FLORA - ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 81. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit VII Tafeln und 125 Textfiguren. MARBURG. N. 6. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1895. Inhaltsverzeichniss. I. Abhandlungen. DIETEL, P., Ueber Rostpilze mit wiederholter Aecidienbildung . GIESENHAGEN, Dr. K., Die Entwickelungsreihen der parasitischen Exoasceen GOEBEL, K., Ein Beitrag zur r Morphologie "der Gräser — Zur Geschichte unserer Kenntniss der Correlationserscheinungen. I. JACK, Jos. B., Beiträge zur Kenntniss der Pellia-Arten . KRAUS, Gregor, Wasserhaltige Kelche bei Parmentiera cereifera Seem, MÜLLER, Fritz, Zum Diagramm der Zingiberaceenblüthe . NOLL, F., Ueber die Mechanik der Krümmungsbewegungen bei Pflanzen . B . RACIBORSKI, M., Die Desmidieenflora des. Tapacoomasces . — Die Schutzrorrichtungen der Blüthenknospen SACHS, Julius, Physiologische Notizen. IX. Weitere Betrachtungen über Energiden und Zellen . . . . . . SCHOSTAKOWITSCH, W., Ueber die Bedingungen der Conidien- bildung bei Russthaupilzen STIZENBERGER, Ernst. Die Grübehenflechten (Stictei) und ihre geographische Verbreitung ZACHARIAS, E., Ueber das Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zellen B U. Abbildungen. A. Tafeln. Tafel I zu Jack, Pellia-Arten. Tafel II zu Goebel, Morphologie der Gräser. Tafel III u. IV zu Raciborski, Desmidieenflora des Tapacoomasees. Seite 394— 404 267— 361 17—29 195—215 1—16 435-— 438 439 36-87 30— 35 151—194 405—434 362—393 85— 150 217-266 Tafel V, VI, VII zu Zacharias, Ueber das Verhalten des Zellkerns in wachsen- den Zellen. B. Textfiguren. 7ı Fig. zu Giesenhagen, Die Entwickelungsreihen der parasitischen Exo- asceen. 11 Fig. zu Goebel. Morphologie der Gräser. 2 Fig. zu Müller, Zum Diagramm der Zingiberaceenblüthe. 3 Fir. zu Noll, Ueber die Mechanik der Krümmungsbewegungen. 80 Fig. zu Raciborski, Die Schutzvorrichtungen der Blüthenknospen. 8 Fir, zu Schostakowitsch, Ueber die Bedingungen der Conidienbildung bei Russthaupilzen, IV III. Litteratur. LOEW, Dr. E., Einführung in die Blüthenbiologie auf historischer Grundlage $. 216. LUDWIG, Prof. Dr. Friedrich, Lehrbuch der ‘Biologie der Pflanzen 8. 216. MOELLER, A., Protobasidiomyceten. Untersuchungen aus Brasilien 8. 439. Heft I (8. 1-—216) erschien am 16. August, Heft II (8. 217-440) am 31. Oktober. Dar nn nn ee Ten ng rn nn ALLGEMEINE BOTANISC FLORA 1. ZEITUNG. RN FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL, BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. Inhalt, . 81. BAND. , ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, Heft I mit 4 Tafeln und 44 Textfiguren. Erschienen am 16. August 1895. JOS. B. JACK, Beiträge zur Kenntniss der Pellia-Arten . Seite 1-16 K. GOEBEL, Ein Beitrag zur Morphologie der Gräser . . . . . „ 17—29 M, RACIBORSKI, Die Desmidieenflora des Tapacoomasees . . . ” 30-33 F. NOLL, Ueber die Mechanik der Krümmungsbewegungen bei Pflanzen . „ 36-87 Dr. ERNST STIZENBERGER, Die Grübchenflechten (Stictei) und ihre geo- graphische Verbreitung . . B . Fi 88--150 M. RAUIBORSKI, Die Schutzv. orrichtungen der Blüthenknospen B . . n„ . 151-19 K. GOEBEL, Zur Geschichte unserer Kenntniss der Correlationserschei- nungen. IL n„ 195-215 EITTERATUR: Dr. E. LOEW, Einführung i in die Blüthenhiologie auf histo- rischer Grundlage. Prof. Dr, FRIEDRICH LUDWIG, Lehrbuch der Bio- . rn „216 logie der Pflanzen MARBURG. N. 6. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1895. Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Litteraturbesprechungen 30 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Sy Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 ” „20 ” ” » r 2.50 r ” rn „ ” —.60 n 30 » ” ” ” 380 „ ” ” ” ” #0 ” EN » ” ” » 5.—n ” ” ” ” 1.20 „ 50 „ „ ” „650 „ n n „ „ 150 ” 60 » ” ” » 8.— n r rn ” 2.— „m, » „ I Ye „ nn 250 r 30 ” r ” „ 1050 „ ” ” ” n 3 ” ” ” ” ” » 12: n r r ” 4.— „ 100 ” r » „ 18.— ” ” n „97 ” Dissertationen, Abhandlungen systematischen Inhalts, sowie solche von welchen über 100 Sonderabdrücke hergestellt werden, werden nicht honoriert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert; die Kosten für Abbildungen hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen; ebenso bei fremdsprachigen Manuskripten die Kosten der Übersetzung. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 18 Mark, Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen, nach Bedürfnifs schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungs- bände an, welche besonders bereehnet werden. Manuskripte und Litteratur für die „Flora® sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Nymphenburgerstr. 50/m zu senden, Korrekturen an die Druckerei von Valentin Höfling, München, Kapellenstrafse 3. Alle geschäftlichen Anfragen etc. sind zu richten an die unterzeichnete Verlags- handlung. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Beiträge zur Kenntniss der Pellia-Arten. Von los. B. Jack. Hierzu Tafel I. Pellia ist eine unserer häufigsten thallosen Jungermannien, Der Gattungsname Pellia wurde von Raddi im Jahre 1817 für die Linnd’sche Jungermannia epiphylla, die einzige damals bekannte Art, aufgestellt und Pellia damit von dem Genus Jungermannia ab- getrennt. Der Name Pellia epiphylla umfasste aber damals noch beide jetzt bekannten Arten: Pellia epiphylla und P. calycina. Erst als Taylor die Jungermannia (Pellia) ealyeina von Jung. (Pellia) epi- phylla abgetrennt hatte, lernte die erstere auch Nees von Esen- beek kennen und führte sie in seiner „Naturgeschichte der Europ. Lebermoose“ Bd. III p. 386°) dort als eigne, wenngleich noch fragliche Art auf. Die Beschreibung seiner Pellia epiphylla lässt er- kennen, dass er hiebei theilweise auch die P. calyeina vor Augen hatte. Die Form des Laubes der Pellia- Arten lässt eine absolut sichere Unterscheidung beider Arten nicht zu; deren Charakteristiken weichen bei den verschiedenen Schriftstellern derart von einander ab, dass eine richtige Deutung sehr schwer wird. Die Form der Frucht- hülle und die relative Länge der Haube musste nun den neueren Schriftstellern als Hauptunterscheidungsmerkmal beider Arten dienen, wobei übrigens manche Angaben so unbestimmte und vage sind, dass sie sich oft theilweise auf Pellia epiphylla, theilweise aber auch auf P. calyeina beziehen lassen. Auch die Bilder, welche neueren Schriften beigegeben wurden, sind meist ganz unrichtig und lassen häufig kaum erkennen, ob sie der einen oder andern unserer Arten entnommen wurden. . Dr. Gottsche hat nun im Jahre 1867 gelegentlich der Besprechung einer dänischen Schrift über Lebermoose sich der Prüfung der ver- schiedenen Angaben der Schriftsteller über Pellia unterzogen und uns sein Urtheil mit gewohnter Gründlichkeit in einer höchst ausführlichen Abhandlung in „Hedwigia“ 1867 No.4p. 49—59 und No. 5 p. 65— 75 1) Naturgeschichte der Europäischen Lebermoose mit besonderer Beziehung auf Schlesien und die Oertlichkeiten des Riesengebirgs von Dr. Chr. G. Neesvon Esenbeck Bd. I-IY, Breslau 1833— 1838. Flora 1895. Ergänz,-Bd, 81. Bd. 1 2 gegeben.!) Bei Untersuchung der beiden Pellia-Arten nahm Gottsche die Form der Blüthen- resp. Fruchthülle des Laubes, sowie das Ver- hältniss der Länge der Haube als Ausgangspunkt und sagt darüber bezüglich Pellia epiphylla, dass sie zur Blüthezeit nur eine flache, an beiden Seiten mit dem unterliegenden Laube verwachsene Involueral- schuppe, gleichsam eine Tasche bilde, aus deren Grunde sich später bei der Fruchtreife die Haube emporhebe. Bei Pellia calyeina dagegen sei die Blüthenhülle kelchartig, aufrecht röhrenförmig, ringsum ge- schlossen und die Haube meist eingeschlossen, nämlich nicht über die Hülle hervorragend. Die Prüfung der Angaben der verschiedenen Schriftsteller führten Gottsche zu der Ueberzeugung, dass sich dieselben meist nicht mehr auf Pellia epiphylla, sondern mehr oder weniger auf P, eulyeina beziehen. Selbst da, wo jenen Beschreibungen Zeichnungen beigegeben seien, sollen diese letztern fast immer auf Pellia ealyeina weisen. Gottsche gibt nun in seiner Schrift noch das Resultat seiner Untersuchungen von einer grossen Menge getrockneter Pellia-Arten aus Deutschland, Oesterreich, England, Irland, der Schweiz, Frankreich, Savoyen, Jütland, Dänemark, sogar von solchen aus den Canarischen Inseln, die er theils bei P. epiphylia, theils bei P. calyeina unterbringt. Bei diesen Untersuchungen fand Gottsche an Pflanzen, welche von mir beim Mummelsee (Baden) gesammelt wurden, ferner an solchen aus Schlesien, eine durch die Form der Blüthenhülle von den beiden geschilderten Arten abweichende Bildung, die ihn dahin führt, die betref- fende Pellia als Zwischenform der beiden bekannten Arten anzusehen. Bei derselben weicht die Form der Hülle von der schuppen- artigen der Pellia epiphylla ab und erhebt sich auch oberhalb der aus- tretenden Hanbe und Frucht entweder ganz niedrig, wallartig, oder kurz röhrig, becherartig; diese Form stellt nun Gottsche mit der Bezeichnung Pellia Neesiana als Zwischenglied zwischen beiden be- kaunten Arten auf und macht den Vorschlag alle diese Formen unter der gemeinsamen Bezeichnung Pellia epiphylla zu vereinigen und sie in folgender Weise zu charakterisieren: A. formaDillenii — involuero squamiformi — ealyptra exserta ; B. forma Neesiana — involuero tubuloso (interdum imper- fecto), ealyptra exserta; C. forma Taylori— involuero perianthiiformi, calyptra inclusa. i) „Einige Bemerkungen zu Thom. Jensen, Conspectus Hepaticarum Daniae eller Beskrivelse af de Dauske Halvmosser (aus der „Botanisk Tidsskrift“ Bd, I, Kjöbenhavn 1866, p. 55—166). Von Dr. Gottsche, 3 Limprieht stimmt diesem Vorschlage in seinem vortrefflichen und gründlichen Werke über die Lebermoose von Schlesien!) p. 328 nicht bei und führt diese Formen Gottsche’s als besondere Arten: P. epiphylla, Neesiana und calyeina auf. Dr. Gottsche hat bei seinen Untersuchungen an Pellia die Elateren der Früchte nicht in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen; wenn nun derselbe p. 50 seiner „Bemerkungen“ sagt, dass diese „nur eine Probe geben wollen, wie auch die bekanntesten Pflanzen der heimischen Lebermoosflora noch Stoff genug zur Untersuchung dar- bieten und also durch Nees vortreffliche „Naturgeschichte der Euro- päischen Lebermoose“ keineswegs alle Fragen erledigt“ sind, so kann ich in Folgendem diesen Ausspruch nur bestätigen. Ist man geneigt als Charakteristieum unserer Pellia-Arten zunächst die Blüthenhülle mit der Haube auf dem Rücken des Laubes als wiehtigsten Punkt ins Auge zu fassen, so wird man, wo «diese Organe einmal vorhanden sind, in den meisten Fällen wohl auch noch die Früchte auffinden und diese sind es nun, welche die besten und untrüglichsten Kennzeichen zur sichern Unter- scheidung der Arten Pellia epiphylla und P. ealyeina gewähren und darthun, auf welche Seite P. Neesiana zu treten habe. Es sind nämlich die in den meisten Schriften über Pellia ge- nannten Blateren, welche vortreffliche Anhaltspunkte zum Studium unserer Pflanzen abgeben, Was mit dem Namen „Elateren“ (Schleudern) aber gewöhnlich bezeichnet wird, sind meistens Elaterenträger, wie ich bereits in der „Botanischen Zeitung“ im Jahre 1877 bei Beurtheilung des Buches von Du Mortier „Heputicae Europae* ?} nachgewiesen habe. Elaterenträger fand ich auch, wie daselbst erwähnt ist, an den Klappenspitzen der Früchte von Metzgeria und Aneura?), Limpricht hat in dem Nachtrage zu den Lebermoosen in der Kryptogamen-Flora von Schlesien a. a, O. p. 440 meine damaligen 1} Kryptogamen-Flora von Schlesien. Im Namen der Schiesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur herausgegeben von Prof, Dr. Ferd. Cohn. Breslau 1877. 2) Hepaticae Europae. Jungermannideae Europae post semisaeculum recen- sitae, adjunetis Hepaticis, auctore B. . Du Mortier. Bruxelles 1874, 3) Pür jenen Aufsatz war mir leider nicht gestattet ausser Zeichnungen von Frullania und Lejeunea noch weitere Bilder beizufügen, welche für die Schilderung der genannten Angaben über die Pellia-Früchte von Werth gewesen wären. Auch wurde mir die Correcetur der Druckbogen vorenthalten und eine von mir ein- gereichte Berichtigung der vielen Druckfehler nicht zur Veröffentlichung gebracht. 4 Mittheilungen hervorgehoben, ohne dass aber in späteren Arbeiten an- derer Schriftsteller, soweit mir solche zugänglich wurden, auf die geschilderten Verhältnisse Rücksicht genommen worden wäre. Nur Sydow folgt in seiner Schrift über Lebermoose!) p. 69 den Aus- führungen Limpricht’s. Die Fruchtkapseln der Pellia-Arten schlagen bei der Reife ihre Klappen ähnlich den andern Jungermannien ganz zurück, so dass der Inhalt der Frucht leicht siehtbar wird. Beim Benetzen richten sich die Klappen wieder auf und schliessen sich oben zusammen. Es ist desshalb nöthig, wenn nicht eine noch geschlossene Kapsel, an welcher man durch dünne Längsschnitte den Inhalt blosslegen kann, zu Gebote steht, die offene Frucht auf dem Objectglas trocken unter ein Deckglas zu bringen und dann erst mit Wasser zu benetzen, um die Elaterenträger, welehe dem Grunde der Kapsel dauernd aufsitzen, beobachten zu können. In diesem Zustande sind dann gewöhnlich die eigentlichen Elateren, sowie die Sporen je nach dem Stadium ihrer Reife entweder theilweise oder ganz ausgestreut. Pellia epiphylia Dillen. 20 bis 30 bräunliche Schläuche, welche fast alle an ihrem Grunde gewöhnlich zu einer ganz kurzen oder auch bis zu O,lmm hohen eompacten Säule vereinigt sind, bilden die mit dem Boden der Kapsel verwachsenen Träger der freien Elateren. Diese Schläuche sind unter sich sehr verschieden, einzelne ganz dünn, die meisten aber bis 0,025 mm diek, am obern Ende conisch, stumpf und enthalten je eine einfache oder zweitheilige, gewöhnlich aber drei- bis viertheilige braune Spiralfaser, durch welche der sonst farblose Schlauch seine Färbung erhält. Zuweilen sieht man auch solche Träger, deren Spiral- fasern fünf- bis sechstheilig sind; sehr selten findet man auch einen kurzen stumpfen Schlauch am Grunde der Säule, weleher nur Ring- fasern zeigt. An ihrem obern freien Ende sind diese Elaterenträger mehr oder weniger hakenförmig gekrümmt, wodurch es denselben möglich wird, die eigentlichen Elateren (mit den Sporen) kürzere oder längere Zeit zurückzuhalten, auch ohne mit denselben verwachsen zu sein, d. h. nach bereits vollzogener Loslösung von den Trägern. Diese losen Elateren sind bis 0,5 mm lang, sehr dünn, stark ver- bogen, in Folge dessen unter sich verschlungen und bilden eine Art 1) Die Lebermoose Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz. Bearbeitet von P. Sydow. Berlin 1882, 5 Wolke um und über dem Träger, welche sich oft schwer mit der Nadel von diesem ganz trennen lässt; sie enthalten eine weitläufig und schlaff gewundene zweitheilige (selten in etwas diekern Schläuchen auch dreitheilige) Spiralfaser. Einmal konnte ich in einer Kapsel 5000 Elateren neben 4500 Sporen zählen. Ausser diesen eigenthümlichen Elaterenträgern (die übrigens in gleicher Form auch bei Pellia Neesiana vorhanden sind), durch welche wir die Pellia epiphylla von Pellia calyeina stets sicher und leicht unterscheiden können, bieten auch die Kapselklappen, wie uns Limpricht (a. a. O.) belehrt, noch ein treffliches Merkmal; die lang- gestreckten Zellen der innern Schicht dieser Klappen enthalten zahl- reiche Halbringfasern, welche man leicht sehen kann und welche den Kapselklappen der Pellia calyeina fehlen. .Pellia epiphylla ist ausserdem monöcisch, während P. Neesiana und P. calycina diöeisch sind. Unterhalb der schuppenförmigen Blüthenhülle auf der obern Seite des Laubes sitzen auf der Mitte derselben die männlichen Blüthen- organe, undeutlich zweireihig, in Gestalt kleiner warzenförmig erhöhter Punkte, welche gewöhnlich je eine Anthere enthalten. Diese Wärzchen (5 bis 20), am getrockneten Laube kaum sichtbar, treten nach dem Benetzen desselben deutlich hervor. Das Laub der Pellia epiphylla ist derber als jenes der P. calyeina; die getrocknete Pflanze, auch wenn solche nachträglich längere Zeit in Wasser gelegen hatte, bleibt beim lHerausnehmeh aus demselben starr und fällt nicht zusammen, wie dies bei P. ealyeina gewöhnlich der Fall ist. Pellia epiphylia ist eine Kieselpflanze und, wie mir scheint, weniger verbreitet als die beiden andern Arten. Pellia Neesiana Gottsche. Bei Pellia Neesiana gleicht der. Kapselinhalt jenem der P. epiphylla; Elaterenträger und Sporen bieten kein greifbares Merkmal zur Unterscheidung beider. Aber die Form der Fruchthülle beschränkt sich nicht auf eine blosse Schuppe, sondern erhebt sich auch oberhalb der sonst wie bei P. epiphylla weit hervortretenden Haube bald mehr bald weniger zu einer kurzen Röhre. Die langgestreckten innern Zellen der Kapselwand enthalten gleich jenen der P. epiphylla zahlreiche Halbringfasern. Dagegen ist P. Neesiana zweihäusig; die zahlreichen Antheridienwärzchen findet man auf besondern Pflänzchen. In der Nähe von Salem konnte ich auf einem feuchten, schattigen Waldwege Lellia Neesiana während vieler Jahre (1865 bis 1873, 6 später kam ich nicht mehr dahin) an einer und derselben Stelle beobachten. Die männlichen Pflanzen nahmen ein etwa zwei Quadratmeter grosses Stück des Weges in Anspruch und ungefähr zehn Schritte davon ent- fernt fructificirte die weibliche Pflanze in ähnlich grosser Ausbreitung; bei letzteren konnte ich nie Antheridienwarzen auf dem fructificirenden Laube sehen. Pellia Neesiana lebt sowohl auf kalfreiem, als auch auf kalk- haltendem Boden und ist wohl mehr verbreitet als P. epiphylla, mit welcher sie gewöhnlich verwechselt wird. Ich erhielt P. Neesiana von verschiedenen Standorten aus Steiermark durch J. Breidler, aus der Umgebung von Wien durch M. Heeg; kürzlich sandte sie mir Professor Kieffer aus Bitsch in Lothringen, reichlich fruchtend, theils in gemischten, theils in rein d‘ Rasen; im Rhaetikon soll sie, wie mir K. Loitlesberger mittheilt, in grossen rein cd’ und © Rasen, bäufig und ebenso reichlich fruchtend als P. epiphylla vorkommen. Vergleiche noch dessen Schrift: „Vorarlbergische Lebermovose“.') Nach Dr. von Klinggraeff?), kommt P. Neesiana auch in Westpreussen bei Elbing und Penklau vor, Pellia calycina (Tayl.) Nees. Wohl bei allen Abbildungen von Pellia, welche offene Früchte mit sog. Elateren darstellen, sind es die so leicht, auch an der trocknen Pflanze sichtbaren Elaterenträger, welche immer "wieder als Elateren der Pellia epiphylla bezeichnet werden. Auf dem Grunde der Kapsel sieht man öfters bis zu 100 solcher blassgelblicher Elaterenträger in der Form langer Fäden; dieselben sind unter sich nicht verwachsen, aber dauernd dem Boden der Kapsel aufgesetzt. Es sind zarte, dünne Schläuche, deren Membran aber ohne Anwendung eines Färbemittels schwer zu sehen ist; sie sind 0,60 bis 0,80 mm lang, fast gleichförmig kaun 0,005 mm dick und umschliessen eine zweitheilige Spiralfaser, welche oft sehr unregel- mässig und schlaff gewunden ist; in einzelnen, etwas dickeren Schläuchen kommen auch dreitheilige Spiralfasern vor. Die eigentlichen Elateren fallen mit den Sporen beim Platzen der reifen Frucht leicht und rasch aus; sie gleichen den Elateren 1) Vorarlbergische Lebermoose von K. Loitlesberger. (Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 1894.) 2) Die Laub- und Lebermoose West- und Ostpreussens von Dr. Hugo von Klinggraeft. Danzig 1893. 7 anderer Lebermoose, sind nur wenig verbogen, etwa 0,15 bis 0,2mm lang, in ihrer Mitte kaum 0,01 bis 0,012 mm dick, an beiden Enden conisch und enthalten eine drei- bis viertheilige Spiralfaser, Den gestreckten Zellen der innern Kapselschichte mangeln die Halbringfasern, die wir von den beiden andern Arten kennen. — Vellia calyeina ist diöeisch; es fehlen der fructifieirenden Pfanze unter ihrer stark becherförmigen Hülle, über welche die Haube nicht hervortritt, die warzenförmigen Antheridienauftreibungen, Pellia calycina ist Kalkpflanze und ohne Zweifel die häufigste der drei Arten; sie ändert je nach dem Standorte ungemein ab, wobei sie meist steril bleibt und dann, wie von Nees geschah, fast immer bei Pellia epiphylla aufgeführt wird. Nehmen wir vorstehende Charakteristik unserer drei Pellia-Arten sammt den hier gegebenen Zeichnungen als Ausgangspunkt zur Be- urtheilung der Angaben früherer Schriftsteller, so erhalten wir fol- gendes Resultat: Raddi, welcher in seiner „Jungermanniografia etrusca*!) 1820 die Jungermannia epiphylla mit dem Gattungsname Pellia von Junger- mannia trennte, gibt als Diagnose seiner Gattung: „Calyce e pagina superiore frondis prodeunte, limbo aliquantulum discisso“, ferner: „Semina plurima minutissima per tenuissima filamenta elastica basi vel centro capsulae adhaerentia*. Raddi nennt seine Pilanze Pellia Fabbroniana.?) Auf Tab. VII seiner Abhandlung sehen wir in Fig. 5 eine Fruchthülle abgebildet, welehe, wie schon Gottsche auf p. 58 seiner „Bemer- kungen“ ausspricht, der Pellia ealyeina angehört. Unter den „tenuissima filamenta elastica“ können wohl nur die Rlaterenträger der letztern verstanden werden. Durch die Freundlichkeit von Herrn Professor Dr. Arcangeli in Pisa wurde mir die Durchsicht der von Raddi hinterlassenen, in Pisa befindlichen Pellia-Sammlung ermöglicht, wobei sich herausstellte, dass sämmtliche, von Raddi dort noch mit „Pellia epiphylla* bezeich- neten Pflanzen der Pellia calycina angehören. Ein besseres Bild als Raddiund die meisten der späteren Auctoren uns gaben, bringt Schmidel in seiner „Dissertatio de Jungermanniae 1} Jungermanniografia etrusca del. Sig. Giuseppe Raddi Fiorentino. Memorie di Matematica e di Fisica della Societa italiana delle scienze residente in Modena. Tome XVII p. 14-56. Separatabdruck: Presso HenryundUohen. Bunna 1841, 2) In der Synops. Hepatie. irrthümlich „Fabroniaua*, 8 charactere“ vom Jahre 1760!) auf Tafel III Fig. 1 von Jungermannia (Pellia) epiphylla, weiches keinen Zweifel darüber zulässt, dass er die wirkliche Pellia epiphylla vor Augen hatte. Schmidel bringt ein monöeisches Laubstück mit weit über die schuppenförmige Fruchthülle hervortretenden Haube und zahlreichen, wenn auch nicht ganz richtig dargestellten Antheridienwarzen, ausserdem auf Fig. 7 einen Laub- durchschnitt mit blossgelegten Antheridien. Leider fehlt ein Bild des Kapselinhaltes. In Hübener’s „Hepaticologia germanica* 1834?) lesen wir in der Diagnose seines Gymnomitrion (Pellia) epiphyllon p. 42: „calyptra exserta oblonga membranacea colorata perichaetio carnoso-celluloso cyathiformi eincta* und p. 43: „Die Früchte, die in ein becherförmiges, die Laubsubstanz theilendes, unregelmässig gezähntes Perichaetium eingeschlossen, welches oft die halbe Haubenlänge erreicht,“ — „Die Kapsel... in ihrem Mittelpunkte stehen die Schleuderer in einem gedrängten Bündel, aus gelblichen Fäden bestehend, davon jeder eine lange, gescheidete Spirale bildet.* Hübener nennt die Fruchthülle becherförmig (= P. calycina), die Haube lang hervortretend (— P. epiphylla), die Schleudern in einem gedrängten Bündel (= Elateren- träger von P, calyeina). Corda beschreibt in „Deutschlands Jungermannien“®) 1830 nur Pellia epiphylla, von welcher er u. a. p. 59 in der Diagnose hervorhebt: „Calyptra basi stipula cyathiformi eincta. Elateres lon- gissimi, tortuosi, duplicati, vaginati*. Ausserdem schreibt er p. 60: „Auf dem Laube entsteht ein kelchförmiges Afterblatt, das niedrig und gezähnt ist. Die Mütze ist ein bis drei Mal länger als das After- blatt. In der Mitte der Kapsel sind die Schleuderer als ein Bündel befestigt... . Sie sind lange, doppelte Spirale.“ Auf Tafel XVI Fig. 1 schen wir ein Laubstück mit Fruchthülle und Haube von Pellia epiphylla, eine offene Fruchtkapsel mit Elaterenträger von P. calyeina, nebenan ein gabeliges Laubstück mit Antheridien, ohne weibliche Blüthe, welches der P. calyeina entnommen ist. Die Figuren 2 und 8 geben die Fruchthülle von P. calyeina mit der Haube von P. epiphylia 1) D. Casimiri Christoph Schmidelii Dissertatio de Jungermanniae Charactere. Erlangae 1760. j 2) Hepaticologia germanica oder Beschreibung der deutschen Lebermoose, Be- arbeitet von Dr. J. W. P. Hübener. Mannheim 1834. 3) Deutschlands Jungermannien bearbeitet von A. J. €, Corda. In Deutsch- lands Flora in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen herausgegeben von Jakob Sturm. ll, Abth., 26.—27. Heft. ) in vergrösserter Zeichnung; Fig. 4 bringt die Elaterenträger von P. calyeina und in Fig. 6 sehen wir zwei wirkliche Schleudern von P. epiphylla. Auf Seite 141 beschreibt Corda seine Pellia epiphylla var. aeru- ginosa, wobei er sagt, dass die Schleudern kürzer und zarter gebaut seien; das Bild, welches er hiezu auf Taf. 39 gibt, zeigt in Fig. 2 eine schr weit emporgehobene Haube, die Fruchthülle erinnert an P. Neesiana. Die einzige in Fig. 4 abgebildete Elatere gehört un- zweifelhaft der P. epiphylla an. . Dumortier führt in „Sylloge Jungermannidearum Europae* 1831) p. 87 Peilia unter dem Gattungsnamen „Scopulina® auf und sagt von derselben : „Perichaetium eupuliforme, — Calyptra exserta, glabra, laevis. Elateres centrales, geminati, eireumdati“. Dumortier nennt zwei Arten: Scopulina epiphylla mit der Var. 8 Fureigera und Scopul. endiviaefolia. Auf Taf. II Fig. 24 gibt er uns ein Bild, dessen Fig. a mit der hervorgehobenen Haube der Pellia epiphylla entnommen ist; nebenan zeichnet er unter h eine kurze cylindrische Hülle, welche zu P, calyeina führt; bei f schen wir eine geöffnete Frucht deren „Elateres centrales* als die Elaterenträger von Pellia calyeina gedeutet werden müssen. Dumortier eitirt in seiner Beschreibung der Scopulina (Pellia) epiphylla- Corda’s Jungermannien in Sturm’s „Flora von Deutschland“, dessen Bilder er unzweifelhaft copirt hat. In der kleinen Schrift: „Revision des genres“?) 1835 sagt Du- mortier, der hier den Namen „Scopulina® verlassen und „Pellia® dafür adoptirt hat, p. 27, in Bezug auf die Frucht: „Calyptre exserte, glabe, lisse (= P. epiphylia). Elateres persistants, fixcs au centre du fruit“ (= Klaterenträger der P. calyeina). In dem neuesten Buche Du Mortier’s „Ilepaticae Europae“ von 1874 bringt derselbe p. 144 die gleiche Charakteristik für das Genus wie in seiner „Sylloge“, nur wie in der „Revision“ mit dem Zusatze bei Beschreibung der Elateren „persistentes“, welche Eigen- schaft den Elaterenträger der P. calyeina eigen ist. Die Figuren, welche wir in diesem Buche auf Taf. IV schen, sind die gleichen wie jene in der Sylloge. Dumortier hat in der Beschreibung der Gattung Pellia die Eigenschaften beider Arten vermengt, auch hat derselbe seine Figuren bald der einen, bald der andern Art entnommen. 1) Sylloge Jungermannidearum Europae indigenarum earum Genera et Species systematiee cowmplectens. Auctore B. C. Dumortier. Tornaci nerviorum 1831. 2) Recueil d’observations sur les Jungermanniacdes par B. ©. Dumortier. Fasceicule 1. Revision des genres, Touruay 1935. 10 In Ekart, „Synopsis Jungermanniarum‘!) 1832, lesen wir p. 63 von Jungermannia (Pellia) epiphylla: „calyeibus brevibus, campanulato- subeylindraceis‘ (= P. calyeina); ferner: „ealyptra turbinato-oblonga, albida, exserta“ (= P. epiphylla). Von den Schleudern heisst es: „elateribus in centro valvarum fasciculatim collocatis* (= Elateren- träger der Pellia calyeina). Auf Taf. VII Fig. 52 sehen wir mit I bezeichnet zwei Laubstücke abgebildet, bei welchen die Fruchthülle und die emporgehobene Haube der Pellia epiphylla anzugehören scheinen. Das Laubstück 2 mit den Antheridienwarzen ohne weibliche Blüthen- anlage ist der Pellia calyeina (möglichenfalls der P. Neesiana) ent- nommen, wie auch 3 den Schleuderträgern der P. calyeina ent- sprechen. Auf Taf. XIII Fig. 111 sehen wir Bilder, von denen I mit Antheridien der P. calycina (Neesiana), 3 links der P. epiphylla und rechts der P. calycina, die Elatere 6 sicher der P. epiphylla angehört. Gottsche nennt uns p. 58 seiner „Bemerkungen“ die Quellen, welehen Ekart Text und Bilder zu seiner P. epiphylla ent- nommen hat. Nees von Esenbecck hat schon im ersten Bande seiner „Naturgeschichte der Europ. Lebermoose“ 1833 p. 99 und 103, zu welcher Zeit nur Pellia epiphylla bekannt war, als Gattungscharakter von Pellia ein „involuerum monophyllum, eyathiforme* neben „Calyptra exserta, laevis, ore aperto, dentato“ hervorgehoben, wobei die für die Hülle bezeichnete Eigenschaft auf P. calycina, jene für die Haube auf P. epiphylla hinweist. Dies wiederholt sich mehr oder weniger in ähnlicher Weise auch in Bd. III (1838) p. 357, 359, 374, 381 und 582, nachdem inzwischen P. calycina von P. epiphylla unterschieden worden war; selbst in Bd. IV 1838, in „Uebersicht des ganzen Systems“ wird p. XXVII noch als Gattungscharakter der Pellia gesagt: Involuerum breve, tu- bulosum, dentatum. Calyptra exserta. Es ist hiebei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Nees auch Formen der Pellia Neesiana mit etwas längern Hüllen vor Augen hatte. Ebenso sind die Angaben über die Elateren theils unbestimmt, theils unrichtig. In Bd. I p. 99 und 103 wird von den Schleudern der Gattung Pellia gesagt: „Elateres praelongi, dispiri, folliculati“, womit wohl nur die Elaterenträger der Pellia calycina gemeint sein können. Die Bezeichnung der Schleudern Bd. Ill p. 357: „Elateres 1) Synopsis Jungermanniarum in Germania vieinisque terris hueusque cogni- tarum, Figuris CXVI microscopico — analytieis illustrata. Auctore Tobia Philippo Ekart. Coburgi 1832, 11 e basi capsulae orientes, intricati, praelongi, dispiri, solubiles“ lässt eher auf jene der P. epiphylla schliessen. Am gleichen Orte heisst es noch: „Die Schleudern entspringen aus dem untern Theil der Kapsel, sind sehr lang, dünn, zweifaserig mit deutlichem Schlauche und bei Pellia epiphylla so dicht verschlungen, dass sie, obgleich sie sich von den Wänden lösen, doch noch lange in der geöffneten Kapsel zurück- bleiben. Auf p. 375 sagt Nees wieder von P. epiphylia: „Die langen Schleudern sind grösstentheils am untern Theile der Frucht befindlich und hier knaulförmig zusammengeballt, so dass sie, obwohl getrennt, doch noch lange in der offenen Frucht zu finden sind; ihre Schläuche sind gedehnt-spindelförmig, stark hin- und hergebogen, an beiden Enden stumpf und enthalten zwei (zuweilen auch drei) Spiralfasern, deren jede unter dem Mikroskop sich als zwei schmale, braune durch einen lichteren Mittelraum getrennte Linien darstellt.* In einem Nach- trage zu Pellia calycina p. 583 heisst es noch: „Die Schleudern sind kaum halb so lang als bei Pellia epiphylla, fadenförmig, dünn, nur ein paar Mal schlangenförmig gebogen oder auch stärker gekniet, aber nicht knieförmig umgebogen, und haben in ihrem sehr durchsich- tigen an beiden Enden geschlossenen Schlauche eine starke braune weitläufig gewundene Doppelfaser.* Man kann in vorstehenden Beschreibungen nur zum geringsten Theil auf die wirklichen Elateren der P. epiphylla, zumeist aber auf die Elaterenträger der P. calyeina schliessen. In der Synopsis Hepaticarum von 1844!) lesen wir p- 488: „Elateres praelongi, conglobati*. Dieser Satz lässt keinen bestimmten Schluss zu, ob damit die Elateren von Pellia epiphylla oder die Schleuderträger der P. calycina gemeint sein könnten. David Moore?) gibt als Gattungscharakter von Pellia unter anderem noch an: „Elaters persistent, with two spires“. Damit können nur die Elaterenträger der P. calycina gemeint sein. T. Husnot sagt in seiner „Hepaticologia gallica“®) 1880 p. 73 vom Genus Pellia: „Elateres persistent ä la base des valves“ und eitirt zu diesem Satze die Fig. 126 b auf Pl. XI, welche Figur ohne Zweifel die Elaterenträger der P. calyceina darstellt; auch die Bezeichnung 1) Synopsis Hepaticarum von Gottsche, Lindenberg und Nees von Esenbeck. Hamburg 1844. 2) Report on Irish Hepaticae by David Moore. Dublin 1876, 3) Hepaticologia gallica. Flore analytique et deseriptive des Hepatiques de France et de Belgique par T. Husnot. 1880. 12 „persistant“ kann sich nur auf diese beziehen. Die Fig. 126 a stellt ein Laubstück mit Fruchthülle und weit emporgehobener Haube der P. epiphylla vor. H. von Klinggraeff führt (a. a. O.) bei Pellia an: „Schleu- derer zweispirig“. Diese Bezeichnung kann sowohl auf die wirklichen Schleudern der Pellia epiphylla, als auch auf die Schleuderträger der Pellia calycina bezogen werden. Bestimmter drückt sich M. Heeg in seiner Schrift „Die Leber- moose Nieder-Oesterreichs* !) p. 121 und 122 in Bezug auf die Schleudern aus, indem er die der P. epiphylla als „lang, gewunden“ und jene der Pellia endiviaefolia Dum.?) (calycina) „kürzer als bei voriger, nicht gewunden“ bezeichnet. Schleuderträger sind aber nicht erwähnt, wenngleich diese constanter sind und leichter und sicherer zur Unter- scheidung beider Arten führen müssen, Professor Dr. Goebel gedenkt in „Archegoniatenstudien“, left I der Flora von 1895, in freundlicher Weise meines obengenannten Auf- satzes in der Botan. Zeitung von 1877 bezüglich der daselbst gege- benen Notizen über Pellia. Goebel reprodueirt a.a.O. ein Hledwig- sches Bild von Pellia, Taf. I, Fig. 5, welches der Pellia calycina entnommen und die wirklichen Elaterenträger derselben zeigt. Auch der schematische Durchschnitt einer geschlossenen Frucht Fig. I weist auf dieselbe Art hin, wobei aber nur die Elaterenträger mit den Sporen angedeutet sind, die wirklichen Elateren jedoch fehlen. Alle diejenigen mir bekannten Schriften, in welchen Pellia be- sprochen ist, wobei aber der Elateren nicht Erwähnung geschieht, wie dies der Fall ist in Lindenberg, „Synopsis Hepaticarum* 1829, „Deutschlands Kryptogamenflora* von Dr. E. Rabenhorst, Leip- zig 1848, Stephani, „Deutschlands Jungermannien“ 1879, Paul Kummer, „Der Führer in die Lebermoose* 1875, sollen hier nicht weiter erwähnt werden, Ebenso verzichte ich auf eine Beurtheilung des Nachfolgenden, was Gottsche p. 5l seiner „Bemerkungen“ vor- bringt, da mir die daselbst angeführte Litteratur unzugänglich ist, mir 1) Die Lebermoose Niederösterreichs. Eine Zusammenfassung der bis zum Ende des Jahres 1892 für das Gebiet nachgewiesenen Arten. Von M. Heeg. Verhandlungen der k. k. zuologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrgang 1893. 2) Durch die gegenwärtigen Prioritätsforschungen sind wir geradezu beim Babylonischen 'Thurmbau angelangt und werden, je mehr wir die Sprache der „Synopsis Hepaticarum“ verlassen, desto weniger zu einem gegenseitigen Verständ- niss bei unserer Lebermoosnomeneclatur kommen. 13 auch nicht bekannt ist, ob deren Bilder sich auch auf Darstellung der Früchte von Pellia und ihres Inhaltes erstrecken. Gottsche sagt a.a. O.: „weder Hooker, noch Taylor, noch Nees haben den Arbeiten ihrer Vorgänger die gebührende Aufmerk- samkeit geschenkt. Hooker hat in seiner Tafel 47 (mit Ausnahme von Fig. 4, welche wirklich Pellia (Ig.) epiphylla zu sein scheint) nur Pellia calyeina gezeichnet und beschrieben. Dr. Taylor hat bei dieser Tafel weder die Zeichnung noch den Text studirt, sonst hätte er sie zu seiner Ig. calyeina in Mackay’s Flora Hibernica eitiren müssen, und Nees schweben nur Bilder, ähnlich den Hooker’scehen Figuren vor, wenn er von Pellia epiphylla spricht und er kann dabei Ig. calyeina Taylor von seiner Pellia epiphylla nicht recht klar unter- scheiden, gleichwohl lag allen drei Forschern die wirkliche Ig. epi- phylla in einem eorreeten Bilde Engl. Bot. tab. 771 mit klarem Texte und in der Beschreibung von Dillen vor, die nichts zu wünschen übrig lässt“. Es dürfte hier noch der Ort sein auch die mir zugänglichen Sammlungen getrockneter Lebermoose, in welchen Pellia vertreten ist, zu erwähnen und zwar zunächst die „Iepaticae Europaeae ex- siecatae* von L. Rabenhorst erst allein, dann, mit Decas 21 beginnend, von Dr. Gottsche und L. Rabenhorst gemeinschaft- lich herausgegeben. Es wurden in dieser Sammlung 13 Nummern von Pellia vertheilt, sechs davon als Pellia calyeina und sieben als Pellia epiphylla. Zur Controlle der Bestimmungen dienten mir ausser der von Rabenhorst erhaltenen, in meinem Besitze befindlichen Exemplare noch die meiner Freunde, Apotheker Leiner und Dr. Stizenber- ger, sowie jene der Akademie in Pisa. Als Pellia calycina sind folgende Nummern mit richtiger Bestimmung vertheilt: No. 181 Bonn: P. Dreesen. „ 242 Schweiz: Oramer. » 297 Württemberg: Kemmler. 393 Jütland: Jensen. » 486 und 642 Baden: Jack. Als Pellia epiphylla: No. 29 A)a) Sachsen: L. Rabenhorst. b) Baden: Jack, ist Pellia calycina. Von dieser fehlt in einer der vier genannten Sammlungen die entsprechende Pflanze, in einer andern sind beide Stellen a und b mit Pellia calycina beklebt. r No. 29 B) Sachsen: Rabenhorst. »„ 30 Sachsen: Rabenhorst, ist P. calycina. „ 105 Sachsen: Nagelist P. calyeina. In keiner der vier genannten Sammlungen konnte ichaber © Blüthentheile, wie die betreffende Etikette angibt, finden. 124 Schweiz: Hepp, gehört zu P. calyeina. »„ 221 a) Frankreich: Paris. Die betreffende Etikette, welche die Bezeichnung „Pellia epiphylla“ trug, wurde nachträglich durch eine „Schedula emendata* mit dem richtigen Namen Pellia calyeina bezeichnet. „ 221 b) Württemberg: Kemmler, ist P. ealyeina, „ 245 Schweiz: Hepp, ist P. calyeina. „ 457 Pellia epiphylla var. intermedia, Karpathen Kalchbrenner, soll als P. Neesiana Gottsche be- zeiehnet. werden. Bezüglich dieser Berichtigungen der Rabenhorst’schen Hepa- ticae ist übrigens die Bemerkung nicht zu unterdrücken, dass Raben- horst zuweilen, wo er eine Art von zwei Seiten (Sammlern) erhalten hatte, oder ihm die Exemplare des einen Einsenders nicht in der nöthigen Anzahl zu Gebote standen, sich in einem solchen Falle mit Exemplaren von anderer Einsendung zur Ergänzung des Fehlenden bediente, was in manchen Fällen nicht von Nutzen sein konnte. Be- züglich andern Sammlungen finden sich Exemplare von Pellia in a) T. Husnot, „Hepaticae Galliae*: Fase. I No. 21 und 22 Pellia epiphylla, No. 23 P. calyeina; b) B. Carrington undW. H. Pearson, „Hepaticae Britan- nicae exsiceataef: Fase. 11 No. 142 a und b P. cealyeina; Fasc. III No. 200, 201, 202 und 203 P. epiphylla; sämmt- lich sehön und reich an monöeischen Blüthentheilen ; c) 8. O. Lindberg et E. Fr. Lackström, „Hepaticae Scan- dinavicae exsiceatae*: Fasc. I No. 25 P. epiphylla in schönem Exemplare; d) Dr. Be Wartmann und B. Schenk, „Schweizerische Kryptogamen*: Fase. VIII No. 374 Pellia epiphylla, Liestal: Dr. Hepp, ge- hört wie No. 241 in Rabenhorst’s Sammlung der P. calyeina an; e) Jack,LeinerundStizenberger, „KryptogamenBadens*: Fasc. II No. 162 Pellia calycina a) Salem: Jack, b) Kon- stanz: Leiner, " 15 Professor Kieffer in Bitsch, welchem ich, wie in vorstehendem Aufsatze (über Pellia) Seite 6 angeführt, Pellia Neesiana vom sog. Vogesias (Urgebirge) in fruchtenden Pflanzen verdanke, sammelte daselbst auch an überflutheten Steinen in einem Waldbache eine Form undulata dieser Art in schönen grossen aufreehten diehten Rasen. Die Pflanzen haben eine Länge von 70 bis SOmm und ein- zelne tragen an ihrem untersten Theile, bevor eine Verüstelung des Laubes beginnt, noch leere Fruchthüllen, an welchen die Art leicht erkenntlich ist. Die getrocknete Pflanze zeigt die Eigenschaft der Pellia epiphylla, in Wasser gelegt und wieder aus demselben ausgehoben nicht zu- sammenzufallen, wie letzteres bei Pellia Neesiana und P’. calyeina auf kalkhaltendem Boden gewachsen, der Fall ist (was wohl dem Kali- gehalt der Unterlage zugeschrieben werden muss). Die frische, saftige, oder, wenn getrocknet, in Wasser wieder aufgeweichte und aufgequollene Pflanze erinnert lebhaft an Aneura pinguis und gibt zu Verwechslung mit derselben Anlass, die dies leicht auch bei der Form undulata der Pellia calyeina der Fall ist. Wo Hüllen zu finden sind, wie an der erwähnten Pflanze aus Lothringen, ist ein Erkennen der Pellia leicht möglich, ganz anders ist dies, wenn solche Hüllen fehlen. Schon Nees von Esenbecek macht auf die Möglichkeit einer Verwechslung von Aneura pinguis in ihren breiteren Formen mit Pellia (epiphylla)!) in seiner Naturgeschichte der europ. Lebermoose Bd. III Seite 432 bei Aneura pinguis aufmerksam und sagt: „Es gibt aber saftige, brüchige, besonders Wasser bewohnende glänzendere Formen dieser letzteren (Pellia epiphylla), bei welchen die Verdickung der Substanz längs der Mitte wenig in die Augen fällt, und wo die Randlappen stärker hervortreten; diese können leicht mit Aneura pinguis verwechselt werden, um so mehr, da sie meist ghne Frucht vorkommen.“ Ein Merkmal, welches in allen zweifelhaften Fällen sicher ent- scheiden hilft, liegt in der gabligen Vertheilungsweise der Pellia, da hingegen die Aneura seitliche Innovationen treibt und sich an der Spitze nur unregelmässig gablig theilt, wobei die Läppehen stets ab- gerundet, nie selbst wieder, die neue Theilung vorbildend, ausgerandet 1) Bekanntlich hat Nees von Esenbeck die abweichenden Formen der Pellia alle von P. epiphylla, wie schon Seite 7 angeführt, abgeleitet, während wohl die meisten derselben der P. calyeina oder z. Th. auch der P. Neesiana ange- hören mögen. 16 sind. An der Stelle einer solchen Ausrandung nun, oder jeder jüngsten Theilung einer Frons, wird man bei Pellia auf der unteren Seite immer eine stumpfe Anschwellung oder einen Höcker finden, mit welchem hier die verdickte Substanz der Mitte endet. Einen solchen Höcker sieht man nie bei Aneura pinguis, welche noch ausserdem gewöhnlich schmäler, steifer, im Trocknen rigider und oft knorplig, tiefer- und buchtig-gelappt, von sehr gesättigtem Grün oder Braun- grün und durch einen eigenthümlichen Fettglanz ausgezeichnet ist, statt dass die Pellia im Leben mehr feucht und wässrig glänzt. Tafelerklärung. Taf. ı Fig. 1. Offene Kapsel von Pellia epiphylla. Vergr. 10:1. Fig. 2. Elateren und Sporen derselben. Vergr. 75:1. Fig. 3. Elaterenträger derselben. Vergr. 75:1. Fig. 4 und 5. Elateren derselben. Vergr. 316:1. Fig. 6. Elaterenträger derselben. Vergr. 250:1. Taf. 2 Fig. 7. Offene Kapsel von Pellia calycina. Vergr. 10:1. Fig. 8. Elateren und Sporen derselben. Vergr, 75:1. Fig. ». Elaterenträger derselben. Vergr. 75:1. Fig. 10-13. Elateren derselben. Vergr. 816:1. Fig. 14. Elaterenträger derselben. Vergr. 316:1. Ein Beitrag zur Morphologie der Gräser. Von —_ K. Goebel, Hierzu Tafel II und 11 Textabbildungen. I. Streptochaeta. Es gibt Pflanzenformen, die desshalb unser Interesse besonders auf sich ziehen, weil sie unter ihren Verwandten eine eigenthünlich vereinzelte Stellung einnehmen. Sie erscheinen als Ueberbleibsel aus einer lange vergangenen Zeit, Fremdlinge, deren jetzige Vereinzelung bedingt ist durch Aussterben der Bindeglieder zwischen ihnen und den jetzt auf dem Höhepunkt ihrer Entwickelung befindlichen Formen. Als einen solchen Typus betrachte ich z, B. unter den Moosen Buxbaumia, die früher in dieser Zeitschrift ausführlicher besprochen wurde, Unter den Gräsern gibt es mehrere derartige Typen, als deren eigenthümlichste Vertreter wohl die Gattungen Anomochloa und namentlich Streptochaeta bezeichnet werden dürfen.!) Die letztere ist durch ihr biologisches sowohl wie durch ihr morphologisches Verhalten so merkwürdig, dass sie wiederholt der Gegenstand der Untersuchung war. Zunächst seien die biologischen Verhältnisse erwähnt, deren Kenntniss wir Fritz Müller verdanken. Da seine kurze Mittheilung?) wenig bekannt geworden zu sein scheint, so mag hier das Wichtigste daraus folgen. „Dieses seltene Gras, dessen Blüthenbau so seltsam ist, dass Endlieher zweifelte, ob es richtig beschrieben sei, steht auch in seiner Ausrüstung für die Verbreitung der Samen einzig da, nicht nur unter den Gräsern, sondern in der ganzen Pflanzenwelt. Die Blüthen stehen, meist ihrer fünf bis acht, in einer einfachen Aehre, die sich so langsam aus der sie umschliessenden Scheide hervorschiebt, dass mehr als zwei Wochen zwischen dem Hervortreten der ersten, obersten, und der letzten, untersten, Blüthe verstreichen können; so trat bei einer Aehre die erste Blüthe am 10., die sechste und letzte am 25. Dezember v. J. hervor. Meist ehe noch die Blüthe vollständig 1) Von Streptochaeta gilt der Ausspruch Endlicher’s noch heufe: „Gramen brasiliense admodum paradoxum, vix rite deseriptum (genera plantarım Nr. 911). 2) Fritz Müller, Einige Nachträge zu Hildebrand’s Buche: „Die Ver- breitungsmittel der Pflanzen,“ Kosmos, 17. Bd. 1885 p. 44]. Flora 1895. Ergänz.-Bd. sı. Bd. 2 18 der Scheide entstiegen ist, treten aus ihrer Spitze die drei einfachen fadenförmigen Griffel hervor und biegen sich nach aussen; sie halten sich frisch, bis ihnen nach Tagen die Staubbeutel folgen. .... „Den Stengel und die Staubgefässe umgeben zwei mit einander abwechselnde Kreise von je drei spelzenartigen Blättern.... Um den äusseren Kreis herum zieht sich ein Kranz kurzer steifer gezähnelter Deckblätter, deren Zahl und Stellung schwer festzustellen ist, da sie mehr oder weniger mit einander verwachsen. Von den drei äusseren Spelzen sind die beiden von der Achse des Blütenstandes abgewendeten kürzer als die inneren und laufen in eine etwas nach aussen gebogene Spitze aus; die dritte Spelze dagegen, die äusserste von allen, die der Achse anliegt, setzt sich in eine überaus lange, sehraubenförmig gewundene Granne fort (daher der Name der Gattung), die sich an der Spitze der Aehre befestigt. Die Spindel der Achre nämlich ver- längert sich über die oberste Blüthe hinaus und endigt in einen keulen- förmigen Knopf, der dicht mit in mannigfaltiger Weise (S-fürnig, hakenförmig u. s. w.) gebogenen, dicken steifen Ilaaren bedeckt ist. Zwischen diese verwickeln sich nun die schraubenfürmigen Grannen. Die Grannen der obersten Blüthen wachsen oft weit über den Endknopf der Aehre hinaus, um dann zu ihm zurückzu- kehren. Zu dieser Umkehr werden sie, wie man an den Knospen sieht, dadurch gezwungen, dass die sie umschliessende Scheide ihnen nicht gestattet, weiter aufwärts zu wachsen. Wie bei den Ranken von Kletterpflanzen, die eine Stütze gefunden, scheinen auch von den überaus zahlreichen Umläufen der schraubig gewundenen Granne ebensoviele nach rechts wie nach links zu laufen; eine genaue Zählung ist kaum auszuführen. Bald folgen sich die Wendepunkte ziemlich rasch, bald sind lange Strecken der Schraube in gleicher Richtung gewunden. Wenn die Samen reif sind, lösen sich die Aehrehen und hängen nun an ihren langen Grannen von dem Endkopfe der Aehre nieder, bis ein vorüberstreifendes Pelzthier sie entführt... . „Bei den meisten Ausrüstungen zur Verbreitung der Samen, wel- cher Art diese auch sein mögen, ist zur Zeit des Blühens noch nichts zu sehen. Bei Streptochaeta dagegen ist die ganze Verrichtung schon lange vor der Blüthezeit vollständig ausgebildet und dies scheint mir das nicht am wenigstens Bemerkenswerthe an diesem Falle.“ Soviel über die eigenartige biologische Ausrüstung der Pflanze. . Was die Morphologie anbelangt, so hat die Untersuchung der fertigen Zustände Anlass zu verschiedenen Auffassungen gegeben. 19 Zunächst hat Döll!) sich mit der Deutung der Gestaltungsver- hältnisse befasst. Er schildert dieselben in der Flora brasiliensis folgendermassen: „Spieulae unitlorae, teretes in spieae simplieis rhacheos excavationibus spirali ordine laxius dispositae, singulae, subsessiles, spicae ramum brevissimum referentes, squamis involueratae, floseulo unico hermaphrodito terminatae“. Döll’s theoretische Auffassung der Anordnung und Bedeutung der einzelnen Theile der Aehrchen ergibt sich aus seinem von Eichler (Blüthendiagramme I p. 123) . wiedergegebenen Diagramm. (Vergl. die nebenstehende Fig. 1.) Darnach soll das Aehrchen nach 2 seitlichen G Vorblättern 3 alternirende 3zählige Spel- > zenquirle tragen, an welche die Staub- 4 ON I blätter, die Alternation fortsetzend, sich anschliessen, der äussere Kreis soll aus N Hüllspelzen gebildet, die beiden inneren Ne 3 A zZ I. __ aber als Perigon zu deuten sein. Nun hat schon Eichler a. a. O. darauf aufmerksam gemacht, dassdieser Deutung die Thatsache widerspreche, dass der % zweite Kreis aus Spelzen sehr ungleicher Fig. 1. Dölls Diagramm von Beschaffenheit bestehe; die erste ist etwa Streptochaeta. b Deckblatt des . , . . bBlüthensprosses; A, B, C Hüll- einen Zoll gross und mit mächtiger spelzen; I, JI, II äusseres Perigon Granne versehen, diezweiteunddrittesind (das innere ist nicht beziffert) der viel kleiner und grannenlos. Grannen als terminal betrachteten Blüthe. finden sich bei den Gräsern, aber sonst nur bei Deck- und Hüllspelzen. Eichler zieht desshalb vor, nur den inneren Kreis als Perigon zu betrachten, er hält im Uebrigen die Blüthe wie Döll für terminal an der Aehrenaxe. Dölls Diagramm ist nun, wie unten gezeigt werden soll, that- sächlich nicht richtig und demgemäss auch seine Auffassung unhaltbar. 1889 unterzog Öelakovsky?) den Aehrehenbau von Streptochaeta einer eingehenden Besprechung, in der er zu dem Schlusse gelangte, dass diese Gattung eine sehr alte, dem ursprünglichen Typus noch nahestehende und darum isolirte Sippe darstelle, die im Stande sei 1) Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Naturkunde 1868. Flora bra- siliensis, Gramina vol. II pars III p. 218. 2) Ueber den Aehrchenbau der brasilianischen Grasgattung Streptochaeta Schrader von Dr. Lad. Celakovsky. Sitzgsber. der Kgl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1889, p. 14. 2* 20 manche zweifelhafte und strittige Punkte des normalen Baues der Grasblüthe in ein helleres und besseres Licht zu setzen. Celakovsky unterscheidet mit Recht 1. die kleinblättrige Hülle und 2. die grosse Deckspelze, welche die Blüthe einschliesst. Erstere bestand bei den von ihm untersuchten Exemplaren stets aus 5 kleinen „Hüllspelzen“. Zwei derselben stehen lateral. Darauf fulgt ein „özähliger Cyklus“, von welchem Blatt 3 seitlich nach vorn, Blatt 4 genau nach hinten, Blatt 5 (in Fig. 2) links nach vorn fällt, Die begrannte grosse Spelze fasst Cela- kovsky als Deckspelze auf, die auf sie folgenden kleineren als Vorspelzen; die An- Fig.2. Celakovsky’sDia- Ordnung dieser Organe wird aus dem bei- gramm von Streptochaeta folgenden Querschnitt Fig. 2 hervorgehen; (mit ergänztem Deckblatt), die drei inneren Blätter würden das hier Ax Hauptaxe der Inflores- ung: m cenz; 1-5 äussereSchuppen am vollständigsten unter allen Gräsern ent- des Achrehens; d Deckblatt wickelte Perigon darstellen. der Blüthe; x Axende der Neuerdings ist derselbe Autor in seiner Aehrchenaxe; pe äusseres, Abhandlung „Das Reductionsgesetz der Blüthen pi inneres Perigon. etc,“ (Sitz.-Ber. der Königl. böhm. Gesellsch. der Wissensch. Mathem,-Naturwiss. Klasse 1894, p. 92 ff.) auf Streptochaeta zurückgekomimen, auf Grund der Untersuchung einer zweiten Art, Str, Sodiroana. Celakovsky fügt hier seiner früheren Deutung eine Ergänzung hinzu. Er nimmt an, dass die in der Achsel der langen begrannten Deckspelze stehende Blüthe ein sechszähliges Perigon besitze, von dem ein Blatt, nämlich das über die Deckspelze fallende, unterdrückt sei. „Sollte eingewendet werden, dass das sup- ponirte geschwundene Perigonblatt noch niemals auch nur spurweise gefunden worden ist, so weise ich auf das ablastirte Blatt des ersten Staminalkreises bei den Zingiberaceen hin, welehes auch noch niemals, wiederkehrend oder irgendwo erhalten, gesehen worden ist.“ (Öela- kovsky a. a. ©. p. 94 und 95.) In der That aber zeigt, wie aus den weiter unten folgenden Angaben hervorgehen wird, die Entwickelungsgeschichte, dass das von Öelakovsky „supponirte ge- schwundene Perigonblatt* als Rudiment noch vorhanden, „und dass die Blüthe eine seitliche, in der Achsel der Deckspelze stehende ist, wodurch seine Auffassung bestätigt und auf eine thatsächliche Grund- lage gestellt wird. 21 Zunächst ist indess des einzigen Versuches, den Bau von Strep- tochaeta auf Grund der Untersuchung jüngerer Entwickelungsstadien zu deuten, zu gedenken. Schumann hat in seinem Buche „Neue Untersuchungen über den Blüthenanschluss“, Leipzig 1890, p. 106 ff., auch Streptochaeta besprochen, ist dabei aber zu irrigen Angaben gelangt. Nach ihm sollen die Blüthensprösschen an den Aehrenaxen nicht, wie alle an- deren Autoren angeben, spiralig, sondern distich angeordnet sein, was nicht der Fall ist. Schumann sagt: „Als ich genau die Ränder der scharfen Spindel von Knoten zu Knoten verfolgte, konnte ich mühelos eonstatieren, dass die Schraubenlinie, in welcher die -Aehr- cheninsertionen die Axe umliefen, nur in Folge des Trocknens ent- standen war, dass aber, wenn diese secundäre Drehung corrigirt wurde, die Blüthensprösschen in regelmässiger Distichie über einander standen“. Er beschreibt sodann die bekannten Bauverhältnisse; ein steriles Axende hat er an den Aehrchen gesucht, aber nicht gefunden. Die Stellung der fünf Hüllblätter wird in Uebereinstimmung mit Öela- kovsky folgendermassen angegeben: Zwei in Vorblattstellung nach hinten convergirend, darauf eines schief nach vorn, dann ein median hinteres, das fünfte Blatt fällt nach vorne und steht „ungefähr symme- trisch mit Blatt 3°. Im Uebrigen macht Schumann mit Recht darauf aufmerksam, dass nur die Entwickelungsgeschiehte definitive Aufklärung über die vorliegenden Fragen geben könne. Was Schu- mann über die „biologische Besonderheit* von Streptochaeta sagt, kann hier mit Rücksicht auf die oben angeführten Mittheilungen von Fritz Müller, die Schumann unbekannt geblieben zu sein scheinen, übergangen werden. Schumann erwähnt, dass bei der Festucacee Streptogyne erinita die Narben nach der Befeuchtung eine ähnliche Function ausüben, wie die Spreptochaeta-Grannen, in- dem sie als Ranken functioniren und die Früchte aus der Tiefe der Spelzenumhüllung hervorziehen. Damit glaube ich die Hauptsache dessen, was in der Litteratur über die Morphologie der Streptochaetaährehen vorliegt, angeführt zu haben. Das Material, welches mir zur Untersuchung vorlag !), ge- stattete zwar nicht eine lückenlose Verfolgung der Entwickelungsge- schichte, immerhin aber die Entscheidung der Hauptfrage. 1) Ich verdanke dasselbe der Freundlichkeit des Herrn Dr. Fritz Müller in Blumenau, Brasilien, der mir auch wiederholt Samen von Streptuchacta, die aber leider nicht keimten, übersandte. je 22 Zunächst sei bemerkt, dass entgegen den Angaben Schumann’s die Blüthensprosse an der Inflorescenzaxe in der That spiralig stehen. An der in Fig. 4 auf Taf. II abgebildeten Inflorescenz waren ». B. ausser dem links unten stehenden Seitenspross, der sich zu einer neuen Inflorescenz entwickelt haben würde, sechs Blüthensprosse vor- handen. Dieselben stehen annähernd in drei Zeilen (in anderen Fällen annähernd in vier), die Blüthensprosse 2 und 5 sind in der Figur, weil sie nach unten liegen, nicht sichtbar. Die jüngste Inflorescenz, die mir zu Gebote stand, zeigte Blüthensprosse (Aehrehen) die über die Entwickelung der Vorblätter noch nicht hinausgekommen waren (Fig. 1 u. la auf Tafel II). Jedes Aehrcehen steht in der Achsel eines rudimentären, aber deutlich erkennbaren Deckblattes. Die beiden Vorblätter sind von ungleicher Grösse, was wohl auf eine ungleich- zeitige Entstehung derselben hindeutet. Sie stehen anfangs ziemlich genau seitlich an der Achse des Aehrchens, später sind sie einander nach hinten genähert. Ueber die Entstehungsfolge der im Öela- kovsky’schen Diagramm mit 3, 4, 5 bezeichneten Blätter vermag ich keine Angaben zu machen, da die betreffenden Entwickelungs- stadien nicht vorhanden waren. An einer Aehrchenanlage war ein von Vorblatt 2 nach rückwärts hin liegender Höcker vorhanden, der also in seiner Stellung dem Blatte 4 entsprechen würde, dessen Mediane nicht, wie dies im Celakovsky- Diagramm angenommen ist, über Ax fällt, sondern zwischen 2 und Ax, aber der Axe genähert; sie fällt, wie dies im Döll’schen Diagramm angenommen ist, mit der des einen inneren Perigonblattes zusammen, wenigstens bei dem einen, genauer daraufhin untersuchten Jugendlichen Aehrchen. Die sicherste Auskunft über die Stellung der Hüllblätter des Aehrchensgewähren Mikro- Fig. 3. Querschnitt durch tomschnitte, welche die Anordnung ungeän- die Infloresoenzaxe und ein dert wiedergeben. Ein solcher Schnitt ist Aehrchen, dessen 5 Hüll- . . . schuppen getroffen sind. In 1 Fig. 3 abgebildet. Das rudimentäre Deck- der Mitte der Querschnitt blatt ist nicht getroffen. Es treten hervor, der Blüthenaxe. zunächst die Vorblätter 1 und 2, von denen 1 viel weiter nach hinten greift als 2, Blatt 5, von 2 gedeckt, liegt seitlich und greift über 4 über, das seinerseits 4 deckt. Dieses aber liegt, entgegen der Annahme von Döll, Celakosky und Schu- mann, nicht median nach hinten, sondern schräg seitlich, auch deckt 23 es nicht Blatt 5 wie Celakovsky angibt, sondern wird von demselben gedeckt, wie Döll in seinem Diagramm richtig annahm. Dass Variationen vorkommen können, will ich nicht in Abrede stellen, aber der abgebildete Querschnitt gibt die in dem betreffenden Fall vor- handenen Stellungsverhältnisse genau und ohne alle Deutung wieder, An ihrer Basis sind die Ilüllblätter fleischig verdickt; vielleicht hat das die Bedeutung, dass ihr turgeseirendes Gewebe die reifen Aehr- chen herausdrückt. Die letzteren lösten sich bei meinem Alkohol- material auch schon vor dem Aufblühen leicht ab. „ Pie Untersuchung der Blüthen ergab eine vollständige Bestätigung der auf Grund theoretischer Erwägungen aufgestellten Anschauung Cela- kovsky’s. Es liess sich nämlich in allen untersuchten Fällen gegenüber der langbegrannten Deckspelze ein deutliches Rudiment der Aehrchenachsenspitze nachweisen, das auf älteren Entwickelungs- stadien undeutlicher wird, und desshalb wohl Schumann entgangen ist. Es ist in den Figuren 2, 3,4,6,7,8 auf Tafel II mit Ax bezeichnet, es liegt, wie dies ja zu erwarten ist, der Deckspelze gegenüber und liegt also am ganzen Blüthenspross schief nach vorne. An der Blüthenachse selbst erscheinen (ungleichzeitig) zuerst die beiden nach aussen ge- kehrten Perigonblätter. Das von Celakovsky supponirte hintere über die Deckspelze fallende Perigonblatt, welches bisher, ebensowenig wie das Axenende beobachtet worden war, istgleichfalls vorhanden, was, wie unten hervorzuheben sein wird, für die Auffassung der Blüthen- struetur von erheblicher Bedeutung ist. Es gelangt aber über das Stadium der Anlegung nicht hinaus und ist auf dem Querschnitt durch eine erwachsene Blüthe (Fig. 4) nicht mehr wahrnehmbar. An Fig. 4. . Querschnitt durch die Blüthe allen jugendlichen Blüthen konnte von Streptochaeta. Die Deckspelze ist ich mich von seinem Vorhanden- nach oben gekehrt, sein zweifellos überzeugen; auf Fig. 2 und 7 Tafel IL ist es mit ps bezeichnet. Alternirend mit den drei ersten Perigonblättern treten dann — wie es scheint simultan — die drei innern auf. Auf Figur 9 Tafel IE ist ps zwar bei genauer Betrachtung noch wahrnehmbar, aber dureh die inneren Perigonblätter verdeckt. Die Anlegung der sechs Staubblätter und der drei Frucht- blätter erfolgt wie bei andern trimeren Monokotylenblüthen. Erwähnens- 24 werth ist nur, dass das der Deckspelze zugekehrte Fruchtblatt in der Entwickelung des oberen Theiles den beiden anderen vorauseilt. Die mitgetheilten entwiekelungsgeschichtlichen Thatsachen dürften genügen, um den morphologischen Aufbau der Streptochaetablüthen- sprosse festzustellen. Es fragt sich nun, was daraus sich für Folgerungen für die übrigen Gräser ergeben. Ehe indess auf diese Frage ein- gegangen wird, möchte ich noch kurz ein anderes südamerikanisches Gras besprechen. il. Pariana. Bei meinen Wanderungen in Brittisch Guiana sammelte ich vor fünf Jahren auch einige blühende Exemplare einer Pariana-Art; leider bot das —g Material, danur ganz entwickelte Inflore- scenzen vorhanden waren, zu entwicke- lungsgeschichtlichen Untersuchungen FG () ( keine Gelegenheit. Indess dürften auch N über den Bau der fertigen Aehrchen dieses merkwürdigen Grases einige Angaben N nicht überflüssig sein. Bekanntlich sind > die Blüthen monöecisch, und zwar so ver- theilt, dass eine Anzahl männlicher Aehrchenkomplex von Pariana sp. Achrchen (meist ’ [vgl. Textfigur ) Ax Inflorescenzaxe. Aussen 5 wm das weibliche herumstehen. Die männliche Aehrchen (deren Stiele ersteren bilden, namentlich mit ihren und glumae getroffen sind), innen abgeflachten Stielen ein Involucrum um ein weibliches, von dem nur die das tieferstehende weibliche Achrehen. Spelzenquerschnitte sichtbar sind. Im untersten Theil der Inflorescenz war am ersten Knoten nur ein männliches Aehrchen, darauf folgte ein. Knoten mit zwei, ebenfalls männlichen Aehrchen, dann begannen die Gruppen von männlichen und weiblichen. Die männlichen Aehrchen haben zwei lateral gestellte Glumae, wie dies bei den Hordeaceen ja allgemein der Fall ist; bei den un- tersten männlichen Aehrchen sind dieselben nicht selten theilweise verkümmert, bei den um das weibliche Aehrchen ein Involuerum bildenden können die einander genäherten Gilumae zweier benach- barter Aehrehen mit einander verwachsen. Sie spielen als Schutzorgane der Aehrchen hier jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle gegenüber den dicken Paleae. Was den Bau der Blüthen selbst anbelangt, so ist vor Allem das Perigon bemerkenswerth. Es wird von 3 wohl entwickelten Fig. 5. Querschnitt durch einen 25 Lodiculae gebildet. Das median nach hinten stehende derselben ist am wenigsten ausgebildet; ihm fehlen auch die in den beiden vorderen vorhandenen Gefässbündel. Bei den meisten anderen Gräsern ist die nach hinten stehende Lodieula bekanntlich verkümmert. Hier wird dieselbe ebenso wie das eine äussere Perigonblatt bei Streptochaeta noch in rudimentärem Zustand angetroffen. Die Anordnung der Staub- blätter in dem polyandrischen Andröceum kann nur durch die Entwickelungsgeschichte ermittelt werden. Die Zahl der Staubblätter ist eine variable, zuweilen ein Viel- faches von drei, in anderen Fällen nicht. In Fig. 6 sind z, B. 12 Staub- biätter vorhanden, die man in vier 3zählige Kreise sich angeordnet denken kann, wobei aber kleine Verschiebungen angenommen werden müssten. Noch beträchtlicher müssten diese bei dem in Fig. 7 abgebildeten Falle sein, der einen Fig. 6. Pariana sp. Querschnitt eines männlichen Achrchens.. 1, 1 1, die Lodiculae. Fig. 7. Pariana sp. Querschnitt dureh Fig. 8. Pariana sp. (Querschnitt tiefer ein männliches Achrehen. 1, I, 1, Lo- als in Fig. 5. In der weiblichen diculae. Blüthe die verkümmerten Staubblätter sichtbar. Aehrchenquerschnitt wiedergibt, der 13 Staubblätter aufweist. Immer- hin ist es mir wahrscheinlich, dass hier nur eine Modification (vielleicht verbunden mit Spaltungen) der dreizähligen Staubblattanordnung vor- liegt, und zwar desshalb, weil in der weiblichen Blüthe sechs Staub- blattrudimente auftreten (Fig. 8), von denen wir wohl unbedenklich annehmen dürfen, dass sie den 2><3 Staubblättern entsprechen, wie sie bei nicht wenigen Gräsern vorkommen. An dem Querschnitt des weiblichen Aehrehens fällt zunächst die Stellung der Glumae zu den Paleae auf. Beide sind, wie Fig. 8 zeigt, 26 anders zu einander orientirt, als in den männlichen Aehrchen. Die Medianebenen der Glumae und Paleae fallen beinahe zusammen, während sie bei den männlichen Blüthen gekreuzt sind. Die beiden vorderen Lodieulae der weiblichen Blüthe sind besonders massig ausgebildet und mit Gefässbündeln versehen, der hinteren Lodieula fehlen sie auch hier; dass sechs Staubblattrudimente in der weiblichen Blüthe vorhanden sind, wurde oben schon erwähnt. Aus den angeführten Thatsachen geht nun zunächst für Strepto- chaeta hervor, dass die Blüthe ein Perigon besitzt, welches dem der typischen Monoko- thylenblüthe ent- spricht, und bei Pa- riana fanden wir von dem _dreizähligen Perigon wenigstens zwei Blätter noch mit Gefässbündeln versehen. Die voll- ständige Ausbildung des Perigons bei Streptochaeta steht I: zweifellos damit im Zusammenhang,dass Fig. 9. Querschnitt durch denselben Aehrehencomplex hier nur die Deck- von Pariana sp. wie der in Fig. 8 abgebildete, aber tiefer spelze, nicht aber geführt. Die (hier nur noch in 3zahl vorhandenen) Axen auch die Vorspelze, der männlichen Aehrchen sind stark abgeflacht und bilden wie dies sonst der das Involuerum J, in der weiblichen Blüthe 3 Ladiculae, . . ülle von denen die beiden äusseren dick und mit Gefäss- Fall ist, eine Hü . bündeln versehen sind. um dieBlüthebilden; dadurch fällt auch der Grund zur Ausbildung der Lodiculae als Schwellkörper weg. Das Fehlen des hinteren äusseren Perigonblattes aber wird dadurch biolo- gisch leicht verständlich, dass dasselbe der Deckspelze gegenüber fällt, und somit als Schutzorgan der Blüthe überflüssig wird, ganz wie die hintere Gluma der Loliumährchen verkümmert, im Zusammen- hang damit, dass die vordere Gluma stark entwickelt ist und die Aehrchen einer Aushöhlung der Aehrchenachse eingesenkt sind. Druckverhältnisse, die man in derartigen Fällen oft angenommen, aber nie exact nachgewiesen hat, spielen dabei sicher eine ganz untergeordnete Rolle. Ebenso kann es nach den für Streptochaeta 27 jetzt vorliegenden Thatsachen nicht zweifelhaft sein, dass Hackel’s {von mir auch früher schon für unrichtig gehaltene) Auffassung der Lodieulae nicht haltbar ist. Nach dieser sollten die vorderen Lodieulae die gewöhnlichen Grasblüthen Hälften eines Blattes sein, das bisweilen (Melica) auch ungetheilt bleiben kann; das hintere Schüppehen wäre dann ein drittes Vorblatt). Das Verhalten von Streptochaeta und der Vergleich derselben mit den ührigen Monokotylen zeigt deutlich, dass die Lodieulae in der That selbständige Blattbildungen sind, und dass das dreizählige Perigon von Pariana (und ebenso andern Gräsern), dem innern dreizähligen Perigon von Streptochaeta ent- spricht. Was aber ist aus dem äusseren Perigon geworden? Celakovsky nimmt an, die Vorspelze (palea superior) der ge- wöhnlichen Grasblüthen sei ein Doppelblatt, verwachsen aus den Fig. 10. Euchlaena mexicana. Quer- schnitt durch die Basis einer Infores- Fig. 11. Euchlaena mexicann. cenz Jf[. D Deckblatt der Inflores- Querschnitt an der Basis viner cenz Jfır, Y, v, deren verwachsene Inflorescenz Jfr, Der Schnitt ist Vorblätter, in der Achsel von v, die höher sreführt als der in Fig. 10 Intlorescenz JA Achrehenaxe. abgebildete. beiden vorderen Perigonblättern bei Streptochaeta, während das hin- tere bei Streptochaeta noch nachweisbare ganz verschwunden wäre. Diese Hypothese lässt ohne Zweifel die Blüthenstructur der Gräser in einer einheitlicheren Auffassung erscheinen, nur fehlt ihr bis jetzt die entwickelungsgeschichtliche Basis, der Nachweis, dass bei irgend einen Grase die Vorspelze noch wirklich als Doppelblatt angelegt wird. Da wir also zunächst auf Analogiegründe angewiesen sind, so mag ein solcher hier noch angeführt werden. Vor Jahren untersuehbte ieh in Java die Inflororeseenzentwicke- lung von Fuchlaena mexieana (Reana luxurians), die bekanntlich in 1} Hackel, Untersuchungen über die Lodieulae der Gräser. Engler Jahrb. I, 336. 28 den Tropen vielfach als Futtergras angebaut wird. Auf die Einzeln- heiten des morphologischen Aufbaues der Inflorescenzen soll hier nicht näher eingegangen werden. Erwähnt sei nur eine Thatsache betreffs der Stellung der axillaren Intlorescenzen. An der Basis jeder Inflorescenz entspringt hier eine Seitenin- florescenz. Fig. 10 zeigt z. B. den Querschnitt durch die Basis einer Seiteninflorescenz Jfr. D ist das Deckblatt der nächst höheren Inflorescenz, Jfil. Diese produeirt zunächst ein zweikieliges „ados- sirtes“ Vorblatt vı v2, in dessen Achsel die Infloreseenz JftiIT steht, deren unterstes Aehrchen A getroffen ist. Jfimt aber steht nicht, wie zu erwarten wäre, in der Mitte der Vorblattachsel!), sondern seitlich von derselben. Ein höher geführter Schnitt zeigt, dass das Vorblatt von Jfim in zwei freie Spitzen ausläuft; es ist tief aus- gerandet. Nimmt man nun an, dass das Vorblatt aus zwei Blättern verwachsen ist, von denen nur das eine einen Achselspross hervor- bringt, so erklärt sich die Stellung des letzteren ohne Weiteres, und die Gestaltung dieses Vorblatts würde ein Analogon für Cela- kovsky’s Deutung der oberen Palea darstellen. Die Zusammen- setzung des Vorblattes aus zwei Blättern wird um so wahrscheinlicher, als sich auch in der Achsel des anderen Vorblattes, wie ich aus meinen Notizen ersehe, ein rudimentärer Achselspross zuweilen nach- weisen lässt. Es sei dabei daran erinnert, dass auch bei Cyperaceen zwei Vorblätter bekannt sind, die, unabhängig von einander ent- stehend, später mit einander verwachsen und je einen Achselspross hervorbringen können. So bei Seirpodendron, Mapania u. a. (Vgl. Goebel, Ueber den Bau der Aehrchen und Blüthen einiger javanischer Cyperaceen, Ann. du jardin botanique de Buitenzorg VI p- 120 #.). Es wäre zu wünschen, dass Formen wie Triachyrum, Diachyrium, Anomochloa, Luziola u. a. einer entwickelungsgeschichtlichen Unter- suchung unterworfen werden könnten. Dieselbe dürfte wohl weitere Anhaltspunkte für die so viel umstrittene morphologische Deutung der Grasblüte bringen. Da die ausländischen Formen der Untersuchung meist schwer zugänglich sind, glaubte ich auch das vorliegende Bruch- stück nicht unveröffentlicht lassen zu sollen. 1) fir — der erste Seitenspross — dagegen steht in der Mitte des Deck- blattes, das hier kein Vorblatt ist. Figurenerklärung zu Tafel Il. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Streptochaeta brasiliensis. Fig. 1. Junge Inflorescenz, 1a dieselbe um 1800 gedreht, K Seitenknospe, die zu einer Inflorescenz höherer Ordnung yeworden wäre. Fig. 2. Junge Blüthe von oben, D Deckblatt, Ax Ende der Aehrchenachse, p,, Pa Ps Perigonblätter des äusseren, pıl Perigonblätter des inneren Kreises. Fig. 3. Aeltere Inflorescens von der Seite mit 6 Aehrehen (2 und 5 liegen unten und sind daher nicht sichtbar, v Vorblätter. Fig. 4. Achrchen von vorne, D Deckblätter. Fig. 5. Dasselbe Aehrchen von hinten, Fig. 6 von der Seite. Fig. 7. Blüthe, entsprechend der in Fig. 2 abgebildeten von oben. Fig. 8, Scheitelansicht einer älteren Blüthe (pz ver- kümmerndes Perigonblatt). Fig. 9. Noch ältere Blüthe, bei der das Androeecium und Gynaeceum schon angelegt ist, von oben. Die Desmidieenflora des Tapakoomasees. Von M. Raciborski, Hierzu Tafel II und IV. Prof. Dr. Goebel] machte mich aufmerksam auf die zahlreichen Desmidieen, die in den grossen Schläuchen der Utricularia purpurea, aus dem Tapakoomasee in Britisch Guiana, die er vor mehreren Jahren gesammelt hat, vorkonmen. Der See stellt ein florareiches Wasserbecken dar, in welchem Nymphaeaarten, Brasenia purpurea, Mayaca fHluviatilis und mehrere Utrieulariaspeeies vorkommen, Die Schläuche der Utrieularia purpurea sind vielfach erfüllt von zahlreichen Desmidieen, besonders von den fadenbildenden, wie Gymnozyga Bre- bissonii var. gracilescens, G. longieollis, Haplozyga armata, Sphaero- zosma Goebelii, pulchrum und anderen. Die Desmidieenvegetation dieser Utriculariaschläuche zeichnet sich durch die grosse Ueppigkeit und Formenreichtum aus. Die in den Utrieulariaschläuchen lebenden Desmidieen theilen sich lebhaft, die fadenbildenden wachsen zu sehr langen gewundenen Fäden und zeichnen sich immer durch eine dicke Gallerthülle aus. Die Zelltheilungen sind an ihnen sehr häufig zu finden, spärlicher die Bildung der Zygoten. Da aus Britisch Guiana bis jetzt nur einige wenige Desmidieen notirt sind, so habe ieh mich entschlossen ein Verzeichniss der in den Blasen und zwischen den Blättern der genannten Utrieularia gefundenen Arten zu veröffentlichen. Herrn Prof. Dr. Goebel spreche ich meinen verbindlichen Dank für die Uebergabe seines Materials aus. Hyalotheca dissiliens (Smith) Breb. Die Zellen sind 17—18 x lang, ihre grösste Breite ist 27—28, die Breite der Zellen in der Mitte und am Scheitel 26 1, die Gallertscheide über 90 x diek. An jeder Zellhälfte sind sechs transversale Reihen deutlicher Punkte sichtbar. Von der Scheitelseite gesehen immer kreisförmig mit zwei nied- rigen gegenüberstehenden Ansehwellungen (var. bidentula Nordstedt). Hyalotheca mucosa (Mert.) Ehrb. Die Breite der Zellen 20 x, die Länge 22—26,. Die Gallertscheide sehr dünn, Hyalotheca neglecta nov. sp. Fig. 2 und 3. Die Zellen sind ceylindrisch, oder fast eylindrisch, 28—42 1 lang, 12—14y. diek und breit. In der Mitte entweder gar nicht eingeschnürt oder angeschwollen (forma a), oder kaum merklich angeschwollen (forma ß) oder kaum merklich eingeschnürt (forma x). Jede Zellhälfte stark punktirt, die Punkte zu 6—8 transversalen Reihen geordnet. Von der Schei- telseite gesehen kreisrund. Die Zellreihen in eine dieke Gallert- hülle eingeschlossen, manchmal trennen sich die Zellen innerhalb der Gallertscheide von einander ab. Diese sehr einfach gebaute Art erinnert etwas an HI. undulata Nordstedt, andererseits aber bildet sie einen Uebergang zu Gonato- 31 zygon. An der Membran sitzen in der Gallerthülle eingeschlossen sehr häufig kleine Sporangien, die dem llarpochytrium Hyalothecae Lagerh. ähnlich sind. Hyalotheca elegans nov. sp. Fig. 1. Die Zellen in der Mitte deutlich ausgerandet, die Zellhälfte an der Basis angeschwollen, gegen den Scheitel verjüngt. Die Länge der Zellen 35-—-38 1, die Breite in der Mitte 26 1, die der basalen Anschwellung 28--31 „, die Scheitel- breite 1Ss—20 5. Von der Scheitelseite gesehen rundlich, elliptisch mit zwei gegenüberstehenden Anschwellungen. Die Membran mit mehreren transversalen Reihen kleiner Punkte bedeckt. Die Gallert- scheide mächtig entwickelt. Erinnert stark an Hyalotheca indica Turner, ist aber bedeutend grösser, bildet andererseits ein Mittelglied zwischen den Gattungen Hyalotheca und Didymoprium, Desmidium (Didymoprium) ceylindricum Grev. Es kommen neben einander zwei Varietäten vor, die fast nur durch ihre Grösse zu unterscheiden sind, zwischen welchen jedoch in unserem Materiale die Zwischenformen vollständig fehlen, so dass wir berechtigt sind anzunehmen, die beiden stellen beständige Formen dar. Die klei- nere dieser Formen nenne ich var, elegans (Fig. 9): Sie ist 16— 18 y lang, die Zellen sind an der mittleren Anschwellung bis 32 1 breit, am Istmus bis 30, am Scheitel bis 24p breit. Die Zygosporen sind kuglig, glatt, 25 u dick. Die Fäden sind immer von dicker Gallerthülle umschlossen. Die Scheitelansicht der Zelle ist breit- elliptisch mit zwei kleinen Anschwellungen. Die andere Varietät Fig. IO ist viel grösser; sie erinnert sehr an die gewöhnliche Form Europas, die ich var. bidentula genannt habe (Desm. novae p. 4), ist aber etwas breiter, ohne die Dimensionen des Desm. laticeps Nordstedt zu erreichen. Da die letzte Species bis jetzt noch nicht abgebildet ist, so gebe ich hier, vergleichshalber, die Abbildung nach Originalexemplaren Norstedt's. (Fig. I.) Desmidium majus Lagerheim. Die Membran ist stark punktirt. An dem basalen Theile jeder Halbzelle sind die Punkte zu drei trans- versalen Reihen geordnet, an dem apicalen "Theile, also an dem Theile, der nach der Theilung der Zelle als eine Ausstülpung nach innen gebildet wird, sind die feinen Pünktchen zu sehr zahlreichen longi- tudinalen Reihen geordnet. Die Zellen sind bis 35 j lang, bis 52 u breit, in der Mitte bis 388, am Scheitel bis 26 ı breit. Die Gallertscheiden sind sehr dick. Gymnozyga moniliformis Ehrenb. var. gracilescens Nordstedt. Die Zellen sind bis 26%. lang, bis 12 am Scheitel, bis 16 an der Mittelanschwellung breit. Die Zygoten sind rechteckig mit ab- gerundeten Enden, häufig aber elliptisch, bis 30x lang, bis 20 1 breit. Zusammen mit dieser Form konmt etwas seltener eine viel grössere Varietät var. majus vor. Die Zellen derselben sind 35—3S p. lang, in der Mitte 23—24p, am Scheitel bis 18p breit. Die ringförmigen Verdickungen an der Basis jeder Halbzelle sind bei dieser Varietät viel mächtiger als bei der kleinen Form. 32 Gymnozyga longicollis Nordstedt. Die Zellfäden sind in dicke Gallert- hüllen eingeschlossen. Die Zellen sind bis 90x lang, in der Mitte bis 231, am Scheitel bis 164 breit. Die longitudinalen Streifen der Membran sind besonders an der apicalen Hälfte jeder Zell- hälfte deutlich. Haplozyga armata Löfgren et Nordstedt. Fig. 6. Ist besonders häufig in Utrieulariablasen zu finden. Die Zellfäden sind in eine dicke Gallerthülle eingeschlossen, aus welcher die Stacheln nach aussen nicht hervorragen. An den apicalen Theilen der Zellhälften erscheint die Membran dicht längsgestreift. Zwischen der gewöhnlichen Form, die mit der Originalabbildung vollständig übereinstimmt, habe ich auch Exemplare angetroffen, deren Stacheln nicht wagrecht abstehen, aber nach aussen diver- giren. Eben diese Formen zeigen an der Scheitelansicht insoferne eine Differenz von den normalen, als die Stacheln immer zu zweien genähert erscheinen, so dass jede Halbzelle dreieckig erscheint, mit je zwei Stacheln an den Ecken. Die Länge der Zellen ist bis 35, die Breite (mit Stacheln) bis 60 u, Istmus ist 15— 18, die Scheitelfläche 13 x breit. Onychonema laeve Nordstedt. Die Zellen sind bis 141 lang, ohne Stachel bis 22, mit Stacheln bis 30 x breit. Istmus ist bis 7 j. breit. Sphaerozosma pulchrum Bailey. Forma pusilla. Die Mitteleinschnürung ist sehr seicht. Die Zellen sind bis 10 lang, bis 26 1 breit, bis 14yu diek. Istmus 23 1 breit. Sphaerozosma @boebelii nov. sp. Fig.5. Die zu langen, flachen Bändern zusammenhängenden rechteckigen Zellen sind viermal breiter als» lang, in der Mitte sehr tief eingeschnürt. Die Zellhälften sind rechteckig, an beiden abgestutzten Ecken mit 4—5 niedrigen Warzen bedeckt, und mit Ausnahme der mittleren longitudinalen Zone punk- tirt. Die Punkte sind an jedem Zellenarm zu mehreren longitudi- nalen Reihen angeordnet. Von der Scheitelseite gesehen schmal, rechteckig mit abgerundeten Enden. Die Zellen sind 26—28 y lang, 100—110 5. breit, 16x dick; Istmus ist 15}, zusammenhängende Scheitelfläche bis 75 1 breit. Penium Digitus Breb. Die Zellen bis 170 x lang, 50—52 1 dick. Penium Brebissoniüi Ralfs. Die Zellen sind bis 85 4 lang, 18 breit. Penium minutum (Ralfs) Cleve. Die Zellen sind bis 11x breit, bis 150 1 lang. Docidium Baculum Breb. Die Zellen sind an der Anschwellungsstelle bis 15 dick, bis 260 x lang. Closterium Linea Perty (Cooke Brit. Desm. Tab. 15, Fig. 2). Die Zellen bis 7y dick, bis 240 1 lang. " Closterium pronum Breb. Die Zellen sind 5 diek, bis 240 lang. Pleurotuenium (2) breve. Fig. 4. Die Zellen sind eylindrisch bis 95 j. lang, an den Enden abgestuzt und mit 5—-6 kurzen spitzigen Papillen versehen, die an dem Rande des flachen Scheitels sitzen, bis 16 p dick, in der Mitte deutlich eingeschnürt, bis 14x breit. Die Membran deutlich punktirt, farblos. Da ich nur chlorophyllose Exemplare 33 gesehen habe, so bleibt mir die Ciattungszugehörigkeit unserer Species zweifelhaft. Sehr nahe verwandt scheint Triptoceras ab- breviatum Turner zu sein. Cosmarium yuiunense. Fig. 4. Die Halbzellen sind dreieckig, mit ab- gerundeten basalen Ecken und breit abgerundetem Scheitel. Die basalen Ecken mit mehreren spitzen Warzen bedeckt. Unter dem Scheitel an jeder Frontalseite eine Reihe von etwa zehn ebensolchen Warzen. Sonst ist die Membran deutlich punktirt, hyalin oder gelblich, die Punkte an der Mitte der Frontalansicht sind die stärksten. Von der Scheitelseite gesehen elliptisch, von der Lateralseite fast kreisförmig. Die Länge der Zellen bis 80%, die Breite bis 64 4, die Dicke bis 34%, Istmus bis 181 breit. Cosmarium Onychonema. Fig. 12. Die Zellen sind klein, tief eingeschnürt, niedergedrückt kreisföürmig. Die sehr flachen llalbzellen haben an jeder F'rontalseite eine diekwandige Warze, die excentrisch gelegt ist, und zwar an einer Frontalseite rechts, an der anderen links von der Mitte. Die Membran ist an den Ecken der Halbzellen und unterhalb des flachen Scheitels rauh punktirt, sonst glatt. Von der Lateralseite gesehen sind die Halbzellen kreisförmig mit je einer Papille in der Mitte, von der Seheitelseite gesehen flach elliptisch, an jeder Seite mit einer excentrisch gestellten Papille. Die Zellen sind 181 lang, 22x. breit, 10. diek, Isthmus ist 6 breit. Cosmarium Palaunyula Breb. Die Zellen bis 27 p lang, bis 15: breit. Cosmarium subglobosum Nordstedt. Die Zellen sind bis 3411 lang, bis 244 breit und dick. Cosmarium reniforme Ralfs B. compressum Nordstedt. Die Zellen sind bis 40 x lang und breit, bis 2+4j dick. Isthmus bis 13% breit. Euastrum Glasiovrü Boergesen var. gujanense. Fig. 19. Von der brasilianischen Form nur durch etwas tieferen Einschnitt der Basal- loben verschieden. Die Länge der Zellen bis 42, die Breite bis 23 1, die Dieke 20 u, Isthmusbreite 5. Euastrum spinosum Ralfs. Forma. Fig. 18. Die Länge der Zellen 26 », die Breite 161, die Dicke 12, die Isthmusbreite 3 p. Arthrodesmus Incus Ralfs, Forma vulgaris (efr. Eichler et Raciborski Fig. 22). Arthrodesmus triangularis Lagerhein. Eine kleine Form. Die Zellen sind (ohne Stachel) 10 a lang und breit, ınit den Stachein bis 26 ı breit. Arthrodesmus hexayonus Archer var. tumida Fig. 13. In der Mitte der Frontalseite jeder Halbzelle eine spitze Papille. Die Zellen sind (ohne Stachel) bis 12]. lang, bis 131 breit, mit Stacheln bis 20 x breit, bis 9 dick. Xanthidium Smithil Archer 3. variabile Nordstedt. Forma. Fig. 8. Die hier abgebildete Norm, welche so sehr dem Euastrum ähnlich ist, rechne ich doch zu der Nordstedt’schen Subspecies, die sehr ver- änderlich zu sein scheint. Der ganz schmale Istlimuseinschnitt, wie die Beschaffenheit der Scheitelecken. die mit nur je einer Warze besetzt sind, unterscheiden sie von den neuseelandischen Formen. Die Zellen sind bis 25n lang, bis 231 breit, bis Flora 1895. Ergänz.-Bd. Bd, 81. 8 34 151 diek. Die Isthmusbreite ist bis 6x, die Scheitelbreite bis 13x weit. Staurastrum jaculiferum West. Die Zellen sind (ohne Stacheln) bis 20 x lang, bis 18x breit, die Stacheln sind bis 18% lang. Staurastrum protractum. Fig. 14. Die Zellen von der Scheitelseite gesehen sind drei, vier oder fünfeckig, mit flach eoncaven Seiten, dünn auszogenen, lanzettlichen Ecken, Von der Vorderseite gesehen in der Mitte tief eingeschnürt, die Einbuchtung abgerundet, die Seiten gerade, die Scheitellinie concav. Die Ecken lang ausgezogen, lanzettlich, spitz, divergirend. Die Membran ganz glatt, gleichmässig (auch an den ausgezogenen Ecken) sehr dünn, farblos. Die Zellen sind bis 45 ı lang und breit, in der Mitte nur 181. lang, 10 x breit. Staurastrum tetracerum Ralfs. Staurastrum paradoxum Breb. Staurastrum Wandae Rac. Forma pentagona, hexagona, heptagona. Die gujanischen Formen sind verhältnissmässig etwas breiter als die polnischen. Die Zellen sind 22—35 y. lang, ohne Stachel 25 — 34 u breit, die Isthmusbreite bis 14, die Stacheln bis 10 u lang. Staurastrum brachiatum var. longipedum. Fig. 20. Von der Scheitel- seite gesehen viereckig, mit sehr langen, dünnen, glatten, eylindrischen, an der Spitze mit drei Zähnehen versehenen Armen, Die Arme der beiden Zellhälften fallen meistens über einander, in vielen Zellen jedoch zwischen einander. Von der Vorderseite erinnert an St. paradoxum, doch ist die Membran der Zellen und der Arme ganz glatt wie bei St. brachiatum, welches viel kürzere Arme be- sitzt. Die Zellen sind (ohne Arme) bis 17 u. lang, die Isthmusbreite bis Il. Die Arme sind bis 24 p. lang. Staurastrum Kozlowskii Rac. Die Zellen bis 84 lang, bis 44 x breit. Die Isthmusbreite bis 15 x weit. Durch den tieferen Mitteleinschnitt von der argentinischen Form verschieden. Micrasterias rotata (Grev.) Ralfs. ver. papillifera. Fig. 17. Die Zellen erinnern ganz an die gewöhnliche Form des Mier. rotata (Ralfs Tab. VII Fig. 16), doch ist die Membran nicht glatt, aber alle tieferen Einbuchtungen so wie M. papillifera mit Reihen niedriger Warzen bedeckt. Die Zelllänge bis 200 x, Zellenbreite bis 190 1, Isthmus 25 breit. Von Mic. papillifera var. evoluta Nordstedt ver- schieden durch die schmalen basalen Lobi jeder Zellhälfte. Micrasterias expansa Bailey. Die Länge der Zellen bis 62 a, die Breite bis 5641, Isthmus 121, Scheitel bis 31 breit. Micrasterius tropica Nordstedt var. gujanense. Fig. 15. An der Basis jeder Zellhälfte zwei grosse Stacheln an der Vorderseite, unterhalb des Scheitels zwei Reihen von niedrigen abgestutzten Papillen. Die Länge der Zelle 94, die Breite 73%, Isthmusbreite 17u, Scheitelbreite 351. Micrasterias euastroides Joshua rar. producta. Fig. 16 Von der Original- abbildung (Linn. Soc. Journal. Bot. Vol. XXI. Taf. 22 Fig. 14) ver- schieden durch die länger ausgezogenen Scheitelhörner. Von M. tropica Nordst. durch die eingeschnittene Basalloben. Die Zellen- 35 länge 70,„, die Breite 55,, die Dicke 22,, Isthmusbreite 13,, Scheitelbreite 32 u. Micrasterias Mahabuleshwarensis Hobson. Forma. Fig. 7. Von der Varietät exeelsior Wallich (Ben. Desm. Tab. XIII Fig. 10) dureh die weniger tief eingeschnittenen basalen Lobi verschieden. Die Zelllänge 90,, die Breite 65,, die Dicke 31,4, die Isthmus- breite 17. Erklärung der Tafeln. Fig. 1 Hyalotheca elegans; Fig. 2, 3 Hynlotheca neglecta; Fig 4 Pleurotaenium breve; Fig. 4a, e Cosmarium gujanense; Fig. 5 Sphaerozosma Goebelii; Fig. & Haplozyga armata; Fig. 7 Micrasterias Mahabuleshwarensis f.; Fig. 8 Xanthidium Smithii f.; Fig 9 Desmidium eylindrieum f. elegans; Fig. 10 Desm. eylindrieum f. media; Fig. 11 Desm. laticeps; Fig. 12 Cosmarium Onychunema; Fig. 13 Arthro- desmus hexagonus var. tumida; Fig. 14 Staurastrum profractum; Fig. 15 Micra- sterias tropica var.; Fig. 16 Micrasterias euastroides f.; Fig. 17 Mircast. rotata f.; Fig. 18 Euastrum spinosum f.; Fig. 19 Euastrum Glaziovrii var.; Fig. 20 Stau- rastrum brachiatum var. longipedum. 5* Ueber die Mechanik der Krümmungsbewegungen bei Pflanzen. Entgegnung auf Grund älterer und neuer Beobachtungen von F. Noll. Mit Abbildungen im Text, Vor kurzer Zeit sind zwei Abhandlungen erschienen, welche sich mit der Mechanik der Krümmungsbewegungen und zwar solcher Krümmungen beschäftigen, welche durch ungleichseitiges Wachsthum verursacht, kurz als Wuchskrümmungen bezeichnet werden können. Ein ziemlich umfangreiches Buch von Kohl!) ist ausschliesslich diesem Gegenstande gewidmet, während Pfeffer in seiner gründlichen Ab- handlung über „Druck- und Arbeitsleistung durch wachsende Pflanzen“) mehr beiläufig, immerhin aber ziemlich eingehend kritisch diese Frage behandelt. In beiden Abhandlungen ist wiederholt Bezug genommen auf meinen Aufsatz: „Beitrag zur Kenntnis der physikalischen Vorgänge, welche den Reizkrümmungen zu Grunde liegen“ °); die dabei zu Tage tretenden oft sehr wesentlichen Meinungsverschiedenheiten ver- anlassen mich, in dieser Frage auch meinerseits noch einmal das Wort zu nehmen. An die Richtigstellung blosser literarischer Missver- ständnisse wird sich nothwendig eine Discussion der verschiedenen Anschauungen anschliessen, zu welchen die gleichnamigen Studien die verschiedenen Beobachter geführt haben. Dass ich dabei in der Lage bin, einige neue Beobachtungen und Versuche mitzutheilen, wird dem Leser vielleicht von Interesse sein, gleich von vorn herein zu erfahren. Wenn ich mich zunächst der später erschienenen Kohl’schen Schrift zuwende, so mag das kurz durch den Hinweis gerechtfertigt erscheinen, dass Kohl zu einer grundsätzlich abweichenden Auffassung sich bekennt und desshalb die Auslegung fast aller Versuche, die von anderen Forschern und mir vorlagen, beanstandet, bezw. zu Gunsten seiner Anschauung anders deutet. Um dem in dieser Frage weniger orientirten Leser das Nach- schlagen der Originalabhandlungen zu ersparen und ihm doch einiger- 80. 94 Seiten. Marburg 1894. ’ 2) Abhandlungen der math.-phys. Classe der kgl. sächs, Gesellschaft der Wissenschaften. XX. Bd. No. III, Mit 14 Holzschnitten. Leipzig 1893. 3) Arbeiten a. d. bot. Institut in Würzburg Bd. III p. 496 ff, 37 maassen eine Vorstellung zu geben, um was es sich hier handelt, sollen die wesentlichsten Differenzpunkte vorerst in einem kurzen Rück- blick einander gegenüber gestellt werden. Kohl versucht in seinem genannten Buche die Krümmungserscheinungen zurückzuführen auf eine aktive Verkürzung der Concavseite und eine dadurch be- dingte passive Ausdehnung der Üonvexseite. Die Verkürzung der Concavseite soll die Folge eines örtlich und einseitig gesteiger- ten Turgordruckes sein, welcher die Zellen der Concavseite aber nicht verlängern, sondern durch vorwiegende Dehnung in ihrer Quer- richtung verkürzen soll. Kohl stellt damit eine Anschauung auf, die vor ihm meines Wissens noch kein Botaniker ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Wenn wir von älteren Vermuthungen und Untersuchungen ab- sehen, so waren durch die bekannten Arbeiten von Sachs über Geotropismus und Heliotropismus die Krümmungen auf das verschiedene Wachsthum der antagonistischen Flanken zurückgeführt worden. Nach- dem man durch Sachs’ sorgfältige Messungen wusste, dass das Wachs- thum oder allgemeiner aufgefasst die Verlängerung auf der convex werdenden Flanke gefördert, die auf der concav werdenden Seite dagegen in ihrem normalen Verlauf gehemmt wird, trat naturgemäss die Aufgabe in den Vordergrund, nach denjenigen Factoren zu suchen, weiche die verschiedenartige Verlängerung unmittelbar bedingen. Bei dem derzeitigen Stand unserer Kenntnisse, bei unsrer völligen Unwissen- heit und Unerfahrenheit bezüglich der eigentlichen Lebensgetriebe im Protoplasma konnten die nächstfolgenden experimentellen Forschungen nur auf die physikalischen Veränderungen gerichtet sein, die als wahr- nehmbare Folgen jener unbekannten Reizvorgänge die Zuwachsgrösse unmittelbar beeinflussen. Es ist klar, dass jene Veränderungen die Zellmembran in Mitleidenschaft ziehen müssen, falls sie nach aussen zur Geltung kommen sollen; denn die Membran umgibt als festes, die Grösse und Gestalt der Pflanzenzelle unmittelbar bedingendes Wider- lager die mehr oder minder flüssigen Bestandtheile des lebendigen Zellkörpers. Der erste Schritt, welcher in dieser Richtung gemacht wurde, knüpfte an die Wahrnehmung an, auf welche Sachs besonders hin- gewiesen hatte, dass nämlich die Turgordehnung der Zellwände für deren Wachsthum von Bedeutung sei, ja als eine Bedingung für deren Wachsthum (durch Intussusception) angesehen werden müsse. De Vries suchte danach die Krümmungen so zu erklären, dass er annahm, die entscheidende Reizwirkung bestehe in der Erhöhung des Turgors 38 auf der Convexseite. Durch ihn würden die Zellen dieser Seite zunächst weiter ausgedehnt, die Dehnung aber durch Einlagerung neuer Zellhautsubstanz, also durch echtes Wachsthum, bald bis zu gewissem Grade fixirt. Diese Auffassung setzt natürlich mehrzellige Pflanzenorgane voraus; da nun aber einzellige Organe oder die Schläuche von Coeloblasten in ganz ähnlicher Weise wie die mehrzelligen Organe zu Krümmungen befähigt sind, so wurde die Forderung, dass der Krümmungsmechanismus auch für einzellige Organe Geltung haben müsse, bald gegen die de Vries’sche Auffassung betont. Im Jahre 1887 war es dann Wortmann, welcher, die Be- rechtigung dieser Forderung unbedingt anerkennend, von einzelligen Organen ausging, um die unmittelbare Krümmungsursache aufzusuchen. Bei einzelligen Organen ist ein ungleicher Turgordruck auf der Flächen- einheit der antagonistischen Seiten von vorneherein ausgeschlossen. Der Anlass zur Krümmung muss hier unmittelbar von einer ungleich- seitigen Veränderung in der Membran selbst gegeben sein. Aus- gehend von einer Bemerkung Sachs’, dass die Zeilwand auf der concaven Seite eines heliotropisch gekrümmten Vaucheria- oder Nitella- Schlauches vielleicht stärker entwickelt sei als an der convexen Seite, fand Wortmann in seinen Experimenten mit Sporangienträgern von Phycomyces und anderen einwandigen Organen dieses Verhältniss in der That gegeben. Er suchte im Anschluss an den Befund bei ein- zelligen Organen weiterhin darzulegen, dass die Krümmung mehrzelliger Organe in der gleichen Weise durch Membranverdiekung auf der Concavseite zu Stande komme und brachte dabei den Nachweis, dass die von de Vries vorausgesetzten Turgordifferenzen auch in mehr- zelligen Organen sich thatsächlich gar nicht einstellen. Als die unmittel- bare Ursache der einseitigen Membranverdickung betrachtete Wort- mann aber die einseitige Ansammlung des geotropisch oder heliotropisch die Organe durchwandernden Plasmas und verlieh damit den, schon von Sachs, Ciesielsky und Kohl beobachteten Plasmaanhäu- fungen an der Concavseite gekrümmter Organe eine erhöhte Wich- tigkeit. Auf alle diese Befunde gestützt, stellte sich Wortmann den Vorgang bei der Krümmung folgendermaassen vor: Das positiv oder negativ wandernde Protoplasma sammelt sich einseitig an einer Organflanke an; diese Ansammlung führt dann hier lokal zu einer stärkeren Verdickung der Membran, die stärker verdickte Membran wächst langsamer in die Länge als die dünner bleibenden Zellwände der gegenüberliegenden Flanke und so kommt eine Krümmung zu Stande, die der Richtung des in positivem oder negativem Sinne 39 wandernden Plasmas entspricht. Damit war sowohl für einzellige wie für mehrzellige Pflanzenglieder eine Krümmungstheorie gegeben, die, auf unzweifelhaften Beobachtungen ruhend und an die Reizbewegungen nackten Protoplasmas anknüpfend, ausserordentlich einleuchtend_ er- schien. So fand sie rasch ihre Anhänger, regte andrerseits aber zu erneuten kritischen Untersuchungen auf diesem Gebiete an. Schon sehr bald konnte Elfvingberichten, dass einseitige Membran- verdiekungen bei einzelligen Organen regelmässig als Folge jeder, auch der künstlichen, gewaltsamen Krümmung auftreten. Elfving betonte dabei, dass das, was in dem einen Falle als Folge nachge- wiesen sei, im anderen nicht ohne Weiters als Ursache betrachtet werden dürfe. Auf die gleichen Wahrnehmungen konnte auch ich hinweisen mit dem Zusatz, dass an völlig gerade gewachsenen Zell- schläuchen von Siphoneen die Zellwanddieke zuweilen streckenweise und unsymmetrisch variirt, ohne zu Krümmungen Anlass zu geben. Was weiterhin die Beobachtung Wortmann’s betrifft, dass auch an horizontal ausgespannten Stengeln von Phaseolus, die an der Krümmung gehindert waren, die Zellen der Oberseite stark verdickt werden, so zeigte Elfving, dass derartige collenchymartige Verdiekungen auch unter ganz anderen Bedingungen lediglich als Folge von mechanischen Zugwirkungen und Zerrungen auftreten. War durch diese Beobach- tungen die Membranverdiekung als Ursache der einseitigen Wachs- thumsverzögerung völlig in Frage gestellt, so konnte bei einer auf- merksamen Ueberlegung und Prüfung der Wortmann ’schen Theorie der Umstand nicht übersehen werden, dass sie für die von Sachs besonders betonte Wachsthumsförderung auf der Convexseite keinerlei Anhaltspunkte zur Erklärung bot. Nachdem ich auf diese Lücke in seiner Theorie aufmerksam gemacht hatte, versuchte Wortmann die Wachsthumsförderung der Convexseite so mit seiner Anschauung in Einklang zu bringen, dass er annahm, die Streckung dieser Seite rühre her von dem Ausbleiben weiterer Membranverdickung dort, denn die Membranen müssten, wenn sie nicht immerzu verdickt würden, durch den Turgor in immer beschleunigtem Tempo weitergedehnt werden. Diese Meinung steht jedoch mit den Erfahrungen, die man über Wachsthumsstillstand bei Pflanzen im sauerstoffleeren Raum oder bei niederer Temperatur gemacht hat, jedenfalls aber auch mit den elementaren physikalischen Erfahrungen an elastischen Körpern in Widerspruch: Ein elastisch gedehnter Körper nimmt bei einer bestimmten Zugwirkung eine Form und Ausdehnung an, bei welcher seine elastische Gegenwirkung dem äusseren Zug das Gleichgewicht 40 hält. Ein Kautschukband, welches durch das Gewicht G auf die Länge L gedehnt wird, braucht dann keineswegs mehr verdickt zu werden, um keine weitere Dehnung zu erfahren; so liegt auch durch- aus keine Veranlassung für eine Zellmembran vor, sich zu verlängern, wenn bei erreichter Maximalspannung der Turgor und ihre physikalische Qualität constant bleiben. Qualitätsänderungen der Membran waren aber beiWortmann ausdrücklich ausgeschlossen. Dass aber bei den erwähnten Wachsthumsunterbrechungen in der Kälte oder im sauerstofffreien Raum der Turgor auf der normalen Höhe bleibt und die Zellwände bei gleich- bleibender Querschnittfläche von demselben nicht über ihre Elastizitäts- grenze gedehnt werden, haben eigens angestellte Nachforschungen von Askenasy!) und Pfeffer?) nachträglich dargethan, Abweichend von Wortmann führten mich meine eigenen Unter- suchungen zu dem Ergebniss, dass die nächsterkennbare Ursache zu den Krümmungen in einer, vom lebendigen Plasma ausgehenden Ver- änderung der elastischen Eigenschaften der Zellwände zu suchen sei. Aus drei verschiedenen Untersuchungsmethoden schien mir nämlich in gleicher Weise hervorzugehen, dass die innere elastische Gegen- wirkung der Membranen durch jene Lebensthätigkeit verändert wird, derart, dass die Amplitude der Dehnung bei gleichem Turgordruck sich auf der Convexseite vergrössert, auf der Concavseite aber ver- kleinert, oder wie man es kurz ausdrücken kann: Die Dehnbarkeit der Membranen wird auf der Convexseite erhöht, auf der Concavseite verringert. Dadurch verlängern sich zunächst erstere mehr, letztere weniger als bei normaler geradliniger Streckung. Denn dass die Turgorkraft auf der Convexseite nicht relativ erhöht wird, fand ich nach Wortmann durchaus bestätigt; ich fand in vielen Fällen sogar, besonders bei raschem Verlauf der Krümmung, die osmotische Kraft der Concavseite relativ verstärkt. Die ungleich veränderte Dehnbarkeit der antagonistischen Membran- theile durch Vergleichung absoluter Maasse zu bestimmen, war keine Aussicht vorhanden und so suchte ich sie relativ durch Beugungsver- suche sichtbar zu machen. Die theoretische Grundlage für die letzteren war für mich in der folgenden Erwägung gegeben: Wenn der gleich- bleibende Turgor die in ihrer Cohäsion veränderte Membran auf der Convexseite stärker zu dehnen vermag, als bei normalem Wachsthum, so muss eine der Turgordehnung addirte Zugkraft die Dehnung 1) Ueber einige Beziehungen zwischen Wachsthum und Temperatur. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1890 p. 61. 2) Studien zur linergetik der Pflanze p. 240. (92.) 41 entsprechend verstärken. Wenn umgekehrt auf der concaven Seite eine erhöhte innere Gegenwirkung der Membran dem gleichbleibenden Turgor weniger als normal nachgibt, so wird eine der Turgorwirkung addirte Zugkraft bei den Concaymembranen verhältnissmässig weniger ausrichten als auf der Convexseite. Bei einer Beugung des geotropisch gereizten Organs nach der Concavseite zu müsste demnach die Convex- seite um die Grösse x noch mehr gedehnt werden; bei der Beugung durch die gleiche Kraft nach der Convexseite hin dürfte die Concav- seite nur um den kleineren Werth y verlängert werden. Beim Zu- treffen der gemachten Voraussetzung misste also der Ausschlag der Biegung in der Krümmungsebene nach den antagonistischen Seiten verschieden ausfallen, und zwar der nach der Concavseite (V-Seite) hin grösser als bei dem ungereizten, geraden Organ; dagegen der nach der Convexseite (X-Seite) hin gerichtete kleiner als im ungereizten geraden Organ. Die zahlreich angestellten Versuche zeigten in der That die vermuthete Differenz in ausgesprochener und unzweideutiger Weise. Um mögliche Fehlerquellen thunlichst zu vermeiden, bezw. zu corrigiren, wurden die zu den Versuchen ausgewählten Organe zunächst eine zeitlang unberührt sorgfältig weiter cultivirt; es wurde sodann am gerade gestreckten Organ eine Seite als Y-Seite, die gegenüberliegende als X-Seite vorausbestimmt und markirt, und der Ausschlag gemessen, welchen die beiden Seiten bei einem seitlich angreifenden beugenden Zug von Haus aus ergeben. Die eventuelle Differenz ergab also den präexistirenden Unterschied in der Dehnbar- keit, der im inneren, vielleicht nieht ganz symmetrischen Bau und anderen unsymmetrisch vertheilten Widerständen begründet ist. Bei der Beurtheilung der physiologisch veränderten Widerstände musste die präexistirende Differenz natürlich in Anrechnung gebracht werden (vergleiche weiter hinten p. 480). Die Organe (Blüthenschäfte, Keim- stengel u. s. w.) wurden danach wagrecht gelegt, mit der X-Seite nach unten, und in dieser Lage durch Korkstücke u. dergl. unterstützt zur Verhütung einer mechanischen Durchbiegung nach unten. Die Gipfelenden, welche vor einer Scala sich befanden, wurden mit dem Ablesefernrohr beobachtet. Sobald die geotropische Aufrichtung sich geltend machte, sobald also mit anderen Worten die physikalischen Bedingungen der Reizbewegung eingetreten waren, wurden die fast noch geraden Organe senkrecht aufgestellt und sofort die Beugungen mit allen dabei angezeigten Vorsiehtsmaassregeln vorgenommen. Sie ergaben immer das gleichlautende Resultat: einen deutlich grösseren Ausschlag nach der Concavseite hin (p. 450). 42 Diese Beugungsversuche sind sowohl von Kohl wie von Pfeffer beanstandet worden. Kohl hält sie für prineipiell verfehlt, Pfeffer's Einwände betreffen einestheils «die theoretische Deutung des Wachs- thunısmodus, anderntheils beruhen sie lediglich auf einem blossen Ueber- sehen einiger meiner Zusätze. Ich wende mich zunächst der Kohl’schen Kritik zu. Kohl sagt in seinem erwähnten Buche, p. 10: „Noll’s Theorie fusst in erster Linie auf seinen Beugungsversuchen mit geotropisch gereizten Stengeln, von deren Exaktheit ich mich, wie ich in Kapitel VI dieser Abhandlung dargelegt habe, nicht überzeugen konnte“. Seite 39 heisst es dann nochmals: „Noll’s Beugungsversuche.. . . sind falsch, wie ich im Kapitel VI nachweise“. Diese Worte müssen in dem unbefangenen Leser den Gedanken erwecken, dass Kohl Fehler in der Anordnung, in der Ausführung oder in den Ergebnissen meiner Beugungsversuche entdeckt habe. Das ist aber, wie sich nachher im Kapitel VI herausstellt, keineswegs der Fall. Kohl hat meine Ver- suche nachgemacht und durchaus bestätigt gefunden. Der gerügte Mangel an Exaktheit, die Fehlerhaftigkeit, liegt nach Kohl in einem Umstande, von dem ich am allerwenigsten erwartet hätte, dass er beanstandet werden würde. Kohl sagt nämlich im Kapitel VI (p. 74): „Führt man die Beugungsversuche in der Noll’schen Weise aus, so erhält man Resultate wie die seinigen, dieselben sind jedoch natur- gemäss falsch. Es ist durchaus nöthig, nach der Horizontallagerung des Sprosses erst die Nachwirkung sich abspielen zu lassen und dann — sind die Ausschläge beiderseits nahezu gleich!“ Was ist von solchen Versuchen auch anders zu erwarten? Wenn man untersuchen will, welche Veränderungen die geotropische Reaktion hervorbringt und mau wartet so lang, bis sie erst vorüber ist, dann findet man nichts mehr; das ist ganz natürlich, Wenn man die Ver- änderungen studiren will, die der Genuss von Alkohol bei Menschen hervorbringt und man wartet, bis die Nachwirkung desselben vorüber- gegangen, so bekummt man höchstens noch den Rückschlag ins andere Extrem zu sehen und von diesem Gesichtspunkte aus ist die Beobachtung Kohl’s ganz interessant, dass der Ausschlag nach ab- gelaufener Nachwirkung, falls er überhaupt Differenzen aufweist, um- gekehrt ausfällt als in gereiztem Zustande. Nuch Kohl ist es aber durchaus nöthig, die Nachwirkung erst völlig sich abspielen zu lassen, weil dieselbe in den weitaus meisten Fällen so gross sei, dass auf ihre Rechnung allein das ganze Plus des Ausschlags bei Dehnung der Convexseite zu setzen sei. Daher, 43 meint Kohl, hätten die eintretenden Krümmungen selbst meine Ver- suchsresultate gefälscht. Das ist ein Einwand, der vielleicht bei der Kohl’schen Versuchsanstellung zutrifft, der aber bei meinen Versuchen thatsächlich nicht in Betracht kam, weil der durch den Bewegungs- vorgang selbst während der Versuchszeit zurückgelegte Weg gegenüber dem Beugungsausschlag verschwindend klein war. Keinesfalls darf doch aber der durch die langsam verlaufende Reizbewegung entstehende Beobachtungsfehler so eliminirt werden, dass man die Grundbedingung des Versuches selbst, nämlich den geotropischen Reizzustand der Organe, zerstört. Damit setzt man ja an Stelle einer vermeidbaren Fehlerquelle den grössten logischen Fehler, der sich überhaupt bei dieser Versuchsanstellung denken lässt. Kohl mag durch die An- wendung unzweckmässig kleiner Zugkräfte (2g) mit der durch die Nachwirkung veranlassten Krümmung in Confliet gerathen sein. Wenn man aber, wie das bei meinen Versuchen geschah, mit ein- seitigen Zugkräften von 208g operirt und während einer Versuchs- dauer von etwa 2 Minuten Ausschlagsdifferenzen von 12 bis 14 Milli- meter erhält, während die geotropische Bewegung des freistehenden Organendes in dieser Zeit noch keinen Millimeter zurücklegt, so ist damit eine wesentliche Beeinträchtigung der Versuchsergebnisse aus- geschlossen, Der „grobe Fehler“, den Kohl (p. 74) meinen Beugungsversuchen nachsagt, ist, wie man hiernach ersehen wird, überhaupt kein Fehler, sondern die wesentlichste Voraussetzung für die Versuche; erst Kohl hat bei seiner Wiederholung der Beugungsversuche solche Fehler eingeführt: Einen technischen, indem er die Belastung so klein wählte, und einen logischen, der von vornherein das zu nichte macht, was durch die Versuche gefunden und gemessen werden soll. Auch in noch anderen Punkten sind die Kohl’schen Beugungsversuche nicht einwurfsfrei. Man liest auf Seite 75 seiner Abhandlung, dass seine Versuchsobjecte am Schluss des Versuches um 45° oder um fast 90° gekrümmt waren. Um bei so stark gekrümmten Organen die Dehnungsfähigkeit der antagonistischen Seiten unter gleichen äusseren Spannkräften zu bestimmen, genügt aber die von mir und Kohl be- folgte einfache Anordnung der Versuche durchaus nicht mehr, und es würde besonderer Berechnungen und Vorrichtungen bedürfen, um die Richtung der Zugwirkung so zu bemessen, dass die Längs- componente, auf die es doch wesentlich ankomnit, auf der stark con- caven und der stark convexen Seite gleich ausfällt. Gerade um diese Complicationen zu vermeiden, und die damit verbundenen Fehlerquellen 44 auszuschliessen, wurden von mir die gereizten Organe zu einer Zeit untersucht, wo sie die Krümmung eben begonnen hatten und ohne Bedenken noch als gerade betrachtet werden konnten. Wie bereits eingangs erwähnt, suchte Kohl die Erklärung für den Krümmungsmechanismus in der activen Verkürzung der Con- cavseite, hervorgerufen durch vorherrschende Querdehnung der dort gelegenen Zellen unter dem Einfluss des hier einseitig gesteigerten Turgors. Diese Turgorerhöhung ist nach Kohl nicht nur die erste, sondern auch die regelmässigste Veränderung, die sich in gereizten Organen vor der Krümmung erkennen lässt. Es steht diese Angabe aber in Widerspruch mit den erwähnten Befunden von Wortmann, welche durch meine Untersuchungen bestätigt und dahin erweitert wurden, dass in rasch sich krümmenden, kräftig reagirenden Organen oft sehr bald ein relativ erhöhter Turgor auf der Concavseite festzustellen ist. Kohl sieht in dieser Ergänzung einen Widerspruch; denn entweder trete die Plasmolyse erst oben oder erst unten, oder oben und unten gleichzeitig ein. Es ist mir nicht verständlich, warum Kohl behauptet, meine eine Angabe hebe die andere geradezu auf, wenn ich die in verschiedenen Versuchsobjecten thatsächlich vorgefundenen Differenzen nebeneinander stelle und erwähne. Eine Verallgemeinerung des einen oder des anderen Befundes würde hier ja sichtlich mit den Thatsachen in offenen Widerspruch treten. — Meine damals geführten genauen Aufzeichnungen weisen, wie ich mich nochmals überzeugt habe, aber eine ganze Reihe von Beobachtungen auf, bei welchen eine Turgor- differenz bei eben eintretender Krümmung nicht gefunden wurde. Die bestimmte Bejahung dieser Frage durch Kohl veranlasste mielt aber auch zu einer erneuten Prüfung dieser Verhältnisse, welche aber nicht anders ausfiel als die erste. Zu Beginn der Krümmung, wenn also die unmittelbare Krümmungsursache schon sicher thätig ist, war in den allermeisten Fällen der Turgor auf den antagonistischen Seiten . gleich. Die selteneren Fälle, in denen sich bald nach Beginn der Krümmung eine schwache relative Erhöhung zu gunsten der Concav- flanke zeigte, haben aber den übrigen gegenüber schon deshalb nieht die von Kohl angenommene prineipielle Bedeutung, weil ja auch bei gleichbleibendem Turgor die Krümmung thatsächlich vor sich geht. Die Ergebnisse derartiger plasmolytischer Untersuchungen sind übrigens keineswegs so leicht ganz sicher und unzweideutig festzustellen, wie man wohl vermuthen könnte, denn die Plasmolyse tritt selbst bei benachbarten Zellen derselben Rindenschicht oder der Epidermis oft nicht gleichzeitig ein. Einzelne Zellen erscheinen früher, andere ers! 45 später bei erhöhter Concentration des Plasmolysators plasmolysirt. Auf ein genaues Abzählen der Majorität kann man sich bei der steten Veränderung des Bildes aber nicht einlassen, so dass das gewonnene Resultat immer mehr oder weniger von subjeetiver Schätzung ab- hängig bleibt und Irrthümer bei der subjeetiven Beurtheilung besonders nahe gelegt werden. Eine ausgesprochene Turgordifferenz fand ich immer erst nach weiter vorgeschrittener Krümmung, was ich mir (l. c. p. 525) damit erklärte, dass die osmotische Leistung der Convexzellen bei der Streckung durch starke Wasseraufnahme noth- wendig zunächst verringert und erst durch regulatorische Vorgänge vom Protoplasma aus allmählich wieder auf die frühere Höhe gebracht. werden müsse. Es ist daher nicht zutreffend, wenn Kohl behauptet, ich hätte gar nicht den Versuch gemacht, die widersprechenden An- gaben miteinander verträglich erscheinen zu lassen. Das Auftreten der Krümmung in vielzelligen Pflanzengliedern mit allseitig gleichbleibendem Turgor beweist jedenfalls, dass die in anderen Fällen auftretende Turgordifferenz zu Gunsten der Concavseite nicht in prineipiellem Zusammenhang mit der auftretenden Krümmung steht. Ja selbst dann, wenn in allen Fällen eine grössere osmotische Leistung auf der Concavseite sich herausgestellt hätte, dürfte auf ein Causalverhältniss daraus ebensowenig ohne Weiteres geschlossen werden, wie aus den Wortmann’schen Beobaehtungen über Membranver- dickungen u. dergl. auf der concaven Flanke. Ebenso wie diese nur eine Begleiterscheinung der Krümmung sind, die nach Elfving auch an künstlich gekrümmten und aın Klinostat rotirenden Pflanzen- organen auftritt, so könnte eine Zunahme der osmotisch wirk- samen Stoffe als Vorläuferin jener, durch Wortmann bekannt ge- wordenen, hypertrophischen Veränderungen eintreten. Die Nützlichkeit derartiger Begleiterscheinungen leuchtet aber ohne Weiteres ein, wenn man bedenkt, dass bei der Krümmung des Organs die Concavseite einer Zugwirkung ausgesetzt ist und dieser einen entsprechenden Widerstand entgegensetzen muss. Dass aber die mechanische Zugwirkung an sich schon solche Begleiterscheinungen indueirt, haben zum Theil die er- erwähnten Untersuchungen von Elfving, besonders aber diejenigen von Hegler!) erwiesen. Hegler hebt insbesondere hervor, dass die unter Zugspannung stehenden Streckungszonen seiner aufrecht- 1) Ueber den Einfluss des mechanischen Zugs auf das Wachsthum der Pflanze in „Cohn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanzen“ Bd. VI Heft 3, 46 stehenden Versuchspflanzen einen um 3—7 Atmosphären höheren 'Turgordruck annehmen als die freigebliebenen Pflanzen.!) Die von Wortmann aufgefundene Vermehrung des Protoplasmas und seiner Inhaltskörper (Stärke), sowie die Membranverdickungen der Zellen auf der Coneavseife machen es wahrscheinlich, dass es sich dort auch wirklieh zunächst um eine absolute Vermehrung der vsmotisch wirkenden Substanzen handeln wird (also auch wohl um eine absolute Steigerung des Turgordruckes), die durch den blossen Nachweis eines relativ höheren Turgors aber noch nicht festgestellt ist. Bei der Wichtigkeit, welche eine absolute Erhöhung des Turgordruckes für die Kohl’sche Hypothese hat, sollte man erwarten, in seiner Schrift genaue Angaben über das Ansteigen des Turgors über die Normal- höhe zu finden. Denn die Tonnendeformation und absolute Verkürzung der Concavzellen soll doch nach ihm die Folge eines, über dus ge wöhnliche Maass gesteigerten Turgordruckes sein. Diese Vorbedingung für die Contraetion der Coneavseite scheint Kohl jedoch nicht ex- perimentell sicher gestellt zu haben. Die einzige Angabe, aus welcher man auf eine solche absolute Steigerung vielleicht einen Schluss ziehen dürfte, findet sich auf Seite 60, wo die Plasmolyse eines geraden und eines anderen gekrümmten Pisum-Stengels verglichen wird. Es wird da angegeben, dass dreiprocentige Salpeterlösung im geraden Stengel, etwa in der Zone, wo die Krümmung im horizontal gelegten Stengel auftrat, „sehr bald“ ein Abheben des Plasma- körpers zu Stande brachte, dass dieselbe Salpeterlösung am gekrümmten Stengel auf der Convexseite die Plasmolyse „sofort“, auf der Con cavseite aber erst „nach einiger Zeit“ hervorgerufen habe. Wenn man nun auch voraussetzen könnte, dass der Turgor der Zellen in beiden Versuchspflanzen ursprünglich ganz gleich gewesen sei, wä9 aber durchaus nicht zutreffen muss, so blieben für die Beurtheilung einer absoluten Steigerung des Concavturgors nur einige unbestimmte Zeitangaben, das „nach einiger Zeit“ für die Plasmolyse der Concav- zellen, das „sehr bald“ für die des geraden Stengels. Ausser al dieser höchst zweifelhaft bleibenden Stelle ist nirgends die Turgorkraft der Concavseite verglichen mit der osmotischen Kraft im ungereizten Zustande, sondern stets nur verglichen mit der der Convexseite. Diese relativen Angaben gestatten aber um so weniger einen Rücksehluss auf das absolute Maass, als Kohl auch selbst (p. 59) die Kraus’schel Beobachtungen bestätigt, dass „unmittelbar nach dem Horizontallegen 1) Hegler l. ce. p. 27 u. 28, 47 eines negativ geotropischen Organs eine absolute Verminderung von freien Säuren im Zellsaft der convex werdenden Zellen stattfindet.“ Der Nachweis eines absolut gesteigerten Turgordrucks auf der Coneavseite, auf welchen es für die Verkürzung ankommt, ist also von Kohlin keinem einzigen Falle zweifellos erbracht worden. Seine Theorie stüzt sich also auf ein ganz unsicheres Fundament. Der Weiterbau, den Kohl auf dieser unsicheren Basis unternimmt, ist aber ex- perimentell nicht besser begründet. Er nimmt an, dass die von ihm vorausgesetzte Turgorsteigerung auf der Concavseite nicht eine Ver- längerung, sondern dureh tonnenförmige Deformation eine Verkürzung erziele. Er sucht (p. 7) dieselbe glaubhaft zu machen an einem Zellenschema, welches abwechselnd einfache und doppelte Membran- dicke (ersteres an der Intercellularengrenze, letzteres da, wo Nachbar- zellen anstossen) aufweist. Wie man sich auf jedem mikroskopischen Schnitt überzeugen kann und wie es die eigenen Zeiehnungen von Kohl auf Tafel III vorführen, ist dieses Schema in vielen natürlichen Geweben aber gar nicht verwirklicht; man findet sogar oft das Giegen- theil, wie z. B. in dem jungen Rindenparenchym der Vicia Faba. Kohl beruft sich bei seiner Annahme einer Verkürzung durch Turgor auch auf die Untersuchungen von de Vries am Rindenparenchym von Wurzeln, Diesen Hinweis könnte man schon eher gelten lassen, wenn nicht für andere parenchymatische Gewebe, für Blattpolster, für die Staubfäden der Cynareen, ja für alle jene Organe (Stengel und Blattstiele ete.), die sich bei der Plasmolyse verkürzen und bei Turgorsteigerung elastisch verlängern, das Gegentheil nachgewiesen wäre, Die von de Vries untersuchten Wurzeltheile verlängern sich bekanntlich bei der Abnahme des Turgordrucks und verkürzen sich mit der Zunahme des osmotischen Innendrucks. Schon durch dieses Verhalten zeigen sie an, dass in ihren Zellwänden ganz eigenartige und von denen der meisten oberirdischen Organe abweichende Elastizitäts- verhältnisse herrschen. Es hätte deshalb der experimentelle Nachweis er- bracht werden müssen, dass der Turgor auf der Concavseite der gereizten Stengel ebensolche besondere Dehnungsverhältnisse vorfindet, wie in jenen Wurzelgeweben, wo sie einer bestimmten Lebensaufgabe dienstbar gemacht sind und in ihrer Figenart desshalb eigens erworben sein können. — Auch diesen wichtigen Nachweis, mit welchem seine Theorie steht oder fällt, ist uns Kohl durchaus schuldig geblieben. Die in seinem Kapitel über Contractionserscheinungen mitgetheilten ver- gleichenden Messungen von verschiedenen Zellen beweisen für die vorliegende Frage gar nichts. Erstens ist es fraglich, ob aus so an- 48 gestellten relativen Vergleichen (p. 43) überhaupt auf die berechnete Verkürzung geschlossen werden darf. Wenn nämlich die Concav- zellen eines gekrümmten Stengels physiologisch im Weiterschreiten des Längenwachsthums gehemmt werden, während die Zellen an den basal- und gipfelwärts gerade bleibenden Stengeltheilen ungestört weiter wachsen, so ist der schliessliche relative Unterschied nicht, wie Kohl annimmt, lediglich auf active Verkürzung der Concavzellen, sondern zum Theil jedenfalls auf die ungestörte Verlängerung der gerade fortwachsenden Zellenreihen zu setzen. Die Fälle, wo es sich aber um unzweifelhafte Verkürzungen handelt, wie z. B. bei den Krümmungen der 'Tradescantia-Knoten u. a. geben über die Ursache jener Ver- kürzung keinerlei Aufschluss, nicht einmal darüber, ob sie activ oder bloss passiv ist. Die für die Kohl’sche Theorie prineipiell so wichtige Frage: Bringt ein erhöhter Turgor in den Concavzellen Verkürzung bervor, konnte aber nach dem Vorgange de Vries’ einfach und unzweideutig entschieden werden und wenn auch das Verhalten normal gewachsener Stengeltheile bei plasmolytischen Versuchen sehon sehr deutlich gegen diese Annahme spricht, so halte ich es doch nieht für überflüssig, die Versuche, die ich noch darüber angestellt habe, hier mitzutheilen. Zu- nächst wurden die Dehnungsbewegungen gerader Stengeltheile und einzelner Längsschnitte aus solchen unter dem Einfluss gesteigerten oder verminderten Turgordrucks durch genaue mikroskopische Messungen noch einmal controllirt. Ich konnte dabei feststellen, dass jede Ver- minderung der Turgorspannung sofort und dauernd zur Ver- kürzung ganzer Stengeltheile uder des abgeschälten Rindenparen- chyms führt, dass dagegen Steigerung des hydrostatischen Druckes sofort und stets Verlängerung der Gewebe zur Folge hatte, Als Versuchspflanzen dienten Helianthus-Keimlinge, die in guter Gartenerde erzogen waren, sowie junge Erbsenpflanzen, welche theils in Quell- wasser, theils in Nährlösungen mit einem Gehalt von 5 °|oo Kalisalpeter gewachsen waren. Die zu beobachtenden Pflanzentheile wurden zur Verminderung der Turgorspannung mit Salpeterlösungen verschiedener Concentration — ansteigend von Viertel zu Viertel Procent bis zu völlig plasmolysirender Lösung — in Berührung gebracht und ihr frei be wegliches Ende ständig von Anfang an im Auge behalten. Längs- schnitte aus dem Rindenparenchym oder aus diesem mit der Epidermis wurden zur Verhinderung der Krümmung durch Gewebespannungen unter einem langen, beiderseits unterlegten Deckglase beobachtet, wo- durch die Krümmung des Schnittes verhütet war, nicht aber seine freie 49 Verkürzung oder Verlängerung. Wie schon erwähnt, war das Resultat der mikroskopischen Messung in Salpeterlösungen stets eine Verkürzung, während die de Vries’schen Wurzeln unter diesen Umständen zunächst eine ausgiebige Verlängerung zeigten. Zur Steigerung des hydrostatischen Innendrucks wurden die ganzen Stengeltheile oder die Schnitte unter denselben Vorsichtsmaassregeln in kaltes oder lauwarmes destillirtes Wasser gebracht, welches vor- her aber reichlich Luft aufgenommen hatte. Die Wasseraufnahme der Versuchsobjeete führte sofort und steis zur Verlängerung, niemals aber zu einer Verkürzung, wie sie unter diesen Umständen die erwähnten Wurzeln darbieten, Dass die beobachtete Verlängerung nicht auf Kosten des fortschreitenden Längenwachsthuns zu setzen war, wurde durch Messung des 24stündigen Zuwachses und Reduction desselben auf die Versuchsdauer sichergestellt: Der berechnete Zuwachs erwies sich gegenüber der Turgordehnung während der Versuchsdauer als verschwindend klein; es ist zudem fraglich, ob er nach dem operativen Eingriff überhaupt noch vorhanden war. Hiermit ist experimentell festgestellt, dass die Parenchyme der untersuchten gerade wachsenden Stengel sich bei Turgorschwankungen umgekehrt verhalten wie die Parenchyme jener Wurzeln. Es wäre nun allerdings noch die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass die Dehnbarkeit der Concavzellen sich unter dem Einfluss des Gravitations- reizes in dieser Beziehung veränderte und dass gerade in dieser Ver- änderung die erste wahrnehmbare Erscheinung der Reizwirkung vorläge. Um auch hierüber keinen Zweifel bestehen zu lassen, nahm ich in gleicher Weise wie mit den gerade gewachsenen Stengeln Beobachtungen mit der concav werdenden Seite gereizter Stengel vor. Da das Arbeiten mit Schnitten aus gekrünmten Stengeln, selbst dann, wenn die Krümmung noch ziemlich Bach ist, sehr erschwert ist, so wurden die Rinden- längsschnitte einestheils der Oberseite solcher Stengel entnommen, welche sach dem Horizontallegen eben die Aufrichtung begonnen hatten. Da die Krümmungsursache in denselben schon wirksam war, so musste sich das von Kohl vorausgesetzte Verhalten gegebenen Falls auch schon geltend machen. DieZellen der in concaver Krümmung begriffenen Rinde verhielten sich aber nicht anders als im geraden ungereizten Stengel. Um die Gewebe aber auch im Höhepunkt der geotropischen Action und doch ohne die störende Krümmung beobachten zu können, wandte ich folgendes Verfahren an: Ich indueirte den Versuchspflanzen durch Horizontallegen eine Krümmung, die ich bis etwa 40° vorschreiten liess, Unter günstigen Bedingungen war diese Flora 1895. Ergänz,-Ba. 81. Bd, 4 50 Biegung in kurzer Zeit erreicht. Dann wurde das Organ sofort um 180° gedreht, so Jass die frühere Concavseite nach unten kam. Nach abgelaufener Nachwirkung wurde die frühere Bewegung stationär und ging alsbald in die gegentheilige über; war dann der Stengel wieder annähernd gerade gestreckt!) und in horizontaler Stellung, so war darin die geotropische Action doch in vollstem Gange. Die der oberen Flanke solcher Stengel entnoınmenen Längsschnitte verkürzten sich aber bei Turgorsenkungen und verlängerten sich bei Turgor- steigerung ganz ebenso wie die Gewebe der geraden Stengel. Der von Kohl unterlassene Nachweis einer vorwiegenden Querdehnung bei Turgorsteigerung ist damit experi- mentell im gegentheiligen Sinne erbracht. Ganz nebenbei möchte ich noch bemerken, dass schon die mikro- skopische Betrachtung von senkrecht geführten Längsschnitten aus solchen Stengeln, die nach starker Krümmung sieh rückbewegen, gegen die tonnenförmige Deformation spricht. Die Zellen der oberen (früher unteren) Flanke, die sich verkürzen sollen, sind hier so lang gestreckt und eng aneinander gelagert, dass sie beim Aufheben der Biegung unmöglich eine solche Deformation ausgeführt haben können. Eine solche ist aber zur Kohl’schen Action erforderlich, auch wenn, wie hier, keine absolute Verkürzung eintritt; in solehen Fällen muss nach Kohl die Turgorverkürzung das Längenwachsthum mehr oder minder compensiren (Kohl p. 44). Es ist bei der Beurtheilung der ganzen Frage aber auch noch das zu berücksichtigen, dass die aus plasmolytischen Versuchen nicht einmal völlig sicher zu berechnende osmotische Kraft?) nicht ohne Weiteres einen Schluss auf die Grösse der Turgorspannung gestattet, denn die osinotische Leistungsfähigkeit des Zellsaftes ist doch immer- hin nur eine Bedingung für die Turgorgrösse. Die Menge des disponiblen Wassers (unterhalb des Maximums), die veränderliche Permeabilität des Protoplasmas u. a. sind weitere Factoren , die dabei eine wesentliche Rolle spielen. Das Welken von Pflanzentheilen lehrt zum Beispiel, wie die Concentration des Zellsaftes und damit die osmotische Leistung desselben zunehmen kann, während der Turgor dabei sinkt. Die auffällige Erschlaffung der Concavseite an stark gekrümmten Grasknoten, welche ganz an die Erschlaffung der unteren Gelenkpolsterhälfte von Mimosa pudiea erinnert, wenn ıpan aus freier 1) Dies tritt bei einzelnen Versuchsobjeeten (mit langen Wachsthumszonen) besser und sicherer ein, als bei anderen. 2) Vgl. Pfeffer, Energetik p. 228 (80). 51 Hand Beugungsversuche in der Krümmungsebene vornimmt!), lüsst auch hier auf eine Turgorverminderung schliessen, die vielleicht trotz erhöhter osmotischer Kraft durch das Eingreifen anderer Varianten zu Stande kommen könnte. Aehnlich liegen die Verhältnisse ja auch bei den Stücken aus Hippuris-Sprossen, die ich in nicht dampfgesättigtem Raume und olıne dass sie mit Wasser in Berührung standen, ilıre geotropische Reaction ausführen liess, Es kamen auf diese Weise Krümmungen zu Stande, welehe den Spross U-förmig bogen. An der Biegungsstelle zeigte sich die Convexseite turgescent, straff und glänzend, die Concavseite dagegen runzlig und schlafl, obwohl in ihren welken Zellen der Zellsaft wahrscheinlich eoncentrirter war als in den prallgefüllten Convexzellen. Jedenfalls sind aber solche‘ Con- cavzellen bei der Krümmung nicht activ betheiligt. Koh] führt zur Bestätigung seiner Auffassung, eine Reihe von Beobachtungen über Gewebespannung in gekrümmten Organen und eine Anzahl Kerbschnittversuche ins Feld. Diese sind aber, wie sich im Folgenden zeigen wird, nicht im Stande, den Mangel directer positiver Beweise für seine Anschauungen zu ersetzen. Aus seinen Beobachtungen über die Gewebespannung in ge- krümmten Pflanzentheilen, geht nämlich nicht hervor, inwieweit die normale Gewebespannung an den Erscheinungen betheiligt und be- rücksichtigt ist. Aber auch das, was für sonstige Spannungsänderungen während der Krümmung spricht, ist eben so gut mit anderen Auffas- sungen vereinbar als mit der Kohl’schen Hypothese. Längshälften ge- rade gewachsener Stengel krümmen sich bekanntlich nach aussen, weil sich die centralen Gewebe gegenüber den peripheren 'Theilen ver- längern. Wenn nun im gekrümmten erdabwendigen Stengel die erd- wärts gerichteten peripherischen Gewebe sich gegenüber den eentralen Geweben verlängern und ebenso die eentralen Gewebe sich correlativ gegenüber der zenithwärts gerichteten Rinde der Epidermis verhalten, so folgt daraus eine Abnahme der normalen Gewebespannung in der unteren Längshälfte und eine Steigerung des normalen Spannungs- unterschiedes in der oberen Längshälfte des Stengels. Wenn daher Kohlangibt, dass bei der Längsspaltung eines geotropisch gekrünmten Stengels die Concavseite die Krümmung verstärkt, die Convexseite sie dagegen verflacht, so ist diese Erscheinung mit anderen Krümmungs- ursachen doch mindestens ebenso gut vereinbar als mit der Kohl’schen Hypothese, so dass diese Ergebnisse nicht als Beweis für die letztere 1) Ich beziehe mich hier auf abgeschnittene, in feuchten: Sande steckende Haime. 4* 52 herangezogen werden können. Wenn Kohl bei diesen Versuchen andererseits darauf hinweist, dass bei der Zerlegung der gekrümmten Stengel in drei horizontale Längslamellen die mittlere und die untere nahezu gleiche Länge behalten, während sich die obere allein verkürzt, so spricht dies mit Rücksicht auf die normale Gewebespannung dafür, dass die erdwärts gelegene Flanke gewachsen ist, nicht aber für ihre gewaltsame mechanische Dehnung. Im letztgenannten Falle müsste sie sich nach dem Aufhören des Zuges doch verkürzen, Einen besonderen Werth legt Kohl auf den Ausfall seiner Kerbschnittversuche. Diese wurden so ausgeführt, dass geo- tropische Organe, z. B. Erbsenstengel, einseitig mit Einschnitten ver- sehen wurden, die etwa 2mm von einander entfernt waren. Die Stengel wurden dann horizontal gelegt, wobei die Einschnitte entweder oben oder unteyg hin zu liegen kamen, Im ersten Fall bleibt die Krümmung hinter derjenigen unverletzter Pflanzen bedeutend zurück, im letzten Falle dagegen überholt sie die Bewegung unverletzter Pflanzen, obgleich aus der verletzten Seite Wasser austritt und der Turgor nach Kohl abnimmt. Kohl folgert aus diesen Versuchen, deren Ausfall ich bestätigen kann, dass die Action nothwendigerweise von der Coneavseite ausgehen müsse. Ihre Contraction sei dureh die Verletzung unmöglieh gemacht, während Einschnitte auf der Unterseite die passive Dehnung der Convexseite nur fördern könnten. Bei der Wiederholung dieser Versuche mit Stengeln von Pisum, Ifelianthus, Tropaeolum und Faba fand ich aber alsbald, dass denselben keineswegs die Bedeutung beizumessen ist, die Kohl ihnen beilegt, dass sie überhaupt zur Entscheidung der vorliegenden Frage ganz unbrauchbar sind. Kohl hat bei ihrer Beurtheilung die auffällige Wirkung der Einkerbungen an sich übersehen, die ihm aus Controllversuchen sofort in ganzer Deutlichkeit hätte klar werden müssen. Wie mir schon gleich die ersten Versuche zeigten, bewirken nämlich derartige einseitige Einkerbungen an sich schon eine beträchtliche Krümmung, wobei die unverletzte Seite concav wird. Diese Krümmung tritt oft schon sehr auffällig ein, während man die Pflanzen noch unter dem Messer hat; sie ist aber jedenfalls im Laufe der nächsten halben Stunde zu beobachten, wenn man die Pflänzchen nach der Operation wieder senkrecht gestellt hat oder am Klinostat rotiren lässt. Erbsenstengel nahmen nach der Einkerbung trotz des entgegenstehenden Geotropismus eine solehe Krümmung an, dass der Gipfel horizontal stand oder gar abwärts gekehrt war. Horizontal ge- legte Erbsenstengel, die man oben eingekerbt hat, krümmen sich unter 58 dem Einfluss der Verwundungen oft so, als ob sie positiv geotropisch wären. Fig. 1 zeigt das Resultat der Einkerbungen an einem jungen aufrecht stehenden Erbsenstengel, dessen Schattenriss in den Conturen genau wiedergegeben ist. In dieser Lage verharrte der Gipfeltheil dem Geotropismus zum Trotz lange Zeit. — Worauf diese traumatische Krümmung beruht, habe ich noch nicht näher untersucht. Ich ver- muthe, dass die normale Gewebespannung nach Aufhebung des Zu- sammenhangs in der negativ gespannten Epidermis und Rinde sie zunächst hervorruft; in späteren Stadien treten aber augenscheinlich noch Hervor- wölbungen und Wucherungen der Wund- flächen fördernd dazu. Die Ursache dieser Erscheinung ist aber für uns zunächst gleichgiltig; das, worauf es allein an- kommt, ist die Thatsache, dass Ein- kerbungen starke Krümmungen veran- lassen können, welche die geotropischen Bewegungen vollständig entstellen. Ich fand die traumatische Krümmung im Allgemeinen um so schärfer, je tiefer die Einschnitte nach demMark eindrangen und je zahlreicher sie waren. An den Fig. 1. Eine aufrecht stehende dieken Stengeln von Vieia Faba brachten junge Erbsenpflanze, eine halbe flache Einschnitte überhaupt keine trau- Stunde nach Anbringung der Kerb- matische Krümmung zu Stande; in die- schnitte. In Folge derselben ist, R r den negativen Geotropismus über- sem Falle war aber auch kein Unter- windend, eine starke Krümmung schied in der geotropischen Bewegung nach der anderen Seite aufgetreten. wahrzunehmen, gleichviel ob die Schnitte Die Umrisse sind genau nach einenı erdwärts oder zenithwärts gerichtet Schattenbild in natürlicher Grösse waren. Genau dasselbe Resultat erhielt widergegeben. ich mit Pisum, Tropaeolum und Helianthus: Wenn die Ein- schnitte so flach sind, dass keine traumatische Krüm- mung eintritt, so bleiben sie ohne Einfluss auf die geotropische Bewegung. Sind die Einschnitte aber tief, so wird die geotropische Bewegung durch die traumatische Krümmung wesentlich alterirt. Die letztere‘ addirt‘ sich der ersteren, wenn die Einschnitte unten angebracht werden, sie wirkt ihr entgegen, wenn die Oberseite eingeschnitten wird. Nach dem Einschneiden kommen, wie das auch Kohl angegeben hat, kleine Safttröpfchen aus den Wunden hervor. Es sah dabei oft so 54 aus, als ob die Saftträpfehen auf der Unterseite zu ansehnlicherer Grösse anschwellten als die, welche aus oberen Einkerbungen austraten; oft schien der Unterschied sehr auffällig. Fxakte Messungen habe ich aber hierüber nicht angestellt, ebensowenig wie Nachforschungen über die Ursache der Erscheinung; ich wollte die Beobachtung aber doch nicht ganz unerwähnt lassen. Auf die plasmolytischen Versuche und die Beobachtungen Kohls an Grasknoten werde ich gelegentlich der ausführlicheren Betrachtung dieser Dinge im Anschluss an Pfeffer’s Schriften zurückkommen. Es ist aber wohl am Platze, hier noch einige Gesichtspunkte hervorzuheben, über welche Kohl flüchtig hinweggegangen ist, die aber einer eingehenderen Würdigung wohl werth gewesen wären bei der Aufstellung einer neuen Hypothese. Kohl hat sich mit dem ausserordentlichen Zuwachs der Convexseite, der an der Krümmungs- stelle auftritt und den er im Gegensatz zu Sachs und allen späteren Forschern nicht als activ anerkennt, so abgefunden, dass er den- selben als Folge der Concaveontraetion ansieht. Bei einer activen Contraction der einen Seite würde sich unter Umständen jenseits einer neutralen Zone eine Dehnung geltend machen; aber doch nur dann, wenn die Gewebe der neutralen Zone in der Längs- richtung resistent genug und zweitens das ganze Organ in der Quer- richtung fest genug wäre, um die Energie einer einseitigen Verkürzung nach der anderen Seite hin zu übertragen. In weichen, hohlen oder laeunösen Organen ist diese mechanische Vorbedingung aber meist nur sehr ungenügend erfüllt und doch sind derartige Pflanzentheile nicht weniger krümmungsfähig als compaete Gewebe. Wenn ich an horizontal gelegten Sprossen von Hippuris, deren Internodien in der Zone maximgien Zuwachses sich in 12 Stunden gleichmässig um imm verlängert hatten, nach der Krümmung eine Verlängerung der Oberseite um !jamm, dagegen eine Verlängerung der Unterseite um 5mm fand, so würde nach Kohl die Verkürzung der Concavseite um 3 Viertelmillimeter eine Verlängerung auf der anderen Seite um 16 Viertelmillimeter mechanisch hervorgerufen haben. Das setzt voraus, dass die neutrale Zone der Concavseite sehr genähert und dass sie andrerseits sehr restitent wäre, um die Uebertragung mechanisch “zu ermöglichen. Wir hätten bei Hippuris, zumal an den Internodien, an denen die Flanken entfernt waren, die neutrale Zone also mitten in dem weitmaschigen lockeren Gewebe der Rinde zu suchen, welehe weder in der Längs- noch in der Querrichtung resistent genug ist, um den verlangten mechanischen Anforderungen völlig zu entsprechen. 55 Bei den hohlen Blüthenschäften von Taraxacum, aus deren Flanken ich in der Krümmungszone vorher schmale TLängsstreifen entfernt hatte, so dass nur eine obere und eine untere Gewebslamelle, durch Luft getrennt, übrig blieben, traten geotropische Krümmungen ganz wie in unverletzten Schäften doch sehr rasch ein, obgleich keinerlei Widerlage für eine Uebertragung der Spannungen von einer zur anderen Seite gegeben war. Wie man daraus sieht, würde die Ko hl’sche Hypothese, selbst wenn eine aetive Contraction sich hätte nachweisen lassen, bei gewissen Pflanzentheilen, die sich doch auch geotropisch krümmen, mechanisch auf unüberwindliche Schwierigkeiten stossen. Aber selbst wenn die geforderte negative Spannung, bezw. das Plus derselben, in allen Fällen auf die Convexseite übertragen würde, stünde der Kohl’schen Auffassung eine andere Thatsache absolut hindernd im Wege. Seine Annahme nämlich, dass die verstärkte mechanische Dehnung auf der Convexseite ein verstärktes Längen- wachsthum zur Folge habe, steht mit den bekannten Ergebnissen exacter Forschungen im Widerspruch. Aus den Beobachtungen von Baranetzky!) und Scholz?), zumal aber aus den neueren Unter- suchungen von Hegler?) geht bestimmt hervor, dass eine mechanische Dehnung in der Längsrichtung das Längenwachsthum im allgemeinen keineswegs fördert, sondern im Gegentheil hemmt. Nur im Maximum der grossen Period» tritt alsbald, im übrigen aber erst nach Ablauf eines oder mehrerer Tage, eine das Wachsthum beschleunigende Wirkung dehnender Kräfte in die Erscheinung. Die Reizkrümmungen treten aber innerhalb der ganzen Wachsthumszone und schon in wenigen Stunden, oft noch rascher ein, — also unter Umständen, unter denen eine Zugspannung auf der Convexseite keine Förderung, sondern eine Hemmung zur Folge haben würde. Eine Anzahl von Versuchen, in denen die Belastung oft bis nahe an die Grenze der Tragfähigkeit gesteigert wurde, ergab die ausnahmslose Bestätigung der Hegler’schen Befunde. In gewissen Fällen soll nach Kohl aber überhaupt kein Wachsthum der Convexzellen bei der Krümmung betheiligt sein, sondern lediglich eine mechanische Streckung. Wohl in Rücksicht auf die Baranetzky-Scholz-Hegler’schen Resultate hält Kohl das meist vorhandene Wachsthum aber gar nicht für wesentlich bei der Krümmungsmechanik. Ob cs sich aber um Wachs- thum oder um mechanische Dehnung handelt -- keinesfalls harmoniren 1) Mem de l’Acad. de St. Petersbourg, 1879, Taf. 27 No. 2. 2) Cohn's Beiträge zur Biologie d. Pf. Bd. 4 S. 323. 3) Cohn’s Beiträge Bd. 6 Heft 3. 56 dieK ohl’schen Anschauungen mit den Thatsachen, denn die mechanische Dehnung könnte dann doch nur durch Ueberschreiten der Elastizitäts- grenze erreicht werden, was nach Hegler!) und Pfeffer?) unter diesen Umständen ebenso sicher ausgeschlossen ist wie ein gefördertes Wachsthum. Die Kohl’sche Hypothese könnte ihrem Princip zufolge nur auf vielzellige Organe angewandt werden; für einzellige ist sie von vorn herein ausgeschlossen. Wenn es nun auch selbstverständlich ist, dass in ein- und mehrzelligen Pflanzentheilen wesentlich verschiedene Mittel zur Erreichung des gleichen Zieles herangezogen werden könnten, so müsste einesolcheThatsache doch erst experimentell festgestellt werden. Kohl lässt sich, wie ich nur nebenher erwähnen möchte, trotz des umfassenden Titels seiner Schrift, auf die Krümmungsmechanik der Einzelligen nicht näher ein, sondern adoptirt in einem kurzen ein- leitenden Abschnitt p. 36 für dieselbe die erste Anschauung Wort- manns, obgleich er kurz vorher und nachher, wie überhaupt im ganzen Buche, die schwerwiegendsten Einwände dagegen vorbringt. Nachdem ich im Vorhergehenden genügend gezeigt zu haben glaube, dass die Kohl’sche Hypothese der Krümmungsmechanik nicht die bisherigen Anschauungen zu beseitigen, umsoweniger aber etwas Besseres an ihre Stelle zu setzen vermag, wende ich mich nunmehr der Besprechung von Pfeffer’s Einwürfen zu. Wie ein- gangs erwähnt, ist einer dieser Einwände lediglich durch ein Versehen entstanden und erledigt sich durch den Hinweis auf meine mehrfach erwähnte Schrift. Die anderen Bedenken Pfeffer’s sind theoretischer Natur und beziehen sich auf die Auslegung des Wachsthumsmodus in den Zeilmembranen; sie verlangen desshalb eine ausführlichere Discussion über die Fragen der Wachsthumsmechanik der Zellhäute. In seiner schon öfter erwähnten Abhandlung: „Druck- und Arbeits- leistung durch wachsende Pflanzen“ sagt Pfeffer im Hinblick auf meine Beugungsversuche: „Solche Beugungsversuche können aber immer noch das Resultat verschiedener Uombinationen sein. Ohne näher hierauf einzugehen, ist doch klar, dass man nicht mit Noll auf eine Zunahme der Dehnbarkeit in der Convexseite schliessen darf, da jede relative Verschiebung, also auch eine Zunahme der Elastizität auf der Concavseite, den analogen Erfolg haben muss*. Meine Ausführungen scheinen Pfeffer nicht mehr vollständig gegen- wärtig gewesen zu sein, als er diesen Einwurf geltend machte, denn Ye. 2) Energetik p, 242 (94). 57 ich habe nicht nur beide Möglichkeiten in Betracht gezogen, sondern durch meine Messungen einen erhöhten Widerstand auf der Concav- seite direct festgestellt. Die absolnt verminderte Dehnbarkeit der Coneavmembranen habe ich auch im Text wiederholt, allerdings nicht an der Stelle, wo sie es wohl verdient hätte, hervorgehoben. Indem ich einige meiner damaligen Messungen und Worte hier wiederhole, glaube ich den Einwand Pfeffer’s in seinem eigenen Sinne zu erledigen. „von den sehr zahlreichen Beobachtungen, die ausnahmslos eine grössere Beugung nach der Concavseite hin ergaben, mögen hier nur einige, die mit jungen Blüthenschäften von Agapanthus umbellatus angestellt wurden, zu genauerer Mittheilung herausgegriffen werden. Die angewandten Gewichte waren jederseits 20g. Die spätere Convex- seite ist mit X, die Coneavseite mit V bezeichnet. Die Ausschlags- bogen sind in Millimeter umgerechnet. Gerade gestrecktes Organ vor der Umlegung: Ausschlag bei Dehnung von X 66mm Nach einiger Zeit der Ruhe: Ausschlag bei Dehnung von V 64mm Differenz («) + 2mm. Derselbe Schaft nach stattgehabter Umlegung: 1. Ausschlag bei Dehnung von X 78mm Ausschlag bei Dehnung von V 6lmm Differenz (3) + 17mm. 2. Ausschlag bei Dehnung von V 63mm Ausschlag bei Dehnung von X 79mm Differenz () — 16mm. Mittel der Differenzen 8 u.y = 16,5 Ausschlagsdifferenz « 2 | Es bleibt somit eine Differenz von 14,5 mm, welche durch die verschiedene Reizaffieirung der Zellwände antago- nistischer Seiten hervorgerufen ist“. In dem anderen I. c. mitgetheilten Versuche waren die ent- sprechenden Zahlen der Convexseite 5l; 58, 62, die der Concavseite 55; 51, 53 mit einer Differenz zu Gunsten der Reizaffeetion von 12mm. Es geht aus diesen Messungen nicht nur die stark erhöhte Dehnbarkeit der Convexseite hervor, sondern auch aus dem Rückgang der Zahlen von 64 auf 61 bezw. von 55 auf 5lmm eine absolute Abnahme der Dehnbarkeit auf der Concavseite, wenngleich dieselbe 58 diesen Zahlen nicht direct proportional ist. Das Ansteigen des Aus- schlags sowohl für Concav- als Convexseite bei der zweiten Beugung ist wohl auf Nachwirkungen von der ersten Dehnung her zurück- zuführen. Diese zwiefache Ursache des veränderten Ausschlags habe ich auch im Texte wiederholt hervorgehoben, so pag. 529: „Als das wichtigste Ergebniss der vorliegenden Untersuchungen betrachte ich den Nachweis, dass bei der Reizkrümmung die Membran oder die Membranen der convex werdenden Seite dehnungsfähiger werden und aus diesem Grunde rascher in die Länge wachsen als die der concaven Seite, deren Membranen umgekehrt, weniger in ihrer Dehnbarkeit gefördert, alses beinormalem Wachs- thum geschieht, eine geringere als die normale Streckung er- fahren. Weiter unten ist auf denselben Umstand mit den Worten bingewiesen, dass sich die vorher gleichmässige Wachsthumsthätigkeit ändere, indem dieselbe auf der convexwerdenden Seite erheblich gesteigert, auf der econeavwerdenden Seite herabgesetzt wird. Auch auf p. 532 ist die Veränderung auf der Concavseite nochmals betont. Pfeffer fährt (a. a. OÖ.) in Bezug auf meine Untersuchungen fort: „Weiter aber darf eine gemessene Differenz der Dehnbarkeit als Ursache der Krümmung, d. h. des entsprechenden Wachsthums, doch erst dann angesprochen werden, wenn erwiesen ist, dass jene nicht selbst die Folge des Wachsens ist. Letzteres ist aber z. B. gewiss der Fall, wenn die Dehnbarkeit der Zellwandungen mit dem Eingypsen abnimmt oder wenn ein mechanischer Zug ziemlich schnell eine Steigerung der Tragfähigkeit in den Zellwandungen veranlasst. In beiden Fällen ist dieser Unterschied physikalisch messbar, bevor man eine Verdickung der Wandungen unzweifelhaft zu erkennen vermag und Aehnliches kann sehr wohl bei geotropischen und anderen Krümmungen zutreffen. Zugleich kommen mit dem Anstreben der Krümmung antagonistische Wirkungen der Gewebe zur Geltung, die selbst wieder Veranlassung zu Wachsthumsunterschieden geben können*. „Ohne die Möglichkeit leugnen zu wollen, dass Zunahme der Dehnbarkeit eine Ursache des Flächenwachsthums der Zellhaut in conereten Fällen werden kann, muss doch betont werden, dass Noll’s Versuche diese Annahme nicht beweisen. Nur um auf dieses hin- zuweisen, musste ich hier auf diese Beugungsversuche etwas eingehen, die auch wir, in methodisch ähnlicher Weise wie Noll, mit Gras- 59 knoten anstellten, welche während 24 bis 48 Stunden in horizontaler Lage in einem anschliessenden Gypsverband zugebracht hatten“. „Der Ausfall der Resultate lehrte indess, dass es sich hier um verwickelte Verhältnisse dreht, deren Zergliederung hier nicht versucht werden soll. An den direet dem Gyps entnommenen intaeten oder halbirten Knoten ergab sich keine sichere Bevorzugung der Aus- biegung nach der zuvor aufwärts oder abwärts gerichteten Seite. Wenn aber auf die Objekte einige Zeit eine nicht plasmolysirende Salpeterlösung eingewirkt hatte, kehrte im Wasser wohl die frühere Biegungsfestigkeit zurück, die Ausbiegung nach der (geotropisch) oberen und unteren Seite zeigte aber jetzt Unterschiede, die wenigstens zumeist in demselben Sinne ausfielen*. Dem Ausfall dieser Versuche mit Grasknoten möchte ich meinen Beugungsversuchen gegenüber keine paralysirende Bedeutung für die experimentelle Grundlage der Frage beimessen. Denn erstens sind die Grasknoten an sich schon Versuchsobjeete, welche durch ihren Aufbau zu solchen Experimenten wenig geeignet erscheinen. Die beugende Kraft greift hier nämlich nicht an einem homogenen (ie- bilde an, wie es ein markiger radiär gebauter Stengel darbietet, sondern an einem System von Röhren, die durch wechselnde feste Massen mit einander verbunden und eingelenkt sind (vgl. Fig. 11 in P’feffer’s Druck- und Arbeitsleistung). Dabei ist der zur Längs- achse symmetrische Bauplan in Wirklichkeit meistnicht streng durchgeführt, verschiedener Ausschlag nach verschiedenen Seiten hin oft von Anfang an in hohem Maasse vorhanden. Diese Ver- hältnisse bewogen mich s. Zt. dazu, die Beurtheilung der Ergebnisse aus dem Mittel langer Versuchsreihen, in denen sich die Fehler wohl zum Theil aufheben mussten, zu entnehmen. Dabei lieferte Avena sativa bei 21 Beobachtungen im Mittel einen Ausschlag von 8 Sealen- theilen zu Gunsten der Üonvexseite'), Tritieum vulgare im Mittel von 18 Beobachtungen einen solchen von 7 Sealentheilen. „Unter den Grasknoten kamen einige vor, die nach beiden Seiten gleich ausschlugen, einmal war die Differenz zu Ungunsten der Gonvexseite drei Scalentheile* (Noll l. e. p. 515, 516). Liegen danach in den Grasknoten schon an sich ziemlich unver- lässliche Versuchsobjeete zu diesen Beugungsversuchen vor, so wird das Feld der unbestimmbaren und complizirenden Faetoren noch erheblich erweitert durch den festen Einschluss dieser Objeete in Gyps. Durch n Auch Hegler findet p. 31, 1. c., dass die Rindenzellen der Grasknoten auf der Convexseite dehnbar und weitlumig werden. 60 diese gewaltsame Verhinderung der Krümmung werden wieder neue, grösstentheils unbekannte Reizfactoren und mechanische Veränderungen in den Geweben geschaffen, auf die zum Theil Elfving schon bei der Beurtheilung der Wortmann’schen Streekungsversuche hin- gewiesen hat, deren Einfluss auf die Qualität und die Dehnbarkeits- verhältnisse der Membran aber aus den Versuchen Hegler’s über Zugwirkungen und gerade für das Eingypsen aus den Untersuchungen Pfeffer’s hervorgeht. Wie sehr die Dehnbarkeit der Membran lebender Zellen unter der Einwirkung von Spannungen und Ent- spannungen modifizirt wird, zeigt sich auch deutlich in der Angabe Pfeffer’s, dass nach dem Aufenthalt in nicht plasmolysirender Salpeterlösung die Grasknoten andere Ausschlagswerthe ergeben als unmittelbar nach dem Entgypsen. Eine Erscheinung, die ich gelegent- lich bei anderen Versuchen kennen lernte, dürfte ebenfalls unter ‘diese Rubrik gehören und soll hier unter dem Vorbehalt genauerer Untersuchung einstweilen mitgetheilt werden. Lässt man wachsende und dabei dehnbare turgescente Pflanzen- theile welken, so kann man die schlaffen Organe bekanntlich leicht deformiren. Man kann dann einen vorher straffen spröden Stengel einer Keimpflanze buchstäblich um einen Finger wickeln, kann ihn falten, rollen u. dgl. Bringt man nun derartige deformirte Pflanzen- theile frei und lose in reines Wasser, so stellt sich mit dem Turgor alsbald die ursprüngliche Form wieder her. Anders ist es jedoch, wenn man gewelkte oder plasmolysirte Organe beim Einbringen in Wasser mechanisch zwingt, die Deformation während der Rückkehr des Turgors beizubehalten. Schon wenn man unmittelbar nach der Wiederherstelluug des Turgors den mechanischen Zwang entfernt, kehrt der Pflanzentheil nieht mehr in seine ursprüngliche Form zurück sondern behält die ihm aufgezwungene Gestalt mehr oder weniger dauernd bei. Stengel, die welk um einen Bleistift gewickelt wurden, bleiben spiral gewunden wie die einer Schlingpflanze, winkelig zu- sammengelegte bleiben winkelig gebogen, gefaltete Blätter erhalten sich wellig gefaltet und gerollte Blattspreiten behalten die Rollung wenigstens längere Zeit bei. Das ist aber nur so möglich, dass die Dehnbarkeit der Membranen auf der concaven und der convexen Seite Veränderungen erfahren hat, welche bei der Kürze der Zeit und in Anbetracht der Verhältnisse wohl kaum auf Wachsthumsvorgänge zurückzuführen sind. Dass sichtlich verringerte Höhe des Turgordruckes nicht die Ursache der geringeren Wiederdehnung auf der Concavseite ist, stellte ich dabei wiederholt fest. 61 Aus alledem geht aber die Nothwendigkeit hervor, die Beugungs- versuche, welche die durch den Richtungsreiz veränderte Dehnbarkeit offenbaren sollen, an möglichst wenig gestörten Organen und zu Be- ginn der Krümmung vorzunehmen. Alle Complieationen der Be- handlung, wie sie z, B. durch das Eingypsen gegeben sind, werden sich als grössere oder kleinere Störungen dabei geltend machen. Die eingehenden und ergebnissreichen Untersuehungen von Pfeffer über die bei der geotropischen Krümmung der Grasknoten, vorzugs- weise activen Gewebselemente, liefern uns aber werthvolle feste An- haltspunkte zur Beurtheilung einer Erscheinung an gekrümmten Knoten, auf die sich Kohl als Beweis für die Richtigkeit seiner Hypothese berufen hat. Kohl weist auf die bekannte Thatsache hin, dass an stark gekrümmten Grasknoten die äusseren Gewebe- schichten der Convexseite zuweilen durch (Querspalten eingerissen sind ') und schliesst daraus mit Recht auf die passive Dehnung dieser Gewebe. Wenn er dabei aber die dehnende Kraft ausschliesslich in der Contraction der Concavseite suchen zu müssen glaubt, so ist dem entgegenzuhalten, dass dasselbe Ergebniss durch die active Streckung innerer Gewebe auf der Convexseite erreicht werden kann. Die Untersuchungen von Pfeffer lehren, dass dies hier in der That zu- trifft. Die Querrisse treten übrigens meinen Erfahrungen nach nur in älteren Knoten und zumal bei gewissen Gräsern (Alopecurus praten- sis u. 2.) auf und zwar schon bei ganz geringen Krümmungen, während Junge Grasknoten Bengungen von 120—135 Bogengraden ausführen, ohne derartige Risse zu zeigen. Uebrigens gibt Kohl selbst zu, dass sich die geotropischen Krümmungen der Grasknoten durch seine Contraetionshypothese allem nicht wohl erklären und verstehen lassen. Er sagt p. 49: „Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass bei den Grasknoten durch active Betheiligung des (Gewebes der Convexseite die Energie des Krümmungsmechanismus vergrössert wird, deutet darauf doch das ge- steigerte Wachsthumsbestreben hin, welches sich dureh Wulstbildung an der Unterseite zu erkennen gibt, wenn horizontal gelegte Gras- knoten gewaltsam an der Bewegung gehindert werden.“ Auch Wort- mann musste bekanntlich den Grasknoten eine Ausnahmestellung einräumen, um seine Theorie denselben gegenüber aufrecht erhalten zu können, 1) Ein ähnliches Einreissen der Convexseite ist bei deu Strünken von Hut- Pilzen bekannt. (Noll l. c. p. 506.) 62 Es wird Gelegenheit gegeben sein, noch einmal auf die Gras knoten zurückzukommen bei der Discussion der Frage über den Wachsthunsmodus der Membrauen, der ich wich, veranlasst durch das pag. 59 citirte Bedenken von Pfeffer, in den folgenden Ab- schnitten zuwende. In meiner genannten Arbeit habe ich plastische Dehnung der qualitativ veränderten Membran alsden Wachsthumsmodus angenommen, welcher die Reizkrümmung veranlasst. Ich sah mich zu dieser Auf- fassung durch die fortschreitenden Beobachtungen und Versuche nachträglich genöthigt, nachdem ich vorläufig die Frage nach der Art des Membranwachsthums noch offen gelassen hatte, Die Beugungs- versuche allein sagen ja auch, wie Pfeffer betont, über die nächste Ursache der erhöhten oder verminderten Dehnbarkeit nichts aus. Diese könnte ja sowohl mit Intussusceptionswachsthun irgendwie zu- sammenhängen als auch die Ursache zu der plastischen Streckung der Membran sein. Anders gestaltet sich aber die Sache, wenn man die Ergebnisse der plasmolytischen Versuche und die mikroskopischen Messungen nebenbei in Betracht zieht und diese gaben als empt- rische Grundlage den Ausschlag für meine genannte Auffassung. Sie zeigen wenigstens das Eine unzweideutig, dass die Änderungen der Dehnbarkeit nicht allein auf Kosten eines hypothetischen Intussuscep- tionswachsthums gesetzt werden können. Aus den genannten Beobach- tungen gelit nämlich hervor, dass die Qualitätsänderungen, die bei der Verlängerung auftreten, von Anfang an verbunden sind mit einer nachweisbaren Verminderung der Membrandieke. Dieses Dünnerwerden der Zellwände ist eine nothwendige Folgeerscheinung, falls die Verlängerung derselben durch Dehnung zustande kommt. Sie steht aber keineswegs in nothwendiger Beziehung mit einen! Wachsthum dureh Einlagerung neuer Membrantheilehen; sie deutet Jedenfalls auf eine Dehnung hin, die der Verlängerung durch even- tuelles Intussusceptionswachsthum nicht Schritt hält. Fände das Längen- bezw. Flächenwachsthum der Membranen durch Einlagerung neuer Theilehen in der Längsrichtung statt, dann wäre kein ab- sehbarer Grund für cine gleichzeitige auffällige Verdünnung der wachsenden Membran vorhanden. Es könnte im Gegentheil nebenher eine Verdiekung durch Einlagerung in radialer Richtung stattfinden. Keinesfalls aber würde die Einlagerung in der Längsrichtung noth- wendig eine Verdünnung des so wachsenden Körpers zur Folge haben. Unmöglich und undenkbar wäre es freilich nicht, dass die besondere Art, in welcher die Einlagerung stattfände, eine Zerrung und Dehnung 63 in der Längsrichtung nach sich ziehen würde unter dem Auftreten innerer Spannungserscheinungen, Das müsste beispielsweise geschehen, wenn nur einzelne Schichten und Schalen der Membran aetiv sich verlängerten und die anderen dabei passiv mitrissen. Die Zugwirkung dieser activ wachsenden Schichten würde dann die passiv wachsenden Membrantheile ebenso mechanisch dehnen und verlängern, wie es u. a. die Turgorkraft thut. Mit der Verlängerung wäre dann auch eine Verdünnung der nicht activ wachsenden Schichten verbunden. Abgesehen von anderen Umständen, welche diese Art des Wachsthums in Membranen dünnwandiger Parenchyinzellen unwahrscheinlich machen, dürfte unter solchen U’mständen die Delinbarkeit der passiven Mem- branschichten bei hinzukommendem äusseren Zug aber ebensowenig erhöht sein, wie in einem schon in starker Zugspannung befindlichen Kautschukbande. Aber auch die von Pfeffer beschriebene völlige Entspannung der Membranen eingegypster Gewebe macht diese An- nahme partiellen Intussusceptionszuwachses nicht wahrscheinlich. Denn unter diesen Umständen dürfte die Turgorspannung nur aus der activ wachsenden Schicht verschwinden; es müsste in den passiv gedehnten eine Zugspannung erhalten bleiben, die bei der Aufhebung des Zellen- turgors nothwendig und stets zu einer elastischen Verkürzung der Mem- bran führen müsste. Ausserdem wäre dann auch ein Flächenwachsthum unter positiver Spannung gegeben, wie es bis jetzt noch nicht sicher beobachtet werden konnte und von dem nicht recht einzusehen wäre, warum es gerade dann erlischt, wenn der letzte Rest der Turgor- spannung ausgeglichen ist. Jede andere Vorstellungsweise, welehe Dehnung und Verdünnung ursächlich mit irgendwie gearteter Intussuseeption verknüpft, stüsst mutatis mutandis doch immer wieder auf dieselben Schwierigkeiten. Ich halte es unter den gegebenen Verhältnissen, der empirisch fest- gestellten Dehnungszunahme und der gleichzeitigen Verdünnung der Membranen, demnach um so mehr für gerathen, den natürlichsten Zusammenhang zwischen diesen Frscheinungen und der Wachsthums- mechanik anzunehmen, als der entsprechende Wachsthumsmodus hin- reicht, alle bis jetzt bekannten Eigenschaften der Membranen wachsen- der Parenehyme zu erklären. Dass auch die durch Pfeffer bekannt gewordene völlige Membranentspannung nicht zu einem Intussus- ceptionswachsthum zwingt, soll weiter unten ausführlich dargelegt werden. j Sollten späterhin aber noch Thatsachen bekannt werden, welche mit dem Dehnungswachsthum der Parenchymzellmembranen nicht 64 harmoniren, so wäre diese Vorstellung entweder zu modifieiren oder durch eine andere zu ersetzen, was jederzeit um so leichter und störungsfreier geschehen könnte, als es sich bei der Unbekanntschaft mit den betreffenden Vorgängen im Einzelnen und Kleinen nur um mehr oder weniger theoretische Vorstellungen handelt, die wir den feststellbaren Thatsachen ergänzend anpassen, ohne an den letzteren etwas zu ändern. Als Thatsache steht aber nach den bisherigen Beobachtungen fest, dass bei den Wuchskrümmungen die Wände der Convexseite zunächst dehnbarer, dann während der Streekung dünner und, wie wir noch sehen werden, relativ ärmer an Trockensubstanz werden. Es mag immerhin sein, dass neben dem Dehnungszuwachs der Membran, neben dem sog. passiven Wachsthum auch ein actives durch Einlagerung nebenher geht. Der Beweis, dass Intussusception als Begleiterscheinung völlig ausgeschlossen ist, lässt sich bis jetzt ebensowenig erbringen wie der Nachweis wirklich stattfindender Ein- lagerung. Denn die spätere regulatorische Verdickung der dünn ausgezogenen Membranen kann ebensowohl dureh Apposition neuer Schichten erreicht werden und wird in conereten Fällen, wie man weiss, thatsächlich so bewerkstelligt. Was der Annahme des Dehnungswachsthums bisher hauptsächlich im Wege stand, war die Art, wie man sich diesen Streckungsmodus zustande kommend dachte. Entweder stellte man sich eine, die Elasti- eitätsgrenze überschreitende Kraft der Dehnung vor und schloss aus dem nachgewiesenen Mangel einer so hohen Dehnkraft auf die Un- möglichkeit des Dehnungswachsthums oder man dachte an die theil- weise Aufhebung der inneren elastischen Gegenwirkung durch ein Erweichen oder Quellen der Membransubstanz und glaubte mit dem Nachweis, dass ein solches Erweichen nicht eintritt, auch die plastische Dehnung in bestimmten Fällen ausgeschlossen zu haben. So spricht Pfeffer anlässlich der Entspannungen (Druck- und Arbeitsleistung p. 483) von einer im Falle passiven Wachsthums vorauszusetzenden Herabminderung der Elastieität „die ungemein weit, ja bis zu brei- artiger Consistenz gehen müsste, wenn sie ermöglichen sollte, dass die auf ein Minimum reducirte Turgorspannung ein Wachsthum der Zellhaut herbeiführt. Tech glaube, dass eine solche Annahme Niemand wagen wird und unterlasse es desshalb auszumalen, zu welchen ab- sonderlichen Consequenzen eine solche Voraussetzung führt, mit der unerbittlich die Forderung verknüpft ist, dass die hohe Elastieität mit dem Hinwegräumen der Widerlage augenblicklich zurückgebildet wird.“ 65 Starke Zugwirkungen über die Rlastieitätsgrenze hinaus oder Erweichung der Substanz sind ja sicherlieh Mittel, un vorhandene Spannungen und Formverhältnisse aufzuheben oder zu verändern; die Erweichung oder gar Verflüssigung ist wohl das radikalste Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, aber sie sind doch keineswegs die einzigen Mittel, die zu diesem Erfolge hinführen können. Diejenigen Forscher, welche das U’eberschreiten der Elastieitäts- grenze verlangen, rechnen nieht mit anderweitigen (Jualitätsänderungen der Membran. Will man dagegen die Aufhebung der elastischen Spannung bei gleiehbleibendem oder verändertem Zuge nur von einer Erweichung abhängig machen, dann rechnet man nur mit einem Wege, auf welchem eine Qualitätsänderung herbeigeführt werden kann. Es braucht jedoch nur an die allmähliche Entspannung eines hölzernen gespannten Schiessbogens oder an die Entspannung einer nicht dauerhaft gehärteten gespannten Messingfeder erinnert zu werden, um eine Art der Entspannung vorzuführen, welche weder durch die Ueberschreitung der bei der Spannung zunächst gegebenen Elasticitätsgrenze, noch durch Erweichung des Materials, noch aueh durch Einlagerung neuer Substanztheilchen hervorgerufen wird. Die im gespannten Körper wirksamen elastischen Kräfte, also die bei der Dehnung gespeicherte Kraft, welche bei einem nur plastisch dehnbaren Körper sofort die bleibende Deformation bewirkt hätte, liefert hier die Energie zum allmählichen Ausgleich der inneren Spannungen, also wohl zu be- stimmten inneren Umlagerungen, wodurch die aus der ursprünglichen Gleichgewichtslage gebrachten "Theile eine entsprechende neue Gleich- gewichtslage annehmen. Zu soleher Entspannung sind manche Hölzer und manche Metalle mehr geneigt als andere und dasselbe Material kann durch äussere Einwirkungen wie Jlitze, Trockenheit u. dgl. veranlasst werden, die innere zur Entspannung führende Umlagerung oder Fixirung zu beschleunigen. Wir haben es also hier bei den genannten Objecten mit bekannten Erscheinungen zu thun, wo die Entspannung nachweisbar weder durch Erweichung oder sonstige Consistenzänderung, noch durch Einlagerung neuer Stofftheilchen von aussen her erfolgt. Was uns die Bekanntschaft mit diesen elastischen Apparaten im Hinblick auf die Darlegungen von Pfeffer aber ganz besonders lehrreich erscheinen lässt, ist der Umstand, dass erneute Zugwirkungen an einem solchen selbstthätig entspannten Bogen augen- blicklich einen elastisch spannbaren und elastisch rückwirkenden, durchaus festen Körper vorfinden. Von dieser Thatsache haben wir in der Jugend wiederholt Gebrauch gemacht, wenn wir den lange Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd, 5 66 vernachlässigten Bogen, den wir zu entspannen vergassen und dessen Sehne völlig schlaff geworden war, durch erneutes Beugen wieder spannungskräftig und schussbereit gemacht haben. Ebenso kann auch in gespannten Metallfedern die Herabminderung der elastischen Gegen- wirkung bis auf Null, also bis zum völligen Schwinden jeder Spannung fortschreiten.. Nach dem Verschwinden der elastischen Rückwirkung, die, wie gesagt, unter dem Einfluss gespeicherter Energie und viel- leicht auch unter Zuhilfenahme seceundärer äusserer Energiequellen (Wärme u. s. w.) vor sich geht und bis zum Werthe Null fortzu- schreiten vermag, bleibt in den betrachteten Fällen eine plastische Deformation zurück, die selbst in ungespanntem Zustande befindlich, jederzeit und momentan durch neue äussere Kräfte elastisch gespannt werden können. Was hier aber in dem Holz oder in der Metallfeder geschieht, das kann in prineipiell ähnlicher Weise auch in der Mem- bran lebender Pflanzenzellen sich abspielen und es könnte auch auf diese Weise durch dauernde Stoff- Umlagerung ein ungespannter Zustand erreicht werden, wie ihn Pfeffer nach dem Eingypsen be- schreibt, ohne dass eine Verminderung der Cohäsien bis zu breiartiger Consistenz voranzugehen brauchte und ohne dass eine Stoff-Ein- lagerung Ursache der Entspannung sein müsste. Die Umwandlung der elastischen Zwangslage in eine neue ungespannte, aber elastisch spann- bare Ruhelage braucht nicht aufeinmal und im Ganzen zu erfolgen, sondern kann in kleinsten Schritten von Stufe zu Stufe allmählich ihr Ende er- reichen !), ohne dass Jdabei die Consistenz der Membran eine merk- liche Aenderung erfährt. Neben dieser schrittweisen Umwandlung aus der elastischen Deformation in eine plastische kann eine erneute elastische Spannung und Dehnung ständig durch Zugwirkungen her- vorgebracht und unterhalten werden. Bei den genannten unvollkommen elastischen Gegenständen wirken diese beiden verschiedenen Deforma- tionsursachen bei gleichbleibender Belastung ebenfalls zusammen und 1) Eine ähnliche schrittweise und desshalb durch grobe mechanische Versuche nicht auf einmal und in vollem Umfang nachzuweisende Veränderung in der ('o- häsion, die alsbald wieder ausgeglichen wird, setzt Nägeli auch für sein Intus- susceptionswachsthum voraus, „Für die Theorie der Intussusception genügt eine unendlich geringe Veränderung der Cohäsion in der Längsrichtung. Dieselbe veranlasst eine unendlich geringe Einlagerung, wodurch momentan das Gleichgewicht sich herstellt, das aber im nächsten Augenblick wieder gestört wird; darauf findet eine neue Einlagerung statt u. =. f. (Nägeli, Stärkekörner p. 281.) Wir brauchen nur für Einlagerung plastische Dehnung zu setzen, um diese Argumentation unserer Betrachtung einzufügen. 67 erreichen eine stets fortschreitende Längeveränderung des stets festen Materials. Wenn eine allmähliche Umwandlung in der elastisch wirksamen Constellation der Stofftheilchen schon bei den senannten leblosen Materialien sich vollzieht, so dürfen wir dieselbe um so mehr bei den Membranen lebendiger Zellen suchen, da wir wissen, dass diese durch Einwirkungen des Plasmas in ihren Eigenschaften wesentlich verändert werden können und hochgradige Qualitätsänderungen dabei erfahren. Dass gerade die elastischen Eigenschaften der Membran der Variation sehr unterworfen sind, ist eine alte und allgemein be- kannte Erfahrung. Soweit die Erscheinungen bis jetzt bekannt sind, scheint es aber einer Einwirkung des Protoplasmas zu be- dürfen, damit der innere allmähliche Ausgleich der elastischen Spannung in der Membran erfolgen kann. Ohne diese Einwirkung scheinen die Membranen der wachsthumsfähigen Zone bei normaler Turgorspannung vollkommen elastisch zu sein und sie unterscheiden sich dadurch von den betrachteten auf die Dauer unvollkommen elastischen leblosen Gegenstünden, die wir einleitend betrachtet haben, dass sie erst unter vitaler Einwirkung unvollkommen elastisch werden. Denn bei niederen Temperaturen und unter anderen das Wachsthum hemmenden Umständen bleibt die elastische Turgorspannung, so viel man weiss, längere Zeit unverändert.) Dass die Umwandlung der elastischen in eine unelastische De- formation in der Pflanze von den Reizzuständen des Protoplasmmas abhängig gemacht und von diesen regulatorisch beherrscht wird, ist aber eine T'hatsache von so tiefgreifender Bedeutung für niedere wie höhere Pflanzen, dass wir hier wohl eine der phylogenetisch frühest erworbenen Eigenschaften behäuteter Zellen vor uns haben werden. Für diesen vitalen Eingriff scheint aber die Membran gewöhnlich durch eine grössere elastische Dehnungsfähigkeit (eine grössere Ampli- tude des elastischen Ausschlags) vorbereitet zu werden. Daraufhin weisen sowohl die angeführten Ergebnisse der Beugungsversuche als auch diejenigen der plasmolytischen Versuche, auf die noch ausführ- licher eingegangen werden soll. Bekannt ist ja auch durch Sachs, Askenasy, Pfeffer u. A., dass die elastische Turgördehnung in der wachsthumsfähigen Zone im Allgemeinen am grössten ist. Pfeffer fand z. B. in der wachsenden Zone von Fabawurzeln eine elastische Verkürzung bei der Plasmolyse zwischen 10--20®, in ausgewachsenen Wurzelpartien nur eine Verkürzung von 0,5—1,5"/o. \ D Pfeffer, Energetik p. 240 u. ff. 5* 68 Nur in der wachsthumsfähig gebliebenen Zone wird hohe elastische Dehnbarkeit bewahrt. (Druck und Arbeitsleistung pag. 310.) Askenasy wies die erhöhte Dehnbarkeit der wachsthumsfähigen Region bei Maiswurzeln !) nach, ja er konnte weiterhin die interes- sante Thatsache feststellen, dass bei den in der Nähe des Wachs- thumsoptimums ceultivirten Wurzeln die elastische Verkürzung um 1,5°;, grösser ausfiel, als bei denen, die in niederer Temperatur ge- halten wurden und langsamer wuchsen. Bei einer freiwachsenden Zelle wird das Gleichgewicht der elastischen Spannung mit dem vorhandenen Turgor nach jedem plastischen Ausgleich derselben durch erneute Dehnung wieder her- gestellt, die Zellhaut verlängert sich um diesen Werth und wird ent- sprechend dünner, Mit der daraus resultirenden Querschnittsver- minderung wächst aber aus rein mechanischen Gründen die Amplitude der elastischen Dehnung allmählich mehr und. mehr an, so dass eine wachsende, ihre Meinbran nicht durch Apposition regulatorisch ver- dickende Pflanzenzelle rascher an Ausdehnung gewinnt, als es ihrer unelastischen, in spannungslosem Zustande bleibenden Verlängerung entspricht (vgl. die plasmolytischen Befunde). Wie sehr gerade dieser Umstand zur Beschleunigung der begonnenen Krümmungsbewegung beiträgt, habe ich in meiner erwähnten Arbeit schon ausgeführt. Es muss aber, um Missverständnisse zu vermeiden, betont werden, dass der durch schrittweise Umwandlung der elastischen Dehnung in eine plastische Deformation entstehende Zuwachs mit der Grösse der vor- bandenen oder neu hinzukommenden elastischen Spannung nicht propor- tional zu sein braucht, dass letztere sehr gross sein kann, während der Zuwachs auf Null sinkt. Die elastische Dehnung bildet nur eine Vor- bedingung für die Umwandlung der elastisch erreichten Deformation in eine plastische. Da plastische und elastische Dehnung keinerlei Proportionalität aufzuweisen haben, so fallen auch alle Argumentationen die man seit Nägeli bis in die neueste Zeit aus den Verhältnissen der elastischen Turgordehnung in verschiedenen Richtungen oder zu verschiedenen Zeiten gegen das Bestehen des plastischen Dehnungs- vorgangs vorgebracht hat. (Vgl. Zimmermann Beiträge, zur Morph. u. Phys. d. Pflanzenzelle Heft II p. 173.) Wenn eine Knotenzelle von Chara trotz ihrer 'Turgordehnung nicht in die Länge wächst, eine Internodialzelle derselben Pflanze aber erhebliche Verlängerung erfährt, so kann aus dieser Thatsache kein Einwand gegen das 1) Askenasy, Ueber einige Beziehungen zwischen Wachsthum und Tempe- ratur. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 18390 p. 68 u. ff. 69 Wachsthum durch plastische Dehnung hergeleitet werden.!) Die be- kannte und durch keine Beobachtung bisher in Frage gestellte Ab- hängigkeit des Längenwachsthums von der Turgordehnung findet bei der Annahme von Dehnungszuwachs aber ihre natürlichste Erklärung. Haben wir es statt mit einer freiwachsenden Zelle mit einer zwar wachsthumsfähigen, aber in festem Widerlager eingeschlossenen Zelle zu thun, dann folgt dem schrittweisen Ausgleich der elastischen Spannung eben keine erneute elastische Dehnung. Es steht aber dem schrittweisen Ausgleich der elastischen Spannung im Inneren der Membran, der Umwandlung der elastischen Deformation in eine spannungslose plastische Deformation theoretisch durchaus nichts im Wege. (Auch in den genannten Schiessbogen und Metallfedern schreitet die völlige Entspannung unter steter Verminderung der Spannkraft bis zu Null fort, ohne Veränderung der Consistenz und ohne Ein- lagerung.) Nach völliger Entspannung hätte dann die Zellhaut im ungespannten Zustande genau die Dimensionen wie vorher im ge- spannten, würde aber durch neue Spannkräfte augenblicklich in den elastisch gespannten Zustand übergehen können, der sich bei frei- wachsenden Zellen ständig in vollem Umfange wiederherstellt. Auch könnte alsbald nach der Befreiung aus der Zwangslage und mit dem Eintritt neuer elastischer Dehnung wieder erneute plastische Dehnung stattfinden, das heisst, das Längenwachsthum könnte sufort nach der Befreiung wieder aufgenommen werden, insofern die vitale Einwirkung durch das Plasma weiter erfolgt. Das Wachsthum müsste aber von dem Augenblick ab stille stehen, in dem die elastische Dehnung völlig ausgeglichen ist. Intussusception, wie sie Pfeffer unter solchen Umständen für die eingegypste und sich entspannende Membran annehmen zu müssen glaubt (l. e. p. 431), halte ich daher für die Erklärung der beobach- teten Thatsachen entbehrlich und wenn auch mit dem Sinken der elastischen Dehnung die Umwandlung in die plastische Deformation sich verlangsamen mag, so steht doch theoretisch und, wie die an- geführten Beispiele zeigen, auch in concreten Fällen dem nichts im Wege, dass sie schliesslich bis zum völligen Schwinden der elastischen Spannung weiterschreitet. Die Nothwendigkeit der Intussusception 1) Wie wenig Schwierigkeiten es macht, mit Hilfe der plastischen Dehnung das Flächenwachsthum in bestimmten Richtungen, also z. B. das vorwiexende Längenwachsthum gegenüber der Umfangvergrösserung bei den Chareninternodien zu erklären, werde ich in einer späteren Puplication darlegen und zeigen, dass in Bezug auf diesen Punkt die Intussusceptionslehre keinerlei Vorzug verdient. 70 ist durch den von Pfeffer geschilderten Sachverhalt noch nicht unzweifelhaft erwiesen. Die Einlagerung würde erst dann als bewiesen gelten können, wenn das Flächenwachsthum im völlig entspannten Zustande weitere Fortschritte machte und zu Faltungen und Wellungen Anlass gäbe. Gerade hier lässt uns aber die Beobachtung im Stich. Ueber die Entspannung hinaus konnte kein Flächenwachsthum un- zweifelhaft nachgewiesen werden; es hört merkwürdigerweise gerade in dem Augenblicke auf, wenn es nach der Dehnungslehre auf- hören muss. Pfeffer hält zwar ein Flächenwachsthum über die Entspannung hinaus in einzelnen Fällen für wahrscheinlich, denn es seien manchmal Andeutungen von Wandfaltungen zu beobachten. Pfeffer hebt dabei aber ausdrücklich hervor, dass er solche nicht sicher ermitteln konnte (Druck- und Arbeitsleistung p. 320) oder dass die derzeitigen Er- fahrungen unzureichend sind, um diese wichtige Frage zu entscheiden. (Ebenda p. 432.) — Dass aber das Auftreten von Wandfaltungen allein keineswegs schon als Beweis für ein Intussusceptionswachs- thum angesehen werden darf, spricht Pfeffer in seiner Energetik (pag. 246) sehr bestimmt mit folgenden Worten aus: „Zunächst möchte ich nochmals daran erinnern, dass in einem positiv gespannten Gewebe die Zellhaut erhebliche Turgordehnung besitzen kann, dass aber ein Mangel der letzteren, sofern er durch Thätigkeit der Zelle selbst erreicht wurde, ein actives Flächenwachsthum der Haut beweisen würde. Eine derartige Entspannung ist bis dahin nicht völlig sicher gestellt, folgt auch nicht aus der einfachen Existenz von Wand- faltungen, die u. a, auch nach vollendetem Wachsthum der Zelle durch eine von antagonistischen Geweben ausgehende Compression entstehen können. Aus eigener Thätigkeit hervorgehende Entstehung solcher Faltungen vermag wiederum nicht schlechthin einen Beweis für Wachsthum durch Intussusception zu liefern, da auch eine durch Quellungszunahme erzielte locale Flächenvergrösserung zu Ausbiegungen der Zellwand führen kann. Dabei ist zu beachten, dass bei Realisirung einer solchen Ausbiegung in einer zwei gleich turgescente Zellen trennenden Wand eine Arbeit zur Ueberwindung des Turgordruckes nicht zu leisten ist.“ Es braucht hier auch nur an die Entstehung der gewellten Membranstreifen in der Endodermis von Wurzeln erinnert zu werden, die bekanntlich der Volumvergrösserung beim Verkorkungsprozess zugeschrieben werden. Aber auch Turgorschwankungen in benach- barten Zellen könnten zu Faltungen von ursprünglich einseitig vor- BPRRFEEEN en en nn 11 gewölbten Trennungswänden Anlass geben, und dergleichen Momente, die unter Ausschluss echten Intussusceptionswachsthums') doch zu Faltungen der Zellwände führen müssten, liessen sich noch mehr vorstellen. Wenn uns aber das natürliche Verhalten der Membran gerade in einem wichtigen und entscheidenden Moment den Beweis für eine Intussusception schuldig bleibt, und so ausfällt, wie es bei dem Wachsthum durch plastische Dehnung ganz natürlich erscheint, so ist daraus allerdings noch kein sicherer Beweis gegen das Intussus- ceptionswachsthum zu entnehmen. Pfeffer hebt das auch wiederholt ausdrücklich hervor, mit dem Hinweis, dass das Wachsthum ein regulatorisch geleiteter complexer Vorgang sei, der nach erreichter Entspannung der Zellhaut correlativ sistirt werden könne und dass der Turgor vielleicht auch als eine formale Bedingung des Wachs- thums in Betracht käme, so wie beispielsweise die Wärme, mit welcher ja ebenfalls das Wachsthum steige und falle. (Energetik p. 219, Druck- und Arbeitsleistung p. 437.) Diese Art der Abhängig- keit ist ja möglich und muss, so lange das Gegentheil nicht erwiesen ist, in Erwägung gehalten werden; andrerseits ist aber nicht zu verkennen, dass in der Wärme beispielsweise ein Factor gegeben ist, welcher das Protoplasma in allen seinen Lebensverrichtungen sehr wesentlich beeinflusst, während das für den Turgor nicht feststeht. Die Plasmaströmungen sieht man bei aufgehobenem Turgor eine Zeit lang ungestört fortbestehen, auch die Membranbildung wird bei contrahirten Protoplasten nicht aufgehoben. In den eingegypsten Pflanzentheilen tritt während und nach der Entspannung aber über- haupt keine Aenderung des Turgordruckes dem Protoplasma gegen- über auf; dasselbe verbleibt unter dem gewohnten, oder in den Fällen, wo nach Pfeffer 'Turgorsteigerung eintritt, sogar unter erhöhtem Turgordrucke. Es bliebe also nur die Turgorspannung in der Haut selbst als formale Bedingung für die Intussusception übrig. Wie dies der Fall sein sollte, ist aber um so weniger einleuchtend, als auch die ungespannte Haut für Membranlösungen kaum weniger permeabel sein dürfte als kurz vor völliger Entspannung und weil die Ausscheidungsenergie über Kräfte verfügt, gegenüber welchen die der 1) Unter echtem Intussusceptionswachsthum verstehe ich hier die Einlagerung gleichartiger membranbildender Theile in die vorhandene Zellwand im Gegensatz zur Einlagerung von Wasser, Mineralsubstanzen, Cutinstoffen und dergl., deren Aufnahme in weiterem Sinne auch als Intussusception gelten muss, nicht aber unter deu Begriff des Intussusceptionswachsthums im Sinne Nägeli’s fällt. '2 Turgorenergie äusserst geringfügig sind (Druck- und Arbeitsleistung p- 435, Energetik p. 175.) — Gegen die Annahme, die man noch machen könnte, dass in derselben Zeit als die Entspannung eintritt, auch das Protoplasma, von dem ja das Wachsthum beherrscht wird, unter den abnormen Bedingungen des Versuchs allmählich in einen Zustand der Unthätigkeit, der Lähmung, verfalle, spricht aber die von Pfeffer festgestellte Thatsache, dass unmittelbar nach erfolgter Entgypsung das Wachsthum sofort wieder einsetzt. „Denn an die Wiederherstellung der normalen Hautspannung muss unmittelbar das Wachsthum auschliessen, da die mikrometrische Messung zu keiner Zeit einen Stillstand in der Verlängerung zu erkennen vermag.“ (Arbeitsleistung p. 352.) Wäre das Protoplasma in dem stationären Zustand bezüglich seiner Wachsthumsverrichtungen einem Starrezustand verfallen gewesen, so wäre für die Wiederaufnahme dieser Function doch das Verstreichen einer kürzeren oder längeren Erholungsfrist, analog dem Uebergang aus anderen Starrezuständen, zu erwarten gewesen. Da die vitalen Functionen des Plasmas, welche das Wachs- thum ermöglichen, während der Entspannung also augenscheinlich unverändert erhalten bleiben, so steht die Aufnahme des Wachsthums mit der Wiederkehr der Turgordehnung im einfachsten und natürlichsten Einklang mit der Dehnungshypothese, während kaum reale Anhalts- punkte zu finden sein dürften für die Einsprüche, die zu Gunsten der Intussusception zu erheben wären. Wenn nach alledem auch die Möglichkeit, dass Intussusception beim Wachsthum der Parenchymzellen nebenher eine Rolle spielt, nieht ausgeschlossen werden kann, weil es nicht möglich ist, die Vermehrung der Wandsubstanz nach ihrer Herkunft genau genug zu controlliren und weil andrerseits die Intussusceptionslehre theore- tisch über einen so weiten Spielraum verfügt, dass man damit fast alles hypothetisch erklären und construiren kann, so weisen doch die- jenigen wahrnehmbaren Erscheinungen an wachsenden Zellen höherer Pflanzen, welche Rückschlüsse auf den Wachsthumsmodus der Mem- bran gestatten, auf den Dehnungsmodus positiv hin. Keine einzige aber zwingt zur Annahme der Intussusception, auch nicht die Ent- spannüngserscheinungen, wie wir gesehen haben. Wir stehen also, was die hier in Frage kommenden Objecte betrifft, noch auf dem von Strasburger am Schlusse seines Buches „Ueber das Wachs- thum vegetabilischer Zellhäute“, 1889 treffend gekennzeichneten Stand- punkte, nämlich „dass augenblicklich die Sache so steht, dass bei ergiebigem Flächenwachsthum der Membranen für bestimmte Fälle 73 eine Dehnung und Sprengung der vorhandenen und die Apposition neu gebildeter Membranlamellen sicher gestellt ist, während der Nach- weis eines ausgiebigen Flächenwachsthums durch Einschaltung neuer Substanztheile in schon vorhandene Lamellen noch zu führen ist“), Dass die Beobachtungen, e - en die man bei den Wuchs- krümmungen machen kann, ebenfalls auf Dehnungsvor- gänge positiv hinweisen, wurde bereits kurz ange- deutet und soll im Folgen- den noch etwas ausführlicher behandelt werden. Es wurde bereits erwähnt, dass die Ver- dünnung der Convexmem- branen während der Krüm- mung auf Dehnungsvorgänge schliessen lässt und es wur- den die Schwierigkeiten her- vorgehoben, denen man begegnet, wenn man diese Dehnungen durch Intussus- veptionsvorgänge erklären wollte. Was die Feststellung der Verdünnung zunächstangeht, so kann ich mich zunächst auf meine mikroskopischen Messungen berufen, die zum Theil in meiner genannten Abhandlung publicirt sind (. c. p. 526). Ich stellte damals durch mikrometrische Messungen fest, dass die Uonvexmembranen nicht nur relativ dünner sind als die An Fig.2. Epidermis und collenchymatische Rinden- zellen aus der geotropisch gekrümmten Region eines Keimstengels vonVicia Faba. V. Zellen der Concavseite, X. solche der Convexseite. Die Keimungsradien verhielten sich annähernd wie 1:2. Die Wanddicken sind mittels Zeichen- apparat genau widergegeben. Concavmembranen, sondern auch, dass sie absolut dünner werden als sie vor der Krümmung waren, Beide Beobachtungen wurden von Kohl durch neue Messungen bestätigt; die genauen Zeichnungen, die Kohl auf Tat. 111, 1) Strasburger. I, c. p. 167. 74 Fig. F au. b für Pisum gibt, stimmen in den einschlägigen Ver- hältnissen vollkommen mit den Bildern überein, die ich bei Vicia ODoaoSS RN o Fig. 3. widergegebene Zellnetze aus der Collen- chymscheide der Gefässbündel inı Knoten von Digitaria spec. Bezüglich der De- tails, die nicht eingezeichnet wurden, vergl. den Text, V, Wandeonturen aus einem Collenchym- bündel der Concavseite, (Das Collen- chym des ruhenden Knotens zeigt dasselbe Bild.) X,. Wandeonturen aus einem Collenchym- bündel der Convexseite im selben Knoten. X,. Wandeonturen aus einem Collenchym- bündel der Convexseite eines anderen stärker gekrümmten Knotens, Faba u. a. Pflanzen erhielt (Fig. 4, p. 527). Da die Dicke der Mem- branen vor der Krümmung nicht ganz genau bekannt ist, so kann nicht entschieden werden, ob die Quercontraction der Längendilata- tion für die unveränderte Dichtig- keit entspricht. Dass die Ver- dünnung oft nicht so ansehnlich ausfällt, wie man nach der Ver- längerung erwarten sollte, kann auf neuen Schichtenbildungen, aber auch auf Quellungserscheinungen beruhen, die namentlich beim Collenchym oft deutlich nachweis- bar werden. Zudem ist der Pois- son’sche Coöfficient, der das Verhältniss von Längendilatation zur Quercontraction für bestimmte Substanzen angibt, für die Zell- ‘ membranen noch nicht genügend bekannt. Daran ist aber nicht zu zweifeln, dass zumal bei rasch verlaufenden starken Krümmungen die Verdünnung der Convexmem- branen auffällig hervortritt. Ver- dünnungen auf die Hälfte oder ein Drittel der ursprüglichen Membran- dicke, wie sie bei einzelligen und mehrzelligen Pflanzentheilen zu beobachten sind, schliessen jede Täuschung aus. (Vgl. Fig. 2.) Um die durch Gewebespan- nungen eventuell veranlassten pas- siven Dehnungen möglichst auszu- schliessen, untersuchte ich noch die Veränderungen, welche an dem Collenchym der convexen Seite von Grasknoten vor sich gehen. Für dieses Gewebe hat Pfeffer kürzlich 75 exact nachgewiesen, dass es durch Gewebespannung nicht über die Elastieitätsgrenze hinaus verlängert wird und dass durch sein actives Wachsthum die Krümmung der Grasknoten erst ermöglicht wird. Schnitte durch stark gekrümmte Grasknoten, die ihre geotropische Bewegung noelı nicht vollendet hatten, zeigten mir nun ausnahmslos starke Unterschiede im Aussehen des Collenehyms auf den antago- nistischen Seiten: l. Das Collenchym der Convexseite zeigte erheblich dünnere Wände als das der Concavseite (Fig. 3 V, u. X). Bei stark gekrümmten Knoten ist das Verhältnis wie 1:2 oder gar wie 1:3. In Fig. 3, X» ist das ursprünglich diekwandige Collenchym kaum mehr als solches zu erkennen. 2. Die Collenchymstränge der Concavseite hatten ihre stark licht- brechenden hellglänzenden Membranen bewahrt; die gestreckten Collenchymstränge der Convexseite hatten dagegen an dem charak- teristischen Glanz ihrer Membranen viel verloren. Während erstere im Schnitt hell aufleuchteten, erschienen die letzteren matter und oft ganz glanzlos, Die Convexmembranen sind augenscheinlich relativ substanzärmer geworden. — Selbstverständlich muss bei dieser Feststellung auf eine mögliche Täuschung durch verschie- dene Dieke des Sehnittes geachtet werden. Diese Täuschung wurde dadurch vermieden, dass entweder Mikrotomschnitte durch Paraffinmaterial verwandt wurden, oder bei Freihandschnitten die Schnittdieke beiderseits gemessen wurde. Die Messung wurde einfach in der Weise vorgenommen, dass der Schnitt in vertiealer Stellung an die befeuchtete Längskante eines Objectträgers durch Capillarattraction festgeklebt und seine scheinbare Dieke mittels Zeichenapparat auf Papier übertragen wurde, nachdem einmal die Concavseite, dann die Convexseite dem Objectiv zugekehrt war. So wurden Vergleichswerthe erhalten, die an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Selbst dann, wenn an misslungenen Schnitten die Convexseite einmal viel zu dick ausgefallen war, schien das beschriebene Bild kaum verändert. Die Lumina der Collenchymzellen, die auf der Concavseite eng und meist eckig sind, findet man auf der Convexseite stark erweitert und ab- gerundet. Die auf der Coneavseite deutlich hervortretenden engen Tüpfel sind auf der Uonvexseite schwer wiederzufinden, sie er- scheinen aber nicht in dem Maasse erweitert, wie man es gemäss der Flächenvergrösserung der ganzen Membran erwarten sollte. Während die Wandung der Collenchymzellen nach der Behandlung 76 mit Kalilauge auf der Concavseite, wenigstens in den meisten Fällen, ziemlich gleichmässig dicht erschien, hob sich in denen der Convexseite eine innere glänzende Lamelle meist scharf von der übrigen Wandsubstanz ab. Diese dichteren Innenschiehten benachbarter Zellen stossen an manchen Stellen unmittelbar an- einander, ohne noch von der eollenchymatischen Substanz zwischen sich zu lassen, 3. Bei der Einwirkung von Chlorzinkjod geben die Concavmembranen prächtige intensive Cellulosefärbung ; die Convexmembranen dagegen färben sich schmutzig grauviolett bis gelblich. (Ganz dieselben Farbennüancen machen sich in den Rindenparenchymzellen stark gekrümmter Knoten auf den entsprechenden Seiten bemerkbar.) Die den Kreis schliessenden Collenchymbündel vermitteln durch allmähliche Abtönungen die beiden Farbenextreme der antago- nistischen Seiten. — Die dicken Membranen des Concavceollenechyms färben sich in anderen Tinktionsmitteln weniger intensiv als die verdünnten Convexmembranen. Wirkt verdünnte Schwefelsäure auf Schnitte, die mit Congoroth gefärbt sind, so behält das Concav- collenehym röthlichen Thon bei, während das Convexcollenchym sofort blauviolett wird. Achnliche Abweichungen in Farbreactionen liessen sich noch in grösserer Zahl anführen. Dass die genannten Unterschiede im Verhalten der antagonistischen Seiten einzig und allein durch Veränderungen in den Convexmembranen hervorgerufen sind, nicht aber durch nachträgliche Umwandlungen in der Concavseite (wie sie beispielsweise Wortmann in gewaltsam gestreckten Stengeln auffand), geht erstens einmal aus dem Vergleiche gekrümmter Grasknoten mit nicht gekrümmten hervor, dann aber auch aus der Untersuchung solcher Knoten, die sich durch erfolgte Rückbiegung nach starker Krümmung wieder gerade gestreckt hatten. In diesem Falle war das Collenchym auf den antagonistischen Seiten völlig übereinstimmend und zwar so verändert, wie in der Convexseite einseitig gekrümmter Knoten. Es steht also fest, dass das Collenchym beiseinem Wachs- thum diese auffallenden Veränderungen erleidet. Es ist aber nicht recht einzusehen, wie alle diese Erscheinungen in einen natürlichen Zusammenhang mit Intussusceptionswachsthum zu bringen wären. Wüchse das Collenchym der Convexseite durch Einlagerung neuer gleichartiger Micelle in die collenchymatische Membran, so ist erstens kein ausreichender Grund für die Verdünnung zu finden, zweitens steht die relative Substanzverarmung der wachsenden Mem- 17 branen in keinem ersichtlichen theoretischen Zusammenhang mit dieser Vorstellung und drittens steht die beobachtete veränderte Reaction gegen Jod-Chlorzink von Standpunkte dieser Theorie aus nicht in Beziehung zu den Wachsthumsvorgängen. Wollen wir aber die Frage, welche Vorstellung diesen beobach- teten Thatsachen am besten und natürlichsten entspreche, beantworten, verfahren wir also so wie die anderen empirischen Wissenschaften bei Aufstellung ihrer hypothetischen Vorstellungen es allgemein thun, so dürfen wir uns um so mehr für die Dehnungs- mechanik entscheiden, als zwingende Gründe für die Intussusception, wie wir gesehen haben, bei den betrachteten Wachsthumserscheinungen nicht vorliegen. Mit der Dehnung steht aber die Verdünnung im natürlichsten Zusammenhang, ebenso auch die stoffliche Veränderung in der wachsenden Membran. Denn wenn die Aenderungen in elastischer und plastischer Dehnbarkeit der Membran vom Plasma aus veranlasst und regirt werden, so ist die Annahme kaum zu umgehen, dass die Membran bei dieser Einwirkung stofflich irgendwie verändert werde; Aenderungen in der physikalischen Einwirkung, in Druck- schwankungen oder sonst in Betracht kommenden Aeusserungen sind beim Wachsen wenigstens bis jetzt nieht nachgewiesen. Die procen- tische Abnahme der Trockensubstanz, wie sie in der verminderten Liehtbreehung und Dichte der collenchymatischen Substanz wohl zum Ausdruck komnit, ist wahrscheinlich durch Wasseraufnahme zu er- klären, also durch eine Art Quellung.') Dabei ist aber zu beachten, dass nach den Messungen Pfeffer’s die elastische Gegenwirkung der verlängerten Collenehymbündel gegen Zugkräfte sich nicht merkbar verringert; daraus würde hervorgehen, dass hier eine Art der Quellung (vielleicht nur in der Querriehtung) vorliegt, welche die Consistenz der Membran in der Längsrichtung nicht wahrnehmbar herabniindert, Ob die beschriebene dichtere Innenschicht der Collenehrmmenm- branen, die bei verlängerten Bündeln meist deutlich hervortritt, eine neu apponirte und stofflich noch abweichende Lamelle ist, oder als besonders differenzirter T'heil der Membran erhalten bleibt, habe ich nicht genau genug untersucht, um mir darüber ein festes Urtheil zu 1} Auch Hegler gibt, ec. p. 31 eine starke uuf der Üonvexseite auftretende Verqueilung der collenchymatischen Bündel an. — In unseren Falle ist die durch Quellung verursachte Volumzunahme aufgehoben durch die Verdünnung bei der Streckung. 78 bilden. Einzelne Beobachtungen sprechen eher für das erstgenannte Verhalten. Dass diese Innenschichten nicht durch Liehtbrechungen und -Reflexionen optisch vorgetäuscht werden, sondern wirklich vorhanden sind, lässt sich an Präparaten, in welehen das Collenchym quer durch- gerissen wird, sicher feststellen; denn man findet hier diese dünnen Schichten oft isolirt aus der übrigen Collenchymsubstanz herausragen. Ihre wechselnde Dicke, ihr zuweilen gänzliches Zurücktreten, besonders im ruhenden Collenehym, lässt sich aber besser damit vereinigen, dass sie neu apponirte Schichten darstellen, als dass sie unverändert bleibende Grenzlamellen der Wandung vorstellen sollten. So möchte ich eher annehmen, dass analog wie bei anderen wachsenden Mem- branen ') die Apposition neuer Schichten hier neben der Dehnung vorhandener herläuft, wenn auch das Verhältniss der Längendilatation zu der beobachteten Quercontraction, zumal bei der vorliegenden Quellung, eine nebenher gehende Verdiekung nicht unbedingt fordert. Deutlicher noch als dureh die Verminderung der Dichtigkeit, die für die Membranen der Parenchymzelien auch noch fraglich ist, geht die Qualitätsänderung der Membran während der geotropischen Wachs- thumsförderung aus der Reaction mit Jod-Chlorzink hervor, denn es spricht sich darin aus, dass die Wasseraufnahme wohl nicht die einzige Veränderung in der Zusammensetzung der Membran ausmacht, sondern dass die Qualitätsänderung eine tiefer greifende ist. Ob gerade die Veränderung, die in der abweichenden Jodreaktion zum Ausdruck kommt, in ursächlichem Zusammenhang mit dem Wachs- thunısmechanismus steht, lässt sich heutenoch nicht sagen. Das Zusammen- treffen beider Vorgänge istaber immerhin bemerkenswerth und es wäre z.B. nicht ausgeschlossen, dass die Dehnungsverhältnisse der Membransubstanz durch leichte Imprägnirung mit Plasmasecreten ähnlich verändert würden, wie die Dehnungsverhältnisse des Kautschuks durch die Schwefelung (das Vulkanisiren).. Beim Vulkanisiren und bei der technischen Be- arbeitung des Kautschuks treten uns zudem so viele Aehnlichkeiten im Verhalten mit demjenigen entgegen, was wir von Pflanzenmembranen kennen, dass es sich wohl verlohnen dürfte, diesen Gedanken einmal weiter zu verfolgen und zu prüfen. Sollten sich auch bei näherer Untersuchung wesentliche Differenzen ergeben, so haben wir doch wenigstens in der Vulkanisirung des Kautschuks und den damit ver- bundenen bekannten Eigenschaftsänderungen einen Vorgang, an den wir mit unseren Vorstellungen auf botanischem Gebiet anknüpfen j 1) Experimentelle Untersuchungen üb. d. Wachsthum der Zellmembran. Abh. d. Senckenb. Naturf.-Gesellschaft Bd. 15 p. 101. 19 können und der uns die Möglichkeit veränderter Dehnungsverhältnisse, von Entspannungen und plastischen Deformationen unter dem Einfluss bestimmter Qualitätsänderungen und ohne Einlagerung neuer gleich- artiger Kautschuktheilchen unmittelbar vorführt. Wie bekannt, ist der natürliche Kautschuk vor seiner Vulkani- sirung technisch nicht wohl verwerthbar, da seine werthvollste Eigen- schaft, die Elastieität, beim Wechsel der Temperatur wie bein Wechsel andrer äusserer Bedingungen den grössten Schwankungen unterworfen ist. Durch das Vulkanisiren, das Schwefeln, wird erst die Elastieität so beeinflusst, dass der Kautschuk die bekannten nützlichen Eigenschaften annimmt. Wie der Schwefel dabei zur Wirkung kommt ist noch nicht bekannt, aber jedenfalls sind die wirksamen Mengen desselben sehr klein im Verhälfniss zum Volumen des Kautschuks und zur Dimension des möglichen Dehnungsunterschiedes vor und nach der Schwefelung. Dies geht besonders aus der Vulkanisirung auf feuchtem Wege (mittelst SsCiz) hervor, wobei dünnere Gegenstände nur einige Secunden in dem reichlich mit Petroleum oder Schwefel- kohlenstoff verdünnten Schwefelchlorürbad verbleiben. Das Vulkani- siren auf trockenem Wege, wozu dem Kautschuk der Schwefel zu- nächst mechanisch beigemischt wird, lässt jedenfalls grosse Mengen ungebundenen, nur mechanisch festgehaltenen und unwirksamen Schwefels in der Substanz zurück. Durch die Schwefelung wird nun die Cohäsion und Adhäsion vermindert, die Wasseraufnahme und die Löslichkeit verändert und die Rlastieität erhöht, falls die Schwefelung sich in bestimmten Grenzen hält. Wird sie weiter getrieben, dann verändert der Kautschuk seine Eigenschaften wieder in anderer Richtung, er wird hart, hornartig spröde, indem er in Hartgummi (Ebonit, und wie die Namen sonst lauten) übergeht. Besonders interessant ist aber der Umstand, dass elastische Dehnungen, überhaupt elastische Deformationen, welche während des Vulkanisirens vorhanden sind, je nach dem Grade der Schwefelung mehr oder weniger in bleibende plastische De- formationen übergeführt werden. Es ist also mit der Schwefe- lung eine Entspannung der vorher elastisch gespannten Substanz ver- knüpft. Die Kautschukindustrie ist durch diese Wirkung des Schwefels gezwungen, bei dem Vulkanisiren mit ganz besonderen Vorsichtsmass- regeln zu arbeiten, um nicht von elastisch in Anspruch genommenen Gegen- ständen oder Theilen derselben dauernd deformirte Produkte zu erhalten: Jede elastische Deformation muss beim Vulkanisiren aufs Surgfältigste vermieden werden; so werden flache Gegenstände zwischen Platten s0 gehalten, Schläuche auf Dorne aufgezogen u. s. f. Andrerseits zieht natürlich die Kautschukwaarenfabrikation aus diesem merkwürdigen Verhalten auch Nutzen. Ich möchte hier nur an das bekannte Spiel- zeug der „sterbenden Teufel“ oder der „Schreiteufel“ erinnern, welche in jeder Spielwaarenhandlung für 10 oder 20 Pfennige zu haben sind. Ihre Herstellungsweise ist gerade für die Fragen, die uns bei den Membranen beschäftigt haben, ausserordentlich lehrreich. Die mit zwei weiten Ausbauchungen (Kopf und Leib) versehenen Figuren werden, wie mir der erste Fabrikant derselben, Herr Carl Bender in Brüssel, mitzutheilen die Güte hatte, aus einem gleichmässig dicken Stück Gummischlauch hergestellt, wie er am Hals der Figuren und am Fussende noch erhalten ist. Während nun Kopf- und Bauchtheil elastisch aufgetrieben, Hals und Fuss dagegen von der Dehnung aus- geschlossen werden, wird unter bestimmten Massregeln vulkanisirt. Die aufgetriebenen Theile werden dabei mehr oder weniger entspannt und bleiben als dauernd erweiterte Stellen erhalten. Die anderen nicht elastisch gedehnten Stellen erfahren keine plastische Deformation. — Dabei bleiben aber die bauchig erweiterten, durch die Schwefelung entspannten Stellen in hohem Grade elastisch dehnbar, verlieren also die Fähigkeit nicht, weiteren Zugwirkungen sofort elastische Spannung entgegenzusetzen. In den bauchig erweiterten Stellen der Figuren liegt also eine dauernde Flächenvergrösserung einer Membran vor, welche aus einer elastischen Dehnung dureh Entspannung hervorgegangen ist. Die Entspannung selbst ist aber hier nachweislich nicht dureh Einlagerung neuer Kautschuktheilchen erfolgt, auch nicht durch Erweichung bis zu breiartiger Consistenz bedingt, sondern durch eine eigenartige, von aussen beeinflusste Qualitätsänderung der Membran bei stets abnehmender Zugspannung erreicht werden. Die Aehnlichkeit dieses Entspannungs- vorganges beim Kautschuk und der dabei zu beobachtenden Erschei- nungen mit den entsprechenden Erscheinungen bei Pflanzenmembranen ist so gross, dass wir gewiss auch bei der Membran die vorgenannten Auskunftsmittel entbehren können, um die beobachteten Erscheinungen zu erklären. Die unzweifelhalft nachweisbare Verdünnung und Quali- tätsänderung der geotropisch sich verlängernden Membran legt uns den Vergleich mit den Dehnungserscheinungen beim Kautschuk aber um so näher, als mit jenen Vorgängen, wie erwähnt, die Intussusception unwahrscheinlicher wird. !) 1) Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich noch einmal bemerken, dass ich unter Intussusception hier das echte Intussusceptionswachsthum im Sinne 81 Wenn in der Wachsthumsperiode einer Zelle von dem Proto- plasma Stoffe abgeschieden würden, welehe auf die vegetabilische Membran ähnlich einwirken, wie der Schwefel auf den vegetabilischen Kautschuk, so müsste unter ihrem Einfluss sich das Flächenwachs- thum und die Eintspannung in Abhängigkeit von elastischen Spannungen in der That so vollziehen, wie es in Wirklichkeit beobachtet wird. Ich wüsste wenigstens augenblicklich keine Thatsache anzuführen, welche nicht mit einer solchen Annahme vortrefflich harmonirte: Die Abhängigkeit des Flächenwachsthums von der, wenn auch geringen elastischen Dehnung, die Verdünnung der wachsenden Membran und die Aenderung ihrer Reaetionen während des Streekungsvorganges, die Erseleinung der Entspannungen, sowie auch die spätere Ver- minderung der elastischen Dehnbarkeit und das Spröderwerden der Zellhäute, — das alles steht im besten Einklang mit dieser Annahme. Es mag nebenbei bemerkt werden, dass auch die Trennung des eigentlichen Diekenwachsthums der Zellhäute von dem Längenwachs- thum bei der Annahme des Dehnungswaehsthums in rationellem Zu- sammenhang zu bringen ist, während ein plausibeler Grund für diese Thatsache bei der Annahme von Intussuseeption nieht vorhanden ist. Wenn aber die Bildung neuer Membranlamellen durch Umwandlung von Plasmalamellen und deren Apposition heute als unzweifelhaft sicher festgestellt gelten kann und das Flächenwachsthum dabei durch die Dehnungen ausreichend bewerkstelligt werden kann, so scheint mir kein dringender Grund dafür zu sprechen, dass Membransubstanz dabei nebenher auf total andere Weise, nämlich in Lösung entstehen, als solche in die fertige Membran eingeführt und darin in bestimmter Richtung ausgeschieden werden soll. Die mikroskopische Untersuchung und die daran geknüpften Betrachtungen sprechen demnach entschieden für das Dehnungswachsthum, während sieh für die Intussusception keine solchen Anhaltspunkte finden liessen. Wenn ich zum Schluss auf die plasmolytischen Versuche zurückkomme, so mag gleich hier betont werden, dass ihre Ergebnisse sowohl mit denen der Beugungsversuche als auch mit den mikro- skopischen Befunden durchaus harmoniren und zu denselben Schlüssen führen wie diese. Nägeli’s verstehe, nicht aber jede heterogene Einlagerung von Wasser, Cutin und dergl. Die Einführung von Schwefel in den Kautschuk ist streng genommen auch eine Intussusception, die aber wesentlich nicht sowohl durch die Substanz- vermehrung, als durch die Modifieation der Dehnbarkeit wirkt. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 6 82 Wenn ein sich geotropisch krümmendes Organ, gleichviel ob es einzellig oder mehrzellig ist, in Salpeterlösung gebracht wird, so sieht man, dass nach Verlauf einiger Zeit die Krümmung bedeutend flacher geworden ist; sie kann sich sogar, falls die geotropische Krümmung eben erst begonnen hat, fast ganz ausgleichen. Aeltere Krümmungen, die aber die Endlage noch nicht erreicht hatten, gehen zwar ebenfalls zurück, es bleibt aber immer eine mehr oder minder grosse Krümmung im plasmolysirten Zustande bestehen. Das Zurückgehen der Krümmung zeigt unzweifelhaft an, dass die Convexseite elastisch weiter gedehnt war, als die Concavseite. Denn wären beide antagonistische Seiten gleichmässig dehnbar gewesen, so hätte sich der Krümnmungs- radius bei der Plasmolyse nicht verändern dürfen. Zu Beginn des Krümmungsvorganges ist diese Aenderung der elastischen Dehnbarkeit fast die einzig wahrnehmbare Erscheinung. Später kommt immer deutlicher eine plastische Dehnung hinzu, die bei der Plasmolvse natürlich nicht wie jene rückgängig gemacht wird, sondern bleibt. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass der Rückgang der Krümmung nachdem plastische Dehnung hinzugekommen war, nicht allein auf Rechnung der modifieirten elastischen Dehnbarkeit, sondern auch, und zwar grösstentheils auf die grössere elastische Dehnungsamplitude der nunmehr dünneren Membran zurückzuführen ist. Erhöhte Dehn- barkeit, plastische Verlängerung und Verdünnung der Convexwem- branen wirken beim Zustandekommen der Krümmung, sich gegenseitig fördernd, zusanımen und machen das Verhalten gekrümmter Organe bei der Plasmolyse durchaus verständlich, während es nicht einzusehen ist, wie dieses Verhalten mit dem Wachsthum durch Intussusception in Verbindung zu bringen wäre. Die erwähnte Verflachung der Krümmung ist aber nicht die einzige Fulge der Turgorschwächung; es geht ihr vielmehr ganz zu Anfang der Einwirkung des Plasmolysators meist eine Verstärkung der Krümmung (unter Verkürzung) voraus (Beitrag zur Kenntnis ete. pag. 517). Diese Verstärkung ist, wie ich betont habe, abhängig davon, dass die Krümmungsbewegung noch im Gange ist, denn sie hängt mit der verschiedenen Qualitätsbeeinflussung der antagonistischen Membranen durch das gereizte Plasma zusammen. Die Verflachung der Krümmung tritt dagegen auch nach dem Ablauf der Krümmungs- bewegung noch ein, weil sie die Folge der einseitig dünneren und desshalb elastisch weiter ausgedehnten Membran ist; erst wenn correlativ und regulatorisch die Convexmenibran durch Apposition neuer Lamellen wieder auf die normale Dicke gebracht ist, findet keine Verflachung 83 bei der Plasmolyse mehr statt, die Krümmung ist dann „durch Wachs- thum fixirt*, wie es de Vries bezeichnete. Kohl fand bei seinen plasmolytischen Versuchen dieselben Ver- hältnisse wieder, Er gibt p. 70 an, dass junge Krümmungen sofort eine starke Zunahme der Krümmung ergeben, die später in eine mit dem Alter abnehmende Verflachung übergehe. Auch die Zunahme- bewegung werde mit dem Alter der Krümmung geringer. Ueber 24 Stunden alte Krümmungen begännen nach dem Einbringen in die plasınolysirende Lösung sofort mit einer ausgiebigen Verflachung, welehe nicht in Zunahme übergehe. 72 Stunden alte Krümmungen zeigten ihm nur noch minimale Bewegungen. Kohl hat jedenfalls über- sehen, dass ich diesen Punkt wiederholt ausdrücklich hervorgehoben und daraus gerade auf die Activität der eigenartigen Spannungs- verhältnisse bei der Krümmungsbewegung geschlossen habe; denn ge- rade das Aufhören der Zunahmebewegung nach vollendeter Krümmung weist darauf hin, dass zwischen den beiden Dingen ein engerer Zu- sammenhang besteht. Den unbegründeten Vorwurf Kohl’s, dass mir das erwähnte interessante Ergebniss seiner Versuche noch ver- borgen geblieben sei (p. 68), kann ich wohl am besten mit der Anführung zweier Sätze aus meinem Abschnitt über Plasmolyse zurückweisen: „Hört die physiologische Krümmungsbewegung. auf, so tritt auch die Erscheinung der Plusbewegung (der Krümmungszunahme) nicht mehr ein, wohl aber ist noch eine zeitlang darauf die Minusbewegung (Verflachung der Krümmung) beim Plasmolysiren zu bemerken {l. e. p. 323)*. — „Es wurde auch bei dieser Untersuchungsmethode wieder streng darauf gesehen, dass nur Pflanzentheile zur Untersuchung gelangten, die eben ihre Krümmung begonnen hatten oder auf dem Ilöhepunkt ihrer Ausführung standen. Nur so lässt sich die wahre mechanische Ursache derselben experimentell ausfindig machen. Der Umstand, dass nach vollendeter Krümmung sich gerade die während derselben beobachteten Spannungsverhältnisse Ändern, macht es um so wahrscheinlicher, dass in diesen die wesentlichen Momente für die Krümmungsbewegung liegen“ (l. e. p. 524). Die von mir beobachteten Unregelmässigkeiten in der Bewegung bei der Plasmolyse beziehen sich, wie auch aus meinem Texte deutlich hervorgeht, nicht auf verschieden alte Krümmungen, sondern sämmmt- lich auf junge, eben begonnene. Wenn Kohl bei solehem Material keinen Unregelmässigkeiten begegnet ist, muss es der Zufall oder die bessere Auswahl oder Behandlung der Versuchsobjecte so gefügt 6* 84 haben; denn daran halte ich gegenüber der Polemik Kohl’s (p. 68) auch fest, dass es sehr auf die Vorbehandlung eines Versuchsobjeetes ankommt, ob man eine bestimmte Lebenserscheinung ungestört zu sehen bekommt oder nieht. Diese Erfahrung kann man bei jedem Vorlesungsversuche machen; ich brauche nur an die Bewegungs- erscheinungen der Mimose zu errinnern und ihre Abhängigkeit von der Vorbehandlung der Versuchspflanze. Die anfängliche Zunahme der Krümmung bei Turgorschwächung hatte ich seinerzeit auf ein stärkeres „Contraetionsbestreben* der Concavmembranen zurückgeführt. Meine damaligen Ausführungen wurden dann von verschiedenen Forsehern beanstandet!) und ich ersehe aus ihren Einwänden, dass meine Darstellung nieht die riehtige Erklärung gibt. Ich kann mich allerdings auch nicht der Meinung Reinhardt’s anschliessen, dass zwei Membranen, die unter gleicher Zugwirkung standen, sich nach der Aufhebung des Zuges unter allen Umständen mit gleicher Kraft zusammenziehen sollen. Das hängt doch eben von ihrer elastischen Rückwirkung ab; eine vollkommen elastische Meinbran wird sodann die volle Kraft wieder entfalten, eine unvoll- kommen elastische wird entsprechend weniger Kraft entwickeln und eine unelastische, nur ductil dehnbare, wird überhaupt keine rück- wirkende Kraft entfalten. Aehnlich muss aber das Resultat sein, wenn ein Theil der elastischen Spannung in einer Membran ständig durch Entspannung aufgehoben wird. Bei den elastisch gespannten Membranen sich krümmender Pflanzentheile liegen aber die Verhält- nisse jedenfalls eomplieirter als ich damals glaubte und die einzelnen Faectoren, die dabei in Reehnung kommen, sind noch so wenig genau bekannt, dass ich keine erschöpfende Erklärung für die Erscheinung finde, auf die übrigens auch die genannten Forscher verzichten. Nur das möche ich als feststehend betrachten, dass sowohl die an- fängliche Zunahme als auch die spätere Abnahme der Krümmung; erstere für qualitative und letztere auch für quantitative Verschieden- heiten in den antagonistischen Membranen sprechen, denn bei gleich- artiger Beschaffenheit und gleicher procentiger Verkürzung dürfte der Krümmungsradius bei der Plasmolyse sich nicht verändern. ?) I) U. a. von M. O. Reinhardt, Das Wachsthum der Pilzhyphen Pringsh. Jahrb. Bd. XXI, p. 546, und Pfeffer, Energetik p. 247. 2) Ob variable und in den qualitativ verschiedenen Seiten ungleich variable Coöfficienten die Ursache für diese Erscheinung sind oder was sonst dieselbe her- vorbringt, habe ich nicht näher untersuchen können. Beim Kautschuk ist die 85 Als die hauptsächlichsten Ergebnisse dieser Untersuehungen sind folgende Punkte hervorzuheben: 1. Die Auffassung von Kohl über die Mechanik der Reizkrümmungen steht mit den beobachteten Thatsachen in Widerspruch; keine einzige der gemachten Beobachtungen kann zu ihren Gunsten an- geführt oder ausgelegt werden. 2. Die Einwände, welche Kohl andresseits gegen die bisherige Aus- legung der Versuche und Beobachtungen, insbesondere auch gegen meine Arbeiten in dieser Richtung erhebt, sind durchgehends nicht stichhaltig. Die beobachteten Erscheinungen weisen unmittelbar darauf hin, dass die ÜConvexmembranen beim Krümmungsvorgang stärker (elastisch und plastisch) gedehnt werden als die Membranen der Concavseite, welche in umgekehrter Richtung beeinflusst werden. 4. Dafür, dass die Streckung der Convexmembranen durch Intussus- ceptionswachsthum vor sich gehe und dieses jene nachweisbaren Veränderungen nur zur Folge habe, sind andererseits keine realen Anhaltspunkte zu finden. Die von Pfeffer beobachteten Ent- spannungserscheinungen insbesondere zwingen nicht zur Annahme von Intussusceptionswachsthum. Als Erscheinungen, welche bei der Annahme von Dehnungsvor- gängen unmittelbar verständlich und erklärlich werden, die aber mit Intussusceptionsvorgängen nicht in gleicher Weise vereinbar sind, wurden uns bekannt: a) der mikroskopische Nachweis der Verdünnung, welebe die Membranen bei der Streckung erfahren; b) die bei eollenchymatischen Geweben auftallende relative Ver- armung an Trokensubstanz in den Membranen; e) die bei dem Dehnungsvorgang nothwendig anzunehmende Quali- tätsänderung in der Membran, die sich theils als Quellung (wachsendes Collenchym), theils als veränderte Farbenreaction (Collencehym und Rindenparenchyn) deutlich kundgibt; d) die bei der Turgorerniedrigung und Plasmolyse auftretenden Bewegungsverhältnisse. Diese Thatsachen sind sämmtlich völlig verständlich und erklärlich, wenn man annimmt, dass die Membranen in ihren Dehnungs- Ku ar > Variabilität (les Elastieitätseoöffieienten bei verschiedener Inanspruchnahme durch dehnende Kräfte bekannt. Jedenfalls ist die beschriebene Contractionsanomalie aber ein Anzeichen qualitativer Versehjedenheit in den antagonistischen Flanken und als solches für unsere Frage allein schon von Berleutung. 86 verhältnissen vom Protoplasma qualitativ beeinflusst und verändert werden können und zwar in zweierlei Weise: a) in ihrer elastischen Dehnbarkeit (wie bereits bekannt ist); b) in ihrer plastischen Dehnbarkeit und daraus folgender De- formation, Die plastische Deformation kommt durch theilweise oder völlige Entspannung der elastischen Deformation zu Stande. Die Energiequelle für die plastische Deformation ist im Wesentlichen also in der gespeicherten Energie der elastischen Spannung ge- geben. Für die qualitative Aenderung der Dehnbarkeit spricht die beobachtete Contractionsanomalie. 7. Für die Umwandlung der elastischen Spannung in eine plastische (nach aussen spannungslose) Deformation ist ein bekanntes Analogen bei der Vulkanisirung des Kautschuks gegeben. Die plastischen Deformationen und Entspannungserscheinungen bei Pflanzenmem- branen finden eine zureichende Erklärung durch die Annahme, dass das Protoplasma einen oder mehrere Stoffe abscheidet, der auf die Membran ähnlich einwirkt wie der vulkanisirende Schwefel auf den vegetabilischen Kautschuk. Soweit die Membranen zur Ermöglichung der Wuchskrümmungen in Mitleidenschaft gezogen werden, geschieht das also allem Anschein nach durch Modification ihrer elastischen und plastischen Dehnbarkeit unter dem Einfluss plasmatischer Einwirkungen. In dieser Verände- rung der Membranen ist zwar der Sachlage nach das entscheidendste Moment für die Mechanik der Krümmung gegeben, aber doch keines- wegs das einzige. Primär, secundär oder correlativ scheint der Richtungsreiz noch eine ganze Reihe anderer Erscheinungen auszu- lösen, welche die Krümmung zu einem sehr complexen Vorgang machen, bei dem sehr verschiedene Factoren zusammenwirken und in einandergreifen. Ich erinnere hier nur an einseitige Plasmaansamm- lungen, einseitige Turgordifferenzen, einseitige Reservestoffanhäufungen. Inwieweit diese Auslösungsvorgänge die Krümmung selbst fördern oder vielleicht gar hemmen, bedarf der Feststellung im einzelnen Falle. Es ist das Verdienst von Pfeffer, die verschiedenen, für die Energetik der Bewegung in Betracht kommenden Faetoren nach- drücklich betont, nach ihrer Leistungsfähigkeit gewürdigt und kritisch abgewogen zu haben. Auch der Hinweis auf wechselnde Combinationen 87 aller dieser Factoren bei der Erreichung des sichtbaren Erfolges im Einzelnen trifft das Wesen dieser scheinbar gleichartigen Vorgänge gewiss vollkommen. Ich brauche für Fachgenossen nicht hinzuzu- fügen, dass Pfeffer auch dem hier angenommenen Dehnungswachs- thum eine grosse Bedeutung und Leistungsfühigkeit für Wachsthums- vorgänge überhaupt zuerkennt und es in allen den Fällen wahrscheinlicher findet, in welchen es sich um sehr raschen Verlauf des Wachsthums handelt. — Im Vorhergehenden glaube ich gezeigt zu haben, dass eine Reihe von Gründen dafür spricht, diesen Wachsthumsmodus auch bei den geotropischen Wuchskrümmungen wenigstens der untersuchten Pflanzen anzunehmen. Bonn, April 1895. Die Grübchenflechten (Sicte:) und ihre geographische Ver- breitung. Zusammengestellt von Dr. Ernst Stizenberger. So werthvoll und nützlich die vor Kurzem erschienene Zusammen- stellung der Stictei in Hue Lich. exot. a Prof. Nylander descript. S. 86 ff. an sich für den Lichenologen auch sein mag, so geht ihr eben doch der Natur der Sache nach die wünschenswerthe Vollstän- ständigkeit ab: sie enthält ausschliesslich nur die in den zahlreichen lichenologischen Werken Nylander’s vorkommenden exotischen Arten, während im Laufe der letzten Jahrzehnte auch unter anderem von Tucekerman, v. Krempelhuber und namentlich von J. Müller bisher unbekannt gebliebene Formen beschrieben worden sind, welche dort nicht erwähnt werden. In den folgenden Blättern wurden letztere alle nach Mögliehkeit berücksichtigt. Ausserdem aber war ich bemüht, auch die geographische Verbreitung der Grübchenflechten nach Maass- gabe der mir zu Gebote stehenden Hilfsmittel eingehend zu studiren und die Ergebnisse dieser Studien sowohl in topographischer, als auch gewissermassen in klimatologischer Hinsicht, und nicht nur betreffs der einzelnen Formen, sondern auch — in vergleichender Darstellung — betreffs der bei ihrer systematischen Anordnung sich ergebenden ein- zelnen Gruppen hier im Zusammenhang übersichtlich niederzulegen. Denn allgemeine Angaben nach dieser Richtung finde ich unter der gesammten lichenologischen Literatur nur in Nyl. Syn. I 8. 332, 333, 334, 351 und 361 aus dem Jahre 1860 und demnach selbstverständlich revisionsbedürftig. In der Monographie der Stetei von Delise ist ausser den Fundortangaben für die einzelnen Arten über geographische Verbreitung der Grübchenflechten gar nichts enthalten, Dem systematischen Verzeichnisse der Gattungen, Arten, Varie- täten und Formen der Grübehenflechten und den statistisch-geographi- schen Mittheilungen glaubte ich eine Reihe allgemeiner Bemerkungen über wichtigere morphologisch-anatomische Verhältnisse der Sticter, sowie geschichtliche Notizen über die allmähliche Entwickelung unserer Kenntnisse über dieselben vorausschicken zu müssen. Die Ungleichheit in der Ausdehnung der einzelnen Ausführungen wird dem Leser nicht entgehen; aber ohne ungebührliche Wiederholung mehrfach ge- druckter und allzubekannter Dinge war bei meinem Bestreben, nach Kräften vorhandene Lücken in der bisherigen Behandlung des gege- benen Stoffes auszufüllen, diesem Uebelstande nicht wohl auszuweichen. Dasjenige, was ich bei dieser Ausarbeitung neben ausgiebiger Benützung des literarischen und Herbarien-Materiales aus Eigenem hinzugethan — es ist leider gar Weniges —, wird jeder Lichenologe unschwer herausfinden. Meine Absicht war übrigens, mit dieser Ver- 89 öffentlichung nicht nur den Spezialisten einen annelımbaren Dienst zu erweisen, sondern gleichzeitig auch sonstigen Freunden der Pflanzen- kunde den Ueberbliek über eine der am höchsten entwickelten, am mächtigsten entfalteten und anerkannt schönsten Gruppen („the patri- cians of Lichens“ Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 $. 6835) aus der mit Unrecht heutzutage etwas vernachlässigten Klasse der Lichenen zu erleichtern. I. Allgemeiner Theil. Die Grübchenflechten bilden eine von fast allen ihnen näher- stehenden blattartigen Flechten scharf abgegrenzte, unter sich dagegen aufs Engste zusammenhängende Gruppe, deren Gliederung nach natür- lichen Verwandtschaftsmerkmalen bisher den verschiedensten Versuchen unüberwindliche Hindernisse in den Weg legte, wie wir dies ja auf allen ähnlich beschaffenen Gebieten der Naturgeschichte organischer Wesen zu sehen gewohnt sind. Ihr Thallus ist blattartig ausgebreitet, meist nur locker anliegend oder selbst aufsteigend, auf verschiedene Weise in Lappen getheilt, an der Basis zuweilen gestielt, obere und untere Seite ungleich, beide Seiten berindet, Gonidienschicht nur unter der Rinde der Oberseite; untere Seite mit einem stärkeren oder schwächeren Filz bekleidet und meistens mit flecken- oder am häufigsten tüpfelchenartigen Unter- brechungen in der Kontinuität der Rindenschicht behaftet, wie solche sonst nur sehr ausnahmsweise bei anderen Gruppen der Lichenen vorkommen. Die Apothezien sind mittelgross bis gross und bilden kreisrunde randständige oder auf der Oberseite des Thallus zerstreute mehr weniger thallodisch berandete Scheiben, entweder mit kurzem Stiele oder flach aufsitzend. Fruchtscheibe meist nackt, dunkel ge- färbt aus breit keulenförmigen 8-sporigen Schläuchen und mässig dicken, nicht selten gegliederten, oben mit einander verklebten, nach unten aber freien Paraphysen bestehend; Epithezium stets gelblich-, bis röthlich-, bis dunkelbraun, Hypothezium wasserhell oder blassröthlich oder bräunlich. Sporen mittelgross bis gross, elliptisch oder spindel-, seltener bis nadelförmig mit 1—3, seltener 5, 7 und mehr Querwänden, glatt, wasserhell oder leicht bräunlich bis tiefbraun. Spermogonien meist im Thallus eingesenkt, selten als blasse Warzen über seine Oberfläche hervorragend, mit gegliederten Sterigmen uud kurzen ellip- tischen Spermatien, . Auf einzelne der soeben geschilderten Verhältnisse soll hier noch etwas näher eingegangen werden, namentlich auf die Stielbildung und Berindung des 'Thallus, die Anhangsorgane der Thallusunterfläche, dann — mit der mir hiebei erforderlich scheinenden Ausführlichkeit — auf die Gewebslücken in der Rinde der Thallusunterfläche, nachher in aller Kürze auf die Gonidien- und Markschicht, die Einwirkung der von Nylander eingeführten Reagentien auf den Thallus der Stikteen, das Exzipulum und endlich auf das Vorkommen der sog. Zephalodien bei dieser Pflanzengruppe. 90 Stielbildung am Thallus ist bei den Grübchenflechten ein seltenes Vorkommniss und findet sich auffallender Weise ausschliesslich nur bei Arten mit echter Zyphellenbildung, zuweilen nur ausnahms- weise, wie mitunter bei Stiefina tomentosa var. dilatata und Stichna Dufourii (Bourg. Pl. Canar. 1123), in anderen Fällen als typische Bildung. Der Stiel ist bald sehr kurz, bald länger (bis 3cm), stiel- rund oder auch etwas abgeflacht, oft beim Uebergang in die Spreite des Laubes dert als Rippe ausgesprochen und als solche der Theilung des Laubes entsprechend verzweigt und die Verzweigungen unter sich netzartig verbunden. Gute Abbildungen gestielter Grübchenflechten findet man bei Hoffmann P!I. lich. T. LX F. 1, 2, v. Krempel- huber Novara T. XIV F. 1, T. XV und XV], sowie in dessen Südsee T. XIV F. 2, 4, 8. Die oberseitige Rindenschicht ist meist dieker als die unter- seitige. Dicke der einen und der anderen Schicht bei den verschiedenen Arten verschieden. Meist hat die Rinde (pseudo-) parenchymatischen, in selteneren Fällen aber fibrösen Bau; mitunter kommen auch Ueber- gänge vor. Aehnliche Verschiedenheit im Bau der Rinde ist, wie bekannt, von Nylander (und für einige Arten auch von mir) bei Ramalina und von Schwendener innerhalb der Gattung Physeia (im Sinne Nylander’s) beobachtet worden und es fragt sich, ob die obigen für die Grübchenflechten zuerst von Schwendener nach- gewiesenen Verhältnisse nicht in ähnlicher Weise wie bei Ramalina für die schärfere Diagnose der Arten verwendet werden könnten, wenn sie in ausgedehnterem Maassstabe untersucht würden. So sind z. B., abgesehen von den Differenzen im Gonidiensystem, welche bei alten Herbariumexemplaren nicht gar leicht erkannt werden können, die sich sehr ähnelnden Stictina retigera und Sticta pulmonaria hierin wesentlich verschieden; erstere hat parenchymatische, letztere fibröse Rinde. Aus Schwendener’s Angaben über die Dicke der oberen und unteren Rinde bei verschiedenen Spezies scheint mir zu folgen, dass auch hier ausgedehntere Untersuchungen nicht ohne Werth für die beschreibende Lichenologie wären. Wesentlich werthvoll für die Charakterisirung unserer Pflanzen- gruppe als solche sind die anatomischen Verhältnisse des unter- seitigen Tomentums, „welches von isolirten, oder doch nur zu wenigen verwachsenen, meist kurzzelligen Fasern gebildet wird. Haft- fasern wie bei den Parmeliazeen und Physziazeen kommen hier nicht vor“ (Schwend. Flechtenthallus II p. 167). Diese Filzfasern wurden übrigens ganz unzweifelhaft schon von Nylander richtig dargestellt, (siehe Nyl. Syn. I 8.12, T.I F. 8 und Explication des figures; ferner a. 0. O0. 8. 333 unter Stietina: „rhizinis simplieibus*). Schwen- dener’s Untersuchungen liefern hier keine abweichenden Ergebnisse. Anders verhält es sich mit des letzteren allgemeinen Angaben über die „hypothallinischen Anhangsgebilde* der Fleehten, von welchen er den Protothallus als erstes Produkt der keimenden Spore mit Recht trennt und dieselben als Anhangsorgane der Lagerunterfläche nach morphologischen und anatomischen Merkmalen in vier unter sich ver- i 9 schiedene Typen zur Darstellung bringt, wodurch allerdings nunmehr die wünschenswerthe Klarheit in dieses bis dahin etwas verworrene Gebiet der Flechtenanatomie gebracht ist. Spezielleres bei Schwen- denera. a. 0.8. 187—140. Die ebenfalls an der unterseitigen Rinde des Thallus bei der überwiegenden Mehrzahl der Grübehenflechten vorkommenden Gewebslücken') verdienen hier ausführlicher in Betracht gezogen zu werden. Haller war wohl der erste, welcher in der Historia stirpium indigenarum Helvetiae 1776 die Aufmerksamkeit der Botaniker auf die regelmässigeren Formen derselben gelenkt und sie als „eireuli albi depressi* bezeichnet hatte. Schreber, welcher in seiner Ausgabe der Linne’schen Pflanzengattungen, 1791, den grössern Theil der uns beschäftigenden Lichenengruppe, soweit er ihm bekannt war, mit Rücksicht auf die in Rede stehenden Organe mit dem Namen Sticta belegt hat, hebt die „frondes inferne punctis albis excavatis eonspersae* als charakteristisch für denselben hervor. Acharius endlich war es, welcher für einen Theil dieser Organe (wenn man sie so nennen darf), den Namen Zyphellen einführte, der ihnen auch bis heute geblieben ist. Wahlenberg erwähnt sie in der Flora sueeica als „bursulae pallidae*, Seit den Zeiten Schreber’s haben sie niemals aufgehört in der beschreibenden Flechtenkunde bei der Darstellung und Eintheilung der Stikteen eine grosse Rolle zu spielen, nicht nur wegen ihres Vorhandenseins im Allgemeinen bei weitaus der Mehr- zahl der Stikta-Arten, sondern hauptsächlich auch durch die mehrfachen Abänderungen, welche theils in ihrem feineren Bau, theils und ins- besondere schon bei Beobachtung mit denı blossen Auge oder wenigstens mit der einfachen Lupe bei ihnen zu erkennen sind. Dem darf noch beigefügt werden, dass nur bei schr wenigen Lichenen ausser den Stieteis ähnlich gestaltete Gebilde je getroffen wurden (so z. B. bei Ne- phromium laerigatum var. papyraceum). , Der grössere Theil der Gestaltungen, welche uns hier beschäftigen, stellt auf der Unterseite des Laubes der Grübehenflechten befindliche scharf umschriebene, der Mehrzahl nach rundliche Grübchen dar, deren Boden — vom blossgelegten Marke gebildet — etwas krugförmig gewölbt ist und deren Rand von der nach aussen ein wenig vorgetriebenen Rinde gebildet wird. In anderen Fällen, aber bei gleichen Form- und Grössenverhältnissen, hat das Ganze mehr das Aussehen von Durch- bruchstellen von Soredien und innerhalb der kreisföormigen oder auch etwas unregelmässigeren Gewebslücke der Rinde tritt das entblösste weisse oder seltener gelbe Mark als pulverige Masse hervor. Aus- schliesslich die ersteren krugförmigen Hohlgebilde wurden von Acha- Pius mit dem Namen Zyphellen belegt; die anderen nennt er Soredien, ein auch für sonstige hievon verschiedene Flechtenbildungen verwen- deter Name. Delis e, in seiner Monographie der Stikteen vom Jahr 1822, 1) Der über Gewebslücken handelnde Abschnitt vorliegender Abhandlung wurde vom Verfasser in einer Sitzung der botanischen Sektion bei der Versamm- lung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Schaffhausen (30. Juli bis 1, August 1894) vorgetragen. 92 gebraucht für beide Formen den Namen Zyphellen und nennt die er- steren „Cyphellae immersae*, die letzteren „C. punctiformes“. Nylander behält den Namen Cyphella im Sinne des Acharius bei; die C. punetiformes (oder auch sorediiformes) von Delise belegt er mit dem Namen Pseudocyphellae — und auch wir werden diesen Namen aus mehrfachen Zweckmässigkeitsgründen benützen. Was die Form aller dieser Gebilde betrifft, so sind dieselben, wie schon bemerkt, meist kreisrund, doch finden sich auch mehr weniger gestreckt ovale und unregelmässigere, selbst etwas eckige Formen, wofür Sticta aurata wohl das auffallendste Beispiel liefert. Die Grösse schwankt bei Zyphellen und Pseudozyphellen zwischen 0,2--3 und 3, ja selbst 4,5 mm Durchmesser. Sehr grosse Zyphellen besitzen S. latifrons var. Menziesii, S. Henryana, S. Lenormandii, S. pericarpa, S. coriacea u. 8. w., — sehr klein sind sie bei S. Ruten- bergü, S. damaecornis f. elongato-laciniata und S. stenophylla. Bei einzelnen Arten der Grübchenflechten ist die Frage, ob man es mit echten oder unechten Zyphellen zu thun hat, nicht immer ganz leicht zu lösen; so sind die jüngeren Grübehen bei S. subcoriacea unbestreit- bare Pseudozyphellen, denen der Stictina argyracea gleichend; die älteren, einen Durchmesser von 1,5 mm erreichend, ähneln mehr den echten Zyphellen. Analoge Uebergangsformen finden sich bei Sticta amphistieta (Nyl. Nov. Zel. 1888 $. 40), bei welcher Art, ähnlich wie bei Sticta episticta und psilophylla, auch auf der Oberseite bald häu- figer, bald seltener Pseudozyphellen zu treffen sind. Auch Stietina intricata var. Thouarsiü, auf welche Prof. Joh. Müller in Lich. Knight. S. 6 aufmerksam macht, hat Pseudozyphellae leviter urceolato-concavae (pulverulentae). Bei Sticta subcoriacea und latifrons var. Menziesil ist der Grund der hier vorkommenden echten Zyphellen mehlig-pul- verig. Stictina dissimilis und fossulata var. subcyphellata besitzen Pseudozyphellen, welche gewissermassen den Uebergang in krugförmige Zyphellen bilden; auch bei Sticta Montagnei treffen wir solche Pseudo- zyphellen. Die zyphellenartigen Bildungen, und dies gilt namentlich von den Pseudozyphellen, sind in einzelnen Fällen auf warzen- oder pa- pillenartigen Erhebungen der Thallusoberfläche aufgesetzt und dann fast immer sehr klein, gewissermassen im Anfangsstadium der Ent- wickelung beharrend, so bei Sticta orygmaea, Stietina Hookeri, Stietina Fragillima, Stictina astictina (ähnliche Pseudozyphellen, aber nicht auf warzig erhabenem Grunde trifft man auch bei der schon oben genannten Sticta Montagnei). Die Unterscheidung der Pseudozyphellen nach ihrer Farbe (weiss, gelb) ist meist sehr leicht und zugleich für die Systematik der Stikteen von besonderem Nutzen. Dennoch kommt es bei Arten mit gewöhnlich weissen Pseudozyphellen zuweilen vor, dass auch gelbe getroffen werden (Stietina Dozyana, fareolata) und ebenso auch umgekehrt und ist in letzterem Falle die Ausnahme bald nur individuell wie bei Stietin« nitida und Sticta physciospora, bald bildet sie standörtliche Varietäten, wie bei 5. carpoloma var. albocyphellata und Stictina Mougeotiana var. m 93 albocyphellata. Diese Vorkommnisse finden, wie ich glaube, ihre be- friedigende Erklärung in Folgendem: Bei einzelnen Arten der Grüb- ehenflechten sind die Markfasern, ähnlich wie zuweilen bei Purmelia, Physcia, Pyxine, Nephromium u. s. w. mehr weniger mit krystallinischen Körnchen besetzt, welche bei massenhafter Einlagerung dem Markgewebe eine mitunter sattgelbe (bei anderen Gattungen zuweilen auch rothe) Farbe verleihen, wie solche übrigens bis jetzt ausschliesslich nur bei Grübchenflechten mit Pseudozyphellen beobachtet worden ist. Beispiele: Stieta endochrysa, Urvillei eum varr., aurata, rubella ete. Ein spär- licheres Vorkommen dieser Krystalle übt keinen Einfluss auf Färbung des betr. Gewebes aus und das Mark ist und bleibt trotz desselben weiss. Mitunter aber ist die Vertheilung der krystallinischen Körner im Markgewebe einer und derselben Flechte eine ungleiche und zwar derart, dass sie sich nur an entblössten, offen zutage liegenden Stellen in der zum Hervortreten einer Gelbfärbung erforderlichen Menge häufen, und so entstehen bei weissem Marke die gelben Pseudozyphellen und gelben Soredien. Beispiele: Stietina erocata und ihre Verwandten. Wie man sieht, bedarf es durchaus nicht der völligen Abwesenheit dieser Körnchen, um das Mark weiss erscheinen zu lassen: ein Mehr oder Weniger derselben reicht schon aus, um die hervorstechendsten Unterschiede in seiner Färbung zu begründen. Kein Wunder, wenn daher auch bei den Arten mit typisch gelb gefürbtem Marke oder mit typisch gelben Pseudozyphellen (und Soredien) bisweilen Varia- tionen in diesen Merkmalen eintreten und dann und wann statt gelben Markes weisses Mark, statt gelber Pseudozyphellen weisse getroffen werden und umgekehrt — oder wenigstens statt weisser oder gelber Färbung nur eine abgeblasst gelblich-weisse wahrgenommen wird, und zwar das eine Mal unter Verhältnissen, welche -—- wie wir schon an- gedeutet — durch ihre Beständigkeit Anerkennung der betr. Individuen als systematische Einheiten (Varietäten oder Formen) begründen, ein andermal zu wandelbar in der Erscheinung, als dass der Systematiker sich dieselben nutzbar machen könnte. Bei einzelnen Arten trifft man mitunter an einenı und demselben Exemplare neben einander ungefärbte (weisse) und blassgefürbte Pseudozyphellen (siehe Varr. albocyphellatae von Stietina carpoloma und Mougeotiana in Nyl. Syn. 18. 340 und 341). Öhne Zweifel wird es mit der Zeit gelingen diesen Körnchen auf mikrochemischem Wege noch näher zu kommen, als es bisher der Fall war. Die feinere anatomische Untersuchung der Zyphellen und Pseudo- zyphellen ergibt (nach Schwend., Flechtenthallus II S. 128), dass bei beiden die Kontinuität der Rinde dem Umrisse des Grübchens ent- sprechend unterbrochen und innerhalb der hiedurch gebildeten Lücke das Mark blossgelegt und an dieser nackten Stelle derart verändert ist, dass sein sonst aus langgestreckten spärlich quergetheilten Hyphen bestehendes Gewebe hier eine vermehrte Bildung von Querwänden, d. k. mit andern Worten kürzere Zellen aufweist, welches kurzzellige Geflecht zuweilen an der unmittelbaren Wandung des Hohlraumes in ein lockeres Parenchym übergeht. Ein eigentliches Rindengewebe 94 ist aber, wie Schwendener gezeigt hat, nicht vorhanden und beruht Nylander’s Behauptung, dass bei echten Zyphellen die Höhlenwandung von der Rindenschicht ausgekleidet sei (fundo margineque a strato eortieali thalli formatis), auf einem Irrthum. Ebenso harrt die kurze Notiz Wainio’s in Lich. du Bresil I S. 186, dass das kurzzellige im Innern der Zyphellen blossliegende Markgeflecht an der freien Spitze der Hyphen kuglige, zuweilen stachlige Zellen von 4—10u Durchmesser abschnüren soll, noch der ferneren Bestätigung. Vielleicht ist hier der Ort, einige Worte über die physiologische Bedeutung der Zyphellen und Pseudozyphellen zu äussern. Die An- nahmen, dass sie Befruchtungsorgane darstellen oder der ungeschlecht- lichen Vermehrung dienen, sind, wie mir scheint, mit Recht aufgegeben und gründet sieh namentlich die letztere Ansicht auf eine Verweelselung mit den Soredien. Diese, die sog. Bruthäufchen oder Brutbecherchen, enthalten aber von Hyphen umsponnene Gonidien und sind vermöge gleichzeitiger Anwesenheit dieser beiden Elemente zweifellos zur Ver- mehrung der Lichenen vollkommen geeignet, während in den Pseudo- zyphellen nur einmal, und zwar bei Stict« anrata, von Schwendener (a. a. Ö. S. 109 Anmerk.) gonidienführende Faserknäuel beobachtet worden sind. Eigentlich hätte man nur in diesem einzigen Falle das Recht von „Pseudoeyphellis sorediiformibus“ zu sprechen und müsste dagegen der Ausdruck „Ps. punctiformes® für alle anderen Fälle vorbehalten werden. Punkt- und soredienförmige Zyphellen dürften nicht mehr als synonyme Bezeiehnungen gelten. Aber auf diesen einmaligen Fund ist gewiss kein allzugrosses Gewicht zu legen, nachdem die Gonidien heute eine ganz andere Bedeutung und Stellung einnehmen, als zu der Zeit, wo Schwendener obige Beobachtung machte und interpretirte. Ein höheres Interesse, sowohl nach der allgemeinen morpholo- gischen, wie nach der systematischen Seite, gewinnen aber diese Ge- bilde durch die nachfolgende Erwägung. Schwendener (a. a. Ö. S. 169), wie auch de Bary (Morph. und Phys. der Pilze $. 437) deuten nur in wenigen Worten an, dass ausser Zyphellen noch andere Gewebslücken der Rinde an der Unterseite gewisser Stikta-Arten be- stehen, welche in Form von allerdings längst bekannten weissen un- regelmässigen Flecken, meistens viel grösser als die Zyphellen und Pseudozyphellen auftreten und ihre Existenz ebenfalls der Entblössung des Markes von den Elementen der Rindenschicht verdanken und von demselben Gewebe nach aussen abgegrenzt werden, welches die Wandung der Zyphellen bildet. Diese ausgedehnteren Rindendefekte finden sich nur bei wenigen (etwa sechs) Stieta- und Stictina-Arten, aber auch, in einer wenigstens ähnlichen Entwickelung, bei den echten (gross- sporigen) Umbilikarien, wo die bekannten Gruben an der Unterseite des Thallus in ihrer ganzen Ausdehnung von der Rindenschicht ent- blösst sind und nur das dichtfilzige Markgewebe als interstitienloses kurzzelliges Fasergeflecht vorhanden ist. Ich habe die hieher ge- hörigen Arten meiner bescheidenen Sammlung nach dieser Richtung einer anatomischen Untersuchung unterzogen und die Angaben der 95 obgenannten Autoren im vollen Umfang bestätiget gefunden. !) Be- züglich des äusseren Aussehens dieser weissen Flecken mag hier noch bemerkt werden, dass ihr Umfang viel unregelmässiger und ihre Grösse meist beträchtlicher ist, als bei jeglicher Art von Zyphellen und Pseudozyphellen, so dass Schwendener in seinem öfter an- gezogenen Werke von ihnen sagen konnte: „Diese Flecken nehmen nicht selten einen überwiegenden Theil der unteren Lagerfläche* der betr. Stikta-Arten ein. Wohl am regelmässigsten und auch am kleinsten sind sie bei der, Europa ausgenommen, auf der östlichen Halbkugel sehr weit verbreiteten Stictina retigera. Ihr Durchmesser beträgt meist 2, seltener 3mm. Bei Sfictina scerobieulata sind sie sehr unregel- mässig und erreichen in ihrem grössten Durchniesser häufig 3 mm und auch noch darüber. Bei Stiet« pulmonaria und linit« nehmen sie wieder an Regelmässigkeit zu, nähern sich demnach der Kreisform oder Ellipse, übertreffen aber alle bisher angeführten an (irösse, indem deren Durchmesser 4, ja selbst bis 6 mm beträgt. Auch diese Gebilde hat, wie bereits angedeutet wurde, Acharius der Form nach von den Zyphellen und Pseudozyphellen unterschieden und den Unterschiede in der technischen Nomenklatur Ausdruck ver- liehen: er spricht bei den Diagnosen seiner Stieta serobiculafa und pulmonaria von „papulis oder maculis pallidioribus“ im Gegensatze zu „sorediis albis, eitrinis, Navis“, d. h. zu den weissen und gelben Pseudozyphellen seiner Sticta anthraspis, crocala, aurata und ebenso im Gegensatze zu den „eyphellis immersis und eyph. urceolatis“ bei S. filieina, damaecornis, cometia u. s. w. Mit den Zyphellen und Pseudozyphellen wurden aber diese weissen Flecken bislang von den Systematikern weder in nähere noch ent- ferntere Beziehung gebracht. Im Gegentheil, es wurden, von Delise begonnen bis heute, die Stikteen-Arten mit Flecken neben den Ri- kasolien für zyphellenlos erklärt, während nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse über die anatomischen Verhältnisse aller dieser Organe dieselben zweifellos sich sehr nahe stehen. Ob nun auf diese letzteren Markentblössungen in gleicher Weise wie auf die Zyphellen die oben aufgeführte Hypothese bezüglich ihrer physiologischen Bedeutung passt, oder ob wir es — was wahrschein- licher ist — in all diesen Fällen mit einer physiologisch unerheblichen Bildung, wie bei den Löchelehen an der Oberfläche mancher Parmelien aus der Abtheilung der P. physodes zu thun haben, wollen wir hier als offene Frage belassen. Jedenfalls treten aber durch die hier her- 1) Abgesehen von dem Umstande, dass Zyphellen und Pseudozyphellen mit Soredien verwechselt werden und der Bau des Flechtenlagers noch vollständig verkannt ist, finden wir schon bei Meyer (Nebenstunden, 1825. 8. 148 Zeile 3 bis S. 149 Zeile 4) nicht nur die zyphellenartigen Bildungen an der Un- terseite des Lagers der Stikteen als Gewebslücken dargestellt, sondern auch die in Rede stehenden fleekenartiren Bildungenan den Lagerunterseiten gewisserStikteenzudenselbenindierichtige Beziehun ggebracht. Ich kann hier meinen Lesern nur aufs Wärmste empfehlen, die interessante Meyer’sche Darstellung am bezeichneten Orte im Originale nach- zulesen, 96 vorgehobenen, bisher in Vergessenheit begrabenen neuen Formen von Gewebslücken bei den Stikteen die Zypbellen und Pseudozyphellen in eine andere Beleuchtung. Sie bilden jetzt nurmehr eine Variation eines verbreiteteren, allgemeineren, wenn auch nicht bei allen Arten der Tribus beobachteten histologischen Vorkommens. Es wird sich in erster Linie bei der Eintheilung der Stikteen nicht mehr um An- oder Abwesenheit von Zyphellen und Pseudozyphellen, sondern um Vor- handensein oder. Nichtvorhandensein von Lücken im Rindengewebe der Unterseite überhaupt handeln. Die verschiedenen Modifikationen, in ‚welchen dieselben jedoch bei den einzelnen Arten auftreten, werden wiederum einen zweiten, für sich bestehenden untergeordneteren An- haltspunkt für den Systematiker abgeben. Die Gonidien sind bald saftgrün, bald blaugrün, die letzteren fast immer von gallertartigen Mutterzellhäuten zu grösseren oder kleineren Komplexen umschlossen; die ersteren, durchschnittlich kleiner als bei den übrigen verwandten Blattflechten, sind isolirt, höchst selten zu 2—4 zusammenhängend (Ricasolia patinifera). Auf all dies hat wohl Nylander zuerst aufmerksam gemacht, wie er auch der erste war, welcher diese Thatsachen zugleich systematisch verwendete. Ebenso wies er bei den chlorophyliführenden Grübehenflechten zuerst auf die Grössenunterschiede der Gonidien bei verschiedenen Arten hin. Aber auch von Schwendener und J. Müller rühren einige der hieher gehörenden Angaben '!). Auch die Reaktionen des Thallus der Stikteen verdienen noch einige weitere Bemerkungen. Sie sind bekanntlich von Nylander entdeckt und, soweit sie die Gattung Ricasolia betreffen, in einem Aufsatze in Flora 1869 $. 313 (de reactionibus in genere Ricasolia) zusammenhängend beschrieben worden. Gelegentlich wurden von demselben Autor auch für Stieta und Sftietina Reaktionen bekannt gegeben (vergl. Hue Lich. exot., Stietei). Sie betreffen Gelbfärbung des Markes durch Aetzkali bei Stietina subfareolatu Nyl. in lit. ad Stzb. und Stietina erocata (im Gegensatz zu S. fuveolat« und Mou- geotiana), Stieta cellulifera mit var. Billardieri (im Gegensatz zu 8. Fossulata), ferner Gelbfärbung der Rinde durch Aetzkali bei S. Wrightiü, Ricasolia discolor, Schaereri, platyloba, diehroa, glomulifer«, dissecta, subeorrosa, corrosa, subdissecta, pallida, crenulata und erosa, ferner Erythrinreaktion des Markes mittelst Bleichkalk mit oder ohne voran- gehende Befeuchtung mit Kalilauge bei Stieta Montagnei, Ricasolia intermedia, patinifera und interversans. Das Fruchtgehäuse der Grübehenflechten ist gewöhnlich von ähnlichem Bau wie bei Lecanora und enthält mehr weniger Gonidien unter der Rindenschicht; doch fehlen diese auch mitunter. Zu der ersteren Gruppe gehören Stieta pulmonaria, linita, patula, caperata, 1) Es ist hiebei auch auf eine Bemerkung Nylander’s in Flora 1869 S. 144 Rücksicht zu nehmen; er sagt dort: Observatio est generalis haud praetervidenda, gonidia in ambitu vel summo margine minores esse quam in ceteris partibus thalli, ita ut ea marginalia apud certas Stictas fere duplo minora conspieiuntur quam alibi sunt in eodem thallo. 97 Wrightii, Stietina retigera, umbavillaria, zu der letzteren Stieta Lenor- mandii, Stietina scrobieulata, Weigelii, damuevornis u. s. w. In an- deren Fällen aber, und dies namentlich bei Kicasolia, ist das Exeipulum parmelioid und ebenso in denjenigen Abtheilungen von Stieta und Stictina mit gelben Pseudozyphellen, welche Nylander Parmostictu und Purmostictina genannt hat. Die Nylander’sche Scheidung deckt sich nicht vollständig mit derjenigen von Wainio (Bresil 1 S. 183, 187, 193 und 194), welcher innerhalb seiner Stikteen-Gattungen Untergattungen auf Grund der An- oder Abwesenheit von Gonidien im Gehäuse bildet, während Nylander (in Flora 1875 8. 303 und 363) zu seinen beiden Untergattungen Parmosticta und Parmostie- tina solche Arten zählt, welche mit „apotheciis bene parmelinis et gonidiis usque in summum marginem receptaeuli perstratis® ausge- stattet sind. In der nachfolgenden systematischen Gliederung der Gruppe wird — ohne diesen Verhältnissen einen ebenso hohen Werth bei- zulegen, wie es von Seite des einen und des andern der genannten Autoren geschieht — der Nylander’schen Anschauung der Vorzug eingeräumt. Auf die Sporenbeschaffenheit bei den Grübchenflechten dürfte wohl desshalb nochmals ein flüchtiger Rückblick geworfen werden, weil sich zwischen ihr und gewissen Eigenschaften des Thallus zwangslos auffallende Andeutungen eines bis jetzt noch nicht auf- geklärten Zusammenhangs nachweisen lassen. Wenngleich dieser Nach- weis nicht durch Zahlen geführt werden soll noch kann, einfach weil die Grenzlinie zwischen farbigen und wasserhellen, nadelförmigen und spindelförmigen Sporen keine absolut sichere ist, so darf doch nicht übersehen werden, dass unter den Stikteen mit Pseudozyphellen ge- gefärbte, unter den mit echten Zyphellen aber farblose Sporen ent- schieden vorherrschen, ebenso, dass sehr verlängert spindel- und nadelföürmige Sporen ausschliesslich bei einer grösseren Gruppe von Arten der Gattung Kicasolia, sowie vornehmlich unter denjenigen Gruppen von Stieta und Stictina vorkommen, welche gelbe Pseudo- zyphellen besitzen. (Innerhalb der Gattung Sticta finden sich allerdings auch bei einer kleineren Gruppe ungestielter mit echten Zyphellen ver- sehener Arten verlängerte Sporen von den Dimensionen 36—80 :5—8 4, deren Länge die Breite um das 5—10fache übertrifft. Merkwürdiger- weise bewohnt diese kleine Gruppe ausschliesslich die östliche Halb- kugel und zwar mit Ausnahme einer einzigen Art deren gemässigte Gürtel.) . Bei den Grübehenflechten werden sehr häufig Soredien- und Isidienbildungen beobachtet. Die Soredien sitzen gewöhnlich auf dem Rande der Lappen, seltener auf der Oberfläche derselben; ihre Farbe ist weiss, grau, blüulichweiss, schmutzig-graublau oder gelb; öfter sind sie einfach, seltener warzenförmig oder korallinisch-warzen- fürmig; mitunter stehen sie reihen weise. Soredienbildung in der Gattung Ricasolia ist sehr selten. Die Isidienbildungen sind bald körnig, bald mehr korallinisch, gelb, braun, braunschwarz bis schwarz. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 7 98 Ihnen schliesst sich durch Tebergangsformen vermittelt das Vorkommen kleiner, oft vertikal stehender blattartiger, manchmal gekerbter Läpp- chen an den Rändern des Thallus an. Letztere Erscheinung trifft man wohl am häufigsten an den Grübchenflechten der südlichen Halb- kugel, namentlich den neuseeländischen. Ein bemerkenswerthes, bei den Stikteen mit gelbgrünen Gonidien (ähnlich wie bei allen andern derartigen Flechtengattungen, welche Parallelgattungen mit blaugrünen Gonidien besitzen) häufiges Vorkommen bilden die Zephalodien. Forssell führt in Studier öfver Zepha- lodierna, Stockholm 1883 (auszüglich in Flora 1884 8. 1-8, 33—46, 58—63 und 177-187) folgende Arten mit Zephalodien an: Ricasolia amplissima, erosa, Sticta glomeruligera, dichotomoides, caperata, Wrightii, Ricasolia discolor, Schaereri, patinifera, Casaretloana, Sticta Montagnei, Sticla der coriacea verwandt, Bicasolia herbacea, Stieta pulmonaria, linita, laciniata, damaecornis mit ff. subnuda und canariensis und var. sinuosa, Stieta dichotoma, variabilis, lacera Tayl., latifrons, subeoriucea, einereo-glauca, nitida, Urvillei mit varı. flavicuns, Colensoi und orygmaeoides, Sticta orygmaea, aurata, granulala, dissimulata, psilophylla Müll. (multifida Porss. non Laur.), fossulate, homoeophylla, Freycinetü, episticta, amphisticta, denen noch Stieta filiw, multifida Laur. und Ricasolia adseripta beigefügt werden können. Die Zephalodien bei Kicasolia amplissima, erosa, Stieta glomeruligera, dichotoma und caperata gehören zu den strauchförmigen, diejenigen der andern Arten zu den Cephalodia endogena oder pyrenodea. Der Kürze halber wird bezüglich alles Näheren über diesen Gegenstand auf die oben angeführten Abhandlungen Forssell’s verwiesen, Auf den unserer Lichenengruppe eigenthümlichen Geruch weist schon Nylander in Syn. 1 S. 333 hin. Die Stikteen sind grössten- theils Rindenbewohner, doch trifft man sie auch an moderndem Holze, über Moos, au moosigen Stämmen und Felsen. Bei den nunmehr folgenden geschichtlichen Darstellungen der EntwickelungunsererKenntnisseüber diese Flech- tengruppe und der Bemühungen, eine zweckmässige Eintheilung derselben zu gewinnen, wird namentlich auch die Bedeutung der Zyphellen und Pseudozyphellen für diese Versuche klargelegt und später versucht werden, dieselben in der von uns vertretenen Auffassung für die Systematik ebenfalls zu verwenden. Die Grübchenflechten wurden zuerst unter den beiden Gattungs- namen Stieta und Lobaria von den anderen Blattflechten durch Schreber (Gen. Plant. II p. 768) im Jahre 1791 mehr weniger isolirt. Seine Sticta umfasst diejenigen Arten, deren Thallus auf der Unterseite „punctis albis exeavatis“ (d. h. durch Zyphellen im weiteren Sinne) charakterisirt ist. Die zyphellenlosen hieher gehörenden Arten werden mit blattartigen Zetrarien, Parmelien, Physzien, Gyrophoren u. s. w. unter dem anderen Namen zusammengestelli. Acharius (L. U. 8. 86 und Syn. S. 230 p. p.) vereinigt denjenigen Theil von Lobaria Schreb., weleher mehr weniger aufsteigende Thalluslappen besitzt, ohne Berücksichtigung der An- oder Abwesenheit von 99 Zyphyllen mit Stict«, belässt dagegen, vereinigt mit mehreren Par- meliaarten, Stieta herbacea und glomellifera wegen des Merkmales „thallo adpresso“ in der Gattung Parmelia (Untergattung Lobaria), worin ihm unter andern auch Schaerer (En. $. 30) nachfolgt. So finden sich von unseren Grübehenflechten bei Acharius a. d. a. OO, unter Sticha und Parmelia subg. Lobaria aufgeführt als Arten 22, wovon aber zwei (Stieta hottentotta = Purmelia (Omphalodium) hottent. und St. groendaliana = Eriodermu unguigerum [Borr.]) nicht hieher- gehören, und zwei Varietäten, welche heute selbständige Arten bilden. Im Jahre 1822 twitt D. Delise mit der ersten Monographie der Grübchenflechten auf (llistoire des Lichens, Genre Stieta, mit kolorirtem Atlas), in welcher er alle zu seiner Zeit bekannten, heutzutage in die Familie der Sticteae aufgenommenen Lichenen unter dem Gattungs- namen Sliela vereinigt. Zur Bildung von Unterabtheilungen der schon recht ansehlichen und seit Acharius an Artenzahl erheblich ge- wachsenen Gattung greift er in erster Linie nach den aus der An- und Abwesenheit und im ersteren Fall aus der Beschaffenheit der Zyphellen (i. w. 8.) sich ergebenden Merkmalen. Zur ersten Haupt- abtheilung „Stietae eyphellatae“ zählen „toutes les especes dont les eyphelles sont connues ou pr&sumees exister“, zur zweiten, „Pulmo- nariae* genannt, „celles qui en sont depourvues“ (a. a. O. 8. 18). Erstere zerfallen in 3 Sektionen: 1. eyphellis luteis, 2. eyphellis albis und 3. eyphellis incertis. Der Unterschied zwischen den echten ein- gesenkten und den punktförmigen Zyphellen ist Delise gar wohl bekannt (a. a. O. 8. 38), aber zur Gründung von Unterabtheilungen wird er von ihm nicht verwendet. Im Ganzen (Addenda und Derniere addition mitgezählt) werden 61 Arten und 16 Varietäten beschrieben; hievon sind jedoch abzuzählen: 2 Arten (die von Acharius über- nommenen Stieta hotlentotta und groendaliana) und 1 Varietät (Sr. hottent. var. umbilicata Del.), welche zu anderen Familien gehören, 2 Arten (Stieta Feei und laeviuscula Del.), welche als zweifelhaft betrachtet werden müssen, 14 Arten (Sticta orygmaea Del., rufa Willd., angustata Del., uurigera Bory, Desfontainü Del., obvoluta Del., Beau- voisii Del., Thouarsii Del., rigidula Del., Billardierü Del., Boryana Del., yapyracea Del., Cunuriensis Bory und flavescens Del.), welche heute nicht mehr als solche, sondern nur als Varietäten annehmbar und zwei Arten, welche mit andern vom Autor aufgeführten synonym sind. Endlich fallen 6 Varietäten, darunter St. pulmonaria v. pleuro- carpa, als unerheblich oder unhaltbar weg. Verbleiben dem zu Folge 41 Arten und 23 Varietäten, von Delise neu aufgestellt, neben 5 Arten und 8 Varietäten, welche in seinem Werke wenigstens zum ersten Male veröffentlicht worden sind, gegenüber den 26 vor dem Erscheinen der Delise’schen Monographie bekannt gewordenen Arten. Von Delise ab erscheinen keine zusammenhängenden Arbeiten oder systematischen Zusammenstellungen der Arten mehr bis auf de Notaris. Dagegen haben wir E. Fries, Persoon, Laurer, Taylor, Schaerer, Montagne und Babington die Bekannt- schaft mit zahlreichen neuen Arten und Formen zu verdanken. Fries 7*r 100 (S. O. V. II, 1825, S. 293) veröffentlicht zwei neue Arten, wovon jedoch nur Stieta magellanica haltbar ist. Persoon beschrieb in Gaud. Voy. Uran. 1826 S. 200 drei neue Arten, wovon eine (St. erispata) verschollen ist; die andern zwei sind heute noch als Varie- täten gültig. Von Laurer sind 4 Arten, worunter 3 in Linnaea 1827 p. 38—46, veröffentlicht worden; hievon haben sich 5. mnultifidu als solche, S. aspera als Form der Stietina argyracea, und St. glaberrima als Form der S. variabilis erhalten. Taylor hat verhältnissmässig viele neue Stikta-Arten beschrieben und sind dieselben durch die Re- visionen von Nylander (in seiner Synopsis und in späteren Werken), sowie von J..Müller (Lich, Beitr. in Flora 1874—-91) einigermassen reduzirt worden. Eine Zusammenstellung der von Taylor (in Mackay Flora Hibern. 1836 und in Journ. Bot. 1847 8. 177—183) ver- öffentlichten Sticta-Arten findet man in Krmplh. Gesch. und Lit. II S. 616—618; dazu kommen noch Taylor’s gemeinschaftlich mit J. D.Hooker aufgestellte sog. antarctische Stikta-Arten in Journ. Bot. 1844 8. 647-649 (Krmplh. a.a. O. S. 620). Von den 24 Taylor- schen Arten haben 3 mit den Stikteen nichts zu schaften (St. rugu- losa = Kwverniopsis trulla, 8. Leylandü = Erioderma Leylandü, St. Wallichiana ist ein Platysma); vom Rest sind 12 schon früher den Lichenologen bekannt gewesen und demnach nur noch neun als auto- nom oder als Varietäten anzuerkennen, wozu dann noch 8. latifrons var. S. Menziesii, von Hooker in Flor. antaret. aufgestellt, gerechnet werden mag. Von ähnlicher Bedeutung für unsere Kenntniss der Grübchenflechten ist Montagne. Er hat in Syll. S. 324—327 die Beschreibung von 12 Arten aus früheren Werken wiedergegeben, wovon sich 9 bis heute erhalten haben. Aus seiner gemeinschaftlich mit v. d. Bosch verfassten Flechtenflora von Java, wobei er auf Vor- arbeiten von Schaerer und von Hepp zurückgreifen konnte, lernen wir noch einige weitere Stikta-Arten kennen. Wir gelangen endlich zur Behandlung der Stikta-Arten durch G.de Notaris. In Frammenti lichenografiei (Giorn. bot. it. 1846 P.1 S. 178, Separatabdr. 8, 4) gründet er auf eine irrthümliche Beobachtung (vergl. Fr. fil. Gen, Heterol. $S. 57 Note 2) sein neues Flechtengenus Ricasolia mit den Arten R. herbacea und amplissima. In einer spä- teren Abhandlung (Össervatione sul genere Stieta in Mem. della reale Acad. delle scienze di Torino, Ser. II T. XII, 1851) zieht er Seite 161--162 (Sep.-Abdr. 8. 3) seine obige Schöpfung wiederum ein. Die letztere Abhandlung befasst sich übrigens mit 17 Arten, worunter acht als neu ausgegeben werden; hievon gilt jedoch nur noch eine einzige als solehe, während vier davon noch den Rang von Varietäten behaupten. Es soll nicht unterlassen werden darauf aufmerksam zu machen, dass in dieser Schrift de Notaris sich auf den Standpunkt von Delise stellt und alle Grübehenflechten unter ein Genus subsumitt, welches er in drei Sektionen theilt (erste Sektion: „Cyphellis flavidis sorediiformibus, sporis fuligineo-fuscescentibus, zweite Sektion: „Cyphellis concavis urceolatis, sporis pallide hyalino-lutescentibus“, dritte Sektion: „Cyphellis nullis? vel rarissimis“. Eine Gruppe mit weissen Pseudo- 101 zyphellen wird nicht erwähnt), Hieraus ist zu entnehmen, dass der italische Botaniker mit diesen seinen Studien nicht über seine Vor- läufer hinausgekonmen ist. Er war es, welcher nicht nur die Be- mühungen F&e’s um die Kenntniss der Lichenensporen wieder aufgriff, sondern auch damit die Tendenz verband, die Sporenbeschaffenheit der Lichenen in systematischer Beziehung zu verwerthen. Diese Versuche waren aber bei unserer Liehenengruppe ohne jegliches Er- gebniss und, ähnlich wie Delise eingestehen musste, dass er ausser Stand sei die bei Siicta vorkommenden mannigfaltigen Modifikationen in der Beschaffenheit der Apothezien zur Gruppenbildung zu verwenden, so widerstand dieselbe Lichenenfamilie auch den sporologischen Spal- tungsversuchen von de Notaris. An die oben erwähnten Autoren schliesst sich noch Babington in Hook. Bot. Antarct. Voy. 1855 und 1860, sowie in Seemann’s Bot. Voy. Harald 1852 an; es werden in diesen Abhandlungen sieben Sticta-Arten neu beschrieben, von welchen S?. cetrarioides nicht näher bekannt geworden, fünf dagegen als autonom und eine Art als Varietät anerkannt sind. Wir sind nun bei Nylander angelangt, dessen nahezu 50jähriger hervorragender lichenologischer Thätigkeit wir auch auf dem hier in Betracht gezogenen Gebiete nicht nur die Bekanntschaft mit einer grösseren Anzahl neuer Arten, sondern auch eine durchgreifende kritische Sichtung des gesammten vorliegenden Materiales, sowie end- lich wesentliche, mit bleibenden Erfolgen gekrönte Förderungen in der systematischen Gliederung desselben zu verdanken haben. Unter seinen zahlreichen lichenologischen Schriften kommen für unsere Zwecke in Betracht: 1. Essay d’une nouvelle classification des Lichens (second memoire) in Mem. Soc. sc. nat. Cherbourg III, 1855, 8. 163—194. Die von de Notaris aufgestellte und von ihm wiederum eingezogene Gattung Ricasoliu wird hier restaurirt (vgl. Krempelhuber Gesch. und Lit. IT $. 321) und ihre Arten unterscheiden sich nach den hier und ebenso in späteren Werken durch Nylander geltend gemachten Merk- malen von allen übrigen Stikta-Arten durch fast ausnahmsloses Fehlen von Soredien, Zyphellen, und Pseudozyphellen, durch in Bündel ver- einigte Filzhaare an der Unterseite und meistens in warzige Her- vorragungen des Thallus eingeschlossene Spermogonien. 2. Enumeration generale (mit Appendice IT, Suppl&ment und Appendice II) 1858. Im Texte wandelt der Autor noch vollständig auf den Pfaden seiner Vor- gänger, jedoch ist, wie schon aus dem Vorgehenden sich ergibt, die die Gattung Ricasolia DN. bereits eingebürgert. Von Sticta werden 39 Arten, Il Unterarten und 14 Varietäten, von Ricasolia 10 im Ganzen 49 Arten, 11 Unterarten und 14 Varietäten aufgezählt, welche nach heutigen Anschauungen 64 Arten und Unterarten nebst 10 Varietäten repräsentiren. Dazu kommt noch Stieta rubell« Hook. aus dem Supplement. In letzterem wird 8. 335 ausserdem noch die herkömmliche, auf die von den 7y- phellen abgeleiteten Merkmale gegründete Eintheilung wesentlich ” Ben - .- 102 verbessert, zum ersten Male der Unterschied zwischen Cyphellae urceolatae und pulverulentae (sorediiformes) klar (vgl. Delise Stiet. S. 38—39) festgestellt und demnach die Gattung nach folgendem Schema gegliedert: A. Cyphellae typice nullae, frons subtus gibberosa. B. Cypbellae urceolatae. C. Cyphellae pulverulentae, sorediiformes, a. Cypheilae niveo-pulverulentae. b. Cyphellae eitrino-pulverulentae. Mit diesen Bemerkungen und im Anschlusse daran mit dem in Flora (Febr.) 1860 8. 65 veröffentlichten Aufsatze: „De Stictis et Stietinis adnotatio* sind die Grundzüge der Nylander’schen Glie- derung der Stictei gegeben. Er überträgt hier das bereits früher schon auf Pannaria und Nephroma angewendete, aus der An- und Abwesenheit und Beschaffenheit der Gonidien abgeleitete Scheidungs- prinzip auch auf die Grübchenflechten und kommt in solcher Weise zur schliesslichen Aufstellung der Gattungen Stietina, Stieta und Ricasolia, deren beide ersteren wiederum nach Maassgabe der im Supplemente zur Enumeratio lichenum hervorgehobenen Differenzen unter den Zyphellen in entsprechende Unterabtheilungen zerfallen. Im Verlaufe desselben Jahres findet diese Neuerung praktische Verwerthung bei der Bearbeitung der Grübehenflechten in Nyl. Syn. I 8. 332—374, woselbst von Stictina 28 Arten, 5 Unterarten und 24 Varietäten, „ Säda- 21 „ 5 „ 27 ” Ricasolia 15 „ 1 „ 5 im Ganzen 64 „ 11 „ „ 56 " beschrieben werden. Abgesehen von der nunmehr sich rasch folgenden Einführung zahlreicher neuer Arten in verschiedenen lichenologischen Schriften gibt er uns später noch dreimal einen Ueberbliek über die Familie der Stictei: das erstemal in Flora 1865 S. 296, woselbst wir von Stielina 31 Arten, 2 Unterarten und 8 Varietäten und „ Stea 30 „ 1 n „ 18 n treffen. (Hier und in dem nachfolgenden Aufsatze sind Varietäten und Formen nur theilweise aufgeführt.) Die zweite hieher gehörende Veröffentlichung führt den Titel: Conspectus systematicus Stieteorum und erschien im Bull. soe. Linn. Band II, Serie 2, 1868. Wir finden dort von Stictina 33 Arten, 3 Unterarten und 9 Varietäten, ” ” % Stieta 34 n 2 „ „7 " Bicasolia 18 „ 6 . ” 9 ’ im Ganzen 85 „au — 8 on N ” Die dritte und seither letzte dieser Publikationen ist in Hue’s Be- arbeitung der Nylander’schen exotischen Lichenen 8. 86—101 enthalten; voraus gingen ihr einige Notizen von Nylander in seinen Addenda ad Lichenographiam europaeam (Flora 1875 8. 363, 187% S. 233 und 1879 $S. 360), welche sich ebenfalls auf die Gliederung der Grübchenflechten beziehen und wohl am besten in tabellarischer 103 Form ähnlich wie bei Hue-Nyl. Addid. $. 48 unter Mitberücksichtigung von Nyl. Syn. Nov. Zeland. p. 40 vorgeführt werden. Sie bedürfen keiner weiteren Erklärung. Stietei. I. Eustietei. 1. Stiefa Eusticta und 2 ‘ Parmostieta Nyl. in Flora 1875 a. a. O. 2. Lobaria Nyl. ebenda. IE. Stictinei, 3. Stichna Eustictina und " Parmostictina Nyl. ebenda. 4. Lobarina Nyl. in Flora 1877 a. a. O. III. Pseudostictei Nyl. Syn. Nov, Zel. 8. 40. 5, Ricasolia DN. 1846, Pseudostieta Bab. New Zeal. 1855 8. 20. Nach diesem Schema sind die Stietei in dem Werke Hue’s be- handelt, welches sämmtliche in den Schriften Nylander's vorkom- mende exotische Lichenen zusammenstellt, und zwar unter Nr. 766 bis 877, 3651 und 3652 von Lobarina 2 Arten, »„ Stictina 37 „5 7 Unterarten und 36 Varietäten und Formen, „ Lobaria 2 ,„ _ 1 n » n „ Sticta 39 ,„ 12 „ „239 „ » n „ Ricasolia 23 „ 2 n „5 „ zusammen 1038 „ 21 » „7a n n n darunter von Nylander neu aufgestellt: von Stictina 7 Arten, 4 Unterarten und 18 Varietäten und Formen, »„ Lobaria — _ _ 1 Form, n„ Sicte 18, 6 n „9 „ „ Formen, Ricasolia 9, 2 » „4 „ „ n im Ganzen 34 ,„ 12 » „ 32 » » ” Ausser diesen zahlreichen Arten und Formen, welche sich in den Nylander’schen Werken vorfinden, sind aber in neuerer Zeit zudem noch durch von Krempelhuber, Tuckerman, Müller, Jatta und Wainio bisher unbekannte hieherzählende Lichenenarten und Formen veröffentlicht worden. Die Anzahl der annehmbaren unter denselben beträgt etwa 50 Arten und gegen 40 Formen, wovon der bei weitem grösste Theil von Müller herrührt. Der Leser wird sie, sowie die Schriften, in welchen dieselben beschrieben sind, in der Folge kennen lernen. Nur auf Wainio muss hier etwas ausführlicher eingegangen werden, da er mit.der Veröffentlichung neuer Stikteen zugleich den Versuch einer neuen Eintheilung der Gruppe verband, welcher scheinbar stark von den bisher bekannten abweicht. Unter Beibehaltung der Tribus Stieteae in dem ihr schon von Massalongo und Nylander zugemessenen Umfange theilt sie Wainio (Bres. I S. 182—193) in drei Gattungen: 1. Pseudocyphellaria Wainio (mit Pseudozyphellen), 2. Stieta (mit echten Zyphellen) und 3. Lobaria (ohne Zyphellen). Jede dieser Gattungen zerfällt in vier Untergattungen. 104 Für die Gattungen 1 und 2 wird hiebei nach folgendem Schema verfahren: Pseudoceyphellariu Stieta : Thallus mit gelbgrünen E lum ıgeids . . nl “ Gonidien: Parmostieta Lecanosticta mit „onl- \ Thallus mit blaugrünen dien Gonidien: Parmostietina Lecanostietina Exzipulum [ Thallus mit gelbgrünen oo An N " . Gonidien: Lecidosticta Eustieta oAne TON | Thallus mit blaugrünen dien Gonidien: Lecidostietina Eustietina Schema für die 3. Gattung Lobaria: . . Thall it Filzfasern in . Exzipulum mit N 9 | dichteren Bündeln: Ricasolia won gelbgrünen . mehrweniger nn Filzfasern locker Gonidien Gonidien verwachsen: Eulobaria Thallus mit blaugrünen Gonidien: Lecanolobarina Exzipulum ohne Gonidien, Thallusgonid. blaugrün : Lobarina. Müller sagt in seiner Kritik über Wainio’s Lichens du Bresil in Flora 1891 8. 887: „Eigentlich misshandelt und zerfetzt sind die Stikteen“. Ich möchte nicht so scharf aburtheilen. Hätte Wainio seine Tribus Sticteae zugleich als einzige Gattung Stietw und seine 3 Genera als Sektionen dieser neuen Gattung aufgefasst, so würden wir ganz einfach das eine oder andere der ganz annehmbaren und an und für sich nicht im mindesten inkorrekten Bilder vor uns haben, in welchen uns schon die ältern Autoren die Gattung Sticta (im weitesten Sinn) darstellen, gewissermassen mit einer durch Nylande r’s Aufsatz: „De Stietis et Stietinis adnotatio* nachträglich veranlassten Korrektur aufgefrischt. Jedenfalls aber fehlte Wainio meines Er- achtens bei der Abwägung der gegenseitigen Dignität der zur Glie- derung einer systematischen Einheit (schon lange vor ihm bekannten und) benutzten Merkmale. Ausserdem hätte nach allem, was über die Gewebslücken der unterseitigen Rinde von mir hervorgehoben worden und eigentlich seit einem oder gar zweien Menschenaltern schon bekannt ist, Wainio’s Gattung Lobaria in 2 Gattungen getrennt werden müssen, von denen sich die eine mit Wainio’s Untergattung Ricasolia, die andere mit den vereinigten Untergattungen Eulobaria, Lecanolobarina und Lobarina deckte. Wainio hat mit Vortheil von der Aufstellung von Parallelgattungen, welche immer mit dem Stigma der Naturwidrig- keit und Künstelei behaftet sind, Umgang genommen und dadurch die Gruppen Lobaria, Lecanolobarina und Lobarina einander nahe bringen können; würde er sie nicht mit Ricasolia vereinigt haben, so hätte er eine ganz tadellose Sektion Loburia geschaffen. Im Uebrigen sind die von den Zyphellen, Pseudozyphellen u. s. w. hergenommenen Unterscheidungsmerkmale der oben zahlreich nachgewiesenen Ueber- gangszustände halber zur Gattungsbildung absolut unzureichend. 105 Wenden wir uns. nach dieser etwas gedehnten und umständlichen, aber wohl kaum zu umgehenden geschichtlichen Abschweifung zur Betrachtung darüber, welche Stelle und welchen Rang die Stikteen nach den heute gangbaren Anschauungen im System einzunehmen haben und in welcher Weise deren Arten am zweck mässigsten in Gruppen getheilt werden können. Ihre Zugehörigkeit zu den Liehenen mit flächenartig verbreitertem Laube und ihre Verwandtschaft mit den Parmeliazeen, Nephromazeen, Peltigerazeen und Physziazeen scheint mir unbestritten. Die Schildflechten (mit Ausschluss der Nierenflechten) sind durch Fehlen der unterseitigen Rinde und durch bloss symmetrischen, nieht aber aktinomorphen Bau und Schleierbildung der Apothezien von ihnen verschieden. Die Parmeliazeen und Physziazeen besitzen ebenfalls eigenthümliche Ilaftfasern (solide Faserstränge) an der untern Seite; die erstern haben aber einzellige Sporen und verwachsene Paraphysen. Die Nephromieen, welche den Stikteen im Bau des Lagers am nächsten kommen, unterscheiden sich wesentlich nur durelı den zygomorphen Bau der Apothezien und deren Sitz an der Unterseite der Thalluslappen. Massalongo war wohl der Erste, welcher — obgleich er die Gaitung Sticta in demselben Umfang wie Delise in sein System aufnahm, also die Grübehenflechten ebensowenig wie dieser in mehrere Gattungen spaltete -— die Gruppe als selbständig und ebenhürtig den Parmelieen, Anaptychieen, Peltigereen u. s. w. an die Seite stellte. (Vergl. Mass. Sched. erit. 1855 8. 15, 19, 21 und 25, nebstbei auch Krmplh. Gesch. II 8. 223 und 247.) Ihm folgte Nylander 1860 in Syn. IS. 332, Stizenberger in Flechtensyst. 1862 8. 174, Leigh- ton in Great Brit. Ed. III 1872 S. 107, Wainio in Lich. Bres. 1890, I S. 182 und Crombie Brit. Lich. 1894 I S. 264. Aehnlich wie bei Delise werden auch beide Notaris, Mussalongo, Körber Schwendener, Friesfil, Stizenberger (a. 2.0.) und Tucker- man sämmtliche Arten der Grübchenflechten in eine einzige Gattung vereiniget ; die letztgenannten beiden Lichenologen benützen dieN ylan- der’schen Gattungen Stietina, Sticta und Rieasolia als Untergattungen, während Schwendener nur die ersteren beiden als Untergattungen an- erkennt und Ricasolia mit der Stieta Nylander’s zu einer Untergattung vereinigt. Müller in Nov. Zel, anerkennt zwei Gattungen (1. Stietina und 2. Sticta, mit welch’ letzterer er Ricasolia verbindet). Arm weite- sten geht wohl mit den Spaltungen in der Systematik der Stikteen Nylander; wir haben seine drei Subtribus mit fünf Gattungen schon oben kennen gelernt. Wenn wir uns nun mit der Würdigung der proponirten Gattungen befassen und uns dahin entscheiden, je den Inhalt der obigen drei Nylander’schen Subtriben als selbständige Gattungen zu verwerthen und damit gleichsam auf die systematische Auffassung Nylander’s vom Jahre 1860 zurückzugreifen, so darf hiebei vielleicht auf das Einverständniss zahlreicher lichenologen gerechnet werden. Die sorgfältigste Analyse kann nur nach zwei verschiedenen Richtungen durchgreifende, ja in dem einen Fall fast absolute Tren- nungsmerkmale zur Gattungsbildung in unserer Pflanzenfamilie ent- decken; sie beziehen sich in einer Richtung auf die An- oder Ab- 106 wesenheit der Gewebslücken in der unterseitigen Rinde und in der andern Richtung auf die Natur der Gonidien. Beiderlei Merkmale sind von sehr geringer, wenn auch ungleicher Dignität; das von den Gewebslücken abgeleitete hat immerhin den Vorzug, ein morphologisches zu sein, wenn es auch Gebilde betrifft, für welche wir kaum ein Verständniss besitzen und deren Analoga in anderen Pflanzengruppen von systematisch sehr untergeordneter Bedeutung sind. Das von den Gonidien abgeleitete dagegen ist äusserst problematischer Natur. Als Theilungsprinzip angewendet bewirkt es, dass morphologisch sich sehr nahe stehende Arten weit aus einander gerissen werden, wie Sticta pulmonaria, Stietina scrobiculata, retigera u. s, w., ferner Stictina Rlieina und Stieta Filix, Stietina fareolata und Sticta fossulata. Zum andern — und wenn schon von Fries fil. auf Grund der verschiedenen Natur der Gonidien selbst eine durchgreifende höhere Gruppenbildung in der Flechtenwelt versucht wurde — ist es doch fraglich, wie weit man sich der Verschiedenheit unter den Flechtengonidien behufs Gruppenbildung bedienen darf, auch dann, wenn man keinen besondern Werth darauf zu legen beabsichtigt, dass diese Gonidien eben doch nur in physiologischer Beziehuug zu der systematisch in Rechnung kommenden vegetabilischen Individualität stehen. Soll und darf die Rücksicht auf die Natur der Gonidien — ganz abgesehen von der Flechteneintheilung von Fries fil. und der heute noch fast unge- theilten Anerkennung, welche der Familie der sog. Gallertflechten gezollt wird — schon bei der Bildung von Subtriben in Geltung treten, wie wir es bei Nylander bezüglich der Grübchen-, Schild- flechten u. a. (vergl. Hue-Nyl. Addit. S. 48 ff.) sehen, oder erst bei der Bildung von Gattungen, derart, dass wesentliche Verschieden- heit der Gonidien bei sonstiger Achnlichkeit und selbst unleugbar naher Verwandtschaft Gattungsunterschiede begründen, wie es uns bei Nylander (da und dort) und Müller begegnet? oder gar erst bei der Bildung von Sektionen innerhalb der Gattung, wie bei Tucker- man, Wainio u. A.? Je näher an der phylogenetischen Wurzel einer Flechtengruppe solch’ ein einschneidender, immerhin aber nach heute herrschenden Anschauungen nurmehr künstlicher Keil eingetrieben wird, eine um so gewaltthätigere Trennung bewirkt er nach oben, dem üppiger sprossenden Astwerke zu; um so klaffender werden die Abstände zwischen sonst sich nahestehenden Arten (Sticta pulmonaria mit ihren Verwandten muss man bei Nylander in verschiedenen Sub- triben zusammensuchen; Solorina saccata steht im System desselben Verfassers näher bei Nephroma arctieum als bei Solorinina simensis). Wird aber von dem kritischen Scheidemittel ein diskreterer Gebrauch gemacht, etwa erst dann, wenn durch andere scheidende Kriterien der Stammbaum der Tribus oder Familie nahe bis zur Erscheinung der letzten systematischen Einheiten hin gegliedert ist, so müsste aus einer derartigen Verzögerung in den letzten Gliederungen der Gattung eine äusserst buntscheckige oder schachbrettartige, jedenfalls ebenso unpraktische wie geschmacklose Mosaikarbeit hervorgehen, welcher 107 selbst die durch das erstgeschilderte Verfahren erzielte Züchtung auch noch so künstlicher und langgestreckter Parallelreihen bei weitem vorzuziehen wäre. Am besten wählen wir für unsere Zwecke vor der Hand den schon oben angedeuteten Mittelweg zwischen den beiden Extremen — und so tritt uns die ganze Tribus mit ihren drei Gattungen in folgender Charakterisirung entgegen: Trib. Stietei Mass., Nyl. Syn. 1 8. 322. I. — Ricasolia (DN. Framm. [olim]) non Mass. Mem, 8, 47) Nyl. Class. II. S. 163. Synon. Pseudosticta« Bab. New Zeal. 8. 20. Thallus dem Substrate häufig enger anliegend als bei Sticta und Stietina, stets ungestielt, kaum je mit Soredien besetzt, stets eine weisse Markschieht und gelbgrüne Gonidien enthaltend, letztere meist einzeln, klein, sehr selten zu mehreren in gemeinschaftlichen Hüllen eingeschlossen; unterseitige Rinde stets ohne Gewebslücken, Zellfäden der Filzfasern der Unterseite häufig bündelweis locker ver- bunden; Oberfläche und Mark des Lagers unter Einfluss von Aetzkali und von Bleichkalk häufig Farbenreaktionen abgebend. Apothezien stets parmelioid, Sporen ohne Poruskanal, Spermogonien häufig in warzigen Erhabenheiten der Thallusoberfläche eingeschlossen. Zepha- lodien nicht selten. Die Eintheilung der Arten vollzieht sich zweckmässig nach folgen- dem Schema: Arten mit spindelförmigen, kaum je die Länge von 50, erreichenden Sporen, deren Breite höchstens vier mal von ihrer Länge übertroffen wird. f Arten mit ununterbrochenem Faserfilz. \ Arten mit netzartig unterbrochenem Faserfilz. Arten mit langgestreckten bis nadelföürmigen Sporen von 40-90, Länge, welche deren Breite ums 5—20fache übersteigt. Zur Vermittelung des Uebergangs von den in Nylander’s System vorausgehenden Parmeliazeen zu den Stikteen halte ich diese Gattung für die geeignetste und stelle sie daher obenan — auf sie folgt die durch ihre Gonidien nächstverwandte Gattung Sfict«, welche von einigen Neuern mit Ricasolia zu einer Gattung zusammengelegt wird. II. — Sticta (Schreb.) Nyl. in Flora 1860 8. 65. Thallus von Substrat sich meist in (bis senkrecht) aufsteigender Richtung abhebend, blattartig, auf verschiedene Weise getheilt, zu- weilen mit einem kurzen oder längeren Stiel, häufig am Rande und an der Oberfläche mit Soredien besetzt, stets mit gelbgrünen kleinen solitären Gonidien. Unterseite stets mit (ewebslücken, seltener in Gestalt von unregelmässigen grösseren Flecken oder viel häufiger in (iestalt kleinerer regelmässigerer rundlicher /,sphellen oder Pseudo- zyphellen besetzt. Unterseitiger Faserfilz aus vorherrschend isohrten kurz gegliederten Zellfäden bestehend. Oberfläche und Mark des 108 Lagers zuweilen mit Kalilauge, seltener auch mit Bleichkalk Farb- reaktionen abgebend. Apothezien meistens lekanoroid, selten parme- lioid. Sporen zuweilen mit einem Poruskanal. Spermogonien ins Lager eingesenkt, sehr selten in warzigen Erhebungen eingeschlossen. Zephalodien häufig vorkommend. An diese Gattung schliesst sich aufs Engste die nachfolgende Ill. — Stietina Nyl. 1. c., Müll. Nov. Zel. 8. 9 und unterscheidet sich wesentlich von ihr durch ihre Gonidien, welche hier blaugrün und stets durch gemeinsame Hüllen (Mutterzell- häute) zu kleinen Gruppen verbunden sind. Farbreaktionen, und zwar der Markschicht, durch Aetzkali selten; Soredien häufig, Zephalodien stets fehlend. Apothezien meist lekanorinisch, sehr selten parmelioid. Spernogonien stets im Laube eingeschlossen, Die Gattung Stietina bildet den Uebergang von den Grübchen- zu den Schildflechten, welch’ letztere bekanntlich mehrfach Sippen mit ähnlich beschaffenen Gonidien aufweisen. Stiefina und Stieta sind Parallelgattungen; die Unterabtheilungen beider können ganz nach ein und demselben Prinzip gleichartig ge- bildet werden wie folgt: . Arten mit Gewebslücken der unterseitigen Rinde in Form weisser unregelinässiger Flecke. Lacunomaculatae. | Arten mit Gewebslücken in Form von Pseudozyphellen. ı Pseudocyphellatae. ) | Pseudozyphellen weiss. Leucopseudocyphellatae. Pseudozyphellengelb.Xanthopseudocyphellatae. \ Arten mit Gewebslücken in Form von echten Zyphellen. Cyphellatae (oder Eucyphellatae) j ohne Stielbildung, | mit Stielbildung. ll. Spezieller Theil. I. — RICASOLIA. a) Sporen kürzer, nur bis viermal länger als dick, die Länge von 50, kaum überschreitend. a) Faserfilz ununterbrochen zusammenhängend. Bei folgenden Arten sind die Sporen zweigliedrig: R. adpressa, platyloba, intermedia, Holstiana, Comorensis und herbacen; bei allen übrigen aber 2—4-gliedrig. #. subcorrosa ist nur im sterilen Zu- stande bekannt. 1. R. astieta (Nyl. Syn. Nov. Cal. 8. 17). Gonidien 6—7, im Dm., Sporen viergliederig, braun, 30—4V . lang, 6—7 u diek. — Neu- kaledonien. . Var. Aypoleuca (Müll. L. B. 407, 567). Sporen 4-gliederig, wasserhell, 33—37 , lang, 10, dick. — Queensland. ’ -1 10, 11. 109 . Ricasotia discolor (Bory Hb., Del. Stiet. S. 136) Nyl. Syn. 18. 367. Thaltus K+ gelb. Sporen 2-—-4-gliederig, bräunlich, 26—36 u lang, 9—11u dick. — Auf Rinde, Bourbon, Madagaskar, Ost- indien, Neukaledonien, wärmeres Amerika. R. Schaereri (Mnt.-v. d. Bosch Java 8. 14) Nyl, Syn. 1 8, 367. Synon. Parmelia stietaeformis Schaer, in Moritzi Verz. $, 128. Exs. Zoll. 1799 p. p. Thallus K+ gelb. Sporen 2--4-gliederig, wasserhell oder etwas bräunlich, 30—40 „ lang, 10—12, dick. — Auf bemoosten Stämmen in Wäldern, Java, Borneo, Australien, Neuguinea. I adpressa (Müll. L. B. 1633). Sporen 2-gliederig, bräunlich, 324 lang, 9, dick. — An Baumstämmen, Manipur (Ostindien). R. glaberrima (DN. Stiet. $S. 16 non Laur. in Linnaea 1827 8, 42) Nyl. Syn. I S. 367. Thallus K=. Sporen 2--4-gliederig, farblos, 26— 30, lang, 9—10,u diek. — Auf Baumrinde, Brasilien. . R. platyloba Nyl. (Hb. Thuret et Syn. I S. 370) in Flora 1869 S. 314. Thallus K+ gelb. Sporen nach brieflicher Mittheilung des Autors spindelförmig, 2-gliederig, 34—44 u lang, 9—11y diek. — Mexiko. . R. intermedia Nyl. in Flora 1858 8. 379. Thallus CaCl+ erythrin- haltig. Sporen 2-gliederig, blassbraun, 34—46, lang, 9—11u dick. — An Baunirinde, Mexiko. ’ . R, interversoms Nyl. in Flora 1886 S. 172. Thallus K(CaC))-, Sporen 2—4-gliederig, 34— 36, lang, 7—84 dick. — Insel San Thome (Guinea). . R. subcorrosa Nyl. Mex. pl. S. 4, id. Consp. St. 8. 9. Thallus CaClE, steril. — Mexiko. R. Holstiana (Müll. in Engl. Jahrb. XX 8. 253). Sporen spindel- förmig, 2-gliederig, bräunlich, 304 lang, 8--10u diek. — An Bäumen, Usambara. It. Comorensis (Krmplh. Afr. 8. 138). Sporen spindelförmig, 2-gliederig, wasserhell, 35—37 „ lang, 6—8u dick. — Auf Rinde, Insel Johanna (Komoren). . R. herbace« (Huds. Fl. Angl. 8. 544) DN. Framm. 8. 7, Nyl. Prodr. 8. 54. Synon. Lich. laetevirens Lightf. Scot. 8.852. Exs. Cromb. 40, Desm. Ed. II 640, Dicks. 23, Ehrh. 50, Flagey (Nummer mir unbekannt), Fr. Suec. 834, Hepp Fl. E. 593, Husn. 187, Larb. Lich. Hb. 326, Leight. 75, Lojka L. U. 221, Malbr. 167, Mand. Mad. 28, Rbh. 283, Schaer. 560, Schimp. Un. it. anni 1865, Welw. Lus. 4. Thallus K=, Sporen 2-gliederig, blassbräunlich, 36—64, lang, 9—12, dick. — An Felsen und Baumstämmen, Europa, Afrika, Amerika. rau Var. Guthnickii Naeg. in Hb. Schaer. „Thallo magis nitido®. — An Obstbäumen, Azoren. _ Var. mierophyliina (Sehaer. Spie. 8. 461, id. En. S. 35). „Thallo mierophyllino imbricato“, — An schattigen Felsen, Handegg- Guttannen (Schweiz), Westfalen, westl, Frankreich, Ohio. 110 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 3) Faserfilz netzartig unterbrochen. Sporen bei R. Carassensis unbekannt, bei sämmtlichen anderen Arten 2—4-gliederig. Reaktion des Thallus nur bei Ricasolia Fendleri fehlend. Rieasolia dissecta (Sw. Ind. oce. S. 1902, Ach. Meth. 8.279) Nyl.Syn.I S. 370. Synon. Stieta peltigera Del. Stiet. S. 150, 8. straminea Fee Suppl. S. 126, S. denudata Tayl. in Journ. Bot. 1847 S. 182. Eixs. Lind. 118. Thallus Kr gelb, K(CaC))£. Sporen 2 —4-gliederig, hellbraun, 30-40, lang, 10—12,u dick. — An Waldbäumen, tropisches Amerika. Var. minor Nyl. Syn. IS. 871. „Thallo minore angustius ıiviso, sporarum longitudine ad 40“. — Tropisches Amerika. R. Fendleri (Mnt.-Tuck. Ann. se. nat. Bot. Ser. IV, 7 S. 144) Nyl. in Flora 1869 S. 814 (vergl. Nyl. Exot. $. 244 unter #. disseeta). Exs. Lind. 2515. Thallus K== oder auf der Oberfläche leicht gelblich. Sporen 2—4-gliederig, 35-45 „ lang, 10—12y dick, — An Baum- und Palmstämmen, tropisches Südamerika. ?, Carassensis (Wain. Bresil I 8. 100). „Thallus KE rubens*. Steril. — An Baumrinde, Brasilien. Ei. corrosa (Ach. L. U. 8. 451) Nyl, Syn. 18. 371. Synon. Lichen dissectus Sw. Prodr. 8. 147. ThallusK+ gelb. Sporen 2-- 4-gliederig, wasserhell bis bräunlich, 30—35 „ lang, 10—12 diek. — An den Stämmen der Waldbäune, tropisches Amerika. RB. subdisseeta Nyl. Exot. 8. 214 et Syn. 18. 372, Exs. Lind. 713, 2543. Thallus K- gelb. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell bis bräunlich, 34—35 „ lang, 11— 13. diek. — An Baumrinde, tro- pisches Amerika. F. serobieulata Nyl. in Flora 1864 S. 618. Exs. Lind. 66. — Neugranada. F. deplanata Nyl. ib. Exs. Lind 79. „Thallo plano, apothe- eiorum margine erenulato, sporis majoribus 34—46 u longis, 13-15 1 latis“, — Mexiko, Neugranada. b) Sporen länger, 40—90 „ erreichend, 5—20mal länger als dick. Bei R. oliraceu, quercizans und cupreu sind sie 2-, bei den übrigen 2—8-gliederig. Bei den von Professor Müller aufgestellten Arten ist die Wirkung der übliehen Reagentien noch nieht untersucht. R. dichroa Nyl. Exot. S. 254 und Syn. I 8. 368. Thallus K+ gelb, Sporen verlängert spindelförmig, wasserhell bis bräunlich, 70-75, lang, 6, diek. — Auf Rinde, Madagaskar, Bourbon. RB. glomulifera (Läghtf. Seot. 8. 853, Del. Stiet. 8. 129) Nyl. Mt.-D. exs. 26 und Prodr. S. 54. Synon. Lichen amplissimus Scop. carn. II S. 386. Exs. Anzi Lang. 372, Arn. 1217, Cromb. 138, Desm, Ed. II. 639, 1239. Erb. eritt. 32, Fr. suee. 32T, Hepp Fl. E. 594, Krb. 365, Larb. Caes. 62, Leight. 110, Le Jolis 55, Malbr. 314, Mass. 105, M.N. 346, Nyl. Mt.-D. 26, Rbh. 189, Roumg, 116, Schaer. 559, Schleich. 80, Schultz 1393, Stenh. 11, Tuck. 105. Thallus K+ gelb. Sporen 4-gliederig, AEG 21. 26. 27T. 111 wasserhell, 36— 70, lang, 6— 7, diek. — An Baumstämmen, Europa, Asien, Nordamerika, Neuseeland. Var, exsect« Nyl. Syn. IS. 379 „angustius laciniata, laciniis profundius sinuatis absque cephalodiis. — An Baumrinde, Mandschurei. . Ricasolia adseripta Nyl. in Flora 1865 8. 299. Synon. R. asperula Strt. p. p., Stieta herbacen Bab. New Zeal. p. 20. Thallus K=, K(CaCh-£, Sporen (nach Nyl. Japon. $. 31) 4--b-gliederig, bräunlich, 38-60, lang, 7—9, diek. — An Baumstännen, Japan, Neuholland, Neuseeland. Rt, adseripturiens Nyl. Jap. p. 31. Thallus K(CaCl)-+. Sporen 2—4- gliederig, 35—65 „u lang, 5-7 „ diek. — An Baumstämmen, Japan. Var. „subtus punctis albis pseudoeyphelloidiis eonspersa“ Nyl. l. e. — Japan. . $. Faxinensis (Müll. L. B. 237). Sporen nadelförmig, 4-gliederig, 65 u lang, 3,54 diek. — An bemoosten Stämmen, Brasilien. . #. marginata Müll. L. B. 807. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell bis bräunlich, 40-50 „ lang, 4,5—6, diek. —- An Baumästen, Madagaskar. . £. flava (Müll. Yatab. $. 193). Sporen 2—4-gliederig, 30--70 , lang, 6-7, diek (4'je--10mal länger als breit). — Japan. . BR. pallida (Hook. in Kunth Aequ. $. 28) Nyl. Syn. I 8. 372. Synon. S. Kunthil Del. Stiet. S. 126, Parmelia fulvella Tayl. in Journ, Bot. 1847 S. 168. Exs. Lind. 2514. Thallus K+. Sporen 6-—-8-gliederig, wasserhell, 80—- 70 lang, 7-84 diek. — An Baunistämmen, tropisches und südlicheres Amerika. R. tenwis (Wain. Bresil I 8. 199). Thallus K(CaCl) blass- röthlich, Sporen 2—4-gliederig, wasserhell bis blassgelbbraun, 58—68,. lang, 3—8,5u diek. — An Baumstämmen, Brasilien. AR. erenulata (look. in Kunth Aequ. $. 23, Del. Stiet. $. 128) Nyl. Syn. 1 8. 372. Synon. Parmelia phyllocarpa Meyer in Spr. Syst, veg. IV S. 329, Exs, Lind. 13. Thallus K+ gelb, K(CaCl)- blassröthlich. Sporen verlängert spindelförmig, 8-gliederig, 62--18 lang, 6-8. dick. — An Baumstämmen, Sandwichinseln, tropisches Amerika, . R. olivacea (Wain. Bresil I. 3. 197). Thallus ohne Reaktionen. Sporen 2-gliederig, schwach bräunlich, 54--66 „ lang, 3,5 u diek. — An Baumstämmen, Brasilien. . R. quereizans (Mich. Bor. Am. II S. 324 [1803], Ach. Syn. 8. 324 non Del, Stiet. $. 84). Synon. Parmelia erosa Eschw. Bras. S. 211, Ricasolia erosa et crenulata var. stenospora Nyl. Syn. I S. 371, 373, Stieta lacunosa Tayl. in Journ. Bot. 1847 3. 180. Exs. Wright 66, Lind. 2836. Thallus K+ gelb, Sporen 2-, selten mehrgliederig, wasserhell, 50—90 „ lang, 4,5 4 diek. — An Baum- stämmen und Felsen, Kap g. H., Natal, Transvaal, Bourbon, St. Mauritius, Alabama, Karolina, Kuba, Neugranada, Brasilien. F. aequalis (Wain. Bres. 18. 196) „Thallo superne laevigato“. — An Bäumen in Brasilien. 112 30. 31. 38. 34. 36. 37. Var. Casarettoana (DN. Stiet. $. 18.) Nyl. in Hue Exot. 884. „Subtus tomento fusco-nigro obsita, passim ibi et in ambitu calva“. Sporen nach der Abbildung bei de Notaris 4- bis mehrgliederig, 67— 74 lang, 3,5—4u dick. — Brasilien. Ricasolia euprea Müll. Parag. 8. 3. Sporen 2-gliederig, wasserhell bis bräunlich, 55—62 . lang, 4—4,5 u dick. — Brasilien, Paraguay. R. exeisa (Müll. L. B. 1632). Sporen 4-gliederig, 75—90 „ lang, 5—6udiek, — An faulenden Baumstänmen, Jamaika, Neugranada. . R. patinifera (Tayl. in Journ. Bot. 1847 S. 172) Müll. L. B. 1249. Synon. R. sublaevis Nyl. in Flora 1868 8. 321, R. erosu var. subherbacea Nyl. ib. 1869 8. 314, R. erosa var. laevis Müll. I. B. 179. Lobaria americana Wain. Bres. I 8. 195. Exs. Mand. Mad. 30. Thallus CaCEE, Sporen wasserhell, durch Alter bräunlich (2—) 4—B8-gliederig, 52—90,. lang, 3—5u dick, — Madeira, Kap g. H., Natal, Transvaal, Usambara, Madagaskar, Bourbon, St. Mauritius, Nord- und Südamerika. R. tristis Müll. L. B. 1140. Sporen 4-gliederig, wasserhell bi bräunlich, 60—70 1 lang, 5—6 u diek. — An Baumrinde, Sibirien. R. Yafabeana (Müll. L. B. 1597). Sporen 2—4-gliederig, wasser- hell, 75—85 . lang, 5. diek. — Japan. .. R. Hartmanni Müll. L. B. 568. Sporen 2—4-gliederig, 40—45 u lang, 4,5, dick. — An Bäumen, Queensland. Il. — STICTA. A. Gewebslücken der unterseitigen Rinde in Form von unregel- mässigen Flecken, Lacunomaculatac. Hieher Loburia Nyl. in Flora 1877 8. 233 und Eulobaria Wain. Bres. 1 8. 194. S. Oregana Tuck. Bull. Torr. Bot. Club V, 4 8. 29. Sporen spindel- bis nadelförmig, 4-gliederig, wasserhell, 44— 75, 6—9u dick. — An Bäumen, Oregon. S. pulmonaria (Dorst. Botanicon fol. 240 [1540], Ach. Prodr. S. 152) Schaer. En. 8. 80. Synon. Purmelia pulmonucea Ach. Meth. 8. 220, Lobaria pulmonacea Nyl. in Flora 1877 8. 233. Exs. (nach Arnold) Anzi It. sup. 98, id. Lang. 231, Arn. monac. 291 (f. angustata), Bad. Krypt. 258 AB, Barth 21, Crombie 37, Del. 9, Desm. 641, 1241, Erb. critt. 740, Flag. 70, Fike. 174, Fw. 84, Fr. 77, Funck 99, 112, Hepp K. Z. 38, id. Fl. E. 591, 53 (f. angustata), Jatta 8, Kern. 784, Körb. 388, Leight. 74 (f. angustata), Le Jolis 53, Ludw. 176, Malbr. 165, Mass, 38, M. N. 62, Mudd 64, Norrl. 37, Nyl. Mt.-D. 22, Oliv. 17, Rbh. 54, 657, Reichb.-Schub. 134. Roth 9, Roumg. 114, Schaer, 384, 500, Schultz 499, 1329, Schweiz. 558 (568 mit Celidium Stietarum), Smmf. 151, Stnh. 10, Trev. 75, Tuck. 68, Welw. 2, Westd. 811. Sporen 2 (--4)-gliederig, wasserhell, 18—30 „ lang, 5—9 u diek.— An Baumstämmen in Waldungen und an bemoosten Felsen in allen 5 Erdtheilen. F. agyregata Del. Stiet. S. 143. „Apotheciis tubercula cepha- 113 loidea proferentibus“. — An Felsen und alten Eichenstämmen, Frankreich, Schottland. . F. papillaris Del. ib. S. 144. „Marginibus loborum passim isidiosis“, — Frankreich, tropisches Ostafrika, Madeira, Tene- riffa, St. Mauritius, Japan, China, Queensland. F. hypomela Del. 1. e. „Interstitiis reticulatis paginae inferioris nigrieantibus“. Exs. Cromb. 136, Mand. Mad. 26. — An alten Baumstämmen und Felsen bei Vire in Frankreich, England, Wales, Schottland, Madeira, Kap g. H., Transvaal, China, Japan, Australien, Nordamerika. 38, Stieta linita Ach. Syn. 8. 234. Exs. Anzi Lang. 47, Arn. 449, Erb. eritt. 566, Fellm. 73, Hepp Fl. E. 368, Rbh. 207, Schaer. 385, Zw. 524. Sporen 2-gliederig, wasserhell, 26-36, lang, 9—10, dick. — Auf bemooster Erde und an Felsen, Europa, nürdliches Asien, Nordamerika, F. ochroleuea Nyl. Syn. I S. 353. „Thallo saepe majore, margine dissecto, alboflavicante*. — Arktisches Amerika. F. complicata Fr. fil. Spitzb. 8. 12. „Laeiniis brevioribus auri- eulatis*. — Waigatsch- und Fosters-Insel im nördlichen Eis- meere. F. Garovaglii (Schaer. En, 8, 30). Exs. Erb. critt. 185, Rbh. 188. „Thallo teneriore, pallidiore, magis diviso subtus unifor- miter pallide testaceo,* — An Felsen, Veltlin. B. Gewebslücken der Unterrinde in Form von Pseudozyphellen. Pseudoeyphellatae. Deren Sporen sind meist braun. a) Mit weissen Pseudozyphellen, Leueopseudocyphellatae. 39. S. coriacea Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 8. 648, Bicas. eoriac. Nyl. Syn. I 8. 366. Thallus K= oder KF rosenröthlich. Gonidien 3—8, im Dm. Sporen 2—4-gliederig, 28—34 u lang, 10. diek, — An Baumstämmen, Neuseeland. 40.*5. elaphocera (Nyl. in Krmplh. Nov. 8. 116). Synon. Ricasolia elaph. Nyl. in Hue Exot. 866. Steril. — Neuseeland. _ 41. S. dissimulata Nyl. Syn. IS. 362 et in Nov. Zel. 1888 3. 37. Synon. 3. Richardii Mnt.-v. d. Bosch Java $. 11 non Mnt. Syll. 8. 325, S. sulfurea Schaer. in Mor. Verz. $. 127, S. dichotoma Mnt.-v. d. Bosch Java 8. 12 p. p. Exs. Zoll. 1860. Thallus K=. Gonidien 6—11, im Dm. Sporen 2-4-gliederig, braun, 23—32, lang, 6-8, diek. — An Baumstämmen, Manila, Java, Amboina (gesammelt v. G. Karsten, Hb. Stzb.), Neuholland, Neu- seeland, Chile. . 42.*S. multifida Laur.') in Sieb, exs. 55, Nyl. Syn. I Ss 363 ? nec id. New Zeal. 8. 248 nee id. Nov. Zel. 1888 8. 37, Krmplb. Exot. 8, 318t. IV F. 2. Exs. Sieb. 45. Gonidien im Sieber’schen 1) In Nyl. Syn. I 8.363, Krmplh. Exot. $. 318 und dessen Austr. 5. 335 wird Laur. in Lina. 1827 $. 41 ala ursprüngliche Quelle angezogen; aber ich finde dort wohl eine S. dissecta, durchaus aber keine 3. multifida vor. 8 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 114 45. 46, 47. 48. Original 4—6, in einem Kurz’schen Exemplar aus Java 6-8, im Dm, — Java, Neuholland, Fidschi-Inseln, . Sticta stenophylla Müll. L. B. 403. Steril. — Neukaledonien. 44, S. fossulata Duf, Hb., Nyl. Syn. I S. 363. Synon. 8. Flotowiana Laur., S. impressa Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 8. 648 p- P-, S. carpoloma Rich. Astrol. S. 30. Exs. Arn. 1215, Lojka L.- U. 119. Thallus K=. Gonidien 10—20, im Dm. Sporen 2—4-gliederig, braun, 20—32 „ lang, 8—11 dick. — Neuholland, Tasmanien, Neuseeland, Chile. F. linearis (Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 8. 647.) Nyl. Syn. I 8. 364. „Thallo minore obseuriore lurido, subtus plerumque fuscescente*. — Tasmanien, Chile? F. divulsa (Tayl. in Journ. Bot. 1847 S, 182). Synon. S. Richardii v. rufovirescens Bab. New Zeal. $. 14. „Angustius divisa, fuscescens non glauca*, Sporen 2-gliederig, bräun- lich, 27— 33, lang, 7—9, diek, Vergl. Müll. L. B. 1296. — Neuseeland, südliche Inseln Chiles, Magellanstrasse, F. Richardii (Mnt. in Bab. New Zeal. $S. 13) Nyl. Syn. I 8. 364. „Thallo majore glaucescente, gonidiis diam. 10—20,*. — Neuseeland, Chile, Chonosarchipel, Kap Hoorn. Obige 3 Formen sind untergeordneten Ranges. Var. subeyphellata Nyl. Syn. 18. 364. „Cyphellis urceolato-im- pressis vix pseudocyphellis, gonidiis diam. 8—16,, apotheciis marginalibus“. — Madagaskar, Neuseeland, Chile. 8. cellulifera Hook. fil.-Tayl. in Bot. Journ. 1844 S. 647, Nyl. Nov. Zel. 1888 8. 38. „Thalli medulla K+ flavente, gonidiüs diam. 9—14,*. Sporen 2-gliederig, braun, 20—30 . lang, 7—8 u diek. — Neuseeland, Südspitze Amerikas nach Jutta (P). Var. Billardierii (Del. Stiet. 8. 99) Nyl. Nov. Zel. 1888 3. 28. „hallo minore, laeiniis angustioribus, KT, gonidiis ut in typo“. F. erpallida (Krmplh, Austr. S. 336. „Thallo sordide pallido vel livido, subtus partim tomentoso partim nudo, tomento brevi fuscescente*. — Neuholland, Chile. F. lacinulata (Krmplh. Nov. $. 120). Synon. F. lobulifera Müll. Kap Iloorn 8. 156. „Compacta, marginibus lıeiniarum lobu- latis“. — Neuseeland, Kap Hoorn. Beide Formen scheinen untergeordneten Werthes zu sein. 5. subeariabilis Nyl. in Flora 1867 8. 439. Steril. Gonidien 7—16, im Dm. — An Baumstämmen, Manila, Neuseeland. S. propaginea Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 178, Müll. L. B. 1307. Gonidien ca. 10, im Dm, Pseudozyphellen wie bei vor- hergehender Art. Sporen röthlichbraun, 20—23, lang, 7—8u dick. — Auf Aestehen in Surinam. S. psilophylla Müll. Knight. $. 8. Synon. S. multifida Nyl. Syn. 18.363 saltem p. p., id. New Zeal. 1866 p. 218 und Nov. Zel. 1888 8. 37 non Laur. in Sieb. exs. 55. Exs. Arn. 1198, Lojka L. U. 118. Gonidien 4—10, im Dm. Sporen 2-zellig, braun, 23—42 ı lang, T—11, dick. — An Baumstämmen, Neuseeland. 115 F. amphicarpa Müll. Knight. $. 9. „Laciniis (raro) utraque pagina apotheciiferis*, — Neuseeland. 49. Sticta leucophylla Müll. L. B. 1498. Steril. — Neuguinea. 50. öl. 52. 53, 54, S. quereifolia Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 177 non Del. Stict. 8. 97. Synon. 8. canariensis Schaer. in Mor. Verz. 8, 127 non Del. Stiet. 8. 114, S. sulfurea Schaer. 1. c. p. p., $. dichotoma Mnt.-v. d. Bosch Java 8. 12 p. p., S. punctuluta Nyl. En. 8. 102, $. impressa Al. Braun Hb. Exs. Zoll. 1799 p. p. Gonidien 7, im Durch- messer, Sporen 4-gliederig, braun, 25—27 . lang, 7—9u diek. — Zeylon, Philippinen, Java, Australien, S. prolificans Nyl. Exp. Nov.-Cal. S. 42. Gonidien 6—7, dick, Sporen 2—-4-gliederig, braun, 23—30 , lang, 8—11y diek. — An Baumstämmen, Neukaledonien, S. Valdiviana Nyl. n. sp. in Hb. Stzb. „Similis vel subsimilis 8. prolificanti sed reactione thalli ut in S. Billardierü (KT). Variat etiam thallo subfaveolato“ Nyl. in lit. 25. IV. 94. Steril. — Bei Valdivia gesammelt von Dr. H. Hahn. S. homoeophylla Nyl. in Flora 1867 8. 439. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell oder blassbräunlich, 24-32. lang, 8, diek. Zepha- lodien an der Unterseite des Thallus. — An Baumstämmen, Neuseeland. S. episticta Nyl. in Flora 1865 S. 299 und New Zeal. 8. 248. Syn. S. argyracea Bab. New Zeal. Gonidien 7—11, im Dm., weisse Pseudozyphellen an der Ober-, nur selten an der Unter- seite. Steril. — An Baumstämmen und Felsen, Neuseeland. 55.*5, amphisticta Kn. New Zeal. 1880 S. 367, Nyl. Nov. Zel. 1888 56, 8. 40. Exs. Lojka L. U. 115, Zw. 892. Weisse Pseudozyphellen, öfter mit ausgesprochenem Rande, demnach in echte Zyphellen übergehend, auf der Unter- und weissen Pseudozyphellen ähnliche Punkte auf der Oberseite. Sporen 2—4-gliederig, braun, 27—37 u lang, 5— 7, diek. — Neuseeland. F. platyloba Müll. Knight. 8. 9. — Neuseeland. S. Freycinetii Del. Stiet. 8.124. Synon. S. glabra Hook.-Tayl. Antaret. 8. 84 saltem p. p., 8. Delisea Fee in Del. Stiet. S. 94 (Apo- thezien mit parasitischem Celidium). Exs. Lechl. 980, 65b, Lojka L. U. 121. Gonidien 9—14, im Dm. Sporen 4-gliederig, farblos, 22—30, lang, 7—8,. dick. — An Baumstämmen und Felsen, Neuholland, Tasmanien, Neuseeland, Auckland- und Kamp- bellinseln, Chile, Juan Fernandez, Falklandinseln, ‚Maluinen. F. glabrescens Müll. L. B. 565. „Laciniis gracilioribus infra glabratis, versus marginem tantum obsolete tomentellis. — Neuseeland, Auckland- und Kampbellinsel. In Var. isidioloma Nyl, Nov. Zel. 1888 S. 39. „Gonidiis diam. ca. 10— 12 ,, margine passim isidiose fibrillifero“. — Neuseeland. F. prolifera Müll. L. B. 565. Syn. 3. chloroleuca Hook. fil.- Tayl. Journ. Bot. 1844 9. 649, 5. Freycin. var. stauromatica Kriplh. Nov. 8.119. „Subtus medio tomento denso pannoso 8 116 atrofusco versus marginem rarescente vestita*. — Tasmanien, Neuholland, Neuseeland. F. tenuis Müll. L. B. 565. „Priori similis sed laeiniis magis membranaceis ultimisque copiosius erenato-lobulatis“. — Neu- holland, Neuseeland. F. conjungens Müll. L. B. 565. „Laciniis prolificantibus gra- eilibus infra nudis, nigratis, passim in centro pannoso-tomen- tosis“. — Neuholland. 57.* Stieta lactucaefolia Pers. Uran. 8. 199, Nyl. Fueg. $. 26. Synon. 58. 59. 60. 61. S. fulvocinerea Mnt. Pöle Sud 8. 184, S. Freye. var. latifolia Fw. in Lechl. Macl. exs. 65. „Sporae fusiformes 3-septatae longit. 30 ,, erassit. Tu. — An Baumstämmen, Kap Hoorn. $S. demutabilis Krmplh. Süds. 8. 6. Sporen 2-gliederig, braun, 26—80, lang, 84 diek. — An Bäumen, Neuholland, Sawai Samoa, S. Karstenii Müll. L. B. 313. Sporen 2-gliederig, braun, 26—30 lang, 8. diek. — Nordqueensland in Neuholland. var. linearis Müll. L. B. 1007. „Laciniis angustis 1—1,5 mm latis“., — Queensland. S. subcoriacea Nyl. in Flora 1865 8. 29, id. New Zeal. S. 247, id. Nov. Zel. 1888 8. 34. Synon. S. canaliculata Kn. New Zeal. 1878 8. 282. Sporen 2-gliederig, braun, 23—33, lang, 9—13y dick. — An Baumstämmen, Neuseeland. b) mit gelben Pseudozyphellen, Xanthopseudocyphellatae. a) mit lekanorinischem Fruchtgehäuse, Die ersten beiden der hieher zählenden Arten haben weisses Mark und ungefärbte Sporen, die vier übrigen Arten dagegen gelbes Mark und braune Sporen. Unbekannt geblieben ist mir S. hirta, welche ich nach dem Vorgange Müller’s (Nov. Zel.) einreihe. S. nitida Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 178, Nyl. Syn. I 8. 359. Synon. S. flabellat« Mnt. Chil. 8. 114. Exs. Lechl. Chil. 598, 600. Sporen 4—6-gliederig, farblos, 28—45 „ lang, 6— 8. dick. — An Baumstämmen Chile, Chilo&, Patagonien. 62.*S. vaccina Mnt. Chil. S. 10, Nyl. Syn. I S. 395. Sporen 63. 2—-4-gliederig, wasserhell, 26—30 „ lang, 4,5—5 „ dick. — Chile, Patagonien, Feuerland. S. endochrysa Del. Stiet. 8. 43, Nyl. Add. Chil. S. 179. Synon. 8. Lechleri Ew. in Lechl. Macl. exs. 65a. Sporen 2 —4-gliederig, braun, 21--40, lang, 5—7u diek. — An Baumrinde, Chile, Feuerland, Maluinen, Vexirberg. F. „intus alba latius lobata* Nyl. Syn. I S. 158. — Chile. F. angustiloba Mint. Chil. S. 115. „Thallo nonnihil minore et tenuiore“. — Chile. F. imbricatula (Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 180 p. p.) Nyl. Syn. 64. 65. 66. 67. 117 I 8. 359. „Thallus minor intus flavissimus, pseudocyphellae rarae“. — Ins. Juan Fernandez. F. pubescens (Pers. Uran. 8. 190) Nyl. 1. ce. „Thallo tenuissime puberulo praesertim in apotheciis, subtus subnudo“.— Maluinen. Stieta glaucescens Krmplh. Austral. $. 334. Synon. S. aurulenta Krmplh. ibid. 8. 835. Sporen 2-gliederig, braun, 20—23,. lang, 6—7 u diek. — Australien. S. Urvillei Del. Stiet. S. 599, Bab. New Zeal. 8. 11, Nyl. Syn. 1 5. 360. Synon. S. endochrysa Hook. fil. Antarct. 8. 525 p.p., S. imbricatula Tayl. in Bot. Journ. 1847 8, 180 p. p. — An Baum- stämmen und Sträuchern, Neuseeland, Insel Juan Fernandez, Feuerland, Maluinen. Var. orygmaeoides Nyl. Syn. I S. 360. Synon. $. orygmaea Del. Stiet. 8. 46 p. p. Exs. Lechl. Macl. 1842. „Thallo magis serobieulato“. — Neuseeland, Südspitze Amerikas. F. compacta (Müll. Kap Hoorn 8. 175). „Thallo valide com- paecto, marginibus valde erispis undulatis et erenulato-multi- lobulatis, supra laevi, pseudocyphellis rarescentibus“. — Kap Hoorn. Var. flavicans (Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844, S. 648) Nyl, Syn. IS. 360. Hieher als Synonym sehr wahrscheinlich S. Pickeringii Tuck. Exp. Wilkes S. 188. Exs. Arn. 1200, Lechl. Macl. 1342b. „Thallo profundius diviso sublaevi, laciniis margine minute dissectis, laciniolis suberectis erenatis®. — An Baum- stämmen, Neuholland, Neukaledonien, Neuseeland, Nukahiwa, Sandwichinseln, südlichstes Amerika. Var. Collensoi (Bab. New Zeal. 8. 10) Nyl. 1. c. „Thallo fir- miore scrobiculato marginibus granulose vel lobulose isidiosis“. Apothezien bis Tmm im Dm. Sporen 2—4-gliederig, 30— +0 ı lang, 8—1l, diek. — An Baumstämmen, Neuholland, Tas- manien, Neuseeland. F. pinnatifida Bab. I. c., Müll. Nov. Zel. S. 35. — Neuseeland. 5. hirta Stirt. Add. S. 461 ex. Müll. 1. e. — An Baumstämmen, Wellington (Neuseeland), S. orygmaea Ach. Meth. S. 278, Mnt., Hook., Bab., Nyl. Syn. I 8. 360 non Del. Stiet. S. 46. Synon. S. coronata Müll. L. B. 99. Exs. Arn. 1214, Lojka L. U. 117. Sporen 4-gliederig, braun, 22—38 „lang, 7—8, diek. — Tasmanien, Neukaledonien, Inseln Auckland und Kampbell, Neuseeland, Chile, Patagonien, Magellanstrasse. 8) Mit parmelioidem Fruchtgehäuse (Subgen. Parmostieta Nyl.) Mir ganz unbekannt geblieben ist $. rubrina Strt. Die Sporen von S. rubella sind bisher nieht beobachtet worden. Bei dem nachfolgenden Versuche einer Zusammenstellung der hier aufzuführenden Arten reihe ich die beiden Arten nach dem Beispiele anderer Lichenologen ein. 118 68. 69, * Arten mit kürzeren spindelförmigen Sporen. 7 Sporen viergliederig. $ Thallus inwendig gelb: S. poculifera, aurata, aurora, rubella, rubrina, Volkensii. SS Thallus inwendig weiss: S. glaucolurida, obvoluta, physciospora. Tr Sporen zweigliederig: $. Montagnei, granulata, pubescens. ** Arten mit längeren und nadelförmigen Sporen: 5. podocarpa, flavissima. Stieta poculifera Müll. L.B. 405. Sporen 4-gliederig, braun, 18— 21, lang, 6—Tu dick. — Lord Howe’s Island (Australien). S. aurata (Sm.MS.) Ach. Meth. 278. Syn. $. aurora Wain. Bres. IS. 184 non Del. Exs. (nach Arnold) Cromb. 39, Del. 5 (armorica), Desm. 1234, Hepp Fl. E. 372, 589, Husn. 438, Larb. Caes. 16, Leight. 261, Le Jolis 57, Lind. 2674, Lojka L. U. 220, Malbr. 222, Mand. Mad. 19, Rbh,. 953, Roumg. 348, Schultz 500, 729, Welw. 1, 125, Zw. 1142, Sporen 4-gliederig, braun, 20—25, lang, 7—10, dick. — An bemoosten Felsen und Baumstämmen, Westeuropa (Frankreich, Grossbritannien, südl. Norwegen), Afrika, Madera, Kanaren, St. Helena, Maskarenen, Japan, tropisches Asien, Neukaledonien, Sandwichinseln, Tahiti, Neuseeland, Insel Miquelon, Vereinigte Staaten Amerikas, Kosta- rika, tropisches Amerika. F. angustata (Del. Stiet. 8. 52) Nyl. Syn. 18. 361. „Minor, ru- bricose lateritia, angustius lobulata“. — Madagaskar, Bourbon. Neuseeland, Brasilien. Var. pallens Nyl. Syn. I 8. 361 (nach brieflicher Mittheilung des Autors in dessen Nov. Zel. 1888 S. 35 durch ein Ueber- sehen weggelassen). „Thallus minor laeiniato-lobatus lurido- pallescens, subtus flavo-pallescens, pilis minutissimis sparsis in pagina supera saepe evanescentibus munitus, — An Aestchen, Neuseeland. Einzelne andere von verschiedener Seite von Delise bis auf Müller aufgegetellte Formen der S. aurata, wie var. armo- rica Del. Stiet. S. 51, glaucescens Del. ib., S. clathrata Del. ib. S. 10, f. luetevirens Müll. L. B. 38 („thallo sicco virente, made- facto laetevirente“ — Brasilien), f. impressa Müll. L. B. 178 (Synon. S. aurora Wain., $. clathrata Krmpl., „thallo non sore- diose marginato, supra scrobiculose impresso, libenter fructifi- cante“ — in Wäldern Brasiliens), var. microphylla Müll. L. B. 404 („laciniis abbreviatis vix 15--20 mm longis latitudinem non superantibus“ —- Neuholland) scheinen mir von untergeordnetem Werthe zu sein. Zu vergleichen sind auch die Darstellungen Wainio’s über seine Pseudocyphellaria aurata und aurora in Bres. I 8. 183 ff. Bei einer so weit über die Erdoberfläche verbreiteten Flechtenart, wie es die S. aurata ist, können be- 70,* 11. 72, 13. 14, 75. 76. 119 züglich systematisch kaum greifbarer Abänderungen standörtliche Verhältnisse, welche in unsern Studirzimmern sich der Beobachtung entziehen, von grösstem Einflusse sein, und aus den Bemerkungen über S. aurora in Nyl. Syn. 1 8. 361, verglichen mit den Be- schreibungen von $. aurat« und aurora in Wain. Bres., darf angenommen werden, dass sterile und fruchttragende Zustände der Spezies sich etwas heterogen entwickeln und in den letz- teren vor allem die in sterilen Exemplaren reichliche Soredien- bildung unterbleibt. S. aurora DN, Stiet. S. 9 non Wain. Bres. I 8. 184. Synon. 8. aurata var, albocyphellata Müll. L. B. 178, S. albocyphellata Wain.]. ec. nota, Thallus rubrieoso-cacaotinus mediocris firmulus opacus, lobis sinuato-ineisis subcanaliculatis impresso-punctulatis, marginibus undulatis erenatis adscendentibus, infra marginem versus lateritius centro sordide fuscescente, tomento in centro item fuscescente marginem versus rarescente et pallidiore, pseudo- eyphellis albis demum flavescentibus parvis subrotundis crebris, gonidiis Jaete viridibus diam. 4—5,. Apothecia marginalia sessilia, vix podicellata, latit. 2,5—3,5 mm, receptaculo piloso-hirsuto, mar- gine inflexo dentieulato, extus concoloria, disco nigro-fusco vel nigro. Hymenium altit, ca. 80 „, paraphysibus subdiscretis et thecis 8-sporis elavatis, epithecio luteo-fusco, hypothecio rubrofusco impositum. Sporae elongato-fusiformes utrinque acutae fuscae, 3-septatae longit. 30-40, erassit. 5—7,. Gelatina hymenialis iodo coeru- lescens. — Deventer (Brasilien). Beschreibung auf Grund eines Exemplares aus dem botanischen Museum von Kopenhagen. 5. rubella Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 S. 649. Sporen unbekannt, — An Baumstämmen, Neuseeland, Tasmanien. S. rubrina Strt. Add. Queensl, $. 4 nach Müll. L. B. 564. — Queensland. S. Volkensii Müll. in Engl. Jahrb, XX 8. 252. Sporen braun- röthlich, 23, lang, 7—8, dick. — Auf Erythrinastämmen am Kilimandscharo 1430 m. oo F. limbata Müll. ib. „Laeiniarum margines magis crispulae et ereberrime granuloso-sorediosae“. — Mit dem Typus. S. glaucolurida Nyl. in Flora 1867 8. 438. Exs. Arn. 1199. Sporen 2—4-gliederig, braun, 21— 27, lang, 9—12, dick. — An Baumstämmen, Neuseeland. S. obvoluta (Sm. MS.) Ach. L. U. 8. 452, Nyl. Syn. I 8. 362 P- p., id. Scand. 8. 95 nota. Exs. Lechl. Magell. 1010. Sporen 4-gliederig, braun, 21—28, lang, 7—8, diek. Pseudozyphellen gelb, sehr klein. — An Bäumen, Neuseeland, Südspitze Amerikas. S. physciospora Nyl, Syn. I 8. 364. Synon. S. impressa Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 8. 648 p. p., S. Borneti Müll. 1. B.'406 olim. Sporen 2(-—-4)-gliederig mit Poruskanal, braun, 22—27, lang, 9—10, lang. Pseudozyphellen öfter gelblich. — An faulenden Baumstrünken in Neuholland, Neuseeland, Auck- land- und Kampbellinsel, Patagonien, Feuerland. 120 F. dissecta Müll. Neocal. S. 3. „Laeiniis ad margines dissecto- laeiniatis*. — Neukaledonien. 77. S. Montagnei Bab. New Zeal. $. 20. Synon. Ricasolia Montagnei Nyl. Syn. I 8. 373, Ricasolia asperula Strt. Add. 8. 10 p. p. Exs. Lojka L. U. 114. Thallus K(CaC)F Erythrinfärbung. Gonidien 5—8 im Dm. Sporen 2-gliederig mit Poruskanal, braun, 24—31 y lang, 8—11, dick. — Auf Holz und Rinde, Neuseeland. Die Pseudozyphellen sind klein, gelblich und etwas vom Rande nach innen am leichtesten zu beobachten. Die Reaktion des Thallus ist für die Gattung Stieta (s. str.) ungewöhnlich. 78. S. granulata Bab. New Zeal. S. 17, Nyl. New Zeal. 1866 S. 247. Exs. Lechl. Magell. 984, 985. Gonidien 9—18 u im Dm. Sporen wie bei S. physciospora mit Poruskanal, braun, 27—30 „lang, 9—12, dick. — Tasmanien, Neuseeland, Magellanstrasse.') 79. S. pubescens Müll. Knight. S. 7 non Pers. Sporen 2-gliederig, braun, 32, lang, 10, diek. — Auf Baumrinde, Neuseeland. 80. S. podocarpa Müll. L. B. 1621. Sporen nadelförmig, 4-gliederig, 70—90 „ lang, 5y dick. — An Baumstämmen bei Sidney. 81. S. flavissima Müll, L. B. 564. Sporen nadelförmig, 4— 6-gliederig, wasserhell, schliesslich bräunlich, 60— 70 „ lang; 3,5— 8, dick. — Auf Baumrinde, Queensland. C. Gewebslücken der Unterrinde in Form von echten Zyphellen, Eucyphellatae. a) Arten ohne Stiel. a) Arten mit kürzeren, 2—-4-gliederigen Sporen von höchstens 45—56 , Länge und höchstens 10—12 „ Breite, 2!/.—6 mal länger als breit. In dieser Abtheilung haben 5. subsinuosa, caperata und subeaperata die längsten Sporen (Länge bis über 401). Alle anderen haben kürzere Sporen, deren Länge höchstens 40 u erreicht. 82. S. Kutenbergii Krmplh. in Natw. Verein Bremen VII, I 8. 54. Gonidien 6—8,„ im Dm. Sporen 2—4-gliederig, bleibend wasser- hell, 23—40 „ lang, 6—10, dick, 3—5,5 mal länger als breit. — An Bäumen, Madagaskar. Hat grosse Aehnlichkeit mit S. damaecornis f. elongato-lacı- niata, jedoch ist die Dichotomie in Folge einseitigen Zurückblei- bens weniger ausgesprochen als bei letzterer Art und deren übrigen Nächstverwandten. Es sind echte Zyphellen vorhanden, doch noch kleiner als bei obgenannter Form, obwohl ihnen sehr ähnlich. (S. Rutenbergii hat die kleinsten Zyphellen unter allen Sticte). Ihre Gonidien sind dagegen wiederum grösser als bei der ange- führten Form von 5. damaecornis. 1) Nachträgliche Bemerkung. — In die Nähe der 8. granulata gehört die erst neulich veröffentlichte 5. patagonica Müll. in Hedw. 1895 $. 140, Steril. — Patagonien. j 83. 121 S, damaecornis (Sw. Ind. occe. III 8. 1900) Ach. Meth. S. 276, Synon. $. maecrophylla Tayl. Exs. Sieb. 38, Mand. Mad. 25. Gonidien 5—8, im Dm. Sporen 3-——4-gliederig, wasserhell bis blassbraun, 26—36, lang, 8-11, diek. — An Bäumen und schattigen Felsen, Kap. g. H., Azoren, Madeira, Madagaskar, St. Mauritius, Bourbon, Komoren, Neuholland, Tahiti, Neuseeland, tropisches und südlicheres Amerika. F. latior Cromb. in Grev. XV (1887) 8. 76. Syn. S. dasnaee. v. macrophylla (Hook.) Mudd Man. S. 89. Exs. Hepp Fl. E. 869, Cromb. 38. — An schattigen Felsen, Irland. F. elongato-laciniata Tuck. in Wright Cub. exs. 59. — Kuba, Mexiko. F. canariensis (Bory Hb., Del. Stiet. $. 114) Ach. Syn. 8. 231, Nyl. Syn. 1. 8.356. Exs, Husn. 190. „Thallo pallidoflavicante*. — Madera, Kanaren, Madagaskar, Java, Polynesien, Westindien, Brasilien. F. raufa (Willd., Del. Stiet. S. 74). Exs. Wright Cuba 64. „Thallo utrinque flavo-rubro rutilante subtus obscuriore, cyphellis creberrimis*. — Madagaskar, Australien, tropisches Amerika. F. subdiluta Nyl. in Flora 1869 $S. 117. „Thallo punctulato, punctulis interdum in pilos minutos abeuntibus, subtus ochraceo- pallidus rhizinis subnigrescentibus. Sporen 2—4-gliederig, 30—361 lang, 8—10 gr. diek. — Tropisches Amerika. Var. sinuosa (Pers. Uran. 8. 199) Nyl. Syn. IS. 356. Exs. Lind. 117, 2732. „Thallo adpresso pallido sinuato-pinnatifido, saepe latius laciniato-lobato“. Gonidien 5-8 im Dm. Sporen 2-- 4-gliederig, farblos bis blassbraun, 25—36 11 lang, 8— 10 diek. — Insel Johanna (Komoren), Philippinen, Australien, Kostarika, tropisches Amerika. F. subscrobiculata Nyl. Nov. Gran. Add. 8. 537. „Thallo serobiculato-inaequali*. — Neugranada. . F. flavicans Müll. L. B. 1628. „Thallo leviter serobiculato- inaequali, flavicante“. — Jamaika. 84.* S. glomuligera Nyl. Mex. pl. 8. 4. „Similis fere 5. damuecorni sed cephalodiis caespitoso-fruticulosis. Sporae_ biloculares latit. 26-30, erassit. 10—11y* Nyl. in lit. — Orizaba. 85.*5. subsinuosa Nyl. in Flora 1869 S. 118. Sporen 4-gliederig, 46-564 lang, 6—10j: diek. — Brasilien. 86.*,5. diluta DN. Stiet. S. 15, Nyl. in Flora 1869 8.118. Gonidien 87, 5—7 im Dm., Sporen 2—4-gliederig, 30-354 lang, 8-94 diek. —- Brasilien. S. Iaciniata (Sw. Ind. oce. $. 1899) Ach. Meth. 8. 279. Exs. Sind. 83, 2740. Gonidien 4-6p im Dm. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 28—32 1 lang, 9—10y. diek, — An Baumrinde, Ko- starika, tropisches Amerika. . n . F. dilatata Müll. Neogran. $. 11 non Nyl. „Typo major, apo- theeia non ciliata“. — Neugranada, Ekuador. 122 Var. denudata Nyl. En. Suppl. S. 335 und Syn. I 8. 354. „Thallo inferne ochraceopallido subnudo“. — Venezuela. F. Zinearis Müll. Neogran. 8. 11. „Laeiniis angustioribus subtus pallidis plus minusve denudatis.* — Ekuador. F. angustata Müll. Costar. S. 6. „Laciniis angustioribus, subtus medio obseurius tinetis plus minusve denudatis“. — Kostarika. Var. laeviuscula Nyl. En. 8. 103 und Syn. IS. 354. Exs. Lind, 84, 2544, „Thallo supra laeviusceulo vel laevi modo obsolete foveolato®“. — Kostarika, tropisches Amerika. F. subdamaecornis Müll. L. B. 1627. „Thallo membranaceo le- viter scrobiculato, subtus pallido subnudo basi nonnihil co- stato“. — Rio de Janeiro. F. trichophora (Müll. L. B. 239). „Apotheeia nonnihil tricho- hora“. — Brasilien. 88.* Sticta Boliviana Nyl. in Flora 1874 8. 71. Synon. S. laciniata var. dilatata Nyl. Boliv. S. 373 non id. Nov. Granat., 5. lacin. var. Boliviena Müll. L. B. 239. Exs. Lind. 116, 2154, 2516. Sporen 2(—4)-gliederig, leicht bräunlich, 30—40 x. lang, 8—10 x dick. — Ekuador, Bolivien, Brasilien. 89.* 5. patula Del. Stiet. S. 122 non Mnt. - v. d. Bosch, Exs. Spruce Amaz. 92. Sporen 4-gliederig, 30x lang, 94 dick nach Nylan- der’s brieflicher Mittheilung. — Chimborazo. 90.* 5. granatensis Nyl. in Flora 1874 8. 71. Synon. S. lacin. var. dilatata Nyl. Nov. Gran. Ed. II S. 19 nee Nyl. Boliv. nec Müll. Neogr. Exs. Lind. 115. Sporen 2—4-gliederig, leicht bräunlich, 30—40,. lang, 10—12p diek. — Neugranada., 91. S. Orizabana Nyl. in Flora 1869 8. 118 nota. „Sporen denen der S. patula ähnlich“ nach Nyl. brieflicher Mittheilung. — Mexiko. 92. S. livida Krmplh. Neuseel. S. 448. Sporen 4-gliederig, 24—26 y lang, 6--8p dick. — An Baumstämmen, Neuseeland. 93. S. caperata Bory Hb., Nyl. in Flora 1869 $. 118. Synon. 8. damaer. var. caperata Nyl. Syn. I S. 307 p. p. Sporen 2(—6)-gliederig, wasserhell, 40—60p lang, 8—12y4 dick. — Schoa, Bourbon, Madagaskar. \ Var. javanica Nyl. in Flora 1, ec. Synon. S. damaecornis var. caperata Nyl. Syn. I 8. 307 p. p., $. patula Mnt. - v. d. Bosch Java 8. 14 non Del. „Thallo rubro-fuscescente, apotheciis sparsis“. — Java, Philippinen, Polynesien. 94.*S. subeaperata Nyl. (New Zeal. 1866 8. 247) Nov. Zel. 1888 S. 31. Synon. S$. damaecornis var. macrophylla Bab. New Zeal. S. 15, 8. sinuosa v. macrophylla Müll. Costar. S. 6, id. Nov. Zel. $. 34 nec S. macrophylla Bory nee Stictina macroph. Nyl. nec 8. damaee. var, macroph. lHlepp, Leight., 8. sinuosa var. papyracea Bab. Sporen 4(—$)-gliederig, wasserhell, 26 — 40 x lang, 9-11» diek. — Neuholland, Neuseeland, Kostarika, Brasilien. Wir stehen hier vor der Frage, ob — nachdem es sich heraus- gestellt, dass die ursprüngliche $. macrophylla Bory, Del. zur Gattung Stictina gerechnet werden muss — der Rest des Be- 95. 96. 97. 98. 99. 123 standes der S. damaecornis var. macrophylla, welcher nament- lich die neuseeländische (Babington’sche) Flechte betrifft, im heutigen Genus Sticta unter diesem Namen als Varietät be- lassen werden darf. Gegenüber den Thatsachen, dass die Babing- ton’sche Umgrenzung sich nicht vollständig mit dem Umfang der S. subcaperata Nyl. deckt, sondern auch Babington’s 8. sinuosa var. papyracea noch zu letzterer zu rechnen ist, ferner dass der Name „macrophylla* hier sehr leicht zu Verwirrungen führen kann, nachdem er von Hook., Schaer., Hepp und noch von neueren englischen Autoren unter sich ganz verschiedenen Dingen beigelegt worden ist, erscheint es gewiss rathsam, den- selben ausschliesslich der oben namhaft gemachten Stietina zu belassen und an der Nylander’schen Benennung der vor- liegenden Sticta-Art nicht weiter zu mäkeln, um so mehr, als die gangbaren Prioritätsgesetze durchaus nieht zu Gunsten des gegentheiligen Verfahrens sprechen. Ohne zwingende Noth sollte an dem seit bald 40 Jahren eingebürgerten unzweideutigen Namen nicht gerüttelt werden. ‘ Stieta internectens Nyl. Nov. Zel. 1888 S. 83. Synon. S. dichotoma Krmpih. Neuseel. 8. 448. Gonidien 7—11y im Dm. Sporen 4- gliederig, leicht bräunlich, 27—85 j. lang, 6—9 j. dick. — Neu- secland. S. dichotoma Del. Stiet. 8. 107, Nyl. En. S. 102 non Krmplh. Gonriden 6—8, im Dm. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 30—38 1 lang, 81. diek. — Bourbon, St. Mauritius, Neukale- donien, Brasilien. F, scrobieulata Müll. L. B. 1629. „Laeiniae supra tota longi- tudine sat erebre serobieulato-inaequales.* — Madagaskar. S. plumbea Del. Stiet. S. 119, Nyl., in Flora 1869 5. 118. Gonidien 6—11g: im Dm., grösser als bei S. dichotoma. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 32—36j. lang, 8—10y dick. — Mas- karenen, Madagaskar. 5. variabilis (Bory Voy. III S. 101) Ach. I. U. 8.455. Synon. S. chloroleuca Hook. fil.-Tayl., S. propaginea Tayl. p. p. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 23—30 x lang, 8—9 dick. — Auf Baumrinde, Usambara (Ostafrika), Natal, Madagaskar, ‚Johanna, Bourbon, St. Mauritius, Java, Neuholland, Tahiti, Fidschiinseln, Neuseeland. . F. Lyalliana (Bab.) Müll. Knight. 8.7. „Thalli margine non dissecto-laciniato*. — Neuseeland. rc Var. Boryana (Del. Stiet. 8. 102) Nyl. Exot. S. 254, id. Syn. IS. 357. „Laeiniis thalli canalieulatis“. — Bourbon, Madagaskar. Var. glaberrima (Laur. in Linn. 1827 5. 42) Syl. Syn. I 8. 258 non 5. glaberrima DN. Synon. 8. rariah. var. linearifolia Ny\. Exot. 8. 254. „Thallo linearifolio infra nudo.* — St. Mauritius. . , S. hypopsiloides Nyl. Exp. Nov. Cal. 8. 42, id. Syn. Nov. Caled. S. 15. Synon. S. damaec. var. dichotoma id. Prodr. Nov. Cal. 124 100. 101. 102. 103, 104. 105. 106. 107. 108, 109. 110. 8.282. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 24—38 1 lang, 8—9 dick. — Auf Baumrinde in den Gebirgen Neukaledoniens. Var. recedens Müll. Nov. Cal. S 2. „Thallus basi breviter stipitiformi-eontraeto et incrassato.“ — Neukaledonien. 8) Arten mit 2—8-gliederigen Sporen von 36—80 1 Länge und 5-—-8p Breite, 7—15mal länger als breit. . Sie gehören sämmtlich der östlichen Hemisphäre an und sind mit Ausnahme von S$. insinuans extratropisch. . S. insinuans Nyl. Jap. 8. 380. Thallus K(CaCl)£, Gonidien 6-81. im Dm. Sporen 2-gliederig, braun, 50—66y lang, 6—Tp. diek. — Auf Rinde, Japan, Philippinen. S. Wrightii Tuck. Suppl. II S. 204, Ricasolia Wrightii Nyl. Syn. I S. 366. Exs. Norrl. 85. Thallus K+ gelb, Sporen 2-gliederig, 56681 lang, 7,5—8 dick. — An Baumstämmen und Felsen, bei Perttiniemi in Karelien an beschatteten trocknen Dioritfelsen (Simming und Kullhem), bei Berchtesgaden (Rauchenberger), Sibirien?, Japan. S. einereoglauca Tayl. in Hook. Antaret. 8. 95, Bab. New Zeal. S. 19, Nyl. Syn. I 8. 358. Synon. S. lividofusca Krmplh. Neu- scel. $. 448. Sporen 8-gliederig, wasserhell, 36—60j. lang, Ta dick. — An Baumstämmen, Neuseeland. 1 Var. angustifolia Bab. in Hook. Nov. Zel., Mül‘. Nov. Zel. Ss. 34. — Neuseeland. S. Myioshiana Müll. L. B. 1596. Sporen 2—4-gliedrig, 75— 85 lang, 5g. dick. — Auf Rinde, Japan. S. platyphylla Nyl. in Hb. Hook., id. Syn. I 8. 357. Sporen 4-gliederig, 50—55 , lang, 7—8, diek. — An Baumstämmen, Schoa, Östindien, China. S. platyphylloides Nyl. in Hue Yunnan 8. 22, id. Nov. Zel. 1888 S. 32 nota. Sporen zwei- bis mehrgliederig, 45—57 y lang, du dick. — An Eichenstämmen, China. S. Henryana Müll. L. B. 1630. Sporen 4—6-gliederig, 60-804 lang, 5— Tu dick. — An alten Baumstämmen, China. Nach Müller Il. c. gehen die Zyphellen unter Vergrösserung ihres Durchmessers bis 3}. nach und nach in Pseudozyphellen über. b) Arten mit Stiel. Bei 5. Shirleyana und Seemanni sind die Sporen unbekannt. S. lineariloba (Mnt. Chil. 8. 122 non Java) Nyl. Syn. I 8. 355. Sporen wie bei S. damaecornis. — Chile, Patagonien, Feuerland. Var. hypopsila (Mnt. 1. c.) Nyl.1.e. Gonidien 11—20, im Dm. Sporen 2-gliederig, wasserhell, 24—30 ı lang, 7—8, dick. — Venezuela, Chile. S. Sayeri Müll. L. B. 1244. Sporen wasserhell bis bräunlich, 40, lang, 104 diek. — Oestliches Neuholland. S. Shirleyana Müll. Exot. II S. 122. Steril. — Queensland. 5. earpolomoides Nyl. Syn. I 8. 354. Sporen 4-gliederig, farblos, 27—33 1 lang, 8—10g diek, — Java, Manila, Neu- holland, Neukaledonien. 125 111. Stieta dichotomoides Nyl. Syn. IS. 355. Synon. S. Camarae Müll. L. B. 563 olim., $. damaec. var, linearis Nyl. Exot. 8. 238. Sporen 2-gliederig, wasserhell, 20—28, lang, Tu diek. — An Baumstämmen, Neuhoiland, Neukaledonien, Tahiti, 112. S. ferax Müll. in Dur,-Pit. Prim. Flor. Costar, Lich. II S. 5. Sporen 4-gliederig, farblos, 40, lang, 10. diek. — Kostarika. 113. 5. Seemanni Bab. in Seem. Harald 8. 248 (vgl. Müll, 1. c.). Steril. — Isthmus von Panama. 114. S. Filie (Hffm. Pl. lich. ITS. 1 t. 55 F. 1, 2) Bab. New Zeal. 8. 12, Nyl. New Zeal. 1866 8. 246. Gonidien 6—11y. im Dm. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30---38 „ lang, 9--11 u diek. — An Baumstämmen, Neuseeland. Var. myrioloba Müll. L. B. 1008. „Gracilior, ad margines lobulis parvis corallino-linearibus ornata®. — Neuholland. Var. laevigata (Krmplh, Nov. 8. 118, Müll. Nov. Zel. $. 34). „Forma minus divisa (S. Filicis), apotheeiis extus in statu juvenili glabris, sporis 1-septatis longit. 24—48, crassit. 9—10 ,, gonidiis diam. 5-8,“ Nyl. Nov. Zel. 1888 3. 33. — Neuseeland. 115.* 8, Zacera Hook. fil.-Tayl. in Journ. Bot. 1844 8. 646, Müll. L. B. 1278. Synon. $. Filix var. parrula Nyl. New Zeal. 1861 S. 247, S. parvula Nyl. Nov. Zel. 8. 33. Sporen 2-gliederig, 33—48 , lang, 8—10, diek. — Neuseeland. 116. $. pedunculata Krmplh. Süds. 8. 97. Sporen 2-gliederig, 39—44 y lang, 6—8, dick. — In Gebirgswaldungen, Sawai Samoa. Vielleicht mit einer aus obigen Formen zu verbinden. 117. S. latifrons Rich. Astrol. 8. 27, Bab. New Zeal. 8. 18, Nyl. New Zeal. 1861 S. 246, id. Nov. Zel. 1888 8. 33. Synon. S. latifr. var, ochroleuca Bab. 1. e., S. Menziesü var. ochroleuca Krmplh. Nov. S. 119. Gonidien 9—23, im Dm. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 25—35 „ lang, 8-10, dick. —- An Baumstämmen, Neuseeland. Var. Menziesii Hook. Antaret. S. 198, Bab. New Zeal. S. 12, Nyl. New Zeal. 1861 S. 246, id. Nov. Zel. 1888 5. 34. Syn. S. Menz. var. palmata Krmplh. 1. e. „Thallo lurido vel luridofuscescente“. Sporen viergliederig, 27—35 „ lang, 9—11y dick. — Neuseeland. F. dissecta Krmplh, 1: ec. „Thalli lobis angustioribus.* — Neuseeland, IH, STICTINA. A. Gewebslücken der unterseitigen Rinde in Form von unregelmässigen Flecken, Laeunomacalatae. (Hieher Loba- rina Nyl). . 118. S. vetigera (Bory Voy. III S. 101) Müll. L. B. 74 (in Flora 1875 8. 448). Exs,. Zoll. 3627. Sporen 2-gliederig, farblos, 28—36 . lang, 8,5—10, dick, — An bemoosten Baumstämmen, Schoa, Kap g. H., Insel San Thome (Guineabucht), Madagaskar, 126 Maskarenen, Komoren, Sibirien, Ostindien, Zeylon, Japan, Phi- lippinen, Tonkin, China, Java, Neuseeland. (Nur in der östlichen Hemisphäre.) F. isidiosa Müll. L. B. 393. „Thallo in rugarum jugis et passim in marginibus isidioso vel isidioso-squamuligero*. — Ostafrika, Komoren, Maskarenen, Nepal, China, Zeylon, Japan, Java, Neuholland.!) Müller sagt a. a. O.: „Hucusque haee species, ex autoribus, vix absolute a Sticta pulmonacea distinguenda erat“. Diesem Ausspruch gegenüber verdient hervorgehoben zu werden, dass Professor Schwendener schon im Jahre 1863 die blauen Gonidien dieser Spezies gesehen und den betreffenden Thatbestand nicht nur veröffentlicht, sondern vorliegende Art ausdrücklich unter Stietina, die Stieta pulmonaria dagegen in die Unterabtheilung mit gelbgrünen Gonidien in seinen „Untersuchungen über den Flechten- thallus“ untergebracht hat. Ausser der Beschaffenheit der Go- nidien hat aber Schwendener ebendaselbst noch auf einen weiteren Umstand aufmerksam gemacht, welcher die Diagnose zwischen beiden Flechtenarten wesentlich erleichtert, nämlich auf die verschiedene Beschaffenheit ihrer Aussenrinde (siehe oben $. 90). .119. Stictina Halli (Tuck. Obs. IV 8. 168). Sporen 2-gliederig, braun, 23—36, lang, 9—14, diek. — An Baumstämmen, Oregon. 120. S. scrobiculata (Scop. Carn. 384) Nyl. Expl. Nov. Cal. 8. 41 nota. Synon. Lichen verrucosus Huds. Angl. II S. 545. Exs. Anzı Etr. 47, Arn. Jura 1466, id. Monac. 10, Cromb. 36, Del. 10, Desm. 642, 1242, Ehrh. 69, Fellm. 74, Flag. 7, Fr. 78, Hepp Fi. E. 592, Jatta 106, Krb. 194, Larb. Caes. 14, id. Lich. Hb. 325, Leight. 201, Le Jolis 54, Lojka L. U. 66, Ludw. 175, Malbr. 166, M.N. 444, Mudd 65, Norrl. 36, Nyl. Mt.-D. 24, Oliv. 120, Rbh. 837, Roumg. 115, 341, Schaer. 490, Schultz 1391, Stnh. 9, Tuck. 67, Welw. 6, West. 812. Sporen 4—8-gliederig, farblos, 50—80 1 lang, 6— 7 dick. — An Baumstämmen und bemoosten Felsen, Europa, Asien (Kamtschatka, Ochotskisches Meer, Kaukasus), Australien ?, Amerika (Oregon, Alaska, an letzterem Orte mit Früchten). B. Gewebslücken der unterseitigen Rinde in Form von Pseu- dozyphellen, Pseudocyphellatae. Sporen meistens braun. a) mit weissen Pseudozyphellen, Leucopseudocyphellatae. Unbekannt sind die Sporen bei $. intricata typiea (bei ihrer var. gymnoloma sind sie 2—4-gliederig, braun, 30— 33 y. lang und 9—11y dick), Berterouna, corüfolia, Beccarii und dissimilis. Zweigliederige besitzen 8. Dozyuna, subpunetulata und Hookert. Bei den übrigen sind die Sporen 2--4-gliederig. Nur bei 8. diplomorpha erreichen sie eine Länge von 40x und darüber. 121. 8. argyracea (Bory Voy. teste Del. Stiet. S. 91) Nyl. Spa. I 8. 334. Sporen 2—4-gliederig, braun, 22—33 u lang, 8—12r 1) Nachträgliche Bemerkuug. — Hieher noch F. erythrocardia Müll. in Bull. Boiss, III, 8. 194. — Gebirge von Sikkim, 127 dick. — An Baumstämmen und Felsen, Usambara, San 'Thom6, Madagaskar, Maskarenen, Komoren, Kochinchina, Zeylon, Java, Tahiti, Neuseeland ?, Chile, Brasilien. F. rigidula (Bory Ilb., Del. Stiet. 8. 97) Nyl. Nat. S.5. „Minor fere verticaliter ascendens“. — An Baumstämmen, Natal, Bourbon. F. flavescens (Del. 1. e. 117) Nyl, Exot. 8. 254. „Sorediis desti- tuta. — An Bäumen, Kap g. II. (zwischen Deavels Peak und Tafelberg: Wilms), Usambara, Bourbon. F. soredüfera (Del. 1. e. 8. 92) Nyl. Syn. I 8. 334. Synon. S. argyr. var. isidiosa Müll. Bellend. S, 48. „Laeiniis lati- oribus pulvinulos isidiosos ferentibus.“ — An Baumstänmen, Usambara, Madagaskar, St. Mauritius, Neuholland. F. isidiata Nyl. in Cromb. Roedrig. $. 435. „Thallo partim caesio-isidiato (in eodem lobo sorediis albis*. — Steril an Baumstämmen, Insel Rodriguez. Var. crenata Nyl. Nov. Cal. 8, 13. „Laeciniis thalli quam in typo brevioribus erenatis et cerenato-lobatis“. — An Baum- stämmen in den Wäldern Neukaledoniens. F. isidiophora Nyl. Exp. Nov. Cal. 8. 13. — Mit der vorigen in Neukaledonien. Var. aspera (Laur. in Linn. 18278. 41) Müll. Feean. 8. 14. Exs. Sieb. 40 p. p. „Laeiniis thalli quam in typo angustioribus, mar- gineapotheciorumaspero, crenulato*. Sporen 2-gliederig, 22 y.lang, I1ndiek.— Usambara,St.Mauritius,Nukahiva,tropischesAmerika. 122. Sticfina membranacea Müll. in Engl. Jahrb. XV S. 514. Steril. — An moosigen Stännmen, Kilimandscharo, Baziya (südöstliches Afrika). 123. S. intricata (Del. Stiet. 8. 96) Nyl. Syn. I 8. 334. Entwickelte Apothezien fehlen. — An Baumstämmen, Kap g. H., Natal, Madeira, Teneriffa, Maskarenen, Zeylon, Java, Südamerika. F. Thouarsii (Del. 1. e, 8. 90) Nyl. I. ec. Synon. S. subflavidu Bab. New Zeal. S. 19. Exs. Cromb. 33. „Thallus sparse (et passim margine) albosorediatus“. — An Baumstämmen und Pelsen, England, Wales, Schottland, Irland, Teneriffa, Tristan d’Akunha, Neuseeland, Neukaledonien, Sandwichinseln, Van- couvers Insel, Patagonien. F. subargyracea Nyl. in Flora 1886 S. 172. „Thallo magis lacinioso quam in typo“. — An Baumstämmen, Irland, Teneriffa, San Thome, Neuseeland. Var. gymnoloma Nyl. Syn. I 8. 335. Synon. 5. Godefroyi Krmplh. Süds. 8. 99 (monente Nyl. in Hit.). „Margine non sorediato“. Sporen 2—4-gliederig, braun, 30—33, lang, 9—12, diek. — An Baumstämmen, Teneritfa, Fidschi-Inseln. Var. obseurior Nyl.l.e. „Thallo fuscescente“. — Tristan d’Akunha. Var. Hesseana Mey. in Sprng. Syst. 4 8. 330. Thallus rigescens lobato-laeiniatus, laciniis brevioribus, sorediis erebris pulvini- formibus, loborum marginibus erenulatis erispis copiose albo- sorediatis, subtus pallidefuseus medioeriter tomentosus vel versus centrum obseurior et nudus, sterilis. — Kap g. H. 128 124, 125. 126. 127. 128, 129. 130. Stictina Berteroana (Mnt. Syll. S. 327) Nyl. in lit. ad Stzb. Thallus minor pallide cerino-olivaceus, membranaceus nitidus adpressus reticulato-lacunosus sorediis sparsis minutis, ambitu rotundato- lobatus laeiniis latiusculis margine crenatis, intus albus, strato gonimico glauco-coerulescente, subtus breviter tomentosus nigri- cans, pseudocyphellis minutis albis sat raris. Apothecia centralia minora diam. circa 1mm, margine crasso inflexo subcrenato, scabro pallido-rutilante, disco fusco nigrieante. Hymenium superne vix coloratum, paraphysibus discretis, thecis clavatis 8-sporis, Sporae evolutae non visae (teste Mnt. |. e. triseptatae, flavofulvae). — Ins. Juan Fernandez. Diese Flechte, in Hue-Nyl. Exot. unter N. 879 als Ricasolia aufgenommen, wurde mir von Nylander brieflich als Stictina bezeichnet. Die Untersuchung des Origi- nalexemplares im Hb. Mnt., welche mir durch freundliches und dankenswerthes Entgegenkommen des Herrn Professor van Tieg- hem in Paris ermöglicht wurde, bestätigt zwar dieN ylander’sche Mittheilung, lieferte aber in sonstiger Hinsicht ein sehr dürftiges Ergebniss. Die auf Papier festgeklebte Pflanze liess nur eine sehr prekäre Besichtigung der Unterfläche zu, welche übrigens jeden Zusammenhang mit der Abtheilung der Lacunomaculatae ausschloss; ich glaube vielmehr einzelne Pseudozyphellen sicher bemerkt zu haben. Ein zur Verfügung gestelltes Apothezien- bruchstück liess in dem sonst gut entwickelten Hymenium nur sehr unentwickelte Sporen erkennen. S. coriifolia Müll. Gaz. I 8. 55. Steril. — An Felsen, Ma- gellanstrasse. Var. hypomelaena Müll. Hoorn $. 155. „Thallus subtus nigro- fuscescens*. — Auf Rinden, Magellansträsse. S. Dozyana (Mnt. - v.d. Bosch Java 8. 10) Nyl. Syn. I S. 355. Synon. 5. granulata Mnt.-v. d. Bosch Java 8. 11. Sporen 2-gliederig, braun, 20—24 „ lang, 6— 7, diek. — An bemoosten Stämmen, Java, Neuseeland. S. Beccarii Krmplh, Bece, 8. 11. Steril. — An Baumästen, Borneo. S. diplomorpha Müll. L. B. 395. Sporen 4-gliederig, braun, 45 u lang, 8, dick. — Zeylon. S. subpunctulata (Nyl. ap. Leight. Zeyl. 8. 164). Synon. 5. Junghuhnii Müll. L. B. 374. Sporen 2-gliederig, wasserhell, 25, lang, 8, dick. — Zeylon, Java. . Var. /aeris (Müll. 1. e.). „Minor undique laevis vel raro Im- presso-punetulata®. — Zeylon, Java. S. fragillima (Bab, New Zeal. S. 15) Nyl. Syn. I 8. 335. Synon. S. einnamomea Rich. Nov. Zel. 8. 28 P- pP 8: Fragillima var. dissecta Müll. L. B. 562. Exs. Zoll. 1799a. Sporen 2—4- gliederig, blassbraun, 22—33, lang, 8-10, diek. — Java, Neuholland, Neuseeland, Norfolk-Insel, Peru. Var. sublutescens Nyl. in Hue Exot. 771. Synon. S. fragill. F. lutescens Krmplh. Nov. 8. 119 non Tayl., S. fragillima 129 Müll. „Thallus lutescens Jaciniis lineari-divisis longitudinaliter canalieulatis“. — Neuseeland. F. punetillaris (Müll. Bellend. 8. 48). „Thallo impresso-punctu- lato“, — Neuholland. Var. ylaberrima Bab., Müll. L. B. 562 non Laur. „Laeiniis omnino glabris, sterilis*. — Neuseeland, F.linearisMüll.L. B. 1243. „Laeiniis valde angustatis laevibus“.— Queensland. F. myrioloba Müll. Knight. $S, 6. „Laciniis brevibus valde disseetis glaberrimis“. — Neuseeland. 131.* Stietina dissimilis Nyl. (Syn. I 8. 336 [1860)) New Zeal. 1861 152. 13 3 134, 3. 246. Synon. S. cinnamomea Rich. Astrol. S. 28 p. p., Müll. L. B. 561 sub Stictina. Steril. — Ins. Rodriguez, Neuholland, Tasmanien, Neuseeland. Ob der Name $. cinnamomea (1832) hieher oder zu 8. Fragillima Bab. (1835) gehört, ist nicht sicher; in beiden Fällen aber hätte er gegenüber den andern die Priorität. S. Hookeri (Bab. New Zeal. $. 18) Nyl. Syn. I $. 336. Sporen 2-gliederig (zuweilen mit Poruskanal), braun, 23—30, lang, 8-9, diek. — Auf Baumrinde, Neuseeland. S. insculpta. Synon. S. impressula Müll. L. B. 1242 (1888) non. Nyl. in Flora 1874 S. 71. Sporen 2—4-gliederig, braun, 32, lang, 10, dick. — Queensland. F. sublaecis (Müll. Bellend. 8. 48). „Thallus parce impresso- punctatus passim laevis, ad margines passim lacinuligerus“. — Queensland. 5. ‚faveolata (Del. Stiet. S. 101) Nyl. Syn. I 8. 337. Sporen 2—4-gliederig, bräunlich, 23—33, lang, 8-11, dick. — An Baumstämmen und zwischen Moosen, Schoa?, Philippinen, Australien, Südamerika bis zur Magellanstrasse. Var. cerricornis(Pw. MS.) Nyl.l.c. Exs. Lechl. Chil. 598b. „Thallo (anguste) lineari-laciniato laevi*. — Philippinen, Java, Chile. 135.* 5, suhbfaveolata Nyl. in Hb. Stzb. „Similis S. fareolatae sed 136, thallo medulla K flavente. Apothecia nigricantia, margine thallino dentieulato. Sporae fuscae longit. 26—36, erassit. 7—10,* Nyl. in lit. — Valdivia (misit Dr. med. H. Hahn.) S. anthraspis (Ach. meth. 8. 280.) Nyl. Syn. 18.337. Sporen 2—4- gliederig, wasserhell, 23—81 „lang, 7—11 „dick. — Zwischen Moo- sen an Felsen und Baumstämmen, Küste von Kalifornien und Oregon. b) mit gelben Pseudozyphellen, Xanthopseudocyphellatae. 4) mit lekanorinischem Fruchtgehäuse. Sie sind untenstehend nach folgendem Schema geordnet: * Arten mit längeren und nadelförmigen Sporen. Hieher 5. compar und endochrysoides, wozu der äusseren Aehnlichkeit wegen noch coerulescens kommt, deren Sporen bisher nicht beobachtet worden sind. * Arten mit kürzeren spindelförmigen Sporen. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 9 130 137, 138, 139. 140, 141. 142. 143, + Sporen 2-gliederig: S. crocafa, gilva, carpoloma und Latifolia. +} Sporen 4-gliederig: S. mallota, neglecta und Mougeotiana. Stietina coerulescens (Mnt. Chil. $. 112) Nyl. Syn. I 8. 338. Steril. — Auf Baumrinde, Chile, S. compar Nyl. in Flora 1866 $. 135 nota. Sporen nadel- förmig, mehrgliederig, farblos, 60— 90. lang, 4-5, diek. — An Bäumen, Chile. S. endochrysoides Müll. L. B. 1594. Sporen nadelförmig, 4-glie- derig, wasserhell, 60, lang, 44 dick. — Auf Aestchen, Insel Chilos, S. erocata (I. Mant. 310) Nyl. Syn. I. 8. 338. Exs. Arn. Jura 1216, Cromb. 34, Lind. 2525, Dicks. 24, Lojka L. U. 160, Tuck. 65. Thallus K+. Sporen 2-gliederig, braun, 20—30 u lang, 9—10, diek — Auf Moosen und Baumrinde, England, Irland, Spanien, Südafrika, Madeira, Kanaren, St. Helena, Mas- karenen, Java, Neuholland, Neuseeland, Sandwichinseln, Tahiti, Amerika von der Vancouverinsel bis zur Magellanstrasse. F, esorediosa Müll. L. B. 708. Syn. S. gilva p. p., 9. ery- throscypha Tayl. p. p. — Neuholland, Neuseeland, Sandwich- inseln. F. leucosticta (Pers. Uran. 8. 200) Nyl. in Hue Exot. 778. „Cyphellis albicantibus“. — An Baumstämmen, Sandwichinseln. F. lurido-fuscescens (Krmplh. Exot. 8. 316). „Thallo obscu- riore, luridofuscescente, superne minute scrobiculoso“. — St. Mauritius. S. gilva (Thunb, Prodr. cap. $. 113, Ach, Prodr. 8. 157) Nyl. Syn. I 8. 339. Synon. S. Eckloni Spr. Syst. IV, 2 8. 330, 5. Zeyheri DN. Stiet. S. 12, S. Molkenboori Mnt. Hb., S. erythro- scypha Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 181 teste Nyl. Sporen 2-glie- derig, braun, 23—30, lang, 9—11y diek. — An Bäumen, süd- liches und südöstliches Afrika, Java, Neuholland, Chile, Maluinen. 5. carpoloma (Del. Stiet. 8. 159) Nyl., Syn. I 8. 339, Synon. S. gyrosa Fw. Exs. Sieb. 10, 40 p. p., 45, Lechl. Macl. 66. Sporen 2-gliederig, braun, 23—27, lang, 9—10 y diek. — An Baumrinde und Felsen, Maskarenen, Java, Neuholland, Tasma- nien, Neuseeland, Tahiti, Chile und südliches Amerika. F. Desfontainii (Del. Stiet. 8. 60) Nyl. 1. c. 8. 341. „Thallo infra (saltem centro) infuscato*. — Bourbon: ' Var. sclerophylia Nyl. En. Suppl. $. 334. Exs. Lechl. Magell. 948. — Magellanstrasse. Var. alboeyphellata Nyl. 1. ec. S. 340. „Thallo hepatico piti- diusceulo, pseudocyphellis albis*. — Natal, Bourbon. S. latifolia (Krmplh. Exot. 8. 316). Synon. S. Lechleri Müll. L. B. 703. Exs. Lechl. Magell. 1280. Thallus inwendig nicht gelb. Sporen 2-gliederig, braun, 20—-25 „lang, 6— 7, diek. — An Bäumen, Magellanstrasse. 181 Wurde zuerst von Nylander (Syn. IS. 340) von S. carpoloma als Form unterschieden und zwar „thallo obseuriore nonnihil saltem ambitu hepatico-fuscescente latiore*. 144. Stietina mallota Tuck. North Am. 8. 101. „Thallo utringue plus minusve hirsuto, apotheciis marginalibus obliquis, sporis 4-locu- laribus longit. 25—32, erassit. 8—11p. — Magellanstrasse. 145. S. neglecta Müll. L. B. 1071. Sporen 2-—4-gliederig, braun, 26— 284 lang, 3—10y. dick. — Neusüdwales, 146, 8. Mougeotiana (Del. Stiet. S. 62) Nyl. Syn. 1 8. 340. Sporen 4-gliederig, braun, 23—83y lang, 8—10j. diek. — Auf Rinde, St. Helena, Maskarenen, Madagaskar, Sokotra, Japan, Java, Neu- holland, Sandwichinseln, Tahiti, Neuseeland, wärmeres Amerika. F. dissecta Müll. Knight. 8. 6. „Loborum marginibus lacinia- tulo-esorediosis*. — Neuseeland. . Var. zautholoma (Del. Stiet. 8. 63) Nyl. 1. e. 341. „Laeiniarum marginibus citrino-sorediatis vel flavo-pulverulentis“. — Usam- bara, Maskarenen, Komoren, Kochinchina, Neukaledonien, Sand- wichinseln, Kayenne. \ Var. aurigera (Del. 1. ec. 8. 54) Nyl, I. c. „Thallo sorediis eitrinis sparsis et simul margine eitrino-sorediato“. — Büd- ostafrika, südafrikanische Inseln, Japan, Java, Neukaledonien, Neuseeland. Var. albocyphellata Nyl. 1. c. „Thallo hepatico, margini- bus albosorediatis, pseudocyphyllis albis rarius eitrinis. — Bourbon. 3) Mit parmelioidem Fruchtgehäuse. (Parmostictina Nyl.) Die Sporen sind bei Stiefina Otiwuyensis und astictina unbekannt. 147. S. Otwayensis Jatta Nov. Giorn. bot. It. XXJI 8.49. Steril. — Port Otway (Magellanstr.). 148. S. Brasiliensis Müll. L. B. 175. Thallus innen gelb, Sporen braun, 24— 281. lang, 4—5p dick. — Südbrasilien. F. aurigera Müll. 1. ec. — Südbrasilien. 149. S. hirsuta (Mnt. Prodr. J. Fern. Nr. 74 p. p.) Nyl. Scand. 8. 95. Synon. S. obroluta Nyl. Syn. I 8. 362 p. p. Exs. Lechl. Chil. 357. Sporen farblos, 23—264 lang, 7—8p dick. — An Baumrinde, Brasilien, Chile, Patagonien. . Var. denudata Nyl. (Add. Chil. S. 179) in Hue Exot, 782. — Brasilien, Chile. 150.* S. Guilleminii (Mnt. Chil. 8. 171) Nyl. Fueg. S. 26 nota. Exs. Lechl. Chil. 852. Sporen 351. lang, 7—81 diek. — Brasilien, Chile, Magellanstrasse, Insel Juan Fernandez. 151. 5. astietina Nyl. Nov. Zel. 1888 8. 30. Sporen unbekannt. — Neuseeland. C. Gewebslücken der Unterseite in Form von echten Zyphellen, Eucyphellatae. Sporen meistens wasserhell. 9* 182 152. 153. 156. 158. a) Arten ohne Stiel, Die Sporen sind 2-zellig bei S. Andreana,"pericarpa und sylvatica, 6-zellig bei S. magellanica; bei allen übrigen 2—4-zellig, aus- genommen S. limbata, welche bis jetzt nur steril getroffen wurde, deren Sporen demnach unbekannt sind. Stietina cometia (Ach. Meth. 8. 276) Nyl. Syn. I 8. 341. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 33—40 y. lang, 8—10 1. dick. — An Baum- stämmen, Peru. " Var. minor (Laur. Hb.). — St. Mauritius (zweifelhaft). S. Humboldtii (Hook. in Kunth Aequ. 8. 28) Nyl. Syn. I 8. 341. Synon. $. tomentella Nyl. Nov. Gran. 8. 18. Exs. Lind. 707. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 32—42ı lang, 8—9j. diek. — An Baumstämmen, Mexiko, auf Moosen und zerfallenden Pflanzen- resten, Neugranada. . 5. tomentella Nyl. (En. 8. 102) Syn. I S. 342 non id. Nov. Gran. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 27—85 ı lang, 8. dick. — An Baumstämmen, Peru. . 8. gyalocarpa Nyl. (En. Suppl. S. 335) Syn. I 8. 342. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30—36 5 lang. 8—11j. diek. — Neu- granada, Peru. Var. hirta Nyl. (En. l. ec.) Syn. Il. ce. Synon. 85. cyathicarpa’ Nyl. En. S. 102 non Del. — Mexiko. S. Kunthii (Hook. in Kunth Aequ. $. 29) Nyl. Syn. I S. 342. Synon. S. gyalocarpa Leight. Amaz. 8. 440, 5. eyathicarpa Del. Stiet. $. 71. Exs. Spruce Amaz. 60, Lind. 80. Sporen 2—4- gliederig, wasserhell, 35—45y. lang, 8—12 }. diek. — An Baum- stämmen, Gebirge des tropischen Amerika. Var. pilosella Nyl. Nov. Gran. $. 18. Sporen 4-gliederig, 33—46 1 lang, 9—11p diek. — Neugranada. . 8. Lenormandii (v. d. Bosch in Hb. Len.) Nyl. Syn. I S. 343. Exs. Lechl. Per. 2782, Lind. 81, 2522. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30—34j lang, 8-91 diek. — An Baumrinden, Neugranada, Peru. Var. Zaevis Nyl. Nov. Gran. 8. 18. Exs. Lind. 125, 2589. „Minor ad Stietinam tomentosam vergens“. — An Sträuchern, Neugranada. F. brevior Nyl. 1. ec. Exs. Lind. 2548. „Thallo breviore“. — Neugranada. S. tomentosa (Sw. Ind. occ. 8. 1903, Ach. Prodr. S. 157) Nyl. Syn. I 8. 343. Syn. 8. bicolor Tayl. Exs. Lechl. Per. 22333, Lind. 82, 121. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 82—40j lang, 6—7 ı. dick. -- An Baumstämmen, Old Calabar, Usambara, Natal, St. IHielena, Madagaskar, Bourbon, Sandwichinseln, Neuseeland, Kostarika, Mexiko, Neugranada, Peru, Bolivien, Brasilien. F. leueoblepharis(Tuck.-Mnt. Ann. Se. nat. bot. IV, 7 8. 143) Nyl. Consp. 8.4. Exs. Lind.2521. „Tenerior“.— Neugranada, Venezuela. Var. dilatata Nyl. (En. Suppl. 8. 355) Syn. I 8. 344, id. Bol. S. 372. „Fronde simplieiter lobata (vix laciniata), interdum 159. 160, 133 substipitata“. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 33—50j1 lang, 8—9, diek. — An Baumstämmen, Ostindien, Neugranada, Bolivien, Var. ornata Müll. Neogr. 8. 41 et in Hedw. 1895 8. 28. „Platyloba brevius incisa lobis margine faseieulis pilorum penieilliformibus ornatis“. — Neugranada. Var. damaecornifolia (Tuck. in Wright Cub exs. 56) Müll. L. B. 1625. „Laciniae oblongae circa 4mm tantum latae“. — Kuba. Var. L’Herminieri (Fee in Mus. Paris) Nyl. in Flora 1874 8. 71. Synon. $. tomentosa var. sublutescens Nyl. in Lechl. Per. exs. 3124, 3126. „T'hallo luteseente*. — Tropisches Amerika. Stietina Andreana Müll. Neogran. $. 10. Sporen 2-gliederig, wasser- bell, 40—50y lang, 10—12% diek. — Zwischen Moosen auf der Erde, Mexiko, Neugranada, Kumana. S. pericarpa Nyl. (Exot. 8. 214) Syn, I S. 343, Sporen 2-gliederig, wasserhell, 28—86% lang, 9 diek. — An Baum- stämmen, Peru. 161.* 5. impressula Nyl. (Nov. Granat. Add. 8. 537) in Flora 1874 162. 8. 71 non Müll. Exs. Lind. 119, 120 (latior). „Sporae 3-septatae, longit. 30— 484, erassit. 10—11»“ Nyl. in lit. — Neugranada, Bolivien, Brasilien. S. Weigelii (Isert in Ach. L. U. 8. 446). Synon. Lobaria quer- eizans Mich. Bor.-Am, II S. 324 p. p., Parm. quere. Ach. |. ce. S. 464 p. p., Stieta quere. Del. Stiet. 8. 84, Stictina quere. Nyl. Syn. IS. 344, Stieta Weigelii Wain. Bres. I 8. 189, 8. Jamesonii Mnt., S. leucosticta Hmpe, S. Cinchonarum Del. Exs. Husn. 433 — 435, 437 (status rufeseens), Lind. 2527, 2539, Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30—33y lang, 8—9u diek. — An Baumstämmen und bemoosten Felsen, Afrika, Japan, Südasien, Java, Neuholland, Tasmanien, Tahiti, Sandwichinseln, Neukale- donien, Neuseeland, tropisches und südliches Amerika. Ueber die Berechtigung des hier gewählten Artnamens siehe auch: Nyl. Antill. 8. 7, id. Consp. 8. 5, Nyl.-Hue Exot. 794 und Wain. Bres. I S. 189, F. Beawvoisii (Del. 1. ec. 8. 88, Nyl. 1. ce, 8. 345). „Marginibus thallinis magis Hexuosis, lobulis rotundatis, eolore luride brunneo- rufescente*. — An Bäumen und Felsen, östliches Afrika, Neuholland, Sandwichinseln, tropisches Amerika. F. trichophora (Müll. L. B. 288). „Apotheciis pro parte hi- spidis“. — An Baumrinde, Brasilien, Argentinien. F. eiliata (Müll. L. B. 397). „Marginibus thallinis nigrociliatis‘.— An wmoosigen Baumstämmen, Karakas, Mexiko, Brasilien. Var. nierophylla (Krmplh. Austr, S. 335, Müll. Revis. Krmplh. austr. $. 4). „Minor, laciniis sinuato-pinnatifidis, marginibus erectis saepe sorediatis“. — Rockhampton (Australien). Var. zanthotropa (Krmplh. in Flora 1876 S. 62). „Thallus lutescens aut luridolutescens isidii pulvinulis sordide olivaceis consitus“. — Auf Rinde, Südbrasilien, 134 168.* Var. leucoblephara (Müll. Schenk. 8. 227). „Tenuis impresso- punctata marginibus alboeiliatis*. — An Bäumen, Süd-Brasilien. Var. schizophylliza (Nyl. Antill. S. 7). Exs. Husn. 486. „Coriacea marginibus thallinis laeiniatulis vel laciniatulo-pro- liferis“. — Antillen, Guadeloupe. F. appendiculata (Müll. L. B. 397). „Tenuior magisque divisa“.— Norfolkinsel (Australien). F. dissecta (Müll. L. B. 1625). „Laciniis membranaceis*. — Jamaika, Kostarika. Var. peruviana (Del. Stiet. S. 88, Nyl. 1. e.), Synon. $. ('hiarüi Jatta. Exs. Lind. 123. „Thallo brunneo nigrescente in aequali*.— An Felsen und Baumrinde, Schoa, Zeylon; Sandwichinseln, Ko- starika, Neugranada, Peru, Argentinien. Stietina Gaudichaudii (Del. Stiet. 8.80) Nyl. Syn.18.345. Synon. S. maclovianaFr.8.0.V.8.282. Exs. Lechl. Magell.1348. Sporen 4-glie- derig, wasserhell, 34—36 1. lang, 7— 8. dick. — Südlichstes Amerika. 164.*S. lutescens (Tayl. in Journ. Bot. 1847 S. 179) Nyl. Syn. I 165. 166. 167. 168. 169. S. 346. Synon. S. zunthostieta Pers., S, Brasiliensis Del. Sporen nach Müll.-L. B. 1306: 2—4-gliederig, 23—32 4 lang, 7T—8u dick, — Java, Sandwichinseln. S. Schnyderi Müll. L. B. 176. Sporen 4-gliederig, wasserhell, 26— 31 lang, 4,5—5p dick. — An Bäumen, Argentinien. S. strietula (Del. Stiet. 8. 112) Nyl. Syn. Nov. Caled. 8. 14. „Sporae 3-septatae longit. 25—30, erassit. 9— 81“ Nyl. in lit. — An Baumstämmen, Madagaskar, Maskarenen, Polynesien. S. macrophylla (Bory Hb., Del. Stiet. $S. 110) Nyl. in Flora 1869 $. 118 nota nee S. damaecornis var. macroph. Hook. Br. Flora II 8. 108, Bab. New Zeal. S. 15, Hepp Fl. E. exs. 869, Mudd Brit. Lich. 8. 89 nee S. sinuosa var. macrophylla Müll. Sporen 4-gliederig, blassbraun, 25—45 1 lang, 8—10y. dick (länger als bei S. dumaecornis). Madagaskar, Maskarenen, Australien. Der erste, welcher diese Art unter den Stikteen mit blaugrünen Gonidien subsummirte, war Schwendener, Bory’s Benennung hat sich ohne Zweifel von Anfang an auf diese Pllanze bezogen und dürfte ihr auch bleiben. F. badia (Moug. Hb., Del. 1. e. $. 113) Müll. Rev. Feean. S. 13. „Thallo supra badio®. — Maskarenen, Neuholland. F. speirocarpa Nyl. 1. c. „apotheciis sparsis“. — Australien. S. ambarillaria (Bory Voy. III 8. 100) Nyl. Syn. I 8. 346, S. fuliginosa Ach. Syn. 8. 236 p. p. Sporen 2--4-gliederig. wasserhell, 35 - 42% lang, 7— 8% diek. — An Baumstämmen und Aesten, West-, Ost- (Kilimandscharo) und Südafrika, Bour- bon, Madagaskar, Japan, Sandwichinseln, Brasilien, Argentinien. Var. pupyrina Nyl. (En. 8. 100) Syn. 1. e. „Thallo tenuiore infra subnudo“. — Bourbon, Madagaskar. Müller (L. B. 62) hält diese Form für Sna. tomentosa. S. Magellanica (Fr. 8.0. V. 8. 283) Müll. L. B. 1073. Sporen 4—6- gliederig, wasserhell, 40—55 „ lang, 7—8y dick. — Magellanstrasse. 170, 135 Stietina Timbata (Sm. BE. B. t. 1104) Nyl. Syn. TS. 346. Exs. Cromb. 35, Desm. 657, Hepp Fl. E. 369, Larb. Caes. 15, Schaer. 557, “ Welw. 3. Apothezien unbekannt. — An Baumstämmen und be- 171. 172. 173. moosten Felsen, Europa, Schoa, Natal, Transvaal, Oregon, Var, umbilicariaeformis (llochst. in Schimp. Abyss. exs. 539) Nyl. Syn. I S. 847. Exs, Sehimp. 1. e. „Thallo nonnihil rigescente et saepe apotheeiis ferace, tunc sorediis nullis“. Sporen 2- 4-gliederig, wasserhell, 27—365j. lang, 8—-5mal länger als diek. — Abyssinien und tropisches ostafrikanisches Seengebiet. S. Andensis Nyl. in Flora 1864 8, 617. Exs. Lind, 124, Sporen 4-gliederig, 32—38 1 lang, 7—81 diek. — An Bäumen, Neugra- nada, Bolivien. F.melanocarpa Müll. Neogran. 18798. 11.— Bolivien, Chimborazo. Diese Form wird schon von Nyl. (Boliv. 1862 8. 372) erwähnt und dort als krankhaft bezeichnet. Var, diridens Nyl. Boliv. 8. 312. „Thallo lobato-diviso, sporis longit. 20-—33 erassit. 6—7n*. — Bolivien. S. fuliginosa (Dieks. Crypt. Brit. 18. 13) Nyl. Syn. 18. 347. Exs, (grossentheils nach Arnold) Anzi It. sup. 97, Arn, Jura 1100 (fr.), Bad. Kıypt. 317, Bartlı 20 (?), Cromb. 133, Del. 7, Desm, 635, 1235, Erb, eritt. 929, Flag. 155, 156, Fw. 836, Hepp Fl. E. 371 p. p., Kern. 1541, Larb. Caes. 61, Le Jolis 51, Lind. 702, Ludw. 185B, Malbr. 313, M.N. 542, Nyl. Par. 30, Oliv. 324, Rbh. 70, Roumg. 246, Schaer. 386, Zw. 324 (fr). Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 27—40y lang, 7—8p diek. — An Baumstämmen und noch häufiger an bemoosten Felsen, Europa (hier fast immer steril), Abyssinien, tropisches Ost- und Westafrika, Südafrika, Madagaskar, Bourbon, Neuseeland, Kostarika, Mexiko, Neugranada, Bolivien, Peru, Chile, Patagonien, Feuerland. Var. obroluta (Del. Stiet. 8. 68 non Ach, L. U. S. 452) Nyl. Syn. 18.347. „Thallo scrobiculato“. —— Europa, Amerika. Var. firmior Cromb. Falkl. $. 229. „Lurida, erassior, firmior*. — Sandy Point (Magellanstrasse). . Var. Willdenowii (Del. 1. e. 8. 69) Nyl. 1. c. „Thallo subti- liter parceque albopiloso*. — Karakas, Südamerika. . Var, sorediantha Müll. Knight. 8. 6. „Pagina superior pustulis isidiosis mox pulveraceis et in soredia abeuntibus ornata“. — Neuseeland. . S. sylvatica (L. 8. V. 961) Nyl, Syn. IS. 348. Exs. (nach Arnold) Anzi It. sup. 96, Arn. Jura 1371, Cromb. 134, Del. 8, Desm. 638, 1238, Flag. 117, Fw. 83 A, Fr. 79, Funck 442, Hepp Fl. E. 371 p. p. 368, id. K. Z. 33, Leight. 109, 142, Le Jolis 52, Ludw. 185A, Malbr. 155, Nyl. Mt.-D. 25, id. Paris. 111, Rbh. 910, 955, Roumg. 131, Schaer. 258, Stenh. 8. Sporen 2-gliederig, wasserhell, 25°—27 1 lang, 8104 diek. — An Baum- stämmen und bemoosten Felsen, Furopa, Algerien, Kap g. H., Nordamerika. 136 174, 175. 179. 180, 181. Stietina Dufourii (Del. Stiet. $. 78) Nyl. Syn. I 8. 348. Synon. 5. fimbriata Tayl. in Journ. Bot. 1847 8.180, S. elegans Deak. in Leight. exs. 173, Exs. Bourgeau Canar. 1123 (stipit.), Cromb. 125, Desm. 636, Hepp Fl. E. 370, Leight. 173, Welw. 5. Thallus mitunter etwas gestielt. „Apothezien auf der obern Fläche des Thallus zerstreut, weniger selten als bei vorhergehender Art. Sporen spindelförmig, 2—4-gliederig, 25-40, lang, 4—5 mal länger als diek*. Nach Flagey Lich. Fr. Comt. I S. 140. — Europa, Madeira, Kanaren. Flagey hat diese Art bei Boujeailles im Freigrafenamt in mehreren fruchttragenden Exemplaren auf Tannen gefunden. b) Arten mit Stiel. Bei Stietina neocaledonica, eyphellulata, marginifera, longipes, calithamnia, Heppiana, suborbieularis und breripes (mehr als der Hälfte der Arten) sind die Sporen unbekannt. Bei Stictinu filieinella, ciliaris und peltigerella erreichen dieselben höchstens die Länge von 364, während sie bei Boschiana, gracilis, orbieularis und ‚filieina in einer Länge von 46-—-70p beobachtet werden. Nur Stielina orbicularis hat gefärbte (braune) Sporen. S. Boschiana (Mnt. Syll. S. 327) Nyl. Syn. I S. 348. Exs. Zoll. 213, 1799. Sporen 2—4-zellig, wasserhell, 46—69y lang, 11—13% diek. — An bemoosten Stämmen, Java. ..S. ceyphellulata Müll. L. B. 396. Sporen unbekannt. — An bemoosten Stämmen, Queensland, Neukaledonien. ..S. graeilis Müll. L. B. 1595. Sporen spindelförmig, 2—4-glie- derig, 50 lang, 7--8% dick. — Im Gebirgsland, Japan. .. 8. filieina (Ach. Meth. 8. 275 p. p.) Nyl. Syn. I 8. 349 p. p-» id. Consp. 8. 5 non S. jilieina Mnt. Jav. 8. 13. Synon. S. biatora DN. Stiet. 8. 13 et S. cverulescens ib. 8. 12. „Sporae fusiformes 1—3-septatae long. 26—50, crassit. 9—12p* Nyl. in lit. — An Baumstämmen, Östindien ?, Java, Neuholland, Neuguinea, Tahiti, Jamaika, Chile, Patagonien, Feuerland. Var. latissima Nyl. in Cromb. Falkl. 8. 239. „Thallo majore*. — An Bäumen, Magellanstrasse. Var. stenoloba Nyl. Consp. $. 5. Synon. $. filic. var. lineariloba Mnt.-v. d. Bosch Java 8. 14 non Mnt. Chile $. 122. „Thallo flabel- lato-pinnatifido, laeiniis angustis linearibus“. — Auf Rinde, Java. S. neocaledonica Müll. L. B. 400. Apothezien unbekannt. — In Bergwäldern, Neukaledonien. S. marginifera (Mnt. Chil. 8. 122) Nyl. Syn. Nov. Caled. 8. 14. Steril. — Neukaledonien, Chile. F. coralloides Müll. L. B. 399 (aus Flora 1882 8. 302). — Neukaledonien, Magellanstrasse. Schon von Nylander |. c. (1868) erwähnte, wenn auch nicht mit Namen belegte Form. S. longipes Müll. L. B. 401. Entwickelte Sporen unbekannt. — Valdivia, 137 182. S. filieinella Nyl. (En. 8. 102) Syn. I 8. 349. Sporen 2—4- gliederig, wasserhell, 32— 351 lang, 7—8j. diek., — An Baum- stämmen in feuchten Waldungen, Venezuela, Kolumbia, 183. 8. calithamnia (Tayl. in Journ. Bot. 1847 8. 183) Müll. 1. B. 1290. Synon. Leptogium calith. Nyl. Syn. I 8. 126. Apo- thezien unbekannt, Zyphellen fehlend. — Insel Juan Fernandez. 184. S. ciliaris (Mont. Syll. 8. 326) Nyl. Syn. I 8. 350. Exs. Zoll. 212. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30 x lang, 9% diek. — An bemoosten Baumstämmen, Java. 185. P. Heppiana Müll. L. B. 86. Exs. Zoll. 1511, 2108. Apo- thezien unbekannt. — Java. 186. S. suborbieularis Müll. Brisb. 8. 387. Apothezien unbekannt. — Auf Erde über Moosen, Neuholland. 18%. 8. orbienlaris (Al. Braun apud Mey.-Fw. in N. Act. Nat. Cur. XIX Suppl. I 8. 115) Nyl. Syn. I S. 350. Synon. S. mar- ginalis Bory, 5. filieina var. fungoides Hepp. Exs. Hook.- Thomas 2004, Zoll. 1448. Sporen 2-, selten 4-gliederig, braun, 40-484 lang, 84 diek. — An Baumstämmen in Wäldern, Bourbon, Ostindien, Java, Manila. 188, S. brevipes Müll. L. B. 398. Apothezien unbekannt. — Neuholland. 189. S. peltigerella Nyl. Nov. Granat. 8.19. Exs. Lind. 2533. Sporen 2—4-gliederig, wasserhell, 30—36 p. lang, 8--10% diek. — Auf Steinen in Gebirgsbächen (an beschatteten Stellen), Neugranada. Il. Einige statistische Untersuchungen insbesondere über die geo- graphische Verbreitung der Grübchenflechten. A. a le vanz ble die Zahl der |die Zahl der Auf jene variat le ‚Arten mit Varr.| Varr. und ' durchschnittlich die Zahl der Es beträgt bei pen überhaupt: und Formen: | Formen: |Varr. u. Formen: L ! Ricusolia . ...' 35 (18,52%) 6 (17%) } 1,5 Stieta 82 (43,38 0/,) 24 (22) | 60 2,5 Stietina 12 (38,09%) ı 26 (369%) 68 \ 2,44 Dieser Tabelle zufolge nimmt mit der Zunahme der variablen Arten auch gleichzeitig die Anzahl der Varietäten und Formen zu. Ebenso ist die Variabilität bei Ricasolia erheblich geringer als bei den beiden anderen Gattungen. Diese geminderte Variabilität der Ricusolia- Arten steht wohl im engsten Zusammenhang mit dem hier sehr seltenen Vorkommen von Soredien und Isidien, welche an der Varietäten- und Formenbildung bei den Grübehentlechten sonst stark betheiliget sind. In unserer Lichenentribus enthalten, wie bekannt, die Gattungen Ricasolia und Stieta (85 +82 = 117 Arten) gelbgrüne, die Gattung Stictina (72 Arten) dagegen blaugrüne Gonidien; ersteres trifft bei 61,9°%/,, letzteres bei 38,10 der Stikteenarten zu, Diese beiden 138 Artenzahlen entsprechen den Müller’schen Gattungen Stieta mit 117 und Sftietina mit 12. Lückenfreie Unterrinde besitzt ausschliesslich die Gattung Ficasolia (35 Arten). Gewebslücken in der Unterrinde kommen vor bei Stieta- Stietina- ee en arten arten 4 Arten beider in Form von weissen Flecken 3+ 3 = 56 nn „ Pseudozyphellen 3 +31 = 14 (weissen) (22) + (16) = (38) (gelben) @1) + (15) = (386) Bon „ echten Zyphellen 364 388 — 74 (ungestielte Arten) (25) + (23) — (48) (gestielte Arten) (11) + (15) = (26) 2 +72 = 154 Wir zählen demgemäss: Ezyphellaten 35 — 18,465 Po, Lakunomakulaten —= 8,170jo, Pseudozyphellaten 74 = 39,15 %/o, Euzyphellaten 74 = 39,15 lo. Während die Lakunomakulaten unter Sticta und Stictina in ein- und derselben Artenzahl vorkommen, haben die Pseudozyphellaten unter den Arten ersterer Gattung das Uebergewicht mit 52,44°%)o gegenüber 43,05%), bei Stietina,; in letzterer Gattung herrschen dagegen die Euzyphellaten (namentlich die gestielten) mit 52,770 vor; die ge- stielten aber mit 20,83%, (gegen 14,63 bei Stieta). _ Obige Zahlen geben gleichzeitig ein Bild von der numerischen Stärke der Gattungen nach Wainio’scher Auffassung, wonach Lobaria Wain. (Stictei ecyph. —+ lacunomacnl.) 4], Pseudocyphellaria Wain. (Stietei pseudocyph.) 74 und Stieta Wain. (Stictei eucyphellati) ebenfalls 74 Arten besitzt. Ueber das sehr erhebliche Vorherrschen der braunen Sporen bei den Stikten und Stiktinen mit Pseudozyphellen wurde schon im ersten Abschnitte dieser Abhandlung gesprochen, ohne auf genaueren sta- tistischen Nachweis einzugehen. Für die langgestreckten (nadelförmigen und ähnliche) Sporen, bei der Hälfte der Ricasolia-Arten vorkommend, scheint da, wo sie in den andern beiden Gattungen getroffen werden, irgendwelcher nähere Zusammenhang mit sonstigen ÖOrganisationsver- hältnissen zu bestehen : bei Sticta- und Stictina-Arten mit weissen Pseudo- zyphellen und bei gestielten Euzyphellaten trifft man sie nicht; dagegen kommen sie unter den Lakunonakulaten je bei einer Sticta und einer Stictina, ferner 2 mal bei Stiet« mit gelben Pseudozyphellen und parme- lioidem Gehäuse, 3 mal bei Stictina mit gelben Pseudozyphellen und leka- norinischem Gehäuse und 7 mal bei ungestielten Sticta-Arten mit echten Zyphellen, in Summa 32 mal (= 16,93 |, aller Grübehenflechten) vor. RB. Nunmehr soll, annähernd im Einklange mit den Ausgangspunkten, von welchen Nylander bei seinen kurzen allgemeinen Angaben über 139 Verbreitung der Grübehenflechten geleitet wurde, die letztere in Be- tracht gezogen werden und zwar einmal mit Bezug auf die 5 kon- ventionellen Gebiete, welehe wir Erdtheile nennen, und zum andern mit Bezug auf die 5 Erdgürtel und auf die 4 Erdhemisphären. Viel- leicht ist es später einma] bei intensiverer Verfolgung dieses Weges möglich, Gesetze von grüsserer Tragweite für die Ausbreitung unserer Lichenengruppe über die Kontinente und Inseln der Erdoberfläche zu entdecken. Noch ist hier zu bemerken, dass unter den für die einzelnen Arten bei den nunmehr folgenden Angaben aufgebrachten Verbreitungsbezirken auch diejenigen der zur betreffenden Art ge- hörenden Varietäten und Formen miteinbezogen sind und vom Ver- fasser, welcher zur Zeit des Abschlusses vorliegender Ausarbeitung sich nicht der wünschenswerthen Gesundheit zu erfreuen hatte, für möglicherweise unterlaufene kleinere, jedenfalls unerhebliche Irrthümer um Entschuldigung gebeten werden muss. a) Die Verbreitung nach Erdtheilen, Ricasoli« (35 Arten). Von den 17 kurzsporigen Arten der Gattung sind es 12, welche keinen netzartig unterbrochenen Filz an der Unterseite besitzen; hievon treffen wir in B (Europa) 1, Af (Afrika) 5, As(Asien)3, Au (Australien) 3 und in Am (Amerika) 6 Arten. Unter diesen ist in E keine endemisch, dagegen sind endemisch in Af 3, As 1, Au l und Am 4; gemeinschaftlich gehören As Au 1, EAf Am1 und EAsAuAm1Artan. Died Artenmit netzartigem Faserfilz bewohnen ausschliesslich Amerika. Demnach haben wir von sämmt- lichen 17 kurzsporigen Arten in Am 11 mit 9 endemischen Arten, während die übrigen Zahlen bei der Summation unbeeinflusst bleiben. Unter den 18 Arten mit nadelförmigenSporen bewohnen El, Af4, As 6, Au 4 und Am 10 und zwar sind hiervon endemisch in E 0, Af2,As4, Aul und Am 6, dann in AfAu 2, AsAu 1, AuAm1 und EAs AuAm 1. Sehr auffallende Unterschiede mit Bezugnahme auf die Verbreitung nach Erdtheilen bestehen zwischen beiden Gruppen nicht. Die Arten der gesammten Gattung vertheilen sich auf E mit 2, Af9, As9, Au 7 und Am 21 Arten; hievon endemisch in E 0, Af5, As5, Au 2, Am 15, dann in AfAm 7, AsAu 2, AuAm1, EAf Am1, EAsAuAm 1 und AfAsAuAm 1. Demnach besitzt Amerika mit 60%, die grösste Anzahl der überhaupt, wie auch mit 42,8 %,, die grösste Anzahl der endemisch vorkommenden Arten; ja die ganze charakteristische Ärtengruppe mit netzförmigen Filzwerke wird da- selbst ausschliesslich getroffen. Auf diesen Welttheil folgen As und Af mit je 25,71 %}o Rikasolia-Arten, worunter je 14,020 0 endemisch, dann Au mit 20 %, wovon 5,41 Jo endemisch, endlich E mit 5,71°) Arten, wovon keine endemisch ist. Sticta (82 Arten). Hievon zählen nur 3 Arten zur Abtheilung der Lacunomacu- laten, wovon inE2, Afl As2, Aul und Am 3 vorkommen; unter 140 ihnen sind endemiseh in Am 1, in EAsAm 1 und gemeinschaftlich allen Erdtheilen je 1 Art. Von den Leukopseudozyphellaten (22 Arten) finden sich in E 0, Afl, As4, Au 19 und Am 7; darunter endemisch in Au 12 und Am 3, ferner in AsAu 3, AuAm 2, AfAuAm 1 und AsAuAm1 Art. Grösste Verbreitung dieser Gruppe in Au mit 86,36%, worunter 54,54°|, endemisch. Die Xanthopseudozyphellaten (21 Arten), in solehe mit lekanorinischem und solche mit parmelioidem Gehäuse zerfallend, vertheilen sich, was die erste Gruppe (7 Arten) anbetrifft, auf Au mit 4 und Am 5; davon endemisch in Au 2, Am 3 und AuAm 2. Von den Arten mit parmelioidem Gehäuse (14) entfallen auf E 1, Af2, As 1, Au 12 und Am 5. Endemisch sind in E 0, Afl, As 0, Au 8, Am 1, gemeinsam in AuAm 3 und allen 5 Erdtheilen 1 Spezies. Sie haben in Australien ihren Schwerpunkt mit 87,71°/ der überhaupt und mit 57,14°/, der endemisch vorkommenden Arten. Die Xantho- pseudozyphellaten im Ganzen beherbergen in E1, Af2, As1, Au 16 und Am 10 Arten, worunter endemische in E 0, Af 1, As 0, Au 10, Am 4, in AuAm 5 und allen 5 Erdtheilen gemeinschaftlich 1 Spezies. Auch hier steht Au den übrigen Erdtheilen weit voran. Von der gesammten Abtheilung der Pseudozyphellaten (43) bewohnen E 1, Af8, As 5, Au 35 und Am 27 Arten; hievon endemisch in E 0, Af 1, As 0, Au 22 und Am 7 Arten, gemeinsam in As Au 3, AuAm 7, AfAuAm 1, AsAuAm 1 und allen 5 Welttheilen 1 Art. Australien behauptet wiederum den Vorrang mit 76,72 °|o der über- haupt vorkommenden und 48,76°/, der endemischen Arten. Unter den Euzyphellaten (36 Arten) sind 25 ungestielt, 11 gestielt. Erstere zerfallen in 18 Arten mit kürzeren und 7 mit langge- streckten Sporen; von jenen besitzt E 1, Af 6, As 3, Au 8 und Am 12 Arten; endemisch sind in E O0, Af 2, As 0, Au 3 und Am 8 Arten, ausserdem gemeinsam in AuAm 1, AfAsAu 2 und in den 5 Erd- theilen zusammen 1 Art. Höchste Artenzahl in Am mit 11, worunter endemisch 8. Gestrecktsporige Arten beherbergt E 1, Af 1, As 6, Au 1, Am 0, hievon in E 0, Af 0, As 4, Au 1, Am 0, EAs 1 und AfAs | Arten. Aus dieser Gruppe ist nichts in die westliche Erd- hälfte hinübergedrungen; ihr Mittelpunkt ist As mit 6 Arten, wovon 4 endemisch. Die ungestielten Euzyphellaten sind demnach über die Erdtheile verbreitet wie folgt: Es zählen E 2, Af 7, As 10, Au 9, Am 12 Arten, hievon endemisch in E 0, Af 2, As 4, Au 4, Am 8, EAs 1, AfAs 1, AuAm 1, AfAs Au 2, AsAuAm 1 und allen Erdtheilen gemeinsam 1. Von gestielten Euzyphellaten bewohnen As1, Au 8, Am 3 Spezies; hievon endemisch in Au 7 und in Am 3; gemeinschaftlich besitzen AsAu I Art; es sind wohl 2 Zentren an- zunehmen: ein australisches, welches 1 Art an As abgegeben haben mag, und ein schwächeres amerikanisches. Die sämmtliehen Euzy- phellaten vertheilen sich auf E mit 2, Af 7, As 11, Au 17, Am 15 Arten, darunter endemisch in E 0, Af 2, As 4, Au 11, und Am 11 Arten, dann in EAs 1, AfAs 1, AsAu 1, AuAm 1, AfAsAu 2, AsAuAm 1 und allen 5 Erdtheilen gemeinsam 1 Art. 141 Die Vertheilung der gesammten Gattung über die 5 Erd- theile gestaltet sich in folgender Weise: von ihren 82 Arten beherbergt E 5, Af 11, As 18, Au 58, Am 45, davon leben endemisch in E 0, Af 3, As 4, Au 33, Am 19, EAs 1, AfAs 1, AsAu 4 AuAm 8, EAsAm 1, AfAsAu 2, AfAuAm 1, AsAuAm 2 und gemeinsam in allen 5 Erdtheilen 3. Die grösste Anzahl der Arten überhaupt (58 oder 64,63%.) wie auch der endemischen Arten (83 oder 40,240) weist Au auf; hieran schliesst sich Am mit 54,89 °;,, (wovon 23,17 ende- misch), As mit 21,95, Af mit 13,52 und E mit 6,09%; endlich kommt noch AuAm mit 9,75°), in Betracht. Stietina (72 Arten). Auch diese Gattung zählt, wie die vorhergehende, nur drei La- kunomakulaten, wovon in E 1, Af 2, As 2, Au I und Am 2; nur unter den beiden amerikanischen ist eine endemisch, die zweite Art bewohnt Af As Au, die dritte E Af As Am. Unter den Pseudozyphellaten (31) mit weissen Zy- phellen (16) fallen auf BE 1, Af5, As 8, Au 8 und Am 8 Arten; ende- misch sind inE 0, Afl, As8, Au 2 und Am 4; ebenso bewohnen As Aul, Af Aul, As Au Am 1, Af As Au Am 2 und alle Welttheile gleichzeitig 1 Art. Die Xanthopseudozyphellaten (15) zerfallen in solche mit lekanorinischen und solche mit parmelioiden Apothezien, erstere wiederum in eine kleinere Gruppe mit nadelförmigen und eine grössere mit kürzeren, spindelförmigen Sporen. Die Gruppe mit nadel- förmigen Sporen (3 Arten) ist auf Am beschränkt; die anderen mit , kürzeren Sporen (7 Arten) vertheilt sich auf E mit 1, Af4, As4, Au und Am 6 Arten; darunter endemisch in E 0, Af 0, As 0, Au I und Am 2; ferner gemeinschaftlich in E As Au Am 3 und in allen 5 Erd- theilen 1 Art. Am beherbergt von den Xanthopseudozyphellaten mit leka- norinischem Gehäuse sämmtliche Arten mit Ausnahme einer einzigen und besitzt im Ganzen 90 ®;,, wovon endemisch 50%. Die Gruppe mit par- melioiden Apothezien (5 Arten) gehört ausschliesslich der neuen Welt — Au, Am 4 Arten — an. Ihre Arten sind sämmtlich zugleich endemisch. Es stellt sich demnach die Verbreitung der Xanthopseudozyphellaten nach Erdtheilen folgendermassen heraus: E 1, Af4, As 4, Au 6, Am 13, darunter endemisch in E 0, AfO, As0, Au2, Am 9, AfAsAuAm3 und in allen 5 Erdtheilen I. Amerika besitzt davon 87°/0; hierauf folgt Au mit 59,75°/,, worunter 23,17°/, endemisch, As mit 21,95°/o, worunter nur 4,87°j, endemisch, Af mit 13,41°., worunter 3,65% endemisch und endlich Europa mit 6,09%) ohne endemische Arten; ausserdem spielen hier 8 in Au Am und 4 in As Au gemeinschaftlich vorkommende Arten mit 9,75% und 4,8700 noch eine Rolle. Die Verbreitung der sesamnten Psendozyphellaten vollzieht sich nach folgenden: Schema: E2,Af9, As 12, Au 14, Am 29 jeweils vorkommende Arten, worunter endemisch in E0O, Af1,As3, A 4, Am 13, sowie in Af Au I, AS Au 1, As Au Am I, AfAsAuAm5 und in allen 5 Welttheilen gleichzeitig 2. Die Euzyphellaten (38) zerfallen in 23 ungestielte und 15 gestielte Arten; von den ersteren sind vertreten in E4, Af 9, Ash, 142 Au”? und Am 18, darunter endemisch in Am 13, EAfl, AfAu2, AsAul, EAfAm2, AfAsAul, EAfAuAm1 und AfAsAuAm?2 Arten. Die Mehrzahl der Arten (18) kommt in Am vor, worunter 13 endemische, die übrigen gehören je mehreren Erdtheilen gemein- schaftlich an. Von gestielten Arten (15) gedeihen in E0, Afl, As6 Au 6 und Am 6, hievon endemisch in E 0, Af 0, As 4, Au 4 und Am 4 ferner AfAs I, AuAm 1 und As Au Am I Art. Verbreitung der Ge- sammtabtheilung der Euzyphellaten : E 4, Af 10, As 10, Au 13, Am 24, darunter endemisch in As4, Au 4 und Am 17, ferner in EAf 1, Af As1, AfAu 2, As Aul, Au Am1, EAfAm2, AfAs Aul, AsAu Am 1, E AfAu Am 1 und AfAs AuAm2 Arten. Der Löwenantheil von dieser Abtheilung fällt mit 63,15°)o, der daselbst überhaupt ge- deihenden und 44,73°|, der endemischen Arten auf Am. Die gesammte Gattung zählt in E 7, Af 21, As 24, Au 28 und Am 55 Arten, darunter endemische in E 0, Af1, As 7, Au 8, Am 3l, EAf1, AfAs1, AfAu 8, AsAu 2, AuAm I, EAfAu 2, AfAsAu?2, As AuAm 2, EAfAsAml1, E AfAuAmi, Af AsAuAm 7 und in allen Welttheilen verbreitet 2 Arten. Die grösste Zahl überhaupt vorkommender, sowie endemischer Arten fällt nunmehr wieder Am zu — in Prozenten mit 75,83 und 48,05. Darauf folgen Au mit 38,88 und 11,11°)o, As mit 33,33 und 9,71°)o, Af mit 29,16 und 1,38%). und E mit 9,71°/o ohne endemische Arten. Endlich ist noch das gemeinschaft- liche Vorkommen von 9,71°/o der Arten in AfAs Au Am hervorzuheben. Die ganze Tribus (189 Arten) ist in folgenden Verhältnissen über die 5 Erdtheile verbreitet: E 14, Af41, As 51, Au 88, Am 121; hievon endemisch in E 0, Af9, As 16, Au 43, Am 65, ferner in EAfi, EAs I, AfAs2, AfAu 3, AfAm 2, AsAu8, AuAm10, EAfAu 2, EAfAm1, EAsAm 1, AfAs Au 2, AfAsAm 2, AfAuAm1,AsAuAm4, EAfAsAm1, EAfAuAm|, EAsAu Am 1, AfAsAuAm 8 und in allen 5 Erdtheilen zugleich 5. Am beherbergt bei weitem die grösste Artenzahl mit 61,90°/,, wovon 34,39 endemisch; die übrigen Erdtheile folgen mit den beigesetzten Werthen: Au 46,50 und 22,75%, As 25,18 und 8,35°%, Af 21,69 und 4,76, E 7,50°)0 und ohne endemische Arten; von Bedeutung sind noch bezüglich der mehrere Erdtheile gemeinsam bewohnenden Arten: AuAm mit 5,24, As Au und AfAs Au Am mit je 4,23°jo und die Zahl der allen Erdtheilen gemeinschaftlichen Arten mit 2,64°;o. Vergleichung zwischen den beiden Gruppen, in welche die Stikteen nach der Natur ihrer Gonidien zerfallen, Die Stikteen mit gelbgrünen Gonidien (Ricasolia 4 Sticta, zusammen 117) besitzen in E 7, Af 20, As 27, Au 60 und Am 66 Arten; hievon endemisch in E 0, Af 8, As 9, Au 85, Am 34, ferner in EAs 1, AfAs 1, AfAm2, As Au 6, Au&m9, EAfAm1, EAsAmi, Af As Am 2, AfAuAm 1, AsAu Am2, EAs AuAm I, AfAsAuAml und über alle 5 Erdtheile verbreitet 8 Arten. In auffallender und nahezu gleicher Stärke kommen sie in Au und Am vor, in 2—3mal 143 geringerer Zahl in Af und Asund endlich za. 9 mal seltener in Europa. Die Stikteen mit blaugrünen Gonidien (Stietina mit 72 Arten) dagegen vertheilen sieh in nachfolgender Weise: ET, Af21, As 24, Au 28, Am 55; darunter endemisch in E 0, Af1, As7, Au8 und Am 31; ferner in EAfl, AfAs1, AfAu3, AsAu2, AuAm1, EAfAu2, AfAs Au 2, As AuAm 2, EAfAsAm1,EAfAuAm 1, AfAs Au Am? und über alle Welttheile gleichzeitig verbreitet 2 Arten. Diese letr- tere Gruppe hat nur einen einzigen, aber den der vorigen Gruppe noch iiberragenderen Kulminationspunkt in Am; die Artenzahlen sind in Af, As und Au ums Zwiefache und darüber, in E aber etwa ums Sfache niedriger. Vergleichung zwischen Stikteengruppen, wie sie sich aus Gesichts- punkte bezüglich Fehlens oder Vorhandenseins und Beschaffenheit von Gewebslücken in der Unterrinde ergeben. In Betreff der Stikteen ohne Gewebslücken genügt es auf das oben bei KRicasolia Vorgetragene zu verweisen. Von den Laeunomakulaten (6 Arten) treffen wir in E 3, Af3, As4, Au 2, Am 5 Arten; endemisch sind nur in Am 2, der Rest vertheilt sich mit je 1 Art auf E As Am, AfAs Am, EAfAsAm — und alle 5 Erdtheile besitzen ebenfalls 1 Art miteinander gemeinsam. Die Pseudozyphellaten (74 Arten) vertheilen sich auf E mit 3, Af12, As 17, Au 39 und Am 48 Arten. Endemisch gedeihen in E 0, Af2, As3, Au26 und Am 20 Arten. Ausserdem sind gemeinsam AfAul, AsAu4, AuAmT, AfAuAml, AsAuAm2, AfAsAuAm5 und allen 5 Erdtheilen 5 Arten. Von den Euzyphellaten (ebenfalls 74 Arten) bewohnen E 6, Af 17, As 21, Au 30, Am 39, hievon in E 0, Af 2, As 8, Au 15 und Am 28 endemisch, in BAf1, EAs 1, AfAs 2, AfAu2, As Au 2, EAfAm 2, AfAsAu3, AsAuAm2, EAfAuAm]1, AfAsAuAm2 und allen Erdtheilen gemeinsam 1 Art. Zu besondern Bemerkungen gibt diese Rubrik keine Veranlassung. 3) Verbreitung über die Erdhemisphären und Zonen. Ricasolia (35 Arten). Von den kurzsporigen Arten mit diffusem Faserfilz bewohnen W (westliche Hemisphäre) 4, © (östliche Hemisphäre) 6 und WO (beide Ilemisphären) 2; dann N (nördliche Hemisphäre) 5, S (südliche Ilemisphäre) 3 und NS (beide Hemisphären zusammen) 4; T (die tropische Zone) 11 und NgSg (nördliche und südliche ge- mässigte Zone) 1. Die Gruppe ist bemerkenswerth durch den fast ausschliesslichen Sitz in den Tropen; nur eine einzige Art bewohnt ausschliesslich beide gemässigten Erdgürtel. Die knrzsporigen Arten mit netzartigem Faserfilz, ausschliesslich in W und zwar im S mit 2 und NS mit 3 getroffen, ändern auch das Ergebniss für die ge- sammte Gruppe nur wenig. Sie ist tropisch, von der einzigen oben ver- merkten in beiden gemässigten Zonen vorkommenden Art abgesehen. Treu. ET 144 Unter den Rikasolien mit gestrecekten Sporen gehören dem W 6, dem O 8, dem WO 4, dem N 5, dem S 8 und dem NS 5 Arten an; ferner den T 7, dem Ng 4, dem $g 1, den NgSg 2, den TSg 2 und den TNgSg 2 an. Es sind demnach die Arten dieser Gruppe ziemlich gleichförmig über die 3 mittleren Erdgürtel verbreitet. Die Verbreitung der Gattung Ricasolia vollzieht sich nach folgendem Schema: W 15, 014, WO6;N 10, S 18, NS 12; T 22, Ng 4, Sg 1, NgSg 4, TSg 2 und TNgSg 2. Während die Verbreitungsart über W,O, N, S nichts Bemerkenswerthes bietet, verdient hervorgehoben zu werden, dass unter 35 Arten 26 (74,28°0) die Tropen bewohnen und hievon 22 (65,71 %/0) ausschliesslich; der Rest ist über die gemässigten Gürtel vertheilt mit 9 Arten = 25,11 )o. Stieta (82 Arten). . Lacunomakulaten trifft man in W 1, O O0 und WO 2; im N 2,S 0 und NS 1; eine Art kommt in allen Erdgürteln mit Aus- nahme des Sa (antarktischen) — wo Flechten überhaupt noch nicht getroffen wurden —, von den andern beiden Arten die eine im Ng und die andere im NgNa vor. Die 22 Leukopseudozyphellaten sind vertheilt, wie folgt: W 3,016, W083; N1, S 19, NS 2; T 77, Sg 10, TSg 3 und TNg 2. Bei weitem das Uebergewicht hat die südliche Hälfte der östlichen Halbkugel; ebenso sind die Tropenbewohner unter ihnen mit 12 in der Mehrzahl, wenn auch nur 7 Arten den T ausschliesslich angehören. Die Xanthopseudozyphellaten mit lekanorinischem Gehäuse (7) zählen auf W 8, O2 und WO 2, auf N 0, S6 und NS 1 Art; Sg wird von 6, TSg von 1 Art bewohnt. Ihr Zentrum liegt in der südlich gemässigten Zone der westlichen Halbkugel. Die Gruppe -mit par- melioidem Gehäuse (14) ist dagegen in folgender Weise verbreitet: W1,09 WO 4, N0, 813, NS 1; T 2, Sg 11, TSgNg 1; ihr Mittelpunkt ist die südlich gemässigte Zone der östlichen Halbkugel. 5. aurata ist die einzige Art, welche die Tropen nach Norden über- schreitet, um sich in letzterem bis gegen den Polargürtel hin zu verbreiten; ebenso überschreitet sie auch den Tropengürtel nach Süden. Nur 2 Arten dieser Gruppe sind rein tropisch. Die gesammte Abtheilung der Pseudozyphellaten (43) weist nunmehr das nach- stehende Verbreitungsschema auf: W 7, O 27, WO 9; N 1,8 38, NS 4; T9, Sg 27, TSg 4, TNg 2, TSgNg 1. Sie hat ihren Hauptverbreitungs- bezirk in der südlichen gemässigten Zone der östlichen Halbkugel. Die ungestielten Euzyphellaten mit kürzeren Sporen (18) sind vertheilt wie folgt: W 8, O 7, WO 3; N 3, 8 11, NS 4, T12, Sg 2, TNg 1, TSg 2, TNgSg 1; Verbreitung hauptsächlich in den Tropen, woselbst 12 endemisch sind; 1 Art in Sg, die übrigen den Tropen und dem einen oder andern, oder beiden gemässigten Gürteln ge- meinsam, Die ungestielten Euzyphellaten (7) mit längeren Sporen, nur auf der östl. Halbkugel zu finden, zählen in N 5, in $ I und in NS A, in T 1, Sg 1 und Ng 5 Arten, gehören demnach bei weitem vorwiegend der Ng-Zone der östlichen Ilemisphäre an, in 145 den Tropen und im Süden nahezu verschwindend. Die ungestielten Euzyphellaten im Ganzen (25) sind folgendermassen vertheilt: W 8, O 14, WO 3; N 8 5S 12, NS 5; T 13, Sg 3, Ng 5, TNg 1, TSg 2, TNgSg 1, demnach unter Vorliebe für die Tropen über die drei innern Erdgürtel der westlichen und östlichen Halbkugel. Die ge- stielten Euzyphellaten (11) sind in beistehenden Verhältnissen verbreitet: W 3, O8, W0 0; N 2,S 8, N8 1; T 5, Sg 5, TSg 1. Sie überschreiten gegen N den Wendekreis nicht, wohl aber gegen S mit 1 Art; 5 Arten gehören der südl. gemässigten Zone der öst- lichen Halbkugel an. Von den Euzyphellaten im Ganzen zählen wir inW 11, OÖ 22, WO 3; N 10, S 20, NS 6; T 18, Sg 8, Ng 5, TNg1, TSg 3, TNgSg 1. Vornehmlich von der Tropenzone, und zwar von der östlichen Hemisphäre ums Zwiefache zahlreicher als von der westlichen beherbergt, senden sie spärliche Ausläufer in die benach- barten gemässigten Gürtel, innerhalb welcher sie übrigens, wenn auch . in bescheidener Anzahl, ebenfalls selbständig betroffen werden. Von der Gesammtgattung Sficta finden wir in W 19, O 49, WO14; N 13,858, NS 11; T 27, Sg 35, Ng 6, TNg 3, TSg 7, NgNa 1, TNgSg 2 und TSgNgNa 1. Bemerkenswerth ist das enorme Vor- wiegen dieser Gattung 1° auf der östlichen Halbkugel und 2° südlich von der Linie, ferner die starke Anhäufung ihrer Arten in den Tropen und in der südlichen gemässigten Zone. Die Tropen beherbergen 40 (48,78°/,) Stiktaarten, worunter 27 (32,92 °/,) ausschliesslich; die südlich gemässigte Zone aber weist sogar 45 (54,87 %/,) Arten, worunter 35 (42,68 %/,) eigene auf. Aussertropische Arten sind es 42 = 51,21%, worunter 2 bis in die arktische Zone verbreitet sind. Stictina (72 Arten). Die Laeunomakulaten sind folgendermassen verbreitet: W1, 01, W01; N2, 80, NS1; Ng 1, NgNa 1 und TNgSg 1; der süd- lichen Hälfte der westlichen Halbkugel fehlt ein Vertreter, dagegen ist ein solcher der nördlichen Hälfte derselben eigen. Eine Art bewohnt den Norden bis über die Polargrenze hinaus. Die Gruppe der Leukopseudozyphellaten (16) hat in W 4, 08 W04,N4 89,NS3, T4,Ng1, Sg 6, TSg 4 und TNgSg 1 Art aufzuweisen; sie ist am stärksten in O, S und $g vertreten und zählt in den Tropen unter 9 Repräsentanten nur 4 eigene. Von denXantho- pseudozyphellaten mit lekanorinischem Gehäuse (10) fallen auf W5, 01, WO4; N 0, 88, NS 2; Sg 6, TSg 2 und TNgSg 2; sie herrschen vor im Süden der westlichen Halbkugel und zwar von ihrem Hauptsitz, der südl. gemässigten Zone, nach Norden bis über den Wende- kreis hinausstrahlend. Die Xanthopseudozyphellaten mit parmelioidem Fruchtgehäuse (5) vertheilen sich also: W4, O 1,85, Sg 3, TSg 2; von ihnen gelten die gleichen Bemerkungen wie von der vorigen Gruppe, abgesehen von der Begrenzung ihrer Verbreitung durch den nördl. Wendekreis. Von der Gesammtabtheilung der pP seudozy ph el - laten (31) bewohnen den W 13, O 10, WO 8; N 4,322, NS 5; T4,Ng 1, Sg 15, TSg 8, TNgSg 3. Der Süden (namentlich aber Flora 1895. Ergänz,-Bd. 81. Bd. 10 146 der südl. gemässigte Erdgürtel) beider Hemisphären wird fast mit gleicher Vorliebe von ihnen in Beschlag genommen. Von ungestielten Euzyphellaten (23) trifft man in W 13, O 4und WO 6, inN 5,88 und NS 10, in T10, Ng 1, Sg8, NgSg I, TNg 2, TSg 1 und T\gSg 5 Arten; sie herrschen im Süden der westlichen Halbkugel etwas vor. 18 Arten bewohnen die Tropen, worunter 10 ausschliesslich. Die Ver- theilung der Euzyphellaten mit Stiel stellt sich folgendermassen dar: W4, 09 WO 2;N 3,810 NS 2, T 8, Ng 1, Sg 4, TSg 2. Die Mehrzahl bewohnt den Süden der östlichen Hemisphäre und zwar 10 die Tropen, worunter 8 ausschliesslich, 6 die südl. gemässigte Zone, worunter 4 ausschliesslich und 1 Art die nördl. gemässigte Zone. Von den bekannten Arten der Euzyphellaten (38) leben in W 17, O 13, WO8;N8, Sıs, NS 12; T 18, Ng 2, Sg 7, NgSg 1, TNg 2, TSg 3, TNgSg 5. Ihre Verbreitung über östl. und westl. Hemisphäre weist keinen allzugrellen Kontrast auf, dagegen ist die südl. Halbkugel entschieden vor der nördlichen von ihnen bevorzugt. Die Mehrzahl der Arten (28) bewohnt die Tropen, allwo 18 ausschliesslich vorkommen; die südl. gemässigte Zone ist erheblich schwächer von ihnen bevölkert. Die Gesammtgattung Stictina vertheilt sich wie folgt: W 31. O0 24, WO 17; N 14, 840, NS 18; T 22, Ng 4, Sg 22, TSg11, TNg 2, NgSg 1, NgNa 1 TNgSg 9. Auch diese Gattung prävalirt, wie die beiden andern jenseits des Aequators, nicht so stark wie Sticta, stärker jedoch als Ricasölia; aber im Gegensatz zu Stict« gibt sie dem W vor dem OÖ den Vorzug (Ricasolia ist nahezu gleichmässig über diese beiden Halbkugeln vertheilt). In den Tropen ist Stictina mit 44 Arten (61,11 °)0) vertreten, wovon die Hälfte (30,55 °|0) daselbst ausschliesslich vorkommt, in der südlich gemässigten Zone 43 mal (59,72 0/0), worunter 22 (30,55 °/0) eigene Arten. Die Anzahl extratropischer Arten beträgt 28 (= 38,88°/,), wovon eine bis in die arktische Zone hineingreift. Die ganze Tribus (189 Arten). Sie ist nach beistellendem Schema verbreitet: W 65, 0 87, WO 37, N37, 8111, NS41, T 71, Ng 14, Sg 58, TSg 20, TNg 5, NgSg 5, NgNa 2, TNgSg 13, TNgSgNa I. Während sie auf der östlichen Hemisphäre gegenüber der westlichen nur unerheblich vorherrscht, behauptet sie südlich der Linie in sehr auffallendem Maasse den Vorrang gegenüber der nördlichen Hemisphäre. Unter allen Erd- gürteln ist sie am stärksten in den Tropen vertreten mit 110 Arten (58,20 °/0), worunter 71 (37,03°/s) endemisch. Die südliche gemässigte Zone bewohnen nur 101 Arten (53,43°|.), worunter 58 (30,68°.o) endemisch. Vergleichung zwischen den beiden Gruppen, in welche die Stikteen der Natur ihrer Gonidien nach zerfallen. Stikteen mit gelbgrünen Gonidien beherbergt W 34, O 63, WO 20; N 23, S 71, NS 23; T 49, Sg 36, Ng 10, NgNa 1, TNg3, TSg 9, NgSg 4, TNgSg 4, TNgSgNa 1 Arten, während die Stikteen mit blau- grünen Gonidien in beistehender Weise verbreitet sind: W 31, 147 0 24, WO 17; N 14,8 40, NS 18; T 22, Ng 4, Sg 22, TNg 2, TSg 11, NgSg 1, NgNal, TNgSg 9 und TNgSgNa 1. Der erstere Typus herrscht auf der östlichen Hemisphäre mit 53,84 , seiner Arten, der zweite auf der westlichen mit 43,05°, vor. Mit gleicher Vorliebe dagegen wenden beide die prozentuale Mehrheit ihrer Arten der süd- lichen Erdhälfte zu und zwar die erste Gruppe mit 60,68, die zweite mit 55,550. In den Tropen findet man 56,41 °;, der ersteren Gruppe, worunter 41,88, ausschliesslich und 62,50 °j, der zweiten Gruppe, worunter 30,55°/, ausschliesslich, ähnlich in der südlich gemässigten Zone für die erste Gruppe 46,15 (30,76%) und für die zweite 61,110 (30,55 90). Vergleichung zwischen Stikteengruppen, wie sie sich von dem schon oben geltend gemachten Gesichtspunkt betrefis Beschaffenheit der unteren Rinde ergeben. Bezüglich der Stikteen ohne Gewebslücken siehe die Gattung Ricasolia (oben). Lakunomakulaten (6) beherbergt W 2, 01, WO 3, N 4, S0,NS 2; Ng 2, NgNa 2, TNgSg 1 und TNgSgNa 1. Die Verbreitung der Pseudozyphellaten (4) ergibt sich aus folgender Tabelle: W 20, O 87, WO 17; N 5, 8 60, NS 9; T 13, . Ng 1, Sg 42, TSg 12, TNg 2 und TNgSg 4. Die Euzyphellaten (74) sind folgendermassen vertheilt: W 28, O0 35, WO 11; N 18, S 88, NS 18; T 86, Sg 15, Ng 7, TNg 3, TSg 6, NgSg 1 und TNgSg 6. Die Stikteen ohne Gewebslücken an der Unterrinde (KRicasolia) sind hervorragend, wenn auch nieht ausschliesslich tropische Flechten, ohne besondere Vorliebe für die eine oder die andere der ver- schiedenen Hemisphären. Die Lakunomakulaten gehören haupt- sächlich der nördlichen Halbkugel an und verbreiten sich von da nur spärlich in die Tropen, in diesem Falle jedoch auch über dieselben weiter hinaus; unter ihnen sind diejenigen Grübchenflechten zu suchen, welche sich auch in die arktische Zone erstrecken. Die Pseudozyphel- laten, in der südlichen Hemisphäre sehr stark und auch in der üst- lichen erheblich vorwiegend, sind nur mit 41,90°/o, ja ausschliesslich sogar nur mit 17,50% der Arten in den Tropen, dagegen sehr reich in der südlichen gemässigten Zone vertreten und zwar mit 54 (72,97 %/,) Arten, von welchen der letzteren 42 (56,73°/0) ausschliess- lich angehören. Hiervon wesentlich verschieden ist das Verhalten der Euzyphellaten; ihr Uebergewicht fällt wie bei der vorhergehenden Abtheilung in die östliche und südliche Hemisphäre, jedoch in ent- schieden geringerem Belange als bei den Pseudozyphellaten; dagegen bevölkern sie die Tropenzone weit ergiebiger als die letzteren, Es wohnen dort 68,91, Euzyphellaten, wovon 48,64 %/o ausschliesslich, während die südliche gemässigte Zone nur von 37,83% — ja ausschliesslich zur von 20,270, bevölkert ist. Man wird unschwer ersehen, dass bei gleicher Stärke beider Abtheilungen (mit je 74 Spezies) sie in ı10* 148 Bezug auf ihre Vertretung in den Tropen und in der südlichen ge- mässigten Zone gleichsam die Rollen vertauscht haben, Ich verzichte hiermit auf eine weitere Inanspruchnahme der Künste der Statistik; Kraftproben könnten hier unversehens in Kraft- verschwendung ausarten — auf einem Gebiete, wo noch so viel andere übrig bleibt. sicherere und reichlicher lohnende Konstanz, Mitte Juni 1895. Arbeit zu verrichten Alphabetisches Namensverzeichniss unter Hinweisung auf die laufen- den Nummern des speziellen Theiles. Adpressa (Müll.) 4. adscripta Nyl. 20. adscriptariens Nyl. 21. aequalis (Wain.) 29. aggregata Del. 37. albocyphellata Müll. 70, | Borneti Müll, 76. ‘ Boryana (Del.) 98. Boschiana (Mnt.) 175. Brasiliensis Del. 164, ‚ Brasiliensis Müll. 148, :brevior Nyl, 156. albocyphellataNyl. 142,146. ' brevipes Müll. 188. ambavillaria (Bory) 168. americana Wain. 32. amphicarpa Müll. 48. amphistieta Kn, 55. amplissimus Scop. 19. Andensis Nyl. 171. Andreana Müll, 159, angustata Müll, 87. angustata (Del.) 69. angustifolia Bab. 102. angustiloba Mnt. 63. anthraspis (Ach.) 136. appendiculata (Müll.) 162. argyracea Bab. 54. argyracea (Bory) 121. armorica Del. 69. aspera (Laur.) 121. asperula Strt. 20, 77. asticta Nyl. 1. astietina Nyl, 151. aurata (Sm.) 69. aurigera (Del.) 146. aurigera Müll. 148. aurora DN. 70, aurora Wain. 68. aurulenta Krmplh, 64. Badia (Moug.) 167. Beauvoisii (Del.) 162. Beccarii Krmplk. 127. Berteroana (Mnt.) 124, biatora DN. 178. bicolor Tayl. 158. Billardieri (Del.) 45. Boliviana Nyl. 88. :Calithanınia (Tayl.) 183. ‚Camarae Müll, 111. ‚eanaliculata Kn. 60. | eanariensis (Bory). 83. | eanariensis Schaer. 50. .caperata Bory. 93. | carassensis (Wain.) 15. ‚earpoloma (Del.) 142. ;earpoloma Rich. 44, 'earpolomoides Nyl. 110. ; Cusarettoana (DN.) 29. ; cellulifera Hook. £.-Tayl. 45, :cervieornis Fw. 134, ! Chiarii Jatta 162. chloroleueaHook.f.-Tayl.56. :chloroleuca Tayl. 98, | eiliaris (Mnt.) 184. | eiliata (Müll) 162, ‚ einchonarum Del. 162. | einnamomea Rich. 130, 131. jeinereoglauca Tayl. 102, : elathrata Krmplh. 69. : coerulescens DN. 178, coerulescens (Mnt.) 137. . Colensoi (Bab.) 65. ‘eometia (Ach.) 152. eomorensis (Krmplh.) 11. compacta Müll. 65. eompar Nyl. 138. complicata Fr.-fil. 38. conjungens Müll. 56. ‚ coralloides Müll. 180. eoriacea Hook. f.-Tayl. 39. coriifolia Müll. 125. :eoronata Müll. 67. : corrosa (Aeh.) 16. 'crenata Nyl. 121. : crenulata (Hook.) 27. 'erocata (L.) 140, | cuprea Müll. 30, : eyathicarpa Del. 156. | eyathiearpa Nyl. 155. ; cyphellulata Müll. 176. Damaecornifolia Tuck. 158. ! damaecornis ($w.) 83. | Delisea Fee. 56. : demutabilis Krmplh. 58. ; denudata Nyl. 87, 149. :denudata Tayl. 13. | deplanata Nyl. 17. | Desfontainii (Del.) 142. diehotoma Del. 96. diehotoma Nyl. 99. dichotoma Krmplh. 95. dichotoma Mnt.-v. d.B. 41,50. diehotomoides Nyl. 111. ; diehroa Nyl. 18. dilatata Müll, 87. dilatata Nyl. 88, 90, 158. diluta DN. 86. diplomorpha Müll. 123. diseolor (Bory) 2. “disseeta Krmplih, 117. dissecta Müll. 130, 146, 162. dissecta (Sw.) 13. dissectus Sw. 16. dissimilis Nyl. 131. dissimulata Nyl. 41. dividens Nyl. 171. divulsa (Tayl.) 44. Dozyana (Mnt.-v. d. B.) 126. . Dufourii (Del.) 174. ' Eekloni Sprng. 141. elaphocera (Nyl.) 40. elegans Deak. 174. elongato-laciniata Tuck. 83. endochrysa Del, 63. endochrysa Hook. f. 165. endochrysoides Müll. 139, epistieta Nyl. 54, erosa Eschw. 29. erythrocardia Müll. 118 nota. erythroseypha Tayl,140, 141. esorediosa Müll. 140. excisa (Müll.) 31. expallida Krmplih. 45. exsecta Nyl. 19. Faveolata (Del.) 134. Faxinensis Müll. 22. Fendleri (Mnt.-Tuek.) 14. ferax Müll. 112. filieina (Ach.) 178, flicinella Nyl. 182. Filix (Hffm.) 114, fimbriata Tayl. 173. firmior ('romb. 172. flabellata Mnt. 61. flava (Müll.) 24. flavescens (Del.) 121. flavicans (Hook. f.-Tayl.) 65. flavicans Müll. 83. flavissima Müll. 81. Flotowiana Laur. 44, fossulata Duf. 44, fragillima (Bab.) 130. Freyeinetii Del. 56. fuliginosa Ach. 168. fuliginosa (Dicks.) 172. fulvella Tayl. 25. fulvoeinerea Mnt. 57. fungoides Hepp 187. Garovaglii (Schaer.) 38. Gaudichaudii (Del.) 168. gilva (Thunb.) 141. glaberrima Babh. 130. glaberrima (DN.) 5. &laberrima (Laur.) 98. glabra Hook. fil.-Tayl. 56.. glabreseens Müll. 56. glaucescens Del. 69. Slaucescens Krmplh. 64. glaucolurida Nyl. 74. glomulifera (Lightf.) 19, &lomuligera Nyl. 84. Godeffroyi Krnplh. 123. gracilis Müll, 177. Sranatensis, 90, franulata Bab. 78. granulata Mut.-v. d. B, 125. Guilleminii (Mnt.) 150. Guthniekii Naeg. 12. Syalocarpa Leight. 156. &yalocarpa Nyl, 155. gymnoloma Nyl. 128, | zyrosa Fw. 142, Hallii (Tuck.) 119. Hartmanni Müll. 35. ‘Henryana Müll. 106, Heppiana Müll. 185. herbacea Bab. 19. herbacea (Huds.) 12. Hesseana Meyer 123. hirsuta (Mnt.) 149. !hirta Nyl. 155. | hirta Strt. 66. | Holstiana (Müll) 10. :homoeophyllia Nyl. 53, :Hookeri (Bab.) 132. ı Humboldtii (Hook.) 153. |hypoteuca (Mäll.) 1. hypomela Del. 37. hypomelaena Müll. 125. hypopsila (Mnt.) 107. ı hypopsiloides Nyl. 99. ‚Imbricatula Tayl. 63, 65. 'impressa Al, Br. 50. impressa Hook. f.-Tayl. 44. impressa Müll. 69, 76. "impressula Müll. 133. impressula Nyl. 161. -insculpta Stzb. 133. insinuans Nyl. 100. intermedia Nyl. 7. internectens Nyl. 95. interversans Nyl. 8. intricata (Del.) 123. isidiata Nyl. 121. isidioloma Nyl. 56. isidiophora Nyl. 121. isidiosa Müll. 118, 121. Jamesonii Mnt. 162, Javanica Nyl. 93, .Junghuhnii Müll. 129. Karstenii Müll. 59. “Kunthii Del. 25. Kunthii (Hook.) 155. Lacera Hook. f.-Tayl. 115. laciniata (Sw.) 87. lacinulata Krmplh. 45. lactucaefolia Pers. 57. lacunosa Tayl. 29. laetevirens Lightf. 12. ‚laetevirens Müll. 69. laevigata (Krmplh.) 114. laevis Müll. 32. laevis (Müll.) 129. laevis Nyl. 157. Iaeviuscula Nyl. 87. 148 latifolia Fw. 57. latifolia (Krmpih.). 143. latifrons Rich. 117. latior Cromb, 83. latior Nyl. 161. latissima Nyl. 178, Lechleri Fw. 63, Lechleri Müll. 143. Lenormandii v. d. B. 157. leucoblephara Müll. 162. leucoblepharis (Tuck.-Mnt.) 158, leucophylla Müll. 49. leucostieta Hmp. 162, leucosticta (Pers.) 140. L’Herminieri (Fee) 158. limbata Müll. 73. limbata (Sm.) 170. linearifolia Nyl, 98. lineariloba Mnt.-v. d.B. 178. lineariloba (Mnt.) 107. linearis (Hook. f.-Tayl.) 44. linearis Müll. 59, 87, 130. linearis Nyl. 111. linita Ach. 38. livida Krmplh. 92. lividofusca Krmplh. 102. lobulifera Müll. 45. longipes Müll. 181. luridofuscescens (Krmplh.) 140. lutescens Krmplh. 130, | lutescens (Tayl.) 164. Lyalliana (Bab.) 98. Macloviana Fr. 163. | macrophylia Bab. 94. macrophylla (Bory) 167. macrophylia Hook. 83, macrophylla Müll. 94, macrophylia Tayl. 83, “ magellanica Fr. 169. mallota (Tuck.) 144. marginalis Bory 187. marginata Müll. 23, marginifera (Mnt.) 180. melanocarpa Müll. 171. membranacea Müll. 122. Menziesii (Hook. f.) 117. mierophylla (Krmplh.) 162. microphylla Müll. 69. mierophyllina Schaer. 12. minor (Laur.) 152. minor Nyl. 13. Molkenboorii Mnt. 140. Montagnei Bab. 77. Mougeotiana (Del.) 146. multifida Baur. 42. ‚multifida Nyl. 48, 150 Myioshiana Müll. 103. myrioloba Müll. 114, 130. Neglecta Müll. 145. Neoealedonica Müll. 179. nitida Tayl, 61. Obscurior Nyl, 123. obvoluta (Del.) 172. obvoluta Nyl. 149, obvoluta (Sm.) 75. ochroleuca Bab. 117. ochroleuca Nyl. 38, olivacea (Wain.) 28. orbicularis Al. Br. 187. Oregana Tuck. 36. Orizabana Nyl. 91. orygmaea Ach, 67. orygmaea Del. 65. orygmaeoides Nyl. 65. ornata Müll. 158. Otwayensis Jatta 147. Pallens Nyl. 69, pallida (Hook.) 25. palmata Krmplh. 117. papillaris Del. 37. papyracea Bab. 94. papyrina Nyl. 168. parvula Nyl. 115. patagonica Müll. 78 nota. patinifera (Tayl.) 32. patula Del. 89, patula Mnt.-v. d. B. 93. peduneulata Krmplh. peltigerella Nyl. 189, peltigera Del. 13. pericarpa Nyl. 160. Peruviana (Del.). 162. phyliocarpa Meyer. 27. physeiospora Nyl. 76 Pickeringii Tuck. 65. pilosella Nyl. 156. pinnatifida Bab, 65. platyloba Müll. 6, 55. platyloba Nyl. 6. platyphylla Nyl. 104. platyphylloides Nyl. 105. plumbea Del. 97. podocarpa Müll. 80. poculifera Müll. 68. 116. prolifera Müll. 56. prolificans Nyl. 51. propaginea Tayl. 47, 98. | psilophylla Müll. 48. !pubescens Müll. 79. | pubescens (Pers.) 63. pulmonacea Ach. 37. pulmonaria (Dorst,) 37. | punetillaris (Müll.) 130, | punctulata Nyl. 50. | Quereizans Mich. 162. ; quereizans (Mich.) 29. quereifolia Tayl. 50. Recedens Müll. 99. retigera (Bory) 118. Ricasolia 1. Richardi Mnt, 44, rigidula (Bory) 121. rubella Hook. £.-Tayl, 71. rubrina Strt. 72. rufa (Willd.) 83. rufovirescens Bab. 44. Rutenbergii Krmpih, 82. Sayeri Müll. 108. Schaereri (Mnt.-v. d. B) ER schizophylliza Nyl. 162. Schnyderi Müll. 165. scierophylla Nyl. 142, serobiculata Müll. 96. scrobiculata Nyl. 17. scrobiculata (Scop.) 120. Seemanni Bab. 113. Shirleyana Müll. 109. sinuosa (Pers.) 883. sorediantha Müll. 172, sorediifera (Del.) 121. speirocarpa Nyl. 168. stauromatica Krmplih. 56. stenoloba Nyl. 178. stenophylla Müll. 43. ‚ stenospora Nyl. 29. Sticta 36. ı stietaeformis Schaer. 3. | Stietina 118. ı straminea Fee. 13, ‘strietula (Del.) 166. 'subargyracea Nyl. 123. Richardi Mnt.-v. d. B. 41. subcaperata Nyl. 94. subcoriacea Nyl. 60. subceorrosa Nyl. 9. subeyphellata Nyl. 44. :subdamaecornis Müll. 87. subdiluta Nyl. 83. subdissecta Nyl. 17. subfaveolata Nyl. 135. subflavida Bab. 123. subherbacea Nyl. 32. sublaevis (Müll.) 132. sublaevis Nyl. 32, sublutescens Nyl. 130, 158. suborbieularis Müll. 186. subpunctulata (Nyl.) 129. subscrobiculata Nyl. 83. subsinuosa Nyl. 85. subvariabilis Nyl. 46, sulfurea Schaer. 41, 50. sylvatica (L.) 173. Tenuis Müll. 56. tenuis (Wain.) 26. Thouarsii (Del.) 123. tomentella Nyl. 152, 153. tomentosa (Sw.) 158. trichophora (Müll.) 87, 162. tristis Müll. 33. Umbilicariaeformis (Hchst.) 170. Urvillei Del, 65. Vaceina Mnt. 62. ‚ Valdiviana Nyl. 52. : variabilis (Bory) 98. verrucosus Huds. 120. Volkensii Müll. 73. Weigelii (Isert) 161. Willdenowii (Del.) 172. ‚ Wrightii Tuek. 101. Xantholoma (Del.) 146. ‚ xantostieta Pers. 164. xanthotropa (Krmplh.) 162. Yatabeana (Müll.) 34. ! Zeyheri DN. 141. Die Schutzvorrichtungen der Blüthenknospen. Von M. Raciborski. Die Geschlechtsorgane der Blüthenpflanzen sind während der Entwickelung gegen ungünstige äussere Einflüsse durch Blattorgane, durch Achsenbildungen, durch Haare, Emergenzen und deren Aus- scheidungen geschützt. Solehe Schutzvorriehtungen sind ganz allge- mein verbreitet, und es ist mir keine Blüthenpflanze bekannt, welche solche vollständig entbehrt. Die sogenannten nackten Blüthen ge- hören keineswegs zu den weniger geschützten, nur wird bei ihnen der Schutz nicht durch die Blüthehülle im engeren Sinne, sondern durch andere Organe, z. B. Haare und Blätter bei Typha, Spatha bei den Araceen, bewirkt. Auch sind diese Schutzvorrichtungen keineswegs auf die Angiospermen beschränkt. Wir finden sie überall bei den Gymnospermen, bei den Sporophylien der Pteridophyten, bei den Blüthen der Bryophyten. Nur einen Theil der adversen Anpassungen der Blüthenknospen werde ich im Folgenden besprechen, nämlich die morphologischen. Die nicht minder interessanten Anpassungen des Plasma und plas- matischer Organe habe ich unberücksichtigt gelassen. Je nach den biologischen Lebenseigenthümlichkeiten der Pflanze finden wir ver- schiedene Schutzvorriehtungen, andere bei Xerophyten, andere bei Wasserpflanzen, bei Pflanzen der Tropen und denen der Alpen. Und wieder bei Pflanzen derselben biologischen Formation, die ver- schiedenen systematischen Gruppen angehören, sind die Schutzein- fichtungen verschieden. Auf die jungen, meristematischen Primordien der Geschlechts- organe wirkt in erster Linie die Austrocknung schädlich, event. tödt- lich, und wir finden überall Vorrichtungen, um dieselbe zu verhindern. Ebenso schädlich wie die trockene Luft scheint auf die meristema- tischen Theile der Wasserpflanzen das fortdauernde Abspülen durch das Wasser zu wirken. Auch gegen Thierfrass sind die Blüthen- 152 knospen geschützt. Obwohl die Anpassungen gegen diese schädlichen Einwirkungen sehr verschieden sind, so ist doch ein gemeinsamer Zug in allen zu finden. Die jungen Geschlechtsorgane sind nämlich auf verschiedene Weise von aussen geschlossen. Eine gut geschlossene Blüthenknospe schützt natürlich die inneren Organe der Blüthe ebenso gegen zu starke Transpiration, gegen ausspülende ’T'hätigkeit des Wassers (bei Wasserpflanzen), wie gegen Eindringen kleinerer Thiere. Der Verschluss der Blüthenknospen wird bedingt durch verschiedene Organe, durch Blätter, und zwar Laub-, Deck-, Vor-, Kelch- und Kron- blätter, durch Achse, durch Trichome und Emergenzen, sowie durch Ausscheidungen der Drüsen. Der Verschluss wird vielfach durch besondere Einrichtungen verstärkt, von welchen an der ersten Stelle die Nahtbildungen zu setzen sind. Die schützenden Organe sind ihrerseits angepasst an die Lebensweise der Pflanzen, um nur die starken Cuticularbildungen, Anhäufungen des Schleimes in den Schleim- zellen bei vielen Xerophyten, oder Luftreservoire bei manchen Wasser- pflanzen zu erwähnen. Für die mechanische Festigkeit der Knospen sorgen die sklerenchymatischen Zellen, dieke Cuticula, manchmal Collenchym. Die älteren grösseren Knospen zeigen vielfach besondere Einrichtungen gegen 'Thierfrass, z. B. Anhäufungen der Gerbstoffe, des Kalkoxalats oder der Rieselsäure, Anwesenheit von Stacheln u. s. W. Diese und andere Vorrichtungen kommen vielfach neben einander und bedingen so die grosse Mannigfaltigkeit im Baue der Blüthen- hülle der Blüthenknospen, welche jedem Morphologen bekannt ist, die jedoch von dem biologischen Standpunkte betrachtet in neuem Lichte erscheint. Nicht immer ist es möglich, nur die Vorrichtungen, welche allein die Blüthenknospen schützen, zu berücksichtigen. Bei vielen Pflanzen schützen die Bracteen, Kelch oder Kroneblätter nicht nur die Blüthen- knospen, sondern bleiben nach der Befruchtung als Schutzvorrichtunger der Früchte stehen, oder dienen zur Blüthenzeit als Schauapparat der Pflanze. Andererseits dienen vielfach die schützenden Vorrich- tungen der Vegetationsspitzen oder Blattknospen zugleich als Schutz der jungen Blüthenanlagen. Noch einige Worte über die Methode der Untersuchung will ich zufügen. Da wo es sich um genaue Ermittelung der Verschlussvor- richtungen der Blüthenknospen handelt, liefern uns die Handschnitte nur selten brauchbare Resultate, häufig führen sie uns irre. Durch Mikrotomschnitte kann man solche Uebelstände vollständig vermeiden. Es ist merkwürdig, wie wenig Nutzen die Systematik der Phanero- nn ren 153 gamen von der Mikrotomtechnik gezogen hat, die hier wenigstens ebenso grosse Dienste, wie auf anderen Gebieten der mikroskopischen Forschung leisten kann. Das Ilerbarmaterial eignet sich zum Mikro- tomschneiden mehr, als man glaube möchte. Ich verfahre in dieser Hinsicht folgendermassen. Die trockenen Herbarobjecte werden einige Stunden im Alkohol, später 2—8 Stunden in Wasser, dann etwa 24 Stunden in 50 proc. Ammoniak bei einer Temperatur von etwa ‚40° gehalten, wo sie vielfach vollständig aufquellen und in den meisten Fällen brauchbar geworden sind. Nach dem Auswaschen des Ammoniaks durch Wasser und später durch Alkohol und Toluol folgt Einbettung in Paraffıin.. Ankleben der Präparate bewirke ich jetzt nur durch. Klebeeiweiss (Eisweiss zum Schaum geschlagen, filtrirt und zur Hälfte mit Glycerin verdünnt). Wenn die Präparate sich falten, so übertrage ich sie auf einen mit äusserst dünner Eiweiss- schicht und etwas Wasser überzogenen Objectträger und lasse das Wasser bei 40—45° austrocknen, wobei die Präparate sich voll- ständig ausbreiten. Den Faltungen kann man noch auf andere Weise vorbeugen, die ich besonders gerne beim Schneiden sehr brüchiger, au Sklerenchym reicher, oder schlecht eingebetteter Objeete benütze, nämlich durch Bestreichen des Paraffinklotzes vor jedem Schnitt mit einer dünnen Schicht leichtflüssigen Paraffins. Mit llilfe eines solchen Verfahrens kann man an einer Knospe des häufig so dürftigen Herbar- materials sich über den Bau derselben genau orientiren und ist man dabei sicher, die Unrichtigkeiten in der Lage oder Deckung der Or- gane zu vermeiden. An den richtig behandelten Blüthenknospen eines sehr alten Herbarmateriales kann man noch vielfach die Lage der Tapetenzellen oder der Embryosackanlage, die Zelikerne der Pollenkörner sehen. Im Verlaufe dieser Untersuchungen wurde ich von verschiedener Seite reichlich mit Material versorgt. -Besonders dankbar bin ich dem Herrn Prof. Dr. Goebel für die Ueberlassung seiner sehr reichen Tropenmaterialien sowie der Pflanzen des Münchener botani- schen Gartens. Herr Prof. Radlkofer und Herr Kustos Dr. Solereder unterstützten meine Untersuchungen durch trockenes Material des Münchener Herbars. Viele Pflanzen verdanke ich der Freundlichkeit der Herren Prof. Dr. Caruel in Florenz, Prof. Dr. Juranyiin Budapest, Prof. Dr. Magnus in Berlin, Prof. Dr. M. Cornu und Dr. G. Poirault in Paris, Prof. Dr. Schröter und Prof. Dr. Schinz in Zürich, Dr. v. Tubeuf in München. Allen spreche ich meinen verbindlichen Dank aus, f 154 Die Verschlussvorrichtungen der Blüthenknospen. Nur in verhältnissmässig wenigen Fällen sind die Knospen der Blüthen von einer geschlossenen Calyptra umgeben, die bei dem Aufblühen zersprengt oder abgeworfen wird. In den meisten Fällen sind die Hüllblätter der Blüthenknospe ganz oder theilweise frei, und der feste Verschluss solcher durch mehrere freie Blattorgane gedeckter Blüthenknospen kann auf sehr verschiedene Weisen erfolgen (Fig. 1 etsg.) Im Allgemeinen können wir zwei Formen der Aestivation unter- scheiden, die klappige, wo die Blätter mit den Rändern an einander stossen, und die deckende, imbrieate Aestivation mit allen ihren Formen, wo die Ränder der Blätter übereinander greifen. Schon durch festes Fig. 1. Fig. 2. Blumenbachia Hieronymi Jacquinia aurantiaca Urb. Querschnitt einer Dryander, Querschnitt Blüthenknospe. Die Grup- einer jungen Blüthen- pen der Staubbläter sind knospe, zeigt die be- von den kapuzenartig aus- deutende Dicke der gebildeten Kronblättern Kelchblätter. Innen die ein gehüllt. 5 Kronblätter. Aneinanderlegen der sich deckenden Blatttheile können die Knospen bei imbricater Lage verschlossen werden (Fig. 2), besonders wenn die deckenden Flächen ganz glatt und sehr breit sind, wie das z. B. bei so vielen Pflanzen mit gedrehter Lage der Blüthenhülle der Fall ist. Doch kann der Verschluss der Blüthenknospe noch auf andere Weisen verstärkt oder hergestellt werden, Die männlichen Blüthen der Carica graeilis Reg. haben dicke gedrehte Kronlappen. Diese schmiegen sich fest aneinander an, ihre Cutieula ist sehr fein gerippt und da die Rippen des deckenden Kronblattes in die Furchen des gedeckten fallen, so ist durch diese Cutieularververzahnung der Verschluss dichter gemacht. Er wird je- doch auf noch andere Weise verstärkt, wie das deutlich die beige- gebene Abbildung eines Querschnittes demonstrirt. Auf der Dorsal- 155 seite jedes Kronlappen zieht sich über der Mittellinie desselben eine Reihe von unregelmässigen Leisten. Die am weitesten nach rechts stehende ist gewöhnlich die stärkste; zwischen ihr und der Ober- fläche des Petalum ist eine Furche gebildet, in welche der Rand des nächsten nach links gedrehten Petalum fest eingekeilt ist (Fig. 3). Dieselbe Vorrichtung haben die Knospen einer Asclepiadeae Tricho- stelma Koerberi Fournier; aber noch bei vielen anderen Pflanzen sind die Ränder zweier Hüllblätter in eine Furche des nebenstehen- den Blattes eingekeilt, z. B. bei manchen Orchideen (Sobralia ma- erantha, Coelogyne fuliginosa, Phalaenopsis, Physosiphon Loddigesii), bei mehrerern Mimusopsarten (Sapotaceae) etc. Aehnlich verhalten sich viele solche Liliaceen, deren Knospen durch die Decekblätter ungenügend geschützt sind. Bei Smilax bona nox L. sind die Knospen durch sechs Perigonblätter eingehüllt, von ?- er /) N), I 2? Fig. 3. Fig. 4. Carica gracilis Regel. Quer- Lilium Martagon. Querschnitt einer schnitt einer männlichen Blüthenknospe oberhalb der Antheren. Blüthenknospe, den Verschluss der Kronblätter zeigend. welchen nur die drei äusseren bis zum Scheitel reichen und da mit Hilfe einer Zellennath ein festes Gewölbe bilden. In der mittleren Zone sind in die Zwischenräume zwischen den drei äusseren Perigon- blätter die inneren eingeschaltet. Die letzten tragen an der Dorsal- seite eine hohe Leiste und in die beiderseits derselben liegenden Furchen passen genau die Ränder der äusseren Blätter. Ganz ähn- liche Verhältnisse zeigt Lilium Martagon (Fig. 4) und manche Aloe und Gasteriaarten. Eine äusserst häufige Erscheinung ist die Deckung der Blüthen- knospen durch Haare, welche als Schutzmittel gegen zu starke Transspiration functioniren. In dem speciellen Theile habe ich zahl- 156 reiche solche Fälle erwähnt, hier möchte nur auf einige hinweisen, Am häufigsten sind mit den Haaren die äusseren Flächen der Blüthen- hülle bedeckt, viel seltener nur die inneren. So z. B. bei den grossen Blüthenknospen der Cobaea scandens sind die fünf valvaten grünen Kelchblätter sehr bedeutend revolutiv, so dass die Knospen mit breiten grünen Flügeln erscheinen. Am Querschnitt sieht man, dass jeder Flügel aus zwei an einander anliegenden Rändern der Sepala besteht, die durch dichte geschlängelte Haare mit einander verbunden sind. Nicht selten sind die Blüthenhüllblätter beiderseits mit dichtem Haarfilz bedeckt, die bei imbrieater Deckung wie zwei Pelze an einander angedrückt sind. So besonders bei vielen Bombaceen. Bei Phoenocoma prolifera, wo die Blätter (efr. Goebel, Pflanzenbiolo- gische Schilderungen II p. 33) mit einem aus lufthaltigen Haaren bestehenden Pseudoparenchym bedeckt sind, sind auch die äusseren Hüllblätter des Blüthenköpfchens mit ebensolchem bedeckt. Noch mehr interessant sind jedoch die aus wasserhaltigen Haaren gebildeten Pseudoparenchyme, welche durch’ den Schleim verklebt die jungen Blüthenknospen und Stammspitzen bei manchen Rubiaceen bedecken, z. B. bei Cephaelis sp., Myrmecodia und Hydnophytumarten. In- teressant ist auch die Weise, wie durch die Sternschuppen, welche dachig über einander greifen, die Blüthenknospen bei vielen Euphor- biaceen, Durioneen, Elaeagnaceen gepanzert sind. Bei manchen Elaeagnusarten (Fig. 5), die vierkantige männ- liche Blüthenknospen haben (z. B. E. rigida Bl., E. floribunda), sind die vier Perigonblätter an den Kanten der Knospe durch eine Zellennaht verzahnt. Die Sternschuppen, welche näher der Mitte der Perigonblätter stehen, sind flach und decken dieselben vollständig, die mehr rand- ständigen biegen sich über der Naht, die auf Elengnus rigida Bl. Quer- jeder Kante verläuft, den Verschluss verstärkend. schnitt einer männlichen Jehnlich sonnenschirmartig bedecken die Stern- Blüthe, DieSternschuppen Schuppen die winzig kleine apicale, punktförmige biegen sich überden Naht- Oeffnung der Calyptra des Durio zibethinus. verzahnungen der Peri- Von dem Haarverschluss haben wir alle gonblätter um. Uebergänge zu den Nahtverbindungen. Neben den Calyptraverbindungen muss man den Nahtverschluss für das beste und dabei am wenigsten Materialaufwand erfordernde Verschluss- mittel der Knospen betrachten. Während jedoch eine echte Calyptra bei der Oeffnung der Blüthe zerreisst oder (viel häufiger) abgeworfen wird, Fig. 5. 157 öffnet sich eine durch Naht verschlossene Knospe (mit sehr wenigen Ausnahmen, z. B. Vitis ete.) ohne Verlust der Hüllblätter, die während der Blüthezeit andere biologische Functionen ausüben können. Man kann verschiedene Formen der Nahtverbindungen bei den Pflanzen unterscheiden. Entweder wachsen die im Contact stehenden Epidermzellen benachbarter Blätter zahnartig zwischen einander, eine Zellennaht bildend. Oder die Blattorgane sind nur durch Cuticular- rippen und Zapfen verzahnt, dann reden wir von emer Cuticularnaht (Fig. 6). Besonders starken Verschluss finden wir bei den Pflanzen, wo die beiden Verzahnungsarten neben einander vorkommen, wie z.B. bei den Rhizophoreen, wo an den spitzen Epidermpapillen noch tiefeingreifende Cu- ticularzapfen und Rippen vorhanden sind. Die Nahtver- bindungen sind in den Pflanzen, be- sonders in den Blü- then, sehr häufig zu finden; für die klap- pigen Blumenblätter sind sie fast typisch. In dem reichen Ma- teriale, welches ich untersucht habe, wa- ren nur wenig Arten mit valvaten Peri- gonblättern ohne Fig. 6. Nahtbildungen zu Hedera Helix. Querschnitt durch die Spitze der Blüthen- finden. So z.B. Epi- knospe ; eine Cuticularnaht. dendron variegatum (Fig. 7), wo die drei äusseren Perigonblätter mit breiter, ganz glatter Fläche eng an einander anliegen, und verschie- dene Columnifereen (Büttneria und Ayenia besitzen jedoch eine Zellennaht) mit valvaten Kelchblättern, die durch gekreuzte Haare verschlossen sind. Besonders. instructive Fälle von Zellennahtver- bindungen finden wir bei den Kelchen der Önagrarieen (Fig. >), Rhizophoreaen, Perigonblättern der Proteaceen, valvaten Kronblättern der Rubiaceen, Compositeen, Asclepiadeen (Ceropegia, Stapelia), Loganiaceen (Gardneria), Campanulaceen, Vaceinieen, Ölacineen, 158 Elaeagnaceen, Loranthaceen, Cornaceen, Umbellifereen, Burseraceen, Meliaceen (Guarea) und sehr vielen anderen Familien. Bei den Zapfen der Gymnospermen hat C. v. Tubeuf die Nahtbildungen schon vor drei Jahren genau geschildert (Beitrag zur Morphologie ete. des Samen- flügels 1892), Die Nahtverbindungen der Blüthenhüllblätter erinnern morpho- logisch an die Nahtverbindungen der Östeologie. Durch Druck von aussen wird die Nahtverbindung immer verstärkt, durch von innen Fig. 7. Fig. 8. Epidendron variegatum Hook. Boisduvallia coneinna Spach. Der Querschnitt einer Blüthenknospe. Zellennahtverschluss der Kelch- blätter. ausgeübten Druck wird die geschlossene Knospe geöffnet, ähnlich wie durch ebensolehen Druck ein Schädel in die einzelnen Bestand- theile zerlegt werden kann. Manchmal ist jedoch die Verzahnung so stark, dass der Druck von innen die Nahtverbindung nicht mehr loslösen kann, die Hülle wird dann verschlossen bleiben, wie bei den kleistogamen Blüthen der Myrmecodia oder sogar abgerissen und abgeworfen. So z. B. bei den Vitisarten. Bei Vitis biegen die fünf Kronblätter ihre Spitzen in sehr jungen Stadien nach innen bis zur Berührung der noch im Entstehen begriffenen Carpelle ein. Die Petala sind durch eine starke Zellennaht verbunden, ausserdem kommen noch Cutieularrippen als Verstärkung der Verzahnung dazu. Bei der Blüthenreife lösen sich die einzelnen Kronblätter nieht mehr von einander ab, aber werden an der Basis abgerissen und abgeworfen. Eine deutlich ausgeprägte Trennungs- schicht ist nicht vorhanden, doch ist die Abreisszone sehr dünn, bei V. anthriseifolia sieben Mal dünner als die Scheiteldicke der Kroncalyptra- Aehnliche, starke Verzahnungen verursachen auch bei anderen PHlanzen das Festhalten der einzelnen Blumenblätter oder ihrer Theile an den reifen Blüthen an einander, z, B. an dem Röhrentheile der 159 Blüthenkrone der Phyteuma eomosum oder an der Spitze des Peri- gons bei Garrya elliptica, Verschieden davon sind die den nachträglichen Verwachsungen der gepropften Pflanzen ähnlichen Vorkommnisse, wo eine Cutieula an den sich berührenden verzahnten Stellen der Blumenblätter sich nieht entwickelt, und die Blätter so fest mit einander verwachsen, dass die Grenze einzelner Organe in erwachsenen Stadien nicht mehr erkennbar ist. Hier gehören z. B. die Verwachsungen der Spitzen der Kronenblätter der Adlumia und der verwandten Fumariaceen, sowie die einiger Ceropegiaarten. Die Entwiekelungsgeschichte zeigt in diesen Fällen deutlich den Sachverhalt und den Gang der Ver- ‚wachsung; die Fälle wie die von Reiche bei manchen Lobelia-Arten beschriebenen, wo die Cuticula nur an gewissen Strecken nicht ausge- bildet wird, bilden den Uebergang zu den gewöhnlichen Zellennahtver- bindungen. Vie] häufiger als bei den Blüthenhüllblättern kommen solche innige Verwachsungen bei den Carpellen, und zwar auf schr verschiedene Weise zu Stande, ebenso inı Griffel wie in den Ovarhöhlen vor. Die nachträglichen Verwachsungen der frei angelegten Organe haben nichts Gemeinsames mit der durch intercallares Wachsthum bedingten Verwachsung, und obwohl die beiden Fälle in den End- stadien vielfach einander sehr ähnlich sind, so zeigt doch immer die Entwickelungsgeschiehte, dass es sich um zwei grundverschiedene Vorgänge handelt. Man darf also der Meinung Scehumann’s (Pringsheim’s Jahrbücher XVIU p- 168) nicht beistimmen, welcher meint: „Wer die Neigung hat, phylogenetisch die Abstammung der gamophylien Blütheneyclen abzuleiten, der wird in den noch heut sich vollziehenden nicht seltenen Verschmelzungen ursprünglich freier Cyclenglieder zahlreiche Analoga finden können*, Die echte Gamophylie, also durch ein intercalares Wachsthum be- dingte sog. congenitale Verwachsung, kommt in verschieden hohem Grade ausgebildet in verschiedenen Cyclen der Blüthenhülle vor. Auf diese Vorkommnisse brauche ich hier nicht näher einzugehen, da die Sache in jedem Lehrbuche der Morphologie und in der systema- tischen Litteratur zur Genüge besprochen ist, obwohl nur wenig von dem biologischen Standpunkte des Knospenschutzes. Mehr interessant sind die Calyptrabildungen, die in keine freien Blattlappen an der Spitze auslaufen und die Blüthenknospe vollständig umhüllen. Die Calyptren der Blüthen haben einen verschiedenen morphologischen Werth. Bald entsprechen sie den Brakteen, z. B. bei Aetoxieon, Durio, Eupomatia etc, am häufigsten dem Kelche, z. B. bei vielen Bigno- 160 niaceen, Melastomaceen, Capparideen, Elscholtzia und sehr vielen anderen Pflanzen, seltener den Kronblättern, wie z. B. bei den Mark- gravien und solehen Eucalyptusarten, die sowohl eine Kelch- wie Kron- calyptra besitzen. Da solche calyptraartige Mützen durch das Wachs- thum eines ringförmigen Wulstes entstehen, so müssen sie immer eine kleine Öffnung aufweisen. Dieselbe ist fast immer apical, bei der Euphorbiaceae Pera jedoch seitenständig. Diese Oeffnung wird auf verschiedene Weise verschlossen. Entweder durch das Aneinander- wachsen der Ränder derselben, oder durch einen mehr oder weniger diehten Haarstöpsel. Im ersten Falle wird der Verschluss durch Bildung einer der „Treufelspitze* ähnlich ausgezogenen Calyptra- spitze verstärkt, z. B. bei der Myriaspora und manchen Bignoniaceen. “ Eine äusserst verbreitete, besonders für manche Familien typische Schutzvorrichtung der Blüthenknospen ist das Ueberziehen derselben mit schleimigen Massen. Sehr verbreitet ist diese Erscheinung bei den Wasserpflanzen, aber auch sehr zahlreiche Landpflanzen, speciell Pflanzen der Tropen, zeigen dieselbe Schutzeinrichtung, so 2. B. habe ich dieselbe gesehen bei Arten der Rhizophoreen, Lecythi- deen, Clusiaceen, Rubiaceen, Scrophularineen, Apocyneen, Logania- ceen, Asclepiadeen, Euphorbiaceen ete. Die Organe der Schleimab- sonderung sind sehr verschieden. Bei Pachystroma scheiden denselben die Epidermiszellen der Perigonhülle in Gestalt von kleinen Tröpfchen, ähnlich wie es in den Intercellularräumen der Nymphaeaceen und vieler anderer Pflanzen zu sehen ist. Bei den Nymphaeaceen und Calombeen sind es specielle Schleimhaare, die die jungen Blüthen- knospen vollständig umhüllen, bei den meisten Pflanzen jedoch sind es grosse Drüsen, an welchen aussen ein secernirendes Drüsenepithel, innen ein kleinzelliges Innengewebe (analog der Tunica propria der thierischen Histologie) zu sehen ist. Ich habe im Folgenden für diese Drüsenemergenzen den Hanstein’schen Namen Colleteren (in etwas engerem morphologischen Sinne) gebraucht. Zwischen solchen Colleteren und den einfachen Schleimhaaren sind jedoch, wie aus den Untersuchungen Hanstein’s und Schilling’s zu sehen ist, alle Zwischenstufen vorhanden. Die Colleteren stellen sehr hoch organisirte pflanzliche Schleim- drüsen dar. Nach der Beschaffenheit des secernirenden Epithels sind bei ihnen zwei Gruppen zu unterscheiden: erstens die Colleteren mit einer Schicht von Cylinderepithelzellen und zweitens solche mit inehrschichtigem Drüsenepithel. Die letzten habe ich nur bei Garcinia angetroffen, wo die Epidermzellen durch Zelltheilungen ein 161 mehrschichtiges Gewebe bilden (Fig. 9). Die Drüsenzellen sind mit dichtem Plasma erfüllt und mit grossen Zellkernen versehen. Die Colleteren mit Cylinderepithel sind dagegen sehr verbreitet; als Typus kann die Hanstein’sche Abbildung von Coffea arabica (Bot. Zeit. 1868) dienen. Sie variiren sehr in der Gestalt und Länge, sowie in der Gestalt der Epithelzellen. Besonders unregelmässig gebaut, breit und dick sind sie bei Rhizophora, wo auch die Epi- thelzellen ihre grösste Länge erreichen. Bei vielen Onagrarieen, Asclepiadeen, Apo- eyneen, Couroupita sind die Colleteren sehrlang,aberschmal, gewöhnlich allseitig mit Drüsenepithel bedeckt oder (bei Allamanda cathar- thica L,) im unteren Theile nur an der Innenseite _ secer- f . . Fig. 9. toren mit oylindıt Gareinia Xanthochymus Hook, fill, Die schleimabson- dernden Colleteren, schem Epithel er- innern im Baue desselben sehr stark an manche thierische Schleim- drüsen und zwar an die schleimabsondernden Epithelien der Magen- oberfläche, sowie an die Epithelien der Halstheile der Pylorusdrüsen. Die Aehnliehkeit beruht nicht nur in der Gestalt der Zellen, sondern auch in der basalen Lagerung der Zellkerne und dem Bau des Plasma; die Differenz liegt in Anwesenheit der Cellulosemembran bei den pflanzlichen Drüsen, Eine andere Schutzvorrichtung der Blüthenknospen stellt uns der berühmte, von Treub ausführlich beschriebene Fall der Flüssigkeit- ansammlung in der Kelchealyptra der Bignoniaceae Spathodea cam- panulata vor. Die Flüssigkeit wird hier offenbar durch die niedrigen köpfigen Schilddrüsen, welche die Innenseite des Kelches bedecken, secernirt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass solche Flüssigkeitsan- sammlungen auch bei anderen Gattungen vorkommen, besonders bei den unten näher beschriebenen Bignoniaceen und Melastomaceen. Den wahren Sachverhalt kann man jedoch nur an lebendem Material, welches mir nicht zu Gebote stand, entscheiden. Deswegen bleibt mir auch die biologische Bedeutung der sonderbaren Schüsseldrüsen, Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd, 11 162 welche an der ausgezogenen Spitze der Kelchealyptra einer Deoli- chandroneart vorhanden sind, und vielleicht mit Myrmekophilie in Beziehung stehen, unbekannt. Specieller Theil. Von dem verhältnissmässig reichen untersuchten Materiale habe ich der Kürze halber im Folgenden nur die mehr interessanten Fälle berücksichtigt. Mit der Gruppirung und Anordnung des Materials waren manche Schwierigkeiten verbunden, und da die systematische Eintheilung, sowie auch die morphologische, mir nicht entsprechend erschien, so habe mich für eine — zwar nicht ganz streng durch- geführte — nach biologischen Gruppen entschieden. Auch diese hat ihre Schattenseiten. Hier möchte ich noch auf eine Thatsache hin- weisen, welche bei meinen diesbezüglichen Untersuchungen in fast ermüdender Wiederholung beständig klar in Vordergrund der Be- trachtung kam, hinweisen. Nicht nur an den ausgebildeten Blüthen sollen wir die Anpassungen an ihre Functionen bewundern, an jeder Entwiekelungsstufe treten uns Anpassungen und Schutzvorrichtungen entgegen. Von den ersten Primordien angefangen haben wir mit wechselnden Anpassungen zu thun, und die Phasen der Entwicke- lung kann man biologisch als Ergebnisse eines Compromisses zwischen den augenblicklich thätigen Anpassungen und den erst später im Ver- laufe der Entwiekelung zur Geltung kommenden betrachten. Auch die Entwickelungsgeschichte fordert eine biologische Betrachtung. Die Pflanzen der trockenen Standorte. Die bei vielen Arten grossen Blüthenknospen der Eucalypten, welche, ohne dureh die Laubblätter oder Hochblätter geschützt zu werden, an den stark insolirten Gipfeln hoher Bäume, z. Th. in recht trockenen Gegenden vorkommen, erwecken unser besonderes Interesse wegen ihrer Schutzvorrichtungen zur Verminderung der Transspiration. Die Rolle der eigentlichen Schutzorgane haben hier die Kron- und Kelchblätter übernommen. Diese sind von aussen mit einem dieken Wachsüberzug bedeckt und zeichnen sich durch enormen Reichthum an Oellücken aus. In Betreff des Baues der schützenden Kron- und Kelchhülle kann man unter den sehr zahlreichen Arten drei Gruppen unterscheiden. Bei sehr vielen Arten ist Krone und Kelch vorhanden, beide als Calyptra entwickelt. Die Kroncalyptra ist in die Kelchcalyptra 163 eingeschachtelt. Die Gipfelöffnung der Calyptra ist immer durch An- schmiegen der dick cutieularisirten Epidermzellen ganz verschlossen. Die äussere Mütze, also der Kelch, wird in den meisten Fällen sehr früh abgeworfen und die Knospen sind in späteren Stadien nur durch die Kroncalyptra geschützt. Nur bei wenigen Arten bleibt die Kelelı- mütze länger erhalten, so z. B. bei den von Bentham (Fl. ausir.) eitirten E, platyphylla, E. eximia, E. variegata, zu welchen ich noch Eu. inerassata Labill. und E. largiflorus F. v. M. hinzufügen kann. Die meisten systematischen Werke, z. B. Bentham etHooker, Genera plantarum, Niedenzu in Natürliche Pflanzenfamilien, sind in dieser Hinsicht fehlerhaft, was um so mehr merkwürdig erscheint, als schon Payer die Entwiekelungsge- schichte des E. cordata, welche diese Verhältnisse deutlich genug zeigt, beschrieben hat (Fig. 10, 11). Die äussere Calyptra wird bei den meisten Arten sehr früh abgeworfen und die ring- förmige Wunde durch eine Korkbildung vernarbt. Solche Fig. 10. Fig. 11. vernarbte Abbruchstellen der Eucalyptus largifiorus F, v. Müll. (Fig. 10). Kelchcalyptra habe ich bei Eucalyptus diversifolius Lk. (Fig. 11). Längs- sehnitte durch junge Blüthenknospen. Bei j E. largiflorus ist die Kelch- und Kron- strata Sieb., corynocalyx F. v. calyptra, bei E. diversifolia nur eine Calyptra Mitt. gesehen. vorhanden. Zu einer anderen Gruppe muss man diejenigen Fucalyptusarten rechnen, an welehen die Kelchealyptra nicht ausgebildet wird und der Schutz der Blüthe ausschliesslich durch die Kronenmütze bewirkt wird. So z. B. zeigen die kaum Imm langen Blüthenknospen von Eue. diversifolia Lk. im Längsschnitt ein Bild, welches die beigefügte Figur 11 wiedergibt. Die sehr dicke Kronenhaube übernimmt allein die Rolle des Knospenschutzes. Aehnlich scheinen sich auch Eu. obliquus L’Herit., E. acmenioides Schauer, E. graeilis F. v. M., E. Gunni Hook. zu verhalten, von welchen ich jedoch nur ältere Knospen unter- suchen konnte. An diesen war vom Kelch keine Spur zu finden, auch keine Narbe oder Abbruchstelle desselben; dicke Cuticula über- zieht ganz gleichmässig den Fruchtknoten und geht ohne Unter- brechung auf die Kronenmütze über. Eine andere Gruppe bilden vielleicht jene Eucalyptusarten, bei 11* E. Globulus, longifolius, ro- 164 welchen nach den Beschreibungen freie Kelchblätter vorhanden sind, z. B. E. tetragonus u. a. Ich konnte leider keine derselben näher untersuchen. Die Calyptra der Eucalypten kann als Muster eines gut schützen- den Organes gelten. Aussen ist diesselbe von einer dicken, bei einigen Arten sehr dicken, Cutieula überzogen. Innen sind zahlreiche sehr grosse Oellücken vorhanden, welche die mechanische Festigkeit derselben herabsetzen. Dieselbe ist jedoch durch selerenchymatische, diekwandige, zum Theil verzweigte Zellen erhöht, die bei einigen Arten den grössten Theil des Calyptragewebes ausmachen. Die Dieke der Calyptra ist immer am grössten an der Spitze oder unmittelbar unterhalb der Spitze, verengert sich gegen die Basis, wo die Ab- bruchstelle am dünnsten ist. Die apieale Scehliessung der Calyptra wird durch festes Aneinanderliegen der beiderseitigen Epidermen her- gestellt, manchmal wird sie noch wirksamer gemacht durch ein Ueber- einandergreifen eines Randes über den anderen. Bei den Arten mit dünnwandiger Abbruchstelle ist keine deutliche Trennungsschicht ausgebildet; sehr schön ist dieselbe bei den Arten mit dickerer Basis der Calyptra, z. B. bei E. Globulus, E. longifolius entwickelt. Bei diesen Arten zieht sich von der Ansatzstelle der Staubblätter bogig nach unten eine mehrschichtige Trennungszone, deren flache, dünn- wandige Zellen lückenlos mit einander verbunden sind und noch vor dem Abwerfen der Calyptra verkorken. Die Hauptrolle bei der Ab- trennung der Calyptra scheint hier die Vertroeknung der Mütze zu spielen, welche infolge der Verkorkung der Trennungszellen bedingt wird. In dem Maasse wie die Verkorkung von aussen nach innen fortschreitet, hebt sich der Aussenrand der Calyptra nach oben, während der Innenrand noch festhält. Erst später wird auch er los- gelöst. Die Staubblätter scheinen bei dem Abwerfen der Calyptra keine Rolle zu spielen, wahrscheinlich ist jedoch der Griffel thätig, der wie ein Finger im Handschuh in einer apicalen Höhlung der Calyptra verborgen ist. Manche interessante Vorrichtungen finden wir auch bei anderen, an trockene Standorte angepassten leptospermen Myrtaceen Austra- liens. Bei vielen sind die Blüthen zu Köpfchen gedrängt, und der Blüthenstand durch die sehr stark eutieularisirten Brakteen von imbri- cater Deckung geschützt, nach Art der Compositen. So z. B. bei Darwinia-, Actinodium- oder Calyeothrixarten. Aeusserst dieke Cuti- ceularüberzüge zeigen manche Darwiniaarten, besonders an den Kron- blättern. Diese sind bei D. Meissneri sehr dünn (Fig. 12), an den 165 Rändern nur aus den beiden Epidermschichten gebildet, decken je- doch die Knospe durch ihre dachige Lage und kappenförmiges Tebereinandergreifen an der Spitze sehr fest. Sehr stark cuticulari- sirt sind auch die beiden nebenblattähnlichen Anhängsel an der Basis jedes Staubblattes. Bei Verticordia schützen die Knospe die beiden Vorblätter, welche unten einen verschlosse- nen Krug bilden. Die Zwischenräume zwischen dem Vorblattinvolucrum und dem Fruchtknoten ist besonders bei den Arten, wo das Involucrum vor dem Aufblühen abfällt, mit diekwandigen Haaren vollge- stopft. Bei V. Fontanesii sind die Epi- Fig. 12. dermzellen des Fruchtknotens sehr hoch Darwinia Meiseneri Benth. Quer- schnitt des Kronblattes zeigt und schmal, der Gestalt nach fast man- 4. sehr starke Verdiekung der chen Drüsenepithelien ähnlich, doch diek- Epidermwände. wandig, stark eutieularisirt und laufen an der Spitze in eylindrische, schief nach oben geneigte Fortsätze aus, welche nur einen sehr engen Canal haben. Auch die vielfach ge- theilten, charakteristischen Kelchblätter der Verticordieen, die trocken- häutig sind, dienen den Knospen als Schutz gegen Transspiration. Eine sehr bedeutende Länge erreicht der unterstän- dige Fruchtknoten bei Lhotz- kya ericoides Schauer. Er ist durch die beiden Vorblätter, die unten eine Scheide bilden, geschützt. In dem Winkel zwischen den Vorblättern und dem Fruchtknotensind mehrere eylindrische oder etwas ver- lachte am Querschnitt aus 6—16 Zellen gebaute Squa- mulae sichtbar, die eine äusserst dünne Cuticula be- Fig. 13. sitzen. Sie sind ganz ähn- Pileanthus filifolius Meissn. Querschnitt einer Oellücke. lich gebaut, wie verschiedene schleimabsondernde Squamulae intravaginales, doch konnte ich an dem ungünstigen Materiale über das Wesen ihres Secrets nichts ermitteln. Pileanthus filifolius Meissn. (Fig. 13) hat in dem Fruchtknoten eine zusammenhängende Schicht von grossen Vellücken, die nur durch 166 eine oder sehr wenige Zelllagen von einander getrennt sind. Die mechanische Festigkeit des Fruchtknotens wird auf eine einfache, aber sonderbare Weise erhöht. Alle die flachen, polygonalen, tafel- förmigen Zellen, die eine Oellücke begrenzen, verholzen, ihre radiären Wände wachsen sehr stark in die Dicke, grosse, verästelte Tüpfel bildend. Von der Fläche gesehen erscheint eine Tapetenzelle der Oellücke dem Querschnitte einer Steinzelle ganz ähnlich. Eine andere grosse Familie von Holzgewächsen, die besonders in subtropischen Gegenden mit einem ausgeprägten Wechsel der Trocken- und Regenperiode reichlich vorkommen, sind die Proteaceen. Die Schutzvorrichtungen der Blüthen sind bei ihnen, soweit ich unter- sucht habe, sehr gleichmässig ausgebildet. Die vier Perigonblätter, welche unten häufig eine Röhre bilden, endigen mit freien Lappen von valvater Aestivation. Der Verschluss der Knospe wird bewirkt durch eine starke Zellennaht, indem die spitzen Epidermzellen, die mit dicker Cuticula überzogen sind, zwischen einander greifen. So z. B. bei Hakea leucoptera, Grevillea sericea R. Br., Telopea truncata R. Br., Leucodendron sp., Isopogon anemonaefolius, Lomatia obliqua R. Br., Oreocalyx grandiflora R. Br., Cardvellia sublimis F. v. Müll. Helicia excelsa Roxb. Verstärkt wird bei vielen Arten dieser Ver- schluss durch zahlreiche dichte, dickwandige Lufthaare, welche dıe Oberfläche des Perigons bedecken, z. B. bei den erwähnten Leuco- dendron-, Grevillea-, Telopea- und Lomatiaarten, Bei den Protea- arten, welche köpfige Inflorescenzen besitzen, sind die Perigonblätter nicht besonders dick, bei ihnen übernehmen nämlich die starken, vielfach an der Spitze und Basis lang und dicht behaarten Bracteen die Schutzrolle. Diese Bracteen sind sehr stark gebaut und durch grosse Mengen sclerenchymatischer Elemente ausgezeichnet. Bei P. speciosa R. Br. ist eine ununterbrochene Zone von Sclerenchymzellen vorhanden, welche von der Dorsalepidermis durch ein einschichtiges Hypoderma getrennt ist, ausserdem treten noch getrennte Gruppen von Selerenchymzellen unter der Epidermis der Oberseite auf. Bei P. Scolymus R. Br. sind die Sclerenchymzellen nicht so stark, wie bei der vorigen Art verdiekt, dagegen noch zahlreicher. Die Zwischen- räume zwischen den Bracteen und Blüthen sind bei der letztge- nannten Art durch sehr lange, diekwandige Haare vollständig aus- gefüllt. Die mechanisch wirkenden, sclerenchymatischen Zellen kommen auch in den Perigonblättern vieler Arten vor, in sehr grosser Zahl und besonders diekwandig bei Cardvellia sublimis. Von der kleinen südafrikanischen Gruppe der Pennaeaceen konnte 167 ich nur wenige Arten untersuchen. Die Blüthen sind durch die Trag- blätter gut eingehüllt; diese zeichnen sich durch eine dieke Cuticula und zahlreiche Sclerenchymzellen und Fasern aus. Die Perigonblätter sind valvat, bei Pennaea mueronata L. sehr dick, durch starke Rippen der Cutieula fest mit einander verbunden. Bei Sarcocolla spieata DC. und $. squamosa L. sind die Perigonblätter zurückgebogen und auf der ganzen Breite der zurückgebogenen Flanken mit den benach- barten durch Cuticularrippen verzahnt, Die xerophyten Asclepiadeen, z. B. Stapelia, Apteranthes, Cero- pegia, besitzen dicke quincuneiale Kelch- und valvate Kronblätter. Bei Stapelia, wo die sehr jungen Blüthen durch kleine Hochblätter geschützt sind, sind die Ränder der letzteren unmittelbar über der Basis colleterartig ausgebildet. Es sind zwar keine Emergenzen oder Trichome gebildet, doch die Epidermzellen der Bracteenkante sind vergrössert, epithelartig gestaltet und scheiden eine gummiartige, schleimige Substanz aus, welche die Kelche ganz junger Knospen überzieht. Zwischen den Keleh und den Kronblättern findet sich bei Ceropegia stapeliaeformis (Fig. 14) ein Kranz von sehr dieken und langen Colleteren. Bei Stapeliaarten sind diese Colleteren viel spärlicher, bei St. tridentata zwischen je zwei Kelehblätter je eine kurze und dünne. Die Kronblätter sind verzahnt durch eine Zellennaht. Die Verzahnung ist be- sonders an dem Scheitel der Knospe sehr stark, bei Apteranthes Gussoniana wird sie noch ver- stärkt durch scharfe, dünne Öuticularspitzchen, die an den Spitzen der conischen Epidermzellen Fig. 14. stehen und zwischen die entsprechenden Epiderm- Ceropegia stapeliaeformis zellen des benachbarten Kronblattes hineinragen. HaY- Querschnitt einer . , Blüthenknospe, die Lage Bei Stapelia reflexa wird der Verschluss der „, oolleteren zeigend, die Krone verstärkt durch die Haare, welche an der xKelchblätter sind beziffert, Innenseite der Petala, neben den Berührungs- p die Kronenblätter. kanten derselben entspringen und über der Zahnnaht sich kreuzen, Eine Modification des Kronverschlusses finden wir bei der kleinen Gruppe der Ceropegien, nämlich bei C. Saundersi, C.’Monteiroae Hook. und C. Galpinii Schlechter. Nur die erste dieser Arten habe ich untersucht. Die Kronblätter sind in dem unteren Theile so wie bei anderen Ceropegieen verzahnt, gegen die Spitze sind die Epidermen ganz mit einander verwachsen. Im ausgewachsenen Stadium kann man an Querschnitten die Grenze zweier Petala nicht mehr erkennen, 168 da die Cutieula an den Epidermzellen der Contactzone nicht aus- gebildet ist, dieselben aber von den Parenchymzellen weder in der Grüsse, Gestalt oder Beschaffenheit des Zellkernes zu unterscheiden sind. Wir haben hier eine solche Verwachsung wie die der Petala- spitzen einiger Fumariaceen, und ebenso wie bei den letzten öffnet sich die Krone nur im unteren Theile, an der Spitze bleiben die Petala schirmartig verwachsen, so dass sie ein laternenartiges Gebilde dar- stellt. Aehnliche innige Verwachsungen, finden wir bei allen Asele- piadeen in dem Fruchtknoten, wo die beiden Carpelle unten frei bleiben, oben auf dieselbe Weise verwachsen und eine einheitliche Narbe bilden, in welcher die Grenze beider Fruchtblätter in älteren Stadien nicht mehr zu erkennen ist. Den Verschluss der Perigonblätter durch spitze Epidermzellen, durch eine Zellennaht finden wir bei sehr zahlreichen Pflanzen der trockenen Standorte. So z. B. an den valvaten Kelchblättern des Zizyphus Spina Christi (wo die Kelchblätter an der Innenseite einen Collenchym- beleg haben), bei Tetragonia expansa, Grubbia rosmarinifolia Berg, bei den Kronblätter der Acacia armata, Brunonia australis, Scaevola Thunbergi Eeklon, Dampiera eriophora Vriese, den Kelchblättern der Frankenia intermedia, Die Mesembryanthemumarten verbergen ihre jungen Blüthen- knospen tief zwischen den fleischigen Blättern, welche dieselben auch von oben bedecken. Die Blüthenanlagen bei diesen Xerophyten entwickeln sich von Aussen vollständig durch die dicken, schleim- reichen Laubblätter geschützt. Von den Cacteen habe nur wenige Arten untersucht. Bei den meisten Mamillarien sitzen die jungen Blüthenknospen sehr tief zwischen den Mamillen versenkt. Bedeckt sind sie durch einen dichten Haarpelz, vielfach von blendend weisser Farbe. Solche in einer dichten Haarhülle eingesenkte Blüthen- knospen kommen bei zahlreichen Arten anderer Cacteengenera vor, ich will nur an Pilocereus oder an die in Cephalien der Melocactus- arten verborgenen Blüthenknospen erinnern. Die Perigonblätter sind dachig, eng anschliessend, aber ohne Nahtbildungen. Den Schutz der Blüthenknospen durch Haare finden wir bei einer grossen Anzahl der Wüstenpflanzen, z. B. vielen Astragalus- arten, Convolvulus lanatus, Heliotropium persicum etc. Nur der Vollständigkeit halber will ich hier erwähnen, dass die Pflanzen, welche in zeitweise ganz trockenen Erdstrichen wachsen, sehr häufig Zwiebelbildung zeigen, ohne auf die näheren Verhält. nisse näher einzugehen in Bezug auf welche ich an die Arbeit 169 Tavel’s verweise. “Unter der Erde, zwischen den dicken, saf- tigen Niederblättern verborgen, entwickeln sich die Blüthenstände so zahlreicher Steppenliliaceen und Amaryllideen. Die Blüthenanlagen bilden sich bei ihnen während der trockenen Periode aus, sind sie doch zu dieser Zeit wie von einem Wasserreservoir von den saft- reichen Schuppen fest umschlossen, Im Gegensatz zu den oben besprochenen Pflanzen trockener Standorte, deren Blüthenknospen mit morphologischen Sehutzvor- richtungen reichlich versorgt sind, stehen einige annuelle Pflanzen, bei welchen die Blätter der Blüthenhülle kaum die Knospe um- hüllen, wo die Perigonblätter nicht verschlossen, sondern auch in der Knospe geöffnet sind. Hierher gehören in erster Linie die Re- sedaarten, welche merkwürdig sorglos ihre wachsenden Geschlechts- organe, Staubblätter, Carpelle, auch die Samenanlagen in den nicht geschlossenen Ovarhöhlen zur Schau tragen. Die kleinen grünlichen Kronblätter der Resedaarten haben eine offene Aestivation, dünn- wandige Epidermzellen, zahlreiche, wenig vertiefte Spaltöffnungen. Im Gegensatz zu allen untersuchten Pflanzen ist an der Oberseite der Kronblätter eine Pallisadenschieht vorhanden. Und trotzdem leben dieselben an recht trockenen Standorten, manche gehören sogar zu den ausgesprochenen Wüstenarten, z. B. Caylussea canescens L., Oligomeris subulata Del., mehrere Resedaarten. Ebenso offene ältere Blüthenknospen hat Cleome violacea, eine Capparideae der troekenen Standorte Spaniens. Dass alle diese Pflanzen mit so ungenügend geschützten Blüthenknospen an trockenen Standorten wachsen, Blüthen entfalten und Samen bringen können, erklärt uns zum Theil die Er- wägung, dass sie alle annuelle Kräuter von sehr raschem Wuchs sind, die während der kurzen Regenperiode schnell ihre Blüthen entfalten und Samen zur Reife bringen. Wahrscheinlich besitzt bei ihnen Jedoch das Plasma selbst eine grössere Widerstandsfähigkeit gegen Austrocknung, als bei anderen Pflanzen. Die Blüthenknospen der Strandpflanzen. Wie bekannt, finden wir „in der Blattstruetur der Strandbiume alle Eigenthümlichkeiten wieder, welche sonst mit xerophiler Lebens- weise verknüpft vorkommen und als Schutzmittel gegen Transspiration aufgefasst werden“ (Schimper, Strandilora, 13). In den Blüthen- knospen derselben finden wir auch, wie es zu erwarten war, zahl- reiche und interessante Schutzvorrichtungen, auf welche ich hier kurz hinweisen möchte. 170 Bei Brugiera eriopetata sitzen die Blüthenknospen in den Achseln der Laubblätter, von diesen in jungen Stadien gut verhüllt. Die 12 bis 14 Sepala sind sehr dick, am Querschnitt dreieckig von dicker Cuticula überzogen, mit den benachbarten in der Knospe sehr fest verbunden. Die Cuticula ist an der Aussenseite diek, doch bedeutend dünner als an der Innenseite, wo sie eine sehr grosse Dicke er- reicht, und an dieser Aussenseite kommen zahlreiche Spaltöffnungen vor. Die Spaltöffnungen liegen in kleinen Vertiefungen an der Aussenseite derselben, zwei Cuticularvorsprünge der Schliesszellen bilden zwei über einander stehende Vorhöfe, an der Innenseite ist noch ein Hinterhof vor der Athemhöhle ausgebildet. Am Querschnitt zeigen die Sepala einen sonderbaren Bau, der mir sonst bei keiner Pflanze begegnet ist. Die Kelchblätter erscheinen hoch dreieckig, wobei die Spitze des spitzen Dreiecks nach dem Innern der Blüthe gerichtet ist. Das Gewebe ist durch eine bogig gekrümmte, aus einer Reihe grosser dünnwandiger Zellen bestehen- den Zone in zwei Hälften getheilt, nämlich in eine äussere, am Querschnitt linsenförmige, die aus Schwammparenchym gebildet ist, und in eine innere, welche von einer Reihe von Gefässbündeln über- zogen ist. Die Zellen des aussenliegenden Schwammparenchyms sind dickwandig und lassen zwischen einander grosse Intercellularräume, welche mit den Spaltöffnungen kommuniziren. Die Zellen besitzen spärliche Chlorophylikörner, die Intercellularräume sind nur unmittel- bar unter den Luftspalten lufthaltig, sonst mit einer dicken, schlei- migen, stark quellbaren, mit Jod oder Chlorzinkjod gelb färbbaren, Farbstoffe (Anilinfarben oder Haemotoxylin) speichernden Masse dicht erfüllt. In dieser Schlammmasse sind die Schwammparenchymzellen ganz eingebettet. Die innere Hälfte der Kelchblätter ist auch grösstentheils durch Schwammparenchym gebildet, deren Zellwände dick, äussere an Inter- cellulurräume grenzende Membranschichten, quellbar, die Intercellular- räume durch Schleim grösstentheils ausgefüllt sind. In der mittleren Zone dieser inneren Kelchblatthälfte verlaufen zahlreiche Gefässbündel von spärlichen Selerenchymfasern begleitet. An der Grenze beider Hälften verläuft eine Reihe grosser plasma- reicher, dünnwandiger Zellen, deren Wände Cellulosereaction zeigen . und dicht aneinander schliessen. Ueber die physiologische Bedeutung dieser interessanten Grenzschicht will ich aus Mangel aller Anhalts- punkte keine Meinung aussprechen, entwiekelungsgeschichtlich stellt sie eine Hypodermschicht dar, und das ausserhalb derselben liegende 171 chlorophylihaltige Schwammparenchym ist entwickelungsgeschichtlich ein Epidermgewebe, welches durch tangentiale und radiale Theilungen der einzigen Epidermschicht der jungen Blüthenknospen entstanden ist. An der jüngsten Blüthenknospe, die ich untersuchen konnte, waren die Kelchblätter an dem Rande des breiten, flachen Blüthen- bodens als kleine, gegen den Blüthenboden geneigte und denselben mit ihrer Innenseite berührenden Höcker entwickelt. Die inneren Blüthenorgane waren noch nicht angelegt. An diesen Knospen ist, besonders an den Längsschnitten deutlich erkennbar, die oben er- wähnte Grenzschieht schon angelegt, welche unterhalb der Basis der Sepala anfängt und sich bis zur Spitze derselben zieht. An dem unteren Ende geht dieselbe in die tiefer unten gar nicht differenzirte subepidermale Periblemschicht über, nach oben ist sie von der ober- flächlichen Epidermschicht durch 1, 2, höher 3—4 Zelllagen getrennt. Aus der Lagerung der Zellwände ist deutlich zu erkennen, dass diese bis jetzt nur wenigen Zelllagen der äusseren Zone alle durch tangen- tiale Theilungen der Epidermzellen entstanden sind. Alle Zellen der Kelchblätter sind in diesem Entwiekelungsstadium noch meristematisch ; diejenigen der inneren Grenzschicht untenscheiden sich von den übrigen durch etwas grössere, mehr compacte Zellkerne, durch dichtes, stärker tingirbares Plasma und etwas bedeutendere Grösse. Die Zellen der Grenzschicht theilen sich im weiteren Verlaufe gar nicht mehr tangential, diejenigen der mehrschichtigen Fpidermis dagegen theilen sich noch längere Zeit, und bilden sich schliesslich zu grossen Schwammparenchymzellen mit Gruppen von Tüpfeln an den Be- rührungsflächen der benachbarten aus. Die biologische Function der sonderbar gebauten Kelchblätter der Brugiera beruht einerseits im Schutz der Knospe gegen Austrocknung, bedingt durch dieke Cuti- eula und grosse Schleimmengen in den Intercellularräumen; mit dieser Function ist die assimilatorische Thätigkeit verbunden, die hier von der als Schwammparenchym ausgebildeten Epidermis ausgeübt wird. Jedenfalls ist es nöthig, an der lebenden Pflanze die Functionen dieser Kelchblätter näher zu untersuchen. Abwechselnd mit den Kelchblättern stehen die Petala und weiter in zwei alternirenden Kreisen die Staubblätter. Die Kronblätter sind am Rücken tief in zwei Seitenlappen eingeschniften, in der Einbuchtung derselben steht ein Zipfel. Diese Lappen legen sich schotenartig aneinander, hinten sind sie mit einander sehr fest durch äusserst scharfe, dünne, dichte Cuticularrippen verbunden, vorne durch Ilaare verschlossen. In je einer durch die Lappen eines Kronblattes ge- 172 bildeten, hülsenartigen Höhle sind die Staubbeutel zweier Staubblätter, eines vor dem anderen stehend, eingeschlossen. Die äusseren Staub- blätter sind die der epipetalen Reihe, die vor ihnen (also gegen die Mitte der Blüthe) stehenden gehören dem ersten Staubblattkreise an, sind an der Basis zur Seite gekrümmt und gelangen so mit ihren Antheren in die schützende Hülle der Kronblätter. Die Cuticula der Kronblätter ist noch kurz vor dem Oeffnen der Blüthe dünn. Ungefähr von dem Momente der Theilung der Pollenmutterzellen angefangen, bis zur Oeffnung der Blüthenknospe, wächst dieselbe sehr stark in die Dicke, und die Cuticularüberzüge der Kronblätter einer offenen Blüthe der Brugiera gehören zu den dicksten, überhaupt bekannten Cuticularbildungen (bis 35 dick!). Bei Rhizophora eonjugata L. stehen die Dichasien in den Achseln abgefallener Blätter. Die kurz gestielten Dichasien sind von zwei Bracteen umgeben, welche unten einen Becher bilden. Am Boden desselben wird keine Gipfelblüthe angelegt, nur zwei seitliche, die ihrerseits von je zwei sehr dieken, unten eine Urne bildenden Vorblätter sehr dicht um- schlossen sind. Am Boden der durch die ersten zwei Vorblätter des Dichasiums, wie auch am Boden der Vorblätter jeder Einzelblüthe, sind zahlreiche, dichtge- Fig. 15. drängte, grosse, unregelmässige, häufig Rhizophora Nangle L. Querschnitt gelappte, zu einem Ringe angeordnete he ee aräthen- Colleteren entwickelt, welche die Zwi- Kelehblätter zeigend. " schenräume zwischen den Vorblättern und zwischen diesem und dem Kelch mit Schleim füllen. Die Colleteren der Rhizophora sind ausgezeichnet durch eine sehr bedeutende Höhe ihres Drüsenepithels. Die vier dieken Kronblätter sind valvat, mit einander an den breiten flachen Berührungsflächen durch Zahnnaht sehr fest in der Knospen- lage verbunden (Fig. 15). Die Verzahnung wird hergestellt durch das Auswachsen der Epidermiszellen in spitze, eonische Papillen, welche mit dieker Guticula bedeckt sind. Die Cutieula ist jedoch nicht glatt, sondern mit schr spitzen Stacheln bedeckt, die in die Räume zwischen ebensolche C'utieularstachelchen des benachbarten Kelchblattes hinein- wachsen, diese ganz ausfüllen und eine sehr feste Vernahtung herstellen. 173 Die Vorblätter wie die Kronblätter zeichnen sich durch grosse Mengen der verästelten, verholzten Trichoblasten, sowie durch Gruppen von Steinzellen, welche die bedeutende, mechanische Festigkeit dieser Organe bewirken, aus. An der Dorsalseite der älteren Kelchblätter der Rhiz. conjugata entwickelt sich (noch vor dem Aufblühen) eine mehrschichtige Peridermschicht, die ich sonst an keinen anderen Kelchblättern beobachtet habe. Im Innern des Kelchblattes ist ein mehrschichtiges Wassergewebe entwickelt; unterhalb der Dor- salseite finden sich zahlreiche ES Gerbstoffzellen, die hier eine 2 ununferbrochene Lage bilden. £ Es fehlte mir an Material von sehr jungen Infloreseenzen, und deswegen konnte ich nicht genau Fig. 16. feststellen, inwieweit an dem Ceriops Roxbourghiana Wall. Der Rand Aufbau des Kelechblattes die “lines Kelchblattes quergesehnitten. Eine Epidermis betheiligt ist. Die Cutieularnaht. Jüngsten Stadien, die mir vorgekommen sind, scheinen doch anzu- deuten, dass die Epidermzellen der Dorsalseite des Kelchblattes sich lebhaft tangential theilen, doch ist die Grenze zwischen dem ver- muthlich aus Epidermis entstandenen Gewebe und dem eigentlichen Blattmesophyll in erwachsenen Blüthen nicht scharf genug trennbar. Bei Ceriops Roxburghiana Wall. (Fig. 16) sind die am Quer- schnitt dreieckigen, val- vaten Kelehblätter deutlich in zwei gleich dicke Par- tieen differenzirt. Aussen unter einigen Gerbstoff- reihen tritt ein mächtiges Lager von grossen, dünn- wandigen Wasserzellen auf. Die innere Partie des Kelchblattes, welche Fir. ® allein von Gefässbündeln Kandellia Rhedii Wight, Rand des Kelchblattes. durchzogen ist, zeigt eine ” enorme Menge von Trichoblasten. Die Ränder der Kelchblätter sind verzahnt, ähnlich wie bei Rhizophora. Ebenso verzahnt sind auch die sehr dieken. von mächtiger Cuticularschicht überzogenen Kelch- blätter der Kandellia Rhedii Wall. (Fig. 17), die dagegen nur sehr Bader 174 spärliche Trichoblasten aufweisen. Das Wassergewebe liegt hier in der Mitte des Kelchblattes. Die Knospen des Aegiceras majus Gaertn., eines kleinen Man- grovebaumes der altweltlichen Tropen, sind durch gedrehte, sehr eng anliegende Kron- und Kelchblätter gut geschlossen. Die Kelch- und Kronblätter sind beide rechts gedreht und zeichnen sich durch zahlreiche verholzte, polygonale Zellen aus, die jedoch ihre Wan- dungen erst kurz vor dem Aufblühen stärker verdicken. Die ana- tomischen Schutzvorrichtungen gegen zu starke Transspiration sind nicht stark ausgebildet; an der Dorsalseite der Kelchblätter befinden sich zahlreiche, nicht vertiefte Spaltöffnungen; die Cuticula ist nicht besonders dick, Haare, mit der Ausnahme spärlicher Schilddrüsen, fehlen. Eine sehr dicke Cutieula besitzen dagegen die Kronblätter der Avicennia offieinalis IL., die Kronblätter sind bei ihr mit dichten langen Haaren und sehr zahlreichen, sitzenden Drüsen bedeckt. Im Gegensatz zu den oben besprochenen Mangrovepflanzen der alten Welt besitzt die südamerikanische Laguncularia racemosa Gaertn. (Combretaceae) keine interessanten Verschluss- oder Schutzvorrich- tungen der Blüthenknospen. Die imbricaten Kelchblätter machen nicht den Eindruck eines besonders festen Verschlusses, die Cuticula ist sehr dünn, Trichoblasten fehlen, nur wenige Epidermzellen wachsen in kurze ceylindrische Haare aus. Die Epiphyten. Zwischen den epiphytisch lebenden Pflanzen finden wir in Be- zug auf die Verschlussvorrichtungen der Blüthenknospen sehr starke Differenzen, was ganz verständlich erscheint, da die T,ebensbeding- ungen derselben speciell in Bezug auf die Feuchtigkeit der Luft sehr verschieden sind. Schimper hat zwischen den amerikanischen Epiphyten zwei Gruppen unterscheiden können, die Epiphyten der Urwaldschatten und die der trockenen Savannenwälder. Zwischen beiden kommen jedoch alle Mittelstufen, vielfach im Bereiche ein- zelner Familien, vor, z. B. bei den Bromeliaceen. Die an luftigen, exponirten Stellen wachsende Tillandsia usneoides hüllt ihre Kron- blätter vollständig unter den schirmartig ausgebreiteten, dachig decken- den, eng anliegenden Sternschuppen. In einem schroffen Gegen- satz zu solchen grau behaarten Arten stehen die epiphytischen Bromeliaceen, welche den stark beschatteten Stämmen der Urwälder anhaften, oder auf dem beschatteten Erdboden gesellig vorkommen. Bei vielen solcher Formen, die Wassertrichter besitzen, entwickeln 175 sich die Blüthenstände vollständig unter Wasser, und man könnte erwarten, bei ihnen Anpassungen an dieses Wasserleben zu finden. Diese finden wir bei Nidularium spathulatum des hiesigen bota- nischen Gartens, bei welcher die Blüthenknospen fast bis zum Oeffnen unter Wasser stehen. Die äusseren Perigonblätter sind anders ge- baut, als die inneren. In den Epidermzellen der Kelchblätter finden sich kieselsaure Körper in grosser Menge gelagert. Zwischen den ein- zelnen Gefässbündeln bilden sich grosse Intereellularräume, die von sehr lockerem Sternparenchym ausgefüllt sind. Die Sternparenchym- zellen sind gewöhnlich 4—5 eckig, langarnig, nicht so graziös regel- mässig gebaut wie bei Juncus oder Nelumbo, aber ähnlich denen von Thalia dealbata. Die Bildung des Sternparenchyms, wie das Aus- scheiden der intercellulären Kieselsäurekörper in den Epidermzellen sind zwei bei Wasserpflanzen sehr verbreitete Erscheinungen, die bei Nidularium in den von dem Wasser des Trichters umspülten Kelchblättern entwickelt sind. Die Orchideen haben im Allgemeinen wenig bemerkenswerthe Schutzvorrichtungen der Blüthenknospen. Die Blüthenstände sind ge- wöhnlich sehr lange Zeit durch die Laubblätter fest eingehüllt, ausser- dem schützen auch die Deckblätter die jüngeren Knospen gut, Die Perigonblätter decken gewöhnlich dachig; bei manchen Arten, z. B. Phalaenopsis amabilis, Physosiphon Loddigesii, Coelogyne fuliginosa, Sobralia maerantha, decken die äusseren Perigonblätter klappig, dabei sind die aneinander stossenden Ränder eingebogen und in eine Rinne der Dorsalseite des tiefer liegenden Perigonblattes eingedrückt. Die saftigen Blüthenknospen des Epidendron variegatum haben auch val- vate Knospendeckung der dieken, äusseren Perigonblätter. Der Ver- schluss wird hier jedoch weder durch solehe Rinnenbildungen wie bei den vorigen Arten, noch durch Verzahnung oder Behaarung, wie wir solche fast immer bei valvater Aestivation finden, verstärkt. Die sehr breiten, glatten Ränder der betreffenden Perigonblätter liegen jedoch so fest aneinander an, dass an den Schnitten die Grenze zweier Blätter nicht sogleich merkbar ist. Interessant bei diesem Epidendron sind ferner die perlenartigen Emmergenzen an der Aussenfläche der Perigonblätter, welche fast immer eine Wasserspalte an dem Scheitel tragen. Die starke Entwiekelung der wasseraus- scheidenden Spalten steht offenbar im Zusammenhange mit einer enormen Anhäufung der Salze, die durch Alkohol als grosse Sphaero- krystalle in den Perigonblättern ausgeschieden werden. Mehr interessante Vorrichtungen finden wir an den Knospen der 176 an mehr trockeneren Standorten wachsenden Epiphyten, von welchen ich einige untersuchen konnte. Die Sprossspitze der Myrmecodia echinata (M. vitchiensis und Hydnophytum formicarum verhalten sich ähnlich) ist zwischen den opponirten, an der Basis eine Scheide bil- denden jungen Blattanlagen tief verborgen. Die Blätter eines Quirles haben flache Knospenlage und sind mit den ganzen, glatten La- minatheilen mit einander verklebt. Unterhalb dieser verklebten Blatt- theile befindet sich eine ganz abgeschlossene Höhle, wo junge Blatt- primordien und später die Blüthenknospen entstehen. An der inneren Basis der jungen Blätter stehen ringsum dicke Colleteren, welche denen von Coffea (Hanstein in Bot. Zeitung 1868) ganz ähnlich gebaut sind. Zwischen diesen stehen massenhaft die langen, mehr- zelligen, dünnwandigen Haare. Diese Haare sind mit wässrigem Zell- saft erfüllt und durch das schleimige Secret der Colleteren so fest mit einander verbunden, dass sie ein pseudoparenchymatisches Ge- webe bilden. Die Qner- oder Längsschnitte durch die Sprossspitze zeigen uns das ungewöhnliche Bild der Blattanlagen, die von einem dem Saftparenelym ähnlichen Gewebe, in welchem die Durchschnitte der Colleteren erscheinen, umschlossen sind. 1lydnophytum formi- carum zeigt ebenso compactes Wasserpseudoparenchym, dagegen ist dasselbe bei der hier eultivirten Myrmecodia vitchiensis wenig ent- wickelt. Die Blüthen der Myrmecodia echinata stehen vertieft in den Rinnen, die von den verbreiteten Blattpolstern umrahmt sind und deren Eingang durch starke, sich kreuzende Stacheln bewaffnet ist (efr. die Abbildung bei Goebel, Pflanzenbivlogische Schilderungen I, Tab. VIH, Fig. 2). Den Blüthenbau beschreibt Burck in Annales de Buitenzorg VII, p. 225, Tab. XX, Fig. 1—3. Die jungen Blü- thenknospen sind von dem krugartigen Kelch ganz umschlossen. Die Petala sind valvat mit einander sehr fest verzahnt, und besonders an der Wölbung der Knospe, wo sie mit einander stossen, sehr dick. Die Verzahnung ist so fest, dass sich die ausgebildeten Blüthen — nach Burck — gar nicht öffnen, sondern kleistogam befruchten. An der Basis der ausgewachsenen Blüthen sind noch die Reste der oben erwähnten Colleteren und Haare sichtbar. Während bei der Myrmecodia echinata die Kronblätter durch eine feste Zahnnaht die geschlossene, aber aus vier Blättern gebildete Calyptra erzeugen, ist die Kroncalyptra der amerikanischen Epiphyten der Gattung Markgravia anders gebildet. Nicht durch nachträgliche Verzahnung, sondern als eine einheitliche Mütze wird die Calyptra 177 der Markgraviaarten gebildet. An der ursprünglichen Scheitelöffnung derselben verwachsen die aneinander stossenden Epidermzellen durch Verzahnung der zackigen Unebenheiten der Cuticula ganz, ohne eine Öeffnung zu lassen. Die unbehaarte Kroncalyptra ist von der dicken Cutieula überzogen, und mit der Ausnahme einer schmalen, sehr dünnen Basalzone, der späteren Abreisszone, sehr diek und leder- artig hart. Die Härte ist verursacht durch grosse Mengen verholzter Elemente, Steinzellen und Trichoblasten. In der Verbreitung dieser mechanischen Elemente in der Calyptra ist insoweit eine gewisse Regelmässigkeit zu erkennen, als in der äusseren, subepidermalen Schicht die polygonalen Steinzellen prävaliren, weiter nach innen folgt ein parenchymatisches Gewebe und erst noch weiter die Masse der verzweigten Sclereiden, welche in der Nähe der inneren Fläche der Kronmütze grösstentheils radiär gestreckt sind. Bei Markgravia wird die Kronhülle mützenartig abgeworfen, vielleicht zum Theil infolge des Druckes der sich streckenden Staub- blätter. Die Krone reisst an der Basis ab, an der früher erwähn- ten sehr dünnen Trennungszone. Die Trennungszone entbehrt der mechanischen, verstärkenden Elemente vollständig, dagegen treten hier zahlreiche Schleimzellen und Raphidenbündel vor, welche die Festigkeit des Gewebes herabsetzen. Diese schwache, aus kleinen dünnwandigen Zellen gebaute basale Zone der Kronmütze wird von aussen durch die gut deckenden, starken, aber niedrigen Kelchblätter geschützt. Wie bedeutend dünner die Kronwand an der Trennungszone als höher oben ist, zeigen folgende Messungen. Markgravia M. Sintenisi | M, rectiflora umbelata | Dicke der Ansatzstelle 0,25 mm 0,06 mm ! 0,17 mm der Calyptra j j | _ | — | ' icke an der halben 1,4 mm 0,7 mm | 0,9 mm Höhe der Knospe | Von einer Collenchymschicht in der Calyptra, die Noel bei M. polyantha erwähnt, konnte ich bei den drei untersuchten Arten nichts entdecken. Die Krone der Markgravia war schon mehrfach interpretirt, so von Baillon, Delpino und Noel. Baillon und Noel wollen sie aus vier Petalen aufgebaut sehen, Delpino aus fünf. Szyscy- lowicz, der Bearbeiter der Markgraviaceen in den „Natürlichen Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 12 178 Pflanzenfamilien, schreibt (III. p. 159): „Die 2—4, ein wenig noch von einander getrennten Zähne, welche manchmal an der Spitze der Calyptra bei der Gattung zu finden sind, liefern den Beweis, dass nur eine einfache Verwachsung der vier Blumenblätter vorliegt“ Den Beweis liefert dieser Satz allerdings nur darfür, dass der be- treffende Verfasser Schlüsse ohne Beweise ziehen kann. Von einer einfachen Verwachsung ist bei Markgravia keine Rede. Aus dem Vorhandensein etwaiger Höckerchen an der Spitze der Calyptra bei dieser @attung auf die Zahl der „congenital verwachsenen“ Kron- blätter zu schliessen ist nicht rathsam, da diese Höckerchen oder Lappen durch Verwachsen der kleinen Scheitelöffnung entstanden sind, und wenn die Ränder dieser Oeffnung gleichmässig an einander wachsen, so sind keine Lappen vorhanden, wenn dagegen ein Rand über den anderen übergreift, so wird ein Lappen gebildet. Nur die Entwickelungsgeschichte könnte uns sichere Anhaltspunkte zur Ent- scheidung dieser Frage liefern; mir fehlte dazu das Material. Bei anderen Markgraviaceen, die ich gleich hier anhangsweise erwähne, wird der Knospenschutz der Blüthen durch starke, dachig deckende, mit dieker Cuticula versehene Kronblätter bewirkt. Die mechanische Festigkeit wird bei Souroubea guianensis Aubl. durch sehr zahlreiche, verzweigte Trichoblasten bewirkt, bei mehreren No- ranteaarten, die ich untersucht habe, sind dieselben spärlicher. Der Verschluss der imbricaten Kronblätter wird bei der erwähnten Sou- roubea, bei Norantea paraensis Mart. und N. guianensis Aubl. durch die Zahnnaht, spitze Epidermiszellen, verstärkt. Bei N. adamanthum Camb. wachsen zwar die Epidermiszellen nicht zu Papillen heraus, doch ist die Cuticula mit merkwürdigen, gekröseartig gewundenen Leisten bedeckt, die in die entsprechenden Furchen des anliegenden Kornblattes passen und so die Knospe durch eine Cutieularnaht schliessen, Blüthenschutzvorrichtungen bei verschiedenen Pflanzen der Tropenflora. Im Verlaufe meiner Untersuchungen habe ich zahlreiche Pflanzen der tropischen Floren in Bezug auf die uns hier interessirende Frage untersucht, und verschiedene Schutzvorrichtungen der Blüthenknospen gefunden. Die klare Bedeutung der gefundenen einfachen und com- plieirten Vorrichtungen wird zwar im vollen Lichte erst im Zusammen- hange mit den Lebensgewohnheiten der betreffenden Art erscheinen, doch ist es mir sehr schwer geworden, dieselben bei vielen Pflanzen 179 genau feststellen zu können. Das ist die unangenehme Lage eines Botanikers, der in Europa die biologischen Anpassungen der fremden Gewächse berühren will. Da jedoch manche von den gefundenen morphologischen Thatsachen interessant und zum Theil wenigstens in ihrer Bedeutung ohne Weiteres verständlich sind, so gebe ich hier in bunter Aufeinanderfolge die interessanteren Thatsachen wieder. Durio zibethinus (Bombaceae) entwickelt seine grossen Blüthen- knospen an den Gipfeln hoher Bäume. Wie die vegetativen Organe, so sind auch die Blüthenknospen durch einen dichten Panzer der verholzten Sternschuppen bedeckt, welche dachig über einander greifen. Die Blüthenknospen sind aussen von dem Nebenkelche, der hier als eine dicke Calyptra ausgebildet ist, die bei dem Aufblühen unregelmässig zerreisst, umgeben. Die enge, punktförmige Scheitel- öffnung derselben ist durch einen Propf der geschlängelten dichten Büschelhaare verstopft und ausserdem oben durch die Schildhaare verdeckt, Die Kelchblätter sind ebenso wie die Calyptra an der Dorsalseite durch einen Sternschuppenpanzer bedeckt, an der Innenseite tragen sie das sonderbare Nectarium. Wie bei anderen verwandten Gattungen treten in den Kelchblättern (und in der Calyptra) sehr zahlreiche grosse Schleimzellen auf. Der Fruchtknoten der Blüthen- knospe ist auch von besonders breiten Sternschuppen umzogen; diese sind hier jedoch nicht kurz gestielt und der Oberfläche eng anliegend, sondern sitzen an Spitzen conischer Emergenzen an, die nach der Befruchtung zu langen, starken Stacheln auswachsen. Ebenso starke, obwohl andere Schutzvorrichtungen gegen Trans- spiration finden wir bei vielen anderen Bombaceen. Quararibea turbinata L. besitzt einen sehr dicken, an Schleimzellen reichen, als Calyptra entwickelten Kelch, welcher unregelmässig zerreisst und deren enge Scheitelöffnung durch Haarpropf verstopft ist. Die Kronblätter decken dachig. Chorisia crispiflora St. Hil. besitzt einen krugartigen, sehr dickwandigen Kelch, eng anliegende Kronblätter decken sich convo- lutiv. Sehr starke Haarüberzüge an den Kelchblättern besitzen viele Bombaxarten; von einem besonders dichten langhaarigen Pelz sind die Aussenflächen der Kelch- und Kronblätter bei Ceiba pubiflora bedeckt, während bei Pachira macrocarpa Schlecht. die Kelchblätter beiderseits dicht behaart sind. Den Verschluss der Kelchblätter dieser Art könnte man mit zwei mit der Haarseite aneinander angepressten Pelzen vergleichen. In ähnlichen Rahmen variiren die Schutzvorrichtungen der Blüthen- knospen bei anderen Columniferen. Sloanea ochrocarpa Mart., Mono- cera tuberculata Hooker, Elaeocarpus floribundus Blume haben dicke 12* 180 klappige Kelchblätter, welche durch geschlängelte oder sich kreuzende Haare verschlossen sind. Bei der letzten Species umhüllt jedes Kronblatt eine Gruppe der Staubblätter. Die imposanten Knospen des Cheiro- stemon platanoides Humboldt et Bonpl. haben sehr dieke, dachige, durch Haarüberzüge verschlossene Kelchblätter. Von den Tiliaceen hat Apeiba membranacea Spruce und A. hypoleuca Steud. sehr dicke klappige Kelchblätter; diejenigen der Columbia celebica Blume sind dünner, aber zurückgebogen und an den breiten zurückgebogenen Flügeln mit Haarverschluss versehen. Berrya amomilla Roxb. besitzt eine Kelchcalyptra, deren Scheitelöffnung durch Haarpfropf verstopft -ist. Die Haarverschlüsse der valvaten Kelchblätter finden wir sehr häufig bei den Sterculiaceen, so bei Theobroma- und Stereuliaarten. Bei einigen Ayenia- und Büttneriaarten (B. pilosa Roxb., catalpae- folia Jaeq., microphylla Cav.) finden wir wenigstens in der Mitte der Berührungsfläche der Kelehblätter eine Zellennaht und bei allen grosse Mengen von Schleimzellen in den Kronblättern, welche bei Theobroma Cacao L. reichlicher als bei allen anderen untersuchten Pflanzen vorkommen. Eine grössere Mannigfaltigkeit in den Verschlussvorrichtungen der Blüthenknospen zeigen die Euphorbiaceen. Die kleinblüthigen Phyllanthus- und Xylophyllaarten haben dachige, sehr dünne, unbe- haarte Kelchblätter. Bei Jatropha podagrica sind die convolutiven Kronblätter durch eine Zeliennaht verbunden. Bei Croton pungens sind die Sepala durch Sternschuppen und lange Haare geschützt, auch die Räume zwischen einzelnen Staubblättern sind durch die Haare ganz ausgefüllt. Achnlich ist bei Euphorbia pulcherrima der Eingang in das zygomorphe Cyathium verstopft. Häufig ist in dieser Familie eine calyptraartige Hülle der Blüthe vorhanden. Bei Ca- pellenia (Endospermum) molluecana Tejsm. ist der Kelch calyptra- artig ausgebildet, und in den männlichen Blüthen durch das Synan- drium ganz ausgefüllt. Die Scheitelöffnung der Calyptra wird durch Haare geschützt, später auch durch die stumpfe Spitze des Synan- driums verdeckt. Aehnlich sind die ‘ Blüthen der Pachystroma iliei- folia Müll. Arg., wo jedoch an der Spitze der Calyptra noch drei kurze, kleine Zipfel ausgebildet sind. An der Innenfläche der Oa- Iyptra, aber auch an den Epidermzellen der jungen Antheren, werden kleine kuglige Schleimtröpfehen ausgeschieden, ähnlich wie in den Intercellularräumen der Nymphaeaceen. Bei der Gattung Pera (unter- sucht wurde Pera obtusifolia Müll. Arg. und Pera sp. aus Trinidad Eggers 1104) ist die Bractee als eine Calyptra entwickelt, die an der 181 Seite unterhalb der Basis gespalten ist. Die Spalte ist verschlossen durch Haare, die Oberfläche durch Sternschuppen beschirmt. Das an trockenen Standorten Chilis wachsende Aextoxicon punetatum R. P, schützt seine Blüthen auch durch eine kuglige, unregelmässig_ zer- reissende Bractealcalyptra. Die Scheitelöffnung derselben ist ver- schlossen durch Uebereinandergreifen der Ränder und verdeckt wie Fig. 18, Fig. 19. Payenia polyandra B.H. Quer- Achras Sapota L. Quer- schnitt einer jungen Blüthen- schnitt einer Blüthen- knospe. Die Kelchblätter sind knospe. sehr dick. die ganze Calyptra durch eine dichte Lage der Sternschuppen. In den imbricaten Kelchblättern, die sehr breit über einander greifen, liegt eine zusammenhängende Lage der sclerenchymatischen Zellen; spärlicher sind solche auch in der Calyptra vorhanden. Bei den Sapotaceen sind die jungen Blüthenknospen durch die Kelehblätter geschützt. Die Deckung derselben ist bei Bumelia, Chrysophylium, Bassia, Sideroxylon, Payenia imbrieat. Interessant ist die Deekung der Kelchblätter bei Payenia polyandra B. H., welche die beigefügte Zeichnung (Fig. 18) wiedergibt. Die Deckung der äusseren Kelehbätter bei Achras Sapota habe ieh entgegen den An- gaben der Autoren immer gedreht gefunden (Fig. 19), die der inneren dachig. Valvate Deckung kommt bei Mimusops und Imbricaria vor. Ein besserer Verschluss der Kelehblätter wird durch die zahlreichen, für Sapotaceae charakteristischen Lufthaare hergestellt. Nur bei Bumelia liceoides Gaertn., wo die Cuticula an den Kelchblättern diek ist und diese eng an einander geschmiegt liegen, habe ich keine Haare an der Oberfläche der Blüthenknospe gesehen. Bei Chrysophylium Cainito sind dieselben sehr spärlich, dagegen sind die imbrieaten Kelchblätter durch eine Cutieularnaht verzahnt. Sonst habe ich bei keiner der untersuchten Sapotaceen die Nahtbildungen gesehen, aueh nicht bei den klappig deckenden Imbricaria- und Mimusopsarten. Dagegen 182 spielen die Lufthaare eine bedeutende Rolle als Schutzvorrichtung der Sapotaceenblüthenknospen. Und zwar sind entweder nur die Aussenseiten der Kelchblättter mit denselben dicht bedeckt (Sidero- xylon Marmulana), oder die Aussenseiten und die Innenseiten, die letzteren jedoch nur am Rande und unterhalb der Spitze (Achras Sapota), oder es sind endlich die beiden Seiten mit einem dichten Haarüberzug bedeckt, was bei imbrieater Deckung den Eindruck zweier aneinander eingedrückter Pelze hervorruft (Bassia latifolia). Bei Mimosops haben wir Uebergänge zwischen der imbrieaten und Fig. 20. Fig. 21. Isonandra Candolleana Wight. Imbriearia maxima Poir. Quer- Querschnitt einer Blüthen- schnitt einer Blüthenknospe. knospe. valvaten Kelchdeckung. Bei M. surinamensis decken sich die Keleh- blätter zwar nicht -bedeutend, aber deutlich dachig. Bei anderen Mimusopsarten habe ich eine valvate Aestivation gefunden, wo jedoch die Ränder der äusseren Kelchblätter eingebogen, und je zwei sich berührende der benachbarten Sepala in eine mehr oder weniger tiefe dorsale Furche der inneren Kelchblätter eingekeilt sind. Diese dorsale Rinne ist besonders schön bei Minusops Kumel und Imbricaria maxima (Fig. 21) ausgebildet, immer mit langen dichten Haaren aussekleidet, die den Verschluss der äusseren Kelchblätter verstärken. Interessant ist bei manchen Mimusopsarten die Umhüllung der jungen Antheren durch die Kronlappen, welehe schief nach innen der Blüthe zwischen die Antheren einwachsen (ähnlich wie die Petala vieler Malpighiaceen) und eine Drehung der Anthere hervorrufen. Bei Imbriearia maxima ist der basale, nicht umhüllte Theil der Anthere normal extrors und tangential gerichtet, höher ist dieselbe Anthere gedreht und zeigt am Querschnitt die schiefe Lage der Pollensäcke. Sehr viele Sapotaceen zeichnen sich durch selır bedeutende Dicke ihrer Kelchblätter aus, eine Erscheinung, die besonders bei solchen Pflanzen häufig uns begegnet, die ihre Blüthe ohne genügenden Schutz durch 183 Laub oder Hochblätter aus dem alten Holze hervorbringen. Dieselbe Erscheinung finden wir andererseits bei vielen Bombaceen und den Diospyrosarten, die aus dem alten Holz ihre Blüthen bringen, z. B. Diospyros ramiflora Roxb. Manche interessante Schutzvorrichtungen der Blüthenknospen haben die Rubiaceen. Bei Gardneria floribunda bilden die steifen, grossen Kelchzipfel durch Aneinanderschmiegen ein fesies Gewölbe über den gedrehten Kronblättern. Später treten diese Zipfel weiter auseinander und der Scheitelder Krone ist durch die- selben nicht mehr geschützt. Dagegen ERS “® ? ist die Krone aussen ' von einer dieken N . AN et } I schleimigen Masse us S Ziß 08@], überzogen. Diese wird durch die Col- OIIIR leter N i I M ren p' odueirt, is $ welche in einer 7] tingförmigen Zone P? hoch an den Kelch- blätterneben ander Grenze zwischen der Kelchröhre und den Kelehzipfeln stehen und die Fig. 22. Cephaelis Beerii Teissm. Querschnitt durch einen Blüthen- stand. Die Räume zwischen den Blüthenstielen (b) sind anfangs tiefer lie- durch ein pseudoparenchymatisches Wassergewebe (ps) gende Krone an erfüllt, in welchem die schleimabsondernde Colleteren der Oberfläche mit verlaufen, ihrem Exeret überziehen, -Die Colleterenbildung ist bei den Rubiaceen sehr verbreitet, schon Hanstein hat dieselben bei Coffea gut beob- achtetund abgebildet, ich habe dieselbe bei Myrmecodia und Hydnophytum oben beschrieben. Sehr schön sind sie auch bei der Cephaelis Beerii (Fig. 22) des hiesigen botanischen Gartens entwickelt. Die Blüthen sind bei dieser Species zu kopfigen Inflorescenzen gedrängt, aussen von grossen Brakteen umgeben. Ueber den Blüthenknospen und Brakteen sammelt sich eine schleimige Substanz, welche dieselben vollständig überzieht. Aus den Blüthenstielen und dem Boden der Inflorescenz wachsen sehr zahl- reiche dünnwandige, inehrzellige, eylindrische Haare hervor, die mit Zell- saft erfüllt sind und mit den Oberflächen eng aneinander anliegen. Zwischen 184 diesen Wasserhaaren treten sehr zahlreiche, lange, dicke, mit einem Drüsenepithel bedeckte Colleteren hervor, welche die schleimig gummöse Substanz secerniren und die erwähnten Haare zu einem mächtigen Pseudoparenchym, ähnlich denen von Myrmecodia oder Hydnophytum, verkleben. Dieses Pseudoparenchym, welches hier als Wassergewebe funktionirt, umschliesst vollständig die jungen Blüthenknospen und verhindert deren Vertroeknung. Auch zwischen den Kelch- und Kronen- blättern finden sich zahlreiche Colleteren, welche die Petala mit Schleim überziehen. Die valvaten Kronblätter sind durch eine feste Zellennaht in der Knospenlage verbunden. Den Verschluss der Krone durch eine Zellennaht (Fig. 23) habe ich bei mehreren Rubiaceen gefunden, so z. B. bei valvater Deckung bei Pogonopus Ottonis, Uragoga eitrina, Bouvardia hirtella, Galium Mollugo L., bei dachiger Aestivation bei Hamelia pätens und Isertia parviflora Vahl, wo der Verschluss be- Fig. 23. Fig. 24. Uragoga eitrina Baill. Quer- Ochrosia borbonica Gmel. Quer- schnitt der Kronblätter einer schnitt einer Blüthenknospe, die jungen Knospe. Die Zellen- Lage der Colieteren zeigend. naht, sonders stark ist. Bei Coffea mauritanica sind die gedrehten Petala durch eine Cutieularnaht verbunden, Die Schleim absondernden Colleteren sind auch bei den verwandten Familien zu finden, besonders bei den Apocyneen, Asclepiadeen, auch bei den Loganiaceen. Bei der Apocynacee Ochrosia borbonica Gmel. (Fig 24) sind die Kelehblätter* quincuneial deckend, die basalen Theile der Ränder der nach dem Innern der Knospe fallenden Sepala sind mit dem Drüsen- epithel überzogen und functioniren als Colleteren. Bei Allamanda eatharthica L. stehen vor jedem jungen Blatt der Sprossspitze, ZU einer gedrängten Reihe angeordnet, 4—6 dieke, eylindrische Colleteren, welche in dem oberen Theile ganz von Drüsenepithel bedeckt sind, 185 in der basalen Partie dagegen nur an der Innenseite dasselbe besitzen. Bei Apocynum androsaemifolium steht an jeder Flanke des Deckblattes ein dü.:ner, kurzer, eylindrischer Colleter. Bei Allamanda Sehettii in dem Zwischenraume zwischen dem Kelch und Krone steht ein Ring abgeflachter Colleteren. Bei Nerium Öleander forma plena (Fig. 25) stehen dieselben nicht nur vor dem Kelch, sondern auch vor den Kronblättern., Aehnlich bei den Aselepiadeen, Ceropegia und Stapelia habe ich schon früher erwähnt. Die Colleteren stehen hier gewöhnlich einzeln zwischen den Sepalen an deren Innenseite, so bei Asclepias curassavica, Gomphocarpus synaicus, Vincetoxieum offieinale, Phy- sianthus albens, Gonolobus sp., Peri- ploca graeca. Die convolutiven Kron- Fig. 25. blätter deeken sehr gut durch ıhre Nerium Oleander. Querschnitt einer gedrehte Lage und sehr enges An- gefüllten Blüthenknospe, die Lage einanderschmiegen die jungen Ge- der Golleteren zeigend. schlechtsorgane;; bei Trichostelma Körberi Fournier ist der Verschluss der Krone noch verstärkt durch eine tiefe Einbuchtung am Rande jedes Petalum, in wel- che der Rand des anstossenden Blattes genau eingepasst ist. Bei der Loganiacee Fag- < raea bedecken zahlreiche nied- 5 rige, denen der Rhizopho- reen ähnliche Colleteren den Grund der Kelchröhre. Viele Loganiaceen sind durch sehr diehte Haarüberzüge an der ' Innenseite der Krone ausge- zeichnet. So z.B. die Gardneria Fig. 26. . nutans,Usteria, vieleStryehnos- ardneria ovata Wall. Querschnitt durch lie . . “ Spitze der Blüthenknospe, die Vernahtung der arten. BeiGardnerianutansund "! vier Kronblätter zeigend. G. ovata (beide Arten sind . generisch zu trennen, G. ovata besitzt in dem Staubblatt nur zwei, seit- liche, den Asclepiadeen ähnlich gelagerte Pollensäcke, die freistaub- 7 ) 186 blättrige G. nutans deren vier) sind die valvaten Kronblätter durch eine Zellennaht sehr fest verzahnt (Fig. 26). Enorme Schleimmengen produeiren die Colleteren der Spross- spitzen mancher Clusiaceen. Bei Gareinia Xanthochymus Hook. fil. sind die, die Sprossspitze umgebenden Blattbasen scheidenartig ver- bunden und tragen an ihrer Innenseite sehr zahlreiche, dicke, un- regelmässig geformte, manchmal gelappte Colleteren, die kein eylin- drisches Drüsenepithel haben, aber deren zwei bis drei äusseren Zeillagen durch ihr dichtes Plasma charakterisirt sind. Die jungen Organe sind in die durch diese Colleteren secernirten Schleimmassen ganz eingebettet. Sonst sind bei den Clusiaceen die Schutzvorrich- tungen der Blüthenknospen wenig interessant. Vielfach sind die dachigen Kelehblätter sehr dick, sehr häufig ganz glatt, eng anliegend, mit ganz dünner Cutieula. Nur bei Clusia ramosa Rusby sind die Petala durch eine Cutieularnaht verzahnt. Etwas diekere Cuticula besitzt Tovomita amazonien Rupp., sehr dieke dagegen die Aussen- fläche der Kronblätter der Renggeria comans Meissn. Anders gebaut sind die Colleteren der Leeythideae Courupita guianensis, von welcher vollständiges Blüthenentwiekelungsmaterial mir Dank der Güte des Prof, Goebel zur Verfügung stand. An dieser Stelle will ich von den entwiekelungsgeschichtlichen Untersuch- ungen nur die den Knospenschutz betreffenden Eigenthümlichkeiten erwähnen. Die Blüthen entstehen in den Achseln dieker Deckblätter und ziemlich früh unterhalb der Sprossspitze. ' Ueber dem ersten sicht- baren Blüthenprimordium sind noch 6—7 Hochblätter ohne Achsel- gebilde angelegt. An den Blüthenprimordieen entwickeln sich gleich zwei transversale Vorblätter, die das Primordium von oben bedecken, während die Deckblätter mit den anderen imbricat deckend ein fest schliessendes Gewölbe über dem jungen Blüthenstandgipfel formen. Die Berührungsflächen der Trag- und Deckblätter sind mit einer schleimigen Substanz bedeckt, die viele Farbstoffe stark imbibirt, und von eylindrischen, sehr langen und schmalen, anfangs geraden, dann in den Zwischenräumen zwischen den Deckblättern geschlängelten Colleteren produeirt wird. Die Colleteren stehen einzeln an jeder Flanke des Deekblattes und sind von einem Drüsenepithel mit basal gelagerten Zellkernen bedeekt. In der weiteren Entwickelung über- nehmen die jungen Kelch-, später die Kronblätter die Schutzrolle der Knospe. Die Kronblätter sind dieht aneinanderliegend, dachig, mit einer dünnen Cuticula. Die Kelchblätter sind schwach behaart, zwischen den Haaren stehen die Spaltöffnungen auf kleinen Emporwölbungen. 187 Eine Eigenthümlichkeit vieler Leeythis, Gustavia und Foetidiaarten bilden die stumpfen grossen Emergenzen an der basalen Zone der Kelchblätter. Die biologische Bedeutung derselben ist mir ganz un- bekannt. Bei Leeythis albiflora sind an der Basis des Kelchblattes nach unten dicke wallartige Absätze gebildet, die den unterständigen Fruchtknoten ein wenig bedecken. Die Kelch- und Kronblätter sind bei den meisten untersuchten Arten dick, glatt, eng anliegend, mit imbrieater Deckung, nur bei Gustavia Poeppigiana sind die Kron- blätter durch einen dichten Haarüberzug bedeckt. Bei der gross- blüthigen Foetidia retusa Blume fehlt die Krone; in den sehr dicken und festen Kelchblättern sind sehr zahlreiche IHartbastgruppen vor- handen, Die Kelchblätter sind revolutiv, aber nicht alle valvat, wie das allgemein behauptet wird. Ein Kelchblatt ist klappig, die beiden seitlichen greifen jedoch mit ihren Rändern über das vierte. Der Verschluss der Kelchblätter wird durch eine Zellennaht bewirkt. Von den Bignoniaceen konnte ich leider nur wenige Arten, und diese dazu sehr unvollständig untersuchen. Ueber die Blüthen- knospen der Spathodea campanulata Beauv. be- sitzen wir jedoch die interessante Arbeit Treub’s (Les bourgeons floraux du 8. ce. Annales du jardin botanique de Buitenzorg VIII, p. 38). Bei dieser Art bildet der Kelch eine diekwandige Mütze, welche an der Spitze etwas ausgezogen erscheint. In dem grossen Innenraum dieser Calyptra sitzt an der Basis die von den Kronblättern eingehüllte Blüthenknospe. Die Höhle der Calyptra wird von einer Flüssigkeit ausgefüllt, welche die kleinen Fig. 27, flachen Knopfdrüsen ausscheidet, und so wird die Doliehandrone adeno- Vertrocknung der inneren, von der Krone um- Phylla DE Länge \ . . schnitt einer Blüthen hüllten Knospe verhindert. Aehnliche Vorrich- knospe. Die Kelch- tungen scheinen auch bei anderen Bignoniaceen PDosaoa. VSOmDnnndDIDDIDLIEIODEDTZOCDDOHODHDPPOD E = IH ISTTG @ HL + 777 AL 6 IH ; TR Taf. Flora Erg. Bd. zuJahrg.1895,(81.Bd) FloraErg.-Bd.zuJahrg.1895 (81. Bd.) Taf. iu.IV. N 7 e oa ga4 R esse m TTTT Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soehen ist erschienen: Detmer, Dr. W., Professor an der Universität Jena, Das pflanzenphy- siologische Praktikum. Anleitung zu pflanzenphysiologischen Unter- suchungen für Studirende und Lehrer der Naturwissenschaften sowie der Mediein, Land- und Forstwissenschaft. Mit 184 Abbildungen im Text. 2. völlig neu bearbeitete Auflage. ° Preis: broschirt M. 9.—, gebunden M. 10.—. Meyer, Dr. Arthur, ord. Professor der Botanik und Director des bota- nischen Gartens zu Marburg, Untersuchungen über die Stärke- körner. Mit 9 Tafeln und 99 in den Text gedruckten Figuren. Preis: M. 20.—. Schwarz, Dr. Frank, Professor an der Forstakademie Eberswalde, Vor- stand der pflanzenphysiol. Abtheilung der Hauptstation für das forstl. Versuchswesen in Preussen, Die Erkrankung der Kiefern durch Cenangium Abietis, Beitrag zur Geschichte einer Pilzepidemie. Mit 2 lithographischen Tafeln. Preis: M. 5.—. Walther, Dr, Johannes, Inhaber der Haeckel-Professur für Geologie und Palaeonthologie an der Universität Jena, Veber die Auslese in der Erdgeschichte. Erste öffentliche Rede, schalten am 30. Juni 1894, entsprechend den Bestimmungen. der Paul von Ritter’schen Stiftung für phylogenetisehe Zoologie. Preis: 80 Pf. In unseren: Verlage erschien: Stenström, Dr. K. O. E. Ueber das Vorkommen derselben Arten in verschie- denen Klimaten, an verschiedenen Standorten, mit besonderer Berücksichtigung der zerophil ausge- bildeten Pflanzen. Eine kritische pflanzenbiologische Untersuchung. Separat-Abdruck aus Flora 1895, Heft 1 und 2. gr. s. 189 8. Mark 3.—. Marburg i.;Hessen. N. 6. Elwertsche Verlagsbuchhandlung,. R. Friedländer & Sohn, Berlin N. W. Caristr: ı1. "Soeben erschien: Zur Hymenomyceten-K.unde. Von M. Britzelmayr. I. Reihe. 55 evlorirte Tafeln in gr. 8° mit 16 Seiten Text: Materialien zur Beschreibung, der Hymenomyceten, Preis 26 Mark. Diese neue Arbeit des bekannten Mykologen bildet ein selbst- ständiges Werk, schliesst sich aber gleichzeitig dessen „Hymenomyceten aus Südbayern“ an. Die vorliegende I. Reihe enthält Hymenomyceten aus Südbayern, die folgende II. Reihe wird hauptsächlich Hymenonyceten der franzö- sischen Schweiz bringen. Jetzt vollständig: Hymenomyeelen aus Südhayern. Von M. Britzelmayr. 10 Theile (in 13 Abtheilungen) 1879—94. 616 mit der Hand colorirte Tafem mir 335 Seiten Text, Gross-Octav. Preis 290 Mark. Einzelne Abtheilungen werden noch abgegeben. mn Druck v von Val. Höfing. "München, Kapellenstr. 3. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISC [E ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 81. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, A Heft II mit 3 Tafeln und 80 Textfiguren. Erschienen am 31. Oktober 1895. Inhalt. E. ZACHARIAS, Ueber das Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zellen Seite 217266 Dr. K. GIESENHAGEN, Die Entwickelungsreihen der parasitischen Exoasceen „267-361 W. SCHOSTAKOWITSCH, Ueber die Bedingungen der Conidienbitdung bei Russthaupilzen . . . . „362-393 P. DIETEL, Ueber Rostpilze ı mit wiederholter Aecidienbildung . . n 394-404 JULIUS SACHS, Physiologische Notizen. IX. Weitere Betrachtungen über Energiden und Zellen . . 405434 GREGOR KRAUS, Wasserhaltige Keiche bei Parmentiera cereifera Seem. „435437 FRITZ MÜLLER, Zum Diagramm der Zingiberaceenblüthe . . „ 438 LITTERATUR: A. MÖLLER, Protobasidiomyceten. Untersuchungen aus Brasilien . B . B B B . . B . B . . „439440 MARBURG. N. & ELWERTSSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1895. Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für lie Litteraturbesprechungen 30 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1,20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 ” 20 n ” ” ” 2.50 ” ” n ” n —.60 n 30 ” r » ” 3.80 » ” n ” ” —.90 ” 40 ” ” ” ” I. ” ” ” ” ” 1.20 » 50 ” ” r ” 6.50 n ” ” n n 1.50 ” 60 » ” ” ” 8.— ” „ ” ” ” 2.— ” 70 ” » n » 9.20 5 ” ” » n 2.50 ” 80 r = ” „ 10.50 „ ” ” n ” 3.— ” 90 ” r ” ” 12.— ” 2 ” ” 4.— „100 n „ „ 15.— 5.— ” b; n rn ” ” Dissertationen, Abhandlungen systematischen Inhalts, sowie solche von welchen über 100 Sonderablrücke hergestellt werden, werden nicht honoriert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Boyen honoriert; die Kosten für Abbildungen hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen; ebenso bei frenidsprachigen Manuskripten die Kosten der Übersetzung. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 18 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen, nach Bedürfuifs schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungs- bände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Litteratur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Gocbel in München, Nymphenburgerstr. 50,1 zu senden, Korrekturen an die Druckerei von Valentin Höfling, München, Kapellenstrafse 3. Alle geschüftlichen Anfragen ete. sind zu richten an die unterzeichnete Verlags- handlung, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Ueber das Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zellen. Von E. Zacharias. Hierzu Tatel V, VI, VII. Die Resultate der Arbeiten von Klebs, Gerassimoff u. A. weisen für bestimmte Fälle darauf hin, dass Beziehungen des Zell- kerns zum Wachsthum der Zelle bestehen können. In der vorliegenden Arbeit soll nun untersucht werden, in wie weit auf Grund der vor- handenen Litteratur und eigener Untersuchungen ein Bestehen von Beziehungen zwischen etwaigen Veränderungen in der Beschaffenheit des Kernes wachsender Zellen und dem Zellenwachsthum erschlossen werden kann. Dabei sollen diejenigen Punkte besonders hervor- gehoben werden, welche noch weiterer Untersuchung bedürfen, um die Lösung der behandelten Frage zu fördern. In einer Mittheilung „Ueber Beziehungen des Zellenwachsthums zur Beschaffenheit des Zellkerns“ }) habe ich bereits darauf hingewiesen, dass schon Auerbach?) und Schwarz an den Kernen wachsender Zellen bestimmte Veränderungen erkannt haben, welche namentlich in einer Vergrösserung der Kerne und ihrer Nucleolen bestehen. Schwarz?®) konnte bei der Untersuchung der Vegetationspunkte und der in Streckung begriffenen Theile von Wurzeln und Stengeln ver- schiedener Pflanzen feststellen, dass in allen Geweben das Volumen des Kernes der wachsenden Zellen anfangs zunimmt, um dann später wieder abzunehmen. „Im Allgemeinen (sagt Schwarz) fällt das Kernwachsthum bei klein bleibenden Zellen geringer aus als bei den grösseren. Ein bestinmtes Verhältniss zwischen Zellgrösse und Kern- grösse konnte ich nicht feststellen.*) Das Maximum der Kerngrösse fällt nicht mit bestimmten Stadien der Zellstreeckung zusammen. In den Wurzeln von Oneidium suave z. B. ist „die wachsende Zone nur 2 mm lang, und doch trat das Maximum des Kernvolumens hier erst später auf“. Der Nucleolus der Kerne wachsender Zellen wächst zunächst ziemlich rasch, um zuerst schneller, dann langsamer an Grösse abzunehmen. Die Nucleolen wachsen rascher als der Kern, um dann 1) Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, 1894, Bd. XIl, Heft 5. 2) Organologische Studien 1. Heft, Breslau 1814. Zur Charakteristik und Lebensgeschichte der Zellkerne. 8) Beitrag zur Entwickelungsgeschichte des pflanzlichen Zellkerns nach der Theilung. (Beitr, z. Biologie der Pfl., herausg. von F. Cohn. 4. Bd. 1. Heft 1884.) 4) Vgl. auch Hertwig, Die Zelle u. die Gewebe p. 33. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 15 218 auch rascher wieder abzunehmen. Das Maximum des Nucleolarvolumens liegt meist vor der Zone, in welcher der Kern sein Maximum erreicht. Die Vergrösserung der Nucleolen erfolgt nicht durch Wasseraufnahme, sondern durch Aufnahme anderer Stoffe. Hinsichtlich des Verhaltens von Chromatin und Grundsubstanz bei der Volumänderung der Kerne bemerkt Schwarz: „Grösse und Menge der Chromatinsubstanz nehmen in älteren Stadien ab.“ p. 92 heisst es dann: „Ich zeigte, dass der Chromatingehalt und die Tinetionsfähigkeit n jüngeren Kernen grösser ist als in den älteren. Die Tinetionsfähigkeit nimmt jedoch erst später ab, und zwar erst in Stadien, wo der Kern sein grösstes Vo- lumen schon erreicht hat, und beginnt kleiner zu werden. Bei der Vergrösserung des Zellkerns handelt es sich demnach nicht bloss um eine Vergrösserung durch Wasseraufnahme, es werden vielmehr direct Stoffe im Kern aufgespeichert.“ In einer späteren Publieation von Schwarz!) findet sich folgende Ausführung: „Die Volumenzunahme des Kernes ist nieht durch die Vermehrung des Chromatins bedingt, dessen Menge, so viel man bei der verschiedenartigen Vertheilung beurtheilen kann, anfangs unverändert bleibt, später jedoch entschieden abnimmt. Dagegen vermehrt sich die Gerüst- und Zwischensubstanz nach der Theilung sehr bedeutend.“ Von den durch Schwarz untersuchten Objeeten unterwarf ich die Kerne der zu Gefässgliedern sich entwickelnden Zellen bei Keim- lingen von Zea einer genaueren Prüfung. In Fig. 1 u. 2 sind Kerne aus Gefässzellen des Hypocotyls ruhender Samen nach längerer Be- handlung mit einem Gemisch von Alkohol und Aether, in Alkohol liegend, abgebildet worden. Die Kerne enthalten ein dichtes, glänzendes Gerüst. In Fig. 2 erscheint der Kern fast homogen. Fig. 3 stellt einen wie die vorstehend beschriebenen Kerne behandelten Kern aus einer weiten Gefässzelle eines Keimlings dar. Der Nu- cleolus ist glänzend, scharf umschrieben, von fast homogenem Aus- sehen. Einer Gefässzelle des Hypocotyls eines gleich alten und gleich- artig behandelten Keimlings entstammt der Kern der Fig. 4. Er hat ein dunkles Aussehen, als ob auch die Räume zwischen den Gerüst- balken geronnene Substanz enthielten. Der Vergleich der vergrösserten Kerne aus den grossen Gefässzellen der Keimlinge mit den Kernen aus den relativ kleinen Gefässzellen der ruhenden Samen bestätigt die Angabe von Schwarz, dass die Vergrösserung der Kerne und ihrer Nucleolen in den wachsenden Zellen nicht auf Wasseraufnahme 1) Die morphologische und chemische Zusammensetzung des Protoplasma (Beiträge zur Biologie der Pflanzen, herausgeg. von F. Cohn. V. Bd. 1. Heft 1887). 219 beruht. Wenigstens erwecken die vorliegenden Bilder den Eindruck, dass, falls bei der Vergrösserung des Kernes Wasser aufgenommen wird, jedenfalls auch eine beträchtliche Aufnahme sonstiger Stoffe erfolgt. Die Figuren la, 2a, 3a zeigen das Aussehen der in den Figuren 1, 2, 3 abgebildeten Kerne nach 24stündiger Behandlung mit künst- - lichem Magensaft, Fig. 2b dasjenige des in Fig. 2 abgebildeten Kernes nach 24stündiger Magensaft- und nachfolgender Alkohol-Behandlung. In allen Fällen ist der Nucleolus blass und substanzarm geworden und hat mehr oder weniger an Umfang verloren. Es ist ihm durch die Verdauungsflüssigkeit ein wesentlicher Theil seiner Substanz ent- zogen worden. Auch die sonstige Substanz des Kernes hat durch die Magensaftbehandlung überall erheblich an Masse verloren, der zurück- bleibende Rest derselben zeigt das charakteristische, glänzende Aus- sehen nucleinhaltiger Körper. Nach Färbung mit Essigkarmin lassen sich in den Gerüstbalken kleine, intensiv gefärbte Körnehen erkennen. Ob die procentische Zusammensetzung der untersuchten Kerne während ihres Wuchsthums einer Aenderung unterworfen war oder nicht, ist nicht ermittelt worden. Aus den Figuren 5, 6, 7 sind weitere Veränderungen der Kerne in der Ausbildung begriffener Gefässglieder zu ersehen. Die Figuren sind nach Präparaten aus Alkoholmaterial gezeichnet, welche mit Alauncarmin gefärbt und in Canadabalsam eingeschlossen worden sind, In sämmtlichen Kernen ist ein zartes, sehr hell gefärbtes Gerüst zu erkennen, welchem dunkler gefärbte Körnchen von ungleicher Grösse eingebettet sind. Die ungleiche Grösse der Körnchen ist namentlich in Fig. 7 auffallend. Der Kern Fig. 5 liegt in einer Gefässzelle, deren’ Wandung noch keine Tüpfelung erkennen lässt, während die Kerne Fig. 6 u. 7 Zellen mit getüpfelter Wand angehören. Die Wandver- diekung im Gefässgliede des Kernes Fig. 7 ist anscheinend vollendet. Letzteres Gefässglied entstammt einem Keimling, welcher 10 Tage älter war als derjenige, welchem der Kern Fig. 5 angehörte, während der Kern Fig. 6 einem Keimling entnommen worden ist, welcher nur vier Tage älter war als der Keimling, welcher den Kern Fig. 5 enthielt. Der Vergleich der Kerne zeigt eine Abnahme der Nucleolarmasse bei weiterer Ausbildung der Gefässglieder. Verschiedene Stadien von Einschnürung !) der Kerne sind in Fig. 6 und 7 zu bemerken, In Fig. 8 ist der Kern aus dem protoplasmatischen Wandbeleg eines Tüpfelgefässgliedes abgebildet, dessen Wandverdiekung an- ER ist hier darauf hinzuweisen, dass es Ziegler’s Angaben zufolge (Die biologische Bedeutung der amitolischen [direeten]} Kerntbeilung im Thierreich, 15* 220 scheinend vollendet ist. Die Perforation der Querwände fehlt noch. Fig. 8a stellt den Kern nach der Untersuchung in Alkohol dar. Der Nueleolus ist homogen, die Maschen des Kerngerüstes erscheinen leer, nicht von geronnener, granulirter Substanz erfüllt wie in Fig. 4. Nach 24stündiger Einwirkung von künstlichem Magensaft (Fig. Sb) hat das Gerüst ein glänzendes Aussehen erhalten, der Nucleolus hingegen ist sehr blass geworden, ohne jeden Glanz, nicht homogen. Das Volumen des Kernes hat sich nicht wesentlich verändert. Hier war verdauliche Substanz ausserhalb des Nucleolus nicht in nachweisbarer Menge vor- handen, eine Substanzverminderung durch die Verdauung nicht in der Weise erkennbar, wie solches bei den jüngeren Kernen der Fig. 3 u. 4 der Fall war, wo, abgesehen von der Verkleinerung des Kernes, durch die Verdauung auch der verkleinerte Rest procentisch ärmer an fester Substanz war als der nicht mit Magensaft behandelte Kern. Die Veränderungen, welche die Zellkerne bei der Entwickelung der Gefässe einerseits, derjenigen der Siebröhren andererseits erfahren, wurden bei Cucurbita vergleichend untersucht. Die Zellkerne von Cueurbita Pepo zeigen bei der Untersuchung in Alkohol eine gerüstartige Grundmasse, welcher ein Nucleolus und eine grössere Anzahl kleiner den „Nebennucleolen“ oder „Pseudonucleo- len“ mancher Autoren!) entsprechender Körperchen eingebettet sind (Fig. 9). Diese letzteren können, we das Gerüst sehr dicht ist, zu- weilen nur undeutlich oder gar nicht erkannt werden. In manchen Fällen war festzustellen, dass sie ausschliesslich in der Peripherie des “ Biolog. Centralblatt Bd. XI, Nr. 12, 18, 1891) „nach allen vorliegenden Beobach- tungen feststeht, dass die Kerne, welche sich amitolisch theilen, stets durch besondere Grösse ausgezeichnet sind.“ Solche Kerne „haben eine beschränkte Theilungs- fähigkeit und gehen stets nach einiger Zeit zu Grunde“. — In seiner Arbeit über „Die Entstehung des Blutes bei Knochenfischembryonen“ (Archiv f. Mikr. Anat. 30. Bd. 1887) bemerkt Ziegler: „Es würde passend erscheinen, wenn man den Ausdruck Fragmentation im Thierreich (und zwar zunächst nur bei Metazoen) für die morphologiseh und physiologisch zusammengehörigen Fälle gebrauchen würde, welche in folgender Weise charakterisirt sind: Die Kerne sind beträchtlich grösser als gewöhnliche Kerne desselben Thieres und zeigen anormale Armuth an Chro- matin, oder anormale Vertheilung desselben. Die Kerne vermehren sich durch direete Kerntheilung; häufig wird die Theilung nicht bis zur Trennung der Theil- stücke durchgeführt, so dass die Kerne knospenähnliche Fortsütze und unregel- mässige Ausläufer zeigen, oder dass sie durch Einschnürungen zertheilt erscheinen. Die Fragmentation kommt vor in Zellen, welche sich nicht mehr theilen* u. 5. W. 1) Peters, Untersuchungen über den Zellkern in den Samen. Diss. Rostock 1891, p. 27. Rosen, Beitr. z. Kenntn. d. Pflanzenzellen. (Beitr. zur Biologie d. Pfl., herausgeg. von F. Cohn, Bd. V, 1892.) 221 Kernes lagen. (Fig. 10.) In Alkohol untersucht wurden die Kerne von jungen Siebröhrengliedern, Geleit- und Rindenparenchymzellen, Jungen Gefässgliedern und Meristemzellen der Wurzelspitze. Im Leben liessen sich die „Pseudonucleolen“ in den Kernen von Haarzellen erkennen. Durch eine Mischung von Jodgrün und Diamantfuchsin!) lassen sich die Nucleolen intensiv roth, die „Pseudonucleolen“ grün bis violett oder blau färben, während sich das Gerüst nur sehr schwach in violetten bis rothen Tönen färbt. Durch Färbung mit der genannten Mischung wurden die Pseudonucleolen auch in den Cambialzellen nachgewiesen, wo sie von ausserordentlicher Kleinheit sind, des- gleichen in den Meristemzellen der Wurzelspitze. Die grösseren Pseudonucleolen grösserer Kerne schienen zum Theil durch Fortsätze in das Gerüst überzugehen. Nach Einwirkung einer Mischung von Fuchsin-8. und Methylenblau auf Schnitte, welche nach Extraction mit Alkohol 24 Stunden mit künst- lichem Magensaft behandelt worden waren, um darauf wieder in Alkohol zu gelangen, färbten sich Plasma- und Nucleolarreste sofort im Ton der Mischung, während die Pseudonucleolen zunächst farblos blieben. Sodann färbten sich die letzteren und die Nucleolarreste ziemlich gleichzeitig intensiv blau, während sich der Farbenton des Zellplasma gleichzeitig nicht änderte. In Präparaten, welche aus Alkoholmaterial nach 24stündiger Einwirkung von 0,3proc. Salzsäure, durch Färbung mit Fuchsin-8. Methylenblau, successiver Behandlung mit Wasser, Alkohol, Xylol und Einschluss in Canadabalsam gewonnen worden waren, hatte sich überall das Zellplasma roth gefärbt. Die Pseudonucleolen waren entweder gar nicht zu erkennen, oder sie traten farblos, hellblau oder intensivblau gefärbt hervor. In letzterem Falle war der Nucleolus blauroth, sonst rein roth gefärbt. Das Kerngerüst erschien stets roth. Bei directer Beobachtung der Einwirkung des Farbstoffes färbten sich Zellplasma, Kerngerüst und Nucleolen sofort rein roth, während die Pseudonucleolen zunächst als farblose Körper kenntlich blieben oder durch das intensiv gefärbte Gerüst verdeckt wurden. Die Pseudo- nucleolen zeigten hier demnach gegen die Farbstoffmischung das Ver- halten nucleinhaltiger Körper.?2) Auch sonstigen Reagentien?) gegen- » Vol. E, Zacharias, Erwiderung, Bot. Ztg. 1888, p. 91. 2) Vgl. E. Zacharias, Ueber Chromatophilie (Berichte der Deutschen Bot, Gesellsch. 1893, Bd. XI, Heft 3) und Anm. 1. 3) Künstlicher Magensaft, Salzsäure von der Goncentration 4 vol. reine bone. Salzsäure auf 3 vol. Wasser, 10proc. Kochsalzlösung, Iproc. Sodalösung. 222 über erweisen sich die Pseudonucleolen als nucleinhaltig, während an den Nucleolen die üblichen Reactionen dieser Körper zu beobachten sind. Nach 24stündiger Behandlung des Kernes eines jungen Sieb- röhrengliedes, z. B.mit künstlichem Magensaft, traten die Pseudonueleolen sehr scharf als glänzende Körper hervor, der grosse Nucleolus erschien sehr blass und gequollen, das Gerüst war nicht mehr zu erkennen. In den jungen Kernen des Wurzelvegetationspunktes und des Stammcambiums sind die Nueleinkörper ausserordentlich klein. Fig. 11 stellt zwei Zellen, von welcher die eine in Theilung begriffen ist, ’) aus der Wurzelspitze nach dem Erwärmen in Essigearmin dar. Der Nucleolus ist gequollen, während die Nucleinkörper ungemein scharf hervortreten. Fig. 12 zeigt eine Zelle des Wurzelmeristems aus einem Präparat, welches aus Alkoholmaterial durch Färbung mit Diamant- fuchsin und Jodgrün hergestellt worden ist. Zellplasma und Nucleolus sind roth gefärbt, die Nucleinkörper sehr dunkel violett, während das Kerngerüst fast gar keinen Farbstoff aufgenommen hat. Der geringe Nueleingehalt der Kerne ist auffallend, desgleichen in den Kernen des Stammcambiums. In Fig. 13 sind Kerne des Stammcambiums aus einem Schnitt abgebildet, der aus Alkoholmaterial stammt, 24 Stunden mit Magensaft behandelt wurde und darauf in Alkohol gelangte, um schliesslich nach der Färbung durch Essigearmin in Canadabalsam eingeschlossen zu werden. Die Nucleolarreste erscheinen blass und zart, während die sehr kleinen Nueleinkörper äusserst scharf hervortreten. An Schnitten aus dem Stammeambium (Alkoholmaterial), welche direet in Alkohol untersucht wurden, waren die Nucleinkörper nicht zu erkennen (Fig. 14). Mit dem Wachsthum der Zellen vergrössern sich die Kerne, dabei nehmen, soweit untersucht, in allen wachsenden Zellen Nucleolen, Nucleinkörper und Gerüst an Masse zunächst zu. (Vergl. die Kerne junger Siebröhrenglieder in den Fig. 9, 10, 16, 17 mit Cambial- oder Meristemkernen.) Ob dabei das procentische Verhältniss der genannten Kernbestandtheile zu einander eine Aenderung erfährt oder nicht, hat nicht sicher ermittelt werden können. Besonders grosse Nuclein- körper kommen namentlich in Kernen von Geleitzellen zur Beobachtung (Fig. 18, 19), doch wurden auch in anderen Kernen Nucleinkörper von gleicher Grösse aufgefunden. Bemerkenswerth ist die Angabe Le- eomte's?), dass in den Geleitzellen „toujours le noyau se montre 1) Anm, 2. 2) Contribution & l’etude du Liber des Angiospermes. (Ann. des Science. nat. 7. Serie, Bot. T. 10, p. 292, 1389.) 223 plus volumineux et mieux caracterise que dans toutes les autres cellules de parenchyme, bien que les cellules-compagnes soient habituellement les plus petits de ces elements.“ !) Unter sich gleichartig scheinen sich die Kerne der Siebröhren- und Gefässglieder (Fig. 20, 21) zu verhalten. Haben diese Kerne eine gewisse, für verschiedene Zellen differente Grösse erreicht, so nehmen die Nucleolen an Masse absolut mehr und mehr ab. Vom Gerüst lässt sich dasselbe nicht mit Sicherheit allgemein behaupten. Jedenfalls ist, nachdem die Kerne ein gewisses Grössenmaass erreicht haben, eine procentische Abnahme des Volumens an Gerüstmasse dem Kernvolumen gegenüber festzustellen. Das bezügliche Verhalten der Nucleinkörper steht nicht fest, doch scheint eine absolute Abnahme der Masse der einzelnen Körper zu erfolgen. Die Abnahme der Nucleolarmasse in den Siebröhrenkernen scheint sehr rasch in dem Stadium der Siebröhrenentwickelung stattzufinden, welches dem Stadium mit isolirt im Wandbeleg des jungen Sieb- röhrengliedes auftretenden Schleimtropfen nachfolgt.2) Noch in dem Stadium mit Schleimtropfen wurden Kerne, wie sie die Fig. 9 u. 22 zeigen, beobachtet. Diese Figuren sind nach Schnitten aus Alkohol- material, welche in Alkohol liegend untersucht wurden, gezeichnet. In dem Kern der Fig. 22 war das Gerüst so dicht, dass die Nuclein- körper in dem Alkoholpräparat ohne Weiteres nicht zu erkennen waren. In späteren Stadien der Siebröhrenentwickelung gelingt es überhaupt nicht oft, etwas vom Kern zu sehen. Stets erscheint dann der Kern in allen Theilen sehr substanzarm. In Fig. 22, 23 sind Kerne aus einander benachbarten Siebröhrengliedern in Alkohol liegend bei gleicher Vergrösserung abgebildet. Während der Kern Fig. 22 einem im „Schleimtropfenstadium“ befindlichen Siebröhrengliede angehörte, lag der Kern Fig. 23 in einem älteren Siebröhrengliede mit deutlicher Siebplatte. Hier befand sich der Kern in der feinkörnigen, contrahirten Inhaltsmasse. Ein kleiner Nucleolus und Nucleinkörper traten hervor, ein Gerüst war jedoch nicht zu erkennen. Dass letzteres, wenn auch sehr substanzarm, in entsprechenden Stadien der Siebröhrenentwicke- lung dem Kern dennoch zukommt, zeigen andere bei stärkerer Ver- grösserung und nach abweichend behandelten Präparaten gezeichnete Figuren (Fig. 24, 25). 1) Vgl. auch Strasburger, Ueber den Bau und die Verrichtung der Leitungsbahnen in den Pflanzen, Jena 1891, p. 60, 62, 91, 101, 103, 137, 243, 297. 2) Wilhelm, Beiträge zur Kenntniss des Siebröhrenapparates dicotyledoner Pflanzen, Leipzig 1880. 224 Die Abnahme der Nucleolarmasse in einem bestimmten Stadium der Siebröhrenausbildung ist aus einem Vergleich der Figuren 17 und 17a deutlich zu ersehen. Die Figuren stellen Kerne einander benachbarter Siebröhrenglieder in Alkohol liegend dar. Der Kern Fig. 17 lag in einem Siebröhrengliede, welches noch keine Schleim- tropfen enthielt, während der Kern Fig. 17a aus einer im Uebergang vom Schleimtropfenstadium zum Stadium vollständiger Ausbildung be- griffenen Siebröhre stammte. Fig. 18 ist nach Behandlung eines Schnittes aus Alkoholmaterial mit künstlichem Magensaft und nach- folgender Färbung mit Essigearmin gezeichnet worden. Der Kern des Siebröhrengliedes, an welchem eine Siebplatte sich erkennen liess, enthielt wenig Nucleinkörper, hier und da schwache Andeutungen eines Gerüstes; der Nucleolarrest war bis auf eine stärker gefärbte Rand- zone sehr blass. Der Kern der zugehörigen Geleitzelle hingegen enthielt in einem hell gefärbten, undeutlichen Gerüst verhältnissmässig grosse, intensiv gefärbte Nucleinkörper. Der Nucleolarrest erschien gequollen und ungefärbt. Das Gerüst!) erscheint im Allgemeinen sowohl bei der Unter- suchung in Alkohol als auch nach der Färbung mit Diamantfuchsin- Jodgrün zur Zeit des Schleimtropfenstadiums der Siebröhrenglieder schon substanzärmer als in früheren Stadien. Au den Siebröhren- gliedern mit den zuletzt geschilderten substanzarmen Kernen wurden Siebplatten erkannt, ob dieselben aber Perforationen besassen oder nicht, blieb zweifelhaft. Wo sich Perforationen mit Sicherheit be- obachten liessen, wurden keine Kerne aufgefunden, auch nicht in Material, welches nach Fischer?) durch Abkochen ganzer, unver- letzter Pflanzen, welche darauf in absoluten Alkohol gelangten, ge- wonnen worden war. Auch andere Autoren haben bekanntlich an den ausgebildeten Siebröhren die Kerne vermisst. Indessen finden sich doch in der einschlägigen Litteratur einzelne Angaben über das Vorkommen von Kernen in entwickelten Siebröhren. Guignard’) bemerkt hinsichtlich der Siebröhren des Weinstocks und der Cucur- bitaceen: „Quand le cal, qui se forme en hiver, n’a pas ferm& les pores le protoplasma s’accumule & la partie superieure de la cellule, 1) Unter „Gerüst“ ist hier überall die gesammte durch Alkohol „fixirte* Kernmasse abzüglich der Nucleolen und Nucleinkörper zu verstehen. 2) Ueber den Inhalt der Siebröhren in der unverletzten Pflanze. (Berichte der Deutschen Botan, Gesellsch. Bd. III. 1885.) 3) Note sur les noyaux des cellules des tissus seerdteurs, (Bull. de la Soc. Bot. de France, T. XXVIIL, 1881, Seance du 9. Dec.) 1 225 sous le grillage, et fait möme saillie & travers les perforations, dans la cellule superposede; le noyau est entraine par lui et se trouve tantöt contre la paroi laterale, vers le haut, tantöt au contact du grillage.“ Lecomte!) hat für einzelne Fälle in vollständig entwickelten Siebröhren einen Kern nachweisen können, Auch Fischer?) hat in den Siebröhren von Urtica dioica einen Körper gefunden, von dem er vermuthet, er sei ein Rest des Zellkernes. Ich halte das nicht für wahrscheinlich. Die Zellkerne von Urtica ähneln im Bau sehr jenen von Cucurbita. Nach Färbung mit’ Diamantfuchsin-Jodgrün zeigen sie rothe Nucleolen und kleine blaue oder violette Nucleinkörper, welche einem rothen Gerüst eingebettet sind. Die Körper in den Siebröhren hingegen, welche nach Fischer’s Vermuthung Kernreste sein sollen, färben sich roth, wie die Inhalte der Siebröhren, und lassen keinerlei an einen Kern erinnernde Structuren erkennen. Nach Er- wärmen von Alkoholmaterial in Essigearmin treten in den Zellkernen die Nucleinkörper sehr scharf hervor, während in den fraglichen Ge- bilden der Siebröhren ein bräunlich-roth gefärbter homogener Inhalt von einer farblosen, doppeltcontourirten Wandung unterschieden werden kann (Fig. 26). Die Siebröhrenkörper Fischer’s besitzen somit nicht die mindeste Aehnlichkeit mit den Zellkernen von Urtica. Dass sie dennoch aus solchen hervorgehen können, ist möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich, Uebrigens ist es sehr wohl möglich, dass die Siebröhrenkerne trotz der gegentheiligen Angaben der meisten Autoren allgemein erhalten bleiben. Kerne mit sehr zartem Gerüst, bis zum Verschwinden verkleinertem Nucleolus und winzigen, weit auseinander liegenden Nucleinkörpern, wie ich sie bei Siebröhrengliedern in fort- geschrittenen Stadien der Entwickelung vorfand, werden sich in den ausgebildeten Siebröhren der Wahrnehmung entziehen können. Für weitere Untersuchungen über die Veränderungen, welche die Kerne der Siebröhren erfahren, dürfte die Berücksichtigung einer Arbeit von G. Arnheim?) über Coagulationsnekrose und Kernschwund von Wichtigkeit sein. Wie in den Siebröhrengliedern, so erreichen auch in den wachsen- den Gefässgliedern die Kerne eine beträchtliche Grösse, die Nucleo- larmasse vermehrt sich. Fig. 20 zeigt den Kern eines weiten Gefäss- gliedes ohne erkennbare Membranverdickung aus einem Stammknoten 1) I. c. p. 278, 279, 284. 2) Neue Beiträge zur Kenntniss der Siebröhren, Leipzig 1886, p. 15. 3) Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Mediein, 120. Bd., 1890. 226 nach Alkoholbehandlung. Durch Diamantfuchsin-Jodgrün konnte der Nucleolus rein roth gefärbt werden, während die Nucleinkörper eine intensiv blaue Färbung annahmen, das massig entwickelte Gerüst sich roth bis violett fürbte. Fig. 21 stellt den Kern eines breiten Tüpfelgefässgliedes, dessen Wandverdickungen angelegt sind, nach Alkoholbehandlung dar. Nucleinkörper liegen nur in geringer Zahl an der Peripherie des Kernes. Wie in den nahezu ausgebildeten Siebröhren findet man auch in den Gefässgliedern, deren Wandver- diekung fast vollendet ist, sehr substanzarme Kerne mit kleinen Nucleolen, Fig. 27 (Schnitt aus Alkoholmaterial, in Alkohol unter- sucht) gibt einen solchen Kern wieder. Die Nucleinkörper sind relativ gross, vom Gerüst ist mit Sicherheit nichts zu erkennen. Bis zur Ausbildung der Wandverdickungen findet man einen Zellkern und reichliches Protoplasma in den Gefässgliedern. Der (übrigens auch unter Berücksichtigung allgemeiner Ueberlegungen an sich sehr unwahr- scheinlichen) Behauptung von Schmitz und Strasburger, das Protoplasma der Gefässzellen werde zur Bildung der Wandverdickungen „verbraucht“, ist schon Lange!) auf Grund seiner Beobachtungen entgegengetreten. Das gleichartige Verhalten der Kerne bei der Aus- bildung von Siebröhren und Gefässen gestattet den Schluss, dass nicht das Vorhandensein solcher Stoffe, welche man als „Nahrungsstoffe* anzusehen gewöhnt ist, in der unmittelbaren Umgebung des Kernes allein ausschlaggebend ist für den Gehalt des Zellkernes an Eiweiss, Nuclein und Plastin. Besonders mag betont werden, dass obwohl in den Siebröhren dem Zellkern in seiner unmittelbaren Umgebung grosse Mengen von Eiweiss zur Verfügung stehen, die Nucleolen erheblich an Masse verlieren, ebenso wie in den weit eiweissärmeren Gefäss- gliedern. Aehnlich wie bei der Entwickelung von Gefässgliedern scheint sich in mancher Hinsicht nach Cavara?) der Kern während der Ausbildung der Idioblasten der Camelliaceen zu verhalten. In den Anfangsstadien des Wachsthums der Idioblasten scheint der Kern beträchtlich zu wachsen. Wenigstens ist derselbe in jungen Idio- 1) Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung der Gefässe und Tracheiden. Diss., Marburg 1891. Vgl. auch die Angaben über das Verhalten des Zellkerns bei der Ausbildung der Gefässglieder p. 383, Desgleichen: Kallen, Das Ver- halten des Protoplasma in den Geweben von Urtica urens, entwickelungsgeschicht- lich dargestellt. Diss, Bonn 1883, p, 29. 2) Contributo alla morfologia ed allo Sviluppo degli idioblasti delle Camelliee (Estratto dagli atti de R, istituto botanieo dell’ Universitä di Pavia, Serie II vol. IV). 227 blasten nach Cavara sehr viel grösser als in den umgebenden kleineren Zellen. „Riguardo alla grandezza si pud dire che fino a quando la membrana dell’ idioblasta & suscettibile di distensione il nucleo con- serva pressoch® invariate la sue dimensioni, ma dal momento che, fissatasi la forma dell’ idioblasta, la membrana va via via ingrossan- dosi fino a raggiungere lo spessore definitivo, il nucleo diminuisee gradatamente fino a non essere pil percettibile negli idioblasti appieno evoluti.“ Auch der Nucleolus, der in den Anfangsstadien des Wachs- thums der Idioblasten sehr beträchtliche Grösse zeigt, beginnt mit der Dickenzunahme der Membran sich zu verkleinern. Cavara hält allerdings den „Nucleolus“ hier nicht für ein gewöhnliches Kern- körperchen, ist vielmehr auf Grund: des Ergebnisses verschiedener Färbungsversuche der Meinung, dass hier ein Chromatinkörper vor- läge, obwohl derselbe „si laseia appena intaccare da questi reattivi che il suddeto autore (F. Schwarz) da per solventi della cromatina.“!) Für die Beurtheilung der hier in Betracht kommenden Fragen ist die Untersuchung der Zellkerne in den Endospermen keimender Samen von Interesse, insbesondere die Vergleichung der Kerne bei der Keimung wachsender Endosperme mit den Kernen solcher En- dosperme, welche bei der Keimung nicht wachsen. In einer Rostocker Dissertation von Peters?) und in einer Jenenser Dissertation von Koeppen?) finden sich Angaben über die Veränderungen der Kerne in den Endospermen von in der Ausbildung hegriffenen und keimenden Samen. Hier ist besonders auffallend das durchaus verschiedenartige Verhalten von Rieinus communis und Pinus Larix einerseits, Carex, Zea, Sparganium, Typha, Phytolaccaceen (Perisperm) andererseits. Bei Ricinus findet während der Keimung eine „ungeheure Vergrösserung der Kerne und Nucleolen des En- dosperms statt“. Ebenso sind „die Kerne und besonders die Nucleolen in den Endospermzellen von Pinus Jarix im keimenden Samen be- deutend grösser als im ruhenden“. Bei Zea und Carex hingegen erfolgt keine Veränderung der Endospermkerne während der Keimung. Bei Carex erscheinen dieselben im reifen Samen schon „degenerirt“, in Form zarter, unbestimmt contourirter Körperchen. Auch die Perisperm- kerne keimender Samen von Phytolacca bleiben unverändert. In den stärkehaltigen Zellen des reifenden Samens von Rivina tritt ein Zerfall 1) Vgl. Anm. 1. . 2) Untersuchungen über den Zellkern in den Samen während ihrer Ent- wickelung, Ruhe und Keimung. 1891. 3) Ueber das Verhalten des Zellkerns im ruhenden Samen. 1887. 228 des Zellkerns ein „und bei völliger Reife findet in den meisten Zellen ein gänzliches Verschwinden desselben statt.“ In den stärkehaltigen Zellen der Samen von Petiveria ist „nach verschiedenartigster Be- handlungsweise* kein Kern beobachtet worden. Die Endosperme der reifen Samen von Sparganium und Typha enthalten keine Kerne. Das Verhalten der Kerne keimender Samen von Rieinus und Pinus Larix habe ich einer näheren Untersuchung unterzogen und gefunden, dass während der Auflösung der Reservestoffe der Nucleolus von Rieinus seinen Durchmesser um das Zwei- bis Dreifache ver- grössern kann, während der Gesammtkern sein Volumen mindestens um das Dreifache zu vergrössern scheint, Wegen der sehr unregel- mässigen Gestalt des Kernes im ruhenden Samen ist hier eine sichere Schätzung nicht möglich (Fig. 28a Kerne aus dem Endosperm des ruhenden Samens; 28b Kerne aus dem Endosperm eines keimenden Samens, dessen Reservestoffe schon merklich abgenommen haben; vgl. die Figurenerklärung). Aus einer vergleichenden Untersuchung von Alkoholmaterial ergab sich, dass die Vergrösserung des Nucleolus nicht etwa auf einer Vermehrung seines Wassergehaltes, sondern auf einer Zunahme seiner „Substanz“ beruht. Nach Behandlung mit künst- lichem Magensaft erscheint der stark vergrösserte Nucleolus sehr zart, blass und substanzarm, wie man das überhaupt bei Nucleolen zu finden pflegt (Fig. 29, das Kerngerüst ist sehr zart und substanzarm). Der vergrösserte Gesammtkern besteht zu einem wesentlichen Theil seines Volumens aus Stoffen, welche durch Alkohol nicht nieder- geschlagen oder „gehärtet“ werden (Fig. 30, 31). Die Figuren 32, 31, 30 stellen Kerne aus Schnitten dar, welche mit Alkohol und Aether behandelten Endospermen entstammen und in Alkohol liegend ge- zeichnet worden sind. Der Kern Fig. 32 gehörte dem Endosperm eines ruhenden Samens an, derjenige Fig. 31 einem Samen, dessen Keimung begonnen hatte, ohne dass eine Abnahme der Reservestoffe im Endosperm schon deutlich hervortrat. Einem in der Keimung vor- geschritteneren Samen entstammt der Kern Fig. 30. Der in Fig. 32 abgebildete Kern erschien als glänzende, ziemlich homogene Masse; procentisch ärmer an Substanzen, welche in Alkohol und Aether un- löslich sind als letzterer, sind (abgesehen vom Nucleolus) die während der Keimung vergrösserten Kerne Fig. 30, 31. Den Gehalt der Endospermkerne an Stoffen, weiche in künstlichem Magensaft unlöslich ‚sind, zeigen die- Figuren 33 (ruhender Same), 29, 34 (keimende Samen, Reservestoffe haben merklich abgenommen). Die Figuren sind nach Präparaten gezeichnet worden, welche aus 229 Alkohol-Aethermaterial hergestellt und darauf 2—3 Tage lang mit künstlichem Magensaft beliandelt worden waren. Ueber das procen- tische Verhältniss von Nuclein und Plastin in den kleinen Endosperm- kernen des ruhenden Samens habe ich ein sicheres Urtheil nicht ge- wonnen. In den vergrösserten Kernen keimender Samen findet sich das Nuclein wie bei Cucurbita lediglich an kleine Kügelchen ge- bunden (Fig. 28b), welche in beträchtlichen Abständen von einander namentlich in der Peripherie der Kerne angeordnet sind. Nach dem Erwärmen von Schnitten aus Alkoholmaterial unter Deckglas in Essig- säure (1 vol. conc. Essigsäure — 1 vol. destillirten Wassers) traten die kleinen Nucleinkörper sehr scharf hervor, während die Nueleolen quollen. Die vergrösserten Endospermkerne keimender Samen sind als procentisch sehr nucleinarm zu bezeichnen. Bei Pinus Larix sind nach Peters in keimenden Samen die Kerne und besonders die Nucleolen der Endospermzellen bedeutend grösser als in ruhenden Samen. In den Endospermzellen der ruhenden Samen fand ich zwei bis mehrere Zellkerne!) von sehr unregelmässiger Gestalt.‘ Nach den erhaltenen Bildern zu urtheilen, ist es nicht aus- geschlossen, dass bei der Keimung eine Fragmentation dieser Kerne stattfindet, welche mit einer Vermehrung der Kernsubstanzen ver- bunden sein könnte (Zustände, welche auf ein Vorkommen von Zell- theilungen im Endosperm während der Keimung schliessen lassen würden, kamen nicht zur Beobachtung). Davon, dass die einzelnen vorhandenen Kerne im keimenden Samen grösser sind als im ruhenden, habe ich mich nicht überzeugen können. Es wurden stets Samen in den ersten Keimungsstadien untersucht, in welche die Vergrösserung des Endosperns fällt, welche weiter unten des Näheren erörtert werden soll. Möglicherweise hängt die Verschiedenheit meiner Resultate und derjenigen von Peters damit zusammen, dass letzterer stärker ver- grösserte Endosperme untersuchte als ich. In meinen Aussaaten kamen nicht unerhebliche Verschiedenheiten hinsichtlich der von den Endo- spermen erreichten Grössen vor. Selbstverständlich untersuchte ich auch die am stärksten vergrösserten Exemplare. Allgemein unter- scheiden sich die Endospermkerne der ruhenden und keimenden Samen dadurch, dass erstere von sehr unregelmässig eckiger Gestalt sind, während letztere mehr abgerundet erscheinen. Ob Grössenunterschiede zwischen ihnen obwalten oder nicht, konnte namentlich desshalb nicht ı) Vgl. Koeppen p. 12. „In den Endospermzellen der Coniferensamen traten fast immer mehrere Kerne auf, welche, wie die Entwickelungsgeschichte von Sequoia zeigte, durch Theilung eines einzigen grossen Zellkerns entstanden sind. 230 sicher ermittelt werden, weil die zwischen den Reservestoffen einge- klemmten Kerne der rubenden Samen äusserst unregelmässige Gestalt besitzen. Die Grösse der Nucleolen zeigte sowohl in ruhenden als in keimenden Samen beträchtliche Verschiedenheiten. Eine allgemeine Vergrösserung der Nueleolen während der Keimung war nicht fest- zustellen. Am besten erkennt man die Nucleolen in Präparaten aus Alkoholmaterial, welche mit Methylenblau gefärbt und in Canadabalsam eingeschlossen worden sind. Im inneren Bau der Kerne ruhender und keimender Samen wurden einige Differenzen beobachtet: Fig. 35 zeigt Endospermkerne ruhender Samen nach der Färbung mit einer Mischung von Diamantfuchsin und Jodgrün. Der Nucleolus erscheint homogen, roth gefärbt, übrigens ist der Kern von dunkelvioletten Granulationen erfüllt. Die Kerne keimender Samen bieten nach gleichartiger Behandlung ein abweichen- des Bild (Fig. 36): der roth gefärbte Nueleolus liegt in einem hell- grün gefärbten Gerüst, welchem kleine rothe Körperchen von ver- schiedener Grösse eingebettet sind. Es kamen auch Präparate zur Beobachtung, in welchen diese Körperchen violett oder auch sehr dunkel gefärbt waren, so dass nicht zu entscheiden war, ob intensives Violett oder Roth vorlag. Die Körperchen scheinen den Nuclein- körpern von Cucurbita und Rieinus zu entsprechen. Auch Schnitte aus Alkoholmaterial, welche mit Methylenblau gefärbt und in Canada- balsam eingeschlossen worden waren, zeigten Verschiedenheiten im Bau der Kerne ruhender und keimender Samen. Im ruhenden Samen waren die Nucleolen intensiv gefärbt, der sonstige Kern heller, ohne deutlich erkennbare Structuren. In den Kernen der keimenden Samen waren hingegen undeutliche blaue Gerüste sichtbar, welche kleine dunkelblaue Kügelchen enthielten. Während demnach in den Endospermen keimender Samen bei Ricinus starke Vergrösserung der Kerne und Nucleolen, sowie Ver- änderungen bestimmter Art in den ausserhalb des Nucleolus be- legenen Theilen der Kerne erfolgen, bei Pinus Larix nach meinen Befunden nur letztere Veränderungen sichergestellt werden konnten, nach Peters aber auch Wachsthum der Kerne und Nucleolen statt- hat, konnte ich in den Endospermen keimender Samen von Zea Mays!) und Hyacinthus candicans keinerlei Veränderungen der Kerne beobachten. Fig. 37 zeigt einen Theil einer Amylum-erfüllten Endo- 1) Vgl. Koeppen 1.c.p.29. Raciborski, Zur Morphologie des Zellkerns der keimenden Samen. (Anzeiger der Akad. d. Wiss. in Krakau, März 1893.) Derselbe, Teber die Chromatophilie der Embryosackkerne (ebenda, Juli 1893). 231 spermzelle von Zea aus einem ruhenden Samen (Alkohol-Aether- Material, Essigcarmin, Canadabalsam). Das Zellplasnıa ist hell, der sehr unregelmässig gestaltete Kern intensiv gefärbt, jedoch ohne erkeunbare Gerüste und Nucleolen. Das Seutellargewebe enthält normale Kerne, wie sie in den Figuren 38, 39 aus ruhenden Samen dargestellt sind (Alkohol-Aether-Material, Essigearmin, Canadabalsam). In den abgebildeten Kernen des Seutellargewebes (Fig. 38, 39a) sind die Nucleolen schwach gefärbt, verschwommen, die Gerüste treten intensiv gefärbt, scharf hervor; sie sind auf die Peripherie des Kernes beschränkt, während das Innere desselben von einer schwach gefärbten, verschwommenen Masse erfüllt wird. Die Kerne des Seutellarepithels zeigen eine abweichende Anordnung des Gerüstes (Fig. 39b). Bei der Keimung der Samen tritt während der Auflösung der Reservestoffe eine nachweisbare Veränderung der Kerne in den Endospermzellen von Zea nicht ein. Fig. 40 gibt den Kern einer Endospermzelle wieder, deren Amylum gelöst worden ist (Alkohol- Aether-Material, Essigearmin, Canadabalsam). In den Endosperm- kernen keimender Samen von Hyaeinthus candicans findet eine wahr- nehmbare Veränderung während der Auflösung der Reservestoffe ebenfalls nicht statt. Weder der Nucleolus noch das Kerngerüst lässt eine Veränderung erkennen. Insbesondere erscheint der Nuclein- gehalt von Kernen ruhender Samen, von Samen, deren Reservestoffe in der Auflösung begriffen und von solchen, deren Reservestoffe fast vollständig geschwunden sind, gleich. Der Nucleolus vergrössert sich während der Keimung nicht. Ob eine Vergrösserung des Gesanımt- kernes stattfindet oder nicht, war wegen der unregelmässigen Gestalt der Kerne im ruhenden Samen nicht sicher zu ermitteln. Es schien nicht der Fall zu sein, jedenfalls ist die Volumveränderung, wenn vorhanden, nicht in die Augen fallend. Es liegt nahe das verschiedenartige Verhalten der Kerne in den Endospermen von Rieinus und Pinus Larix einerseits, von Zea Hyacinthus, Carex etc. andererseits zu dem differenten Verhalten in Beziehung zu setzen, welches diese Endospermen selbst zeigen. Wie schon Mohl!) und van Tieghem?) gefunden haben, wächst das Endosperm von Rieinus bei der Keimung beträchtlich.) Die Endosperme von Zea und Hyacinthus lassen hingegen kein Wachs- 1) Bot, Ztg. 1861 Nr. 36. , r 2) Sur la digestion de Yalbumen. Ann. Sc. nat. 1876, 6. Ser. T. IV. 3) Hinsichtlich der Endosperme, welche bei der Keimung wachsen, vgl. Klebs, Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung, 3.-A. p. 550. 232 thum während der Keimung erkennen. Nach Mohl hatte das Endosperm eines ruhenden Samens von Rieinus die Länge von 9,6, die Breite von 65mm. Das Endosperm eines gekeimten Samens, dessen Radicula 4 Zoll lang war, hatte dagegen eine Länge von 16 und eine Breite von 12,5mm. In absoluten Alkohol gelegt, zog es sich nur um 0,5mm der Länge nach zusammen. Die Messung anderer gekeimter Samen ergab ähnliche Zahlen. Ein dünner Längsschnitt des oben erwähnten Endosperms eines ruhenden Samens dehnte sich in Wasser auf nur 10mm aus. Ein zweites, halbirtes Endosperm von gleicher Länge hatte nach 5 Stunden in Wasser seine Länge auf ilmm, seine Breite auf Smm vergrössert, welehe Dimensionen nach längerem Aufenthalt in Wasser stationär blieben. Aus diesen Be- obachtungen schliesst Mohl, dass die Vergrösserung des Endosperms bei der Keimung „nicht auf hygroskopischer Anschwellung seiner Zellen, sondern auf einem wirklichen Wachsthum beruht“. Im keimenden Endosperm von Rieinus fand Mohl eine Bildung von Amylum, welche an demjenigen Ende des Samens begann, gegen welches das Würzelchen gerichtet war. Später war hier „eine grosse Zahl verhältnissmässig grosser Amylumkörner vorhanden, während im übrigen Albumen sich dieselben nur in den äussersten Zellschichten, aber nicht in seiner Mitte und in dem an den Cotyledonen anliegenden Theile entwickelten“. Da die Bildung von Amylum keine nothwendige Uebergangsstufe von fettem Oel zu Zucker darstellt, hält Mohl es für möglich, dass die Bildung von Amylum bei Ricinus mit dem Wachsthum in Verbindung steht. Van Tieghem beobachtete, dass Endosperme, welche von den Embryonen getrennt, unter günstige Keimungsbedingungen gebracht wurden, sich erheblich vergrösserten. Endosperme von 12mm Länge und Smm Breite erreichten in einem Monat 22mm Länge, 16mm Breite und wurden auch etwas dicker. Das Endosperm ganzer Samen von 12mm Länge und 8mm Breite erreicht bei der Keimung 30mm Länge und 20mm Breite. Die Ver- grösserung ist nach van Tieghem zuzuschreiben „surtont & l’agran- dissement des cellules et au developpement des meats aeriferes qui les separent“. Unter normalen Verhältnissen bildet sich während der Keimung nach van Tieghem entweder kein Amylum, oder dasselbe tritt nur hie und da in einigen peripheren Zellen auf. Hier wurde durch von Gris!) die Bildung von Amylum beobachtet. Dem gegenüber kann ich die weiter oben mitgetheilten Angaben von Mohl bestätigen. — Messungen 1) Recherches sur la germination. Ann, Se. nat. V. Ser. II, p. 54, 1864. 233 keimender Endosperme ergaben ähnliche Resultate wie die von Mohl und van Tieghem erzielten. Drei von der Samenschale befreite, zum Keimen ausgelegte Endosperme zeigten zur Zeit der Aussaat und 6 Tage später folgende Maasse: Zur Zeit der Aussaat 6 Tage nach der Aussaat . Länge der aus dem | ; | I | : Endos " Br . " masıa : Di perm ausge- Länge Breite | Dicke ' Länge Breite Dieke ; tretenen Theile des i : | | Keimlings i ! ' i 1. | U Bee Ben, Fe ar Bu 2: | 13,5 | Fe 30,5 | 2.: 11,0 | 7 5 | sin 15 | 20 3. | 10,0 | 6,5 5 vw lo | 5 20 | i j Eine stärkere Vergrösserung des Endosperms als in den vor- stehend mitgetheilten Fällen wurde auch bei weiteren Keimungsver- suchen mit ganzen Sanıen von längerer Dauer, bis zur völligen Ent- leerung der Endosperme, nicht beobachtet, wohl aber, als das Endosperm Nr. 3 der vorstehenden Tabelle sechs Tage nach der Aussaat parallel zur Fläche der Cotyledonen halbirt und nun eine Endospermhälfte für sich weiter eultivirt wurde, Dieselbe erreichte nach zwei Tagen eine Länge von 22mm, begann aber dann zu faulen. Das Endosperm Nr. 1 der vorstehenden Tabelle gelangte sechs Tage nach der Aussaat gleichzeitig mit einem ruhenden, von der Samenschale befreiten Endosperm in absoluten Alkohol. Das ruhende Endosperm besass vor dem Einlegen in Alkohol folgende Maasse: Länge 10,5, Breite 7, Dieke 5. Nach 14 Tagen hatte sich an diesen Maassen nichts geändert, während das gekeimte Endosperm eine ge- tingfügige Verkleinerung erfahren hatte. Es maass in der Länge 16, Breite 12,5, Dicke 5. Da das Gleichbleiben der Dieke auch bei einer Schrumpfung des Endosperms möglich gewesen wäre, wenn sich der die Cotyledonen enthaltende Raum im Innern gleichzeitig ver- grössert haben würde, so wurde auch der Querschnitt einer Hälfte von Endosperm Nr. 3 gemessen. Das Endosperm wurde zunächst parallel zur Fläche der Cotyledonen halbirt, dann wurde die eine Hälfte senkrecht zur Fläche der Cotyledonen quer durchschnitten und gemessen. Sie besass in ihrer Mitte eine Dieke von 2,5, nach 14tägigem Verweilen in absolutem Alkohol betrug die Dicke 2,25, es war also nur eine sehr geringe Schrumpfung eingetreten. Die Angabe van Tieghem’s, dass die Vergrösserung des Endosperms einer Vergrösserung der Zellen und einer Ausbildung 16 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 234 der Intercellularräume !) zuzuschreiben sei, kann ich bestätigen. Die Zellwände sind in den keimenden Endospermen im Allgemeinen dicker als in den ruhenden. Das zeigte sich sowohl bei der Untersuchung von Schnitten in Alkohol als auch in Wasser. Aus der Gesammtheit der vorstehenden Angaben ergibt sich, dass das Endosperm von Rieinus bei der Keimung erheblich wächst, und zwar unter Vermehrung der Wandsubstanz seiner Zellen. Wie bei Ricinus, so finden auch bei Pinus Larix und anderen Coniferen ein Wachsthum des Endosperms bei der Keimung statt. Schon Mohl beobachtete (l. e.), dass bei der Keimung von Pinus Pinea die Samenschale in zwei Klappen zersprengt wird, welche in Folge weiterer Vergrösserung des Endosperms weit auseinander getrieben werden. Zur Sprengung der Samenschale reicht nach Mohl „die hygroskopische Anschwellung des Kernes hin, was daraus erhellt, dass einzelne Samen, deren Embryo unentwickelt blieb, die Samenhaut soweit zersprengten, dass ein feiner Riss dieselbe in zwei Klappen theilte“. Von der weiteren Vergrösserung des Endosperms, durch welche die Klappen der Samenschale weit auseinander getrieben werden, meint Mohl, sie könne die Folge eines wirklichen Wachs- thums sein, „allein sie spricht, da sie nicht sehr bedeutend ist, nicht nothwendiger Weise für ein solches, sondern sie könnte auch Folge einer mechanischen Ausdehnung sein, welche das Albumen durch den in seinem Innern sich vergrössernden Embryo erleidet“, Sicher nachgewiesen wurde ein Wachsthum des Endosperms keimender Coniferensamen dureh Tseherning.?) Die Sprengung der Samen- schale bei Taxus baccata und das darauffolgende Hervortreten des Endosperms beruht nach Tscherning auf einem Wachsthum des letzteren. Das lässt sich, wie Tscherning ausführt, „wenigstens was das Wachsthum in der Breite anbelangt, am klarsten nachweisen, wenn man (uerschnitte von keimenden und mit absolutem Alkohol entwässerten Samen mit solchen von ruhenden vergleicht. Es zeigt sich dann alsbald, dass der Scheibenring des Eiweisskörpers, welcher den centralen Kreis des Embryo umgibt, bei ersteren eine grössere 1) Die Frage, ob etwa schon im ruhenden Samen sehr kleine Intercellular- räume vorhanden sind oder nicht, habe ich nicht untersucht (nach Gris 1 ce. p. 34 fehlen sie). Abbildungen der Endospermzellen aus den ruhenden und keimenden Samen finden sich hei Grisl.e. T. i Fig. 1 und T. 2 Fig. 7. 2) F. A. Tscherning, Untersuchungen über die Entwickelung einiger Embryonen bei der Keimung. Diss,, Tübingen 1872. nn... 235 Breite erlangt hat als bei letzteren. In Folge der Keimung hat sich der den Embryo bergende Raum erweitert, auch sind in Folge eben derselben die innersten Schichten des Eiweisskörpers eorrodirt worden, Wenn nun nach Obigem dessenungeachtet nicht eine Verschmälerung, sondern eine Erbreiterung des Eiweissringes sich herausstellt, die nach vergleichenden Messungen durchschnittlich immerhin Imm er- reicht, so folgt hieraus, dass das Wachsthum des Eiweisskörpers sogar ein nicht unbeträchtliches ist. Weniger genau ist das Längen- wachsthum nachzuweisen, weil an der Stelle, wo der Embryo hervor- tritt, ein 'Theil des Eiweisskörpers corrodirt wird“. In allen Zellen des Eiweisskörpers bildet sich im Verlaufe der Keimung Stärke. Auftreten von Stärke im Endosperm und Wachsthum desselben wurde von Tscherning, wie derselbe am Schlusse seiner Arbeit in Kürze bemerkt, des Weiteren bei Thuja orientalis, oceidentalis, Pinus Pinea, sylvestris, Larix, Picea, Abies beobachtet. Die Vergrösserung des Endosperms fällt bei Keimlingen der- selben Aussaat von Larix sehr verschieden aus. Vielfach ist dieselbe nur geringfügig, es werden die zunächst durch einen feinen Riss ge- trennten Hälften der Samenschale nicht weiter auseinander getrieben, obwohl der Keimling sich normal entwickelt, während in anderen Fällen die Hälften der Samenschale in der von Mohl für die Pinie be- schriebenen Weise durch das sich vergrössernde Endosperm weit aus- einander getrieben werden (Fig. 41). Nach dem Austreten der Radi- eula aus dem Endosperm scheint eine weitere Vergrösserung desselben nicht mehr zu erfolgen. Nicht mehr haltbar ist unseren heutigen Kenntnissen zufolge die Meinung Mohl’s, dass die hygroskopische Anschwellung des Endosperms genügen muss, um die Samenschale zu sprengen, weil auch bei solchen Samen (der Pinie) die Schale gesprengt werden kann, deren Embryo sich nieht weiter entwickelt. Es könnte hier ja ein von der Entwickelung des Embryo unabhängiges Wachsthum des Endosperms wie bei Ricinus vorliegen. Dass bei Barix die Ver- grösserung des Endosperms nicht die Folge einer mechanischen Aus- dehnung durch den wachsenden Embryo ist, sondern auf Wachsthum beruht, konnte ich folgendermaassen nachweisen: Mit einem starken Messer wurde aın breiten Ende einiger Samen durch einen queren Schnitt ein Stück abgetragen, so dass der obere, die Cotyledonen enthaltende Theil der Embryonalhöhle geöffnet wurde. Dann wurden die Samen unter günstige Keimungsbedingungen gebracht. Einige Samen gingen durch Fäulniss zu Grunde, andere keiinten, wie Fig. 42 16* 236 zeigt. Die Samenschale wurde nicht gesprengt, sondern der Keim- ling trat mit seinen Cotyledonen aus der durch den Schnitt gebildeten Oeffnung hervor. Das Endosperm, dessen oberer Theil durch den Schnitt abgetrennt worden war, und welches vor der Aussaat die Samenschale nicht überragte, wuchs bei der Keimung um Imm aus derselben hervor. Ein Längsschnitt (Fig. 43) zeigte, dass das Endo- sperm bis in die äusserste Spitze des Schalenlhohlraumes reichte, was bei ruhendem Samen nicht der Fall zu sein pflegt (Fig. 44). Der Keimling reichte mit der Spitze der Radieula nicht bis in den unteren Theil des Embryonalhohlraumes hinab. Nach fünftägigem Verweilen in absolutem Alkohol konnte nur eine äusserst geringfügige Verkürzung des Endosperms festgestellt werden. Die bei der Keimung entstandene Verlängerung blieb fast unvermindert bestehen. Dass die Verlänge- rung, welche hier das Endosperm erfahren hat, nicht auf eine mechanische Ausdehnung durch den wachsenden Embryo zurückge- führt werden kann, liegt auf der Hand. Fig. 45 zeigt ein Endosperm mit Keimling nebst zugehöriger Samenschalenhälfte. Wäre die Ver- grösserung dieses Endosperms, welche sich aus einem Vergleich des- selben mit der zugehörigen Schalenhälfte ergibt, lediglich durch mechanische Ausdehnung erfolgt, so müsste der Mantel, den dasselbe um den Keimling bildet, dünner sein als im ruhenden Samen. Ver- gleichende Messungen ergaben jedoch, dass letzteres nicht der Fall sei. Das Endosperm von Larix kann demnach bei der Keimung wachsen, Die Intercellularräume in den Endospermen der keimenden Samen schienen nicht grösser, die Zellwände nicht dünner zu sein als in denjenigen der ruhenden Samen. Bei Zea Mays findet während der Keimung ein wahrnehmbares Wachsthum des Endosperms nicht statt. Die Gestalt der zur Messung verwendeten Maiskörner ergibt sich aus der Betrachtung der Figuren 46, 47, 48. Der schattirte Theil entspricht überall dem Endosperm, der nicht schattirte dem Embryo. Die Messungen wurden mit einem Zirkel bei ab, cd, ef, ik, £h ausgeführt, Dabei wurden Körner ausgewählt, deren Embryo sich bei e nicht vor das Endosperm schob. ik und gh wurden gemessen, um einen etwaigen Antheil des Embryo an einer Vergrösserung des Kornes zu ermitteln. Einige Messungsresultate, aus welchen hervorgeht, dass bei Zea ein Wachsthum des Endosperms während der Keimung, wie es für Rieinus und Larix festgestellt worden ist, nicht vorkommt, mögen hier mitgetheilt werden. | Ber Jede Tabelle bezieht sich auf je ein in verschiedenen Zuständen gemessenes Korn. l '24 Stunden nach Aus- , | . | Ruhendes Korn | saat Keimling noch Radieula 33mm | Radieula 80 mm Spross Ilmm | Spross 23mm nicht ausgetreten | t I ab 10,5 | 11,25 | 11,25 | 11,25 ed 70 | 7,0 ' 7,0 7,0 | ef 4,0 5,0 5,0 | 5,0 sh 4,0 4,5 PR a BY ik 4,5 5,0 | 6,0 6,0 j | ' | Ruhendes Korn | Radicula 24mm Nach 2monatl. Verweilen Spross 12mm in absol. Alkohol ab | 10,0 11,0 10,5 ed 7,0 8,0 7,75 ef 3,5 4,0 3,5 gh 3,5 5,0 4,5 ik | 4,5 | 6,0 5,5 "Ruhendes Radicula 23mm Zwei Tage bei Zimmer-, Mehrere weitere Tage Korn |! Spross 10mm temperatur getrocknet ' bei Zimmertemp. getr. ab | 9,5 10,5 10,0 | 10,0 di 65 Ä 7,0 | 7,0 7,0 ef ı 45 5,0 4,75 4,5 sh | 40 | 5,0 | 4,0 4,0 ik | 4,5 | 5,5 | 5,0 5,0 ln, .248tmach Aus- 40... Zwei Tage bei | Mehrere weitere Ruhendes: saat Keiml.noch. Redicula 20mm. Zimmertemp. Tage bei Zimmer- Korn | nicht ausgetreten! Spross Tmm | getrocknet temp. getr. j T ab} 10,0 | 11,0 | 11,0 | 10,25 10,0 Ka a FB 15 | 7,5 | 7,0 6,5 a Juer K Zu 5,5 5,5 4,75 45 sh 40 4,5 | 4,5 4,5 4,0 ik | 50 | 5,5 | 5,5 ' 5,5 5,0 238 Ruhendes !Radicula 22 mm | Radicula 100 mm | Nach 2monatl, Verweilen Korn Spross 8mm | Spross 37mm | in absolutem Alkohol ab| 11,0 12,25 | 12,25 | 11,5 ed 7,0 1,5 15 1,5 ef 3,75 4,5 4,5 ' 3,75 gh | 4,5 4,5 | 5,5 | 6 ik | 5,0 6,5 Auch bei Hyaeinthus candicans findet ein Wachsthum des Endo- sperms während der Keimung nicht in nachweisbarer Art statt. Die Samenschale wird nicht gesprengt. Genauere Untersuchungen fehlen, da sich der genaueren Messung der Endosperme hier besondere tech- nische Schwierigkeiten entgegenstellen. In den nicht nachweisbar wachsenden Enndospermen von Zea und Hyaeinthus findet bei der Auflösung der Reservestoffe während der Keimung, wie weiter oben ausgeführt worden ist, keine erkennbare Veränderung des Zellkerns statt. Bei Zea liegt ein eigenthümlich veränderter Kern vor. Es ist möglich, dass diese veränderte Be- schaffenheit ihn unfähig macht, bei der Keimung zu wachsen, obwohl „Nahrungsstoffe“ in seiner Umgebung reichlich vorhanden sind. Dass die Kerne in den Endospermen ruhender Samen vollständig: zu Grunde gegangen sein können, beweisen die Angaben von Peters und Köppen über Carex, Rivina, Petiveria, Sparganium und Typha'). Bei Hyaeinthus candicans hingegen sind die Kerne im reifen Endo- sperm anscheinend wohl erhalten, und dennoch findet bei der Keimung kein nachweisbares Wachsen von Kern und Nucleolus, keine sonstige erkennbare Veränderung der Kernstructur statt. Da also einerseits die Auflösung der Reservestoffe ohne Kern vor sich gehen kann, und andererseits, wenn ein Kern vorhanden ist, an diesem durch den Auflösungsvorgang der Reservestoffe an sich noch keine nachweis- baren Veränderungen herbeigeführt zu werden brauchen, so liegt die Vermuthung nahe, dass die starke Vergrösserung der Kerne, das Wachsthum der Nueleolen bei Rieinus nicht mit der Auflösung der Reservestoffe in Verbindung steht, sondern mit dem erheblichen Wachs- thum, durch welches sich das Endosperm von Ricinus während der Keimung vor den Endospermen von Zea und Hyacinthus auszeichnet. Bei Pinus Larix sind die von mir am Kern beobachteten Veränderungen viel geringeren Grades als bei Rieinus, während Peters am keimenden 1) Anm. 3. en : 239 Samen von Pinus Larix bedeutende Vergrösserung der Kerne und besonders der Nucleolen beobachtete. Fine Erklärung dieser Be- obachtungsdifferenz wurde weiter oben versucht. Für ein vergleichendes Studium der Kernveränderungen in Zellen, welche sich hinsichtlich ihres Wachsthums verschieden verhalten, er- wiesen sich die Epidermen der Blätter von Galanthus nivalis und Hyaeinthus orientalis als geeignet. Die Epidermis von Galanthus gelangte nach Behandlung mit Alkohol und Färbung in einem Gemisch von Diamantfuchsin und Jod- grün zur Untersuchung. In den erzielten Präparaten hatten die nucleinhaltigen Theile der Kerne blaue bis violette, die Nucleolen rothe Färbung angenommen. Die Hyacinthenepidermis wurde ent- weder nach Behandlung mit Alkohol oder frisch mit Essigearmin ge- färbt. Nach dieser Behandlungsweise färben sich bekanntlich nur die nucleinhaltigen Theile des Kernes intensiv und erscheinen unge- quollen, scharf begrenzt, während die Nueleolen quellen und sich wenig oder gar nicht färben.!) Wie aus Figur 49 zu erschen ist, zeigen die Kerne der Spalt- öffnungsmutterzelle und ihrer Schwesterzelle bei Hyacinthus, schon bevor sie die Form ruhender Kerne angenommen haben, eine ver- schiedenartige Gestaltung ihrer nucleinhaltigen Theile. Die Spalt- öffnungsmutterzelle vergrössert sich nur wenig, während ihre Schwester- zelle stark wächst. Dementsprechend verändert sich die Gestalt der Kerne. Während ihrer Gestaltsveränderung scheint eine sehr wesent- liche Verschiedenheit im procentischen Nucleingehalt zwischen dem Kerne der Spaltöffnungsmutterzelle und demjenigen der Schwester- zelle zu entstehen, wie das die Figuren 50-53 erkennen lassen. Im Stadium der Fig. 53 ist der Gegensatz zwischen dem Kern der Spalt- öffnungsmutterzelle und demjenigen der Schwesterzelle sehr auffallend. Der erstere scheint der nucleinreichere zu sein. Wenn später auch die Spalt- öffnungsmutterzelle und ihr Kern mehr herangewachsen sind, scheinen sich die Kerne in ihrem Nucleingehalt einander mehr zu nähern (Fig. 54). Dann aber erfolgt unmittelbar vor der Theilung der Spaltöffnungs- mutterzelle eine beträchtliche procentische und absolute Steigerung im Nucleingehalt des Kernes dieser Zelle (Fig. 55). Fig. 56 zeigt die jungen Schliesszellen und den Kern aus der Schwesterzelle ihrer Mutterzelle. Die kleinen Schliesszellenkerne scheinen durch hohen Nucleingehalt ausgezeichnet zu sein. Mit dem Wachsthum der Schliess- i) Vgl. E. Zacharias, Ueber den Nucleolus, Bot, Ztg. 1885, p. 264, und Beiträge ete,, Bot. Zig. 1887, p. 285. 240 zellen und ihrer Kerne scheint der procentische Nucleingehalt der letzteren zu sinken. Ein sicheres Urtheil über die thatsächlich vorhandenen Differenzen im procentischen Nucleingehalt der in Rede stehenden Kerne wird dadurch erschwert, dass der Durchmesser senkrecht zur Fläche der Epidermis bei den Kernen der Spaltöffnungsmutterzellen und Schliess- zellen grösser ist, als bei den übrigen Epidermiszellkernen. Epidermis- stücke, welche 24 Stunden in Alkohol gelegen hatten und darauf kurze Zeit schwach in 0,3 procentiger Salzsäure erwärmt worden waren, besassen gequollenes Zellplasma, während die nucleinhaltigen Theile der Kerne sehr scharf und glänzend hervortraten, In Bezug auf den procentischen Gehalt der Kerne an Nuclein ergab die Unter- suchung der mit Salzsäure behandelten Präparate dasselbe Resultat wie diejenige der mit Essigcarmin gefärbten. Zur Feststellung des Verhaltens der Nucleolen ist die Epidermis der Blätter von Galanthus nivalis besser geeignet als diejenige der Blätter von Hyacinthus, da bei Galanthus die Kerne je einen Nucleo- lus, bei Hyacinthus aber mehrere Nucleolen besitzen. Die Kerne der kleinen Spaltöffnungsmutterzellen von Galanthus zeigen in den Figuren 57, 58, 59 kleinere Nucleolen als die Kerne der stärker herangewachsenen Schwesterzellen. Weit beträchtlicher ist noch die Grössendifferenz zwischen den Nucleolen der jungen Schliesszellenkerne und der Kerne der benachbarten, grossen, noch in weiterem Wachsthum begriffenen Epidermiszellen. [Fig. 60 1), 61, 62.] In manchen Fällen sind die Nucleolen der Schliesszellenkerne durch die intensiv gefärbten, dichten Nucleingerüste derartig verdeckt, dass ihre Wiedergabe mit Hülfe des Zeichenapparates nicht gelingt. In Fig. 60 sind sie jedoch bei $ zu erkennen, ebenso in Fig. 62a. Bezüglich des Nucleingehaltes der Kerne sind die Figuren zu ver- gleichen. In Fig. 63 ist ein älterer Zustand dargestellt. Die Schliess- zellen sind gewachsen, die Kerne scheinen im Vergleich mit jüngeren Stadien nucleinärmer geworden zu sein. Man erkennt in der Mitte der Kerne eine punktförmige helle Stelle, an welcher bei stärkerer 1) Die Kerntheilungsfigur in der Fig. 60 ist in der Zelle nicht derartig an- geordnet, dass die Linie, welche die Kernpole verbindet, wie das sonst meist der Fall ist, senkrecht zur später auftretenden Scheidewand verläuft. Eine ähnliche Lage nimmt die Kerntheilungsfigur bei den Theilungen ein, die zur Bildung der Spermatozoidmutterzellen von Chara führen (Sehottländer, Beitr. z. Kenntn. d. Zellkerns u. d. Sexualz. bei Kryptogamen; F.Cohn, Beitr, z, Biologie d. Pfl. Bd. VI, Taf. V Fig. 39-41; Belajeff, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen, Flora, Ergänzungsbd. 1894, Taf. I Fig. 4—6). 241 Vergrösserung ein sehr kleiner Nucleolus beobachtet werden kann. Die Nucleolen (auch diejenigen der benachbarten Epidermiszellen) haben sich im Stadium der Fig. 63 demjenigen der Fig. 62 gegenüber verkleinert. Dass eine „Abnahme der Nucleolarsubstanz mit zu- nehmendem Alter der Kerne eine sehr verbreitete Erscheinung zu sein scheine“, habe ich im Anschluss an eine Untersuchung der Blätter von Galanthus schon in meiner Arbeit über den Nucleolus (Bot. Ztg. 1885 p. 292) hervorgehoben. Messungen in den Schwesterzellen der Spaltöffnungsmutterzellen und den sonstigen Epidermiszellen ergaben, dass das Volumen des Nucleolus der wachsenden Zellen zunächst wächst, um dann, während die Zelle sich noch weiter vergrössert, eine Zeit lang constant zu bleiben. Schliesslich erfolgt eine Abnahme des Nucleolarvolumens. In den Spaltöffnungsmutterzellen, die sehr viel langsamer wachsen, als ihre Schwesterzellen, ist auch die Vergrösserung der Nucleolen eine geringere. Die Vergrösserung der Nucleolen beruht nicht, oder doch jedenfalls im Wesentlichen nicht auf Wasseraufnahme, wie die vergleichende Untersuchung von Alkoholmaterial zeigt. Auch nach Behandlung mit Alkohol sind die Grössendifferenzen vorhanden, und die grossen Nucleolen erscheinen nicht minder dicht als die kleinen. Sehr geeignet, den Nucleingehalt der Kerne scharf hervortreten zu lassen, ist ein schwaches Erwärmen der Schnitte aus Alkohol- material unter Deckglas in verdünnter Essigsäure (1 vol. concentr. Essigsre. + 1 vol. Wasser)'). Die nucleinhaltigen Theile des Kernes nehmen dann ein ausserordentlich scharf contourirtes und glänzendes Aussehen an, während die Nucleolen und das Zellprotoplasma stark quellen. Diese Verschiedenheit zwischen den Nucleinkörpern und dem sonstigen protoplasmatischen Zellinhalt tritt nicht in der Weise hervor, wenn das Alkoholmaterial zunächst mit künstlichem Magen- saft, dann wieder mit Alkohol behandelt, und dann erst dem Er- wärmen in verdünnter Essigsäure unterworfen wird. Nach dieser Behandlungsweise bleibt die Quellung des Zellplasmarestes aus, oder erreicht doch nur einen verhältnissmässig geringen Grad. Die Unter- suchung der mit Alkohol behandelten Epidermis von Galanthus nach 1) Eingehendere Untersuchungen über das Verhalten des Zellkerns gegen Essigsäure sind schon von Auerbach angestellt worden (Organologische Studien Heft Ip, 39, 1874; ausführliches Citat bei E. Zacharias, Ueber den Zellkern, Bot. Ztg. 1882, p. 632). Weitere Angaben finden sich bei F. Schwarz (Die mor- pholog. und chem. Zusammensetzung des Protoplasmas, Beitr. zur Biologie der Pflanzen, herausgeg. von F. Cohn, V. Bd. 1. Heft, 1887, p. 109). 242 schwachem Erwärmen in verdünnter Essigsäure ergab bezüglich des Nucleingehaltes der Kerne dieselben Resultate wie die Doppelfärbungen. Die glänzende Substanz entsprach in Menge und Verthejlung durchaus der violettgefärbten in den Figuren 57, 58, 60, 63. Auch Färbung mit Essigearmin führte zu gleichartigen Ergebnissen. Es scheinen stets die schwächer wachsenden Zellen viel reicher an Nuclein zu sein als die stärker wachsenden. Indessen ist bei der Beurtheilung der erhaltenen Bilder dem Umstande Rechnung zu tragen, dass, wie Schwarz!) festgestellt hat, die Zellkerne während ihrer Vergrösserung flacher werden. Entsprechend dem geschilderten Verhalten der stärker wachsenden Schwesterzelle zur Spaltöffnungsmutterzelle bei Galanthus und Hyaein- thus scheint sich nach Bühler?) dasjenige der jungen Eizelle zu ihrer Schwesterzelle beim Kaninchen zu gestalten. Bühler hat beim Kaninchen gefunden, dass sich durch indirecte Theilung einer Keim- epithelzelle zwei übereinanderliegende gleich grosse Zellen bilden, deren Kerne, nach den Abbildungen zu schliessen, gleichartig sind. Die dem Stroma aufliegende Zelle bildet sich zur Eizelle aus. Sie wächst stärker als ihre Schwesterzelle, so dass sie in einem bestimmten Stadium die letztere wohl um das fünffache an Grösse übertrifft. Aus den Abbildungen folgt, dass Kern und Nucleolus sehr viel grösser werden als die gleichen Organe der Schwesterzelle, auch scheint gleichzeitig mit dem stärkeren Wachsthum der Kern der Eizelle procentisch chromatinärmer zu werden, als sein Schwesterkern, Eine Reihe weiterer in der Litteratur zerstreuter Angaben über die Beschaffenheit der Kerne wachsender Zellen mag hier angeschlossen werden: Lavdowsky?°) untersuchte wachsende Wurzeln von Vieia Faba. Der in Fig. 33, Taf. XXVIII, XXIX dargestellte Längsschnitt zeigt bei B nahe der Wurzelspitze kleinere Zellen, welche nach A hin in grössere, der Wurzelbasis melır genäherte Zellen übergehen. Mit der Ver- grösserung der Zellen geht auch eine Vergrösserung der Kerne und Nu- eleolen Hand in Hand, während eine procentische Abnahme der nuclein- haltigen Theile der Kerne eintreten zu können scheint. Ueber das 1) Beitr. zur Entwickelungsgeschichte des pflanzlichen Zellkerns nach der Theilung, 1. c. p. 81. 2) Beiträge zur Kenntniss der Eibildung beim Kaninchen (Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 58, 1894). 3) Von der Entstehung der chromatischen und achromatischen Substanzen in den thierischen und pflanzlichen Zellen (Anatum, Hefte, herausgeg. von Merkel und Bonnet 1894). — Vgl. Anm. 4. 243 Verhalten der nucleinhaltigen Theile lässt sich jedoch auf Grund der Abbildung Fig. 33 kein sicheres Urtheil gewinnen. Fig. 67, Taf. XXX, XXXI, stellt einen Querschnitt aus dem jungen Fruchtknoten von Iilium Martagon dar. Der grosse, mit grossem Nucleolus versehene Kern des noch nicht ausgewachsenen Embryosackes ist procentisch sehr viel ärmer an nucleinhaltiger Substanz als der Kern der relativ kleinen umgebenden Zellen. Schon früher hat Rosen!) einen entsprechenden Zustand von Tulipa abgebildet. Der Abbildung, welche Lavdowsky für den Wurzelvegetationspunkt von Vicia Faba mitgetheilt hat, ist Ziegler’s und vom Rath's?) Abbildung des blinden Endes des Leberschlauches eines erwachsenen Astacus Auviatilis an die Seite zu stellen. „Man sieht den Regene- rationsherd, welcher den obersten Theil des Schlauches einnimmt und in welchem die Kerne einen jugendlichen Charakter haben; zahl- reiche Mitosen findet man hier vor; unterhalb des Regenerationsherdes nehmen die Kerne bedeutend an Grösse zu, die Zellen vergrössern sich und der Durchmesser des Schlauches wächst.“ Die Abbildung berechtigt zu der Annahme, dass mit der Vergrösserung der Kerne eine Vergrösserung der Nucleolen und eine procentische Abnahme der färbbaren Gerüstsubstanz verbunden ist. Wie Raciborski?) mittheilt, vergrössern sich bei Cabomba nach der Befruchtung die Zellen des Nucellus sehr bedeutend, ihre Kerne wachsen stark, verändern amöbenartig ihre Gestalt, bilden in ihrem Innern grössere Vacuolen und theilen sich in zahlreichen Zellen direct durch Fragmentation. Dabei scheint in diesen Kernen kein Nuclein- zuwachs zu erfolgen, das Chromatingerüst ist locker und weitmaschig. Dangeard') fand bei Synehytrium Taraxaci, dass die Zoospore, nachdem sie im Gewebe des Wirthes angelangt ist und ihre Cilien verloren hat, sich abrundet und sehr rasch an Volumen zunimmt „le 1) Ueber tinetionelle Unterscheidung verschiedener Kernbestandtheile und der Sexualkerne (F. Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. V, Taf. 16, Fig. 14). Hinsichtlich neuerer Mittheilungen von Rosen vgl. E. Zacharias, Ueber Be- ziehungen des Zellenwachsthums zur Beschaffenheit des Zellkerns (Berichte der Deutschen Bot. Gesellsch. 1894, Heft 5). Die thatsächlicehen Befunde von Rosen scheinen mit den von mir entwickelten Vorstellungen nicht unvereinbar zu sein, 2) Ziegler und vom Rath, Amitotische Kerntheilung bei den Arthropoden (Biolog. Centralbl. Bd. XI, Nr. 24, 1891). 3) Morphologie der Cabombeen und Nymphasaceen (Flora 1894, Heft 3, S.-A, p. 10). 4) Etude du noyau dans quelques groupes inferieurs de vegetaux; note pre- liminaire (Le Botaniste 1. Ser., 1. Sept. 1889, p. 209). 244 noyau augmente lui-möme dans des proportions tres grandes“. Wenn die Zelle einen Durchmesser von 94, erreicht hat, beträgt der Durch- messer des Kernes 14,, derjenige des Nucleolus 8,. In den Zellen, welche bei Exoascus deformans zu Aseis werden, finden sich nach Dangeard!) zwei Kerne, Diese verschmelzen zu einem Kern, welcher dann gleichzeitig mit der Zelle an Volumen zunimmt. Dass auch ein beträchtliches Wachsthum des Nucleoles stattfindet, ist aus Fig. 4 zu ersehen. Nach Franc&?) ist bei den Polytomeen die Grösse des Zellkerns ziemlich variabel und steht mit der Körpergrösse im engsten Zusammen- hang. Bei den jüngsten Individuen, deren Länge kaum 9, erreicht, ist der Durchmesser des Kernes nur 2,, bei den meisten mittelgrossen und ausgewachsenen Exemplaren dagegen 3,, ja in einzelnen grossen Dauercysten erreicht er sogar den ansehnlichen Durchmesser von 6y. Starkes Wachsthum der Kerne unter Aufnahme von „Substanz“ in den ersten Bildungsphasen thierischer Eier, Verkleinerung der Kerne in späteren Entwickelungsphasen konnten Korschelt?) und andere Autoren nachweisen. Bei Dytiscus marginalis fällt nach Korschelt der grösste Umfang des Kernes in die Zeit des energischsten Wachs- thums der Eizelle. In den jungen Eikernen der Insecten finden sich grosse, massige Nucleolen, die später zum Theil verschwinden. In wie weit übrigens die Abnahme des Kernvolums in bestimmten Ent- wickelungsphasen thierischer Eier der Abnahme des Kernvolumens in späteren Entwickelungsstadien von Pflanzenzellen an die Seite zu stellen ist, bleibt zweifelhaft. Dangeard®) beobachtete in Kernen der Plasmodien von Spumaria alba mit zunehmender Entfernung der Kerne vom Vorderrande („du eöte oü il progresse“) des Plasmodiums eine Abnahme der Nucleolar- masse. „Un cas extreme est celui, oü le protoplasme se rarefiant beaucoup arrive & ne plus former qu’un reseau de mailles excessivement fines, les noyaux sont presque completement depourvus de chromatine ; le nucleole est reduit & un point, parfois il parait creux; par contre la membrane nucleaire est fort nette. On dirait que ce sont des 1) La reproduction sexuelle des Ascomycetes (Le Botaniste 4. Ser, 1. u. 2. Fasc., Juli 1894, p. 33). 2) Die Polytomeen (Pringsheim’s Jahrb. Bd. XXVIlL, 1894). 3) Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns (Zoolog. Jahrb. Abth. für Anat. und Ontogenie (l. Thiere, herausgeg. von Spengel, Ba. IV, 1889, S.-A. p. 53, 92, 113). — Vgl. auch Hertwig, Die Zelle und die Gewebe p. 33. 4) Recherches histologiques sur les champignons (Le Botaniste, 2. Ser. 1890—91, p. 72), 245 noyaux €puises, s’opposant par la constitution de cette membrane & la perte totale de leur substance.*“ Es würde von Interesse sein, zu untersuchen, ob vielleicht in ähnlicher Weise wie in den Vegetations- punkten der Wurzeln und Stengel auch an dem Vorderrande der Plasmodien eine Zunahme der Nueleolarmasse der Abnahme vorausgeht. Aus der Gesammtheit der mitgetheilten Beobachtungen ergibt sich, dass in den Kernen wachsender Zellen bestimmte Veränderungen eine verbreitete Erscheinung darstellen. 7Zu diesen Veränderungen gehört insbesondere Vergrösserung der Kerne und Massenzunahme der Nucleolen in den ersten Stadien des Zellenwachsthums. Auch sonstige Veränderungen in der Beschaffenheit der Zellkerne wachsender Zellen liessen sich feststellen. Namentlich machten die mikrosko- pischen Bilder in mehr oder minder bestimmter Weise den Eindruck, als ob mit der Vergrösserung der Kerne eine procentische Abnahme des Nucleingehaltes verbunden sei. Klebs u. A.') haben bekanntlich für bestimmte Fälle nach- gewiesen, dass die Anwesenheit eines Zellkerns für das Zustande- kommen des Zellenwachsthums erforderlich ist, während Palla?) be- obachten konnte, dass kernlose Plasmamassen, welche sich nach dem Austreten aus geplatzten Pollenschläuchen mit Membran umgeben hatten, z. Thl. „in lange Schläuche ausliefen“. Palla meint, dass hier ein Wachsthum stattgefunden habe, betont jedoch, dass Einwände gegen seine Auffassung zulässig seien, da er das Wachsthum nicht direet verfolgt habe. Acqua?) konnte feststellen, dass die mit Zellhaut umkleideten, aus geplatzten Pollenschläuchen ausgetretenen kernlosen Plasmamassen mit dem Plasma des Pollenschlauches durch eine feine Oeffnung in den Membranen verbunden bleiben können und dann also dem even- tuellen Einfluss der Pollenschlauchkerne nicht entzogen sind. („Dunque le bolle non sono libere e indipendenti ma collegate con il plasma del budello pollinico.*) Solche Plasmamassen können nach Acqua, 1) Auf eine ausführliche Zusammenstellung der einschlägigen Litteratur kann hier füglich verzichtet werden, da dieselbe schon a. a. O. mehrfach erfolgt ist, 36 z.B. bei Zimmermann, Die Function des Kernes und Experimentelles. Sammel- referate aus dem Gesammtgebiet der Zellenlehre, Bot. Centralbl., Beihefte, Bd. IV, Heft 2, 1894. Verworn, Die physiolog. Bedeutg. d. Zellkerns. (Pflügers Archiv Bd. 41 p. 1118, 1891.) 2) Beobachtungen über Zellhautbildung an des Zellkerns beraubten Proto- plasten. Flora 1890. 3) Contribuzione alla conoscenza della cellula vegetale. Malpighia, vol. V 1891. 246 während sie mit dem Pollenschlauch in Verbindung bleiben, wachsen und dann durch abermaliges Platzen des Pollenschlauches von diesem getrennt werden (p. 29). Derartige Fälle, aus welchen selbstver- ständlich die Möglichkeit des Wachsthums ohne Kern nicht erschlossen werden kann, könnten Palla vorgelegen haben. Ein Wachsthum isolirter, nicht mit dem Pollenschlauch verbundener Plasmamassen konnte von Aequa nicht mit Sicherheit beobachtet werden. „Le osservazione da me compiute non possono avere adunque altro valore che quello di stabilire una probabilitä che senza la presenza del nucleo possa parimenti aver luogo l’acerescimento, ma non sono atte a risolvere definitivamente la questione.* Aus der Gesammtheit der bekannten T'hatsachen ist zu entnehmen, dass unter bestimmten Ver- hältnissen Wachsthum kernloser Protoplasmamassen möglicher Weise stattfinden kann, in anderen Fällen sicher nicht statt hat. Selbst- verständlich können die Beziehungen des Kernes zum Zellenleben in verschiedenen Zellen und unter verschiedenartigen Verhältnissen ver- schieden sein. Auch ist es möglich, dass sichtbare Veränderungen in der Beschaffenheit des Kernes zu verschiedenartigen Vorgängen in einer und derselben Zelle in Beziehung stehen können !), indessen ist doch die Vermuthung nicht von der Hand zu weisen, dass die in den wachsenden Zellen beobachteten Kernveränderungen durch eine Be- theiligung des Kernes am Wachsthumsvorgang selbst bedingt werden. Allerdings soll nach Strasburger?) die Ernährung (d. h. der grössere oder geringere Gehalt an „Nahrungsmaterial* der Zellen, welchen die Kerne angehören) von ausschlaggebender Bedeutung für Veränderungen in der Beschaffenheit ruhender (nicht in Theilung be- griffener) Zellkerne sein. Die besondere Beschaffenheit des genera- tiven Zellkerns im Pollenkorn der Angiospermen führt Strasburger 2. B. darauf zurück, dass dieser sich unter Bedingungen befindet, welche eine Substanzaufnahme aus der Umgebung einschränken oder ganz ausschliessen, während der vegetative Kern seine Beschaffenheit der „relativ reichlichen Menge von Cytoplasma® verdanken soll, in welcher er sich befindet. Dass der Zustand, welchen ein Zellkern zu einer bestimmten Zeit erreicht hat, zum Theil bedingt sein kann durch die Beschaffenheit 1) Anm. 5. 2) Ueber das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymnospermen. Histolog. Beiträge Heft IV, 1892, p. 88, 39. Hinsichtlich des Einflusses, welchen der Ernährungszustand der Zellen auf den Nucleingehalt der Kerne auszuüben vermag, vgl. E. Zacharias, Beiträge z. Kenntn. d. Zellkerns u. der Sexualz. l. c. p. 350. 247 und Menge der Stoffe, welche ihn seit seiner Entstehung durch Theilung eines Mutterkernes umgeben!) haben, durch die Ernährung 2), welche ihm zu Theil geworden ist, ist selbstverständlich; desgleichen aber auch, dass dieser Zustand abhängig sein muss von den Eigenschaften, welche dem Kern bei seiner Entstehung aus dem Mutterkern zuge- theilt wurden. Die Resultate der vorstehenden Untersuchungen über Endosperme keimender Samen zeigen, dass das Vorhandensein von Stoffen, welche man als geeignetes Nahrungsmaterial pflanzlicher Zellen anzusehen pflegt, in der Umgebung der Zellkerne noch nicht hinzureisen braucht, um deren Wachsthum, die Vergrösserung ihrer Nucleolen zu bewirken. An Siebröhrenkernen konnte sogar trotz reichlich vorhandener „Nahrung* eine Verkleinerung der Nueleolen bis fast zum Verschwinden festgestellt werden. Die Zurückführung des verschiedenartigen Verhaltens des gene- rativen und vegetativen Kernes im Pollenkorn der Angiospermen auf verschiedenartige Ernährung ermangelt durchaus der Begründung. Es liegt kein Grund vor anzunehmen, dass Nahrungsstoffe den generativen Kern, wie Strasburger meint, nicht erreichen. Es ist nicht er- wiesen, dass das den Kern einschliessende Zellprotoplasma der gene- rativen Zelle ein Hinderniss für die Ernährung des Kernes durch Substanzen, welche im Pollenkorn vorhanden sind, bildet. Andrerseits schliessen die vorliegenden inorphologischen Beobachtungen die Möglichkeit nicht aus, dass bei dem Theilungsschritt, welcher den generativen und den vegetativen Kern liefert, diese Kerne schon un- gleich werden. Diese Möglichkeit ist bisher in Folge von Befangen- sein in einseitigen theoretischen Vorstellungen meist nicht hinreichend berücksichtigt worden. Für thierische Kerne hat jedoch Hansemann?) das Vorkommen karyokinetischer Theilungen beschrieben, durch welche dem einen Tochterkern mehr Chromosomen zugeführt werden als dem anderen („asymmetrische Karyokinese“). Allerdings sind von Stroebe®) Einwände gegen die Schlüsse erhoben worden, welche Hansemann aus seinen Beobachtungen gezogen hat. „Indessen (sagt Stroebe) 1) Anm. 6. 2) Vgl, Stock, Ein Beitrag zur Kenntniss der Proteinkrystalloide. Diss., Tübingen 1892, 3) Ueber asymmetrische Theilungen in Epithelkrebsen und deren biologische Bedeutung (Virchow's Archir Bd. CXIX, 1890). Ueber pathologische Mitosen (ebenda, Bd. CX XIII, 1891). 4) Zur Kenntn. verschiedener cellulärer Vorgänge und Erscheinungen in Ge- schwülsten (Beitr, zur patholog. Anat. u. zur allgemeinen Pathologie, redigirt von Ziegler, 11. Bd., 1892). 248 möchte ich doch glauben, dass wir dem Vorgange der asymietrischen Karyokinese, nachdem ich bei Anwendung der denkbar grössten Vor- sicht zur Vermeidung von Täuschungen doch eine nicht geringe An- zahl auf ihn hindeutender Bilder beobachten konnte, nicht jede Realität absprechen, freilich aber auch nicht die von Hansemann ihm zuerkannte Häufigkeit und Bedeutung zutheilen dürfen.“ In einer späteren Mittheilung'), welche sich auf verletzte, in der Heilung be- griffene Corneae von Kaninchen bezieht, berichtet Stroebe, er habe unter Berücksichtigung aller zur Vermeidung von Täuschungen er- forderlichen Vorsichtsmaassregeln Bilder von asymmetrischer Karyokinese beobachtet. Aber auch dort, wo die Chromosomenzahl gleich ist, könnten die Tochterkerne ungleich werden, weil ihre Chromosomen oder ihre sonstigen Bestandtheile differente Eigenschaften aus dem Mutterkern mitgebracht haben, Mit dieser Möglichkeit lassen sich die folgenden Beobachtungen in Verbindung bringen. An jungen Polienkörnern von Tradescantia subaspera, welche frisch in verdünnter Essigsäure (ein Vol. Eisessig auf ein Vol. Wasser) schwach erwärmt worden waren, fand ich Zustände, in welchen der generative und vegetative Kern die Beschaffenheit rubender Kerne noch nicht erreicht hatten und doch schon wesentliche Verschiedenheiten darboten. Der generative Kern stellte sich als compacte, glänzende, fast homogene Masse dar, während im vegetativen Kern Chromosomen mit sehr feinen, glänzenden Körnchen hervortraten. Der vegetative Kern war grösser und procentisch viel nucleinärmer als der generative. Dass diese frühzeitig erkennbaren Verschiedenheiten lediglich durch etwa vorhandene Verschiedenheiten in den an beide Kerne un- mittelbar angrenzenden Plasmabezirken bedingt werden, ist nicht wahr- scheinlich. Die Vermuthung hat eine gewisse Berechtigung, dass diese Kerne bei ihrer Entstehung ungleiche Eigenschaften von ihren Mutter- kern erhalten. In wie weit die Entwickelung des vegetativen Kerns zu einem Wachsthum des Pollenkorns in Beziehung gesetzt werden kann, bleibt zu untersuchen, Von Wichtigkeit für die in Rede stehenden Fragen sind die Angaben von Klebahn?) über das verschiedenartige Verhalten der Kerne des Oogons und seiner Schwesterzelle bei Oedogonium. Die Kerne der Oogone haben Durchmesser von 9—11, und sind mit 1) Vorkommen und Bedeutung der asymmetrischen Karyokinese, 1. c. Bd. 14, 1. Heft, 1898, 2) Studien über Zygoten II., Pringsh. Jahrb. Bd. XXIV, Heft 2. 249 grossen Nucleolen versehen, ihre unteren Schwesterzellen besitzen hingegen Kerne von 6—75 Durchmesser ohne Nucleolen. „Ihr Aus- sehen ist ein stark und dicht, aber gleichmässig körniges, indem die tingirbare Substanz in ziemlich groben Körnern in ihnen vertheilt ist.“ In den Abbildungen der Oogonkerne treten die chromatischen Massen sehr viel weniger hervor, die Körner sind sehr viel kleiner. „Dieser eigenthümliche Unterschied in der Beschaffenheit der weiblichen Sexualzellen und ihrer unteren Schwestern tritt sofort nach der Be- endigung der Karyokinese in die Erscheinung. Ich beobachte u. a. einen Fall, in welchem der Oogoniumkern, der die Dimensionen 9:12} hatte, eben in den Zustand der Ruhe eingetreten war, während der nur 4 breite und 7 lange Stützzellenkern sich fast noch im Knäuelzustande befand. Beide Kerne lagen unmittelbar neben einander; von der zwischen ihnen zur Ausbildung gelangenden Scheidewand war noch nichts zu sehen.“ „Durch Fälle, wie der vorliegende, wird die Frage nach einer bereits in der Mitose wahrnehmbaren Verschie- denheit der Tochterkerne sehr nahe gelegt.“ Die Oogonschwester- zelle und ihr Kern sind keiner weiteren Entwiekelung mehr fähig. Auch bei der Keimung der Zygoten von Closterium und Cos- marium können, wie Klebahn!) fand, zwei Schwesterkerne (Gross- kern und Kleinkern) innerhalb derselben Zelle sehr verschiedenartige Beschaffenheit erreichen. „Der Grosskern ist (z. B. bei Cosmarium) fein- körnig und enthält einen mässig grossen, mitunter auch noch einen kleine- ren Nucleolus; der Kleinkern erscheint sehr dicht und fast homogen.“ Ein Nucleolusistaufden beigegebenen Figuren imKleinkern nichtzubemerken, Verschiedenartige Beschaffenheit erreichen ferner in derselben Zelle die aus der Theilung des Embryosackkernes der Angiospermen hervorgehenden Schwesterkerne nach den Beobachtungen Guignard’s?): „Quand les deux noyaux s’eloignent du centre du sac embryonnaire en se dirigeant vers ses deux extremites, l’inferieur commence a l’em- porter par son volume et sa masse chromatique sur le superieur.“°) Den vorstehenden Darlegungen zufolge scheinen bestimmte Beobach- tungen dafür zusprechen, dassdiedurchmitotische Theilung auseinem Kern 1) Studien über Zygoten I. Pringsh. Jahrb. Bd. XXH, Heft 3. 2) Nouvelles &tudes sur la fecondation 1891 p. 187. — Vgl. auch: Recherches sur le noyau cellulaire (Ann. Se. nat. 6. Ser. Bot. T. XX. p. 332. 1885). 3) Das von Raciborski (Ueber die Chromatophilie der Embryosackkerne l. c.) beschriebene Verhalten der Antipodenkerne gegen Farbstoffe hängt möglicher Weise mit der frühzeitigen Desorganisation dieser Kerne zusammen. — Vgl. Gui- &nard, Nouvelles &tudes sur la f&condation p. 188. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 17 250 hervorgehenden Tochterkerne von ihrer Entstehung an unter sich ungleich sein können. Es ist denkbar, dass diese Kerne dann auch in verschiedenartiger Weise das Verhalten ihrer Zellen beeinflussen. Abgesehen von äusseren Einflüssen wird das Wachsthum der Zelle sowohl von der Beschaffenheit des Kernes als auch von derjenigen des Zellprotoplasmas abhängen können. Wächst die eine von zwei Schwesterzellen schwach oder gar nicht, die andere unter gleichartigen äusseren Bedingungen stark, so kann die Ursache dieses ungleich- artigen Verhaltens sowohl im Kern, als im Plasma, als in beiden liegen. Steht der Kern in Beziehung zum Zellenwachsthum,') so ist es mög- lich, dass im Kern bestimmte für das Wachsthum erforderliche Stoffe gebildet werden, Von der Intensität der Bildung und des Verbrauches dieser Stoffe wird es dann abhängen, ob eine Zunahme, ein Gleichbleiben oder eine Abnahme dieser Stoffe (etwa Substanz des Nucleolus?) ete.) im Kern während bestimmter Wachsthumsphasen eintreten wird. Die Frage nach der Art der etwaigen Beziehungen des Kernes zum Zellenwachsthum lässt sich in bestimmterer Weise noch nicht beant- worten, doch ist hier der Umstand zu berücksichtigen, dass im Kern bis jetzt lediglich Stoffe aus den Gruppen der Eiweissstoffe, Nucleine und Plastine in allgemeiner Verbreitung nachgewiesen worden sind, während hinsichtlich des Vorkommens anderer, im sonstigeu Zellinhalt vielfach verbreiteter Substanzen, wie z. B. Kohlehydrate, Fette ®) im Kern nur vereinzelte Angaben vorliegen‘). Weder im ruhenden Kern, noch dann, wenn der Kern in bestimmten Theilungsstadien 1) Da erfahrungsgemäss manche Autoren infolge von unachtsamem Lesen fremder Arbeiten nicht selten dahin gelangen, Vermuthungen für Behauptungen zu halten, welche sich dann auch gegebenen Falls bequemer bekämpfen lassen als erstere, s0 sei hier ausdrücklich betont, dass die Meinungen hinsichtlich etwaiger Beziehungen des Zellenwachsthums zu Veränderungen in der Beschaffenheit des Zellkerns, welche in der vorliegenden Arbeit auf Grundlagen der zur Zeit bekannten Thatsachen vorgebracht werden, lediglich als Vermuthungen anzusehen sind, welche Fragstellungen für weitere Untersuchungen enthalten. 2) Vgl. Strasburger, Ueber Kern- und Zelltheilung im Pflanzenreich Histolog. Beitr. Heft 1, 1888, p. 190. Dass übrigens, wie Strasburger will, die Substanz des Nucleolus zur Bildung der Membran verbraucht werde, folgt aus seinen Beobachtungen nicht. (E. Zacharias, Ueber Strasburger’s Schrift ete. Bot. Ztg. 1888.) 3) Vgl. E. Zacharias, Ueber den Nucleolus. Bot. Ztg. 1885, p. 263, Anm. Für weitere eingehendere Untersuchungen über das Verhalten der Fette in pflanz- lichen Zellen sind die Kapitel über Fettumsetzung und Secretion iu Altmann’s Buch über die Elementarorganismen, 2. Aufl, 1894, u. a. zu berücksichtigen. 4) Anın. 7. 251 seine membranartige Abgrenzung verliert, konnte ich in näher unter- suchten Fällen „Fetttröpfehen“ im Kernraum nachweisen, während solche im umgebenden Protoplasma reichlich vorhanden waren. Untersucht wurden: Pollenmutterzellen von Lilium tigrinum, Funkia laneifolia, Tradescantia pilosa, Haare von Cueurbita spee., und zwar die Pollen- mutterzellen frisch in der Antherenflüssigkeit, in Hühnereiweiss oder Wasser, die Cucurbita-Haare lebend in Wasser, Ob alle wie Fett- tröpfehen aussehenden Gebilde, welche hier in Betracht kommen, thatsächlich aus Fett bestehen, ist übrigens nicht sicher. Bei Lilium tigrinum sind sie in Wasser unlöslich, in Alkohol und Aether löslich. Nach mehrtägigem Liegen der Pollenmutterzellen in Alkohol sind bei der Untersuchung in Wasser keine Tröpfehen mehr wahrzunehmen. Eisessig (Spec. Gew. 1,057) veränderte bei kurze Zeit andauernder Einwirkung auf frische Pollenmutterzellen unter Deckglas die Tröpfehen nicht. Wurde aber frisches Material auf 24 Stunden in ein Gefäss mit Eisessig eingelegt und dann untersucht, so traten in den Kernen die Nucleinkörper sehr scharf und glänzend hervor, während im stark gequollenen Zellplasma keine Spur von Tröpfchen zu erkennen war. Bei dem Auswaschen des Präparates mit Wasser ging die Quellung des Zellplasma zurück, zahlreiche „Vacuolen“ wurden in demselben sichtbar, welche nach Grösse und Anordnung für die früher von den Tröpfchen eingenommenen Räume angesehen werden konnten. Während der Kern sich im Spindelstadium befand, beobachtete ich die Tröpfehen nicht mehr wie im Zustande der Kernruhe einzeln dem Zellplasma eingelagert, sondern zu einer grösseren Anzahl von unregelmässig gestalteten Tröpfchenaggregaten vereinigt. Durch Erwärmen in Wasser unter Deckglas konnte ein Verschmelzen der Tröpfehen jedes Aggregates zu einem grösseren Tropfen herbeigeführt werden. Bei Tradescantia pilosa finden sich im Plasma der Pollenmutterzellen Amylumkörner. Ausserdem ist das Plasma von äusserst feinen Granu- lationen durchsäet, welche im Kernraum vollständig, auch während aller Stadien der Theilung, fehlen. In den Pollenmutterzellen von Funkia lancifolia ist das Zellplasma dicht erfüllt von sehr kleinen glänzenden Körperchen und etwas grösseren, von blasserem Aussehen. Der Kernraum grenzt sich in allen Stadien der Theilung durch das Fehlen dieser Körper scharf gegen das umgebende Zellplasma ab'), wie das in ähnlicher Weise — 1) Ueber Lageveränderungen der Plasmaeinschlüsse während der Kerntheilung, sowie über Beziehungen dieser Einschlüsse zur Bildung der Zellplatte und Zell- wand soll demnächst a. a. O. berichtet werden. Vgl. E. Zacharias, Ueber Kern 17* 252 auch schon aus den Abbildungen hervorgeht, welche Treub!) nach lebenden, in Theilung begriffenen Zellen entworfen hat. Leider haben spätere Autoren vielfach das Studium lebender Objecte ver- nachlässigt und sich ausschliesslich der Untersuchung gehärteter und gefärbter Präparate gewidmet, obwohl es auf der Hand liegt, dass nur eine richtige Combination der an lebenden und mit Reagentien behandelten Zellen gewonnenen Beobachtungsresultate zutreffende Vorstellungen von den in der Zelle sich abspielenden Vorgängen herbeizuführen vermag. Der Kern bleibt auch während der Theilung ein vom Zellproto- plasma seiner stofflichen Zusammensetzung nach verschiedenes Ge- bilde. Flemming bemerkt neuerdings?) in Betreff der Ableitung der Spindelfasern: „Nach alledem möchte ich glauben, dass meine früher geäusserte Meinung über die Frage: ‚es sei prineipiell gar nicht so wichtig, ob die Substanz, aus der die Spindel gebildet wird, vorher dem Kernraum oder dem Zellenleib angehört habe‘, heute fast noch mehr als vor zwei Jahren motivirt ist“. Diesem Ausspruch gegenüber möchte ich daran erinnern, dass es sich bei den Dis- eussionen, welche Flemming hier berührt, nicht nur um den Ur- sprung der Fasern gehandelt hat, sondern auch darum, ob der Kern als besonderes Gebilde innerhalb der Zelle während der Theilung aufhört zu existiren oder nicht. Strasburger hatte be- kanntlich behauptet, dass in einer bestimmten Theilungsphase ein abgegrenzter Kern nieht mehr vorhanden sei, die Chromosomen viel- mehr frei im Zellplasma lägen.?) Dem gegenüber habe ich festgestellt, dass die Abgrenzung‘) des während der Theilung sich vergrössernden und Zelltheilung (Bot. Ztg. 1888, 8.-A. p. 4); Flemming, Zellsubstanz, Kern- und Zellthlg. p. 200, Fig. H. J. Nusbaum, Ueber die Vertheilung der Pigmentkörn- chen bei der Karyokinese (Anatom. Anzeiger. 1893, Nr. 20). Es scheint sich hier um ganz allgemeine Erscheinungen zu handeln. 1) Quelques recherches sur le Röle du noyau dans la division des cellules vegetales. Publi par l’acad. Royale N&erlandaise des seiences, Amsterdam 1878, pl. 1. Fig. 2a —f, 2) Zelle p. 104 (Ergebnisse der Anat. und Entwickelungsgeschichte, Herausgeg- von Merkel und Bonnet. III. Bd). 3) Vgl. E. Zacharias, Ueber Strasburger’s Schrift ete. (Bot. Ztg. 1888). E. Zacharias, Einige Bemerkungen zu Farmer’s Untersuchungen über Zell- und Kerntheilung (Bot. Ztg. 1894). — In eine Discussion der Ausführungen Bela) eff’s (zur Kenntniss der Karyokinese bei den Pflanzen. Flora Ergänzungsband 1894) möchte ich vor dem Erscheinen seiner in Aussicht gestellten ausführlicheren Publication nicht eintreten. 4) Anm. 8, 253 Kerns gegen das Zellplasma erhalten bleibt, dass eine Einwanderung von hellprotoplasma als solchem in den Kern sich nicht hat beobachten lassen, dass jedenfalls die stoffliche Beschaffenheit des Kernes, auch wenn man von seinem Gehalt an Nucleinkörpern absieht, dauernd (auch während der Theilung) von derjenigen des Zellprotoplasma verschieden bleibt. Das sind Ergebnisse, welche selbstverständlich bei weiteren Untersuchungen auf dem Gebiete der Zellphysiologie berücksichtigt werden müssen. Schon in früheren Mittheilungen !) habe ich darauf hingewiesen, dass die Verschiedenheiten im Bau der Kerne der männlichen und weiblichen Sexualzellen 2) vielleicht zu dem verschiedenartigen Wachs- thum dieser Zellen in Beziehung stehen könnten. Die Kerne der Zellen, weiche sich zu männlichen Sexualzellen entwickeln, verhalten sich bei Algen, Moosen, Gefässkryptogamen ?) und Angiospermen !), wie die Kerne anderer nicht oder wenig wachsender Zellen. Sie erhalten sehr kleine Nucleolen, welche auch fehlen können, sie sind procentisch reich an nucleinhaltigerSubstanz. Während der Ausbildung dermännlichen Sexual- zellen können dann die Nucleolen, wo sie vorhanden sind, völlig schwinden. Ob eine Zunahme des Nucleingehaltes erfolgt oder nicht, ist unbekannt. Die Kerne im Pollenschlauch der Gymnospermen hatte ich®) früher bei Thujopsis dolabrata untersucht. Ich konnte feststellen, 1) Ueber Chromathophilie. (Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. 1893. Heft 3.) Ueber Beziehungen des Zellenwachsthums zur Beschaffenheit des Zellkerns (Berichte 1894. Heft 5). 2) Beitr. z. Kennt. des Zellkerns und der Sexualzellen (l. e.). 3) Vgl. E. Zacharias, Ueber die Spermatozoiden (Bot. Ztig. 1881). Ueber den Nucleolus (Bot. Ztg. 1885. p. 289), Beiträge ete. (Bot. Ztg. 1887). — Guignard, Döveloppement et Constitution des Antherozoides und die hier eitirte Litteratur (Revue generale de Botanique T. I. 1889). — Douglas Houghton Campbell, The Development of Pilularia globulifera L. (Ann. of Bot. Vol, II Nr. VII. 1888). u Schottländer, Beiträge zur Kenntniss des Zellkerns und der Sexualzellen bei Kryptogamen (F, Cohn, Beitr. zur Biologie der Pfanzen Bd. VD). _ Klebahn, Studien über Zygoten Il. (l. c.). — Belajeff, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen (Flora, Ergänzungsband 1894). Die Angaben Bela- jeff’s über den Bau der Spermatozoiden stimmen in den wesentlichen Punkten mit meinen früheren Angaben überein. — Overton, Beitrag zur Kenntniss der Gattung Volvox. Bot. Centralblatt. Bd. XXXIX. 1889. j 4) Vgl. E. Zacharias, Beiträge etc. p. 366, 367. — Guignard, Nouvelles etudes sur la fecondation (Ann. des sc. nat. Bot. T. XIV. 1891) und die an diesen Orten eitirte Litteratur. 5) Beiträge (l. c. p. 365). 254 dass die kleinen Kerne in der Nähe der Pollenschlauchspitze, welche nach Strasburger die männlichen Sexualkerne sein sollten, nuclein- reich seien, dass hingegen der grosse, weiter rückwärts gelegene Kern, welcher nach Strasburger sich nicht an der Befruchtung betheiligen sollte, durch Nucleinarmuth und grosse Nucleolen ausge- zeichnet sei. Neuere Untersuchungen von Belajeff!) und Stras- burger?) haben nun aber gezeigt, dass nicht die kleinen nucleinreichen Kerne die männlichen Sexualkerne der Cupressineen sind, sondern dass der grosse rückwärts gelegene Kern einer Zelle angehört, aus deren Theilung die Sexualzellen hervorgehen. Letztere besitzen nach den Abbildungen Strasburger’s relativ grosse Kerne mit gut ent- wickelten Nucleolen. Ueber den Nucleingehalt liegen keine Angaben vor. Nach Strasburger’s Abbildungen erscheint es als möglich, dass den männlichen Sexualzellen nach ihrer Entstehung ein beträcht- liches Wachsthum zukommt. Hier wie bei anderen Gymnospermen sind weitere Untersuchungen erforderlich. Die weiblichen Sexualzellen unterscheiden sich in einer Reihe von näher untersuchten Fällen durch sehr viel beträchtlichere Grösse ihres Plasmaleibes, sowie ihres Kernes von den männlichen Zellen, ebenso durch bedeutendere Grösse der Nucleolen und durch geringeren procentischen Nucleingehalt der Kerne.) An den Eierstockseiern von Unio und Rana konnte ich feststellen, dass mit der Grössenzunahme des Eies, Wachsthum des Kernes, Ver- mehrung der Nucleolarmasse (Rana) und Abnahme im procentischen Nucleingehalt verbunden ist.) Dass entsprechende Vorgänge, insbe- sondere Wachsthum des Kernes, Zunahme der Nucleolarmasse während der ersten Stadien des Wachsthums thierischer Eizellen eine verbreitete Erscheinung darstellen, ist aus zahlreichen einschlägigen Arbeiten zu 1) Zur Lehre von dem Pollenschlauche der Gymnospermen. (Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. 1891, 93.) 2) Ueber das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymnospermen. (Histol. Beitr. Heft IV, 1892.) 3) E. Zacharias, Beiträge |. c. p. 370. Vgl. ferner die Untersuchungen von Schottländer, Rosen, Klebahn u. A. j 4) Die Verwerthung der Beobachtungen von Häcker (Das Keimbläschen, seine Elemente und Lagenveränderungen. Arch. f. Mikr. Anat. XXXXI XXXXID für die in Rede stehenden Fragen setzt eine eingehendere chemische Untersuchung, namentlich der von H. beschriebenen Nebennueleolen, sowie auch eine Vervollstän- digung der Angaben über die Wachsthumsverhältnisse der untersuchten Zellen, Kerne und Nucleolen voraus. Auch Korschelt's (l. e.) Angaben hinsichtlich der stofflichen Veränderungen der Keimbläschen lassen sich hier, da hinreichende chemische Untersuchungen fehlen, nicht verwerthen. 255 ersehen.!) Die Frage jedoch, ob allgemein die Eier der Thiere nach Abgliederung der Richtungskörper, diejenigen der Archegoniaten nach Bildung der Bauchkanalzellen, sowie diejenigen der Angiospermen nach ihrer Abgrenzung ein Wachsthum erfahren, zu welchem die Beschaffen- heit der Kerne der befruchtungsreifen Eier in Beziehung gesetzt werden könnte, bedarf noch der Untersuchung. Strasburger?) betont neuerdings wieder mehrfach, es sei kein Grund vorhanden, eine Verschiedenheit in der Menge „activer“ Kern- substanz zwischen Eikern und Spermakern anzunehmen. Als active Substanz bezeichnet Strasburger auf Grund speculativer Erwä- gungen die Kernfadensubstanz. Dem gegenüber möchte ‘ich, obwohl das schon mehrfach geschehen ist, nochmals darauf hinweisen, dass von meiner Seite nicht das Vorhandensein absoluter Differenzen im Nucleingehalt der Kerne der männlichen und weiblichen Sexualzellen vor deren Vereinigung, sondern dasjenige procentischer Verschieden- heiten nachgewiesen worden ist. „Unmittelbar vor der Vereinigung der Sexualzellen (so habe ich?) mich, um der unrichtigen Auf- fassung meiner Publicationen durch Strasburger und Guignard zu begegnen, ausgedrückt) ist der Spermakern procentisch er- heblich reicher an Nuclein als der Eikern, während letzterer an sonstigen Kernbestandtheilen der reichere ist, Hinsichtlich des ab- soluten Nucleingehaltes beider Kerne zur angegebenen Zeit gestattet die mikroskopische Vergleiehung kein Urtheil, diesbezügliche Angaben sind von mir auch nicht gemacht worden, nur von der procentischen Zusammensetzung der Sexualzellen habe ich gesprochen. Guignard hingegen hat die Ermittelung des absoluten Chromatingehaltes der beiden Geschlechtskerne im Auge, er hat feststellen können, dass dieser zur Zeit ihrer Vereinigung gleich war, dass er auch gleich war, als der Spermakern im Begriff war in das Ei einzudringen, ist jedoch nicht sicher festgestellt worden. Der Spermakern er- leidet im Ei vor seiner Vereinigung mit dem Eikern tiefgreifende Veränderungen, es ist möglich, dass dabei eine Vermehrung ‘) oder 1) Vgl. namentlich Born, Die Structur des Keimbläschens im Ovarialei von Triton taeniatus, (Arch, f. Mikr. Anat. 43. Bd. 1894.) \ 2) Ueber das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymnospermen (Histol. Beitr. Heft IV). 3) Bot. Ztg. 1890 p. 467. . . 4) Nach Henking (Untersuchungen über die ersten Entwickelungsvorgänge in den Eiern der Insecten, I. Das Ei von Pieris brassicae. Zeitschr. für wiss, Zool. Bd. 49, 1890) erfolgt vor der Vereinigung der Geschlechtskerne eine Vermehrung der chromatischen Substanz in beiden. 256 Verminderung des Chromatins statthat. Der Beweis ist nicht er- bracht, dass die gleichen Mengen von Chromatin, welche schliesslich zur Vereinigung kommen, zu gleichen Theilen von der männlichen und weiblichen Sexualzelle herbeigebracht worden sind. Es wird dies nur bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass aus den beiden Kernen im Ei doppelt so viel Fadensegmente entstehen, als bei der Bildung eines jeden der Kerne verwendet wurden ; freilich ist es nicht sicher, ob die Fadensegmente, aus denen sich beide Kerne aufbauten, an Masse gleich waren, und ob die Kern- gerüste beider Kerne nach ihrer Entstehung und vor ihrer Vereinigung keine Veränderungen durchmachten. Sicher ist es jedoch, dass die procentische Zusammensetzung und der morphologische Bau der beiden Sexualkerne zur Zeit des Eintrittes des Spermakernes in das Ei sehr erhebliche Verschiedenheiten zeigen“. Ob diese Verschiedenheiten für den Erfolg der Befruchtung von Bedeutung sind oder nicht, das ist unbekannt. In geringerem Grade als in anderen untersuchten Fällen treten diese Verschiedenheiten nach den Untersuchungen Belajeff’s und Strasburger’s bei Gymnospermen hervor. Raciborski!) konnte Verschiedenheiten der beiden Sexualkerne bei Biota orientalis überhaupt nicht beobachten. Nach Belajeff’s?) Abbildungen hingegen ist z. B. der männliche Kern von Taxus kleiner als der weibliche, seine Nucleolar- masse ist geringer, hingegen ist er procentisch reicher an Gerüstmasse. Ueber den Nucleingehalt der Kerne liegen keine Angaben vor. Nach Strasburger?) (l. c. p. 16) liegt hier kein Grund vor, eine Verschiedenheit in der Menge „activer“ Kernsubstanz zwischen Eikern und Spermakern anzunehmen, ja das Gegentheil soll anzunehmen sein, weil es sich ‘bei den Theilungen des Keimkernes zeigt, „wie gering im Verhältniss zur Grösse der Zellkerne die Substanz der Chromosomen hier ist“. Diese Begründung ist nicht verständlich. (Vgl. auch Strasburger |. c. p. 21.) An anderer Stelle (p. 33) führt Strasburger aus, dass sich besonders die Eikerne der Gymnospermen durch ihren Gehalt an Reservestoffen‘) auszeichnen. „Das bringt es mit sich, dass der Spermakern bei der Copulation kleiner erscheint als der Eikern, dass 1) Veber die Chromatophilie der Eimbryosackkerne. (Anzeiger der Acad. d. Wiss. in Krakau, Juli 1898, p. 253.) 2) Zur Lehre von dem Pollenschlauche der Gymnospermen (Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. 1891). 3) Histologische Beitr. Heft IV. 1892, 4) So bezeichnet Strasburger auf Grund seiner Hypothesen die nicht dem Kernfaden angehörigen Stoffe des Zellkerns. 257 die aktive Kernsubstanz im Spermakern derjenigen im Eikern an Menge nachstehe, lässt sich nicht annehmen“, Ist die Kernfadensubstanz im Eikern und Spermakern aber, wie Strasburger meint, absolut gleich, der Gehalt an sonstigen Stoffen im grösseren Eikern grösser als im kleineren Spermakern, so ist letzterer procentisch reicher an Kernfadensubstanz als ersterer. Strasburger schliesst sich also thatsächlich meinen früheren Ausführungen an, ist jedoch der Ansicht, dass die thatsächlich vorhandene Differenz der Sexualkerne sicher ohne Bedeutung für den Effect der Befruchtung sei, während nach meiner Meinung die vorhandenen Kenntnisse hinsichtlich der in Rede stehenden Frage überhaupt noch keine Schlüsse zulassen. Eine weitere Differenz zwischen Strasburger und mir besteht hinsichtlich der Frage, in welchem Zustande oder wann die Sexual- kerne zu untersuchen seien, um eventuelle Verschiedenheiten, welche für den Effect der Befruchtung von Bedeutung sein könnten, fest- zulegen. Dass über diese Frage überhaupt Meinungsverschiedenheiten bestehen können, dürfte jeden nicht in bestimmten theoretischen An- schauungen Befangenen befremden. Meiner Meinung nach kann aus- schliesslich die Untersuchung vor der Vereinigung der Sexualzellen zum Ziele führen, während für Strasburger die Untersuchung der Kerne nach der Vereinigung der Zellen und unmittelbar vor der Vereinigung der Kerne maassgebend ist. „Denn (p. 37) es leuchtet ohne Weiteres ein, dass wenn diese Zellkerne verschieden wären,!) dieses sich auch im Augenblick ihrer Vereinigung noch zeigen müsste“. Begründet wird diese Behauptung nicht. Eine stichhaltige Begründung derselben ist aber auch unmöglich, da nach dem Eindringen der männlichen Zelle in das Ei Wechselwirkungen zwischen beiden Zellen stattfinden können, welche zu Veränderungen der Kerne zu führen vermögen, so dass die Untersuchung der Kerne unmittelbar vor ihrer Vereinigung im Ei keinen Aufschluss mehr darüber zu bieten vermag, welche Sub- stanzen das Sperma, welche das Ei vor der Vereinigung dieser beiden Zellen enthielt. Uebrigens bewahrt der Spermakern in manchen näher untersuchten Fällen auch bis zu seiner Vereinigung mit dem Eikern seinen von der Beschaffenheit des letzteren abweichenden Charakter.?) 1) Das soll wohl heissen „Verschiedenheiten besässen, welche für den Erfolg der Befruchtung wesentlich sind“, denn dass die Kerne vor der Vereinigung der Sexualzellen verschieden sind, erkennt ja auch Strasburger an. In 2) Vgl. Klebahn, Studien über Zygoten II. (Pringsh. Jahrb. Bd, XXIV, Heft 2.) — Campbell, The development of Pilularia Globulifera (Ann. of. Bot. Vol, U, p. XIU, Fig. 38, 39). — Flemming, Beitr. zur Kennt. der Zelle und ihrer Lebenserscheinungen. IH. Thl. I, Abschn. Die Befruchtung und Theilung des Eies bei Echinodermen. $.-A. p. 20, 21, Tafel II. (Arch. f. Mikr. Anat. Bd. XIX, 1881). 258 Von verschiedenen Seiten ist das Verhalten der Conjugaten heran- gezogen worden, um ein Verständniss für das Wesen der Befruchtung anzubahnen. Handelt es sich darum, die Entstehung des Befruchtungs- vorganges der höheren Organismen phylogenetisch zu erklären, so ist selbstverständlich dagegen nichts einzuwenden. Ein Verständniss für die Physiologie des Befruchtungsvorganges, wie er gegenwärtig den höheren Organismen eigen ist, lässt sich aber auf diesem Wege nicht erreichen. Das zu betonen erscheint nothwendig, da nicht selten die Untersuchung physiologischer Fragen durch deren Vermengung mit phylogenetischen Erwägungen behindert wird. Klebs!) theilt neuerdings mit, es sei ihm gelungen „die Ver- einigung der beiden Geschlechtszellen bei Cosmarium und Closterium, d. h. der zusammengezogenen, einander sich nähernden Zellinhalte, zu verhindern, und jeden für sich zur Entwickelung zu bringen. Jeder der beiden bildete für sich eine vollkommen gleich beschaffene Zelle, die dem sonstigen Produkt ihrer Vereinigung, der sog. Zygospore entsprach, nur dass sie um die Hälfte kleiner war. Der Versuch beweist die vollkommene Gleichheit?) beider Geschlechtszellen, resp. ihrer Vererbungssubstanzen. Da nun die geschlechtliche Befruchtung im ganzen Reiche der Organismen in übereinstimmender Weise erfolgt, so wird man auch zu der Annahme genöthigt, dass sie überall ihrem Wesen und ihrer Bedeutung nach gleich sei. Von diesem neuge- wonnenen Standpunkt aus können wir sagen, dass die geschlechtliche Fort- pflanzung in der Vermischung zweier, der Art und Bedeutung nach gleicher, nur individuell verschiedener Vererbungssubstanzen besteht, wodurch eine neue, eigenartige Individualität ins Leben gerufen wird“. Diese Ausführungen berücksichtigen nicht hinlänglich die Ge- sammtheit der bekannten Thatsachen. Es ist wohl denkbar, dass sich die sexuelle Fortpflanzung der höheren Organismen von der Conjugation ableiten lässt. Gegenwärtig sind beide Vorgänge aber wesentlich von einander verschieden, wie das u. a, aus der oben an- geführten, interessanten, von Klebs mitgetheilten Thatsache hervor- geht. Bei den höheren Organismen vermögen sich die beiden Sexual- zellen nicht weiter zu entwickeln, wenn ihre Vereinigung verhindert wird, bei den Conjugaten ist das nach Klebs möglich. 1) Ueber das Verhältniss des männlichen und weiblichen Geschlechts in der Natur. Jena 1894, 2) Die vollkommene Gleichheit beider Geschlechtszellen scheint mir durch diesen Versuch nicht bewiesen zu werden. Vgl. Nägeli, Mechanisch-Physiolo- gische Theorie der Abstammungslehre p. 386. 259 In Uebereinstimmung mit manchen anderen Autoren hat Klebs bei der Beurtheilung der Befruchtungsvorgänge die Erscheinung der Vererbung derartig in den Vordergrund gestellt, dass er es unter- lassen hat der Thatsache hinlänglich Rechnung zu tragen, dass die isolirten Sexualzellen sich bei den höheren Organismen nicht weiter zu entwickeln vermögen. Es ist ja möglich, wenngleich nicht bewiesen, dass die Vererbung mit der Vereinigung gleicher Mengen bestimmter, gleichartiger Substanzen der Sexualzellen zusammenhängt (diese etwaigen Vererbungssubstanzen ausschliesslich im Zellkern zu suchen, ist wie Klebs p. 28 mit Recht betont, nicht begründet), dann ist aber doch die Annahme irgend welcher Verschiedenheiten zwischen den die gleichartigen Vererbungsmassen enthaltenden Sexualzellen erforderlich, wenn man erklären will, wesshalb sich die Eizelle ohne Vereinigung mit dem Sperma nicht weiter zu entwickeln vermag.!) In seiner neuesten Publication hat Strasburger?) den Versuch gemacht dieser Forderung gerecht zu werden, indem er ausspricht, seine Ansicht gehe dahin, „dass bei der Vereinigung von Spermato- zoiden und Eiern im Vorgang der Befruchtung das Spermatozoid dem Ei das mangelnde Kinoplasma zuführt, selbst aber im Ei das ihm fehlende Trophoplasma vorfindet“. Ob es berechtigt ist, die Gebilde, welchen Strasburger den Namen Kinoplasma gegeben hat, unter einem Namen zusammenzufassen, ist sehr fraglich,®) der Hypo- these, welche in den mitgetheilten Satze Strasburgers enthalten ist, fehlen die thatsächlichen Grundlagen. Sicher ist nur, dass in den genauer untersuchten Fällen bei Organismen, deren weibliche Sexualzellen sich ohne Befruchtung nicht weiter zu entwickeln vermögen, durch die Befruchtung das procen- tische Verhältniss von Nuclein zu sonstigen Inhaltsbestandtheilen des Eies zu Gunsten des Nucleins geändert wird. Das gilt auch für Biota, selbst wenn hier die männlichen und weiblichen Sexualkerne vollkommen gleich sein sollten, wie es nach Raciborski’s (l. ce.) Angaben der Fall sein könnte. Sind männlicher und weiblicher Kern hier vollkommen gleich, so ist doch die männliche Zelle sehr viel ärmer an Zellprotoplasma als die weibliche, und das befruchtete Ei 1) Vgl. die klaren Ausführungen von Sachs. (Vorlesungen über Pflanzen- Physiologie. Vorlesung XLIIl.) 2) Ueber die periodische Reduction der Chromosomenzahl im Entwickelungs- gang der Organismen. (Bioleg. Centralblatt, Bd. XIV, 1894.) 3) Vgl. E. Zacharias, Einige Bemerkungen zu Farmer’s Untersuchungen über Zell- und Kerntheilung. (Bot. Ztg. 1894.) 260 würde procentisch reicher an Kernstoffen sein, als das unbefruchtete. Für die Beurtheilung der Befruchtungsvorgänge und weitere Frag- stellungen ist aber jedenfalls die für eine Reihe von Fällen festge- stellte Thatsache nicht ausser Acht zu lassen, dass dem männlichen Kern Nucleolen fehlen können, während sein procentischer Nuclein- gehalt dem Eikern gegenüber ein sehr hoher ist. Anmerkungen. Anm. I. Nach R. Hertwig') soll das von Auerbach be- schriebene verschiedenartige Verhalten der Zellkerne gegen bestimmte rothe und blaue Farbstoffe mit dem Vorhandensein von verschiedenen Aggregatzuständen der Kernsubstanzen zusammenhängen, mit der chemischen Constitution der verschiedenen Kernsubstanzen aber nichts zu thun haben.2) Hertwig glaubt irriger Weise seine Meinung durch Anführung der Thatsache stützen zu können, dass nach dem Ein- tauchen von Fliesspapierstreifen in die Auerbach’schen Farbstoff- gemische die blauen und rothen Farbstoffe ungleich rasch im Fliess- papier emporsteigen. In meiner Mittheilung über Chromatophilie habe ich gezeigt, dass ein bestimmtes rothblaues Farbstoffgemisch nach be- stimmter Vorbehandlung der Objeete zum Nachweis des Kernnueleins herangezogen werden kann. Dass nicht in gleicher Weise Färbungen mit ganz beliebigen Farbstoffen nach ebenso beliebiger und verschie- denartiger Vorbehandlung ohne Weiteres zur Prüfung auf Nuclein verwendet werden dürfen, muss hier verschiedenen Morphologen gegen- über betont werden, Es ist sehr zu wünschen, dass der hier und da vorhandene Ge- brauch, von färbbarer Substanz des Kernes zu reden, ohne anzugeben, mit welchen Farbstoffen und nach welcher Art der Vorbehandlung die betreffende Substanz färbbar sei, aufhöre. Der Ausdruck „färbbare 1) Ueber Befruchtung und Conjugation. (Verhandlungen der Deutschen Zoolo- gischen. Gesellsch. Zweite Jahresversammlung zu Berlin 1892. Herausgeg. von Spengel, p. 111.) 2) Vgl. hingegen: Chittenden, Neuere physivlog,-chem. Unters, über die Zelle. (Biolog. Centralblatt, 1894, p. 325): „Es kann gar kein Zweifel darüber herrschen, dass z. B. die Verschiedenheit der Färbung von Zellkern und Cytoplasma, die man durch Behandlung mit verschiedenen Farblösungen erhält, von der Ver- schiedenheit der chemischen Zusammensetzung abhängig ist.“ Ferner Lilienfeld, Ueber die Wahlverwandtschaft der Zellelemente zu gewissen Farbstoffen. (Ver- handl. der Physiolog. Gesellsch, zu Berlin. Jahrg. 1892-93, Nr. 11.) 261 Substanz“ an sich besagt nicht mehr, als der Ausdruck „lösliche Substanz* ohne Bezeichnung bestimmter Lösungsmittel besagen würde, Nach Zimmermann!) sollen „die in neuerer Zeit zu allgemeiner Anwendung gelangten Färbungsreactionen“ viel präcisere Resultate ergeben, als die verschiedenen Lösungsmittel, welche als mikro- cheniische Reagentien verwendet worden sind. Die Lösungsmittel sollen weniger Vertrauen beanspruchen können als die Färbungen. Das ist unrichtig, insoweit es sich um die Feststellung der chemischen Beschaffenheit der Zellbestandtheile handelt. Das Wenige, was wir über die Chemie des Kernes wissen, ist fast ausschliesslich durch die Verwendung von Lösungsmitteln festgestellt worden. Farbstoffe sind ebenso wie Lösungsmittel, wo es sich um chemische Fragen handelt, nur insoweit brauchbar, als ihr Verhalten gegen bestimmte, an der chemischen Zusammensetzung der Zelle betheiligte Stoffe bekannt ist. Das versteht sich eigentlich von selbst, wird aber dennoch von den- jenigen Forschern, welche sich vorwiegend mit der Morphologie des Zellinhaltes beschäftigen, zuweilen nicht hinreichend beachtet. Anm. 2. Ob bei Cucurbita, wie das für andere Objeete fest- gestellt worden ist, vor der Theilung eine absolute und procentische Zunahme des Nucleingehaltes eintritt oder nicht, konnte nicht klar- gelegt werden. Aus einem Vergleich des ruhenden und des im Spindelstadium befindlichen Kernes Fig. 11 ist ein sicherer Schluss nicht abzuleiten. Die Kernplatten der untersuchten Gewebe von Cueurbita setzen sich aus sehr kleinen, körnchenartigen Chromosomen zusammen. Hie und da stellen letztere auch kurze Stäbchen dar. Vielleicht ist der in Fig. 15 abgebildete Kern in Vorbereitung zur Theilung begriffen. Fig. 15 ist einem mit Diamantfuchsin und Jod- grün gefärbten Präparate entnommen. Die dunkelviolett gefärbten Nueleinkörper sind um den Nucleolus zusammengedrängt, die Ab- grenzung des Kernes gegen das Plasma ist nicht deuflich, Fig. 12a (Alkoholmaterial, in Alkohol untersucht) enthält ein späteres Stadium der Kerntheilung. . Weiter rückwärts von der Wurzelspitze, wo keine in Theilung begriffenen Zellen mehr vorhanden sind, sind die Nucleinkörper grösser als in der Theilungsregion, ob auch zahlreicher, ist fraglich. I 1) Sammelreferate aus dem Gesammtgebiet der Zellenlehre. Botan, Central- blatt 1893. Beihefte p- 323. 262 Anm. 3. Nach den Untersuchungen Hansteens!) „ist die van Tieghem’sche Unterscheidung in active und passive Endosperme ebensowenig richtig wie die Brown und Moris’sche?) Annahme, dass das Grasendosperm nur ein todter Vorrathsbehälter sei. Die Endo- sperme und ebenso die Cotyledonen sind bei der Entleerung der Reservestoffe sämmtlich activ“. Für den Vorgang der Entleerung der Reservestoffe ist das Vorhandensein eines lebenden Zellkerns nach den hier mitgetheilten Beobachtungen indessen nicht erforderlich. Dass Entstehung und Verbrauch von Stärke unabhängig vom Zell- kern, in kernlosem lebendem Plasma erfolgen kann, hat auch Klebs?°) bekanntlich für bestimmte Fälle nachgewiesen. Anm. 4. Eine Besprechung der Schlüsse, welche Lavdowsky aus seinen Beobachtungen zieht, halte ich an diesem Orte nicht für erforderlich. Nur hinsichtlich der Verwendung der Worte „Nuclein*, „Pyrenin“ etc. sei erwähnt, dass die verwirrende Wirkung der Nomen- elatur von F. Schwarz hier wieder klar zu Tage tritt.‘) So sagt z. B. Lavdowsky p. 368, dass die Kernkörperehen „das Pyrenin und Nuelein in sich enthalten“. Dass die Nucleolen in allen unter- suchten Fällen gerade durch Abwesenheit von Nuclein ausgezeichnet sind, habe ich nachgewiesen.5) Pyrenin ist ein Name, den Schwarz für die gesammte Substanz des Nucleolus verwendet. Da man aber über die chemische Beschaffenheit dieser Substanz nicht mehr weiss, als dass man in ihr Eiweiss und Plastin erkennen kann, so ist der Name Pyrenin ganz überflüssig. Ebenso wie der Name Amphipyrenin, der übrigens, entgegen der Angabe von Lavdowsky (p. 369), von mir niemals verwendet worden ist. Aus dem Ausspruche „der Nucleolus besteht aus Pyrenin“ erfährt man nicht mehr als man aus dem Satze „das Protoplasma besteht aus Protoplasma‘ erfahren würde. Es wird durch die Verwendung des Schwarz’schen Namen das Vorhandensein chemischer Kenntnisse vorgetäuscht, welche that- 1) Ueber die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen. (Flora 1894. Ergänzungsband.) 2) Researches on the germination of some of the Gramineae. Journ. of the chemic. Soc. Transaet. Vol. LYII. 1890. 3) Klebs, Beiträge zur Physiologie der Pflanzenzelle. 4) Vgl. die durchaus zutreffende Kritik von Zimmermann. (Sammelreferate aus dem Gesammtgebiet der Zellenlehre. Bot. Centralblatt 1893, Beihefte p. 323.) 5) In Betreff der auf fehlerhaften Schlussfolgerungen beruhenden Behaup- tungen Moll’s über das Verhalten der Nucleolen von Spirogyra vgl. mein kriti- sches Referat Bot. Ztg. 1893, p. 282, 263 sächlich fehlen.!) Wenn Flemming?) der Bezeichnung „Chromatin“ für die „färbbaren“ Theile des Kernes gegenüber Worten wie Nuclein, Paranuclein den Vorzug gibt, so stimme ich dem für morphologische Zwecke durchaus bei. Das Wort Nuclein hat eine bestimmte chemische Bedeutung, es darf nicht beliebig bei der Benennung von Formbe- standtheilen des Kernes verwendet werden, wenn Verwirrung ver- mieden werden soll. Diejenigen, welche lediglich die Morphologie der Zelle behandeln, ohne den jeweiligen Stand der chemischen Kenntnisse zu berücksichtigen, thun gut, chemische Ausdrücke zu vermeiden. Handelt es sich aber um chemische Fragen, so ist es in dem von mir?) näher bezeichneten Sinne zweckmässig und be- rechtigt von nucleinhaltigen Theilen des Kernes gegenüber nuclein- freien zu sprechen. Für die nucleinhaltigen Theile habe ich auch wohl kurz das Wort Nucleinkörper gebraucht, an verschiedenen Orten jedoch hervorgehoben, ich sei nicht etwa der Meinung, dass die lebenden oder fixirten Nucleinkörper ausschliesslich aus Nuclein bestehen, sondern vielmehr, dass man in den Körpern ausser anderen Stoffen Nuelein nachweisen könne. Es ist zu hoffen, dass die Unklarheiten, welche durch die Publi- cationen von Schwarz in die Zellenlehre hineingetragen worden sind, mit der Zeit schwinden werden. Ein Hinderniss dafür besteht allerdings in dem Vorhandensein der Schwarz’schen Namen, welche denjenigen, der nicht mit sorgfältiger Kritik an die einschlägigen Fragen herantritt, erfahrungsgemäss über den thatsächlichen Stand der Kenntnisse täuschen können. Anm. 5. Von verschiedenen Seiten) wird die besondere Grösse der Kerne secernirender Zellen hervorgehoben, sowie die an diesen 1) Vgl. Detmer, Das pflanzenphysiologische Praeticum, 2. Aufl. 1895, p. 210. 2) Zelle, Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgesehichte. Herausgeg. von Merkel und Bonnet. 111. Bd., 1893, p. 86. 3) Ueber die chemische Beschaffenheit von Cytoplasma und Zellkern. (Be- richte der Deutschen Botanischen Gesellschaft 1893 u. a. a. 0.) j 4) Korschelt, I. e. — Haberlandt, Ueber die Beziehungen ‚zwischen Funetion und Lage des Zellkerns bei den Pflanzen, Jena 1887, p. 116. — Corren 8, Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der extra nuptialen Nectarien von Dios- corea. «Sitz.-Ber. d, k. Akad. d. Wiss. Wien. Mathem.-Naturw. Cl. Bd. xevH Abth. I. Okt. 1888, $.-A. p. 7, 14, 21.) — H. Mayr, Entstehung und Vertheilung der Secretionsorgane der Fichte und Lärche. (Botan. Centralblatt 1888, Bd. ax, P- 86.) — Sieck, Die schizolysigenen Seeretbehälter. (Pringsh. Jahrb. XXVIL 2, Heft 1895, p. 210.) 264 Kernen mehrfach beobachtete Gestalts- und Structurveränderung zu der secernirenden Thätigkeit der Drüsen in Beziehung gesetzt. Die Grösse der Kerne hängt möglicherweise mit der gleichfalls mehrfach betonten besonderen Grösse !) der secernirenden Zellen zusammen. Sehr eingehend schildert Auerbach (Il. c. p. 146) das Wachsthum der Speicheldrüsenzellen in den Larven von Musca vomitoria und das gleichzeitige Wachsthum der Kerne und Nucleolen dieser Zellen. In eine weitere Besprechung der Drüsenlitteratur soll hier nicht eingetreten werden. Anm. 6. Vgl. Schwarz (Protoplasma 1. ec. p. 86). Die Angabe von Schwarz, dass die inhaltsreichen, Reserve- stoffe führenden Zellen von Samen besonders chromatinarme Kerne besitzen, mag für bestimmte Fälle zutreffen, kann jedoch allgemeine Gültigkeit nicht beanspruchen, wie z. B. dass Vorkommen grosser, sehr chromatinreicher Kerne im reifen Samen von Zea zeigt. Nach Lavdowsky (l. ec. p. 414) soll die Menge des in den Theilungsfiguren der Kerne enthaltenen Chromatins durch gute Er- nährung gesteigert werden. Die Figuren Lavdowky’s lassen es aber zweifelhaft erscheinen, ob er bei der Vergleichuug gut und schlecht genährter Wurzeln gleichartige, bezüglich der zu entschei- denden Frage vergleichbare Zellen untersuchte. Ein Verschwinden der Nucleolen bei mangelhafter Ernährung der Zellen beschreibt Dangeard (Recherches histologiques sur les champignons, le Botaniste 2. Ser. 1890—91 p. 84) für Synchytrium taraxaci. Die Zellen des Parasiten waren „placees dans les plus mauvaises conditions sur des feuilles deja &puisdes par l’attaque anterieure d’autres de ces parasites. Le protoplasma des sores £tait vacuolaire, extrömement, pauvre en granulations et tous les noyaux etaient atteints par la degenerescence*, Anm. 7. Nach Frommann (Zelle, $.-A. aus der Real-Eneyclo- pädie der gesammten Heilkunde. Med.-chirurgisches Handwörterbuch für prakt. Aerzte, 2. Aufl. 1890, p. 31) sollen im Kerne als seltenere Einschlüsse sowohl bei thierischen als bei Pflanzenzellen Fetttröpfehen vorkommen, Glycogen soll sich in den Kernen der embryonalen Leber finden. 1) Ziegler, Die biologische Bedeutung der amitotischen (direeten) Kern- theilung im Thierreich. (Biolog. Centralblatt. XI, 1891, p. 379.) — Guignard, L’appareil sdereteur des Copaifera (Bull. de la Soc. bot. de France T. XXXIX. Seance du 24. juin 1892, p. 247), nn 265 Auch Stärke kommt nach Frommann im Kern vor. (Ueber Beschaffenheit und Umwandlung der Membran, des Protoplasma und des Kernes von Pflanzenzellen. Jenaische Zeitschrift für Naturwissen- schaft 1888, XXIl. Bd.) Weitere Angaben über das Vorkommen ver- schiedener Stoffe im Kern sind von Carnoy (Biologie cellulaire p. 247) zusammengestellt worden. - In wie weit alle diese Angaben den Mhatsachen entsprechen, steht nicht fest. Die Mittheilungen über das Vorkommen von Stärke im Zellkern scheinen auf Irrthum zu beruhen. (Vgl. A. Meyer, Unter- suchungen über die Stärkekörner, 1895, p. 159.) Anm. 8. In seiner Arbeit über das Verhalten der Nucleolen während der Karyokinese (Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle, Bd. II, Heft I. Tübingen 1893) weist Zimmer- mann p. 31 darauf hin, „dass die Frage, ob die scharfe Abgrenzung des Kernes gegen das Cytoplasma hin auch während der Karyokinese erhalten bleibe, so dass kein Uebertritt fester oder überhaupt organi- sirter Körper aus dem einen ins andere stattfinden könnte, durch die in seiner Mittheilung niedergelegten Beobachtungen endlich im nega- tiven Sinne entschieden sein dürfte“. Dass der Kern gegen das umgebende Zellplasma in irgend welchen Stadien seines Lebens derart abgegrenzt sei, dass kein Aus- tausch organisirter Körper zwischen ihm und dem Plasma stattfinden könne, ist wohl niemals angenommen worden. Auch die Art der Abgrenzung des ruhenden Kernes hat sich wohl niemand wesentlich anders vorgestellt, als diejenige des Protoplasma gegen den Zellsaft. Ebenso wie zwischen Protoplasma und Zellsaft eine scharfe Abgrenzung besteht, obwohl hier ein Austausch fester Körper möglich ist'), kann auch der Kern gegen das Plasma abgegrenzt sein, wenn auch Nucleo- len aus dem Kern in das Plasma und aus diesem wieder in den Kern gelangen können, wie das nach Zimmermann für bestimmte Fälle wahrscheinlich sein soll. 1) Pfeffer, Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper, (Abbandl. der mathemat.-physikal. Cl. der k. sächsischen Üesellsch. d. Wiss, Bd. XVI, Nr. II, 1890,) Figuren-Erklärung. u . fi A ie Fig. 41—-45 wurden Die Figuren 46-—48 sind Skizzen aus freier Hand. Die : ; mittelst eines Zeichenapparates von Winkel entworfen (Yersr: > die übrigen unter Benutzung des Zeichenapparates nach Abbe, Fig. 22—24, I rsion); Jectiv V; Fig. 1-21, 25—40, 6221 bi mit Objectiv 1, (homogene Immersion); sämmtliche Figuren mit Ocular I von Seibert. 8 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 266 Fig. 1--8. Kerne aus jungen Gefässgliedern von Zea Mays. 9—25, 27. Kerne von Cucurbita Pepo. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 9. 10. 11. 12. Kern aus einem Siebröhrenglied im Stadium der „Schleimtropfen“. Alkohol. Kern aus einem Siebröhrenglied im Zustande etwa der Fig. 98. T. VII. Wilhelm. Alkohol. Meristem der Wurzelspitze, frisch in Essigcarmin erwärmt. Meristem der Wurzelspitze. 12a. Meristem der Wurzelspitze. Alkohol. 13. 15. 16. 14. Kerne aus dem Stamg-Cambium, Meristem der Wurzelspitze. Alkohol, Diamantfuchsin-Jodgrün, Xylol, Canadabalsam. 17. Kerne aus jungen Siebröhrengliedern ohne Schleimtropfen. 16. Be- handlung wie bei 13 im Text angegeben; 17. Alkohol, Kerngerüst nicht eingetragen, 17a. Kern aus einem Siebröhrenglied mit Siebplatte. Alkohol. 18. 19, 20. 21. ig. 29. . 30. .31, Siebröhrenglied mit zugehöriger Geleitzelle. Siebplatte deutlich erkennbar, ob schon perforirt oder nicht, ist unsicher, Behandlung wie bei 13. Inhalt einer Geleitzelle einer Siebröhre mit perforirter Siebplatte. Be- handlung wie bei Fig. 18. Kern aus einem Gefässgliede des Stammknotens. Wandverdickung noch nicht kenntlich. Alkohol, Kern aus einem breiten Tüpfelgefässglied mit beginnender Wandverdickung. Alkohol. . Kern aus einem Siebröhrenglied im Schleimtropfenstadium. Alkohol. . Kern aus einem Siebröhrenglied mit deutlicher Siebplatte. Alkohol. Kern aus einem Siebröhrenglied mit deutlicher Siebplatte. Alkohol. Dia- mantfuchsin-Jodgrün. . Kern aus einem Siebröhrenglied mit anscheinend vollständig entwickelter Siebplatte. Alkohol. . Inhaltskörper einer Siebröhre von Urtica dioica, Alkohol. In Essigcarmin . 27. erwärmt. Kern aus einem breiten Tüpfelgefässglied. Wandverdickung fast vollendet. Alkohol. . 28-—34, Endosperm von Rieinus, g. 28. Alkohol-Aecher-Gemisch, Alkohol. Diemantfuchsin-Jodgrün, Canadabalsam. a) ruhender Same, b) keimender Same. Eine merkliche Abnahme der Reservestoffe ist eingetreten. Keimender Same. Alkohol-Aether, 24 Stunden künstlicher Magensaft. Keimender Same. Die Reservestoffe haben merklich abgenommen. Alko- hol-Aether. Alkohol. Keimender Same, Abnahme der Reservestoffe kaum merklich. Alkohol- Aether, - Ruhender Same. Alkohol-Aether, Alkohol. . Inhalt der Endospermzelle eines ruhenden Samens. Alkohol-Aether. Drei Tage künstlicher Magensaft. . Keimender Same. Reservestoffe haben merklich abgenommen. Alkohol- . 35, Aether. Drei Tage künstlicher Magensaft. 36. Kerne aus dem Endosperm von Pinus Larix, 35 ruhender, 36 keimen- der Same. . 37—40. Zea Maya». . 41-45. Pinus Larix. . 46—-48. Zea Mays, . 49—-56, Hyaeinthus orientalis. Epidermis. Alkohol, Essigearmin, Canadabalsam. . 57—63. Galanthus nivalis, Für diejenigen Figuren, welchen hier eine Erklärung fehlt, vgl. den Text. Die Entwickelungsreihen der parasitischen Exoasceen. Von Dr. K. Giesenhagen in München. Auf dem Boden der Deseendenztheorie stehend sieht man die jetzt lebenden Organismen als die Endglieder divergirender Nach- kommenreihen an, welche die äussersten Verzweigungen eines oder mehreren phylogenetischer Stämme darstellen. Unter Verwandtschaft versteht man im allgemeinen die Zugehörigkeit zweier Organismen zu denselben Stamme oder zu derselben Auszweigung des Stammes, und zwei Organismen sind um so näher mit einander verwandt, je näher an der (Gegenwart der Verzweigungspunkt gelegen ist, in welchem sich die beiden Nachkommenreihen trennen, deren End- glieder die betreffenden Organismen sind. Um die natürliche Ver- wandtschaft der Arten innerhalb einer Abtheilung des Gewächsreiches festzustellen, ist es also nöthig, eine Vorstellung von der Stammes- geschichte der Arten zu gewinnen. Die Urkunden, aus denen diese Stammesgeschichte erschlossen werden könnte, sind nach Haeckel die Palaeontologie, die Ontogonese und die Morphologie. Die Palae- ontologie, welche dem Zoologen in vereinzelten Fällen über die Stammesgeschichte der Arten beachtenswerthe Materialien geliefert hat, lässt den Botaniker, besonders wenn es sich um niedere Orga- nismen (mit Ausnahme der Kalk- und Kieselalgen) handelt, vollständig im Stich. Die Ontogenesis, von welcher Haeckel so grosse Dinge verspricht, ist an sich anerkanntermaassen ein trügerisches und leicht misszudeutendes Material.) Für den Botaniker kann sie bei der Bestimmung der verwandtschaftlichen Verhältnisse einzelner Arten um so weniger in Betracht kommen, als die Entwiekelungsgeschichte der Individuen innerhalb grosser Abtheilungen bei allen Arten in allen wesentlichen Zügen gleichartig verläuft. Es bleibt also im Allgemeinen nur die vergleichende Morphologie der jetzt lebenden Formen als einziges Hülfsmittel übrig, um die Verwandtschaftsverhältnisse der Arten festzustellen und damit die Grundlage zu schaffen, auf welcher ein natürliches System des Pflanzenreiches aufgebaut werden kann. Der Grundsatz, dem man wohl allgemein bei der Verwendung dieses Hülfsmittels folgt, ist der, dass die Arten als um so nähere Verwandte angesehen werden, je grösser die Aehnlichkeit wesentlicher Merkmale bei denselben ist. Es ist nicht zu erwarten, dass mit diesem druckt im L Jahrgang Nr. 13 der „Aula“. 19% 268 Grundsatze überall ein exactes, eindeutiges Resultat erreicht werden kann, denn die Abschätzung des Grades der Aehnlichkeit, die Unter- scheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Merkmalen bleibt dabei dem Ermessen des Einzelnen, dem berüchtigten systematischen Takt der Autoren völlig überlassen. Man stellt die Labiaten, wenn man die Ausbildung des Gynaeceums als wesentliches Merkmal betrachtet, mit den Asperifoliaceen in denselben, Verwandtschaftskreis; wenn man die Ausbildung der vegetativen Theile und den Bau der äusseren Organ- kreise der Blüthe hauptsächlich berücksichtigt, werden sie als eine den Scrophulariaceen nahestehende Familie angesehen. Noch grösser wird naturgemäss die Unsicherheit der Schlüsse, wenn man versucht aus der vermeintlichen Verwandtschaft der Arten die Einzelheiten des phylogenetischen Entwiekelungsganges zu recon- struiren, welcher von der gemeinsamen Stammform zu den differenten - Arten geführt hat. Je geringer und unsicherer das Thatsachenmaterial ist, desto lebhafter muss bei derartigen Arbeiten die Phantasie des Autors sein, um die distineten Formen durch hypothetische Vebergangs- bildungen zu verknüpfen. Während die Zoologen doch in einer Anzahl von Fällen auf Gründ der palaeozoischen Forschungen von Stammbäumen der jetzt lebenden Arten sprechen können — ich erinnere an die oft erwähnte Genealogie des einzehigen Pferdes und die durch dieselbe gegebene Verknüpfung des Pferdes mit fünfzehigen Arten —, besitzen wir in der Botanik kein einziges Beispiel, in dem über die Phylogenesis einer Art etwas Sicheres bekannt wäre. Und selbst in den Fällen, wo uns die Homologienlehre zwingt, zwischen grösseren Pflanzengruppen, wie Moosen, Farnen und Gymnospermen, eine Stammesverwandtschaft an- zunehmen, sind wir nicht im Stande, eine ausreichende Erklärung des morphologischen Zusammenhangs zwischen diesen Gruppen zu geben. Unter diesen Umständen schien es mir nicht bedeutungslos zu sein, die Formenverhältnisse einer kleinen Pflanzengruppe eingehender zu studiren, innerhalb welcher ausnahmsweise die Verwandtschafts- verhältnisse der Arten auf einem andern Wege als durch die ver- gleichende Morphologie bestimmt werden können und in welcher also Gelegenheit gegeben ist, die Beziehungen zwischen Verwandtschafts- grad und Aehnlichkeit der morphologischen Ausbildung kennen zu lernen und kritisch zu beleuchten. Ueber die Familie der parasi- tischen Exoasceen liegen in der Litteratur zahlreiche Arbeiten vor. So weit mein Material es gestattete, habe ich die Angaben früherer Autoren, sofern sie zu meiner Fragestellung in Beziehung standen, 269 geprüft und mich in vielen Fällen darauf beschränken können, die thatsächlichen Angaben zu bestätigen; gelegentlich konnten Berich- tigungen und Erweiterungen dem bisher Bekannten hinzugefügt werden. Ich habe es indessen nicht für meine wesentliche Aufgabe gehalten, neue Einzelheiten zu eruiren,' vielmehr habe ich das Hauptgewicht auf die vergleichende Beobachtung der Thatsachen von allgemeinen Gesichtspunkten aus gelegt. Ausser dem Material, welches das Münchener Kryptogamen- herbarium und das Berliner botanische Museum mir zur Verfügung stellten, und demjenigen, welches ich durch eigenes Sammeln in Oberbayern und Nordtirol zusammenbringen konnte, empfing ich noch werthvolle Zusendungen von den Herren Professor Massalongo in Ferrara und Dr. von Tubeuf in München. Durch Ueberlassung von einschlägiger Litteratur wurde ich ausser von den genannten Herren auch durch die Herren Professoren Goebel in München und Sadebeck in Hamburg in liebenswürdigster Weise unterstützt. Ich fühle mich ge- drungen, meinem verbindlichsten Dank für alle freundliche Hülfe auch an dieser Stelle Ausdruck zu geben. Es erscheint mir nicht überflüssig, über die zahlreichen Skizzen, die meiner Arbeit als Textfiguren beigegeben sind, ein Wort hinzuzufügen, Da es nur darauf ankam, die Form- und Grössenverhältnisse natur- getreu wiederzugeben, so habe ich absichtlich vermieden, irgend welche unwesentliche Details in meinen Skizzen anzubringen, und nur Um- rissbilder in einfachen Conturen gegeben. Alle Abbildungen, welche für die vergleichende Untersuchung in Betracht kommen, sind in dem gleichen Grössenmaassstab 600:1 dargestellt. Wo mir das Unter- suchungsmaterial wegen seines Erhaltungszustandes oder wegen des Entwickelungsstadiums die Anfertigung einer eigenen Figur unmöglich machte und wo mir überhaupt das Material mangelte, da habe ich es für nöthig gehalten, wenigstens eine Copie vorhandener Abbildungen aus den Arbeiten anderer Autoren wiederzugeben, und zwar habe ich auch dann in der Copie nur einfache Umrissbilder ohne Detailzeich- nung gegeben und ausserdem, wenn es nöthig war, die Zeiehnung auf den Grössenmaassstab 600:1 gebracht. Dem Herrn Herausgeber dieser Zeitschrift gebührt aber für die Bereitwilligkeit, mit ‚der er mir gestattete, die zahlreichen Textfiguren meiner Arbeit einzufügen, mein ganz besonderer Dank. I. Von Alters her ist die Umgrenzung der Formengruppen bei den Parasitischen Exoaseeen unbestimmt und schwankend. Diese 'That- 270 sache ist auch noch in der neuesten Zeit, welche uns einige wichtige Neubearbeitungen dieser Pilzgruppe gebracht hat, wieder aufs Deut- lichste hervorgetreten. In einer im Jahre 1884 veröffentlichten Arbeit vereinigt Sadebeck!), der Monograph der parasitischen Exoasceen, alle hiehergehörigen Formen in eine Gattung, die er Exoaseus nennt. Nachdem derselbe Autor in einer Arbeit vom Jahre 1890?) den früher für die Gattung gebrauchten Namen durch den älteren Namen Taphrina ersetzt hatte, publieirte er im Jahre 1893 eine ausführliche monogra- phische Neubearbeitung der Gruppe?), in welcher er zu dem Schluss kommt, dass drei Gattungen anzunehmen sind, die Gattungen Exoascus, Taphrina und Magnusiella. Er stellt für seine Gattungen die fol- genden Diagnosen fest: 1. Exoascus Fuckel. „Die Erhaltung der Art ist ausser durch die Infection vermittelst der Sporen durch ein in der Wirthspflanze perennirendes Mycel gesichert. Aus demselben entwickelt sich zur Zeit der neuen Vege- tationsperiode in den Blättern des befallenen Pflanzentheiles ein faden- förmiges Mycel, welches sich zwischen der Cuticula und den Epider- miszellen in vielfachen Verzweigungen ausbreitet, darauf jedoch ganz direct — d.h. ohne irgend welche vorhergegangene Differenzirungen — in einzelne Stücke zerfällt, indem sich einzelne Zellen desselben oder wenigzellige Zelleomplexe aus dem Zusammenhang loslösen. Alle diese Zellen schwellen dann im Verlaufe der weiteren Entwickelung gleichmässig an und werden entweder ganz unmittelbar oder nach weiteren Theilungen und Individualisirungen zu askogenen Zellen, welche meist dicht aneinander gedrängt stehen und ein subeuticulares Fruchtlager (Hymenium) darstellen. Das subeuticulare Mycel geht also vollständig in der Bildung der Asken auf. Die Erkrankung ergreift ganze Sprosse oder Sprosssysteme der Wirthspflanze und es werden daher durch den Reiz, den der Parasit ausübt, an den Blättern und zum Theil auch den Achsenorganen mehr oder weniger bedeu- tende hypertrophische Deformationen hervorgebracht. Taschenbildungen an den Fruchtblüthen und Hexenbesenbildungen (im weitesten Sinne des Wortes) an Laubsprossen sind daher die äusseren Krankheitserschei- nungen, durch welche diese Gattung charakterisirt wird.“ 1) Sadebeck, Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus, Hamburg 1884. 2) Sadebeck, Kritische Untersuchungen über die durch Taphrina-Arten herrorgebrachten Baumkrankheiten. Hamburg 1890. 3) Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen., Hamburg 1893. 271 2. Taphrina Fries. „Ein in der Nährpflanze perennirendes Mycel ist nicht vorhanden. Die Erhaltung der Art ist nur durch Infection vermittelst der Sporen gesichert. Nach der Keimung derselben entwickelt sich ein subeuti- eulares Mycel, welches sich über einen mehr oder weniger grossen Theil des Blattes ausbreitet und sehr bald in Folge reichlicher, theils apikaler, theils lateraler Anschwellungen und Emergenzen sich in einen sterilen und fertilen Theil, die fertile Hyphe, differenzirt. Die letztere entwickelt sich nun unter reichlicher Nahrungsaufnahme aus der Wirths- pflanze zum Fruchtlager, während der steril gebliebene Theil allmählich seiner Inhaltsstoffe verlustig geht und verschleimt, also schliesslich völlig verschwindet. Das gesammte ursprüngliche, subeuticulare Mycel wird also nicht für die Bildung der Asken verbraucht. Die äusserlich sichtbare Krankheitserscheinung beschränkt sich stets nur auf mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern (nur Taphrinopsis er- zeugt grössere Deformationen).* 3. Magnusiella nov. gen. i „Das vegetative Mycel verbreitet sich namentlich in den inneren Geweben der befallenen Pflanzentheile und entsendet von da aus erst Verzweigungen zur Oberfläche der Wirthspflanze. Die Enden dieser Verzweigungen schwellen meist sehr bedeutend an und entwickeln sich zu je einem Askus. Die Anlage der Asken erfolgt schon zwischen den Epidermiszellen oder intercellular noch tiefer im Innern der Ge- webe der Nährpflanze. Die Differenzirung einer Stielzelle ist an diesen Asken noch nicht beobachtet worden. Die Asken nehmen also von keinem gemeinsamen Hymenium ihren Ursprung, sondern entstehen einzeln; sie haben mehr als vier Sporen und entwickeln meist in ihrem Innern bereits Conidien, während der Askus noch geschlossen ist; die Conidien der meisten Arten sind sehr klein. Die Infecetion beschränkt sich stets nur auf mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern und findet sich nur seltener auch auf den Stengeltheilen.“ Alle drei Gattungen Sadebeck’s sind in der Begrenzung, welche er ihnen gegeben hat, völlig neu. Dem Namen nach ist aber nur die Gattung Magnusiella hinzugekommen. Taphrina und Exoascus haben schon früher nebeneinander existirt, freilich nahm man andere Merkmale zur Unterscheidung der Gattungen, nämlich die Zahl der in den Asken gebildeten Fortpflanzungszellen. Es zeigt sich nämlich, dass die Asken bei manchen Formen bei der Reife eine grosse Anzahl von Zellen enthalten, während dagegen bei andern Arten die Acht- 272 zahl der Sporen oder eine geringere Anzahl im reifen Askus die Regel bildet. Dieses ältere Eintheilungsprincip hat auch in der neuesten Zeit wieder in einem systematischen Werk zur Gattungscharakteri- stik Verwendung gefunden. Die jüngste Veröffentlichung über den Gegenstand ist die von Schröter!) herrührende Bearbeitung der Exoasceen in Engler’s und Prantl’s natürlichen Pflanzenfamilien. Schröter acceptirt darin die Gattung Magnusiella Sadebeck’s in ihrem ganzen Umfange, alle übrigen Formen theilt er dagegen in der Weise, dass er die Arten, deren Asken bei der Reife normal acht Sporen enthalten, zu der Gattung Exoascus vereinigt, die Formen mit vielsporigen Schläuchen aber in eine andere Gattung stellt, die er, zurückgreifend auf einen älteren von Fries anfänglich gebrauchten Namen, Taphria nennt. Seine Gattungsdiagnosen lauten dementsprechend: Magmnusiella Sadebeck. „Vegetatives Mycel intercellular, Schläuche unmittelbar an den Enden der Mycelzweige, meist zwischen den Epidermiszellen gebildet, ohne dass vorher ein subeutieulares, schlauchbildendes Gewebe ent- standen wäre. Schläuche 8- oder durch Sprossung mehrsporig.“ Exoascus Fuckel, „Schlauchbildendes Mycel ein mehr oder minder weit verbreitetes, lockeres, subeuticulares Lager bildend. Schläuche aus den einzelnen Zellen dieses Lagers entstehend, cylindrisch oder keulenförmig, typisch 8-(selten 4-)sporig.* Taphria Fries. „Mycel wie bei Exoascus, Schläuche bei der Reife vielsporig.“ Neben den beiden im Vorstehenden geschilderten Versuchen, die bisher bekannten Arten der parasitischen Exoasceen in natürliche Gruppen mit Gattungscharakter einzuordnen, verdient weiter noch eine gleichfalls die Frage der systematischen Eintheilung der Exoas- ceen berührende Bemerkung eines modernen Mycologen Erwähnung: Im Heft IX der Untersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Myco- logie sagt Brefeld wörtlich das Folgende ?): „Die Gattungsbegriffe 1) a. a. O. Bd. I, p. 156. 2)a.2.0.p. 144 f, 273 sind je nach dem Takte der einzelnen Autoren bemessen, sie bedeuten kein bestimmtes, sondern in jedem Falle verschiedenes Maass von Unterschieden und Uebereinstimmung. Will man aber dasjenige Maass von Unterschieden zur Bildung von Gattungen gelten lassen, welches innerhalb der Formen der Klasse der Askomyceten bereits allgemein zur Geltung gekommen ist, so mussman die Formen mit viersporigen Schläuchen von denen mit typisch achtsporigen Asken generischtrennen“. Das von Brefeld aufgestellte Eintheilungsprineip ist bislang freilich noch von keinem Systematiker verwendet worden, es ist bei der herrschenden Unsicherheit aber keineswegs ausgeschlossen, dass nicht über kurz oder lang jemand die Gattungsumgrenzung nach dem angegebenen Recept durehführt und aufs Neue alle Formen umtauft. Ueberdies ist die Brefeld’sche An- schauung nach seiner Angabe auf einem, sonst in der Pilzsystematik anerkannten Princip basirt; wir werden schon desshalb eine Diseussion desselben bei unserer Untersuchung über die Verwandtschaft der Formen nicht umgehen können. Man ssiehtausdem Vorstehenden, dassdie Ansichten über die Gattungs- grenzen der parasitischen Exoasceen auch durch die neuesten Bearbei- tungen nicht an Sicherheitgewonnen, jedenfalls nicht zu eindeutigen Unter- scheidungen geführt haben, und esistdahernicht zu verwundern, wenn eine von mir beschriebene Exoascee im Verlauf der letzten zwei Jahre nicht weniger als vier Umtaufen resp. Rückbenennungen erfahren hat. Die Unsicherheit der Gattungsumgrenzung, welche von Sammlern und Systematikern, überhaupt von allen, welche sich mit der interes-. santen Pilzgruppe beschäftigen, lästig empfunden werden muss, wäre Grund genug der Frage näher zu treten, ob nicht bei eingehender Berücksichtigung aller Form- und Lebensverhältnisse in der kleinen Gruppe natürliche Entwickelungsreihen zu erkennen sind, welche eine Grundlage für die systematische Gruppirung der Arten abgeben können. H. Wir werden zunächst vor die Frage gestellt, ob etwa eines von den drei in der gegenwärtigen Systematik verwendeten oder zur Ver- wendung in Vorschlag gebrachten Eintheilungsprineipien, uns das Mittel an die Hand gibt, die natürliche Verwandtschaft der Arten zu erkennen, ob die Gattungen Magnusiella, Taphrina und Exoascus im Sinne Sadebeck’s natürliche Gruppen sind oder ob statt der letz- teren beiden die Gattungen Taphria und Exoascus Schröter’s die entwickelungsgeschichtliche Zusammengehörigkeit der Formen besser 274 zum Ausdruck bringt, oder ob die von Brefeld vorgeschlagenen Gattungen Exoasecus und Taphrina Anspruch auf Anerkennung als natürliche Artverbände haben. Wenn wir zunächst von der später zu besprechenden Gattung Magnusiella bei Sadebeck und Schrö- ter absehen und nur die Merkmale ins Auge fassen, welche bei den Autoren zur Unterscheidung der Gattungen Exoascus und Ta- phrina (resp. Taphria bei Schröter) dienen, so lassen sich die Differenzen der verschiedenen Auffassungen kurz in der folgenden Weise zur Darstellung bringen: nach Sadebeck: Exoascus: Das vegetative My- cel perennirt in der nach Schröter: Die Asken sind bei der Reife 8-, nach Brefeld: Ursprünglich sind acht Sporen in Wirthspflanze, die seltener 4-sporig. jedem Askus an- subcuticulare asken- gelegt. bildende Hyphen- schicht enthält keine sterilen Zellen. Taphrina (Taphria) :j Das Mycel perennirt Die Asken sind Ursprünglich sind nicht, in der sub- bei der Reife vier Sporen in euticularen Hyphen- vielsporig. jedem Askus an- schicht sind ur- gelegt. sprünglich neben den askogenen _sterile Zellen vorhanden, Das älteste Unterscheidungsmerkmal ist dasjenige, welches Schrö- ter anwendet. Abgesehen von der ältesten Litteratur, in welcher neben Taphrina und Exoaseus noch die jetzt wohl endgültig aufge- gebene Gattung Askomyces eine Rolle spielt, finden wir 1866 bei Tulasne die Gattung Taphrina nach dem gleichen Eintheilungsprineip in zwei Gruppen gespalten. I. Taphrinae polysporae und II. Taphrinae octosporae, seu Exoasci. Tulasne zählt in seiner Arbeit!) im ganzen sechs Arten auf. Seither ist aber die Zahl der bekannten Arten um mehr als das Achtfache vergrössert und die Entwickelungsgeschiehte und Biologie der Formen ist durch zahlreiche Arbeiten von Sadebeck, Rostrup, Johanson und andern in der Weise klargelegt worden, dass wir uns über die Unzulässigkeit des von Schröter wieder auf- genommenen Trennungsmerkmals ein sicheres Urtheil erlauben können. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Vielzahl der Sporen in den 1) Ann, d. sc. nat. 8. Vi. Vp, 128 £. 275 Asken mancher Exoasceen durch eine hefeartige Sprossung der ur- sprünglich vorhandenen Sporen zustande kommt. Bei manchen Formen, wie Taphrina Torquinetii Magn, Taphrina Cerasi Sadebeck u. a. m., tritt die Sprossung im Innern der Schläuche nur bei feuchter Witterung ein, während sie bei trockenem Wetter vorläufig unterbleibt. Eine scharfe Trennung in zwei Gruppen auf Grund der Vielzahl oder Acht- zahl der Sporen in den Schläuchen ist also ausgeschlossen. Da nun ferner durch das Experiment nachgewiesen werden kann, dass die Sporen aller Arten unter geeigneten Bedingungen durch hefeartige Sprossungen Conidien zu erzeugen im Stande sind, so kann um so weniger ein generischer Unterschied darin gesehen werden, ob die Sprossung früher oder später, vor oder nach der Oeffnung des Askus eintritt. Diese Thatsache ist aufs Deutlichste von Sadebeck und unter anderm auch in dem 1890 erschienenen Werke Rostrup’s über die Taphrinaceen Dänemarks!) ausgesprochen worden, und es ist desshalb nicht leicht verständlich, wesshalb Schröter ohne ein Wort zur Entkräftung der Einwände auf die von seinen Vorgängern ver- worfene Eintheilungsweise zurückgegriffen hat. Er sagt in der Ein- leitung zu seiner Bearbeitung darüber nur: „Die Sporen der Exoas- ceen gehen bei der Keimung oft hefeartige Sprossung ein... Bei einigen Arten erfolgt die Sprossbildung innerhalb der Schläuche, die reifen Schläuche erscheinen dann vielsporig. Die so gebildeten vielsporigen Schläuche sind für eine Anzahl Arten ein feststehendes Merkmal, das zur Abgrenzung der Gattung Taphria benutzt worden ist“, Da Schröter wohl offenbar die oben geäusserten entgegen- stehenden Bedenken gekannt hat — er führt auch die Rostrup- sche Arbeit in seinem Litteraturverzeichniss auf —, so ist lebhaft zu bedauern, dass er nicht mehr Gelegenheit gefunden hat, seine Ansicht eingehender zu begründen. Wahrscheinlich sind praktische Rücksichten für Schröter maassgebend gewesen, wesshalb er die ältere Eintheilung gewählt und die von Brefeld und Sadebeck gemachten Vorschläge zurückgewiesen hat. Es ist ja klar, dass ein Sammler leicht entscheiden kann, ob ein reifer Askus 8-sporig oder 1) Rostrup, Taphrinaceae Daniae. Vidensk Meddel. fra den naturh. Foren 1890 p. 248. „Da den eneste Forskjei mellem Taphrina og Exoascus bestod i at den förste havde mange Sporer i hver Ascus, den sidste kun 8, og da det viste sig at de mange Sporer* hos Taphrina kun var Konidier, der vare opstaaede ; er, var der ingen Grund til at fastholde ved gjaeragtig Spiring af oprindelig 8 Spor Adskillelsen mellem de to Slaegter, saa meget mindre som man fandt at denne Spiring af Sporerne, medens de endnu ere indesluttede i Sporesaekkene, kan fine Sted hos alle Arter af Familien, om end med större eller mindre Energi.* 276 vielsporig ist, während die Auffindung der Brefeld’schen und der Sadebeck’schen Gattungsmerkmale entwickelungsgeschichtliche Stu- dien erfordert und an einem älteren Material überhaupt unmöglich ist. Wenn man aber sieht, dass Schröter manche Arten, wie Ta- phrina communis (Sadebeck) und Taphrina Pruni Tul., bei denen die Sprossung der Sporen in den Schläuchen häufig ist, neben Taphrina ‘ Rostrupiana (Sadebeck), bei welcher die Sprossung in der Regel nicht stattfindet, um die Trennung offenbar verwandter Formen zu umgehen zu seiner Gattung Exoascus stellt, so wird auch der praktische Vorzug seiner Eintheilung hinfällig. Jedenfalls dürfen wir feststellen, dass eine natürliche Gruppirung der Arten bei strikter Anwendung des von Schröter verwendeten Eintheilungsprincipes nicht gewonnen werden kann, Brefeld’s Vorschlag zur Gattungsumgrenzung bei den para- sitischen Exoasceen stützt sich im Wesentlichen auf ein ähnliches Merkmal wie die Eintheilung Schröter’s, auch hier wird einzig und allein die Ausbildung des Askeninhalts für die generische Trennung der Arten benützt. Brefeld betrachtet aber nicht die Zahl der im reifen Askus vorhandenen Fortpflanzungszellen als maassgebend, sondern er geht aus von dem Gedanken, dass in den Schläuchen aller Arten die Zahl der ursprünglich angelegten Sporen eine bestimmte sei, dass also vor Beginn der Conidienbildung immer entweder vier oder acht Sporen in den Asken angelegt werden. Bei den beiden von Bre- feld eingehender untersuchten Arten Taphrina Johansoni Sadeb.') und Taphrina deformans Tul. scheint das in der That immer der Fall zu sein, wenn man aber andere Formen in Untersuchung nimmt, so zeigt sich, dass oft im selben Fruchtlager die Zahl der ursprünglich ausgebildeten Sporen schwankend ist. In anderen Fällen beginnt die Sprossung einzelner Askosporen schon bevor alle Sporen ausgebildet sind, und dann ist die Constatirung der ursprünglichen Sporenzahl äusserst schwierig und, wenn überhaupt, nur durch genaue Verfolgung der Kerntheilungsvorgänge möglich. Sadebeck hat in seiner Monographie eine Reihe von Fällen angeführt, welche gegen Brefeld’s Annahme zeugen, Er fand bei Taphrina Ulmi Johanson auf Ulmus campestris und montana bald vier bald acht Sporen, auch bei Taphrina bullata Tul., Taphrina epiphylla Sadeb., Taphrina Far- lowii u. a. m. beobachtete er ähnliche Schwankungen. Er traf fast 1) Brefeld, Untersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Mycologie Heft IX, 1891, bezeichnet die Art nach der damaligen Artumgrenzung als Taphrins rhizo- phora Johanson, 277 bei allen Arten, auch bei denen, welche häufig viersporige Asken haben, Asken mit acht Sporen an und betrachtet desshalb im Allge- meinen die Zahl acht als die typische Sporenzahl. Ich fand bei meinen Untersuchungen diese Angaben durchaus bestätigt. Atkinson!) hat auch bei Taphrina deformans Tul. neben normal achtsporigen Schläuchen häufig viersporige beobachtet; er weist mit Recht darauf hin, dass auch bei andern Askomyceten ein der- artiger Wechsel in der Sporenzahl der Asken nichts Unerhörtes ist, dass beispielsweise bei verschiedenen Arten von Teichospora oft in dem nämlichen Perithecium vier-, sechs- und achtsporige Schläuche nebeneinander vorkommen. Die Reduction der Sporenzahl auf vier ist also auch wohl nur eine mehr zufällige Erscheinung, welche bei der Aufstellung von Gattungsdiagnosen keine Berücksichtigung finden kann. Was nun die Eintheilungsprineipien anbelangt, nach welchen Sadebeck die Gattungen Exoaseus und Taphrina unterscheiden will, so lässt sich nicht verkennen, dass der um die Kenntniss der parasitischen Exoasceen besonders verdiente Forscher mit scharfem Blick solche Merkmale ausgewählt hat, welche in der That eine durchgreifende Unterscheidung zweier Artgruppen ermöglichen, und dass seine Gattungsdiagnosen allen Anforderungen Genüge leisten, die zu Gunsten einer praktischen Eintheilung und Gruppirung der Arten gestellt werden können. Wenn wir aber auf unsere Frage zurückkommen, ob Sadebeck’s Eintheilungsprineip uns ein Mittel sein kann, die natürliche Verwandtschaft der Arten zu erkennen, so erheben sich gewichtige Bedenken. Es lässt sich der Einwurf nicht von der Hand weisen, dass Sadebeck’s Unterscheidungsmerkmale zum grösseren Theil rein biologischer Natur sind. Ob eine Pflanze perennirt oder nicht, das ist offenbar von äusseren Factoren mit be- dingt und braucht nicht in jedem Falle der Ausdruck einer ererbten Eigenthümlichkeit verwandter Nachkommenreihen zu sein. Wir kennen unter den Blüthenpflanzen zahlreiche Gattungen, in denen sich neben einjährigen auch perennirende Arten finden. Auch unter den para- sitischen Pilzen, deren Biologie leider noch wenig studirt worden ist, dürften sich Beispiele finden lassen, dass die verschiedene Lebens- dauer allein nicht zur generischen Trennung morphologisch nahestehen- der Arten ausreicht. So werden sicher manche Puceien, deren Sporen- lager im ersten Frühling an der Wirthspflanze hervortreten, ein 1) Leaf curl and Plum pockets. Cornell University Agricultur Experiment Station, Bul. 73. Ithaca N.Y. 1894. 278 überwinterndes Mycel besitzen, während andere nur durch direete Infeetion erneuert werden. Sadebeck scheint die Unzulänglichkeit dieses biologischen Merkmals zur Unterscheidung von Gattungen auch wohl empfunden zu haben; er erwähnt es desshalb in seinen Gattungsdiagnosen wenn auch an erster Stelle, so doch mehr nebenbei und legt das Hauptge- wicht bei der Unterscheidung darauf, ob die fertilen Hyphen ganz in askogene Zellen sich auflösen oder ob zwischen den askogenen Zellen respective Zelleomplexen sterile Elemente in der Anlage vorhan- den sind. Dieses Merkmal scheint ja zunächst auf einer rein morpholo- gischen Grundlage zu beruhen. Bei näherer Betrachtung ergibt sich indess, dass auch hier im Grunde ein biologisches Moment vorliegt. Vergleichen wir einmal kurz die Entwiekelungsgeschichte zweier gut untersuchten Arten, die nach Sadebeck in verschiedene Gattungen zu stellen wären, Taphrina Betulae Johans. und Taphrina Cerasi Sadeb. Bei Taphrina Betulae entwickelt sich das Mycel aus der Keimung subeuticular in dem Blatt der Birke; an dem vegeta- tiven Mycel treten bald als seitliche Aeste oder aus der Spitze der Hyphen die Anlagen fertiler Zellen auf, weiche durch weitere Theilungen je eine Gruppe askogener Zellen erzeugen. Da die sterilen Hyphen- äste zwischen den askogenen Zellgruppen liegen, stellt Sadebeck die Art zu seiner Gattung Taphrina. Taphrina Cerasi besitzt ein perennirendes Mycel; dasselbe breitet sich während der Vegetations- periode im Innern des Blattes intercellular aus. Von dem vegetativen Mycel im Blatte dringen Seitenäste und die Spitzen der fortwachsenden Hyphen bis unter die Cutieula des Blattes empor. Ihre Endzellen bilden die Anlage einer fertilen Zelle, welehe sich subeutieular ver- zweigt und durch Zelltheilungen eine Gruppe askogener Zellen erzeugt. Da das vegetative Mycel nur im Blattinnern ausgebreitet ist, während die fertilen Hyphen nur unter der Cuticula sich entwickeln, so sind bier zwischen den fertilen keine sterilen Zellen zu sehen. Sadebeck stellt den Pilz desshalb zur Gattung Exoaseus. Nun ist aber doch klar, dass die Wuchsweise beider Pilze genau die gleiche ist; an dem vegetativen Mycel gehen aus seitlichen Verzweigungen oder aus den Spitzen der Hyphen Gruppen von askogenen Zellen hervor. Nur in sofern ist ein Unterschied vorhanden, als bei Taphrina Betulae sowohl das sterile als das fertile Gewebe subcutieular verbreitet ist, während bei Taphrina Cerasi das erstere auf das Blattinnere, das letztere auf die Oberfläche beschränkt ist. Es gibt auch in der Sadebeck’schen 279 Gattung Exoascus Arten, z. B. Taphrina epiphylla Sadeb., bei denen sowohl die sterilen als die fertilen Myceltheile subeuticular wachsen. Die vegetativen Hyphen verbreiten sich in den Sprossachsen und Blattstielen, die in die Blattflächen hinauswachsenden Hyphen- äste stellen den Anfang des fertilen Mycelabschnittes dar. Auch dort ist also eine vielleicht vom Wirth bedingte Localisirung der sterilen und fertilen Theile und allenfalls die reichere Verzweigung der fertilen Hyphe der einzige Unterschied gegenüber der Mycelbildung bei Taphrina Betulae Johans. Einen Grund zu der Annahme, dass hier Glieder verschiedener phylogenetischer Entwickelungsreihen vor- liegen, kann ich darin nieht erblieken und dementsprechend scheint mir auch eine natürliche Gruppirung der Arten mit Hülfe von Sade- beck’s Merkmalen nicht erreichbar. Sadebeck trennt Arten wie Taphrina bacteriosperma Johanson und Taphrina carnea Johanson, welche der Entdecker!) mit richtigem Gefühl als nächstverwandte Formen erkannte, in verschiedene Gattungen; er vereinigt dem gegen- über Taphrina Ulmi Johanson und Taphrina aurea Fries in einer Gattung, Formen, welche in morphologischer Hinsicht, abgesehen von dem einen für Sadebeck Ausschlag gebenden Merkmal, die grösst- möglichen Unterschiede aufweisen, welche überhaupt zwischen zwei Arten der Gruppe denkbar sind. Wir haben nun noch kurz die Gattung Magnusiella zu besprechen, in deren Umgrenzung die Arbeiten von Sadebeck und Schröter eine erfreuliche Uebereinstimmung aufweisen. Als zu dieser Gattung gehörig werden bisher nur fünf Arten genannt; allen gemeinsam soll die Eigenthümlichkeit sein, dass bei ihnen kein subeuticulares Hymenium gebildet wird, dass vielmehr die Enden der intercellular verlaufenden vom Innern des Gewebes der Wirthspflanzen zwischen den Epidermis- zellen emporwachsenden Hyphen direet zum Askus werden. Zunächst muss ich bemerken, dass bei strikter Beobachtung dieses Gattungsmerkmals die Taphrina flava Farlow, welche Sade- beck und nach ihm Sehröter als Magnusiella flava bezeichnen, nicht in diese Gruppe gehört. (Fig. 1.) Die Endzellen der aufsteigenden Fäden verzweigen sich hier in der Mehrzahl der Fälle subeuticular in ähnlicher Weise wie die askogenen Anlagen mancher anderer Arten; sie sind als Mutterzellen der askogenen Zellen zu betrachten und 1 Johanson, Studier öfver svampslugtet Taphrina (Bihang til K. sv. Vet.- Akad. Handl. Band 13 Afd III p. 20), sagt von Taphrina bacteriosperma: Fran T. carnea hvilken den tvifels utan stär närmast, skiljer den sig Jderigenom, att den har öfvervintrande mycelium, ... samt att konidierna äro mycket smä, stafformiga, eylindriska eller nästan cylindriska. 280 verhalten sich ähnlich wie die gleichen Gebilde bei Taphrina Sade- beckii Johanson, nur mit dem Unterschied, dass die Zelle des entstandenen Complexes, welche mit der aufsteigenden Hyphe in Ver- bindung steht, sich weder vor, noch nach der Isolirung der askogenen Fig.1. Taphrina flava Farlow. Querschnitt eines Birkenblattes mit reifen Sporen- schläuchen, Sprossconidien sind nur in einem Sporenschlauch gezeichnet. 600/l. Fig. 3. Taphrina flava Farlow. Fig. 2. Taphrina flava Farlow. Anlage eines subeuticularen Hyme- Abschnitt eines jungen Hymeniums niums. a Pilzhyphen. e Epidermis von oben. 600/1, des Birkenblattes, 600/1. Zellen von dem vegetativen Mycel loslöst. Der aus ihr sich bildende Askus stellt also immer die direete Fortsetzung der aufsteigenden Hyphe dar. Zwischen den solcher Weise an den Fäden festsitzenden 281 Schläuchen sind aber immer andere Aski in dem dichten Fruchtlager vorhanden, welche in keinem directen Zusammenhang mit dem Mycel stehen. Sie sind eben aus denjenigen Zellen des subeutieularen Hymeniums hervorgegangen, welche als seitliche Sprossungen von der am vegetativen Mycel entspringenden fertilen Zelle entstanden sind. Man kann sich von dieser Lage der Sache sehr leicht überzeugen, wenn man an geeigneten Querschnittpräparaten durch einen Druck auf das Deckglas das subeutieulare Askenlager von dem Blattge- webe zu trennen sucht. Die am Mycel festhängenden Schläuche verbleiben dann in ihrer Lage, während die übrigen sich leicht los- lösen und an ihrer unverletzten meist abgestumpften Grundfläche erkennen lassen, dass sie nirgends mehr mit dem Mycel in Verbindung waren. Uebrigens habe ich mir auch durch Verfolgung der Ent- wickelungsgesehichte die Bestätigung für die Annahme einer subeuti- cularen Hymenialschicht verschafft. In Figur 2 ist eine Zellgruppe der subeutieularen Hymenialschicht des Pilzes mit doppelten Conturen gezeichnet. Die Umrisse der Epidermiszellen sind mit einfachen Conturen eingetragen. Es ergibt sich, dass einzelne der Zellen nicht von einem aufsteigenden Mycelfaden entspringen können, sondern vielmehr seitliche Auswüchse anderer Hymenialzellen sind. Die Zelle a zum Beispiel liegt direet über einer Epidermiszelle, an allen Seiten vom Rande derseiben entfernt, und von einem Hyphenast, der etwa zwischen den Epidermiszellen aufsteigend zur Zelle hinbiegt, war an dem in der Zeichnung wiedergegebenen Präparat nichts zu entdecken. Figur 3 stellt einen Querschnitt durch den Rand einer Infeetions- stelle dar; auch die dort getroffenen Pilzzellen waren nicht mit auf- steigenden Hyphenästen in direeter Verbindung. Taphrina Hava Farlow schliesst sich also in ihrem Verhalten den Arten, wie Taphrina deformans Tulasne, Taphrina Cerasi Sadebeck, Taphrina nana Johanson an, deren vegetatives Mycel auch im Innern der Gewebe der Wirthspflanze wächst, um von dort aus Zweige in die subeuticulare Wandschicht emporzusenden, aus denen sich das Hymenium bildet. Von den übrigen zu Magnusiella gestellten Arten habe ich noch die Taphrina Potentillae Johanson und Magnusiella Umbellifera- rum Rostr. untersuchen können. Dort liegt in der That das Ver- hältniss vor, welches in der Gattungsdiagnose gefordert wird. Bei der ersteren wachsen zahlreiche Zellen der unter der Epidermis hin- ziehenden Mycelfäden direct zu schlanken Asken aus, welche sich dicht gedrängt in den Wänden zwischen den Zellen der Epidermis Flora 1895. Erzgänz.-Bd. 81. Bd. 18 282 emporstrecken, um nach Durchbrechung der Cuticula mit ihrem oberen Ende ins Freie zu gelangen. Abgesehen von der Form der Schläuche und von der Art ihres Freiwerdens verhält sich auch Magnusiella Umbelliferarum ähnlich. Es wird also bei diesen Formen in der That kein subeutieulares Hymenium gebildet. Durch die Vermittelung von Formen, wie die vorhin besprochene Taphrina flava Farlow, bei der jeder aufsteigende Hyphenast nur wenige subeuticulare Hymenial- zellen entwickelt, können wir auch diese Arten leicht an die oben genannten Taphrina-Arten, wie Taphrina deformans Tulasne etc. anschliessen, wenn wir annehmen, dass die Verarmung der aus dem aufsteigenden Ast entstehenden Hymenialschicht weiter- gehend endlich dahin geführt hat, dass die eine empordringende Hyphe ohne weitere Verzweigung und Zertheilung direct zur asko- genen Zelle wird. Die Taphrina lutescens Rostrup und Magnusiella Githa- ginis Sadebeck, welche ich leider nur aus Beschreibungen und Abbil- dungen kenne, dürften sich gleichfalls als Formen mit verarmter Hy- menialschicht an die vorher besprochenen Arten anschliessen. Eine natürliche Verwandtschaftsgruppe dürften die beiden Arten kaum dar- stellen. Jedenfalls unterscheidet sich die Taphrina lutescens Rostrup von der letztgenannten Art in morphologischer Beziehung sehr wesentlich. III. Ursprünglich hatte ich die Absicht, meiner Arbeit den Titel: „Die Formenreihen der parasitischen Exoasceen“ zu geben, um nicht etwa beim Leser den Verdacht zu erwecken, dass ich mich ausschliesslich in hypothetischen Speculationen bewegen wolle. Nachdem ich aber auf Grund meiner Untersuchungen mit Berücksichtigung aller mor- phologischen Verhältnisse die Formenreihen ermittelt hatte, ergab sich die entwickelungsgeschichtliche Zusammengehörigkeit der ein- zelnen Gruppen mit so aufdringlicher Evidenz, dass ieh mich vollberech- tigt glaube, den zuerst gewählten Titel durch den andern zu ersetzen: „Die Entwickelungsreihen der parasitischen Exoasceen“. Es wird nur meine Sorge sein, ob es mir gelingen wird, dem Leser das Re- sultat meiner Untersuchungen in voller überzeugender Klarheit vor Augen zu führen. Zunächst ist es nöthig, dass ich den Begriff, welchen ich im vorliegenden Falle mit dem Worte Entwiekelungsreihe verknüpfe, klar lege. Die parasitischen Pilze im Allgemeinen müssen verhält- nissmässig junge Formen sein; es ist nicht denkbar, dass sie in der morphologischen Ausbildung, welche sie gegenwärtig besitzen, existirt 283 haben, bevor die höheren Pflanzen, auf denen sie schmarotzen, in der Flora vorhanden waren. Bezüglich des Nährbodens, d. h. bezüglich der Pflanzenspecies, ‚ die als Wirthe der Pilze dienen können, sind alle Arten der parasi- tischen Exoasceen sehr wählerischh Manche Formen sind bisher nur auf einer einzigen Pflanzenart gefunden worden, andere können mehrere nahestehende Arten einer Gattung bewohnen, keine einzige Art ist auf Pflanzen beobachtet worden, welche verschiedenen ver- wandtschaftlich fernstehenden Gattungen angehören. Ich fasse dabei den Artbegriff im Allgemeinen in dem Umfange, wie es Sadebeck in seiner sorgfältigen Arbeit auf Grund sicherer morphologischer Unter- schiede gethan hat. Als zur selben Art gehörig betrachte ich dem- nach auch die auf verschiedenen Wirthen lebenden Pilze, welche im Bau und in der Entwickelung übereinstimmen, und bei denen das Ausmaass der einzelnen Theile innerhalb der Grenzen übereinstimmt, innerhalb welcher auch Schwankungen an einem und demselben In- dividuum vorkommen können. Auch das Bild der Krankheit, welches durch den Pilz an den verschiedenen Nährwirthen hervorgerufen wird, pflegt sich gleichmässig zu gestalten. Indessen würde eine Verschiedenheit in dieser Beziehung allein noch nicht eine Verschie- denheit der Pilzart beweisen können, da die Krankheitserscheinung ja eine Reaction des Wirthskörpers auf den Angriff des Pilzes dar- stellt und also nicht allein von der Natur des Pilzes, sondern auch mit von der Beschaffenheit der Wirthspflanze abhängig ist. Die Thatsache, dass die einzelnen nach morphologischen Merk- malen definirten Arten stets nur auf bestimmten Wirthspflanzen zu finden sind, könnte man nun dadurch zu erklären suchen, dass der veränderte Einfluss des Substrates der direete Grund für die morpho- logische Verschiedenheit der Pilze auf verschiedenen Nährpflanzen sei, dass also die Sporen einer und derselben Form, wenn sie auf verschiedenen und verwandtschaftlich nicht nahestehenden Wirths- pflanzen zur Keimung gelangen, sich zu morphologisch verschiedenen Formen entwickeln. Wenn das in der That der Fall wäre, so müsste die Umgrenzung der Arten nach morphologischen Merkmalen für falsch erklärt werden; nur lange fortgesetzte Infectionsversuche könnten dann die Mittel liefern, um verschiedene Arten zu unterscheiden, wenn sie nicht gar zu dem Resultate führten, dass überhaupt nur eine einzige polymorphe Art existirt, die ihre Form und Lebensweise Je nach der Beschaffenheit der Wirthspflanze modifieirt, auf der sie zu- fällig zur Entwickelung gelangt. Es lässt sich indess leicht zeigen, 19 284 dass die morphologische Ausbildung der Formen in ihren Grundzügen nicht direct durch die Wirthspflanze beeinflusst wird. Auf der Schwarz- erle findet sich wohl als häufigstes Parasit in Mitteleuropa die Taphrina Sadebeckii, ein Pilz, welcher auf den Blättern des Wirthes weisse oder gelbliche Flecke erzeugt und in einer Vegetationsperiode seine ganze Entwickelung zum Abschluss bringt. Die Sporenschläuche dieser Form sind verhältnissmässig gross und dick und werden von einer Stielzelle getragen, de- ren Querdurehmesser die Höhe gewöhnlich merklich . übertrifft. Die Basis der Stiel- zelle ist häufig flach, seltener schwach zwischen die Epi- dermiszellen des Wirthes hinabgezogen. (Vgl. Fig. 4.) Auf derselben Wirthspflanze, Alnus glutinosa, kommt nun in demselben Verbreitungs- gebiete ein zweiter Parasit, die Taphrina Tosquinetii Mag- Fig. 4. Taphrina Sadebeckii Du, nicht selten von der sich (600/1 nach Sadebeck). in morphologischer Beziehung wesentlich von der Taphrina Sadebeckii unterscheidet. Ta- phrina Tosquinetii besitzt ein Fig. 5. Taphrina ‚Tosquinetii Fig. 6. Taphrina Alni incanae (600/1). (800/1), in den Sprossachsen überwinterndes Mycel, die Fruchtlager werden indess, wie bei Taphrina Sadebeckii, in den Blättern der Wirthspflanze ange- legt, die reifen Asken aber erreichen kaum zwei Drittel der Länge 285 und selten die halbe Breite wie bei jenem. Die Stielzellen sind immer höher als breit und stecken meist tief zwischen den Zellen der Epidermis des befallenen Blattes. (Vgl. Fig. 5.) Endlich be- herbergt Alnus glutinosa gelegentlich, wenn auch viel seltener, noch einen dritten Parasiten aus der gleichen Gruppe, nämlich die Taphrina Alni incanae Magnus, welche Deformationen der Carpelle erzeugt. Die Sporenschläuche dieser Art (vgl. Fig. 6) sind grösser und etwas weniger schlank als diejenigen von Taphrina Tosquinetii, erreichen aber die Dimensionen der Schläuche von Taphrina Sadebeckii nicht; ausserdem unterscheiden sie sich von den Asken der beiden anderen Arten sehr auffällig durch den Mangel einer Stielzelle. Die etwas verschmälerte Basis der Schläuche ist direct zwischen den Epi- dermiszellen der hypertrophirten Carpellblätter eingefügt. Wir haben also auf demselben Nährwirth neben einander in Mitteleuropa drei deutlich und scharf unterschiedene Formen, deren morphologische Differenzen nicht durch einen direeten Einfluss des Substrates erklärt werden können. ‘Ein anderes Beispiel bieten uns die Exoasceen, welche die Zwergbirke bewohnen. Es sind in diesem Falle gar vier Parasiten, welehe in dem gleichen Verbreitungsbezirk den nämlichen Wirth bewohnen, nämlich die von Johanson beschriebenen Taphrina nana, Taphrina alpina, Taphrina bacteriosperma und Taphrina carnea (Fig.7 bis 10), Neben einjährigen Formen kommen überwinternde, neben gestielten kommen stiellose Asken vor, die Schläuche der kleinsten Art sind kaum ein Viertel so hoch als die der grössten, kurz grösste morpholo- gische Unterschiede kommen auf demselben Nährboden, auf demselben Wirth zur Ausbildung und beweisen uns, dass die Formgestaltung bei diesen Pilzen ein charakteristisches Merkmal der Arten und nicht von der diresten Beeinflussung durch den Nährwirth abhängig ist. Es kann nun durch die angeführten Beispiele natürlich nicht be- wiesen werden, dass überhaupt die parasitischen Exoasceen nicht im Stande sind, unter dem direceten Einfluss verschiedener Nährwirthe verschiedene Formen auszubilden, höchstwahrscheinlich werden ja auch in dieser Abtheilung „Varietäten“ vorkommen. Einzelne, der von Atkinson!) vor Kurzem neu beschriebenen Formen seheinen z. B. unter diesen Begriff zu fallen. Dass aber nebeneinander Arten existiren, bei denen die Hauptzüge der morphologischen Aus- bildung, d. h, gerade diejenigen morphologischen Charaktere, welche als Artunterschiede angesehen werden müssen, unabhängig von der ı) Atki nson, Leaf curl and plumpockets. Cornell Univers. Ayric. Exp. Stat. Bull. 73. 286 directen Beeinflussung des speciellen Nährbodens zu Stande gekommen und erblich sind, — das kann wohl auf Grund der obigen Beweis- Fig. 9. Taphrina bacteriosperma- (600/1 nach Johanson), führung als feststehend gelten. Mit der soeben erörterten Frage darfdie anderenicht verwechselt werden, ob die phylogenetische Entwiekelung, der durch die morphologischen Merkmale defi- nirten Arten, die wir ja als End- glieder phylogenetischer Reihen anzusehen haben, lediglich von inneren, in der Organisation der Pilze selbst gelegenen Ursachen beeinflusst war, oder ob unter dem Einfluss der Nährwirthe die phylo- genetische Entwicke- lung in bestimmte Bah- nen gelenkt wurde. Ein Versuch, diese Frage zu beantworten, würde uns nothwendig zu hypo- thetische Erörterungen führen müssen, da ja über das Wesen derVer- erbungundderdamitzu- Fig. 10. Taphrina carnea (600/1). 287 sammenhängenden Weiterentwickelung keine Theorie, sondern nur sich wiedersprechende Hypothesen existiren. Nur das Eine können wir aus zahl- reichen Analogien mit einiger Wahrscheinlichkeit erschliessen, dass der Parasitismus an sich, der Umstand, dass den Pilzen durch einen leben- den Wirth Nährstoff in ausreichender Menge und zusagender Be- schaffenheit dargeboten wird, im Laufe der phylogenetischen Entwiekelung eine Vereinfachung des Vegetationskörpers des Parasiten herbeigeführt haben wird. Dieser Schluss is? für unsere Untersuchung von einiger Bedeutung. Wie später gezeigt werden soll, können wir nämlich aus den bekannten Arten der parasitischen Exoasceen Formenreihen auf- stellen, in denen ein allmählicher Uebergang in kleinsten Schritten von complieirter gebauten zu einfacheren Formen stattfindet. Mit Hilfe des Satzes, dass der Parasitismus eine Vereinfachung des Baues zur Folge hat, können wir die complieirtesten der Formen als diejenigen bezeichnen, die in ihrer morphologischen Ausbildung der Urform, von welcher alle parasitischen Exoasceen abzuleiten sind, am nächsten stehen. Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob sie nicht wirklich der Urform gleichen, deren Nachkömmlinge alle übrigen Formen sind. Wäre es der Fall und dürften wir in gleicher Weise jede folgende Art der Formenreihe ansehen als einen Typus, in dem die morphologischen Merkmale derjenigen Formen sich constant er- halten haben, von der die weiterfolgenden Arten abstammen: so wäre unsere Formenreihe direct eine Ahnenreihe, ein Stammbaum derjenigen Arten, welche sich durch die weitestgehende Vereinfachung ihres Vegetationskörpers als die jüngsten erweisen. Diese Annahme ist indess im höchsten Grade unwahrscheinlich, Denn gleichviel, ob wir annehmen, dass der Anstoss zur Entwickelung neuer Formen in inneren Ursachen in der Organisation des Pilzes selbst zu suchen sei, oder ob wir die den Fortentwickelungsprocess anregenden Ursachen in dem Einfluss des allmählich sich ändernden Substrates sehen: in jedem Falle sind alle Nachkommen der Urform den Entwickelungs- impulsen zugänglich gewesen; in allen von der Urform sich ableitenden Nachkommenreihen wird also auch ein Fortschritt aufgetreten sein. Der Umstand aber, dass der Entwiekelungsgang in den einzelnen Nachkommenreihen verschieden schnell durchlaufen wird, bedingt es, dass die Endglieder jener Nachkommenreihen, nämlich .die jetzt lebenden Arten, in verschiedenen Phasen der morphologischen Um- bildung neben einander stehen, und dieser Umstand gibt uns eben das Mittel an die Hand, die Tendenz der die Artbildung beherrschen- den Entwickelungsimpulse zu erkennen, den Weg und die Richtung 288 zu bestimmen, in welcher die morphologische Differenzirung bei den parasitischen Exoasceen vor sich gegangen ist und im Verlauf grösster Zeiträume weiter fortschreiten wird. Die Entwickelungsreihe soll also nicht gleichbedeutend sein mit Ahnenreihe oder Stammbaum, sondern Entwiekelungsreihe in unserem Sinne ist die Reihenfolge der morphologischen Phasen, welche die Arten bei ihrer phylogenetischen Entwiekelung durchlaufen haben. % IV. Bei dem Versuch, unter den bis jetzt bekannten parasitischen Exoasceen verwandtschaftliche Gruppen zu erkennen, bin ich von der Betrachtung der Form der Fortpflanzungsorgane ausgegangen. Es ist ja eine von der Systematik der höheren Pflanzen vielhundertfach bestätigte Erfahrung, dass die vegetativen Organe, den verändernden Einflüssen äusseren Umstände weit mehr unterworfen sind, als die Reproductionsorgane, und mit Recht wird desshalb die Blüthenmor- phologie bei der Aufstellung natürlicher Verwandtschaftskreise in allererster Linie berücksichtigt. Nicht anders liegt die Sache bei den Kryptogamen und in unserm speciellen Falle. Auch hier sind die vegetativen Organe der Beinflussung durch äussere Verhältnisse eher unterworfen als die Fortpflanzungsorgane, die dementsprechend in ihren Gestaltungsverhältnissen die Merkmale gemeinsamer Abstam- mung länger bewahren. Weist doch der Umstand, dass in der arten- reichen und vielgestaltigen Reihe der Askomyceten in der Mehrzahl der Fälle das Fortpflanzungsorgan eine schlauchartige Zelle darstellt, aus deren Inhalt eine bestimmte Anzahl von Sporen entsteht, mit grosser Bestimmtheit darauf hin, dass aus der Form des Askus am ersten die verwandtschaftlichen Beziehungen der Arten erschlossen werden können. So dürfen wir also erwarten, dass diejenigen Arten der para- sitischen Exoasceen, welche übereinstimmen in der Form des Askus, auch verwandtschaftlich nahestehen, d. h. von einer gemeinsamen Stammform abzuleiten sind. Diese Annahme hat sich bei meinen Untersuchungen, wie im Folgenden gezeigt werden soll, durchaus be- stätigt. Ueberblicken wir zunächst die Formverhältnisse- der Sporen- schläuche, so lassen sich deutlich vier Haupttypen unterscheiden, von denen ich die drei ersten nach Arten, welche als charakteristische Beispiele dienen können, als Filieina-, Betulae- und Pruni-Typus be- zeichnen will. Den vierten Typus repräsentiren nur die beiden Arten Magnusiella Githaginis Sadeb. und Magnusiella Umbelliferarum Sadeb. Ich will diesen Typus mit Benützung des von Sadebeck für die 289 beiden Arten gewählten Gattungsnamens als Magnusiella-Typus be- zeichnen. Das Schema in Fig. 11 wird am einfachsten eine Vorstellung von den vorliegenden Formver- hältnissen gewähren, Der Fili- eina-Typus zeigt schlanke Schläuche, welche nach beiden Enden verschmälert und abge- rundet sind. Die Schläuche I u II IV des Betulae-Typus sind plump eylindrisch, am oberen Ende Fig. 11. Formtypen der Sporenschläuche bei flach abgerundet, gestutzt oder den parasitischen Exoasceen, I Filieina-Typus, schwach eingesenkt, unten ge- II Betulae-Typus, III Pruni-Typus, IV Mag- rade oder abgerundet. Bis- nusiella-Typus, weilen sind sie in der Mitte oder nach unten hin etwas eingezogen. Die Schläuche des Pruni-Typus sind keulenförmig bis schlank cylin- drisch, oben flach abgerundet oder stumpf. Der Magnusiella-Typus zeigt grosse, sackartige, ovale, fast kugelige Schläuche. Die Zahl der zum Magnusiella-Typus gehörigen Arten ist zu gering, als dass wir von der vergleichenden Untersuchung derselben irgend welche be- sondern Resultate erwarten könnten. Ich lasse desshalb die Magnu- siella Githaginis und Magnusiella Umbelliferarum in den folgenden Ausführungen zunächst unberücksichtigt und wende nur den drei erst- genannten Haupttypen, welche zahlreiche Vertreter besitzen, meine Aufmerksamkeit zu. In der nachstehenden Liste ist die grössere Mehrzahl der be- kannten Arten nach den Typen der Askenform geordnet zusammen- gestellt; ich habe dabei nur diejenigen Arten vorläufig unberücksich- tigt gelassen, welche sich bezüglich der Form ihrer Sporenschläuche keinem der drei Askentypen direct unterordnen lassen. Um dem Leser eine schnelle Controlle der Angaben zu ermöglichen, ist bei jeder Art auf die Abbildungen im letzten Abschnitt meiner Arbeit verwiesen. Eine dritte Columne in der Liste gibt die Namen der Nähr- pflanzen an, auf denen die betreffende Art bisher beobachtet worden ist. I. Filieina-Typus. Name i Figur Wirthspflanze Taphrina Laureneia 26 ‘ Pteris quadriaurita Retz. Taphrina Cornu cervi j 24 ' Aspidium aristatum Sw. Taphrina filicina Rostr. 25 . Aspidium spinulosum Sw. Taphrina lutescens Rostr. j 27 ı Aspidium Thelypteris Roth. 290 I. Betulae-Typus. Name Figur Wirthspflanze Taphrina Ulmi Johans. Taphrina Celtis Sadeb. Taphrina alpina Johans. Taphrina nana Johans. Taphrina Betulae Johans. Taphrina betulina Rostr. Taphrina carnea Johans. Taphrina bacteriosperma Johans. Taphrina flava Farlow. Taphrina turgida Sadeb. Taphrina epiphylia Sadeb. Taphrina Sadebeckii Johans. Taphrina Tosquinetii Magn. Taphrina Robinsoniana Taphrina aurea Fries. Taphrina Ostryae Massal. Taphrina Aesculi (Ellis & Everhart) Taphrina acericola Massal. Taphrina polyspora Johans. 28 29 30 31 32 u. 33 34 35 36 37 38 39 40 42 41 47 44 66 68 69 “ Ulmus campestris L. Ulmus montana With. Celtis australis L. . Betula nana L. Betula nana L. Betula verrucosa Ehrh. Betula pubescens Ehrh. Betula pubescens Ehrh. Betula odorata Bechst. Betula odorata Bechst. Betula intermedia Thom. Betula nana L. Betula nana L. Betula populifolia Willd. Betula papyracea Willd. Betula verrucosa Ehrh. Alnus incana DC. Alnus glutinosa Gaert. Alnus glutinosa X incana. Alnus glutinosa Gaert. Alnus glutinosa X incane. Alnus incana DC. Populus nigra L. . Populus pyramidalis Roz. Populus monilifera Ait, Ostrya carpinifolia Scop. Aesculus californica Nutt. Acer campestris L. Acer Pseudoplatanus L. Acer tataricum L. Name Figur II. Pruni-Typus. Wirthspflanze Taphrina Crataegi Sadeb. Taphrina bullata Taphrina deformans Tul. Taphrina minor Taphrina Insititiae Johans. 50 öl 52 53 54 Crataegus oxyacantha L. Crataegus monogyna Jacqg. Pirus communis L. Pirus japonica Thunb. Amygdalus Persica L. Amygdalus communis L. Prunus Chamaecerasus Ehrh. Prunus Insititia L. Prunus domestica L. Prunus pennsylvanica L. 291 Name Figur 1 Wirthspflanze Taphrina deeipiens (Atkinson) I 55 Prunus americana Marsh. Taphrina Cerasi Sadeb. : 56 Prunus Cerasus L. | Prunus avium L. Taphrina Pruni Tul, 57 Prunus domestica L. Taphrina mirabilis (Atkinson) : 58 Prunus americana Marsh, Prunus angustifolia Marsh. Prunus hortulana L.H. Bailey. Taphrina Farlowii Sadeb. 59 Prunus serotina L. Taphrina confusa (Atkinson) 60 Prunus virginiana L, Taphrina Rostrupiana (Sadeb.) | 61 Prunus spinoga L. Taphrina communis Sadeb, | 62 Prunus pumila L. | Prunus americana Marsh. . Prunus maritima Wang. ' Prunus nigra Ait. Taphrina longipes (Atkinson) | 63 Prunus americana Marsh. Taphrina rhizipes (Atkinson) 64 Prunus triflora Roxbgh. Taphrina Potentillae Johans. ; Potentilla silvestris Neck, [2 Ku ! Potentilla canadensis L. | Potentilla geoides MB. Die vorstehende Aufzählung umfasst von den für die Classifiei- rung in Betracht kommenden 46 Arten mehr als fünf Sechstel; nur folgende sieben Arten mussten vorläufig unberücksichtigt bleiben: Wirthspflanze Name Figur Taphrina Alni incanae Magn. | 43 ‚ Alnus incana DC. | - Alnus glutinosa Gaert. | ° Alnus rubra Bongard. Taphrina Johansoni Sadeb. 48 Populus tremula L. : Populus tremuloides Mchx. | Populus grandidentata Mehr. Taphrina rhizophora Johans, 49 | Populus alba L. Taphrina Carpini Rostr. 45 ! Carpinus Betulus L. Taphrina Kruchii Vuillemin Quercus Ilex L. Taphrina coerulescens Tul. 46 Quercus sessiliflora Sm. Quereus pubescens Willd. Quercus Cerris L. Quercus rubra L. Quercus tinetoria Bautr. Quercus alba L. Quercus coceinea Wang. Quercus aquatica Catesby. Quercus laurifolia Michx. Quercus cinerea Michx. : Rhus copallina L. Taphrina purpurascens Robins. 67 292 Die Sporenschläuche dieser sieben Arten besitzen sämmtlich keine Stielzelle, oder richtiger gesagt, bei ihnen ist der Askus nicht durch eine Querwand von der Stielzelle abgetrennt. Es ist also die Stielzelle gewissermaassen direet als formbildendes Element in den Askus mit aufgenommen worden und darauf beruhen auch im Wesentlichen die Abweichungen, welche nicht gestatteten, die Sporen- schläuche einem der Typen unterzuordnen. Wenn wir diesem Umstande Rechnung tragen, d. h, wenn wir bei der Classificirung nur die Form des oberen Theiles der Sporenschläuche in Betracht ziehen und die Ausbildung des der Stielzelle entsprechenden Basaltheiles unbe- rücksichtigt lassen, so lassen sich auch diese Arten in die Liste ein- reihen, Die Sporenschläuche von Taphrina Alni incanae Magn. sind in dem unteren zwischen die Epidermiszellen der Wirthspflanze einge- drängten Theil verschmälert und zugespitzt. Im Uebrigen sind sie plump ceylindrisch, oben flach abgerundet und ähneln in Form und Grösse etwa den Asken von Taphrina Betulae. Bei Taphrina Johan- soni Sadeb. und Taphrina rhizophora ist gleichfalls das untere Ende des Askus zwischen die Zellen des Wirthes hinabgedrängt, die Ver- schmälerung und Verlängerung des Basaltheils ist aber hier noch viel beträchtlicher als bei der vorher besprochenen Art. Im oberen Theil stimmen die colossalen Sporenschläuche ganz mit den Asken der Taphrina aurea Fries überein, die wir wegen ihrer cylindrischen Gestalt zum Betulae-Typus rechnen mussten. Aehnlich liegt auch das Verhältniss bei Taphrina coerulescens Tul., deren Sporenschläuche unten rhizoidartig in das Gewebe eindringen, im oberen Theil aber den Betula-Typus leicht erkennen lassen. Bei Taphrina Carpini Rostr. und Taphrina purpurascens Robins. sind die Sporenschläuche sehr plump gebaut und am oberen Ende flach abgerundet oder stumpf. Sie haben mit dem Filieina- und Pruni-Typus nicht die geringste Aehnlichkeit. Von gewissen Formen im Betulae-Typus sind sie nur dadurch unter- schieden, dass das abgeflachte basale Ende häufig mehr oder minder stark verbreitert ist. Auch hier gibt nur der der Stielzelle entspre- chende Theil des Sporenschlauches durch seine Ausbildung Veran- lassung zur Abweichung vom Typus. Und das Gleiche gilt auch von der letzten Art von Taphrina Kruchii, bei der die grossen, plumpen eylindrischen Sporenschläuche an der Basis ziemlich plötzlich verbrei- tert und ausserdem in zahnwurzelartige Fortsätze nach unten hin ausgewachsen sind. Es schliessen sich also alle sieben vorher nicht classificirten Arten dem Betulae-Typus an. 293 Aus unserer Liste ergibt sich nun ein sehr auffälliges und be- merkenswerthes Resultat. Es zeigt sich nämlich, dass ausnahmslos alle auf Farnen gefundenen parasitischen Exoasceen den Filicina- Typus in ihrer Askenform repräsentiren, dass alle auf Julifloren schma- rotzenden Arten den Betulae-Typus aufweisen und dass alle zu un- serer Gruppe gehörenden Parasiten der Rosaceen sich nach der Form ihrer Asken dem Pruni-Typus anschliessen. Ja bei zwei Typen können wir sogar den Satz umkehren, indem der Filieina-Typus nur bei den auf Farnen lebenden Arten vorkommt, der Pruni-Typus ganz ausschliesslich den Exoasceen der Rosaceen zukommt. Unter den Arten, welche den Betulae-Typus der Asken zeigen, treffen wir neben solchen, die auf Julifioren schmarotzen, auch noch eine geringe Anzahl anderer, die aber allesammt in den engen Verwandtschaftskreis der Eucy- elier gehören. Als allgemeiner Satz ausgesprochen, lautet das Resultat unserer Classifieirung also: Die auf verwandten Nährpflanzen lebenden Exo- asceen erweisen sich durch die Uebereinstimmung der Askenform als stammesverwandte Arten. Bezüglich des Filieina- und Pruni-Typus können wir hinzufügen: Die Arten, welche wir auf Grund der Ueber- einstimmung in der Askenform als stammesverwandt erkannt haben, leben auf stammesverwandten Nährpflanzen. Dieses auffällige Zusammentreffen von Stammesverwandtschaft bei Parasiten und Nährwirth kann wohl nur in einer einzigen Weise seine Erklärung finden, nämlich dadurch, dass die Arten der parasi- tischen Exoasceenausgemeinsamem Ursprung zugleich mitden Artender vonihnen bewohnten höheren Pflanzen in allmählicher Fortbildung sich entwickelt haben. Bei den complieirt gebauten Vegetationskörpern der höheren Pflanzen, welche den parasitischen Exoasceen als Nährwirth dienen, sind selbstverständlich die morphologischen Merkmale, welche zur Erkennung der Stammesverwandtschaft benutzt werden können, viel zahlreicher und viel auffälliger als bei den Parasiten, deren wenig- zelliger Vegetationskörper nur geringe Gliederung aufweist. Ob eine höhere Pflanze zu den Farnen oder in den Verwandtschaftskreis der Juli- floren oder der Rosaceen gehört, darüber wird wohl niemals ein Zweifel bestehen können. Dementsprechend muss die verwandtschaftliche Stel- lung der Wirthspflanze für die Verwandtschaft der sie bewohnenden Exoasceen das beste Criterium bilden. Auf Grund dieser Erwägung erkennen wir, dass die Arten des Betulae-Typus, welche uns nach der Askenform als einheitliche Gruppe erscheinen mussten, zwei offenbar 294 nahestehenden Stämmen angehören, von denen der eine nur Julifloren, der andere nur Eucyelier bewohnt. Die aufgestellten allgemeinen Sätze werden durch diese Erkenntniss in keiner Weise berührt; es ergibt sich nur, dass das morphologische Merkmal, welches wir ın Ermangelung eines besseren zur Eintheilung der Exoasceen verwen- deten, wohl ausreichte, um die Arten des Filieina-Stammes und des Pruni-Stammes unter sich und von den übrigen zu trennen, dass es aber nicht fein genug war, um die nahe verwandten Stämme, welche auf Julifloren und Eucyeliern leben, scharf und sicher zu trennen. Nachdem nun einmal die Verwandtschaft der Nährpflanze als bestes Merkmal für die Verwandtschaft der parasitischen Exoasceen erkannt worden ist, sind uns die Grundzüge für die systematische An- ordnung der parasitischen Exoasceen ohne Weiteres gegeben. Wir unterscheiden abgesehen von den beiden Magnusiellaarten vier Stämme: I. der Filieina-Stamm auf Pteridophyten, II. der Betulae-Stamm auf Julifloren, II. der Pruni-Stamm auf Rosifloren, IV. der Aesculi-Stamm auf Eucyeliern. Im Allgemeinen ist in allen Stämmen die Ausbildung der Vege- tations- und Fortpflanzungsorgane sehr übereinstimmend, die Unter- schiede, welche in der Form der Asken gefunden wurden, sind geringfügig und lassen sich leicht durch hypothetische Mittelformen überbrücken, alle sonstigen artunterscheidenden Merkmale aber wieder- holen sich, wie wir sehen werden, in den verschiedenen Stämmen. Es steht also niehts der Annahme entgegen, dass die Stämme unter sich verwandt und von einem gemeinsamen Ursprung abzuleiten sind, dass nur einmal in früher geologischer Epoche der Uebergang einer Stammform von saprophytischer Lebensweise zum Parasitismus statt- gefunden hat und dass die heute unterscheidbaren Stämme im An- schluss an die Weiterentwickelung der Wirthspflanze sich nach und nach von dem Urstamm abgezweigt haben. Besonders nahe stehen, wenn wir die Askenform berücksichtigen, der Aesculi- und der Betulae- Stamm. Auch der Pruni-Stamm kommt dem letztgenannten verhält- nissmässig nahe. So erinnern z. B. die Asken von Taphrina Tosqui- netii, welche sich durch den abgestutzten oder gar eingesenkten Scheitel als zum Betulae-Typus gehörig erweisen, in ihrem Gesammtumriss sehr an die schlanken Asken der meisten zum Pruni-Stamm gehörenden Arten. Andererseits finden sich bei Taphrina deformans, Taphrina Insititiae u. a. m. gelegentlich Asken, weiche plump und stumpf sind, und so dem Betulae-Typus sehr nahe kommen. Der Filieina-Stamm 295 ist dagegen von allen übrigen durch die Askenform am weitesten verschieden. Es ist dadurch der Vermuthung Raum gewährt, dass die Abzweigung des Aesculi- und Pruni-Stammes von dem Betulae- Stamme verhältnissmässig in jüngerer Zeit erfolgt ist, während die Separation zwischen dem Filieina-Stamm und den damals noch ge- meinsam verlaufenden übrigen Stämmen viel früher vor sich ging, — eine Vorstellung, die mit dem geologischen Alter der Stämme der Wirthspflanzen vortrefflich in Einklang steht. V. Wollten wir streng systematisch vorgehen, so würde es nöthig sein, jetzt zunächst den Filicina-Stamm als den ältesten einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Dieser älteste Stamm ist indess zugleich ein alternder Stamm, er umfasst nur wenige unter einander sehr ver- schiedene Arten, die sparsam über ein sehr weites Verbreitungsgebiet vertheilt sind. Ich ziehe es desshalb vor, zuerst einen lebenskräfti- seren und artenreicheren Stamm in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, weil wir dort am ersten vermittelnde Uebergänge zwischen scharf getrennten morphologischen Ausbildungsformen erwarten dürfen und Anhaltspunkte über den Bildungsgang, welcher im Laufe der phylogenetischen Entwickelung zu der verschiedenartigen Ausgestal- fung der Arten geführt hat. Der artenreichste unter den vier Stämmen ist der Betulae-Stamm. Derselbe umfasst mehr als 20 Arten, also fast die Hälfte aller be- rücksichtigten Formen. Man könnte vielleicht unter den Arten dieses Stammes bei genauer Berücksichtigung aller Form- und Grössen- verhältnisse der Sporenschläuche noch wieder gesonderte Gruppen unterscheiden. So bilden offenbar die drei auf Populusarten lebenden Taphrinen mit ihren colossalen Asken eine solche Gruppe. Die fünf auf Alnusarten lebenden Pilze scheinen in der Verbreiterung des Schlauches unter dem Scheitel und in der Einsenkung der Scheitel- fläche ein gemeinsames Merkmal zu besitzen. Auch die auf Quercus lebenden Arten zeigen in der Form der Sporenschläuche gewisse übereinstimmende Züge, die bei den Asken der übrigen Arten des Stammes nicht vorhanden sind. Dadurch gewinnt der früher aus- gesprochene Satz eine neue Stütze, dass die Artbildung bei den para- sitischen Exoasceen im Anschluss an die Artwandelung der Wirths- pflanzen sich vollzogen hat, dass eine sprungweise Veränderung der Formen ebenso wie eine sprungweise Verbreitung auf neue anders- artige Nährwirthe im Entwickelungsgange dieser Pilzgruppen keine 296 Rolle gespielt haben. Wir werden aus diesem Umstand bei der syste- matischen Anordnung der Arten innerhalb der Stämme Nutzen ziehen. Für die folgende Betrachtung ist indess die systematische Zergliede- rung der Stämme in Zweige und Artgruppen von keiner wesentlichen Bedeutung. Wir erstrecken unsere Betrachtung gleichzeitig auf alle Arten des Stammes und beschränken uns auf die Darlegung der Ent- wiekelungsphasen, die in der morphologischen Ausbildung der Arten und Formen bald in dieser, bald in jener natürlichen Artgruppe, bald in mehreren gleichzeitig zum Ausdruck kommen können. Als Ausgangspunkt benutzen wir dabei die Gestaltungsverhält- nisse des den Asken räumlich am nächsten liegenden Theiles des Pilzkörpers, der Stielzelle. Wir können leicht die Arten des Stammes in zwei Gruppen trennen, in dem wir als Unterscheidungsmerkmal den Umstand be- nutzen, ob die Asken eine Stielzelle besitzen oder nicht. I. Formen mit Stielzelle.* | II. Formen ohne Stielzelle. Taphrina Ulmi Johans. | Taphrina bacteriosperma Johans. Taphrina Celtis Sadeb. Taphrina earnea Johans. Taphrina Betulae Johans. Taphrina flava Farlow. Taphrina alpina Johans, | Taphrina Alni incanae Magn. | Taphrina nana Johans. Taphrina Carpini Rostr. Taphrina betulina Rostr, : Taphrina Johansoni Sadeb. Taphrina turgida Sadeb. Taphrina rhizophora Johans Taphrina epiphylla Sadeb. Taphrina coerulescens Tul. Taphrina Sadebeckii Johans. Taphrina Kruchii (Vuillemin). Taphrina Tosquinetii Magn. ı Taphrina Robinsoniana, Taphrina Ostryae Massalongo, Nur eine Art des Stammes, Taphrina aurea Fries, muss von der Eintheilung ausgenommen werden. Sie stellt ein Verbindungsglied zwischen den beiden Gruppen dar, indem bei ihr neben gestielten Asken auch ungestielte Schläuche vorkommen. Es tritt nun zunächst die Frage auf, welche Bedeutung der Stiel- zelle der Asken zukommt. Wir finden dieselbe in ähnlicher Ausbil- dung in anderen Abtheilungen der Askomyceten nirgends wieder. 1) Hier würde sich ferner wohl noch die Taphrina virginica Sadeb. auf Ostrya virginica aufschliessen, deren Vorhandensein Sadebeck vor kurzem (Forstl. naturw. Zeitschr. 1895 p. 87) bekannt gegeben hat. Da indess eine genauere Be- schreibuug bisher nicht gegeben wurde, lasse ich die Form vorerst unberücksich- we Ich zweifle nicht, dass die stiellosen Asken der Art den Betulae-Typus zeigen werden. 297 Als eine aus biologischen Gesichtspunkten erklärliche Neubildung bei den parasitischen Exoasceen, d. h. als eine Anpassungserscheinung an besondere Verhältnisse, kann dieselbe wohl deshalb schon nicht aufgefasst werden, weil unter den jetzt lebenden Arten, soweit wir dieselben kennen, die Zahl der Formen mit stiellosen Asken nicht wesentlich hinter der Zahl der Arten mit gestielten Asken zurück- bleibt; in dem Betulae - Stamm halten sich die beiden, wie aus der obigen Aufzählung hervorgeht, fast die Wage. Dabei kommen ge- legentlich auch, abgesehen von dem bei Taphrina aurea gegebenen Falle, Arten mit Stielzelle neben Arten ohne Stielzelle auf der näm- lichen Wirthspflanze vor, so auf Betula nana die gestielten Taphrina alpina und Taphrina nana neben den ungestielten Taphrina baeterio- sperma und Taphrina carnea. Wir müssen also versuchen, die Stiel- zelle aus morphologischen Gesichtspunkten zu erklären. Einen Anhaltspunkt bietet uns die Form und Entwickelung der Stielzelle bei Taphrina Celtis. Der Pilz, welcher auf Celtis australis schmarotzt, besitzt reich verästelte, durch Querwände gegliederte IIyphen, welche sich unter der Cutieula des jungen Blattes ausbreiten. Eine mehr oder minder grosse Anzahl der Zellen, aus denen die Hyphen zusammengesetzt sind, zeichnen sich bald vor ihren Nachbarn durch einen reicheren Gehalt an körnigem Protoplasma aus. Sie sind es, an denen die Anlagen der Asken zunächst als kurze papillenartige Ausstülpungen hervortreten. Sobald die Asken eine gewisse Grösse erreicht haben, werden sie durch eine Querwand von der sie tragenden Hyphenzelle abgetrennt und entwickeln sich nun selbständig bis zur Reife, Die Hyphenzellen, an welchen die Asken entspringen, sind die Stielzellen. (Vgl. Fig. 12.) Sie unterscheiden sich in ihrer Form von den zwischen ihnen liegenden vegetativen Hyphenzellen nicht wesentlich und bleiben mit denselben bis zur Askenreife im Verbande. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Taphrina Ulmi, welche Sadebeck?) in seinen Untersuchungen über die Pilz- gattung Exoacus eingehend behandelt hat. Auch dort sind die Stiel- zellen der Asken noch im ausgewachsenen Zustande leicht als Hyphen- zellen zu erkennen, die im Zellverbande der Hyphen zwischen vereinzelten gleichgeformten vegetativen Zellen eingefügt sind, In seiner Schilderung des Entwickelungsganges des Askenlagers von Taphrina Ulmi gibt Sadebeck an, dass gelegentlich bei kräftiger ——_ I) Sadebeck, Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus, Hamburg 1884 (Jahrb. d. wiss. Anst. zu Hamburg 1883, p. 103). Flora 1895, Ergänz.-Bd. 81. Bd. 20 298 Entwickelung des Parasiten in einzelnen Abschnitten der Hyphen alle Zellen, oder doch fast alle Zellen, Asken erzeugen können, s0 dass in solehen Fällen neben den Stielzellen der Asken keine vegetativen Hyphenzellen mehr zu finden sind. Dieser Fall bildet in dem Asken- = lager der Taphrina alpina Johans. 7 die Regel. Die Stielzellen der Asken sind aber auch hier noch leicht als Gliederzellen der Hyphen Fig. 12. Hyphen von Taphrina Celtis mit jungen Asken. A von oben, B in der Seitenansicht (600/1). zu erkennen, an deren Oberseite ein Askus entspringt; sie sind ziem- lich schmal, aber oft ausserordentlich lang gestreckt in der Richtung parallel zur Oberfläche des Blattes. Bei Taphrina alpina sehen wir also einen Fortschritt in der Differenzierung des Vegetationskörpers in der Weise hervortreten, dass an einem bestimmten Theil des Mycels, demjenigen nämlich, welcher unter der Cutieula der Blatt- unterseite ausgebreitet ist, alle Hyphenzellen Sporenschläuche tragen, während die übrigen Myeelzellen keine Asken erzeugen. Eigenthüm- lich ist der Umstand, dass auch die Hyphenäste, welche unter der Cuticula der Blattoberseite in reichlicher Verzweigung sich ausbreiten, nicht zur Ausbildung von Fortpflanzungsorganen gelangen, wie Johan- sont), der diese Art untersuchte, ausdrücklich bemerkt. Seine An- gabe lautet in der Uebersetzung folgendermaassen : „Das sterile Mycel verläuft über den radialen Wänden der Epi- dermiszellen. Sporenschläuche bilden sich nur an der gewöhnlich coneaven Blattunterseite.... Das stark verzweigte Mycel ist auch an der Blattoberseite ausgebreitet. Ich habe aber dort nie irgend- weiche ausgebildete Sporenschläuche angetroffen, sondern es scheint völlig steril zu sein.“ 1) Johanson, Studier öfver svampslägtet Taphrina. Bihang till E. Svenska Vet.-Akad. Handlingar XIII Afd III No. 4. 299 Die Taphrina nana, welche gleichfalls von Johanson untersucht wurde, steht der eben genannten Art sehr nahe. Sie kommt gleich- falls auf Betula nana vor und besitzt wie Taphrina alpina ein perennirendes Mycel, welches indess intercellular auch in den tieferen Gewebeschichten der Organe ausgebreitet ist. Der fertile Mycelab- schnitt findet sich bei dieser Art auf beiden Blattseiten sogar vor- wiegend häufig auf der Blattoberseite vor. Die Stielzellen sind hier nieht so breit als bei Taphrina alpina, sie übertreffen die Breite der Askenbasis selten um mehr als das Doppelte. Wo die Schläuche dichter gedrängt entwickelt sind, bleiben die Stielzellen verhältnissmässig hoch und schmal, so dass sie bisweilen kaum breiter sind als die Asken. Der Gruppe von Formen, bei denen die Stielzellen durch ihre relativ grosse Breite noch ihre Natur als Hyphenzellen erkennen lassen, schliessen sich noch zwei weitere Arten an: Taphrina Betulae Johans. und Taphrina epiphylla Sadeb. Bei der erstgenannten Art, besonders bei der von Sadebeck als var. autumnalis bezeichneten Form (Fig. 33 8. 336), ist das Verhältniss sehr deutlich ; dort ist die Stiel- zelle ihrer Form und Lage nach in der That eine Zelle der verzweig- ten Hyphe, an deren Oberseite ein Askus hervorsprosst. Weniger leicht ist die Thatsache bei Taphrina epiphylla (Fig. 39 S. 340) erkennbar. Wenn bei dieser Art die Asken dicht gedrängt nebeneinander stehen, so sind auch die Stielzellen kaum breiter als der Askus, und häufig sieht man noch, dass dieselben am untern Ende stumpf zugespitzt und ein wenig zwischen die Epidermiszellen der Nährpflanze hineingedrängt sind. Gewöhnlich aber findet man die Asken am Rande der Infec- tionsstellen lockerer gestellt und dort sind dann auch die Stielzellen breiter und flach ausgebreitet. Gelegentlich sieht man sogar, dass zwischen den Stielzellen, welche Asken tragen, noch unveränderte Hyphenzellen gelegen sind, so dass ein ganz ähnliches Verhalten der Hyphen hier ausnahmsweise constatirt werden kann, wie es bei Ta- Phrina Ulmi und Taphrina Celtis die Regel bildet. Die Fälle bei Taphrina nana Johans. und Taphrina epiphylia Sadeb., in denen im dichtgedrängten Askenlager die Stielzelle nur wenig breiter ist als der Askus, leiten uns schrittweise hinüber zu den Stiel- formen bei Taphrina Sadebeckii, Taphrina betulina und Taphrina Ostryae. Bei Taphrina betulina (Fig. 13) erscheint häufig die Stielzelle wie in der Figur direct als untere Fortsetzung des walzenförmigen Askus, bisweilen aber ist auch die Stielzelle breiter und flach. Die Stiel- zellen der Asken von Taphrina Ostryae (Fig. 44 8. 343) sind meist nach unten hin stumpf zugespitzt und zwischen die Epidermiszellen eingedrängt. 20* 300 Die Zuschärfung der Stielzellen nach unten hin ist wohl dasjenige Moment, welches am meisten geeignet ist, die bei einer Hyphenzelle zu erwartenden Formverhältnisse zu verwischen, Sie beruht auf einem Wachsthum der Zelle senkrecht En zu ihrer Längsrichtung und zu 992 . „ . u En ihrer ursprünglichen Flächen- 55 r . . ER ausbreitung. Fälle, wie die N hi füh bei d 2%, 0 vorhin angeführten, bei denen 90. a Sc & 7 neben flachen Stielzellen auch zugespitzte anzutreffen sind, beweisen uns, dass auch die zugespitzten Stielzellen ihrer morphologischen Natur nach für nichts anderes gehalten werden dürfen, als für Hyphen- zellen, aus denen sich ein As- kus entwickelt. Bei Taphrina turgida und Taphrina Tosqui- netii tritt, wenn ich so sagen darf, die Tendenz der Stielzelle, ein Wachsthum senkrecht zur Flächenausbreitung des Mycels zu bethä- tigen, besonders hervor. Bei der ersteren erreicht, wie Figur 14 zeigt, die Höhe der Stielzellen nicht selten die doppelte, bei der letzteren (Fig. 42 S. 342) L0 gar die dreifache Dimension der Breite. Die Stielzellen sind nach unten kegelförmig NE verjüngt und dringen in das ET, Fig. 13. Taphrina betulina (600/1.) Gewebe der Nährpflanze ein. () Bei Taphrina turgida sind, u N wie Sadebeck angibt, bis- \ N weilen am untern Ende der T N f Stielzelle mehrere zahnwur- zelartige Fortsätze ausge- bildet, welche die Zelle und Fig. 14. Taphrina turgida (nach Sadebeck 600/1). den von ihr getragenen As- kus an der Wirthspflanze befestigen. Die biologische Bedeutung der rhi- zoidartigen Ausbildung der Stielzelle ist im Allgemeinen leicht zu er- kennen, Die vegetativen Zellen der hier besprochenen Formen gehen bald zu Grunde, so dass die Fortpflanzungsorgane allein in gedräng- 801° terem oder lockerem Lager auf der Wirthspflanze zu finden sind. Zur Ernährung der Asken ist offenbar ein reger Stoffaustausch zwischen Wirth und Parasiten erforderlich. Es muss also für die Entwickelung des Askus von Vortheil sein, wenn seine Stielzelle mit möglichst grosser Oberfläche mit den Zellen der Wirthspflanze in Berührung steht. Auch die sichere Befestigung des reifenden Askus an das Substrat dürfte wohl in manchen Fällen als eine vortheilhafte Func- tion der rhizoidartigen Stielzellen zu betrachten sein. VL Zu den Arten mit stiellosen Asken bildet, wie wir gesehen haben, Taphrina aurea einen Uebergang, indem bei dieser Art neben ge- stielten Asken auch ungestielte vorkommen können. Die Ausdrücke stiellos und ungestielt sind im Grunde genommen nicht der Thatsache entsprechend. Die Hyphenzelle, aus welcher ein Askus hervorgehen soll, kann nicht gänzlich fehlen, sie muss früher da sein als der Askus und die Entwickelungsgeschichte zeigt uns ja auch Stadien, in denen noch keine Asken, wohl aber die Hyphenzellen, aus denen die Asken hervorgehen werden, vorhanden sind. Viel eher schon könnte man das Verhältniss bei den hier zu betrachtenden Arten so auffassen, dass der Askus fehlt, dass also die Ausbildung der Sporen direct in der Stiellzelle vor sich geht. Indess auch diese Auffassung ent- spräche der Wirklichkeit nicht. Wir haben schon bei der Untersuchung zur Einordnung der Arten nach den Typen der Askenform die Wahr- nehmung gemacht, dass bei den hierher gehörenden Arten in den oberen Theil des Askus die Formelemente vorhanden sind, durch welche sich die nächstverwandten Arten mit gestielten Asken aus- zeichnen, dass aber der untere Theil der Sporenschläuche oft eine be- sondere Ausbildung zeigt, welche darauf schliessen lässt, dass auch die Stielzelle an dem Aufbau des ganzen Schlauches mit betheiligt ist, Morphologisch verstanden sind also auch hier Stielzelle und As- kus vorhanden, was fehlt, ist nur die trennende Cellulosewand zwischen den beiden Zellen. Dass auch im physiologischen Sinne beide Zellen noch vorhanden sind, ist nicht so leicht darzuthun, indess scheint es mir möglich, dass die Entdeckung eigenthümlicher physiologischer Vor- gänge im lebenden Inhalt der Stielzelle einer parasitischen Exoascee, welche Dangeard!) im vorigen Jahre veröffentlicht hat, ein Mittel zu dem Nachweis bieten kann. Dangeard sah, dass in den Stiel- » Le Botanik. IV. Serie ler et 2e fescioules p. 30. — Dangeard, La re- production sexuelle des Ascomycetes. 802 zellen von Exoascus deformans, bevor die Askenbildung beginnt, zwei Zellkerne vorhanden sind und dass zur Anbahnung weiterer Entwicke- lung diese Zellkerne zu einem einzigen verschmelzen. Dangeard fasst diese Kernverschmelzung als einen Sexualakt auf; ich möchte den Vorgang, den der genannte Autor noch bei vielen andern Pilzen beobachtet hat, eher mit der Kernverschmelzung vergleichen, welche im Embryosack der Angiospermen zur Bildung des secundären Embryosackkernes führt. Dort wie hier bildet die Verschmelzung den Anstoss zu vegetativer Zellvermehrung. Wie dem auch sein mag, wenn durch allgemeines Vorkommen des Vorgangs in den Stiel- zellen der Asken erwiesen wäre, dass der Process eine wesentliche physiologische Function der Stielzelle darstellt, so würde das Auf- treten des gleichen Vorganges in den direct zum Askus auswachsen- den Zellen der Arten mitsogenannten stiellosen Asken das Vorhandensein der Stielzelle, die Ausbildung der Askosporen das Vorhandensein des Askus im physiologischen Sinne bethätigen. Um aber diese Unter- suchung wirklich durchzuführen, fehlte mir vor allen Dingen von den günstigen Entwickelungsstadien das frische Untersuchungsmaterial. Die sehr subtile und mühsame Untersuchung würde ja auch für die allgemeine Frage, welche uns hier beschäftigt, nur von untergeordneter Bedeutung sein. Ich beschränke mich desshalb vorerst auf den ge- gebenen Nachweis, dass morphologisch betrachtet sowohl die Stielzelle als der Askus an dem Aufbau der Sporenschläuche bei den Arten mit sogenannten stiellosen Asken theilnehmen und dass wesentlich nur die fehlende Querwand die Formen dieser Gruppe von denen der vorher besprochenen Gruppe unterscheidet. Entsprechend dieser Sachlage finden wir auch alle die Formver- hältnisse, welche wir an der Stielzelle der Sporenschläuche in der ersten Gruppe kennen gelernt haben, hier im untern Abschnitt des Askus wieder. Bei einigen Arten, wie z. B. Taphrina Carpini (Fig. 15), ist der Basaltheil der Sporenschläuche viel breiter als dermehr oder minder scharf abgesetzte obere Abschnitt, wir haben also hier einen ana- logen Fall wie bei Taphrina nana Johans. oder Taphrina epiphylla, bei denen die Stielzelle breiter ist als der Askus, wodurch, wie wir sahen, ihre Natur als Hyphenzelle noch angedeutet ist. Auch bei Taphrina carnea (Fig. 16) sind die Sporenschläuche am basalen Ende bisweilen stark verbreitet, häufiger sind sie eylindrisch und auf der ganzen Länge gleich breit, ein Fall, der unter den Formen mit ge- 808 stielten Asken bei Taphrina betulinasein Analogonhat. An Taphrinacarnea schliessen sich Taphrina bacteriosperma (Fig. 36 8.338) und Taphrina flava Fig. 15. Taphrina Carpini Fig. 16. Taphrina,carnea (600/1). (nach Sadebeck) (600/1). Farlow (Fig. 37 8. 338) hinsichtlich der Form des Stieltheils der Sporen- schläuche sehr nahe an. Bei der ersteren Art ist bisweilen ebenfalls der Stieltheil des Sporenschlauches breiter als das obere Ende, in der Regel ist indess hier wie bei Taphrina flava das obere und das untere Ende der Sporenschläuche gleich breit. Die Sporenschläuche von Taphrina Alni incanae (Fig. 43 8. 343) sind oft nach unten hin ein wenig verschmälert und biszu einem DrittelihrerGesammtlänge zwischen die Epidermiszellen einge- senkt, so dass ein ähnliches Verhalten vorliegt, wie bei den mit Stielzelle versehenen Asken von Taphrina Tos- Fig. 17. Taphrina eoerulescens (600/1)- quinetii und Taphrina Robinsoniana (Fig. 42 1.418. 342). Ihren höchsten Grad erreicht die Zuschärfung und Verlängerung des Basaltheiles bei den in Figur 17 dargestellten Schläuchen von Taphrina coerulescens Tul., sowie bei Taphrina Johan- sonü (Fig. 48 8. 347) und Taphrina rhizophora Johans. (Fig. 40 8. 348), von denen besonders die erstgenannte Art in Bezug auf die Form des Basaltheiles der Sporenschläuche an die Ausbildung der Stielzellen bei Taphrina turgida Sadeb. erinnert. 804 So sehen wir Zug um Zug bei den Formen mit stiellosen Asken im Stieltheil der Schläuche dieselben Formverhältnisse auftreten, welche sich bei den Stielzellen anderer nahe verwandter Arten vorfinden. VI. Wir können nunmehr, wenn wir zunächst von dem Vorhanden- sein oder Fehlen der Querwand zwischen Askus und Stielzelle ab- sehen, in dem Entwickelungsgang der den Askus tragenden Hyphenzelle bei den Arten des Betulae-Typus drei Phasen unterscheiden, welche durch sanft abgestufte Uebergänge verbunden sind, Erste Phase: die den Askus tragende Hyphenzelle ist als solche äusserlich vom Askus deutlich abgegrenzt. Ihr Wachsthum entwickelt sich hauptsächlich in der Richtung, in welcher die Hyphe, der sie angehört, ausgebreitet ist, also senkrecht zur Längsrichtung des als Seitenzweig an ihr entstehenden Askus. Ihr Durchmesser in dieser Richtung ist daher grösser als die Breite des Askus. Zweite Phase: das Wachsthum der den Askus tragenden Hyphen- zelle ist im Verhältniss zur Grösse des Askus gering. Der Askus nimmt mit seiner Breite ihre ganze Fläche ein, so dass die Hyphen- zelle äusserlich gar nicht oder nur unwesentlich von dem Askus ab- gegrenzt ist. Dritte Phase: die den Askus tragende Hyphenzelle entwickelt sich hauptsächlich senkrecht zu der Fläche, in welcher die Hyphe, der sie angehört, ausgebreitet ist, also in der Längsrichtung des Askus, und dringt wie ein haustorienartiger Anhang des Askus in das Gewebe der Wirthspflanze ein. Jede der Phasen wird durch eine Anzahl von jetzt lebenden Arten repräsentirt. In jeder der so gebildeten Gruppen sehen wir neben Formen mit gestielten Asken solche, bei denen die Querwand zwischen Stielzelle und Askus nicht mehr ausgebildet wird. Wir sehen also in dem Fortschreiten von den querbreiten Stielzellen zu den rhizoidartig verlängerten einerseits und in dem Uebergang von gestielten Asken durch Unterdrückung der Querwand zu stiellosen andererseits zwei Entwickelungstendenzen zum Ausdruck kommen, welche unabhängig voneinander nebeneinander hergehen. Als Formen, welche der Urform am nächsten stehen, müssen wir diejenigen Arten betrachten, bei denen, wie bei Taphrina Celtis, noch keine der beiden Tendenzen sich geltend macht; am weitesten entfernt von der Urform stehen diejenigen Arten, deren stiellose Schläuche am untern Ende in eine rhizoidartige Verlängerung auslaufen, wie das = 805 bei Taphrina Alni incanae Magn., Taphrina rhizophora Johans, und Taphrina Johansoni Sadeb. der Fall ist. Diese letztgenannten Arten erweisen sich auch in sofern als jüngste Bildungen, als sie hinsicht- lich der Auswahl des Substrates wählerischer sind als alle übrigen Arten des Typus; sie sind in ihrem Vorkommen auf die Carpellblätter der von ihnen bewohnten Bäume beschränkt. Der Umstand, dass wir in den verschiedenen Gruppen neben gestielten Asken stiellose antreffen, beweist uns, dass der entwiekelungs- geschichtliche Vorgang, welcher zur Unterdrückung der Querwand führte, nicht nur ein einziges Mal sich vollzogen hat, sondern in ver- schiedenen Nachkommenreihen der Urform unabhängig aufgetreten ist. Wir dürfen also in dem Vorhandensein oder Fehlen der Querwand nieht ein Merkmal näherer oder entfernterer Verwandtschaft erblicken. Auch die drei Gruppen, in welche sich bei Berücksichtigung der morphologischen Phasen die Arten ordnen, dürfen nicht etwa als besondere Verwandischaftsgruppen innerhalb des Typus angesehen werden. Der Entwiekelungsfortschritt von querbreiten Stielzellen zu Thizoidartigen kann sich ja auch bei nahe verwandten Nachkommen- reihen ungleichzeitig, bei ferner stehenden gleichzeitig vollzogen haben. Das positive Ergebniss unserer Untersuchung darf vorerst nur in der Constatirung der Thatsache gefunden werden, dass alle jetzt lebenden Arten ihrer Form nach durch Uebergänge verbunden sind mit den dem Urtypus am nächsten stehenden Formen, bei denen der Askus als seitlicher Ast an einer Hyphenzelle entspringt. Durch die Vebergangsformen ist dabei der Weg bezeichnet, auf welchem die von dem Urtypus am weitesten entfernten Arten im Laufe der phylo- genetischen Entwickelung ihre gegenwärtige Ausgestaltung erlangt haben. Wir können daher das Resultat auch in folgender Weise ausdrücken: die Arten, deren Sporenschläuche, wie bei Taphrina Alni incana Magn., Taphrina rhizophora Johans. u. a. m., ungestielt und unten rhizoidartig verlängert sind, entfernen sigh in ihrer morpho- logischen Ausbildung am weitesten von dem Urtypus, von dem wir alle parasitischen Exoasceen ableiten müssen. Mit der Sicherheit, die überhaupt bei inductiven Schlüssen möglich ist, können wir be- haupten, dass die Sporenschläuche dieser Arten in früherer Ent- wickelungsepoche durch eine Querwand in Askus und Stielzelle ge- trennt waren, dass die Stielzelle ehemals als ein Glied der subeuticular verbreiteten Hyphe ihre Hauptlängenentwickelung senkrecht zur gegen- wärtigen in der Fläche der Hyphenausbreitung besass, und dass der Askus als Seitenast aus der Hyphenzelle hervorsprosste, 306 vo. Ausgehend von dem Gedanken, dass in der Gestaltung der von äusseren Einwirkungen am wenigsten beeinflussten Fortpflanzungsorgane die Anzeichen gemeinsamer Abstammung am ehesten und am längsten erhalten geblieben sein müssen, haben wir bei unseren Erörterungen bisher nur die Morphologie der Asken und der sie tragenden Zelle ins Auge gefasst. Es wird nicht überflüssig sein, nunmehr auch die vegetativen Organe mit in den Bereich der Untersuchung zu ziehen, um zu zeigen, welche Verschiedenheit in der Ausgestaltung dieser Theile und in ihrer Beziehung zu den Fortpflanzungsorganen im Laufe der phylogenetischen Entwickelung bei den Arten der be- sprochenen Pilzgruppe sich herausgebildet haben und um zu unter- suchen, ob die verschiedenen Ausbildungsweisen etwa auch als die aufeinander folgenden Phasen einer einheitlichen Entwickelungsreike angesehen werden können. Wenn wir zunächst nur die vorliegenden Thatsachen constatiren, so ergibt sich, dass bei den Arten des Be- tulae-Stammes drei verschiedene Ausbildungsweisen des Mycels zu be- obachten sind. Einen einfachsten Fall stellte auch in dieser Bezieh- ung Taphrina Celtis und Taphrina Ulmi dar. Das vegetative Mycel besteht aus verästelten Fäden, welche sich unter der Cuticula des Blattes ausbreiten. Die Ausbildung der Fortpflanzungsorgane beginnt damit, dass einzelne Zellen der Hyphen, besonders die End- zellen der Aeste, aber auch zahlreiche im Verbande nebeneinander liegende Zellen der Fäden anschwellen und einen körnerreichen Plasmainhalt gewinnen. Die in solcher Weise vor den unverändert bleibenden Zellen des Mycels ausgezeichneten Zellen geben später den Sporenschläuchen den Ursprung; wir können sie also als askogene Zellen bezeichnen, Die askogenen Zellen sind hier über das ganze Mycel vertheilt, meist liegen mehrere zu Gruppen vereinigt, gelegent- lich sind steril bleibende Fadenstücke zwischen ihnen eingeschaltet. Es liegt also ein ähnlicher Fall vor wie etwa bei gewissen Hypo- chnus-Arten, bei denen direct an beliebigen Zellen des Mycels die Ba- sidien einzeln hervorsprossen. Das gleiche Verhältniss ist auch bei Taphrina aurea vorhanden (vgl. Fig. 18), dessen Entwickelungsgeschichte Sadebeck beschrieben!) und dureh Figuren erläutert hat. Taphrina Sadebeckii repräsentirt einen anderen Typus. Auch hier breitet sich das Mycel zunächst unter der Cutieula des Blattes in verästelten Fäden aus. Durch stärkeres Wachsthum und Anhäufung körnigen 1) Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen Taf. III Fig. 9. 807 Protoplasmas treten bald die Endzellen kurzer Aeste und einzelne Zellen der Fäden auffällig hervor. Diese Zellen werden aber nicht wie bei Taphrina Ulmi direct zu askogenen Zellen, sondern sie theilen Fig. 18. Ausbreitung des Mycels von Taphrina aurea im Pappelblatt. A von oben, B im Querschnitt (600/1). sich nach weiterem Wachsthum in eine Gruppe dichtgedrängt liegender Zellen, deren jede einen Askus erzeugt. Die durch die Differenzirung aus dem Hyphenverbande ausgegliederten fertilen Zellen stellen also Mutterzellen dar, welche sich ohne sterilen Rest in eine Gruppe von askogenen Zellen auftheilen. Aus jeder Mutterzelle geht ge- wissermaassen ein kleines Partialıymenium hervor. Gleiches Ver- halten zeigen eine ganze Anzahl von denjenigen Arten, deren ein- Jähriges Mycel sich unter der Cutieula der Wirthspflanze ausbreitet. Aber auch unter den Formen mit intercellularem Hyphenverlauf haben wir in der schon oben besprochenen Taphrina flava Farlow ein ty- Pisches Beispiel. Von dem im Innern des Blattes vegetirenden Mycel des Pilzes steigen einzelne Aeste zwischen den Epidermiszellen bis unter die Cuticula empor. Ihre Endzelle wird, wie wir sehen, zur Mutterzelle einer kleinen Gruppe von askogenen Zellen. Ausser für Taphrina flava wird nur noch für eine einzige Art des Betulae-Stammes ein intercellularer Mycelverlauf angegeben, nämlich für Taphrina nana. Johanson’s Veröffentlichungen über den Pilz berücksichtigen die Einzelheiten in der Ausbildung der fertilen Hyphen nicht. An troekenem Material konnte ich constatiren, dass von dem intercellular im Blattinnern ausgebreiteten vegetativen Mycel einzelne Aeste zwischen den Epidermiszellen des Birkenblattes bis unter die 308 Cutieula empordringen. Die Endzelle dieser Aeste stellt die Mutter- zelle dar, welche sich subeuticular reichlich verzweigt und in eine grössere Anzahl dichtgedrängt stehender askogener Zellen zertheilt. Die aufsteigenden Myceläste sind auch in Präparaten mit reifen Asken noch erhalten und man kann an günstigen Schnitten mit Sicherheit constatiren, dass sie mit einer Stielzelle direct in Verbindung stehen wie das in Figur 19 bei a dargestellt ist. Wir haben also bei dieser Art genau das gleiche Verhalten wie bei Taphrina flava. Nur sind die kleinen Asken hier durch eine Querwand von der Stielzelle abgetrennt und die . „ askogenen Zellen, welche aus dem Verzweigungssystem einer Mutterzelle entstehen, sind in der Regel viel zahlreicher als bei Taphrina flava. Fig. 19. Taphrina nana. Reife Asken. Eine dritte Ausbildungs- Bei a ein aufsteigender Ast des vegetativen weise des Mycels können wir Mycels (00/1). bei den subeuticular perenni- renden Arten erkennen. Als Beispiel möge Taphrina Tosquinetii dienen, deren Entwickelung von Sadebeck!) studirt und beschrieben worden ist. Das Mycel dieses Pilzes überwintert in den Knospen, in deren Theilen es subeutjieular ausgebreitet ist. Im Frühling beginnt mit dem Wachs- thum der Knospen auch die Weiterentwiekelung des Parasiten. Das Pilzmycel breitet sich in den Achsentheilen des Wirthes aus und sendet Seitenäste in die sich entwickelnden Blätter hinein. An den in den Sprossachsen und in den Blattstielen verlaufenden Mycelfäden ist eine Ausbildung askogener Zellen nicht zu beobachten. Der Theil des Mycels aber, welcher sich in mannigfachen Verästelungen netz- artig in der Blattspreite ausbreitet, löst sich frühzeitig von rückwärts her anfangend in askogene Zellen auf oder in Mutterzellen, welche nach weiterem Wachsthum sich in askogene Zellen zertheilen. Es ist also eine scharfe Differenzirung des Mycels in einem sterilen und in einem fertilen Abschnitt ausgesprochen; nicht an jedem beliebigen Mycelast können askogene Zellen oder Mutterzellen solcher hervorgehen, sondern die Bildung der Fortpflanzungsorgane ist ausschliesslich auf die in den Blättern verlaufenden Myceltheile beschränkt, und in ihnen ist jede Zelle in gleicher Weise zur Erzeugung der askogenen Zellen befähigt. 1) Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen p. 16f. un 309 Ein principieller Unterschied ist zwischen der hier geschilderten Ausbildungsweise des Mycels und den früher besprochenen nicht vor- handen. Auch bei Taphrina Sadebeckii ist ja die Ausbildung der askogenen Zellen auf einzelne Zellen oder Zellgruppen des Gesammt- mycels beschränkt, nur liegen diese fertilen Theile im ganzen Mycel unregelmässig mit sterilen Elementen untermischt, während bei Ta- phrina Tosquinetii die Lagerung der sterilen und fertilen Myceltheile in einem bestimmten Verhältniss zum Bau der Wirthspflanze steht und durch die Anordnung ihrer Theile in besonderer Weise geregelt wird. Der durch die Verwandtschaft der Arten geforderten Annahme, dass auch die verschiedenen Weisen der Mycelbildung im Gange der phylo- genetischen Entwiekelung auseinander oder doch aus gemeinsamen Ursprung hervorgegangen sind, steht also nichts im Wege. Schwierig ist es die Frage zu entscheiden, welche der geschilderten Bildungsweisen des Mycels den primitiveren Typus darstellt. Wir sehen, dass die Mycelbildung offenbar in Beziehung steht zu den Ein- richtungen, welche zur Erhaltung der Arten während der Ruhezeit zwischen zwei Vegetationsperioden dienen. Wenn wir als Ausgangs- punkt Formen ansehen, deren durch Sporenkeimung entstandenes Mycel in der Pflanze sich subeuticular oder intercellular verbreitete und an einzelnen beliebigen oder durch ihre Lage zur Oberfläche der Wirthspflanze definirte Zellen Sporenschläuche erzeugt, deren reife Sporen während der vegetationslosen Zeit eine Ruhepause durch- machten, so hat sich eine Weiterentwickelung der Mycelbildung offenbar nach zwei verschiedenen Richtungen hin bemerkbar gemacht. Einer- seits sind Formen entstanden, deren vegetatives Mycel wie bei Taphrina Tosquinetii und Taphrina nana auf die Achsenorgane der Wirthspflanze übergehend direet zu überwintern vermochte, und andererseits ist eine äusserste Reduetion der Mycelbildung eingetreten, wie bei Taphrina aurea und andern, deren Ueberwinterung in einer sehr eigenthümlichen Weise dadurch bewirkt wird, dass aus den reifen Askosporen frühzeitig eine Sprosshefe hervorgeht, welche oberflächlich in den Achselknospen der Wirthspflanze, in Sekreten oder Saftflüssen oder auch in der Bodenfeuchtigkeit vegetirt und auch durch längere Trockenheit und durch die Winterkälte nicht abgetödtet wird. IX. Die Untersuchung der zahlreichen Arten des Betulae-Stammes hat uns gezeigt, dass die Ausbildung morphologischer Unterschiede an den Fortpflanzungsorganen bei allen Arten im Laufe der phylogene- 310 tischen Entwickelung in einheitlicher Richtung vor sich gegangen ist, dass in den von den jetztlebenden Arten dargebotenen Formverhältnissen nur verschiedene Phasen desselben Entwiekelungsganges vorliegen. Der Betulae-Stamm umfasst, wie wir gesehen haben, verschiedene Art- reihen, welche, frühzeitig voneinander getrennt, eine selbständige Entwickelung eingeschlagen haben. Sehr auffällig muss nun die That- sache erscheinen, dass trotzdem in den verschiedenen Artreihen die- selben Entwickelungsfortschritte sich nachweisen lassen. Wir finden Arten mit querbreiter Stielzelle neben solchen mit langgestreckter Stielzelle sowohl bei den auf Betula wohnenden Arten, als bei denen auf Alnus; gestielte Asken kommen neben ungestielten in mehreren Artreihen vor. Wir können daher den Schluss nicht von der Hand weisen, dass der Fortschritt von einer Phase morphologischer Aus- bildung zur nächst höheren ebenso wie der Fortschritt von gestielten zu stiellosen Asken in den verschiedenen Nachkommenreihen mehrmals und unabhängig voneinander sich vollzogen hat. Bestätigung gewinnt dieser Schluss, wenn wir nunmehr auch die morphologischen Verhält- nisse der drei übrigen Stämme uns vergegenwärtigen; auch dort treten verschiedene Phasen der einheitlichen Entwiekelungsreihe nebeneinan- der auf. Von den vier Arten, welche bis jetzt als Vertreter des Filieina- Stammes bekannt geworden sind, besitzen zwei, nämlich Taphrina Cornu cervi (Fig. 24 S. 330) und Taphrina Laurencia (Fig. 26 8. 332) gestielte Asken. Die Stielzellen sind bei der ersteren Art nicht oder wenig breiter als der Askus, ohne indess ein irgendwie beträchliches, Höhenwachsthum zu bethätigen. Bei Taphrina Laureneia verlängern sich die Stielzellen, so dass sie an den ausgewachsenen Asken ge- wöhnlich mehrmals höher als breit sind. Von den beiden Arten, deren Sporenschläuche ohne Stielzelle sind, ist Taphrina filieina durch eine Arbeit Johanson’s bekannt geworden. Das Untersuchungs- material des Autors stammt aus Dalecarlien; ein weiterer Standort des Pilzes war bisher nicht bekannt. Im Jahre 1892 hat Dr. Baldacei in Albanien ein Aspidium spinulosum gesammelt, welches, wie ich an dem im Münchener Kryptogamenherbar vorhandenen Exemplar con- statiren konnte, gleichfalls von Taphrina filicina befallen ist. Der Pilz erzeugt an den Blättern des Farns dicke Gallen (Fig. 20 A 8. 311), welche hauptsächlich, wie der Querschnitt in Figur 20B 8. 311 zeigt, aus einer Wucherung der Epidermiszellen hervorgehen, und welche an ihrer Oberseite mit einem dichten Lager von askogenen Zellen bedeckt sind. Es schien mir wichtig, diese Dinge hier zu erwähnen, 311 weil nach der Darstellung Johanson’s und Sade beck’s der Leser leicht die Vorstellung gewinnen könnte, als ob der Pilz nur blasige Auftreibungen der Blätter verursachte, wie sie etwa bei den von Taphrina carnea be- wohnten Birkenblät- tern zustande kom- men. Auch bei Taphri- na lutescens (Fig. 27 8. 332), welches von Sadebeck in die Gattung Magnusiella gestellt wurde, ist N) IM Fig. 20. A Fiederchen von Aspidium spinulosum mit einer durch Taphrina filieina erzeugten Galle. B Querschnitt durch eine Galle (schwach vergrössert), gleichfalls die Stielzelle nicht durch eine Querwand von dem Askus abge- trennt. Hinsichtlich der Ausbildung der Fortpflanzungsorgane unterschei- det sich dieser Pilz von den übrigen hauptsächlich dadurch, dass die Endzellen einzelner zwischen den Epidermiszellen aufsteigender Mycel- äste direct zu askogenen Zellen und in der Folge zu Sporenschläuchen werden. Wir haben schon früher gesehen, dass ein solches Verhalten durch Verarmung der Partialhymenien zu erklären und durch Ueber- Sangsformen, wie sie von Taphrina flava dargeboten werden, mit dem Verhalten der Arten verbunden ist, deren aufsteigende Myceläste unter der Cuticula zu reichverzweigten fertilen Hyphen werden. 312 Der Pruni-Stamm ist bedeutend artenreicher als der soeben be- sprochene Filicina-Stamm; er umfasst 16 Arten. Indessen ist die Mannigfaltigkeit der Formbildung in diesem Kreise nicht so gross wie bei den vier Arten des Filicina-Stammes. Wir können zunächst auch hier nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Querwand zwischen Stielzelle und Askus zwei Gruppen unterscheiden. Während aber in den beiden bisher besprochenen Stämmen die Zahl der Arten mit gestielten Schläuchen annähernd gleich war, sind unter den Arten des Pruni-Stammes nur bei einer einzigen, nämlich Taphrina Potentillae Farlow, die Sporenschläuche als stiellos zu bezeichnen, bei allen übrigen ist die Scheidewand am reifen Askus immer vorhanden. Freilich lassen sich Erscheinungen wahrnehmen, welche darauf schliessen lassen, dass auch hier bei einzelnen Arten die Scheidewand zwischen Stiel und Askus keine wichtige Rolle mehr spielt, dass sie gewisser- maassen nur als ein Ueberbleibsel, als eine „Reminiscenz* einer früher mehr hervortretenden morphologischen Gliederung zur Aus- bildung kommt. So tritt z. B. bei Taphrina deformans Tul. die Scheidewand erst auf, wenn schon die Anlage der Askosporen im obern Theil des Schlauches beendet ist. Bei Taphrina longipes tritt nach Atkinson’s ausdrücklicher Angabe die Wand häufig gar nicht an der Stelle auf, an welcher der Askus aus der askogenen Zelle hervorgesprosst ist, sondern unterhalb derselben, in dem durch das secundäre verticale Längenwachsthum der Stielzelle entstandenen Schlauch. Zeitliche und räumliche Verschiebung der Anlage sind ja auch sonst im Pflanzenreiche ein Merkmal funetionslos_ gewor- dener und desshalb in der Rückbildung begriffener Organe. Immerhin bleibt trotz dieser Anzeichen der morphologische Unter- schied zwischen der Taphrina Potentillae und den übrigen Arten des Stammes so bedeutend, dass wir hier wohl nicht ohne Weiteres die Ableitung der differenten Formverhältnisse von gemeinsamem Ausgang wagen würden, wenn wir nicht im Betulae- und Filieina-Stamm eine die Lücke ausfüllende Reihe von Entwickelungsphasen kennen gelernt hätten. Taphrina Potentillae geht wie Taphrina lutescens noch einen Schritt über das von Taphrina flava vertretene Entwicke- lungsstadium hinaus, indem die Zelle des aufsteigenden Mycelastes nicht zur Mutterzelle mehrerer askogener Zellen, sondern direct zur askogenen Zelle und in der Folge zum Sporenschlauch wird. Die Form der Stielzelle ist in dem Pruni-Stamme weniger wechselvoll als bei den Arten des Betulae-Stammes. Wir finden keine Arten, bei denen die Stielzelle, wie bei Taphrina Ulmi, durch ihre Querbreite noch 313 als Glied einer fadenförmigen Hyphe erkennbar ist. Wir können also annehmen, dass sich der Fortschritt von der querbreiten Hyphenzelle, welche den Askus als Seitenzweig trägt, zu der gleichbreiten Stielzelle schon an der Urform des Pruni-Stammes vollzogen hatte — oder aber, dass die Fortentwickelung in Bezug auf die Ausbildung der Stielzelle in allen Nachkommenreihen der Urform in der Gegenwart schon über das erste Stadium hinaus fortgeschritten ist. Die zweite Phase in der Entwickelung der Stielzelle wird von den meisten Arten des Stammes repräsentirt. Taphrina bullata Sadeb, (Fig. 51 8. 349), Taphrina Orataegi Sadeb. (Fig. 50 8. 349), Taphrina deformans Tul. (Fig. 52 8. 350), Taphrina minor Sadeb, (Fig. 53 $. 350) und Taphrina Insititiae Johans. (Fig. 54 8.351) zeigen niedere Stielzellen, welche die Breite des Askus nicht oder doch nur unwesentlich über- treffen. Bei Taphrina Cerasi Sadeb. (Fig. 56 8. 352), Taphrina Pruni Tul. (Fig. 57 8. 352) und Taphrina Farlowii Sadeb. (Fig. 59 8. 353) macht sich schon ein Wachsthum der Stielzelle in der Längsrichtung des Askus geltend, also ein Uebergang zu der dritten Phase der Stielzell- bildung, welche bei Taphrina communis (Fig. 62 8. 355) und Taphrina Rostrupiana (Fig. 61 8. 355) und in ganz besonderer Deutlicheit bei Ta- Phrina longipes (Fig. 63 8. 356) und Taphrina rhizipes (Fig. 64 $. 356) zu beobachten ist. Bei den letztgenannten Arten ist die Stielzelle mehrmals länger als breit und am untern Ende verschmälert. Eine Uebereinstimmung mit den in gleicher Phase stehenden Arten des Be- tulae-Stammes ergibt sich auch insofern, als diese Arten und die in der Entwickelung der Stielzellen sich ihnen nähernden Taphrina Pruni und Taphrina Farlowii die Carpellblätter ihrer Wirthspflanzen bewohnen. Hinsichtlich der Ausbildung des Mycels bei den Arten des Pruni- Stammes ist zu bemerken, dass mit Ausnahme von Taphrina bullata, Taphrina Crataegi und Taphrina minor alle Arten ein intercellular ausgebreitetes Mycel besitzen. Bei Taphrina bullata werden in ähn- licher Weise, wie es früher für Taphrina Sadebeckii angegeben worden ist, bestimmte Zellen des subeuticular verbreiteten einjährigen Mycels zu Mutterzellen askogener Zellen. Taphrina Crataegi und Taphrina minor besitzen ein perennirendes Mycel, welches in den Knospen überwintert und ganz ähnlich wie bei Taphrina Tosquinetii fertile Aeste in die jungen Blätter der Wirthspflanze aussendet, deren unter der Cuticula ausgebreiteter Theil sich ganz ohne sterile Reste in asko- gene Zellen auflöst. Wie die letztgenannte Art, so besitzen auch alle übrigen Arten mit Ausnahme von Taphrina Potentillae ein pe- rennirendes Mycel, welches indess entsprechend seinem intercellularen Fiora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 21 314 Verlaufe in den innern Gewebepartieen der Achsen überwintert. Auch in den Blättern breitet sich das Mycel zunächst im Innern des Gewebes aus. Von dort aus aber dringen zahlreiche Hyphenäste bis unter die Cuticula vor und bilden, indem sie sich subeutieular in mannigfachen Verästelungen ausbreiten, eine Hymenialschicht aus dicht gedrängten askogenen Zellen, welche nicht von sterilen Hyphenzellen unter- brochen ist. Die Ausbreitungsweise des Mycels und die Anlage der askogenen Zellen bei Taphrina Potentilla ist schon oben geschildert worden. Die Zellen der unter der Epidermis des Blattes hinziehenden Fäden des intercellularen Mycels wachsen fast alle zu Schläuchen aus, die sich zwischen den Epidermiszellen empor drängen. So sehen wir hier durch die Verarmung des aus dem einzelnen aufsteigenden Hyphenastes ent- stehenden Partialhymeniums, welche die Astzelle selber zum Schlauch werden lässt, und durch die damit parallel gehende Vermehrung der Zahl der aufsteigenden Hyphenäste gleiehsam eine Verrückung der Hymenialschicht aus der ursprünglich subeutieularen in die sub- epidermale Lage vor sich gehen. Für den Aesculi-Stamm sind bisher nur wenige Vertreter bekannt geworden. Im ganzen konnte ich vier Arten berücksichtigen, !) von denen zwei, nämlich Taphrina Aeseuli (Fig. 66 8. 358) und Taphrina acericola (Fig. 68 $. 359) gestielte Asken besitzen. Die Morphologie der Stielzelle oder des derselben entsprechenden Basaltheiles der Sporenschläuche zeigt auch hier nur geringe Mannigfaltigkeit. Die beiden genannten Arten besitzen querbreite Stielzellen, auch bei den ungestielten Sporenschläuchen der Taphrina purpurascens (Fig. 67 S. 358) ist der Basaltheil deutlich verbreitert. Taphrina polyspora (Fig. 69 8.359) hat dagegen in der Mehrzahl der Fälle eylindrische Sporenschläuche, weist also die zweite Phase in der Entwickelung des Stieltheils auf. Für die dritte Phase ist kein Beispiel vorhanden. Bezüglich der Mycelbildung sind weite Unterschiede zwischen den einzelnen Arten vorhanden. So besitzt Taphrina purpurascens ein perennirendes intercellulares Mycel, an dessen aufsteigenden Hyphen verzweigte Partialhymenien entstehen, welche zu einer lockeren sub- euticularen Hymenialschicht zusammenschliessen, Taphrina acericola dagegen perennirt nicht. Im Allgemeinen bieten die Formen des Aes- euli-Stammes nichts Aussergewöhnliches dar. So unvermittelt dieselben auch in dem Stamme nebeneinander zu stehen scheinen, so ist €8 1) Ascomyces letifer Peck auf Acer spicatum konnte ich nicht untersuchen. Derselbe dürfte wohl hier anzuschliessen sein, 315 doch leicht über den Gang ihrer phylogenetischen Entwickelung eine Anschauung zu gewinnen, wenn man die analogen Formen in den artenreicheren Stämmen und ihre durch zahlreiche Uebergangsformen illustrirte Entstehungsgeschichte zum Vergleich heranzieht. Es dürfte wohl überflüssig sein, diesen Gedanken im Einzelnen näher auszuführen. X. Sehr lückenhaft sind zur Zeit noch unsere Kenntnisse über die geographische Verbreitung der parasitischen Exoasceen. Weite Ge- biete sind gänzlich unerforscht und auch in den besser durehforschten Gegenden werden noch von Jahr zu Jahr neue Funde gemacht, wie die in den letzten Jahren erschienenen Aufzählungen von Pilzen specieller Gebiete zur Genüge darthun. Unter den zahlreichen Funden, die ich im Laufe des Sommers in den bayerischen und Tyroler Bergen machen konnte, will ich als wichtiger nur hervor- heben das Vorkommen von Taphrina carnea auf Betula pubescens bei Hinterbärenbad im Kaiserthal; der Pilz war bisher nur in Skandinavien und in Schlesien beobachtet worden. Ferner fand ich bei Garmisch im Werdenfelser Land} die Magnusiella Umbelliferarum Sadeb. auf Heracleum Sphondylium, welche bisher gleichfalls nur aus zwei weit- getrennten Gebieten, Dänemark und Italien, bekannt war. Auch der oben erwähnte Nachweis des Vorkommens von Taphrina filieina in Albanien deutet darauf hin, dass das Verbreitungsgebiet selbst solcher Arten, die bisher nur ein einziges Mal gefunden worden sind, sich mit der Zeit als erheblich grösser erweisen wird, als nach dem gegen- wärtigen Stand unserer Kenntnisse angenommen werden darf. Jetzt schon ist aber mit Sicherheit zu sagen, dass das Verbreitungsgebiet der Pilzarten sich nicht immer mit dem Verbreitungsgebiet ihrer Wirthspflanzen deckt. Die älteren Angaben über Standorte von Exoasceen sind meist desshalb von geringem Werth, weil sich nicht immer entscheiden lässt, welche von den gegenwärtig als Arten unter- schiedenen Formen dem betreffenden Beobachter vorgelegen hat. Bei dieser Lage der Sache kann eine geographische Betrachtung der Gruppen nur von allgemeinsten Gesichtspunkten ausgehen. In- dessen lassen sich doch auch so einige Anhaltspunkte gewinnen, welche mir für die Stammesgeschichte der parasitischen Exoasceen nicht ganz bedeutungslos erscheinen. on Von den vier bis jetzt bekannten Arten des Filieina-Stammes ist die eine, nämlich Taphrina lutescens, bisher nur in Skandinavien beobachtet rn ; worden. Taphrina Laureneia ist nur von Ceylon bekannt. „ aphrina 21 316 Cornu cervi scheint in ganz Ostindien vorzukommen und erstreckt sich über den indomalayischen Archipel nach dem nördlichen Australien und bis zu den Samoa-Inseln. Zwischen den weitgetrennten Gebieten, der skandinavischen Halbinseln und Ostindien, liefert die vierte Art, Taphrina filicina, gewissermaassen eine Verbindungsetappe, indem der Pilz, wie schon angedeutet, ausser auf der skandinavischen Halbinsel auch im südlichsten Theil Europas, auf der Balkanhalbinsel, vorkommt. Es scheint mir ziemlich sicher, dass das discontinuirliche Verbreitungs- gebiet des Filieina-Stammes durch neue Funde noch wesentlich an Zu- sammenhang gewinnen wird. Ebenso sicher erscheint es mir, dass der Filieina-Stamm in seiner Ausbreitung nicht auf die östliche Halb- kugel beschränkt ist. Ich fand im hiesigen Kryptogamenherbar auf einer in Brasilien gesammelten Mertensia einen stattlichen Hexen- besen, an welchem sich ein intercellular wachsendes Pilzmycel nach- weisen liess.) Obgleich an dem Exemplar keine Fortpflanzungsorgane aufzufinden waren, glaube ich doch Grund zu haben zu der Ver- muthung, dass hier eine neue Taphrina, und zwar eine Art des Fili- eina-Stammes, vorliegt. Sofern wir überhaupt aus den wenigen über den Filieina-Stamm bekannten Thatsachen einen allgemeinen Schluss ziehen dürfen, können mir wohl sagen, dass das Hauptverbreitungs- gebiet der auf Farnen lebenden Exoasceen in den Tropen und Sub- tropen beider Hemisphären zu suchen sei, der Zone, die auch den artenreichsten Theil des Verbreitungsgebietes der Farne darstellt. Von diesem Gebiet aus sind wenige Arten nach dem mittleren und nördlichen Europa abgezweigt, wo wir heute noch gerade diejenigen Arten vertreten finden, welche sich am weitesten von dem Urtypus entfernen, die Taphrina Filieina, welcher die Querwand zwischen Askus und Stielzelle fehlt, und Taphrina Ilutescens, von welcher das gleiche gilt und welche ausserdem kein subeuticulares Hymenium bildet. Das Verbreitungsgebiet der Arten des Betulae-Stammes weist eine wesentlich andere Lage auf, wir werden, um zunächst die vor- liegenden Thatsachen kennen zu lernen, am besten die Arten in Gruppen gesondert betrachten. Die Erkenntniss, dass die nähere Verwandtschaft der Wirthspflanzen auch den Verwandtschaftsgrad der Parasiten anzeigt, gestattet uns die Arten in vier Gruppen ZU scheiden, nach den vier Familien nämlich, denen die hier in Betracht kommenden Arten der Julifioren angehören. Auf Ulmaceen kommen 1) Eine Beschreibung und Abbildung der interessanten Missbildung werde ich demnächst an anderer Stelle geben. 317 zwei Parasiten vor, Taphrina Ulmi und Taphrina Celtis, die beide hinsichtlich ihrer Morphologie und Entwickelungsgeschichte grosse Uebereinstimmung aufweisen. Ihre Verbreitungsgebiete decken sich aber wie diejenigen ihrer Wirthspflanzen nur theilweise. Während Taphrina Ulmi in ganz Mitteleuropa, von Italien nordwärts bis nach Skandinavien, ziemlich häufig ist, wurde Taphrina Celtis bisher nur in Norditalien und in der Schweiz beobachtet. Die Arten des Stammes, welche auf Betulaceen leben, bilden eine zweite natürliche Gruppe. Dieselbe scheint das Centrum ihrer Verbreitung wie Taphrina Ulmi in Mitteleuropa zu besitzen. Von fünf auf Alnus-Arten lebenden Pilzen sind vier auf Mitteleuropa be- schränkt; nur einer von ihnen, Taphrina Tosquinetii, ist bisher südlich der Alpen nicht gefunden worden, die übrigen sind von Italien bis nach Skandinavien hin ausgebreitet. Taphrina Robinsoniana ist in Nordamerika gefunden worden. Wir können sie als vicariirende Art für Taphrina Alni incanae ansehen; sie verursacht genau die- selben Missbildungen wie die letztgenannte Art an der gleichen Wirths- pflanze. Die Grösse und der äussere Umriss der Fortpflanzungsorgane, die Form und Grösse der Sporen und das Verhalten der letzteren stimmt bei beiden Arten ziemlich überein. Während aber die Art in Mitteleuropa schon zur Unterdrückung der Querwand zwischen Askus und Stielzelle fortgeschritten ist, besitzt die nordamerikanische Art noch eine wohlabgegrenzte Stielzelle am Askus. Bei den auf Betula-Arten lebenden Taphrinen ist die geographische Verbreitung eine etwas andere, als bei denjenigen, welche Alnus be- wohnen. Das Hauptgebiet ist freilich, soweit wir nach dem gegen- wärtigen Stand unserer Kenntnisse urtheilen können, ebenfalls Mittel- europa, aber vorwiegend der nördliche Theil. Keine Art geht, wie es scheint, über die Alpen hinaus nach Süden. Einige der Arten sind, wie ihre Wirthspflanzen, auf boreal-alpine Standorte beschränkt, so Ta- phrina alpina und Taphrina nana, die beide auf Betula nana leben und bisher nur auf der skandinavischen Halbinsel gefunden worden sind. Auch Taphrina carnea ist höchst wahrscheinlich eine boreal- alpine Pflanze, wenngleich ihre Wirthspflanzen überall, auch in der Ebene, wachsen. Taphrina bacteriosperma überschreitet das Central- gebiet nach Westen hin, sie kommt ausser in Skandinavien auch in Grönland und in Nordamerika vor. Diesem letzteren Gebiet eigen- thümlich ist Taphrina flava die Art, welche sich durch das intercellu- lare Mycel und durch die Verarmung des subeutieularen Ilymeniums am weitesten von dem Typus entfernt. Wir haben also hier den 318 nämlichen Fall wie bei dem Filieina-Stamm, dass die Arten, welche über das Centralgebiet der Verbreitung hinauswandern, schneller ein- greifende Veränderungen erfahren als die übrigen, eine Erfahrung, die übrigens in dem Verhalten der Blüthenpflanzen nicht minder deutlich hervorzutreten pflegen. Die Taphrina-Arten der Cupuliferen bilden die dritte Gruppe. Ihr Verbreitungsbezirk erscheint gegen denjenigen der vorigen Gruppe in Mitteleuropa mehr nach Süden verschoben. Taphrina Ostryae ist nur aus Italien bekannt, Taphrina Kruchii wurde ebenfalls in Italien und ausserdem noch in Südfrankreich beobachtet. Taphrina Carpini bewohnt Mitteleuropa von den Alpen nordwärts bis Skandinavien. Taphrina eoerulescens Fig.21. Taphrina spec. auf Blättern von Quercus aquatica (Ellis & Ever- hart, North Amer. Fungi Ser. U N. 1888) (600/1). Fig. 22. Taphrina spec. auf Blättern von Quereus coceinea (Ellis & Everhart, North Amer. Fungi N. 1499) (600/1). besitzt die weiteste Ausbreitung, sie kommt in Europa von Italien nordwärts bis nach Skandinavien vor. Ausserdem ist sie angeblich in Nordamerika auf zahlreichen Eichenarten beobachtet worden. In- dessen sind die Taphrinen der nordamerikanischen Richen noch zu wenig genau untersucht, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass statt der Taphrina coerulescens oder allenfalls neben derselben dort 919 eine oder mehrere neue Arten oder Rassen vorliegen. Sehr wahr- scheinlich wird mir das durch die Beobachtungen, welche ich an einigen in dem Exsiceaten-Werk von Ellis & Everhart unter dem Namen von Ascomyces Quercus Cke. und Ascomyces coerulescens Mont. ausgegebenen Exemplaren von Taphrina machen konnte. Die Sporen- schläuche dieser Pilze waren grösser als die einheimische Taphrina coerulescens und zeigten auch sonst besonders bezüglich der Aus- bildung des basalen Endes Abweichungen, wie aus der Vergleichung der nach amerikanischem Material gezeichneten Figuren 21 und 22 8. 318 mit der Figur 46 8. 345, welche nach einem in Oesterreich gesammelten Exemplar im gleichen Maassstab gezeichnet wurde, ohne Weiteres hervorgeht. Die Form auf Quereus coceinea erinnert mehr an Taphrina Kruchii. Das Untersuchungsmaterial der amerikanischen Formen, welches mir zur Verfügung stand, reichte nicht aus, um die Aufstellung neuer Arten in genügender Weise zu begründen. Die Klarstellung des Verhältnisses muss desshalb späteren Arbeiten vor- behalten bleiben. Die letzte Gruppe des Betulae-Stammes bilden die Taphrinen der Salicaceen und zwar der Gattung Populus. Wir unterscheiden hier drei Arten, Taphrina aurea, Taphrina Johansonii und Taphrina rhi- zophora. Alle drei kommen in Mitteleuropa vor, die letztere angeb- lich auch in Nordamerika. Es scheint, als ob diese Arten in einer ergiebigen Rassenbildung begriffen sind, so dass es schwer hält, die Charaktere der einzelnen Arten scharf zu umgrenzen. Taphrina aurea kommt auf Populus nigra, Populus pyramidalis und Populus monili- fera vor. Es macht den Eindruck, als ob hier drei getrennte Nach- kommenreihen vorliegen, die nicht mehr in einander übergeführt werden können. Obgleich Populus monilifera auch in Deutschland häufig angepflanzt wird, hat man auf ihren Blättern den Pilz, der bei uns auf Populus nigra überall verbreitet ist, bisher nur in Dänemark beobachtet. Die Gebiete des Vorkommens des Pilzes auf Populus nigra und auf Populus pyramidalis scheinen sich gleichfalls nicht zu decken, ausserdem macht Sadebeck darauf aufmerksam, dass die Sporenschläuche des Pilzes auf Populus pyramidalis schlanker sind als diejenigen auf Populus nigra und fast immer eine Stielzelle besitzen, während auf Populus nigra nur etwa die Hälfte der Sporen- schläuche eine meist nur sehr kleine Stielzelle abtrennt. Wir ge- winnen also den Eindruck, als ob sich auf den verschiedenen Wirths- pflanzen verschiedene Rassen des Pilzes ausgebildet haben, die bei fortschreitender Differenzirung den Anfang neuer Arten darstellen. 320 Auch bei Taphrina Johansonii scheinen verschiedene Rassen zu exi- stiren. Sadebeck gibt als Wirth für diese Art nur Populus tre- mula an, indess stehen die nordamerikanischen Formen auf den Oar- pellen von Populus tremuloides und Populus grandidentata sicherlich der Taphrina Johansonii näher als der Taphrina rhizophora, zu welcher sie vor der Trennung dieser beiden Arten von Farlow gestellt worden sind. In Figur 23 sind Asken des Pilzes auf Populus a b Fig. 23. Taphrina sp. auf Carpellen von Populus tremuloides. a aus N. Jersey. b aus N. York (600/1). tremuloides von zwei verschiedenen Standorten abgebildet, welche das beweisen, welche aber zugleich zeigen, dass die Grössenverhältnisse und die Ausbildung des basalen Endes bei der amerikanischen Form nicht gerade sehr genau mit der europäischen Art übereinstimmen, welche in Figur 48 S. 347 im gleichen Grössenmaassstab dargestellt ist. Vielleicht liessen sich bei eingehender Untersuchung eines aus- reichenden Materials hier gleichfalls Rassenunterschiede zwischen den europäischen und den amerikanischen Formen constatiren. Fassen wir nun alle uns über die Verbreitung des Betulae-Stammes bekannt gewordenen Thatsachen zusammen, so ergibt sich, dass als Centralgebiet der Verbreitung das nördliche Mitteleuropa anzusehen 321 ist, Von dort aus dringen einzelne Arten südlich bis nach Italien vor. Eine Anzahl von Arten wird in Nordamerika angetroffen. Den Weg, auf welchem die Wanderung der Arten nach diesem entlegenen Gebiet sich vollzogen hat, lehrt uns die Verbreitung der Taphrina bacteriosperma kennen, welche ausser in Skandinavien auch in Grön- land und auf dem nordamerikanischen Continent gefunden wird. Da nicht anzunehmen ist, dass der Pilz über weite Meeresstrecken hin durch den Wind verbreitet werden kann, so bleibt nur die Erklärung übrig, dass die Ausbreitung der Art zugleich mit der Ausbreitung der Wirthspflanze stattgefunden hat. Im Anschluss an die Ergebnisse der pflanzengeographischen Forschungen über diesen Gegenstand werden wir also annehmen müssen, dass der Pilz, wie schon von Johanson!) angedeutet worden ist, mit der Wirthspflanze zugleich gegen das Ende der Eiszeit auf einer zwischen Europa und Grönland vorhandenen Landverbindung allmählich westwärts vorgedrungen sei. Denselben Weg müssen mit ihren Wirthspflanzen auch die übrigen in Amerika vorkommenden Arten des Betulae-Stammes eingeschlagen haben. Die Einwanderung in das nordamerikanische Gebiet ist also verhältnissmässig spät erfolg. Dem entsprechend sehen wir, dass die Unterschiede, welche sich in der seither verstrichenen Zeitepoche zwischen den amerikanischen und den europäischen Arten herausge- bildet haben, nur geringfügig sind. Nur in einem Falle, bei Taphrina Alni incanae und Taphrina Robinsoniana, konnten wir in dem Fehlen resp. Vorhandensein der Querwand zwischen Askus und Stielzelle einen durchgreifenden Artunterschied constatiren; bei den an Quercus- und Populus-Arten lebenden Arten beider Continente reichten dagegen die vorhandenen Unterschiede höchstens zur Constatirung verschiedener Rassen derselben Art aus. Die einzige Art des Stammes, welche dem amerikanischen Gebiete eigenthümlich ist, Taphrina flava, charak- terisirt sich durch die in jeder Beziehung im ganzen Stamme am weitesten gehende Abweichung von dem Urtypus des Stammes, Fehlen der Stielzelle, Verarmung des intercellularen Hymeniums, grosse Asken, Bildung von Sprosseonidien im Sporenschlauch, als eine junge Art, die sich ganz wohl erst während und seit der Zeit der Ein- wanderung im neuen Gebiete aus einer eingewanderten Form ent- wickelt haben kann; wie ja auch die Wirthspflanzen, auf denen die Art lebt, Betula populifolia und Betula papyracea, gleichfalls auf das l) Johanson, Siudier öfver svampslägtet Taphrina Bihang till k, Sveuska Vet. Akad, Handl. Bd. 18 Atd. III Nr. 4 p. 27. 822 atlantische Nordamerika beschränkt sind und als verhältnissmässig junge Abkömmlinge unserer europäischen Arten angesehen werden müssen. Wenn es trotz unserer lückenhaften Kenntnisse der Artverbreitung bei den Arten des Betulac-Stammes verhältnissmässig leicht gelang, die Verbreitungsgeschichte des Stammes wenigstens in allgemeinen Zügen zu construiren, so mag das vor allen Dingen darin seinen Grund haben, dass das Centrum der Verbreitung dieses Stammes zu- gleich dasjenige Gebiet der Erdoberfläche ist, in welchem die parasi- tischen Exoasceen am besten erforscht worden sind. Bei dem Pruni- Stamme ist dieses günstige Zusammentreffen offenbar nicht vorhanden und die Aufklärung der Verbreitungswege wird noch wesentlich da- durch erschwert, ja vielleicht unmöglich gemacht, dass ein Theil der Wirthspflanzen dieses Stammes Culturgewächse sind, welche durch die Thätigkeit des Menschen weit über ihren ursprünglichen Ver- breitungsbezirk hinausgeführt worden sind, wobei zugleich auch die Parasiten ihre Weiterverbreitung gefunden haben. Ueberdies ist als ein Hauptverbreitungsgebiet der Rosaceen das eircumpacifische Gebiet anzusehen, aus dem bisher verschwindend wenige Angaben über das Vorkommen parasitischer Exoasceen auf Rosaceen bekannt geworden sind. Wir müssen uns desshalb darauf beschränken, die wenigen vor- liegenden Thatsachen ohne weitere Discussion mitzutheilen. Von den 16 Arten des Pruni-Stammes, welche im speciellen Theil der Arbeit erwähnt sind, kommen fünf in Europa und Nordamerika gleichzeitig vor, nämlich Taphrina deformans, Taphrina Insititiae, Taphrina Cerasi, Taphrina Pruni und Taphrina Potentillae. Die vier Erstgenannten leben auf ceultivirten Prunus-Arten. Die Asken von Taphrina Pruni sind in Amerika, wie Robinson!) ausdrücklich hervorhebt, fast durchweg schlanker als Sadebeck für die europäische Form angibt, so dass auch hier ein Rassenunterschied vorzuliegen scheint. Taphrina Potentillae bewohnt Potentilla canadensis und Potentilla silvestris, von denen die erstere in Nordamerika vorkommt, während die letztere “in Europa und in Sibirien einen ausgedehnten Verbreitungsbezirk be- sitzt. Taphrina minor, Taphrina Rostrupiana, Taphrina Crataegi und Taphrina bullata sind, so viel sich bis jetzt beurtheilen lässt, auf Mittel- europa beschränkt, die übrigen sieben Arten wurden in Nordamerika aufgefunden. Die Wirthspflanzen der vier Arten, welche wir als den Aesculi- Stamm zusammengefasst haben, gehören drei verschiedenen Familien 1) Robinson, Notes on the genus Taphrina Ann. of Bot. I p. 168. 823 der Eucyclier, den Anacardiaceen, den Aceraceen und den Sapinda- ceen an. Wir können schon daraus schliessen, dass die aus diesem Stamme bekannten Arten nur ein sehr lückenhaftes Material darstellen, und dementsprechend erscheinen auch die Verbreitungsgebiete dieser Arten gänzlich zusammenhanglos fast über den ganzen Umfang der nördlichen Halbkugel zerstreut. Taphrina Aesculi kommt in Californien vor. Taphrina purpurascens ist im atlantischen Nordamerika gefunden worden. Taphrina acericola wurde bisher nur in Italien beobachtet. Taphrina polyspora ist in Südrussland, Ungarn, Ostdeutschland und Skandinavien verbreitet. Dieser Umstand, verbunden mit der Thatsache, dass die vier Arten sehr verschiedene Entwickelungsphasen im phylogenetischen Sinne repräsentiren, macht es wahrscheinlich, dass hier die Ueberreste eines grossen weitverbreiteten Stammes vorliegen. Vielleicht werden auch neue Funde in der Zukunft mehr Licht über diesen Stamm verbreiten, xl Bevor ich nun mit der systematischen Aufzählung der bis jetzt bekannten parasitischen Exoasceen, gewissermaassen der Mittheilung des lückenhaften Urkundenmaterials, beginne, auf welches sich die in den vorhergehenden Abschnitten gegebene Stammesgeschichte stützt, möchte ich noch einige allgemeine Sätze als Schlussfolgerungen aus der bisherigen Darstellung ableiten. Alle parasitischen Exoasceen sind, wie wir gesehen haben, von einer parasitischen Urform abzuleiten, bei welcher die Asken als seit- liche Auswüchse an einzelnen Zellen der Mycelfäden entstanden. Aus dieser Urform haben sich im Zusammenhang mit der phylogenetischen Entwickelung der Wirthspflanze vier (resp. fünf) besondere Stämme entwickelt. Wir sehen nun in den verschiedenen Stämmen überein- stimmende Form und Ausbildungsverhältnisse auftreten, welche der gemeinsamen Urform nicht eigen waren und also auch nicht direct von ihr vererbt worden sein können. 8o sind z. B. im Filieina-, im Be- tulae- und im Aeseuli-Stamme unter den jetzt lebenden Formen neben Arten mit gestielten Asken solche, bei denen die Querwand zwischen Tragzelle und Askus nicht ausgebildet wird. _ Das Fehlen der Quer- wand kann nicht in allen Stämmen von der Urform direct ererbt sein; die Urform muss noch gestielte Asken besessen haben, da sonst alle Arten ungestielte Asken ererbt haben würden. Ferner finden wir bei dem Filieina-, dem Betulae- und dem Pruni-Stamme Arten, deren Stielzelle kein verticales Längenwachsthum zeigt, neben solehben, die 324 sich in der Richtung des Askus strecken; hinsichtlich der Mycelbildung | sehen wir in dem Filicina- und in dem Pruni-Stamme nebeneinander Formen, deren subeuticulare Hyphentheile ein vielzelliges Hymenium bilden und solche, bei denen die zwischen den Epidermiszellen empor- wachsenden Hyphenzellen direct zum Sporenschlauche werden u.a. m. In allen diesen Fällen ist die Erklärung, dass die gemeinsamen Züge in der Formbildung gemeinsam von der Urform direct ererbt seien, nicht stichhaltig. Wir kommen zu dem Schluss, dass die Formbildung im phylogenetischen Entwickelungsgange der einzelnen Stänme parallel verlaufend zu ähnlichen Formen geführt hat. Unabhängig von einander hat sich der Process der Unterdrückung der Querwand zwischen Askus und Stielzelle, der Process der Umformung der Wachsthumsrichtung der Stielzelle, der Process der Verarmung des Hymeniums in den einzelnen Stämmen abgespielt. Wir sehen also, dass der Entwickelungs- gang in den einzelnen Stämmen dieselbe Richtung eingeschlagen hat, und das können wir wohl nicht anders erklären, als dadurch, dass die Tendenz zu der Entwickelung in dieser bestimmten Richtung schon in der Urform vorhanden und von ihr in gleicher Weise auf alle vier Stämme übertragen worden ist. Mit dem Ausdruck Entwickelungs- tendenz soll hier nichts anderes gesagt sein, als dass in der ererbten körperlichen Beschaffenheit der Nachkommen die Bedingungen gegeben sind, welche bewirken, dass unter übrigens gleichen Umständen im Laufe der Generationen ganz bestimmte morphologische Veränderungen hervortreten. Wenn es aber erbliche Entwiekelungstendenzen gibt, die in verschie- denen Reihen zu gleichen oder ähnlichen Formverhältnissen führen, so kann es nicht angängig sein, die einzelnen Formverhältnisse ohne Wei- teres als Kriterium der Verwandtschaft anzuführen und danach die syste- matische Gruppirung vorzunehmen. Wie es falsch wäre, die Arten mit stiellosen Asken in einer Gattung den Arten mit gestielten Asken gegenüberzustellen, ebenso falsch ist es auch, die Arten mit verarmtem Hymenium zu einer Gattung zu vereinigen. Wollten wir überhaupt die parasitischen Exoaseeen in verschiedene (Gattungen trennen, 80 könnte es nur in der Weise geschehen, dass jeder der oben aufge- stellten Stämme eine Gattung bildet, denn dass dort die gemeinsame Askenform ein Ausdruck gemeinsamer Abstammung ist, wird durch die Verwandtschaftsverhältnisse der Wirthspflanzen sichergestellt. Die Unterschiede, die hier von Bedeutung sind, erscheinen mir aber gegen- über den zahlreichen gemeinsamen Zügen in den Stämmen doch zu gering, als dass ich ihnen den Werth von Gattungsunterschieden ein- 325 . räumen möchte. Ein dringendes Bedürfniss, die wenigen Arten in mehrere Gattungen zu trennen, liegt überdiess nicht vor, und schon um nicht neue Gattungsnamen in die Litteratur einführen zu müssen ziehe ich es vor, alle bisher bekannten parasitischen Exoasceen mit Ausnahme der beiden von der Betrachtung ausgeschlossenen Magnu- siella-Arten in einer einzigen Gattung bei einander zu lassen, die ich als die Gattung Taphrina bezeichne. Ich schreibe nicht Taphria, obwohl oder gerade weil ich die Enstehungsgeschichte der beiden Namen sehr wohl kenne. Der Name Taphrina ist seit Alters einge- bürgert und seine Verwendung erfordert die geringste Zahl von Um- benennungen. Sollte später irgend ein Revisor der Nomenclatur das Bedürfniss empfinden, zur Bereicherung der Synonymie den Namen Taphria nochmals wieder auszugraben, so muss ich ihm das Ver- guügen lassen; ich werde nach wie vor Taphrina schreiben. Eine auffällige Thatsache erfordert zum Schluss noch für kurze Zeit unsere Aufmerksamkeit, Wir haben gesehen, dass die phylo- genetische Fortentwickelung der parasitischen Exoaseeen ganz im An- schluss an die Fortentwickelung der Wirthspflanzen vor sich gegangen ist. Während aber die Wirthspflanzen seit dem ersten Auftreten einer parasitischen Exoascee, welches vor dem Auftreten der Angio- spermen erfolgt sein muss, sich nach den verschiedensten Richtungen hin entwickelt haben und in morphologisch scharf getrennte Reihen und Ordnungen mit zahlreichen unterschiedlichen Familien, Gattungen und Arten gespalten worden sind, sehen wir bei allen überlebenden parasitischen Exoasceen Eintwickelung und morphologische Gestaltung so ähnlich verlaufen, dass wir nicht umhin können, alle Formen als Glieder einer einzigen Gattung anzusehen. Dieser merkwürdige Um- stand mag zum Theil seine Erklärung darin finden, dass ein complexer, aus vielen Elementarorganen aufgebauter, hoch gegliederter Orga- nismus nothwendig leichter und schneller varliren muss, als ein einfacher, aus wenigen gleichartigen Zellen bestehender Organismus. Ferner war durch die im Laufe der geologischen Umwandlung der Erdober- fläche gegebenen Veränderungen der äusseren Verhältnisse und durch die im Zusammenhang damit sich vollziehenden Wanderungen der höheren Pflanzen ein Anstoss zu stetiger Formveränderung gegeben. Für die Parasiten dagegen blieben aller Orten dieselben Verhältnisse bestehen. Kampf ums Dasein, Zuchtwahl und Bastardirung spielen in ihrer Phylogenese keine Rolle. Höchstens können eingreifende anatomische Veränderungen im Blattbau ihrer Wirthspflanzen, Ver- änderungen in der chemischen Beschaffenheit des Zellinbaltes, aus 326 dem sie ihre Nahrung bezogen, und zeitliche Verschiebung der Ent- wiekelung und Lebensdauer der Blätter als Entwiekelungsreize wirk- sam geworden sein. Im Allgemeinen aber müssen wir den Anstoss zur Weiterentwiekelung bei ihnen in langsam und continuirlich wirken- den innern Ursachen suchen. Endlich lässt sich die Erscheinung noch dadurch erklären, dass in den Taphrina-Arten nur ein Theil der Nachkommen jener Urform vorliegt, und zwar gerade derjenige Theil, der die geringsten Aenderungen erfahren hat. Wie also die jetzt- lebenden Farne der gemeinsamen Urform der Wirthspflanzen, welche die erste parasitische Exoascee trug, in ihrer Morphologie näher stehen, als die Angiospermen, so sind auch die Taphrina-Arten nur diejenigen Nachkommen, welche der Urform ebenso in der Lebens- weise wie in der Gestalt am ähnlichsten geblieben sind. Und wie unter den jetzt lebenden Farnen in dem Auftreten heterosporer Formen mit rudimentärer Prothalliumbildung die Richtung angedeutet ist, in welcher die phylogenetische Entwiekelung über den Kreis der Farne hinaus zur Ausbildung der Gymnospermen und Angiospermen fortgeschritten ist, ebenso können wir durch die Verfolgung der Rich- tungen, welche die phylogenetische Entwiekelung innerhalb der Gattung Taphrina erkennen lässt, einen Hinweis dafür gewinnen, wo die übrigen Nachkommen der gemeinsamen Urform zu finden sind. Wir haben früher das Vorhandensein zweier Richtungen constatirt. Von Formen ausgehend, die alljährlich aus der Sporenkeimung ein verzweigtes Mycel in den Blättern der Wirthspflanze erzeugen, an dessen Zellen die Fortpflanzungsorgane hervorsprossen, hat die Ent- wiekelung einerseits zu solchen Arten geführt, deren Mycel in die Sprosstheile hinübergeht und dort lebend überwintert; andererseits sind Arten entstanden, bei denen die Mycelbildung mehr und mehr reducirt wurde. Nach kurzer Entwickelung zerfällt das subeuticulare Mycel in einzelne Zellen, die alle oder grösstentheils zu einem Spo- renschlauch auswachsen. Während der grösseren Zeit der Vegetations- periode wird das Leben des Pilzes durch die Conidiensprossung der Askosporen fortgeführt. Mit der innigeren Verwachsung des Mycels mit den Organen der Wirthspflanze nimmt auch die Schädigung zu, die der Pilz dem Wirthe zufügt. Ein Entwickelungsfortschritt in dieser ersteren Richtung müsste also endlich zu Formen geführt haben, welehe durch ihre Wucherung den Wirth tödten und damit zugleich sich selber die Existenzbedingungen zerstören, es sei denn, dass ihre Organisation ihnen den Uebergang zu saprophytischer Lebensweise ermöglichte. Auch die zweite Entwicke- £ 327 . lungsrichtung deutet auf einen Uebergang von parasitischer zu sapro- phytischer Lebensweise hin. Schon unter den jetztlebenden Taphrinen sind einige, bei denen die Entwickelung des parasitisch lebenden Mycels und der Asken nur eine kurze Zeit in Anspruch nimmt, während der Pilz durch die ganze übrige Zeit der Vegetationsperiode in einem saprophytischen hefeartigen Stadium verharrt. Schreitet die Entwicke- lung in der angegebenen Richtung fort, so muss die Mycelbildung immer mehr verkürzt und rudimentär werden, während das Hefe- stadium an Bedeutung und Dauer gewinnt, bis endlich das parasitische Stadium ganz übersprungen wird, sei es, dass der Pilz wie Endomyces sein Gedeihen findet im Saftfluss der Bäume, auf deren Blättern seine Vorfahren als Parasiten lebten, sei es, dass er für diesen Abschnitt seiner Entwickelung wie gewisse Saccharomycesarten den zucker- haltigen Saft der reifen Früchte der Wirthspflanzen als Nährsubstrat aufsucht. Nachtrag. Nachdem der vorstehende Theil meiner Arbeit gänzlich abge- schlossen und druckfertig gemacht war, erschien in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft eine Arbeit von Sadebeck unter dem Titel: Einige neue Beobachtungen und kritische Bemerkungen über die Exoasceen. Da die sorgfältige Arbeit manche Mittheilungen bringt, die auch für unsere Behandlung des Gegenstandes von grossem Interesse sind, so halte ich es für angebracht, in einem kurzen Nach- tragskapitel die wichtigsten Punkte der Arbeit zu diseutiren. Zunächst kann ich mit Befriedigung constatiren, dass die in der Anmerkung auf 8.296 ausgesprochene Vermuthung, dass Taphrina virginica dem Betulae-Stamm angehören müsse, durch die Form der Asken dieser Art bestätigt wird. Sadebeck schreibt darüber: „Die reifen Asken sind eylindrisch, in ihrer ganzen Länge mehr oder weniger gleich dick, ..... oben sind sie in der Regel etwas abge- rundet, nicht selten aber auch gerade abgestumpft, wie an der Basis“. Diese Beschreibung genügt auch ohne Abbildung, um zu zeigen, dass die Asken von Taphrina virginica dem Typus des Stammes genau entsprechen. , Auch die auf Seite 316 von mir ausgesprochene Ansicht, dass das Verbreitungsgebiet des Filiceina-Stammes nicht auf die östliche Halbkugel beschränkt sei, gewinnt eine neue sichere Stütze durch die Mittheilung einer neuen Art des Filicina-Stammes, welche von Lagerheim bei Quito auf einer Nephrodium-Art gefunden und von 328 Sadebeck untersucht und beschrieben wurde. Leider ist der Be- schreibung dieses Pilzes, den Sadebeck als Magnusiella fascieulata bezeichnet, keine Abbildung beigefügt. Nach der Beschreibung ist die Askenform nicht mit ganzer Sicherheit zu eonstruiren, besonders lässt sich nicht erkennen, ob der Askus oben flach abgerundet oder gestutzt ist oder ob sein Durchmesser nach oben mehr allmählich ab- nimmt, wie es für eine Art des Filieina-Stammes zu erwarten wäre. Das Mycel des Pilzes verbreitet sich intercellular, die askogenen Zellen werden an aufsteigenden Mycelästen gebildet in ähnlicher Weise wie bei Taphrina luteseens. Dass der aufsteigende Mycelast durch eine Querwand gegliedert wird, kann uns nicht befremdlich erscheinen. Vielmehr stellt der neue Pilz durch dieses Verhalten eine vermittelnde Uebergangsform dar zwischen der Entwickelungsphase, welche durch Taphrina flava und derjenigen, welche durch Taphrina Potentillae und Taphrina lutescens repräsentirt wird. Bei Taphrina flava wird der aufsteigende Ast durch eine Querwand gegliedert, seine Endzelle wird zur Mutterzelle einiger weniger askogenen Zellen. Bei Taphrina fasciculata wird der aufsteigende Ast gleichfalls durch eine Querwand zertheilt, die Endzelle aber wird direct zur askogenen Zelle, bei den übrigen genannten Arten unterbleibt die Gliederung des aufsteigenden Astes, so dass derselbe ganz in die Bildung des Sporenschlauches mit einbezogen wird. Sehr interessant ist der von Sadebeck gelieferte Nachweis, dass Taphrina Johansonii ein perennirendes Mycel besitzt. Es scheint so- mit, dass alle Taphrina-Arten, welche auf den Früchten der Wirths- pflanze ihre Sporenschläuche entwickeln, in den Sprossen perenniren, Sadebeck gibt ferner an, dass der Pilz, welcher die Carpelle der Kätzchen von Populus tremuloides bewohnt, zu Taphrina Johansonü zu stellen ist; diese Angabe kann ich, wie ja aus dem auf Seite 320 Gesagten hervorgeht, bestätigen und hinzufügen, dass auch der Pilz auf den weiblichen Kätzchen von Populus grandidentata in denselben Formenkreis gehört, wobei ich indess die Frage offen lassen muss, ob nicht eine eingehende Untersuchung zwischen den amerikanischen und den europäischen Pilzen gewisse constante durch Zahl und Maass ausdrückbare Rassenunterschiede feststellen könnte. Soviel über die mitgetheilten Thatsachen; im Allgemeinen gibt Sadebeck’s Mittheilung meiner Ueberzeugung, dass seine Gattungseintheilung nicht der natür- lichen Verwandtschaft der Arten entspricht, eine neue Stütze. Durch den Nachweis des perennirenden Mycels bei Taphrina Johansonü wird Sadebeck genöthigt, diese Art in seine Gattung Exoascus ZU 329 stellen und sie also von Taphrina aurea generisch zu trennen, welche in Beziehung auf die Morphologie der Sporenschläuche in allen Punkten mit ihr übereinstimmt, selbst in der auffälligen Färbung der Asken. So hoch ich das Verdienst Sadebeck’s um die Systematik der para- sitischen Exoasceen schätzen muss, weil er die Morphologie zum Prineip der Artunterscheidung gemacht und das Princip in sorgfältiger Untersuchung für die Mehrzahl aller Formen durchgeführt hat, so wenig vermag ich ihm zu folgen, wenn er bei der Umgrenzung der Gattungen von der Morphologie der Formen absehen und einzig die Entwickelung des Mycels und sein biologisches Verhalten zum Maass- stabe der verwandtschaftlichen Zusammengehörigkeit machen will. Durch die im Vorstehenden besprochene Arbeit wurde ich zugleich auf eine neuerschienene Abhandlung von: Mrs. Patterson‘) über die amerikanischen Exoasceen aufmerksam gemacht. Herr Professor Sadebeck hatte die grosse Liebenswürdigkeit, mir auf meine Bitte das Buch, welches mir sonst nicht zugänglich war, leihweise zu über- lassen, so dass ich in der Lage bin, auch über diese Abhandlung noch Einiges hinzuzufügen. Mrs. Patterson gibt einige neue Stand- orte und Wirthspflanzen von bisher schon bekannten Arten an, ferner eonstatirt sie das Vorkommen von Taphrina Ulmi auf Ulmus americana in Nordamerika. Sie gibt eine Beschreibung von Taphrina virginica und von Taphrina (Exoascus) Aesculi. Die letztere Art, die ich gleichfalls untersucht und abgebildet habe, soll nach ihr keine Stiel- zelle am Askus besitzen. Mrs. Patterson hatte als Untersuchungs- material die in der Sammlung von Ellis & Everhard unter Nr. 1887 ausgegebenen Exemplare. Wenn nicht die Ellis’sche Sammlung unter der gleichen Nummer verschiedene Pilze enthält, so muss ich annehmen, dass Mrs. Patterson sich bezüglich des Fehlens der Stielzelle geirrt hat. Ihre Figur scheint diese Annahme zu bestätigen. Uebrigens stimmen Mrs. Patterson’s Angaben bezüglich der Asken- grösse weder mit meinen Messungen noch mit ihrer eigenen Figur überein. Auch bei der Taphrina, welche auf Alnus incana, serrulata und rubra die Carpelldeformationen erzeugt, hat Mrs. P atterson keine Stielzelle gesehen. Wenn ihre Beobachtung richtig ist, so würde sie beweisen, dass ausser der Taphrina Robinsoniana auch schon die Taphrina Alni incanae in Amerika vorkommt, oder dass der betreffende Pilz bezüglich der Querwand zwischen Stielzelle und Askus ähnliche 1) Mrs. FE. W. Patterson, A study of North American parasitic Exoasceae Bull. from the Laboratories of Natural History of the State University of Juwa March 1895. 9 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 330 Schwankungen aufweist, wie etwa Taphrina aurea. Bei der Figur der Taphrina bacteriosperma hat Mrs. Patterson ein intercellulares Mycel angedeutet. Nach den Untersuchungen von Johanson besitzt der Pilz in Europa nur ein subeuticulares Mycel. Wenn die Zeichnung der Mrs. Patterson der Wirklichkeit entspräche, so hätten wir hier vielleicht einen weiteren Fall fortschreitender Differenzirung zwischen stammverwandten Arten der beiden Erdtheile zu constatiren. Vorerst aber möge man mich nicht für ungalant halten, wenn ich mich gegen die vielen auffallenden neuen Thatsachen, von welchen die Abhandlung der Mrs. Patterson berichtet, noch etwas skeptisch verhalte. Uebersicht über die bis jetzt bekannten parasitischen Exoasceen. Die Abtheilung umfasst diejenigen auf höheren Pflanzen endo- phytisch schmarotzenden Askomyceten, welche keine eigentlichen Fruchtkörper, sondern mehr oder minder dichte Lager von freien, aus der Oberfläche der Wirthspflanze hervorbrechenden Sporenschläu- chen bilden. I. Gattung Taphrina. Die Sporenschläuche sindkeulenförmig biseylindrisch. A) Der Filicina-Stamm, Nr. 1-5. Die Sporenschläuche sind schlank, keulenförmig und nach beiden Enden hin allmählich verschmälert, oben abgerundet, so dass die brei- teste Stelle wenigstens um ein Viertel der Askenlänge unter der Spitze liegt. Die hieher gehörenden Arten schmarotzen auf Farnen. AN 1. Taphrina Cornu cervi. Exoascus Cornu Cervi Sadeb. Exoaseus Cor. Cervi Schröter. Taphrina tubaeformis / DL HL Lagerheim. Verursacht an den Blät- tern von Aspidium arista- Fig. 24, Taphrina Cornu cervi (600/1). tum Sw. stift- oder ge weihartige Auswüchse. Das intercellulare Mycel durchzieht die Auswüche und bildet an deren Oberfläche ein zusammenhängendes subeuticulares Hymeniun. 331 Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzelle ist bis 64 hoch und bis 41 breit. Die Asken sind keulenförmig nach beiden Enden hin allmählich verschmälert und oben abgerundet. Ihre Länge beträgt bis 24x, ihre grösste Breite 5—6n. Sporen wurden bisher nicht beobachtet, Der Pilz ist im indo-malayischen und polynesischen Gebiet an ver- schiedenen Standorten gesammelt worden. 2. Taphrina filieina Bostr, Ascomyces filieinus Rostr. Verursacht an den Blättern von Aspidium spinulosum $w, fleischige Gallen von dunkler Färbung. Das subeutieulare Mycel perennirt nicht, es ist an der Oberfläche der Zellen ausgebreitet und bildet eine dichte subeutieulare Hyme- nialschichte. Eine Stielzelle wird am Askus nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind Suenfürmig mach beiden Fig. 25. Taphrina filieina (nach Johanson) (800/1.) lert, oben abgerundet, unten gerade. Sie sind 29—38 x lang und bis 9 breit. Die vier oder acht Sporen sind eliptisch, 4—5p lang und ca. 2 breit. Der Pilz ist bisher nur auf der skandinavischen und auf der Balkan-Halbinsel gesammelt worden. 3. Taphrina Laurencia. Verursacht an den Blättern von Pteris quadriaurita Retz. büschel- artige Auswüchse. . rei Das Mycel ist intracellular in den Auswüchsen ausgebreitet und bildet in den Epidermiszellen der Auswüchse Gruppen von askogenen Zellen, deren Asken als kleine Partialhymenien büschelig nach aussen hervorbrechen. 2g* 332 Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind eylindrisch, bis 19 x hoch und 6—7 x breit. Die Asken sind keulenförmig nach beiden Enden hin ver- schmälert, oben } \ abgerundet. Ihre Länge beträgt g ca. 24, ihre IS @ Breite ca, Tp. TI ” Der Pilz ist Fig. 26. Taphrina Laurencia (600/1). bisher nur auf Ceylon gesammelt worden. 4. Taphrina fasciculata (Lagerh. und Sadeb). Magnusiella faseieulata Lagerh. und Sadeb. Verursacht an den Blättern von Nephrodium sp. weisse oder grauweise Flecke. Das Mycel breitet sich intercellular aus, von ihm aus dringen Büschel von Aesten an die Oberfläche, deren durch eine Querwand abgetrenntes oberes Ende direct zum Sporenschlauch wird. Die Sporenschläuche sind 50—70x lang und 9—12, breit. Die eiförmigen Sporen sind 5—8j. lang und ca. 4y breit. Sprossconidien wurden verhält- nissmässig selten beobachtet. Der Pilz wurde in Südamerika bei Quito gefunden. AT BE I 5. Taphrina lutescens Rostr. Magnusiella lutescens Sadeb. Verursacht an Aspidium Thelypteris Roth. gelbliche Blattflecken. Das Mycel perennirt nicht. Es verbreitet Fig. 27. Taphrina lutes- sich intercellular in den Blättern, die einzelnen cens (nach Rostrup) ZUr Oberfläche empordringenden Fadenäste (800/1). werden direct zu Sporenschläuchen. Eine Stielzelle wird nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind schlank, keulenförmig, nach beiden Enden verschmälert. Sie sind 60— 754 lang und 8—9 x breit. 939 Die reifen Schläuche sind mit zahlreichen stäbchenförmigen Sprossconidien angefüllt, welche 4—5y lang und ca. 1 breit sind. Der Pilz ist bisher nur in Dänemark beobachtet worden. Nieht berücksichtigt wurde Taphrina Selaginellae P. H. in sched. herb. berol. B) Der Betulae-Stamm. Nr. 6—29, Die Sporenschläuche sind plump eylindrisch, selten nach der Mitte oder nach unten hin etwas eingezogen. Oben sind sie flach abgerundet oder gerade, bisweilen selbst etwas eingesenkt. Die hier- her gehörenden Arten schmarotzen auf Julifloren. a) Auf Ulmaceen. Nr. 6-7. 6. Taphrina Ulmi Johans. Exoascus Ulmi Fuskel. Exoaseus Campester Sacc. Verursacht auf Ulmus campestris L. und Ulmus montana With. und Ulmus glabra an den Blättern Flecken und blasige Auftreibungen. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich subeutieular in den Blättern aus, die Mehrzahl der Zellen des Mycels wird zu ascogenen Zellen, an denen je ein Askus gebildet wird. a Fig. 28. Taphrina Ulmi. a von der Seite (720/1), b von oben (600/1). Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind querbreiter 3—8}. hoch und meist 15—20 breit. 334 Die Asken sind plump cylindrisch, oben flach abgerundet. Ihre Länge beträgt 12— 20, ihre Breite 8—10n. Es werden vier bis acht Sporen in jedem Schlauch gebildet, deren Durchmesser bis 4p beträgt. Conidiensprossung im Askus wurde bisher nicht beobachtet. Der Pilz ist in Mitteleuropa von Italien bis nach Skandinavien beobachtet worden und kommt auch in Nordamerika vor. Juni bis October. 7. Taphrina Oeltis Sadeb. Exoascus Emiliae Passerini, Verursacht auf Celtis australis L. an den Blättern heller gefärbte Flecken oder schwache Auftreibungen. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich sub- eutieular im Blatt aus. Die Mehrzahl der Zellen wird zu askogenen Zellen, aus welchen die zerstreut stehen- den Asken hervorgehen. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind ; querbreiter, 8—10j. hoch und Fig. 29. Taphrina Celtis (600/1). bis 30 1 breit. Die Asken sind plump eylindrisch, oben flach abgerundet oder gestutzt, bisweilen nach unten hin etwas verschmälert. Ihre Länge beträgt 25—30 ıt, ihre Breite ca. 10. Die Sporen haben einen Durchmesser von 3—8,5j.. Conidien- sprossung im Askus ist bisher nicht bekannt. Der Pilz wurde bisher nur in Norditalien und in der Schweiz gefunden. b) Auf Betulaceen. Nr. 8—20. a) Auf Betula. Nr. 8-15. 8. Taphrina alpina Johanson. Exoascus alpinus Sadeb. Verursacht an Betula nana L. Hexenbesen mit bleichgrünen Blättern, Das subeutieulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet an der Unterseite der Blätter zusammenhängende, subeuticulare Hymenien. 335 Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind quer- breiter, gewöhnlich 8—14n. hoch, selten höher und 12-_20 j, meistens 15—17y breit, Die Asken sind plump eylindrisch oder seitlich etwas ausge- baucht und nach unten . ein wenig verschmälert. Sie sind 20-27 lang und 9—141. breit. Die kugeligen Spo- ren sind 3,5—5p im Durchmesser. Nur sehr selten ist Conidiensprossung beobachtet worden, Diese Art ist bis jetzt nur auf der skandinavischen Halbinsel beobachtet worden. Juli. Fig. 30, Taphrina alpina (nach Johanson) (600/1). 9. Taphrina nana Johans. Exoascus nanus Sadeb. Verursacht an Betula nana L. Hexenbesen und gelbgrüne, grau- bereifte Blattflecken. Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet in den Blättern beiderseits zusammenhängende, subeuticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt, die Stielzeile ist quer breiter, 7—10p (selten mehr) hoch und 8--17 breit, unten Hach. Fig. 31. Taphrina nana (600/1). Die Asken sind plump eylin- . drisch, oben Bestutzt, 18 24n (selten bis 304) lang und 7—9p breit. Die Sporen sind 3—5j breit und zeigen oft Conidiensprossung innerhalb des Askus. Der Pilz ist bis jetzt nur auf der skandinavischen Halbinsel beobachtet worden. 10. Taphrina Betulae Johans. Exoascus Betulae Fuckel. Ascomyces Betulae Magnus. 336 Verursacht auf Betula verrucosa Ehrh., Betula pubescens Ehrh. und Betula turkestanica (Sydow Mycothea Marchica C. XXXIV) weisse bis gelbliche Flecken an den Blättern. Fig. 32. Taphrina Betulae. Fig. 33. Taphrina Betulae var. auetum- (600/1.) nalis (nach Sadebeck) (600/1). Das subeuticulare Mycel perennirt nicht, es breitet sich in der Mehrzahl der Fälle an der Oberseite in Blättern aus und erzeugt zwischen den vegetativen Zellen Gruppen von askogenen Zellen, welche zu einem dichten, subeuticularen Hymenium zusammenschliessen. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzelle ist quer breiter, unten gerade oder flach abgerundet. Sie ist 8--12p hoch und 12— 251. breit. Die Asken sind cylindrisch, oben flach abgerundet oder gestutzt. Sie sind bis 42» lang und 8—12yx breit. Die Sporen sind eirund oder kugelig mit einem Durchmesser von 3—5j. Nicht selten findet im Askus Conidiensprossung statt. Der Pilz ist in Mitteleuropa von den Alpen nordwärts bis Däne- mark verbreitet. Juni, Juli. Var. auctumnalis Sadeb. Die Stielzelle ist nur 2—5y. hoch, aber oft über 20x breit. Die Asken sind nur 15—27y lang und 6—9ı breit. Die Form wurde bisher nur bei Hamburg beobachtet. September. 11. Taphrina betulina Rostrup. Exoascus betulinus Sadeb. Verursacht an Betula pubescens Ehrh. und Betula odorata Bechst- Hexenbesen und graubereifte Askenüberzüge an der Unterseite der Blätter, 337 Das subcuticulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet in den Blättern zusammenhängende, subeutieulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt, die Stielzellen sind so breit wie der Askus, selten querbreiter, die Basis ist nicht oder nur unbedeutend ver- schmälert. Ihre Höhe beträgt bis zu 25%, ihre Breite ge- wöhnlich gegen 15y. Die Asken sind plump eylindrischh oben abgestutzt oder etwas abgerundet, meist sind sie gegen 504 lang und 154 breit, in einzelnen Fällen werden sie nur 30-40. lang. Der Durchmesser der Fig. 34. Taphrina/betulina (600/1). Sporen beträgt ca. 5. Meist tritt Conidiensprossung im Askus ein. Der Pilz ist mit einiger Sicherheit bisher nur in Deutschland und in Dänemark und Skandinavien nachgewiesen worden. 12. Taphrina carnea Johans. Verursacht auf Betulaodorata Bechst., Betula pubescens Ehrh., Betula nanaL. und Betula intermedia Thum. an den Blättern blasige Auftreibungen von fleischrother Färbung. Das subeutieulare Mycel perennirt nicht. Es verbreitet sich vorwiegend an der Ober- seite der Blätter und bildet ein dichtes subeuticulares Hy- menium. Eine Stielzelle wird nicht gebildet. Die Sporenschläuche sind plump cylindrisch, an beiden Enden flach abgerundet oder gestutzt. Sie sind 44-804 ale EHRE =) Op 28 Fig. 35. Taphrina carnea (600/1). (meist 6070) lang und 14-304 (meist 18—24p) breit, u Die Schläuche sind bei der Reife gewöhnlich mit Sprossconidien erfüllt. 338 Der Pilz ist bisher auf der skandinavischen Halbinsel, im schlesischen Isergebirge und in den Tyroler Alpen beobachtet worden. Juli. 13. Taphrina bacteriosperma Johans. Exoascus bacteriospermus Sadeb. Verursacht auf Betula nana L. Erkrankung ganzer Sprosse. Die Blätter der infieirten Sprosse sind vergrössert, gelbgrün und auf der Oberseite weiss bereift. Das subeuticulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet an der Oberseite, seltener auch an der Unter- seite, zusammenhängendesub- euticulare Hymenien. Eine Stielzelle wird nicht abgetrennt. DieSporenschläuchesind plump eylindrisch, oben ge- rundet oder abgestutzt, unten bisweilen zu einem Fuss ver- breitert. Ihre Länge beträgt 47-801, die Breite 14—20p, Fig. 36. Taphrina bacteriosperma die basale Verbreiterung er- (nach Johanson) (600/1). reicht bisweilen einen Durch- messer von 28— 30 1. Die kugeligen Sporen messen 3,6—4,5j.. Gewöhnlich sind die Schläuche mit stabförmigen Sprossconidien erfüllt, welche 6,8—7p. lang und 1—1,51ı dick sind. Ueber das Vorkommen des Pilzes wurden bisher aus Skandinavien, aus Grönland und aus Nordamerika Angaben gemacht. Juli. 14. Taphrina flava Far). Magnusiella flava Sadeb. Exoascus flavus Farl, Verursacht auf Betula populifolia Willd. und Betula papyracea Willd. gelbe Flecken an den Blättern. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich intercellular in den Blättern ausunderzeugt anden Enden der zur Oberfläche empordringenden N 339 Aeste kleine Gruppen von askogenen Zellen, welche zu einem dichten subeuticularen Hymenium zusammentreten. Eine Stielzelle wird nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind plump cylindrisch, an beiden Enden abgestutzt oder nach unten plötzlich zur Breite des aufsteigenden Mycelfadens verschmälert. Sie sind 38—65 1 lang und 20-30. breit. Fig. 37. Taphrina flava (600/1). Bei der Reife sind die Schläuche mit zahlreichen läng- lichen Sprossconidien erfüllt, welche 3—7p lang und gegen 2 breit sind. Der Pilz ist bisher nur aus Nordamerika bekannt. 15. Taphrina turgida Sadeb. Syn.: Exoaseus turgidus Sadeb. Verursacht an Betula verrucosa Ehrh. Hexenbesen. Die Blätter sind etwas wellig gekräuselt, oberseits dunkelgrün, unterseits grau bereift, Das subcuticulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet an der Unterseite der Blätter zusammenhängende subeutieulare Hymenien. 340 Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind nach unten lang zugespitzt, bisweilen laufen sie in mehrere zahnwurzel- ‘ artige Fortsätze aus, welche in das Gewebe der Blätter eindringen. Sie sind 17301. O hoch und oben 15 breit. d9 Die Asken sind unregel- mässig plump cylindrisch, oben abgestutzt oder einge- N senkt, 46—50 1 lang und ca. 15 breit. Die Sporen sind bis 4p breit. Fast regelmässig yo findet Conidiensprossung im AN IN Askus statt. Der Pilz ist bis jetzt III. nur in Deutschland und in Tyrol beobachtet worden. Fig. 38. Taphrina turgida (nach Sadebeck) Mai bis August. (600/1). ß) Auf Alnus. Nr. 16—20. 16. Taphrina epiphylia Sadeb. Syn.: Exoascus epiphyllus Sadeb. Taphrina Sadebeckii var. borealis Johans. Taphrina borealis Johans, Verursacht auf Alnus incana DC. Hexenbesen und graue Asken- überzüge auf den Blattflächen. Das subeuticulare Mycel perennirt in den Knospen und bildet in den Blättern zusammenhängende subeuti- culare Hymenien. DieSporenschläuchesind gestielt. Die Stielzellen sind querbreiter, unten meist flach ihre Höhe beträgt 8—9, seltener bis 201, ihre Breite Fig. 39. Taphrina epiphylla (600/1). 20—33 1. Die Asken sind oben gestutzt oder eingesenkt, plump eylindrisch, oft unter der gestutzten Scheitelfläche etwas verbreitert. Sie sind 35404 hoch und 15—20n. breit. 341 Die Sporen haben 6—8 1. im Durchmesser, Conidiensprossung im - Askus ist häufig, Der Pilz ist in ganz Mitteleuropa, auch in Italien verbreitet. Mai, Juni. 17. Taphrina Sadebecküi Johans. Exoascus Alni de Bary. Exoascus flavus Sadeb. Verursacht auf Alnus glutinosa Gaert. und Alnus tinctoria (Sydow.., Mycotheca Marchica ©. XXXIV) und Alnus glutinosaXincana runde, gelbliche oder grauweisse Blattflecke. Das subeutieulare Mycel perennirt nicht, es breitet sich vorwiegend an der Unterseite der Blätter aus bildet zwischen den vege- tativen Zellen, Gruppen von askogenen Zellen, welche zu einem dichten Hymenium zusammenschliessen. DieSporenschläuchesind gestielt. Die Stielzellen sind etwas breiter als der Askus, bisweilen nach unten stumpf zugespitzt, gewöhnlich flach. R Ihre Höhe beträgt 18— 221, Fig. 40, Taphrina Sadebeckii ihre Breite ungefähr eben- (nach Sadebeck) (8007). soviel. Nur selten sind sie wesentlich breiter bis zu 35p. Die Asken sind plump cylindrisch, bisweilen unter dem flach abgerundeten, gestutzten oder ausgerandeten oberen Ende etwas ver- breitert. Ihre Länge beträgt 41—55«, ihre Breite 14—18p. Die rundlichen Sporen messen bis gegen Ty Im Durchmesser. Conidiensprossung im Askus ist sehr häufig. on h Der Pilz ist in Mitteleuropa von Italien bis Skandinavien sehr häufig. Mai bis September. 18. Taphrina Robinsoniana. Taphrina alnitorqua Robinson (non Tulasne) cf. Ellis North American Fungi Nr. 296. Verursacht auf Alnus incana DC. Deformationen der Carpelle. 342 Das Mycel bildet dicht gedrängte subcuticulare Hymenien an den Fruchtblättern. Die Sporenschläuche besitzen eine Stiel- zelle, dieselbe ist unregelmässig eylindrisch, unten gewöhnlich abgerundet, 15—17g hoch und 6—-10u breit. Die Asken sind eylindrisch, oben flach abgerundet oder eingesenkt. 29—37y lang und 6—10x breit. Sporen sind gewöhnlich acht vorhanden, Fig. 41. Taphrina Robin- Kugelig, 3'/—6 1 breit, bisweilen tritt Coni- soniana (600/1). diensprossung im Askus ein. Der Pilz ist in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gefunden worden. 19. Taphrina Tosquinetii Magn. Ascomyces Tosquinetii Westend. Taphrina alnitorqua Tul. Exoascus Alni de Bary pro parte, Exoaseus Tosquinetii Sadebeck. Erzeugt auf Alnus glutinosa und Alnus glutinosa > incana grau- weisse Ueberzüge auf abnorm vergrösserten Blättern. Das subeutieulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet in den Jungen Blättern zusammenhängende, sub- euticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind nach unten zuge- spitzt und zwischen die Epidermiszellen eingesenkt. Ihre Höhe beträgt 11— 20%, ihre Breite 6—7 pn, Die Asken sind oben abgestutzt, eylindrisch, bisweilen in der Mitte oder nach unten hin etwas verschmälert, Fig. 42. Taphrina Tosquinetii 31—37 x lang und 6— 7x. breit. (soon). Die Sporen sind 83—5j. breit, bis- weilen ist Conidiensprossung beobachtet worden. . Der Pilz ist in ganz Mitteleuropa nördlich der Alpen verbreitet. Mai bis August. 343 20. Taphrina Alni incanae Magn. Exoaseus Alni de Bary zum Theil. Exoaseus Alni d, B. var strobilinus v. Thümen. Exoascus alnitorquus Kühn, forma Alni incanae Kühn. Exoascus amentorum Sadeb. Ascomyces Alni Berk. et Br. Ascomyces Tosquinetii strobilina Rostr. Verursacht an Alnus incana DC., mationen der Carpelle. Das subeutieulare Mycel perennirt in den Knospen und bildet auf den Carpellblättern lockere, subeuticulare IIymenien. Die Sporenschläuche sind ohne be- sondere Stielzelle, Sie sind plump eylin- drisch, nach unten etwas zugespitzt und zwischen die Epidermiszellen ein- gedrängt. Ihre Länge beträgt 40—50%., die Breite durchschnittlich 10. Alnus glutinosa Gaert. Defor- Fig. 43. Taphrina Alni incanae (600/1). Der Pilz kommt in ganz Mitteleuropa, auch in Italien vor. Juni bis September. c) Auf Cupuliferen. Nr. 21-26. 21. Taphrina Ostryae Massalongo. Verursacht an Ostrya carpinifolia Scop. Blattflecken. Das subeuticulare Mycel perennirt nicht. Es breitet sich vorwiegend an der Unterseite der Blätter aus. Die locker stehenden Sporen- schläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind nach unten verschmälert und zwischen die Epidermiszellen ein- gedrängt. Ihre Höhe beträgt 104 oder mehr, ihre Breite 12—14y. Die Asken sind plump eylindrisch und oben gestutzt, 20—24, lang und 8— 121 breit, j Die kugeligen Sporen messen bis Der Pilz wurde bisher nur in Ital Fig. 44. Taphrina Ostryae (600/1). zu dp. ien gefunden. 344 22. Taphrina virginica Seymour et Sadeb. Verursacht auf Ostrya virginica Flecken und aufgetriebene Blasen an den Blättern. Das subeuticulare Mycel perennirt nicht und bildet an der Blatt- unterseite ein ziemlich dichtes Hymenium. An den dichtstehenden Sporenschläuchen wird keine Stielzelle abgegrenzt. Die Sporenschläuche sind cylindrisch, in ihrer ganzen Länge un- gefähr gleich breit, an beiden Enden gerade oder oben flach ab- gerundet. Sie sind ca. 25p lang und ca. 101 breit. In den Asken findet in der Regel Conidiensprossung statt. Der Pilz ist im westlichen Nordamerika beobachtet worden. 23. Taphrina Carpini Rostr, Syn.: Exoascus Carpini Rostr. Verursacht auf Carpinus Betulus L, Hexenbesen. Das subeutieulare Mycel peren- nirt in den Knospen und bildet an der Unterseite der Blätter subeuti- culare Hymenien. Eine Stielzelle wird an den Sporensäcken nicht abgetrennt. Die Sporensäcke sind gegen 25% lang und im oberen plump eylin- drischen Theil 8—12}. breit; nach Fig. 45. Taphrina Carpini unten hin verbreitern sie sich zu (nach Sadebeck) (600/1). einem bis 24 breiten Fuss mit ge- rader Grundfläche. Die Sporen sind ea. 4% im Durchmesser. Sehr häufig tritt Conidiensprossung ein, Der Pilz kommt in Mitteleuropa von den Alpen bis nach Dänemark und Skandinavien vor. Mai bis August. 24. Taphrina australis (Atkins). Exoascus australis Atkinson. Verursacht auf Carpinus americana Michx. Missbildung der Blätter. Das Mycel ist subeuticular ausgebreitet und bildet an der Blatt- oberseite ein dichtes Hymenium. Eine Stielzelle wird nicht abgetrennt. 345 Die Sporenschläuche sind eylindrisch an den Enden gestutzt. Ihre Länge beträgt 30—60,, meist gegen 50, ihre Breite 7—8u, bisweilen bis 10. Die runden Sporen messen 4—5, im Durchmesser. Der Pilz wurde in Nordamerika beobachtet, 25. Taphrina Kruchii (V uillemin). Exoascus Kruchii Vuillemin. Verursacht auf Quercus Dex L. Hexenbesen. Das subeuticulare Mycel überwintert in den Knospen und bildet in den Blättern lockere, subeuticulare Hymenien. Eine Stielzelle wird an den Sporenschläuchen nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind im oberen Theil plump eylindrisch und verbreitern sich an der Basis ziemlich plötzlich. Die Länge beträgt 65—75 „, die Breite beträgt im oberen Theil 15—20 „, im Fuss 30—40 ı. Die Basalfläche ist wellig verbogen oder mit Fortsätzen versehen welche zwischen die Epidermiszellen des Wirthes eindringen. Die Asken enthalten bei der Reife zahlreiche Sprossconidien. Der Pilz wurde bisher nur in Italien und Südfrankreich nach- gewiesen. 26. Taphrina coerulescens Tul. Exoascus coerulescens Sadeb. Ascomyces ceoerulescens Mont. u. Desm. Ascomyces Quereus Cooke. Ascomyees alutaceusv. Thümen. Verursacht auf Quereus sessili- flora Sm., Quereus pubescens Willd., Quereus Cerris L., Quereus tinetoria Bautr., Quercus alba L., Quercus aquatica Catesby, Quercus laurifolia Michx., Quercus einerea Michx. un- regelmässige graue oder bläuliche Flecken an den Blättern. Das subceuticulare Mycel peren- uirt nicht, es breitet sich in dem Blatte aus und bildet Gruppen von i askogenen Zellen, welche zu einem lockeren subeutieularen Hymenium Fig. 46. Taphrina coerulescens (600/1). zusammenschliessen. Flora 1895, Ergänz.-Bd. 81. Bd. 23 346 Eine Stielzelle wird nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind plump eylindrisch, oben flach abgerundet, unten in einen rhizoidartigen Fortsatz verschmälert. Bisweilen sind deren mehrere vorhanden. Die Länge der Asken beträgt 55—78,, die Breite 18—24 ı. Die Sporenschläuche sind bei der Reife mit zahlreichen kleinen Sprossconidien erfüllt. Der Pilz kommt in Mitteleuropa von Italien nordwärts bis nach Skandinavien vor und ist angeblich auch in Nordamerika weit ver- breitet, Junt, Juli. Nicht berücksichtigt wurden die amerikanischen Arten: Taphrina extensa Saccardo auf Quercus maerocarpa (Saccardo Syll. Fung. Bd. VIII?P). Exoascus Quercus lobatae Mayr auf Quereus lobata. Ascomyces rubrobruneus Peck auf Quercus rubra (Fortieth annual report of the N. York State Museum of Nat. Hist. 1886). Ascomyces Fagi Lambotte auf Fagus (Grevillea XI p. 47). d) Auf Salicaceen. Nr. 27-29, 27. Taphrina aurea Fries. Taphria aurea Fries. Taphrina populina Fries. Exoascus Populi Thümen. Verursacht auf Populus nigra L., Populus pyramidalis Roz. und Populus monilifera Ait. an den Blättern blasige Auf- treibungen, welche auf der eon- caven Unterseite goldgelb ge- färbt sind. Das subeutieulare Mycel perennirt nicht. Es breitet sich an der Unterseite der Blätter aus und erzeugt ein ziemlich dichtes, subeutieulares Hymenium. Die Sporenschläuche sind meistens gestielt. Die Stiel- Fig. 47. Taphrina aurea (600/1). zellen sind schmalcylindrisch oder nach unten verschmälert und zwischen die Zellen desBlattes hinabgedrängt, 4—27 „, seltenerbis40 x hoch und8— 1 Ty breit, bisweilen unterbleibt die Abtrennung einer Stielzelle. 347 Die Asken sind plump cylindrisch, oben flach abgerundet oder gestutzt, bisweilen nach unten etwas verschmälert oder plötzlich zu- sammengezogen. Ihre Länge beträgt 50—98 ,, ihre Breite 15—25 1. Die ungestielten Sporenschläuche sind bisweilen an der Basis etwas erweitert, 80— 112, lang und 20—27 „ breit, Der Durchmesser der Sporen beträgt gegen 4,. Meist sind die Schläuche mit zahlreichen Sprosseonidien dicht angefüllt. Der Pilz kommt in ganz Mitteleuropa, von Italien bis Skandi- navien ziemlich häufig vor und ist auch in Nordamerika auf Populus monilifera beobachtet worden. Mai bis Juli. 28. Taphrina Johansonii Sadeb. Exoaseus aureus Sadeb. Taphrina rhizophora Johans. pro parte. Verursacht an Populus tremula L., Populus tremuloides und Populus grandidentata Hypertrophie und Gelbfärbung der Öarpelle. Dassubeuticulare Mycel perennirt in den Knospen. Es breitet sich auf den jungen Früchten aus und bildet an denselben ziemlich dichte, subeutieulare Hymenien. Eine Stielzelle wird nicht ge- bildet. Die Sporenschläuche sind oben flach abgerundet und im oberen Theil plump cylindrisch oder fast keulenförmig. Der untere Theil ver- schmälert sich allmählich und ist tief zwischen die Blattzellen hinab- gedrängt. Die Länge der Sporen- schläuche beträgt 92—105 ,, die Breite im oberen Theil 16—25 1, unten bisweilen nur Su. Die Sporen sind ca. 4, im Durchmesser. Conidiensprossung im Fig. 48. Taphrina Johansonii (600/1). Askus ist sehr häufig. Der Pilz ist bisher in Mitteleuropa un weise gefunden worden. Juni, Juli. gge d in Nordamerika stellen- 348 29. Taphrina rhizophora Johanson. Verursacht an Populus alba L. Deformation und Gelbfärbung der Carpelle. Das Mycel ist sub- eutieular; es breitet sich aufdenjungen Früchten ausund bildet mehr oder weniger dichte, subeuti- eulare Hymenien. Eine Stielzelle wird nicht gebildet. Die Sporenschläuche sind oben flach ab- gerundet, im obern Theil plump eylin- drisch, nach unten in einem rhizoidartigen bisweilen gegabelten I - Fortsatz verschmälert, ) 7 welcher tief in das Blattgewebe hinabge- drängt ist. Die Länge beträgt 120 —160 4, die Breite oben ca. 221, N unten bisweilen nur 6. Der Pilz ist nur „ . . aus Skandinavien und Fig.49. Taphrina rhizophora (nach Johanson) (600/1). Deutschland bekannt C) Der Pruni-Stamm. Nr. 80-45. Die Sporenschläuche sind mehr oder minder schlank, keulen- förmig nach unten verschmälert, so dass die grösste Breite im ersten Viertel der Askenlänge unterhalb der Spitze liegt, oder schlank eylin- drisch mit allen Uebergängen zwischen beiden Extremen. Die hieher gehörenden Arten schmarotzen auf Rosaceen. a) Auf Pomeen. Nr. 30-31. 30. Taphrina Crataegi Sadeb. Exoascus Crataegi Sadeb. Exoascus bullatus ß Crataegi Fuckel. p. p. 349 Verursacht auf Crataegus Oxyacantha L. und Orataegus monogyna Jacq. Verkrümmungen und rothe Flecken an den Blättern, bisweilen auch Deformationen der Zweige. Das Mycel überwintert in den Sprossachsen und erzeugt in den Blättern, gelegentlich auch an jungen Sprossachsen, zusammenhängende sub- euficulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stiel- zellen sind 6—8, hoch und etwa ebenso breit. Die Asken sind keulenförmig bis eylindrisch, 25—35 , lang und 8, breit. Die Sporen sind ca. 4—6 „ im Durchmesser. Der Pilz ist bisher nur in Mitteleuropa von den Alpen nordwärts bis in Skandinavien beobachtet worden. Mai, Juni. 31. Taphrina bullata Tul. Exoascus bullatus Fuckel. p. p. Oidium bullatum Berk. et Br. Ascomyces bullatus Berk. Ascosporium bullatum Berk. Verursacht auf Pirus communis L. und Pirus japonica Thunb. blasige Auftreibungen der Blätter. Das subeuticulare Mycel perennirt nicht; es breitet sich in den Blättern aus und er- zeugt ein dichtes, subeuticulares Hymenium. Die Sporenschläuche sind gestielt, die Fig. 50. Taphrina Crataegi (600/11). Fig. 51. Taphrina bullata Stielzellen sind unten nicht zugespitzt, 10—15 (nach Sadebeck) (600/1). hoch und 8—9 „ breit. Die Asken sind keulenförmig, 36—40, lang und 8—9 dick. Der Durchmesser der Sporen beträgt ca. reichliche Conidiensprossung im Askus ein. 54, zuweilen tritt Der Pilz ist in ganz Mitteleuropa südlich bis in Italien, nordwärts bis Dänemark und Skandinavien beobachtet worden, b) Auf Pruneen, Nr. 32—44. 32. Taphrina deformans Tul. Exoascus deformans Fuckel. Ascomyces deformans Berk. Mai, Juni. 350 Verursacht an Amygdalus Persica L. (und Amygdalus communis L.) Kräuselung und Verschwellung der Blätter. Die befallenen Blatistellen zeigen eine bleiche schwach röthliche oder gelbliche Farbe. Das intercellulare Mycel überwintert in “den Sprossachsen und bildet in den Blättern zusammenhängende subcuticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind 6—8, hoch und 6—10, breit und häufig nach unten zugespitzt. Die Asken smd keulenförmig bis fast eylindrisch, 25—40, lang, 8—11y breit. Die Sporen sind rund oder oval und 3—4, breit, bisweilen sind statt der nor- malen acht nur vier grössere Sporen entwickelt. Der Pilz ist verbreitet in Mitteleuropa von Italien nördlich bis Dänemark und in Nordamerika. Mai, Juni. Fig. 52. Taphrina deformans. (600/1). 33. Tophrina minor. Sadeb. Exoascus minor. Sadeb. Verursacht auf Prunus Chamaecerasus Ehrh. Sprossdeformationen und röthliche, unten weissbereifte Blattflecke. Das subeuticulare Mycel überwintert in den Knospen und erzeugt an der Blatt- unterseite zusammenhängende, subecuticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind gewöhnlich an der Basis etwas verbreitert, 8—10 „hoch, 6— 10 „ breit. Die Asken sind keulenförmig bis eylin- drisch, 18—35 , lang, 6— 8, breit. Die Sporen sind 6—7, lang, und ca. 5. breit. Der Pilz wurde bis jetzt nur bei Hamburg beobachtet. Fig. 53. Taphrina minor (nach Sadebeck) (600/1). 34. Taphrina Insititiae Johans. Syn.: Exoascus Insititiae Sadeb, Verursacht an Prunus Insititia L., Prunus domestica L. und Prunus pennsylvanica L. Hexenbesen und unterseits grauweiss bereifte Flecken an den Blättern. POS nn 851 Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet an der Unterseite der Blätter eine zusammenhängende, subeuticulare Hymenialschicht. Die Sporenschläuche sind gestielt, die Stielzellen sind 68. hoch und 7—10, breit, nach unten bisweilen spitz zulaufend. Die Asken sind keulenförmig bis fast cylindrischh 25—80, lang und 8—10 u breit. Die Sporen sind etwa 3,5, im Durchmesser. Conidiensprossung ist nur sehr selten zu beobachten. In Mitteleuropa kommt der Pilz zerstreut auf Prunus domestica und Prunus Insititia vor, in Nordamerika ist er bisher nur auf Prunus pennsyl- Yig.54. Taphrina Insititiae (600/1). vanica beobachtet worden. 35. Taphrina deeipiens (Atkinson). Exoascus deeipiens Atkinson. Verursacht auf Prunus americana Marsh. Deformationen der Sprosse . und Blätter. Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet an der Unterseite der Blätter subeutieulare Hy- menien. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind meist etwas breiter als die Asken, gewöhnlich unten ab- gerundet, seltener zugespitzt. Fig. 55. Taphrina decipiens Sie sind 6—13, hoch und (nach Atkinson) (800]1). 7—12 , breit. Die Asken sind unregelmässig keu . oben abgerundet oder stumpf, 20—40, lang, 7101. breit. In den Asken tritt häufig Conidienbildung ein. Der Pilz ist nur aus Nordamerika bekannt. . Var. superfieialis Atkinson befällt die jungen Früchte und ver- ursacht Hypertrophie derselben. Die Varietät wurde gleichfalls nur lenförmig, oft fast eylindrisch, in Nordamerika beobachtet. 352 36. Taphrina Cerasi Sadeb. Exoascus Cerasi Sadeb. Exoascus deformans ß Cerasi Fuckel. Exoascus Wiesneri Rathay pro parte. Taphrina Gilgii P. Hennings et Lindau. Verursacht an Prunus Cerasus L., Prunus avium L. und Prunus Cha- maecerasus Hexenbesen und Blattdeformationen. Die deformirten Blätter sind runzelig, verkrümmt und unter- seits mit weisslichem Reif überzogen. Das intercellulare Mycel peren- nirt in den Sprossachsen und bildet vorwiegend oder ausschliesslich an der Unterseite der Blätter subeuticu- lare, zusammenhängende Hymenien. Die Sporenschläuche sind ge- stielt, die Stielzellen sind 10—17y hoch, 5—8,, in einzelnen Fällen nur gegen 3, breit. Die Asken sind keulenförmig bis fast eylindrisch, 80—50,. hoch und 7—10yu breit. Fig. 56. Taphrina Cerasi (600/1). Die Sporen sind oval, 6-9, lang, 5-—7 u breit. Conidiensprossung tritt bisweilen ein. Der Pilz kommt in Mittel- europa von den Alpen nördlich bis zu der skandinavischen Halb- insel an beiden Wirthspflanzen vor, in Nordamerika ist derselbe bisher nur an verwilderten Exemplaren von Prunus avium beobachtet worden. Mai, Juni. 37. Taphrina Pruni Tul. Exoascus Pruni Fuckel. Verursacht auf Prunus dome- stica L. die als Taschen oder Narren . bezeichneten Deformationen des Fig. 57. Taphrina Pruni (600/1). Fruchtknotens Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet in den jungen Fruchtknoten zusammenhängende, subeuticulare Hymenien. 353 Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzelle ist 10-20 „ hoch und bis 8, breit, am untern Ende gerade oder abgerundet, selten ein wenig zugeschärft. Der Askus ist schlank keulenförmig, bisweilen fast eylindrisch, 30— 60, lang, 8—15, breit. Die ovalen Sporen sind 4—5,. im Durchmesser, bisweilen tritt im Askus hefeartige Sprossung ein. Der Pilz ist in Mitteleuropa und Nordamerika häufig. Juni, Juli. 38. Tuphrina mirabilis (Atkinson). Exoascus mirabilis Atkins. Verursacht auf Prunus angusti- folia Marsh., Prunus hortulana L. H. Bailey und Prunus americana Marsh. Deformationen der Laubknospen, Junger Zweige und Früchte. Das intercellulare Mycel perennirt . in den Sprossachsen und bildet sub- Fig. 58. Taphrina mirabilis euticulare Hymenien an den Früchten (mach Atkinson) (60O/M). und Zweigspitzen. Die Sporenschläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind meist an der Basis flach abgerundet oder gerade, 10-18, hoch und 5-8 ı breit. Die Asken sind keulen- förmig, oben flach abgerundet oder stumpf 25— 45, lang und 8—10, breit. Die Sporen sind eiförmig. Der Pilz ist in Nordamerika beobachtet worden. 39. Taphrina Farlowii Sadeb. Exoaseus Farlowii Sadeb. , Exoascus varius Atkinson. N Verursacht auf Prunus Fig. 59. Taphrina Farlowii serotina L. Deformationen der (nach Atkinson) (600/1). Blätter, der Sprossspitzen und der Blüthenhüllen und Taschenbildung der Früchte. Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet in den Früchten zusammenhängende, subcuticulare Hymenien. 354 Die Sporenschläuche sind gestielt, die Stielzelle ist 12—20, hoch und 8—12, breit, am untern Ende meist gerade, selten stumpf zugespitzt. Sie dringen nicht zwischen die Epidermiszellen ein. Die Asken sind keulenförmig, oben abgerundet oder stumpf. Ihre Länge beträgt 20—33 ,, ihre Breite 8—12,. Die Sporen sind kugelig und 3—4, im Durchmesser. Conidien- sprossung tritt häufiger ein. Der Pilz ist in Nordamerika verbreitet. 40. Taphrina confusa (Atkinson). Exoascus confusus Atkinson. Verursacht auf Prunus virginiana L. Deformationen der Früchte und der Blüthenhüllen. Das intercellulare Mycel perennirt in den Zweigen und bildet in den Früchten und bis- weilen auch an den Blüthen subeuticulare Hymenien. DieSporenschläuche sind gestielt. Die Stiel- zellen sind cylindrisch, nach unten nicht oder doch nur unbedeutend verschmälert, an der Basis gerade oder flach abgerundet. Sie sind 15—30 u hoch, 6—10 u breit. Fig.60. Taphrina confusa (nach Atkinson) (600/1). Die Asken sind keu- lenförmig bis schlank eylindrisch, 30—50 „ lang und 8—12. breit. In den Asken findet Conidiensprossung statt. Der Pilz ist bisher nur in Nordamerika beobachtet worden. 41. Taphrina Rostrupiana (Badeb.). Exoascus Rostrupianus Sadeb. Verursacht auf Prunus spinosa L. Taschenbildung der Früchte. 355 Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen: und bildet in den jungen Fruchtknoten zusammenhängende subeuticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind gestielt, die Stielzelle ist von wechselnder Gestalt, sie wird 10—16, hoch und 1,5—6 breit und ist am untern Ende verschmälert. Die Asken sind schlank keulen- förmig, fast cylindrisch, 35—50, lang, 6—8 u breit. Die ovalen Sporen sind 6—-7, lang und 3—4, breit. Sie sind meist zu acht im Askus vorhanden. Conidiensprossung im Askus ist selten. Der Pilz ist bisher nur in Mittel- europa beobachtet worden, und ist im Fig. 61. Taphrina Rostrupiana Süden bis nach Norditalien, im Norden (nach Sadebeck) (600/1). bis nach Skandinavien ausgebreitet. 42. Taphrina communis (Sadeb.). Exoascus communis Sadeb. Verursacht auf Prunus maritima Wang, Prunus pumila L., Prunus americana Marshall und Prunus nigra Aiton Taschenbildung der Früchte. Das intercellulare Mycelperen- nirt in den Achsen und bildet in den jungen Früchten zusammen- hängende, subeuticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind ge- stielt. Die Stielzelle ist 15—25 hoch und 83—6, breit, gewöhnlich unten verschmälert. i : Ser Fig. 62. Taphrina communis rmi Die Asken sind keulenförmig, (nach Sadebeok) (600/1). 2545, lang und 6104 breit. a auf Prunus americana, Die kugeligen bis eirunden b auf Prunus pumila, Sporen sind 5, lang und 3—4y e auf Prunus maritima. breit, häufig findet Conidienspros- sung im Askus statt. Der Pilz ist nur in Nordamerika gefunden worden. 356 43. Taphrina longipes (Atkins.). Exoascus longipes Atkinson. Verursacht an Prunus americana Marsh. Deformation der Früchte. Dasintercellulare Mycel peren- nirt in den Sprossachsen und bildet an den jungen Früchten subeuti- culare Hymenien. Die Sporenschläuche sind ge- stielt. Die Stielzellen sind nach unten verschmälert und dringen zwischen die Epidermiszellen ein. Ihre Höhe beträgt 25—35,, ihre Breite 3—5 y. Die Asken sind keulenförmig, Fig. 63. Taphrina longipes oben flach abgerundet oder stumpf, (nach Atkinson) (600/1). 30-40 „ lang, 7—10, breit. Die Sporen sind kugelig oder eiförmig, 3—4,. im Durchmesser, Der Pilz kommt in Nordamerika vor. 44, Taphrina rhizipes (Atkinson). Exoascus rhizipes Atkinson. Verursacht an Prunus_ triflora Roxburgh Deformationen der Laub- knospen und Früchte. Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet an den jungen Früchten und Knospen sub- euticulare Hymenien. Die Sporenschläuche sind ge- stielt. Die Stielzellen sind sehr lang, häufig rhizoidartig verzweigt und dringen weit zwischen die Epidermis- zellen hinein. Bisweilen treten in ihnen Querwände auf. Ihre Höhe beträgt 25-40 „, ihre Breite 3—d Fig. 64. Taphrina rhizipes Die Asken sind keulenförmig, {nach Atkinson) (600/1). 30—40, lang und 8—10ı breit. Auch aus ihrem untern Ende entspringen bisweilen rhizoidartige Ver- zweigungen, 357 Der Pilz ist in Nordamerika’ gefunden worden. Nicht berücksichtigt wurde: Exoascus cecidomophilus Atkinson auf Insectengallen der Früchte von Prunus virginiana L. e) Auf Potentilleen,. Nr. 4. 45. Taphrina Potentillae Johans. Exoaseus deformans Fuck. var. Potentillae Farl. Taphrina Tormentillae Rostr. Magnusiella Potentillae Sadeb. Verursacht auf Potentilla silvestris Neck., Potentilla canadensis L. und Potentilla geoides M. B. gelb- röthliche Flecke und Auftreibungen an Stengeln und Blättern. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich intercellular in den befallenen Theilen aus. Von den unter der Epidermis verlaufenden Hyphen wachsen die einzelnen Zellen zu seitlichen Aesten aus, welche an die Oberfläche empor- - dringen und direet zu Sporen- schläuchen werden. Stielzellen werden nicht ab- getrennt. Die Asken sind schlank, keulenförmig, oben abgerundet, nach unten in einem langen, schmalen Basaltheil ausgezogen. Ihre Länge beträgt 40-60 „, ihre Breite bis 10... Die Sporen sind eiförmig, 5—8, lang und 4, breit. Der Pilz wurde bisher in Mitteleuropa von den Alpen bis Skandi- navien an vereinzelten, weit getrennten Standorten und in Nordamerika beobachtet. Juni bis August. D) Der Aesculi-Stamm. Nr. 46—49. Die Sporenschläuche sind plump eylindrisch, oben gerade oder abgerundet. Die hieher gehörenden Arten schmarotzen auf Eucy- cliern. Fig. 65. Taphrina Potentillae (600/1). a) Auf Sapindaceen. Nr. 46. 46. Taphrina Aesculi (Ellis & Everhardt). Ascomyces deformans Berk. f. Aesculi Ellis & Everh. (North Amer. Fungi II. Serie 1887). 358 Verursacht auf Aesculus californica Nutt. Hexenbesen, sowie Verkrümmung und Verfärbung der Blätter. Das intercellulare Mycel peren- nirt im Innern der Sprossachsen und bildet dichte, subeutieulare Hymenien auf beiden Blattseiten. Die Sporenschläuche sind ge- stielt. Die Stielzellen sind querbreiter, 5—8, hoch und bis 15, breit. Die Asken sind plump cylin- drisch bis fast keulenförmig, oben flach abgerundet, 25—30 , lang und gegen 9, breit. Fig. 66. Taphrina Aesculi (600,1). Die Sporen sind kugelig bis ei- förmig, ca. 4—5, im Durchmesser. Der Pilz wurde bisher nur in Californien gesammelt. b) Auf Anacardiaceen. Nr. 47. 41. Taphrina purpurascens Robins, Exoascus purpurascens Sadeb. Ascomyces deformans Berk. var. purpurascens Ellis & Everhart. Verursacht auf Rhus copallina L. Blattdeformationen. Die Blätter sind blasig aufgetrieben und purpurroth ge- färbt. Das intercellulare Mycel perennirt in den Sprossachsen und bildet in den Blättern eine lockere, subcuticulare Fig. 67. Taphrina purpurascens Hymenialschicht, (600/1). Eine Stielzelle ist an den Sporen- schläuchen nicht abgetrennt. Die Sporenschläuche sind in ihrem oberen Theil plump eylin- drisch bisweilen nach der Mitte eingezogen, oben abgerundet, nach unten gehen sie in einen querbreiten Fuss über. Ihre Länge beträgt 24—32,, ihre grösste Breite im obern Theil 9—14 „, in dem Fuss 9-21. Die elipsoidischen Sporen sind 3,5—5, lang und 2,5—4yu breit. Conidiensprossung tritt frühzeitig ein. 359 Der Pilz ist bisher mit Sicherheit nur in Nordamerika nach- gewiesen worden. ec) Auf Acerineen. Nr. 48-49. 48. Taphrina acericola Massal. Verursacht auf Acer campestris L. und Acer Pseudoplatanus L. Blattflecke. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich in den Blättern sub- euticular aus und bildet ein zusammenhängendes subeuticulares Hymenium. Die Sporensehläuche sind gestielt. Die Stielzellen sind querbreiter, unten eben, 4— 7, hoch und 10—15, breit. Die Asken sind plump eylindrisch bis keulenförmig und ragen nach unten etwas in den Raum der Stielzelle vor. 16—26, lang und 6—8, breit. Die Sporen messen 2,5—3,5 p. Der Pilz wurde bisher nur in Italien beobachtet. Fig. 68. Taphrina acericola (600/1). 49. Taphrina polyspora Johans. Ascomyces polysporus 'Sorokin. Exoasceus Aceris Linhart. Verursacht auf Acer tatari- eum L. unregelmässige röthlich braune bis schwärzliche Blattflecke. Das subeutieulare Mycel per- ennirt in den Knospen. Es ver- breitet sich vorwiegend an der Oberseite der Blätter und bildet Den Gruppen von askogenen Zellen, elo do ol? or ale to welche zu einem mehr oder min- Fig. 69. Taphrina polyspora der dichten, subeuticularen Hy- (nach Johanson) (80/1). menium zusammenschliessen. Eine Stielzelle wird nicht gebildet. Die Sporenschläuche sind plump eylindrisch und beiderseits flach abgerundet. 33—47, lang und 12—17, breit. Die Sporen haben 4—5, im Durchmesser. 360 Meist sind die reifen Schläuche mit zahlreichen kleinen Spross- eonidien erfüllt. Der Pilz ist bisher in Südrussland, Ungarn, im östlichen Deutsch- land und Skandinavien beobachtet worden. Juni. Nicht berücksichtigt wurde Aseomyces letifer Peck. auf Acer spicatum. (Peck. Ch. H. Fortieth annual report of the N. York State Museum of Nat. Hist. 1886.) II. Gattung Magnusiella. Nr. 50—51. Die Sporenschläuche sind sackfürmig, eirund oder fast kugelig. 50. Magnusiella Githaginis Sadeb. Taphrina Githaginis Rostr. Verursacht auf Agrostemma Githago I. gelbliche Flecken an Spross und Blättern. Das Mycel perennirt nicht. Es durchzieht intercellular alle Theile der Wirthspflanze und bildet sowohl am Stengel als an den Blättern subepidermale Lager von Sporensäcken, welche sich aus den Endzellen aufsteigender Fadenäste entwickeln. Eine Stielzelle wird nicht ab- getrennt. DieSporensäcke sind elip- soidisch, 48—58 „ lang und 30—45 y breit. Die Sporensäcke sind früh mit länglichen Sprossconidien er- füllt, welche 4—6 , lang und 2—3y breit sind. Der Pilz wurde bisher nur in Dänemark beobachtet. Fig. 70. Magnusiella Githaginis (nach Rostrup) (800/1). 51. Magnusiella Umbelliferarum Sadeb. Taphrina Oreoselini Massalongo. Taphrina Umbelliferarum Rostr. 361 Verursacht auf Heracleum Sphondylium L., Peucedanum palustre Mnch. und Peucedanum Oreoselinum Mnch. unregelmässige, grau- bereifte Blattflecken. Das Mycel perennirt nicht. Es breitet sich hauptsächlich dem Verlauf der Nerven folgend intercellular im Blattgewebe aus und bildet vorwiegend an der Blattoberseite unter der Epidermis eine lockere Schicht von askogenen Zellen, welche die Endzellen auf- steigender Mycelfäden sind. Fig. 71. Magnusiella Umbelliferarum (600/1). Eine St!elzelle wird nicht abgetrennt. Die Sporensäcke sind sackförmig, eirund, 45— 75 lang, 26—60 breit. Der Inhalt der Sporensäcke wird bei der Reife von zahlreichen runden oder länglichen Sprossconidien gebildet, deren Dimensionen sich innerhalb der Grenzen 2—7, bewegen. Der Pilz ist in Mitteleuropa, in Italien, Süddeutschland, Däne- mark an vereinzelten weit getrennten Standorten aufgefunden worden, Nicht berücksichtigt wurden Ascomyces fulgens Clarke (Grevillea VIII p. 97 f). — Taphrina candieans Sace. auf Teuerium Chamaedrys (Michelia I p. 118). — Taphrina Inglandis Berk. auf Inglans nigra (Comes, Le erittogame parasite etc. Napoli 1882 p. 234). Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 24 Ueber die Bedingungen der Conidienbildung bei Russthaupilzen. Von W. Schostakowitsch. Man bezeichnet mit dem Namen „Russthau* eine Pllanzenkrank- heit, die vorzüglich an Holzgewächsen vorkommt, und sich darin äussert, dass meistens die Oberfläche der Blätter, manchmal auch die der Zweige, mit schwarzen krustenartigen Ueberzügen bedeckt ist. Diese Krusten lassen sich leicht von der Oberfläche abheben. Bei näherer Untersuchung der Schnitte der befallenen Blätter stellt sich heraus, dass die Epidermis der Blätter vollkommen intact bleibt, d. h. die Mycelfäden nur an der Oberfläche kriechen und nicht in das Blattgewebe eindringen. Der „Russthau“ ist also kein Parasit. Dem- gemäss ist er für die befallene Pflanze im allgemeinen nicht schäd- lich, höchstens kann er indireet durch Verminderung der Assimila- tionsthätigkeit der Blätter wegen seiner Undurchdringlichkeit für Licht von Schaden sein, Einige Pflanzen, z. B. Hopfen '), leiden durch „Russthau“ wahr- scheinlich wegen seiner massenhaften Entwiekelung zu krustenartigen Veberzügen. Nach Frank (l. e. p. 567—568) befällt „Russthau“ fast sämmt- liche einheimische Holzgewächse. Er kommt z. B. vor auf Rüstern Linden, Eichen, Pappeln, Rosen, Kastanien etc. Ungeachtet seiner allgemeinen Verbreitung ist der „Russthau“ sehr wenig untersucht worden. Der „Russthau“ ist bis zu einem ge- wissen Grade eine Sammelstelle für manche wenig bekannte schwarze oder braune Pilze. Zu den wichtigsten Russthaupilzen gehören haupt- sächlich Fumago, Hormodendron, Cladosporium, Pleospora, Dematium und Coniotheeium, von welchen Pilzen Fumago die wichtigste Rolle spiel. Wie schon erwähnt, wachsen diese Pilze gemeinschaftlich und bilden zusammen die schwarze Kruste, oder sie treten einzeln auf, was besonders von Cladosporium und Hormodendron gilt. Die letzten zwei Pilze gehören zu den überall verbreiteten ge- wühnlichsten Schimmelpilzen. Sie wachsen meistens sapropbytisch auf den im Absterben begriffenen Pflanzentheilen und bilden schwarze oder braune Flecken, Nach vielen Litteraturangaben können diese Pilze auch parasitisch auftreten, besonders in feuchten Jahren, und dann für manche Cultur- gewächse von bedeutendem Schaden sein. 2) Frank, Krankheiten der Pflanze, 1880, p. 574. 363 So berichtet z. B. Galloway!'), dass in Amerika die Pfirsiche und Reben viel von Cladosporium viticolum leiden. Dasselbe hat S. Arthur?) für Gurken constatirt. Nach der Beobachtung von Rostrup erwies sich Cladosporium graminis als Parasit, welcher die Blätter vieler Gramineen angreift und ihr Welken bewirkt. Neuerdings hat E. Janczewsky?°) Cladosporium als Parasit auf Getreide gefunden und die Art und Weise der Infection genau beobachtet und beschrieben. Brunne‘) hat eine neue Species von Hormodendron — Hormo- dendron Hordei — untersucht, welche auf Gerste auftritt und ganze Felder zu Grunde richtet. Ausser zahlreichen kleinen Berichten über das Auftreten der Russthaupilze auf verschiedenen Pflanzen gibt es noch einige grössere Arbeiten über ihre Entwickelung. Einige Forscher, welche sich mit diesen Pilzen eingehend beschäftigt haben, sind zu dem Schlusse ge- kommen, dass sie in genetischem Zusammenhang stehen. Schon Löw), der ausführlich den Bau und die Entwickelungs- geschichte der Conidien von Hormodendron und Dematium beschrieben hat, wies darauf hin, dass die Conidien dieser Pilze sehr viel Aehn- lichkeiten aufweisen. Laurent‘) hebt als Hauptergebniss seiner Untersuchungen hervor, dass Cladosporium herbarum in einem merkwürdigen Grade polymorph ist, indem zu Cladosporium ausser den Pilzformen, welche unter dem Namen Hormodendron und Dematium bekannt sind, noch zwei Arten von echten Hefepilzen gehören. Nach der Auffassung von Laurent ist Dematium nichts anderes als eine, durch die Lichtwirkung abge- schwächte Form von Cladosporium. Die Culturen von Cladosporium, die dem Lichte ausgesetzt wurden, gingen nach Laurent in die De- matiumform über. Der umgekehrte Versuch, Dematium in Uladosporium umzu- wandeln, ist nicht gelungen. 1) Notes Journal of Mycologie. Waslhing. 1889. 2) Bull. of the Agricultur Experiment station of Indiana N. 19, 1889. 3) Cladosporium herbarum i jego najpospolitsze na zbozu towarzysze, 1894. 4) Hormodendron Hordei (Beitr. zur Physiologie und Morphologie niederer Organismen 4. Heft 1894). 5) Pringsheim’s Jahrbücher Bd. 6. 6) Recherches sur le Polymorphisme du Cla PInstitut Pasteur Voll. II, 1888. dosporium herb. Annales de 24* 364 Costantin!) spricht sich auch für den Zusammenhang von Dematium, Cladosporium und Hormodendron aus. Janczewsky?) behandelt in seiner Arbeit den Bau und die Entwickelungsweise der erwähnten Pilze und beschreibt die Peritheeien von Cladosporium unter dem Namen „Sphaerella 'Tulasnei“. Er führt als Argumente für die Zusammengehörigkeit dieser drei Pilze an: 1. die morphologische Aehnlichkeit ihrer Conidien und 2. die Thatsache, dass die von ihm auf Getreide gefundenen und als unentwickelte Perithecien von Cladosporium' gedeuteten Sclerotien in Nährlösungen entweder Cladosporium oder Hormodendron bilden. Doch hat Janczewsky nie in seinen Culturen die Umwandlung von Hormodendron in Cladosporium und umgekehrt beobachtet. Nach Frank (I. e. p. 570) gehört auch Coniotheeium zu Clado- sporium. Auf Seite 570 ist Coniotheeium abgebildet, das einen Conidienträger von Cladosporium trägt. Schliesslich sei hier die früher sehr allgemein verbreitete Ansicht erwähnt, dass Pleospora herbarum im genetischen Zusammenhange mit Cladosporium steht. Wenn man alles, was nach diesen Angaben zu Cladosporium ge- hören soll, zusammenstellt, so bekommt man einen recht merkwürdigen Fall von Polymorphismus. Cladosporium ist nämlich im Stande, in folgenden Formen auf- zutreten: in Cladosporium, Hormodendron, Dematium, Coniothecium, Pleospora und noch zwei Hefearten, d. h. Cladosporium hat sieben verschiedene Formen. In dieser Vielgestaltigkeit wird er nur von Fumago übertroffen, indem Fumago nach den Untersuchungen von Aopf (Die Conidienfrüchte von Fumago Nova Acta Acad. Bd. 40 1878) zwölf verschiedene Formen bildet. Die vorliegende Arbeit ist im botanischen Institut zu Basel aus- geführt worden nach dem Rath und unter der Leitung des Herrm Prof. Klebs, dem ich hier meinen herzlichsten Dank ausspreche für manche Belehrungen und Unterstützungen. Die Arbeit hat einen doppelten Zweck: 1. eine möglichst definitive Entscheidung der Frage über Polymorphismus von Cladosporium und Fumago und 2. die Bestimmung der Bedingungen der Conidienbildung bei diesen Pilzformen. Es seien hier noch einige Worte über die Methoden der Unter- 1) Sur les variations des Alternaria et des Cladosporium. Revue generale de Botanique 1889. 2) Cladosporium herbarum i jego najpospolitsze na zbozu towarzysze 1894. 365 Die Hauptbedingung bei solchen Arbeiten ist das Experimentiren mit absolut reinen Culturen. Man kann die Wichtigkeit dieser Be- dingungen nicht genug betonen. Die vielen Irrthämer auf dem Ge- biete der Mycologie sind nur durch unreine Culturen entstanden. Der sicherste Weg, vollkommen reine Oulturen zu bekommen, besteht darin, dass man in die betreffende Culturflüssigkeit nur eine Spore von dem untersuchten Pilz aussäet. Besonders schwierig ist das Isoliren der Pilze, welche zusammenwachsen, kleine und ziemlich ähn- liche Conidien haben. Ich benützte dabei folgende Methode. Ich brachte die Sporen der zu untersuchenden Pilze in einen Tropfen Wasser und nahm unter dem Mikroskop mit Hilfe einer capillaren Pipette möglichst wenige Sporen heraus. Die genommenen Sporen brachte ich in einen neuen Wassertropfen, mischte sorgfältig und wiederholte das Verfahren so lange, bis in einem Tropfen nur eine Spore lag. Die auf solche Weise hergestellten vollkommen reinen Culturen dienten als Ausgangsmaterial für alle Versuche. Da die lange Auf- bewahrung der Culturen in reinem Zustande manche Schwierigkeiten bietet, so habe ich gewöhnlich nach zwei bis drei Wochen frische Reserveculturen gemacht. Die sämmtlichen Nährsubstrate wurden mittelst heissen Dampfes sterilisirt. Die Infeetion geschah durch Uebertragung einiger Sporen mit ausgeglühten Nadeln in das be- treffende Substrat. Fast alle Pilze wurden in Petrischalen und Glas- dosen cultivirt, was unmittelbare Beobachtung mit starken Vergrösse- rungen gestattete. Wenn es möglich war, dienten die Culturen auf den Objeetträgern zur Controlle. Cladosporium, Hormodendron und Dematium wurden auf Pha- seolus-Früchten, Fumago auf Palmenblättern in dem botanischen Garten gefunden. Im nachfolgenden werden Cladosporium und Hormodendron, ferner Dematium und endlich Fumago einzeln besprochen. Cladosporium herbarum Link und Hormodendron cladosporioides Sacc. Die Conidien von Cladosporium herbarum stellen ein-, zwei- oder dreizellige ovale Körper vor. Die Länge der Conidien schwankt zwischen 10—25p. Ihre Membran ist mit Warzen bedeckt. Schon nach 5—6 Stunden nach der Aussaat im verdünnten Traubensaft zeigen die Conidien die ersten Anfänge der Keimung. Sie treiben, ohne merklich anzuschwellen, farblose, dicht mit feinkörnigem Proto- plasma gefüllte Keimschläuche. Jede Zelle der Conidie ist im Stande, einen Keimschlauch zu bilden. Die Stelle, wo der Keimschlauch zum Vorschein kommt, ist noch vor dem Hervorbrechen des Schlauches, 868 keit erklärlich. In Bezug auf das Verhalten von Hormodendron und Cladosporium können folgende zwei Möglichkeiten in Betracht kommen. Entweder sind beide Pilze vollkommen selbständig oder es stellt Hormodendron nur eine durch gewisse äussere Bedingungen hervor- gerufene Form von Cladosporium dar. Laurent (l. ec.) behauptet auf Grund seiner Culturen einen genetischen Zusammen- hang zwischen beiden Pilzen. Doch er gibt diejenigen Oulturbedingungen, welche Hormo- dendron hervorrufen, nieht an. Dagegen haben Janezewsky und ich in keiner Cladosporiumeultur die Bildung von Hormo- dendron oder umgekehrt beobachtet. Es wurden im Weitern die Einwirkungen des Sonnenlichtes, der Wärme und in erster Linie der chemischen Zusammensetzung des Fig. 2. Conidienträger von Substrates geprüft. Was die Wirkung des Hormodendron (790/1). direeten Sonnenlichtes anbelangt, so haben die angestellten Versuche übereinstimmend mit Versuchen von Jan- ezewsky zu einem negativen Resultat geführt, d. h. man konnte nie constatiren, dass die Hormodendronculturen unter diesen Bedingungen Cladosporium oder diejenige von Cladosporium — Hormodendron oder Dematium bilden. Die betreffenden Culturen wurden auf verdünntem Traubensaft gemacht und tagsüber bis zur Bildung von Conidien der Sonne aus- gesetzt. Die Behauptung Laurent’s, dass Cladosporium durch die Einwirkung von Sonnenlicht in Dematium übergehe, ist somit ein Irrthum und beruht wahrscheinlich auf unreinen Oulturen, mit welchen er experimentirt hat. Bei den Versuchen mit verschiedenen Nährsubstraten wurde zu- erst das Hauptgewicht darauf gelegt, das Verhalten der beiden Pilze einerseits zu Stickstoff, andererseits zu kohlenhydratreichen Nähr- medien festzustellen. Als ausschliesslich stickstoffhaltige Nährböden wurden benützt: 1. Mistdecoct, 2. Pepton 2°), 3. Gelatine; als kohlenhydrathaltige: 4. die Lösungen von Rohrzucker von verschiedener Concentration, 5. Rohrzucker + 0,5% Knop’sche Lösung, 6. Traubenzucker, 7. Milch- zucker. Weiter wurden auch viele Culturen auf folgenden Substraten von gemischter Zusammensetzung gemacht: 8. auf Traubensaft, 9. auf 389 Agar-Agar, 10. auf gekochter Kartoffel, 11. auf Zwetschensaft, 12. auf Brod, 13. auf Rohrzucker, 2° + 0,5°/o Pepton, 14. auf mit Trauben- saft stark angefeuchtetem Brod, 15. auf Gelatine 3% + 0,2 °!o Pepton -+ 10% Rohrzucker, 16. auf sterilisirten Bohnenschoten und Kohl- blättern. Auf allen diesen Substraten entwickeln sich immer Oladosporium von den Sporen des Cladosporium und immer Hormodendron von denjenigen des Hormodendron. Dabei wachsen beide Pilze durchaus normal. Eine besondere Besprechung verdienen nur die Culturen von Cladosporium auf Agar-Agar. Cladosporium bildet hier eine Form, die man sehr schwer von Hormodendron unterscheiden kann. Es unterbleibt nämlich vollständig die Durchwachsung der Conidien- träger, die Conidien werden bedeutend kleiner und weisen eine glatte Membran auf. Unzweifelhaft ist diese Wuchsform durch die mangel- hafte Ernährung hervorgerufen. Diese Culturen beweisen eine Um- - wandlung in Hormodendron durchaus nicht, Wenn es wirklich so wäre, so müssten die Sporen von dieser hormodendronartigen Varietät von Cladosporium auf allen vorher erwähnten Substraten, wo die Ent- wiekelung von Hormodendron typisch verläuft, auch hormodendron- artiges Cladosporium bilden. Diess ist nicht der Fall, da die Sporen dieser Varietät, in bessere Nährsubstrate gebracht, immer wieder typisches Cladosporium bilden. Es ergibt sich somit als Resultat dieser langen Reihe von Culturen, dass Cladosporium und Hormodendron, ungeachtet ihrer morphologischen Aehnlichkeit, doch zwei verschiedene selbstständige Pilzformen vorstellen. Es gibt noch einen andern Weg für den Nachweis der Selbständigkeit dieser zwei Pilze und das ist die vergleichende Untersuchung der physiologischen Eigenschaften, eine Methode, die man schon lange mit Erfolg in der Bacteriologie anwendet. In Folgendem wollen wir die Resultate soleher Untersuchungen über Cladosporium und Hormodendron, besprechen. Die Conidien der beiden Pilze besitzen die gleiche Resistenzfähigkeit gegen die Einwirkung von hoher Temperatur; denn nach Einwirkung einer Temperatur von 95° C. während einer viertel Stunde verlieren sie ihre Keimfähigkeit. Das Maximum der Temperatur, welche die Conidien aushalten, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren, liegt unge- fähr bei 90° C. Die beiden Pilze stimmen auch darin überein, dass ihr Wachs- thum und ihre Keimung bei beständig wirkender Temperatur von 30° ausbleiben. 370 In Bezug auf die niedere Temperatur verhalten sich beide Pilze wesentlich verschieden. Cladosporium besitzt die merkwürdige Eigenschaft, bei 0—2°C. seinen vollen Entwickelungsgang zu durchlaufen. Die aufdem Gemisch von Agar-Agar mit Traubensaft ausgesäten Conidien keimen und bilden bei 0—2° C,, wenn auch viel langsamer als bei gewöhnlicher Zimmertemperatur, reife und keimfähige Conidien. Die Hormoden- dronsporen vermögen unter solchen Bedingungen nur kurze Keim- schläuche zu bilden. Durch die zahlreichen Keimungsversuche haben sich auch andere Verschiedenheiten herausgestellt. Es ist nämlich gelungen, für Cladosporium solche Keimungsbe- dingungen aufzufinden, bei welchen die vegetative Keimung ausbleibt und die Conidien unmittelbar zur Fructification übergehen, indem sie entweder einen mehr oder weniger langen Conidienträger treiben, an dessen Ende die Conidien in üblicher Weise entstehen oder die Conidien direct neue Conidien aussprossen. Die Bedingungen für dieses merkwürdige Verhalten der Cladosporiumsconidien sind: mög- lichst vollkommener Ausschluss von Nährstoffen, ungehinderter Luft- zutritt und genügende Feuchtigkeit. Man kann diese OCulturbedingungen verwirklichen, indem man die Conidien auf kleine Tropfen von desti- lirtem Wasser fallen lässt und das Deckgläschen mit diesem Tropfen in feuchter Kammer eultivirt. In solchen Culturen schwimmen manche Conidien auf dem Wasser und diese bilden bald wieder Conidien. Man kann auch die Kieselsäuregallerte als Substrat benützen. Für solche Versuche sind die jungen frischen Fig. 3, Spore von (la- dosporium, un B welche unmit- Conidien besser passend. Die alten Conidien büssen, telbar wieder wie es scheint, diese Eigenschaft ein wenig ein und Conidien ge- keimen unter solchen Bedingungen in Form eines bildet hat Schlauches. om. Auffallend ist weiter die Wirkung von ganz ge- ringen Mengen von Nährstoffen. In diesem Fall erzeugen die Conidien nie unmittelbar wieder Conidien, sondern bilden zuerst starkes Mycel. Die Concentration des Nährsubstrates wirkt in zwei verschiedenen Weisen: physikalisch, und zwar kommt hier in Betracht hauptsächlich die wasserentziehende Kraft der Lösungen, und chemisch. Die physi- kalische Wirkung isotonischer Lösungen verschiedener chemischer Substanzen ist gleich, keineswegs aber die chemische. Das tritt be- 371 sonders deutlich hervor, bei den Culturen in isotonischen Lösungen verschiedener Stoffe, in welchen die Pilze sich verschieden verhalten ungeachtet gleicher wasseranziehender Eigenschaften der Lösungen. Es wurde die Wirkung verschiedener Concentration von Rohr- zucker und Kalisalpeter geprüft. Dabei haben sich einige Unter- schiede zwischen Cladosporium und Hormodendron herausgestellt. Keimung und Wachsthum der beiden Pilze findet noch statt in 1000 Rohrzucekerlösung. Das gebildete Mycel zeigt ein etwas abweichendes Aussehen. Die Mycelfäden sind viel dünner als bei normalem Mycel. Die Quer- wände stehen durchschnittlich in grösseren Abständen voneinander und das Mycel geht sogar nach drei Monaten nicht in den Dauerzu- stand über. Die hohe Concentration der Lösung verhindert die Bildung der Conidien. Das Maximum der Concentration von Rohrzucker, bei der Cladosporium noch im Stande ist die Conidien zu bilden, liegt bei 25°); für Hormodendron in Rohrzuckerlösung erheblich höher, näm- lich bei 75%. Um die Einwirkung von Kalisalpeter auf die Entwickelung dieser Pilze zu untersuchen, wurden die Lösungen von verschiedener Concen- tration mit 1°) Traubensaft gemischt. Dieser Zusatz war nöthig, weil Kalisalpeter allein kein günstiges Nährsubstrat ist. Das Maximum der Concentration für die Bildung der Sporen befindet sich für Clado- sporium bei 18°; Hormodendron bildet Conidien noch bei 25 oo Kalisalpeter. Die Anwesenheit von 10°) Kalisalpeter in der Cultur- flüssigkeit ruft in Culturen eine merkwürdige Veränderung hervor. In solchen Culturen ist es unmöglich, Cladosporium und Hormodendron zu unterscheiden. Die Conidienträger der beiden Pilze sind durch- wachsen. Die Conidienbüschel bestehen unten aus sehr langen, sep- tirten, oben aus runden kleinen Conidien. Die Conidienmembran ist warzig. Die Controllversuche mit Conidien, die aus diesen Culturen entnommen wurden, haben gezeigt, dass die Sporen unter gewöhnlichen Bedingungen wieder typisches Hormodendron oder Cladosporium er- zeugen, so dass also die beiden Pilze trotz ihrer anscheinenden morphologischen Identität doch ihre specifische Natur bewahren. Die Conidienbildung steht in enger Beziehung nicht nur zur Coneentration der Nährlösung, sondern auch zur Menge des zur Ver- fügung stehenden Sauerstoffes. Cladosporium und Hormodendron bilden bei IOmm Luftdruck keine Conidien mehr. Cladosporium er- zeugt jedenfalls dabei Conidienträger, welche statt der Conidien nur - 872 kurze, reich verzweigte Aeste bilden. Wahrscheinlich im Zusammen- hang mit der Unentbehrlichkeit gewisser Mengen von Sauerstoff für die Bildung der Conidien steht die Thatsache, dass die untergetauchten Culturen der betreffenden Pilze keine Conidien zu bilden im Stande sind. Die Conidienträger von Hormodendron sind stark positiv helio- tropisch, worin sich dieser Pilz von Cladosporium unterscheidet. In Nachfolgendem fassen wir die gefundenen physiologischen Unterschiede zwischen Cladosporium und Hormodendron zusammen. Cladosporium ist im Stande, reife Conidien bei 0—2°C. zu erzeugen. Die Conidien können sofort wieder Conidien bilden. Die Grenze der Concentration, bei der die Bildung der Conidien noch vor sich geht, liegt bei 250 von Rohrzucker und 18°/, von Kalisalpeter; die Coni- dienträger sind nicht heliotropisch. Die Bildung der Conidien von Hormodendron ist durchschnittlich an höhere Temperatur gebunden. Die Conidienentstehung wird durch 75° Rohrzucker und 25°, Kalisalpeter verhindert; die Conidien- träger sind stark positiv heliotropisch. Diese physiologische Unterschiede im Zusammenhange mit der Thatsache, dass der Uebergang von Cladosporium in Hormodendron oder umgekehrt sich in keiner der sehr zahlreichen Culturen hat nachweisen lassen, berechtigen zu dem Schlusse, dass Cladosporium und Hormodendron zwei selbständige, aber sehr nahe verwandte Pilze sind. Wir haben schon über Zusammengehörigkeit der Pleospora herbarum mit Cladosporium gesprochen. Aus den gründlichen Unter- suchungen von Gibelli und Griffins!) geht hervor, dass diese Pilze selbständig sind und dass Pleospora in zwei Species gespaltet werden muss. Ich habe selber die Versuche mit reinen Culturen angestellt und habe bestätigt, dass die beiden Pilze selbständige Organismen sind, die in keinem Falle mit Cladosporium oder Hormodendron zusanımen-. hängen, wenn sie auch sehr häufig zusammen mit diesen wachsen. Es ist mir leider nicht gelungen in meinen Culturen die Askus- früchte zu bekommen, welche Janczewsky unter dem Namen „Sphaerella Tulasnei* beschrieben hat. Gleichfalls habe ich beim Material, welches er mir zu schicken die Güte gehabt hat, keine reifen Aski gefunden. Ieh will zum Schluss noch Einiges über die Arbeit von Brunne „Hormodendron Hordei“ bemerken. Der Verfasser hat zahlreiche 1) Sul polimorphismo della Pleospora herbarum. Archivio del laboratorio di botanica crittogamia. Pavia 1874. Fr 373 Experimente mit Hormodendron Hordei angestellt und ist zu etwas anderen Resultaten als ich gekommen. Der Hauptunterschied liegt in dem Verhalten zu Kohlenhydraten. Nach meinen Versuchen bildet Hormodendron die Conidien in Rohrzuekerlösungen von 1°|o anfangend bis zu 70%. Nach Brunne (l. c. Tabelle auf Seite 12) produeirt Hormodendron Hordei keine Conidien in 5° Rohr- und Trauben- zucker; ebenfalls hört nach ihm ‘die Conidienbildung bei 25°)o Rohr- zucker (p. 16) auf. Nach diesem schliesst er, dass sich die Conidien nur in Lösungen von 5°). bis 20° Rohrzucker bilden. Die genau nach den Angaben von Brunne gemachten Versuche haben gezeigt, dass Hormodendron cladosporioides in 5° Rohr- und Traubenzucker bereits nach drei Tagen reichliche Conidien erzeugt. Ebenfalls wurde das Verkommen der- abweichenden Mycelformen, welche Brunne ab- bildet (Taf. I Fig. 12—14), in den betreffenden Lösungen nicht ge- funden. Der Grund dieser Verschiedenheit liegt sicher darin, dass die Versuchspilze verschiedenen Spezies angehören. Der Pilz, mit dem ich experimentirt habe, ist mit Hormodendron cladosporioides identisch. Der Pilz von Brunne stellt die neue Species „Hormodendron Hordei“ vor. Dematium pullulans d. By. Dematium wurde zum ersten Mal im Jahr 1866 von de Bary beschrieben. Nachher hat Löw!) die Entwickelungsgeschichte dieses Pilzes ausführlich untersucht. Seitdem war Dematium sehr oft der Gegenstand der Untersuchungen verschiedener Mycologen. Die morpho- logischen Eigenschaften des Pilzes wurden viel beschrieben, desswegen begnügen wir uns hier mit einem kurzen Abriss seiner Entwickelung. Um die Entwickelungsgeschichte von Dematium besser zu über- sehen, wollen wir von den Gemmen ausgehen. Die Gemmen von Dematium sind meistens zweizellig, länglich ellipsoidisch oder biscuit- förmig. Sie besitzen eine dicke dreischichtige, aussen braune oder olivengrüne Membran. In irgend eine Nährflüssigkeit gebracht, schwellen ihr braunes Exosporium zerreisst in kleine Stücke, sie ein wenig an; die an der Gemme angeheftet bleiben. Jetzt sprossen an den schmalen ium winzige, kaum sichtbare Enden der Gemme aus dem Endosporl welche rasch ungefähr bis zur halben Grösse der Sterigmen aus, : psoidische Form annehmen und sich von Gemme anschwellen, eine elli 1) Ueber Dematium pullulans d. By. Pringsheim’s Jahrbücher Bd. 6. 374 der Gemme ablösen. An der Stelle der abgelösten Hefezellen bilden sich rasch neue u. s. w. Man kann vielfach diese Sprossung viel- mal nach einander verfolgen. Es ist ganz sicher, dass die Sprossung so lange andauert, als Nährstoffe im Substrat vorhanden sind. Die durch die hefenartige Sprossung gebildeten Zellen sprossen ihrerseits aus, und nach 24 Stunden ist der Tropfen der Cultur am Objectträger von der Masse der gebildeten Zellen ganz trüb. Manche Gemmen bilden zuerst einen mehr oder weniger langen septirten Schlauch, von dessen sämmtliche Zellen wieder Hefezellen aussprossen können. Bei Mangel an Nährstoffen oder in destillirtem Wasser steht die Sprossung still. Die Zellen nehmen biseuitförmige Gestalt an, theilen sich durch eine Querwand, ihre Membran wird diek und braun, mit einem Wort die Zellen bilden sich wieder zu Gemmen um. Ausser einzelnen Gemmen bilden sich auch Gemmenketten. Mehrfach ist von vielen Forschern, welche sich mit Dematium beschäf- tigen, die Aussicht ausgesprochen worden, dass Dematium kein selb- ständiger Pilz ist, sondern zu dem Entwickelungsgang anderer Pilze gehört. So fand z. B. Brefeld'), dass Fig. 4. Dematium pullulans (790/1). ein Ascomycet, nämlich Sphaerulina a) Mycel mit Hefesproasung, intermixta, in ihrem Entwickelungs- b) Gemme, gange dematiumähnliche Formen auf- e) auskeimende Gemme . : d) sprossende Hefezelle, weist, und er hat daraus ohne Weiteres geschlossen, dass Dematium pullulans eine Form von Sphaerulina sei: diese Annahme steht im Wider- spruch mit den Beobachtungen aller anderen Forscher, welche nie einen Zusammenhang von Dematium mit Sphaerulina eunstatirt haben. Die morphologische Aehnlichkeit dieser Fructificationsart von Sphaeru- lina mit Dematium beweist keineswegs die Zusammengehörigkeit beider Pilze. Es ist wohl möglich, dass diese Formen nur äusserlich Aehn- lichkeiten aufweisen. Die Beispiele solcher Art sind in der Myeologie so zahlreich, dass es überflüssig ist, weitere hier anzuführen. Wir haben schon früher auf die oft ausgesprochene Meinung hingewiesen, dass Dematium im genetischen Zusammenhang mit Hor- modendron und Cladosporium steht. 1) Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mycologie X. Heft p. 216. 375 Auf Grund aller von mir gemachten Versuche kann ich bestimmt behaupten, dass das nicht der Fall ist. Das Erscheinen von Dematium lässt sich in keiner Cultur von Cladosporium oder Hormodendron, die unter sehr verschiedenen Bedingungen angestellt wurden, nach- weisen. Es bildet eben Dematium in allen Fällen wieder Dematium und nie Cladosporium oder Hormodendron. Das Vorkommen von Dematium in den Culturen von Clado- sporium, die dem Sonnenlichte ausgesetzt wurden, was Laurent als experimentellen Beweis seiner Anschauungen betrachtet, ist offenbar auf unreine Culturen zurückzuführen, da nach übereinstimmenden Versuchen von Janczewsky und mir Cladosporium auch unter diesen Bedingungen immer Cladosporium erzeugt. In dem typischen Verlauf der Entwickelung bildet Dematium hauptsächlich die Hefe- zellen. Anders verläuft die Sache, wenn Dematiumhefe in stark concentrirte Lösungen von Kohlenhydraten ausgesäet wird. Es sei hier zuerst erwähnt, dass Dematium enorm starke Concentrationen von Kohlenhydraten zu vertragen im Stande ist. Es wurde ein jeden- falls ziemlich langsames Wachsthum in der 100 proc. Lösung von Trauben- zucker (100 Theile Traubenzucker auf 100 Theile Wasser) constatirt. Diese Lösung ist mit 36,47 °o Kalisalpeter isotonisch und besitzt sehr hohe osmotische Wirkung. In 50proc. und concentrirten Lösungen von Traubenzucker bildet Dematium lange, reich verzweigte Mycelfäden, die mit feinkörnigem Plasma dicht angefüllt sind. Die Aussprossung, welche unter den gewöhnlichen Bedingungen vorwiegend ist, tritt in solchen Culturen vollkommen zurück, in manchen, besonders stärker concentrirten Lösungen ist die Hefebildung vollständig aufgehoben. Die 50proc. Lösung von Rohrzucker hemmt auch die Hefebildung. Dieser merk- würdige Einfluss der stark concentrirten Lösungen auf das Wachsthum von Dematium ist in erster Linie durch ihre chemische Wirkung be- dingt. Die physikalische wasserentziehende Kraft der Lösungen kommt erst in zweiter Linie in Betracht. So entwickelt sich Dematium wesentlich anders in der mit 50 proc. Lösung von Traubenzucker isoto- nischen 18proc. Lösung von Kalisalpeter, zu der 1°;o Traubensaft hinzugefügt wurde, um die Lösung für den Pilz nahrhaft zu machen. In dieser Lösung bildet Dematium sehr reichlich die Hefen. Dieser Versuch beweist sehr anschaulich, dass die Wirkung der concentrirten Kohlenhydrate nicht bloss von ihren physikalischen, sondern auch von ihren chemischen Eigenschaften abhängt. Es sei hier be- 376 merkt, dass auch Eschenhagen') zu dem gleichen Schlusse ge- kommen ist. So gibt er z. B. in einer kleinen Tabelle (l. e. p. 55) die Grenzen der Concentration für einige Stoffe an, bei welchen Aspergillus niger, Penieillium glaucum und Botrytis einerea noch wachsen. Bei der Vergleichung dieser Zahlen ergibt sich, dass die isotonischen Werthe dieser Lösungen für einen und denselben Pilz sehr verschieden sind, d. h. das Maximum der Concentrationen für das Wachsthum der Pilze nicht vom isotonischen Coeffieient der Sub- stanz allein abhängig ist. Aehnlich wie die stark concentrirten Lösungen von Kohlenhydraten wirkt auch die Abwesenheit oder, besser gesagt, die Verminderung des Sauerstoffgehaltes der Luft. Die De- matiumeulturen auf verdünntem Traubensaft bei 10mm Luftdruck erzeugen fast ausschliesslich farblose, reich verzweigte Mycelien. In solchen Culturen kann man sehr hübsch sehen, dass am Mycel überall die Anlagen der Hefezellen entstehen, welche sich, statt sich zur Hefezelle auszubilden, verlängern und einen neuen Zweig bilden. Die Hefe- bildung wird auch vollkommen aufgehoben durch die andauernde Einwirkung der Temperatur von 30—31° C. Bei dieser Temperatur bildet Dematium keine Hefe und keine Mycelfäden, sondern ganz besondere Gebilde — Zellkörper, welche bis jetzt bei Dematium nicht beobachtet worden waren. Die Hefezellen von Dematium, welche in verdünntem Traubensaft ausgesäet und in den Thermostat bei 30—31°C. gestellt werden, schwellen bedeutend an, werden manchmal doppelt so gross als vorhin. Es tritt gewöhnlich am zweiten Tage die erste Querwand auf, bald nachher die zweite, die zu der ersten senkrecht steht. Der gebildete Zellkörper vergrössert sich, indem sich seine Zellen nach allen Richtungen theilen. Auf solche Weise bilden sich mehr oder weniger umfangreiche Zellkörper aus, im Allgemeinen von rundlicher Gestalt. Die Membran der Zellen verdickt sich stark 'nimmt tiefbraune, fast schwarze Färbung an und es gehen somit die gebildeten Zellkörper in den Dauerzustand über. Wir wollen diese Körper als Coniotheeium bezeichnen, weil sie auffallende Aehnlichkeit mit den Pilzen haben, welche von den Mycologen mit dem Namen Coniotheeium belegt wurden. Sie bilden, in frischen Traubensaft ge- bracht, bei gewöhnlicher Zimmertemperatur (8—13° C.) wieder ganz typische Dematiumhefen, indem ihre Zellen stark anschwellen, die braunen Membranen in Stücken zerrissen werden, und an austretenden dieken und äusserst kurzen Schläuchen lebhafte Hefebildung stattfindet. 1) Ueber den Einfluss von Lösungen verschiedener Concentration auf das Wachsthum von Schimmelpilzen. 377 Diese Coniotheciumkörper wachsen bei 30° C. zu ansehnlichen Gebilden von einigen Millimetern im Umfang heran. Die Figur stellt das Bild eines solchen Körpers dar, der erhalten war, nachdem am 21. März ge- bildete kleine Körper bis zum 2. April, also während 12 Tagen, bei einer Temperatur von 30° C. täglich in frischen Traubensaft übertragen wurden. Zuweilen beobachtet man da- bei einen andern Wachsthumsmodus. Aus den peripheren Zellen fangen die Hefezellen an auszusprossen. Sie lösen sich von den Mutterzellen nieht ab, sondern schwellen bedeutend an und bilden ihrerseits die neuen Aussprossungen. Durch Combination der beiden Wachsthumsarten bilden sich unregelmässige braune Klumpen, welche gewöhnlich mit einer Gallert- schichte umgeben sind. Die Wärme von 30° C. hat also einen mächtigen Einfluss auf Dematium. Sie modifieirt sehr stark das Wachsthum und ruft die Bildung derjenigen Zellkörper hervor, welche sonst bei Dematium nicht vorkommen. Doch ist die Einwirkung der Wärme, mit der Einwirkung der Concentration verglichen, wesentlich anderer Art. Soweit meine Erfahrungen ausreichen, hat die hohe Concentration der Kohlenhydrate immer als nothwendige Folge die vollkommene Auf- hebung der Hefesprossung. Im Gegentheil vermag Dematium an die höhere Temperatur sich anzupassen, d. h. mit anderen Worten, man kann die Hefebildung auch bei 30° C. erzielen durch längere Zeit fortgesetzte Üulturen. Es geschieht dies auf folgende Weise: einige Hefezellen, die von Coniotheeium bei Anfang des Versuches noch gebildet wurden, wurden in einer neuen (Cultur derselben Temperatur ausgesetzt. Dabei bildeten sich wieder Coniotheeium und auch Hefen. Bei der Fort- setzung dieser Culturen bekommt man schliesslich die Hefegeneration, die auch bei 30° C. zur Hefesprossung fähig ist und unter solchen Bedingungen keine Coniotheeium mehr bildet. Als Beispiel mag der folgende Versuch dienen: 20/3 Culturen von typischen Dematium — 22,3 Coniotheeium 22/3 Cultur von diesem Coniothecium 23/3 Coniothecium und einige Hefe 25 Fig.5. Coniotheeiumartiger Körper (790/1). Flora 1895, Ergänz.-Bd. 81. Bd. 378 24/8 Cultur von dieser Hefe 25/3 Coniotheeium und einige Hefe 25/3 do. 26/3 do. 25/3 do. 27/3 Coniothecium und viele Hefe 27/3 do. 28/3 do. 28/3 do. 29/3 sehr viele Hefe und nur wenige Conio- thecium | 29/3 do. 30/3 do. 30/3 do. 31/3 fast nur Hefe 31/3 do. 1/4 nur Hefe 1/4 do. 2/4 do. (Alle Culturen wurden auf Objectträger gemacht). j Durch diese allmähliche Anpassung an höhere Temperatur erklärt sich die Thatsache, dass sich in Massenculturen bei 30°C. nach ein bis zwei Wochen nicht nur Coniothecium, sondern auch Hefe vorfinden. Einige Versuche mit einer nicht näher bestimmten Coniothecium- Art, die ich im Gewächshaus auf Blättern von Tristiana gefunden habe, lassen die Vermuthung noch sicherer aufstellen, dass Conio- thecium entweder zu Dematium pullulans gehört, oder einen sehr nahe verwandten Pilz vorstellt. Die zahlreichen Culturversuche mit Coniotheeium haben gezeigt, dass Coniotheeium immer Dematiumhefen bildet, indem seine Zellen stark anschwellen, ihr braunes Exosporium zerreisst, und vom Endo- sporium aus sehr zahlreiche Hefen aussprossen, welche mit den Dematiumhefen vollkommen ähnlich sind. Weitere Versuche wurden nicht angestellt, da es mir nicht gelungen ist, eine absolut reine Cultur zu bekommen. Doch scheint es mir sehr wahrscheinlich zu sein, dass Conio- theeium (mindestens einige Arten) eine Form von Dematium ist. Die Insolationswärme der Sonne kann man der Einwirkung der Wärme auf Dematium gleichstellen, durch deren Eiufluss aus Dematium Coniothecium gebildet wird. Ob es wirklich so ist, könnten nur die Versuche mit reinen Culturen zeigen. Fumago vagans Pers. Wie schon früher hervorgehoben wurde, gehört Fumago zu den sehr wenig untersuchten Pilzen. Es gibt nur eine umfassende Arbeit über die Entwickelungsge- schichte von Fumago. Es ist die Abhandlung von Zopf: „Die 379 Conidienfrüchte von Fumago“ (Verhandlungen der Kaiserl. Leopold- Carolinisch. Acad. Bd. 40). Aus den Untersuchungen von Zopf geht hervor, dass Fumago in höchstem Grade polymorph ist, indem er in vielen verschiedenen Formen auftreten kann. Der Uebersichtlichkeit wegen wollen wir diese Formen in zwei Gruppen zerlegen. In der ersten Gruppe fassen wir die Hefebildung und alle Formen, welche sich von den Hefen entwickeln, zusammen. Die zweite Gruppe umfasst Conidienbüschel, Conidienbündel, flaschenförmige Früchte und Pykniden. Wenden wir uns zunächst zur ersten Gruppe. Die Bildung der Hefen verläuft nach Zopf folgendermaassen: „In eine etwa 5 proc. Zuckerlösung ausgesäet, pflegt die winzige Stylo- spore (so bezeichnet Zopfdie Pyknoconidien), an deren Stelle übrigens auch die Conidie der Büschel oder Bündel verwendet werden kann, zunächst ihr Volum um das Doppelte bis Mehrfache zu vergrössern. Mit dieser Anschwellung ist häufig eine Gestaltsveränderung verknüpft, so dass neben gestreckten, fast eylindrischen auch breitere, elliptische oder ovale bis sphärische Formen anzutreffen sind. Im Inhal treten während dieser Volumzunahme keinerlei wesentliche Verände- rungen auf. Das Plasma bleibt homogen, bleich, nur die beiden Oeltröpfchen, welche gewöhnlich an beiden Polen der Spore bemerkbar sind, treten bisweilen aus ihrer polaren Lage heraus. Aus der angeschwollenen Spore geht aber nicht, wie das unter günstigen Bedingungen der Fall, ein zum Mycel heranwachsender Keimschlauch hervor, sondern sie zeigt eine eigenthümliche Keimung, die man als hefeartige Sprossung zu bezeichnen hat. Sie erfolgt in der Weise, dass an einem der Pole eine minutiöse Ausstülpung entsteht, die rasch heranwachsend und durch eine Scheidewand sieh abgrenzend, in der Regel nieht die volle Grösse der Mutterzelle erreicht, wohl aber im Allgemeinen deren Gestalt nachahmt. Der Spross löst sich, fertig, sofort ab. Nach Ab- gliederung des stets terminalen Erstlingssprosses tritt lateral, aber in unmittelbarer Nähe des Poles, ein neuer Vegetationspunkt auf, nach dessen Ausbildung ein dritter, vierter folgt, welche gleichfalls um den Pol herum liegen“. (l. e. pag. 295, Tafel 7, Fig. 1, 2, 3.) Die Hefeerzeugung gelang Zopf nicht bloss in 5proc. Zuckerlösung, sondern selbst in ganz zuckerarmen Culturflüssigkeiten, ja sogar In reinem Wasser. Andererseits bekam Z opf auch in sehr zuckerreichen jedoch nur unter der Bedingung, dass losporen zur Verwendung kam. 25* Nährmedien eine Sprossung, eine möglichst grosse Anzahl von Sty 380 Er erklärt das damit, dass durch die Massenaussaat in den Üultur- tropfen sein Nährvorrath schnell herabgemindert wird. Schliesslich konnte Zopf die Hefen auch auf halbfesten Sub- straten und zwar auf Brod, das er mit verdünntem Traubensaft stark angefeuchtet hatte, erzielen. Auf Objeetträgern oder in Geissler- schen Kammern an einem möglichst tiefen Nährtropfen von schwachem Zuckergehalt gezüchtet, produeirte die Hefe nur wieder Hefesprosse. War die Aussaathefe nicht in einem tiefen Nährtropfen suspendirt, sondern in eine ganz dünne Schicht von schwacher Zuckerlösung ge- bettet, so dass sie dem Substrat (Kammerwandung, Objectträger) dicht anlag und die Luft zutreten konnte, so verhielt sie sich wesent- lich anders. Die Hefezellen sprossen zu Colonien aus, aber nicht zu Colonien mit hefeartigen, sondern zu solchen mit rahmpilzähnlichen Habitus (1. e. Tafel 7, Fig. 13, 14, 16, 19). Die rahmpilzähnlichen Pflanzen erhielt Zopf auch in grossen Massen auf sehr feucht gehaltenem mit schwacher Traubenlösung ge- düngtem Brod. Dritte Form — die Mikroconidie erscheint nach Zopf, wenn die Hefezellen in eine möglichst dünne Schicht schwacher Zuckerlösung ausgesäet werden. Die Luft im Culturapparat soll so trocken sein, dass eine dünne Schicht nahezu austroeknet. Die Hefen bilden zuerst ein schwaches braunes Mycel mit zahlreichen Luftzweigen. Von den mycelaren Hyphen erheben sich kleine Conidienträger, welche an ihrem Ende die winzigen Conidien abschnüren (e. ]. Taf. 8, Fig. 12). Diese Mikroconidien beobachtete Zopf auch in Massenculturen, welche nach sechs Monaten eine reiche Mikroconidienbildung hervor- gebracht haben. Es ging den Mikroconidien die Bildung von Hefen und Mycoderma voran. Ausser dieser gehören noch einige andere Formen zur ersten Gruppe, welche nur unbedeutende Modificationen der beschriebenen vorstellen und darum hier nicht besonders erwähnt werden. Es verdient noch eine Form hervorgehoben zu werden, das ist die Gemmenform. Nach Zopf bilden sich Gemmen bei ungenügenden Nahrungsbedingungen, und sie stellen einzellige oder aus einigen kettenartig angereihten Zellen bestehende Gebilde mit brauner, dicker Membran und Oelansammlungen vor. Von allen diesen Formen habe ich nur die letzte, d. h. die Gemmen beobachtet. Die Hefebildung hervorzurufen ist mir in keinem Fall gelungen. Bei Wiederholung der Culturmethoden von Zopf habe ich immer entweder Conidienbüschel oder Conidienbündel be- 381 kommen. Ind5proc. Rohrzucker bilden sich besondere sitzende Früchte und nie Hefen. Gleiches gilt von allen andern oben beschriebenen Formen. Aus der Abwesenheit der Hefezellen in allen Oulturen von Fumago, welche unter verschiedensten Bedingungen angestellt wurden, lässt sich schliessen, dass die Angaben von Zopf auf Fehlern beruhen; dafür spricht auch das negative Resultat aller nach Zopf’s Angaben gemachten Culturen. Das ist um so wahrscheinlicher, als die Conidien von Fumago ausserordentlich klein sind und leicht mit Saccharomyces- und anderen Hefen verwechselt werden können. Die Oeltröpfchen, welche Zopf als Merkmal von Fumagoconidien betrachtet, stellen keineswegs etwas speciell für Fumago Eigenthüm- liches dar, da Saccharomyces-Hefen bei schlechter Ernährung auch Oeltröpfehen aufweisen. Zopf schreibt nicht, ob er mit diesen Formen Controllversuche angestellt habe, welche in solchen Fällen vollständig unentbehrlich sind. Unter Controllversuchen verstehe ich solche Versuche, bei denen aus neugebildeten Formen bei Wiederherstellung der früheren Be- dingungen die Grundform wieder entsteht. Schliesslich scheinen mir die Culturmethoden von Zopf nicht ganz einwurfsfrei. Die Culturart in Geissler’schen Kammern, durch welche an- geblich pilzfreie Luft geleitet worden war und die lange Dauer einiger Versuche (6 Monate) stellen günstige Gelegenheiten für das Ein- dringen der fremden Keime in die Culturen vor. Nach alledem möchte ich die Ansicht aussprechen, dass alle die erwähnten Formen gar nicht zu Fumago gehören. Wenden wir uns jetzt zu der Besprechung der zweiten Gruppe, welche die Conidienträger, Conidienbüschel und einige andere Frucht- formen umfasst. Um die Entwickelungsgeschichte und den Bau der sehr ver- schiedenartigen und durch Uebergangsformen vielfach verbundenen Fortpflanzungsorgane zu verstehen, betrachten wir ausführlich die Bildung von Conidienbüscheln, von denen man leicht andere Formen ableiten kann. Dabei werden wir Zopf folgen, der sehr genau die Entwickelung der Fumagofrüchte untersucht hat. Die Conidien von Fumago, in verdünntem Traubensaft ausgesäet, schwellen erst bis zur doppelten oder mehrfachen Grösse an, bilden dann an beiden Enden die Keimschläuche, welche in akropetaler Folge sich verzweigend mehr oder weniger reichliches Mycel erzeugen. Die Mycelzellen sind von sehr mächtig entwickelten Gallertscheiden umgeben. 382 Die Anlage des Conidienbündels nimmt seinen Ursprung meistens aus einer einzigen Mycelzelle, die aber weder ihrer Lage noch ihrer Gestalt nach irgendwie bestimmt ist. Diese Mycelzelle erfährt zu- nächst eine Quertheilung in zwei Tochterzellen. Letztere bleiben entweder, was sehr häufig der Fall, ungetheilt und bilden so ein Primordium einfachster Art, oder sie wiederholen ihrerseits den Quer- theilungsprocess und man erhält vielzellige Anlagen. Die durch Theilung hervorgegangenen Zellen treiben vertical zum Mycel Aus- stülpungen. Durch eine Querwand gegen ihre Mycelzelle abgegrenzt, verlängern sich diese Ausstülpungen mittelst Spitzenwachsthum, um bald zu Hyphen von ziemlich ansehnlicher Länge heranzuwachsen, die an der Basis gewöhnlich kurze, weiter nach oben hin mehr ge- streckte Zellen aufweisen. Anfangs hyalin, verdicken die Hyphen schon frühzeitig ihre sich bräunenden Membranen. Der junge Hyphencomplex ist meistens in ein förmliches Gallertbett eingehüllt. Die dem Primordium angrenzenden Mycelzellen treiben meist kurze, in der Ebene des Mycels verlaufende Seitenhyphen, die man gewissermaassen als Rhizoiden betrachten kann, deren Hauptaufgabe in der Befestigung des Conidienbüschels am Substrat besteht. Die einzelnen Fäden und Zweige der Hyphenbüschel, die gewöhnlich in dem Maasse, als sie sich verlängern, eine divergirende Richtung nehmen, beginnen nach Erreichung einer gewissen Länge zu fructi- fieiren. Ihre Fructification wird dadurch eingeleitet, dass an ihrem Gipfel die Querwände in auffallend kurzen Abständen auftreten. So ent- stehen nahezu isodiametrische Zellen, deren Zahl gewöhnlich über acht bis zehn nicht hinausgeht. Nunmehr lassen sich in jeder fructi- ficativen Hyphe zwei Theile unterscheiden, ein langer basaler, aus Langzellen aufgebauter, und ein kurzer terminaler Theil, welcher aus Kurzzellen besteht. Diese terminale Region liegt bemerkenswerther Weise bei allen Hyphen eines Bündels in gleicher Höhe. Hier nun tritt die Fructification ein und zwar in der Weise, dass aus den untern Kurzzellen kurze Seitenzweige in meist akropetaler Folge an- gelegt werden, die nach scharfer Umbiegung sich der Mutterhyphe eng anschmiegen, ja sogar mit ihr verwachsen können. Alle Zweige der terminalen Region zeigen die Tendenz möglichst bald die gleiche Höhe mit der Mutterhyphe zu erreichen. An den obern nicht zweig- bildenden Zellen der letzteren tritt die Sporenbildung auf, meist lateral, aber auch terminal. Ebenso verhalten sich die gleichfalls kurz gegliederten Zweige und Aestchen. Die seitlichen Sporen ent- 383 stehen dicht unterhalb der Scheidewände und wie die terminalen als winzige kugelige Ausstülpungen. Sie wachsen zu kleinen ellipsoidi- schen Körperchen heran, die sich von der Mutterzelle ablösen. Die Träger verdicken und bräunen allmählich ihre Membranen; die sehr” plasmareichen, daher stark lichtbrechenden Enden der Hyphen und Zweige bleiben von diesen Vorgängen verschont (l. e. pag. 274). Auf solche Weise entsteht der Conidien- büschel, wie er in Fig. 6 abgebildet ist. Diese Conidienbüschel kann man als Grund- form betrachten, von der sich alle anderen Fruchtformen leicht ableiten lassen. Die folgende höher entwickelte Form stellt das Conidienbündel vor (Fig. 7). Die Conidienbündel unterscheiden sich von Co- nidienbüscheln hauptsächlich darin, dass die basalen, sterilen Theile der Fruchthyphen mit einander zu einem Bündel verwachsen sind; die fertilen Enden strahlen aus einan- der und erzeugen in der vorhin geschilderten Weise eine Masse von Conidien. (Zopfl.c. \ Tab. 5, Fig. 5, 6, 9, 11). Fig. 6. Conidienträger von Noch complieirter gebaut sind die Fumago aus der Cultur in flaschenförmigen Conidienfrüchte. Sie ent- Pepton LE stehen in der Weise, dass die Hyphen der scher Lösung (T90/1). conidienbildenden Region zusammenwachsend eine Höhlung umgeben. Oberhalb der Höhlung schmiegen sich die Hyphen enger zusammen und bilden den Halstheil der Frucht. Die Conidien entstehen in der Höhlung aus fertilen Hyphentheilen und werden durch den Hals hinausgeleitet. . Die vollkommen ausgebildeten Früchte haben den Habitus einer Flasche mit mehr oder weniger langem Hals. An diese Conidien reihen sich die Pykniden an, welche einen anderen Entwickelungsgang haben; da sie echte Gewebefrüchte darstellen. Einige Zellen des Mycels fangen an sich zu theilen. Durch die fortgesetzte Theilung wird ein parenchymatischer Körper gebildet, welcher weiter wächst, mehr oder wenig regelmässige Kugelform an- nimmt und innen einen Hohlraum aufweist. u Die Wandzellen des Hohlraumes schnüren zahlreiche Conidien ab, welche durch eine Oeffnung am Scheitel der Pykniden austreten (Zopfl. ec. Taf. 6, Fig. 9—22). 384 Ausser diesen complieirt gebauten Früchten besitzt Fumago andere einfache Früchte, welche auch von Conidienbündel abgeleitet Auf vielen Substraten bilden sich ausschliesslich ‚werden können. Fig. 7. a) Conidienträger von Fumago; b) Conidienbündel aus der Cultur in Pepton mit Rohr- zucker (790/1). einzelne Conidienträger, welche aus Co- nidienbüschel durch Verkümmerung von allen Fruchthyphen bis auf eine entstehen können. Die Fig. 7a stellt eine solche Frucht- form dar, welche wir als Conidien- träger bezeichnen werden. Wenn der basale, sterile Theil der Conidienbündel mehr oder weniger verkümmert, kommen die sitzenden Früchte zu Stande. Die extreme Form besteht nur aus fertilen Enden der Fruchthyphen (Fig. 8a). Diese Früchte sind von mächtiger Gallertscheide umgeben. Ich habe von diesen Frucht- formen in meinen Culturen alle mit Ausnahme der Pykniden und flaschen- förmige Früchte bekommen. Ausser- dem wurden in vielen Culturen (be- sonders auf Pepton 0,2°|o mit 1Oproec. Rohrzucker) ganz einfache Fruchtformen gefunden, welche von Zopf nicht be- obachtet wurden, und welche insofern interessant sind, als sie einen Uebergang zur einfachsten Bildung der Co- e Fig. 8. a sitzende Frucht von Fumago, b, c, d Hefesprossung MA (19071). nidien vorstellen. In diesem Falle bilden sich die Co- nidien, wiedieFig. 8b, c, d zeigt, an Mycelfäden, die sich in nichts von vegetativem My- ce] unterscheiden. AneinigenS$tellen desMycels werden erst kleine Aus- stülpungen sicht- bar, welche rasch I 855 zu Conidien anschwellen und vom Mutterzweig sich ablösen. Diese einfache Conidienbildung bei Fumago erinnert lebhaft an die Bildung der Dematiumeonidien. Etwas weiter vorgeschritten sind die Fälle, wo das Mycel kurze zwei- bis dreizellige Aeste bildet, aus welchen apical und seitlich die Conidien aussprossen. Je mehr sich die Zweige einander nähern, desto mehr Aehnlichkeit bekommt die gebildete Form mit den vorhin beschriebenen sitzenden Früchten (Fig. 8a). Wenn wir alle diese Formen mit einander vergleichen, so ergibt sich daraus, dass Fumago eine ganze Reihe von mannigfaltig gebauten Früchten besitzt, die alle durch Uebergänge verbunden sind, und eine continuirliche Reihe von ganz einfach am Mycel aussprossenden Conidien bis zu complieirt gebauten Flaschenfrüchten und Pykniden darstellen. Diese merkwürdige Polymorphie von Fumago lässt von vorn- herein vermuthen, dass die äusseren Lebensbedingungen grosse Be- deutung für das Auftreten dieser oder jener Fruchtform haben. Die Versuche haben das bis zu einem gewissen Grade bestätigt, indem es geglückt ist, bei bestimmten Versuchsbedingungen nur be- stimmte Fruchtformen zu bekommen. Als besonders wichtig haben sich die chemische Zusammensetzung des Substrates und die Temperatur erwiesen. Wir wollen der ausführlichen Besprechung der gewonnenen Re- sultate kurze tabellarische Zusammenfassungen der gemachten Ver- suche vorausschicken. Gemmen. ET No. der Zusammensetzung des Substrates Bemerkungen Versuche 1 2 Destillirtes Wasser Gemmenkette 2 2 Agar-Agar Gemmen 3 2 Agar-Agar-+0,5°% Knop’scher Lösung Gemmenketten 4 2 Agar-Agar-0,5 % weinsaures Ammoniak Gemmen 5 2 10/, Knop’scher Lösung Gemmenketten Auf allen diesen Substraten entwickeln sich immer nur Gemmen. Auf Agar-Agar schwellen die ausgesäten Sporen bis zur mehrfachen Grösse an, ihre Membran verdiekt sich und wird braun, worauf die Spore direct in den Dauerzustand übergeht. In Wasser und in Knop’scher Lösung keimen die Sporen in der Regel und die ge- bildeten mehr oder weniger langen Keimschläuche wandeln sich zu Gemmenketten um. 386 Reine Mycelbildung. Zahl No. der Zusammensetzung des Substrates Bemerkungen Versuche 6 12 Peptonlösungen: 1%/,; 0,5%; 5%, Spärliches tief braunes Mycel. In diesen Culturen zeigt Fumago ein merkwürdiges Verhalten. Die Conidien bilden hier ein wenig verzweigtes schwach entwickeltes Mycel. Die Membranen der Zellen sind braun. Besonders auffallend ist dieses Mycel wegen der in jeder Zelle anwesenden tiefbraunen oder schwarzen Ablagerungen, welche scheibenförmige Gestalt haben und meistens dichtan die Zellwandung angeschmiegt sind. Diese schwarzen Massen lösen sich in Alkohol und Aether nicht. Nur die Scheitel- zellen der Mycelfäden entbehren dieser Bildungen, welche wahrschein- lich ein Produkt der Verarbeitung des Pepton darstellen. Die Zellen, welche diese Ablagerungen besitzen, scheinen todt zu sein, sind es aber in Wirklichheit nicht, da die aus Pepton in Traubensaft gebrachten Mycelstücke junge Fäden aus allen Zellen bilden, Die Ablagerungen bleiben dabei ohne Veränderung. Es ist nie die geringste Spur von Fructification zu beobachten. Das Mycel bleibt vollkommen steril. Man findet sogar nicht einmal Anlagen der Früchte. Die Gallertscheide ist sehr wenig entwickelt. Mycelmit Conidienträgern und Büschel, aber ohne Conidien. Zahl No, der Zusammensetzung des Substrates Bemerkungen Versuche: To 2 Pepton 1°/, -+ 0,25 schwefelsaures Ma- \ Reichliches braunes | ‚ gnesiun, 0,250/, schwefelsaures Calcium | Mycel mit Conidien- t + 0,250), Salpetersaures Kalium (ohne |trägern und Conidien- ! Phosporsäure) büscheln, welche doch 8 ' 2 Pepton 10/,+-0,25 phosporsaures Kalium, l steril bleiben, d. h. keine | 0,250), schwefelsaures Caleium, 0,250), | Conidien erzeugen. | ' salpetersaures Kalium (ohne Magnesium) 9 | 2 " Pepton 1%, + 0,25 phosphorsaures _ Kalium, 0,250/,schwefelsaures Magnesium + 0,25 salpetersaures Calcium (ohne Kalium) 387 Die Fumagosporen erzeugen in diesen Flüssigkeiten ein viel üppigeres Mycel als in den vorher erwähnten Peptonculturen. Die schwarzen Ablagerungen trifft man verhältnissmässig selten. Die Gallertscheiden sind auch unbedeutend. Am Mycel erheben sich einzelne Conidienträger und Conidien- büschel, welche aber keine Conidien erzeugen. Einzelne gestielte Conidienträger undC mit Conidien. onidienbüschel h No. an Zusammensetzung des Substrates Bemerkungen Versuche I 10 5 Pepton 10/,-+ 0,5°/, Knop’scher Lösung Ausschliesslich Coni- \ dienträger. 11 2 Pepton 19%/,+0,1%0 Knop’scher Lösung do. 12 i | Pepton 1% + 0,05% Knop’scher do. i Lösung 13 1 | Pepton 1% + 0,01%, Knop’scher Wenige Conidienträger. | Lösung 14 1 | Pepton 1%/+ 2%, Kr op’scher Lösung Conidienträger. 15 2 | Pepton 5%/, + 0,2% Knop’scher Lösung do. 16 3 Pepton 1%, + 0,250, phosphorsaures Zahlreiche einzelne Kali + 0,250, schwefelsaures Magne- | Conidienträger und Co- sium +- 0,25 Gyps (ohne Salpetersäure) | nidienbüschel. 17 3 Pepton 1%, + 025 phosphorsaures Cal- | do. cium 0,25 Chlormagnesium -- 0,2509 : salpetersaures Kalium (ohne Schwefel- | säure) i 18 2 Pepten 1% + 025° phosphorsaures do. Kalium -+ 0,25%, schwefelsaures Magne- sium, 0,250/, salpetersaures Kalium (ohne Calcium) | 4 19 2 30), Gelatin | rn 20 3 Agar-Agar + 0,50), Pepton . . P inlö Ausschliesslich ein- a ? 2’ Asparaginlösung zelne Conidienträger. . do 22 1 Mistdecoct ' 23 2 5%/, Glycerin Schwaches Myeel, wenige Conidienträger. i el mit 24 2 50/, Glycerin + 0,50, Knop'scher | ee hidien- Lösung trägern und Büscheln. 25 2 5% Traubenzucker | Einzelne Conidien- 26 3 50), Milchzucker | träger 27 2 50/, Maitose 388 In allen diesen Culturen finden sich nur einzelne Conidienträger und Conidienbüschel. In Culturen Nr. 10—20 entwickelt sich das Mycel sehr üppig und produeirt massenhaft fast ausschliesslich ein- zelne Conidienträger. Die Gallertscheiden sind wenig ausgebildet. Das untergetauchte Mycel bleibt steril. Die Culturen Nr. 25—27 weisen ziemlich schwaches Mycel auf, welches fast ausschliesslich einzelne Conidienträger erzeugt. Die Gallertscheiden sind mächtig. Untergetauchtes Mycel produeirt, wenn auch nicht so reichlich, die einzelnen Conidienträger. Kleine sitzende Fruchtform. Zahl No. der Zusammensetzung des Subsirates Bemerkungen Versuche 28 17 Rohrzuckerlösungen: 1, (2 Culturen), | Sitzende Früchte (die 20/, (20), 50/5 (6%), 10%, (1 Cult.), 50%, | Culturen wurden bei (2 Cult.), 75%, (2 Cult.) Zimmertemperatur 8—15° C. gehalten). Die Rohrzuckerlösungen von verschiedenen Concentrationen wirken ganz bestimmend auf das Wachsthum von Fumago, indem sie bei einer Temperatur von 8—-15° C. immer die Bildung der kleinen sitzenden (Fig. 8a) Früchte hervorrufen. Die Mycelien sind dabei in mächtigen Gallertscheiden eingehüllt. Untergetauchtes Mycel er- zeugt auch massenhaft die sitzenden Früchte. Bei 75°; Rohrzucker bildet sich aus Fumago-Sporen spärliches steriles farbloses Mycel. Das Maximum der Concentration des Rohrzuckers liegt für die Conidien- bildung bei 60). Die Culturen im Thermostat bei 235° Q. Aus diesen Culturen sind nur die Culturen auf Rohrzucker- lösungen bemerkenswerth, indem Fumago bei 25°), C. auch hier langgestielte Conidienträger und Conidienbüschel bildet. Die Culturen bei circa 12° ©, (im Brunnen). Die Culturen von Fumago auf 5proe. Lösungen von Milch- und Traubenzucker erzeugen auch bei 12° langgestielte Früchte. Die 389 Culturen, in welchen die verschiedenen Formen nebeneinander beobachtet wurden. Zahl der Versuche | | | Zusammensetzung des Substrates Bemerkungen 29 30 31 32 33 34 35 36 äusseren Factoren. von Fumago in Peptonlösungen. 3 Pepton 5%, + 1% Rohrzucker Pepton 0,05%, + 10% Rohrzucker Pepton 1%/,-+ Rohrzucker 1 %, + 0,5% Knop’scher Lösung Wie aus den mitgetheilten Versu mische Zusammensetzung des Nährsu unter den auf den Entwickelungsgang Pepton 50), + Rohrzucker 100/, Pepton 1%/, + Rohrzucker 10%, Pepton 0,2%/, + Rohrzucker 10%, Pepton 0,2%/4 Gelatine 3%, + Kohr- zucker 10%/, Rohrzucker 5%, + Knop’scher Lösung 0,5 %/g In erster Linie ist sehr Wie die Cult Ausschliesslich langge- stielte Conidienträger, daneben auch wenige sitzende Früchte, un- tergetaucht sitzende Früchte. Sitzende Früchte undCo- nidienbündel, unterge- taucht, sitzendeFrüchte. Vorwiegend Bündel- früchte, auch sitzende. Sehr üppipes Wachs- thum. Alle drei Fruchtformen, untergetaucht vorwie- gend sitzende Früchte. Man trifft auch die ein- fachen Fruchtformen. Ueppiges Wachsthum. Ausschliesslich Bündel- früchte. Conidienbüschel, Coni- dienbündelund sitzende Früchte. Auch alle Uebergangsstufen zur einfachen Conidienaus- sprossung. Auch starke Verflüssi- gung von Gelatine. Sitzende und Bündel- früchte. Ueppiges Wachsthum. chen ersichtlich ist, ist die che- bstrates einer der wichtigsten von Fumago einwirkenden auffallend das Verhalten uren Nr. 6 zeigen, 390 bleibt in diesem Falle das Mycel von Fumago vollkommen steril. Einige Culturen wurden während eines Monats stehen gelassen und nach dieser Zeit sorgfältig untersucht. Auch dann konnte man keinen einzigen Conidienträger finden. Die Culturen Nr. 10—18 geben uns die Erklärung dieser merkwürdigen Thatsache. Das Pepton, das für manche andere Pilze einen sehr guten Nährstoff darstellt, enthält zu wenig anor- ganische Nährsalze, um die Conidienbildung von Fumago zu unterhalten. Bei Zusatz von 0,5proe. Knop’scher Lösung verläuft die Entwickelung wesentlich anders. Das Mycel wächst viel üppiger und bildet zahlreiche Früchte und zwar immer einzelne Conidienträger. Die Vergrösserung des Zusatzes von Knop’scher Lösung bis zu 2°, hat keine andere Folge. Ebenso zeigen die Versuche Nr. 11—13, dass 0,1%, oder 0,05% von Knop’scher Lösung schon im Stande sind, die Conidienbildung hervorzurufen, ja sogar bei Zusatz von nur 0,01 proe. Knop’scher Lösungkonnte man dasErscheinen von einigen Conidienträgern eonstatiren. Pepton ist folglich sehr wohl im Stande Fumago zu ernähren, unter der Voraussetzung, dass es genügend anorganische Salze enthält. Nachdem die Ursache des Sterilbleibens des Mycels in Pepton aufgeklärt war, lag es nahe zu bestimmen, welche anorganische Ver- bindungen dabei eine Rolle spielen. Es handelte sich um Kalium, Magnesium, Caleium, Schwefel- Salpeter- und Phosphorsäure. Die Versuche, die oben unter der Nr. 7, 8, 9 angeführt sind, und welche so angestellt wurden, dass die Cuiturflüssigkeiten ausser 1°% Pepton noch alle die oben erwähnten Verbindungen mit Aus- nahme von einer enthielten, haben zu folgenden Resultaten geführt. Caleium, Salpeter- und Schwefelsäure haben sich für die Bildung der Conidien unnöthig erwiesen, indem die zahlreichen Conidien sich in Peptonlösungen bildeten, welche die betreffenden Verbindungen nicht besassen. Die Unentbehrlichkeit von Kalium, Magnesium und Phosphorsäure für die Conidienbildung folgt zur Genüge klar daraus, dass in Peptonlösungen die eine dieser Verbindungen nicht besitzen, die Entwickelung nur bis zur Bildung der Conidienträger geht. Die Unabhängigkeit der Conidienbildung von Abwesenheit von Caleium, Schwefel und Salpetersäure, welche Stoffe für die Pilz- entwickelung im Allgemeinen !) nothwendig sind, erklärt sich aus der 1) Nach den neuen Untersuchungen von Molisch (Die mineralische Nahrung der niederen Pilze. Sitzungsberichte d. k. k. Akad, Wien 1894) und Benecke (Ein Beitrag zur mineralischen Nahrung der Pflanzen. Berichte d. Deutsch. Bot. Ges. 1894) brauchen die Pilze fürihre Ernährung gleiche anorganische Salze, wie die grüne Pflanze. 391 Thatsache, dass Pepton Stickstoff- und Schwefelverbindungen in ge- nügender Menge enthält. Der Bedarf der Pilze an Caleium ist sehr gering, so dass die Spuren von Calcium, die sichimmer in destillirtem Wasserfinden, schon genügend sind. Diese Versuche erlauben uns auch, die Thatsache festzustellen, dass die Conidien von Fumago in sich grössere Mengen von Magnesium, Phosphor und Kalium aufspeichern nnd in dieser Be- ziehung sich analog den Samen der höheren Pflanzen verhalten. Die günstige Einwirkung anorganischer Salze auf die Conidien- bildung geht auch aus der Vergleichung der Culturen von 5° Glycerin und 5°, Glycerin mit 0,5%) Knop’scher Lösung hervor. ‘In erster Cultur entwickeln sich nur wenige einzelne Conidien- träger und Conidienbüschel; die zweite Cultur ist buchstäblich mit Conidienträgern bedeckt. Die Bildung der Conidien auf Kohlen- hydraten ohne Beimengung von Knop’scher Lösung spricht gar nicht gegen die Unentbehrlichkeit anorganischer Salze, da die Kohlen- hydrate (Zuekerarten) immer ziemlich viel Aschenbestandtheile haben, Weiter haben wir gesehen, dass die einzelnen langgestielten Conidienträger und Conidienbüschel auch auf Mistdeeoet und Gelatine sich bilden. Da Gelatine hauptsächlich aus den mit Pepton nahe verwandten Glutin und aus anorganischen Salzen besteht, so kann man allgemein sagen, dass die stickstoffhaltigen Nährsubstrate mit geringen Mengen von anorganischen Salzen genügen, die langgestielten Conidienträger hervorzurufen. Damit ist selbstverständlich nicht gemeint, dass die andern Substanzen solche Wirkung nicht besitzen können. Die Versuche mit verschiedenen Kohlenhydraten haben gezeigt, dass die einzelnen Conidienträger und Conidienbüschel auch in Maltose, Trauben- und Milchzueker und Glycerin sich bilden, Anders verhält sich der Pilz in Rohrzuckerlösungen von ver- schiedenen Concentrationen bei einer Temperatur von 8-15°C. Hier bilden sich nur kleine sitzende Früchte. Bei 25° C. producirt Fumago auch in Rohrzucker Conidienbüschel und Conidienbündel. Die Bildung der sitzenden Früchte ist also zugleich an niedrige Temperatur gebunden. Man könnte denken, dass die anderen Zuckerarten bei niedriger Temperatur auch sitzende Früchte bilden würden, aber die Versuche wit Mileh- und Traubenzucker bei ca, 12°C. haben diese Vermuthung nicht bestätigt. 392 Die Verwandlung des Rohrzuckers bei 25° C. in Invertzucker kann man vielleicht als Ursache betrachten, dass bei 25° C. Rohrzueker anders auf das Wachsthum von Fumago wirkt, als bei 13°C. Es sei hier noch besonders hervorgehoben, dass Fumago in ge- wissen Nährlösungen untergetaucht auch Früchte bildet. Er unter- scheidet sich darin wesentlich von anderen Schimmelpilzen, die unter- getaucht meistens nur steriles Mycel bilden. Diese Eigenschaft scheint durch die chemische Zusammensetzung des Substrates bedingt zu sein. Die Ausbildung dieser Früchte war nur in Zuckerlösungen (Rohr-, Milch-, Traubenzucker und Maltose) und Nährsubstraten, welche Rohr- zucker enthalten, zu constatiren. Die Versuche, die in der letzten Tabelle zusammengefasst sind, wurden angestellt, um zu untersuchen, wie sich die Sache verhält bei Anwendung von Gemischen aus Rohrzucker und Pepton. Diese stellen selbstverständlich viel günstigere Nährböden vor als die Substanzen einzeln. Die Entwiekelung von Fumago ist viel üppiger. Die einzelnen Conidienträger sind selten; sie machen den Conidienbüseheln und Conidienbündeln Platz. Ausser diesen Conidien- büscheln und Bündeln entwickeln sich auch zahlreiche sitzende Früchte. Die Zusammensetzung von viel Pepton und wenig Rohrzucker, 2. B. 5°, Pepton und 10/0 Rohrzucker, ruft im Allgemeinen fast ausschliess- lich einzelne Conidienträger hervor. Viel Rohrzueker und wenig Pepton (10% Rohrzueker + 0,5°/o Pepton) induciren die Entwickelung von sitzenden Früchten und Co- nidienbündeln, Aus den gemischten Culturen verdienen besondere Erwähnung nur die Culturen auf 10% Rohrzucker mit 0,2% Pepton und 10°]o Rohrzucker mit 30°) Gelatine und mit 0,2°|o Pepton, weil diese aus- schliesslich ganz einfach gebaute Formen aufweisen: entweder die schon beschriebene directe Aussprossung der Conidien von Hyphen, oder zwei- bis dreizellige aufrechte Hyphenzweige mit Conidien. Einige, sehr wenige Flaschenfrüchte wurden von mir bei sehr guter Ernährung auf Brod mit concentrirtem Traubensaft beobachtet. Das Maximum der Temperatur für die Entwickelung von Fumago liegt oberhalb 27° C. Bei 30° C. sind die Fumagoeonidien nicht mehr im Stande auszukeimen. Die Hauptergebnisse der vorliegenden Arbeit kurz zusammen- gefasst sind folgende: 393 . Cladosporium, Hormodendron und Dematium sind drei vollständig selbständige in keinem genetischen Zusammenhang mit einander stehende Pilze. . Dematium reagirt sehr deutlich auf die Einwirkungen der äussern Bedingungen. Es bildet unter gewöhnlichen Verhältnissen meistens Hefezellen. In stark concentrirten Lösungen von Rohr- und Traubenzucker tritt statt der Hefebildung nur ein steriles Mycel auf. Gleiche Wirkung hat die Verminderung des Sauerstoffdruckes. Bei 30° C. erzeugt Dematium nur Zellkörper. . Dematium lässt sich an höhere Temperatur angewöhnen, indem man durch lange Zeit fortgesetzte Culturen bei 30° C. schliesslich eine Hefe bekommt, welche auch bei 30° C. Hefe bilden. . Fumago stellt einen sehr polymorphen Pilz vor. Er besitzt mannig- faltig gestaltete Fructificationsorgane, die eine continuirliche von einfacher Conidienaussprossung bis zur Bildung von eomplieirten Früchten aufsteigende Reihe darstellen. . Die Hefe und aus der Hefe hervorgehende Formen, welche Zopf beschrieben hat, gehören sehr wahrscheinlich nicht zu Fumago. . Pepton mit anorganischen Salzen, Gelatine, Asparagin, Glycerin, Milch- und Traubenzucker und Maltose rufen die Bildung der ge- stielten Conidienträger und Conidienbüschel hervor. . Auf Rohrzucker bei 8—13° C. bilden sich nur sitzende Früchte, bei 25° C. langgestielte und Conidienbündel. , Cladosporium und Hormodendron’ bilden untergetaucht keine Conidien; Fumago erzeugt untergetaucht die Conidien nur dann, wenn die Nährflüssigkeit (Milch-, Trauben-, Rohr-) Zucker enthält. Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 26 Ueber Rostpilze mit wiederholter Aecidienbildung. Von P. Dietel. Nachdem durch die Untersuchungen von Tulasne, namentlich aber durch die Versuche de Bary’s, die gewöhnlich als Generations- wechsel bezeichnete Aufeinanderfolge mehrerer morphologisch ver- schiedener Sporenformen bei den Uredineen als eine über jeden Zweifel erhabene Thatsache nachgewiesen worden war, wurden schr bald die an einer verhältnissmässig geringen Anzahl von Arten gewonnenen Ergebnisse in der Weise verallgemeinert, dass man annahm, es erfolge bei allen Rostpilzen der Generationswechsel nach einem und demselben Schema, lediglich mit der Abänderung, dass bei manchen Arten resp. Gattungen die eine oder andere Sporenform fehlen könne, ohne dass jedoch dadurch das Schema irgend welehe andere Aenderungen erleide. Dieses Schema würde folgendermassen lauten: Spermogonien und Aeci- dien, Uredo, Uredo, ..... Uredo, Teleutosporen (welch letztere bei‘ der Keimung ein Promycel mit Sporidien bilden). Fehlen also z. B. alle Sporenformen ausser den Teleutosporen, so wird diese Generation immer wieder Teleutosporen hervorbringen. Fehlt die Uredo, so müsste man einen beständigen Wechsel von Aeceidien (mit Spermogonien) und Teleutosporen annehmen. Am präcisesten hat diese bisher allgemein verbreitete Auffassung Schröter in seiner Bearbeitung der Pilze Schlesiens in der Kryptogamenflora von Schlesien (III. Bd. 8. 297) folgendermaassen ausgedrückt: „Spermogonien und Aecidien können nur von den Mycelien gebildet werden, welche durch das Eindringen von Sporidien erzeugt sind. Sie werden gewöhnlich nur eine kurze Zeit hindurch in einer Generation gebildet, bei manchen Arten aber sind die Mycelien der Aecidien ausdauernd und entwiekeln im nächsten Jahre wieder neue Aecidien. Die Mycelien aus den Aecidium- sporen können nieht wieder Aeeidien, sondern nur Uredo- oder Teleutosporen bilden, ebenso die aus den Uredosporen nur Uredo- oder Teleutosporen.“ Diese Auffassung wurde noch wesentlich befestigt durch die zahlreichen seitdem mit heteröcischen Arten ausgeführten Versuche. Trotzdem ist es auffallend, dass man diejenigen Arten, deren Gene- rationswechsel in das obige Schema offenbar nicht recht passt, nicht schon längst einer experimentellen Untersuchung unterworfen hat; man würde 395 gefunden haben, dass die verschiedenartigsten Abänderungen von jenem Schema vorkommen. Dies sollim Folgenden ausführlicher gezeigt werden. In der Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten (III. Bd. 1893 8.258—266) habe ich gezeigt, dass die Aecidiosporen von Puceinia Seneeionis Lib. und Uromyces Ervi (Wallr.) die Fähigkeit besitzen, wieder Aecidien hervorzubringen. Dabei besteht der Unterschied, dass die Sporidien der im Frühjahr keimenden Teleutosporen von Puce. Seneeionis sowohl Aecidien als auch sogleich wieder Teleutosporen erzeugen können und dass eben diese Fähigkeit auch den Aeeidiosporen zukommt, während andererseits das Eindringen der Sporidienkeime des Urom. Ervi stets nur zur Aecidiumbildung zu führen scheint. Einen anderen hieher gehörigen und zwar besonders interessanten Fall hatte — wie mir erst nachträglich bekannt wurde — Barclay bereits früher experimentell untersucht, nämlich den Generationswechsel von Uromyces Cunning- hamianus Barel.‘) Bei dieser im Himalaya auf Jasminum grandiflorum und in Ostafrika (Somaliland) vorkommenden Art erzeugen die Sporidien keimender Teleutosporen Aecidien, denen vorangehend nur wenige Sperimogonien gebildet werden. Wenn die Aecidien ein gewisses Alter erreicht haben, treten in ihnen — und zwar nur in ihnen — die Te- leutosporen auf. Die Keimschläuche der Aecidiosporen erzeugen an den jungen Blättern und Stengeln der Pflanze wieder Aecidien, die der Spermogonien ganz entbehren, sich aber im übrigen genau so verhalten wie die primären Aecidien. Auf diese Weise werden während der ganzen Vegetationsperiode immer wieder Aecidien erzeugt, und innerhalb der Peridien derselben kommen auch die Teleutosporen zur Ausbildung. Experimentelle Untersuchungen wurden noch mit folgenden Arten angestellt. Aecidiosporen des Uromyces Behenis (DC.), die im Freien erwachsen waren, wurden am 18. Juni 1894 auf mehrere dem freien Lande entnommene und nun im Zimmer weiter eultivirte Stöcke von Silene inflata ausgesät. Die Versuchspflanzen blieben zunächst nur zwei Tage lang mit einer Glasglocke überdeckt. Am 28. Juni waren die ersten Aecidien als orangefarbige Höcker sichtbar, nachdem sich die ersten Anlagen dazu schon zwei Tage vorher als wachsartig durch- scheinende Punkte gezeigt hatten. Spermogonien wurden nicht ge- bildet. Von den Infectionsstellen aus verbreitete sich die Aeeidien- bildung ziemlich schnell, so dass nach mehreren Tagen die meisten Blätter der Versuchspflanzen mit ausgedehnten Aecidiengruppen be- ı) ‘On the life-history of a remarkable Uredine on Jasminum grandiflorum. Transact. of the Linn. Soe. of London, 1891, p. 141-151. se 2 396 deckt waren. Das Oeffnen der Peridien scheint sehr vom Feuchtig- - keitsgrade der Luft abzuhängen, sie blieben anfangs geschlossen, öffneten sich aber durchweg, als am 2. Juli die Pflanzen abermals wenige Stunden lang mit der Glasglocke bedeckt worden waren. Teleutosporen wurden vom 2. Juli ab gebildet, teils in besonderen Lagern, teils in solchen Lagern, welche auch Aeeidien erzeugten, und zwar erschienen sie mit den letzteren gleichzeitig. — Auch im Freien bildet Uromyces Behenis lange Zeit hindurch Aeeidien, meist mit Teleutosporen vergesellschaftet. So gibt z.B. Magnus in seinem ersten Verzeichniss von Pilzen aus Graubünden an, dass die Aecidien auf Silene inflata noch zu Anfang November gefunden worden seien. — Ob die durch Sporidien primär erzeugten Aecidien Spermogonien besitzen, vermag ich nicht anzugeben. Es wurden ferner die Aecidiosporen von Uromyces Scrophulariae (DC.) am 8. Juli auf die jüngsten Blätter zweier bereits einige Zeit vorher eingetopfter und im Zimmer gehaltener Pflanzen von Scrophularia nodosa ausgesät. Am 19. Juli traten auf ihnen gelbe Flecken auf, und am 21. Juli öffneten sich die ersten Pseudoperidien der auf diesen Flecken gebildeten Aeeidien. Die infieirten Stellen nahmen in der Folgezeit an Ausdehnung ganz bedeutend zu unter starker Deformation der befallenen Blätter und es wurden immer zahlreichere Aecidien gebildet. Vom 12. August an wurden an denselben Mycelien auch Teleutosporen gebildet. Spermogonien fehlten auch in diesem Falle gänzlich. — Mit dieser Art wurde auch eine Sporidienaussaat am 29. April 1895 unternommen. Das benutzte Teleutosporenmaterial keimte an diesem Tage nur spärlich, reichlich dagegen am folgenden Tage. Am 5. Mai zeigten gelbliche Flecken auf den Blättern der beiden zu diesem Versuche verwendeten Pflanzen, dass die Infeetion von Erfolg gewesen war. Am 9. Mai zeigten sich Aeeidien als kleine Pusteln, sie öffneten sich vom 12. Mai ab. Mit diesen Aecidien ge- meinsam traten auch Spermogonien in geringer Zahl auf, theils einzeln stehend, theils kleine Gruppen bildend. Bemerkenswerth ist aber, dass diese Spermogonien den Aeeidien nicht vorangingen, sondern mit ihnen gleichzeitig erschienen. An den in der Zwischenzeit sehr vergrösserten Infectionsstellen traten vom 25. Mai an auch Teleuto- sporenlager auf, die nach und nach eine ganz bedeutende Ausdehnung gewannen. So z. B. ging die Infecetion an mehreren Blättern von der Blattfläche auf den Blattstiel über, der infolgedessen stark an- schwoll, die Epidermis platzte schliesslich und hierdurch wurden die braunen Sporenpolster freigelegt. — Auch Urom. Serophulariae bildet bekanntlich im Freien lange Zeit hindurch Aecidien mit 397 den Teleutosporen gemeinsam, erstere besonders auf den jüngeren Blättern. Unter den zahlreichen Exemplaren von Puceinia Valerianae Oarest., die ich theils in meinem eigenen Herbarium, theils in anderen Samm- lungen durehmustert habe, habe ich kein einziges gefunden, bei welchem nicht mit den Teleutosporen zugleich Aecidien vorhanden gewesen wären. Auch im Freien fand ich stets beide Formen ge- meinschaftlich. Es liess dies mit Bestimmtheit ein den vorigen Arten entsprechendes Verhalten erwarten, Der Versuch bestätigte diese Erwartung. Am 26. Juli dieses Jahres säte ich im Fuscher Thal (Salzburg) auf die jüngsten, noch unentfalteten Blätter dreier noch sehr junger Pflänzchen von Valeriana offieinalis, die ich von einer Stelle mitgebracht hatte, wo die Puceinia nicht vorkommt, die Aecidio- sporen dieses Pilzes aus. Sie mussten noch eine neuntägige Reise mitmachen, während welcher sie sorgfältig mit Moos in einer Schachtel verpackt waren, doch standen sie während des grössten Theiles dieser Zeit frei in einem Glase. Am 2. August zeigten sich an dem jüngsten Blatte einer jeden Pflanze hellere Flecken, die bei zweien derselben bald den ganzen Blattstiel bedeckten, die Blattspreite war nur in geringem Maasse befallen. An dem dritten Exemplar war das Ver- hältniss gerade umgekehrt. Vom 8. August ab erschienen auf den hellen Flecken Aecidien — Spermogonien waren nicht gebildet worden — und am 14. August traten auf eben denselben Flecken an den Blatt- stielen Teleutosporenpusteln auf. Die Kultur wurde dann nicht mehr lange fortgesetzt und bot sonst nichts von Interesse, Es ist somit für sechs Arten von Uromyces und Puceinia der Nachweis geführt, dass bei ihnen durch Aussaat von Aecidiosporen wieder die Aeeidiumgeneration hervorgebracht werden kann und in der Natur thatsächlich auch hervorgebracht wird. Nur eine dieser Arten bringt Uredosporen in geringer Menge zur Ausbildung, die anderen entbehren dieser Sporenform gänzlich. Es liegt auf der Hand, dass dieselbe wegen der wiederholten Aeeidienbildung vollkommen entbehrlich ist. Andererseits wird man daher aber auch erwarten müssen, dass die wiederholte Aeeidienbildung bei den uredolosen Arten auch sonst noch vorkommt, wenn nicht gar allgemein ist. Aus der langen Liste von Arten, welche zur Bestätigung der Ansicht, dass dieses Verhalten ein sehr verbreitetes sei, angeführt werden könnte, mögen nur einige hier genannt und besprochen werden. Bei Uromyces Hedysari obseuri (DC.) kann man deutlich eine primäre Aecidiumgeneration und eine secundäre unterscheiden. Die 398 erstere ist von Spermogonien begleitet, tritt an den Stengeln, Blatt- stielen und auf der Unterseite der Blätter in grösseren, aus zahl- reichen Aecidien gebildeten Gruppen auf und bringt an diesen Pflanzen- theilen deutliche Deformationen, oft recht erhebliche Krümmungen hervor. Die secundären Aecidien dagegen stehen einzeln auf der Oberseite der Blätter, mehr oder weniger gleichmässig über dieselbe zerstreut; sie sind gewöhnlich umgeben von Teleutosporen, welche an denselben Mycelien gebildet werden. Ueberhaupt ist das Auftreten von Teleutosporen an den Mycelien, welche vorher Aecidien gebildet haben oder auch gleichzeitig bilden, eine Eigenthümlichkeit, die die meisten dieser uredolosen Arten gemeinsam haben, Sehr auffallend und schon von verschiedenen Autoren, z. B. von de Bary (Vergleich. Morphol. d. Pilze S. 303) hervorgehoben ist diese Eigenthümlichkeit bei dem chilenischen Uromyces Cestri Mont. Montagne schreibt darüber (Sylloge generum specierumque crypto- gamarum p. 315): „Haec species eadem folia invadit cum Aeecidio Cestri, sed adversae paginae locos ex diametro oppositos, quae dispo- sitio notabilis hypothesim cl. Unger entophytos ut cellularum folii morbos considerantis infirmare aliquantum videtur.“ Nach brieflichen Mittheilungen von Herrn Dr. F. Neger in Coneepeion unterliegt es keinem Zweifel, dass der in Rede stehende Modus der Fortpflanzung. auch bei dieser Art statt hat. Die jüngsten Blätter tragen nur Aecidiengruppen auf ihrer Unterseite, die Teleutosporen brechen dann später an denselben Stellen auf der Blattoberseite, wenn auch nicht ganz ausschliesslich oberseits, hervor. Bei der in Californien aufgefundenen Puceinia graminella (Speg.) sind die Aecidiengruppen von den schwarzbraunen Teleutosporenlagern umgeben und werden schliesslich von denselben verdrängt. Auch hier kommen die Aecidien längere Zeit hindurch vor und Herr Blasdale hält es laut brieflicher Mittheilung an mich für sehr wahr- scheinlich, dass auch hier die Aecidienform wieder Aecidien hervorbringt. Die Anführung dieser wenigen Beispiele aus einer beträchtlichen Anzahl mag hier genügen. Es fragt sich nun, ob vielleicht die Eigen- thümlichkeit, wiederholt Aeeidien zu bilden, den uredolosen Arten von Uromyces und Puecinia allgemein zukommt. Diese Frage ist zu ver- neinen. Ein in Mitteleuropa weit verbreiteter Uromyces ohne Uredo- generation ist Uromyces minor Schröt. auf Trifolium montanum. Nie findet man bei diesem Teleutosporen mit frischen Aecidien zusammen wie bei den bisher besprochenen Arten. Um für diesen Fall das Ver- halten der Aeecidien festzustellen, wurden am 9. Juni die Aeeidiosporen 399 dieses Pilzes auf die jungen Blätter einer gesunden Pflanze des Bergklees ausgesät. Am 25. Juni erschienen mehrere Teleutosporenhäufchen, eine wiederholte Aeeidienbildung findet also auf Trif. montanum nicht statt. Höchst bemerkenswerth ist daher das Verhalten dieses Pilzes auf verschiedenen anderen Trifolium-Arten in Nordamerika. Die mir von dort zu Gesicht gekommenen Exemplare (von den amerikanischen Autoren stets als Uromyces Trifolii bezeichnet, aber von dieser Art durch die kleineren und zugleich dunkleren Teleutosporen und das Fehlen der Uredo verschieden) tragen sämmtlich Aeeidien und Teleutosporen gleich- zeitig, obwohl sie theils im Frühling (Mai), theils im Hochsommer (Juli) gesammelt sind. In allen Exemplaren sind die Aecidien frisch entwickelt, keineswegs veraltet, und die Teleutosporen brechen vielfach unmittelbar neben den Aeeidiengruppen hervor — also ganz in derselben Weise wie bei den Arten mit wiederholter Aecidienbildung und in ganz anderer Weise als bei uns auf Trifolium montanum. Es kommt zu diesem Unter- schiede noch hinzu, dass auf den meisten Nährpflanzen die Teleutosporen- lager von der Epidermis lange bedeckt bleiben, während auf Trif. montanum dieselbe zeitig gesprengt wird. Aber auch auf Trif. involu- eratum sind sie in den mir vorliegenden Exemplaren (Rllis and Everhart North Ameriean Fungi 1875[b]) vollkommen nackt. Wegen der in allen übrigen Punkten vollkommenen morphologischen Uebereinstimmung muss man diese beiden biologisch verschiedenen Formen zu derselben Species rechnen. Als solche Nährpflanzen, auf denen der Uromyces minor in Nordamerika vorkommt und offenbar längere Zeit hindurch Aecidien bildet, sind mir die folgenden bekannt geworden: Trifolium involueratum, gracilentum, roseidum und variegatum var. major. Ausserdem gehört hierher auch noch eine in den North Am. Fungi Nr. 1875 ausgegebene Form, als deren Nährpflanze Trifolium repens angegeben ist; aber offen- bar ist diese Bestimmung der Nährpflanze nicht richtig.!) — Spermogonien habe ich bei Uromyces minor weder auf Trifolium montanum noch auf den amerikanischen Kleearten gefunden. Es wurden ferner die folgenden Aussaatversuche unternommen. Am 19. Mai ds, Js. wurden die Aeeidiosporen der Puceinia Falcariae auf mehrere aus dem Freilande in Töpfe verpflanzte Exemplare von Falcaria Rivini ausgesät. Am 9. Juni waren auf den jüngeren Blättern vereinzelte Teleutosporenhäufchen vorhanden. Das erste Auftreten derselben ist wahrscheinlich schon einige Tage eher erfolgt, die Pflanzen konnten jedoch rkt, dass Urom. minor in Amerika offenbar seine haupt- den Weststaaten hat. Bisher ist er nur im Washington lorado gefunden worden. 1} Nebenbei sei beme gächlichste Verbreitung in Territory, in Californien und Co 400 vom 1. bis 8. Juni nicht controlirt werden. Ferner hatte eine am 1. Mai erfolgte Aussaat der Aecidiosporen von Puceinia Tragopogonis (Pers.) auf junge Pflanzen von Tragopogon pratensis, die im Vorjahre aus Samen ge- zogen worden waren, das Erscheinen von Teleutosporenhäufehen vom 16. Mai ab zur Folge. Bekanntlich erhielt auch de Bary bei der Aussaat der Aecidiosporen dieses Pilzes die Teleutosporenform, allerdings unter- mengt mit einer geringen Anzahl von Uredosporen. An Exemplaren, die im Freien durch spontane Infeetion entstanden sind, fehlt die Uredo auf Tragopogon stets. Es ist hier auch einer Bemerkung Plowright’s (British Uredineae and Ustilagineae p. 199) Erwähnung zu thun, welcher beobachtete, dass bisweilen auf jungen Sämlingen von Tragopogon im Herbste Aecidien erscheinen. Da Plowright besonders festgestellt hat, dass die Samen aus erkrankten Köpfchen, wenn sie überhanpt keimen, gesunde Pflanzen liefern, so findet doch vielleicht vereinzelt eine durch Aecidiosporen hervorgerufene Produktion von Aeeidien statt. Es bedarf dies jedenfalls noch der näheren Untersuehung. — Wenn wir nun bei dieser Art und bei Puccinia Falcariae gesehen haben, dass im allge- meinen die Aecidiosporen in dem Jahre, in welchem sie gebildet wurden, nieht nochmals neue Aecidien hervorbringen, so ist dies vom biologischen Standpunkte aus sehr wohl verständlich. Diese beiden Arten haben be- kanntlich ein perennirendes Mycel, welches in jedem Frühjahr an der erkrankten Pflanze aufs Neue Aeeidien erzeugt. In jedes Blatt und Jeden Stengeltheil, der von der Pflanze hervorgebracht wird, tritt auch das Mycel des Parasiten ein und so ist hier auf eine noch einfachere Weise als bei den zuerst besprochenen Arten die Erhaltung und Ver- mehrung dieser Pilze gesichert. Wie lange bei den einzelnen Arten die Aecidienbildung anhält, vermag ich nicht genauer anzugeben; er- wähnen will ich nur, dass ich auf Falcaria noch im Juli unentwickelte Aecidien fand. Diese später gebildeten Aecidien von Pucc. Falcariae und Puec. Tragopogonis sind entweder von gar keinen oder nur spär- lichen Sperinogonien begleitet, während diese Sporenform gerade bei den genannten beiden Arten vor der Bildung der ersten Aecidien in überreicher Menge auftritt. Wenn wir nın aus diesen mit einer allerdings geringen Anzahl von Arten angestellten Versuchen unter Berücksichtigung des Auftretens anderer uredoloser Arten und ihres ganzen Verhaltens einen allgemeinen Schluss ziehen, so ergibt sich, dass bei denjenigen Arten von Uromyces und Puecinia, welche Aeeidien und Teleuto- sporen, aber keine Uredosporen bilden, die Aecidio- sporen die Fähigkeit haben, wieder Aecidien hervor- nn nn nn 401 zubringen, falls sie nicht ein perennirendes Mycel besitzen, dass ihnen dagegen jene Fähigkeit im allge- meinen abgeht, wenn das Aecidienmycel in der Nähr- pflanze überwintert. Ebenso verhalten sich auch die wenigen Arten, bei denen Uredo nur in verschwindend geringer Menge produeirt wird. Es sind dies nun aber noch nicht alle Arten von Uromyces und Puceinia, welche die Fähigkeit der wiederholten Aeeidienbildung be- sitzen: diese kommt sicherlich auch einigen Arten mit reichlicher Uredo- bildung zu. Wir knüpfen hier zunächst an eine Angabe Plowright's an. Derselbe bemerkt (l. e. pag. 152) über Puceinia Epilobii tetragoni (DC.) (= Puce. pulverulenta Grev.), eine Art mit reichlicher Uredo- bildung, Folgendes: „I found in June, 1882, that the aecidiospores sown on seedlings of Epilobium hirsutum gave rise to aecidiospores in seventeen days.“ Zu der Zeit, wo dies geschrieben wurde, wär noch nicht be- kannt, dass Aeeidien wieder Aeecidien zu erzeugen vermögen; es ist daher auffallend, dass der Autor diese Angabe ohne jegliche weitere Bemerkung macht. Vielleicht handelt es sich also hier um ein Versehen und soll statt des zweiten „aecidiospores“ heissen „uredospores®. Dem gegenüber ist nun zu beachten, dass man die Aecidien dieser Art zu sehr verschie- dener Jahreszeit findet. Ich fand dieselben in einem und demselben Jahre (1894) auf Epilobium tetragonum zuerst am 3. Mai und an eben derselben Stelle noch in den letzten Tagen des October. Auf Epilobium montanum haben mir dieselben in getrockneten Exem- plaren auch aus sehr verschiedener Jahreszeit vorgelegen, nämlich aus den Monaten Mai bis August. Gleichwohl wäre es verfrüht, hieraus auf die Fähigkeit der Selbstreproduktion bei diesen Aecidien zu schliessen. Das Mycel derselben durehzieht nämlich, wie auch Plowright be- merkt, einen grösseren Teil der erkrankten Pflanze, so dass von einer gewissen Höhe ab alle Blätter gleichmässig mit Aecidien bedeckt sind. In dem Falle, wo die Aeeidien noch im October gefunden wurden, waren es kleine, unmittelbar über der Wasserfläche, aus der die Pflanzen sich erhoben, hervorbrechende Seitentriebe, welche die Aecidien lose zerstreut trugen. Am 29. Mai d. J. säte ich auf Epilobium tetragonum gesammelte Aceidien im Zimmer auf kräftige Pflanzen derselben Art und auf Epilobium hirsutum aus. Am 9. Juni waren auf E. tetragonum reichliche, offenbar schon vor mehreren Tagen hervorgebrochene Ü redo- lager vorhanden; auf FE. hirsutum trat keine Infeetion ein. Es liegt d zwischen diesem Versuche und demjenigen, allerdings ein Unterschie dieser Keimpflanzen über welchen Plowright berichtet, darin, dass benutzte, ich dagegen ältere Stöcke. 402 Weit klarer liegen die Verhältnisse bei Uromyces Trifolii (Hedw.), auf dessen Verhalten ich bereits an anderer Stelle (Sitzungsberichte der Naturf. Ges. zu Leipzig 1888, 89) hingewiesen habe. Dieser Klee- rost bildet bei uns auf Trifolium pratense, hybridum, medium und fragi- ferum nur Uredo- und Teleutosporen. Auf Trifolium repens verhält er sich verschieden. Meist bildet er in Mitteldeutschland nur Teleuto- sporen. An manchen Stellen aber (z. B. bei Lichterfelde bei Berlin), namentlich in höheren Gebirgen, werden auch Aeecidien gebildet, und an diesen Stellen tritt auch stets die Uredoform mit auf. Da, wo die Aecidien vorkommen, werden sie zu sehr verschiedener Jahreszeit an- getroffen (Herr Prof. Magnus theilte mir mündlich mit, sie in Tirol noch in den letzten Septembertagen gefunden zu haben). Das Mycel der Aeeidien ist streng localisirt, es muss also eine wiederholte Infeec- tion stattfinden. Diese wäre hier zwar durch die Uredo möglich, es ist jedoch kein einziger Fall bekannt und es spricht auch keine Beobach- tung dafür, dass die Infeetion durch Uredo Aecidien hervorrufen könnte. Es handelt sich hier also sicherlich um eine Selbstreproduction der Aecidien. Dies ist wahrscheinlich auch der Fall bei Uromyces Cytisi (DC.), dessen Aeeidien in den südlichen Theilen der Alpen vom Juli bis Ende September gefunden werden. Zwei Aussaatversuche mit dem Aecidium des Uromyces Trifoli auf Trif. repens, zu denen mir Herr Prof. Fr. Thomas Material aus Graubünden und Herr P.Sydow solches von Berlin sandte, blieben leider ohne Jeglichen Erfolg. Im ersteren Falle hatten die Sporen die Keimfähigkeit sicher eingebüsst, die Kleeblätter kamen völlig vertrocknet in meine Hände. Auf eine Art möchte ich hier noch hinweisen, deren Verhalten manche an Uromyces Trifolii erinnernde Eigenthümlichkeit zeigt, näm- lich Puceinia Adoxae DC. An vielen Orten tritt nur die Teleutosporen- form auf und verhält sich in diesen Fällen wie eine Mikropuceinia, ähnlich der Teleutosporenform des Uromyces Trifoli auf Trif. repens, jedoch mit dem Unterschiede, dass bei P. Adoxae das Teleutosporen- mycel perennirt. An manchen Orten tritt aber auch die Aecidiumform auf, und in diesen Fällen ist die Puceinia von Uredo begleitet. Auch beiden vonSchröter und von Soppitt mit dem Aeeidium angestellten Aussaatversuchen bildeten sich erst Uredo- und dann Teleutosporen.!) Merkwürdig ist nun aber, dass die Aecidiumform, deren Mycel gleichfalls in der Nährpflanze perennirt, an vielen Stellen ohne eine der anderen 1) Nach diesem verschiedenen Verhalten unterscheidet Plowrigth zwei Arten: Pucc. Adoxae nur mit Teleutosporen und Puc. albescens (Grev.) mit allen drei Sporenformen. 403 Sporenformen gefunden wird. So z. B. ist das Aecidium in Nord- amerika nicht selten, während die Puccinia auf Adoxa bisher nur ein einziges Mal gefunden worden ist. Es ist nicht wahrscheinlich, dass wir es etwa hier mit einem zweiten zu einer heteröcischen Art ge- hörigen Aecidium zu thun haben, das demjenigen der Puce. Adoxae vollkommen gliche, vielmehr ist anzunehmen, dass die Aeeidiumform im Stande ist, sich selbständig zu erhalten und fortzupflanzen. Dass dieses letztere in der That vorkommt, hat Soppitt für Aeci- dium leucospermum nachgewiesen (Journ. of Botany XXXI p. 273). Er säete im Mai 1892 die Sporen dieses Aecidiums auf Anemone ne- morosa aus, und im folgenden Jahre erschienen auf einem der Blatt- segmente einer Versuchspflanze mehrere Aecidienbecher. Es ist also bei Puce. Adoxae die biologische Differenzirung so weit gegangen, dass eine als autöcische Art mit allen drei Sporenformen vorkommende Species sich an manchen Orten nur in der Teleutosporen- form, an anderen nur in der Aecidiumform fortpflanzt. Bei Urom. Trifolii auf Trif. repens geschieht dies nur in der Teleutosporenform, dagegen ist das Aecidium dort nicht selbständig geworden. Auf die anderen Arten, die hier noch anzuführen wären, wollen wir nicht eingehen, vor allen Dingen wird es zur weiteren Aufklärung nöthig sein, mit diesen Arten Yersuche anzustellen. Sicherlich geht aber schon aus diesen Angaben hervor, dass es nicht möglich ist, wie es bisher geschah, alle Arten über einen Leisten zu behandeln, dass auch bei den Arten mit Uredo eine Selbstreproduction der Aecidien in einzelnen Fällen stattfindet. Suchen wir uns ferner die Frage zu beantworten, ob die Arten ohne Uredo aus solchen mit Uredo durch den Wegfall dieser Generation sich entwickelt haben oder ob die uredolosen Arten als die früheren anzusehen sind, aus denen sich dann Arten mit Uredo herausgebildot haben, so ist von vornherein zu bemerken, dass es vielleicht nicht richtig ist, diese Frage allgemein zu beantworten, dass manche Species auf die eine Weise, andere wiederum auf die andere Weise zu erklären sind. Für Puce. Falcariae und Puce. Tragopogonis nimmt Schröter (Entwickelungsgesch. einiger Rostpilze. Cohn’s Beitr. zur Biologie der Pfl. Bd. III $. 78—82) an, dass sie von Arten mit Uredo abstammen, dass aber diese Generation überflüssig geworden sel, weil die an einem hindurch hervorgebrachten Aecidiun- Verbreitungsmittel bilden. Für die deren Aecidienmycel nicht in der n eher das Gegentheil annehmen. perennierenden Mycel längere Zeit sporen ein genügend reichliches grosse Mehrzahl der anderen Arten, Wirthspflanze überwintert, wird ma 404 Denn da die Aecidiosporen ihre Keimfähigkeit nur eine sehr kurze Zeit hindurch bewahren, die Uredosporen dagegen länger, weil sie gegen ungünstige äussere Einflüsse weit besser geschützt sind, so ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass die für die Erhaltung der Art zweck- mässigere Sporenform in Wegfall gekommen und die unzweckmässigere zu reichlicherer Entwickelung gelangt sein sollte. Es ist auch zu be- achten, dass bei den Arten, welche Aecidien, Uredo- und Teleutosporen zur Entwickelung bringen, der Wechsel der Generationen nur in wenigen Ausnahmefällen unregelmässig, in einer von dem eingangs erwähnten Schema abweichenden Weise verläuft, während bei den Arten ohne Uredo die Verhältnisse bei weitem nicht so gefestigt sind. Es gibt unter ihnen Arten, und vielleicht ist es die Mehrzahl, bei denen die Sporidien einer keimenden Teleutospore immer nur Aeeidien hervor- bringen, andererseits kann bei Puceinia Senecionis, und wohl noch in manchen anderen Fällen, jede der beiden Sporenformen sowohl die andere Form als auch wieder die gleiche Form erzeugen. Bei Uro- myces Cunninghamianus entstehen Teleutosporen nur in den Aecidium- bechern, bei anderen Arten sind sie in verschiedenem Grade getrennt. Durch alle diese Eigenthümlichkeiten machte die Mehrzahl der Arten, welche keine Uredo bilden, einen primitiveren Eindruck als die uredo- bildenden. In anderen Gattungen der Uredineen kommen anscheinend keine Arten vor, deren Aecidiosporen wieder Aecidien hervorzubringen, ver- mögen. Ein neues Licht werfen aber die obigen Untersuchungen auf die Gattungen Uhrysomyxa und Coleosporium. Die ursprünglich jeden- falls ausschliesslich vorhandene Teleutosporenform dieser Pilze lebte auf Coniferen, es gibt ja jetzt noch eine Chrysomyxa Abietis und ein Coleosporium Pini (letzteres in Nordamerika), die ihre Teleutosporen auf Nadelhölzern bilden. Mit dem späteren Hinzukommen der Aeci- diumform war die Möglichkeit zur Herausbildung der heteröcischen Lebensweise gegeben. Ich habe nun früher bereits darauf hingewiesen (Flora 1891 S. 148), dass man aus morphologischen Gründen die Uredo- forın bei diesen beiden Gattungen als eine Wiederholung der Aeei- diumform zu betrachten habe und dass im Verlaufe der weiteren Entwickelung diese ursprünglich einheitliche Pilzform auf den beiderlei Nährpflanzen sich in verschiedener Weise weiter entwickelt habe und so zu einer morphologischen Differenzirung gelangt sei. Diese Auffassung erhält durch die oben mitgetheilten Versuche eine wesentliche Stütze, Physiologische Notizen. Von Julius Sachs. IX, Weitere Betrachtungen über Energiden und Zellen. $ 1. In der zweiten dieser „Notizen“ (Flora 1892 p. 57) habe ich mich darüber ausgesprochen, wie zweckmässig es wäre, den eigentlich lebendigen Theil der Pflanzenzelle, den ich als Energide bezeichne, dem in der Litteratur bisher „Zelle“ genannten Elementargebilde gegenüber zu stellen und so eine grössere Klarheit in die Nomen- clatur einzuführen. Die Anwendbarkeit des neu aufgestellten Begriffs auch auf die lebendigen Elementareinheiten des thieriscehen Körpers ergab sich von selbst. Auf diesen Punkt will ich jedoch im Folgenden nicht weiter eingehen.!) Es kommt mir vielmehr darauf an, dem in der genannten Abhandlung Gesagten Verschiedenes anzuschliessen, was sich, wie ich meine, am besten mit Hilfe des Begriffes: Energide klar machen lässt. Zunächst ist aber dieser selbst noch zu klären. $ 2. Von verschiedenen Seiten wurde meine Darstellung so auf- gefasst, als ob’ das neue Wort Energide überhaupt nur ein anderer Ausdruck für das alte: „Zelle“ sein solle; das wäre aber eine recht überflüssige Bereicherung der Sprache und wie ich glaube, habe ich deutlich genug gesagt, dass die Sache anders gemeint sei. Das Wort Energide soll nur den lebendigen, mit Energie, mit Thatkraft begabten Körper bezeichnen, der bei den Pflanzen gewöhnlieh (nicht immer) in einem von ihm selbst erzeugten Gehäuse, d. h. in einer Zellstoff- haut, eingeschlossen ist. Diese entsteht auf der Aussenseite der Energide; aber auch in dem von der Energide selbst umschlossenen Raume entstehen verschiedene Gebilde, die an sich nur passive Pro- dukte derselben sind und keine oder höchstens potentielle Energie besitzen, wie die Stärkekörner, Aleuronkörner Krystalle (von Eiweiss und Caleiumoxalat). Alle diese nicht zur Energide gehörenden Ge- 1) Dies soll jedoch nicht hindern, dass ich in der folgenden Darstellung rechne. Es handelt sich hier überall um Fragen, die und Pfanzenreich gelten, nur muss ich mich betreffs die mir geläufigen botanischen Dinge halten. auch auf zoologische Leser gleichzeitig für das Thier- der Beispiele und Einzelnheiten an 406 bilde sind aber von ihr erzeugt und die meisten können von ihr später als Material benutzt werden, während die Bedeutung der Zellhaut vorwiegend in ihrer Festigkeit liegt und in ihrer Fähigkeit, imbibirtes Wasser zu leiten. Jede gestaltliche und physikalische, chemische Veränderung dieser passiven Gebilde wird durch die Thätigkeiten der Energide hervorgebracht; weder die Zellwände, noch die Stärkekörner, die Aleuronkörner, noch die Krystalle, werden durch eine ihnen inne- wohnende Kraft verändert, sie bleiben, was sie sind, wenn nicht die Energide sie beeinflusst. Allerdings können sie der Energide als Nahrungsmaterial dienen, diese also ihrerseits physikalisch und chemisch beeinflussen, speciell auch als Baustoff der Energiden zur Vermehrung der Energie beitragen; aber dies geschieht nur durch die Einwirkung der Energide selbst und nur zu der Zeit und in dem Maasse, wie es diese zur Durchführung ihrer eigenen Lebenserscheinungen für nöthig und passend findet. Im Einzelnen sind diese Thatsachen längst bekannt und physio- logisch verwerthet; es würde aber, wie ich glaube, zur Klärung unserer theoretischen Auffassungen und zur besseren gegenseitigen Verständigung beitragen, wenn man diese Thatsachen durch einen gemeinsamen Aus- druck zusammenfasste und die genannten Zellentheile mit Einschluss der organischen im Zellsaft gelösten Stoffe als die passiven Zellen- produkte (oder Energidenprodukte) der Energide gegenüberstellte. Ganz im Gegensatz zu den passiven Zellenprodukten, ist die lebende Energide in beständiger Veränderung begriffen, so lange sie von Wasser durchtränkt ist, Sauerstoff athmet und ihre Moleküle durch Wärmeschwingungen bestimmter Intensität bewegt werden. Diese drei Einwirkungen entscheiden jedoch nur darüber, ob die Energide überhaupt die ihr eigenthümlichen Lebenserscheinungen zeigen kann; über (die Art und Weise ihrer Formveränderungen, ihres Wachsthums, ihrer Reizbarkeiten u. s. w. entscheiden sie nicht; die specifischen Lebenserscheinungen (speciell die Gestaltungsvorgänge) hängen vielmehr von der inneren erblichen Natur der Energide selbst ab und ganz besonders auch die Art und Weise, wie diese auf äussere Eingriffe, zumal des Lichts, der Schwere, des Druckes, der chemi- schen Einwirkungen organbildender Stoffe reagirt. Bekanntlich liegt in der Erforschung dieser Eigenschaften der Energiden das tiefste Problem der Biologie und wissenschaftlichen Morphologie. Mit all diesen Lebensäusserungen aber haben die passiven Zellenprodukte uninittelbar nichts zu thun; sie liefern der Energide nur das Material zu ihrem Wachsthum und dienen ihr als Energievorrath zu ihren eigenen Ver- 407 änderungen, indem die Energide die in dem passiven Material ver- borgene potentielle Energie in kinetische Energie und Arbeit ver- wandelt. Unter diesen sehr mannigfaltigen Leistungen der Energide ist ohne Zweifel die merkwürdigste ihre Fähigkeit, bestimmte Ge- stalten selbst anzunehmen oder das von ihr verarbeitete passive Material in bestimmte Formen zu gestalten, so dass man, bis tiefere Einsicht vielleicht Besseres lehrt, von einer Gestaltungsenergie der Energiden reden darf. In besonders folgenreicher Art macht sich diese bei den Pflanzen durch die Bildung der Zellwände, deren Wachsthum und Seulptur geltend; aber auch die Gesammtform der Pflanze und die Gliederung ihrer Organe geht nur von den Energiden aus; dass die von aussen aufgenommenen Nahrungsstoffe nicht selbst formbestimmend eingreifen, zeigt die Erblichkeit der Formen bei verschiedensten Nährböden und die Verschiedenheit der specifischen Formen bei gleichem Nahrungsmaterial. Nicht die chemischen Ver- wandtschaften bestimmen die specifische, historisch begründete Aus- gestaltung der Pflanzensubstanz, sondern die Energiden weisen den chemischen Molekülen den Weg, den sie zur Herstellung organisirter Formen zu gehen haben, ohne dass dadurch die chemischen Gesetze selbst etwa ausser Acht gelassen werden.') Auch eine chemische Fabrik arbeitet nach den Gesetzen, die das Lehrbuch der Chemie kennen lehrt, aber der besondere Weg, den sie dabei einschlägt, ist ihr Geheimniss; und so auch im Organismus unter dem Einfluss der Energiden. $ 3. Diese Bemerkungen sollten übrigens nur vorläufig und in Kürze die Energide als Ganzes den passiven Zellenprodukten gegen- überstellen. Es lohnt sich, auch die sichtbaren Theile der Energide näher in’s Auge zu fassen. In meiner zweiten Notiz sagte ich: „Unter einer Energide denke ich mir einen einzelnen Zellkern mit dem von ihm beherrschten Protoplasma, so zwar, dass ein Kern und das ihn umgebende Protoplasma als ein Ganzes zu denken sind und dieses Ganze ist eine organische Einheit, sowohl im morphologischen wie im physiologischen Sinne.“ 1) In der Vernachlässigung oder Unkenntniss dieses Satzes liegt die Ursache davon, dass die physiologische Chemie auf botanischem Gebiet bisher so sehr wenig geleistet hat. Veranschaulicht wird der im Text aufgestellte Satz vielleicht am einfachsten durch die Entstehung und Wirkung der Enzyme im Stoffwechsel und im Grunde beruhen auch Pfeffer’s Betrachtungen über die „Election organischer Stoffe“ (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. 28 p. 229) bei der Ernährung der Pflanzen auf demselben von mir aufgestellten Batze. Indessen würde ein ausführlicher Nachweis mich hier von meinem Hauptthema zu weit abführen. 408 So erscheint sie in ihrer einfachsten, primitivsten Form, z. B. als nackte Schwärmspore, als Myxoamoebe, oder in einer sehr dünn- wandigen Zellkammer eingeschlossen im Vegetationspunkt oder im embryonalen Gewebe jüngster Organe (Blätter, Wurzelanlagen, Blüthen- knospen, Archegonien, Antheridien und einfachsten Eizellen). Aber je nach dem zunehmenden Alter und ihrer biologischen Bedeutung, ganz besonders aber mit der Grössenzunahme der ganzen Zelle, treten weitere Differenzirungen sowohl im Kern, wie im Protoplasma der Energide auf und, bezeichnend für das Wesen des Kernes, vollziehen sich diese Gestaltveränderungen in auffallendster Weise zur Zeit der Zelltheilung und der Energidenvereinigung bei der Befruchtung. Diese in den letzten Jahren vielfach studirten Vorgänge der Karyokinese einerseits und der Differenzirung und Vereinigung der sexuellen Kerne anderseits lassen den von mir gebrauchten Ausdruck, die Energide sei ein vom Zellkern beherrschtes Protoplasmaquantum, als ge- rechtfertigt erscheinen. Mit der Differenzirung gestalteter sichtbarer Theile der Energide zeigt sich zugleich, dass jeder derselben bestimmte, ihm eigenthüm- liche biologische Funetionen übernimmt, die einander gegenseitig ergänzen, entweder in derselben Zelle (Protococcaceen, Desmidieen, Baeillariaceen u. a.) oder im Zusammenwirken zahlreicher Zellen einer vielzelligen Pflanze. Bei den einfachsten und kleinsten Ener- giden, z. B. in den Öscillarienfäden, den Bacterien u. s. w., ist aller- dings von derartigen Differenzirungen kaum etwas zu sehen: bei den Cyanophyceen ist selbst die Vereinigung der Kernsubstanz zu einem bestimmt umgrenzten Kern noch zweifelhaft; vergleicht man aber damit das andere Extrem, die im Embryosack der Phanerogamen in Karyokinese begriftenen Zellen, so zeigt sich, wie überall in der organischen Welt, auch hier ein grossartiger Fortschritt vom Ein- fachen zum Complieirten, Hochdifferenzirten, der noch deutlicher her- vortritt, wenn man die schönen und klaren Bilder betrachtet, die Boveri von der Eizelle des Pferdespulwurms vor und nach der Befruchtung durch ein Spermatozoon gegeben hat. S 4. Hier auf Einzelnheiten einzugehen, wäre bei dem jetzigen Stand der Kenntnisse theils überflüssig, theils der Unsicherheit mancher Thatsachen wegen zu gewagt. Doch dürfte es sich lohnen, einen Blick zu werfen auf die Functionen der einzelnen Theile höher dif- ferenzirter Energiden. Als solche Theile kann man zunächst unter- scheiden: den Kern mit seiner Grundsubstanz und dem Nuclein (Chromatin), ferner den Centrosomen und den Nucleolen. — Anderseits 409 das Protoplasma mit den Chromatophoren, unter diesen besonders wichtig die Chlorophylikörper (Chloroplasten) und Stärkebildner oder Leucoplasten. Auch in hochdifferenzirten, grossen Energiden sind nicht immer alle diese Theile gleichzeitig vorhanden, aber Protoplasma und Kernsubstanz in irgend einer Form ist unzertrennlich, wenn es sich um lebensfähige Energiden handelt. Am schärfsten charakterisirt tritt die Verschiedenheit der Functionen bei den Chlorophylikörpern und dem Chromatin (Nuclein) hervor. Dass die ersteren zum Proto- plasma gehören und die speeifische Eigenschaft haben, die „Schwingungs- energie des Lichtäthers® in chemische Arbeit umzusetzen, unter dem Einfluss des minder brechbaren, zumal des gelben Lichts aus Kohlen- säure und Wasser Zucker oder Stärke zu bilden, ist allbekannt. Diese Thatsache gewinnt aber erst ihre ganze Bedeutung, wenn man weiss, dass aus diesem Assimilationsprodukt alle anderen Stoffe der Pflanze und somit auch der Thierwelt sich ableiten; und in der vorausgehen- den Notiz habe ich gezeigt, welchen Einfluss die Eigenschaften des Chlorophylis mittelbar auch auf die Gestaltung der Pflanzen ausüben und welche Photomorphosen daraus entstehen, vor Allem die Flächen- ausbreitung der grünen Organe und die Blattbildung bei den ver- schiedensten phylogenetischen Architypen. Wier indessen fällt der Schwerpunkt unserer Betrachtung auf die Thatsache, dass das Chloro- phyli nur ein Theil der Energide ist, der speeifisch chemisch wirksame Theil. Den nicht grünen, farblosen Leucoplasten anderer nicht vom Licht angeregter Encergiden fehlt die eine Fähigkeit der grünen Chloro- plasten, nämlich die: Liehtenergie in chemische umzuwandeln, aber sie besitzen die andere, aus dem formlosen Assimilationsprodukt, dem Zucker, die in bestimmter Form auftretenden Stärkekörner zu erzeugen. Im eminentesten Sinne erscheinen also die Chloroplasten als mit spe- eifischer Energie begabte Theile der Energiden. Nicht so klar und allseitig festgestellt ist die charakteristische Leistung des Chromatins oder Nucleins im Zellkern. Jedenfalls ‚aber handelt es sich bei ihm nicht oder doch nicht vorwiegend um chemische Energie, sondern, wie man e8 nach der obigen Bemerkung nennen dürfte, um morphologische oder Gestaltungsenergie. Nach den Be- griffsbestimmungen der Physiker und Mechaniker mag das Wort in dieser Anwendung freilich fremdartig klingen; aber das Leben selbst und vor Allem die Gestaltungsprozesse der Organismen sind eben mit den herkömmlichen Begriffen der Physik und Mechanik gegenwärtig noch nicht zu bewältigen und zu verstehen und wir Biologen haben das Recht, die Thatsachen des Lebens ebenfalls durch kurze Ausdrücke 27 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 8. Bd. 410 zusammenzufassen. Die Frage ist nur, was wir unter Gestaltungs- energie verstehen wollen und auf welche Thatsachen wir das Wort anwenden. Uebrigens ist ja der Ausdruck „Energie“ von der Lebens- thätigkeit der Organismen entlehnt und nur bildlich auf rein physika- lische Vorgänge übertragen worden.') Doch dies nur nebenbei. Dass es die Zellkerne und in diesen die Chromatinkörper sind, welche bei den morphologischen Vorgängen an den Vegetationspunkten, d. h. bei der ersten Anlage der neuen Organe (Blätter, Sexualorgane an den Sprossvegetationspunkten, und Nebenwurzeln an denen der Wurzeln) die maassgebende Rolle spielen, dass das embryonale Ge- webe ihnen diese Gestaltungsenergie verdankt, habe ich schon 1882, wo man noch wenig von dem Chromatin wusste, zu begründen gesucht.?) „Mir war“, sagte ich, „in dieser Beziehung immer die allgemein bekannte Thatsache von Interesse, dass in den Vegetationspunkten die Zellkerne einen auffallend grossen Raum einnehmen, die kleinen Zellen fast erfüllen und also einen erheblichen Bruchtheil der Masse des embryonalen Gewebes darstellen. Das Gewicht dieser Wahr- nehmung wird nun dadurch noch vermehrt, dass wir durch Schmitz von dem Vorhandensein der Zellkerne auch in solchen Kryptogamen, wo man sie früher nicht erkannt hatte, unterrichtet sind, und dass selbst in den nicht eellulären Vegetationspunkten der Cöloblasten sehr zahlreiche Zellkerne beisammenliegen, die erst später bei dem Wachsthum auseinander rücken. Vergleicht man mit diesen That- sachen die höchst untergeordnete Rolle, welche die Zeilkerne in aus- gewachsenen, grossen Parenchymzellen spielen, wo ihre Masse gegen- über dem sonstigen Zellinhalt kaum in Betracht kommt, so muss die Anhäufung der Zellkernsubstanz im Gewebe der Embryonen und Vegetationspunkte um so mehr auffallen, da nur diese Theile der Pflanzen die Fähigkeit haben, neue Organe zu erzeugen. Nun haben aber ferner die neuen Untersuchungen von Flemming, Stras- burger, Schmitz u. A. gezeigt, dass im Zellkern selbst ein grosser Theil der Substanz im Wesentlichen die Eigenschaften des Proto- plasmas besitzt; das dem Zellkern selbst Eigene, ihn vom Proto- plasma Unterscheidende ist aber sein Gehalt an Nuclein, dessen merkwürdige Gestaltveränderungen bei der Zelltheilung von den ge- nannten Forschern so eingehend studirt wurden, ® 1) Vgl. meine gesammelten Abhandl. p. 1204 Anm. 2) In „Arbeiten“ des bot. Instit. Bd. Il p. 716 ff. und in Sachs, Gesammelte Abhandl. Bu. lI p. 1227. un „ GES 411 “ Wer sich etwa für eine weitere Ausführung des hier angeregten Gedankens interessirt, dürfte sie in,dem eitirten Aufsatz finden. Seit- dem ist aber eine reichhaltige Litteratur entstanden, aus der sich Beweise für die Gestaltungsenergie des Chromatins entnehmen lassen. Wiederholt begegnet man der Aeusserung, dass das Chromatin des männlichen, generativen Zellkerns bei der Befruchtung die erbliche Form auf die Nachkommen übertrage, und da mit der Befruchtung der Eizelle bei Pflanzen wie bei Thieren die Gestaltungsprozesse einer neuen Ontogenese !) eingeleitet werden, so läuft der genannte Satz auf dasselbe hinaus, was ich als die morphologische oder Gestaltungs- energie des Chromatins bezeichne. Den schlagendsten Beweis für die Existenz derselben hat Boveri durch die Entdeckung erbracht, dass kernfreie Energidentheile einer Seeigelspecies durch die Aufnahme des (aus Chromatin vorwiegend bestehenden) Spermatozoons einer zweiten Species nicht nur zu weiterer Entwickelung angeregt werden, sondern Embryonen liefern, welche die erblichen Eigenschaften der väterlichen Species allein repräsentiren. Ein, ieh möchte sagen, verblüffend einfacherer Beweis lässt sich nicht erbringen. — Jetzt übrigens, wo wir wissen, wie der entscheidende Thatbestand bei der Befruchtung der PHanzen verläuft, lässt auch die gewöhnliche Bastardirung keinen Zweifel, dass das im Spermatozoon der Krypto- gamen enthaltene Chromatin es ist, dem der Bastard seine väterlichen Eigenschaften verdankt, wobei die mit ihnen gemischten mütterlichen Eigenschaften dem Chromatin der Eizelle selbst entstammen müssen. Die Zahl der kryptogamischen Bastarde ist freilich nicht gross, aber sie dienen uns als Schema für die überaus zahlreichen phaneroga- mischen, insofern sie zeigen, dass es bei dem generativen Kern des befruchtenden Pollenschlauches doch nur auf das in die Eizelle über- tretende Chromatin ankommt. Wenn nun also dem Chromatin (Nuclein) diese Gestaltungsenergie so ist dabei natürlich nicht zu vergessen, zugesprochen werden muss, och nur besitzt, wenn es durch die dass es diese Eigenschaft eben d 1) Im Gegensatz zu der herkömmlichen Auffassung, nach welcher nur die ersten Gestaltungsschritte bei der Keimung überhaupt an embryonalen Gebilden als Entwickelung bezeichnet werden, hat schon Goe bel darauf aufmerksam ge- macht, dass man unter diesem Ausdruck vielmehr die Gesammtheit aller Gestalts- elle bis wieder zur Eizelle, von der Spore bis wieder solle, Ich bin derselben Ansicht, schlage aber zu- Entwickelungsgeschiebte“ das kürzere und bessere: führt wurde, auch für die Pflanzen zu veränderungen von der Eiz zur Spore u. 8. w. verstehen gleich vor, statt des Wortes „ „Ontogenese“, das von Haeckel einge verwenden. . 97* 412 v Grundmasse des Kerns mit dem Protoplasma vereinigt ist; und wie innig diese Vereinigung sein myss, das zeigen die unmittelbar auf die Befruchtung folgenden Zelltheilungen mit den karyolytischen Vorgängen.?) Die Einwirkung des Chromatins auf das Protoplasma, besonders auffallend bei der Befruchtung, kann als eine Reizerscheinung an letzterem betrachtet werden, wie ich denn überhaupt den Befruehtungs- act schon seit 1868 in meinen Büchern und Abhandlungen wiederholt als eine Reizerscheinung bezeichnet habe. Jedenfalls theilt sie mit anderen Reizerscheinungen die merkwürdige Eigenschaft, dass durch einen verhältnissmässig einfachen Anstoss oder Eingriff die weit- gehendsten Wirkungen hervorgebracht werden; man denke z. B. an die Ranken, wo die einfache Berührung oder Reibung einer geeigneten Stelle zuerst eine einfache Krümmung, dann eine vielfache Umwicke- lung der Stütze, ferner die Einrollung des freien Theils zwischen Berührungspunkt und Basis der Ranke, weiterhin bei manchen Ranken ein kräftiges Dickenwachsthum derselben und endlich die Verholzung der Gefässbündel hervorruft; bei dem wilden Wein (Ampelopsis) stirbt die nicht gereizte Ranke sogar völlig ab, Nun haben aber alle bisherigen Untersuchungen über die ver- schiedensten Reizbarkeiten der Pflanzenorgane (auch der Ranken) zu dem Satz geführt, dass sie durch das Protoplasma oder, wie ich jetzt lieber sagen würde, der Energiden, vermittelt wird und die direeten Untersuchungen unter dem Mikroskop erlauben, die Reizwirkungen des Druckes, des Lichts, der Wärme, chemischer Stoffe, der Schwer- kraft direct am Protoplasma hervorzurufen und sichtbar zu machen. Damit komme ich nun wieder auf das Thema von den verschie- denen Energien der einzelnen Theile der Energiden zurück. Die Energie des Chlorophylis zeigte sich in seiner Aufnahme der Licht- energie und der Umwandlung derselben in chemische Arbeit; die Energie des Chromatins stellt sich als Gestaltungsenergie dar — und welche hervorragende Eigenschaft haben wir nun demjenigen Bestand- theil der Energide zuzuschreiben, der speciell als Protoplasma be- zeichnet wird? — Es ist eine grosse Mannigfaltigkeit von Erschei- nungen, welche das Protoplasma bekanntlich darbietet; man denke nur an den Protoplasmaleib der Protozoen, der Plasmodien, Schwärm- sporen, an die „Strömungen“ desselben in geschlossenen Zellen, an 1) Ueber die Centrosomen ist auf botanischem Gebiet noch zu wenig bekannt, um über ihre Beziehungen zu den Gestaltungsvorgängen im embryonalen Gewebe der Pflanzen irgend etwas von Bedeutung sagen zu künnen. 413 die mit Protoplasma und Kern erfüllten Zellen der Vegetationspunkte und anderer embryonaler Gewebe im Gegensatz zu dem sog. Primordial- schlauch, der in grossen alten, aber noch lebenden Parenchymzellen eine äusserst dünne, der Zellstoffwand anliegende Haut darstellt; ferner an das mit zahllosen winzig kleinen Chromatinkernen durch- säete Protoplasma der Siphoneen, welches ich desshalb als eine Viel- heit von Energiden betrachte u. s. w. Es ist nun nicht leicht, aus dieser Vielgestaltigkeit das heraus- zufinden, was man als das Wesentliche und Charakteristische des Protoplasmas gegenüber den anderen Energidentheilen aufzufassen hat. Zunächst darf man aber wohl sagen, ces sei der eigentliche Körper der Energide, der durch die Einwirkungen des Kerns wenigstens zeitweilig belebt wird, denn ohne diesen erlöschen die Kräfte des Protoplasmas schr bald. Zur Bildung einer Energide sind eben beide nöthig. Auch das lässt sich hervorheben, dass die Substanz des Protoplasmas, so lange es lebensthätig ist, neben Wasser auch gelöste Stoffe in sich enthält, von ihnen durchtränkt ist, und diese Stoffe sind es offenbar, welche den Kern und die Chromoplasten ernähren, das Material zu ihrer Vergrösserung und Vermehrung hergeben; anders ist dies nicht denkbar, weil der Kern sowie die Chromoplasten, immer von Protoplasma dieht umgeben, in dasselbe eingebettet sind; in der Vaecuolenflüssigkeit, dem Zellsaft, freischwimmend, werden sie niemals angetroffen. Doch komme ich auf diesen Punkt noch von anderer Seite her später zurück. Einstweilen kann das Gesagte in dem Satz zusammengefasst werden, dass in dem Protoplasma, d. h. zwischen und in seinen Molekülen, sehr verschiedene chemische Prozesse statt- finden, bei denen der eingeathmete Sauerstoff jedenfalls eine wichtige Rolle spielt, im Gegensatz zu den Chlorophylikörpern, wo Kohlen- säure zersetzt und Sauerstoff entbunden wird. Man beachte, wie hierbei dicht neben einander zwei sehr energische, einander entgegengesetzte n Raume stattfinden, und das Proto- chemische Vorgänge im engste ' lasten nicht einmal durch eine plasma ist von dem Körper der Chlorop sichtbare Grenzhaut abgeschlossen. Aber mit alledem ist das eigentlich Charakteristische des Proto- plasmas doch noch nicht bezeichnet, schon desshalb nicht, weil che- mische Prozesse irgend einer Art überall im Organismus stattfinden; nur bei den Chloroplasten handelt es sich um einen solchen von ganz d grossartiger Bedeutung. Seit 1846, wo Is wesentlichen Theil der Pflanzen- ja selbst schon lange vorher, eigenthümlicher Art un Hugo von Mohl das Protoplasma a zelle erkannte und ihm seinen Namen gab, 414 wo man es als eine Art Zellsaft betrachtete, fiel den Phytotomen nichts so sehr auf, wie seine mit fortwährenden Gestaltveränderungen verbundenen Bewegungen oder „Strömungen“, und das Interesse an ihm wuchs ganz besonders seit 1855 durch Nägeli’s Studien!) über seine physiologischen Eigenschaften, und als sich im Anfang der 60er Jahre De Bary’s „Mycetozoen“ als freilebendes „Protoplasına“ (eigent- lich Energidengesellschaften) herausstellten, die Zootomen erkannten, dass der Körper der Protozoen aus derselben Substanz bestehe, und als endlich seit etwa 25 Jahren das Protoplasma als die Grundsubstanz sowohl der thierischen wie der pflanzlichen Zellen allgemein anerkannt wurde, da waren es immer wieder die wunderbaren Bewegungen, welche die Forscher beschäftigten, und zwar besonders desshalb, weil diese anscheinend ohne jeden äusseren Anstoss erfolgen, bei con- stanter Temperatur, constanter Beleuchtung, constanter Finsterniss, constanter Sauerstoffathnmung — obgleich sich anderseits zeigte, dass das Protoplasma mit seinen Bewegungen für allerlei äussere Anregungen (Temperaturschwankungen, Sauerstoffmangel, Druck, Chemikalien, elektrische Ströme u. a.) höchst empfindlich oder reizbar ist. Das Fremdartige an den Bewegungen des Protoplasmas wird noch dadurch verstärkt, dass die Aehnlichkeit seiner sog. Strömungen mit den Strömungen von Flüssigkeiten oder schleimartiger Stoffe eine rein äusserliche, täuschende ist, mit den hydrostatischen Gesetzen der Physik gar nichts gemein hat, vielmehr auf eine innere molekulare Struktur hinweist, die ich schon 1865 als „organisirt“ bezeichnet habe. Im Vergleich zu den zwar nicht starren, aber doch ihre Form im Allgemeinen festhaltenden Chloroplasten und Chromatinkörpern zeichnet sich also das Protoplasma vorwiegend dadurch aus, dass seine kleinsten Theile gegen einander leicht verschiebbar sind, woraus allerlei äussere Formänderungen, selbst Ortsbewegungen, wie bei den Amoeben, entspringen. Veranlasst werden diese Verschiebungen dureh äussere Einwirkungen (Reize) oder sie erfolgen ohne solche bei der Cireulation und Rotation des Protoplasmas. Jedenfalls sind es mecha- nische, kinetische Vorgänge im Innern des Protoplasmakörpers, die ganz einzig in ihrer Art dastehen und als das am meisten Charakte- ristische desselben hervortreten. Wenn ich daher den Chromatin- körpern vorwiegend Gestaltungsenergie, den Chloroplasten photo- chemische Arbeit als besondere Merkmale zuschrieb, so könnte das Protoplasma wohl durch seine kinetische Energie und kinetischen Reizerscheinungen überhaupt als endokinetisch charakterisirt werden. ı Pfanzenphysiologische Unters. von Nägeli und Cramer. ! f 415 $ 5. So unergründlich und für physikalisch-chemische Erklärungen unerreichbar, wie die Gestaltungsenergie der Chromatinkörper und die chemische Energie der Chloroplasten, sind vom physikalisch- chemischen Standpunkt aus bis jetzt auch die Bewegungen und die Reizbarkeiten des Protoplasmas. Diese drei fundamentalen Thatsachen des Pflanzenlebens sind in der Energide vereinigt; sollte es dereinst gelingen, auch sie den physikalischen Vorstellungen einzuordnen, erst dann wird die Frage gelöst sein, die als die schwierigste und letzte der Naturwissenschaft zu betrachten ist. Ich glaube aber, dass zur Erreichung dieses Zieles noch wenigstens zweierlei nöthig ist: erstens eine viel bessere Erkenntniss der Energiden und eine wesentliche Vertiefung der physikalisch-chemischen Vorstellungen von dem Wesen der Naturkräfte und der Materie überhaupt.!) Die erste dieser For- derungen aber wird, wie ich überzeugt bin, leichter zu erfüllen sein, wenn man sich daran gewöhnt, nicht mehr die Zelle, wie bisher, sondern die Energide als das ursprünglich Lebendige zu betrachten und in den einzelnen Theilen der Energide selbst die Träger bestimmter Energien zu erblicken; für den Zoologen mag dies vielleicht von geringerem Gewicht sein, desto nöthiger ist es aber für die botanische Forschung, besonders wenn es sich um Wachsthum und Gestaltung der Pflanzenorgane, um die Entstehung von Mechanomorphosen als Reizwirkungen und um causale Morphologie überhaupt handelt. — Schon bei der Abfassung meines Lehrbuchs seit 1868, wo ich genöthigt war, die Zellenlehre nach den von Hugo von Mohl und Nägeli entwickelten und noch in den 70er und 80er Jahren allge- mein herrschenden Gesichtspunkten und Anschauungen darzustellen, fühlte ich die durch den’ üblichen Begriff „Zelle“ hervorgerufene Verwirrung, welche die Behandlung der Morphologie und Physiologie mit beeinflussen musste; das dadurch bedingte Missbehagen steigerte sich noch bei der Abfassung meiner „Vorlesungen“ (1882 und 1887). Die Herstellung derartiger Bücher, wenn es der Autor nur ernst meint, hat aber das Gute, dass er genöthigt ist, den inneren Zusammenhang der verschiedensten Thatsachen immer von neuem zu prüfen und die fundamentalen Mängel der herrschenden Anschauungen aufzufinden; 1) Gerade in den Tagen, wo ie der Naturforscher-Versammlung in Lübeck seinen ideenreiche ichen Materialismus“ gehalten, aus dem eine neue cheinungen, einschliesslich der Lebensvorgänge bisherigen Atomistik und Mechanik sind nun h dies schrieb, hat Prof. W. Ostwald bei n Vortrag: „Die Veberwindung des wissenschaftl Auffassung der gesammten Naturers sich entwickeln dürfte. Mit der einmal die Grundprobleme des Lebens nicht zu lögen. 416 und einen solchen erkannte ich schliesslich in dem herrschenden Gebrauch des Wortes Zelie, worüber ich mich 1892 (in der Flora) in dem Aufsatz „Energiden und Zellen“ ausgesprochen habe. Von einem Begriff „Zelle“ konnte man auf botanischem Gebiet gar nicht reden, da ein solcher sich nicht abgrenzen (definiren) liess. Jetzt aber lässt sich eine Definition geben: Zelle ist die von einer Energide bewohnte Zellstoffkammer. $ 6. Dass man den Unterschied von Energide und passiven Zell- produkten im Einzelnen schon längst mehr oder minder deutlich erkannt hat, zeigt die Litteratur; nur unterliess man es, die prin- cipielle Wichtigkeit desselben hinreichend zu betonen. So erklärt es sich, dass Nägeli (1858) als das Schema eines organisirten Körpers die Stärkekörner hinstellen konnte, denen er die Zellwand als ein ebenfalls im emphatischen Sinne des Wortes organisirtes Gebilde an- schloss, also zwei von den passiven Zellprodukten, die nicht zur lebendigen Energide gehören, zwei Gebilde, die von den Energiden erzeugt werden, denen jede eigene Energie fehlt. Nägeli’s Ansicht fand allgemeinen Anklang, sie blieb die maassgebende und herrschende bis auf den heutigen Tag. Wenn man ein pflanzliches oder auch thierisches Gebilde als ein solches mit organisirter Molekularstruktur bezeichnen wollte, so fragte man nur, ob letztere mit der der Stärke- körner oder Zellhäute übereinstimme u. s. w. Die Molekularstruktur der Stärkekörner und Zellwände gewann eine Bedeutung in der Litteratur, die in keinem Verhältniss zu ihrer biologischen Bedeu- tung steht. Nun aber ist wohl die Frage erlaubt: soll man die Molekular- struktur der mit Finergie begabten Energidentheile, von denen alle Lebensthätigkeiten abhängen, als organisirt bezeichnen oder mit Nägeli gerade die passiven Zellenprodukte, die von jenen erzeugt und zum Theil wieder unter dem Einfluss, der Energide aufgebraucht werden. Protoplasma mit einem Kern ist ein lebendiges Ding; Zell- wand und Stärke liegen träge da, sind physikalisch-chemische, nicht lebendige Gebilde. — Ich denke, unter solchen Umständen kann doch wohl kein Zweifel sein, dass der Ausdruck „organisirt“ demjenigen Gebilde zuerkannt werden sollte, welches das Wesentliche an jedem Organismus ist, also der Energide und ihren mit Energie begabten Theilen, dem Protoplasma und dem Kern, sammt dem Chromatin und den Centrosomen. Wären die Stärke und Zellstoffwände das eigent- lich Organisirte, so müsste man zugeben, dass der Thierkörper über- haupt nicht organisirt sei, da ihm beides fehlt. — Zu alledem kommt 417 noch, dass es Nägeli selbst war, der die Molekularstruktur der Stärkekörner und Zellhäute als eine der Krystallstruktur ähnliche zu erweisen suchte, obgleich er das Wachsthum dieser passiven Zellen- theile durch Einlagerung irrthümlich stattfinden liess. Durch seine spätere Micellartheorie wurde an alledem im Grunde nichts gebessert oder verändert. Schlägt man die neuesten Lehrbücher der allgemeinen Botanik nach, so findet man, dass diese Ansichten zwar nicht mehr die her- vorragende Bedeutung haben, wie vor 10—20 Jahren, aber doch keineswegs durch Besseres ersetzt worden sind.') Diesen Ansichten gegenüber finde ich mich nun veranlasst, die Struktur der Stärkekörner und Zellhäute als eine solche von nicht organisirten Körpern zu betrachten, weil diese Gebilde eben nicht als lebende gelten können und weil wir den Begriff des Organisirten doch wohl nur den mit Lebensenergie begabten Energiden reserviren müssen; das, was die Zootomen Zelle nennen, entspricht im Allge- meinen unseren pflanzlichen Energiden, und so ergibt sich ganz von selbst, dass es in beiden Reichen die unmittelbaren Lebensträger sind, deren Molekularstruktur als die organisirten gelten sollte. Damit hängt nun aber noch ein anderer höchst bedeutungsvoller Punkt zusammen, nämlich die Frage nach der Ernährung und dem Wachsthum der Energidentheile, eine Frage, die unter dem Eindruck der Nägeli’schen Theorie kaum aufgeworfen, geschweige denn aus- führlich bearbeitet worden ist: Vor Allem ist dabei ein wahres Knäuel von Irrthümern zu entwirren; denn zu dem vorhin (esagten muss noch hervorgehoben werden, dass N ägeli das Wachsthum der Stärke- körner und Zellwände durch Einlagerung (Intussusception) stattfinden liess, während wir jetzt wissen, dass das der Stärkekörner überhaupt, das der Zellwände wenigstens in der Dickenriehtung durch Anlagerung (Apposition) stattfindet. Mit der Abweisung der Intussusception bei den passiven Gebilden fällt aber auch von selbst die Selbsttheilung derselben fort, die Nägeli für die Stärkekörner irrthümlich in An- spruch nahm, die aber jetzt ebenfalls widerlegt ist. Mit diesen An- 1) Der Verfasser eines Lehrbuchs ist oft in der Lage, dass er fremde Irrthümer e Pflicht ist, die herrschenden An- Selbstdenkenden sehr schwer ist, ing es auch mir und auf Grund eigenen auf eigene Rechnung nehmen muss, da es sein sichten zu referiren und weil es auch für den sich von den Vorurtheilen seiner Zeit frei zu machen; so erg dies mag zur Entschuldigung dafür dienen, dass ich hier Denkens, Nägeli's Ansichten, die ich früher für richtig hielt, nunmehr als Irrthum hinstellen muss; übrigens sind Jahrzehnte darüber hingegangen. 418 sichten Nägeli’s wäre es aber ganz unmöglich, die Continuität der embryonalen Gewebe und ihre Bedeutung zu verstehen. Fassen wir also das Gesagte kurz zusammen, so ergibt sich: die Stärkekörner und Zellwände der Pflanzen sind als nur passive Pro- dukte der Energiden nicht als organisirt zu bezeichnen, da dieser Ausdruck für die eigentlich lebendigen Gebilde der Thiere und Pflanzen, d.h. für die Energiden, zu reserviren ist; und zweitens: das Wachs- thum und dem entsprechend die Ernährung der nicht organisirten, passiven Zellenprodukte geschieht durch Apposition. Dagegen lässt sich behaupten, dass das Wachsthum und die Ernährung der Energidentheile: des Kerns, des Chromatins, der Centrosomen, des Protoplasmas und der Chromatophoren (zumal der Chlorophylikörner) durch Einlagerung neuer Moleküle zwischen die vorhandenen geschieht, also durch Intussusception. Während es nun für die gesammte Biologie ziemlich gleichgiltig ist, ob das Wachsthum der Stärkekörner durch Einlagerung oder durch Anlagerung neuer Moleküle vor sich geht, da sie ohnehin bald ent- stehen, bald vergehen, also von ephemerer Bedeutung sind, liegt die Sache ganz anders bei den En ergidentheilen; denndiesesindnichtephemer, siebildendie embryonale Substanz, die Trägerin der Erblichkeit, sie stellen die Continuität der Generationen her, siesindes, an denen sich die Ontogenese der Individuen und die phylogene- tische Verkettung der Species und Typenvollzieht; und dies leisten die Energidentheile dadurch, dass sie aus- schliesslich durch Intussusception wachsen und sich ausschliesslich durch Selbsttheilung vermehren, aber niehtdurch Neubildungentstehen (gleichdenZellhäuten, Stärkekörnern, Krystallen). S 7. Man sieht aus diesen wenigen Sätzen, dass die Frage nach dem Wachsthum der Energidentheile eine der Fundamentalfragen der gesammten Biologie und der Descendenztheorie ist, denn wenn diese Gebilde niemals durch Neubildung und nur durch Selbsttheilung ent- stehen, so ist damit die Continuität der embryonalen Substanz im Laufe der geologischen Zeiten und der gesammten phylogenetischen Entwickelung gegeben und erklärt. Bedenkt man die ungeheure Wichtigkeit dieser Sätze, so erscheint es fast gewagt, sie auszusprechen, ohne ganze Bände von Beweisen für ihre Begründung beizubringen; aber gestützt auf die den Histo- logen alltäglichen Thatsachen bedarf es eben nur kurzer Hinweise auf Bekanntes, um das Gesagte einleuchtend zu machen. 419 Die Hauptfrage dreht sich um die Ernährung der Energiden- theile, die mit ihrem Wachsthum so unmittelbar verbunden ist, dass eines ohne das andere gar nicht gedacht werden kann. Sehr einfach liegt die Sache betreffs des Protoplasmas. Es be- steht wenigstens in der Hauptsache aus eiweissartigem Stoff, der sich in der Vacuolenflüssigkeit grösserer Zellen als Lösung im chemischen Sinne des Wortes vorfindet. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass auch dass Protoplasma selbst von einer solchen Lösung durchtränkt ist und bei den sehr kleinen, vacuolenfreien Energiden der Vegetations- punkte und anderer embryonaler Gewebemassen ist das überhaupt nicht anders möglich. — Aber Eiweisslösung ist noch kein Protoplasma, sie unterscheiden sich, wie Nicht-Organisirtes vom Organisirten: aus der Lösung muss ein Molecularbau ganz anderer Art entstehen. Ob bei dieser moleeularen Strukturveränderung auch wesentlich chemische Processe mitwirken, ist unbekannt. — Sicher ist aber, dass aus Biweiss- lösung niemals „von selbst“ gewissermaassen durch generatio spontanea oder durch „Niederschlag“ neues Protoplasma sich bildet. Die Ver- mehrung der Protoplasmamoleküle findet nur im schon vorhandenen, organisirten Protoplasma selbst, zwischen seinen Molekülen statt. Die Moleküle des schon vorhandenen Protoplasmas, zwischen welche die Eiweisslösung eindringt, besitzen allein die Energie, aus den Eiweiss- molekülen Protoplasmamoleküle') zu machen und diese zwischen sich einzulagern. Die Entstehung von Protoplasmamasse setzt also immer schon vorhandenes Protoplasma voraus, wie aber solches zuerst entstanden ist, bleibt unbekannt; auch wenn es den Che- mikern gelänge, Eiweisslösung aus ihren Constituenten zu erzeugen, 80 wäre damit also noch lange nicht die Bildung und das Wachsthum von Protoplasma gegeben. Mit einem Wort, das Protoplasma wächst nur durch Intussusception, von einer blossen Anlagerung der Eiweissmoleküle an die Oberfläche des schon vorhandenen Protoplasmas kann keine Rede sein, wobei als Oberfläche auch die Wandung der Vacuolen zu denken ist, 1) Oder vielleicht besser gesagt, ein bewegliches Gerüst von solchen, was auch der „Wabigen Struktur“ Bütschli’s ungefähr entspräche. Bei dieser Ge- auf eine von mir beobachtete, aber, wie es scheint, kaum n, die ich 1858—1862 mehrfach beschrieben habe. Behandelt man junge Sprosse und Wurzelfäden mit Kupfervitriol und Kalilauge, so entsteht in den Leitbündelsträngen die intensiv violette Färbung als Reaction der in ihnen enthaltenen Lösung von nicht organisirtem Eiweiss; diese aber tritt nicht ein in den noch jungen Energiden der anderen Gewebemassen ; jenes ‚st gelöstes, nicht organisirtes Eiweiss, diese aber bestehen aus urganisirtem Kiweiss. (Vgl. meine „Gesammelten Abhandl.“ p. 652.) legenheit möchte ich beachtete Thatsache aufmerksam mache 420 Das Wesentliche dieser Vorstellungsweise können wir ohne Weiteres auf das Wachsthum der Chloroplasten (überhaupt der Chro- matophoren und Leucoplasten) übertragen. Auch sie entstehen niemals in wässriger Flüssigkeit, im Vacuolensaft; sie sind jederzeit im Protoplasma selbst eingebettet, aber die frühere Vorstellung, dass neue Chloroplasten „von selbst“ in diesem sich bilden, darf jetzt als irrthümlich gelten; die Chloroplasten entstehen nur durch Theilung schon vorhandener und diese Theilung erfolgt erst, wenn sie bis zu einem bestimmten Maasse herangewachsen sind. Dieses Wachsthum der Chloroplasten aber kann, wie aus ihrer Form, Struktur u. s. w. zu schliessen ist, nur durch Einlagerung von geeigneter Nahrungs- substanz zwischen die schon vorhandenen Moleküle stattfinden. Diese letzteren aber stammen aus dem umgebenden Protoplasma. Ob sie in diesem schon vorgebildet sind, ist unsicher und viel wahrschein- licher ist, dass die aus dem Protoplasma in die Chloroplasten ein- tretende Nahrungssubstanz erst zwischen den Molekülen chemisch verändert und zugleich in dem Molecularbau des Chloroplasten ein- geschaltet wird. Betreffs des Farbstoffs ist dies Ja ohne Weiteres klar, da er sich niemals (etwa als Lösung) im umgebenden Protoplasma vorfindet, was doch leicht zu sehen wäre, und dass im Chlorophyli- körper selbst chemische Processe stattfinden, zeigt das nachträgliche Ergrünen der gelben Chloroplasten etiolirter Organe am Licht. Zudem ist ja das Chlorophylikorn eine chemische Fabrik von grösster Leistungs- fähigkeit, wie die Entstehung der Assimilationsprodukte, zumal der Stärke, resp. des Zuckers im Innern der Chlorophylimasse zeigt. ! Die Hauptsache aber bleibt für unsere Betrachtungen, dass die Chloro- plasten, ebenso wie die anderen Chromoplasten durch Intussusception wachsen und sich nur durch Theilung vermehren; könnte bei den gewöhnlichen kleinen Chlorophylikörnern noch ein Zweifel darüber bestehen, so ist dieser bei den eigenartigen Chlorophylibändern, Platten und Sternen der Desmidieen, Bacillariaceen, Spirogyren u.a. nieht möglich. Ist das Gesagte aber richtig, so stammen alle Chloro- phylikörner eines Baumes von einem oder einigen solchen ab, die in der Eizelle, resp. Spore vorhanden waren. Was endlich die Chromatinkörper betrifft, so mag von diesen ungefähr dasselbe, wie von den Chloroplasten gelten; da sie aus I) In einem Quadratmeter der dünnen, grünen Blattlamelle des Kürbis und Tabaks entsteht (in den Chloroplasten derselben) bei kräftiger Beleuchtung in einer Stunde ca. Ig Stärke aus zersetzter Kohlensäure, wie ich 1884 festgestellt habe. (Gesammelte Abhandl, p- 354.) 421 einem wesentlich anderen Stoff bestehen, als die plasmatische Grund- substanz des Zellkerns; da aber ferner von einer dem Chromatin gleichen Substanz sonst in der ganzen Energide nichts zu sehen ist, so muss auch hier eine zwischen die schon vorhandenen Chromatin- moleküle einwandernde Nährsubstanz erst in neue Chromatinmoleküle umgewandelt werden. Der einzelne Chromatinkörper wird dadurch grösser und theilt sich nun in mehrere. Jedenfalls findet das Wachs- thum der Chromatinkörper durch Intussusception statt und ihre Ver- mehrung durch Theilung, nicht durch Neubildung, was auch von den Centrosomen gelten wird. Ich lege auf diesen Punkt desshalb so grossen Werth, weil, wie schon oben angedeutet, die Continuität der embryonalen Substanz dadurch eine feste, thatsächliche Grundlage gewinnt und die Erb- lichkeit sowohl in ontogenetischer, wie in phylogenetischer Beziehung auf ein materielles Substrat übertragen wird. Entstehen aus einer Energide zwei Tochterenergiden, so besteht jede der letzteren aus Theilen, die schon in der Mutterenergide gebildet worden sind und jetzt nur in derselben Weise weiter zu wachsen brauchen, wie jene ; und so geht es mit den Enkeln und Urenkeln weiter. Die primäre Ursache der Erblichkeit liegt dann aber in dem Wachsthum der Energidentheile durch Einlagerung und in ihrer ausschliesslichen Vermehrung durch Theilung. Nur so wird der erbliche Zusammen- hang von Eltern und Nachkommen hergestellt und begreiflich.') Dies wäre aber nicht der Fall, wenn aus gelösten Stoffen neue Protoplasten, neue Chloroplasten, neue Chromatinkörper und Centrosomen entstünden. So verhalten sich aber die Stärkekörner und die Zellwände, welche aus dem Protoplasma ausgeschieden oder abgeschieden werden und jedes Mal neu entstehen. Sie sind der Energide gegenüber blosse gelegent- liche passive Produkte, ohne eigene Lebensenergie; sie können sich 1) Jede Tochterenergide besitzt in sich Moleculargruppen, welche in der Mutterenergide entstanden sind und nun denselben Ernährungs- und Gestaltungs- prozess fortsetzen. Geht man von der Scheitelzelle aus, so wird das Segment nur in jener durch Einlagerung entstandenen Moleculargruppen ent- enthalten; noch geringer wird die Masse der letzteren in den Theilzellen eines Segmentes sein und in den späteren Energiden der jungen Organe wird deren Zahl immerfort abnehmen. Daraus folgt aber, dass nicht die Moleküle selbst sich im Laufe der successiven Ontogenesen erhalten, sondern der Ernährungs- und Gestaltungsprozess thut dies, vergleichbar etwa einer Wasserwelle, in welcher nicht die Wassertheile fortschreitend durch den Raum sich bewegen, sondern nur m dieselbe bleibt und fortschreitet. Freilich kann diese Ver- einen Theil der die Schwingungsfor gleichung leicht missverstanden werden. 422 nicht durch Theilung vermehren, sie gehen nicht in infinitum aus einer Zelle in ihre Nachkommen über, wenn auch immerhin einzelne Stärkekörner bei der Theilung der Energide passiv mit in die Tochter- zellen gelegentlich übergehen und einzelne Zellwandstücke der Mutter- zelle nach der Zelltheilung den Tochterzellen mit zu Gute kommen. Ich denke, eine solche Klarheit über die fundamentalsten Fragen der Biologie, wie sie durch eine scharfe Sonderung der Begriffe Energide und Zelle zu erreichen ist, dürfte doch zeigen, dass es sich hier nicht bloss um eine veränderte Nomenclatur handelt. $ 8. Die Lebensvorgänge der Pflanzen vollziehen sich in sehr kleinen Räumen, in den von je einer Zellwand eingeschlossenen Energiden. Selbst wo der Mikroskopiker von ziemlich grosszelligem Parenchym der Metaphyten (z. B. in Laubblättern, saftigen Sprossaxen, Knollen, Pericarpien u. s. w.) redet, beträgt das Volumen einer Zelle ungefähr nur !jıooooo emm?,. Noch viel kleiner sind die Zellen der einfachsten Protophyten, zumal der Cyanophyceen, auch in ausge- wachsenem Zustand, und Nägeli rechnete sogar 30 Millionen Mikro- coecen auf einen Cubikmillimeter Raum. Trotz der vielfachen Einzelgebilde, welche in einer der grösseren Gewebezellen bei starken Vergrösserungen zu sehen sind, ist cs für das an die gewöhnlichen Dimensionen der sichtbaren Gegenstände gewöhnte Vorstellungsver- mögen des Menschen doch kaum möglich, solch kleine Räume zu denken, ähnlich wie die Entfernungen der Fixsterne sich vorzustellen. Auch der Fachmann thut gut, bei seinem Nachdenken über histo- logische Dinge zuweilen nicht nur an die relativen, sondern auch an die absoluten Grössen seiner Öbjecete zu denken; denn wenn auch die Unzulänglichkeit unseres Sehvermögens durch die Vorzüglichkeit der neueren Mikroskope zum Theil ausgeglichen wird, so ist damit die wissenschaftliche und objeective Bedeutung der absoluten Raum- grössen im mikroskopischen Bau der Organismen noch keineswegs abgethan. In meiner VI. Notiz (Flora 1893 p. 49) habe ich versucht, Einiges über die Beziehungen zwischen Grösse und Organisation klar zu legen und die Aufmerksamkeit der Forscher auf dieses bisher so gut wie gar nicht bearbeitete Thema zu lenken, weil es sich dabei ebenfalls um causale Morphologie handelt. Was mich damals besonders interessierte, war die Thatsache, dass die Zellen (resp. Energiden) eine gewisse mittlere Grösse nicht übersteigen, einer bestimmten „Ordnung von Raumgrössen® angehören, deren eine Grenze ungefähr da liegt, wo das menschliche Auge seinen Dienst versagt, während die untere Grenze mit der des mikroskopischen u 423 Sehens ungefähr zusammenfällt und ‚jenseits deren die Speculation über Moleküle beginnt. Innerhalb dieses immerhin sehr grossen Spielraums von Grössenunterschieden ist es aber wieder ein mittleres Volumen von ungefähr Y/ıooooo emm?, um welches sich, wie gesagt, die Volumina der Pflanzenzellen, auf- und abwärts gehend, gruppiren.') Das Merkwürdige an der Sache schien mir nun, dass diese Grüssen- ordnung, in der die Zellen sich halten, nieht wesentlich überschritten wird, wenn auch die aus ihnen aufgebauten Pflanzen die allerver- schiedensten Grössen haben; grosse Pflanzen bestehen nieht aus grösseren, kleine Pflanzen nicht aus kleineren Zellen; es gibt kein bestimmtes Grössenverhältniss zwischen Zellen und den aus ihnen aufgebauten vielzelligen Pflanzen. Die Zellen (resp. Energiden) ge- hören ein für alle Mal einer bestimmten Grössenordnung an, die nur nach kleinen Bruchtheilen von Millimetern lincar, nach Cubikmikro- millimetern im Volumen rechnet, gleichgiltig, ob der ganze Organismus Milligramme oder Kilogramme wiegt und entsprechendes Volumen ein- nimmt.?2) — In der Notiz VI versuchte ich, diese Thatsache nicht zu erklären, sondern nur anschaulich ‘zu machen, indem ich die Zellen mit Bausteinen und die vielzelligen Pflanzen mit Gebäuden verglich, wobei sich leicht ergibt, dass die Bausteine eine gewisse Grösse nicht übersteigen dürfen, wenn alle Einzelnheiten der Architektur und Sculptur ihren gewünschten Ausdruck finden sollen. Das ist aber, wie gesagt, nur eine Veranschaulichung der Thatsache, aber keine Er- klärung dafür, dass die Zellen überhaupt so klein sind, wie schon daraus hervorgeht, dass auch die frei und vereinzelt, zumal im Wasser lebenden Zellen (Schwärmsporen, Bacillarien, Protocoecen U. 8. w.) derselben Grössenordnung angehören, wie die Gewebezellen der Me- taphyten. Betreffs der letzteren würden sich mancherlei teleologische Erklärungen aufstellen lassen und die Darwinianer würden schwerlich ermangeln, auch hier den Kampf ums Dasein und die Selection walten 1) Als mittlere lineare Dimension wurde nach sehr zehlreichen Messungen 2: -%/ gg mım angenommen. . 2) Wo gelegentlich Zellen von colossaler Grösse vorkommen, da handelt es sich um Gebilde, die so zu sagen nur noch nach älterem Begriff als Zellen gelten können, in ihrer Jugend Energiden waren, dann aber Nahrungsbebälter geworden sind: so z, B. die Makrosporen der Marsiliaceen, Salvinien und Isoöten, die gleich den Dotterbehältern der Vogeleier neben einem grossen Vorrath passiver Produkte nur an einer beschränkten Stelle eine lebensfühige Energide einschliessen, aus der sich der neue Organismus unter Benutzung jenes Vorraths entwickelt. Gerade in solchen Fällen zeigt sich, wie nützlich es ist, Energide und Zelle scharf zu unter- scheiden. 424 zu lassen. Aber die frei lebenden Zellen der Protophyten würden da doch wohl grosse Schwierigkeiten bereiten; bei ihnen würde sogar der durchschlagendste, für die Gewebepflanzen etwa geltend zu machende Grund wegfallen, dass nämlich durch die Kleinheit der Zellen die Festigkeit des ganzen Pflanzenkörpers erhöht wird. That- sächlich ist das ja richtig, aber für die im Wasser lebenden Proto- phyten ist es unnöthig, zumal wenn man beachtet, dass sie nahezu das speeifische Gewicht des Wassers haben, und mit dem Kieselpanzer der Baeillarien liessen sich wohl tausendfach grössere Zellen mit der nöthigen Festigkeit bilden. Man könnte vielleicht einwenden, für die Siphoneen, zumal für die grossen marinen Formen (Caulerpa, Peni- eillus, Udotea u. s. w.) treffe etwas Aehnliches ja doch zu. Das wären aber doch nur wenige Formen im Vergleich zu den vielen klein- zelligen Protophyten, und dabei müsste man die Siphoneen für ein- zellig halten, was sie doch nur betreffs der Zellhaut, nicht aber bezüglich des lebenden Inhaltes ihrer Schläuche sind. Gleich den Siphoneen unter den Algen sind auch die Mucorineen und andere Phycomyceten coeloblastisch gebildet; aber im Gegensatz zu jenen zeigen sie, dass bei unserer hier behandelten Frage die Rücksicht auf die Festigkeit des Zellenbaues eine untergeordnete Rolle spielt, denn die Mucorineen, obgleich zum Theil in der Luft vegetirend, sind wohl die zartesten aller Pflanzengebilde, durch jede Berührung, jeden Windhauch verletzt; man erinnere sich hier nur z.B. an einen kräftig auf Brod vegetirenden, von einer grossen Glasglocke bedeckten Mucor stolonifer ! Dass die Kleinheit der Zellen in keinem Verhältniss zur Grösse der mehrzelligen Pflanzen steht und dass die vereinzelt lebenden Zellen der Protophyten sich in derselben mittleren Grössenordnung halten, kann nur im Wesen der Energiden begründet sein und auf den richtigen Weg zur Beantwortung der Frage, wie das zu verstehen sei, leitet uns gerade die Betrachtung der Siphoneen und sonstigen Coeloblasten. Die in dem Zellstoffschlauch derartiger Pflanzen ent- haltene reichliche Protoplasmamasse ist von zahlreichen sehr kleinen Zellkernen durchsäet, die ähnlich wie bei den vielzelligen Pflanzen in den Vegetationspunkten dicht beisammen liegen, mit dem Wachsthum der Zweigschläuche aber mehr und mehr auseinander rücken. Ent- fernt man ein Quantum des Protoplasmas, in welehem zugleich Kerne liegen, aus dem Schlauch, so umhüllt es sich mit einer Zellstoffhaut und wächst dann weiter, so z. B. bei Vaucheria. — Diese Thatsachen führten mich zu der Ansicht, dass jeder der vielen Kerne mit einer 425 ihn umgebenden kleinen Protoplasmaportion eine lebendige Einheit, eine Energide, bildet, nur unterbleibt bei den Coeloblasten die scharfe Abgrenzung der benachbarten Energiden, wie sie bei den Metaphyten oder Gewebepflanzen stattfindet. Damit gewinnt nun die Frage, die uns hier beschäftigt, eine andere Wendung; es handelt sich nicht mehr um die Kleinheit der Zellen und der Energiden selbst, sondern um die Frage, warum jeder Zellkern nur im Stande ist, eine sehr kleine Quantität von Proto- plasma um sich zu sammeln und sie zu beherrschen. Jedenfalls be- kommt auf diese Art unsere Hauptfrage einen bestimmteren Sinn, wenn es darauf ankommt, eine causale Erklärung zu geben. Die Kleinheit der innerhalb einer Energide auf einander mechanisch und kinetisch einwirkenden Energidentheile weist darauf hin, dass es sich vor Allem dabei um sog. Flächenkräfte handelt, die nur auf sehr geringe Entfernungen hin wirken, deren Ausgiebigkeit aber durch die Vergrösserung der Fläche bei gegebener Masse wächst. — Auf eine derartige Erklärung weist auch die Entstehung zahlreicher Energiden in geräumigen Eimbryosäcken hin (z. B. bei Rieinus), ebenso das Auftreten mehrerer Kerne im Protoplasma sehr langer Gewebezellen, z.B. bei Bastzellen der Angiospermen. In solchen Fällen tritt deutlich hervor, dass, ohne Rücksicht auf etwaige Adaptationen, Verhältnisse vorhanden sind, durch welche der Herrschaft eines einzelnen Zell- kerns eine sehr geringe Raumgrösse angewiesen wird, dass seine Wirkungssphäre einen sehr kleinen Radius haben muss. — Unter den hier allerdings nur sehr zurückhaltend geäusserten Gesichtspunkten dürfte es vielleicht später einmal gelingen, die in den Zellen thätigen Kräfte kinetisch zu begreifen. Als einen interessanten Anfang in dieser Richtung betrachte ich die geistvollen Auseinandersetzungen Boveri’s über die Karyokinese in den Eizellen des Spulwurms; sehr anregend wirken dabei seine Figuren und Schemata 64a und 64b in seinen „Zellenstudien* Heft II (Jena, bei Fischer, 1888). Schon in meiner Notiz VI suchte ich den Gedanken geltend zu machen, dass selbst innerhalb der Grössenordnung, zu welcher die Zellenmaasse überhaupt gehören,. noch eine Steigerung der Gestaltungs- energie durch Verkleinerung der Energiden angestrebt wird, was ja mit dem eben Gesagten übereinstimmt. — Ich sagte am angegebenen Ort: „Wenn thierische Eier oder solche der Fucoideen und die grossen Sporen von Algen, Pilzen, die Makro- und Mikrosporen der Selaginellen, Isoöten und Marsiliaceen u.a. sich zur neuen Entwiekelung vorbereiten und ihren Inhalt in zahlreiche, kleine Energiden theilen, so ist es 28 Flora 1895. Ergänz.-Bd. 81. Bd. 426 dieselbe Quantität von Stoff, die vorher als eine Masse erscheint, später aber in Form von vielen kleinen. — So lange die grosse ein- heitliche Masse nur ein Ganzes!) darstellt, ruht sie, sie ist physio- logisch unthätig, abgesehen von langsam fortschreitenden chemischen Veränderungen. Die Gestaltungsprocesse beginnen mit der Furchung, überhaupt mit der Zerlegung in zahlreiche Energiden, und sie werden um so energischer und vielseitiger, je weiter die Theilungen fortschreiten.* „Diese Erscheinung macht den Eindruck, als ob dieselbe Stoffmasse an Energie, an Arbeitskraft ge- wänne, wenn sie in zahlreiche Portionen oder Ener- giden zerfällt.“ „So hingestellt wäre die Thatsache kaum zu begreifen; wie sollte durch blosse Theilung eine Vermehrung der Energie möglich sein. Eine solche ist unter den gegebenen Umständen nur durch Vermeh- rung der lebensthätigen Substanz 2) selbst denkbar. Und thatsächlich findet eine solche offenbar statt; denn das, was sich activ (unmittelbar) an den Theilungsvorgängen bethätigt, ist das Nuclein und das lebende Protoplasma (sammt den Centrosomen) allein. Neben diesen beiden aber befindet sich in den Eiern, Sporen u. s. w. auch noch nahrhafte Substanz, Reservestoff, der an sich zwar keine physiologische Energie besitzt, aber als Nahrungs- und Wachsthumsstoff des Nueleins und Protoplasmas verwendet wird und so zur Steigerung der Energie beiträgt.“ — „Bei den mit abgegrenzten Dotter versehenen Eiern der Thiere) und bei den Makrosporen der Marsiliacceen und Selaginellen, wo neben dem gestaltungsfähigen Keimstoff grosse Massen von Stärke, l'ett und Eiweissstoffen abgelagert sind und wo diese Vorräthe während der Keimung aufgebraucht werden, leuchtet ohne Weiteres ein, woher die Vermehrung der Energie, der physiologischen Kräfte, kommt; die an sich trägen, nicht energischen Reservestoffe dienen zur Ernährung, Vermehrung des mit Energie begabten Nucleins und Protoplasmas, und indem diese Ernährung fortschreitet, theilen sich die Energiden 1) Im eit. Text stand „Energide“, wofür ich hier besser: ein „Ganzes“ sage; ich hatte damals noch nicht den Gegensatz von Energide und Zelle und den von Energide und passiven Zellprodukten scharf genug betont, wie es in dem hier vorliegenden Aufsatz geschehen ist. 2) Ich hätte dort hinzusetzen sollen: auf Kosten und durch Verbrauch der passiven Reservestoffe, wie weiter oben bei Gelegenheit der Ernährung der Einergidentheile dargelegt wurde. 3) Auf den in Notiz VI vorausgehenden Seiten habe ich die auffallende Aeclnlichkeit der thierischen Eier und der Makrosporen ausführlicher dargestellt, soweit es die hier behandelte Frage betrifft. 42% und es ist nun leicht zu begreifen, dass die zahlreichen kleinen Energiden mehr physiologische Arbeitskraft besitzen als die ursprüng- liche, grosse: das Ei, resp. die Spore.“ „Bei den gewöhnlichen ungeschlechtlichen Sporen der Algen, Pilze, Moose, Farne, Equiseten und in den Pollenkörnern sind die Reservestoffe zwar nicht so räumlich abgesondert wie in den Makro- sporen der Marsiliaceen und den meroblastischen Eiern der Thiere, aber doch meist in Form von Stärke, Fettkörnern u. s. w. deutlich im Innern der Zelle zerstreut zu sehen; und wo dies etwa nicht der Fall sein sollte, wie bei den kleinen holoblastischen Eiern, bei den Mikrosporen der Kryptogamen, da ist kein Zweifel, dass Reserve- stoffe in den Maschen des echten Protoplasmas vertheilt sind und bei der Furchung und Keimung zur Vermehrung des (nach Bütschli) wabigen, schaumigen Protoplasmas dienen.“ „Mit diesen naheliegenden Erwägungen ist aber die Frage noch nieht beantwortet, warum zu der nothwendigen Vermehrung der physiologischen Energie die unmittelbar gestaltungsfähige Masse des Protoplasmas und Nucleins sich gerade in so kleine Portionen (Einer- giden) theilen muss. Es muss doch eine im Thier- wie Pflanzenreich geltende Ursache haben, dass lebensfähige, namentlich gestaltungs- fähige Stoffmassen in so kleine Portionen (Energiden) zerfallen, deren jede aus einem centralen Kern und dem von ihm beherrschten Proto- plasma besteht.“ Diese am Schluss der damaligen Betrachtungen aufgestellte Frage dürfte durch die in der hier vorliegenden Notiz p. 425 ausgesprochenen Erwägungen einige Klärung gefunden haben, wenn auch immerhin eine prompte Beantwortung noch nicht möglich ist. $ 9. Es war mein Wunsch, in dieser Abhandlung einige der allgemeinsten Eigenschaften der Energiden zur Sprache zu bringen, weil auf diese Weise eine festere Grundlage für das Verständniss aller Lebenserscheinungen, speciell auch der Gestaltungsvorgänge, allgemeinsten Eigenschaften gehört auch in jeder einzelnen Energide ohne directe d.h. unter constanten Umständen, nlicher Weise gewonnen wird. Zu diesen die, dass der Lebensprocess und entsprechende äussere Anstösse, sich fortwährend und bei allen Pflanzenarten in sehr äh so verändert, dass, von einem bestimmten Jugendzustand ausgehend, Gestaltungsreihen durchlaufen werden, die endlich notliwendig zu einem Ende, d. h. zum Tode, führen. — Diese Thatsache ist zwar ebenfalls jedem Biologen bekannt, aber bisher in ihrer fundamentalen Bedeutung noch nicht genügend gewürdigt worden. no 428 Um nun zunächst die Thatsache selbst anschaulich zu machen, versuche ich, hier eine kurze, übersichtliche Darstellung der wiehtigsten Momente im Entwickelungsgang einer höher differenzirten Pflanze zu geben. Die Vegetationspunkte, aus denen sämmtliche Organe und Organ- complexe (Wurzeln, Blätter, Sexualorgane, Sporangien, Blüthen, Samen- anlagen) hervorgehen, bestehen bekanntlich aus sehr kleinen Zellen, deren Energiden als solide Körper ohne Vacuolen oder Safträume die Zellkammern vollständig ausfüllen; dasselbe gilt von den jüngsten Organen selbst. Dieses embryonale Gewebe ist es, an welchem sich die phylogenetisch und ontogenetisch maassgebenden Gestaltungsvor- gänge (Anlage, Stellung und Zahl der Organe) vollziehen, von denen ich, wie gesagt, annehme, dass sie wesentlich durch die Energie der Zellkerne, speeiell des Chromatins, verursacht werden. Während dieser ersten Periode der Gestaltung wachsen die Zellen und in ihnen die Energiden sehr langsam und auf geringe Vergrösserung folgt regel- mässig Zelltheilung; passive Produkte, d. h. Nahrungsstoffe für das Wachsthum der Energidentheile, werden von älteren Gewebemassen her zugeführt und verbraucht, was sich besonders leicht an der tran- sitorischen Bildung sehr kleiner Stärkekörnchen beobachten lässt. Der die Energiden durehtränkende Saft scheint neutral oder vielleicht alkalisch zu sein.!) Mit zunehmendem Alter der Organe und basalwärts vom Vese- tationspunkt auch in der Sprossaxe (resp. in einem Wurzelfaden) be- ginnt die Vergrösserung der Zellen etwas rascher zu werden, in den Energiden treten kleine Safträume (Vaeuolen) auf, die Zufuhr von Reservestoffen für das Wachsthum der Zellwände und Energiden ist zunächst grösser als ihr Verbrauch, es tritt meist reichliche Zucker- bildung und transitorische Stärke (von Leucoplasten vermittelt) auf; die Differenzirung der Gewebeschichten wird deutlicher, Haare und Spaltöffnungen beginnen sich zu bilden. Auch jetzt folgt auf jede Vergrösserung der Zellen noch regelmässige Theilung; — am Anfang dieser Vorgänge sind die Organe selbst noch sehr klein, selbst mikro- skopisch; aber mit eontinuirlicher Beschleunigung nehmen die genannten Veränderungen zu, das Wachsthum wird immer rascher, die Organe des Sprosses treten aus der Knospe hervor, die Nebenwurzeln durch- 1) Meine ausführlichen Studien über die hier kurz geschilderten Vorgänge habe ich vorwiegend an den Keimpflanzen in den Jahren 18571862 gemacht und in meinen „Gesammelten Abhandlungen“ (Leipzig 1892) Bd. I zusammen- gestellt. Bilder findet man ausserdem in meinem Buche: „Vorlesungen“ (1887), 429 brechen das Gewebe der Mutterwurzel oder des Sprosses; die Säfte des nunmehr schon hochdifferenzirten Gewebes nehmen verschiedene chemische Reaction an: das immer saftiger werdende Parenchym wird deutlich sauer, die Säfte im Leitgewebe der Gefässbündel alkalisch, letztere sind reich an nicht organisirtem Eiweiss, welches sie dem embryonalen Gewebe der Vegetationspunkte und jüngsten Organe zur Ernährung der Energiden zuführen. — Farbstoffe entstehen, Exerete werden abgeschieden, die Chloroplasten ergrünen und beginnen ihre chemische Arbeit. — Während dieser Vorgänge steigert sich das Volumen der Zellen und ihrer Energiden auf das Vielhundertfache, aber nicht durch entsprechendes Wachsthum der organisirten Substanz, sondern durch Vergrösserung der Vacuolen, die endlich in einen grossen Saft- raum zusamnicnfliessen, während das Protoplasma endlich zu einer - äusserst dünnen Haut (den Primordialschlauch Mohl’s) sich ausdehnt, die der Innenseite der Zellwand angeschmiegt ist; die Zellkerne liegen unthätig, zeigen wenigstens keine Lebensregung mehr, wenn nicht etwa besondere Reize, z. B. Verwundungen, neue Thätigkeit hervor- rufen (Wundkorkbildung). Anfangs ist dieses Wachsthum noch immer langsam, es nimmt aber an Geschwindigkeit zu, bis ein Maximum erreicht ist, auf welches Abnahme und gänzliches Erlöschen der Grössenzunahme folgt. — In dieser Periode der Streckung, wo keine Neubildung von Organen mehr eintritt, aber das Hautgewebe noch thätig bleibt, Spaltöffnungen entstehen, die Stachelhaare sogar ihre Protoplasmamasse vergrössern und der Kern in ihnen dominirt, — beginnen auch, nach dem Austritt der Organe aus der Knospenlage, ihre speeifischen Reizbarkeiten sich zu zeigen, die vorwiegend durch die kinetische Energie des Protoplasmas. vermittelt werden: die wachsenden Organe sind jetzt heliotropisch, geotropisch, die Ranken werden für Berührung und Reibung höchst empfindlich, die Wurzel- fäden für Druck und einseitige Feuchtigkeit, die Gelenke der Mimosen- blätter und ähnliche für Erschütterung, es treten die periodischen Schlafbewegungen, durch Licht- und Wärmeänderungen hervorgerufen, auf u. s. w. Diese Reizbarkeiten erhalte periode und weit über diese hinaus. Bedeutung, ohne dass man nöthig Selektion oder Zuchtwahl zu halten; Wesen der Energiden und gewissen Eigensch Derartige Eigenschaften können auch wo niemals Gelegenheit zur Selection gegeben n sich bis zum Ende der Streckungs- Sie sind von grosser biologischer hätte, sie für das Resultat einer ihre Ursache liegt eben in dem aften der Zeilwände begründet. latent an solchen Organen vorhanden sein, 430 war); sie gehören den Energiden eben so ursprünglich als Lebens- äusserungen in einem gewissen mittleren Lebensalter an, wie die Gestaltungsenergie dem embryonalen Gewebe, womit ja nicht ausge- schlossen ist, dass solche Eigenschaften sich im Laufe der Genera- tionen, d. h. in der Wiederholung der Ontogenese, aus schwächeren Anfängen nach und nach gesteigert, vervollkommnet haben können, zumal wenn correlative Veränderungen mitwirken, wie bei den in der Anmerkung erwähnten Luftwurzeln der Epiphyten.?) Gegen Ende der Streekungsperiode und noch lange nachher äussert sich die Lebensenergie der Energiden vorwiegend in ihrer chemischen Arbeit, die grünen Organe erzeugen Stärke und Zucker, Fette (als Nebenprodukte erscheinen Krystalle von oxalsaurem Kalk), es wird nicht organisirtes Eiweiss, selbst in Krystallform, gebildet, die Excrete mehren sich u. s. w. Kurz, die chemische Arbeit der Ener- giden überwiegt mehr und mehr in den älter werdenden Organen, Die so erzeugten als Baustoffe verwendbaren Produkte sammeln sich in Reservestoffbehältern, die als Endosperm, als Knollen, Rhizome, Rindengewebe u. s. w. mit den Vegetationspunkten verbunden sind. Auf diese Art sorgen die alten Organe durch die Arbeit ihrer Ener- giden für die Zukunft, für die spätere Ernährung des embryonalen Gewebes, dessen Energie dadurch vermehrt wird. — Bei den ein- zelligen Protophyten sind all diese Vorgänge einfacher, aber im Prineip dieselben. Endlich nach beendigter Streckung folgt die innere Ausbildung der Organe; die Differenzirung der Gewebeformen, schon im embryo- nalen Gewebe der Vegetationspunkte mehr oder weniger kenntlich und während der Streckung rasch fortgeschritten, wird jetzt vollendet, die vorher zarten Organe erlangen grössere Festigkeit, die zum Wachs- thum derselben nöthige Dehnbarkeit hört auf, die Sculptur der Zell- wände erreicht ihre Vollendung. — Die Organe oder Organtheile sind nun ausgewachsen, fertig; sie funetioniren noch einige Zeit, aber eher oder später sterben ihre Energiden ab und wenn nicht etwa dureh cambiales Gewebe eine grössere Dauer des Stammes und der Wurzeln gesichert ist, geht die ganze Pflanze, soweit sie aus soma- tischem Gewebe besteht, zu Grunde, fällt der Zersetzung durch Pilze und Bacterien anheim und nur die embryonalen Gewebe mit ihren ti) So zeigte ich in Notiz V (Flora 1893 p. 1), dass alle die Reizbarkeiten der Epiphytenwurzeln auch an den Wurzeln der Kartoffelpflanze latent vorhanden sind und an diesen experimentell demonstrirt werden können, 2) Ich hoffe, anderwärts mich ausführlicher hierüber äussern zu können. 431 Hüllen bleiben übrig, um später, unterstützt von den Reservestoffen, eine neue Ontogenese zu begründen.!) $ 10. In der VII. Notiz (Flora 1893 p. 227) habe ich versucht, den soeben beschriebenen Entwickelungsgang in folgender Art kurz zu charakterisiren, wobei die einzelnen Abschnitte, der Natur der Sache nach, nicht scharf abgegrenzt, sondern unmerklich in einander übergehend zu denken sind; nämlich: I. Morphologische Periode: 1. Entstehung der Organe nach Zahl und Stellung; 2. embryonales Wachsthum der Organe; morphologische Aus- gestaltung; Knospenzustand. IT. Physiologisch-biologische Periode: 3, Streckung der Organe bis zur Erreichung ihrer definitiven Grösse (und Form); 4. Innere Ausbildung der Gewebeformen, Fertigstellung oder Reifung der Organe, Beifügen möchte ich hier als Nr.5 das natürliche Absterben der Organe. Die morphologische Periode vollzieht sich im embryonalen Zustand des Gewebes und ebenso einzelner Zellen bei den Protophyten; die physiologische Periode vorwiegend im somatischen Zustand der- selben, auf den endlich der natürliche Tod erfolgt. In der allzu kurzen Schilderung konnte ich leider zu wenig Rücksicht auf die chemischen Veränderungen der passiven Zellprodukte im Innern des Gewebes nehmen, weil diese nur an zahlreichen Ab- bildungen klar gemacht werden können; ich verweise desshalb auf meine oben eitirten alten Abhandlungen. Abgesehen von dem Assimilationsprocess in den Chloroplasten der grünen Organe, durch welchen die gesammte Grundlage aller Lebensvorgänge in Form von potentieller Energie erzeugt wird, welch letztere in den Reservestoffen enthalten ist, deren fortwährender Stoff- wechsel in den wachsenden Organen und Organeomplexen erkennen lässt, wie die Energiden nach und nach die aufgesammelte potentielle 1) Es zeigt sich bei dieser einfachen Uebersicht der Thatsachen, wie wenig entsprechend der von Nägeli begründete Sprachgebrauch ist, der das embryonale Gewebe der Vegetationspunkte als Meristem (Theilungsgewebe), das Gewebe der Dauergewebe* bezeiehnet. Denn gerade dieses Letztere ist ung anheimfällt, während das sog. Meristem, für das ich den Namen „embryonales Gewebe* eingeführt habe, das eigentlich Dauernde, von Generation zu Generation sich immer Erhaltende Bin FRERHRTG wäre es, das sog. Dauergewebe der Pflanzen mit dem von den Zoologen benutzten Worte: „Somatisches Gewebe“ zu bezeichnen. fertigen Organe als „ es, das eher oder später der Zerstör 432 Energie in kinetische Lebensenergie umwandeln — abgesehen also von dem durch das Licht angeregten Assimilationsprocess selbst, finden alle diese Entwiekelungsvorgänge ohne besondere äussere Anstösse statt, wie ohne Weiteres an den im finsteren Raum keimenden, von Reservenahrung lebenden Pflanzen zu erkennen ist; noch klarer, wo- möglich, wenn man einzelne Sprossenden in eine finstere Kammer einführt, während die aussen am Licht assimilirenden Blätter gewisser- maassen das Endosperm der keimenden Samenkörner vertreten und so dem im Finstern wachsenden Spross das Material zur Entwickelung seiner Organe liefern. Durch diese von mir zuerst angewendete Art zu experimentiren, wird die Thätigkeit des wachsenden Sprosses räumlich in zwei Theile zerlegt: in den am Licht befindlichen grünen Blättern nämlich erzeugen die Chloroplasten der Energiden potentielle Energie, die in den Energiden des im finsteren Raum fortwachsenden Sprosses in active, kinetische Energie verwandelt wird. Diese letztere aber macht sich geltend in der Thätigkeit des embryonalen Gewebes der Vegetationspunkte, d. h. als Gestaltungs- energie, — in den Vorgängen der Streckung mit ihrer Wasser- ansammlung in den Vacuolen des Protoplasmas und gleichzeitig ein- tretenden speeifischen Reizerscheinungen — ferner in der definitiven mechanischen Ausbildung der Zellwände durch die Thätigkeit der Energiden, die zum Theil (als Holz, Bast, Kork) schon im lebenden Organ selbst, jedenfalls aber sämmtlich zuletzt zu Grunde gehen. So lange nur Wasser, Sauerstoff und hinreichend hohe Tempe- ratur die Organe, d. h. ihre Energiden, durchdringt, vollziehen sich diese Veränderungen — Veränderungen bei constanten Umständen, also bei scheinbarem (tleichgewicht zwischen der Pflanze und ihrer Um- gebung; denn weder (die Wasserzufuhr, noch die des Sauerstoffes, noch die Temperatur (wenn überhaupt nur hinreichend hoch) braucht sich zu ändern. Man könnte einwenden, die specifischen Reizwirkungen, z.B. an Ranken, die heliotropischen und geotropischen Bewegungen, die Mimosenreize u. s. w., bedürften ja doch gewisser Veränderungen von Aussen als Reizursache; ganz recht! um einzelne solche Reiz- wirkungen hervorzurufen; aber die Reizbarkeiten selbst entstehen in den Energiden ohne äussere Anstösse; sie gehören zum Wesen der- selben; diese Reizbarkeiten sind in der Molecularstruetur der Ener- giden begründet und diese entsteht auch bei constanten Umständen. Die Feststellung dieser Thatsache halte ich für sehr wichtig; sie ist fundamentaler Natur für das Verständniss des Lebens. Sie lehrt, dass die auf einander folgenden, schr verschiedenen (hier mehrfach 433 erwähnten) Zustände, Formen, Reizbarkeiten und energetischen Leistungen der Energiden nothwendig aus einander hervorgehen, dass jeder vorausgehende Zustand der Energide die ausreichende Ursache für die Entstehung des folgenden Zustandes ist. Wäre ein solcher Vorgang continuirlich und periodisch, so müsste er zu einem perpetuum mobile führen; das geschieht aber nicht, denn erstens wird dabei fortwährend in Form von Sauerstoffathmung potentielle Energie der Reservestoffe verbraucht und Wärme erzeugt und verloren, und der Entwickelungsprocess der Energiden ist nicht periodisch zurück- kehrend, sondern er strebt einem Ende, dem Tode, zu, womit er erlischt. Das äusserst kleine Quantum von embryonaler Substanz, welches übrig bleibt, entsteht nicht aus dem dem Tode entgegen eilenden somatischen Gewebe, sondern es ist ein Rest des früher schon vorhandenen, dessen Arbeit mit dem Beginn der neuen Öntogenese von Neuem anfängt. Daraus aber folgt mit Nothwendigkeit die Continuität des embryonalen Gewebes oder bei den Protophyten ent- sprechender generativer Zellen. Die hier geschilderten Vorgänge sind im ganzen Pflanzenreich verbreitet, wenn auch tausendfältig kleinere oder grössere Abweichungen vorkommen, die jedoch nur Nebensachen betreffen, während das Schema dasselbe bleibt, wie schon die ausserordentliche Monotonie der histologischen Ontogenese der Pflanzen deutlich erkennen lässt. Dieser Thatbestand lässt aber keine andere Deutung zu als die, dass er im Wesen der Energiden selbst begründet ist und „nicht hervorgerufen durch Auswahl im Kampf um’s Dasein“, durch langsame Fortbildung und „Anpassung“ an Lebensverhältnisse; solche finden sicherlich auch wirklich statt, sie betreffen aber nur gewisse, neben- sächliche Vorgänge, nicht das Wesen der Energiden selbst, wie schon das Vorkommen latenter Reizbarkeiten beweist, wie ich sie an den Wurzeln der Kartoffelsprosse nachgewiesen habe. ‘) Das materielle Substrat des Lebens, die Energide, muss eben doch uranfänglich schon gewisse Eigenschaften besessen haben, so gut wie jeder Ble- mentarstoff, so gut wie jedes Salz, jedes Mineral und jeder Himmels- körper. Erst auf Grund dieser Ureigenschaften, unter denen die Reizbarkeit der Energiden wohl die wichtigste Rolle spielt, ist das Auftreten von Varietäten, Mechanomorphosen, Photo-, Bary- und Hydromorphosen u. 8. W., sowie die gesammte Phylogenese denkbar, ebenso wie erst auf Grund ihrer Ureigenschaften die chemischen 1) Flora 1893 p. 1. 434 Elemente im Stande sind, chemische Energie zu zeigen und Ver- bindungen mit neuen Eigenschaften zu bilden. Schält man begrifflich diese Ureigenschaften aus allen zufälligen Nebendingen heraus, so erscheint die Energide in ihrer Einfachheit und zugleich in ihrer Fähigkeit, verschiedene Gestalten anzunehmen, die nothwendig ohne Vermittelung äusserer Anstösse durchlaufen werden. Und vielleicht wäre es gut, diese Eigenschaft mit einem besonderen Namen zu be- legen, wozu ich das Wort „Automorphose der Energiden“ vorschlage, im Gegensatz zu den Mechanomorphosen, die aus der Reizbarkeit der Energiden als secundäre Erscheinungen entspringen. Wir ge- langen so zu dem Satz: jede organische Form (Species) ver- dankt ihre Entstehung dem Zusammenwirken von Automorphose und Mechanomorphose; die phylogenetische Continuität (Descendenz) ent- springt aus dem Einlagerungswachsthum der Energidentheile und ihrer ausschliesslichen Entstehung durch Selbsttheilung oder Automerie (vgl. oben $ 7); die Erblichkeit besteht in der ontogenetischen Wieder- holung dieser Vorgänge; vererbt wird nicht der Stoff, son- dern die den Energiden eigenthümliche Bewegungs- form ihrer Moleküle. Dass auch die passiven Produkte, zumal Stärkekörner und Zellwände, erbliche Formen haben, folgt aus der erblich qualifieirten Arbeit der Energiden, Würzburg, im September 1895. Wasserhaltige Kelche bei Parmentiera cereifera Seem. Von Gregor Kraus. Im Heft I des 81. Bandes dieser Zeitschrift hat Raciborski eine interessante Abhandlung veröffentlicht, in welcher die „Schutz- einrichtungen der Blüthen“ untersucht werden; an mehreren Stellen (so 8. 161 und 187) spricht der Verfasser die Vermuthung aus, dass die merkwürdige Erscheinung von mit Flüssigkeit gefüllten Kelchen, welche Treub an Spathodea campanulata gefunden hat (Annal. de Buit. VIII, 88—46 und Taf. XIII—XV) vielleicht auch bei anderen Gattungen der Bignoniaceen und bei Melastomaceen vorkommen möge; zumal bei Dolichonandre adenophylla DC. mit ihren ganz analogen Bauverhältnissen (seine Fig. 27). Unter diesen Verhältnissen stehe ich nicht an, eine Beobachtung zu veröffentlichen, welche ich im Januar 1894 in Buitenzorg gemacht, und die ich zur Beachtung künftiger Besucher im Protokollbuch des dortigen Instituts kurz erwähnt hatte und ursprünglich nur dort niederlegen wollte. Ich habe nämlich in der That eine zweite Bignoniacee gefunden, die ganz wie Spathodea wassergefüllte Kelche hat, es ist Parmentiera cereifera Seem. Der fiederblättrige Strauch hat holzbürtige Blüthen, zu mehreren kurz gestielt zusammenstehend, und trug zur Zeit als er mir in die Hand fiel an etwa daumendieken aufrechten Aesten, fast im Laub versteckt, Blüthen in allen Stadien, wie auch schotenähnliche, lange Früchte bis zur Halbreife. Die blaugeaderten weisslichen Blüthen von Bignoniaceenform stecken in einem einseitig aufgeschlitzten Kelch, zwischen dem und der Krone zu geeigneter Zeit ein grosser heller Wassertropfen sitzt, der bald abtropft und verschwindet. Die Be- obachtung der völlig geschlossenen Kelche zeigte sofort, dass sie prall mit Flüssigkeit gefüllt sind, schon in Knospen, die nicht viel mehr als einen Centimeter lang sind. Die nähere Untersuchung ergab nun Folgendes: Der Kelch, der im fertigen Zustand etwa 4em lang und 1,5em ist von früh auf ein völlig geschlossener, eiförmiger, t unähnlich dem Eschscholtzia- geringste Andeutung dick erscheint, glatter Körper, fast symmetrisch, nich - Kelch, eine echte „Calyptra“, an der man nicht die 436 von Zusammensetzung aus Blättern wahrnimmt. Bei genauerer Be- trachtung gibt sich eine gewisse Asymmetrie in dem kurzen, aufge- setzten Spitzchen kund, unter welchem auf der einen (Unter-) Seite eine mehrere Millimeter lange kleine Furche sichtbar ist, in deren Richtung später das Aufreissen stattfindet. Wie bemerkt, ist der Kelch äusserlich glatt, weder behaart, noch gerippt, wie bei Spathodea; nur wenige Drüsen finden sich auf ihm. Innen dagegen ist derselbe in seiner ganzen Ausdehnung mit den Drüsen besetzt, die Treub bei Spathodea geschildert und abgebildet hat; kaum gestielte, runde und platt gedrückte Körper, von oben geschen aus einer radialen Randschicht und einer grösseren oder geringeren Anzahl von polygonalen, dünnwandigen, plasmahaltigen Innenzellen bestehend. Diese Drüsen sind aber keineswegs dem Kelchinneren eigen, sie kommen, in ganz analoger Weise gebildet, aussen auf der Krone (auf dem oberen Theil derselben, nicht auf der Röhre) und auch auf den Laubblättern vor. Doch sind sie an den drei Orten der Zahl und der Grösse nach verschieden. Am kleinsten sind sie auf dem Laubblatt, am grössten auf der Krone. Sie dürften auf dem Kelch etwa ‘/a Mal, auf der Blumenkrone doppelt so gross sein als auf dem Laubblatt — Verhältnisse, die wesentlich durch die Anzahl der centralen Zellen bedingt werden. Von der verschiedenen Zahl auf gleicher Fläche gewinnt man eine Vorstellung, wenn ich bemerke, dass auf dem gleichen Gesichtsfeld folgende Zahlen gefunden wurden: Bei Laubblättern Kelchinneres Blumenkrone 30 —40 50—60 6—10. Dass die Drüsen des Kelchinnern, die an Zahl am meisten be- günstigt sind, für die Seeretion des Wassers in Anspruch genommen werden können, liegt auf der Hand, und in Ermangelung anderer Organe — Spaltöffuungen fehlen — scheint mir kaum etwas anderes denklicher. Spathodea gegenüber möchte ich jedoch betonen, dass die Blumenkrone bei der Entwickelung nicht so auffallend klein bleibt und mit ihren Drüsen für die Seeretion recht wohl auch in Betracht kommen könnte. Die abgesonderte Flüssigkeit ist völlig wasserhell und gleicht äusserlich ganz der von Spathodea. Den Inhalt derselben habe ich nicht näher untersucht; nur das habe ich constatirt, dass dieselbe niemals alkalisch reagirt. Drückt man aus dem angeschnittenen Schnabel des geschlossenen Spathodeakelches einen Tropfen auf rothes: 437 Lakmuspapier, so färbt sich dasselbe sofort überaus stark blau. Das findet bei Parmentiera zu keiner Zeit statt; ein Tropfen aus dem sprungreifen Kelch zeigt vielmehr auf blauem Lakmus rasch einen Fleck, dessen Centrum deutlich roth ist. Der Saft ist also schwach sauer. Diese saure Reaction scheint erst allmählich einzutreten. In Knospen von 17mm Länge fand ich keine Andeutung von Röthung; in solehen von 80 mm war sie schon deutlich, in solchen von 35 cm völlig ausgesprochen. — Reactionen mit Fehling, Eisenchlorid, Diphenyl- amin waren erfolglos. Noch erübrigt, ein Wort über die Art des Kelchaufspringens bei- zubringen. Die Calyptra ist an der Spitze einfach geschlossen, An- deutungen von Kelcehblattspitzen, die „languettes“ von Treub, fehlen vollständig, alles was als Andeutung eines zukünftigen Risses genommen werden kann, ist die bereits oben erwähnte kleine Furche unter dem Spitzchen. Bei Spathodea ist auf derselben (nach unten gekehrten, con- vexen) Seite eine fast der ganzen Länge nach verlaufende, vom Schnabel bis gegen die Basis, von zwei Kanten eingefasste sehr deutliche Furche vorhanden, in welcher das Aufreissen stattfindet. Eine andere An- deutung als diese äussere habe ich aber bei keiner der beiden Pflanzen gesehen, allerdings auch nur Kelchknospen von höchstens 2j; Reife, nicht solche unmittelbar vor der Ruptur untersucht. Immerhin ist eine scharf markirte anatomische Trennungsschicht nicht vorgebildet; weder eine solche, wie ich sie bei den Früchten nachgewiesen habe, noch ‚viel weniger solche Verzahnungen, wie sie Raeiborski als „Zell- und Cuticularnaht“ bezeichnet hat. Bei dieser Gelegenheit mag schliesslich zur Steuer der Wahrheit bemerkt werden, dass die sog. „Zellnaht“ bei den Coniferenschuppen nicht erst durch Tubeuf entdeckt, sondern, wie ich letzterem vor einiger Zeit selbst schon gesagt habe, von mir bereits vor 30 Jahren in meiner Arbeit über die Anatomie der Früchte festgestellt worden ist. Ich habe dort (Pringsh. Jahrb. Bd. V. 8. 96) einen besonderen Abschnitt „Anatomische Bemerkungen über die Trennungslinie bei und auf 8. 98 Anm. 2 ausdrücklich angegeben, „dass der Dehiscenz* . the sich schliessen die Zapfenschuppen der Coniferen nach der Blü ihre Ränder durch dickwandige Papillen („Haltpapillen*) fest Diese Angabe stützt sich auf zahlreiche Präpa- auch Juniperus communis) aus und ineinander fügen“. rate verschiedenster Coniferen (z. B. dem Frühling 1865, die ich zum Theil noch heute bewahre. Zum Diagramm der Zingiberaceenblüthe. Von Fritz Müller. (Aus einem Briefe an den Herausgeber.) Mit zwei Textfiguren. —Bei Streptochaeta erwähnen Sie einen Ausspruch Öelakovsky’s, dass das fehlende Blatt des äusseren Staubblattkreises bei den Zingi- beraceen „auch noch niemals, wiederkehrend oder irgendwo erhalten, gesehen worden ist“, Sollten damit nur regelrecht ausgebildete Blumen gemeint sein, die übrigens wohl nur wenig oder gar nicht entwickelungs- geschichtlich untersucht sein mögen, so mag das wohl richtig sein. Als Bildungsabweichung aber tritt dies fehlende Blatt sehr häufig auf bei einer Alpinia, mit deren regelwidrigen Blumen ich mich einige Jahre beschäftigt habe. — Ich lege Ihnen einige Grundrisse solcher, drei äussere Staubblätter zeigende Blumen bei. 3a Mm. 86 Einen dieser Fälle, von derselben Pflanze stam- mend, hat ja auch schon Eichler besprochen (Ber. d. d. botan. Gesellschaft 1884, 8. 417) und ich ZI habenachzuweisen gesucht "611.88. (ebenda 1888 $. 95), wess- halb sie an den zweiten Blumen der Wickel besonders häufig vorkommen; dieses häufige Vorkommen an den zweiten (und ebenso und aus gleichem Grunde auch an den vierten) Blumen der Wickel hat sich später durchaus bestätigt. 22. 10. 8% 339 So fanden sich, um ein Beispiel zu geben, an acht vom 18. Januar bis 9. März 1888 blühenden Blüthenständen unter 705 Blumen 45 (— 6,4°/0) zweimännige Blumen der gewöhnlichen Form (wie die zweimännige Blume der beiliegenden Grundrisse), und zwar unter 257 ersten Blumen nicht eine, unter 246 zweiten Blumen 20 (= 8,1 jo), unter 171 dritten Blumen 2 (= 1,2°|o) und unter 31 vierten Blumen 31 = 14,2%). Die Mannigfaltigkeit der abweichend gebildeten Blumen ist geradezu unerschöpflich; die Zahl der fruchtbaren Staubblätter bietet nicht nur die ganzen Zahlen 0, 1, 2 und 3, sondern auch !j» (wie bei Marantaceen), 1'/s, 2/2, 3Y/a. Wie in dem letzten der beiliegenden Grundrisse eines der inneren Staubblätter zahnartig geworden ist, so kann umgekehrt (äusserst selten) auch eines der äusseren fruchtbar sich ausbilden. — Dann finden sieh ziemlich häufig zweizählige Blumen und wunderliche Uebergänge zwischen zwei- und dreizähligen. Litteratur. Möller, A., Protobasidiomyceeten. Untersuchungen aus Brasilien. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1895. Mit 6 Tafeln. (Botanische Mittheilungen aus den Tropen, herausgeg. von Schimper, 8. Heft) Preis: 10 Mark. Die vorliegende Abhandlung, die vierte aus der Reihe Jer mykologischen Forschungen des Verfassers in dem brasilianischen Urwalde, liefert uns neben zahlreichen entwickelungsgeschichtlichen Beobachtungen der höchst merkwürdigen Pilzformen zugleich einen Ueberblick der ganzen Gruppe der Protobasidiomyceten, deren Kenntniss eben durch des Verfassers Untersuchungen in ungeahnter Weise . erweitert wurde, so dass erst jetzt neben den Schwestergruppen der Asco- und Basidiomyceten auch die Protobasidiomyceten als eine sehr reich geglieterte Gruppe sich entpuppten. Ueber alle Einzelbeobachtungen hier zu berichten, ist dem Referenten unmöglich; hervorheben möchte ich bloss, dass der Verfasser Jie Protobasidieen in sechs Gruppen theilt, in die Auriculariaceen, Uredineen, Pilaera- ceen, Sirobasidiaceen, Tremellaceen und Hyaloriaceen. Als Hyaloria Pilacre wird ein Pilz beschrieben, der bei angiokarper Fruchtkörperbildung Tremellabasidien besitzt. Auch sind Fruchtkörperbildungen, welche die Polyporeen und Hydneen zwischen den Basidiomyceten charakterisieren, bei den Protobasidien vorhanden in den von dem Verfasser aufgestellten Familien Protopolyporiaceae und Proto- hydneae. Sirobasidiaceen bilden die Basidien in Ketten, in Jola und Saccoblastia lernen wir zwei neue Genera kennen, die nach des Verfassers Deutung den Ueber- gang zwischen den Uredineen und Auriculariaceen bilden. Dagegen möchte ich einige theoretische Ansehauungen des Verf. hier kurz besprechen und zwar von dem Standpunkte aus, der z. 2. als der Verf. diesbezüg- liche Untersuchungen machte, noch nicht vorhanden war. Nach den Untersuchungen 440 Rosen’s, Wager’s, Poirault’s, den meinigen und insbesondere denen von Dangeard kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass wir in der Entwickelung der höheren uud niederen Pilze immer zu einem Stadium gelangen, wo in einer Zelle zwei Zellkerne kopuliren, Diese Zelle, Oospore bei den Oomyceten, Zygospore bei Archimyceten und Zygomyceten, Dauerspore bei den Ustilagineen, Teleutospore bei den Uredineen genannt, nennen wir bei den Ascomyceten Ascus, bei den Proto- und Basidiomyeeten Basidie. Diese Zelle, ein Homolog der primären Embryozelle der Archegoniaten und Embryonaten bezeichnet einen Wendepunkt in der Entwickelung, den Anfang einer neuen Generation. Sie wird entweder zu einer Dauerspore (Phycomyceten, Ustilagineen, Uredineen excel, Coleosporium und Chrysomyxa), oder theilt sich gleich weiter, freie Endosporen bei den Ascomyceten, Exosporen bei den Proto- und Basidiomyceten bildend. Erst auf Grund jetzt gewonnener Thatsachen ist die Differenz zwischen den Basidiosporen und Conidien, Asei und Sporangien, Teleutosporen und Chlamydosporen seharf und deutlich nachgewiesen und desswegen kann ich die vom Verf. beschriebenen Zwischen- formen zwischen den Conidienträgern und Basidien bei Pilacrella, Matruchotia ete, nicht als Uebergangsformen bezeichnen, Von diesem Standpunkte ausgehend, muss jch auch die systematische Stellung der Gattungen Jola und Saccoblastia etwas anders beurtheilen. Zunächst will ich bemerken, dass die Diagnose der Uredineen, welche der Verf. (nach Tavel’s Morphologie) aufgestellt hat, nicht richtig ist, insoweit als sie die Gattung Coleo- sporium, welche die Basidien in Frachtkörpern und in den 'Teleutosporen selbst bildet, nicht mehr umfasst. Sollte man auch desswegen Coleosporium von den Uredineen trennen und zu den Auriculariaceen setzen, so müsste man die Gattungen Jula und Saccoblastia, bei welchen die Basidien erst aus den Teleutosporen (die hier, wie bei Chrysomyxa keine Dauersporen sind) auskeimen, bei den Uredineen lassen, von welchen sie jedenfalls weniger als Coleosporium differiren. In den Sirobasidiaceen erkennen wir ein Analogon der Chrysomyxeen mit Basidien in den Teleutosporen. Zuletzt möchte ich noch den Wunsch aussprechen, dass die schönen und werthvollen Untersuchungen des Verf. noch in der obenerwähnten Richtung eine Erweiterung finden möchten, Eine Untersuchung der Copulationsvorgänge der Kerne bei den Pilzen und speeiell bei den Protobasidieen gehört zu den leichtesten Aufgaben, die die Zellenlehre bieten kann, und es lässt sich nicht zweifeln, dass unsere z. 2. noch so dürftigen Kenntnisse dieser Copulationsvorgänge durch eine Durchmusterung des brasilianischen Materials enorm bereichert würde. M. Raciborski, FE BRELEFENERG u laf.\V. 5.81.Bd) Jahrg. 189 Flora Erg.Bed.zu Besanıe Jl. 72 \ia7 7 Flora big. Bd.zu Jahrg. 1895, (81.Bdl) Tat.Vl. Ta£-Vvl. Flora Erg.Bd.zu Jahrg. 1895, (81 Bd)