichten der Hyphe werden bei diesem Spaltungsprocess der sie verbindenden Querwand nicht durchrissen, sondern bloss gedehnt und verbinden als dünne freiliegende Membranen (Fig. 4) die Conidien mit einander und mit dem unter diesen liegendem Ilyphenstück. Die peripherischen Iläute sind also der Abrundung der Conidien nicht gefolgt und halten darum die Conidien mit dem unter ihnen gelegenen Iyphenstück eine Zeit lang noch zusammen, — so werden ganze Ketten mit diesen lläuten versehen. Sie haften nach Loslösen des Conidienverbandes den einzelnen Conidien an. Den Conidienketten in grösserer oder geringerer Menge beige- mischt, finden sich andere Conidienstände, welche Wickel oder Schraubel sind oder von zusammengesetzter nicht näher bestimmbaren Form. (Taf. III, Fig. 5, 8, 15 und Fig. 1 Taf. IV.) Die Wickelstände bilden sich in folgender Weise: nach Abschnürung der ersten Conidie wächst das unter ihr befindliche angeschwollene Hyphenende seitlich ohne Querwandbildung als Zweig aus. Die Stelle der seitlichen Biegung des Zweiges, an dem die zuerst abgeschnürte Conidie liegt, 8* 116 ist an den Figuren als ein vorspringender Theil der Hyphe zu sehen; die Conidie wird durch den Zweig etwas zur Seite gedrängt. Der Zweig bildet an seinem Ende eine Conidie und sehnürt sie ab; unter der Conidie wächst nach der andern Seite wiederum ein Seitenzweig aus, der an seinem Ende eine Conidie abschnürt u. s. f. Da hierbei die Conidien auf beide Seiten der Hyphenstücke, welche als Zweige aufgefasst wurden, zu stehen kommen, so bilden sie sammt den Zweigen einen Conidienstand in Form eines Wickels, wie ihn Fig. 15 Taf. III zeigt; an einem solchen kann man 4, 5 und mehr Conidien zählen. Entstehen die succesiven Seitenzweige immer auf der gleichen Seite der abgeschnürten Conidie, so entsteht ein schraubelartiger Conidienstand. Die Conidienreihen, Wickel und Schraubel sind durch ver- schiedene Uebergangsglieder mit einander verbunden, die hier am Schlusse der Behandlung der Conidienstände bloss eine summarische Darstellung finden müssen, da es nicht möglich ist, jeder der vor- kommenden Formen eine besondere Beschreibung zu widmen. Den Uebergang von einer Kette zu einem Wickel zeigt Fig. 5, Taf. II, einen Conidienstand von unbestimmtem Charakter Fig. 8, 12 und 13, Es kann eine fertile Hyphe, nachdem sie eine gerade Reihe von Conidien abgeschnürt hat, weiter wachsend dieselben zur Seite drängen, ohne seitliche Biegung. Oder es weicht ein Wickel insofern von dem gewöhnlichen ab, als an ihm manchmal die Biegung der Zweige unterbleibt und die Orte der Abschnürung je einer Conidie aneinander gerückt erscheinen oder überhaupt nicht mehr sichtbar werden, indem die Hyphe ohne Aenderung der Wachsthumsrichtung an der Spitze und an den Seiten gleichzeitig Conidien abschnürt. Eine solche Unterdrückung und Verkürzung einer Schraubel zeigt Fig. 1, Taf. IV, welche bei näherer Prüfung in einer scheinbar unge- ordneten Gruppe von Conidien die Stellen zeigt, an denen die seit- liche Biegung der Zweige ausblieb, und statt dieser Querwände auf- traten; statt einer Conidie hat sich hier seitlich an einer Stelle ein Sporangium ausgebildet. — Besonders günstig für die Beobachtung sind diejenigen Conidienstände, bei denen einige Conidien Zoosporen entleert haben, so dass durch die entleerten Häute hindurch die andern rings an der Hyphe gelegenen Ansatzstellen der Conidien, die Quer- wände, und die Conidien selbst zum Vorschein kommen. Es sei noch bemerkt, dass alle genannten Conidienbildungen hauptsächlich in Öbjeetträgereulturen wachsen und dass in ihnen die keuligen primären Sporangien und die noch zu erwähnenden Durch- 117 wachsungen nur sporadisch auftauchten. In der Regel kommt auf den Öbjeetträger, man mag ein Hyphenstück, eine Conidie, ein Sporangium oder einzelne Zoosporen ausgesät haben, ein Rasen zur © Ausbildung, an dem nur Gonidien, während bei gleicher Aussaat auf reichlichem Nährmaterial in Gläsern von 1—31 Inhalt Sporangien, bei schlechter Versorgung mit Wasser und Nahrung als Ausnahme Üonidien allein sich befinden. Weiteres Schicksal der Conidien, ihre Keimung, Umwandlung zu Sporangien und Oogonien. Die grosse Mehrzahl der Conidien zeigt nach einiger Zeit statt des bisherigen gleichmässig dichten Plasmas einzelne Fetttropfen und ausserdem eine etwas hellere Färbung und bleibt ohne zu keimen unverändert Wochen lang liegen, sei es im Verbande oder vereinzelt. Einen eigentlichen Ruhezustand, nach welchem sie erst keimen, besitzen sie nicht. Um sie zur Keimung zu veranlassen, muss ihnen nur frische Nahrung zugeführt werden. Die Keimung erfolgt sodann schon nach 6 Stunden, die Conidien zeigen 12 Stunden nach der Keimung schon eine reichliche Hyphenentwiekelung. Sie keimen stets vegetativ, nie fructificativ ; die äusserst dünnen und zarten, am oberen Ende ver- zweigten und spiralige Rollung der Zweige aufweisenden Keim- schläuche, in der Zahl vier bis acht, ınüssen das ihnen gebotene Nährmaterial erreicht haben, um Sporangien und Uonidien auszu- bilden. Bei der Keimung treten deutliche ehemotropische Krümmungen nach dem Nährmaterial auf. — Dass die Conidien ohne Zufuhr frischer Nahrung nicht keimen, sondern unverändert bleiben, wurde durch besondere zu dem Zweeke angestellte Versuche unzweifelhaft nachgewiesen. Ich hielt z. B. zwei Monate lang einige Ameisen- larven — die zum Zwecke einer sicheren Uontrole mit ausgeglühten kurzen Vlatindrähten und diese mittelst der Terebinthina am Objeet- träger befestigt waren -— mit Conidiencolonieen in Beobachtung, ohne auch nur die geringste Spur der Keimung zu bemerken. Ich stellte sodann die Cultur auf einem Korkstückehen auf die Wasser- oberfläche eines grossen Glases und liess einige Mehlwürmer in ziemlicher Entfernung von ihnen schwimmen. Wenn das Glas vor Erschütterungen bewahrt wird, so bleiben die Mehlwürmer an einer und derselben Stelle liegen, so dass jede vorzeitige Berührung mit der Cultur unterbleibt. Ein gleicher Versuch wurde auch mit Conidien tragenden Mehlwürmern angestellt. In keinem der Fälle fand unter diesen Umständen eine Infection statt, ein Beweis, dass die Conidien weder keimten, noch etwa Zoosporen bildeten. Aber die Infection 118 erfolgte unfehlbar, wenn ich die Mehlwürmer in die nächste Nähe der Conidien brachte; es entwickelte sich dann nach zwei bis drei Tagen der bekannte Rasen. Selbstverständlich wurden die Ameisen- larven und Mehlwürmer vor Anstellung des Experiments durch sorg- same Waschungen von abgefallenen Conidien möglichst befreit. Für die andern nach Auftropfen von Wasser noch im Zusammenhang ver- bleibenden war nicht anzunehmen, dass sie sich auf weitere Strecken entfernen werden, auch wenn sie in einzelne sich lösen sollten. In gewissen Fällen können die Conidien die Umwandlung zu Sporangien zeigen. Während die Conidien sich abrunden, bilden die obersten derselben Zoosporen aus, ganz unabhängig von ihrer Form und Grösse. Die Zoosporenentwickelung tritt nicht erst dann ein, wenn die Conidien abgefallen sind, sondern zu der Zeit, als sie noch in Reihen, Ketten ete. angeordnet sind, und sie ergreift nicht etwa alle obersten, wenn sie aber stattfindet, werden in der Regel die obersten einer Kette, seltener die unter ihnen unmittelbar ge- legenen, und noch seltener alle im gemeinsamen Verbande liegenden betroffen (vgl. Fig. 7, 8 und 9, Taf. Ill und auch Fig. 11). Die Entleerung findet durch eine Ausstülpung an der Spitze bei den obersten, durch eine seitliche bei den andern statt. Im Uebrigen ist das Verhalten und die Gestalt der Zoosporen denjenigen der primären Sporangien gleich. Die Umwandlung zu Oogonien tritt etwas später oder auch gleichzeitig mit derjenigen zu Sporangien ein und es wird ähnlich wie bei den sporangienbildenden Conidien meist die oberste, seltener eine ganze Reihe in Oogonien umgewandelt. Fig. 10, 11, 12 und 13, Taf. 111 stellen solche in ausschliesslich oder zum grössten Theil eonidienbildenden Oulturen auftretende Oogonien dar; auch inter- calare Vogonien kommen in gleichen Gulturen vor. Fig. I1 stellt eine Conidienreihe dar, in welcher das oberste Glied zu einem Sporangium, das zweite zu einem Oogonium umgewandelt ist; be- merkenswertl ist der vom Oogonium ins Sporangium hineinragende hohle Zipfel, ähnlich demjenigen von Fig. 13. Weiteres über Oogonien folgt bei spezieller Behandlung dieser und über die Fortsätze im all- gemeinen Theil am Ende. Nur in einem Falle, Fig. 12, beobachtete ich die Umwandlung der Conidie zum Oogonium. Durehwachsungen. Bei keiner anderen Saprolegniee sind bisher so mannigfaltige Durchwachsungen bekannt geworden, es mag daher auf diese hier aufmerksam gemacht werden. Abgesehen von einer Zwischenform kann man zwei Arten derselben unterscheiden; 119 die einen besitzen eine regelrechte Sporangienentwickelung mit Ent- leerung von Zoosporen, bei den andern zerfällt das durchwachsende Hyphenende in Conidien. Die zuerst genannten Durchwachsungen der 8. rhactiea sind von den bei den Saprolegnieen vorkommenden dadurch unterschieden, dass bei ihnen die jüngeren Sporangien nicht kürzer sind und gänz- lich im Innern der entleerten Sporangiummembran zur Ausbildung gelangen, sondern dass sie über diese Haut und die Entleerungs- papille sich ausstülpen, wodurch die oberste Sporangiummembran zu- gleich die innerste und jüngste ist (Taf. IV, Fig. 3). Es kommen auch gewöhnliche Durchwachsungen der Gattung Saprolegnia vor, auch intercalare Sporangien mit Durchwachsungen und seitlicher Entleerung. Die eigenthümliche Durehwachsung der 8. rhaetica findet sich als Ausnahme auch bei anderen Saprolegnieen, wie ich es in der Hypo- gynagruppe zu beobachten Gelegenheit hatte, Oefters scheint sie bei 8. dioica in Form eines vorragenden Oogoniums vorzukommen.!) Die Sporangien sind häufig eingeschnürt und da an den Ein- schnürungsstellen eine scheinbare Plasmaverdichtung stattfand, so fragte es sich, ob hier nicht etwa Querwände gebildet werden. Dies ist nicht der Fall. Nach Behandlung mit Jod kann man die Con- tinuität des contrahirten Sporangiuminhalts an den betreffenden Stellen recht gut verfolgen; von den vorliegenden Einschnürungen sind die echten noch zu erwähnenden Querwände und Conidienbildungen also wohl zu unterscheiden. Das nachwachsende jüngere Sporangium schmiegt sich oft so innig an die bereits entleerte Haut an, dass beide Häute an manchen Stellen zu einer einzigen zu verschmelzen scheinen, Verfolgt man das Wachsthum des Sporangiums, so kann man bemerken, wie die entleerte lHlaut gespannt wird und dann wieder lockerer dem jungen Sporangium anhängt. Da somit das Sporangium allen Unebenheiten der entleerten Haut nachfolgt und sie ausfüllt, so ist es nicht un- möglich, dass die Einsehnürungen unter dem Drucke der entleerten läute, dureh welche das zarte jüngste Sporangium sich seinen Weg suchen muss, entstehen. Es dürfte namentlich der auf das durch- wachsende Sporangium ausgeübte seitliche Druck der Entleerungs- papille hier in Betracht kommen. So viel zur Frage der muthmass- lichen Entstehungsweise der Einschnürungen an dieser einfachsten 1) Vergl. de Bary, Bot. Zeitung 1883, Taf. X, Fig. 12, während Fig. 13 die gewöhnliche Durchwachsung zeigt. 120 Form der zu behandelnden Sporangien. Neben dieser existiren andere nieht minder interessante und es mögen einige die Mannig- faltigkeit charakterisirenden Fälle hier vorgeführt werden. Es können Querwände im durchwachsenden Sporangiunı auftreten, und von den so abgegliederten einzelnen Sporangien einige Zoosporen entleert haben, andere unentleert geblieben sein. Die Entleerung selbst kann auf verschiedene Weise stattfinden, so z. B. ausser auf die gewöhnliche Weise durch einen die alte Sporangiumhaut durch- brechenden Entleerungshals. Der Entleerungshals kann auch statt der Entleerung zu dienen, sein Endstück als besonderes Sporangium ab- grenzen oder es zeigt sich eine ganze Anzahl von Entleerungshälsen, jeder zu einem durch Querwände abgegrenzten Sporangium gehörig; so liegt eine ganze Reihe von verschieden gestalteten Papillen um die entleerte Sporangiummembran. Das gleiche Sporangium kann auch dureh mehrere Papillen sich entleert haben u. a. m. Ein Beispiel, welches besonders schön die allgemeine Tendenz zur Querwandbildung der hervorgestülpten Sporangien darlegt, zeigt Taf. IV, Fig. 4. Durch das entleerte Sporangium ist hier ein jüngeres gewachsen, das aus nicht weniger als neun Zellen besteht, von denen eine (Fig. 4b) im Innern der alten Sporangiummembran sich befindet. Dass die Durch- wachsung nur von einem einzigen Sporangium sich herleitet, gcht daraus hervor, dass im entgegengesctzten Fall bei den zahlreichen Biegungen eine zweite oder dritte Sporangiummembran sicherlich nachzuweisen wäre. Die oberste Zelle zeigt allerdings zwei Sporan- giumhäute, und dort muss eine nachträgliche Durehwaehsung statt- gefunden haben (Fig. 2 a). Die Papillen e und d gehören zum gleichen Theilsporangium, e ist eine besonders lange Papille. Zu welcher Zelle die seitlichen Anschwellungen zugerechnet werden müssen, ergibt sich ohne weiteres aus der Figur selbst. Nach Paul Lindners!) Zusammenstellung der Fälle von Durch- wachsungen bei Pilzmycelien und anderen Kryptogamen, in welcher t) Ber. d. deutschen bot. Gies. Bd.V pag. 158 und Taf. VII. Aufgezählt sind die zuerst von Schleiden in seinen Grundzügen der wissenschaftlichen Botanik erwähnten bei Saprolegnia und Achlya (?); die 8. hypogyna in Pringsh. Jahrb. IX, pag. 196; der von Zopf angeführte Asconycet Chaetomium; die In- zenyaea Borzis. Lindner fand ausserdem Durchwachsungen bei 3 Schimmelpilzen Epieoceum purpurasceens, Alternaria spec. und Botrytis einerea. — Es wäre noch auf Ascoidea rubescens aufmerksam zu machen und auf die in blasigen Sporangien der Pythiumarten vorkommenden Durchwachsungen, 121 die in der Litteratur beschriebenen Erwähnung finden, ist eine An- deutung des vorliegenden Modus der Durchwachsung nicht vorhanden. Ebenso wie Sporangien, treten auch Conidien in entleerten Sporangiumhäuten als Durehwachsungen auf. Die Conidien, die jetzt behandelt werden sollen, sind den sehon beschriebenen voll- kommen gleich. Es ist einer Hyphe, die in ein entleertes Sporangium, dieses wieder ausfüllend, hineinwächst, zunächst nicht anzusehen, ob aus ihr Sporangien oder Conidien werden sollen. Bei meinen Be- obachtungen habe ich bei Einstellung unter dem Mikroskop statt der erwarteten Eintleerung nach 16-20 Stunden, nachdem die Vaeuolen, die der Trennung in Zoosporen voranzugehen pflegen, verschwanden, oft genug Umwandlung in Conidien bei vorhergehender Querwand- bildung beobachten können. Man findet denn auch beide neben- einander in der gleichen Membran vor, Entsprechend der länglichen Form der Sporangienhäute liegen die in dieser enthaltenen Conidien am häufigsten in einer Reihe, doch kommt auch eine von dieser verschiedene Lagerung vor, vgl. Fig. 2, Taf. IV. Wir schen hier zwei Sporangiumhäute, zwischen denen zwei Zoosporen, die nicht aus- schwärmten, auf der linken Seite eingeschlossen wurden, im Innern der inneren Haut sechs Conidien, die, wie aus vielen Beobachtungen hervorgeht, durch Theilung einer Durehwachsung in basipetaler Folge entstanden. Bei der nach den Theilungen erfolgten Abrundung verändern die Conidien ihre Stellung gegen einander, rücken noch mehr auseinander, seeundäre Theilungen treten auf wie in den Uoni- dien a, b und e und üben einen Druck auf die sie einschliessende Sporangiummembran aus und stülpen dieselbe an einigen Stellen vor wie bei a und d. In Folge dessen sieht man die beiden Sporangium- häute nieht überall; durch den Druck gespannt, verschwinden sie, indem sie einander decken und erscheinen an anderen Orten, an denen die Spannung eine geringere ist. Im unteren Theil liegen zwei in Zoosporen umgewandelte Conidien, von denen die obere die Zoosporen nicht entleerte, sondern sie in ihrem Innern auskeimen liess. Fig. 16 Taf. III zeigt eine Durchwachsung, die Conidien frei ab- schnürte, dann auf der rechten Seite einen Zweig a austrieb als An- deutung eines Wickels, an diesem Zweig aber keine Conidien ab- schnürte, sondern ein Sporangium ausbildete. Erst in dem entleerten Sporangium erscheinen wieder die Conidien und zwar in gerader Reihe. — Die Aechnlichkeit und die Unterschiede dieser Erscheinungen, so namentlich dieAehnlichkeit der Sporangiumhäute mit den „Zwischen- häuten“ der Conidien ergibt sich aus dem Vergleich der Fig. 16 Taf. III 122 und Fig. 2, Taf. IV mit Fig. 3 und 4, Taf. III. Die Sporangienconidien haben ebenso reiche und mannigfaltige Formen wie die Abschnürungs- eonidien. Oogonien der 8. raethica. Von Oogonien, die den Conidien entstammen, war schon bei Behandlung dieser die Rede. Ausser solchen kommen andere ihnen im Uebrigen vollkommen gleiche auf besonderen Hyphen in traubiger Anordnung vor. Sie sind in sporangien- tragenden Rasen anzutreffen und man kann sie „eigentliche“ Oogonien nennen im Unterschiede zu Conidienoogonien, Die folgende Beschreibung in soweit sie sich auf den näheren Bau und Eigenschaften bezieht, gilt für beide Arten der Oogonien. Neben traubig angeordneten kommen endständige und interealare vor, sonst gewöhnlich auf kurzen, dünnen gerade abstehenden Stielen. Die Oogonien sind kugelig, die interealaren oft etwas länglich von ziemlich gleicher Grösse, einem "Durchmesser von 48—b1,5p. Die Oogoniumwand ist dünn, glatt, farblos, nach einiger Zeit hellgelb, später mit einem Stich ins Bräunliche, und zeigt zwei, selten drei kleine und wenig scharf umschriebene Tüpfel (Fig. 10 und 14 auf Taf. IN). In kleinen ein bis drei Oosporen enthaltenden Oogonien und auch bei interealaren bleiben die Tüpfel etwa vollständig aus, wie beim mittleren Oogonium der Fig. 10. Meist wölbt sich ein hohler dünn- wandiger unregelmässig gestalteter Fortsatz (vgl. Fig. 13 und 14), der gewunden sein kann, oder ein eigentlicher eompacter Cellulosezapfen vom Stiele des Oogoniums in dieses hinein oder es findet wenigstens eine leichte Ausstülpung seitens der den Stiel vom Oogonium ab- grenzenden Querwand statt. Es sind dies Bildungen, die den Be- fruchtungsschläuchen ähnlich sehen, die man jedoch nicht als solche auffassen kann, da sie nicht von einem abgegrenzten Antheridium herrühren, Zudem können solche Fortsätze nicht bloss in Oogonien hineinragen, sondern von diesen in über ihnen liegende Oogonien oder Sporangien (Fig. 11) entsendet werden. Antheridien fehlen so- mit völlig und ieh hatte nie solche beobichtet. Die Oosporen, deren Zahl von eins bis zwölf variiren kann, am häufigsten sind sie drei bis fünf, sind centrisch mit ziemlich dieker Aussenhaut. Ihr Durch- messer beträgt 19-27,5j: meist 22-2454; es können sich im gleichen Oogonium solche verschiedener Grösse vorfinden. Charakteristik der S. rhaetica. Nov. spec. Der Rasen ist wenig dicht bis 1!,gem lang mit gerade abstehen- den, dünnen, brüchigen und nicht verzweigten Hyphen. Sporangien 123 sind endständig, seltener intercalar. Die primären Sporangien sind klein, keulig und es treten an ihnen später mehr oder weniger lange Durchwachsungen auf, die in der Regel über die entleerte Haut sich vorstülpen und sehr mannigfaltige Gestalten bilden. Der Pilz besitzt Conidien, die in Reihen :oder als Wiekel und Schraubel geordnet sein können. Es gibt auch complieirtere Conidienstände von nicht näher bestimmbarer Form. Auch im Innern von entleerten Sporangien- häuten können Conidien durch Abschnürung wie gewöhnlich oder durch Quertheilung in basipetaler Folge sich bilden. Der reichen Gliederung in Conidienständen entspricht auch eine solche der in Sporangienhäuten zur Bildung gelangenden Conidien. Entstehen die Conidien am Ende von Hyphen durch Abschnürung, so erfahren die eine Zeit lang gemeinsamen Querwände je zweier Conidien ein Spal- tung in zwei dünnere Lamellen, von denen die eine die Conidie um- gibt, die andere eine „Zwischenhaut“ bildet; durch solche Häute wird oft eine ganze Reihe zusammengehalten. Nach einiger Zeit findet Lockerung der Conidienverbände statt mit späterem Zerfall in einzelne Conidien, die dann zu Hunderten frei im Wasser schwimmen. Es gibt Uebergänge zwischen Sporangien und Conidien, indem ein Theil der in Sporangien zur Ausbildung gelangenden Conidien zu Sporangien wird; es kann ausserdem ein Theil der Durchwachsung selbst, von vornherein in Sporangien, ein anderer in Conidien sich umwandeln. Ferner zeigen die abzuschnürenden Conidien die Um- wandlung ausser in Sporangien auch eine solche in Oogonien. Die Zoosporenentwickelung und Entleerung ist bei durchwachsenden Sporangien und Conidien gleich. Die Zoosporen schwärmen länger als !/, Stunde. Die kleinen Oogonien sind meist kugelig und wenn endständig und interealar etwas in die Länge gezogen. Wenn sie aus Conidien entstanden stehen sie in Reihen und können in gleicher Reihe mit Sporangien abwechseln, sonst sind sie in Trauben auf kurzen Stielen angeordnet. Ihr Durchmesser beträgt 48—61,5 1. Die Oogonium- wand ist dünn, farblos dann gelblich und besitzt zwei, seltener drei sich nur schwach abhebende kleine Tüpfel. Von der Tragwand des Oogeniums dringt in dieses meist ein Fortsatz hinein, der hohl sein kann oder einen compaeten ÜCellulosezapfen darstellt. Diese Aus- wüchse sind keine Antheridien, welehe hier nicht vorhanden sind und nie beobachtet wurden. In einem Vogonium können bis 12 Oosporen auftreten, ihre Zahl beträgt jedoch meist eins bis fünf. Sie besitzen eine nicht sehr dicke Membran und eine streng centrische Struktur, 124 ihr Durchmesser schwankt zwischen 19 bis 27,5j. Die Keimung der Oosporen wurde nicht beobachtet. Ueber die Stellung der 8. rhaetica im System ist zu sagen, dass sie, wenn man die Umwandlung der Conidien in Oogonien und Sporangien und das Vorhandensein der Conidien bei Seite setzt, als 8. hypogyna-monilifera genannt werden müsste. Die 8. monilifera ist ihr ähnlich dureh die Form der Sporangien, die der Beschreibung nach ähnlich den Conidien sind, und dureh die Sporangienstände, von denen de Bary sagt, dass sie oft in sehraubeligen Büscheln vorkommen, ferner durch die Reihenoogonien, die Zahl der in einem Oogonium sich befindenden Oosporen (6--12), die geringe Zahl der Tüpfel in der Oogoniumwand und den Mangel an Antheridien. S. monilifera ist aber von $. rhactica verschieden durch ihren nicht über 2mm breiten Rasen, die Reifung der Vogonien nach ihrem Abfallen vom Faden, das Vorkommen von vielen (bis 15) Oogonien in einer Reihe und dureh die schr kleinen Tüpfel. Der Durchmesser der Oogonien und der Oosporen ist nicht angegeben. Andere Eigenschaften und die in Oogonien eindringeuden Fort- sätze nähern die 8. rhaetica den Formen der Hypogynagruppe ohne dass man diejenige der fünf Formen bezeichnen könnte, mit der sie die grössie Achnlichkeit zeigt; das gleiche gilt über ihre Verwandt- sehaft mit 8. hypogyna de Bary. Die 8. rhaetica könnte man viel- leicht neben die Varietät 1 stellen, da sie gleichfalls durch das Aus- bleiben der Querwand unter dem Fortsatz ins Oogonium und die Reihenoogonien charakterisirt ist; zudem stimmt der Durchmesser der Oosporen bei beiden fast völlig überein, nämlich bei 8. rhaetie: 19— 27,52, bei Varietät 1 20-—27 selten darüber bis 30. Es zeigt sich auch Uebereinstimmung in der Zahl der Oosporen in einem Oogonium. Ein Merkmal der Varietät I, das sie trennt, bilden jedoch die gebogenen Oogonstiele und die grosse Anzahl der scharf gezeich- neten Tüpfel in der Oogoniumwand. Mit den Varietäten II—V und der 8. hypogyna de Bary’s hat S. rhaetiea gemein die geringe Zahl von Tüpfeln und die Reihen- vogonien, speeiell der Varietät IV scheint sie sich zu nähern durch die geringe Zahl der Vosporen in Oogonien derselben. — Die ge- nannten vier Varietäten und die 8. hypogyna de Bary sind von der S. rhaetica verschieden durch den geringen Durchmesser der Oosporen, welcher um ihn zusammenfassend für alle zu erwähnen in den Grenzen 15— 22,5 ı liegt. 125 Selbstverständliceh wurden bei dieser ebenso wie bei folgenden Vergleichungen nicht alle Unterschiede und gemeinsamen Merkmale aufgezählt. Das genaue Bild geben die Speeialbeschreibungen. Gruppe der Saprolegnia hypogyna. S. hypogyna ist, trotzdem sie schon Pringsheim fand und nach ihm de Bary ihre genauere Beschreibung gab, noch immer nicht genügend bekannt. Bei meinen Untersuchungen sah ich fünf in den Verwandtschaftskreis derselben gehörende Formen und ich nahm deren Cultur an die land. Pringsheim nannte sie $S. ferax var. hypogyna.'!) In Form und Stellung wichen die Oogonien dieser 9. von den gewöhnlichen S. ferax ab. „Die Oogonien sassen nieht auf kürzeren Stielen, sondern am Ende längerer Zweige, welche, sich oft unmittelbar vor dem Ende scheinbar dichotomisch verzweigend, zwei Öogonien trugen; auch war die Form der Oogonien fast durchweg kolbenförmig, während die der S. ferax meist kugelig ist.“ Er sah sie also an als eine Varietät, ausgezeichnet durch den Besitz des hypogynen Antheridiums, die zu S. ferax, der jetzigen 8. Thureti, gehört. Seine Zeichnung zeigt neben einem gewöhnlichen Oogonium mit hypogynem Antheridium ein anderes, welches in einem entleerten Sporangium zur Ausbildung kam. Ueber die Struktur der Oogoniummembran gibt diese unvollständige Be- schreibung keine Aufklärung, nach.der Zeiehnung scheint dieselbe sehr dünn zu sein. De Bary?) zeigte in mehrjähriger Cultur die Constanz des hypogynen Antheridiums und stellte es deshalb als ein Speeiesmerk- mal auf. Er gab in seinen nachgelassenen Schriften eine wenn auch kurze, doch genaue Beschreibung des Pilzes, aber leider keine Ab- bildung. Es wird in der Arbeit auf die Pringsheim’sche ver- wiesen. Es scheint mir jedoch, dass das Exemplar, welches Prings- heim vor Augen hatte, nicht ohne Weiteres mit dem de Bary’schen identifieirt werden darf. Pringsheim zeichnet eine dünne Oogonium- membran und de Bary spricht von einer „mässig derben Wand*. Es ist auch bei dem Fehlen einer Beschreibung der Pringsheim- schen Form nicht zu entscheiden, welcher von den beiden den meinigen angereiht werden sollen. Aus der folgenden Darstellung ist ersichtlich, in welchen Punkten, die zur Vergleichung herangezogen werden können, sie von den genannten verschieden sind. Ohne da- 1) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX p. 196—197 und Taf. XVII Fig. 9 und 10. 2) Bot. Zeitung 1888. 126 rauf Nachdruck zu legen, stelle ich vermuthungsweise Varietät IV und V neben die de Bary’sche. Die fünf Formen befanden sich in Cultur vom October 1893 bis Mai 1894 und gediehen gut auf Mehlwürmern und Ameisenlarven. Ich nannte sie Varietäten, um nicht so viele einander nahe stehende Species aufzustellen. Dessen ungeachtet weisen sie eine strenge Constanz der Merkmale auf, so dass sie sowohl unter einander als auch von der 8. hypogyna der früheren Autoren sich gut unter- scheiden lassen. So wird diese Darstellung sowohl eine Erweiterung der Kenntnisse der Gattung Saprolegnia, als einen Beitrag zur Frage nach Bedeutung des hypogynen Antheridiums und vielleicht in ge- ringerem Grade zur Speciesfrage bieten. Varietät I. Taf. IV Fig. 5-12. Sie stammt aus einer Probe von der Alp Planlö, ob dem Dorfe Vieosoprano, Bergell, Kanton Graubünden, entnommen einer Quelle und dem deren Wasser einfangenden Trog für Kühe. Tuangsam fliessendes Wasser, das weite Strecken auf der Oberfläche floss. Viel Algenschlamm und keine Erde. H. ü. M. 2000 m. Nachdem dieser Pilz schon isolirt und aus ihm reine Grossculturen angelegt waren, schien es mir, als ob trotz der Trennung von anderen in der gleichen Probe vorhandenen und nicht näher untersuchten, in dieser Reineultur drei verschiedene Saprolegnieen der Gattung Sapro- legnia vorhanden wären, Und zwar schienen: an den Oogonien der einen Antheridien angeheftet, gebogene Oogoniumstiele, viele Tüpfel und Oosporen von 22—30j und die aus dem gleichen Oogonium von derselben Grüsse zu sein. Eine zweite besass hingegen wenig tüpfelige Oogonien auf gleicher Weise gebogenen Stielen und Oosporen von verschiedener Grösse, 18—27,5 1 im gleichen Oogonium, Einer dritten Form eigenthümlich waren gerade Oogoniumstiele und Reihenoogonien. In Folge dessen wurde die Reineultur wie eine ursprüngliche Probe behandelt, das in der Einleitung skizzirte Ver- fahren des Isolirens mit grosser Sorgfalt angewandt. Es braucht da- rauf hier nicht näher eingegangen zu werden. \ Das Ergebniss war, dass die neuen zahlreichen Reinculturen, im Grossen gezüchtet und controlirt, jede einzeln diejenigen Verschieden- heiten besassen, die den drei Formen muthmasslich zugesprochen wurden; diese Verschiedenheiten gehören also zur Gestaltungsweise eines und desselben Pilzes. Es hat keinen Zweck, dies für jedes einzelne Merkmal zu zeigen; so viel sei gesagt, dass Antheridien 127 völlig fehlen und dass nur die mannigfach verbogenen Oogoniumstiele den Eindruck erwecken als ob Antheridien vorhanden wären (vgl. Fig. 7, 8 und 10). Den Fortsatz im Oogonium besassen alle drei hypothetischen Speeies. Der Rasen ist üppig und zart, nicht nur wie gewöhnlich bei Saprolegnieen zu beiden Seiten des Mehlwurms und auf der ÖOber- fläche des Wassers schwimmend, sondern auch auf der dem Wasser zugekehrten Seite wachsend. Der Rasen steht also gleichmässig ab und ist etwa 2cm lang. Er ist in der Nähe des Mehlwurms dicht und in einiger Entfernung von ihm durch die vielen Verzweigungen sehr fein und locker. Die IHyphen sind nach allen Seiten unregelmässig verzweigt; man kann an ihnen primäre und secundäre Zweige unterscheiden. Die Ilyphen und die Verzweigungen sind sehr dünn und leicht brüchig dabei sehr lang; da an den Enden der Verzweigungen oft Oogonien und Sporangien erscheinen, so war ces .nicht leicht die Stände der- selben zu überblicken. Sporangien: die primären sind von kleiner, keuliger Gestalt, die seeundären, also die durechwachsenen, an jenen später erscheinenden oft über die entleerte Haut des älteren Sporangiums hervorgestülpt. Die Sporangien stehen am Ende von Haupt- und Nebenästen und auch als Abschluss des Hauptfadens. Es kommen auch in der Conti- nuität des Hauptfadens gelegene und seitlich sich entleerende Spo- rangien vor. Zur Seltenheit treten Conidien auf und dies nicht nur in älteren Rasen; sie sind in Reihen angeordnet und es konnte nicht festgestellt werden, ob sie Zoosporen bilden. Oogonien sind traubig oder einseitig traubig angeordnet und besitzen kurze (Fig. 10) oder längere (Fig. 9) oder sehr lange Stiele, Es kommen auch endstündige auf ILaupt- oder Seitenästen vor, auch intercalare oder endständige in Reihen (Fig. 11). Die letzteren können vielleicht durch Umbildung von Conidien entstanden sein; genaue Beobachtungen darüber fehlen. Die Oogoniumstiele sind schr dünn, in der Nähe des Oogons etwas verbreitert und in mannigfaltigster Weise gebogen (Fig. 5 und Fig. 7—10); seltener sind die ganz geraden Stiele, die gleicher Weise kurz bis sehr lang sein können. Die stark unregelmässigen Krüm- mungen der Stiele erwecken oft den Eindruck, als ob man es hier mit Antheridienästen, welche die Oogonien umwiekeln, zu thun hätte (Fig. 8 und 10). Zu einer solchen Verwechslung mit Antheridien geben auch Anlass die in der Nähe der Oogonien entspringenden 128 Seitenäste des Fadens (Fig. 7) oder des Stieles (Fig. 10), welche, zwischen das Oogon und den Stiel sich hineindrängend, über oder unter das Oogonium zu liegen kommen. Die Form der Oogonien ist eine kugelige oder längliche. Die Oogoniumwand ist glatt, in sehr seltenen Fällen ist eine Stelle derselben hohl ausgestülpt ; sie ist dünn, farblos, später etwas gelblich werdend, und besitzt viele mittelgrosse, scharf gezeichnete, oft etwas vorspringende Tüpfel (vgl. Fig. 5 und 6). Die Tüpfel sind an unreifen Oogonien ebenso gut wie an ausgereiften zu sehen. Dadurch und durch ihre scharfe Zeichnung unterscheiden sich die Oogonien dieser Varietät von denjenigen der beiden folgenden, welche die Tüpfel nur am Rande deutlich erkennen lassen, während bei Varietät 1 dieselben auch auf der Wölbung sichtbar werden, Etwa bei der Hälfte der Oogonien ragen die Querwände, Ausstülpungen, hohle Fortsätze oder kleine Zipfel bildend, ins Innere der Oogonien. Nur in höchst seltenen Fällen gehören diese Gebilde einer abgegrenzten Zelle an, die als hypogynes Antheridium aufgefasst werden könnte. Fig. 5 zeigt eine leichte Wölbung der Querwand, Fig. 9 einen langen Fortzatz; bei Reihenoogonien ist die Wand des unteren Oogoniums meist in das obere vorgewölbt (Fig. 11), zwischen sulchen Oogonien kommen sie von einander trennende Zellen, die man hypogyne Anthe- ridien nennen könnte, nicht vor. Der Durchmesser der Oogonien liegt zwischen 41—107,5 1 bei runden. Die länglichen sind 40—60 x breit und 60—90 x. lang. Der Durchmesser der Oosporen beträgt 20—27,5 j, selten über 27 u, doch kommen im gleichen Oogonium solche von 20 und 80x vor. Die Oosporen sind centrisch mit ziemlich dieker Membran und sind in der Zahl drei bis sechs, seltener 12—20 in einem Oogonium vorhanden. Sie keimen nach 70—80 Tagen (vgl. Fig. 12), indem an den Keim- schläuchen Sporangien entstehen. Varietät I. Taf. IV, Fig. 13—16, Der Pilz wurde isolirt aus einer Probe von Grastheilen und ihren Wurzeln nebst Moosen aus dem Untern Bandsee im Avcrsthal, Kanton Graubünden, IH. ü. M. 2576 m, die mir gütigst von Herrn Lehrer Heinz in Cresta zugesandt wurde. Neben ihr fanden sich vor: 8. rhaetiea und eine nicht näher bestimmte Peronosporee. Der Rasen ist locker, allseitig und gleichmässig, bis ca. lem vom Mehlwurm abstehend. Er bildet einen dichten, doch sehr zarten Filz, der auf die zahlreichen, unregelmässigen sehr feinen Verzwei- gungen zurückzuführen ist. Die feinen, dünnen, dicht am Mehlwurm 129 schon und sonst an beliebigen Stellen des ITauptfadens, Verzweigungen tragenden Hyphen, besitzen an Haupt- und Nebenästen endständige Sporangien und Oogonien ohne einen bestimmten Fruchtstand. Die primären Sporangien sind klein, keulig, etwa 'js so gross als die Oogonien, die später an ihnen auftretenden langen zeigen die für die Gattung Saprolegnia charakteristischen Durchwachsungen. Ausser diesen kommen Durchwachsungen vor, die an diejenigen der 5. rhaetica erinnern, doch zeigen sie nieht mehr als eine Ausstülpung als jJüngeres Sporangium über die entleerte Membran, Die Oogonien sind meist endständig an Haupt- und Neben- ästen (Fig. 15 und 16). Es kommen auch interealare vor, wie in Fig. 13, und in alten Culturen konnten auch Reihenoogonien zur Seltenheit auftreten. Es gibt keinen eigentlichen Oogonienstand, denn wenn auch die langen, dünnen, gerade abstehenden Oogonium- stiele manchmal verkürzt sind und dann eine Anordnung in Achren vorzukommen scheint, so ist doch in der überwiegenden Anzahl der Fälle kein eigentlicher Oogoniunstand zu beobachten. Die Form ist kugelig bis birnförmig; manchmal erscheinen die Oogonien polygonal abgeplattet, was dem auf die Membran von den Oosporen ausgeübten Druck zuzuschreiben ist. Die Oogonmembran ist farblos und sehr dünn (Fig. 14 und 13), es sind in ihr nicht sehr zahlreiche, mittel- grosse Tüpfel siehtbar. Der Durchmesser der Oogonien beträgt 31,5— 108,5 2; derjenige der Oosporen 18—20 1 und höchstens 22,5 u. Die Oosporenmembran ist ziemlich dick und farblos. Der Bau der Oosporen ist centrisch, oft sind statt dessen grössere und kleinere Fetttropfen ungleichmässig vertheilt (Fig. 13). Die Zahl der Oosporen in einem Oogonium beträgt 2 bis über 30. Sie keimen nach 70-80 Tagen. Unter den Oogonien befinden sich Zellen, die aus den Basal- stücken der Oogonien abgegliedert sind. Sie senden einen unregel- mässig gebogenen hohlen Fortsatz ins Oogonium, der manchmal bis zur gegenüberliegenden Wand reicht, in Fig. 13 ist dieser ziemlich kurz oder es ist wenigstens eine Ausstülpung vorhanden (Fig. 15 und 16). Tlinter der das Antheridium abgliedernden Querwand sind fast immer 2 oder 3 wie dieses verbreiterte, durch Querwände abge- gliederte Zellen sichtbar. Varietät I}. Taf. IV, Fig. 17—20a. Diese Form stammt aus einer Probe von der Nordseite des Sees in Val Campo, unterhalb des Piz Duan’s, Bergell, Graubünden, H. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd, 130 ü. M. 2500m. Es befanden sich in der Probe Moos und verweste Pflanzentheile. Der Rasen ist nieht über lem lang, straff abstehend, doch wenig dicht. Er besitzt eine reichliche, doch nicht so üppige Ver- zweigung wie die vorige Varietät. Die Hyphen sind sehr dünn, aber wenig brüchig. Ihre Ver- zweigungen in Haupt- und Nebenäste ebenfalls dünn, Sie endigen steril oder in Sporangien und ÖOogonien ohne regelmässige Ver- theilung. Von den Sporangien sind die primären klein und keulig; sie zeigen nachher oft lange Durchwachsungen mit Einschnürungen. Die Sporangien sind 4—5mal so breit als ihr Tragfaden. Oogonien stehen am Ende von Haupt- und Nebenästen oder interealar; manchmal befinden sich zwei intercalare hintereinander. Eine traubige Anordnung ist häufig, aber da die Stiele der Oogonien sehr lang sind, wird sie oft undentlich; Fig. 20 zeigt eine solche traubige Gruppe, die etwas kürzere Stiele besitzt. Verlängert man diese Stiele um ein Bedeutendes, wendet das untere unreife und das obere Oogonium a auf die andere Seite, so hat man den Fall eines hier typisch unbestimmten Oogoniumstandes; die Stiele sind schr dünn, gegen die Basis des Oogoniums etwas verbreitert, sie sind nie gebogen, aber, wie die Figur zeigt, zur Traghyphe in geneigter Stellung. Die Oogonien zeichnen sich durch eine sehr dünne, farb- losc, glatte Membran aus, an der sich die ziemlich breiten und wenig tiefen, nicht sehr zahlreichen Tüpfel befinden (Fig. 19 und 20a), An grösseren und kleineren Oogonien machen sich Abplattungen der Wand mit dünneren Stellen (Fig. 18 und Fig. 19) bemerkbar, und es ist nieht festzustellen, ob hier die Membran in eine dünnere Stelle auskeilt, ähnlich einem grossem Tüpfel. Die Durchmesser wechseln zwischen 22,5 und 105,5 x, derjenige der Oosporen liegt zwischen 15,5 und 251. Die Zahl der Oosporen im gleichen Oogon beträgt 1 bis über 40. Die Oosporen besitzen eine mässig dicke, hellgelbliche Membran, sind centrisch gebaut; sie keimen nach 70—80 Tagen. Die Antheridien dieses Pilzes sind echte hypogyne Anthe- ridien, die Querwand im Basalstück des Oogoniums ist immer vor- handen, mehrere hinter einander gelegene Querwände nie, Der hohle Fortsatz dringt weit ins Oogonium hinein (Fig. 17—-20) und zeigt manchmal, wie in Fig. 19, Krümmungen. Bleibt der Fortsatz aus, so ist doch die das Antheridium vom Oogonium trennende Querwand 131 ins Innere des letzteren ein wenig vorgewölbt, wie in Fig. 20 beim oberen ÖOogonium. Die antheridial abgegliederte Zelle entsendet seitlich oft einen kurzen Zweig, der sich mit seinem Ende an die Aussenwand des Oogoniums anlegt und dadurch an ein androgynes Antheridium erinnert (Fig. 17, 19 und 20). Varietät IV. Taf. IV, Fig. 21—23. Der Pilz wurde isolirt aus einer Probe vom Lunghinosce, Ober- Engadin, Graubünden, H. ü. M. 2480m. Ich nahm in Ermangelung von Pflanzenresten ein wenig Schlamm und ein paar Steinchen mit Algenüberzug. Der Rasen ist zart, endigt in feinen Verzweigungen, ist höchstens ®/4 em lang. Die Hyphen zeigen reiche und unregelmässige Verzweigungen und sind brüchig und dünn. Die Sporangien mit den gewöhnlichen Durchwachsungen der Gattung Saprolegnia besitzen häufig Einschnürungen (Fig. 22). Sie stehen am Ende des IIauptfadens oder an Seitenästen. Die Oogonien kommen als endständige und interealare, einzeln oder in Reihen vor (Fig. 21 und 22). Die meisten sind endständig. Auch solche, die am Ende eines, ein leeres Sporangium durch- wachsenden Schlauches liegen, wurden einigemal beobachtet (Fig. 22). Sie sind meist ein wenig in die Länge gezogen, wie die in Fig. 21, aber cs kommen, wie die anderen Figuren zeigen, auch kugelige vor. Sie werden getragen von nicht langen, mässig breiten, aber dieht unter dem Oogonium ein wenig breiteren, nicht gebogenen Stielen. Die Oogoniumwand ist glatt, sehr dünn und schwach gelb- lieh gefärbt und so zart, dass sie von Wassertropfen, die man auf einen Rasen aus einem Tropfenzähler von einer gewissen Höhe fallen lässt, abgeplattet wird. Sie ist mit wenigen zwei bis vier, nieht langen und wenig tiefen Tüpfeln ansgestattet, ganz ähnlich wie die folgende Form. Der PDurehmesser der Oogonien liegt zwischen 34—113,5 1, der der Oovsporen beträgt 18--22 jı, doch meist 20. Die Oosporen haben einen centrischen Bau, sind oft durch gegen- seitig ausgeübten Druck polygonal abgeplattet, und weisen eine ziemlich dicke Membran auf. In einem Oogonium sind meist 2-10 vorhanden, doch wurden auch 35—50 im gleichen Oogon gezählt. Sie keimen nach 39 Tagen. Die Antheridien sind als solehe abgegrenzt (Fig. 21), ınanch- mal mit zwei Zipfeln, wie in Fig. 22, bei anderen Oogonien fehlen Querwände und Zipfel. g* 132 Varietät V. Taf. IV, Fig. 24—27. Der Pilz wurde isolirt aus einer Probe vom See auf der Alp Val Campo über der Gemeinde Vicosoprano, Graubünden, H. ü. M. 2500 m. Aus dem gleichen See, nur aus einer andern Probe stammte die Varietät III. Neben dem vorliegenden Pilze fand sieh S. Thureti mit Olpidiopsis Saprolegniae, mit welcher auch Varietät V infieirt werden kann. Der Rasen ist reichlich, ziemlich dicht, schlaff, zerbrechlich und besitzt mannigfaltige Verzweigungen. Die ihn bildenden Hyphen sind dünn, doch etwas derber als die vorige Form. Die Verzweigung in Haupt- und Nebenäste endigt steril oder in Sporangien und Oogonien. Bei den Sporangien kommen die gewöhnlichen Durchwachs- ungen der Gattung vor. Sie befinden sich in manchen Culturen besonders reichlich und unter Ausschluss von Öogonien. In anderen hingegen treten beide gleichzeitig und in grosser Anzahl auf. Oogonien, die als Abschluss der Hyphen auftreten, sind in Fig. 26 und 27 gegeben, es kommen auch welche als Durchwachs- ungen eines entleerten Sporangiums vor, doch nicht im Innern der entleerten Haut (Fig. 22). Auch Reihenoogonien, welche von ein- ander durch kurze Antheridialzellen mit Fortsätzen getrennt sind (Fig. 25), habe ich, wenn auch seltener, beobachtet. Diese scheinen leicht abzufallen, da ich sie nie im Hyphenverband sah. Die Oogonium- stiele sind ziemlich dünn und im oberen Theil dicht unter dem Oogonium wie n Fig. 27 verbreitert. Die glatte, sehr dünne, farblose, später hellgelbe Oogoniumwand besitzt zwei bis vier feine, nicht lange und wenig tiefe Tüpfel. Die Form der Oogonien ist kugelig oder länglich wie in den Abbildungen zu sehen. Der Oogoniumdurchmesser beträgt bei runden 56,5--74yn bis 15011; die länglichen sind 84 resp. 198,5 breit und 68 resp. 271g: lang, also wenig gleichmässig in ihrer Grösse. Die Oosporen zeigen einen Durchmesser, der zwischen 18 und 22,5% liegt. — Die Oosporen sind centrisch oder mit nicht regelmässiger Vertheilung der Fetttropfen. In einem Öogonium befinden sich 3—12; ich habe nie mehr als 12 gezählt. Sie keimen nach 40—50 Tagen. Die wie bei keiner der andern vier Formen so staatlich ausge- bildeten „Antheridien* senden einen oder zwei sehr lange meist gebogene Fortsätze ins Oogonium. In einigen Fällen waren die Fort- sätze mit Plasma erfüllt (Fig. 26, 27), in anderen war der Fortsatz leer (Fig. 25). Der Fortsatz ist meistens ein Theil, der als Anthe- 133 ridium durch eine’ Querwand abgegrenzten Zelle, unter dieser findet sich oft noch eine zweite Querwand (Fig. 27). Aber in anderen Fällen. ist eine Querwand vorhanden und kein Fortsatz da, in anderen geht ein Fortsatz ins Oogon ohne antheridiale Querwand, die ihm als hypogynes Antheridium kennzeichnen könnte wie im durch- wachsenen Oogonium der Fig. 24. Einige Bemerkungen zur Gruppe der $. hypogyna nebst einer Ver- gleichung der einzelnen Formen. Die den fünf beschriebenen und den 8. bypogyna der älteren Autoren gemeinsamen Eigenschaften sind ausser dem hypogynen Antheridium die oft kolbige Gestalt der Oogonien, welche schon Pringsheim erwähnt und auch de Bary beobachtet hatte, und die centrischen Öosporen. Ueber die letzteren ist zu sagen: die Oosporen sind centrisch nach ihrem völligen Ausreifen, sie sind excen- trisch oder zeigen ungleiche Vertheilung der Fetttropfen und nachher Umbildung des ganzen Inhalts in zahllose kleine Fetttropfen und zwar in einer Weise, dass die Oosporenmembran unsichtbar wird, — kurz vor der Keimung. Die Vorgänge, die der Oosporenkeimung vorher- gehen, könnten leicht zu einem Irrthum bei Bezeichnung der Struktur führen; man müsste denn stets anführen, dass eine Strukturbeschreibung sich auf eben ausgereifte Oosporen bezieht. Ferner ist allen, mit Ausnahme der $. hypogyna de Bary’s, gemeinsam die äusserst dünne Oogeniummembran. Zu diesen gemein- samen Merkmalen kämen noch selbstverständlich hinzu die «die (at- tung Saprolegnia von (en anderen Gattungen überhaupt unterscheiden- den Eigenthümlichkeiten, welehe hier nicht aufgeführt zu werden brauchen. Auf Grund der vorstebenden gemeinsamen Eigenschaften müssen meine fünf Ilypogynaformen der Pringsheim’schen und de Bary’schen Form angereiht werden. Ich gebe nunmehr eine Charakteristik jeder einzelnen Form, so- weit sie mir für den Vergleich und als Basis für die gegebene Reihenfolge nothwendig scheint, und theile die Golleetivsperies, wie ich die Gruppe vorgreifend nennen will, in drei Untergruppen: A. Varietät IL, Sie steht isolirt da. Obgleich sie Fortsätze, die ins Oogonium eindringen, besitzt, gehen dieselben nicht von einer durch eine Membran abgegrenzten Zelle ab. Vielmehr fehlt die Querwand fast immer. Die so mannigfaltig gebogenen Oogonienstiele besitzt nur diese Varietät. Die Oogonien zeigen scharf sich abhebende Tüpfel in grosser Anzahl; die Tüpfel springen oft vor. Von dieser 134 Form an nimmt die Zahl der Tüpfel stets ab, bei den Varietäten II und II sind sie noch zahlreich, bei den IV und V und der 8. hypogyna der Litteratur wenig zahlreich. Die Grösse der Oosporen schwankt in weiteren Grenzen als bei den übrigen. Ihr Durchmesser beträgt 20—30p, meist 20—27,5j, und es ist auf die wechselnde Grösse derselben im gleichen Oogonium aufmerksam zu machen. ÖOosporen- keimung wie bei II und III nach 70 Tagen; Varietät I keimte genau nach 70 Tagen. B. Die hierher gehörenden Varietäten II und III besitzen zahl- reiche Tüpfel, die bei den beiden Formen sich nur wenig von ein- ander unterscheiden; die Keimungszeit der Oosporen liegt zwischen 70 und 80 Tagen. Bei der Untergruppe B und C sind die Oogon- stiele gerade. Varietät II. Das hypogene Antheridium ist fast immer vor- handen, hinter seiner unteren Querwand sind gewöhnlich noch mehrere andere Zellen im Basalstück des Oogoniums abgegliedert. Der Oosporen- durchmesser beträgt 18—22,5j. Die Oosporen keimen nach 70—80 Tagen. Varietät Ill. Das hypogyne Antheridium ist vorhanden, aber hinter ihm finden sich nie weitere Querwände, Sie unterscheidet sich von 1 durch die Verbindung eines hypogynen mit einem androgynen Antheridium. Auch die hier vorkommenden Oogonienstände scheinen ein Unterscheidungsmerkmal zu bilden. Ausserdem ist der Oosporen- (durehmesser ein anderer, denn er liegt zwischen 15 und 25x. Die Öosporen keimen nach einer Ruhezeit von 70-80 Tagen. C. Varietät IV und V und die $. hypogyna de Bary. Allen drei Formen gemeinsam ist die geringe Anzahl der Tüpfel, die bei meinen Varietäten nicht über vier beträgt. Die beiden zuerst ge- nannten unterscheiden sich von der dritten durch die dünne Oogonium- menibran. Die Keimung der Oosporen findet statt nach 39-50 Tagen, für 8. hypogyna ist sie unbekannt. Varietät1lV. Die Oogoniumwand ist so zart, dass sie von auf sie fallenden Wassertropfen abgeplattet wird. Tüpfel sind denjenigen von V gleich, cher um ein Weniges feiner, entsprechend der dünneren Oogoniummembran. Die Oosporen platten sich durch gegenseitigen Druck polygonal ab, was bei Varietät V nicht stattfindet. Hypogyne Antheridien sind vorhanden, aber hinter ihnen werden keine weiteren Zellen wie bei V abgegrenzt. Die Keimung der Oosporen fand genau nach 39 Tagen statt. Achnlich der nächsten Form ist der Oosporen- durchmesser 18—22 p. 135 Varietät V. Die Oogoniumwand ist etwas kräftiger als bei der vorigen, Abplattungen derselben wurden nie bemerkt. Auch die Oosporen zeigen keine polygonalen Abplattungen. Die hypogynen Antheridialfortsätze sind stärker als bei allen übrigen Formen und lassen Plasmainhalt erkennen. Das hypogyne Antheridium ist fast immer zu sehen, hinter ihm oft noch andere Zellen abgegrenzt. Die Öosporen, deren Durchmesser 18— 22,5}. beträgt, keimen nach 40—50 Tagen. S.hypogyna de Bary besitzt eine mässig derbe Oogonium- wand, was schon oben hervorgehoben; auch sind die Oosporen etwas kleiner (16— 20x im Durchmesser) als bei den zwei andern der Unter- gruppe ©. Von Abplattungen der Oogonien und ÖOosporen sagt de Bary nichts, auch von hinter dem Antheridium gelegenen Quer- wände spricht er nicht, so dass die de Bary’sche Species als von den andern verschieden aufgefasst werden muss. Da sie in der Tüpfel- zahl und in den Öogonien, welche als Durchwachsungen von leeren Sporangiumhäuten auftreten können, mit ihnen übereinstimmt, habe ich sie hierhergestellt. Sie sollte auch nach 40—50 Tagen keimende Oosporen zeigen. Es wurde schon bei Besprechung der 8. rhaetica erwähnt und braucht nicht nochmals gesagt zu werden, dass einige Eigenschaften die IIypogynagruppe mit Einschluss der de Bary’schen «Form mit 3. rhaetiea und monilifera theilt. Es sind dies die bei 8. rhaetica erwähnten, Achlya aplanes. Nov. spec. Taf. IV, Fig. 25—31. Der Pilz wurde isolirt aus einer Schlamm und Algen enthalten- den Probe, die im Mai 1893 einem langsanı Niessenden Bache mit zum Theil stagnirendem Wasser, auf dem Wege vom Dorfe Grindel- wald zur Kleinen Scheidegg, 11. ü. M. 1800 m, entnommen wurde. Seit dieser Zeit bis zum April 1894 befand er sich in Cultur. In der gleichen Probe wuchsen ausser ihm zwei Peronosporeen, die ich nicht näher bestimmte, und eine Chytridiacee, welche die IHIyphen und Oogonien des Pilzes befiel. Die Folge davon war, dass das Ab- schneiden von nicht infieirten Hyphenstücken und Sporangien oft wiederholt werden musste, um eine völlig gesunde Uultur zu erzielen, was auch vollständig gelang. Schon einen Tag nach Aussaat von abgeschnittenen Sporangien und Hyphen vder auch Sporen entwickeln sich auf Fliegen und Fliegenbeinen, auf Objeetträgern und auf Mehl- würmern in grösseren Gläsern reichliche Rasen. 136 Der Rasen wird bis 1!/scm lang und bildet ein diehtes Filz- werk, welches zu Stande kommt durch Verflechtung der Seitenäste und Antheridien. Er wird so dicht, dass er bei älteren Culturen auf der Oberseite vollständig trocken ist und für Wassertropfen, die man auf ihn fallen lässt, undurchdringlich wird. Vom blossen Auge sieht der Rasen infolge der Breite der starren Hyphen, die um den Mehl- wurm strahlig abstehen, fast stachelig aus. Die Hauptfäden stehen straff ab und besitzen Verzweigungen, die zum grossen Theil nur wenig dünner sind als sie selbst; sie be- finden sich namentlich am oberen Ende derselben. Der Durchmesser der Hauptfäden beträgt 42,5— 100, derjenige der dünnen Nebenäste liegt zwischen 10 und 27,31. Die Sporangien bilden sich am Ende der Hauptfäden. Nach ihrer Entleerung erscheinen andere unter ihnen in sympodialer An- ordnung (Fig. 28), wie bei vielen Achlyaarten, so namentlich bei A. prolifera und oblongata, denen der Pilz überhaupt ähnlich ist. Früh, oft noch vor Entleerung der obersten Sporangien, treten Quer- wände im Hauptfaden auf, welche theils Sporangien abgrenzen, theils das Sporangium in mehrere Zellen gliedern. Im ersteren Fall gehört also das Stück des lHauptfadens, an dem das Sporangium sitzt, zu diesem, so dass ein solches von der seitlichen Ausstülpung und dem Hyphenstück, mit dem es verbunden ist, gebildet wird (Fig. 25). Der obere Theil des Hauptfadens zerfällt auf diese Weise in Sporangien, die mehr oder weniger regelmässig, ohne dass man von einem Frucht- stand reden könnte, angeordnet sind. Die Querwände im Hauptfaden können an einander gerückt sein und dem entsprechend stehen auch die Sporangien einander näher. Wie das Auftreten der Querwände, erfolgt auch die Reife der Sporangien in basipetaler Folge ; das oberste, das zugleich das älteste Sporangium ist, entleert sich zuerst. Die Ent- leerung findet durch eine kurze an der Spitze liegende Papille statt. Die Sporangien sind an der Basis ein wenig breiter als in der Mitte, z. B. 60p an der Basis und 52,55 in der Mitte, oft jedoch, wenn an dünneren Ilyphen stehend, nur 30x, darin der jedesmaligen Breite des Tragfadens entsprechend. Sie sind schr lang, 4,5-—5—6 mm, es finden sich auch bedeutend kürzere vor, denn die Länge und der Durchmesser schwanken in ziemlich grossen Grenzen. Die conische Gestalt der Sporangien zeigt eine schwache Zuspitzung. Die Sporen treten oft aus dem Sporangium gar nicht aus, sondern keimen im Innern desselben, indem die Keimschläuche die Sporangium- wand durchbohren. Netzsporangien wurden nie beobachtet, in Ueber- 137 einstimmung mit dem Umstande, dass die Sporen keine Häutung durchmachen und nicht schwärmen. Ganz eigenartig ist das Ver- halten derselben. Abgeschen von dem selteneren Fall der Keimung im Innern des Sporangiums treten sie nämlich unbeweglich aus, ohne auch nur die geringste Spur einer Bewegung gezeigt zu haben, bleiben zu einem rundlichen IHaufen oder einer Hohlkugel angeordnet vor der Entleerungspapille liegen, erhalten eine dünne Membran und keimen ohne Häutung in dieser Stellung nach 16—24 Stunden (Fig. 29). Bei der Keimung liegen sie in der erwähnten Anordnung, können aber schon vorher durch Wasserströmungen und nachwachsende Hyphen in kleinere Iläufehen getrennt werden, Da dieses Ausbleiben der Häutung den sonst in allem mit der Gattung Achlya überein- stimmenden Pilz von dieser wesentlich unterscheidet, wurde sein Verhalten aufs Genaueste verfolgt und in achtmonatlicher Cultur constant gefunden. Die Vorgänge, die im Sporangium selbst sieh ab- spielen, sind die gleichen wie bei den Rothert’schen Beobachtungen. Die Sporen treten also nackt aus und nehmen, etwa durch gegen- seitigen Druck eingeengt, anfangs eine polyedrische Gestalt an und weisen nachher das erwähnte Verhalten auf, wie an zahlreichen, mit dem Substrat zusammenhängenden oder speeiell zu dem Zwecke ab- geschnittenen Sporangien beobachtet wurde. Unter dem Kinfluss der Bakterien und der im Pilze parasitirenden Chytridine fand etliche Male ein anormaler Austritt des Plasmainhalts aus der Spore statt, aber die einzelnen Körnchen hatten keine sie einschliessende Mem- bran und zerstreuten sich im umgebenden Wasser, Der Vorgang macht den Eindruck einer Desorganisationserscheinung und hat mit einer Häutung nicht die geringste Aehnlichkeit. Die Sporen haben einen Durchmesser von 12— 13,3. Nachdem die Sporangien sich schon entleert hatten, oder wenigstens schon ausgebildet waren, traten Oogonien auf. Die Vogonien zeigen eine raeemöse Anordnung, ähnlich der A. prolifera, sie treten aber auch endständig und intercalar und auch seitlich neben entleerten Sporangien auf. Sie besitzen kurze Stiele, die senkrecht oder geneigt zum Hauptfaden stehen; auch an den auf Nebenästen vorkommenden Trauben sind die Stiele sehr kurz. Die Vogonien besitzen eine kugelige oder längliche Gestalt, die intercalaren und endständigen sind meist ei- bis flaschenförmig. Die glatte, ziemlich dicke, hellgelbliche Oogonium- wand weist wenige zwei bis drei oder gar keine Tüpfel auf. An jungen Oogonien bilden sich manchmal kurze Schläuche, an denen ein der Grösse und Form nach ganz gleiches zweites Oogonium sitzt; 138 der Inhalt des ersten fliesst durch den Schlauch in dies zweite hinein und bildet in ihm die Öosporen aus (vgl. Fig. 30 in a.). Figur 80 zeigt die traubige Anordnung der Oogonien und Figur 31 ein Stück eines solchen Standes mit zwei Oogonien, von denen das eine noch unreif ist. An dem reifen Oogonium dieser Figur finden sich die nicht gerade oft, aber doch regelmässig in jeder Cultur vorkommen- den Ausstülpungen der Oogoniumwand in Gestalt von hohlen abge- stumpften Fortsätzen, die ganz kurz sein können oder die halbe Länge des Oogoniumdurchmessers erreichen. Der Durchmesser der runden Oogonien beträgt 42—58,5 je, die länglichen sind im Mittel 56 breit und 601 lang. Die Anzahl der Oosporen in einem Oogonium ist 1—12, meist jedoch 4—-8 und ihr Durchmesser beträgt 24—31,5y. Die Oosporen sind rund und besitzen eine dicke Membran. Der Inhalt derselben ist" anfangs gleichmässig körnig, später sammeln sich kleine Fetttropfen in unregelmässigen Häufchen an. Ausgereifte Oosporen zeigen einen einzigen excentrisch gelegenen grossen Fetttropfen, manchmal auch einige grössere (Fig. 31), neben denen ein paar winzig kleine von gleicher Farbe liegen. Die Keimung der Oosporen wurde nicht beobachtet. Die Antheridienäste, welche die Oogonien förmlich um- spinnen, sind streng diklinen Ursprungs und es fand sich nicht ein einziges Mal ein androgynes vor. Gewöhnlich sendet der gleiche dünne Faden, der etwa parallel zum Oogonien tragenden Ast verläuft, mehrere Antheridialäste ab, so dass sechs, acht und mehr Oogonien vom gleichen Faden aus beschiekt werden (Fig. 30). Ausserdem gibt es noch andere, den Rasen regellos oder quer durchsetzende Fäden, die vom Weiten kommend, gegen die an ihrem Wege gelegene Oogonien, Antheridienäste senden. In Figur 31 gibt es deren drei oder vier mit schr vielen Verzweigungen, deren Verlauf auf der Wölbung des Antheridiums sich nieht gut verfolgen lässt. Befruchtungsschläuche sind an solchen Verzweigungen oft vorhanden, aber nur in den selteneren Fällen einer weniger reichen Antheridienentwiekelung ist das Eindringen ins Oogonium und die Richtung, welche sie in ihm einschlagen, zu sehen. Der Befruchtungsschlauch, der ins Oogonium eindringt, biegt in ihm um, und seine Spitze verliert sich meist zwischen den Vosporen. Die Stellung im System und die Aplanie von Achlya aplanes. Es wurde bei der Speciesbeschreibung schon erwähnt, dass die Zoosporen von A. aplanes keine Häutung durehmachen. Ein ähn- liches Verhalten zeigt auch die nur in einer Species bekannte Gattung 139 Aplanes, mit dem Unterschiede, dass bei Aplanes die Zoosporen überhaupt nicht austreten, sondern im Innern der nach den bisherigen Befunden ziemlich spärlichen Sporangien keimen. Einen weiteren Unterschied bilden die in der Zahl zwei bis sieben in Reihen auf- tretenden Öogonien und ihre androgynen kurzen Antlieridien, um nicht weiter auf die abweichende Form und Grösse der Oogonien u.a. m. aufmerksam zu machen. Es ist gewiss, dass der von mir gefundene Pilz nicht zur Gattung Aplanes gehört, denn, wenn auch der Mangel an Häutung bei Zoosporen beide einander nähert, so ist doch A. aplanes von dieser Gattung durch den ganzen Habitus und den Aus- tritt der Sporen verschieden. — Die Aplanie selbst ist durch zahl- reiche Versuche einer achtmonatlichen Cultur ausnahmslos festgestellt ; schwärmende Zoosporen wurden bei diesen Untersuchungen nie be- obachtet. Der Pilz könnte somit als Repräsentant einerneuen Gattung gelten, welche durch Aplanie mit Austritt der Zoosporen aus dem Sporangium gekennzeichnet wäre, eine Gattung, welche Achlya mit Aplanes verbindet. Bei unseren bisherigen Kenntnissen der Saprolegnieen hätte diese neue Gattung anerkannt werden können. Allein die gleichen Beweg- gründe, die mich davon abhielten, die Hypogynaformen Species zu nennen, liessen mich hier von der Aufstellung einer neuen Gattung abstehen. Die Aplanie könnte ausserdem eine Ausnahme sein im Entwiekelungsgang dieser mir nur in einer Probe vorliegenden Sa- prölegniee. Gleich dem Fehlen von Sporangien oder Oogonien in anderen Culturen konnte das Fehlen der Häutung als ein nicht normaler Zustand des von einer Chytridine vielleicht vollständig ge- schwächten Pilzes erscheinen. Ich ziehe daher vor, ihn bei der Gattung Achlya zu belassen, mit der er in allem Uebrigen übereinsimmt. Von diesem Standpunkte aus gehört der Pilz, da er Antheridien diklinen Ursprungs hat, zur Verwandtschaft der Achlya prolifera und oblongata, die Merkmale beider in sich vereinigend. Er ist der A. oblongata ähnlich, dureh deren Wuchsform, sym- podiale Sprossung der Sporangien und zum Theil auch dureh deren längliche Oogonien; A. oblongata ist aber von ihm verschieden dureh die Tüptellosigkeit der Oogoniummembran, Mangel an Ausstülpungen dieser Membran und die Kleinheit der centrischen Oosporen, deren Durchmesser nicht über 20 u geht. Er nähert sich der A. prolifera gleichfalls durch deren Wuchs- form und Sporangien, ferner durch die Tüpfel und die excentrischen 140 Oosporen und die das Oogonium ganz umwickelnden Antheridienäste; A. prolifera ist aber von ihm verschieden durch den geringeren Durch- messer der Oosporen, der zwischen 20—26 1. liegt. Demgemäss möchte ich für diesen Pilz den Namen Achlya aplanes, da er seine Eigenschaften ausdrückt, vorschlagen. II. Allgemeine Resultate und Discussion derselben. Conidienbildung der Saprolegnieen. Frühere Angaben über die Conidien. In der Litteratur der Saprolegnieen werden einige Fälle von Dauerzuständen angeführt. Da die betreffenden Bildungen bald den Namen Conidien, bald Reihen- und Dauersporangien (resting sporangie), Chlamydosporen oder Gemmen führen, so empfiehlt es sich, diese Angaben — wie es im Interesse einer genauen Definition der Dauerzustände überhaupt A. Fischer in Rabenhorst’s Kryptogamenflora in der Einleitung zu Saprolegnieen gethan — hier, mit Rücksicht auf die unzweifelhaften Conidien- bildungen der 8. rhaetica, nochmals zu prüfen. Vorerst sei bemerkt, dass bei Apodyeen, bei Monoblepharis und Dietyuchus die Sporangien sieh in der Weise erneuern, dass nach Entleerung des obersten Sporangiums das unter ihm gelegene Glied zum Sporangium wird; also basipetale Erneuerung und Anordnung in Reihen. Verschiedene Sporangiumformen kennt man sonst nicht bei Saprolegnieen; auch 8. anisospora mit zweierlei Zoosporen besitzt nur einerlei Sporangien. Die erste Mittheilung über Conidien gibt Schröter?!) und sie betrifft Achlya prolifera. Die Gonidien tauchen auf, wenn „der Pilz in schlechte Ernährungsverhältuisse konmt, wenigstens konnten sie regelmässig hervorgerufen werden, wenn man gut vegetirende Rasen in destillirtes oder auch nur in reines Brunnenwasser brachte“. Es entwickelt sich nach Loslösen vom Faden „aus jeder Zelle eine neue Pflanze“, ob aber an den Keimschläuchen sich Sporangien entwickeln, ist aus der Darstellung, welcher keine Abbildung beiliegt, nicht zu ersehen. In der ersten Arbeit über diesen Pilz (von de Bary?)) ist von Conidien keine Rede, die von ihm damals „kuglige Sporangien“, „zweite Art Sporen“ und „Löcher der Membran“ genannten Bildungen waren Oogonien, Oovsporen und Tüpfel. In der 36 Jahre nachher 1) 46. Jahresbericht der Schles. Gesellsch. für vaterländische Cultur 1869 pag. 133—134. 2) Bot. Zeitung 1852 pag. 507 u. ff. Taf. VIT Fig. 26 und 27, 141 erschienenen Beschreibung dieses Pilzes wird vom gleichen Verfasser !) der Conidien keine Erwähnung gethan. Da man sieh auf diese drei Quellen bei Erwähnung der Dauerzustände beruft, musste ich sie hier berühren. Eine weitere Mittheilung, die hier in Betracht kommt, liefert Walz.?2) Die Figuren zeigen eine gewisse äusserliche Achnliehkeit mit den Bildungen der S. rhaetica. Den Pilz nannte der Verfasser S. dioica Pringsheim. Nun war dieser Pilz, den Pringsheim beschrieb, 3) eine von Rozella befallene 8. Thureti, wie A. Fischer in Rabenhorst’s Kryptogamenflora in einer Anmerkung unter S. dioica bemerkt und wie ein Blick auf die Abbildung zeigt. Bei der Unvollständigkeit der Angaben ist heute nicht zu entscheiden, welche und ob überhaupt eine Saprolegniee Walz vor Augen hatte. „Die Conidien bleiben, nachdem sie gebildet sind, einige Zeit liegen und dann keimen sie. Bei der Keimung wird aus der inneren Schicht eine Ausstülpung gebildet, welche die äussere Schicht durchbricht und in einen Faden auswächst* , sie besitzen also eine doppelte Membran. Es kommt nichts Aehnliches bei meiner Form vor. Bei S. Thureti aber sind bisher keine Conidien bekannt geworden. Eine andere von Walz), besprochene Conidienbildung gehört nicht hier- her, da ihm in seiner 8. de Baryi eine auf Spirogyra parasitirende Peronosporee vorlag. Sorokine?d) beschreibt und zeichnet Conidien von Aphanomyces stellatus, die mit den von Walz gegebenen vollständig übereinstimmen. Die Conidien und die sie trennenden Zwischenzellen sind einander fast gleich in beiden Fällen. Es entsteht bei Aphanomyces stellatus durch Abschnürung eine eylindrische mit körnigem Plasma und öligen Tropfen erfüllte Zelle und unter ihr eine neue; die obere fällt ab und die untere nimmt ihre Stelle ein. Die Conidien sind unter ein- ander von Zwischenzellen getrennt. Nach dreimonatlicher Ruhe, und wenn die Conidie auf einen günstigen Boden fällt, keimt sie und an den Verzweigungen des Keimschlauches entstehen „organes de fructifieation“. Worin diese letzteren bestehen wird nieht gesagt, ebenso wenig wie die Natur des günstigen Nährbodens beschaffen ist. Im andern Fall, wohl auf ungünstigem Nährboden, wenn die 1) Bot. Zeitung 1888 pag. 634. 2) Bot. Zeitung 1870 pag. 537—553 Taf. IX Fig. 9 und 10. 3) Jahrb. für wiss. Bot. Bd. 1I Taf. XXI Fig. 1—9. 4) 1. ce. pag. 556—557. 5) Ann. de se. nat. Botanique 6me serie Tom. III pag. 50 und Taf. 7, 142 Keimung nicht sehr reich „on voit se former des spores mobiles!, so dass also in einem Fall am Keimschlauche Oogonien, in einem andern Sporangien zu entstehen scheinen, Bei Lichtabschluss keimen die Conidien auch nach dreimonatlicher Ruhe nicht, aber im Sonnen- lichte nach dieser Zeit sehon in 24 Stunden. Die keimende Conidie in Figur 17 kann man auch für eine keimende Oospore halten. Zopf') fand Dauerzustände bei Apodochlya pyrifera, die synonym ist mit Leptomitus pyriferus.?) Sie sind genau kuglig mit dicker zweischichtiger und aussen ceutieularisirter Membran und besitzen grosse Fettkugeln im Innern. Zopf vermuthet in ihnen Oogonien (die hier nicht abgebildet werden) vertretende Dauerzustände. Da ausser dem abweichenden Habitus ihre Keimung nicht beobachtet wurde, so kommen sie hier nicht weiter in Betracht. Die von Pringsheim?°) bei Achlya polyandra beobachtete Bildungen stellen sich dar als seltener auftretende Dauerzustände des Mycels, wie sie bei den Saprolegnieen, namentlich in der Gattung Achlya vorkommen, und mit denen wir uns, da sie zudem nicht näher bestimmbare Form und Eigenschaften besitzen, nicht zu beschäftigen brauchen. llöchst bemerkenswerth ist cs hingegen, was Prings- heinı*) über die Deutung derselben sagt. Er polemisirt gegen den von Walz in der eitirten Arbeit benutzten Namen Conidien, denn damit wollte Walz sie „zu besonderen Fortpflanzungsorganen erklären“. Dies sei „unthunlich, da sie in allen Fällen ihren Charakter als ur- sprüngliche Sporangienanlagen nicht verkennen lassen, und da, wie eben erwähnt, auch irgend welche andere beliebige Stücke der Schläuche in ähnlicher Weise die Pflanze reprodueiren können. Noch weniger ist es gerechtfertigt, wie dies Lindtstedt5) will,... auf diese... besondere Species zu gründen, Ich bezeichne sie als Reihen- oder Dauersporangien“. Es unterliegt, glaube ich, keinem Zweifel, dass für einen Theil solcher Bildungen sich die bei 8, rhaetica gezeigte Umwandlungsfähigkeit wird nachweisen lassen; freilich war diese Fähigkeit damals an keinem Falle bekannt, so dass mit dem Namen „Sporangienanlage* Pringsheim einen allgemeinen diese Bildungen gut kennzeichnenden Ausdruck gefunden hatte, 1) Nova Acta Ae. Leop. LII pag. 362 Taf. XXI. Abgebildet auch in Raben- horst’s Kryptogamenuflora, 2) Zopf, m Schenk's Handbuch IV pag. 569. 3) Jahrb. f. wiss. Botanik Bd. IX pag. 224 u, ff. Taf. XXVI Fig. 4 und 5. 4) l. ec. pag. 226, 5) Lindtstedt, Synopsis der Saprolegnieen pag. 25, Berlin 1872, 143 Auch Brefeld!') fand bei einer Saprolegniaform, „welche in ihrem Charakter der 8. ferax entsprach“, Dauerzustände. „Treten Störungen durch Bakterien auf, so zerfallen ganze Fadenstücke, in welchen sich der Inhalt sammelt, in Gemmen, ähnlich wie bei Mucor racemosus; die Gemmen können direct Zoosporen bilden oder wieder zu Mycelien auskeimen.*“ Er beruft sich auf die eitirten Befunde und Ausführungen Pringsheims. Auch diese Zustände dürften ohne Weiteres den von A. Fischer in Rabenhorst’s Kryptogamenflora mit einem gemeinsamen Namen bezeichneten angereiht werden. Die bisher behandelten Fälle bilden eher eine Ausnahme im Entwickelungsgang dieser Pilze, vielleicht sind sie pathologische Er- scheinungen. Die einzigen Vorkommnisse, die einen Anschluss an die Conidienbildungen der 8. rhaetica gestatten, sind die von Lindt- stedt, Leitgeb und Hildebrand und in neuester Zeit von J. A. Humprey beobachteten. Wir gehen zur Besprechung der- selben über. K. Lindtstedt?) fand bei seiner Saprolegnia spec. nov. in einem Rasen der Achlya polyandra, aus dem er sie isolirte, zweierlei Sporangien. Nach zwei bis drei Tagen bildeten sich die für die Gattung Saprolegnia. typischen Sporangien aus und die „zweiten Sporangien“, welche anfangs den typischen untermischt sind und die- selben dann verdrängen. Diese sind „bald langgestreckt eylindrisch, bald kuglig oder birnförmig, bald ganz unregelmässig gezackt und hin- und hergebogen“. Solche entstehen am Ende der Fäden. Sie bilden sich auch durch Zerfall der Spitze eines Schlauches und dann stets zu mehreren bis neun neben einander gelegenen Gliedern, „die sich sämmt- lich zu Sporangien umbilden® und im Uebrigen die mannigfaltigsten Verhältnisse boten. Die Sporenbildung schreitet von den oberen nach den unteren fort und die Sporen entleeren sich bei den obersten an der Spitze, bei den anderen an unbestimmten Orten. Gegen das Ende der Vegetation, wenn das Substrat von der Pflanze erschöpft ist, geht „das Sporangium in Ruhezustand über“ und kann später unter geeigneten Umständen einen Keimschlauch treiben. Es kommt aber auch vor, dass ein isolirtes Sporangium später noch Zoosporen in seinem Innern erzeugt. — Leider lässt sich nicht bestimmen, welche Species Lindtstedt vor sich hatte; es blieb die Oogonien- eventuell auch die Antheridienbildung trotz sechsmonatlicher Cultur 1) Entomophtora radicans, Unters, über Schimmelpilze IV. Heft, Leipzig 1887, pag. 109—110. 2) Synopsis der Saprolegniaceen ete., Berlin 1872, pag. 25 u, ff. Taf. IV. 144 völlig aus. A. Fischer zählt die Species zur 8. torulosa. Den „zweiten Sporangien“ fehlen die Zwischenhäute der Conidien der S. rhaetica, sonst ist die Aehnlichkeit beider sehr gross, wenn auch im Ganzen aus den Angaben Lindtstet’s hervorgeht, dass ihm keine S. rhaetica vorlag. Mehr den Conidien von $. rhaetica verwandt scheinen die Dauer- zustände Leitgeb’s!) zu sein. Bei Behandlung seines Diplanes sagt Leitgeb unter Berufung auf schon eitirte Quellen, dass bei den Dauerzuständen vorkommen können „die mannigfaltigsten Uebergänge zwischen der kolbigen Form der anfänglichen Sporangien und der kugligen der Oogonien ; ja man findet Formen, die in ihren äusseren Umrissen genau mit denÖogonien übereinstimmen. An solchen abnormen Sporangienformen ist auch die Austrittsöffnung in ihrer Lage am Sporangium sehr verschieden, öfters in der Mitte“ ete., es wurden auch zwei Austrittsöffnungen beobachtet. Seine Conidien scheinen Zwischenhäute zu besitzen und bilden sich auch in entleerten Sporangien aus; sie kommen meist in alten Rasen or, doch scheint ihr Auftreten eine Seltenheit im ganzen Entwicke- lungsgang dieses Pilzes zu bilden. Es ist zu bedauern, dass Leitgeb diese Bildungen nicht näher studiren konnte; den Ausdruck Conidie gebraucht er nicht. — Das sonstige Verhalten ist nun ein von den Conidien der 8. rhaetica abweichendes. Der ganze Inhalt oder nur ein Theil desselben tritt bei diesen Conidien aus und bildet dann Zoosporen. „Wir haben hier also als abnorme Entwickelung ganz den- selben Vorgang, wie er bei Pythiam normal eintritt, wo ebenfalls die Sporen ausserhalb des Sporangiums aus dessen Inhalt gebildet werden“ (p- 378). Der Pilz, den Leitgeb Diplanes saprolegnioides nennt, ist nach A. Fischer synonym mit 8. monoica. 2) Nieht weniger Interesse beansprucht die Beschreibung solcher Bildungen in einer Arbeit Hildebrands?) über einige Saprolegnieen. Sie betrifft den bekannten Fall des Leptomitus brachynema, an dessen Fäden „sich Einschnürungen befinden, welche... glauben machen, dass sie aus aneinander gereihten Zellen bestehen, ... . man erkennt aber deutlich, dass an den Einsehnürungsstellen keine Scheidewände vorhanden sind* (Fig. 12). Die Sporangien sind in Ketten geordnet; sie haben die Form einer Kugel, deren Durchmesser den der Fäden 1 Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. VII pag. 375 und Taf, XXIV Fig. 1-4. 2) In Rabenhorst’s Kryptogamenflora pag. 337 und Anm. bei $. monoica var. montana pag. 338. 3) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. VI p. 262—263 Taf. XVI Fig. 12—22, 145 um ein mehrfaches übertrifft und deren Inhalt sich in etwa sechs Zoosporen umbildet. Sie sind den Pythium proliferum de Bary’s ähnlich. Sie bilden sich durch Abschnürung am Faden, bleiben aber im Verbande mit ihm. In anderen Fällen scheinen unter den end- ständigen zwei seitenständige sich zu bilden, oder ces sprosst unter dem endständigen ein seitenständiger Zweig, so dass eine Art von Sporangiumstand zu Wege kommt. Das zuletzt Erwähnte sind deut- liche Anzeichen der schon beim Leitgeb’schen Diplanes und namentlich bei S. rhaetica vorkommenden Conidienstände. Der Pilz ist synonym mit Apodachlya brachynema und Apodya brachynema !) nach A. Fischer, der auch die betreffende Literatur angibt. Leider ist auch dieser Pilz nicht genügend bekannt, was um so mehr zu bedauern ist, da bei ihm die kugligen Sporangien, also Conidien, mit Ausschluss von anderen vorkommen und nebst denjenigen von Leitgeb die grösste Uebereinstimmung mit denjenigen der 8. rhaetica zeigen. In jüngster Zeit widmete J. E. Humphrey?) einen Abschnitt seiner Monographie der nordamerikanischen Saprolegnieen der Be- handlung der Dauerzustände. Humphrey nennt sie Chlamydo- sporen in dem Sinne, wie Brefeld diesen Ausdruck gebraucht. Sie gliedern sich als Anschwellungen des Hyphenendes in leihen ab, sind kuglig und mit diehtem Protoplasma erfüllt. An der An- heftungstelle mit der Hyphe oder mit einer zweiten Chlamydospore zeigen sie eine Verengung. Nach einiger Zeit wird ihr Zusammen- hang gelockert und sie fallen aus einander und keimen sofort oder machen ein Ruhestadium durch. Bei der Keimung erzeugen sie einen Keimschlaueh, an dessen Ende ein Sporangium sich bildet. Sie stellen einen Dauerzustand der Pflanze dar. Numpbhrey sagt da- rüber: „This distinetion should be emphasized that where as the zvospores are formed within the ‚resting sporangia‘, the chlamydo- spores produce them in a distinet germ tube, although the interior of the chlamydospore is often included in the eavity of the sporan- gium“ unter Hlinweis auf Fig. 20, die dies aber gar nicht zeigt; es ist keine andere Abbildung gegeben, aus der es zu ersehen wäre. Ein solches Verhalten böte einen zweiten Anschlusspunkt an die Conidien der $. rhactica. Auch in der Speciesbeschreibung des Pilzes, auf den sich seine Angabe bezieht, der Achlya americana 1) A. Fischer, 1. e. p. 374. 2) James E. Humphrey, The Saprolegniaceae of the Un. States ete. 1892. Transactions Ann. Philos. Soe. Vol. XVII part. IM, v. Tafel XV. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894, 78. Bd. 10 146 Humphrey, wird das Verhalten nicht mehr erwähnt. Da somit auf diese Dauerzustände kein besonderer Nachdruck gelegt wird, scheint deren Vorkommen eine Ausnahme zu sein. Im Uebrigen ist der Ausdruck Chlamydospore, den auch Brefeld bei Saprolegnieen be- nutzte, wie aus dem Citat hervorgeht, ein gut brauchbarer, da er den wechselnden Eigenschaften Rechnung trägt. Mit Ausnahme der Formen bei Diplanes Leitgeb’s und der Apodachlya Hildebrand’'s kann dieser Ausdruck glaube ich, auf alle bisher bekannten Conidien der Saprolegnieen ausgedehnt werden. Die Bildungen der 8. rhaetica sind aber weder Chlamydosporen, noch Conidien, sie gehören nicht zur Kategorie der A. Fischer’schen „Gemmen“ und der Ausdruck Conidie wurde von mir bisher bloss der Kürze halber gebraucht. Für die Conidien der $. rhaetiea ist zweckmässiger die Bezeichnung „Sporangiumanlage“ im allgemeinsten Sinne des Wortes, wie sie Brefeld definirt hat. Es sei mir gestattet, auf verwandte Sporangienarten der Perono- sporeen, auf die auch Leitgeb aufmerksam machte, hier hinzuweisen. Bei Pythium sind echte Sporangien bekannt, aber schon in einer Unterabtheilung derselben erfahren sie eine Umwandlung, um in der sectio Sphaerosporangium zu Conidien, die von nun an ausschliesslich vorhanden sind, redueirt zu werden. Alle Conidien, mit Ausnabme derjenigen der Peronospora, haben eine bestimmte Stelle am Scheitel, an der sie keimen, bei einzelnen Arten der sectio Plasmatophora de Bary’s unterbleibt die Zoosporenbildung, der Inhalt tritt in eine Blase am Scheitel aus und keimt. Bei den Acroblastae de Bary’s tritt der Inhalt nicht mehr aus, denn die Conidie selbst keimt jetzt am Scheitel. Endlich bei den Pleuroblastae keimt die Conidie an beliebigen Stellen ihrer Oberfläche, Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Zoosporen- bildung unter dem Einfluss gewisser Salz- und Säurelösungen unter- bleiben kann und dass dann an ihre Stelle die Keimung der Conidien tritt, wie es Ernst Wüthrich!) für Phytophtora infestans und Pero- nospora viticola nachwies, die sonst Zoosporen bilden. Die Analogien mit den Peronosporeen sind so zahlreich, dass es nieht möglich ist, jede einzelne hervorzuheben. In Bezug auf die Form liegt Cystopus, in Bezug auf die Keimung die Gattung Pero- nospora den Sporangiumanlagen der 8. rhaetica am nächsten. — Die Peronosporeen stellen in der Aufeinanderfolge der Gattungen und Arten die Umbildung des Zoosporangiums in die typische Conidie dar; 1) Ueber die Emwirkung von Metallsalzen und Säuren auf die Keimfähigkeit der Sporen einiger parasitischer Pilze. Berner Dissertation 1892 p. 7—13. 147 es finden sich zahlreiche Uebergangsformen. Für 8. rhaetica liegt der specielle Anknüpfungspunkt bei Peronospora, mit dem Unterschiede aber, dass die Conidie der ersteren an beliebigen Stellen zahlreiche Keim- schläuche, Peronospora an beliebigen Stellen einen einzigen erzeugt. Sieht man von der Umwandlungsfähigkeit der Conidie in ein Oogonium ab, so lässt sich behaupten, dass diejenige Entwickelung der Conidien, welche aufdie diversen Gattungen der Peronosporeen vertheilt ist und erst in dem Vergleich der Lebensgeschichte dieser zum Ausdruck gelangt, hier in einer Species der Saprolegnieen sich zusammengedrängt findet. Morphologische Deutung der Conidien der $S. rhaetica. Wie haben wir diese Gebilde aufzufassen? Bis dahin reicht nämlich die Verwandtschaft mit Dauerzuständen der andern Sapro- legnieen und die Verallgemeinerung, der wir unter Berücksichtigung der entsprechenden Bildungen der Peronosporeen hier Raum gaben. Von beiden verschieden sind die Conidien der Saprolegnia rhaetica durch ihre Umwandlungsfähigkeit in Oogonien und sie bieten insofern ein allgemeines Interesse, als sie Sporangiumanlagen darstellen, die mit der aufsteigenden Reihe der Pilze mehr und mehr in bekannter Weise sich differenziren, hier aber ebensogut die Anlage eines ge- schlechtlichen als ungeschlechtlichen Sporangiums sein können; sie sind also keine Nebenfruchtformen. Mit Recht hat denn auch Prings- heim in einer allgemeinen Discussion der Dauerzustände für diese den weiten Ausdruck Sporangiumanlage gewählt. Damals war freilich die Umwandlungsfähigkeit der Sporangiumanlage und ist auch heute bei keinem andern Phycomyceten beobachtet worden. Die Conidie der $. rhaetica ist also ein Gebilde, das die Fähigkeit besitzt, sich in ein Zoosporangium und in ein ÖOogonium umzuwandeln, und diese Thatsache bestätigt die theoretische Annahme der Differenzirung eines ursprünglichen Sporangiums in zwei Richtungen, einer Differenzirung, deren ein Theil in Ausbildung der hier wie bei den Saprolegnieen überhaupt bereits erlöschenden Sexualität bestand. Es lag nahe, den Zeitpunkt des Eintreffens und die Bedingungen der Ausbildung eines Oogoniums an der Sporangiumanlage zu verfol- gen, um daraus das Thatsachenmaterial für weitere Schlüsse zu ge- winnen. Allein eine solche Untersuchung ist dadurch erschwert, dass von etwa 1000 Sporangiumanlagen etwa 100 zu Zoosporangien und vielleicht nur 5--10 zu Oogonien werden. Eine Einstellung auf eine bestimmte Sporangiumanlage würde in höchst seltenen Fällen zum Ziele führen. Nur in einem Falle, vgl. Fig. 12 Taf. III, sah ich, wie 148 in der Beschreibung der Conidien erwähnt wurde, bei Einstellung auf ein verdicktes IHyphenende, wie nach Abschnürung einer Sporan- giumanlage die nächst abgeschnürte Ballungen des Plasmas zeigte, welche der Ausbildung eines Oogoniums voranzugehen pflegen. In der That bildeten sich zwischen 1/6 Uhr Abends und !/29 Uhr Morgens die Oosporen vollständig aus. Die feineren Vorgänge der Plasmavertheilungen wurden nicht beobachtet, Dieser eine Fall, wie das Gesammtverhalten und Vorkommen der Oogonien, liefern auch ohne diesbezügliche wiederholte Prüfung den strietesten Beweis für die Identität der „Conidie*, des Sporangiums und des Oogoniums in ihren Jugendzuständen. Ohne die erwähnte Prüfung wird dieser Beweis noch bekräftigt durch die gleiche Ent- stehungsart der in Frage stehenden Bildungen; denn handelt es sich um Sporangiumanlagen, die in den Dauerzustand eintreten, Sporangien oder Oogonien werden, so ist die Absehnürung und die sie vertretende Quertheilung eines homogenen Tlasmainhalts stets die gleiche: sie erfolgt in basipetaler Folge. Dem ist die Wickel- und Schraubel- bildung im Grunde auch unterworfen, ebenso wie die im Innern ‚einer Sporangiumhaut auftretenden Conidien. Für die gewöhnlichen Reihen, wie in Fig. 6 Taf. III, lehrt dies der Augenschein, wobei es wesentlich ist, dass die später abgeschnürten Conidien kleiner sind als die oberen älteren; ganz gleich bei Conidienoogonien (Fig. 10). Auch bei den complieirten Conidienständen sind die zuletzt abge- schnürten Conidien kleiner als die vorhergehenden; so im einfacheren Fall in der Reihe der Fig. 8 und der Conidie c; ebenso bei den Conidien, die als Durchwachsung auftreten (Fig. 16); und den Schraubeln und Wickeln (Fig. 15), nur dass hier die oberen (die jüngsten) die kleinsten sind, so dass man sie, trotz der Zweigbildung, entsprechend der ganz analogen Grössenabnahme in Fig. 6, auch in basipetaler Folge entstanden, sich deuten muss. Damit ist die objectiv gleiche Wachs- thums- und Entstehungsweise der besprochenen Bildungen festgestellt. Bedeutung des hypogynen Antheridiums. Bisher sind die Fortsätze der Oogonien der 8. hypogyna als Be- fruchtungsfortsätze, also als Analogon derjenigen von Pythium ferax de Bary angesehen worden. Diese Ansicht kann durch nichts wider- legt noch bekräftigt werden, wenn eine Querwand den Fortsatz ins Oogonium als einen Befruchtungsschlauch charakterisirt. Wir haben nun aber bei 8. rhaetica und den Varietäten der ILypogynagruppe gezeigt, dass Fortsätze ins Oogonium gesandt werden, 149 welche nicht von einer abgegrenzten Zelle kommen und überhaupt eine grosse Mannigfaltigkeit aufweisen. Dieser Umstand lässt eigent- lich von vornherein Zweifel an eine solche Analogie aufkommen und macht eine andere Auffassung des abgegliederten wie des keine Quer- wand aufweisenden Fortsatzes möglich. Diese Auffassung ist begründet in einer allgemeinen Eigenschaft der Sporangien der Gattung Sapro- legnia der Durchwachsung. Man könnte nun allerdings die be- sagten Fortsätfe als eine Anfangserscheinung der Sexualität anschen. Aber dem gegenüber ist darauf hinzuweisen, dass bei den Saprolegnieen die Sexualität erloschen ist und dass die Durchwachsung eine primäre, Ausbildung der Sexualität eine secundäre Erscheinung ist, wie sich aus Folgendem ergibt. J. Deutung der erwähnten Fortsätze als rudimentäre Durchwachs- ungen erscheinen für 8. rhaetica aus folgenden Gründen vollbe- rechtigt: 1. Diese Durchwachsungen sind bei der 8. rhaetica besonders kräftig ausgebildet. 2. Sie können auch in Sporangien auftreten, welche ihre Zoosporen nicht völlig entleert haben, so dass oft eine kleine Anzahl derselben im alten Sporangium von den nachwachsenden ein- geschlossen wird. 3. Abgestumpfte Fortsätze wurden auch in Conidien beobachtet und müssen bei der Mannigfaltigkeit der hier vorkommenden Uebergänge der Conidien und Sporangien gleichfalls als Durch- wachsungen angesehen werden. 4. Die Conidienoogonien besitzen gleichfalls Fortsätze, die von einer llyphe herrühren. 5. In Reihenvogonien, die durch Umwandlung der Conidien ent- stehen, sendet oft ein Oogonium in das über ihm liegende einen Fortsatz. 6. Ein Oogonium kann auch in ein über ihm liegendes Sporangium einen Fortsatz senden (Fig. 11, Taf. IN). Il. Ganz ähnlich bei den Vogonien der Ilypogynagruppe, "was, da die Fälle in so weit mit den Portsätzen der Oogonien bei S. rhaetie: übereinstimmen, nur noch staatlicher als bei dieser ausgebildet sind, nieht weiter ausgeführt zu werden braucht. Ob unter dem Fortsatze eine oder mehrere Querwände auftreten, ist für die Auffassung der- selben als einer rudimentären Durchwachsung irrelevant. Anscheinend bietet die Gestalt der Fortsätze bei Varietät III einen Widerspruch zu dem Gesagten, indem bei ihr (Fig. 17 und 20 Taf. IV) die unter 150 dem Oogonium abgegliederte Zelle ein „hypogynes Antheridium* und einen Zweig nach Aussen sendet, der an das Oogonium sich anlegt. Allein, gesetzt auch, dass hier ein Rudiment eines androgynen An- theridiums vorliegt, so ist damit nur eine Ausnahme unter der gerade darin so mannigfaltige Formen darbietenden IIypogynagruppe festge- stellt. Etwas Aehnliches sah ich einmal sogar beiAchlya polyandra, nämlich einen Fortsatz ins Öogonium neben einem echtgn androgynen Antheridium. . Die wichtigste Stütze für diese Auffassung der Fortsätze ist der Umstand, dass sie in Conidien und Sporangien auftreten und zwar meist ohne Querwände. Dies zeigt, dass dem Oogonium der Fortsatz als ein Mal des Ursprungs anhängt, das es in der weiteren Entwicke- lung abstreift und damit auch jede Aehnlichkeit mit dem Ursprungs- orte verliert. Es wäre aber auch eine doppelte Abstammung der Öogonien möglich, von Fortsätze besitzenden Sporangiumanlagen und von solehen, welche ihrer ermangeln. Zur Speciesfrage. Vorstehende Untersuchung beschäftigte sich mit einer Anzahl sehr ähnlicher, aber doch constant verschiedener Formen. Trotz der Vielgestaltigkeit dieser Formen, welche auf zahlreiche verwandtschaft- liche Bezichungen hinweist, lässt sich bei ihnen die Constanz zum Theil nur wenig ausgeprägter, sie jedoch von andern Formen gut unterscheidbarer morphologischen Merkmale klar erkennen. Da ist zunächst Saprolegnia rhaetieca, welche, wie aus der Vergleichung sich ergibt, in einigen Eigenschaften mit 8. monilifera übereinstimmt, sich ferner der Ilypogynagruppe nähert, durch den Durchmesser der Oogonien (der Varietät I, durch andere Eigenschaften den Varietäten 11 bis V und der 8. hypogyna de Bary. Andere Eigenschaften wieder unterscheiden sie scharf von den genannten Saprolegnieen. 8. rhaetiea zeigt in gewisser Beziehung eine Aehn- lichkeit mit den Peronosporeen, so dass sie ein Bindeglied darstellt zwischen der 8. monilifera und den Formen der Hypogynagruppe, und zwischen den Peronosporeen und Saprolegnieen überhaupt. Weit innigeren Anschluss unter einander zeigen die Hypogyna- formen, sie bilden zusammen mit der 8. hypogyna de Bary eine natürliche Gruppe. Bei der grossen Mannigfaltigkeit der Merkmale bei jeder einzelnen dieser Formen sind die allen gemeinsame Eigen- schaften leicht festzustellen. Auch hier kann neben der Gemeinsamkeit und Mannigfaltigkeit der Merkmale jede Form von den andern unter- 151 schieden werden. Bei der Vergleichung wurde auf die Verwandt- schaft. der Gruppe mit 8. rhaetica und $. monilifera aufmerksam gemacht. Eine solche Uebereinstimmung vieler Merkmale, wie in der so- eben erwähnten Gruppe, kam auch bei zwei andern nicht näher studirten Saprolegnieen vor, die zur 8. asterophora in eine enge Beziehung gesetzt werden müssen. Die eine stammte von Crester- gligert am Bach, Aversthal, Kanton Graubünden, Il. ü. M. 2400 m, und wurde aus einer Algenprobe rein gezüchtet; sie besass keine durchwachsenden Sporangien und der Durchmesser der Oosporen be- trug 25—31,5jr. Die andere, gleichfalls aus dem Aversthal vom Untern Weissberg ob der Glätte, H. ü. M. 2450m, und aus einer Algensendung eultivirt, zeigte wie die erste keine Durchwachsungen an den fast kugligen Sporangien, hatte aber einen Oosporendurchmesser von 22,5—25 1. Es ist möglich, dass Durchwachsungen bei fortgesetzter Cultur auf- getreten wären. Nun besitzt die typische $. asterophora Durchwach- sungen an den Sporangien und einen Oosporendurchmesser von 20—25p. Im Oosporendurchmesser besitzen wir aber ein gutes Merk- mal für Saprolegnieen, so dass ich an der Verschiedenheit der beiden Formen durchaus nicht zweifle, Bei Beurtheilung der Stellung der Achlya aplanes liess ich (die Entscheidung, ob die Aplanie ein eonstantes Merkmal bildet, offen. Abgesehen von der Aplanie zeigt dieser Pilz eine nahe Verwandt- schaft zu Achlya prolifera und oblongata, was am Schlusse der Speeies- beschreibung hervorgehoben wurde. Auch an vorliegender Arbeit zeigt sich also, so weit dies bei der kurzen Culturdauer ausgesprochen werden darf, die Thatsache bestätigt, die in neuerer Zeit aus genauen Untersuchungen ver- sehiedener Forscher sieh ergeben hat: nämlich, dass auch die kleinsten morphologischen Merkmale constant sind. Einige dieser Untersuch- ungen müssen hier Erwähnung finden zur Rechtfertigung der am Schlusse vertretenen Ansicht über die Speciesfrage. Von diesen Untersuchungen steht die de Bary’sche unserem Gegenstande am nächsten. Der Hauptvorzug der Arbeit de Bary’s über die Saprolegnieen !) war neben einer sorgsamen Beobachtung der, dass sie das Resultat einer sehr langen Culturdauer war, welche für manche Form 7-8 Jahre betrug. Diese lange Culturdauer hatte ihren Grund darin, dass de Bary diese Arbeit eines höheren Zweekes wegen unternahm, so dass die Ergebnisse derselben mit denjenigen N) Herausgegeben von Solms-Laubach, Bet. Zeitung 1888. 152 seiner Erophilastudien publieirt werden sollten; das Studium galt im Besondern der Variabilität zu der bei Erophila die Kreuzung sich gesellte. Es war jedoch de Bary nicht vergönnt diese Forschungen zu vollenden und seine Auffassung der Speciesfrage vorzutragen. Rosen, der nach dem Tode de Bary’s die Beobachtungen über Erophila verna fortsetzte, sagt, de Bary sei zu der Ueberzeugung gekommen, dass die Unterscheidung der verschiedenen Species bei den Saprolegnieen eine unzureichende war. „Sorgfältige Isolirung der Formen sowie genaue Controle der Culturen veranlassten ihn dazu, die Saprolegnieen einer sehr engen Artfassung zu unterwerfen. Er fand den Satz bestätigt, dass Vielgestaltigkeit und Variabilität zwei grundverschiedene Dinge seien.“!) Achnliche Schlüsse, auf die es nicht möglich ist hier einzugehen, ergaben auch Forschungen auf anderen Gebieten der Mykologie. Wir wollen noch auf die Diseus- sion der Bakterienspecies aufmerksam machen. Von einer bestimmteren Auffassung und Definition der morphologischen Kennzeichen bei Auf- stellung der Gattungen ging man zum Pleomorphismus über, bis schliesslich das frühere System, allerdiugs ergänzt durch die seitdem erfolgten Entdeckungen als ein in seinen wesentliehten Zügen natür- liches sich erwies und der Pleomorphismus aus „seinem letzten Schlupfwinkel® bei den Bakterien verdrängt war. Das letztere an einigen viel umstrittenen Fällen nachgewiesen zu haben, war das Verdienst Winogradsky’s.2) Er fand in seiner 1!j, jährigen Cultur der Beggiatoa, dass fassbare Unterschiede nur in ihrer Dicke sich zeigten und dass darin das einzige constante Merkmal zu erblicken sei. Für die Phanerogamen, bei Behandlung welcher die Schwierig- keiten wuchsen, kam man unter Werthschätzung der grossen Anzahl der zur Prüfung vorliegenden Factoren zu ganz gleichen Resultaten. Die Ehrenrettung der Forschungen Jordan’s seitens de Bary’s und Rosen’s bildete ein wichtiges Moment zur Klärung der Frage, in einer Zeit „als alle Welt Variabilität eonstatiren zu müssen glaubte, wo man vor dem nur Einförmigkeit sah“. Rosen sagt: „Wie andere scharfe Beobachter im Gegensatz zu den kritiklosen Anhängern der fruchtbaren Lehre, so hat auch Jordan gezeigt, dass es wohl mög- lieh ist, eonstante und wohl umgrenzte Formen aufzufinden und dass die angebliche Variabilität einer Sippe darauf beruhen kann, dass I) Rosen, Systemat. und biolog. Beobachtungen über E. verna, Bot. Zeitung. 1889, pag. 571. 2) Winogradsky, Beitr. z. Morph. und Physiol. der Bakterien, Heft I Zur Morph. und Phys. der Schwefelbakterien, 153 eine Anzahl von verschiedenen Fornien eonfundirt wird. Die Resul- tate Jordan’s besagen in dieser Ilinsicht nichts anderes als die de Bary’s als die Nägeli’s“. Ja, Rosen konnte nicht nur die Resul- tate Jordan’s bestätigen, sondern er fand selbst neue „Species“ der Erophila, die er den 200 Jordan’schen hinzuzählte. Hackel fand die gleiche Thatsache bestätigt, auch er hatte sich überzeugt, dass der Erblichkeit oft unbedeutender Merkmale keine Grenze gesetzt ist, In Kurzem gesagt dringt in der Litteratur die Ansicht mehr und mehr dureh, dass gegenüber den angeführten Thatsachen der Speeies- aufstellung praktisch keine Grenze gesetzt ist und dass der Varia- bilität keine so grosse Bedeutung beigemessen werden darf, wie dies früher geschah. Auf anderer Seite sind die Ansichten Jordans, nachdem die Descendenztheorie Allgemeingut geworden, gänzlich überwunden, sie waren s. Z. der Grund, wesshalb auch seine that- sächlichen Befunde keine Anerkennung fanden. Es fragt sich nun, ob man alle diese unmerklich in einander übergehenden constanten Formen Species nennen oder diesen Namen für Gruppen von solchen bewahren will. Viele Forscher kamen zur Veberzeugung, dass der Streit um die Species ein Streit um Worte ist. So fragte sich Winogradsky, welche Stellung der Systema- ‘tiker diesen von einander unmerklich verschiedenen, doch eonstanten Formen anweisen soll. Jede als Species benennen? „Es ist doch nicht möglich, aus jeder solehen Form eine besondere Species zu machen.“ Er benannte sie denn bei einer Fadendicke bis Ip Beg- glatoa minima, von 1—2,5p. Fadendicke B. media u. s. f., womit nicht nur dem Benennungsbedürfnisse Genüge gethan war. Und dies war die einzig mögliche Aushülfe, trotz der Einfachheit des Baues der in Frage stehenden Organismen und ihrer bestimmten physiologischen Funetion, welehe eine Controle verhältnissmässig erleichterten. Ganz gleich bei den Phanerogamen. Als Rosen die Forschungen Jordan’s bestätigte und einige neue Erophila seinen Species beifügte, sagte er in der eitirten Arbeit: „Uebrigens ist es im Grunde nur ein Wort- streit, ob man die betreffenden Sippen als Speeies, Subspecies, Varie- täten oder constante Spielarten bezeichnen will.*) Auch Hackel beschäftigt sich in seiner Monographie der (iramineengattung lFestuea?) mit der Frage der Species und analysirt die verschiedenen Wege, die bei der Aufstellung neuer Formen zu befolgen sind. Seine Resultate stimmen mit denjenigen der eitirten Autoren in ihrem wesentlichsten 1) l. e. p. 608, 2) E. Hackel, Monographia Festucarum curopaearum, Kassel u. Berl. 1882. 154 Theil überein. Mit Winogradsky tritt er für eine durch sorgsame Kritik eingeschränkte Speeiesaufstellung ein. Auch sind seine An- sichten über das bis jetzt auf diesem Gebiete Geleistete höchst zu- treffend. Hackel sagt im Kapitel über die Grade der Speciesbil- dung, Variation ete., dass er zur Ueberzeugung kam, „dass keine, auch nicht die kleinste Jordan’sche Art ein wirklich in der Natur existirendes Ding sei, sondern immer schon eine Gruppe von Indivi- duen, die unter einander sich mehr gleichen, als den Individuen einer anderen, nächst verwandten Gruppe. Je kleiner die Gruppe, desto innerlich homogener ist sie nafürlich, desto kleiner auch ihre Differenz von den nächststehenden, desto schwieriger auch also ihre Wiedererkennung“. Er spricht für Existenz von nahe und fern stehenden Arten; sucht die Merkmale nach der „Dignität“ zu ordnen. Hackel spricht „von verschiedenen Graden der Specifieität, deren keiner streng definirbar ist. Eine absolute Species gibt es also nicht; auf welche Stufe der Speciesbildung man immer sich stellen möge, immer wird der Artbegriff ein relativer sein“. Er bringt alle seine Formen im System unter, aber theilt sie nach verschiedenen Rang ein und bildet „aus den zahllosen Formen von geringerer Differenz Gruppen . . . Collectivspecies, deren gegenseitige Differenz weit grösser ist, als die der einzelnen Glieder der Gruppe unter einander, wenn man dieselben Schritt für Sehritt untersucht und nicht bloss die Extreme herauswählt*“, Mit den hier kurz skizzirten Resultaten der neueren Befunde der Systematik steht im Einklang das in dieser Arbeit dargelegte That- sachenmaterial. Vom gleichen Gesichtspunkte ausgehend, glaube ich folgenden Kintheilungs- und Benennungsmodus mich bedienen zu müssen, wobei im Besonderen die „Dignität* der Merkmale hier eine ungezwungene Anwendung finden musste. Mit gutem Grund durfte 5. rhaetica als eine Mittelform zwischen 8. monilifera und 8. hypo- gyna und der nicht unwesentlichen Achnlichkeit in einigen Stücken mit den Peronosporeen eine Species genannt werden. Das Gleiche gilt für A. aplanes, die zwischen A. oblongata und A. prolifera „zu stehen“ kommt, wobei bis auf Weiteres die Aplanie dieser Sapro- legniee, die nach den heutigen Anschauungen zur Abgrenzung einer besonderen Gattung geführt hatte, nicht berücksichtigt wurde. Beide sind gut charakterisirte Species, Die fünf Hypogynaformen hingegen, samnıt der 8. hypogyna de Bary, glaubte ich zu einer Collectivspecies vereinigen zu müssen, denn die Unterschiede, die diese von einander trennen, sind weniger bedeutend, wenn auch Ä | | 155 constant; man kann auf sie keine Species begründen. Wohl aber darf der Gesammtentwickelungsgang, das bei allen vorkommende „hypogyne Antheridium“, die Keimung der Oosporen mitgerechnet, als ein sie von anderen verwandtschaftlichen Gruppen unterscheiden- der Hauptcharakter aufgefasst werden. Besonderen Nachdruck legte ich bei der Beschreibung der einzelnen Formen auf die ganze Er- scheinungsweise des „hypogynen Antheridiums“. Dieses diente zur Aufstellung der Species bei Pythium ferax de Bary, das sich von P. proliferum sonst nur wenig unterscheidet, erwies sich bei der de Bary’schen $. hypogyna in dreijähriger, bei mir in mehrmonatlicher Cultur constant. Es ist an der Constanz dieses Merkmals nicht zu zweifeln, an dem der Umstand, dass ihm hier eine andere Deutung als von de Bary gegeben wird, nichts ändert. — Die verwandt- schaftlichen Beziehungen zu 8. monilifera und 8, rhaetiea wurden gehörigen Ortes hervorgehoben. Hätte ich jede dieser Formen Species genannt, so besässen wir acht einander sehr ähnliche Species. Dies war auch aus folgendem Grunde unthunlich. Vergleicht man die Species der Gattung Saprolegnia, so kann man feststellen, dass sie in sehr ungleichwerthige Verwandtschaftsgruppen zerfallen, dass die Merkmale mancher Species gegenüber anderen der gleichen Gattung unvermittelt dastehen, so dass die Aufstellung so vieler neuer Species Verwirrung stiften könnte. Auch desshalb nannte ich die ganze Gruppe Collectivspecies und die einzelnen Formen Varietäten. Von ähnlich nahestehenden Formen in der Gattung Saprolegnia seien beispielsweise angeführt 8. monoica, $. monoica var. montana und S. mixta de Bary, ferner die von mir schon erwähnten zwei weiteren Formen der 8. asterophora. Es wäre also nicht unmöglich, dass bei erweiterter Kenntniss der Saprolegnieen sich noch andere Collectiv- speeies fänden. Verzeichniss der Abbildungen. Tafel I. Suprolegniu rhaetiea, Fig. 1—16. Fig. 1,2 und 3. Aufeinander folgende Stadien der Conidienentwiekelung; zwischen 1 und 3 sind 24 Stunden vertlossen. Die dieke Querwand in 2 ist in 3 zur „Zwischenhaut“ und einer die Conidien umgebenden Haut geworden. 150/1. Fig. 4. Conidienreihe mit „Awischenhäuten“, 440/1. Fig. 5. Conidienreihe; die unteren seitlich angeheftet, die obere zeigt eine später zu erfolgende Theilung in zwei Conidien. 280/1. Fig. 6. Conidienreihe; gewöhnlicher Fall, die Grössenabnahme von oben nach unten zeigend. 150/1. 156 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 11. Zwei Conidien, die obere entleert durch eine seitliche Papille. 150/1. Conidienreihe; die oberste entleert. Der seitliche Zweig mit der Conidie c, vielleicht Anfang einer Wickelbildung. 15071. Conidienreihe, deren Glieder mit Ausnahme des zweitobersten Zoosporen entleerten. Das oberste besitzt die Papille an der Spitze, die unteren seitlich. 280/1. Conidienreihe; zwei Conidien zeigend, die in Oogonien sich umwandelten. 280,1. Conidienreihe; die oberste zu einem Sporangium, die zweite zu einem Oogonium umgewandelt und die unterste in den Dauerzustand eingetreten. Das Oogonium sendet einen Fortsatz (eine Durchwachsung) ins Sporangium, 420/1. 12 und 13. Oogonien mit Conidien in einer anfangenden Wickelbildung. In 14. 15. 16. 12 der einzige Fall, in dem die Umwandlung in ein Oogonium beobachtet wurde. In 13 ein Oogoniumfortsatz. 150/1. Ein einzelnes Oogonium einen Fortsatz zeigend; aus einer sporangien- tragenden Cultur. Vergl. die Fortsätze in Fig. 11 und 13. 440/1. Eine Scehraubel als Conidienstand. Die obersten sind die kleinsten, da sie zuletzt abgeschnürt wurden. 150/1. Weitere Modification eines C'onidienstandes und der Abschnürung. Figur stellt eine Durchwachsung dar, welche links Conidien abschnürte, wahr- scheinlich eine Schraubel, von der rechts ein Zweig a sichtbar; der Zweig bildete statt Conidien ein Sporangium und in diesem tauchen erst als Durchwachsung wieder Conidien auf, über ihnen eine Zoospore liegen geblieben. 150/1. Tafel IV. Saprolegnia rhaetiea. Fig. 1—4. Complieirter Conidienstand. Stellt eine Unterdrückung und Verkürzung einer Schraubel (?) dar. Statt der seitlichen Biegung der Zweige, wie Taf. Ill, Fig. 15, sind bier bloss die Ansatzstellen der Conidien etwas vor- gewölbt; die Hyphe zeigt nur an wenigen Stellen eine Biegung, so oben, wo wahrscheinlich die jüngste Conidie steht und bei den zwei untersten Conidien. Sonst vertritt hier die Querwandbildung die Zweige. An einer Conidie hat eine Umwandlung in ein Sporangium stattgefunden, dieses hat sich entleert, 110/1. Durchwachsung in eine zweite oder dritte Sporangiumhaut in Conidien umgewandelt; diese erfuhren in a, b und ce Theilungen, wodurch die Sporangiumhäute gestreekt wurden bei der seitlichen Verschiebung der neu entstandenen Conidien. Unter der ganzen Conidienreihe ein Sporansium, in welchem Zoosporen Kkeimten. Die gewöhnliche Form der Durchwachsung eines Sporangiuns, das je- weilen nachfolgende Sporangium stülpt sich über die Haut des zuletzt entleerten, so dass zu oberst bloss eine, weiter unten zwei, zu unterst mehrere (hier drei) Sporangiumhäute sichtbar. An den Einschnürungs- stellen sind keine Querwände da, wie dies den Anschein haben könnte, Zu unterst ein Fortsatz in die entleerte Haut. 280/1. Ein eomplieirter Fall der Durchwachsung wie gewöhnlich über die Haut des entleerten Sporangiums. Die Durchwachsung erhielt Querwände und Fig. 5 6. 157 die einzelnen Zellen sind zu Sporangien umgewandelt mit seitlichen Papillen für die Zoosporenentleerung. 280/1. Gruppe der Suprolegnia hypogyna. Fig. 5—27, Varietätl. Fig. 5-12. Ein Oogonium bei starker Vergr. die Tüpfel zeigend. 440/1. Ein Stück der Oogoniummembran mit den z. Thl. scharf vorspringenden Tüpfeln, die sehr zahlreich sind. 650/1. 7, 8 und 9. Öogonien mit den typischen gebogenen Stielen. Der Seitenast . 10. 11. . 12, . 13, . 17. ig. 20a. Fig. ig. @. 21. in Fig.5 erweckt den Anschein, als ob er ein Antheridium wäre, diesen Eindruck macht auch der gebogene Stiel in Fig. 6. In Fig.7 ein ziem- lich langer Stiel und ein Fortsatz ins Oogonium unter dem keine Quer- wand sich befindet. 280/1. Oogonien auf verkürzten Stielen, darum traubenständig. Der eine der Stiele umwickelt förmlich das Oogonium. 280/1. Oogonien in Reihen. Jedes treibt in das über ihm liegende einen Fort- satz und da keine Querwände da, ragt das zweite (von oben) bis in die Mitte des obersten hinein. 280/1. Oogonien mit keimenden Oosporen. Eines der Keimschläuche entleerte die Zoosporen. 280/1. Varietät Il. Fig. 13—16. Ein intercalares Oogonium mit zu beiden Seiten befindlichen hypogynen Antheridien. Von unten ragt ein Fortsatz ins Oogonium. Tüpfel zahl- reich. Oosporen centrisch oder mit Fettkugeln. 440/1. Ein Stück der Oogoniummembran, Struktur der Tüpfel zeigend. 650/1. Ein interealares Oogonium, an dessen Basis in der Hyphe mehrere Quer- wände, oberhalb bloss eine, 280/1. Ein endständiges Oogonium, dessen Tragfaden mehrere Querwände zeigt. 280/1, Varietät IH. Fig. 17—20a. Endständiges Oogonium mit hypogynem Antheridium, aus ihm entspringt seitlich ein Zweig, der an das Oogoniun sich anlegend wie ein andro- gynes Antheridium aussieht. 280/1. Endständiges Oogonium mit hypogynem Antheridium. Ob an den beiden Abplattungen Tüpfel vorhanden sind, ist ungewiss. 280/1. Endständiges Oogonium mit seitlichem Zweig. Der Fortsatz sehr lang und gewunden. Eine Abplattung an der Oogoniumwand, scheint hier ein Tüpfel zu sein. 440/1. Ein Stück der Oogoniummembran, mit den Tüpfeln. 650/1. Ein Oogoniumstand. (Die Oogonienstiele sind hier etwas kürzer als gewöhnlich.) In ihm sind alle Formen, die hier vorkommen, vertreten. Im unteren Theil ein unreifes Oogonium, Tüpfel auf «der Wölbung zeigend, die bei reifen nur am Rande sichtbar. 280/1. Varietät IV. Fig. 21—23. Ein Oogoniumstand, gleichzeitig zwei Reihenoogonien zeigend. Bloss las oberste hat ein hypogynes Antheridiam. 280/1. ig. 25. Fig. Fig. Fig. . 23, . 24. . 26 . 28. 29. 30. 31. Ein Oogonium als Durchwachsung, aber im Innern des entleerten Sporangiums, wenn auch im oberen Theil desselben. Es ist unentschieden, ob die im Tragfaden des Oogoniums befindlichen Querwände, namentlich das unmittelbar unter den zwei Fortsätzen in a befindliche, zum Trag- faden gehören oder der Abschluss der entleerten Sporangiumhäute sind. Wenige Tüpfel. 280/1. Oogonium mit keimenden Oosporen. Wenige Tüpfel. 440/1. Varietät V. Fig. 24—27. Ein Oogonium als Durchwachsung, unter dem Fortsatz keine Querwand. Wenige Tüpfel. 280/1. Zwei Oogonien durch ein hypogynes Antheridium mit Fortsatz getrennt. Reihenoogonien. 280/1. und 27. Zwei endständige Oogonien mit besonders kräftigen abgegliederten Fortsätzen. Bei Fig. 26 eine Querwand, bei Fig. 27 mehrere Querwände im Tragfaden. Achlya aplanes. Fig. 28—31. Sporangien. Ein entleertes mit dem zugehörigen Hyphenstück ein Sporangium bildend, mit Sporen , die noch nicht keimten an der Mün- dung; das andere im Begriff sich zu entleeren, 110/1. Keimung der Zoosporen, 10 Stunden nach ihrem Austritt; vor dem Sporangium. 420/1. Oogonien zu gewöhnlichen Trauben angeordnet. Eines derselben a, ent- leerte seinen Inhalt in eine über ihm befindliche Hohlkugel, in der es die Oosporen ausbildete. 110/1. Zwei Oogonien aus einem Traubestand, das eine zeigt die hie und da vorkommenden abgestumpfte Auszackungen der Oogoniummembran. Wenige Tüpfel. Dicht umschlungen mit den drei oder vier Antheridien- ästen. 280/1. Ueber die Inhaltskörper der Meeresalgen. Von E. Bruns. Hierzu Tafel VI, Die Frage nach der Natur der in den Zellen der Meeresalgen sich findenden Körper ist in jüngster Zeit wieder ins Rollen gebracht. Bezüglich der früher giltig gewesenen Ansichten verweise ich auf Hansen’s Arbeit „Ueber Stoffbildung bei den Meeresalgen“!), da hierin eine klare Uebersicht der hauptsächlichsten in Betracht kom- menden Autoren gegeben ist. Wenn ich nun im Folgenden einige Resultate von Untersuchungen veröffentliche, die ich während eines leider nur etwa siebenwöchentlichen Aufenthaltes an der zoologisches Station zu Neapel angestellt habe, so geschieht dies einmal, weil mit Hansen fast gleichzeitig Han- steen?) über denselben Gegenstand eine Arbeit veröffentlicht hat, in welcher dieser Autor aber zu einem anderen Schluss kommt als ersterer, und weil etwas später Crato in seinen „Morphologische und mikrochemische Untersuchungen über Physoden“®) eine ganz neue Ansicht über die fraglichen Gebilde, soweit sie die Phaeophyceen betreffen, aufgestellt hat. Zunächst sei es mir gestattet, Ilerrn Professor Dohrn für die freundliche Unterstützung, die ich, wie jeder, der an der zoologischen Station in Neapel zu arbeiten Gelegenheit hat, bei meinen Unter- suchungen gefunden habe, meinen besten Dank zu sagen. Vorausschicken muss ich ferner, dass es mir bei der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung stand, nieht möglich war, den Gegenstand 1) Hansen, Ueber Stoffbildung bei den Meeresalgen. Mittheilungen der zoolog. Station zu Neapel 11. Band 2. Heft. 2) B. Hansteen, Studien zur Anatomie und Physiologie der Fucoideen in Pringsheim’s Jahrb. 24. Band 1892. 3) E. Crato, Morphologische und mikrochemische Untersuchungen über die Physoden. Botanische Zeitung 1893. 160 erschöpfend zu bearbeiten. Immerhin dürfte es ein weiterer Beitrag in unserer Kenntniss der interessanten Meeresalgen sein, zumal ich mich bemühte, diese Untersuchungen durch Hinzuziehen von Alkohol- material, welches Herr Professor Reess liebenswürdiger Weise mir zur Verfügung stellte, und durch Vergleich mit grünen Algen etwas zu vertiefen. Da Bau und Organisation wie auch die Inhaltsbestandtheile der Braun- und Rothalgen sehr verschieden sind, werde ich zunächst nur erstere und getrennt von diesen die Florideen besprechen. Phaeophyceen. Hansteen kommt in seiner oben eitirten Schrift zu dem Sehluss, dass die Inhaltskörper der Fucoideen aus einem „nicht direet gährungs- fähigen Kohlehydrat“ bestehen von der Formel (CCH®O®)n, und dieses Kohlehydrat nennt er Fucosan. Da Hansteen hierbei aber nur Fucus berücksichtigt und zu der Formel durch die Analyse eines bei 75° hergestellten wässrigen Fucusauszuges gelangt, so ist die Beweiskraft nicht sehr hoch anzu- schlagen, denn man hat keine Sicherheit dafür, dass der schliesslich zur Analyse verwandte Niederschlag wirklich nur aus den fraglichen Gebilden besteht. Hansen wendet sieh namentlich gegen Berthold’s Ansicht, der bekanntlich in den Körpern „Dämpfungs- oder Zerstreuungsappa- rate gegen zu starkes Licht“ sieht. Vielmehr sagt Hansen pag. 276: „Die Befunde, welche bis jetzt mitgetheilt sind, scheinen mir mit Sicherheit den Beweis zu liefern, dass die Phaeophyceen bei der Assimilation keine Stärke, sondern Fett produeiren®. Allerdings drückt Hansen sich nicht ganz bestimmt aus, indem er „scheinen“ sagt, aber auch dazu berechtigen meiner Ansicht nach die von ihm mitgetheilten Untersuchungen von etwa acht Braunalgen nicht, und bin ich in der That zu einigen von ihm ab- weichenden Resultaten gekommen, die indessen bei den einzelnen Arten besprochen werden sollen. Nach Crato endlich liegt einer jeden Zelle ein System zarter Lamellen zu Grunde, in welchen „kleine, die einzelnen Lamellen local auftreibende, stärker lichtbrechende bläschenartige Gebilde, Physoden, nach Belieben umhergleiten“. Und weiter sagt er: „bei den Braunalgen enthalten die Physoden phenolartige Körper“, wobei er sich auf sehr eingehende mikrochemische Untersuchungen stützt. 161 Man sieht also, trotz der drei bezüglichen Arbeiten ist die Un- sicherheit in der Deutung der Körperchen noch ebenso gross, wie vorher. Nur darin stimmen alle drei Autoren überein, dass sie die Gebilde nieht für Stärke erklären. Wenn ich nun zur Besprechung der einzelnen untersuchten Algen übergehe, so werde ich nicht alle angestellten Reactionen anführen, sondern nur soweit sie mit den Resultaten anderer Forscher im Wider- streit stehen oder mir sonst von Wichtigkeit scheinen. Die Anord- nung ist nach Hauck'’s Meeresalgen!) geschehen. Fucaceen. Von den Fucaceen konnte ich Fucus nicht lebend untersuchen, da derselbe merkwürdiger Weise im Golf von Neapel nieht vorkommt. Aus Hansteen’s Untersuchungen ergibt sich aber in Ueberein- stimmung mit Crato, dass die Tröpfchen in den Fucuszellen auf Zusatz von Ueberosmiumsäure platzen und zusammenlaufen, sich aber nicht schwarz, sondern nur grau färben. Schon hier hätten wir also jedenfalls kein Fett, vielmehr kommt Crato zu dem Schluss, dass die Tröpfchen aus Phlorogluein bestehen, wobei er sich mit Recht namentlich auf die intensive Rothfärbung der- selben mit Vanillinsalzsäure stützt. Cystosira. Von Cystosira-Arten wurden C. amentacea, crinita, barbata, discors, abrotanifolia und erico-marina untersucht. In den Zellen der Cysto- sira-Arten finden wir ein zierliches Plasmanetz und in letzterem zahlreiche farblose liehtbrechende Tröpfehen (Fig. 1 Tab. VI). Während sich nun die von U. amentacea und discors mit Ösmiumsäure entschieden schwarz färbten, wurden sie bei C. erico-marina nur braun, eine Reaction, die ich, so oft ich sie wiederholte, jedesmal wieder erhielt, so dass ich sicher bin, mich nicht getäuscht zu haben. Beim Erwärmen mit Millon’s Reagens werden sie braun. Auf Zusatz von Ammoniak läuft der Inhalt aus und ein feines Häutchen bleibt, scheinbar als ein dünner Ring, deutlich sichtbar zurück. Wir haben es also nicht mit Tröpfehen, sondern mit kleinen Bläschen zu thun. In destillirtem Wasser, ebenso in Essigsäure u. a., lösen sie sich auf. Mit Vanillinsalz- säure färben sie sich leuchtend roth. Sargassum linifolium (Tourn.) Ag. Bei Sargassum färben sich die Körner mit Osmiumsäure sofort schwarz, namentlich wird dadurch die äussere die Chromatophoren 1) In Rabenhorst’s Kryptogamenflora II. Band Meeresalgen. Flora, Ergänzungsband z, Jahrg. 1894. 78. Bd. 11 162 führende Schicht, die wir nach Hansen Assimilationsschieht nennen wollen, tief schwarz, Dictyotaceen. Dietyota diehotoma (Huds) Lamour. und linearis Ag. Ueber den Bau und die Inhaltsbestandtheile der Speicherzellen von Dictyota gibt Hansen eine ausführliche Beschreibung und ver- weise ich auf die dazu gehörigen Figuren 1—5.') In dem Plasmanetz, Fig. 2 Tab. VI, das hier ganz besonders gut ausgebildet ist, befindet sich eine grosse Zahl kleiner farbloser Tropfen bezw. Blasen und neben diesen grosse, nach Hansen „schwach weinroth gefärbte Kugeln“, letztere in wechseinder Anzahl, in der Regel bis etwa 6 Stück. Ihre Farbe lässt sich in der That am besten mit schwach weinroth bezeichnen. Nach Hansen färben sich nun die grossen wie die kleinen Kugeln „mit 1°, in Meerwasser gelöster Osmiumsäure tief schwarz, wie die Fette es thun“, und sagt er daher, „die mikro- chemischen Reactionen lassen nur den Schluss zu, dass die Tropfen aus Fett bestehen“. Das ist nun nach den oft von mir wiederholten Reactionen nicht der Fall. Vielmehr färbten sich bei mir nur die erwähnten kleinen farblosen Gebilde, nicht aber die grossen schwach weinrothen Kugeln mit Osmiumsäure schwarz. Hansen’s Angabe ist um so auffallender, als doch offenbar auch bei ihm der Unterschied der beiderlei Körper in Grösse und Farbe bestanden hat. Aber auch Crato sagt von Dietyota?): „Die schon seit langem bekannten grossen Tropfen der Markzellen scheinen ebenfalls hierher zu gehören. Neben diesen finden sich zahlreiche meist kleine Physoden, welche die Osmiumsäurereaction geben“. Neben den grossen schwach weinrothen sind aber nur noch die kleinen mit Osmiumsäure sich schwärzenden Bläschen vorhanden. Bei der Polemisation gegen Berthold’s Theorie pag. 278 sagt Hansen aber weiter: „Ich habe nur einmal eine kleine Dietyotaforın gefunden, welche schön grün irisirte. Der grüne Glanz wurde von den Fetttropfen hervorgerufen.“ Dem gegenüber muss ich bemerken, dass wir uns in Neapel fast täglich über die schön und auffallend fluoreseirenden Dietyoten gewundert und gefreut haben. Ein jedes Exemplar sah aus, als besässe es zahllose quer über die Blattspreite verlaufende fluoreseirende Bänder, die von einander durch schmale, nicht leuchtende Streifen getrennt waren. Dieses Fluoresciren wird 1) 1. ce. tab. 12. 2) l. c. pag. 21. ne ww” 163 von den grossen sich nicht mit Osmiumsäure schwärzenden Kugeln, also nicht von den Fetttropfen, hervorgerufen. Wenn man einen Längsschnitt einer Dietyota bei auffallendem Licht betrachtet, indem man z. B. einfach die Objeettischöffnung unten mit der Iland zuhält, so sieht man in jeder Markzelle die grossen Kugeln prachtvoll blau leuchten. Und zwar leuchten sie so stark und so intensiv blau, dass Dietyota wohl eines der besten Objeete für eingehende diesbe- zügliche Untersuchungen darstellen dürfte. Auffallender Weise leuchten die grossen Kugeln auch dann, wenn man äusserlich an der Dietyota mit blossem Auge kein Fluoreseiren bemerken konnte, allerdings dann weniger stark. Bezüglich der Erklärung der Widersprüche Hansen’s mit meinen Resultaten verweise ich auf die „Ergebnisse der mikrochemischen Untersuchungen“ weiter unten. Um nun auf die Fetttropfen, also die kleinen Körperchen, zurück- zukommen, so sind sie, wie die Schwarzfärbung mit Osmiumsäure zeigt, besonders reichlich in der Assimilationsschicht enthalten als ganz kleine Tröpfchen, was Hansen’s Ansicht von der Bildung derselben in der Assimilationsschicht bestätigt. Auf Zusatz von Jod in Meerwasser platzen die meisten derselben, während die grossen gewöhnlich feinkörnig werden und sich braun färben. Methylenblau und Bismarckbraun färben nur die kleinen Gebilde blau resp. braun. Ebenso lösen sich letztere in Alkohol, während die grossen Kugeln sich allmählich in eine feinkörnige Masse verwandeln. In angeschnittenen Zellen und ebenso auf Zusatz mancher Reagentien findet man oft die kleinen Fetttropfen zu einer grossen Kugel zusammen- gelaufen von ungefähr gleicher Grösse wie die schwach weinrothen, doch bieten sie stets einen ganz anderen Anblick dar, auch unterscheiden sie sich immer noch durch den Mangel der Farbe und des Leuchtvermögens,. In den Haaren bezw. Sprossfäden von Dictyota findet man eben- falls zahlreiche kleine mit Osmiumsäure sich momentan schwärzende Bläschen. Bei Dietyota linearis finden wir ganz ebenso wie bei diehotoma zahlreiche kleine Fettbläschen und einzelne bei auffallendem Licht schön blau leuchtende Körper, die sich fast gegen alle Reagentien anders verhalten als erstere. Vanillinsalzsäure färbt bei beiden Arten die kleinen Tröpfehen schön roth, während die grossen noch längere Zeit unverändert weiter leuchten. Nicht selten aber färben sich mit Vanillinsalzsäure auch die ganzen Plasmalamellen schön roth. j 11 164 In destillirtem Wasser verschwindet zunächst das Plasmanetz, die centrale aus vielen kleinen und einigen grossen Kugeln bestehende Masse weicht an die Wand und die Fetttröpfehen verschmelzen zu einem Klumpen, dem die grossen Kugeln seitlich ansitzen. Reactionen, die ich nach mehreren Wochen an mit Chromsäure und mit Merkel’scher Flüssigkeit fixirtem Material anstellte, ergaben ein unsicheres Resultat, trotzdem namentlich die zweite Flüssigkeit die Inhaltskörper ziemlich gut fixirt hatte; auch von einem Leuchten war natürlich keine Rede mehr, so dass man bei derartigen Unter- suchungen wohl immer auf lebendes Material angewiesen sein wird. Dietyopteris polypodioides Lamour. Diese Alge hat Hansen ebenfalls untersucht. Die blattartigen Sprosse besitzen eine typische Assimilationsschicht und in den Speicher- zellen zahlreiche farblose lichtbrechende in einem Plasmanetz hängende Bläschen. Die Angabe Hansen’s, dass diese Tröpfehen sich in Aether lösen und mit Osmiumsäure intensiv schwärzen, kann ich nur bestätigen, doch steht dieser Fettreaetion die intensive Rothfürbung mit Vanillin- salzsäure gegenüber. Merkwürdiger Weise sagt Hansen nun von der Assimilationsschicht nur, dass sie reich sei an scheibenförmigen Chromatophoren. Es muss ihm hierbei eine namentlich an jüngeren Sprossen, die sich wohl stets auf den Spreiten der älteren finden und auch auf dem Kützing’schen Habitusbild !) abgebildet sind, sehr auffallende Eigenthümlichkeit entgangen sein. Oder aber, was aller- dings ebenfalls schr wohl möglich, die Alge verhält sich zu verschiedenen Zeiten verschieden. In jeder Zelle der Assimilationsschicht findet sich nämlich ein grosser kugelförmiger Körper, nicht selten auch zwei bis drei in einer Zelle. Hierdurch ergibt sich, zumal auf der Flächen- ansicht, ein eigenthümliches Bild. Auf einem Quer- oder Längsschnitt (Fig. 3a Tab. VI) bemerkt man, dass auch in der Assimilationsschicht bezw. den Zellen derselben ein Plasmanetz ausgespannt ist, gleichwie in den Speicherzellen, und dass in den Fäden derselben die Chroma- tophoren und in dem von ihnen freigelassenen Raum die erwähnten grossen Kugeln sich befinden. Sie sind farblos oder schwach gelb gefärbt, lösen sich leicht in Alkohol, mit Vanillinsalzsäure färben sie sich nicht und mit Osmiumsäure höchstens braun. Auch durch wochenlanges Verdunkeln, was die Pflanze ganz gut ausgehalten hatte, waren sie nicht zum Schwinden zu bringen. Jeden- 1) Kützing, Tab. phycol. IX, Tab. 53. he 165 falls haben die grossen Kugeln wie die weinrothen bei Dictyota mit den kleinen mit Osmiumsäure schwarz werdenden nichts zu thun. Zanardinia collaris (Ag.) Cronau. Auch die bei Zanartdinia sieh findenden kleinen Bläschen werden auf Zusatz von OÖsmiumsäure tiefschwarz, Von den Phaevzoosporeen besitzt Ectocarpus in seinen Zellen ein gutes Plasmanetz und in demselben zahlreiche farblose Tröpfchen. Auf Zusatz von Osmiumsäure platzten die meisten, und der Inhalt färbte sich mehr oder minder dunkel. Jod in Meer- wasser und Chlorzinkjod färbten sie gelb bis braun, Vanillinsalzsäure schön roth. Bei Sphacilaria scoparia (L.) Lyngb. werden ebenfalls in Uebereinstimmung mit Crato’s Angaben die Inhaltskörper auf Zusatz von Osmiumsäure sofort schwarz, wieder aber steht dieser Fettreaction die Rothfärbung mit Vanillinsalzsäure gegenüber, während Jod, Chlorzinkjod, Millons Reagens u. a. nichts Besonderes zeigten. Chaetopteris plumosa Lyngb. stimmt mit Sphacelaria in den Reactionen seiner Inhaltskörper ganz überein. Ilydroclathrus sinuosus Bory. Hydroclathrus besitzt in seinen grossen Markzellen ein schr schönes central ausgespanntes Plasmanctz und in den Wänden desselben zahl- reiche Bläschen (Fig. 4 Tab. VI), die in destillirtem Wasser, Alkohol, Kalilauge, Essigsäure u. a. sich lösen oder auch platzen, was nieht immer leicht zu unterscheiden ist. Gegen Osmiumsäure verhielten sie sich nicht immer gleich, indem sie zuweilen platzten, zu einer grossen Kugel zusammenliefen, die sich dunkel, aber nicht eigentlich schwarz färbte, zuweilen aber wurden sie von der Osmiumsäure fixirt und mehr oder minder schwarz. Jod in Meerwasser fürbte sie gar nicht, Va- nillinsalzsäure dagegen wieder schön roth. Fixiren liessen sie sich am besten mit Merkel’scher Flüssigkeit, Pierinsäure veranlasst dagegen Platzen. Cutleria multifida. Grev. Diese Alge zeigt ebenfalls ein schönes Plasmanetz. Osmiumsäure färbt die darin enthaltenen Körperchen wie auch besonders die Assi- 166 milationsschicht entschieden schwarz. Ebenso werden die in den die Sporangien tragenden Sprossfäden sich findenden Bläschen mit Osmium- säure schwarz, mit Vanillinsalzsäure dagegen beiderlei Tröpfchen roth. Ergebnisse der mikrechemischen Reactionen. ‚In keinem Falle ist es also zunächst gelungen, Stärke bei den Braunalgen nachzuweisen. Aus dem oben mitgetheilten geht aber ferner hervor, dass wir nicht berechtigt sind, den Phaeophyceen all- gemein Fett zuzuschreiben, wie Hansen will, Wenn wir nun von Reactionen mit Jod und anderen ein nega- tives oder unsicheres Resultat gebenden Reagentien absehen, so bleiben als die am meisten charakteristischen Osmiumsäure und Vanillinsalz- säure, in welchem Punkte ich mich mit Crato in Vebereinstim- mung finde. Stellt man nun die Resultate nach diesen beiden Reagentien zu- sammen, so erhält man für Fueus kein Fett, sondern Phlorogluein, für die meisten anderen hatten wir Fettreaetion und Phloroglucinreaction, bei Ilydroclathırus war die Fettreaction zweifelhaft, die zweite aber sicher. Ebenso geben die kleinen Tröpfehen bei Dietyota und Dyetyopteris beiderlei Färbungen, doch finden wir hier noch andere grössere Kugeln, die von ersteren ganz verschieden sind. Es scheinen mir die grossen blau leuchtenden Kugeln bei Dietyota keine Bläschen oder Tropfen zu sein, sondern mehr oder minder feste Körper. Alkannatinctur ist als Fettreagens nicht gut anwendbar, da die Tropfen durch den Alkohol fast immer platzten. Dass nun die meisten Tröpfehen zwei verschiedene Reactionen geben, wird man sich so vorstellen müssen, dass diese Tröpfehen, die, wie wir gesehen haben, eine llaut besitzen, also kleine Blasen sind, einen Inhalt führen, in dem Fett und Phlorogluein sich nachweisen lassen. Es scheint nun, dass die quantitative und vielleicht auch die qualitative Zusammensetzung dieser kleinen Bläschen Schwankungen erleidet. Das würde auch erklären, wie es kommt, dass verschiedene Forscher zu so verschiedenen Resultaten gelangen konnten, wie es z. B. kommt, dass wir, von älteren Autoren abgesehen, bei Rosanoff, van Tieghem, Schmitz, Reinke, Berthold, Hansen, Hansteen und Crato fortwährend einander widersprechende Resultate finden. Es wäre wünschenswerth, dass die Algen einmal zu den verschiedenen Vegetationsperioden daraufhin untersucht würden, auch liesse sich sicher durch geeignete Kulturversuche eine Einsicht über den Werth und die Function der fraglichen Körperchen gewinnen. Er . 167 Es wäre möglich, dass auch bei Dietyota die grossen Kugeln unter gewissen Umständen Fettreaction geben und sich nur durch die Grösse von den kleinen unterscheiden. Es bliebe allerdings immer die abweichende Farbe. Zu untersuchen wäre ferner noch, ob das blaue Leuchten derselben vielleicht auch damit Schwankungen erleidet. Bei Halyseris werden offenbar die in der Assimilationsschicht junger Sprosse enthaltenen grossen Kugeln beim Wachsthum derselben wieder verbraucht, da sie in älteren Sprossen nicht vorhanden waren. Wie nun eingangs erwähnt, sind die Tröpfehen oder Bläschen von Crato für eigene Gebilde, Physoden, erklärt worden, die das Vermögen haben sollen, nach Belieben in den Plasmalamellen der Zellen umherzugleiten. Um eine sog. Physode als solche zu erkennen, sagt Orato p. il, ist es nothwendig, „festzustellen, ob dieses fragliche Gebilde sich innerhalb einer Plasmalamelle, bezw. Plasmafadens befindet, ferner, ob diese Lamelle dadureh mehr oder weniger aufgetrieben wird, und vor Allem, ob sich das fragliche Körperchen in der Lamelle hin- und her- bowegen und auch in andere Lamellen gleiten kann“. Und vorher wird betont, „dass die Bewegung der Physoden nicht etwa durch die Protoplasmaströmung bedingt ist“, Ein Irrthum mit etwaigen anderen Körpern ist, wie aus der oben angeführten Bemerkung Crato’s betreffs der grossen und kleinen Kugeln bei Dycetyota hervorgeht, ausgeschlossen. Es fällt einem zunächst nun schwer, sich Bläschen mit selb- ständigem Bewegungsvermögen vorzustellen, aber auch andere Gründe sprechen dagegen. Für Dietyota hat ja auch Ilansen schon angegeben, dass die in dem zierlichen l’lasmanetz aufgehängten Körperehen in demselben gleiten. Das ist nun in der That nicht nur bei Dietyota, sondern, wie mir scheint, bei allen Braunalgen der Fall, wenigstens konnte ich ein Gleiten der fraglichen Gebilde bei fast allen untersuchten Arten con- statiren. In einigen Fällen war das Gleiten ein sehr langsames, bei Cutleria konnte ich überhaupt keine Ortsveränderung der kleinen Körperchen bemerken, doch sagt das offenbar nicht mehr, als dass sie zu der Zeit, als ich sie untersuchte, nicht glitten. Unter anderen Umständen werden sie sicher ebensogut gleiten als die anderen. Neben diesem Gleiten der Bläschen geht nun häufig eine beständige amoeboide Formänderung derselben her, wie aus den in Fig. 1e Tab. V] wiedergegebenen Gestaltungen hervorgeht, welche ein und dasselbe 168 Körperchen in wenigen Minuten annahm, und welche mit dem A bbe- schen Prisma sofort nachgezeichnet wurden. Eine solche Zelle mit ihrem zierlichen central ausgespannten Plasmanetz und mit den zahlreichen lichtbrechenden lebhaft in den Fäden gleitenden Bläschen, die noch dazu jeden Augenblick ihre Form ändern, bietet in der That einen sehr interessanten Anblick dar, Dieses Bild wird noch schöner und das Phänomen noch leichter zu verfolgen, wenn man z. B. Dictyota- oder Dietyopterissprosse in eine dünne Methylenblau- oder Bismarckbraunlösung in Meerwasser legt. Es färben sich, wie schon erwähnt, nur die kleinen Bläschen schön blau bezw. braun, und man kann nun das Gleiten und die Formänderung, was beides ruhig weiter vor sich geht, an den gefärbten Gebilden aufs Schönste und Leichteste verfolgen. Jetzt lässt sich auch besser verfolgen, ob wirklich die Bildung der grossen Kugeln durch Zusammenlaufen der kleinen vor sich geht, wie Hansen meint. Trotzdem ich speciell Dietyota an gefärbten und ungefärbten Exemplaren wiederholt daraufhin untersucht habe, habe ich den Vorgang niemals beobachtet, ebensowenig umgekehrt eine Rückbildung bezw. Umbildung der grossen in die kleinen Kugeln. Dagegen ist mir oft ein anderer Umstand aufgefallen, der leicht Täusehungen veranlassen kann. Wenn ich längere Zeit eine Zelle beboachtete, bei welcher fast alle der erwähnten beiderlei Körper in der Mitte des Netzes und der Zelle sich befanden, so bemerkte ich, dass jedesmal nach kurzer Zeit ein allseitiges Auseinanderstrahlen der kleinen Bläschen nach den Zell- wänden zu stattfand, wie in Fig. 2 Tab. VI dargestellt. Einige blieben nun, wenn sie die Wand erreicht hatten, an derselben liegen, andere aber kehrten um und glitten wieder zur Zellmitte zurück, wobei es öfter vorkommt, dass sie in eine andere Lamelle hinübergleiten. Ein Hindurchgleiten der Bläschen durch die Tüpfel einer Querwand habe ich ebensowenig wie Hansen beobachten können. Ub dieses allseitige Auseinandergleiten der Körperchen eine Folge der Verletzung der Alge durch den Sehnitt, was sehr wahrscheinlich, lasse ich dahingestellt. Bei Cystosira-Arten, z. B. C. discors, war ebenfalls sowohl das Gleiten an sich als auch die Formänderung der Bläschen gut zu sehen, auch konnte ich an einem Präparat noch nach 24 Stunden ein wenn auch langsames Gleiten der Körperchen constatiren. Gegen die Ansicht aber, dass das Gleiten an sich immer erst eine Folge der Verletzung ist, spricht der Umstand, dass dasselbe auch in unverletzten Sprossfäden z. B. von Dictyopteris polypodioides stattfindet. Auch bei Chaetopteris |, 169 und Sphacelaria, die unverletzt untersucht wurden, glitten die Bläschen in dem in den Zellen ausgespannten Plasmanetz umher. Als Stütze seiner Theorie von der Eigenbeweglichkeit der „Phy- soden* sagt Crato nun pag. 3: „Man sieht hier (Fucus) die Physoden in dem seine Lage fast gar nieht verändernden Lamellensystem unter häufiger amoeboider Formänderung umherkriechen‘. Die mehr oder minder grosse Unveränderlichkeit des Lamellen- systems bietet einen llauptgrund für die Annahme des selbständigen Bewegungsvermögens der Körperchen. Für Fucus gibt Crato an, dass es sich „fast“ gar nicht verändert, bezüglich Urtica und anderer höherer Pflanzen habe ich keine Untersuehungen angestellt, dagegen kann ich doch constatiren, dass z. B. bei Dietyota, dann bei Oystosira discors, in den Haarzellen von Dietyopteris und anderen neben der Orts- und Formänderung der Körperchen auch ein zuweilen sehr auffälliges Verschieben der einzelnen Lamellen stattfindet, so dass die Annahıne, nach welcher das Plasma das primär bewegende ist, viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich gewinnt. Aber auch dann, wenn das Plasmanetzwerk sich nicht verändert, ist man durch nichts ge- zwungen, derartigen mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen eigenes Bewe- gungsvermögen zuzuschreiben. Denn nach Allem, was wir vom Plasma wissen, ist es mindestens wahrscheinlich, dass auch in den Fällen, in welchen keine Bewegung desselben zu bemerken ist, ein Verschieben der einzelnen kleinen und kleinsten Theilehen fortwährend stattfindet. Diese Bewegung der Theilchen des Protoplasmas erkennen wir in unserem ‚Falle an der Örtsveränderung der passiv mit fortbewegten Bläschen, Auch die Formänderung derselben erklärt sich von selbst, wenn man bedenkt, dass wir in ihnen kleine, mit einer äusserst dünnen Haut versehene Bläschen vor uns haben, die die Lamellen local auftreiben, also von Plasma umgeben sind und allen Zugwirkungen desselben ausgesetzt sind, Es ist aber ferner klar, dass bei einem solchen complieirten Maschennetz, wie wir es z. B. bei manchen Üystosira-Arten treffen, in ein und derselben Lamelle sich zwei entgegengesetzte Plasmaströme begegnen können. Damit ist dann aber auch erklärt, wie es kommt, dass man zuweilen in derselben Lamelle ein Bläschen sich in dieser, ein anderes in jener Richtung an dem ersteren vorbeigleiten sieht, eine Erscheinung, die anscheinend sehr für die selbständige Bewegungs- fähigkeit der Gebilde spricht. Noch ein anderer Punkt macht eigenmächtige Orts- und Form- änderung derselben mindestens sehr unwahrscheinlich. 170 In den Plasmanetzwänden befinden sich oft ausser den Bläschen noch die Chromatophoren, vor Allem naturgemäss in der Assimilations- schicht, soweit die Zellen der letzteren ein Netzwerk erkennen lassen, was vielleicht nicht bei allen Braunalgen der Fall ist. In der Assi- milationsschicht habe ich aber weder ein Gleiten noch ein Verschieben der Lamellen beobachten können, Dagegen fand ich zu verschiedenen Malen in dem Plasmanetz einer Dietyota-Markzelle neben den beiderlei Tropfen vereinzelte Chromatophoren und diese Chromatophoren glitten in derselben Weise in den Lamellen umher wie die „Physoden“. Man müsste nun also auch den Chromatophoren selbständiges Gleit- vermögen zuschreiben, wobei man in einen Gegensatz geriethe zu Stahl, Frank, Sachs u.a,, die alle der Ansicht sind, dass die beobachteten Lageveränderungen der Chlorophylikörner bei Funaria, Lemna_ ete. passiv vor sich gehen und „dass die entsprechenden Bewegungen vielmehr dem Protoplasma selbst angehören, in welches sie eingebettet sind“. Beispiele derartigen Gleitens von Chromatophoren in den Plasmalamellen liessen sich sicher bei eingehenderen Beobachtnngen noch zahlreich finden; bei Cystosira discors z. B. habe ich denselben Fall beobachtet. Noch eine andere Beobachtung aber mag hier Platz finden, die ich gelegentlich bei einigen grünen Mceresalgen, Siphoncen, machte. Bei den Codium-Arten, z. B. bei C. tomentosum, findet man in den Schläuchen ebenfalls ein wabenförmiges Plasmanetz, was allerdings nicht immer zu erkennen ist wegen der oft sehr dicht und in Reihen liegenden Chlorophylikörner. Ein Gleiten der letzteren oder ein Verändern des Maschenwerks habe ich nicht beobachtet, doch gibt Klemm!) ersteres für Derbesia, wo die Verhältnisse ähnlich liegen, an. Zerreisst oder verletzt man einen Codium- oder Derbesiaschlauch, so tritt eine Erscheinung ein, die zuletzt von Klemm!) beschrieben worden ist. Man sieht die Inhaltsmasse an den Wundrändern sich abrunden und abschliessen von der fremden Flüssigkeit, mit der sie plötzlieh in Berührung kommt. Ebenso runden sich etwa ausge- stossene grössere und kleinere Massen sofort zu einer Kugel ab, wie es von IHanstein?) und Klemm ebenfalls beobachtet ist. Immer wird man nun aber finden, dass ausserhalb dieser sich so bald abrundenden Partien einzelne Chlorophylikörner, Stärkekörner, kleinere Protoplasma- 1) P. Klemm, Ueber die Regenerationsvorgänge bei den Siphoneen. Flora 1894, Heft 1. 2) Hanstein, Einige Züge aus der Biologie des Protoplasmas in Hanstein's Botan. Abhandl. IV, 2. Heft. 171 klümpchen etc. liegen geblieben sind. Von Vaucheria sagt nun Hanstein'): „Was einmal aus dem Innern des Primordialschlauches und des Zellraumes hinausgeworfen ist, kann nicht mehr gerettet werden“, Für Codium und Derbesia trifft dies nun nicht zu, vielmehr tritt hier eine sehr hübsche Erscheinung auf. Man muss sich vorstellen, dass. diese Chlorophylikörner cete. bei dem Durchschneiden des Zell- schlauches und dem darauf folgenden Ausfliessen bezw. Abrunden des Inhaltes nicht als isolirte Körper ausgestossen sind, vielmehr werden sie in einer allerdings mit dem Mikroskop nicht sichtbaren geringen Menge Protoplasma und Zellsaft liegen. Wenigstens sieht man von dem sich soeben abgerundeten grösseren Protoplasmaklumpen schr bald äusserst zarte, nach kurzer Zeit erstar- kende Plasmafäden ausgehen nach den einzelnen liegen gebliebenen Körperchen. Noch etwas später liegt keines der ausgestossenen Kör- perehen mehr frei, alle sind mit der Hauptmasse durch Protoplasmafäden verbunden, und nun fangen alle diese aussen liegenden Körner an, in der Richtung nach der als Anziehungscentrum dienenden erwähnten Hauptmasse in den Fäden zu gleiten. Zugleich zeigen diese immer deutlicher werdenden Füden oder Lamellen Anschwellungen und Knoten. In diesen Knoten entstehen kleine Vaeuolen, neue Fäden treten hinzu und entstehen, die Vacuolen vergrössern und vermehren sich und bilden wieder im Kleinen einen Anziehungsherd für die be- nachbarten kleineren Fäden und Partikelehen, und in kurzer Zeit ist unter unseren Augen das schönste Plasmanetz entstanden, welches sich in nichts von dem natürlichen unterscheidet. In diesem Plasmanetz findet nun aber nicht nur ein äusserst lebhaftes Gleiten aller darin enthaltenen Körperchen statt, sondern das Netzwerk selbst macht, wie schon erwähnt, fortwährende und sehr auffallende Veränderungen und Verschiebungen der einzelnen Lamellen durch. Schon nach kurzer Zeit erkennt man oft ein derartiges P’lasma- netz nicht wieder. Fig. 5a—e Tab. VI stellt z. B. einen Codium- schlauch dar, von dem ein Theil seines Inhalts durch Druck mit dem Deckgläschen ausgeflossen ist. Der Rest hat sieh zusammengezogen, und wir sehen in den Figuren, wie in dem neu entstandenen Plasma- netzwerk die aussen liegen gebliebenen Körner gerettet werden. Zugleich sind dann die Veränderungen des Plasmanetzes wiedergegeben. Schliesslich bemerkt man, dass in dem Maasse, als die verschiedenen in den Lamellen gleitenden Körper sich der Hauptmasse nähern und 1) 1. c. pag. 48. 172 von derselben aufgenommen werden, auch das Plasmanetz gleichzeitig mit den Körnern in die Muttermasse hineingezogen wird. Fig. 6 Tab. VI zeigt uns denselben Vorgang bei einem Schlauch von Codium Bursa und Fig. Ta—c wohl am schönsten bei Derbesia. Mit den letzten Körnern ist auch das Plasma wieder mit der Hauptmasse ver- einigt. Natürlich gilt das nur für jede sich abrundende Plasmakugel in dem Bereich ihrer Machtsphäre (Fig. 5d Tab. VI), so dass man oft verschiedene derartige Anziehungsheerde in einem Präparate hat. Das Resultat ist, dass kaum einer der ausgestossenen Körper umkommt. Jedenfalls ist es hier sicher das Plasma und nieht etwa das Stärke- korn, welches das Gleiten bewirkt. Ich war nicht sicher, ob ich die kleinen bläschenförmigen Gebilde, welche ebenfalls aus dem Zellschlauch stammten, und welche ebenfalls nachher mit zurückglitten, als „Phy- soden“ ansprechen durfte. Es zeigt uns das Beispiel weiter, dass das Protoplasma auch in Fällen, in dem es keine wabenförmige Struktur erkennen lässt, unter Umständen oder gewissen Bedingungen im Stande ist, dieselbe anzunehmen, Ferner wird hierdurch auch Bütschli’s Ansicht von dem waben- bezw. schaumförmigen Bau des Plasınas bestätigt, denn wir sehen es dadurch entstehen, dass sich in einem gleichmässigen Plasma- klümpehen Vaeuolen bilden, die, grösser und grösser werdend, die Plasmamasse zusammendrängen, so dass diese schliesslich nur noch aus einer Anzahl die einzelnen Vacuolen trennenden dünnen Lamellen besteht, die sich in der Aufsicht im mikroskopischen Bild natürlich als Fäden präsentiren. Ob die bei den Braunalgen offenbar allgemein vorkomnienden Bläschen oder nach Crato „Physoden“ vielleicht nichts weiter als kleine Vaeuolen, oder ob sie wirklich Assimilationsprodukte sind und direet von den Chromatophoren gebildet werden, müssen eingehendere Untersuchungen lehren. Unsere Süsswasser-Vaucherien, die ich dann später vergleichend daraufhin untersuchte, zeigen die Bildung eines Plasmanetzwerkes nur in unvollkommener Weise. Bei den Florideen fand ich bei vielen untersuchten Arten ein zuweilen sehr zierliches Plasmanetz und liegen auch hier die Chroma- tophoren häufig in den Lamellen derselben. Ein Gleiten derselben habe ich jedoch nur bei Nemastoma cervicornis J. Ag. beobachtet. Als Resultat liesse sich aufstellen, dass den Zellen der meisten Braun- algen (und wahrscheinlich auch der meisten Rothalgen) ein Plasma- netzwerk zu Grunde liegt, in welchem sich der Zellkern und die übrigen Inhaltsbestandtheile befinden. Das Plasma ist die Ursache U 173 der in den Zellen zu beobachtenden Orts- und Formänderungen der Inhaltsbestandtheile, namentlich kleiner Bläschen, die bei allen Braunalgen vorzukommen scheinen. Der Inhalt dieser Bläschen ist bei den einzelnen Algen nicht zu allen Zeiten von constant gleicher Beschaffenheit; er gab bei manchen Algen Fettreaction, bei anderen bestand er aus Phlorogluein, bei der dritten Klasse schien er beides zu enthalten. Ueber die Bedeutung der kleinen Bläschen im Leben der Algen können wohl nur physiologische Versuche Aufschluss geben, ebenso über die Bedeutung der bei Dictyota sich findenden „Leuchtkörper*. Die bei Dietyopteris erwähnten haben jedenfalls, wie schon er- wähnt, mit letzteren nichts zu thun, denn erstens leuchten sie nieht, und zweitens sind sie nur in jungen Sprossen vorhanden; sie werden also wohl zum Aufbau derselben verwandt. Florideen. Auch bezüglich der die Inhaltskörper der Florideen betreffenden Litteratur verweise ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf Hansen’s oben angeführte Arbeit. Die Rothalgen unterscheiden sich nicht bloss äusserlich sehr von den braunen Algen, sondern auch die Inhaltskörper sind, wie wir sehen werden, ganz anderer Art, als wir sie bei den Phaeophyceen kennen gelernt haben. Ich habe nun eine ganze Reihe der schönen Rothalgen in der Hinsicht untersucht, werde hier aber der Einfachheit halber nur einige besonders charakteristische anführen. Hansen unterscheidet die eigenthümlichen Körner, welche wir in den Zellen vieler Florideen finden, in solche, welche wenigstens äusserlich Stärkekörnern gleichen und solche, die man auch kaum der Form nach mit denselben vergleichen kann. Letztere findet er bei Chondriopsis coerulescens, Chondria tenuis- sima und Laurencia obtusa, erstere dagegen in den Zellen von Gra- eilaria dura J. Ag. und Phyllophora nervosa. Gehen wir zunächst auf diese letztere, also äusserlich Stärkekörnern ähnelnden, etwas näher ein. Sie sind nach Hansen „abgerundet kegelförmig bald mit kürzerer, bald mit längerer Längsachse. An der Basis besitzen sie eine flache Vertiefung“, Sie färben sich mit Jod-Jodkalium dunkelbraun und quellen mit Kalilauge zum Vielfachen ihres Volumens auf. „Nach der Quellung färben sie sich nicht mehr braun, sondern weinroth.* Diese Be- 174 obachtungen Hansen’s kann ich allerdings bestätigen, aber derartige stärkeähnliche Körner sind bei den Florideen viel mehr verbreitet als Hansen annimmt. Ich fand, ohne auf Vollständigkeit Anspruch zu machen, gleiche Gebilde bei Ptilota plumosa (L.) Ag., Fastigiaria furcellata (L.) Stackh., Cryptonemia tunaeformis (Bertol.) Zanard., Phyllophora rubens (Good. et Wood.) Grev., Hydrolapathum sanguineun (L.) Stackh., Delesseria alata (IHuds.) Lamour., Gelidium eorneum, Chondria tenuissima (Good. et Wood.) Ag., Vidalia volubilis (L.) J. Ag. und einer Oallibepharis-Art, zu welchen also nach Hansen noch Gracilaria dura und Pyllophora nervosa hinzukämen. Diese Aufzählung liesse sich sicher bei eingehen- derer Untersuchung noch weit mehr vervollständigen, doch ist die That- sache, dass wir bei einer Anzahl den verschiedensten Familien ange- hörigen Rothalgen gleiche Inhaltskörper finden, wichtig genug, einen kurzen Blick darauf zu werfen, Bei flüchtiger Betrachtung erscheinen sie als farblose lichtbrechende runde Körner, ganz ähnlich wie manche Stärkearten. .Bei Ptilota plumosa sind sie ganz besonders zahlreich in den Zellen enthalten, Bewirkt man ein Rollen der Körner, so erkennt man, dass sie in der That auf der unteren Seite mit einer Vertiefung versehen sind. Die Längsachse ist, wie auch Hansen angibt, bei den Körnern ver- schiedener Algen von verschiedener Länge, bei manchen sind die Körner sehr flach. Eine Schiehtung wie die der Stärkekörner habe ich nicht sicher beobachtet, wenngleich man bei manchen Körnern einen Mittel- punkt in Gestalt eines Punktes oder auch eines Risses ganz wie bei gewissen Stärkekörnern findet. Beim Erhitzen auf ungefähr 75° sowie auf Zusatz von Kalilauge oder auch Salzsäure quellen sie ganz ausserordentlich, lassen aber dabei, da sie sehr durchsichtig werden, ihre Form nieht mehr recht erkennen. Setzt man zu diesen gequollenen Körnern jetzt Jodlösung, so färben sie sich weinroth, zeigen aber dabei eine streifige Be-. schaffenheit, was auf eine Schichtung in nicht gequollenem Zustande schliessen lässt. Bringt man zu einem in Wasser liegenden Präparate einige Jod- kryställehen, so fürben sich die Inhaltskörper schön weinroth, dann violett und schliesslich intensiv rothbraun. In Ammoniak, Alkohol, Aether sind sie unlöslich, mit Ösmiumsäure, Eisenchlorid, Silbernitrat u. a. erhält man ein negatives Resultat und 175 ebenso nehmen sie Farbstoffe wie Methylenblau oder Bismarckbraun nicht an, auch mit Alkannatinetur färben sie sich nicht. Am charakteristischesten erschien mir immer ihr Verhalten gegen. Chlorzinkjod. Lässt man dasselbe vom Rand des Deckglases langsam an das Präparat und die fraglichen Gebilde treten, so sieht man, wie beim Beginn der Einwirkung des Reagens die Körner sich erst gelb färben, bis weiter gelblichbraun, dann erkennt man, wie an einer Seite die gelb- braune Farbe ins Violette übergeht und dann plötzlich fangen sie an, ganz bedeutend zu quellen, dabei oft den Anschein erweckend, als stülpten sie sich um, und gleichzeitig nehmen sie eine weinrothe bis rothviolette Farbe an. In Fig. 8b Tab. VI sind z. B. derartige fragliche Gebilde in normalem Zustande, in 8c dagegen in gequollenem Zustande abge- bildet. Fast stets allerdings findet man, dass nicht alle Körner eine gleiche Farbe angenonimen haben, indem einzelne einen mehr bläulichen Ton zeigen. Legt man nun aber einen Schnitt direct in einen Tropfen Chlorzinkjod, so erhält man ein ganz anderes Bild. Die einzelnen Körner sind braun gefärbt, ohne eine Quellung erfahren zu haben. An fast jedem Korn erkennt man nun im Centrum einen hellen Punkt, dann einen dunklen Kern, der bis etwa zur Mitte der Kornes reicht, und schliesslich die Randpartie, die heller braun erscheint. Von dem Rand aus sieht man nun nach kurzer Zeit eine farblose zarte Masse unregelmässig lappig herausquellen und bald ist der eentrale braun bleibende Kern von einer zarten sich allmählich violett fürbenden Masse umgeben (Fig. Se Tab. VI). Einige wenige Körner widerstehen der Quellung und behalten ihre Form. Diese Verschiedenheit der Einwirkung des- selben Rengenses auf dieselbe Substanz rührt offenbar von der Schnellig- keit und Concentration her, mit der das Chlorzinkjod an das betreffende Korn herantritt. Ferner aber zeigen die gequollenen Körner auch eine andere Farbe als die nicht gequollenen, eine Farbe, die bei ersteren vom weinrothen ins Violette spielt. Die auf die erste Art, durch langsame Einwirkung erhaltenen Quellungsformen zeigen fast immer deutlich die Einsenkung auf der Basalseite und sehr oft besitzen sie geradezu Ohrform, mitunter er- scheinen sie auch als mehr oder minder vollkommene Hohlkugel mit oft enger Oeffnung (Fig. 8e Tab. VI). Die Festigkeit der Körner ist ziemlich gross, da ein ziemlich starker Druck auf das Deekgläschen dazu gehört, sie zu zerdrücken. Man findet alsdann das vorher unversehrte Korn mit scharfen Rissen versehen, oft auch zeigen sie dann radiale Spalten (Fig. 9 Tab. VD). Mit dem Polarisationsmikroskop betrachtet bemerkt 176 man ein regelrechtes orthogonales schwarzes Kreuz bei gekreuzten Nikols, was übrigens auch von van Tieghem!) bei den Inhalts- körpern von Halopitys pinastroides und Polysiphonia nigrescens beob- achtet wurde, so dass wir auch diese beiden unserer obigen Aufzählung beifügen dürften. Vergleicht man nun die angeführten Reacetionen unserer Gebilde mit denen der echten Stärke, so finden wir sehr viele übereinstimmende Momente und als Unterschied eigentlich nur das Verhalten gegen Jod und Chlorzinkjod. Hansen sagt?) in der Beziehung betrefls Rosanoff’s Angaben’): „Auffallen muss es aber immerhin, dass Rosanoff auch eine Braun- färbung der von ihm beobachteten Körner als Reaction auf Stärke gelten lässt, eine Auffassung, gegen welehe doch offenbar Einwendungen zu machen sind*. Aber auch diese Einwendungen scheinen mir nicht so gewichtiger Natur, wenn man bedenkt, dass wir auch bei höheren Pflanzen Stärke kennen, die sich mit Jod roth färbt. Vergleichen wir die Reactionen unserer Körner einmal mit den Angaben A. Meyer’s®), welche dieser über mit Jud sich roth färbende Stärkekörner macht. Meyer sagt pag. 345: Intacte rothe Körner sind fast niemals deutlich geschichtet‘. Betreffs der Quellung führt Meyer an, dass die rothen Stärkekörner dadurch zu einer radial gestreiften „Hohlkugel* verwandelt werden, ferner wird ebenfalls ein Unterschied zwischen rascher und langsamer Quellung angegeben, wenngleich hierin geringe Unterschiede zu herrschen scheinen. Das oben geschilderte Verhalten der Körner gegen Jod in Krystallen ist nun aber weiter so vollständig dasselbe, dass man z. B. den Satz: „Entfernt man nach Eintritt der rothbraunen Färbung das Jod und fügt noch etwas Wasser oder noch besser Glycerin zu, so entfärben sich die Körner, indem sie erst wieder roth, dann sehr schwach blauviolett, schliesslich farblos werden“, Wort für Wort für unsere Gebilde an- führen könnte. Ueber ihr Verhalten gegen Chlorzinkjod macht Meyer leider keine Angabe; die nach Meyer „rothen* Stärkekörner im Rhizom von Goodyera aber schienen mir sich etwas anders zu verhalten, 1) van Tieghem, Notes sur les globules amylac&s des Floriddes et des Corallindes in Annal. d. Se. nat. Bot. V. Tome 3, 1365, 2) l. ce. pag. 263. 8) Rosanoff, Observations sur les functions et les proprietes des pigments de diverses algues. Extrait des mem. Soc. imp. Se. N. Cherbourg T. 13. 4) A. Meyer, Ueber Stärkekörner, welche sich mit Jod roth färben. Ber. d. D. Bot. Ges. IV, 1886. Ya 177 und andere „rothe“ Stärkekörner standen mir nicht zur Verfügung. Dagegen kann man sich leicht davon überzeugen, dass auch gewöhnliche echte Stärkekörner sich verschieden gegen Chlorzinkjod verhalten, indem man nicht selten Körner findet, die sich nicht blau, sondern röthlich gefärbt haben. Nach alledem unterliegt es keinem Zweifel, dass wir in unseren Körnern thatsächlich Gebilde vor uns haben, die mit der sog. rothen Stärke in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen. Man kann sie, wenn man will, als Florideenstärke von letzterer abtrennen. Wenn wir nun aber auch gesehen haben, dass bei den Rothalgen in der That Stärke, „Florideenstärke*, vorkommt, so muss man sich doch hüten, dieses, wie das Vorkommen gewisser Körper bei den Phaeophyceen, gleich zu verallgemeinern, denn bei einer ganzen Anzahl Rothalgen, die ich untersuchte, war, wenigstens zu meiner Zeit, im Frühjahr nichts von derartigen Inhaltskörpern zu bemerken. Anderseits führen andere Florideen, wie Hansen schon anführt, andere Stoffe, die mit Stärke nichts zu thun haben. Zu den „Florideenstärke® in den Zellen führenden Rothalgen kämen dann aber noch die von Rosanoff und von van Tieghem aufgezählten Algen, denn beide führen die Violettfärbung der gequollenen Körner mit Jodlösung, van Tieghem ausserdem noch das Kreuz im polarisirten Licht als charakteristisch an, so dass man zu der An- nahme berechtigt ist, dass die Florideenstärke ein bei den Rothalgen sehr verbreiteter Inhaltskörper ist und zu der von Meyer zuerst beobachteten mit Jod sich roth färbenden Stärke zu rechnen ist. Dass die „Florideenstärke“ nicht etwa ein Ausscheidungsprodukt, sondern ein zum Aufbau wieder verwandter Körper ist, schliesse ich daraus, dass ich Tetrasporen von Rodriguezella Strafforellii Schi. fand, die so voll gestopft waren mit „rothen“ Stärkekörnern, dass sie den Anschein erweckten, als beständen sie nur aus solchen, First als ich durch Zusatz von Kalilauge die Körner zum Verquellen brachte, trat (las zwischen denselben gelegene Protoplasma als zierliches Netz hervor. Im Gegensatz zu Hansen, Jder der Ansicht ist, „dass die Stoff- wechselprocesse wesentlich anders sein dürften, als bei den höheren Pflanzen“ !) haben wir also das allgemeine Vorkommen von mit Jod sich roth bezw. rothbraun färbender Stärke constatirt. Aber auch Ilansen’s Ansicht, dass die Florideen nothwendig anderer Einrichtungen behufs Athmung und Stoffbildung bedürften 1) 1. c. pag. 287. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 12 178 wegen der erschwerten Nahrungsaufnahme, und dass man sich daher nicht wundern dürfte, bei ihnen ganz andere Inhaltskörper zu finden, ist nicht stichhaltig. Denn angenommen, wir hätten wirklich bei den Flori- deen besondere Gebilde, so ist es doch nicht riehtig, zu sagen, dass die Chlorophyceen „wegen ihres günstigen Standortes besonderer Athmungs- pigmente“ nicht bedürften. Ich kann nicht finden, dass Bryopsis, Codium Bursa, Udotea, Halimeda, Valonia, Acetabularia u. a. in der Beziehung besser gestellt wären als die Rothalgen, vielmehr haben wir sie fast immer mit Florideen untermischt 1 bis 2 Meter unter der . Oberfläche an Felsen u. dgl. festsitzend gefunden. Wie weit die Chlorophyceen in den Inhaltskörpern mit den rothen oder braunen Meeresalgen übereinstimmen, 'habe ich leider nicht genau untersucht. Bezüglich einiger bei gewissen Florideen sieh noch findender anderer Inhaltskörper sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Figurenerklärung. Fig. la. Cystosyra discors, eine Zelle mit dem darin ausgespannten Plasmanetz- werk. (1:250.) 1b, Plasmagerüst derselben Zelle nach ca. 1/,Stunde. (1:250.) „ le. Formen, welche ein Bläschen in kurzer Zeit nach einander annahm, (1:500.) 2. Längssehnitt durch den Thallus von Dietyota diehotoma, das strahlenförmige Auseinandergleiten der kleinen Bläschen zeigend. Im Centrum jeder Markzelle eine Anzahl grosser Kugeln neben zahlreichen kleinen. (1:108.) 3a. Dietyopteris polypodioides. Einige Assimilationszellen im Quersehnitt mit r darin enthaltenen grossen Kugeln. (1:250.) „ 8b. Sprossfüden von Dietyopteris polipod. (1:250.) „ 4 Zellen aus der Markschieht von Hydroclathus sinnosus. (1: 108.) „ 5a-e. Codium tomentosum, ein verletzter Schlauch, die aussen liegen ge- bliebenen Tnhaltskörper einziehend. Drei verschiedene Stadien desselben Schlauches. (1:108.) „ 5d. Ein kleinerer Protoplasmaklumpen. (1:108.) " Derselbe Vorgang bei Codium Bursa. (1:103.) „ Ta—c. Drei älnliche Stadien bei Derbesia, (1:108.) 8a. Querschnitt durch Philota plumosa mit zahlreichen in den Zellen ent- haltenen Stärkekörnern. (1:50.) 8b. Einzelne Körner der Florideenstärke von Ptilota in nicht gequollenem und (1:500) 8c. in gequollenem Zustande. (1:500.) 8d. Körner, welche direkt in Chlorzinkjod gelegt sind. (1:500.) 9. Zerdrücktes Stärkekorn. (1:500.) Die Streitfrage über die Function der Wurzelspitze. Eine kritische Litteraturstudie. Von " Wiadislaw Rothert. In einer demnächst erscheinenden Arbeit (15, Kapitel X) werden von mir u.a. die bemerkenswerthen Wirkungen beschrieben und studirt, welche das Abschneiden einer kurzen Spitze auf die physiologischen Eigenschaften der Cotyledonen einiger Gramineen ausübt. Durch diese Untersuchung wurde ich veranlasst, mich mit der Litteratur einer in mancher Hinsicht analogen Frage, nämlich der Wirkung der Deca- pitation auf die Wurzeln, eingehend zu beschäftigen. Darwin's Untersuchungen über diesen Gegenstand und die von ihm aufgestellte weittragende Theorie von der „Gehirnfunetion“ der Wurzelspitze haben in den Jahren 1881 bis 1884 eine wahre Fluth von Arbeiten hervor- gerufen, deren Resultat jedoch nicht eine Klärung der Ansichten, sondern eher eine Verschärfung der ursprünglichen Gegensätze war; dann bricht diese Litteratur mit einemmal ab, und seitdem hat, soweit mir bekannt, niemand es unternommen, dieselbe zusammen- zufassen, sie kritisch zu sichten und darzulegen, was festgestellt und was zweifelhaft ist und wie überhaupt die ganze Frage gegenwärtig steht. Da ich nun fand, dass die in Rede stehende Litteratur einer kritischen Sichtung in hohem Grade bedarf, so will ich in den fol- genden Blättern versuchen, eine solehe zu unternehmen, wobei meine an den Gramineen-Cotyledonen gewonnenen Ergebnisse auch einige Anhaltspunkte liefern werden. Ich bemerke im Voraus, dass die von mir geübte Kritik nicht den Anspruch erhebt, in allen ihren Punkten neu zu sein; Manches ist vielmehr schon in einigen der zu besprechenden Arbeiten in gleicher oder ähnlicher Weise ausgeführt worden. Ich habe es aber nicht für nöthig gehalten, jedesmal anzugeben, „von wem 12 180 ein bestimmtes kritisches Urtheil zuerst ausgesprochen worden ist, denn dies ist für die Sache selbst gleichgiltig. Ausgeschlossen ist von der folgenden Uebersicht die Litteratur der sog. Darwin’schen Krümmung, — denn hier ist die specifische Empfindlichkeit der Wurzelspitze und die Fortpflanzung eines Krümmungsreizes von ihr aus zu der die Krümmung ausführenden Region, nach den vorliegenden Daten und bei unserer gegenwärtigen Vorstellung von der Reizbarkeit, unbestreitbar. Es soll also nur die Litteratur über die Rolle der Wurzelspitze bei den Richtungsbewe- gungen der Wurzeln besprochen werden, unter Uebergehung der Schriften ausschliesslich polemischen Inhalts. Geotropismus. Der erste, welcher die uns beschäftigende Frage anregte, war bekanntlich Ciesielski (4, 21).1) Derselbe fand, dass Wurzeln sich nur dann geotropisch zu krümmen vermögen, wenn sie mit einem unversehrten Vegetationspunkt versehen sind. Werden Wurzeln, denen eine 0,5 mın lange Spitze abgeschnitten worden ist, horizontal gelegt, so fahren sie fort geradeaus zu wachsen, ohne die mindeste Abwärts- krümmung; nur falls — was nicht selten geschieht — nach einigen Tagen sich an der Schnittläche ein neuer Vegetationspunkt bildet, unterliegt die Wurzel wieder der Wirkung der Gravitation und krümmt sich abwärts. Belässt man hingegen Wurzeln zuerst eine Zeit lang in horizontaler Lage und schneidet ihnen dann, wenn sie noch keine Krümmung aufweisen, die Spitze ab, so krümmen sich dieselben in der Weise, dass die vor der Decapitation aufwärtsgekehrte Seite convex wird. — Die Erklärung, welche Ciesielski für diese Erschei- nungen gab, ist gegenwärtig so veraltet, dass ich sie nicht wieder- zugeben brauche. Sachs (l6, 432—434) erklärt sich mit den Angaben Ciesielski's nicht : einverstanden. Er beobachtete, dass geköpfte Wurzeln sehr starke Nutationen ausführen (d. i. sich scharf nach verschiedenen Richtungen krümmen), dass aber bei horizontaler Lage die Krümmung häufiger abwärts als aufwärts gerichtet ist. Daher meint Sachs, dass bei den geköpften Wurzeln der Einfluss der Gravitation nicht beseitigt ist, sondern dass er nur „durch die Nutationen verdeckt und oft un- Litteraturverzeiehniss; die erste fettgedruckte Zahl bezeichnet die Nummer der Arbeit im Verzeiehniss, die zweite die Seitenzahl. 181 Wachsthum der Wurzeln durch Entfernung des Vegetationspunktes nicht beeinflusst wird; er kann folglich nicht einsehen, „durch welchen geheimen Einfluss“ diese Operation die geotropische Krümmung ver- hindern könnte (wie man hieraus ersieht, unterliegt es für Sachs gar keinem Zweifel, dass die geotropische Krümmungsfähigkeit nur von der Wachsthumsfähigkeit abhängig ist). Eine ganz andere Wendung nahm die Frage mit dem Erscheinen des Darwin’schen Werkes (5), in welchem ein ganzes Kapitel (8. 448—469) derselben gewidmet ist. Die Beobachtungen Dar win’s liefern allerdings im Wesentlichen nur eine Bestätigung derjenigen Ciesielski’s. In zahlreichen Versuchen mit verschiedenen Pflanzen fand Darwin, dass Wurzeln, denen eine 0,5—2,0 mm lange Spitze abgeschnitten war, in horizontaler Lage gerade fortwuchsen und die geotropische Krümmungsfähigkeit ganz eingebüsst hatten; ganz das- selbe Resultat hatte auch die Zerstörung einer ebenso langen Wurzel- spitze durch Höllenstein (das Cauterisiren der Wurzelspitze). In der Minderzahl der Fälle fand zwar eine geotropische Krümmung der auf die eine oder andere Weise decapitirten Wurzeln statt, aber sie erfolgte bedeutend später und war wesentlich schwächer als bei den unverletzten Vergleichswurzeln. Unregelmässige Nutationen der ge- köpften Wurzeln beobachtete Darwin nur ausnahmsweise; die ent- gegengesetzte Beobachtung von Sachs erklärt Dar win dadurch, dass Sachs wahrscheinlich die Spitze nieht genau quer abgeschnitten habe. Diese Beobachtungen boten, wie gesagt, an sich nichts wesentlich Neues. Darwin zog aber aus ihnen den neuen und höchst bedeu- tungsvollen Schluss, dass bei den Wurzeln nur die Spize geotropisch empfindlieh ist und ‘dass von ihr aus der geotropische Reiz sieh zu derjenigen Region der Wurzel fortpflanzt, in welcher die Krümmung ausgeführt wird. Da er zu demselben Resultat auch bezüglich anderer Reizbewegungen der Wurzeln gelangte (wovon unten noch die Rede sein wird), so generalisirtte er seine Schlussfolgerung und stellte die weittragende Behauptung auf, dass überhaupt die Empfindlichkeit gegen äussere Reizursachen nur in der Spitze der Wurzel loealisirt ist, dass somit die Spitze alle Reizbewegungen der Wurzel beherrscht und eine ebensolehe Rolle spielt, wie bei den niederen Thieren das Gehirn (5, 492). In Anbetracht des grellen Gegensatzes, in dem diese Behauptung zu den damals in der Panzenphysiologie unbestritten herrschenden Ansichten stand, war es zu erwarten, dass sie auf Widerspruch treffen würde. In der That wandten sich, schon sehr bald nach dem Erscheinen 152 des Darwin’schen Werkes, zwei Forscher in scharfer Weise gegen die von ihm aufgestellte Theorie, — nämlich Wiesner und Det- lefsen. Detlefsen (7, 645—646) führt gegen Darwin nur dasselbe Argument an, welches schon Sachs gegen Ciesielski geltend gemacht hatte, nämlich dass geköpfte Wurzeln starke Nutationen ausführen, sich aber bei horizontaler Lage weit häufiger abwärts als in anderen Richtungen krümmen; sie sind also noch geotropisch, und folglich wirkt die Gravitation nicht bloss auf die Spitze, sondern direct auf die ganze krümmungsfähige Region der Wurzel. Der einzige Versuch, welchen der Verfasser zur Stütze seiner Behauptung anführt, ist jedoch keineswegs sehr überzeugend: von 12 Wurzeln, welche geköpft und dann horizontal gelegt wurden, war nach 24 Stunden 1 gerade geblieben, 1 hatte sich aufwärts gekrümmt, 4 hatten sich seitwärts und 6 abwärts gekrümmt (davon nur eine stark). Es hat sich also nur die Hälfte der Wurzeln abwärts gekrümmt und fast ebensoviele haben sich in anderen Richtungen gekrümmt; es ist sehr wohl möglich, dass die Abwärtskrümmung keine geotropische, sondern ebenfalls nur: eine Nutationskrümmung war, und dass dic Fälle der Abwärtskrümmung etwas überwiegen, kann rein zufällig sein (vgl. ferner auch 8. 25 und die Anm. 17); der Zufall könnte bei einem sulehen Verhältniss der Zahlen nur auf Grund einer grossen Beobachtungsreihe ausgeschlossen werden. Nun verschwinden aber die Beobachtungen des Verfassers vollkommen gegenüber den zahlreichen Versuchen Dar- win’s, in denen nur ein geringer Procentsatz der geköpften Wurzeln sich abwärts krümmte, die grosse Mehrzahl hingegen ohne jegliche Abweichung von der horizontalen Richtung gerade fortwuchs, Will man demgegenüber die Ansicht aufrechterhalten, dass die geköpften Wurzeln geotropisch sind und ihr Geotropismus nur durch Nutationen verdeckt ist, so muss man annehmen, dass durch einen merkwürdigen Zufall alle die geradegebliebenen Wurzeln die Neigung hatten, gerade nach aufwärts zu nutiren, und dass durch einen zweiten nicht minder merkwürdigen Zufall dieses Bestreben dem geotropischen Krümmungs- bestreben gerade das Gleichgewicht hielt; sonst bleibt nur noch die Annahme, dass die Angaben Darwin’s Schwindel seien, was Niemand glauben wird. Detlefsen zieht nun keine von diesen beiden Conse- quenzen, sondern er greift zu einer dritten, womöglich noch sonder- bareren Ausflucht: er verwirft die Versuche Darwin’s in Bausch und Bogen einfach daraufhin, dass die Wurzeln, mit denen dieser operirte, „krank“ gewesen seien; und dies folgert er daraus, dass 183 dieselben keine Nutationen ausführten. Soleh eine Argumentation ist zwar sehr einfach und bequem, auf wissenschaftliche Ernsthaftigkeit kann sie aber dafür keinen Anspruch erheben. Wenn die Wurzeln sich anders verhalten als in seinen eigenen Versuchen, so genügt das für den Verfasser, um sie als „krank“ zu erklären und daraufhin die mit ihnen gewonnenen Resultate einfach zu ignoriren. In der will- kürlichsten Weise wird die Ausführung von unregelmässigen Nutationen zum Kriterium der Gesundheit der Wurzeln erhoben ; offenbar könnte man mit mindestens der gleichen Berechtigung in dem geradlinigen Fortwachsen der Wurzeln den Beweis ihrer Gesundheit erblicken und somit die Wurzeln, mit denen der Verfasser experimentirte, für krank erklären.?) Ganz abgesehen hiervon wird übrigens durch die Krank- erklärung der betr. Wurzeln die Thatsache der Aufhebung ihrer geotropischen Krümmungsfähigkeit durch das Köpfen nicht im mindesten alterirt. — Endlich, wenn wir es auch gelten lassen wollten, dass geköpfte Wurzeln ihre geotropische Krümmungsfähigkeit nicht ver- lieren, so krümmen sie sich doch zweifellos bedeutend schwächer als unverletzte, und dies ist eine Folge des Köpfens, welche der Erklärung bedarf; Detlefsen aber begnügt sich mit dem Ausspruch, dass diese Thatsache „für die Beantwortung der vorliegenden Frage gleich- giltig* ist (N. Detlefsen hat die in Rede stehende Frage in einer höchst oberflächlichen und der Wichtigkeit des Gegenstandes keineswegs angemessenen Weise behandelt; anstatt einer Kritik der Schluss- folgerungen Darwin’s, die wohl möglich und vollkommen angebracht gewesen wäre, hat er sich mit einer in Wirklichkeit fast durch nichts motivirten Bestreitung der wohl constatirten Thatsachen begnügt. Derjenige Theil seiner Schrift, welcher sich auf den Geotropismus bezieht, hat gar kein neues Licht auf die Frage geworfen und ent- behrt nach meiner Ansicht jeglicher Bedeutung. Wiesner (8, 97—107) wendet sich gegen Darwin von einem anderen Gesichtspunkt aus. Im Gegensatz zu Sachs und 2) Die Meinungsverschiedenheit bezüglich der Nutationen geköpfter Wurzeln wiederholt sieh in der Litteratur: nach den einen Autoren finden fast stets Nuta- tionen statt, andere fanden dieselben nur als seltene Ausnahme oder beobachteten sie selbst überhaupt nicht. Da auf beiden Seiten sich geübte und geschickte Experimentatoren befinden, so kann das Auftreten der Nututionen wohl nicht durch schrüges Abschneiden der Spitze erklärt werden. Die Differenzen erklären sich am wahrscheinlichsten einfach dadurch, dass die aus Samen verschiedener Herkunft gezogenen Keimlinge sich in dieser Hinsicht verschieden verhalten. 184 Darwin?) findet er, dass das Abschneiden einer Imm langen Spitze die Wachsthumsintensität der Wurzeln stets stark vermindert, und dass diejenigen Wurzeln, deren Wachsthum relativ wenig verlangsamt ist, die Fähigkeit zu geotropischer Krümmung bewahren, wenn sie sich auch freilich später und bedeutend schwächer krümmen als intaete Wurzeln. In Anbetracht dessen glaubt Wiesner die Beobachtungen Darwin’s, deren Richtigkeit er nicht bestreitet, anders deuten zu zu müssen: die Aufhebung resp. Schwächung der geotropischen Krümmungsfähigkeit ist für ihn nicht eine Folge der Entfernung der Wurzelspitze, sondern eine Folge der durch die Verletzung vermin- derten Wachsthumsintensität der Wurzel. „Ich werde nachweisen‘, sagt Wiesner (ld, 99), „dass geköpfte Wurzeln . . . weniger wachsthumsfähig sind als intaet gebliebene, und dass sie nach Maass- gabe ihrer Wachsthumsfähigkeit geotropisch sind*. Die Belege, welche Wiesner anführt, sind nun aber nicht nur nicht sehr beweisend zu Gunsten seiner These, sondern sie sind zum Theil mit ihr sogar geradezu unvereinbar. Nur bei Pisum satirum ist die Wachsthumsintensität der geköpften Wurzeln in der That sehr stark vermindert (im Mittel um über 75°,). Bei den drei übrigen 3) Wiesner sagt (18, 100), dass Darwin seine Beobachtungen über das Längenwachsthum normaler und decapitirter Wurzeln nicht näher mittheilt, und später (19, 276) wirft er Darwin sogar vor, er habe „über das Wachsthum deea- pitirter Wurzeln gar keine messenden Versuche angestellt und nach dem Augen- schein geurtheilt.* Es ist geradezu unbegreiflich, wie Wiesner etwas derartiges sagen kann. Darwin führt bei einer ganzen Reihe seiner Versuche Zahlenangaben über das Wachsthum geköpfter Wurzeln an, und in mehreren Versuchen (z. B. 5, 465, 460) vergleicht er dasselbe auch mit dem Wachsthum intacter Controlwurzeln. Aus seinen Daten ersieht man, dass das Wachsthum der geköpften Wurzeln, wenn es auch gegenüber demjenigen der intacten etwas verlangsamt zu sein pflegt, immer intensiv ist und jedenfalls zur Ausführung einer starken gcotropischen Krümmung vollkommen ausreichend sein würde. Hieraus schloss Darwin wanz richtig, dass die Aufhebung des Geotropismus nicht die Folge einer Beeinflussung der Wachs- thumsintensität dureh das Köpfen sein kaun. Darwin hat also diese letztere Be- einflussung keineswegs ausser Acht gelassen, wie ihm Wiesner ungerechterweise vorwirft, sondern er war in dieser Hinsicht kritischer als Wiesner und hat den Fehlschluss vermieden, in welchen Wiesner, wie wir gleich sehen werden, ver- fallen ist. Auch Sachs widerfuhr in dieser Angelegenheit ein unbegründeter Angriff von Seiten Wiesner's; Wiesner sagt nämlich (19, 277), Sachs’ Beobachtung habe „nur den Vergleich zweier Wurzeln, einer intacten und einer decapitirten“ in sich geschlossen. Sachs führt allerdings die Zahlen nur für zwei Wurzeln an, er schickt aber voraus (16, 433): „Zur Veranschaulichung mag ein Beispiel genügen“, woraus doch wohl klar hervorgeht, dass er mit einer grösseren Anzahl von Objeeten experimentirt hat. 185 untersuchten Species variirt die durch das Köpfen bewirkte Vermin- derung während der ersten 24 Stunden im mittel von ca. 25°o bis nicht voll 50°%0. Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Ver- minderung der Wachsthumsintensität nur eine Verminderung, nicht aber eine völlige Aufhebung der Krümmungsfühigkeit verursachen kann; indessen krümmten sich viele von diesen Wurzeln gar nicht. — Ferner, wenn die Verminderung der Krümmungsfähigkeit nur durch die Verminderung der Wachsthumsintensität bedingt wäre, so wäre zu erwarten, dass erstere letzterer wenigstens annähernd entspricht. Dagegen finden wir in den Wiesner’schen Belegen zum Theil eine auffallende Disproportionalität. So hat sich z. B. in dem Versuch mit Zea Mais (8. 102) die geköpfte Wurzel ß° (Zuwuchs 69 °/o) nur „deutlich* gekrümmt, die 4 intaeten Wurzeln hingegen haben sich, trotz nur sehr unbedeutend stärkeren Wachsthums (Zuwachs 71—86;o, Mittel 77,5%), sämmtlich „stark“ gekrümmt. Im Versuch mit Vieia Faba (8. 104) krümmten sich die intacten Wurzeln 5 und % (Zuwachs 70 resp. 710) schon nach 4 Stunden, die geköpfte Wurzel « hingegen, trotzdem sie stärker als jene wuchs (Zuwachs 94°jo), war erst nach 24 Stunden gekrümmt. Alles dies zeigt schon ganz deutlich, dass hier die Wachsthumsverlangsamung nur eine Begleiterscheinung ist und dass die Ursache der Aufhebung resp. Verminderung der Krümmungs- fähigkeit in etwas anderem gesucht werden muss. — Abgesehen hiervon wird endlich die Erklärung Wiesner’s endgiltig durch den Ciesielski- schen Nachwirkungsversuch widerlegt, d. i. durch die Thatsache, dass geköpfte Wurzeln, wenn sie vor dem Köpfen eine gewisse Zeit hori- zontal gelegen haben, eine normale geotropische Nachwirkungskrüm- mung ausführen, was nb. Wiesner selber ausdrücklich bestätigt *) (S. 105, Punkt 4). Dieser Versuch zeigt auf das Evidenteste, dass die Wachsthumsintensität geköpfter Wurzeln zur Ausführung einer geotropischen Krümmung ausreichend ist, und weitere Beweise bierfür werden durch ihn eigentlich ganz überfüssig gemacht. Die Frage nach dem Einfluss des Köpfens auf das Längenwachs- thum der Wurzeln, wenn sie auch an und für sich nicht ohne Interesse ist, verliert hiernach jede Bedeutung für die uns beschäftigende Frage nach der Ursache der Aufhebung des Geotropismus geköpfter Wurzeln. In der Litteratur fuhr sie aber fort, eine grosse Rolle zu spielen, und daher seien, der Vollständigkeit halber, ihre weiteren Schicksale kurz angeführt. 4) Der Ciesielski’sche Nachwirkungsversuch ist überdies auch von Darwin (5, 450-452) und später von Brunchorst (I, 92—93) mit positivem Erfolg wiederholt worden, so dass an der Richtigkeit der Thatsache nicht zu zweifeln ist. 186 In den Jahren 1882— 1884 erschienen die Arbeiten von Fr.Darwin (6), Kirchner(l0), Krabbe (ll), Brunchorst(l) und Firtsch (8). Keiner von diesen Autoren fand eine so bedeutende verlangsamende Wirkung des Köpfens auf das Wachsthum, wie sie Wiesner ange- geben hatte; theils wurde nur eine unbedeutende Verlangsamung, theils sogar eine Beschleunigung des Wachsthums als Folge des Köpfens beobachtet. Krabbe gibt Näheres nicht an; Brunchorst beobachtete in 5 Versuchen eine Verlangsamung, in 4 Versuchen eine Beschleunigung, die ersteren Fälle überwiegen im Ganzen ein wenig; bei Kirchner halten sie sich ungefähr das Gleichgewicht, und das Gesammtmittel des Zuwachses ist bei den geköpften Wurzeln sogar etwas grösser als bei den intacten (lO, 21); Firtsch (8, 248) fand die Wachsthumsintensität geköpfter Wurzeln bei verticaler Stellung eben so gross oder nur ganz wenig geringer, bei horizontaler Stellung aber durchgängig grösser als diejenige der intacten Vergleichswurzeln. Fr. Darwin, welcher nicht den Gesammtzuwachs der Wurzeln, sondern den Zuwachs einer wenige mm langen markirten Strecke nahe über der Spitze maass (mittelst Mikroskop), überzeugte sich, dass die Decapitation zwar eine starke Verminderung der Wachsthums- intensität hervorruft, die jedoch nur wenige Stunden andauert, während nach einem Tage das Wachsthum ungefähr ebenso stark ist (mit Ab- weichungen nach beiden Richtungen), wie bei den intaeten Control- wurzeln. Molisch (12) unternahm cs, die Angaben Wiesner’s bezüglich des Längenwachsthums geköpfter Wurzeln zu bekräftigen, doch weichen auch seine Resultate von denen Wiesner’s nicht unwesentlich ab; er fand nämlich eine Verminderung des 24stündigen Zuwachses um durchschnittlich 22 bis 38°jo, — das sind erheblich geringere Werthe als Wiesner angegeben hatte. Bald darauf veröffentlichte Wiesner eine zweite Arbeit (19), in welcher er (8. 237-247, 252—255) dabei bleibt, dass das Köpfen stets cine Verminderung der Wachstliumsintensität der Wurzeln zur Folge hat, wofern dieselben in feuchter Luft oder feuchten Säge- spänen gehalten werden, unter solchen Verhältnissen, dass sie nicht mit tropfbarem Wasser in Berührung kommen (neue Versuche werden nicht mitgetheilt, sondern es wird auf die eben eitirte Arbeit von Molisch verwiesen; auf seinen früheren Angaben bezüglich des Grades der Verlangsamung scheint Wiesner also nicht zu be- stehen). Bei Cultur in Wasser hingegen ruft Decapitation im Gegen- theil eine Beschleunigung (und zwar, wie die mitgetheilten Ver- nem nn 187 suche zeigen, eine schr bedeutende Beschleunigung) des Wachsthums hervor.) Der erste Theil der oben (8. 6) citierten These Wiesner’s (dass geköpfte Wurzeln weniger wachsthumsfühig sind als intacte) ist also jedenfalls nur mit gewissen Einschränkungen richtig. Die Un- richtigkeit ihres zweiten Theiles (dass geköpfte Wurzeln „nach Mass- gabe ihrer Wachsthumsfähigkeit* geotropisch sind) habe ich oben bereits aus Wiecsner’s eigenen Versuchsresultaten nachgewiesen, sie geht aber aus den Arbeiten der folgenden Autoren noch schlagender hervor. In Kirchner’s Versuchga mit Pisum sativum (10, 24) krümmte sich zwar ein bedeutender Procentsatz der geköpften Wurzeln geotropisch, aber die geotropische Krümmungsfähigkeit entsprach keineswegs der Wachs- thumsintensität, ja der mittlere Zuwachs war bei den geköpften und ungekrümmt gebliebenen Wurzeln sogar grösser (14,83 mm) als bei denjenigen geköpften Wurzeln, welche sich krümmten (12,66 mn). Bei Brunchorst krümmte sich die grosse Mehrzahl der decapitirten Wurzeln gar nicht, ganz unabhängig davon, ob sie stärker oder schwächer wuchsen als die intacten Controlwurzeln. Bei Firtsch wuchsen sämmtliche decapitirte und horizontal gelegte Wurzeln nicht unbedeutend stärker als die entsprechenden Controlwurzein, und doch blieben sie sämmtlich ungekrümmt. — Ausser diesen, sozusagen nebenbei gewonnenen Daten führten mehrere Autoren besondere Ver- suche aus, welche zeigen, dass Wachsthumsverlangsamung allein — selbst wenn sie weit bedeutender ist als es jemals infolge von Decapitation vorkommt — die geotropische Krümmungsfähigkeit der Wurzeln nur vermindert, nicht aber aufhebt. Solch eine starke Ilerabsetzung der Wachsthumsintensität erzielten die Autoren auf verschiedenem Wege: Fr. Darwin durch Längsspaltung der Wurzeln, Kirchner durch niedrige Temperatur sowie ferner durch Abschneiden der Wurzeln an der Basis der wachsenden Region, Brunchorst auf dem letzteren 5) Hierin liegt wohl die Erklärung der Differenzen, welche zwischen den verschiedenen Autoren bezüglich des Einflusses des Köpfens auf das Längen- wachsthum bestehen. Während Wiesner und, nach dem Zeugniss dieses, auch Molisch die Wurzeln relativ trocken hielten, war in den Versuchen der anderen Autoren, wie Wiesner hervorhebt, der Zutritt tropfbaren Wassers nicht ausge- schlossen (vgl. auch Ann, 15 auf8.24). Wiesner scheint seine Versuchsanstellung für die einzig richtige zu halten; darüber liesse sich offenbar streiten, doch wollen wir uns auf eine Discussion nicht einlassen, da die ganze Frage ziemlich neben- sächlich ist. Es genügt für uns zu wissen, dass die von den Culturbedingungen abhängigen Differenzen des Längenwachsthums geköpfter Wurzeln auf ihren Geotropismus ohne Einfluss sind. 188 Wege und ausserdem durch Luftverdünnung. Die auf diese verschie- denen Weisen behandelten Wurzeln wuchsen zwar bedeutend langsamer als geköpfte Wurzeln, krümmten sich aber dennoch geotropisch. Hierdurch wird nochmals bewiesen, dass die Aufhebung resp. starke Verminderung der geotropischen Krümmungsfähigkeit geköpfter Wurzeln nicht die Folge einer Wachsthumsverlangsamung sein kann, sondern eine andere Ursache haben muss, während die Wachsthumsverlang- samung (wofern sie überhaupt statt hat) nur eine Begleiterscheinung ist. In seiner zweiten Arbeit (19)%) nimmt denn auch Wiesner seine frühere Ansicht stillschweigend zurück. Er behauptet jetzt nicht mehr, dass die geköpften Wurzeln „nach Maassgabe ihrer Wachsthumsfähigkeit geotropisch sind*; er sagt vielmehr, dass er eine strenge Proportio- nalität zwischen Wachsthum und dem Grade des Geotropismus nie behauptet habe, und nimmt für sich das Verdienst in Anspruch, gezeigt zu haben, dass decapitirte Wurzeln auch dann ihre geotropische Krümmungs- fähigkeit vollkommen eingebüsst haben können, wenn ihre Wachsthums- intensität noch recht erheblich ist”) (8. 278--279). Jetzt wird be- hauptet (8. 279), dass „der Geotropismus decapitirter Wurzeln in viel rascherem Verhältniss als die Wachsthumsfähigkeit sinkt* und dass „zwischen beiden eine verwickelte Relation besteht“. — Diese neue Auffassung Wiesner’s ist gerade so unrichtig wie die frühere, denn es sind mehr als hinreichende Beweise dafür erbracht worden, dass 6) Nb. lassen sich auch aus dieser Arbeit Wiesner ’s selbst noch weitere Argu- mente dafür entnehmen, dass die Wirkung der Decapitation nicht durch die Beein- flussung des Wachsthums erklärt werden kann. Erstens gibt Wiesner an (19, 287), dass intaete Wurzeln unter Wasser sich stets geotropisch krümmen (wenn auch die Krümmung nur schwach ist und bald wieder ausgeglichen wird), während deca- pitirte Wurzeln unter Wasser „keine Spur von Geotropismus® zu erkennen geben, Der schwache Geotropismus, welcher den unter Wasser eultivirten Wurzeln eigen- thümlich ist, wird demnach durch Decapitation aufgehoben, — und doeh hat, wie wir soeben sahen, Wiesner selber festgestellt, dass unter Wasser die deeapitirten Wurzeln nicht nur nieht langsamer, sondern erheblich schneller wachsen als die intacten, — Zweitens brachte Wiesner Wurzeln in Kochsalzlösungen verschiedener Concentration, und fand, dass in (denjenigen Lösungen. welehe überhaupt noch Wachsthum zuliessen, auch geotropische Krümmungen sich einstellten (8. 290); nur vollständige Sistirung des Wachsthums, nicht aber eine blosse Verringerung des- selben (wie sie das Köpfen zur Folge haben kann) vermag also die geutropische Krümmungsfähigkeit aufzuheben. ‘) Dies hat in Wirklichkeit Darwin (5) gezeist. Einige der Fälle, welehe Wiesner in seinem „Bewegungsvermögen“ beigebracht hat, bestätigen das freilich; aber Wiesner legte damals nicht nur kein Gewicht auf dieselben, sondern es sind gerade diese Fälle, welche mit seiner damals geäusserten Ansicht in Wider- spruch standen. PEoRR RAR 189 die Aufhebung der geotropischen Krümmungsfähigkeit decapitirter Wurzeln von der Verminderung ihrer Wachsthumsfähigkeit voll- kommen unabhängig ist, — sie tritt ja selbst dann ein, wenn das Wachsthum nicht vermindert, sondern beschleunigt ist. Suchen wir in Wiesner’s Arbeit nach einer Begründung der von ihm vor- getragenen Auffassung, so finden wir nur einen Versuch ($. 288--289), auf den er sich stützt. Keimlinge von Pisum sativum wurden theils in frischem Zustande (Gruppe A), theils "nachdem sie 5, 10, resp. 30 Minuten welken lassen worden (Gruppen B, C, D), in feuchtem Raume in horizontaler Lage befestigt, und nach verschiedenen Zeitintervallen wurde beobachtet, wieviele Wurzeln jeder Gruppe geotropisch gekrümmt waren. Je länger die Wurzeln gewelkt waren, desto geringer war begreiflicherweise ihr Wachsthum und desto später trat auch die geotro- pische Krümmung ein. Woraufhin aber Wiesner aus seiner Tabelle den Schluss zieht, dass der Geotropismus „in viel rascherer Progression“ abnahm als die Wachsthumsfähigkeit (S. 289), ist mir ganz unerfindlich, aus den Zahlen derselben lässt sich nämlich allenfalls nur das Gegen- theil entnehmen. Man rechne die Wiesner’schen Zeitangaben in Minutenzahlen von Beginn des Versuches an um, benutze als Maass- stab der geotropischen Krümmungsfähigkeit den reeiproken Werth der Zeit, nach welcher sich eine gleiche Zahl von Wurzeln der verschie- denen Gruppen gekrümmt hatte (es ist das der einzige Maassstab, welchen die gegebenen Daten ermöglichen), und vergleiche auf diese Weise die geotropische Krümmungsfähigkeit der einzelnen Gruppen: man findet fast durchgängig, dass die geotropische Krümmungsfähigkeit entweder in fast gleicher, oder aber in langsamerer Progression ab- nimmt, als die Wachsthumsintensität. Um nur ein Beispiel heraus- zugreifen, waren in den drei ersten Gruppen alle 6 Wurzeln nach folgenden Zeiten gekrümmt: A 270 Min., B 310 Min, C 570 Min.; die reeiproken Werthe betragen 37,0, 32,3, 17,5; die mittleren Zu- wachse in den drei Gruppen waren 14, 12 und 6 »ım; man sicht, dass das Verhältniss zwischen diesen letzteren Zahlen ein unwesentlich grösseres ist als zwischen den Zahlen, welche wir als Maassstab der geotropischen Krümmungsfähigkeit benutzen müssen. Nachdem wir nunmehr die Frage über den Einfluss des Köpfens auf das Längenwachsthum der Wurzeln erledigt und gesehen haben, dass dieser Einfluss mit der Aufhebung der geotropischen Krümmungs- fähigkeit in keinem causalen Zusammenhange steht, wenden wir uns zu den Erklärungen der letzteren Erscheinung, welche von den ver- schiedenen Autoren gegeben resp. acceptirt werden. Der Uebersicht- 190 lichkeit der Darstellung halber wollen wir uns hierbei nicht an die chronologische Reihenfolge der Arbeiten halten, sondern uns durch andere Gesichtspunkte leiten lassen, und wir beginnen mit dem Er- klärungsversuch, welchen Wiesner in seiner soeben schon theilweise besprochenen Arbeit gegeben hat. Wiesner (9, 286—292) will die Wirkung des Köpfens auf die geo- tropische Krümmungsfähigkeit (Wiesner sagt anstatt Krümmungsfähig- keit sehr oft „Empfindlichkeit*) der Wurzeln durch das Zusammenwirken zweier Factoren erklären, nämlich einer Steigerung der Ductilität der Membranen, und einer Herabsetzung des Turgors. Die Decapitation soll in den Wurzeln diese beiden Aenderungen hervorrufen, von denen jede für sich eine Verminderung der geotropischen Krümmungsfähigkeit zur Folge hat, während beide zusammengenommen selbst eine voll- ständige Aufhebung derselben verursachen können. Was zunächst die Herabsetzung des Turgors anbetrifft, so kann man es mit Wiesner als sehr plausibel betrachten, dass bei geköpften Wurzeln, wenn sie vor Zutritt tropfbaren Wassers geschützt sind, ein gewisses Sinken des Turgors infolge Wasserverlust wird stattfinden müssen (hierin eben ist die Ursache der unter solchen Bedingungen stattfindenden Wachsthumsretardation zu suchen). Ebenso ist ohne Weiteres zuzugeben, dass die Herabsetzung des Turgors eine ent- sprechende Verminderung der geotropischen Krümmungsfähigkeit zur Folge haben muss, welche schon a priori unabweisbare Schluss- folgerung von Wiesner zum Ueberfluss durch einige Versuche erhärtet wird. Nur muss bemerkt werden, dass der Turgor auf die Krümmungsfähigkeit keinen direeten, sondern einen mittelbaren Ein- Huss ausübt, durch Vermittelung seines Einflusses auf das Wachsthum; und da einmal bewiesen ist, dass die Verminderung der Wachsthums- intensität nicht die Ursache der Wirkung der Decapitation auf den Geotropismus sein kann, so gilt dasselbe eo ipso auch für die nächsten Ursachen der Verminderung der Wachsthumsintensität, speciell für die Ilerabsetzung des Turgors. Wir haben ja auch bereits gesehen, dass durch Decapitation die geotropische Krümmungsfähigkeit der Wurzeln auch bei Cultur unter Wasser aufgehoben wird, obgleich hier zu einer Herabsetzung des Turgors durchaus kein Grund vor- liegt und vielmehr eine bedeutende Steigerung des Turgors sehr wahrscheinlich ist. Viel schlimmer steht es mit dem angeblichen zweiten Factor, der Steigerung der Ductilität (Abnahme der Elastieität). Zunächst zeigt Wiesner (8. 256—262) mittels plasmolytischer Versuche, dass die 191 Ductilität bei decapitirten Wurzeln grösser ist als bei intacten; dies gilt aber, wie Wiesner selbst sagt (S. 262), nicht für die ganze wachsende Region, sondern nur für die der Spitze benachbarte Zone, und ferner konnte dieser Nachweis nur für in Wasser ceultivirte, nicht dagegen für in feuchtem Raum wachsende Wurzeln geführt werden. Doch wollen wir einmal von diesen Einwänden abschen und annehmen, das Köpfen bewirke überhaupt eine Steigerung der Duetilität. Nun behauptet Wiesner weiter, dass Steigerung der Ductilität die geo- tropische Krümmungsfähigkeit vermindert (8. 286-287). Dies soll daraus folgen, dass (intacte) Wurzeln unter Wasser weit weniger geo- tropisch sind als in feuchten Medien. Um aus dieser Thatsache den obigen Schluss ziehen zu können, bedarf es offenbar noch des Be- weises, dass die Wurzeln unter Wasser ductiler sind als in feuchten Medien; dies ist aber von Wiesner in dem ganzen vorausgehenden Theil seiner Arbeit nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen worden. Weiter wird noch angegeben, dass decapitirte Wurzeln unter Wasser gar nicht geotropisch sind; und da (wie oben gesagt) die Ducetilität derselben im Vergleich mit intaeten Wurzeln gesteigert ist, so will Wiesner vielleicht hierin den Beweis für den Einfluss der Duetilität auf den Geotropismus schen. Das wäre aber offenbar gerade so zulässig, wie wenn man schliessen wollte, dass die Chlorophyll- bildung das Wachsthum verlangsamt, weil beim Uebertragen einer etiolirten Pflanze ans Licht gleichzeitig Chlorophyll entsteht und die Wachsthumsintensität fällt. Es müsste doch noeh der Beweis geliefert werden, dass zwischen der gesteigerten Duetilität und der Aufhebung des Geotropismus ein causaler Zusammenhang besteht, und dass nicht vielleicht letzteres unabhängig von ersterem oder sogar trotz ersterem stattfindet. — So hängt denn Wiesner’s Behauptung, dass Steigerung der Ductilität den Geotropismus herabsetzt, vollkommen in der Luft. Und eigentlich erscheint eine solche Abhängigkeit schon a priori ganz unmöglich. Eine auslösende Wirkung (Reizwirkung) der physikalischen Eigenschaften der Membranen auf die geotropische Krümmungsfähig- keit ist einfach undenkbar; die mechanische Wirkung müsste aber gerade entgegengesetzt derjenigen sein, welche Wiesner annimmt: die Steigerung der Ductilität muss das Wachsthum beschleunigen (was auch Wiesner zugibt, 8.291), und folglich durch Vermittelung dieses die geotropische Krümmungsfähigkeit erhöhen, nicht aber herabsetzen. Es gehört, wie mir scheint, ein hoher Grad von Voreingenommenheit dazu, um diese einfachen Dinge ausser Acht zu lassen. In Summa muss der neue Versuch Wiesner’s, die Wirkung des Köpfens auf 192 den Geotropismus der Wurzeln zu erklären, als ebenso vollkommen verfehlt bezeichnet werden, wie der frühere. Somit haben die Gegner Darwin’s seine Theorie von der allei- nigen Empfindlichkeit der Wurzelspitze für die Gravitation weder widerlegt, noch auch eine andere Erklärung der Beobachtungsergebnisse geliefert, welche mit Darwin’s Theorie rivalisiren könnte. Daraus folgt aber noch durchaus nicht, dass diese Theorie zutreffend sein muss. Eine geköpfte Wurzel unterscheidet sich von einer intacten nicht bloss durch den Mangel der Spitze, sondern auch noch dadurch, dass sie mit einer queren Schnitt- resp. Aetzwunde versehen ist.®) Es ist sehr wohl möglich, dass eine solehe Wunde an und für sich, ganz unabhängig von der Entfernung der Spitze, auf die Wurzel wirken und ihre physiologischen Eigenschaften ınodifieiren kann; ob die Verwundung eine solche Wirkung thatsächlich hat oder nicht, das lässt sich natürlich a priori nicht entscheiden. Wenn wir also finden, dass Decapitation die geotropische Krümmungsfähigkeit der Wurzeln aufhebt, so bleibt es noch unbekannt, wodurch diese Wir- kung bedingt ist, ob durch die Entfernung der Spitze, oder durch die Verwundung an sich. Wir dürfen also nicht ohne Weiteres schliessen, dass allein die Wurzelspitze geotropisch empfindlich ist, sondern müssen auch mit anderen Möglichkeiten rechnen, z. B. dass zwar die ganze krümmungsfähige Region der Wurzel geotropisch empfind- lich ist, ihre Empfindlichkeit aber durch die Verwundung aufgehoben wird. Dieser Umstand wurde von den Autoren meist entweder ausser Acht gelassen, oder doch nicht in genügendem Maasse berücksichtigt. Ch. Darwin sagt hierüber nur (5, 466): „Wir haben keinen Grund zu vermuthen, dass dieser Theil (d. i. die wachsende Region der Wurzel) dureh das Absterben oder durch die Verletzung der Spitze geschädigt wird“. Wiesner (l8, 209 und I9, 276) hebt freilich Darwin gegen- über hervor, dass der Verlust resp. die Verminderung der Reactionsfähig- keit geköpfter Wurzeln eine Folge der ihnen beigebrachten Verletzung sein kann; aber er sucht die Wirkung der Verletzung nur in einer Beein- Aussung der Wachsthumsintensität, oder aber der Duetilität und des Turgors (was im Grunde: auf dasselbe herauskommt, da diese Grössen Factoren der Wachsthumsintensität sind), und thut damit, wie wir sahen, einen Missgriff; dass die Verletzung möglicherweise auch andere 8) Da nach den vorliegenden Daten das 'Cauterisieren der Wurzelspitze die gleiche Wirkung auf die Wurzeln hat wie das Abschneiden der Spitze, und da die Gleichheit der Wirkung beider Eingriffe von Niemand in Zweifel gezogen wird, so halte ich diese beiden Arten der Decapitation nicht auseinander. 193 Eigenschaften der Wurzeln modifieiren kann, welche die geotropische Krümmungsfähigkeit bedingen, hat Wiesner überschen?), und darin liegt ein wesentlicher Grund seiner Irrthümer. Im Grunde genommen denselben Fehler, wie Wiesner, haben aber auch die meisten seiner Widersacher begangen. Krabbe (ll, 231) und Firtsch (8, 250) ziehen ebenfalls nur die Möglichkeit eines Einflusses der Verletzung auf das Wachsthum in Betracht, und da sie finden, dass dieser Einfluss die Wirkung des Köpfens nicht zu erklären vermag, folgern sie ohne Weiteres die Richtigkeit der Darwin’schen Ansicht. Kirchner (I0, 29 ff.) steht auf fast dem gleichen Standpunkt: nach Ausschluss der Annahme, dass die Wirkung der Decapitation in einer Aenderung der Wachsthumsfähigkeit ihren Grund haben könnte, zieht er zwar noch mehrere Möglichkeiten in Betracht und gelangt erst per exelu- sionem dazu, dieDarwin’sche Erklärung als die richtige anzuerkennen ; aber alle die von ihm berücksichtigten Möglichkeiten haben schon die Annahme zur Voraussetzung, dass es die Entfernung der Wurzelspitze ist, welche die Aufhebung der geotropischen Krümmungsfähigkeit bedingt, — die Möglichkeit hingegen, dass der Schnitt als solcher irgendwelche den Geotropismus bedingende Eigenschaften der Wurzel beeinflussen könnte, lässt auch Kirchner ganz aus den Augen. Brunchorst (l, 88 ff.) meint: „Die krümmungsfähige Zone könnte doch zugleich die empfindliche sein, nur wird die Empfind- lichkeit derselben durch die Wachsthumsstörung, die eine Ver- wundung bewirkt, so weit beeinträchtigt, dass sie zwar wächst, nicht aber mehr krümmungsfähig ist“.!%) Diese Annahme verwirft er aber auf Grund zweier von ihm ausgeführter Experimente, welche indess in Wirklichkeit derselben durchaus nicht widerspreehen. Erstens 9) Wiesner redet allerdings (19, 276, 278) von einer Verminderung der „geotropischen Empfindlichkeit“ decapitirter Wurzeln, aber aus dem Zusammenhange geht deutlich hervor, dass er das Wort Empfindlichkeit als synonym mit Reaktions- fähigkeit verwendet; seine „geotropische Empfindlichkeit“ ist also nichts anderes als „geotropische Krümmungsfähigkeit“. 10) Zweierlei finde ich in der eitirten Stelle sonderbar. Erstens dies, dass der Verf. nur eine Verminderung und nicht eine Aufhebung der Empfindlichkeit annimmt; letzteres wäre doch viel eonsequenter, da ja die Krümmungsfähigkeit aufgehoben und nicht bloss vermindert wird. Zweitens, dass der Verf. die Beein- trächtigung der Empfindlichkeit nicht von der Verwundung direet, sondern von einer durch diese bewirkten „Wachsthumsstörung“ abhängig sein lässt; hiernach kann ich mir nicht recht vorstellen, was Brunchborst unter Empfindlichkeit ver- steht; in dem Sinne wie man von Empfindlichkeit der Wurzelspitze spricht, d. ij. als synonym von Perceptionsfühigkeit, ist die Empfindlichkeit etwas vom Wachs- thum und also auch von Wachsthumsstörungen ganz Unabhängiges. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 194 wurden Wurzeln oberhalb der Spitze mit einem Ringschnitt versehen, welcher die Rinde ganz durchschnitt, so dass die Spitze mit der übrigen Wurzel nur durch den Pleromstrang verbunden blieb; solche Wurzeln wuchsen stark, krümmten sich aber gar nicht geotropisch. Es scheint mir sehr naheliegend, aus diesem Versuch zu schliessen, dass nieht nur ein vollständiger Querschnitt, sondern auch schon ein Ringschnitt die Empfindlichkeit der wachsenden Region aufhebt. Der Verf. hält aber aus einem mir unbegreiflichen Grunde diesen Ver- such für mit seiner obigen Annahme unvereinbar. Zweitens wurden geköpfte Wurzeln einer starken Centrifugalkraft ausgesetzt, krümmten sich jedoch nicht; auch dies widerspricht nach Verf. der obigen Annahme. Daran ist jedoch nur die unrichtige Formulirung der letzteren sehuld; das Versuchsresultat widerspricht nämlich nur der Annahme einer blossen Beeinträchtigung der Empfindlichkeit, — mit der Annahme, dass die Empfindlichkeit durch das Köpfen auf- gehoben wird, würde es dagegen ganz im Einklange sein. — Auch Brunchorst gelangt also schliesslich zu dem Resultat, dass die Theorie Dar win’s die einzige mögliche Erklärung der Thatsachen gibt. Fr. Darwin ist der einzige Autor, bei dem wir einer klaren Auffassung der Frage begegnen. Gleich im Beginn seiner Arbeit setzt er auseinander, dass die Aufhebung des Geotropismus der Wurzeln infolge der Decapitation auf zweierlei Weise erklärt werden kann (6, 218-—219): „l) It may be supposed that the operation of eutting off the tip acts as a shock, and so disturbs the organization of the root, that it is incapable of reacting to the stimulus of gravi- tation in the proper manner. Or 2) it may be supposed that it is not the effeet of the operation per se, but the loss of the punrtum vegetationis which produces the effect“. Seinen subjectiven Stand- punkt characterisirt Verf. mit den Worten: „We hold the second of the above theories, and believe that the punetum is the part of the root on which the force of gravity acts, and that an influence is thence transmitted to tie part of the root which bends“. Am Schluss der Arbeit (8. 230) constatirt Verf., dass diese Theorie mit den That- sachen im Einklang ist; er fügt aber hinzu: „But it is not the only possible theory; and it would be also rational to content one’s self with saying, that for some unknown reason the injury to the punetum has a special paralysing effeet on the power which roots possess of reeeiving the stimulus of gravitation“. — Eine solche Schluss- folgerung ist einwandfrei (die einzige sachliche Berichtigung, die sie erfordert, ist, dass nicht bloss die Verletzung des Vegetationspunktes Bern een nam Amin ref. vum . 195 die genannte paralysirende Wirkung hat, sondern auch ein oberhalb des Vegetationspunktes geführter Schnitt). Derselben ist um so grössere Bedeutung beizumessen, als sie von einem Mitarbeiter am „Bewegungsvermögen“ herrührt, und somit wohl als eine Einschränkung der dort mit zu grosser Sicherheit vorgetragenen Theorie von der geotropischen Empfindlichkeit der Wurzelspitze betrachtet werden darf, Die Arbeit Fr. Darwin’s wäre wohl geeignet gewesen, bei den späteren Autoren eine klarere Auffassung und strengere Frage- stellung zu veranlassen; leider scheint sie aber ganz unbekannt ge- blieben zu sein, wenigstens wird sie von keinem der Autoren, welche sich nach Fr. Darwin mit der Function der Wurzelspitze befasst haben, berücksichtigt oder auch nur erwähnt. Es bleiben jetzt noch einige Fragen zu besprechen, welche ich bisher, der Uebersichtlichkeit der Darstellung zu liebe, unberücksich- tigt gelassen habe. In den Versuchen fast aller Autoren büssten nicht sämmtliche geköpfte Wurzeln ihre geotropische Krümmungs- fähigkeit ein, sondern es gelangten auch solche zur Beobachtung, welche sich zwar spät und nur wenig, aber doch deutlich abwärts krümmten, deren geotropische Krümmungsfähigkeit durch das Köpfen also nur stark vermindert war. Bezüglich der relativen Häufigkeit solcher Ausnahmen lauten die Angaben sehr verschieden; die einen Autoren beobachteten dieselben nur sehr selten, andere ziemlich oft; bei Kirchner erreicht der Procentsatz solcher Ausnahmen sogar nahezu 50%. In einigen Fällen mag vielleicht die Abwärtskrüm- mung keine geotropische, sondern eine Nutationskrümmung gewesen sein; allgemein kann dies aber keinenfalls zutreffen, denn die bezeich- neten Ausnahmen traten auch in den Versuchen solcher Forscher auf, welche spontane Nutationskrümmungen bei ihren decapitirten Wurzeln fast gar nicht beobachteten; es ist somit nicht zu bezweifeln, dass das Köpfen die geotropische Krümmungsfähigkeit nicht immer voll- kommen aufhebt. Dies steht nieht etwa mit der Länge der abgeschnittenen Spitze in Zusammenhang; denn Wiesner z. B. hat immer Imm abgeschnitten und doch verhielten sich die Wurzeln verschieden ; aus den Tabellen Kirchner’s (I0, 17—23), welcher 0,5— 1,2 mm abschnitt, ergibt sich sehr deutlich, dass die geotropische Krümmungs- fähigkeit zu der Länge der abgesehnittenen Spitze in gar keiner Be- ziehung steht. Macht man die naheliegende (aber allerdings nicht streng zu beweisende) Annahme, dass die Wurzeln, welche sich trotz Decapitation krümmten, sich nicht gekrümmt haben würden, wenn 13* 196 ihnen eine längere Spitze abgeschnitten worden wäre, so muss ge- schlossen werden, dass die Wurzeln sich in Bezug auf die Länge der Spitze, welche behufs völliger Aufhebung ihres Geotropismus abge- schnitten werden müsste, individuell recht verschieden verhalten.'!) Schon Darwin (5, 464), folgerte, dass die Länge der geotropisch empfindlichen Wurzelspitze variabel ist, und dasselbe stellt Krabbe (N, 233) als Resultat seiner speziell auf diesen Punkt gerichteten (im Einzelnen nicht mitgetheilten) Untersuchungen auf; Krabbe fand überdies, dass „der empfindliche Theil der Wurzelspitze niemals die Länge von 2 mm überschreitet“ (d. i. mit anderen Worten, dass das Abschneiden einer so langen Spitze die geotropische Krümmungs- fähigkeit der Wurzeln ausnahmslos aufhebt., Auch Kirchner (10, 48—49) erklärt die Fälle, wo sich geköpfte Wurzeln dennoch geotropisch krünmten, dadurch, dass „ein mehr oder weniger grosser Complex empfindlichen Gewebes“ erhalten geblieben sei. Diese Er- klärungen sind im Grunde genommen nichts anderes als eine Para- phrase der 'Thatsachen auf Grund der Theorie Darwin’s, und da diese nicht bewiesen ist, so kommt ihnen keine Bedeutung zu. Wir sind eigentlich nur berechtigt zu sagen, dass die Wirkung des Ab- schneidens oder der Zerstörung einer Spitze von bestimmter Länge auf die geotropische Krümmungsfähigkeit der Wurzeln eine individuell verschiedene ist; worauf diese Verschiedenheit beruht, darüber lässt sich vorläufig gar nichts aussagen. Auch bezüglich derjenigen Wurzeln, welche sich nach Decapita- tion gar nicht geotropisch krümmen, ist die Frage aufgeworfen worden, ob ilır Geotropismus thatsächlich vollkommen vernichtet oder aber nur so weit geschwächt ist, dass die gewöhnliche Gravitation (g) ungenügend ist um eine merkliche Reaction zu veranlassen. Diese Frage kann offenbar nur mit Hilfe der Centrifugalkraft gelöst werden, und dieses Mittel wandten, gleichzeitig und unabhängig von einander, zwei Forscher an, Brunchorst {l, 89-91) und Wiesner (I, 295-299). Leider kamen sie zu diametral entgegengesetzten Resul- taten. In Brunchorst’s Versuchen blieben die geköpften Wurzeln, bei einer Centrifugalkraft von 25 g, 24 Stunden lang ungekrümmt, obgleich sie intensiv wuchsen und obgleich die intacten Controlwurzeln sich stark krümmten. In Wiesner’s Versuchen hingegen krümmten 11) Nicht im Einklange hiermit ist die allerdings ganz vereinzelt dastehende An- gabe von Firtsch (8, 252—254), dass schon das Abschneiden des die Wurzelhaube erzeugenden Meristems — also einer, je nach der Species, nur 0,2 bis 0,5 mn langen Wurzelspitze — zu einer völligen Aufhebung des Geotropismus stets ausreichend ist. 197 sich die geköpften Wurzeln schon bei 20 g und schon in 6 Stunden sämmtlich (mit Ausnahme einzelner gar nicht wachsender) nach aus- wärts; zwar war die Krümmung beträchtlich schwächer als bei den intacten Wurzeln, aber sie war doch zum Theil ganz ansehnlich; bei 41g war die Krümmung der decapitirten Wurzeln noch ausge- sprochener. Beide Forscher schnitten im Allgemeinen I mm (oder nur wenig mehr) Spitze ab und operirten theilweise mit den gleichen Pflanzen. Der Unterschied in der Versuchsanstellung bestand nur darin, dass bei Brunchorst die Wurzeln sich in ziemlich festge- drückten Sägespänen befanden, bei Wiesner hingegen in feuchter Luft. Man könnte daher meinen, dass bei ersterem die Wurzeln sich nur darum nicht krümmten, weil das Medium ihnen einen zu ' grossen Widerstand bot; dem steht aber entgegen, dass die intacten Wurzeln in denselben Versuchen sich ganz normal krümmten. Anderer- seits könnte man vermuthen, in Wiesner’s Versuchen sei die Krüm- mung der decapitirten Wurzeln keine geotropische, sondern eine rein passive gewesen; diesem Einwand hat Wiesner indess durch einen Controlversuch vorgebeugt: er gibt an, dass in einer Atmosphäre von Kohlensäure die Wurzeln sich selbst bei 41 g nicht krümmten (8. 297). Die Resultate der beiden Autoren widersprechen also einander in einer unbegreifichen und unlösbaren Weise, und es liegt gar kein Anhaltspunkt vor zu entscheiden, welcher von beiden Recht hat. Seit dem Jahre 1884 sind meines Wissens keine Untersuchungen über die uns beschäftigende Frage mehr erschienen. Ziehen wir das Faeit der Litteratur derselben, so erweist sich deren Iesultat als fast gleich Null: die Theorie Darwin’s von der alleinigen Empfind- lichkeit der Wurzelspitze ist weder bewiesen noch widerlegt worden. Die verschiedenen Autoren haben sich theils dafür, theils dagegen ausgesprochen, je nach ihren vorgefassten Meinungen oder, wenn man will, nach ihren wissenschaftlichen Sympathieen, und nur ver- meintlich auf Grund der constatirten Thatsachen, denn diese sprechen weder dafür noch dagegen. Und diese Lage der Dinge dauert auch bis jetzt fort. Die Meinungen der Autoren, welche sich seitdem über diese Frage geäussert haben, stehen in ebenso unvereinbarem Wider- spruch miteinander, wie diejenigen ihrer Vorgänger. So verwirft Sachs (I7, 761) die Theorie Darwin’s unbedingt, indem er sich dem Urtheil Detlefsen’s über dieselbe anschliesst, Frank hin- gegen (9, 471) acceptirt sie ohne Vorbehalt. Beide sind offenbar in gleicher Weise im Unrecht, denn das Einrige, was wir auf Grund 198 der vorliegenden Daten über diese Frage aussagen dürfen, ist, dass wir nichts Bestimmtes über dieselbe wissen. Es bleiben die That- sachen, welche schon 1871 von Ciesielski gefunden worden sind; die folgenden Arbeiten haben die Beobachtungen dieses im Allge- meinen bestätigt und ihnen eine breitere Basis gegeben, einige secun- däre Details und einige Einschränkungen hinzugefügt, einige unge- löste Widersprüche in Bezug auf die factische Seite der Frage hinterlassen, und endlich haben sie auf eine mögliche Erklärung der Thatsachen hingewiesen, ohne indessen cine andere, prineipiell verschiedene Er- klärung derselben auszuschliessen. Es dürfte nicht überflüssig sein diese beiden möglichen Er- klärungen nochmals zu formuliren. 1. Nur eine kurze Spitzenregion der Wurzel vermag die Schwer- kraft zu pereipiren und durch sie gereizt zu werden, und von ihr aus pflanzt sich der Reiz zu derjenigen Region der Wurzel fort, in welcher die Krümmung ausgeführt wird. Mit dem Verlust der be- treffenden Spitzenregion verlieren daher die Wurzeln auch ihre geo- tropische Krümmungsfähigkeit. (Theorie oder, richtiger, Hypothese Darwin’s). 2. In unverletzten Wurzeln ist die ganze wachsende Region fähig, die Schwerkraft zu pereipiren und wird von ihr direct gereizt; ein in der Nähe der Spitze geführter querer Schnitt verändert aber an sich (unabhängig von der dadurch herbeigeführten Entfernung der Spitze) die Eigenschaften des übrigbleibenden Theiles der Wurzel derart, dass deren geotropische Krümmungsfähigkeit verloren geht; nb. ist dies nicht die Folge einer Aenderung der Wächsthumsinten- sität durch die Verletzung. Beide Erklärungen haben a priori genau den gleichen (irad von Wahrscheinlichkeit, und zu Gunsten der Prsteren spricht allenfalls nur dies, dass sie einen greifbareren Charakter hat, während die Letztere, welche irgend einen nicht näher präcisirten Einflusss des Schnittes auf die Figenschaften der Wurzel voraussetzt, an einer gewissen Nebel- haftigkeit leidet. Dies war der bisherige Stand der Frage. Nun bin ich aber in meiner in der Einleitung erwähnten Arbeit (15) zu Resultaten gelangt, welche, wie mir scheint, auch auf die Frage über die Wirkung der Decapitation bei Wurzeln einiges Licht zu werfen geeignet sind. Es hat sich herausgestellt (l. e., Kapitel X), dass bei den Cotyledonen von Gramineen die Decapitation dieselben Wirkungen bezüglich ihres 199 Heliotropismus und Geotropismus hat, wie bei den Wurzeln bezüglich des Geotropismus: das Abschneiden einer relativ kurzen Spitze des Cotyledo (welche nb. keinen Vegetationspunkt enthält, sondern aus fast oder selbst ganz ausgewachsenem Gewebe besteht) hebt die heliotropische und geotropische Krümmungsfähigkeit der Keimlinge auf, trotzdem deren Wachsthum intensiv genug zur Ausführung einer anschnlichen Krümmung bleibt.) Auch hier waren a priori zwei Möglichkeiten denkbar. Die Aufhebung der Krimmungsfähigkeit konnte entweder eine Folge der Entfernung der Spitze sein (was voraussetzen würde, dass nur die Spitze des Cotyledo heliotropisch und geotropisch empfindlich ist), oder aber sie konnte die Folge des Schnittes an sich sein. Aber hier lag, wenigstens bezüglich des Helio- tropismus, die Möglichkeit vor, diese Alternative zu entscheiden und experimentell zu beweisen, dass die erstere Möglichkeit ausgeschlossen ist. Im Kapitel III meiner eitirten Arbeit habe ich den Nachweis geführt, dass in den Grascotyledonen die heliotropische Empfindlich- keit nicht auf die Spitzenregion beschränkt ist; zwar ist die lim- pfindlichkeit der (bei Avena sativa) ca. 3 mm langen Spitze eine be- sonders grosse, aber auch die ganze übrige wachsende Regien ist insoweit empfindlich, dass sie sich sehr deutlich heliotropisch krümmt, auch wenn der Einfluss der einseitigen Beleuchtung der Spitze durch vollständige Verdunkelung dieser eliminirt ist. UÜchberdies habe ich ge- zeigt (l. ce. $ 78), dass bei Aven«a setiea und Phaluris canariensis die Decapitation auch dann ihre Wirkung ausübt, wenn nur ein Theil der stark empfindlichen Spitzenregion entfernt wird, und bei Sefaria riridis hebt das Abschneiden eines kleinen Spitzehens des Cotyledo die Krümmungsfähigkeit des Keimlings (Cotyledo + Iypocaty)) auf, obgleich der ganze Cotyledo heliotropisch empfindlich ist (. e., Kapi- tel IV). Es ist also klar, dass bei diesen Objeeten die Abwesenheit desjenigen Theiles, welcher bei der Deeapitation entfernt wird, die . 12) Dies wurde direet nachgewiesen dureh Versuche (15, $ 80), welche im Prinzip vollkommen dem Ciesielski’scheu Nachwirkungsversuch entsprechen. — Ueberhaupt sind manche meiner Versuche mit Graskeimlingen analog den Ver- suchen, welche von verschiedenen Autoren mit geköpfteu Wurzeln ausgeführt worden sind; und wenn die Deutung auch eine ganz andere war, »o stimmen die thatsächlichen Ergebnisse der beiderseitigen Versuche in den wesentlichen Punkten sehr ut überein, Diese Uebereinstimmung ist um so bedeutungsvoller, als ich meine Versuche ohne nähere Kenntniss der Litteratur über die Decapitation der Wurzeln ausgeführt habe; erst als meine Untersuchung abgeschlossen war und ie Schlussfulgerungen aus derselben gezogen waren, wurde ich auf die nahe Analogie mit der „Wurzelspitzenfrage“ aufmerksam, 200 Aufhebung der heliotropischen Krümmungsfähigkeit gar nicht zur Folge haben kann, und es unterliegt keinem Zweifel, dass hier die Aufhebung der Krümmungsfähigkeit eine Wirkung des Schnittes an sich ist. Dies Beispiel lehrt gleichzeitig, dass es ganz unzulässig ist, aus dem Verhalten decapitirter Organe Schlüsse über den Einfluss des abgeschnittenen Theiles auf das übrige Organ zu ziehen, eben weil die Operation an sieh die Reactionsfähigkeit des Organs wesent- lich beeinflussen kann. Sowie es nun für bestimmte Objecte sicher festgestellt ist, dass der Schnitt an sich in der That die Reactionsfähigkeit gegen eine äussere Reizursache aufheben kann, wird die Annahme, dass dasselbe auch bei den decapitirten Wurzeln der Fall sein könnte (eine An- nahme, die bisher, so zu sagen, in der Luft hing), mit einem Schlage auf einen realen Boden gestellt. Ausserdem verliert diese Annahme jetzt auch ihre Unbestimmt- heit. In meiner eitirten Arbeit (15, $ 68) habe ich auseinanderge- setzt und experimentell bewiesen, dass die Krümmungsfähigkeit eines gegebenen Organs oder Örgantheils nicht bloss von dessen Wachs- thumsintensität, sondern auch noch von einem zweiten, ebenfalls variablen Factor, nämlich von dem Grade seiner Empfindlichkeit für die gegebene Reizursache abhängig ist.'?) Sobald also festgestellt wird, dass die Aufhebung der Krümmungsfähigkeit nicht durch Aenderung der Wachsthumsintensität bedingt »ein kann, so ist es folglich klar, dass sie durch Aufhebung der Empfindlichkeit verursacht ist. Dies gilt offenbar nicht bloss für die heliotropische Krümmung der Gramineen- Cotyledonen, sondern allgemein für die durch Wachsthum vermittelten Reizkrümmungen, auch für diejenigen der Wurzeln. Mir scheint, dass die hauptsächliche Ursache der zahlreichen Missverständnisse und Fehlschlüsse in der „Wurzelspitzenfrage* in dem Mangel einer klaren und bestimmten Vorstellung über die Bedingungen der Krümmungs- fähigkeit zu suchen ist; in der ganzen betreffenden Litteratur (mit Ausnahme der Arbeit Fr. Darwin’s) vermisst man die Erkenntniss, dass die Empfindlichkeit für eine Reizursache, d.i. die Fähigkeit, die- selbe zu pereipiren, etwas von der Wachsthumsfähigkeit total Ver- schiedenes und Unabhängiges ist, und dass anderseits die Krümmungs- fähigkeit (oder allgemeiner: Reactionsfähigkeit) von der Empfindlichkeit abhängig, aber nicht mit ihr identisch ist. Wäre diese Erkenntniss vorhanden gewesen, so hätte man, schon aufGrund desCiesielski’schen Nachwirkungsversuchs allein, längst den sehr naheliegenden Schluss 13) Vgl. auch die 3$ 67, 69--72, 75--76 meiner mehrfach citirten Arbeit- a 201 ziehen (oder wenigstens als möglich erkennen) müssen, dass geköpfte Wurzeln darun: sich nicht geotropisch krümmen, weilihre geotropische Empfindlichkeit durch die Operation aufgehoben worden ist.!%) Im ganzen erscheint es mir zum mindesten sehr wohl möglich, dass die Folgen des Köpfens bei den Wurzeln dieselbe Ursache haben, wie es bei den Graskeimlingen nachgewiesenermassen der Fall ist; diese Annahme ist mit den Thatsachen gerade so gut vereinbar wie die Hypothese Darwin’s. Allerdings sind die Folgen des Köpfens in beiden Fällen, soweit nach den vorliegenden Daten geurtheilt werden kann, nicht in allen Einzelheiten identisch; vor allem gehen sie bei den Graskeimlingen ziemlich schnell vorüber, bei den Wurzeln hingegen scheinen sie an- dauernd zu sein. Es fragt sich aber, ob dieser Unterschied ein durch- greifender und prinzipieller, oder nur ein theilweiser und quantitativer ist. Einige Angaben in der Litteratur sprechen zu Gunsten der zweiten Annahme. Was zunächst den Einfluss des Köpfens auf das Wachs- thum betrifft, so sind mit den von mir gewonnenen Daten nur diejenigen von Fr. Darwin vergleichbar: er allein hat das Wachsthum geköpfter Wurzeln in kurzen Zeiträumen beobachtet; und hier zeigt sich eine. schöne Uebereinstimmung der beiderseitigen Beobachtungen. Die Ver- suche Fr. Darwin's (6, 220—226) lehren, dass das Wachsthum ge- köpfter Wurzeln während der ersten paar Stunden stark verringert ist, später aber wieder zunimmt, so dass die normale Wachsthums- intensität bald wiederhergestellt wird; aus demVersuch IV (8. 223— 224) 14) Schon Wiesner (19, 276) hat eine Verminderung der „geotropischen Empfindlichkeit“ bei geköpften Wurzeln angenommen; aber seine „Empfindlickkeit* ist, wie schon bemerkt wurde, nichts weiter als ein Synonym von „Reaktionsfähig- “ keit“, also grundverschieden von dem, was ich unter Empfindlichkeit verstehe. — lch möchte bier nochmals (vergl. 15, 185---156) auf den Missbrauch aufmerksam machen, der mit dem Austruck „Empfindlichkeit* getrieben wird: dieser Ausdruck wird von verschiedenen Autoren, ja mitunter sogar von ein und «deinselben Autor, in verschiedenen Bedeutungen und manchmal auch ohne jegliche bestimmte Be- deutung gebraucht. Von einer Aufhebung (und nicht bloss Verminderung) der geotropischen Em- pfindlichkeit geköpfter Wurzeln sind wir nb in gewissem Sinne auch dann zu reden berechtigt, falls sich Wiesner's Angabe bestätigen sollte, dass dieselben auf eine starke Centrifugalkraft reagiren. In diesem Falle liegt nichtsdestoweniger die normale Intensität der Reizursache, nämlich die Gravitation der Erde, unterhalb der Reizschwelle, die Empfindlichkeit für sie ist also thatsächlich aufgehoben, Natürlich gilt das nur für diejenigen geköpften Wurzeln, welche sich ohne An- wendung von Centrifugalkraft nicht krümmen; bei denjenigen hingegen, welche sich krümmen, dürfte die geotropische Empfindlichkeit nur geschwächt sein; vgl. jedoch hierzu das im Text Folgende. 202 ersieht man ausserdem, dass die anfängliche Wachsthumshemmung am stärksten in der dem Schnitt nächstgelegenen Zone ist. Das sind dieselben Resultate, welche ich (15, $ 79) mit geköpften Cotyledonen von Avena sativa erhalten habe.!?) Weiter fragt es sich, ob mit der Zeit nicht auch die geotropische Krümmungsfähigkeit der geköpften Wurzeln wieder hergestellt wird, woraus die Wiederherstellung der geotropischen Empfindlichkeit folgen würde, — entsprechend dem, was ich (5, $ 81) bei den Graskeim- lingen beobachtet habe. Auf diese Frage kann keine bestimmte Antwort gegeben werden, denn Niemand hat hierauf speciell geachtet: die Autoren haben das Verhalten der Wurzeln fast stets nur je einmal, und zwar meist ca, 24 Stunden nach der Decapitation notirt. Doch werden immerhin unter den Versuchen Ch. Darwin’s einige Beobachtungen angeführt, welche sich zu Gunsten der obigen Annahme deuten lassen. So z. B. (6, 450): 14 Wurzeln von Vieia Faba 1!/amm Spitze ab- geschnitten; nach 12 Stunden Controlwurzeln stark gekrümmt, decapi- tirte sämmtlich gerade; nach 24 Stunden auch mehrere der letzteren mit einer Spur von geotropischer Krümmung, eine sogar um 40° von der lorizontale abweichend. Ferner (8. 455): 9 Wurzeln von Vici« Faba die Spitze cauterisirt; nach 9%,s Stunden alle gerade; nach 24 Stunden nur 2 Wurzeln gerade, 2 mit einer Spur von geotropischer Krümmung und 5 schwach oder mässig gekrümmt, Namentlich aber der folgende Versuch mit Cneurbita vvifera (8. 462): 9 Wurzeln die 15) Es wäre interessant zu erfahren, ob nicht auch bei Cultur geköpfter Wurzeln unter Wasser, wo dieselben nach Wiesner bedeutend schneller wachsen als intacte, zunächst eine vorübergehende Verlangsamung des Wachsthums statt- findet. Ich bin nämlich geneigt zu glauben, dass die von Fr. Darwin bei Wurzeln beobachtete vorübergehende Wachsthumshemmung, ebeusu wie die von mir bei den Cotyledonen von ‚Iren« gefundene, eine Reizwirkung des Schnittes ist, welche immer in gleicher Weise eintreten dürfte, Ausserdem muss aber das Köpfen noch in anderer, von der ersteren unabhängigen Weise das Wachsthum affieieren, insofern als es den Wassergehalt des Organs beeinflusst, welcher ja ein Kaetor des Turgors und somit auch des Wachsthuns ist. Diese zweite Wirkung wird je nach den äusseren Verhältnissen verschieden ausfallen: in nur feuchten Medien, bei Abwesen- heit tropfbaren Wassers, wird der quere Sehnitt einen Wasserverlust zur Folge haben, das Wachsthum wird also fortfahren langsamer zu sein als im intacten Organ, und zwar wird die Differenz um so grösser ausfallen, je trockener das Medium; unter Wasser hingegen oder in nassen Medien wird die Wunde die Wasseraufnahme erleichtern und somit das Wachsthum begünstigen; nach einem kurzlauernden Abfall wäre also eine bedeutende Steigerung der Wachsthumsinten- sität zu erwarten; vielleicht könnte sogar das letztere Moment von Anfeng an überwiegen, so dass eine Wachsthumshemmung gar nicht in die Erscheinung tritt. — Vgl. auch 15, 85 82, 84. 203 Spitze cauterisirt; die Controlwurzein schon nach 4!/g Stunden merk- lich gekrümmt, die decapitirten noch nach 81; Stunden sämmtlich ganz gerade (obgleich sie zu dieser Zeit bereits bedeutend in die Länge gewachsen sind); nach 24 Stunden aber „bestand kein grosser Unterschied zwischen den zwei Sätzen in dem Grade ihrer Krümmung“, Derartiger Fälle sind bei Ch. Darwin noch mehrere angeführt, und vereinzelt finden sich ähnliche Beobachtungen auch bei einigen anderen Autoren. Die “nächstliegende Erklärung solcher Fälle ist jedenfalls die, dass die decapitirten Wurzeln eine Zeit lang ihrer geo- tropischen Empfindlichkeit beraubt waren, dass diese dann aber sich wiederherzustellen begann '6), Dasselbe kann auch in allen denjenigen, ziemlich zahlreichen Versuchen der Fall gewesen sein, wo die deca- pitirten Wurzeln nach 24 Stunden eine mehr oder weniger ausge- sprochene geotropische Krümmung aufwiesen, wo es aber unbekannt bleibt, wann, resp. um wie viel später als bei den intaeten Control- wurzeln, ihre Krümmung begann.'”) Ein Unterschied zwischen dem Verhalten geköpfter Grascotyle- donen und geköpfter Wurzeln besteht aber jedenfalls insofern, dass bei den letzteren die Wiederherstellung der Empfindlichkeit sich er- heblich langsamer vollzieht: die geköpften Wurzeln waren nach 24 Stunden immer noch schwächer, und zwar meist bedeutend schwächer gekrümmt als die intacten Vergleichswurzeln (während bei den Gras- eotyledonen der Unterschied nach derselben Zeit meist schon ganz ausgeglichen war); ob und nach wie langer Zeit die geotropische Krümmungsfähigkeit der geköpften Wurzeln vollständig wieder her- gestellt wurde, darüber fehlen jegliche Angaben. — Dies wäre jedoch 16) Wenn diese Erklärung richtig ist, so stehen die in Rede stehenden Fälle offenbar in Widerspruch mit der Annahme der alleinigen Empfindlichkeit «der Wurzeispitze und sprechen zu Gunsten der Annahme einer Wirkung der Ver- wundung auf die Empfindlichkeit der ganzen wachsenden Region, Mit der ersteren Annahme lassen sich diese Fälle nur mit Hilfe der weiteren Hypothese vereinigen, dass bei den betreffenden Wurzeln noch ein Theil des empfindlichen Gewebes erhalten blieb, und dass die Krümmungsfähigkeit von Anfang an nicht aufgehoben, sondern nur sehr stark vermindert war, so dass die Krümmung sehr langsam verlief und erst nach langer Zeit bemerkbar wurde. Der oben eitirte Versuch Darwin's mit Cucurbita lässt sich aber auch hiermit nicht in Einklang bringen. 17) Man sicht hieraus von Neuem, wie wenig der auf 8. 182 besprochene Ver- such Detlefsen’s beweisend gegen die Aufhebung der geotropischen Krümmungs- fähigkeit durch Decapitation ist. Auch wenn thatsächlich die Abwärtskrümmung der 6 Wurzeln eine geotropische gewesen sein sollte, so liegt noch die Möglichkeit vor, dass die geotropische Krümmungsfähigkeit zwar aufgehoben wurde, nach 24 Stunden aber theilweise bereits wieder hergestellt war. 204 nur ein quantitativer, secundärer Unterschied, der uns nicht Wunder nehmen kann, denn eine vollkommene Analogie des Verhaltens so verschiedenartiger Organe wie Cotyledonen und Wurzeln kann gar nicht erwartet werden. Im Obigen wurde das Verhalten der Minderheit der geköpften Wurzeln in Betracht gezogen. Die grosse Mehrzahl derselben ver- hielt sich anders, sie wies nämlich nach 24 Stunden gar keine geo- tropische Krümmung auf. Es fragt sich aber, ob bei längerer Ver- suchsdauer nicht auch diese Wurzeln sich gekrümmt hätten, noch vor der Regeneration des Vegetationspunktes oder unabhängig von der- selben; in solchem Falle würde das individuell verschiedene Verhalten decapitirter Wurzeln nicht darin seinen Grund haben, dass die Auf- hebung der geotropischen Empfindlichkeit bald vollständig, bald un- vollständig ist, sondern darin, dass sie bald früher, bald später vorüber- geht. Einzelne Daten in der Litteratur sind mit solch einer Annahme vereinbar, einzelne andere scheinen ihr zu widersprechen; bei weitem die meisten der vorliegenden Versuche lassen aber gar keinen Schluss in dieser Hinsicht zu, da sie nicht länger als 24 Stunden fortgeführt wurden. Selbstverständlich lege ich den auf den letzten Seiten gemachten Bemerkungen nur die Bedeutung rein hypothetischer Annahmen bei; weiter zu gehen ist gegenwärtig nicht möglich, da faktische Daten fast vollständig fehlen, und desshalb verzichte ich auch auf die Analyse weiterer Möglichkeiten. Ich wollte nur die Aufmerksamkeit auf einige der Fragen lenken, welche bei einer neuen Untersuchung des Ver- haltens decapitirter Wurzeln zu beachten wären. Dass eine solche neue Untersuchung nothwendig ist, ergibt sich aus der bisherigen Be- sprechung wohl deutlich genug. Dabei wird man jedenfalls die Analogie mit dem Verhalten geköpfter Grascotyledonen im Auge behalten müssen. Je weitgehender sich die Uebereinstimmung bei näherer Untersuchung erweist, desto wahrscheinlicher wird es werden, dass auch die Ursache in beiden Fällen dieselbe ist, d. i., dass die Folgen des Köpfens auch bei den Wurzeln nicht durch die Abwesenheit der Spitze, sondern durch die Verletzung an sich bedingt sind. Wenn sich letzteres als richtig herausstellen sollte, so würde daraus folgen, dass diejenige Region der Wurzeln, in welcher die geotropische Krümmung ausgeführt wird, dureh die einseitige Wirkung der Schwer- kraft direkt gereizt wird; dies würde aber noch keineswegs die Mög- lichkeit ausschliessen, dass auch die Wurzelspitze empfindlich ist und durch Uebertragung eines geotropischen Reizes auf den rückliegenden 205 Theil die Krümmung beeinflusst. Die in meiner eitirten Arbeit studirte Vertheilung der heliotropischen Empfindlichkeit in den ober- irdischen Organen verschiedener Keimlinge gibt uns einen Fingerzeig bezüglich der Möglichkeiten, mit denen wir hier zu rechnen haben. Die Spitze kann in höherem Grade empfindlich sein als das ganze übrige Organ, wie im Cotyledo von Arena, im Ilypocotyl von Brassica (15, 88 13—20, 35—39), und überhaupt bei der Mehrzahl der unter- suchten Keimlinge; in solehem Falle verstärkt der von der Spitze ausgehende Reiz die Krümmungsfähigkeit des ganzen Organs mehr oder weniger bedeutend. Oder aber die Empfindlichkeit kann in der ganzen wachsenden Region, mit Einschluss der Spitze, gleich gross sein, wie z. B. im Epieotyl und in den Blattstielen von Tiropaeolum (1. c., $$ 42, 54); alsdann kann zwar ebenfalls ein Reiz von der Spitze aus transmittirt werden, aber derselbe beeinflusst die Krümmung des Organes in merklicher Weise nur dann, wenn die direkte Reizung des übrigen Theiles der wachsenden Region ausgeschlossen ist. Beide Fälle könnten auch in den geotropischen Wurzeln realisirt sein. So müssen wir denn für die letzteren folgende drei a priori möglichen Fälle der Vertheilung der geotropischen Empfindlichkeit im Auge haben: 1. Nur eine relativ kurze Spitzenregion ist geotropisch empfind- lich; die Krümmung der Wurzel wird ausschliesslich durch die Reiz- fortpflanzung von der Spitze aus bedingt. 2. Die ganze wachsende Region ist geotropisch empfindlich, die Spitze aber in höherem Grade als der übrige Theil; die Krümmung der Wurzel wird zwar nicht ausschliesslich, wohl aber zu einem mehr oder weniger erheblichen Theil durch die Reizfortpflanzung von der Spitze aus bedingt. 3. Die ganze wachsende Region ist in gleichmässigem Grade geotropisch empfindlich; die Krümmung der Wurzel ist unter normalen Bedingungen von einer Reizfortpflanzung von der Spitze aus unab- hängig, obwohl eine solche Reizfortpflanzung stattfinden kann.'®) 18) Denkbar ist auch noch der weitere Fall, dass die Empfindlichkeit der ganzen wachsenden Region mit Ausnahme der Spitze zukommt; dies scheinen Sachs, Wiesner u. A. anzunehmen, welche es für sehr unwahrscheinlich halten, dass ein embryonales Gewebe reizbar sein sollte. Ich kann aber umgekehrt gar keinen Grund einsehen, warum ein embryonales Gewebe nicht sollte reizbar sein können. Die Wurzelspitze nimmt allerdings an der geotropischen Krümmung selber nicht theil, — dies ist jedoch möglicherweise nur eine nothwendige Folge ihrer sehr geringen Wachsthumsintensität. Bei gleicher Empfindlichkeit beginnen sich die Zonen eines oylindrischen Organs um so früher geotropisch zu krümmen, 206 Eine experimentelle Entscheidung darüber, welcher von diesen Fällen in der Natur realisirt ist, wäre nur auf einem Wege möglich: durch Eliminirung der einseitigen Einwirkung der Schwerkraft auf die Spitze ohne Verletzung der Wurzel. Aber so weit ich sehe, gibt es kein Mittel, die besagte Einwirkung von einem Theil eines Organs auszuschliessen, ohne sie auch von den übrigen Theilen desselben auszuschliessen, und daher ist keine Hoffnung vorhanden experimentell feststellen zu können, wie die geotropische Empfindlichkeit in Pflanzen- organen überhaupt und speciell in den Wurzeln vertheilt ist. Wir werden in dieser Frage voraussichtlich immer dazu verurtheilt sein uns mit indireeten Schlüssen zu begnügen!?), welche nur einen grösseren oder geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit gewähren; hauptsächlich werden wir unser Urtheil auf die Analogie mit der Vertheilung der Empfindlichkeit für andere Reizursachen stützen müssen, denen gegen- über wir uns in einer günstigeren Lage befinden als gegenüber der Schwerkraft, da wir sie mehr in unserer Gewalt haben. Wir kennen die Vertheilung der heliotropischen Empfindlichkeit in den oberirdischen Organen verschiedener Keimlinge, — allein hieraus einen Analogieschluss auf die Vertheilung der geotropischen Em- pfindlichkeit in Wurzeln zu ziehen, wäre zu gewagt. Weit über- zeugender wäre die Analogie mit der Vertheilung der Empfindlich- je schneller sie wachsen; daher wird die Spitzenzone, bevor sie noch beginnen kann sich zu krümmen, schon passiv, durch die Krümmung der intensiv wachsenden rückliegenden Zonen, in eine Lage gebracht werden, in der sie der einseitigen Wirkung der Schwerkraft entzogen ist. Der normale Verlauf der Krümmung gibt uns deshalb keinen Anhaltspunkt zur Entscheidung, ob die Spitzenregion der Wurzel krümmungsfühig (und somit empfindlich) ist oder nicht. Diese Frage wird sich aber voraussichtlich unschwer experimentell entscheiden lassen, indem man die Krümmung der rückliegenden Zonen mechanisch verhindert, so dass die Wurzel- spitze genügend lange Zeit der einseitigen Einwirkung der Schwerkraft ausgesetzt bleibt (vgl. meine analogen Versuche mit Stengelorganen: 15, 8 65). — Dass übrigens die Wurzelspitze thatsächlich für gewisse Reizursichen empfindlich ist das ist experimentell festgestellt (s. unten die Abschnitte über Hydrotropismus und Galvanotropismus). 19) Für die Cotyledonen von Arena satira und Phalaris canariensis habe ich (15, 3 77) freilich den, wie ieh glaube, zwingenden Beweis erbringen können, dass eine kurze Spitzenregion in besonders hohem Grade geotropisch empfindlich ist; aber erstens ist die angewandte, hier nicht zu erörternde Methode (welehe übrigens ebenfalls indireet ist) nur für. die wenigsten Objeete anwendbar, und zweitens erlaubt sie nicht zu entscheiden, ob der übrige Theil der wachsenden Region nur weniger empfindlich ist als die Spitze, oder ob er gar nicht empfindlich ist. Ein vollständiger Aufschluss über die Vertheilung der geotropischen Empfindlichkeit ist also auch für die genannten Objeete nicht gewonnen, "rn en 207 keit gegen andere Reizursachen in den Wurzeln selbst. Wir wollen nunmehr zusehen, welche Schlüsse hierüber sich aus der vorhandenen Litteratur ableiten lassen. Heliotropismus, Hydrotropismus und Galvanotropismus. Bezüglich dieser drei Riehtungsreizerscheinungen ?®) der Wurzeln ist ebenfalls die Behauptung aufgestellt worden, dass allein die Wurzelspitze empfindlich ist und die Krümmung ausschliesslich durch die Uebertragung des Reizes von ihr aus bedingt wird. Was zunächst den Heliotropismus anbetrifft, so liegen nur die Versuche Darwin’s mit den apheliotropischen Wurzeln von Sinapis alba vor (5, 412—-414). In diesen Versuchen krümmten sich 41 intacte Controlwurzeln sämmtlich vom Licht weg, mit nur zwei zweifel- haften Ausnahmen; 54 anderen Wurzeln wurde die Spitze mit Höllen- stein cauterisirt: von diesen blieben 28 ungekrümmt, 1 blieb zweifel- haft, und 25 „krümmten sich in der normalen Art und Weise vom Lichte ab“. Solch ein Resultat spricht nieht zu Gunsten der These Darwin’s, „dass die Empfindlichkeit für das Lieht in der Spitze des Würzelchens ... . ihren Sitz hat“; die Thatsche, dass bei fast der Hälfte der cauterisirten Wurzeln die heliotropische Krümmungs- fähigkeit nicht nur nicht aufgehoben, sondern nicht einmal vermindert war, spricht vielmehr weit eher dagegen. Aber selbst wenn wir nur diejenigen Wurzeln in Betracht ziehen wollten, welche sich nicht gekrümmt haben, so bliebe dennoch Darwin’'s Schluss nur eine Hypothese; denn der prineipielle Einwand, welcher sehon bezüglich des Geotropismus erhoben wurde — dass nämlich die Aufhebung der Krümmungsfähigkeit nicht durch die Abwesenheit der Spitze, sondern durch die Verletzung an sich bedingt sein kann --, gilt natürlich auch 20) Für den Hydrotropismus wurde von Molisch (13, 927---930), für den Gal- vanotropismus von Müller-Hettlingen (l4, 208, 214) behauptet, dass (dieselben durch einseitige Schädigung der Wurzelspitze verursachte, der sog. Dar win'schen Krümmung analoge Erscheinungen seien (Molisch bezeichnet den Hydrotropismus sogar direet als „Speeialfall der Darwin'schen Krünmung®); hiernach wären die- selben keine dem Gieotropismus und Heliotropismus an die Seite zu stellenden Rich- tungsreizerscheinungen. Das sind aber nichts weiter als unbegründete Behauptungen ; selbst die für eine Parallelisirung mit der Darwin’schen Krümmung nothwentlige Voraussetzung (deren Zutreffen aber noch durchaus keinen ausreichenden Beweis für die Richtigkeit dieser Parallelisirung bilden würde), nämlich dass nur die Wurzelspitze hydrotropisch und galvanotropisch empfindlich sei, ist nicht bewiesen; die genannten Autoren glaubten dies allerdings bewiesen zu haben, sie befanden sich aber, wie gezeigt werden soll, in dieser Hinsicht im Irrthum, 208 hier und überhaupt allgemein. Daher darf aus Versuchen mit deca- pitirten Wurzeln überhaupt nie geschlossen werden, dass die Empfind- lichkeit gegen irgendwelche Reizursache in der Wurzelspitze localisirt ist, — es bleibt immer die zweite Möglichkeit, dass die ganze wachsende Region empfindlich ist, deren Empfindlichkeit aber durch die Verletzung aufgehoben wird. Dies werde ich weiterhin als bekannt voraussetzen, Von den späteren Autoren sind die angeführten Versuche Dar- win’s weder wiederholt noch durch bessere ersetzt worden. Ich habe mich bemüht die Vertheilung der heliotropischen Empfindlichkeit in den Wurzeln von Chlorophytum Sternbergianum mit Hilfe partieller Verdunkelung zu untersuchen (I5, Anmerkung am Schluss des $ 60), doch konnte ich wegen technischer Schwierigkeiten mein Vorhaben nicht ausführen. Die Frage über die Vertheilung der heliotropischen Empfindlichkeit in den Wurzeln bleibt also bis jetzt gänzlich offen. Eine etwas reichere Litteratur hat die Frage über die hydro- tropische Empfindlichkeit der Wurzelspitze aufzuweisen, welche ebenfalls durch Darwin (5, 154—159) angeregt worden ist. Die betreffenden Versuche, welche Darwin mit vier Pflanzenspecies ausge- führt hat, können ebenfalls nieht überzeugend genannt werden. Zur Ausschliessung des einseitigen Zutritts von Wasserdampf zur Wurzel- spitze benutzte Darwin drei Verfahren: 1. Umwickelung der Spitze mit nassem Goldschlägerkäutehen, 2. bestreichen derselben mit einem Gemisch von Olivenöl mit Russ, 3. eauterisiren mit Höllenstein. Das erste Verfahren ist, theoretisch wenigstens, einwandfrei, da es kaum irgendwelche störende Nebenwirkungen haben kann, — dafür ergab es aber ein sehr unbestimmtes Resultat: in dem einzigen Versuch (5. 156), wo es zur Anwendung gelangte, krümmten sich von 11 Wur- zeln 6 stark, 2 schwach und nur 3 (d. i. 27 °%/o) krümmten sich gar nieht; dies spricht eher gegen als für die Localisation der hydro- tropischen Empfindlichkeit in der Wurzelspitze, — umsomehr wenn man in Betracht zieht, dass auch unter den Controlwurzeln ein nicht viel kleinerer Procentsatz sich nicht hydrotropisch krümmte (bei Phuseolus multiflorus 170%/,, bei Pieia Faba 1990, — aus Darwin’s Daten berechnet). — Das Cauterisiren ist, wie soeben erst hervorgehoben, ein in dieser Frage unzulässiges Verfahren; bei den Versuchen, wo dasselbe angewandt wurde, brauchen wir uns also nicht aufzuhalten, ich bemerke nur, dass auch in diesen Versuchen ein zum Theil ziem- lich erheblicher Procentsatz der Wurzeln sich hydrotropisch krümmte, einige der ceauterisirten Wurzeln krümmten sich sogar „stark“. 209 Letzteres bezieht sich endlich auch auf die Versuche, in denen die Spitze mit dem Oelgemisch bestrichen wurde. In einem derartigen Versuch (8. 158) blieb sogar nur eine von 8 Wurzeln ungekrümmt, während sich 2 schwach und 5 stark krümmten. Andere Versuche derselben Art waren allerdings für Darwin’s These günstiger; aber als beweisend kann man sie nicht gelten lassen, da die Unsehädlichkeit des Bestreichens der Wurzelspitze mit dem Oelgemisch keineswegs ausser Zweifel steht; um sich zu überzeugen, ob dies Verfahren keine die Krümmung störenden Nebenwirkungen hat, wären besondere Controlversuche erforderlich gewesen, die wir bei Darwin vermissen, Wiesner (l8, 130—134) macht mehrere Einwände gegen die Beweiskraft der Darwin’schen Experimente geltend, — u. a. weist er mit Recht darauf hin, dass das Bestreichen mit Oelgemisch nicht bloss den Wasserdampf, sondern auch den zum normalen Leben un- umgänglichen Sauerstoff von der Wurzelspitze ausschliesst. Versuche, welche Wiesner mit geköpften Wurzeln ausführte, bestätigten in Bezug auf das Thatsächliche die Angaben Darwin’s: die Mehrzahl hatte ihre kydrotropische Krümmungsfähigkeit eingebüsst, einige aber krümmten sich. — Seine Schlussfolgerung drückt Wiesner diesmal ziemlich vorsichtig aus: er erklärt es für sehr wahrscheinlich, „dass es nicht die Wurzelspitze ist, von welcher die hydrotropische Krüm- mung ausgeht“, und dass die geköpften, cauterisirten und mit Oelge- gemisch behandelten Wurzeln nur darum sich selten hydrotropisch krümmen, weil sie sich in einem abnormen Zustand befinden. Detlefsen lässt n dem kurzen Abschnitt seiner Arbeit (7, 646-647), weleher dem IIydrotropismus gewidmet ist, solch eine löbliehe Vorsicht leider vermissen. Nach einigen spöttischen Be- merkungen über die von Darwin benutzten Methoden (eine Kritik kann man das unmöglich nennen) stellt er mit grosser Zuversicht die Behauptung auf, dass der einseitige Feuchtigkeitszutritt auf die ganze wachsende Region der Wurzel direct einwirkt. Zum Beweis wird ein ein- ziger Versuch mit 6 geköpften Wurzeln angeführt, von denen sich nach 24 Stunden vier hydrotropisch gekrümmt hatten, Ob dieselben sich nicht vielleicht weit später zu krümmen begannen und einen geringeren Grad von Krümmung erreichten als intacte Controlwurzeln, das bleibt unbekannt, denn Controlwurzeln fehlten in diesem Versuch (wenigstens gibt der Verfasser nichts darüber an). Eine Fehlerquelle ist ferner darin gegeben, dass die Wurzeln nutirten; nur 3 Wurzeln waren gerade nach der Feuchtigkeitsquelle hin gekrümmt, die vierte schräg nach ihr hin, die zwei übrigen schräg von ihr weg. Solch ein Ver- Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 14 210 such kann nur demjenigen entscheidend vorkommen, wer schon im Voraus entschieden hat. Molisch, dem wir die eingehendste Untersuchung des Hydro- tropismus verdanken, hat einen Abschnitt seiner Arbeit (l3, 921-926) der uns beschäftigenden Frage gewidmet. Er wiederholte zunächst die Versuche seiner Vorgänger und fand, in Uebereinstimmung mit Dar- win’s und Wiesner’s Angaben, dass von den Wurzeln, deren Spitzen abgeschnitten, cauterisirt oder mit Öelgemisch behandelt wor- den waren, nur wenige sich hydrotropisch krümmten. Er bemerkt mit Recht, dass diese Ausnahmen nicht ohne Weiteres als beweisend gegen Darwin’s Ansicht betrachtet werden dürfen: ungleichmässiges Auftragen des Oelgemisches oder ein etwas schief geführter Schnitt können durch einseitig überwiegende Beschädigung der Wurzelspitze Darwin’sche Krümmung hervorrufen, welche, wenn sie zufällig nach der Feuchtigkeitsquelle hin gerichtet ist, fälschlich für eine hydrotro- pische gehalten werden kann (eine zweite analoge Fehlerquelle bilden, wie ich hinzufügen möchte, die autonomen Nutationen geköpfter Wurzeln); andererseits kann aber auch eine angestrebte hydrotro- pische Krümmung leicht durch Darwin’sche Krümmung verdeckt werden. Daher können Versuche mit in irgendwelcher Weise be- schädigten Wurzeln kaum beweisend sein, weder für noch gegen Darwin (was, wie wir bereits sahen, auch noch aus einem ganz anderen und allgemeingiltigeren Grunde zutrifft). In Anbetracht dessen griff Molisch zu einer prineipiell ver- schiedenen Versuehsanstellung, bei der eine Verletzung der Wurzel ausgeschlossen ist. Er umwickelte die ganze wachsende Region der Wurzel, mit Ausschluss der Spitze, mit einem Streifen nassen Seiden- papiers, uni sorgte dafür, dass im Laufe des Versuches die Länge der freien Spitze niemals 1—1Y/a mm überstieg. So war der grösste Theil der wachsenden Region rings von tropfbarem Wasser umgeben und folglich vor einer direeten hydrotropischen Reizung geschützt, während eine kurze Spitzenregion derselben ausgesetzt werden konnte. In mehreren Versuchen mit Ze« Mais, welche in dieser Weise aus- geführt wurden, krümmten sich im Laufe von 6 Stunden alle Wurzeln hydrotropisch, und zwar lag der Ort der sehärfsten Krümmung in dem von Wasser umgebenen Theil der wachsenden Region; auch mit Phuscolus multiflorus wurde ein ebensolches, wenn auch weniger schönes Resultat erzielt. Dies ist ein sehr interessanter und wichtiger Versuch. Derselbe beweist direct, dass die Wurzelspitze hydrotropisch empfindlich ist 211 und dass von ihr aus der hydrotropische Krümmungsreiz sich zum rückliegenden Theil der Wurzel fortzupflanzen vermag. Seine Be- deutung ist um so grösser, als durch ihn zum ersten Mal die Empfind- lichkeit der Wurzelspitze für eine riehtende Reizursache wirklich erwiesen und die Meinung, dass ein embryonales Gewebe nicht reizbar sein könne, widerlegt worden ist. Molisch überschätzt jedoch die Tragweite seines Versuches und verfällt in einen mir unbegreiflichen Irrthum, wenn er gleich- zeitig auch die Ansicht Darwin’s bewiesen zu haben meint. Dar- win hat doch nicht bloss behauptet, dass die Wurzelspitze hydro- tropisch empfindlich ist, das Wesentliche seiner Theorie besteht vielmehr darin, dass die Empfindlichkeit in der Wurzelspitze localisirt ist, die ganze übrige wachsende Region der Wurzel hin- gegen der Empfindlichkeit ermangelt. Nun schliesst Molisch’s Ver- such offenbar keineswegs die Möglichkeit aus, dass nicht nur die Spitze, sondern auch die ganze übrige wachsende Region der Wurzel hydrotro- pisch empfindlich sei. Ich möchte hier an meine heliotropischen Versuche mit den Epicotylen und Blattstielen von Tropaeolum minus (15, 8$ 42, 47,54) erinnern: wurde das ganze Organ bis auf eine kurze Spitzenregion verdunkelt und nur die Letztere einseitig beleuchtet, so trat in der ganzen wachsenden Region eine starke Lichtwärtskrümmung ein, — die Spitze ist also heliotropisch empfindlich und der von ihr aus übertragene Reiz ist für sich ausreichend um eine starke Krümmung des Organs zu veranlassen (dieser Versuch ist dem Molisch’schen vollkommen analog); wurde aber andererseits die Spitzenregion ver- dunkelt und das übrige Organ einseitig beleuchtet, so krünmıte es sich ebenso stark, als ob es in seiner ganzen Länge beleuchtet worden wäre, — also ist die ganze wachsende Region in demselben Grade heliotropisech empfindlich wie die Spitze, und vermag sich auch ohne Zuthun eines von der Spitze aus zugeleiteten Reizes norınal zu krümmen. Dasselbe könnte natürlich auch bezüglich des Hydrotropismus der Wurzeln der Fall sein; überhaupt lässt der Molisch’sche Versuch bezüglich der Vertheilung der hydrotropischen Empfindlichkeit alle die drei Möglichkeiten offen, welche auf Seite 205 zunächst für die Vertheilung der geotropischen Empfindlichkeit statuirt wurden, und schliesst nur die vierte, in der Anm. 18 besprochene Möglichkeit aus. Um zwischen diesen drei Möglichkeiten zu entscheiden, müsste der Molisch’sche Versuch gewissermaassen umgekehrt werden: man müsste die Wurzel- spitze allein mit nassem Seidenpapier umwickeln oder sonstwie con- tinuirlich nass halten, und in diesem Zustande die Wurzeln einseitigen 14 212 Wasserdampfzutritt aussetzen. Würden sich unter diesen Bedingungen die Wurzeln gar nicht krümmen, so wäre dies ein Beweis für die Locali- sation der hydrotropischen Empfindlichkeit in der Wurzelspitze; würden sie sich ebenso schnell und ebenso stark krümmen wie die Controlwur- zeln (ohne nasses Papier an der Wurzelspitze), so würde folgen, dass die hydrotropische Empfindlichkeit in der rückliegenden Region der Wurzel ebenso gross ist, wie in der Spitze; wenn endlich die Krümmung später einträte oder schwächer bliebe als bei den Controlwurzeln, so könnte man schliessen, dass die Wurzelspitze zwar nicht aus- schliesslich, wohl aber in höherem Grade hydrotropisch empfindlich ist als die übrige wachsende Region. Man müsste jedoch die Schluss- folgerungen sehr vorsichtig ziehen, unter Berücksichtigung der mannig- fachen Fehlerquellen, welehe bei dieser Versuchsanstellung möglich sind. Einen derartigen Versuch hat, wie oben angeführt wurde, schon Darwin unternommen, er erzielte aber ein ganz unbestimmtes Resultat.” 21) Wie Herr Geheimrat Prof. Pfeffer mir mitgetheilt hat, ist der postulirte Versuch in seinem Laboratorium mehrfach ausgeführt worden, zuerst von ihm selbst, und später als Ucbungsversuch auch von mehreren Praktikanten; der Erfolg war ein positiver, d. i. für die Beschränkung der hydrotropischen Empfindlichkeit auf die Wurzelspitze beweisender. Solange indess die Versuchsanstellung nicht in allen Details bekannt geworden ist, kann ich mich dennoch nicht entschliessen, die Frage als entschieden anzusehen, da, wie gesagt, eine Reihe von Fehlerquellen möglich ist, von denen vielleicht die eine oder die andere unberücksichtigt ge- blieben sein könnte. Die Fehlerquellen sind folgende: 1. Bei den Wurzeln von Zea Mais, welche am meisten zu hydrotropischen Versuchen benutzt zu werden "Dilegen, ist die wachsende Region oft nur + mm lang; man läuft daher Ütefahr, dass die durch nasses Seidenpapier vor hydrotropischer Reizung geschützte Spitze einen wesentlichen Theil der ganzen krümmungsfähigen Region ausmachen und vielleicht bis in die Zone des maximalen Wachsthum» hineinreichen könnte, was (ie Beweiskraft des Resultats vermindern würde. Die Länge der vor hydrotropischer Reizung ge- und überdies wäre es erwünscht zu wissen, wie lang bei den Versuchswurzeln die wachsende Region war und wo das Wachsthumsmaximum lag. 2. Es dürfte nicht leieht zu bewerk- o schützten Spitze müsste also gering sein — nicht über Imm —, stelligen sein, dass ein so kurzer Conus von nassem Seidenpapier nicht von der Wurzelspitze herabfällt, es sei denn, dass er mit einem gewissen Druck auf sie auf- geschoben wird. Nun kann aber (wie ich mich beim Aufsetzen von kleinen Stanniol- käppehen auf die Spitze der relativ kräftigen Wurzeln von Chlorophytum über- zeugte, — vgl. 15, die Anm. am Schluss des $ 60), selbst ein leichter Druck auf die Spitze die Krümmungsfähigkeit der Wurzeln beeinträchtigen oder sogar ver- niehten. Es wäre daher erforderlich, sieh nach Abschluss des Versuches und Entfernung des Papiereonus zu überzeugen, ob die Versuchswurzeln nunmehr sich wormal hydrotropisch krümmen. 3. Aus dem nassen Papierconus wird Wasser 213 Galvanotropismus. Brunchorst hat in seiner zweiten Mittheilung über diesen Gegenstand (3), den wie mir scheint end- gültigen Beweis erbracht, dass Wurzeln, wenn sie in Wasser ein- tauchen, durch welches ein galvanischer Strom geht, gleichzeitig zwei prineipiell verschiedene Einwirkungen erfahren. Die eine Wirkung besteht in einer Beschädigung und Wachsthumshemmung der der positiven Elektrode zugekehrten Seite der Wurzel durch die von dieser Elektrode aus diffundirenden Elektrolyten; als mechanische Folge der einseitigen Wachsthumshemmung ergibt sich eine nach der positiven Elektrode gerichtete Krümmung der Wurzel. Diese Krüm- mung ist keine Reizerscheinung und verdient somit gar nicht als galvanotropische bezeichnet zu werden, — man kann sie mit Müller- Hettlingen nach ihrem Entdecker die Elfving’sche Krüm- mung nennen; sie bietet für uns kein Interesse dar. Ausserdem übt der Strom aber auch eine Reizwirkung auf die Wurzeln aus, welche dieselben veranlasst sich nach der negativen Elektrode zu krümmen: dies ist die galvanotropische Krümmung, mit der wir uns beschäftigen wollen. Normalerweise wirken beide Krümmungsbe- strebungen einander entgegen, und das Resultat fällt je nach der Stromdichte verschieden aus: bei grosser Stromdiehte ist die schädi- gende Wirkung der positiven Elektrolyten so stark, dass sie den Gal- vanotropismus überwindet, und die Wurzein führen die Elfving’sche Krümmung aus; bei geringen Stromdiehten überwiegt im Gegen- theil die Reizwirkung des Stromes, und die Wurzeln krümmen sich galvanotropisch. Die galvanotropische Empfindlichkeit der Wurzelspitze wurde sowohl von Müller-Hettlingen als auch von Brunchorst con- statirt. Ersterer (l4, 208) brachte Keimpflänzehen auf eine Glimmer- platte oder ein Deekglas, welches auf einem nassen, von einem gal- ringsum verdunsten, und dies wird die hygrometrische Differenz in der benachbarten Region der Wurzeln vermindern, — ein Umstand, der namentlich bei Wurzeln mit kurzer krümmungsfähiger Region eine bedenkliche Fehlerquelle bilden dürfte, 4, Möglicherweise ist der rückliegende Theil der Wurzel zwar hydrotropisch empfindlich, aber in geringerem Grade als die Spitze, so dass durch den Ausschluss der Reizung der letzteren die hydrotropische Krümnmungsfähigkeit der Wurzeln stark vermindert wird, also die Krümmung später beginnt und langsamer fortschreitet als unter normalen Verhältnissen. Um diese Möglichkeit auszuschliessen, müssten die Versuche ziemlich lange ausgedehnt werden: die Constatirung, dass die Ver- suchswurzeln noch gerade sind, während die Controlwurzeln sich schon deutlich gekrümmt haben, würde die bezeichnete Möglichkeit noch nicht widerlegen. 214 vanischen Strom durchströmten, horizontal liegenden Flanell-Lappen ruhte; nur die Wurzelspitze ragte über den Rand der isolirenden Unterlage hervor und wurde bald durch geotropische Krümmung in Berührung mit dem Flanell gebracht. Auf diese Weise war also die Wurzelspitze allein dem galvanischen Strom ausgesetzt; trotzdem trat die galvanotropische Krümmung der Wurzel „so deutlich und sicher wie je“ ein. Nähere Details werden nicht angegeben. — Brunchorst (2, 216) benutzte eine einfachere Versuchsanstellung: er brachte die Wurzeln (von Phaseolus) so an, dass nur die Spitzen derselben — in einer während der Versuchsdauer die Länge von 2 mm nicht überschreitenden Ausdehnung — in Wasser eintauchten, welches von einem galvanischen Strom geeigneter Dichte durchströmt wurde. Schon nach fünf Stunden war bei allen (7) Wurzeln, in dem oberhalb des Wassers befindlichen Theil, eine „sehr deutliche“ gal- vanotropische Krümmung eingetreten. Diese beiden, im Prineip übereinstimmenden Versuche sind dem oben besprochenen Molisch’schen Versuch vollkommen analog und beweisen für den Galvanotropismus dasselbe, wie jener für den Hydrotropismus, nämlich dass die Wurzelspitze galvanotropisch em- pfindlich ist und dass der von ihr aus übermittelte Reiz genügt, um die Krümmung der Wurzel zu veranlassen.) Wenn nun aber Brun- ehorst meint durch seinen Versuch bewiesen zu haben, dass die 22) Den positiven Resultaten der beiden eitirten Autoren stehen freilich auch widersprechende Angaben gegenüber. Elfving (20, 262) beobachtete, als er in derselben Weise wie Brunchorst nur die Wurzelspitze einem galvanischen Strom aussetzte, überhaupt keine Krümmung. Rischawi (23, 44—45) liess ver- schieden starke Ströme zwischen nur stecknadelkopfgrossen Platinelektroden passiren, welche er zu beiden Seiten der Spitze einer in Wasser tauchenden Wurzel an- brachte: er konnte bei dieser Versuchsanstellung nie galvanotropische Krümmungen constatiren; zuweilen traten allerdings Krümmungen auf, dieselben zeigten aber keine Beziehung zur Stromrichtung. Auf diese negativen Befunde ist indessen weit weniger Gewicht zu legen als auf positive Ergebnisse, Letztere lassen, soviel ich sehe, keine andere Erklärung zu als die im Text gegebene, während das Nicht- eintreten einer Reaction in den verschiedensten unvorhergesehenen Umständen seinen Grund haben kann. Auch muss bemerkt werden, dass galvanotropische Krümmungen in dem im Text definirten Sinne von Elfving gar nicht (ausgenommen bei Brassice oleracea) und von Rischawi (mit derselben Ausnahme) nur selten und in schwachem Grade beobachtet wurden, im Gegensatz zu den sehr bestimmten Angaben der beiden anderen Autoren. Woran diese Differenz liegen mag, bleibt unbekannt, — wie denn überhaupt die Litteratur des Galvanotropismus, trotz ihres geringen Umfanges, ziemlich reich an unaufgeklärten Widersprüchen ist. 215 galvanotropische Empfindlichkeit auf die Wurzelspitze beschränkt ist, so verfällt er in denselben Irrthum, von dem schon gelegentlich des Molisch’schen Versuches die Rede war; in Wirklichkeit bleibt «ie Frage durchaus offen, ob nicht auch die ganze übrige krümmungsfühige Region der Wurzel ebenfalls galvanotropisch empfindlich ist, sei es in gleichem, sei es in geringerem Crade als die Spitze. Eine Ver- suchsanstellung, welche gestatten würde über die Vertheilung der galvanotropischen Empfindlichkeit Aufschluss zu erlangen, dürfte sich leider nicht leicht finden lassen, Brunchorst stützt seinen Schluss allerdings nicht nur auf den bereits angeführten Versuch, sondern hauptsächliah auf Versuche mit decapifirten Wurzeln, welche er mit mehreren Objecten ausführte (2, 215, 216). Bei derselben Stromdichte, bei welcher sich intacte Wurzeln ausgesprochen galvanotropisch krümmten, blieben die deca- pitirten Wurzeln entweder gerade, oder führten eine schwache Elfving’sche Krümmung aus. Hieraus geht hervor, dass decapi- tirte Wurzeln ihre galvanotropische Empfindlichkeit ebenso eingebüsst haben wie die geotropische; aber es braucht wohl nicht nochmals aus- einandergesetzt zu werden, dass dies durchaus keinen Schluss darüber zulässt, wie die Empfindlichkeit in unverletzten Wurzeln vertheilt ist. Thermotropismus und Aörotropismus. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen HReizerscheinungen wird bezüglich des T'hermotropismus und des Aörotropismus angegeben, dass die Reactionsfähigkeit der Wurzeln durch Decapitation nieht alterirt wird, dass also für einseitige Erwärmung und für die eim- seitige Wirkung gewisser Gase nicht bloss die Wurzelspitze, sundern die ganze wachsende Region der Wurzeln empfindlich ist. Wortmann (22, 232-233) beobachtete bei den Wurzeln ver- schiedener Pflanzen, denen 1, 1,5 oder selbst 2 mn Spitze abgeschnitten war, durchgängig sehr energische apothermotropische??) Krümmungen, welche ebenso schnell eintraten, wie es bei unverletzten Wurzeln der Fall zu sein pflegte; hier scheint also die Krümmungsfähigkeit dureh das Köpfen nicht einmal in merklichem Grade vermindert worden zu sein. Bezüglich des Prosthermotropismus??) sind Wortmann’s Be- obachtungen zu wenig zahlreich und zu wenig übereinstimmend, um 23) Ueber diese Ausdrucksweise vgl. meine Bemerkung in I5, 4—5, Anm. 216 überzeugend zu sein: der Autor untersuchte in dieser Hinsicht im Ganzen nur vier geköpfte Wurzeln, von denen sich zwei nach der Wärmequelle, die zwei übrigen aber ohne Beziehung zu dieser krümmten; dies ist nicht beweisend für die These Wortmann’s, aber auch nicht gegen dieselbe, denn es muss in Betracht gezogen werden, dass auch in seinen Versuchen mit intacten Wurzeln meist ein bedeutender Procentsatz sich nicht prosthermotropisch krümmte, Wenigstens bezüglich des Apothermotropismus erscheint es also als sicher, dass bei unverletzten Wurzeln die ganze wachsende Region in nieht geringerem Grade als die Wurzelspitze thermotropisch empfind- lich ist, und dass die thermotropische Empfindlichkeit durch den mit der Decapitation verbundenen Schnitt nicht beeinflusst wird. Ersteres trifft, wie wir sahen, vielleicht auch für die anderen bisher besprochenen Reizerscheinungen zu; Letzteres würde aber jedenfalls einen bemerkenswerthen Unterschied zwischen ihnen und dem Ther- motropismus bilden. Das Bestehen eines solchen Unterschiedes könnte a priori unwahrscheinlich vorkommen, die Möglichkeit desselben kann aber nicht geleugnet werden: wir müssen ohnehin annehmen, dass die Empfindlichkeit gegen verschiedene Reizursachen auf verschiedenen Eigenschaften des Protoplasmas beruht, und diese können natürlich durch ein und denselben Eingriff in ungleicher Weise beeinflusst werden. Nicht ganz so einfach, wie in dem eben besprochenen Fall, liegt die Sache nach Molisch’s Angaben (2l, 172-—-175) im Falle des Adrotropismus. Wurzeln verschiedener Pflanzen, denen lmm Spitze abgeschnitten worden war, krümmten sieh mit wenigen Aus- nahmen von Chlor, Leuchtgas und Kohlensäure hinweg, doch war die Ablenkung zumeist schwächer als bei intacten Wurzeln; auf Sauerstoff, welcher ein schwächeres Reizmittel ist als die genannten drei Gase, reagirten die geköpften Wurzeln gar nicht. Die aörotro- pische Krümmungsfähigkeit wurde also, wie aus diesen Daten her- vorgeht, zwar nicht aufgehoben, wohl aber nieht unwesentlich verringert. Dem ist noch hinzuzufügen, dass ($. 174, Anm. 4) Aöro- tropismus sich nicht mehr mit Sicherheit constatiren liess, wenn die Länge der abgeschnittenen Spitze mehr als 1,5 mm betrug. Hiernach ist es allerdings schr wahrscheinlich, dass die a&rotro- pische Empfindlichkeit der ganzen wachsenden Region der Wurzel zukommt; wir müssen aber annehmen, dass entweder die Spitze sich durch einen höheren Grad von Empfindlichkeit auszeichnet, oder dass, wenn dies nicht der Fall sein sollte, der Schnitt als solcher die 217 Empfindlichkeit der Wurzel vermindert.?) Aber auch die Möglichkeit der Beschränkung der Empfindlichkeit auf die Wurzelspitze ist nicht ganz und gar ausgeschlossen, — man kann sie durch die den An- hängern der Darwin’schen Hypothese geläufige Annahme retten, dass die empfindliche Region nicht weniger als 1,5 mm lang ist. Ziehen wir nun das Facit dieser Betrachtungen, so ergibt sich, dass Darwin’s Annahme einer „Gehirnfunction* der Wurzelspitze gegenüber den Reizursachen, welche eine richtende Wirkung auf die Wurzeln ausüben, in keinem einzigen Falle bewiesen ist. Ebenso ist sie aber auch in keinem Falle (ausser im Falle des T'hermotro- pismus) vollkommen ausgeschlossen, Die Frage nach der Vertheilung der Empfindlichkeit gegen die verschiedenen riehtenden Reizursachen in der Wurzel bleibt also durchaus offen, und wir haben überall (den Thermotropismus wieder ausgenommen) in dieser Hinsicht mit denselben drei Möglichkeiten zu rechnen, welche auf $. 205 für die Vertheilung der geotropischen Empfindlichkeit formulirt worden sind. Bezüglich des Geotropismus ist diese Frage, soweit ich sche, überhaupt nicht experimentell entscheidbar, wohl aber ist sie das bezüglich einiger anderer Reizerscheinungen, namentlich des Heliotropismus und Hydrotropismus; gelingt es, sie hier in zweifelloser Weise zu entscheiden, so werden wir uns nach Analogie mit diesen Erscheinungen (in erster Linie mit dem Heliotropismus) auch eine begründete Vorstellung über die Vertheilung der geotropischen Empfindlichkeit in den Wurzeln bilden können. Zum Schlusse möchte ich hervorheben, dass mir eine zusammen- fassende, sorgfältige und kritische Neuuntersuchung der hier behan- delten Fragen, insbesondere auch des Verhaltens decapitirter Wurzeln gegen verschiedene Reizursachen, erforderlich und erwünscht scheint. Die in der Litteratur bestehenden Unklarheiten und Widersprüche dürften sich vielleicht zum grossen Theil aufklären, wenn eine solche zusammenfassende Untersuchung von einem Experimentator und mit ein und demselben Samenmaterial durchgeführt würde. Mir machen es die Umstände gegenwärtig unmöglich selber diesen Plan zur Aus- führung zu bringen. 24) Die Möglichkeit einer vollständigen, aber schnell vorübergehenden Auf- hebung der Empfindlichkeit ist hier ausgeschlossen, denn sowohl die intacten wie die decapitirten Wurzeln wurden in kurzen Zeitintervallen beobachtet, und der Verlauf der Krümmung beider zeigte keinen wesentlichen Unterschied (vgl. die Tabellen in 21, 142-163 und 176--181). 218 l. [S} w Verzeichnis der eitirten Litteratur. Brunchorst, Die Function der Spitze bei den Richtungsbewegungen der Wurzeln. 1, Geotropismus. (Berichte der Deutschen Botan. (iesellschaft, Band II, 1884, 8. 78—93). — Dasselbe. 2. Galvanotropismus. (Daselbst, $. 204—219.) — Notizen über den Galvanotrepismus, ($.-A, aus „Bergens Museums Aars- beretning, 1888“, Bergen, 1889.) Ciesielski, Untersuchungen über die Abwärtskrümmung der Wurzel, (Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Band I, Heft 2, 8. 1-28). . Darwin, Ch. u. Fr., Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Uebersetzt von Carus. Stuttgart, 1881, . Darwin, Fr., On the Connection between Geotropism and Growth. (Linnean Society’s Journal, Botany, vol. XIX, 1882; 5. 218—230.) . Detlefsen, Ueber die von Darwin behauptete Gehirnfunction der Wurzel- spitze. (Arbeiten aus dem Botan. Institut in Würzburg, Band II, 1882, S. 627— 647.) . Firtsch, Zur Kenntniss der geotropischen Reizbarkeit der Wurzelspitze. (Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft, Band Il, 1884, $. 248255.) . Frank, Lehrbuch der Botanik. Band I. Leipzig, 1892. . Kirchner, Ueber die Empfindlielikeit der Wurzelspitze für die Einwirkung der Schwerkraft. Stuttgart, 1382. . Krabbe, Zur Frage nach der Function der Wurzelspitze. (Berichte der Deutschen Botan. Gesellschafi, Band I, 1883, S. 226—236.) . Molisch, Ueber das Längenwachsthum geköpfter und unverletzter Wurzeln. (Daselbst, 5. 362—366). . — Untersuchungen über den IIydrotropismus. (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Band 88, 1883, 3. 897—943.) . Müller-Hettlingen, Ueber galvanische Erscheinungen an keimenden Samen. (Pflüger’s Archiv für Physiologie, Band 31, 1873, S. 193—214.) . Rothert, Ueber Heliotropismus. (Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Band VII, Heft 1, 1594.) [Erscheint im Herbst. Nachtr.-Bem.} . Sachs, Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. Erste Ab- handlung. (Arbeiten aus dem Botan, Institut in Würzburg, Band I, 1873, S. 385-475.) 17. — Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 2. Auflage. Leipzig 1887, 18. Wiesner, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Wien, 1881. 19, — Untersuchungen über die Wachsthumsbewegungen der Wurzeln. (Sitzungs- berichte der Wiener Akademie, Band 89, 1884, S. 223—302.) 20. Elfving, Ueber eine Wirkung des galvanischen Stromes auf wachsende Wurzeln. (Botan. Zeitung, 1882, Nr. 16, 17.) 21. Molisch, Ueber (ie Abienkung der Wurzeln von ihrer normalen Wachsthums- richtung durch Gase (A&rotropismus). (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Band 90, 1884, S. 111--196.) 22, Wortmann, Ueber den Thermotropismus der Wurzeln. (Botan. Zeitung, 1885, Nr. 13—15.) 23. Rischawi, Zur Frage über den sogenannten Galvanotropismus. (Russisch.) Odessa, 1885. Klima und Blatt in der Regio alpina. Von Dr. 3. R. Jungner. Einleitung. Während der Monate Juli und August im Jahre 1893 unternahm ich, von der Kgl. Schwed. Wissenschaftsakademie unterstützt, eine Reise in die Ilochgebirge Jemtlands, um zu erforschen, in welchem Verhältnisse die Blattgestalten zu den einzelnen Klimaelementen der verschiedenen Gebiete stünden. Es folgt nun das Resultat meiner Forschungen insoweit als es Regio alpina betrifft.!) Wenn im Allgemeinen das Klima eine Umgestaltung der äusseren Form einer Pflanze hat ausüben können, was wohl nieht in Zweifel gezogen werden dürfte, so ist es auch feststehend, dass jeder beson- dere Factor auf den Stellen der Erde, wo derselbe mehr aus- schliesslich, stark und hinreichend lange gewirkt, eine ge- wisse Gleichförmigkeit in der ganzen Vegetation zurückgelassen hat. So habe ich bereits in vorhergehenden Aufsätzen darauf hingewiesen?), wie in regenreichem Klima, je stärker und anhaltender der Regen ist, die Blätter der dort vorkommenden Pflanzen, wie weit sie auch in Betreff der Familie getrennt sein mögen, unter sich dennoch eine 1) Wahlenberg nennt so das (Gebiet, welches zwischen der Waldgrenze (für Betula odorata) und der Grenze des ewigen Schnees liegt. 2) J. R. Jungner, Anpassungen der Pfunzen an das Klima in den Gegenden der regenreichen Kamerungebirge. Botan. Centralblatt 1891 No. 38. Derselbe, Om regnblad, daggblad och snöblad (Bot. Not. 1893 No, 3 och 1894 No. 3). (Ueber Regenblätter, Thaublätter und Schneeblätter.) 220 immer grösser werdende morphologische Gleichheit annehmen. Unter anderem werden sie durch ihre „Träufelspitzen“ ausgezeichnet. Diese meine Ansichten, zu welchen ich durch meine Untersuchungen gelangt bin, sind später durch die Wahrnehmungen F. Stahl’s') bekräftigt worden, welcher auf Java in der Hauptsache zu einem ähnlichen Resultat kam, wie ich es seiner Zeit auf den Bergen in Kamerun gewonnen hatte. Auch Haberlandt?) beobachtete während seiner Reise in den tropischen Ländern dieselben Verhältnisse. Ebenso die Untersuchungen Goebel’s®), auf welche ich später zurückkommen werde, dürften hier im Zusammenhange erwähnt werden. Jedes besondere Klima, wie auch der Boden und die Gesellschaft von Pflanzen und Thieren scheinen wie Gussformen zu wirken, in denen jedes biologisch gleichartige Organ der verschiedenen Arten und Individuen allmählich dieselbe Gestalt annimmt, und zwar in dem Grade, wie sie in entsprechender Weise den Einflüssen ausgesetzt sind. Um dieses constatiren zu können, muss man gerade die Gegenden studiren, wo mehr oder weniger ausschliesslich ein bestimmter Factor einwirkt. Erst nachdem auf solche Weise die entsprechenden Typen genau untersucht worden, kann man mit der Erklärung com- plieirterer Formen beginnen, welche das Resultat mehrerer zusammen- wirkenden Ursachen zeigen. Diese umgestaltende Einwirkung des Klimas findet ohne Zweifel theils in der Plastieität oder dem Anpassungsvermögen der Pflanze ihre Erklärung — was in Uebereinstimmung mit Stahl’s Vorschlag‘) mit convers, advers oder biversal bezeichnet werden kann, je nachdem die Pflanze sich Vortheile zu Nutzen zieht, Gefahren vermeidet oder beides gleichzeitig — theils in der Eigenschaft der Pflanzen und Formationen, wandern zu können, um hierdurch eine Stelle zu erobern, welche einerseits dem eigenen Bau und der Gestalt, anderseits den klima- tischen Factoren Rechnung trägt. So gute Resultate, wie die klimatologische Pflanzengeographie in den tropischen Ländern gewinnen kann, wo bei alter Flora das Klima oft einseitig ausgeprägt ist und zwar auf grösseren Gebieten, können natürlich nicht in den Gegenden errungen werden, wo die Flora jung 1) E. Stahl, Regenfall und Blattgestalt. — Ein Beitrag zur Pflanzenbiologie. — FExtrait des Annales du Jardin botan. de Buitenzorg 1898. 2) G. Haberlandt, Eine botanische Tropenreise, Leipzig 1893. 3) K. Goebel, Die Vegetation der venezolanischen Paramos. — Pflanzen- biologische Schilderungen. 1891. 4) E. Stahl, 1. c. pag. 155. 221 ist oder wo die Klimafactoren gleichmässiger zusammenwirken oder wo allerlei Umstände nicht selten verändernd auf die Vegetation sowohl als auch auf das Klima einwirken. Die Flora Skandinaviens ist auch, wie bekannt, nicht besonders alt; allerdings werden die Klimaelemente wegen des gebirgigen oder coupirten Terrains vertheilt, jedoch nur auf kleinere Strecken. Da nun hierzu noch die nach der Eiszeit eintreffenden wechselnden Klima- und Niveauveränderungen kommen, so ist es sehr erklärlich und ganz natürlich, dass in Skandinavien solche Gebiete weniger typisch aus- gebildet worden sind, wo biologisch gleichartige Organe bei syste- matisch weit getrennten Arten einen höheren Grad innerer und äusserer Gleichheit erreicht haben können. Wenn aber hier ein Gebiet in dieser Richtung ausgeprägtere Typen aufweist, so ist es Regio alpina und zwar sowohl in Bezug darauf, dass die Flora dieser Regionen am frühesten in Skandinavien eingewandert ist, als auch, dass die extremen Klimaverhältnisse und eine schärfere Vertheilung von Klimaelementen hier mehr als in anderen Gebieten Skandinaviens herrschen. Auch mit Rücksicht darauf, dass Wälder innerhalb der Regio alpina fehlen, wodurch das Klima directer auf die Bodenvegetation hierselbst einwirkt, wird dieses Ge- biet besonders zur Untersuchung geeignet. Auch keine Culturelemente haben hier die natürliche Zusammensetzung der Formationen stören können. Obwohl die Reise nach Jemtlands Hochgebirgen hauptsächlich zwecks Untersuchung der Blattformen im nächster Nähe der Schnee- haufen unternommen war, so fand ich mich doch bald veranlasst, auch andere Gesichtspunkte ins Auge zu fassen, Ich studirte hierselbst die Umgebung vieler Schneehaufen und den Gletscher auf den „Sylspitzen® und bestieg die höchsten Gipfel dieses Berges. Ausserdem wurden angrenzende Gebiete Norwegens besucht. Das ganze (Giebiet von der Baumgrenze bis zu den höchsten Bergspitzen wurde durehwandert und statistische Berechnungen inner- halb aller verschiedenen Vegetationsgebiete vorgenommen. Mit den Resultaten meiner Untersuehungen in diesen Hochgebirgen habe ich Beobachtungen, welche ich selbst und andere Forscher auf ver- schiedenen Hochgebirgen gemacht, zusammengestellt und so eonstatiren können, dass dieselbe Vertheilung von verschiedenen Blatttypen innerhalb Regio alpina, wie sie in Skandinavien mit Rücksieht einer Vertheilung der klimatischen Bedingungen durchgeführt worden, auch auf anderen Stellen der Erde vorkommt. Zuweilen jedoch trifft man nur wenige , 222 Blatttypen nebst entsprechenden Klimagebieten, oder wie auf Para- mos!) in Venezuela hauptsächlich ein einziger Blatttypus. Es dürfte erwähnenswerth sein, dass bereits im Jahre 1839 in Lappland von Laestadius?) eine verschiedene Breite der Blätter beobachtet wurde, jedoch ohne dass die Ungleichheit der Formen mit den ungleichen Einflüssen der Klimafaetoren in Zusammenhang ge- bracht wurde. Bevor ich zur Darstellung der Blatttypen übergehe, will ich Einiges über die ungleichen Klimaverhältnisse auf den verschiedenen Stellen von Regio alpina sagen, wie ich solche auf den llochgebirgen Jemtlands angetroffen habe. Ueber die Klimafactoren und deren Vertheilung auf den verschiedenen Gebieten. Die hauptsächliehsten Factoren, welche für das Klima der Regio alpina der skandinavischen Hochgebirge und ähnlicher Gegenden be- stimmend sind, sind folgende, 1. Das allseitige und anhaltende, jedoeh oft relativ schwache Licht während der Vegetationsperiode. Die Sommernächte sind hell und die Sonne befindet sich mit Ausnahme einer verhältnissmässig kurzen Zeit den ganzen Tag und die ganze Nacht über dem Horizonte. Die Beleuchtung, welche mit dem grossen Bogen, den die Sonne be- schreibt, im Zusammenhange steht und daher auch mehr horizontal wird, nenne ich eireumpolär, im Gegensatze zu dem kürzeren halbeirkelförmigen Bogen in den Tropen, welcher ausserdem vorzugsweise gegen die Erdoberfläche mehr senkrechte Strahlen wirft und den ich desshalb äqnatorial nenne. Infolge der anhaltenden Wirkung der Sonne während der Vegetationsperiode erhalten die Gewächse zuweilen die ihnen nothwendige Finsterniss in geringerem Grade. Die direete Sonnenbeleuchtung wird also mehr horizontalund im Laufe des Tages mehr allseitig und anhaltend, allein gleichzeitig auch ziem- lich schwach. Bekanntlich sind oft die höchsten Regionen der Berge in Wolken eingehüllt. Die ehemische Intensität des diffusen Lichtes des hellen Himmels ist im Vergleich zum Sonnenlicht in diesen Ge- genden verhältnissmässig stark. 1) Vgl. K. Goebel, l. ec. 2) Laurentius Leo Laestadius (Pastor in Lapponia), Loca paralella plan- tarum. — Nov. acta reg. societ. seient. Ups. Vol. XI, 1839. 223 Die totale Intensität des Sonnenlichtes und des hellen Himmels wird dagegen hierselbst geringer.) 2. Die strenge Kälte während des Winters. Auch während der Vegetationsperiode kann die Temperatur tief sinken. 3. Die Abdünstung der Erdoberfläche, welche hauptsächlich durch folgende Umstände befördert wird: der verhältnissmässig geringe Sättigungsgrad der Luft, der gleichmässige Wind, der tiefe Barometer- stand und die im Sommer zuweilen auf tieferem Niveau recht hohe Temperatur. Für die Blätter der Pllanzen wird diese Abdünstung oft desto fühlbarer, als eine entsprechende Aufnahme von Wasser aus der allzu kalten Erde nicht ohne Schwierigkeit vor sich gehen kann.?) 4. Der Schneefall. Dieser ist während des Winters reichlich vorhanden und kann auch im Sommer in den höher belegenen Ge- genden eintreffen. Ueberall innerhalb Regio alpina können Schnee- haufen in Thälern und auf geschützten Stellen während des ganzen Sommers liegen bleiben. Der Niederschlag in dieser Jahreszeit be- steht meistens aus Regen, welcher in vielen verschiedenen Formen — von Wolken bis zu dichten 'Thauregen — eintritt. Dagegen kommen heftige Regenschauer gar nicht oder höchst selten vor. 5. Dergleichmässige, ununterbrochene Wind. Obwohl es bei oberflächlieher erster Betrachtung scheinen will, als ob diese Faetoren in gleicher Proportion ab- oder zunehmen wollten, je höher man gegen Norden und hinauf zu den Spitzen der TLuchgebirge komnit, so dürfte doch eine Vertheilung der Klimafacturen mit Rücksicht auf deren Einwirkung auf die Vegetation ungefähr auf folgende Weise stattgefunden haben. A. Auf den höchsten Plateauen,?) welche in der Nähe der (ilet- scher sich befinden, herrscht zunächst ein für die Entwickelung des Blattes äusserst wichtiger Factor, nämlich das anhaltende und gleichzeitig allseitige, aber im Allgemeinen doch schwache Lieht, im Verein mit Mangel an Dunkelheit, und weise ieh betreffs dieser Umstände auf das, was oben im Punkte I gesagt worden, hin. Da auf diesen Gebieten Pflanzen wachsen, deren Blätter hauptsächlich in den warmen und hellen Jahreszeiten leben 1) Vgl. Julius Hann, Handbuch der Klimatologie (Bibliotbek geogra- phischer Handbücher) 1883, pag. 76. 2) Vgl. K. Goebel, 1. e. pag. 11. 3) Das Terrain ist oft im Gegensatz zu dem der Haidekräuter eben oder concav. 224 ier ie h die Juncus-Arten und andere (siehe Taf. I), so können di auftretenden Blätter im Gegensatz zu den „wintergrünen“ Blättern wie Empetrum. —_ Vzalea. m Calluna o> alpine, . on Lycofsdiun selago undalpinum, Cassiope hypnorde». Rubus Silene acaulis. ; Suene_ aca wurd. Betlula nana. Saxifraga oppooitifolia. Saxifragao stellaris. Veronica saxafilis Sibbaldia. procumben>. Epulobium_anagallidifolium, f , Veronica. alnına. etula . 17 Pyrola Astragalıs alı Dry Hyrlillus Gomor slragalın alpı. . nigra ©): — WA boide j Salix Hieracium_nigrescena, raq_oro eo. herbaech % m Sahr ‚ Harkillu urundblad. Phaca frigida \ DIDI herdacee| rigr, } Betula Thalictrum alpninum. $eranium sil, / / Alchemilla Rubus yaxaliliz , \ ne elu na AJINg. Spiraea ulmaria. Tichemille . vulgarı). Aeonitum] egetonum, 0x ERE herbac$ Potentilla Tormentilla diggna — —— h . Angelica Irch m ° (Guap altum suyunum angeliea Arelongeliea. Geum Für Viola nalustris Ronunculus aeris._ Yıola biflora. Comarum palustre Soltdagerirgaureı REERLZH yet u Saussurca alpına Rhodısla rosea Salix Lapnnonum. FR 210 alpına gj) Selixdanata. Salız Lapporum. alix glauca. DAUKG Melandnum. Snaphalium noro FPolygonum veoit, Carex panicea: Antennaria_dioica Salıx nigricans. Herracium alninum. AMyrtıllus ulıgınosa Hieracıuım nigrescens. Tafel I der angrenzenden Heidekräuter mit mehr Berücksichtigung zu den hier herrschenden Lichtverhältnissen ausgebildet werden. Sie sind von 225 der tiefen Temperatur des Winters nicht so abhängig, Die Kälte spielt daher bei der Ausbildung des hiesigen Blatttypus nicht die grösste Rolle, obwohl diese Vegetation in einer kälteren Gegend lebt als irgend eine andere. Dieser Factor dürfte doch in zweiter Linie kommen, da auch die Temperatur im Sommer in diesen hoch gelegenen Gebieten recht tief sinken kann. Auch die Ausdünstung ist hier infolge des geringen Luftdruckes stark, aber sie wird zuweilen in gewissem Grade von der eintretenden Feuchtigkeit der Luft nebst der tiefen Temperatur gedämpft. Die Schnee-, Regen- und Wind- verhältnisse scheinen auf diesem Gebiete eine nicht unbedeutende, allein im Verhältnisse zu den übrigen Klimafaetoren doch eine untergeord- nete Rolle bei der Ausbildung und Function des Blatttypus zu spielen. B. Für die immergrünen Blätter der Heidekräuter (siehe Taf. I) hat der Winter eine recht tiefe Temperatur, welche um so schwerer zu ertragen ist, als nach Aussage der Eingeborenen nur selten eine erhebliche Schneedecke zum Schutze sich sammelt, da der Schnee unaufhörlich fortgeweht wird, um sich in Klüften und Thälern anzu- häufen, Im Sommer dagegen kann die Temperatur der Luft auf den Heiden sehr hoch steigen. Die eireumpoläre Beleuchtung und der Mangel an nächtlicher Dunkelheit dürfte auch hier auf die Ent- wiekelung und Function kräftig einwirkend sein, aber da die Sonne im Winter einen kleineren Bogen beschreibt, so wird die Nothwendig- keit einer voll durchgeführten conversen Anpassung des Blattes zu der allseitigen und horizontalen Beleuchtung, wie sie während der eigentlichen Vegetationsperiode herrscht, redueirt. Die Abdünstung ist aus den bereits oben angeführten Gründen ziemlich stark. Die Luft ist im ununterbrochener, gleichmässiger Bewegung. Auf diesem Gebiete wird der Boden infolge der Lage des Terrains nieht in so hohem Grade von kaltem Sehneewasser durchtränkt, wie dieses in den hoch gelegenen Juneus-Platauen, auf den Abhängen,’ unter den Schneehaufen und in dem tiefer gelegenen Grauweiden-Gebiet der Fall ist. Die Schneegestöber im Winter wie auch die, obgleich ver- hältnissmässig geringe, liegenbleibende Schneedecke, dürften ebenfalls auf diese immergrüne Vegetation ihren Stempel aufgedrückt haben. Ebenso haben gewiss der regelmässige feine Regen und der gleich- mässige Wind in ihrer Weise dazu beigetragen, den Gewächsen ihren bestimmten Charakter zu geben, dadurch, dass die hier vorkommen- den Arten auch gegen diese Klimafactoren reagirt haben. C. Das Grauweiden-Gebiet wird von dem von den Schnee- haufen herunterrieselnden Schneewasser durchtränkt, dessen tiefe Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 15 226 Temperatur von Goebel?) gewiss sehr richtig als ein Hinderniss für die Aufnahme des Wassers durch die Wurzeln bezeichnet wird. Daher müssen die Pflanzen sich gegen zu starke Verdunstung ebenso schützen, als ob sowohl die luft als auch der Boden oder beide äusserst trocken wären. Ausserdem wird die Temperatur der Luft auf diesem tieferen Niveau höher. Der Wind geht gleichmässig und ununterbrochen, obwohl nicht so stark wie auf den Abhängen oberhalb des Gebietes. Die Blätter der Pflanzen in der Grauweiden- zone sind biegsamer und beweglicher als z. B. auf den Heiden. Aus sämmtlieh angeführten Gründen sind hier die Blätter mehr den Folgen einer starken Verdunstung ausgesetzt. Auch die Lichtverhältnisse dürften auf diesem Gebiete einen sehr wirksamen Factor ausmachen. Die Kälte während des Winters wird für diese sommergrünen Blätter von untergeordneter Bedeutung. Doch dürfte die Behaarung, welche den Gewächsen des Grauweiden-Gebietes im Allgemeinen eigen ist, nicht bloss gegen Ausdünstung und die Intensität des Lichtes, sondern auch gegen die strenge Winterkälte schützen, da schon in der Knospenzeit die Behaarung gut entwickelt ist. Der Schnee soll im Winter auf diesem Gebiete höher liegen als auf den höher helegenen Plateauen und Bergabhängen, bleibt aber im Allgemeinen nicht bis zum Sommer liegen. Auch kaltem Thauregen und kal- tem Wind scheint sich betreffende Vegetation angepasst zu haben. D. Gewöhnlich in nächster Nähe der Schneehaufen, zu- weilen aber auch recht weit von diesen Plätzen entfernt, welehe der Schnee bis Mitte und Ende Juli einnimmt, herrschen gegen obige Gegenden weit verschiedene Verhältnisse, und die Gewächse, welche hier auftreten, leben unter ganz anderen Bedingungen. Die NähedesSchnees -—- der kalte und feuchte Wind von den Schneehaufen — senkt die Temperatur und hält dieselbe auch während des Sommers ziemlich niedrig, wogegen die kolossal hohe Schneedeeke die Vegetation im Winter schützt. Durch diese sich ausgleichenden Temperaturverhältnisse erhalten diese Orte ein mehr insuläres Gepräge. Infolge des Liegenbleibens des Schnees tritt die Vegetationsperiode doch spät ein und wird daher kürzer als für die meisten übrigen Stellen von Regio alpina. Da die Schneehaufen sich immer in Klüften und Thälern befinden, wird auch die Vegetation, welehe diese umgibt, dem Lichte weniger ausgesetzt als die Pflanzen, die auf den Plateauen oder in dem Grauweiden-Gebiet leben. Der 1) K. Goebel, c. pag. 11. 227 Wind ist infolge der geschützten Lage bei den Schneehaufen ver- hältnissmässig schwach. Durch den ungeheueren Druck der Schnee- massen wird die Erde oft — besonders an den Seiten der Schnee- massen, weniger in den niedrigeren Begrenzungen dieser, an den Stellen, wo Bäche hervorrinnen — ziemlich fest, wodurch das kalte Schneewasser hier nicht in den Boden siekern kann, wie dies auf dem Grauweiden-Gebiet der Fall ist; dieses wird daher wenigstens einige Meter weit von den Schneehaufen weniger kalt als das letztere Gebiet, Die Luft ist ebenfalls weniger trocken und warm. Also sind mehrere Bedingungen für eine stärkere Ausdünstung der Blatifläche, nämlich die Wärme der Luft, der geringe Sättigungsgrad nebst der tiefen Temperatur der Erde im Vereine mit der Stärke des Windes, hierselbst weniger hervortretend als in den übrigen Gebieten. E. Auf den Abhängen, weiter von den Schneehaufen ent- fernt, scheint der Wind verhältnissmässig der stärkste Klimafactor zu sein. Das Sonnenlicht wird allerdings auch infolge der Lage des Terrains weniger anhaltend als für die höher hinauf sich befindende Vegetation. Dagegen bedecken und beschützen sich gegenseitig die Blattlappen, welche im Allgemeinen die hiesigen Gewächse auszeich- nen, ebenso wie die, im Zusammenhang mit den vielen Lappen stehende, dichte Zusammenhäufung von Elementen in diesen geschlos- senen Formationen in ihrer Weise die Beschattung vermehrt. Ausser- dem geht die Entwickelung jedes einzelnen Blattes meistens im Schatten der übrigen Blätter vor sich und zwar entweder unter dem verwelkten Laubdache des vorigen Jahres oder später unter dem Schutze der bereits aufgesprossenen frischen Blätter. Die Beleuchtung wird daher, was diese Gewächse betrifft, nicht so stark wirkend, als man vorher vermuthen sollte. Die Winterkälte spielt für diese sommergrünen Blätter eine mehr indireete Rolle. Der Boden ist bier etwas feucht und ziemlich fest, aber wärmer als der rings um und unter den Schneehaufen. Infolge dessen und durch die verminderte Insolation bei den hier auftretenden geschlossenen Formationen wird auch die Verdunstung schwächer. Der Schnee bleibt natürlicher Weise nicht so lange auf den dem Winde und der Sonne ausgesetzten Plätzen liegen, als in den Klüften und Thälern. Auch der kalte feine Regen, manchmal von Wind begleitet, dürfte auf die Blätter der hier vor- kommenden Gewächse reagirend einwirken. Dass die eigene Beschaffenheit einer Formation und der Grad von Organisation derselben von grosser Bedeutung für ihre ungleiche Ausbreitung auf den verschiedenen Gebieten ist, ist selbstverständlich. 1 228 Aber es ist auch klar, dass das Terrain und die physische Be- schaffenheit des Bodens und der Bergarten — auch wenn jene nicht, wie bei der durch das Schneewasser herrührenden tiefen Temperatur, sich direet von den Wirkungen des Klimas herleitet — und die chemische Zusammensetzung des Bodens für die allgemeine Ver- theilung der Pflanzen von Bedeutung sind. Diese Umstände scheinen jedoch weniger auf die Entstehung von Gebieten mit bestimmten Blatttypen eingewirkt zu haben, welche ich desshalb als entsprechende bestimmte Klimafactoren bezeichne, als auf die verschiedene Ausbildung der einzelnen Formationen innerhalb des Gebietes für einen Typus. Die obige Vertheilung der klimatischen Factoren, ebenso die im Zusammenhange damit auftretenden verschiedenen Blatttypen, ist jedoch nicht überall scharf begrenzt, was wohl die Veranlassung war, dass man früher so wenig bei diesem Gegenstand verweilt und dem Stu- dium nach dieser Seite hin so geringe Aufmerksamkeit geschenkt hat. Ebenso breiten sich nieht überall die Gebiete im Verhältnisse zu einander aus, wie oben angedeutet worden ist. Der hier angeführte Fall, welcher von Taf. I beleuchtet wird, ist gewählt, weil dieser, eine gewöhnliche Erscheinung, zeigt, wie die Vertheilung, im Allge- meinen und im Grossen und Ganzen gesehen, ist. Dieses Verhältniss findet sich meistens in den mittleren und tiefer gelegenen Theilen der Regio alpina wieder. Auf dem höchsten für phanerogame Gewächse zu- gänglichen Niveau der Hochgebirge, sowohl auf offenen Plätzen als auch in Klüften und Thälern, scheint diese Vertheilung von Blattformen mit Rücksicht auf die verschiedenen Finflüsse des Klimas weniger deutlich ausgeprägt zu sein, da auf diesen oft stark eoupirten Gebieten keine Klimaelemente so exelusiv und constant wirken, wie auf einem tieferen Niveau, Ueber die Ausbreitung der verschiedenen Blatttypen auf verschiedenen Klimagebieten. Thaublätter. Ehe ich weiter zur Darstellung der Blattformen innerhalb der verschiedenen Gebiete von Regio alpina gehe, werde ich erst einen Blatttypus erwähnen, dem ich den Namen Thaublätter gegeben. Schon in einem vorhergehenden Aufsatze!) habe ich in Kürze diese Blattgestalt 1) J. R. Jungner, Om regnblad, daggblad och snöblad (Bot. Not. 1893, Nr.3 och 1894, Nr.3,) 229 beschrieben. Gewöhnlich hat sie keinen Stiel oder ist nur mit einem verhältnissmässig kurzen verschen. Die Blattfläche ist typisch glatt und spatenförmig oder umgekehrt eirund, nach oben stumpf und an der Spitze oft wie ausgekniffen. Die Stellung ist schräg aufwärts. Den Namen Thaublätter habe ich diesem Typus desshalb gegeben, weil er in den Gegenden üppig vertreten ist, wo im Sommer die Regen spärlich sind und wo der Niederschlag zum grossen oder grüssten Theil in der Form von Thau sieh zeigt, z. B. in den subtropischen Zonen und in den Küstengebieten am Mittelmeer, und wo derselbe in Uebereinstimmung mit einem thaureichen Klima sich heimisch ge- macht zu haben scheint. Gewöhnlich ist der Regenniederschlag in der Heimath dieses Typus auf eine kurze Periode beschränkt; aber da hier ziemlich hef- tige Platzregen oft fallen, so steht dieser Umstand möglicher \Weise im Zusammenhange mit dem Fehlen einer diehten Tlaarbekleidung.') Der Niederschlag ist jedoch nicht anhaltend oder stark genug, um die Zweige niederdrücken zu können, wie dieses in den regenreichsten Gegenden in den Tropen der Fall ist. Die Blattstellung wird daher in gewissem Grade von der Beschaffenheit und Stärke des Nieder- schlags bedungen. Auch die Form des Blattes dürfte zum guten Theil von diesem Klimafaetor verursacht sein. In der Knospenlage decken nämlich die Blätter einander, so dass nur die oberen Theile den Thau auffangen können. Ob nun, wie Lundström?) annimmt, dieses Wasser direet in die Gewebe eingeführt wird oder nicht, so dürfte in keinem Falle bezweifelt werden, dass die Feuchtigkeit der Luft hier grösser wird. Die Folge ist, dass die zunehmende Turgescenz im oberen Theile des Blattes das Wachsthum befördert und dass durch den unmittelbaren Zutritt des Lichtes hierselbst das Wachsthum des Blattes in dessen Breite vor sich geht. Ist diese Blattform somit durch den Einfluss des Thaues entstan- den, so dürfte auch jene Form während der weiteren Entwickelung und in dem definitiven Statium besser als jede andere als Aufsammler der geringen Niederschläge fungiren, sei es nun Regen oder Thau. Auch gegen das Licht scheint der Blatttypus reagirt zu haben. Schon in der Knospenlage sind infolge der Art und Weise der jungen Blätter, einander zu bedecken, die oberen Theile der stärkeren Be- 1) J. R. Jungner.a.». O, 2) A. N. Lundström, Anpassungen der Pflanzen an Regen und Thau. — Nova acta. Reg. Societ. Scient. Upsal. 1884. 230 leuchtung ausgesetzt worden als die basalen Partien der Blätter und sind daher in die Breite gewachsen. Infolge der oft dichten Blattstellung ist die Blattbasis sogar zuweilen etiolirt worden, was hierselbst Anlass zum Wachsen in die Länge gegeben ‚hat. Inzwischen ist eine anhaltende und stärkere Etiolirung dieses Blatttheiles — wie bei solchen Blättern, welche in Wäldern, schattigen Stellen und um- wölkten Gegenden und denen, die eine längere Periode von der Knospenhülle geschützt werden — bei den in Frage kommenden Pflanzen im Allgemeinen nicht vorgekommen. Ein längerer Stiel oder „Expositionsorgan“ ist daher gewöhnlich nicht entstanden. Die Beleuchtung ist während der Vegetationsperiode, auch den basalen Theil des Blattes betreffend, in diesen Gegenden stärker als z. B. in den tropischen Wäldern, und im Zusammenhange mit der langen Vegetationsperiode sind die Blätter eine längere Zeit wirksam und eine kürzere Zeit im Knospenstand als z. B. in den kälteren Gegenden, wo der Knospenschutz und die hierdurch erfol- gende Etiolirung eine längere Periode währt. Ein stärker ent- wicekeltes Expositionsorgan beim Thaublatt ist darum nicht von Bedarf gewesen. Die Totalform des Blattes scheint somit ohne Zweifel zugleich von den Lichtverhältnissen bedungen worden zu sein. Diese Form wirkt nun normirend und schützend gegen diese Liehtverhältnisse, indem die nach oben breiteren Blätter die darunter sitzenden besser beschatten. Ebenso dürfte cs sich auch mit der Blattstellung im Verhältniss zur Lichtquelle verhalten, dass die erstere vom Lichte bedungen wird, aber auch später vor demselben schützt und dasselbe normirt. Durch Volken und Andere ist es constatirt, dass die verholzten Elemente bei grösserer Insolation stärker entwickelt werden. Ein Factum ist es auch, dass die lignificirten Elemente im Basaltheil oder Stiel dieser Blätter oft sehr stark entwickelt sind. Gelenkpolster, ein Or- gan, welches beim Regenblatt typisch vorkommt!), und das haupt- sächlich aus Zellen mit gleichförmigen oder collenchymatisch verdickten Cellulosamembranen, zugleich aus einer central laufenden, schmalen und in geringem Grade verholzten Fibrovasalgewebe besteht, wird hier infolge Mangels einer längeren Regenperiode und durch das Vorhandensein einer stark wirkenden Insolation zu einer stark verholzten gleich- förmigen Partie umgebildet. 1) J. R. Jungner, Om regnblad etc. 231 Diese Partie hält auch die Blattfläche, deren Schwere dadurch erheblicher wird, dass die grösste Breite in die Nähe der Spitze gelegt ist, in einer constanten Lichtstellung. Die aufwärts gerichtete Stellung der Fläche schützt natürlich gegen das stärkste mehr senkrecht einfallende Sonnenlicht. Stellung und Totalform scheinen somit auch unter dem Einflusse des Lichtes entstanden zu sein, wie auch diese Blattgestalt besonders geeignet ist, in der Heimath der damit ausgerüsteten Pflanzen unter den hiesigen Lichtverhältnissen zu fungiren. Auch der Mangel der Blattzähne steht ohne Zweifel im Zusammen- hange mit den Klimaverhältnissen, unter welchen diese Gewächse leben und ist wahrscheinlich die Folge der abwechselnden Einwirkung von Thau und Licht. In der Nacht werden die Blätter von den Thau- tropfen befeuchtet, vorzüglich die Ränder, wo die Adhäsion beim Vorhandensein von Zähnen grösser ist, am Tage wird die Turgescenz dureh die intensive Wirkung der Sonne in hohem Grade vermindert. Durch diese unaufhörlichen wechselnden Wirkungen zwischen dem Sonnenschein am Tage und dem Thau bei Nacht müssen nach und nach die Zähne verschwinden, wie es sich auch mit den Träufelspitzen bei den Regenblättern verhält, wenn diese ausserhalb der Einwirkung des feuchten Klimas ihrer Ileimath verpflanzt, oder, wie unter der Trockenperiode, eine längere Zeit der Sonne ausgesetzt werden. Diese Spitzen werden dann vertrocknet, und in regenarmen Gegenden fehlen sie ganz und gar. Es ist klar, dass sowohl der Thau als auch der Regen leichter hinunter nach der Basis der Blattfläche geleitet wird, da die die Tropfen aufhaltenden Zähne fortgeschafft sind. Ebenso ist es auch selbstverständlich, dass die Bewegung, durch welche diese in der Knospe dicht sitzenden Blätter eine constante Stellung gegen das Licht einnehmen, ungcehinderter vor sich gehen muss, da die Zähne fehlen, — eine Bewegung, die von desto grösserer Bedeutung sein muss, als eine abnorme Lichtstellung infolge der Intensität der Sonne und des diffusen Lichtes für die Blätter in diesen Gegenden grosse Gefahren mit sich führen würde. Im grossen Ganzen gesehen, dürfte dieser Blatttypus in den von Drude!) aufgestellten Vegetationszonen Ill und V allgemein sein. So z. B. kommt derselbe, wie schon erwähnt ist, in den Küstenge- bieten des Mittelmeeres vor. Ausserdem tritt er auch oft in den 1) O. Drude, Handbuch der Pflanzengeographie 1890 pag. 85 u. 91. 232 Ebenen der Tropen und auf einem schmalen Strich in der Nähe des Meeres auch in den tropischen Regengebieten auf, wo xerofiler Bau und Form bei den Blättern aus mehreren Gründen, welche von Goebel und A. F. W. Schimper vorgeführt sind, bedungen werden, schliesslich auch oberhalb der Urwälder der tropischen Hochgebirge. Vergleiche was E. Stahl!) in Betreff dieser Verhältnissen über West- Java sagt. Nach Goebel?) kommt zwischen der Waldgrenze und dem eigentlichen Paramos — den waldlosen Hochgebirgsgegenden in Venezuela — eine Art xerofiler „Buschwald“ vor, welcher wahr- scheinlich in der Hauptsache eine ähnliche Blattform aufweist. Auf dem Kamerungebirge, wo ich Gelegenheit hatte, selbst die Ge- biete für diesen Blatttypus zu sehen, tritt dieser hauptsächlich in den Thälern nicht weit von den Regenbächen gleich oben an der Baum- grenze, doch oft in Gesellschaft gesägter Blattformen auf. Bei- spielsweise mögen angeführt werden: NMyrica salieifolia Hochst., Hypericum lanceolatum Lam., Lusiosiphon glaucus Fres. (Ihymeleace), Euphorbia ampla var. tenuwior llook., Ayauria salieifoliu var. pyri- folis Hook. fil. (Ericacee), Pittosporum Mannü Hook., Iler capensis Lond. & Harv., Pavetta Iookeriana Iiern. (Rubiace), I’yyeum afri- canım look. (Rosacee). Diejenigen von diesen Arten, welche typisch nicht zu den Thaublättern gehören, kommen denselben doch sehr nahe, sowohl in Hinsicht auf des Blattes Form als auch dessen Stellung. Auf diesem Gebiete ist der Niederschlag bedeutend geringer und besteht aus schwächerem Regen als am Fusse des Kamerungebirges, welcher Umstand ohne Zweifel der Blattfläche die aufwärts gerichtete Stellung gegeben hat. Obwohl dieser Typus also, streng genommen, nicht im Allgemeinen dem eigentlichen Regio alpina-Gebiet angehört, so habe ich ihn dennoch hier angeführt, weil er in gewissen Fällen auf dem tieferen Niveau die Fortsetzung der folgenden, im Regio alpina-Ge- biet vorkommenden Typen ausmacht, Verdunstungsblätter. Das Gebiet, welches gleich oberhalb der Baumgrenze liegt, aber unterhalb der steileren Abhänge von Anhöhen und Plateauen unter den in den Klüften belegenen Schnechaufen, das beständig von dem aus dem Schnee herunterrieselnden kalten Schneewasser durchfeuchtet 1) E. Stahl, 1. ce. pag. 129 u. 130. 2) K. Goebel, |. c. pag. 4 u. 5. Memanninee me mn n 233 wird, und wo der Boden von dem Wasser oft sumpfartig geworden ist, nennt man gewöhnlich die Grauweiden-Zone. Diese besteht zum grösssten Theile — besonders die obere Schicht der Vegetation, welche am meisten der unmittelbaren Einwirkung des Klimas ausgesetzt ist — aus Pflanzen mit graubehaarten, in Form mehr oder weniger umgekehrt eirunden Blättern, welche die grösste Breite oberhalb der Mitte von der Blattfläche haben. Sowohl an den Grenzen dieser Formationen als auch auf offenen Plätzen innerhalb derselben als auch, obwohl seltener, im Schatten des Grauweidenbestandes treten ausserdem viele Kräuter auf — ver- schiedenen Familien angehörend —, welche eine mehr oder weniger gleiche Blattgestalt haben. Zuweilen ist der Stiel des Blattes dieser Pflanzen noch unentwickelter als dies mit denen der Grauweiden der Fall ist. Was hier gleich in die Augen fällt, ist die grosse Ueberein- stimmung der Blattform auf diesem Gebiete mit den Thaublättern. Aber die starke Behaarung zeigt doch den Unterschied von denselben. Diesen Blatttypus nenne ich Verdunstungsblätter mit Ilinsicht auf die starke Ausdünstung des betreffenden Gebietes und den hier- durch, aber auch, wie wir später sehen werden, durch andere Um- stände veranlassten und gut entwiekelten Verdunstungsschutz. Der lang zu Haarbildung leitet sich ohne Zweifel von den stark wirkenden Verdunstungsfactoren her. Ilier soll nur der Verlauf der Haarentwiekelung beschrieben werden, wie er, nach meinem Dafürhalten, im Allgemeinen vor sich gegangen ist. Im frühen Stadium ist die Verdunstungsstärke infolge folgender Umstände gedämpft. Die Luft ist beim Liegenbleiben der Schneedecke und deren Niederschmelzen feuehtundnichtbesonders warm. Die Spalt- öffnungen und die Intercellularräume der jungen Blätter haben noch nicht ihre Entwiekelung erreicht und die Communication durch die Spaltöffnungen ist noch nicht fertig. Durch Knospenschuppen und andere schützende Organe wird der Zutritt des Windes verhindert. Durch das starke Zusammenrollen des Blattes in der Knospe ist die Transpiration noch mehr gehemmt und das während einer verhältnissmässig langen Periode. Der osmotische Druck wird daher, trotz der langsamen Wasseraufnahme durch die Wurzeln, sehr stark. Da nun hiezu noch der geringe Druck 234 der dünnen Luft auf die Aussenwände der Dermatogenzellen kommt, so ist die Folge, so weit diese Wände schon im frühen Stadium keinen sehr festen Bau erhalten, dass die Zellen, welche eine verhältnissmässig höhere Turgescenz haben, in der Richtung wachsen, wo der Widerstand am schwächsten ist; d. h. alle (fünf) von den in der Nähe liegenden Zellen begrenzten Seiten einer Zelle leiden unter einem starken Druck, während die nach aussen gewendete Wand durch den verminderten Druck sich hervorwölbt; und die Zelle ist zu einem Haare geworden. Aber diese erste Entwickelung einer Tricombekleidung wird daher gegen fehlende Verdunstung reagirend; und so lange die jungen Haare noch turgescent sind, ist es klar, dass sie die Transpirationsfläche vergrössern und somit ihrer Function nach auch dem Bedarf entsprechen, denn in gewissem Grade findet auch in diesem Stadium eine Transpiration statt. Aber da nun die äusseren Umstände in unten beschriebener Weise und infolge dessen auch die Blätter selbst sich umgestalten, d. h. wenn die Luft trockener und wärmer wird, Intercellularräume und Athemhöhlen ausgebildet, die Spaltöffnungen als Communication mit der äusseren Luft fertig geworden sind, wodurch der Druck von den inneren Geweben vermindert worden, und wenn die Knospen- schuppen abgeworfen sind und das Blatt seine Fläche für den Wind und die Einwirkung der dünnen, warmen und trockenen Luft ausge- breitet hat, so reagiren auch die Haare gegen diese Veränderungen. Die Verdunstungsfaetoren sind zu stark geworden, die Haare selbst besitzen keinen Schutz, ihre Turgescenz geht verloren. Zu- ‚sammengerollt und eingehüllt in einander, schützen sie nun die übrige Pllanzenmasse gegen die Fähigkeit der Insolation, des Windes und anderer Factoren, die Verdunstung zu verstärken. Unter der Einwirkung ähnlicher Kräfte entsteht mit aller Wahr- scheinlichkeit die starke Bekleidung bei den Pflanzen, welche oft in schr warmen \Wüstengegenden leben und bei denen, von welchen die Vegetation auf Salzsteppen zusammengesetzt ist. Ebenso wie die Haare der Grauweidengewächse vermuthlich unter Einwirkung des einerseits starken Druckes der umliegenden Zellen und anderseits des verminderten Druckes der Luft auf der Aussen- wand der Epidermiszelle wachsen, so dürfte bei den Gewächsen in heissen Gegenden und in Salzsteppen der Mangel verdünnter Luft durch einen sehr verstärkten, bei den ersteren infolge der höheren Temperatur, bei den letzteren durch den grösseren Salzgehalt, osmo- tischen Druck der umgebenden Zellen ersetzt werden, 235 Die Umstände, welche die Verdunstung befördern, scheinen somit der Pflanze die Möglichkeit zur Ausbildung von Sehutzmitteln gegen eine allzu starke Verdampfung gegeben zu haben. Der ursprüngliche Thaublatttypus mit glatten, dünnen oder leder- artigen Blättern, der Spatenform sich nähernd, hat mit aller Wahrschein- lichkeit ein früheres Stadium ausgemacht. Dieser Typus, welcher, wie ich erwähnt, auf tieferem Niveau als die Verdunstungsblätter vor- kommt, wird bei seiner Wanderung hinauf nach den llochgebirgen von den neuen hier herrschenden Klimafactoren umgeben und ist von diesen weiter zu einem dieht mit Haaren bewachsenen Typus umge- staltet worden. Dass ein entgegengesetztes Verhältniss stattfinden und die ganze Haarbekleidung von den auf niederem Niveau vor- kommenden starken Regenschauern fortgespült werden kann!), dürfte einleuchtend sein. Das Grauweiden-Gebiet über der Baumgrenze findet sich sowohl auf tieferem Niveau weit hinauf im hohen Norden als auch auf den Hochgebirgen von kälterem oder wärmerem Klima. So hat z. B. Assistent OÖ. Ekstam mir witgetheilt, dass deutlich gesehiedene Grau- weiden-Gebiete, mit der Begrenzung, die ich diesem Begriff gegeben, in den arktischen Gegenden bis hinauf nach Nowaja Semlja ange- troffen werden. Assistent H. Dahlstedt, welcher während des vorigen Sommers die Älpen besuchte, theilte mir mit, dass allerdings ein Theil dieser Ilochgebirge, wie La Döle im Jura, wahrscheinlich infolge des mehr steilen Terrains, keine besonders ausgeprägte Gebiete von Grauweiden aufweist, dass aber auch da ein Theil graubehaarter Pilanzen die Uebereinstimmung mit diesen ausmacht. Ilier an der Waldgrenze und darüber, auf dem Gebiet, welches unserer Grau- weidenzone am meisten entspricht, treten beispielsweise folgende Arten, mit Haarbekleidung hauptsächlich auf der unteren Seite des Blattes versehen, auf: Aronia rotundifolia, spärlich; Sorbus Ariu, zerstreut; Sorbus Chamaemespilus, spärlich; Salix-Arten mit grauhaariger Rück- seite, zerstreut; Üentaurea montana, zerstreut; Crepis montuna, ZEr- streut; Khododendron hirsutum, zerstreut, u. a. Auf anderen Theilen der Alpen weisen dagegen diese Gebiete eine deutlichere U’ebereinstimmung auf. In den Gebirgsgegenden Spaniens und in den Länderu des öst- lichen Mittelmeeres sind dagegen, wie bekannt, die grösseren Gebiete 1) J. R. Jungner, Om regnblad ete. pag. 91, 3. 236 mit Pflanzen bewachsen, welche eine äusserst dichte filzhaarige Be- kleidung zeigen. , Bei kleinen Wasseransammlungen in Abessinien und an den Quellen des Nils kommt (nach Sabbatier) auf einer Höhe von 3,300 m häufig eine Form von Salix Safsaf vor, die stark grau- haarig ist. Auch auf dem Himalaya und anderen Gebirgen Asiens gibt es stark behaarte Salir-Arten auf entsprechender Höhe. Nach Goebel besteht die Vegetation auf Paramos in Venezuela ebenso wie in anderen ähnlichen Gegenden Südamerikas zum wesent- liehen Theil aus dicht behaarten Gewächsen. Er hält ebenfalls die Haarbekleidung hauptsächlich für einen Transpirationsschutz. In Vene- zuela scheinen die Compositaceen die Vegetation auszumachen, welche die Grauweiden auf einer Höhe von 3000--4000 m ersetzt. Auch auf dem Kamerungebirge, auf einer Höhe von 3000-4000 m, kommen, im Zusammenhange mit der durch die kalten Regen ver- ursachten Abkühlung des Bodens, eine Menge dieht behaarter Arten, meistens Compositaceen, vor, u. a. Helichrysum-Arten und Labiaten, nebst mehreren behaarten Gräsern und der buschartigen, mit grau- behaarten Blättern versehenen Adenocarpus Manni. Das ganze Gebiet auf dem Kamerungebirge, das mit behaarten Blättern bewachsen ist, kann jedoch nicht als der Grauweiden-Zone der Hochgebirge Skan- Jinaviens entsprechend betrachtet werden, vielmehr dürften annähernd die tiefer gelegenen Theile des baumlosen Bergplateaus mit den trockenen Steppen der Hochgebirge des südöstlichen Europas zu ver- gleichen sein, deren Vegetation ebenfalls zum grossen Theil von behaarten Arten zusammengesetzt ist. Die behaarten Gräser, welche nebst anderen langblätterigen behaarten Gewächsen hier die Savan- nen zusammensetzen, geben der Landschaft einen steppenartigen Charakter. Kehren wir nun zu der Grauweiden-Zone der Jlochgebirge Jemt- lands zurück, so beobachtete ich daselbst, dass die Behaarung das gewöhnliehste Sehutzmittel gegen die Verdunstung ist, welches jedoch durch andere Auordnungen ersetzt werden kann. Es ist klar, dass durch eine schon im frühen Stadium verdickte und cutinisirte Oberhaut die Haarbildung verhindert werden kann, wie auch anderseits wieder gerade eine solche Hautverdickung die Haarbekleidung ersetzen kann. So dürfte es sich auch mit dem Wachsüberzug verhalten, welcher so oft, besonders auf der unteren Seite der Blätter in diesem Gebiete vorkommt. 237 Die dieken, fast eentrischen und sueculenten Blätter, welche bisweilen hierselbst angetroffen werden, z. B. bei Sarifraya aizoides, sind wahrscheinlich mit Rücksicht zu dem vom Wasser und der Unterlage reflectirten Lichte, wie wir später schen werden, aber auch als Schutz gegen allzu starke Transpiration ausgebildet. Auch die Entstehung dieses Typus wird ohne Zweifel von den Fae- toren, welche die Verdunstung befördern, auf die Weise vermittelt, dass hier unter der Einwirkung erwähnter Faetoren überall ein Zuwachs im Meristem der Blattanlage leichter vor sich geht, wäh- rend bei den haarigen und bifacialen Blättern nur «das Dermatogen, und von diesem nur ein Theil der Zellen gegen obige Impulse reagiren. Der centrische Bau der succulenten Blätter dürfte ebenfalls von dem allseitigen Lichte bedungen werden, welches die Folge des Auf- tretens dieser Arten theils in der Nähe von Wasser, theils auf einer Unterlage ist, wovon das reflectirte Licht nach allen Seiten verbreitet wird. Hierüber mehr im Zusammenhange mit den „Cireumpolären Lichtblättern“. Nach dem Regen scheint auf den Blättern oft auf gewissen Stellen derselben eine Wasseransammlung liegen zu bleiben, welche nach und nach die ganze Fläche überziehen kann und die nicht selten ziemlich tief ist. Bei eintretendem Sonnenschein dauert es daher eine Weile, bis das Wasser verdunstet ist. Die Wasseransammlung bildet also eine Art Verdunstungsreservoir. Es ist klar, dass auch der feinste Regen wie auch die Wolken, welehe oft über das Gebiet ziehen, ent- weder die Räume zwischen den Haaren mit Wasser ausfüllen, oder wenigstens die Luft, welche hier besser aufgehalten wird, feucht machen. Die Ilaarbekleidung verhindert weiter durch die Beschattung das allzustarke Einwirken der Licht- und Wärmestrahlen auf die assi- milirende Fläche. Durch den diehten Haarpelz kann auch der Wind nicht so leicht zu der Epidermisfläche eindringen. Die Bekleidung wird um so nothwendiger, als der Wind zuweilen die Blätter in Be- wegung setzt, wodurch die Verdunstung in hohem Grade verstärkt wird. In dieser Beziehung werden’ die beweglicheren Blätter der Grauweiden-Zone der Verdunstung mehr ausgesetzt als z. B. die kleinen festgebauten Blätter bei den auf den Plateauen lebenden, heidekrautartigen Gewächsen. Im Zusammenhange hiermit möge darauf hingewiesen werden, dass viele hier lebende den Winde ausgesetzte Gewächstheile, z. B. die Stiele bei den Hieracium-Arten, immer mehr nach oben behaart 238 sind, je mehr die Schnelligkeit der Biegungsbewegung, durch den Wind hervorgerufen, gerade nach oben zunimmt. Für die Grauweiden- wie auch die eigentliche Paramos-Vegetation dürften die schwachen, feinen Regenniederschläge nicht die Kraft besitzen, die Behaarung wegzuspülen. Da diese Blätter nur sommer- grün sind, werden sie natürlich aueh nicht, wie das mit den kleinen Blättern auf den Plateauen der Fall ist, im Winter dem Schnee- gestöber ausgesetzt, was vielleicht bei diesen letzteren die Ursache des Mangels an Haarbekleidung auf den für Wind und Schnee expo- nirteren T'heilen ist. Auch der anatomische Bau der Grauweidenblätter steht im nächsten Zusammenhang mit den äusseren Verhältnissen, unter welchen diese Gewächse leben. Das Schwammparenchym ist mächtig und von Intercellularräumen gefüllt. Die Ilaare sind lang, fach und einzellig und scheinen mit den Epidermiszellen, von welchen sie gekommen, zu communieiren. An der Basis sind die Haare stark verdickt. Der Rand des Blattes ist gewöhnlich etwas umgehogen, welcher Umstand in gewisser Be- ziehung der Anfang des umgebogenen Randes sein kann, der für die auf dem höheren Niveau vorkommenden, immergrünnen, kleinblätte- rigen Heidegewächse charakteristisch ist, Auf dem Grauweidengebiet besteht, wie erwähnt, die Vegetation typisch aus Arten mit behaarten, oft dieht graufilzigen, kurzstieligen oder ungestielten, spaten- und zungenförmigen oder umgekehrt eirunden, selten etwas lanzettlichen Blättern mit der grüssten Breite immer über der Mitte der Fläche. Als Beispiele mögen von den Hochgebirgen Jentlands angeführt. werden: Salör glauea, S. lanata och S. lapponum; Gnaphalium norve- gie; G. supiniem (im der Nähe der Schneehaufen); Hieracium alpinum und andere Arten; Bartsia alpina (bildet den Uebergang zu dem bei Schneehaufen auftretenden gerundeten und gesägten Typus); Me- landrinm silvestre; Cerastium alpinum; Myosotis silcatica; Erigeron- Arten und Antennarie-Ärten u. m. a. Ein Theil Blätter der hier vorkommenden Arten bildet den Ueber- yang zu einem mehr langgestreckten 'I'ypus, wie: Cirsium heterophyllum; Suenssurea alpina, Hieracium nigrescens (mit runden, gezähnten Grund- blättern); Leontodon autumnale (stark behaart). Ein Theil Arten haben Thaublatttypus mit bläulicher Unterseite der Blätter, z. B.: Polyyonum aviculare; Viscaria alpina,; Myrtillus EEE 239 uliginosa; Rhodiola rosea (bildet den Uebergang zu den runden Schneeblättern). Auf diesem Gebiete treten auch einige Gras- und Uarex-Arten auf, welche sich in entsprechender Weise wie die bläuliehen 'Thau- blätter ausgebildet haben, nämlich: Poa alpina; Phleum alpinnm und Carer-Arten. Hier kommen auch Arten vor, welche durch die Stellung der Blätter und Blättchen oder dureh deren Form oder dureh beides dem voraus erwähnten 'Thaublatitypus zugehören oder sieh nähern, z. B.: Orchis maculata; Coeloglosum riride; Menyanthes trifoliata (aufrecht stehende Blättchen mit schmäler werdender Basis); Lotus eornienlatus (Blättchentypus wie bei M. trifol.); Trifolium pratense (die Stellung der Blättchen beinahe aufrecht, rund mit etwas schmäler werdender Basis); Tussilago Farfarı mit seinen runden, gezähnten Blättern kommt dem Schneeblatttypus am nächsten, tritt aber in der Grauweidenregion auf Plätzen mit kalter Feuchtigkeit auf, wie auch die Behaarung der Blätter andeutet; Salix reticuleta bildet auch ihrer Form nach einen Uebergang zwischen den Verdunstungs- und den Schneeblättern. Die Blätter sind bei dieser Art zuweilen umgekehrt eirund mit etwas eingebogenem Rande, zuweilen eirkelrund mit Zähnen versehen. Die Behaarung auf der Unterseite erinnert an die Grauweiden. Diese Salix-Art ist ziemlich verbreitet, doch scheint dieselbe vorzüglich den über der Grauweidenzone belegenen Abhängen zuzugehören, nicht weit von den Schneehaufen. Andere ganz ausserhalb des Typus der Verdunstungsblätter stehende, hier in der Bodenbedeekung vorkommende Arten sind z. B.: Galium boreale; Epilobium Lineare; Nardus strietaz; Eriophorum-Arten; An- dromeda polifoliaz; Saxifraga aizoides, S. oppositifolia; Juneus-Arten; Parnassia pulustris; Majanthemum bifolium u. a. Ausser den verschiedenen Grauweidenformationen, in welchen die graubehaarten Gewächse die lauptmasse ausmachen, besonders von den höheren Schiehten, werden hier auch andere For- nıationen angetroffen, welche in diese eingeschoben sind. Besonders ist die Hainthälehen-Formation auf diesem Ge- biete ganz gut repräsentirt, wenn auch nieht so geschlossen, wie auf höheren und tieferen Niveaus. Ueber den eigentlichen Grauweiden tritt diese Formation nämlich wieder, wie es scheint, mehr compact auf. Die Hainthälchen-Gewächse, welche hier vorkommen und oft von den Grauweidenbüschen beschattet werden, sind u. a. folgende: Viola biflora, V. palustris; Geranium silvaticum; Geum rivale; Alche- 240 milla vulgaris; Ranuneulus acris; Sceptrum Carolinum; Pedieularis- Arten; Aconitum Lyeoctonum; Cornus suecica; Mujenthemumn bifolium; Trientalis europaea; Potentilla Tormentilla; Solidago Virgaurea. Auf tieferem Niveau werden wieder Verdunstungsblätter ange- troffen, z. B. auf Hainabhängen. Hier treten auf u.a.: Salix caprea, S. aurita. Kälteblätter. Auf den kalten, troeknen und vom Lichte mehr allseitig be- strahlten Heiden, meistens mit Empetrum nigrum und kleinen Eri- cineen bewachsen, sind die Blätter klein, dichtsitzend und schief auf- rechtstehend. Die äussere Totalform der Blätter weicht wenig von der der Thau- und Verdunstungsblätter ab, jedoch sind die Ränder zurückgebogen. Da diese Blätter im Allgemeinen wintergrün sind, so liegt es nahe anzunehmen, dass diese Zurückbiegung der Ränder, wie auch die diehte Zusammenhäufung der Blätter das Reagiren des Blattes gegen die Winterkälte ausdrücken. Aus Gründen, die weiterhin deutlich werden sollen, habe ich auch angenommen, dass ein solches Reagiren stattgefunden hat und nenne daher diesen Blatttypus Kälteblätter. Ich sehe nämlich die Kälte hierselbst für den stärksten und kräftigst wirkenden Klimafactor an. Die übrigen Faetoren, nämlich die Verdunstung, die eircumpoläre Beleuchtung, die Wind- und Schnee- verhältnisse u. a. haben natürlich auch in ihrer Weise zur Ausbildung des Typus beigetragen, wie auch anderseits die Form und Stellung des Blattes einen Schutz sowohl für dieses selbst als für die Pflanze im Ganzen gegen die Einwirkung auch der letzterwähnten Klima- faetoren bilden, Bei der Frage von der Entwiekelung des Blattes wähle ich als Beispiel Empetrum nigrum, weil dies die gewöhnlichste Art auf diesem (Giebiete ist und dessen Blätter auch, im Zusammenhange damit, die für die hier herrschenden Klimaverhältnisse, wie mir scheint, die passendste und typischste Form und Bauart aufweist. Die Ränder sind zurückgebogen. Auf der Unterseite zwischen diesen läuft beinahe bis zur schmäler werdenden Basis und der stumpfen Spitze eine enge Furche, welche durch Haarränder auf den zusanımenstossenden Blatt- rändern fast geschlossen ist. Diese Furche ist die Mündung einer grösseren Luftlacune. Ueber die Entwiekelung des Blattes bei Empetrum hat Gruber') einen kleinen Aufsatz geschrieben. Vergleiche hiermit, was Ljung- 1) 6. Gruber, Anatomie und Entwickelung des Blattes von Empetrum nigrum und ähnlichen Blattformen einiger Ericaceen. Diss. Königsberg. 241 ström!) über die Entwiekelung des Blattes bei Erica carnea sagt. Die Serie Querschnitte der verschiedenen Blätterarten (Taf. III Fig. 1—4) Tafel III. dürfte einigermassen auch die verschiedenen Entwickelungsstadien von Empetrum anzeigen. Die Ericaceen, welche hier vorkommen, weisen eine ähnliche, wenn auch ungleich weit durchgeführte Entwickelung auf. Erst sieht man den Durchschnitt eines beinahe linsenförmigen Blattes (entspricht Cassiope Fig. 4 Taf. III). Noch gibt es nur eine kleine „Solea- tura“. „Eine Partie längs der Mitte der Unterseite des Blattes (bei Erica carnea) zeichnet sich inzwischen dadurch aus, dass die Zellen hier ihre geringere Grösse beibehalten. Hierdurch werden die auf beiden Seiten dieser Partie belegenen Theile des Blattes wie Wälle emporgehoben 1) E. Ljungström, Biadets Byggnad inom familjen Ericinese. Lund 1883, Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 16 242 und die Furche ist da.“') Dasselbe kann auch von Empetrum gelten. — „Die Bildung der Furche ist sehr einfach zu erklären; sie geschieht in der Weise, dass sich das Gewebe auf der Unterseite mit Aus- nahme einer mittleren Zone, welche im Wachsthum zurückbleibt, all- mählich erhebt.“2) „Hierzu kommt noch ein stärkerer Factor, und dieser besteht in einer Streekung und Theilung der Pallisadenmutterzellen.“°) Hier- durch sollten bei Empetrum „die Seitenwälle* so hoch wachsen, dass sie fast zusammentreffen und eine eylinderförmige Höhle bilden. Da nun indessen die Furche schon früh zu ihrer vollen Grösse ausgebildet ist und ihr Umfang sich nachher nicht mehr erweitert, so beweist dieses ja, dass hier ein peripherischer Zuwuchs in dem äussersten DBlattrande, an den Grenzen der Furche‘ in späterem Stadium nicht stattgefunden hat. Da also, wie wir bald sehen werden, wahrscheinlich auf Grund der verschiedenen Temperaturverhältnisse, die ganze eentrale Partie der Blattfläche in der Länge und Breite sich fortentwickelt, während dessen der Zuwachs am Rande ruht oder wenigstens bei weitem nicht in so hohem Grade vor sich geht, so ist die natürliche Folge, dass das Blatt schalenförmig wird, so weit der Rand nicht zersplittert oder zerbrochen wird. Eine Verschiedenartigkeit der Temperatur der Luft bei dem Rande der Blattanlage und des centralen Theiles derselben ist mit aller Wahr- scheinlichkeit vorhanden, Bei den kleinblätterigen Erieineen, ebenso wie bei Empetrum nigrum, welche die Blätter in Reihen aneinander geordnet haben, wobei die Flächen sich dieht aneinander schliessen und einander schützen, während dessen die Ränder frei und mehr der Einwirkung des umgebenden Mediums ausgesetzt sind, muss sich ein solcher Temperaturunterschied vorfinden. Diese Ungleichheit muss sich bei den betreffenden Pflanzen auch in sehr zeitigem Stadium bei den eben hervorkommenden Blättern entwickelt haben, da ja die schützenden Knospenschuppen bei diesen gewöhnlich fehlten. Im frühen Stadium wird diese Ungleichheit weiter noch dadurch befördert, dass der Schnee sich dieht an die Gewächse schliesst und 1) Ljungström, Le. - 2) Gruber, l. ec. Mit „einer mittleren Zone@ meint G. ohne Zweifel den von den jungen Blatträndern umgebenen Theil, 3) Ljungström, I, e, 243 hauptsächlich zwischen den Blattreihen sitzen bleibt. Die Frostnächte, Herbst und Frühling nebst dem kalten Wind und Regen müssen auch in ihrer Weise dazu beitragen, die Temperatur an den Rändern der Blattanlage zu senken, während dessen die Luft zwischen den dicht zu einander gelegenen Blattflächen bei constanterer Temperatur er- halten wird. Diese Temperaturdifferenz hat mit aller Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass das Blatt sich schneller in der Mittelpartie als an den Kanten entwickelt und wächst, und das Resultat ist die Entstehung der Schalenform des Blattes, mag diese Form nun nach oben oder unten gewandt sein. Die zurückgebogenen und auch oft etwas zu- sammengerollten Ränder sind natürlich auch nichts anderes als eine Art Schalenform, welche auf eben dieselbe Weise und durch schon erwähnte Ursache entstanden ist. Aber ohne Zweifel ist es inzwischen nicht diese Verschiedenheit in der Temperatur an dem Rande und an den centralen Partieen der jungen Blätter allein, welche diesen ungleichen Zuwachs hervorruft, sondern auch die Temperaturverschiedenheit, welche zur Zeit der ersten Ausbildung der Blattanlage, wo diese einen beinahe linsen- förmigen Körper bildet, herrschen, und später, wenn das Blatt schneller in den inneren, nach dem Centrum belegenen Theilen zunimmt. Im Zusammenhange hiermit dürfte es angebracht sein, auch einiges über die Blattzähne und deren Entstehung zu sagen, da die Entwiekelung höchst wahrscheinlich sehr an die Schalenform erinnert, Wenn z.B. die Zähne bei Betnla nana zusammengeführt werden, so dass ihre Ränder einander berühren, so wird das Blatt auch hier deutlich und scharf zurückgebogen. Das Blatt ist ausserdem, wie das auch bei andern, an Schneehaufen wachsenden Arten, z. B. Salix herbaceae der Fall ist, auch den von den Zähnen nach innen be- legenen Theil betreffend, ein wenig schalenförmig. Was ist aber der Grund, dass diese Partieen des Blattes, die die Zähne später ausmachen, anstatt einen zurückgebogenen Rand zu bilden, wie bei den meisten andern Arten, besonders auf den Heiden innerhalb von Regio alpina und in arktischen Gegenden, — bei den. um Schneehaufen wachsenden Arten, während der Entwickelung sich trennen und diese regelmässigen Zähne bilden ? Dass eine stark wirkende Kraft bei dem zuerst stattgefundenen Zuwachs in der centralen Partie, ein Zuwachs, welcher am öftestens 10* 244 unter dem Drucke der zusammengehäuften Blätter und Knospenschuppen vor sich geht, ausdehnend auf die zeitig immer etwas eingebogene Peripherie der Blattanlage einwirken muss, ist ersichtlich. Es ist eine bekannte Sache, dass bei Blättern, welche von den Knospen- schuppen gut geschützt werden, die Turgescenz im frühen Stadium stärker ist, als bei denen, welchen ein vollständiger Knospenschutz fehlt. Es ist auch klar, dass bei den Arten, welche in der Nähe des Schnees wachsen — diese haben auch gewöhnlich gut aus- gebildeten Knospenschutz —, die Turgescenz kräftiger werden muss als bei den Blättern auf den trockenen Heiden. Diese starke Turges- cenz dürfte es nun sein, welche verursacht, dass die zeitige ursprüng- lich auf der Temperaturverschiedenheit beruhende Zurückbiegung des Blattrandes, was auch für die Heiden typisch ist, in der Nühe der Schneehaufen im späteren Zustande dureh Blattzähne er- setzt wird. Was ursprünglich und auf den Heiden zurückgebogene und ein- gerollte Blattränder veranlasst, ist somit ohne Zweifel in erster Linie die Kälte, welche in diesen Gegenden, besonders während der frühesten Entwickelung des Blattes, schr stark sein kann. Dass diese Ränder bei den Heidekräutern im Laufe der Entwiekelungsperiode nicht ausgespreizt werden, beruht wahrscheinlich auf der fehlenden Turgescenz. Die Verdunstung ist nämlich auf diesen Heiden oft- mals ein besonders wirksamer Factor, wie auch Warming!), Grönland betreffend, dieses hervorhebt und während der Entwiekelung dieser Blätter ist der Boden oft sehr kalt. Die Zähne sind natürlich nichts anderes als cin regelmässiges Bersten des Blattrandes. Dieses Bersten geht selbstverständlieh später während der Entwiekelung vor sich und steht mit der Ausbildung der Gefüssbündel am Rande des Blattes im engsten Zusammenhang. Davon die Regelmässigkeit. Was die Ausbildung der Zähne aus den eingebogenen Rändern veranlasst, ist also die nach der tiefen Tempe- ratur des Winters folgende Feuchtigkeit des Bodens und der Luft während des Frühjahrs, welche hauptsächlich in der Umgebung der Schneehaufen und auf schattigen Stellen bemerkt wird, und den Ge- weben einen höheren Grad von Turgor verleiht. Wenn wir nan wieder zu den Blatttypen auf den Ileiden zurück- kehren, so ist es deutlich, dass nicht bloss die Kälte und Ver- dunstung, obwohl diese in erster Linie, sondern auch das eireum- 1) EWarming, Om Grönlands Vegetation. — Meddelelser om Grönland, Kjöbenhavn 1888. 245 poläreLicht zur Ausbildung dieser zurückgebogenen Blattränder beitragen. Der grosse Bogen, den die Sonne während der Vegetationsperiode beschreibt und welcher sich bekanntlich der horizontalen Richtung nähert, muss ja auch seine Strahlen gegen die Ränder und Unter- seite der im jungen Zustande flachen Blätter senden, da diese beinahe in aufrechter Stellung sich befinden. Eine Folge hiervon ist, dass die Yallisadenmutterzellen und Pallisadenzellen sich in der Richtung nach den Lichtstrahlen strecken, wodurch nämlich das Assimilationsgewebe gegen den Rand aus und theilweise über die Unterseite des Blattes wachsen, Der für die Heiden charakteristische „Nanismus“ bei den Blättern beruht wohl zum grössten Theil auf der tiefen Temperatur des Bodens zur Zeit der Entwickelung der Blätter, wobei eine geringe Quantität Wasser mitdarin aufgelöstenNahrungsstoffen aufgenommen werden kann.!) Die diehte Zusammendrängung der Blätter leitet sich aus der- selben Ursache her. Die Internodien erhalten nämlich nicht genug Baumaterial und Wasser, um sich ausstrecken zu können. Die Richtung der Blätter, schräg aufwärts, dürfte zu diesem Nanis- mus und dieser Zusammenhäufung in nächster Relation stehen. Sie werden nicht von schweren Regentropfen niedergedrückt, theils, weil sie so klein und dichtsitzend sind, dass die Regentropfen zersplittert werden, theils, weil starker Regen mit grossen Tropfen selten oder niemals weder auf den lleiden noch überhaupt innerhalb Regio alpina vorkommen. Der Mangel an laarbekleidung bei den Blättern auf den für äussere Verhältnisse am meisten ausgesetzten Theilen leitet sich ohne Zweifel vom Frost und dem starken Temperaturwechsel zur Zeit der frühesten Ausbildung her. Beim Wechsel von Frost und Thauwetter inussten nämlich die Haaranlagen vom Schnee abgerieben werden, wie sie auch, wenn von Anfang an solche vorhanden waren, von den Schneegestöbern zur Winterszeit abgeschabt worden sind. Wie es den Anschein hat, als ob es in erster Linie die tiefe Temperatur sei, welche die Entstehung des fraglichen Blatttypus be- dungen, so ist auch das Blatt durch die Eigenschaften, welche es hierbei erhielt, in den Stand gesetzt worden, sich gerade gegen diesen Klimafactor zu schützen. Die dicht gestellten Blätter nebst Richtung und Form der Zweige und der allgemeine Habitus der Pflanze scheinen ohne Zweifel die 1) Vergleiche Warming, l. c. pag. 119. 246 / Anhäufung des Schnees bei den Gewächsen und um diese herum zu befördern. Ein solches Bestreben bei diesen Pflanzen, sich durch Schnee gegen Barfrost und kalte Stürme im Winter zu schützen, wird um so nothwendiger, als im Uebrigen auf diesen ebenen Gebieten nichts zum Liegenbleiben des Schnees beiträgt. Gewöhnlich ist die Schneedecke im Winter hierselbst nach Aussage der Eingeborenen Jemtlands nicht so mächtig als auf anderen Stellen innerhalb Regio alpina. Dicht zusammengehäufte Blätter und verkürzte Internodien schützen besser, weil der Luftwechsel zwischen den Blättern geringer und der Schnee hierdurch von den Knospen in einiger Entfernung gehalten wird. Im Zusammenhang hiermit ist es natürlich vortheilhaft, dass die Blätter klein und nach dem Stamme zu gedrückt sind. Ueber die Wandverdickung und Cuticularisirung der Oberhaut als Schutz gegen Kälte vergleiche was Areschoug!) in seiner Arbeit Seite 518 sagt, Wenn man sowohl vertical höher hinauf in den Hochgebirgen als auch, wenn man in nördlichere Gegenden kommt, tritt nach und nach das Verhältniss ein, dass sämmtliche Pflanzen auf die eine oder andere Weise, entweder in Uebereinstimmung mit den Heidegewächsen oder als die in Juncus- und Eriophorumformationen eingehende Arten in ihren Blättern (zuweilen auch in den Stämmen) Lacunen und von Luft gefüllte Höhlungen bilden. Die Bedeutung dieser Anordnungen ist gewiss wohl verschiedenartig. Wenn es gilt, die Bedeutung eines Organes oder gewisser Struktur- verhältnisse zu bestimmen, so ist nothwendig, deren geographische Ver- breitung zu kennen, in welchem Grade bestimmte Klimafaetoren gerade auf diesem Gebiete vorherrschend sind. Weiter ist es von Gewicht kennen zu lernen, ob diese die Ursache der Entstehung erwähnter Strukturverhältnisse sein können. Mit Hinsicht auf diese Umstände würde die Antwort auf die Frage lauten, dass die Iuuftlaeunen in den Blättern und Stämmen mit aller Wahrscheinlichkeit in erster Linie gegen Kälte schützen. Die Temperatur ist bekanntlich in diesen Gegenden, besonders im Winter, Herbst und Frühling, erheblich tief und dazu sehr wechselnd. Dass hier eine Schutzeinrichtung für diese immergrünen Blätter gegen die Kälte vorliegt, dürfte also anzunehmen sein. ) F. W.C. Areschoug, Der Einfluss des Klimas auf die Organisation der Pflanzen, insbesondere auf die anatomische Struktur der Blattorgane. — Bot. Jahr- bücher f. Syst. u. Pflanzengesch. v. A. Engler, Band II, Heft III, 1881, 23. Sept. 247 Man könnte nun gegen eine solche Ansicht einwenden, dass die meisten Pflanzen in geringerem Grade eines solchen Schutzes be- dürftig seien, da viele Arten nach allgemeiner Annahme selbst in den kältesten Gegenden ohne den geringsten Schutz leben können, Dieses ist jedoeh nur eine Annahme. Mit aller Wahrscheinlich- keit gibt es bei näherer Betrachtung wirklich Schutzvorrichtungen, z. B. solche, welche den über der Erde befindlichen Theil der Pflanze, welcher dem Wechsel der Temperatur am meisten ausgesetzt ist, mit dem tieferen, in der Erde stehenden, mit constatirter höherer Temperatur umgebenen Theile in Verbindung setzen. Durch Intercellulargänge und Gefässe — das Holz, welches in diesen Gegenden gewöhnlich sehr stark entwickelt ist, ist bekanntlich ein schlechter Wärmeleiter — stehen natürlich die inneren Höhlungen der Blätter und die durch Zurückbiegung der Ränder entstandenen Räume mit den oftmals sehr grossen Luftlacunen!) und den reichlichen Gefäss- und Holzelementen in den unter der Erdoberfläche sich befindenden Stamm- und Wurzel- theilen in Verbindung. Dass die Blätter .auf diese Weise geschützt werden, besonders wenn wie bei Empetrum, die zurückgebogenen Ränder beinahe zu- sammenstossen, ist klar und deutlich, denn ausserdem, dass wärmere Luft von unten zugeführt werden kann, wird die Kommunikation zwischen der äusseren Luft und der Luft in der vom Blatte eingeschlossenen - Iföhlung vermindert, wodurch die Temperatur in dieser höher und unverändert beibehalten wird. Durch die Untersuchungen von Volkens?) ist es constatirt, dass die Wurzeln bei Wüstengewächsen gewöhnlich eine ansehnliche Länge erreichen, um Wasser einer tiefer belegenen, feuchteren Erd- schicht erhalten zu können. Bei diesen sind also die langen Wurzeln ein Schutz gegen Wärme und die durch die höhere Temperatur be- dungene starke Transpiration. Im Zusammenhange hiermit stehen ohne Zweifel die langen und tiefgehenden Wurzeln bei vielen Iloch- gebirgspflanzen. Inzwischen aber dürfte bei diesen die Länge der Wurzeln nicht bloss einen Schutz gegen Verdunstung bezwecken, sondern auch, und dies vielleicht in erster Linie, eine Art communi- cirendes Gefäss sein, durch welches wärmere Luft den Blättern zuströmt 1) Assistent O. Ekstam ist gegenwärtig mit einer Arbeit über Wurzel- lacunen der Polar- und Hochgebirgspflanzen beschäftigt, welche Untersuchungen auf ein häufigeres Vorkonımen von Lacunen in den Wurzeln dieser Pflanzen deuten. 2) G. Volkens, Zur Flora der ägyptisch-arabischen Wüste. — Sitzungs- berichte d. Kgl. Preuss. Akad. der Wissenschaften. VI, 1886. 248 und sich mit der Luft in deren inneren und äusseren Höhlungen vermischt, Die zurückgebogenen Ränder scheinen somit wahr- scheinlich das Blatt und die Pflanze gegen die tiefe Temperatur und gegen den jähen Wechsel von warm und kalt zu schützen. Die Athemhöhlen und die Intercellularräume des Schwammparen- chyms sind gross. Die dichte Zusammenhäufung der Blätter, der oftmals enge Spalt, die Haarränder, Luftkammern, Athemhöhlen und Intercellularräume bilden zusammen einen Moderationsapparat für die kalte Luft und hindert den direeten Zutritt derselben. Allein nicht nur die Temperatur der Luft wird hierdurch moderirt, sondern auch der Feuchtigkeitsgrad und die Bewegung in der Luft. Ein hoher Sättigungsgrad im Vereine mit geringer Luftbewegung hemmt bekanntlich die Transpiration. Die Beleuchtung, welche in diesen Gegenden der Hochgebirge Jemtlands während der Vegetationsperiode mehr cireumpolär ist als auf niedrigeren Niveaus, hat, wie ich zu zeigen versucht habe, ohne Zweifel zur Entstehung der eingebogenen Ränder mitgewirkt. Das Aussehen eines Querschnittes deutet auf den centrischen, hauptsächlich auf höheren Niveaus vorkommenden Blatttypus. Indessen ist ein voll centrischer Typus für diese wintergrünen Blätter nicht angebracht, da die Sonne ja zur Winterszeit einen kleineren Bogen beschreibt. Der so beschaffene Rand fungirt selbstverständlich auch besser gegenüber den hier herrschenden Lichtverhältnissen. Das Pallisadenparenchym, welches infolge des schwachen Lichtes einen grösseren Umfang erhält — die zurückgebogenen Ränder besitzen zuweilen ein solches Gewebe bis zur Nähe des Spaltrandes — wird durch diese Zurückbiegung überall mehr winkelreeht im Verhältniss zu den während des Tages von den verschiedensten Richtungen ein- fallenden Sonnenstrahlen. Auch die schalenförmige Ausbildung des Blattes im Uebrigen wird eine Anpassung zum schwachen Lichte. Das Licht auf diesem Gebiete ist infolge der gewöhnlichen Bewölkung des Himmels schwach und nur zufällig oder nur während kurzer Zeit intensiver, dafür aber auch während des Sommers lang anhaltend. Durch den Mangel der eben angedeuteten Dunkelheit muss die Pflanze, um respiriren zu können, dunklere Kammern ausbilden. Dieser Zweck ist nun gleichzeitig erreicht worden. Die vollständig von eingebogenen Rändern eingeschlossenen Höhlen — wie auch die 249 centralen Räume der centrischen Blätter —, aber auch in gewissem Grade die gewöhnliche Schalenform fungiren wahrscheinlich als solche, Man kann hierbei annehmen, dass das Pallisadenparenchym — die obere Fläche — eine „eonverse* Anpassung gesucht, gleichzeitig dass das Schwammparenchym — die untere Fläche — eine „adverse® Anpassung durchschritten hat. Die Anpassung bei diesem Blatttypus im Verhältniss zur Beleuchtung wird infolge dessen „biversal“. ') Diese Ausbildung des Blattes mit Rücksicht auf die Beleuchtungs- verhältnisse gilt, wie wir sehen werden, in noch höherem Grade von dem folgendem Blatttypus. Sowohl Blätter als auch Stämme und Wurzeln, besonders bei den auf höheren Niveaus befindlichen Hochgebirgspflanzen, werden natürlich während des Winters der Pressung durch Eis und hartgefrorenen Schnee ausgesetzt. Der Vortheil von den luftgefüllten Höhlungen, welche verhindern müssen, dass die Gewebe und Zellen gedrückt werden, ist leicht einzusehen. Auf diesen, innerhalb Repio alpina belegenen Heiden, herrschen bekanntlich auch während des Sommers zuweilen Nachtfröste, haupt- sächlich ist dieses aber im Herbst und Frühling der Fall. Die Eigenschaft des Blattes, eine glatte Fläche zu besitzen, steht ohne Zweifel hiermit auf die Weise im Zusammenhang, dass diese Eigenschaft, wie erwähnt, von dem oben erwähnten Klimafactor, möglicher Weise noch im Vereine mit der Einwirkung der Schneege- stöber im Winter, bedungen ist, aber auch auf die Weise, dass die Glätte ein Schutz für des Blatt und die Pflanze im Ganzen gerade gegen diese Klimafactoren wird. Die feuchten Wolken und die feinen Regen, welche sich oft über diese Vegetation lagern, hätten zur Folge, wenn die Blätter behaart wären, dass die Blattflächen vom Wasser durchtränkt würden. Ein unmittelbar darauf folgender Nachtfrost würde leicht bedenkliche Folgen nach sich ziehen. Eine glatte Fläche mit schmäler werdender Basis, deren Richtung ausserdem die Beseitigung des Wassers am Stamm entlang ermöglicht, wendet eine solche Gefahr ab. Da die Blätter wintergrün sind, so sind sie natürlich das ganze Jahr hindurch der Einwirkung der Kälte ausgesetzt. Die sommergrünen Blätter, welche hier ausnahmsweise vorkommen, werden selbstverständlich nurin geringem Grade der obenerwähnten tiefen Temperatur ausgesetzt. Da diese Pflanzen keine grossen Blattllächen haben, welehe einander beschatten und auch von keiner höheren Schicht beschattet werden, 1) Vergl. E. Stahl, l. c. pag. 155. 250 so wird auch der Stiel oder das Expositionsorgan der Blätter weniger vom Bedürfniss hervorgerufen, als dies z. B. in „Hainthälchen“ und Wäldern der Fall ist. Die Erieineen nebst Empetrum nigrum sind bezeichnend für die leiden der Hochgebirge. Auf tieferem Niveau und Breitengrad sind die Erieineen mit erwähntem Typus nach und nach weniger überein- stimmend und weniger zahlreich und bilden den Uebergang zu anderen. Erieinella Manni Kltzsch, och Bleria spicata Hook., welche in gewissem Grade, wie ich auf dem Kamerungebirge beobachtete, den Kälteblättern auf unsern Hochgebirgsheiden entsprechen, nähern sich in einigen Beziehungen durch die Behaarung und Blattform den Verdunstungsblättern. Auf den Alpen scheinen nach Kerner und Pax Heidekräuter auf sehr hohem Niveau vorzukommen. Auch auf den Gebirgen am Kap und in anderen Gegenden der Erde wird der Typus angetroffen. In arktischen Gegenden ist derselbe bekanntlich sehr gewöhnlich. So hat z. B. Nathorst!) unter seinen nördlich vom Melville Bay beobachteten grönländischen Phanerogamen verschiedene, welche zu dieser Kategorie gehören: Empetrum nigrum; Dryas integrifolia, nebst f. intermedia; Cassinpe tetragona; Vaceinum Vitis idaca —- die grönländische Form dieser Art hat sehr kleine dichtsitzende Blätter mit eingebogenen Rändern. An diesen Typus erinnernd sind die Draba- und Saxifraga-Arten mit kleinen dichtsitzenden sommergrünen Blättern u. a. Warming?) hebt beinahe bei allen Plätzen auf Grönland, die er besucht, hervor, dass die Heidegewächse „aldeles overvejende“ (überwiegend) aus Empetrum bestehen. Lange zählt von Grönland verschiedene Arten auf (z. B. Dryas integrifolia, Thymus Serpyllum, Cassiope fetragona), welche diesem Blatttypus angehören. Auf Nowaja Semlja kommen, nach O0. Ekstam, die Kälteblätter ohne Zweifel, weil es zu feucht ist, nicht so häufig vor. Ausser in Regio alpina und aretiea tritt der Typus etwas modi- fieirt auf tieferem Niveau, nämlich sowohl innerhalb Regiv silvatica der Ilochgebirge als auch des niederen Landes auf. Juniperus com- nunis, Erica Tetralie, Lycopodinm-Arten u. a. nähern sich mehr oder weniger dem Kälteblatttypus. 1) A. G. Nathorst, Botaniska anteckningar fran nordvestra Grönland. — Öfversikt af K. Vet. Akad. Handl. Nr. 1, 1884, 2) E.Warming, Beretning om den botaniske Expedition med „Fylla® i. 1884, Moddelelser om Grönland, H. 8, Kbn. 1889, 251 Auf den Hochgebirgsheiden treten hauptsächlich folgende Arten auf: Auf trockenen Stellen: Empetrum nigrum, auf den meisten untersuchten Stellen reichlich, hier und da massenhaft. Phyliodoce coerulea . . . . . . . zerstreut. Azalea procumbens . . . . . . . „ Juniperus communis ß. nana . . . . . . » Calluna vulgaris . . . . . . . » Diapensia lapponica . . . . . . . » Lycopodium Selago . . . . . . .. vereinzelt. » alpinum . . . . . . . n Cassiope hypnoides „ Auf feuchteren Stellen: die mit kleinen, diehtsitzenden, sommer- grünen und fleischigen Blättern versehene Silene acaulis, welche auch auf trockenem Boden vorkommt, Saxifraga oppositifolia u. a., welche beinahe einen centrischen Bau haben und hierdureh, wie auch in ihrem Bau im Uebrigen vom Typus abweichen und den später zu er- wähnenden circumpolären Lichtblättern sich annähern. Der anatomische Bau der Arten ist vorzüglich in einer Beziehung von Interesse. Je stärker der Luftbehälter (Taf. III Fig. 1) und die in demselben mündenden Athemhöhlen und Intercellularräume bei einer Art auf erwähntem Gebiete entwickelt sind, desto höher in der Häufig- keitsreihe zeigt sich die betreffende Art stehen. Die Serie (Taf. TI Fig. 1-4) vom Empetrum, der die typischste Art ist bis zur Cassiope hypnoides, zeigt ein regelmässiges Abnehmen in Häufigkeit, gleichzeitig, dass das Volumen der äusseren und inneren Lufträume — bei kmpetrun ist es schr gross — kleiner wird, je näher man zu Üussöope kommt. Diese Pflanze, welche fast ohne jeglichen grösseren Luftraum ist, findet sich nur spärlich. Sie ist ausserdem klein und von der umgebenden Vegetation mehr gegen den kalten Wind und das Sonnenlichtgeschützt, wodurchsolehe Wärme- und Dunkelräume in keinem so hohen Grade nothwendig werden. Die hier vorkommenden Formationen (vergl. Hult!)) sind folgende: Die Empetrum-Formation, am typischsten und allgemeinsten; die .4zalea-Formation; die Phyllodoce-Formation; die Juniperus nana-For- mation. Die Arctostaphylos-Formation gehört wie die hierselbst zu- weilen vorkommenden Betula nana-Formation und Rubus Chamaemorus- Formation zum Typus der später zu erwähnenden Schneeblätter und deren Gebiet, RR. Hult, Die alpinen Pflanzenformationen des nördlichsten Finlands. — Meddel. af Societas pro Fauna et Flora fennica, häft. 14, pag. 177. 252 Circumpoläre Lichtblätter. Das Vegetationsgebiet, welches sich am höchsten oben in den Hoch- gebirgsthälern oder aufeoncaven Plateauen ausbreitet, woselbst deröchnee lange liegen bleibt, die Sehnmeehaufen zahlreicher und dichter bei einander gelegen sind (z. B. in Sylthal undauf den höheren Plateauen von Snasahöhen und Areskutan), wo auch infolge dessen der Boden feucht und kalt wird, ist oft während der Vegetationsperiode von Wolken eingehüllt. Die Beleuchtung wird daher in diesen hoch gelegenen Gegenden im Allgemeinen diffus, schwach und allseitig, In den den Polargegenden näher gelegenen alpinen Gebieten, wie auch in den arktischen Ländern ist bekanntlich der Bogen, den die Sonne beschreibt, lang und verhältnissmässig nahe dem Horizonte laufend. Da Baumvegetation fehlt, tritt infolge dessen auch gewöhnlich keine Beschattung oder einseitige Be- leuchtung ein. Auch das direete Sonnenlicht wird also mehr allseitig. Aber das diffuse Licht, das hier herrscht, wird ausserdem auf Grund der mehr oder weniger concaven Lage und der oft umgebenden hohen Gebirge vorherrschend. Vergleiche übrigens, was im Anfang dieser Abhandlung über die Klimaverhältnisse gesagt worden. Die Gewächse, die diesem Gebiete angehören, meiden einseitiges und starkes Sonnenlicht, suchen aber Stellen mit circumpolärem und direetem Sonnenlicht oder mit diffuser Beleuchtung auf. Da die Sonne hier oftmals nicht hoch überm Horizonte aufgeht, so müssen die I’Hanzen selbst im Lichte aufschiessen. Dieses geschieht zuweilen durch die stark in die Länge entwickelte Form der Blätter oıler des Stammes und durch die aufrechte Stellung. Beispiele hier- für erbieten Jimens-, Eriphorum- und Eyuisetum-Arten. Im Zusammenhang hiermit benenne ich solche Gegenden Juncus- Gebiete. Der Typus (z.B. Junens-trifidus) zeichnet sich durch folgende charakteristische Merkmale aus. Die Blätter stehen ganz und gar oder wenigstens sehr annähernd aufrecht, sind langgestreckt ohne Expositionsorgan, centrisch gebaut und dazu oft mit einer centralen oder mehreren llöhlungen versehen. Die Pallissidenzellen sind aus An- lass (des schwachen Lichtes weniger als gewöhnlich in radialer Richtung ausgestreekt. Dunkle Kammern von grossen Intereellularräumen oder in die Länge gehenden eylindrischen Ilöhlungen treten, wie erwähnt in den Blättern auf. Anstatt dieser typischen Cylinderform können die Blätter eine auf ähnliche Weise fungirende und habituell gleich- artige Gestalt durch die Einrollung der Blattränder erhalten. Diese & 253 letztere Kategorie des Typus kommt hauptsächlich auf trockneren Plätzen vor. Da hier obne Zweifel bei der Entstehung charakteristischer Merkmale die Beleuchtungsverhältnisse bestimmend gewesen sind und da auch die so entstandene Blattform und Strukturverhältnisse des Blattes mit Rücksicht auf gerade diesen Klimafaetor fungiren, so habe ich den erwähnten Blättern den Namen „eireum-poläre Licht- blätter“ gegeben. Auf diesen Gebieten spielt die Winterkälte keine so grosse Rolle für die Blätter, da diese ja hauptsächlich sommergrün sind. Die langgestreckte Form beruht ohne Zweifel auf einer anhalten- den Etiolirung während der beginnenden Entwickelung. Im IIerbste, den ganzen Winter und im Beginne des Frühlings herrscht in den nörd- lichen Hochgebirgsgegenden, denen dieser Typus hauptsächlich ange- hört, eine sehr schwache Beleuchtung, welche auf den Plätzen zur absoluten Dunkelheit übergeht, wo, wie gewöhnlich der Fall ist, grosse Schneemassen lange und gut die in Frage kommende Vege- tation bedecken. Auch die cylindrische Form dürfte sich direet von der Allseitigkeit des verhältnissmässig schwachen, aber eircumpolären direeten Sonnen- lichtes und des im Verhältniss zu diesem starken diffusen Lichtes herleiten. Das letztere, zugleich mit der allseitigen Bestrahlung, welche die Sonne während der Beschreibung ihres grossen Bogens dem somit etiolirten in die Länge ausgestreckten und aufrechtstehenden Blatte verleiht, sollte also auf dasselbe eine drechselnde Einwirkung haben. Das Palissadenparenchym, wenn dasselbe ursprünglich einseitig ange- ordnet war, als bei dorsiventral bilateralen Blättern, zieht sich nach und nach wie ein Mantel ringsumher, wodurch es besser alle die gegen das Blatt einfallenden Strahlen auffangen und verwerthen kann. Wie hierbei die Ausbildung des Palissadenparenchyms das Mittel wird, wo- durch das Licht auf verschiedene Weise das Blatt eylindrisch macht, werden wir näher betrachten. Bei den Pflanzen (z. B. Empetrum), welche an aufgewachsenen Zweigen ihre Knospen ausbilden, welche daher während der Entwieke- lung mehr der Einwirkung der tiefen Temperatur ausgesetzt werden und bei welchen das Wachsthum der Ränder der jungen Blattanlagen durch die Kälte in ihrer Entwiekelung gehemmt wird, tritt eine „Zu- rückbiegung“ oder eine eylindrische „Einrollung auf“, welche, wenn später die Insolation und infolge dessen auch die Assimilation und die Trans- spiration erheblicher geworden sind, noch im bedeutendem Grade 254 stärker wird. Die „eingerollten“ Blätter und die z. B. die Juncus- Arten auszeichnende typische Cylinderform dürften deshalb unter Ein- wirkung der hier herrschenden Beleuchtungsverhältnisse ent- standen sein. Wie das Wachsthum der Pallisadenzellen und deren Mutterzellen in der Richtung zum einfallenden Lichte die Cylinderform veranlasst, ist vorhin erwähnt. Durch diese eylindrische Form werden winkelrecht einfallende Strahlen in grossmöglichster Anzahl im Laufe des Tages empfangen. Durch die langgestreckte Form der Blätter resp. Stämme wird be- wirkt, dass die lichtauffangende Fläche so gross wie nur möglich wird. Die inneren Luftgänge und der centrale Raum entsteht ohne Zweifel dadurch, dass die Zellen des Assimilationparenehyms infolge des schwachen Lichtes mehr in tangentialer und verticaler und ver- hältnissmässig weniger in radialer Richtung gestreckt werden. Es ist nämlich eine bekannte Sache, dass die Pallisadenzellen um so stärker in der Richtung des einfallenden Lichtes ausgebildet und gestreckt werden, je intensiver dieses ist. Da nun die Intensität des Sonnenlichtes ver- hältnissmässig gering ist, so ist die Folge davon, dass die Ausstreck- ung der Zellen weniger in radialer Richtung und vergleichungsweise ınehr in einem gegen das einfallende Licht winkelrechten Plane ge- schieht. Infolge dieser vertiealen und tangentialen Streckung in der Peripherie des centrischen Blattes musste natürlich der Centralraum und die übrigen im Innern belegenen Intercellularräume einen ent- sprechend erweiterten Umfang erhalten. Diese dunklen Räume, welche so ausgebildet wurden, sind also auch unter Einwirkung der hier herrsehenden Beleuchtungsverhältnisse entstanden. Da alle Seiten des Blattes in gleich hohem Grade gegen die Beleuchtung reagiren und da diese ziemlich allseitig ist, so wird die Folge, da keine mechanische oder andere Hindernisse im Wege stehen, dass das Blatt eine aufrechte Stellung erhält. Sowohl die Richtung des Blattes wie auch dessen Form und Struktur scheinen somit unter dem Einflusse der hier herrschenden eigenen Beleuchtungsverhältnisse entstanden zu sein. Die so gewonnene Blattgestalt fungirt auch hauptsächlich mit Rücksicht auf den eben erwähnten Klimafactoren. Dass die aufrechte Richtung nebst der langgestreckten und cylindrischen Form besser dem diffusen oder eircumpolären Lichte entsprechen, dass die dunklen hohlen Räume durch ihre Grösse besser 255 den Bedarf der Pflanzen füllen können, während der ununterbrochenen Beleuchtung, welche den Sommer in diesen Gegenden auszeichnet, Gelegenheit zu einer mehr ungehinderten Respiration zu geben, als wenn die Gestalt und Struktur des Blattes anders wären, steht im nächsten Zusammenhang mit dem Gesetz, welches betreffs Blatttypen im Allgemeinen gilt, dass gerade die äusseren Impulte, mit Ifinsieht zu welchen die gewonnene Gestalt und der Bau fungiren, gerade die kräftigst wirkenden Ursachen zur Entstehung dieses Baues, dieser Gestalt gewesen sind. Wie die „Kälteblätter“ sind auch diese eireumpolären Lichtblätter biversal der Beleuchtung angepasst, da das assimilirende Gewebe sich ausgebildet hat, sich diese allseitige Beleuchtung zu Nutzen zu ziehen, während dessen die inneren Lufträume sich zum Schutz gegen das zeitweise beinahe ununterbrochene Licht der Vegetationsperiode entwickelt hat. Der Typus ist bezeichnend für die Polargegenden und für die Hochgebirge, hauptsächlich im Norden, wo die von der Sonne während der Vegetationsperiode beschriebene Taglinie sehr gross, zuweilen ununterbrochen und zirkelförmig ist. Zu dem Lichtblattsgebiet dürfte der Theil von der „Fjeldmark“ Grönlands geführt werden, welcher nach Warming') hauptsächlich mit Alsinaceen, Equwisetum-Arten, Gramineen, Kobresia- und Curex- Arten nebst Luzula- und Juncus-Arten bewachsen ist. Von Hult’s?) Formationen im nördlichsten Finland dürften be- sonders folgende dem betreffenden Gebiete angehören: die Juneus-trifi- dus-Formation (am typischsten und, wie es scheint, auf höherem Niveau am allgemeinsten), die Carex-rupestris-Formation, die Seirpus-euespitosus- Formation, die Agrostis-Corealis-Formation und die Nardus-Formation, nebst anderen, auch auf tieferem Niveau vorkommenden Formationen. Assistent OÖ. Eckstam hat mir mitgetheilt, dass auch auf Novaja Semlja diese aufrecht langgestrecekten und eylindrischen Blattformen zusammenhängende Bestände von nicht geringer Ausdehnung bilden. Kerner?) zählt von den höchsten Regionen der Oetzthaler- alpen unter anderen die dieser Kategorie nächstzugehörigen Arten Agrostis alpina, Sesleria disticha, Juneus-trifidus u. a. auf, ‘welehe infolge der umgebenden Wolken zum grossen Theil diffuses Licht erhalten. 1) E Warmingl. ce. p. 70-71. 2) R. Hultl. co. p. 195. 3) A. Kerner, Das Pflanzenleben der Donauländer. Innsbruck 1863. 256 Die eireumpolären Lichtblätter kommen aber auch in anderen Gegenden der Erde vor. Im Tieflande in kalten und temperirten Zonen sind sie keineswegs selten an Bächen, Flüssen, oft ganz nahe dem Wasserspiegel, nebst an See- und Meeresufern. Auf diesen Stellen wird der grosse Bogen, den die Sonne beschreibt, und die circumpoläre Sonnenbeleuchtung vielleicht zum Theil von dem im Wasser sich wiederspiegelnden Sonnenlicht ersetzt. Auf Salzsteppen, Sandebenen, in Wüsten und auf Felsen werden bekanntlich auch oft die Blätter centrisch, z.B. bei Sedum, Spergulariau. a. Dieses dürfte indessen eine Folge davon sein, dass das Blatt von allen Seiten von dem, von der weissen resp. mit unzähligen Krystalllächen versehenen Unterlage refleetirten Lichte !) beleuchtet wird. Eine converse Anpassung scheint also, diesen Typus betreffend, zum circumpolären Sonnenlicht stattgefunden zu haben, aber wahr- scheinlich auch zum diffusen Himmelslichte, was bekanntlich auf den nördlieheren Breitegraden im Verhältnisse zum ersteren und zu dem von der Erdoberfläche reflectirten Lichte sehr erheblich ist. In den Tropen sind diese centrischen Blätter äusserst selten. Sie kommen dann auf hohen, von Wolken stets eingehüllten Bergspitzen und Plateauen, meistens an stillstehenden Wasseransammlungen vor und möglicher Weise unter ähnlichen Verhältnissen zuweilen auf dem tropischen Tiefland. So sah ich z.B, Scirpus schoenoides Bekt. hoch oben auf den Plateauen des Kamerungebirges, wo beinahe jede andere Fanerogamvegetation fehlt. Goebel sagt: „Von anderen eigenthümlichen Paramopflanzen, die... .., seien hier namentlich noch die Umbelliferen mit juneus- blattähnlichen Blättern genannt. Es sind zwei Formen, welche hier- her gehören, nämlich Ottoa oenanthoides und Crantzia linearis. Erstere fand ich auf der Sierra Nevada von Merida (bei ca. 4000 m) letztere kommt nach Weddel in Peru und Bolivien vor, ausserdem ist sie auch ein Bestandtheil der antarktischen Flora; die Pflanze wächst dort in grosser Menge neben den Wasserläufen etc.“ Auf diesem Gebiete, der Regio alpina, der llochgebirge Jemtlands besteht die Vegetation, wie erwähnt, typisch aus Arten mit meisten- 1) Nachdem (dieses geschrieben war, habe ich gesehen, dass Warming in seinen „Botaniske Excursioner Fra Vesterhavskystens Marskegne" — Vidensk Med- delelser fra den naturhistoriske Förening i Kjöbenhavn 1890 — pag. 230 eine ähn- liche Ansicht ausgesprochen hat. Warming weist mit Rücksicht zu diesem Ver- hältniss auch auf Vesque, Annales des scienses 1882, XIII, pag. 30 und auf Giltay im Nederl. kruidk. Archiv. D. IV 1886 hin. 257 theils aufrechten, ziemlich langgestreckten, rund und centrisch gebauten Blättern. DBeispielweise mögen angeführt werden: Juncus-trifidus, Juncus alpinus, Juncus arctieus, Juncus biglumis, Juncus triglumis, Eriophorum Scheuchzeri, Carex-Arten, Kobresia-Arten nebst Equisetum voriegatum und Equisetum scirpoides, bei welchen die Zweige die Function der Blätter übernommen haben. Verschiedene Arten, welche eingerollte Blätter haben und auch oft in dem Gebiete auftreten, dürften in gewissem Grade sich zu dem Typus hinneigen wie z. B. Seirpus-Arten, Poa-, Aira- und Aygrostis- Arten, Festuca ovina, Nardus strieta. Und auch — hauptsächlich die Blattstellung und den Habitus im Allgemeinen betreffend — dürften diesem Typus sich nähern: Alsine-Arten, Saxifraga aizoides, Epilobium alsinefolium, E. lineare, Cerastinm trigynum, Narthecium ossifragum, Tofieldia borealis u. a. Auch verschiedene andere Arten haben die Neigung, sich in dieser Richtung hin zu entwickeln, obwohl sie andern Typen angehören. So z. B. kommen auf den höheren Stellen und auch auf den Heiden kleine Salix-Arten (8. arbuscula) mit diehtsitzenden, schmalen und langgestreckten, aufwärts gerichteten Blättern vor. Analog entwickelte Pflanzen zu diesem Typus werden oft ausser- halb Regio alpina angetroffen. So sind innerhalb Regio silvatica so- wohl im gewissen Grade Pinus silvestris als auch besonders Picea excelsa und ausserdem z. B. Ledum palustre bis zu einer bestimmten sleichheit mit diesem Typus ausgebildet. In andern Gegenden werden dieselben auf entsprechendem Niveau von nahestehenden Arten ersetzt. Die Juncus-trifidus-Formation scheint auf denin Frage stehenden hoch belegenen und allseitig beleuchteten Gebieten am gewöhnlichsten zu sein. Auch Repräsentanten von tiefer belegenen alpinen Klimagebieten gehen hier in die Formationen ein. Die Empetrum- und Betulu-nana- Formation u. a. werden hier, wenn auch selten, angetroffen und sind ohne Zweifel als Relikte zu betrachten. Schneeblätter. Das Gebiet, welches am nächsten um oder in geringen Abstand vondenSchneehaufen belegen ist, ist überall, besonders aber in den tiefer gelegenen Theilen von Regio alpina, beinahe ausschliesslich mit Arten bewachsen, welche typisch dünne, sommergrüne, fast zirkel- runde, gesägte, mehr oder weniger glatte, deutlich, aber oft kurz gestielte Blätter ohne markirte Gelenkpolster haben. Die Stellung ist Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd, 17 258 horizontal oder in trockneren Hochgebirgsgegenden mehr oder weniger aufrecht. Diesen Blatttypus nenne ich alpine Schneeblätter, im Gegen- satz zu den auf tieferem Niveau vorkommenden Schneeblättern, über welche später gesprochen werden soll, Der Typus ist mit aller Wahrseheinlichkeit von der ziemlich tiefen und constanten Temperatur im Vereine mit dem ziemlich hohen Feuchtigkeitsgrad, welcher hier besonders in der Luft herrscht, bedungen worden, was gerade durch das Liegenbleiben des Schnees bewirkt. wird. Ueber die Entstehung der Randzähne siehe Seite 240. Auch der Mangel an dichterer Behaarung dürfte sich von der ziemlich tiefen Temperatur der Luft nebst dem hohen und gleich- mässigen Feuchtigkeitsgrad herschreiben, welehe Factoren bekannt- lieh einen hygrophilen Bau befördern, und auch vielleicht ursprüng- lich vom Schnee selbst, der die Haare, besonders von den im Früh- ling neu ausgeschlagenen oder spät im Herbste hervorgekommenen Blättern mechanisch abgeschabt hat. Dieselben äusseren Umstände: Die constante tiefe Temperatur von den lange liegenbleibenden Schneehaufen — und als Folge hier- von die mit Feuchtigkeit gesättigte Luft — bewirken mit aller Wahr- scheinlichkeit, dass die Blätter dünne grosse Flächen erhalten und am öftesten nur im Sommer grün werden. Die gerundete Blattform, welche für die Umgebung der Schnee- haufen so charakteristisch ist, ist vermuthlich auch von den äusseren Klimaverhältnissen abhängig, unter welehen diese Blätter sich entwickeln. Bei der Beschreibung der Thaublätter wurde die Ansicht ausge- sprochen, dass die spatenähnliche Blattform mit breiterer Spitze da- durch entstanden ist, dass die Insolation den Wuchs in die Breite bei diesem oberen Theile befördert hat. Dieses muss auch durch Ein- wirkung der Feuchtigkeit geschehen sein (durch den Zutritt des Thaus und des Regens, hauptsächlich zu den oberen Theilen der dicht sitzen- den Blätter in deren Knospenlagen). 3ei den Schneeblättern wird em ebenmässigerer und gleich- förmigerer Zuwachs der Fläche durch den Mangel einer par- tiellen Insolation bewirkt, da die Entwiekelung der Fläche schon in der Knospenlage unter der Schneedecke und das Aufbrechen der Knospe hastig vor sich geht. Dieser ebenmässige und gleiehförmige Zuwachs und die Entwicke- lung zu einer zirkelrunden Fläche hat wahrscheinlich auch seine ne NE 259 Ursache in der über das ganze junge Blatt in der Knospenlage gleich- mässig vertheilten Luftfeuchtigkeit und deren Wirkung; im Gegensatz zu dem Verhältnisse bei den Thaublättern und Regenblättern, welche des Schutzes der Knospenschuppen am öftesten entbehren. Bei den letzteren ist die Spitze schon frühe dureh den Regen verlängert worden. Der Theil der Blattanlage, welcher zum Expositionsorgan ent- wickelt wird, d. h. der Blattstiel, scheint dagegen in seiner Länge un- gleich bei den verschiedenen Arten zu sein und zwar je nachdem deren Blätter im frühsten Stadium mehr der Dunkelheit im Vereine mit Wärme und Feuchtigkeit oder dem Lichte im Vereine mit Kälte und Trockenheit ausgesetzt sind. Ein etwaiger Gelenkpolster hat sich hier auch nicht entwickelt; theils auf Grund des Mangels an stärkeren Regenschauern, welche, wie ich früher erwähnt,!) die Entstehung dieses Organs befördern, theils auf Grund dessen, dass der Wind weniger Gelegenheit erhält, die jungen Blätter in Bewegung zu setzen. Im Zusammenhang hier- mit dürfte doch darauf hingewiesen werden, dass der Mangel dieser Organe auch bestimmt auf den eigenthümlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen beruht, welche besonders in mehr conti- nentalen Gebieten gerade während des Sommers bei den Schnee- haufen herrschen. Durch die Verdunstung des Schnees und durch das aus den Scheehaufen niederrinnende Wasser wird sowohl die Luft als auch theilweise der Boden rund herum, trotz des geringen Nieder- schlages unter der wärmeren Jahreszeit, in ziemlich gleichmässiger Feuchtigkeit gehalten. Es ist also diese so beschaffene Feuchtigkeit, zugleich mit dem leichten Regen in Gegensatz zu dem stärkeren, welehe die Gelenkpolster unnöthig macht, wie auch ein solcher Klima- factor, wie der ersterwähnte, nieht vermöchte, fragliches Organ her- vorzubringen. Das Entbehren desselben Organs steht auch im Zusammenhang mit der Isolation. Die Blätter in Wäldern und auf schattigen Stellen, sowohl in höheren als tieferen Schichten, können mit Hilfe dieser Orientirungs- organe die passende Stellung im Verhältniss zur Wärme- und Lichtquelle erhalten. Darum sieht man oft, besonders in tropischen Wäldern, die häufig hängenden Blätter auf versehiedenen Seiten des Stammes, in verschiedene Winkel ausgehend, aber gewöhnlich so, dass die obere Fläche winkelrecht gegen die reichhaltigste Licht- und Wärmequelle wird. Dieses auf dem Heliotropismus beruhende Vermögen der Blätter, 1) I. R. Jungner, Om regnblad ete. Bot. Not. 1893, x 17 260 während der Entwickelung sich nach der Richtung hin bewegen zu können, der Insolation ausgesetzt zu werden, ein Vermögen, welches deutlich durch das Vorhandensein von Gelenkpolstern unterstützt wird, braucht natürlich in keinem so hohen Grade bei den Schneeblättern vorzukommen, welche gewöhnlich nahe um die Schneehaufen herum einen diehten Teppich bildend von keinen höheren Schichten beschattet werden, Die Blätter sind auch alle beinahe horizontal oder in trock- neren Hochgebirgsgegenden etwas nach oben gerichtet. Infolge dieser fixen Insolationslage und entsprechenden Mangels an erwähntem Orien- tirungsbedürfnisse hat auch die Insolation im Entwickelungsgang des Blattes nicht die Bewegung hervorgerufen, welehe zur Bildung eines Gelenkpolsters erforderlich ist und die sich sonst in erster Linie von der mechanischen Einwirkung des Regens und zuweilen auch des Windes auf das junge Blatt herzuleiten scheint. Es ist: somit wahrscheinlich, als ob der fragliche Blatttypus unter hauptsächlicher Einwirkung einer eonstanten Feuchtigkeit im Vereine mit einer ziemlich tiefen Temperatur entstanden wäre, welche zwei Factoren von der Nähe der Schneehaufen bedungen werden. Die so erhaltene Blaitgestalt fungirt auch ohne Zweifel mit be- sonderer Rücksicht zu diesen Klimafactoren. Durch die zirkelrunde Form wird nun eine auf diesem verhält- hissmässig schwach isolirten und ganz luftfeuchten Gebiete wohl nothwendige, grösstmöglichste Insolations- und Transpirationsfläche ge- wonnen, während gleichzeitig die Peripherie, die Blattzähne ausge- nommen, so kurz wie möglich wird. Durch diese letzterwähnte kreisförmige Anordnung nähern sich durehsehnittlich die Blattzähne einander in höherem Grade, als ob las Blatt langgestreckt wäre, und können dadurch dasselbe besser und längere Zeit gegen die Schneedecke im Herbst und Winter schützen. Es ist nämlich ein Faetum, dass diese zirkelrunden, ge- sägten Blätter leichter den Schnee des Winters aushalten als irgend andere Blattformen, vielleicht mit Ausnahme der wintergrünen Blätter der Heiden. Vergangenen Frühling fand ich in der Umgebung Stockholms folgende Arten, welehe den strengen Winter hindureh grün blieben. Die meisten von ihnen hatten mehr oder weniger runde und gesägte Blätter: Lamdtmn amplexicaule, L. ineisum, L. purpureum, L. album, V”reeeinium Myrtillus, FÜ Vitis idaea, die Pyrola-Arten, Viola trieolor, Veronica agrestis, V. Chamaedrys, V. offieinalis, Oxalis acetosella, Trifolium hybridum, Taraxacum offieinale, Ranuneulus acris, R. ee, urn! wrn- 261 repens, Rumex Acetosu, R. acetosella, Potentilla tormentilla, P. argentea, Plantago lanceolata, Glechoma hederacea, Fragaria vesca, Chelidonium mäjus, Cirsium lanceolatum, Ballot« ruderalis, Alchemilla vulgaris, Urtiea urens, U. dioica, Achilles Millefolium, Matricaria inodora, Caltha palustris, Cerastium vulgatum, Sedum-Arten, Seleranthus annuus, Calluna vulgaris, Empetrum nigrum. Die drei letztgenannten gehören zum Typus der Kälteblätter. In der Gegend von Skara in Vestergötland fand ich im Februar 1894 folgende Arten mit grünen Blättern: Sazxifraga granulata, zahlreich, alle Blätter gerundet; Chrysantemum leucanthemum, Grund- blätter gerundet; Geum rivale, Grundblätter gerundet; Fragaria vesca, Totalform und die Form der Theilblätter beinahe rund; Anemone hepatica, Totalform beinahe rund, Lappen beinahe halbzirkelförmig; Vacciniumn Vitis ideu, Blätter umgekehrt eirund; Linnaea borealis, Blätter zirkelrund; Cumpanula rotundifolia, Grundblätter zirkelrund; Veronica offieinalis, Blätter etwas gerundet; Glechoma hederucea, Blätter ge- rundet; Lamium-Arten, Blätter gerundet; Pyrola-Arten, Blätter rund oder umgekehrt eirund, selten mehr lanzettförmig. Die meisten der oben aufgezählten Arten mit lappigen Blättern, 2. B. Fragaria, Ranunculus u. s. w., haben die Totalform beinahe zirkel- rund, doch kommen auch lappige Blätter von langgestreckter Form vor. Sie sind fast alle einer Form, welche der der obenerwähnten “alpinen Schneeblätter gehört oder sehr nahe kommt, indem der Um- fang sieh der zirkelrunden Form nähert, obwohl eine geringe Zu- spitzung oft vorkommt. Die Blätter sämmtlicher Arten sind mit Randzähnen versehen, welehe jedoch, wie wir später sehen werden, durch andere Anordnungen ersetzt werden können. Un die Ursache zu ergründen, wesshalb die lappigen und ge- sägten Blätter sich besser gegen Kälte schützen, machte ich Ein- frierungsversuche mit Teronica officinelis. Ich wählte diese P’Hanze, weil ich, damit die Umstände im Uebrigen möglichst gleich seien, eine Art zu erhalten wünschte, deren Blattrand theils glatt, theils gesägt war, was bekanntlich bei der erwähnten Veronic« der Fall ist. Die Blätter wurden direet von einem wachsenden Individuum ge- nommen und zwischen zwei Objeetgläser in einer überall gleich tiefen Wasserschicht gelegt. Das Gefrieren wurde unmittelbar darauf be- werkstelligt und ging auf folgende Weise vor sich. In ein Gefäss mit „Kältemischung“ wurde ein anderes leeres mit sehr flachem Boden gestellt, so dass das pulverisirte, mit Salz gemischte Eis die Ränder 262 der Gefässe erreichte. Nachdem das Schmelzen eine Weile gewährt, wurden die Objectgläser auf den Boden des inneren Gefässes gelegt, in welches dann ein drittes Gefäss, mit „Kältemischung“ versehen und auf Korkscheiben ruhend gestellt wurde, auf allen Seiten den vor- hergehenden so nahe wie möglich. Es zeigte sich nun, dass das Ge- frieren am spätesten in der Nähe der gesägten Partie vor sich ging "und dass das Aufthauen zuerst an selbiger Stelle begann. Als das Auf- thauen einige Minuten gedauert hatte, konnte man weiter beobachten, wie die Schmelzlinie des Eises eine Kurve bildete, welche sich er- heblich weiter von dem gesägten Blattrande befand als von dem ganzrandigen Theile. Da hierbei verschiedene Vorsichtsmassregeln beachtet werden mussten, war ich genöthigt, eine Menge wiederholter Versuche anzustellen, bevor das Experiment zu gelingen begann. Die verschiedene Menge des an den Randzähnen und dem ganzen Rande niedergeschmolzenen Eises gibt deutlich die Menge der Wärme an, welehe auf den verschiedenen Stellen vom Rande des Blattes fortgeleitet ist. Dass solche gesägte Blätter nicht einen so niedrigen Grad Kälte unter Barfrost wie die Kälteblätter aushalten können, zeigt sich auf den Stellen, wo der Schnee weggeblasen wurde, ebenso auch bei dem Umstand, dass, während eines sich durch wenig Schnee und starke Kälte auszeichnenden Winters, die grünen Blätter dieser Kategorie zum grossen Theil fast ganz und gar absterben. In diesen letzteren Fällen können dagegen dichtblätterige, wintergrüne, mit ganzen und eingebogenen Blatträndern versehene Arten sehr gut aushalten. Der Schnee, welcher sowohl im Tiefland als auch im Hochland später im IHerbste und im Winter füllt, kann daher die Blätter nicht tödten, sondern schützt vielmehr diese vor der Einwirkung der strengen Kälte. Die Randzähne scheinen somit als wärmeleitende Organe zu wirken. Durch sie kann sich die Pflanze im Winter mit einer wärmeren Luftschicht umgeben, sei es nun, dass dieses unter einer Schneedecke geschieht, wo die Blätter lange, oft während des ganzen Winters, grün sind, oder, wie bei unseren Baumarten, unter dem Schutze dichter schliessender Knospenschuppen, welche nicht oder in geringerem Grade vom Schnee geschützt sind. Wie die gesägten Blätter, so verhalten sich auch, wenn die Lappen nicht allzuweit von einander stehen, die lappigen Blätter. Eine ähnliehe Function, wie diese, welche die Randzähne auszu- führen haben, findet sich auch in gewissem Grade bei den Blättern vor, welche eine starke Behaarung haben, sei es nun, dass die Blätter £) { | | N { 263 von deutlichen Knospenschuppen geschützt werden, wie Salix lanata, oder auch von weniger deutlichen, wie bei Gnaphalium norregieum. Die Behaarung kann also die Randzähne ersetzen. So dürfte auch, wie das übrigens auch ganz natürlich ist, das Verhältniss mit den Falten und Erhöhungen ete. sein, welche zuweilen auf der Blattfläche vorkommen, ebenso auch mit. den gekräuselten Rändern. Auf dem Gebiete rund um die Schneehaufen herum werden die Randzäbne in ihrer Function von diesen Anordnungen nicht in der Regel, aber manchmal unterstützt odeg ersetzt. Eine dichte Behaarung, welche das assimilirende Gewebe beschattet, stimmt doch nicht gut mit dem Streben der Schneeblätter überein, eine möglichst starke Insolation zu erhalten. Gekräuselte Blätter kommen doch in der Nähe der Schneehaufen in den Hochgebirgen vor. Beispielsweise mögen erwähnt werden: Oxyria digyna, nebst Alchemilla vulgaris, Rubus chamaemorus u. m. a. Gekräuselte Blätter zeigen sich ausdauernder als andere auch in unseren Gärten, z. B. die erispa-Formen von den Brassica-Arten. 4retostaphylos alpina liefert uns ein Beispiel von deutlich netz- aderigen Blättern. Solche netzaderige und runzelige Blätter kommen am meisten da vor, wo das Sonnenlicht verhältnissmässig mehr aus- dauernd ist. Es ist schon vorher erwähnt, dass eine glatte oder beinahe glatte Fläche bei den hiesigen Liehtverhältnissen einen höheren Grad von Assimilation ermöglicht als eine behaarte und dass die Transpiration durch die Glätte der Fläche erleichtert wird. Die oft kurzen Stiele, denen Gelenkpolster fehlen, tragen deut- lieh dazu bei, dass sich die Blätter einander nähern, welcher Umstand natürlich auch einen Schutz gegen die infolge der Nähe des Schnees oft tiefe Temperatur hervorruft. Da die Blätter auf dem Gebiete rund um die Schneehaufen die Sehneedecke sich zu Nutzen ziehen und sich gegen die daselbst herrschende Kälte und Feuchtigkeit schützen, so ist die Anpassung bei diesen also biversal. Ganz nahe den Schneehaufen auf den Hochgebirgen Jemtlands kommen folgende Arten vor, welche meistens fast concentrisch ge- ordnet sind, So findet man gewöhnlich nahe am Schnee eine dichte Matte von Salix herbacen. Weiter ab kommt am häufigsten Mytillus nigra und noch weiter ab gewöhnlich Betula nana vor. Auf der tieferen Seite von den Schneehaufen treten gewöhnlich Viola biflora nebst der nur in Rücksicht auf die Grundblätter zu 264 diesem Typus gehörende Solidago Virgaurea auf, welche beide Pflanzen oft bei einander in Gesellschaft leben. Weiter: Viola palustris; Caltha palustris, klein, kriechend mit kleinen, zirkelrunden oder nieren- förmigen Blättern; Alchemilla vulgaris, welehe den Uebergang zu den lappigen Blättern bildet; Oxyria digyna (Taf. 2 Fig. 10); Saxifrage stellaris, welche bis hinauf zu der Nähe der Gletscher vorkommt; S. nivalis in weiterer Entfernung vom Schnee und auf tieferem Niveau, ebenso die Pyrola-Arten u. a. Salix polaris, in weiterer Entfernung von den Schneehaufen, aber auf höherem Niveau; Dryas octopetala, in einiger Entfernung von den Schneehaufen, aber auch oft auf Heiden oder offenen Abhängen, ebenso Archostaphylos alpina; RBubus Chamae- morus, oft auf hohen Mooren zwischen Schneehaufen, bildet den Ueber- gang zu den lappigen Blättern; Rumex Acetosa u. a., welche die Blätter in der Nähe des Schnees breiter haben als auf tieferem Niveau. Auf den allerhöchsten Gebieten der Hochgebirge scheinen, wie ich später erwähnen werde, die Blätter allmählich eine etwas ver- änderte Gestalt anzunehmen, sie werden kleiner, oft ganzrandig, zu- weilen fleischig, dichtsitzend, länglicher und etwas spatenförmig (oft keimblattähnlich) z. B. Cardamine bellidifolia, Koenigia islandica. Assistent H. Dahlstedt, welcher vergaugenen Sommer Saleve nebst Dent d’Oche und La Döle im Jura besuchte, hatte auf meinen Wunsch nach den Verhältnissen, die Blatttypen dortselbst betreffend, gesehen und mir mitgetheilt, dass er bei oder in einiger Entfernung von den Schneehaufen folgende Arten des Alpinenschneeblatttypus gefunden habe: Homogyne alpina Cass. (Taf. II Fig. 20), Chryso- splenium alternifolium L., Saxifragu rotundifolia L., Primula hirsuta auf etwas tieferem Niveau, Prünula Auricula L., Saxifraga cunei- folia L., Ranuneulus Thora L., Salix retusa L., Salix herbacea L., Sulie vreticnlata L., Campanula pusilla auf tieferem Niveau, Trifolium Thatii Vill. mit kleinen, randen und gesägten Blättchen, Thlaspi rotundifolium Gaud., Veronica bellidioides L., Veronica aphylla L., Soldunella alyina L., Eplobium ceollinum Gm., Primula elatior Lf. hat die Blätter breiter mit quer abgerundeter Basis, im Allgemeinen mehr gerundet als bei den Hauptformen. Einige Arten nähern sich mehr oder weniger diesem Typus, z.B. Geum montanum L., Ranun- eulus alpestris L., Arnica montana L,, Arabis alpina L. Ein Theil Arten haben bei den Sehneehaufen die Blattform mehr gerundet und breiter, aber etwas entfernt davon oder auf tieferem Niveau mehr langgestreckte Blätter, z. B. Viola culcarata L., Leon- 265 odon hastilis L., Leontodon hispidus L., Leontodon pyrenaieus Goun., Plantayo montana Lam, In einiger Entfernung vom Schnee, meistens in Gesellschaft lappiger Blattformen kommen vor: Bumex arifolius All., Bumex alpinus L., welche breitere Blätter als die im Tieflaud wachsenden Rumex-Arten haben. Auf den Alpen wie in den Hochgebirgsgegenden Skandinaviens, auf den allerhöchsten Gebieten in der Nähe der Gletscher werden die Blätter dichtsitzend, mehr oder weniger ganzrandig, zuweilen fleischig, spatenförmig und länglicher (oft keimblattähnlich), z. B, Andro- sace glacialis Hoppe, Curdamine alpina L., Gentiana brachyphylia Froel., Saxifraga Segwieri Sprzl, Saxifraya planifolia Lap., Saxi- Jraga Rudolphiana Hornsch,, Saxifraga androsacea L., Campanula senicia L., Arabis coerulea Al. Bei solchen Arten näherte sich die:Blattform bisweilen derselben der auf den Heiden wachsenden kleinen, dichtsitzenden Blätter. Auf den Cordilleren in Bolivia kommen!) in der Nähe des Schnees Scerophulariaceen mit zirkelrunden und gesägten Blättern vor, z. B. Sibthorpia nectarifera Wedd. nebst andern Arten derselben Gattung. In Peru tritt in-der Nähe des Schnees z. B. eine umbellat Berv- lesia pulchella Wedd. auf. In Equador in einer Höhe von 4000 m kommen vor:. Eryngium humile Cav., Gaulteria Brachybotrys DÜ. (eine Ericace), Rununculus minutus Ol. Gay. u. a., alle mit runden und gesägten Blättern. Bei der Magelhans Strasse sowie auf den Falklandsinseln und auch innerhalb Regio alpina auf den Cordilleren in Bolivia kommt massenhaft eine kleine Gumnera-Art (G@. magellanica Link) mit sehr typischen alpinen Schneeblättern vor. Auf dem Kamerungebirge, woselbst der Schnee bekanntlich nirgends das ganze Jahr hindurch liegen bleibt, sah ich doch 3—4000 m hoch in Thälern zwischen Lavabergrücken, wo zeitweise Wasser hervor- rinnt, Arten z. B. der Viola- und Hydrocotyle-Gattungen mit ganz demselben Ausschen wie der alpine Schneeblatttypus. Auf dem Himalaya ?) gibt es viele Arten desselben Typus. Ebenso verhält es sich auf den meisten Hochgebirgsgegenden der Erde. 1) Nach H. A. Weddel, Essai d’une flore de la rögion alpine des Cordil- lieres de l’Amerique du sud. 1855. 2) Vergleiche A. Engler, Versuch einer Entwickelungsgeschichte d. Pflanzen- welt, Theil I, Leipzig 1879, pag. 122. 266 In den arktischen Gegenden kommt dieser Typus auch nicht so selten vor.”) Mehrere unter den von Hult benannten und näher studirten alpinen Pflanzenformationen haben alpine Schneeblätter und finden sieh in den Hochgebirgen Jewmtlands, z. B. die Salix herbacea-Formation, die Arctostaphylos alpina-Formation, die Betula nana-Formation, die Hainthälchen-Formation, welche letztere, sowie die vorigen in Ueber- einstimmung mit dem, was hier hauptsächlich hervorgehoben ist, theil- weise aus Arten mit kleinen runden Blättern besteht, die in einiger Ent- fernung von den Schneehaufen gewöhnlich mehr und mehr lappig werden. Windblätter. In einer Entfernung von den Schneehaufen befindet sich das dem Wind ausgesetzte abschüssige Terrain. Dasselbe ist entweder in den tieferen alpinen Gebieten belegen, wo es von Elementen einge- nommen wird, welche ausserdem in den subalpinen Gebieten, sowie bis auf den infraalpinen Gegenden in die tiefere Schicht der Hain- thälehenformation eingehen, und kann da in Tebereinstimmung hiermit alpine Hainthälehen genannt werden, — oder auch näher den Gletschern, wo es von typischeren Hochgebirgsgewächsen bewachsen ist: höher belegene Hochgebirgsabhänge. Beide Gebiete haben das gemeinsam, dass der Wind hier stärker und un- unterbrochener als anderswo in den Hochgebirgen, wo Vegetation vor- kummt, zu sein scheint, wesshalb ich ihnen den gemeinsamen Namen Windgebiete gegeben habe. Die Blätter sind auch in den oberen Theilen der Pflanze in in Vebereinstimmung mit diesem Klimafaetor ausgebildet. Die Blätter noch, welche sich näher dem Boden befinden und daher der Einwirkung des Windes weniger ausgesetzt sind, sind an Form mehr ganz und beinahe zirkelrund, gesägt und im Uebrigen als alpine Schneeblätter ausgebildet. Auch sind die ganz unten sitzenden Blätter mehr als die übrigen des Sprosses der Einwirkung des Sehnees ausgesetzt, da sie ja zeitig im Frühjahr oder spät im Iferbste hervorkommen und ausserdem oft während des Winters grün sind; in der Nähe der Schneehaufen sind sämmtliche Blätter der P’Hanzen, wie vorher schon erwähnt, auf diese Weise entwickelt. 1) A. Engler 1. e. pag. 153. — Auf Nowaja Semlja gefundene Arten, vergl, Trautvetter im Journal of Botany 1872. — OÖ. Ekstam hat mir mit- getheilt, dass bei den Schneehaufen auf Now. Semlja melrere Arten vorkommen, die gesägte runde Blätter haben. —— 267 Weiter hinauf am Stiel und in demselben Grade, wie sie dem Winde mehr ausgesetzt sind, kommen am häufigsten handlappige Blätter vor, in der Totalform noch den Schneeblättern gleichend. Sie haben gewöhnlich sehr lange Stiele nebst deutlichen Blattscheiden, oftim Vereine mit „Gewebepolster“. In der Nähe der Blüthen schliess- lich werden die Lappen noch deutlicher und wird die Totalform oft etwas langgestreckt. Bei einem Theil Arten ist die Differenzirung noch weiter ge- gangen, entweder so, dass die Lappen zu deutlichen kleinen Blättern ausgebildet worden sind!) (z. B. bei den Trifolium-Arten), wobei das Blatt noch eine runde Totalform beibehalten hat, oder so, dass das Blatt in die Länge ausgezogen worden ist, in welchem Falle die paarlappige und davon die paarblätterige Form entstanden ist. Auch solche lange und schmale ganze Blätter, welche z. B. bei Gräsern vorkommen, werden auf diesen Gebieten, wenn auch spärlich, ange- troffen. Für diese sämmtlichen Blattformen, seien sie nun schr lang- gestreckt — ganzrandig oder lappig — oder rund und lappig, schlage ich bis auf Weiteres den gemeinsamen Namen „Windblätter“ vor, weil, wie ich theils weiter hier unten, theils in einer späteren Arbeit zu beweisen suchen werde, diese Formen mit aller Wahrscheinlich- keit durch die Einwirkung des Windes entstanden sind. Da die handlappige Blattform die allgemeinste innerhalb Regio alpina vorkommende Kategorie des erwähnten Blatttypus zu sein scheint, nenne ich denselben „alpine Windblätter“ Dieser Typus scheint nämlich fast ausschliesslich auf den höher belegenen Hochgebirgsabhängen repräsentirt zu sein; und innerhalb der alpinen Wainthälchen sind diese mehr als andere Windblätter repräsentirt und zwar sowohl was die Individuen- als auch die Artenanzahl betrifft. Wie ich bereits im Anfang dieser Abhandlung angedeutet, sind es die während des Sommers liegenbleibenden Schneehaufen mit der Ausdehnung, die sie im Monat August haben — d. h. wenn sie am kleinsten sind —, welche durch die Einwirkung, die sie auf die Vege- tation rund herum haben, berechtigen, die beiden Typen, alpine Schneeblätter und alpine Windblätter, schärfer von einander zu unterscheiden. Da sowohl Boden wie Luft in weiterer Entfernung vom Schnee wärmer und die Vegetationsperiode länger wird, so steht auch hiermit 1) Ich werde in einer späteren Arbeit zu beweisen suchen, dass ein grosser Theil lappiger oder getheilter Blätter aus verschiedenen kleinen ganzen und ge- rundeten Blattformen entstanden sind. 268 das Grösserwerden der Blattflächen in den Windgebieten im Zu- sammenhang. 4Aconitum und Geranium silvaticum z. B. haben im Vergleiche mit der Form von Caltha palustris, die immer nahe bei den Schneehaufen wächst, schr grosse Blattflächen, wie auch im Ver- gleiche mit andern Arten, die Schneeblätter haben und in der Nähe der Schneehaufen vorkommen. Rubus saxatılis z. B., der in alpinen Hain- thälchen und auf Abhängen in weiterer Entfernung von den Schneehaufen vorkommt, hat bedeutend grössere totale Blattspreite als z. B. Rubus ehamaemorus, welche oft in grosser Menge näher am Schnee wächst. Da im Zusammenhang mit dem längeren Abstand von diesen kalten Gebieten auch, wie erwähnt, die Vegetationsperiode für diese alpinen Hainthälchenpflanzen länger währt als für Pflanzen beim Schnee, so hatten auch die oberen Blätter bei den ersteren länger Zeit gehabt in der Flächenbreite zuzuwachsen. In demselben Grade, wie z. B. bei Aconitum die kleinen runden und auch im Uebrigen schneeblattähnlichen mehr ganzen Blattspreiten der Primordialblätter höher hinauf am Stamm an Grösse zunehmen; in dem- selben oder in gar noch höherem Grade — weil die Form rund ist — sollte die Widerstandskraft einer ganzen Blattfläche gegen den Wind erhöht werden; dieses um so melır, als die Blätter, welche, wie erwähnt, am häufigsten an Abhängen vorkommen, gleichzeitig, dass sie, um die grösste Liehtmenge zu erhalten, sich winkelvecht gegen das einfallende Lieht gestellt haben, auch der ununterbrochen wirkenden Kraft des Windes oft mehr oder weniger winkelrecht ausgesetzt werden, Ein solcher Widerstand würde inzwischen für die Pflanzen be- denkliche Folgen mit sich führen. Hier kann man hinzufügen, was Stahl’) betreffs der Frage über die permanent hängenden Blätter bei Anthurium Veitchii äussert: „denn je grösser eine einfache Blatt- spreite, um so grösser die Gefahr der Beschädigung durch Wind oder Regen: Zerreissen von den Rändern aus oder Durchlöcherung, Knickung von Spreite oder Stiel, Abtrennung des ganzen Blattes, Ja Brechen des ganzen Zweiges* cte. Dieser Widerstand wird indess dadurch gehoben, dass die Blatt- spreite in Lappen getheilt wird, eine Gestalt, welche also vom grössten Nutzen für das Blatt selbst, wie auch hierdurch für die Pflanze im Ganzen wird. Man braucht auch nicht lange auf diesen Windgebieten umher zu streifen, bis man erfährt, welche Function diese Lappen haben, ebenso den Nutzen der übrigen, dem Typus ge- 1) E. Stahl, I. ec. pag. 150. 269 hörende Anordnungen. Die Blattlappen sind nämlich unaufhörlich in der lebhaftesten Bewegung, wobei sie gegen einander stossen, und die Spreiten, die mehr oder weniger horizontal und winkelrecht gegen die langen Stiele gestellt sind, werden mit diesen zugleich vom Winde hin- und hergewiegt. Grevillius!) hat darauf hingewiesen, dass die obenerwähnten nebst vielen andern in die Hainthälchenformationen gehörenden Arten sich durch Knospen verjüngen, welche an dem basalen Theile — und dicht zusammen — des blühenden Schösslings sitzen. Die Blätter stehen hierdurch auch nahe zusammen und mit den Lappen beinahe ineinander eingeflochten. Auch von diesem Gesichtspunkte ist es deutlich für die Blätter mit grösserem Vortheil vereint, mit weichen, biegsamen Lappen versehen zu sein, welche besser bei den Stössen gegen einander nachgeben können, als wenn sie mit ganzen Spreiten ausgerüstet wären, deren Schwere in solchem Falle die Stösse kräftiger machen würde, wodurch die Blätter in Gefahr kämen, zerbrochen zu werden. Durch die unablässige Bewegung der Lappen wird die Verdunstung in hohem Grade befördert, was auch sehr nothwendig ist, da diese Pflanzen mit ihren Blättern besonders dicht zusammen stehen, zuweilen beinahe ein zusammenhängendes Dach bildend, unter welchem die Luft, sowohl infolge hiervon als auch weil der Boden oft von hervor- sickerndem Wasser durchtränkt ist, einen hohen Grad Feuchtigkeit beibehält. Von den schmalen biegsamen Lappen werden auch leichter die kalten Wassertropfen abgeschüttelt als von einer ganzen Blattspreite. Die alpine Haimthälchenelemente breiten sich, wie bekannt, weit hinunter auf das Tiefland aus, den Flussthälern und Ufern der Bäche bis hinunter zum Meere folgend, wobei ein grosser Theil andrer Arten mit ganzen Blättern in diese Formation hinzukommt. Bekanntlich kommen mehrere verschiedene ursprünglich alpine Arten bis hinunter in Schonens und Blekingens Hainthälehen vor. Wenn lappige Elemente von den windreichen Gebieten der Hochgebirge hinunter in die dichtbelaubten Thälchen der subalpinen und infraalpinen Gebiete dringen und da von hohen Schichten besehattet werden, so werden, da die Feuchtigkeit im Vereine mit Beschattung zunimmt, während gleichzeitig die Ein- wirkung der Windes mehr und mehr abnimmt, diese Blattlappen dünner, breiter und mit weniger „eingerollten“ Rändern versehen, 1) A Y. Grevillius, Biologisch-physiognomische Untersuchungen einiger schwedischer Hainthälchen. Botanische Zeitung 1894. Heft VIIL/IX. 270 wodurch sie auch von dem hierselbst schwächeren Winde in Bewegung gesetzt werden können. Die Windblätter sind desshalb hier etwas modifieirt worden, nicht nur mit Rücksicht auf den hierselbst schwächeren Wind, sondern auch auf die schwache, mehr einseitige Beleuchtung und die constantere Temperatur — die Blattränder scheinen nämlich, wie erwähnt, auf tieferem Niveau weniger eingebogen zu sein -— und den hohen Sättigungsgrad der Luft. Auch der Niederschlag tritt in einer anderen Form in den tiefer gelegenen Hainthälchen auf, als diess auf den Hügelabhängen inner- halb der Ilochgebirge der Fall ist. Die dichten und feinen Thau- regen, welche auf diesen letzteren Stellen fallen, werden auf tieferem Niveau mehr und mehr von heftigeren Regen mit starken, schwer fallenden Tropfen ersetzt. Dass dieser Klimafactor einen bedeutenden Einfluss auf die physioguomische Zusammensetzung der Ilainthälehen der tieferen Nivenuen so weit ausübt, dass die Arten, welche infolge der Lappig- keit der Blätter besonders geeignet sind, der zerstörenden Einwirkung des Regens zu widerstehen , daselbst ein integrirender Theil in den höheren Feldschichten geworden, kann dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen. Die tieferen Schichten dagegen, welche von dem Blattwerk der mehr hochwachsenden Arten gegen den Wind und die störende Einwirkung der schweren Regentropfen geschützt werden, sind zum grössten Theil aus Arten mit ganzen, gerundeten oder ein wenig zugespitzten, mehr oder weniger ausgebreiteten Blattspreiten zusammengesetzt. Es sind inzwischen nicht allein alpine Schneeblätter, welche all- mählich, je mehr dessen Verbreitung von den Schneehaufen entfernt ist, zu dergleichen alpinen Windblättern überzugehen scheinen, sondern auch die alpinen Verdunstungsblätter zeigen zuweilen, wenn auch seltener, eine gewisse entsprechende Uebereinstimmung auf diesen (iebieten. Währenddessen z. B. Gnaphalium norregieum, Antennaria earpativa u. a. Compositeen ein Niveau einnehmen, welches der (irauweidenzone entspricht, treten zuweilen in gewissen Jochge- birgsgegenden seidenbehaarte Artemisia-Arten auf den dem Winde ausgesetzten Ahhängen auf, die oberhalb dieses Gebietes belegen sind. Die totale Form der Spreite auch bei ähnlichen und andern lappigen Blättern hierselbst vorkommender Pflanzen scheint gewöhnlich sich mehr oder weniger den alpinen \Windblättern zu nähern. Wie es wahrscheinlich ist, dass die Blätter der Gräser, 2. B. die langen Blätter bei den Stipa-Arten, von den auf den Steppen arl und Grasebenen oft ununterbrochenen und starken Winden in die Länge ausgezogen worden (dass auch die RBtiolirung in frühem Stadium hierbei mitgewirkt hat, ist deutlich); auf gleiche Weise ist es annehmbar, dass auch die Randzähne, welche auf den nach den Primordialblättern folgenden Blättern, z. B. der Ranunculus aeris, sehr gross sind, vom Winde in die Länge gezogen werden. Dass es be- sonders der basale Theil von diesen kleinen Organen ist, welcher in die Länge gewachsen, scheint von Beobachtungen über die Blätter der Acer-Arten, mit welchen ich in letzterer Zeit beschäftigt bin, bekräftigt zu werden. Sowohl vergleichende Beobachtungen der Blätter verschiedener Arten und Formen mit Rücksicht auf die Aus- breitung in stillen oder windreichen Gegenden als auch die onto- genetische Entwickelung der lappigen Blätter deuten mit Bestimmtheit darauf hin. Die Acer-Arten; deren Blätter im Allgemeinen Windblätter sind und welehe theils in den JHochgebirgen, theils auf niederem Niveau, nicht weit von den höheren gefältelien Gebirgsketten der Erde vorkommen, scheinen im Allgemeinen den windreichen Gebieten und den llain- thälchen anzugehören. Japan, wo die Gattung hauptsächlich durch die Gruppe „Palmata“ vepräsentirt ist, welche da zum grössten Theil endemisch ist, ist bekanntlich eines der windreichsten Gebiete der Erde. Der Wind weht beständig und heftige Stürme rasen. Die Arten dieser Gruppe nebst andere in diesem Lande wachsende Reprüsen- tanten erwähnter Gattung haben längere Lappen als alle beliebigen Acer-Arten, wie auch viele andere Gewächse daselbst oft starke und langlappige Blätter haben. Der Japanese Dr. Jimbo, weleher vergangenen IIerbst Stockholm besuchte, versicherte auf meine Anfrage, dass auf der nördlichen Insel Japans, Hokkaido, wo oft heftige Winde wehen, weit mehr sowohl Individuen als auch Arten mit lappigen Blättern vorkommen als z. B. in Deutschland und Schweden, und zwar in Bergsgegenden und an der Küste. In einem kleinen Aufsatz), welchen er gleich darauf mir sandte, wird diese Angabe auch, was die Artenanzahl be- trifft, bekräftigt. Familien mit lappigen Blättern als Panuneulaceen, Cruneiferen, Sapindaceen, Anacardiaceen, (Leguminosen), Bosaceen, Un- belliferen, Araliaceen und Gattungen mit ähnlicher Blattform, wie lrte- misia, Cnicus, Lactuca Senecio, Hoteja, Sambucus, Fiburnum sind in diesem Verzeichniss reich repräsentirt. 1) K. Miyabe u. K. Jimbo, Ainu names of Hokkaido plants. — Journal of the Tokio geographical Society, for 28the year, Meiji, April 1892. 272 Von Bäumen mit lappigen Blättern werden vorerst die zahlreichen Acer-Arten gemerkt, nebst mehreren Fraxinus- und Quercus-Arten und beispielsweise Pyrus Toringo, welche hier und in den angrenzen- den Küstengegenden des asiatischen Festlandes ihre Heimath hat, und welcher bekanntlich die einzige Pyrus-Art ist, welche lappige Blätter hat. Unter den Baumarten, welche sonst ganze Blätter haben, sind Laciniata-Formen sehr gewöhnlich. Sowohl von Betula-, Alnus-, Ulmus- u. a. als von Acer-Arten kommen ähnliche Varietäten vor. Acer fatarium, welche auf ihrem Verbreitungsgebiete in den Gebirgsgegen- den des östlichen Europa und mittleren Asiens ganze Blätter hat, bekommt in Japan und den angrenzenden Gegenden lappige Blätter. Nach Pax ist diese Acer tataricum var. Ginnala eine besondere Art, am nächsten verwandt mit 4A. tataricum. Auch der Regen, weleher in Japan sehr reichlich und oft während heftigen Windes fällt, dürfte doch möglicherweise auf tieferem Niveau in seiner Weise zur Ausbildung der Lappen der betreffenden Pflanzen beigetragen haben. Aber da, wie erwähnt wurde, überall innerhalb Regio alpma der Regen leichter und schwächer ist und aus kleineren Tropfen besteht, so scheint dieses mehr dafür zu sprechen, dass hier der Wind aus- schliesslich die erste Entstehung!) der Lappen bedungen hat. Im Tieflande dürfte vielleicht auch der Regen, doch gewöhnlich im Vereine mit dem Winde, einen nieht geringen substituirenden Einfluss ausgeübt haben.) Der Regen als ein Factor bei der ersten Aus- bildung der Lappen dürfte doch äusserst selten die grösste Rolle spielen. Des Vergleiches wegen will ich auch andere Beispiele von lappen- blättrigen Pflanzen von verschiedenen Gebieten ausserhalb Regio alpina anführen. In den windigen Küstengegenden des südwestlichen Spaniens fand ich auf grossen Strecken, dass die höheren Schichten der Vegetation, welche am meisten dem Winde und auch dem Regen ausgesetzt waren, beinahe ausschliesslich aus Pflanzen mit lappigen oder getheilten Blättern bestanden. Oft sind die Arten in ähnlichen Gegenden ausser- dem mit Stacheln und Dornen versehen, ein Verhältniss, auf das ich hoffentlich noch später zurückkommen kann. 1) Gleichzeitig dürfte doch die Etiolirung der unter der welkenden Laub- Jdecke und bei feuchtem Boden sich entwickelnden jungen Blätter zur Länge der Tappen mitgewirkt haben, 2) Vergl. E. Stahl, pag. 152-159, wo auch die Beobachtungen des Herrn Dr. G. Karstens mitgetheilt sind. Be H i 273 Tier wuchsen am Strande lappenblättrige Arten, hauptsächlich repräsentirt von den Gattungen Erodium, Chenopodium und Atriplex, und in der inneren Zone dieses Strandgürtels sah man dichte Gebüsche zum grössten Theil zusammengesetzt von Chumaerops humilis, Pistacia atlantica, nebst zwischen diesen sich schlingenden Olematis-Arten u. a. m. Diese Gebüsche waren doch hier und da dünner, was verursachte, dass auch die unteren Schichten oft merklich von den Wirkungen des Klimas Eindruck genommen hatten. Auch in diesen kommen daher Arten mit lappigen Blättern vor, z. B. Crueiferen. Im Uebrigen hatten die Pflanzen in diesen Beständen und auch in den angrenzenden Gebieten, wie es auch übrigens in den Ländern des Mittelmeeres der Fall ist, im Allgemeinen Thaublätter. Auch in den windreichen Küstengegenden des südlichen England beobachtete ich nicht so wenige lappenblättrige, zugleich stachelige und mit Dornen ausgerüstete Arten. Von der Gegend Falmouth mögen als sehr gewöhnliche beispielsweise genannt werden: Quercus-, Rubus- und Berberis-Arten, Uedera Helix, Ulex europaeus, Prunus spinosa nebst nahe dem Strande lappige Chenopodiaceen. Auf Madeira , woselbst bekanntlich gewisse Zeiten des Jahres sehr heftige Stürme herrschen, beobachtete ieh unter anderen Typen, die zum grossen Theil mit Thaublättern versehen sind, auch recht viele und zahlreich vorkommende paar- oder lappenblättrige Arten der Gat- tungen Quercus, Berberis, Rubus, Jasminum, Bryonia, Phaseolus, Ros- marinus, Ruta, Oxalis, Papaver, Brussica, Sisymbrium nebst Valeriana- ceen, Umbellaten und Farnkräutern, In den tropischen Theilen des westlichen Afrika fand ich auf verschiedenen Stellen zufällig Gelegenheit zu beobachten, wie Arten mit lappigen oder getheilten Blättern, z. B. Palmen und Bombaceen, oder mit langgestreckten Blättern, wie Drwcaena- und Pennisetun- Arten u.a. m., auf Gebieten auftreten, welche vom stärkerem Winde gekennzeichnet sind, sowohl an der Küste, wo starke Tornados herrschen, als auf Plateauen und Grassteppen, welche eine offene Lage haben, wodureh sie dem Winde ausgesetzt werden, während dessen der eigent- liche, von mir mit dem Namen Regenblätter bezeichneten Typus haupt- sächlich im Urwalde und auf den vor dem Winde mehr geschützten Stellen auftritt. 1) 1) Es versteht sich von selbst, dass die Grenze zwischen den beiden Typen keineswegs deutlich ist. Je mehr die Lappen der Windblätter als besondere Blättehen mit deutlichen Gelenkpolstern, Stiele und Träufelspitzen ausdifferenzirt werden, desto mehr nähern sich diese Blättchen dem Typus der Regenblätter. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 18 274 In Jemtlands Regio alpina treten hauptsächlich folgende Arten mit typischen alpinen Windblättern auf: Innerhalb der alpinen Hainthälchen und auf tiefer belegenen Hochgebirgsabhängen: Gerunium silvatienmn, oft deckend; Aconitum Lyeoctonum, Potentilla Tormentille, Potentilla verna, Ranuneulus aeris, Ranuneulus aconitifolius, Alchemila alpina (auf trockenem Boden) u.a.m. Auf den höher belegenen Hochgebirgsabhängen: Ranunenlus glaeialis, Ranunenlus nicalis, Ranuneulus pygmaens, Ranunculus aeris, Potentilla verna, Saxifraga rirularis, Innerhalb der alpinen Haimthälchen der Hochgebirgsgegenden kommen ausserdem auch Arten vor, welche sich von den oben er- wähnten im Umfang und Theilung der Blattspreite etwas unterscheiden, aber dem Typus ganz nahe stehen, z. B. Angelica Archangelica, Thalietrum alpinum, Pedieularis-Arten. Auch diese Arten haben die Primordialblätter gerundet und gesägt. In den alpinen llainthälehenformationen, deren Elemente oft als untere Schicht in die Grauweidenformationen eingehen, kommen neben diesen typischen alpinen Windblättern Formen vor, welehe mit aller Wahrscheinlichkeit ursprünglich gewiss auf einem alpinen Wind- gebiet entstanden sind, die aber ohne Zweifel ihre weitere Ent- wiekelung in den subalpinen und infraalpinen Gebieten er- reicht haben. Zu dieser Kategorie gehören zuerst Arten mit leierförmigen Blättern, welche statt Jappen manchmal deutlich ausdifferenzirte kleine Blättehen haben. Die Endlappen der Stielblätter, ebenso wie die Primerdialblätter, sind bei diesen Arten noch beinahe zirkelrund, was auf eine Eintwickelung von Arten mit typischen Schneeblättern hindeutet. Beispiele solcher Arten sind: Cardamine pratensis, Geum rirale, Spiraea Ulmaria, Valeriana sumbueifolia, Comarum palustre nebst in gewissem Grade auch Turaxacum offieinale und Mulyedium alpinum, obwohl die Endlappen bei der letzterwähnten Art in Ueberein- stimmung mit ihrer Heimath hauptsächlich auf tieferem Niveau, wo starke Regen fallen, mit Träufelspitzen versehen worden sind, oft aber an Stromschnellen und Wasserfällen, wo das Wasser unaufhörlich über die Blätter spritzt. Die Seitenlappen der leierförmigen Blätter sind sehr häufig zugespitzt, doch gewöhnlich ohne deutliche Träufel- spitzen. Ebenso wie innerhalb des subalpinen Gebietes, in Wahlenberg’s Bedeutung genommen, die einfachen blätter, z. B, von Betula odorata, 275 am Öftestens ein wenig zugespitzt geworden sind, so haben auch die Lappen der leierförmigen Blätter, mit Ausnahme der Endlappen, eine solche Form erhalten. Zuweilen sind besondere Blättehen noch deut- licher ausdifferenzirt z. B. bei den Papilionacaeen. Bei den alpinen Phaca- und Asfragalus-Arten, welche manchmal bis hinauf auf den höchst belegenen Abhängen vorkommen, scheinen die Endblättchen gewöhnlich breiter und gerundeter als die übrigen zu sein. Tafel IL Zu der erwähnten alpinen Hainthälchenformation gehört auch ein anderer Typus, nämlich der, welcher von Arten repräsentirt wird, die gerundete Primordial- und Grundblätter, aber zugespitzte, o ft langgestreckte Blätter höher am Stamm haben. Unter der- gleichen Arten mögen genannt werden: Hieracium-Arten, Saussurea alpina (Taf. Il Fig. 28), Solidago Virgaurea und Rumex acetosa, $ alpina. Auch ausserhalb der Hainthälchen ist dieser zugespitzte Typus bei- spielsweise vertreten bei Campanula rotundijolia und Orysanthemum Leu- 276 eanthemum, welche äusserst reichlich hauptsächlich im infraalpinen Gebiete sowohl auf Waldwiesen zwischen den Hochgebirgen als auch in Gleichheit mit verschiedenen Hainthälchenpflanzen, hinunter bis zu den südlichen Provinzen Schwedens, vorkommen. Nach Angabe des Assistenten MH. Dahlstedt kommen inner- halb der alpinen Hainthälchen und auf windoffnen Abhängen von Regio alpina der Juraberge und Alpen unter anderen folgende zum alpinen Windplatttypus gehörende Arten vor (z. B. am la Döle): Anemone narcissiflora L., sehr reichlich; Anemone alpina L., reich- lich; Geranium phaeum Blividum VHerit., zerstreut; Aconitum Lyeoc- tonum L., spärlich; Astrantia minor L., spärlich; Ranuneulus silvestris Thuill,, spärlich; Ranunculus aconitifolius L., spärlich; nebst andern vom Typus mehr oder weniger abweichender Arten, z. B. Artemisia Mutellium Vill., Artemisia spicat« Wulf., Aguilegia atrata Koch., Car- duus defloratus L., Scrophularia Hoppei Koch. und die noch mehr ab- weichenden Orobus Iuteus, Rumex arifohius Al. und Iunex alpinus L. Nach Angabe von K. Jimbo kommen in den Gebirgsgegenden Hokkaidos hauptsächlich oberhalb der Waldgrenze ungeheuer viele Arten mit lappigen oder getheilten Blättern vor. Beispielsweise seien erwähnt: Sorbus Aucuparia Gaertn. var. japonica Max., Phellodendron amurense Rupr., Acer Miyabei Max., Rhus toxicodendron L. var. radi- cans Mig. nebst Arten der Gattungen Aconitum, Anemone, Ayqnilegie, Trolius, Thalietrum, Paeonia, Potentilla, Angelica, Dicentra u. a. m. Auch diese können deutlich zu verschiedenen Kategorien, ent- sprechend denen auf den Abhängen innerhalb Regio alpina der Jemtland- hochgebirge hingeführt werden. Ueber die Vegetation bei den Schnee- haufen konnte Dr. Jimbo keine Aufklärung geben. In den alpinen Hainthälchen und auf den steilen Bachufern (2000-2500 m) des Kamerungebirges beobachtete ich mehrere ver- schiedene Formen lappiger oder getheilter Blätter. Folgende Arten, welehe in Gesellschaft wuchsen, mögen als Beispiele genannt werden: Geranium simense Hochst., in diehten Beständen wachsend, Gerannm mascatense Boiss., Torilis melanantha Vatke, Pimpinella oreophila Hook., Pluntago palmata Hook., Cardamine africana L., Cardamine amara L., Oxulis corniculata L. In Gesellschaft mit diesen wuchsen Rumer abyssinieus Jacg. ver. Manäi Enngl., Rumer Steudelit Hochst, Nicht weit von diesen Beständen und zuweilen zwischen ihnen wuchsen Arten mit ausschliesslich gerundeten Blättern, wie oben er- wähnt ist. i Ei € 277 Auf etwas tieferem Niveau (ungefähr 1500— 1800 m) trat Sanicula europaea L. auf, welche bekanntlich auch im südlichen Schweden in Hainthälchenformationen angetroffen wird. In arktischen Gegenden dürfte fraglicher Typus hauptsächlich an der Grenze zu den subarktischen Gebieten vorkommen. OÖ. Eckstam hat mir auf Anfrage mitgetheilt, dass auf Novaja Semlja alpine Windblätter auf entspreehenden Abhängen sehr gewöhnlich sind. Ueber Zwischenformen und Serien von verschiedenen alpinen Blatttypen nebst der phylogenetischen ÖOrd- nung und der verticalen Verbreitung derselben. Die suceulenten Blätter innerhalb Regio -alpina scheinen keinen voll ausgeprägten und bestimmten Typus wie die übrigen Blätter desselben Gebietes zu bilden. Ein Theil wie Saxifraga aizoides ist mit mehr horizontal ausgehenden, zerstreut sitzenden, langen und fast centrischen Blättern versehen und dürften, obwohl sie vorzüglich auf dem Grauweidengebiet anzutreffen sind, den eircumpolären Lichtblättern am nächsten kommen. Einige haben die Blätter kürzer und dicht zusammengedrängt, wie Silene acaulis und Sazxifraga oppositifolia, und sind im Zusammenhang hiermit als in der Richtung nach dem Kälteblatttypus hin entwickelt zu betrachten. Ein Theil Arten schliess- lich haben die Blätter weniger suceulent, oft dichtsitzend und klein an Form, fast spatenförmig und keimblattähnlich. Diese letztgenannten Blätter kommen sehr viel auf hohen Niveauen vor und machen inehr einen unbestimmten Typus aus, aber tendiren oft, wie Cardamine belli- «difolia, etwas nach den alpinen Schneeblättern, welche hauptsächlich an den tiefer gelegenen Schneehaufen angetroffen werden. Die Blätter, welche zu der letztgenannten kleinblätterigen Kategorie gehören, haben gewöhnlich, im Ganzen genommen, dieselbe Form wie die Keimblätter bei der Mehrzahl der Dikotylen. Diese Arten scheinen gegen Kälte, Eis und Schnee sehr wider- standskräftig zu sein und kommen bis an der Nähe der Gletscher vor. Auf dem Himalaya bis 5000m hoch kommen Suzxifraga-Arten vor (z. B. S. hemisphaerica) mit kleinen zusammengedrängten Blättern. S. Seguieri, die nahe bei Gletschern der Alpen wächst, hat nur Keim- blatttypus. S. stellaris, welche hoch hinauf in die Hochgebirge Skandi- naviens geht, manchmal gar bis an der Nähe der Gletscher, die aber auch tiefer herab in Regio alpina vorkommt, hat ausser den ersten kleinen mehr ganzrändigen Blättern andere, grössere und breitere, welche mit einigen Randzähnen versehen sind und den Uebergang zu 278 dem alpinen Schneeblatttypus ausmachen, Bei S. rotundifolia und S. cernua u. a.m., welche bei den tiefer belegenen Schneehaufen vor- kommen, haben sämmtliche Blätter, ausser den Keimblättern, sich zu typischen alpinen Schneeblättern ausgebildet. Die Serie wird dann entweder von Saxifragaceen mit Stengelblättern zu alpinen Windblättern ausgebildet, wozu S. aguatica von den Hochgebirgen Südeuropas und Astilbe Thunbergiüi von den alpinen Hainthälchen Japans als Beispiele dienen können, oder von $. Cotyledon-ähnliche Arten mit ein wenig abweichenden alpinen Verdunstungsblättern fortgesetzt. Aehnliche Serien gibt es innerhalb mehrerer anderer Gattungen. Als Beispiele mögen folgende, alle mit Keimblatttypus zum Aus- gangspunkte und mit Entwickelung von einfacheren zu complieirteren Typen angeführt werden: Cardamine. C. bellidifolia Keimblatttyp. ©. alpina » —+-Uebergangsbl. z. alp. Schneeblatttyp. Ü. asarifolia n -alp. Schneeblatttyp. C. trifolia . C. africana \ n „ + alp. Windblatttyp. C. pratensis C. amara „ „ — leierförm. Blätter ’) C. hursuta u.a. ın. C. rhomboidea n „ + subalp. Schneeblatttyp. Ranunculus. R. trientatus R. minutus } ” ” R. Thora „ „ + Uebergangsbl. zum alp. Wind- R. auricomus „ „ + alp. Windblatttyp. [blatttyp. R. aconitifolius n » » R. glacialis n „ » R. alpestris n „ „ 1) Diese Benennung dürfte als passend angewandt werden, bis es näher erforscht ist, welcher Factor des Klimas diesen Typus hervorgerufen hat. Wenn ich auf Grund einer Reihe von localen Beobachtungen, die ich sowohl in den Hochgebirgen als auf niedrigerem Niveau gemacht habe, urtheilen dürfte, so entwickeln sich diese Blätter unter Einfluss neben dem Winde von einer zeitigen Etiolirung, die haupt- sächlich den basalen Theil der Spreite betrifft. Diess geschieht unter einer tiefen auf verfaulendem Laube und auf wärmeren und beschattigtem Boden liegen- den Schneedecke. 279 Campanula. C. uniflora Keimblatttyp. ©. pusilla „ talp. Schneebl., 4 subalp. Schneeblatttyp. Ü. rotundifolia „ n „ (+ ausgezog. Blätter) ©. barbata n („) + alp. Verdunstungsblatttyp. Salix. 8. arbuscula » (+ Uebergangsbl. z.alp.Schneeblatttyp.) S. hastata » " S. myrsinites n „ oft alp. Schnee- 5. herbacea u. S.polaris „ —-alp. Schneeblatttyp. [blatttyp. S. reticulata n („) -} Uebergangsbl. z. alp. Verdunstungsblatttyp. S. lanata 9. glauca S. Lapponun n („) + Verdunstungsblatttyp. S. caprea S. einerea Die Gattungen Epilobium und Veronica u. a. m. weisen auch ähnliche Serien äuf. Die Polygonacaeen in den Hochgebirgen sind auch mit Rück- sicht auf die Klimafactoren vertheilt. Koenigia islandica, Keimblatttyp., Oryria digyna, Keimplatttyp. + alpin. Schneeblatttyp., Rumex Acetosa var. alpina, Keimplatttyp. — subalpin. Schneeblatttyp., Polygonum aviceulare, Keimplatttyp. — glaucescent Thaublatttyp. ‚Schemilla vulgaris und Rubus Chameemorus Wilden Vcbergänge zwischen Schneeblättern und Windblättern, indem die Lappen nicht so hervorrangend, aber doch deutlich sind. Auch zwischen Kälteblättern und Schneeblättern gibt es Ueber- gänge: Dryas integrifolia, Kälteblätter; Dryas intermedia, Üecbergangs- blätter; Dryas octopetala, alpine Schneeblätter; Vaceinium Vitis idaea var. pumila, fast Kälteblätter; Veceinium Vitis idaea, Hauptform, alpine Schneeblätter, hat im Tieflande mehr zugespitzte Blätter; Salix polaris, mit Schneeblättern, hat sich doch in der Richtung nach dem Typus der Kälteblätter mit eingebogenen Blatträndern ohne Zähne entwickelt; Salöx herbacea hat typische alpine Schneeblätter. Die Kälteblätter weisen zuweilen Formen mit eentrisch gebauten und oft mehr langgestreckten Blättern auf, welche sich deutlich mit Hinsicht auf schwache, aber gleiehmässige Beleuchtung ausge- bildet haben, wodurch sie gegen die circumpolären Liehtblätter tendiren. 280 Diese sind hauptsächlich unter den etwas beschatteten Beständen auf den Heiden zu suchen. Als Beispiele seien angeführt: Selaginella spinulosa, Phyllodoce caerulea, Cassiope hypnoides, ebenso ein Theil Saxifraga-Arten (z. B. S. aspera mit langgestreckten, aufrechtstehen- den, fast fleischigen Blättern), welche sehr hoch hinauf in den Hoch- gebirgen auf steinigen, theilweise beschatteten Stellen vorkommen. Auf tieferem Niveau trifft man nicht selten alpine Blatttypen. Eben- sowohl wie-in Kamerun und auch auf Java Regenblätter ausserhalb des Regengebietes vorkommen, so treten auch hier die fraglichen alpine Blattformen weit ausserhalb der Gebiete solcher. Klimafactoren auf, welche daselbst das Auftreten bestimmter Typen bedungen haben. Beispiele bieten unter anderen folgende Arten mit Schneeblätter, welche auch oder vorzüglich im Tieflande ausgebreitet sind, nämlich Sazxifraga granulata, Caltha palustris, Ficaria ranunculoides, Viola palustris, Alliaria offieinalis, Populus tremula, Chrysoplenium alterni- Ffolinm, Veronica-Arten, Lamium-Arten u. a. m. Man beachte, dass alle diese zeitig im Frühjahre gleich nach dem Schmelzen der Schneedecke blühen, währenddessen z. B. Galeopsis- Arten, Campanula-Arten, Solidago Virgaurea und viele Viola-Arten, sämmtlich mit zugespitzten Blättern, erheblich später und erst nach einer regenreicheren Periode blühen. P. Olsson') sagt: „Dass hohe Waldberge ein Klima haben, das sich dem der Hochgebirge nähert, geht daraus hervor, dass der Schnee da länger liegen bleibt und die Sommerwärme verhältnissmässig gering ist, welche beide Umstände es sind, die das Klima in den Hochgebirgen am meisten auszeichnen. Aehnlich ist das Verhältniss in Torfmooren und Sümpfen, wo der Frost in der Tiefe oft bis in den Sommer hinein dauert. Auch ist es wohl bekannt, dass grössere Moore für naheliegende Bezirke wahre Frostnester sind, und dass durch das Grabenzichen durch dieselben das Klima verbessert wird. Sie können daher, was ihre Einwirkung auf das Klima betrifft, am ehesten mit Gletschern verglichen werden, welche ebenfalls die Tem- peratur der naheliegenden Orte niederdrücken*, Auf dergleichen Waldbergen und Hochmooren kommen viele Blätter vor, welche sich den alpinen Typen nähern oder gar ange- hören, z. B. mit alpinen Schneeblättern: Betula nana, Salix herbacen, Viola biflora, Parnassia palustris, Majanthemum bifolium, Drosera 1) Peter Olsson, Om dejemtländska fjällväxternas utbredning. — Redogörelse för H. Allm, Löroverket i östersund 1890, 281 rotundifolia, Rubus Chamaemorus u. a. m. Auch Repräsentanten anderer alpiner Typen kommen da vor, Der infraalpine Schneeblatttypus kann ebenfalls lange unter dem Einflusse anderer Factoren, als der, welche das Vorhandensein des Schnees begleiten, erhalten werden und infolge dessen auch in Gegenden vorkommen, welche weit ausserhalb des Gebietes für die Schneedecke des Winters liegen. Auf dem infraalpinen Gebiete kommen oft bei Arten mit sonst lappigen Blättern Rückschlagformen mit zirkelrunden Blättern vor. Beispiele hierzu erbieten eine Menge Varietäten als Rubus idaeus var. anomalus, Cardamine amara var. anomala u. a. m. Die in dieser Arbeit besprochenen alpinen Blatttypen sind haupt- sächlich mit Beispielen aus der Classe der Dicotylen belegt. Die Monocotylen haben, wie auch ein Theil Beispiele gezeigt haben, eine Mannigfaltigkeit von durch Einwirkung verschiedener Klimafactoren analog entstandenen Typen. Ebenso wie die Blätter der Gräser in den tropischen Regengegenden (besonders bei den in geringerem Grade bestandbildenden Arten) breit und mit deutlich abgesetzten Träufelspitzen versehen werden, so kann man auch innerhalb Regio alpina Typen dieser Gewächse, ausgebildet mit Rücksicht auf die Klimaverhältnisse der verschiedenen Gebiete, schen. Fin Theil, wie Phlewm alpinmn, hat kurze, aber ausgebreitete aufrecht- stehende glauceseente Blätter und kommt auf dem Grauweidengebiet vor. Andere haben dem centrischen Typus angehörende Blätter oder sich diesem nähernd und werden vorzüglich auf hoch belegenem alpinem Moorboden angetroffen. Die Luzula-Arten erbieten analoge Formen. Die meistens haarigen und breiten Blätter bemerkt man gleich über der Waldgrenze und im Grauweidengebiet, die mehr eingerollten Blätter dagegen auf höherem Niveau. Am Schnee scheinen die Blätter breit und glatt zu werden. Die Farnkräuter wie ein Theil Flechten und Moose scheinen auch denselben Gesetzen unterworfen zu sein und haben sich in analoger Weise ausgebildet. Bei Cystopteris montana, welehe den schneereichen Gebieten in den niedrigeren Hochgebirgsgegenden angehört, hat das Blatt mehr runde Totalform als z.B. €‘. fragilis, welche auftieferem Niveau vorkommt. Botrychium boreale, welche den Hochgebirgsgegenden angehört, hat das Blatt im Ganzen breiter und mehr gerundet als B. Lunaria, welche auf Wiesen im Tiefland und in den südlichen Provinzen heimisch ist. 282 Cladonia-Arten nebst anderen buschförmigen Flechten mit dicht- sitzenden mehr oder weniger centrisch gebauten Zweigen haben ihre Ausbreitung auf troekneren Heiden im Hochgebirge, während dessen die laubförmigen Flechten in Thälern und auf feuchten Stellen vor- kommen. Eine nähere Untersuchung der Verbreitung der Flechten _ und Moose mit Rücksicht auf die Klimafactoren würden ohne Zweifel von grossem Interesse sein. Die Meeresalgen scheinen mehr und mehr reich an gesägten Arten zu werden, je höher hinauf man gegen die kälteren, in Eis eingehüllten Meeresufer kommt. Die wichtigeren Resultate. Um möglichst genaue Kenntniss über die Verhältnisse der Blattgestalten zum Klima zu erhalten, habe ich die Wirkungen des letzteren auf die Weise zu analysiren gesucht, dass ich Gegenden und Gebiete aufgesucht, wo eines der klimatologischen Elemente so ausschliesslich wie möglich hervortritt. Durch das Anwenden dieser analytischen Methode, auch Regio alpina betreffend, bin ich zu fol- genden Resultaten gekommen. Die Uebereinstimmung zwischen der Blattgestalt und der Be- schaffenheit des Klimas gilt hauptsächlich von den oberen Schiehten, in welchen die Ausbildung der Blätter von den Klimaverhältnissen selbst am meisten abhhängig ist, 1. Ganz nahe über der Baumgrönze kommt ein Gürtel graube- haarter Salix-Arten vor, die sogenannte Grauweidenzone, auf welchem Gebiete auch andere dichthaarige Arten auftreten. Bei diesen Pflanzen sind die Blätter in ihrer Richtung, Form, Bekleidung und Struktur mit vorzüglicher Rücksicht auf die auf diesem Gebiete vor- ‚zugsweise wirkende starke Verdunstung ausgebildet. Diesen Blatttypus habe ich nach dem auf denselben am stärksten wirkenden Klimafactoren Verdunstungsblätter genannt. Beispiele zu diesem Typus bieten unter anderen Salix lanata und Gnaphalium norvegieim. 2. AufdenHeiden besteht die Vegetation aus Arten mit kleinen, dichtsitzenden, oft immergrünen und mit zurückgebogenen Rändern verschenen Blättern. Diesem Typus nähern sich gewisse mit sommergrünen und etwas fleischigen, (ichtsitzenden Blättern verschene Arten. Der Typus ist wohl am besten vom Einpetrum-Blatt repräsentirt und ist ohne Zweifel mit Rücksicht auf die herrschende Winterkälte im Vereine mit m SO 283 der starken Verdunstung während des Sommers auf den gewöhnlich weniger schneereichen Heiden ausgebildet worden. Diesem Blatttypus habe ich auf Grund dessen den Namen Kälteblätter gegeben. . Als Beispiele hierzu führe ich an: Empetrum nigrum, lzalea procumbens nebst der sich dem Tyups in gewissen Beziehungen nähernden Silene acaulis und Saxifraga oppositifolia. 3. Aufden höchst belegenen, oft concaven, zuweilen moor- artigen Plateauen und den Abhängen bei den höchst belegenen Thälern und in diesen werden vorzüglich Arten mit Blättern ange- troffen, welche aufrechtstehend, langgestreckt, gewöhnlich centrisch gebaut oder zuweilen stark zusammengerollt sind. Diese Blätter scheinen besonders unter der Einwirkung sowohl des directen Sonnenlichtes ausgebildet zu sein, das ich in Anbetracht des grossen Bogens, den die Sonne während der Vegetationsperiode be- schreibt, eircumpolär benenne, als auch unter Einwirkung des zeitweise ausschliesslich wirksamen diffusen Lichtes. Das Licht wirkt allseitig. Fragliche Blatttypen nenne ich im Zusammenhang hiermit cireumpoläreLichtblätter. Als Beispiele von den diesem Typus angehörenden Arten führe ich an Juncus trifidus, Aira alpina. 4. Bei den Schneehaufen ist die Vegetation aus Arten — oft eoncentrisch um den Schnee kerum geordnet — mit beinahe zirkelrunden oder nierenförmigen Blättern zusammengesetzt, welche überall am Sprosse beinahe dieselbe Form besitzen. Ausserdem sind sie typisch gesägt nebst etwas gestielt, entweder horizontal aus- gebreitet oder öfter in trockneren Hochgebirgen etwas aufwärts gerichtet. Dieser Typus scheint unter Einwirkung der ziemlich tiefen, aber constanten Temperatur im Vereine mit dem constant — unter geringem Regen während des Sommers — herrschenden Feuchtigkeitsgrad der Luft und des Bodens, bedungen durch die Nähe der oft colossalen Schneehaufen, entstanden zu sein. Im Zusammenhange hiermit benenne ich frag- lichen Blatttypus Schneeblätter. Beispiele hierzu erbieten Salix herbacea und 8. polaris, Viola palustris und F, biflora, Betula nana u. a. m. 5. Mehr oder weniger entfernt von den Schneehaufen, hauptsäch- lich auf den offenen und dem Winde ausgesetzten IHlügelabhängen treten Arten (theilweise den Hainthälchenformationen auf tieferem Niveau angehörend) mit meistentheils handlappigen Blättern auf. Gewöhnlich sind die Grundblätter des Schösslings an Form beinahe zirkelrund und gesägt, ebenso wie die Blätter des vorhergehenden Typus, währenddessen 284 die oberen, dem Winde mehr ausgesetzten in Lappen getheilt, aber in Hinsicht zu der Totalform wie die niederen gerundet sind. Dieser handlappige Blatttypus scheint hauptsächlich von dem gleich- mässigen und ununterbrochenen Wind, der beinahe immer auf diesen Gebieten weht, bedungen zu sein, Da dieser Typus wohl in erster Linie gegen diesen Klimafactor reagirt hat, so nenne ich ihn Windblätter. Als Beispiele hierzu mögen dienen Geranium silvaticum nebst Ranuncnlus glacialis. Die Blätter haben gegen das Klima auf verschiedene Weise reagirt. Verschiedene Arten mit gleichartiger Blattgestalt sind gewan- dert, haben sich zu grösseren Beständen zusammengeschlossen und sich gerade auf dem Gebiete erhalten, wo der am stärksten wirkende Klimafaetor solcher Natur war, dass die Blätter durch ihre Gestalt und ihren Bau in den Stand gesetzt wurden, den schädlichen Wir- kungen des betreffenden Klimagebietes zu entgehen oder sich die Vor- theile desselben zu Nutzen zu ziehen. Der auf einem bestimmten Gebiet in die eine oder andere Rich- tung hin vorzüglich ausgeprägte Klimafactor scheint direct denAnlasszurAusbildungeinerbestimmtenBlattgestalt gegeben zu haben, ebenso wie auch die somit einmal erhaltene Gestalt das Blatt und die Pflanze gegen denselben Factor schützt oder die Vortheile desselben für sich ausnutzt. Die höchst oben in den Hochgebirgen vorkommenden alpinen Typen unterscheiden sich von den Blattgestalten auf tieferem Niveau dadurch, dass bei den erstgenannten hauptsächlich nur ein Typus sammt dem Keimblatttypus repräsentirt ist. Ausnahmen von dieser Regel gibt es natürlich, sie sind aber verhältnissmässig selten. Auftieferem Nivean kommen oft auf denselben Schössling zu den höheren alpinen Typen noch andere hinzu. Gleichzeitig nehmen die Blätter an Grösse zu. Typusserien von Keimblattgestalt zu complieirteren und länger ausdifferenzirten Blattgestalten geben in gewissem Grade die wirkliche phylogenetische Ordnungsfolge der Blatttypen, vielleicht auch der Arten wieder. Die Typen können weit ausserhalb des ursprünglichen Ausbildungsgebietes vorkommen, werden aber mehr und mehr selten, je weiter die Entfernung ist. 285 Figurenerklärung. Tafel]. Vergl. S. 224, INRNENRBEREGN — Sehnee. | —— — —— = Verdampfungsblätter. } wur — Windblätter. = Selneeblätter. — Kälteblätter. enennerseensernensnn — Circumpoläre Liehtblütter. Tafel II. Vergl. 8. 275. Alpine Schneeblätter und andere in der Nähe von diesen vorkommende Typen. Fig. 1. Salix herbacea. 2. Betula nana. 3. Myrtillus nigra, 4, Arctostaphylos alpina. 5. Veronica alpina. 6. Epilobiun: lactifiorum. T. Saxifraga euneifolia. 8. „ stellaris. 9. Salix arbuseula. 10. Oxyria digyna. 11. Rumex Acetosa 3 alpina (Grundblatt). 12 Viola biflora. » Palustris. 14. Saxifraga rotunlifolia. 15. Chrysosplenium alternifolium. 16. Bellidiastrum Michelii. 17. Cardamine alternitolia. 18. Veronica aphylla. 19. Ranunculus Thora. 20. Homogyne alpina. 21. Primula elatior f. alpina. 22. Campanula pusilla. 23. Primula hirsuta. 24. Thlaspi rotundifolia. 25. Solidago Virgaurea (Grundblatt), 26. Soldanella alpina. „ 27. Chrysanthemum montanum (Grundblatt). 28. Saussurea alpina (Grundblatt). 29. Urtiea dioiea (Grundblatt). „ 30. Ranunculus aurieomus (Grunilblatt). „ 81. Betula odorata (subalpines Sclhneeblatt). 32. Saxifraga rivularis (Grundblatt). 33. Geum montanum (Windblatt). zw» BIS SHLHGUSHN DH HH HB NR DU CH HH CU U 5 Tafel III. Vergl. 8. 241. ' Külteblätter und eircumpoläre Lichtblätter. Fig. 1. Querschnitt durch das Blatt von Empetrum nigrum. „2 „ „ „on „ Azalea procumbens. „8. ” Pi „nn » Phyllodoce caerulea. n„ *. „ » FR „ Cassiope hypnoides. „> » n „nn „ Juniperus nana. 6 Juncus alpina. rn ” ” . ” r R ” . „ı „ „ einen Theil des Blattes von Juncus alpina. Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose. Von j H. Dihm. Hierzu Tatel VII, VIII, IX. Wenn auch seit dem Erscheinen der Schrift von Lantzius- Beninga!) das Sporogonium der Laubmoose vielfach Gegenstand ein- gehender Untersuchungen gewesen ist, so hat trotzdem die Verwunde- rang, welche dieser Bryologe damals bereits über die geringe Kenntniss des innern Baues der Mooskapsel, sowie über die Achtlosigkeit, mit welcher man sie überging, ausdrückte, biszu einem gewissen Grade noch heute ihre Berechtigung nicht verloren. Wohin wir auch in der Litteratur dieses Gegenstandes blicken mögen, finden wir das Interesse meist nur auf ein Organ, das Peristom, mit Vorliebe eoncentrirt. Die Wichtigkeit für die Systematik, die Leichtigkeit, mit der an ihm sehr genaue Be- obachtungen angestellt werden können, und nicht zum wenigsten die zierlichen, vielgestaltigen Formen, welche es zeigt, rechtfertigen dieses Interesse ja vollkommen. Wenn wir aber berücksichtigen, dass die Eintheilung der Moose in ihre ersten Hauptgruppen das Peristom ganz ausser Acht lässt und besonders auf die Art und Weise hin, wie die Kapseln sich öffnen, Gewicht legt, so muss es sehr Wunder nehmen, dass jenes Organ, welches diesen Vorgang bei einer schr grossen Gruppe von Laubmoosen vermittelt, bisher in so geringem Maasse be- achtet wurde. Sei es, dass man die Wichtigkeit dieses Ringgebildes unterschätzte, oder dass die Schwierigkeiten, welche zuweilen seine genaue Untersuchung bot, eine eingehende Betrachtung abwies: was über den Annulus der Laubmooskapsel in der Litteratur zu finden ist, gibt nur eine sehr lückenhafte Kenntniss dieses Organs. Der einzige, welcher der Sache mehr Beachtung zuwendete, ist der eben er- wähnte Lantzius-Beninga, welcher uns in einer Reihe Abbildungen von Längsschnitten durch die Kapsel dieses Organ vorführt; doch ist aus dem dieselben begleitenden Text recht wenig zu entnehmen, da er den Ring vielfach ganz übergeht, zuweilen bemerkt, dass er fehlt und nur bei auffälligeren Formen etwas mehr auf seine Morphologie ein- geht. Was wir sonst noch in der Litteratur über den Ring finden 1) Beiträge zur Kenntniss der ausgewachsenen Mooskapsel. 287 können, beschränkt sich auf wenige Daten, zumeist nur, ob er vor- handen oder nicht. Dieselben entnahm ich Schimper’s Bryologia europaea und Limprieht’s Cryptogamenflora von Deutschland, wo- bei ich aber besonders bei ersterem selbst das Wenige, was zu ersehen war, keineswegs immer der Wirklichkeit entsprechend fand. Die An- gaben beschränken sich meist auf die Anzahl der Zelllagen, aus welchen der Ring sich zusammensetzt, ob dieselben nach dem Ab- springen des Deckels abfallen oder stehen bleiben und nur bei wenigen Gattungen mit auffälligem Annulus ist auf eine wirklich eingehendere Beschreibung Werth gelegt worden (z. B. Funaria, Bryum, Mnium). Von weiteren Autoren kann ich noch Philihert anführen, welcher in seinen Abhandlungen: Sur le peristome des mousses in der Revue bryologique nicht allein das oft bebaute Feld der Bryologen wiederum betritt, sondern auch dem Ring zuweilen einige Aufmerksamkeit zu- wendet, wie z. B. bei den Buxbaumiaceen, wo er allerdings bei B. aphylla die Ansieht durchblicken lässt, als sei der Ring hier ein mit dem Peristom verwandtes Gebilde, ohne das aber bestimmt aus- zuspreehen. Da man in den oben genannten Werken nicht selten der Angabe begegnet: „Ring fehlend“, obgleich er selbst bei derartig bezeichneten Gattungen schon äusserlich zumal auf der noch unreifen Kapsel viel- fach als dunklere oder hellere Linie zu erkennen ist, so muss dies nun zunächst die Frage anregen: Was hat man unter dem Annulus zu verstehen und welchen Zwecken dient er? Da stellt es sich nun in den überwiegend meisten Füllen heraus, dass es zu weit geht, von emem Fehlen des Ringes zu sprechen, und dass ein Annulus, wenn auch keine so auffallende Erscheinung, immer vorhanden war. Der Zweck dieses Organes im Allgemeinen besteht bekanntlich darin, eine Trennung zwischen der Urne und dem Deekel herbeizuführen. Dieser Effeet kann auf verschiedene Weise erreicht werden. In den meisten Fällen sehen wir ein oder mehrere Zelllagen als Verbindungsglied der beiden Kapseltheile eingefügt und befähigt, vermöge des Schleim- inhaltes ihrer Elemente, zu, Zeit der Sporenreife in der Feuchtigkeit aufzuquellen und sich aus dem Verband der Kapseltheile ganz oder in Stücken abzulösen. Diese Art von Ringen’ ist meistens grosszellig, von auffallender Form und sie entgehen desshalb der Wahrnehmung niemals. Da aber, wie die Beobachtung lehrt, der Vorgang des Ab- vollens nur eintreten kann, wenn durch Risse in der Epidermis der Feuchtigkeit Zutritt verschafft und diese Bedingung in der Natur meist durch vorherige Trockenheit gegeben wurde, so wird sich uns 288 noch eine weitere Function dieses Schleiminhaltes offenbaren. Nicht allein zum Aufquellen bei einer Reihe von Arten wird er bestimmt sein, sondern vermöge eben dieser Eigenschaft ist er umgekehrt im Stande, der Trockenheit länger zu widerstehen und dem Zellkranz, welchem er eigenthümlich ist, eine grössere Widerstandsfähigkeit zu verleihen. Durch diesen Umstand wird in der eintrocknenden Moos- kapsel in der Ringgegend eine Gewebespannung eintreten, deren nächste Folge ein Rissigwerden des Ringgewebes sein wird, wonach dann später die Feuchtigkeit den weiteren, bereits bemerkten Einfluss ausübt. Fassen wir die Bedeutung des Ringes von diesem Gesichtspunkte auf, dem Urnenrande zunächst einen längeren Bestand zu verleihen, so kann es nicht auffallen, in wiederum zahlreichen Fällen den Schleiminhalt der Zellen nicht bis zur Quellbarkeit verstärkt zu sehen, sondern nur dazu befähigt, die Feuchtigkeit zu bewahren. In der Regel wird dann die Gewebespannung noch durch die Beschaffenheit der Cutieula verstärkt, welche in ihrem unmittelbaren Zusammentreten bei Deckel und Ume durch eine oftmals sehr verschiedenen Dicke oder durch eine grössere oder geringere Festigkeit sich offenbart. Schliesslich sind die Fälle nicht selten, wo ein Schleiminhalt der Ringzellen überhaupt in Frage kommt und an seiner Stelle dann der Urnenrand dureh ein Gerüst starkwandiger kleiner Zellen von sicher- lich grosser mechanischer Pestigkeit verstärkt, und auf diese Weise die Gewebespannung in der Kapseloberfläche herbeigeführt wird. Die Mittel also, durch welche derselbe Zweck erreicht wird, sind mannigfaltig, jedoch keineswegs immer für sich allein auftretend ; höchstens ist hier und da eines derselben überwiegend; gewöhnlich aber ergibt sich aus dem Zusammentreten derselben eine Wechsel- wirkung, deren Resultat immer eine möglichst grosse Spannungser- scheinung sein wird, . In den überwiegend meisten Fällen ist dieselbe auf eben dieses Ringgebilde concentrirt, doch treten Beispiele auf, wo sie von grösseren Theilen der Kapsel ausgeht, wie bei der Pottia truncata und manchen Polytrichaceen, wo bei letzteren das ganze aus schleimführ nden Zellen bestehende Operculum einen höheren Grad von Beständigkeit aufzuweisen scheint, als die weniger elastisch gebaute Urne und bei den ganz isolirt dastehenden Tetraphideen so weit geht, dass sich der Deckel infolge der grossen Quellbarkeit der Schleimzellen gänzlich abzulösen im Stande ist. Wenn man somit von diesem erweiterten Gesichtspunkte aus die stegocarpen Moose betrachtet, so kann man wohl behaupten, dass 289 ein Ring niemals fehlt und immer durch eine mehr oder minder auf- fallende Differenzirung des Gewebes am Urnen- resp. Deckelrande zu erkennen ist. Selbst bei Sphagnum, dessen Kapseln mir gerade nicht zur Hand waren, ist nach Lantzius-Beninga’s und Schimper’s Abbildungen und ihren Beschreibungen ein Ring in Form verkleinerter Kapselwandzellen und dadurch hervorgerufener starker Verdünnung der Wand an dieser Stelle angedeutet, und die Anfänge eines solchen sind selbst bei Tetraphis durch eine abweichende Beschaffenheit des Urnenrandes nicht zu übersehen. Auf genauere Einzelheiten werde ich bei Besprechung der ver- schiedenen Typen des Ringes, sowie besonders seine Morphologie in den bestimmten Fällen näher eingehen. Die Entwickelungsgeschichte dieses Organs näher zu verfolgen, liegt nicht im Rahmen unserer Aufgabe, doch will ich noch die allgemeine Thatsache anführen, dass der Ring sich in jungen Stadien der Kapsel durch eine Einschnürung an bestimmter Stelle zeigt, worauf dann später erst die Form der Ringzellen deutlich wird. Alsdann erreichen sie die für die be- . stimmten Arten speeielle Grösse und erhalten erst im letzten Ent- wiekelungsstadium die eigenthümliche Beschaffenheit ihrer Membranen und ihres Inhaltes. Es erübrigt noch, einiges betreffs des systematischen Werthes dieses Organs zu sagen. Wo ich verschiedene Arten einer Gattung zu untersuchen Gelegenheit hatte, ist mir die ausserordentliche Aehn- liehkeit im Bau des Ringes, in den meisten Fällen bis zur Identität gehend, aufgefallen. Ich weise hin auf die verschiedenen Arten von Mnium mit ihrem wohlausgebildeten, überall sehr gleichmässig ge- stalteten Ring, an Bryum, Ilypnum, Fissidens u. s. w., bei welchen nur die Grösse des Ringes im Verhältniss zu der Kapsel wechselt. Ob das jedoch für alle Arten einer Gattung gelten kann, wird nur eine sehr eingehende Untersuchung in dieser Richtung ergeben können, jedenfalls möchte ich an die relativ wenigen Fälle, welche ich be- obachtete, nicht zu weitgehende Folgerungen knüpfen. Wichtiger noch als die Uebereinstimmung des Ringes innerhalb einer Gattung scheint mir diejenige in den Grenzen einer Familie zu sein. Auch hier fand ich die Bestätigung dafür, dass der Typus der Ringzellen für jede Familie charakteristisch ist und derselben ein fast unver- kennbares Gepräge verleiht. Die Bryaceen zeichnen sich durch ähnlich gestaltete, grosse und stark schleimführende Ringzellen aus, Ceratodon und Distichium zeigen bereits in der überraschend ähnlichen, dagegen niemals identischen Ringbildung ihre Zusammengehörigkeit zu Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 19 290 einer Familie und die IIypneen verrathen ihre Verwandtschaft schon durch den Charakter einer ganz bestimmten Ringanlage. Es erscheint mir nach alle dem sehr berechtigt, von einem ähnlichen Bau des Ringes, der sich in der Regel mit dem der ganzen Kapsel vereinigt, auf eine nahe Verwandtschaft schliessen zu dürfen. So scheint mir z. B. die Gattung Physeomitrium viel mehr Beziehungen zu den Pottiaceen zu haben als zu den Flunariaceen, mit welchen der Ring- bau und der der ganzen Kapsel gar keine Aehnlichkeit aufweist, da- gegen die weitgehendste Uebereinstimmung mit Pottia. Auch bei den Polytrichaeeen kann der Ring und im weitern Sinne die Art und Weise des Oeffnens der Kapsel systematisch Verwendung finden, wobei ich beispielsweise die in ihrem Kapselbau sehr ähnlichen Gat- tungen Polytrichum und Pogonatum hervorheben will. Diese, aus nur wenigen Beispielen hervorgegangenen Folgerungen können aller- dings . erst durch die eingehende Untersuchung aller Moosgattungen zu einem Gesetz erhoben werden, und ich zweifle, nicht, dass man dabei zu überraschenden Ergebnissen gelangen wird. So viel glaube ich aber bestimmt schon jetzt aussprechen zu dürfen, dass wir in dem Bau der Ringzellen ein werthvolles systematisches Jlilfsmittel besitzen, das ebenso gut wie das Peristom, möglicherweise noch weit mehr, die Verwandtschaft einzelner Gattungen zu einander bestimmt. Der Ring, in verschiedener Hinsicht betrachtet, hat sicher einen grösseren Einfluss auf die Bildung und den Charakter einer Kapsel als das Peristom, welches zuweilen ganz fehlen kann, während ein bestimmt ausgeprägtes Ringgewebe immer vorhanden ist. Damit soll jedoch keineswegs gesagt sein, dass es für die Systematik allein aus- schlaggebend werden soll, sondern dass es wichtig ist, diesem Factor eine viel grössere, sorgfältigere Beachtung zuzuwenden, als es bisher geschehen ist. Dass ich bei den vorliegenden Untersuchungen nicht ganz aus- schliesslich den Annulus berücksichtigt, sondern hin und wieder auch andere Beobachtungen angeführt habe, wird man bei den gegen- seitigen Beziehungen der einzelnen Organe zu einander verständlich finden; besonders habe ich dem Peristom der Polytrichaceen etwas mehr Aufmerksamkeit zugewandt. Am eingehendsten beschäftigte ich mich mit der Untersuchung der Buxbaumiaceen in den verschiedenen Theilen der ganzen Pflanze, weil die relativ selten vorkommenden Vertreter dieser interressanten Familie nicht jedermann leicht zugänglich sind, und weil zumal in ihrem Ringbau nur sehr unvollkommene, sogar irrige Angaben vor- z 291 handen sind. Das Ergebniss der Untersuchungen über diese Familie ist die Thatsache, dass die Arten der Gattung Buxbaumia nicht allein im Peristom, sondern ebenso in ihrem Ringbau so wesentliche Ab- weichungen von einander aufweisen, dass ihre Vereinigung in eine Gattung in Frage kommt. Ferner ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir möglicherweise in dem primitiven Ring, der bei den drei untersuchten Arten der Buxbaumiaceen eine graduelle Entwiekelung aufweist, einen Vorläufer zu den complieirten Organen der übrigen Laubmoose erkennen und diese Familie überhaupt als eine sehr alte betrachten müssen. Funaria hygrometrica. Die Kapsel des Funaria bietet nicht allein deshalb ein sehr günstiges Object zur Untersuchung dar, weil vermöge der Häufigkeit und Frucht- barkeit des Mooses Sporogonien eine geraume Zeit des Jahres hin- durch in fast allen Entwickelungsstadien zu bekommen sind, sondern auch, was für die vorliegenden Untersuchungen von nicht geringer Bedeutung ist, weil dasjenige Organ der Kapsel, welches als Annulus bekannt ist, eine anschnliehe Grösse erreicht und in allen ihren Einzel- heiten eine Entwickelung aufweist, wie sie bei keiner andern der untersuchten Moosgattungen in einer ähnlichen Vollendung beobachtet werden konnte. Wenn ich noch hinzufüge, dass alle Reactionen und Versuche, welche die Erforschung des Aufspringens eines reifen Laub- moossporogons bezweckten, hier die günstigsten Resultate lieferten, so mögen es diese Umstände erklären, weshalb bei der Mittheilung der gemachten Beobachtungen mit dieser Gattung begonnen und dieselben etwas eingehender gehalten werden sollen. Die Kapsel der Funaria hygrometriea lässt schon mit blossem Auge ein ringförmiges Gebilde am Grunde des Deckels, gewisser- massen dessen Begrenzungslinie gegen die Urne hin deutlich erkennen und zwar als einen rothbraunen Wulst, der schon bei der fast ausge- reiften Kapsel nicht zu übersehen ist, dagegen bei noch jungem, grünem Gewebe am meisten auffällt. Es beginnt nämlich die spätere gesammte Braunfärbung des Sporogoniums bei Funaria an dieser Stelle und setzt sich im weitern Verlauf der Reife auf den hier ver- hältnissmässig sehr kleinen Deckel fort, um sich dann nach und nach gegen die Seta hin über die ganze Urne auszubreiten. Diese in der angegebenen Weise fortschreitende Cutieularisirung der Kapsel- wand findet in der Regel bei den meisten Moosen statt, wenigstens bestätigen die untersuchten Gattungen dies. 19x 292 Verfolgen wir bei weiterem Verlauf der Reife des Sporangiums das Verhalten des Ringes, so werden wir finden, dass er sich bei der vollständigen Sporenreife von der Kapsel ablöst, sich entweder ganz oder in Stücken einer Spirale zurückkrümmt und somit den verbindenden Zusammenhang zwischen dem Deckel und der Urne aufhebt, wonach dann ersterer abfällt und den austretenden Sporen zur Aussaat einen Weg verschafft. Man kann also den Ring gewisser- maassen als eine Naht betrachten, welche die Verbindung zwischen Urne und Deckel der Kapsel bis zur Reife vermittelt, dann aber vermöge seiner Organisation im geeigneten Zeitpunkt diese Verbin- dung von selbst zu lösen befähigt ist. Ein medianer Längssehnitt durch das Sporogonium zeigt, dass die Kapselwand aus nahezu rechteckigen, stark verdiekten Zeilen gebildet ist, welche sich bis zum Rande der Urne fortsetzen und dort plötzlich eine sehr veränderte Gestalt annehmen. Die Kapselwand selbst er- fährt eine schwache Krümmung nach innen, um alsdann dureh eine weitaus stärkere nach aussen die Lage des Ringes anzudeuten, worauf sie sich wieder in normaler Weise mit annähernd viereckigen Zellen und gleichmässiger Verdiekung über die ganze Kapsel als Deckel wölbt und nur noch an der Spitze eine stärkere Verdiekung zeigt. — Noch ehe die angedeutete Krümmung der Kapselwand nach innen eintritt, erleiden die sie bildenden Zellen eine Veränderung; dieselben werden breiter und bedeutend kürzer, und ihre nach aussen liegende Wand wird stark verdiekt, so dass das Zelllumen bis auf einen sehr geringen Raum zurückgeht und schliesslich noch als kleiner, nahezu dreieckiger mit Protoplasma erfüllter Hohlraum zu erkennen ist. Von hier ab ändert sich das Bild vollständig. Die Zellen der Kapselwand werden wieder grösser und nehmen eine unregelmässige Gestalt an. Es sind in der Regel 3—4 solcher Zellen, welche infolge ihrer auf- fallenden Gestalt und Grösse und andere, näher zu besprechende Ver- hältnisse sofort als die eigentlichen Ringzellen zu erkennen sind. Die Form des Annulus von Funaria im Längsschnitt erläutert Fig. 1. Die Ringzellen selbst haben nach aussen hin ihre starke Verdickung bei- behalten, dieselbe erscheint sogar etwas verstärkt, indem die euti- eularisirte Schicht an 2 resp. 3 Stellen zapfenförmig in das Innere der Ringzellen vordringt. Die übrige Umhüllung der Zellen des Annulus besteht aus einer zarten Membran, die einen unbehinderten Einblick in das Innere gestattet. Selbst die Trennungswand zweier benach- barter Zellen hat ihre frühere stärkere Beschaffenheit verloren und stellt sich ebenfalls nur als eine dünne Membran dar, welche nur bei 293 stärkerer Vergrösserung sichtbar wird, so dass bei schwächerer der ganze Zellcomplex des Ringes wie eine einzige grosse, nach oben helmförmig gebogene Zelle aussieht. Die eigenthümlichste Formver- änderung erfährt die oberste Zelle, indem sie bei gleicher Basis von der Breite der vorhergehenden sich beträchtlich in die Länge streckt und sich gewissermassen mit keilförmig runder Spitze in die nächst- folgenden Zellpartieen des Deckelrandes einschiebt. Der letztere er- fährt nun durch die Form dieser grossen Ringzelle sowie ihre Lage eine bedeutende Veränderung in der Gestalt seiner Zellen. Dieselben erscheinen hier wieder mit stark verdiekten Wänden und legen sich der obersten Ringzelle entsprechend in starker Krümmung unmittel- bar an dieselbe an, bis etwa bei der 6. oder 7. Zelle wieder ein lang- gestrecktes, annähernd rechteckiges Lumen auftritt. Die Basis des uhrglasförmigen Operculums ruht also wie mit einem runden Falz auf den Zellen des Ringes. Eine für Funaria besonders charakteristische Erscheinung am Grunde des Ringes ist eine Anzahl brauner Zellen, welche sich von der Aussenwand der Kapsel bis zum Peristom quer hindurchzieht. Diese Zellen sind hier gerade besonders auffallend durch ihre stark verdiekten Wände, in welchen bei starker Vergrösserung zahlreiche Tüpfel bemerkbar werden. Die Zahl der Zellen varürt zwischen 6 und 9, ihre Form ist nahezu rechteckig oder unregelmässig hexagonal. Dieser meist stark verdickte Zellkomplex scheint bei den meisten Sporogonien der verschiedensten Gattungen aufzutreten, allerdings in sehr mannigfachen Formen. Diejenige der Funaria konnte ich bei keiner andern Moosgattung in annähernder Gestaltung wieder finden. Die „Verbindungszellen“, wie sie der Kürze halber bei allen übrigen Gattungen genannt werden sollen, scheinen hier die weiteste Aus- bildung erfahren zu haben. Sie sind aber durchaus keine beständige Erscheinung im Mechanismus des Ringes — es treten nicht selten Fälle auf, wo sie nur auf ein zartes Gewebe redueirt, oder ganz fehlen können. Der Raum zwischen den Ringzellen und dem Peristom gegen die Spitze der Kapsel hin, wird bei Funaria von einem sehr zarten, dünn- wandigen Gewebe ausgefüllt, welches später beim Aufspringen der Kapsel zur Reifezeit keinen nennenswerthen Widerstand bietet. Bei schwacher Vergrösserung des Längsschnittes scheint die Cuti- cula der geschlossenen Kapsel in einem ununterbrochenen Zusammen- hang zu stehen, während bei starker Vergrösserung eine Trennung zwischen den Zellen des Opereulums und denen der Urne deutlich 294 hervortritt. Man bemerkt dies als eine sehr feine Lichtlinie, welche die Fortsetzung der obersten Begrenzung der grossen Ringzelle nach aussen hin in schiefer Richtung quer durch die Kapseloberhaut zu sein scheint. Diese Linie sieht der Mittellamelle zweier benachbarter Zellen zuweilen sehr ähnlich, doch ist sie in der Regel stärker her- vortretend, und die 'Thatsache, dass an dieser Stelle (Fig. 1a) der Abbruch des Deckels von der Urne stattfindet, gibt den Beweis, dass die Cuticula hier von einer Zellsubstanz von anderer Beschaffenheit durchbrochen sein muss. Untersuchen wir die Ringzellen weiter auf ihre chemischen Ver- hältnisse, so zeigt uns die Reaction mit Chlorzinkjod, dass ihre Be- grenzungsmembran aus Cellulose besteht. Es erscheint sofort die be- kannte Färbung, welche sich übrigens auch auf die Verbindungszellen mit besonderer Intensität erstreckt. Unter geeigneten Umständen bemerkt man ferner, dass der herausgetretene Inhalt der Zellen gleich- falls blau gefärbt wird zum Beweise dafür, dass derselbe zum Theil aus einer der Cellulose chemisch verwandten Substanz besteht. Schon der bei Alkoholmaterial stark contrahirte Protoplasmakörper, der dann nur einen unverhältnissmässig geringen Theil des Zellraumes erfüllt, legt die Vermuthung nahe, dass ausser Plasma noch eine andere Sub- stauz den Zellinhalt ausmacht. Bestätigt wird dies durch die An- wendung von Anilinfarbstoffen, von welchen einzelne (Safranin, Fuchsin, Methylenblau) den Inhalt der Zelle sofort intensiv färben, mit einer Stärke, wie wir sie bei den umgebenden Zellen vergebens suchen. Die weiter angestellten Untersuchungen erweisen nun, dass ein grosser Theil des Zellraumes mit Schleim erfüllt ist, welcher das Innere der Membran mit einer durchsichtigen Schicht überkleidet. Ein Querschnitt durch die Kapsel in der Gegend des Ringes zeigt diese Verhältnisse noch weit deutlicher. Man erhält alsdann das Bild, welches Fig. 2 erläutert. Die Ringzellen erscheinen hier lang und schmal und in radialer Richtung angeordnet. Von ihrem Inhalt kann man zunächst nur den Plasmakörper wahrnehmen, der den nach dem Innern zu liegenden Zellkern umgibt und dann als ein dünner Faden die ganze Zelle in ihrer Länge durchzieht, und nur noch am andern Ende, gleichsam dem Anheftungspunkt, sich etwas reichlicher vorfindet. Eine genaue Untersuchung lehrt, dass die Ringzellen die Aussenwand der Kapsel jedesmal durchbrechen, so zwar, dass die Zelle sich noch etwa um den vierten Theil ihrer Länge als eine sehr feine Linie bis an die äussere Begrenzungslinie der Kapsel fort- setzt. Dass diese schmale Trennungslinie wirklich der Ringzelle an- ang 295 gehört, wird durch einen einfachen Versuch erwiesen. Bringt man zu dem Glycerin, in welchem die Schnitte beobachtet werden, etwas Wasser, so verändert sich die Gestalt des Ringes und seiner Zellen fast augenblicklich. Man bemerkt, wie die schmalen Zellen aufquellen, bis sie eine fast elliptische Gestalt angenommen haben. Die Cuticula der Kapsel erfährt hierdurch eine entgegengesetzte Krümmung, so dass grössere Stücke des Ringes sich zu einer Spirale zusammenrollen. Diesen Zustand zeigt Fig. 3 u. 5. Bei Fig. 5 wird ersichtlich, dass der oben angedeutete Fortsatz der Zelle durch die Cuticula gleich- falls an der Quellung theilgenommen hat und nunmehr als eine lang- gestreckte Spitze erscheint, welche die Oberhaut keilförmig durehbricht. Das zarte Gewebe, welches den Raum zwischen den Ringzellen und dem Peristom erfüllt, erweist sich als wenig widerstandsfähig. Es zerreisst mit Leichtigkeit und seine Reste sind zuweilen noch an der Spitze er verquollenen Ringzellen zu bemerken. Der Inhalt der Zellen hat scheinbar nur eine geringe Veränderung erfahren. Der Plasmakörper ist ebenfalls um ein Geringes gequollen und zum Theil in die Länge gezogen, so dass er hin und wieder sogar aus der Zelle selbst heraustritt (Fig. 5p). Um so mehr ist der übrige Inhalt der Zelle, der Schleim, einer Ausdehnung unterworfen und wir schen, dass er bein Befeuchten als eine sehr wirksame mechanische Kraft in der Zelle thätig ist. Die letztere wird hierdurch nicht allein be- deutend verbreitert, sondern erfährt auch eine mehr oder weniger ansehnliche Verkürzung in radialer Richtung, welch letztere sehr ver- änderlich und keineswegs eonstant zu sein scheint. Die Wirksamkeit der Quellung erfolgt besonders nach seitlicher Richtung hin. Zu diesen Resultat gelangte ich nach Messungen der Zellen vor und nach der Befeuchtung mit Wasser. Einige Beispiele mögen dies erläutern: Vor der Quellung. Nach der Quellung | Coötficient a) Breite b) Länge| a) Breite |b) Länge|| a) f b) 75-84 |575u [15-175 pl32,5 u | 2 | Yu 7,58 | 72,5 15-16 162,5 | 2 | 1, ! Pr 1,5—9 |50-52,5 [15-17 l4s—45,5 2 | I 15-9 |55 16—17,5 |50 2 1 15-9 1525-55 j15—17 44-465 | 2 1, 7,5--9 | 62,5 15—17,5 j50 2 1%, Man ersieht aus dieser Tabelle, dass der Verdickungscoefficient constant bleibt, so dass die Zelle nach der Verquellung die doppelte Breite erhält, als sie früher vor der Verquellung besessen. Die Ver- 296 kürzung der Zelle erscheint aber so variabel, dass dieses Resultat wohl kaum auf Messungsfehler zurückgeführt werden kann, wenn auch die Begrenzungslinien nach der Quellung zuweilen etwas unsicher und verwischt werden. Die Figuren 4 und 5 geben ein Bild von einer Anzahl Ringzellen vor und nach der geschilderten Behandlung mit Wasser: beide stellen dieselben Zellindividuen dar. Eine Verlängerung der Ringzellen in der Richtung der Längsachse der Kapsel konnte ich zwar bemerken, doch war dieselbe jedesmal eine so geringe, dass ihr wohl kaum ein nennenswerther Einfluss auf die Vorgänge beim Oeffnen der Kapsel zugeschrieben werden darf. Obgleich allerdings nicht bestritten werden kann, dass durch eine auch noch so geringfügige Verlängerung der Ringzellen der Deckel aus seinem Zusammenhang mit der Urne gelöst wird, so scheint doch der ganze Mechanismus der Ringzellen vornehmlich das zu erstreben, den ganzen Ring in Form einer Spirale oder Theile derselben von der Kapsel abzulösen und dadurch eine sichere und endgiltige Trennung zwischen Deckel und Urne herbeizuführen. Was das Functioniren des Mechanismus der Ringzellen anbelangt, so kann man dies nur von der völlig ausgereiften Kapsel erwarten. Nur hier hat der Schleiminhalt der Ringzellen die- jenige Beschaffenheit erlangt, welche ihn befähigt, bei Wasseraufnahme aufzuquellen. Kapseln, welche noch nicht diesen Reifegrad erreicht haben, zeigen diese Erscheinung nicht und Querschnitte durch solche Sporogonien, welche scheinbar völlig ausgereift und äusserlich von solchen kaum zu unterscheiden waren, zeigten bei Wasserzusatz keine Quellungsbewegungen. Dieser Umstand scheint darauf hinzudeuten, dass die Schleimsubstanz der Ringzellen erst unmittelbar vor der Reife die beschriebene Fähigkeit erlangt. Ausgereifte Kapseln der Funaria werden indessen nicht durch die Feuchtigkeit allein zum Oeffnen gebracht: und selbst eine wasser- dampfgesättigte Atmosphäre ist nicht im Stande, an der noch ge- schlossenen Kapsel die Ringzellen zu verändern. Eine Reihe von Ver- suchen, wobei ausgereifte Sporogonien von Funaria längere Zeit in der feuchten Kammer gelassen wurden, bestätigen dies. Selbst an Kapseln, welche tagelang in Wasser lagen, war auf diese Weise der Ring nicht zum Aufquellen zu bringen. Es müssen demnach noch andere Factoren beim Aufspringen thätig sein, wenigstens solche, welche diesen Process einleiten und dem Wasser resp, Wasserdampf den Eintritt in das Innere der Kapsel vorbereiten. Hierbei spielt nun die Trockenheit der Atmosphäre eine Hauptrolle. Sie ist es, welche durch Austrocknen der Kapsel ein Zusammenfallen derselben herbei- 297 führt. Da dies.nicht in gleichmässiger Weise, begünstigt durch die verschiedenartigen Gewebe der Ringpartie, erfolgen kann, so werden leicht kleine Risse und Oeffnungen entstehen, welche später der Feuchtig- keit ungehindert Eintritt gewähren, wonach dann in zweiter Linie erst durch Abrollen des Ringes ein Abfallen des Deckels erfolgt. Encalypta. Obwohl das Sporogonium dieser Gattung mit dem der vorigen in seinem Habitus nicht die geringste Aehnlichkeit aufweist, vielmehr einen Gegensatz in allen Theilen, wie er schroffer nicht gedacht werden kann, so zeigt dennoch das Ringsystem beider eine so überraschende Aehnlichkeit zu einander, dass ich es an dieser Stelle erwähnen muss. Die eigentlichen Ringzellen, in der Regel 2, sind in jeder Hinsicht so übereinstimmend mit Funaria, dass ich nichts hinzuzufügen brauche. Doch machen sich auch wesentliche Abweichungen in ihrer Umgebung bemerkbar. Zunächst ist der Rand des Öperculums in sehr auffallender Weise gebildet. Statt der einfach zusammengedrückten und gekrümmten Zellen sehen wir hier eine Lage von 5—6 übereinanderliegehden sehr kurzen und breiten Zellen, welehe in schiefer Richtung von der Cuticula aufwärts gegen das Innere der Kapsel ansteigen. Die unterste ist der oberen Ringzelle entsprechend gekrümmt. Sonst sind sie von gerade gestreckter, sehr regelmässiger Form. Ihre Trennungswände sind kaum verdickt, nur weist die Cuticula an dieser Stelle eine be- deutende Verdickung auf, unterbrochen von schwachen Einkerbungen an den Ansatzstellen der Zellwände. Die Verdiekung behält die Cutieula noch weit bis unter die Ringzellen bei. Dagegen erfährt sie in der Gegend der Begrenzungsmembran der oberen Ringzelle eine starke Einschnürung, so dass die hyaline Ringzelle in die Oberhaut der Kapsel mit keilförmiger Spitze eindringt. Ohne Schwierigkeit ist ferner an diesem Punkte die Abrissstelle genau zu erkennen. Der Inhalt der Ringzellen führt reichlich Schleim. Derselbe nimmt Farb- stoffe mit Leichtigkeit auf. Die erwähnten Zellen des Deckelrandes sind dagegen nicht schleimführend. Entgegengesetzt zu Funaria sehen wir hier keine Verbindungs- zellen, sondern nur ein dünnwandiges lockeres Gewebe. Dies muss um so auffallender erscheinen, als die Bedingungen beim Aufspringen der Kapsel infolge der Gleichheit ihrer Ringzellen auch ähnliche sein müssen. Wenn wir aber die Verbindungszellen der Funaria als ein Mittel ansehen, den Urnenrand in hervorragender Weise gegen ein Zusammenfallen beim Eintrocknen zu schützen, oder mit andern Worten: eine Spannungsdiffe- 298 renz an dieser Stelle herbeizuführen, so wird, wenn wir die bedeutende Verstärkung des Deckelrandes bei der Encalypta ins Auge fassen, ein Mangel von Verbindungszellen nicht nur nicht auffallend, sondern im Gegentheil, ein Vorhandensein würde die Spannungsdifferenz in der Kapselwand, wenn nicht ganz aufheben, so doch sehr vermindern. Einer von beiden Theilen muss grössere Festigkeit aufweisen, und das ist hier umgekehrt der Deckelrand mit einem System zahlreicher, breiter Zellwände in geeigneter Lagerung. Bryum (Fig. 6). Im Anschluss an die sehr entwickelten Ringzellen der Funaria können von den untersuchten Gattungen wohl zunächst die Kapseln der verschiedenen Arten von Bryum betrachtet werden, weil dieselben in ihrem Ringsystem eine wesentliche Uebereinstimmung mit dem der Funaria zeigen. Es genügt, von den zahlreichen Arten dieser Gattung nur eine zu besprechen, da die Vergleichung des vorhandenen Materials eine identische Uebereinstimmung im Bau der Kapsel aufwies. Ich wähle als besten Vertreter dieser Gattung Bryum pseudotriquetrum aus dem Grunde, weil es neben grosser Häufigkeit sehr grosse und wohlausgebildete Kapseln hervorbringt, welche den Einblick in die feinere Struktur des Ringes sehr erleichtern. Der Annulus, welcher hier ebenfalls einen ziemlich kleinen Deckel begrenzt, zeichnet sich durch die ansehnliche Grösse seiner Zellen aus. Bei schwächerer Vergrösserung zeigt sich auf dem medianen Längsschnitt der Ring als ein ziemlich regelmässiges elliptisches Organ, welches durch seine zarte, durchsichtige Zeilmembran lebhaft mit dem umgebenden stark eutieularisirten Gewebe der Kapselwand und des Peristoms contrastirt. Genauere Untersuchung lehrt, dass dieser ganze Complex von Ring- zellen aus einer Anzahl kleinerer Elemente zusammengesetzt ist. Gewöhnlich sind es 4 oder 5 Zellen, welche übereinanderliegend den ling zusammensetzen. Die oberste Zelle schiebt sich ganz ähnlich wie bei Funaria in die unteren Zellen des Deckelwand ein, wodurch diese zusammengedrückt werden und ihr Lumen der oberen Begren- zungslinie der Ringzelle folgt. Auch hier bemerkt man deutlich die Trennungsstelle zwischen Deckel und Ring, indem die Cuticula von einer feinen Linie durchbrochen wird. Etwas tiefer, unmittelbar unter der ersten Ringzelle, bemerkt man noch eine zweite Linie, welehe die Kapseloberhaut in derselben Weise durchschneidet. Durch diese Begrenzung wird der Ring als ein durchaus selbständiger Theil der Kapselwand abgegliedert. | 299 Die Zellen des Annulus selbst sind also nach aussen hin stark verdickt und weisen erst nach dem Innern hin eine zarte Begrenzungs- membran auf. Dies Stück der Kapselwand, welches dem Ringe an- gehört, schiebt gewissermaassen stark verdiekte Ausläufer, welche all- mählich an Stärke abnehmen und schliesslich zur dünnen Membran werden, in das Innere der Ringzelle keilförmig ein und zergliedert auf diese Weise den Ring in eine Anzahl Zellindividuen. Zwischen diesen Zellen und dem Peristom liegt ein ziemlich weitmaschiges Gewebe mit etwas stärkerer Membran, aber immer noch zart genug, um der Gewalt des aufspringenden Ringes keinen nennens- werthen Widerstand entgegenzusetzen. Das Peristom besteht wie das der meisten Laubmoose aus zwei Lagen, einerinneren und einer äusseren, die sich nicht allein durch ihre verschiedene Gestaltung, sondern auch durch ihre Farbe sehr charakteristisch von einander unterscheiden. Die äussere Lage ist wesentlich heller gefärbt, als die innere und weist auf ihrem Längsschnitt eine eigenthümliche, quer durch die Leiste gehende, regelmässig convergirende Streifung auf, die aus einer abwechselnden Substanzänderung des Peristomzahnes hervorzugehen scheint. Vielleicht sind es auch Canäle, welche hier die stark verdiekte Zellschicht durch- brechen. ° Diese Erscheinung ist sehr verbreitet und bei allen Kapseln zu finden, welche von dem normalen Bau nicht abweichen. Die Verbindungszellen erscheinen bei Bryum als unregelmässige diekwandige Zellen mit grossem Lumen und bringen das untere Ende des Peristoms in feste Verbindung mit der Kapselwand. Der Inhalt der Ringzellen besteht auch hier aus einem stark con- trahirten Plasma und dem an der Zellwand abgelagerten Schleim, der mit Chlorzinkjod gleiehfalls sofort blau gefärbt wird und Anilinfarb- stoffe mit grosser Begierde aufnimmt. Der Vorgang beim Aufspringen der Kapsel geht in derselben Weise von statten, wie bei Funaria, indem der Ring aus seinem Verbande durch Quellung der Zellen ab- gelöst wird. Eine Spannungsdifferenz des Gewebes, welche beim Ein- trocknen der Kapsel den Zusammenhang der Nähte löst, ist nicht allein in der sehr verschiedenen Stärke der Zellwände dieser Region gegeben, sondern es scheint auch von nicht unwesentlicher Bedeutung zu sein, dass der Ringabschnitt der Kapseloberhaut, welcher dem Annulus angehört, zwar gewöhnlich nicht stärker an Dicke als die übrige. Wand erscheint, dagegen durch seine tiefbraune Färbung eine grössere Härte und Festigkeit anzeigt. Eine grosse Uebereinstimmung mit dem Bau des Ringes bei Bryum finden wir bei jenem der Gattung 300 Mnium (Fig. 7 u. 8). Untersucht wurden folgende Species: M. hornum, punctatum, roseum und undulatum. Wenn auch unverkennbar ist, dass der Grundcharakter des Baues beim Annulus derselbe bleibt, so macht sich doch bei den einzelnen Arten ein mehr oder weniger hervor- tretender Unterschied bemerkbar, wie wir ihn bei den Arten von Bryum vergebens suchen würden. Zum Studium des Baues und der mechanischen Wirksamkeit der Ringzellen gibt Mnium ohne Zweifel äusserst günstige Objecte, da dieselben die grössten und die schönsten dieses Typus sind, welche mir bei meinen Untersuchungen begegneten. Vorausschicken muss ich indessen, dass es mir trotz verschiedener Bemühungen nicht gelingen wollte, an einem Ring von Mnium Quel- lungserscheinungen zu beobachten. Den vermuthlichen Grund der In- differenz der Zellen gegen Wasser werde ich später zur Besprechung bringen. Betrachten wir zunächst den Bau des Ringes bei Mnium hornum. Derselbe setzt sich auch hier aus mehreren Elementen zu- sammen; gewöhnlich sind es vier bis sechs Zellen, welche den eigent- lichen Ringtheil darstellen. Ihre Begrenzung gegen die übrigen Kapselwandzellen nach unten erscheint nicht so scharf, wie bei Bryum, bei einigen Individuen ist sogar die Begrenzung nach unten hin nicht ohne Weiteres festzustellen, indem die Zellen der Kapselwand an dieser Stelle häufig allmählich in diejenigen des Ringes übergehen. Die Begrenzung der einzelnen Annuluszellen ist dagegen schärfer her- vortretend als bei Bryum. Die Trennung erfolgt allerdings auch hier durch eine sehr dünne Membran, doch zeigen die einzelnen Zellen gegen das Innere hin eine Abrundung in der Weise, dass zwischen den einzelnen Individuen kleine Einschnitte bemerkbar werden, welche die zusammengesetzte Natur des Ringes selbst bei schwächerer Ver- grösserung unschwer erkennen lassen. Die Ausgangsstelle der einzelnen Zellen bildet ein Stück der Kapseloberhaut, welches stark ceutieularisirt durch tiefbraune Färbung auffällt. Von hier gehen die Zellen fächer- förmig aus, so dass der nach innen liegende Theil des ganzen Ring- systems wesentlich breiter erscheint als der äussere. Als Abrissstelle des Deckels von der Urne konnte ich eine Naht nach oben hin ohne Schwierigkeit nachweisen, während ich eine ent- gegengesetzte untere nicht aufzufinden vermochte, was vielleicht durch die starke Färbung der Cuticula hier zu erklären ist. — Die obere Begrenzung der Ringzellen gegen die Wandzellen des Opereulums ist immer deutlich zu erkennen und besonders bei älteren Individuen als die charakteristische Einschiebung in die Deckelwandzellen wahrzu- ne 301 nehmen. Ein Verbindungsgewebe zwischen Ringzellen und Peristom fehlt fast gänzlich, und nur sehr dünne Membranen vermitteln den Zusammenhang und bleiben nach dem Abreissen noch als feine, faden- förmige Fortsätze zu erkennen (Fig. 7 m). Um so stärker sind die Verbindungzellen entwickelt und können geradezu als der untere Theil des an dieser Stelle sehr modifieirten Peristoms aufgefasst werden. Es sind sehr diekwandige Zellen mit kleinem Lumen, welche sich unmittelbar an die unterste Ringzelle anschliessen, um sich in dem nahe herantretenden Peristom fortzu- setzen. Das unter diesen Zellen liegende Gewebe ist wiederum sehr dünnwandig, wodurch die Spannungsdifferenz bedeutend erhöht wird. Von einem zusammengesetzten Ringe, wie ihn Schimper (Bryol. europ.) bei dieser Gattung beschreibt, konnte ich nichts wahr- nehmen. Weder hinter einander stehende Zellen, also gewissermassen ein innerer und äusserer Ring ist zu erkennen, noch zwei Ring- systeme, die, der Beschreibung mehr angemessen, übereinander lägen, Ich vermuthe, dass Schimper als zweiten Ring denjenigen Theil der Kapselwandzellen auffasst, der in Fig. 7 mit e bezeichnet ist. Diese Zellen sind allerdings etwas abweichend gebaut von denjenigen der weiter unten liegenden und, wie ich schon oben bemerkte, ist eine Grenze gegen die eigentlichen Ringzellen vielfach nicht ohne Weiteres zu erkennen; doch treten die wirksamen Zellen des Ringes sofort hervor, wenn ihr Schleiminhalt gefärbt wird. Eine Veränderung der fraglichen unteren Zellen konnte ich nicht feststellen und als Ringzellen wären in diesem Falle nur diejenigen zu bezeichnen, deren Inhalt schleimführend ist. Zur Lösung der Frage, wie die Bildung des Schleimes in den betreffenden Zellen zu erklären ist, fand sich der erste Anhaltspunkt in den untersuchten Individuen von Mnium, Ich fand in jüngeren Stadien die Ringzellen reichlich, die Zellen der Kapselwand weniger mit Stärkekörnern angefüllt. Die Anhäufung derselben aber gerade in den Ringzellen wird desshalb sehr auffallend, weil sie schwerlich nur als Reservestoffe wie in den übrigen Zellen dienen konnten. Da nun selbst bei einem wohlausgebildeten Annulus in seinem Quersehnitt ein Aufgquellen seines Inhaltes beim Befeuchten nieht zu erreichen war, so lag die Vermuthung sehr nahe, dass ein Schleiminhalt noch nicht vorhanden und gegenwärtig durch Stärke ersetzt wäre. Die Kapseln selbst waren als noch nicht völlig ausgereift zu erkennen, da eine Färbung der Cuticula oder ein Härterwerden nicht deutlich her- vortrat und bei den meisten Objecten, welche zur Untersuchung vor- 302 lagen, wiederholte sich diese Erscheinung, dass die Ringzellen besonders reich an Stärkeinhalt waren, solange die Sporen noch nicht ausgereift waren, Bei völlig reifen Kapseln hingegen ist die Stärke entweder ganz verschwunden oder auf nur wenige Körner redueirt, An ihre Stelle ist quellbarer Schleim getreten, der sich mit Chlorzinkjod blau färbt. Man darf daher wohl mit Sicherheit annehmen, dass die Schleim- bildung auf Kosten der Stärke vor sich geht. Abweichend von der eben besprochenen Art erscheint der Ring von Mnium punctatum. Eine grosse Uebereinstimmung in seinem Bau mit voriger Species ist indessen nicht zu verkennen, wie überhaupt die Struktur des Annulus bei den verschiedenen Arten der Gattung Mnium nur wenig modifieirte Wiederholungen darstellt. Bei vorliegender Art (Fig. 8) scheint der Ring aus einer einzigen grossen ovalen Zelle zu bestehen, welche durch eine Querwand in 2 ungleiche Hälften zerlegt wird. Die obere Zelle ist in der Regel erheblich grösser als die untere und hochgewölbt. Eine Einbuchtung zwischen den Zellen gegen das Innere der Kapsel ist auch hier nicht zu übersehen und ist für den Ring dieser Gattung charakteristisch, Die Zellen der Kapsel- und Deekelwand, welche oben und unten an die Ringzellen anschliessen, sind ziemlich übereinstimmend gebaut und weisen eine stark verdiekte Zellwand von tiefer Braunfärbung auf. Diese Färbung ist selbst auf dem Theil der Cuticula, welche der Ringzelle angehört, scharf abgegrenzt. Sowohl nach oben wie unten erstreckt sich die Bräunung nur auf die nächste Umgebung der Ring- zelle und die Oberhaut erscheint bald wieder von hellerer Farbe und weniger fester Beschaffenheit. Die Verbindungszellen sind unregelmässig und wenig charakterisirt, das Peristom scheint unmittelbar aus den Randzellen der Urne her- vorzugehen. Das Gewebe zwischen der Kapselwand und dem Peristom ist von zarter Beschaffenheit. Der Inhalt der Ringzellen wird durch Anilinfarbstoffe stark bis zur Undurchsichtigkeit tingirt. Auch hier beschränkt sich die Färbung lediglich auf die beiden Ringzellen; die benachbarten werden nicht davon beeinflusst, ebenso wie bei voriger Art, wo die Gestaltungsverhältnisse nicht so klar hervortraten, wie hier. Ceratodon (Fig. 9). Die bisher beschriebenen Gattungen wiesen in der Form und Ausbildung ihres Ringes eine unverkennbare Uebereinstimmung auf. In der Gattung Üeratodon begegnen wir einem neuem Typus der Ringzellen, der nicht minder charakteristisch für eine Anzahl von 303 - Gattungen zu sein scheint. Ich kann dies nur von den Gattungen eratodon und Distichium aussprechen, doch zweifle ich nicht, dass sich diese Form noch bei andern Vertretern dieser Familie finden wird. Im Vergleich mit den übrigen Formen des Ringes, wie sie noch zur Besprechung gelangen sollen, weist er eine grosse Achn- lichkeit mit den vorigen immerlin auf, wenn auch im Einzelnen wesentliche Abweichungen zu verzeichnen sind. Auffallend an dem Ring von Ceratodon ist seine zur Kapsel unverhältnissmässige Grösse, wodurch die mechanische Wirksamkeit der Zellen eine hervorragende Steigerung erfahren muss. Auf dem Längsschnitt erscheint der Ring von fast rhombischer Form. Er wird durch sehr dünne Membranen in 2—3 einzelne Zellelemente zerlegt. Diese Scheidewände gehen von der Ecke aus, welche in die Outieula deutlich eingeschoben erscheint. Wir sehen nämlich, wie die stark verdickte, fast hornige Oberhaut der Kapsel von der durchsichtigen Ringzelle durchbrochen wird, wodurch diese fast bis an die äusserste Oberfläche hin vorrückt. Auf diese Weise entsteht eine Trennungs- stelle zwischen Urne und Deckel, dieselbe, welche sonst durch eine Naht angedeutet wird und die spätere Ablösung beider Theile ver- mittelt (Fig. 9a). Der obere Theil des Ringes schiebt die Zellen des Deckelrandes stark zur Seite, so dass ihre Wände radial von der Spitze der Annulus-Zelle gegen die Uuticula verlaufen und auf diese Weise ein System gebogener, dreieckiger Zellen mit kleinem Lumen entstehen. Die Verbindungszellen sind nur durch ein zartes Gewebe ange- deutet. Ihre Zeilwände sind ziemlich regelmässig angeordnet, so dass dieselben radial von einem Punkte unterhalb der Ringzellen auszugehen und die einzelnen Vorsprünge des Peristomzahnes danit zu verbinden scheinen. Das Gewebe zwischen Annulus und Peristom ist gleichfalls sehr zart und leicht. zerreissbar. Die Zellen des Ringes sind mit Schleim erfüllt, was nicht nur durch den stark contrahirten Plasmakörper, sondern zumal durch die Färbung hervortritt. Fuchsin oder Methylenblau färbt den Inhalt mit grösster Intensität, was selbst dann hervortritt, wenn das umliegende Gewebe noch keine Spur von Farbstoff aufgenommen hat. — Die auffallende Grösse der Ringzellen lässt sich vielleicht aus der harten, fast hornigen Beschaffenheit der Kapselwand erklären, wodurch der Widerstand, den die Epidermis dem Aufspringen entgegensetzt, durch Verstärkung des Ringes überwunden wird. Es ist mir aufgefallen, dass bei denjenigen Laubmoosen, welche trockene Standorte bevorzugen 304 und deren Kapselwand stark verdickt war, die Ringzellen als schleim- führende Organe eine bedeutende Ausbildung erfahren, während im Allgemeinen bei Moosen auf feuchten Standorten das Gegentheil der Fall zu sein pflegt. Doch möchte ich dies als eine nur im Grossen und Ganzen zutreffende Erscheinung bezeichnen, da die schatten- und wasserliebende Gattung Mnium hiervon wiederum abweicht. Distichium (Fig. 10). Diese, dem Ceratodon systematisch schr nahe stehende Gat- tung zeigt auch hinsichtlich des Kapselbaues und vor allem in ihrer Ringbildung mit jenem eine weitgehende Debereinstimmung. Auf dem Längsschnitt geschen (Fig. 10) zeigt der ganze Ring in grossen Umrissen eine bedeutende Achnlichkeit mit voriger Gattung. In seinem feinern Bau machen sich indessen einige Abweichungen geltend. Das Ringsystem setzt sich hier aus 2 grossen Zellen zusammen, denen sich nach oben und unten 2 resp, 3 kleinere schleimführende Zellen anschliessen. Alle diese Ringzellen sind durch ziemlich starke Wände von einander getrennt, nur die drei grössten weisen eine dünnere Trennungsmembran auf, welehe ausserdem durch ihre hellere Färbung eine zartere Beschaffenheit gegenüber den stark gebräunten und verdickten Wänden der benachbarten Zellen andeutet. Das Material, welches mir zur Verfügung stand, hatte leider noch nicht den Reife- zustand erreicht, welcher erforderlich ist, um einen Schleiminhalt der Zellen mittelst Färbung mit Sicherheit festzustellen. Ich glaube aber, dass nur die drei grössten Zellen als die eigentlichen Ringzellen auf- zufassen und durch Schleimbildung bei der späteren Ablösung wirksam sind. Die stark hervortretende Mittellamelle, welche auf der Oberhaut der Kapselwand als hellere oder auch dunklere Linie an verschiedenen Stellen sichtbar wird, ist mir hier besonders aufgefallen und erschwerte sehr die Entscheidung, wo die Trennungsstelle zwischen Deckel und Urne zu suchen sei. Wahrscheinlich sind 2 derartige Nähte vorhanden und die Thatsache, dass von der obersten angedeuteten Linie, welche mit a bezeichnet ist, die Cutieula plötzlich an Dieke abnimmt, lässt es vermuthen, dass hier eine Trennungsstelle vorhanden ist. Die Verbindungszellen fehlen auch hier und sind lediglich durch die Maschen eines sehr zarten Gewebes ersetzt. Es unterscheidet sich von jenem, welches den Raum zwischeu Ring und Peristom ausfüllt, nur durch die grösseren, mehr abgerundeten Zellen. Die Beschaffenheit dagegen scheint dieselbe zu sein, ET 305 In Folgendem soll eine Gruppe von pleurocarpen Moosen betrachtet werden, welehe verwandtschaftlich in sehr naher Beziehung zu einander stehen und demgemäss schon in ihrem Kapselbau eine grosse Ueber- einstimmung aufweisen. Es ist dies eine Anzahl Vertreter aus der Familie der Ilypneen, welche hinsichtlich ihres Ringbaues immerhin einige Aehnlichkeit mit den vorigen Gattungen aufweisen, ohne jedoch viel weiter zu gehen, als in dem Vorhandensein einiger schleimführender, wohlcharakterisirter Zellen von ansehnlicher Grösse und übereinstim- mender Gestalt. Ihr Bau im Vergleich mit den eben besprochenen Typen ist indessen sehr abweichend und infolge seiner Einförmigkeit geeignet, eine weitere, ziemlich scharf begrenzte Gruppe zu bilden, deren einzelne Vertreter beim Aufspringen der Kapsel infolge dessen auch gleichen Bedingungen unterworfen sind. Was das Oeffnen der Kapseln anbelangt, so konnte es mir nicht gelingen, ähnliche Quellungserscheinungen auf dem Querschnitt durch den Ring zu beobachten, wie beispielsweise bei Funaria, Der Grund mag in vielen Fällen wohl darin zu suchen sein, dass das untersuchte Material noch nicht ausgereift war, wobei der Schleim noch nicht quellungsfühig ist und, wie es auch hier häufig zu beobachten war, reich- liche Stärkeablagerungen seine Stelle einnehmen. Indessen berechtigen die an ganz ausgereiften Exemplaren vorgenommenen Untersuchungen zu der Annahme, dass der Schleim hier überhaupt nicht so reichlich auftritt und seine Function darauf beschränkt, die Ringzellen gegen das Austrocknen widerstandsfähiger zu machen und durch Festigung des Urnenrandes die Gewebespannung zu erhöhen. Dass der Endzweck dabei in vollkommener Weise erreicht wird, beweist schon die grosse Leichtigkeit, mit welcher die Ablösung des Deckels von der Urne vor sich geht, eine Erscheinung, welche mir häufig reeht unerwünscht war, als eingesammeltes Material von reifen Kapseln schon nach wenigen Stunden beim Transport sämmtliche Deckel abgeworfen hatte. Mit Vorliebe geschah dies bei Hypnum, weniger häufig bei Rhynchostegium, Brachytheeium und Amblystegium. Den einfachsten Bau im Ringsystem in dieser Gruppe und zugleich bei allen Arten mit unwesentlichen Abweichungen zeigen die zahl- reichen Vertreter der Gattung Hypnum (Fig. 11). Trotz seiner verhältnissmässigen Kleinheit ist der Ring besonders bei jungen Kapseln mit blossem Auge ziemlich leicht zu erkennen, da sich seine Lage durch eine Zone hellerer Cutieula verräth. ar pflegt Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. - 306 - in der Regel etwas tiefer um die Kapsel zu liegen, als es bei den besprochenen Formen der Fall war und auf diese Weise einen grösseren, meist spitz kegelförmigen Deckel abzutrennen. Auf dem Längsschnitt erkennt man sogleich, dass er aus 3—4 übereinanderliegenden gleichförmigen Zellen zusammengesetzt ist, welche sich in ihrer äusseren Form nur wenig von den anschliessenden übrigen Zellen der Oberhaut unterscheiden und nur durch ihre Grösse und weitaus zartere Umhüllungsmembran, bei jüngeren Individuen auch wohl durch reichliche Stärkeablagerungen als Ringzellen sofort zu erkennen sind. Es genügt, aus der grossen Fülle der Arten von Hypnum nur eine näher ins Auge zu fassen, um ein Bild von dem Ring und seiner Wirksamkeit in der ganzen Gattung zu erhalten. Untersucht wurden die Arten: TI. cupressiforme, tamariseinum, Oristagalli und Schreberi. Ueberall wurde ein sehr übereinstimmender Bau eonstatirt. In Folgendem sol H. eupressiforme, das überall fructifieirend leieht zu finden ist, als Repräsentant dieser Gattung dienen. Auf dem Längsschnitt be- merkt man, wie die Zellen der Kapselwand gegen den Ring hin nach und nach an Ausdehnung abnehmen und von oben und unten als schmale Zellen an 3—4 erheblich breitere Ringzellen anschliessen. Die Cutiecula ist ziemlich stark mit Ausnahme in der Ringgegend, wo sie eine wesentliche Verdünnung erfährt. — Die Ringzellen selbst sind gerade gestreckt oder nur schwach gekrümmt, aus einer an- nähernd rechteckigen Gestalt etwas abgerundet. Ihre Umhüllung bildet eine dünne, durchsichtige Membran, welche nur gegen die Aussen- oberfläche der Kapsel hin und wieder eine kleine Verdickung erfährt. In sehr häufigen Fällen, und zwar bei derselben Kapsel, treten in den Ringzellen Querwände auf, welche parallel oder etwas geneigt zur Kapselwand verlaufen, eine Erscheinung, welche diesen Ringzellen im Allgemeinen etwas Unregelmässiges, wenig Constantes verleiht. Uebrigens treten diese Querwände auch ebenso häufig in den angrenzenden Kapsel- wandzellen auf, wodurch diese den Ringzellen oftmals sehr ähnlich werden. Die Verbindungszellen sind sehr einförmig gebaut, von quadra- tischer oder rechteckiger Form und von stark verdickter, braun ge- fürbter Membran. Sie gehen in das Peristom über und schliessen sieh an einen Fortsatz desselben nach unten zu an, der meist nur (lurch die doppelte Schiehtung von verschiedener Färbung seine Zu- gehörigkeit zum Peristom verräth. Bei den Ilypneen besonders tritt die eigenthümliche eonvergente Streifung auf der äussern Schicht des Peristomzahnes mit grosser Deutlichkeit hervor, wie überhaupt die . 307 Peristomzähne gerade bei dieser Gruppe der Laubmoose eine hervor- ragende Ausbildung aufzuweisen haben. Das Gewebe zwischen Peri- stom und Annulus ist aus regelmässigen rechteckigen Zellen mit zarter Membran zusammengesetzt. Was den Inhalt der Ringzellen anbelangt, so habe ich schon hervorgehoben, dass er bei unreifen Kapseln sehr häufig Stärke auf- weist, analog den bereits besprochenen Gattungen. Dieselbe tritt in reiferen Sporogonien zurück und an ihre Stelle Schleim, der durch Farbstoffe leicht zu erkennen ist. Auffallend erschien mir nur, dass der Schleim bei weitem nicht so intensiv gefärbt wird, als bei den früheren Gattungen, wohl ein Beweis dafür, dass die Schleimbildung nicht so ausgiebig erfolgt. Im Einklang damit steht die Unfähigkeit der Ringzelle leicht aufzuquellen und den ganzen Annulus aus dem Verband mit der Kapsel abzulösen. Mir gelang es daher niemals, bedeutende Quellungserscheinungen zu beobachten, In den meisten Fällen, wo ich reife Kapseln nach dem Anfspringen zu untersuchen Gelegenheit hatte, war von grösseren Resten des Ringes nur schwer etwas zu entdecken und es zeigte sich, dass derselbe entweder in kleinen Stückehen abgefällen oder überhaupt mit der Kapsel in Verbindung geblieben war. Die Ursache des Oeffnens dieser Kapseln scheint mithin ebenso sehr in einer Differenz der Gewebespannung zu suchen zu sein, als in einer Ablösung des Ringes durch Aufquellen. Wahr- scheinlich spielt bei diesem Vorgange die starke Verdünnung der Kapseloberhaut über dem Ring eine wesentliche Rolle. Ausserdem ist sie hier heller gefärbt als ihre Umgebung, und desshalb von anderer Beschaffenheit, was um so auffallender ist, als hei Moosen mit stark entwickeltem Ring bei reichlichem und wirksamem Schleim- inhalt in allen Stücken das Gegentheil der Fall zu sein pflegt. Fs scheint darum sehr wohl aunehmbar, dass die Trockenheit der Luft hinreicht, an dieser Stelle der Kapselwand eine ziemlich vollkommene "Trennung durch ein Zusammenfallen zu Stande zu bringen, wobei dann eine spätere geringe Quellung der Ringzellen ausreicht, das gänzliche Ab- reissen des Deckels zu ermöglichen. Die Arten der Gattung Hypnum sind im Allgemeinen Bewohner feuchter schattiger Oertlichkeiten, oder es ist wenigstens hier die grösste Aussicht vorhanden, fructifieirende Exemplare anzutreffen. Weit weniger bevorzugen sie trockene Standorte und es standen mir keine derartigen Species zu Gebote, um der Frage näher zu treten, ob in der That die Ringzellen bei Moosen der trockenen Standorte und ohne Schutzvorrichtung gegen das Austrocknen eine entsprechende 308 Verstärkung und Wirksamkeit ihres Schleiminhaltes erfahren. Von den untersuchten Arten wenigstens konnte ich, wenn sie sich auf trocknen Plätzen vorfanden, bestimmt keine Fructification erwarten. IIerbarienmaterial eignete sich für die vorliegendeu Untersuchungen gar nicht, da bei einigermassen reifen Kapseln fast regelmässig die Deckel abgesprungen waren. Die Annahme, das der Ring bei Moosen feuchter Standorte in Ausbildung und mechanischer Wirksamkeit ein geringes Maass von Vollkommenheit zu erreichen pflegt, ist bei den wenigen hier unter- suchten Gattungen aber zutreffend. Untersuchen wir die Ringver- hältnisse bei den nahen Verwandten von Hypnum, deren Vorliebe für die Feuchtigkeit der Athmosphäre nicht in diesem Maasse ausgesprochen erscheint, so müssen wir einräumen, dass die Entwickelung des Ringes und seine Differenzirung zu einem bedeutend höheren Grade von Vollkommenheit gediehen ist. Wir können das am schönsten bei Brachytheeium und Rhynchostegium bemerken, die beide einen Ring aufweisen, welcher von Hypnum bereits sehr abweicht. Indessen sind auch in andern Gattungen Uebergangsformen zu beobachten und von diesen soll die Gattung Amblystegium zunächst hervorgehoben werden, da diese sich in dem Bau der Ringzellen sehr nahe an Hypnum anschliesst. Ambiystegium (Fig. 12). Es wurden zwei Arten dieser Gattung untersucht: A. serpens und murale. Beide wiesen den gleichen Bau des Ringes auf, so dass es genügt, A. murale für sich allein zu betrachten. In ihrer äussern Gestalt ist die Kapsel von Ambl. murale kaum von Hypnum ab- weichend und ihre feineren anatomischen Verhältnisse entfernen sich auch nicht wesentlich von dieser Gattung. Der Ring ist auf dem Längs- schnitt von den übrigen Kapselwandzellen sofort und deutlicher zu erkennen, als bei ILypnum. Derselbe setzt sich zusammen aus zwei, seltener drei übereinanderliegenden Zellen von annähernd dreieckiger Form mit ihren Spitzen gegen die Aussenwand der Kapsel liegend. Die Itingzellen sind von einer stark verdickten Wand ringsherum von den Nachbarzellen deutlich abgetrennt und diese braungefürbte Schicht lässt sich sehr leicht auf der im übrigen etwas helleren Kapselwand verfolgen, so dass eine ziemlich regelmässige hyperholische Linie die allgemeine Abgrenzung der Ringzellen angibt. Die Trennungsmembran der einzelzen Zellen hingegen ist dünn, nur gegen aussen hin etwas verdickt und von zarter Beschaffenheit. Quertheilungen der Ring- 309 zellen sind ziemlich häufig zu verzeichnen. Diese Querwand, welche nahezu senkrecht auf den andern Wänden steht, ist in der Regel stärker verdickt, als die letzteren; auch kommt es vor, dass durch solehe Zwischenwände ganz unregelmässige Stücke von der Ringzelle abgeschnitten werden und diese dann wieder eine Theilung erfahren. Die an den Annulus anstossenden Zellen der Kapsel- und Deekelwand fügen sich erst den Formen des Ringes an, verlaufen aber bald wieder in regelmässiger Ordnung und rechteckiger Gestalt. Die Verbindungszellen sind nicht gut charakterisirt und erscheinen meist sehr unregelmässig und zartwandig und sind häufig gar nicht zu erkennen, wobei die zahnförmigen Fortsätze am unteren Theil des Peristoms in direeter Verbindung mit den Zellen der Kapselwand stehen. Das Peristom selbst ist durch ein feines, kleinzelliges Gewebe mit der Kapselwand und den Ringzellen verbunden. Der Inhalt der Ringzellen lässt sich neben dem stark contrahirten Protoplasma als Schleim durch geeignete Färbung leicht nachweisen. Vebrigens ist in 1—2 Zellen der Kapselwand, welche den Ringzellen benachbart sind, ebenfalls eine geringe Schleimbildung zu erkennen. Eine Abrissstelle des Deckels von der Urne ist leicht ersichtlich und in Fig. 12 mit a bezeichnet. Ob eine entsprechende untere Trennungs- stelle vorhanden ist, konnte ich nicht mit Sieherheit feststellen. Die Ablösung des Deckels von der Urne vollzieht sich mit grösster Leichtig- keit. Das Material, welches ich bearbeitete, war noch nicht völlig reif und schon bei Kapseln, welche eben erst ausgebildete Sporen enthielten, trat nicht selten der Fall ein, dass bei der Einbettung in Paraffin die Deckel sämmtlich abfielen, ein Uebelstand, der sonst nur in gleiehem Maasse bei Ilypnum eintrat, sonst dagegen nur äusserst selten zu verzeichnen war. Dies gibt einen Beweis dafür, wie locker der Zusammenhang des Deckels mit der Urne bei genannten Gat- tungen ist. Brachythecium (Fig. 13). Diese Gattung zeichnet sich vor Hypnum und Amblystegium schon durch ihre mit sehr harter Wandung versehene, tiefbraune Kapseln aus. Dieser Umstand erregt schon die Vermuthung, dass hier der Ring einen höhern Grad von Ausbildung erlangt haben muss, um den Widerstand einer stark verdickten Cuticula zu überwinden. Wir finden in der That auch, dass die Ringzellen wesentlich mehr differenzirt er- scheinen, als bei voriger Gattung, dass ferner uoch andere Eigenthüm- lichkeiten dieser Zellen hinzutreten, die sie von den vorigen abweichend gestalten und dem Ringe ein für diese Gattung charakteristisches 310 Gepräge verleihen. Der Längsschnitt zeigt den Ringzellencomplex von ziemlich regelmässiger, elliptischer Gestalt, je zwei zusammen in eine gemeinschaftliche Umhüllung eingeschlossen. Letztere wird ge- bildet von einer stark verdickten Zellschicht, welche sowohl gegen das Innere der Kapsel, wie nach aussen hin die Ringzellen umgibt und sie vollkommen von den übrigen Zellen der Kapselwand ab- scheidet. Die Trennung ist eine so vollkommene, dass selbst der Theil der Umhüllung, welcher der Cuticula angehört, meist bis auf das Doppelte der letzteren verdickt ist, ausserdem von der Aussen- wand durch zwei convergirende Trennungslinien scharf gesondert ist und in der Regel durch eine helle Farbe von ihr absticht. Das ganze Ringsystem erhält dadurch den Anschein, als sei es in die Wandzellen eingefügt und nur in lockerem Zusammenhang damit stehend. Diese starke Verdickung aller Zellwände des Ringes er- streckt sich auch auf die Trennungsschicht der beiden Ringzellen. Dieselbe erreicht auch hier oftmals die doppelte Dicke der Zellwände, welche die Kapselwand aufbauen. Diese Umstände sind deshalb so auffallend, weil wir gewohnt sind, in den Ringzellen meist ein sehr zartwandiges Organ zu sehen, dessen Membran befähigt ist, die Feuchtig- keit zur Aufquellung möglichst leicht hindurch zu lassen und hier er- blicken wir den Schleim von Zellschichten umlagert, welche diese Möglichkeit sehr zu erschweren scheinen. Den Vorgang des Aufspringens eines solches Ringes konnte ich nicht verfolgen, selbst bei reifen Kapseln nicht, wo der sonst reiche Stärkeinhalt auf ein Minimum redueirt war. Ein gleiches ist aber auch von anders gebauten Ringzellen zu verzeichnen gewesen, wo der Schleiminhalt trotz verschiedener Hilfsmittel nicht soweit zum Quellen zu bringen war, dass er eine Gestaltsveränderung des Ringes herbeigeführt hätte. Dass der Inhalt der Ringzellen von Brachythecium theilweise ebenso aus Schleim besteht, ist unzweifelhaft, denn die Zellen sind sehr wohl befähigt, Anilinfarbstoffe aufzunehmen. Die augenscheinlich sehr widerstandsfähige Umhüllungsschicht der Ringzellen findet eine befriedigende Deutung am besten wohl in dem bereits erörterten Prineip der Differenz in der G«ewebespannung in der Kapselwand beim Eintrocknen. In vorliegendem Falle hätten wir nun das gegentheilige Verhältniss zwischen der Stärke der Ring- zellenwand und der Kapselwand zu verzeichnen, eine Erscheinung, welche au dem Effeet nichts ändern kann. Die sich an den Ring anschliessenden Kapselwandzellen erscheinen sehr schmal und lang, von gekrümmter Gestalt und zusammengedrängt. 3li Die Verbindungszellen sind wenig charakterisirt; sie sind gross, unregelmässig von Gestalt und von ziemlich dünner Membran um- schlossen. Nur diejenigen Wände, an welche das Peristom anschliesst, sind stark verdickt und von derselben Farbe wie letzteres, welches hier tiefbraun erscheint, sie bilden eine Leiste, welche mit den zahn- fürmigen Fortsätzen des Peristoms verwachsen ist. Das Peristom selbst ist durch die sehr verschiedene Farbe seiner beiden Schichten höchst auffallend. Die äussere und innere Schicht des einzelnen Zahnes ist gewöhnlieh von durchaus verschiedener Farbe; dieselbe bedingt wahrscheinlich auch eine verschiedene Beschaffenheit der Gewebesubstanz. Die innere gezähnte Leiste zeigt eine nur schwach gelbliche Farbe, während die äussere eine tiefbraune, fast schwarze Färbung aufweist und ausserdem das für sie charakteristische Liniensystem in ausgeprägtem Maasse besitzt. Diese Umstände scheinen darauf hinzudeuten, dass die Peristomzähne dieser Gattung sehr empfindlich sind gegen die Feuchtigkeitsveränderungen der Atmosphäre. Weiter drängt sich die Vermuthung auf, dass ein so hoch organisirtes Peristom nicht bloss dem einzigen Zwecke dient, die Kapselmündung nach abgeworfenem Deckel je nach der Feuchtigkeit der Luft zu öffnen oder zu verschliessen, sondern dass auch dem Kranz der Peristom- zähne bei den Laubmoosen in vielen Fällen überhaupt die weitere Aufgabe zufällt, bei noch geschlossener Kapsel ein Abheben des Deckels zu befördern und die Wirkung der Gewebedifferenz in der Ringgegend und den Annulus selbst in seinem Endzweck zu unter- stützen. In vorliegendem Falle lässt der etwas abweichende Bau der Ringzellen und das hochentwickelte Peristom eine derartige Vermuthung berechtigt erscheinen. Vielleicht liegt zwischen der Ausbildung des Annulus und dem Peristom eine Art Wechselwirkung vor, welche sich vorläufig noch einer genaueren Einsicht entzieht, möglicherweise aber auf eine bestimmte Gesetzmässigkeit zurückzuführen wäre. Der eben beschriebenen Gattung ausserordentlich ähnlich ist das nahe verwandte Rhynchostegium (Fig. 14). Frwähnenswerte Abweichungen im Bau der Ringzellen unter den einzelnen Arten dieser Gattung sind nicht zu verzeichnen. Auf dem Längsschnitt von Rh. longirostre, welchen Fig. 14 darstellt, fällt sofort die grosse Achnlichkeit mit Brachytheeium auf. Auch hier erscheint der Ring scharf abgegrenzt und von der Cuticula der Kapsel durch feine Trennungslinien geschieden. Die Zellwände sind zwar auch 312 hier noch ziemlich stark verdickt, doch wirkt dies hier bei weitem nicht mehr so überraschend, wie überhaupt die ganze Gestalt des Ringes dem Typus der Bryaceen ein wenig gleicht. Auch hier ist die grössere obere Zelle hochgewölbt und übertrifft auch an Breite die untere. Beide Zellen werden durch eine ziemlich stark verdickte Membran von einander getrennt, an welche sich auf die Oberhaut der Kapsel, d. h. auf den stärkeren Theil derselben, welche dem Ringe angehört, die Mittellamelle mit grosser Deutlichkeit fortsetzt und leicht zu der Täuschung Anlass geben kann, als befände sich hier die Abrissstelle zwischen Deckel und Urne. In Wirklichkeit sind aber zwei andere Linien vorhanden, welche diesem Zwecke dienen. Die Verbindungszellen sind stärker ausgebildet als bei voriger Gattung und nehmen besonders gegen das Peristom hin bedeutend an Dicke der Wandung zu. Ihre Gestalt ist meistens rhombisch. Das Peristom ist auch hier sehr stark entwickelt und aus schr festen widerstandsfähigen Zellschichten gebildet. Es besteht aus zwei Lagen von sehr verschiedener Beschaffenheit, die Aecussere ist hellbraun und vielleicht von weicherer Substanz, während die innere durch ihre tiefdunkle Färbung eine grössere Festigkeit zu verrathen scheint. Das Gewebe zwischen Peristom und Kapselwand ist, wie in allen Fällen, äusserst dünnwandig und mit der Reife der Kapsel allmählich ver- schwindend. Was den Inhalt der Ringzellen anbelangt, so ist an dem stark contrahirten Plasma die Gegenwart von Schleim zu ver- muthen. Dies wird auch durch Anwendung von Anilinfarbstoffen bestätigt, in der Regel aber nicht in dem Maasse, wie man wohl er- warten könnte, denn die Färbung fällt in den meisten Fällen etwas schwach aus. Bei jüngeren Kapseln ist das Vorhandensein von Stärke in den Ringzellen festzustellen ; diese findet sich dann auch in den übrigen Zellen der Kapselwand, wenn auch bei weitem nicht so reichlich. Ein Aufspringen der Kapsel trifft ziemlich leicht ein, der Ring bleibt vielfach noch an der Urne haften oder fällt stückweise ab. Ein Abrollen als zusammenhängende Spirale konnte ich aber in keinem Falle beobachten. Bisher haben wir nur Ringsysteme kennen gelernt, an welchen meist zwei, auch 3—4 Zellen durch die eigenthümliche Gestalt ihre Bestimmung sofort verriethen. In den meisten Fällen nehmen wohl die anstossenden Zellen der Kapselwand an dieser Gestaltsveränderung theil, niemals dagegen so viel, dass ihre Form eine Zugehörigkeit zu den eigentlichen Ringzellen vortäuschen konnte. Es gibt indessen eine ganze Reihe von Moosen, bei welchen der Ring sich nicht auf 813 den ersten Blick zu erkennen gibt, sondern durch eine Reihe von Zellen nach oben und unten begleitet wird, so dass er aus diesem Complex vielfach kaum und nur bei Anwendung geeigneter Färbe- mittel leichter herauszufinden ist. Bei völlig ausgereiften Kapseln, wo die Verhärtung der Zellwände ihren Höhepunkt erreicht hat, sind die Ringzellen noch am leichtesten zu erkennen. Bedeutend schwieriger wird dies schon bei solchen Kapseln, die diesen Grad noch nicht erreicht haben, obwohl die Sporen schon vollkommen ausgebildet sind. In solchen Individuen sind die Ringzellen aus einer Anzahl ganz ähnlich gebauter Kapsel- wandzellen häufig gar nicht zu erkennen. Ein sehr charakteristischer Vertreter dieses Ringtypus ist das überall häufig vorkommende und reichlich fructifieirende Dieranum (Fig. 15). Diese Gattung bietet vermöge der Grösse ihrer Kapseln und Ringzellen ein sehr geeignetes Untersuchungsobjeet, und die Ver- hältnisse liegen hier auch sehr klar vor Augen, was man von den andern Verfretern dieses Ringtypus, meist sehr kleinen Kapseln, nicht gerade hervorheben kann. Ueber den Grund, warum bei Dieranum der Ring schon mit blossem Auge als ungewöhnlich breit erscheint, erhalten wir Aufschluss bei der Untersuchung eines Längssehnittes der Kapsel. Hier fällt zunächst auf, dass die Kapselwandzellen in der Ringgegend breiter und viel kürzer werden und schr zahlreich, gewöhnlich 10—12 zu- sammengedrängt sind. Alsdann nehmen sie wieder an Breite ab, ihre Länge nimmt zu und sie erhalten wieder ihre normale Gestalt. In der Ringgegend sind die Zellen sehr regelmässig gestaltet und selbst der eigentliche Annulus ist wenig abweichend von den benach- barten Zellen gebaut. Die Zeichnung, welche Lantzius-Beninga von diesem Sehnitt durch den Ring gibt, ist sehr ungenau; ganz so einfach, wie die Figur das wiedergeben soll, ist die Anlage des Ringes doch nicht. Auf den ersten Anblick hat es allerdings den Anschein, als ob die Kapselwand an dieser Stelle von einer grossen Anzahl sehr schmaler Fächer gebildet würde, welche untereinander gar keine Differenzirung aufweisen. Genauere Beobachtung lehrt aber das Ge- biet der Ringzellen auf einen beschränkten Raum zu reduciren. Die- selben sind sogleich kenntlich durch ihre bedeutend dünnere Zell- membran und durch ihre gegenseitige Anordnung, wodurch das ganze Ringzellensystem eine etwas ovale Gestalt erhält. 314 Charakteristisch für diese Gattung ist die häufige Theilung, welche die Ringzellen gegen das Peristom hin erfahren. Auf diese Weise werden von den betreffenden Zellen durch Längswände eine grössere Anzahl kleinerer Zellen ziemlich regellos abgeschnitten, so dass das ganze Gebiet des Ringes in einen Complex von drei bis vier grösseren gegen die Oberfläche der Kapsel liegenden und vier bis sechs oder auch weniger kleinen, gegen das Peristom hin liegende Zellen zer- fällt. Die grösseren Zellen werden durch Wände von einander ge- schieden, welche von der Oberhaut der Kapsel ausgehen, anfangs eine lanzettförmige oder schmalrhombische Gestalt haben, um plötz- lich in eine dünne Membran zu verlaufen. Auf dem stark verdickten Theil dieser Wände, welehe radial von einer Stelle der Oberhaut ausgehen, ist deutlich die Mittellamelle als helle Linie zu erkennen. Die zwischen diesen Wänden liegenden Ringzellen erscheinen entsprechend zugespitzt gegen die Cuticula hin zu verlaufen, und schliesslich deutet eine schwache Linie auf der Cuticula das Vorhandensein von zwei oder drei Abrissstellen an (Fig. 15a). Das Abspringen des Deckels von der Urne erfolgt auch regelmässig an einer dieser Nähte. Der Inhalt der Ringzellen ist durch Farbstoffe als zum Theil aus Schleim bestehend nicht in allen Fällen, aber unter günstigen Umständen doch unzweifelhaft nachzuweisen. Die an den Annulus angrenzenden Zellen des Urnenrandes und des Deckels können trotz ihrer weitgehenden Aehnlichkeit nicht mehr zu jenem gerechnet werden. Sie unterscheiden sich auch lediglich durch ihre zusammengedrückte Gestalt von den übrigen Zellen der Kapselwand. Hin und wieder sind an den dem Ringe zunächst liegenden Zellen des Urnenrandes Quertheilungen zu bemerken, doch sind sie keineswegs eine so constante Erscheinung, wie bei den Ringzellen selbst, wo sie nur in vereinzelten Fällen ganz feblen. Obgleich man die Zellen der Kapselwand nicht als zum eigent- lichen Ringe gehörig ansehen kann, so ist doch nicht unwahrschein- lich, dass sie beim Aufspringen der Kapsel eine bestimmte Rolle spielen, indem sie an der Verstärkung des Deckelrandes wesentlich Antheil haben. Ihre Bedeutung bei dieser Gattung, wo die Spannungs- differenz in der Kapselwand sonst nicht sehr auffallend erscheint, würde hierdurch erklärt. Die Verbindungszellen sind stark ausgeprägt und erscheinen durch ihre ungewöhnlich verdickten Zeilwände und ihre dunkle Farbe nur als ein Bestandtheil des Peristoms, welehes auf diese Weise direct von der Kapselwand unter den Ringzellen hervorzugehen scheint. Die Gestalt dieser Zellen ist in der Regel elliptisch oder rhombisch. Das 315 Gewebe zwischen Deckelwand und Peristom ist sehr zart, aus recht- eckigen Zellen bestehend und nur bei noch unreifen Kapseln voll- ständig erhalten. Bei reifen Exemplaren war ces vielfach zerrissen oder ganz verschwunden, eine Erscheinung, welche überhaupt sehr verbreitet ist. Ein Ablösen des Ringes findet nicht immer statt und in diesem Falle zerreist er in kleine Stückchen. Sehr häufig bleibt er mit dem Deckelrand oder der Urne in Verbindung und verleiht diesen ein ausgenagtes Anschen. Die Trennung erfolgt bei der reifen Kapsel mit grösster Leichtigkeit. Barbula (Fig. 16). . Von den zahlreichen Arten dieser Gattung habe ich nur zwei untersucht (B. fallax, tortuosa) und festgestellt, dass unter diesen wenigstens der Bau des Ringes identisch war. Repräsentant dieser Gattung sei B. tortuosa. Das Bestreben einer ganzen Reihe von Laubmoosen, eine breitere Lage von Kapselwandzellen zu einem Ring- system umzugestalten, findet sich bei dieser Gattung in so hohem Maasse ausgebildet, dass das Vorhandensein einer bestimmten Ring- zelle, wie das noch bei Dieranum zu erkennen war, hier sicherlich in Abrede gestellt werden muss. Wie bei voriger Gattung finden wir auch hier eine ganze Reihe von Wandzellen stark verbreitert und zusammengedrückt, so dass das ganze System dieser Zellen als eine Ringanlage auf den ersten Blick zu erkennen ist. Die mittleren Zellen sind am breitesten und nach oben uud unten nehmen sie all- mählich an Breite ab, so dass der ganze Complex einen länglich ellip- tischen Umriss erhält. Aus dieser langen Zellreihe, welche sich meist aus 12—14 Elementen zusammensetzt, gelang es mir niemals, ein oder mehrere deutlich charakterisirte Ringzellen herauszufinden: alle scheinen von gleicher Beschaffenheit zu sein. Ihre Trennungswände sind zart und sehr häufig sind auch Längstheilungen der einzelnen Zellen zu bemerken; es ist äusserst selten, dass sie ganz fehlen und durch ihr constantes Auftreten erhält die Ringpartie von Barbula das Ansehen eines sehr zierlichen Netzwerkes. Was den Inhalt dieser Zellen anbetrifft, so fällt es auf, dass die Schleimreaction in häufigen Fällen ganz ausbleibt, während in ver- einzelten Fällen eine bestimmt abgegrenzte Färbung sämmtlicher Zellen eintritt, Das Vorhandensein von Schleim kann demnach wohl kaum bezweifelt werden. Entsprechend dieser gleichmässigen Be- schaffenheit sämtlicher Ringzellen ist auch eine bestimmte Abriss- 316 stelle in der Kapseloberhaut nicht vorhanden. Ich sah eben so häufig die Trennung unmittelbar am Urnenrand, wie dicht unter dem Deckel, oder auch mitten zwischen den Ringzellen an einer beliebigen Stelle vor sich gehen. Der, Ring bleibt in den meisten Fällen mit dem Deckel oder der Urne in Verbindung, selten konnte ich bemerken, dass er sich in grösseren Stücken ablöst. Die Verbindungszellen fehlen, falls man nicht die Zellen, welche ein lockeres Gewebe zwischen Peristom und Ring bilden, und welche weit herunter in unveränderter Regelmässigkeit gehen, als Ver- bindungszellen ansehen will. Das eigentümlich gewundene Peristom ist hinlänglich bekannt, so dass ich nicht näher darauf einzugehen brauche. Ob ihm eine Betheiligung beim Aufspringen der Kapsel hinsichtlich dieses eigen- thümlichen Baues zuzusprechen sei, erscheint angesichts des ebenso eigenartigen Ringbaues dieser Arten nicht ganz ausgeschlossen. Wahr- scheinlich ist, dass wir in dieser Form der Ringzellen eine etwas modifieirte Einrichtung vor uns haben, die Gewebespannung auf der Oberfläche der Kapsel auf eine hohe Wirksamkeit zu verstärken. Berücksiehtigen wir nur, dass ein Schleiminhalt der Zellen nicht allein den Zweck erfüllt, den Ring durch Aufquellen abzulösen, sondern durch die Fähigkeit, die Feuchtigkeit beim Eintrocknen der Kapsel länger zu bewahren und der Ringpartie der Kapsel dadurch einen grösseren Bestand zu sichern. In vorliegendem Falle wird das Zusammendrängen von kleinen Zellen, resp. einer grossen Anzahl von Zellwänden, welche ein festeres Gerüst darstellen, die Aufgabe, den Urnenrand zu verstärken, wesentlich unterstützen, Dieranella (Fig. 17). Diese Gattung schliesst sich im Bau ihrer Kapsel an das nahe verwandte Dieranum eng an. Wir bemerken auf dem Längsschnitt eine ganz ähnliche Anordnung der Kapselwandzellen um die Gegend des Ringes, wie bei jener Gattung; nur scheint sich hier der Üeber- gang von den normalen Zellen zu dem Ringe im allgemeinen nicht so plötzlich zu vollziehen und das Lumen der Zellen. dieser Region ist auch bei weitem nicht so zusammengedrückt, wie es bei Dieranum charakteristisch ist. Ueberhaupt ist der Ring hier weniger auffallend gebaut; doch treten hier andere Umstände hinzu, durch welche seine Lage sehr fest bestimmt wird. Die Stelle nämlich, wo der Deckel mit der Urne in Zusammenhang tritt, deutet sich durch die verschiedene Grösse der einzelnen Zellen an. Während die Randzellen des Oper- 317 eulums noch eine ansehnliche Grösse besitzen, nehmen diejenigen der Urne plötzlich um ein Beträchtliches an Ausdehnung ab, und ver- bleiben auch durchweg in dieser verkleinerten Form. Mit andern Worten: die Wand der Urne ist schmaler und zarter gebaut als die Wand des Deckels, so dass beide Theile auf den ersten Blick zu unterscheiden sind. Der Zweck dieser Einrichtung scheint unzweifel- haft der zu sein, eine Verschiedenheit der ganzen Kapselwand hin- sichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit gegen ein Eintrocknen herbeizu- führen. Während der stabile Deckel von atmosphärischen Einflüssen noch gar nicht beeinflusst wird, kann die nachgiebige Wand der Urne denselben bereits unterlegen sein. So wird nothwendig eine Spannung zwischen den Geweben eintreten, und alsdann ein Zerreissen an der Grenzstelle zur Folge haben. Dass die Ringzellen, die hier kaum von den benachbarten unterschieden sind, und sich allein durch Schleim- inhalt vor den übrigen auszeichnen, für sich allein schwerlich im Stande wären die Verbindung zwischen Urne und Deckel zu lösen, kann bei ihrer Kleinheit und dem geringen Schleiminhalt zugleich bei der festen Wand der Dieranella nicht zweifelhaft sein. Die Grenzstelle beider Kapseltheile wird übrigens noch dureh die Beschaffenheit der Cutieula charakterisiert, welehe gewöhnlich auf der Urne eine etwas hellere Farbe und wahrscheinlich weichere Be- schaffenheit aufweist. Zweifelhaft ist mir geblieben, ob die hellen Linien, gewöhnlich 1—2, welche die Grenze zwischen Deckel und Urne mit grosser Deutlichkeit bestimmen, als Mittellamellen oder Ab- rissstellen aufzufassen sind, da im Uebrigen keine Veränderung in der Cuticula zu bemerken war. Sicher ist jedenfalls, dass an einer dieser Stellen die Trennung beider Kapseltheile regelmässig von statten geht. Die eigentliche Ringzelle ist nur durch geeignete Färbung aus en andern herauszufinden; doch bietet selbst diese Methode keine genügende Sicherheit, indem einerseits die Färbung nicht selten ganz ausblieb, andererseits noch zwei bis drei andere Zellen den Farbstoff stärker aufnahmen. Es scheint somit, als ob in ähnlicher Weise wie bei Barbula der Schleim eine Begleiterscheinung einer ganzen Reihe von Zellen der Ringgegend ist, eine Einrichtung, welche demselben Zweck dienen würde, den ich bei voriger Gattung angedeutet. Dass in der Regel nicht bloss eine Zelle schleimführend ist, lässt sich auch schliessen aus der grösseren Anzahl von Stärkekörnern, welche bei jungen Kapseln in den Zellen dieser Zone abgelagert sind. Das Peristom wird mit der Kapselwand durch Verbindungszellen von ziem- 318 lich regelmässiger Gestalt und besonders gegen das Innere hin stark verdickten Zellwänden verbunden, Fissidens (Fig. 18). Diese interessante Gattung schliesst sich im Bau ihrer Kapsel und ihres Ringes ziemlich eng an die vorige an, ja, man kann be- haupten, dass das Prineip, welches hinsichtlich der Gewebedifferenz beim Aufbau der Kapsel von Dieranella durchgeführt war, bei Fissi- dens eine noch weit grössere Vervollkommnung erfahren hat, Die Ringzellen sind bei dieser Gattung, wie der Längsschnitt zeigt, noch kleiner geworden, so dass man im Gegensatz zu den früheren Gattungen behaupten kann: sie werden hier geradezu durch ihre Kleinheit auf- fallend; die Randzellen des Deekels und besonders der Urne nehmen an Grösse, je mehr sie sich einander nähern, continuirlich ab und beide Theile stossen zuletzt in einer kleinen Zelle zusammen, welche den obersten Rand der Urne bildet, An diese schliessen sich noch eine ganze Anzahl kleiner zartwandiger Zellen gegen das Innere der Kapsel an. Sie sind vermuthlich durch das Auftreten von Quer- und Zwischenwänden aus einer grösseren Zelle hervorgegangen, ähnlich wie wir das bei Dieranum kennen gelernt haben. Die untern Zellen des Deckelrandes haben eine für diese Gattung charakteristische, eigenthümlich gekrümmte Gestalt. Dieselbe erläutert Fig. 18. Sie wird von Lantzius-Beninga als die „Ringzelle“ bezeichnet, doch kann ich dem nicht beistimmen, da eben die nächstfolgende, welche (die Ume abschliesst, weit mehr den Charakter einer solchen trägt. Was den Ringtheil der Kapsel bei Fissidens nun so auffallend macht, ist vor allem die grosse Verschiedenheit, welche die Natur der Zell- wände am Rande der Urne und dem des Deckels aufweist, Die Zellwände des letzteren, besonders die Cutieula, sind stark verdickt und von braunrother Farbe. Wo die Urne beginnt, sind die Zell- membranen von zarter Beschaffenheit und die Cutieula ist nur sehr schwach gelblich gefärbt. Die Grenze dieser plötzlichen Aenderung in der Beschaffenheit des Gewebes wird durch eine Linie angedeutet, welche die Oberhaut quer durchbrieht und die Abrissstelle beider Kapseltheile ist. Das Gewebe der Kapselwand ist hier offenbar von einer durchaus verschiedenen Widerstandsfähigkeit und gerade an der Stelle, wo sich beide begegnen, ist der Contrast auf seinem Höhe- punkt angelangt. Wir haben hier das Prinzip der Gewebespannung fast allein durch die Natur der Kapselwand bis zu einer Vollkommen- heit durchgeführt, wie es mir bei den anderen Moosen nicht wieder 319 begegnet ist. Beim Fintrocknen der Kapsel wird demnach eine Trennung beider Theile die nächste Folge sein. Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, dass diese Verschiedenheit der Gewebesubstanz erst bei der völlig reifen Kapsel so ausgeprägt ist und erst kurz vor der Reife in jenes Stadium tritt. Unreife Kapseln zeigen dies Verhalten gar nicht oder nur sehr schwach. Hier erscheint die Cutieula fast homogen — eine Erscheinung, wie sie bei fast allen Laubmoosen mehr oder minder deutlich wiederkehrt. Eine oder mehrere ausgeprägte Ringzellen bei Fissidens festzu- stellen, ist mir nicht gelungen. Die Färbung mit Fuchsin und Me- thylenblau lässt zwar emen Schleiminhalt der oberen Kapselwandzellen erkennen, doch niemals in so hervortretender Weise, wie es bei wohl ausgebildeten Ringzellen der Fall zu sein pflegt. Der Stärkeinhalt der Wandzellen war bei jüngeren Individuen ziemlich gleichmässig auf alle Zellen vertheilt und eine besonders starke Anhäufung auf den Annulus ist mir nicht aufgefallen. Neben diesen Stärkekörnern, deren Natur leicht festzustellen war, ist mir im Inhalt der Zellen von Fissidens noch ein Bestandtheil aufgefallen, den ich sonst nicht wieder bemerkt habe. Fast jede Zelle der Kapselwand enthielt nämlich je 1, sehr selten 2 kugelförmige Gebilde, deren Grösse die Stärkekörner nur wenig übertraf, Ihre Farbe war schwach bläulich grün. Die verschiedenen Reactionen auf Pectinkörper führten zu keinem be- friedigenden Resultat, ebenso wenig konnte ich nach Einwirkung von Ösmiumsäure behaupten, dass hier Oeltropfen vorlägen, was schon aus dem Grunde unwahrscheinlich ist, als das Material vor der Unter- suchung längerer Zeit in Alkohol gelegen hatte. Vielleieht Legen hier Elaioplasten vor, deren Vorkommen sonst nur in Lebermoosen festgestellt ist; jedenfalls erscheint mir die Natur der fraglichen Körper so wenig aufgeklärt, dass ich mich begnügen muss, vorläufig nur die Aufmerksamkeit der Beobachter auf diese Gebilde zu lenken. Der Raum zwischen Peristom und Ring wird von einem lockeren zartwandigen Gewebe mit ziemlich unregelmässigen Zellen ausgefüllt, die man nicht als wohl charakterisirte Verbindungszellen bezeichnen kann. Nur gegen das Peristom hin werden die Zellen etwas stärker und dunkler gefärbt. Weiter nach der Spitze der Kapsel verläuft dieses Gewehe zwischen Wand und Peristom in eine doppelte Reihe zartwandiger, sehr regelmässig rechteckiger Zellen, die nach der Reife der Kapsel zerreissen und eintrocknen. Was das Aufspringen der Kapsel betrifft, so schien es mir, als ob es bei weitem nicht so schnell von statten ginge, wie z. B. bei Hypnum, und die reife Kapsel noch 320 ziemlich lange in einem Zustande der Reife verharre, ehe ein Auf- springen eintritt. Ein Ablösen des Ringes konnte ich nicht bemerken, und es ist wahrscheinlich, dass derselbe immer mit der Kapsel nach dem Oeffnen in Verbindung bleibt. Ueber eine zweite Art von Fissidens, welche untersucht wurde, F. adiantoides, ist nichts neues hinzuzufügen; dieselbe verhielt sich in allen Stücken ebenso, wie F. taxifolius. Orthotrichum (Fig. 19). Im Anschluss an die bisher besprochenen Gattungen sollen noch einige weitere Formen aufgeführt werden, welche hinsichtlich ihres Ringbaues eine etwas abgesonderte Stellung einnehmen und sich den beschriebenen Typen nicht ohne Weiters unterordnen lassen. Da wir bereits gesehen haben, dass nahe verwandte Gattungen und Familien der Laubmoose auch im Bau ihrer Kapsel vielfach Uebereinstinmmendes aufweisen und besonders in der Gestalt ihres Ringes einen besonderen Typus feststellen, so wird es nicht befremden zu sehen, dass manche verwandtsehäftlich entfernter stehende Familien auch in ihrer Ring- bildung eine Sonderstellung einnehmen. Ob die wenigen Modifieationen des Ringes, welche ich noch anführen will: Orthotrichum, Grimmia, Pottia sich bei verwandten Gattungen oder gar Familien wieder finden, d. h. ob sie typisch für dieselben sind, kann ich nicht mit Bestimmt- heit entscheiden, da das Material, welches mir zu Gebote stand, nicht so reichhaltig war, um zu diesem Schlusse zu kommen. Nach der Analogie zu schliessen, wäre jedenfalls nichts anderes zu erwarten, zeigen doch Grimmia und Orthotriehum sehon untereinander so viel Uebereinstimmung, und für den Typus der Pottia ist Physcomitrium so charakteristisch, dass die Annahme wohl gerechtfertigt ist, der Ringtypus dieser Formen sei noch weiter verbreitet. Einem der bereits beschriebenen Typen kann man die eben erwähnten Gattungen wohl kaum direct anschliessen, doch zeigen sich immerhin noch viele Uebereinstimmungen, so dass die mechanische Wirkung des Ring- apparates wohl noch dieselbe bleibt. Andererseits kann nicht ver- kannt werden, dass gewisse specielle Eigenschaften, wie Fehlen des Peristoms, lange dauernder Zusammenhang mit der Calyptra diese Wirkung in mancher Weise beeinflussen können. Diejenige Gattung, welche mit den vorigen Typen noch die grösste Aehnlichkeit aufweist, ist Orthotrichum. Von den zahlreichen Arten ist nur O. affine eingehend untersucht worden. Der Längs- schnitt lehrt, dass ein gut charakterisirter Ring vorhanden ist. Seine a 321 Zellen sind von den übrigen der Kapselwand deutlich unterschieden, was trotz der Kleinheit, welche in allen Theilen dieser Kapsel herrscht, leicht zu erkennen ist. Der Ring wird hier gewöhnlich aus zwei übereinanderliegenden, etwas abgeplatteten Zellen gebildet. Getrennt werden sie von einander durch eine dünne Membran, und der ganze Annulus gewinnt einige Aehnlichkeit mit dem von Hypnum. Die an den Ring angrenzenden Zellen der Kapselwand sind in ihrer Gestalt dem Annulus sehr ähnlich gebaut, unterscheiden sich aber von den Ringzellen wesentlich durch die weit stärkere Zellwand. Dieselbe ist beim Ring so dünn, dass sie seine Zellen viel mehr durchscheinend hervortreten lässt. Ebenso wie bei Fissidens macht sich bier die Eigenthümlichkeit in der Natur der Kapselwandung bemerkbar. Die oberhalb des Ringes liegenden Wandzellen sind mit einer stark ver- dickten braunen Umhüllung versehen, während die Zellen der Urne zwar bei gleicher Grösse eine bedeutend hellere Färbung aufweisen, so dass auf den ersten Blick beide Kapseltheile zu unterscheiden sind. Jüngeren Individuen fehlt diese Differenzirung noch, dieselbe tritt erst gegen das Reifestadium ein und wird dann oft sehr auf- fallend. Eine Längstheilung der an den Ring anstossenden Kapsel- wandzellen ist eine häufige Erscheinung. Nur in sehr vereinzelten Fällen dagegen ist mir das beim Annulus selbst aufgefallen. Ab- weiehend von dem sonst bemerkten Bestreben der Ringzellen, gegen das Innere der Kapsel aufwärts gerichtet zu sein, oder sich aufwärts zu wölben, tritt hier der Fall ein, dass die Ringzellen in schiefer Lage gegen das Innere der Kapsel geneigt sind. Ob dieser Anordnung eine besondere mechanische Wirkung beim Aufspringen zuerkannt werden soll, kann ich nicht entscheiden. Eine Abbruchstelle zwischen Deckel und Urne ist deutlich wahrzunehmen und unterscheidet sich von den benachbarten Mittellamellen beider Ringzellen dadurch, dass hin und wieder ein kleiner Einschnitt an dieser Stelle der Epidermis zu erkennen ist; auch ist immer ein Abreissen des Deckels an dieser Stelle zu beobachten (Fig. 19a). Der Inhalt des Ringes besteht ohne Zweifel zum grossen Theile aus Schleim, wie das stark contrahirte Protoplasma und die Färbung erkennen lässt. Dieselbe erstreckt sich niemals auf die benachbarten Zellen, so dass auch hier diese Methode in Fällen, wo die Ringzellen nicht so scharf ausgeprägt sind, ein treffliches Mittel zu ihrer Er- kennung abgibt. Die Verbindungungszellen sind ziemlich gut charakterisirt. Sie bilden eine oder zwei Reihen starkwandiger Zellen, welche mit dem Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd, 21 322 Peristom in Verbindung stehen. Das letztere ist an seiner Basis ziem- lich breit und verläuft rasch in eine feine Spitze. Seine doppelte Schiehtung ist trotz der gleichmässig dunklen Färbung deutlich er- kennbar. Grimmia (Fig. 20). Der Bau dieser Kapsel zeigt in manchen Stücken eine grosse Aehnlichkeit mit dem von Orthotrichum, was schon durch die nahe Verwandtschaft beider Gattungen hervorgeht. Immerhin sind aber besonders im Ringbau nicht unwesentliche Abweichungen zu bemerken. Der Annulus tritt hier schr zurück und zeigt sich nur als eine kleine Zelle von unregelmässiger Gestalt, nieht selten von einer Anzahl dünner Quermembranen in eine Reihe kleiner Parcellen getheilt. Sein Inhalt besteht wohl zum Theil aus Schleim, dessen Menge aber nicht sehr wesentlich sein kann, da seine Färbung meist nur sehr schwach ausfällt, manchmal fast gar nieht bemerkbar ist. Nicht selten zeigen die benachbarten Zellen ein ganz ähnliches Verhalten, so dass die Natur dieser Ringzelle als schleimführendes Organ mindestens noch fraglich erscheint. Einen hervorragenden activen Antheil beim Oeffnen der Kapsel hat sie wohl kaum, desto mehr nimmt die ganze Kapsel- wand unser Interesse in Anspruch, da in ihrem Aufbau gleichsam ein Frsatz für die reducirte Ringzelle zu suchen ist. Beim ersten Anblick fällt uns die grosse Differenz in der Dieke der Kapselwand auf. Während die Zellen, welche das Öpereulum aufbauen, die drei- fache Breite ihrer Länge erreichen, werden die Wandzellen der Urne in ihrem obersten Saum höchstens doppelt so breit und nehmen nach unten sehr rasch an Breite ab, so dass die Kapselwand nach sechs bis acht Zellen ungemein dünn wird und höchstens den vierten Theil der Dieke des Opereulums erreicht. Hierzu kommt noch, dass die Wände der Ringzelle und die darunter liegenden der Kapselwand selbst sehr dünn sind, so dass die Differenz in der Gewebspannung der ganzen Kapselwand eine sehr bedeutende sein muss. Eine ungleiche Färbung in den Zellenwänden beider Theile und dadurch etwa be- Jdingte verschiedene Festigkeit ist dagegen nicht zu bemerken, jedenfalls ist sie nicht auffallend. Die ungleiche Widerstandsfähigkeit der Gewebe scheint hier allein durch die Dieke der Kapselwand bedingt zu sein. üine Abbruchstelle ist bei aufsitzendem Deckel nicht deutlich zu er- kennen, wenigstens würde sie sich nicht von den Mittellamellen unter- scheiden, welche hier an zahlreichen Stellen auf der Epidermis zu er- kennen sind. Sicher ist jedenfalls, dass die Trennung regelmässig an der 323 Ringzelle stattfindet. Dieselbe ist in Fig. 20 mit a bezeichnet. Die Verbindungszellen bieten wenig Bemerkenswerthes, sie bilden eine doppelte Reihe ziemlich starkwandiger Zellen. Die ganze Rinrichtung der Kapsel bestätigt auch hier wieder die Erfahrung, welche schon bei Fissidens zutreffend gewesen, dass bei Rückbildung der Ringzellen die Differenz in der Gewebespannung zunimmt, so dass dem Ringe selbst durch die Quellbarkeit des Schleimes nur noch eine untergeordnete Bedeutung zuerkannt werden muss. Vielleicht fällt ihm unter solchen Umständen nur noch die Aufgabe zu, beim Eintrocknen der Kapsel dureh Festhalten der Feuchtigkeit die Gewebespannung zu erhöhen; dass er in dieser speciellen Wirk- samkeit noch von benachbarten Zellen unterstützt würde, kann nicht auffallend sein, jedenfalls ist es sehr wahrscheinlich, wenn keine Täuschung vorlag, dass der Inhalt einiger Randzellen der Urne bei Grimmia ebenfalls nicht frei von Schleim ist. Bartramia (Fig. 21). Eine ziemlich abgesonderte Stellung im Aufbau des Ringes nimmt die Gattung Bartramia mit ihren zahlreichen Arten ein. Es wurden deren drei untersucht und in ihren anatomischen Verhältnissen keine nennenswerthen Unterschiede vorgefunden. Das Operculam dieser kugeligen Kapseln ist klein und erinnert in seinem Verhältniss zum ganzen Sporogonium einigermaassen an Funaria. Ts wölbt sich ein wenig aus der Kugeloberfläche hervor, so dass eine deutliche Ein- schnürung in der Ringlage zu erkennen ist. Der Längssehnitt durch durch die Kapsel zeigt auch, dass gerade an dieser Stelle die Ring- zellen zu suchen sind. Es sind dies deutlich ausgebildete Zellen, deren Lage und Beschaffenheit keinen Zweifel erregen kann, dass ein Ringgebilde bei dieser Gattung in der That vorhanden ist. Schimper stellt in der Bryol. europ. das Vorhandensein desselben in Abrede, während Limpricht wenigstens der B. pomiformis einen deutlichen Ring zuerkennt. Die Gestalt der Ringzellen, deren hier gewöhnlich drei bis vier vorhanden sind, hat kein Analogon aufzuweisen, höchstens könnte man ihnen nach ihrer Gestalt einige Aehnlichkeit mit denen von Dieranum zusprechen. Der Annulus besteht aus breiten, plattge- drückten Zellen von ziemlich unregelmässiger Gestalt. Nicht selten ist die eine oder die andere von ihnen durch eine dünne Membran halbirt. Die Trennungswände der einzelnen Ringzellen sind bedeutend dünner als die Epidermzellen der Kapsel. Oberhalb des Ringes, also 324 die Wandzellen des Deckels, sind dieselben sehr gross und stark- wandig und bis zum unteren Rande an Grösse nicht verschieden. Die Randzellen der Urne dagegen gleichen an Gestalt noch sehr den eigentlichen Ringzellen, sind vielfach gekrümmt und etwas platt ge- drückt, erreichen dann aber bald die ansehnliche Grösse der übrigen Wandzellen mit beinahe quadratischem Lumen. Die Ringzellen sind weiterhin bezeichnet durch die Beschaffen- heit der Cutieula an dieser Stelle. Dieselbe nimmt in der Breite des Ringes eine dunkelbraune Färbung und jedenfalls grössere Festigkeit an, während die übrige Epidermis eine gleichmässige, weitaus hellere Färbung aufweist. Die auffallendste Erscheinung in dem Ringsystem der Bartramia ist die Ausdehnung und Grüsse der Verbindungszellen. Eine Anzahl von etwa 9—12 grossen, fast rechteckigen Zellen erstreckt sich von dem Urnenrande bis zum Grunde des etwas entfernt liegenden Peristoms und bildet, da seine Zellwände eine ansehnliche Stärke erreichen, um die Mündung der Kapsel ein jedenfalls schr widerstandsfähiges Gerüst. Der ganze Raum zwischen dem Deckel und dem Peristom wird durch äusserst dünnes Netzwerk eines grosszelligen (fewebes ausgefüllt. Das- selbe ist vollständig erhalten nur bei jüngeren Individuen zu finden, bei ausgereiften Kapseln ist es vielfach zerrissen und ganz fehlend. Was den Inhalt der Ringzellen anbelangt, so ist wohl nach Be- handlung mit Alkohol der Plasmainhalt stark contrahirt, doch ist bei Anwendung von Fuchsin oder Hämatoxylin von einer stärkeren Für- bung nichts zu bemerken, jedenfalls ist der Schleiminhalt dieser Zellen nicht nennenswerth., Quellungserscheinungen konnte ich ebenfalls gar keine beobachten. Eine geringe Anzahl von Stärkekörnern in den Zellen der Kapselwand und des Ringes kann ebenfalls nicht mit Bestimmtheit auf einen Sehleiminhalt hindeuten. Wir müssen dem- nach die Wirksamkeit des Ringes weniger nach dieser Richtung hin suchen, als vielmehr in den mechanischen Verhältnissen, unter denen das ganze Gewebe der Kapsel in dieser Region aufgebaut ist. Ein Eintrocknen der reifen Kapsel würde bei der Befestigung des Urnen- randes einerseits durch grössere Elastieität der Epidermis an dieser Stelle, andrerseits durch ein festes Gitterwerk verdiekter Verbindungs- zellen zunächst natürlich nur den Deckel beeinflussen und durch sein Zusammenziehen, das durch nichts behindert wird, ein Losreissen von den Ringzellen zur Folge haben. Dass die letzteren Schleim führen mussten, um diessen Effect zu erreichen, oder auch nur zu unter- stützen, scheint mir gar nicht unbedingt nöthig zu sein. Es genügt in 325 diesem Falle, dass der Ring eine Stelle zartwandiger Zellen in der Kapselwand vorstellt, welcher der Beweglichkeit des Deckelrandes nicht hinderlich ist. Dies ist in vorliegendem Falle auch ersichtlich. Pottia (Fig. 22). Die einzelnen Arten dieser Gattung weisen untereinander eine bemerkenswerthe Verschiedenheit auf, indem bei den einen das Peristom wohlausgebildet vorhanden ist, z. B. P. cavifolia, bei andern rudimen- tär, und wie bei P. truncata äusserlich gar nicht wahrnehmbar ist. Diese Verschiedenheit in ihrer Ausbildung mag wohl die Art und Weise des Aufspringens der Kapsel in gewisser Weise modifieieren, doch kann ich Bestimmtes darüber nicht aussagen, da mir von dieser Gattung nur die P. truncata zu Gebote stand. Dieselbe verdient aber um dessentwillen den Vorzug, als wir bei dem Mangel des Peristoms wesentliche Aenderungen im Vorgang des Aufspringens erwarten dürfen. In der That zeigt uns dieses Beispiel, wie wenig angemessen es ist, die Ursache des Oeffnens allein dem Ring zu- schreiben zu wollen, sondern dass hierbei noch sehr verschiedene Factoren hinzutreten. Untersuchen wir den Längsschnitt durch die gewöhnlich sehr kleinen aufrechtstehenden Kapseln, so wird uns zunächst nur auf- fallen, dass der Deckel ziemlich flach und seine Verbindungsstelle mit der Urne durch eine meist scharfe Biegung in der Kapselwand angedeutet ist. (Ausnahmen, dass der Deckel spitz ist und die Biegung nicht sehr scharf hervortretend, sind nicht selten zu verzeichnen.) An dieser Krümmung nun müssen wir den Annulus suchen, Derselbe entzieht sich durch seine wenig auffallende Gestalt einer sofortigen Wahrnehmung, indem die Zeilen an dieser Biegung alle von nahezu gleicher Gestalt und Grösse sind. Erst eine genauere Untersuchung lehrt die Ringzellen von den übrigen unterscheiden. Es ist gewöhnlich nur eine, zuweilen auch zwei Zellen vorhanden, welche aber nicht selten durch eine dünne Querwand in zwei nebeneinanderliegende grössere und kleinere Hälften zerlegt wird. Der äussere Theil nun schiebt sich derart in die Cutieula der Kapsel ein, dass dieselbe hier schliesslich nur die Dicke einer schwachen Membran erhält und dieser Theil der Ober- haut wird noch durch eine deutliche Spalte getrennt. Wir sehen also hier die Verbindungsnaht zwischen Deekel und Urne. Die übrigen benachbarten Zellen des Ringes sind von ähnlicher Gestalt, ziemlich unregelmässig, etwas gekrümmt und deutlich convergent angeordnet. Keine von ihnen aber steht in ähnlicher Weise mit der Aussenwelt 326 in Verbindung, wie diese eigentliche Ringzelle. Was ihren Inhalt anbetrifft, so sehen wir wiederum besonders in der Ringzelle das Plasma stark contrahirt und die Wirkung der Farbstoffe tritt hier sehr auffallend hervor. Selbst da, wo das Reagens nur verdünnt angewandt wurde, so dass das übrige Gewebe von ihm noch gänzlich unbeeinflusst war, hatte die Ringzelle dasselbe mit grosser Begierde aufgenommen (Methylenblau, Fuchsin und Hämatoxylin gaben die besten Resultate). Bei etwas stärkeren Lösungen wurde die Zelle ganz undurchsichtig, ein Beweis dafür, dass der Schleiminhalt ein ungewöhnlich grosser sein muss. Dagegen gelang es mir nicht, Quellungserscheinungen zu beobachten, welche eine Veränderung der Zellgestalt herbeiführten, jedoch konnte ich wahrnehmen, dass der Ring sich in kleinen Stücken von der Urne beim Aufspringen ablöst, ein Umstand, der jedenfalls doch mit Quellungserscheinungen zu- sammenhängen muss, Ueber das. innere sehr lockere Gewebe der Kapsel ist wenig zu bemerken, einige stärkere Zellwände vermitteln seinen Zusammenhang mit den Kapselwandzellen und könnten somit an das Verbindungsgewebe mit dem Peristom erinnern. Ein solches wenigstens in seiner Anlage aufzufinden, gelang mir unter den zahl- reich untersuchten Kapseln nur in einem einzigen Falle. Der Quer- schnitt einer solchen in der Höhe des Ringes zeigte in dem Paren- chymgewebe im Kreise gestellt, nicht weit von der Kapselwand theils in regelmässigen Abständen , theils verschmolzen eine Reihe von Verdiekungen der Zellwände von ganz ähnlicher Gestalt, wie die quergeschnittenen Zähne eines Peristoms. Sie waren indessen fast farblos und auf einzelnen eine feine Querstrichelung zu erkennen. Ihre Anzahl schätze ich auf 32, da sie keineswegs so scharf von ein- ander getrennt waren, um eine genaue Zählung zu gestatten. Ich habe mich bemüht, bei anderen Exemplaren eine ähnliche Erscheinung aufzufinden, doch waren alle Untersuchungen vergebens, was schon desshalb zu bedauern ist, als mir so das „Peristom“ in seinem Längs- schnitte unbekannt bleiben musste. Da die nächsten Verwandten der Pottia truncata meist ein wohl ausgebildetes Peristom aufweisen, so erscheint mir die angeführte Thatsache nicht allzu merkwürdig, viel mehr wundert es mich, dass dieser Fall nur so selten aufzutreten scheint. Die Annahme, dass es sich vielleicht bei diesem Exemplar um eine andere Species als P. truncata handeln könne, ist wohl zu verwerfen, da die Pflanze aus einem dichten Rasen von P. truncata entnommen und von den andern nicht im Geringsten abweichend ge- staltet war. 327 Betreffs des Oeffnens der Kapseln von Pottia bin ich zu folgenden Resultaten gelangt. Nach dem Aufspringen bemerkt man, wie die Sporenmasse aus der Urne etwas herausgetreten ist und der abge- sprengte Deckel sich noch in derselben Lage befindet, wie vorher, nur ein wenig emporgehoben. Die Sporenmasse haftet ziemlich fest zusammen, ohne dass ich als Ursache irgend ein Bindemittel ent- deeken konnte. Doch sind die Sporen mit zahlreichen Papillen be- setzt, wodurch diese Erscheinung einigermaassen erklärt wird. Der Deckel fällt nun nach einiger Zeit vollends von der Kapsel und die Sporen zerstreuen sich allmählich. Die Ursache eines solchen Vor- ganges kann nur in einer Zusammenziehung der ganzen Kapsel zu suchen sein, und vorgenommene Untersuchungen der geschlossenen und geöffneten Kapsel bestätigen die Richtigkeit dieser Voraussetzung. Dabei zeigte sich, dass der Rand der Urne der grössten Spannnng ausgesetzt war und das Bestreben zeigte, sich einwärts zu krümmen. Dasselbe Verhalten zeigte der Deckelrand in noch grüsserem Maasse, so dass an der Verbindungsstelle beider Theile eine nicht unbedeutende Spannung herrscht, die im Reifezustand der Kapsel zu einem Ab- springen des Deckels führen muss, Die Ringzellen lösen sich dabei als kleine zusammenhängende Stückchen ab. Eine Reihe von Messungen zeigt, dass die Stärke der Zusammenziehung der Kapseltheile immer eine ziemlich absolute ist, unbeschadet der Grösse des Sporogoniums, so dass der Spannungscoefficient mit der Grösse der Kapsel ab- resp. mit ihrer Kleinheit zunimmt. Im Mittel beträgt derselbe für den Urnen- rand annähernd 1,08, für den Deekelrand etwa 1,14. Kapsel 8 . , . Spannungs- geschlossen T geöffnet eoefficient Durchmesser d. Randes von Urna + Opereul. | Urna | Opere.! Urna |Opere. 820 u 7504! 72041 1,09 | 1,14 840 75 | 740 | 1,08 | 1,14 750 700 650 1,07 | 1,15 700 650 600 1,07 | 1,16 950 ı 875 850 1,08 | 1,12 750 700 650 | 1,07 | 1,18 650 600 550 1,08 | 1,18 900 850 | 800 1,06 | 1,12 1000 950 900 1,065 ; 1,11 Das Einrollen des Urnenrandes vertritt auch hier gewissermaassen die Stelle des fehlenden Peristoms und schützt die Sporenmasse vor 328 einem plötzlichen Heraustreten. Das durch die aufrechte Stellung der Kapsel begünstigte Aufliegen des Opereulums mit seiner breiten Basis kann diesem Zwecke nur förderlich sein. . Physcomitrium. Diese Gattung zeigt in ihrer äussern Form und besonders in ihrem innern Aufbau eine so überraschende Aehnlichkeit mit der vorigen, dass zu ihrer Erläuterung kaum etwas hinzugefügt werden braucht. Nur ist es hier die Regel, dass der Ring aus zwei Zell- lagen besteht, während bei der Pottia gewöhnlich nur eine vorhanden ist. Auch was von Pottia über die Färbung der Ringzellen gesagt wurde, findet bei Physcomitrium seine Wiederholung. Die ganze Pflanze gleicht in allen Theilen einer vergrösserten Pottia und wenn wir den Ring als ein Charakteristicum der Verwandtschaft zwischen Laub- moosen betrachten wollen, wozu wir nach den vorausgegangenen Untersuchungen wohl berechtigt sind, so wäre es viel angemessener, diese Gattung den Pottiaceen zu unterstellen, als den Funariaceen. Diese Uebereinstimmung mit Pottia wurde übrigens schon früher er- kannt, indem dieses Moos bereits im vorigen Jahrhundert als Pottia pyriformis bekannt war. Ein Peristom ist auch hier nicht vorhanden, auch von der Anlage eines solchen konnte ich nichts auffinden. Ver- suche über die Art und Weise des Oeffnens dieser Kapsel konnte ich nicht vornehmen, da dieselben noch zu jung waren. Der ganz gleiche Aufbau aber des Ringes lässt mich wohl nieht mit Unrecht vermuthen, dass das Aufspringen in derselben Weise von statten geht, wie bei Pottia truncata. Grössere Wahrscheinlichkeit gewinnt dies noch durch das Auftreten von Schleim in den Kapselwandzellen, der allerdings in weitaus geringerer Quantität auftrat als in den eigentlichen Ring- zellen und nur durch eine, wenn auch schwache Färbung nachzu- weisen ist. Ein geringer Schleiminhalt der Wandzellen würde aber eine Bestätigung dafür liefern, dass sich die letztere zusammen zu ziehen befähigt wäre, besonders am oberen Rande, indem bei der ziemlich starken Cutieula beim Eintroeknen eine innere und äussere Spannung in der Kapselwand auftreten würde. Eine gleiche Wahr- nehmung konnte ich bei der Pottia nicht machen, wenigstens was eine stärkere Färbbarkeit der Kapselwandzellen betrifft; doch be- merkte ich nicht selten, dass ihr Plasma stark contrahirt war, was auf eine gleiche Eigenschaft der Wandzellen hinzudeuten scheint. Ein Zusammenziehen der ganzen Kapsel liesse sich aus diesem Um- stande allein befriedigend erklären. Das starke Einbiegen des Randes 329 findet ihre Deutung am besten wohl in der grösseren Spannung der Ringzellen. Die Sporen dieser Gattung sind auch hier mit granulirter Oberfläche versehen, so dass auch sie die Fähigkeit haben, zusammen- hängende Massen zu bilden, was einer Aussaat im Sinne der Pottia entsprechen würde. Polytrichum (Fig. 23). „Das Genus Polytrichum“, sagt Lantzius-Beninga mit Recht, „scheint mit seinen Verwandten in der Familie der Moose in Beziehung auf den oberen Theil seiner Kapsel ganz isolirt dazustehen. Die Gestalt, der Bau seiner Peristomzähne, das Auftreten einer dieselben verbindenden, die Spitze der Kapsel verschliessenden, eigenthümlichen Membran, das Epiphragma sind Erscheinungen, welche sich bei oberfläch- licher Betrachtung nicht auf die bisher an den übrigen Moosgattungen be- obachteten zurückzuführen lassen scheinen“. Nach einer Besprechung des unteren Theiles der Kapsel gibt der Autor eine genauere Dar- stellung der eigenthümlichen Peristomverhältnisse bei Polytrichum, ohne auf den Ring näher einzugehen und nach der sonst sehr klaren Abbildung, welche er von Pol. piliferum im Längsschnitte gibt, hat er eine eigentliche Ringzelle nieht gesehen oder, da er an einer Stelle von einem „Ring“ spricht, möglicherweise einen in der Figur be- sonders markirten Zelleomplex dafür gehalten. In Wirklichkeit ist eine deutliche Ringzelle vorhanden, wie aus der Untersuchung von Pol. juniperinum, commune und piliferum hervorgeht, Auch Schimper und Limpricht kennen einen einzelnen Annulus, Diese Ringzelle ist in vielen Fällen von den grossen Nachbarzellen des Deckels, an dessen Grunde sie, zugleich den Urnenrand abschliessend, sich befindet, etwas schwer zu unterscheiden und dann nur durch geeignete Färbe- mittel zu erkennen. In der Regel jedoch ist sie durch ihre abge- rundete Gestalt und ihren sehr feinkörnigen Inhalt als eine abweichende Zelle zu erkennen. Der Umstand ferner, dass die Cutieula des Oper- culums an dieser Stelle, wo sie die Zelle umschliesst, sehr dünn wird, spricht dafür, dass wir in diesem Organ den eigentlichen Annulus vor uns haben. Unterhalb dieser Zelle schliessen sich sofort die diekwandigen, getüpfelten Wandzellen der Urne an. Letztere bilden an dieser Stelle die Aussenschicht eines Gewebes diekwandiger Zellen mit ovalem Lumen, welche gegen das Peristom hin immer kleiner und länglicher werden und das Aussehen eines in die Länge ge- zogenen Netzes zeigen. Schliesslich gehen sie in die langgestreckten Faserzellen des Peristoms über. Wir haben also in diesem Zeil- 330 complex eine analoge Erscheinung der Verbindungszellen der oben besprochenen Moose vor uns. An die Spitze der Peristomzellen schliesst sich dann das Epiphragma an, welches die Kapselmündung nach dem Abfallen des Deckels verschliesst. Seine plattgedrückten Zellen sind durch eine dichte Granulirung etwas verdickt. Diese körnige Beschaffenheit erstreckt sich auch auf die oberen und unteren Peristomzellen und theilt sich sogar den Zellen des Deckels in dieser Region bis zum Ringe mit. Die Gestalt und Entstehung der Peristomzähne bei den Poly- trichaceen ist sehr bemerkenswerth. In ausgewachsenem Zustande sehen wir, dass sie aus einer Anzahl langgestreckter Zellen bestehen, welche an ihrer Spitze und am Grunde derart gekrümmt sind, dass daraus fingerförmige Gebilde mit gleichen Zwischenräumen hervor- gehen. Ein jeder solcher Peristomzahn ist von einer Mittellinie durch- zogen, von welcher beiderseits, gewöhnlich alternirend, die Begrenzungs- linien seiner einzelnen gekrümmten Zellelemente anschliessen. Ein Querschnitt durch ein sehr jugendliches Stadium von Polytrichum zeigt, dass an Stelle dieser hufeisenförmigen Zellen sieh ein Kreis von geradwandigen befindet, welche durch gekrümmte Theilungs- wände derart zerlegt sind, dass sie die Gestalt des ausgebildeten Peristomzahnes bereits andeuten. Der Zwischenraum, den zwei benachbarte Peristomzähne bilden, wird noch lange Zeit von Zellmembran ausgefüllt, so dass an dieser Stelle Deckel und Urne nur durch eine gewundene Naht getrennt werden und beiderseits fingerförmige Zellen abwechselnd in einander greifen. Erst später verschwinden diese gekrümmten Zellen zwischen len ausgebildeten Peristomzähnen. Auf diesen ist die angedeutete Mittellinie nichts anderes, als die ursprüngliche Zellwand. Diese Ver- hältnisse beobachtet man am besten auf einem zur Hauptachse der Kapsel etwas geneigten Schnitte, damit das Peristom tangential ge- troffen wird. Die Anlage des Epiphragmas als eine Grenzschicht zwischen Deckel und Urne ist bereits in sehr jungen Stadien, wenn die Ge- stalt der Kapsel noch nicht angedeutet ist, als eine dichtere Zelllage, welche die Spitze des späteren Sporogons quer durchzieht, zu er- kennen. Was den Inhalt der Ringzellen betrifft, so besteht er grössten- theils aus Schleim, Derselbe nimmt mit grosser Begierde Anilinfarb- stoffe, besonders Methylenblau auf, so dass die Zelle vielfach ganz un- durchsichtig wird. Bei Anwendung sehr verdünnter Farbstofflösungen 331 tritt eine eigenthümliche Schichtung des Schleimes hervor, die in vielen Fällen recht deutlich ist, in andern ganz ausbleibt, Ich erwähne die Erscheinung an dieser Stelle besonders, weil sie beim Schleim der Buxbaumia aphylla in besonders hohem Grade auftritt und möglicherweise noch weiter verbreitet ist. Bei der Färbung der Schleimzellen nimmt man ferner wahr, dass die grossen dünnwandigen Zellen, welche das Operculum aufbauen, von dem Farbstoff ebenfalls beeinflusst worden sind. Wenn es auch bei weitem nicht in so hohem Grade geschieht, wie bei den Ringzellen, so ist es doch nieht zu über- sehen, dass die Zellen des Deckels ebenfalls schleimführend sind. Auch ihr Plasmainhalt ist gewöhnlich stark contrahirt. Aus dieser Thatsache lassen sich nun einige Schlüsse auf die Art des Vorganges beim Oeffnen der Kapsel machen. Durch das Vorhandensein von Schleim in den Zellen des ganzen Opereulums scheint dasselbe weit mehr vor dem Austrocknen geschützt als die Urne, bei welcher bereits durch die einwärts gekrümmten Wände und die grossen Hohlräume um den gewundenen Sporensack ein Zusammenfallen in diesem Sinne vorgezeichnet ist. Auf diese Weise würde leicht ein Abreissen der Urne vom Deckel, welcher infolge einer dadurch bestehenden grösseren Beständigkeit dem Zuge nicht Folge leistet, zu stande kommen. Ein Ablösen des Ringes selbst konnte ieh nicht beobachten und erscheint auch überhaupt fraglich, da er einen Theil des Deckels bildet und in denselben fest eingefügt ist. Vielleicht besteht seine Aufgabe nur darin, dem Theile des Operculums, welcher dem Zuge des Urnen- randes am meisten ausgesetzt ist, vermöge seines grösseren Schleim- inhaltes und damit verbundenen Festigkeit eine bedeutendere Wider- standsfähigkeit zu verleihen. Die weitere Ablösung des Deckels geschieht durch Zerreissen der gegen das Peristom hin sehr zart- wandigen Zellen, wobei, wie Lantzius-Beninga will, die Körne- lung derselben eine Rolle spielen kann, indem die Zellwände dadurch spröder würden. „Sie“ (diese körnige Verdickung nämlich), sagt der Autor, „scheint immer in den Zellen sehr spät aufzutreten; es scheint gewissermaassen die Absonderung dieser Schicht der letzte Lebensakt derselben zu sein, nach dessen Eintreten sie absterben, spröde werden und leicht zerreissen, denn immer sind es die in dieser Weise ver- diekten Zellen, welche bei (ja vor) dem Abfallen des Deckels zuerst zerfallen.“ Pogonatum (Fig. 24). Der anatomische Bau von Pogonatum gegenüber Polytrichum weist eine Reihe sehr wesentlicher Abweichungen auf. Die auf- 332 fallendsten sind der glatt anliegende, nicht gewundene Sporensack und die Bildung seines Ringes. Zunächst vermissen wir die Wölbung des Deckels über den Rand der Urne. Die Kapsel spitzt sich vom Urnenrande ab gleichmässig zu, ohne dass die Ringgegend besonders charakteristisch hervorträte. Eine Ringzelle, ähnlich wie bei Poly- trichum, ist nicht vorhanden; statt dessen bemerkt man, wie die Randzellen der Urne und der Kapsel immer kleiner werden und sich schliesslich in einer Zelle vereinigen, welcher man erst nach dem Ab- reissen des Deckels, das stets unterhalb dieser Zelle erfolgt, eine Zugehörigkeit zum Deckel zusprechen kann. Diese Ringzelle erinnert durch ihr Verhalten in etwas an die Kapsel von Fissidens; auch hier haben wir analoge Verhältnisse kennen gelernt. Der Ring stellt sich dureh die Verdünnung der Kapselwand vielmehr als eine blosse Ab- bruchstelle dar, und die Differenz der Gewebespannung wird viel eher durch die verschiedene Beschaffenheit der Cuticula herbeigeführt, indem der .zum Deckel gehörige Theil sich durch eine tiefere Färbung und jedenfalls grössere Festigkeit vor dem Urnenrande auszeichnet. Ein besonders auffallender Schleiminhalt war durch Färbung nicht nachzuweisen. Um so eigenthümlicher ist das Opereulum construirt. ‚Das lockere, dünnwandige Gewebe, welches das Innere desselben bildet, verändert an der Obertläche plötzlich seine Struktur und stellt sich als ein Gewebe dar, dessen Zellen bedeutend vergrössert, von prismatischer Gestalt und mit ihrer Hauptachse gegen die Cutieula, radial gerichtet sind. Die Färbung erweist ausserdem, dass ihr Inhalt durchweg von Schleim erfüllt ist, was auch von dem tiefer liegenden Gewebe, nur in schwächerem Grade, gilt. Wir haben hier also ganz älinliche Verhältnisse vor uns, wie bei Polytrichum und was dieses durch die Grösse und Gestalt seines Deckels an Festig- keit erreicht, könnte bei Pogonatum durch die auffallende Lagerung grosser, regelmässiger Zellen in der Oberfläche eines weitaus kleineren Deckels seine Wiederholung finden. — Die sonstige Einrichtung der Kapsel stimmt sehr mit Polytriehum überein. Die Verbindungszellen, wenn wir diese hier so nennen dürfen, zeigen dieselbe Anordnung und Eigenthümlichkeiten, und ebenso ist (das Peristom nicht abweichend gebaut. Seine Zähne sind aus ebenso ge- bogenen Zellen zusammengesetzt und tragen an ihrer Spitze das Epi- phragma, dessen Spuren sich in einer feinen Granulirung der Zellwände bis zur Ringzelle verfolgen lassen. Auch hier wäre in der Erklärung von Lantzius-Beninga über diese körnige Beschaffenheit eine Deutung für ihr Vordringen bis an die Oberfläche der Kapsel zu suchen. 333 Das Aufspringen wird nach der grossen Aehnlichkeit mit Poly- trichum in gleichen mechanischen Ursachen zu suchen sein. Fine Abrissstelle konnte ich bei aufsitzendem Deckel nieht mit Sicherheit nachweisen, da die an dieser Stelle sehr hervortretenden Mittel- lamellen zu Täuschungen Anlass geben können. Bei geöffneter Kapsel hingegen fand sich die Bruchstelle constant unter der kleinsten Zelle oder nicht selten auch unter der nächstfolgenden, welche in Fig. 24 mit a angedeutet ist. Catharinea (Fig. 25). Zeigten schon die beiden vorigen Gattungen in ihrem Ringbau sehr erhebliche Abweichungen, so gilt dies in noch höherem Gride in Bezug auf Catharinea, welche in dieser Hinsicht mit den beiden andern gar keine Achnlichkeit aufweist. Schon der sehr abweichende Bau der ganzen Kapsel mit ihrem langgeschnäbelten Deckel und der ungemein stark ausgeprägten Ringgegend lässt dies vermuthen. Der Annulus tritt hier bei noch nicht reifen Kapseln als ein dieker roth- brauner Wulst hervor, der in diesem Zustande bereits eine ausser- ordentliche Festigkeit verräth. Ein Längsschnitt durch die Kapsel zeigt, dass das ganze Ringsystem sich aus einem Gerüst nahezu quadratischer Zellen mit festen Wänden zusammensetzt. Die Regel- mässigkeit ihrer Anordnung macht diesen ganzen Complex schr auf- fallend, indem die Zellen eine gewisse radiale Richtung aufweisen, wonach die zusammenstossenden Zellwände, welche senkrecht zur Hauptachse der Kapsel liegen, von einem entfernt liegenden Punkte ausserhalb des Ringes auszustrahlen scheinen. Von diesen kleinen Zellen liegen in der Regel in drei oder vier Lagen vier oder fünf neben einander, dann folgt eine oder zwei Lagen mit drei Zellen, später mehrere mit zwei und schliesslich nur noch eine. Je tiefer die Lage ist, desto mehr strecken sich die Zellen in der Richtung der Kapselwand in die Länge und nehmen eine rhombische Gestalt an, wodurch dann die radiale Anordnung der Zellwände, besonders weiter unten sehr deutlich wird. Gegen das Innere der Kapsel bleiben die Zellen ebenso starkwandig, werden aber plötzlich sehr viel grösser, langgestreckt und unregelmässig und sind in dieser Be- schaffenheit als die bekannten Verbindungszellen zu betrachten, Je weiter diese in die Gegend des Sporensackes rücken, desto grösser werden sie und bilden schliesslich ein sehr lockeres zartwandiges Gewebe. Das Peristom ist nicht abweichend von Pogonatum und Poly- trichum gebaut, ebenso zeigt sich das granulirte Epiphragma und die 334 körnige Beschaffenheit der Zellwände bis nahe an die Kapselwand in derselben Weise, wie bei vorigen Gattungen. Der Inhalt der kleinen Zellen besteht zum grössten Theil aus Plasma, das nur wenig contrahirt ist. Ebenso ist, nach dem ge- ringen Finfuss einer Färbung zu schliessen, der Schleiminhalt dieser Zellen nur ein geringer. Eine bestimmte Abbruchstelle des Deckels von der Urne konnte ich nicht ermitteln, da die ganze Cuticula an dieser Ringstelle von zahlreichen Mittellamellen durchsetzt ist, unter welchen sich nicht leieht eine Trennungsnaht herausfinden lässt. Dagegen lässt sich bei bereits aufgesprungenen Kapseln, selbst wenn sie schon völlig trocken sind, noch immer der Ringwulst am Rande der Urne erkennen, wonach also die Abrissstelle über demselben liegen muss. Diese Thatsache könnte man schon nach dem, was über die körnige Beschäffenheit der Zellwände an dieser Stelle gesagt wurde, schliessen, Diese Abbruchstelle weist aber keine besonderen Eigen- thümliehkeiten auf, höchstens sind hier die Zellwände noch etwas mehr verdickt, doch scheint mir eben dieser Theil noch dem Deckel- rande anzugehören. Ein Aufspringen würde bei der Einrichtung dieses Ringsystems nach ähnlichen Gesetzen zu stande kommen, wie bei den vorigen Gattungen, indem ein stabiler Theil, in diesem Falle das Zellgerüst des Ringes, und ein weniger widerstandsfähiger, hier der langgeschnäbelte Deckel, im Gegensatz stehen. Was dort durch reichlichen Schleiminhalt an Festigkeit und Elastieität erreicht wird, bezweckt hier ein eigenthümlicher Aufbau kleiner und festwandiger Zellen. In jenem Falle besitzt der Deckel die grösste Festigkeit, hier der Urnenrand. Der ganze Mechanismus bietet eine analoge Erscheinung, wie sie etwa bei Barbula tortuosa und fallax besteht. Tetraphis pellueida (Fig. 26 und 27). Der anatomische Bau des Sporogons dieser Gattung ist nicht allein durch die Beschaffenheit seiner Peristomzähne, wie Lantzius- Beninga hervorhebt, sondern noch in manch anderer Beziehung höchst merkwürdig: Die ganze Familie ist unter den Laubmoosen eine abnorme Erscheinung, so dass sie wohl kein Analogon aufzu- weisen hat. Die Aufmerksamkeit hat Tetraphis von jeher weit mehr durch das eigenthümliche Peristom, als durch die Art und Weise, wie sich seine Kapsel öffnet, auf sich gezogen. Und doch ist auch diese gänzlich abweichend von den andern Moosen, welche hier untersucht wurden. 335 Die ganze Einrichtung hierzu ist jedenfalls höchst einfach und lässt den ganzen künstlichen Ringbau, welcher die übrigen Laubmoose auszeichnet, völlig vermissen. Der Längsschnitt durch die Kapsel zeigt, dass eine Reihe von gleichmässigen rechteckigen Zellen von der Spitze bis nahe gegen den Sporensack hin den Deckel selbst bilden. An einer Stelle, welche sich in der festeren Beschaffenheit der Cutieula offenbart (Fig. 26a), werden diese Zellen schmaler und länger und bilden so den Rand der Urne, so dass also ein ganz, gleichmässiger Uebergang von den Zellen des Deckels in die der Urne stattfindet. Nur die diekere Oberhaut und ihre plötzlich hellere Färbung macht den Gegensatz beider Theile etwas deutlicher. Selbst was den Inhalt der Zellen anbelangt, zeigt sich an dieser Stelle kein Unterschied. Von der Spitze des Deckels, bis etwas unterhalb der angegebenen Trennungsstelle zeigt eine einfache Untersuchung, dass sie reichlich mit Schleim erfüllt sind. Seine Bestimmung ist aler hier eine andere, als wir dies bei den Polytrichaceen schen. Der- selbe ist hier nämlich in hohem Grade quellungsfähig, so dass em Oeffnen der Kapsel dadurch zustande kommt, dass nach Auftreten einiger Risse das ganze Operculum sich in einzelnen Fetzen gegen die Spitze hin abrollt. Bei derartigen Individuen, welche den Deckel abgeworfen haben, bemerkt man ferner, dass auch der Urnenrand vermöge der gleich construirten Zellen an dieser Thätigkeit theilge- nommen hat. Man sieht alsdann die Kapselwand in einzelnen Stück- chen am Rand zerrissen und die Uuticula etwas absteben. Weiter unfen haftet sie indessen noch fest an zum Beweise, dass diese Zellen keinen Schleiminhalt mehr aufweisen. Dieser ganze Vorgang, so einfach er an sich auch ist, bietet aber immerhin noch gewisse Schwierigkeiten in der Erklärung dafür, auf welche Weise dieser Process eingeleitet wird. Selbst reife, geschlossene Kapseln, welche vorher in feuchter Atsmosphäre verweilt hatten oder in Wasser ge- legt wurden, waren nicht zum Aufspringen zu veranlassen. Erst nach- dem künstlich eine Verletzung des Öperculums herbeigeführt war, geschah das Abrollen desselben mit grosser Geschwindigkeit. FE: müssen demnach auch in der Natur gewisse Umstände vorange- gangen sein, welche eine Verletzung der Cuticula veranlasst haben. Dies scheint auch hier wieder durch die Trockenheit hervorgerufen zu werden und der Differenz, welche die Cuticula an der Abbruch- stelle in ihrer Beschaffenheit aufweist, kann man eine Empfänglichkeit für diesen Einfluss wohl nicht absprechen. Ob man den Peristom- zähnen in ihrer hygroskopischen Beschaffenheit eine Mitwirkung an 336 der Zerreissung des Opereulums in trockenem Zustande zuerkennen darf, möchte ich bezweifeln, da die Spannung wohl im Stande ist, einen bereits gelösten Deckel gänzlich abheben zu helfen, aber doch zu schwach, eine zusammenhängende Zellschicht zu verändern. Das Peristom von Tetraphis ist dasjenige Organ, welches wohl am meisten Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen ist. Es genügt darum, nur in Kürze hier darauf einzugehen. Bekanntlich spaltet sich das ganze, innerhalb des Öpereulums gelegene Gewebe, durch zwei senkrecht aufeinander stehende Ebenen in vier Zähne. Die äusseren 2—3 Zelllagen desselben sind dieckwandig und von roth- brauner Farbe, während das Innere von einem hyalinen grosszelligen Gewebe erfüllt ist. Es ist nun schon mehrfach die Frage erörtert worden, ob die Anzahl der Randzellen jedes Zahnes in ihrer Anzahl constant ist oder variabel. Lantzius-Beninga hebt die grosse Regelmässig- keit in der Zahl dieser Zellen hervor und nimmt mit Robert Brown als Grundzahl derselben 32 an, indem sich jeder Zahn durch 7 Längs- streifen ın S Theile zerlegen lässt, so dass auf die äusserste Zell- schicht 8 oder 16 Zellen zu liegen kommen. Schimper hingegen bestreitet diese Annahme mehrfach und hebt die Variabilität der Längsrippen, deren S—14 auftreten können, hervor, so dass von einer Anlage zu der Zahl 32 hier keine Rede sein könne. Zu einem gleichen Ergebnis in neuerer Zeit gelangt Philibert in seinen Untersuchungen über das Peristom der Moose (Revue bryologique 1889 Nr. 1) und sagt daselbst: „Si nous cherchons quel est le nombre de ces cellules color&es sur une möme eirconferenee, nous verrons que ce nombre n’a rien de constant; il est plus grand vers la base, et diminue progressi- vement jusqu’au sommet du peristome; dans la partie inferieur, on en compte le plus souvent de 50 ü 60, de telle sorte que plus tard, quand le cerele primitif se partage en quatre segments, ehacun de ces segments contient en ce point, dans sa couche exterieur, 12 & 15 vangees longitudinales de cellules, sans qu’il y ait Ih rien de bien regulier, et ce nombre variant souvent d’un segment & Vautre dans une m&me capsule, ä plus forte raison d’une capsule A une autre“. Ich kann dieses Ergebniss in der That bestätigen, da ich öfter die Veränderlichkeit in der Anzahl der Zellen in der äussern Schicht zu beobachten Gelegenheit hatte. Derselben liegt durchaus nicht immer die Zahl 32 zu Grunde, so dass eine Analogie in diesem Sinne mit den übrigen Moosen nieht vorhanden ist. Was die Verwandtschaft der Tetraphideen zu den übrigen Moosen anbelangt, so bestreitet Lantzius-Beninga, dass das Peristom von em. 337 Tetraphis irgend welche Aehnlichkeit mit Polytrichum aufweist, sondern hebt hervor, dass diese Familie eine sehr isolirte Stellung einnehme. Auch der jegliche Mangel eines Epiphragmas scheint ihm dafür maass- gebend zu sein, dass Tetraphis mit Polytrichum in gar keiner Be- ziehung stehe, während bei den übrigen Laubmoosen in den über- wiegend meisten Fällen eine dichtere Lage quergestreckter Zellen über. dem Peristom wenigstens die Anlage eines Epiphragmas ver- räth. — Im Gegensatz hierzu hebt Philibert die grosse Achnlich- keit hervor, welche im Querschnitt am Grunde beider Peristome be- steht, ohne jedoch manche bedeutende Unterschiede zu verleugnen. Bekanntlich bestehen die Peristomzähne von Polytrichum aus Bündeln langgestreckter Zellen, welche im Querschnitt ein ähnliches Bild geben wie ein Peristomzahn von Tetraphis. Der Unterschied tritt erst dann hervor, wenn man. einen Zahn im Ganzen betrachtet. Bei Polytriehum erheben sich aus einer Grundlage kleiner cubischer Zellen (eouronne basilaire) ein Bündel langgestreckter Zellen ohne Zwischenwände (fibres vertieales simples); bei Tetraphis dagegen liegen bis zur Spitze eine Reihe continuirlich kürzer werdender Zellen übereinander, öfter durchsetzt von kürzeren und breiteren Zellen. Diejenigen, welche die Spitze bilden, schieben sich bisweilen in schiefer Richtung neben die tieferstehende benachbarte Zelle: „les cellules semblent assez souvent se terminer par un sommet aigu, qui vient se placer oblique- ment & cöte d’une fibre voisine*. Auf Grund dieser Untersuchungen glaubt der Autor den Polytrichaceen eine höhere Entwickelung zu- erkennen zu müssen: „I semble, que dans les Polytriches une &vo- lution plus avancöe du peristome ait abouti & une difförentiation plus complete de ses &ldments. Nachdem Philibert noch Tetrodontium auf sein Peristom hin untersucht hat, kommt er zu dem Resultat, dass wir in den Tetraphideen die Vorläufer der Polytrichaceen zu erblicken hätten: „On peut done considerer ces deux pöristomes comme dependant d’une möme type, dont les Tetraphis nous auraient en quelque sorte conserv6 P’ebauche, et dont les Polytrichs representerai ent un degr& beaucoup plus &leve, un perfectionnement ulterieur‘. Berücksichtigen wir nun noch das Operculum beider Familien, so scheint mir seine Eigenthümliehkeit hier wie dort aus schleimführenden Zellen zusammengesetzt zu sein, die nahen Beziehungen dieser Moose zu einander noch weiter zu bestätigen. Während bei Tetraphis der Schleiminhalt noch gross genug ist, den ganzen Deckel zum Abrollen zu bringen, ist er bei Polytrichum so verringert, dass er nur dazu zu dienen scheint, dem Deckel eine grössere Consistenz zu verleihen Flora, Ergänzungsband z. Jahrg, 1894. 78. Ba. 22 338 und nur in einem einfachen Kreis von Ringzellen, der auch bei manchen Gattungen fehlt, an die eigenthümlichen Schleimzellen von Tetraphis erinnert. Buxbaumia indusiata (Fig. 28 u. 29). Die kleine, nur vier Species zählende Familie der Buxbaumiaceen ist eine so auffallende Erscheinung unter den Laubmoosen, dass das hohe Interesse, welches ihren Vertretern entgegen gebracht wird, sehr berechtigt erscheint, um so mehr, als gleichzeitig die Gattung Bux- baumia verhältnissmässig nur selten aufzutreten pflegt. Sie ist für die eingehende Untersuchung daher nicht jederzeit zugänglich, und dies wäre gerade hier wünschenswerth, da wir bei diesen merkwürligen Pflanzen auch sehr überraschende Untersuchungsresultate voraussetzen dürfen. Ich war nun, durch die freundliche Mittheilung des Ilerrn Prof. Goebel geleitet, in der Lage, in hiesiger Gegend alle drei europäi- schen Species vereinigt aufzufinden und dieselben genauer studiren zu können. Aus diesem Grunde möchte ich etwas mehr auf die Familie eingehen, als ieh es bei den anderen Laubmoosen gethan, wo im Allgemeinen nur der Ring und die Art des Aufspringens be- rücksichtigt wurde, und hoffe, dass auch die übrigen Beobachtungen Aufmerksamkeit finden werden. Von den beiden Buxbaumien: B. indusiata und aphylla ist erstere die seltenere Art. Sie zeigt im ganzen Bau ihrer, wie bei allen Buxbaumia- ceen dorsiventral gebauten Kapsel so tiefgreifende Unterschiede gegen- über der andern Art, dass beide zuweilen (Limpricht: Kryptogamen- flora) getrennt in zwei verschiedene Unterabtheilungen gebracht werden. Unter Eubuxbaumia wird B. aphylla und unter Polyodon B. indusiata gestellt, Schon das äussere Ansehen der Kapsel zeigt nur bei flüch- tiger Betrachtung Aehnlichkeit mit der vorigen Art. Sie ist abge- rundet, ohne den scharfen Rand, welcher der Kapsel von B. aphylla das dorsiventrale Gepräge mit besonderer Deutlichkeit gibt; der Ueber- gang von der Urne in den Deckel findet bei weitem nicht so plötz- lieh statt, wie das bei der andern Art zu sehen ist. Man kann diese Unterschiede als zu unwesentlich für zwei Gattungen bezeichnen; dagegen ergibt der innere Kapselbau noch viel weiter gehende Ab- weichungen. Vor allem gilt dies von dem Ring und dem Peristom. Betrachten wir den Annulus bei B. indusiata im Längsschnitte. Wir finden, dass seine Anlage höchst primitiv ist und von der immerhin noch künstlichen Einrichtung desjenigen von B. aphylla nichts verräth. Der hochgewölbte, fingerhutförmige Deckel wird grössten- theils aus unregelmässigen, grossen Zellen gebildet, welche auf den 339 ersten Anblick in die ganz gleich gestalteten Zellen des Urnenrandes überzugehen scheinen. Die Kapseloberhaut ist sehr diek und wird von Mittellamellen, die hier sehr deutlich hervortreten, durchzogen. An einer Stelle, welche sich bei noch jungen Individuen als ein dunkler Ring charakterisirt, bemerkt man, dass zwei oder drei über einander liegende Zellen von länglich ovaler Form, welche an die Cutieula anstossen, nach aussen hin eine breite Umgrenzung von körniger Beschaffenheit aufweisen (Figur 28a). Dieselben zeigen eine hellbräunliche Farbe und rücken oftmals weit auf der Oberhaut nach aussen hin vor. Die daran anstossenden Zellen nach dem Innern sind unregelmässig hexagonal und, wie bemerkt, von den umgebenden Zellen der Kapselwand nicht unterschieden. Eine Färbung mit Häma- toxylin, Fuchsin oder Methylenblau ändert aber dies Bild, indem diese zwei- oder dreifache Lage der Zellen den Farbstoff begierig aufnimmt und sie somit als eigentliche Schleim- und Ringzellen sichtbar macht. Wir haben also hier nur eine wenig bedeutende Differenzirung der Ring- zellen an der Cutieula zu constatiren, weiter nach innen ist äusserlich keine zu bemerken, so dass gewissermaassen nur eine Schleimlage die Ab- grenzung zwischen Urne und Deckel bildet. Eine eigentliche Naht als Abbruchstelle in der Cutieula konnte ieh nicht auffinden und die Ober- haut scheint hier nur vermöge der angedeuteten körnigen Beschaffenheit abzubrechen. Um den Vorgang beim Aufspringen der Kapsel zu ver- stehen, muss man die Eigenthümlichkeit dieser Art berücksichtigen, welche in einem Ablösen der Epidermis zur Zeit der Sporenreife be- steht und welche der B. indusiata ihren Namen gab. Durch das Ab- vollen der ganzen überall sehr festen und dieken Oberhaut wird das darunter liegende Gewebe der Kapselwand blossgelegt und atmo- sphärischen Einflüssen ausgesetzt, deren wichtigster in diesem Falle die Trockenheit ist, Ein Austrocknen der Urnenwand wird in diesem Falle sehr viel leichter zu Stande kommen und die nächste Folge wird ein Zusammenfallen derselben sein. Widerstandsfähiger dagegen werden sich die Ringzellen infolge ihres Schleiminhaltes erweisen, der ein Austrocknen verhüten wird. Eine Spannung in den benach- barten Gewebetheilen wird eintreten, und schliesslich ein Zerreissen derselben am Ringe herbeiführen. Ein eigentliches Ablösen des Annulus konnte ich dabei nicht beobachten und die Zellen scheinen unregelmässig zu zerfallen oder am Deckel haften zu bleiben. Beides konnte ich nach abgesprungenem Deckel wahrnehmen. Ein bedeutendes Quellungsvermögen muss man diesen Schleimzellen wohl absprechen und sie scheinen allein dem Zwecke zu dienen, die Feuchtigkeit länger Pr .. 340 zu bewahren. Das Operculum weist hier, wie überhaupt bei den Bux- baumiaceen, einen charakteristischen Bau auf. In seinem Scheitelpunkt vereinigen sich die Zellen radial und schliessen an ein Bündel langgestreckter Zellen an, welche eine Art kleiner Columella in seiner Achse bilden. Diese vereinigt sich dann durch Verbreiterung am Grunde mit der Columella der Kapsel, und bildet dort eine Lage kleiner Zellen, welche leicht eine Trennung zu Stande kommen lassen. Der Deckel fällt auch immer mit einem Stück der Columella ab. In den Zwischenraum, welchen die Deekelwand und die Columella bildet, ragt das VPeristom hinein, welehes bei der ganzen Familie ein sehr eigenthümliches Gebilde darstellt. Statt der getrennten Zähne finden wir eine fächerartig gefaltete Membran einen ununterbrochenen Kegel bilden. Derselbe zeigt im Querschnitt eine sternförmige Figur. Die Buxbaumia indusiata zeigt die Abweichung, dass hier nicht ein ein- facher Kreis, sondern ein drei- oder gar vierfacher auftritt. Eine sehr eingehende Beschreibung dieser Verhältnisse gibt Philibert an oben erwähnter Stelle. Der innerste Kreis ist am deutlichsten zu erkennen, man zäht 82 Falten nach aussen und innen. Die ersteren ‘sind in ihrer Länge durch kielartige Verdiekungen verstärkt, während die inneren diese nicht aufweisen. Die äusseren Kreise weisen .diese Faltung ebenfalls auf, jedoch meist in stumpferen Winkeln und keiner solehen Regelmässigkeit in der Zahl. Noch mehr gilt dies von dem nächstfolgenden concentrischen Kreise. Bei jüngeren Individuen be- sonders bemerkt man, dass diese vorspringenden Kiele durch weitere radial verlaufende Querwände mit einander in Verbindung stehen, so dass ein deutliches Netzwerk von Zellen zu Stande kommt (Fig. 29). Die Grösse der letzteren nimmt dabei von innen nach aussen zugleich mit ihrer Regelmässigkeit ab. Eine Eigenthümlichkeit dieser Zell- wände sind die körnigen Verdiekungen auf denselben. Dieselben bilden eine dichte Granulirung und finden sich auch auf den nach innen liegenden Membranen der Kapselwandzellen, so dass die Ver- einigung derselben den vierten concentrischen Kreis eines Peristoms darstellt. Im weitern Verlauf der Entwiekelung werden diese Verbin- dungswände sehr dünn, während die gefaltenen Wände an Dicke zu- nehmen und sind in den meisten Fällen, wo sie überhaupt noch vor- handen, nur mehr an ihrer Granulirung wahrzunehmen. Was daher die Entwiekelung und Auffassung dieser Peristom- kreise anbelangt, so stimme ich mit Philibert überein, der sie als Reste eines ursprünglichen Zellnetzes betrachtet. „Il semble dont que Von peut considerer toutes les dents et le peristome interne lui-möme 341 comme les restes d’un tissu, compos& A l’origine de plusieurs rangees eireulaires de cellules, dont les cloisons laterales et horizontales ce seraient resorbees, tandisque les cloisons tangentielles se seraient £paissies et auraient seules persiste, les unes en demeurant unies entre elles en une membrane continue, les autres en se sepafant suivant des lignes verticales pour constituer des dents ind6pendantes.* Am Grunde der Kapsel bemerkt man eine kleine apophysenartige Anschwellung. Sie bildet einen kleinen Hohlraum, durch welchen die Seta hindurchgeht und den Sporensack trägt. Dieser selbst ist von einer Lage sehr kleiner, dicht gedrängter Zellen umgeben und steht mit der Kapselwand durch gegliederte Spannfäden im Zusammenhang. Dieselben finden sich auch in der Apophyse. Die Seta ist kurz und diek, mit granulirter Epidermis. Ihr inneres Gewebe ist sehr viel lockerer als die Rindenschicht und sieht einem Markstrang nicht un- ähnlich. Eigenthümlich ist der untere Theil dieses Stieles bei allen Bux- baumiaceen gebaut. In das kleine, rundlichovale Stämmchen, welches in jugendlichstem Stadium die bei dieser Gattung sehr hinfälligen Blätter trägt, ist die Seta tief eingesenkt und keulenförmig verdickt. Ihre Aussenschicht ist hier mit Saugfäden unkleidet, welche ein dichtes Gewebe bilden und aus dem Stämmchen die Nahrung empfangen. Dieses ist seinerseits wieder an der Oberfläche mit einem dichten Filz brauner Rhizinen umkleidet. Der Zweek dieser Einrichtung ist offen- bar in einer Oberflächenvergrösserung des nahrungsaufnehmenden Organs zu suchen. Buxbaumia aphylla (Fig. 30 u. 31). Wie bemerkt, weist diese Art eine Reihe selır wesentlicher Ab- weiehungen von der vorigen auf, und was den anatomischen Bau der Kapsel anbelangt, so ist es vor allem der Ring und das Peristom und die damit verbundene Aenderung des Operculums, welches diese grosse Verschiedenheit hervorruft. Der Annulus ist hier ein verhältnissmässig complieirtes Gebilde und besteht aus zwei gesonderten Theilen, einem inneren und einem äusseren. Der letztere geht hervor aus einer einfachen, aber sehr breiten Lage von etwa 10--14 kleinen, ovalen Zellen, welche über einander liegend unter der Cutieula einen Gürtel um die Kamen mündung bilden. Ihre Wandung ist so beschaffen, dass die Ober- haut nur noch mit dünnen Membranen an das darunter liegende Gewebe angeheftet ist und leicht abreissen kann. Diese Zelireihe unter- 342 scheidet sich von den folgenden ganz gleich gebauten Epidermzellen nur durch ihren Inhalt. Derselbe besteht nämlich aus Schleim, welchem in einem so hohen Grade Verquellbarkeit zukommt, wie ich es sonst nirgends bei anderen Moosen wahrnehmen konnte. Ein wenig Wasser auf einen Längsschnitt durch die Kapselwand macht den Vorgang anschaulich. Der Inhalt der kleinen Zellen beginnt sich in die Länge zu strecken und wurmförmige Schleimmassen zu bilden, welche von der losgesprengten und nunmehr abstehenden Epidermis nach innen hervorragen (Fig. 31) und zapfenartig in die inneren Alveolen der Oberhaut eingefügt sind. Die Struktur dieses Schleimes ist höchst auffallend. Am deutlichsten tritt sie durch eine sehr schwache Methylenblaufärbung hervor, doch ist sie auch ohne solche schon zu erkennen. Eine starke Lösung ist nicht vortheilhaft, da der Schleim diesen Farbstoff so stark in sich aufnimmt, dass er fast schwarzblau und undurchsichtig wird. Während sonst die Tinetion des Ring- schleimes nur eine diffuse war, tritt hier eine ungemein klare parallele Schichtung senkrecht zur Ausdehnungsrichtung auf, Üefter sielit man sogar die Schleimmasse in dieser Richtung zerrissen und das Ganze gewährt den Anblick, wie ihn Fig, 31 veranschaulicht. Die Eigen- schaft und das Aussehen erinnert unwillkürlich an Stärkekörner mit ihrer schaligen Struktur. Die wieder eintrocknenden Schleimkörper schrumpfen auf ein Minimum zusammen und füllen nur die Aus- buchtungen der Epidermis, um beim Befeuchten immer wieder auf- zuquellen. Man kann das Experiment beliebig oft wiederholen, ohne dass diese Eigenschaft verloren ginge. Eine Andeutung dieses orga- nisirten Aussehens der Schleimsubstanz ist mir bereits bei Poly- trichum aufgefallen und ich habe es bereits erwähnt, dort ist es in- dessen lange nicht so klar ersichtlich. Infolge dieser Quellung des Schleimes bei B. aphylla wird nun der Ring zersprengt und klafft in einzelne Stücke zertrennt von der Kapsel ab (Fig. 30 aa). Das unter diesen Ringzellen liegende Gewebe im Innern der Kapsel wird aus kleinen starkwandigen und unregelmässigen Zellen gebildet, welche nach oben zu länger gestreckt werden und infolge einer dünnen membranartigen Zellwand eine durehscheinende Be- schaffenheit annehmen. Zuletzt werden sie schmäler und bedeutend verlängert und verlaufen (Fig. 30r) in schiefer Richtung von aussen nach dem Inneren des Deckels und bilden, wenn letzterer abgefallen ist, einen nach oben zugeschärften, ausgenagten Zellkranz. Die wichtigste Eigenschaft dieses Zellkomplexes ist die, in feuchter Luft zu verquellen, d.h. seine Elemente sind ebenfalls schleimführend, 343 wenn auch nicht in dem Grade, wie bei dem äusseren Ring. Eine geeignete Färbung lässt dies deutlich hervortreten. Man muss dieses Gebilde vermöge seiner Function als einen wirklichen Annulus an- sehen trotz seiner von der der übrigen Laubmoose sehr abweichenden Form. Es ist im allgemeinen richtig, wenn Philibert sagt: „Ce qui constitute les veritables anneaux, c’est une difföreneiation de quel- ques cellules de la couche la plus exterieur de la capsule, qui, vers le point oü Vopercule doit se detacher s’epaississent d’une fagon partieuliere et prennent des formes spdejales“. Unrichtig dagegen ist es zu behaupten: „Iei, (B. aphylla) au contraire, il s’agit de eouches interieures et profondes, oceupant exactement la place des celles qui forment le peristome dans les autres mousses“, Diese Ringzellen treten thatsächlich bis an die Oberfläche der Kapsel heran und werden nach Abspringen des äussereren Ringes gänzlich blossgelegt. Sie zeigen immerhin eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Ring von B. indusiata, was ihre Lage in der Aussenwand betrifft, und sind wahrscheinlich gleichen Ursprungs. Den Ring dieser Art aber mit dem Peristom in irgend welche Verbindung bringen zu wollen, scheint mir ganz unzulässig. Beide Ringe sind Gebilde der Kapselwandzellen und reichen nur bis zum wirklich vorhandenen Peristom heran. Ihre Lage so definiren zu wollen, als nähmen sie die Stelle des Peristoms bei Jen übrigen Moosen ein, ist höchstens dem ersten Augenschein entsprechend. Hier wie dort ist der Ring, wenn ich mieh so ausdrücken darf, der Abschluss des Urnenrandes, bestehend aus einem im Allgemeinen schleimführenden Zellenkranz. Infolge der eigenthümlichen Gestalt des Urnenrandes ist auch das Operculum von anderer Form als bei B. indusiata, Dort ist es an seinem unteren Rande gerade abgeschnitten, während es hier einen lang zugeschärften Rand mit entsprechend gelagertem Zellgewebe be- sitzt. Seine Zellwände sind ziemlich dick und von rothbrauner Warbe, Das ganze Gebilde ist fingerhutförmig und trägt in seiner Axe die Fortsetzung der Columella, welche mit dem Deckel verbunden ab- fällt, ganz in gleicher Weise, wie bei B. indusiata. Eine weitere Verschiedenheit weist diese Art gegenüber der vorigen auf durch ihr einfaches Peristom. Wir finden hier nur einen in der beschriebenen Weise gefalteten Membrankegel von blassgelber Farbe und körniger Beschaffenheit. Derselbe entspricht dem innersten Peristomkreise bei B. indusiata, ist also der Columella des Deckels zunächst liegend. Er gleicht demjenigen der anderen Art in allen Stücken, nur sind hier die äusseren Kielleisten noch stärker entwickelt, 344 wie man deutlich auf dem Querschnitt wahrnimmt. Ausserhalb dieser Membran findet sich ein Ring von Zähnen, welche aus Zellwänden, die in stumpfen Winkeln sehr unregelmässig zusammenstossen, gebildet werden und den äusseren Peristomen der B. indusiata entsprechen würden, nur haben sie diesen ausgesprochenen Charakter nicht mehr aufzuweisen. Allein ihre granulirte Oberfläche lässt eine nähere Be- ziehung zu dem eigentlichen Peristom erkennen. Da mir nur gänz- lich ausgereifte Kapseln zu Gebote standen, so konnte ich nieht mit Sicherheit nachweisen, ob die vorspringenden Peristomleisten noch durch Zwischenwände mit dem äusseren Zellgewebe einerseits und der Columella andererseits in Verbindung stehen, doch zweifle ich daran nicht, da auch bei B. indusiata in späterem Alter diese Wände ent- weder ganz verschwinden oder äusserst dünn werden. Weiter nach aussen gegen die Kapsel- resp. Deckelwand zu schliesst sich eine mehr oder minder breite Lage von ovalen oder sechseckigen Zellen an, deren Wände glatt und dünn sind. Dies ist nichts anderes als der Ring, welcher im Querschnitt an der Spitze sehr schmal, weiter unten immer breiter wird, während die äusserste Lage diekwandiger Zellen, der Deckelrand, natürlich die umgekehrten Phasen durchläuft. Eine Färbung lässt diesen Unterschied sehr deutlich hervortreten, indem die Ringzellen lebhaft tingirt werden. Von den extremsten Schnitten zeigt der oberste nur das gefaliete Peristom, welches die Ringzellen überragt, und das Gewebe des Operculums, der tiefste, im unteren Theil des Aussenringes zeigt das Peristom, das starkwandige Gewebe der Kapselwand und einen schmalen Kreis von Ringzellen dieht unter der Cuticula. Eine Färbung in diesem Falle beeinflusst bloss diese letzteren Zellen. Ein geeigneter dritter Schnitt zeigt, dass die Zellen des inneren Ringes in einer gewissen Ilöhe bis an die Cutieula heranreichen, das ist dort, wo der obere Rand des äusseren Ringes und der Deckelrand zusanımenstossen. Die Verhält- nisse liegen somit schr klar zu Tage und eine Auslegung Philibert’s, als nähmen die quergeselmittenen Zellen des Innenringes hier die Stelle des äusseren Peristomkreises bei B. indusiata ein, und als ständen beide Organe zu einander in gewissen Beziehungen, scheint etwas zu künstlich. Der übrige Bau der Kapsel weist keine wesentlichen Abänderungen von dem der B. indusiata auf. Alles dort Gesagte über den Sporen- sack, die Apophyse, die Seta und ihre Haustorialfäden im Innern des Stämmchens finden hier ihre Wiederholung. Nur ist mir aufgefallen, als ob die mit reichen Plasmainhalt versehenen Zellen des Stämmchens 345 in der Umgebung der Saugwurzeln erheblich kleiner seien als bei der anderen Art. Diphyseium foliosum (Fig. 32 und 33). Diese interessante Gattung schliesst sich in ihren Hauptmerkmalen so eng an die vorige an, dass eine nahe Verwandtschaft mit ihr wohl kaum ernstlich in Zweifel gezogen werden kann. Dass es trotzdem schon geschehen ist, hat Diphyseium hauptsächlich seinem Habitus, welcher sich vermöge der reichlichen Perichätialblätter dem der übrigen Laubmoosen nähert, zu verdanken. Wenn wir indessen berücksich- tigen, dass derartige Blattgebilde selbst bei Buxbaumia in ihren Jüngsten Entwickelungsstadien auftreten, nachher aber verschwinden, und dass sich bei Diphyscium alle Verhältnisse, welche Buxbaumia auffallend machen, wieder finden, so ist es doch sehr naheliegend, diese nicht minder merkwürdige Gattung mit voriger in eine Vamilie zu vereinigen, Die Kapsel ist ebenfalls dorsiventral gebaut, stark blasig aufge- trieben und mit einer verhältnissmässig zarten Epidermis überkleidet. Das Operculum ist ziemlich klein und lang zugespitzt. Anfangs wird es von einer kleinen Calyptra nur theilweise überdeckt. Seine Ver- bindung mit der Mündung der Kapsel wird durch ein System wohl- ausgebildeter Ringzellen vermittelt. Die Ausbildung dieses Organs lässt die Vermuthung zu, dass die Gattung Diphyscium in der That ihrer Entwickelung nach über die Buxbaumien gestellt werden muss. Ein Längsschnitt (Fig. 32) zeigt, dass der Ring aus meist zwei Lagen, seltener drei, über einander liegender Zellen besteht, welche zusammen- genommen öfters eine einzige rechteckige, gebogene oder ovale Zelle darzustellen scheinen. Sie sind häufig von ungleicher Länge und eine überragt die andere. Ueberhaupt kann man ihnen eine allzugrosse Regelmässigkeit in ihrer Form nicht zuerkennen, und auf den ersten Blick erinnerten sie mich in etwas an die schleimführenden Zellen. der Buxb. indusiata, Der Unterschied von diesen ist aber bedeutend, denn die Ring- zellen von Diphyscium gehören nur der Epidermis an, während die der genannten Buxbaumia in mehreren Reihen bis an das Peristom herantreten. Wir haben in diesem Bing also ein Gebilde, welches viel Analogie mit dem der übrigen Laubmoose aufweist, ohne wiederum eine nähere Beziehung zu der verwandten Gattung zu verleugnen. Meist sind die unter den eigentlichen Ringzellen liegenden Kapsel- wandzellen von jenen ohne Weiteres kaum zu unterscheiden, doch 346 lässt eine Färbung den Unterschied sofort hervortreten. Die Ring- zellen nehmen sehr begierig den Farbstoff auf, während die benach- barten nicht beeinflusst werden. Zuweilen wollte es mir scheinen, als ob die in das Innere gegen das Peristom liegenden Zellen, welche an den Ring anstossen, eine deutliche, wenn auch schwächere Für- bung erfahren hätten. Diese Erscheinung würde noch mehr an Buxb. indusiata erinnern. Doch ist mir das nur sehr vereinzelt begegnet und möglicherweise nur ein zufälliges Eintreffen. Das Plasma der Ringzellen ist stark contrahirt und wenn keine Täuschung vorliegt, so glaube ich an dem umliegenden Schleiminhalt eine concentrische Schichtung wahrgenommen zu haben; dies nicht vereinzelt, sondern immer. Die Ringzellen treten etwas in die Cuticula herein, wodurch dieselbe hier bedeutend dünner wird. Eine Abbruchstelle konnte ich nicht auffinden. Doch muss ich bemerken, dass die Untersuchungen an noch ziemlich jungen Individuen vorgenommen wurden. Beim Aufspringen der Kapsel scheint das Parenehymgewebe innerhalb der Ringzellen einfach zu zerreissen, was bei seiner Zartleit wohl keine grossen Llindernisse bereiten würde. Möglicherweise vertrocknet cs bereits vor dein Abfallen des Deckels; jedenfalls konnte ich in diesem Stadium keine Differenzirung währnehmen, die eine spätere Trennung angedeutet hätte. Das Peristom von Diphyseium ist von allen Buxbaumiaceen wohl am klarsten entwickelt. Wir sehen nur einen faltigen Membrankegel, mit zahlreichen Papillen übersät. Seine äusseren Falten sind dureh kielartige Verdiekungen ausserordentlich verdiekt und die Zahl der- selben ist auf 16 redueirt. Dieselben sind amı Grunde des Peristoms mit dem zarten Gewebe in der Ringgegend direct verwachsen. Von äusseren körnigen Membranen, wie sie selbst bei Buxb. aphylia deut- lieh wahrzunehmen sind, ist hier nichts vorhanden. Bei einem höher liegenden Querschnitt sieht man zwischen der sternförmigen Peristom- figur und der Kapselwand einen leeren Raum, Iu der Höhe des Ringes (Fig. 33) sieht man die starken Kielleisten mit dem Innen- gewebe verwachsen, worauf dann unter der Uuticula die Ringzellen folgen. Die sonstigen Eigenschaften des Peristoms, seine Fähigkeit, die Kapselmündung durch Drehung der Falten zu verschliessen, theilt es mit den übrigen Buxbaumiaceen und sind hinlänglich bekannt. Betrefts des Saugorgans von Diphyscium ist dasselbe zu sagen, wie bei Buxbaumia, nur finden wir das Stämmehen mit lang zuge- spitzten Blättern reichlich besetzt. Die Seta ist hier sehr klein, so dass die Kapsel auf der Erde zu sitzen scheint und die keulen- 347 förmige Verdiekung, mit welcher sie in den Stamm eingesenkt ist, erscheint hier nicht so kräftig ausgebildet. Im übrigen findet sich hier dasselbe Geflecht von Ilaustorialfäiden am Fusse des Stieles. Zum Schlusse möchte ich über diese merkwürdige Familie der Buxbaumiaceen noch eine Betrachtung anknüpfen über das Alter und die systematische Stellung derselben. Es ist schon öfter die Ver- muthung ausgesprochen worden, dass die Buxbaumiaccen angesichts ihrer zuweilen sehr primitiven Organe die Reste einer früheren, weit mehr verbreiteten Pflanzenfamilie seien. Schon eine Reihe ganz äusserlicher Umstände muss auf diese Vermuthung führen, und in seinen Etudes sur le peristome spricht dies Philibert auch aus. Durch die Untersuchungen Goebels: Archegoniatenstudien (Flora: Erg.-Bd. 1892) über die Geschlechtsgeneration der Buxbaumiaceen gewinnt diese Ansicht nun einen weiteren, sicheren Boden. Danach ist es erwiesen, dass die Sexualpflanzen von Buxbaumia auf einer sehr niedrigen Entwickelungsstufe stehen, während hingegen die männ- lichen Pfianzen von Diphyseium mit denen der übrigenMoose überein- stimmen. Auch ist hier die weibliche Pflanze mit mehreren Arche- gonien versehen, und die Blätter zeigen eine weitaus höhere Entwiekelung. „Dies Verhältniss“, sagt demnach Goebel, „ist wohl dahin aufzu- fassen, dass die Buxbaumiaceen eine sehr alte Familie sind, von der, so weit wir wissen, nur zwei Formen, Diphyscium und Buxbaumia, erhalten geblieben sind. Von diesen ist die eine, Buxbaumia, auf einem primitiven Gestaltungszustand stehen geblieben. Die andere dagegen hat eine Entwickelung erfahren, welche sie der der anderen Moose nahe gebracht hat.“ Der Einwurf Bowers, dass die geringe Entwickelung der Sexualpflanzen bei Buxbaumia in ihrem sapro- phytischen Charakter eine Erklärung fände, also ein redueirter Ent- wickelungsgrad wäre, ist nicht annehmbar. Denn „erstens liegt für den Saprophytismus der Buxbaumia keinerlei Beweis vor®*, da das Substrat, faulendes Holz ebensogut nur als ein Schwamm und somit als günstiger Nährboden wirken kann, und ausserdem der Chloro- phylImangel in den Blättern der Buxbaumia reichlich durch das Chlorophyll im Protonema Ersatz findet, zweitens kann die sapro- phytische Lebensweise doch kaum die Bildung eines Organes wie den Annulus beeinflussen, welcher gerade hier auch die graduelle intwickelung verräth. Betrachtet man den sehr einfachen Bau dieses Gebildes bei den Buxbaumiaceen im Vergleich mit dem künstlichen Ringsystem der übrigen Moose, so gewinnt die Ansicht vom hohen Alter der Buxbaumiaceen einen neuen Boden. Ein einfacherer Bing, 348 wie bei der Buxb. indusiata, als eine Lage unregelmässiger, nicht differenzirter Schleimzellen ist wohl nicht denkbar. Zwar erscheint der Ring bei Buxb. aphylla künstlicher angelegt, aber immerhin lässt er bestimmt abgegrenzte Formen, besonders gegen den Urnenrand vermissen. Eine weit höhere Entwickelung dagegen zeigt der Ring von Diphyseium, der seiner ganzen Anlage gemäss sehr an den Ring der übrigen Laubmoose erinnert und gewissermaassen dessen primi- tivste Form vorstellt. Also auch hier bemerken wir die höhere Ent- wickelung von Diphyscium und dazu bei einem Organ, das durch die saprophytische Lebensweise schwerlich beeinflusst werden kann und der oben angeführte Auspruch Goebel’s gewinnt hier eine weitere Bestätigung. Ferner erscheint esnach Goebel auf Grund aller Ergebnisse über die Erforschung der Buxbaumiaceen zweckmässiger „diese recht ver- einzelt stehende Gruppe nicht wie bisher unter das Gros der acrocarpen Bryineen zu stellen, sondern ihnen ebenso wie den Sphagnaceen und Andreaeaccen eine gesonderte Stellung anzuweisen. Die im Pflanzen- reich öfters wiederkehrende Thatsache, dass in einem grösseren Ver- wandtschaftskreise primitive Charaktere bald da bald dort sich erhalten haben, spricht, wie mir scheint, nicht für einen Stammbaum, sondern für ein strahlenförmiges Auseinandergehen der einzelnen Formen, wobei die Uebereinstimmung derselben dureh die stoffliche Ueberein- stimmung, wie sie schon im Ausgangspunkt gegeben ist, bedingt wird“. Die mitgetheilten Untersuchungen wurden in dem pflanzenphysio- logischen Institut zu München auf Veranlassung des Herrn Professor Dr. Goebel durchgeführt. Ich finde hier eine erwünschte Gelegen- heit, meinem sehr verehrten Lehrer für seine bereitwillige Unterstützung und beständige Anregung meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. München, den 4. Juli 1894, Erläuterung der Figuren. Die Figuren wurden mittels des Zeichenprismas von Oberhäuser entworfen und sind mit einer Ausnahme (Fig. 30 9Vfach) alle in einer 175fachen Vergrösserung gezeichnet. Fig. 3. Anmnulus von Funaria (Längsschnitt). Fig. 2 n s n (Querschnitt), Fig. 8. n r n (Querschnitt nach dem Aufspringen). Fig. $u.5 6 Annulus-Zellen im Querschnitt vor und nach dem Aufspringen. Fig. 6. Annulus von Bryum (Längsschnitt). Fig. 7 » „ Muium hornum n | a Fig, Fig, Fig. Fig. 8. Annulus von Mnium punetatum (Längsehnitt). 9 10. 1. 12. . 18, 1a. 15. . 16. AT. . 18, . 19, g. 20. „21. Ceratotdon " Distiehium n Hypnum „ Amblystegium " Brachytliecium „ Rhynchostegium n Dieranum » Barbula n Dieranella n Fissidens on Orthotrichum „ Grimmia F Bartramia „ Pottia n Polytrichum 7 Pogonatum » Catharinea P Tetraphi- ” „ (Querschnitt). Buxbaumia indusinta (Längsschnitt). ” ” „ (Querschnitt). aphylla (Längsschnitt). » (Querschnitt). n Diphyseium (Längsschnitt). n (Querschnitt). 349 Ueber die Reproductions- und Regenerationserscheinungen bei den Lebermoosen. Von W. Schostakowitsch. Die überaus bedeutende Verbreitung der L,ebermoose ist in hohem Grade durch die Fähigkeit zur ausgiebigen ungeschlechtlichen Fort- pflanzung bedingt. Diese ungeschlechtliche Vermehrung geschieht entweder vermittelst der Adventivsprosse oder der aus einer oder vielen Fellen bestehenden, von der Mutterpflanze sieh ablösenden besonderen Gebilde, welehe Brutzellen, Brutkörnchen oder Brutknospen heissen, je nachdem sie aus einer oder vielen Zellen bestehen. Diese Gebilde entwickeln sich unter günstigen Bedingungen zu vollständigen Pflanzen. Fast unter allen Gattungen der Lebermoose gibt es Arten, welche dieses Mittel der Verbreitung besitzen. Den einfachsten Fall der Vermehrung durch Adventivsprosse stellt Metzgeria furcata vor. Jede der die Pflanze zusammensetzenden Zellen kann unter den ge- wissen Umständen die neue Pflanze reproduciren. Gerade diese Pflanze zeigt am besten, dass es keine Ürenze zwischen Adventivsprossen und Brutknospen gibt. Einige Arten von Metzgeria vermehren sich ver- mittelst der Adventivsprosse, welche sich im Zusammenhange mit ihrer Mutterpflanze entwickeln; bei anderen Metzgeriaarten lösen sich die Anlagen der Adventivsprosse von der Pflanze ab und entwickeln sich weiter selbständig, in diesem Falle also geht die Vermehrung mittelst der Brutknospen von statten. Anders geht die ungeschlechtliche Fortpflanzung bei der Aneura und den foliosen Jungermannien von statten. Diese produeiren erst besondere Gebilde, Brutknospen, welche die Fähigkeit, die mütter- liche PHlauze zu entwickeln, besitzen. Die Entwiekelung der Brutkörnchen von Aneura ist besonders interessant wegen der Analogie mit der Bildung der Schwärmsporen bei Algen. Ruge (Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsorgane 351 der Liebermoose, Sep.-Abdr. aus Flora 1893, I. 4, p. 27) beschrieb die Entstehung dieser Gebilde folgenderinaassen: „Bei diesem PHänz- chen beobachtet man auf der Oberfläche des Laubes eine ungemein reiche Brutzellenbildung, und zwar liegt an Jüngeren Thallustheilen innerhalb fast jeder ÖOberflächenzelle ein im ausgebildeten Zustande kugelig sphäroidales Brutkörnehen, das mit einer ziemlich derhen Membran umgeben und dureh eine Querwand getheilt ist, Dasselbe schlüpft nach Sprengung der Oberhaut der Mutterzelle wohl infolge der Quellung der inneren Schichten heraus, und man sieht daher die Öberflächenzellen auf Schnitten vielfach leer, mit durchbrochener Öberhaut, sonst aber intacten Wänden, ® Bei den foliosen Jungermannien bilden sich Brutknospen meistens an den Blättern, deren Zipfel in diesem Falle mehr oder weniger grosse Ansammlung von Brutknospen tragen. Diese Brutknospen entstehen auf zwei verschiedene Arten. Im ersten Falle, der öfters vorkommt, geht die Entwiekelung der Brutknospen von dem Vexe- tationspunkte aus. TIieher gehört z. B. die Brutkörnehenbildung von Jungermannia ceurvifolia. Der Dorsalzipfel jedes Blat- tes der Brutkürnehen produ- eivenden Pflanze bleibt unvoll- kommen entwiekelt und hat an seinem Ende Häufen von Brut- % körnchen. Noch die ganz jungen nur aus einigen Zellen bestchen- den Blätter (Fig. 1) sind schon in der Bildung der Brutkörnchen Fir. 1. (415/1) begriffen, Die Zellen, aus denen OR BR ER ie Brut spterdorDorsazpfles ten. KARIN MIET INT, TOT hervorgeht, stülpen sich aus; Dorsalzipfel des Blattes mit Brurkörnchen; diese Ausstülpungen trennen b (las zweite Blatt umge«lrcht. sich durch Querwände und waeh- sen zu langen verzweigten Ketten aus, wobei die Zellen den Ilefezellen ähnlieh sind. Diese Zellen vergrössern sich allmählich, runden sich ab und stellen bei den ganz entwickelten Blättern einen Haufen lose mit einander verbundener Zellen vor, welche sehr leicht auseinander fallen. Jede einzelne Zelle stellt jetzt ein reifes Brutkörnchen dar, welches die ganze Pflanze zu reprodueiren im Stande ist. Bei Jungermannia eurvifolia wurden nur wenige Zellen jedes Blattes zur Bildung der Brutkörnchen verbraucht. Bei anderen Junger- 352 mannien, welche auch Brutkörnchen bilden, geht nach und nach immer die grössere und grössere Zahl der Zellen der aufeinander folgenden Blätter zur Brutkörnchenbildung und schliesslich wird das ganze Ge- webe des Blattes für Brutknospenbildung verwendet und die von der Scheitelzelle abgeschnittenen Segmente werden total für Brutkörnchen verbraucht. Solche Fälle kann man oft bei Jungermannia bieuspidata beobachten (der Vegetationspunkt der in der Brutknospenbildung be- griffenen Junger. bieuspidata ist von Leitgeb abgebildet. Unter- suchungen über Lebermoose Heft 3, Taf. VII, Fig. 10). Die andere seltenere Art der Brutknospenbildung besteht darin, dass die Rand- zellen der ganz erwachsenen Blätter sich zu theilen anfangen und sich zu Brutknospen entwickeln. In der Thätigkeit des Vegetationspunktes tritt keine Aenderung ein und die jungen neugebildeten Blätier haben durchaus normale Form. Solche Brutknospen besitzen einige Lejenia-Arten, Radula com- planata etc. Die Randzellen der Blätter von Dophocolea bidentata produeiren auch ähnliche Brutknospen, welche nur dadurch von den obener- wähnten sich unterscheiden, dass jede Brutknospe oder, hier besser gesagt, Brutzelle aus einer Zelle besteht. Die Artihrer Entwickelung aus Rand- zellen ist mit der Bildung der Brut- körnchen bei Jungermannia eurvifolia 7 ganz identisch. Manchmal wachsen die Rand- Pig. 2. (15/0 zellen in den langen gegliederten Lophocolea bidentata. Randpartie Haaren, die an ihren Enden Brut- des Blattes mit einem Brutkörnchen körnchen bilden. (Fig. 2.) produeirenden Haar. In vielen Fällen ist die Ent- stehung der Brutkörnchen an ein be- sonders differenzirtes Organ gebunden. Das anschauliche Beispiel stellt Marchantia polymorpha vor, bei der die Brutknospen sich in besonderen Organen Brustknospenbehälter bilden. Zwischen den beiden extremen Fällen, in denen jedes Blatt Brutknospen produeirt und in denen Brutknospenbildung streng localisirt ist, existiren zahlreiche Zwischenstufen. Die Sprosse vieler foliosen Jungermannien, welche Brutkörnchen bilden, hören auf Blätter zu erzeugen, werden ortlıo- 353 tropisch, wachsen senkrecht empor und bilden an ihren Einden zahl- reiche Brutknospen (z.B. Calypogeia Triehomanes). R uge (Beiträge zur Kenntniss ete.) hat eine Metzgeria beschrieben, die von Dr. Lager- heim in Quito gesammelt wurde und besondere stielrunde, empor- wachsende Sprosse besass, welche an ihren Enden eine Menge von Brutknospen produeirten. Eine ähnliche Metzgeria wurde von mir in der „Partnachklanım* (Garmisch) gefunden. Die Bedeutung der Brutknospen für die Vermehrung der Leber- moose ist sehr bedeutend, da die Zahl der durch eine Pflanze pro- dueirten Brutknospen manchmal sehr beträchtlich ist. So gibt Reinsch z. B. an (Der Bau und die Genesis der Brutkörner der Jungermannia undulata, Linnaea Bd. 29), dass jedes Blatt von Jungermannia undulata im Durchschnitt 672 und das Ende des Sprosses sogar bis 3400 Brut- zellen bildet. Wie dieses Mittel der Vermehrung zwischen den Leber- moosen verbreitet ist, kann man daraus sehen, dass es zwischen einheimischen Lebermoosen mehr als 40!) Arten mit Brutknospen- bildung gibt. Die Keimung der Brutknospen ist wenig untersucht. Ausser sehr mangelhaften Angaben vonBerggren (jaktagelseröfver Mossornas kön- lösa Fortplantning genom Groodknoppar och med dem analoga Bildungsar) über die Keimung der Brutkörnchen von Jungermannia ventricosa und saxicola ist mir keine andere Arbeit bekannt. Desshalb habe ich eine Aussaat der Brutkörnchen einiger Lebermoose gemacht und die Keimung dieser Gebilde untersucht. Fig. 3. (276,1) Fig. 4. (276/1) Fig. 5. (415/1) Blattzipfel von Lopho- Brutkörnehen von Lo- PBrutköruchen mit erster aus eolea bidentata mit phocolea bidentata. ihm hervortretender Pflanzen- Brutkörnchenbildung. anlage. Die Brutkörnchen von Lophocolea bidentata stellen unregel- mässige Anhäufungen von lose mit einander verbundenen Zellen dar. Diese Aggregate fallen von den Blättern ab und wachsen einige Zeit 1) Nach Nees v. Esenbeck. 23 Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. ?8. Bd. 354 lang, wobei jede Zelle zur Zellkette auswachsen kann. Manchmal beobachtet man ein Wachsthum vermittelst einer zweischneidigen Scheitelzelle (Fig. 4), einige Zellen wachsen zu den Rhizoideen aus. Die Anlage der Pflänzchen geschieht dadurch, dass in der End- zelle eine Wand schief zur Längsachse der Zellkette auftritt, gleich darauf eine andere in der entgegengesetzten Richtung. Die dritte Wand bildet schon die dreiseitig pyramidale Scheitelzelle (Fig. 5). (Man vergleiche Leitgeb’s Unt. üb. Lebermoos. H. 2 pag. 67). Die Scheitelzelle liegt also nicht direet auf der Längsachse der Kette, sondern seitlich. Die ersten Segmente, welche die Scheitelzelle bildet, entwickeln ganz rudimentäre, aus einer Längsreihe der Zellen be- stehende Blätter. Nur von gewisser Zeit ab nehmen die Blätter normale Form an. Die Amphigastria treten viel später auf. Die junge aus der Brutknospe hervorwachsende Pflanze hat dureh- aus normales Aussehen, nur ist sie bedeutend kleiner als die gewöhn- liche Lophocoleapflanze. Die Brutkörnchen von Calipogeia Trichomanes stellen ovale aus zwei Zellen bestehende Körper vor. Bei der Keimung wachsen beide Zellen oder nur eine in mehr oder weniger lange Schläuche aus (Fig. 6), welche aus vielen Zellen bestehen, die durch zur Länge des Schlauches senkrechte Wände getrennt sind. Manchmal wächst von Anfang an das Brutkörnchen mittelst zweischneidiger Scheitel- zelle und bildet dann keine prothonemaähnlichen Schläuche, sondern eine Zellfläche (Fig. 6). Einzelne Zellen der gebildeten Schläuche wachsen in Rhizoide aus, Nach einiger Zeit tritt in der Endzelle des Schlauches die erste schiefe Wand (Fig. 6, Schema 11), gleich darauf die zweite in ent- gegengesetzter Richtung (Fig. 6, Schema 22) auf; diese zwei Quer- wände bilden eine zweischneidige Scheitelzelle; in dieser treten zwei Wände schief zur Richtung der zwei ersten Wände auf (Fig. 6, Schema 33). Durch diese Wände ist eine dreiseitige pyramidale Scheitelzelle con- struirt (Pig. 6, Schema 334). Die gebildete Scheitelzelle segmentirt sich nach drei Richtungen und von da an geht der Wachsthumsprocess der jungen Pflänzehen gleich demjenigen der vollkommenen Pflanze vor sich. Die Abbildung (Fig. 6) der jungen aus dem Brutkörnchen entwickelten Pflanze, zeigt, dass die ersten Segmente ungetheilt bleiben und keine Blätter besitzen. Später fangen die Blätter an sich zu bilden und sind an- fangs ganz einfach aus einer Längsreihe von Zellen gebaut. Die Keimung der Brutkörnchen von Jungermannia exsecta unter- 355 scheidet sich sehr wenig von der Entwickelung der Brutkörnchen bei Calypogeia. Das Brutkörnchen wächst auch zu einem einfachen Schlauche aus, der bisweilen verzweigt sein kann. Die Entstehungs- art der Pflanze am Schlauche stimmt vollkommen mit Calypogeia überein. Die Entwickelung ist nur in soweit verschieden, dass bei Jungermannia exsecta schon die ersten Segmente Blätter bilden, welche anfangs nur aus einer oder zwei Zellen bestehen. Fig. 6. (415/1) Calypogeia Triehomanes. Keimung der Brutkörnchen. Unten die ersten Keimungsstadien; in der Mitte der Vorkeim mit Das Schema stellt dieses Stadium von oben und von der Seite dar, oben die junge Pflanze mit ersten rudimentären Blättern, v Vegetationspunkt. Pilanzenanlage. Die Brutkörnchen von Jungermannia curvifolia haben nur lange aus vielen durch Querwände getrennten Zellen gebildete Schläuche erzeugt. Es ist mir nicht gelungen, den Uebergang zur Entwickelung der Pflanze zu sehen. Aneura pinguis besitzt auch aus zwei Zellen bestehende Brut- körnchen, Bei der Keimung treiben beide oder nur eine Zelle ähn- lich wie bei den obenbesprochenen Jungermannien gegliederte Schläuche (Fig. Tb, ce). Die ersten zwei schiefen gegen einander geneigten Wände, welche eine zweischneidige Scheitelzelle construiren, treten 23* 356 zuweilen sehr früh (Fig. 7 d) zuweilen erst dann auf, wenn der Keimschlauch schon aus vielen Zellen besteht (Fig. 7e). v Die gebildete zweischneidige Scheitelzelle schneidet Segmente nach links und rechts ab; jedes Segment theilt sich anfangs durch verticale, dann auch durch hori- zontale Querwände und das junge Pflänzchen gewinnt bald das ge- wöhnliche Aussehen der Anenra. | c Aus diesen Beispielen geht klar hervor, dass die Keimung der Brutkörnchen und die Keimung der Sporen der Jungermannien 4 ganz analoge Vorgänge sind. (Die Brutknospen der Marchantieen H sind von den Sporen dieser ganz [7 verschieden. Die Fintwiekelung der Pflanze geht hier ganz anders 2 von statten, als bei der Keimung Fig. 7. (415/1) der Marchanticen-Sporen.) 8. 7. Aneura pinguis. Keimung der Brutkörn- Die Brutkörnchen bilden bei chen. a Das reife Brutkörnchen; b, c, e der Keimung einen Vorkeim, der die aufeinander folgenılen Entwickelungs- nach seiner Gestalt dem Vorkeime stadien; v Vegetationspunkt, der Sporen betreffender Junger- mannien vollkommen ähnlich ist. So z. B. bilden die Brutkörnchen von Aneura, Jungermannia curvifolia ete. meistens einen faden- fürmigen Vorkeim. Doch kann der Vorkeim manchmal die Gestalt einer Zelllläche besitzen. Und wir wissen, dass die Sporen dieser Jungermannien bei der Keimung sich auch ähnlich verhalten. Die Bildungsart der Pflanze am Vorkeime, die ersten Stadien ter Entwiekelung zeigen auch sehr viel Gemeinsames mit entsprechen- den Vorgängen bei der Sporenkeimung. 2. B. gleichen die Brut- knospen von Radula complanata vollständig dem Vorkeime, der bei der Keimung der Radulasporen sich bildet, und die Entwiekelung der Pflanze aus der Brutknospe stimmt vollkommen mit der Keimung der Radulasporen überein, welche Leitgeb beschrieben hat (Unter- suchungen über Lebermoose II. Heft pag. 64). Die Brutkörnchen stimmen mit den Sporen auch in ihren Be- ziehungen zu den äusseren Einflüssen überein. Die Brutknospen von 357 Aneura, Jungermannia curvifolia etc., welche auf Torf gesäet und bei sehr schwacher Beleuchtung cultivirt wurden, haben sehr lange ver- zweigte prothonemaähnlicheSchläuche gebildet, welche keine Spur eines VUebergangs zur Pflanze erkennen lassen, obwohl sie schon sehr lange eultivirt waren. Sie wurden 2!/, Mo- nate lang beobachtet (Fig. 8). Es ist eine wohlbekannte That- Fig. 8. (276/1) sache, dass das Licht einen grossen Calypogeia Trichomanes. Ein Vorkeim Einfluss auf die Keimung der Leber- us einer lange Zeit im Halbdunkel ge- . haltenen Cultur. moossporen hat. Leitgeb hat ge- funden (Die Keimung der Lebermoossporen in ihrer Beziehung zum Lichte. Sitzungsbericht der K. Acad. der Wiss. Bd. LXXIV 1876), dass die Sporen von Marschantieen bei schwachem Lichte nur einen Keimschlauch bilden und nach längerer oder kürzerer Zeit zu Grunde gehen. Die Versuche von Klebs (Ueber den Einfluss des Lichtes auf die Fortpflanzung der Gewächse. Biol. Centralbl. 1893) haben er- wiesen, dassähnliche Beziehungen auch beianderen Lebermoosen existiren. Die Sporen von Chiloseyphus polyanthus, welche bei schwacher Beleuchtung kultivirt wurden, haben reichliches Prothonema erzeugt, auf dem man sogar nach 9 Monaten keine Spur von Knospen be- merken konnte, Das Prothonema der Laubmoose besitzt die gleichen Eigen- schaften. Klebs ({l. g.) hatte eine über 11/» Jahre alte Cultur von einem Funariaprothonema, das bei schwacher Beleuchtung keine Moos- knospe gebildet hat. Ausgehend von den Resultaten dieser Versuche macht Klebs die Annahme, dass das Licht von gewisser Intensität für die Knospenbildung auf dem Prothonema nöthig ist. Er ver- muthet, dass das Licht in diesem Falle als Erreger gewisser chemischer Processe wirkt, welche für die Knospenentwiekelung unentbehrliche Stoffe bilden. Einige Versuche, die ich mit dem Blattprothonema von Mnium angestellt habe, fallen, wie mir scheint, zu Gunsten dieser An- nahme aus. on Das Blattprothonema von Mnium, welches in vollständiger Dunkel- heit kultivirt wurde, erzeugte in der Regel keine einzige Moosknospe; unterdessen hat das Prethonema am Lichte zahlreiche Moosknospen gebildet, . . Da das Prothonema in diesem Falle Lichtzutritt hatte und dess- halb assimiliren und die nöthigen Baustoffe bilden konnte, so wurde 358 zum Vergleiche noch ein anderer Versuch gemacht. Das Prothonema wurde nämlich am Lichte in der kohlensäurefreien Luft kultivirt. Nach einiger Zeit hat das Prothonema einige, jedenfalls wenige und kleine Knospen gebildet. So konnte ich in diesem Falle den speei- fischen Lichteinfluss auf die Pflanze constatiren. Es wurden von mir einige Versuche mit den Sporen von Mar- chantieen angestellt, um die Beziehungen zwischen der Lichtintensität und dem Uebergange von einem Stadium der Entwickelung zum anderen näher zu bestimmen. Als besonders günstiges Object für solche Versuche haben sich die Sporen von Preissia commutata er- wiesen. Die Keimung der Preissia wurde von Hansel beschrieben (Hansel, Ueber die Keimung der Preissia commutata, Sitzungsber. &. k. Akademie d. Wiss. 73. Bd. 1876), Die keimende Spore bildet den Keimschlauch, der an seinem Ende die aus vier Zellen bestehende Keimscheibe erzeugt. Eine von dieser Zellen bildet eine zweischneidige Scheitelzelle, vermittelst dieser wächst der Vorkeim einige Zeit lang, dabei theilt sich jedes Segment durch vertieale Querwände und wächst im spitzen ‚Fortsatz aus. Auf solche Weise entsteht eine eigenthümliche krause Zellfläche. In der Scheitelzelle tritt bald die erste Querwand auf, und die Scheitel- zelle geht in die charakteristische prismatische Sceheitelzelle von Mar- chantieen über, welche sich nach drei Richtungen theilt. Von diesem Momente an wird am Vorkeime eine normale Pflanze: angelegt. Man kann also bei der Keimung von Preissia folgende drei Stadien unterscheiden: das des Keimschlauches und der Keimscheibe, ferner das des Vorkeims mit der zweischneidigen Scheitelzelle und dann als drittes Stadium dasjenige, wenn aus dem Vorkeime die voll- kommene Pflanze hervorgegangen ist, Hansel hat einige abnorme Fälle abgebildet, in denen die zweischneidige Scheitelzelle des Vorkeims zum Schlauche auswächst, welcher wieder eine Keimscheibe producirt. Die Ursache dieser Er- scheinung hat Hansel nicht angegeben. Der mächtige Einfluss des Lichtes auf die Keimung der Leber- moossporen liess mich vermuthen, dass diese abnorme Fälle durch das Licht hervorgerufen sind. Die Versuche haben diese Vermuthung bestätigt. Die Sporen von Preissia, die man bei schwachem Lichte eultivirt, erreichen nur das erste Entwickelungsstadium, d. h. sie bilden nur einen Keimschlauch und eine Keimscheibe, eine von den Zellen der ersteren wächst wieder zu einem Schlauche aus u. Ss. w. 359 Wenn wir die mit zweischneidiger Scheitelzelle wachsenden Vorkeime aus dem Lichte in das Halbdunkel bringen, so wachsen Jetzt die Seheitelzellen nach einiger Zeit in Schläuche aus (F. 9, 10). Diese Schläuche bil- den am Lichte wieder eine Keimscheibe, einen Vor- keim und endlich die voll- Fig. 9. (60/1) kommene Pflanze Preissia commutata. Ein Vorkeim, dessen Scheitel- Solche Versuche kann zelle in einen Schlauch ausgewachsen ist. man mit einem Vorkeime beliebig oft wiederholen; das Resultat bleibt immer dasselbe. Die Figur 10 stellt z. B. einen Vorkeim Fig. 11. (415/1) Preissia commutata, Theil der Unterseite des Vorkeims mitjungenAdventivsprossen. Fig. 10. (77/1) > Preissia commutata, Ein Vorkeim nach dreimaliger Verdunkelung. Sp Spore; 8, 8, Keimschläuche, K,, KyKz erste, zweite und dritteKeimscheibe ; Rh Rhizoide. von Preissia mit drei Keimscheiben dar. Dieser Vorkeim wurde dreimal der Wirkung des Lichtes und dreimal der der Dunkelheit ausgesetzt, Mit dem Uebergange des Vorkeims in die vollkommene Pflanze geht diese Fähigkeit verloren. Jetzt bildet die Pflanze in dem Halb- dunkel schmale gelbliche Sprosse, welches die gewöhnliche Folge der Etiolement darstellt. Wir sehen also, dass das Licht von gewisser Intensität nicht nur den Uebergang von einem Stadium der Ent- wiekelung zum anderen hervorruft, sondern auch die Pflanze nöthigen kann, sich aus einem älteren Stadium zu einem einfacheren ent- sprechend der betreffenden Lichtintensität zurückzukehren. 360 Der Vorkeim von Preissia besitzt noch eine merkwürdige Eigen- schaft. Aehnlich, wie es bei einigen Farnprothallien der Fall ist, kann sich auch der Vorkeim von Preissia Adventivsprosse bilden, welche wiederum Vorkeime erzeugen. Bei vielen im Halbdunkel cultivirten Vorkeimen von Preissia wachsen (Fig. 11) einige Zellen der Unterseite in lange Schläuche aus, welche sich durchaus wie Keimschläuche verhalten, d. h. sie bilden an ihrem Ende eine Keimscheibe, dann einen Vorkeim und endlich die vollkommene Pflanze. Aehnliche Versu- che wurden auch mit Sporen von Plagiochas- ma Aitoni angestellt. Da die Keimung der Plagiochasma noch nicht bekannt ist, so will ich sie zunächst beschreiben. Die Spo- ren von Plagiochasma sind denjenigen der Preissia sehr ähnlich. Sie sind rundlich, das Endospor hyalin, das Exospor gelb gefärbt. Die Oberfläche der Spo- ren ist mit Höcker be- deckt; diese sind bla- sige Auftreibungen des Exospors. Bei der Keimung vergrössern sich . die Fig. 12, (415/1) Sporen etwas, dann Plagiochasma Aitonii, Keimung der Sporen. Rechts zerreisst das Exospor unten Junge Keimscheibe von der Seite (eine ist um 1800 an einer beliebigen gedreht), oben die junge Pflanze. V Vegetationspunkt; Stelle und das Endo- S Keimschlauch; Rh Rhizoid; das Schema stellt den . ü B Verlauf der Theilangswände der Keimscheibe dar, Die °P” tritt aus dem Riss Ziffern zeigen die Entstehungsfolge der Wände. als Schlauch hervor (Fig. 12). Der Schlauch ist positiv heliotropisch, wächst zum Lichte hin; bald sammelt sich das Chlorophyll am Ende des Schlauches an und 361 es fritt die erste zur Länge des Schlauches senkrechte Wand auf (Fig. 12), Die abgeschnittene Zelle theilt sich in drei auf einander liegende Zellen. Die unterste Zelle bleibt ungetheilt; in der zweiten tritt eine verticale Längswand (Fig. 12) und später eine schiefe Wand Fig. 13. (415/1) Fig. 14. (210/1) Plagiochasma Aitonii. Die Plagiochasma Aitonii. Keim- Keimscheibe von oben. V scheibe mit jungen Pflänz- Scheitelzelle; o die ersten chen von oben. V Vegeta- Vertiefungen. tionsregion, auf (Fig. 12), die eine Zelle abschneidet, welche später zum ersten Rhizoid auswächst (Fig. 12 Rh.). Die oberste Zelle theilt sich dureh zwei Verticale rechtwinkelig sich schneidende Wände in vier Zellen. Jede dieser vier Zellen theilt sich nach dem an Figur 12 dargestellten Schema, d. h, es treten in jeder Zelle Antielinen und Perielinen auf. Aus einer Randzelle eines gewöhnlich der Insertionsstelle des ersten Rhizoides gegenüber liegenden Segmentes geht die Pflanze hervor (Fig. 12), Dieses Segment wächst anfangs mittelst einer zweischnei- digen Scheitelzelle, die nach links und rechts Segmente bildet, in denen verticale Querwände auftreten, und übertrifft bald in seiner Grösse die anderen Segmente, in welchen sehr bald jede 'Theilung aufhört. Das junge Pflänzchen entwickelt sich in der Fläche der Keim- scheibe, also reehtwinkelig zum Keimschlauche. In der Scheitelzelle tritt sehr bald eine Querwand auf und es geht die zweischneidige Scheitelzelle in die prismatische über. Da die Segmente, welche die Scheitelzelle bildet, sehr stark in die Höhe wachsen, sich über die Oberfläche ausstülpen und die Scheitelzelle yerdecken (Fig. 13), so ist es schwer, dieses Stadium zu sehen. Jedenfalls zeigt das noch ganz Junge Pflänzchen (Fig. 14, 15) gewöhnlich eine prismatische Scheitelzelle oder sogar eine ganze 362 Scheitelregion. Die Segmente, welche jetzt die Scheitelzelle bildet, wachsen rascher als die Scheitelregion, desshalb bildet sich eine Aus- buchtung, in der der Scheitel liegt. Piagiochasma Aitonit. Fig. 15. (210/1) Fig. 16. (120/1) Keimscheibe von unten. V Schei- Die junge Pflanze mit Kanälen und Ver- telregion; $ Insertionsstelle des tiefungen. Keimschlauches. Zur Oberfläche wird immer die Seite, welche die unmittelbare Fortsetzung der Oberfläche der Keimscheibe vorstellt. Bei dieser Pflanze ist die Entwickelungsart der Athemhöhlen merkwürdig. Es war schon früher erwähnt, dass die ersten Segmente sich über die Oberfläche der Keimscheibe hervorstülpen. Die Betrachtung der etwas älteren Stadien (Fig. 14, 16) zeigt, dass an der Oberfläche der Pflanze die eigenthümlichen Canäle und Vertiefungen entstehen, Diese Canäle und Vertiefungen entstehen dadurch, dass einige neben einander liegende Zellen sich nicht emporstülpen, von den benachbarten Zellen überholt werden und den Boden dieser Vertiefungen bilden. Diese Bildungen sind anfänglich ziemlich gross und unregelmässig, werden nach und nach kleiner und kleiner, endlich bekommen sie eine ganz regelmässige Form, die der Form derjungen Athemhöhlen ganz ähnlich ist.- Bei den noch älteren Stadien verschwinden sie gänzlich und die Athenthöhlen entstehen erst in einiger Entfernung von der Scheitelregion. Die junge Aussaat der Plagiochasmasporen wurde ins Halbdunkel gestellt und nach einiger Zeit untersucht. Weitaus die grösste Zahl der jungen Pflänzchen hatte ganz normales Aussehen und nur ver- einzelt konnte man solche treffen, bei denen die Scheitelzelle zum Schlauche auswuchs, Da der Vorkeim der Plagiochasma schr rasch zur vollkommenen Pflanze übergeht, so ist es schwer eine solche Aussaat zu bekommen, bei der die Mehrzahl der Plänzchen noch die zweischneidige Scheitelzelle hatte, d. h. noch Vorkeime darstellte. 363 (Bei der Preissia wächst der Vorkeim verhältnissmässig lange mit der weischneidigen Scheitelzelle.) Durch diesen Umstand erkläre ich mir warum nur bei einigen Vorkeimen die Scheitelzelle in einem Sehlauche auswuchs. Desshalb scheint es mir die Analogie mit Preissia zu be- rechtigen. Es war schon früher die Analogie zwischen Brutkörnehen und Sporen hervorgehoben. Die Pflanze, welche die Brutknospen zu pro- dueiren im Stande ist, besitzt sie doch nicht immer. Von welchen Ursachen die Brutknospenbildung abhängt, das wissen wir nicht. Die Versuche, welche ich mit Metzgeria fureata unter verschiedenen äusseren Einflüssen augestellt habe, um einige Beziehungen zwischen der Bildung der Brutknospen und den Wirkungen äusserer Einflüsse zu finden, haben kein Resultat ergeben. Es bleibt noch zu erwähnen übrig eine noch von Nees ab Esenbeck betonte Beziehung zwischen der Fructification und der Bildung der Bratkuospen. Diese Beziehung besteht darin, dass in der Regel nur die sterilen Pflanzen die Brutknospen bilden. Unter allen Lebermoosen, die Brutknospen bilden, ist Metzgeria furcata besonders merkwürdig. Dieses Lebermoos beweist durch die Bildung der Brutknospen sehr anschaulich, dass jede Zelle, welche sich am Aufbau des Lebermooses betheiligt, unter gewissen Bedingungen im Stande ist, die ganze Pflanze zu reprodueiren. Bei anderen Lebermoosen wurde vereinzelt beobachtet, dass die Zellen, welche sonst andere Funetionen verrichten, doch gelegentlich die Pflanze reprodueiren. So hat z.B. Leitgeb (Untersuchungen über Lebermoose Heft II) einen ähnlichen Fall bei Jungermannia bieuspidata beschrieben, wo die Zellen der Ventralseite des Stengels manchmal in Schläuche auswachsen, an deren Enden die Pflanze entsteht. In „Jugendzustand der Pflanze* (Goebel, Flora 1886) ist ein Blatt von Lejeunia abgebildet, eine der Randzellen dieses Blattes hat einen Vorkeim gebildet. Solche zerstreute Beobachtungen geben Anlass zur Vermuthung, dass die einzelnen Zellen aller Lebermoose, die sonst andere Func- tionen haben, unter gewissen Umständen die ganze Pflanze reprodu- eiren können. Diese Fähigkeit ist schon lange für Laubmoose con- statirt. Es ist bekannt, dass die Zellen der abgeschnittenen Laubmoos- . 2 schlichne Denthac blätter unter gewissen äusseren Bedingungen ein reichliches Protho nema mit Moosknospen erzeugen. Ueber diese lähigkeit bei den Lebermoosen existirt nur eine Arbeit von Vöchting: „Ueber die 364 Regeneration der Marchantieen“, Vöchting hat gezeigt, dass die Marchantieen eine merkwürdige Fähigkeit zur Regeneration besitzen, oder es können, mit anderen Worten, die einzelnen Zellen der Mar- chantieen die ganze Pflanze reproduciren. Als Versuchspflanze diente dem Vöchting hauptsächlich nur Lunularia vulgaris; deshalb schien es nicht überflüssig zu untersuchen, wie sich andere Lebermoose verhalten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in dieser Arbeit zu- sammengestellt. Als Hauptresultat hat sich ergeben, dass alle Leber- moose sehr regenerationsfähig sind. Die Untersuchungsmethode bestand darin, dass die ganze Pflanze in kleine Stücke zerschnitten und auf Torf- oder Gypsplatten culti- virt wurde.!) Torf und Gypsplatten wurden mit Nährstofflösungen durch- tränkt. Nach diesen kurzen Bemerkungen gehen wir über zur Be- sprechung der Regeneration bei den einzelnen Arten der Lebermoose. Anthoceros laevis, Am einfachsten regenerirt sich Anthoceros laevis. Da die Ränder des Anthocerosthallus viele Vegetationspunkte besitzen, so wurden für die Untersuchung nur solche Stücke genommen, die aus dem Thallus ausgeschnitten wurden. Nach einiger Zeit fangen einige Zellen, vorzüglich in der Nähe der Apicalschnittfläche ?2) und der ab- geschnittenen Ränder an, sich über die Fläche des Thallus auszu- stülpen und zu theilen. Weitaus die grösste Zahl der sich regene- rirenden Zellen findet sich an der Unterseite. Auf der Oberseite kann man nur zerstreut die sich theilenden Zellen treffen. Die zwei ersten verticalen sich rechtwinkelig schneidenden Wände theilen die Zelle in vier Tochterzellen. Gleich darauf treten Querwände parallel der Fläche des Thallus auf (Fig. 17). Die ersten Wände schneiden sieh gewöhnlich rechtwinkelig und die junge Spross- anlage besteht meistens aus rechteckigen Zellen. Eine der Randzellen 1) Bei foliosen Jungermannien wurden die abgeschnittenen Blätter cultivirt. 2) Es sei hier bemerkt, dass Anthoceros gewöhnlich die rundliche, etwas krause Gewebeplatten darstellt. Der Rand des Thallus hat viele Vegetationspunkte. Die PHlanzen, welche ich für meine Versuche genommen, wurden aus Italien ge- schiekt und hatten während der Reise etwas gelitten. Sie wuchsen schlecht und haben lange, schmale Sprosse gebildet, die wenige Vegetationspunkte vornehm- lich am Vorderende besitzen. Desswegen spreche ich von dem Apicalende. 365 der Anlage bildet sich zur Scheitelzelle des Sprosses um, Figur 17 stellt im optischen Längsscehnitte eine junge Sprossanlage dar. In der Scheitelzelle v ist schon die erste Theilungswand eingetreten. Die Scheitelzelle ist gewöhnlich sehr 4 frühzeitig schon angelegt. Die Jungen Sprosse wachsen ziemlich langsam und stellen anfangs sehr schmale (!j. mm) lange Sprosse dar, welche sich nach dem Lichte 2 hin zu krümmen. Wie die Sprosse bezüglich der Ober- und Unter- Fig. 17. 415/0) seiten orientirt sind, ob immer Ein Junger Adventivspross im optischen die Unterseite des Adventivsprosses Durchsehnitt. ‚Seheitelzele; 1 das . erste Segment. die Fortsetzung der Unterseite des Thallus vorstellt, möchte ich nicht behaupten, da es nicht möglich war, bei den jungen Sprossen Ober- und Unterseite zu unterscheiden, da die Rhizoiden und Schleimspalten an der Unterseite viel später auftreten, zu einer Zeit, wenn die Sprosse schon ziemlich lang, ge- krümmt und tordirt sind, Jedenfalls scheint mir die oben erwähnte Vermuthung als riehtig. Jedes Stück des Thallus erzeugt eine sehr grosse Zahl von Adventivsprossen. Nach einiger Zeit sind die Thallus- stücke buchstäblich mit einer Schaar junger Sprosse bedeckt. Marchantieen. Aus dem Tribus der Marchantieen wurden Fegetella coniea und Preissia commutata untersucht. Die Bildung der Adventivsprosse bei diesen Pflanzen geht älınlieh wie bei der von Vöechting beschriebenen Lunularia vulgaris von statten. Auf den Thallusstücken, die auf Torf gelegt und genügend feucht gehalten wurden, bemerkt man schon nach dem Verlaufe von vier bis fünf Tagen den Anfang der Regene- ration. Die Zellen der Unterseite, nämlich des Rindengewebes, die in der Nähe von der Apiealschnittfläche liegen, fangen sich zu theilen an. Jede Zelle theilt sich in vier Zellen, durch die zwei verticalen Wände. In vier dieser Tochterzellen entstehen bald Querwände senk- recht und parallel zur Fläche des Thallus. Da gewöhnlich viele neben einanderliegende Zellen sich zu regeneriren anfangen, so ist der regel- mässige Verlauf der Theilungswände sehr bald gestört, wegen des Druckes, den die sich regenerirenden, stark wachsenden und über die Oberfläche hervorstülpenden Zellen gegen einander üben. Nach 366 einiger Zeit ist es nicht mehr möglich, zu erkennen, welche Zellen von einer Mutterzelle stammen. Nach den ersten radialen Theilungen treten auch tangentiale auf und die sich theilenden Zellen bilden einen mehr oder weniger eylindrischen Gewebehöcker. In dieser Zeit be- sitzt die Anlage des zukünftigen Sprosses keine Dorsiventralität und ist durchaus radiär gebaut. Die Dorsiventralität erscheint gleichzeitig mit der Bildung der Scheitelregion. Die Vegetationsregion bildet sich am Gipfel des Höckers an der von der Apicalschnittfläche abgekehrten Seite. Diese Region besteht aus einigen nebeneinander liegenden prismatischen Zellen, die viereckige Form, von oben gesehen, haben. Diese Zellen bilden abwechselnd Segmente nach Dorsal- und Vertralseiten, Die Dorsal- und Vertralseiten sind immer so orientirt, dass die Unter- seite des alten Thallus und Adventivsprosses zusammenfallen. Gleich nach der Bildung der Scheitelregion erscheinen auch aus Zellen der. Ventralseite die Schuppen, die anfangs rudimentär und nur aus einigen Zellen gebaut sind. Die Theile des jungen Sprosses, die nach links und rechts ausserhalb der die Dorsal- und Ventralseite verbinden- den Linie liegen, wachsen viel rascher als die Scheitelregion ; deswegen kommt bald eine Ausbuchtung zu Stande und von jetzt an nimmt die Scheitelregion durchaus normales Aus- sehen an. Die Athemhöhlen sind als Grübchen sehr früh angelegt. Die Un- terseite des jungen Adventivsprosses wächst rascher als die Oberseite, dess- halb krümmt sich der Spross und seine Oberseite kommt insLicht. Vondiesem Moment an kommt der Spross in die natürliche Lage, wächst rasch in die Breite und unterscheidet sich bald gar Fig. 18, (415/1) nicht mehr von der fertigen Pflanze. Preissia ommutata, Scheitel eines Aus einem Stücke entstehen gewöhn- Kerne, VAR seine sche ih ei der Apielschnitiliche er liesrende Segmentist zum Keimschlauch bis fünf Sprosse. aussewachsen. Die Entwickelungsgeschichte der Adventivsprosse von Preissia weicht von derjenigen der Fegatella nur insoweit ab, als sich hier immer nur ein Spross bildet. Zwei Adventivsprosse entstehen nur in dem Falle, wenn die Apiealschnittfläche knapp hinter den Thallusver- zweigungen verläuft. Ich habe auch die Regeneration bei den Vor- keimen der Preissia untersucht. Wie früher gezeigt war, kann die 367 zweischneidige Scheitelzelle des Preissiavorkeims genöthigt werden zu einem Schlauche auszuwachsen. Bei den auf solehe Weise behandelten Pflanzen ist es leicht, nur die Scheitelzelle abzuschneiden. Nach einiger Zeit wächst das jüngste Segment zum Schlauch aus, der am Ende einschwillt und eine aus vier Zellen bestehende Scheibe bildet (Fig. 18). Eine der vier Zellen wächst zum Vorkeime aus, es wiederholen sieh also ähnliche Vorgänge, wie bei der Keimung der Preissiasporen. Da diese Cultur zufällig in die Halbdunkelheit gestellt wurde, so konnte die neben der abgeschnittenen Scheitelzelle liegende Zelle in einem Schlauch nur wegen Lichtabschluss auswachsen, Wie sich die Keim- pflänzchen von Preissia am Lichte regeneriren, konnte ich nicht unter- suchen, da wegen vorgerückter Jahreszeit keine Spore mehr gefunden werden konnten. Corsinia marchantioides. Corsinia steht in Bezug auf die Regeneration den Marchantieen sehr nahe. Die Adventivsprosse entstehen auf den Thallusstücken immer knapp bei der Apiealschnittfläche. Ilier fing die ganze Zone von Zellen der Mittelrippe, die an der Unterseite dieht an der Apical- Corsinia marchantioides. Fig. 19. (415/1) Fir. 20. (415/0) Ein Querschnitt dureh den jungen Ein junger Advenfivspross an dem Adventivspross. Y Scheitelregion; Assimilationsgewebe; linke Hälfte: Sch Schuppen; a Apiealende des Oberflächenansicht, rechte Hälfte: Stückes. optischer Querschnitt. V Vegeta- tionsregion, 8 Schuppen. schnittfläche liegen, an, sich zu theilen. Desswegen entsteht bald un der Mittelrippe ein fast ununterbrochener Gewebewulst, der sogar mit blossem Auge wegen seiner frischgrünen Farbe siehtbar ist. Dieser Gewebewulst besteht, wie aus den Quersehnitten (Fig. 19) klar ist, aus sehr vielen jungen Anlagen der Adventivsprosse. Diese 368 Anlagen bilden noch, so lange sie jung sind, eine Scheitelregion. Die Vegetationsregion geht aus einer oberflächlichen Zelle der An- lage hervor. Aus diesen vielen Adventivsprossen gelangen nur wenige, ge- wöhnlich vier bis fünf, zur völligen Entwickelung. Die Unterseite des jungen Adventivsprosses, welche, wie bei Fegatella und Preissia, unmittelbar die Fortsetzung der Unterseite des Thallusstückes vor- stellt, wächst rascher und der Spross biegt sich nach oben, so dass seine Oberseite ins Licht kommt. Jetzt wächst der junge Spross viel üppiger und gewinnt bald sein normales Aussehen. Bei den Thallusstücken der Corsinia regenerirt sich gewöhnlich das Rinden- gewebe. Doch sind andere Gewebearten auch regenerationsfähig. Das Assimilationsgewebe, welches von dem Rindengewebe durch den der Oberfläche parallelen Schnitt abgetrennt und in die passenden Waehsthumsbedingungen gebracht ist, erzeugt bald zahlreiche Ad- ventivsprosse, welche von den Zellen der Luftkammerwände ge- bildet sind. Oefters merkt man, besonders wenn die abgeschnittene Schieht des Assimilationsgewebes ziemlich dünn ist, die Bildung der Adventiv- sprosse ausgehend von den Epidermiszellen. Das Assimilationsgewebe von Corsinia besteht bekanntlich aus einer Reihe der Luftkammern, die durch die einschichtigen Wände von einander getrennt und öfters in zwei Stücken angeordnet sind. Gewöhnlich bilden sich die Sprosse an der Stelle, wo zwei Wände sich treffen. Jeder Spross geht aus einer Zelle hervor. Die Zelle theilt sich durch tangentiale und radiale Wände und bildet einen mehr oder weniger rundlichen, aus wenigen Zellen bestehenden Körper: die Anlage des Sprosses (Fig. 20). Diese Anlagen stülpen sich entweder über die Oberfläche des Schnittes hervor oder sind meistens zunächst in die Luftkammern eingeschlossen. Infolge dessen bildet sich die Scheitelregion auf ver- schiedenen Seiten der Anlage, ohne Beziehung zur Ober- und Unter- seite, dem Apical- und Basalende des Gewebestückes. Wahrschein- lich sind in diesem Falle die Raumverhältnisse bestimmend. Gleich nach der Bildung der Scheitelregion wachsen die Ventralsegmente zu den Schuppen aus und gleichzeitig erscheinen die Athemhöhlen. Die Figur 20 stellt z. B. einen sehr jungen Spross dar, bei dem man schon zwei grosse primäre und eine kleine secundäre Athemhöhlen wahrnehmen kann. Nach zwei Wochen sind schon die Stücke des 369 Assimilationsgewebes mit den zahlreichen Adventivsprossen bedeckt, welche an ihrem Grunde viele Rhizoide bilden, und es stellt bald jeder eine selbständige Pflanze dar, da das sie verbindende Assimila- tionsgewebe zu Grunde geht. Riecien. Aus der Tribus der Riccien wurden Riceia erystallina, natans und fluitans untersucht. Die Stücke des Thallus der R. Auitans wurden schwimmend auf Wasser, die der Riecia natans und erystallina auf Torf eultivirt. Bei allen diesen Riceien bilden sich bei der Regeneration die Adventivsprosse an der Unterseite des Thallus. Die Unterseiten der Riecia natans und fluitans sind mit Schuppen bedeckt. Die Unter- schuppen von R. fluitans stellen zarte einschichtige Gewebelamellen vor, welche zur Unterseite fest angeschmiegt sind. Die Schuppen sind in einer Reihe angeordnet. Die Unterseite von R. natans ist mit kleinen, unregelmässig angeordneten Schuppen ganz bedeckt. Die Adventivsprosse bei diesen zwei Rieeien entstehen unter den Schuppen, bei der R, natans unmittelbar an der Vorderfläche des Stückes, bei R. fluitans am Gewebe der Mittelrippe unter jeder Sehuppe von der apicalen bis zur basalen Schnittfläche. Weil das Abpräpariren der Schuppen grosse Schwierigkeiten macht, so konnte ich die ersten Stadien der Sprossentwickelung nicht untersuchen. Die jungen Sprosse kommen unter den Schuppen schon mit einer Vegetationsregion versehen hervor. Die Sprosse von R. natans biegen die sie bedeckende Schuppe zurück, die der R. fuitans brechen durch. Die R. fluitans ist in dieser Ifinsicht sehr interessant, dass die Bildung der Adventivsprosse von dem Vorhandensein einer Unterschuppe ab- hängig ist. Dass bei R. natans die Adventivsprossen unter den Schuppen sich bilden, stellt nichts Merkwürdiges dar, da es hier nicht anders sein kann, weil die ganze Unterseite mit Schuppen bedeckt ist. Bei der R. fluitans stehen die Unterschuppen ziemlich weit von einander und trotzdem wurde die Entwickelung des Sprosses aus dem Gewebe zwischen den zwei Unterschuppen höchst selten beobachtet. Die Ur- sache dieses Zusammenhanges ist für mich nicht klar. Die Schnitte durch den Thallus zeigen, dass das Gewebe unter den Schuppen dem Gewebe, welches zwischen den Schuppen liegt, durchaus gleich ge- gebaut ist. , . Jeder Adventivspross der Riceia erystallina entwickelt sich aus einer Zelle der Mittelrippe. Die Zelle theilt sich anfangs, wie bei Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 370 allen vorher schon besprochenen Lebermoosen in vier Zellen, dann treten Querwände auf und es bildet sich ein mehr oder weniger ovaler Gewebehöcker. Die Stelle, wo die Scheitelregion erscheint, ist nieht be- stimmt, d. h. die Scheitelregion kann liegen an jeder Stelle der An- lage (Fig. 21). Zuweilen kann man wahrnehmen, dass sich die Scheitel- Riccia. erystallina. Fig. 22. (415/1) Fig. 21. (415/1) Eine Sprossanlage von oben, Ein junger Adventivspross, der an der Unter- Die punktirten Linien stellen seite des Thallusstückes sitzt. V Scheitelregion. das Bild bei etwas tieferer Einstellung dar. region aus dem einen der vier Segmente bildet (Fig. 22). Anfangs ist die Scheitelregion anders gebaut als bei den ganz erwachsenen Pflanzen. Auf der Dorsalseite ist nämlich keine Furche vorhanden (Fig. 21). Die Scheitelregion liegt an der Unterseite in einer kleinen Einbuchtung und besteht aus einer oder zwei Zellen. Nach einiger Zeit bildet sich auch eine Dorsalfurche, da die Segmente stärker an der Unterseite als an der Oberseite wachsen, Ein Stück des Thallus erzeugt gewöhnlich viele Adventivsprosse, die an der Mittelrippe von der apiealen bis zur basalen Schnittfläche ansetzen. Die foliosen Jungermannien. Die foliosen Jungermannien stimmen in dem Verlauf der Regene- rationserscheinungen mit einander ziemlich überein. Die Blätter eignen sich am besten für die Untersuehung. Die Stücke des Stengels stellen kein günstiges Untersuchungsobject desshalb vor, da die Mehrzahl der Jungermannien (Leitgeb’s Untersuchungen ete. Heft II) viele rulende Vegetationspunkte am Stengel besitzt, welche sich nach der Zerstückelung des Stengels entwickeln, 371 Die jungen Pflänzchen, welche sich aus den Blattzellen entwickeln, sind am Blatte ohne irgend eine Beziehung zur Spitze und Basis an- geordnet. Bei einigen Lebermoosen liegen die Zellen, welche die Pflanze erzeugen, in einiger Entfernung von einander, bei anderen regenerirt sich ein ganzer Complex neben einander liegender Zellen (Fig. 23). Bei allen Jungermannien bildet die sich regnerirende Zelle an- fangs einen Zellkörper, ähnlich einem Vorkeime. Aus einer Zelle diesesV orkeims gehtdie Scheitelzelleder Pflanze hervor. Die Sprossent- wickelungausden Blatt- zellen der Jungerman- nien ähnelt in einigen Zügen der Entwicke- lung der Pflanze aus ihren Sporen; z. B. sind die Vorkeime, welche aus den Zellen des Blattes von Madotheca oder Frullania entste- hen, den Sporenvorkei- Fig. 233. (415/1) men durchaus gleich; Plagiochila asplenioides, Ein Stück des Blattge webes die Art der Pflanzenent- Fast sämmtliche Zellen sind in Theilung begriffen. wickelung aus diesen .; beiden Gebilden verhält sich ebenso. Gewiss stellt der Blattvorkeim ’) immer einen Zellkörper vor, die Sporenvorkeime — sehr oft Zellfäden, Aber die jungen Pflänzehen, die aus den Blattzellen hervorgekommen sind, stimmen in der Form ihrer rudimentären Blätter, in dem späteren Auftreten der Amphigastria mit den jungen Sporenkeimlingen überein. Es bleibt also nur ein Unterschied in der Form der Vorkeime. Wir wissen, dass viele Jungermannien Sporen bei ihrer Keimung oder Zellfäden, oder Zellfläche, einige sogar Zellkörper zu bilden im Stande sind (z. B. Alicularia). Es geht daraus hervor, dass die Form von Vorkeime dieser Lebermoose sehr variabel ist. Die Form des Vor- keims bleibt für eine Jungermannia nicht immer gleich und hängt viel- mehr von äusseren Einflüssen ab, von Licht, Schwerkraft ete. Desswegen 1) Es sei hier erwähnt, dass die Versuche, prothonemaartige Alattvorkeine ’ . in Resultat erwiesen haben. durch die Cultur im Halbdunkel hervorzurufen, kein Jen 3712 scheint es mir gerechtfertigt zu sein die Regenerationserscheinungen bei den foliosen Jungermannien als Analogon der Keimung von Sporen zu betrachten. Es war schon früher erwähnt, dass fast sämntliche Zellen des Blattes einiger Jungermannien sich zu regeneriren anfangen. In diesem Falle bleiben viele Sprossanlagen auf jüngerenEntwiekelungsstadien stehen. Bei Chilsocyphus polyanthus und Plagiochilla asplenioides wachsen manchmal einige Zellen der Blatt- fläche zu Rhizoiden aus; dann repro- dueiren fast sämmtliche neben die- sen Rhizoiden liegende Zellen die Pflänzchen. Die Ursache dieser Er- Fig. 24. (4151) scheinung ist Klar. Die Ithizoiden Lophocola bidentata. Ein Blaitzipfel zichen aus dem Torf die Nährstoffe mit Adventivpflänzchen. aus und auf Kosten dieser Nährstoffe kann ein ausgiebiger Wachsthums- process stattfinden. UVeberhaupt die abgesehnittenen Blätter fast sämmtlicher Jungermannien erzeugen ganze Mengen von Rhizoiden (Fig. 24). Jetzt kommen wir zur näheren Betrachtung der Regene- rationsvorgänge bei den Jungermannien. Frullania dillatata und Madotheea platyphilla. Die Regenerationserscheinungen bei Frullania und Madotheca vollziehen sich ganz ähnlich. Einige Zellen des abgeschnittenen Blat- tes theilen sich erst durch die zwei zur Blatt- fläche senkrechten sich rechtwinkelig schneiden- den Wände in vier Zellen. Dann treten in diesen Zellen Querwände parallel der Blattfläche auf, so dass aus der Mutterzelle jetzt acht Zellen her- vorgegangen sind, welche in zwei Etagen über einander liegen. Die vier unteren Zellen bleiben ohne Veränderung und stellen Stielzellen des Fig. 26. (415/1) Madotheca pl. Ein Vor- keim von oben. V Schej. Prosses dar, Jede der oberen Zellen theilt telzelle. sich ziemlich regelmässig, Als das Resultat dieser Theilung kommt ein ovaler aus vielen Zellen bestehender Körper (Fig. 25) zu stande, der dem Vorkeime der betreffenden Jungermannien ganz ähnlich ist. Bei Frullania wachsen 373 einige Zellen des Vorkeims zu den Rhizoiden aus. Eine der äusseren Zellen des Vorkeims bildet sich zu einer dreiseitig pyramidalen Scheitel- zelle um (Fig. 25v). Schon die ersten Segmente dieser Scheitelzelle (Fig. 26) bilden Blätter, welche ziemlich vollkommen sind und aus drei Theilen bestchen. Die Amphigastria treten später auf. Bei Madotheca bemerkt man öfters, dass aus einem Vorkeime zwei Sprosse hervorgehen können. Jungermannia Mülleri. Viele Zellen der abgeschnittenen Blätter von Jungermannia Mülleri bilden anfangs die Vorkeime, welche denjenigen der Mado- theca ähnlich smd, nur bestehen sie aus wenigen Zellen. Einige Zellen des Vorkeims wachsen zu Rhizoiden aus (Fig. 28). Die ersten zwei Querwände sind orientirt wie bei Madotheca, d. h. die Mutterzelle des Sprosses besteht jetzt aus vier Zellen, die als Kreis- quadranten angeordnet und über die Blatt- Näche hervorgestülpt sind. Wie die darauf- folgenden Theilungen verlaufen und wie die Scheitelzelle sich bildet ist aus Figur 29 er- sichtlich. Nur das fünfte oder sechste Seg- ment bildet Blätter (Fig. 30). Die allerersten Blätter haben schon die Form der Blätter Fig. 27. (415/1) von erwachsenen Pflanzen, nur sind sie er- Fin junges Adventivpflänz- heblich klei chen, das am Blattgewebe eblic einer. sitzt. Plagiochilla asplenioides. Ganz ähnlich geht der Regenerationsprocess bei Plagiochilla von statten. Auch hier bildet sich eine Scheitelzelle nach Art von Junger- mannia Mülleri. Nur darin liegt ein Unterschied, dass schon die jüngsten Segmente die Blätter produeiren, welche anfangs nur aus einer Längsreihe von Zellen bestehen. Plagiochilla zeichnet sich von allen anderen Jungermannien durch massenhaftes Vorkommen der Knospen an den Blättern aus. Die Figur 23 stellt z. B. ein kleines Stück des Blattgewebes dar, an dem fast sämmtliche Zellen in Regeneration begriffen sind. Lejeunia serpilifolia. Die abgeschnittenen Blätter von Lejeunia produeiren die P’flänzehen meist aus den Randzellen, Die Randzelle stülpt sich über den Blatt- 374 rand hervor, theilt sich durch eine dem Blattrande parallele Wand. Die untere Zelle bildet die Stielzelle des Vorkeims und bleibt unge- N Jungermannia Mülleri. Fig. 28. (415/1) Fig. 29. (Fig. 30. (415/1) Ein Stück des Blattge- Das Schema der Thei- Die junge Advenitvpflanze. 1 webes mit einem Vor- lungen des Vorkeims. und 2 das erste und zweite keime. V Scheitelzelle. V Seheitelzelle. Blatt. theilt oder es tritt in ihr eine verticale Wand auf. Die obere Zelle theilt sich durch zwei verticale Wände in vier Zellen in denen Querwände un ULLI IR, Lejeunia serpyllifolia. Fig. 31. (415/1) Fig. 32. (415/1) A Ein junger Vorkeim. B derselbe Vorkeim um Ein junges Adventiv- 1800 gedreht. V Scheitelzelle. pflänzchen, auftreten. In einer dieser vier Zellen entsteht eine zur Blattfläche parallele Wand, welche diese Zelle in zwei dreiseitig pyramidale 375 Zellen theilt, von denen eine zur Scheitelzelle wird (Fig. 31). Schon das erste Segment der Scheitelzelle produeirt ein Blatt, welches sehr rasch wächst und umgibt von allen Seiten die junge Knospe (Fig. 32). Chiloseyphus polyanthus und Lophocolea bidentata, Die Bildung der Pflänzchen aus den Blattzellen der betreffenden Jungermannien unterscheidet sich von allen anderen dadurch, dass hier eine aus vier auf gewöhnlicher Weise gebildeten Zellen sehr rasch die Scheitelzelle bildet (Fig, 33). Dabei bleiben die drei anderen Zellen meistens ungetheilt (Fig. 33). Manchmal bemerkt man bei Chiloseyphus, dass die in der Theilung begriffenen Zellen statt eine Adventivknospe zu bilden, zwei bis drei Rhizoide produciren ohne sich weiter zu entwickeln, Haplomitrium Hookeri. Ich habe von Herın Prof. Goebel ein Exemplar dieser seltenen Pflanze bekommen. Dieses Pflänzehen war in einer lange vernachlässigten Cultur _. gefunden. Der Vegetationspunkt war, wie Fig. 35. (415/1) es scheint, abgestorben, und die Blätter Chiloseyphus polyanthus. Ein Stück trugen Adventivknospen. Dieses Pflänz- des Blagewehes en vn chen wurde in Stücke zersehnitten N"- N kemalle ’ und auf Torf eultivirt. Jedes Stamm- stück hat viele Sprosse erzeugt, welche interkalar entstanden sind. (Die Entstehungsgeschichte von solchen Sprossen Ist von Leitgeb beschrieben. Unters. üb. Lebermoose H. IN p. 71). Die abgeschnittenen Blätter von Haplomitrium sind auch rve- generationsfähig. Der Regenerationsprocess geht hier bedeutend lang- samer als bei den anderen Lebermoosen. Die Zellen des Blattes, die vorwiegend in der Nähe von Blattzähnen liegen, theilen sich an- fangs in vier Zellen, wie auch bei anderen Jungermannien. In diesen vier Zellen treten Querwände auf und es bildet sich ein nunlicher Vorkeim (Fig. 34). Der Stiel, durch den dieser Vorkeim Men Fin Blattgewebe verbunden ist, besteht gewöhnlich aus zwei bis vie Zellen. Eine der Zellen dieses Vorkeims wird zur Sehelteireii (Fig. 34, 85). Die Scheitelzelle hat, von oben gesehen, die Form 376 eines gleichseitigen Dreiecks und bildet auf drei Seiten Segmente. Jedes Segment trägt eine kolbenartige Papille (Fig. 34). Innerhalb sehr langer Zeit bilden die Segmente nur solche Pa- vr pillen; desswegen scheint der junge Spross den unbeblätterten Sprossen, welche bei dieser Pflanze oft vorkommen, sehr ähn- lich. Die Blätter entwickeln sich ganz allmählich. Die älteren Segmente baben p Haplomitrium Hookeri. Fig. 34. (4151) Fig. 35. (415/1) hr : . Ein Vorkeim. V Schei- Optischer Durchschnitt mehr entw ickelte Blätter. telzelle; p Papillen. durch einenVorkeim. V Anfangs theilt sich die Scheitelzelle;pPapille. Zelle, welche die Papillen trägt, nach Art einer zwei- schneidigen Scheitelzelle in drei Zellen (Fig. 37), und bleibt auf diesem Entwickelungsstadium stehen. Die folgenden Blätter ent- wickeln sich mehr vollkommen, indem sie durch diese zweischneidige Scheitelzelle (Fig. 36, 37, 38, 39) wachsen. Die Papille sitzt immer an der Scheitelzelle. Es bleibt bei den ganz erwachsenen Blättern keine Spur von dieser Papille. Die oben beschriebenen Versuche beweisen sehr klar, in wie hohem Grade die Lebermoose regenerationsfähig sind. Fassen wir die Ergeb- nisse der vorliegenden Untersuchungen mit Beziehung auf die Arbeit von Vöchting (Ueber Regeneration u. s. w.) zusammen, so sehen wir, dass fast alle morphologisch - differenzirten Organe der Lebermoose (Thallus, Blätter, Inflorescenzen, Infloreszensstiel, Brutbecher, Brut- knospen, Vorkeime etc.) unter gewissen Umständen regenerations- fähig sind. Bei der Untersuchung stellt sich heraus, dass fast alle anatomisch-differenzirten Gewebearten eine Rolle dabei spielen können. Die Zellen des Blattparenchyms der Rindenschicht, des Assimi- lationsgewebes etc. reproduciren unter gewissen Umständen die Pflanze. Wie erstaunlich die Lebenszähigkeit bei diesen zarten Pflänzchen ist, zeigt sehr anschaulich folgender Versuch von Vöchting (Unters. über Leberm, etc. Sep.-Ab. p. 15): „Ein Stück aus der Mittelläche eines kräftigen Thallus von Lunularia wurde mit einem scharfen Messer auf einer glatten Korkplatte so fein zerschnitten, dass die Theilstücke 377 schliesslich einen grobkörnigen Brei darsteliten. Die grössten Stücke mochten etwa die Grösse eines halben Cubikmillimeter haben, während die kleinsten erheblich kleiner waren. Dieser Brei wurde auf feuchten Sande ausgebreitet und vor störenden äusseren Einflüssen möglichst geschützt. Nach einiger Zeit wurden anfänglich einzelne, dann immer zahlreichere junge Sprosse sichtbar, und schliesslich S ging eine ganze Schaar \/ junger Sprosse ausder brei- Ss N I artigen Masse hervor. Die a N Untersuchung ergab, dass \) die weitaus grösste Mehr- zahl der Stücke frisch ge- blieben und im stande Fig. 36. (415/1) Fig. 37. (415/1) gewesen war, Adventiv- sprosse zu erzeugen.“ Ich habe selber mehr- mals das Vorkommen der Knospen an Blattfragmen- ten von Frullania beob- achtet, welche nicht grös- ser als !is bis !/s qmm waren und aus zehn bis zwanzig Zellen be- standen. Diese Versuche berechtigen zu folgendem Schluss: es kann jede ein- Haplomitrium Hookeri, r r R rn a B zelne Zelle aller Gewebe Fig. 38. (41/1) Pi. 30. der Lebermoose unter ge- Die aufeinander folgenden Stadien der Blattent- wissen Bedingungen gan- wiekelung, zen Organismus wieder er- . zeugen. Der experimentelle Beweis dieser Thatsache ist wegen rein praktischen Schwierigkeiten, die für jedermann klar sind, kaum aus- führbar. Vöchting kommt auch zu einem ähnlichem Schluss, wenn er nach Besprechung des vorhererwähnten Experiments schreibt: „Dieser Versuch zeigt klar, welcher Grad von Widerstandsfähigkeit gegen äussere Eingriffe dem Thallus unserer Pflanze eigen ist, welche Lebensenergie auch den kleinsten Zeileomplexen noch innewohnt. Hier lässt sich nahezu streng und vollgültig der Beweis führen, dass auch in jeder einzelnen vegetativen Zelle potentiell der ganze Or- 378 ganismus erhalten ist; ja es dürfte nicht unmöglich sein, die Wahr- heit dieses Satzes an unserer Pflanze unter geeigneten Bedingungen experimentell direct zu beweisen“ (l. g. 16). Dieser Schluss kann desto mehr berechtigt sein, weil wie wir schon gesehen haben, nicht ein Complex von Zellen, sondern meist eine einzelne Zelle bei der Regeneration der Gewebestücke die Pflanze reproducirt. Es liegen keine Gründe vor, dass diese Zelle sich anders ver- hält, wenn sie aus dem Verbande mit den anderen Zellen ausgelöst wird. Also besitzt fast jede einzelne Zelle der Lebermoose die bei dem gewöhnlichen Lebensverlauf latente Eigenschaft, den ganzen Organis- mus wieder zu erzeugen. Diese latente Eigenschaft gelangt nur unter gewissen Bedingungen zum Ausdruck. Worin diese Eigenschaft be- stehen mag, sei dahin gestellt. Wir wissen, dass alle Zellen, welche einen Organismus aufbauen, in gegenseitigen Verhältnissen stehen. Die Function, welche sie im Organismus verrichten, ist einerseits durch ihre individuellen Eigenschaften, andererseits durch Einfluss von anderen Zellen bestimmt. So lange ein Organismus als Ganzes functionirt, bleiben gegenseitiger Zusammenhang und Beeinflussung in der ihn aufbauenden Zelle. Sind aber einmal die Punctionen des Organis- mus gestört, so verschwindet mehr oder weniger auch der Zusammen- hang zwischen den Zellen und die bis jetzt schlummernden Eigenschaften der Zelle können zum Vorschein kommen. Mit anderen Worten stehen die verschiedenen möglichen Kunetionen einer Zeile in Correlations- verhältniss. Das Aufhören einer dieser Functionen ruft die Thätig- keit einer anderen hervor. Für das Stattfinden der Regeneration ist, ausser genügender Wärme und Feuchtigkeit, hauptsächlich auch die Gegenwart gewisser Mengen von Nährstoffen durchaus nothwendig. Bei normalem Lebens- verlauf wandern die dureh die Assimilationsthätigkeit gebildeten Nähr- stoffe zum Vegetationspunkte, wo die lebhafteste Theilung, Wachs- thum und Neubildung der Pflanzenorgane und desshalb auch der grösste Verbrauch der Baumaterialien stattfindet. Mit Abschneiden des Vegetationspunktes finden die plastischen Baustoffe keinen Verbrauch mehr; ihr Quantum vermehrt sich nach und nach durch die Assimilation, endlich sammeln sieh Baustoffe in grosser Menge an und geben den Zellen das Material, auf deren Kosten die Regeneration stattfindet. Die Nothwendigkeit der plastischen Baustoffe ergibt sich sehr klar aus folgenden Versuchen. Die abgeschnittenen Blätter von Lejeunia, Frullania, Radula und anderen Jungermannien wurden auf Torfstücke 379 gelegt und verdunkelt. Während der ganzen Versuchszeit waren die Culturen genügend feucht gehalten. Nach 2'/, Monaten wurden die Culturen untersucht und es ergab sich, dass die Blätter abgestorben waren und keine einzige Knospe gebildet haben. Das Unterbleiben der Regeneration in diesem Falle kann aus zweierlei Ursachen geschehen sein; entweder wegen Lichtabschluss, welches möglicherweise, ähnlich wie bei Bildung der P9lanze aus Vorkeime der Lebermoose,, irgend eine specifische Wirkung auf Regenerationserscheinungen hat; z. B. als Erreger von gewissen chemischen Processen (nicht Assimilation), welche die für die Regene- ration nöthigen Stoffe bilden, oder im Mangel an plastischen Bau- stoffen. Für die Entscheidung dieser Frage wurde die Versuchsanstellung etwas verändert. Die abgeschnittenen Blätter der betreffenden Pflanzen wurden anf Grypsplatten, welche mit Nährstofflösung durchtränkt waren, gelegt. Die Cultur wurde unter die luftdieht verschlossene Glasglocke gebracht. Die Kohlensäure aus der Luft unter der Glocke wurde mittelst Kalilauge absorbirt. Die Glocke habe ich mit Adspirator und mit besonderem Apparat verbunden, wodurch es möglich war, zu jeder Zeit sich zu überzeugen, dass die Luft unter der Glocke keine Spur von Kohlensäure enthielt. Bei solcher Versuchsanstellung wurden die Pflanzen nur auf diejenige Menge der Baustoffe ange- wiesen, welche ihr Gewebe enthält. Die Assimilation wurde ausge- schlossen und die speeifische Liehtwirkung konnte in die Erscheinung treten, da Licht ungehindert zutreten konnte. Nach Verlauf eines Monats wurden die Blätter untersucht und dabei wurde keine einzige Knospe gefunden. Aus diesem Versuche geht unzweifelhaft hervor, dass das Licht keinen speeifischen Einfluss auf die Regenerativn hat und das Unterbleiben der Regeneration nur wegen Mangel an Bau- stoffen geschah. Die Stücke des Thallus von Fegatella conica, Preissia commutata, Pellia epiphylla, welche auf Torf eultivirt wurden, haben auch in der Dunkelheit lange, gewundene, etiolirte Sprosse gebildet. In der kohlensäurefreien Luft produeiren sie die kleine aber ganz normal gebaute Sprosse. Dieses abweichende Verhalten stellt nichts Merkwürdiges vor. Die Thallusstücke !) der obenerwähnten Lebermoose besitzen in genügender Menge Baustoffe, um einige schwache Sprosse zu erzeugen. Das zarte einschiehtige Gewebe der Blätter ın) Die Thallusstücke waren ungefähr 1a —\/; gem gross. 380 von Lejeunia ete. ist fast durchsichtig und enthält nur wenige Stärke- körner; das saftige, compacte Gewebe von Fegatella u. a. ist dagegen mit Stärke und anderen Baustoffen gefüllt. Es sei hier noch das Verhalten von Riceia Huitaus erwähnt. Die Thallusstücke der R. fluitans, welche auf Wasser schwammen und zugleich verdunkelt waren, gehen immer in sehr kurzer Zeit zu Grunde, ohne irgend eine Spur von der Regeneration zu zeigen. Die ebenso behandelten Stücke auf dem Wasser, aus dem Kohlensäure durch Kochen ausgetrieben war, haben in kohlensäurefreier Luft einige Adventivsprosse erzeugt. Mir scheint, dass man die Erklärung dieser merkwürdigen Thatsache in dem raschen Verfall des Chlorophylis der Rieeia in der Dunkelheit suchen muss. Es besitzen nicht nur die verschiedenen. Arten der Lebermoose verschiedene Regenerationsfähigkeit, sondern ist diese Fähigkeit bei einem und demselben Tiebermoose in verschiedener Zeit verschieden. So z. B. regenerirt sich am Ende Januar und Februar Frullania dila- tata sehr leicht und sehr rasch. Es genügte, den Vegetationspunkt abzuschneiden, um in T—-10 Tagen eine Menge von Adventivknospen auf den Blättern zu bekommen, obwohl gleichzeitig viele ruhende Sprossanlagen hervorkamen, wodurch die Pflanze wieder viele Vege- tationspunkte bekam. In diesem Falle ist jene geringe Wachsthums- hemmung schon hinreichend, um das Hervorkommen vieler Knospen zu erzeugen. Im Sommer fand bei dieser Pflanze nur selten eine Regeneration statt. Der Grund dieser Erscheinung liegt, wie mir scheint, nicht nur in ungleichen Mengen von Baustoffen in den Blättern im Frühjahr und Sommer (die Blätter enthalten im Sommer entschieden weniger Nährstoffe), sondern auch in besonderer hemmender Wirkung der Fructification auf die vegetativen Processe der Pflanze. Es sei hier erinnert, dass auch zwischen Fructification und Pro- duetion der Brutknospen ähnliche Beziehungen existiren. Die ana- tomisch-ditferenzirten Gewebearten eines und desselben Lebermooses verhalten sieh in Beziehung auf die Regenerationsfähigkeit ganz verschieden. Diese Erscheinung sieht man am besten bei der Regeneration des aus verschiedenen Geweben bestehenden Stückes irgend welchen hebermooses. Zu den höchstentwickelten Lebermoosen ge- hören Marchantieen und einige Riceieen, z. B, Corsinia marchantioides. Wenn wir den Thallus von Corsinia in kleine Stücke zerschneiden und diese Stücke auf feuchten Torf legen, so entstehen in einiger Zeit an der Unterseite, aus der Mittelrippe einige Adventivsprosse. ERDE: 381 Diesen Versuch können wir beliebig oft wiederholen, immer regeneriren sich die Zellen der Mittelrippe. Um andere Gewebearten zur Re- generation zu bringen, muss man sie von dem Mittelrippegewebe ab- trennen. Die Stücke des Thallus von Corsinia, die nur Assimilations- gewebe enthalten, regeneriren sich sehr reichlich. Dies ist auch der Fall mit der Epidermis, Offenbar ist das Mittelrippegewebe mehr regenerationsfähig, als alle anderen Gewebearten bei den Lebermoosen. Es ist leicht er- klärlich, warum das Assimilationsgewebe und die Epidermis sich nieht regeneriren können, so lange als sie im Zusammenhange mit dem Mittelrippegewebe bleiben, weil das Gewebe der Mittelrippe gleich Adventivsprosse, folglich auch Vegetationspunkte bildet, d. h. es bilden sich wieder Verbrauchstätten für Baustoffe und von diesem Augenblicke an kehren das Assimilationsgewebe und die Epidermis wieder in solche Lage wie bei der normalen Pflanze zurück, Durch dieselbe Ursache, d. h. durch Auftreten eines oder vieler Vegetations- punkte, erklärt sich die Erscheinung, dass nicht alle ganz gleichartigen Jellen des Blattes von Frullania oder eines anderen Lebermooses sich regeneriren und Knospen bilden können. Wegen der rein individuellen Verschiedenheiten theilen sich einige Zellen rascher als andere, welche entweder gar nicht regeneriren oder es bleibt ihr Regenerationsvermögen auf einem gewissen Stadium stehen. Die verschiedene Regenerationsfähigkeit der verschiedenen Ge- webearten kann von zwei Umständen abhängig sein. Die verschieden differenzirten Zellen können nieht gleich entwickelte latente Regene- rationsfühigkeit besitzen; oder es ist diese Fähigkeit bei allen Zellen durchaus gleich. Der Unterschied liegt in anderen Zelleigenschaften, 2. B. in dem Vorhandensein einer bestimmten Menge von Baustoffen, in der Dicke der Zellmembranen u. a. m. Wir gehen jetzt zu den Ursachen über, welche für den Ent- stehungsort der Adventivsprosse maassgebend sind. Bei foliosen Jungermannien, scheint es, ist die Bildung der Knospen am Blatte betreffs ihrer Stellung keinem Gesetze unterworfen. Die Zellen der abgeschnittenen Blätter von Madotheca oder Frullania tegeneriren sich ohne irgend ein erkennbares Verhältniss zu Ihrem Orte auf dem Blatte. Bei einigen, z. B. bei Lejeunia, sind die Randzellen reproductionsfähig; bei anderen findet sich der IRegene- rationsprocess mur bei den von einander getrennt liegenden Zellen; bei anderen regeneriren sich viele nebeneinander liegende Zellen (z. B. Plagiochilla Fig. 28). Hieraus geht hervor, dass der Ort der 382 Regeneration bei foliosen Jungermannien nieht durch die Lage der Zelle, sondern durch individuelle Zelleneigenschaften bestimmt ist, welche für die Regeneration günstig sind. Anders verhalten sich die thallosen Lebermoose. Vöchting behauptet in seiner obenerwähnten Arbeit, dass zwischen Basis und Spitze der Marchantieen ein scharf ausgesprochener physiologischer Gegensatz herrscht, der darin besteht, dass nur die Spitze Adventivsprosse zu erzeugen fähig ist. Bei allen seinen Versuchen haben die Adventivsprosse sich von der Unterseite des Thallus knapp hinter der Apicalschnittfäche gebildet. Nur einmal hat Vöchting eine Ausnahme bemerkt: nämlich ein Stück des Lunulariathallus hat den Adventivspross aus der basalen Schnittfläche erzeugt. Aber nicht alle thallosen Formen folgen streng dem Gesetze der Bildung der Adventivsprosse bei der apicalen Schnittfläche. Die Stücke des Thallus von Preissia und Fegatella, welche senkrecht der Längsachse zerschnitten wurden, bilden gewöhnlich Sprosse auch knapp hinter der Apicalschnittfläche. Man kann aber auch öfters solche Fälle treffen, wo die Adventivsprosse fast bei der basalen Schnittfläche erscheinen. Noch abweichender verhalten sieh die Theilstücke, bei welchen die Mittelrippe halbirt ist. An solchen Stücken bilden sich gewöhnlich viele Adventivsprosse längs der Mittel- rippe. In vielen Fällen gelangen sogar die dem basalen Ende zunächst liegenden Sprosse früher zur Entwiekelung. Andere thallose Lebermoose folgen noch weniger diesem Gesetze. In dieser Beziehung zeichnen sich Rieeien besonders aus. Die Thallusstücke von Corsinia bilden allerdings Adventivsprosse dieht an der apicalen Schnittfläche, aber das Assimilationsgewebe, das durch den Schnitt parallel der Thallusfläche von dem Mittelrippegewebe getrennt ist, bildet, unter passende Vegetationsbedingungen gebracht, eine Menge von Adventivsprossen ohne erkennbare Beziehung zu dem Apical- und Basalende. Die Rieeia erystallina und fluitans bilden viele Adventivsprosse, die auf der ganzen Länge der Mittelrippe des Stückes sitzen. Das Licht und die Schwerkraft haben keinen Einfluss auf die Bestimmung der Stelle, wo diese Neubildungen entstehen. Die Stücke von Fegatella, Preissia, Pellia, die auf die Torfplatte in gewöhnlicher Lage und umgekehrt gebracht wurden, haben doch immer an der Unterseite die Adventivsprosse gebildet. Aus den abgeschnittenen Blättern der foliosen Formen wachsen die Knospen an der beleuch- teten und verdunkelten Seite hervor, 383 Mit Riceia fluitans wurden viele Versuche angestellt, um den Einfluss des Liehtes und der Schwerkraft auf den Entstehungsort der Adventivsprosse zu ermitteln. Die Thallusstücke wurden auf das Wasser theils in gewöhnlicher, theils in verkehrter Lage gebracht und mittelst eines Spiegels von unten beleuchtet. Nach dem Ver- laufe von anderthalb Wochen . wurden die sämmtlichen Versuchs- pflanzen untersucht. Die Ergebnisse sifd in folgender Tabelle zusammengestellt: . u Bu ! Zahl der Adventivsproses beleuchtet | an der Zahl der Versuchspflanzen von der N | Der 1. Versuch 16 | Unterseite —_ | 39 2 Oberseite — | 5 Der. 2. Versuch 16 ! Unterseite _ 81 8 | Oberseite _ | 34 Summa 42 | | | 159 Also alle 42 Pflanzen haben insgesammt 159 Sprosse gebildet, alle von der Unterseite, ungeachtet der verschiedenen Lagen zur Schwerkraft und Lichtquelle. Dieser Versuch zeigt sehr anschaulich, dass der Ort der Regeneration nieht durch äussere Kräfte, etwa Licht, Schwere, sondern durch innere Zelleneigenschaften bestimmt wird. Ungeachtet der scheinbaren Unbestimmtheit der Stelle der Neubildungen bei den Regenerationserscheinungen der Lehernioose scheint mir doch eine bestimmende Ursache dafür vorzuliegen. Ich glaube, dass die Richtung der plastischen Baustoffe in der unverletzten PHanze den Ort der Regeneration in erster Linie be- stimmt. Die Erklärung der Regenerationserscheinungen durch den Strom der Nährstoffe ist gar nieht neu. Schon alte Physiologen machten solehe Annahme. Es ist gewiss, dass diese Annahme nicht alle Erscheinungen bei höheren Pflanzen ungezwungen erklären kann, doch ist in Bezug auf die Regenerationserscheinungen bei den Leber- moosen diese Annahme ganz ausreichend und desshalb scheint sie mir annehmbar zu sein. on Bei den unbeschädigten Pflanzen wandern normalerweise die Bau- stoffe zum Vegetationspunkte. Wenn der Vegetationspunkt abgesehnitten i die Baustoffe in der alten Riehtung, sammeln hnittfläche an und ermöglichen die Bildung ter Linie ist der Wundreiz maassgebend,. ist, so bewegen sich doch sich bei der apicalen Se der Regeneration. In zwei 384 Es ist bekannt, dass die Verletzungen einen Strom der Nährstoffe zu der Wunde und Neubildungen der Gewebe hervorrufen. Man kann als Wirkung des Wundreizes auffassen, dass die Stücke von Fegatella, bei denen die Mittelrippe halbirt wurde, die Adventivsprosse längs der Mittelrippe erzeugen. Durch die Wirkung ‚des Baustofl- stromes erklären sieh ungezwungen die Regenerationserscheinungen bei dem Assimilationsgewebe von Corsinia. Das Assimilationsgewebe hat keinen continuirlichen Nährstoffstrom und Yeswegen sammeln sich die Baustoffe an vielen Stellen des Gewebes an und rufen Adventiv- sprossbildungen hervor. Das wichtigste Ergebniss der vorliegenden Arbeit, kurz zusammen- gefasst, lautet folgendermassen: 1. Viele Arten der Lebermoose erzeugen Brutknospen oder Brut- körnchen, welche zur ungeschlechtlichen Vermehrung dienen; diese Gebilde stellen bezüglich der Art der Pflanzenentwiekelung aus ihnen das Analogon der Sporen der betreffenden Lebermoose dar. 2. Das Licht hat einen bedeutenden Einfluss auf die Pflanzen- entwickelung aus der Brutknospe. 3. Es besitzt fast jeile Zelle der Lebermoose die unter gewühn- lichen Bedingungen latente Eigenschaft, die ganze Pflanze wieder zn erzeugen. Letztere Fähigkeit kommt eben nur unter gewissen äusseren Einflüssen zum Vorschein. 4. Diese Fähigkeit ermöglicht allen Lebermoosen ihre erstaun- liche Lebenszähigkeit. 5. Die verschiedenen Gewebe zeigen diese Eigenschaft in ver- schiedenem Grade. 6. Die nothwendigste Bedingung für das Zustandekommen der Regeneration besteht in dem Vorhandensein einer gewissen Menge von plastischen Baustoffen. * Diese Untersuchung wurde im pflanzenphysiologischen Institut zu München ausgeführt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor Goebel für seine Unterstützung und nützlichen Rathschläge meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Fruchtkörper einiger Gastromyceten. Von Lydia Rabinowitsch. Hierzu Taf. X und XI. Ueber die Entwickelungsgeschichte der Fruchtkörper der Gastro- myceten liegen vielfache und eingehende Untersuchungen vor, deren Litteratur theils in der jüngst erschienenen Arbeit von Rehsteiner!), theils in der folgenden Untersuchung aufgeführt ist. Da es für eine vollständige und klare Systematik der Gastromyceten von grosser Bedeutung ist?), dass möglichst viele Arten derselben entwickelungs- geschichtlich untersucht werden und da noch viele Arten einer solchen Untersuchung harren, möchte ich in vorliegender Arbeit einige wenige vervollständigende Beiträge liefern. Auf Veranlassung und unter Leitung von Prof. Dr. Ed. Fischer habe ich Lyceoperdon depressum und Seleroderma Bovista einer ein- gehenden, ferner Sphaerobolus stellatus einer ergänzenden entwicke- lungsgeschiehtlichen Untersuehung unterworfen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Ed. Fiseher meinen innigsten Dank auszusprechen für seine gütige Ueberlassung von Material, sowie für seine fördernde Beihilfe. Auch Herrn Prof, Dr. L. Fischer sage ich für seine vielseitige Anregung während meiner Studien an der Universität Bern meinen besten Dank. Lycoperdon depressum Bonorden. Nach dem Vorgange von Bonorden?) werden alle Lyeoperdon- Arten in 2 Gruppen eingetheilt: A. Lycoperdon-Arten, bei welchen der fruchtbare Theil der Gleba durch eine Grenzlinie vom sterilen 1) Rehsteiner, Beitr. z. Entw. d. Frk. einiger Gast. Botan, Zeitung 1892, Nr. 47--52. 2) Vgl. Fischer, System. der Phalloideen“, 3) Bonorden, D. Gattungen Lycop. Boviste u. ihr Bau. p- 593. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 25 Einleitung zu den „Untersuchungen z. vrlg. Entwg. u. Denkschr, d. schw. naturf. Gesellsch. Bd. 32, I, 1890, Bot. Ztg. 1857 386 Theil getrennt ist, und B. solche, bei welchen es keine Grenzlinie zwischen dem fruchtbaren und unfruchtbaren Theil der Gleba gibt. Es sind nur die zweiten in entwickelungsgeschichtlicher Hinsicht von Rehsteiner!) erörtert worden, die Formen mit Grenzlinie sind dagegen entwiekelungsgeschichtlich noch gar nicht untersucht. Die einzigen näheren Angaben, die wir überhaupt über den Bau dieser Form haben, rühren von Bonorden her. Derselbe erörtert die Ent- wiekelung des Fruchtkörpers nicht, er beschreibt nur die Grenzlinie beim erwachsenen Fruchtkörper und betrachtet dieselbe als ein „Dia- phragma*, als innere Peridie, die vollständig sei und eine geschlossene Kugel bildet. Diese Grenzlinie kommt nach Bonorden zu Stande wie folgt: „Alle Röhren wenden sich seitwärts, lagern sich in eine Kreis- fläche und verflechten sich zu einer Membran, welche jene Grenz- linie bildet, und diese vereinigt sich bogenförmig aufsteigend mit der inneren Membran des Kopfes in einem spitzen Winkel.“ Eine genauere entwiekelungsgeschichtliche Untersuchung der Form mit Grenzlinie war daher wünschbar, um auch zu schen, als was wir die Grenzlinie morphologisch aufzufassen haben. An ‘der Hand von Alkoholmaterial aus dem Berner Oberland, theils aus der Gegend von Adelboden, theils aus dem Justisthal, war es mir möglich, die Entwickelungsgeschichte einer der Formen mit Grenzlinie zu untersuchen, nämlich Lycoperdon depressum. Ich möchte also zur Darstellung meiner Beobachtungen übergehen. Bevor wir die entwickelungsgeschichtlichen Verhältnisse unter- suchen, orientiren wir uns über den Bau des fast erwachsenen Fruchtkörpers,. Der etwa 2!/scm hohe und 4em breite, fast reife Fruchtkörper von Lycoperdon depressum ist verkehrt kegelförmig, an den Seiten abgerundet, grau bis gelbbraun. Auf einem medianen Längsschnitte treten uns folgende Haupt- theile entgegen: (Taf. X Fig. 1.) 1. Die äussere Peridie (Pd). 2. Die innere Peridie (Pi). der fertile Theil der Gleba (fkm) 3. Die Gleba (G) der sterile Theil der Gleba (stkm) die Grenzlinie (Grn). Der Bau der äusseren und inneren Peridie stimmt wesentlich mit der Peridie der von Rehsteiner untersuchten Lycoperdon- 1) Rehsteiner, L. ce. 387 Arten (Lye. gemmatum und laxum) überein und kann daher sehr kurz behandelt werden. Die äussere Peridie (Pd) besteht aus einer inneren (a) und einer äusseren Schicht (sez). Die innere Schicht besteht aus blasig aufgetriebenen, dichten, wirren Hyphen und ist pseudoparenchymatisch. Nach der Peripherie geht diese Schicht ganz allmählich in die äussere sculpturenbildende Schicht über. Die Hyphen nehmen nach aussen an Durchmesser zu, bestehen aus rundlichen, aufgedunsenen radial angeordneten Zellen, Die innere Peridie besteht aus zarten, eng verflochtenen, reich verzweigten Hyphen, welche sich nach innen direct in die Trama- platten fortsetzen. Die Hyphen der inneren Peridie unterscheiden sich somit von den Tramahyphen nur durch die dichtere Verflechtung und die Anordnung ihrer Bestandtheile, Die Gleba lässt den bekannten gekammerten Bau erkennen. Die Wände der Kammern sind von den Basidien ausgekleidet, welche Auszweigungen der Tramahyphen sind; im obersten Theil des Frucht- körpers ist die Gleba fertil, das heisst es entstehen an den Basidien die Sporen, während im unteren Theile die Basidien steril bleiben. Abgesehen davon ist auch die Form der Kammern und die Grösse der Basidien im fertilen und sterilen Theile verschieden, Im fertilen Theile der Gleba sind die Kammern im Allgemeinen lang, schmal und oft labyrintisch mit einander verbunden; ihre Anordnung ist aber nicht überall dieselbe. Im obersten Theil, in der Nähe der Peridie, verlaufen die Kammern radial senkrecht zur Oberfläche (Taf. X Fig. 2), also ge- rade so wie die fertilen Kammern bei Lycoperdon gemmatum und laxum. Im untersten Theil der fertilen Gleba, da wo dieselbe an den sterilen Theil grenzt, schen wir meist in horizontaler Riehtung verlaufende Kammern. Die fertilen Basidien sind von geringerem Durchmesser und von geringerer Länge als diejenigen an den sterilen und sind somit in grösserer Zahl vorhanden, sie scheinen auch einen viel dichteren In- halt zu besitzen. Ihre Länge beträgt 6—9 y, ihre Breite 33 p. Die Kammern des sterilen Theiles von Lycoperdon depressum sind oval bis rund. Die sie umgebenden Hyphen sind etwas dieker als die Tramahyphen am fertilen Theile und lockerer unter einander verflochten. Die sterilen Basidien an der Grenzlinie sind 15—18 x lang und 6—9 1 breit; die sterilen Basidien im untersten Theil sind 24—27 u. lang und 12—15 jr breit. , 388 Wir sehen somit, dass die innere und die äussere Peridie, sowie die Beschaffenheit der fertilen und sterilen Kammern von Lycoperdon depressum uns ein ähnliches Verhalten wie die entsprechenden Theile bei Lycoperdon laxum und gemmatum bieten. Während aber bei Lycoperdon gemmatum und laxum der Ueber- gang vom fertilen zum sterilen Theil allmählich erfolgt und durch die Columella vermittelt wird, sind bei Lycoperdon depressum die beiden Theile der Gleba ganz scharf von einander gesondert und durch die Grenzlinie geschieden (Taf. X Fig. 5 Gr.). Diese Grenzlinie besteht beim erwachsenen Fruchtkörper aus zahlreichen eng und wirr verflochtenen, in transversaler Richtung verlaufenden Hyphen, welche völlig mit den Hyphen der 'Trama und der inneren Peridie übereinstimmen. In der Nähe der Grenzlinie fällt uns, wie schon oben erwähnt wurde, die transversale Riehtung der fertilen wie auch der sterilen Kammern auf, die hier nicht selten ganz platt gedrückt erscheinen. Da alle Theile, ausser der Grenzlinie bei Lycoperdon depressum denselben Theilen bei Lycoperdon gemmatum und laxum entsprechen, möchte ich bei der Beschreibung der Entwiekelung des Fruehthörpers von Lycoperdon depressum mich hauptsächlich auf die Entwickelung und das Zustandekommen der Grenzlinie beschränken, dabei die anderen Theile nur soweit berührend, als sie zur Grenzlinie in Be- ziehung stehen. Das nähere anatomische und entwickelungsgeschicht- liche Verhalten der Peridien, der Gleba, wie auch des Myceliums wurde eingehend von Rehsteiner behandelt und meine Beobach- tungen dieser Theile bei Lycoperdon depressum stimmen mit den- jenigen von Rehsteiner überein, Wie und wann entsteht die Grenzlinie und als was können wir sie auffassen? Um diese Frage zu beantworten, wollen wir die Entstehung der Grenzlinie entwickelungsgeschichtlich verfolgen. Leider stiess auch ich bei meiner Untersuchung auf den hindernden Umstand, den auch Rehsteiner bei Lycoperdon und Bovista erwähnt: die abnorme Ausbildung der Fruchtkörper, besonders der jungen Exemplare. Während aber die Degeneration bei Lycoperdon gemmatum und laxum im centralen Theil der Gleba beginnt, war es in meinen Exemplaren die sterile Gleba, die früher als die fertile zerstört wurde. Bei dieser Degeneration wurden vor Allem die Tramahyphen angegriffen, sie erscheinen heli und verschwinden allmählich ganz. Die Basidien 389 anlagen leisten etwas länger Widerstand, gehen aber beim Fortdauern der Degeneration endlich auch zu Grunde und die Kammern werden dann grösser und verlieren endlich ihre scharfe Umgrenzung. Die Grenzlinie leidet im Allgemeinen bei der Degeneration nicht stark, und nur wenn dieselbe ziemlich fortgeschritten ist, erscheinen die Hyphen der Grenzlinie hell und unscheinbar. Völlig unberührt von der Degeneration bleibt nur die Peridie. Schon äusserlich können wir die degenerirten Exemplare ziemlich leicht unterscheiden; es erscheint bei Lycoperdon depressum dann der sterile Theil ganz weich und zerspringt schon bei geringem Druck zwischen den Fingern. Dank der mir .durch Prof. Dr. Ed. Fischer zur Verfügung ge- stellten Präparate von Rehsteiner, die sowohl Schnitte durch normal ausgebildete wie auch durch degenerirte Fruchtkörper von Lycoperdon gemmatum und laxum in allen Stadien der Entwickelung zeigten, konnte ich sehen, inwiefern wir aus den degenerirten Exem- plaren Schlüsse auf die normalen Zustände zu ziehen berechtigt sind. Ist die Degeneration nicht ‚stark fortgeschritten, so erscheinen nur die Tramahyphen verändert: aufgelockert und hell, die anderen Theile stimmen ganz mit den der normal ausgebildeten Fruchtkörper überein. Da es sich ferner bei meiner Untersuchung nicht hauptsächlich um den Bau der 'Tramahyphen handelte, sondern vielmehr auf den allgemeinen Bau der Gleba und vor Allem auf das Auftreten und Verhalten der Grenzlinie ankam und da die Degeneration bei den von mir untersuchten Fruchtkörpern meist nicht fortgeschritten war, hielt ich mich doch für berechtigt, an der Hand degenerirter Fruchtkörper manche meiner Schlüsse zu ziehen. Die erste Anlage der Gleba von Lycoperdon depressum, das Auftreten heller, rundlicher Lücken im Gewebe, konnte ich bei Frucht- körper von 1,5 mm Länge sehen. Diese Lücken waren besonders bei schwacher Vergrösserung sichtbar und von rundlicher Gestalt. Ihrer Gestalt nach dürften diese Lücken wohl als sterile Kammern betrachtet werden, um so mehr, als wir auch bei Lycordon gemmatum dasselbe Verhalten finden. . Bei starker Vergrösserung erwiesen sich die Lücken a un lockeren Hyphen bestehend. Zwischen diesen Hyphen befand a se zahlreiche Krystalle aus Caleiumoxalat. Alle Lücken sowohl ei diesem Stadium, als wie bei dem 2 mm langen Fruchtkörper waren gleichartig, 390 Bei einem Fruchtkörper aber von 3mm Länge konnte bereits eine Verschiedenheit in der Ausbildung der Kammern constatirt werden: die im oberen Viertel waren länglich, schmal, labyrintisch stellen wohl die Anlage des fertilen Theiles der Gleba dar; die übrigen Kammern erscheinen rundlich wie beim 2 mm langen Fruchtkörper. Nicht alle Kammern waren gleich ausgebildet, manche erschienen von Basidienanlagen schon umgeben, während andere von wirren Hyphen fast noch ganz erfüllt waren. Eine Grenzlinie, oder irgend eine Andeutung derselben war in diesem Stadium noch nicht vorhanden. Bei der weiteren Entwickelung vermehren sich die Kammer sowohl im sterilen, wie auch im fertilen Theil, sie werden auch immer grösser. Die Grenzlinie bemerkte ich zuerst in einem etwa 12 mm langen Fruchtkörper (Taf. X Fig. 3). Untersuchen wir einen etwa 12mm langen Fruchtkörper von Lyeoperdon depressum, so finden wir folgendes eigenthümliches Ver- halten: In der Mitte sehen wir eine aus gezerrten Kammern gebildete Grenzlinie (Taf. X Fig. 3 Gr), die aus einem wirren Hyphengeflecht besteht, dessen Elemente mit den der inneren Peridie und der Trama- hyphen völlig übereinstimmen. Diese Grenzlinie reicht aber nicht bis zur Peridie, vielmehr setzt sie sich gegen den Rand hin in eine Zone von Kammern fort, die in tangentialer Richtung verlaufen und die deutlich von Basidien ausgekleidet sind. Bei der weiteren Entwickelung des Fruchtkörpers ist es besonders der fertile Theil, der sich mächtiger als der sterile entwickelt; dabei werden auch an den Randtheilen der Grenzschicht die Kammern völlig gezerrt; die Grenzlinie tritt immer schärfer hervor und bei einem etwa 15mm langen Fruchtkörper sehen wir (Taf. X Fig. 5) die beiden Theile der Gleba durch die Grenzlinie, welche aus wirren parallel gelagerten Hyphen besteht und keine Spur von Kammern zeigt, scharf von einander abgetrennt. Seitlich erstreckt sich die Grenzlinie nunmehr bis zur inneren Peridie, in die sie direct übergeht. Das weitere Wachsthum des Fruchtkörpers besteht nur noch in einer Vergrösserung der schon vorhandenen Elemente; es werden keine neuen Theile mehr angelegt. Wie bei Lycoperdon gemmatum erfolgt auch hier die Sporen- bildung spät, kurz bevor der Pilz seine definitive Grösse erreicht hat. Der Zersetzungsprocess: die Degeneration und das Zerstörtwerden aller zarten Theile der Gleba, dem nur die stark verdickten, gelb 391 bis braun gefärbten derben Capillitiumfasern und die Sporen wider- stehen, wurde schon von Vittadini!) und Rehstein er?) beschrieben. Bei Lyeoperdon depressum bleibt auch nach vollendeter Ent- wiekelung zwischen den beiden Theilen der Gleba die stark aus- gebildete Grenzlinie bestehen, die hier als „derbe Haut“, als „Dia- phragma“ uns entgegentritt. Während auf dieser Stufe der Entwickelung von dem fertilen Theile der Gleba nur die derben Capillitiumfasern und die Sporen übrig bleiben, behält die sterile Gleba ihre ursprüngliche Struktur; von den sterilen Basidien bleibt keine Spur und die Höhlungen der sterilen Kammern sind hier von einem Geflecht zäher Hyphen mit derber Membran umgeben. Auf das Oeffnen des Fruchtkörpers von Lycoperdon depressum, das am Scheitel mit einer runden, begrenzten Oeffnung beginnt, werde ich nicht näher eintreten. Dasselbe wurde von Rehsteiner ausführlich für Lycoperdon gemmatum beschrieben, mit dem Lyco- perdon depressum in dieser Hinsicht völlig übereinstimmt. Fassen wir nun die Beobachtungen über das Auftreten und die Entstehung der für Lycoperdon depressum charakteristischen Grenz- linie zusammen, so sehen wir, dass dieselbe verhältnissmässig spät, erst nach der Ausbildung des sterilen und fertilen Theiles der Gleba auftritt und dass sie einfach aufzufassen ist als ein Theil der Gleba, der eine Zerrung erfahren hat. Die Grenzlinie hat also nicht in höherem Grade als jede beliebige Partie der Gleba das Recht, als innere Peridie aufgefasst zu werden. Die Auffassung von Bonorden, die oben angeführt wurde, wird da- durch also hinfällig. Man kann endlich noch die Frage aufwerfen, welches wohl die Ursache gewesen ist, welche die Zerrung der Kammern in eine soscharf abgegrenzte Zone hervorrief. Um einige Abstractionen betreffend dieser Frage zu ziehen, wollen wir in einigen grossen Zügen das Wachsthum des Frucht- körpers von Lyeoperdon depressum mit demjenigen bei Lycoperdon gemmatum, der keine Grenzlinie besitzt, vergleichen. Es hat Rehsteiner ausführlich das Wachsthum der Gleba bei Lycoperdon gemmatum erörtert und ich halte mich beim Vergleich 1) Vittadini, Monogr. Lycoperd. 2) Rehsteiner, l. c. p. 23, 392 des von mir untersuchten Lycoperdon depressum mit Lycoperdon gem- matum an die von Rehsteiner für letzteren gewonnenen Resultate. Bis zu einem gewissen Stadium stimmt die Entwickelung der beiden Lycoperdon-Arten überein. Die erste Anlage der Gleba kündigt sich bei beiden Arten durch das Auftreten der Anlage der steriien Kammern in dem völlig undifferenzirten Gewebe an. Diese erst entstandenen Kammern liegen später, wie Rehsteiner es ge- zeigt hat, im centralen Theil der Gleba. Auch die Bildung der Ba- sidienanlagen schreitet von der centralen Partie aus fort. Bei der weiteren Entwiekelung vergrössert sich im sterilen Theil der betreffenden Lycoperdon-Arten einerseits die schon gebildeten Kammern, anderseits werden auch im undifferenzirten Gewebe immer neue Kammern angelegt. Die fertilen Kammern treten später als die sterilen auf und zwar auch in der centralen Partie des Fruchtkörpers. Bei der weiteren Entwiekelung des Fruchtkörpers geht die Anlage neuer fertiler Kammern bei beiden Lycoperdon-Arten aus der innerhalb der äusseren Peridie gelegenen Zone des Bildungsgeflechtes aus. Also bis zu einem gewissen Stadium stimmen die Verhältnisse bei Lycoperdon depressum mit denjenigen bei Lycoperdon gemmatum überein, Ein etwa 4mm breiter und 8 mm langer Fruchtkörper von Lycoperdon gemmatum zeigt nach den Angaben von Rehsteiner eine fast cylindrische Form, die kopfförmige Gestalt des fertilen Theiles ist noch wenig ausgeprägt. Die weitere Ausbildung der Gleba von Lycoperdon gemmatum besteht in einem Wachsthum nach oben, in der „radialen Streckung der Kammern und in der dadurch bedingten Bildung des kopf- förmigen Theiles des Fruchtkörpers“.!) Verfolgen wir somit die verschiedenen Momente beim Wachs- thum des Fruchtkörpers, so sehen wir, dass der Bau der Gleba beider Arten übereinstimmt, so lange die Gestalt der Fruchtkörper dieselbe ist. Auch die jungen Fruchtkörper von Lycoperdon depressum zeigen eine nahezu cylindrische Gestalt und bei diesen jungen Fruchtkörpern tritt, wie wir bereits wissen, keine Grenzlinie auf. Während aber bei der weiteren Entwickelung Lycoperdon gemmatum eine immer mehr birnförmige Gestalt annimmt und deutlich einen Stiel und einen 1) Rehsteiner, lc. p. 21. " 393 Kopf aufweist, findet das Wachsthum bei Lyeoperdon depressum immer mehr in die Breite statt und der Fruchtkörper bekommt all- mählich eine verkehrt kegelförmige, an den Seiten abgerundete Gestalt. 1 198 IL IV N % # & Dieses Verhalten beim Wachsthum des Fruchtkörpers von Lyco- perdon depressum gibt uns zwar noch lange keine genügende Er- klärung für das Zustandekommen der Grenzlinie, aber wir können doch in diesem Verhalten eine gewisse Hindeutung darauf sehen, dass das Auftreten der Grenzlinie mit der Gestalt des Fruchtkörpers in einem gewissen Zusammenhange steht. Vergleichen wir ferner die fertilen Kammern eines erwachsenen Fruchtkörpers von Lyeoperdon depressum mit denselben bei Lyco- perdon gemmatum, so sehen wir, dass auch die längsten Kammern von Lycoperdon depressum keine solche starke Ausbildung in radialer Richtung wie die von Lycoperdon gemmatum erreichen. Das Wachs- thum in radialer Riehtung scheint bei Lycoperdon depressum über- haupt lange nicht so intensiv wie bei Lycoperdon gemmatum zu sein. Wie wir ferner im allgemeinen Theile gesehen haben, verlaufen alle fertilen Kammern von Lyeoperdon depressum in den jungen Fruchtkörpern, wo keine Grenzlinie noch vorhanden ist, in radialer Richtung, während beim Auftreten der Grenzlinie in der Nähe der- selben transversal verlaufende Kammern sich befinden, Es sind die centralen Kammern die ältesten, die zuerst auf- tretenden; diese Kammern können vielleicht beim weiteren Wachs- thum des Fruchtkörpers mit demselben nicht Schritt halten, und da das Wachsthum mächtig in transversaler Richtung stattfindet, werden die central gelegenen Kammern gezerrt und bringen somit die Grenz- linie hervor. Dass diese Zerrung allmählich vor sich geht, wird schon daraus ersichtlich, dass wir Fruchtkörper finden, wo in der Mitte eine Grenzlinie auftritt, während am Rande transversal verlaufende Kam- mern sich befinden. 394 Folgender Umstand endlich spricht auch dafür, dass die Gestalt des Fruchtkörpers in gewisser Beziehung zum Auftreten der Grenz- linie steht: es zeigen alle Lycoperdon-Arten mit Grenzlinie eine verkehrt kegelförmige, kreisföürmige bis kugelige Gestalt, während die Lycoperdon-Arten ohne Grenzlinie eine mehr eylindrische, ver- kehrt eiförmige Gestalt besitzen und meist einen scharf ausgeprägten Stiel und Kopf zeigen. Ich habe somit nur meine Vermuthung über die Ursache der starken Zerrung der Kammern ausgesprochen. Entwickelungsgeschicht- liche Untersuchungen der anderen Lycoperdon-Arten mit Grenzlinie werden vielleicht zeigen, inwiefern diese Vermuthung über das Zu- standekommen der Zerrung berechtigt ist. Scleroderma Bovista Fries. Tulasne!) war der erste, der eine genauere Beschreibung und eine, wenn auch nur kurze, nicht vollständige Entwickelungsgeschichte des Fruchtkörpers von Sceleroderma gab, In seiner Arbeit bezieht sich Tulasne auf die früheren Uhnter- suchungen von Berkeley?) mit welchen manche seiner Beobach- tungen übereinstimmen. Ferner wurde Scleroderma von Bonorden?) untersucht, der bis auf Weniges mit den Ansichten von Tulasne übereinstimmt und eine ausführliche Beschreibung der Peridie gibt. Ausser diesen zwei kleineren Arbeiten über Scleroderma. tritt uns noch eine grössere von Sorokin?) entgegen, die genau die all- mähliche Entwickelung des Fruchtkörpers von Scleroderma verrucosum verfolgt. Die Resultate der genannten Arbeiten weichen aber in Bezug auf die Anlage der Gleba so stark von einander ab, dass eine er- neute Untersuchung zur Entscheidung nöthig war, speziell auch in Hinblick auf den Vergleich mit anderen inzwischen untersuchten Gas- fromyceten. Ausserdem ist auch die Frage der Sporenbildung, wie de Bary?°) gezeigt hat, nochmaliger Untersuchung bedürftig. 1) Tulasne, Fructifie. d. Seleroderma ceomparde & celle des Lycop. et Bo- vista, Ann. d. sc. nat, T. 17, II. Serie, 1842. 2) Berkeley, Ann. nat. hist. vol. VI. 1841, 3) Bonorden, Handbuch d. allg. Mycologie, 1851, p. 244. 4) Sorokine, Developpement du Scl. verrucosum, Ann. d. se, nat. 6, Serie Tom. 11, 1876, p. 30. 5) De Bary, Vgl. Morph. u, Biol, d. Pilze, 1884, p. 336, 395 I. Die Entwiekelung der Gleba und der Peridie, Ich möchte vor Allem in wenigen kurzen Zügen den Haupt- inhalt der oben genannten Arbeiten wiedergeben, dabei aber die Frage über die Sporenbildung, die ich speeiell weiter unten behandeln werde, hier möglichst ganz übergehen. Nach Tulasne bestehen die jungen Fruchtkörper von Selero- derma aus einem einheitlichen, soliden, undifferenzirten Geflecht, das aus witren, verzweigten Hyphen besteht. Dann enfstehen‘) „au centre du champignon de petits espaces irregulicrement arrondis et plus diaphanes que les parties qui les entourent forment un reseau d’autant plus manifeste que la plante est moins jeune. A mesure que eelle-ci s’aceroit, ces spaces perdent de leur transparenee ct se remplissent d’utricules delatees, qui sont les cellules extrömes, soit des filamens eomposant la trame qui les limite, soit des rameaux qui en proviennent. Ces utrieules sont pyriformes, et quelques-unes ont a leur base une sorte de talon*. Diese birnförmigen Zellen wachsen schnell und tragen in der Regel vier, manchmal zwei, drei oder fünf meist sitzende Sporen. Ein eigentliches Capillitium nimmt Tulasne bei Seleroderma nicht an, es treten zwischen den Sporen nur die trockenen desorgani- sirten Kammerwände auf. Bonorden stimmt im Allgemeinen mit der Meinung von Tu- lasne über die Entstehung und die Entwickelung des Fruchtkörpers bei Scleroderma überein und ergänzt, wie ich im Abschnitt über die Sporenbildung zeigen werde, die Ansicht von Tulasne über die Entwiekelung der Sporen. In der Arbeit „Developpement du Seleroderma verrucosum* beschreibt Sorokin vor Allem das Auftreten und die Ausbildung des Myceliums von Seleroderma. Dasselbe besteht meist aus feinen Fäden, die gelegentlich aber auch die Dicke eines (änsekieles er- halten können. Die Fäden des Mycels sind septirt, besitzen schnall- förınige Fusionen und bilden beim Zusammentreften mehrerer Stränge ein strangförmiges Mycelium. Die erste Spur eines Fruchtkörpers zeigt sich in der Gestalt wirrer, kurzer, netzartig verzweigter Fäden. Bei dem darauffolgenden Stadium beschreibt Sorokin einen Fruchtkörper, der eine Art Schwamm bildet und mit zahlreichen offenen Kammern versehen ist. Die Hyphen bilden die junge Trama 1) Tulasne, Le. p. 8. 396 von Seleroderma und zwischen diesen Tramahyphen befinden sich die jungen Kammern als offene Hohlräume. Bei der weiteren Entwiekelung des Fruchtkörpers von Selero- derma sind diese Kammern ganz mit Basidien erfüllt und Sorokin nimmt an, dass die Basidien einer jeden Glebakammer aus den Ver- zweigungen eines einzigen Hyphenastes entstehen, der von der Trama aus in die Kammer hineinwächst. Dieses Hineinwachsen in die Kammer beschreibt Sorokin sehr ausführlich und zwar soll dasselbe folgenderweise vor sich gehen: „bientöt apres la formation du squelette du Scleroderma, les filaments qui le constituent envoient des rameaux delicats et transparents qui se dirigent dans les cavites les plus proches. Mais ces filaments delicats se divisent bientöt en se bifurquant & leur extremites, quoique les deux rameaux restent unis un a l’autre. Puis l’un d’eux s’entortille autour de son voisin; c’est alors que commence la ramification des deux cellules et la for- mation de la pelote hyme&niale, dans laquelle on pourrait d’abord reconnaitre distinetement la presence d’une cellule isolee, sur laquelle se sont pour ainsi dire deviddes les autres, en formant une boule; mais plus tard, apres l’apparition des cloisons dans les cellules, il devient impossible de la distinguer. Au reste l’apparition des eloisons est tres limitee ; les filaments exterieurs ont la facult€ de produire des rameaux qui rampent et s’enroulent autour de la pelote. De la provient l’acroissement assez rapide de la pelote*.t) Die keulenförmigen Basidien von Scleroderma verrucosum tragen bei ihrer weiteren Entwiekelung je vier Sporen, die an kurzen, feinen, Stielen sitzen. In den reifen Fruchthörpern beschreibt Sorokin in dieser Ar- beit ein typisches Capillitium, das demselben bei Lycoperdon, Bovista und Geaster entsprechen soll. Ich möchte aber hinzufügen, dass in einer neueren Arbeit?) derselbe Autor das Capillitium von Selero- derma verrucosum als ein stark reducirtes bezeichnet. Ich lasse nun die Resultate meiner Untersuchung folgen, die an Sceleroderma Bovista und Scleroderma vulgare gewonnen wurden Das Material des ersten stammte vom Beatenberg (Berner Oberland) und das des zweiten vom Engewald bei Bern. 1) Sorokine, Il. e. p. 35. 2) Sorokine, Materiaux pour la Flore eryptogamique de l’Asie Centrale, Revue Mycologique, 1890, Nr. 45 p. 14, en nn re 397 Die Anatomie des erwachsenen Fruchtkörpers ist schon wieder- holt beschrieben worden und kann daher kurz besprochen werden. Die Gestalt des Pilzes ist eine ziemlich wechselnde und es ist dess- wegen schwer, sie in wenigen Worten zu beschreiben. Die Ent- wiekelung der Fruchtkörpertheile findet ungleichmässig statt und die Orte des Reifungsanfangs wechseln bei den verschiedenen Individuen, liegen aber immer im Innern der Gleba und zwar meist in der Mittel- linie, von wo aus der Process centrifugal fortschreitet. Der Fruchtkörper von Scleroderma ist fast sitzend, gewöhnlich rundlieh oder verkehrt eiförmig, meist 3—6 cm breit (Taf. X, Fig. 6), Die Peridie ist häutig-lederartig, kleinfelderig-schuppig und gelb- bräunlich. Nach unten zu geht die Basis des Fruchtkörpers in ein wirres Geflecht wurzelähnlicher Stränge über. Die wurzelartigen Mycelstränge sind unregelmässig gekrümmt und fest mit Sandparti- kelehen und kleinen Steinen verwachsen. Die äussersten Ausläufer des Mycels sind einzelne dünne Stränge von sehr zarter Beschaffen- heit. In den jungen Stadien erscheint das Mycelium oft vielfach grösser als der Frruchtkörper selbst. Am Fruchtkörper von Seleroderma können wir zwei Theile unter- scheiden: 1. die fertile Gleba und 2. die Peridie. Von einer sterilen Gleba, wie wir sie bei Lycoperdon sehen, können wir hier nieht sprechen. Es tritt zwar ein 4-—-6 mm breites steriles Gewebe an der Basis des Fruchtkörpers auf, wir können hier dasselbe aber nur als Theil der Peridie auffassen, mit welcher es im Bau seines Gewebes übereinstimmt und in welche es auch allmählich übergeht. Die Gleba besteht aus einer grossen Anzahl Nester, die meist von aussen nach innen an Grösse zunehmen und eine kantige, ellip- tische bis kugelige Form zeigen. Die Nester bestehen aus kugeligen, oliven bis schwarzbraunen, warzig-stacheligen, 1016 ı breiten Sporen, welche meist von durch- sichtigen Hyphenhüllen mannigfaltigster Gestalt umgeben sind. Von Basidien können wir in diesem Stadium nichts mehr unterscheiden, Die die Kammern trennenden Tramaplatten bestehen aus 3-5 breiten, etwas derben, farblosen oder schwach gelblichen, septirten Hyphen, die fast gar keinen protoplasmatischen Inhalt erkennen lassen. Ein Capillittium vom charakteristischen Bau, wie es bei den Ly- coperdaceen auftritt, wird nicht gebildet und wir können, wenn wir also das übrig bleibende, nicht verdiekte, trockene, brüchige Netzwerk 398 als Capillitium bezeichnen wollen, hier nur von einem stark redu- eirten sprechen. Die Peridie von Seleroderma ist derb, lederartig und besteht aus feinen, ästigen, wirren, in fangentialer Richtung verlaufenden Hyphen. Nach innen geht die Peridie allmählich in die Trama- platten über. Die Bestandtheile beider stimmen bis auf ihre Farbe überein. Die Hyphen der Peridie erscheinen gelb bis gelbbraun, während die Tramahyphen farblos sind. Obschon die Peridie oft warzig, schuppig erscheint, tritt hier doch keine besondere skulpturenbildende Schicht auf, wie wir es bei Lycoperdon sahen; es werden die Warzen an der Peridie hier nur durch locale stärkere Ausbildung und Verflechtung radial verlaufender Hyphen der Peridie hervorgerufen. Eine besondere Oeffnung zur Sporenentleerung fehlt bei Selero- derma, das Oeffnen des Fruchtkörpers geschieht durch Einreissen von irgend einer Stelle der Peridie, dem dann eine Entleerung der Sporen folgt. Seleroderma Bovista besitzt, wie oben schon gesagt wurde, ein strangfürmiges Mycelium, dessen Mycelstränge von verschiedener Dicke sind und oft in dünnere Acste verzweigt erscheinen. Die Hyphen, welche das Mycel bilden, verlaufen dicht parallel neben einander, sind reichlich verzweigt, zeigen oft Septa und denselben ganz anliegende Schnallenbildungen. Es treten uns am Mycelium zweierlei Hyphen entgegen: die central verlaufenden Hyphen zeigen einen Durchmesser von 4—6 p, sind entweder ganz durchsichtig oder besitzen nur einen hellen, kör- nigen Inhalt — anscheinend Protoplasmareste. An ihren Enden sind diese Hyphen häufig blasig angeschwollen. Die die Oberfläche ein- nehmenden Hyphen zeigen meist einen Durchmesser von 3—4p, sind reichlich verzweigt, besitzen einen gelblichen, oft dichten Inhalt und sind mit oxalsaurem Kalk besetzt, das in Form von Krystall- drusen auftritt. Die Fruchtkörperanlagen sitzen in Form keulenförmiger An- schwellungen den Mycelsträngen endständig oder seitlich auf. Die jüngsten von mir untersuchten Fruchtkörper waren ca. 0,75 mm lang und 0,4 mm breit. Sie zeigen auf medianen Längsschnitten im Innern ein vollständig gleichmässiges Geflecht, das aus wirren, nach allen Richtungen verflochtenen dünnwandigen Hyphen besteht (Taf. X 399 Fig. 7). Diese Hyphen zeigen einen nur spärlichen Inhalt und werden durch Eosin, das nur den Inhalt, aber nicht die Membranen tingirt, kaum gefärbt. Wir sehen in diesem Stadium noch keine eigentliche Peridie differenzirt. Nach der Peripherie hin nehmen die Hyphen eine mehr oder weniger radiale Richtung an, stellen sich parallel neben einander, verlaufen am Rande frei und erscheinen gelblich gefärbt. Auch in Exemplaren von ea. 1-2 mm Länge fand ich ein zwar stärker entwickeltes, aber immer nur homogenes, gleichmässiges Ge- flecht, das aus 3—5 ı breiten, farblosen Hyphen besteht. Die erste Anlage der Gleba kündigt sich durch eine reichliche Verzweigung und Dunkelwerden der Pilzfäden an zahlreichen Punkten des völlig undifferenzirten Innengeflechtes an. Bei dem etwa 3—4 mm langen Fruchtkörper sehen wir in dem sonst gleichmässigen Gewebe einzelne dunklere Partien ohne scharfe Abgrenzung (Taf. X Fig. 8). Diese dunkleren Partien treten im Centrum stärker als an der Peripherie hervor; sie entstehen durch eine locale, dichtere, engere Verflechtung und stärkere Verzweigung der Hyphen und heben sich als dunkle Knäuel von den sie umgebenden, undifferenzirten Hyphen ab. Die Knäuelhyphen besitzen bei diesem Stadium einen Durch- messer von etwa 3—6 jı, der dem Durchmesser der sie umgebenden Hyphen gleich ist. Während letztere aber einen nur spärlichen protoplasmatischen Inhalt aufweisen, zeigen die ersten einen dichten protoplasmareichen Inhalt, der sich mit Eosin intensiv roth färbt und dadurch die Knäuel besonders deutlich hervortreten lässt. Wir sehen somit bei diesem Stadium Knäuel und Tramahyphen, die allmählich in einander übergehen, aber sich dennoch auffallend von einander unterscheiden. Diese Knäuel erscheinen bei schwacher Vergrösserung elliptisch bis kreisförmig und sind, wie schon angedeutet wurde, im Centrum grösser, als an der Peripherie. Der reiche Inhalt der Knäuelhyphen lässt uns eine später reiche Differenzirung innerhalb dieser Knäuel erwarten. Bei einem 3—4 mm langen Fruchtkörper findet so- mit die erste Differenzirung der Gleba statt. An der Basis des Fruchtkörpers und um die Gleba herum schen wir bei diesem Stadium ein ziemlich stark entwickeltes undifferenzirtes Geflecht, das aus farblosen, dicht verflochtenen Hyphen besteht. Nach 400 innen gehen diese Hyphen ganz allmählich in die Tramahyphen über, denen sie auch völlig ihrem Verhalten nach entsprechen. Beim wei- teren Wachsthum des Fruchtkörpers treten im innern Theile dieses undifferenzirten Geflechtes immer neue Knäuel auf, während der äussere Theil dieses Geflechtes zur Peridie wird. Die Ausbildung derselben geht bei Seleroderma parallel mit dem Wachsthum des Fruchtkörpers. Das anfangs lockere, wirre Bildungsgeflecht, welches die Peridienanlage bildet, vergrössert sich beim Wachsthum des Fruchtkörpers. Infolge des Druckes der stärker wachsenden, inneren Theile wird die Peridie auch gedehnt. Die vorher wirren Hyphen nehmen dadurch eine zum Umfange des Fruehtkörpers tangential liegende Richtung an, werden auseinandergepresst und stellen eine dichte, wirre, die Gleba umgebende Hülle dar. Die Hyphen der Pe- . ridie unterscheiden sich von den Tramahyphen nur durch ihre gelbe bis gelbbraune Färbung und durch die dichtere Verflechtung der Elemente. Bei der Untersuchung der Gleba eines älteren Stadiums (4 mm l, Frk.) sehen wir, dass die Knäuel an Zahl und Grösse zugenommen haben; immer neue Tramahyphen werden zu Knäuelhyphen differenzirt. Die Knäuel erscheinen bei den älteren Stadien (besonders bei schwa- cher Vergrösserung) schärfer von den umgebenden Tramahyphen ab- gesondert und noch aus dichteren Elementen bestehend. Die Tramahyphen besitzen einen spärlichen Inhalt, sind im Ver- gleich mit den Knäuelhyphen lose mit einander verbunden uud setzen sich in den Knäueln fort. Der Durchmesser der Knäuel wie auch der Tramahyphen bleibt auf allen Stadien nahezu derselbe (3—6 p), er vergrössert sich im Allgemeinen nicht, Betrachten wir nun einen etwa 5—6 mm langen und S mm breiten Fruchtkörper, so sehen wir, dass in den Knäueln eine Diffe- renzirung der Bestandtheile sich geltend macht. Zwar bestehen die- selben auch hier noch aus wirren Hyphen mit einem diehten Inhalt, allein im Knäuel selbst findet scheinbar eine Auflockerung der Be- standtheile statt (Taf. X Fig. 9 u. 10). Soweit ich bei der Schwierig- keit dieser Untersachung urtheilen konnte, beginnen die Knäuel- hyphen sich stark zu verästeln, und zwar scheinen die Aeste meist nach dem Centrum des Knäuels gerichtet zu sein; die ursprünglichen Knäuelhyphen verlieren allmählich ihren protoplasmatischen Inhalt, der in die Aeste wandert. Die Knäuel nehmen an Grösse immer zu, und auch die angrenzenden Tramahyphen scheinen ihre seitlichen 401 Verzweigungen in den Knäuel hineinzusenden. Alle diese seitlichen Aeste schwellen bei der weiteren Entwiekelung zu den Basidien- anlagen an (Taf. X Fig. 10), während die ursprünglichen Knäuelhyphen zu Gunsten der Aeste, in welche ihr Inhalt hineinwandert, allmählich verdrängt werden und in dem Stadium, wo die Basidienanlagen deut- lich ausgebildet sind, sehen wir keine Spur der ursprünglichen Knäuel- hyphen. Die Basidien von Seleroderma haben eine keulen- bis birnförmige Gestalt (Taf. X Fig. llau. 11b), zeigen einen Durchmesser von T7—9 pn. . und besitzen einen dichten, protoplasmareichen Inhalt, der mit Eosin fast dunkelroth gefärbt wird. Die ausgebildeten radial angeordneten Basidien füllen oft die Kammern nicht ganz aus und lassen im Centrum einen kleinen freien Raum übrig, der möglieherweise auf ein Auseinanderweichen der Ba- sidien beim fortschreitenden Wachsthum der Knäuel zurückzuführen ist, Die sieh weiter entwickelnden Basidien schnüren meist je vier, manchmal aber auch zwei bis fünf kuglige Sporen ab, die nach dem Ablösen von der Basidie eine gewisse Metamorphose durchlaufen, wie ich es weiter unten zeigen werde. Nachdem sich die Sporen von den Basidien abgelöst haben oder nachdem die Basidien geschrumpft sind und die Sporen in Nestern angeordnet erscheinen, beginnt theils an den Basidien selbst, theils an den Tramalıyphen eine eigenthümliche Sprossung und Verästelung. Die gebildeten Hyphenäste sind sehr inhaltsarm und oft ganz zu- samiengeschrumpft; sie legen sich an die Sporen oft sehr eng an und bilden um dieselben eine Hülle, die aus hin- und hergewundenen Aestehen bestehen !) (Taf. X Fig. 12). ' Nach der Bildung dieser Hyphenhülle sind die Basidien selbst nicht mehr zu sehen, sie verändern theils ihre Gestalt durch diese Sprossung oder werden nach dem Schwinden des Inhaltes von den Nachbarzellen zusammengedrückt. . . . vn Wir sind nun beim eingangs beschriebenen Stadium angelangt, und ich möchte nun die erhaltenen Resultate kurz zusammenfassen, Der Fruchtkörper von Seleroderma stellt zuerst ein dichtes ho- mogenes Geflecht primordialer Hyphen dar, in welchem während des Wachsthums durch ein Dunkelwerden und starke Verzweigung 1) Es beschreibt @, Beck ganz ähnliche Erscheinungen bei der Gattung Phiyetospora Corda. (Veber die Sporenbildung der Gattung Phlyetospora, Be- richte d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. VII, 1889, p. 212. 0 Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78. Bd. 402 der Hyphen besondere Knäuel sichtbar werden. Diese Knäuel nehmen bei der Entwiekelung an Zahl und Grösse zu und durch ein An- schwellen der Seitenäste ihrer Elemente kommen die keulenförmig angeschwollenen Basidien zu stande. Jede Basidie schnürt vier meist sitzende Sporen ab und ist nach dem Ablösen derselben nicht mehr erkennbar. Ich sah auf keiner Stufe der Entwickelung die von Sorokinbeschriebenenoffenen Kammern, obschon das mir zur Verfügung gestellte reiche Material alle Stadien der Entwickelung zeigte Dass die offenen Kammern in einem noch früheren Stadium vorhanden waren als die jüngsten der untersuchten, ist ausgeschlossen, da aueh nach Sorokin die jüngsten Fruchtkörper aus einem gleichmässigen undifferenzirten Gewebe bestehen, in welehem bei der weiteren Ent- wiekelung die hohlen Kammern auftreten sollen; auf dieses Stadium folgt nach Sorokin nie ein gleichmässiges Gewebe, Bei meiner Untersuchung hatte ich ferner vom homogenen Gewebe an alle Sta- dien der Entwickelung, und die Darlegung von Sorokin wäre somit zu verwerfen. Wohl ist es möglich, dass Scleroderma Bovista und Scleroderma vulgare mit dem von Sorokin beschriebenen Scleroderma verru- cosum in ihrer Entwickelung nicht übereinstimmen, obschon eine so verschiedene Anlage der Gleba innerhalb desselben Genus doch etwas unwahrscheinlich erscheint. Bei meiner Beobachtung für Selero- derma Bovista und vulgare möchte ieh mich vielmehr der von So- rokin als unrichtig gehaltenen kurzen Angaben von Tulasne über die Entwiekelung des Fruchtkörpers von Seleroderma anschliessen. U. Die Sporenbildung bei Seleroderma. Ueber das Wachsthum ebenso wie über die Entwickelung der Sporen von Sceleroderma gehen die Angaben der verschiedenen Au- toren bedeutend auseinander. Tulasne') nahm an, gestützt auf die schon früher ausgesprochenen Vermuthung von Berkeley?) dass die Sporen von Seleroderma an den Basidien sitzend ihre volle Entwickelung nicht erreichen; Tulasne sprach sich im allgemeinen nur kurz über diese Frage aus und hielt es für möglich, dass die Sporen, früb von den Basidien abgelöst, auf Kosten des umgebenden Gewebes ihre volle Ausbildung erlangen („elles [les spores] puisent les el&mens de leur nutrition dans le milieu au sein duquel elles sont 1) Tulasnel.e.p. 9. 2) Berkeley, Ann. and Magaz. Nat. hist. Vol. VI, p. 431. 403 plongees“). Auf welchem Wege das stattfinden sollte, wird von Tulasne nicht beschrieben. Ausführlicher spricht sich Bonorden?) über die Entwiekelung der stacheligen Sporen von Scleroderma aus, Bonorden stimmt der ausgesprochenen Vermuthung von Tulasne bei und nimmt für die Entstehung der Stacheln an den Sporen von Seleroderma ein Wachsthum durch Apposition an, indem die Stacheln an den Sporen nach diesem Autor von der umgebenden Hülle gebildet werden sollen. „Die Sporen treten in Form kleiner runder Blasen aus den Ba- sidien hervor; sie sind anfangs rund, glatt und weiss, später gehen sie sehr merkwürdige Metamorphosen ein. Indem sie sich allmählich vergrössern und färben, ziehen sich die Basidien zu dünnen Stielen zusammen, diese werden dann von den Sporen so bedeckt. dass sie nur noch schwer zu erkennen sind, gleichzeitig werden die Sporen in knäuelartige, darmartige Vorsprünge gehüllt und diese verwandeln sich in kurze schwarze Stacheln oder Warzen.“ Sorokin!) stimmt betreffs der Sporenbildung weder Tulasne noch Bonorden bei; nach den Angaben von Sorokin durchlaufen die Sporen an den Basidien selbst ihre volle Entwiekelung. „Je pense au contraire que les spores acquierent leur developpement normal sur les basides et ne tombent qu’& ce moment. Comme Vaccroissement des spores est tres rapide et se termine tres töt, on eomprend qu’il soit difficile de trouver toujours les spores attachees a leur basides.* Ich möchte jetzt zur Darstellung meiner Beobachtungen über- gehen, um zu sehen, auf welche Weise die Entwickelung der Sporen vor sich geht und ob die Bildung der Skulpturen an den Sporen und das Auswachsen derselben auf Kosten der umküllenden Hyphen erfolgt. Wie ich bereits gesagt habe, schnürt jede Basidie von Selero- derma etwa vier Sporen ab. Diese Sporen haben eine kugelige Form, sitzen meist von einander entfernt und erscheinen meist sitzend (Taf. X Fig. 11), selten nur ein kurzes Sterigma aufweisend. Die kleinsten Sporen, die ich an den Basidien beobachten konnte, hatten einen Durchmesser von 3—4 j. Diese kleinen Sporen erscheinen glatt und zeigen einen hellen Inhalt (Taf. X Fig. 1). An der Basidie sitzend vergrössert sich aber die Spore, sie er- reicht vor dem Ablösen einen Durchmesser von 67 y und zeigt an der Membran ganz kleine Stacheln, die unmessbar sind und nur bei 1) Bonorden I. c. p. 245. 2) Sorokin l. c. p. 36. our 404 sehr starker Vergrösserung sichtbar werden. So lange die Spore aber an der Basidie sitzt, zeigt sie immer einen hellen durchsichtigen In- halt. Sobald die Sporen etwa einen Durchmesser von 6—7 ı erreicht haben, schrumpfen die Basidien zusammen, wir sehen dann nur die jungen Nester, die aus hellen, 7—9 y breiten mit kurzen Stacheln besetzten Sporen bestehen. Die Sporen der jungen Nester entwickeln sich rasch weiter; sie werden grösser, die reifen zeigen einen Durch- messer von 10—16 u, verändern ihr helles, durchsichtiges Aussehen, sie werden oliv bis schwarzbraun und ihre Stacheln werden bedeutend grösser, sie sind etwa 1—3y lang an den reifen Sporen (Taf. X Fig. 13a u. b). Bald nach dem Ablösen von den Basidien resp. Verschrumpfen der letzteren werden die Sporen auch von Hüllen umgeben. Diese Hüllen, die theils von Sprossen an den Basidien, theils durch Ver- ästelung der 'Tramahyphen gebildet werden, liegen sehr eng den Sporen an; wir schen sie, wie bei den ganz jungen, so auch bei den völlig ausgebildeten Sporen. Sie füllen oft die zwischen den Stacheln und Warzen sich befindenden Räume ganz aus und umschliessen manchmal die Stacheln (Taf. X Fig. 12), besonders wenn dieselben schwächer entwickelt sind und die Hüllen somit viel Raum zwischen den Stacheln für ihre Ansiedelung fanden. Man kann leicht die Verbindung dieser die Hülle bildenden Hyphenausstülpungen mit den benachbarten Pilzfäden nachweisen; wir sehen oft an den Hyphen der Hülle Fortsätze, Verlängerungen und Ausstülpungen (Taf. X Fig. 12). Diese die Hülle bildenden Hyphen zeigen fast gar keinen proto- plasmatischen Inhalt, auch da, wo sie ganz junge Sporen umgeben. Mit Eosin färben sie sich fast gar nicht. Auch unterscheiden sich die Hüllen an den jungen Sporen nicht im mindesten von denjenigen an den reifen Sporen, manchmal sehen wir fast kein Lumen an diesen Iyphen, nur die zusammengeschrumpfte Membranen. Wir sahen, dass die Sporen nach dem Schrumpfen der Basidien eine Metamorphose durchlaufen, sich weiter entwickeln, an Grösse zunehmen, und ich kann somit der oben angeführten Meinung von Sorokin über die Entwiekelung der Sporen durchaus nicht beistimmen. Auch sprechen meine Beobachtungen im Allgemeinen gegen die Annahme von Bonorden, dass die Stacheln an den Sporen von aussen, von der umgebenden Hülle gebildet werden, denn die Sporen zeigen, wie wir bereits gesehen haben, schon an den Basidien, bevor sienoch von irgend einer Hülle umgeben sind, kleine Stacheln. 405 Ferner zeigt die umgebende Hülle, wie wir gesehen haben, einen nur spärlichen Inhalt, auch wenn sie die ganz jungen Sporen um- gibt; die llülle fehlt auch manchmal ganz den Sporen, besonders wenn dieselben mächtig entwickelte Stacheln zeigen. Gerade dieser Umstand scheint mir dafür zu sprechen, dass das Einklammern der Hülle überhaupt eine seeundäre Erscheinung ist, die von der stärkeren oder schwächeren Ausbildung der Stacheln abhängt. Für diese Meinung denke ich ferner noch eine weitere Bestätigung darin zu finden, dass die Sporen des Scleroderma sehr nahe stehenden von Jaczewski') beschriebenen Pompholix zwar deutlich aus- gebildete Stacheln zeigen, aber keine Hülle besitzen. Meine Beobachtungen sprechen also dafür, dass wir im vorlie- genden Falle der Sporenentwickelung weder der Meinung von Bonorden beistimmen, noch überhaupt ein Wachsthum durch Apposition im Sinne von Strasburger?) annehmen können. Das Wachsthum durch Apposition der Mikrosomen des Protoplasmas ist nämlich in unserem Falle schwer denkbar, da die Zellen ausserhalb der Sporen kein Protoplasma enthalten. Die Kleinheit dieser Sporen erschwert bedeutend die nähere Untersuchung des Wachsthums ihrer Membran und so viel mir bekannt ist, wurden die Sporen der Basidio- myceten daraufhin bis jetzt noch gar nicht untersucht. Der einzige mir bekannte Fall, in welchem an nicht endogenen Sporen die Stachelbildung untersucht wurde, ist die Zygospore der Mucorineen. Es wurde von Vuillemin?) bewiesen, dass die Stachel- bildung an diesen Zygosporen durch Apposition zu stande kommt, allein das Verhalten kann schon desswegen nicht analog der Ent- stehung der Stacheln bei den Sporen von Sceleroderma betrachtet werden, weil die Stacheln bei den betreffenden Aygosporen auf ge- wissen Stadien der Entwickelung hohl sind, was wir bei den unter- suchten Sporen nie sehen konnten, . Bu Ion Pal Es scheint mir, dass wir vielmehr für den uns vorliegen« en a ein Analogon bei den Zygoten von Oedogonium finden können, deren Wachsthum von Wille) genau beschrieben wurde. Wille bewies, dass die Stacheln an den betreffenden Zygoten nur durch Intussus- 1) Jaczewski, Pompholix. T.n . 169, \ anne. | "sa uraen Ueber d. Wachsthum vegetabilischer Zeilhäute. 1889. h Oo ’ ” y . P- 330. uillemin Bull, de la soe. bot. de France, 1886, ni Wille Ueber d. Entw d. Pollenkörner u. W achsthum durch Intus,, For- ’ . handlingeri videnskabselskabet i Christianie, 1886, p. 21. Bulletin de la societd Mycologique de France. 406 ception gebildet werden können, da sich ausserhalb der Zygote kein Protoplasma befindet. Ich möchte hier noch erwähnen, dass mit Hilfe der von Wiesner?!) aufgestellten Theorie des Wachsthums, nach welcher die Zellwand lebendes Protoplasma enthalten soll, die complieirten Struktur- veränderungen der Sporenwand leichter erklärlich wären: die lebende Substanz, welche innerhalb der Zellwand weiter wachsen sollte, würde dann die Stacheln auch hervorbringen. Ich möchte aber nicht näher auf die Theorie des Wachsthums eingehen, auf die ich bei der Behandlung der mir vorliegenden Frage nur zufällig gestossen bin, und möchte nur noch wiederholen, dass, so viel ich über die Entstehung der Stacheln an den Sporen von Scleroderma urtheilen kann, dieselbe wohl nur durch Intussusception erklärt werden kann. II. Verwandtschaftsverhältnisse von Scleroderma. Sehen wir uns nach den Formen um, die Seleroderma verwandt sind und die an Seleroderma sich anschliessen, so finden wir nur bei Saecardo?) eine vollständige Angabe der in Betracht kommenden Verwandten. Es umfasst nach Saccardo die Familie der Seleroder- maceen folgende Gattungen: Scleroderma (das allein 31 Arten auf- weist), Castoreum, Xylopodium, Areolaria, Phellorina, Favillea, Poly- gaster, Polysaccum, Testieularia, Arachnion, Scolegiocarpus, Paurveotylis. Leider sind die in Betracht fallenden Gattungen schwer zu er- halten; ich konnte desswegen nur einzelne derselben untersuchen; von anderen Autoren liegen ebenfalls nur wenige Angaben vor, die Schlüsse zulassen. Ich muss mich desswegen nur auf einen geringen Theil der Selerodermaceen beschränken, möchte dabei aber noch zwei Gattungen herbeiziehen, die nach Saecardo unter den zweifelhaften Gattungen und Arten angeführt werden, die aber, wie neuere Unter- suchungen es gezeigt haben, sehr eng an Scleroderma sich anschliessen. Hierher gehört Pompholyx, auf den ich weiter unten noch zurück- kommen werde, und Phlyctospora. Es zeigte Patouillard°) die Identität des Baues der Gattung Phlyetospora mit demjenigen von Seleroderma, die man zu einer 1) Wiesner, Unters. über d, Org. d. veget, Zellhaut. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1893, Bd. I, p. 17. 2) Saccardo, Sylloge Fungorum Vol. VII, Pars I. 3) Patouillard,, Phiyetospora Bull, de la soeiöt6 Mycol, de France, 1892, T, VIIl, 4 Fasec., p. 189, : Fruchtkörper und einen 407 Gattung vereinigen könnte. Auch die Beschreibung der Sporen- entwickelung von Phlyctospora ') spricht dafür, dass es eine Selero- derma-Art ist, Dank einem recht schönen von Herrn Baron F. v. Müller in Centralaustralien gesammelten Exemplare war es mir möglich, eine Areolaria zu untersuchen. Die Gattung Areolaria wurde von Kalehbrenner!) aufgestellt und zwei Arten derselben angeführt: Areolaria strobilina und Arco- laria, tabellata. Das von mir untersuchte Exemplar stimmt bis auf die feinere Schuppen?) mit der als strobilina bezeichneten Art überein, von der Kalchbrenner folgende Diagnose gibt: „Peridio subero-corticato, globoso depresso, superne squamis erassis angulatis, prominentibus dehiscente; stipite solido, sublignoso, nudo, deorsum attenuato. _ Sporarum massa, a stipite, distincta, einereo-fuscescens. Sporae globosae, verruculosae, via pellueidae (0,005 mm diam.)“ Das untersuchte Exemplar hatte einen etwa 27 mm 20 mm langen nach unten sich ver- Die 1-2 mm breite Peridie ist mit eckigen langen schmälernden Stiel. Schuppen bedeckt. Der Fruchtkörper von Areolaria zeigt eine centrifugale Ent- wickelung; während wir nämlich im Centrum desselben völlig reife Sporen finden, können wir im obersten Theil des Fruchtkörpers noch den Bau der Gleba auf’s Genaueste verfolgen. Die Sporen von Aren- laria sind in Nester angeordnet, und zwischen denselben befinden sich die Tramahyphen, in welchen wir zweierlei Klemente unter- scheiden können. Es treten in der Trama Hyphben mit farblosen Membranen auf, die einen glänzenden körnigen Inhalt zeigen und einen Durchmesser von 3—5 y besitzen; neben diesen hellen IIyphen verlaufen noch solche, die einen gelbgrünen homogenen Inhalt zeigen und nahezu denselben Durchmesser wie die erst beschriebenen haben. Die Schuppen, welehe die Peridie bedecken, werden nur durch locale dichtere Verflechtung der Elemente der Peridie hervorgerufen. Die Hyphen der Schuppen verlaufen in radialer Richtung und werden meistens aus den oben beschriebenen gelben Hyphen gebiklet. Dei 1) 6. Beek l. e. u , . 2) Kalchbrenner, Gasteromyt. novi, 1883, XIII Kötet., vl Brdın. art 3) Letzteres scheint mir aber nicht maassgebend genug für eine neue Ar zu sein, 408 Fruchtkörper ist, wie erwähnt, von einem Stiel getragen. Der oberste Theil desselben wird vom sterilen Gewebe des Fruchtkörpers ein- genommen; dasselbe besteht aus hellen 4—8 ı. breiten, septirten, in radialer Richtung verlaufenden Hyphen, die einen nur spärlichen In- halt zeigen. Den eigentlichen Stiel können wir auch makroskopisch von dem sterilen Gewebe unterscheiden; bei genauer Betrachtung sehen wir in demselben zahlreiche kleine Poren. Es besteht der Stiel aus zahl- reichen, in radialer Richtung verlaufenden Hyphen, deren Inhalt theils farblos, theils gelb erscheint. Diese Hyphen sind oft zu Strängen mit einander verbunden, die aber mit einander nur lose verwachsen sind und Lücken übrig lassen. In diesen Lücken zwischen den Hyphensträngen befinden sich zahlreiche Sand- und Erdpartikelchen. Wir sehen somit, dass wir auch bei Areolaria wie bei Sclero- derma den Stiel nur als ein strangförmiges Mycelium auffassen können, dessen Elemente hier enger als bei Scleroderma mit einander ver- wachsen sind und nur enge Poren übrig lassen. Zwar habe ich nur ein erwachsenes Exemplar von Areolaria strobilina untersucht, aber die dabei gewonnenen Resultate scheinen mir doch überzeugend genug dafür zu sprechen, dass Areolaria Selero- derma sehr nahe steht. Die weniger derbe Peridie, der stärker aus- gebildete Stiel und die stärker hervortretenden Schuppen an der Peridie scheinen mir für eine besondere gut ausgebildete Art von Scleroderma zu sprechen; die Gattungseigenschaften von Areolaria strobilina und Scleroderma stimmen aber mit einander so sehr überein, dass, wie mir scheint, Areolaria strobilina wie Phlyetospora richtiger als eine Art von Seleroderma anzusehen wäre. Auch ein anderer Gastromycet, der bis zur letzteren Zeit bald als zweifelhafte Art bei den Hymenogastreen, bald als solche bei den Selerodermaceen angeführt wurde, schliesst sich Seleroderma sehr nahe an, es ist das Pompholyx, das neuerdings von Jaczewski') untersucht wurde, Es besitzt Pompholyx nach den Angaben von Jaczewski eine einfache korkige Peridie; seine Gleba besteht aus Kammern, die von keulenförmigen Basidien ganz ausgefüllt sind; jede Basidie schnürt vier, selten fünf Sporen ab, welche beim reiferen Fruchtkörper in 1) Jaczewskil. cc, eg 409 Nestern angeordnet sind. Die Sporen haben anfangs eine tetra- edrische Form, runden sich später ab, werden warzig, sind aber von keiner Hülle umgeben. Ein Gapillitium ist nicht vorhanden; das Oeffnen erfolgt unregel- mässig wie bei Scleroderma, Wir sehen somit, dass Pompholyx sich von Seleroderma nur durch den Mangel einer hyalinen Sporenhülle unterscheidet, Dieses unwesentliche Merkmal kann doch, wie mir scheint, nicht als beson- deres Gattungsmerkmal dienen und vielleicht könnte Pompholix auch nur als eine Scleroderma-Art angesehen werden. Während die oben besprochenen Formen generisch von Selero- derma nicht zu trennen sein dürften, ist Polysaccum, das näher schon von Tulasne!) und neuerdings von Bruns?) untersucht wurde, eine von Seleroderma verschiedene, aber ihr nahe stehende Gattung, Ich selber hatte Gelegenheit, ein von Prof. Grafen zu Solms- Laubach in der Nähe von Karlsbad gesammeltes Exemplar zu untersuchen. Die erste Anlage des Fruchtkörpers zeigt bei Polysaceum wie bei Sceleroderma ein gleiehmässiges homogenes Gewebe, in welchem später besonders differenzirte Knäuel auftreten. In diesen Knäueln entstehen dann durch keulenförmige Anschwellung der reich ver- zweigten Hyphenenden die Basidien, welche die Kammern ganz aus- füllen. Die Basidien schnüren dann die Sporen ab, welche bei beiden Arten in Nestern angeordnet erscheinen; während aber bei Selero- derma die Tramahyphen bei der weiteren Entwickelung des Frueht- körpers als ein brüchiges Netzwerk, als Fetzen zurückbleiben, werden die Tramaplatten bei Polysaccum zusammengepresst und erleiden beim Reifen der Sporen eine Längsspaltung. Es bleiben somit um die Kammern besondere Hüllen. Bei Polysaceum zeigen die Kammern stets eine basipetale Ent- wiekelung; es erscheinen die Kammern im obersten Theile erbsen- gross, am Strunke dagegen sind sie ganz klein und jung. Der Fruchtkörper von Seleroderma entwickelt sich, wie oben ge- sagt wurde, auch ungleichmässig; allein der Unterschied in der Grösse 1) Tulasne, Sur les genres Polysaccum et Geaster. Ann. sc. nut. 2 Serie. Tome XVIEL 2) Bruns, Beitrag z. Kennt. d, Gatt. Polysaceum. Flora Bd. 78, 1894, p. 67. 410 der Kammern ist weit nicht so stark wie bei Polysaccum und die Kammern entwickeln sich meistens in centrifugaler Richtung. Ferner besitzt Polysaecum sehr oft einen kräftigen Strunk, wäh- rend ein eigentlicher Strunk bei Seleroderma Bovista nur gelegentlich vorkommt. (So fand ich unter 60-70 Exemplaren nur eines mit einem ausgebildeten Strunk.) Wenn aber ein Strunk bei Seleroderma Bovista auftritt, so wird er auch hier wie bei Polysaccum aus verschiedenen, meist zwei- bis dreierlei Hyphenarten zusammengesetzt. Die Hauptmasse des Strunkes besteht bei Scleroderma und bei Polysaccum aus weiten Hyphen, die bei Scleroderma einen Durchmesser von etwa 9 erreichen, während sie bei Polysaccum nach den Angaben von Bruns bis 380 u weit sind. Diese Hyphen sind farblos, zeigen oft gar keinen protoplasmatischen Inhalt oder enthalten eine feinkörnige, protoplas- matische Substanz; ferner sind sie reich verzweigt, wirr, vielfach ver- bogen und mit Quersepten versehen. Manchmal sind zwischen den breiten, central gelegenen Hyphen auch gelbe, dünnere, reich verzweigte bemerkbar, Am unteren Theil geht der Strunk in das strangförmige My- celium über. Im Grossen und Ganzen besteht das oben von mir beschriebene Mycelium aus den dem Strunke ähnlichen Elementen. Das ganze strangförmige Mycelium von Seleroderma, das bei manchen Exem- plaren sehr stark entwickelt ist, kann als ein dem Strunke analoges Gebilde aufgefasst werden. Der Stiel von Areolaria bietet uns gewissermassen den Ueber- gang von dem stielartigen Mycelium von Scleroderma zu dem stark ausgebildeten Strunk von Polysaccum. Wo ein Strunk aber auftritt, findet ein langsames Strecken des- selben statt. Bei jungen Exemplaren ist der Strunk fast gar nicht ausgebildet; dann findet während der weiteren Entwickelung ein Strecken desselben statt. Es schlagen somit beide Arten Polysaceum wie Scleroderma bei ihrer Entwiekelung ganz denselben Weg ein; die Sporen treten bei Polysaccum wie bei Seleroderma in Nestern auf, nur erleiden die Tramaplatten von Polysaceum beim Reifen eine Längsspaltung und bleiben als Hüllen um die Nester herum. Die Sporen sind bei beiden Arten stachelig, aber bei Poly- saccum besitzen sie keine Hüllen. Ein Capillitium tritt weder bei Scleroderma noch bei Polysaccum auf. 411 Die Peridie der beiden Arten ist nicht ganz gleich: während die von Scleroderma dick und lederig erscheint und bis zur völligen Reife sehr selten angebrochen ist, erscheint die Peridie von Poly- saccum sehr dünn und bricht sehr früh unregelmässig auf; wir sehen meistens angebrochene Exemplare von Polysaceum. Der Frucht- körper von Polysaccum zeigt ferner eine stark ausgesprochene basi- petale Entwickelung, die, wie mir scheint, zusammen mit der starken Ausbildung des Strunkes und der Isolirung der Kammern auf eine allgemeine höhere Differenzirung des Fruchtkörpers dieses Pilzes hin- deutet. Man kann also sagen, dass Seleroderma nach oben den An- schluss an Polysaccum findet. Suchen wir nach einem Anschluss für Scleroderma nach unten, so stossen wir auf die Gattung Melanogaster, die wir bei den verschiedenen Autoren unter den verschiedensten Familien angeführt finden. Corda!) zählte Melanogaster zu den Selerodermaceen, Sac- cardo?) und de Bary?°) rechnen ihn zu den Hymenogastreen, Winter führt ihn unter den zweifelhaften Gattungen und Arten an und Schröter zählt ihn zu den Sclerodermaceen. Da Melanogaster bis jetzt noch wenig untersucht wurde, ist seine Stellung unter den Gastromyceten noch immer fraglich. Auch mir gelang es nur einen schon ausgebildeten Fruchtkörper zu untersuchen. Das Material, das von Herrn Dr. Hesse gesammelt war, wurde mir gütigst aus dem botanischen Institut zu Strassburg zur Verfügung gestellt. Aus der lückenhaften Untersuchung konnte ich nur folgende Schlüsse ziehen: Der Fruchtkörper von Melanogaster ist rundlich, ohne Stiel; die nur schmale Peridie erscheint fest, ohne scharfe Grenze in die Gleba übergehend. Die Sporen von Melanogaster, die aueh in Nestern angeordnet sind, erscheinen elliptisch, ohne Stacheln. Zwischen den Sporen befinden sich Hyphen, die mit den Trama- hyphen identisch sind und von denselben in den Kammern hinein- gesprosst zu sein scheinen. Zwischen den Hyphen der Kammern befindet sich eine schleimige Substanz, die von Winter n Raben- horst’s Kryptogamenflora als Pulpa bezeichnet wird. Während bei Seleroderma zwischen den abgeschnürten Sporen nie Basidien nachzuweisen waren, schen wir sie bei Melanogaster ziemlich oft. Die Basidien erscheinen in den von Sporen erfüllten 1) Corda, Jeones fungorum Tome V. 2) Saccardol, ©. 8) De Baryl.c. 412 Kammern keulenförmig angeschwollen und farblos — inhaltsarm, Wir können in manchen Kammern den Zusammenhang der Basidien mit den Tramahyphen auf’s Deutlichste verfolgen. Es scheinen somit die Basidien als angeschwollene Enden der Tramahyphen selbst oder ihrer Verzweigungen zu entstehen. Nachdem die Basidien meist je vier Sporen abgeschnürt haben, bleiben sie noch eine Zeit lang bestehen und schrumpfen dann zu- sammen oder werden von den umgebenden Hyphen zusammengedrückt. Die Pulpa, welche die Kammern bei Melanogaster ausfüllt, so- wie der ausgeprägte Zusammenhang der Basidien mit den Trama- hyphen verleihen den Kammern von Melanogaster ein von den Seleroderma-Kammern abweichendes Verhalten. Nach den Angaben von Tulasne') treten bei Melanogaster wie bei Sceleroderma nie offene Kammern auf. „Les logettes de la gleba sont toujours, m&me dans leur jeunesse, occupdes par un tissu hu- mide, visqueux, forme de filaments hyalins dmanes de tous les points de la peripherie de la loge, et flottant sans ordre dans sa cavite.“ Es scheint nach dieser Angabe von Tulasne, dass schon die jungen Kammern von Melanogaster einen anderen Charakter als die von Seleroderma zeigen. Bei den entwickelten Fruchtkörpern sind die zwischen den Kammern verlaufenden Hyphen fest mit einander verbunden, erscheinen parallel angeordnet und gelblich. Die Peridie von Melanogaster ist wie bei Scleroderma einfach und stellt gewissermassen den steril ge- bliebenen Theil der Gleba vor. Der äusserste Theil der Peridie er- scheint wie bei Scleroderma gelb bis gelbbraun. Von den Hymenogastreen, zu welchen er vielfach gestellt wurde, unterscheidet sich Melanogaster hauptsächlich ‘durch das Fehlen offener Kammern; die Sporen erscheinen bei Melanogaster wie bei Seleroderma in Nestern angeordnet, ihrer Gestalt nach weichen aber die Melanogaster-Sporen stark von denjenigen bei Scleroderma ab. Sie erscheinen elliptisch, glatt, im Jugendzustand oft farblos, dann gelb bis gelbbraun, Sie erinnern somit an die Sporen der Hymeno- gastreen, Inwiefern der Bau der Peridie von Melanogaster und die aus- gefüllten Kammern auf eine nahe Verwandtschaft von Melanogaster mit Scleroderma schliessen lässt, werden nur weitere entwickelungs- geschichtliche Untersuchungen zeigen können; in jedem Falle, wenn 1) Tulasne, Histoire des champignons hypoges p. 16. 413 wir, wie Schröter es bereits gethan hat, Melanogaster zu den Selerodermaceen zählen wollen, so haben wir es hier mit einer niedrig stehenden Sclerodermaceen-Gattung zu thun. Endlich gibt es noch einige andere Gastromyceten, die insoferne eine gewisse Aehnlichkeit mit Seleroderma zeigen, als sie gefüllte Kammern haben und von denen man eventuell erwarten könnte, dass sie Seleroderma nahe stehen, Es ist das Geaster hygrometricus (Astreus, Morgan) und Mitre- myces. Verfolgen wir nach den Angaben von de Bary') die Ent- stehung der geschlossenen Kammern von Geaster hygrometricus, so sehen wir aber, dass diese auf eine andere Weise als bei Selero- derma erfolgt. Es geht die Entwickelung des Fruchtkörpers folgender- maassen vor sich: „Erbsengrosse Exemplare von Geaster hygrome- tricus bestehen aus einem gleichförmigen, weichen, lufthaltigen Geflecht zarter, septirter Hyphen, das im Innern weisslich, im Um- fang braun ist und mitten in einem den Boden oft auf einen Zoll im Umkreis durchsetzenden Myceliumfilze sıtzt. Aeltere bei kräftiger Entwickelung des Pilzes etwa haselnussgrosse Exemplare Jassen in ihrem Umfange die Faserschicht der Peridie unterscheiden; im Innern weichen die Hyphen zur Bildung der Glebakammern auseinander, in welche die Hymenialfäden hineinsprossen. Diese 'Thatsachen zeigen eine Spaltung und Differenzirung eines ursprünglich gleichförmigen Hyphengeflechtes an.“ Die keulenförmigen Basidien von Geaster hygr. füllen wie bei Scleroderma die ganze Rammer aus und entstehen durch ein An- schwellen der verlängerten, reich verästelten, die Kammern ganz aus- füllenden Hymenialhyphen. Jede Basidie schnürt vier sitzende Sporen ab, die später schwach stachelig werden. Wir sehen somit, dass die Gleba von Geaster hygr. auf einem gewissen Stadium analog der Gleba bei Seleroderma ist, bei ihrer Entwiekelung aber einen anderen Weg einschlägt. An Geaster hygr. schliesst sich, wie Bd. Fischer ?) gezeigt hat, Mitremyces eng an; er ist aber wohl auch Scleroderma nicht an- 1) De Bary Il. ec. p, 340. 2) Ed. Fischer, Botan. Ztg., 1884, No. 28-31. 414 zureihen, obschon er dureh das rudimentäre Capillitium und durch den stark ausgebildeten Fuss von Geaster hygr. abweicht und sich gewissermassen an Scleroderma anschliesst. Der für Mitremyces so charakteristische Fuss besteht nach Fischeraus „vielfach verbogenen, anastomosirenden Gewebesträngen, die durch unregelmässige Hohlräume von einander getrennt sind*, Der Fuss ist anfangs klein, wird dann gedehnt und bei näherer Be- trachtung scheint es mir doch, dass dieser charakteristische Mitremyces- Fuss dem gelegentlich auftretenden Strunke bei Scleroderma oder auch dem an der Basis des Fruchtkörpers fussartig verdiekten Mycel- strang analog ist. Zur Morphologie von Sphaerobolus stellatus Tode. Die Entwickelungsgeschichte von Sphaerobolus stellatus wurde schon eingehend von Pitra!) und besonders von Ed. Fischer?) untersucht. Neuerdings hat sodann Schröter in seinen Pilzen Schlesiens Sphaerobolus den Phalloideen an die Seite gestellt. Bei der Uebersicht der Gattungen hat er neben der Familie der Phal- loideen diejenige der Sphaerobolaceen gestellt und sie von einander dureh die Gestalt des Fruchtkörpers (Receptaculums) unterschieden. Ed. Fischer sieht auch in seinen „Neuen Untersuchungen zur vergleich. Entw. u. System der Phalloideen* die Analogie zwischen der sgn. Collenchymschicht von Sphaerobolus mit dem Receptaculum der Phalloideen als sehr wahrscheinlich an. Auf Veranlassung von Herrn Prof. Ed. Fischer habe ich die sgn. Collenchymsehicht einer eingehenden entwickelungsgeschichtlichen Untersuchung unterworfen, um eventuell noch weitere Belege für die Auffassung von Schröter zu gewinnen. Bei den Phalloideen ist das Receptaculum aufzufassen als ein Theil der Gleba, der eine abweichende Ausbildung erlangt hat; aber seine Elemente sind genau gleich entstanden wie die Basidien. Um nun den Beweis für dieSchröter’sche Ansicht beizubringen, müsste gezeigt werden, dass die Collenchymschicht von Sphaerobolus auch zur Gleba gehört. Zu diesem Zwecke wollen wir die Entwickelung der sgn, Collenchymschieht genau verfolgen. 1) Pitra, Botan. Ztg., 1870, No. 43 ff. 2) Ed. Fischer, Botan, Ztg,, 1884, No. 28-31. 415 ‚Wie bekannt, besteht der weisse, kugelige, nur kleine erwach- sene Fruchtkörper von Spaerobolus aus der Gleba und aus einer mehrschiehtigen Hülle. Die Gleba von Sphaerobolus ist undeutlich gekammert; die Sporen sind in Nestern angeordnet, zwischen welchen sich die nur schwach ausgebildeten Tramaplatten befinden. Die Gleba ist ringsherum deutlich von einer Zone kugelig angeschwollener cystidenähnlicher Zellen umgeben. An die Cystiden grenzen nach aussen kleine Zellen von isodiametrischer Gestalt, die allmählich in die sgn. Collenehymschicht übergehen. Diese ist 30-40 ı. breit, be- steht aus langgestreckten Zellen, die einen Durchmesser von 6—9 y zeigen, dicht an einander schliessen und keine luftführenden Inter- stitien zeigen. Die Zellen dieser Schicht enthalten viel Glycogen. Die sgn. Collenchymschieht wird von drei weiteren Schichten um- geben, Zu innerst befindet sich eine nur dünne „Faserschicht“, die aus engverflochtenen, in tangentialer Richtung verlaufenden Hyphen besteht, auf welche eine mächtiger entwickelte „pseudoparenchyma- tische Schicht“ folgt. Diese besteht aus isodiametrischen bis kugeligen Zellen. Zu äusserst liegt die stark ausgebildete „Mycelialschicht*, die aus einem lockeren, gallertigen Gewebe besteht. An der Aussen- fläche sind die Hyphen der Mycelialschicht dichter verflochten und reichlich von Krystallen oxalsauren Kalkes umgeben. Bei den jungen Fruchtkörpern von Sphaerobolus können wir einen peripheren gallertigen Theil und einen inneren Kern unter- scheiden. Der periphere Theil stellt die Myeelialschicht dar, die bei der Entwiekelung des Fruchtkörpers keine weiteren Differenzirungen erleidet und auf allen Stadien den gleichen Bau zeigt. Von den inneren Partien ist zuerst die Gleba als solche dif- ferenzirt; ihre Ausbildung geht viel rascher vor sich, als die Ent- wiekelung der verschiedenen Schichten der Hülle. Die erste Anlage der sgn. Collenchymschieht sehen wir erst in einem Stadium, wo die Basidien schon deutlich ausgebildet sind. Die fertile Gleba ist auf diesem Stadium von einer Zone radial ver- laufender, vielfach gebogenen Hyphen umgeben. Diese nen sn 2—3% breit und besitzen einen dichten gelblichen Inhalt. inzeine em Centrum zu angesehwollen und ihre En- Es ist schwer zu unterscheiden, ob die Hyphen dieser Zone von aussen nach innen oder von innen nach aussen gehen, obschon die kugelig angeschwollenen Enden, die später die Cystiden bilden, für das Erstere zu sprechen 7 scheinen. derselben sind nach d den erscheinen somit kugelig. 416 Nach der Peripherie ändern die Hyphen dieser Zone ihren Ver- lauf; sie erscheinen hier mehr tangential angeordnet und stellen die Anlage der Faserschicht vor. Auch die Pseudoparenchymschicht ist schon auf diesem Stadium angelegt, sie wird aus wirren, aber nicht eng verflochtenen Hyphen gebildet, zwischen welchen sich zahlreiche Luftinterstitien befinden. In einem Stadium, wo keine Basidien mehr zu erkennen sind und nur die jungen Nester von Sporen uns entgegentreten, verhält sich die sgn. Collenchymschicht folgendermassen: es ist dieselbe auf diesem Stadium scharf von den anderen Theilen abgesondert; sie wird einerseits von der Faserschicht, andererseits von einer Zone gut ausgebildeter Cystiden begrenzt. Die Elemente der sgn. Collenchym- schicht selbst bestehen aber noch in diesem Stadium aus radial an- geordneten Hyphen, die nur regelmässiger, weniger wirr als auf dem vorigen Stadium verlaufen. Die Cystiden erscheinen, wie oben be- reits angedeutet wurde, als Anschwellungen dieser Iyphen, sie sind kugelig und zeigen einen Durchmesser von 10— 15. Die Entwickelung der sgn. Collenehymschicht geht von diesem Stadium an sehr rasch vor sich; nachdem dieselbe scharf abgegrenzt ist, erfolgt im Fruchtkörper ein starkes Wachsthum, bei welchem die Elemente der radialen Zone anschwellen, sich gegenseitig abplatten und allmählich ihre eingangs beschriebene Gestalt annehmen. Sie grenzen anfangs nicht eng aneinander und zeigen einen hellen, reich mit Vacuolen versehenen Inhalt, dann nehmen sie die ihnen eigene Gestalt an. Schon in den jungen Stadien, wo die sgn. Collenehymschicht noch nicht deutlich ausgebildet ist, enthalten die Elemente derselben schon Glycogen und zeigen, wenn auch in geringerem Maass als in der ausgebildeten Collenchymschicht, die charakteristische rothe Fär- bung mit Jod-Jodkalium. Verfolgen wir also die Entstehung der sgn. Collenchymschicht, so sehen wir, dass die Elemente derselben in den jungen Stadien mit den Elementen der Hymenialknäuel übereinstimmen. Beide zeigen nahezu denselben Durehmesser, eine gelbliche Färbung und eine stärkere Verzweigung und Ausbildung als die Elemente der Trama. Während ferner innerhalb der Knäuel die Basidien entstehen, schwellen auch die Uyphen der radialen Zone theils zu kugeligen Zellen, zu Oystiden an, die im Gegensatz zu den Basidien steril bleiben. Wir schen also eine bedeutende Aehnlichkeit in der Entwickelung der sgn. Collenchymschicht und der Basidien, und aus diesem Grunde dürften wir schon geneigt sein, die Collenehymschicht als Bestand- 417 theil der Gleba anzusehen, Letzteres ergibt sich noch besser aus einem Vergleich der verschiedenen Peridienschichten von Sphaero- bolus mit Geaster. Die Geaster-Arten lassen von innen nach aussen unterscheiden: Gleba, innere Peridie, Pseudoparenchymschicht, Faserschicht, My- celialhülle. Es kann kein Zweifel sein, dass die Gleba von Sphaerobolus der von Geaster entspricht. Auf die Gleba folgt bei Sphaerabolus die sgn. Collenchymschicht, Es sind nun zwei Vergleiche möglich: ent- weder wir nehmen an, es fehle bei Sphaerobolus die innere Peridie und die sgn. Collenehymsehicht entspreche der Pseudoparenchym- schicht — das geht aber nicht, weil die Collenchymschicht ganz anders als die Pseudoparenchymschicht entsteht!) und weil wir daun nicht wüssten, was mit der Pseudoparenchymschicht von Sphaerobolus anzufangen wäre —, oder wir nehmen an, die Faserschicht ent- spreche der inneren Peridie von Geaster, die Pseudoparenchymschicht der Pseudoparenchymschicht. Letzteres ist das Richtigere; es würde aber dann die sgn. Collenehymschicht innerhalb der inneren Peridie zu liegen kommen, d. h, zur Gleba zu ziehen sein. Es spricht also nichts dagegen, die sgn. Collenchymsehicht als den Phalloideen-Receptaculum homolog zu betrachten. Es ist das Re- ceptaculum der?) Phalloideen „eine Glebapartie, bei welcher die Basidien wegen Raummangel nieht zur Entwiekelung kamen“. Das Receptaculum der Phalloideen entsteht auch nahezu wie die betreffende Collenchymschicht 2): „Die erste Anlage der eceptaculumkammer be- steht darin, dass im Gefleehte ein dichterer Ilyphenknäuel sich. diffe- renziert.“ Die Annahme von Schröter wäre also, wie die entwiekelungs- geschichtliche Untersuchung gezeigt hat, gerechtfertigt und wir können Sphaerobolus mit einer Clatlıree vergleichen, die ein einfaches einschieh- tiges Receptaculum besitzt. Die Benennung „Collenehymschicht* würde, wie mir scheint, für Sphaerobolusüberhaupt zu verwerfen und rieh- tiger durch die Benennung „einfaches Receptaculum“ ersetzt werden. Der Vergleich von Sphaerobolus mit den Phalloideen würde sich ferner folgendermassen gestalten: Die sgn. Collenchymschicht ent- spricht dem Receptaculum; die Faserschicht und Pseudoparenchym- schicht der Schicht Pı (z. B. bei Ithyphallus); die Mycelialschicht der Volvagallerte, 1) De Baryl. ce. p. 340. 2) Eg. Fischer 1. ec. T. Ip. 7. 07 Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. 78, Bd. - 418 Fig. Fig. Ich möchte nun noch in folgender Tabelle in übersichtlicher Weise die Homologien der verschiedenen Schichten der Sphaerobolus- hülle aneinander stellen: Phalloideen Sphaerobolus Geaster Gleba Gleba Gleba Receptaculum sgn. Collenchymschicht | fehlt Faserscehicht { Innere Peridie Bi | Pseudoparenchym | Pseudoparenchym Volvagallert Mycelialschicht Mycelialschicht - ig. 9. Erklärung der Abbildungen. Tafel X und XL Lycoperdon depressum Bonorden. Fig. 1—5. (schematisch). Medianer Längsschnitt durch einen ausgebildeten Frucht- körper.® Fertile Kammern (fkm), sterile Kammern (stm). Grenzlinie Gran. Gleba G. Pd = äussere Peridie; in derselben können drei Schichten unterschieden werden: zu äusserst die sculpturenbildende Zone (Scz), dann a — dunkle Zone aus radialen Hyphen gebildet. Pi = innere Peridie. Vergr.100. Medianer Längsschnitt durch einen völlig ausgebildeten Frucht- körper. Fertile Kammern (fkm) wie sie in der Nähe der Peridie ver- laufen. Pd == äussere Peridie; in derselben können drei Schichten unter- schieden werden: zu äusserst die sculpturenbildende Zone (z), dann a = dunkle Zone aus radialen Hyphen gebildet, b = locker verfluchtene Hy- phen, die nach aussen in die radiale Richtung übergehen, nach innen in das Bildungsgeflecht m. Tr — Tramageflecht. P — Basidienanlagen. Verg. 100. Medianer Längsschnitt dureh einen 12mm langen Fruchtkörper. Stellt die Partie in der Mitte des Frk. dar, wo die Kammern bereits zur Grenzlinie Gr. gezerrt sind. fkm. = fertile Kammern, stkm. = sterile. Vergr. 100. Medianer Längsschnitt durch denselben Frk. wie Fig. 3, aber an der Randpartie. Zeigt auch deutlich den transversalen Verlauf der Kammern, die später zur Grenzlinie gezerrt werden. Vergr. 100. Medianer Längsschnitt durch einen etwa 18mm langen Frk. fkm. == fertile Kammern, stkm, — sterile Kammern. Gr. — Grenzlinie. Seleroderma Bovista Fries. Fig. 6—13, Vergr. 2 (schematisch). Medianer Längsschnitt durch einen ausgebildeten Fruchtkörper. Die Nester von der Peridie umgeben. Vergr, 100. Theil eines medianen Längsschnittes durch einen nur Imm langen Fruchtkörper, der aus einem Geflecht homogener Hyphen ge- bildet wird. Vergr, 100. Medianer Längsschnitt durch einen 4mm langen und 4mm breiten Frk, Pd = einfache Peridie. Im homogenen Gewebe haben sich bereits dunklere Partien-Knäuel. Kn== differenzirt, Tr Tramahyphen zwischen den Knäueln verlaufend, Vergr. 560, Knäuel eines etwa 6 mm langen und 9 mm breiten Frk. Die Elemente des Knäuels beginnen sich zu verzweigen und keulenförmig an- zuschwellen. g.10. Vergr. 560. Ein Knäuel, in welchem die Basidienbildung vor sich geht. Die Aeste der einzelnen Hyphen sind bereits schon zu Basidien ange- schwollen, . 11a, 11b. Vergr. 860. Basidien mit ganz jungen soeben abgeschnürten Sporen. Ba — Basidie. Sp = Spore, 12. Vergr. 860. Sporen, in welchen der Inhalt bereits dunkel ist. 13. Vergr. 860. Reife Sporen mit Hülle (H.). (Näheres im Text.) Ueber die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus $amen. Von Barthold Hansteen. Beim Keimungsprozesse eines Samens unterliegen bekanntlich die in den bezüglichen Cotyledonen resp. Endospermen aufgespeicherten Reservestofe — es seien diese Stärke, Oel oder Proteinstoffe — tiefgreifende Metamorphosen. Der in normaler Weise sich fortentwickelnde Embryo consumirt dann diedurch den Stoffumsatz entstandene Reactionsprodukte, so dass diese ans den resp. Reservestoffbehältern fortwährend in demselben Maasse abgeführt werden, als sie entstehen. Zu den in den Reservestoffbehältern sich abspielenden Stoffmeta- morphosen gibt der üblichen Annahme gemäss der sich entwiekelnde Embryo durch Secretion von Enzymen oder vielleicht durch irgend eine von ihm ausgehende Reizwirkung den ersten Anstoss. Die vorliegende Untersuchung stellte sich aber als llauptfrage: Verhält es sich wirklich so, oder werden nieht vielmehr in jeder lebenden Zelle eines Reservestoffbehälters die erwähnten Stoffmeta- morphosen selbstthätiger Weise angestrebt? Da eben die Contiunität soleher Prozesse von der Fortführung der Produkte abhängt, so konnte s. B, erzielt sein, dass in dem isolirten Endosperm der Stoffumsatz auscheinend still steht. Es wäre das eine Art regulatorische Thätigkeit, über deren Natur Pfeffer sich folgendermassen äussert?): „Trifft dieses aber zu, dann wird von dem fraglichen Körper so lange aufgenommen, resp, ausgegeben, bis ein diosmotischer Gleichgewichtszustand erreicht ist; ein solches Gleichgewicht tritt aber nie ein, wenn der Körper dauernd 1) Eine vorläufige Mittheilung gab Pfeffer im Sitzungabericht der Kgl. Sächs. Gesellschaft d. Wissenschaften, 1893, pag. 422. 2) Pfeffer, Pflanzenphysiologie Bd. I pag. 57. . 2° 420 hinweg genommen wird und in diesem Falle können aus einer noch so verdünnten Lösung die letzten Spuren eines Stoffes in die Pflanze eingeführt werden.“ Bezüglich der oben erwähten Frage scheidet Van Tieghem') zwischen activen und inactiven Endospermen, indem er sagt: „Sl est charnu, e’est A dire essentiellement oleagineux et aleurique, il est actif et se digere lui meme: l’embryon n’a plus qu’a absorber. S’il est farineux ou corne, e’est & dire essentiellement amylacd ou cellulosique, ce qui au fond se resemble beaucoup, il est passif et Vembryon doit le digerer avant de l’absorber.* Unser Autor fand also, dass alle ölhaltige Endospermen (es wurde mit Ricinus- und Pinus-Endospermen operirt) aetiv waren, d. h. sie digerirten sich selber ohne irgend einen Einfluss von Seiten des Em- bryos; die stärkehaltigen (Aueuba) dagegen verhielten sich ganz inactiv, indem die Auflösung der gespeicherten Stärke erst durch die Einwirkung des wachsenden Embryos herbeigeführt wurde. Dass aber diese Van Tieghem’sche Unterscheidung in activen und innetiven Eindospermen nicht berechtigt ist, zeigen die Resultate vorliegender Untersuchung. Eben weil er nieht für die Ableitung der gebildeten Reactionsprodukte Sorge getragen hatte, bekam er fehler- hafte Resultate. Die von ihren Embryonen befreiten Endospermen wurden nämlich nur in feuchter Luft auf feuchter Baumwolle gehalten — Bedingungen, unter welchen nur die ölhaltigen Endospermen sich activ zeigen konnten, weil in ihnen die selbstthätig erzeugten Reactions- produkte insofern einen Consum fanden, als sie mit ihrer Entstehung zur Bildung transitorischer Stärke verwendet wurden. Der enstandene Zucker in den stärkehaltigen Endospermen häufte sich aber bald in den Zellen auf und setzte so eine Grenze für den weiteren Stoffumsatz, ehe ein solcher genügend deutlich geworden war. Es lag am nächsten zuerst mit Endospermen zu operiren, weil Ja das Endospermgewebe morphologisch scharf vom Embryogewebe getrennt ist, und sich desshalb leicht ohne Beschädigung von diesem isoliren lässt, Bezüglich der stärkchaltigen Endospermen zeigten sich diejenige von Gramineen, wie Zea Mais und Hordeum vulgare, besonders geeignet. \ Folgender Versuchsweg wurde benutzt: 1) Van Tieghem, Sur la digestion de l’albumen. Annal, sc, nat. 6m® Serie T. IV pag. 183, 1876. 421 An Samen von den genannten Pflanzen wurde nach zweitägigem Quellen im Wasser der Embryo nebst Scutellum vorsichtig entfernt. Ein derart isolirter Endosperm wurde dann so eingegipst, dass der erstarrte Gipsguss in Gestalt eines kleinen Gipssäulehens die Stelle des entfernten Seutellums einnahm, während die Rückenfläche des Endosperms — um der Luft ungehinderten Zutritt zu gewähren — frei blieb. Die Gipssäulchen mit den Endospermen wurden dann in Kry- stallisirschälchen gestellt, deren Boden mit so viel Wasser bedeckt war, dass dieses ungefähr die halbe Höhe der eingesetzten Säulchen erreichte. Durch die Wassermenge sollte die Abfuhr der sich in den Endospermzellen selbstthätig bildenden Reaetionsprodukte erzielt werden, und damit diese Abfuhr eine vollständige werden konnte, enthielt jede Schale eine verhältnissmässig sehr grosse Wassermenge. Auf der anderen Seite wurden als Parallelversuche kurze Gips- säulchen mit Endospermen in wenige Wassertropfen oder auf etwas nasses Filtrirpapier gestellt. Unter diesen Umständen wurde also schon durch eine geringe Stoffausgabe eine merkliehe Concentration der Aussenflüssigkeit erzielt und die fernere Umsatzthätigkeit sistirt, Um Bacterien, die die Resultate zweideufig machen könnten, möglichst fern zu halten, wurde zuerst das benutzte Wasser nit 2--3 Tropfen Phosphorsäure per 100 eem angesäucrt, nachdem anf 800 Theile Wasser 1 Theil Monokaliumphosphat zugesetzt war. In- dessen zeigte sich diese Methode nicht hinreichend, um das Auftreten der Bacterien zu verhindern und da auch Schimmelpilze sieh ein- stellten, musste ein anderer Weg eingeschlagen werden, um gänzlich sterile Culturen zu erhalten, Zu diesem Ende wurden Wände, Dach und Boden eines Abzugs- schrankes — dessen Abzug zugestopft war — mit einer Handspritze benetzt und darauf Wasserdämpfe hineingetrieben, um mit diesen die Luft möglichst keiinfrei herzustellen. Alle benutzten Materialien, wie Culturgefässe, Messer u, s. w. wurden gut sterilisirt. Bei den Samen geschah dieses durch zweistündiges Liegen in Iprocentiger Lösung von Kupfersulphat, beim Gips durch 3/,- bis Istündiger Erhitzung auf 120— 140° C. Dann wurden die vorhin beschriebenen Operationen innerhalb des Schrankes vorgenommen, dessen verschiebbares Fenster nur sa weit geöffnet war, dass meine vorher gut mit absolutem Alkohol und Suhli- matlösung (1:1000) gewaschenen Hände durch eine möglichst enge 422 Spalte hineingelangen konnten. Ueber jeder Krystallisirschale mit den Endospermen wurde eine Glasglocke gestülpt, deren obere Oeffnung mit einem Baumwollpfropfen versehen war und die mit Sublimatlösung (1:1000) gesperrt war. Nach einiger Uebung und Mühe gelang es auf diese Weise Culturen zu erhalten, die sich Monate lang vollständig steril hielten. I. Versuche mit lebenden isolirten Endospermen von I. Zea Mais. Als Resultate der Versuche mit einer relativ grossen Wasser- menge ergab sich Foldendes: Schon nach 10—13 Tagen hatten die der Contactfläche mit dem Gipse benachbarten Zellschichten des Endospermes ihren ganzen Stärkeinhalt verloren, während in den ferner liegenden Zellschichten sämmtliche Stärkekörner mehr oder weniger stark corrodirt waren. Zumeist waren nur Reste von den Körnern zu sehen, und das schon weit entleerte Endosperm war ganz weich geworden und theilweise im Collabiren begriffen. Der durch den Stärkeumsatz gebildete Zucker hatte durch den Gips eine dauernde Ableitung in die relativ grosse Wassermenge gefunden. Nachdem diese auf ein kleines Volumen eingeengt war, war nun Zucker — im Verhältniss zu den benutzten Endospermen — sehr reichlich nachzuweisen, wenn zuvor mit etwas Salzsäure auf- gekocht war. Deun thatsächlich wird ein Kupferoxyd nicht direct redu- eirender Zucker gebildet, dessen nähere Bestimmung indess unterblieb.!) Waren dagegen die Endosperme von Mais durch die angegossenen Gipssäulchen mit nur ganz wenig Wasser in Verbindung, fand keine nennenswerthe Entleerung der Endospermzellen statt. Denn noch nach 14 Tagen waren diese ganz strotzend voll von Stärke, die nurinden dem Gipse am nächsten liegenden Zellen schwach corrodirt, in den übrigen Zellschiehten des Endosperms dagegen ganz intact waren. Mit der geringen Ableitung war bald eine Zuckeranhäufung in den Zellen eingetreten und eben dadurch war der Stärkeumsatz sistirt worden. 1) Wenn die gefundene Zuckerart in der vorläufigen Mittheilung dieser Ar- beit als Glucose, einer Kupferoxyd direct reducirenden Zuckerart, angegeben wird, beruht dies darauf, dass die angesäuerte Flüssigkeit zuvor aufgekocht worden war, da es zunächst nur auf den Nachweis der Ausscheidung irgend einer Zuckerart ankam. a au 423 Dass zu einer solchen Hemmung schon eine verdünnte Zucker- lösung genügt, lehrt folgender Versuch: Wurden nämlich isolirte Endosperme mit den angegossenen Gipssäulehen in einer Lösung aus gleichen Theilen Dextrose und Rohrzucker hineingestellt, zeigte es sich, dass schon eine Iproc. Stärke dieser Lösung hinreichend war, um den Stärkeumsatz fast ganz zu hemmen. Denn nach 12—13 Tagen — also in einem Zeitraume, in welchem Eindosperme sich bei Anwendung von zuckerfreiem Wasser fast ganz eutleerte — hatte hier nur ein äusserst geringer Stärkeumsatz staftgefunden. Nur einzelne Körner waren etwas corrodirt worden. Ganz ähnliche Resultate wie in den Versuchen mit minimalen Wassermengen erhielt man, wenn Embryonen keimender Maissamen derart eingegipst wurden, dass es ihnen mechanisch unmöglich war weiter zu wachsen.) Damit war der hauptsächlichste Stoffeonsum aufgehaben und dem entsprechend war mit der gehemmten Ableitung der Stärkeumsatz nun fast ganz gehemmt. Nur in den dem Seutellum unmittelbar anliegenden Zellen waren die Stärkekörner corrodirt, 2. Hordeum vulgare. Versuche mit isolirten Endospermen dieser Pflanze ergaben die- selben Resultate wie die Versuche mit Endospermen von Mais. Isolirte Endosperme, die mittelst des Gipssäulehens in Ver- bindung mit einer grossen Wassermenge gehalten wurden, waren nämlich nach 13 Tagen bis auf einzelne Zellschiehten gänzlich ent- noch nicht ganz entleerten leert und zusammengefallen, und in den In der Abfluss- Zellen waren alle Stärkekörner doch stark corrodirt. flüssigkeit aber befanden sich reichliche Mengen von eimer Zucker- art, deren chemische Natur nicht näher bestimmt wurde, die aber erst nach Kochen mit Säure die Fehling’'sche Lösung redueirte. In den FEndospermen aber, die in minimalen Wassermengen gesetzt waren, zeigte es sich, dass kein nennenswerther Stärkeumsatz während 13—14 Tagen stattgefunden hatte. Denn nur einzelne Körner zeigten schwache Corrosionserseheinungen. Ausser mit diesen stärkehaltigen Endaspermen wurden noch in analoger Weise Versuche mit schleimführenden Endospermen von 3) Die Präparate, deren Endosperme ganz frei von Gips gehalten wurden, befanden sich während des Versuches im dampfgesüttigten Kaume, 424 Tetragonolobus purpureus, mit Cotyledonen von Lupinus luteus und mit ölhaltigen Cotyledonen von Helianthus anuus vorgenommen, 3. Tetragonolobus purpureus. Aus den im Wasser aufgequollenen und mit Iproc. Kupfer- sulphatlösung sterilisirtten Samen wurden die relativ mächtigen Schleim- endosperme !) vorsichtig von den Cotyledonen befreit und in der oben beschriebenen Weise auf Gips theils in grosse, theils in minimale Wassermengen gestellt. Im ersten Falle nahmen die Endospermen mehr und mehr eine weiche Consistenz an und nach 16 Tagen fielen sie sämmtlich zu einem Häutchen zusammen. Die mikroskopische Beobachtung dieses Häutchens zeigte nur die zurückgebliebenen Kleberschichtzellen tur- gescent. In dem Wasser wurde viel Zucker gefunden. Endospermen, die unter günstigen Wachsthumsbedingungen mit ihren resp. wachsenden, aussaugenden Keimpflanzen in Verbindung waren, zeigten auch erst nach derselben Zeit eine so weit gehende Entleerung. Bei den Versuchen mit ganz wenig Wasser besassen nach gleicher Zeit die Entdosperme ihre anfängliche Consistenz und die Zellwände hatten, wie mikroskopische Beobachtung lelırte, keine merklichen Ver- änderungen erfahren. 4. Lupinus Iuteus. Die Cotyledonen wurden vorsichtig abgeschnitten und der Schnitt- fläche Gips in der beschriebenen Weise angegossen. In viel Wasser gestellt ging auch hier die Entleerung ziemlich rasch vor sich und nach relativ kurzer Zeit enthielt die Abflussflüssigkeit ziemlich grosse Mengen von Asparagin, also dasselbe Reaetionsprodukt, das sich bei der normalen Keimung der Lupinen-Samen bildet. In wenig’ Wasser dagegen fand — analog mit den früheren Resultaten — keine Entleerung statt. 5. Nelianthus anuus. Der Oelgehalt der Cotyledonen verschwand nach 14 Tagen gänzlich, wenn jene im isolirten Zustande auf Gips in vielem Wasser def. HM. Nadelmann, Ueber die Schleimendosperme d. Leguminosen Pringsheim's Jahrb. f£ w. Botanik 1890 Bd. 21, pag. 647, 425 standen. In der Abflussflüssigkeit wurde aber weder eine Zucker- noch eine Fettart gefunden. !) Die Cotyledonen hatten aber stark an Volumen zugenommen, wodurch natürlich ein Consum der entstandenen Produkte stattgefunden haben muss. Das Berthollet’sche Prineip der Massenwirkung ist auch, wie Pfeffer?) mehrmals betonte, für den physiologischen Stoffumsatz von ungemeiner Bedeutung. Demgemäss ist eine dauernde Entfernung der gebildeten Stoffwechselpredukte die nothwendige Bedingung, um eine eingeleitete Reaction zu Ende zu führen — oder umgekehrt durch die Anhäufung der Produkte wird der fernere Umsatz gehemmt oder zuletzt sistirt. So wissen wir ja, dass die Alkoholgährung ver- langsamt oder endlich sistirt wird, wenn der Alkohol sich bis zu einem gewissen Procentgehalt anläuft, oder dass die Milch- und Buttersäuregährung mit der Ansammlung von Milchsäure resp. Butter- säure zum Stillstand kommt. In solcher selbstregulatorischer Weise wird auch die Entleerung der Reservestoffe geleitet und es ist nach den ınitgetheilten Versuchen klar, dass die Van Tieghem’sche Unter- scheidung in active und passive Endosperme ebensowenig richtig ist, wie die Brown und Morris’sche Annahme, dass das Grasendosperm nur ein todter Vorrathsbehälter ist.°} Die Endosperme und ebenso die Cotyledonen sind-sämmtlich activ und bei ihrer Entleerung macht sich auch hier das oben genannte Prineip in erster Linie geltend. Denn wir sahen, dass ungeachtet der Abwesenheit eines wachsen- den und so consumirenden Embryos doch in Reservestoffbehältern, in Samenlappen wie in Endospermen, eine völlige Entleerung der gespeicherten Stoffe herbeigeführt werden konnte, wenn nur durch viel Wasser die entstehenden Produkte dauernd fortgenommen wurden. Wenn aber bei minimaler Wassermenge die Ableitung der Produkte nur eine partielle war, so wurde auch nur eine partielle Entleerung erzielt. Ebenso ist in intaeten Keimlingen die Entleerung des Reserve- stoffbehälters an dem Consume der Reactionsprodukte in der wachsen- 1) Das Wasser, in dem die Cotyledenen in der oben erwähnten Zeit gestanden hatten, wurde zunächst zur Trockne eingeengt und Jann der Rückstand nebst den zerkleinerten Gipssäulchen mit Alkobel-Aether ausgezogen. Nach Verdampfen des Alkoholäther verblieb aber nur ein minimaler Rückstand. 2) Pfeffer, Physiologie Bd. I, 1881, pag. 913; Osmotische Untersuchungen 1877, pag. 163; Untersuchungen an dem botan. Institut in Tübigen 1886, Bd. Il, pag. 293. ı 3) Brown and Morris, Researches on the Germinations of som of the Gra- mineae. Journ, ofthe chemie. Society. Yol.LVIL 1890. Transaet. pag. 458—528. 426 den Keimpflanze geknüpft und hierdurch regulatorisch gelenkt. Dem entsprechend trat Stillstand in dem schon eingeleiteten Stoffumsatz ein, wenn Wurzel, Stengel und Blätter des ganz jugendlichen Keim- linges durch einen nicht ableitenden Gipsverbande an fernerem Wachs- thum verhindert wurden. Die Produkte vermögen übrigens nicht nur nach dem Keimlinge, sondern auch nach einer anderen Seite zu wandern, und können sogar auf diese Weise dem wachsenden Keimlinge soweit entzogen werden, dass dieser wegen mangelhafter Ernährung zu Grunde geht. Solche Resultate ergaben nämlich Versuche, in welchen an keimen- den Maissamen an der dem Schildehen entgegengesetzten Seite Gips in der besprochenen Weise angegossen war, während dem Keimlinge ein freies Wachsthum gestattet wurde. Die Keimpflanzen befanden sich in Sägespänen, während die Gipssäulchen durch ein Glasröhrchen in viel oder wenig Wasser tauchten. Während nun die Keimlinge, deren Gipsguss nur eine minimale Ableitung erzielte, drei bis vier kräftige Blätter entwickelt hatten und kräftig weiter wuchsen, kamen bei kräftiger Ableitung nur zwei, höchstens drei kleine Blätter zur Entwickelung. Inzwischen aber war das das Endosperm schon gänzlich entleert und zu einer weichen Masse zusammengefallen.!} Nach Einengen der ableitenden Wassermenge liess sich wiederum eine grosse Menge der früher erwähnten, nicht direct reduzirenden Zuckerart nachweisen. Weil der Gips einen leichteren Abfluss gewährte, hatte auch der Zucker, unabhängig von dem wachsenden Keimlinge, grösstentheils seinen Weg in das Wasser genommen. II. Wirkt der Embryo auch durch Enzyme ? Haberlandt?) sieht die Kleberschicht der Endosperme der Gramineen als ein Diastase secernirendes Gewebe an. Es tritt, so heisst es: „klar hervor, dass die von den Kleberzellen zur Zeit der Keimung ausgeschiedene Diastase von den genannten Zellen selbst gebildet wurde. Damit ist der anatomisch-physiologische Charakter der Kleberschicht als ein diastasebildendes und ausscheidendes Drüsengewebe erwiesen“ und weiter sagte er: „Dieselben“ (Mais- 1) Sämmtliche Culturen waren auch hier ganz steril ausgesetzt. 2) Haberlandt, Die Kleberschicht d. Grasendospermes. Bericht d. deutsch. bot. Gesellsch. z. Berlin 1890 Bd. 8, pag. 46 und 47, j 427 samen) „ergaben, dass auch in embryolosen Körnern die Kleberschicht Diastase ausscheidet, dass hier also der Beginn der Diastaseaus- scheidung nicht wie beim Roggen an das Vorhandensein des wachsen- den Keimlinges geknüpft ist. Die Corrosion der Stärkekörner geht aber langsamer von statten, als in intacten Körnern und wird nach einigen Tagen ganz sistirt. Hätte Haberlandt Recht, so könnte man allenfalls vermuthen, dass der in unseren Versuchen gefundene Stärkeumsatz in den iso- lirten Mais- und Hordeum-Endospermen nicht in den internen Endospermzellen selbst eingeleitet, sondern allein durch die von den Kleberschichtzellen secernirte Diastase bewirkt werde. Dass es sich aber nicht so verhält, zeigen deutlich Versuche, die mit Maisendospermen ausgeführt wurden, an welchen ausser dem Keim- linge auch die Kleberschicht entfernt worden war. Auf Gips und in im vielem Wasser stehend wurde dieser frei präparirten Rest des Endospermes ebenso energisch entleert, wie bei Gegenwart der Kleber- schicht. Uebrigens geht auch bei Gegenwart der Kleberschicht die Corrosion und Lösung der Stärke stets von der Gipsfläche aus und so folgt auch hieraus, dass die Kleberschieht nieht lösend wirkt. Die internen Endospermzellen müssen demnach für sich die Fähigkeit besitzen, den Stärkeumsatz ins Werk zu setzen und bei Ablenkung der Produkte zu Ende zu führen. Und gilt dieses für die Endospermzellen der Maissamen, so ist gleiches auch für die Samen anderer Gramineen anzunehmen. Die Frage, ob während der Keimung vom Embryo aus ein Enzym ausgeschieden wird, ist in der letzteren Zeit mehrmals diseutirt worden, So meint Krabbe), dass die Diastase ausser Stande ist, „in der Form zu wandern, in der sie Stärke in Zucker verwandelt. Um eine Wanderung der Diastase zu ermöglichen, müsse sie zuvor irgend eine chemische Veränderung erfahren, um sodann am Orte ihrer Wirksam- keit restituirt zu werden.“ Er ist aber am meisten geneigt zu glauben, „dass die Diastase überhaupt nicht wandert, sondern direet am Orte ihrer Wirksamkeit entsteht“. Neuerdings spricht aber Gruss?) die entgegengesetzte Meinung aus, indem Untersuchungen über den Diastasegehalt des Schildchens, des Endosperwies und der Kleberschicht in Maissamen es ihm wahr- 1) Krabbe, Unters, über d. Diastaseferm. ete., Pringsheim’s Jahrb. f. w. Bot. 1890 Bd. 21, pag. 598. 2) Gruss, Ueber d. Eintritt v. Diasfase in d. Endusp. Bericht d. d. bot. Gesellsch. z, Berlin 1893 Heft 4 pag. 286. 428 scheinlich machen, „dass das Diastaseferment vom Schildchen, und zwar von den Pallisadenzellen desselben, ausgeschieden wird und dann in das Gewebe des Endospermes eindringt“. Nach unseren unter I. angeführten Resultaten ist es jedenfalls nicht nöthig, dass während des Keimungsprocesses Diastase vom Schildehen aus ins Endosperm gelangt. Denn die genannten Endo- sperme würden ja bei Abwesenheit des Schildehens und übethaupt des Embryos, wenn nur für eine dauernde und hinreichende Abfuhr der Produkte gesorgt war, entleert, und zwar in 13—14 Tagen, also schneller als unter normalen Keimungsbedingungen bei Vorhandensein des Eimbryos. Der stetige Consum der Produkte ist und bleibt nach alledem also die wichtigste Bedingung für den continuirlichen Stoffumsatz in einem Endosperme, und auch wohl in den Samenlappen, wie man nach den erwähnten Versuchen mit diesen Organen schliessen darf. Doch ist desshalb die faeultative oder auch real mitwirkende Secretion von Enzymen nicht ausgeschlossen und thatsächlich ist das Schildehen der Gramineen zu solcher Secretion befähigt. Es lehren dieses folgende Versuche: Aus gequollenen Samen von Mais und Hordeum wurden vorsichtig die Endospermen entfernt und an Stelle dieser wurde an das blossgelegte Schildchen ein Guss aus wenig Gips und viel Stärke gebracht. Diese so hergestellten künstlichen — also todten -—— Endosperme mit den entwiekelungsfähigen Embryonen wurden dann so aufgestellt, dass ein Streifen Filtrirpapier in daneben befindliches Wasser tauchte und so für Zufuhr von Wasser zu den Keimlingen sorgte. Diese Präparate kamen unter eine tubulirte Glas- glocke, deren Tubulus mit Baumwolle verstopft, und die mit sublimat- haltigem Wasser gesperrt war. Nach 5—7 Tagen waren nun sowohl bei Maisals bei Hordeum in der Nähe des Schildchens die Stärkekörner stark corrodirt. Der Embryo aber hatte sich inzwischen zu Pflänzchen von 3-4 cın Höhe entwickelt. In den Gipsgüssen dagegen, die bei sonst gleicher Behandlung ohne Keimlinge waren, hatte die Stärke gar keine Veränderung erfahren, Da die Culturen ganz steril ausgesetzt waren!) und auch während der ganzen Versuchszeit steril blieben, so sagen uns diese Resultate 1) Die benützte Stärke, die theils aus Maisstärke, theils aus Kartoffel-, Weizen- und Hordeumstärke bestand, wurde dadurch sterilisirt, dass sie nach Quellen in kaltem Wasser während zwei bis drei Tagen in Alkohol-Aether kam. Vebrigens wurde in der früher beschriebenen Weise für Sterilhaltung gesorgt. ä B Ä ES SE 429 dass von den benützten Schildchen ein diastatisches Ferment secernirt worden war. Und zwar muss dieses Ferment in einer wirksamen Form ausgeschieden sein. Demgemäss ist die Krabbe’sche Annahme unzutreffend, dass die Fermente nicht oder doch nicht in einer wirksamen Form aus Zellen ausgeschieden werden können. Vielleicht beruht die beobachtete Diastaseseeretion in diesem Falle darauf, dass Nährstoffmangel den wachsenden Embryo zu der Seere- tion veranlasst hat. Diese Erklärung stimmt auch gut mit dem überein, was Brown und Morris!) behaupten, nämlich, dass der Grasembryo nur dann Diastase produeirt, wenn ihm lösliche kohlenstoffhaltige Nährstoffe mangeln. Ob bei normaler Entleerung überhaupt ein diastatisches Ferment mitspielt, oder ob die Endospermen ohne ein solches arbeiten, müssen fernere Untersuchungen entscheiden. Die Abhängigkeit des Stoff- umsatzes von der Entfernung der Produkte ist mit und ohne Ferment- wirkung möglich. Zuletzt ist es mir hier eine angenehme und liebe Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Hrn. Geheimrath Prof. Dr. W. Pfeffer, meinen ergebensten Dank für die werthvolle Hilfe, die er mir während der ganzen Arbeit leistete, auszusprechen. Botanisches Institut zu Leipzig 1893. y)Lhe. Zur Kenntniss der Karyokinese bei den Pflanzen. Von Wi, Belajeff. Hierzu Tafel XII und X. Vor zwei Jahren ist meine vorläufige Mittheilung in russischer Sprache über die karyokinetische Theilung der Zellkerne bei den Samenpflanzen in den Sitzungsberichten des Warschauer Naturforscher- vereins erschienen ,!) worauf eine zweite im St. Petersburger Natur- forschervereine über denselben Gegenstand folgte.?) Da nun die obenerwähnte Mittheilung nur wenig Verbreitung unter den nichtrussischen Botanikern gefunden, die Veröffentlichung einer ausführlicheren Arbeit mit entsprechenden Illustrationen jedoch einstweilen vertagt werden musste, entschliesse ich mich einen kurz gefassten Bericht über die Resultate meiner Beobachtungen der Karyo- kinese — mit photographischen Aufnahmen einiger meiner Präparate — in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Das Hauptobject meiner Beobachtungen bildeten die Pollenmutter- zellen bei verschiedenen Arten Larix (hauptsächlich der Larix da- vurica), welche ein ganz ausgezeichnetes Objeet zum Studium der Karyokinese bieten. Die Pollenmutterzelikerne bei allen diesen Arten sind aussergewöhnlich gross, wenig chromatinhaltig, und die vorhan- denen kurzen Chromatinsegmente bilden keine so sehr verwickelten Figuren wie sie so oft bei den Monocotyledonen vorkommen, welche bis jetzt beinahe ausschliesslich als Objecte zum Studium der Karyo- kinese bei Samenpflanzen benutzt wurden. 1) Ueber die Karyokinesis in den Pollenmutterzellen bei Larix und Fritillarie. Sitzungsberichte des Warschauer Naturforschervereines vom 25. April und 23. Mai 1892. 2) Ueber die karyokinetische Theilung der Pflanzenkerne, Arbeiten des St. Petersburger Naturforschervereins Taf. XXIII, pag. 41. 431 Ganz hervorragend sind die von diesen Zellen gebotenen Vorzüge zur näheren Kenntniss der sog. Achromatinfäden und ihrer verschie- denen Gruppirungsphasen im Laufe der Karyokinese. Ich kenne kein anderes Object mit besser und deutlicher ausgeprägten, gleich inten- siv sich färbenden und zu einem so dichten Netzwerk verschlungenen Fäden, wie gerade in diesem Falle. Das von mir gewählte Material bietet noch manche andere Vor- theile. Die Theilung der Pollenmutterzellen bei der Larix kann im Lauf des ganzen Winters beobachtet werden; es genügt, einen Larix- zweig mit männlichen Blüthen in ein warmes Zimmer zu bringen‘ und schon im Verlaufe von 2—3 Tagen tritt die Bildung der Kern- spindel in den Pollenmutterzellen ein. Die Präparate wurden von mir vorwiegend mit Hilfe der Flemming’schen Lösung fixirt. Ganz ausgezeichnete Resultate erzielte ich auch mit der Hermann’schen Lösung (Platinchlorid-Osmium- Essigsäure) !), Aus den in Paraffin eingebettefen Präparaten werden von mir mit Hilfe des Mikrotomes von Minot Schnitte von !/3oo mm Dicke angefertigt. Die Färbung geschah nach der Flemming’schen Methode zuerst mit Safranin, dann mit Gentianaviolett und Orange G.?), oder nach Hermann mit altem Holzessig. Die Pollenmutterzellen der Larix fand ich während der Winter- ruhe schon zur karyokinetischen Theilung bereit. Aeusserst grosse Zellkerne waren im Centrum gruppirt und mit einem dichten Plasma umgeben. Wo die Färbung am besten gelungen, zeigten die Präparate ein in Plasma deutlich gezeichnetes Fadennetz, bestehend aus radial zur Zellwand gerichteten und strahlenförmig dem Zellkerne entspringen- den Fasern (Fig. 1); der Länge nach haften an ihnen knotenartig vertheilte Körnchen von verschiedener Grösse (Mikrosomen). In der schwach gefärbten glashellen Grundmasse des Plasmas kann man auch noch unregelmässig geformte blassgraue Klümpchen unterscheiden. Der runde Kern ist mit einer durchsichtigen nicht tingirbaren Flüssig- keit (Kernsaft) gefüllt. An der Peripherie des Kerns sind gruppen- weise Chromatinkörperchen gelagert; aus jeder Gruppe bildet sich später je ein Chromatinsegment (12 an der Zahl). Dieses Theilungs- stadium der Pollenmutterzellen der Larix entspricht jenem der Lilia- 1) FE. Hermann, Beiträge zur Histol. des Hodens. Arch. f. mikr, Anatomie B. 34, t, 59, 2) Flemming, Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle. Arch, für mikr, Anatomie B. XXXVII, 8. 686. 432 ceen, in welchem die Chromatinsegmente sich an der Kernwandung gruppiren (lockeres Knäuelstadium). Doch, während bei den Liliaceen die körnige Beschaffenheit der Chromatinsegmente nur schwer zu constatiren ist, bleiben die einzelnen Nucleomikrosomen der Larix deutlich markirt. Meistens ist die Anordnung ringartig; da jedoch der Mikrosomenring mehr oder weniger bedeutende Fortsätze aufweist, ist der erste Eindruck derart, als wäre die Gruppirung der Körnchen eine durchaus unregelmässige. Einzelne Körnchen sind untereinander mit Achromatinfäden verbunden; so auch einzelne Gruppen, indem letztere auch mit dem Kernkörperchen (Nucleolus) durch Fäden verbunden sind (Fig. 2). Diese Fäden sind wellenartig gewunden, gefranst und enthalten zahlreiche, schwach tingirbare Körnchen. Ausserdem ent- springen jeder Gruppe weitere Fäden, welche die Kernwand durch- dringen und mit den Fäden des Plasmas in Verbindung treten. Die im Zellkerne enthaltenen Fäden werden bei Anwendung dreifacher Färbung nach Flemming’scher Methode violett oder orange tingirt; ebenso die Fäden des Plasmas. Uebrigens behalten die Zellkern- fäden häufig ihre violette Färbung, während die Plasmafäden die ihrige durch Auswaschung schon längst verloren. Das ist der Grund, wess- halb in diesem Fall der Kern violett mit rothen Chromatinkörnchen und das Plasma orangefarben erscheint. Das sehr grosse Kern- körperchen (Nucleolus) liegt näher zur Mitte des Zellkerns und ist intensiv roth gefärbt, indem es ausschliesslich Safranin aufsaugt. Die erste Veränderung, welche ich bei in Theilung begriffenen Zellen habe beobachten können, war die Bildung einer den Kern umhüllenden dichten, filzartigen Schicht, welche auf den ersten Blick als ein concentrisch um den Kern gewundener Fadenknäuel erscheint (Fig. 3). Eine nähere Untersuchung feinster Schnitte zeigt jedoch, dass diese Filzschicht aus der Kernwandung parallel in die Länge gezogener Schlingen (Maschen) besteht. Eine ähnliche Filz- bildung (oder Fadenknäuel) ist schon früher von Strasburger beobachtet worden.') Die oben beschriebene Umgruppirung der Plasmafäden ist, wie es scheint, die Folge ihrer Contraetion und des Zusammenziehens der Schlingen (Maschen) um den Zellkern, Die im Kerne enthaltenen Chromatinkörnchen verschmelzen unter- dessen zu homogenen, unregelmässig geformten Chromatinkörpern. 1) Strasburger, Ueber Kern- und Zelltheilung. Hist. Beiträge, 1988, Taf. II, Fig, 40, en 433 Meistens sind es ringartige Gebilde mit Vorsprüngen, zuweilen auch X-förmige Figuren. Zugleich nimmt die Zahl der die Kernhöhle durch- ziehenden und einzelne Gruppen mit dem Nucleolus verbindenden Fäden bedeutend zu, bis sie nach und nach ein dichtes Maschenwerk bilden. Die Fäden enthalten noch viele Körnchen, verlieren aber ihr gefranstes und geschlängeltes Aussehen. Schliesslich schwindet die Kernwandung, so dass die Grenze zwischen der äusseren, den Kern umgebenden Filzschicht und dem inneren Fadengerüste sich gänzlich verliert. Die äussere Filzschicht und das innere Fadengerüst bilden nun in der Zelle einen zusammenhängenden Centralkörper, welcher scharf von dem ihn umgebenden Plasma absticht, da letzteres sich durch ein bedeutend weniger dicht verschlungenes Fadennetz aus- zeichnet. Die sich allmählich tingirenden COhromatinsegmente kommen jetzt, infolge der Verschmelzung der äusseren Filzschieht mit dem Kerninhalt, innerhalb des Centralkörpers zu liegen. Der Nucleolus (Kernkörperchen) wird nach der Auflösung der Kernmembran immer kleiner, bis er zuletzt ganz verschwindet. Die Plasmafäden haben in dieser Theilungsphase keine bestimmte Anordnung und bilden unregel- mässige Schlingen. Nur einige von ihnen erscheinen stark gespannt, indem sie mit dem einen Ende an der Zellmembran, mit dem anderen am Centralkörper haftend, in radialer oder auch dem Centralkörper tangentiell auslaufender Richtung den inneren Zellraum durchsetzen; es sind diese gespannten Fäden, welche den Centralkörper poly- edrisch erscheinen lassen (Fig. 4). Pie Fäden vereinigen sich zu Gruppen, deren Zahl auf den Sehnitten zwischen 1 und 4 varüirt. In der Nähe des Centralkörpers gehen sie in die Peripheriefäden des Fadenknäuels über, welcher den Centralkörper bildet; zu gleicher Zeit dehnen sie ihn in die Länge oder ertheilen ihm eine drei- oder viereckige Form (Fig. 5). Indem die Fäden jeder Gruppe allmählich näher zusammenrücken, bilden sie in einiger Entfernung von der Zell- membrau eine Art Knoten. Letztere stehen vermittelst der Fäden einerseits mit der Zellhaut, anderseits mit dem Peripherienetze des Centralkörpers in Verbindung, während die obenerwähnten tangentiellen Fäden die Knoten unter einander verbinden. Die Zellmembran scheint als Stützpunkt den an ihr befestigten und stark gespannten Fäden zu dienen. Bei der durch die Peripheriefäden verursachten Spannung des Centralkörpers werden die Chromatinsegmente gegen dessen Mittelpunkt gedrängt; um sie herum erhält sich noch kurze Zeit ein unregelmässiges Fadennetz, dessen Fasern mit den Chromatinsegmenten Endlich werden auch diese Fasern in der Richtung verbunden sind. 28 Flora, Ergänzungsband z. Jahrg. 1894. Bd. 78. 434 der die Peripheriegruppen bildenden Fäden gespannt, wobei die zu einem Segmente gehörigen Fäden sich in zwei Bündel gruppiren, welche je eine an entgegengesetzten Seiten des Segmentes befestigt sind. Die Segmente selbst nehmen indessen die Gestalt eines Klümpchens mit vier Fortsätzen an; zwei derselben dienen als Ansatzpunkte für die Achromatinfäden, die beiden anderen liegen Ihnen kreuzweise gegenüber. Die Fädenbündel ziehen sich in der Richtung der oben beschriebenen Knotenpunkte fort, deren Zahl sich nachher auf zwei beschränkt. Was mit dem dritten oder mit den zwei anderen geschieht, ist schwer zu sagen. Einige Präparate lassen darauf schliessen, dass diese Knoten und die zu ihnen gehörigen Fasernbündel derart ver- schmelzen, dass zuletzt nur zwei Knoten und zwei die Kernspindel bildende Fadencomplexe zurückbleiben (Fig. 6). Während dieses Processes werden die Chromatinsegmente von den Fadenbündeln, an denen sie befestigt, in die Equatorialebene der Spindel gezogen und bilden, was wir „Equatorialgruppe“ (Kernplatte, Mutterstern) nennen werden. Durch allmähliches Zusammenziehen der Fadenbündel werden die zwei Fortsätze der Chromatinsegmente, an denen die Fäden befestigt sind, in die Länge gezogen, so dass letztere die sich mehr und mehr nach den Polen der Spindel verlängernden Arme des Kreuzes bilden; die beiden kürzeren Arme kommen in die Equatorialebene zu liegen (Fig. 6). Im Kreuzungspunkte der Arme bildet sich im weiteren Verlaufe ein Riss, welcher sich allmählich in die längeren Arme des Kreuzes verlängert (Fig. 7). Ein eingehenderes Studium der Fadengruppirung lässt uns schliessen, dass auch in diesem Theilungsstadium die Kernspindel nicht ein System meridional ver- laufender, gegen die Polen convergirender Fäden aufweist, sondern ein netzartiges Fadengeflecht, dessen Schlingen oder Maschen in der Richtung der Spindelaxe gedehnt sind. In der Nähe der Pole ist die netzähnliche Struktur am deutlichsten (Fig. 6). Die Equatorialzone weist in der That eine parallele Anordnung der an den Kernsegmenten befestigten Fadenbündel auf, die sie con- stituirenden Fäden divergiren jedoch sehr bald und treten in eine enge Verbindung mit dem netzartigen Fadengeflecht. Unter sich sind die Bündel durch recht- und schiefwinklig auslaufende Fäden ver- bunden. Zwischen den an den Segmenten befestigten Bündeln ziehen sich noch andere Fäden, welche die beiden Polhälften der Kernspindel verbinden. Wahrscheinlich sind es lauter Peripheriefäden des Central- körpers, welche die Knotenpunkte verbanden, ohne mit den Kern- segmenten in Berührung zu kommen. 485 An den Kernspindelpolen lässt sich noch ein anderes Fadensystem gewahren, dessen Fasern keinen Antheil an der Bildung der Kem- spindel nehmen und strahlenartig in der Richtung zur inneren Peripherie der Zellmembran divergiren, indem sie letztere in verschiedenen Punkten berühren, .wobei sie sich gegenseitig mit den, ‘dem anderen Spindel- pole ausstrahlenden Fäden kreuzen (Fig. 8). Eine weitere Verkürzung der an den Kernsegmenten befestigten Fäden hat die Spaltung der kürzeren in der Equatorialebene liegenden Arme des Kreuzes zur Folge, wobei die ganze kreuzartige Chromatin- figur in zwei Töchtersegmente zerfällt. Jedes neue, aus je einer Polarhälfte entstandene und mit einer Längsspalte versehen gewesene Töchtersegment erhält die Form eines Bogens, weleher mit der Mitte am Fadenbündel befestigt, mit beiden freien Enden der Equatorial- ebene der Spindel zugekehrt ist (Fig. 8 und 9). Infolge weiterer Fadenverkürzung weichen die Bögen nach den Polen in zwei Gruppen auseinander, wobei sie jene, die beiden Spindelhälften verbindenden Fäden aus einander schieben und zu dieken Fadensträngen (Schnüren) verschmelzen lassen (Fig. 8). Im Verlaufe des oben beschriebenen Processes verändert sich die Struktur der Chromatinsegmente, un aus einer homogenen zu einer körnigen zu werden (Fig. 9). Die Chro- matinkörnchen der Segmente erscheinen in Linin, als Grundsubstanz, gebettet (nach Pr. Schwarz). Gleichzeitig erhalten die Chromatin- segmente wieder die Fähigkeit, das Gentianaviolett zu absorbiren, während sie im Stadium der Equatorialkernplatte sich nur mit Safranin tingiren liessen. Durch längere Auswaschung der Präparate in Alkohol wird Gen- tianaviolett entfernt, wodurch die Fäden farblos werden; die in den- selben gebetteten Chromatinkörnchen behalten aber ihre rothe Safranin- färbung. Folglich ist die veränderte Tinctionsfähigkeit der Chromatin- segmente in gewisser Abhängigkeit von Veränderungen in deren Straktur. Im Stadium des Muttersterns (Equatorialgruppe), wo sie homogen erscheinen, sind sie mit Safranin färbbar; mit Beginn der Differentiation in Chromatinkörnchen und Linin, welches letztere Gentianaviolett absorbirt, wird die rothe Färbung der Chromatinköruchen dureh das Violett der Grundsubstanz des Segments maskirt. An den um die Theilungspole gruppirten Segmenten konnte ich öfters statt zweier vier Fortsätze unterscheiden. Die Achromatinfäden- bündel sind in diesem Falle im Vereinigungspunkte der vier Segment- zweige befestigt. Zwischen den Segmenizweigen bilden ach Linin- 2 das 436 fasern, welche sie untereinander verbinden. Oefters sah ich, wie aus jedem Segment ein kegelförmiges oder trianguläres Gitter entstand, In jedem Gitter erscheint eine klare Flüssigkeit, der sogenannte Kern- saft. Die Flüssigkeit nimmt die kugelige Form eines Tropfens an, in welchem das Gitter sich vertheilt (Fig. 10). Die anfangs abge- sonderten Tropfen fliessen zusammen und so entsteht ein junger Kern, in welchem die Gitter einzelner Tropfen das Gerüstwerk darstellen. Ursprünglich behält dieser Kern die unregelmässige Contur einzelner zusammengeflossener Tropfen. Hernach wächst er im Umfange und erhält regelmässige Conturen. Auf seiner Oberfläche sondert sich eine Membran ab, eine Art Niederschlaghäutehens, welches durch die gegenseitige Einwirkung des Kernsaftes und des Zellplasmas gebildet zu sein scheint. Der Kern fängt vacuolenartig zu wachsen an, indem er Wasser absorbirt und das umgebende Plasma zurückdrängt (Fig. 11). Zugleich wird auch das Kerngerüst weiter auseinander gezogen: die Fäden werden feiner und die Maschen grösser. Sobald der Kern gewisse Dimensionen erreicht hat, bilden sich inwendig mehrere Nucleolen (Fig. 11). „Es ist zu bemerken, dass nach der Auflösung der Nucleole der Mutterzelle im Zellplasma eine gewisse Anzahl grober Körnchen erscheint, welche mit Safranin färbbar sind. Mit dem Beginn der Nucleolenbildung in den Töchterzellen verschwinden die Körnchen vollkommen.“ 1) Was die beim Auseinanderweichen der Segmente zu dieken Strähnen verschmolzenen Achromatinfäden anbetrifft, so sehen wir sie bald wieder aus einander gewichen. Augenscheinlich findet auch in 1) So war der Wortlaut meiner Mittheilung vom 23. Mai 1892 über die von mir angestellten Beobachtungen des Zusammenhanges der Nucleolen mit dem sich im Zeilplasma bildenden Körnchen. Dasselbe ist später auch von Zimmermann be- obachtet worden; seine daraus gezogenen Schlüsse zeichnen sich jedoch durch grössere Bestimmtheit aus, Ich erklärte mir die Ergebnisse meiner Beobachtungen derart, als löste sich die Nueleole, nach vorausgegangener Auflösung der Kern- membran, unter der Einwirkung der in die Kernhöhle aus dem Zellplasma ge- drungener Substanzen, gänzlich auf, um später durch den Einfluss des Kernsaftes, der die ganze Zelle durehdrungen, wieder hergestellt zu werden, indem der Kern- saft die Nucleolensubstanz im Zellplasma so zu sagen gerinnen macht. Nach der Bildung der Töchterkerne, welche ihren Kernsaft aus dem Zellplasma absobiren, werden die Köruchen abermals vom Zellplasma aufgelöst, um zum zweitenmal im Inneren der jungen Kerne (Töchterkerne) in der Gestalt von Nucleolen zu er- scheinen. Uebrigens will ich mich in dieser Mittheilung aller weitern und allge- meinern Schlussfolgerungen enthalten, um später, bei der Veröffentlichung meiner Arbeit in ihrem Gesammtumfange, darauf zurückzukommen. 437 diesem Falle in den equatorialen Theilen der Fäden die Absonderung einer hellen Substanz statt, welche die Fäden trennt. Dabei krümmen sich die peripherischen Fäden bogenförmig nach aussen. der Zellwand zu (Fig. 11). An den Fäden bilden sich in der Equatorialebene gelagerte Anschwellungen; indem diese letzteren zusammenschmelzen, erzeugen sie eine Platte, die sich bald wieder auflöst, wie es auch bei den Dicotyledonen der Fall ist, wo die Pollenmutterzellen gleichzeitig in je vier Töchterzellen zerfallen. Die Vorgänge, welche von mir bei der Kerntheilung in den Pollenmutterzellen der Larix beobachtet worden, sind nicht nur dieser Pflanze eigen, sondern wiederholen sich mit einigen unbedeutenden Abweichungen auch bei andern Pflanzenformen, dabei keineswegs nur bei der Zelltheilung in Pollensäcken, sondern auch in anderen Fällen. In vorliegender Mittheilung werde ich mich begnügen müssen, die Beobachtungen anzuführen, welche ich bezüglich der Vertheilung in den Pollenmutterzellen einiger Liliaceen, namentlich Fritillaria und Lilium, gemacht habe. Meine Beobachtungen !) beginnen beim dichten Knäuelstadium. Schon in diesem Zustande erscheinen bei Lilium die chromatinhaltigen Fäden doppelt, folglich muss hier die sog. Spaltung der Segmente sehr früh eingetreten sein. Indem sich die Chromatinsegmente all- mählich contrahiren und kurze, an der Kernwandung im lockeren Knäuelstadium gruppirte Segmente bilden (12 an der Zahl), erhalten dieselben bei Fritillaria die Gestalt eines V oder Y mit sehr kurzem unpaaren Zweige, zuweilen aber auch eines X mit zwei langen und zwei kurzen Zweigen; bei Tälium jedoch, infolge einer starken An- näherung der beiden Schenkel der V-förmigen Figur, erhalten die Segmente die Form eines dieken Doppelfadens. Auch hier erscheinen die Chromatinsegmente untereinander, sowie mit dem Kernkörperchen und mit dem Fasernetze des Plasmas durch einige spärliche Iin- und hergewundene Fäden verbunden. Die Plasmafäden sind nur schwach tingirbar, wodurch es in gegebenem Falle schwer fällt, ihre Anordnung Infolge dessen wird die bei Larix so deutlich ins Auge zu fassen. hier kaum bemerkbar. Wie ausgeprägte Filzbildung um den Kern bei Larix, so bildet sich auch hier vor dem Verschwinden der Kern- —D Bei der Fixirung der Pollensäcke der Liliaceen wandte ich dieselben Mittel an, welche ich früher zur Fixirung der Pollenmutterzellen von Larix ge- brauchte. Die Färbung der Präparate geschah nach der Methode von Flemming (Safranin-Gentianaviolett-Orange G.) oder nach Erlich-Biondi's Verfahren mit M. Heidenhain’scher Abänderung (M. Heidenhain, Ueber Kern- und Proto- plasma, Leipzig 1892, pag. 116). 438 wandung im Kerne selbst ein diehtes Fasergeflecht, welches mit den 'Chromatinsegmenten in Verbindung steht. Unmittelbar nach der Auflösung der Kernwandung verschwindet das Kernkörperchen. Hier hatte ich Gelegenheit zu beobachten, wie ausserhalb des Kerns, dessen Umrisse noch erhalten waren, aus einem im Plasma gelegenen Knoten (Centrosphäre ?) ein Faserbündel entspringt und in den Kern dringt (Fig. 12). Die Fäden dieses Bündels richten sich im Innern des Kernes divergirend, nach den Chromatinsegmenten, mit welchen ihre Enden verbunden sind. An der Eintrittsstelle des Bündels verliert der Kern seine früheren Umrisse, Die Zahl solcher Knoten auf Schnitten beträgt 1—4, und je nach ihrer Zahl erscheint auch hier wie bei Larix der Kern bald langgestreckt, bald drei- oder viereckig (Fig. 13 und 14). Die Knoten sind durch Fäden unter- einander verbunden, entsenden auch solche in den Kern zu den Chro- matinsegmenten. Diese Phase ist bis jetzt noch nicht beschrieben worden, wollte man nicht die tripolären Gebilde in Betracht ziehen, welche Strasburger abgebildet und als zufällige Abweichungen vom gewöhnlichen Typus der Kerntheilung gedeutet hat. Diese Phase entspricht derjenigen Kerntheilungsphase in thierischen Zellen, wo von den Polen der sogen. Centralspindel Fadenbündel zu den Chro- matinsegmenten sich hinziehen.!) Der Unterschied besteht wesentlich darin, dass in Pflanzenzellen die Fäden, durch welche die Knoten (Pole) untereinander verbunden werden, keine Centralspindel bilden, sondern den Kern rund herum umfassen (Fig. 14). Aus den tri- oder tetrapolären Figuren, welche dabei entstehen, resultirt jedoch niemals eine Theilung des Kerns in drei oder vier Tochterkerne. Es entstehen daraus immer nur gewöhnliche Kernspindeln. Da diese Figuren auf den Schnittserien fast immer beim Ueber- gange vom lockeren Knäuelstadium zum Kernspindelstadium beobachtet werden (in den Pollensäcken sind die Pollenmutterzellen in pro- gressiven Entwickelungsstadien von unten nach oben gelagert), sollten dieselben nicht Uebergangsstadien vorstellen? Ist nicht der Zellkern vor der Spindelbildung immer vielpolig, wobei in einigen Fällen auf den Sehnitten, je nach der Richtung derselben, bloss 1 oder 2, in anderen 3 und in wenigen Fällen auch 4 Pole beobachtet werden? Bei weiterem Zusammenziehen der Fäden vereinigen sich die an jedem Segmente befestigten Fasern, hier wie bei Larix, in zwei Bündel, und die Segmente selbst ordnen sich in der Equatorialebene der Spindel })Hermann, Beiträge zur Lehre von der Entstehung der karyok. Spindel. Arch, für mikr. Anatomie Bd. 37, Taf, XXXI, Fig. 6-9, anne 439 an, welche ebenso wie bei Larix entsteht. Bei Lilium tritt es besonders deutlich hervor, dass die Bündel nur in zwei Punkten an den Segmenten befestigt sind und dass sie wirklich aus vielen Fäden be- stehen (Fig. 15). Bei Fritillaria, wo die Segmente V-, Y- oder X-förmig sind, werden die Bündel an der Stelle, wo die Schenkel der Figur sich vereinigen, befestigt. Die durch das Segment gebildete Figur lagert sich in der Equatorialebene der Spindel, so dass die freien Enden ihrer längeren Zweige sich der Peripherie derselben zuwenden. Eigentlich findet dasselbe auch bei Lilium statt, mit dem Unterschiede, dass dort, wie wir esschon gesehen, zwei Schenkel der Figur so nahe aneinander liegen, dass die Segmente die Form eines Doppelfadens annehmen ; diese Doppelfäden verlaufen radial in der Aequatorialebene der Kernspindel und vereinigen sich mit den achromatischen Faden- bündeln an demjenigen Ende, welches der Spindelaxe zugewandt ist. In dem Maasse, wie sich die Achromatinfädenbündel verkürzen, bilden auch hier (bei Fritillaria und Lilium) die Chromatinsegmente zwei nach den Polen gerichtete und allmählich sich vergrössernde Vorsprünge. Wenn man die Keruspindel bei Fritillaria von der Seite beobachtet, so präsentiren sich auch hier die dem Beobachter zugekehrten Chromatinsog- mente in der Form eines Kreuzes, dessen zwei Arme in der Rquatorial- ebene der Kernspindel liegen, und die zwei anderen, an welchen die Achromatinfädenbündel befestigt sind, nach den Polen schauen (Fig. 16). An der Stelle, wo sich die Arme des Kreuzes vereinigen, bildet sich ein Schlitz, welcher sich allmählich erweitert und endlich zu einer die Polarzweige des Kreuzes theilenden Spalte wird. Dieser Riss entsteht in Folge der Spaltung beider Schenkel der V-förmigen oder der langen Schenkel der Y- und X-förmigen Figuren, die Spaltung beginnt an der Vereinigungsstelle der Zweige und schreitet in der Richtung gegen die freien Enden derselben fort. Zu der Zeit, wo die Spaltung sich den freien Enden der Zweige nähert, erscheint dem Beobachter, der die Kernspindel von der Seite betrachtet (d. h. so, dass die Kern- spindelaxe in der optischen Schnittfläche zu liegen kommt) das ihm zugewandte Segment in der Form von 4 ein Rhombusfeld begrenzen- der Zweige (Fig. 17). Diese Zweige sind durch die Spaltung der beiden Schenkel der Figur V oder der langen Schenkel der Y- und X-förmigen Figuren entstanden. An den Verbindungsstellen der nach den Polen gerichteten Zweige sind die Achromatinfädenbündel befestigt. In den Fällen, wo die Segmente ursprünglich die Form Y hatten, beobachtet man an den Ansatzstellen der Fadenbündel je einen kurzen hängenden Fortsatz, der durch den gespaltenen unpaaren kurzen Zweig 440 der Figur gebildet wird (Fig. 17). Mutatis mutandis, da wo die Figur ur- sprünglich X-förmig war, ragen zwei solche Fortsätze hervor. Die Fläche, in weleher zwei das Rhombusfeld begrenzende und dem einen Pol zugekehrte Zweige liegen, bildet einen Winkel mit der Fläche, in der die beiden dem andern Pol zugewandten Zweige liegen (Fig. 17 links). Daher erscheinen die Seitensegmente der Kernspindel (so zu sagen im Profil gesehen) in der Form von >, indem die Zweige der Figur nach entgegengesetzten Polen gerichtet sind (in dieser Lage werden sie von Strasburger und Guignard dargestellt). Bei weiterem Zusammenziehen der Achromatinbündel wird die Verbindung — die sich bisher in der Equatorialebene zwischen den Chromatin- zweigen des einen Polis und denen des anderen erhalten — allmählich gelöst (Fig. 17 rechts), und zu jedem Pol geht ein V-förmiges Segment ab, welches an Fäden, die der Verbindungsstelle der Zweige gent- springen, befestigt, seine freien Enden der Equatorialebene der Spindel zuwendet. Es entstehen dabei durchaus keine Krümmungen, oder ‘)- oder S- oder L-förmige Gebilde. Dasselbe, nur weniger deutlich ausgeprägt infolge geringer Entfernung zwischen den beiden langen Schenkeln der Figur, findet auch bei Lilium statt. Auch hier ent- steht durch die Spaltung der Segmente ein Rhombus, der aber sehr spitze gegen die Pole ausgehende Winkel hat, die ebenso spitz auch nach der Theilung zwischen den Schenkeln der V-förmigen, nach den Polen abgehenden Segmenten bleiben (Fig. 18). Es erweist sich, dass der geschilderte Spaltungsprocess der Seg- mente gänzlich dem Rabl’schen Schema!) entspricht, welches von ihm für die thierischen Zellkerne aufgestellt worden ist. Ich habe eine solche Spaltung nicht nur in den beschriebenen Fällen, sondern auch bei der Theilung des Embryosackkernes, der Kerne im protoplasma- tischen Wandbelege des Embryosackes, wie auch in den Zellen des Samenknospenkerns beobachtet. Dieselbe Spaltungsweise ist den Kerntheilungsprocessen nicht nur verschiedener Gewebe bei den Samenpflanzen, sondern auch viel niedriger organisirter Formen, eigen. Wenigstens habe ich sie bei Characeen beobachtet. Lässt sich nicht daraus folgern, dass diese Spaltungsweise der Chromatinsegmente den Zellkernen aller Pflanzen eigen ist? Weitere Umgestaltungen der Chromatinsegmente bei der Tochter- - kernbildung in den Pollenmutterzellen der Liliaceen sind der Be- 1) C. Rabl, Veber Zelltheilung, Morph, Jahrbücher, Bd, X, 8. 269—277, Taf, IX, Fig. 18, Taf. X, Fig. 6, 441 obachtung nur wenig zugänglich. Die sehr dieken Chromatinbogen, welche den Polen zugewandt sind, rücken so nah aneinander, dass sie zu einer fast völlig compaeten Masse verschmelzen. Selbst an feinsten Schnitten wird es schwer, die Veränderungen, welche in dieser Uhromatinanhäufung vor sich gehen, zu verfolgen. Jedoch hatte ich hier noch Gelegenheit, die Spaltung der Fäden in Linin und in die, letzterem eingelagerte, Chromatinkörperchen zu beobachten. Ohne mich auf die beschriebenen Objecte zu besckränken, wandte ich mich zum Studium der Karyokinese in Zellen anderer Gewebe, um die Frage aufzuklären, in wie weit die von mir bei der Kern- theilung in Pollenmutterzellen beobachteten Erscheinungen in anderen Fällen von Kerntheilung vorkommen. Das, was ich bei der Kern- theilung im Embryosacke von Lilium und bei ähnlichem Vorgange im protoplasmatischen Wandbeleg des Embryosackes von Fritillaria zu beobachten Gelegenheit hatte, beweist, dass diese Erscheinungen keineswegs für die Pollenmutterzellen allein charakteristisch sind. Ueber die betreffenden Beobachtungen behalte ich mir vor, bei nächster Gelegenheit ausführlich zu berichten. Was die Centrosphären und Centrosomen anbetrifft, so ist es mir nicht gelungen, sie deutlich genug zu beobachten. Es ist wohl möglich, dass die von mir gebrauchten Fixationsmittel zerstörend auf sie einwirkten, obgleich dieselben Reagentien, bei thierischen Zellen angewandt, in dieser Hinsicht entsprechende Objecte geliefert haben. Nur an einigen Präparaten gelang es mir 1—2 Körnchen zu con- statiren, welche an der, den Centrosomen entsprechenden Stelle ge- legen (Fig. 18) und vou einem hellen Saum eingefasst waren ; jedoch ähnliche Körner mit ähnlicher Einfassung fand ich auch vielfach da- neben, verschiedenartig im Plasma verstreut. Erklärung der Tafel. Die Tafeln XlI und XIII sind mittels mikrophotographischem Apparate von Zeiss mit dem apochromat. Objective 2,0 Ap. 1,30 ohne Retousche hergestellt.) Vergr. Ysoo- 8 500 . ‚ , m Fig. 1-11 Lurir daruriea Trautr. Fig. 1 und 2. Pollenmutterzellen während der Winterruhe. lockeren Knäuelstadium. Fig. 3. Pollenmutterzelle mit dem von der Filzschicht umgebenen Kerne. Die Kerne sind im 1) An dieser Stelle spreche ich den herzlichsten Dank meinem verehrten Collegen Herrn Professor Lagorio, der die Freundlichkeit hatte, einige der besten von den hier vorliegenden Aufnahmen von meinen Präparaten herzustellen. Fig. Fig. ep Polyedrischer Kern. Dreipoliger Kern. Fertige Kernspindel mit equatorialer Gruppe der Chromatinsegmente. Ein Theil der Kernspindel mit zwei Chromatinsegmenten. Auseinander- weichen der Segmenthälften. 8 und 9. Tochtersternstadium (Polargruppen der Chromatinsegmente). . 10. .ıı. 12. . 13. . 14, . 15. . 16. 17. 18. Die Tochterkerne aus zusammenfliessenden tropfenartigen Gebilden be- stehend. Ein weiteres Stadium. Die Tochterkerne erreichen sehr grosse Di- mensionen. Fig. 12—15 Lilium candidum L. Pollenmutterzellen. Die Bildung eines Knotens im Plasma. Die aus dem Knoten entspringenden Fäden spreizen sich gegen die Chromatinsegmente im Innern des Kernes, Dreipoliger Kern. Vierpoliger Kern. Ein Theil der Kernspindel mit drei Chromatinsegmenten und sechs Faser- bündeln. Fig. 16 und 17 Fritillaria Meleagris L. Ein Theil der Kernspindel mit nur einem Chromatinsegmente im Stadium des Kreuzes, Auseinanderweichen der Chromatinsegmente, Fig. 18 Lilium candidum L. Diasterstadium (Centrosomen?). Litteratur. Das Reductionsgesetz der Blüthen, das Dödoublement und die Ob- diplostemonie. Ein Beitrag zur Morphologie der Blüthen. Von Dr. Lad. J. Celakovsky. Mit 5 Tafeln (Sitzungsber. der Kgl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, Mathem. naturwiss Classe 1894), Die Morphologie der Blüthen ist bekanntlich seit lange ein Feld gewesen, auf dem heftig gestritten wurde. Auf der einen Seite steht die „vergleichende Morphologie“, gestützt auf ein reiches Material von Beobachtungen fertiger Blüthen- formen und einige allgemeine Lehrmeinungen, nach denen die Blüthenbildung sich richten soll, auf der anderen Seite die Entwickelungsgeschiehte, die fand, dass das Werden der Blüthenformen vielfach nicht in das Schema passt, das jene Theoretiker aufgestellt hatten, Letztere Richtung verzichtete vielfach auf ein „Erklären“ der Erscheinungen, und begnügte sich mit Darstellung der Beobachtungen, eben in der Veberzeugung, dass man die Thatsachen erst viel genauer kennen lerneu müsse, ehe man an die Aufstellung von Theorien und „Erklärungen“ denken könne. Hat man solche auch auf entwickelungsgeschichtlicher Basis aufzubauen begonnen, so lässt sich doch nicht verkennen, dass z. B. die Versuche, welche man gemacht hat, um durch „mechanische* Vorgänge einer causalen Erklärung so verwickelter Lebensvorgänge wie der Entwickelung organischer Formen näher zu kommen, der Hauptsache nach als gescheitert zu betrachten sind. Der Verfasser der vorliegenden Abhandlung ist einer der Hauptgegner der „Genetiker“; seine Abhandlung zeigt aber auf das Deutlichste, dass die Kenntniss der Entwiekelungsgeschichte für die Auffassung der Blüthenformen von grösster Bedeutung ist, von grösserer als er früher zugab. Dass die entwickelungsge- schichtliche Forschung theilweise zu einseitigen Anschauungen geführt hat und die beobachteten Thatsachen nieht immer richtig gedeutet wurden, kann daran nichts ändern. Celakovs ky stellt der „nackten Empirie“ die „tiefere Wissenschaft“ der „phy- logenetischen Spekulation“ gegenüber, „welche, allen wohl erforschten und exakten Thatsachen streng folgend und sie einheitlich verknüpfend, schr wohl zur Erkennt- niss der Wahrheit zu gelangen vermag*. Es ist nun von Interesse zu sehen, wie der Verf. versucht, den alten Fragen eine neue Beleuchtung zutheil werden zu lassen, wobei er sich seinen alten Gegnern viel mehr nähert, als früher. Er be- ginnt mit einer Einleitung über das „Dedoublement“, ein Begriff, mit dem die „nicht sensualistischen“ Morphologen so viel Missbrauch getrieben haben. Zur Aufklärung desselben soll nichts besser geeignet sein, als „das Studium der ab- 444 normalen Verdoppelungen der Laubblätter“. Solche treten nicht selten beim Ueber- gange von einer Blattstellung in eine andere auf, z. B. von einem zwei- zu einem dreizähligen Quirl. Verf. meint nun, bei diesen Doppelblättern liege weder eine Spaltung noch eine paarweise Verwachsung vor, sondern ein Zusammenwirken zweier organbildenden Tendenzen, „deren eine den ninderzähligen Quirl, die andere den mehrzähligen an gleicher Stelle produeiren würde. Beide zusanımenwirkend geben eine Resultirende, welche statt zweier Blätter und zugleich statt eines ein- fachen Blattes ein diehotem getheiltes Blatt oder Doppelblatt zu Stande bringt#. Das soll nun eine Erklärung sein! Der „sensualistische Genetiker“ wird sich sagen, dass mit diesem Ausdrucke lediglich nichts gewonnen ist als ein anderer Namen für die thatsächlich beobachtete Erscheinung. Celakovsky aber macht seine Be- zeichnung zur Basis einer „Erklärung“ des Dedoublements in den Blüthen. „Wenn z. B. die eine Tendenz auf einen vierzähligen, die andere auf einen zweizähligen Quirl abzielt, so werden zwar vier Blumenblätter gebildet, aber nicht mit gleichen Divergenzen, sondern paarweise nahe zusammengerückt“ ete, Es frage sich weiter, ob der mebrgliederige oder der minderzählige Quirl der ältere sei, ob eine „Re- duetion“ oder eine „Augmentation“ stattgefunden habe, also ein „negatives“ oder ein „positives“ Dedoublement eingetreten sei (die alte, namentlich auch in der idealistischen Philosophie übliche Gewohnheit, Begriffsconstructionen hinter Fremd- wörter zu verstecken, tritt auch hier wieder auf, es hat dann viel mehr den An- schein, als ob man etwas Tiefgründiges gesagt habe). Wenn der Verf. nun weiter fortführt, man habe das Dedoublement in den Blüthen (wohin auch in weiterem Sinne die verzweigten Staubblätter gehören) immer als ein positives genommen, so ist das nicht richtig. Referent hat gegen die Annahme verzweigter Staubblätter früher schon Bedenken geltend gemacht.) Es wurde dort hervorgehoben, dass die „Primordien“, die man als Anlagen verzweigter Staubblätter bei Loaseen und Hyperieincen betrachtet, keine Blatt- anlagen zu sein brauchen, sondern nur gesondert hervortretende Theile des Blüthen- bodens, und dass derartige Blüthenformen sich ableiten lassen aus einem gleichmässig polyandrischen Andröceum durch Verkümme- rung,d.h. also durch Reduction der Zahl, wenn man einen anderen Ausdruck wählen will. Später hat Nägeli auf die Reductionsvorgänge in den Blüthen besonders hingewiesen, ihn eitirt auch Öelakovsky, der diese Gedanken im Einzelnen aus- führt, beiläufig. Er gibt also jetzt zu, dass hei Cistineen, Capparideen etc. keine zusammengesetzten Staubblätter vorhanden seien, er fasst die Primordien auf als „Partieen der Blüthenachse, auf denen die Bildung der Striemen localisirt wurde*, d. h. er schliesst sich dem vom Ref. vor Jahren Gesagten an und fügt die An- nahme hinzu, die basipetale Entwiekelung der Staubblätter sei eine Reduections- erscheinung, es habe sich die Tendenz eingestellt, statt der zahlreichen Kreise einen einzigen zu bilden. Daraus wird dann — conform mit den Angaben der „(renetiker“* nur mit Zugabe phylogenetischer Annahmen -— auch die Obdiploste- monie abgeleitet, für deren Erklärung die „Morphologen“ früher so künstliche, mit den Thatsachen der Entwickelung in Widerspruch stehende Annahmen gemacht haben. Der Gedanke, von dem Öelakorsky ausgeht, ist nach dem Obigen kein neuer, es fragt sich nur, wie weit man die Annahme einer Reduction der Staub- blattzahlen ausdehnen darf, denn einer der Hauptfehler bei der Betrachtung or- 1) Ueber die Anordnung der Staubblätter in einigen Blüthen, Bot. Zeit. 1881. 445 ganischer Formen ist es, alles tiber einen Kamm scheeren zu wollen. Zudem muss auch bei der „Erklärung“ der Blüthenformen heutzutage die Biologie derselben berücksichtigt werden. Die Verschiedenheit in der Ausbildung der Blüthenformen steht in engster Beziehung zu ihren Lebensverhältnissen, die vielleicht vielfach eine Aenderung bedingt haben, die schon auf die erste Anlage zurückgehen kann. Indem nun Celakovsky von der Reduetionstheorie ausgeht, verlässt er einen der Hauptsätze der alten Blüthenmorphologie, die Annahme bestimmter „Cyklen®, die erst als etwas secundär Gewordenes erscheinen, da die acyklische Blüthe als die älteste aufgefasst wird. Das Dedoublement aber soll dann fast überall (z. B, auch bei den Cruciferen, Fumariaceen u. a.) ein Zusammenrücken, nicht eine Spal- tung sein, das „positive Dedoublement“ komme fast nur in Abnormitäten vor (auf die der Verf. doch sonst so viel Werth legt!). Dabei erscheint es als Ineonsequenz, wenn auf das Alterniren noch so viel Gewicht gelegt wird, denn es ist klar, dass ein Alterniren der letzten basipetal angelegten Staubblätter eines pleiomeren Andröceums mit den Kronenblättern nur unter besonderen Verhältnissen eintreten kann, und die Resedaceen zeigen, wie schon vor Jahren nachgewiesen, besonders deutlich, dass das „Gesetz“ der Alternation nur bei bestimmten regelmässigen Gestaltungsverhältnissen des Blüthenbodens und der Organanlagen Gültigkeit hat, mithin überhaupt kejn allgemeines Gesetz ist. Dass Fälle vorkommen, auf die das von Celakovsky als „Reductionsgesetz“ bezeichnete Verhalten passt, ist auch schon früher hervorgehoben worden, Er sagt, „wenn in einem bestimmten mehr- zähligen Kreis negatives Dedoublement, d. h. Vereinigung zweier Glieder statt- findet, so muss im vorhergehenden und nachfolgenden alternirenden Kreise Abort oder Ablast des zwischenliegenden Gliedes eintreten, eventuell auch Verschiebung der übrigen Glieder“, Man vergleiche damit das über die Entwickelung der Labiatenblüthe vom Ref. Gesagte.!) „Die zwei Blumenblattanlagen, welche die Oberlippe Hefern (resp. deren Ende einnehmen), wachsen nämlich hier sehr früh schon so vereint, als ob sie ein einziges Blatt wären — dem entspricht — auch die Stellung der Staubblattanlagen. Es treten deren hier nur vier auf. Diese sind aber — nicht so gestellt, dass für die zwischen den beiden die Oberlippe bildenden Blumenblattanlagen (verkümmerte)?) ein leerer Platz übrig bliebe, sondern sie stehen in einem vierzähligen Wirtel mit annähernd gleichen Abständen. Die beiden früh ge- meinsam wachsenden Petalaanlagen werden hier, wenn der Aus- druck erlaubt ist, für ein Blatt gerechnet“ etc. Es kann hier auf die Durchführung des „Reduetionsgesetzes* für die ein- zelnen Familien nicht eingegangen werden. In manchen Fällen erscheinen, wie auch die oben angeführten Beispiele zeigen, die Ausführungen des Verf. plausibel, in anderen, wie z. B. bei den Rosifloren, sehr wenig befriedigend. Aber abge- sehen von Finzelfragen ist die ganze Abhandlung dadurch von allgemeinerem Interesse, dass sie zeigt, dass auch die alte Schule der Morphologie fühlt, dass Eichler’s verdienstvollen Blüthendiagramnıen nieht mehr auszukommen ist. K. (Goebel. mit den Anschauungen, wie sie in zuletzt einen umfassenden Ausdruck gefunden haben, 1) Vergl. Entwickelungsgeschichte p. 391. 2) Dies Wort ist a. a. O. ausgefallen. Eingegangene Litteratur. Ambronn, H. u. M. Le Blanc, Einige Beiträge zur Kenntniss der isomorphen Mischkrystalle. 8.-A. aus d. Ber. der math.-plhıys. Classe der Kgl. Süchs. Ge- sellsch. der Wissenschaften zu Leipzig. Juli 1894. Anderlind, L., Ueber die Einwirkung des Salzgehaltes der Luft auf den Baum- wuchs. $8.-A. aus Mündener forstl. Hefte. Baumann, A., Die Moore u. die Moorkultur in Bayern. 8.-A. aus der forstl.- naturw. Zeitschrift 1894. — — Die Moore u. die Moorkultar in Bayern. 1. Fortsetzung. S.-A. aus der forstl -naturw. Zeitschrift 1894. Bay, J. Ch., On the study of yeasts, with descriptions of the Hansen culture box and of a new infection needle for tlie study of lower organisms. Part. I. IL Reprinted from the American Monthly Mieroscopieae Journal for January, 1894. -— — Vegetable ferments. 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Tashiro: Plants of Yaeyama an adjacent islands. — A. Yasuda: Aspidistra elatior, Blume. — T. Mori: Plants of Mt. Ena and adjacent mountains, — — Nr, 85, Contents; Saida, K.: Japanese species of Pinus. — Shirai, M.: Chionanthus chinensis, Maxim. — Matsumura, J.: Notes on flowers, — Shirai, M.: Plants collected in Kyüshü. — Sawada, K. Plants employed in medicine in the Japanese Pharmacopaeia. — Tashiro, Y.: Plants of Yaeyama and adjacent islands. — Yasuda, A,: Botanical excursions to Eno- shima and Hakone — Hino, G.: Plants from Shinshö in Toyama prefecture. 447 Botanical Magazine. Nr. 86. Matsuda, 8.:On Sagittaria. — Matsumura, J.: Notes on flowers.— Ichimura, T.and A. 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