a on GN FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. ZWEITER BAND. (DER GANZEN REIHE 102. BAND.) HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 15 TAFELN UND 150 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1911. mv. BUT, GARDE. 1911 ALLE RECHTE VORBEHALTEN | r Inhaltsverzeichnis. DOPOSCHEG-UHLÄR, JOSEF, Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. Mit Tafel II—VIII und 32 Abbildungen im Text GARJEANNE, A. J. M., Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. Mit Tafel XI u. xIL und 9 Abbildungen im Text HANNIG, E., Über die Bedeutung der Periplasmodien (I. und In). Mit Tafel XII u. XIV und 24 Abbildungen im Text . Ders., Über die Bedeutung der Foriplasmodien (ID. Mit 3 Abbil- dungen im Text. . . LOEW, OSCAR, Über die Wirkung von Str ontiumsalzen auf Algen . LOEW, O. und BOKORNTY, TH., Aktives Eiweiß und Tannin in Pflanzen- zellen . NIENBURG, WILHELM, Die Nutationsbewegungen j junger or Windepflanzen. Mit Tafel IX u. X und 14 Abbildungen im Text. SCHLUMBERGER, OTTO, Familienmerkmale der Cyatheaceen und Polypodiaceen und die Beziehungen der Gattung Woodsia und verwandter Arten zu beiden Familien. Mit 15 Abbildungen im Text. SCHROEDER, H., Über die selektiv per meabele Hülle des Weizenkornes. Mit 4 Abbildungen und I Kurre im Text . STRASBURGER, EDUARD, Kernteilungsbilder bei der Erbse, Mit Tafel I . WEIDEL. F., Beiträge zur Entwieklungsgeschichte und vergleichenden Anatomie der Cynipidengallen der Eiche. Mit Tafel XV und 49 Abbildungen im Text. . ZEIDLER, JOSEF, Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit und des Lichtes auf die Ausbildung der Dornen von Vlex europaeus L. Heft ], page. 1-—116 erschien am 20, Januar 1911 ss U. 117-208 F „ 18. Februar 1911 „ IL „ 209-334 „» „1 März 1911 Wo. BSH » » 7 April 191. Seite 24-86 147— 185 209278 335—382 96--112 113—116 117—146 383—414 186—208 1-23 279-334 87—95 U4S FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN YON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. ZWEITER BAND. (DER GANZEN REIHE 102. BAND) ERSTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHER. MIT 8 TAFELN UND 32 ABBILDUNGEN IM TEXT. $ VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1911. ERSCHIENEN AM 20. JANUAR 1911. Inhaltsverzeichnis. STRASBURGER, EDUARD, Kornteilungsbilder bei der Erbse. Mit TaelI... . 1—23 DOPOSCHEG-UHLÄR, JOSER, Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. Mit Tafel T—VIII und 32 Abbildungen im Text 24--86 ZEIDLER, JOSEF, Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit und des Lichtes auf die Ausbildung der Dornen von Ulex europaeus L. 87—95 LOEW, OSCAR, Über die Wirkung von Strontiumsalzen auf Algen. . 96-112 LOEW, O. und BOKORNY, TH., Aktives Eiweiß und Tannin in Pflanzen- Ä zellen 2 rennen. 183-116 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: FLORA oder Allgemeine Botanische Zeitung. Früher herausgegeben von der Kgl. Bayer. Botan. Gesellschaft in Regensburg. Herausgeber: Dr. K. Goebel, Prof. der Botanik in München. Gesamt-Register für die Bände 26-100. Bearbeitet von Christian Bay. Preis: 11 Mark. Dieses Gesamt-Register für 75 Bände der „Flora“ ist mehr als ein Hilfsmittel zum Gebrauch des Abonnenten; es besitzt vielmehr für jeden Botaniker den Wert eines Nachschlagebuches, eines Wegweisers bei seinen Arbeiten, eines — wenn man so sagen darf — andeutungsweisen Abrisses botanischer Arbeit dreier Generationen. PPAREe Soeben erschien: Prinzipien der physikalisch-kausalen Blütenbiologie in ihrer Anwendung auf Bau und Entstehung des Blütenapparates der Crueiferen, | Von Dr. A. Günthart. .— Mit 136 Abbildungen im Text. Do Preis: 4 Mark 50 Pt. i Soeben erschien: B Vergiftungen durch Pflanzen und Pflanzenstoffe. Ein Grundriß der vegetalen Toxikologie für praktische Ärzte, Apotheker und Botaniker. Von Friedrich Kanngießer Dr. med. et phil. Docent de }s Toxieologie vögötale A PUniversit# de Neuchäiel. Preis: 1 Mark. i EEE EEE" oo een Kernteilungsbilder bei der Erbse. Von Eduard Strasburger. (Mit Tatel I.) Ein Beweggrund, den ich weiter angeben werde, veranlaßt mich, einige Bilder hier zusammenzustellen, die sich auf die Reduktionsteilung der Erbse (Pisum sativum) beziehen. Das Untersuchungsmaterial wurde einer weißblühenden Rasse entnommen, mit Chromosmiumessigsäure fixiert, in Schnittserien zerlegt und letztere mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Von der Wiedergabe der Synapsis sehe ich für den vorliegenden Zweck ab. Sie bot das gewohnte Ausssehen und war nicht minder häufig in diesen Erbsenpräparaten, als in jenen einer beliebigen anderen Pflanze, deren Reduktionsteilungen man untersucht, anzutreffen. Wie man auch über die Ursachen ihres Auftretens urteilen mag, ihr Bild gehört zu den Kennzeichen der Reduktionsteilung im ganzen Pflanzen- reich und pflegt den Beobachter. der nach Reduktionsteilungen sucht, meist am schnellsten auf ihre Spur zu bringen. Ich hatte es im vorliegendem Falle bei der Durchmusterung meiner Erbsenpräparate auf die Reduktionsspindel, als den ersten Zustand, den ich in der Zeichnung festhalten wollte, abgesehen. Die Gemini sind an dieser Spindel meist in halber Länge befestigt. Durch die Zugfasern werden die Chromosomen jedes Paares so auseinandergezogen, daß kreuzförmige Figuren entstehen. Jedes der beiden Chromosomen hat dann die Gestalt eines V, dessen beide Schenkel aneinandergedrückt und an den Enden umgekrümmt sind. Nür an diesen Enden hängen sie zu- sammen. Das ist eine sehr häufige Form der Gemini bei den Angio- spermen. Die Fig. 3 Taf. I zeigt alle die an ihr sichtbaren Gemini so ausgestaltet. Doch es kann auch ein Geminus näher dem einen Ende von den Zugfasern erfaßt worden sein, und dann nur einen einzigen Seitenarm besitzen, seine beiden Chromosomen im übrigen gerade polwärts richten, bzw. an den polaren Enden mehr oder weniger hakenförmig umgekrümmt zeigen. Oder die beiden Seiten- arme des Kreuzes haben sich, statt tangential zu verlaufen, von der Spindel hinweg radial nach außen gewandt und bis zur Berührung einander genähert, so daß sie schließlich nur noch eine mittlere knopfförmige Anschwellung am Geminus bilden (Fig. 1 u. 2). Die Längshältten, in welche jedes Chromosom während der Prophasen ge- spalten worden war, decken sich bei einer Frontansicht der Gemini. „Flora, Bd. 102. 1 2 Eduard Strasburger, Auch an seitlich orientierten Gemini vermag man sie in diesem Stadium nicht zu unterscheiden. Sie sind es auch nicht, die bei der hier ge- gebenen Befestigungsart der Gemini, während des Auseinanderweichens der Chromosomen (Fig. 5, 6) in die Erscheinung treten, vielmehr die beiden Schenkel des Chromosons, die auch jetzt einander meist dicht anliegen (Fig. 6) und gleiche oder ‚ungleiche Länge besitzen, ent- sprechend dem Umstand, .ob das Chromosom in seiner Mitte, oder näher einem seiner Enden von den Zugfasern erfaßt worden war. Deutlich treten die beiden Längshälften jedes Chromosoms erst in späten Anaphasen, wenn solche in Polansicht vorliegen, hervor, entsprechend dem was man an anderen ähnlichen Objekten früher schon festgestellt hat (Fig. 7, 8). Wie die Kernplatte einer Reduktionsspindel der Erbse in Polansicht aussieht, soll uns nachträglich noch die Fig. 4 lehren, mit ihren massigen Gemini, deren Zahl zuerst von William Austin Cannon richtig auf 7 angegeben worden ist’). — Von den Anaphasen der Reduktionsteilung soll der folgende Schritt uns gleich zu den Kern- platten des zweiten Teilungsschrittes der Pollenmutterzelle, der homo- typischen Teilung führen. Da der erste Teilungsschritt, nach dikoty- ledoner Art, nicht von einer Zellteilung begleitet war, so liegen die beiden homöotypischen Teilungsfiguren in demselben Zellraum. Meist sind sie parallel orientiert, können. aber gekreuzt sein. Ich habe letzteren Fall zur Darstellung in Fig. 9 gewählt, um eine Kernplatte in 'Polansicht vorführen zu können. In gewohnter Weise liegen die paarweise vereinten Schwesterchromosomen, welche die Prophase der Reduktionsteilung für die Tochterkerne schon vorbereitet hatte, mit ihren Enden befestigt au den Spindelfasern. Es sind kurze Stäbchen, die 'entweder einander der ganzen Länge nach anliegen, oder an dem von der Spindel abgekehrten Enden mehr oder weniger weit aus- einander spreizen. Die Abzählung der Kernplattenelemente in der Polansicht ergibt wieder die Zahl 7, sofern man berücksichtigt daß das Spreizen der Schwesterchromosomen eines Paars, für dieses eine Doppel- zahl vortäuschen kann. — Die Wanderung der Tochterchromosomen nach den Polen führt die Fig. 10 vor. Sie stellen einfache gerade Stäbchen dar, die sich weiterhin an ihrem Polende hakenförmig um- zukrümmen’ pflegen, Die Polansichten der Anaphase (Fig. 11) zeigen 7 einfache Elemente von der Größe jener, welche in den Paaren während der Anaphasen der Reduktionsteilung vertreten waren. 1) The Spermatogenesis of Hybrid Peas. Bull. of the Torrey Bot. Club 1903, Vol. XXX, pag. 519, Kernteilungsbilder bei der Erbse. 3 . Hiermit sind, und das war der Zweck dieser Untersuchung, Bilder gewonnen, die uns für die Erbse das Aussehen der beiden Teilungsschritte zeigen, die miteinander im Vorgang der heterotypkischen Reduktionsteilung verknüpft sind. Mit ihnen sollen die Teilungsbilder verglichen werden, die uns in chloralisierten Erbsenwurzeln ent- gegentreten. . B. N&mec sucht in einem neuerdings erschienenen Buch!), seine frühere Angabe?) daß Synkarionten, die in chloralisierten Wurzeln, der Erbsen sowie anderer Pflanzen, aus Kernverschmelzungen hervor- gehen, die übernormale Zahl ihrer Chromosomen durch Reduktions- teilung auf die normale wieder zurückzuführen vermögen, durch weitere. Beobachtungen zu erhärten. In seiner ersten Abhandlung über diesen Gegenstand stützte er sich vornehmlich auf Wahrscheinlichkeiten. Denn es heißt dort an der ersten Stelle, wo die Reduktionsteilung in Ver- gleich gezogen wird®): „Ich habe in einer ziemlich großen Zelle, in welcher wir entweder zwei Teilungsfiguren oder eine mit doppelter Chromosomenzahl erwarten durften, eine einzige, normale Teilungsfigur mit der typischen Chromosomenzahl beobachtet. Es ist zwar schwierig, auf einen Fall eine kategorische Behauptung aufzustellen, aber mir scheint es möglich zu sein, daß in dieser Zelle eine Reduktion der Chromosomenzahl vor sich gegangen ist“. An der zweiten Stelle schreibt- B. N&meec®: „42 Stunden nach dem Auswaschen gibt es in den Wurzelspitzen keine zweikernige Zelle mehr. Die langen Zellen sind in großer Anzahl vorhanden, in ihnen gibt es meist Figuren mit einer doppelten Chromosomenzahl. Auffallend waren jedoch einige - lange Zellen, die eine Figur mit 14 Chromosomen besaßen, diese Chromo- somen waren meist dick, etwas länger als sonst; es schien mir’ in einigen Fällen, daß jede Chromatinschleife eigentlich aus vier Chromo- somen, während des Äquatorialstadiums bestehe. Doch war es mir nicht möglich, ganz deutliche und überzeugende Figuren aufzufinden. Soviel war jedoch sicher, daß derartige Figuren etwa 14 Chromosomen besaßen, wogegen lange Zellen sonst regelmäßig deren 28 zeigten. Auch hier scheint es mir wahrscheinlich zu sein, daß eine Reduktion der Chromosomenzahl stattgefunden hat“. — Als Beleg für die erste der eben zitierten Angaben zieht B. Nämec seine Tetfigur 125 (a. 1) Das Problem der Befruchtungsvorgänge und andere zytologische Fragen, 1910, 2) Über die Einwirkung des Chloralhydrats auf die Kern- und Zellteilung. Jahrb. f. wiss. Bot. 1904, Bd. XXXIX, pag. 645. 3) a.a. 0. pag. 688. 4) a. a. O. pag. 698. 1* 4 Eduard Strasburger, a. O. 8. 688) heran. — In einem Aufsatze'), in welchem ich das Ein- greifen der heterotypischen Reduktionsteilungen in die Karyokinese chloralisierter Erbsenwurzeln, zwecks autoregulativer Herabsetzung der Chromosomenzahl von Synkarionten, in Abrede stellte, reproduzierte ich diese Nöämec’sche Figur2. Ob aus ihr auf eine heterotypische Re- duktionsteilung sich schließen lasse, sollte jeder unmittelbar beurteilen können. Mein Urteil war das nicht. DB. N&ömee weist nun in seiner neuen Arbeit?) darauf hin, daß die beiden anderen Figuren, auf welche er sich an der zweiten Stelle, die ich vorhin angeführt habe, bezieht, wichtiger wären, „da sie die Chromosomen weit besser zu er- kennen geben“. Die N&mee’schen Textfiguren 156 und 157 (a.a. 0. S. 698), um die es sich handelt, sind nun ganz bestimmt ebensowenig heterotypische Reduktionsteilungen, wie das von mir reproduzierte Bild. Ich wählte sie zur Wiedergabe nicht aus, weil B. Nömec selbst, dort wo er diese Figuren anführte, hinzufügt: „Doch war es mir nicht möglich, ganz deutliche und überzeugende Figuren aufzufinden“. B. N&ämee hatte für diese seine erste Untersuchung die chloralisierten Wurzeln in Pikrin-Eisessig-Schwefelsäure fixiert, in toto mit Parakarmin durch- gefärbt, in Paraffin eingebettet und geschnitten. Bilder, die tieferen Einblick in die Kernteilungsvorgänge gestatten, sind auf diesem Wege nicht zu gewinnen. Doch dem hilft nun die erneuerte Untersuchung chloralisierter Wurzelspitzen in B. Nömec’s umfangreichen Buche nach. Er fixiert sie mit Flemming’scher Lösung und färbt die Mikrotomschnitte mit Safranin-Gentiana-Orange. Die gewonnenen Bilder bestärken ihn in seiner früheren Überzeugung, während ich nach wiederholter Untersuchung meiner Präparate, ebenso bestimmt bei.meiner Ansicht bleibe und in dieser auch nicht durch das eingehende Studium des N&mee’schen Buches erschüttert werde. Ich erkenne dabei durchaus an, daß das neue Nömee’sche Buch wieder manchen wertvollen Beitrag für das Gebiet, das ich hier be- handle, wie sonst auch in verschiedenen anderen Richtungen uns bringt, und betone ausdrücklich, daß es sich in diesem meinem Aufsatze nur um eine objektive Gegenüberstellung dessen was ich für richtig halte, dem was er vertritt, handeln soll. Die Vorgänge auf die es ankommt, verlangen aber durchaus eine Klarlegung, da sie B. Nömeec in Be 1) Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. Jahrb. f, wiss. Bot. 1907, Bd. XLIX, pag. 482, 2) 2.2. 0. pag. 485. 3) Das Problem der Befruchtungsvorgänge, pag. 12. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 5 ziehung zu den Befruchtungsproblemen bringt und meint, daß sie auch die Phylogenie des Generationswechels beleuchten könnten. B. Nömec hat diesmal seine Chloralisierungsversuche wesentlich ausgedehnt. Er führte sie nicht nur an verschiedenen neuen Pflanzen aus, sondern wiederholte auch die Chloralisierung zwei und mehrmals an derselben Wurzel. Ich iolgte darin nicht seinem Beispiel, da das Problem, um das es sich für mich handelt, an der einmal chlorali- _ sierten Erbsenwurzel voll zum Austrag kommt. B. N&meec hatte seiner- zeit schon gefunden, und ich konnte das bestätigen, daß die syndi- ploiden Kerne nach der Chloralisierung aus der Wurzelspitze, die weiter wächst, allmählich verschwinden. B. Nömec, so wie ich, führten diesen Schwund vornehmlich darauf zurück, daß die syndiploiden Zellen aus der meristematischen Zone in die Streckungs- und Dauerzone über- gehen. Daneben setzte aber B. Nömee noch die heterotypische Re- duktionsteilung, als einen autoregulativen Vorgang, der aus didiploiden, diploide Kerne schaffen und so die Synkarionten beseitigen sollte, in Tätigkeit. Ich schilderte meinerseits auch einige Vorgänge, durch welche syndiploide Zellen stellenweise ausgeschaltet werden; eine auto- regulative Korrektur durch heterotypische Reduktionsteilung gab ich aber nicht zu. Da meine Beobachtungen auch diesmal auf die einmal chloralisierten Erbsenwurzeln eingeschränkt bleiben, so betone ich noch- mals, daß das Problem auf‘ dessen Lösung es ankommt, voll bei den genannten Wurzeln vorliegt; daß meine Untersuchung dieser Wurzel sich über rund 70 Präparate erstreckt; daß jedes Präparat unter einem Deckglas von 45 zu 25 mm Größe, die Serienschnitte . von einer Wurzel oder von zwei Wurzeln einschließt, im ersten Falle meist 14, im zweiten 28 Sehnitte; daß die Zahl der Kernteilungen, die mir in diesen Schnitten zu Gesicht kamen, nach vielen Tausenden zählt, es somit ausgeschlossen erscheint, daß gewisse Teilungszustände in den Präparaten hätten fehlen können; daß auch Präparate mit Serien von Querschnitten vorlagen, etwa 100 Querschnitte in einem Präparat, daß endlich, wie ich es seinerzeit schon angab!), die Fixierung der Wurzel- spitzen 3, 5'/,, 17, 20, 27 und 42 Stunden nach ihrer Chloralisierung erfolgt war, mit Bevorzugung der 27. Stunde, in welcher die Abnahme der syndiploiden Kerne in den Bildern am meisten auffällt. Wie die Figuren aussehen, welche die Wurzeln anderer Pflanzen nach der Chloralisierung zeigen, bzw. wie sie sich in Wurzeln der Erbse und anderer Planzen nach wiederholter Chloralisierung darstellen, 1) a.a. O. pag, 486. 6 Eduard Strasburger, lehren uns die zahlreichen Abbildungen des neuen N&mec’schen Buches. An diese Bilder werden wir uns des weiteren halten und mit der Frage an sie herantreten, ob sie, oder wie weit sie, für die Nämec’sche Auffassung entscheidend sind. Zu bemerken wäre hier gleich, daß sich auch für B. Nömec aus der Heranziehung neuer Pflanzen für seine Versuche, andere Teilungsbilder als jene die ihm die chloralisierten Erbsenwurzeln darboten, nicht ergaben. Die wieder- holte Chloralisierung derselben Wurzel in Zeitabschnitten brachte auch nicht prinzipiell Neues, wenn sie auch, und zwar besonders bei der Erbse, die Bildung von tetradiploiden und sogar oktodiploiden Syn- karionten förderte. Während in der ersten Abhandlung von B. Nömee nur die heterotypische Reduktionsteilung als Mittel zur Herabsetzung der zu hohen Chromosomenzahl Anwendung findet, werden in dem neuen Buche zwei Arten von Reduktionsteilung unterschieden, die, zu diesen Ziele führen: die indirekte, die der heterotypischen entspricht, die bei welcher „die Chromosomen als Tetraden und später während der Me- takinesis als Doppelstäbehen erscheinen, und die direkte, wo in einer syndiploiden Zelle im Kern direkt die reduzierte Chromosomenzahl erscheint“. „Auf Grund einiger Übergangsfiguren“ knüpfte B. Nömec hieran die Folgerung, „daß die direkte Reduktion nur durch eine Ver- schmelzung von Chromosomen zustande kommt und daß sie nicht prin- zipiell von der indirekten verschieden ist“ !). Sehen wir uns zunächst das Beweismaterial für indirekte Reduk- tionsteilung in den chloralisierten Wurzelspitzen an. Weder Synapsis, noch sonst eine von den charakteristischen Prophasen einer hetero- typischen Reduktionsteilung hat B. Nömee in einer syndiploiden Wur- zelzelle jemals gesehen. Das gibt er an verschiedenen Stellen seines Buches selber zu. Doch das Aussehen der Kernplatte mancher syn- diploiden Kerne zeuge für Reduktionsteilung, da sie die Chromosomen in Tetraden führt. Ich selbst soll eine solehe Teilungsfigur gezeichnet haben, ohne ihre Bedeutung zu erkennen. Es sei dies die Fig. 1, Taf. V in meinem früheren Aufsatz. Mit ihr wollen wir uns daher zuerst beschäf- tigen. Ich lasse diese Figur hier als Fig. 12, Taf. I nochmals ganz unver- ändert reproduzieren, was nicht schaden kann, da ihre Wiedergabe auf der früheren Tafel hätte treuer ausfallen müssen. Man wolle vor allem diese Teilungsfigur mit wirklichen Reduktionsteilungsspindein der Erbse vergleichen, wie sie in unseren Figuren 1—-3 vorgeführt 1) Das Problem der Befruchtungsvorgänge usw., pag. 7. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 7 werden. Irgend welche Ähnlichkeit dürfte man schwerlich heraus- finden. Doch ich soll selbst „betont“ haben, daß diese Kernplatte (Fig. 12 des jetzigen Aufsatzes) „immerhin den Gedanken erwecken könnte, daß ihr Bau zu einer Art Reduktionsteilung sich verwenden ließe !).“ Das was ich damals geäußert habe, lautet?): „Die eben be- schriebene Kernplatte sieht keinesfalls wie eine heterotypische Reduk- tionsplatte aus, doch könnte meine Schilderung den Gedanken erwecken, daß der Bau zu einer Art Reduktionsteilung sich verwenden ließe. Die paarweise Gruppierung der Chromosomen ist bisher in typischen Kernplatten nicht aufgefallen, sie könnte somit eine besondere Ein- richtung hier vorstellen, durch die erreicht wird, daß, wie bei der hetero- typischen Reduktionsteilung, ganze Chromosomen sich voneinander trennen und ihre beiden Längshälften demselben Pol zuführen. Das ist nun nicht der Fall, vielmehr wandern die Längshälften jedes Chro- mosoms nach entgegengesetzten Polen. Die paarweise Zusammenfügung der Chromosomen ist in dieser Kernplatte durchaus verschieden von jener in heterotypischen Reduktionsplatten..... Sind für typische Kernplatten paarweise Lagerungen der Chromosomen bisher nicht an- gegeben worden, so liegt der Grund nur darin, daß man sie nicht beachtet hat.“ In eben jenem meinem Aufsatz, der die in Betracht kommende Figur brachte, habe ich dann eingehend die Anordnung der homologen Chromosomen zu Paaren in den Kernplatten der typischen Teilungs- bilder der Erbse geschildert®. Ich konnte damit an ältere Angaben solcher Art, die ich für andere Pflanzen bereits gemacht hatte, an- knüpfen, und die Zahl entsprechender Beobachtungen hat sich seitdem gemehrt. Im allgemeinen liegen nun, in den Kernplatten einer Erbsen- wurzel, die paarigen Chromosomen in annähernd gleicher Ebene und frägt es sich daher, warum dies in dieser didiploiden Kernplatte (Fig. 12) nicht der Fall ist. Die Antwort darauf lantet, daß die durch Kern- verschmelzungen in chloralisierten Wurzelspitzen veranlaßte Vermehrung der Chromosomen, ihre Anordnung zu zwei Stockwerken oft begün- stigen wird. Das wird stets dann erfolgen, wenn die Kernplatte nicht eine zu der Chromosomenzahl entsprechende Ausdehnung erfuhr. Um aber in gegenseitiger Nähe zu bleiben, werden sich dann diese homo- logen Chromosomen in der Längsrichtung der Kernspindel verschieben 1) B. Nömec, Das Problem der Befruchtungsvorgänge usw., pag. 12. 2) a.2. 0, pag. 488. 3) a. 2.0. pag. 491. 3 Eduard Strasburger, müssen und in deren Seitenansicht sich als übereinander liegend dar- stellen. Allein auch in allen diesen Fällen wird man finden, daß die homologen Chromosomen nicht in der Weise zueinander halten, wie es in einer heterotypischen Kernplatte der Fall ist, daß es nicht zu ihrer vollen Berührung in der Äquatorialebene, geschweige denn zu ihrer in- timen Zusammenfügung kommt. Eine solche war in dem Maße nicht einmal zwischen den beiden längsgespaltenen Chromosomen, am linken Rande der in meiner Fig. 12 dargestellten Kernplatte erfolgt, wo ich in Wirklichkeit, um das untere Chromosom zeichnen zu können, das Objektiv tiefer einstellen mußte). Eine solche intime Vereinigung der homologen Chromosomen wie sie in den Reduktionskernplatten der Erbse vorliegt und durch unsere Figuren 1—3 illustriert wird, ist mir in den syndiploiden Kernplatten der chloralisierten Erbsenwurzeln nie vorgekommen... Zudem liegen in solchen syndiploiden Kernplatten, ebenso wie in den einfachen diploiden, die Längshälften jedes Chro- mosoms nach verschiedenen Polen orientiert, während sie in Reduk- tionskernplatten nach derselben Polseite schauen. Weiter kann man feststellen, daß die Längshälften jedes Chromosoms, auch in den syndi- ploid gewordenen somatischen Kernplatten, an den Zugfasern entgegen- gesetzter Pole befestigt sind, während für beide Längshälften in der Reduktionskernplatte die Befestigung an derselben Polseite liegt. Daher auch die beiden Längshälften jedes Chromosoms aus der Reduktionskern- platte nach demselben Tochterkern, aus der syndiploiden Kernplatte, wie sie in Fig. 12 dargestellt ist, nach zwei Tochterkernen gelangen. B. Nömee' kann aber, wie er schreibt), „nicht begreifen“, wie die Verteilung der Längshälften jedes Chromosoms aus einer solchen syndiploiden Kern- platte wie sie in meiner Figur 12 vorliegt, auf entgegengesetzte Pole, möglich wäre, denn die inneren Längshälften müßten bei der Bewegung za den Polen aneinander stoßen“. Nun, sie tun es,. trotzdem ihre Mutterchromosomen sich in der Kernplatte mehr oder weniger decken, nicht, weil jede Längshälfte von entgegengesetzer Seite befestigt ist; sie gleiten vielmehr aneinander vorbei, um an den richtigen Pol zu gelangen. Wie dann die Bilder beginnenden Auseinanderweichens sich darstellen, läßt sich bereits zahlreichen Abbildungen aus früherer Zeit, die chromosomenreiche Kernplatten, deren Chromosomen dicht gedrängt sind und nach verschiedenen Polen ihre Enden richten, in ähnlichem T) Heißt es doch auch in meiner damaligen Beschreibung, a. a. 0. pag. 448: „Das erste Chromosom links deckt mit seiner (in dem Bilde) unteren Längshälfte die obere Hälfte des tiefer gelegenen“, 2) Das Problem der Befruchtungsvorgänge usw., pag. 14. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 9 Stadium entnehmen. Ich verweise hierfür auf einige dem protoplas- matischen Wandbelag des Embryosacks entstammende Bilder?), die ich schon im Jahre 1884 gezeichnet habe. Die Sonderung der von ent- gegengesetzten Seiten kommenden, die äquatoriale Ebene passierenden Längshälften der Chromosomen erinnert sehr an das, was ich für syn- diploide Kerne der Erbsenwurzel in meinen Figuren 14 und 15 zur Darstellung bringe Die Bilder zeigen klar, daß auch in diesen syn- diploiden Kernen die Längshälften der Chromosomen sich voneinander trennen, um nach entgegengesetzten Polen zu gelangen, daß sie somit nicht, wie es B. Nömec glaubt, demselben Pol zufallen. Ich kann hier auf das bestimmteste versichern, daß das nicht der Fall ist. In all den überaus zahlreichen Teilungsbildern syndiploider Kernplatten der Erbsenwurzeln die ich studiert habe, ist mir der von B. Nömee angenommene Vorgang auch nicht ein einziges Mal begegnet. Er konnte es somit nicht sein, der es veranlaßte, daß auch in meinen Erbsenwurzeln, die Zahl der syndiploiden Kerne entsprechend der Zeit abnahm, die zwischen der Chloralisierung und der Fixierung der Wurzelspitzen verstrichen war. An sich würde übrigens der von B. Nöämee postulierte Vorgang eine Verringerung der Chromosomenzahl in den Teilungs- produkten noch nicht zur Folge haben. Denn ob alle Chromosomen die eine ihrer Längshälften oder ob die Hälfte der Chromosomen ihre beiden Längshälften an die Tochterkerne abgeben, ändert nichts an der Zahl der Chromosomen, welche sich dann in diesen Tochterkernen befindet. Bei der heterotypischen Reduktionsteilung wird die Zahl der Chromosomen bei der Teilung der Tochterkerne auf die Hälfte herabgesetzt. Doch dazu ist die homöotypische Teilung nötig, die auch ihrerseits wieder ganz charakteristische Teilungsbilder liefert und darauf beruht, daß die von dem ersten Teilungsschritt übernommenen längs- gespaltenen Chromosomen zur Trennung ihrer Längshälften und deren Verteilung auf die Enkelkerne schreiten. Diese zweite heterotypische Teilung ist bekanntlich mit der ersten eng verknüpft und pflegt ihr unmittelbar zu folgen. Wie sie bei der Erbse aussieht, haben uns die Figuren 9 und 10 gezeigt. Nach solehen Zusammenhängen und Bildern wird man in den chloralisierten Erbsenwurzeln vergeblich suchen. Kernplattenbilder, wie sie meine früher mit 1, hier mit 12 be- zeichnete Figur vorführt, sind zwar vorwiegend an syndiploiden Kernen 1) Fig. 712, Taf. XIII, in: Die Kontroversen der indirekten Kernteilung. Arch, f. mikr. Anat., Bd. XXIII, pag. 246. 10 Eduard Strasburger, zu beobachten, doch nicht ausschließlich auf sie beschränkt. Auch eine nur diploide Kernplatte kann ihre Chromosomen in doppelter Lage führen. Diploide wie syndiploide Kernplatten tun es dann, wenn die gegebene Größe der Kernplatte eine freie Nebeneinanderlagerung der Chromo- somen nicht zuläßt. Die Kernplatte kann aber an ihrer weiteren Flächenaus- dehnung durch die geringe Breite der Zelle, oder durch eine nicht ent- sprechende Größenzunahme der Spindel selbst, verhindert worden sein. Eine diploide Kernplatte, die infolge geringer Zellweite dazu schritt, ihre Chromo- somen in doppelter Lage anzuordnen, zeigt unsere Fig. 13. Abgesehen von der Chromosomenzahl, gleicht diese diploide Kernplatte ganz der didiploiden Fig. 12. Ein Grund für sie, sich auf Reduktionsteilung einzurichten, lag nicht vor. Sie hätte eine solche in Wirklichkeit ebenso- wenig ausgeführt, wie die Kernplatte der Fig. 12. Dabei zeigt aber diese nur diploide Kernplatte der Fig. 13 noch ganz besonders aus- geprägt jenes, was B. Nömee als Tetraden bezeichnet. Diese Tetraden, oder richtiger diese vier zu einer Tetrade angeordneten Querschnitte der Tochterehromosomen, kommen entweder dadurch zustande, daß ein Chromosom, dessen Längshälften den Polen zugewandt sind, sich in Richtung der Äquatorialebene gefaltet hat und seine Schenkel senk- recht zur Beobachtungsebene im Bilde stehen, oder dadurch, daß zwei längsgespaltene Chromosomen aneinander liegen. In Fig. 13 ist eine Faltung der Chromosomen die Veranlassung der Tetraden, in Fig. 12 kann für die der Mitte nahe Tetrade die seitliche Annäherung zweier Chromosomen die Ursache abgegeben haben. Zu Fig. 12 sei übrigens noch bemerkt, daß in sie nur der geringste Teil der vorhandenen Chromosomen eingetragen wurde, so daß deren gedrängte Lage in der Kernplatte nicht zur Geltung koramt. Die Fig. 14, die uns die ersten Stadien des beginnenden Aus- einanderweichens der Tochterehromosomen in einer syndiploiden Kern- platte vorgeführt hat, entstammt nicht einer chloralisierten Wurzel. Sie wurde vielmehr dem Längsschnitt einer normalen Wurzel entnommen, wie ich deren mehrere zum Vergleich untersuchte Kernverschmel- zung in Zellen, die durch Kernteilung, welcher Zellteilung nicht folgte, zweikernig wurden, sind eben auch unter normalen Verhältnissen in Erbsenwurzeln keine seltene Erscheinung. Und auch die Teilungsbilder, welche die Synkarionten dann liefern, entsprechen jenen der chlorali- sierten Wurzeln. Damit ist die Entscheidung dahin zu fällen, daß man die Kernverschmelzungen in chloralisierten Erbsenwurzeln auch nicht als Folge der Chloralisierung, sondern der künstlich veranlaßten Mehr- kernigkeit anzusehen habe. Die Zellen der meristematischen Region Kernteilungsbilder bei der Erbse. 11 in der Erbsenwurzel haben somit schon normalerweiser die Neigung, falls sie durch eine Kernteilung, der aus irgendwelchem Grunde die Zellteilung nicht folgte, mehrkernig wurden, Kernverschmelzungen vor- zunehmen. B. Nämee verfügte für Pisum sativum und andere chlo- ralisierte Wurzeln, bei denen er Kernverschmelzungen beobachtete, nur über die nach der Chloralisierung gesammelten Erfahrungen, daher er sich weniger bestimmt ausdrückt‘. Es ist ihm zwar nicht wahrschein- lich, daß es sich hier um einen pathologischen Vorgang handle, „immer- hin ist es nicht sicher, ob hier nicht direkte Folgen der Chloralisierung vorliegen“. Es gibt übrigens auch Wurzeln, die auf mehrkernige Zellen eingerichtet sind, bei denen demgemäß auf Kernvermehrung ohne Zell- teilung eine Kernverschmelzung nicht folgt. B. Nömee?) weist das für die Wurzelspitzen von Ricinus nach; für die Milchröhren der Eu- phorbien war es schon bekannt. Ich sehe es als ein sicheres Ergebnis meiner Untersuchung an, daß die syndiploiden Kerne chloralisierter wie nichtchloralisierter Wurzelspitzen, in heterotypische Reduktionsteilungen nicht eintreten. Synapsis hat auch B. N&mec bei ihnen nicht gesehen, ebensowenig wie andere charakteristische Prophasen (der Reduktionsteilung. Das was B. N&mee für heterotypische Reduktionskernplatten hält, lasse ich als solche nicht gelten. So weder seine Fig. 17a, pag. 37, noch seine Fig. 18a, pag. 38, noch die Figuren der pag. 40, noch endlich auch jene der Taf. I, wie Fig. 7, 13, 17. Es sind das vielmehr Kernplatten, die mehr oder weniger meiner Fig. 12, Taf. I ähnlich sind und ebenso- wenig wie diese heterotypische Reduktionsteilungskernplatten darstellen. Sie decken sich auch nicht im geringsten mit den Bildern jener hetero- typischen Reduktionsteilungen, wie sie Pisum an den für diese vor- gesehenen Orten aufweist. — Bleibt die direkte Behauptung von B. Nämee, daß Teilungen von Synkarionten in chloralisierten Wurzeln erfolgen, die das Wandern ganzer längsgespaltener Chromosomen nach den Spindelpolen zeigen, und bleiben auch seine, post hoc aus ge- wissen Erscheinungen gezogenen Schlüsse, die eine vorausgegangene Reduktionsteilung verlangen sollen. Wie ich schon hervorgehoben habe, sah ich nie in meinen Erbsen- wurzeln die beiden Längshälften eines Chromosoms, so wie es B. Nömec angibt, nach demselben Pol wandern. ungeachtet jene Kernplatten mit doppelter Chromosomenschicht, die er für Reduktionskernplatten hält, 1) Das Problem usw., pag. 120. 1) Ebenda, pag. 122 ff. 14 Eduard Strasburger, teilung vor, welche von der typischen abweicht, dagegen Anklänge an die allotypische aufweist.“ Allerdings ist auch mir in den protoplasmatischen Wandbelegen von angiospermen Embryosäcken, die ich untersucht habe, so neuerdings wieder bei Galtonia candicans, eine Herabsetzung der Zahl von Chromo- somen, die den Tochterkernen durch bestimmte Teilungsvorgänge zu- geführt werden, wiederholt entgegengetreten, doch handelte es sich dann stets um abnorme Prozesse. Bei der Endospermbildung machen sich bekanntlich karyolytische Einflüsse vielfach geltend und können zu Kernteilungsvorgängen führen, die alle Mittelformen zwischen typischer Karyokinese und Fragmentation annehmen. Ich brauche an dieser Stelle nur auf die Tafeln zu L. Buscalionis’ diesbezüglichen Untersuchungen hinzuweisen, die Bilder in Fülle von solchen Kernteilungen enthalten '). Produkte solcher Kernteilungen haben keine Zukunft vor sich. Es ist daher auch bedeutungslos, ob der Teilungsvorgang, der sie liefert, sie wit dem vollen Ohromosomensatz, also mit allen Erbeinheiten ausge- stattet hat oder nicht. — Ganz ähnliche Kernteilungsfiguren kann auch das erkrankte tierische Gewebe aufweisen, wo die pathologischen Teilungs- bilder auch mehrfach schon zu Vergleichen mit der heterotypischen Reduktionsteilung veranlaßt haben. Ich verweise hierfür auf die Zu- sammenstellung solcher Angaben, die sich in meinem Aufsatze über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage findet?). Von autoregulativen Vorgängen, die zur Herabsetzung der Chromosomenzahl führen sollen, kann dabei naturgemäß nicht die Rede sein. Will man aber für solche Verminderung der Chromosomenzahl dureh abnorme Kernteilung einen besonderen Namen haben, so schlage ich dafür Diminutionsteilung vor. Die Bezeichnung ist ähnlich wie Reduktionsteilung gebildet, schließt andererseits Verwechslungen mit ihr aus. Über die Gründe, die B. Nömec veranlaßt haben, in den chlora- lisierten Wurzen neben der „indirekten“, d. h. der heterotypischen, auch noch eine „direkte“ Reduktionsteilung anzunehmen, klärt er uns zum erstenmal bei Lilium candidum auf®). „Es handelt sich“, so gibt er an, „um abnorm große Zellen, welche, mit den Nachbarzellen ver- glichen, syndiploide Kerne enthalten sollten.“ „Statt dessen enthielten sie Teilungsfiguren mit einfach diploider Chromosomenzahl“, „So weit 1) Observazioni e rieerche sulla cellula vegetale. Annuario del R. Inst. bot. di Roma 1898, Vol. VII. 2) Jahrb. f. wiss. Bot. 1907, Bd. XLIV, pag. 524. 3) Das Problem usw., pag. 24, 25. Entsprechend auch auf pag. 32, 39. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 15 es mir“, schreibt B. Nemee weiter!), „die beschränkte Zahl derartiger Fälle, wo in einer abnorm großen Zelle eine diploide Figur vorkam, gestattete, konnte ich feststellen, daß sich das Spirem in typischer Weise entwickelte, also ohne Chromosomenverschmelzung und auch, ohne Synapsis, indem während der Metaphase eine einfache Längs- spaltung der Chromosomen vor sich ging. Wenn hier also eine Re- duktion der Chromosomenzahl vor sich gegangen ist, so geschah dies direkt dadurch, daß sich im Kern die Chromosomen statt in einer doppelten, in einer einfachen Anzahl entwickelten. Daher ich diese Reduktion als eine direkte bezeichne, im Gegenteil zu der andern, wo die reduzierte Chromosomenzahl durch Kopulation von je zwei Chromo- somen zustande kommt“. Als ich diesen Abschnitt zum ersten Mal in dem N&ömec'schen Buche las, erwartete ich sicher, daß auf dessen erste Hälfte, aus der ich erfahren hatte, daß Alles typisch in solchen Kernen bis zur Metakinese verlaufen war, der Nachsatz folgen müsse, es habe sich um eine typische Kernhandlung gehandelt, daß es somit in solchen Wurzeln gelegentlich auch auffällig große Zellen mit nur diploidem Kern geben könne. Anders urteilt B. N&mec, der hier eine direkte Reduktion der Chromosomenzahl postuliert. Eine direkte Reduktion dieser Zahl läge vor, wenn in den Prophasen ein Teil der Chromosomen aus dem Kerninnern ausgestoßen worden wäre, oder wenn Anzeichen für dessen Auflösung vorlägen. Darüber berichtet B. N&ömec aber nicht, vielmehr erfährt man weiterhin im Buche?) daß er aus seinen Beobachtungen „direkter Reduktion“ in («drei- mal chloralisierten Erbsenwurzeln „schließt“, „daß bei der direkten Reduktion je zwei Chromosomen an einem ihrer Enden verschmelzen, wobei zuweilen die Verschmelzung noch in einer Einschnürung an- gedeutet bleiben kann, in anderen Fällen vollständig ist, so daß nichts mehr auf sie hinweist“. „Wenn nicht alle Chromosomen paarweise verschmelzen, bleiben neben großen, doppelwertigen, noch kleinere, einwertige bestehen. Für gewöhnlich scheint diese Verschmelzung vollständig zu sein und simultan an allen Chromosomenpaaren aufzutreten. Nach solcher Erklärung für Pisum bekommt diese B. Nömee’sche direkte Chromosomenreduktion ein ganz anderes Gesicht. Sie ist eben eine g6wöhnliche somatische Kernteilung, die an ihren Enden ver- schmolzene Chromosomen aufweist. Mit solchen Verschmelzungen, welche die Chromosomenzahl scheinbar herabsetzen, habe ich mich 1) Das Problem usw., pag. 26, 2) pag. 5l. 16 Eduard Strasburger, schon oft zu beschäftigen gehabt, wie die in meinen Veröffentlichungen zerstreuten Angaben lehren. Das eine wirkliche Chromosomenreduktion zu nennen, hätte ich mich aber schwerlich entschlossen. Denn. die sämtlichen Chromosen sind da, wie zuvor; lagen sie in syndiploider Anzahl vor, so werden sie auch weiter durch Längsspaltung in dieser Anzahl auch die Nachkommen übertragen. Daß dieser Vorgang somit nicht prinzipiell von der indirekten, also heterotypischen Reduktion ver- schieden sein sollte®), kann ich nicht zugeben. Er ist von ihr ebenso verschieden, wie jede andere, ob haploide, ob diploide, ob syndiploide somatische Kernteilung. Auch eine autoregulative Bedeutung für die Herabsetzung der Chromosomenzahl fällt diesem Vorgang nicht zu, er leistet tatsächlich nichts in dieser Richtung. Darauf kann es doch nicht ankommen, daß nunmehr der Beobachter, infolge einer statt- gefundenen Chromosomenvereinigung, eine geringere Zahl dieser Ge- bilde abzähle. Wie oft sind mir nicht schon dipioide somatische Kern- platten begegnet, in welchen die Chromosomen mehr oder weniger sämtlich untereinander verbunden waren. Im übrigen sei noch zu den B. Nöämee’schen Angaben über diese „direkte Chromosomenreduktion“ bemerkt, daß sie wohl für seine letzte Schilderung bei der dreimal chloralisierten Erbsenwurzel zutrifft, gemäß den Figuren), auf die er sich dabei beruft, nicht aber auf jene Fälle, wo eine ganz regelmäßig ausgestaltete somatische Teilungsfigur in einer Zelle vorliegt und nur aus der Größe der Zelle, bezw. der Größe der Teilungsfigur, geschlossen wird, sie müsse aus einer „direkten Reduktion“ hervorgegangen sein. Daß meine Fig. 2222), auf welche B. Nömee in gleichem Sinne hinweist, so gedeutet werden könne, stelle ich entschieden in Abrede Was soll auch in Wirklichkeit eine besonders groß geratene Zelle für eine Veranlassung dazu haben, ihre syndiploide Chromosomenzahl herab- zusetzen. Viel eher könnte man erwarten, daß in einer Zelle, die aus irgend welchem Grunde, zu klein für ihren syndiploiden Kern geworden ist, sich solche Neigungen geltend machen könnten. Die Ursachen, die es andererseits veranlaßten, daß eine Zelle zu auffälliger Größe, trotz eines diploiden Kerns heranwuchs, und daß auch ihr Kern un- geachtet er nur diploid ist, zu bedeutender Größe und entsprechendem Chromatinreichtum gelangte, wird im Einzelfall, post hoc, meist schwer zu ermitteln sein. l) Das Problem usw. Diese bereits in der Einleitun n g pag. 7 ausgesprochen. 2) Taf. I, Fig. 11, 12. sep 3) 2.2. 0. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd, XLIV, Taf, VI. Penn Kernteilungsbilder bei der Erbse. 17 Mir ist die, aus irgendwelehem Grunde des längeren unter-' bliebene Teilung einer Zelle, innerhalb einer in lebhafter Zellvermehrung begrifienen Zellreihe, als häufige Ursache ihrer eigenen, sowie auch der Vergrößerung ihres Kerns entgegengetreten, dessen Chromatinreichtum zugleich eine entsprechende Steigerung erfuhr. Sehr auffällige Schwan- kungen in der Zell- und Kerngröße, sowie in dem Chromatingehalt der Kerne traten mir neuerdings in den Wurzeln von Melandryum rubrum während einer Untersuchung, die an sich andere Ziele verfolgte, entgegen. Die Erscheinung frappierte mich dort dermaßen, daß’ich sie nieht un- berücksichtigt lassen konnte, wie dies in meinem diesbezüglichen, im Erscheinen begriffenen Aufsatze nachzulesen sein wird). Es handelte sich aber in jenem Falle um Wurzeln, die nicht chloralisiert waren, auch nicht syndiploide Kerne besaßen, dessenungeachtet dasselbe Problem un- gleicher Zeil- und Kerngröße an den Beobachter stellten. In chlora- lisierten Wurzelspitzen kommen aber zu den auch in normalen Wurzeln möglichen Abweichungen im Größenverhältnis einzelner Zellen noch etwaige durch die Chloralisierung veranlaßte Störungen hinzu. Auch in dem B. Nömec’schen Buche findet sich in Bezug auf Erbsenwurzeln die Stelle?): „Die Größe der Zellen und Kerne variiert so sehr je nach der Gewebeart, Entfernung vom Vegetationspunkt und dem Entwicklungs- stadium, daß man immer nur auf den Vergleich mit den Nachbarzellen angewiesen ist, und auch dann kann man zuweilen unschlüssig werden, wenn es sich fragt, was für eine Zelle vorliegt.“ In meinem früheren Aufsatze über die chloralisierten Erbsen- wurzeln3) schloß ich mich B. Nömec in dem Ergebnis an, daß die syndiploiden Zellen allmählich aus den Spitzen der chloralisierten Wurzeln verschwinden, und zwar der Hauptsache nach dadurch, daß sie in die Streckungs- und Dauerzone gelangen. Daß heterotypische Reduktionsteilungen in den Vorgang eingreifen und autoregulativ zur Herabsetzung der zu hohen Chromosomenzahlen beitragen, ließ ich nicht gelten. Wohl aber nahm ich in beschränktem Maße andere Vor- gänge zur Beseitigung überchromosomiger Zellen und Kerne in An- spruch, so vor allem deren Desorganisation®. An diesem Ergebnis 1) Über geschlechtbestimmende Ursachen. Jahrb. f. wiss. Bot. 1910, Bd. XLVIIL, pag. 464. Zu vergleichen wäre übrigens hierzu auch der Abschnitt aus B. N&mec’s Buch, der die Beziehungen zwischen Kem- und Zellgröße behandelt, besonders pag. 403 ff. 2) Das Problem usw., pag. 48. 3) Über die Individualität der Chromosomen usw. Jahrb, f. wiss. Bot. 1907, Bd. XLIV, pag. 498. 4) Ebenda, pag. 499-501. Flora, Bd. 102. 18 Eduard Strasburger, muß ich auch nach eingehendem Studium des B. Nämee’schen Buches und nach erneuerter Untersuchung meiner Präparate festhalten. ‘Da B: Nömee seine Angaben über autoregulative Reduktionsteilungen in chloralisierten Wurzen in Beziehung zu den Problemen der Be- fruchtung und des Generationswechsels bringt, so hielt ich es für ge- boten, meine Ansichten hier den seinigen gegenüberzustellen. Auch in dem Abschnitt seines Buches, der „Verwundung, Kern- teilung und Kernübertritte“ behandelt), findet B. Nämee Anknüpfungs- punkte für „direkte* und „indirekte“ Reduktionsteilung in vegetativen Geweben. Er stützt diese Deutung durch ähnliche Argumente und Bilder, wie es jene waren, die uns schon bei den chloralisierten Wur- zeln beschäftigt haben. Zu den indirekten Beweisführungen gehört es auch hier beispielsweise, wenn B. N&mec die einer dekapitierten Wurzelspitze entnommene Teilungsfigur 103,2) „mit einer .Reduktions- teilung in Zusammenhang bringen“ möchte, weil eine Querteilung von Chromosomen, auf die man aus diesem Bilde auch schließen könnte, bisher in keinem Falle sicher nachgewiesen worden ist. Was das herangezogene Bild bedeutet, will ieh nicht untersuchen, nur seine Deutung als Reduktionskernplatte kann ich nicht akzeptieren und eben- sowenig überzeugen mich die auf Taf. III unter Fig. 91a und 5 dar- gestellten Bilder, daß es sich in ihnen um die Anapbase einer Reduk- tionsteilung handelt, welche nach den Polen sich bewegende Doppel- stäbchen vorführt. Immer wieder handelt es sich um Einzelbilder, wo der Beweis der Richtigkeit, der auf scheinbare Ähnlichkeiten sich stützenden Deutung, doch erst durch den Nachweis wirklicher Zusammen- hänge mit dem angenommenen Ergebnis, erbracht werden müßte. Sah ich mich in diesem Aufsatz zunächst veranlaßt, Kritik an den Angaben im B. Nömec’schen Buche zu üben, so muß ich jetzt meiner Besprechung eine andere Wendung geben, um die Bedeutung hervor-. zubeben, die ich manchen in dem Buche niedergelegten, neuen B. N&ömec’schen Beobachtungen beilege. So wurde B. N&mee durch einen wohlüberlegten Gedanken bestimmt, chloralisierte Hauptwurzeln zur Bildung von Seitenwurzeln anzuregen, um letztere auf etwaige von ihrer Mutterwurzel übernommene Synkarionten zu prüfen 3). Die Mutter- wurzeln wurden an fünf aufeinander folgenden Tagen chloralisiert und auf solche Weise an ihnen „eine mehrere Zentimeter lange Zone, we 1) Das Problem usw., pag. 223 ff. 2) pag. 226. 3) Das Problem usw., pag. 73. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 19 das Perikambium zahlreiche syndiploide Zellen enthält“ .erzielt. Am sechsten Tage dekapitierte B. Nömec solche Wurzeln entsprechend weit,. worauf sie, und zwar besonders an den jeweiligen Stellen, die nach .den Chloralisierungen sich verdickt hatten, zahlreichere Seiten- wurzeln trieben. Erinnert sei daran, daß gemäß den Untersuchungen von Ph. Van Tieghem: und H. Douliot!), der Perieykel (Perikambium) bei der Erbse,- vor den Gefäßstrahlen, wo die Anlage der Seitenwurzeln er- folgt, gewöhnlich dreischichtig ist. Nur die äußerste dieser Schichten geht durch tangentiale Teilungen in den Aufbau des Seitenwurzel- körpers ein, und zwar, wie das die Van Tieghem -Douliot’schen. Figuren?) lehren, mit einer Mehrzahl aneinandergrenzender Zellen. In allen aus den chloralisierten Hauptwurzeln erzogenen Seiten- wurzeln, eine ausgenommen, fand B. N&ämee Synkaryonten vor. In den meisten dieser Wurzeln „nahm die Zahl der Synkaryonten von der Basis zum Vegetationspunkte ab; häufig wurden ganze Gewebepartien von syndiploiden Zellen durch typische diploide Zellreihen abgelöst. In anderen Wurzelspitzen ließen sich jedoch die syndiploiden Zellreihen bis ins Transversalmeristem verfolgen und aus diesem weiter in die Wurzelbhaube“. Aus der Erscheinung, daß syndiploide Zellen durch typische diploide Zellreihen abgelöst werden, möchte B. Nömee auch nicht unmittelbar auf erfolgte Chromosomenreduktion schließen). Denn schon in seiner ersten Arbeit aus dem Jahre 1904:) sah er sich ver- anlaßt, mit der Möglichkeit zu rechnen, daß in einer chloralisierten Wurzel eine syndiploide Initiale am Vegetationspunkt durch eine diploide abgelöst werden könne. Dann würden aber auf syndiploide Zelipartien diploide folgen. In einem anderen Falle sieht B. Nömec, wie syndi- ploide Zellen. plötzlich endigen und diploide Zellen sie fortsetzen 5). Doch ihnen liegen zusammengedrückte Reste abgestorbener Zellen an, zudem neben diesen weite Intercellularen, wie sie ungewohnt sind. „Das beweist, daß beim Ablösen der syndiploiden durch diploide Zeilen Elemente: abgestorben sind, und.ich glaube“, fügt B. Nämee hinzu 9), „es waren das eben. die syndiploiden. Initalien im Transversalmeristem.* 1) Recherches comparatives sur l’origine des membres endogönes dans les plantes vasculaires. Ann. des sc. nat. Bot, 1889, 7e Ser., Tome VII, pag. 185. 2) A. a. O. Taf. 18, Fig. 185 u. 186, j 3) Das Problem usw., pag. 76. 4) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXIX, pag. 723. - 5) Das Problem usw., pag. 76. 6) Ebenda, pag. 77. . 2% 80 j Eduard Strasburger, Anderswo ist aber die Situation derartig, daß sich B. Nemee den Übergang von syndiploiden zu diploiden Zellen „nicht anders er- klären kann“ als durch eine Chromosomenreduktion‘). Wieder in anderen Fällen beschreibt B. Nömeec die Beseitigung syndiploider Initialen, die genügend dem Rande des Vegetationskegels genähert sind, ‚dureh ihre Überweisung an die Wurzelhaube. „Die nächst innere Zelle des Transversalmeristems wird dann nur Initiale für das Derma- togen.“ „Dadurch entsteht ..... im Transversalmeristem sowie dem Wurzelkörper eine rinnenförmige Einkerbung .. .“2). „Im ganzen nimmt“, wie das Schlußergebnis lautet, „die Zahl der syndiploiden Zellen mit .dem Längerwerden der Wurzeln ab. Das ist... begreiflich, denn es können im Transversalmeristem syndiploide Initialen. absterben, sie können ausgeschieden werden und schließlich kann auch eine Reduktion stattfinden 3)“ Für das Absterben und Ausscheiden syndiploider Zellen äus solchen Seitenwurzeln hat B. Nömee in der Tat weitere, recht interessante Belege gebracht. „In bezug auf die Reduktion“, schreibt er aber selber nieder, „ist zu bekennen, daß keine Kernteilungsfigur gefunden wurde, welche sicher als eine Reduktionsfigur zu deuten wäre %).* Eine Seitenwurzel, die nur aus syndiploiden Zellen bestanden hätte, bekam B. Nömee nicht zu sehen. Nur eine verbänderte Doppel- wurzel bestand aus einer rein syndiploiden und aus -einer gemischten Hälfte). „In der aus lauter syndiploiden Zellen bestehenden Wurzel“, berichtet B. Nömec, „gab es keine Anzeichen von Reduktionen“. Er fährt dann fort: „Dieser vereinzelte Fall ist deshalb interessant, weil er auf die Möglichkeit hinweist, daß die eventuellen Reduktionen sowie Ausscheidungen von syndiploiden Initialen unter dem Einfluß der. die Mehrheit bildenden diploiden Zellen geschehen 6)“ Für „Reduktionen“ läßt B. Nömec, auf Grund weiterer Erwägungen, diese Möglichkeit nicht gelten ”), wohl aber stellt er sie als autoregulativen Vorgang für die Beseitigung der syndiploiden Zellen, als fremdartige Elemente an dem Komplex der normal diploiden Initalien auf. In Wurzelspitzen mit dominierender Syndiploidie im Meristem könnte wohl die entgegen- 1) Das Problem usw., pag. 76. 2) Ebenda, pag. 78. 3) Ebenda, pag. 85. 4) Ebenda, pag. 87. 5) Ebenda, pag. 87, 88. 6) Ebenda, pag. 88. 7) Ehenda, pag. 88. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 2 ‘gesetzte "Beseitigung erfolgen‘). Ich halte diese Gedanken für sehr glücklich und möchte meinerseits für sie eintreten. Sie bringen uns eine sehr einleuchtende Stütze für die Annahme, daß die Verdoppelung des Chromosomensatzes in dem wichtigen Hugo de Vries’schen Mutanten Oenothera gigas ihren Ausgangspunkt hatte: „in einer Teilung der Chromosomen, die nicht von Zellteillung begleitet war, bald nach der Befruchtung“. Ich führe diesen Satz so an, wie ihn Reginald Ruggles Gates zuerst ausgesprochen hat?). Ich schloß mich diesem Satze in der Fassung, daß eine Zellteilung der Kernteilung nicht ge- folgt sei, an3), nachdem mich zuvor schon andere Fälle in meinem Auf- satze „Chromosomenzahl“ zu einer ähnlichen Anschauung geführt hatten ®). Man darf nunmehr, durch das Verhalten der von B. N&meec aus chloralisierten Hauptwurzeln erzogenen Seitenwurzeln belehrt, mit weit. größerer ‚Wahrscheinlichkeit behaupten, daß eine Verdoppelung des Chromosomensatzes,; die sich in der Phylogenie einer gegebenen Pflanze einstellte, nur dann Aussicht hatte fortzubestehen, wenn sie in einer Keimzelle sich vollzog, von der die gesamte Gewebebildung ausging, also bei den Metaphyten von der befruchteten Eizelle. Verdopplung des Chromosomensatzes in einzelnen Gewebezellen hat nicht Bestand, solche Zellen gedeihen nicht innerhalb der mit der anderen Chromo- somenzahl ausgestatteten „Majorität“. Wenn es Elie und Emile Marchal?) gelungen ist, den Chromosomensatz der Moospflänzchen wiederholt dauernd zu verdoppeln, so ist es auch nur, weil ihre .neu- geschaffenen Pflänzchen, am Ursprungsort, mitnur einer, die entsprechende ‘Verdoppelung der Chromosomen aufweisender Kernart ausgestattet wurden. — Über die eigenartige Symbiose, in welche die Gewebe von spezifisch verschiedenem Ursprung ‚innerhalb der Chimären eintreten und dem etwaigen Antagonismus, der sich zwischen ihnen geltend macht, werden uns weitere Veröffentlichungen aufzuklären haben. Wichtig ist es mir, aus den B. Nömee’schen®) Angaben zu er- sehen, daß auch er in den Kernplatten syndiploider Kerne nur paarige Anordnungen von Chromosomen konstatieren konnte. Wo Grappen 1) Das Problem usw., pag. 89 if, 2) The Stature and Chromosomes of Oenothera gigas. Arch. f. Zellforschung 1908, Bd. IH, pag. 546. 3) Flora 1910, Bd. C, pag. 409. 4) Ebenda, pag. 403. 5) Vgl. deren Mitteilungen in den Bull. de Y’Acad. Roy. de Belgique, Cl. des sciences, seit 1907. . 6) Das Problem usw., pag. 53, 84, 22 Eduard Strasburger, von vier Chromosomen sich zeigten, hält sie auch B. N&mec für bloß zufällig. Die theoretische Bedeutung dieser Tatsache hat mich neuer- dings eingehend in meinem Aufsatze „Chromosomenzahl“ beschäftigt‘). Ich erklärte sie damit, daß durch paarweise Gruppierung der Chromo- somen jene Affinitäten, welche die homologen Chromosomen zusammen- führen, gesättigt sind. Theoretisch folgerte ich weiter daraus, daß in den Endospermkernen der Angiospermen, die Chromosomen auch nur in Paaren und nicht zu dreien, wie es aus dem Ursprung dieser tri- ploiden Kerne sonst folgen müßte, angeordnet sein würden. Ich fand meine Annahme durch die Untersuchung des protoplasmatischen Wand- belags der Embryosäcke von Galtonia candicans bestätigt). Es ist mir nun sehr wichtig, daß auch B. N&mec in den Kernplatten, die ihm in einer schon gefächerten Endospermanlage von Secale cereale zur Beobach- tung vorlagen, nicht zu drei gruppierte, sondern einerseits zu je zwei einan- der genäherte, andererseits okne Paarling gebliebene Chromosomen fand. „Es ist dies gewissermaßen überraschend“, schreibt B. Nömeec?), „denn man könnte auch eine Anordnung zu dreien erwarten, wenn es wirklich wahr ist, daß die üblichen Paarlinge aus einem mütterlichen und einem homologen väterlichen Chromosomen bestehen. Nichts würde hier eigentlich im Wege stehen, daß sich an ein mütterliches Chromosom zwei väterliche %) ankuppeln“. Dieser Teil des B. N&ömee’schen Buches war augenscheinlich gedruckt, bevor mein Aufsatz über „Chromosomen- zahl“ erschien. Daß die Deutung, die ich dort der ebenfalls nur paarigen Anordnung der Chromosomen in den Kernplatten triploider Endo- spermkerne gab, das richtige traf, geht wohl daraus hervor, daß ich imstande war, die Erscheinung vorauszusehen. Daß ich von meinen theoretischen Anschauungen, bei der doch immerhin subtilen Untersuchung, nicht beeinflußt war, folgt aus der unabhängigen Fest- stellung derselben Tatsache durch B. N&mee bei Secale cereale, un- geachtet er selbst eigentlich einen anderen Ausfall der -Beobachtung erwartete. Auf den allgemeinen Teil des B. N&ömec’schen Buches gehe ich nicht ein. Es brachte mir in bezug auf die Individualität der Chro- mosomen, in Fragen der Befruchtung und des Generationswechsels, 1) Flora 1910, Bd. C, pag. 414. 2) Chromosomenzahl, Flora 1910, Bd. C, pag. 416, Fig. 10 u. 11, Taf. VI. 3) Das Problem usw., pag. 111; auch die Erklärung der Figuren pag. 522 und die Figuren selbst, Taf. I, Fig. 29 u. 30. 4) Müßte eigentlich umgekehrt heißen: an ein väterliches zwei mütterliche. Kernteilungsbilder bei der Erbse. 25 sowie sonstiger Probleme, die sich daran knüpfen lassen, manche An- regung. In vielen grundlegenden Dingen stellte sich: Übereinstimmung ‘der Ansichten heraus, in manchen nicht, wie das anders nicht zu er- warten stand. Wo Gegensätze der Auffassung bestehen, diese zu diskutieren, hätte hier keinen Zweck. Da mag jeder nach ihrer Be- gründung in den Originalarbeiten suchen und auf solcher Grundlage ein Urteil sich zu bilden suchen. Meinungsverschiedenheiten an sich hätten mich auch nicht bestimmt, diesen Aufsatz zu verfassen. Mir galt es aber, in ihm zu begründen, daß bestimmte Kernteilungsbilder über die B. Nämec in seinem neuen Buch berichtet, keine zutreffende Deutung erfahren haben. Da nun B. N&mec diesen Teilungsbildern eine weitreichende Bedeutung beimißt, so schien mir eine Stellung- nahme ihnen gegenüber geboten. " Figurenerklärung zu Tafel 1. Alle Bilder sind Pisum sativum entnommen. Sie beziehen sich in den Fig. 1—11 auf Pollenmutterzellen, in den Fig. 12—15 auf Längsschnitte von Wurzelspitzen, und zwar wurde Fig. 14 einer im normalen Zustande fixierten Wurzelspitze entnommen, während die Fig. 12, 13 und 15 zuvor chloralisierten Wurzeln entstammen. Die Vergrößerung sämtlicher Figuren beträgt 1600. Fig. 1—3. Reduktionsteilungsspindeln in Seitenansicht. Fig. 4 Reduktionsplatte in polarer Ansicht. Fig. 5. Reduktionskernplatte in Seitenansicht mit beginnender Trennung der die Gemini bildenden Chromosomen. Fig. 6. Frühe Anaphase der Reduktionsteilung. Fig. 7 u. 8. Späte Anaphase der Reduktionsteilung, die Tochterkernanlagen in Polansicht. Fig. 9. Das homöotypische Kernspindelstadium der Tochterkerne. Rechts die ganze Kernspindel in Seitenansicht, links ihre Kernplatte in polarer Ansicht. Fig. 10. Frühe Anaphase der homöotypischen Teilung. Fig. 11. Späte Anaphase der homöotypischen Teilung, ein Enkelkern in Polar- ansicht. Fig. 12. Eine somatische syndiploide Kernspindel in der Seitenansicht, Die längs- gespaltenen Chromosomen doppelt gelagert innerhalb der Kernplatte. Fig. 13. Eine somatische dipleide Kernspindel in Seitenansicht innerhalb einer verhältnismäßig schmalen Zelle. Die längsgespaltenen Chromosomen doppelt gelagert innerhalb der Kernplatte. Fig. 14. Beginnende Trennung der Längshälften der Chromosomen innerhalb einer somatisehen syndiploiden Kernspindel in Seitenansicht. Die Längshälften jedes Chromosoms vollziehen die Trennung in Richtung entgegengesetzter Spindelpole. Fig. 15. Nächstfolgender Zustand der Trennung. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. Von 3. Doposcheg-Uhlär. (Mif 32 Abbildungen im Text und 7 Tafeln.) Vorliegende Arbeit behandelt zum großen Teile Fragen und Probleme, die Goebel in den Kapiteln „Regeneration“ und „Polarität“ seiner „Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen“ ') zur Sprache bringt. Es wurde untersucht: 1, Die Regeneration an, Farnkeimpflanzen (pag. 24). 2. Die Regeneration an Farninternodien (pag. 30). 3. Die Sproßregeneration an Stelle von abgeschnittenen Adventiv- wurzeln bei Lyeium halimifolium (pag. 32). 4. Die Regeneration an Primärblättern von Begonia carolineaefolia ({pag. 35). 5. Die Polarität der Internodien (pag. 41). . Die Regeneration und Polarität an Internodialstücken, die an der Sproßachse durch zwei Schnitte isoliert wurden (pag. 45). 7. Die Regeneration von Laubsprossen und Zwiebelknöllchen bei ‘den Gesneraceen (pag. 54). fe) 1. Regeneration an Farnkeimpflanzen. Daß embryonales Gewebe in erster Linie zur Regeneration befähigt ist, wurde durch viele Versuche verschiedener Forscher fest- gestellt. Soll Dauergewebe den Ausgangspunkt eines Regenerates bilden, so muß dasselbe zu diesem Zwecke erst wieder in den embryonalen Zustand übergeführt werden >). Ein Zwischenstadium zwischen diesen beiden Geweben bildet das Gewebe der Keimpflanzen, welches, wie Goebel®) zeigte, hin- sichtlich der. Regenerationsfähigkeit ‘dem embryonalen Stadium noch näher steht als das Dauergewebe. Die Plastizität desselben ist viel größer als bei letzterem und die Rückkehr zum embryonalen Stadium leichter. Dureh Goebel’s®) Untersuchungen wurde ferner bekannt, daß Keimpflanzen bezüglich der Regenerationsfähigkeit sich vielfach anders verhalten, als dieselbe Pflanze im späteren Lebensstadium. So können an Primärblättern verschiedener Farne 1. neue Farnpflanzen, 2. Pro- thallien, 3. Mittelbildungen zwischen Farnpflanzen und Prothallien ent- Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 25 stehen. Auch an den Stämmchen 5) der Farnkeimpflanzen können bei der Regeneration Prothallien auftreten. Da über die Art und Weise der Regeneration der Farnkeim- pflanzen bis nun keine weiteren Untersuchungen vorlagen, so wurden an einer Reihe von Keimpflanzen verschiedenen Alters und dementsprechend verschiedener Organisationshöhe Regenerationsversuche angestellt. Als Versuchspflanzen dienten Athyrium filix femina, Osmunda re- galis, Nephrodium molle und Pteris serrulata. A. Athyrium filix femina. Keimpflanzen, ein bis zwei Primärblätter stark, wurde der Vegetations- punkt, welcher dem Blattstiele des ersten Keimblattes ansitzt, durch einen Schnitt parallel zur Längsachse entfernt, so daß nur mehr die Wurzel und das eine Blatt vorhanden waren. Die so operierten Pflanzen wurden auf Torfimull weiter kultiviert. Nach ungefähr einer Woche machte sich eine Reaktion in der Weise geltend, daß einzelne Zellen oder Zellgruppen an der Schnitt- fläche sich vorwölbten (Taf. II, Fig. 1), miteinander verwuchsen und schon bald zur Bildung einer Scheitelzelle übergingen (Taf. II, Fig. 2). welche, wie die Folge zeigen wird, zuerst immer eine Blattscheitelzelle ist. Diese noch indifferenten Zellgruppen können sich aber auch zu einem kugeligen, brombeerartigen Callusgebilde (Taf. IL, Fig. 3) ver- einigen, welches dann im apikalen Teile zur Anlage einer Scheitelzelle schreitet. Fig. 4, Taf. II zeigt, daß in dieser Callusknospe der Gefäßbündel- anschluß bereits zu. einem Zeitpunkte erfolgte, da am Scheitel eine Scheitelzelle inoch nicht aufgetreten war, also das nornıale Wachstum noch nicht begonnen und doch schon eine Differenzierung im Inneren stattgefunden hatte, Die Herausbildung einer Scheitelzelle und die beginnende Teilungs- tätigkeit an derselben ist aus Fig. 5a, ö, Taf. II zu ersehen. Eine abnormale Regenerationsweise zeigt Fig. 6, Taf. IL — An der Verwundungsstelle enistand ein blattartiges Callusgebilde, ohne Vegetationspunkt, das sich gleichsam schützend um ein zweites Callus- gebilde wölbt, welches ebenfalls noch keine Scheitelzelle besitzt, doch den Gefäßbündelanschluß bereits bewerkstelligte. Abnormal ist auch das Regenerat Fig. 7 (a und d), Taf. IL — Dasselbe ist eine napfförmige Calluswucherung mit der Öffnung parallel zur Längsachse der Keimpflanze. .26 J. Doposcheg-Uhlär, B. Osmunda regalis. Keimpflanzen desselben Alters wieim vorhergehenden Falle, welchen ‘der Vegetationspunkt ebenfalls durch einen Schnitt parallel zur Längs- achse entfernt wurde, zeigen im Beginne einen ähnlichen Verlauf der Regenerätion wie Athyrium filix femina. Fig. 8, Taf. III ist gleichsam ein fortgeschrittenes Stadium der "Fig. 2, Taf. II. Bemerkenswert ist, daß die neuen Zellgruppen auch hier schon sehr bald zur Bildung von Blattscheitelzellen übergehen. Von Osmunda regalis wurden auch ältere Keimpflanzen unter- sucht. — An Exemplaren mit vier bis fünf Primärblättern wurde der Vegetationspunkt durch einen Schnitt senkrecht zur Längsachse ent- fernt; derselbe ward jedoch so geführt, daß mindestens zwei Blätter behufs besserer Ernährung erhalten blieben. In diesem Falle kann an der horizontalen Schnittfläche ein Wund- gewebe(-Callus) entstehen (Taf. III, Fig. 9a, 5), ‘welches die Wunde ‘verschließt. Unter diesem Wundgewebe, acht bis zehn Zellschiehten tiefer, bildet sich am Ende des Gefäßbündelstranges eine Gruppe von embryonalen Zellen, die nun zum Ausgangspnnkte des Begenorates werden. Dies geschieht in der Weise (Taf. III, Fig. 10a, d), daß der Callus an verschiedenen Stellen auseinanderweicht und in mehrere blattartige Lappen zerreißt, welche den unter ihnen sich entwickelnden Vegetationspunkt schützend umhüllen. — Gleichzeitig hat sich im vor- liegenden Falle das embryonale Gewebe bereits geformt und bildet einen nach unten gekehrten spitzen Kegel, der im Begriffe ist, in Scheitelzellwachstum überzugehen. Einen weiteren Fortschritt in der Bildung des Vegetationspunktes zeigt Fig. 11, Taf. III, wo sich ein mittlerer vorgewölbter und zwei seitliche Teile erkennen lassen, dicht mit embryonalen Zellen erfüllt. In Fig. 12a, 5, Taf. III sieht man die Ausbildung des ersten Blattes aus dem Callus unabhängig vom Sproßvegetationspunkte, und dependierend von diesem wahrscheinlich die Entstehung des zweiten Blattes, Die Anlage des Vegetationspunktes ist demnach in den geschil- derten Fällen endogen unter dem Schutze eines Wundgewebes am Ende des Gefäßbündelstranges. Die Entwicklung der neuen Knospe stimmt insofern mit dem Wachstum der Keimpflanze aus der befruchteten Eizelle überein, als na wen are Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 27 auch hier zuerst .ein Blatt (Keimblatt) und dann erst die Bildung des Sproßvegetationspunktes erfolgt. Die Bildung des Regenerates kann aber auch ohne Wundgewebe erfolgen (Taf. IV, Fig. 13). Die Callusknospe, an der bereits eine Art Epidermis von dem inneren, noch nicht differenzierten embryo- nalen Gewebe zu unterscheiden ist, durchbricht dann das abgestorbene Gewebe der Schnittfläche. Der Anschluß an das Leitbündel ist durchgeführt. Als Fortsetzung dieses Iintwicklungsganges dürfte das Regenerat Fig. 14, Taf. V anzusehen sein. Die Callusknospe entwickelte sich zu einem Achsengebilde, an deren einem Ende das erste Blatt und an der Basis desselben der Sproßvegetationspunkt entstand. Ein ebenfalls vorgeschrittenes Stadium an einer noch älteren Pflanze zeigt Fig. 15a, d, Taf. IV. — Von den bereits vorhandenen zwei Blattanlagen ist das ältere das Keimblatt ohne Vegetationspunkt, während das jüngere Blatt, welches vom Sproßvegetationspunkt depen- diert, schon eine Scheitelzelle aufweist. Es tritt also auch hier wie bei Athyrium filix femina der Fall auf Taf. II, Fig. 6), daß Blattgebilde ohne Vegetationspunkt entstehen können, welche wahrscheinlich lediglich dem Knospenschutze dienen dürften. . C. Nephrodium molle. Von diesem Farne standen Keimpflanzen zur Verfügung, die ‚bereits zur Bildung von Folgeblättern geschritten waren; ihr Stämmchen hatte einen Durchmesser von etwas mehr als 1 mm erreicht. Der Vegetatiouspunkt wurde wieder durch einen Schnitt senkrecht . zur Längsachse entfernt, so daß noch zwei bis drei Folgeblätter vor- handen waren. ü Die Regeneration erfolgte hier in mannigfaltiger Weise. Aus Fig. 16, Taf. V ist ersichtlich, daß am Rande der Schnitt- fläche, unmittelbar aus dem zu Tage liegenden Gewebe in der Nähe der Leitbündelendigung sich ein Zellhöcker bildete. An der Schnittfläche selbst hatte sich sonst kein Wundgewebe entwickelt; die oberste Zellschicht ist nur gebräunt. Deren Zellwände sind nach außen nach Art einer Epidermis stark verdickt. Im Gegensatz zu diesem Beispiele kann unter der Schnittfläche sich ein callusartiges Wundgewebe ausbilden (Taf. V, Fig. 17a, 5), an dessem Rande das erste Blatt unabhängig von einem Sproßvegetations- punkte entsteht. Dieser wird erst an der Basis dieses Keimblattes an- gelegt. 28 J. Doposcheg-Uhlär, Unter der neuen Oberfläche war bier auch eine lebhafte Cambiurm- tätigkeit entstanden, welche die Enden der nach links und rechts zu den Blättern abgehenden Gefäßbündelstränge miteinander in Verbindung brachte. Ein Fortschritt des letzteren Vorganges ist aus Fig. 18, Taf. IV zu ersehen, wo die beiden Gefäßbündelstränge durch Regeneration eines bogenförmigen Gefäßteiles tatsächlich vereinigt wurden und so für die Ernährung des jungen Gewebes eine breitere Basis geschaffen wurde. Häufig nimmt das Regenerat auch seinen Ursprung in der Blatt- achsel eines stehengebliebenen Blattes (Taf. V, Fig. 19, 20), wohl aus dem Grunde, weil hier die zugeführten Assimilate des Blattes sich stauen. Es bildet sich zwischen dem zentralen Leibbündel und der Blatt- achsei ein Callushügel, der sich oberseits verbreitert; und abflacht; an der neugebildeten apikalen Fläche desselben entstehen dann Blatt- und Sproßvegetationspunkt. Noch einen anderen Fall weist Fig. 21, Taf. V auf. — Der ganze Stumpf des Stämmcehens hat sieh über einem horizontal verlaufenden Gefäßbündelstrang zu einer kugeligen Callusknospe entwickelt; an der Basis desselben, in der Nähe eines Blattes, entsteht die erste Blatt- scheitelzelle. Daß auf einer und derselben Schnittfläche mehrere Regenerate äuf einmal entstehen können, ist aus Fig. 22, Taf. V zu ersehen. Wenn aber die Verwundung des Stämmchens eine zu große war, oder wenn aus einem anderen Grunde an der Schnittfläche eine Re- generation nicht möglich wurde, entsteht das Regenerat an irgend einer anderen Stelle am Stämmchen aus der unverletzten Epidermis (Taf. V, Fig. 23a, d). Es kann aber letztere Art der Neubildung auch gleichzeitig mit einer Knospung an der Schnittfläche stattfinden, wie aus Fig. 24, Taf. V zu ersehen ist, welches Präparat derselben Versuchspflanze wie Fig. 19, Taf. IV entstammt. Sahen wir in den eben geschilderten Fällen die Bildung einer Scheitelzelle schon bald nachdem die Wunde geschlossen war und bis auf einen Fall immer von der Schnittfläche aus entstehen, so kommen im folgenden Beispiele, daß sich ähnlich wie bei Osmunda (Taf. III, Fig. 14) die ganze Schnittfläche in ein walzenförmiges Callusgebilde fortsetz. — Am äußeren Umfange desselben bilden sich Spreu- schuppen und Drüsenhaare aus; der zentrale Gefäßstrang verlängert sich in dasselbe. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 29 Das Regenerat erhält schließlich dorsiventralen Charakter, indem sich an der Basis desselben eine Scheitelzelle und zwar die Sproß- scheitelzelle ausbildet (Taf. V—-VI, Fig. 25, 26, 27, 28). Dieses Callusgebilde ist als die Basis und der Stiel des ersten Blattes anzusehen. Eine ganz konforme Tatsache wird im nächsten Abschnitte bei der Regeneration der Farninternodien uns wieder begegnen. An dieser Callusknospe können, wie Fig. 27, Taf. VI zeigt, auch prothalloide Auswüchse auftreten, eine Tatsache, die, wie eingangs erwähnt, bereits von Goebel?) für Keimpflanzen von Üeratopteris thalietroides nachgewiesen wurde. D. Von Pteris serrulata, wurden Keimpflanzen mit entwickelten Folgeblättern untersucht, Eine Pflanze (Taf. VI, Fig. 292 u. 5) zeigte die Tatsache, daß sich abseits der Schnittfläche endogen eine Sproßanlage ausbildede, die erst nach Spaltung des sie umgebenden Parenchymgewebes zur weiteren Entfaltung gelangen konnte. Sonst verhielten sich die Regenerate ähnlich wie bei Nephrodium molle. Zusammenfassung. Überblickt man die Resultate der vorliegenden Untersuchungen, so geben sie im allgemeinen wieder Zeugnis von der großen Re- produktionskraft, welche den Keimpflanzen auch ‚der Farne eigen ist; ein abgeschnittener Vegetationspunkt kann unter günstigen Umständen nach einer Woche ersetzt sein. Im Speziellen ergibt sich als gemeinsame Eigenschaft, daß die Regenerate, auf welchem Wege sie auch immer zustande gekommen sein mögen, den Entwicklungsgang durchlaufen, welcher auch der aus der befruchteten Eizelle des Archegoniums entstehenden Keimpflanze zu- kommt — es wird immer zuerst ein Blatt unabhängig vom Sproß- vegetationspunkte und hernach erst letzterer gebildet. Dieselbe Erscheinung wurde auch von Kupper®) an blatt- bürtigen Knospen verschiedener Farne nachgewiesen. —- Teleologisch ist dieses Verhalten nicht ganz erklärlich, — Bei der normalen Ent- wicklung aus der Keimpflanze ist es verständlich, daß die Pflanze trachtet möglichst bald ein Blatt zu produzieren, um mit Hilfe der gebildeten Assimilate das Wachstum zu fördern. Bei der regenerierenden Keimpflanze aber, die so wie so im Besitze des Assimilationsapparates 30 3. Doposcheg-Uhlär, sich befindet, fällt genannter Umstand weg und es kommt dieses erste Blatt nur als Schutz für den Sproßscheitel in Betracht. Im Beispiele: von Osmunda 'regalis (Taf. IV, Fig. 15) ist dieses erste Blatt auch eine Hemmungsbildung, ohne Scheitelzelle und ist im Wachstume auch bereits vom zweiten Blatte überholt. Die Entstehung des Regenerates ist in der großen Mehrzahl der Fälle eine exogene — nur bei Osmunda und Pteris serrulata kann sie auch endogen sein; bei ersterer unter dem neu entstandenen Wund- gewebe, bei letzterer im Parenchym des Stämmchens. 2. Regeneration an Farninternodien. War im vorigen Abschnitte das bewurzelte, mit Assimilations- apparat versehene, jedoch des Vegetationspunktes beraubte Stämmchen der Keimpflanze das Versuchsobjekt, so soll im Folgendem die Re- generation an nur aus Dauergewebe bestehenden Rhizominternodien, die also weder aktive noch ruhende (Knospen)-Vegetationspunkte be- sitzen, untersucht werden. Die Rhizome der meisten einheimischen Farne besitzen allerdings so kurze Internodien, daß sie für den gedachten Zweck unbrauchbar sind. — Doch wurden immerhin an Cystopteris fragilis und Phego- pteris dryopteris brauchbare Versuchsobjekte gefunden. Von ausländischen Farnen wurden untersucht Davallia dissecta, Polypodium repens, Polypodium leiorhizum. Phegopteris dryopteris Fee. Nachdem am 24. Mai 1—1'/, cm lange Internodien in Torfmull gelegt worden waren, konnte an einzelnen Objekten schon: anfangs Juli der Beginn von Sproßregeneration konstatiert werden, deren Verlauf nun geschildert werden soll. Der Regenerationsvorgang beginnt damit, daß mehrere unter der Epidermis befindliche Reihen von Parenchymzellen an irgendeiner Stelle in Teilung eintreten (Taf. VI, Fig. 30), wobei sich die Epidermis vor- wölbt. Diese zerreißt, die äußerste Zellschicht streckt sich und tritt über die Oberfläche hervor (Taf. VI, Fig. 31). Das immer mehr sich vergrößernde Zellgebilde kann sich nun- mehr gleich von Anfang an in mehrere Äste teilen (Taf. VI—VII, Fig. 32, 33, 832), oder es bildet. sich eine geschlossene Calluswucherung, die erst: später seitliche Äste austreibt, (Taf. VII, Fig. 34,.34 0). voor Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 31: Fig. 33a, Taf. VII zeigt auch, daß jeder der. drei parallel ver- laufenden Äste im Begriffe ist, an. seiner Spitze in (Blatt)-Scheitel- zellwachstum überzugehen. — Auch ein Prokambiumstrang ist bereits angelegt. — Rhizoiden und Wurzeln sind noch nicht ausgebildet. ‘Aus Fig. 34 und 35, Taf. VII ist ferner zu ersehen, daß am Ursprungsorte des Regenerates Wundholz erzeugt wurde, an welches sich das neu gebildete Leitbündel anschließt. Fragt man sich nach dem Nutzen dieser Tracheidenplatte für den regenerierten Sproß, so kann man zu der Anschauung kommen, daß dieselbe für die Wasser- leitung insofern zweckmäßig wäre, als sie nach Art eines Saugapparates (Haustoriums) in dem Parenchym des Internodiums die immer größer werdenden Ansprüche des Regenerates nach Wasser solange befriedigen könnte, bis letzteres imstande ist, durch Erzeugung von Wurzeln vom Mutterinternodium sich selbständig zu machen. Wenn diese Tracheidenbildung vorher als Wundholz bezeichnet wurde, so ist dies nicht ganz richtig. Denn die Verwundung ist nur sekundär die Ursache der Holzerzeugung; das primäre ist die Bildung der Adventivknospe und erst infolge der Größenzunahme derselben wahrscheinlich durch einen von derselben ausgehenden Reiz oder durch. sonstige Korrelationsverhältnisse, entsteht im Parenchym das Holz. Küster”) nennt ähnliche Holzreaktionen „wundholzähnliche Ge- webe“ „die nicht nach Verwundung, sondern unter Einwirkung irgend- welcher anderer Faktoren entstehen“, Diese Holzbildung kann auch außerhalb des Internodiums inmitten der neuen Calluswucherung vor sich gehen (Taf, VII, Fig. 37). Ein eigentümliches Verhalten zeigt die Knospe in Fig. 36, Taf. VII.‘ Diese Knospe, an der bereits zwei Scheitelzellen entstanden sind, wird von einem Blattgebilde schalenartig umhüllt — ähnlich wie solche Bil- dungen bei Athyrium filix femina (Taf. II, Fig. 6) und auch ‘bei Osmunda regalis (Taf. IIT, Fig. 100) vorkamen. j Dieses Blattgebilde kann nun schon von Anfang an getrennt neben dem andern Knospenteil herangewachsen sein und sich erst im Ver-. laufe des Wachstums schützend, übergeneigt haben, aber die Aufeinander- folge der Zellenordnung in den benachbarten äußeren und inneren Zell- reihen’ 1äßt auch der Ansicht Raum geben, daß beide Teile ursprünglich ein ' Ganzes waren und die Trennung erst nachträglich auftrat, ‘ähnlich wie solche Trennung bei Osmunda (Taf. ‘III, Fig. 11) und Pteris (Taf. VI, Fig. 29) vorkam, wie sie in folgendem noeh bei Gystopteris sich zeigen wird. 32 . J. Doposcheg-Uhlär, Im weiteren Entwicklungsgange der Knospe (Taf. VII, Fig. 37, 38) bildet sich das erste Blatt wieder unabhängig und vor dem Sproß- vegetationspunkte. Die ausgebildete junge Pflanze (Taf. VII, Fig. 38) zeigt bereits die charakteristisch langen Internodien und die Bildung von Wurzeln aus der Mitte des Stämmchens. Aus der Schnittfläche fand bei den Internodien von Phegopteris dryopteris keinerlei Regeneration statt. Cystopteris fragilis subsp. regia Bernouilli. An den Internodien dieses Farns entstehen Regenerate auch an der apikalen Schnittfläche, indem die Zellen derselben Callus bilden, aus welchem das erste Blatt und die Stammknospe entstehen (Taf. VII, Fig. 39, 40). . Auch hier kann der Fall eintreten, daß sich die Callusknospe in zwei Teile teilt (Taf. VII, Fig. 40), an deren Basis und unter derem Schutze sich die Stammknospe entwickelt. Daß die Regeneration aber auch wie bei Phegopteris aus der - Rinde erfolgen kann, ist aus Fig. 41, Taf. VIII zu erkennen, in der auch die Anlage des Sproßvegetationspunktes an der Basis des ersten Blattes bereits in fortgeschrittenem Stadium in Erscheinung tritt. Erfolgt die Regeneration von der Schnittfläche aus, so können an derselben eine ganze Anzahl von Sprossen entstehen (Taf. VIII, Fig. 42). Davallia dissecta. Die Internodien zeigten an den Schnittflächen nur Wundgewebe, eine weitere Reaktion unterblieb. An den ausgelegten Internodien von Polypodium repens und Polypodium leiorhizum fand keinerlei Regeneration statt. Die Regeneration der Farninternodien kann demnach endogen oder exogen erfolgen und stimmt mit der Regeneration der Keimpflanzen ım allgemeinen überein. 3. Sprossregeneration an Stelle von abgeschnittenen Adventivwurzeln bei Lycium halimifolium. Voechting®) hatte gefunden, daß vorjährige Zweige dieser So- lanee, in den feuchten Raum gebracht, Sprosse-an der Spitze, Wurzeln aber entlang des ganzen Zweiges austrieben, ohne Beziehung zur Pola- rität. An jungen diesjährigen Zweigen erfolgte jedoch die Bildung von Wurzeln nur an der Basis. DB ne Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 33 dr Um eventnell einen Einblick in diese - gegensätzlichen Verhält- nisse zu gewinnen, wurden am 9. Dezember an ca. 30 cm langen Zweigen alle sichtbaren Knospen und Wurzelanlagen entfernt. Letztere befinden sich sowohl oberhalb und unterhalb der Blattachselknospen, als auch zerstreut über die Internodien in der Rinde und ragen oft als kleme Höcker hervor. :Diese in den feuchten Glashafen gehängten Stecklinge zeigten bei der Untersuchung am 4. Januar an den apikalen und basalen Schnittflächen reichlich Callusbildung, und auch an den Knotenschnitt- flächen war mehr oder weniger Callus gebildet worden, ohne daß sonst irgendwelche Neubildung an den Calli dieser Schnitfflächen zu er- kennen war. Wohl aber hatte sich mitten am Internodium eines Stecklings, in der oberen Hälfte desselben, ein Sproß, 1 cm lang, gebildet. Da bei ähnlichen Versuchen mit Lyeium halimifolium Sprosse immer nur aus dem Gewebe in der Nähe der Blattinsertion und niemals am Inter- nodium aufgetreten waren, so drängte sich der Eindruck auf, daß das Sproßregenerat an Stelle einer abgeschnittenen Wurzelanlage sich ent- wickelt hatte. Die anatomische Uutersuchung schien diese Annahme zu be- stätigen, doch konnten wegen zu weit vorgeschrittenen Wachstums die ursprünglichen Verhältnisse nicht mehr genau erkannt werden. Es wurden daher unter denselben Bedingungen neue Stecklinge aufgehängt, nur mit dem Unterschiede, daß die Wurzelanlagen nicht ausgeschnitten wurden. Sie wurden zum Austreiben gebracht und erst wenn sie I—2 mm über die Epidermis hervorragten, wurden sie ent- fernt, um so auch äußerlich sicher zu sein, daß man es wirklich mit einer Wurzel zu tun habe. Tatsächlich gelang es, mehrere solcher Wurzelstümpfe zur Sproß- regeneration zu bringen und deren Entwicklung in verschiedenen Stadien zu verfolgen. Fig. 48, Taf. VIII zeigt die junge Wurzel in dem Stadium, da sie im Begriffe ist die Epidermis zu durchbrechen. Schneidet man nun die vorstehenden Wurzelteile ab (Taf. VIIL, Fig. 44), so überwallt das Rindengewebe den Wurzelstumpf, der sich auch an der Spitze mit Wundgummi anfüllt. In diesem den Wurzel- stumpf umgebenden Rindenteile treten nun Wundholzknäuel auf (Taf. VIII, Fig. 45), um welche sich ein Cambium bildet, das zum Ausgangs- punkt des neuen Sprosses wird, nachdem vorher die Verbindung Flora, Bd. 102, 3 34 3. Doposcheg-Uhlär, mit dem Holzkörper des Stammes durch Tracheidenzüge - hergestellt worden war. Etwas veränderte Verhältnisse sind aus Fig. 46, Taf. VIII zu er- sehen. Hier war die Wurzel auf einem etwas jüngeren Stadium ab- geschnitten worden, da ihr Holzkörper eine noch geringe Ausbildung hatte. Die Spitze des Wurzelrestes ist kugelig angeschwollen, das Tracheidenknäuel ist wieder vorhanden und ebenso die Verbindung mit dem Holze des Stämmehens. Seitwärts von dem Tracheidenknäuel befindet sich eine kugelige Ansammlung embryonaler Zellen, die sich am Präparate vom umgebenden Gewebe durch stärkere Tinktion abhebt, wahrscheinlich ebenfalls der Ausgangspunkt der neuen Knospe. Durch die Mitte des Wurzelstumpfes verlaufen die mit Wundgummi erfüllten Reste der alten Gefäße. Die Ausbildung der jungen Knospe kann aber auch erfolgen, ohne daß sich ein Knäuel von Wundholz bildet (Taf. VIII, Fig. 47). Das Regenerat setzt sich dann direkt mit der Basis der Wurzel in Ver- bindung. Eine abnorme Regeneration des Holzteiles am stehengebliebenen Wurzelstumpfe zeigt Fig. 48, Taf. VIIL An der Basis desselben hat sich die Holzbildung nach zwei Seiten fortgesetzt, so daß zwei kugelschalenförmige Holzkörper entstanden, welche in ihrem Innern Parenchymgewebe umschließen. Sie dürften wohl ebenfalls die Basis für Sproßbildungen sein. Es ist diese Holzkörperverbindung ein Ana- logon zu den Leitbündelverbindungen bei Nephrodium molle (Taf. IV, Fig. 18). Man kann also auf Grund der angestellten Untersuchungen nicht von einer direkten Umbildung einer Wurzel in einen Sproß reden, wie sie Goebel?) bei Anthurium longifolium nachwies, sondern es konnte nur festgestellt werden, daß durch das Abtrennen der Wurzel im embryonalen Gewebe des Wurzelstumpfes Bedingungen geschaffen wurden, welche die Regeneration eines Sprosses ermöglichten. Es erinnert dieses Reproduktionsvermögen an die Fähigkeit der Seitenwurzeln an Hauptwurzeln in ihrem Ober- und Unterachseln Ad- ventivsprosse zu bilden; im vorliegenden Falle aber sitzen die Wurzel- anlagen an einer oberirdischen Sproßachse; auch kommen dieselben im normalen Leben der Pflanze niemals zum Austreiben. Ferner beobachtete Beyerink!‘) bei Rumex Acetosella, daß ein in einer Achsel einer Seitenwurzel entstandener Sproßvegetations- punkt sich wieder in eine Wurzel rückverwandelte. Mehrfache in dieser Richtung vorgenommene Versuche konnten diese Angabe nicht bestätigen. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 35 Der eingangs” erwähnte Unterschied im polaren Verhalten ver- schieden alter Zweigstücke wurde durch andere Versuche "bestätigt. 4. Regeneration aus Pri- märblättern von Begonia carolineaefolia. Begonia carolineae- folia Regel gehört zu den wenigen Arten der Be- goniaceae, welche geteilte Blätter haben (Fig. 49). Auf dem 20—30 cm langen Blaitstiel des aus- gewachsenen Blattes sit- zen 6 bis 8 Teilblätter von ca. 10 cm Spreiten- . länge. Am 15. Mai wur- den zwei ausgewachsene Blätter aufrecht in Sand gesteckt. Da sich nach Fig. 49. Begonia carolineaefolia. Erwachsenes Blatt. !/, nat. Gr. 14 Tagen beide Stecklinge bewurzelt hatten — und zwar sowohl am Rande als auch aus dem inneren Teile der Schnittfläche — wurden sie in Erde übersetzt. — In der zweiten Hälfte des Juli erschienen nunmehr am Oal- lüus des Schnitt- randes die ersten Blätter, welche im Gegensatz Charakter eines Primärblattes g. 50. trugen. zum Mutterblatt > ungetellt und ganzrandig wa- ren, und auch die Schiefblatt- form noch nicht ausgeprägt hat- ten, also den Begonia carolineaefolia. Übergänge von Primär- zu Folgeblättern. Nat. & gr 36 J. Doposcheg-Uhlär, In der Folge traten Übergangsblätter auf ‘Fig. 50 7), welche bereits asymmetrisch waren mit mäßig gekerbtem Rande. Später wurden die Einschnitte immer tiefer (Fig. 502, 5), bis beim vierten oder fünften Blatte (Fig. 504) die für Begonia carolineaefolia charakteristisch gefingerte Teilung erreicht war, wobei das längste Teilblättchen zurzeit. der Entfaltung ca. 1 cm lang ist. Von diesen verschiedene Entwicklungsstadien darstellenden Primär- blättern wurden anfangs Oktober 12 Exemplare mit 1—1!,, em Spreitenlänge gesteckt. Es sollte hierbei untersucht werden, wie sich eimerseits die even- tuellen Regenerate dieser Primärblätter zu den Re- generaten der normal ausgewachsenen Blätter verhalten, andererseits ob- sich innerhalb der Re- generate Verschiedenhei- ten ergeben, je nach dem sie von einem un- geteilten oder bereits ge- teilten Primärblatte ent- stammen. Diese Primärblatt- stecklinge zeigten erst anfangs April des nächsten Jahres den Be- ginn einer Sproßregene- ration und in der weiteren Entwicklung dieser Re- 3 Fig. 51. Begonia carolineaefolia. Übergangsblatt auf generate ergaben sich dem ungeteilten Stadium verharrend. °/, nat. Gr. nun folgende Unter- schiede gegenüber der Regeneration an den geteilten ausgewachsenen Blättern: 1. Das ganzrandige Stadium des Primärblattes dauert viel länger an; es freten vier bis fünf Blätter auf, welche entweder ‚ganzrandig oder nur schwach gekerbt sind, während erst das fünfte oder sechste Blatt den Typus 1, Fig. 50 zeigt. Beim erwachsenen Blatte wird dieses Stadium mit dem zweiten oder dritten regenerierten Blatte erreicht. 2. Ein weiterer Unterschied zeigte sich darin, daß beim fort- schreitenden Wachstume nicht wie bei den Regeneraten des ausgewach- Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 37 senen Blattes zur Bildung der geteilten Blätter übergegangen wird, sondern daß der Steckling auf dem ungeteilten Stadium längere Zeit verharrt, in diesem Stadium an Größe und Flächenausdehnung zunimmt und erst viel später zur Ausbildung der geteilten Blätter übergeht. Während die Abbildungen Fig. 50 zeigen, wie die verschiedenen Entwicklungsstadien an ein und demselben ausgewachsenen Blatte nach- ° einander entstanden waren, ist der zuletzt geschilderte Unterschied zu dieser Ausbildungsweise aus Fig. 5l zu ersehen. Die Blätter 3 und 4 (1 und 2 sind abgestorben) zeigen noch das symmetrische ganzrandige Stadium, während Blatt 5 (5 em lang, natür- liche Größe) auf Stadium 1 der Fig. 50 verharrte und hierbei eine ab- norme Größe erreichte {5 cm Länge), ohne daß zu diesem Zeitpunkte ein ’ anderes Blatt, das einen Fortschritt in der Ent- wicklung gezeigt hätte, 5 vorhanden war. Zwei Monate spä- ter — anfangs Sep- tember — sieht man an derselben Pflanze (Fig. 52a, 5), daß nach diesem Blatte 5, dessen Spreite in der Länge noch um 4 em, also auf som angewachsen war, Fig. 52@. DBegonia carolineaefolia. Dieselbe Pflanze noch ein eingeschnitte- 2 Monate später. ‘/, nat, Gr. nes Blatt 6 mit 8 cm Spreitenlänge und erst hernach Blatt 7, das geteilte Fiederblatt repro- duziert wurde. Das Stadium vom 2. Juli war von allen 12 Pflanzen mehr oder weniger erreicht worden; das letztere Stadium vom 2. Sept. nur von vier Pflanzen, da die Blätter der anderen infolge einer Pilzinfektion erkrankt und abgefallen waren. Eine ähnliche Tatsache wurde bereits von Goebel?!) bei Solanum tuberosum nachgewiesen. Die aus der Knolle normal entstehenden Pflanzen erzeugen zuerst 2—3 einfache, ungeteilte Blätter, auf welche 38 J. Doposcheg-Uhlär, dann erst in progressiver Ausbildung die Fiederblätter folgen. Werden jedoch von der Knolle Knospen nur mit einem kleinen Stück Knollengewebe abgelöst und unter gute Kulturbedingungen gebracht, so bleibt die daraus erwachsende Pflanze ebenfalls längere Zeit auf dem Stadium der ungeteilten Blattbildung stehen; es können acht Blätter ungeteilt sein und erst das neunte Blatt beginnt mit der Fiederung. Goebel ist mit Recht der Ansicht, dieser Unterschied habe seine Ursache darin, daß in dem einem Falle die ganzen in der Knolle be- findlichken Beserve- stoffe der Pflanze zur Verfügung stehen, die in dem anderen Falle mangeln, daß also die Möglichkeit eine höher gegliederte Blattform hervorzubringenan das Vorhandensein von Baustoffen in bestimm- ter Quantität und Qua- lität gebunden ist. Bei Begonia caro- lineafolia sind die Gründe für die ge- schilderten Differenzen in der Ausbildung der Blattregenerate wohl ähnliche. Den Rege- Fig. 525. Begonia carolineaefolia. Dieselbe Pflanze neraten des ausgewach- 2 Monate später. t/, nat. Gr. senen Blattesstehen die im dicken, fleischigen, wie schon erwähnt 20—30 cm langen Blattstiele aufgehäuften Baustoffe zur Disposition; außerdem gestattet die große Entwicklung der Blatt- fläche einen lebhaften und intensiven Nachschub der verbrauchten Assimilate. Im Gegensatz hierzu können die kleinen Primärblätter mit oft nur 1—2 cm Stiellänge und einer Spreitenläinge von 2 em dem sich neubildenden Regenerate wohl nur sehr wenig Nahrungs- stoffe liefern. Dazu kommt noch, daß in ersterem Falle die Ent- wicklung des Wurzelsystems eine raschere und reichlichere sein wird. Die dadurch ermöglichte raschere Aufnahme von Wasser und Aschen- Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 39 ‚substanzen kommt den Regeneraten des ausgewachsenen Blattes eben- falls zugute. Ferner gibt auch der Umstand einen Ausschlag, daß die regene- rierenden Primärblätter bald nach dem die Regenerate eine gewisse Größe erreicht hatten, zugrunde gingen und die Regenerate aus- schließlich auf ihre eigene Ernährungstätigkeit angewiesen waren. Teleologisch betrachtet haben letztere das Bestreben solange auf der Jugendform zu verharren bis sie durch Vergrößerung der Blatt- fläche und Kräftigung des Wurzelsystems imstande sind eine ent- sprechende Ernährungsarbeit zu leisten und erst dann zu der eine relativ größere Summe von Baustoffen erfordernden Folgeblätterbildung überzugehen. Ähnliche Regenerationsverhältnisse hat auch Winkler !?) bei den Regeneraten von Primär- und Folgeblättern von Passiflora coerulea beobachtet. Er fand, daß die ungeteilten Primärblätter länger auf dem Primärblattstadium verharren als die geteilten Folge- blätter, ist jedoch der Ansicht, „daß der Ort, an dem das Blatt an der Mutterpflanze stand, nicht nur Einfluß auf die äußere Form des Blattes, sondern auch auf die Qualität der von diesem regenerierten Sprosse hat“, Goebel?) ist bei diesem Beispiele der Meinung, daß mit dieser Auffassung Winkler’s nur ein äußerer Umstand in den Vordergrund gestellt wurde, daß die Summe der zur Verfügung stehenden organischen Baumaterialien das Ausschlaggebende sei und die eben geschilderten Verhältnisse bei Begonia carolineaefolia scheinen Goebel’s Auffassung zu bestätigen. Daß nicht nur die Summe der organischen Baumaterialien in den Folgeblättern eine viel größere ist. als in den Primärblättern, sondern auch der anorganischen, zeigt eine vergleichende Bestimmung der Aschenbestandteile. Es wurden je 5 g lebendiger Substanz von Teilhlättern eines Folgeblattes (und zwar nur von der oberen Hälfte, wo die Mittelrippen nicht so stark ausgebildet sind wie auf der unteren) und von ungeteilten Primärblättern, deren Spreite 4-5 cm lang war, hinsichtlich der Quantität ihrer Aschenbestandteile untersucht und gefunden, daß sich das Verhältnis im Folge- und Primärblatt wie 3,77 :1 stellte, daß also in den Folgeblättern fast viermal so viel Aschenbestandteile vorhanden waren als in den Primärblättern. Einen genaueren Einblick in diese Verhältnisse hätte man aller- dings bekommen, wenn zur vergleichenden Wägung Primärblätter und 40 J. Doposcheg-Uhlär, gefiderte Folgeblätter von gleicher Entwicklungsgröße — also ähnlich wie sie Fig. 50 zeigt — ausgesucht worden wären. Leider stand nicht eine genügende Anzahl zur Verfügung. Man wird nicht fehl gehen, wenn man die vergrößerte Primär- blattform, wie sie in Fig. 51 zu sehen ist, für diejenige Blattform an- sieht, aus welcher entwicklungsgeschichtlich das geteilte Blatt von Begonia carolineaefolia entstanden ist. Damit hätte man durch die Regeneration aus den Primärblättern ein Mittel um Verwandschaftsverhältnisse klar zu stellen. Darauf weist auch schon Goebel hin ’®%), Von Interesse sind noch zwei gesteckte, geteilte Primärblätter, welche zuerst auf der Basis der Teilblätter regenerierten, ohne daß daselbst Einschnitte gemacht worden waren. Der Beginn war am 15. Juni konstatiert worden. Erst einen Monat später traten auch an der Basis des Blattstieles Knospen auf, zu einer Zeit, da die regene- rierten Blättchen auf den Fie- dern desMutterblattes die Zahl fünf bis sieben erreicht und also eine ziemliche Vergröße- rungder assimilierenden Ober- fläche erzielt war. Ob diese nun erst die Ausbildung der Blätter an der Basis des Blatt- stieles ermöglichten, läßt sich Fig. 53. B lineaefolia. In der N natürlich schwer entscheiden. ‘ig. 53. Begonia carolineaefolia. In der Mitte : . junger Blattsteckling mit Blattregeneration auf Jedenfalls war zur Ausbildung der Oberfläche der Teilblättchen. Die an der der Blättehen auf den Fiedern Basis des Stecklings entstandenen Blätter ı, 2 N . : traten erst nachher auf. ®/, nat. Gr. wenig Material notwendig, da sie keine Stiele hatten und den Teilblättern dicht aufsaßen, während der ziemlich tief in der Erde sitzende Blattstiel des Mutterblattes für die regenerierten Blätter zur Bildung der Blattstiele ziemliche Arbeit leisten muß, damit er dieselben ans Licht bringt. Man könnte aber auch sagen, daß die Disposition der Pflanze zu regenerieren auf dem Fiederblättchen anfänglich eine größere, bessere gewesen sei, als an der Basis des Blattstieles, daß es aber in der Folge schwierig gewesen wäre, fünf bis sechs neu entstandene Vegetations- punkte durch den einen Blattstiel des Mutterblattes zu versorgen, und 1 Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 41 daß demzufolge ein neuer Vegetationspunkt am normalen Orte ent- standen war, wo die Ausbildung und Weiterentwieklung desselben eine viel günstigere ist. Fig. 55 zeigt eine solche Pflanze nach einer Aufnahme vom 22. September. Das Mutterblatt mit den regenerierten Blättchen auf den Teilblättern ging im November zugrunde. Die Kultur der Primärblattstecklinge erfolgte bis zum Er- scheinen ihrer Regenerate unter der geschlossenen Glasglocke, hernach unter der gehobenen Glasglocke bis zu dem Zeitpunkte, da die neuen Primärblätter ca. 2 cm Spreitenlänge hatten, sodann ohne Glocke. 5. Polarität der Internodien. Mit der polaren Anordnung der Regenerate an vegetationspunkt- losen Internodien hatte sich zuerst Vöchting!*) beschäftigt. Er hängte solche Internodien von Salix und Heterocentron diver- sifolium in einen’ feuchten Glashafen auf und fand, daß dieselben an der Basis Wurzeln, aber niemals Sproße, weder an der Spitze noch an der Basis regenerierten. Bei Begonia discolor entstanden umgekehrt Sprosse am apikalen Ende, aber niemals Wurzeln. Einzelne Inter- nodien hatten Sprosse in von der Spitze herablaufender Reihe bis gegen die Mitte. Sehr häufig gingen die Internodien an der Spitze in Fäulnis über; dann aber traten Sprosse an der Basis, meist etwas ent- fernt von der Schnittfläche auf, zu einem Zeitpunkte, da die Fäulnis bis auf wenige Zentimeter von der basalen Schnittfläche entfernt war. Aus diesen Versuchsergebnissen schließt Vöchting, daß ebenso wie bei den mit Vegetationspunkten (Achselknospenanlagen, Wurzel- anlagen) versehenen Sproßstecklingen auch am vegetationspunktlosen Internodium der Gegensatz zwischen Spitze und Basis bestehe. „An der Richtigkeit dieser Anschauung ist wohl nicht zu zweifeln; ich bin überzeugt, daß die glücklichere Wahl geeigneterer Objekte ein stets positiv bestätigendes Resultat ergeben wird.“ Nun scheinen mir aber die angeführten Versuche nicht genug beweiskräftig zu sein. Denn bei Salix und Heterocentron entstehen nur Wurzeln und zwar an der Basis. Es wäre aber die Ansicht nicht zurückzuweisen, daß, falls diese Internodien die Fähigkeit hätten Sprosse zu produzieren, diese ebenfalls an der Basis entstünden. Ebenso zeigt das von oben faulende Begonia-Internodium, bei dem die Sprosse an der Basis zu einer Zeit entstehen, wo die Fäulnis noch mehrere Zentimeter von der Basis entfernt ist, daß auch hier der Versuch nicht eindeutige Antwort gibt. Vöchting weist zwar den Gedanken zurück, daß die Entstehung der Sprosse in letzterem Falle eine will- 42 J. Doposcheg-Uhlär, kürliche, der Polarität nicht entsprechende sei, und meint, daß durch das Faulen die Spitze nur immer tiefer nach abwärts verlegt werde. Im Gegensatz zu diesem Versuchen fand Wakker!ö), daß die Inter- nodien von Begonia discolor am basalen Ende Adventivknospen erzeugen. Goebel16) ist in Hinsicht des letzteren Resultates der Ansicht, daß, da Begonia discolor eine Knollenbegonia ist, zur Zeit der Regeneration ein besonders lebhaftes Strömen von Assimilaten nach der Knolle stattgefunden hat und daher die Ansammlung von Baustoffen am basalen Ende resultiere. Auch Winkler!”) zeigte, daß internodiale Stücke von Passiflora. coerulea Sprosse an der basalen Callusanschwellung bilden, also nicht. polar regenerieren. Bei Internodien von Pepero- mia rubella beobachtete er Wurzel- bildung aus der basalen, Sproßbildung aus der apikalen Schnittfläche. Und zwar entstehen die Sprosse derart, „daß jedes der bei den Peperomien bekanntlich über den ganzen Stengel- querschnitt verteilten Gefäßbündel einen Sproß bildete“. Es ist dies scheinbar der einzig bekannte Fall, das Sproßinternodien in streng polarer Weise Sprosse und Wurzeln regenerierten. Bei meinen Versuchen, die haupt- sächlich an Indernodien verschiedener Fig. 54. Begonia discolor. Internodial- Begoniaceen ausgeführt wurden, zeigte stück mit Sproßregeneraten aus der Epi- ., . . in dermis. A Apikaler, 2 basaler Pol. Sich immer ein von der Polarität mehr Nat. Gr. oder weniger abweichendes Verhalten. Begonia diseolor. A. Von sechs im feuchten Glashafen aufgehängten Internodien (drei aufrecht, drei verkehrt) regenerierten drei. Nr. 1 (aufrecht hängend) erzeugte an der Basis einen Sproß, nach dem es von der Spitze her, wie bei Vöchting’s Versuchen, in Fäulnis übergegangen war. Nr. 3 bildete einen Sproß in der Mitte, ohne zu faulen. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 43 ‚Nr. 4 (verkehrt hängend) (Fig. 54) regenerierte oben, am basalen Ende acht Sprosse, von denen einer im Wachstum sehon sehr vorge- schritten war; ein Sproß erschien aber auch auf der unteren Hälfte, gegen den apikalen Pol zu und zwar zu einem späteren Zeitpunkte, als der eben genannte am basalen Ende. B. Von sechs mit der Basis in feuchten Sand gesteckten Internodien regenerierte eines einen Sproß in der Mitte des Internodiums. Wurzeln wurden in beiden Versuchsreihen nicht gebildet. Die Anordnung der Sproßregenerate deckt sich also in den unter- suchten Fällen zum Teil mit den Resultaten Wakkers, zum Teile tritt aber als neu in Erscheinung, daß Sprosse auch in der Mitte des Inter- nodiums auftreten können. Begonia Rex. Die normalen Pflanzen dieser Begonie haben ganz kurze Internodium, da die Blätter und Blatt- narben eng gedrängt aneinander sitzen. Es ist daher nicht möglich, ein für den Versuch brauch- bares Internodien herauszuschneiden. Mitte Dezember fiel mir aber in einem Glas- hause des botanischen Gartens eine Pflanze auf, welche, nachdem sie längere Zeit in der eben beschriebenen Weise gewachsen war, plötzlich ein Internodien. von 1 dm Länge ausgebildet hatte. Dieses wurde heraus- geschnitten und aufrecht in dem feuchten Glashafen Fig. 55. Begoniarex. gehän st. Nach einem Monat waren aus den Lentizellen Do and Wurzel“ der Basis zahlreiche Wurzeln und außerdem, ebenfalls regeneraten. 4 api- an der Basis, vier Sprosse entstanden (Fig. 55). kaler, 2 basalor Pol. Es war also auch hier die Polarität der Sprosse abnormal, und zwar bei gleichzeitigem Auftreten von Wurzeln am normalen Eintstehungsort. Begonia Credneri. Internodiale Stücke derselben regenerierten nur Wurzeln an der Basis. Gar keine Regeneration erfolgte bei Internodien von Begonia Duchartri, — hybrida Präsident Carnot, — semperflorens, — scabrida und bei mehreren Hybriden von Knollenbegonien, während die Blatt- und Sproßstecklinge dieser Pflanzen in normaler Weise regenerierten. Wohl aber reagierten von Knollenbegonien (Gartenhybriden) Knollenteilstücke. Der Versuchsknolle war zuerst durch einen Schnitt senkrecht zur Längsachse der Scheitelteil entfernt, sodann der restie- rende Teil durch einen Schnitt parallel zur Längsachse in zwei Teile 44 J. Doposcheg-Uhlär, geteilt worden. Diese vegetationspunktlosen Teilstücke regenerierten entweder nur Sprosse und zwar nahe der Mitte der mit der Längsachse parallel laufenden Schnittfläche, oder nur Wurzeln aus der Epidermis ‚ohne polare Anlage. Lycium halimifolium. Von 12 Internodien, 2—3 em lang, bildeten 10 Wurzeln, alle am apikalen Ende. Dieses Resultat ist hier aber nicht maßgebend, da sich bei Lycium halimifolium, wie schon früher angeführt, in der Rinde Wurzelanlagen befinden, die äußerlich nicht immer zu erkennen sind. Oxalis Acetosella. Es entstanden nur Wurzeln ganz ohne Regel, bald am apikalen, bald am basalen Ende, oder in der Mitte. Farne., Die schon früher besprochenen Internodien von Cystopteris und Phegopteris regenerierten nur Sprosse, ebenfalls ganz unregelmäßig in der Anordnung. Es läßt sich nun nach den angeführten Versuchsergebnissen der Ein- druck nicht von der Hand weisen, daß hinsichtlich der Anordnung speziell der Sproßregenerate eine gewisse Willkür oder Zufälligkeit bestimmend sei. Versucht man den Ursachen dieser Erscheinung näher zu treten, so muß man zuerst die Verhältnisse an der unverletzten Pflanze ins Auge fassen. In derselben herrscht ein Strömen von Baustoffen in verschiedenen Richtungen: Von den Wurzeln steigt das Wasser mit den anorganischen Elementen zu den Sproßvegetationspunkten und den Blättern; von den Blättern und den assimilierenden Sproßteilen geht einerseits zu den Sproßvegetationspunkten, andererseits zur Wurzel und den Reservestoffbehältern ein Strom von organischen Baustoffen. Der- selbe Strom von organischen Baustoffen zieht andererseits zur Zeit der Entwicklung der Pflanze aus den unterirdischen Reservestoffbehältern gleich- zeitig mit den anorganischen Baustoffen zu den Sproßvegetationspunkten. Sachs und Goebel vertreten die Ansicht, daß zur Sproßbildung anderes Baumaterial nötig sei als zur Wurzelbildung, und speziell Goebel zeigte in verschiedener Weise, daß die Vegetationspunkte und leren embryonales Gewebe als Anziehungszentren der verschiedenen Baumaterialien fungieren. Schneidet man nun von einer Pflanze einen Sproßteil, jedoch mit latenten Sproß- oder Wurzelanlagen versehen, heraus, so werden die latenten Anlagen aktiv und es sind hinsichtlich der nun auftretenden Polarität dieselben Verhältnisse gegeben wie an der unverletzten Pflanze, Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 4 da ja wiederum die neuen Vegetationspunkte als Anziehungszentren wirken und die polare Anordnung der Adventivorgane verursachen. Ganz anders sind jedoch die Verhältnisse an vegetationspunkt- losen Internodien. Welche Einflüsse durch das Herausschneiden in dem außerordentlich komplizierten Nährstofiströmen stattfinden, weiß man nicht. Embryonale Substanz ist anfänglich nur im Cambium vor- handen, später in den an der Schnittfläche auftretenden Kallus oder Wundkorkbildungen. Da eben an diesen Schnittflächen ein lebhaftes Wachstum stattfindet, ist es erklärlich, daß sie wiederum als Anziehungs- punkte für die Nahrungsstoffe fungieren, daß sich in der Nähe der- selben Material ansammelt, welches dann zum Ausgangspunkte von Neubildungen dient. Ist jedoch die Wachstumstätigkeit an den Schnitt- flächen eine geringe, so daß sich in der Nähe derselben kein besonders geeigneter Ort für Neubildungen bietet, so sucht die embryonale Sub- stanz, das Cambium, sich einen anderen Weg und einen anderen Ort für die Neubildung. Dieser bietet: sich nun zufällig, je nach dem sich für die Überführung der Dauerzellen in das embryonale Stadium nach den individuellen Verhältnissen des Internodiums die Möglichkeit hierzu ergibt. Diese Anschauung würde das Auftreten eines Sprosses in der Mitte eines Internodiums verständlich machen. Ähnliche Verhältnisse nimmt Goebel 'S) bei den vegetationspunkt- losen Wurzeistücken von Ophioglossum an, bei denen Knospen ohne polare Verteilung entstehen. Wir sehen also als Resultat dieser Untersuchungen, daß an Inter- nodien die Sproßregenerate an beliebigem Orte auftreten, daß Wurzeln, wenn sie überhaupt erzeugt werden, zumeist polar angeordnet sind. Da die Regeneration an Internodien bis nun nur wenig studiert wurde, käme es in Zukunft darauf an, die Gründe dieser Abweichungen von dem normalen Verhalten zu erkennen, die Anordnung der Regenerate eventuell experimentell zu beeinflussen, um so vielleicht in das Wesen der Polarität einen besseren Einblick zu gewinnen, als es bis nun möglich war. Einen ersten Beginn in dieser Richtung soll nachfolgende Ver- suchsreihe bieten. 6. Regeneration und Polarität an Internodien, die durch Einschnitte an der Sproßachse isoliert wurden. An 12 kräftig entwickelten Pflanzen von Begonia discolor, welche am untersten Internodium einen Sproßdurchmesser von 6—8 mm hatten und noch nicht im Stadium der Blütenbildung waren, wurden am 26. Mai an diesen Internodien durch zwei in entgegengesetzter 46 J. Doposcheg-Uhlär, Richtung geführte Schnitte Teilstücke isoliert. Hierbei wurden die Schnitte so tief geführt, als es nur möglich war, ohne eine gänz- liche Trennung herbeizuführen. Die Schnittflächen wurden zur Desin- fizierung mit Holzkohlenstaub bestreut, zwischen dieselben Deckgläschen eingeschoben, um das Verwachsen hintanzuhalten. Der ganze Sproß wurde auf diese Weise in drei Teile zerlegt; ich nenne sie Gipfel-, Mittel- (Internodium)- und Wurzelteil (Fig. 56). Der Versuch sollte in erster Linie dartun, inwieweit an den so isolierten Internodialstücken Regenerate auftreten, ob in ihrer An- ordnung eine Gesetzmäßigkeit zum Ausdrucke kommt, ferner ob sich infolge der Störung der Leitungs- bahnen ein Einblick in die Stofflei- tung ermöglichen ließe. Nach dem die operierten Pflan- zen durch einige Tage in einem Glas- kasten vorallzu großen Transpirätions- verlusten geschützt worden waren, und sie sich Soweit erholt hatten, daß die schlaffen Blätter wieder turgescent waren, kamen sie in das Gewächs- haus, wo sie unter den für Begonia discolor normalen Kulturbedingungen gehalten wurden. Schon 14 Tage nach der Ope- ration waren bei drei Pflanzen an der Basis des Gipfelteils aus Lenti- zellen Wurzeln hervorgetreten und in den ersten Julitagen zeigten sich Fig. 56. Begonia discolor. Isolierung auch am Mittel- und Wurzelteil ver- eines internodialen Teilstückes. 7 schiedener Pflanzen Regenerate. Da ee a A emodivm » W jedoch die Wurzeln, bevor sie noch i ganz ausgewachsen waren, infolge zu geringer Luftfeuchtigkeit eintrockneten, wurde der Stamm in der Gegend der Schnittstellen mit feuchtem Sphagnum umwickelt und die Pflanzen in dieser feuchten Hülle durch eine Woche belassen. Am 14. Juli,zeigten nach Entfernung. der Sphagnumhüllen eine Anzahl von Pflanzen folgende Bilder (Fig. 57-59). Der Gipfelteil hatte sowohl auf der ‘Seite, auf welcher der Schnitt geführt wurde, als auch auf der entgegengesetzten Seite aus Lentizellen Wurzeln regeneriert. as Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 47 Am Wurzelteile zeigten sich auf der Schnittseite nahe dem Schnitt- rande und auch etwas tiefer aus der Epidermis hervorgetretene Sprosse. Diese beiden Teile wiesen also die normale polare Verteilung der Regenerate auf. Bevor ich die Regenerate des Mittelteiles bespreche, muß be- merkt werden, daß derselbe eine dem Gipfel- und eine dem Wurzel- teil verbundene Seite hat; ich nenne sie der Kürze halber die Gipfel- und die Wurzelteilseite. AmMittelteile waren nun Wurzeln auf der Gipfelteilseite (aus der Epidermis und aus der Schnittfläche) und Sprosse aufder Wurzel- teilseite aufgetreten. Letztere hatten ihren Ursprung in der Epi- dermis oder in dem CalluswulstdesSchnitt- randes. Es hatte also eine Beeinflussung des Mittelteils (Internodi- ums) in der Weise stattgefunden, daß der wurzelbildende Gipfel- teil im Mittelteil eine Wurzelsphäre und um- gekehrt der Wurzelteil eine Sproßsphäre er- zeugte. Die Polarität Fig 57. Begonia discoler. # Wurzeln am Gipfelteil, war demnach aus der S Sprosse am Wurzelteil, #2 Wurzeln auf Gipfelteil- Fan 0% seite, Sa Sprosse auf der Wurzelteilseite des Inter- Vertikalen in die Ho- nodialstückes. Nat. Gr. rizontale verschoben worden, so daß auf der einen Seite des Mittelteils Wurzeln, auf der andern Sprosse entstanden waren. Gegenüber den Regeneraten an den vegetationspunktlosen Inter- nodien von Begonia discolor der früheren Versuchsreihe wird hier besonders auffällig die Beeinflussung von seiten der Vegetationspunkte. Der Wurzelteil regeneriert streng polar die Sprosse an der Spitze, 48 3. Doposcheg-Uhlsr, der Gipfelteil desgleichen Wurzeln an der Basis. Ebenso fällt die Wurzelbildung am Mittelteil auf, während in allen früheren Versuchen die Internodialstücke von DBegonia diseolor niemals Wurzeln pro- . duzierien, sei es, daß sie im feuchten Raume oder in Erde kultiviert wurden. Herr Geheimrat v. Goebel hatte die Liebenswürdigkeit,einen noch nicht veröffentlich- ten Versuch, dessen Re- sultat mit der eben ge- zeigten Wurzelbildung des Ober- und Mittel- teiles in Parallele ge- bracht werden kann, mir zur Verfügung zu stellen. u Internodien von Fig. 58. Begonia discolat. # Wurzeln am Gipfeltel, Sambueus nicera S Sprosse am Wurzelteil, 92 Wurzeln auf der Gipfel- 15 ’ teilseite, .S»z Sprosse auf der Wurzelteilseite des welchen am apikalen Internodialstückes. Nat. Gr. Ende ein Blatt belassen ‚ worden war, wurden in der Mitte einge- schnitten, teils auf der Seite unterhalb des Blattes, teils auf der entgegengesetzten Seite. Diese in Erde gesteck- ten Internodien regene- rierten Wurzeln in der Nähe der Schnittstelle und zwar immer auf der dem Schnitte abgekehr- ten Seite, also dort, wo die Leitungsbahnen mit Fig. 59. Begonia diseolor. #7 Wurzeln am Gipfelteil i HP Wurzeln auf der Gipfelteilseite, Sr Sprosse auf dem Blatte nicht unter- der Wurzelteilseite des Internodialstückes. Nat. Gr. brochen worden waren. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 49 Es trat also auch in diesem Versuche eine Abhängigkeit zwischen Wurzelbildung und assimilierender Blattfläche auf. Es zeigte sich ferner bei den Versuchspflanzen von Begonia discolor, daß der Mittelteil seine basale Schnittfläche außerordentlich verbreitert hatte; an derselben war reichlich Kallusbildung aufgetreten und die Schnittränder wulstartig aufgedreht. Der Flächeninhalt der basalen Schnittfläche des Mittelteils war bei einer Pflanze fast doppelt so groß geworden als die -apikale Schnittfläche des Wurzelteils. Ebenso war die Callusbildung an der basalen Schnittfläche des Gipfel- teiles eine reichliche, wenn auch nicht in dem Maße wie beim Mittelteile, Demgegenüber ist auffällig, daß die apikalen Schnittflächen des Wurzel- und Mittelteiles an Flächenausdehnung und an Callusbildung gegenüber den vorgenannten basalen Flächen weit zurückstanden. Es fand also eine starke Bevorzugung des Wachstums der basalen Schnitt- flächen statt. Die eben geschilderte Anordnung der Regenerate war bei allen Pflanzen durchwegs dieselbe; nur trat sie nicht an jedem Exemplar in \ DEP ” 6 2 1 3 Fig. 60. Begonia discolor. Erklärung im Text. der genannten Völlständigkeit auf. Es konnte an einem oder anderen Teile die Ausbildung der Wurzeln oder Sprosse unterbleiben, wahr- scheinlich je nach der individuellen Disposition der einzelnen Pflanzen. Nachstehende schematische Aufzeichnungen (Fig. 60) zeigen, daß sechs Pflanzen an allen drei Teilstücken, in der zuerst geschilderten Weise, zwei Pflanzen am Mittelteil keinen Sproß, eine Pflanze „ „ keine Wurzel und keinen Sproß, drei Pflanzen „ » und am Wurzelteil keinen Sproß regenerierten. Es war ferner bis Ende Juli in der bis nun geschilderten An- ordnung der Regenerate bei den 12 Pflanzen keine Ausnahme gemacht worden. Erst bei einer Untersuchung am 17. August wurde bei einer Flora, Bd. 102. ln BUT, GARdT. 1911 48 J. Doposcheg-Uklär, der Gipfelteil desgleichen Wurzeln an der Basis. Ebenso fällt die Wurzelbildung am Mittelteil auf, während in allen früheren Versuchen Fig. 58. Begonia discolar. W Wurzeln am Gipfelteil, 5 Sprosse am Wurzelteil, 7» Wurzeln auf der Gipfel- teilseite, S» Sprosse auf der Wurzelteilseite des Internodialstückes. Nat. Gr. 2 Fig, 59. Begonia discolor. #7 Wurzeln am Gipfelteil, Hm Wurzeln auf der Gipielteilseite, Sm Sprosse auf der Wurzelteilseite des Internodialstückes. Nat. Gr. die Internodialstücke von Begonia discolor niemals Wurzeln pro- . duzierten, sei es, daß sie im feuchten Raume oder in Erde kultiviert wurden. Herr Geheimrat v. Goebel hatte die Liebenswürdigkeit,einen noch nicht veröffentlich- ten Versuch, dessen Re- sultat mit der eben ge- zeigten Wurzelbildung des Ober- und Mittel- teiles in Parallele ge- bracht werden kann, mir zur Verfügung zu stellen. Internodien von Sambucus nigra, welchen am apikalen Ende ein Blatt belassen worden war, wurden in der Mitte einge- schnitten, teils auf (der Seite unterhalb des Blattes, teils auf der entgegengesetzten Seite. Diese in Erde gesteck- ten Internodien regene- rierten Wurzeln in der Nähe der Schnittstelle und zwar immer auf der dem Schnitte abgekehr- ten Seite, also dort, wo die Leitungsbahnen mit dem Blatte nicht unter- brechen worden waren. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 49 Es trat also auch in diesem Versuche eine Abhängigkeit zwischen Wurzelbildung und assimilierender Blattfläche auf. Es ‚zeigte sich ferner bei den Versuchspflanzen von Begonia discolor, daß der Mittelteil seine basale Schnittfläche außerordentlich verbreitert hatte; an derselben war reichlich Kallusbildung aufgetreten und die Schnittränder wulstartig aufgedreht. Der Flächeninhalt der basalen Schnittfläche des Mittelteils war bei einer Pflanze fast doppelt so groß geworden als die -apikale Schnittfläche des Wurzelteils. Ebenso war die Callusbildung an der basalen Schnittfläche des ‚Gipfel- teiles eine reichliche, wenn auch nicht in dem Maße wie beim Mittelteile. Demgegenüber ist auffällig, daß die apikalen Schnittflächen des Wurzel- und Mittelteiles an Flächenausdehnung und an Callusbildung gegenüber den vorgenannten basalen Flächen weit zurückstanden. Es fand also eine starke Bevorzugung des Wachstums der basalen Schnitt- flächen statt. Die eben geschilderte Anordnung der Regenerate war bei allen Pflanzen durchwegs dieselbe; nur trat sie nicht an jedem Exemplar in Ba ug Eu __T_ _ — R — or . 8 e 2 1 3 Fig. 60. Begonia discolor. Erklärung im Text. der genannten Völlständigkeit auf. Es konnte an einem oder anderen Teile die Ausbildung der Wurzeln oder Sprosse unterbleiben, wahr- scheinlich je nach der individuellen Disposition der einzelnen Pflanzen. Nachstehende schematische Aufzeichnungen (Fig. 60) zeigen, daß sechs Pflanzen an allen drei Teilstücken, in der zuerst geschilderten Weise, zwei Pflanzen am Mittelteil keinen Sproß, eine Pflanze „ „ keine Wurzel und keinen Sproß, drei Pflanzen „ „ und am Wurzelteil keinen Sproß regenerierten. Es war ferner bis Ende Juli in der bis nun geschilderten An- ordnung der Regenerate bei den 12 Pflanzen keine Ausnahme gemacht worden. Erst bei einer Untersuchung am 17. August wurde bei einer | 4 lv. BUT. GARg. 1917 Flores, Bd. 102. 50 J. Doposcheg-Uhlär, Pflanze eine Sproßbildung auf der Gipfelseite des Mittelteils bemerkt, an einer Seite, wo also Wurzeln hätten auftreten sollen (Fig. 61). Doch zeigt die Stellung des Mittelteils, daß dessen basale Schnittfläche, wie auch die nachfolgende anatomische Untersuchung erwies, zu diesem Zeitpunkte schon in die Sphäre des Wurzelteils einbezogen worden war, daß auch durch die reichliche Holz- und Callusbildung die an- fänglichen Verhältnisse verwischt worden waren. Schon Ende Juli begannen die Pflanzen Blütenknospen anzusetzen und Mitte August befanden sich alle im blühbaren Zustande. Da die Knollenbegonien jedoch bald nach der Blütenbildung einziehen, wurden, um das vegetative Wachstum möglichst lange hinauszuschie- ben, die Blütenknospen immer wieder. abge- schnitten. Begonia discolor hat nun die Eigen- schaft, daß sie im Herbste nach der Blüterbildung außer der unterirdischen In- ternodialknollen auch oberirdisch, in den Blattachseln, Sproß- knöllchen ausbildet. Fig. 61. Begonia discoler. .S Sproßregenerat am Die operierten. Wurzelteil, an dessen Basis sich eine Internodiums- Pflanzen traten dem- knolle entwickelt; ‚S, spät aufgetretenes Sproßregenerat . . an der Gipfelteilseite des Mittelteils. °/, nat. Gr. nach in der zweiten. Hälfte des Sep- tember in dieses Stadium, indem in ‘allen Blattachseln Knospen auftraten, von rosafarbigen Deckblättchen eingehüllt, ähnlich den Blüten- knospen. Eine eigentümliche Erscheinung zeigten die vom Wurzel- und Mittelteil regenerierten Sprosse, indem sie nicht nur Knöllchen in den Blattachseln anlegten, sondern auch das mit der Mutterachse in Ver- bindung stehende basale Internodium in eine Knolle umwandelten. Dieselbe war im Gegensatze zu den grünen Sproßachsen hellweiß und auf dem ganzen Umfange voll von Wurzelanlagen, die dem Gebilde das. Aussehen einer stumpfstacheligen Kugel gaben (Fig. 61, 62, 62a, 63). SO Zeh we ug Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 51 Es zeigt hier also der regenerierte Sproß eine Abweichung in der Art der Ablagerung der Reservestoffe von den normalen Seiten- zweigen der Hauptachse, welche ja nur Achselknöll- chen erzeugten. Der rege- nerierte Sproß weist das Verhalten des Haupt- sprosses auf, der eben Achselknöllchen und eine basale Internodiumsknolle in der Erde ausbildete. Fragt man nach dem Grunde dieser außerge- wöhnlichen Ausbildung einer Internodiumsknolle an der Basis eines Seiten- sprosses, so drängt sich der Gedanke auf, daß für den von den Blättern des regeneriertenSprossesnach abwärts gerichteten Strom Fig. 62. Begonia discolor. S Sproßregenerat mit basaler Internodiumsknolle X, S, späte Sproßregenerate am Mittelteil. Nat. Gr. der Assimilate an der Übergangsstelle in dem Muttersproß ein Hinder- nis vorhanden gewesen sein muß, welches das Abströmen derselben zur Erdknolle verhindert und die Ansammlung derselben in der Nähe des Hindernisses in einer Luftknolle verursacht hatte. Die anatomische Unter- suchung dieser Stelle ergab nun tatsächlich abnormale Verhält- nisse. Schon äußerlich fällt auf, daß der regenerierte Sproß mit verhältnismäßig dünner Basis an dem Muttersprosse ansitzt. Dieses dünne, zwischen Knolle und Sproßachse des Mutier- sprosses befindliche Gewebestück zeigt auf dem Längsschnitte (Fig. 64), daß der größte Teil des zentralen Gewebes durch holzknäuel eingenommen wird, Fig. 622. Begonia discolor. Dieselbe Pflanze wie vorher mit Sproßknöllchen X, und A,. Nat. Gr. ein sehr stark entwickeltes Wund- dessen Ausbildung in diesen Maße 4* 592 J. Doposcheg-Uhlär, sowohl der Wasserleitung, als auch der Befestigung des abnormal an- sitzenden Sprosses gedient haben mag. Dem gegenüber konnte die Ausbildung von Siebröhren in diesem Falle entweder garnicht oder nur in ganz spärlicher Zahl konstatiert werden. Auch das dieses Holz- gewebe umgebende Parenchym ist abnormal weitlumig und hat stark verdickte Zellwände. Andererseits zeigt der Sproß apikalwärts der Knolle ein ganz normal ausgebildetes Leitbündelsystem. Da Czapek!°) durch seine Versuche an Vitisblättern nach- weisen konnte, daß der Massentransport der Assimilate nicht in den - Parenchymzellen, sondern in den Siebröhren stattfindet, eventuell auch noch in den dieselben umgebenden Leitscheiden, wie Schimper ”®) glaubte, so wäre das Fehlen dieser Leitungs- gewebe in dem vor- liegenden Falleein neuer Beweis für die Ansicht Czapek’s. Aus den Fig. 62 u. 62a ist ferner zu ersehen, daß auf der Wurzelteilseite des Mittelteils ziemlich spät noch Sproßregene- rate auftraten, die dann ohne weitere Längen- x entwicklung bald in Fig. 63. DBegonia discoler. S Sproßregenerate am Spr ö über- Wurzel- und Mittelteil mit basalen Knöllchen, S, spätes proßknöllchen über Sproßregenerat, X Sproßknöllchen. gingen, ähnlich und gleichzeitig mit den übrigen Achselknöllchen der Pflanze. Da diese Sproßknöllchen des Mittelteiles ihre Assimilate nur von dem Chlorophyllapparat des Mutter- sprosses bekommen konnten, so ist ersichtlich, daß an den Schnittstellen die Verhältnisse für die Stoffleitung eine ausreichende war. Die anatomische Untersuchung der Schnittstellen des Haupt- sprosses zeigte eine außergewöhnlich reiche Holzentwicklung an den basalen Schnittflächen des Gipfel- und Mittelteiles; dieselben waren auf ihrer ganzen Fläche mit Holzparenchym bekleidet. Es führte demnach die Wasserleitung vom Wurzelteil über das die Verbindung herstellende Rindenstück zum Mittelteil, in diesem entlang der. basalen Holzfläche zum Rindenverbindungsstücke mit dem Gipfelteil und entlang der basalen Holzfläche des letzteren weiter nach aufwärts. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 53 Die Wiederherstellung‘ der gestörten Leitungsbahnen an den operierten Pflanzen erfolgte schon sehr bald; denn die nach der Ver- wundung schlaff herabhängenden Blätter wurden schon nach 4—5 Tagen wieder turgeszent. Anfang Juli wurde auch der Versuch gemacht 1. ein längeres Internodialstück, 2. einen Knoten durch zwei Schnitte zu isolieren. Für jeden Fall wurden drei Pflanzen verwendet. Die Operation gelang, wie die Fig. 65 u. 66 zeigen, doch trat bis zum Ende der Vegetations- periode keinerlei Regeneration auf, wahrscheinlich wohl deshalb, weil der Versuch zu einer Zeit ausgeführt worden war, da das Wachstum der Pflanzen schon zu weit vorgeschritten war. Die früheren Versuche waren um mehr als einen Monat vorher angestellt worden. _ Zur selben Zeit wurde der Schnittversuch auch an drei Pflanzen von Begonia semperflorens ausgeführt. Zwei derselben hatten Mitte August am Mittelteil auf der Ober- teilseite Wurzeln getrieben, doch blieb eine weitere Regeneration aus. Derselbe Versuch wurde Mitte Juli auch an sieben Pflanzen von Gesnera graciosa angestellt. Sie befanden sich noch im vegetativen Stadium, Blütenknospen waren noch nicht angelegt. Diese Pflanzen erholten sich Fig. 64. Begonia discolor. Längsschnitt . . durch die basale Knolle eines regenerierten nur sehr langsam und zeigten sich Sprosses. S Sproßachse, X Knolle, #7 auch nicht so reaktionsfähig wie Wundholzknäuel im Verbindungsstücke . . . zwischen Regenerat und Muttersproßachse. Begonia discolor. Doch hatten sie 5mal vergr. einen Monat nach der Operation (Mitte August) ihre Achselknospen ausgetrieben und Blütenstände an- gelegt und Ende Oktober zeigten die sechs Pflanzen (eine war zu- grunde gegangen) folgende Erscheinungen: Vor allem fiel eine lebhafte Callusbildung auf, die sich an den Schnitträndern geschwulstartig vorwölbte (Fig. 67). Dieser Callus war bei den einzelnen Exemplaren verschieden angeordnet. Er beginnt öfters in den Ecken, wo die zwei Schnittflächen aneinander stoßen, verläuft dann entlang der beiden Schnittränder (Fig. 68, ZZ—-VT), verlängert sich nach abwärts parallel zur Längsachse des Sprosses, (Fig. 68, 7, ZT), kann auch entlang derselben eine Verbindung vom Gipfelteil zum Wurzelteil herstellen (Fig. 68 ZU/--VT). Fig. 68, 7 “zeigt aber auch, daß eine Callusgeschwulst entfernt von der Ver- 54 J. Doposcheg-Uhlär, wundungsstelle, warzenartig, direkt aus der Epidermis des Mittelteils heraus entstehen kann. Sprosse waren regeneriert worden in zwei Fällen an der Basis des Gipfelteils (Fig. 68, 777, VZ), einmal an der Basis des Mittelteils (Fig. 68, V); Wurzeln am Wurzelteil in zwei Fällen (Fig. 68, /Z7, VZ). In der Anordnung war demitach eine polare Verteilung nicht erfolgt. Der Verlauf des Callus ruft den Eindruck hervor, als ob derselbe eine zweite Stoffleitung vom Oberteil über den Mittelteil zum Wurzelteile bewirken würde als Ergänzung der mangelhaften inneren Leitung, zumal im Innern dieser Callusstränge auch Wundholz ausgebildet wor- den war. 7.Die Regeneration von Laub- sprossen und Zwiebelknöll- chen bei den Gesneraceen. Verschiedene Gesnera- ceen sind hinsichtlich ihrer vegetativen Fortpflanzung da- durch bekannt, daß sie im Boden Seitensprosse bilden, welche aus einer kurzen Achse nit dichtgedrängten Blättern bestehen, die mit Reserve- stoffen angefüllt sind. Diese einem kleinen Tannenzapfen ähnlichen Gebilde nennt PR HBN Goebel2!) Zwiebelknöllchen, . 65. egonia discolor. Isolierung eines ERuE R Bi Fi längeren Internodialstückes. "/, nat. Gr. da sie, äußerlich einem Knöll- chen gleichend, morphologisch an eine Zwiebel erinnern, nur daß bei denselben die Stauchung der Achse zum Zwiebelkuchen unterbleibt. Diese Zwiebelknöllchen werden normal schon zur Zeit; der Blüten- bildung angelegt und bilden nach dem Einziehen der Pflanzen im Herbst das Vermehrungsorgan für die nächste Vegetationsperiode. Als Versuchspflanzen dienten Achimenes Haageana, Achimenes hirsuta und Naegelia hybrida, Gartenbastarde, die im Münchener bota- nischen Garten in Kultur sind und auch im Samenkatalog von Haage und Schmidt in Erfurt angeführt werden. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 55 Goebel hatte die genannten Pflanzen mehrfach zu Versuchen über Regeneration und Polarität benützt. Verschiedene bei denselben entstandene Fragen über die Bedingungen, unter denen Regenerate entstehen, speziell worauf die Verschiedenheit in der Bildung von Laub- sprossen und Zwiebelknölichen beruht, gaben den Anlaß zu nachfolgen- den Versuchen. Versuch 1. Abhängigkeit der Regenerate von dem Ernährungszustande der Mutterpflanze. (Achimenes hirsuta.) Am 30. Juni wurden 10 Pflanzen von Achimenes hirsuta ihrer Sproßvegetationspunkte beraubt und bei voller Beleuchtung dem inten- siven Lichtgenusse über- lassen, ich nenne sie Lichtpflanzen. Hierbei sollte durch das Entfer- nen der Vegetations- punkte das Abfließen der Baustoffe von den Blät- tern zu denselben ver- hindert werden. Ebensoviele Pflan- zen wurden ins Dunkle gestellt, ohne daß die Sproßvegetationspunkte entfernt wurden — Dun- kelpflanzen. Auf diese Weise wurde in den Blättern der Lichtpflanzen eine möglichst große Anhäu- fung der Assimilate er- reicht, während bei den Dunkelpflanzen diese An- Semng arg Fig. 66. Begonia on arang eines Knotens. den von den so vorbehan- - delten Pflanzen annähernd gleichgroße Blätter in Sand gesteckt, der in der Folge zeitweise mit Nährlösung von der Crone behandelt wurde. 56 3. Doposcheg-Uhlär, A. Von den Lichtpflanzenstecklingen wurden 1. zwei Kulturen mit je 10 Blättern ans volle Tageslicht, 2. " » „10 „ Ins zerstreute Zimmerlicht; B. von den Dunkelpflanzenstecklingen 3. zwei Kulturen mit je 10 Blättern in volles Tageslicht, E ri vn 10 Pr ins Dunkle gestellt. Am 24. Juli hatten regeneriert: ad 1: Von den 20 am vollen Tageslicht befindlichen Lichtpflanzen- stecklingen alle reichlich Wurzeln und 17 Blätter auch Sprosse, drei bis sechs an einem Stecklinge in der Länge bis 1 em. Fig. 67a, Fig. 672, Fig. 670. Gesnera graciosa. Die Schnittränder sind durch Callusgeschwülste vor- gewölbt. ",, nat. Gr. Fig. 675. Wie vorher. ad 3: Von den 20 am vollen Licht befindlichen Dunkelpflanzen- stecklingen alle durchwegs nur Wurzeln, aber auch deren Ausbildung war bedeutend geringer als im Falle vorher; Sproßanlagen waren noch nicht zu sehen. ad 2: Von den Liehtpflanzenstecklingen im zerstreuten Zimmerlicht 19 Blätter Wurzeln, nur acht Blätter Sproßknospen, ein Blatt weder Wurzeln noch Sprosse, ad 4: Die Dunkelpflanzenstecklinge im Dunkeln weder Wurzeln noch Sprosse. Doch waren sie noch am Leben. Das Resultat des Versuches zeigt also, daß die Regenerate in quantitativer Beziehung abhängig sind von dem Ernährungszustande Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 57 der Stammpfianze, und zwar wohl in der Weise, daß die besser er- nährten Stecklinge in erster Linie befähigt sind, eine größere Anzahl von Wurzeln zu produzieren, welche sodann die Möglichkeit bieten durch reichere Zufuhr von Wasser und Aschenbestandteilen zu rascherer Sproßbildung überzugehen. Anfang Oktober waren von den ad 1 und 2 am vollen Tages- licht weiter kultivierten Lichtpflanzenstecklingen noch 30 vorhanden. Von denselben wiesen 25 Laubsprosse und Zwiebelknöllchen, vier nur Zwiebelkmöllehen auf (die Knöllchen befanden sich nur auf den Mutter- blättern, nicht etwa auch an den regenerierten Sprossen). Ein Blatt dieser Ver- suchsreihe war ohneRegenerat geblieben; es hatte nur an der Schnitt- fläche eine sehr starke Kallus- bildung. ‘Von den ad 3 am Licht belasse- nen Dunkel- Dilanzensteck- lingen besaßen (15 an Zahl) acht Exemplare Laubsprosse und Zwiebel- un 68. Glesnera graciosa. klang im Text, knölichen, fünf nur Zwiebelknöllchen, zwei weder Laub- noch Zwiebelsprosse, sondern nur Wurzeln. Ein nennenswerter Unterschied in der Entwicklung der Regenerate war demnach nicht mehr vorhanden. Die regenerierten Laubsprosse hatten eine Höhe bis zu 15 em erreicht, waren aber nicht in Blütenbildung eingetreten. Das Auftreten der Zwiebelknöllchen in dieser Zeitperiode (Herbst) entspricht den Versuchsresultaten Goebel’s 22). Die ad 4 im Dunkeln belassenen Dunkelblatistecklinge waren alle zugrunde gegangen. 58 . J. Doposcheg-Uhlär, Versuch 2. Knöllchenbildung an Sproßstecklingen. (Achimenes hirsuta.) Die Sproßregenerate des vorigen Versuches (Laubsprosse und Knölichen) wurden nunmehr, Anfang Oktober, von ihren Mutter- blättern abgetrennt und sowohl die Mutterblätter, als auch die abge- trennten Laubsprosse neuerdings gesteckt, mit Ausnahme von fünf Blättern, denen zur Kontrolle die Zwiebelknöllehen belassen wurden. Schon am 15. Oktober hatte sich an fünf der neu gesteckten Sproßstecklinge an der Spitze ein grünes Zwiebeiknöllchen, und an acht Stecklingen in den Blattachseln ebenfalls Zwiebelknöllchen gebildet, zu einer Zeit, da an der Basis der Stecklinge in der Erde höchstens drei bis vier ca. 1 cm lange Wurzeln entstanden waren. Vor der Abtrennung der Sprosse von den Mutterblättern war das ganze System Mutterblatt-4Laubsproß in normaler Knöllchenbildung gewesen, indem die von gemeinsamen Chlorophyllapparat erzeugten Assimilate zu der unterirdischen Reservestoffspeicherung verwendet wurden; der Strom der Assimilate bewegte sich also der Hauptsache nach zu den unterirdischen Sproßvegetationspunkten. Dadurch, daß aun die Sprosse abgetrennt worden waren, fehlten einerseits diese unterirdischen Anziehungspunkte der Assimilate, während andererseits die Bildung neuer Assimilate fortdauerte, die nun ihren neuen An- ziebungs- und Ablagerungspunkt in den oberirdischen Vegetations- punkten, der Sproßspitze und den Achselknospen fanden. Die geringe Entwicklung des Wurzelsystems zeigt, daß bis zu diesem Zeitpunkte Achsensubstauzen nur in sehr geringem Maße auf- genommen werden konnten, die Ausbildung der Knöllchen daher zum größten Teile auf organischen Substanzen basiert sein mußte. Es steht diese Luftknöllchenbildung bei Achimenes in Parallele mit den von Goebel ®®) bei den Ausläufern von Circaea intermedia gewonnenen Resultaten. Diese Pflanze bildet im Boden zahlreiche Ausläufer, welche ebenso wie» die Achimenesknöllchen als Vermehrungsorgan für die nächste Vegetationsperiode dienen. Goebel schnitt im Herbste Laub- sprosse von Üirceae ab und fand, daß sich Ausläufer nicht nur im Boden regenerierten, sondern die Produktion von Reservestoffen seitens der Pflanze war so bedeutend, daß sich auch die Sproßspitze in einen Ausläufer (die Ablagerungsstätte für Reservestoffmaterial) umwandelte. Goebel nimmt hier an, daß Auslänferbildung dann eintrete, wenn die Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 59 Menge organischer Substanzen, welehe dem Vegetationspunkte zugeführt wird, im Verhältnis zu den Aschenbestandteilen größer ist, als die, welche die Laubsproßbildung bedingt. Die Luftknöllchenbildung der Achimenesstecklinge stützen diese Annahme. Auı 15. November waren von den alten Blattstecklingen noch 40 am Leben. Davon waren drei ohne Sproßregenerat; zwei Blätter hatten neuerdings einen Laubsproß, ein Blatt ein Mittelding zwischen Laubsproß und Zwiebelknöllchen, und die restlichen 34 hatten in zweiter Ernte Zwiebelknöllchen produziert. Von Interesse sind die zwei Blätter, welche im Gegensatze zu dem Gros der anderen Blätter das Stadium der Knöllchenbildung be- reits überwunden hatten und schon wieder zur Sproßbildung über- gegangen waren. Auch das Blatt, welches ein Mittelding zwischen Sproß und Knöllchen zeigte, ist als Übergang hemerkenswert. Dieser Sproß ist kurz gestaucht, die Blätter sind mit Beservestoffen angefüllt, jedoch untereinander frei, nicht so dicht aneinander gedrängt, wie bei ‚den Zwiebelknöllchen. Dasselbe Bild zeigt das über der Erde beäindliche Yo Regenerat bei Goebel ®*). Fig. 69. Achimenes hirsuta. Biatt- Die neu gebildeten Knöllchen stecklingmitZwiebelknölichenregenerat wurden nunmehr zum zweiten Male #' ne einem Blattzahm. © Callusbiläung abgenommen. Anfang Januar hatten diese Blätter neuerdings Zwiebelknöllchen erzeugt. Dritte Ernte. Anfang März waren noch 11 Blätter vorhanden, alle mit Knöll- chen, die dann im April austrieben, wobei die Mutterblätter zugrunde gingen. Auch die fünf Kontrollblätter, denen die Knöllchen belassen worden waren, waren bereits Ende Dezember zugrunde gegangen. Es hat demnach den Anschein, daß die Entfernung der Zwiebel- knöllchen als Reiz wirkt zur Erzeugung von neuen Knöllchen und viel- leicht auch zur Verlängerung des Lebens des Mutterblattes. Ein gänzlich anderes Verhalten zeigte jenes Blatt, welches von Anfang an keine Wurzeln bildete, auch späterhin nur eine starke Callusbildung an der Schnittfläche aufwies, Nachdem es so fast sechs Monate in Kultur gewesen war, zeigte sich Ende Dezember an der Spitze eines Blattzahnes eine stecknadelkopfartige Verdickung, welche sich Anfang 60 J. Doposcheg-Uhldr, Januar zu einem Zwiebelknöllchen entwickelte, und nun direkt dem Blattzahne aufsaß (Fig. 69. 14 Tage später trat an einem anderen Blattzahn in der Nähe des bereits vorhandenen Knöllchens ein zweites auf, Wurzeln hatten sich noch immer nicht gebildet. Diese Tatsache ist nun deshalb von Interesse, weil sie zeigt, daß auch Blätter mit geringer Wasseraufnahme (durch die Epidermis auf- genommene Wassermengen können wohl nur minimale sein) und also auch ohne Aufnahme von Aschenbestandteilen Neubildungen produzieren können, was bis nun nur von Reservestoffbehältern (Knollen, Inter- nodien) bekannt war. Das Blatt, hatte eben durch die Assimilations- tätigkeit während der sechsmonatlichen Kulturzeit den Charakter eines Beservestoffbehälters erlangt. Da nun für das aufgestapelte Baumaterial an der normalen Abbaustelle an der Basis des Blattstieles scheinbar dureh irgendwelche innere Verhältnisse (Verstopfung der Leitbahnen) der Abfluß verhindert war, wurde an den Blattzähnen, wo ja Leitbündel endigen, eine günstige Aufbaustelle für die immer neu zufließenden Assimilate gefunden. Versuch 3. Regeneration an Sprossen nach Entfernung der Vegetationspunkte. Wasserkultur. (Naegelia hybrida.) Naegelia hybrida, ein Gartenbastard, erzeugt nicht wie Achimenes. hirsuta rundliche Knöllchen, sondern derbe bis 5 em lange Zwiebel- sprosse, An drei Pfianzen wurden die Sproßachsen soweit abgenommen, daß nur mehr zwei Blattpaare an derselben standen; es wurden ferner die Vegetationspunkte in den Blattachseln, die am Stamm in der Erde bereits angelegten Zwiebelsprosse und der untere Teil der Achse, an dem die Wurzeln saßen, abgeschnitten. Die so vorbehandelten Steck- linge wurden am 10. Mai in Nährlösung von der Crone gebracht. Als. Vergleichskultur dienten drei gleichweit entwickelte Pflanzen ebenfalls in Nährlösung von der Crone, welchen aber sämtliche Sproßvegetations- punkte belassen und nur die Achsenteile, an denen die Wurzeln saßen, entfernt worden waren. Schon nach 14 Tagen zeigten sich in der Lösung an Stelle der abgeschnittenen Zwiebelsprosse noch nicht differenzierte Sproßknospen, und am 21. Juni waren die Regenerate der Kultur ohne Vegetations- punkte in folgender Weise vorgeschritten: Pflanze I und II hatten an den Schnittflächen des untersten Knotens zwei dicke, an der Spitze verzweigte und etiolierte, bis 3 em > Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 61 lange Laubsprosse gebildet, deren Blätter aber noch ganz rudimentär waren. Pflanze III hatte am untersten Knoten zwei ebensolche, aber nur 1 cm lange Sprosse, am nächst höheren Knoten drei halboffene Zwiebelsprosse. An der oberen Schnittfläche der Sprosse und in den Achseln der Blätter zeigte sich erst der Beginn einer noch nicht klar ausgesprochenen Regeneration. Es tritt hier also eine Bevorzugung der Regeneration an der Basis der Sprosse auf, au der die Sproßbildung, allerdings in Ver- bindung mit der Niederlage von Reservestoffen, weit vorausgeeilt war gegenüber der Regeneration an der Spitze der Stecklinge. . 22. Juli, einen Monat später, waren in der Lösung in den Achseln der bereits gebildeten Sprosse und höher oben am nächsten Knoten Knöllchen entstanden. Die bereits ‘erzeugten Sprosse waren nicht mehr weiter gewachsen, die Pflanzen waren im unteren Teile ihrer Achsen in das Knöllchenstadium übergegangen. Die Ursache dieser Veränderung konnte nicht festgestellt werden. Gleichzeitig waren an der oberen Schnittfläche des Sprosses zahl- reiche (bis zu 12 Stück) grüne, halboffene Zwiebelsprosse gebildet worden, deren Blättchen dicht behaart und eng gedrängt an der kurzen Achse standen. War im früheren Zeitpunkte in der Lösung eine Mittel- bildung zwischen Laubsproß und Reservestoffbehälter konstatiert worden, so zeigte sich nun auch hier ein Mittelding. Die Pflanzen hatten noch nicht die entscheidenden Bedingungen, um entweder direkt zur Laub- sproß- oder Knöllchenbildung überzugehen. Da Pflanze II in der Mitte der Sproßachse anfaulte, wurde der kranke Teil abgeschnitten und die obere Hälfte mit den Blättern in Erde übersetzt. Die Vergleiehskultur, welcher die Vegetationspunkte belassen worden waren, hatte an dem über Wasser befindlichen Teile ihr vegeta- tives Wachstum fortgesetzt, die Achse verlängert und neue Blätter entwickelt. An den in der Lösung befindlichem Teile der Pflanze I befanden sich fünf 1—1°/, cm lange, normal entwickelte, nichtverdiekte Sprosse. An den Teilen der Pflanze II und III war erst der Beginn von Regeneraten zu bemerken. Dieses Verhalten der Pflanze I tritt im Gegensatz zu dem Verhalten der Sprosse in Erdkultur, wo die unter der Erde befindlichen Teile der Sproßachsen immer nur Zwiebel- sprosse erzeugen. Diese Tatsache bildet den Ausgangspunkt für eine Reihe später folgender Versuche. 62 J. Doposcheg-Uhlär, Anfang September hatte der angefaulte und in Erde über- setzte Steckling II die grünen Knöllchen zu 2 cm langen walzenförmigen Blattäbren weiter entwickelt, die sich an der oberen Schnittfläche in Form eines großen Sternes ausbreiteten (Fig. 70) und Ende Oktober erst war eine dieser Ähren zu einem normalen Sprosse weitergewachsen, der nun die Hauptachse fortsetzte und bereits zwei normal entwickelte Blattpaare aufwies, Auch die Blättchen an der Spitze der anderen Ähren hatten an Blattfläche gewonnen, doch war das Streckungswachs- tum nicht eingetreten (Fig. 71). Daß dieses unterblieb, ist wohl darauf zurückzuführen, daß der Vegetationspunkt des neuen Hauptsprosses — sowie dies Goebel?) für Bryophyllum nach- wies — alle verfügbaren Baustoffe für sich in Anspruch nahm und so das Wachstum der an- deren Sprosse hemmite. . Da dieser Steckling ohne alle Wurzeln in die Erde übersetzt wor- den war, darf man wohl auch hier annehmen, daß der Mangel des Wurzelsystems und der damit verbundene Man- gel an Aschenbestand- teilen das lange Zurück- Fig. 70. Naegelia hybrida. Sproßsteckling mit walzen- bleiben auf dem zwiebel- förmigen Sproßregeneraten aus der oberen Schnitt- . ß fläche, Nat. Gr. sproßartigem Stadium der Regeneratebedingte. Erst nachdem sich das Wurzelsystem ausgebildet hatte, konnte der eine Sproß seine Achse verlängern und zu normalem Wachstum über- gehen. Um dieselbe Zeit (Ende Oktober) waren an den in der Lösung verbliebenen Pflanzen I und II die an der oberen Schnittfläche be- findlichen Blattknöllchen geöffnet; sie zeigten nunmehr eine büischel- förmige Anordnung, ohne daß sie ihre Achsen gestreckt hatten (Fig.72). Im Raume zwischen Kork- und Lösungsoberfläche befanden sich Zwiebel- Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 63 knöllchen, von denen zwei an der Spitze wieder in Sproßbildung eingetreten waren. — Die an der Basis entstandenen Sprosse waren verfault. “ Die Vergleichskultur mit Vegetationspunkten zeigte zu diesem Zeitpunkte an den Hauptachsen Blütenstände, deren Blüten knapp vor der Anthese standen. Auch in den Blattachseln befanden sich ca. 2 cm lange Blütenstandanlagen. An den in der Lösung befindlichen Achsen- teilen saßen auch hier Knöllchen, nachdem die früher erzeugten Sprosse verfault waren. Wenn wir die Ergebnisse dieses Versuches üherblicken, so fällt besonders auf, daß zu Beginn der Kultur an den in der Lösung befindlichen Teilen der Sproßachse, sowohl bei den Stecklingen ohne als auch bei den- jenigen mit Vegeta- tionspunkten, Sprosse regeneriert wurden: Hierbei zeigte sich der Unterschied, daß im ersteren Falle die Re- generateabnormaldick und mit Reservestoffen angefüllt waren, wäh- rend im zweiten Falle die regenerierten Sprosse den gewöhn- lichen Typus etio- ü Fig. 71. Naegelie hybrida. Dieselbe Versuchapflanze ierter Dunkelsprosse wie in Fig. 70. Nur ein Sproßregenerat entwickelte sich zeigten. Abgesehen weiter. Nat. Gr. davon, daß die Laub- sproßbildung in der Lösung gegenüber der Knöllchenbildung in der Erde überhaupt als Novum in die Erscheinung trat, kann man sich den Unterschied in der Ausbildung der Sprosse wieder durch die An- oder Abwesenheit der Vegetationspunkte erklären. In dem einem Falle arbeitete der Chlorophyllapparat hauptsächlich für die an der Basis zuerst entstandenen Vegetationspunkte und erst später auch für die an der oberen Schnittfläche aufgetretenen Sproßregenerate, während im anderen Falle die Assimilate sowohl die bereits vorhan- denen als auch die erst später an der Basis aufgetretenen Vegetations- 64 J. Doposcheg-Uhlär, punkte versorgen müssen. Daß bei den vegetationspunktlosen Steck- lingen die Regenerate zuerst in der Lösung auftraten und so eine be- ‘ deutende Bevorzugung der Basis gegenüber der Spitze entstand, kann “man sich vielleicht damit erklären, daß an den Verwundungsstellen (am basalen Sproßende und an den Knoten) die anorganischen Baustoffe in erster Linie zur Verfügung standen und daselbst eben den Anlaß zu Neubildungen gaben. Versuch 4. Vergleichende Stecklingskultur in Nährlösung, Leitungs- und Schneewasser. {(Achimenes Haageana.) Gleichzeitig mit dem vorhergehenden Versuche wurden (10. Mai) auch vier Pflanzen von Achimenes Haagesna in Nährlösung von der ' 'Crone gebracht. Die Versuchspflanzen waren 8—10 em hoch, mit ca.2 mm dicken Sproß- achsen; in den Blatt- achseln hatten sich ab- -norımerweise bereits Knöllchen entwickelt. Diese sowie die Blätter der unteren Stämmehen- hälfte wurden entfernt. Das Glasgefäß war, wie bei allen Wasserkul- turen, verdunkeli. Am ‚24 Mai waren an Stelle der entfernten Zwiebelknöllchen Blü- tenknospen aufgetre- ten (vielleicht aus la- 5 A 2, Naogalin ybrida, Steckling in Nährlösung tenten Anlagen), von altivie: ier Raum zwischen Kork und Lösungs- j oberfläche, 2 Lösung, Z Zwiebelknöllchen im Begriffe denen einzelne gerade auszutreiben. °/, nat. Gr, vor der Anthese stan- den. An den unter- getauchten Teilen befanden sich an den Schnittstellen zahlreiche etio- lierte Sprosse.. Während also die Pflanzen durch die Topfkultur oder infolge mangelhafter Funktion der Wurzeln vor dem Versuche rn Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 65 im Stadium der Kuöllchenbildung gestanden waren, hatte die veränderte Kultur in der Nährlösung die Bedingungen zur Blüten- und Sproß- bilduug geschaffen. j "Dabei könnte man allerdings auch denken, daß nicht die eben genannte veränderte Kultur, sondern die Abtrennung der Knöllchen diese Veränderung herbeigeführt habe. Eine ganz überraschendes Bild zeigten diese Kulturen bei der Untersuchung am 18. Juni. Die Blütenknospen waren in der drei- wöchentlichen Kulturzeit nicht weiter vorgeschritten, sie waren geschlossen ge- blieben und entwickelten sich auch in der Folge nicht mehr weiter. Die Sproß- spitzen von drei Pflanzen hatten sich in Zwiebel- knöllchen umgewandelt und bei allen vier Pflanzen waren in den Blattachseln zahlreiche Knöllchen auch neben den geschlossenen Blütenknospen entstanden. ' Im Glasgefäße, welches nicht voll angefüllt war, so daß zwischen Kork- und Lösungsoberfläche ein ea. 3 cm hoher, freier Rauiı sich befand, waren in letzterem an den Sproß- ‚achsen ebenfalls Knöll- Fig. 73. Achimenes Haageana. Steckling in Nähr- I lösung. Im freien Raume 4 entstanden Knöllchen, chen aufgetreten. Der un in der Lösung 3 Sprosse, an der Grenze der der Lösung befindliche fiässigkeitsoberfläche s Mittelbildungen. %/, nat. Gr. Teil der Sproßachsen war im Gegensatze zu den anderen Teilen derselben auf der Sproß- bildung beharrt. Nur in der Nähe der Flüssigkeitsoberfläche zeigten sich Übergangsformen zwischen Knöllchen und Sproß in Gestalt vom halbgeöffneten Knöllchen, oder es waren die bereits entwickelten Sprosse an der Spitze in Knöllehenbildung eingetreten (Fig. 73). " Wodurch diese Umstimmung vom klühbaren Stadium zum Stadiem der Knöllchenbildung hervorgerufen wurde, nachdem letzteres ja vor Flora, Ba. 102. 5 66 3. Doposcheg-Uhlär, Beginn der Kultur vorhanden gewesen war, konnte nicht ermittelt werden, da ja die Pflanzen scheinbar immer unter denselben Kultur- bedingungen gehalten wurden. Das Übergehen der an Luft befindlichen Sproßspitzen in Zwiebel- knöllchen erinnert an dieselbe Erscheinung im Versuch 2, wo die von den Mutterblättern abgetrennten Sprosse bei der Kultur in Erde ihre Gipfel ebenfalls in Zwiebelknöllchen umwandelten. Auch bei diesem Versuche trat ferner in Erscheinung, daß in der Lösung anfänglich Sprosse regeneriert wurden, im Gegensatz zur Erdkultur, wo Knöllchen entstehen. Hier fällt auch noch die Tatsache auf, daß an der Grenze zwischen Lösung und dem freien Raume über derselben Mittelbildungen entstanden. Um diesen Unterschied etwas klarer zu legen, wurde der Versuch dahin erweitert, daß je drei Pflanzen von Achimenes Haageana in Leitungs- und Schneewasser gebracht wurden (Schneewasser wurde verwendet, um die Giftwirkungen des destillierten Wassers zu ver- meiden). Gleichzeitig wurde eine aus drei Pflanzen bestehende Kontroll- kultur in Nährlösung angesetzt. Am 22. Juli zeigten die Pflanzen dieser Versuchsreihe in den Blattachseln Blütenknospen, und an den eingetauchten Achsenteilen noch nicht differenzierte Sproßanlagen, nur mit dem Unterschiede, daß die Blütenknospen der Nährlösungskultur viel weiter entwickelt waren, als die der Kulturen in Leitungs- und Schneewasser. Bei den Pflanzen des ursprünglichen Versuchs war zu diesem Zeitpunkte die Knöllchenbildung in den Blattachseln und in freiem Raume unter dem Kork fortgeschritten, es standen vier bis fünf Knöllchen in einer Blattachsel. Unter dem Korke hatte sich an einer Pflanze ein Knöllchen an der Spitze gestreckt, so, als ob es zu einem Sprosse weiter wachsen wollte, war aber dann wieder zur Knöllchen- bildung zurückgekehrt, so daß sich zwei Knöllchen an einer Achse be- fanden. In der Lösung war dasselbe Verhältnis wie vorher, mit der Ausnahme, daß an einer Pflanze nunmehr auch an der Basis des Sprosses ein großes Knöllchen sich gebildet hatte. Am 3. September boten sich in der zweiten Versuchsreihe (vom 18. Juni) folgende Verhältnisse dar: Die Pflanzen in Nährlösung standen in voller Blüte; eine Pflanze wies neben den Blüten in den Blattachseln auch Zwiebel- knöllchen auf. An den Spitzen befand sich kein Knöllchen. An den untergetauchten Achsenteilen waren Sprosse vorhanden, drei bis vier an Zahl. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 67 Die Leitungswasserpflanzen hatten in den Blattachseln erst Blüten- knospen angesetzt, Knöllchen waren nicht aufgetreten. In der Lösung waren Sprosse entwickelt, die allerdings kurz gestaucht waren und die Blätter eng gedrängt aneinander hatten, also wiederum eine Mittel- bildung zwischen Laubsproß und Knöllchen darstellten. Bei den’ Schneewasserpflanzen zeigte sich die Blütenentwicklung wie vorher, Luftknöllchen waren nicht vorhanden, dafür aber waren im Wasser an den Achsen zahlreiche bis 1%/, em lange Knöllchen auf- getreten. . Es wäre somit hierdurch der Beweis erbracht, daß die Konzen- tration der Nährstoffe einen Einfluß darauf hat, ob die in der Lösung entstehenden Regenerate zu Laubsprossen oder zu Zwiebelkuöllchen werden. In welcher Weise dieser Einfluß wirksam werden kann, wird erst am Schlusse dieser Versuche erörtert werden. An der Schneewasserkultur fiel ferner auf, daß das Wurzelisystem der Pflanzen außerordentlich reich und schön entwickelt war, vielleicht drei bis viermal so reich wie an den Pflanzen der anderen Kulturen. Ganz besonders zeigten an den Enden der Wurzeln die Wurzelhaare eine ganz enorme Ausbildung; sie umgaben die Wurzeln in einer Länge von 2 cm als ein dichtgedrängter Pelz, während in den anderen Kul- turen Wurzelhaare gar nicht oder nur in sehr geringem Maße gewachsen waren, wie dies bei Wasserkulturen vorkommt [Jost?)]. Eine ähn- liche Erscheinung beobachtete Benecke?"), indem er eine Wachstums- steigerung der Wurzeln in nährstoff‘, besonders stickstoffarmen Böden feststellte, ebenso wie auch Snell?®) bei Ranunculus fluitans. Die Pflanzen des Anfangsversuchs wiesen um diese Zeit keine besondere Veränderung auf, sie gingen im Laufe des Herbstes von oben her zugrunde. Versuch 5. Stecklingskultar in Nährlösung bei Herabsetzung der Transpiration. (Achimenes Haageana). Um einen eventuellen Einfluß der verminderten Transpiration auf die Laubsproß- und Knöllchenbildung zu beobachten, waren gleichzeitig mit der zweiten Kulturserie des vorhergehenden Versuchs (18. Juni) sechs Pflanzen von Achimenes Haageana, welche nur erst den Chloro- phyllapparat entwickelt hatten und noch keine Knöllchenbildung zeigten, in Nährlösung gebracht und über die Kulturgefäße große Glasglocken gestülpt worden. ° Als Vergleichskultur ohne Glasglocke diente die Ver- gleichskultur des vorigen Versuches. 5* 68 J. Doposcheg-Uhlär, Am 22. Juli hatte sich außerhalb der Lösung nur das Sproßwachstum weiter entwickelt, während die Vergleichskultur Blütenknospen aufwies; von denen einzelne dem Aufblühen nahe waren. In der Lösung waren bei beiden Kulturen Sproßanlagen entstanden, von welchem in der Kultur mit Glecke drei bereits zu Sprossen ausgewachsen waren. 7. September. In der Kultur mit Glocke konstatierte ich, daß die oberirdischen Sproßachsen sieh verzweigt hatten, reich im Laube standen und die Internodien langgestreckt waren. In der Lösung be- fanden sich dicht gedrängt zahlreich. etiolierte Sprosse. - Alse weder Blüten noch Knöllchenbildung, während die Vergleichskultur ohne Glocke um diese Zeit in voller Blüte stand und eine Pflanze in den Blatt- achseln auch Knöllchen gebildet hatte. In der Lösung waren ebenfalls nur Sprosse. i Die bisherigen Resultate machten die Annahme wahrscheinlich, daß die Herabsetzung der Transpiration die Blüten- und Knöllchenbildung hintan halte, das vegetative Sproßwachstum aber fördere. Am 7. Oktober zeigte sich bei den Kulturen unter der Glas- glocke an einer Pflanze im freien Raume zwischen Lösung und Kork ein großes Knöllchen, und die unter Wasser befindlichen Sprosse waren auch im Begriffe an der Spitze a Ale \ in Knöllchenbildung einzutreten (Fig. a en langoana: Kultar 74). An der außer dem Gefäße befindlichen Achse waren noch keine Kuöllchen zu sehen, wohl aber zeigten sich an derselben zahlreiche Wurzeln. - Die Vergleichskultur hatte bereits abgeblüht und an allen Pflanzen waren zahlreiche Knöllchen in den Blattachseln vorhanden. Eine der beiden unter Glasglocken gestandenen Kulturen wurde nunmehr (7. Nowember) ohne Glasglocke weiter kultiviert, die andere unter der Glocke belassen, . Studien zur Regeneration und Poiarität der Pflanzen, 69 Nach 3 Wochen hatten die Pflanzen der ersteren Kultur (ohne Glocke) in den Blattachseln zahlreiche Knöllchen. In der Lösung waren an der Achse neue Knölichen entstanden und auch die Sprosse beugten sich unter der Last ihrer stattlichen Gipfelknöllchen. Es ist dies also dasselbe Resultat, wie in der Vergleichskultur. Die Kultur mit Glasglocke war in dieser Zeit leider eingegangen, so daß ein abschließendes Urteil über den Einfluß der Transpirations- herabsetzung durch diesen Versuch nicht gefällt werden konnte. Versuch 6. Vergleichende Kultur von Sproßstecklingen in Lösung und Erde. (Naegelia hybrida.) Um die hinsichtlich der Sproß- und Knöllchenbildung bis jetzt gemachten Erfahrungen zu überprüfen, wurden Hälfte September noch vergleichende Versuche mit Stecklingen in Erde und Nährlösung angestellt; speziell auch aus dem Grunde, weil um diese Zeit die Pflanzen das Sproßwachstum einstellen und ausschließlich Zwiebel- knöllchen erzeugen. Benützt wurde die im Münchener botanischen Garten noch zur Verfügung stehende Naegelia hybrida, welche sich dadurch charakterisiert, daß ihre Hauptachse eine Blütentraube bildet. Die Pflanzen waren kräftig entwickelt, jedoch noch mit geschlossenen Blüten. Auch in den Blattachseln befanden sich ca. 1 em lange An- lagen zu Blütenständen. In der Erde waren bereits Knöllchen auf- getreten. Die Versuchspflanzen wurden an der Basis soweit abgeschnitten, daß sich an denselben keine Wurzel mehr befand; je drei Pflanzen wurden in Nährlösung von der Crone gebracht, drei Pflanzen in Erde gesteckt und beide Kulturen unter sonst gleichen äußeren Bedingungen gehalten. Einen Monat später (17. Oktober) hatten sich an der Wasser- kultar von der Schnittstelle und auch von den Internodien aus kräftige, lange Wurzeln gebildet. Gleichzeitig war die Spitze des Blütenstandes (Goebel®) im Begriffe sich in ein Zwiebelknöllchen umzuwandeln. Diese letztere Erscheinung zeigte sich auch an den Blütenständen der Erdkultur. Die obersten Deckblätter der Blütenknospen waren mit ‚Reservestoffen angefüllt, verdickt, die Weiterbildung der innerhalb der- selben befindlichen Blütenknospen unterblieb. Die tiefer unten stehenden schon weiter vorgeschrittenen Blütenknospen vertrockneten, sie schienen gar keine Baustoffe mehr zu erhalten, es wurde alles zur Knöllchen- bildung mobilisiert. 70 J. Doposcheg-Uhlsr, 24. November. Auch die Spitzen der Nebenblütenstände waren zu Knöllchen weiter gewachsen und teilweise größer geworden als die des Hauptblütenstandes, An den Sproßachsen in der Lösung wuchsen aber die früher schon aufgetretenen Knospenanlagen zu Laubsprossen weiter, es befanden sich deren zwei bis drei an jeder Pflanze. Es ist also wiederum zu einer Zeit, wo die Pflanze an sämtlichen Vegetationspunkten an der Luft in Knöllchenbildung sich befand, in der Lösung Sproßbildung aufgetreten (Fig. 75). . Bei Untersuchung der Erdkultur zeigte es sich, daß im Gegen- satze zur Wasserkultur an der Basis und den Internodien der Sprosse 1!/, em lange Zwiebel- knöllchen vorhanden waren, das gewöhn- liche Verhalten dieser Pflanzen. . Versuch 7. Vergleichende Kultur von Blatistecklingen ia Lösung und Erde. (Naegelia hybrida.) Zur selben Zeit wie im Versuche vorher wur- de noch ein Parallelver- Fig. 75. Naegelia hybrida. Sproßsteckling in Nähr- i . lösung. X—-K, grüne Knöllchen, S Laubsprosse. such mit Blattsteck- Y, nat. Gr. lingen dieser Pflanze angestell. Es wurden sechs Blätter in Nährlösung gebracht und ebenso viele in Erde gesteckt. Ende November waren an den Wasserkulturen zahlreiche etio- lierte Sprosse zu sehen, an den Erdkulturen. traten bei allen Steck- lingen Knöllchen in Erscheinung, wie sie ja auch schon bei den Kul- turen des vergangenen Jahres aufgetreten waren, und wie sie auch schon Goebel®) bei seinen vergleichenden Versuchen beobachtet hatte (Fig. 76 a, 8.) Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 7 Versuch 8. Blütenstandsteckling ohne Blätter in Nährlösung. (Naegelia hybrida.) Die Blütenstände von drei Pflanzen (ohne Laubblätter) wurden 17. September.in Närlösung gestellt. Nach 2 Wochen wurden die Spitzen derselben zu Knöllchen. Diese terminalen Knöllchen trieben bei zwei Stecklingen aus der Achsel eines Knöllchenblattes ein Seiten- knöllchen, bei der dritten Pflanze entstanden deren zwei. Aber auch weiter unten im Blütenstande war in der Achsel des Tragblattes einer noch nicht offenen Blüte ein Knöllehen entstanden. Bei diesem Ver- suche ergab sich ein bemerkenswerter Unter- schied gegenüber der Wurzelbildung bei den Stecklingen des Ver- suches 6. ‘Während bei dem letzteren schon einen Monat nach Be- ginn des Versuches ein kräftiges Wurzelsystem regeneriert worden war, konnte in der neuen Kultur erst nach 2 Mo- naten bei einem Steck- ling eine nur 5 mm lange Wurzel konsta-. tiert werden, und auch bis Mitte Dezember, wo Kir. 760. Naogeli vn ;da. Blatistocklinz, in Nähr i s ig. 76a. Naegelia rida. Blatisteckling, in - die Steeklinge von unten ® lösung, Tegenerierte Laubsprosse. Nat. Gr. her zu faulen begannen, , war keine neue Wurzel aufgetreten, und auch die eben erwähnte Wurzel war nur 2 cm lang geworden. Da in diesem Versuche die Stecklinge sich ohne Biätter befanden, im Versuch 6 dieselben aber vorhanden waren, so kann man wohl das Ausbleiben der Wurzelbildung mit dem Fehlen des Assimilations- apparates in Verbindung setzen. Es erinnert diese Tatsache auch an die Versuche mit Begonia diseolor. Die Internodien dieser Pflanze, obwohl sie in feuchtem Hafen 12 J. Doposcheg-Uhlär, hingen, regenerierten niemals Wurzeln. An den mit Blättern ver- sehenen Sproßachsen des Zweischnittversuches aber entstanden in der nur mäßig feuchten Luft des Glashauses sehr bald und zahlreiche Wurzeln in der Nähe der Schnittstellen, Ursachen der Laubsproß-Regeneration in Nährlösung und Zwiebelknöllchenbildung in Erde. Wenn man nach den Ursachen dieser Verschiedenheit hinsichtlich der Regeneration fragen will, so muß zuerst: festgestellt werden, welche ö Unterschiede in den beiden Medien, Lösung und Erde, bezüglich der den Pflanzen sich darbietenden Er- nährungsverhältnisse herrschen. Es ist bekannt, daß bei Wasserkulturen eine Hemmung der Transpiration stattfindet, daß freier Sauerstoff und Kohlensäure in bedeutend geringeren Quantitäten zur Verfügung stehen, als bei der Erdkultur. Da diese Ver- hältnisse aber sewohl bei den Kulturen in Nährlösung, als auch bei den in Leitungs- und Schneewasser dieselben sind, und dennoch in dem einen Falle Laubsprosse, im anderen Knöllchen. Fig. 762. Naegeliahybrida. Blattstgck. Gebildet werden, so kann man die ling, in Erde, regenerierte Zwiebel. eben angeführten Unterschiede bei Inöllchen. Nat. Gr. der Frage nach den Ursachen wohl außer Betracht lassen. Ein weiterer Unterschied hinsichtlich der dargebotenen Baustoffe liegt darin, daß in der Lösung diese Baustoffe in konzentrierter Form aufnahmsbereit vorhanden sind, während in Erde einzelne Stoffe zum Teile erst durch das Ausscheiden des Wurzelsekrets in lösliche Form gebracht werden müssen. Es sind also für die Stecklinge in Erde in dieser Hinsicht, so lange sie noch keine Wurzeln haben, ähn- liche Verhältnisse vorhanden, wie für die Stecklinge im Schneewasser, obwohl in der Erde genügend, im Schneewasser fast gar keine Nähr- stoffe vorhanden sind. Da nun aber in der Nährlösung das Nährmaterial in Form einer mehr oder weniger konzeutrierten Salzlösung vorhanden ist, kann diese auf osmotischem Wege die Ernährungsbedingungen des Stecklings je nach dem Grade ihrer Konzentration in verschiedener DEE EEE TE EEE EEE EEE ABER ET Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen, 73 “Weise beeinflussen. Nehmen wir an, der Steckling werde von einer Pflanze ‚genommen, die sich bereits im Stadium der unterirdischen Knöllchenbildung befand. Die von den Blättern gebildeten Assimilate (also hier, da die Knöllehen sehr stärkereich sind, besonders Zucker) müssen zum Zwecke der Knöllchenbildung nach abwärts geleitet werden. Da der Steckling sowohl an seiner Basis eine große Schnittfläche als auch an den Knoten, wo die Blätter standen, ebenfalls Wundstellen besitzt, so kann durch diese Tore die Nährlösung die Ernährung der Pflanze in verschiedener Weise beeinflussen. Es können die anorgani- schen Elemente durch Saugung aufgenommen werden, aber sie können auch, wenn die Außenkonzentration eine größere ist, als die Konzen- tration im Inneren der Gewebe auf den Inhalt derselben eine’ noch ganz andere Wirkung ausüben. Hansteen2) und Puriewitsch-%) wiesen nach, daß aus kei- menden Samen, wenn man ihnen den Keim wegnimmt, ferner aus Knollen, Rhizomen, sogar aus Zweigen Zucker aus dem offenen Ge- webe in die umgebende Flüssigkeit diffundierte, daß dieses Ausströmen aber wieder zum Stillstamde kam, wenn die Außenkonzentration der Zuckerlösung der inneren die Waage hielt. Allerdings konnte Purie- witsch bei keimenden Samen durch Kochsalz und Kalisalpeterlösungen den Austritt von Zucker auch verhindern. An eine ähnliche Beeinflussung durch die Konzentration der Nährlösung wäre bei den Gesnerastecklingen zu denken; dieselbe müßte auf die Stoffleitung derart einwirken, daß es unmöglich würde, in dem neu regenerierten Sprosse die Ansammlung von Assimilaten und die Umbildung derselben zu einem Reservestoffbehälter zu veranlassen. Aber auch, wenn die Wundflächen bereits geschlossen wären, so ist ja eine Beeinflussung der Innenkonzentration durch die Außenkonzen- tration noch immer mittels der neu entstandenen Wurzeln möglich, welche ja in Nährlösungen vielfach keine Wurzelhaare ausbilden, sondern die Nährstoffe dnrch die Epidermis der Wurzeln aufnehmen, oder ihnen auch durch dieselben einen Austritt gestatten müßten. Da übrigens auch die Cutieula der Blätter eine gewisse Permeabilität aufweist, wie Molisch 1) an den Blättern von Helianthus nachwies, könnte man daran denken, daß eine Beeinflussung des Plasmas auch durch die Cuticnla des jungen, in der Nährlösung untergetaucht wachsenden Sproßregenerates erfolgt. Daß infoge der Wasserkultur nicht nur or- ganische Baustoffe, sondern auch Aschenbestandteile aus der Pflanze austreten können, wäre bei der in Rede stehenden Frage ebenfalls in Erwägung zu ziehen (Wilfahrt®*), Deleano®”,. 74 J. Doposcheg-Uhlär, Nachtrag. Nach Abschluß vorliegender Ausführungen — Ende Februar 1910 — fand ich in den jüngst erschienenen Arbeiten von Noel Bernard: L’&volution dans la Symbiose ®®) und Burgeff: Die Wurzelpilze der Orchideen®), daß sich die genannten Forscher gleichfalls mit dem Problem der Knollen und Laubsproßbildung durch verschieden konzentrierte Nährlösungen beschäftigt hatten. Bernard hatte Kartoffelsprosse nach Entfernung des Sproßvege- tationspunktes und der Blätter in verschieden konzentrierten anorgani- schen und organischen Nährlösungen kültiviert und gefunden, daß die Blattachselknospen in Lösungen über einer gewissen „concentration eritique“ sich zu Knöllchen, unter derselben aber zu Laubsprossen ausbildeten. Auch Burgeffs Nährversuche zu Orchideenkeimpflanzen zeigten, daß der Gehalt- des Substrates an Nährsalzen die Form der Pflanzen bestimmte, daß bei hoher Konzentration Knollenbildung und gedrungene Wachstumsform, bei geringer Konzentration (Regenwasser) langgestreckte Wachstumsform und nur Anfänge zur Knollenbildung auftraten. — Diese Resultate stehen im Gegensatz zu denjenigen meiner Unter- suchungen, welche zeigen, daß in höher konzentrierten Salzlösungen Laub- sprosse, in niedriger konzentrierten (Schneewasser) Knölichen entstehen. Vergleicht man nun die Versuchspflanzen dieser drei Unter- suchungen, so findet man sogleich, daß Noel’s Solanumstecklinge gar keinen, Burgeff’s Orchideenkeimpflanzen einen noch sehr unentwickel- ten Chlerophyllapparat aufweisen, während meine Achimenespflanzen ein wohlausgebildetes Laubblattsystem besitzen, dessen Assimilations- tätigkeit jedenfalls andere Verhältnisse schafft, als sie in den früher genannten Versuchen vorhanden waren. Um meine Resultate zu überprüfen, wurden in diesem Sommer zwei Kulturreihen (Achimenes Haageana — Naegelia hybrida) mit Lö- sungen von. der Crone — normal, "/,, 1/,, Y/ı0 normal und destilliertem Wasser (8000 Volt) aufgestellt. Die Ergebnisse waren dieselben wie das Jahr vorher, nämlich Laubsproßbildnug bei der hohen Konzentration und Knöllchenbildung bei geringer Konzentration, Bei mittleren Konzentrationen traten gestauchte Laubsprosse, Mittelbildungen zwischen Knöllchen und Laubsprossen auf, wie sie sich auch schon vergangenes Jahr gezeigt hatten. Wie weit überdies bei diesen Resultaten das Vorhandensein oder die Abwesenheit eines ausgebildeten Wurzelsystem von Einfluß ist, müßte noch näher untersucht werden. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen, 75 Als ich heuer anfangs April eine Anzahl Sproßstecklinge von Begonia- discolor (15 em lang) zu Vermehrungszwecken machte, fand ich nach 2 Wochen bei zwei Stecklingen, deren Blätter welk herab- hingen, in den Achseln’ derselben Luftknöllchen bis zu 1 cm Länge. Im normalen Entwicklungsverlaufe treten .diese erst im Herbste in Erscheinung. Die nähere Untersuchung der genannten Stecklinge zeigte, daß sie in der Erde keine Wurzeln produziert hatten, während die anderen in demselben -Kulturgefäße befindlichen Steeklinge von normalen Wuchs sich bereits bewurzelt hatten. Bei scheinbar gleicher Konzentration der Nährstoffe im Substrat muß also hier. die Knöllchenbildung durch den Mangel an Wurzeln verursacht worden sein, der eben wieder bewirkte, daß infolge der wahrscheinlich nur sehr geringfügigen Wasseraufnahme durch die Epi- dermis des Sprosses und die durch Schnittfläche für diese zwei Pflanzen die Konzentration an Nährstoffen eine sehr niedrige wurde. -Daß auch die Temperatur bei denselben Konzentrationsverhält- nissen hinsichtlich der Laubsproß- und Knöllchenbildung von Einfluß sei, zeigte Vöchting), indem er bei der Kartoffel Knollenbildung bei hoher (Austrocknung), Laubsproßbildung bei mittlerer Temperatur erreiehte. - - - ’ 32 Im’ übrigen trat auch bei meinen heurigen Kulturen gleichzeitig mit der- Bildung -von Laubsprossen in der Lösung die Produktion von grünen Luftknöllchen in den Laublattachseln in Erscheinung. Die heuer in anderen Kultuflüssigkeiten angestellten Versuche bedürfen noch neuerlicher Überprüfung. Versuch 9. Die Bildung von Zwiebelknöllchen durch ein Wuchsenzym experimentell hervorzurufen. (Gesnera graciosa.) Wakker 5) hatte gefunden, daß an den Blättern von Begonia. discolor, wenn man sie im Herbst zu Regeneration veranlaßt, nicht Laubsprosse, wie im Frühjahr und Sommer, sondern Knöllchen ent- stehen. Die Mutterpflanze ist zu dieser Zeit schon in das Stadium der Knolienbildung eingetreten, die in den Blättern gebildeten Assi- milate werden nicht mehr zur Sproßbildung verwendet, sondern in Form von Reservestoffen abgelagert. Auch Goebel) hatte bei seinen Steckliugsversuchen mit den Achimenesblättern ein ähnliches Resultat erreicht. Von 30 im Herbste 76 J. Doposcheg-Uhlär, gesteckten Blättern hatten 26 Zwiebelkmöllcken regeneriert, während Blattstecklinge im Frühjahr nur Laub- oder Blütensprosse erzeugten. Goebel34) bespricht den oben genannten Versuch Wakker's und nimmt an, „daß die Knollenhildung bedingt werde durch eine in den Blättern entstehende Verbindung, die man mit Beyerink als ein Wuchsenzym bezeichnen könnte. Dieses Wuchsenzym veranlaßt . die Sprosse sich als Knöllchen auszubilden und da es sich gegen den Herbst hin besonders stark ausbildet, muß auch bei der Regeneration die genannte Erscheinung auftreten. Ehe es gelingt ein solches Wuchsenzym zu isolieren und mittels desselben Sprosse zur Umbildung zu Knöllchen zu bringen, ist die Annahme natürlich ein bloßer Ver- gleich des Vorganges mit anderen, z. B. bei den Gallenbildungen auf- tretenden, aber es erscheint mir durchaus nicht unwahrscheinlich, daß wir solche Wuchsenzyme wirklich werden gewinnen können“. Die eben geschilderte Annahme gab Anlaß zu dem Versuche: Aus im Herbst gesammelten Zwiebelknöllchen von Gesnera graciosa mittels Glyzerin ein hypothetisches, 'knöllchenbildendes Enzym auszu- ziehen und mit diesem dann im Frühjahr abgeschnittene Blätter auf experimentellem Wege zur Knöllchen-, anstatt Sproßbildung zu ver- anlassen. Ich nehme hier Gelegenheit dem Herrn Assistenten Dr. von Lützelburg, der mich bei der technischen Durchführung des Ver- suches unterstützte und mir seine bei ähnlichen Versuchen gemachten Erfahrungen zur Verfügung stellte, meinen besten Dank auszusprechen. Eine Anzahl Gesneraknöllchen wurde Ende November in einer Beibschale mit ausgeglühtem, in Schwefelsäure ausgewaschenen Quarz- sande zerrieben, um die Zellverbände in möglichst ausgiebiger Weise zu zerreißen. Diese zerriebene Masse (Knöllchen -} Quarzsand) worde hernach in 50°,iges Glyzerin’ gebracht und darin durch 8 Tage be- lassen, um das Enzym ausziehen zu lassen. Ich spreche der Kürze halber in der folgenden Darstellung von einem Enzym, obschon es ja noeh nicht sicher steht, ob es gelungen ist, ein solches Innenenzym herauszubekommen, es bildet hier die Voraussetzung. des Versuches. Unter der Annahme, daß sich das Enzym im Glyzerin in Lösung be- fände, wurde die Knöllchen-Quarzsandmasse nunmehr abfiltriert, die Glyzerinlösung in den Exsikkator gestellt, um sie möglichst wasserfrei zu machen. Die Lösung zeigte bei längerem Stehen einen braungelben Niederschlag von organischen Substanzen, die beim Schütteln das Gly- zerin trübten. Anfang Juni des nächsten Jahres, als bereits zur Untersuchung geeignete Blätter zur Verfügung standen, ‚wurde die Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 17 Glyzerinlösung mit frisch destilliertem Alkohol gefällt, hernach filtriert und der Filterrückstand fünf- bis sechsmal mit Alkohol nachgewaschen. Die ganze Filtervorrichtung wurde sodann in den Wärmeschrank ge- bracht, um den Alkohol verdampfen zu lassen, so daß nur mehr das Filterpapier+ dem darauf niedergeschlagenen Enzym vorhanden war. Dieses Papier wurde in Wasser mit einem sterilisierten Glasstab zer- rissen, einige Zeit stehen gelassen und das Ganze wieder filtriert, bis man eine klare Flüssigkeit, Wasser mit dem darin gelösten Enzym hatte. Am 6. Juni wurden 55 Blätter und 15 Laubsprosse von Pflanzen, welche noch nicht in blühbarem Stadium waren und auch noch keine Knöllchen angesetzt hatten, in nachfolgender Weise mit der Enzym- lösung behandelt: 1. 33 Blätter wurden erst in der Lösung. von der Stammpllanze abgetrennt, so daß das Enzym durch den beim Abschneiden auftreten- den Saugungsdruck aufgenommen wurde, hernach mit dem Blattstiel aufrecht in Sand gesteckt. 2. 22 Blättern wurde die Lösung mit der Pravazspritze einge- spritzt, und zwar sowohl von der Schnittfläche, als auch von der Basis. der Blattspreite aus. 3. 15 Laubsprosse wurden in der Lösung abgeschnitten. 4. 16 Blätter und fünf Laubsprosse dienten als Kontrollkulturen. Bei der ersten Untersuchung der Kulturen Ende Juli zeigte es. sich, daß alle Blattstecklinge wohl reichlich Wurzeln, sonst aber erst noch nicht differenzierte Sproßanlagen regeneriert hatten. Das schlechte Wetter im Juni und Juli dieses Jahres war dem Wachstum der Steck- linge sehr hinderlich gewesen. Denn ähnliche Kulturen des ver- gangenen Jahres hatten nach 4 Wochen schon reichlich Sprosse ge- zeitig. _ Die Sproßstecklinge hatten durchwegs nur Wurzeln regeneriert. Bei der nächsten Untersuchung am 2. September fanden sich an den als Kontrolle dienenden zwei Kulturen ä acht Blätter durch- wegs Laubsprosse, keine Knöllchen' vor, zwei bis fünf an einem Blatt, bis 4 cm hoch. Ferner waren entstanden bei: Kultur A (10 Blätter): durehgehends Laubsprosse und Zwiebel- knöllchen, die Sprosse bis 1 em, Zwiebelknöllchen 2/3 cm lang. Kultur B (13 Blätter): an fünf Blättern nur Zwiebelknöllchen, an sieben Blättern Laubsprosse und Zwiebelknöllchen, bei einem Blatte kein Regenerat. Die Sprosse waren im Wachstum weiter vor- geschritten als vorher. 78 I. Doposcheg-Uhlär, Kultur © (10 Blätter): an sechs Blättern nur Laubsprosse, au zwei Blättern Laubsprosse und Knöllchen, an zwei Blättern kein _ Regenerat. Die Blattstecklinge dieser drei Kulturen hatten die Enzymlösung durch Saugung aufgenommen. Kultur D (sechs Blätter): an fünf Blättern Laubsprosse und Zwiebelknöllchen, an einem Blatt nur Knöllchen, aber die Knöll- chen waren in ca. vierfacher Anzahl vorhanden als die Laubsprosse. Kultur E (sieben Blätter): an allen Laubsprosse und Knöll- chen, wobei dreimal soviel Knöllchen als Lauksprosse; letztere waren auch sehr klein, nur ‘/, em lang, die Knöllchen von doppelter Länge. Kultur F (nean Blätter): durchwegs nur Zwiebelknöllchen sehr reichlich an Zahl, vier bis sechs an einem Blatt und bis 1?/, em lang. Diese letzteren drei Kulturen waren mit der Pravazspritze be- ‚ handelt worden. Es haben also von 52 Blättern, die auf die Behandlung reagierten, 46 oder 88°/, mit der Bildung von Zwiebelknöllchen geantwortet, zu einer Zeit, da die nichtbehandelten Kontrollsteeklinge ausnahmslos nur Laubsprosse gebildet hatten. Allerdings ist dieses Resultat insofern kein reines, als nur in 17 Fällen Zwiebeiknöllchen allein in Erscheinung traten und in 29 Fällen neben dem Knöllchen sich auch Laubsprosse zeigten. Der Grund zu dieser Differenz in der Reaktion mag wohl in verschiedenen Richtungen zu suchen sein. Er kann in erster Linie in der vorerst noch mangelhaften Methode der Versuchsanstellung liegen; denn es zeigt sich schon in den beiden Arten, wie die Enzym- lösung den Blättern. beigebracht wurde, ein wesentlicher Unterschied. Bei der Saugmethode produzierten von 30 Blättern 24 Knöllchen, das ist 80°/,, bei der Stichmethode von 22 Blättern alle, das ist 100%), Zwiebelknöllchen. Bei der Saugmethode zeigte sich ferner in Kultur C, daß sechs Blätter nur Laubsprosse produziert hatten und nur zwei Bläter Sprosse und Knöllchen, während das Extrem der Reaktion bei der durch Stichmethode behandelten Kultur F auftrat, wo sämtliche neun Blätter nur Knöllchen regenerierten. Es ist also ein ganz er- hebliches Plus an Reaktion bei letzterer Methode ersichtlich. Auch in der individuellen Verschiedenheit der inneren Organisation der einzel- nen Blätter dürfte ein Grund für die Unterschiede in der Reaktion zu suchen sein. Bei denjenigen Stecklingen, welche gleichzeitig Laubsprosse und Knöllchen aufwiesen, konnte leider nicht konstatiert werden, welches von den Regeneraten zuerst auftrat. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 79 Die -Kulturen wurden Mitte November, 11); Monate nachher, wieder untersucht, wobei sich zeigte, daß die Sproßbildung nicht mehr weiter vörgeschritten war, sondern daß alle Pflanzen in das Stadium der Knöllchenbildung eingetreten waren, sowohl in Kultur C, welche früher zum größeren Teile nur Sprosse erzeugt hatte, als auch bei allen Steeklingen der Kontrollkulturen, eine Tatsache, die ja dem nor- malen Verhalten der Gesnera-Blattstecklinge entspricht. Die 15 Sproßstecklinge hatten bei der ersten Untersuchung Ende Juli nur ein reich verzweigtes Wurzelsystem, 'sonst aber weder Laubsproß- noch Knöllchenbildung gezeigt. Dasselbe Verhalten wiesen die niehtbehehandelten fünf Kontrolistecklinge auf. ‘Wir haben es hier “eben mit Sproßstecklingen von noch nicht voll entwickelten Pflanzen zu tun, an denen verschiedene Vegetationspunkte in Tätigkeit waren und es lag also zu dieser Zeit kein Grund vor, neue Sproßvegetations- punkte an der Basis auszubilden. Die Pflanzen waren denn auch in ihrem normalen vegetativen Wachstum weiter vorgeschritten dadurch, daß sie neue Blätter gebildet, Seitensprosse angelegt und die Sproß- achse gestreckt hatten. Das Enzym war nun vielleicht aus diesem Grunde oder auch aus dem früher erwähnten mangelhaften Saugungsverfahren nicht wirksam geworden. Denn man hätte bei Aktivität der Enzym- lösung erhoffen können, daß, wenn auch die Sproßstecklinge an der Basis keine neuen Sproße regenerierten, bei der vorher erkannten großen Labilität der an der Luft befindlichen Vegetationspunkte sich in den Blattachseln und am Ende des Hauptsprosses Zwiebelknöllchen ausbilden würden. Bei der Untersuchung Hälfte November hatten nun auch diese Sproßstecklinge an der Basis der Sprosse zahlreiche Knöllchen regene- riert, nachdem anderseits an der Luft sich Blütenstände ausgebildet hatten. — Wirft man nun einen Blick auf das bei dieser Untersuchung gewonnene Resultat, so kann man einstweilen nur sagen, daß durch die Behandlung von Gesnera-Blattstecklingen mit einer aus Zwiebelknöllchen nach Art von Enzymdarstellung gewonnenen Lösung diese Stecklinge zu einer Zeit, wo die Kontrolistecklinge nur Laubsprosse regenerierten, 88%), Zwiebelknöllchen in Erseheinung brachten. Die Stecklinge wurden alle unter denselben Bedingungen auf Sand kultiviert. Gesamtüberblick über die Untersuchungsresultate. 1. Die an Farnkeimpflanzen nach Entfernung des Vegetations- punktes entstehenden Regenerate durchlaufen denselben Entwicklungs- 80 J. Doposcheg-Uhlär, gang, welcher auch den aus der befruchteten Eizelle des Archegoniums entstehenden Keimpflanzen zukommt: es entsteht immer zuerst ein Keimblatt unabhängig vom S'proßvegetationspunkte, hernach erst letzterer. Der Entstehungsort ist in der Mehrzahl der Fälle exogen, aus- nahımsweise endogen. 2. Die Regenerate an Farninternodien zeigen dieselbe, eben ge- schilderte Entwicklung. -— Sie können exogen unter der Epidermis ent- stehen oder auch auf’der Schnittfiäche sich bilden. Im letzteren Falle nimmt der regenierte Sproß seinen Ausgang von der Obertläche des der Schnittfläche aufsitzenden Callus. 3. Entfernt man bei Sproßstecklingen von Lycium halimifolium die im feuchten Raume ausgetriebenen Wurzeln, so kann aus dem Gewebe des stehengebliebenen Wurzelstumpfes ein Sproß regeneriert. werden. . 4. Die Regenerate an Primärblattstecklingen von Begonia caro- lineaefolia Regel unterscheiden sich von den Regeneraten der er- wachsenen Blatistecklinge (fingerförmig geteilte Blätter) dadurch, daß erstere länger auf dem ungetgjlien Primärblattstadium verharren. Es können ungeteilte Blätter nach Art des gewöhnlichen Schiefblattes mit 9 em Spreitenlänge entstehen, während bei den Regeneraten des er- wachsenen Blatistecklings nach vier bis fünf Übergangsblättern, bei einer Spreitenlänge von 1 cm, das geteilte Stadium bei eben dieser Spreitenlänge eintritt. Ursache dieser Differenz ist wahrscheinlich der Unterschied in der Quantität der Baustoffe, welche den Stecklingen zur Verfügung stehen. 5. An vegetationspunktiosen Internodien ist die Anordnung der Sproßregenerate in der Regel eine willkürliche, nur ausnahmsweise polare. Wurzelregenerate sind zumeist polar verteilt. 6. Werden au Sproßachsen von Begonia discolor Internodien durch zwei in entgegengesetzter Richtung geführte Schnitte isoliert, so findet eine Beeinflussung dieses Internodiums hinsichtlich der An- ordnung der Regenerate in der Weise statt, daß auf der mit dem Gipfelteile zusammenhängenden Seite Wurzeln, auf der gegenüber- _ liegenden, mit dem Wurzeiteile zusammenhängenden Seite Sprosse regeneriert werden, wobei gleichzeitig an der Basis des Gipfelteils Wurzeln, am apikalen Teile des Wurzelteils Sprosse entstehen. Die aus der Epidermis des Wurzelteiles regenerierten Sprosse bilden im Herbst an ihrer Basis abnormerweise eine Internodiums- knolle, während solche normal nur in der Erde, oberirdisch aber Sproß- knöllchen in den Blattachseln erzeugt’ werden. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 8 . Anläßlich desselben Schnittversuches bei Gesnera grociosa zeigte sich in der Anordnung der Regenerate keine polare Verteilung. Be- merkenswert waren aber wulstartige Calluszüge, welche von den oberen Schnitträndern entlang des Internodiums zu den unteren- Schnitträndern zogen und, da in ihrem Innern Tracheiden ausgebildet wurden, in dieser, Weise eine Ergänzung der gestörten Stoffleitung bildeten. ti. Die Regenerate an Blattsteeklingen (Gesneraceae) sind in quanti- tativer Hinsicht abhängig von dem Ernährungszustande der Mutter- pflanze; gut ernährte Blätter regenerieren reichlich, schleeht ernährte wenig oder gar nicht (Versuch 1). Sproßstecklinge von Pflanzen, die bereits in unterirdischer Knöll- chenbildung begriffen sind, bilden neue Knöllchen oberirdisch an der Spitze und in den Blattachseln (Versuch 2). Die fortgesetzte Entfernung von regenerierten Zwiebelknöllchen an Blattstecklingen ist ein Reiz einerseits zur Erzeugung neuer, ander- seits zur Verlängerung der Lebensdauer des Blattes (Versuch 2). Blattsteckiinge können auch ohne nennenswerte Aufnahme von Wasser- und Aschenbestandteilen Knöllchen, und zwar am Rande der Blattspreite regenerieren (Versuch 2). Während Sproßstecklinge in Erde an der Basis Knöllchen re- generieren, werden in Nährlösung Sprosse erzeugt (Versuch 3, 4, 5, 6). Unter gewissen Bedingungen treten Mittelbildungen zwischen Laub- und Knöllchensprossen auf (Versuch 3, 4). Im Schneewasser entstehen ebenso wie in Erde nur Knöllchen (Versuch 4). Herabsetzung der Transpiratien fördert das Laubsproßwachstum in der Lösung, hindert die Knöllchen- und Blütenbildung (Versuch 5). Blattstecklinge regenerieren im Frühjahr in Erde Laubsprosse, im Herbst Knöllchensprosse, in Nährlösung jederzeit Laubsprosse (Ver- such 8). Die an Blütenstandstecklingen entstandenen Spitzenknöllehen können Seitenknöllehen treiben (Versuch 7). Stecklinge ohne Blätter regenerieren keine Wurzeln, mit Blättern reichlich (Versuch 6 und 7). Blattsteeklinge, mit einer aus Zwiebelknöllchen dargestellten Enzym- lösung behandelt, regenerierten zu 88°%/, Knöllchen, während die nicht behandelten Kontrollstecklinge alle nur Laubsprosse bildeten (Ver- such 9), Flora, Bd. 101. 6 82 J. Doposcheg-Uhlär, Meinem hochverehrten Lehrer und Führer bei der Arbeit, Herrn Geheimrat Professor Dr. Karl von Goebel erlaube ich mir für seine vielen Bemühungen und für die Überlassung einer reichlichen Menge Versuchsmaterials den ergebensten Dank auszusprechen. München, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität, Ende Februar 1910. Literaturverzeichnis. . 1) Goebel, Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. Leipzig 1908. 2) Ders., Organographie der Pflanzen, pag. 42. Jena 1898. Ders., Über Regeneration im Pflanzenreich. Biolog. Zentralbl. 1902, Bd. XXIL, pag. 481. 3) Ders., Allgemeine Regenerationsprobleme. Flora 1905, Ergänzungsband, pag. 486. 4) Dere., Experimentelle Morphologie, pag. 197. 5) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 200. 6) Kupper, Über Knospenbildung an Farnklättern. Flora 1906, pag. 67, 68. 7) Küster, Paihologische Pflanzenenatomie, pag- 182. Jena 1908. 8) Vöchting, Über Organbildung I, pag. 216. * Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 227. 9 Ders., Über Wurzelsprosse bei Anthurium longifolium. Botan. Zeitung 1878, pag. 645. 10) Beyerink, Beobachtungen und Betrachtungen über Wurzelknospen und Neben- wurzein. Amsterdam 1886. 11) Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 15. 12) Winkler, Über regenerative Sproßbildung an den Ranken, Blättern und Internodien von Passiflora coerulea. Berichte der Deutsch. bot. Ges. 1905, Bd. XXIII, pag. 45. 13) Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 192. 14) Vöchting, Über Organbildung I. 15) Wakker, Onderzoekingen over adventiere Knoppen. Amsterdam 1885. 16) Goebel, Über Regeneration im Pflanzenreich (eiehe 2 pag. 496. 17) Winkler, Siehe 12. 18) Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 238. 19) Ozapek, Sitzungsberiehte der Akademie der Wissenschaften, math.-nat. Klasse, Wien 1897, 106, Bd. I, 117. 20) Schimper, Botanische Zeitung 1885, Bd. XLIII, pag. 756. 21) Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 190. 22) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 191. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 83 23) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 108. 24) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 232. 25) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 142. 26). Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, pag. 108. Jena 1908. 27) Benecke, Botanische Zeitung 1903, Bd. LXI, pag. 19. 28) Snell, Untersuchungen über die Nahrungsaufnahme der Wasserpflanzen, Flora 1907, Bd. XCVIEL, pag. 12. " 29) Hansteen, Flora 1894, Bd. LXXIX, pag. 419, 30) Puriewitsch, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. XXXI. 31} Molisch, Die Pfianze in ihrer Beziehung zum Eisen. Jena 1892, 32) Goebel, Experimentelle Morphologie, pag. 191. 33) Ders., Über Regeneration. im Pflanzenreick (siehe Nr. 2), pag. 501. 34) Ders, Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Hervorrufung. Sitzungsber. der bayr. Akad., math.-nat. Klasse 1896, pag. 448. 35) Ders., Experimentelle Morphologie, pag. 121. 36) Wilfahrt, Die landwirtschaftlicben Versuchsstationen 63, 1. Berlin 1906. 37) Deleano, Institut bot. Genere 1907, Ser. 7. 36) Noel Bernard, L’svolution dans la symbiose. Ann. des sciences nat, 1909, geme serie, Bot, Tome IX. 39) Burgeff, Die Wurzelpüze der Orchideen. Jena 1909. 40) Vöchting, Über die Keimung der Kartoffelknollen. Botan. Zeitung 1902, Bd. LX, Figurenerklärung zu Tafel I—-VIH. (Künstlerische Ausführung der Zeichnungen von Kunstmaler Dr. phil, Gustav Dunzinger, München.) Fig. 1. Atkyrium filix femina, Beginn der Regeneration an der Wundfläche der Keimpflanze. 4 Apikales, 3 basales Ende. 180mal vergr. Fig. 2. Athyrium filix femina. Regenerat an der Wundfläche in einem späteren Stadium. 4 Apikales, 2 basales Einde, 27 Blattscheitelzelle. 180mal vergr. Fig. 3. Athyriam filix femina. Das Regenerat entwickelte sich zu einem brom- beerartigen Callusgebilde. 4 Apikales, # hasales Ende, 22 Biattscheitel- zeile. 90mal vergr. Fig. 4. Athyrium filix femina. Regenerat mit Gefäßbündelanschluß (G) zu einem Zeitpunkte, wo eine Scheitelzelle noch nicht angelegt war. 4 Apikales, 3 basales Ende. 125 mal vergr. Fig. 5a. Athyrium filix femin. An der Wundfläche enistandenes Regenerat mit Scheitelzellwachstum. Optischer Längsschnitt. 27 Blattscheiteizelle, ZZ Haare. 180mal vergr. Fig. 55. Dasselbe Regenerat in Aufsicht aus der Richtung des Pfeiles in Fig. 5a. B1 Blattscheitelzelle, 7 Haare. 180 mal vergr. Fig. 6. Athyrium filix femina. Abnormales Regenerat. 2 Blattartiges Callusgebilde, welches ein zweites sproßartiges Gehilde (S}) umwölbt. Beide ohne Scheitel- zellen. 180mal vergr. 3* 84 J. Doposcheg-Uhlär, Fig. 7a. Athyrium filix femina. Albmormales Regenerst in Form einer napf- artigen Calluswucherung. 4 Apikales, 3 basates Ende. Geöffnete Längs- seite. 180mal verer. Fig. 75. Wie vorher. Geschlossene Längsseite. 180mal vergr. Fig. 8. Osmunda regalis. Regenerat an der longitudinalen Yerwundungsfläche der Keimpflanze. 2 Leitbündelanschluß, & Rhizoiden. 125 mal vergr. Fig. 9a. Osmunda vegalis. Längsschnitt durch das Stämmchen einer Keimpflanze mit horizontaler Verwundungsfläche. 7” Wundgewebe,. Z embryonale Zell- gruppe, & Gefäßbündelanschluß, 3 stehengebliebene Blätter. 60mal vergr. Fig. 9%. Osmunda regalis. Wie vorher. Oberer Teil 135 mal vergr. Fig. 10«. Osmunda regalis. Der Callus (C) an der Wundfläche zerreißt in mehrere Lappen, unter deren Schutze der Vegetationspunkt Z sich bildet. 2 Blätter. 45mal vergr. " Fig. 105. Wie vorher. Oherster Teil 180 mal vergr. Fig. 11. Osmunda regalis. Begeneration an der horizontalen Schnittfläcke. Fort- geschrittenes Stadium von Fig. 10. 4 Callusbildungen der Schnittfiäche, 3 embryonale Gewehebildungen, Z Gefäßbündelanschluß. 80mal vergr. Fig. 12@. Osmunda regalis. 2 Biatthildungen unabhängig vom neuen Sproß- vegetationspunkte 7, 1 abgestorbenes Wundgewebe, 9 Wurzeln. 45 mal vergr. Fig. 125. Osmunda regalis. 2 Blattbildungen unabhängig vom neuen Sproß- vegetationspunkte 7. Oberster Teil 180 mal vergr. Fig. 13. Osmunda vegalis. Längsschnitt durch ein Regenerat, ohne daß sich an der Wundfläche ein Wundgewebe gebildet hätte. Die Callusknospe (C) dureh- bricht das abgestorbene Gewebe (4) an der Schnittfläche. 135 mal vergr. Fig. 14. Osmunda regalis. Regenerat im forigeschrittenen Stadium. 7” Blatt-, T5 Sproßvegetationspunkt, 3 alte Blätter, 7 Wurzel. 1lömal vergr. Fig. 15@. Osmunda regalis. Regenerat an einer älteren Keimpflanze. Ys Sproß- vegefationspunkt, 2, erstes (Keim-) Blatt ohne Scheiteizelie, 3, zweites Blatt mit Blativegetationspunkt 93, 3 alte Blätter, #7” Wurzel, 1l0mal vergr. Fig. 155. Wie vorher. Regenerat 4Omal vergr. Fig. 16. Nephrodium molle. Längsschnitt durch eine ältere, des Yegetationspunktes beraubte Keimpflanze. 5 Gebräunte Zellschicht an der Schnittfläche, 2 Re- generat mit Blattscheitelzelle, Z l.eitbündelanschluß, 2 alte Blätter, 7" Wurzel. 10mal vergr. " Fig. 17«. Nephrodium molle. An der Wundfläche bildete sich ein eallusartiges Wundgewebe (C). Am Rande das erste Blatt mit Blattvegetationspunkt (92) und an der Basis des ersteren der Sproßvegetationspunkt (Fe). Ca Cambium- bildung, die Leitbündelenden verhindend; G Grundgewebe, 3 alte Blätter. 30mal verer. Fig. 175. Wie vorher. Regenerat 145 mal vergr. Fig. 18. Osmunda regalis. Die beiden Gefäßbündelenden wurden, ein Fortschritt zu Fig. 17, durch einen bogenförmigen Gefäßteil (7) verbunden. Cz Cambium- bildung, € Callusgewebe, G Grundgewebe, # alte Blätter. 30mal vergr. kig. 19. Osmunda regalis. Das Regenerat (%) entsteht in der Blattachsel eines alten Blattes (2), Z Leitbündelende an der Schnitifläche, 7 Wurzel. 30mal vergr. Studien zur Regeneration und Polarität der Pflanzen. 85 Fig. 200. Osmunda regalis, Z Regenerat in der Blattachsel eines alten Blattes (2). ZL Leitbündel. 20mal vergr. Fig. 205. Wie vorher. Das Regenerat 90mal vergr. Yö Blattvegetationspunkt. Fig. 21. Osmunda regalis. Die Schnittfläche entwickelte sieh über dem horizon- tsten Gefäßbündel (C) zu einem Callushügel, an dessen Basis ein Blait- vegetationspunkt (P5). #7 Wurzel, Fig. 22. Osmunda regalis. Auf einer Schnittfläche entstanden zwei Regenerate (8). W Wurzel. 30mal vergr. Fig. 23a. Osmunda regalis. Das Regenerat (X) entstand abseits der Schnittfläche (5) aus der unverletzien Epidermis. 3 Alte Blätter, 7 Wurzeln. 15mal vergr. Be Fig. 235. Wie vorher. S Scheitelzellen, 7 Haare. BRegenerat 200 mal vergr. Fig. 24. Osmunda regalis. Regenerat (X} abseits der .Schnittfläche (S). #” Wurzeln. Der Schnitt stammt von derselben Pflanze wie der in Fig. 19. 30mal vergr. Fig. 25. Osmunda regalis. C' Oallusregenerat, 3 Blätter. 30mal vergr. Fig. 26. Osmunda regalis. C Callusregenerat mit Sproßvegetationspunkt (75), @ Gefäßbündelanschluß, 15mal vergr. Fig. 37. Osmunda regalis. Regenerat mit Sproßvegetationspunkt (75), Bisitvege- tationspunkt (75) und prothalloiden Bildungen (?). 45mal vergr. Yig, 28. Osmunda regalis, 75 Sproßvegefationspunkt mit Haaren und einer Spreu- schuppe, A alte Blätter, 9” Wurzel. 45mal vergr. Fig. 29a. Pteris serrulata. 7° Vegetationspunkt, endogen entstanden, hat das Ge- webe gesprengt. S Schnittfläche, # Wurzel. 20mal vergr. Fig. 295. Wie vorher. Regenerat 90mal vergr. Fig. 30. Pliegopteris dryopteris. Längsschnitt durch ein Internodium. Parenchym- zellen an der Epidermis beginnen sich zu teilen. 40mal vergr. Fig. 31. Phegopteris dryopteris. Das Regenerat durchbrach die Epidermis. 6Ü0mai vergr. Fig. 32. Phegopteris dryopteris. Das Regenerat (Z) teilte sich von Anfang an in mehrere Äste. Z Epidermis, ? Parenchym des Internodiums 90mal vergr. Fig. 33. Phegopteris dryopteris. Querschnitt durch ein Internodium. R Regenerat in drei Äste geteilt, 2 Epidermis. 15mal vergr. Fig. 33«. Wie vorher, Regenerat 90mal vergr. Fig. 34. Phegopteris dryopteris. Längsschnitt. Das Regenerat (X) bildet eine ungeteilte Callusknospe. 7 Tracheidenplatte. Iämal vergr. Fig. 34a. Wie vorher. Das Regenerat 90mal vergr. ‚S Scheitelzeilen. Fig. 35. Phegopteris dryopteris. Längsschnitt. # Regenerat, 7’ Tracheidenplatte, EZ Epidermis. 30mal vergr. Fig. 36. Phegopteris dryopteris. Querschnitt. Die Knospe (C’) wird von einem blattartigen Gebilde (2) umhüllt. .S Scheitelzellen, Z Epidermis. #0mal vergr. Fig. 37. Phegopteris dryopteris Querschnitt. € Callusregenerat mit dem exsten Blatte (3). Ss Blattscheitelzelle, 4 Holzbildung außerhalb des Inter- nodiums. 40mal vergr. Fig. 38. Phegopteris dryopteris. Regenerierte Pflanze. 7 Sproßvegetationspunkt, B, 2, Blätter, W Wurzeln, 7” Trennungsstelle vom Internodium. 10mal vergr. 86 J. Doyoscheg-Uhlär, Fig. 39. Cystopteris fragilis. Längsschnitt durch ein Internodium. Auf der Schnitt- fläche (S—S) entstanden zwei Oalluswucherungen (£). 7° Holzbildungen. 30mal vergr. Fig. 40. Cystopteris fragilis. Längsschnitt. C Callusgebilde, unter deren Schutze sich die Stammknospe (9) entwickelt. 30mal vergr. Fig. 41. Cystopteris fragilis. Längsschnitt. Regenerat aus der Epidermis (Z), 2 Blatt, S Sproßvegetationspunkt, 30mal vergr. Fig. 42. Cystopteris frsgilis. Internodium mit mehreren von der Schnittfläche aus regenerierten Sprossen. 2mal vergr. Fig. 43. Lyeium halimifolium. Querschnitt. Eine Adventivwurzel (W) durch- bricht die Rinde. 7 Holz, R, embryonales, X, ausgewachsenes Rindenparen- chym, X Kork. 30mal verer. Fig. 44. Lyeium halimifolium. Quezschnitt. Das Rindengewebe überwallte den Wurzelstumpf (97), an der Spitze mit Wandgemmi angefüllt. A/ Mark, H Holz, R Rinde, X Kork, Zy Hypodermis. 30mal vergr. Fig. 45. Lyeium halimifolium. Im Rindengewebe über dem Wurzelstumpf (#7) ent- stand ein Wundholzknäuel (7%). 7 Tracheidenzüge, Z Holz, R, embryonales, AR, erwachsenes Rindengewebe, X Kork, Zy Hypodermis.' 30mal vergr. Fig. 46. Lycium halimifolium. Längsschnitt. Der abgeschnittene Wurzelstumpf ist kugelig angeschwollen. Z Ansammlung embryonaler Zellen, W## Wundholz, © Cambium, 7 (dunkel) alte mit Wundgummi erfüllte, (hell) neue Tracheiden- züge, H Holz, & Rinde, X Kork. 30mal vergr. Fig. 47. Lyeivm halimifolium. Längsschnitt. Die junge Knospe (7) entsteht ohne Anlage eines Wundholzknänels. # Wurzelstumpf, 7° Tracheidenzüge, Z Holz, R Rinde, X Kork. 30mal vergr. Fig. 48. Lycium halimifolium. Längsschnitt. Am alten Wurzelstumpfe (MW) bil- deten sich zwei kugelschalenartige Holzkörper (C), 7 Holz, R Rinden- gewebe. 30mal vergr. : Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit und des Lichtes auf die Ausbildung der Dornen von Ulex europaeus L. Von Josef Zeidier. (Aus der Biologischen Versuchsanstalt in Wien.) M. A. Lothelier‘) behauptet in einer Abhandlung über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit und des Lichtes auf die Ausbildung der Zweige und Blätter von Dornpflanzen u. a, daß Zweige von Ulex europaeus, welche unter normalen Vegetationsbedingungen als Dorn- zweige anzusprechen sind, in mit Wasserdampf gesättigter Atmosphäre oder auch bei verminderter Lichtintensität die Tendenz zeigen, die Gestalt von normalen, heblätterten Zweigen anzunehmen oder zumindest den Dorncharakter zu verlieren. Goebel?) bemerkt hierzu, daß die Angaben Lothelier's, „ihre Richtigkeit vorausgesetzt“, erhebliches Interesse beanspruchen, daß sie jedoch einer Nachprüfung bedürfen, da es ihm, als er diesbezügliche Kontrolluntersuchungen selbst durchführte, nicht gelungen. sei, die von Lothelier in so frappanten Bildern®) vorgeführten Resultate gleich- falls zu erzielen. Lothelier ging bei seinen Versuchen in folgender Weise vor: Er bedeckte Ulex*)-Strünke („pieds“), welche er dadurch erhielt, daß 1} M. A. Lothelier, Influence de l’&tat kygromötrigue et de V’erlairement sur les tiges et les feuilles des plantes A piquants. Lille 1898. Vgl, auch: Revue gengrale de botanique, Tome V. Paris 18%. - 2) Goehel, Organographie der Pflanzen, 1. Teil, page. 226. (Jena 1898, Gustav Fischer.) B 3) Vgl. Lothelier, I. c. Tafel IV, Fig. 5 u. 6. . 4) Vlex europseus L. ist ein bis 1,5 m hoher Strauch mit deutlich gestielten, dreizähligen Primärblättern, deren Seitenzipfel bei den. Folgeblättern allmählich schmäler werden und endlich ganz verschwinden. Das ganze, in ein siechendes Phyliodiam sich umwandelnde Blattgebilde nimmt dann den Charakter eines schmal- lanzettlichen Trag- oder Deckblattes an. Aus den Achseln dieser Tragblätter ent- springen im Laufe der weiteren Entwieklung unter normalen Wachstumsverhältnissen Seitenachsen erster und zweiter Ordnung von durchwegs dornigem Charakter. Vgl. diesbezüglich Goebel, 1. e. pag. 146; Koehne, Deutsche Dendrologie, pag. 327 bis 329, Siutigert 1893; Riepenhausen-Crangen, Stechginster, Leipzig 1899, sowie C. K. Schneiders im Erscheinen begriffenes „Ulustriertes Handbuch der Laub- hoizkunde“, Bd. II, pag. 2, 57 u. 58 (dena 1907, Gustav Fischer). Betreffs einer dormlosen Varietät dieser Art siehe Hugo de Vries, Die Mutationstheorie, Rd. II (41903), pag. 206 ff. 88 Josef Zeidler, er ausgewachsene Ulex-Stöcke etwas über dem Erdboden absehnitt, mit Glasglocken und beobachtete dann das Verhalten der an diesen Strünken entstandenen Sprosse einerseits in täglich zweimal erneuerter, durch Anwesenheit von . Wasser stets feuchter Atmosphäre, andererseits in durch Gegenwart von Schwefelsäure getreckneter Luft. Ferner setzte er, um den Einfluß der Lichtintensität zu studieren, eine Gruppe von Ulex-Pflanzen direktem Sonnenlichte aus, während solche einer anderen Versuchsreihe ceteris paribus durch einen nach Norden zu offenen Zylinder vor direkter Sonnenbestrablung geschützt waren bzw. konstant im Schatten standen. Da Goebel, wie schon erwähnt, bei seinen Kontrollunter- suchungen zu einem anderen Resultate gelangte wie Lothelier, be- schloß ich !), die Abhängigkeit der Dornentwieklung von der Feuchtig- keit der Luft und dem Lichte bei Ulex europaeus, und zwar einerseits an Keimpflanzen®), andererseits an Exemplaren, welche bereits die Charaktere von ausgewachsenen Individuen aufwiesen, auf experimen- tellem Wege nochmals zu untersuchen. Da Lothelier das Verhalten der Pflanzen, außer im vollen Lichte, bloß bei einer verminderten Lichtintensität studiert hat, hielt ich es für notwendig, nicht nur die Wachstumserscheinungen von in verschiedenen Stadien der Entwicklung befindlichen Pflanzen bei gänz- licher Abwesenheit von Licht?) zu verfolgen, sondern auch, wenigstens von älteren Pflanzen, einerseits Sproßspitzen, andererseits basal gelegene Teile allein zu verdunkeln, um etwaige Korrelationsverhältnisse fest- stellen zu können. Ich benutzte zu den von mir zunächst durchgeführten Versuchen mit älteren Ulex-Pflanzen je vier möglichst gleichentwickelte, zwei- 1) Angeregt durch Harm Prof. Dr. Wilhelm Figdor. 2) Dieselben weisen bekanntlich oft ganz andere Blattformen auf wie ältere Individuen. Vgl. Goebel, Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Wiederhervorrufung. Sitzungsber. d. Kgl. bayr. Akad. d. Wiss. 1896, Math,-phys. Kl. Ders., Organographie der Pflanzen 1898, I. Teil, pag. 146. Molliard führt ganz kurz an, daß Ulex-Keimlinge, in dampfgesättigter Atmosphäre gezogen, ihre Btacheln nicht gänzlich in Blätter und gewöhnliche Zweige umgewandelt hatten. S. M.Molliard, Influence de la concentration des solutions suerdes sur le developpement des piquantes ches Ulex europaeus. Comptes rendus des s6ances de P’academie des sciences 107, Tome CXLV, pag. 880. 3) Zweijährige Pflanzen gehen unter diesen Verhältnissen, ohne irgendwie zu wachsen, ausnahmslos zugrunde, so daß ich diese Versuche gar nicht speziell er- wähnen werde. Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit usw. 59 jährige, aus Samen!) gezogene Topfexemplare, welche eine Höhe von durehsehnittlich 60 cm aufwiesen. Eine Gruppe (1a) wurde, Kontrollpflanzen enthaltend, unter voll- kommen normalen Liehtverhälinissen in einem von Norden nach Süden orientierten, mit einem Satteldache versehenen Kalthause kultiviert. Die Temperatur daselbst war während der Monate März 14° C, im April 149° im Mai 23,9%, im Juni 24,4%; die relative Feuchtigkeit betrug 87%, 2. Eine andere Gruppe (1b) fand bebufs Beobachtung des Ein- flusses der Luftfeuchtigkeit, zum Unterschiede von der vorigen, am selben Orte in einem Vermehrungskasten aus (las Aufstellung, in welchem eine mit Wasserdampf nahezu gesättigte Atmosphäre herrschte. Die Lufttemperatur war hier eine etwas höhere als im Glashause selbst. Bei zwei weiteren Gruppen (2a und 2b) verdunkelte ich aus den sehon früher erwähnten Gründen die Sproßspitzen in einer Längs- erstreckung von etwa 3 dm entweder durch Hüllen aus schwarzem. lichtundurchlässigem Papier oder auch durch geräumige, den Gasaus- tausch und das Wachstum der Pflanzen in keinerlei Weise behindernde Kartonschachteln, in welche die zu verdunkelnden PHanzenteile licht- dicht eingeführt wurden. Die eine dieser beiden Gruppen (2a) kulti- vierte ich unter normalen Feuchtigkeitsverhältnissen, die andere (2b) im Vermehrungskasten, also in feuchter Atmosphäre. Die Pflanzen einer fünften und sechsten Gruppe (3a und 3b} wurden au der Basis bis zu 3 dm nach aufwärts durch lichtdicht passende Holzkistchen verdunkelt und eine dieser Gruppen (Ba) außer- halb des Vermehrungskastens, die andere (3b) innerhalb desselben auf- gestellt. Die nachstehend beschriebenen, infolge verschiedener Umstände erst jetzt publizierten Versuche begannen im März 1907 und wurden nach dreimonatlicher Dauer abgebrochen, da nach dieser Zeit bereits deutliche Resultate vorlagen. Ich behielt jedoch sowohl einige, unter normalen Vegetationsbedingungen herangewachsene Eixemplare aus Gruppe 1a als auch etliche aus Gruppe 1b (feuchte Luft bei normaler Belichtung) noch weiter in Kultur. Die später zu besprechenden Versuche mit Ulex-Keimlingen 2) Das zur Aussaat gelangte Saatgut wurde von der Firma Waillpach- Schwanenfeld in Innsbruck geliefert. Lothelier gibt nicht an, woher sein Untersuchungsmatexial stammt. 2) Alle Werte im Durchschnitt genommen. EN} . Josef Zeidler, nahmen Mitte April desselben Jahres ihren Anfang und dauerten 6 Wochen. I. Versuche mit ausgewachsenen Pflanzen. 1a. Pflanzen, unter normalen Vegetationsbedingungen kultiviert. (Kontrollgruppe) Es bildeten sich an allen Teilen der Pflanzen, insbesonders jedoch in der Nähe jener Stelle an der Achse, wo sich ursprünglich die Koty- ledonen befanden, zahlreiche neue Sprosse. Während aber in den oberen und mittleren Teilen der Pflanzen (an Haupt- und Seiten- sprossen) durchwegs nur einfache, 3——5 mm breite, ungestielte Blätter auftraten, in deren Achseln sich gleichzeitig auch bereits Ansätze zu Dornen bzw. Dornzweigen zeigten, gelangten an der Basis anfangs nur zwei- bis dreizählige, mehr oder minder gestielte Blätter zur Ausbildung, deren Seitenzipfel ca. 3 mm breit waren. In ihren Achseln waren in der ersten Woche nach dem Versuchsbeginne noch keine Dornen zu sehen, in der zweiten jedoch traten sie allmählich auch hier auf und zwar zuerst an den höher inserierten Blättern, und erst später au den darunter stehenden. Mitte Juni wiesen schon sämtliche neugebildeten Blätter durchschnittlich 2 em lange dernige Axillarsprosse auf. 1b. Pflanzen, in feuchter Atmosphäre gezogen. Die schon zu Beginn des Versuches vorhandenen Dornen bzw. Dornzweige verlängerten sich, au Starrheit verlierend, während der dreimonatlichen Versuchsdauer von durchschnittlich 2 em auf 3 cm. Außerdem war auch eine Verlängerung der ziemlich dicht stehenden Haare an den Blättern und Internodien um ea. 2 mm zu konsta- tieren‘). Neue Sprosse wurden bei dieser Gruppe blos wenige gebildet. Sie tragen nur einfache Blätter und in deren Achseln wohlentwickelte, weiche Dornen. Eine Umwandlung derselben zu beblätterten Zweigen oder eine Unterdrückung der Dornbildung fand nicht statt. 1) Bezüglich der Literatur über Haarbildung sei hier nur auf die Zusammen- stellung in Pfeffer's Pfienzenphysiologie, Bd. II, pag. 139 ff., Leipzig 1904, sowie auf ‚Jost’s Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., pag. 885 u. 386 (Jena 1909, Gustav Fischer) verwiesen; vgl. ferner auch A. F. W. Schimper, Pflanzen- geographie auf physiologischer Grundlage, pag. 35 ff. (Jena 1898, Gustav Fischer) und Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen (Jena 1904, Gustav Fischer). ER Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit usw. 91 Sproßspitzen verdunkelt. 2a. Kultur beinormalem Feuchtigkeitsgehalte der Atmosphäre. An den verdunkelten Gipfelpartien entwickelten sich innerhalb 5 Wochen mehrere etiolierte, 12--29 em lange, armleuchterähnliche Gestalt annehmende Triebe mit durchwegs einfachen. ca. 2-3 mm breiten, anfangs dornfreien Blätten. Der Terminalsproß blieb im Wachstum sehr zurück, Von der 6. Woche des Versuches an traten in den Achseln der neugewachsenen Blätter allmählich weiche Dornen auf, ilie schließlich eine Länge von 2—2,5 em erreichten. Nach Ablauf von weiteren 3 Wochen begannen die neugebildeten Sprosse, ohne daß die Pflanzen etwa an Wassermangel gelitten hätten, zu vertrocknen; Anfang Juni waren sie bereits vollständig eingegangen. An den nichtverdunkelten Partien entwickelten sich äußerst üppige Sprosse mit anfangs dornfreien, später jedoch gleichfalls dorn- tragenden, zwei- bis dreizähligen Laubblättern wie bei Gruppe 1a. 2b. Kultur in feuchter Luft. Die bei Einleitung des Versuches ca. 2 em langen Dornen’ ver- längerten sich, an Starrheit einbüßend, sowohl innerhalb als außerhalb der Verdunklungshülle bis zu ca. 3 em. Wie bei Gruppe ib, war auch hier eine gleichzeitige Verlängerung der Blatt- und Dors- haare zu beobachten. Die an den verdunkelten Sprossen entstandenen sehmallanzettlichen, ca. 2—3 mm breiten Blätter zeigten die gewöhn- lichen Etiolementserscheinungen. . Schon nach vierwöchentlicher Versuchsdaner fingen die jungen vergeilten Blätter an zu faulen; Anfang Mai waren sie bereits sämtlich zugrunde gegangen. Die nichtverdunkelten Pflanzenteile entwickelten sich wie bei Gruppe Ib. Von einer Umwandlung der Dornen bzw. Dornzweige zu be- blätterten Sprossen war nichts zu beobachten. Basis der Pflanzen verdunkelt. 3a. Kultur in normaler Luft. Aus dem verdunkelten basalen Teile der Pflanzen entwickelten sich innerhalb 5 Wochen melirere neue etiolierte Sprosse, die eine anffallende Länge (6&5—17,7 cm) erreichten und anfangs ca. 3 mm breite, lanzettliche, einfache Blätter obne Dornen trugen. Bei einer Versuchspflanze zeigten sich beim Auftreten dieser einfachen Blätter 92 Josef Zeidler, in der verdunkelten Partie gleichzeitig auch schon vereinzelte Dornen, während bei einer anderen Pflanze an der verdunkelten Basis nicht einfache, sondern sehr kleine, nur 0,5—0,9 em lange, dreizählige Blätter ohne Dornen gebildet wurden, deren Seitenzipfel ca. 2 mm breit waren.. Schon nach zwei weiteren Wochen waren in den Achseln aller neu- gebildeten Blätter auch bereits Dornen zu beobachten, während die Blätter selbst allmählich abstarben. Die nichtverdunkelten, in den oberen und mittleren Partien der Pflanzen entstandenen Sprosse zeigten normale Wachstumsverhältnisse- wie bei der Kontrollgruppe 1a. 3b. Kultur in feuchter Luft. Die Dornen, sowie die Dorn- und Blatthaare sowohl der ver- dunkelten als auch der nichtverdunkelten Partien verlängerten sich wie bei den Gruppen 1b und 2b, doch fand auch bier eine Umwandlung‘ der Dornen in beblätterte Sprosse an den nichtverdunkelten Pflanzen- partien nicht statt. An der verdunkelten Basis der Pflanzen entwickelten sich mehrere etiolierte, ca. 4,5 em lange Neusprosse, an welchen, in Abständen von 5—6 mm, durchwegs nur dreizählige Blätter mit ca. 2 mm breiten Seitenzipfeln zur Ausbildung gelangten. Bei diesen Blättern traten, im Gegensatze zu allen übrigen, in den Achselstellen die Dornen erst nach Ablauf der sechsten Woche, also verhältnismäßig spät, auf. Nachher stellten sich an der verdunkelten Basis Fäulniserscheinungen ein, die schließlich das Zugrundegehen sämtlicher etiolierter Neusprosse nach sich zogen. Die nichtverdunkelten Pflanzenpartien zeigten dieselben Wachstumsverhältnisse wie bei Gruppe Ib und 2b. 1. Versuche mit Keimpflanzen. Außer den eben beschriebenen Versuchen mit bereits dorntragen- den, zweijährigen Ulex-Pflanzen stellte ich am selben Orte auch Ver- suche mit aus Samen gleicher Provenienz herangezogenen Keinlingen an, bei welchen die Entwicklung von beblätterten Sprossen an Stelle der Dornen im Bereiche der Möglichkeit lag. Ihrer Kleinheit wegen — die Keimpflänzchen waren zu Beginn des Versuches kaum 2 cm hoch — konnte ich eine nur partielle Verdunkelung nicht durchführen; es wurden daher die ganzen Individuen ‘durch darübergestürzte Tongefäße dem Einflusse des Lichtes entzogen. Ich stellte vier Versuchsreihen, aus möglichst gleichgestalteten Pflanzen bestehend, auf. Je vier Pflanzen bildeten eine Reihe. Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit usw. 93 Gruppe A bestand aus Pflanzen, die sich unter normalen Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen entwickelten; sie diente als Kontroll- gruppe; Gruppe B umfaßte nichtverdunkelte Pflanzen, kultiviert in dem bereits früher erwähnten Vermehrungskasten, in feuchter Luft; Gruppe C enthielt verdunkelte Pflanzen, kultiviert in normaler Luft!}; Gruppe D bestand aus verdunkelten Pflanzen, kultiviert in der feuchten Luft des Vermehrungskastens. Licht-Kulturen. A. Normale Vegetationsbedingungen. Die zu dieser Gruppe vereinigten Pflänzchen trugen zu Beginn des Versuches — wie alle übrigen — außer den beiden Kotyledonen nur je ein dreizähliges Biattpaar. Es entwickelten sich während eines Zeitraumes von ca. 6 Wochen durchschnittlich je 24 kurzgestielte, meist dreizählige, dornfreie Laubblätter, die voneinander etwa 1 cm ab- standen. Nur ganz vereinzelt wechselten dreizählige mit zweizähligen Blättern ab. Erst vom 25.—26. Blatte an traten in den Achseln der allmählich zur Ausbildung gelangten Blätter Dornen bzw. Dornsprosse auf. Nachher entwickelten sie sich auch bei den anfangs domnfrei ge- bliebenen Blättern, und zwar zuerst an den höher inserierten und erst später an den darunter befindlichen. Nach Entfaltung des 24.—25. dreizähligen Blattes wurden weitere dreizählige, dornfreie Blätter nicht mehr ausgebildet; nunmehr traten bei gleichzeitiger Reduktion der Blattspreiten stets zweizählige und eiwa nach dem 36. Blatte nur noch einfache, ungestielte, schmallanzettliche Blätter auf, die sofort bei ihrem Entstehen auch schon weiche Axillardornen aufwiesen. B. Feuchte Luft. Die Pflanzen dieser Gruppe unterschieden sieh nach Ablauf der Versuchszeit von jenen der Gruppe A durch gestrecktere Inter- nodien (um ca. 3 mm) und durchschnittlich 2 mm längere Dornen; letztere kamen nach erfolgter Ausbildung (les 23.—24. Blattes zum Vorschein, Von Mitte April bis Anfang Juli hatten sich an jeder Pflanze Aurchsehnittlich 38 Blätter entwickelt. Eine Unterdrückung der Dorn- bildung fand nicht statt. 1} Bei dieser Gruppe war infolge des Umstandes, daß die Keinlinge zeitweise begossen werden mußten und das über sie gestürzte Tongefäß ein rasches Ent- weichen des gebildeten Wasserdampfes verhinderte, die Atmosphäre jedenfalls etwas feuchter als unter normalen Verhältnissen. 94 Josef Zeidler, Dunkel-Kulturen. C. Normale Atmosphäre. An den zu Beginn des Versuches je ein Blattpaar aufweisenden Pflänzchen dieser Gruppe bildeten sich nur je 3-4 etiolierte, drei- zählige Blätter, die schon nach kaum # Wochen von Pilzen befallen würden. Nach 5 Wochen gingen sämtliche Individuen ein, ohne vorher auch nur. einen einzigen Dorn ausgebildet zu haben. Gegen Ende Mai ersetzte ich die eingegangenen Pflänzchen durch andere Exemplare aus der unter normalen Wachstumsverhältnissen vegetierenden Pflanzengruppe A. Aber auch diese gingen nach der- selben Zeit und in gleicher Weise zugrunde wie die früheren. D. Feuchte Atmosphäre. Die Pflanzen dieser Gruppe gingen, ohne auch nur ein einziges neues Blatt gebildet zu haben, ausnahmslos schon nach 3 Wochen zugrunde und ebenso die hierauf aus Gruppe A herübergenommenen Ersatzexemplare. III. Weitere Beobachtungen. An den im Jahre 1907 bei Gegenwart von Licht in nahezu kon- stant feucht gehaltener Atmosphäre kultivierten (vgl. pag. 4 dieser Arbeit) und von mir am selben Orte auch noch weiter belassenen Ulex- Pflanzen war im Spätherbste desselben Jahres und auch der folgenden sowie zu Beginn einer jeden neuen Vegetationsperiode eine auffallende Erscheinung zu beobachten. Obgleich die Möglichkeit einer konstanten Weiterentwicklung der Pflanzen unter den erwähnten Vegetationsverhältnissen gegeben war, hatten diese im Herbst ihr Wachstum bis zu einem gewissen Grade eingestellt, und zwar in der Weise, daß an den einzelnen Sproßspitzen Abschlußknopsen!) auftraten, die von den zuletzt entstandenen und unmittelbar darunter befindlichen Blättern gebildet erschienen. Als nun im nächsten Frühjahre diese Pflanzen in neuerliche Vegetationstätigkeit traten, entwickelten sich zunächst nur einfache, ea. 7 mm breite, also verhältnismäßig große Blätter, die längere Zeit hindurch durchwegs dornfrei blieben. Es gewährte ein eigentümlich kontrastierendes Bild, wenn man diese breiten Blätter mit den darunter inserierten schmallanzettlichen verglich, die sich noch während der vor- ausgegangenen Vegetationsperiode gebildet hatten. Infolge dieser Merk- male war der Zuwachs jeder einzelnen Vegetationsperiode sehr leicht zu erkennen. 1) Die Internodien waren stark gestaucht. — Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit usw. 95 An einigen, während der letzten und vorletzten Vegetationsperiode gewachsenen Zweigstücken entwickelten sich überdies unterhalb der Blätter (nicht in deren Achseln) spontan neue Sprosse und an diesen ebenfalls längere Zeit hindurch dornfrei bleibende ungeteilte Blätter, die verhältnismäßig groß waren. Ganz die gleiche Erscheinung war auch bei zwei anderen Exemplaren derselben Pflanzengruppe (1b) zu konstatieren, die nach Abschluß des auf pag. 4 beschriebenen Ver- suches aus dem Vermehrungskaster entfernt und in einem dauernd beschatteten, normale Luft führenden Raume bei einer durchschnittlichen Temperatur von 8&—10° C überwintert wurden. Zusammenfassung. Wenn man die Resultate der vorhergehend beschriebenen Ver- suche, durchgeführt an Ulex europaeus, überblickt, so ergibt sich hauptsächlich folgendes: 1. Die Dornbildung wurde nicht nur an in feuchter Atmosphäre, sondern auch bei partiell verdunkelt gehaltenen Pflanzen zwar etwas ge- hemmt, nicht aber auf die Dauer unterdrückt, Verhältnisse, die schon Goebel!) im Gegensatze zu Lothelier konstatiert hat. (Keimlinge sowie ältere Pflanzen gehen bei vollständiger Verdunklung verhältnis- mäßig rasch zugrunde.) 2. Typische, mehr oder minder flächenförmig gestaltete Laub- blätter (ohne Dornen) bilden sich nicht nur an den basal gelegenen Teilen der Haupt- und Seitensprosse, sondern auch an älteren Indi- viduen im Laufe der Kultur in feuchter Atmosphäre (und manchmal auch in normaler) an den zu unterst gelegenen Partien der verschiedenen Jahrestriebe. Hierdurch erscheint die ontogenetische Entwicklung der ganzen Pflanze bis zu einem gewissen Grade an den einzelnen, während einer Vegetationsperiode gebildeten Sprossen realisiert. Die Ursache der Ausbildung von typischen Laubblättern, welche Lothelier bei der Kultur von Ulex-Pflanzen in feuchter Luft oder auch bei verminderter Lichtintensität beobachten konnte, liegt wohl darin, daß derselbe nicht unverletzte Pflanzen, sondern aus Ulex-Strünken hervorgegangene Sprosse zu seinen Versuchen benutzt hat?). Die von Lothelier in Bildern vorgeführten belaubten Sprosse sind, meiner Ansicht nach, nichts anderes als Jugendformen bzw. Rück- schlagssprosse im Sinne Goebel's. Ey: Goebel, Organographie, 1. e, I. Teil, pag. 146-150 u. 227. 2) Dies ist auch der Fall bei Lothelier’s Versuchen mit Berberis vnl- garis L. gewesen. Über die Wirkung von Strontiumsalzen auf Algen. Von Oscar Loew. Da die Ähnlichkeit zwischen Kalzium- und Strontiumsalzen in chemischer Beziehung eine sehr weitgehende ist, eine Ähnlichkeit, welche weit größer ist, als die zwischen Kalium- und Natriumsalzen, so bat man es früher für möglich erachtet, daß ein Ersatz von Kalzium durch Strontium in physiologischer Beziehung stattfinden könne. Die ersten Versuche in dieser Richtung wurden am tierischen Organismus angestellt und zwar mit Hinsicht auf die Knochenbildung, und hier konstatierten sowohl Max Cremer als Weiske, daß eine Vertretung hier nieht stattfinden könne, denn die jungen wachsenden Tiere wurden rhachitisch, die Knochen blieben weich, als der Kalkgehalt der Nahrung durch Strentiumverbindungen ersetzt wurde. Dieses Resultat wäre unverständlich, wenn die Funktion des Kalkes in Knochen lediglich darin bestände, daß er als Phosphat die Festigkeit des Knochens bedinge, denn dazu wäre das Tristrontiumphosphat gewiß ebensogut zu gebrauchen als das Trikalziumphosphat. Es muß hier ein weiterer wichtiger Umstand mitspielen, der die Funktionen der knochenbildenden Zellen beeinflußt und wobei die Kalksalze eben nicht durch Strontium- salze ersetzbar sind. Strontiumsalze sind verhältnismäßig ungiftig für das Tier, denn sogar bei intravenöser Injektion von bis zu 1 g auf 20 kg Lebend- gewicht beim Hunde erwies es sich nicht als schädlich. Es können ferner bis zu 3 g per 0s gegeben werden, ohne eine andere Wirkung als eine diuretische zu erzeugen‘). Bei Kaninchen beobachtete dagegen Burgassi?) eine schwach toxische Wirkung von Strontiumsalzen. Was niedere Tiere betrifft, so hat Herbst?) gezeigt, daß bei der Entwicklung von Seeigeleiern Kalziumsalze weder durch Strontium- noch durch Bariumsalze ersetzt werden können. An grünen Pflanzen wurden zuerst vom Schreiber dieses‘) im Jahre 1892 diesbezügliche Versuche angestellt, welche ergaben, daß 1) Laborde, Jahresber. f. Tierchem., Bd. XX, pag. 63. 2) Ibid. 1907, pag. 587. 3) Arch. f. Entwicklungsmechanik 1895. 4} Flera 1892, pag. 392. Über die Wirkung von Strontinmsalzen auf Algen. 97 selbst nach mehreren Wochen bei Zimmertemperatur sich keine Gift- wirkung an Spirogyra beobachten läßt, wenn in der vollen Nährlösung das Kalziumnitrat durch Strontiumnitrat ersetzt.'wird, wohl aber tritt bei 28° C eine Schädigung und alimähliches Absterben ein. Der Schluß, daß Strontium das Kalzium auch bei Spirogyren nicht ersetzen könne, war somit berechtigt und Molisch, welcher bald darauf eben- falls solche Versuche ausführte, gelangte ebenfalls zum selben Schluß. Dieser Autor aber erwähnte außerdem noch die interessante Erscheinung, daß die Bildung der Querwand bei der noch hie und da stattfindenden Zellteilung unvollständig blieb, wenn Strontiumsalze statt Kalziumsalze oder sogar neben Kalziumsalzen vorhanden waren‘). In solchen Fällen schien somit die Tätigkeit des Zellkernes durch Strontium beeinflußt, denn es ist lediglich die Querwand und nicht die äußere Zellwand, welche eine Veränderung zeigt. Auch Versuche an Bohnenkeimlingen führten Molisch zum Schluß, daß ein physiologischer Ersatz von Kal- zium durch Strontium bei Pflanzen nicht möglich sei. Bald darauf stellte Haselhoff®) Versuche mit Phaseolus und Zea an, indem er die Zufuhr von Kalk allmählich verminderte, die von Strontian aber nicht. Unter dieser Bedingung wurde keine Gift- wirkung beobachtet, weshalb der Autor eine Vertrefiung von Kalzium durch Strontium im Pflanzenkörper für möglich erachtete. Daraufhin wurden von mir Versuche mit Zweigen von Trade- scantia®) angestellt, welche wieder ergaben, daß eine solche Vertretung unmöglich ist, in Übereinstimmung mit der Beobachtung von Molisch am Bohnenkeimling. Nach 6 Wochen bei 10—14° waren ans den in Kalziumnitrat (0,2%) befindlichen Zweigen bis zu 3,5 em lange normale Würzelchen entwickelt, während unter dem Einflusse von Strontiumnitrat (0,2°%/,) nur ganz hurze gebräunte Stummeln zu sehen waren. Auch bei gleichviel Kalzium- und Strontiumnitrat, gleichzeitig dargeboten, war eine hemmende Wirkung des letzteren unverkennbar; denn die Wurzeln blieben kleiner und die Wurzelhaare waren weniger und kürzer als im Kontrollversuch. Selbst bei einer Verdünnung des Strontiumnitrats auf 0,1% blieben die Würzelehen weit kleiner als im Kontroliversuch mit Kalziumnitrat und ihre allmähliche Bräunung zeigte ihr Absterben an. Die Wurzelbaare waren sehr klein und vereinzelt, 1). Wiener Akad. Ber. 1895, Bd. CIV. Ich hatie diese Erscheinung ebenfalls gesehen, aber damals für Zufall gehalten. 2) Landw. Jahrb,, Bd. XXIT, pag. 858. 3) Botan. Zentralbl. 1898, Bd. LXXIV. Flora, Bd. 102. 7 98 Oscar Lovew, während im bloßen destillierten Wasser zahlreich und allerdings weniger lang und dicht als bei 0,1°/, Kalziumnitrat. Weitere Versuche, in welche auch die Wirkung von Bariumsalzen einbezogen wurde, wurden auf meine Anregung hin von U. Suzuki unternommen und zwar an Keimlingen von Hordeum und Fagopyrum und mit Zweigen von Phlox, Rubus und Coreopsis. Es ergab sich, daß Barium schädlicher wirkt als Strontium und unter dem Einflusse des Bariumnitrates eine allmähliche Gelbfärbung der Blätter wie beim Etiolieren eintrat. In der 'normalen Lösung mit Kalziumnitrat fand eine gesunde und kräftige Entwicklung statt, während die Keimlinge bei Strontium- und Bariumniirat und Ausschluß von Kalziumsalzen nach 19 Tagen ein so kümmerliches Aussehen hatten, daß der Versuch beendet wurde. Die Stengel waren so schwach, daß sie sich zur Seite neigten, neue Blätter kamen nicht mehr zum Vorschein, die Kotyledonen fielen vor der Zeit ab und die Wurzelentwicklung war völlig sistiert. Es ergab sich ferner auch hier, daß bei partiellem Ersatz von Kalzium durch Strontium die schädliche Wirkung des letzteren verzögert wurde. Bei den oben erwähnten Zweigen fielen unter dem. Einflusse von Barium und Strontium die Blätter ab und neue Blätter entwickelten sich nicht, während unter dem von Kalzium die Blätter gesund blieben und neue zur Entwicklung kamen. In jüngster Zeit hat Hager!) Versuche angestellt, welche den Einfluß von Barium und Strontium bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kalzium zeigen sollten. Ein armer Sandboden mit 0,027°/, CaO und 0,0117 %/, MgO erhielt z. B. auf 10 kg einen Zusatz von 2,5-—7,5 g Kalk als Karbonat und 4,6-—-13,8 g Strontian ebenfalls als Karbonat. Im Haferstroh wurde dann bei einem dargebotenen Verhältnis von CaO:$rO — 1:4,6 ein Aschengehalt von 10,02°/, mit dem Verhältnis 5,60 CaO zu 3,47 SrO oder wie 1:0,62 gefunden. War ferner im Boden das Ver- hältnis Ca0:BaO — 1:6,8, so lieferte das erzeugte Haferstroh bei 3,82%, Asche das Verhältnis 4,56 Ca0:3,65 BaO oder 1:0,8. Bei einem dargebotenen Verhältnis CaO :SrO = 1:4,6 enthielten die erhaltenen Gerstenkörner das Verhältnis 1:0,12, die Haferkörner 1:Spur, die Pferdebohnensamen 1:0,33 und die Senfsamen 1:1,08. Es ging also auch in die Samen ein ganz anderes Verhältnis von Kalk zu Strontian über, als den Wurzeln dargeboten war; Strontian 1) Kulturversuche mit höheren Pflanzen über. die Aufnahme von Strontium, . Barium und Magnesium. Leipzig 1909. Über die Wirkung von Strontiumsalzen auf Algen. 99 ging in die Samen noch schwerer über, als in die Blätter. Mit dem Eintritt von Strontian in die Pflanze war jedoch öfters eine Steigerung ‚der Produktion verbunden (Reizwirkung); bei dem oben erwähnten Verhältnis im Boden aber ergab sich eine bedeutende Depression der ‚Ernte. welche bei Gerstenkörnern 51 %/,, bei Pferdebohnen 35 %/, betrug. Die Barytdüngung wirkte in der Regel stark ertragsmindernd, nur beim Haferstroh war eine Steigerung zu bemerken. Bei Gersten- körnern sank der Ertag von im Kontrollfall 100 g auf 8 g; bei Buch- weizen von 100 g auf 6,59 g. Barium ging in die Samen gar nicht über. mit Ausnahme beim Senf, wo er vielleicht aber nur in der Schale war d). Der Grund, warum Barium das Kalzium plysiologisch nicht zu ersetzen vermag, könnte darin gesucht werden, daß die Assimilation des Schwefels bei der Eiweißbildung verhindert werden kann, da Bariumsalze die Schwefelsäure der aufgenommenen Sulphate unlöslich machen können. Auffällig muß es daher erscheinen, daß bei Dar- bietung von Bariumsalzen neben Kalziumsalzen überhaupt noch ein "Wachstum möglich war, es ließen sich wohl Suzuki’s Resultate bei Kalziumausschluß, aber kaum die Hager’s bei gleichzeitiger Kalzium- zufuhr mit jener Ansicht erklären; bei letzterem Falle müßte man höchstens annehmen, daß bei den Zuständen in den Pflanzenzellen ge- nügend Bariumsulfat kolloidal gelöst bleibt, um die Assimilation des Schwefels dem Protoplasma bei der Eiweißbildung zu ermöglichen. Wenn aber diese Ansicht richtig wäre, dann müßte man für Suzuki’s Resultate der Bariumwirkung beim Kalziumausschluß eine andere Er- klärung, als die obige suchen.. Bei der Annahme, daß Kalziumverbin- dungen lediglich für die Membranbildung nötig seien, erscheint die absolute Unmöglichkeit der physiologischen Vertrefung von Kalzium dureh Barinm oder Strontium schwer begreiflich, ebenso als bei der Annahme, daß Kalzium lediglich Ozalsäure oder andere Säuren, welche im Stoffwechsel auftreten, durch ihre Ausfällung unschädlich zu machen hätten; denn Barium- und Strontiumsalze dieser Säuren sind ebenfalls ziemlich schwer löslich, jedenfalls in genügendem Grade. Oxalsaurer Strontian z. B. löst sich in Wasser im Verhältnis von 1:12000, das Salz wäre also gewiß schwerlöslich genug. 1) Es mag hier angeführt werden, daß nach Crawford (Bulletin No, 129 des Bureau of Plant Industey, Washington 1908) auf gewissen Böden in Colorado Astragalus und Aragallus Baryiverbindungen aufnehmen und deshalb Tiere, die längere Zeit diese Pflanzen fressen, zugrunde gehen. gr 100 Oscar Loew, ' Da Barium sich indessen weiter von Kalzium entiermt, als Strontium, und ferner bei niederen Pflanzen der Gesamteffekt sich leichter übersehen läßt, so stellte ich nochmals Versuche an Spiro- gyra mit Strontiumsalzen an und zwar in anderer Weise als früher, wo die Algenfäden direkt in eine Nährlösung kamen, in welcher Kalziumnitrat durch Strontiumnitrat ersetzt war. Die Spirogyrafäden wurden diesmal in relativ konzentrierte Lösungen gesetzt, wit Aus- schluß von Nährsalzen. Später wurden dann einige Proben von diesen ‚Algen in eigentliche Nährlösungen übergeführt. Es war wahrscheinlich, daß auf diese Weise eher Erscheinungen zutage treten würden, welche Strontium im Gegensatz zu Kalzium im Gefolge hat. Beim ersten Versuch enthielt die eine Lösung 1°/, Chlorkalzium die andere Chlorstrontium!) in chemisch äquivalenter Menge, also 1,7%. Völlig normale Fäden von Spirogyra crassa wurden am 26. Oktober in die mit reinstem, aus Glas destillierten Wasser bereiteten Lösungen eingesetzt. Die Salze selbst waren als chemisch rein bezogen, das Chlorstrontium außerdem noch zweimal umkristallisiert worden. Die Glasflaschen standen. am Fenster eines Zimmers, dessen Temperatur mehrere Monate lang zwischen 10 und 16° wechselte. Nach 11 Tagen war noch gar kein Unterschied zu bemerken, ausgenommen, daß bei den Strontiumzellen der Zellkern, der sich hier bei mikroskopischer Betrachtung als Spindel darstellt, etwas in der Mitte verbreitert und im Längendurchmesser etwas verkürzt schien. Bei einer weiteren Besichtigung am 17. November ergab sich, daß bei Chlorkalzium die Stärkekörner größer waren als bei Chlor- strontium und die Färbung des Chloroplasten dort etwas dunkler war als hier, in beiden Fällen zeigte sich bei manchen Zellen im zentralen Teil eine ganz geringfügige Einschnürung des Zytoplasmas bei den Haftstellen der Plasmodienstränge, wahrscheinlich eine Folge des relativ hohen Salzgehaltes. Am 15. Januar, also nach 80 Tagen ergab die mikroskopische Prüfung, daß in beiden Fällen eine Anzahl Zeilen, deren Menge auf ea. 15%/, veranschlagt wurde, abgestorben war. Eine 10 °/,ige Glukose- lösung rief bei den gesunden Zellen in beiden Fällen normale Plas- molyse hervor. Beim Chlorstrontium erwiesen sich die Chlorophyll- bänder seitlich mehr oder weniger kontrahiert, so daß die lappigen Ausbuchtungen mehr oder weniger verwischt waren. Sehr auffallend aber war der Unterschied im Stärkemehlgehalt. Bei Chlorkalzium lag 1) Beide Salzmengen beziehen sich auf den wasserfreien Zustand. Über die Wirkung von Strontiumsalzen auf Algen. -10L eine ıngemeine Überlällung mit Stärkmehl vor, bei Chlorstrontinm war der Gehalt nur sehr mäßig, ja in vielen Zellen geradezu ein ver- sehwindendes Minimum. Die Chlorkalziumzellen ließen ferner öfters an der Innenseite der Querwände Verdickungen der Zellwand in Form von lappenförmigen Auswüchsen erkennen, was bei «len Chlorstrontium- zeilen viel seltener und dann nur sehr schwach der Fall war. Wegen der Überfüllung mit Stärkekörnchen konnte der Zellkern bei den Chlorkalziumzellen nicht erkannt. werden, während er bei den Chlorstrontiumzellen hier und da sichtbar war, und zwar konnte dann nirgends mehr die normale Form wahrgenommen werden, sondern eine Kugelform. Bei den Chlorkalziumzellen wurde durch Verdunklung während 4 Tagen soviel Stärkeverbrauch erzielt, daß der Zellkern hie und da sichtbar wurde. Er zeigte sich dann nur unbedeutend von der Linsenform abweichend und weitweniger der Kugelforin sich nähernd, als dies beim Chlorstrontium der Fall war, was möglicherweise auf die verschiedene Konzentration (chemische Äquivalenz) zurückzuführen war. Sehr auffallend waren bei den Chlorstrontiumzellen häufig auf- tretende Kristalinadeln, welche entweder büschelförmig oder warzen- förmig augeordnet waren und manchmal in einer Art Blase (anomale Plas- molyse?) lagen. Diese Kristalle waren unlöslich in Alkohol, aber lös- lich in viel kochendem Wasser und wurden beim Erwärmen mit ver- dünntem kohlensauren Natron zerstört unter Bildung eines amorphen Niederschlags. Verdünnte Essigsäure löste sie bei gewöhnlicher Tem- peratur nicht, wohl aber sehr konzentrierte Essigsäure, ferner verdünnte Salz- und Schwefelsäure, welch letztere indessen an Stelle der Nadeln eine geringe Menge des amorphen Niederschlags lieferte. Demnach lag ein dem oxalsauren Kalk ähnliches Salz vor, jedoch wahrscheinlich nieht oxalsaurer Strontian, weil dieses auch in starker Essigsäure nur schwer löslich ist. Vielleicht war es das Strontiumsalz einer der Oxal- säure nahestehenden Säure (Weinsäure?). In den Chlorkalziumzellen dagegen konnten keinerlei Kristalle aufgefunden werden. Beim Übertragen einer Probe der Strontiumzellen in eine nor- male Nährlösung fand eine Regenerierung zu normalen Zellen nicht mehr statt!), wohl aber gelang dieses als dieselbe Algenart nur 20 Tage in jener Lösung von Strontiumehlorid bei einer 15° C nicht über- 1} Eine Probe war bei einem Versuche schon nach 2 Tagen tot, was vielleicht nur auf zu rasche Änderung der Konzentration beruhen mochte. 102 E Oscar Loew, steigenden Temperatur verweilt hatte. . Die Nährlösung hatte folgende Zusammensetzung: Monokaliumphosphat . . . . . . Olp. mn Kalaumnitrat . 2. 2.2 2.2.. 01, 5 Magnesiumsuliat . . » 22.0. 08.» Kaliumuitrat . . . 2 22202 02 5 Ferrosulfat . . . 2.2.2020... Spur Der Überschuß von Magnesia über Kalk in dieser Lösung wurde mit der Absicht angewandt, um eine Streckung des Chlorophylibandes zu erzielen und so den Kern besser sichtbar zu machen. Es zeigte sich, daß die kugelige Kerntasche bald wieder die für die Spezies normale Linsenform annahm. Ferner wurde hier in einigen Zellen bei der Zellteilung die schon von Molisch erwähnte unvollständige Bildung der Querwand wieder beobachtet, wenn Strontium in den Zellen war. Bei einem weiteren Versuch (März 1910) wurden Fäden von Spirogyra communis in 1°/,ige Lösungen von Chlorstrontium und Chlorkalzium eingesetzt, etwa haselnußgroße Ballen völlig gesunder Fäden in 30 cem der Lösungen, in größeren Proberöhren. Die Proben standen in den ersten Wochen bei 12—16° C an einem Fenster; direktes Sonnenlicht hatte öfters aber dann stets nur kurze Zeit Zutritt. Es ließ sich auch hier wieder konstatieren, daß die Fäden in Chlor- kalzium viel mehr Gasblasen im Lichte bildeten. als die im Chlor- strontium. Nach 43 Tagen zeigten sich in der Chlorstrontiumlösung zur wenige Zellen abgestorben, im Chlorkalzium scheinbar gar keine. Die Chlorophylibänder waren in beiden Fällen etwas mehr gestreckt als vorher, in vielen Fällen parallel der Längsachse. Beim Chlor- strontium waren die Ränder der Chlorophylibänder jedoch häufig etwas verquolien. Ein großer Unterschied bestand auch diesmal im Stärke- gehalt der Chloroplasten, welcher bei Chlorkalzium bedeutend größer war als bei Chlorstrontium. Kristallbildungen, wie beim ersten Ver- such, waren diesmal weit seltener in den Chlorstrontiumzellen zu sehen, was entweder darauf beruhen mag, daß eine andere Algenspezies zum Versuche diente, oder darauf, daß die Chlorstrontiumlösung nicht wie damals 1.7°/,, sondern nur 1%, Salz enthielt. Was den Zellkern be- trifft, so war derselbe meistens mehr oder weniger in der Mitte er- weitert, wie früher schon beobachtet. Dies bedingte aber eine Ver- längerung der Plasmodiumstränge, da die Längsachse verkürzt wurde, oder eine geringe Einschnürung des Zytoplasmas in der Kernzone. Über die Wirkung von Strontinmsalzen auf Algen. 103 Normale Kernformen- (mit Tasche) waren nicht sehr häufig zu sehen, beim Chlorkalzium waren dieselben weit häufiger. Nun wurde (22. April) ein Teil der Zellen aus der 1°/,igen in eine 0,3 %/,ige Lösung beider Chloride versetzt und bei höherer Temperatur wie bisher, nämlich bei 17—21° weiter beobachtet. Ein anderer Teil aber kam infolgende Nährlösung, in welcher Kalzium durch Strontium ersetzt war: Monokaliumphosphat . . . . 02 p.m. Kallumätrat . . ». 22.2.0838 4» Magnesiumsulfat . . . 2.2.02 2 u Strontinmchlorid . . - . .. 02,» Ferrosullat. . . . . . . . Spur Es starb nur ein Teil der Zellen in dieser Lösung bald ab, ein anderer Teil aber blieb noch längere Zeit leben und zeigte hie und da sogar Zellteilung, wobei aber diesmal die unvollständigen Quer- wände nicht zu sehen waren. Der Kern nahm allmählich wieder seine normale Form an, aber die Chlorophylibänder wurden immer dünner, iinmer schmächtiger, die ohmehin geringen Stärkemengen schwanden zuletzt vollständig und der Hungertod war es offenbar, der mehr und mehr Zellen das Leben kostete, bis schließlich, am 24. Mai, fast alle Fäden abgestorben waren. Der Kern mochte sich auf Kosten des Chloroplasten oder unter Mithilfe des aus der abgestorbenen Partie stammenden Kalkes regeneriert haben, aber dem Ühloroplasten war Regeneration nicht möglich. Von einigem Interesse schien es, daß sich eine Flagellatenform, Chlamydomonas, und eine nur sehr schwach grüne Oscillaria in dieser Lösung stark vermehrten. Letztere bedarf des Kalkes wahrscheinlich überhaupt nicht, hei ersterer aber wäre eine weitere Prüfung nötig, In der Kontrolinährlösung mit Chiorkalzium statt Chlorstrontium fand ein üppiges Spirogyrawachstum mit sehr kräftigem Chlorophyliband statt. Was nun jenen anderen Anteil Algenzellen betrifft, weicher nach 43 Tagen aus der 1°/,igen Lösung in 0,5°,ige Lösungen versetzt und nun bei 17—21° weiter kultiviert wurde, so ergab sich ein inımer mehr zunehmender Unterschied. Nach weiteren 20 Tagen waren die Chlorkalziumaigen noch so tiefgrün wie je zuvor, reich an Stärkemehl und mit völlig normalem Chloroplasten, kurzum sie waren noch immer von sirotzender (Gesundheit, trotz Abwesenheit jedes anderen Nähr- stoffes und trotz Ausschluß der Zeilvermehrung. Nur die Zeilkern- tasche zeigte sich, wie schon erwähnt, öfters statt in Spindelform im 104 . Oscar Loew, Durebschnitt nun als Elipse und hier und da auch als Kreis. Abge- storbene Zellen waren sehr selten, selbst nach 4 Monaten. Bei den Strontiumzellen dagegen zeigte sich kein saftiges Grün, sondern. ein Gelbgrün, die Chloroplasten hatten nur Spuren von Stärke und -hatten in Länge und Breite abgenommen); die Pyrenoide waren öfters, mit Chloroplasma umgeben, als kugelige Massen aus dem Verbande getreten, in die anfänglich reihenförmige Anordnung von solchen Kugeln . kam allmählich Unordnung, worauf bald der Tod folgte, so daß Kern und Chloroplasınakugeln einen wirren Haufen in solchen Zellen bildeten. Die Kerntaschen von noch lebenden Zellen waren völlig kugelig ge- worden, hingen aber an noch längeren Plasmasträngen am Chloroplasten. Weit mehr als die Hälfte aller Zellen waren nach 63 Tagen tot und die noch lebenden fristeten wahrscheinlich nur auf Kosten des toten Materials ihr Leben noch einige Zeit kümmerlich weiter. Auffallend ist, daß die Zellen verhältnismäßig lange in 1°/,iger Chlorstrontiumlösung fortieben können, ehe sich eine schädliche Wirkung dieses Salzes zeigt. Nur wenige Salze erreichen einen solchen Grad von Unschädlichkeit, denn bei gleicher Konzentration erweisen sich Natriumsalze und Kaliumsalze schon nach wenigen Tagen schädlich, wobei öfters normale oder anomale Plasmolyse und irreguläre Kon- traktion entweder als Ganzes oder in verschiedene Ballen zerteilt, er- folgt). Magnesiumsalze bei gleicher Konzentration töten schon in wenigen Stunden, während Chlorkalzium und nach ihm Kalziumnitrat bei 1®/,iger Lösung monatelang ertragen werden. Nicht nur Spirogyra sondern auch die nahe verwandte Zyg- mema und Mougeotia ertragen wochenlang Chlorstrontium in 1% Lösung. Werden aber die Proben dann 24 Stunden im Thermostat auf 34° © gehalten, so sieht man bei Chlorstrontium viele Zellen tot, bei Chlorkalzium aber noch schön erhalten. Werden frische Spirogyren jedoch dieser Vergleichsprobe unter- zogen, so bemerkt man nicht immer schon nach 24 Stunden einen Unter- schied. Viel hängt jedenfalls davon ab, ob etwas Kalk in den Zellen gespeichert war oder nicht. 1) Die Abnahme der Chloroplastenmasse hei Kalziummangel hat auch Bo- korny beobachtet. Bot. Zentralbl, 1895, Ba. LXIL. 2) In einer 1°/,igen Chlornatziumlösung sieht man bei Spirogyra nitida z. B. nach 1-—-3 Tagen teils normale Plasmolyse, teils Chloroplasten-Plasmolyse, wobei der Chloroplast in eine Anzahl Kugeln zarfällt; ein anderer Teil der Zellen ist bereits tot. Über die Wirkung von Strontiunsalzen auf Algen. 105 Bei einem weiteren Versuch wurden.1%/,ige Lösungen von Kalzium- und Strontiumnitrat (wasserfrei) verwendet, in welche Fäden von Spiro- gyra nitida gesetzt wurden. Die Temperatur des Zimmers schwankte nun zwischen 18 und 24°, war also beträchtlich höher, als beim ersten Versuch mit Chloriden. Zum Vergleich dienten Algen in 0,6°/, Kalium- nitratlösung und in Quellwasser. Nach 11 Tagen waren die sehr stärke- reich gewordenen Fäden in der Kaliumnitratlösung ganz abgestorben, meist unter beträchtlicher Konktraktion des Zytoplasmas. 'Öfters war das Chlorophyliband in einzelne Ballen verwandelt. Bei Strontium- nitrat waren etwa 20°, der Zellen tot, bei Kalziumnitrat aber war nichts Abgestorbenes zu bemerken, der Stärkemehlgehalt in beiden letzteren Lösungen war nur mäßig und etwa gleich. Nach 15 Tagen war die Algenmasse in der Strontiumnitratlösung gelblich geworden, während die in Kalziumnitrat noch schön dunkel- grün waren. Die nähere Prüfung ergab, daß höchstens 10°/, der Zellen in Strontiumnitrat noch lebend waren und die abgestorbenen verschie- dene Grade der Kontraktion des Zytoplasma und des Ohloroplasten zeigten, indem die volle Totenstarre bald früher, bald später eintrat und oft weitere Veränderungen verhinderte. Das Chlorophyliband war in den einen Zellen seitlich kontrahiert, so daß die Pyrenoide nur dureh dünne’ Fäden miteinander verbunden waren. In anderen Zellen aber waren die Pyrenoide mit etwas Chloroplasma umgeben, als kugelige Massen aus dem Verband getreten. Die Zellen in der Kalziumnitratlösung erwiesen sich in jeder Be- ziehung noch normal, Es mag hier noch erwähnt werden, daß manche Salze, selbst bei öfterem Umkristallisieren, aus destilliertem Wasser, welches aus Glas nochmals destilliert wurde, nicht von solchen Spuren Kupfer zu befreien sind, die sie an sich gezogen haben beim ersten Umkristallisieren aus gewöhnlichem destillierten Wasser in der Fabrik, welche die Salze in den Handel brachte. Diese leisen Spuren Kupfer werden dann be- sonders von dem Chlorophyliband aufgespeichert und dieses zeigt dann ein auffallend frühes Absterben, dem bald auck Zytoplasma und Kern folgt (von Nägeli oligolynamische Wirkung genannt). Diese Art des Absterbens ist ziemlich charakteristisch, so daß sie kaum mit dem Ab- sterben in reinen Salzlösungen eiwa durch höhere Konzentration zu verwechseln ist. Schon makroskopisch kann man in 1—2 Tagen ein weißliches Aussehen der Fäden beobachten, der Turgor ist vollständig verschwunden, wie beim Herausnehmen der Fäden mit einem Glasstabe sofort zu erkennen ist, und das Zytoplasma zeigt sich stark trübe. 106 Oscar Loew, Unter den Salzen, welche als chemisch rein bezogen wurden und solche Spuren Kupfer enthielten, ist mir eine Probe Kaliumsulfat und eine Probe Bariumnitrat vorgekommen. Das letztere Salz war (durch: zweimaliges Umkristallisieren mit aus Glas destilliertem Wasser nicht von seiner Giftigkeit zu befreien, und tötete Spirogyren in 15— 18 Stun- den, während eine andere Probe Bariumnitrat. in 0,5°/, Lösung inehrere- Wochen lang von den Spirogyren bei 15—18° sehr gut ertragen wurde. Schlußbetrachtungen: Bei dem Verhalten von Algenzellen zu. Strontiumsalzen muß vor allem auffallen, daß diese sehr lange in einer Konzentration vertragen werden, wie sonst keine anderen Salze, Kalzium- salze ausgenommen. Man kann wohl daraus als wahrscheinlich schließen, daß Strontium andere metallische Elemente, Kalium, Magnesium und Kalzium nieht aus wichtigen Positionen im Protoplasma sofort verdrängt, obgleich nach dem Gesetz der Massenwirkung man einen Platzwechsel mit seinen physiologischen oder vielmehr pathologischen Folgen ver- muten könnte. Schädliche Wirkungen von Chlorstrontium machen sich bei Algen. äußerst langsam bemerklich, wenn die Zelivermehrung ausgeschlossen. ist, und diese Wirkungen äußern sich am deutlichsten am Chlorophyli- körper, dessen: stärkebildende Funktion zunächst abnimmt, worauf eine Änderung der Färbung in gelbgrün, dann eine Schrumpfung und schließlich der Tod erfolg. Diese Erscheinungen zeigen sich bei gleicher Konzentration von Chlorkalzium in gleicher Zeit nicht, welches überhaupt das einzige Salz ist, das bei einer Konzentration von 1%, monatelang die Spirogyren gänzlich intakt läßt. In zweiter Linie treten bei lange dauerodem Einfluß von Chlor- strontium Kristallnadeln in den Spirogyrenzellen auf, welche unter dem Einfluß von Chlorkalzium — ceteris paribus — nicht auftreten. Diese Kristalle können unter den vorliegenden Verhältnissen nur eine Stron- tiumverbindung einer organischen Säure sein. Sollte dieses nicht auf eine Behinderung normal verlaufender Respiration deuten? Wenn aber unter dem Einfluß von Strontium sowohl Assimilation wie Atmung eine Depression erleiden, welche unter dem Einfluß von Kalzium aus- bleibt, so kann es sich nicht um nebensächliche Stoffwechselprozesse handeln, sondern um die wichtigsten Ernährungsvorgänge, welche nur unter dem. Einfluß des Kalziums normal bei diesen Organismen ver- laufen, Nach der von mir seit lange vertretenen Ansicht ist der Zellkern und Chloroplast von den höheren Algen ab aufwärts aus Kalzium- Über die Wirkung von Stvontiumsalzen auf Algen. 107 verbindungen von Proteiden aufgebaut, weil kalkfällende Stoffe, wie neutrales Kaliumoxalat oder Fluornatrium?), bei einer Konzentration von 1—2%, eine auffallend rasche kon- trahierende Wirkung auf den Zellkern ausüben, worauf dann bald der Chlorophylikörper angegriffen wird. Schon in 2 Minuten er- starrt der Kern mit Kerntasche und Plasmodiensträngen zu einem dünnen, fadenartigen Gebilde, wenn eine 2°/,ige Lösung jenes Oxalats auf Spirogyra crassa einwirkt. Mit jener Auffassung würden auch obige’ Beobachtungen gut | vereinbar sein, daß Chlorkalzium den Chloroplasten monatelang intakt läßt, Chlorstrontium aber nicht. Da der Chloroplast bei den Spiro- gyrazellen eine relativ sehr große Oberfläche darbietet, so kann er auch eher Unterschiede bei der Einwirkung erkennen lassen, als andere Chloroplasten. Niedere Algen bedürfen, wie sowohl Molisch als ich ungefähr zu gleicher Zeit beobachtet haben, des Kalkes nicht), trotzdem Kern und Chlorophylikörper bei ihnen normal funktionieren. Für diese ist aber auch neutrales Kaliumoxalat gar kein Gift und Fluormatrium ein sehr viel schwächeres als für die höheren Algen; ebenso sind für niedere Algen Magnesiumsalze bei Ausschluß von Kalziumsalzen nicht giftig, wie das bei den höheren Algen und aufwärts der Fall ist. Unter diesen Umständen blieb nur die logische Folgerung übrig, daß mit der höheren Differenzierung der Form und des Fortpflanzungs- modus Kalziumproteidverbindungen für den Kernaufbau not- wendig wurden. Wenn aber der Kern sich solche Kalziumverbin- dungen herstellt, so gibt er dieselben auch zum Aufbau des Chloro- plasten ab, der wahrscheinlich nicht selbst sein Baumaterial fahrizieren kann, und deswegen werden auch überall da, wo der Zellkern wichtige Kalziumverbindungen enthält, auch die Chloroplasien solche enthalten. Ein Austausch dieses Kalziums durch andere Elemente, wie K, Na, Mg, wird Strukturstörung durch Änderung des Imbibitionsgrades und da- durch den Tod herbeiführen. Kaliumoxalat, Natriumfluorid und Mag- 1) Flora 1905, pag. 338. 2) Hierher gehören Palmellaceen, ferner Scenedesmus und wahrsehein- lich Oseillaria Molisch hat bei Protokokkus, Stichokokkus, Mikreo- thamnion und Uiothrix beobachtet. Ob indes letztere bei Abwesenheit von Kalk auch Gumeten bildet, wäre noch zu präfen. In neuerer Zeit (Wiener Akad. Ber. 1909) hat Brunnthaler bei der Cyanophycee Gloeothece rupestris be- obachtet, daß sie von Chlormagnesium in 1°%/,iger Lösung nicht geschädigt wird, was für das Nichtbedürfnis dieser Alge für Kalk spricht. 108 Oscar Loew, nesiumsulfat sind solche Mittel, das Kalzium abzuscheiden und durch kalium, Natrium oder Magnesium zu ersetzen. Säuren und sauer rea- gierende Salze wirken natürlich ebenfalls kalkentziehend, und die Be- obachtung von Benecke, daß die schädliche Wirkung von saurem Kalium- phosphat bei ‚Algen durch Gegenwart von Kalziumsalzen verhindert werden kann, ist ebenso leicht erklärlich, wie meine frühere Beob- achtung, daß saures Kaliumphosphat‘) die Giftwirkung der Magnesium- salze bei Spirogyren beschleunigt. Dort ist leicht sofortiger Wieder- ersatz für jedes entzogene Kalziumatom möglich, und hier addieren sich zwei Kalzium entziehende Wirkungen ?). Aus zahlreichen und interessanten Versuchen über den Einfluß von Kalzium- und Magnesiumsalzen auf die Wurzel von Weizenkeimlingen schließt Hansteen, daß Kalziumsalze hauptsächlich zur Bildung der Zellwand nötig sind, denn diese wird schleimig und degeneriert, wenn Kalk in der Lösung fehlt. Hierzu möchte ich mir zu bemerken er- lauben, daß nicht untersucht wurde, ob nicht schon vor dem Degene- rieren der Zellwand der zugehörige Zellkern abgestorben war. War aber dieser, resp. die Zelle tot, bevor die Degeneration der Zellwand eintrat, so erklärt sich diese letztere Erscheinung sehr leicht durch den Angriff von Bakterien, welche sich nun die aus der toten Zelle heraus- diosmierenden organischen Substanzen zu nutze machten, nachdem sie durch die austretenden Substanzen an die Membranen der absterbenden Zellen gelockt wurden. Daß die Wurzeln nicht nur unter dem Einflusse der Kalziumsalze Haare bilden, sondern nach Hansteen auch in einer mit Wasserdampf gesättigten Luft, mag vielleicht in der durch letzteren Umstand herbei- geführten Steigerung der Atmung beruhen, wodurch die Zellkern- funktionen unter der erhöhten Energielieferung ebenfalls gesteigert wurden. Daß ferner die Wurzeln auch abstarben, wenn für Zufuhr von Kalziumsalzen in das Innere der Wurzel gesorgt wurde, aber die um- i) Das saure oder Monokaliumphosphat wirkt selbst bei einer Konzentration von 1,2°%,, ziemlich langsam auf Spirogyra ein, so daß bei den meisten Zellen der Eintritt normaler Plasmolyse erst nach 24 Stunden und dann der Tod erfolgt, unter Bleichung des Chlorophyiis. 2) Es mag hier angeführt werden, daß ein gewisser Parallelismus der Gift- wirkung zwischen oxalsaurem Kali und Fluornatrium auch für den tierischen Or- ganismus beobachtet werden kann. F. Winkler hat ferner bei Froschblutleukoeyten beobachtet, daß beide Salze rasch diese Komme angreifen. „Die Leukocyten des Frosches scheinen einem Kernzerfalle zu unterliegen, ebenso die Leukoeyten aus den Peritonealexsudaten der Maus. Neutrales Kaliumtartrat ließ diesen Kernzerfall nicht eintreten.“ (Briefliche Mitteilung.) Über die Wirkung von Strontinmsalzen auf Algen. 109 gebende Lösung nur Magnesiumsalze enthielt, erklärt sich wohl daraus, daß infolge von stetiger Diffusion von Magnesiumsalzen in die Pflanze diese stets in sehr bedeutendem Überschuß waren. Es ist übrigens hervorzuheben, daß Hansteen keineswegs die Folgerung zieht, daß der Kalk nur in der Membran wichtige Funktionen zu erfüllen habe. Hansteen weist auch auf die unvollständige Querwandbildung bei der Zellteilung unter dem Einflusse von Strontium Yin, aber die Querwandbildung ist eine Funktion des Zelikerns, welcherffnach meiner Ansicht eben nicht mehr völlig normal funktionieren kanı? wenn auch nur ein minimaler Teil seines Kalziumgehalts durch Strontium ersetzt ist. Die äußere Zellwand zeigt unter dem Einfluß von Strontiumsalzen gar keine Anomalien, woraus man allerdings nichts gegen Hansteens Ansicht ableiten kann. Es ist ja sehr leicht möglich, daß Kalziumsalze oder Strontiumsalze in den Zellmembranen abgelagert werden können. Herr Warthiadi von der hiesigen Technischen Hochschule hat beobachtet, daß Tradescantiazweige in kalkhaltiger, aber magnesia- freier Lösung auf Kosten von absterbenden Blättern lange Zeit immer neue Triebe entwickeln, während in der kalkfreien aber magnesiahaltigen Lösung keine Spur eines neuen Triebes erscheint. Jene neuen Triebe verlangten zwar auch etwas Magnesia, aber so viel dürfte wohl aus den absterbenden Blättern zugewandert sein. Neue Triebe aber erfordern in erster Linie eine normale Tätigkeit der Zellkerne, welche vor allem von der Anwesenheit von Kalzium abhängt. Mit meiner Folgerung, daß sowohl Kern als Chlorophylikörper kalziumhaltige Proteide enthalten, steht auch im Einklang, 'üaß die Blätter die kalkreichsten Organe sind?), was nicht durch den Gehalt an Kalziumoxalat erklärt werden kann, denn bei Gramineen, welche, wie manche Liliaceen und Solanaceen, gewöhnlich Kalziumoxalat nieht enthalten, findet dieselbe Regel statt. Man könnte auch meinen. daß Kalk nur deshalb mehr in den Blättern vorhanden ist, weil diese überhaupt die aschereichsten Organe seien, allein es handelt sich hier nicht um einen absoluten, sondern um einen relativen Kalk- gehalt. Von Interesse ist die Beobachtung Ermakows, daß Kalzium- salze bei Assimilation des Nitratstickstoffs eine wichtige Rolle spielen, 1) Church (1887) hat normale und Albinoblätter von gleichaltrigen Zweigen von Quercus rubra verglicken. Aus seinen Daten folgt, daß 1000 Teile weißer Blätter (trocken) 2,2 Teile Kalk, 1000 Teile grüner Blätter aber 3,98 Teile Kalk enthielten. Ob der Gehalt an Kalziumoxalat verschieden war, wurde leider nicht untersucht. Jedenfalls sind die „Leukoplasten“ bei Albinobläitern degeneriert. 110 Oscar Loew, aber nicht bei der Assimilation von Ammoniakstickstoff. Dies läßt ‚sich wohl so am einfachsten erklären, daß sich aus den gespeicherten Al- kalinitraten zunächst Kalziumnitrat bildet und dieses leichter hydroli- ‚siert: wird, als Kalium- oder Natriumnitrat. Das Kalziumoxid geht dabei sofort in organische Salze über, während die Salpetersäure im Moment des Freiwerdeus zu Ammoniak reduziert wird, das sofort als Baustein bei der Bildung von Eiweiß eventuell von Asparagin Verwendung findet. Bei niederen Algen, wenn sie bei Abwesenheit von Kalzium- salzen wachsen, könnten sicherlich auch Magnesiumsalze dieselben Dienste leisten. So interessant Ermakow’s Versuche auch sind, so können sie doch über die eigentliche physiologische Rolle des Kalks keine Ent- scheidung bringen, da die Pflanzen ja ebensogut: Ammoniakstickstoff als Nitratstickstoff verwenden können. . Es wurde behauptet, daß Kaliumsalze ebenso wie Kalziumsalze der Giftwirkung von Magnesiumsalzen entgegenwirken können, allein die hierfür angeführten Versuche an Algen dauerten allzu kurze Zeit, um entscheidend zu sein. Wir?) haben in dieser Beziehung junge Gerstenpflanzen von 8 cm Höhe nach Befreiung vom Endosperm in folgende Lösungen eingesetzt, je drei Stück: I 0,4°/, Magnesiumsulfat. II 04%, » + 0,2%, Kalziumsulfat. II 04% % -+ 0,2%, Kaliumsulfat. IV 0,4°/, Kaliumsulfat. Die Pflanzen in I waren in 7 Tagen tot, in Lösung TII starben zwei Pflanzen in 15 Tagen, die dritte in 41 Tagen, in Lösung IV starben zwei Pflanzen in 28 Tagen, die dritte in’ 36 Tagen, in Lösung II aber hatte jede Pflanze nach 5 Monaten noch drei völlig gesunde Blätter, welche zum Teil auf Kosten der ersten abgestorbenen Blätter sich entwickelt hatten, und die Wurzeln waren von 6 cm auf 14 cm gewachsen, während in den Lösungen I, II und IV gar kein Wurzel- wachstum zu konstatieren war. Erst 6 Monate nach Beginn des Ver- suchs zeigte das jüngste Blatt in II Gelbfärbung und fingen die Spitzen der anderen an zu verdorren. Das längste Blatt maß dann 10 em. Die Gesamtzahl der toten Blätter war 21. Da sich ein Pilz auf den Blättern einstellie, wurde der Versuch beendigt. Er zeigt aber hin- reichend klar, daß die Giftwirkung von Magnesiumsalzen nur 1} 0. Loew und K. Aso, On physiologically balanced solutions. Bulletin, College of Agrieulture, Tokyo University, Vol. VIL, No. 3. Über die Wirkung von Strontiumsalzen auf Algen. 111 Jurch Kalziumsalze vollständig aufgehoben, durch Kalium- ‚salze aber nur verzögert wird, was auch Hansteen fand. Es ist auch behauptet worden, daß Kaliumsalze bei Abwesenheit ‚anderer Salze giftig auf Pflanzen wirken. Allein Algen sterben in Kaliumsalzlösungen bei Ausschluß anderer Nährstoffe so langsam ab, daß man kaum von einer wirklichen Giftwirkung mehr sprechen kann. Während z. B. Spirogyren in 0,2-—-0,3°/, iger Lösung von Chlor- magnesiun in > Tagen total absterben, sind sie in 0,3%,iger Lösung von Chlorkalium erst in 18—20 Tagen erheblich geschädigt, indem der Kern losgelöst als unregelmäßig kontrahierte Masse in der Zelle liegt und der Chloroplast angegriffen ist. Das Cytoplasma ist. hierbei oft noch völlig intakt und der Turgor noch erhalten. Bei Phanerogamen ist es noch schwieriger, eine „Giftwirkung“ von Kaliumsalzen in Abwesenheit anderer Nährstoffe zu erkennen, Gersten- keimlinge von 18 cn Höhe, weiche des letzten Restes des Endosperms beraubt wurden, können 1-3 Monate lang in 0,5 °/,igen Lösungen von Kaliumnitrat-, -chlorid, oder -sulfat lebend bleiben; Maiskeimlinge blieben über 7 Wochen lang in einer 0,5 %/,igen Lösung von Kaliumsulfat gesund. Der Grund, warum Strontiumn das Kalzium physiologisch nicht ersetzen kann, ist jedenfalls in anderer Richtung zu suchen, als der für die Unfähigkeit des Magnesiums. Indessen chemische Unterschiede von einer solchen Art, daß man jene physiologische Unfähigkeit des Strontiums mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ableiten könnte, sind bis jetzt nicht bekannt. Dagegen existieren zwischen Kalium und Natrium einige sehr markante Unterschiede, die wohl geeignet sind, den gewaltigen physiologischen Unterschied zwischen diesen zwei Elenienten zu verstehen. Kalinm kann sich z. B. mit Kohlenoxyd ver- binden und diese Verbindung durch Einwirkung von Wasser in ein Benzolderivat (Trichinoyl) übergehen. Natrium aber ist unfähig, sich mit Kohlenoxyd zu verbinden. Kali kann hei der Einwirkung auf Phenol kondensierende Wirkung ausüben und viel Diphenol erzeugen, Natron aber liefert dabei wesentlich nur Resorzin und Phlorogluzin '). Sehon vor langer Zeit hat daher Schreiber dieses die Ansicht aus- gesprochen, daß Kali (vielleicht als Verbindung mit einem Nukleoproteid) bei den synthetischen Arbeiten in pflanzlichen wie tierischen Zellen be- tejligt sei, 1) Weiteres hierüber 0. Loew in „The Physiological Röle of Mineral Nutrients“, pag. 06, Washington 1899 und II Edition, Bulletin No. 45, pag. 19 u. 34. U. 5. Department of Agrieulture, Division of Vegetable Physiology and Pathology. 112 Osear Loew, Über die Wirkung von Strontinmsalzen auf Algen. Beim Vergleich von Baryt mit Kalk habe ich einen Unterschied in der Wirkung auf verdünnten Formaldehyd wahrgenommen, welcher hier Erwähnung finden mag. Während bei der Anwendung von Kalk die Kondensation zu einem Zucker (Formose) vorherrscht über die Spaltung des Formaldehyds in Ameisensäure und Methylalkohol, über- wiegt bei der Anwendung der äquivalenten Menge Baryt diese Spaltung über jene Zuckerkondensation, Da Strontian in bezug auf Basizität zwischen Kalk und Baryt steht, so kann man auch für Strontian ein geringeres Kondensationsvermögen als für Kalk vermuten. Indessen daraus könnte man wohl kaum die physiologische Unfähigkeit des Strontiums ableiten }). Jedenfalls ergibt sich aber wieder, daß es irrig ist, zu schließen, daß der „Kalk nichts mit dem innigsten Getriebe des Lebens zu tun habe“, weil die niedersten Organismen ihn nicht brauchen. 1) Wie Meltzer und Auer fanden, wirken Kalziumverbindungen anders auf tierische Zellen als Strontinmverbindungen und anders als Magnesiumver- bindungen; sie können aber nur antegonistisch gegen letztere, nicht gegen erstere wirken. Amer. Journ. Physiol. 1908. Aktives Eiweiß und Tannin in Pflanzenzellen. Ven 0. Loew und Th. Bokorny. In den Proceedings of the Meeting of the Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdan vom 26. März d. J. wurde eine Abhandlung von Prof. C. van Wisselingh mitgeteilt, in weicher Koffein und Antipyrin als neue Mittel der Abscheidung von Tannin in Pflanzenzellen erklärt werden. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß Loew und Bokorny bereits jene beiden Basen gebraucht hätten, um das nichtorganisierte labile Protein in lebenden Zellen zur Aus- scheidung zu bringen. Wisselingh hält die durch jene Basen er- haltene Ausscheidung lediglich für gerbsaures Koffein resp. gerbsaures Antipyrin, während wir außer allen Zweifel gestellt haben, daß die kugeligen Ausscheidungen durch jene Basen in Zellen von Spirogyren und überhaupt in äußerst zahlreichen pflanzlichen Objekten aus den vorschiedensten Familien hauptsächlich einen äußerst labilen Proteinstoff enthalten. Dieser nimmt bei seiner Ausscheidung sämt- lichen Gerbstoff der Zellen mit sich. Wenn Wisselingh in seiner Abhandlung sagt 1. e. $. 700: „I adhere to my opinion that antipyrine and coffeine solutions are valuable fannin reagents and suppose that Loew and Bokorny have given an inaccurate explanation of the phenomenon which they observed“, so stimmt die erste Hälfte dieses Natzes mit unseren Beobachtungen überein, aber nicht die zweite. Daß Wisselingh meint, unsere Folgerungen seien eine „inaceu- rate explanation of the phenomenon“, erklärt sich wohl nur daraus, daß er unsere diesbezüglichen Studien nur sehr unvollständig kennt. Diese Studien, die sich durch fast 10 Jahre hinzogen, sind in Kap. VII und VIII der Schrift von O. Loew zusammengefaßt worden: Die chemische Energie der lebenden Zellen. In dieser Schrift") findet sich bezüglich des Gerbstoffnachweises folgende Mitteilung: „Werden gerbstoffhaltige Zellen mit Koffein behandelt, so scheidet. sich mit den Proteosomen zugleich auch der sämtliche Gerbstoff aus, welcher in diesen so fest gehalten wird, daß er weder mit ver- dünntem Ammoniak noch mit Alkohol ganz entfernt werden kaun. Selbst der geringste Gerbstoffgehalt der Zellen läßt sich leicht auf die Weise erkennen, daß man zuerst Proteosomen mit Koffein i) Zweite Auflage, pag. 98. Stuttgart 1906, Verlag von Fr. Grub. Wie im Kap. VII erwähnt, wurden sämtliche Studien über die Proteosomen von uns heiden in Gemeinschaft ausgeführt. Flora, Ba. 102. 8 114 0. Loew und Th. Bokorny, erzeugt, dann die Objekte mit etwas feingepulvertem Eisenvitrol bestreut und nun langsam erwärmt bis zur Eintrocknung. Nach Wiederbe- feuchten mit Wasser und einigem Stehen an der Luft werden die Proteosomen unter dem Mikroskop bei gerbstoffreichen Zellen dunkelblau erscheinen, selbst die geringsten Spuren verraten sich noch durch eine schwachbläuliche Färbung.“ . Wie man zugeben wird, erhalten die Beobachtungen van Wisse- lingh’s keineswegs eine Widerlegung unserer Auffassung, denn wir stimmen insofern mit ihm überein, daß sich Koffein und Antipyrin sehr gut zur Gerbstoffabscheidung eignen. In unserer zitierten Schrift wird man alles finden, was auf den Gehalt der Koffeinausscheidungen nicht nur an Gerbstoff, sondern auch an Protein Bezug bat. Daß bei genauerer Prüfung eine Verwechslung von Proteosomen mit bloßem gerbsauren Koffein resp. gerbsauren Anti- pyrin möglich sein sollte, ist eigentlich undenkbar. Man betrachte nur einmal folgende Unterschiede: Proteosomen Gerbsaures Koffein Werden bei 50—-56° koaguliert. Binden Ammoniak und werden dabei fest. Werden bei mehrtägigem Aufenthalt in verdünnter Koffeinlösung vakuolisiert und fest, ‘Werden unter Gelbfärbung durch Jod fest. Verdünnte Säuren koagulieren die Proteo- somen und nehmen die Wasserlöslich- keit, Werden durch verdünnten Alkohol von 20°, unter Vakuolisierung unlöglich. Dämpfe von Anästhetika bedingen lang- sam eine Koagulation der Proteosomen, welche bald nach dem Tode der Zellen einsetzt. Jod, Blausäure, Diamid, Hydroxylamin bringt die Proteosomen bald unter Vakuolisierung zum Ersterren (Koagu- lieren), und Formaldehyd führt die Proteosomen in ein in Kalilauge schwer lösliches Produkt über. Proteosomen geben verschiedene Eiweiß- reaktionen. Löst sich in heißem Wasser. Löst sich in Ammoxiak. Behält seine Löslichkeit. Bleibt bei Jodbehandlung löslich. Verdünnte Säuren verändern die Löslich- keit in heißem Wasser nicht. ‘Wird durch verdünnten Alkohol gelöst. Wird durch Anästhetika nicht im ge- ringsten. chemisch verändert. Keine chemische Veränderung unter den gleiehen. Umständen. Gerbsaures Koffein gibt diese Eiweiß- reaktionen nicht. Aktives Eiweiß und Tannin in Pflanzenzellen. 115 Es läßt sich zeigen, daß bei Kultur von Spirogyra in stickstoff- freier Nährlösung das gespeicherte aktive Eiweiß verbraucht wird und ferner, daß es sich wieder in den Zellen ansammelt, wenn bei Ein- schränkung der Zellvermehrung,durch Verminderung der Phosphorsäure für die Eiweißbildung günstige Umstände hergestellt werden. Ja, diese Speicherung des labilen Eiweißkörpers läßt sich soweit treiben, daß sich derselbe in Form von.Proteosamen von selbst, und ohne daß eine Spur von Koffein angewendet wird, ausscheidet). Auch die spontane Ausscheidung von Eiweißkugeln beim Aushungern von Zweigen von Prunus, wobei der Ausscheidung alsbald Erhärtung folgt, sei hier kurz erwähnt. Daß der Gerbstoffgehalt nebensiächlich ist, geht auch daraus hervor, daß gerbstoffreie Objekte, wie Schneebeeren, ebenfalls Proteosomen liefern, ja in neuester Zeit hat Fr. Winkler?) beobachtet, daß auch gewisse Leukozyten proteosomenähnliche Ausscheidungen bei der Ein- wirkung von Koffein zeigen. Von einigem Interesse dürfte noch sein, daß verdünnte Koffein- lösung öfters sowohl normale als anomale Plasmolyse hervorrufen kann, bei Verdünnungen, wo man diesen Effekt wahrlich nicht vermuten sollte. Merwürdig ist ferner das Verhalten von Infusorien gegenüber Koffein: unter Reizbewegungen der Tiere vergrößern sich ihre Vakuolen. Sämtliche Erscheinungen, welche das Koffein hervorruft, erklären sich am einfachsten unter dem Gesichtspunkt, daß sowohl eine Wasseraus- stoßung aus dem gequollenen aktiven Protein der lebenden Substanz stattfindet, als auch aus dem Bindungswasser des gelösten aktiven Albumins, Man sollte wohl vermuten, daß alle diese Verhältnisse einiges Interesse erregen könnten. Nachschrift. Diese Einwendungen gelten auch für einen Artikel von Czapek®), Dieser Forscher behauptete, die Proteosomen seien in Alkohol löslich, was aber lediglich durch die rasche Exosmose des Kof- feins vorgetäuscht wurde. In der oben zitierten Sehrift, 2. Auflage, pag. 73 ist bereits darauf hingewiesen worden, daß, wenn man zunächst einen verdünnten, mit Koffein gesättigten Alkohol von 20°), 3—4 Stun- den auf die Proteosomen wirken läßt, Koagulation derselben eintritt und nun starker Alkohol gar keine weitere Veränderung hervorruft. Czapek hat Millon’s- und Biuretreaktion mit den Proteosomen I) Siehe hierüber auch Flore 1892, pag. 126. 2) Folia kaematologies 1910, Bd, IX, pag. 9. 3) Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft, Bd. XXVILL, pag. 147. E20 116 0. Loew und Th. Bokerny, Aktives Eiweiß und Tannin in Pflanzenzellen. nicht erhalten können. Wenn er sich aber genau an unsere Vorschriften halt (I. ec. pag. 74), so kann der Erfolg nicht ausbleiben. Die wichtigsten Reaktionen für Albumine sind aber nicht jene Farbenreaktionen, sondern: 1. Koagulation durch Alkohol, 2. Koagulation durch höhere Temperatur, 3. Koagulation durch Säuren. Wie erwähnt, reicht schon Alkohol von 20°/, zur Koagulation der Proteosomen aus. In siedende Kochsalzlösung getaucht, koagulieren die Proteosomen momentan; bei 56° C reichen ea. 5 Minuten aus (l. e, pag. 91). Säuren bringen die Proteosomen sehr bald zur Koa- gulation, später können die koagulierten Gebilde gelöst werden durch einen der Acidalbuminbildung ähnlichen Vorgang. Salpetersäure von 10°/, koaguliert die Proteosomen in 1—2 Minuten; wäscht man dann die Säure gut aus und färbt, so erhält man schöne Dauerpräparate. Es erscheint geradezu rätselhaft, daß man dieses charakteristische Verhalten so hartnäckig ignoriert! Ist denn in der ganzen organischen Welt ein zweiter Körper bekannt, dem Koagulation nach jener drei- fachen Richtung hin eigen wäre? Soll das etwa der Gerbstoff tun? Daß aber unserem aktiven Eiweiß oder Protoprotein ein sehr labiler Zustand zukommt, geht daraus hervor, daß er zum Unter- schied von Ovalbumin oder Serumalbumin 1. mit Koffein sich abscheiden läßt, 2. Ammoniak bindet, wobei ein Eiweißkörper von besonderem Verhalten resultiert, 3. durch Blausäure, Diamid und Hydrosylamin unlöslich wird, 4. einige Zeit nach dem Absterben der Zellen spontan koaguliert. . Der Umstand, daß tote Zellen keine Proteosomen mehr geben, beruht nicht auf der längst bekannten Exosmose von Gerbstoff aus toten Zellen. Wir haben diese Frage längst erledigt, aus den exos- mierenden Substanzen sind keine Proteosomen mehr zu gewinnen '). Möchte man gründliche Vergleiche anstellen zwischen dem gerb- sauren Koffein nach der Exosmose und wahren Proteosomen. Kugel- form der kleinsten Teile bedeutet, doch hier wahrlich keine Entscheidung! *) Wir zweifeln nicht, daß bei unparteiischer Prüfung unsere Schlüsse völlige Bestätigung finden werden. 2) l.c. pag. 91, Anm. Man versuche z. B. mit den gerbstoffreichen Galläpfeln. 2) Die Tröpfehen, welche Uzapek bei Echeveria wittelst Formaldehyd er- hielt, sind gewiß keine Proteosomen. Uns gelang diese Reaktion nicht. Eingegangene Literatur. 1) Wilh. Becker, Violae europaeae. Systematische Bearbeitung der Violen Europa’s und seiner benachbarten Gebiete. Dresden-N. 1910, Verlag von ©. Heinrich. 2) Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Begründet von Fr. Cohn, herausgeg. von F. Rosen. Bd. X, Heft1. Mit 1 Tafel. Preis: M. 5,—. Breslau, J. U. Kerns Verlag. (Enthält: W. Herrmann, Über das phylogenetische Alter des mecha- nischen Gewehesystems bei Setarie; E. Pringsheim, Heliotr. Studien 3. Mitteilung; U. Angelstein, Über die Kohlensäureassimilation submerser Wasserpflanzen in Bikarbonat- und Karbonatlösungen; E. Pringsheim jun. und H. B. Cursky, Über Rosahefe. 3) Boletim do Museu Goeldi de historia natural e ethnographia, Vol. X. Parä 1910. 4) W.F. Bruck, Wie studiert man Biologie? Stuttgart, Verlag von Wilh. Violet. Preis: geh. M. 2,50. 5) A. Coben-Kysper, Versuch einer mechanischen Analyse der Veränderungen vitaler Systeme. Leipzig 1910, Verlag von Georg Thieme. 6) J. M. Coulter and Ch. J. Chamberlain, Morpbology of Gymnosperms witl 462 Figures. The University of Chicago Press, Chicago. Preis: 4 Dell. 22 eis. 2) E. Döring, Das Leben der Tuipe. Mit 6 Tafein. Sondershausen, Verlag von 0. Reutier. 8) L. Fischer, Tabellen zur Bestimmung einer Auswahl von Thallopkyten und Bryophyten. (Teilweise neu bearbeitet von L. Fischer.) Bern, Verlag von K. J. Wyss. Preis: M. 1.60. 9) K. Giesenhagen, Lehrbuch der Botanik. Fünfte Auflage. Mit 557 Textfiguren. Stuttgart, Verlag von Fr. Grub. Preis: geb. M. 8,—. 10) P. Graebner, Lehrbuch der allgemeinen Pfianzengeographie nach entwieklungs- j geschichtlichen und physiologisch-ökologischen Gesichtspunkten. Mit 150 Ab- bildungen, Leipzig, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: geb. M. 9,— 11) &. Haberlandt, Eine botanische Tropenreise. Mit 48 Abbildungen im Text, 9 Tafeln in Autotypie und 8 Aquarelltsfeln. Zweite Auflage. Leipzig, Verlag von W. Engelmann. Preis: geh. M. 11,60, geb. M. 12,85, -712) E. Jörgensen, Die Ceratien. Eine kurze Monographie der Gattung Geratium Sehranck. Mit 184 Figuren auf 10 lithographischen Tafeln. Leipzig 1911, Verlag von Dr. Werner Klinkhart, Preis: M. 7.—. 13) M. Koch, Beiträge zur Kenntnis der Höhengrenzen der Vegetation im Mittel- meergebiete. Halle a. 8, Druck und Verlag von C. A. Kaemmer & Co. Preis: M. 6,—.. ’ 14) B. Landsberg, Didaktik des botanischen Unterrichts. Leipzig und Berlin 1910, Verlag von B. 6. Teubner, 15) L. Loeske, Studien zur vergleichenden Morphologie und phylogenetischen Systematik der Laubmoose, Berlin 1910, Verlag von M. Lande. Eingegangene Literatur. 16) Memorias do instituto Oswaldo Cruz, Tiomo I, Faeieulo 4. Rio de Janeiro 1909, Manguinhos. ’ 17) A. Pascher, Chrysomonaden (Der Grofteich bei Hirschberg in Nordböhmen, naturwissenschaftliche Untersuchungen veranlaßt und herausgegeben von der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen). Erstes Heft des botan. Teiles. Leipzig 1910, Verlag von Dr. Werner Klink- hart, Preis: M. 10,—. 18) A. Nathanson, Tier- und Pflanzenleben des Meeres. Leipzig 1910, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: geh. M. 1.—, geb. M. 1,25. 19) Ders, Der Stoffwechsel der Pflanzen. Leipzig 1910, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: 20) R. C. Punnets, Mendelismus. Ins Deutsche übertragen von Wilfr. v. Pros- kowetz. Herausgegeben, mit einem Vorwort und Anmerkungen versehen, von Dr. Hugo Iltis, Brünn. Brünn 1910, Druck und Verlag der k. u. k. Hofbuchhandlung Carl Winkler. Preis: M. 2.—. 21) &. Roth, Die außereuropäischen Laubmoose, beschrieben und gezeichnet. Erste Lieferung. -Mit Tafel I-VIIL Leipzig, Verlag von C. Heinrich. Preis: M. 6,—. . 22) O. Schmeil, Lehrbuch der Botanik. Mit 40 farbigen Tafeln und zahlreichen Textbildern. Leipzig 1910, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: geb. M. 5,40. 23) W. Schurig, Hydrobiologisches und Plankton - Praktikum. Eine erste Ein- führung in das Studium der Süßwasserorganismen. Mit einem Vorwort von R. Woltereck. Mit 215 Abbildungen im Text und 6 Tafeln. Leipzig, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: 24) R. Timm, Niedere Pflanzen (Naturwissenschaftl. Bibliothek für Jugend und Volk). Leipzig 1910, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: M. 1,80. 25) W. Wagner, Die Heide (Naturwissenschaftl. Bibliothek für Jugend und Volk). Leipzig, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: geb. M. 1,80. 26) R. v. Wettstein, Handbuch der systematischen Botanik. Zweite umgearbeitete Auflage, erste Hälfte. Leipzig und Wien 1910, Franz Deuticke. 27) K. Wilhelm, Die Samenpflanzen. Systematische Übersicht ihrer Familien und richtigeren Gattungen und Arten mit besonderer Berücksichtigung der für Land- und Forstwirtschaft, Technik und Arzneikunde in Betracht kommen- den Gewässer. Leipzig und Wien 1910, Franz Deuticke. Preis: M. 5,—. Druck von Ant, Kämpfe in Jena, j Flora,Band 102. Tar.l. Ä = ElaneluthnstBerlin. FStrasburgerger. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Tafel I. Flora, Bd. 102. ' Verlag von Gustav Fischer in Jena. Doposch Flora, Bd. 102. Tafel II. Doposcheg- Uhlar. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora, Bd. 102. Tafel IV. Doposcheg-Uhlär. Verlag von Gustav Fischer in Jena. j . Tafel V. Flora, Ba. 102. Doposcheg- Uhlär. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora, Bd. 102, Tafel VI. Doposcheg. Uhlär. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora, Bd. 102. Tafel VI. Doposcheg-Uhlar. Verlag von Gust Fischer in Jena. Flora, Bd. 102. ; Tafel VIH. Doposcheg. Chlär. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Über die Traubenwickler (Conchylis ambiguella Hübn. und Polychrosis botrana Schiff) - und ihre Bekämpfung mit Berücksichtigung natürlicher Bekämpfungstaktoren. Von Dr. Schwangart Vorstand der zoologischen Abteilung an der Kgl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Neustadt a. d. Haardt. Mit 3 Tafeln, {Äbdr. aus der Festschrift zum sechzigsten Geburtstag Richard Hertwigs. Bd. IL) 1910. Preis: 5 Mark, | Soeben erschien: Kißkalt und Hartmann. Praktikum Bakteriologie und Protozoologie. Zweite, erweiterte Auflage. a Zweiter Teil: Protozoologie. Von | Prof. Dr. M. Hartmann Abteilungsvorsteher am hygienischen Institute der Universität Berlin. { 1 Mit 76 teils mehrfarbigen Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark 20 Pf., geb. 4 Mark. Früher erschien: Erster Teil: Bakteriologie. Von | Prof. Dr. Kißkalt Abteilungsvorsteher am hygienischen Institute der Universität Berlin. Mit 40 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 2 Mark 50 Pf, geb. 8 Mark 60 PL. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Vor kurzem erschien: Die Geographie der Farne. . . Von H. Christ, Basel. Mit einem Titelbild, 129 Abbildungen (meist nach Originalphotographien) im Text und 3 Karten. 1910. Preis: 12 Mark. Inhalt: I. Teil: Die Fame unter den Einflüssen von Boden und Klima. Die Farne als mesotberme Hygrophyten und als Xerophyten. 1. Edaphische Be- dingungen. — 2. Klimatische Bedingungen. — 3. Die Hygrophyten. — 4. Die Xerophyten, — 5. Arktisch-alpine Farne. — 6. Verteilung der Genera in kli- matischer Beziehung. — 7. Physiognomik. 1. Teil: Die Farnfloren. I. Die Grundlagen der Floristik, — IL Die Flaren- gebiete. ı. Flora des kalt gemäßigten nördlichen Waldgebietes beider Halb- kugeln. — 2. Mediterranflora mit der atlantischen W.-RKüste und dem Kau- kasus. — 3. Chinesisch-japanische-Flora. — 4. Malayische Flora. — 5. Austra- lisch-neusseländische Flora. — 6. Tropisch-afrikanische Flora. — 7. Afrikanische Süd- und Randtlora. — 8. Mexikanische Xerophytenflora mit Kalifornien. — 9. Tropisch-amerikanische Flora. Florencharakter. — 10. Südbrasilianische Camposflora. — ı1. Andine Flora. -—— 12. Südchilenische Flora mit Juau Fer- nandez und antarktische Elemente. — III. Florengeschichtlicher Über- blick. — Einige Litersturnachweise. — Erläuterungen zu den Karten. Neturwissenschaftliche Rundsehan, 1910, XXV. Jahrg., Nr. 27: Eine zusammenfassende Darstellung der geographischen Verbreitung der Farne war ° bisher noch niemals gegeben worden. Um so freudiger ist es zu begrüßen, daß Herr Christ es unternahm, die Resultate seiner jahrzehntelangen Arbeiten auf diesem Gebiete in dem vorliegenden klassischen Buche zu veröffentlichen, das für die Farne dieselbe Be- deutung hat wie Schimpers Pflanzengeographie für die Phanerogamen, Allgemeine Botanische Zeitschrift, 1910, XVI. Jahr., Nr. 6 (Juni): Wenn vom Altmeister Christ ein neues, zusammenhängendes Werk über Farne angekündigt wird, so weiß ein jeder, der sich jemals mit dieser interessanten Pflanzen- grappe beschäftigt hat, daß etwas besonderes zu erwarten ist. Ist man doch schon lange gewöhnt, in den zahlreichen kleineren Schriften des Verfassers weit mehr zu finden ala trockene Artbeschreibungen, so daß wohl bei vielen der Wunsch enstanden sein mag, Christ möge den reichen Schatz seiner langjährigen Beobachtungen in einem zusammen- hängenden Werk für die Allgemeinheit nutzbar machen. Diesen Wunsch erfüllt Christs neuestes Buch, dessen Titel seinen reichen Inhalt kaum deckt. Von demselben Verfasser erschien 1897: Die Farnkräuter der Erde. Beschreibende Darstellung der Geschlechter und wichtigeren Arten der Farnpflanzer. Mit besonderer Berücksichtigung der Exotischen. Mit 291 Abbildungen. Preis: 12 Mark. "Ant. Kämpfe, Buchdruckersi, Jona. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. ZWEITER BAND. (DER GANZEN REIHE 102. BAND) ZWEITES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 4 TAFELN UND 27 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. is11. ERSCHIENEN AM 18. FEBRUAR 1911. Inhaltsverzeichnis. Beite NTENBURG, WILHELM, Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen- Mit Tafel IX u. X und I4 Abbildungen im Text. . . . . 17-146 GARJEANNE, A, J. M., Die Verpilzung der Lebermoosrhizeiden. Mit Tafel XI u. XII und 9 Abbildungen im Text . . . . . . 147-185 SCHROEDER, H., Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes, Mit 4 Abbildungen und 1 Kurve im Text . . 2 2.2... 186-208 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Termitenleben auf Ceylon Neue Studien zur Soziologie der Tiere zugleich ein Kapitel kolonialer Forstentomologie von K. ESCHERICH Dr. med. et phil, o. Professor der Zoulogie an der Forstakademie Tharandt. Mit einem systematischen Anbang mit Beiträgen von A. Forel, Nils Holmgren, W. Michaelsen, F. Schimmer, F. Silvestri und E. Wasmann. Mit 3 Tafeln und 68 Abbildungen im Text. Preis: 6 Mark 50 Pf, gebunden 7 Mark 50 Pi. Inhaitsverzeichnis. Einleitung. Die Reise. I. Die Hügelbauer. Die Ter- mitenhügel. Die Hügelbewohner. Hügelgenese, Baumethode usw. — II. Die Karton- fabrikanten, Die „schwarze“ oder die „Kot-Temite“ Die Galerietermite. Die übrigen Eutermes. — Ill. Verschiedene Beobachtungen und Versuche im Laboratorium usw, Beobachtungen an Königinnen. Kämpfe. Versuche über Lichtempfindlichkeit. — IV. Ökonomisches. Systematischer Anhang. I. Ceylon-Termiten von Nils Holmgren, — II. Ameisen von Ceylon von Prof. A. Forel. — III. Termitophile Coleopteren aus Ceylon von E. Wasmann 8. J. — 1V. Myrmecophila Escherichi, eine neuetermitophile Ameisen- grille von Dr. F, Schimmer. — V. Beschreibung der von K. Escherich auf Ceylon gesammelten termitophilen Thysanuren, Myriapoden, sowie einer unbekannten mi- metischen, termitophilen Coleopterenlarve von Prof, F. Silvestri. — VI. Notoscolex termiticola Mich. (ein termitophiler Regenwurm) von Prof. W. Michaelsen. Soeben erschien: DIE PFLANZENSTOFFE Botanisch-systematisch bearbeitet Chemische Bestandteile und Zusammensetzung der einzelnen Pflanzenarten Rohstoffe und Produkte Phanerogamen von Prof. Dr. C. WEHMER Dozenten an der Kgl. Technischen Hochschule zu Hannover. Preis: 35 Mark. Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. Von Wilhelm Nienburg. (Mit Tafel IX u. X und 14 Abbildungen im Text.) Einleitung. . Es gibt wenig botanisch-physiologische Fragen, die wie das Winde- problem schon seit so langer Zeit das Interesse hervorragender Forscher auf sich gezogen haben, ohne dabei eine allgemein anerkannte Lösung zu erfahren. Seit dem Erscheinen der Arbeiten von Mohl und Palm sind 83 Jahre verflossen, und wenn wir über viele Einzelerscheinungen inzwischen auch genaue Aufklärung erhalten haben, so ist: die Winde- frage als ganzes doch heute noch ebenso unbeantwortet, wie damals. Mag das auch zum Teil an der Kompliziertheit der Erscheinungen liegen, die eine experimentelle Behandlung erschweren, so kommt doch vor allem eine andere Tatsache für die Erklärung der schroffen Wider- sprüche in den Ansichten der verschiedenen Autoren in Betracht. Wenn man sich mit der Windeliteratur beschäftigt, so fällt es auf, daß sich die Versuche fast ausschließlich auf die schwer analysierbaren Bewe- gungen älterer Pflanzen, die bereits eine Stütze umwunden haben, er- strecken. Die Erklärung der Zirkumnutation junger, noch nicht win- dender Sprosse bat man gewöhnlich für so einfach gehalten, daß sie einer eingehenden Experimentaluntersuchung nicht zu bedürfen schien. Der einzige Forscher, der hierin eine Ausnahme machte, war Baranetzky. Da aber Ambronn nachgewiesen hat, daß der russische Botaniker einen ganz wesentlichen Punkt bei seinem Erklärungsversuch außer Acht gelassen hat, so fehlen bis heute einwandfreie nähere Unter- suchungen über die einfache kreisende Nutation noch nicht schlingender Windesprosse, denn auch Ambronn hat sich dieser Aufgabe nicht unter- zogen. Wir können deshalb nicht mit Sicherheit angeben, auf welcher Kante des Stengels in einem bestimmten Augenblick die wachsende Zone liegt, wie weit sie sich in der Querrichtung erstreckt, ob die Zone gleichmäßig wächst, oder ob sich in ihr wieder ein Maximum feststellen läßt. Alles was die Beobachter hierüber sagen, beruht auf theoretischer Überlegung ohne experimentelle Begründung. Das Zustandekommen der eigentlichen Windungen hat eben das Interesse so sehr in Anspruch genommen, daß man die Einzelheiten des Nutationsvorganges darüber vernachlässigte. Dieser Tatsache haben wir, glaube ich, hauptsächlich die heutige Unsicherheit unserer Kenntnisse von der Physiologie des Flora, Bd. 102. 8 118 Wilhelm Nienburg, Windens zuzuschreiben. Ehe die angedeuteten Vorfragen nicht definitiv beantwortet sind, kann an eine Erledigung des Hauptproblems kaum gedacht werden. Diesem Ziele etwas näher zu kommen war meine Absicht bei den im folgenden beschriebenen Untersuchungen, 1 Das was man an einem regelmäßig nutierenden jungen Winde- sprosse durch die bloße Betrachtung konstatieren kann, ist ungefähr folgendes. Der Stengel steht nicht aufrecht, sondern neigt sich bogen- förmig nach einer Seite über, so daß die jüngsten Teile mehr oder weniger horizontal liegen. Der horizontale Sproßteil bewegt sich um den vertikalen, wie ein Uhrzeiger um seine Achse, wobei die Richtung aber bei den meisten Schlingpflanzen eine der des Uhrzeigers entgegen- gesetzte ist. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß der vertikale Teil der Pflanze nicht wie die Achse des Uhrzeigers drehbar ist, so daß bei der Nutation Torsionen auftreten müßten, die aber dadurch auf- gelöst werden, daß der horizontale Teil seine Lage zum Horizont wäh- rend der Bewegungen gleichmäßig ändert. Dauernd wird die Kante des Sprosses, die während einer bestimmten Phase des Vorganges hinten (in bezug auf die Nutationsrichtung) war, nach oben und von dort nach vorn, nach unten und wieder nach hinten verlagert, so daß nach Vollendung eines Nutationsumlaufs jede Kante einmal die konvexe und damit. die längste gewesen ist. Zur Erklärung dieses Vorganges gibt es eigentlich nur eine klar formulierbare Theorie, das ist die der autonomen Nutation. Diese nimmt an, daß eine in der Längsrichtung des Stengels laufende Wachstums- zone während eines Nutationsumlaufes unabhängig von äußeren Ein- flüssen einmal den Sproß umwandert und zwar gleichsinnig mit der Nutationsrichtung. Sehen wir, wie weit diese Annahme mit den Be- obachtungstatsachen sich deckt. In dem Augenblick, wo zum ersten Mal einseitiges Längenwachstum zu konstatieren ist, d. h. dann, wenn die jüngsten Sproßteile der vorher anfrechten Pflanze sich horizontal krümmen, liegt die Zone des stärksten Wachstums offenbar in der Kante, die durch die Krümmung zur konvexen und oberen wird. Da- rauf müßte die Wachstumszone auf die rechte Flanke wandern, was mit der tatsächlich erfolgenden Bewegung des Sprosses nach links im Einklang steht. Wenn die Wachstumszone der Theorie gemäß auf die konkave Kante der Krümmung rückt, sollte man eine Aufrichtung des horizontalen Sproßteils erwarten. Das geschieht jedoch nicht, sondern die Bewegung geht in horizontaler Ebene weiter, während gleichzeitig w Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 119 die konkave Kante zur hinteren wird. Dieser Widerspruch mit der theoretischen Forderung würde sich lösen, wenn man nachweisen könnte, daß das Eigengewicht des horizontalen Teiles groß genug ist, um das Ausdehnungsbestreben der unteren konkaven Kante zu kompensieren. Dann kann sich das Wachstum nur dadurch äußern, daß die geförderte Kante passiv entweder auf die Hinter- oder auf die Vorderseite rückt, wodurch im ersten Falle eine passive Nutationsbewegung nach links, im zweiten eine solche nach rechts veranlaßt werden würde. Theo- retisch sind beide Möglichkeiten denkbar, realisiert wird aber immer nur die erstere. Das läßt sich nur erklären durch die Annahme, daß ein Teil der Wachstumszone noch auf der Hinterseite liegt, denn dies muß eine aktive Nutation nach links zur Folge haben, wodurch eine passive Bewegung nach rechts natürlich unmöglich gemacht wird. Die Kante, in der ‘das Maximum der Wachstumszone liegt, würde also in- folge des Eigengewichtes des horizontalen Sproßteils einerseits und des Umsiandes, daß noch ein Teil der Wachstumszone auf der Hlinterseite liegt, andererseits von der konkaven Unterseite wieder nach hinten rücken. Wenn die Zone dann weiter wandert, müßte sich dasselbe Spiel wiederholen, und wenn dies dauernd so fortgeht, so muß daraus die kreisende Nutation mit Notwendigkeit resultieren. Die Theorie der autonomen Nutation rechnet demnach mit drei Faktoren: 1. die wandernde Wachstumszone, 2. ausreichendes Eigengewicht des Sprosses, 3. Breiten- ausdehnung der Zone von mindestens ein Viertel Sproßumfang. Das Vorhandensein des ersten von ihnen ist mit Sicherheit aus der Beobach- tung zu schließen, daß der gekrümmte S$proß seine Lage zum Horizont dauernd ändert, wodurch in jeder Nutationsphase eine andere Kante zur konvexen und damit zur längsten wird. Ob die andern beiden Momente in genügendem Maße wirksam sind, bedarf dagegen einer experimen- tellen Prüfung. Bevor ich meine Versuche in dieser Richtung schildere, muß ich noch die Behauptung begründen, daß nur die eben dargestellte Theorie für eine Erklärung der Windepflanzennutation ernsthaft in Betracht kommen kann. Noil hat, hierfür bekanntlich seinen Lateralgeotropismus verantwortlich gemacht. Darunter verstand er eine Wirkung der Schwer- kraft, dureh die eine Flanke des Sprosses zum stärksten Wachstum gereizt wird. - Diese sollte den Windern und den etiolierten Keimlingen einer Reihe anderer Pflanzen eigentümlich sein, während man sonst geotropische .Waehstumsreize nur auf der physikalischen Ober- bzw. Unterseite kennt. Welche Flanke durch den Lateralgeotropismus ge- fördert wird, hängt nach ihm davon ab, ob die betreffende Planze ein Bechts- gr 120 Wilhelm Nienburg, oder ein Linkswinder ist, jedenfalls aber ist es immer die (in bezug auf die Nutationsrichtung) hintere. Es ist ohne weiteres einzusehen, daß diese Vorstellungen die Form einer älteren, regelmäßig um eine Stütze gewundenen Schlingpflanze leicht verständlich machen, worauf es wohl beruht, daß die Anschauungen Noll’s heute weit verbreitet sind. Un- möglich dagegen ist es, die Nutationsbewegungen — vor allem an }der jungen Pflanze, wo sie deutlich hervortreten, ohne durch den Wider- stand. der Stütze kompliziert zu werden — mit Hilfe des Lateralgeotro- pismus zu erklären. Die größte Schwierigkeit bereitet da die dauernde Verlagerung der Kanten des horizontalen Sproßteils. Noll (V., pag,. 238) hat zwar geglaubt, daß dies „durch den bogenförmigen Zu- sammenhang des kreisenden Gipfels mit den unteren aufgerichteten Stengelgliedern“ mechanisch bedingt se. Er sucht das durch einen Gummischlauch klar zu machen, deu man mit der einen Hand festhält, rg I Fig. 1. Schematische Darstellung eines Fig. 2, Nutierender Windesproß nutierenden 'Windesprosses. Erklärung von hinten nach der Spitze ge- im Text, sehen. Erklärung im Text. während man mit der anderen den überhängenden Teil im Kreise lose heruimführt, so daß Torsionen vermieden werden. Dieses Modell ist nun aber gerade im wesentlichen Punkte anders beschaffen als der nutierende Sproß. Bei dem Gummischlauch ist die von außen aufgezwungene Bewegung das Gegebene, aus der mit Notwendigkeit folgt, daß die Länge der Kanten sich sukzessiv gleichmäßig ändern muß, bei dem lateralgeo- tropisch gereizten Windesproß dagegen soll gerade die Bewegung durch die auf der Hinterseite liegende Wachstumszone erklärt werden. Diese könnte eine Verlagerung der Kanten nur durch eine energische Krüm- mung in dem bogenförmigen Stück a—5 der Fig. 1 erreichen. Dadurch müßte die ursprünglich in einer Ebene liegende Krümmung aus dieser Ebene herausgebracht werden, wie das durch die Stadien I und II der Fig. 2 veranschaulicht wird. Das beobachtet man aber nie; wenn Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 121 die Lage der vertikalen Krümmungsebene gestört wird, so geschieht das höchstens in der Strecke 5—c, niemals in dem Stück «—d. Außer- dem darf die Krümmung des Bogens «—2, wenn sie eine Verlagerung der Kanten zur Folge haben soll, richt um vertikale Achsen (s. Fig. 1 ?v—2), sondern um solche, die mit den Radien des Krümmungsbogens zusammentreffen (s. Fig. 1 »—7), vor sich gehen. Die muß wieder, wie aus Untersuchungen Ambronn’s (II) hervorgeht, auf die wir noch zu- rückkommen, eine dauernde Verkürzung des Krümmungsradius o hervor- rufen. Da auch hiervon bei der Nutation nichts zu sehen ist, so halte ieh den Schluß für berechtigt, daß ein nur auf der Hinterseite wirk- samer Wachstumsreiz die kreisende Nutation mit der dauernden Kanten- verlagerung nieht erklären kann. Es könnte aus ihm nur eine spiralige Einkrümmung, oder — unter Mitwirkung des negativen Geotropismus — eine schraubenförmige Gestalt resultieren. Ebenso wenig mit den Tatsachen vereinbar ist die Wortmann’sche (III) Theorie, nach der die Nutation zwar eine autonome sein, ihre Richtung und Wirksamkeit aber auch von einem Flankenreiz der Schwerkraft abhängig sein soll. Diese Anschauung besagt im wesentlichen nichts anderes als die Noll’s, nur daß sie weniger klar und konsequent ist. Da Baranetzky keine all- gemeine Theorie aufgestellt hat und seine Vorstellungen von dem seit- lichen Einwirken sich mehr auf Einzelerscheinungen bei den Nutations- krümmungen bezogen, so bleibt tatsächlich nur die Theorie der Auto- nomie, wie sie zuerst Darwin (I) entwickelt hat, als diskutabel übrig. IL Auf deren Grundlage habe ich deshalb die Nutationsvorgänge zu untersuchen mich bemüht. Es kam dabei auf zwei Dinge an, erstens das Vorhandensein der oben erwähnten, für die Erklärung nötigen, Komponenten nachzuweisen und zweitens zu prüfen, ob alle bei nufie- renden Sprossen auftretenden Bewegungen mit der Theorie im Einklang zu bringen sind. Es ist nämlich seit langem bekannt, daß an Nutations- krümmungen, die aus ihrer normalen vertikalen Lage gebracht sind, Bewegungen wie die „transversale Krümmung“ Baranetzky’s (pag. 36) sich vollziehen, die der Theorie Schwierigkeiten zu bereiten scheinen. Um die Wirkung der einen Komponente, des Eigengewichtes, zu kon- trollieren, lag es nahe, eine Versuchsanordnung zu wählen, bei der dies durch ein Gegengewicht aufgehoben war. Ich glanbte aber diesen Weg nicht benutzen zu sollen, weil die Geschichte der Windeforschung zeigt, daß hierdurch auch bei scheinbar vorsichtigem Experimentieren leicht 122 Wilhelm Nienburg, anorımale Erscheinungen hervorgerufen werden‘). Auch die Prüfung der Lage und des Umfanges der Wachstumszone war auf direkte Weise, etwa mit Hilfe von Tuschemarken, aus technischen Gründen nicht möglich. Ich schlug deshalb einen indirekten Weg ein und machte eine Reihe von Umlegeversuchen, wie man wohl kurz sagen kann; d. h. die Töpfe. in denen ich junge, noch nicht windende, aber schon nutierende Exem- plare von Calystegia, Convolvulus und anderen gezogen hatte, wurden horizontal umgelegt, und die dann eintretenden Bewegungen beobachtet. Es sollte auf diese Weise verschiedenes erreicht werden. Zunächst mußten hierbei, da das Eigengewicht jetzt in anderer Richtung wirkte, Wachstumskrümmungen, die zwar induziert, aber bisher durch dieses verhindert waren, zum Ausdruck kommen. Da ferner in der hori- zontalen Lage die „transversale Krümmung“ auftritt, zu deren Er- klärung Baranetizky die seitliche Wirkung der Schwerkraft für nötig hielt, so konnte auch diese Erscheinung bei der angegebenen Versuchs- anordnung geprüft werden. Schließlich hoffte ich, so auch über die Lage der Wachstumszone Aufschlüsse erhalten zu können. Die Methodik war in den meisten Fällen die gleiche. Die Töpfe wurden so gelegt, daß der ganze Bogen der nutierenden Pflanze möglichst in einer Ebene horizontal lag. Daun wurde auf einer horizontal darüber und einer vertikal davor angebrachten Glasplatte unter Zuhilfnahme von festen Visierpunkten die -Gestalt des Sprosses mit 'Fettstift projiziert. Sobald sich eine Veränderung zeigte, wurde auch diese fixiert, so daß am Ende des Versuches an den Grundrissen und Aufrissen die Bewegungen des Sprosses genau zu verfolgen waren. Bei dieser Versuchsanordnung gab es nun zwei verschiedene Möglichkeiten: einmal konnte man die Pflanzen so legen, daß der negative Geotropismus im Sinne der Nuta- tionsriehtung wirkt, das andere Mal so, daß er dieser entgegen arbeitet?). Die eine Möglichkeit stellt die Fig. 3 und die andere die Fig. 4 dar. 3) Wortmann (D) hat z. B. auf Grund derartiger Versuche die Vor- stellung entwickelt, daß beim Winden jeder kleinste Sproßquerschnitt in einer schraubenförmigen Linie aufwärts geführt werden soll; eine Theorie, der die kom- plizierten Bewegungen einer normal windenden Pflanze durchaus widersprechen. 2) Es ist manchmal angenommen worden, daß die jüngsten Teile der Winde- pflanzen noch nicht oder doch nur schwach negativ geotropisch reagieren. Man braucht aber nur einen Topf mit ganz jungen, noch nicht nutierenden Windesprossen horizontal zu legen, um sie nach kurzer Zeit sich aufwärts krümmen zu sehen. Bei den normal in vertikaler Krümmungsebene nutierenden Windesprossen kann der Geotropismus natürlich nicht bemerkbar werden, weil durch die dauernde sleichmäßige Verlagerung der Kanten gegen den Horizont seine Wirkung aufge- hoben wird. Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 123 Die Figuren zeigen gleichzeitig, daß man die Töpfe in horizontaler Ebene beliebig drehen kann, ohne in Bezug auf die Einwirkungsrichtung der Schwerkraft etwas zu verändern, so daß also fatsächlich nur zwei prinzipiell verschiedene Fälle beobachtet werden müssen. In welchem Falle der Geotropismus gleichsinnig, in welchem er widersinnig wirkt, hängt davon ab, ob es sich um eine rechts- oder eine linkswindende Pflanze handelt. Da ich ausschließlich Linkswinder benutzt habe, muß im- Falle der Fig. 3 der Geotropismus mit der Nutation gleichsinnig, im Falle der Fig. 4 widersinnig arbeiten. Ich beginne damit, das Verhalten einer nach dem Schema der Fig. 3 umgelegten Pflanze zu schildern. Da die Versuche nie ganz gleichmäßig verlaufen, man vielmehr in einem Falle diese, im anderen jene Erscheinung besser beobachten kann, so müßte ich eigentlich alle Big. 3. Töpfe mit jungen linkswinden- Fig, 4. Töpfe mit jungen rechtswinden- den Pflanzen so horizontal gelegt, daß den Pflanzen so horizontal gelegt, daß Geotropismus und Nutation gleichsinnig Geotropismus und Nutation widersinnig wirken. wirken. Einzelversuche hier schildern, um die Schlüsse, die daraus gezogen wurden, zu motivieren. Dies war aber der vielen dafür nötigen Text- figuren wegen unausführbar, und ich habe es deshalb vorgezogen, aus den Einzelversuchen je einen typischen Fall zu konstruieren. Wenn man eine Calystegia, die noch nicht windet, aber regel- mäßig nutiert, in der oben geschilderten und in Fig. 3 illustrierten Weise um 9% horizontal legt, so wird der Sproß in der Vertikalprojektion etwa die in der Fig. 5 mit 9° bezeichnete Linie bilden. Die Fig. 6 gibt die entsprechende Linie der Horizontalprojektion wieder. Die erste Bewegung, die man dann bemerkt, ist eine Abflachung der Nutations- 124 Wilhelm Nienburg, krümmung (s. Fig. 5, 9:° und 9%), die verbunden ist mit einer schwachen Aufwärtsbewegung (s. Fig. 6, 9:° und 92%). Nach 925 erfolgt dann eine Verstärkung der Krümmung, die bis zum Ende des Versuchs fort- schreitet (s. Fig. 5). Begleitet ist diese Bewegung von einer energischen Aufrichtung der Krümmungsebene, so daß diese am Ende des Versuches fast vertikal steht (s. 11%0 Fig. 5 und 6). Dies sind die wichtigsten der zu beobachtenden Erscheinungen. Es fragt sich nun, wie sie zu deuten sind. " Da ist zunächst die interessante, 20—30 Minuten dauernde Ab- flachung des Nutationsbogens. Wenn diese plötzlich und ruckweise erfolgte, könnte man sie rein mechanisch durch ‘die Umlagerung, die das Eigengewicht des Sprosses beim Horizontallegen erfährt, erklären. Da die Bewegung aber ganz gleichmäßig und langsam vor sich geht, muß es sich um eine Wachstumserscheinung handeln. Sie kann nur auf ein schon bei Beginn des Versuches auf der konkaven Flanke Fig. 5. Bewe- gungen einer nach dem Schema der Fig. 3 horizontal gelegten Pflanze in vertikaler Pro- jektion. liegendes Ausdehnungsbestreben zurückgeführt werden, das, solange die Nutationskrümmung aufrecht stand, durch das Eigengewicht des hori- zontalen Sproßteils verhindert wurde, sich auszugleichen, das jetzt aber, wo das Eigengewicht ihm nicht mehr direkt entgegenwirkt, in Erschei- nung treten kann. Wir hätten damit schon eine von den Komponenten nachgewiesen, die, wie weiter vorn auseinandergesetzt ist, durch die Theorie der autonomen Nutation gefordert wurde. Nämlich ein Eigen- gewicht des horizontalen Sproßteils, das ausreicht, um ‘ein auf der Unterseite vorhandenes Ausdehnungsbestreben zu kompensieren. Außer- dem ist die gleichzeitig sich ergebende. Tatsache von Wichtigkeit, daß dieses Ausdehnungsbestreben besteht, denn es wurde ebenfalls oben schon gesagt, daß die Wachstumszone sich auch auf die konkave Seite erstrecken müsse. Wie weit nach rückwärts auf die ursprüng- liche Hinterseite, die nach dem Umlegen zur Unterseite geworden ist, die Wachstumszose sich ausdehnt, kann man dagegen bisher noch nicht 4“ Die Nutstionsbewegungen junger Windepflanzen. 125 sagen, da die zwischen 9% und 92% bemerkbare schwache Aufwärts- bewegung (s. Fig. 6) auch auf den negativen Geotropismus zurück- geführt werden kann. Die nach 9% eintretende dauernde Verstärkung des Krümmungsbogens ist das, was Baranetzky die „transversale Krümmung“ nannte, die er nur durch eine Art Horizontalgeotropismus erklären zu können glaubte. Wenn eine Nutationskrümmung in hori- zontale Lage gebracht wird, so soll nach ihm durch die Schwerkraft die linke Flanke so lange im Wachstum gefördert werden, bis der negative Geotropismus die Krümmung wieder vertikal gestellt hat. Auf den ersten Blick scheint die dauernde Verkürzung des Krümmungs- radius auch gar nicht anders deutbar zu sein. Denn nehmen wir auf Grund der Autonomie, wie ich kurz sagen will, und der zwischen 9% und 9° beobachteten Bewegung an, daß die Wachstumszone während dieser Zeit ungefähr in dem Quadranten zwischen der konkaven und der Unterseite lag, so muß sie nach 925 vollkommen auf die konkave 00 Fig. 6. Bewe- W m gungeneinernach dem Schema der Fig. 3 horizontal gelegten Pfianze in horizontaler 925 Projektion. giv 109 Seite wandern und so eine weitere Abflachung hervorrufen. Statt dessen sehen wir schon zwischen 91° und 925 eine Verlangsamung der Ab- flachung und darauf eine energische Krümmung und Aufrichtung er- folgen, während die autonome Wachstumszone doch allmählich auf die Oberseite wandern und der Aufriehtung entgegen wirken müßte. Die in diesen Überlegungen für die Theorie der autonomen Nutation liegenden Schwierigkeiten wurden aber schon von Ambronn (I, ID) in befriedi- gender Weise gelöst. Er wies nach, daß ein bogenförmig gekrümmtes Organ in horizontaler Lage durch den negativen Geotropismus und natürlich auch durch jede andere auf der Unteiseite erfolgende Wachs- tumsförderung in folgender Weise verändert wird: Die. Ebene der Krümmung wird gehoben, ihr Radius verkleinert, die Krümmung also verstärkt, und außerdem tritt eine ganz erhebliche scheinbare antidrome Torsion auf. Ambronn hat diese Beziehungen mathematisch abgeleitet (1) und auch ein anschauliches, aber doch nicht ganz leieht zu be- schaffendes Modell dafür konstruiert (I). Für unsere Zwecke genügt 126 Wilhelm Nienburg, es vielleicht, wenn man sich die Verhältnisse folgendermaßen klar macht. Man schneidet sich aus Pappe einen 2—3 cm breiten Kreisbogen von 90—180° mit einem Radius von 10—15 em. Dann knickt man dieser bogenförmigen Pappstreifen in der Weise, wie es in der Fig. 7 auge- deutet ist, um Achsen, die in der Richtung der Radien des Kreisbogens liegen, so daß jedes Bogenstück gegen das benachbarte um einen möglichst konstanten kleinen Winkel gekrümmt ist. Wenn man das (dadurch entstandene Gebilde mit einem Endstück flach auf den Tisch legt, so kann man die oben erwähnten Veränderungen ohne Mühe kon- statieren. Versuchen wir nun diese Beziehungen auf unseren Fall an- zuwenden. Die gleich zu Beginn des Versuches einsetzende, allmählich immer stärker werdende Aufrichtung der Krümmungsebene zeigt, daß von Anfang an ein entweder durch den Geotropismus oder durch die autonome Nutation hervorgerufenes Wachstumsbestreben auf der Unter- seite liegt. Dieses muß in der oben auseinandergesetzten. Weise auf den Krümmungsbogen ein- wirken: Der Radius wird ver- kleinert und durch die schein- Fig. 7. Erklärung im Text. bare antidrome Torsion wird die schon auf die konkave Seite vorgerückte Wachstumszone wieder etwas nach unten gedreht. Daraus erklärt sich, daß die Abflachung, die zunächst energisch einsetzt, nach 91% schwächer wird und nach 92 in die umgekehrte Be- wegung übergeht. Bis zu diesem Zeitpunkte ist in dem Kampfe zwischen der auf die konkave Seite wandernden Wachstumszone und dem die Unterseite fördernden Geotropismus die erstere die mächtigere gewesen. Jetzt ist aber der Geotropismus, der ja einer gewissen Prä- sentationszeit bedarf, so wirksam geworden, daß er durch die schein- bare antideome Torsion die vorrückende Wachstumszone immer wieder auf die Unterseite, vielleicht sogar auf die konvexe Seite bringt. Nu- tation und Geotropismus arbeiten also zusammen, um die Krümmungs- ebene aufzurichten und den Radius zu verkleinern. Weiter als bis zur annähernden Vertikaistellung habe ich die Bewegungen absichtlich nicht wiedergegeben, um die Figuren nieht unübersichtlich zu machen. Aus dem Versuche ergibt sich wohl folgendes: 1. Bei den normal in vertikaler Ebene nutierenden Windesprossen legt ein Teil der Wachstumszone auf der konkaven Unterseite. 2. Das Eigengewicht des horizontalen Sproßteils genügt, um dieses zu kompensieren. 3. Die "ze zu schildern. Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 127 Bewegungen, die auftreten, wenn man die Nutationsebene nach dem Schema der Fig. 3 horizontal legt, lassen sich durch Zusammenwirken von Nutation und negativem Geotropismus erklären, ohne die Annahme eines Horizontal- geotropismus nö- tig zu machen. Ich kann nun dazu übergehen, das Verhalten einer nach dem Schema der Fig. 4 umgelegten Pflan- Fig. 8 gibt deren Bewegungen in vertikaler und Fig. 9 in horizontaler 40 1 ns 1 00 20 Projektion wieder. ft fl Man sieht daran, Fig. 8. Bewegungen einer nach dem Schema der Fig. 4 daßauch beidieser horizontal gelegten Pflanze in vertikaler Projektion. Versuchsordnung sofort eine Abflachung der Nutationskrümmung eintritt. Diese Ab- flachung ist aber zunächst mit einer erheblichen Senkung der Krüm- mungsebene verbunden, die bis 9%° anhält. Darauf tritt eine noch ener- gischere Strek- kung der Krüm- mung ein, so daß der Sproß um 10% eine fast ge- ge rade Linie bildet. Er hebt sieh dann 490° weiter undkrümmt; sich dabei nach links, Auf diese Weise durchläuft der nutierende or ner mach dem Schema der Big. & F H ne dr ewegungen einer Ni em »thema der . Sproßteil in der E izonial gelegten Pflanze in horizontaler Projektion. Zeitvon 1019-120 eine Reihe von Stadien, die ganz übereinstimmen mit den auf die Abflachung folgenden Bewegungen im vorigen Versuch (s. Fig 5 und 6,.9%—11°%). 1100 20 ji nt 128 Wilhelm Nienburg, Das, was an diesen Krümmungen besonders auffällt, ist die starke Senkung zwischen 9% und 9% Sie weist darauf hin, daß bei Beginn des Versuchs auf der Oberseite, die in bezug auf die Nutationsriehtung die Hinterseite ist, ein kräftiges autonomes Wachstumsbestreben vor- handen ist, denn auf den Geotropismus kann diese Bewegung nicht zurückgeführt werden. Daraus ergibt sich dann, daß die ihr entsprechende schwache Hebung von 90%--925 in dem ersten Versuch auch als eine autonome Wachstumserscheinung anzusehen ist, die dort nur durch das Eigengewicht des Sprosses in ihrer Wirksamkeit behindert wurde. Der Schluß, daß es sich bei dieser Überwindung des Eigengewichtes um autonomes Wachstum handelt, zusammen mit der Beobachtung, daß das auf der konkaven Seite liegende Ausdehnungsbestreben bei vertikaler Stellung der Krümmungsebene das Eigengewicht nicht überwindet, nötigt dann ferner zu der Auffassung, daß das Wachstum auf der Hinterseite stärker ist als auf der konkaven. Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß das autonome Wachstum über die Zone, auf der es zu einer bestimmten Zeit wirkt, nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern so, daß die zuletzt in den. Bereich der Zone gekommenen Partien — das ist die konkave Seite der Nutationskrämmung —- erst verhältnismäßig schwach wachsen, daß die mittleren Partien — die die Hinterseite ein- nehmen — das stärkste Wachstum zeigen, und daß sich dieses dann nach oben hin allmählich wieder verliert. Ähnlich wie beim Längenwachs- tum, z.B. der Wurzel, steigtdie Wachstumsenergie eines jeden schmalsten Längsstreifens allmählich zu einem Maximum, um darauf wieder abzuflauen. Mit der besprochenen Senkung der Krümmungsebene ist auch die vom ersten Versuch her bekaunte Abflachung der Krümmung verbunden. Während aber dort die Abflachung immer schwächer wurde und nach der ersten halben Stunde sogar in die umgekehrte Bewegung überging, wird sie hier immer stärker. Um diese Differenz zu verstehen, muß man folgendes bedenken. Bei der nach der Fig. 3 umgelegten Pflanze wird zunächst durch das auf der Unterseite liegende Maximum des autonomen Wachstums und später durch den Geotropismus eine immer stärkere scheinbare antidrome Torsion hervorgerufen, wodurch die Wachstumszone immer wieder auf die konvexe Seite gebracht wird, so daß die Krümmung sich dauernd verstärken muß. Beim letzten Ver- such wird zwar zunächst durch das auf der Oberseite liegende Maximum auch eine schwache antidrome Torsion entstehen, die die Wachstums- zone etwas auf die Oberseite zurückverlagert. Nun wird aber hier diese scheinbare antidrome Torsion nicht durch einen allmählich "erstarkenden Geotropismus vergrößert. Denn dieser muß jetzt eine der ersten Torsion Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 129 entgegengesetzte, also homodreme hervorrufen. Deshalb kann das Maximum der autonomen Wachstumszone ungehindert auf die konkave Seite übergehen und dort ein energisches Abflachen des Krümmungs- bogens hervorrufen, das bis zur vollständigen Gradestreckung, ja bis zur Krümmung nach der anderen Seite (s. Fig. 8, 101%) führt. Jetzt müßte die Wachstumszone weiterwandern und eine neue Senkung des Sprosses veranlassen. Da aber in der Zeit von etwa 94-10, in der fast immer die gleiche Kante nach unten gekehrt war, eine kräftige geotropische Reizung induziert worden ist, so macht sich nun die schein- bare antidrome Torsion wieder geltend und verhindert das Weiterwandern der Wachstumszone. Die Folge davon ist natürlich eine dauernde Ver- stärkung und allmähliche Aufrichtung der Krümmungsebene. Damit dürften’ auch die Bewegungen, die bei der Versuchsanordnung nach lem Schema der Fig. 4 auftreten, genügend geklärt: sein. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich aus den beiden ge- schilderten Versuchen folgendes ergibt: 1. Alle Bewegungen, die auf- treten, wenn man die Nutationsebene horizontal legt, lassen sich durch das Zusammenwirken von Nutation und negativem Geotropismus er- klären. 2. Das autonome Wachstum ist nicht: gleichmäßig über die Zone, die es zu einer bestimmten Zeit einnimmt, verteilt, sondern weist ein Maximum auf, zu dem es allmählich ansteigt, um dann wieder abzufallen, 3. Bei dem normal in vertikaler Ebene nutierenden Windesproß liegt das Maximum auf der Hinterseite und der vorangehende, in der nächsten Phase zum Maximum werdende Teil auf der konkaven Unter- seite. 4. Das Eigengewicht des horizontalen Sprosses genügt, um diesen letzteren Teil des Ausdehnungsbestrebens zu kompensieren. Hierdurch sind dann auch die für die Theorie der autonomen Nutation außer der wandernden Wachstumszone nötigen Komponenten, nämlich ausreichendes Eigengewicht und genügende Breitenausdehnung der Zone, als vorhanden nachgewiesen. Im Anschluß an die eben geschilderten Versuche mußte gezeigt werden, daß die scheinbare antidrome Torsion, die bei ihnen eine große Rolle spielt. bisher aber uur theoretisch abgeleitet wurde, auch beim praktischen Experiment vorhanden ist und einen ausreichenden Betrag erreicht. Zu diesem Zweck wählte ich eine Versuchsanerdnung, wie sie ähnlich schon Kolkwitz zum Nachweis wirklicher antidromer Torsionen an windenden Pflanzen gebraucht hat. Die Torsion wurde nämlich an den Bewegungen einer senkrecht in den Sproß gesteckten haarfeinen Glasnadel gemessen, die mittelst eines Horizontalmikroskops 130 Wilhelm Nienburg, beobachtet wurde. Da es mir darauf ankam, die horizontal gelegten Töpfe bis zu einem gewissen Grade um die horizontale Achse möglichst ohne Erschütterungen drehen zu können, so legte ich sie auf ein aus einer kleinen Kiste geschnittenes Lager. Dieses hing an Bindfäden. “die über einen rauhen Glasstab liefen, der wieder drehbar in einem leichten Holzgestell aufgehängt war. Fig. 10 mag diese Vorrichtung veranschaulichen. In dieses Gestell wurden die Pflanzen wie in den früheren Versuchen nach dem Schema der Fig. 3 oder dem der Fig. 4 umgelegt aufgehängt. An der am stärksten gebogenen Stelle der Krümmung wurde dann die Glasnadel so eingesteckt, daß sie senk- recht nach ‘oben gerichtet war. Das Horizontalmikroskop wurde so aufgestellt, daß die Verlängerung seiner Achse durch die Befestigungs- ' stelle der Nadel ging und gleichzeitig die Tangente an den Krümmungsbogen bildete. Wenn endlich noch dafür gesorgt war, daß sich die Glasnadel mit einem langen Teilstrich des Okularmikrometers in dem Tubus deckte, so konnte die Beobachtung beginnen. Genaue Messungen lassen sich auf diese Weise na- türlich nicht machen, weil der negative Geotropismus den Sproß und damit den Befestigungspunkt der Na- del hebt. Man kann das : Fig. 10. Aufhängevorriehtung, um die Töpfe ohne einigermaßen dadurch wie- Erschütterung eos Um die horizontale Achse der ausgleichen, daß man den Krümmungsbogen durch Drehung des Glasstabes wieder in die Horizontale bringt und das Mikroskop neu einstellt. Auf diese Weise habe ich’ z. B. an einem nach dem Schema der Fig. 3 umgelegten Sproß in 2 Stunden eine scheinbare antidrome Torsion von etwa 130° gemessen. Ein Betrag, der vollkommen ausreicht, um die dauernde Verstärkung der Sproß- krümmung zu erklären. Interessanter sind noch die Torsionsmessungen, die an Pflanzen angestellt wurden, die nach dem Schema der Fig. 4 umgelegt waren. v7 Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 131 Wir sahen oben, daß die starke Abflachung, die schließlich in eine Krümmung nach der entgegengesetzten Seite übergeht, nach einer Periode antidromer Torsion eine solche homodromer erwarten läßt. Um zu zeigen, daß das Experiment diese Annahme bestätigt, lasse ich ein Versuchsprotokoll folgen: Calystegia dahurica. 950 umgelegt nach Fig. 4. 955 Senkung, keine Torsion. 10% » » ” 10% Krümmungsebene in die Horizontale gedreht. 1015 Senkung, Abflachung, schwache antidrome Torsion. 105 „ „ n homodrome Torsion. 10°° Hebung „stärkere w „ 10685, “ „ » 118 „5 „ „ » Die homodrome Torsion beträgt im ganzen über 30°. 115 Die Abflachung ist in eine Krümmung nach der anderen Seite übergegangen. Es wird neu eingestellt und die Krüm- mung in die Horizontale gedreht. 12° Stärkere Krümmung, Hebung, antidrome Torsion. Aus solchen Versuchen geht mit Sicherheit hervor, daß die schein- baren Torsionen, die die eigentümlichen Krümmungserscheinungen bei horizontal gelegten Windepflanzen erklären, tatsächlich zu beobachten sind. Damit verliert die „transversale Krümmung“ Baranetzky’s oder die „hakenförmige Krümmung“, wie andere Autoren sie genannt haben, wohl auch für diejenigen ihre Rätselhaftigkeit, die durch die theo- retischen Erwägungen Ambronn’s bisher noch nicht überzeugt wurden. Im übrigen werden die vorstehenden Ausführungen für denjenigen, der die Arbeiten dieses Autors genau kennt, wenig prinzipiell Neues geboten haben. Wenn ich trotzdem glaubte, die Verhältnisse eingehend dar- stellen zu sollen, so liegt das: daran, daß die Ambronn’schen Unter- suchungen anscheinend spurlos vorübergegangen sind. Alle, die sich nach ihm mit den Windefragen beschäftigten, haben sie in ihren wesent- lichen Punkten vollständig unberücksichtigt gelassen ‘).. Deshalb schien es mir endlich an der Zeit, noch einmal darauf aufmerksam zu machen, daß die von ihm entdeckten Beziehungen doch nieht so nebensächlich sind, wie die Autoren offenbar annehmen. D Das gilt nicht von Kolkwitz, der aber nur die Windungen um eine Stütze und nicht die einfachen Nutationsbewegungen studiert hat. 132 Wilhelm Nienburg, m. Im Anschluß hieran möchte ich gleich einen Einwand erörtern, der vom Standpunkt des Lateralgeotropismus gegen meine Argumentation gemacht werden könnte. Wir sahen, es ist für das Zustandekommen der Nutation notwendig, daß sich die Wachstumszone — wenn wir eine normal mit vertikaler Krümmungsebene nutierende Pflanze betrachten — von der Hinterseite bis auf die konkave Unterseite erstreckt. Man könnte dementsprechend annehmen, daß die Schwerkraft nicht die Hinter- seite, sondern die zwischen der hinteren und der unteren Kante liegende Zone zum Wachstum reizt, Eine solche Vorstellung ist allerdings rein willkürlich und würde sich auch mit dem Noll’schen Reizfelderschema schwer vereinigen lassen, sie ist aber schon von Voß, einem Anhänger des Lateralgeotropismus, ausgesprochen worden und könnte offenbar die Hauptschwierigkeit, nämlich die dauernde Verlagerung der Kanten gegen den Horizont, erklären. Es fragt sich aber, wie weit mit dieser Hypo- tbese die anderen von uns beobachteten Erscheinungen vereinigt werden können. Da ist zunächst die in dem ersten Versuch beschriebene Ab- flachung in der ersten halben Stunde schwer zu erklären. Wenn durch die Schwerkraft immer der rechts unten gelegene Quadrant — in der Richtung des horizontalen Sproßteils von hinten nach vorn gesehen — zum Wachstum gereizt werden soll, so müßte man gleich eine links aufwärts gerichtete Bewegung erwarten. Ähnlich ist es bei dem zweiten Versuch, wo die erst auftretende Senkung schwer verständlich ist. Um diese beiden Bewegungen zu erklären, muß man zu der Hilfshypothese greifen, daß es sich hierbei um Nachwirkungen handelt. Wenn diese an und für sich nicht unwahrscheinliche Annahme sich bestätigen ließe, so wüßte ich gegen die Voß’sche Modifikation des Lateralgeotropismus nichts einzuwenden; wenigstens was die Bewegungen einer frei nutie- renden Pflanze anbetrifft. Eine andere Frage’ -— die aber über mein Thema hinausgeht — ist es, ob sich die Nutationsbewegungen einer um eine Stütze windenden Pflanze auf diese Weise erklären lassen. Es kam also für mich, wenn ich den eben definierten Einwand ent- kräften wollte, darauf an, nachzuweisen, daß die Abflachung bzw. Senkung zu Beginn der beschriebenen Versuche keine lateralgeotropischen Nach- wirkungen sind. Zu diesem Zwecke machte ich eine Reihe von Ver- suchen, für die ich die Anregung den bekannten Arbeiten Czapek’s über den Geotropismus orthotroper Organe!) verdanke. Dieser Forscher 3) Ozapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrb. f. wiss. Bot. 1895, Bä. XXVIE, pag. 243839. . Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 133 hat nachgewiesen, daß unter gewissen Bedingungen, die das Wachstum sistieren, ohne das Plasma zu töten, ein geotropischer Reiz perzipiert wird, dessen Wirkung dann aber erst zutage tritt, wenn der Starre- zustand aufgehoben ist. Solche Bedingungen sind z. B. ein Aufenthalt der betreffenden Organe in einer Wasserstoffatmosphäre und in kalter oder von Chloroform gesättigter Luft. Ich glaubte nun annehmen zu dürfen, daß der Lateralgeotropismus, wenn er überhaupt vorhanden ist, auch diese Erscheinung zeigen muß. Wenn man also einen Winde- sproß im Starrezustand genügend lange lateralgeotropisch reizt, so müßte er nach Aufhebung der die Reaktion hindernden Bedingung eine nur der Reizrichtung entsprechende Bewegung ausführen, da Nach- wirkungen von vorbergehenden Reizungen während des Starrezustandes abgeklungen sein müssen. Auf Grund dieser Überlegung machte ich eine Reihe von Ver- suchen, bei denen durch Eis gekühlte Luft zur Verhinderung der Re- aktion gewählt wurde, weil mir das die geringste Schädigung der Pflanzen zu versprechen schien. Die Versuchsanordnung war folgende: Töpfe mit normal nutierenden Calystegiasprossen wurden unter eine Art doppelwandige Glasglocke gestellt, die mit einer Kältemischung beschiekt war. Nach einiger Zeit, wenn die Temperatur auf etwa 5° abgekühlt war, kam die Nutation zum Stillstand. Dann wurden die Pflanzen unter der Glocke bei derselben Temperatur nach dem Schema der Fig. 3 horizontal gelegt. Auf diese Weise wurden sie eine halbe bis ganze Stunde einer lateralgeotropischen Reizung ausgesetzt. Nach dieser Zeit brachte ich sie in derselben Lage in die Zimmertemperatur von etwa 20° Hier kontrollierte ieh in ähnlicher Weise wie bei den früheren Versuchen die bald wieder einsetzenden Bewegungen. Nur wurden die Pflanzen über Koordinatenpapier beobachtet und der jeweilige Stand notiert. Für die Beobachtung der Bewegung in vertikaler Rich- tung wurde mit Vorteil ein Horizontalmikroskop benutzt, Die Versuche lieferten im wesentlichen vollständig übereinstimmende Resultate. In den ersten 5--10 Minuten war keine Bewegung zu konstatieren; so lange dauerte es offenbar, bis die höhere Temperatur wirksam wurde. Darauf trat eine 5—15 Minuten dauernde deutliche Abflachung ein, die nach dieser Zeit in die umgekehrte Bewegung überging. Mit der Abflachung gleichzeitig ging eine schwache Aufrichtung, die nach dem Aufhören der ersteren sehr viel stärker wurde. Das sind also genau dieselben Bewegungen wie sie in dem ersten Umlegeversuch beschrieben wurden. Die kürzere Dauer und der geringere Betrag der Abflachung erklärt sich wohl zur Genüge aus dem Umstande, daß während der langen Flora, Bd, 102. 10 134 . . Wilhelm Nienburg, horizontalen Lage in der Kältestarre ein starker negativ geotropischer Reiz induziert werden mußte, dessen Folgen ja oben eingehend geschildert sind. Wenn man die Abflachung zu Beginn der einfachen Umlege: versuche eventuell noch, wie ich auseinandersetzte, durch einen etwas modifizierten Lateralgeotropismus erklären konnte, so scheint das bei dieser Versuchsanordnung ausgeschlossen. Denn während des Starrezustandes von einer halben bis ganzen Stunde müßte eine lateralgeotropische Nachwirkung beim Übergang in die höhere Temperatur bereits verschwunden sein, da bei der normalen Nutation, die in etwa 2 Stunden einen Umlauf vollendet, die jeweilig lateral- geotropisch gereizte Kante nach einer halben Stunde in den links oben liegenden Quadranten -— in der Richtung des Sprosses von hinten nach vorn gesehen — gelangen würde, wo natürlich kein Wachstum mehr stattfinden darf. Es hätte also in der Eisglocke ein starker neuer Reiz in dem rechts unten liegenden Quadranten perzipiert werden müssen. Da die darnach zu erwartende Bewegung, die gleich beim‘ Reaktions- beginn eine Verstärkung der Krümmung hätte bringen müssen, nicht auftritt, so ist eine seitlich wachstumsfördernde Wirkung der Schwer- kraft offenbar nicht vorhanden und man kann die Abflachung nur als eine rein autonome Nutationsbewegung auffassen. IV. Ich komme nun zu dem Teil meiner Aufgabe, bei dem es sich darum handelte, diejenigen Versuche zu entkräften, die nach den Ver- fechtern des Lateralgeotropismus die Unhaltbarkeit der Theorie der autonomen Nutation beweisen sollen. Noll sagt in seiner „Heterogenen Induktion“ (pag. 46), nachdem er von den Klinostatenversuchen Baranetzky’s gesprochen hat: „Durch eine ganz andere Art der Versuchsanstellung gelang es mir ebenfalls zu zeigen, daß die rotierende Nutation keine verstärkte Zirkumnutation sei. Ich ging dabei von folgender Überlegung aus: Ist die Bewegung dureh eine gewisse Einwirkung der Schwere auf eine Seitenkante ver- ursacht, so muß ein Stillstand derselben eintreten, sobald dem schweben- den Gipfelteil ein seitliches Hindernis entgegengesetzt wird. Der Druck muß sich dann mit der zunehmenden Spannung im Organ mit der Zeit verstärken. Ist dagegen die Bewegung die Folge von autonomer Zirkum- nutation, so muß nach einer gewissen Zeit — wie man leicht findet, nach einem Viertel derjenigen, welche ein ganzer Umgang benötigt — autonom die Unterkante des Organs die Verläugerung erfahren, der Gipfel müßte gehoben werden. Nach einem weiteren Viertel der Um- Die Nutationsbewegungen junger Windeptflanzen. 135 gangszeit müßte dann die der ursprünglich geförderten gerade gegen- über liegende Stengelkante sich stärker als alle andern verlängern, was einem verminderten Druck auf das Hindernis oder einem Wegwenden von demselben gleichkormmen müßte usw. Es zeigte sich jedoch bei allen Versuchen, daß der Stengel sowohl der rotierenden etiolierten Keim- pflanzen wie auch der von normalwüchsigen Schlingpflanzen ständig stärker der Stütze angepreßt wurde, daß beim Aufhalten der rotieren- den Bewegung das .stärkere Wachstum also nicht mehr rings um den Stengel fortschreitet, sondern auf die eine der Stütze gegenüberliegende horizontale Seitenkante beschränkt blieb. Damit war auf anderem Wege die bisherige, besonders von Darwin herrtihrende Anschauung von der Natur der rotierenden Nutation als unrichtig erwiesen.“ Gegen diese Beweisführung läßt sich zunächst einwenden, daß sie die seit Schwendener’s (I) Windearbeit bekannte, und später durch Kolkwitz besonders anschaulich demonstrierie wirkliche antidrome Torsion ganz außer Acht läßt. Diese muß immer auftreten, wenn ein bogenförmig gekrümmtes Organ, das mit dem einem Ende irgendwie befestigt ist, mit dem anderen gegen einen Widerstand drückt, Durch die so entstandene Torsion muß bei einer Windepflanze, die mit einer Stütze in Berührung kommt, die Wachstumszone passiv von der Unter- seite auf die Hinterseite gedreht werden. Auf diese Weise erklärt sich wenigstens ein Teil der von Noll angeführten Erscheinung. Es fragt sich allerdings, ob die mechanischen Torsionen ausgiebig genug sind, um dauernd das Fortschreiten der Wachstumszone zu kompensieren. Es ist das nicht ganz leicht festzustellen, weil die Umlaufszeit ziem- liehen Schwankungsn unterliegt. Nach einer Reihe von Beobachtungen schien es mir aber, daß die antidrome Torsion hierfür nicht ausreicht. Bei einem Exemplar von Pharbitis hispida z. B. betrug sie in 1 Stunde etwa 80°, während der ganze Umlauf in 2--3 Stunden ausgeführt wird, so daß man mindestens 120° hätte erwarten sollen. Der gegen eine Stütze gedrückte Windesproß muß aber noch auf eine andere Weise mechanisch daran gehindert; werden, nach einem Viertel des Nutations- umlaufes sich aufzurichten. Er bewegt sich ja nicht frei, sondern müßte an der Stütze hinaufgleiten und hätte, da er in der ersten Phase stark gegen diese gedrückt ist, einen beträchtlichen Reibungswiderstand zu überwinden. Wenn man diesen Reibungswiderstand ausschaltet, so muß die Differenz, die zwischen dem Weiterwandern der autonomen Wachstumszone und ihrer Rückdrehung durch die antidrome Torsion besteht, durch eine Aufrichtung des Sprosses erkennbar werden. Ich habe mir hierfür einen kleinen Apparat machen lassen, den die Fig. 11 10% 136 Wilhelm Nienburg, veranschaulicht. Es ist eine Art Zeiger am Bogen, nur daß der Sproß, dessen Wachstum gemessen werden soll, nicht indirekt durch einen über eine Rolle laufenden Faden den Zeiger in Bewegung setzt, sondern durch direkte Hebung des kürzeren Armes. Dieser trägt au seinem Ende ein Widerlager a, während der viermal so lange andere Arm 5 art Daun An BR Pe, Fig. 11. Wachstumszone. Erklärung im Text. Betrag senken. Apparat zur Konstatierung der auf die Unterseite des Sprosses wandernden vor einer bogenförmigen Skala spielt. Im Drehpunkte c läuft. der Zeiger, der natürlich genau ausbalanziert ist, mit der Spitze in kleinen Messingpfannen. Vorn unten an der Skala ist ein stabförmiger Halter Z ange- bracht, mit dem man den Appa- rat an einem Stativ befestigen kann. Für den Versuch wird der Nutationsmesser, wie ieh vielleicht sagen darf, so ge- richtet, daß die Eindknospe e eines Windesprosses / gegen das Widerlager « drückt. Wenn dann das Wachstum auf die Unterseite rückt, so muß der Sproß sich heben, und der Zeiger 5 sich um den vierfachen Da die Skala in Millimeter geteilt ist, so bedeutet eine Senkung um 4 mm eine Hebung des Sprosses um 1 mm. Ich will jetzt einige der Versuchsergebnisse mitteilen: Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 137 Diese Versuche und viele andere, die ich anstellte, stimmen darin überein, daß nach einer gewissen Zeit eine energische Aufrichtung des Windesprosses eintritt. Im einzelnen zeigen sich allerdings manche Verschiedenheiten. Es fällt z. B. auf, daß häufig zuerst eine schwache Senkung des Sprosses zu konstatieren ist (s. Versuch 1 und 4). Das ist wahrscheinlich so zu erklären, daß in diesen Fällen die Knospe e nicht genau gegen den Mittelpunkt des Widerlagers & gedrückt hat, sondern an eine etwas tiefere Stelle Es ist nämlich nicht immer ganz leicht, den Apparat richtig zu orientieren, ohne dabei die Knospe aus ihrer natürlichen Lage zu bringen. Abgesehen von diesen kleinen, auf experimentelle Schwierigkeiten zurückzuführenden Schwankungen zeigt sich zunächst gewöhnlich kein Ausschlag des Zeigers. Der Sproß ver- stärkt während dieser Zeit, die bei Calystegia gewöhnlich eine halbe Stunde dauert, nur seinen Druck gegen das Widerlager, wie man leicht am Vorschnellen der Knospe beim Wegnehmen des Nutationsmessers konstatieren kann. Dann beginnt ein erst langsames, allmählich immer schneller werdendes Sinken des Zeigers. Diese Bewegung beweist, daß die Wachstumszone autonom auf die Unterseite des Sprosses wandert, womit die Forderung, die Noll stelit: „... der Gipfel müßte gehoben werden“, erfüllt ist. Ein Abwenden von dem Widerlager findet aller- dings nicht statt, und zwar weil während des Versuches durch den Druck gegen das Widerlager eine starke antidrome Torsion entstanden ist, die die Wachstumszone zurückdreht. Gegen Ende des Versuches pflegt bei sehr lebhaft wachsenden Sprossen sich die En’iknospe durch vollständige Aufrichtung von dem Apparat zu befreien und normal weiter zu nutieren. Bei langsamer wachsenden Exemplaren dagegen beginnt der über das Widerlager hinausragende Teil Bewegungen, wie wir sie bei den Versuchen mit horizontal gelegten Sprossen geschildert haben, die schließlich zu Windungen um den Nutationsmesser führen. Gegen diese Versuche könnte vielleicht der Einwand gemacht werden, daß die Hebung der Endknospe, die ja immer erst nach etwa einer halben Stunde auftritt, durch einen während dieser Zeit indu- zierten negativ-geotropischen Reiz hervorgerufen wäre. Ich habe des- halb auch einige Messungen vorgenommen, bei denen die Pflanzen vertikal nach unten gerichtet an den Apparat gestellt wurden. Einen solchen Versuch will ich hier mitteilen: Calystegia dahuriea, umgekehrt an den Nutationsmesser gestellt‘). 1) Die Versuchsordnung kann man sich leicht klar machen, wenn man Fig. 11 auf den Kopf stellt. 138 Wilhelm Nienburg, 105 ......61, 10%. ...7, 110.2... 7%. Es war also eine Hebung des Zeigers eingetreten, die eine Streckung des Sprosses entgegen dem negativem Geotropismus zeigt. Nach 11 Uhr begann der Sproß sich vom Zeiger abzubeben. Diese letzte Erscheinung erklärt sich ebenso wie die starke Abflachung in dem Umlegeversuch nach Schema der Fig. 4 Ich brauche deshalb hier nicht weiter darauf einzugehen. u V Eine zweite Versuchsreihe, die Noll angestellt hat, um seine Theorie zu stützen, beruht auf seiner Vorstellung der geotropischen „Reizfelder“ (III). Diese sollten „der geometrisch bestimmte, empirische Ausdruck der unbekannten geotropischen Reizstruktur* (IV) durch die Schwerkraft in ihrer Wachstumsrichtung beeinflußter Pflauzen- organe sein. Diese Reizfelder, über deren Ableitung ich mich hier natürlich nicht auslas- sen kann, sollten beiden Windepflanzen soorien- tiert: sein, wie es Fig. 12 Z für Links- und Fig. 12. R für Rechtswinder angibt. Beides sind Querschnitte durch die Sprosse in der horizon- Fig. 12. Schema für die Wirkung der Noll’schen fAlschwebenden Region Reizfelder bei Windepflanzen. Erklärung im Text. von hinten nach vorn gesehen. Die Halb- kreise geben die Lage der Reizfelder und die Pfeile die Richtung der Schwerkraftswirkung an. Man sieht, wie bei den Linkswindern die Schwerkraft nur auf die rechte und bei Rechtswindern nur auf die linke Kante wirken müßte. Noll schloß nun aus seinem Schema, daß man durch Anwendung der Zentrifugalkraft, deren Wirkung bei verti- kaler Rotationsachse senkrecht zur Scehwerkraftswirkung gerichtet: ist, bei Windepflanzen besondere Wachstumserscheinungen müsse hervor- rufen können, nämlich je nach der Versuchsanordnung ein Heben oder Senken der Endknospe. Die schematische Fig. 13 wird dies besser als lange Erklärungen zeigen. A und 2 stellen die Querschnitte zweier von hinten nach vorn gesehener Windesprosse in ihren horizontalen Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 139 Teilen dar, die sich auf den beiden entgegengesetzten Rändern einer Zentrifuge befinden. A deutet die Rotationsachse an und die hori- zontalen Pfeile die Wirkung der Fliehkraft. Auf die Bedeutung der mit Z und W bezeichneten peripheren Pfeile, sowie der Schraffierung des eineh Quadranten werde ich später eingehen. Man sieht ohne weiteres, daß im Falle 4 eine Hebung und im Falle .2 eine Senkung der Endknospe eintreten muß. Noll hat nun bei seinen Zentrifugal- versuchen diese Vorhersage bestätigt gefunden, und ich kann auf Grund zahlreicher, vielfach variierter Versuche ebenfalls sagen, daß das Heben bzw. Sinken der Endkaöspe regelmäßig zu beobachten ist, wenn man genügend vorsichtig experimentiert. Man muß vor allem dafür sorgen, daß die Schleuderkraft nicht die Wachstumsenergie der Sprosse über- steigt. Wenn man zu lange und zu zarte Schößlinge nimmt, werden Fig. 18. Schema für die Wirkung der Noll- schen Reiz- felder bei Windepflan- zen, die auf eine Zentri- fuge gebracht sind. Erklä- rung im Text. die Knospen nach außen geschleudert und die Wachstumskrümmungen können nicht zum Ausdruck kommen. Man muß deshalb kräftige, in kurzem Bogen nutierende Pflanzen nehmen und die Gesehwindigkeit nicht über 100—120 Umdrehungen in der Minute steigern. Auch die Umdrehungsriehtung ist nicht ohne Bedeutung; im allgemeinen wird es am zweckmäßigsten sein, die konveze Seite des Krümmungsbogens vorangehen zu lassen. Wenn man diese Vorsichtsmaßregeln beachtet, so tritt die entsprechende Bewegung gewöhnlich schon in der ersten halben Stunde des Versuchs ein. Ehe ich auf die Frage eingehe, ob sich diese Erscheinungen nicht auch ohne Hilfe des Noll’schen Lateral- geotropismus und seiner Reizfelder erklären lassen, will ich einen Ver- such schildern, der zeigt, daß durchaus nicht alle auf der Zentrifuge zu beobachtenden Wachstumserscheinungen mit der Noil’schen Theorie übereinstimmen. 140 Wilhelm Nienburg, Es handelt sich um das Zentrifugieren von horizontal nach außen gerichteten Pflanzen. Die beiden oberen Skizzen der Fig. 14 ver- anschaulichen die Versuchsanordnung. Zu beachten ist dabei, daß zu Anfang eine mechanische Geradestreekung der Sprosse durch die Flieh- kraft vermieden werden muß. Ich habe deshalb die Sprosse durch einen lose umgelegten Seidenfaden festgehalten, der wieder an einem quer um den Topf gespannten Faden befestigt war. Der Seidenfaden muß aber dem Sproß soviel Bewegungsfreiheit lassen, daß man die Nutationstendenz erkennen kann. Eine kurze Überlegung zeigt näm- lich, daß die Zentrifugalkraft in diesem Fall nach der NolV’schen Auf- Fig. 14. Zentrifugieren horizontal gelegter und nach außen gerichteter Pflanzen. Erklärung im Text. Jassung eine Nutation nach rechts zur Folge haben müßte. Wenn wir uns einen Querschnitt an der bei dem größeren Topf mit A2 be- zeichneten Stelle denken, so müßte der die in dem Schema A 2 dar- gestellte Reizfelderanordnung zeigen. Man sieht, daß die Zentrifugal- kraft wachstumsfördernd auf die linke Kante des Sprosses wirken müßte, so daß eine Nutation nach rechts in der Pfeilrichtung z—x eintreten müßte. Das war aber nie zu beobachten, sondern immer nur ein normales Nutieren nach links in der Pfeilrichtung #—z. Ob bei diesen Ver- suchen die Endknospe nach oben oder nach unten, nach vorn oder Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen. 141 nach hinten gerichtet wird, ist prinzipiell ganz einerlei. Immer fordert die Nolf’sche Theorie ein Nutieren nach rechts, während tatsächlich nur die normale Nutationsbewegung auftritt. Nachdem wir so gesehen haben, daß man unter Umständen auf der Zentrifuge Bewegungen erzielen kann, die mit der Noll’schen Er- klärung im Widerspruch stehen, ergibt sich die Notwendigkeit, auch für die Erscheinung des Hebens bzw. Senkens der Endknospe in den anderen Versuchen eine neue Erklärungsweise zu suchen. Dabei kommt uns wieder die Ambronn’sche Entdeckung der geotropisehen Torsionen zu Hilfe. Diese zeigt ja, daß bei der Einwirkung der Schwerkraft auf bogenförmig in der Horizontalen gekrümmte Organe Torsionen entstehen müssen, die in bezug auf die Form der Krümmung immer antidrom, in bezug auf die Wanderungsrichtung der Wachstumszone aber bald antidrom — beim Umlegen nach dem Schema der Fig. 3 — bald homodrom — beim Umlegen nach dem Schema der Fig. 4 — verlaufen müssen. Wir sahen dann, daß diese Erscheinungen die starke Einkrümmung beim Umleger nach dem Schema der Fig. 3 und die Geradestreckung beim Umlegen nach dem Schema der Fig. 4 leicht ver- ständlich machen. Da man nun die Schwerkraft durch die Zentrifugal- kraft ersetzen kann, so muß das, was für die Wirkung der einen hei horizontal liegenden Krümmungen gilt, auch für die Wirkung der anderen bei vertikal in der Tangentialebene der Zentrifuge aufgestellten Krüm- mungen gelten. Wenn man darauf hin die in Fig. 13 im Querschnitt auf der Zentrifuge dargestellten Sprosse prüft, so zeigt sich, daß der Sproß 2 im selben Verhältnis zur Zentrifugalkraft steht, wie die Sprosse der Fig. 3 zur Schwerkraft und daß sich der Sproß A so verhält, wie die Sprosse der Fig. 4. Deshalb muß man in den beiden Fällen eine entgegengesetzte Torsion erwarten, wie es in der Fig. 13 durch die mit T bezeichneten Pfeile angedentet ist. Um zu zeigen, welchen Einfluß die Torsion auf die Wachstumszone haben muß, habe ich ihre Lage durch Schraffierung der Peripherie angegeben und die Richtung ihrer Wanderung durch die mit 7 bezeichneten Pfeile angedeutet, Im Falle A sind Torsions- und Nufationsrichtung gleich gerichtet, im Falle 2 wirken sie einander entgegen. Im Falle A wird also die Wanderung der Wachstumszone nach unten noch befördert, im Falle 3 dagegen wird sie nach oben zurückgedreht. Die Senkung der Endknospe im Falle 2 ist also ohne weiteres verständlich; daß im Falle 4 eine Hebung eintritt, trotzdem wir nach den Überlegungen auf pag. 124 an- nehmen sollten, daß das Eigengewicht dieses verhindern müßte, erklärt sich dadurch, daß infolge der schnellen Rotation auch das Eigengewicht 142 Wilhelm Nienburg, nieht mehr senkrecht, sondern in der aus Schwerkraft und Zentrifugal- kraft resultierenden Diagonale wirkt. Messungen über die Größe der Torsionen .ließen sich auf der Zentrifuge schwer ausführen. An der Stellung der Blattstiele konnte ich aber ihr Vorhandensein deutlich genug konstatieren. Die Versuche zeigen also, daß das Heben bzw. Senken der Endknospe auf der Zentrifuge sich auch ohne Noll’s Lateralgeotropismus einfach durch das Zusammenwirken von autonomer - Nutation und negativem Geotropismus (in seiner durch die Rotation - modifizierten Form) erklären lassen. Außerdem bemerkt man aber noch eine audere interessante Erscheinung, die sich wohl mit der Theorie der autonomen Nutation, aber nicht mit dem Lateralgeotropismus ver- einigen läßt. Man beobachtet nämlich häufig bei Sprossen, die der Fig. 13 4 entsprechend auf der Zentrifuge gedreht werden, eine Nuta- tion nach rechts, deren Größe wechselnd ist, aber nie über 180° hin- ausgeht. Sie ist nicht immer leicht festzustellen, weil meistens die oben geschilderte Hebung des Sprosses vorausgegangen ist. Ihr Anf- treten, das von Noll anscheinend übersehen würde, ist von seinem Standpunkt aus sehr schwer zu verstehen, während man es direkt erwarten muß, wenn man annimmt, daß die Wachstumszone selbständig weiter wandert. Denn da die Torsion im Falle A das Fortschreiten der Wachstumszone noch begünstigt, muß diese bald auf die linke Seite kommen und eine Bewegung nach rechts auslösen, weil das für die normale Nutationsbewegung nötige Eigengewicht (s. pag. 124) auf der Zentrifuge nicht mehr in vertikaler Richtung wirken kann. Ich möchte jetzt noch eine Beobachtung schildern, die, streng genommen, nicht in den Rahmen dieses Aufsatzes — der ja nur die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen behandeln sollte — gehört, denn es handelt sich um das Verhalten älterer, um eine Stütze ge- schlungener Pflanzen auf der Zentrifuge. Wenn man diese in aufrechter Stellung schnell um die vertikale Achse rotieren läßt, so wickeln sich die obersten ein bis zwei Windungen von der Stütze ab. Ich habe das auf Taf. IX, Fig. 1—9, nach photographischen Aufnahmen dargestellt, bemerke aber dazu, daß aus äußeren Gründen längst nicht der auf- älligste Fall für die Aufnahmen verwendet werden konnte. Manchmal erstreckt sich die Abwicklung, wie gesagt, auf die ganzen zwei obersten Windungen. Bei lebhaft wachsenden Pflanzen war die Strecke länger als bei langsam wachsenden; offenbar war es immer die noch wachstums- fähige Region, die sich abwickelte. Das Abwickeln erfolgt nicht plötzlich, sondern ist gewöhnlich erst 8—10 Stunden nach Beginn des Versuches . Die Nutationsbewegungen junger Windepflanzen, 143 beendigt (s. die Figurenerklärung zu Taf. IX). Eine ausreichende Er- klärung für diese Erscheinung zu geben, war mir bisher unmöglich. Ich möchte aber auf die große Ähnlichkeit hinweisen, die zwischen dem Verhalten älterer Windepflanzen auf der Zentrifuge und solchen auf - dem Klinostaten besteht: In beiden Fällen wickein sich die noch wachstumsfäbigen Partien von der Stütze ab. Das Abwickeln auf dem Klinostaten schien bisher für den Lateralgeotropismus zu zeugen: Da die Pflanze der Wirkung der Schwerkraft entzogen war, sollte sie sich durel Rektipetalität gerade strecken. Auf der Zentrifuge wird nun aber dieselbe Erscheinung nicht bei Ausschluß der Schwerkraft, sondern bei ihrem Ersatz durch die seitlich wirkende Zentrifugalkraft hervor- gerufen. Demnach müßten die Pflanzen sich auch abwickeln, wenn man sie einfach horizontal legt, was aber nicht eintritt, wie man sich leicht überzeugen kann. Deshalb scheint es mir wahrscheinlicher, daß das Abwiekeln in beiden Fällen als eine Art Schoekwirkung aufzufassen ist. Wenn diese Auffassung sich bestätigen sollte, würde das Verhalten der Windepflanzen auf dem Klinostaten viel von der ihm noch anhaftenden Rätselhaftigkeit verlieren. " Hat die Windepflanze sich abgewickelt, so beginnt das, was man nach Analogie der Zentrifugalversuche mit anderen Pflanzen sofort er- warten sollte: Sie winden zentripetal nach innen (s. Taf. IX, Fig. 8 und 9), und zwar bis sie die Rotationsachse erreicht haben. Hat man dort eine Stütze angebracht, so winden sie nun wieder senkrecht nach oben (s. Taf. X). Dies ist ja nichts auffallendes, aber ich glaubte es doch hervorheben und auch abbilden zu sollen, weil man mit Winde- pflanzen und speziell mit Calystegien die Wirkung der Zentrifugalkraft so leicht und sicher demenstrieren kann, daß sie sich ausgezeichnet zu Vorlesungsversuchen eignen. Ich habe deshalb in der Figuren- erklärung der Tafeln auch einige Angaben über die Versuchsanordnung gegeben. Noch weniger zugunsten des Lateralgeotropismus als die Zentri- fugalversuche sprechen die Angaben Noll’s, daß er aus abgeschnittenen Sprossen von Convolvulus, dadurch, daß er sie an der Spitze fest- geklemmt habe und das basale abgeschnittene Ende frei habe nutieren lassen, Rechtswinder gemacht habe. Er erklärt das mit Hilfe seiner Reizfelder, aber eine einfache Überlegung zeigt, daß diese Erscheinung auch vom Standpunkt der autonomen Nutationstheorie leicht verständlich ist. Wenn man einen nach links nutierenden Krümmungsbogen ab- schneidet und mit der Spitze in einer Klemme befestigt, so wird die rechte Flanke zur linken und umgekehrt, die Wachstumszone wandert 144 Wilhelm Nienburg, also nicht mehr von rechts über unten nach links, sondern von links über unten nach rechts. Naturgemäß muß infolgedessen der bisher nach links nutierende Sproß sich nach rechts bewegen, solange er überhaupt: im abgeschnittenen Zustande leben kann. Schluß. Ich glaube, daß aus meinen Auseinandersetzungen folgendes hervor- geht: Alle an jungen nutierenden Windesprossen auftretenden Wachs- tumserscheinungen können durch Zusammenwirken von autonomer rotie- render Nutation und negativem Geotropismus erklärt werden. Der Lateralgeotropismus Noll’s ist schon theoretisch ein Unding, und seine Versuche, die Theorie experimentell zu stützen, können nicht als beweis- kräftig gelten. Die einzige Tatsache, die für einen Zusammenhang zwischen Schwerkraft und rotierender Nutation spricht, ist die von Baranetzky entdeckte unregelmäßige Bewegung auf dem Klinostaten. Vielleicht gibt das von mir geschilderte Verhalten auf der Zentrifuge einen Hinweis, auf welchem Wege dieses Problem zu lösen ist. Wenn sich später doch herausstellen sollte, daß die Schwerkraft ein für das Zustandekommen der rotierenden Nutation notwendiger Faktor ist, so muß ihre Einwirkung jedenfalls auf einem ganz anderen und viel kom- plizierterem Wege vor sich gehen als Baranetzky, Noll oder Wort- mann sich das vorgestellt haben. Denn auch des letzteren Theorie, wonach auf dem Klinostaten als Grundform der Windebewegung eine undulierende Nutation auftreten soll, die in der Natur durch die Schwer- kraft in die rotierende Form übergeführt wird, kann unsere Erkenntnis nicht erweitern. Alles was im vorhergehenden gegen die Noll’sche Theorie vorgebracht wurde, spricht ebenso gegen die Wortmann’sche Auffassung. Ob das stärkere Wachstum einer Kante direkt durch die Schwerkraft hervorgerufen wird oder ob eine Kante autonom stärker wächst als die übrigen, die Lage dieser Kante aber von der Schwer- kraft abhängt, ist für die Praxis natürlich ganz einerlei. Die hier geschilderten Untersuchungen wurden in den Sommern 1909 und 1910 im pflanzenphysiologischen Institut der Kgl. Gärtner- lehranstalt zu Dahlem bei Berlin ausgeführt. Es ist mir eine ange- nehme Pflicht, dem. Institutsleiter, Herrn Dr. G. Höstermann, für sein liebenswürdiges Entgegenkommen und seine mannigfache Unter- stützung meinen Dank auszusprechen. Die Nuiationsbewegungen junger Windepflanzen. 145 Literatur. Ambronn, H. (D), Über heliotropische und geotropisehe Torsionen. (Vorläufige Mitteilung). Ber. d. D. bot. Ges. 1884, H. 2, pag. 183--190. Ders. (II), Zur Mechanik des Windens. Ber. d. math.-phys. Klasse der Kgl, Sächs. Ges. d. Wiss. 1884, pag. 136—184; 1885, pag. 132—188, Ders. (III), Einige Bemerkungen zu den Abhandlungen des Herrn Wortmann: „Theorie des Windens“ und „Über die Natur der rotierenden Nutation der Schlingpflanzen“. Ber. d. D. bot. Ges. 1886, H. 4, pag. 369-875. Baranetzky, IL, Die kreisförmige Nutation und das Winden der Stengel. M&moires de l’Acad. imper. des scienc. de St.-P6tersburg 1883, VIIe Serie, Tome XXXI Nr. 8, pag. 1-73, Czapek, F., Beobachtungen an tropischen Windepflanzen. Ann. du Jard. de Buitenzorg 1909, 3e S6r., Suppl. IIT, pag. 35-46. Darwin, Ch. (D, On the movements and habits of elimbing plants. Joum. of Linn. Soc. 1865, H. 9, pag. 1—-118. Ders. 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(ID, Über die Natur der rotierenden Nutation der Schlingpflanzen. Bot. Zeitg. 1886, Nr. 44. pag. 617-690. Figurenerklärung za Tafel IX und X. Tafel IX. Der weiße Bindfaden. ist in der Richtung eines Radius der Zentrifuge ge- spannt, so daß an ihm die Orientierung der Pflauze zu erkennen ist. Fig. 1. 8. Juni 1910. 10* bei Beginn des Versuches. »2 8 ,„ 1910. 11% „3 8 „ 190. 1® „ek 8 ,„ 1910. 830% „db 8 „190. 4@ „6b 8 „ 190. 5% „rn 8 „1910. 6% 9 „ 10. g®e 9. 10. „ 1910. 9% Tafel X, Die Bindfäden sind in der Richtung eines Radius der Zentrifuge gespannt, Der Stab rechts ist die Stütze des zentrifugierten Topfes und der links eine Ver- längerung der Rotationsachse, Die Ahbildung zeigt die Pflanze nach sechstägiger unmnterhrochener Rotation. Die Zentrifuge besteht aus einer 2,5 cm dieken Holz- scheibe von 70cm Durchmesser. Dicht am Rande der Scheibe sind an zwei gegen- überliegenden Stellen zwei kreisrunde Löcher mit nach unten konisch zulaufendem Rande zur Aufnahme der Töpfe eingeschnitten. Um ein Herausschleudern der Töpfe zu verhindern, sind um die Löcher vier Winkeleisen befestigt, an denen die Töpfe festgebunden werden können. Die Scheibe wird durch eine 40 cm hohe eiserne Achse von 1 cm Durchmesser getragen. Diese Achse ist mit Hilfe von zwei doppelt geknickten Winkeleisen drehbar auf einem schweren Holzkreuz be- festigt und läuft auf einer kleinen Messingplatte. Die Achse trägt noch drei ge- drechseite Holzscheiben von 1 cm dicke und 8, 14 und 20 em Durchmesser, die alle eine ringsum laufende Einkerbung besitzen für den Faden, der die Zentrifuge mit der Antriehsvorrichtung verbindet. Als solche dient eine einfache Wasser- turbine, die an die Leitung angeschlossen ist. Durch Regulierung des Wasser- zuflusses und Benutzung der verschieden großen Scheiben läßt sich jede gewünschte Umdrehungsgeschwindigkeit erzielen. Zur Erzielung eines gleichmäßigen Ganges muß darauf geachtet werden, das beide Töpfe gleich schwer sind. Um ein Heraus- schleudern der Erde zu verhindern bindet man am besten Watte auf die Töpfe, Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. Von A. J. M. Garjeanne, Venlo. (Mit Tafel XI u. XII umä 9 Abbildungen im Text.) In den Jahren 1902 und 1903 war ich in der Lage, eine größere Zahl von in den Niederlanden vorkommenden Lebermoosen auf das Vorhandensein von Hyphen in den Rhizoiden zu prüfen!). Bekanntlich waren solche Hyphen schon vor vielen Jahren gefunden worden und speziell nach den Untersuchungen von Golenkin und Nömec wurden sie als Mykorrbizen aufgefaßt. Für diese Auffassung sprechen mehrere Eigentümlichkeiten dieser Bildungen. So werden in sehr vielen Fällen die Nachbarzellen der Rhizoidinitialen nicht zerstört oder auch nur erkrankt; die Pilzhyphen bleiben in vielen Fällen auf die Rhizoiden beschränkt; die in der Luft wachsenden Rhizoiden sind häufig pilzfrei, auch wenn die im Boden wachsenden Rhizoiden desselben Stämmchens stark verpilzt sind usw. Sehr merkwürdig ist auch die Struktur der Mykorrhiza bei Calypogeia, wie sie von N&mec ausführlich beschrieben wurde und von mir in den Niederlanden beobachtet: werden konnte. Gegen die Mykorrbizanatur der Verpilzungen sprechen u. a. fol- gende Umstände: Nicht alle Lebermoose mit verpilzten Hyphen sind Humusbewohner, dagegen fand man echte Humusbewohner immer oder doch sehr häufig pilzfrei. Weiter findet man bisweilen zwischen stark verpilzien Exemplaren solche, welche nur oder fast nur intakte Rhizoiden aufweisen und welche doch äußerlich nicht von den verpilzten Exem- plaren zu unterscheiden sind. Einen deutlich günstigen Einfluß hat die Lebermoosmykorrhiza also wohl nicht. Ebensowenig gelingt es aber einen schädlichen Einfluß zu be- weisen. Zwar sterben bisweilen verpilzte Zellen ab, aber das sind doch nur wenige und man kann kaum annehmen, daß dadurch die Pflanze merkbar geschwächt wird. Schon 1903 bekam ich aber die Überzeugung, daß eine nützliche Einwirkung der Mykorrhizabildungen eigentlich nur in Analogie mit den besser bekannten Fällen bei Phanerogamen vermutet wird; dagegen eine schädliche Wirkung, wenn meistens auch gering, direkt beobachtet werden konnte. DA. 9. M. Garjeanne, Über die Mykorrhiza der Lebermoose, Bei. z, Bot. Zentralbl. 1903, Bd. XV, pag. 471 H. 148 A. J. M. Garjeanne, Fast gleichzeitig mit meinen Beobachtungen hatte Peklo die Mykorrhiza der Lebermoose in Böhmen untersucht). In der Ein- leitung seiner Arbeit gibt er eine Übersicht der verschiedenen Meinungen, welche man sich über die Bedeutung der Mykorrhiza im allgemeinen geformt hat. In dem Abschnitt über die Jungermanniae foliosae kon- statiert er, daß er die. foliösen Jungermannien nicht nitratfrei fand (was nach Stahl eine Eigenschaft der echten Mykorrhizenpflanzen sein würde). Ebensowenig fehlte die Verpilzung bei stärkeführenden Arten, während nach Stahl stärkebildende Pflanzen nicht sehr häufig eine Mykorrhiza ausbilden. Auch Peklo:) beobachtete das Regellose der Verpilzungen. An demselben Standorte waren einige Arten verpilzt, während andere, z.B. die foliösen Jungermannien pilzfrei waren. Vergleichen wir hiermit die Sachlage bei den typisch mykotrophen Pflanzen, so sehen wir hier eine weitgehende Wechselwirkung zwischen Pilz und Wirtspflanze. Wie z. B. Burgeff®) bei den Orchideen ge- zeigt hat, kommen viele Arten über die ersten Keimungsstadien kaum hinaus, wenn die Infektion mit dem Pilze unterbleibt. Hier ist also die Mykorrhiza eine unerläßliche Bedingung für die Entwicklung, und man wäre fast geneigt unsere Orchideen als eine Art Doppelwesen zu betrachten, etwa in demselben Grade wie einige Flechtenarten. Jeden- falls liegt hier wohl, wie auch Bernard‘) in seiner schönen Arbeit über die Orchideen und ihre Wurzelpilze dartut, ein typischer Fall von Symbiose vor, wobei nur nicht festzustellen ist, ob sie eine rein mutua- listische ist, wie Burgeff meint. Nennen wir hier noch die Befunde bei Monotropa, welche von Peklo5) untersucht wurde. Es gibt zweierlei Monotropapflanzen; die eine Form lebt auf Lehmboden und ist nur schwach oder gar nicht von Wurzelpilzen infiziert, die andere Form findet man auf humösem Substrat und zeigt konstant eine Mykorrhiza. Für die auf Lehm wachsende Monotropaform ist die Verpilzung offenbar nicht von prin- zipieller Bedeutung, die pilzfreien Exemplare kommen eben so gut weiter 1) Jaroslav Peklo, Einiges über die Mykorrhiza bei den Museieneen. Bull. intern. de P’Acad. d. Sc. de Bohöme 1903. 2) J. Peklo, }, c. pag. 19 ff. des Separatdruckes. 3) H. Burgeff, Die Wurzelpilze der Orchideen. 1909. 4) N. Bernard, L’svolution dans la symbioge. Les Orchidses et leurs champign. commensaux. Ann d. Se. nat. 1909. 5) J. Peklo, Die epiphytischen Mykorrhizen nach neuen Untersuchungen I. Monotropa Hypopitys L. Bull. intern. de Y’Acad. d. Be. de Bohame 1900. Die Verpilzung der Lebermoosrhizeiden. 149 wie die verpilzten. Für die Humusform der Monotropa ist aber nach Peklo der Pilz unentbehrlich. Die Bedeutung der Verpilzung würde man in diesem Falle zu suchen haben in einer mehr oder weniger weitgehenden Zersetzung von Humuslösungen, welche zu den Mono- tropawurzeln gelangen. Soviel ergibt sich aus den genannten und den vielen anderen Mykorrbizauntersuchungen, daß, worin man auch die Bedeutung des Pilzes für die höhere Pflanze erblicken will, sehr verschiedene Stufen der Verpilzung bestehen und daß bei den Lebermoogen (abgesehen vielleicht von den eigentümlichen Verpilzungen bei Calypogeia und Jungermannia barbata) die Symbiose auf einer niedrigen Stufe steht. Bei den „echten“ Mykorrhizen wird man sich doch meistens irgend- einen Vorteil für die infizierte Pflanze vorstellen. Der Pilz verkehrt bei den verschiedenen Mykorrhizen und in verschiedenen Entwicklungs- stadien in verschiedenen Umständen, aber man bekommt meistens den Eindruck, daß die infizierte Pflanze versucht den eingedrungenen Pilz zu übermeistern. Seit 1903 nun hatte ich mehrfache Gelegenheit im Freien ge- sammelte Lebermoose (und zwar hauptsächlich foliose Jungermannien, über die hier berichtet werden soll) auf ihre Verpilzung zu untersuchen. Die Überzeugung, daß wir die Lebermoosverpilzung als etwas ziemlich Zufälliges und Inkonstantes zu befrachten haben, wurde dadurch ver- stärkt. Es wurde untersucht, ob die Rhizoidverpilzung bei den foliösen Jungermannien eine allgemein verbreitete Erscheinung ist, weiter wurden einzelne, etwas abweichende Infektionen untersucht und schließlich wurde ein Pilz isoliert, womit auch gelungene Infektionsversuche gemacht wurden. Fierüber wird in den folgenden Zeilen berichtet. 1. Über das Vorkommen der Lebermoosverpitzung in den Niederlanden. Zunächst sei hier kurz referiert über die Resultate, welche ich schon 1903 erhalten hatte?). Bei Calypogeia trichomanis kommen zwei Arten von Rhizoid- verpilzungen vor: solche vom N&mec’schen Typus, (wahrscheinlich ver- ursacht von der Pezizee Mollisia Jungermanniae), welche sieh durch die eigentümliche Zäpfehenbildung in den Nachbarzellen der Rhizoiden auszeichnen, und eine zweite Form, bei welcher der Pilz dichte Hyphen- knäuel in den Rhizoidnachbarzellen bildet. Eine schädigende Wirkung 1) A. J. M. Garjeanne, le. pag. 471--483. Doch auch die ältere Literetur. Flora, Bd. 102. n 150 A. J. M. Garjeanne, des Pilzes ist im ersten Falle kaum, im zweiten Falle aber recht deutlich bemerkbar. . Auch bei Jungermannia connivens ist die Rhizoidverpilzung häufig. Es gelang zu zeigen, daß wenigstens drei verschiedene Pilz- arten in die Rhizoiden eindringen konnten, wenn auch die gewöhnlichste Verpilzung meistens von derselben (?) Pilzart verursacht wurde. Dieser Pilz drang ebenfalls in die.Nachbarzellen, zerstörte dort nach einiger Zeit den ganzen Zellinhalt und drang dann in andere Zellen hinein. Auch hier ist also der Pilz dem Lebermoose wohl schädlich. Ebenso waren Jungermannia divaricata und bicuspidata meistens und stark verpilzi. Bisweilen fand man im Rhizoidende einen Hyphenknäuel, ohne daß sich Hyphen im basalen Teile des Rhizoids befanden. Bei der erstgenannten Art (und zwar bei Exemplaren aus einem Walde bei Hilversum) wurde dreimal beobachtet, daß Hyphen aus einer keimenden Spore in ein Rhizoid drangen. Obwohl damals die Pilzart nicht näher untersucht wurde, so füge ich hier hinzu, daß die Spore wahrscheinlich einer Hyphomyzetenart entstammte (vielleicht einer der Dematiae). Die Beobachtung der Verpilzung von Jungermannia ventricosa ergab u. a., daß der Pilz, weicher in den Rhizoiden, aber auch an der Außenseite des Stämmchens und der Blätter wuchs, auch Algenkolonien in den Blattachseln umspann. Ich füge hier hinzu, daß ich in späteren Jahren dasselbe mehrfach beobachten konnte. Der Rbizoidpilz erscheint hier wohl als sehr wenig spezialisiert, er bildet, nicht nur eine „Mykorrhiza“, sondern er umspinnt auch die ganze Pflanze und bildet überdies noch eine „Halbfiechte* mit Algen. Mit den schon genannten Arten stimmten hauptsächlich überein (hinsichtlich der Verpilzung): Sarcoscyphus Funckii und Ehrharti, Jungermannia erenulata und exsecta und Alicularia scalaris, Bei letztgenannter Art zeigten sich das ganze Stämmchen und auch die Blätter verpilzt und (ich hebe das hier besonders hervor) die Hyphen waren in diesen Teilen kürzer und dicker, häufig bildeten sie Sproß- myzelien. Der Zellinhalt wurde hier schließlich desorganisiert, und zwar unter sehr eigentümlichen Desorganisationserscheinungen der Ölkörper, welche sonst doch so wenig von äußeren Umständen beeinflußt werden. Auf moorigem Sandboden fanden sich jedoch Alicularien, welche in viel geringerem Maße verpilzt waren, die Blattzellen waren pilzfrei, die Ölkörper waren normal. Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 151 Wenig pilzreich zeigten sich: Scapania nemorosa und irrigua, Jungermannia (Scapania) albicans, Jungermannia inflata, Lo- phocolea bidentata und heterophylla‘). Die vier erstgenannten Arten bilden überhaupt nur wenige und kurze Rhizoiden. Lophocolea bidentata wurde von Nömec immer pilzfrei angetroffen und auch im Baarner Wald wuchsen sehr schöne und kräftige Exemplare mit etwa 6 cm langen Stämmchen, welche völlig pilzfrei waren. Dagegen waren auf sandigem Boden gewachsene Exemplare infiziert. Lophocolea heterophyllat) ist häufiger verpilzt als Lophocolea bidentata, Ptilidium eiliare wurde (damals) immer pilzfrei angetroffen. Lepidozia reptans zeigte zwei Arten von Rhizoiden, welche nur schwach verpilzt waren. N&mee fand diese Art bisweilen pilzfrei. Von rindenbewohnenden Arten zeigten sich die Rhizoiden meistens pilzfrei, in Radularhizoiden konnten sogar niemals Hyphen beobachtet werden. Obwohl die frondosen Jungermannien hier unbesprochen bleiben sollen, wollen wir doch auf den Befund bei Metzgeria weisen, weil dieses Lebermoos unter gleichen Umständen wächst wie Radula, Madotheca usw., aber doch häufig verpilzte Rhizoiden zeigte. Zwar war der Hyphentypus nicht der gewöhnliche, denn die Hyphen waren dunkel, ziemlich diek und kurzzellig. Fügen wir hier noch hinzu, daß Nömec bei Jungermannia bierenata Hyphen fand, welche in oidienariige Stücke zerfielen, etwa wie oben schon für Alicularia angegeben wurde, nur daß bei Junger- mannia bicrenata keine Sproßmyzelien entstanden. Schließlich findet man bei Peklo®) noch eine ganze Reihe von Lebermoosen angeführt, deren Rhizoiden in Böhmen von Hyphen durchwachsen sind. Die von mir seit 1903 gesammelten Lebermoose wuchsen hauptsächlich an ver- schiedenen Lokalitäten in der Umgebung von Hilversum, während. seit 1. Dezember 1908 in der Gegend von Venlo gesammelt wurde. Es zeigte sich nun, daß keine einzige Art konstant hyphenlose Rhizoiden hatte, aber auch daß keine einzige Art immer infiziert war. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die beobachteten Arten und ihre Ver- Pilzung. Fossombronia eristata Gewöhnlieh mit verpilzten Rhizoiden, bisweilen schwach verpilzt. Die Exemplare auf einem ziemlich trockenen Moorweg bei Hilversum hatten völlig unverpilzte Rhi- zoiden. 3) ‚Garjeanne, he. pag. 480 steht: L. minor. |Dies ist eine Verschreibung. 2) J. Peklo, 1. c. pag. 16-22. 1908. " 152 Sarcoscyphus Ehrharti Sarcoscyphus Funckii Alicularia scalaris Alicularia minor Plagiochila asplenioides Scapania compacta Scapania irrigua Scapania albicans Scapania nemorosa Jungermannia erenulata Jungermannia sotacen Jungermannia exsecta Jungermannia hyalina. Jungermannia ineisa Jungermannia barbata A. J. M. Garjeanne, Fast nur mit verpilzten Rhizoiden. Exemplare anı „Gooier Gracht“ unweit Laren bei Hilversum waren pilzfrei, Diese Art zeigte häufig in allen Teilen starke Ver- pilzung. Bisweilen waren Rhizoiden ganz mit Hyphen vollgepfropft, ja sogar außerhalb des Rhizoids fand sich mehrfach noch eine Pilzhülle. Völlig pülzfrei fand ich nur einzelne Exemplare auf nassem Sandboden. Auch in meinen Kulturen fanden sich unverpilzte Pflänzchen. Meist mit Rhizoidhyphen, aber alle Grade der Ver- pilzung kommen vor. Weniger verpilzt als vorige Art. Sie ist in den Nieder- landen sehr viel seltener, wenn auch stellenweise häufig. Ihre Standerte sind offener, nasser und sandiger als die der vorigen Art. Pilzfreie Exemplare ziemlich viel, Nur wenige Exemplare konnten untersucht werden, von diesen wenigen waren 30°, völlig pilzfrei, die übrigen waren nur schwach infiziert. Fast konstant verpilzt. Eine sehr üppige Kultur auf Moorerde im Blumentopf war pilzfrei. Schwach verpilzt. Hunderte Rasen bei Venlo zeigten keine verpilzten Hypken. Häufig infiziert, aber immer nur mit wenigen Hyphen. Völlig pilztreie Rhizoiden bei „Lage Vuursche“ unweit Hilversum. Die Art hat bisweilen fast gar keine Rhizoiden und ist dann auch nur schwach verpilzt. Völlig pilzfrei im Baarner Wald. Alle Grade von Verpilzung. Ziemlich häufig waren Flagellen pilzfrei. Hilversumer Exemplare waren schwach verpilzt (1904), aber am selben Standorte in 1907 stark verpilzt! Typische Rhizoidverpilzung ist nicht so häufig, da- gegen sind die Rhizoide fast immer von Hyphen um- sponnen, welche hie und da durch die Wandung in das Rhizoid hineindringen. Gänzlich pilzfrei bei Venlo 1910. Schwach verpilzt, sehr häufig gar nicht. Wurde nur in der Umgebung von Hilversum gesam- melt, auf nacktem, ziemlich feuchtem Humusboden. Die äußerst zahlreichen Rhizoiden waren stark verpilzt. In meinen Kulturen waren sie jedech 2. T. pilzfrei, ohne sich äußerlich von den verpilzten Exemplaren zu unter- scheiden. ‚Die von Peklo beschriebene Form der Rhizoid- verpilzung konnte ich bei meinen Venloer Exemplaren nieht finden. Im Gegenteil zeigten sich die langen, dünnen Rhizoiden fast pilzfrei. Nur einzelne ältere Stengelstücke waren mit den daran wachsenden Rhizoiden stark verpilzt. Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 153 Jungermannia comnivens Jungermannia divaricata Jungermannia bicuspidata Jungermannia inflata Jungermannia bierenata Jungermannia ventricosa Lophocolea bidentata Lophocolea minor Lophoecolea heterophylia Chiloseyphus polyanthus Calypogeia trichomanis Lepidozia reptans Pülidium ciliare Eine der atärkst verpilzten Arten. Die Rhizeiden sind häufig ganz mit Hyphen gefüllt. Ganze Rasen aber, welche im Baarner Wald an offenen Stellen gesammelt worden, zeigten sich pilzfrei. Die Entwieklung dieser Pflänzchen war eine sehr üppige. Dieses und einige verwandte Cephaloziellen fanden sich fast immer hochgradig verpilzt. Ich führe hier folgendes an: An einzelnen Exem- plaren, welche ich im Frühling 1910 am „Stalberg“ bei Venla einsammelte, hatte sich eine Nematodengalle ge- ‚bildet. Diese Triebspitzengalle (meines Wissens die erste Nematodengalle, weiche überbaupt an Lebermoosen be- obachtet wurde) entwickelte an ihrer Spitze eine ganze Zahl von orthotropen Rhizoiden. Diese Rhizeiden, welche für die Ernährung der Pflanze von keinem Werte sein konnten, waren sehr stark verpilat! Überdies beweist dieser Fall, daß die Infektion der Rhizoiden auch bei Gephaloziellen vom Stämmehen aus stattfinden kann. In meinen Kulturen hatte ich sehr üppige pilafreie Rasen. Diese Exemplare waren in allen Teilen sehr viel kräftiger und schöner entwickelt, als die der ver- pilzten Stammkultur. Meist weniger stark infiziert als die vorige Art, Bei Venlo auch ganz pilzfrei zwischen Gras auf einer Wiese, Über diese Art wird weiter unfen ausführlich be- richtet. Ebenso häufig pilzfrei wie verpilzt, ohne erkennbaren Zusammenhang mit der Bodenart. Sehr verpilzte Exemplare sind häufig. Ebenso häufig verpilzt wie pilzfrei. Bei Venlo fast immer pilzfrei und auch die verpilzten ! Rhizoiden zeigten nicht den üblichen Verpilzungstypus. { Nur wenige und sehr dünne Hyphen umschlangen den Basalteil des Rhizoids, drangen aber halbwegs in das | Rhizoid und wuchsen darin nur wenig (etwa 8--12 a) ! weiter. Diese kleine, am Fuße der Waldbäume so häufige | Art ist gewöhnlich verpilzt. In 1909 bei Hilversum ge- { sammelte Exemplare waren pilzfrei. | Im Freien sah ich nur pilzfreie Exemplare. In meinen ; Kulturen babe ich sehr häufig stark verpilzte Rhizeiden beobachtet. ! Juli 1910 sammelte ich pilzfreie Exemplare am Rande einer Wiesenpfütze bei Venlo. In allen Stadien der Infektion angetroffen. Past immer pilzfrei. Verpilzte Exemplare u. a. hei | Venlo. 154 A. J. M. Garjeanne, Radula complanata Mit einzelnen verpilzten Rhizoiden an Buchenstämm- chen am „Hooge Vuursche“ unweit Hilversum. Meist , ganz pilzfrei. i B Madotheca platyphylla Untersucht wurden nur Exemplare aus dem „Alkmaar der Hout“ bei Alkmaar. Fast ganz unverpilzt. Die Hyphen, welche in einzelnen Rhizoiden sich vorfanden, waren dick, braun, septiert, kurzzellig. Frullania dilatata Fast ganz unverpilzt. Wie bei Madotheca waren die einzelnen in einigen Rhizoiden wachsenden Hyphen nicht vom gewöhnlichen. Typus der Rhizoidhyphen, sie waren auch hier dick, braun und in kurze Zellen gegliedert. Andere Arten von foliosen Jungermannien sind nicht auf das Vorkommen von Rhizoidverpilzungen untersucht worden. Aus obenstehender Aufzählung ergibt sich, daß alle untersuchten Arten sowohl mit als ohne Hyphen in den Rhizoiden gefunden werden können. Bei.einigen Arten ist Verpilzung Regel, bei anderen (wie bei den baumbewohnenden) Ausnahme. Jedoch kommen auch pilzfreie und infizierte Exemplare der gleichen oder verschiedener Arten an den gleichen Standorten, ja durcheinander vor. Es gibt Arten, welche sehr leicht infiziert werden, andere, welche für Pilze wenig Anlockendes zu haben scheinen. Bei einigen Arten werden fast nur die Rhizoiden und ihre Nachbarzellen infiziert, bei anderen dringen sie auch in die Zellen des Stämmcehens oder sie umspinnen die ganze Pflanze. Hierbei wird wohl die chemische Zusammenstellung des Zellinhalts eine Rolle spielen. Die Ölkörper sind hier jedenfalls von keiner großen Bedeutung. In den KRhizoiden findet man zwar bei den meisten genannten Arten einige kleine, bisweilen winzige Ölkörperchen, auch wenn die Zellen des Stämmchens und der Blätter deren viele und große zeigen. Doch konnte ich nicht den Eindruck bekommen, daß hierin vielleicht ein Grund vorliegen könnte für die meist deutliche Vorliebe der Pilzhyphen für die Rhizoiden. I. Spezielle Fälle der Verpilzung. a) Lophozia (Jungermannia) inflata. Die Wahl dieser 'Lophozia-Art als Untersuchungsobjekt erscheint vielleicht nicht als eine besonders geeignete. In typischen Exemplaren bildet sie nur spärliche Rhizoiden aus, aber in der Umgebung von Venlo kommt sie so viel und in so vielen Standortsformen vor, daß die Ver- mutung nahe liegt, hier den Einfluß des Bodens auf die Verpilzung beobachten zu können. Auf. Waldboden, unter Heidesträucher usw. wachsen stattliche, ausgedehnte Rasen von mehr oder weniger freudiggrüner Farbe, welche Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 155 aber an heller beleuchteten Standorten in braungrün, braun bis fast schwarz übergehen kann. Daselbst sind auch die Pflänzchen kleiner, sie bilden dichter verworrene Rasen mit’kleineren Blättern. Doch sind sie an den großen birnförmigen oder kreiselförmigen Perianthen sofort zu erkennen, Rhizoiden findet man bei den größeren orthotropen Exemplaren fast nur am Basalende des Stämmehens. In der Kultur entstehen sie auch am oberen Teil, wo überhaupt ziemlich häufig stark papillös aus- gewachsene Epidermiszellen gefunden wurden. Es sind dies aber keine Rbizoiden, sie enthalten Chlorophyll und bleiben immer kürzer. In den Rhizoiden findet man bisweilen eine Verpilzung, wie sie auch bei anderen Jungermannien häufig ist: lange, farblose, dünne Hyphen laufen parallel durch das Rhizoidlumen. Daneben wurde aber auch eine andere Art der Verpilzung gefunden, welche einerseits Ähn- lichkeit zeigte mit der von mir für. Metzgeria beschriebenen Form), andererseits an die Nämee’sche Form der Calypogeiaverpilzung erinnert. - Diese Calypogeia-Mykorrkiza wird gebildet von Hyphen, welche in die Rhizoiden eintreten und welche im keulenförmig angeschwollenen Ende ganze Knäuel bilden. Von diesem Knäue] aus gehen rechte, un- verzweigte Hyphen zur Rhizoidbasis und bilden dort ein, den benach- barten Zellwänden dicht anliegendes pseudoparenchymatisches Gewebe. Von diesem Pseudoparenchym aus dringen fingerförmige, haustorien- ähnliche Fortsätze in die Chlorophyll und Ölkörper enthaltenden Nachbar- zellen, ohne diese jedoch zu desorganisieren. Der Zellkern hat (wie N&mee beschreibt) seine Lage in der Nähe der Zäpfchen, eine Eigen- tümlichkeit, welehe ich bei niederländischen Calypogeien nicht beob- achten konnte. Bei Lophozia inflata waren die Rhizoiden weniger dicht von Hyphen durchwachsen, diese bildeten keine Knäuel in den Rhizoid- spitzen. Die Hyphen waren an der Rhizoidbasis kurzgliedrig, in der Richtung. der Rhizoidspitze werden die Hyphenzellen länger, auch etwas dünner und weniger gebogen. Die kurzen Hyphenzellen am Basalende bildeten ein an der Wand der Nächbarzellen liegendes Gewebe. Einige wenige kurze und dicke Fortsätze dringen in die Nachbarzellen hinein, aber es gehen auch Fort- sätze nach unten in das Rhizoid (Fig. 1). 1) Garjeanne,l, e. pag. 481. 156 A. J. M. Garjeanne, Tangentielle Schnitte zeigen das Bild dieser Hyphenkomplexe besser. Es ist locker und häufig wenig H zellig; die Zahl der in eine Zelle ein- dringenden Haustorien beträgt meistens zwei oder drei, nur selten bis fünf. Während die kurzen, vom „Pseudoparenehym“ ausgehenden und in das Rhizoid eindringenden Fortsätze alsbald in die Länge wachsen, bleiben die haustorienähnlichen Zapfen in den Nachbarzellen längere Zeit kurz; bisweilen schwellen sie kugelförmig an. Später aber scheint der Pilz die anfänglich ungünstigen Umstände überwunden zu haben. Denn an älteren Stengelstücken, welche gebräunt und mit halbverwesenen Blättern besetzt sind, sind die Nachbarzellen meist von Hyphen erfüllt. Fig. 1. Rhizoiden von Lophozia inflata. Basalende mit Hyphen und Fortsätzen in den Nachbarzellen. Vexgr. %,. Die Braunfärbung des Stämmchens ist fast auf die hyphenführende Zellschicht beschränkt. Die normalen Rhizoiden der Lophozia inflata sind rechte zylindrische Schläuche, welche nur an der Basis bisweilen eine schwache Erweiterung zeigen. In jungem Zustande sind sie noch plasmareich, führen drei bis sechs Ölkörper und anfänglich noch einige Chlorophylikörner, welche später verschwinden. Die ausgewachsenen Rhizoiden haben eine Proto- plasmaansammlung an der Spitze, übrigens gibt es nur eine dünne wandständige Protoplasmaschicht; die Ölkörper sind unverändert ge- E dEDEEEEi _ braucher der Reste, Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 157 blieben, erscheinen aber kleiner durch die beträchtliche Größenzunahme des Rhizoids. Werden diese Rhizoiden auf irgendeiner Weise von Pilzen befallen, dann wird der lebendige Inhalt alsbald desorganisiert. Das Protoplasma ballt sich zusammen und bildet kleine Klümpchen oder drei bis vier größere Ansammlungen von elliptischer Gestalt (Fig. 2). Etwas später verschwinden auch die Ölkörper. Anfänglich bleiben in den Proto- plasmaresten noch deutliche, wenn auch winzige Öltröpfehen übrig, welche aber später auch verschwinden. Schließlich verschwinden auch die Protoplasmareste. Die Pilz- hyphen bilden dann den einzigen Inhalt des Rhizoids. Offenbar ist der Pilz sowohl die Ursache der Desorganisation als der Ver- Immer sind nur einzelne Rhizeiden von den oben beschrie- benen KHyphen durchwachsen, wenigstens wenn man normale, frisch aussehende Exemplare unter- sucht. Dagegen kann man fast alle Rhizoiden von Pilzen ver- stopft finden an alten, stark ge- bräunten Pflänzchen, deren Blätter bis aufReste ihres Inhalts beraubt sind. Daß dieses bestimmt kranke Äußere mit der Entwicklung der Rhizoidpilze zusammenhängt, ist 2 Di nem Rhizoid h klar, nur kann nicht mit Be- wechssnden Hyphen hnffzieren ein zweiten stimmtheit gesagt werden, was Rhizoid. Vergr. 5%,,. hier Ursache und Folge sei. Jedenfalls geht aber eine stärkere Entwicklung der Rhizoidpilze mit Absterbungserscheinungen des Lebermooses zusammen. Wie schon oben gesagt wurde, ist diese Nämee’sche Form der Rhizoidverpilzung keineswegs die einzige. Weitaus die meisten Exem- plare der Lophozia inflata zeigen in ihren Rhizoiden nur dünne, hyaline Hyphen, welehe aus der Rhizoidbasis in die Nachbarzellen ein- dringen können und dort eine Bräunung der Zellwände und ein Ver- schwinden des Zellinhalts verursachen (Fig. 3). 158 A. J. M. Garjeamne, Bei früheren Untersuchungen von Calypogeia und Junger- mannia connivens wurde festgestellt, daß sehr häufig die Infektion des Rhizoids vom Boden aus in die Rbizoidspitze stattfindet. Bei Lophozia inflata verhält sich die Sache bei meinen Venloer Exemplaren anders. Die Infektion findet häufiger statt vom Stämmchen als vom Boden aus. Man beobachtet zahllose infizierte Rhizoiden, deren Spitze noch ganz intakt und pilzfrei ist, während am Basalende schon Hyphen eindringen. Dieses Eindringen geschieht nicht (oder meistens nicht) von der Nachbarzelle aus, aber es finden Hyphen, welche an der freien Oberfläche des Stämmchens und der Blätter vegetieren, ihren Weg in das Innere des Rhizoids (Fig. 4). Daneben findet man folgendes: Fig. 4. Fig. 3. Die gewöhnliche Infektionsform der Inflata-Rhizoiden, Vergr. *%/.. Fig. 4. Seitliche- Infektion der Rhi- Fig. 3. zoiden. Vergr. %%,. Die Infektion des Rhizoids erfolgt von irgeneiner der Nachbarzellen aus, aber die Hyphen brechen, nachdem sie in das Rhizoid eingedrungen sind, wieder aus diesem hervor und bilden. einen strahligen Hyphen- kranz an der Rhizoidbasis. Dies scheint aber selten zu sein, ich konnte es zweimal beobachten, aber vielleicht gehört der Pilz hier einer anderen Art als in den übrigen Fällen. Weiter kann die Infektion vom Boden aus seitlich an der Rhizeid- wand erfolgen. Auch dieses ist nicht sehr häufig, wenigstens sehr viel seltener als der gleiche Vorgang bei Jungermannia connivens und ventricosa. Die Verpilzung der Lehermoosrhizoiden. 159 Die Rhizoiden von Lophozia inflats haben sehr deutlich die Eigenschaft (welche übrigens allen lebenden Zeilen mehr oder weniger zukommen werde), sich gegen das Eindringen der Pilzhyphen zu ver- wehren. Das geschieht durch Bildung von Zelluloseverdickungen, welche sehr lange Zeit erhalten bleiben können, aber schließlich unter schleimiger Degeneration verschwinden oder unscheinbar werden. Die Bildung von abnormen Zeliuloseverdickungen in Lebermoos- rhizoiden wurde schon vor Jahren beobachtet bei Marchantiales. Sie wurden beschrieben von Lämmermayr‘), Im allgemeinen sind solche Membranverdickungen dort zu erwarten, wo wachstumshemmende Fak- toren ihren Einfluß gelten lassen?2). Daß aber diese Bildungen in den Rhizoiden von Marchantien vorkommen, ist eben nicht so verwunderlich. Fig. 5. Zellwandverdiekungen unter dem Einfluß von Hyphen. Vergr. °%),. Man hat beobachtet, daß an den Stellen, wo Hyphen in die Zell- wand hineinzubohren versuchen oder da, wo sie schon die Wand dureh- hohrt haben und in den Plasmaleib der Zelle eindringen, Zeilulose- verdiekungen auftreten. Anfänglich sind diese Verdickungen knopfartig. später wachsen sie zu dünnen, die Hyphen umgebenden Scheiden aus). Sogar können Plasmareste in infizierten Zellen sich in Zellulose ver- wandeln ®). » Lämmermayr, Über eigentümlich ausgebildete innere Vorsprungsbildungen in den Rhizoiden von Marchantien. Österr. bot. Zeitschr. 1898, Bä. L, pag. 321. 2) Vgl. E. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie 1908, pag. 62, 63 ff. 3) Küster, 1. c. pag. 62. . j . 9) W. Magnus, Studien über die Myeorrhiza von Neottia nidus avin. Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. 1900, Bd. XXXV, pag. 20f. 160 A. J. M. Garjeanne, Solche Zellwandverdickungen scheinen sich bei den Lophozia- rhizoiden schon zu bilden, wenn eine Hyphe sich gegen die Außenwand des Rhizoids anliegt. Ein solches Rhizeid ist in Fig. 5 abgebildet. Die Hyphe war bis an die Rhizoidwand gewachsen, hat dann aber ihre Richtung gewechselt. Dennoch hat sich im Lumen des Rhizoids ein dicker, zapfenähnlicher Fortsatz gebildet. Fig. 5 zeigt den Fall einer halbringförmigen Verdickung. Die Hyphe hat sich gegen die Außenwand gelegt und ist, immer die Wandung berührend, weiter gewachsen, so daß sich ihre Spitze wiederum an der anderen Seite zeigt. Im Rhizoid hat sich ein halbkreisförmiger Wall gebildet. " Sehr häufig findet man aber anch Wandverdickungen ohne nach- weisbaren Zusammenhang mit Pilzen (Fig. 6). Die Hyphen können in diesen Fällen doch sehr gut die Ursache der Zellwandverdickungen sein, sind aber später in eine andere Rich- tung gewachsen, j fortgerissen oder abgebrochen. Es gibt auch zahllose, 80 jüngere wie auch ältere Rhizoiden, welche keine Spur dieser abnormen Verdiekungen zei- Fig. 6. Zeilwandvordiekungen dez.äophozisinflate-Rhizoiden. er ehr häufigsind dieVerdiekungenan der Rhizoidspitze. Man findet alle Übergänge zwischen kaum sicht- baren Zellwandverstärkungen und großen, mehr als halbkugeligen Vor- stülpungen. Im letzteren Falle ist häufig die ganze Rhizoidspitze auf- geschwollen. Wenn auch an diesen verdickten Spitzen häufig Hyphenreste be- obachtet werden konnten, würde es sich nur durch schwer ausführbare Kulturversuche beweisen lassen, daß die Verdickungen von Pilzhyphen verursacht werden. Folgende Beobachtungen dürften aber den Verband zwischen Hyphen und Zeliuloseverdickangen ohne weiteres beweisen. Man findet gar nicht selten Rhizoiden, deren Wand tatsächlich von Hyphen angebohrt sind und wo es dem Pilze gelang, in das Rhizoid durchzudringen. Aber sofort scheint hier die Hyphe durch einen Die Verpilzung der Lebermoosrhizeiden. 161 Zellulosemantel umgeben zu werden, die Hyphe wächst zwar weiter, aber auch die Zelluloseumhüllung vergrößert sich und bildet gleichsam eine Scheide, welche die Hyphe einschließt. Endlich erreicht die Hyphe die gegenüberliegende Wand. j Nun wächst sie entweder gar nicht weiter, vielleicht nicht, weil die doppelte Umhüllung (die Zelluloseschicht und die Rhizoidwand) ihr das Weiterwachsen verhindern, oder aber es gelingt ihr die Hindernisse zu überwinden und sie wächst, nachdem sie das Rhizoid verlassen hat, ruhig weiter. In dem Rhizoid bleibt nun eine mehr oder weniger zarte Zelluloseröhre zurück (Fig. 7). Es gelang, diese merkwürdige Durchquerungen in allen Ent- wicklungsstadien zu beobachten. Im großen ganzen erinnert der Vor- gang sehr an die „Haustorien“bildung, wie sie z. B. von Grant Smith) für Erysipheen beschrieben worden ist. Auch hier verursacht die dieht an einer Zellwand liegende Hyphe zunächst eine Anschwellung, so daß Fig. 7. Durchquerung eines Rhizeids. Die Hyphe bleibt von einem Zellulose- mantel umhällt. , Vergr. ®%%/,. ein halbkugeliger Zellulosepfropf entsteht, Darin dringt eine feine Ausstülpung der Hyphe. Entweder kann nun die Zelluloseverdickung vom jungen Haustorium durchbohrt werden (wobei uns hier nicht weiter interessierende Vor- gänge sich abspielen) oder die eindringende Hyphe bleibt, auch beim weiteren Wachstum, von einer Zellulosescheide umhällt, so daß ein direkter Kontakt zwischen Pilz und lebendigem Zellinhalt vorgebeugt wird. Bisweilen wird aber der Zeilulosepfropf (der immer granulös wird) gelöst. 1) G. Smith, The Haustoria of the Erysiphaceae. Bot. Gaz., No. 29, pag. 153. 162 A. I. M. Garjeanne, Auch bei den Verdiekungen, welche von den Rhizoidpilzen an die Rhizoidwandungen gebildet werden, muß etwas ähnliches stattfinden. Denn es gelingt offenbar einzelnen oder mehreren Hyphen, in das Rhizoid einzudringen. Doch scheint mir der Vorgang bei den Rhizoid- pilzen noch etwas einfacher zu sein als bei den rein parasitären Ery- Sipheen. Daß die gebildete Hülle wirklich Zellulose enthält, konnte mit den üblichen Reagentien festgestellt werden. Die Färbung mit Chlor- zinkjodlösung erfolgt sehr langsam, so daß vielleicht neben Zellulose noch andere Stoffe vorhanden sind. Die von Lämmermayr beschrie- benen und abgebildeten sphärokristallinischen Strukturen in den Ver- diekungen der Marchantienrhizoiden waren bisweilen auch in den Lophozia- rhizoiden zu beobachten, wenn auch nicht zu deutlich. In den Fällen, wo die Sphäriten sichtbar waren, wird der Zellulosegehalt ein größerer sein, aber einzelne Verdickungen, zumal an der Rhizoidspitze, enthalten auch Glukogen, wie mit der Errera’schen Reaktion festgestellt wurde. Die Verdickungen der Rhizoidspitzen verschleimen leichter und öfter als die Verdickungen an den Seitenwänden. Sobald die Spitze ' zu verschleimen angefangen hat, dringen Hyphen leicht in das Innere des Rhizoids durch und wachsen darin weiter. Doch finde ich bei Lophozia inflata, daß die von der Spitze aus infizierten Rhizoiden weniger stark verpilzt sind als die, worin vom Stämmehen aus Hyphen gewachsen sind. Im ersteren Falle findet man das Maximum der Hyphenentwicklung an den Wänden der Nachbarzellen, wo sie z.B, die oben beschriebenen pseudoparenchymatischen Belege bilden und kurze Fortsätze in die Nachbarzellen dringen lassen. Diese Fortsätze können weiter auswachsen, denn in späteren Stadien sind die Nachbarzellen ganz mit einem Hyphenknäuel erfüllt. Ich konnfe nur einzelne Zwischenstufen finden; von einem bestimmten Moment aus wachsen die „Haustorien“ offenbar schnell weiter. Dieser Moment tritt ein, wenn der Zellinhalt bis zu einem gewissen Grade desorganisiert ist, denn es scheint, daß die Gegenwart von intakten Chlorophylikörnern die Entwickiung des Pilzes erschwert. Wenden wir uns jetzt noch zu den bei Lophozia inflata häufigeren Verpilzungen, welche also nicht der Nömee’schen Form angehören. Wenn man Rasen unseres Lebermooses einsammelt an feuchten Spätsommer- und Herbstiagen, so ergibt die Untersuchung der einzelnen Pflänzchen, daß sie von Hyphen umsponnen sind. Das sind natürlich zum größten Teile ganz harmlose Epiphyten, welche eben in dem Rasen günstige Feuchtigkeitszustände finden. An mn nn Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden, 163 den oberen jüngeren Teilen sind die Pilzhyphen seltener, und man findet an offenen, hell beleuchteten Stellen auch wohl Rasen, welche an ihren oberen Teilen unverpilzte Pflänzchen enthalten. Doch sind auch diese an den älteren, unteren Teilen, zumal an “ der Unterseite des Stämmchens verpilzt. Die Hyphen haften bisweilen, wie Epheu an einem Baume, an der Ventralseite. Es entsteht schließlich ein ganzes Netzwerk von Hyphen, deren kurze Seitenzweige entweder bloß an. der Epidermis haften oder auch in die Zellen durchdringen und dort ein verworrenes Knänel bilden, unter vollständiger Desorga- nisation des Zellinhalts. Die Infektion der Rhizoiden erfolgt nun in nicht wenigen Fällen von diesen mit Hyphen erfüllten Zellen aus. Denn es sind immer oberflächliche Zellen, weiche verpilzt sind, häufig sind es die Nachbar- zellen der Rhizoiden und es scheint den Hyphen leichter zu sein, in die Rhizoiden als in andere chlorophylihaltigen Zellen einzudringen. " In diesen Fällen kann man kaum von einer Mykorrhiza sprechen; doch ist die Struktur der Rhizoidverpilzung hier genau dieselbe, wie bei so vielen anderen Jungermannien. Wenn auch die Blätter nicht pilzfrei sind, so ist doch die Ver- pilzung des Stämmchens eine kräftigere wie die der Blätter. Hier kriechen die Hyphen sehr häufig genau über die Querwände der Zellen (auch z.B. bei Alicularia scalaris). Sogar sehr junge Blätter können schon infiziert sein. Die Hyphen dringen dann bisweilen in die apikalen Schleimzellen der beiden Blaitlappen ein und verursachen dort ein Hyphenknäuel, welches weniger verworren ist als die in den Zellen des Stäimmehens gebildeten. , Die Untersuchung der Lophozia inflata verstärkt also wohl nicht den Glauben an eine typische Mykorrhiza für diese Art; der Verband zwischen Pilz und Lebermoos ist ein sehr zufälliger, verschiedene Pilz- arten können in die Rhizoiden eindringen und dort bisweilen recht eigentümliche Strukturen verursachen, aber die gleichen Pilze infizieren auch Stamm und Blätter, sogar die Schleimzellen der jungen Blätter und die Infektion erfolgt nicht immer vom Boden, sondern auch vom Stämmehen aus. Übrigens ist der Einfluß des Pilzes auf die infizierten Zellen immer ein ungünstiger, die Rhizoiden versuchen sich gegen seitlich eindringende Hyphen zu schützen durch Bildung von aus Zellulose und Glukogen aufgebauten Verdickungen. Bei Vergleichung von Exemplaren mit verpilzten und unverpilzten Rhizoiden zeigten sich im allgemeinen die unverpilzten freudiger grün und etwas üppiger entwickelt, der Unterschied ist aber meistens nur 164 A. J. M. Garjeanne, ein kleiner. Stark verpilzte Exemplare sehen entschieden kränklich aus und beweisen damit den ungünstigen Einfluß der Verpilzung. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß nicht vielleicht doch noch etwas Gutes aus der Verpilzung für das Lebermoos entstehen kann. b) Arten von Cephaloziella und Cepholozia. Die untersuchte Cephalozia-Art war Cephalozia bicuspidata Dum. Es ist weniger leicht zu sagen, welche Cephaloziellen zur Unter- suchung gelangten. Bei der ganz allgemeinen Verbreitung der Ver- pilzungen ist es aber weniger nötig, daß die Bestimmung der Arten absolut richtig sei, die untersuchten Arten stimmten jedenfalls ökologisch sehr überein. Im Labyrinth der Cephaloziellensystematik verirrt man, ohne authentisches Vergleichsmaterial, alsbald. Ich habe Formen mit Amphigastrien an den gewöhnlichen Zweigen als Cephalozia byssacea Heeg?), solche olne Amphigastrien als Cephalozia divaricata Heeg') aufgefaßt, was für meine in den Niederlanden gesammelten Exemplare ungefähr riehtig sein könnte. Die genannten Cephaloziellen sind sehr stark verpilzt, nicht nur ihre Rhizoiden, sondern auch die Blätter und das Stämmchen. Die kleinen zarten Pflänzchen, welche bisweilen nur einen schwärzlich grünen Überzug auf nackter Erde bilden, sind häufig so mit Pilzhyphen, Moos- protonemen, Algenfäden und schleimigen Algenkolonien durchwoben, daß sie eine zusammenhängende Schicht bilden. Dagegen findet man üppigere und in allen Teilen kräftige Exem- plare zwischen anderen Moosen und Lebermoosen, auf torfigem Boden usw. Die Untersuchung eines besonders schön entwickelten, lebhaft grünen Rasens, der unter sehr günstigen Umständen gewachsen war, ergab, daß die Rhizoiden zum weitaus größten Teile ganz pilzfrei waren. Die wenigen verpilzten Rhizoiden waren überdies nur von einigen Hyphen durchwachsen, welche offenbar nur zufälligerweise in die Rhi- zoiden gewachsen waren. Dagegen sind die düstergrünen, ärmlichen Pflänzchen, deren Blätter fast ganz in Brutkörner zerfallen und die mit schlüpfrigen Algen flache Krusten auf Waldpfaden usw. bilden, immer verpilat. Die Rhizoiden, welche an ihren Spitzen häufig ein wenig erweitert sind, werden von Hyphen ganz gefüllt. Wie ein Docht zieht ein Hyphen- bündel durch das Lumen des Rhizoids. Aber auch die oberflächlichen 1) Heeg, Lebermoose Niederösterreichs, pag. 95 u. 96. Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 165 “ Zellen des Stämmchens sind häufig von braunen Pilzmassen gefüllt, es können diese verpilzten Zellen in ganze Reihen aneinanderliegen. Bei den Cephaloziellen konnte niemals eine Verpilzung der Nämee- schen Form beobachtet werden. Hier aber gab es wiederum etwas anderes. Es zeigte sich, daß die Hyphen, welche in den Rhizoiden, aber auch in Zusammenhang mit diesen an der Außenseite des Stämm- chens und der Blätter wuchsen, eine gewisse Vorliebe hatten für die Brutkörner, welche am Blattrande und hauptsächlich an den Blattspitzen gebildet werden. Die Brutkörner, welche an der Spitze des Stämmcehens zu einem Köpfehen gehäuft sind, werden häufig so von Hyphen umsponnen und durchwoben, daß die ganze Brutkörnermenge dadurch zusammenhängt, auch wenn man z. B. das Deckglas etwas hin- und herschiebt. In Kulturen (worüber weiter unten berichtet werden soll) wuchsen die Hyphen häufig in der Richtung eines Brutkörnchens, umklammerten es mehr oder weniger fest, aber wuchsen doch schließlich in einer anderen Richtung weiter. Daß die Hyphen nicht immer in der Richtung eines Brutkörnchens wuchsen, hatte wahrscheinlich seine Ursache in der großen Entfernung von Hyphe und Brutkorn. Der Zusammenhang dieser Brutkörner umspinnenden Hyphen mit den rhizoidbewohnenden ließ sich unschwer nachweisen. Es sind in weitaus den meisten Fällen farblose Hyphen, seltener treten kurz- gliedrige, braune Hyphen auf, während braune, langzellige Hyphen zwar häufig epiphytisch, aber niemals endophytisch beobachtet wurden. Bei frischgrünen Cephaloziellen, welche im allgemeinen nur wenig verpilzte Rhizoiden besitzen, findet man doch häufig mehrere Zellen an der Außenseite des Stämmehens mit einem dichten Hyphenknäuel gefüllt. Von diesen aus gehen Hyphen in die Rhizoiden, wie man be- sonders leicht sehen kann in den Fällen, wo die Hyphen noch nicht bis an die Spitze des Rhizeids durchgedrungen sind. Nicht uninteressant ist es zu sehen, daß in einzelnen Fällen zwei verschiedene Arten von Hyphen in einem Rhizoide wachsen. So sah ich bei Cephaloziella divarieata neben den fast überall vorhandenen farblosen, fast ungegliederten Hyphen auch etwas dickere, welche aus etwa 30 „ langen Zellen aufgebaut waren und deren Oberfläche durch eine feine Inkrustation etwas rauh war. Wenden wir uns jetzt zu Cephalozia bicuspidata. Sie ist meist weniger stark verpilzt als die genannten Oephaloziellen, auch wurde bei Venlo ein ganz pilzfreier Rasen beobachtet, welcher von sehr schören, kräftigen und freudiggrünen Exemplaren gebildet wurde. Flora, Bd. 102. 12 166 . A. J. M. Garjeanne, Sammelt man aber die Cephalozia auf Waldboden, so kann man fast gewiß sein, verpilzte Rhizoiden anzutreffen. Aber diese Rhizoiden sind sehr häufig nur an ihren Spitzen verpilzt. Während die jungen unverpilzten Rhizoiden eine nur wenig angeschwollene Spitze besitzen, beobachtet man an den älteren Teilen des Stämmehens Rhizoiden mit stark und ganz unregelmäßig ange- ‘"schwollenem Ende. Es sind oben diese stark angeschwollenen Teile, welche mit Eiyphen gefüllt sind. Diese bilden dort eine verworrene Masse von etwas hin- und hergebogenen Fäden. Deutlich kann mar sehen, wie diese Pilzfäden vom Boden aus in das Rhizoid gedrungen sind, denn die Stelle, wo sie sich durch die Rhizoidwandung gebohrt haben, ist leicht zu beobachten. Bei schwacher Vergrößerung sieht man diese Pilzknäuel als stärker lichtbrechende Massen in den Rhizoid- spitzen liegen. Daß die Hyphen fast immer an der Außenwand des Rhizoids abgebrochen sind, wird sich wohl dadurch erklären lassen, daß beim aus der Erde Ziehen der Pflänzehen die Hyphen abgerissen werden. Die ganze Verpilzung erinnert sehr an die ersten Stadien der Infektion bei Jungermannia connivens, für welche Art die Rhizoid- verpilzung schon im Jahre 1903 beschrieben und abgebildet wurde‘). Bei dieser Art geht die Sache aber weiter. Vom Pilzknäuel in der Rhizoid- spitze aus wachsen bald einzelne Hyphen dem Stämmchen zu, sie dringen durch die Wand der chlorophyliführenden Zeilen und haben darin als- bald den ganzen Inhalt verdrängt. Soweit kommt es nun bei Cephalozia bicuspidata meistens nicht. Zwar habe ich in 1907 bei Hilversum Exemplare gefunden, wo die Sache sich fast ganz wie bei Jungermannia connivens verhielt, aber bei meinen Venloer Pflänzchen von 1909 und 1910 konnten nur sehr wenige Hyphen den Weg finden durch das Innere des Rhizoids und zur Infektion des Stämmchens gelangen. Zwar wurde der Versuch in vielen Rhizoiden gemacht, aber der basale Teil der Rhizoiden blieb öfters pilzfrei und gesund. Dagegen ist die Spitze mit dem Hyphenknäuel ganz geschwollen und unregelmäßig gelappt. " Das Ganze macht den Eindruck einer Pilzgalle von zwar sehr einfacher Struktur. Ähnliche gelappte Rhizoiden findet man z. B.’auch bei Lopho- eolea heterophylla, welche Art häufig an denselben Stellen wie 1} Garjeanne, I. c. pag. 476 ff. —g ——— u Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 167 Cephalozia bieuspidata wächst. Doch konnte ich da keine Pilz- knäuel beobachten. \ Weiter muß noch erwähnt werden, daß bei Cephalozia die kurzen einzelligen Haare meist von Hyphen durchwachsen sind, wenn die Pflanze überhaupt von Pilzen infiziert ist. Ich glaube wohl behaupten zu dürfen, daß man auch bei anderen Jungermannien leicht noch abweichende Verhältnisse und Strukturen finden kann. Die ganze Verpilzung macht eben den Eindruck eines von äußeren Umständen und vom reinen Zufall abhängigen Vorgangs. Mucor rhizophilus n. sp., ein Pilz aus den Rhizoiden. Wie wir gesehen haben, können verschiedene Pilzarten in die Rhizoiden eindringen. Einige Arten, wie Mollisia Jungermanniae (welche Nömec in Böhmen auf Calypogeia triehomanis fand und welche von mir auch in den Niederlanden auf diesem Lebermoose angetroffen wurde) verursachen recht eigentümliche Verpilzungen. Auch bei Jungermannia barbata und, wie oben gezeigt wurde, bei Lophozia inflata kann man ähnliche Strukturen äinden. Bei der genannten Lophozia-Art ist aber wohl nieht die Mollisia, welche die Verpilzung verursacht, sondern irgend- eine Art der Fungi inperfeeti. Die genannten, mehr ins Auge fallenden und eigentümlicheren Verpilzungen sind aber recht selten in Vergleichung mit dem üblichen Typus. Wenn auch meistens keine andere Unterschiede bei den Rhi- zoidhyphen beobachtet werden als größere oder geringere Dicke, Ab- weiehungen in der Verzweigung, Knäuelbildung und Farbe, und bis- weilen sich die Inhaltskörper der Hyphen viel deutlicher zeigen, so kann man doch dann und wann in den Rhizoiden Hyphen sehen, welche sofort als zu einer anderen Art gehörig zu erkennen sind. Eine Untersuchung der Pilzarten aus den Rhizoidverpilzungen würde sich also wohl als eine mykologische Spezialarbeit gestalten. Wenn dies auch nicht beabsichtigt wurde, so war es doch der Mühe wert, wenigstens in einem Falle zu versuchen, die Pilzart zu isolieren, welche die „normale“ Rhizoidverpilzung verursacht. Hierzu wurde nun ursprünglich Alicularia scalaris gewählt. Dieses Lebermoos stand, wie Lophozia inflata, immer von verschiedenen Lokalitäten zur Verfügung, aber während die Lophozia nicht immer und dann meist nicht stark verpilzt war, zeigten die Aliculariarhizoiden in weitaus den meisten Fällen eine deutliche Verpilzung. Dazu kommt, daß sich die ziemlich kräftigen Aliculariapflänzchen ohne allzu große _. 12* 168 - A. J. M. Garjeanne, Schwierigkeiten von epipbytischen Hyphen befreien lassen, was z. B. bei den mit Pilzen überwachsenen Cephaloziellen geradezu unmöglich ist. Wird ein Aliculariapflänzchen nach oberflächlicher Reinigung in irgendeine Nährstofflösung gebracht (z. B. Pflaumendekokt oder eine’ mineralische Nährstofflösung), so entwickelt sich alsbald eine ganze Pilzflora. Ganz ähnliche Erfahrungen machte auch Peklo bei seinen Kulturen der Pilze aus den Mykorrhizen von Fagus und Carpinus?). Eine Aufzählung der so erhaltenen Pilze ist natürlich nutzlos, es sind eben die zurzeit auf dem Waldbodeu und den dort wachsenden Pflanzen epiphytisch lebenden Arten. Folgende Methode lieferte bessere Resultate. Ein mit verpilzten Rhizoiden dicht bewachsenes Stämmehen von Alicularia wurde unter der Wasserleitung während etwa 15 Minuten abgespült. Dann wurde unter dem Präpariermikroskop nachgesehen, ob die Rhizoiden nicht mehr an der Außenseite mit Hyphen bewachsen waren. Dies war, wenn auch natürlich nicht bei allen, doch bei mehreren der Fall. Mit einer lanzettförmigen Präpariernadel wurden nun solche gereinigte. Rhizoiden abgeschnitten. Nachdem ein Glasrohr in der Bunsenflamme in eine feine Spitze ausgezogen war, wurden mit dieser Spitze die frei- schwimmenden, abgeschnittenen Rhizoiden aufgenommen. Inzwischen wurden hohlgeschliffiene Objektträger zur Anfertigung von feuchten Kammern sterilisiert. Auf die Deckgläser gelangten Tropfen der folgenden Nährstofflösungen: 5°/, Zuckerwasser, Pflaumen-, dekokt, Dekokt von Aliculariapflänzchen, Dekokt von Alieularia unter Beifügung von 1°%, Ammoniumtartrat und etwas Zigarrenasche; das gleiche Dekokt aber mit 3°, Ammoniumtartrat. Es gelang, in diese Tropfen eins oder zwei der abgeschnittenen. Rhizoiden zu bringen. Doch wurden nur diejenigen Tropfen, welche nur ein einzelnes Rhizoid enthielten, weiter beobachtet. Merkwürdigerweise gelang die Entwicklung wenigstens eines Rhizoidpilzes in allen diesen Nährstoffen, was schon auf geringe An- sprüche hinweist, wählerisch ist er nieht. Schon nach wenigen Stunden fingen die Hyphen zu wachsen an, es war leicht zu beobachten, daß die in die Flüssigkeit auswachsenden Hyphen mit den Hyphen im Rhi- zoidlumen zusammenhingen (Fig. 8). Freilich war die Entwicklung in den verschiedenen Hängetropfen nicht die gleiche. Am wenigsten geeignet war wohl die 5°/,ige Zucker- DJ. Peklo, Beiträge zur Lösung des Mikorrhizaproblems. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1909, Bd. XXVII, pag. 239 ff. Die Yerpilzung der Lebermoosrhizoiden. 169 lösung, es dauerte bei Zimmertemperatur etwa 24 Stunden, bevor die Hyphen merkbar zu wachsen angefangen hatten. Das Protoplasma in den Hyphen war stark vakuolisiert und zeigte so auffallende und sehöne Schaumstruktur, daß an abnorme Umstände gedacht werden mußte. Nachdem diese Kultur etwa 4 Tage alt geworden war und die Zuckerlösung sich etwas konzentriert hatte (das Deckglas war am Rande nicht verschlossen) hatte sich auch das Bild des Pilzes geändert. Die dünnen Fäden waren z. T. in. hefenartige Conidien zerfallen, teils auch waren die Hyphenzellen kürzer und dicker geworden und hatten sich neue Seitenzweige aus diesen diekeren Hyphen entwickelt. Es zeigte sich, daß durch Verdünnung der Zuckerlösung die Bildung von Conidien aufhörie, die Conidien zu neuen Fäden aus- wuchsen und auch das Wachstum im allgemeinen be- schleunigt wurde. In den übrigen Hängetropfen war die Entwick- lung meist eine tippigere. Besonders in Pflaumen- dekokt und in Aliculariadekokt mit 3°%/,igem Ammo- niumtartrat und Zigarrenasche war das Deckglas in wenigen Tagen bewachsen mit aus der Flüssigkeit hinauswachsenden Hyphen. Die Kulturen in hängenden Tropfen bildeten den Ausgangspunkt von Reinkulturen. Bevor aber eine genauere Beschreibung dieser Kulturen und des so erhaltenen Pilzes gegeben wird, muß folgendes erwähnt werden: Wie oben angegeben wurde, stammten die ersten Pilzkulturen aus Rhizoiden der Alicularia scalaris. Da aber schon ohne Kultur beobachtet werden kann, Fir. 8. Aus dem daß bisweilen stark abweichende Pilzarten in den Rkknord hervor- Rhizoiden wachsen, wurden mehrere Kulturversuche 8 wachsende gemacht, um auch andere unzweifelhafte Rhizoidpilze Ps, 8" in Reinkultur zu bekommen. So lieferten die eigentümlich infizierten Rhizoiden der Lophozia inflata eine Peni- eillium-Art. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, daß dieses Peni- eillium die Ursache ist der „Nömee’schen“ Verpilzungsform, allein es gelang später nicht, diese Verpilzungen durch Infektion pilzfreier Lophozia-Kulturen künstlich zu erhalten. Wurden aber Lophozia- rhizoiden, welche in gewöhnlicher Weise von hyalinen Hyphen durch- wachsen waren, nach oben angegebener Methode abgeschnitten und in Kulturflüssigkeiten gebracht, so wurde hier (neben anderen 170 A. J. M. Garjeanne, Arten) die nämliche Pilzart erhalten, wie aus den Rhizoiden der Alicularia. Diese ersten Kulturen stammten von im Oktober 1908 bei Venlo eingesammelten Lebermoosen. Später wurden noch einige andere Arten gesammelt und die Kulturversuche wurden November 1909, März 1910 und Juli 1910 wiederholt. In der untenstehenden Tabelle sind .die Resultate verzeichnet. Mit —- sind angegeben die Kulturen, welche dieselbe Pilzart lieferte wie die Alicularien. Alicularia scalaris.. . Lophozia inflata . . . Jungermannia connivens Jungermannia ventricosa Calypogeia trichomanis . Scapania albieans . . . Lophocolea bidentata. . Lophoeolea heterophylia Cephalozia bicuspidata . Jungermannia erenulata . +++ +14 14+ Die Kultur dieses Leber- mooses wurde mir aus Hilversum zuge- schickt. Mit — sind angegeben die Kulturen, welche mir die später zu beschreibende Pilzart nicht lieferten. Die acht zuletzt genannten Lebermoose wurden im Oktober 1908 nicht kultiviert, die Scapania albieans auch nicht in 1909. Daß Jungermannia (Cephalozia) connivens im Juli 1910 keine positive Resultate lieferte, ist vielleicht dem zu- zuschreiben, daß die Pflänzchen am Fuße eines Eichenstumpfes, aber mehr auf dem Baume als auf der Erde wuchsen und sich also nicht unter den gleichen Bedingungen wie die übrigen erdbewohnenden Arten entwickelten. Anderes Material stand zurzeit nicht zu Diensten. Es läßt sich erwarten, daß bei Wiederholung der Versuche mit geeigneten Exemplaren die positiven Resultate von 1909 und März 1910 wiederum auftreten. Immer negativ verhielt sich Lophocolea bidentata, in merkwürdigem Gegensatz mit der verwandten Lophocolea heterophylla. Aus meinen Lophocolea bidentata-Pflanzen (aus der Umgebung von Venlo, wo aber die Art nicht so häufig ist wie z. B. bei Hilversum) entwickelten sich zwei Pilze, eine Cladosporium-Art und Botrytis einerea, letztere wahrscheinlich als echter Parasit in den Rhizoiden wachsend. Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 11 . Wenn nun aueh bei den Kulturen der Rhizoidpilze wiederholt andere Arten auftraten, so zeigt doch die Tabelle, daß aus fast allen untersuchten Arten die gleiche Pilzart wie aus Alicularia scalaris er- halten wurde. Da weitere Infektionsversuche, wie später gezeigt, werden soll, im allgemeinen gelangen, so sind wir wohl nicht weit von der Wahrheit entfernt, wenn wir sagen, daß die ursprünglich aus Alicularia sealaris isolierte Pilzart die Hauptursache ist der bei Venlo zu beob- achtenden Rhizoidverpilzungen der Lebermoose®), vielleicht mit Aus- nahme von Calypögeia und Lophocolea bidentata. Diese lebermoosliebende Pilzart nun ist ein Mucor. Sie muß wohl sehr aligemein verbreitet sein und nicht nur in den Rhizoiden, sondern auch in der Erde und epiphytisch fast überall in meiner Umgebung sich vorfinden. Da- mit in Übereinstimmung ist die Anspruchslosigkeit der Art, wie sie aus den schon erwähnten und aus allen übrigen Kultur- versuchen hervorgeht. Nicht nur ist der Pilz in der Natur häufig, er erweist sich in den Kulturen als sehr plastisch, Das erklärt auclı, wie es kommt, daß man beim An- blick der dünnen, vielfach sep- tierten Hyphen in den Rhi- zoiden wohl nicht an einen Zygo- myzeten denkt. oo. Die nachfolgende Beschrei- bungistabgefaßtnacheinerKultur ! auf Alieulariadekokt, dem so viel Fig. 9. Mucer rhizophilus. Habitus. 19. Gelatine beigefügt wurde, daß die Masse nach Abkühlung erstarrte. Weiter enthielt die Gelatine 1°/, Ammoniumtartrat und einige Zigarrenasche. Übrigens kann die Zu- sammensetzung des Nährbodens innerhalb ziemlich weiter Grenzen ab- geändert werden, ohne daß dadurch das Äußere des Pilzes sich merklich änderte (Fig. 9: 1) Kulturversuche mit Hilversumer Exemplaren habe ich, mit Ausnahme von Jangermannia cerenulata, nicht gemacht. Diese Art lieferte übrigens positive Resultate, 172 A. J. M. Garjeanne. Nährmyzel und Luftmyzel sehr deutlich verschieden. Das Nähr- myzel dringt bis 2 cm tief in die Gelatine ein und besteht aus wurzel- ähnlich verzweigten Hyphen, welche anfänglich farblos, später aber gelblich bis rötlich sein können. .Die Verästelungen sind sehr verschieden dick, der Übergang von diekeren in dünneren Hyphen erfolgt häufig fast plötzlich. Die geibliche bis rötliche Färbung wird verursacht durch die in den Hyphen sehr zahlreichen Öltröpfehen. Das Nährmyzel besitzt eine sehr ausgesprochene Neigung zur Querwandbildung. Diese Quer- wände entstehen ursprünglich ziemlich weit auseinander, später aber kommen mehrere bis viele neue Wände hinzu. Die so geformten Zellen sind meist tonnenförmig, dünnwandig und können sowohl miteinander in Zusammenhang bleiben wie auch als Oidien abgeschürt werden. In beiden Fällen entwickeln sich leicht neue Hyphen aus diesen Gebilden. Neben diesen Fortpflanzungszellen liefert das Nährmyzel noch zwei andere: Chlamydosporen und Sproßmyzelien. Chlamydosporen unterscheiden sich von den oben genannten Oidien durch ihre etwas dickere Wandung und dunklere Farbe, sie entwickeln sich nur unter ungünstigen Umständen, hauptsächlich Austrocknung und stärkeren Zuckergehalt des Nährbodens. Funktionell sind sie den Oidien gleich, diese aber bilden sich schon in jungen Kulturen, jene entstehen meist erst später. In Zuckerlösungen (so schon in 5°/,igem Zuckerwasser) zerfallen schließlich ganze Faden in kleine elliptische, farblose und dünnwandige Zellen, welche hefeartig sprossen. Außer Öl findet man in dem Nähr- myzel immer Glukogen, besonders in den dünneren Hyphen, welche in Zuckerlösungen wachsen. Eigentümlieh ist eine Bildung von In- krustationen um die Hyphen. Das Luftmyzel ist rein weiß, auch später ist es noch ‚weiß, aber durch die zahllosen Sporen aus den zerflossenen Sporangien, zerknickte Sporangienstiele usw. wird es etwas grau. Die jungen Sporangien bilden sich in normalen Kulturen schon nach 2 bis 3 Tagen; die Sporangienbildung kann längere Zeit auf sich warten lassen in Kulturen in kleinen Glasdosen, also wohl in dampfgesättigtem Raum. Auch auf Nährboden mit mehr als 4%,igem Ammoniumtartrat unterbleibt die Sporangienbildung einige Zeit und wird auch später niemals eine ausgiebige. Der Sporangienstiel ist 1—1'/, em lang, einzellig oder mit einigen wenigen Wänden, 10—12 « dick, meistens recht und wenig verzweigt bis unverzweigt. In ungünstigen Umständen ist der Basalteil etwas hin- und hergebogen. EEE 2 Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 173 Die jungen Sporangien sind gelblich, werden später braun und zuletzt schwarz. Ihre Größe schwankt zwischen 25 « und 50 a, sehr selten sind sie größer. Die Wand ist sehr feinstachelig oder glatt und zerfließt zuletzt. In feuchten Kammern erfolgt die Auflösung der Sporangienwand so schnell, daß man bisweilen zahlreiche Sporen in Schleim eingebettet findet, ohne Spur einer Sporangiumwand. Die Columella ist rund, glatt, etwa 14—20 u groß. Die Zahl der Sporen beträgt 50—100, sie sind farblos und klein, ellipsoidisch, 2—3 u breit, 4—5 u lang. In den Kulturen bildeten sich an den Rändern der Gelatine, also gegen die Wand des Reagenzglases, Zweige des Luftmyzels, welche oidienartige Conidien abschnürten. Diese Oidien keimen sofort. Die Zygosporen, welche nur in Massenkulturen auftraten, sind klein (etwa 50 x), gelb bis gelbbraun, warzig. Recht stark ist die Neigung dieser Mucor-Art zur Bildung von Riesenzellen, wie sie z. B. auch von Ritter für Mucor spinosus und andere Arten beschrieben worden sind!). Diese Riesenzellen haben längliche, birnförmige oder kugelige Gestalt, sie sind dünnwandig und können entweder fast nur eine oder einige große Vakuolen oder auch j körniges Protoplasına enthalten. In älteren Riesenzellen findet man zahlreiche Fetttropfen von schwach gelblicher Farbe. Die von Ritter beobachtete Riesenzellenbildung bei Mucor spinosus erfolgt in verschiedenen Nährstofflösungen bei. Anwesenheit freier Zitronen- säure, aber besonders ausgiebig bei Kultur in zuckerhaltigen Lösungen mit anorganischen Ammonsalzen als Stickstoffquelle und geringen Mengen organischer Säuren?). Aus seinen Versuchen zieht Ritter den Schluß, daß die Riesenzellenbildung bei den von ihm untersuchten Arten be- dingt wird durch die H-Ionen, welche sich in der Lösung befinden durch die Anwesenheit der geringen Säuremengen. Eigentümlichkeiten der Riesenzellen werden dann durch die übrigen Bestandteile der Nährlösungen verursacht. Für die Mucor-Art der Lebermoosrhizoiden liegen offenbar die Verhältnisse anders. Denn die Riesenzellen treten in allen Kulturen auf, so z. B. in Pflaumendekoktgelatine, Gelatine mit 1—4°/, Milch- zucker (hier besonders zahlreich und schön) usw.®). Zwar bildet auch Mucor racemosus Riesenzellen ohne Säurezusatz, aber dann sind doch 1) 6. Ritter, Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1907, Bd. XXV, pag. 255 ff. 2) Ritter, 1. e. pag. 259. 3) Die Reaktion der Gelatine war mit etwas Zigarvenssche neutralisiert. 174 A. J. M. Garjeanne, wenigstens Ammonsalze und auch NaCl in der Nährlösung vorhanden. Basidiobolus ranarum bildet Riesenzellen in Zucker-Peptonlösung mit 10%, Glyzerin bei 30°. Die Mucor-Art bildet, wie gesagt, Riesenzellen in allen Nährlösungen, welche zur Verwendung kamen. Aber wenn die Reaktion des Nähr- bodens untersucht wurde nach längerer Kultur des Pilzes, so zeigt sie sich eine ziemlich starke Säure. Vielleicht erfolgt die Riesenzellen- bildung in den Kulturen auch hier nach der Säurebildung durch den Pilz. Die Riesenzellenbildung ist ohne Bedeutung für die Frage nach der Bedeutung der Rhizoidenverpilzungen für die Lebermoose. Denn, wenn wirklich die Riesenzellen auftreten nach Bildung irgendeiner Säure, so bildet sich diese Säure doch nur in den Kulturen und nicht in den Lebermoosrhizoiden. Man findet nie eine Spur von Riesenzellenbildung in den Rhizoiden. Soliten aber die Hyphen in den Rhizoiden Säure bilden, so könnte die Verpilzung für die Aufnahme anorganischer Nah- rung aus dem Boden von Bedeutung sein. Schließlich muß noch be- merkt werden, daß zwischen Chlamydosporen, Oidien und Riesenzellen alle Übergangsstadien gefunden werden können. Die Mucor-Art aus den Rhizoiden ist wohl nicht beschrieben, wenn sie auch eine in meiner Umgebung sehr häufige sein muß. Wir geben darum hier folgende Diagnose: Mucor rhizophilus n. sp. Nährmyzel reichlich verzweigt. an- fänglich weiß, später gelblich bis schwach rötlich. Luftmyzel weiß. Sporangienträger wenig verzweigt bis unverzweigt, etwa 1—1!/, cm lang, +12 a dick, recht, nur an der Basis bisweilen etwas hin- und her- gebogen. Sporangien meist 25-50 u dick, kugelig, anfänglich gelblich, später dunkel, braun bis schwarz, mit zerfließender, meist glatter, aber bisweilen schwach inkrustierter Wand mit oder ohne Basalkragen. Columella kugelig, etwa 15—30 u dick, farblos, glatt. Sporen ellip- soidisch oder (trocken) an einer Seite etwas abgeflacht, höchstens 6 x lang, 2—83 u dick. Zygosporen klein, + 50 u, gelblichbraun, schwach warzig. Myzel öfters mit vielen Zellwänden, bildet leicht dünnwandige Chlamydosporen, oidienartige „Conidien“, Mucorhefe und Riesenzellen. Die Art ist zwar mit Mucor racemosus sehr verwandt, unter- scheidet sich aber sofort durch die dünnwandigen Chlamydosporen, die zerfließenden Sporangien und die viel kleineren Sporen. So bestehen auch Ähnlichkeiten mit Mucor erectus Bain, Mucor fragilis Bain., Mucor genevensis Lender u. a. Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 175 Es ist merkwürdig, daß Mucor rhizophilus nieht schon gefunden wurde von Oudemans und Koning, welche die Pilze aus dem Wald- boden des „Spanderswoud“ zwischen Hilversum und Bussum kultivierten und beschrieben‘). Ich habe selbst viele Lebermoose im Spanderwoud gesammelt und auch dort die fast universelle Infektion der Rhizoiden beobachten können. Unter den von diesen Autoren beschriebenen Pilzen sind drei Mucor-Arten®): Mucor geophilus Oud,, Mucor Sae- cardoi Oud. und Mucor racemosus Fres. Die erstgenannte Art unterscheidet sich von Mucor rhizophilus durch den immer deut- lichen Basalkragen, die stärkere Bestachelung der Sporangienwand, die meist sehr viel größeren Sporangien, die besonders große Columella usw. Auch die sehr kleinen chlamydosporenähnlichen Zygosporen sind deutlich verschieden von den Zygosporen des Mueor rhizophilus. Mucor Saccardoi hat schwach violetten Zellsaft, immer unver- zweigten Sporangienträger, Sporangien mit Apophyse usw. Auch diese Art kann also unmöglich mit Mucor rhizophilus identisch sein. Während also bei Venlo aus fast allen Lebermoosen Mucor rhizo- philus zu züchten ist, fehlt diese Art wahrscheinlich im Spanderswond. Auch die später im Spanderswoud gefundene Mucor-Art (Mucor adven- titius Oud.) stimmt nicht mit Mucor rhizophilus überein; sie hat immer ‚einen Basalkragen, größere Sporen und leichtfarbige Sporangien. Es scheint also, daß die Rhizoidverpilzungen in der Umgebung von Hilversum (speziell im Spanderswond) von anderen Pilzarten ver- ursacht werden als in der Umgebung von Venlo. Doch erhielt ich auch Mucor rhizophilus aus Hilversumer Exemplaren von Jungermannia erenulata. Da nun Mucor racemosus ein so verbreiteter Pilz ist, welcher sich auch nur in Größenverhältnissen, in der Wanddicke der Chlamydosporen und in der Öffnungsweise der Sporangien von Mucor rhizopkilus unter- scheidet, legt der Gedanke nahe, daß die Rhizoidverpilzungen vielleicht auch vom typischen Mucor racemosus verursacht werden können. Es gelang tatsächlich, die Rhizoiden mit Mucor racemosus zu infizieren. Die wenigen Versuche mit dieser Pilzart machen es aber schwierig zu beurteilen, ob wirklich überall Mucor racemosus als Stell- vertreter von Mucor rhizophilus auftreten kann. Jedenfalls ist Mucor rhizophilus eine mit Mucor racemosus sehr nahe verwande Art. Man findet z. B. in Kulturen der erstgenannten 1) Oudemans et Koning, Prodrome d’une flore myeologigue eto- Arch. nserl. 1902, Ser. II, Tome VI. 2) 1. e. pag. 270—280, Tafel V und v1. 176 A. J. M. Garjeaune, Art bisweilen Sporangien von 60—70 u, ja sogar von 108 u Durch- messer. Auch ist die Columella, wenn auch fast immer kugelig, doch bisweilen etwas birnförmig. Der Basalkragen, der bei Mucor racemosus immer vorhanden ist, fehlt bei Mucor rhizophilus meistens oder ist nur als äußerst schmaler Streifen sichtbar. Die Sporangien einer Kultur auf Brot mit Pflaumendekokt zeigten später allgemein einen Basalkragen. Die Farbe der reifen Sporangien ist bei Mucor rhizophilus immer schwarz oder sehr dunkelbraun. Die Sporen sind immer kleiner als bei Mucor racemosus. Kultur- und Infektionsversuche. Um den Einfiuß der Rhizoidverpilzungen studieren zu können, galt es zunächst absolut pilzfreie Kulturen der zu untersuchenden Lebermoose zu erhalten. Folgende Arten wurden dafür ausgewählt: Lophozia inflata, Cepha- lozia bieuspidata, Cephaloziella sp. Jungermannia ventrieosa. Sämtliche Kulturen wurden in Glasdosen auf Torfstücke angelegt, nachdem der Torf während 5—-6 Stunden in einige Male gewechseltem Wasser aus- gekocht worden war. Die Torfstücke wurden getränkt mit von der Crone’schen oder mit Pfeffer’scher Nährlösung, und zwar so, daß die Stärke der Lösung in den Torfstücken etwa die normale war. Auch wurden Versuche gemacht mit einer von der Crone’schen Lösung der halben Stärke. Bei Lophozia inflata dienten die Perianthen zur Erlangung einer pilzfreien Kultur. Wie bekannt, sind die meisten Perianthen dieser Art zwar vollständig entwickelt, aber sie umschließen fast nur abortierte Archegonien. Die Ansatzstelle des Perianths besteht aus kleineren, weniger durchsichtigen und dünnwandigen Zellen, welche sehr leicht losgerissen werden können. Unter geeigneten Bedingungen haften die Perianthen sich mittels Rhizoiden fest und wachsen dann zu mehreren Stämimchen aus‘). Durch Überstreichen mit der Hand wurden nun von einem größeren Rasen der Lophozia inflata die meisten Perianthen losgerissen und dann in eine Uhrschale mit Wasser gebracht. Bei schwacher Vergrößerung wurden diejenigen Exemplare ausgesucht, welche keine anhaftenden Pilzhyphen zeigten und die nicht von Milben bewohnt waren (was doch sehr häufig der Fall ist). DV. Schiffner. nun nn m en en mn ne m Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 177: ‚Die ausgesuchten Perianthen wurden Stück für Stück unter der Wasserleitung abgespült und dann in die Glasdosen gebracht. . Es sei hier beiläufig bemerkt, daß die Entwicklung von Pflänzchen aus den Perianthen eine längere Zeit in Anspruch nahm als man nach. Schiffner’s Mitteilung erwarten durfte. Es bildeten sich an der Basis’ und an etwaigen Rissen zunächst Rhizoide, und in etwa 4—6 Monaten: hatten sich junge Pflänzchen entwickelt. " Auch wurde eine Kultur angelegt dureh Schwimmenlassen der Perianthen auf von der Crone’schen Lösung. Diese Perianthen ent- wickelten sich besonders schlecht, nach einem Jahre waren die jungen Pflänzchen kaum über ein Zwergstadium hinausgekommen. Bei Jungermannia ventrieosa, Cephalozia bieuspidata und die Cephaloziella lieferten die Brutkörner leicht pilzfreie Kulturen. Be- sondere Vorsichtsmaßregeln wurden hier kaum in acht genommen, die Resultate waren ganz gut; nur in einem einzigen Falle entwickelte sich auf die Cephaloziellakultur eine Isariaförmige Pilzvegetation. Die in den Glasdosen sich entwickelnden Lebermoose, welche also in absolut feuchtem Raum wuchsen, blieben in Größe alle hinter den in der Natur gesammelten Exemplaren zurück. Die stark positiv helio- tropischen Pflänzchen saben schmächtiger aus, ihre Blätter waren kleiner und bleicher. Doch mußten die Glasdosen verschlossen bleiben, wie folgender Versuch zeigt: Von einer Glasdose mit einer Jungermannia ventricosa-Kultur wurde der Deckel während zwei Stunden abgenommen und die Dose offen-auf dem Arbeitstische stehen gelassen. Danach wurde die Dose wiederum verschlossen. Nach einigen Tagen hatten sich auf dem Torf und auf den Lebermoosen folgende Pilze entwickelt: Rhizopus nigricans, Penieillium glaueum und ein steriles weißes Myzelium, das unbe- stimmbar war. Diese infizierte Kultur wurde später mehrfach auf Rhizoidver- Pilzungen untersucht. Es zeigte sich aber, daß die Hyphen der ge- nannten Arten zwar die Stämmehen umsponnen, nicht aber in die Rhizoiden eindrangen. Wenn nun auch die zufällige Pilzflora aus dem Arbeitszimmer also wohl nicht imstande ist, die Rhizoiden zu infizieren, so wiirden. doch die Hyphen eine spätere Untersuchung nach Infektion mit Mucor rhizophilus beschwerlich machen. Alle Lebermooskulturen sind daher nur wenig und dann noch sehr vorsichtig gelüftet werden. 178 A. J. M. Garjeanne, Zur Infektion der Lebermoose wurden den Reinkulturen des Mucor rhizophilus kleine Myzelstücke mit oder ohne Sporangien ent- nommen und diese Stücke zwischen die Stämmchen und Blätter der Moose gebracht. Die Hyphen breiteten sich schnell über die Pflänzchen aus, umsponnen schnell Blätter und Stamm, aber die Infektion der Rhizoiden ließ meistens ziemlich lange auf sich warten. Es kann sein, daß die feuchten Torfstücke den Pilz wenig anlockten, doch wurden immer, wie aus den folgenden Tabellen hervorgeht, die Rhizoiden infiziert. I. Lophozia inflata. Die ersten B Datum der | infizierten Mehrere |Das + Maximum . FB Rhizoiden | der Infektion Auf Torf mit Infektion ehonden infiziert | wurde erreicht Kulturen 27. Nov. 09|18. Dez. 09 | 28. Dez. 09 Febr. 10 v.d. Crone’schen Lösung 27. Nov. 09] 16. Dez. 09 | 28. Dez. 08) Ende Jan. 10 [Pfeffer’scher 27. Nov. 09| 12. Dez. 09|24. Dez. 09| Mitte Jan. 10 |'/,v.d.Crone’schen 27. Nov. 09} 11. Dez. 09 |21. Dez. 09| Mitte Jan. 10 |'/, Pfeffer’scher 1. Febr. 1020. Febr, 10) 2. März 10 | Ende März 10 |v.d.Crone’schen 1. Febr. 10|20. Febr. 10| 1. März 10 | Ende März 10 |Pfeffer’scher 1. Febr. 1018. Febr. 10| 1. März 10 | Ende März 10 |), v.d. Crone’schen 1. Febr. 10|15. Febr. 1028. Febr. 10) Mitte März 10 |%/, Pfeffer’scher 12. Mai 10 | 1. Juni 10 | 14. Juni 10 | Anfang Juli 10 |v.d. Grone’sehen 10| 12. Mai 10 | 1. Juni 10 | 15. Juni 10 | Anfang Juli 10 |Pfeffer’scher 11| 12. Mai 10 | 30. Mai 10 | 14. Juni 10 | Anfang Juli 10 [?,,v.d.Crone’schen 12}12. Mai 10 | 31. Mai 10 | 14. Juni 10 | anfang Juli 10 |';, Pfeffer’scher Resultate dieser Versuchsreibe: Die Infektion der Rhizoiden mit Mucor rhizophilus gelingt bei Lophozia inflata in allen Fällen. Die Infektion war immer stärker, wenn das Lebermoos auf Torf mit Pfeffer’scher als auf Torf mit von der Crone’schen Nährlösung ge- wachsen war. Die Nährlösung von halber Stärke begünstigt die In- fektion. Der günstige Einfluß der Zusammensetzung und der Kon- zentration ist im Sommer viel geringer oder fast Null. Die Infektion erfolgt im Frühling am schnellsten. (Tabelle II s. nächste Seite oben.) Resultate dieser Versuchsreihe. Auch hier gelingt die In- fektion ohne Ausnahme. Die Pfeffer’sche Lösung fördert, wie in der ersten Versuchsreihe, die Infektion, und auch hier ist die schwächere Lösung die günstigere. Die Infektion erfolgt bei Cephalozia bieuspidata schneller als bei Lophozia inflata. Im Sommer verhalten sich von der Crone’sche und Pfeffer’sche Lösung mit Bezug auf die Infektions- beschleunigung fast gleich. B >. von mon Ts ? At Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 179 II. Cephalozia bicuspidata. B 3 =] Infektion [1 27. Nov. 09 27. Nov. 09 27. Nov. 09 27. Nov. 09 1. Febr. 10 1. Febr. 10 1. Febr. 10 1. Febr. 10 12. Mai 10 10| 12. Mai 10 ıl| 12, Mai 10 12| 12. Mai 10 13] 1. Juni 10 14} 1. Juni 10 15} 1. Juni 10 16| 1. Juni 10 SR UT mu DH f Die ersten infizierten. Rhizoiden gefunden 10. Dez. 09 10. Dez. 09 8. Dez. 09 5. Dez. 09 10. Febr. 10 14. Febr. 10 11. Febr, 10 11. Febr. 10 20. Mai 10 20. Mai 10 27.Mai 10 26. Mai 10 16. Juni 10 15. Juni 10 15. Juni 10 14. Juni 10 Mehrere Rhizoiden infiziert 10. Dez. 09 14. Dez.09 11. Dez. 09 10. Dez. 09 2. März 10 1. März 10 26. Febr. 10 24. Febr. 10 12. Juni 10 12. Juni 10 12. Juni 10 11. Juni 10 28. Juni 10 28. Juni 10 28. Juni 10 27. Juni 10 Das + Maximum der Infektion Auf Torf mit wurde erreicht Mitte Jan. 10 |v.d. Grone’schen Lösung Mitte Jan. 10 |Pfeffer’scher » Anfang Jan. 10/*/,v.d.Grone’schen „ Anfang Jan. 10|',, Pfefferischer „ Mitte März 10 |v.d.Crone’schen » Mitte März 10 |Pfeffer’scher ” Anfang März 10 |'/,v.d.Crone'schen „ ‚Anfang März 10|'/, Pfeffer’scher » Ende Juni 10 |v.d. Orone’schen ri Ende Juni 10 |jPfeffer'scher » Ende Juni 10 |'!/,v.d.Crone’schen „ Ende Juni 10 (1, Pfefferischr „ abgebrochen |v.d.Crone’schen „ » Pfeffer'scher „ » *,7.d.Crone’schen „ » 4, Pfefferschr , Die Kulturen 13—16 mußten beim Eintritt der Ferien abgebrochen werden. III. Cephaloziella spec. Die Resultate der Infektion von Cephaloziella sind weniger be- friedigend als bei den schon besprochenen Arten. Zwar haben die Infektionsversuche Erfolg gehabt, aber die Pilze entwickelten sich auf Blättern und Stämmchen so außerordentlich, daß die Lebermoose ganz s Die ersten N 5 Datum ‚ger infizierten Kktaolden enden Auf Torf mit zen em | infiziert | wurde erreicht 27. Nov. 09| 6. Dez. 09 }12. Dez. 10| Ende Dez. 09 |v.d. Crone’schen Lösung 27. Nov. 09| 6. Dez. 09 |11. Dez. 10| Ende Dez. 09 |Pfeffer’scher » 27. Nov. 09| 6. Dez. 09 | 11. Dez. 10) Ende Dez. 09 |?/,v.d.Orone’schen „ 27. Nov. 09| 5. Dez. 09 |11. Dez. 10} + 24. Dez. 08 |), Pfeiferschr „ 1. Fehr. 10|12. Febr. 10/14. Febr. 10| Ende Febr. 10 |v.d.Grone’schn „ 1. Febr. 10| 12. Febr. 10| 14. Febr. 10| Ende Febr. 10 |Pfeffor’scher » 1. Febr. 10|12. Febr. 10 |14. Febr. 10| Ende Febr. 10 |Y,v.d.Crone’schen „ 1. Febr. 10| 8. Febr, 10 }10. Febr. 10| Ende Febr. 10 |*/, Pfeffer'schr „ 12. Mai 10 |18. Mai 10 |abgestorben| ahgestorben |v.d.Crone’schen „ 12, Mai 10| 16. Mai 10 |--18.Mail0] abgestorben |Pfeffer’scher ”„ 12. Mai 10 | 16. Mai 10 | 20. Mai 10 | Ende Mai 10 |1/, v.d.Crone’schen „ 12. Mai 10 116. Mai 10 |abgestorben| abgestorben |, Pfeffer’schr „ 180 A. J. M. Garjeanne, in einem Pilzmantel gehüllt waren. Sie erkrankten und starben ab, wodurch die Kulturen bisweilen nicht lange genug fortgesetzt werden konnten. Resultate der Versuchsreihe. Der Einfluß der Nährstoff- konzentration bleibt derselbe. Die Infektion erfolgt schnell. Es muß bier bemerkt werden, daß die Daten etwas weniger zu- verlässig sind als bei den vorangehenden Versuchsreihen. In der vierten Spalte sind die Tage angegeben, an welchen eine Infektion von min- destens 10 Rlizoiden an einem Stämmchen beobachtet wurde. Die Hyphen legten sich fast, wie Kletterpflanzen um die Rhizoiden. Wenn auch, wie aus der Tabelle hervorgeht, die Infektion der Rhizoiden mit Mucor rhizophilus gelang, so war doch das Verhältnis zwischen Lebermoos und Pilz ein anderes als in den beiden vorhergehenden Fällen. Vielleicht wird in der Natur die Rhizoidinfektion bei den Cephaloziellen meistens durch eine andere Pilzart verursacht. IV. Jungermannia ventricosa. Die aus den Brutkörnern hervorgegangenen Kulturen dieses Leber- mooses erinnerten sehr an die langstengeligen, kleinblätterigen Formen, wie man sie zwischen Hypnazeen in Waldgräben unter Calluna usw. findet. Rhizoiden waren nur spärlich entwickelt, nur an den Stamm- spitzen bildeten sich Rhizoidbündel, welche aber, wie auch die Luft- rhizoiden bei anderen Arten, nur spärlich infiziert wurden. | Die ersten N 4 Datum der | infizierten Mehrere |Das+ Maximum . Fa Rhizoiden | der Infektion Auf Torf mit Infektion | Bhizeiden | infiziert | warde erreicht Kulturen gefunden 27. Nov. 0914. Dez. 09 | 22. Dez.09 | Mitte Jan. 10 |v.d. Grone’schen Lösung 27. Nov. 09112. Dez. 09 | 20. Dez. 09 | Mitte Jan. 10 |Pfeffer’'scher 27. Nov. 09 [12. Dez. 08 | 20. Dez.09 | + 10. Jan. 10 1%, v.d.Crone’schen 27. Nov. 09112. Dez. 09 }abgesiorben| abgestorben |1/, Pfeffer’scher 1. Febr. 10 (24. Febr. 10| 2. März 10 | Ende März 10 !v.d, Crone’schen 1. Febr. 10 122. Febr. 10} 2. März 0 | Ende März 10 |Pfeffer’scher 1. Febr. 10 |20. Febr. 10 |EndeFebr.10) Mitte Febr. 10 |'/, v.d. Crone’schen 1. Fehr. 10 |%0. Febr. 10|25. Febr. 10) Mitte Febr. 10 |?/, Pfeffer’scher 12. Mai 10 |27. Mai 10 | 8. Juni 10 | abgestorben |v.d. Crone'schen 10) 12. Mai 10 | 27. Mai 10 | 4. Juni 10 | Mitte Juni 10 |Pfeffer’scher 31)12. Mai 10 | 27. Mai 10 | 3. Juni 10 | Mitte Juni 10 |%/, v.d.Crone’schen 12] 12. Mai 10 }25. Mai 10 | 1. Juni 10 | Mitte Juni 10 |3/, Pfetfer'scher 13] 1. Juni 10 | 18. Juni 10/24. Juni‘10| abgebrochen |v.d.Crone’schen 14] 1. Juni 10 | 14. Juni 10 |20. Juni 10 » Pfeffer’scher » 15] 1. Jani 10 | 16. Juni 10 |20. Juni 10 Pr %/,v.d.Orone’schen „ 16] 1. Juni 10 } 14. Juni 10 |20. Juni 10 » 2, Pfeffer’scher ” ” oma mwN wi Die Verpilzung der Lebermoosrhizoiden. 181 Resultate dieser Versuchsreihe. Die Infektion erfolgt nicht so schnell wie bei Cephalozia un« Cephaloziella, dagegen wurde das un- gefähre Maximum der Infektion schneller als bei Cephalozia. Der Ein- Aluß der Nährlösung ist weniger deutlich, Fassen wir die Resultate der Infektionsversuche zusammen, so steht wohl fest, daß Mucor rhizophilus imstande ist, Rhizoidverpilzungen verursachen zu können. Über die Zeit, welche zur Infektion nötig ist, die verschiedenen Intervalle zwischen den erhaltenen Daten und den Einfluß der Nährungsflüssigkeiten läßt sich kaum etwas mehr als das schon Gesagte mitteilen. Diese unter den besonderen Bedingungen der Kulturen erhaltenen Resultate haben ohne weitere Versuche keinen Wert zur Beurteilung der Infektionen in der Natur. Zwar zeigt es sich, daß eine konzentriertere Nährlösung und somit auch wohl eine kräftigere Ernährung der Lebermoose (ie Verpilzung etwas hemmt, und daß diese Hemmung stärker ist bei von der Crone’schen als bei Pfeffer’scher Nährlösung. . Äußerlich sehen die Lebermooskulturen auf den verschiedenen Flüssigkeiten einander völlig ähnlich, nur scheint es, als wären die auf sehwacher Nährlösung kultivierten Lebermoose etwas stärker helio- tropisch. Wenn die Infektion also ungleich schnell und stark erfolgt, so muß man wohl annehmen, daß die auf der stärkeren Nährlösung kultivierten Lebermoose resistenter sind als die, welche auf schwächerer Lösung wachsen. Es könnte zwar sein, daß die Nährlösung auch auf die Entwicklung des Pilzes hemmen wirkte. Wie aber aus «len Tabellen hervorgeht, wird der Unterschied zwischen den Infektionen der ver- schiedenen Kulturen im Sommer immer undeutlicher. Die Lebermoose (wenigstens in den Kulturen) assimilieren dann kräftiger. In diesen besseren Umständen ist es für (ie Lebermoose anscheinend weniger wichtig, auf welche Weise und in welcher Stärke ihnen die Mineral- stoffe dargeboten werden. Wenn die Infektion im Sonmer schneller erfolgt als in den anderen Jahreszeiten und sie auch schmeller verläuft, so kann das sehr gut dadurch verursacht werden, daß Mucor rhizophilus bei etwas höherer Temperatur bedeutend schneller wächst. Alles in allem bekommt man den Eindruck, daß kräftige Leber- moose, welche genügende Nährung aufnehmen können und an etwas kühlen Stellen wachsen, weniger leicht infiziert werden als Lebermoose unter anderen Lebensbedingungen, Die Beobachtungen im Freien stimmen (der Hauptsache nach hiermit überein. Flora, Bd. 102. 13 182 A. J. M. Garjeanne, Einen Augenblick könnte man meinen, daß vielleicht die stärkere und schnellere Verpilzung der weniger kräftig ernährten Lebermoose diesen bei der Nahrungsaufnahme behilflich sein könnte. Das würde allerdings stimmen mit einer Auffassung der Rhizoidverpilzungen als echte Mykorrhiza. In den Kulturen aber ist die Verpilzung der Anfang einer Erkrankung, die schließlich zum Absterben führen kann. Im Freien wird die Verpilzung nur sehr selten so intensiv (häufiger z. B. bei den Cephaloziellen), der Pilz ist dann mehr Saprophyt als Parasit, während er in der Kultur entschieden parasitär auftritt. Bei den verschiedenen Kulturen und auch bei der Beobachtung der eingesammelten Lebermoose tun sich mehrere Fragen auf mit Be- ziehung auf die Art und Weise der Verpilzung usw. Wie kommt es, daß die Luftrhizoiden so ganz selten infiziert werden, auch dann, wenn alle oder fast alle Bodenrhizoiden von Hyphen durchwachsen sind? Mucor rhizophilus hat ein Nährmyzel, das positiv geotropisch, schwach negativ heliotropisch und hygrophil is. Man be- obachtet den Pilz auf den Lebermoosen immer nur in vegetativem Zu- stande. Die Hyphen werden also meistens die feuchteren, dunkleren Stellen an der Ventralseite des Stämmchens aufsuchen. Das führt sie bei den kriechenden Pflänzchen von selbst auf die Unterseite. Vom Stämmchen aus, worüber die Fiyphen kriechen, werden die Rhizoiden infiziert, weil der Pilz jedenfalls parasitäre Neigungen hat, aber in die Rhizoiden leicht eindringen kann und vielleicht auch besser wächst als in den Chlorophyll führenden Zellen des Stämmehens. Die Rhizoiden bieten dem Pilze günstigere Wachstumsbedingungen als die oberen Erdschichten. Chemotropie wird auch hier ihre Rolle spielen. Bei orthotropen Lebermoosen oder bei aufrecht wachsenden Stamm- spitzen werden die helleren, trockeneren Teile vom Pilze gemieden; die Luftrhizoiden haben schon dadurch geringere Infektionschaneen. Die Luftrhizoiden wachsen häufig in etwas horizontaler Richtung, auch werden sie heil durchleuchtet. Diese und noch wohl andere Umstände könnten vielleicht die Ursache sein der seltenen Infektion dieser Rhi- zoiden. Daß die Mukorhyphen überhaupt die Rhizeiden aufsuchen, auch wenn der Pilz in den oberen Bodenschichten vegetiert, ist in bezug auf die halb parasitische Lebensweise wohl begreiflich. Immerhin werden schwache, halb abgestorbene oder defekte Rhizoiden leichter infiziert als ganz gesunde Rhizoiden. Dieses findet aber häufig statt, wenn die Infektion vom Stämmchen aus erfolgt. Überhaupt scheint Mucor rhizo- Die Verpilzung der Lehermoosrhizoiden. 183 philus eher Epiphyt als Endophyt zu sein. Das Äußere der in den Rhizoiden wachsenden Hyphen erinnert an die dünnen, mit Glukogen gefüllten Hyphen, wie man sie immer in den Kulturen, ausgehend von dickeren Hyphen, finden kann. Diese dünneren Hyphen entstehen aber auch dann, wenn durch Austrocknen des Nährmediums oder Erschöpfung der Nährquelle die Wachstumsbedingungen ungünstig werden. Zur gleichen Zeit treten dann in diese Hyphen ziemlich zahlreiche, dünne Querwände auf, wodurch auch die Ähnlichkeit mit Mucorineenhyphen verloren geht. . Es scheint also dem Pilze in den Lebermoosrhizoiden doch nicht so besonders gut zu gefallen. Nachdem der Inhalt der Rhizoiden größtenteils vom Pilze desorganisiert und aufgenommen worden ist, finden die Hyphen nur dann wiederum Nahrung, wenn sie entweder in eine grüne Zelle des Stämmchens eindringen oder das Rhizoid wiederum verlassen (was aber, wie ich meine, nur ausnahmsweise stattfindet). Zur Sporangienbildung bringt der Pilz es dann auch auf dem Lebermoose nicht. Dafür fehlt genügende Nahrung. Kaum ist diese vorhanden oder die Sporangienbildung usw. erfolgt innerhalb einiger Tage. Der Nutzen des Zusammenlebens mit einem Lebermoose ist für den Mukor also wohl temporär, nachdem die infizierten Rhizoiden keine Nährstoffe mehr darbieten, besorgen sie den Hyphen zwar noch eine „Wohnung“, aber weiter nichts. Die Infektion der grünen Zellen ist jedenfalls den meisten Pilzen (wie aueh Mucor rhizephilus) nicht leicht, wahrscheinlich ist der Zellinhalt für die Entwicklung des Myzels von ungünstiger Zusammensetzung. " Ob das Lebermoos irgendeinen Nutzen von der Infektion mit Pilzen haben kann, ist nicht leicht zu beurteilen. In den Kulturen _ wurde dem Lebermoose alle Nahrungsstoffe in genügenden Quantitäten dargeboten. Daß es durch die Infektion der Rhizoiden und besonders dureh die der grünen Zellen benachteiligt wird ist klar. Aber vielleicht können doch im Freien die mit Hyphen (durchwachsenen Rhizoiden leichter Wasser und anorganische Nahrungsstoffe aus dem Boden auf- nehmen als die unverpilzten Rhizoiden. Die Transpiration der Leber- moose scheint eine geringe zu sein, die Aufnahme von Wasser erfolgt leicht durch die Blätter, weshalb die Rhizoiden häufig mehr Haftorgane als „Wurzeln“ sind. Die dochtartig durchwachsenen Rhizoiden saugen wahrscheinlich ziemlich stark das Bodenwasser auf, vielleicht wird diese Wirkung noch verstärkt durch die Anwesenheit eines Pilzknäuels in der Nachbarzelle des Rhizoids. 13* 184 A. J. M. Garjeanne, Schließlich aber werden alle diese Meinungen und Spekulationen nur verursacht durch die Neigung, immer etwas Nützliches zu suchen in organischen Strukturen, Symbiosen, Genossenschaften oder wie man das Zusammenleben zweier oder mehrerer Organismen nennen will. Wir wissen, daß solche Symbiosen nützlich sein können, die schädlichen sind uns auch bekannt. Die Symbiose zwischen Lebermoos und ıhizoid- bewohnenden Pilzen erscheint als eine ziemlich neutrale, wobei Nutzen und Schaden einander aufheben. . Es ist aber sehr wohl möglich, daß aus solch einem neutralen oder sogar schädlichen Beginn sich eine nützliche Symbiose entwickeln kann. Die Rhizoidverpilzungen der Jungermannien können als rudi- mentäre Mykorrhizen aufgefaßt werden; weiter zurück als bis an die Bryophyten wird man im Pflanzenreiche wohl nicht zu, gehen haben, um (ie einfachsten. Mykorrhizen anzutreffen. Jedenfalls ist die Symbiose zwischen Jungermanniacee und Mueor rhizophilus eine sehr zufällige, die große Plastizität des Pilzes macht. es begreiflich, daß seine Hyphen so verschiedene Lebermoosarten infi- zieren können. Zusammenfassung. 1. Die Verpilzung der Rhizoiden von foliösen Jungermanniales ist eine weit verbreitete Erscheinung. 5 2. Doch ist die Verpilzung keineswegs konstant; dieselbe Leber- moosart kann verpilzte und unverpilzte Rhizeiden haben. 3. Die Verpilzung wird, je nach Uinständen, von verschiedenen Pilzarten verursacht. 4. Bei einigen Lebermoosarten (z. B. Calypogeia trichomanis, “ Lophozia inflata u, a.) kommen neben anderen Verpilzungsformen auch solehe vor, wobei der Pilz haustorienartige Fortsätze in die grünen Nachbarzellen des Rhizoids eindringen läßt (die Nömec’sche Form der Verpilzung). 5. Bei einigen anderen Lebermoosarten (Cephalozia bieuspidata, Cephalozia eonnivens) billen die Hyphen dichte Knäuel in den auf- geschwollenen Rhizoidspitzen (Pilzgallen). 6. Bei Lophozia inflata verursacht der Pilz, wenn er in die Rhi- zoiden eindringen will, Zellwandverdiekungen aus Zellulose und Glukogen. 7. Diese Verdickungen erleichtern aber das Eindringen nicht, denn sie umgeben häufig die eindringende Hyphenspitze und verhindern da- durch das Eindringen in das Zellinnere. —..- wr Die Verpilzung der Lebermooschizoiden. . 185 8. Einen sichtbar günstigen Erfolg hat die Rhizoidverpilzung nicht, ebensowenig aber verursacht sie irgendwie bedeutenien Schaden. 9. Die Infektion der Rhizoiden eıfolgt je nach Umständen vom Boden aus oder vom Stämmchen aus. Letzteres ist bei Lophozia inflata sehr häufig. 10. Die Zellen des Stämmchens, weiche vom Pilze infiziert werden, sind immer oberflächlich gelegen. 11. Die Infektion der chlorophyllhaltigen Zellen gelingt nur schwer, die ganze infizierte Zelle wird erst von Hyphben ganz erfüllt, bevor eine Nachbarzelle infiziert wird. 12. Unter anderen Pilzarten, welche in der Provinz Limburg (Niederlande) die Lebermoosrhizeiden bewohnen, befindet sich fast immer eine Mukorart, Mucor rhizophilus n. sp., sehr verwandt mit Mucor racemosus. 13. Diese Art hat wenig verzweigte Sporangienträger, kleine Sporangien mit. kugeliger Columella, stark verzweigtes Nährmyzel, eine ausgesprochene Neigung zur Zellwanılbildung, bildet leicht Chlamydo- sporen und oidienartige Conidien. 14. Besonders auffallend sind die zahllosen Riesenzellen, welche in älteren Kulturen leicht entstehen. 15. Die Infektion mit Mucor rhizophilus gelingt, je nach der Jahreszeit und dem Ernährungszustand des Lehermooses, früher oder später, aber immer leicht. Figurenerklärung zu Tafel XI und X. Sämtliche Mikrophotogramme sind bei gleicher Kameralänge (25 cm) nach frischen, ungefärhten Präparaten angefertigt, Tafel KL (Mucor rhizophilus). Fig. 1. Keimung der Chlamyäosporen. Obj. D, Oec. IV. Yig. 2. Entwicklung des typischen Myzels aus den dünnen Fäden, die in den Aliculariarhizoiden wachsen. Obj. D, Or. IV. Fig. 3. Teile des Nährmyzels. Obj. D, Oe. IV. Fig. 4. Nährmyzel in Milchzuckergelatine. Dunkle Inkrustationen haben sich au zwei Stellen gebildet, Obj. A, Oc. IV. . Tafel ZIE (Mucor rkizophilus). Fig. I. Sporen. Obj. D, Oc. IV. Fig. 2, Riesenzellen und einzelne „Oidien“. Obj. D. De. IV. Fig. 3. Riesenzellen. Obj. D, Oe. IV. Fig. 4. Riesenzellen in Milchzuckergelatine. Obj. D, Oe. IV. Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. Von H. Schroeder, Bonn. (Mit 4 Abbildungen und 1 Kurve im Text.) Die vorliegende Arbeit schließt an die Untersuchungen von Adrian J. Brown?) an, der fand, daß das Gerstenkorn -— wie die Körner einiger anderer Gramineen — umbhüllt sei von einer leblosen, selektiv permeabelen Membran, die wohl dem Wasser und einigen darin gelösten Stoffen den Durchtritt gestattet, andere dagegen, ob- wohl in ihrer Lösung eine Quellung, d. h. Wasseraufnahme stattfindet, dauernd zurückhält. | So permeieren aus wässeriger Lösung: Jod, Sub- limat, Quecksilbereyanid, Cadmiumjodid, sowie eine größere Anzahl organischer Substanzen, wie Essigsäure, Äthylalkohol, Aldehyd und einige mehr. Nicht einzudringen vermochten die meisten unorganischen Salze, z. B. Kupfersulfat, Silbernitrat, Kaliumehromat, Natriumthiosulfat, Chlornatrium, Chlorkalium, Ammoniumchlorid, K- und Na-Salpeter, Queck- silbersulfat und -nitrat u. a.; ferner Rohrzucker, Dextrose, Weinsäure und essigsaures Natron; von Säuren Schwefel- und Salzsäure. Endlich gehören hierher Stoffe, wie Salpetersäure und Kalilauge, die erst nach der durch ihre Einwirkung verursachten Zerstörung der Membran den Weg ins Korninnere finden. Schließlich wären noch Substanzen an- zuführen, deren Lösung die Quellung, verglichen mit reinem Wasser, deprimiert, doch um einen geringeren Betrag, als dies ihre osmotische Konzentration erwarten ließe; dies Verhalten zeigen u. a. Harnstoff Äthylenglykol, Cadmiumehlorid und -sulfat, die in allen erdenklichen Abstufungen wirkten. Es dürfte sich somit bei geeigneter Auswahl von Stoffen eine Reihe aufstellen lassen, beginnend mit solchen, in deren Lösung die Wasseraufnahme mit der gleichen Intensität wie in reinem Wasser verläuft, bis zu solchen, die dieselbe nach Maßgabe ihrer osmotischen Konzentration herabsetzen. Die oben als permeierend und nichtpermeierend bezeichneten Körper wären demnach nur die Enndglieder dieser Reihe bzw. deren nächste Nachbarn. Die Ent- deckung Brown’s ist von hoher Bedeutang für die Physiologie, weil durch sie ein bislang mit dem Leben untrennbar verknüpfter Vorgang in einem Einzelfaile von diesem losgelöst physikalisch-chemischer Forschung 1) Annals of Botany 1906, Vol. XXL, pag. 79. — Proceedings of the Royal Society, Series B (Biologies!) 1909, Vol. LXXXI, pag. 82. — Ferner für Reis: Valeton, Bijdrage tot de kennis van de kieming der Rijst. Academ. Proefschrift, Amsterdam 1907. Zit. nach H. Micheela, Acad. Royale de Belgique. Puli. des elasses des seiences 1909, No. 11, pag. 1081. r Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 187 zugänglich gemacht wird. Vielleicht ist ihre Tragweite eine besonders große um deswillen, weil die leblose, semipermeabele Hülle des Gersten- kornes eine recht weitgehende Übereinstimmung mit dem so intensiv studierten Selektionsvermögen der Plasmamembran besitzt und unter Umständen experimentell prüfbare Analogieschlüsse gestattet. Ich halte es darum für angebracht, meine z. T. länger zurückliegenden Versuche trotz der inzwischen erschienenen zweiten Publikation Brown’s kurz mitzuteilen, zumal ich in der Lage bin, in einigen Punkten eine Er- gänzung und Erweiterung derselben zu bieten. +7 Ich benutzte Weizen (Schlanstedter Sommerweizen von Haage und Schmidt in Erfurt) als Versuchsobjekt, da mir dieser wegen des Fehlens der für die fraglichen Prozesse gleichgültigen Spelzen geeigneter als die von Brown bevorzugte Gerste erschien. Meine Methodik be- stand, wie bei Brown’s zweiter Arbeit, in einer periodischen Wägung der in den verschiedenen Lösungen quellenden Körner und wurde die jeweils gefundene Gewichtszunahme gleich der Wasseraufnahme gesetzt, eine Annahme, die zulässig erscheint?). Allerdings ist diese Arbeits- weise für das vergleichende Studium der Wasseraufnahme aus Lösungen mit einem gewissen Fehler behaftet, .da die selezierenden Schichten in einem bestimmten Tiefenabstand von der Oberfläche, nämlich in der Samenschale angeordnet sind), ‘wovon späterhin noch die Rede sein soll. Es werden daher die äußeren Lagen, also ver allem gie, Frucht- schale, bei Gerste aber auch (die Spelzen, unterschiedslos 'mit jeder Lösung durchtränkt, einerlei ob dieselbe einen permeierenden Stoff enthält oder einen nichtpermeierenden. Doch erreicht die daraus resultierende Ungenauigkeit keinen Betrag, der die Versuchsresultate zu verwirren vermöchte). v In Übereinstimmung mit Brown konnte ich auf diese Weise folgendes feststellen: 1. Lösungen des nichtpermeierenden Chlornatriums deprimieren die Wasseraufnahme nach Maßgabe ihrer Konzentration. 2. Diese Depression ist streng an die Integrität der Kornhülle geknüpft; halbierte Körner zeigen sie nicht, schwächer verletzte — leicht angeschuittene — nur transitorisch. Es geht daraus hervor, daß 1) Die gleiche Methodik für analoge Probleme bei Overton. FPilüger’s Archiv 1902, Bd. XCIL, pag. 115. 2) Brown, 1. c. I, pag. 85, 86. 3) Das gleiche gilt für den durch den Einfluß von Körnern mit verletzter Samenschale bewirkten Fehler, dessen Kausalität die oben unter 2 mitgeteilte Tat- sache erhellt, 188 II. Schroeder, es sich bei der fraglichen Depression nicht um eine Wirkung der ge- lösten Substanzen auf die Inhaltsstoffe des Kornes handeln kann. 8. Erbsen, denen eine selektiv permeabeie Membran im obigen Sinne abgeht, zeigen weder diese Herabsetzung der Wasseraufnahme, noch auch demgemäß einen Unterschied im Verhalten unversehrter und halbierter Körner. 4. Daher ist ein Wechsel der Konzentration der Außenlösung auf Erbsen, gleichgültig ob intakt oder «urchschnitten. und ebenso auf halbierte Weizenkörner von keinem oder doch sehr rasch vorüber- gehendem Einfluß. Unverletzter Weizen hingegen erfährt je nach dem Sinne der Änderung entweder einen Gewichtsverlust oder eine sprung- hafte Steigerung desselben. 5. In wässeriger Lösung vermochten nicht zu permeieren: NaF, KCh, NaCl, KNO, R,CO, Na,C0,, BaCl,, NaS0, MgSO,, AgNO, CoCl,, Seignettesalz und Bohrzucker. 6. Permeabel war die Membran für: Sublimat, Jod, Methyl und Äthylalkohol, Athyläther, Aceton, Acetonitril und Chloroform, alle in Wasser gelöst bzw. damit gemischt. Außerdem Osmiumsäure (OsO,), was aber mit anderer Methodik festgestellt wurde). 7. Die Gesamtheit der Erscheinungen konnte mit dem gleichen Erfolge an getöteten, d. h. ihrer Keimfähigkeit beraubten Körnern be- obachtet werden, und zwar, sofern dieselben zwischen den Einzel- versuchen getrocknet wurden zu wiederholten Malen am gleichen Material. Die Tötung erfolgte durch kurzes Kochen, trockene Hitze oder permeierende Gifte, wie Jod oder Sublimat. Der Verlust des Keimungsvermögens wurde jedesmal experimentell festgestellt. Das Beweismaterial für die ausgesprochenen Behauptungen ent- halten die aubangsweise mitgeteilten Tabellen: I, IL, III, IlIa, IV, V, VI und VI2, 2) Ygl, im folgenden pag. 190. 2) Für Phaseolus vulgaris und Lathyrus odoratus hat W. RB. Gelston Atkins mit Salpeterlösung das Fehlen der Semipermeabilität: der Samenschale fest- gestellt. (Notes from Botanical-School of Trinity College Dublin, Vol. IL, pag. 19.) Streng genommen sind aber weder seine noch meine in den Tabellen IL IE und IIa niedergelegten Versuche absolut beweiskräftig, da ein Eindxingen durch den offenen Mikropyienkanal (Mattirolo und Buscalioni, Memorie della R. Accademia delle seienze di Torino 1892, Ser. II, Tome XLID nicht ausgeschlossen war, Ich sehaltete darum die Hilar-Region durch nur partielles Eintauchen der Erbsen völlig aus, wohei ich dieselben in einer unhedeckten Schale in fenchtem Sande fixierte. Es blieb sodann die herausragende Region um die Mikropyle durchaus troeken. Trotz- dem erreichte die Gewichtszunahme in 10%, NaCl nach 6 Tagen 90%, des Trocken- Über die selektiv permeahele Hüllo des Weizenkornes, 189 Besonders instruktiv gestaltet sich der folgende Versuch, bei dem ohne direktes Bloßlegen des Stärkeendosperms Frucht- und Samen- schale nur über dem Embryo entfernt wurden, eine Manipulation, die am lufttrockenen Korn unschwer sich ausführen läßt und durch die der Keimling in seiner ganzen Ausdehnung bis etwa zum Skutellum freigelegt wird). Nach dieser Behandlung. dringt Silbernitrat in aus- gesprochenem Gegensatz zum Verhalten des unverletzten Kormes be- reits während der ersten 24 Stunden der Berührung ein, wogegen die Aufnahme von Chlornatrium erst am 4. Tage erkennbar wird; so lange vermögen die lebenden Zellen des Embryo den Eintritt desselben zu verhindern. Dies illustrieren die Tabellen VIII und IX sowie Kurve L 20, S 6 ABS, _ - S Z ] 8 | 4 re F & N 87 + 5 2)- N Ti I er £ _ SI A 1 Erklä unp: g ZZ. \desä Vassen Igeschlält N zul B N HZ. za li Ag \ 2]. N co VE Normal A el m 8 | Z z 3 + 5 [2 7 [j 9 MU MR DB Weichdauer in Tagen. Kurve 1. Gewichtszunahme in Prozent des Anfangsgewichts bei quellendem Weizen. ' gewichts, betrug also ungefähr genau ehensoviel wie bei halbierten vollständig ein- tauchenden Erbsen in dem gleichen Medium (Tab. I. Die Wirkung der Schale gab sich also nur als eine Verzögerung zu erkennen. D) Vgl. Schumann, Praktikum für morphologische u. systematische Botanik, pag. 410. 190 H. Schroeder, Im Einklang mit diesem Ergebnis steht die Tatsache, daß unversehrter Weizen der Einwirkung von Silbernitrat sehr lange zu widerstehen vermag, während, wie oben angegeben, geschälter in kürzester Zeit erliegt?). Wie Brown beim Quellen von Gerste in verdünnter Schwefelsäure eine Konzentrationszunahme der Außenlösung durch Entzug von reinem Wasser von seiten der Körner feststellen konnte, vermochte ich das gleiche für eine Chlornatriumiösung, in der Weizen eingeweicht wurde (Tab. X). Die Übereinstimmung zwischen der gewichtsanalytisch ge- fundenen und der aus der Titerzunahme berechneten Werte für die Wasseraufnahme war eine befriedigende, wie die Zahlen der gleichen Tabelle lehren. Es ist bei ihrer Betrachtung zu berücksichtigen, daß das erste wie das letzte Intervall nicht zum Vergleich herangezogen werden dürfen, wegen des Einflusses der Fruchtschale?) das erste, letzteres, weil der erfolgte Durchbruch der Radieula bei einem großen Teil der Körner die Kontinuität der Hülle zerstört hatte. Von diesen durch das Studium der Gewichtszunahme gefundenen Gesetzen sind nach zwei Richtungen Abweichungen zu verzeichnen. Zunächst ist das bislang einzigartige Verhalten der Osmiumsäure (Os- miumtetraoxyd) zu erwähnen. Diese dringt, wie die Schwärzung des Inhaltes der Aleuronzellen unzweideutig anzeigt, sehr rasch ins Innere des unversehrten Kornes, trotzdem erleidet die Gewichtszunahme, ver- glichen mit der in reinem Wasser gefundenen, eine sehr beträchtliche Depression. Es wird diese Verlangsamung der Wasseraufnahme darauf zurückzuführen sein, daß durch die Imprägnation mit Osmiumsäure ge- wisse Elemente der Schale — gleichgültig welche — für Wasser schwer durchlässig geworden sind. Dafür spricht die Erfahrung, daß diese Retardierung bei einmal mit Osmiumsäure behandelten Körnern auch beim Übertragen in reines Wasser bestehen bleibt; Versetzen in dieses ruft also nicht, wie nach der Vorbehandlung mit z. B. Chlor- natrium, eine plötzliche Steigerung des Gewichtes hervor. Ferner geht der quantitative Wert der Osmiumsäuredepression ganz bedeutend über den in isotonen Lösungen nichtpermeierender Stoffe, wie Kochsalz. 1) Keimfähigkeit ungeschälter Körner nach 14stündiger Behandlung mit 5Yy &AgNO, 83°j,, geschälter nach der gleichen Behandlung 0%. Von den 17%, der wicht gekeimten, unbehandelten Körner der ersten Serie ®/, verletzt, was die deletäre Wirkung erklärt. Die Keimfähigkeit war demnach normal. Näheres in meinem Aufsatz im Zentralblatt für Bakteriologie usw., TI. Abteilung, 1910, Bd. XXVIN, pag. 492. 2) Siehe pag. 187. Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. .191 gefundenen hinaus. Es erhellt daraus, daß nicht, wie bei den oben) nach Brown angeführten Substanzen (Glykokoll usw.), es sich nur um ein langsames Eindringen handeln kann, denn sonst dürfte der Wert der Hemmung niemals den durch einen nichtpermeierenden Stoff ge- gebenen Grenzwert überschreiten (Tab. XI, XU, XIII). Weiter verbreitet scheint die umgekehrte Erscheinung, daß nämlich in bestimmten Lösungen die Gewichtszunahme, also die Wasseraufnahme, in rascherem Tempo als in reinem Wasser sich vollzieht. Brown hat dies für Essigsäureäthylester und in schwächerem Maße für Essig- säure selbst beobachtet, doch zeigen wässerige Lösungen von Äthyl- äther oder Chloroform die beschriebene Eigentümlichkeit in weit höherem’ Grade. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Beschleunigung der Quellung und gehen demgemäß die in der ersten Zeit sehr an- sehnlichen Differenzen zwischen Ätherwasserweiche und der in reinem Wasser allmählich zurück. Immerhin erscheint auch die endgültig aufgenommene Wasserquantität durch den Äther usw. etwas erhöht und konnte bei längerer Berührung mit dem ätherhaltigen Wasser ein Platzen der Einzelkörner bewirkt werden (Tab. VI, XIV). Das Selek- tionsvermögen der Membran wird dabei in der Regel nicht alteriert ?), denn die Ätherbeschleunigung ließ sich durch Chlornatriumzusatz kom- pensieren. Es ist auch nicht zulässig, die gefundene Steigerung auf Rechnung des rascher als Wasser permeierend gedachten Äthers zu setzen, denn der unter Einfluß desselben gefundene Gewichtsüberschuß kann den absoluten Betrag des in der Außenlösung gebotenen Äthers nicht un- bedeutend überschreiten (Tab. XV) 2). Andererseits vermögen gerade Äther, Chloroform, wie auch der in Wasser ungehindert permeierende Alkohol in wasserfreiem Zustand die Membran des luft- oder exsiccatortrockenen Kornes nicht oder doch nur ungemein langsam zu durchwandern). Dies läßt sich gewichts- analytisch nicht verfolgen, da die genannten Stoffe nicht befähigt sind, eine Quellung des Korninhaltes zu bewirken. Wohl aber kann die fraglieke Erscheinung an der deletären Wirkung der obigen Giftstoffe 1) Siehe pag. 188. 2) Vgl. aber pag. 192. 3) Ob diese Beschleunigung der Wasserzufuhr nicht doch beim Ätherfrüh- treiben eine Rolle spielt, wäre einer experimentellen Prüfung wert, obwohl Molisch bei der Warmbadbehandlung eine Zunahme des Wassergehalts nicht fand. 4) Brown, lc. II, pag. 93. Vgl. auch meine zitierte Abhandlung im Zen- tralblatt für Bakteriologie, pag. 495. 192 H. Schroeder, erkannt werden, wie ich an anderer Stelle ausführlich mitgeteilt habe). Denn Alkohol, Ätlıer und Chloroform sind bei nicht übertrieben langer Einwirkung harmlos für ungeschälte oder selbst des größten Teiles der Fruchtschale beraubte Körner, Sie zerstören aber die Keimfähig- keit sehr rasch bei solchen, deren Embryo auf die oben beschriebene Weise auch von der Samenschale befreit bloßgelegt wurde ?). In einem Spezialfalle gelang es jedoch, durch Veränderung in der Zusammensetzung des Außenmediums eine Beeinflussung des Selektions- vermögens zu verursachen. Nämlich dann, wenn Silbernitrat in 50°%/,igem Alkohol dargeboten wurde. Denn alsdann war dies sonst bei tage- lauger Berührung nicht permeierende Salz schon nach Ablauf weniger Stunden im Korninnern in unzweideutigster Weise mikrochemisch: fest- zustellen®). Ob dieses Permeieren dadurch veranlaßt wird, daß die Herabsetzung der Löslichkeit des Silbernitrates durch den Alkohol- wosatz‘), den Verteilungskoeffizienten zwischen Außenmedium und Membran, derart zugunsten der letzteren verschiebt, daß ein Eindringen dadurch ermöglicht wird, muß ich im Hinblick auf andere Deutungs- möglichkeiten vor der Hand offen lassen 5). Der Gegenversuch, Sublimat, dessen Löslichkeit: in Alkohol-Wassergemischen mit zunehmendem Ge- halt an ersterem steigt, durch Alkoholzusatz am Eintreten zu ver- hindern mißlang. Es wären demnach für eine zu fordernde pbysicochemische Erklärung der beschriebenen Erscheinungen die folgenden Punkte ge- geben: . \ : 1. Müßte eine allen permeierenden, im Gegensatz ‘zu allen nicht- permeierenden Stoffen gemeinsame Eigentümlichkeit aufgedeckt werden. 2. Weiterhin wäre die Erfahrung zu berücksichtigen, daß das Permeieren an einen gewissen Quellungszustand der Membran ge- }) Zentralblatt usw., Bd. XXVIE, pag. 492; vgl. auch Kurzwelly, Jahr- bücher f. wissenschaftl. Botanik 1903, Bd. XXXVIIL, pag. 291; Bequerel, Annal. des seiences natur. Botan. 1907, Serie NIX, Tome V, pag. 211 u. 300. 2) 1 c. pag. 495, 496. 3) Zum Nachweis diente Behaudlung der Schnittfläche der getroekneten und dann längshalbierten Körner mit Filttierpapier, das mit Chlornatriumlösung ange- feuchtet war, und nachherige Exposition an der Sonne. Es wurden durch diese auch im folgenden mehrfach augewandte Arbeitsweise Strömungen, die zum Trans- port von Niederschlagsteilchen hätten führen können, hintangehalten. 4) Silbernitrat ist in Alkohol-Wassergemischen schwerer löslich als in Wasser allein. (Eder, Journal für prakt. Chemie, N. F. Bd. XVII. zit. nach Landolt- Börnstein, Tabellen, 2. Aufl., pag. 255.) 5) Siehe im folgenden pag. 202, Üher die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 193 knüpft erscheint, den allein Wasser herzuführen in der Lage ist; oder doch, daß Wasser das Vehikel darstellt, ohne dessen Mitwirkung auch die sonst permeierenden Substanzen nicht einzudringen vermögen. 3. Endlich käme die zunächst vereinzelt dastehende Erscheinung in Frage, daß Alkoholzusatz für das sonst nicht permeierende Silber- nitrat die Bedingungen zum Eintritt schafft. Auch die Beschleunigung der Quellung durch die oben (pag. 191) genannten Stoffe wird wohl in den Eigenschaften ihrer wässerigen Lösung, wie denen («er selektiv permeabelen Membran ihre Erklärung finden müssen. Fraglieh erscheint es hingegen, ob die gleiche Forde- rung auch für die retardierende Wirkung der Osmiumsäure zu erheben ist, da in diesem Falle andere, vordem allgemein, d, h. für alle Sub- stanzen ausnahmslos durchlässige Schichten, ohne daß diese allseitige Permeabilität geändert worden wäre, schwerer durchlässig geworden sein können, der Schlüssel für die Wirkung der Osmiumsäure also unter Umständen gar nicht in Eigenschaften der selezierenden Zone zu suchen wäre. Brown hat ferner die Lösung der Frage nach der Lage der selektiv permeabelen Membran angestrebt. Die Gramineenfrucht stellt bekanntlich eine Karyopse dar; die einzelnen Elemente der Schalen sind speziell für den Weizen von außen nach innen die folgenden '); 1. Die Epidermis der Fruchtknotenwand mit Cuticula. 2. Das Parenchym derselben; 45 Zellagen, von denen im Wasser nur 2—3 erkennbar sind. 3. Eine Schicht stark getüpfelter Zellen, während (des Reifens Chlorophyll führend; beim Weizen ohne Interzellulare lücken- los zusammenschließend. 4. Die innere Epidermis der Fruchtknotenwani, getüpfelte, lang- gestreckte, schlauchförmige Zellen, durch weite Interzellular- räume getrennt. üs folgt nunmehr als erste Lage der Samenschale 5. das innere Integument. da das äußere schon zeitig währen! der Reifung resorbiert wird, Es setzt sich aus zwei Zell- schichten zusammen, einer äußeren farblosen und einer inneren, die je nach der Varietät mehr oder minder stark rotbraun tingiert erscheint. Daran schließen 1) Nowacki, Untersuchungen über das Reifen des Getreides usw., pag. 2), 21 u. 25. Halle 1870. — Kudelka, Landwirtschaftl. Jahrbücher 1875, Ba. IV, pag. 461. Speziell für Weizen pag. 468. Dort, Tafel V, Abbildungen. 194 H. Schroeder, 6. die Epidermiszellen des Nucellus mit stark verdickten Wänden und nur undeutlichem Lumen, auf die dann die Kleber- oder Aleuronzellen, also das Endosperm folgt. Von diesen Schichten geben die üblichen Zellalosereaktionen '): Epidermis wie Parenchym der Fruchtknotenwand und die Epidermis des Nucellus?). Verholzts) sind die unter 3 und 4 genannten Lagen, die letzteren jedoch nur in geringem Grade. Die beiden Schichten des inneren Iutegumentes widerstehen kon- zeutrierter Schwefelsäure®) sowie Kalilauge. Die äußere, farblose tin- giert sich außerdem mit Alkanna und Sudan III rot, mit Chlorophyli- lösung grün, mit Osmiumsäure schwarzbraun, mit Chlorzinkjod endlich gelb bis rotbraun. Auch kann die Öeresinreaktion mit ihr erhalten werden. Bei der inneren Lage macht die kräftige Eigenfarbe die Farb- reaktionen zumeist; unmöglich, nur die Schwärzung durch Osmiumsäure ist noch zuverlässig erkennbar, die Rötung mit Alkanna wohl auch vor- handen, so daß das innere Integument — seine gefärbte Lage mit einem gewissen Vorbehalt — als verkorkt oder kutinisiert anzusprechen wäre. Brown hat für Gerste unzweifelhaft nachgewiesen, daß das Selektionsvermögen eine Funktion der Samenschale ist‘). Die Ent- scheidung der Frage jedoch, um welche Schicht derselben es sich handle, beantwortet, er nur mit großer Reserve und unter dem Vorbehalt einer späteren definitiven Lösung dahin, daß die Epidermis des Nucellus‘) diese Rolle spiele. Dazu veranlaßt ihn vorwiegend die Beobachtung, daß besonnte Schnitte durch Körner, die nach A8stündigem Verweilen in Silbernitrat die gleiche Zeit mit Chlornatrium behandelt waren, eine Schwärzung der äußeren Partien der Samenschale erkennen ließen. Ich kann mich wenigstens für Weizen dieser Auffassung nicht an- sehließen, denn die Epidermis des Nucellus gibt in typischster Weise die Zeilulosereaktionen und löst sich ungemein prompt. in konzentrierter 2) Blaufärbungen mit Chlorzinkjod, mit Jod und Schwefelsäure oder Jod- ehlorkalzium nach Russow. 2) In Kupferoxydammoniak fast momentan bis auf die dünne Mittellamelle gelöst, rascher als die Wandungen der Aleuronzellen. 3) Phlorogluein u. Anilinsulfat. Die Reaktion von Mäule bei den Schlauch- zellen undeutlich. 4) Dies Reagens löst die gauze Frucht und Samenschale (sowie die Wände der Aleuronzellen) mit alleiniger Ausnahme des inneren Integumentes und der dünnen Außencutieula des Fruchtknotens. 5) Le. I, pag. 86. 6) Holzner und Lermer, Beiträge zur Kenntnis der Gerste, pag. 91, 92. - Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 195 Schwefelsäure, dürfte also kaum für das Nichteindringen dieser Säure verantwortlich zu machen sein. Ich glaube vielmehr, daß das als kutini- siert oder verkorkt erkannte innere Integument als semipermeabele Membran anzusprechen sei, zumal ähnliche Funktionen derart impräg- nierten Zellwänden wiederholt zugeschrieben wurden ?). Man wird aber noch eine andere Eventualität berücksichtigen müssen, nämlich die, daß diese Schichten absolut — also auch für Wasser — impermeabel sind und daß ein lokalisierter Stoffeintritt statthat. In der Tat läßt sich eine ganze Reihe von Beohmchtungen zugunsten. dieser Aufasang al)» ii So fürbt sich Weizen in verdünnter Lösung von Jod in Jodkalium zunächst in einer in unmittelbarer Nähe des Embryo gelegenen Zone blau. Von da schreitet die Reaktion kontinuierlich spitzenwärts vor, rascher auf der Rücken- ale auf der Bauch- seite. Die Erscheinung ist unabhängig von r) der Konzentration des Jodes (Yıopoo—+ı NOX- Fig. 1. Weizenkorn nach mal), nur wächst die Geschwindigkeit des Vor- Einweichen in Jodjodka- u . F ” liumlösung. «@ Äußerlich; rückens mit steigendem Jodgehalt?) (Fig. 1). & im Längsschnitt, seitlich Genau auf die gleiche Weise beginnt und der Furche, (Die schraf- verbreitet sich die beim Einbringen der Weizen- orten Pe Tod. körner in wässerige Osmiumsäure auftretende Schwärzung. Charakteristisch ist: der Weg dieses Reagens im Inneren der einzelnen Aleuronzelle. Denn es beginnt daselbst die Schwarz- färbung des Inhaltes in jedem Falle am Außenrande und rückt gleich- mäßig durch die ganze Breite der Zelle in der Richtung nach dem Korninneren vor. Die nachstehende Fig. 2 läßt. dies ohne weiteres er- kennen; die Stadien, die dort simultan an nebeneinander gelegenen Zellen dargestellt sind, werden von der Einzelzelle sukzedan durch- laufen. Dabei bleibt aber unverkennbar, daß alle Phasen der Reaktion von den Zellen um so früher durchlaufen werden. je näher dieselben am Embryo gelegen sind. 1) Pfeffer, Osmot. Untersuchungen, pag. 144, 179 und Tübinger Unter- suchungen, Bd. II, pag. 179. 2) Bei geringen Gaben läßt sich dies äußerlich ohne weiteres erkennen; bei stärkeren ist es notwendig, zunächst die durch das Jod intensiv schwarzbraun ge- färbte Fruchtschale zu entfernen. Brown gibt für Gerste allseitiges Rindringen des Jodes an, nur mit Erschwerung in der Furchenregion. [74 196 H. Schroeder, Gleicherweise lassen sich Sublimat und das aus 50°/, alkoholischer Lösung permeierende Silbernitrat zuerst in der Umgebung des Embryo feststellen. Da aber in beiden Fällen der Nachweis des eingedrungenen Stoffes nur mit Hilfe von Außenreagentien und an Schnitten geführt werden kann, so sind die Resultate nicht derart, scharf wie bei (den zuerst angeführten Substanzen ). Endlich konnte ich die Beobachtung Brown’s?) bestätigen, daß der Farbenumsehlag ‘der Aleuronzellen von Hordeum coerulescens beim Eisdringen der Salpetersäure in derselben Weise in der Gegend des Keimlings beginnt und von da aus nach der Spitze vorschreitet 3). Leider kann die Entscheidung der Kernfrage, ob derartig lokali- siertes oder einseitig vorauseilendes Eindringen auch für den Zu- tritt des Wassers gilt, nur auf Umwegen angestrebt werden. Und zwar um deswillen, weil die schwer durchlässigen oder undurchlässigen Schichten in einem gewissen Tiefenabstand unter der Oberfläche an- geordnet sind. -Ein partielles Überstreichen oder ein Wundver- Sa m Fig. 2. Längsschnitt durch ein Weizenkorn nach 16stündigem Verweilen in '/, °/, Osmiumsäure. schluß dureh oberflächlich aufgetragene, wasserundurchlässige Medien gewährt daher keinerlei Sicherheit dafür, daß nicht gerade an der ver- meintlich geschützten Stelle der Wassereintritt sich vollzieht. Sind doch in der Fruchtschale zwischen dem Überzug und den verkorkten Lagen der Samenschale Flüssigkeitsströmungen sehr wohl denkbar und auch tatsächlich unschwer festzustellen *). 1) Sublimat wurde mit Jodkalium oder Ammoninnsulfid, Silbernitrat mit Chlornatrium und darauffolgender Belichtung nachgewiesen; beide Male durch Andrücken der Schnittfläche auf mäßig mit den Reagentien befeuchtetes Filtrier- papier. Siehe pag. 192, Anmerk. 3. 2) 1. c. I, pag. 83, Anmerkung. 3) Nach sehr langer Berührung drangen in einen Versuchen auch Salzsäure und noch langsamer Schwefelsäure ein (Brown, l. c. I, pag. 82, Anmerk.), Beide Säuren bewirkten Farbenumschlag gleichfalls zunächst in der Nachbarschaft des Embryo, mit Fortschreiten von da aus. 4) Taucht man Weizen nur mit der Spitze in Sand (oder Gelatine), der mit- „odkalium durehtränkt ist, so tritt die Blaufärbung, genau ebenso wie beim voll- Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 197 Ich durchtränkte, um den Weg des einströmenden Wassers zu verfolgen, halbierte Weizenkörner mit Kobaltechlorür, trocknete sie und beebachtete den nunmehr bei Wasserzutritt erfolgenden Farbenumschlag 3, Dabei war eine Verletzung der Körner leider unerläßlich, da Kobalt- ehlorär zu den nichtpermeierenden Körpern gehört. Wurden nun die dergestalt imprägnierten Teilstücke in Wasser gelegt, so zeigten sich charakteristische Unterschiede in ihrem Verhalten, je nachdem, ob es sich um die Kornhälfte mit dem Embryooder um die Spitzenhälfte handelt. Bei letzteren — den Spitzenteilen — erfolgte der Farbenumschlag und somit der Wassereintritt nur von der Schnittfläche aus und fand von dieser ausgehend ein ziemlich gleichmäßiges Vorrücken nach der Kornspitze statt, die in etwa 3—4 Stunden, je nach der Größe des Teilstückes, erreicht wurde. Bei den embryoführenden Hälften ließ sich neben der Schnittfläche noch ein zweites um den Keimling gelegenes Ausbreitungszentrum des Wassers erkennen und wanderten somit zwei Ströme, einer von der Wunde und einer vom Embryo her, einander entgegen. Der letztere zeigte, genau wie dies vorstehend für die permeierenden Stoffe beschrieben ist, die größte Geschwindigkeit auf der Rückseite des Kornes (Fig. 3 u. 4), der andere strömte allseits ungefähr gleich rasch. Die beistehenden, mit dem Zeichenprisma hergesteliten Figuren sind danach ohne \ weiteres verständlich. Fig. 3. Fig. 4. Werden die mit Kobalt impräg- wit CoCl, imprägnierte Teilstücke nierten Kornhälften statt in Wasser des Weizenkornes: Fig. 3 Embryo- . Ri RN 2 1 hälfte nach 14/,stündigem, Fig. 4 in eine hochkonzentrierte Lösung des spitzenhälfte nach 2stündigem Ein- nichtpermeierenden Chlornatriums gelegt, weichen. (7 Rot, IF Blau.) ständigen Benetzen, zuerst in der Region des Embryo ein, also an dem aus der Flüssigkeit in die Luft ragenden Teil. Auch dann, wenn die Oherfläche des Kornes vollkommen trocken blieb und äußerlich keinerlei Anzeichen für ein Hochsaugen erkennbar war. Überstreichen des Keimlings sowie der anliegenden Bezirke mit Fett, Vageline, Asphaltlack, Paraffin usw, änderte an diesem Ergebnis nichts. Danach sind viele der in der Literatur vorhandenen Angaben für oder gegen lokalisiertes Eindringen, die auf Versuchen basieren, in denen nach der Methode des partiellen Überstreichens mit wasserundurechlässigen Stoffen gearbeitet wurde, als nieht beweis- kräftig zu verwerfen. — Auch die Folgerungen von Behrens (Bericht der Versuchs- anstalt Augustenburg 1906, pag. 60) erscheinen nicht einwandfrei, da ich den dichten Wundverschluß zum mindesten für fraglich halte. Behrens selbst hat übrigens auf die Möglichkeit diener Fehlerquelle aufmerksam gemacht (1, «. pag. 64). 2) Die Behandlung mußte wegen des Voranseilens das Wassers vor dem Salz mehrfach wiederholt werden, un: durchaus gefärbte Stücke zu erhalten. Flora, Bd. 102. 14 198 H. Schroeder, so findet auch bei den Embryohälften die Wasseraufnahme fast aus- schließlich von der Schnittfläche aus statt, es tritt demnach das am unversehrten Korn allein in Frage kommende Einströmungszentrum völlig zurück, ganz im Einklang mit den Tab. I mitgeteilten Versuchen. Ebenso läßt sich gewichtsanalytisch zeigen, daß beim durch- schnittenen Korn die Wasseraufnahme in dem den Keimling führenden Teilstück rascher sich vollzieht als in dem Spitzenteil (Tab. XVI). Ein- weichen in starke Kochsalzlösung bringt auch für diese Methode die Differenz zum Schwinden (Tab. XVII), Es findet eher ein Umschlag ins Gegenteil statt. Beim unversehrten Weizen eilt gleichfalls die Wasseraufnahme der Embryoseite voraus, wie bei einem nachträglichen Querhalbieren die Wasserbestimmung der sortierten Halbkörner ergibt. In Tab. XVII ist eine derartige Versuchsserie Eberhart’s mitgeteilt‘). Das gleiche Resultat zeitigte ein eigener Versuch (Tab. XIX), in dem die Zunahme | des Wassergehaltes, d. h. der gefundene abzüglich des ursprünglich in den getrennt analysierten Hälften vorhandenen angegeben ist. : Für diese Befunde kommen nach meinem Dafürhalten für das unversehrte Korn, auf das allein die folgenden Ausführungen sich beziehen sollen, im wesentlichen zwei Deutungen in Betracht. Einmal war an lokalisiertes Eindringen am oder um den Keimling zu denken. Es müßte sich, sofern dies zutrifft, das Wasser am schnellsten in den Riehtüngen parallel zur Kornoberfläche bewegen. Denn andernfalls bliebe es absolut unverständlich, warum nicht die gefundenen quantitativen Differenzen einen weit höheren Betrag erreichen. Vielleicht kämen die zerdrückten Nucellarzellen als Wasserbahnen in Frage; damit wäre zu- gleich das auffallende Verhalten der eindringenden Osmiumsäure erklärt. Andererseits könnte ein allseitiger Eintritt erfolgen, der am ge- schwindesten am Embryo sich vollzöge und dessen Schnelligkeit ven da aus kontinuierlich und durchaus gleichmäßig nach der Spitze zu abnähme, und zwar etwas rascher auf der Bauchseite wie auf der Rückenseite. Diese auf den ersten Blick recht kompliziert: aussehende Annahme könnte in relativ einfacher Weise durch eine das Korn aller- oıts mmgebende schwer durchlässige Hülle von ungleicher Mächtigkeit realisiert sein. Die dünnsten Stellen müßten über bzw. am Keimling situiert sein und von da aus müßte ein gleichmäßiges und kontinuier- liehes Anwachsen ihrer Stärke stattfinden, die an der Spitze am größten wäre, wie dies der zeitliche Verlauf des Wassereintritts anzeigt. Im iegensatz dazu fordert die zuerst ausgemalte Möglichkeit eine voll- )) Über das Vorquellen der Samen, Diss, Jena 1905. Dort auch ältere Literatur. R h Über die selektiv permeabelo Hülle des Weizenkornen. 199 kommen undurchdringliche Umhüllung mit einer oder mehr Durch- bruchsstellen in der Nähe des Keimlings. Für den praktischen Erfolg fielen die beiden Eventualitäten zusammen, wenn bei der an zweiter Stelle angeführten die Dickenzunahme der schwer durchdringlichen Haut und damit die Behinderung der Wasseraufnahme derinaßen rasch sich voll- zöge, daß für die nach der Spitze zu gelegenen Partien der Wasserbezug von den Teilen in der Nachbarschaft des Embryo geringere Widerstände zu überwinden hätte, wie die direkte Aufnahme von außen durch die Schale. Eine zwingende Entscheidung zwischen den beiden skizzierten Annakmen erlauben die mitgeteilten Versuche nicht, wenn sie auch in mehrfacher Hinsicht zugunsten der letzteren, allseitiges, aber ungleich rasches Eindringen, sich auswerten lassen. Die Hoffnung, durch eine anatomische Untersuchung des Kornes weitere Aufklärung zu gewinnen, erwies sich als trügerisch. Nur einer der vielen in der gedachten Riehtung angestellten Ver- suche ergab ein einigermaßen eindeutiges Resultat. Fixiert man im unbedeckten Gefäße Weizenkörner mit der Spitze in 5—10°/, Gelatine, derart, daß sie nur auf i/, bis 1/, ihrer Länge eintauchen, so zeigt sich, allerdings erst nach Tagen, das Endosperm der Kornspitze eben werklich erweicht. Die übrigen Partien besitzen dagegen noch unge- fähr den Härtegrad des Iufttrockenen Samens, und die Schale ließ über dem Embryo das übliche gerunzelte Aussehen erkennen. Jede andere Deutung als die einer unmittelbaren Wasseraufnahme von seiten der Spitze erscheint gesucht; und so spricht dieser Versuch für eine all-. seitige aber ungleich rasche Aufnahme. Er demonstrierte gleicherweise,, welchen Schwierigkeiten der Wassereintritt an der Spitze begegnet. Hatten doch in derselben Zeit, in der das Endosperm der mit der Spitze eintauchenden Körner gerade erweichte, umgekehrt also mit der Basis eingeschmoizene Samen, mehrere Zentimeter lange Wurzeln ge- trieben bei entsprechender Länge des Blattkeims, mitlin sehr beträcht- liche Mengen Wasser aufgenommen. Selbst unter diesen Bedingungen, Einschmelzen nur der Spitze in Jod- gelatine, konnte aber keine Aufnahme des Jodes an dieser Stelle herbei- geführt werden, sondern unverändert zeigte sich das früher beschriebene Bild, Beginn der Blaufärbung um den Keimling und Ausbreitung von da aus'), Die Folgerungen aus all diesen Versuchen lassen sich bei vor- sichtigster Erwägung in folgender Weise formulieren: Unter normalen Keimungs- bzw. Weichbedingungen erfolgt (die Wasseraufnahme des unverletzten Weizenkornes ausschließlich. am 1) Siehe Anmerkung pag. 197, 14* 200 H. Schroeder, Embryo resp. in dessen unmittelbarer Nachbarschaft. Von da aus ver- breitet sich die Feuchtigkeit am raschesten parallel zur Oberfläche in longitudinaler Richtung, viel langsamer erfolgt die Bewegung senkrecht dazu von außen nach den inneren Schichten des Kornes. Doch ist an den übrigen Stellen die Schale nicht unbedingt undurehlässig für Wasser, setzt aber dessen Durchtritt einen solchen Widerstand entgegen, daß die Aufnahme auf dem geschilderten Wege leichter vonstatten geht. Über die theoretischen Grundlagen der vorstehend mitgeteilten Beobachtungen liegen, bereits mehrfach Äußerungen vor. Brown?) hat sich dahin ausgesprochen, «laß ein Zusammenhang zwischen dem Disso- ziationsgrad und der Fähigkeit zu permeieren oder nicht zu permeieren nicht bestehe. Ebensowenig glaubt er die Wirkung auf die Ober- lächenspannung oder (lie Viskosität als Einteilungsprinzip verwenden za können. Er hält es, ohne in die Betrachtung von Details einzu- treten, für (das wahrscheinlichste, daß die Art und Weise der Bindung der Moleküle des gelösten Stoffes an die des Wassers über Eintritt oder Nichteintritt; eutscheide. - Im Anschluß an die zweite Veröffentlichung Brown’s hat Arm- strong?) seine Anschauungen entwickelt, die, in gewissem Sinne weiter ausgeführt, mit den obigen (Gedankengängen Brown’s übereinstimmen. Denn auch Armstrong macht, wohl im Einklang wit früher von ihm ausgesprochenen theoretischen Auffassungen, die Bindung der Teilchen der gelösten Substanz an Wasser für Eindringen oder Nichteindringen verantwortlich. Stoffe, die Wasser kräftig anziehen und darum in der Lösung wahrscheinlich in Form von Hydraten vorhanden sind, seien nicht permeierend, die übrigen, permeierenden, ziehen Wasser nur in geringem Maße an und sind in der Lösung größtenteils unhydriert. Da die Membran in gleicher Weise hydriert zu denken ist, können die letzteren Substanzen gewissermaßen als indifferente das Imbibitions- wasser derselben passieren, wogegen bei den übrigen eine Abstoßung ler beiderseitigen Wassersphären eintrete. Auf umfassender Basis hat J. Traube in letzter Zeit eine Er- klärung angestrebt, im Anschluß an die von ihm entwickelte Theorie des Haftdruckes®). Es würde zu weit führen, wollte ich auf diesen Begriff des näheren eingehen. Es sei nur bemerkt, daß nach Traube YLeM, peg 3. 2) Proceedings Royal Society, Ser. B (Biological), Vol. LXXXL, pag. 9. 3) Biochem. Zeitschrift 1910, Bd. XXEV, pag. 328, speziell pag 329 und Plüger's Archiv 1910, Bd. CXNKII, pag. BlL. nn. l Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornen. 301 die Lösungsenergie einer Substanz proportional ist der Zahl der ge- lösten Teile (Kapazitätsfaktor) und dem Druck, welcher dem An- ziehungsvermögen des gelösten Stofles für das Lösungsmittel ent- spricht‘). Letzteren für Aguivalent des gelösten Stoffes berechnet, nennt Traube Haftdruck. Es steht in gesetzmäßigen Beziehungen zur Wirkung des gelösten Stoffes auf die Oberflächenspannung des Lösungsmittels, worüber genaueres in den angeführten Publikationen Traube’s zu finden ist. Die Bedingungen für den Eintritt eines Stoffes resultieren nach Traube aus dem Haftdruck desselben in der Außenlösung, der Membran selbst und endlich der Innenflüssigkeit, d. h. der Flüssigkeit auf der Gegenseite der Membran, wobei sonstige in den Lösungen vorhandene Stoffe in entsprechender Weise in Rechnung zu setzen sind. Soweit mir als Nichtfachmann ein Urteil in dieser schwierigen Materie möglich ist, hat der Traube’sche Erklärungsversuch, der eine gewisse Ver- wandtschaft mit den Anschauungen von Brown und Armstrong be- sitzt, vieles für sich. Er vermöchte außer dem Permeieren oder Nicht- permeieren auch die Beschleunigung der Quellung durch Äther, Chloro- form usw. zu erklären ?). Das Nichteindringen der wasserfreien Stoffe, wie Alkohol usw., wird auch auf dem Boden dieser Annahmen mehrfache Deutungen zu- lassen, entsprechend der komplizierten Struktur ler Schale, deren Ein- Huß sich natürlich auch am toten Korn geltend macht. So könnte man sich leicht vorstellen, daß die Zelluloseschichten, z. B. Fruchtschale oder Nucellarüberrest, die in wässeriger Lösung alle Substanzen aus- nahnıslos durchlassen, in trockenem, ungequollenem Zustande undurch- dringlich seien. Eine derartige Perspektive hat, ohme Beziehung zum vorliegenden Spezialfalle, Traube selbst ausgemalt, indem er ausführt, daß beim System Wasser, Zellulose, Alkohol eine Wanderung des ersteren zum Alkohol stattfand, ein Prozeß, der sich beim Verdünnen des Alkohols mit Wasser umkehrt®). Es wäre aber nicht undenkbar, daß die selektiv permeabele Schicht auch in diesem Falle die aus- ji). ec. I, pag. 512. 2) 1. c. II, pag. 533, 534. 3) 1l.c. I, pag. 327 und I, peg. 535. Die Abnahme des Gewichts luft- troekner Weizenkörner in Alk. absol. wird man nicht mit diesen Verhältnissen allein in Beziehung zu bringen haben, zeigen doch das gleiche Verhalten, einen Gewichtsverlust, halbierte Körner, bei denen nach dem Vorgetragenen die Membran- wirkung ausgeschaltet ist. (Für unverletzte Körner enthält meine Arbeit im Zen- tralblatt f. Bakter. usw., pag. 496, Anmerk., einige Zahlen. Die bei durchsehnittenen gefundenen stimmten vollständig mit ihnen überein.) 202 H. Schroeder, schlaggebende Rolle spielt. Sie könnte in ungequollenem Zustande — Quellung bewirkt eben nur der Zutritt von Wasser — entweder die fragliche Substanz überhaupt nicht aufnehmen oder im Gegenteil einen derartigen Haftdruck besitzen, daß eine Abgabe an das Innenmediun nicht stattfände. . Endlich läßt sich mit Traube’s Ideen die Tatsache, daß Alkohol- zusatz das ohne diese nicht permeierende Silbernitrat zum Permeieren veranlaßt, gut erklären, hat er doch derartige Vorgänge als Haftdruck- lockerung gefordert. Allerdings liegt wohl gerade hier der Schlüssel für weitere experimentelle Prüfung seiner Theorie, denn es müßte ent- weder «dieser Fall aus seiner Vereinzelung heraustreten oder eine Er- klärung für diese Ausnahme gegeben werdent). Ob man ohne die komplizierteren Annahmen Traubes unter alleiniger Berücksichtigung des Teilungskoeffizienten wird auskommen können, um (ie Kausalität der beschriebenen Erscheinungen in befriedigender Weise zu erklären, läßt sich heute nieht wohl voraussagen, da die vorliegen- den experimentellen Daten zu dürftige sind, und namentlich die Frage nach dem Einfluß von Lösungsgenossen erst ganz neuerdings aufge- worfen und experimentell behandelt wurde 2). Man wird sich hei allen Deutungsversuchen für die beschriebenen Vorgänge davor küten müssen, die Schale des Weizenkorns als schlecht- weg semipermeabel und einheitlich anzusehen, sondern man wird sich stets vor Augen halten müssen, daß bei eingetretenen Veränderungen (ler Außenbedingungen ein abweichendes Resultat durch den Eingriff vorher unbeteiligter Lagen der Hülle zustande kommen kann, wie das vorstehend wiederholt angedeutet wurde. Es erscheint diese Warnung gerade im Hinblick darauf, daß nicht Biologen die theoretische Ver- wertung anstreben, nicht ungerechtfertigt. Was schließlich die quantitative Seite der Frage anbelangt, so wird man in vielen Fällen eine präzise Übereinstimmung meiner Zahlen mit den berechneten Werten Traube’s oder den Befunden Brown’s vermissen. Es wäre verfehlt, diesen Mangel gegen die entwickelten Theorien ausbenten zu wollen. Denn die von mir wie Brown benutzte Methode ist recht wenig genau; bedingt doch, wie oben ausgeführt, die Fruchtschale unter allen Umständen einen gewissen Fehler, der durch die unvermeidlichen verletzten Körner eine Steigerung erfährt. 1) Traube, I. c. II, pag. 529. 2) Spiro, Physikal. Chemie der Zelie, pag. 32 (Oppenheimer’s Handbuch der Biochemie, Bd. J. erste Hälfte, pag. 1). Reichel, Biochem. Zeitschrift 1909, bd. XXIL pag. 149, speziell pag. 166. u oo 8. } i i ; { j 3 ! | Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 208 Tabelle I. Gewichtszunahmen von Weizen und Erbsen in Wasser bzw. Chlor- natriumlösungen, ausgedrückt in Prozent des Lufttrockengewichts (An- fangsgewicht). Erbsen Weizen Unverletzt | Halbiert An 51020) o |slıoso| o | 5 110 a0|33] 0 | z |10| 20:3 ‘ ER BR IR ERBE BEER BEER Il Dauer j | ! I | Tage \ | H 1 69 |81,,161 1061866474130 j21 j18 113 101, 2 87! 82”|83|| 108 9210187140 B7Y,B3/,l6 127, 3 92| 89 |80! — Hasaao|45 jan "ası,ız 12", 4 91 95, — [48 l264/, 5 1158 D7%, 6 —! —— 1551,,814,,28,,20 | — ! 7 1 [1 [1-56 sa 29 20 | — | 8 1-1 1---[59 ss be har, — | 9 | 61 88 Bay) — | 10 N 162 24) 1 — |! u |-|- 63 — 5", j - | | | Tabelle EI. (rewichtszunahme in verschieden konzentrierten Chlornatriumlösungen in Prozent des bei gleichlangem Verweilen in reinem Wasser ge- fundenen Wertes. Erbsen Weizen NaCl in 5% 109%, 20% 5% 10% 20%, o Hal- [Unver-! Hal- [Unver-| Hal- |Unver-' Hal- Dauer Unver-' Hal- |Unver-| Hat- |Unver- 1 biert| letzt |hiert letzt !biert! letzt Pier? Tage | letzt | biert| letzt | biert| letzt ı jo, !|81 |) w jo 1 8 | oo 09, joa |5 [9 28 2 lani 8 | Isay, za |8ı 69 is Ia6 92 I 29 has, 3-86 1851| 8 183 84 | 84 | 6427, 1954,,| 5317, 102 | 88 1103 ll) |< |<)" ao) — os | | Tabelle DIT. (tewichtszunahme angeschnittener Weizenkörner in 20%, NaCl (in Prozenten dies Trockengewichts). - Dauer in Tagen 1 2 , \ 4 — 1 Zunahme 23 i 32 38 ! 43, 465 Zum Vergleich können die entsprechenden Zahlen der Tabelle I dienen. 264 H. Schroeder, Tabelle Ina. Wechsel der Konzentration der Chlornatriumlösungen (Angaben in Prozent des Lufttrockengewichts). Daner Tage“ | sılala | ia |5 6 - ! — (m j 2% | ührt Gabe! ; | Übergeführ | i l | IT| , Bil en iM 197) 98 Kirbsen { 20. | 61 | 88 | Er U > | nmbnah ' tewichtsabnahme Halbierter (| 50,149 51 52 | 20% |56 | 5% |] aurch Ausschlim- Weizen 20 DM a2 | 56, | 58 | 5%, 56 50 || men aus den er- | a Bu weichten. Körnanı Unyersehrter 5% | ai lei my Jam,|a6i » {nadl dba Weizen 209,18, 15% | 9 Be ala Tabelle IV. Unverletzter Weizen in Lösungen von !/, Grammformelgewicht in 1 Liter Wasser (Thermostat. 26° O). Zunahme in Prozent des Zunahme in Prozent des Lufttrockengewichts Wertes in reinem Wasser Dauer in Stunden 24 48 72 Hell, . - 117,5 Aq. dest... . 100 Rohrzucker , 77,2 NaF 76,4 Kal. 76, Mi KNO, 75,8 Nat . 74,8 K,C0, . KEN N2,00, 72 Ball, 71,5 N2,80, 712 Tabelle V. Umverletzter Weizen in Lösungen des Grammformelgewichts in 1 Liter. Dauer 36 Stunden. Thermostat, 28° C nee — = | ı des Anfangs Br Bar | 30,7 180 haar | gewichts ! \ | Annahme in ®, 1 des Waser- 10 ( P87 1 55,1 168,8 | 505 | 48,3 | 464 | 41,5 i ! wertes j Über die selektiv permeabele Hülle des Weizenkornes. 205 Tabelle VI Unverletzter Weizen in Lösungen des Grammformelgewichts in Liter. Zunahne in Prozent | Zunahme’iu Prozent| Keimfähig- des Trockengewichts) des: Wasserwertes keit Weichdauer in Stunden 22 47 22 47 a 2 n 0 Äthyläther. . 2... - 60,05 66,75 162 197 alle geplatzt Actonitll. 2...» 41,65 53,6 104 104 80%, Aceton.» 2 22. 42,5 51,9 106 101 84%, Ag. dest. 22.2.0. | 401 51,5 100 100 98%, Athylalkobel . . . . . 40,5 51,2 101 99,4 100%, Methylalkohel . . . . 40,8 49,95 103 97 8% Seignettesalz - . - - . | 261 29,3 65,1 57 36%, Tabelle VIL Halbierte Weizenkörner in Lösungen des Grammformelgewichts in 1 Liter. Zunahme in Prozent | Zunahme in Prozent. des Treckengewichts} des Wasserwertes R Dauer in Stunden. 23 48 | 23 48 ! Ball, . .. . - 53,8 62,7 104 118,5 RNO,..... 55,7 55,4 108 105 Aceton... - 52,5 535 | 1015 | 101 Aq. dest... . 51,7 52,9 100 100 Mill ..... 48,8 51,7 94,5 97,7 Rohrzucker . . . 42,8 48,3 82,9 91,3 M8S0, .. .. 414 45,6 80,1 862 \ Tabelle VILLE. Gewichtszunahme bei Weizen in Prozent des Lufttrockengewichts (für unversehrte und am Embryo vollständig geschälte Körner s. 8. 189). Dauer in Tagen ı 2 3 4 6 8 10 13 ofen | aa | a8 | 502 | 50 | 025 | 6a2 008 | — eat 325 | ana | 58 | sıı | 578 | 019 | 5 | — 1, N. f geschält 28,3 | 352 | 389 | 417 | 46,5 49 53,3 | 56 ac 25,6 | 32,6 | 35,2 | 38 39,2 | 405 | 42,1 | 43,1 2, N. fgeschält | 205 | 106 | ana | 536 | 394 | 86 | 663 | — ungeschäls | 24,1 | 32 | 35,8 | aa8 | sgs5} auz | 485 | 458 en N =} C) | 206 H. Schroeder, Tabelle IX, Gewichtszunahme der geschälten Körner, ausgedrückt in Prozent der für unversehrt Körner im gleichen Medium gefundenen Werte. (Der gleiche Versuch wie in Tab. VIIL) Dauer in Tagen Wasser . . 108 104 982 | 982 %, N. NaCl. 116 121 | 127 184 21 N. AgNO, 1 |ı2 | — Tahelle X. Titerzunahme einer Chlornatriumlösung durch den Wasserentzug quellen- den Weizens. Beobachtu ings- | Gefundene Ge- . Aus letzterer Dauer intervall | wiehiszunglume | Tieerzunahme | ch note Wasser- in Stunden in Stunden in @ von 10 com aufnahme 1 1 0,590 0,3 0.20 25 24 1,420 1,6 1,28— 1,38 49 ‚24 0,410 0,5 0,38—0,48 121 72 0,440 0,35 0,24—0,34 Tabelle XI. Gewichtszunahme unverletzten Weizens in Prozent der für reines Wasser gefundenen Zunahme. Dauer in Tagen 1 | 2 °’ . 9 080 . 73,5 79 79,3 a 2 | a8 | dur | 388 Tabelle ZIEL Zunahme in Prozent des Trockengewichts. Dauer in Tagen -Über die selektiv permeabele Hülle- des Weizenkornes. 207 . Tabelle XIII. Zunahme wie vorstehend innerhalb von je 24 Stunden in reinem Wasser. A. mit OsO, vorbehandelte Körner: 28,5%, 39%, 455% B. frische Körner: 42,4°%, 50,2%. Tabelle XIV. Zunahme in Ätherwasser (Versuchsdauer 24 Stunden). Zunahme in Prozent des Zunahme in Prozent des Trockengewichts Wasserwertes ganze Körner | Halbkörner | ganze Körner | Halbkörner Ag. dest... . - 36,2 53,5 100 100 Ges. Ätherwasser . . 5L1 50,3 141 94 In gesättigtem Chloroformwasser nach 24 Stunden 150 %% und nach 43 Stunden 145°/, des Wasserwertes. Tabelle ZV. Gewichtszunahmen absolut. 100 Weizen in gen. Ätherwasser 2,425 g in Aq. dest... . 1840 & Differenz 0,585 g Im ges. Ätherwasser vorhandene Äthermenge (absolut) 0,429 g. Tabelle XVIa. Weizen. Gewichtszunahme in Prozent des Trockengewichts. Destilliertes Wasser. (Vor dem Einquellen halbiert.) A B 6 Dauer Unversehrie | Embryo- Spitzen- Differenz Kömer halften halften | — 3 Stunden . 139 T 26,15 228 +3,35 6 u 19,7 36,3 30,2 +51 18%, » 309° BLB 47,4 +41 2 Oo, 40,1 55,8 54,9 0,8 3 Tage 45,3 56,1 55,2 +09 6,» 53,8 Tabelle XVIb (wie oben) 1 Stunden 95 15,1 17,5 —24 4 y 15,4 29,2 25,65 +3,55 7» 21,5 87,45 31,2 +6,25 0 5, 25, 41,8 34,8 +70 23 33,25 51,7 42,8 +39 2 o „ 88 54,3 50,4 +39 2 „ 41,2 Abnahme 58,3 +) 3 Tage 44,6 _ Abnahme _ 6. 52 _ _ _ 208 H Schroeder. Über die selektiv permenbele Hülle des Weizenkornes. . Tabelle XVIL (wie vorstehende Tab. XV). Nalezu gesättigte Chlomatriumlösung. B-6 (wie Tab. XVH Wassergehalt in Prozent nach Eberhart (nachträglich halbiert und | | | analysiert). Trieitum polonicum Gerste Daver in 20° C. ‚22° 6. 20° C. Tagen _ . - B - F ”g° Eule Spitze Bat 2 Spitze Bubıyo Spitze Y, 57,64 4,0 | 46,26 36,02 5746 | 35,01 { i 64,67 53,37 53,19 43,49 64,84 50,27 h 2 75,33 6432 1. 59,96 50,14 74,62 63,59 ; 3 .L 7748 70,92 63,88 57,09 81,18 71,38 | 4 80,74. 77,35 68,71 61,60 85.93 75,65 5 82,45 78,70 79,92 66,84 86,44 78,73 f Tahelle XIX. Zunahme des Wassergehalts in Prozent. Versuchsdauer 7'/, Stunden. (Nachträglich halbiert und analysiert.) 8°C. | 17°C. | 29°C. Embryohältten . . 13,4 21,1 | 267 Spitzen.» 2... 61 10,7 175 Differenz . . . . 7,8 10,4° 92 Druck von Ant. Kämpfe in Jena, Flora, Bd. 102. j Tafel IX. Nienburg phot. Verlag von Gustav Fischer in Jena. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Probleme der Protistenkunde. Von Dr. F. Doflein, a. 0. Prof. der Zoologie an der Universität München. Helft 2: Die Natur der Spirochaeten. 1911. Preis: 1 Mark 20 Pf. Früher erschien: Heft 1: Die Trypanosomen, ihre Bedeutung für Zoologie und Kolonialpolitik. 1909. Preis: 1 Mark 20 Pf. Soeben erschien: Die Konstitution der Protistenkerne und ihre Bedeutung für die Zellenlehre. . Von Prof. Dr. Max Hartmann, Privatdozent der Zoolegie an der Universität Berlin, Mit 13 Abbildungen im Text. — 1911. Preis: 1 Mark 60 Pf. Autogamie bei Protisten und ihre Bedeutung für das Beiruch- t bl Von Dr. Max Hartmann, Privatdozent an der Universität, UNGSPTODIEM. Berlin. Mit 27 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 2 Mark 50 Pf. ‘ Von Dr. F. Doflein, a. o. Prof. der Zoo- Zell- und Protoplasmastudien. logie an der Universität München. Erstes Heft: Zur Morphologie und Physiologie der Kern- und Zellteilung. Nach Untersuchungen an Noctiluca und anderen Organismen. Mit 4 Tafeln und 23 Textabbildusgen. (Abdr. a. d. Zool. Jahrb., Abt. f. Anat., Bd. IV.) 1900. . Preis: 7 Mark. Über das Schicksal der elterlichen und großelterlihen Kernanteile, Morphologische Beiträge zum Ausbau der Vererbungsiehre. Von Valentin Häcker, Technische Hochschule, Stuttgart. Mit 4 Tafeln und 16 Abbildungen im Text. {Abdr. a. Jen. Zeitschr. f. Naturwiss,, XXXVIE. Bd., N. F., ax soon R reis: ark. Praxis und Cheorie der Zellen- und Beiruchtungslehre. Von Dr. Valentin Häcker, a. o. Prof. in Freiburg i. Br. Mit 157 Abbildunger. im Test. 1899. Preis: 7 Mark, geb. 8 Mark. Morphologie und Biologie der Zeile. er, rer auwilach, Mit 239 Abbildungen. 1904. Preis: 9 Mark, geb. 10 Mark. Von Dr. Theodor Boveri, Prof. an der Das Problem der Beiruchtung. Hniversiist Würzburg Mit 25 Abbildungen im Text. 1902. Preis: 1 Mark 80 Pf. Ergebnisse über die Konstitution der chromatishen Substanz des Von Dr. Theodor Boveri, Prof. an der Universität Würzburg. Zellkerns. Mit 75 Abbildungen im Text. 1904. Preis: 2 Mark 50 Pf. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. ne tan Über die Traubenwickler (Conchylis ambiguella Hübn. und Polychrosis botrana Schiff) | und ihre Bekämpfung mit Berück- } sichtigung natürlicher Bekämpfungs- ' faktoren. Vorstand der zoologischen Abteilung an der Kgl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obsthau ia Neustadt a. d. Hdt. Mit 3 Tafeln. (Abdruck aus Festschrift zum sechzigsten Geburtstag Richard Hertwigs. Bd. 11) Von Dr. Schwangart | Preis: 5 Mark. Deutsche Wein-Zeitung, Nr. 87 vom 24. November 1910. f Die Schäden, die der Traubenwickler (Heu- und Sauerwurm) in allen Weinbau- gebieten in letzten Jahren verursacht, sind derart gewaltig, daB die Naturwissenschaft sich vorwiegend mit diesem Schädling befaßt. Auch der Verfasser hat in dankens- werter Weise seine reichen Erfahrımgen in diesem Buche niedergelegt und wird solches sicherlich dazu beitragen, die natürlichen Bekämpfungsfaktoren, auf die man mit Recht besonderen Wert legt, immer mehr zu berücksichtigen. Anch mit den sonstigen Be- kämpfungsarten mittels chemischer Mittel und mechanisch-physikalischen Methoden beschäftigt sich das lehrreich und gemeinverständlich abgefaßte Werk, das allen Interessenten nur empfohlen werden kann. Prof, Dr. Omeis, Direktor der Laudwirtschaftlichen Kreisversuchsstation in Würz- burg, im „Fränkischen Weinbau“ Nr. 12 vom ı5 Dezember ıgı0, Auf 70 Seiten behandelt der Verfasser, welcher Vorstand der en Abteilung an der Kgl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Neustadt a. d. H. ist, dieses Thema, das zurzeit für den Weinbau, insbesondere für das vom Y Heu- und Sauerwurm in so schlimmer Weise heimgesuchte westdeutsche Weinbaugebiet, zu den aktuellsten Fragen gehört. In 4 Kapiteln bespricht Schwangert 1. die Biologie der Traubenwickler, 2, die chemischen Bekämpfungsmittel, 3. die Aussichten der Bekämpfung mit mechanischen und physikalischen Methoden, 4. die Heranziehung natürlicher Bekämpfungsverfahren, Ein reichhaltiges Literaturverzeichnis, sowie eine Reihe vortrefflicher Abbildungen bilden den Schluß der vorzüglichen zeitgemäßen Schwangattschen Arbeit. Die Schilderungen des Verfassers fber seine Versuche zeigen den Leser, daß die zoologische Abteilung der Pfälzer Versuchsanstalt in rührigster Weise an der so sehr schwierigen Frage der Wurmbekämpfung arbeitet, Der Verfasser erhofft am meisten Wirkung von der Heranziehung ' natürlicher Bekämpfungsfaktoren. Auch Rezensent steht auf diesem Standpunkte und wünscht, daß die dabinzielenden Bekämpfungsmethoden, wie 2. B. die Winterbekämpfung, vonden Weinbergsbesitzern angesichts der bestehenden Wurm- ' kalamität in intensivster Weise zur Anwendung gebracht werden möchten. Die auch hinsichtlich ihrer Ausstattung mustergültige Schrift Schwangerts kann slien Weinbergsbesitzern, welche sich ein tieferes Wissen über den Heu- und Sauerwwrm und dessen Bekämpfung aneignen wollen, wärmstens empfehlen werden. ’ "Ant. Kämpfe, Buchirucheren, Jena. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. ZWEITER BAND. (DER GANZEN REIHE 102. BAND.) DRITTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 3 TAFELN UND 73 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1911. ERSCHIENEN AM 1, MÄRZ 191). Inhalisverzeiehnis. HANNIG, E., Über die Bedeutung der Periplasmodien (J. und IL). Mit Tafel XIH u. XIV und 24 Abbildungen im Text, . . . - 209—278 WEIDEL, F., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Anatomie der Cynipidengallen der Eiche. Mit Tafei XV und 49 Abbildungen im Text. . » «2... - Deren. 279—334 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Rosenkrankbeiten und Rosenfeinde. Eine Anleitung, die Krankheiten und Feinde der Rosen zu erkennen und zu bekämpfen. Von Dr. Richard Laubert und Dr. Martin Schwartz, Mit einer farbigen ‘Tafel. 1910. Preis: 1 Mark. Leitfaden für gärtnerische Pilanzenzüchtung. Von Max Löbner, Inspektor am Kgl, botan. Garten und der pflanzenphysiolog. Versuchsstation zu Dresden. Mit 10 Abbildungen im Text. Preisschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Kgl. Preußischen Staaten. 1910. Preis: kartoniert 1 Mark 50 Pf. Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen. . Von Prof. Dr. Hans Molisch, Direktor des pflanzenphysiologischen Institutes der K. K. deutschen Universität in Prag. Mit j2 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 1 Mark 20 Pf. Das Atherverfahren beim Frühtreiben mit besonderer Berücksidjtigung der Fliedertreiberei.. Von W. Johannsen, 0. Prof. der Pflanzenphysiologie an der Universität Kopenhagen. Zweite, wesentlich erweiterte Auflage Mit: 13 Abbildungen im Text. 1906. Preis: 1 Mark 50 Pf. nn | | Über die Bedeutung der Periplasmodien. Von E. Hamig. Einleitung. Unsere Kenntnis vom Bau und der Entwicklung der Sporen- membranen verdanken wir hauptsächlich den ausgedehnten Unter- suchungen Strasburgers (1882, 1889, 1898, 1907). Strasburger hat gezeigt, daß die oberflächlichen Skulpturen der Sporenmembran auf zweierlei Weise zustande kommen können, entweder durch zentri- fugales Diekenwachstum einer ursprünglich glatten Haut, des Exospors, oder durch Auflagerung von der Protoplasmamasse her, in welcher die Sporen eingebettet sind. Für den ersteren Fall bieten z. B. die Pollenkörner von Cobaea und Malva typische Beispiele, für die letzteren die äußere Sporenhülle von Marsilia, das sogenannte Perispor. Strasburger (1898, 1907) hat durch mehrfach wiederholte Unter- suchungen sichergestellt, daß der Makrospore von Marsilia aus dem umgebenden Tapetenplasma eine Hülle aufgelagert wird, die in ihrem Bau einer einfachen Zellschicht nicht unähnlich ist und somit eine sehr auffallende formative Betätigung des Protoplasmas darstellt. Eine noch merkwürdigere Bildung liegt nach Strasburger’s Untersuchung bei den Makro- und Mikrosporen von Azolla vor. Sehr eigenartig ist schließlich auch die äußere Sporenhülle von Equisetum, von der Stras- burger angibt, daß sie ebenfalls von dem Tapetenplasmodium abge- spalten wird. Strasburger ist bei all seinen Untersuchungen vom Standpunkt des Membranenwachstums ausgegangen. Wenn man nun aber bedenkt, daß die so auffällig gestalteten Perisporien Produkte des Tapetenplasmodiums sind, so erscheint es von Interesse, einmal das Verhalten dieses Plasmodiums in den Vordergrund zu stellen und dessen Entwicklung und Bedeutung genauer zu untersuchen. Hier kommen vor allem zwei Objekte in Betracht, Equisetum und Azolla. Equisetum deshalb, weil dessen Tapetenplasmodium besonders groß ist und hier die Entwicklung des Plasmodiums sich am besten “ verfolgen läßt, und außerdem, weil man nach den bisher vorliegen- den Untersuchungen noch nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob das Perispor dieser Sporen, mit anderen Worten, die Elateren, tat- sächlich von dem Tapetenplasmodium gebildet werden. Auf der anderen Seite Azolla deshalb, weil hier, wenigstens bei den Mikrosporen, kein Mlora, Ba, 102. 15 210 E. Hannig, eigentliches Perispor vorliegt, sondern große schaumartige Massen, in die jedesmal mehrere Sporen eingebettet sirid. Außer den beiden von Strasburger aufgestellten Typen der Sporenhautbildung ist ein dritter von Leitgeb, Treub u. a. geschildert worden. Danach soll die äußerste Sporenhaut weder von den Sporen- protoplasten noch von dem Tapetenplasmodium herrühren, sondern von der Membran der „Spezialzelle“ (Strasburger 1907), in der sich die Sporen bilden, abgespalten und auf die Sporen aufgelagert werden. Es gäbe also, wenn letztere Auffassung begründet wäre, drei Arten der Sporenmembranbildung, die alle drei zu sehr ähnlichen Gestaltungen der Sporenhaut führen können. Andererseits ist bekannt, daß sehr viele Sporenpflanzen Tapeten besitzen und ein Plasmodium bilden, obgleich dieses sich nicht direkt an dem komplizierten Aufbau der Sporenmembranen beteiligt; oder die Tapeten werden überhaupt nicht aufgelöst und die Membranen der Sporen trotzdem weitgehend differenziert. Wenn man die Bedeutung des Tapetenplasmodiums, das wir im folgenden als Periplasmodium bezeichnen wollen, allgemein fest- stellen will, so ist eine vergleichende Untersuchung aller Sporenpflanzen bezüglich der Verhältnisse bei der Bildung der Sporenmembranen un- erläßlich. Unsere Untersuchungen über die Bedeutung des Periplasmodiums werden also zuerst eingehend Equisetum, dann Azolla behandeln und schließlich eine vergleichende Darstellung für das gesamte Pflanzenreich liefern. L Die Bildung des Perispors bei Equisetum. (Mit Tafel XIEI und 7 Abbildungen im Text.) Es ist schon lange bekannt, daß in manchen Fällen die Sporen während ihrer Entwicklung in eine „schleimige körnige Flüssigkeit“ (Mohl bei Lycopodium 1833, pag. 70) eingebettet sind. Diese Flüssig- keit erkannte Mettenius (1846) bei Salvinia als „Bildungsstoff*“, was damals mit Protoplasma gleichbedeutend war, und fand auch Zellkerne darin, faßte aber sowohl ihren Ursprung als ihre Bedeutung falsch auf). 1) Er glaubte, daß sich um die Kerne herum die Sporenmutterzeilen bilden, daß bei der Isolierung der Makrosporen der „Bildungsstoff“ aufgebraucht werde, und daß dann während der Verdickung der Makrosporenmembran von neuem eine solche Einbettungssubstanz von den Makrosporen sezerniert werde, Über die Bedeutung der Periplasmodien. il Ihre Herkunft stellte Hofmeister (1851, pag. 98) bei Equisetam fest, indem er beobachtete, daß sie durch „Verflüssigung“ der Zellen ent- stehe, welche an die Sporenmutterzellen angrenzen (Tapetenzellen). Hofmeister erkannte auch die allgemeine Bedeutung ‚dieses Vorganges und betonte, daß derselbe in analoger Weise bei der Pollenbildung der Phanerogamen und Abietineen wiederkehre. Auch Sanio (1856, pag. 194) behandelt das Periplasmodium in den Equisetum-Sporangien als etwas Bekanntes und Nebensächliches, spricht ihm aber eine Rolle bei der Ernährung zu; „Da hier keine andere Nahrung zu Gebote steht als einerseits die im Sporensack enthaltene Flüssigkeit, andererseits der von der Sporenmembran umschlossene Inhalt....... Besondere Aufmerksamkeit hat erst Fischer von Waldheim bei. der Untersuchung der Farnsporangien dieser Substanz geschenkt. Von ihm stammt die Bezeichnung „Epiplasma“, er hat somit gegen- über dem unbestimmten Ausdruck „Sporangiumflüssigkeit“ die proto- plasmatische Natur dieser Substanz ein für allemal betont. Aber trotz der Angaben Hofmeister’s, daß bei Equisetum dieses „Epi- plasma“ durch Verflüssigung der Sporangienwandzellen entsteht, konnte er sich über die Natur des „Epiplasmas“ bei den Farnen nicht klar werden, besonders war ihm unverständlich, woher die Zeilkerne in dem „Epiplasma* kämen. Er fand, daß sich in dem „Epiplasma“ - Kohlehydrate (Stärke) anhäufen, daß es während der Sporenanlage an Volumen zunimmt, sich im weiteren Verlauf der Entwicklung verdünnt und zuletzt verschwindet und schloß daraus, wie Sanio, daß es zur Ernährung der Sporen verbraucht wird. Einen neuen Gesichtspunkt deutete später Russow (1871, pag. 34) in seiner „Histologie und Entwicklungsgeschichte der Sporenfrucht von Marsilia“ an, wo er aus- sprach, „daß die Hülle der Makrosporen wahrscheinlich dadurch gebildet wird, daß die protoplasmareichste Substanz des „Epiplasma“ (welches er „eine protoplasmareiche Flüssigkeit“ nennt) sich in ihr ansammelt“. Erst durch die Arbeiten von Strasburger (1882, 1898) wurde die Wichtigkeit der Periplasmodien voll erkannt und deren direkte Be- teiligung an der Bildung des Perispors z.B. von Marsiliaund Azolla völlig sichergestellt. Bei Pilularia und Salvinia spielt, wie später Hein- rieher und Meunier zeigten, das Periplasma eine ähnliche Rolle. Ob aber auch bei Equisetum das Periplasma die Perisporien aufbaut, ließ sich aus den bisherigen Untersuchungen nicht mit Gewißheit entnehmen. Strasburger gibt an (1882, pag. 120), daß die Sporenprotoplasten sich nach ihrer Isolierung mit einer zarten Haut umgeben, die sich bald braun färbt und die Anlage des Exospors darstellt, und schreibt dann 15* 912 E. Hannig, weiter; „Hierauf läßt sich an der hyalinen Kugel, in Kontakt mit der umgebenden Plasmamasse, ein Häufchen erkennen, das aus aneinander- gereihten Körnchen (Mikrosomen) zu bestehen scheint. Es ist das ein ebensolches Häuichen, wie wir es bei Cucurbita während der Bildung der ersten zelleigenen Membranen zu beobachten Gelegenheit hatten. Auch hier wird dieses Häutchen leicht von dem umgebenden Plasma durch das Messer abgelöst. Mittelstufen lehren, daß es sich um die mit einer Schicht Mikrosomen beladene Hauischicht des umgebenden Protoplasmas handelt. Dieses Häutchen färbt sich mit Chlorzinkjod gelb), die aus demselben hervorgegangene Membran blau“ Es fehlt uns in diesen Ausführungen der strenge Beweis dafür, daß das Mikrosomenhäufchen tatsächlich aus dem Periplasma hervor- gegangen ist und nicht etwa samt den Gallertschichten und der Mittel- haut als Differenzierung aus der Außenschicht des Exospors entsteht. Leitgeb hat denn auch (1884, pag. 68) auf Grund seiner Unter- suchungen an Lebermoosen noch eine andere Eintstehungsweise für möglich gehalten. Er glaubte, daß die Elaterenhaut als Abspaltung der Spezialmutterzellen zu betrachten se. Campbell dagegen schreibt (1905, pag. 478), allerdings auch ohne selbst besondere Untersuchungen angestellt zu haben: „Das äußere Perinium scheint unzweifelhaft durch die Wirkung des kernführenden Protoplasmas, in welches die junge Spore eingebettet ist, gebildet zu sein.“ Nun zeigen die Elateren von Equisetum nicht nur eine komplizierte Struktur, sondern auch polare Anordnung. Wenn die Elaterenbildung vom Exospor ausginge, wäre eine polare Anordnung leicht zu verstehen. Denn die Sporen bilden sich in Tetraden und zeigen häufig an den Stellen, an denen sie mit den Schwesterzellen in Berührung standen, eine dreistrahlige Leiste. Das Exospor weist somit in diesen Fällen eine leicht erklärbare Polarität. auf, die zugleich eine Polarität der Ela- terenhaut verständlich machen würde, Ist aber die Elaterenhaut ein Produkt des Perispors, dann werden die Verhältnisse viel komplizierter; denn dann muß entweder das Periplasmodium selbst die Polarität im im Bau der Elaterenhaut direkt bewirken oder die Polarität muß durch dis Sporenprotoplasten in der Hautschicht des Periplasmodiums bestimmt werden. Von diesem Gesichtspunkte aus erschien es daher besonders erwünscht, die Entstehung der Elaterenhaut nochmals eingehend zu ver- 1) Hier liegt offenbar eine Verwechslung mit der Mittelhaut vor, denn die Elaterenschicht färbt sich zu keiner Zeit mit Chlorzinkjod gelb, und ein Irrtum ist deskalb sehr leicht möglich, weil auch die Mittelhaut „an der Peripherie einer hyalinen Kugel“ entsteht. rer nenn in aa Über die Bedeutung der Periplasmodien. 218 folgen und dabei im Hinblick auf die eventuelle aktive Rolle des Peri- plasmodiums die ganze Entwicklung dieser Protoplasmaimasse im Auge zu behalten. 1. Untersuchungsmethode, Es ist von vornherein klar, daß bei solchen Untersuchungen das Arbeiten mit fixiertem Material allein nicht zum Ziel führen konnte, sondern daß auf die Bearbeitung lebenden Materials das Hauptgewicht gelegt werden mußte. Da an den Sporen von Equisetum Gallert- schichten vorhanden sind, die in gewissen Entwicklungsstadien in Wasser sehr stark aufquellen, wurden die jungen Sporen immer zuerst in der „Flüssigkeit des Sporangiums“, d. h. in dem Periplasma, untersucht und diese Präparate mit solchen, die in Wasser oder physiologischer Koch- salzlösung (0,75°/,) lagen, verglichen. Die Untersuchung lebenden Materials war aber nur für die Entwicklung der Sporenhäute möglich, für die Entwicklung des Periplasmas führte sie wegen der Kleinheit der Zelle und der Durchsichtigkeit des Plasmas zu keinem Resultat. Es mußten deshalb auch Mikrotompräparate untersucht werden, die meistens mit Chromesssigsäure, zum Teil mit 1°/,igem Sublimat oder 70 °/,igem Alkohol fixiert und stets mit Hämotoxylin Dealefield gefärbt waren. Ein Teil der Schnittserien wurde ungefärbt gelassen, um die Möglich- keit. zu haben, jederzeit an Mikrotomschnitten auch mikrochemische Reaktionen vorzunehmen). Das Hauptuntersuchungsobjekt war Equisetum limosum, daneben dienten zum Vergleich Equisetum palustre und E. hiemale. Wesent- liche Differenzen ergaben sich bei-den drei Arten nicht. 2, Entwicklung des Periplasmodiums, Die Tapetenzellen. Die Entwieklung der Tapetenzellen wurde ausführlich verfolgt, weil es wünschenswert. schien, festzustellen, wie weit diese Zellen ihrem Ursprung nach miteinander übereinstimmen. Für die Bedeutung der Periplasmodiumbildung ist es offenbar nicht gleichgültig, ob die fusio- nierenden Zellen gleichartige Schwesterzellen darstellen oder ob sie vor der Verschmelzung schon mehr oder weniger differenzierte Zellen ver- schiedener Herkunft. sind. Der Beginn der Tapetenzellbildung läßt sich fast bis zum Auf- treten des Archesporiums zurückverfolgen. In der jungen Spor- 1) Herrn Dr. M. Mücke, der einen großen Teil dieser Präparate angefertigt hat, danke ich auch an dieser Stelle für seine freundliche Unterstützung, 214 E. Hannig, angienanlage entsteht dieses aus einer hypodermalen Zelle, deren Umriß man selbst dann noch leicht erkennen kann, wenn schon zahl- reiche Teilungen in ihr aufgetreten sind. Meine Beobachtungen stimmen hierin mit denen Goebels überein (Goebel 1880, pag. 551), während nach Bower (1894, pag. 497) noch andere Zellen an der Bildung des sporogenen Gewebes beteiligt sein- sollen. Es ist wahrscheinlich, daß sich die Archespormutterzelle, wie Bower angibt, auf eine Ober- flächenzelle zurückführen läßt; denn an jungen Sporangiumanlagen, in denen auch das Archespor noch nicht vorhanden ist, findet man überall in den Oberflächenzellen perikline Teilungen. Ebensolchen Teilungen der Epidermiszellen verdankt die Tapete ihre Entstehung. Da das Archespor auch an der Seite des Sporangiumstieles von Tapeten- zellen abgegrenzt ist, kann die Tapete nicht nur von der Epidermis, sondern muß z. T. auch von dem unter dem Archespor liegenden Parenehymgewebe abstammen. Ob, wie Goebel angibt (Entwicklungs- geschichte, pag. 384), auch die Archesporzellen selbst beteiligt sind, läßt sich schwer entscheiden, da die Archesporzellen in un- regelmäßig gestaltete Tochterzellen zerfallen, die Größe ihrer Quer- schnittsbilder also keinen Aufschluß geben kann und andere Anhalts- punkte für die Zuwanderung solcher Tochterzellen zu der Tapete nicht vorhanden sind. Übrigens hebt Goebel (Bot. Ztg. 1881, S.-A., pag. 11) hervor, daß die Herkunft der Tapetenzellen phylogenetisch von geringer Bedeutung ist, da bei Biota und in anderen Fällen die Tapetenzeilen z. T. vom Archespor, z. T. von der Sporangiumwand gebildet werden. Die allerersten Tapetenzellen sind leicht zu erkennen, weil das Archespor als Ganzes sich deutlich von dem umgebenden Gewebe ab- hebt und die Tapete eben von den Zellen dargestellt wird, die zwischen Archespor und Epidermis liegen (Taf. XIII, Fig. 1). Im Laufe der weiteren Entwicklung läßt sich aber eine Zeitlang (besonders bei E. limosum und E. hiemale) eine scharfe Grenze weder zwischen dem Archespor und der Tapete, noch zwischen Tapete und Sporangiumwand ziehen. Zwar haben die typischen Tapetenzellen große runde Kerne und plasmareiche, annähernd isodiametrische Zellen, die Sporangiumwand dagegen plattgedrückte Zellen, kleine längliche Kerne und wenig Plasma; aber beide Zellformen gehen ganz allmählich ineinander über. Auf der anderen Seite sind die innersten Archesporzellen verhältnismäßig sehr groß, die peripheren aber oft ebenso klein wie die größten Tapeten- zellen. Auch Goebel führt an (1880, pag. 552), daß die Tapeten „bei Equisetum keine so scharfe Ausbildung finden, wie bei Botrychium, wo sie durch Form- und (chlorophylihaltigen) Plasmainhalt sich deutlich Beer r un a ee Über die Bedeutung der Periplasmodien. 215 hervorheben“, und ebenso weisen Bower (1894, pag. 497) und Campbell (1905, pag. 474) darauf hin, daß es kaum möglich ist, in den ersten Entwicklungsstadien eine scharfe Grenze zwischen Archesporium und Tapete zu ziehen, weil kein scharfer Unterschied zwischen den Zell- inhalten beider Zellformen ausgebildet ist. Bei weiterer Ausbildung heben sich die Tapetenzellen von den Archesporzellen wieder ab, weil bei jenen die Kerne stärker, das Plasma dagegen weniger stark Farbstoff speichert. In noch älteren Stadien werden die sporogenen Zellen sehr viel größer als die Tapeten und kontrabieren sich infolge ihres großen Wassergehaltes beim Fixieren sehr stark, so daß das sporenbildende Gewebe von den Tapetenzellen, weit. abgesetzt: ist. Die Unregelmäßigkeit im Aussehen des jungen Tapetengewebes läßt also keinen Schluß darüber zu, ob die einzelnen Tapetenzellen, wie das Goebel z. B. für Biota angegeben hat, verschiedenen Ursprungs sind oder nicht. Man könnte aus ihr höchstens folgern, daß die Diffe- renzierung in der ganzen Sporangiumanlage zur Zeit der Tapetenzell- bildung noch nicht weit vorgeschritten ist. Bei anderen Sporangien, deren Archespor und Tapeten deutlich voneinander verschieden sind, beteiligen sich denn auch, wie wir noch sehen werden, die angrenzenden Gewebe nicht an der Tapetenbildung. Vermehrung der Tapetenzellen. Wenn die Differenzierung im Sporangium so weit vorgeschritten ist, daß die Archesporzellen ihre definitive Größe erreicht haben, aber noch ein zusammenhängendes Gewebe mit abgeflachten Seitenwänden bilden, dann sind bei Equisetum hiemale sämtliche übrigen Zellen des Sporangiums bis auf die Epidermis zu typischen Tapetenzellen umge- wandelt, die Sporangienwand ist also nur noch einschichtig. Später, wenn die Archesporzellen anfangen sich voneinander zu trennen, das ganze Sporangium bedeutend größer geworden ist und die Epidermiszellen in die Länge gestreckt sind, ist an vielen Stellen die Sporangiumwand infolge perikliner Teilungen der Epidermis wieder mehrsehichtig. Die Zellen, die jetzt unter der Epidermis liegen und von ihr abstammen, sind stark in die Länge gezogen, haben langgestreckte Kerne und sind oft zerdrückt und teilweise entleert. Diese zerdrückten Zellen werden übrigens bald resorbiert, und zwar noch zu einer Zeit, in der das Tapetenplasmodien vollkräftig ist. Die Absorption muß von dem Plas- modium vorgenommen werden, das allein in direkte Berührung mit diesen Zellen tritt; diese Wandzellen dienen also jedenfells zur Ernäh- 216 E. Hannig, rung des Plasmodiums. Ich habe im Gegensatz zu Campbell, der angibt. (1905, pag. 475) und abbildet, daß Reste der inneren Sporangium- wand noch im reifen Sporangium übrig seien (bei welcher Equisetumart ist nicht gesagt) bei E. hiemale niemals mehr Zellreste unter der verdickten Epidermis gefunden; bei Equisetum limosum bleiben die inneren Zellschichten länger erhalten wie bei hiemale, sind aber in dem reifen Sporangium ebenfalls ganz verschwunden. Bildung des Plasmodiums. Da die Tapete bei Equisetum mehrschichtig ist und die Tapeten- zellen verhältnismäßig groß sind, kann man die Periplasmodiumbildung besonders gut verfolgen. Der ganze Vorgang läßt erkennen, daß es sich nicht etwa um einen Zerfall oder um eine Degeneration der Tapeten- zellen handelt, sondern um eine entschiedene Lebensäußerung, die ebenso als normaler Lebensvorgang zu betrachten ist, wie irgend eine andere Differenzierung eines embryonalen Gewebekomplexes. Es darf bei der Beurteilung des Vorganges der Periplasmodiumbildung nicht beirren, daß das Periplasmodium schließlich nahezu vollständig resor- biert wird. Das findet auch sonst sehr häufig statt (Endosperm, Nucel- lus usw.), ohne daß man deshalb solche Gewebe als Degenerations- produkte bezeichnen könnte. Verfolgt man die Bildung des Periplasmodiums, dann ergibt sich, daß die Verschmelzung der Tapetenzellen nicht überall zur selben Zeit stattfindet, sondern an zahlreichen, beliebig nebeneinander liegenden Zellen gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeiten anfängt. Entweder be- ginnen zuerst nur zwei Zellen miteinander zu verschmelzen, und eine oder jede von diesen beiden fängt dann an, mit einer anderen Nach- barzelle zu fusionieren, oder die Fusion ergreift gleich mehrere Zellen auf einmal. Auf jeden Fall entstehen zuerst Nester von Fusionszellen (Taf. XIM, Fig. 22 u. 6), die ganz verschieden groß sind und dam wieder an verschiedenen Stellen miteinander in Verbindung treten, bis schließlich die ganze Masse der Tapetenzellen zu einem einheitlichen Individuum zusammengeflossen ist (Taf. XIH, Fig. 3). Der Beginn der Fusion ist daran zu erkennen, daß die trennenden Zeilwände unsichtbar werden. Die Protoplasmakörper bleiben dann aber noch eine Zeitlang isoliert und stehen an den fixierten Präparaten infolge der Kontraktion durch die Wasserentziehung weit voneinander ab. Offenbar lösen sich die Zellwände nicht in ihrer ganzen Breite auf einmal auf, sondern die Resorption beginnt an einer beliebigen Stelle der Scheidewand, von der aus sie fortschreite. An den zuerst EEE. MEERE. EEE Über die Bedeutung der Periplasmodien. 917 Jurchbrochenen Wandstellen fließen die Plasmainhalte zusammen und bilden einen schmalen Isthmus, der mit dem weiteren völligen Fallen der Trennungswand sich verbreitert (Taf. XIII, Fig. 2@). Fusionierende Zellen, die während des Fusionsvorganges fixiert sind, ‚hängen daher teilweise zusammen, teilweise klaffen sie weit auseinander. Die fusio- nierten Zellen zeichnen sich von den noch selbständigen Tapetenzellen einerseits dadurch aus, daß ihr Plasma etwas stärker Farbstoff speichert, andererseits dadurch, daß die Kerne eine unregelmäßigere Gestalt auf- weisen. Der gesamte Prozeß der Plasmaverschmelzung geht offenbar nicht sehr schnell vor sich, denn man findet in ein und demselben Präparat meist alle Entwicklungsstadien vor. Die Auflösung der Membranen wird wohl durch ein Enzym be- wirkt, das sieh in den Protoplasten der Tapetenzellen befindet. Dieses Enzym muß entweder zur Zeit der Fusion auftreten oder wenigstens zu dieser Zeit wirksam werden, so daß man annehmen kann, daß das Wirksamwerden des Enzyms in Abhängigkeit von dem Entwicklungs- zustand des Sporangiums oder, genauer gesagt, des Archesporiums steht. Bei der Fusion werden aber nicht nur die Zellwände gelöst, es müssen auch die Hautschichten der Tapetenprotoplasten verschwinden, und zwar vollständig bei den im Innern der Tapetenschicht gelegenen Zellen, wenigstens teilweise bei den peripherischen. Bei letzteren müssen dann die nicht: gelösten Oberflächenstücke der ganzen Peri- plasmamasse wieder zu einer einzigen Hautschicht verschmelzen. Fragmentation der Plasmödiumkerne. Eine merkwürdige Erscheinung zieht die Fusion der Tapeten- protoplasten nach sich, die schon erwähnte amitotische Teilung der Plasmodiumkerne. Es fällt schon bei flüchtiger Betrachtung eines fertigen Tapeten- plasmodiums auf, daß eine schr große Anzahl von Kernen um den Archesporkörper dicht, gedrängt beisammenliegt (Taf. XIII, Fig. 3), während zur Zeit der Verschmelzung die Kerne viel spärlicher waren, so daß der Gedanke nahe liegt, daß in dem Plasmodium eine Vermehrung der Kerne stattfindet. In den noch ruhenden Tapetenzellen sind die Kerne groß, kugelig (nur in den länglichen Zellen oder am Rande zuweilen langgestreckt) und besitzen ein dichtes Kerngerüst mit zahlreichen splitterförmigen Fadenanschwellengen und einem mittelgroßen Nukleolus. Das Aussehen der Kerne ändert sich beim Eintreten der Plasmodiumbildung kaum. ' Sie behalten ihre Größe bei, höchstens wird ihr Kernfadengerüst ein 218 E. Hannig, wenig lockerer. Wenn die Plasmodiumbildung aber im Gang ist, findet man die charakteristischen Fragmentationsbilder, wie sie von Trades- cantia (Zimmermann 1896, pag. 76, Fig. 41), vom Embryosackwandbelag von Vicia Faba (ebenda, pag. 77, Fig. 42), aus den Chara-Internodien (Strasburger 1908) usw. bekannt sind. Derartige Kernbilder von Equi- setum sind auf Taf. XIII, Fig. 6 abgebildet. Es geht aus ihnen ün- zweifelhaft hervor, daß sich die Teilkerne hier weit auseinander ziehen können. Es würde sich danach hier um eine Distraktionsamitose (Dia- spase, Wasiliewski 1903, pag. 401) handeln. Andere Bilder dagegen, wie Fig. 26, erinnern an die Teilungen, die Wasiliewski Dissektions- amitosen genannt hat {l. e. pag. 402). Da Nömee (1903) diese Er- scheinungen als Kernverschmelzungen zu deuten versucht hat, schien es wünschenswert, die Vermehrung der Kerne durch Zählung sicher- zustellen. Wenn sich bei der Zählung eine Vermehrung der Kerne herausstellte, so bliebe trotzdem noch die Möglichkeit offen, daß diese „Diatmesen“ Fusionen sind, aber wahrscheinlicher ist es dann, daß es sich bei diesen Fällen ebenfalls um Amitose handelt. Beim Zählen der Plasmodiumkerne von zwei jüngeren Spor- angien mit noch getrennten Tapetenzellen wurden auf Serienschnitten 1226 bzw. 997 in älteren, mit fertig ausgebildeten Plasmodien 3071 bzw. 3218 Kerne gezählt. Natürlich sind die Fehlerquellen bei diesen Zählungen verhältnismäßig groß; denn einmal dürften die Sporangien im allgemeinen nicht direkt miteinander vergleichbar sein, dann sind in jüngeren Stadien die Wand- und Tapetenkerne nicht immer sicher voneinander zu unterscheiden, während später eine Verwechslung fast ausgeschlossen ist, und schließlich werden viele Kerne durchgeschnitten und kommen daher auf zwei aufeinander folgenden Schnitten zum Vor- schein, ohne daß man das immer mit Sicherheit erkennen kann. Nichts- destoweniger geben die Zahlen eine bestimmte Antwort auf die ge- stellte Frage; denn der Unterschied in der Anzahl der Kerne in den beiden Entwicklungsstadien ist so groß, daß er nur als Kernvermehrung gedeutet werden kann. In den fusionierten Tapetenzellen findet also eine Vermehrung der Kerne durch Fragmentation statt. Das ist für uns deshalb von großer Wichtigkeit, weil es ein untrügliches Zeichen dafür ist, daß das Periplasmodium ein lebender Protoplast und nicht etwa eine tote Eiweiß- nasse ist. Als ein weiteres Anzeichen dafür könnte man auch die Um- lagerungen in dem Protoplasma ansehen, auf die man aus den lang- gestreekten Verbindungsfäden zwischen den Kernfragmenten schließen dr ze. Über die Bedeutung der Periplasmodien, 219 muß. Diese Bilder deuten allerdings auf eine starke Bewegung inner- halb der Protoplasten hin; aber diese kann auch z. T. passiv sein und dadurch zustande kommen, daß die Sporenmutterzellen auseinander- weichen und das Protoplasma nun in die Lücken eingedrängt wird. Zerklüftung des Archesporiums. Das weitere Verhalten des Periplasmodiums wird zunächst durch die Vorgänge im Archesporium hedingt. Das Archesporium bildet ursprünglich eine geschlossene, rundliche Zeilmasse. Bei der ungleichmäßigen, nach allen Richtungen hin er- folgenden Vermehrung der Archesporzellen springen bald hier, bald da einzelne Zellgruppen vor, und es entsteht ein morgensternartig ge- staltetes homogenes Gewebe, dessen Unebenheiten auf der Oberfläche aber stets durch die Tapetenzellen ausgefüllt sind. Wenn das Tapeten-. plasmodium fertig ausgebildet ist, beginnen die Zellen des Archesporiums von außen her sich voneinander zu lösen, ein Vorgang, der zuerst zu einer Zerklüftung, später zu einer völligen Isolierung der sporogenen Zellen führt (Taf. XIII, Fig. 2). Die Zerklüftung geht so vor sich, daß das Archesporium sich zuerst in größere Gruppen von Archesporzellen teilt, und diese erst später in einzelne Zellen auseinanderfallen. Die Membranen des Archesporiums, die anfangs als scharfe, feine Linien zwischen den kontrahierten Zellinhalten sichtbar sind, geben keine Zellulosereaktion (mit Chlorzinkjod), färben sich dagegen in Jodkalium gelblich und zerfallen in H,SO, cone.+-JJK unter Gelbfärbung, be- stehen also wahrscheinlich aus einem eiweißartigen Körper. Sie werden bei der Zerklüftung der Archesporzellen allmählich aufgelöst, indem sie zuerst ein unregelmäßiges Aussehen bekommen, dann zähflüssig werden (so daß sie sich an lebenden Präparaten zu Fäden ausziehen lassen), sich bis auf ein spinnwebenartiges System feiner Fäden auflösen und schließlich ganz verschwinden. Sobald die Sporenmutterzellen infolge der Auflösung der Membranen aus dem Verband getreten sind, runden sie sich ab. Sie liegen dann als membranlose, aber selbständige, scharf abgegrenzte Plasmakörper inmitten des Tapetenplasmodiums (Taf. XIII, Fig. 3). Einwanderung des Plasmodiums zwischen die Archesporzellen. Das Eindringen des Plasmodiums in das sporogene Gewebe ge- schieht vom Rande her, wo ja ursprünglich die Tapetenzellen liegen, und schreitet in dem Maße vorwärts, als die Archespor- und später die Sporenzellen sich voneinander trennen (Taf. XIII, Fig. 3 u. 4). Zuerst . dringt es nur zwischen Gruppen von Sporenmuiterzellen, dann umgibt 220 E. Hannig, es die einzelnen getrennten Sporenmutterzellen (Taf. XIII, Fig. 3 u. 4) und nach dem Zerfallen dieser in die eigentlichen Sporen dringt es auch hier weiter, bis die Sporen annähernd gleichmäßig in das Peri- plasma eingebettet erscheinen (Taf. XIII, Fig. 5). Dabei wandert, wenn irgendwo Platz in den Sporenzellen frei wird, zuerst das Plasma ein, während die Tapetenkerne noch dicht gedrängt an der Wand des Spor- angiums liegen (Taf. XIXL, Fig.3). Erst später folgen auch die Kerne nach. Ein Schnitt durch ein Sporangium in diesem Stadium sieht sehr auf- fallend aus. Das ganze Sporangium ist angefüllt mit einer gleichmäßig schaumigen Plasmamasse, die in den fixierten Präparaten auffallend wenig kontrakiert. erscheinen, und in dieser Masse liegen dicht beiein- ander, aber ziemlich unregelmäßig verteilt eine große Menge Sporen- zellen und Plasmodiumkerne (Taf. XIIL, Fig. 5). Die Einwanderung des Periplasmodiums zwischen die Archespor- zellen und weiterhin zwischen die Sporen ist für uns von besonderer Wichtigkeit. Man kann aus dieser Plasmaverschiebung einerseits auf eine aktive Bewegung des Protoplasmas schließen, andererseits ist sie ein Anzeichen dafür, daß das Protoplasma der verschiedenen Tapeten- zellen nach der Verschmelzung zu dem Periplasmodium durcheinander kommt. Zuerst erfolgt von dem hohlkugelförmigen Plasmodium aus eine zentripetale Bewegung, später, wenn sich die Sporen gleichmäßig in dem Plasmodium verteilen, werden die einzelnen Plasmapartien nach allen Richtungen hin durcheinandergemischt. Die Tatsache, daß an den fixierten Bildern während des Eindringens auch eine Änderung der „Schaumstruktur“ stattfindet, läßt erkennen, daß auch in der intimeren Struktur des Periplasmas Umlagerungen stattfinden, welche die vorhin erwähnte grobe Mischung noch bedeutend verstärken. . Das Plasmodium selbst besteht zur Zeit der Fusion aus dichtem, schaumartigem Cytoplasma, dessen Fäden als feinflockige Netzlinien er- scheinen, die besonders dieht und gleichmäßig an der Grenze von Plas- modium und Archespor ausgebildet sind, dagegen nach der Sporangium- wand zu verschieden große Vakuolen und unregelmäßige Schaumstruktur bilden (Taf. XII, Fig. 4). Die Farbstoffspeicherung ist in diesem Stadium etwas intensiver wie später. Wenn das Plasmodium zwischen die Sporen eingedrungen ist, sind die Alveolen größer geworden, die Wände weniger körnig und die Struktur überall gleichmäßig. Zerfall der Plasmodiumkerne und Auflösung des Plasmodiums. Der allmähliche Zerfall der Kerne des Plasmodiums geht auf folgende Weise vor sich. Während der Fusion waren die Tapetenkerne mittel- Über die Bedeutung der Periplasmodien. 221 groß, speicherten Hämatoxylin ziemlich stark und hatten ein dichtes, körnig erscheinendes Fadengerüst. Die Archesporzellen standen in diesem Stadium noch miteinander in Verbindung. Später, wenn die Archesporzellen auseinanderweichen, sind die Periplasmakerne fast um ein Drittel größer, das Kerngerüst etwas weniger dicht geworden. Je weiter die Trennung der Sporen fortschreitet, desto unregelmäßiger wird die Gestalt der Kerne; kleine, große, langgestrekte, elliptische liegen durcheinander. Die Kerne werden dann immer „leerer“, sehen aus wie Blasen, die von einzelnen Fäden durchzogen sind, an denen zerstreute, kugelig oder flockige Anschwellungen aufgereiht sind. Dieser Zustand findet sich nicht in bestimmten Stadien der Sporenentwieklung, sondern bald früher, bald später, meistens aber innerhalb eines Sporangiums überall gleichzeitig, Zur Zeit der Sporenentwicklung, wenn das Plas- modium selbst grobmaschiger geworden ist, zeigen die Kerne deutliche Spuren des Verfalls, während sie bis dahin in fixiertem Zustande noch glatte Oberflächen besaßen, sind jetzt die fixierten Kerne höckerig ge- worden. Das feinflockige und enge Fadengerüst hat sich in zähflüssig aussehende Stränge umgewandelt, die um einen anscheinend dünnflüssigen, wenig oder nicht färbbaren Kerninhalt ein grobmaschiges Gerüstwerk bilden. Dieses Gerüst erscheint zäher als die Kernwand, zieht sich beim Fixieren weniger zusammen und bedingt dadurch das höckerige Aus- sehen der Kerne. Die Kernmasse sowie das Netzwerk des Plasmodiums werden immer größer, so daß sich die höckerigen Kerne oft nur noch durch ihre stärkere Färbbarkeit von dem Plasmodiumschaum abheben. Das schaumig-vakuolige Aussehen der Plasmodiumkerne darf noch nicht als Zeichen des Zerfalls betrachtet werden; denn die Sporenkerne sehen in diesem Stadium ganz ähnlich aus wie die Tapetenkerne und sind z. T. ebenfalls höckerig geschrumpft, z. T. allerdings glattkugelig ge- blieben. Außerdem findet ıman bei fixierten Sporenmutterzellen zuweilen noch stärkere Schrumpfung der Kernmembran bei im übrigen tadel- loser Fixierung des Plasmas. Je weiter die Ausbildung der Sporen fortschreitet, je größer diese werden, und je mehr sie den Innenraum des Sporangiums erfüllen, desto mehr schwindet das Periplasma. Zu- letzt stößt Spore an Spore und das Periplasma findet sich nur noch in dünnen Lagen in den Zwickeln zwischen den Sporenkugeln. Es er- scheint jetzt als flockige Masse, nicht mehr als schaumiges Netzwerk. Die Plasmodiumkerne sind allmählich so zusammengeschrumpft, daß sie nur noch dunkle unregelmäßig zerdrückte Klumpen bilden, bis sie zu- letzt ebenfalls in flockig körnigem Zustand zwischen die Sporen ein- geklemmt sind, 222 E. Hannig, Das Plasmodiam ist nun die ganze Zeit vor seiner Auflösung leb- - haft aktiv tätig. Es vermehrt sich stark durch Wachstum, nimmt also Nährstoffe von außen her auf und übermittelt sie wahrscheinlich den Sporen durch deren kutinisierte, aber noch wachsende Membran. Das folgt daraus, daß die Sporen sich während der Elaterenentwicklung vergrößern und schließlich Reservestoffe aufspeichern. Dasselbe geschieht. vorüber- gehend im Periplasmodium. In dessen anfangs homogener Grundmasse treten zuerst Mikrosomen, dann zahlreiche eigenartig gestaltete Stärke- körnchen auf. Die Körnchen sind scheibenförmig, stäbchenartig, meist aber scherbenförmig oder sattelartig gebogen und von sehr verschiedener Größe (Textfig. 5, pag. 233) und färben sich mit Jod schmutzigviolett bis schwarzblau. Mit der Reife der Sporen verschwinden diese Ein- schlüsse des Periplasmodiums allmählich. Zuletzt werden, wie hier gleich vorweg genommen sein soll, auch die Tapetenkerne samt den spärlichen Resten des Periplasmas resorbiert. In dem reifen Sporangium sind auch die letzten Spuren dieser Proto- plasten verschwunden. 3. Bildung der Spezialzellen. Auf die Kernteilungsvorgänge in den Sporenmutterzellen soll kier nicht näher eingegangen werden. Es sei nur erwähnt, daß nach Vollendung der Tetradenteilung die vier Tochterzellen (Spezialzellen) noch eine Zeitlang in der bekannten Form einer dreiseitigen Pyramide auf gewölbter Basis liegen bleiben, sich dann voneinander trennen, um sich schließlich als kugelige Zellen in dem Periplasma zu zerstreuen. Ehe wir das Verhalten der Membran der Spezialzellen, weiches den Ausgangspunkt für die histologische Entwicklung der Sporen- membran und damit für unser Problem der Entstehung des Perispors bildet, näher beschreiben, soll der Bau der reifen Sporenmembran geschildert werden. Wir müssen das deshalb in aller Ausführlichkeit, tun, weil wir nur so einen Einblick in die komplizierte formative Tätigkeit des Periplasmodiums bekommen können. 4. Die Membran der reifen Sporen. Alle früheren Beobachter sind darin einig, daß an der reifen Spore mindestens drei getrennte Häute ausgebildet sind. Diese sind von außen nach innen fortschreitend: 1. die alaterenbildende Haut, das Perispor; 2. die Mittelhaut (Strasburger) und 3. das Exospor (Sachs). Einige Autoren, Hofmeister (1863, pag. 289), Sanio (1856, pag. 195), Sachs (1874, pag. 400) und Leitgeb (1884, pag. 67), geben EEE Über die Bedeutung der Periplasmodien. 223 noch ein viertes innerstes Häutchen an, das als Endospor (Sachs 1. c., 400) zu bezeichnen wäre. Das Perispor oder vielmehr die Elateren sind am eingehendsten von Sanio (1856 u. 1857) beschrieben worden. Sanio gibt an (1856, pag. 194), daß die Elateren aus einem breiten mittleren Band bestehen, das sich mit Chlorzinkjod violett färbt und aus zwei schmalen „Fasern“, welche das Mittelband beiderseits begleiten, sich aber mit ‚Chlorzinkjod nicht färben und auch in H,SO, nicht lösen. Das’ Mittelband zeigt außerdem besonders schön bei E. hiemale schräg verlaufende Streifung, die sich an den spatelförmig verbreiterten Enden der Elateren strahlig ‚auseinander ziehen und die auch Pringsheim (1853, pag. 213) erwähnt und abgebildet hat. Außerdem will Sanio durch Zerren und Quetschen ‚eine künstliche Spaltung der Elateren in eine innere und äußere Schicht ‚erreicht haben, doch handelt es sich hier offenbar, wie unten noch ge- zeigt werden soll, um ein Versehen. Von der feineren Struktur der Elateren erwähnt Strasburger nichts, bestätigt aber die Differenzierung in einen breiten inneren und schmalen äußeren Randstreifen (1882, pag. 122), während Campbell schreibt, daß die Außenseite der Elateren kutikularisiert wird. Über die sogenannte Mittelhaut (Strasburger 1882, pag. 121) sind die vorliegenden Angaben am unklarsten. Sanio bezeichnet: diese Haut als „äußere, sich schichtweise ablösende gallertige Haut“ (1856, pag. 181), Hofmeister schreibt (1863, pag. 284) „wird dem frischen Präparat Wasser zugesetzt, so schwillt die äußere lockere Schicht be- trächtlich auf, so daß sie die unverändert bleibende innere als dieke Hülle aus fast flüssiger Gallerte umgibt... Chlorzinkjod färbt die ‚aufquellende Schicht in ihrer ganzen Masse blaßblau . . . bei den im Alkohol liegenden Zellen wird die äußere Schicht der Haut von Chlor- zinkjod blaßgelb gefärbt. Zusatz von Wasser ruft die blaue Färbung hervor“. Strasburger (1882, pag. 121) gibt an, daß die Mittelhaut sich von der darunter liegenden Membran (dem Exospor) abhebt; „der Vorgang des Abhebens wird jedenfalls durch eine Quellung der betr. Schicht veranlaßt und entspricht dem Abheben der Flügel au Koniferen- pollen. Es tritt auch hier Flüssigkeit zwischen die beiden Schichten ein. Die Mittelhaut färbt sich in Chlorzinkjod und ist in H,SO, un- löslich“. Diese Abhebung der Mittelhaut hat auch Sanio gesehen (1856, Taf. 6. Fig. 28), aber wie es scheint als eine besondere Spaltung der Exespore betrachtet: (1356, pag. 195). Leitgeb (1884, pag. 68) nennt die Mittelhaut kutikularisier. Daraus geht hervor, daß er unter Mittel- haut ebenso wie Strasburger nicht die Gallertschicht, sondern nur 224 E. Hannig, das-dünne Häutchen versteht, das bei Quellung der Gallerte sichtbar wird. Campbell dagegen gibt wieder an, daß die Mittelhaut.in Wasser auf- quillt und sich von der Spore abhebt (1905, pag. 479). Wir werden im weiteren unter Mittelhaut nur das dünne ablösbare Häutchen, nicht die Gallertschicht verstehen. Die dritte Haut von außen gerechnet ‘ist die dickste und wider- standsfähigste (kutinisierte) Hülle der Spore. Sie ist jedenfalls eine sporeneigene Membran und zwar die zuerst gebildete und muß deshalb als Exospor bezeichnet werden (Leitgeb 1884, pag. 5 und 6). Von diesem Exospor berichtet Sanio, daß es sich in zwei Schichten spalten lasse. Aber auch hier liegt offenbar eine Verwechslung vor, denn Fig. 28 1. e. läßt deutlich erkennen, daß die scheinbare Spaltung nichts anderes ist, als die Abhebung der Mittelhaut. Von den übrigen Autoren wird das Exospor als homogene derbe kutisierte Membran beschrieben und nur Sachs (1874, .pag. 400) fügt noch hinzu, daß sie körnige Struktur besitze. Eine vierte innerste Haut hat Strasburger nicht finden können (1882, pag. 122). Sanio hat eine solche auch nicht gesehen, denn was Leitgeb in der Beschreibung Sanio’s als vierte Hülle auffaßt, ist, wie schon hervorgehoben, das eigentliche Exospor. Dagegen hat Hofmeister (1863, pag. 289) „nach Quetschung der völlig reifen, ver- stäubten Sporen“ eine vierte Membran gefunden, die „nur nach außen hin scharf begrenzt ist, nach innen allmählich in eine Schicht halbfester Gallerte übergeht. Zu einer beiderseits glatten festen Haut wird sie erst während der Keimung“. Leitgeb hat später (1884, pag. 67) diese Membran „schon vor dem Verstäuben aus dem Sporangium“ sichtbar machen können, indem er die Sporen zerdrückte und den Inhalt zum Herausquellen brachte. An der Inhaltskugel läßt sich dann nach Zu- satz von Kali oder ohne vorausgegangene Kalibehandlung „eine ungemein zarte, stellenweise faltig abgehobene Haut auf das unzweifelhafteste erkenuen und mit Chlorzinkiod unter starker Quellung blau färben“. Wegen der Zellulosereaktion und der nachträglichen Entstehung be- zeichnet Leitgeb dieses Häutchen als Intine bzw. Endospor. Camp- bell erwähnt von einer solchen vierten Hülle nichts. Aus den folgenden Untersuchungen hat sich ergeben, daß alle außerhalb des Exospors liegenden Hänte selbständige Bildungen sind, die dem Exospor von dem Periplasma aufgelagert werden. Im ganzen sind sechs Sporenhäute vorhanden. Von dem Exospor nach außen fortschreitend zunächst eine Gallertschicht (innere Gallertschicht), dann die „Mittelhaut“ (Strasburger), dann eine zweite Gallertschicht Über die Bedeutung der Periplasmodien. 225 (äußere Gallertschicht), zu äußerst die Elaterenschicht und schließlich innerhalb des Exospors wahrscheinlich als späteste Bildung das Endospor. Es würde keinen Zweck haben, alle diese Schichten mit besonderen Namen zu belegen, denn sobald derartige Häute bei einer anderen Pflanze in anderer Anzahl auftreten, würden die Namen unbrauchbar werden. Es wird deshalb das beste sein, in Anlehnung an die Bezeichnung Strasburger’s alle Häute, „die den Membranen eines gegebenen Protoplasten von einer anderen Plasmamasse aufgesetzt werden“ (1907, pag. 181 u. 1882, pag. 155) als Perisporien zu be- zeichnen. Die Perisporien können in mehrere Lamellen differenziert sein. Sie wären dann als differenzierte Perisporien zu bezeichnen. Bei Equisetum handelt es sich aber durchgehends um selbständige Sporen- ‚häute, weshalb es nötig erscheint, derartige Perisporien als zusammen- gesetzte Perisporien zu bezeichnen. Zu den Bestandteilen des zu- sammengesetzten Perispors zählen in diesem Fall auch die Gallertschichten zwischen Mittelbaut und Elaterenschieht, obwohl diese in der .reifen Spore nicht mehr nachzuweisen sind. Die Sporenmembran der Equiseten besteht also aus folgenden selbständigen Häuten: 1. Perispor, welches zerfällt in a) die Elaterenschicht, b) äußere Gallertschicht, c) die Mittelhaut, d) die innere Gallertschicht. 2. Exospor. 3. Endospor. Über den Bau dieser Häute braucht zu dem Gesagten nur noch weniges hinzugefügt zu werden. Es ist unmöglich an der unversehrten kugeligen Spore den Bau der Membran ohne Zuhilfenahme von Reagenzien festzustellen, denn bei jeder geringsten Verschiebung des Tubus ändert sich das Bild der ‘Membranlinie; es läßt sich nicht sagen, ob gewisse feine konzentrische Konturen auf Lichtbrechungserscheinungen beruhen, oder ob sie von Membranlamellen herrühen, und es ist ferner auch unmöglich, ein sicheres Kriterium für genau äquatoriale Einstellung zu finden. Am besten läßt sich die Struktur an geplatzten und entleerten oder an ein- gefalteten Sporen untersuchen. Man erkennt an solchen geplatzten Körnern mit Immersion eine ‚scharfe innerste stark hellblau lichtbrechende Lamelle, das Endosporium. Ungefähr dasselbe Bild erhält man nach Behandeln mit Chiorzinkjol. Flora, Bd. 102. 16 226 E. Hannig, Werden die Sporen dagegen zuerst in KOH gebracht (4 Stunden), wobei die Sporen platzen und der Inhalt aus der Sporenhaut heraustritt, dann in Glyzerin gelegt, ausgewaschen und schießlich mit Chlorzinkjod behandelt, dann färbt sich die Intine schwach violett — gibt also Zellulosereaktion —, aber die Färbung hält nicht lange an. Auf die Intine folgt nach außenhin das derbe Exospor, das sich in der frischen Spore als eine stark lichtbrechende bläuliche Membran darstellt, die nach der Oberfläche zu etwas dunkler schattiert ist, jedoch keine Differenzierung aufweist. In Chlorzinkjod tritt dunkle, braun- gelbe Färbung auf. Untersucht man eingedrückte Sporen, so findet man im optischen Querschnitt auf der konvexen Seife eine radiale Streifung in der Membran (Textfig. 1a und c), die vielleicht, mit einer feinen Punktierung oder Körnelung der Oberfläche zusammenhängt. Fig. 1. a Junge Spore nach Su 5 Behandlung mit Chlorzinkjod. a, Das Exospor ist eingedrückt, @ die Mittelhaut in weiten Falten abgehoben; nur an einer Stelle, ums € dem Nabel, mit der Spore ver- bunden. 3 Der Nabel vergrößert. e Radiale Striefung auf der Fig. 1. konvezen Seite. Die Körnchen treten in der Profilansicht als kleine leuchtende Halb- kügelehen hervor. Es ist zu beachten, daß die radiale Streifung auf der konkaven Seite der eingedrückten Spore nicht zu erkennen ist, während die Körnelung der Oberfläche dort ebenso deutlich ist wie auf der Gegenseite. Aber bei der Feinheit der Struktur war es unmöglich die Beziehungen zwischen der Körnelung und der Streifung vollständig sicher zu stellen. Die Abgrenzung der Gallertschicht ist, solange die Spore in der Sporangiumflüssigkeit liegt, nicht zu erkennen. Auch in Wasser tritt sie wenig hervor, da nur ganz geringe Quellung stattfindet. Man sieht dann zwar außerhalb der scharf konturierten Exospore noch eine feine, etwas gelblich gefärbte Lamelle, aber diese stellt, wie die Be- handlung mit Reagenzien lehrt, die Gallertschicht der Mittelhaut dar und ist so fein, daß keine Differenzierung möglich ist, Mit Hilfe von Reagenzien kann man aber die Gallertschicht sehr schön zur Anschauung bringen. Wenn man frisches oder Alkoholmaterial mit Glyzerin be- handelt und dann wieder in Wasser legt, quillt die feine Außenschicht außerordentlich stark auf und erhält eine scharfe konzentrische Streifung. Bei Zusatz von Chlorzinkjod erkennt man weiter, daß die Gallertsehieht en Zr EEE de Über die Bedeutung der Periplasmodien. 227 außen von einem ganz dünnen Häutchen begrenzt wird, der Mittelhaut, die sich nach einiger Zeit intensiv gelb färbt (Textfig. le). Auch die Gallertschicht nimmt in Chlorzinkjod nicht, wie Hofmeister (1863, pag. 284) angibt, eine bläuliche, sondern eine gelbliche Färbung an. Noch schöner lassen sich die Gallertschicht und zugleich die übrigen Schichten deutlich machen, wenn man zu einem in Wasser liegenden Präparat JJK zusetzt. Dann quillt die konzentrisch gestreifte Gallert- schicht nicht überall gleichmäßig, sondern fleckenweise auf, und die Mittelhaut, welche gelbe Färbung annimmt, hebt sich an verschiedenen Stellen halbkugelig oder unregelmäßig gewölbt von dem Exospor ab, während sie an anderen Stellen an dem Exospor haften bleibt (Textäg. 22 ud. Wird dann H,SO, konz. zugesetzt, dann wird die Gallerte Fig. 2, a Junge Spore während der Quellung in Chlorzinkjod. Die Mittel- haut an einer Stelle noch nicht abgehoben; hier die Vakuolenhaut, aus der die Elateren hervorgehen, sicht- bar. & Ältere Spore mit Mittelhaut und Elateren- = - “ hant, in Quellung. Die & innere und äußere Gallert- . schicht sichtbar. Fig. 2. augenblicklich zerstört und regelmäßige braunrote Stäbchen (Kristalle) ausgeschieden, welche die Oberfläche des Exospors bedecken. Legt man eine Spore in KOH, so quillt die ganze Spore sehr stark (von 32-35 auf 42—-45 Teilstriche) und die konzentrische Streifung in der Gallertschicht tritt schärfer hervor. In Chlorzinkjod nimmt die Gallert- schicht übrigens nur wenig Wasser auf, und in jüngeren Stadien schrumpft die in Wasser stark auseinander gegangene Gallerte bei Zusatz von Chlorzinkjod sogar bis fast auf die halbe Dicke wieder zusammen. Da gewisse Farbstoffe (z. B. Methylviolett) von der Gallerte ziemlich stark gespeichert werden, kann man diese Schicht auch mit Hilfe von derartigen Farbstoffen nachweisen. Rutheniumrot wird übrigens nicht von der Gallerte gespeichert; diese scheint danach keine Pektinsubstanzen zu enthalten. Die Gallertschieht ist nicht überall gleichmäßig, vielmehr treten die beiden ersten bzw. drei ersten innersten Schichten am schärfsten hervor und sind durch einen schwachen rötlichen Schimmer vor den übrigen ausgezeichnet. 16* 228 E. Hannig, Die Mittelhaut ist ebensowenig wie die Gallertschicht an deı reifen Spore zu unterscheiden, läßt sich aber auch mit Hilfe von Rea- genzien sehr gut sichtbar machen. Bei Zusatz von Chlorzinkjod schrumpft nämlich die Sporenkugel stark zusammen und faltet sich wie ein ein- gedrückter Gummiball einseitig ein (Textfig. 1a, pag. 226). Zu gleicher Zeit wird an der äußeren Grenze über der Gallertschicht die Mittel- haut als dünne Lamelle sichtbar, die sich nach einiger Zeit hellgelb färbt. Sie hebt sich dabei von dem dicken Exospor in dünnen scharfen Fältchen ab, so daß die Spore mit ihrem runzelig, faltigen Überzug ein sehr auffallendes Bild bietei. Bei Zusatz von JJK und H,SO, färbt sich das Häutchen gelb und löst sich nicht auf, ist also kutisiert, wie schon Strasburger (1882, 122) angegeben hat. In KOH färbt es sich schwach gelblich, ähnlich wie das Exospor, und speichert auch wie dieses Methylenblau sehr stark. Die äußere Gallertschicht befindet sich zwischen Mittelhaut und Elaterenschicht, läßt sich aber nur nachweisen, solange die Elateren- Fig. 3. « Fast reife Spore in Quellung. An der Außenseite der Mittelhaut eine feine Körnchen- schicht. 3 Stück eines Blaterenbandes. Tg. 3. haut noch geschlossen, also noch nicht in die Bänder gespalten ist. Sie tritt in die Erscheinung, wenn man eine Spore von entsprechendem Alter in Wasser einlegt; dann zeigt: sich eine ebensolche fein kon- zentrische Streifung, wie bei der inneren Gallerthülle (Textfig. 25, pag. 236). Mit Methylenblau oder mit Methylviolett läßt sich diese Schicht aber nicht färben, dagegen nimmt sie in Hämatoxylin schwachviolette Färbung an. Die Elateren. Von den Schraubenbändern wird allgemein an- gegeben (s. o.), daß sie aus einem breiten Streifen bestehen, der an seinen Rändern von zwei schmalen „Fasern“ begleitet ist. Diese schmalen Streifen sieht man auf der Flächenansicht, aber sie sind auch bei den auf der Kante stehenden Bändern sichtbar, und Querschnitts- bilder durch eine Elatere zeigen einen ovalen Kern, der von einer feinen Lamelle umgeben ist (Textfig. 35). Es handelt sich also nicht um zwei Streifen an den Rändern der Elatere, sondern um eine dünne Schicht, welche die ganze Elatere geschlossen umhällt. Der Kern der Über die Bedeutung der Periplasmodien. 239 Elatere besteht aus Zellulose und färbt sich mit Chlorzinkjod sehr schön blau; die Hülle dagegen ist nicht, wie meist angegeben wird, kutikularisiert, denn sie färbt sich weder mit Chlorzinkjod noch mit‘ JJK-HH,SO, und löst sich ferner in H,SO, vollständig auf, An der Oberfläche sind die Bänder (bei Equisetum palustre) mit verhältnis- mäßig großen Körnchen bedeckt, die man am Rande der Bänder her- vorragen sieht. . Über die Art und Weise, wie die Elateren an der Sporenkugel befestigt sind, findet sich nur bei Goebel (1882, pag. 300) eine kleine Notiz. Dort heißt es nämlich: „Diese Bänder sind in der Mitte ver- engt und an dieser Stelle der zweiten Haut angeheftet; diese Stelle ist es wahrscheinlich, die man schon an der unreifen Spore in Form einer nabelartigen Verdickung . . . erkennt.“ Sucht man an einer reifen Spore von E. limosum die Befestigungsstelle der Elateren auf, so zeigt sich, daß hier eine schwache Verbreiterung der Bänder vorliegt und weiter. daß die äußeren Grenzen der beiden Bänder ununterbrochen über die Ansatzstelle fortlaufen, während die inneren vor einem ge- meinsamen Verbindungsstück zusammenfließen (Textfig. 3«). Die Ver- wachsungsstelle springt in der Tat von dem Elaterenband nach dem Exospor zu nabelartig vor. An jüngeren Entwicklungsstadien sieht man diesen Vorsprung sowohl im Querschnitt (bei eingefalteten Sporen) als auch in der Flächenansicht, in der er als kleiner unregelmäßig kon- turierter Kreis erscheint. An dieser Verbindungsstelle sind das Exospor, die Mittelhaut und die Elaterenschicht miteinander verwachsen, weshalb sich auch die Mittelhaut, wie Strasburger angibt, bei der Quellung an dieser Stelle nicht von dem Exospor abhebt (Textfig. 7a, pag. 236). 5. Entwicklung der Sporenmembran. Bildung der Spezialmembran. Von einer Spezialmembran kann man, wie schon oben angeführt, nicht sprechen, da nach der Trennung der Tetradenzellen keinerlei Membran um die Spezialzelle erkennbar ist. Irgendeine hautartige Abgrenzung muß aber jedenfalls auf seiten des Periplasmas von vornherein vorhanden sein, denn das Plasma der Spezialzellen ist stets scharf von dem Plasmodiun gesondert. Diese Sonderung macht sich besonders bei der Behandlung der Prä- parate mit wasserentziehenden Mitteln, vor allem an fixiertem Material geltend, weil dann eine starke Kontraktion des Periplasmas eintritt‘ (Taf. XIII, Fig. 3 u. 4). 230 E. Hamuig, Bei der Tetradenteilung werden zwar sechs Zellplatten gebildet, es kommt aber auch hier in den Zellplatten nicht zur Ausscheidung einer "nachweisbaren gemeinsamen Membran. Vielmehr lösen sich die vier Tetradenzellen noch in ihrer Tetradengestalt voneinander ab und nehmen erst Kugelgestalt an, wenn das Periplasma zwischen sie eingedrungen ist. Diese Kugelzellen, welche die zukünftigen Sporen darstellen, be- sitzen anfangs keine sporeneigene Membran, sondern sind nur dureh die Vakuolenhaut des Periplasmas gegen letzteres abgegrenzt. Die Vakuolenhauft. kann man in Schnitten durch lebendes Material an der Grenze von Periplasma und Spore sehen; aber erst an fixiertem Material, wo die Sporenzellen weit von dem Periplasma abgehoben sind, läßt sich feststellen, daß der Sporenprotoplast nackt ist, das Periplasmodium dagegen eine Vakuolenhaut besitzt (vgl. Taf. XII, Fig. 7 u. Text pag. 232). Bildung des Exospors. Wenn sich die Sporenzellen nach der Tetradenteilung isoliert und abgerundet haben, liegen sie bald dicht aneinanderschließend im Spornsack nebeneinander und lassen meistens zur sehr kleine Zwickel, die mit Periplasma ausgefüllt sind, zwischen sich frei. Diese Lagerung kann man am frischen Material nur fest- stellen, wenn man dünne Schnitte. in der Sporenflüssigkeit untersucht. Man findet dann die Zwickel zwischen den Sporen von Periplasma erfüllt, in dessen hyaline Grundsubstanz ziemlich große lichtbrechende Körnchen eingebettet sind, die sich mit Jod nicht färben. Gelingt: es einzelne Sporen aus dem Zytoplasma zu entfernen, so sieht man, daß auch an den Stellen, an denen die Sporen sich zu berühren schienen, noch eine trennende Plasmaschicht vorhanden war. Der Inhalt der Spore ist wasserhell, der große Kern dureh eine Vakuole, die mehr als die Hälfte des Sporeninhaltes ausmacht, an die Wand gedrückt. Bald nach ihrer Isolierung erscheint die Spore von einem dünnen Häut- chen umgeben, der Anlage des Exospors (Taf. XIII, Fig. 5), an dem keine Differenzierung zu erkennen ist. Auch in der ersten Periode, in der diese Membran in die Dieke wächst, bleibt sie undifferenziert und färbt sich von Anfang an in Chlorzinkjod gelb. Entwicklung des Perispors. Um diese Zeit beginnt die uns hauptsächlich interessierende for- mative Tätigkeit des Periplasmodiums. Sie ist insofern besonders be- merkenswert, als nicht etwa eine Spore in einen Protoplasten ein- gebettet ist, wie wir das z.B. von den Oosporen der Peronosporeen ker kennen, sondern eine dicht gedrängte aber unbestimmte Menge. Um jede einzelne dieser Sporen entfaltet der Periplast die gleiche -mannig- Über die Bedeutung der Periplasmodien. 981 faltige Tätigkeit, bildet zuerst die innere Gallertschicht, dann die Mittel- haut, die äußere Gallertschicht und schließlich die Elaterenhülle Es macht den Eindruck als ob die Perisporbildung um jede Spore herum wie um einen Fremdkörper, der im Plasma eingebettet ist, erfolge. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Wir werden sehen, daß ganz bestimmte Beziehungen zwischen dem Periplasmodium und jeder Einzel- spore bestehen müssen. " Die Beziehungen des Periplasmodiums zu der Sporenhülle sind durch die bisher vorliegenden Angaben über diesen Punkt keineswegs geklärt. Strasburger hatte nur angegeben (1882, pag. 120), daß zu einer gewissen Zeit an der Peripherie der hyalinen Kugel in Kontakt ınit der umgebenden Plasmamasse ein Häutchen zu erkennen ist, das aus aneinander gereihten Körnchen zu bestehen scheint und weiter, als Hinweis auf den Ursprung dieses Häutchens: „Zwischenstufen lehren, daß es sich um die mit einer Schicht Mikrosomen beladene Hautschieht des umgebenden Plasma handelt“. Diese Angaben gestatten keinen Einblick in den Entwicklungsgang der Elatern und können somit auch nicht die Überzeugung erwecken, daß die Elateren wirklich von dem Periplasmodium gebildet werden. Es wäre ja auch denkbar, daß die Mittelhaut oder das Häutchen, aus dem die Elateren ihren Ursprung nehmen, eine äußere Lamelle des Exospors darstellt, die anfangs so dünn sein könnte, daß sie nicht zu erkennen wäre. Von manchen Sporenlamellen, die später eine mächtige Entwicklung erfahren, können wir tatsächlich trotz genauester Untersuchung nicht sagen, ob sie eine solche äußere 'Exospordifferenzierung darstellen oder ob sie von einer außerhalb der Spore liegenden Membran, der Spezialmembran, abgespalten werden (Fitting 1900, Beer 1906). Es ist demnach bei der Untersuchung des Ursprungs der Elateren ganz besondere Vorsicht geboten. Am wenigsten ließ sich Sicherheit gewinnen über die Entstehung der inneren Gallertschicht. Diese Neubildung tritt zuerst als farb- lose, ganz dünne Lamelle auf der Sporenaußenseite auf. Sie färbt sich zu keiner Zeit mit Chlorzinkjod, während das Exospor in diesem Rea- genz früh fast braunrote Färbung annimmt. Diese Lamelle bleibt anfangs im Wasser anscheinend unverändert und wird erst später, wenn die nächstfolgende Schicht, die Mittelhaut aufgelagert ist, in Wasser stark quellbar. Mit absoluter Sicherheit läßt sich freilich nicht sagen, daß diese Gallertschieht vom. Periplasma ausgeschieden und aufgelagert wird, denn obgleich sie außerhalb des Exosporiums liegt, könnte sie durch Verquellung der äußeren Schichten dieser Lamelle entstanden 232 E. Hannig, sein. Es konnten nun aber einerseits keinerlei Anzeichen - einer Ver- quellung oder Ausscheidung ausfindig gemacht werden; andererseits wurde beobachtet, daß unter Umständen die ganze innere Quellungs- schicht von der sich ablösenden Mittelhaut mitgenommen wird (Textfig. 4 2). Wenn man außerdem noch bedenkt, daß auch die äußere Gallert- schicht, die, soviel sich erkennen läßt, von gleicher Beschaffenheit ist. wie die innere, vom Periplasma abgeschieden wird, wird man annehmen dürfen, daß auch die innere Gallertschicht ein Produkt des Peri- plasmas ist. Die Entwicklung dieser, wie auch der übrigen Lamellen des Perispors läßt sich am lebenden Material nur verfolgen, wenn man die Sporen isoliert. Denn in dem frischen Sporangium liegen diese so dieht aneinandergepreßt, daß eine Unterscheidung feiner Konturen um das Fig. 4 « Spore nach Quellung. Die innere Gallertschicht ist an der Spore hängen geblieben, die Mittelhaut, ist abge- glitten. & Desgl. die Mittelhaut samt innerer Gallertschicht sind vom Exospor abgehoben. ec Zerdrückte junge Spore mit kragenartig zurück- geschlagener Öffnung, die Mittelhaut als feine äußere Tamelle sicht- ar. [2 Fig. 4. Exospor unmöglich ist. Werden nun beim Schneiden die ganz jungen Sporen aus dem Periplasma herausgerissen, dann erkennt man, daß das Periplasma durch eine scharfe Kontur gegen die Lücken abgegrenzt ist. Diese Kontur, die Vakuolenhaut, ist an fixiertem Material beson- ders gut zu erkennen. Hier läßt sich nun noch eine Tatsache fest- stellen, die für die Frage nach der Entstehung der Mittelhaut und damit zugleich der Elaterenhaut von entscheidender Bedeutung ist. Es zeigt sich nämlich, wie schon hervorgehoben, daß in der allerersten Zeit nach der Isolierung der Sporen. zwar das Periplasmodium gegen den Sporenprotoplasten scharf abgegrenzt, ist, das Protoplasma der Spore aber noch keinerlei Membran erkennen läßt. Das kann man an den fixierten Sporangien deshalb sehr schön sehen, weil das Periplasmodium, das aus außerordentlich lockeren Netzmaschen.-besteht, er Tr A Dt Über die Bedeutung der Periplasmodien. 233 sich weit von dem dichten Plasma der jungen Spore abhebt. Während die junge Spore kugelig ist und höchstens an der Oberfläche einschrumpft, bildet die Periplasmodiumvakuole oft sehr lang elliptische Hohlräume. Die Sporenprotoplasten liegen also anfangs ebenso membranlos in Va- kuolen des Periplasmodiums, wie die Sporenmutterzellen. Daß die Membran nicht etwa nur besonders dünn ist, sondern tatsächlich fehlt, geht daraus hervor, daß man sehr häufig Bilder antrifft, an denen man dünnere oder feinere Plasmafäden sieht, welche die Wand der Vakuole mit den Sporenprotoplasten verbinden (Taf. XIII, Fig. 7). Das läßt er- kennen, daß der Protoplast eventuell an der Vakuolenhaut ankleben, und bei der Kontraktion während des Fixierens wie eine zähflüssige Masse in Fäden ausgezogen werden kann, also noch keine differenzierte Sporenhaut besitzt. Das heißt mit anderen Worten,, daß die Va- Fig. 5. @ Geyuollene Junge Spore mit innerer Galiertschicht und weit abgehobener Vakuolen- haut, aus der die Mittel- haut hervorgebt. Im Periplasma Kerne und Stärkekörnchen. 5 Äl- tere Sporenanlage, ge- quollen,. Mittelhaut in unregelmäßigen Falten abgehoben, Elaterenhaut regelmäßig, mit feiner Körnchenschicht. kuolenhaut des Periplasmodiums vor dem Exosporium angelegt wird. Da wir nun weiter zeigen können, daß die Mittelhaut aus der Vakuolenhaut hervorgeht, ist der Einwand, den man bisher noch er- heben komnte, daß nämlich die Lamellen des Perispors schon mit dem Exospor als äußere, aber wegen ihrer Geringfügigkeit anfangs nicht er- kennbare Schichten angelegt sein könnten, hinfällig. Wie die Mittelhaut entsteht, geht aus folgenden Beobachtungen hervor: Löst man in gewissen Stadien die Sporen aus den Periplas- modien, dann läßt sich auch an lebenden Sporangien feststellen, daß ein ganz dünnes hyalines Grenzhäutchen entstanden ist. An isolierten Periplasmastückchen kann man dann durch Wasserzusatz die Gallert- schicht um das Exospor (innere Gallertschicht) zur Quellung bringen. Dadurch hebt sich das Periplasmahäutchen als weiter ellipsoider Mantel von der Spore ab (Textfig. Ba). Mit dem Periplasma selbst ist es fest verbunden und läßt sich von ihm weder auf mechanischem Wege noch 234 E. Hannig, durch Reagentien abtrennen. Mit Chlorzinkjod erhält man zu dieser Zeit keine Färbung des Häufehens, dagegen nimmt es eine schwach körnige Stroktur an and hebt sich infolgedessen deutlich gegen das gelb- liche grobkörnigere Periplasma ab. Durch Druck auf das Deckglas gelingt es mitunter das Häutchen mitsamt der inneren Gallertschicht von der, Spore loszulösen, so daß es wie eine Kappe auf der Spore aufsitzt (Textfig. 42). Auf etwas späteren Entwicklungstufen kann man dann das Häutchen, also die junge Mittelhaut, als feine Doppellinie um das Exospor herum erkennen. Daß keine Täuschung durch Liehtbrechung vorliegt, läßt. sich feststellen, wenn man die Sporen so fest drückt, daß sie platzen. Es bildet sich dann eine kleine kragenförmig vorgewölbte Öffnung, an deren Rändern nur auf der Außenseite, der Mittelhaut entsprechend, die Doppellinien sichtbar sind, nicht aber auf der Innen- seite (Textfig. 40). Zu dieser Zeit sammeln sich nun auch aus dem Periplasma auf der Außenfläche des Mittelhäutekens ganz kleine Körn- chen an, die in einfacher Schicht dicht gedrängt nebeneinander liegen (Textfig. 4c). Die Lagerung dieser Körnchen ist wichtig, weil sie einen charakteristischen Unterschied gegen die ähnlich entstehende Elateren- sehicht hefert. Dort sind die Körmnchen, abgesehen davon, daß sie be- trächtlich größer werden, in das Vakuolenhäutchen eingelagert (Text- fig. 52). Mit der Ausammlung der Körnchen auf der Oberfläche des Mittelhäutchens beginnt die chemische Umwandlung desselben. Setzt man jetzt Chlorzinkjod zu einem Präparat hinzu, dann färbt sich das Häutchen gelb und hebt sich außerdem in ganz feinen Fältchen von dem Exospor ab — wohl infolge von Quellung des Häutchens und Schrumpfung der Spore. Offenbar steht: die Ansammlung der Körnchen in Beziehung zur Kutisierung; denn nach Beendigung der Kutisierung sind sie ver- schwunden. Sobald die Kutisierung des Häutchens deutlich geworden ist, löst sich dieses vom Periplasına los, und wenn man jetzt eine Spore zer- drückt, kann es gelingen, das Sporenhäutchen als geschlossenen Sack isoliert abgleiten zu machen, während die innere Gallertschicht an der Spore haften bleibt (Textfig. 40). Anfangs steht das Mittelhäutchen nach allen Seiten gleich weit vom Exospor ab, später aber, wenn es ausgewachsen ist, zeigt sich (Textlig. iz u. d, pag. 226), daß es an dem Nabelfleck mit dem Exospor verwachsen ist. Die Verwachsung findet somit erst nach der Kutisierung statt. Der geschilderte Entwieklungsgang zeigt, daß die Mittelhaut aus einer Vakuolenhaut des Periplasmas hervorgeht, „also keine sporen- eigene Membran ist, sondern zum Perispor gerechnet werden muß. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 235 Entwieklung der Elateren. Die Elateren entstehen aus einem ganz ebensolchen homogenen Vakuolenhäutchen, wie’ die Mittelkaut. Eine Verwechslung in diesem Anfangsstadium wäre möglich, wenn nicht die Anlage des Elateren- häutchens noch zu einer Zeit homogen wäre, zu der schon die Mittelhaut mittels Chlorzinkjod nachzuweisen ist. Auch bei dem Elateren- 'häutchen kann man den Ursprung aus dem Periplasma sicher feststellen. Nach der Spore zu ist es anfangs allein scharf abgesetzt, während nach dem Periplasma zu keine Abgrenzung feststellbar ist. Niemals findet man, daß das Häutchen irgendwo vom Periplasma abgehoben wäre, und es läßt sich, wie das junge Mittelhäutchen, auch auf keine Weise zur Abtrennung bringen. Das Häutchen steht also zweifellos mit “dem Periplasma in organischer Verbindung. Da wir nun vorhin fest- gestellt haben, daß die Mittelhaut schon vorhanden ist, ehe man vom Exospor etwas sehen kann, und da das BElaterenhäutchen noch auf die Mittelhaut aufgesetzt wird, ist an die Möglichkeit der Entstehung des Elaterenhäutchens aus einer Differenzierung des Exospors nicht mehr zu denken. Die erste Veränderung, die sich an dem lebenden Elaterenhäutchen ‚geltend macht, ist die, daß es anfängt außerordentlich feinkörnig zu werden. Die Körnchen sind vorläufig wenig lichtbrechend, und weder sie noch das Häutchen, in dem sie liegen, färben sich mit Chlorzinkjod. Später werden die Körnchen in dem Elaterenhäutchen bedeutend größer und man kann die Stufen der weiteren Umwandlung leicht innerhalb ‚ein und desselben Sporangiums feststellen. Es treten an den Stellen, .an denen die Bänder entstehen, in dem Häutehen Körner auf, die auf ‘optischen Querschnitten durch das Häutchen sehr regelmäßig in einer Reihe geordnet erscheinen, also nur in einfacher Schicht vorhanden sind (Textfig. 52). Die Körnchen werden bald verhältnismäßig groß und lassen dann auch verschiedene Liehtbrechung erkennen. Wenn die Konturen an der hyalinen Schicht schärfer geworden sind, kann man feststellen, daß das Häutchen etwas dicker ist, als die in dasselbe ein- ‚gebetteten Körnchen. Bei Zusatz von Wasser quillt die äußere Gallertschicht sehr stark auf, hebt sich aber nur an zwei Polen von der Sporenkugel ab (Textfig. 7a, pag. 236). Dreht man eine solche Sporenanlage, so zeigt sich, daß diese Art der Abhebung daher rührt, daß die Elaterenschicht schon in diesem Stadinm an dem oben beschriebenen Nabelfleck mit der Sporenkugel verwachsen ist. Man kann das manchmal noch deutlicher sehen, wenn man die Elaterenschicht beim Schneiden oder Durchquetschen von der 236 E. Hannig, äußeren Gallertschicht abreißt oder über die Spore zurückschlägt. Dann bleibt der Elaterensack nur au dem Nabelfleck mit der Spore in Ver- bindung (Textlig. 65. Wenn die Elaterenhülle etwas dicker ge- worden ist, erkennt man besonders gut die eben erwähnten größeren Körnchen, welche sich zu parallel verlaufenden Reiben angeordnet haben, Sie ziehen in ziemlich geringen aber gleichmäßigen Abständen, Fig. 6. « Junge Ela- terenhaut mit Körnchen- reihen, vom Bxospar- abgerissen. 5 Etwas äl- tere Blaterenhaut, am Nabel am Exospor hängend, a Fig. 6. 6 die der Mitte der späteren Bänder entsprechen, über die ganze Elateren-- hülle hin (Textäig. 62). Setzt man jetzt Chlorzinkjod zu, so färbt sich das ganze Häutchen schwach hellviolett, zeigt also zum erstenmal Zellulogereaktion. Die Körnchen scheinen sich nicht zu färben, jeden- falls ist bei der starken Lichtbrechung derselben eine Färbung nicht mit Sicherheit zu erkennen. An der Stelle, wo die Körnchen liegen,. treten dann sehr bald‘ breitere, zuerst: undeutlich begrenzte Streifen. Fig. 7. Fast reife Sporen. a Elaterenhaut abgehoben. 5 Elaterenhaut und Mittel- haut abgehoben. c Elaterenhaut grob gekömnelt. auf, die bei Behandlung mit Chlorziukjod dunkelviolett werden (Text- fig. 65). Wenn man in etwas älterem Stadium ein solches „Blateren- hemd“ im optischen Querschnitt betrachtet, erkennt man sehr schön die Querschnitte der Bänder als starke Verdickung und sieht, daß zwischen jeder Verdiekung (Bandquerschnitt) ein etwa halb so breiter unverdickter Streifen liegt (Textfig. 7a, 5, c). Die Bandqnerschnitte springen nach UELI nennen nn Über die Bedeutung der Periplasmodien. 237 außen vor, sind aber nur auf dem Querschnitt deutlich zu sehen, während sie sich in der Flächenansicht nur schwach von der übrigen Haut abheben (Textfig. Te). Sobald die Elaterenbänder sichtbar geworden sind, verschwinden die Körnchenreihen und die ganze Elaterenhaut er- scheint auch an den Stellen, an denen die Bänder liegen, gleichmäßig punktiert (Textfig. 7c). Auf optischen Querschnitten kann man nun feststellen, daß auch auf der Innenseite des Elaterenhäutchens und der Elaterenbänder Körnchen liegen (Textfig. 72), also umgekehrt, wie bei der Mittelhaut, wo die Körnchen zuletzt auf der Außenseite der Mittel- hautschieht angeordnet waren. Je dicker die Elateren werden, desto’ ‚deutlicher wird die Zellulosereaktion mit Chlorzinkjod, und bei Behand- lung mit JJK-+-H,SO, zerfließt die ganze Elaterenschicht in intensiv blauvioletter Farbe. Später treten an den Elaterenbändern über dem inneren dicken Zeliulosekern die äußeren zarten Hüllen auf, die keine Zeltulosereaktion geben (Fig. 35, pag. 228). Wie diese Hüllen entstehen, ob durch Auflagerung oder durch Umwandlung der äußeren Partien 4er Bänder, konnte nicht ermittelt werden. Nach Fertigstellung der Elateren verschwinden die Reste des Elaterenhäutchens und, wie es scheint, auch die äußere Gallertschicht, die in der reifen Spore nicht mehr vorhanden ist Bei der Entwicklung der Elateren ist ein Punkt von besonderem Interesse. Wenn man das Perispor der Equiseten etwa mit dem Perispor einer Oospore von Peronospera vergleicht, so ergibt sich, daß hier das Perispor nach allen Seiten hin gleich ist, während es bei Equisetum einen polaren Bau hat. Im ersten Fall könnte man sich noch vor- stellen, daß die Perispormasse durch allmähliche, chemische Umwandlung des Periplasmas entstünde und wie ein Sekret mechanisch auf die ‘Spore abgelagert würde. Im zweiten Fall ist etwas Derartiges aber nicht denkbar. Wir sehen hier eine spezifische formative Tätigkeit des Plasmodiums. Es treten Reihen von Körnchen auf, die in zwei einander entgegengesetzten Richtungen um die Sporenachse herumlaufen, also eine polare Anordnung darstellen. Die Körnchen bilden sich in einer Hantschicht der Periplasmodiumvakuolen, welche die Sporen einschließen, sind aber bei jeder Spore anders gerichtet. Es liegt also nicht etwa eine Polarität des gesamten Periplasmodiums vor, denn dann müßte die Achsen- richtung der Spiralbänder bei allen Sporen die gleiche sein. Nun haben wir aber gehört, daß die Elateren alle an dem Kreuzungspunkt der vier Bänder an die Spore angewachsen sind (Textfig. 32). Die Polarität der Spiralbänder ist also durch die Anheftungsstelle gegeben. Hier läßt sich nun freilich nicht entscheiden, ob die Ausbildung der 238 ö E. Hannig, Verwachsungspunkte von der Spore oder von dem Blaterenhäutchen aus bestimmt wird. Denn der Nabelfleck, den wir an der älteren Spore antreffen, fehlt in der ersten Zeit der Verwachsung, ebenso läßt sich zu der Zeit auch an dem Elaterenhäutchen noch nicht feststellen, ob der Kreuzungspunkt der Elateren schon angedeutet ist. Mit anderen Worten, wir haben keine Anhaltspunkte dafür festzustellen, ob zuerst der Nabelfleck an der Sporenmembran vorhanden ist und dann an dieser Stelle das Blaterenhäutchen anwächst und von da aus seinen polaren Bau orientiert oder ob es umgekehrt ist. Es konnten ferner keine Beziehungen zwischen der Lage des Sporenkerns und der An- heftungsstelle ermittelt werden. Für die erste Zeit der Entwicklung, läßt sich das schon aus dem Grunde nicht nachweisen, weil die Ver- bindung des Perispors mit dem Exospor anfangs so locker ist, daß die Mittelhaut bzw. die Elaterenhaut bei jeder Quellung allseitig von dem Exospor abgehoben wird (Textlig. 5, pag. 233). Später kann man da- gegen oft sehen, daß der Kern der Spore jedenfalls nicht gegenüber der Anwachsungsstelle liegt (vgl. Textfig. 7, pag. 236), und zwar auch in Stadien, in denen die Elateren noch in Entwicklung begriffen sind. Es ist nun allerdings nicht anzunehmen, daß die Anwachsung an einer ganz beliebigen Stelle erfolgt, denn ein Punkt an der Oberfläche des Exospors ist besonders ausgezeichnet, nämlich derjenige, an dem in der Tetradenteilung die Sporen aneinanderstoßen. Es ist daher wahrscheinlich, daß die Anwachsung an dieser Stelle stattfindet. Bei E. limosum ließ sich das aber nicht festsellen, da ja die jugendlichen, unregelmäßig geschrumpften Sporen keine Membranen besitzen, also auch keinen Tetraederpol differenzieren können. Wie dem aber auch sein mag, die räumliche Anordnung der Körnchen, welche die Bahn der Elaterenbänder bestimmen, muß auf die Tätigkeit des Periplasmodiums zurückgeführt werden, nur wissen wir bis jetzt nicht, ob die Elaterenhaut auch die Richtung der Achse dieser räumlichen Konstruktion bestimmt. Dagegen können wir mit Sicherheit sagen, daß die Plasmodiumkerne an dieser räumlich be- stimmenden Tätigkeit des Periplasmodiums nicht beteiligt sind. Das wäre nur denkbar, wenn die Kerne eine hestimmte Lage zu der Achse der Elaterenbänder einnähmen. Das ist aber keineswegs der Fall. Vielmehr sind die Plasmodiumkerne ganz unregelmäßig zwischen die Sporen eingestreut, in wechselnder Anzahl um die einzelnen Sporen gelagert und außerdem in Gestalt und Größe ebenfalls überall ver- schieden. Die räumlich anordnende Tätigkeit kann also nur von dem Plasma des Periplasmodiums ausgehen. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 239 Das Endosporium. Wann und wie das Endosporium gebildet wird, konnte bei der Schwierigkeit dasselbe überhaupt nachzuweisen, nicht festgestellt werden. In jüngeren Stadien, wenn das Exospor schon ausgewachsen ist, fehlt es, während es bei fast reifen Sporen sichtbar gemacht werden kann. Daraus geht jedenfalls soviel hervor, daß das Endosporium eine nachträglich gebildete Sporenhülle ist. Aus den oben angeführten Eigenschaften wird man aber weiter auch schließen dürfen, daß es eine selbständige Membran ist; denn es läßt sich glatt von dem Exospor ablösen und bleibt auch bei der Keimung nach dem Abwerfen des Exospors als erste Membran erhalten. Vielleicht bieten günstigere Eqnisetumarten (E. telmateja, Leitgeb 1884, pag. 67 Anm.) die Möglichkeit auch diese Frage sicher zu beantworten. Die äußere Gallertschicht. Von der äußeren Gallertschicht können wir nur angeben, daß sie nach der Mittelhaut gebildet wird, aber nicht wie sie entsteht. Es ist wahrscheinlich, daß die Körnchen, die man lange nach Fertigstellung der Mittelhaut an deren Außenseite (Textfig. 32) und manchmal bei abgehobenen Elaterenhäutchen an deren Innenseite (Textfig. 65) in einschichtiger, ziemlich gleichmäßiger Lage antrifft, mit der Bildung dieser Gallerte in Zusammenhang stehen. Es könnte aber auch sein, daß die Gallertsubstanz aus dem Periplasmodium direkt durch das Elaterenhäutchen sezerniert wird. Denn das Periplasmodium scheint überhaupt gallertige Einschlüsse zu enthalten. Schon bei der Archespor- bildung, wenn die Spormutterzellen noch in geschlossenen Gruppen zu- sammenliegen, kann men nach Wasserzusatz in der Lücke, die zwischen den Archesporzellen und dem abgehobenen Periplasmodium entsteht, eine feine konzenfrische Streifung erkennen, die von einer gallert- artigen Infiltration herrührt. Da die äußere Gallertschicht nach der Mittelhaut auftritt, kann sie aber nicht von einer Differenzierung des Exospors herrühren, sondern stammt jedenfalls auch vom Periplasma und gehört somit zum Perispor. Zusammenfassung. Das Periplasmodium entsteht aus unregelmäßig abgegrenzten Ta- petenzellen, von denen sich nieht sagen läßt, ob sie alle genau gleicher Herkunft sind. Die Tapetenzellen vermehren sich zuerst eine Zeitlang dureh Zellteilung mit karyokinetischer Kernteilung ehe sie fusionieren! Nach der Fusion erfolgt durch typische Amitose starke Kern vermehrung. Die Fusion beginnt an verschiedenen Stellen in dem Tapstum, in dem 240 E. Hannig, zuerst schmale Verbindungsbrücken zwischen den einzelnen Tapeten- protoplasten auftreten, von denen ausgehend die Verschmelzung die auf einzelnen Protoplasten übergreift, um mit einer Fusion sämtlicher Proto- plasten zu einem einzigen neuen mantelförmigen Plasmakörper zu endigen. Bei diesem Vorgang werden die Hautschichten der innen liegenden Protoplasten ganz, die der übrigen zum Teil aufgelöst, und der Fusions- protoplast bildet eine neue zusammenhängende Hautschicht. Das Peri- plasmodium dringt dann zwischen die Sporenanlagen ein, bis diese gleichmäßig in der Plasmamasse verteilt sind. Infolgedessen werden die Grenzen der ursprünglich individuell gesonderten Tapetenprotoplasten verwischt und schließlich die ganze Protoplasmamasse gründlich durch- einander gerührt. In dieser Plasmamasse bilden sich charakteristisch gestaltete Stärkekörnchen aus, die später wieder verschwinden. Die Haupttätigkeit des Periplasmodiums ist eine formative. Es bildet um jede Spore zuerst eine kutinisierte Lamelle, die sog. Mittelhaut und dann das Elaterenhäutchen, aus dem die Elateren hervorgehen. Die Elateren sind an einer bestimmten Stelle an die Spore angeheftet und laufen von hier aus nach zwei Polen der Spore in gegenläufigen Spiralen. Die Elateren zeigen also eine polare Anordnung. Da sie aus Körn- chenreihen in dem Elaterenhäutchen hervorgehen, muß dem Proto- plasten die Fähigkeit einer räumlich geordneten formativen Tätigkeit zugesprochen werden. Eine Mitwirkung der Tapetenkerne ist dabei aus- geschlossen, da diese keine bestimmte Lagerung zeigen. Die formative Tätigkeit des Periplasmodiums ist auch insofern mannigfaltig, als die Elateren eine komplizierte Struktur aufweisen, und als von dem Peri- plasmodium außer den Elateren und der Mittelhaut noch zwei (?) Gallertschichten um jede einzelne Spore gebildet werden. Die Mittel- haut sowie die Elateren gehen aus Vakuolenhäuten des Periplasmodiums hervor. Die Mittelbaut ist von dem Exospor und das Elaterenhäutchen von der Mittelhaut durch eine Gallertschicht: getrennt, die nach außen hin allmählich verquellen, also keine scharfe Abgrenzung aufweisen. Schon das spricht angesichts der festen Verbindung der Vakuolenhäute {aus denen die Mittelhaut bzw. die Elaterenhaut entsteht) mit dem Peri- plasmodium gegen eine Differenzierung dieser Häute aus dem Exospor. Einen sicheren Beweis für die selbständige Entstehung der Mittelhaut und der Elaterenschicht aus dem Periplasma bietet die Tatsache, daß die jungen Sporen noch keinerlei Anlage eines Exospors zeigen, wenn ‘die Vakuolenhaut schon vorhanden ist, aus der später die Mittelhaut bervorgeht, daß also die Anlage der Mittelhaut vor der Anlage des Exospors erfolgt, Damit ist auch die formative Betätigung des Peripläs- Über die Bedeutung der Periplasmodien. 24]: modiums festgestellt. Das Periplasmodium stellt also einen lebenden Protoplasten dar, der mit formativer und räumlich anordnender Bau- fähigkeit begabt ist. Literatur. Beer, R., On the development of the spores of Riceia glauca. Ann. of bot. 1906, Vol. XX, pag. 275. Bower, F. O., Studies in the spore produeing members. I. Equisetinae and Lyco- podinae. Phil. transaet. r. soc. 1894, Vol. CLXXXV, pag. 473. Campbell, D. H., The structüre and development of Mosses and Ferns. IL. ed. New-York 1903. Fischer v. Waldheim, Al. Über die Entwicklung der Farnsporen. Jahrb. für wiss. Bot. 1865—66, Bd. IV, pag. 349. Fitting, H, Bau und Entwieklungsgeschichte der Makrosporen von Isoötes und Selaginella und ihre Bedeutung für die Kenntnis des ‚Wachstums pflanz- licher Membranen. Bot. Zeitg. 1900, Bd. LVII, pag. 107. Goebel, K., Beiträge zur vergleichenden "Entwieklungsgeschichte der Sporangien. Bot. Zeitg. 1880, Bd. XXXVIII, pag. 545, 1881, Bd. XXXIX, pag. 681. Ders., Organographie der Pflanzen. Jena 1898---1901. 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In « vier Zellen, von denen schon je zwei verschmolzen sind. An dem linken Paar ist noch ein Ein- schnitt vorhanden, der die Grenze zwischen den beiden ursprünglichen Proto- plasten andentet. In der Mitte eine Verbindungsbrücke, von der die weitere Verschmelzung ausgeht. 5 fünf Protoplasten, z. T. miteinander verschmolzen. Fig. 3. Desgl. Sporenmutterzellen in Reduktionsteilung begriffen. Das Periplasma dringt zwischen die Sporenmutterzellen ein, die Tapetenkerne liegen noch dicht gedrängt an der Peripherie, Fig. 4. Desgl. Tetradenteilung. Die Sporenmutterzellen sind alle in das Periplasma eingebettet, die Tapetenkerne überall in dem Periplasma zerstrent. Fig. 5. Desgl Die Sporen sind isoliert, mit einem sehr zarten Häutchen, der An- lage des Exospors umgeben. Das Periplaamodium das unregelmäßig grob- netzige Struktur besitzt, ist gegen die Sporen darch eine scharf konturierte Vakuolenhaut abgehoben. Die Periplasmodiumkerne sind unregelmäßig ge- Bet (die kleineren z. T. Querschnitte), einige zeigen noch Fragmentations- bilder. Fig. 6. Desgl. typische Fragmentationsbilder aus etwas jüngerem Periplasınodium. Fig. 7. Desgl. Aus etwas jüngerem Studium wie Fig. 5. Der Sporenprotoplast hat noch keine erkennbare Membran, seine Oberfläche ist an einigen Stellen an. der Vakuolenhaut des Periplasmodiums, die schon scharf konturiert ist, hängen geblieben. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 243 1. Die Bildung der Massulae von Azolla. {Mit Tafel XIV und 17 Abbildungen im Text.) Unsere Kenntnisse über Azolla stammen der Hauptsache nach aus der bekannten Monographie Strasburger’s (1873) und einer späteren Publikation desselben Autors in den histologischen Beiträgen II (1889). Vor Strasburger war nur einmal (Griffith, 1846) die Entwicklungs- geschichte untersucht worden, abgesehen von einigen kurzen Bemer- kungen hierüber bei Mettenius (Linnaea 1847, II), wo auch die ältere beschreibende Literatur angeführt ist. Strasburger hatte jedenfalls bei seiner Untersuchung, wie es scheint auch bei seinen späteren Nach- prüfungen (1898), nur Alkoholmaterial benützt, an dem die feineren Strukturen kaum zu erkennen sind. Den späteren Forschern, Campbell (1893) und Pfeiffer (1907), stand zwar lebendes oder nach neueren Methoden fixiertes’ Material zur Verfügung, sie berücksichtigten aber die Vorgänge im Periplasma nur nebenbei. Daher kommt es, daß die Entwicklungsgeschichte noch manche Lücken aufweist, daß vor allem die Rolle des Tapetenplasmodiums noch der Klärung bedarf. Zur Orientierung sei zunächst kurz angeführt, was über die Ent- wicklung der Sexualorgane durch die Untersuchungen Strasburger’s, Campbell’s, Goebel’s u. a. bekannt geworden ist. Die vegetativen Blätter der Azollen sind in zwei Lappen geteilt, einen Oberlappen und einen Unterlappen; eine analoge Gliederung kehrt, bei den Sporophylien wieder. Nach Goebel (Organogr; pag. 669) teilt sich der Blattunterlappen sehr früh und jeder der beiden Teile gibt einem Sorus den Ursprung. Der Oberlappen, dessen apikale Partie in eine Anabaenahöhle umgewandelt ist, bildet an seiner Basis einen füügelartigen, einschiehtigen Auswuchs, welcher die Sori kapuzenartig überdeckt. . Im allgemeinen stehen niemals mehr wie zwei Sori zusammen, die ohne Regel bald beide männlich oder weiblich, bald männlich und weiblich sind. Die männlichen Sporokarpien haben Kugelgestalt, ihr Durchmesser ist fast so groß wie die Oberblätter, der flügelartige Auswuchs derselben wird durch sie auf die Seite gedrückt. Die weiblichen Sporokarpien sind viel kleiner, läuglich und flaschen- förmig; ihr Längsdurchmesser etwa */; so groß wie derjenige der männlichen Früchte. 17* 244 . E. Hannig, Während sich in den männlichen Früchten zahlreiche langgestielte Sporangien springbrunnenartig aus einer zentralen Plazenta abzweigen, kommt in der weiblichen Frucht in der Regel nur ein einziges Spor- angium zur Entwicklung. Auch der Inhalt der männlichen und weib- lichen Sporangien ist scheinbar sehr verschiedenartig. In den männlichen Sporangien liegen fünf bis acht rundliche Körper von schaumiger Struktur, die sog. Massulae, so fest eingepreßt, daß sie sich an den Berührungsflächen etwas abplatten. In diesen Schaum sind die Sporen eingebettet und gleichmäßig auf die Massulae verteilt. Das weibliche Sporangium umschließt nur eine einzige Spore, welche so groß wird, daß sie die Sporangiumwand zu einem verschwin- dend dünnen Häutehen zusammendrückt. Diese Spore ist von einer kompliziert, ornamentierten dieken Hülle umgeben und auf dem Scheitel- pol mit einem Aufsatz versehen, dem sog. Schwimmkörper nach Strasburger, der aus drei birnenartigen Körpern, von ähnlich schaumiger Struktur wie die männlichen Massulae besteht. Werden die Massulae von den männlichen Sporangien befreit, so sieht man, daß von ihrer Oberfläche eine größere Anzahl langgestielter, ankerartig ausgebildeter Körper nach allen Seiten senkrecht emporragen, die sog. Glochidien, während von der Oberfläche der weiblichen Spore, sowohl allseits von der Sporenmembran selbst (an bestimmten Stellen) als auch von dem Schwimmkörper und hier besonders von der Spitze desselben, lange peitschenartige Organe entspringen. Von den hier in kurzer Übersicht aufgeführten Gebilden fehlt erstens noch vollständig die Kenntnis der Entwicklung der Glochidien. und der peitschenförmigen Anhänge der Makrospore; zweitens ist.ebenso wie bei Equisetumvdie Bedeutung des Plasmodiums fürdie Entwicklung der Sporenhüllen sowohl in den männlichen wie in den weiblichen Spo- rangien überhaupt noch nicht speziell untersucht worden und schließlich bedarf die morphologische Bedeutung der Sporangien selbst noch der Aufklärung. Es sollen daher in den folgenden Abschnitten behandelt werden: 1. Bau und Bedeutung der Sporokarpien (pag. 244). 2. Entwicklung des Periplasmodiums (pag. 247). 3. Entwicklung der Massulae in den Mikrosporangien {pag. 249). 4. Entwieklung der Massulae in den Makrosporangien (pag. 266). 1. Bau und Bedeutung der Sporokarpien. Die Anlagen der Makrosporokarpien und Mikrosporokarpien, die wegen ihres Zusammenhanges mit den Tapetenzellen aufgeführt werden Über die Bedeutung der Periplasmodien. 245 müssen, sind in den ersten Stadien völlig gleich. - Sie beginnen mit der papillenartigen Hervorwölbung einer Zelle, an deren Spitze sich eine zweiseitige Scheitelzelle abschnürt (Fig. 1, 2, 3 bei Pfeiffer, 1907, und 9, 10 und 11 bei Campbell, 1893). Aus der Scheitelzelle entsteht durch tetraedrisch aufeinanderfolgende Wände ein Sporangium, während sich dicht unter dem Sporangium ein Ringwall hervorwölbt (Pfeiffer 1907), der schließlich als zweischichtiger Mantel integumentartig über das Sporangium emporwächst (Textfig. 1). Erst wenn das Indusium sich gerade zu schließen beginnt, entscheidet es sich, ob ein Sporokarp zu einem weiblichen oder männlichen Sorus wird. Es können nämlich in beiden Fällen direkt unter der ersten Sporangiumanlage seitliche Aus- sprossungen entstehen (Textfig. 2 z und 5) (Pfeiffer, 1907, Fig. 9—11 und @ Fig. 1. Junges Makrosporangium. 7 Tapetenzellen. zy Cyanophyceen. Fig. 2. Zwei Sori mit je einem terminalen Makrosporau- gium (za) und zahlreichen lateralen Mikrosporangien (27), mas Makrospore, sd verkümmerte Makrosporen. Goebel, Organographie, Fig. 448, vergl. dagegen nebenstehende Fig. 1), die anfänglich der Anlage des ersten Sporangiums durchaus gleichen. Bei der Weiterentwicklung zeigt sich, daß die Anlage des ersten Sporangiums am Scheitel der Kolumella und die neuen seitlich aussprossenden Anlagen in korrelativen Beziehungen zueinander stehen. Entweder entwickelt sich die terminale Sporangiumanlage nicht, dann wachsen die seitenständigen stark und bilden sich in basipetaler Reibenfolge zu langgestielten männ- lichen Sporangien aus; oder aber das endständige Sporangium kommt zur Entwieklung, dann wird aus ihm ein Makrosporangium und die lateralen Anlagen verkümmern. (Vgl. auch Strasburger 1889, pag. 8 und Goebel, Organogr., pag. 669). Campbell (1893) faßt allerdings die Verhältnisse anders auf. Seiner Ansicht nach sind die Sporangien alle eingeschlechtig. Die nicht ent- wickelte soeben beschriebene erste Sporangienanlage ist nach ihm 246 E. Hannig, ein Mikrosorus, das sterile Ende eine Kolumella, und die seitlichen unentwickelten Sporangienanlagen in dem Makrosorus entsprechen verkümmerten weiblichen Sporangien. In Wirklichkeit ist aber, wie Pfeiffer gezeigt hat, in dem Mikrosorus keine sterile Kolumella- spitze, sondern eine richtige Makrosporangiumanlage vorhanden, und nur dadurch, daß oft in den Hohlraum desselben von der Kolumella aus konfervoide Fäden einwachsen, wird der Anschein eines soliden Gewebes erweckt. Wenn dem aber, wie ich bestätigen kann, so ist, dann fällt auch für Campbell der Grund weg, die Makrosori für einhäusig zu er- klären. Denn Campbell gibt selbst an (1898, pag. 159), daß der Zell- teilungsmodus für alle seitlichen Anlagen derselbe ist. Als weiteres Argument gegen Campbell kann ich noch hinzufügen, daß ich zwei reife zwittrige Sori gefunden habe; eines mit einem terminalen Makro- sporangium und einigen lateralen Mikrosporangien und ein zweites mit zwei vollentwiekelten Makrosporangien und einem gestielten männlichen Sporangium. Da das eine dieser beiden Makrosporangien terminal, das andere lateral war, darf man annehmen, daß die seitlichen Sporangien- anlagen zu männlichen und zu weiblichen Sporangien auswachsen können. Das heißt aber mit anderen Worten, daß der jetzige ein- geschlechtlige Zustand aus einem eimhäusigen hervorgegangen ist. Dazu kommt nun noch, daß die Makro- und Mikrosporangien in den Jugendstadien ziemlich weitgehend — bis zur Bildung des Tapetenplas- modiums (s. unten) — übereinstimmen, so daß auch diese beiden Organe auf gemeinsamen Ursprung weisen. Wir haben somit den interessanten Fall, daß wir bei einer Farn- pflanze aus den morphologischen Verhältnissen nachweisen können, daß 1. ursprünglich nur einerlei Sporangien vorhanden waren, daß dann im Laufe der phylogenetischen Entwicklung 2. später die Differenzierung in Mikrosporangien und Makro- sporangien innerhalb eines Sporangiums statifand, und daß schließlich 3. eine weitere Trennung in Sporangien mit nur weiblichen und aur männlichen Soris eintrat. In ähnlicher Weise hat sich neuerdings Goebel, auf Grund ver- gleichender Untersuchungen, über die Geschlechtsverhältnisse von Azolla ausgesprochen (1910), und Shattuck (1910) hat bei Marsilia experi- mentell festgestellt, daß Mikrosporangien dazu veranlaßt werden können eine ihrer Sporenanlagen zu einer Makrospore umzubilden, die übrigen verkümmern zu lassen und die Makrosporen dazu, die Mehrzahl’ ihrer Sporenanlagen zu Mikrosporen zu entwickeln. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 247 2, Entwicklung des Periplasmodiums. Das Sporangium entsteht, wie schon erwähnt, aus einer dreiseitigen Scheitelzelle, von welcher durch eine der Oberfläche parallel laufende Wand eine flache Zelle nach dem Scheitel zu abgeschnitten wird. Aus letzterer und den übrigen flachen, die ursprüngliche Scheitelzelle be- grenzenden Zellen wird die Wand des Sporangiums gebildet. Nach- einander treten nun in der tetraedrischen Zentralzelle der Sporangium- anlage perikline Wände auf, weiche eine einfache Zellschicht zwischen die Sporangiumwand und die Zentralzelle einschalten. Diese Schicht zerfällt weiterhin durch eine Anzahl antikliner Wände in die eigent- lichen Tapetenzellen (Textfig. 17). Letztere liegen also im (Gegensatz zu Equisetum in regelmäßiger einfacher Schicht, die scharf von der Sporangiumwand und von den Sporenmutterzellen abgesetzt ist (Campbell 1893, Pfeiffer 1907). Die Sporenmutterzellen gehen aus der Zentralzelle des Sporangiums hervor. Diese zerfällt zuerst durch zwei aufeinander senkrecht stehende Wände in vier Kugelquadranten; letztere bleiben aber nur kurze Zeit im Verband, dann lösen sich die Mittellamellen und die isolierten Proto- plasten runden sich ab. Fusion der Tapetenzellen. Gleichzeitig mit den Wänden der Sporenmutterzellen werden auch ‚die Wände der Tapetenzellen aufgelöst. Damit beginnt der Prozeß, der für das Folgende von besonderer Wichtigkeit ist, nämlich die Bildung des Periplasmodiums. Zunächst ist bei der Untersuchung von Sehnitten durch dieses Stadium bloß festzustellen, daß mit der Auf- lösung der Tapetenzellenmembranen die Grenzen zwischen den einzelnen Tapetenprotoplasten nach und nach ganz verschwinden. Aus den zahl- reichen Individuen entsteht somit durch Fusion ein einziger neuer Protoplast, der die Sporenmutterzellen mantelförmig umhüllt. Daß dieser Protoplast nicht nur lebend, sondern auch in spezifischer Weise tätig ist, wird aus zahlreichen später anzuführenden Beobachtungen hervor- gehen. Zunächst sei nur bemerkt, daß das jugendliche Plasmodium von wasserheller Beschaffenheit ist, also das Bild eines normal lebenden Plasmas bietet. An fixiertem Material kann man weiter feststellen, daß das Tapetenplasma sich von dem Plasma der Tapetenmutterzellen unter- scheidet. Jenes speichert Hämatoxylin nur schwach, erscheint daher stark graublau, während sich das Plasma der Sporenmutterzelien und der Sporangiumwand als intensiv blaugefärbte Masse scharf von ihm absetzt (Taf. XIV, Fig. 1). Aus dieser Verschiedenheit der Färbung 348 oo. ö E. Hannig, läßt sich folgern, daß die beiden Protoplasmaarten in bezug auf ihre chemischen Eigenschaften sehon voneinander abweichen, obwohl beide sehr jungen Ursprungs sind. In dem Maße als die Archespor- zellen sich bei der Weiterentwicklung voneinander lösen, drängt sich das Plasmodium von allen Seiten her zwischen die abgerundeten Sporen- mutterzellen. Die Kerne beteiligen sich vorerst nicht an dieser Wande- rung, sondern bleiben im peripherischen Plasmodium zerstreut liegen. Bis zu diesem Jugendstadium stimmen Makro- und Mikrosporangien, ‘soweit äußerlich erkennbar, in ibrer Entwicklung miteinander überein. Vermehrung der Plasmodiumkerne, Nach dem Verhalten von Equisetum, wo eine bedeutende Zunahme der Kerne durch Fragimentation festzustellen war, konnte auch bei Azolla eine Vermehrung der Plasmodienkerne erwartet werden. Nach Ausbildung der Massulae ist dies nun nicht mehr festzustellen, da die übrigbleibenden Kerne in dünne Plasmaplatien eingeklemmt und schon zum größten Teile zerfallen sind. Vergleicht man aber ein Stadium, in dem eben das Plasmodium gebildet ist und anfängt zwischen die Sporenmutterzellen einzudringen, mit einem Sporangium, in dem die Tapetenzellen noch regelmäßig nebeneinanderliegen, so lehrt schon der Augenschein, daß Kernvermehrung stattgefunden hat. Zählungen der Kerne in einem Mikrotompräparat ergaben für das jugendliche Stadium ungefähr 34, 36 bzw. 42 Kerne, für das Plasmodium zur Zeit der Sporenmutterzellbildung dagegen 130, 148 bzw. 172 Kerne. Die Kerne der Tapetenzellen sind übrigens außerordentlich ebarakteristisch und können weder mit denjenigen der Sporangiumwand noch mit den Sporen- mutterzellkernen verwechselt werden. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie aussehen wie große Bläschen mit dunkler Kontur, aber ohne Inhalt, abgesehen von einigen zarten Gerinnseln, und zwei bis drei Nukleolen. Sie haben ungefähr den vierfachen Durchmesser der Kerne der Sporangium- wand und unterscheiden sich von denen der Sporenmutterzeilen be- sonders durch ihre Chromatinarmut. Nach der Vermehrung haben die Plasmodiumkerne etwa den halben Durchmesser der Tapetenkerne, machen also einen ganz bedeutend kleineren Eindruck. Während vor- her mehrere Nukleolen vorhanden waren, ist jetzt stets nur noch einer übrig, also umgekehrt wie bei dem Equisetumplasmodium; der Inhalt der Kerne dagegen ist ebenso blaß wie vorher. Ob diese Plasmodienkerne aus den Tapetenkernen durch karyo- kinetische Teilung oder durch Fragmentation entstanden sind, gelang nieht festzustellen. So viele Präparate auch durchmustert wurden, niemals Über die Bedeutung der Periplasmodien. 249 kam eine Karyokinese oder eine Fragmentation zur Beobachtung, übrigens auch keine langausgezogenen. Kerne, wie sie sich bei Equisetum so häufig finden. Trotzdem ist; es wahrscheinlich, daß die Kerne sich auf direktem Wege vermehren, und zwar nicht nur aus Analogie mit den Plasmodiumkernen der Equiseten, sondern auch, weil in den’ Stadien, in welchen die Plasmodinmbildung beginnt und die Tapetenzellen an- fangen sich voneinander zu trennen, mehrere Kerne in den Tapeten- zellen gefunden wurden, die so dicht beieinander lagen, wie man es sonst nur bei amitotischer Teilung findet. 3. Entwicklung der Massulae in den Mikrosporangien, Bei den Mikrosporangien bleiben nun die Archesporzellen noch eine zeitlang miteinander verbunden, his sie durch weitere Teilungen in 16 Spormutterzellen zerfallen. Zwischen diese dringt dann das Periplasma mehr und mehr ein und umschließt bald sämtliche, manch- mal noch in Gruppen zusammen- hängende Sporenmutterzellen. Die ganze Nahrungsaufnahme für die Sporenmutterzellen wird von nun ab durch das Periplasmodium ver- mittel. Die Weiterbildung der Sporen beginnt damit, daß die Sporenmutterzellen durch Tetra- denteilung in je vier Sporen zer- fallen, so daß in einem Mikrospo- rangium im ganzen 64 Sporen zur Anlage kommen. Die Sporen liegen nach ihrer Isolierung zuerst vollständig gleichmäßig im Plas- modium verteilt (Textfig. 3« u. 5). Man wird annehmen müssen, daß die Verteilung der Sporen durch die Regulierung der Lage der Vaku- ‚olen geschieht, in denen die Sporen Fig. 3. Zwei junge Mikrosporangien. s£ liegen, daß also durch besondere a mom, Sporen Bewegungsvorgänge innerhalb des Periplasmas die Regelmäßigkeit der räumlichen Anordnung herbeigeführt wird. Die Sporenvakuolen sind in den frischen Präparaten als scharfe 350 \ * E. Hannig, zarte Konturen zu erkennen, die sich von den tetraedrischen Sporen bier und da etwas abheben (Textig. 6). In dem fixierten Material haben sich letztere stark kontrabiert und zu kleinen Tetraedern zu- sammengezogen, während sich die Sporenvakuolen als große runde: Blasen von den Sporen absetzen (Textfig. 2). Die Sporenmembranen sind dann schon teilweise heligelb gefärbt, fangen also an, die spätere orangegelbe Farbe der Membranen auszubilden. Zur selben Zeit wie die Sporen werden auch die Kerne gleichmäßig durch das. Plasmodium verteilt (Textfig. 4), eine Bewegung, bei der wahrscheinlich. auch das Plasmodium der aktive, die Kerne der pas-- sive Teil sind. Man findet zwar ausnahmsweise Kerne,. diespindelartig ausgezogen sind, diese Deformation hängt aber mit den Tei- Tungsvorgängen zusammen — wie das bei Equisetum gezeigt wurde — und kann nicht als Zeichen amöboider Bewegung gedeutet wer- den. Auch hier ließ sich an lebendem Material der Vorgang nicht beobachten, da die Kerne in diesem Zustand ebenso klar und. Fig. 4. Junges, durch Zerdrücken des Mikrosporan- wasserhell sind, wie das in- giums freigelegtes Periplasmodium. sö Sporen. :z takte Plasma und daher erst Kerne des Periplasmodiums. » Vakuolen, die beim . Befreien des Periplasmodiums entstanden sind. nach dem Absterben oder Fixieren erkennbar werden.. Die Sporenmembranen nehmen währenddessen intensivgelbe Färbung an, d. h. sie sind sehr resistent, vielleicht auch schwer durchlässig ge- worden und liegen wie Fremdkörper in dem Plasmodium. Bildung der Massulavakuolen. Die Massulae werden in Vakuolen gebildet, die wir als Massula- vakuolen bezeichnen wollen. Die Entstehung dieser Vakuolen wird: durch weitere Bewegungen im Plasmodium eingeleitet, die im wesent- lichen vom Zentrum nach der Peripherie zu gerichtet sind und dazu führen, daß die Sporen aus ihrer zerstreuten Anordnung schließlich Über die Bedeutung der Peripiasmodien. 1 alle an der Perpherie des Plasmodiums in ziemlich gleichen Abständen voneinan- der liegen (Textfig. 55 u. Taf. XIV, Fig. 3). Mit diesen zentrifugelen Bewegungen stehen wahrscheinlich radial verlaufende faserartige Strukturen in Beziehung, die noch nach Abschluß der peripheren Ver- lagerung der Sporen in dem zentralen Plasma fixierter Sporangien aufgefunden werden. Auch die Plasmodiumkerne lassen in diesem Stadium die zentrifugal gerichtete Plasmabewegung erkennen. Sie sind in radialer Richtung in die Länge gezogen und nach dem Zentrum zu ein wenig spindelartig verlängert, während das dicke abgerundete Ende nach außen gewendet ist (Taf. XIV, Fig. 4). Der kugelartige Raum, den das Plasmodium einnimmt, vergrößert sich im Laufe der Entwicklung ganz be- deutend (Taf. XIV, Fig. 4), sein Durch- messer wächst von ca. 0,05 mm auf ca. 0,20 mm, dem Volumen nach also un- gefähr um das 600 fache. Es geht daraus hervor, daß eine außerordentlich lebhafte Stoffaufnahme und ein bedeutender Stoff- umsatz in dem Plasmodium stattfindet. Dieser Stoffwechsel steht zweifellos zum Teil im Dienste der schr merkwürdigen formativen Tätigkeit, die sich weiterkin in dem Plasmodium abspielt. Die Sporen, die ursprünglich im Plasma gleichmäßig verteilt waren (Text- figur 5a, Taf. XIV, Fig. 2), wandern, wenn das Sporangium eine gewisse Größe er- reicht hat, nach der Peripherie des Periplasmodiums, wo sie dicht an der Sporangiumwand, in annähernd gleichen Abständen verteilt sind, und anfangs in Vakuolen liegen, die eng an die Sporen e Fig. 5. Schema der er Messulabildung. Vakuolen, in denen.d.Sporenliegen. mv Massulayakuol. vo Mesanlamal 2 252 ” E. Hannig, anschließen (Textfig. 52, Taf. XIV, Fig. 3). Allmählich sammelt sich um die einzelnen Sporen eine Flüssigkeit, die in lebenden Sporangien glashell und homogen erscheint. Infolgedessen wachsen die Vakuolen um die einzelnen Sporen beträchtlich, bis sie schließlich nur noch durch dünne Plasmalamellen voneinander getrennt sind (Textfig. 6, Taf. XIV, Fig. 4). Diese Vakuolen verschmelzen zuerst: zu zweien, dann zu dreien usw. miteinander (Textfig. 5), bis schließlich nur noch 5—8 große ellipsoidische Vakuolen übrig bleiben, deren jede 8-12 Sporen um- schließt (Textfig. 5e und /). Eine Vakuolenbildung hat schon Stras- burger beobachtet und in ähnlicher Weise geschildert. Er schreibt in seiner Abhandlung über die pflanzlichen Zellhäute, in der er gerade auf die Bildung der Azolla-Massulae besonderes Gewicht legt (1898, S. 545) folgendes: „Wäh- rend das Mikrosporangium an Größe zunimmt, be- ginnen unbestimmteWaben des alveolar gebauten Zyto- plasmas des Plasmodiums sich zu vergrößern und schwellen zu mehr oder weniger ansehnlichen Kam- mern an. Im kleinwabigen Zytoplasma zwischen diesen Kammern liegen die Zell- kerne verteilt (Fig. 17, Taf. XV). Dann beginnt das Plasmodium um die Fig. 6. Querschnitt durch eine reife Massula. s> einzelnen Sporen eine glas- Spore in einer körnigen Masse & Bei 2 in den helleFlüssigkeitauszuschei- Waben plasmatische Inhaltsreste. den. Da sich diese Flüssig- keit nicht tingiert, so kommt jede Spore in eine farblose Blase zu liegen. Diese Blasen nehmen an Größe zu, stoßen aufeinander, verschmelzen in Mehrzahl, verdrängen das Plasmodium an die Mikrosporangiumwand sowie den zwischen ihnen zurückbleibenden Raum. In dem so verdrängten Plasmodium schwinden die großen Kammern und es läßt sich annehmen, daß es ihr Inhalt war, der sich in den Blasenräumen sammelte. Die Verschmelzung der um die einzelnen Sporen angelegten hellen Räume schafft. so viel größere Blasen, als Massulae in dem Mikrosporangium ersetzt werden sollen“. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 255 Wenn wir vorerst nur die Tatsache. betrachten, daß jede Vakuole gleich viele Sporen enthält, so erscheint diese an sich schon sehr merk- würdig. Man fragt sich vergeblich, welcher Art die Kräfte und Regulationen in den Plasmodien sind, die das Gleichgewicht in der Verteilung von solchen „Fremdkörpern“, wie es die Sporen für das Plasmodium sind, bewirken. Das sind Vorgänge, bei denen es sich nur um Bewegungs- oder Gleichgewichtserscheinungen -handein kann. Über die dabei wirksamen, treibenden und regulierenden Kräfte der Protoplasten lassen sich . keinerlei morphologische Anhaltspunkte ge- winnen. Es steht aber fest, daß die Kerne des Periplasmas nicht beteiligt sind. Denn erstens werden die Plasmodiumkerne selbst passiv um die entstehenden Vakuolen herumgeführt. Sie finden sich anfangs alle in dem zentralen Plasına zusammengehäuft, werden von ‚dort aus, wie sehon geschildert, teilweise nach der Peripherie gezogen und liegen zuletzt nach allen Richtungen hin durch das Plasma zerstreut, teils außerhalb der Massulavakuolen, teils in dem zentralen Plamodium- zwickel zwischen denselben. Zweitens ist die Anordnung der Tapeten- kerne in dem Periplasmodium völlig regellos. Da sie sich also fortwährend verschieben und dabei niemals eine regelmäßige Gruppierung zeigen, können sie schlechterdings nicht die zeitlichen oder räumlichen Stützpunkte sein, von denen die raumordnenden Kräfte des Plasmodiums ausgehen. Beim Öffnen eines jugendlichen lebenden Sporangiums in physio- logischer NaCHLösung zeigt sich, daß eine verhältnismäßig sehr dicke Lage Plasma um die Massulae vorhanden ist. Dies Plasma erscheint grobkörnig und umschließt: außer den Periplasmakernen noch eine Anzahl blaßgrüner Chloroplasten (Textfig. 4), die mehrere Stärkekörner enthalten. Die Körner geben mit Chlorzinkjod weinrote Färbung, sind also nicht reine Stärke, sondern eine Art Amylodextrin. Obgleich dies Periplasma den einzelnen Massulis eng anliegt, ist es doch nicht etwa in soviel selbständige Teile geteilt, als Massulae vorhanden sind, sondern besteht nur aus einer einzigen, einheitlichen Plasmamasse. Dies zeigt sich beim Befreien des lebenden Sporangieninhalts. Hierbei tritt in physiolo-' gischer Kochsalzlösung das Plasmodium des Mikrosporangiums als zu- sammenhängende, turgeszente, von scharf abgegrenztem Häutchen um- gebene Masse aus. Die Einheitlichkeit des Periplasmodiums ergibt sich auch aus fixierten älteren Objekten. Wenn sich hier die jungen Mas- sulae unter dem Einfluß des Fixierungsmittels stark kontrahiert haben, läßt sich leicht feststellen, daß der umhüllende Periplasmamantel, der weit von den Massulis absteht, eine einzige Plasmamasse bildet, die in ihrem inneren Bau keinerlei Abgrenzungen aufweist. 254 ö E. Hannig, Bildung der Vakuolenmembran. Die formative Tätigkeit des Periplasmas kommt nun weiter darin zum Ausdruck, daß es um die Massulaevakuolen eine zwar sehr feine, aber doch feste Membran ausscheidet, die manals Vakuolenmembran be- zeichnen muß. Werden die Vakuolenblasen nach dem Herauspräparieren aus dem Sporangium verletzt, so können die Sporen durch Wasserzusatz zum Teil aus der Blase herausgeschwemmt werden, ohne daß die Blasen- wand zusammenfällt. Die Wand ist scharf konturiert, läßt aber mit Immersion eine feinkörnige Beschaffenheit erkennen, d. h. die Kontur der Blase scheint aus lauter aneinander gereihten Körnchen zu bestehen. Aus der eben angeführten Festigkeit der Membran ergibt sich, daß diese Körnchen fest miteinander verbunden sein müssen, daß also die Vakuolenhaut aus einer homogenen Grundsubstanz besteht, die durch feinste Körnchen dicht punktiert ist. Mit Chlorzinkjod färbt sich die Membran anfangs genau in derselben Weise gelblich wie der plasma- tische Inhalt. Man hat danach die Membran als Plasmamembran auf- zufassen. Innerhalb der Vakuole wird nun im Verlauf der weiteren Ent- wicklung das Netzwerk schaumartiger Struktur, in dem die Sporen ein- gebettet sind, die Zwischenmasse Strasburger’s, gebildet. In dem lebenden Sporangium erscheint der Vakuoleninhalt wasserklar und vollständig homogen und läßt auch mit Immersion keinerlei Trübung erkennen. Auch gallertiger Inhalt, den Strasburger (1898, pag. 546) nach dem Zerdrücken der Blasen in Wasser auftreten sah, konnte nicht direkt nachgewiesen werden; dagegen fehlen zweifellos, entgegen den Angaben Strasburger’s, innerhalb der Vakuolen stets die Kerne und die Stärkekörnchen. Der Inhalt der Vakuolen dürfte danach aus ge- lösten Substanzen bestehen. Daß sich unter diesen eine Menge eiweiß- artiger Stoffe befinden, zeigt sich bei der Fixierung. Hierbei bilden sich nämlich feinflockige Gerinnsel, die mindestens zweierlei Kolloide enthalten. Eines derselben scheidet sich in Form feiner netzartig anein- anderhängender Fäden aus, das zweite in Gestalt feiner körnchenartiger Einsehlüsse in diesen Fäden (Textfig. 3 und Taf. XIV, Fig. 4). Die Fäden selbst speichern Hämatoxylin nur schwach, während die Körnchen den Farbstoff sehr fest zurückhalten. Diese Inhaltsbestandteile der Vakuolen hat Strasburger übersehen, und ist wohl dadurch zu der Annahme geführt worden, daß das Zytoplasma, wenn ich die Angabe recht ver- stehe, direkt als geformte schaumige Masse event. in Form der späteren Massulaewaben von dem Periplasmodium her einwandert. Strasburger schreibt (1898, pag. 546): „Die Einwanderung vollzieht sich der Haupt- Über die Bedeutung der Periplasmodien. 255 ‚sache nach von dem stärkeren plasmodialen Belage aus, der sich an ‚der Mikrosporangiumwand befindet. Die Waben der an die Blase an- grenzenden Zytoplasmaschicht schwellen dann zu noch bedeutenderer Größe an, als es diejenige war, welche die Kammern des Plasmodiums ‚zwischen den Sporen vor Beginn der Blasenbildung zeigten, und dringen gleichzeitig in die wenig konsistente Gallertmasse der Blasen vor. Sie nehmen so den Blaseninhalt, den sie zuvor ausgeschieden hatten, jetzt wieder in sich auf. Man kann die Zytoplasmakammern solchermaßen in den Blasenraum vorrücken sehen, oder richtiger gesagt, in den Präparaten verschiedener Stadien auffinden, welche die Blasen mehr ‚oder weniger tief von den Zytoplasmakammern durchsetzt zeigen“. Ein solcher Einwanderungsprozeß von schaumigem Zytoplasma ist unwahrscheinlich, weil die Massulablasen, wie oben gezeigt, von ‚einer ziemlich derben Vakuolenhaut umgeben sind. An dieser Haut sind sogar schon die Anlagen der Glochidien vorhanden, wenn noch von Maschen innerhalb der Blasen nichts zu sehen ist, ein Zeichen dafür, ‚daß tatsächlich die Massulablase schon eine Struktur und beträchtliche Dichte besitzt, so daß man ohne zwingenden Grund nicht annehmen kann, daß geformte Zytoplasmateile in großen Mengen durch sie hin- ‚durchwandern. Ein zwingender Grund ist aber keineswegs vorhanden und auch sonst keinerlei Andeutung dafür, daß wirklich strukturiertes Plasma einwandert. Dagegen kann man wohl annehmen, daß die Substanzen, welche die Fäden und die Körnehen bilden, in gelöster Form durch die Wand der Massulavakuole diffundieren, zumal in dem Maße, als die Vakuolen sich vergrößern, das Periplasma außerhalb der Vakuolen verschwindet. Entstehung der Zwischenmasse. Die Entstehung der Zwischenmasse ließ sich nieht an lebenden Sporangien verfolgen, weil hierin der Inhalt der jüngeren Massulae so gleichartig erscheint, daß überhaupt keine Differenzierungen wahrzu- nehmen sind. An fixiertem Material kann man feststellen, daß der eiweißartige Inhalt der Massulae anfangs in dicken, gerinnselartigen Flocken koaguliert und spärlich über den ganzen Innenraum der Massula- blase verteilt ist. Die Fiocken werden dann allmählich feiner und gleichmäßiger und nach einiger Zeit ist statt ihrer ein unregelmäßiges aber engmaschiges Netzwerk aus ziemlich dünnen Fäden zu sehen, die zahlreiche mit Hämatoxylin stark färbbare dicke Körnchen ent- halten. Sehr auffallend ist dann der Unterschied zwischen diesem Plasmanetz und der Schaumstruktur des Periplasmodiums. Denn dieses 256 E. Hannig, besteht, im Gegensatz zu dem eben geschilderten Bau der Massula- gerinnsel, aus einem sehr zart spinnwebigen Gerüst wit kleineren und größeren Vakuolen und einer Menge äußerst feiner, nicht sehr stark färbbarer Körnchen (vgl. Taf. XIV, Fig. &. Dieser Gegensatz bildet übrigens ein weiteres Indizinm gegen die Annahme Strasburger’s, daß ‚das Zytoplasma des Periplasmodiums in die Gallerie der Massula- blase zur Bildung der Wabenwände in geformtem Zustande einwandert. An Stelle der feinen Massulagerinnsel entsteht nun eine Art grob- schaumigen Gerüstes, dessen Kammern den späteren Waben entsprechen. Die Kammerwände dieses Gerüstes scheinen aus homogener proto- plasmatischer Substanz aufgebaut, (sie färben sich mit Jod gelb, mit Hämatexylin blau). Bei starker Vergrößerung (Immersion bei Häma- toxylinpräparat) zeigt sich aber, daß die Maschen der Wände aus sehr feinen Fäden von heller gefärbter Substanz zusammengewebt. sind, in denen dunklere Partieen liegen, die nicht oder kaum dicker sind als die Fäden (Textfig. 6). Aus diesen fädigen Kammerwänden entstehen dann die späteren homogenen scharf umrissenen Wabenwände. Eine rest- lose Umwandlung der ganzen Wabenwände, wie Strasburger angibt (pag. 547), findet. dabei aber nicht statt. Denn es bleibt in den alten Massulis mit fertig ausgebildeten Waben noch plasmatischer Inhalt in jeder Wabe zurück, der bei schwacher Vergrößerung aussiebt wie ein kontrahierter Protoplasmaschlauch in einer abgetöteten Zelle (Textfig. 6), der dagegen in Wirklichkeit aus einem feinen fädigen Netzwerk ge- bildet wird, das den Wabenwänden dicht anliegt. Zwischen solchen Fadensystemen liegt also die junge Wabenwand als anfangs homogene Lamelle. Später treten aber in dieser Lamelle Differenzierungen auf. Die fertige Wabenwand ist nicht homogen, sondern sie ist aus zwei sehr feinen und scharfen Lamellen zusammengesetzt, zwischen denen sich eine äußerst feinkörnige Suhstanz befindet. An manchen Stellen, besonders in der Umgebung von Sporen, weichen die beiden Lamellen auseinander. Dann geht die feinkörnige Mittelschicht in eine körnige Ausfüllungsmasse über, die bei relativ größerer Ausdehnung größere Schaumblasen und Vakuolen aufweist (Textfig. 6). Diese feineren Strukturen wären nicht der Erwähnung wert, wenn wir ihnen nicht bei den Makrosporen, dort aber in viel mächtigerer Ausbildung, wieder be- gegneten, . Aus dem Angeführten geht also hervor, daß die Massulablasen in ziemlieb beträchtlichen Mengen eiweißartigen Inhalt aufnehmen und daß durch Vermittlung dieser Substanz das schaumartige Wabenwerk gebildet wird. . Über die Bedeutung der Periplasmodien. 257 Bezüglich der chemischen Natur der Wabenwände sei nur folgendes bemerkt: In jüngeren Entwicklungsstadien gibt die Maschensubstanz eine Zeitlang Zellulosereaktion. Allerdings ist die Reaktion leicht zu über- sehen, denn wenn man die Blasen mit Chlorzinkjod behandelt, erhält man nur eine dunkelgelbbraune Färbung. Erst wenn man nach einiger Zeit ein solches Präparat mit Wasser auswäscht tritt eine, und zwar eine sehr intensiv violette Färbung auf. Die ausgewachsenen Wabenwände zeigen dann, wie auch Stras- burger angibt, mit Jod oder Chlorzinkjod, auch nach vorheriger Be- handlung mit KOH stets nur noch Gelbfärbung und erweisen sich gegen H,SO, sehr widerstandsfähig. Sie bestehen somit aus einer kutinartigen Substanz. ” Wachsen die Maschen der Massulae? Die bisher beschriebenen Bewegungsvorgänge innerhalb des Plas- modiums, die Bildung der Massulaevakuolen, sowie der Wabenwände in deren Innern und schließlich die Kernvermehrung in den Peri- plasmodien lassen keinen Zweifel mehr darüber bestehen, daß das Peri- ‚plasmodium einen lebenden, einheitlich funktionierenden Protoplasten dar- stellt. Zu diesen Feststellungen kommt nun als weitere Lebensäußerung die Tatsache, daß die Massulae im Laufe der Entwicklung eine beträcht- liche Vergrößerung erfahren, d. h. daß sie wachsen. Schon der bloße Vergleich von jungen und alten Massulis legt die Vermutung sehr nahe, daß Wachstum stattfindet. Sicherheit ergab sich dann bei Messung der Maschengröße. Diese wurden an verschiedenen Massulis in der Weise vorgenommen, daß in annähernd isodiametrischen Maschen der kürzere Durchmesser gemessen wurde. Ich führe einige Zahlen an: 447176553 8 se 5 788 88 81 10 8 12 11 14 12 iO 1 2 ı 1 12 i4 14 12 11 13 15 10 Maschen mit außergewöhnlich großem Durchmesser (20) wurden nicht gemessen. Ferner wurden Massulae zur Messung herausgesucht, die sich nicht merkbar kontrahiert hatten. Denn bei schlechter Fixierung an jungen Massulis zeigte sich oft starkes Zusammenschrumpfen, das an einer Zerknitterung der Wabenwände zu erkennen war. Die Zahlen der beiden ersten Reihen — jüngere Massulae mit schon ganz scharfen Konturen der Maschen — zeigen, daß bis zur Flora, Bü. 102. 18 258 ®. Hannig, Reife — die beiden letzten Reihen — die Durchmesser der Maschen sich fast verdoppeln. Damit ist also ein Wachsen der Wabenwände festgestellt, das in keiner Weise dem Wachstum normaler Zellwände, sondern höchstens einem Wachstum von Wänden kernloser Zellen mit spärlichem plas- matischem Inhalt vergleichbar wäre. Die Glochidien. Wir haben bisher gesehen, daß das Wabenwerk der Massulae sich innerhalb einer großen Vakuole, der Massulavakuole entwickelt, die im Periplasmodium liegt. Auf der Außenseite dieser Vakuolen, die Pro- dukte des Periplasmodiums sind, entstehen nun die für die Pflanzen- welt, ganz ungewöhnlichen ankerfürmigen Anhänge, die Glochidien. Mit der Bildung dieser Organe erreicht die formative Tätigkeit des Peri- plasmodiums ihren Höhepunkt. In gewisser Beziehung ist diese Tätig- keit derjenigen bei Bildung der Massulawaben analog, denn in beiden Fällen handelt es sich um Neubildung von Membrankörpern innerhalb des Periplasmodiums durch Vermittlung eines hautschichtartigen Organs. Bau der Glochidien. Der Bau der Gloebidien ist von Strasburger folgendermaßen beschrieben worden (pag. 58): „Sie sind der Haut schmal inseriert ohne stets deutliche Beziehungen zu den unter ihr liegenden Hohlräumen ... Diese Glochidien sind bei Azolla filieuloides einkammerig, bei A. fili- euloides var. rubra im oberen Teile zwei bis dreimal septiert, wobei häufig die untersten Scheidewände unvollständig, nur als einseitige Leisten in das Lumen der Glochide vorspringen. Die Membran der Glochide ist farb- los durchsichtig. An der Basis und am Scheitel sind die Glochidien ein- seitig zusammengedrückt, in ihrer Mitte etwas bauchig angeschwollen, an ihrer Spitze enden sie in einem ankerförmigen Köpfchen. Das Köpfchen und der flachgedrückte Fuß sind ihrer ganzen Masse nach fast ohne Lumen. Die Glochidien besitzen eine erstaunenswerte Elasti- zität. Solchen Pflanzen, die viele Dezennien lang getrocknet aufbewahrt worden waren, entnommen und ins Wasser gebracht, werden sie sofort turgeszent und stellen sich mehr oder weniger senkrecht auf die Massulae“. Diese Beschreibung ist noch an zwei Punkten zu ergänzen: erstens in bezug auf den Ansatz an die Massulae, den Fuß, zweitens in bezug auf die chemische Reaktion. ne Fe Über die Bedeutung der Periplasmodien. 259 Bau des Glochidienfußes. Bei der auffallenden Erscheinung des Aufstehens der Glochidien mußte dem Bau des Glochidienfußes besondere Aufmerksamkeit ge- widmet werden. Man sieht zuweilen Bilder, aus denen hervorzugehen scheint, daß die Glochidien durch ein langes stielrundes Fußstück mit der Zwischenmasse verbunden sind. Sorgfältige Untersuchung an gefärbten Präparaten — besonders Saffraninfärbung eignet sich dazu — ergaben mit Sicherheit, daß die Bilder nur die Profilansicht der Glochidien geben (Strasburger). Die Verbindung des Glochidienkörpers mit der Zwischenmasse wird durch eine bandförmige Fortsetzung der Glochide hergestellt, die nur von der Seite fadenförmig dünn erscheint. Wenn die; Glochidien innerhalb des Sporangiums der Massula angedrückt sind, liegen sie stets mit der flachen Seite an. Die außerordentliche Elastizität kann man leicht feststellen, wenn man viel Wasser unter das Deekglas gibt, dann zittern die Glochidien senkrecht zur Fläche des Fußes auch ohme besondere Erschütterung lebhaft hin und her. Chemische Beschaffenheit der Glochidien. Um die Leistung des Periplasmodiums bei der Bildung der Glochidien richtig einschätzen zu können, müssen wir auch die chemische Natur dieser Anhänge genauer analysieren. Ihrer chemischen Be- schaffenheit nach bestehen die Glochidien im großen und ganzen ans einer kutinartigen Substanz. Sie färben sich mit Sudanglyzerin schwach- rötlich, mit Chlorzinkjod gelb, auch nachvorheriger Erwärmung mit KOH, während Jod allein nur sehr schwache Reaktion gibt. In ganz jungen Stadien werden die Glochidien, wie die Zwischenmasse, mit Chlorzinkjod noch gelb, sind also noch eiweißartiger Natur. Später konnte, wie bei der Zwischenmasse, vorübergehend Zellulosereaktion erhalten werden, wenn das Präparat nach Behandlung mit Chlorzinkjod mit Wasser aus- gewaschen wurde; erst die erwachsenen Massulae zeigen überall Kutin- reaktion. Übrigens gibt auch Mettenius (Linnaea 1897, pag. 271) an, daß sich die Glochidien mit J+-H,8S0, konz. violett färben, während Strasburger (1873, pag. 60) wohl häufig, bei der Zwischenmasse aber nicht bei den Glochidien nach Zusatz dieser Reagentien violette Färbung auftreten sah. Strasburger schreibt ferner, „daß sich die Glochidien .... besonders die verdickte Spitze mit Chlorzinkjod hellgelb färben“, und „daß nach Erwärmen mit KOH die Glochidien an den Spitzen hell- bräunlich gefärbt“ wurden. 18* 260 E. Hannig, Der Unterschied zwischen Kopf und Körper der Glochidien ist in der Tat vorhanden und zwar ganz scharf ausgebildet. Bei eben fertiggestellten Glochidien erhält man mit Jodjodkalium schwach hellgelbe Färbung des Körpers und braungelbe des Stückes, das zwischen den beiden Ankerzähnen gelegen ist (Textfig. 7). Das letztgenannte Stück zaimmt Hämatoxylin gar nicht auf, während die Ankerzähne blaßblau, die übrigen Teile dunkler werden; mit Saffranin färben sich Körper und Faß intensiv rot, der Anker dagegen nur sehr schwach. In den leisen Anschwellungen der Ankerzähne bleiben zwei Stellen ungefärbt und erscheinen stark lichtbrechend, so daß der Eindruck erweckt wird, als sei dort ein luftleerer Raum vorhanden. m Wir erwähnen diese Differenzierungen absichtlich, obwohl sie an sich wenig Interesse beanspruchen, weil sie zeigen, daß die Glochidien nicht nur morphologisch, sondern auch chemisch mehrfach differenziert sind. Entwicklung der Glochidien. Sehr viel Schwierigkeit bereitete die Untersuchung der Entwicklung der Glochidien. Bei fixiertem und ein- gebettetem Material konnte niemals irgend ein jüngeres Fig. 7. Köpf- Entwieklungsstadium aufgefunden werden, auch nicht nach- ne dem die Entwicklung bekannt war; ebensowenig gelang Mittelstück. es, die Bildung der Glochidien an Alkoholmaterial festzu- £ a stellen. Deshalb haben auch weder Strasburger, der " anscheinend nur Alkoholmaterial untersuchte, noch Camp- bell oder Pfeiffer, die aur Mikrotomsehnitte durehmustert haben, die Entstehung der Glochidien beobachten können. Auch bei frischem Material kostete es viele vergebliche Mühe, ebe es gelang, der jüngeren Entwicklungsstadien habhaft zu werden. So oft man Sporangien untersucht, in deren Zwischenmasse, auch wenn sie noch so jugendlich ist, das Maschenwerk deutlich zu erkennen ist, findet man nur vollständig fertig gegliederte Glochidien, so daß es den Anschein gewinnen könnte — und Strasburger hat auch diese Ansicht ausgesprochen — als ob die Gebilde sich in ihrer endgültigen . Gestalt mit einem Male fertig aus dem Periplasma entwickelten. Auf den Gedanken kann man um so eher kommen, als die Glochidien stets an die Oberfläche der Massulae angelegt und somit in dem die Masssulae einhüllenden Plasma eingebettet sind. Diese Lage der Glochidien er- gibt sich daraus, daß die Massulae den Raum des Sporangiums so sehr ausfüllen, daß gar kein Platz für nur einigermaßen abstehende En FE Über die Bedeutung der Periplasmodien. 261 Anhangsorgane vorhanden ist. Erst wenn die Massulae aus dem Spo- rangium befreit werden, richten sich die Glochidien auf, und zwar geht bei reifen Sporangien die Aufrichtung so schnell vor sich, daß man glauben könnte, man habe die Glochidien vorher übersehen, und diese sejen von vornherein senkrecht zur Massulaoberfläche gestellt gewesen. Nur bei jüngeren frischen Massulis findet man beim Öffnen der Spo- rangien die Glochidien noch durch die Periplasmahülie festgehalten und mehr oder weniger an die Massulae angedrückt. Das Aufrichten der Massulae findet in lebenden und in fixierten reifen Massulis mit gleicher Schnelligkeit statt, hängt daher nicht vom osmotischen Druck oder anderen Vorgängen, die an lebendes Plasma gebunden sind, ab, sondern nur von der elastischen Beschaffenheit und dem Bau des Glochidienfußes, der vermöge seiner hohen Elastizität federartig auf- schnellt, Um die Entwicklung der Glochidien verfolgen zu können, muß man Sporangien aufsuchen, in denen’zwar die Massulavakuolen schon vor- handen, die Massulae aber noch ganz jung sind und keine Schaumstruk- tur zeigen. Die Oberfläche der Massulae, die wir schon als Vakuolenhaut bezeichnet ha- z Fig. 8. Vakuolenhaut einer jungen. Massula-Vakuole, an der ben, erweist die Anlagen der Glochidien als schlauchartige Ausstülpungen sich, darum bei zu sehen sind. Betrachtung mit homogener Immersion als äußerst fein punktiertes plasmatisches Häutehen, während das Innere der Massulavakuole, wie schon hervor- gehoben, noch vollständig homogen und wasserhell erscheint. Gelingt es eine solche Blase im richtigen Stadium in physiolo- gischer Kochsalzlösung zu isolieren, dann erkennt man bei Anwendung starker Vergrößerungen, daß sich aus der Vakuolenwand schlauchartige Ausstülpungen hervorheben. Die jüngsten beobachteten Stadien sind stets etwas flaschenförmig aufgetrieben (Textfig. 8); ältere zeigen die Anfänge des Kopfes als ungefähr spatelförmige Erweiterungen mit be- ginnenden Aussackungen nach unten, aus denen die Ankerhaken ent- 262 E. Hannig, stehen (Textfig. 9). Der Kopf ist schon gleich von Anfang an seitlich etwas zusammengedrückt, nieht kugelig, wenn auch in seitlicher Ansicht etwas angeschwollen. Die Anlagen der verschiedenen Glochidien entstehen an einer Massulablase, ungefähr, aber nicht genau zu gleicher Zeit, so daß man immer verschiedene, wenn auch nahe bei- einanderliegende Ent- wicklungsstufen findet, Die ursprünglichen stumpfen Widerhaken schärfen sich schnell zu und biegen sich schließlich noch nach innen zurück.Dannerst . R . tritt die Querwand auf, Fig. 9. Vakwolenhaut € einer la a etwas älterem welche das Köpfchen von dem Ankerstiel ab- trennt (Textfig. 13). Die jugendlichen Schläuche entstehen aus der Substanz der Vakuolenmembran und erscheinen als äußerst feinkörniges Plasma- häutchen, das sich bei Zusatz von Jod in gleicher Weise gelb färbt wie der übrige plasmatische Inhalt des Sporangiums. Anfangs sind sie noch ganz weich, so daß sie sehr leicht beim Präparieren deformiert werden (Textfig. 10). Sie müssen aber mit dem unter hohem Druck stehenden Inhalt der Vakuole gefüllt sein. Denn dieeinzelnen Massula- blasen liegen innerhalb des Sporangiums so dicht an- einander, daß auch die Glochidienanlagen an die . j Oberfläche der Blase ange- Fig. 10. Junge Massula mit Giochidien, deren R ang Merabranen noch nicht fest sind. » Hantschicht drückt wachsen. Trotzdem der Vakuole, in der die Massula liegt. richten sich diese Anlagen bei Befreiung der Massulae sofort auf, was nur durch Zuhilfenahme eines hydrostatischen Druckes im Innern der Blase zu erklären ist, da der Fuß in diesem Stadium noch aus protoplasmatischer Substanz besteht. Ein solcher Druck ist hier um so leichter zu verstehen, als die Massulavakuole noch keine Maschen aus- » Über die Bedeutung der Periplasmodien. 263 gebildet hat, also noch ganz mit Flüssigkeit angefüllt ist. Auch wenn die Anker am Köpfehen der Glochidien schon fertiggestellt und die Maschen schon ausgebildet sind, erweisen sich die Glochidien noch als Fig. 11. Junge Massula. ® Die Vakuolenhaut des Periplasmodiums, in der die Massula liegt, hat sich in Wasser weit abgehoben. sehr weich und zeigen infolge der Präparation oft wellige Verbiegungen. des Stieles oder der Widerhaken des Ankers (Textfig. 10). Ursprünglich sind die Glochidien freie Ausstülpungen der großen Massulavakuolenhaut, die gebildet werden, wenn vom Netzwerk der Zwischen- masse noch nichts zu sehen ist. An den fertigen Mas- sulis aber scheinen die Glochidien aus einer Schaumblase der Zwischen- masse hervorgewachsen zu sein (Textfig. 12). Diese Sehaumblasen werden erst später durch Verbindungs- stücke gebildet, die sich zwischen die Massula- vakuolenhaut und die an- Fig. 12. Ältere Glochidienanlagen, die den An- grenzenden Waben ein- satz der Glochidien an die Waben zeigen. schieben. In einem Prä- parat ließ sich sehr schön beobachten, daß die äußerste Wahenschicht zuletzt gebildet wird. Die freigelegte Massulablase zeigte ein zartes feines Netzwerk im Innern als Anlage des Waben werkes, das noch nicht 264 E. Hannig, bis an die Oberfläche der Massula reichte (Textfig. 18). Durch Druck des Deckglases wurde nun die äußere Massulablase aufgerissen, der Inhalt herausgedrückt und die Vakuolenhaut samt den Glochidienanlagen freigelegt. Der vorher sichtbare Teil der Netzwerke ging dabei übrigens vollständig zugrunde, war also in leicht zerstörbarer Form aus- geschieden gewesen. Wachsen die Glochidien? Um diese Frage zu entscheiden, wurden Massulae verschiedenen Alters mit Saffranin gefärbt, wobei die Glochidien besonders scharf her- vortraten, in Kanadabalsam eingeschlossen und dann die Glochidien der verschiedenen Massulae gemessen. jüngere Glochidien 23 19 28 22 23 26 29 27 28 23 ältere »n 33 832 836 34 sı 37 33 35 Daraus geht hervor, daß die Glochidien, nachdem sie ihre ankerförmige Gestalt erreicht haben, sich noch beträchtlich verlängern. Die Verlänge- Fig. 13. @ Junge Massula mit GIochidien und Wabenwänden. 5 Die Vakuolenhant derselben Massula nach dem Zerdrücken im Wasser; stärker vergrößert. Die Waben sind verschwun- den, in den Glockidien ist noch ein plasmatisches Häut- chen sichtbar. Fig. 13. rung ist insofern verständlich, als die Glochidien nicht nur nach außen hin ganz in das Periplasma eingebettet sind, sondern auch noch lange Zeit feinkörnigen homogenen Inhalt führen, welcher den Rest des Plas- mahäufchens, aus dem sie entstanden sind, darstellen dürfte und den plasmatischen Substanzen entspricht, die in den Waben der Zwischen- masse übrig bleiben. Meist sieht man im Innern der Glochidien auch noch tropfige Inhaltsbestandteile, die den alten Glochidien fehlen, also wohl beim Wachstum aufgebraucht werden. Verhalten der Mikrosporen. In der Zwisehenmasse nahe der Oberfläche der Massula sind die Mikrosporen eingebettet. Strasburger gibt an, daß sie „eine einfache | | Über die Bedeutung der Periplasmodien. 265 ziemlich stark verdickte Membran“ besitzen und daß sie meist auf der einen Seite noch drei Leisten erkennen lassen, die von ihrer tetraedrischen Teilung herrühren (1873, pag. 58). Ob die Mikrosporenmembranen später noch eine weitere Differenzierung erfahren, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen, ist auch für unsere Zweeke nicht von Wichtigkeit. Erwähnt zu werden verdient aber, daß auch die Sporen, nachdem die Massulawaben fertig gestellt sind, noch wachsen. Es geht dies aus den folgenden Messungen hervor (die Zahlen jeder Serie stammen von Sporen verschiedener Sporangien): 1. Massulae noch ohne Waben 54 52 55 60 58 52 54 54 2. jüngere Massulae mit Waben 62 60 60 65 60 58 60 65 3. alte Massulae mit Waben 80 82 78 82 80 85 80 82 Nach Anlage der Massulawaben vergrößern sich also die Durch- messer der Sporen noch um ca. 30 %/,. Hier interessiert nun noch die Frage, woher die Baustoffe für dieses Wachstum stammen. Eine ganz sichere Entscheidung ließ sich nicht treffen. Wahrscheinlich aber wird das Baumaterial von dem Plasmodium geliefert. Dieses enthält nämlich viel Stärkekörner, die erst spät verschwinden, während die jungen Sporen in den Massulis, welche eben ihre Waben geschlossen haben, sehr arm an Reserve- stoffen sind. Sie besitzen wasserklares Plasma und eine zentrale Vakuole, die fast den ganzen Sporenraum einnimmt. In älteren Stadien dagegen lassen sich in den Sporen verhältnismäßig reichlich Stärke- körner und Fettropfen nachweisen. Da zudem die Sporen stets an der Peripherie der Massulae liegen und hier nicht in einer Wabe, sondern zwischen den Waben in einer schaumartigen Masse von plasma- ähnlichen Farbreaktionen, kann man sich vorstellen, daß aus dem Peri- plasmodium Nährstoffe in die Sporen einwandern. Allerdings wäre der Vorgang insofern auffällig, als die Nährstoffe nicht nur durch die kuti- sierte äußere Wand der Massulae, sondern auch durch die dieken Sporenmembranen, die ebenfalls längst Kutinreaktion zeigen, hindurch- diffundieren müßten. Zerfall des Periplasmodiums Im Gegensatz zu den Equisetumsporangien wird bei Azolla das Periplasmodium nicht. vollständig aufgebraucht. Auch um ganz reife Massulae findet man noch ein dünnes mit Hämatoxylin färbbares Häutchen von unregelmäßig netzartiger Struktur. Das Plasmodium stirbt zweifellos nicht gleich nach Bildung der Glochidien ab. Es enthält nach Fertigstellung dieser Gebilde noch 266 E. Hannig, längere Zeit Chlorophylikörner und Stärke, die erst allmählich auf- gebraucht werden. Ferner scheidet es nach der Bildung der Glochidien- hautschicht eine neue Hautschicht gegen die einzelnen Massulae ab, die sich oft sehr weit von den Massulis abhebt, wenn man ein Mikro- sporangium in der ersten Zeit nach Ausbildung der Glochidien in phy- siologischer Kochsalzlösung zerdrückt (s. Textfig. 11). Die Plasmodiumkerne, die anfangs chromatinreich sind, fangen nach der Bildung der Glochiden an chromatinarn und blasig zu werden. Später zeigen sie nar noch undeutliche Konturen und zerfallen schließ- lich vollständig. Makrosporen. Der Bau der Makrosporen von Azolla ist mindestens ebenso merk- würdig, wie derjenige der Mikrosporen und ihrer Anhangsgebilde und scheint auf den ersten Blick von dem der Mikrosporen sehr stark ab- zuweichen. Die Entwicklung der Makrosporangien wurde nun zwar nicht lückenlos verfolgt, aber doch so weit als nötig war, um die Homologie- 'verhältnisse zwischen Mikro- und Makrosporangien feststellen zu können. Bau der Makrosporen. In dem reifen Makrosporangium, das wesentlich kleiner ist als das Mikrosporangium, wird reichlich die untere Hälfte von einer einzigen großen kugeligen Makrospore eingenommen, die von einem gelben, sehr kompliziert gebauten Perispor*) umhüllt ist. Auf dem Scheitel der Spore sitzen drei annähernd eiförmig gebaute Körper, die sich gegenseitig berühren und an den Berührungsflächen so abflachen, daß die Trennungs- flächen einen Winkel von 120° miteinander bilden. Die Schnittlinie dieser drei Flächen fällt in die Längsachse des Sporangiums und stößt gerade an der Stelle auf die Membran der Makrospore, wo drei Leisten unter einem Winkel von 120° ausstrahlen. Diese drei- Leisten rühren von der tetraedischen Teilung der Sporenmutterzelle her, die der Makro- spore und ihren verkümmerten Schwesterzellen den Ursprung ge- geben hat. Von den Scheiteln der drei biruförmigen Körper (Schwimmapparate nach Strasburger) entspringt ein dichtes Büschel äußerst feiner 1) Bezüglich der Einzelheiten muß auf die Ausführungen und Abbildungen in Strasburger’s Werk (1873) verwiesen werden. ! ; Über die Bedeutung der Periplasmodien. 2367 peitschenförmiger Anhänge, die innerhalb des Sporangiums nach rück- wärts gerichtet und der Oberfläche der Anhänge dicht angedrückt sind, da, ähnlich wie bei den Glochiden, in den Mikrosporangien kein Raum verfügbar ist, in dem die Peitschen sich ausdehnen könnten. Ebensolche peitschenförmige Anhänge finden sich auf der Oberfläche des Perispors der Makrospore, nur entspringen sie hier nicht büschelweise, sondern sind einzeln und gleichmäßig über die ganze Oberfläche der Spore verteilt. Diese drei birnförmigen Körper hängen mit der Makrospore zusammen, aber nicht so fest, daß man sie nicht mit einiger Geschicklichkeit ohne weitere Beschädigung von der Makrospore und voneinander abtreunen könnte, . An den Sporenmembranen sind zwei Hauptschichten zu unter- ‚scheiden, die eigentliche Sporenmembran, Exospor, und das Perispor. Das Exospor läßt sich leicht von dem Perispor ablösen und ist bei fixiertem und. geschnittenem Material sogar stets mehr oder weniger aus dem Perispor herausgerissen. Es stammt von der ursprünglichen Membran der Sporenzelle und zeigt während seiner Entwicklung nichts außergewöhnliche. Da sein Schicksal mit dem Periplasmodium nicht direkt in Zusammenhang steht, brauchen wir in folgendem auf diese Membran nicht einzugehen. Das Perispor läßt, abgesehen von den peitschenförmigen Anhängen, zwei Teile erkennen: 1. zu innerst eine schaumartige Masse, die Zwischenmasse (nach Strasburger); ö 2. eine derbe gelb gefärbte Außenschicht. Die schaumartige Masse (Textfig. 14) ist für uns von besonderer Wichtigkeit. Sie erinnert in ihrem Aussehen an die Waben der Massulae in den Mikrosporen und stimmt auch in ihrem chemischen Verhalten mit diesen überein. An dem apikalen Pol der Spore, wo die Zwischen- masse ziemlich mächtig ist, sind die Waben verhälteismäßig regelmäßig, nach unten zu dagegen, wo das Perispor die walzenförmigen Erhebungen aufweist, sind sie nach Form und Größe unregelmäßiger. Große, aber ziemlich unregelmäßige Waben weisen die Ausfüllungen der krater- artigen Erhebungen auf. Hier stoßen die Waben nicht unmittelbar an- einander, sondern sind an manchen Stellen durch Partien der nicht vakuolisierten Grundmasse getrennt, die eine dichte feine Körnelung zeigt. Diejenigen Teile der Zwischenmasse, die in den dünnen Feldern zwischen den Kratern liegen, zeigen im allgemeinen dieselbe feinkörnige Grundsubstanz, die nur vereinzelte kleine Vakuole ausgebildet hat und sich scharf gegen die großvakuolige Füllung der Kraterhoklräume ab- 268 E. Hannig, setzt (Textfig. 14). Die derbe Außenschicht ist ungefähr ebenso dick wie die eigentliche Sporenmembran, dabei aber auf ihrer ganzen Innen- seite mit unregelmäßig tropfigwarziger Körnelung versehen, und macht etwa den Eindruck einer ursprünglich sirupartigen, plötzlich erstarrten Hülle. Fig. 14. Seitlich geführter Längsschnitt durch die Spitze eines Makrosporangiums. sö Gelbe Einschlüsse, die Reste der verkümmerten Sporen. 4 Peitschen- förmige Anhänge. ?e Äußere derbe Schicht des Perispors, An welcher Stelle des Perispors die peit- schenförmigen Anhänge entspringen, ist sehr schwer festzustellen. Auch Strasburger scheint darüber nicht klar gewesen zu sein, denn an einigen seiner Schnittbilder läßt er die Peitschen an der derben Außenschicht anfangen, und zwar an der Ober- fläche der warzenför- migen Krater; an an- deren Figuren setzen sie an die wabige Zwi- schenmasse an, welche die Krateröffnungen um- gibt. Man sollte glauben, daß die Frage nach dem Ursprung der Peit- schen leicht zu ent- scheiden wäre. Es ist mir aber trotz vieler Mühe nicht gelungen, ganz. sicher die Ansatzstelle- festzustellen; doch halte ieh es für wahrschein- lich, daß die Peitschen. nicht auf der derben gelben Schicht, sondern. auf der Oberfläche der Wabenmasse entstehen. Von besonderer Wichtigkeit ist nun noch. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 269 die Frage nach dem Bau der Peitschen. Einstweilen ist es das wahrscheinlichste, daß sie hohle Schläuche darstellen, die also den Glochidienschläuchen homolog wären. Man kann an saffranin- gefärbten Präparaten bei starker Vergrößerung (ca. 1500) mit Sicher- heit feststellen, daß die Peitschen auf dem Querschnitt innen un- gefärbt sind, während die Peripherie einen dunkelroten Ring bildet. Ebenso sind auf den Längsbildern zwei dunkle Außen- konturen und ein ungefärbter mittlerer Streifen zu erkennen. Diese Bilder stimmen mit der Annahme, daß die Peitschen Schläuche sind, überein; denn es gibt kaum eine Zellstruktur, die sich mit Saffranin nieht färben läßt. Immerhin ist bei den winzigen Dimensionen des Peitschenquerschnittes der Beweis dafür, daß den ungefärbten Stellen tatsächlich ein Hohlraum entspricht, nicht direkt zu erbringen. Die Schwimmkörper unterscheiden sich von dem Perispor da- durch, daß bei ihnen die derbe gelbe Außenschicht fehlt, und daß sie vollständig aus großen Waben aufgebaut sind, die ungefähr ebenso gleichmäßig erscheinen, wie die Waben der Mikrosporenmassulae. Die körnige Grundmasse, die wir bei dem Perispor fanden, fehlt hier; die peitschenförmigen Anhänge entspringen alle dichtgedrängt an dem zu- gespitzten Pol der Schwimmkörper. Makrosporangium und Tapetenbildung. Für die ersten Entwicklungsstadien der Tapetenzellen im Makro- sporangium gilt, wie schon erwähnt, genau das von den Mikrosporangien Gesagte. Es wird auch hier eine scharf von dem Komplex der Sporen- mutterzellen abgegrenzte Tapetenschicht gebildet, deren Zellen ursprüng- lich durch Querwände voneinander getrennt sind, dann aber durch Auf- lösung dieser Membranen zu einem Plasmodium verschmelzen. Zwischen die Sporenmutterzellen dringt das Plasmodium in der- selben Weise ein wie beim Mikrosporangium und wandert nach voll- endeter Teilung der Sporenmutterzellen auch überall zwischen die einzelnen Sporen, bis diese ganz gleichmäßig im Plasmodium verteilt sind. Während bei den Mikrosporangien 16 Spormutterzellen gebildet werden, hören die Zellteilungen im Makrosporangium schon nach Bildung von acht Sporenmutterzellen auf. Die acht Zellen zerfallen dann durch Tetraden- teilung in je vier Sporen, so daß im Makrosporangium im ganzen 32 Sporenzellen angelegt werden gegenüber den 64 Sporen des Mikro- sporangiums. 2709 j E. Hannig, Das Verhalten der Sporenzellen ist schon von Strasburger, Pfeiffer und Campbell dahin klargestellt worden, daß von den 32 Sporen nur eine sich entwickelt, die zukünftige Makrospore, während alle übrigen verkümmern. Diese eine Spore liegt stets zentral im unteren Teile des Sporangiums (Textfig. 15«@ u. 2). Pfeiffer bildet Sporangien ab, in denen die drei Schwesterzellen der auserwählten Spore größer sind als die verklimmerten übrigen Sporen, woraus hervorgeht, daß nicht nur die eine Spore, sondern die ganze Sporenmutterzelle vor den übrigen bevorzugt sein kann. Das Schicksal der verkümmerten Sporen. Das Verhalten der zugrunde gehenden Sporenanlagen ist von den genannten Autoren nicht genauer verfolgt worden. Alle begnügen sich damit anzugeben, daß sie anfangs im Periplasma gleichmäßig verteilt sind (s. Abb. von Campbell und Pfeiffer) und später zugrunde gehen. Nur Mettenius spricht die Ansicht aus, daß die gelben Einschlüsse, die man später in dem Schwimmkörper der Makrospore. findet (s. pag. 268, Textfig. 14), Fig. 15. Fig.15. Zwei Makrosporangien. sp Makro- sporen. » Vakuolen, in denen die Makro- sporen liegen. sö Verkümmerte Makrosporen. Fig.16. Junge Makrospore. mv Massulavaku- olen, in denen die Schwimmkörper entstehen. Mo Vakouole um dieMakrospore, geplatzt und zurückgeschlagen. sö Verkümmerte Sporen in den Massulavakuolen. 255 Makrosporen. Fig. 16. mit diesen verkümmerten Sporen gleich seien, eine Ansicht, die Stras- burger als unbegründet zurückweist, die aber, wie sich gleich zeigen wird, zu Recht besteht. Daß die verkümmerten Sporen ursprünglich ebenso wie die Ta- petenkerne gleichmäßig um die weiterwachsende große Spore herum- legen, ist an jungen Sporangien sehr leicht festzustellen. Das Peri- plasmmodium solcher Sporangien scheint an fixierten Präparaten durch das ganze Sporangium hin die gleiche Struktur zu besitzen. Etwas später Über die Bedeutung der Periplasmodien. 271 aber treten in dem Plasmodium Bewegungsvorgäuge und Strukturverände- rungen auf. Wenn die junge Makrospore einen Durchmesser von ı% Durchmesser des Sporangiums erreicht hat, besteht die innere Zone des Periplasmodiums aus dichtem kernlosem Plasma, während die äußere sehr lockere, schaumige Struktur zeigt und die sämtlichen Kerne nebst den verkümmerten Sporen enthält. Bei etwas größeren Sporan- gien findet man dann, daß die Hauptmasse des Plasmodiums sich an dem apikalen Ende des Sporangiums angesammelt und diese verküm- merten Sporen, die ebenso wie die reifende Spore gelb gefärbte Membranen besitzen, mitgenommen hat (Textfig. 15@ und 5), während stets ein Teil der Plasmodiumkerne in dem dünnen seitlichen und basalen Plasmamantel zurückgeblieben ist. Die geschilderte Plasmabewegung fällt ungefähr mit einer be- s merkenswertenDrehung der großen Makrospore zusammen. Diese Spore läßt nämlich sehr deut- lich die drei Kanten erkennen (Textfig. 17 2), an denen sie in der Spo- Fig. 17.0. Makrosporan- renmutterzelle mitihren Schwesterzellen zusam- menstieß, es ist das die Stelle, an der später bei der Keimung der Makro- spore das Prothallium durchbricht. Die Orien- tierung dieses Drei- gien. #5 Makrospore sd Verkümmerte Makro- sporen. cy Cyanophy- ceen. Fig. 175. Die herans- gedrückte Makrospore mit einem Teil des Peri- plasmodiums, das bei st die Wülste über dem Dreistrahl der Spore er- kennen laßt. strabls ist ursprünglich dem Zufall unterworfen (vgl. Fig. 9, Taf. XXXII bei Pfeiffer); wenn die Spore aber größer geworden ist, findet sich der Dreistrahl stets nach der Öff- nung des Sporokarps zu orientiert. Die Drehung der Makrospore ist not- wendig, weil bei der Keimung dem ganzen Bau des Perispors nach die Öffnung nur an dieser Stelle erfolgen kann. Rein mechanisch aus den Raum- verhältnissen und der Gestalt der Spore läßt sich die Drehung nieht erklären, da die Spore ja kugelförmig ist und der Dreistrahl aus sehr niedrigen Leisten besteht. Da ferner die Sporenmembran schon in diesem Stadium sehr derb ist, kann die Drehung wieder nur auf eine nicht näher definierbare Aktivität des Plasmodiums zurückgeführt werden. Je mehr die Spore sich vergrößert, desto vollständiger füllt sie den 272 E. Hannig, Raum des Makrosporangiums aus. Man könnte denken, die wachsende Spore ‚drängte das Plasma nach dem apikalen Ende des Sporangiums. Das ist aber nicht der Fall; vielmehr muß das Plasma sich im. wesent- lichen aktiv an das apikale Ende bewegen. Denn 1. beginnt die An- häufung des Plasmas sehen, wenn die Spore noch kaum den halben Durchmesser des Sporangiums. besitzt, und 2. sind apikales und basales Ende des Sporangiums der Gestalt nach ganz gleich, so daß kein mechanischer Grund für die Verschiebung des Plasmas nach der einen oder der änderen Seite vorliegt. Die Bewegung des Periplasmas endet damit, daß eine große Plasmakappe über der ‘Spore liegen bleibt, während nach den übrigen Seiten bin nur ein verhältnismäßig dünner Plasmaschlauch die Spore umgibt (Textfig. 17a). In diesem letzteren sind nur noch Tapefenkerne enthalten, während alle verkümmerten Sporen im Verlauf der weiteren Entwicklung nach der Kappe abge- sehoben sind. Bein mechanisch läßt sich diese Bewegung nicht er- klären, denn sonst müßten auch die Tapetenkerne dorthin gedrängt werden. In der unteren dünnen Plasmahülle wird das Perispor der Makro- spore in der oberen Plasmakappe der sog. Schwimmapparat (Angel- apparat), gebildet. Die weitere Entwicklung, die im wesentlichen an fixiertem Material studiert wurde, ergab, daß trotz der großen äußerlichen Verschieden- heiten eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Makro- und den Mikrosporen besteht. Die Unterschiede ergeben sich sozusagen von selbst, wenn man den Bau des reifen Makrosporaugiums kennt. Die eine Spore, die in dem Makrosporangium entwickelt wird, liegt allein in einer großen Vakuole (Textfig. 16, wo die Vakuole geplatzt und nach unten zurückgeschlagen ist und Textfig. 15 a und 5. Die 31 verkümmerten Sporen dagegen verteilen sich annähernd gleichmäßig auf die drei birnförmigen Vakuolen tiber der großen Spore (Textfig. 16), ein Vorgang, bei dem, ähnlich wie bei dem Mikrosporangium, Kräfte des Periplasmas wirksam sein müssen, welche die Verteilung der ver- kümmerten Sporen regulieren, In diesen Vakuolen bildet das Periplasmodium die bekannten Schaumkörper des Angelapparates aus. Man kann diese Entwicklungs- stadien am besten an fixierten, mit Eau de Javelle durchsichtig ge- machten Sporangien feststellen. Die drei Vakuolen des Angelapparates liegen dann in dem oberen Teil der Makrospore so zusammen, daß sie in der Richtung der Längsachsen des Sporangiums etwas gestreckt sind Über die Bedeutung der Periplasmodien. 273 und sich außerdem gegenseitig ein wenig abflachen. Das Periplas- modium bildet aber diese Vakuolen in viel regelmäßigerer Anordnung als dies in den Mikrosporangien der Fall war. Es tritt um die Makro- spore eine große Vakuole auf, die fast den ganzen unteren Teil des Sporangiums einnimmt. In der Plasmakappe über dieser Makrosporen- vakuole entstehen gleichzeitig drei Vakuolen, die .sich gegenseitig so abplatten, daß ihre gemeinsame Berührungskante in der Längsachse des Sporangiums auf der Makrospore senkrecht steht, also eine ähnliche Anordnung wie bei der Teilung gewisser Sporenmutterzellen in Kugel- quadranten. Diese Anordnung kehrt ausnahmslos bei allen Makro- sporangien wieder, ist somit keine zufällige. Die gegenseitige Ab- flachung und die glatte Einfügung in das Sporangium sind ja nun zweifellos durch die Raumverhältnisse verursacht, aber die regelmäßig polare Anordnung und die Regelmäßigkeit in den Größenverhältnissen können, wie oben bei den Mikrosporangien, wieder nur durch eine räumlich regulierende Tätigkeit des Periplasmodiums bedingt sein. Die Vakuolen sind anfangs gerade wie bei den Mikrosporangien mit wasserklarem Inhalt gefüllt und liegen wie dort, wenigstens anfangs, dicht unter der Oberfläche der. Massulablasen. In diesen Blasen treten beim Fixieren ähnliche Gerinnsel auf, wie in den Blasen des Mikro- sporangiums und lassen sich sogar in den fast fertig ausgebildeten Waben besonders gut beobachten. Wenn auch die Beziehungen dieser Gerinnsel zu den Waben nicht in ihren Einzelheiten verfolgt werden konnten, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Schaum- struktur der Schwimmkörper auf ähnliche Weise entsteht wie die Waben der Mikrosporenmassulae. Die Homologie der drei Teile des sog. Schwimmapparates mit den Massulis der Mikrosporangien liegt so auf der Hand, daß wir sie als Massulae der Makrosporangien be- zeichnen müssen. Das Gleiche gilt auch für die Hülle, welche die Makrospore um- schließt, d. h. für das Perispor der Makrospore. Verfolgen wir bei dieser die Entwicklung weiter, dann zeigt sich, daß sie in ihrer Vakuole so lange wächst, bis nur noch ein schmaler Saum zwischen ihr und der sie umschließenden Vakuolenwand freibleibt. Hier sammeln sich im Gegensatz zu den Mikrosporangien dichte körnige Plasmamassen an, aus welchen das Perispor entsteht, während aus der Oberfläche der Vakuolenmembran die peitschenförmigen Anhänge vorsprossen. Bilder, die mit Sicherheit als Entwieklungsstadien der Peitschen hätten ange- sprochen werden können, ließen sich aber an fixiertem Material nicht auffinden. Auch an lebendem Material habe ich vergebens nach Anfangs- Flora, Ba. 102. ı9 274 E. Hannig, stadien gesucht. Wenn schon die verhältnismäßig großen Glochidien der männlichen Massulae nur äußerst schwierig zu erkennen waren, läßt sich begreifen, daß die Entwicklung dieser Peitschen eher durch einen Glücksfall, als durch mühsames Suchen gefunden werden kann. Da aber, wie oben (s. 269) ausgeführt wurde, die Peitschen wahrscheinlich Schläuche darstellen, ist auch anzunehmen, daß sie, wie die Glochidien, als schlauchförmige Ausstülpungen aus den Massulamembranen entstehen. Innerhalb der Vakuolenhaut, zwischen dieser und der schon intensiv gelben Sporenmembran bildet sich nun ein feinkörniges Plasma aus. Die Oberfläche dieser Plasmahülle ist ursprünglich ziemlich gleich- mäßig die. Dann entstehen Einkerbungen und an dem apikalen Pol . der Wulst, welcher später die Anhangskörper trägt, sowie ein drei- spaltiger Wulst über der dreistrahligen Verdickung des Exospors (Textfig. 175). Die Wülste und Vorsprünge sind bald verhältnismäßig solide, sie bleiben auch erhalten, wenn man das ganze Periplasmodium aus dem Sporangium herausdrückt. Sie treiben infolgedessen auch die Vakuolenmembran mit vor, so daß diese mit ihren Peitschenanhängen überall dicht anliegt. Unterdessen entstehen in dem Massulaplasma kleine und große, Vakuolen, welche der ganzen Hülle eine schaumige Struktur verleihen, die aber sehr viel unregelmäßiger ist wie diejenige der apikalen Massulae. Außerdem bleibt ein großer Teil einer körnigen _ Substanz übrig (Testäg. 14), die in den Mikrosporenmassüulis, wie oben erwähnt, nur in geringer Menge hie und da um die Sporen herum ge- funden wurde. An der Oberfläche dieser Perispormasse entstehen dann die auffallend massiven Verdichtungen, aus denen die homogene, aus kutinartiger Substanz bestehende äußere Membran gebildet wird, die der Oberfläche der Massulae zwar homolog, aber im Vergleich zu jener außerordentlich stark entwickelt ist. Im ganzen unterliegt es keinem Zweifel, daß das Perispor um die Makrospore entsprechend dem Sehwimmkörper gebaut und gebildet worden ist, daß somit das Peri- nium der einen’Makrospore den Massulis des Schwimmkörpers und ebenso den Massulis der Mikrosporangien homolog ist. j Die Kerne des Periplasmodiums. Was für die Kerne der Mikrosporangien ausgeführt würde, gilt in gleicher Weise für die Entwicklungsvorgänge im Makrosporangium. An denjenigen Umlagerungen im Gesamtplasmodium, die eine be- stimmte Orientierung erkennen lassen, können sie nicht beteiligt: sein, da alle Kerne im Periplasma regellos zerstreut liegen. Und für die Ps Über die Bedeutung der :Periplasmodien. 375 Vorgänge der Maschenbildung in den Massulis kommen sie schon des- wegen nicht in Betracht, weil die Tapetenkerne alle außerhalb der Massulavakuolen liegen. Auch diese Kerne haben sich übrigens, wie die Zählung an jungen Stadien beweist, nachträglich vermehrt. Ob eine Fragmentation oder eine mitotische Teilung stattfindet, konnte ebensowenig entschieden werden wie bei den Mikrosporangien. Ihrem Aussehen nach verhalten sich die Kerne ähnlich wie dort. Sie sind nach der Fragmentation blasig, hell und bis auf einen dunklen Nukleolus scheinbar inhaltsleer. Wenn die Makrospore so groß geworden ist, daß sie die Sporangien annähernd ausfüllt, was schon sehr früh eintritt, sind die Kerne stark zusammengeschrumpft und unregelmäßig, oft auch zusammengedrückt und lassen erkennen, daß sie nicht mehr normal zu funktionieren vermögen. Zusammenfassung der Resultate. 4. Die jetzigen eingeschlechtigen Sporangien haben sich phylo- genetisch aus einhäusigen entwickelt. 2. Die Periplasmodien entstehen aus einer scharf differenzierten Tapete und erfahren eine starke Vermehrung ihrer Kerne (dureh Fragmentation?). j 3. Die Periplasmodiumkerne liegen ursprünglich an der Sporan- giumwand und verteilen sich dann durch passive oder aktive Bewegung annähernd gleichmäßig in dem Protoplasma, 4. Das Periplasmodium erfährt eine bedeutende Volumzunahme durch Wachstum, assimiliert und speichert Stärke. 5. Es bildet im Mikrosperangium eine bestimmte Anzahl Va- kuolen, die in regelmäßiger Anordnung an der Peripherie des Plasmodiums liegen. 6. In jeder dieser Vakuolen ist ungefähr die gleiche Anzahl Sporen eingeschlossen. 7. Die Sporen werden in den Vakuolen dicht unter der Va- kuelenhaut ungefähr gleichmäßig verteilt. 8. Innerhalb- der Vakuolen entstehen-zwischen den Maschen eines feinen Plasmahetzwerkes die Wabenwände der Massulae. 9. Die Maschen der Massulae erfahren nach ihrer Ausscheidung noch eine Vergrößerung ihres Durchmessers um ca. 1/,. i0. Aus der Wand der Wabenwände stülpen sich handschuhfinger- förmige Fortsätze aus, die zu den hochdifferenzierten Glochidien ausgebildet werden. 19* 276 11. 12. 13. 14. E. Hannig, Auch die Glochidien wachsen noch nach Fertigstellung ihrer Ankergestalt. Ebenso vergrößern sich die Mikrosporen noch nachdem sie in die Massulawaben eingeschlossen sind. Die 31 verkümmerten Makrosporen liegen als unregel- mäßige gelbliche Einschlüsse in den Maschen der „Sehwimm- körper“ der Makrospore verteilt. Die zur Entwieklung kommende Makrospore, die ursprünglich in dem Sporangium eine zufällige Lage einnimmt, wird zu einer gewissen Zeit in dem Periplasmodium stets so gedreht, . daß die dreistrahlige Erhebung an ihrer Oberfläche der Mikro- 15. 16. 18. 19. pyle zugewendet wird. Diese Drehung muß durch das Peri- plasma aktiv herbeigeführt werden. Die Schwimmkörper der Makrospore entstehen ebenso wie die Massulae der Mikrospore aus Periplasmodiumvakuolen, müssen daher ebenfalls als Massulae bezeichnet werden. Auch die Makrospore liegt in einer Vakuole und die derbe Makrosporenhülle mit ihren zum Teil wabenartigen Strukturen entsteht innerhalb dieser Vakuole, ist also ebenfalls der Mikro- sporenmassula homolog. . Das Perispor der Azollamakrospore ist also eine Massula. Die peitschenartigen Anhänge des Schwimmapparates und des Perispors entstehen wahrscheinlich auch durch Ausstülpung aus der Oberfläche der Massulavakuolen; ihre Entstehung konnte aber nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Periplasmodiumkerne können weder im Mikro- noch im Makrosporangium an den Orientierungsvorgänge beteiligt sein, da sie selbst passiv bewegt werden und eine unregelmäßige Lagerung haben. . Im ganzen ergibt sich, daß das Periplasmodium ein lebender Protoplast ist, der die Fähigkeit besitzt, gewisse Einschlüsse (Sporen, Vakuolen, Kerne [?]) in seinem Innern in bestimmter Weise räumlich anzuordnen und außerdem eine ganz eigen- artige formative Tätigkeit (Bildung der Massulawaben, Glo- ehidien usw.) auszuüben, Über die Bedeutung der Periplasmodien. 277 Literatur. Campbell, D. H., On the development of Azolla filiculoides. Ann. of bot. 1893, Vol. VIE, pag. 155. Ders, The structure and development of Mosses and Ferns. New York 1905. Goebel, K., Beiträge zur vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Sporangien. Bot. Zeitg. 1880, Bd. XXXVII, pag. 545, 1881, Bd..XXXIX, pag. 681. Ders. Organographie der Pflanzen. Jena 18981901. Ders., Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biol. Zentralbl. 1910, Bd. XXX VII, pag. 657. Griffith, W., On Azolla and Salvinia. Caleutta 1844, Vol. VIII, pag. 49. 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XXXI, pag. 543. Ders., Apogamie bei Marsilis. Flora 1907, Bd. XCVII, pag. 176. Figurenerklärung zu Tafel XIV. . Alle Figuren sind in gleichem Maßstab gezeichnet. Fig. 1. 4solla fliculoides. Junges Sporangium mit Arehespor, dessen Zellen sich zu trennen beginnen. Bei x dringt das Periplasmodium zwischen die Arche- sporzellen. ein, Fig. 2. Desgl. Älteres Sporangium, die Sporen (sd) liegen noch gleichmäßig im Periplasmodium verteilt. 273 E. Hannig, Über die Bedeutung der Periplasmodien. Fig. 3. Desgl. Die Sporen sind an die Wand gerückt, das Periplasma hat sich etwas kontrahiert und läßt die Vakuolen um: die Sporen erkennen; die Peri- plasmodiumkerne liegen in der Mitte. Fig. 4. Desgl. Um die einzelnen Sporen haben sich die Vakuolen stark vergrößert; sie liegen in einer wasserklaren Flüssigkeit, in der beim Fixieren unregel- mäßig angeordnete helle Fäden und dunkle Körnchen ausgefallen sind. Fig. 5. Desgl. Erste Anlage der Massulawahen (w). Die Waben sind erst: in der Mitte erkennbar und noch weich, so daß sie beim Fixieren stark schrumpfen und zusammenfallen. Vorwiegend außerhalb der Waben liegen noch die- selben fädigen und körnigen Ausfällıngen wie in den kleinen Vakuolen ig. 2. " Fig. 6. Desgl. Älteres Stadium, Die mittleren Waben haben schon starre Wände, die äußeren z. T. noch nicht. Die Körnchen in der Mitte liegen über, nicht in den Waben. ge . Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und ver- _ gleichenden Anatomie der Cynipidengallen der Eiche. on "Von F. Welle, ' (Mit Tafel XV und 49 Abbildungen im Text.) Obgleich es trotz vieler Versuche nicht gelungen ist, experimentell die näheren Ursachen der pflanzlichen Gallenbildung aufzuklären und bisher noch immer keine Beweise für die naheliegende Vermutung ge- geben sind, daß die Gallen spezifischen, von den Erzeugern ausgeschie- denen Stoffen ihren Ursprung verdanken, stehen doch bisher nicht ge- nügend begangene Wege offen, in das Wesen der Gallenbildung tiefer einzudringen: Man kann einerseits versuchen, auf das genaueste die anatomischen Verhältnisse klarzulegen, welche bei der Entwicklung der Gallen vor sich gehen, und daraus Rückschlüsse auf die Art des Reizes ziehen; andererseits kann man die anatomischen Elemente der Gallen untereinander und mit den normalen der Mutterpflanze vergleichen, um so zu sehen, ob und welehe Mannigfaltigkeit vorliegt und auch wieder diese zu Rückschlüssen auf das Wesen der Gallenbildung benutzen. Konnten beide Wege von mir auch nur eine kurze Strecke. verfolgt werden, hoffe ich doch zu zeigen, daß auf beiden für allgemein be- kannte und oft untersuchte Gallen wesentlich neue Gesichtspunkte auf- zufinden waren. IL Teil. Die Entwicklungsgeschichte der Galle von Neuroterus vesicator Schlecht. Das Verständnis der Ätiologie der Gallenentwieklung, deren Be- deutung für das Verständnis der Formenbildung der Pflanze überhaupt von vielen Seiten hervorgehoben wurde, setzt. die genaue Kenntnis der bei der Gallenbildung vor sich gehenden anatomischen Verhältnisse voraus. Für die wohl am höchsten entwickelten von allen Gallen, für die Cynipidengallen, hat Beyerinck!) die ersten Entwicklungsstadien in einer sehr ausführlichen und in vieler Hinsicht bewunderungs- würdigen Arbeit untersucht. Sein. theoretisch wichtigstes Resultat ist; daß, wenn auch bei’ manchen Gallen eine Verletzung der Pflanze bei der Eiablage vorkommt, diese dennoch für die Gallenbildung ganz ohne D Dr. M. W. Beyerinck, Über die ersten: Entwicklungsstadien einiger Cynipidengallen. Verh. der Kgl. nederl, Ak. d. Wetensch. Amsterdam 1882. 280 F. Weidel, Bedeutung ist, denn bei einer großen Reihe von Gallen beginnt die Entwicklung bereits zu einer Zeit, in der die Larve noch in der festen Eihülle eingeschlossen und der völlig unverletzten Epidermis aufgelagert ist. Da aber nachgewiesen werden konnte, daß bei der Ejablage vom Muttertier kein Gallenreiz ausgeht, muß dieser also von der sich ent- wickelnden Larve herrühren und Eihaut und Cuticula durchsetzen. Beyerinck nimmt als Reizerreger ein „Wuchsenzym“ an; unter dessen Einfluß wölbt sich rings um das Ei das Blattgewebe empor, und, in- dem es das Ei umwallt, gelangt dasselbe in das Innere der Pflanze. Diese Darstellung erscheint zurzeit unbestritten, ist in die botanischen Lehrbücher") übergegangen und wird, wie sich aus Rössigs?) Arbeit ergibt, auch von den Zoologen als richtig angesehen. Nur W. Magnus?) hat in einer vorläufigen Mitteilung festgestellt, daß bei der Eiablage der Cynipiden Rhodites Rosae und Mayri das anscheinend freiliegende Ei schon gleich bei der Eiablage durch einen Fortsatz in die Epidermis der Rose eingesenkt ist. — Bei genauer Überlegung ergibt sich aber, wie wir sehen werden, daß überhaupt eine ganze Reihe von Punkten in der von Beyerinck gegebenen Darstellung der Entwicklung der Gallen schwer verständlich ist und der Aufklärung bedarf, Ich ent- schloß mich daher, die Entwicklung einer Eichengalle genauer zu unter- suchen, bei der nach Beyerinck der Entwicklungsgang ohne Verletzung der Epidermis in der oben angedeuteten Weise erfolgt. Da mir Gallen von Neuroterus lentieularis (nach Adler‘) die agame Muttergeneration zu Neuroterus baccarum), die Beyerinck ein- gehend untersuchte, zur Zucht in ‘größerer Anzahl nicht zur Verfügung standen, benutzte ich bei meinen Versuchen eine ganz nahe Verwandte, Neuroterus nmnismatis (agame Muttergeneration zu Neuroterus vesi- cator), für die. wie Beyerinck®) selbst festgestellt hat, in den ersten Eintwieklungsstadien genau die gleichen Verhältnisse wie für Neuroterus baccarum bestehen. Auch die große Ähnlichkeit im Bau der Gallen- tiere sowie der beiden Muttergallen — Neuroterus lentieularis und 1) Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, pag. 392. E. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie, pag. 215. Jena 1908. 2) Heinr. Rössig, Von welchen Organen der Gallwespenlarven geht der Reiz zur Bildung der Pflanzengalle aus? Zool. Jahrb., Abt. f. Syst. 1904, Bd. XX. 3) Werner Magnus, Experimentell-morphologische Untersuchungen. Ber. d. deutsch, bot. Ges. 1903, Bd. XXI. 4) Adler, Über den Generationswechsel der Eichengallwespen. Zeitschr. £. wissensch. Zool. 1881, pag. 156. 5) 1. e. pag. 9. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. p153 1 numismatis einerseits —— und der beiden Tochtergallen — Neuroterus baccarım und vesicator andererseits — lassen schon auf die gleichen Verhältnisse bei der Entwieklung schließen. Anfang April sammelte ich etwa 40 Numismatis-Gallen®), die ich in Blumentöpfen, mit Moos bedeckt, unter Glasglocken brachte. Da mir nicht sogleich Eichenstämmchen zur Kultur zur Verfügung standen, brachte ich die ersten Wespen, die am 16. April auskrochen, in Glas- gefäße, in die ich abgeschnittene Eichenzweige stellte. Sofort nach dem Ausschlüpfen gingen die Tiere auf die Knospen, und ich konnte so das Ablegen der Eier im Zimmer recht genau und bequem beobachten. Diese Kulturmethode genügte natürlich nur, um die Lage der Eier in der Knospe zu studieren. Für die weiteren Kulturen der Gallen benutzte ich eine etwa 30jährige Eiche, auf die ich die Eier in folgender Weise ablegen ließ: Ich überband beiderseits offene Glas- zylinder an der einen Seite mit Gaze. Nachdem ich die Tiere in die so vorbereiteten Gefäße gebracht hatte, schob ich diese über das Ende eines Zweiges und verschloß dann auch die andere Seite des Zylinders. Wenn die Knospen mit einer Anzahl von Eiern belegt waren, was ge- wöhnlich innerhalb weniger Stunden geschehen war, band ich denselben Zylinder über einen anderen Zweig. Auf diese Weise erhielt ich von den 30 Wespen — in den übrigen Gallen hatten sich Inquilinen 2) be- funden — mehrere Hundert Eier. Die belegten Knospen bezeichnete ich mit dem Tage der Eiablage. Die Untersuchungen über die Entwicklung des Eies und der Galle wurden nun in der Weise ausgeführt, daß ich von der Eiablage an täglich mehrere Knospen teils frei unter dem Mikroskop bei schwacher Vergrößerung präparierte, teils mit verdünnter Flemming’scher Lösung fixierte. Von den fixierten Knospen, bei denen die verholzten Schuppen sorgfältig entfernt waren, wurden Mikrotomschnitte von 5 zw Dicke an- gefertigt und nach dem Flemming’schen, im Bonner botanischen In- stitut üblichen Verfahren?) gefärbt. Nach dieser Methode war das pflanzliche Gewebe sehr gut fixiert und gefärbt, während das tierische 1) Ich werde im folgenden häufig von der von Beyerinck vorgeschlagenen Vereinfachung Gebrauch machen, die Gallen nur mit dem Artnamen des Tieres zu bezeichnen, zumal da in bezug auf die Gattungsnamen unter den Autoren große Uneinigkeit herrscht. 2) Unter Inquilinen versteht man unrechtmäßige Bewohner der Gallen, die nicht mehr imstande sind, eigens Gallen zu bilden. 8) Vgl. A. €. Hof, Histologische Studien an Vegetationspunkten. Bot. Zen- iralblatt 1898, Bd. LXXVI, pag. Bf. 282 5 F. Weidel, wenigstens die gröberen Strukturen deutlich erkennen ließ. Solange die -Eikörper noch nicht fest mit dem pflanzlichen Gewebe verbunden waren, mußten die Knospen nach Entfernung der Schuppen als Ganzes. geschnitten werden. Später jedoch fixierte ich nur. die Teile der Blätter, auf denen die Eier lagen. Man kann diese mit unbewaffnetem Auge gerade noch als kleine, glänzende Punkte erkennen, unter dem Mikroskop fallen sie wegen der spiegelnden Eihaut schon bei schwacher Vergrößerung anf.. “ Vergegenwärtigen wir uns num in kurzen Worten das, was. Beyerinck') über das Ablegen der Eier sagt: Durch hin- und her- ‚schiebende Bewegungen wird die Legeröhre zwischen zwei Knospen- schuppen hindurch bis zur Knospenachse hinabgedrückt, bier nach. innen umgebogen und zwischen die gefalteten Blätter gebracht, wo das Ei abgelegt wird. Hierzu möchte ich bemerken, daß bei Beyerinck’s Versuchen ‘die Lentieularis-Wespen schon Mitte März auskrochen, zu einer Zeit also, in der die Knospen noch klein und in einem wenig entwickelten Stadium waren, während die Numismatis-Wespen — übrigens auch die wenigen Lentieularis-Wespen, die ich züchtete — bei meinen Versuchen trotz des milden Winters und des frühzeitig einsetzenden Frübjahres erst Mitte April ihre Wohnung verließen. Um diese Zeit waren die Knospen schon bedeutend in die Länge gestreckt, so daß. der Legestachel niemals bis zur Knospenachse hinabreichte, sondern die Stichwunden fanden sich bei der Untersuchung stets als eine Reihe übereinanderliegender, brauner Punkte in der Mitte der Knospenschuppen und Blättchen (Taf. XV, Fig. 12). Auf diese Weise war einerseits der Weg bis zur Ablegestelle kürzer, als wenn erst die Knospenachse berührt worden wäre, und andererseits konnten so auch unverholzte Stellen der Schuppen durchbohrt werden. Denn bei den Knospenschuppen, die zur Zeit der Ruhe bis auf die Ansatzstellen vollkommen verholzt sind, strecken sich im Frühjahr beim Austreiben gerade diese unverholzten Stellen®), so daß dann nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Schuppenspitze verholzt ist. Weiter sagt Beyerinck®) über die Lage des Eies in der Knospe: Der Eikörper wird „gewöhnlich an den Rand oder zwischen die beiden Hälften eines durchmitten gefalteten Blattes dermaßen niedergelegt, daß eine direkte Berührung zwischen demselben und dem pflanzlichen D Le pag. 86. Dr. Grüß, Beiträge zur. Bio der Knospe. Pringsh. Jahrb., Bd. XXIII, pag. 639. . 391. c. pag. 86. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 283 Gewebe zustande kommt.. Wenn das Tier nach Beendigung dieser: ersten Phase des Eierlegens seine Legeröhre zurückzieht, verharrt der Eikörper an der einmal behaupteten Stelle, doch bleibt der Eistiel teil- weise in dem Bohrkanal in der Knospenachse oder in den Knospen- schuppen zurück, um andernteils frei zwischen diesen zu enden.“ An einer. anderen Stelle!) heißt es: „Wie schon bemerkt. geht das Ver- kleben des Eies diesem Prozeß voran.* Mit diesen Angaben Beyerinck’s über die Lage des Eies in der Knospe decken sich meine Beobachtungen im wesentlichen (vgl. Taf. XV; Fig. 1), nur möchte ich aus folgenden Gründen weniger das Verkleben des Eikörpers als des Eistieles mit der Blattspreite betonen: Beim. Freipräparieren der Knospen unter dem Mikroskop genügte schon die leiseste Berührung des Eies - mit einer Nadel, um dasselbe auf der Blattspreite zu ver- schieben, und wenn das mit Eiern belegte Blättchen in eine Flüssigkeit (Wasser oder Chlo- salhydrat) gebracht wurde, schwamm der Eikörper stets in derselben. Die beiden ange- führten Tatsachen beweisen natürlich noch nicht, daß eine: Verklebung nicht stattfindet, denn sie kann ja so lose sein, daß sie durch den geringen Fig. 1. Bier von Nenrota hamatie . - . 4. vi roterus numismatis. Druck oder die Wirkung der „ Eimembran, 5 Stichkanal im Blatt. Vergr. 70. Flüssigkeit aufgehoben wird, aber so fest ist sie auf keinen Fall, wie man nach Beyerinck’s Worten annehmen muß. Die feste Verbindung zwischen. Eikörper und Blatt gehört einem viel späteren Stadium der Entwicklung an. . Dagegen fand ich den Eistiel stets fest mit dem Blatt verbunden. Teils war er unmittelbar neben der Bohrwunde am Blatt befestigt, meistens jedoch ragte er dureh das Blatt hindurch in den Stichkanal hinein, war dann aber durch das bei der Verwundung aus den Zellen ausfließende Plasma oder durch ein von der Mutterwespe ausgeschie- denes Sekret so fest mit dem Blatt verklebt (Textfig. 12), daß beim Präparieren häufiger der Eistiel in der Mitte riß, als daß er sich aus mg. DL o.108. 8. on ® 284 F. Weidel, der Bohrwunde herauszog., Damit möchte ieh nun nicht behanpten, daß das Verkleben des Eistieles mit der Gallenbildung in irgend- welchem Zusammenhang stehe, sondern ich stimme darin Adler!) und Beyerinck®) zu, daß die Gallenbildung von der Verwundung durch den Cynipidenstich unabhängig ist. Was die äußere Form des Eies anbetrifft, so ist sie für Neuro- terus lenticularis von Beyerinck®), von Adler‘) für Biorhiza aptera, Neuroterus fumipennis und Aphilothrix autumnalis abgebildet. Ich selbst hatte Gelegenheit, die Eier von Neuroterus Ienticularis, Andricus radieis und hauptsächlich von Neuroterus numismatis zu beobachten. Sie haben alle die gleiche Form: Der birnenförmige Eikörper (Textfig. 1) mit einem Querdurchmesser von etwa 130 « verjüngt sich an dem einen Ende und setzt sich in einen langen, dünnen Stiel fort. Eikörper und Stiel sind zur Zeit der Ablage mit einer homogenen, trübkörnigen Eiweißmasse angefüllt. Adler) schreibt dem Stiel die Funktion einer Atemröhre zu, was mir aus folgendem Grunde wnrichtig erscheint: Einige Tage nach dem Ablegen des Eies tritt das Eiweiß aus dem Stiel in den eigentlichen Eikörper zurück und grenzt sich mit einer Membran ab (Texifig. 1), so daß die Luft von der Röhre aus keinen Zutritt mehr hat. \ Zur Entwicklung der Larve und der Galle sei von vornherein bemerkt, daß sich der ganze Vorgang von der Eiablage der Numis- matis-Wespe bis zum Ausschlüpfen der Vesicator-Wespe in dem er-: staunlich kurzen Zeitraum von 31 Tagen abspielte. Dazu kommt noch, daß von diesen 31 Tagen 16 ausschließlich auf die Entwicklung der Larve ohne irgendwelche Gallenbildung entfielen, so daß die eigentliche Galle in 15 Tagen ihre ganze Ausbildung erfuhr. Es ist erklärlich. daß bei einer so kurzen Entwicklungsdauer eine hohe Differenzierung der Gewebe wie bei den meisten anderen Cynipidengallen nicht statt- finden kann, aber die Vorgänge, die in Beyerinck’s Darstellung nicht klargelegt sind, kann man auch in diesem kurzen Zeitraum sehr wohl verfolgen. — Übrigens entwickelten sich die wenigen Baccarum-Gallen, die ich kultivierte, genau so sehnell®). DLe 2) 1. c. pag. 190. H Le. Taf. I, Fig, 28, 41. c. Taf. XI, Fig. 8-10. 5) 1 e. pag. 224. 6) Einen Beweis für die Behauptung Beyerinck’s, daß sich die Gallen (wohl nur die Frühjahrsformen) im gleichen Verhältnis wie die sie tragenden Blätter ent- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 285 Was die Vorgänge im Ei während der ersten 15 Tage anbetrifit, so überschreitet eine genauere Darstellung der sich in diesem Zeitraum abspielenden Entwicklungsphasen den Rahmen der Arbeit. Ich möchte nur so viel bemerken, daß sich nach dem Zurücktreten des Eiplasmas aus dem Eistiel und der oben erwähnten Membranbildung aus dem körnigen Eiweiß ein dunklerer Kern herausdifferenziert und das Ei nach 4 Tagen in das für Arthropoden charakteristische Stadium der superfiziellen Furchung') tritt (Taf. XV, Fig. 15). Äußerlich betrachtet, erweitert sich das Ei dann im Laufe der nächsten 12 Tage nach der einen Seite um seine eigene Größe und man kann im Inneren die Form der langgestreckten Larve undeutlich erkennen. Das Ei, das vorher die Blattfläche nur in einem Punkte berührte, hat sich, wie aus Textfig.2 hervorgeht, eng an die Oberfläche des Blattes angelegt, und erst jetzt ist die von Beyerinck erwähnte feste Verbindung eingetreten. Diese Anschmiegung geht so weit, daß alle Unebenheiten der Blatt- spreite auch in der Membran des Eikörpers zu erkennen sind, so daß häufig Fremdpartikel, die sich gerade an der Stelle befanden, in die Eihaut, eingedrückt sind. Wie ich beim Überblick über die gesamte Entwicklung er- . wähnte, tritt die Gallenbildung am Fig. 2. Schnitt durch Larve und Blatt vor 16. T. 'h der Eiabl . Beginn der Gallenbildung. 2 Blattober- age nacı er Biablage em, seite. Vergr. 120. und wir kommen damit zu dem Punkte, der die Gallenforscher von jeher am meisten interessiert hat, nämlich zur Frage der ersten Gallenbildung und des Gallenreizes überhaupt. Man kann in der Geschichte dieser Frage zwei Perioden unter- scheiden: Bis zum Jahre 1872 nahm man allgemein an, daß der Gallenreiz durch ein beim Oynipidenstich in die Wunde ergossenes Sekret verursacht würde. Vertreter dieses Standpunktes sind die ältesten uns bekannten Gallenforscher Malpighi?), Reaumur®), Prillieux®), wickeln, lieferte mir eine Baccarum-Galle, die ich im Warmhause auf einem abge- schnittenen Zweige in 14 Tagen zur vollständigen Entwicklung brachte. Ob nun dabei auch die Larve ihre normale Entwicklung erfahren hatte, konnte ich noch nieht entscheiden. 1) Hertwig, Lehrbuch der Zoologie, pag. 133. 8. Aufl. 1907. 2) Marcelli Malpighii opera, Tomus sec.: De Gallis, pag. 37. Londini 1686. 3) Reaumur, M&moires pour servir & P’histoire des Inseetes, Tome IIL 4) Prillieux, Formation et developpement de quelques Galles. Annales des seiences nat. Botan. 6. Serie, Tome IEL 286 : F. Weidel, Lacaze-Duthiers?), die zum Teil recht eigenartige Erklärungen geben: So schreibt Malpighi die Entstehung der Galle einer Gärung zu, die nach Einführung eines Fermentes entsteht — „vitrioi enim portio, quae in Quercubus luzuriat, infuso terebrae ichore, turgentiam eoneipit“ ——,Lacaze- Duthiers einem ähnlichen wie beim Bienenstich eingespritzten ‚Gifte. 1872 sprach sich Thomas?) gegen diese Hypothesen aus, aber erst Adler und Beyerinck gaben dieser Behauptung durch experi- mentelle Untersuchungen eine bestimmte Form. Adler?) sagt über die ersten Anfänge der Gallenbildung: „Bei den Gallwespen wird erst durch die ausschlüpfende Larve die Galle erzeugt, wie sich unschwer nachweisen läßt... Natürlich wird es von Interesse sein, den Zeitpunkt wahrzunehmen, wo die Larve dem Ei entschlüpft und die Gallbildung einleitet. Leider ist dies recht schwierig. Mag das Ei in einer Knospe oder einem Blatt eingeschlossen sein, stets ist es dem Blicke entzogen und es hält schwer, den Moment abzupassen, wo die Larve ausschlüpft. Es ist mir gelungen, einigemal bei Neuroterus laeviuseulus (einer nahen Verwandten von Neuroterus numismatis, d, Verf.) und Biorhiza aptera dieses Stadium zu beobachten. In dem Augenblick nun, wo die Larve die Eihaut durchbrochen hat und zum ersten Male mit den feinen Kiefern die nächstgelegenen Zellen verwundet, beginnt eine rapide Zellenwucherung. Dieselbe‘ geht so rasch vonstatten, daß, während die Larve mit dem Hinterleibsende noch in der Eihaut steckt, vorn bereits eine wallartige Wucherung von Zellen sich erhebt.“ Beyerinck, dessen Arbeit 1 Jahr später erschien, steht auf einem ganz anderen Standpunkte. Er sagt im Schluß“) seiner Beobachtungen: „Einige Autoren (gemeint ist wohl Adler) haben in dem Nagen der Gallenlarve einen Reiz sehen wollen, welcher, nach ihrer Ansicht, die pflanzlichen Gewebe affızieren, möglicherweise zur Wucherung bringen könnte. — Freilich besitzen die Cynipidenlarven schon dann, wenn die- selben noch als vollständig kugelförmige Tiere innerhalb der Eischale eingeschlossen sind, feine Chitinkiefer, allein, ‘zu dieser Zeit, wenn von einem Zernagen der pflanzlichen Zellen natürlich kein Reden sein kann, 1) Lacaze-Duthiers, Recherches pour servir A Phistoire des Gallen. Anmales des sciences nat, Botan. 3. Serie, Tome XIX. 2) Thomas, Zur Entstehung der Milbengallen und verwandter Pflanzenaus- wüchse. Botan. Zeitg. 1872, Sp. 281 ff. 3) 1. ec. pag. 209, 4) 1. c. pag. 180. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 287 ist das Wachstum des Gallplastems (d. i. Neubildungsgewebe der Galle, (d. Verf.) schon in vollem Flusse.* Wenn ich die Differenz, die zwischen den beiden genannten Forschern besteht, noch einmal kurz hervorheben darf, so ist es die, ‚daß Adler vor dem Einsetzen der Gallenbildung ein Durchbrechen der Eihaut und damit eine Verwundung des pflanzlichen Gewebes von seiten ‚der Larve annimmt, während Beyerinck auf dem Standpunkte steht, daß eine Gallenwirkung schon von der noch vollständig in der Eihaut ‚eingeschlossenen Larve ausgehe. Bevor ich nun zu meinen Beobachtungen übergehe, möchte ich Adler’s Angabe bestätigen, daß es tatsächlich sehr schwer ist, gerade den Moment der ersten Gallenbildung abzupassen, denn sobald diese ‚einmal eingesetzt hat, greift sie mit einer rapiden Geschwindigkeit um sich. Es gelang mir jedoch, dieses Stadium zu finden und in Taf. XV, Fig. 2 wiederzugeben. An der Hand dieser Figur möchte ich den Vorgang folgendermaßen erklären: Die in der Eihaut noch vollständig eingeschlossene Larve durch- bricht diese au einer Stelle und senkt in die Epidermis des Blattes ein Organ ein (Taf. XV, Fig. 2a), durch das die Cutieula durchbrochen und das pflanzliche Gewebe verletzt wird, ganz analog der von Magnus (vgl. pag. 280) festgestellten Verletzung bei der Rose, nur daß sie dort schon bei der Eiablage stattfindet. Die Deutung dieses Organs bereitete einige Schwierigkeiten, da mir in der zoolegischen Literatur über die ersten Entwicklungsstadien ‚der Cynipiden keine Hilfsmittel zur Verfügung standen. Wohl ist hier ie Arbeit von Rössig!) zu nennen, aber sie behandelt viel spätere Entwiekiungsstadien, und auch aus der ausführlichen Arbeit von Car- riöre und Bürger”, konnte ich nichts entnehmen. Der intensiv rote Farbten jedoch, den dieses eingesenkte Organ bei der oben angeführten Behandlung annahm, ließ mich auf Chitin- struktur schließen und legte mir die Vermutung nahe, daß es sich um einen zum Kieferapparat gehörigen Körperteil der Larve handle. Dieser Ansicht pflichtete auch Herr Prof. Heymons bei, der die große Liebenswürdigkeit hatte, die Präparate durchzusehen und dem ich auch an dieser Stelle nochmals meinen verbindlichsten Dank aus- sprechen möchte. 1) Vgl. Anm. 2, pag. 280. 2) Carridre und Bürger, Entwicklung der Chalicodoma muraria im Ei. Nova Acta Acad. Leop. 1898, Bd. V. 69, Nr. 2, 288 F. Weidel, Herr Prof. Heymons konnte mir mit ziemlicher Sicherheit er- klären, daß es sich um die Kiefer handle, da er sowohl den Ansatz derselben an den Darm als auch die Nähe der Speicheldrüsen fest- stellen konnte, und wenn sich auch aus den vorhandenen Präparaten ler Zusammenhang mit den übrigen Organen des Körpers nicht ge- nügend klar feststellen ließ, so sprach doch nichts gegen die Annahme, daß es die Kiefer seien, die in die pflanzliche Epidermis eingesenkt werden. Wenn man nun bedenkt, daß der eingesenkte Kieferapparat nur einen Durchmesser von 10—12 u hat, so ist es erklärlich, daß die Wahrscheinlichkeit, ihn bei einem mit der Hand geführten Schnitt zu treffen, nur äußerst gering ist, und er kann Beyerinck bei seinen Untersuchungen wohl entgangen sein, denn ein Schnitt, der an einer anderen Stelle geführt wird, muß natürlich den Auschein erwecken, als ob das Tier in der Eihaut noch vollständig eingeschlossen liegt. Vor Besprechung der Entwicklung der eigentlichen Gallenbildung scheint es mir ratsam, auf die schon von Lacaze-Duthiers‘) und Beyerinck?) gegebene anatomische Struktur eines jungen, noch in der Knospe eingeschlossenen Blättchens näher einzugehen, denn durch die angewendete Färbemethode war es mir möglich, auch die Zustände der Zellkerne 3) genauer zu studieren. Das in der Knospe zusammengefaltete Blättchen hat schon fast die Dicke des entfalteten und vollkommen ausgewachsenen Blattes. Die Epidermis der Ober- und Unterseite zeigt insofern Unterschiede, als die Zellen auf der Oberseite bedeutend größer sind und durchgehends ruhende Zellkerne führen (Textfig. 20), während sich die etwas kleineren Epidermiszellen der Unterseite — jedoch nur an den gefäßbündelireien Stellen — in lebhafter Teilung befinden. Von den Zellen des Meso- Phylis hebt sich deutlich das jetzt noch einschichtige Palisadenparenchym durch seine senkrecht zur Oberfläche gestreckten Elemente ab. Die Zellen der übrigen drei bis vier Schichten, aus denen das Schwamm- parenchym hervorgeht, schließen einstweilen noch lückenlos aneinander. Über die Beschaffenheit ‘der Zellkerne des Mesophylls möchte ich be- merken, daß sie im Palisadenparenehym und in der diesem auf der Unterseite entsprechenden subepidermalen Schicht fast durchgehends i)i. ce. pag. 115, 2) 1. ce. pag. 87. 3) Nach der von Hof angegebenen Methode „erscheinen die Kernkörperchen rahender Kerne intensiv rot gefärbt, während bei in Teihıng befindlichen Kemen . das Chromatin intensiv rubinrot, das Kinoplasma hellvioleit tingiert ist“ (1. . pag. 5}. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 2389 ruhen, und nur in den in der Mitte gelegenen Zellschichten befinden sie sich in lebhaftester Teilung. Diese verschiedenartige Beschaffen- heit der Zellkerne kommt, wie wir unten sehen werden, auch in der Entwicklung der Galle zum Ausdruck. Die ersten Wirkungen des Gallenreizes (Taf. XV, Fig. 2) äußern sich nun in der Epidermis der Blattoberseite, und zwar darin, daß sich die Zellen und ruhenden Zellkerne mit ihren Nukleolen sowohl an der Stelle, an der das Ei liegt und die Verletzung stattgefunden hat, als auch in einiger Entfernung von dieser vergrößern, und daß das Proto- plasma der Zellen und das Chromatin der Kerne größere Färbbarkeit annehmen, woraus man auf eine regere Tätigkeit in den infizierten Zellen schließen kann. Gerade ® an der intensiven Farbstoffaufnahme des Protoplas- m mas wie der Kerne dieser Zellen kann man die je- weilige Ausdehnung des Infektionsherdes sehr deut- lich erkennen. Ich betone jedoch ausdrücklich, daß diese I 5 Vergrößerung der Zellen und ihrer Kerne auch unmittelbar unter dem Ei stattfindet, denn Beye- tinck sagt im Gegensatz dazu an der betreffenden Stelle seiner Entwicklungsgeschichte): „Während <>: die Neubildung des Plastems noch dadurch fortdauert, daß stets neue, darangrenzende Gewebeschichten des Blattes, in Plastem übergehen, tritt an der Be- . rührungsstelle des Eies mit demselben, in gleicher <= a Weise wie bei der Terminalisgalle, eine Wach NZ tumshemmung ein, welche auch in diesem Falle Ur- Fig. 3. Bildung der sache der Entstehung der Larvenkammer ist. Diesen lLarvenkammer nach Beyerinck. Vgl. a Vorgang sollen die halbschematischen Fig. 30a, Text. d, c und d, Taf. II (reproduziert in Fig. 3, d. Verf.) verauschaulichen .... Die verschiedenen Stadien dieser Über- wallung: die Bildung des Plastemwalles rings um die Larve, die Er- hebung desselben bis oberhalb des Larvenkörpers und das Zusammen- neigen der Wulstränder, wodurch das Kammerloch entsteht, alle diese Vorgänge werden durch die angeführten Figuren so vollkommen deutlich, daß ein längeres Verweilen bei denselben unnötig erscheint.“ Gerade diese Stelle war es, die mich zu meinen Untersuchungen anregte, denn eine große Anzahl von Fragen bleibt bei diesen Aus- DL e. pag. 898. Flora, Bd. 102. 20 290 F. Weidel, führungen Beyerinck’s unaufgeklärt: Wie kommt es, daß an der Stelle, wo das von der Larve abgesonderte Enzym am stärksten wirken muß, keine Vergrößerung der Zellen stattfinden sell, sondern nur in einiger Entfernung? Was wird aus der Epidermis unmittelbar unter dem Ei? Aus Beyerinck’s Figuren muß man annehmen, daß sie in Nährgewebe umgewandelt wird, da sie die Larve unmittelbar berührt. Wie kommt das „Sinken“!) oder „Vergraben“2) zustande, Vorgänge, für die ihn seine Erklärungen selbst nicht befriedigen?® Ich hoffe, daß alle diese Fragen durch meine Untersuchungen hinreichend klar- gelegt werden. Wenn nach den oben erwähnten ersten Anzeichen der Gallen- bildung die Vergrößerung der Zellen an der betreffenden Stelle das ganze Blattgewebe ergriffen hat, beginnt von der Epidermis her eine rapide Auflösung des infizierten Gewebes, die so schnell vor sich geht, daß im Laufe von 24 Stunden eine Höhlung von der Größe der Larve entstanden ist (Taf. XV, Fig. 30), und zwar ist die Form der Kammer so, daß die Öffnung in der Epidermis nur aus zwei bis drei Zellen im Quadrat. besteht, während sie sieh im Mesophyll kugelartig erweitert. Ein Schnitt, der seitlich von der Medianebene geführt ist, kann also den Anschein erwecken, als ob der Hohlraum in der Mitte des Meso- phylis, noch von einigen Zellschichten bedeckt, entstünde. — Jedoch ist ausdrücklich zu bemerken, daß die Eihülle mit der Larve in diesem Stadium der Kammerbildung noch außerhalb des Loches der Epidermis aufliegt (Taf. XV, Fig. 38), Während dieser Vorgänge wachsen die Epidermiszellen in einiger Umgebung der Larve papillenartig aus (Taf. XV, Fig. 3c) und in diesen sowie in den darunter liegenden Palisadenzellen treten Zellteilungen durch perikline Scheidewände auf, wobei man alle möglichen Stadien der vegetativen Zellteilung sehr schön beobachten kann. Nachdem so die Larvenkammer vorgebildet und die Zellteilungen eingeleitet sind, folgt das Stadium des Ausschlüpfens der Larve aus der Eihaut in den Hohlraum, ein Vorgang, der im Verhältnis zur Bildung der Kammer langsam vor sich geht, denn er nimmt den 17. bis 19. Tag der Entwieklung in Anspruch. Infolgedessen ist es leicht, beim Ausschlüpfen der Larve alle Stadien zu beobachten. Überhaupt muß das Einkriechen in die Kammer für das Tier mit ziemlich großen Anstrengungen verbunden sein, denn, wie man aus Taf. XV, Fig. 3, er- Le pag X. 2) Le. pag. 181. 31 c pag. 90. Du Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 291. sieht, ist die Larve im Verhältnis zum Durchmesser der Eingangs- öffnung groß, so daß sie sich beim Eingang stark zusammenpressen muß (Taf. XV, Fig. 4). Wie fest diese Einschnärung ist, geht auch daraus hervor, daß es mir einigemal gelang, von einer Larve, die sich zur Hälfte schon in der Larvenkammer befand, zur Hälfte noch in der Eihülle war, die letztere herunterzuziehen, während das Tier selbst in der Öffnung stecken blieb. Der Grund dafür, daß die Eingangsöffnung so klein angelegt wird, könnte vielleicht darin zu suchen sein, daß sich die kleine Öffnung nach dem Einschlüpfen schneller schließt als eine große. Scheinbar hat Adler, der ja auch das Ausschlüpfen der Larve schon beobachtete, von der Vorbildung des Hoblraumes nichts gewußt und doch ist ohne sein Vorhandensein ein Ausschlüpfen eigentlich un- denkbar. Erst jetzt, wo wir wissen, daß die Larve in eine vorgebildete Larvenkammer kriecht, wird uns das von Beyerinck als rätselhaft hingestellte „Einsinken“ klar. Wenn man eine Gallenbildung in diesem Stadium bei schwacher Vergrößerung von der Fläche betrachtet. so kann es allerdings den Anschein erwecken, als ob das Ei zwischen den ringsum wachsenden ‚Epidermiszellen einsinke. Während der Ausbildung der Larvenkammer ist auch die Epidermis der Blattunterseite in der Mitte der Gallenbildung in Teilung getreten (Taf. XV, Fig. 32) und das Palisadenparenchyın hat seine doppelte Aus- dehnung erreicht; die ersten Teilungswände sind fertig ausgebildet und in den Tochterzellen legen sich die zweiten gerade an (Taf. XV, Fig. 30). Die Zellen der Mittelschichten des Mesophylis haben sich senkrecht zur Oberfläche gestreckt und befinden sich, dem ursprünglichen Zustand des normalen Blättehens entsprechend (vgl. pag. 289), in lebhafter Zell- teilung, während die Subepidermalschicht der Unterseite gegen die Pali- sadenschicht stets etwas im Rückstande ist (Taf. XV, Fig. 3/). Wenn sich die Larve vollständig in der Kammer befindet (Taf. XV, Fig. 5), zeigen die schlauchförmigen Zellen in ihrer Umgebung trüb- körniges Protoplasma: sie werden zum Nährgewebe. Jetzt erst. teilt sich die Subepidermalschicht der Unterseite zum zweiten Male, während die Zellen, die aus dem Palisadenparenchym hervorgegangen sind, keine Scheidewände mehr anlegen, sondern sich nur in tangentialer Richtung etwas strecken. Damit haben die Teilungen der beiden letztgenannten Schiehten ihr Ende erreicht, denn die weitere Vergrößerung der Galle beruht nur noch auf Teilung neuer normaler Blattparenchymzellen und der Mittelschichten des bereits affizierten Mesophylis, wie schon Pril- . 908 292 5 F. Weidel, 'lieux?) sagt: „O’est surtout dans la couche moyenne que ’hypertrophie et la proliföration des cellules atteint son maximum.“ Die Epidermiszellen, die sich meistens nur einmal teilen, wachsen nach dem Einschlüpfen der Larve weiter schlauchförmig aus, jedoch nicht radial nach dem Mittelpunkt der Gallenbildung, sondern es sind zwei Richtungen bevorzugt (Textfig. 4). Der Verschluß der Galle findet aber nicht durch die Epidermiszellen — gewöhnlich befindet sich zwischen diesen noch die leere Eihülle — sondern durch die aus den Palisadenzeilen hervorgegangene Schicht statt: (Taf. XV, Fig. 6). Fig. 4. Oberflächenansicht des Zentrums der Vesicator- Galle. Vergr. 150. Fig. 5. Gesamtansicht der reifen Vesicator-Galle. c Zeu- trum, vgl. Fig. 4. Vergr, 13. Die äußere Form der bereits von Prillieux?) eingehend beschrie- benen reifen Galle ist in Textfig. 5 wiedergegeben. Sie besteht aus einer linsenförmigen Erhebung auf beiden Seiten des Blattes und geht an ihren Rändern kontinuierlich in die normale Blattspreite über. Die radiale Streifung rührt von den Nerven des Blattes her, die infolge der Anschwellung stark in die Länge und Breite gezogen sind. Im: Zentram (ec) erkennt man die schlauchförmigen und in Textfig. 4 bei stärkerer Vergrößerung abgebildeten Epidermiszellen. Wenn wir die ganze Entwicklung der Visikatorgalle noch einmal kurz überblicken, so hat sie sich folgendermaßen abgespielt: Am 16. Tage nach der Riablage beginnt die Gallenbildung nach voran- 3) Le. pag. 118. 2) Le. pag. 114, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 293 gehender Verletzung der pflanzlichen Epidermis durch den Kieferapparat der Larve; man kann wohl mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß es sich dabei um einen von der Larve ausgeschiedenen Stoff!) handelt. Mit großer Geschwindigkeit wird das ganze Blattgewebe an der be- treffenden Stelle affiziert, und schon am 17. Tage ist durch Auflösung der Zellen unter der Larve ein Hohlraum entstanden, die künftige Larvenkammer. Im Laufe der nächsten 2—3 Tage schlüpft die Larve aus der Eihaut in diese Höhlung hinein. Im Blattgewebe vollziehen sich folgende Veränderungen: Die Epidermiszellen wachsen um die Eingangsöffnung zur Larvenkammer schlauchförmig aus, ohne diese jedoch zu schließen. Der Verschluß der Galle geht vielmehr von den ehemaligen Palisadenzellen aus, die sich ebenso wie die Subepidermal- schicht der Blattunterseite nur zweimal, d. h. in je vier Zellen, teilen. Die Nährschicht wird aus den Mittelschichten des Mesophylis durch eine beliebige Anzahl von Zellteilungen gebildet. Die Epidermis der Blatt- unterseite teilt sich nur einmal in der Mitte der Gallenbildung. IL Teil. Vergleichende Untersuchung der Sklerenchymzellen von Quercus pedunculata Ehrh., sessilifllora Smith und von den auf ihr auftretenden Cynipidengallen. Dank der Untersuchungen Prillieux’s®), Lacaze-Duthier’s®), Beyerinck’s“), Hieronymus’®), Küstenmacher’s®), Küster’s”) und anderer sind wir über die Anatomie der Cynipidengallen ziemlich genau orientiert. Da die genannten Autoren gewöhnlich eine möglichst große Anzahl von Gallenarten behandeln und sich meistens nicht auf die Cynipidengallen beschränken, so geben sie zwar genaue Angaben über die Verteilung der Gewebe in den Gallen, auf die Form der 1) Nach Molliard, Remarques sur le dsterminisme des Galles, Bulletin de la soe. botan. de France 1910, handelt es sich scheinbar um eine chemische Einwirkung. 2) Vgl. Anm. pag. 285. 3) Vgl. Anm. pag. 286. 4) Vgl. Anm. pag. 279, 5) @. Hieronymus, Beiträge zur Kenntnis der europäischen Zoosseidien und der Verbreitung derselben. Ergänzungsheft z. 68. Jahresber. der Schles. Ges. f. vaterländ. Kult. 1890. 6) M. Küstenmacher, Beiträge zur Kenntnis der Gallenbildungen mit Be- rücksichtigung des Gerbstoffes. Pringsh. Jahrb. 1894, Bd. XXVI. j 7) Ernst Küster, Beiträge zur Kenntnis der Gallenanatomie, Flora 1900. 294 F. Weidel, einzelnen Elemente gehen sie jedoch gar nicht oder nur ganz 'gelegent- lich ein. Sie setzen aber damit nicht voraus, daß alle diese Elemente sowohl bei den einzelnen Gallen die gleichen sind als auch mit denen des normalen Baues der sie tragenden Mutterpflanze übereinstimmen: 8o wird von Küster hervorgehoben, daß die bei Neuroterus numismatis auftretenden zweiarmigen Haare und die einseitig verdickten Steinzellen der Gallen in der Eiche nicht vorkommen, und es zeigt schon die Be- trachtung der vorhandenen anatomischen Abbildungen, daß z. B. die für die Cynipidengallen so charakteristische Schutzschicht aus sehr ver- schiedenartigen sklerenchymatischen Elementen bestehen kann. Ich ent- - schloß mich daher, eine möglichst eingehende und genaue vergleichende Beschreibung dieser deutlich abgegrenzten Gewebegruppe, der Skleren- chymzellen, aus einer Anzahl der bekanntesten und verbreitetsten Cyni- pidengallen der Eiche zu versuchen. Es sind schon von verschiedenen Seiten Vorschläge zu einer syste- matischen Einteilung der Gallen gemacht worden‘) Ich werde mich in folgenden jedoch an keine dieser Einteilungen halten, sondern die Gallen in der Reihenfolge aufzählen, wie sie nach ihren Sklerenchym- zellen miteinander verwandt sind. Andricus globuli Hart.) Die Galle von Andrieus globuli, der agamen Form zu Andricus inflator, sitzt als „dunkelgrüne, heller punktierte, von Hüllblättern mehr oder weniger bedeckte Kugel von ca. 6 mm Durchmesser“ am Vege- tationspunkt der Zweige. Diese Beschreibung Küstenmacher’s>) möchte ich dahin ergänzen, daß die unveränderten Knospenschuppen die Hällblätter bilden, die gewöhnlich in Fünfzahl angeordnet sind. Da das Parenchym der Galle bis auf die Stellen unter den Schuppen chloro- phylihaltig ist, erscheint bei der lesgelösten Galle ein hellgelber, fünf- teiliger Stern. Da ich außer den Angaben von Küstenmacher und Hiero- nymus‘), die nur allgemeiner Natur über die Verteilung der Gewebe sind, sonst in der Literatur über die Galle nichts gefunden habe, so will ich auf die Anatomie der Schutzschicht und dann der Galle über- haupt etwas näher eingehen. 1) Lacaze-Duthiers, 1. c. pag. 287. Küstenmacher, I. c. pag. 110. Küster, l. e. pag. 119. 2) Fundort und Zeit: Meuro b. Wittenberg, Aug. u. Sept. 31. e. pag. 119, 4) 1. c. pag. 211. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 295 Textifig. 6 gibt einen Schnitt durch die reife Galle, wie man sie An- fang September finden kann, wieder. Sklerenchymzellen treten nur in der Schutzschicht (Textfig. 65) auf, die aus etwa sechs Zellreihen besteht. Textfig. 7 zeigt die Elemente der Schutzschicht bei stärkerer Vergröße- rung: Die allseitig gleichmäßig verdickten Zellen mit ziemlich großem Lumen — es nimmt etwa !/, des Durchmessers der Zelle ein — sind tangential zur Larvenkammer etwas gestreckt und bilden kleine Inter- zellularräume (Textfig. 77). Die Tüpfelung ist reich und die Tüpfel selbst Fig. 7. Andrieus globuli. Sklerenchym- zellen aus der Schutzschicht, vgl. Text. Vergr. 290, Fig. 6. Andrieus globuli. Schnitt durch die reife Galle. e Epidermis, 4 Stärke- parenchym, s Schutzechicht, » Nährgewebe, « angenagie Nährzelle, > Neubildung von Nährgewebe aus Schutzgewebe, c maximale Anhäufung von Stärkekörnern im Nöhrgewebe, 4 Auflösung der Stärke, / Umwandlung von Stärkeparenchym in Schutzgewebe, g Gefäßbündel. Vergr. 90. durchsetzen meistens die ganze Zellwand, um außen gegen den korre- spondierenden Tüpfel der Nachbarzelle mit einer kleinen, trichterförmigen Erweiterung zu münden (Textfig. 72). " Nach außen schließt sich an die Schutzschicht ein außerordentlich stärkehaltiges Parenchym an, das zusammen mit der Epidermis bei der Überwinterung von der Galle losgelöst wird. Dadurch kommt die 296 F. Weidel, Schutzschicht nach außen zu liegen, so daß ich die Galle im Frühjahr als weißliche Kugel mit steinharter Schale, der Schutzschieht, unter dem Laub der Eichenbäume fand. Innen grenzt an das Sklerenehymgewebe die Nährschicht an (Textfig. 62), um diese Zeit bereits die sekundäre. Auf die Entstehung dieser sekundären Nährschicht, deren Vorhandensein sich bei den höher organisierten Cynipidengallen nicht allgemein, aber doch sehr häufig konstatieren läßt, und deren Entwicklung überall im wesentlichen die gleiche ist, möchte ich etwas näher eingehen. Der erste, der uns auf die Entstehung von Nährgewebe aus sklerenchymatischen Elementen — das sogenannte „sekundäre Nähr- gewebe* im Gegensatz zum „primären“, das sich unmittelbar aus dem Galiplastem herausdifferenziert — aufmerksam gemacht hat, war Beye- rinck. Er zeigte es für die Gallen von Dryophanta folii*) und in ge- wissem Sinne auch für Biorhiza terminalis®). Da die Entstehung des sekundären Nährgewebes bei allen Cynipidengallen die gleiche ist und bei Andrieus globuli sich besonders gut verfolgen läßt, möchte ich meine Beobachtungen an dieser Stelle wiedergeben. Vergegenwärtigen wir uns zunächst in der Hauptsache das, was Beyerinck über diesen sonderbaren Vorgang sagt: „Die in dem diekwandigen sklerotischen Gewebe auftretende Ver- änderung ist sehr merkwürdig... In Gallen von ca. 7 mm Mittellinie ist es leicht am Ende des Monats Juli die Entstehung des sekundären Nahrungsgewebes zu verfolgen. In den sich vergrößernden Zellen sieht man zuerst Stärkekörnchen auftreten... Die Jodiumreaktion lehrt, daß die Stärke in dem Gewebe, weiches sich weiter zu vergrößern auf- hört, allmählich verschwindet — das ausgewachsene sekundäre Nahrungs- gewebe ist gänzlich stärkefrei. Zu gleicher Zeit mit der Stärke ent- stehen im diekwandigen Gewebe zahlreiche Vakuolen, deren Auftreten offenbar mit der beträchtlichen Zellenvergrößerung in Beziehung steht . .. Im sekundären Nahrungsgewebe der Foliigalie verschwinden die Vakuolen, ebenso wie die Stärke, zuletzt wieder vollständig, der Raum innerhalb der Zelle, welcher dadurch entsteht, füllt sich mit dem, durch Imbibition mit Eiweiß und Öl anschwellenden Protoplasten.* Meine Beobachtungen decken sich im wesentlichen mit Beyerincks Angaben, zu denen ich noch einige Bemerkungen hinzufügen möchte. Sie geben jedoch keine Lösung des Problems und sind nur als eine’ Mitteilung der beobachteten Tatsachen zu betrachten. )1e pag. 115 ff. 2) Le. pag. 78. ‘ Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 297° . Zunächst sei betont, daß in den zur Umwandlung bestimmten, verholzten Zellen keine Stärke vorhanden ist, obwohl das Parenchym, aus dem diese Holzzellen entstanden sind, außerordentlich stärkereich war. Behandelt man ein Präparat, in dem die Wände der Sklerenchym- zellen uoch in der Entwicklung begriffen sind und etwa die Hälfte ihrer endgültigen Dieke erreicht haben, mit Chlorzinkjod, so sieht man, daß. das Zeilumen mit einer dicken Schicht von Zellulose ausgekleidet ist, die sich tiefblau färbt. Man erkennt auch deutlich, daß mit der Zunahme der Wanddicke der Stärkegehalt der Zellen abnimmt, so daß die vollkommen verholzte, ausgewachsene Sklerenchymzelle keine Stärke mehr enthält. Da die Umwandlung dieser Schutzschicht in sekundäres Nähr- gewebe, wie schon erwähnt, bei allen Gallen in gleicher Weise vor sich geht und die Steinzellen der Globuli-Gallen verhältnismäßig wenig diekwandig sind, möchte ich . die weiteren Vorgänge — wenigstens für die Zellwände — an einer anderen Galle demonstrieren, bei der die Sklerenchymzellen eine stär- kere Wandverdickung haben und sich die Umwandlungen dementsprechend besser be- obachten lassen. Ich wähle H : Fig. 8. Biorkiza terminalis. Umwandlung der zu diesem Zwecke die ‚Zellen Schutzzellen in Nährgewebe. a Normale, ver- der Schutzschicht von Biorhiza holzte Schutzzelle, > Verquellen der Zellwand, rminali Typ : e die sekundäre Membran ist vollständig ver- te is, deren us m quollen und gibt Zellulosereaktion, Z Auflösung Textfig. 8 wiedergegeben ist. der sekundären Membran. Vergr. 436. Die ersten Anzeichen der Umwandlung in Nährgewebe dokumentieren sich darin, daß die verholzten Zellmembranen beginnen, wieder Zellulosereaktion zu geben, und zwar findet die Verwandlung von der Innenseite der Wand nach außen zu statt, d. h. in umgekehrter Richtung, in der sich die Ver- holzung vollzogen hat. Bei der Umwandlung der Holzwände in Zellulose quillt die sekun- däre Wandverdickung so stark auf (Textfig. 85), daß die Tüpfel vollständig verschwinden (Textfig. 8c)%). Primäre und sekundäre Zellwand zeigen aber 1) Die verschiedene Tönung der Zellen soll die mehr oder weniger starke Zellulogereaktion veranschanlichen. 298 F. Weidel, immer noch ein vollständig homogenes Aussehen, und erst allmählich heben sich beide deutlich voneinander ab, wobei die sekundäre Membran ihre deutliche Abgrenzung gegen das Zellumen verliert (Textfig. 8). Bei der Chlorzinkjodreaktion ist die Auflösung der Zellulose deutlich sichtbar. Die weiteren Vorgänge mögen wieder an der Globuli-Galle erläutert werden. . Gleichzeitig mit der Auflösung der sekundären Membran treten Stärkekörner auf, zunächst klein und allmählich größer werdend (Textfig. 63), bis sie an Größe und Anzahl ein Maximum erreichen (Textlig. 6c). Viel- leicht könnte man die Bildung der hier auftretenden Stärke als „Aus- druck für die Steigerung des Inhaltes der Zellen an gelösten Kohle- hydraten über eine bestimmte Grenze hinaus“!) auffassen. Die ge- bildete Stärke ist aber nur transitorischer Natur, denn in dem Maße, wie sich die Zeilen der Larvenkammer nähern und strecken, verschwindet die Stärke wieder (Textfig. 64), wofür dann, wie auch Beyerinck?) beob- achtet hat, Öl®) auftritt. Jedoch ist wohl kaum anzunehmen, daß sich nur die Stärkekörner in Öltropfen und vielleicht gar direkt verwandeln, denn man findet schon vor Beginn der Auflösung der Stärke Öl in den Zellen. Beide Vorgänge, das Verschwinden der Stärke und das Erscheinen des Öles müssen aber unbedingt in irgendwelchem Zu- sammenhange stehen, denn beide treten stets in umgekehrtem Ver- hältnis auf. In den unmittelbar zur Aufzehrung bestimmten Zellen (Textfig. 62) findet sich niemals Stärke, eine Tatsache, die man bei Gallen auch da, wo eine Bildung sekundären Nährgewebes nicht zu beobachten ist, ganz allgemein konstafieren kann‘). Wenn nun bei der Globuligalle die Umwandlung der Schutz- schicht in Nährgewebe in zentrifugaler Richtung immer weiter fort- schreitet, so müßte in Kürze natürlich das ganze Schutzgewebe ver- braucht sein, ‘wenn nicht dadurch Ersatz geschaffen würde, daß die außen an die Schutzschicht angrenzenden Zellen des stärkeführenden Pareuchyms verholzen. Die dabei auftretenden Vorgänge in bezug auf die Stärke und die Zellwände sind genau die umgekehrten, wie wir sie bei der Bildung des sekundären Nährgewebes kennen lernten: 1) Werming-Tokannsen, Lehrbuch der allgemeinen Botanik, pag. 384. Berlin 1909. 2) 1. c. pag. 117. 3) Der Deutlichkeit halber sind in Fig. 6 die Öltropfen fortgeiassen und ‚nur die Stärkekörner angedentet. 4) Küstenmacher, 1. c. pag. 179. Beiträge zur Entwicklungsgesehichte usw. 299 Etwa in der zweiten Reihe von der fertigen Schutzschicht aus beginnen die Zellen Verdiekungsschichten in Form von Zellulose auf- zulagern (Textfig. 6/), wobei man das Schwinden des Stärkegehaltes der Zeile deutlich beobachten kann. Allmählich verholzen die aufgelagerten Verdickungsschichten von außen nach innen, und die vollkommen ver- holzte Zelle weist keine Stärke mehr auf. Diese Ergänzung der Schutz- schicht gibt uns ein getreues Bild der Entstehung der Schutzschicht überhaupt aus dem Gallplastem. Durch den Ausgleich zwischen Verbrauch und Neubildung wandert die Schutzschicht immer weiter nach außen, so daß die Gefäßbündel (Textfig. 62), die ursprünglich in einiger Entfernung von der Schutzschicht verlaufen, vollständig von mechanischem Gewebe umschlossen werden. Die Wanderung des Schutzgewebes geht aber niemals bis zur Epidermis, da inzwischen die Larve in das Puppenstadium, das Stadium der Ruhe tritt, in dem die Nahrungsaufnahme und dementsprechend auch die Neu- bildung des sekundären Nährgewebes eingestellt wird. Wie schon ein- gangs erwähnt, löst: sich das unverletzt gebliebene Parenchym — wahr- scheinlich nach Verbrauch der Stärke — mit der Epidermis während der Überwinterung von der Galle los. Als Ursache für die Entstehung des sekundären Nährgewebes kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder können die Zellen an sich die Fähigkeit haben, sich nach ihrer Verholzung in Nährgewebe zu verwandeln, oder die Veranlassung geht von einem durch die Larve ausgeschiedenen Stoff aus, was mir aus folgendem Grunde wahrschein- licher ist: In der reifen, von der Wespe verlassenen Galle findet sich niemals eine größere Menge unaufgezehrten, sekundären Nährgewebes, was doch wenigstens gelegentlich zu erwarten wäre, wenn die Umwand- lung unabhängig vom Tier fortschritte. Man könnte vielleicht dagegen einwenden, daß im allgemeinen mit dem Ausschlüpfen oder dem Tode des Tieres das Leben der Galle und damit auch die Funktion der Zellen ihr Ende erreicht‘), aber auch in der Inflator-Galle, die nach dem Aus- kriechen des Tieres noch weiterlebt und sogar Blätter treiben kann, wird sekundäres Nährgewebe nicht mehr gebildet, sobald sie von der Wespe verlassen ist. So sonderbar die Tatsache der Umwandlung von Sklerenchym- zellen im Nährgewebe auch erscheinen mag, finden sieh in der Natur doch auch anderweitig ähnliche Lösungsvorgänge, wie man aus der D) W. Magnus, 1. e. pag. 132. 300 F. Weidel, Arbeit von Grüß?) ersehen kann, in der die‘ Auflösung verholzter' Membranen durch die im Kirschgummi enthaltene Zytase gezeigt wird. Unserem Fall noch weit ähnlicher sind die Vorgänge, die nach Sachs bei der Keimung der Dattel auftreten und auf die ich wegen der vielen Analogien mit der Bildung des sekundären Nährgewebes etwas näher- eingehen möchte. Sachs?) sagt an der betreffenden Stelle: „Während das Saugorgan (des Keimes, d. Verf.) sich ausbreitet,. wird fortwährend eine dasselbe umgebende Schicht des hornigen Endo- sperms erweicht; die erweichte Schicht ist ungefähr 1 mm breit und zeigt eine teigartige Beschaffenheit... Bei sorgfältiger Betrachtung‘ hinreichend dünner Schnitte gelingt: es, .die doppelt konturierten primären Häute von den noch hornigen Endospermzellen bis in die erweichte- Schicht zu verfolgen und in dieser selbst: die primären Häute noch in Gestalt geschlossener Zellen zu erkennen ... Gewiß scheint mir, daß- der Zellstoff der Verdickungsschichten selbst in der Nähe des auf- saugenden Epithels nieht zu einem völlig homogenen Brei innerhalb- einer primären Zellhaut zusammenfließt, sondern daß die Verdickungs- schichten sehr stark aufquellen.* „Da die Verdickungsschichten der Endospermzellen nur in der unmittelbaren Nähe des immer vorrückenden Saugorgans erweichen, 50: dürfte wohl die nächste Ursache der Erweichung in dem Saugorgan selbst zu suchen sein. Läge diese Ursache im Endosperm allein, so- müßte die genaue Coincidenz auffallen, womit die Erweichung des Endosperms dem Wachstum des davon ganz unabhängigen Saugorgans- entspricht. Dieser Umstand macht es eher wahrscheinlich, daß das. Epithel einen Stoff an die nächsten Endospermzellen abgibt, der die Lösung des Zellstoffes bewirkt.“ Zwar handelt es sich bei der Keimung des Dattelkernes um die Auflösung und Verwendung von „Reservezellulose*®) zur Ernährung, aber wenn wir bei den Gallen von der vorangehenden Metamorphose der Holzmembranen in Zellulose absehen, haben wir in beiden Fällen annähernd die gleichen Verhältnisse: Hier ein Parasit, die Oynipiden- larve, die wahrscheinlich durch Ausscheidung irgendeines Stoffes die: Umwandlung mechanischen Gewebes in Nährgewebe verursacht, dort DJ. Grüß, Über das Verhelten von C; i / , ytase und Cytokoagulass bei der Gummibildung. Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. 1910, Bd. XLVI. 2) Julius Sachs, Zur Keimungsgeschichte der Dattel. Bot. Zeitg. 1862. pag. 242 ff. 3) J. Sachs, 1. e. pag. 242. Beiträge zur Entwieklungsgeschichte usw. 301 ebenfalls ein Parasit, der Embryo!), der dasselbe bewirkt. Auch die Umwandlung selbst weist viele Analogien auf: Die Verquellung und Auflösung der sekundären Wandverdickung, das dadurch bedingte Hervortreten der primären Membran und schließlieh das ganz gleich- mäßige, vom Parasiten abhängige Fortschreiten der Umwandlung, alle diese Vorgänge sind in beiden Fällen durchaus identisch. Bevor ich die Besprechung der Globuli-Galle schließe, möchte ich doch eine Eigentümlichkeit nicht unerwähnt lassen, die etwa 30%, der untersuchten Globuli-Gallen zeigten und für die sich zunächst keine rechte Erklärung finden konnte. Es ragen nämlich in die Larven- kammer oft Wülste hinein, bei denen die sekundäre und teilweise auch die primäre Nährschicht noch ihre volle Ausdehnung hat, während in der Umgebung diese und auch ein Teil der sekundären schon längst aufgezehrt ist. Schließlich fand ich, daß in den Wülsten stets ein Hohlraum vorhanden war, in dem Inquilinen-Eier oder -Larven lagen. Einigemal hatte ich auch Gelegenheit, den Stichkanal des Inquilinen durch das Gallengewebe zu beobachten. Die rechtmäßige Bewohnerin hat also diese Stellen des Nährgewebes gemieden, die vielleicht von einem durch den Inquilinen ausgeschiedenen Stoff durchsetzt sind; auf ‚diese Weise kommen beide miteinander nicht in Berührung. Dureh diese Eigentümlichkeit kann man noch bei der reifen Globuli-Galle primäres und sekundäres Nährgewebe nebeneinander liegen sehen. Es fällt sofort der Formunterschied zwischen beiden auf: Die primäre Nährschicht (Textfig. 9) grenzt ihrer ursprünglichen Anlage entsprechend an die Larvenkammer und besteht aus isodiametrischen Kollenchymzellen, die sonderbarerweise in den verdickten Ecken im Querschnitt kreisrunde oder dreieckige Interzellularen führen®). An die so gebauten acht bis neun Zellreihen schließt sich nach außen zu das sekundäre Nährgewebe in der oben beschriebenen Form an (Textüg. 6x). Andricus ostreus Gir.>) Die äußere Form der Ostreus-Galle, die von Küstenmacher‘) beschrieben und schematisch abgebildet wird, ist durch die beiden Klappen, zwischen denen die Galle seitlich am Blattnerven sitzt,‘ be- 1) 6. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, pag. 221, 4. Aufl. 2) Vgl. Wiesner, Anatomie und Physiologie der Pflauzen, pag. 26, Fig. 15 C. Wien 1881. 3) Fundort und Zeit: Ruhla i. Thür. und Meuro b. Wittenberg, August und September. 4) 1. c. pag. 118, Tat. X, Fig. Al. 302 5 F. Weidel, sonders charakteristisch. Der etwa 4 mm große Gallenkörper selbst ist etwas länglich und rot punktiert auf grünem oder gelblichem Grunde. Scheinbar haben Küstenmacher zur Untersuchung reife Gallen nicht zur Verfügung gestanden, da er über die Schutzschicht nur die Vermutung ausspricht, daß sie sich erst nach dem Abfallen bilde. Auch hat er wohl die Beschreibung, die Hieronymus!) vor ihm von der Galle gab, nieht gekannt, denn es heißt dort: „Sie besitzen eine harte, aus sklerotischen Zellen bestehende Innengalle.“ Ich fand die Schutzschicht noch vor Ablösung der Galle vom Blatte folgendermaßen ausgebildet (Textfig. 10s): Unmittelbar an die Epidermis grenzen etwa vier Reihen allseitig gleichmäßig verdickter Fig. 9. Fig. 9. Andrieus globuli. Kollenchymatisch verdickte Zellen aus dem primären Nährgewebe, Vergr. 205. Fig. 10. Andrieus ostreus. Schnitt durch die reife Galle. e Epidermis, c« Cuticularschicht, £ verholzte Zellaloseschicht, s Schutzschicht, > dünnwandiges Parenchym, » Nährgewebe. Vergr. 354. Zellen, von denen die äußersten starkwandig sind, während nach innen mit zunehmender Größe und Lumen die Wanddicke und auch der Tüpfelreichtum abnimmt. Zur Bildung sekundären Nährgewebes kommt es bei der Ostreus- Galle aus verschiedenen Gründen wöhl kaum: Einmal ist das primäre Nährgewebe sehr stark ausgebildet, denn es ist zur Zeit, wenn sich die Galle vom Blatt löst, noch nicht vollständig aufgezehrt (Textfig. 10%), und zum anderen ist die Schutzschicht so schwach ausgebildet, daß eine Verringerung derselben nicht in Betracht kommen kann. Aus dem zwischen Nährgewebe und Sehutzschieht liegenden Pareuchym 3) 1. e. pag. 206, Nr. 639, Beiträge zur Eintwicklungsgeschichte usw. 308 (Textlig. 105) und aus der Tatsache, daß die Verholzung der Schutz- schicht. von der Epidermis in zentripetaler Richtung vorgeschritten ist, kann man wohl eher auf eine Vergrößerung der Schutzschicht als des Nährgewebes schließen. Eigentümlicherweise muß man bei der Ostreus-Galle — wir werden später noch weitere Fälle kennen lernen — auch die Epidermis (Textfig. 10e) zu den sklerenchymatischen Elementen rechnen. Wenn man mit Haberlandt‘) in der Außenwand einer Fpidermiszelle von außen nach innen Cuticula, Guticularschicht, Zelluloseschicht unter- scheidet, so ist bei der Ostreus-Galle die Zelluloseschicht (Textfig. 10.) vollständig verholzt und hebt sich infolgedessen von den übrigen Schichten der Wand durch die deutlich hervortretende, konzentrische Schichtung ab. Diese verholzten Wandteile machen durchaus den Ein- druck, als ob es selbständige Zellen wären, zumal da sie auch an den Seiten- und Innenwänden genau wie die Elemente der Schutzschicht mit den Nachbarzellen korrespondierende Tüpfel tragen. Andricus radicis Fabr.2) Die dunkelbraunen, sehr harten, nuß- bis faustgroßen und mehr- kammerigen Gallen — zu ihnen gehören die größten Gallenexemplare, die ich überhaupt gefunden habe — entstehen unter der Erde an den Wurzeln alter Eichen. Über die Verteilung der Gewebe in der Galle sind wir durch Lacaze-Duthiers®) und Hieronymus‘) unterrichtet, deren Angaben ich zunächst an Hand der schematischen Textfig. 11 im wesentlichen wiedergebe: In der reifen Galle besteht das ganze Grundgewebe (Textfig. 11a) mit Ausnahme der Partien, in denen die Gefäßbündel zwischen den Larvenkammern verlaufen (Textfig. 113) aus verholzten Elementen. Die Kammern selbst sind je von einer Schutzschicht umgeben, die, wenn sie nahe zusammenrücken, häufig ineinander übergehen — „les couches protectrices des deux loges voisines sont accol6es“ 5) (Textfig. 11e). Bei näherer Betrachtung der Gewebselemente ist besonders eigen- tümlich das Grundparenchym in den äußeren Teilen der Galle, haupt- 1)1 0. pag. 96. 2) Fundort und Zeit: Schmiedeberg (Bez. Halle), September. 31 e. pag. 3281, 4) 1. e. pag. 210, Nr. 6432, 5) Lacaze-Duthiers, 1. c. pag. 329. 304 F. Weidel, sächlich der Anheftungsstelle gegenüber. Die Zellen sind in der Längs- achse der Galle etwa um das Doppelte ihres Queräurchmessers ge- streckt und zylindrisch, so daß sie auf Querschnitten fast als exakte Kreise erscheinen (Textfig. 12). Durch die außerordentliche Dünnwandig- keit der Zellen im Verhältnis zum Durchmesser und die großen Inter- Fig. 11. Fig. 11. Andricus radieis. Schema der Anordnung der Larvenkammern. a Grundparenchym, 5 Gewebe, in dem die Gefäßbündel verlaufen, Schutzschicht. Fig. 12. Andricusradieis. Schnitt durch B Grundparenchym. Vergr. 235. Fig. 12. zellularräume hat das ganze Gewebe trotz der Verholzung einen schwammigen Charakter. Die geringe Anzahl der Tüpfel wird durch ihre Weite kompensiert, die gewöhnlich an der Außen- und Innenseite der Wand am größten ist. Teilweise haben sie einen Durchmesser von 8 a (Textfig. 124). Überhaupt sind die Zellen sowie Tüpfel die größten, die ich bei Gallen be- obachtet habe. Nach dem Zentrum der Galle zu wird das Gewebe des Grundparenchyms dichter und besonders in der Umgebung der Schutz- schichten dickwandiger. Die Zellen der Schutzschicht selbst (Text- figur 13) sind denen der Globuli-Galle sehr ähn- lieh: Wegen der etwas tangentialen Streckung zur Larvenkammer, der abgerundeten Oberfläche und schließlich auch wegen der Interzellular- räume könnte man sie in beiden gleich nennen, wenn nicht die Schutzzellen der Radieis-Galle Fig.13. Andriensradieis. enger getüpfelt und - dünnwandiger wären, Sklerenchymzellen aus wodurch denn auch ein größeres Lumen be- derSch: i Kor 2; . ler Scl atzechicht. Vergr. dingt ist. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 305 Andricus albopunctatus Schlecht.!) Nach v. Schlechtendal2} ist die Galle „gestreckt eichelförmig, grün oder rötlich mit weißlichen Längsflecken“ und erscheint im April oder Mai aus den Knospen. Da ich in der Literatur über die Anatomie der Galle keine An- gaben gefunden habe, möchte ich mit Hilfe der schematischen Textfig. 14 zunächst die Verteilung der Gewebe erläutern: Die Larvenkammer wird von einer ziemlich starken Nährschicht (Textfig. 14x) bekleidet, die ihrerseits wieder vom Schutzgewebe um- schlossen wird (Textfig. 14), dessen Gestalt der äußeren Form der Galle entspricht. Die Gefäßbündel laufen in jüngeren Stadien zu 15—20 Strängen in der Längsrichtung um die Schutzschicht herum, während sie späterhin, wenn das Schutzgewebe bei der Bildung der sekundären Nährschicht weiter nach außen wandert, vollständig von Sklerenchym- Fig. 14. Andrieus albopunctatus. Schematisierter Längsschnitt. » Nährgewebe, s Schutzschicht, g Ge- fäßbündel, 2 Rindenparenehym. Vergr. 6. Fig. 15. Andricus albopunctatus. Sklerenchymzellen Fig. 14. aus der Schutzschicht. Vergr. 394. zellen eingeschlossen sind. Außen folgt auf -die Schutzschicht ein Parenchym mit verdickten Zellulosewänden (Textfig. 145), das mit Stärke, Chlorophyll und teilweise auch mit einem roten Pigment im Zeilsaft. versehen ist. Durch das Fehlen des Chlorophylis in mehreren über- einander liegenden Zellreiben kommt die weiße Streifung zustande. Die Zellen der Schutzschicht, die in den unteren Teilen der Galle schwächer ausgebildet ist als in den übrigen, sind in Textfig. 15 ab- gebildet. Sie gleichen denen aus dem Schutzgewebe der Radieis-Galle in bezug auf die geringe Wanddicke, die reichlichen, aber engen Tüpfel und schließlich den ganzen Zellverband durchaus, wenn man davon 1) Fundort und Zeit: Finkenkrug b. Berlin, April und Mai. 2) v. Schlechtendal, Die Gallbildungen (Zoocecidien) der deutschen Gefäß- Pflanzen. Zwickau 1891. Fiora, Bd. 102. 21 306 " F. Weidel, absieht, daß sie auch in der reifen Galle die Größe jener nicht ganz erreichen. Andricus inflator Hart.!) Die Anatomie der Galle, die „keulenförmige, aus verkürzten Inter- nodien bestehende, meist normale Laubblätter tragende, bis 2 cm lange und 1 cm dicke Anschwellungen der Sproßenden“?) bildet, ist von Hieronymus?), ausführlicher von Küstenmacher?®) gegeben worden. Letzterer hat auch die Schutzschicht, die allein Sklerenchymzellen auf- weist, wenn man von einigen dünnwandigen, in das Parenchym der Außengalle eingestreuten verholzten Elementen absieht, schematisch abgebildet®). In Textfig. 16 habe ich die Form dieser Zellen genau wieder- gegeben: Sie sind teils ein wenig tangential zur Larvenkammer ge- streckt, teils isodiametrisch und mit weiten Tüpfeln versehen, die sich, wie meistens bei den Sklerenchymzellen der Gallen, nach außen er- weitern. Was die Wandverdickung anbetrifft, so ist sie im Verhältnis zum Durchmesser der Zelle gering, und, während wir in den bisher betrachteten Gallen nur allseitig gleichmäßig verdickte Steinzellen kennen lernten, treten uns hier zum ersten Male neben solchen Zellen auch Andeutungen zu einseitiger Wandverdiekung entgegen (Textfig. 16a). Da mir nur ganz reifes, bereits von den Tieren verlassenes Material zur Verfügung stand, konnte ich über die Verwandlung der Sklerenchym- zellen in sekundäres Nährgewebe keine Beobachtungen machen; die an die Larvenkammer grenzenden Wände (Textlig. 165) gaben keine Re- aktion mehr, da die Zellen durch die ausgebildete Wespe verletzt und infolgedessen vertrocknet waren. Andricus curvator Hart. 5) Die 5 mm dicken, kugeligen, auf beiden Seiten des Blattes hervor- tretenden Auftreibungen sind anatomisch zuerst und am ausführlichsten von Prillieux) behandelt worden. Ich möchte aus seiner Beschreibung zur s0 viel entnehmen, daß sich im Laufe der Entwicklung eine Innen- galle bildet, die mit der Außenwand der Gallenbildung nur an einer 3) Fundort und Zeit: Meuro b. Wittenberg, Juli. 2) Hieronymus, I. c. pag. 205, Nr. 638, 3) Küstenmacher, 1. ©, pag. 187 1f. 4) Ders, le. Taf. IX, Fig. 35. 5) Fundort und Zeit: Potsdam, Juni. 8) 1. 6. pag. 126-136. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 307- Stelle verwachsen ist, während in jüngeren Stadien der Entwicklung beide im ganzen Umfange fest miteinander verbunden waren. Den hierbei stattfindenden Trennungsvorgang bildet Prillieux!) sehr schön ab. Die Außenseite der Innengalle und die Innenseite der Außengalle weisen einige Reihen von Sklerenchymzeilen auf (Textfig. 17«), die sich von denen der Inflator-Galle durch die regelmäßige Begrenzung des Zellumens und ihre geringere Größe unterscheiden. Sie gehören teils dem einseitig, teils dem allseitig gleichmäßig verdickten Typus an, wenn auch die Unterschiede in der Wandverdickung nur sehr gering sind. Die Tüpfel haben nach dem Zell- lIunmen zu eine weite Mündung, so daß die Zellwände, von der Fläche gesehen, netzartig verdickt erscheinen. Fig. 16. Andricus inflator. Sikleren- chymzellen aus der Schutzschicht mit Fig. 17. Andrieus carvator. Skleren- einseitig verdickten Zellen (a), # eine chymzellen aus der Schutzschicht. durch die Cynipide verletzie Zelle. « Andeutungen zu einseitiger Wand- Vergr. 360, verdiekung. Vergr. 435. Andricus Sieboldi Hart.2) Angaben über die Galle habe ich nur bei Hieronymus?) ge- funden, der sie ungefähr folgendermaßen beschreibt: Eikegelförmige, 5—6 mm hohe, dicht über der Basis oft ebenso breite, kahle, rote Gallen an jungen Eichen oder an Stockausschlag alter Eichenstümpfe. Zur Untersuchung standen mir nur Gallen zur Verfügung, die bereits von ihren Bewohnern verlassen waren. An solchen Exemplaren hat sich die weiche Außengalle abgelöst und das ganze übrige Gewebe, das sich aus folgenden zwei Zelltypen zusammensetzt, ist: verholzt: 1. Tangential zur Larvenkammer gestreckte, dickwandige und mit zahlreichen, engen Tüpfeln versehene Schutzzellen, die teilweise dünnere Seitenwände als Außen- und Innenwände tragen und kaum merkliche Interzellularen aufweisen (Textfig. 19); D1e. Pl 18, Fig. 9. 2) Körbin (Prov. Sachsen), September. 3) 1. c. pag. 209, Nr. 6422. 21* 308 F. Wetdel, 2. zylindrische, in der Längsachse nur sehr wenig gestreckte, dünnwandige Zeilen, von denen der ganze obere Kegel der Galle ge- bildet wird. Auf Querschnitten sehen diese Zellen den in Textfig. 12 abgebildeten aus dem Grundparenehym der Radieis-Galle täuschend ähnlich, so daß man ohne die entsprechenden Längsschnitte nicht: ent- scheiden kann, aus welcher von beiden Gallen das Präparat ent- nommen ist. Andricus cortieis Hart.‘) Wenn Küstenmacher?) die Galle von Andricus cortieis mit einem Maiskorn vergleicht, so ist dies durchaus zutreffend, denn genau 80 wie die Maiskörner im Kolben eingesenkt sitzen, durch gegenseitigen Fig. 18. Fig. 19. Fig. 18. Andrieus Sieboldi. Sklerenchymzellen aus der Schutzschicht. Vergr. 294. Fig. 19. Andrieus cortieis. Schnitt durch die Schutzschicht (s) und Kristallschicht (2). «a Typische Schutzzelle, 5 große Ninzelkzistalle, c Anhäufung kleiner Kristalle. ergr, 276. Druck abgeplattet, sind auch die Gallen, oben abgerundet und breit, unten spitz, in das Kallusgewebe von Rissen an Hochstämmen einge- lassen. Bemerkungen über die Anatomie habe ich nur bei Küsten- macher gefunden, und zwar sagt er über die Schutzschicht: „Die Schutzschicht ist nach der oberen fleischigen Haube und seitlich am stärksten als starkwandiges Tüpfelparenchym ausgebildet, während sie nach unten dünnwandiger wird und fast aufhört,“ 3) Fundort und Zeit: Wittenberg (Probstei), September. 2) 1. ce. pag. 137. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 8309 Hierzu sei aus meinen Beobachtungen bemerkt, daß die Schutz- schicht zur Zeit der Reife, wo also die Umwandlung in sekundäres Nährgewebe eingestellt ist, im Gallendach aus etwa 12 Zellreihen be- steht, die sich an den Seiten der Larvenkammer auf die Hälfte redu- zieren. Die charakteristische Form der Zellen dieses Schutzgewebes findet sich unmittelbar oberhalb der Larvenkammer (Textlig. 19s) und ist, wie bei der Sieboldi-Galle dadurch ausgezeichnet, daß die Seiten- wände dünn, die Außen- und Innenwände stark verdickt sind. Be- sonders fällt hier die außerordentlich geringe Tüpfelung — in einzelnen Zellen trifft man mitunter auf Schnitten gar keine Tüpfel — und die unregelmäßige Begrenzung des Zellumens auf; allein durch die beiden letzten Merkmale unterscheiden sich diese Zellen von den in der äußeren Form gleichen der Sieboldi-Galle immerhin merklich. In der fleischigen Haube grenzt unmittelbar an die Schutzschicht und durch keinerlei Übergänge verbunden ein sklerenchymatisches Gewebe, das durch den großen Reichtum an Kristallen aus Kalzium- oxalat ausgezeichnet: ist: (Textfig. 194). Wenn auch sonst im Gallen- gewebe Kristalle durchaus nicht selten sind), so habe ich sie doch nie in solcher Größe und Anzahl gefunden wie hier. Oft ist das ganze, an sich schon große Zellumen durch einen einzigen Kristall ausgefüllt (Testfig. 193), dem anscheinend so ansehnliche Zellulosemassen — späterhin waren sie verholzt — aufgelagert worden sind, daß diese die Wand des Behälters erreicht haben und mit ihr verwachsen sind?) Besonders naheliegend ist diese Annahme dadurch, daß das sonst un- regelmäßig begrenzte Zellumen an diesen Stellen glatte und den Flächen des Kristalls genau entsprechende Wände aufweist. Durch diese Ein- riehtung wird eine außerordentlich gute Verstärkung der Schutzschicht erzielt. — Neben den großen Rhomben finden sich auch kleinere sowie Drusen in größerer Anzahl in einer Zelle angehäuft (Textfig. 194). Wenn wir auch schon Zellen mit einseitiger Wandverdickung (Intlator, Curvator) kennen gelernt haben, so treten sie uns hier in der Kristallschicht der Cortieis-Galle zum ersten Male in ihrer typischen Ausbildung entgegen, bei der die Verdiekung in allen Zellen nach einer bestimmten Richtung, hier nach der Larvenkammer zu, liegt. Jedoch ist die Einseitigkeit der Wandverdiekung hier bei weitem nicht so aus- gesprochen, wie wir es später in den Blatigallen werden kennen lernen. — Im Gegensatz zu den Zellen der Schutzschicht der Cortieis-Galle 1) Küster, Beiträge zur usw., pag. 170. 2) Vgl. G. Haberlandt, 1. c. pag. 481. 310 F. Weidel, weisen diese kristallführenden Elemente größere Tüpfel auf, die oft reich verzweigt sind, aber auch hier selten die ganze Zellwand durch- setzen. . Andricus fecundatrix Hart.%) Die überall verbreitete, einer Ananasfrucht ähnliche, artischocken- förmige — „Galles en artichaut“ —?) und von dichtgedrängten, schuppen- förmigen, außen breiten, innen schmäleren Hüllblättern umgebene Galle ist von Hieronymus?), ihre Anatomie von Lacaze-Duthiers?) und ausführlicher von Küstenmachert) beschrieben, ohne daß diese Autoren näher auf die Form der einzelnen Gewebselemente eingehen. Der innere Gallenkörper, der in seiner Form große Ähnlichkeit mit einer Eichenfrucht hat, trägt „zwischen Nährschicht und Gefäßbündel eine Sklerenchymschicht, welche bis ins Spitzchen reicht“). Diese Sklerenchymschicht setzt sich aus tangential zur Larvenkammer ge- streckten Elementen mit verdickten Außenwänden zusammen, doch _H Fig. 20. Fig. 20. Andricus fecundatrix. Sklerenchym- zellen aus der Schutzschicht. Vergr. 440. Fig. 21. Andrieus fecundatrix. Sklerenchym- zellen aus der Gallenspitze. Vergr. 396. weichen diese Zellen von den uns bisher bekannten einseitig verdickten insofern ab, als sie infolge ihrer prismatischen Gestalt und senkrecht aufeinander stoßenden Wände oft längere, zusammenhängende Reihen ohne Interzellularen bilden (Textfig. 20). . Die Sklerenchymzellen der Schutzschicht setzen sich zwar bis in die Spitze der Galle fort, doch nehmen sie hier eine ganz andere Form 2) Fundort und Zeit: Kemberg (Prov. Sachsen) und Eisenach, August und September. 2) Laeaze-Duthiers, I. c. pag. 350. 3) l. e. pag. 205, Nr. 637 a. Hio pag. 1208. 5) Küstenmacher, ], e. pag. 121. Beiträge zur Entwieklungsgeschichte usw. 3il an. Der Unterschied zwischen beiden Gewebegruppen ist durch die Entwieklungsgeschichte erklärlich, da beide, wie ich feststellen konnte, in jüngeren Stadien der Entwicklung in keinem Zusammenhange mit- einander stehen, denn die Spitze ist, noch bevor überhaupt die Anlage der Schutzschicht aus dem stärkehaltigen Gallplastem angedeutet ist, schon vollständig verholzt. Erst in weit späteren Stadien tritt ein Zusammenhang zwischen beiden ein. Die sklerotischen Elemente der Gallenspitze (Textfig. 21), die bei außerordentlich geringer Tüpfelung überall die Tendenz zu einseitiger Wandverdickung erkennen lassen, sind besonders durch die lockere Zeilverbindung und die großen Interzellularräume charakterisiert, wo- durch man vielleicht geneigt sein könnte, dieses Gewebe mit dem in Textfig. 12 abgebildeten der Radieis-Galle zu vergleichen. Beide sind jedoch dadurch wesentlich voneinander versehieden, daß in der Radieis- "Galle die Verbindung der Zellen eine viel innigere und ihre Gestalt eine viel regelmäßigere als hier ist. Weiter treten in der Fecundatrix-Galle « Sklerenchymzellen in den Ansatzstellen der Schuppen auf, und zwar bilden sie hier keine regelmäßigen Gewebegruppen, son- dern sind in regellosen Nestern in das unverholzte Parenchym und zwischen die Gefäßbündel eingestreut, was Lacaze- Duthiers‘) durch die Worte recht an- sehaulich macht: „On aura une idee complete de la structure de cette por- Fig. 29. Andricus fecundatrix. tion de la Galle, si Fon y suppose des Siklerenchymzellgruppe aus der ilots, compos6s de quatre, eing, jusqu’ A aumrune germngene Belle, j six cellules ponetuses.* Oft findet man Interzellularraum. Vergr. 218. in den Gruppen Lücken (Textfig. 222), in denen man noch die Reste zugrunde gegangener, unverholzter Zellen finden kann. Die einzelnen Nester haben gewöhlich ein Zentrum (Textfig. 225), in dem die Zellen je nach ihrer Anzahl mit mehr oder weniger spitzem Winkel zusammenstoßen. An sich sind die einzelnen Elemente außerordentlich dünuwandig, großlumig und von sehr regel- mäßiger, polyedrischer Struktur. Die korrespondierenden Tüpfel sind im Verhältnis zur Wanddicke weit und durchsetzen die ganze Zellwand. 1. c. pag. 352. 312 F. Weidel, Biorbiza terminalis G. Mayr.‘) Die von Lacaze-Duthiers?), Beyerinck?) und Hieronymus®) beschriebene Ceeidie von Biorkiza terminalis entspringt nach letzterem aus den Terminal- oder Axillarknospen als „vielkammerige, fast kugelige oder etwas unregelmäßig knollige, 1--4 cm Durchmesser besitzende, ... saftige, blaßgelbe, bisweilen rot angelaufene, später braune, ... . ziemlich weiche Galle.“ Wenn auch die Anatomie und besonders die Entwicklungs- geschichte hinreichend bekannt ist, so habe ich doch eine genaue Be- schreibung der Steinzellen vermißt. Sklereuchymzellen treten in der Terminalisgalle nur in der Um- gebung der Larvenkammern auf, die besonders im unteren Teil der Galle unregelmäßig und zahlreich eingestreut sind, so daß für die Terminalis-Galle genau dasselbe Schema wie für die Radieis-Galle gilt (Textfig. 11). Trotz dieser Ähnlichkeit in der Verteilung der Gewebe und der gauzen Form der Gallen überhaupt sind die Zellen ihrer Schutzschichten doch weit verschieden voneinander: Es fällt bei der Terminalis-Galle (Textfig. 8) sofort die einseitige Wandverdiekung ins Auge, die hier schon ziemlich stark ausgeprägt ist. Die Öffnung der Tüpfel zeigt nach dem Lumen zu eine der Wanddicke angemessene Weite; nach außen verzweigen sie sich reich, so daß man Zweige 3. Ordnung be- obachten kann, münden aber außen niemals mit der gleichen Weite wie innen. — Die Schichtung der Wände läßt sich hier wegen der Dicke der einzelnen aufgelagerten Schichten — teilweise beträgt sie pro Schicht 45 a — deutlich erkennen. Von den sechs bis acht: Verdiekungs- schiehten sind selbst in der ausgewachsenen Zelle die beiden innersten niemals verholzt, so daß diese beim Übergang in sekundäres Nähr- gewebe nieht erst in Zellulose zurückverwandelt zu werden brauchen. Oft ist auch das Parenchym außerhalb der Schutzschichten ver- holzt und zeigt dann dem der Radieis-Galle sehr ähnliche Struktur und allseitige Wandverdickung, jedoch gilt auch hier von der Schiehtung der Membranen dasselbe wie für die Schutzzellen. 1) Fundort und Zeit: Finkenkrug b. Berlin, April und Mai. 2) 1. c. pag. 308. 31 e. pag. 38-8. 4) 1. ec. pag. 211, Nr. 648. Beiträge zur Entwieklungsgeschichte usw. 313 Dryophanta divisa Hart.‘) „Die Galle von Dryophanta divisa?) ist erbsengroß, glänzend, etwas niedergedrückt kugelig, rötlich bis rot oder gelbbraun. Der Anheftungs- punkt liegt in einer Kerbe®)“ Sie sitzt gewöhnlich auf den Seiten- nerven der Blattunterseite in großer Anzahl, oft mit der Disticha-Galle dasselbe Blatt teilend, so daß ich häufig Verwachsungen von Divisa- und Disticha-Gallen beobachten konnte. Hieronymus gibt die eingehendste Beschreibung der anatomischen Verhältnisse der Galle, die ich zum Verständnis in der Hauptsache wiederholen werde, bevor ich zu meinen Untersuchungen übergehe: „Unter der spaltöffnungslosen kleinzelligen, bisweilen mit rotem Zellsaft Fig. 23. Fig. 23. Dryophanta divisa. Schnitt durch die Epidermis und die Subepidermalschicht. Vergr. 573. Fig. 24. Dryophanta divisa. Schnitt durch die Hypodermschicht. « Zelle mit sehr starker Außen- wand, 5 verdickte Mittellamelle, ec Mittellamelle nicht wahrnehmbar. Vergr. 250. Fig. 24. erfüllten Epidermis finden sich einige wenige Lagen von etwas tan- gential gestreekten oder isodiametrischen .. . ziemlich diekwandigen Hypodermzellen, welche nach innen zu in dünnwandigere, stark gerb- stoffhaltige, radial gestreckte, prismatische Parenchymzellen übergehen. ... Weiter nach innen zu gehen dieselben in die aus isodiametrischen Stein- zellen gebildete Schutzscheide plötzlich über.“ Zu Hieronymus’ Ausführungen über die Epidermis möchte ich hinzufügen, daß wir hier besonders an den Seitenwänden der Galle I) Fundort und Zeit: Winterstein i. Thür. und Meuro b. Wittenberg, August bis Oktober. 2) Die Anatomie der Galle wird beschrieben von: Lacaze-Dutbiers, 1. c. Pag. 301 f.; Hieronymus, 1. «. Pag. 219, Nr. 653 a; Küstenmacher, 1. c. Pag. 125. 3) v. Schlechtendal, 1. c. pag. 25. 314 F. Weidel, wieder die starke Verholzung der Zelluloseschicht haben (Textfig. 23), die wir schon bei der Ostreus-Galle kennen lernten. Die verholzten Partien haben hier jedoch plattgedrückt ellipsoidische Gestalt, während. sie dort isodiametrisch waren. Bei der Divisa-Galle beschränkt sich auch die Tüpfelung auf die Innenwände. Die Zusammensetzung der Hypodermschicht ist in der Mitte der Galle, der Anheftungsstelle gegenüber, besonders charakteristisch und die folgende (Textfig. 24): Unmittelbar unter der Epidermis liegen. einige Reihen tafelförmiger Zellen, deren Außenwände im Verhältnis. zu den Innenwänden sehr stark verdickt sind, so daß nur ein ganz flaches Zellumen übrig bleibt (Textüg. 24a). An die Epidermis und. auch untereinander schließen sich die Zellen ohne Interzellularen an, und wo in früheren Stadien der Entwicklung solche gewesen sind, haben. sie sich durch Verquellung der Mittel- lamellen ausgefüllt (Textfig. 242). Teilweise sind die Membranen anch so ausgebildet, daß selbst nach Fär- bung eine Mittellamelle nicht hervor- tritt (Textfig. 240) Auf diese ein- seitig verdickten Elemente folgt eine Lage von Zellen, deren Außen- und Innenwände sehr stark, deren Seiten- wände dagegen dünn sind; von den. ähnlich gebauten Zellen aus der Cor- Fig. 25. Dryophanta divien. Schnitt tieis-Galle unterscheiden sich diese durch das Schutz- und Nährgewebe, durch die regelmäßige Begrenzung «a In Nährgewebe umgewandelte Skle- des Lumens. In den sich nach der renchymzeilen, 5 kugelförmige sekun- däre Nährzelle. Vergr. 200. Kammer zu anschließenden Ele- menten tritt die Verdickung der Außenwand immer mehr zurück, so daß bei der konstant bleibenden Größe der Zelle das Lumen bedeutend zunimmt. Die Wandverdickungen sind also in den inneren Teilen der Hypodermschicht gerade entgegen- gesetzt orientiert wie in den äußeren. Die Tüpfelung ist in der ganzen. Schicht eine äußerst spärliche. Weiter kommen für unseren Vergleich die Zellen der Sehutz- schicht (Textfig. 25) in Betracht, die, abgesehen von der reichlicheren Tüpfelung, den zu innerst gelegenen Elementen der Hypodermschicht durchaus gleich sind, Was die Verwandlung der Schutzschicht in sekundäres Nähr- gewebe betrifft, so konnte ich konstatieren, daß sie sich genau in der Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 8315 für Andricus globuli angegebenen Weise abspielt, nur löst sich hier nach der Verwandlung die Zelle aus dem festen Verbande mit ihren Nachbarzellen und rundet sich mehr oder weniger ab (Textfig. 25a), um teilweise als Kugel in das Innere der Larvenkammer zu ragen (Textfig. 252). Da mir von dieser Galle Material in geeigneten Stadien zur Ver- fügung stand, konnte ich die Entwicklungsgeschichte der Schutzschicht verfolgen: Anfang August, wenn die Galle einen Durchmesser von 3—4 mm, also nahezu ihre endgültige Größe erreicht hat, besteht das ganze Gewebe der Galle noch aus Zellen mit gleichmäßig verdickten Zellulosemembranen. Mitte August beginnt die Bildung der Schutz- schicht damit, daß die Zellen, in einer Entfernung von drei bis vier Zellreihen vom Nährgewebe beginnend und nach außen und innen gleichmäßig fortschreitend, auf der nach der Larvenkammer gekehrten Seite Zelluloseschichten auflagern, die dann in der Reihenfolge der Auflagerung von außen nach dem Zellinnern zu verholzen, aber nie sämtlich, so daß das .Zellumen stets von einer Zelluloseschicht: ausge- kleidet wird. Zur Zeit, wenn das primäre Nährgewebe aufgezehrt ist, hat die Schutzschicht ihr Maximum erreicht, d. h. im oberen Teil der Galle eine Ausdehnung von sechs bis sieben Zellreihen. Die durch die Umwandlung im Nährgewebe bedingte Ergänzung der Schutzschicht: geht aber hier nicht wie bei der Globuli-Galle kon- tinuierlich nach außen weiter, sondern an den radial gestreckten, pris- matischen Zeilen, zwischen denen die Gefäßbündel verlaufen, wird ihr Halt geboten, während die Umwandlung in Nährgewebe gleichmäßig fortschreitet. Daraus ist eg erklärlich, daß man in reifen Gallen nur noch einige Zellagen der Schutzschicht vorfindet. Ein Eirsatz für das allmählich schwindende Schutzgewebe wird durch die rechtzeitig ein- setzende Verholzung der Epidermis und der Hypodermschichten ge- schaffen, deren außerordentlich feste Zusammensetzung zur Zeit der Reife wir oben kennen lernten. Dryophanta longiventris Hart.!) Dryophanta longiventis erzeugt nach Adler?) auf der Blattunter- seite höchstens 1 em große, kugelige Gallen, die bei lebhafter Färbung schön rot und. weiß gebändert sind — „Galles z&br6es“, wie Lacaze- 1) Fundort und Zeit: Goseck i. Thür, und Sehmiedeberg (Bezirk Halle), August und September. 2) 1. ec. pag. 189. 316 F. Weidel, Dutbierst) sagt. In den anatomischen Beschreibungen, die von Lacaze-Duthiers, Hieronymus?) und Küstenmacher®) gegeben sind, behandelt letzterer die Schutzschicht am eingehendsten, und ich habe zu seinen Angaben nur einiges über die Stellung dieser Skleren- chymzellen (Textfig. 26) zu den uns bereits bekannten Formen hinzu- zufügen. Die größte Verwandtschaft zeigen die Steinzellen der Longiventris- Galle mit denen aus der Schutzschicht der Divisa-Galle: die sehr aus- gesprochen einseitige Wandverdiekung, die gänzlich auf die Innenwand beschränkt ist, die dagegen verschwindenden Außen- und Seitenwände und das sehr große Lumen lassen beide Formen durchaus gleich erscheinen, wenn man von der reichlicheren Tüpfelung in der Longi- ventris-Galle absieht. Fig. 26. Fig. 27. Fig. 26. Dryophanta longiventris. Einseitig verdiekte Sklerenchymzellen aus der Schutzschicht. Vergr. 200. Fig. 27. Dryophanta folii. Einseitig verdickte Sklerenehymzellen aus der Schutz- schicht. 2 Großer Suterzellularraum. Vergr. 290. Dryophanta folii L.*). Durch die Untersuchungen Beyerinck’s®), Hieronymus’®) und Küstenmacher’s”) sind wir über die Anatomie und vor allem über die Entwicklungsgeschichte dieser am weitesten verbreiteten, grünen, D1 c. pag. 308. 2) 1. c. pag. 216, Nr. 65la. Ic. pag. 1251. 4) Fandort und Zeit, Hobenprießnitz (Pror. Sachsen) und Meuro b. Witten- berg, August und September. D) 1. c. pag. M—-119. 61. ce. pag. 217, Nr. 6522. Die pag. 124, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 317 bis 2 cm Duchmesser besitzenden Blattgalle auf das genaueste unter- richtet, so daß ich sofort zum Vergleich der Sklerenchymzellen über- gehen kann: Die im Prinzip den beiden zuletzt behandelten Formen ähnlichen sklerotischen Elemente der Folii-Galle (Textlig. 27) weichen doch in vielen Punkten von diesen ab. Zunächst geht die Wandverdickung, die sich hier noch weit bis in die Seitenwände hinauf erstreckt, nicht kontinuierlich mit spitzem Winkel, sondern plötzlich und mit stumpfem Winkel in die dünneren Wandstellen über; dann ist auch der ganze Zellverband ein ziemlich lockerer, so daß hier im Gegensatz zur Longi- ventris-Galle bedeutende Interzellularen auftreten (Textfig. 27 a). Die Linsengallen!). Unter dem Namen „Galles lentieulaires“ faßt Lacaze-Duthiers?) vier Blattgallen zusammen, die sich sowohl in der äußeren, linsenähn- lichen Form wie in anatomischer Beziehung sehr nahe stehen. Es sind dies die Gallen von: Neuroterus numismatis Ol. Neuroterus laeviusculus Schenck. Neuroterus lenticularis Ol. Neuroterus fumipennis Hart. Ihrer weiten Verbreitung entsprechend sind sie auch in der Lite- ratur®) oft behandelt worden, teils in dieser Zusammenstellung, teils einzeln. Wenn sich die vier Gallen auch durch verschiedene Eigentümlich- keiten und für jede Art charakteristische anatomische Merkmale unter- scheiden, sind die Sklerenchymzellen bei allen vier Vertretern dieser Gruppe vollständig gleich. Es genügt daher zur Kenntnis dessen, was bisher über die Sklerenchymzellen dieser Gallen bekannt ist, wenn ich die ausführliche Beschreibung Beyerinck’s für die Lenticularis-Galle wiederhole: „Der konvexen Seite der Galle zugewendet, besteht dieses Gewebe aus zwei Zellenschichten, dagegen lassen sich in dem Nabelende selbst, die zahlreichen sklerotischen Zellen bis tief in das Stielehen, mittels 2) Fundort und Zeit, Rubla i. Thür. und Meuro b. Wittenberg, August, September und April. 2) 1. e. pag. 318-315, DI. 18. 3) a) Beyerinck, 1. c. pag. 80-85; b) Frank, Krankheiten der Pflanzen. 1880, pag. 766—768; ce) Hieronymus, 1. e. pag. 220ff,, Nr. 6542, 656, 6572, 6582; d) Küstenmacher, L c. pag. 180-138, 318 F. Weidel, dessen die Galle am Blatt befestigt ist, verfolgen. Die Zellen selbst haben sehr merkwürdige Eigenschaften; zwar sind ihre Wände mehren- teils stark verdickt, doch sind besonders die der Larvenkammer zu- gekehrten dünn geblieben.“ Die von Beyerinck so beschriebenen Zellen habe ich in Text- fig. 28 wiedergegeben, und zwar sind sie einem zu den Flächen der Galle senkrecht geführten Schnitt an der Stelle entnommen, wo die beiden Teile der Schutzschicht zusammenstoßen. Unter den uns bisher bekannten Formen stehen diese Zellen bis auf die etwas weiteren Tüpfel denen aus der Subepidermalschicht der Divisa-Galle sehr nahe. Daneben findet sich aber in den Linsengallen noch ein anderer Typus, den man besonders auf Horizontalschnitten an den Rändern der Schutzschicht antrifft (Textfig. 29): Die in radialer Richtung etwa Fig. 28. Neuroterus lenticularis. Sklerenchym- zellen aus der Schutzschicht. « Grenze, längs der die Schutzschichten der Ober- nnd Unter- seite während der Überwinterung auseinander- weichen. Vergr. 200. Fig. 29. Neuroterus lenticularis. Sklerenchym- zeilen vom Rande der Schutzschicht (Horizon- telschnitt). Vergr. 290. doppelt so langen als breiten Zellen haben eine verdickte Außenwand, während die langgestreckten Seitenwände und die Innenwand erheblich weniger verdickt geblieben sind. Tüpfel treten hier reichlicher auf und durchsetzen die ganze Zellwand. Als besonders interessant an den Linsengallen ist von vielen Seiten ihr Wachstum während ‘der Überwinteruug, also nach der Ab- lösung vom Baume, erwähnt worden, auf das ich an dieser Stelle auch eingehen muß, da man bisher mit Beyerinck allgemein annimmt, daß dieser sonderbare Vorgang auf der Dehnung der Sklerenchymzeilen nach dem Abfallen beruhe; Beyerinck?) faßt seine Ansicht mit den Worten zusammen: Dice pag. 8. Beiträge zur Eintwicklungsgeschichte usw. 319 „Die mikroskopische Untersuchung lehrt, daß die Vergrößerung ‚der Galle in der Hauptsache auf Dehnung der sklerotischen Zellen beruht. Die Möglichkeit einer solchen Dehnung beruht auf das Vor- kommen unverdickt gebliebener Partien der Wandung dieser“1). Ich hatte selbst Gelegenheit, das Wachstum während der Über- winterung an Neuroterus lenticularis und numismatis zu beobachten. Vergleichen wir die Dimensionen einer Numismatis-Galle Anfang Ok- tober und Anfang April (Textfig. 30 und 31, bei derselben Vergröße- rung wiedergegeben), so sehen wir, daß die Höhe etwa um das Drei- fache, die Breite um die Hälfte zugenommen hat, Beruhte nun, wie Beyerinck behauptet, das Wachstum auf der Dehnung der Skleren- ‚chymzellen, so kann man sich wohl vorstellen, welche Dimensionen eine ‚einzelne Sklerenehymzelle während der Überwinterung annehmen müßte, Fig. 30. Fig. 30. Neuroterus numismatis. ‚Schnitt durch die Galle vor der Überwinterung im Sept. Vergr. 38, Fig. 31. Neuroterus numismatis, ‚Schnitt durch die Galle nach der Überwinterung im April, Vergr.33. Fig. 31. zumal da für die Streekung in die Höhe höchstens acht bis neun Zellen in Betracht kommen. Abgesehen von dieser theoretischen Unmöglichkeit einer solchen Erklärung des nachträglichen Wachstums, lehren die anatomischen Be- funde, daß die Vergrößerung der Galle auf ganz anderen Vorgängen beruht. Wenn wir die beiden Textfig. 32 und 38 (der Lenticularis- Galle entnommen) und Textfig. 30 und 31 (der Numismatis-Galle ent- nommen) vergleichen, so sehen wir ganz unzweideutig, daß das Wachstum aur dem unverholzten Parenchym zuzuschreiben ist, und zwar weniger 1) Dies scheint mir schon aus dem Grunde unwahrscheinlich, daß bisher Wachstum verholzter Merbranen nicht beobachtet; worden ist. 320 F. Weidel, den Subepidermalschichten als den in der Mitte der Galle gelegenen Elementen, die teilweise zu langen Schläuchen geworden sind (Text- figur 330). Es scheinen aber nach dem Abfall keine Zellteilungen; sondern nur Streekung der vorhandenen Zellen und Vergrößerung der Interzellularen stattzufinden. Dabei wird die Stärke, mit der die Galle im Herbst bei der Loslösung vom Baume außerordentlich reich ange- füllt ist, vollständig verbraucht. — An dieser Streckung haben aber die Zellen der Schutzschichten nicht teilgenommen, sondern sie sind längs einer Grenze, die man schon im September deutlich erkennen kann (Textfig. 282), auseinander gewichen, und der obere Teil ist mit den sich streckenden Parenchymzellen emporgehoben worden. Die ein- zelnen Elemente der Schutzschich- ten haben sich dabei aber so un- merklich geändert, daß es für die Vergrößerung der Galle überhaupt nicht in Betracht kommt. Sehr schön 27 1 Fig. 82. S om) kann man die Herlaris. Sehnzer durch Sireckung der Zel- das Parenchym der Galle vor der Überwinterung im Sept. Vergr. 88. len, die teilweise auf Kosten der Wanddicke ge- schehen muß, an der Epidermis der Fig. 33. Neuroterus len- tienlaxis. Schnitt durch das Parenchym der Galle nach der Überwinterung im April. = schlauch- Fig. 33. Benticularis-Galle fbrmige Parenchymzelle, Vereröf, . verfoigen. Im Sep- auf deren Streckung die Vergrößerung der Galle während R = der Überwinterung beruht, ergr. 83, tember wird die Galle von einer besonders außen starkwandigen Epidermis umgeben (Textfig. 34). Im April, nachdem eine so gewaltige Vergrößerang des zu umkleidenden Volumens stattgefunden hat, ist sie so verändert, wie wenn sie als elastisches Band stark in die Länge gezogen worden wäre: Die Höhe der Zellen hat sich merklich verkleinert, die Außen- und Innenwände sind durch die Verlängerung schwächer geworden und die Zellumina haben sieh dabei merklich vergrößert, (Textfig. 35). Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 3231 Dryophanta disticha Hart.) Die oben abgeplattete, nach unten etwas dickere, zylindrische und durch eine horizontale Schicht in zwei Kammern geteilte Blattgalle ist von Lacaze-Duthiers?) und Küstenmacher?) beschrieben und anatomisch untersucht worden. Ich konnte bei meinen Untersuchungen die Angaben beider Autoren bestätigen, jedoch möchte ich an Hand der schematischen Textfig. 36 besonders über die reife Galle noch einige Zusätze machen. Die untere der beiden Kammern, die Larvenkammer, wird von einer ausgedehnten Nährschicht umgeben (Textfig. 36), die ihrerseits wieder von einem Schutzgewebe bekleidet wird (Textfig. 36). Die tangential zur Larvenkammer gestreckten Elemente dieser Schutzschicht sind im unteren Teil der Galle, wo sie die Epidermis unmittelbar be- Fig. 55. Fig. 36. Fig. 34. Neuroterus lentieularis. Schnitt durch die Epidermis im Sept. Vergr. 218. Fig. 35. Neuroterus lentieularis. Schnitt durch die Epidermis im April, Vergr. 218. Fig. 36. Dryophanta disticha, Längsschnitt dureh die reife Galle (schematisch). % Nährgewebe, s Schutzschicht, c vgl. Text, @ verstärktes Gallendach, 5 vgl. Fig. 37, e vgl. Fig. 38. rühren, und auf der horizontalen Grenzwand zwischen den beiden Kammern am stärksten ausgebildet und verholzt. In der Gegend, wo die Sehutzschicht: nach oben einbiegt (Text- fig. 36c) schiebt sich zwischen diese und die Epidermis ein radial gestrecktes, verholztes Hypoderm ein, das in Textfig. 87 dargestellt ist: Die Subepidermalzellen (Textfig. 372) sind isodiametrisch und zeigen bis auf die hier nach innen liegende Wandverdickung und das etwas größere Lumen dieselbe Form wis im gleichen Gewebe der Divisa-Galle 2) Fundort und Zeit, Ruhla i. Thür. und Meuro b. Wittenberg, August bis Oktober. 2) e. 1. pag. B04£. 91 ce. pag. 197, Plore, Bd. 102. 22 322 F. Weidel, (Textfig. 23). Die sich daran anschließenden Zellen bilden den Über- gang zu den radial gestreckten Elementen; aus ihnen kann man sich die letzteren sehr wohl durch radiale Streckung entstanden denken. Wenn wir unsere bisherige Orientierung der Zellwände nach ihrer Richtung zur Oberfläche und Larvenkammer beibehalten, so haben wir hier bei den radial gestreckten Sklerenchymzellen den seltenen Fall, daß eine Seitenwand, mitunter auch noch die Innenwand verdickt ist, während die übrigen Wandteile gänzlich unverdickt geblieben sind. Die ebenfalls verholzten Zelluloseschichten der Epidermis haben die lache, ellipsoidische Gestalt wie bei Dryophanta divisa, jedoch treten hier keine Tüpiel auf (Textfig. 37 e). . Aus dem sonst gleichmäßigen Paren- chym der Galle hebt sich das Gewebe über dem oberen Hohlraum durch stärkere Wandver- Fig. 37. Fig. 38. Fig. 37. Dryophanta disticha. Schnitt durch die Epidermis (e) und das Hypoderm. « Stark einseitig verdickte Sklerenchymzeile, Vergr. 158. Fig. 39. Dryophanta disticha. Sklerenchymzellen aus dem Dache der oberen Kammer. Vergr. 330. “ diekung ab (Textfig, 36.2). Der Zeilverband dieses Gewebes, der im allgemeinen ein fester ist, wird nach der Kammer zu reich an Inter- zellularen, und die Zellen, die den Hohlraum auskleiden, ragen teil- weise frei in diesen hinein (Textfig. 36). Trotzdem wird aber durch tolgende Einrichtungen eine feste Verbindung der Zellen an dieser Stelle erzielt (Textfig. 38): Einmal sind die durch große Hohlräume von einander getrennten Zellen an korrespondierenden Stellen durch Fortsätze verbunden, die auch Holzreaktion geben und teilweise mit Warzen versehen sind (Textfig. 380). Zum anderen wird eine innigere Verbindung auch dadurch erzielt, daß die Mittellamellen mit den Wänden der beiden Nachbarzellen vollständig homogene Massen bilden (Textlig.383). Beiträge zur Entwieklungsgesckichie usw. 323 Cynips Kollari Hart.') Cynips Kollari erzeugt in den Blattachseln eine 2—3 cm große Kugel von grüner, später bräunlicher Farbe, die anatomisch von La- caze-Duthiers?) und Hieronymus), entwicklungsgeschichtlich sehr „eingehend von Beyerinck®) untersucht worden ist, Ich möchte deshalb nur eines Gewebes Erwähnung tun, dessen Elemente man wohl zu den sklerenchymatischen rechnen kann, wenn sie auch von den bisher betrachteten Formen in ihrer Entstehung und- Ausbildung gänzlich abweichen. Beyerinck’, erwähnt das Gewebe zwar als eigentümlich, wenn er sagt: „Die äußere Oberfläche der Kristallschicht (Bekleidung des Nährgewebes, d. Verf.) grenzt an ein sehr eigentümliches ... . Gewebe, welches ich oben als primäres Stärke- gewebe bezeichnet habe. ... Die Zellen schließen ohne Interzellular- räume aneinander, und da die Grenzen zwischen denselben auch nirgend- wo anders wahrnehmbar sind, besitzt das Gewebe ein kollenchymatisches Fig. 39. . Fig. 40. Fig. 39. Cynips Kollari. Kollenchymatisch verdickte und verholzte Zellen aus der äußeren Partie des „primären Stärkegewebes“. «= Interzellularraum. YVergr. 408. Fig. 40. Cynips Kollari. Zellen aus der inneren Partie des Gewebes. « Unver- holzt gebliebener Teil der Zellwand. Vergr. 408. Vorkommen“ — doch sind ihm die Momente, weshalb man dieses Gewebe zu den sklerotischen stellen kann, nicht aufgefallen. . In Textfig. 39 habe ich einen Radialschnitt durch dieses Geweb: in seinen äußeren Partien, in Textfig. 40 einen solchen in der Nähe der Kristallschicht wiedergegeben. Beide Präparate wurden mit Phloro- gluein und Salzsäure behandelt, wodurch die Eigentümlichkeiten recht 1) Fundort und Zeit, Wildpark b. Potsdam, September. 2) lc. pag. 291. 3) Le. pag. 218, Nr. 648, 4) 1, e. pag. 132—156. 51. ec. pag. 148, 29%* 324 F. Weidel, deutlich zutage traten. Die Zellwände, als Ganzes betrachtet, könnte man wohl mit Beyerinck kollenchymatisch nennen, aber das Aussehen dieses Kollenchyms weicht doch ganz beträchtlich von der uns sonst bekannten Form desselben ab: Zunächst treten, wie man besonders aus Textfig. 39a ersehen kann, Interzellularen auf, die teilweise durch Auflösung der Mittellamelle, eine ganz beträchtliche Ausdehnung er- reichen. Wenn uns auch mit Interzellularen durchsetztes Kollenchym bei Gallen häufiger entgegentritt (Textfig. 9), so haben die Interzellular- räume doeh nie eine solche Ausdehnung wie hier. Besonders auffällig und der Grund, weshalb ich das Gewebe an Jdieser Stelle anführe, ist die Verholzung der kollenchymatischen Wände, die sich allerdings nur auf die äußeren Teile derselben erstreckt, da das Lumen stets von einer unregelmäßig gestalteten Zelluloseschicht ausgekleidet ist. Ein Vergleich der beiden Textfig. 39 und 40 lehrt, daß nach der Larvenkammer zu die Verholzung viel weiter fortgeschritten ist als in den äußeren Teilen dieser Stärkeschicht, denn hier sind nur die Ecken der Zeilwände und einzeine Partien der Mittellamelle ver- holzt, während dort die Ecken ganz bedeutend und die Mittellamellen mitsamt eines Teiles der sekundären Membran vollständig verholzt sind. Gallen ohne Sklerenchymzellen. In den von mir ebenfalls untersuchten Gallen von Neuroterus baecarım L., Neuroterus vesicator Schlecht, Neuroterus albipes Schenck, Neuroterus aprilinus Gir. treten keine Sklerenchymzellen auf. Das Fehlen der sklerenchymatischen Elemente in diesen Gallen, die sämtlich Frühjahrsformen sind und sich, wie wir es bei Neuroterus vesicator gesehen haben, außerordentlich rasch entwickeln, könnte man vielleicht so erklären, daß es bei der Kürze der Entwicklung zu einer so weitgehenden Differenzierung, wie sie die Bildung sklerenchymatischer Elemente erfordert, nicht kommen kann. Andererseits sind auch so ausgedehnte Schutzvorrichtungen, wie sie Gallen mit monate- ja jahrelanger Lebensdauer und Überwinterung (Globuli, Fecandatrix, Badieis usw.) brauchen, bei einer 30—40tägigen Lebenszeit nicht erforderlich, Die sklerenchymatischen Elemente der Eiche. Nachdem wir uns mit der großen Mannigfaltigkeit der Formen bekannt gemacht haben, die eine einzige Gewebeart in Gallen, die noch Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 325 dazu derselben Mutterpflanze angehören, annehmen kann, dürfte es interessant sein, einmal zuzusehen, zu welchen Variationen in derselben Gewebeart die gallentragende Pflanze normalerweise ohne den Gallen- reiz befähigt ist. Zwar haben wir Cynipidengallen betrachtet. die teil- weise auf Quercus pedunculata und sessilifiora gleichzeitig vorkommen, doch habe ich weder in den sklerenchymatischen Elementen solcher Gallen noch in denen der beiden Eichenarten selbst irgendwelche Unter- schiede konstatieren können‘). Ich will nun versuchen, im folgenden eine möglichst eingehende und erschöpfende Beschreibung der Skle- reiden von Quercus peduneulata und sessiliflora zu geben. Es finden sich zerstreut in der Literatur Angaben über das Vor- handensein und die Form einzelner Sklerenchymzellen, doch ist die einzige zusammenhängende Arbeit, die ich diesen Untersuchungen zu- grunde legen konnte, Küster’s „Bemerkungen über die Anatomie der Eichen“?). Da er jedoch eine umfassende Darstellung sämtlicher Ge- webearten unter Berücksichtigung möglichst vieler Spezies der Gattung Quercus geben will, kann er auf die Einzelheiten wenig eingehen. Um eine gewisse Ordnung in die Aufzählung der mannigfaltigen Formen zu bringen, will ich sie in zwei Gruppen einteilen, die sich allerdings nicht scharf abgrenzen lassen, sondern dureh Übergänge mit- einander verbunden sind: 1. die isodiametrischen Formen, 2. die nach einer Dimension gestreckten Formen. 1. Die typische, isodiametrische Sklerenchymzelle, die „Steinzelle“, findet sich in Gruppen regellos in der Borke®) und nach Möller*) auch im Weichbast eingestreut. Die Wände (Textfig. 41) sind bis zum fast vollständigen Verschwinden des Lumens verdickt, und auch die Tüpfelung ist außerordentlich schwach und kaum sichtbar. Mitunter kommen aber auch einzelne Zellen mit ‘größeren und reichverzweigten Tüpfeln vor, deren Wand dann rissig erscheint (Textfig. 42). Stets schließen aber die Zellen in diesen Gruppen lückenlos aneinander. Diesen sehr nahe stehende Formen findet man in der Cupula (Textfig. 432), wo sie den Übergang zu einem etwas großlumigeren 1) Die Unterschiede zwischen beiden Spezies bestehen wohl hauptsächlich in der äußeren Morphologie und in der Anordnung der Gewebe im Stamm. — Vergl. Abromeit, Über die Anatomie des Eichenholzes. Jahrb, f. wissenschafil. Botanik, Bd. XV, pag. 209. 2) Botan. Zentralblatt 1900, pag. 177 ff. 3) Solereder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen, pag. 893. 4) Möller, Anatomie der Baumrinden, 1882, pag. 63. 3236 F. Weidel, und weiter getüpfelten Typus bilden. Sie sind in das dünnwandige Grundparenchym (Textfig. 435) „in Gruppen von wechselnder Größe eingestreut“), schließen aber auch hier wieder infolge der glatten Oberfläche der Zellen vollständig lückenlos aneinander. Weiter treten in den oberen Teilen der Knospenschuppen isodia- metrische Zellen auf, die aber von den beiden besprochenen Formen insofern abweichen, als sie eine streng prismatische Gestalt haben und sich infolgedessen zu längeren Gruppen eng aneinander ‚reihen (Text- figur 44). Tüpfel weisen diese Zellen nicht, auf, wenn man nicht gerade die wenigen Aussackungen (Textfig. 442) des Lumens an den Zellenden als solche ansehen will. Schließlich möchte ich bei der Besprechung der isodiametrischen Form noch eines Gewebes Erwähnung tun, das die Frucht mit der Fig. 41. Fig. 43. Fig. 41. Quereus robur. Sklerenchymzellgruppe aus der Borke. Vergr. 246. Fig. 42. Quercus robur. Einzelne Sklerenchymzelle aus der Borke. Vergr. 246. Fig. 43. Quercus robur. Sklerenchymzellen aus der Cupula. Vergr. 294. Fig, 44, Quereus robur. Sklerenehymzellen aus dem oberen Teil einer Knospen- schuppe. Vergr. 294, Cupula an der Ansatzstelle verbindet und sich dadurch von allen übrigen sklerenchymatischen Geweben der Eiche unterscheidet, daß hier Interzellularen auftreten, die teilweise eine recht beträchtliche Größe annehmen können (Textfig. 45a). Die Zellen selbst sind dickwandig und an korrespondierenden Stellen mit Fortsätzen versehen, an denen die Wände benachbarter Zellen ohne Hervortreien einer Mittellamelle kontinuierlich ineinander übergehen (Textfig. 455). Jedenfalls soll das von Interzellularen durchsetzte Gewebe, ähnlich wie die beim Laubfall 1) Küster, Bemerkungen über usw., pag. 182. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 397 auftretende 'Trennungsschicht, eine leichtere Loslösung der Frucht von der Cupula ermöglichen. 2. Den Übergang von der ersten zur zweiten Gruppe, bei der eine Richtung in der Zelle bevorzugt ist, findet man in der Fruchtspitze (Textfig. 462) mit Zellen zu einem Gewebe verbunden, die schon deut- lich eindimensional gestreckt sind (Textlig. 462). Überhaupt läßt sich in der Fruchtspitze eine einheitliche Form der Zellen nicht erkennen, - wie auch die Tüpfelung ganz verschieden ist. Bald durchsetzen die Tüpfel mit unverändertem Durchmesser die ganze Wand, bald verjüngen sie sich nach außen zu. Allen diesen Zellen gemeinsam ist aber das im Verhältnis zum Durchmesser weite und meistens unregelmäßig begrenzte Lumen, wodurch auch die Zellen des in der Regel doppelschichtigen Gewebes unter der „Palisadenschicht“") der Samenschale charakterisiert sind (Textfig. 49). Nahe verwandt, sowohl was Wandstärke und auch Tüpfelung an- belangt, mit der soeben besprochenen Gruppe sind die Zellen, die zur Fig. 46. Fig. 45. Quereus rohur. Sklerenchymzellen aus der Ansatzstelle der Frucht an_die Cupule, @ Interzellularräume, 5 die Mittellamellen sind nicht sichtbar. Vergr. 294. Fig. 46. Quereus robur. Sklerenchymatisches Gewebe aus der Fruchtspitze, be- stehend aus isodiametrischen Zellen (e) und gestreckten Zellen (2). Vergr. 294. Zeit der Winterruhe den Fuß der Knospenschuppe2) bilden (Textlig. 47). Sie sind jedoch etwas mehr gestreekt und reihen sich mit: den schmalen, genau kongruenten Seitenwänden ähnlich wie in der Spitze der Schuppe zu zusammenhängenden Ketten aneinander. Die in Textfig. 48 abgebildeten Sklerenchymzellen fand ich in der weiblichen Blüte, und zwar sind sie dem Innern des Griffels entnommen, wo er an der Verwachsungsstelle der drei Narben eine einheitliche 1) Haberlandt, I. e. pag. 149. 2) Vergl. Anm. 2, pag. 282. 328 F. Weidel, Röhre bildet‘). Die Zellen sind außerordentlich glatt- und starkwandig mit kaum merklichen Tüpfeln, so daß das ganze Gewebe, zumal da es auch frei von Interzellularen ist, eine große Festigkeit hat. Über die Sklerenchymzellen des Perikarps sagt Küster?) folgen- des: „Im Perikarp liegen unter der einschichtigen äußeren Epidermis Fig. 47. Fig. 47. Guercus robar. Sklerenchymzellen aus dem Sul Fuße einer Kuospenschuppe. Vergr. 280. Fig. 18. Quercus robur. Sklerenchymzellen aus der . weiblichen Blüte. Fig. 48. , mehrere Lagen von ‚Palisadensklerenchym‘, unter diesem .... mehrere Lagen rundlicher oder polyedrischer Sklereiden“ Das Palisaden- sklerenehym habe ich in Fig. 495 abgebildet. Eis besitzt, wie man aus Erfahrung weiß und wie man aus dem anatomischen Bau schließen kann, eine ganz anßerordentliche Festigkeit, die einerseits durch die starkwandigen, fast gänzlich ungetüpfelten Zellen mit außerordentlich kleinem und sehr flachem Lumen, anderer- seits durch die geradezu prosenchymatische Einkeilung ‘der Zellen ineinander erreicht wird. Dazu kommt noch, daß die Längs- achse dieser Zellen senkrecht zur Oberfläche orientiert ist. Vergleich der Sklerenchymzellen der Gallen untereinander und mit denen der normalen Eiche. Nig. 49. Quereus robur. Wenn wir die große Vielgestaltigkeit Sklerenchymzellen aus dem der Formen der Sklerenchymzellen, die wir in 'erikarp. a „Polyedrische* Pi Sklerenchy er » „Pali- den Gallen kennen gelernt haben, noch ein- sadensklerenchymzellen“. mal überblicken, so finden wir mit Aus- Vergr. 886. nahme der Linsengallen nicht einen einzigen 1) Wohl konnte ich mich nach den Handbüchern von Schacht, „Beiträge zur Anstemie und Physiologie der Gewächse“, 1854, pag. 33 und Eichler, Blüten- diegramme, Leipzig 1875, Teil IL, pag. 26 über die äußere Morphologie der weib- lichen Blüte, deck nickt über deren Anatomie informieren. 2) Bemerkungen über usw., pag. 182. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 329 Fall, in dem zwei verschiedene Gallen genau dieselbe Form der Sklereiden aufweisen. Alle betrachteten Steinzellen lassen sich auf zwei Grundformen zurückführen: die allseitig gleichmäßig und die einseitig verdickte, von denen die große Vielgestaltigkeit durch Variation in der Weite und Anzahl der Tüpfel, der Richtung der Zelle zur Larvenkammer und der Verteilung der Wandverdickung abzuleiten ist. Sehen wir uns die Formen der ersten Gruppe genauer an, so finden wir, daß allen Zellen, wenigstens soweit sie den Schutzschiehten an- gehören, die tangentiale Streckung zur Larvenkammer gemeinsam ist, so daß also die Unterschiede durch Kombination der übrigen Merkmale bedingt sein müssen. Am nächsten stehen sich unter allen betrachteten sklerenchyma- tischen Zellen diejenigen aus den Schutzschichten der Radieis- und Albopunctatus-Galle, da sie sich einzig und allein durch ihre Größe unterscheiden. Nahe verwandt mit diesen beiden Formen und nur durch die Tüpfelung unterschieden sind die Steinzellen der Globuli- Galle, etwas weiter entfernt stehen schon diejenigen aus Andricus inflator und curvator, da bei ihnen, und besonders bei der letzt- genanuten Art, die Gleichmäßigkeit der Wandverdickung nicht mehr streng eingehalten wird. Wenden wir uns zur zweiten Gruppe, dem einseitig verdickten Typus, so finden wir hier einen weit größeren Formenreichtum, was auch erklärlich ist, da sich hier besonders durch die Veränderung der gegenseitigen Lage der dünnen und verdiekten Wände große Mannig- faltigkeit erzielen läßt. . Zwar möchte ich die Sklerenchymzellen der Sieboldi- und der Cortieis-Galle in diese Gruppe nehmen, doch kann man sie auch mit demselben Recht, zur ersten Gruppe stellen, da die beiden Gallen die alleinige Verdiekung der Außen- oder Innenwände nicht immer streng durehführen und in der Kristallschicht der Cortieis-Galle der Unter- schied in der Wandstärke bei weitem nicht so ausgeprägt ist wie in den eigentlichen einseitig verdickten Zellen. Aus der Zahl der typisch einseitig verdiekten Elemente hebt sich die Gruppe der Linsengallen durch die völlige Formengleichheit ihrer Sklerenchymzellen heraus, während die der übrigen Gallen durch je eine charakteristische Form ausgezeichnet sind, die bald durch die Weite der Tüpfel (Divisa) und großes Lumen (Longiventris), bald durch eigenartige Übergänge der verdickten Wandstellen in die unverdiekten 330 F. Woidel, (Foli) und die radiale Streckung zur Larvenkammer (Linsengallen, Distieha) bedingt ist. Ebenso wie die Sklerenehymzeilen der Gallen untereinander große Formverschiedenheit aufweisen, lehrt aueh ein Vergleich dieser Zellen mit denen der normalen Eiche, daß von der Galle nicht eine einzige Form, sei es als Zelle, sei es als Gewebe unverändert aus der Mutter- pflanze entnommen wird. Was die Form der Zellen selbst anbelangt, so kommen für einen Vergleich uur die allseitig gleichmäßig verdickten Elemente der Galle in Betracht, da die Eiche normalerweise zur Bildung einseitig verdickter Zeilen nicht befähigt ist‘). Die größte Ähnlichkeit zwischen den betrachteten Elementen der Galle und der Eiche konnte ich in den Steinzellen der Globuli-Galle und denen aus der Cupula konstatieren, aber es fallen auch sofort Unterschiede ins Auge (Textfig. 7 und 43), da die Zellen aus der Galle größer und weiter getüpfelt sind, ein größeres Zellumen besitzen und ihre ganze Oberfläche weit mehr abgerundet ist. Es erübrigt sich wohl, nachdem ich so Unterschiede an einander sehr nahe stehenden Formen nachgewiesen habe, all die einzelnen Ver- schiedenheiten in beiden Fällen aufzuzählen. Ich möchte nur ganz allgemein die beiden Sklerenchymzellgruppen dahin charakterisieren, daß in den normalen Elementen der Eiche die Tüpfel eng, dabei wenig zahlreich und die Oberflächen der Zellen glattwandig sind, während in der Galle die Tüpfel gewöhnlich weit und die Zellformen abgerundet sind. Durch diese verschiedene Gestaltung der Oberfläche der Zellen wird bier auch der durchgreifende Unterschied zwischen normalem und pathologischem Gewebe bedingt: Während wir in der Mutterpflanze — ich konnte nur die eine Ausnahme an der Ansatzstelle der Frucht konstatieren — stets Gewebe ohne Interzellularen mit fest aneinander- schließenden Wänden haben, werden in den Gallen durchgehends Ge- webe mit Interzellularräumen gebildet, die teilweise eine recht beträcht- liche Größe erreichen. Ferner bilden die Sklerenchymzellen in der Eiche mit Ausnahme der Samenschale und der Knospenschuppen keine ge- schlossenen Gewebemassen, sondern stets sind in dieselben unverholzte Elemente eingestreut (Cupula, Fruchtspitze usw), so daß nie so zu- 2 Küster, Bemerkungen ‚zur usw., pag. 183, Ders, Beiträge zur usw., pag. 188. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 331 sammenhängende Sklerenchymzellgruppen mit stets wiederkehrender, konstanter Größe und Zusammensetzung wie in den Schutzschichten oder z. B. im Dach der Cortieis-Galle zustande kommen. Wie schon von Küster!) hervorgehoben wurde, sind die Gallen nicht imstande, Stereiden zu bilden, was als sonderbar zu bezeichnen ist, da gerade die Gefäßbündel, aus denen die Gallen zur allergrößten Anzahl entspringen, in der normalen Eiche stets von Stereiden begleitet werden. Andererseits bilden wieder Gallen, die Organen der Mutter- pflanze entstammen, welche keine dickwandigen, parenchymatischen Sklerenchymzellen — z. B. die Blätter — führen, solche in großer Anzahl und Mächtigkeit. Welche Schlüsse können wir nun einerseits aus der Mannigfaltigkeit der zahlreichen Zellformen der Gallen und andererseits aus den Unter- schieden, den die pathologischen Elemente gegen die normalen Zellen (der Mutterpflanze aufweisen, ziehen? Zunächst steht, es wohl unbedingt fest und bedarf keiner weiteren Diskussion, daß von jedem Gallentier eine spezifische Gallenwirkung ausgehen muß, denn es werden auf genau denselben Organen, ja in unmittelbarer Nachbarschaft und miteinander verwachsen (Divisa und Disticha) gänzlich verschiedene Gallen mit: weit voneinafder entfernten, oder wenn auch mit, ähnlichen, so doch immer merklich verschiedenen Elementen gebildet (Divisa und Longiventris). Es fragt sich nun, ob diese Mannigfaltigkeit und anderenteils auch die Verwandtschaft der Elemente allein den Gallentieren zuzuschreiben ist oder ob auch die Pflanze einen gewissen Anteil daran hat. Aus unseren anatomischen Befunden kann man diese Frage nicht mit ab- soluter Sicherheit entscheiden, doch werde ich zeigen, daß, die Elemente ‚der Schutzschichten immerhin in einem gewissen Zusammenhange mit dem Organ der Mutterpflanze stehen, dem die betreffende Galle ent- sprossen ist. Vergleichen wir nämlich die Organe der Mutterpflanze, welche die beiden oben angenommenen Gruppen der Gallen tragen, so finden wir, daß die Gallen mit allseitig gleichmäßig verdickten, also wuchtigen Schutzzellen, meistens dem Stamm, der Wurzel oder den Sprossen, jedenfalls nie den Blättern entspringen, während die Blattgallen in den 1) Beiträge zur usw., pag. 154. Pathol, Pflanzenanat,, pag. 238. 332 F. Weidel, Schutzschichten nur einseitig verdiekte Elemente führen. Aber ebenso wie die beiden Gruppen der Sklerenchymzellen durch Übergänge mit- einander verbunden sind, muß man natürlich erwarten, daß sich auch Ausnahmen von dieser Regel finden. So hat z. B. die Blattgalle von Andrieus curvator, wie wir oben sahen, in der Schutzschicht teilweise gleichmäßig verdiekte Zellen, aber es tritt doch eine deutliche Tendenz zu einseitiger Wandverdickung zutage. Auch umgekehrt zeigen stamm- bürtige Gallen (Cortieis) einseitige Wandverdickung, die aber bei weitem nicht so kraß wie in den Blattgallen ausgebildet ist. Gegen diese Auffassung, daß die Form der Elemente auch vom gallentragenden Organe abhängt, könnte man den Einwand erheben, daß die Verwandtschaft der Elemente der Gallen von der Verwandt- schaft der erzeugenden Tiere herrühre. Welche von beiden Auffassungen die richtige ist oder ob vielleicht beide Ursachen zusammenwirken, können erst weitere Untersuchungen experimenteller Natur entscheiden. Der Vergleich der Sklereiden der Gallen mit denen der normalen Eiche lehrt ein Zweifaches: Der Gallenreiz ist imstande, die Skle- reiden der Mutterpflanze so umzubilden, daß sie sämtlich deutliche Unterschiede von diesen aufweisen, und zum anderen, auf Organen, die: normalerweise keine Steinzellen tragen, solebe zu erzeugen. Die Bildung der einseitig verdickten Elemente erscheint ziemlich rätselhaft, da &s bisher nicht gelungen ist, in der Mutterpflanze selbst oder in deren Verwandtenkreise ähnliche Formen nachzuweisen. Man muß jedoch annehmen, daß die Potenz, solche abweichenden Elemente zu bilden, in der Eiche latent vorhanden ist, und daß diese durch äußere Einflüsse, hier den Gallenreiz, ausgelöst werden kann. Eine Berechtigung zu dieser Annahme können vielleicht die folgenden beiden Tatsachen geben. . “ Wie schon betont wurde, ist der durchgreifendste Unterschied zwischen sklerenchymatischen Pflanzen- und Gallengeweben der, daß die Sklerenchymgruppen der Gallen reichlich von Interzellularen durch- setzt sind. Daß aber auch die Pflanze imstande ist, wenn auch nur vereinzelt, so charakterisierte Gewebe zu bilden, haben wir an der Ansatzstelle der Frucht gesehen. Der Gallenreiz kann also bewirken, daß Eigentümlichkeiten, die in der Mutterpflanze sehr selten sind, in den Gallen zur Regel werden. Noch lehrreicher ist vielleicht ein zweites Beispiel, denn es zeigt, daß auch Elemente, die den Gallen ganz eigentümlich zu sein scheinen, gelegentlich und nur als Ausnahme in der Mutterpflanze vorkommen können. Wir hatten bei der Betrachtung der Epidermis der Ostreus-, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. 333 Divisa- und Disticha-Galle die regelmäßige Verholzung der Zeilulose- schicht kennen gelernt, und so sehr diese Tatsache auch den Gallen eigentümlich zu sein schien, hatte ich doch Gelegenheit, einmal bei der Untersuchung .des Griffels eine ganz ähnlich gebaute Epidermis zu finden, denn aus der Membran hob sich deutlich die Zelluloseschieht durch beginnende Verholzung heraus. Wenn diese auch niemals einen solchen Grad erreicht wie in der Galle und nie zur Regel wird — denn der Griffel stand schon im Begriff, sich von der Frucht zu lösen — 80 sieht man aber doch, daß die Möglichkeit einer solchen Bildungs- ‚abweichung in der Eiche vorhanden ist. Resultate, 1. Der Beginn der Gallenbildung setzt erst ein, nachdem die Ei- haut von der Cynipidenlarve durchbrochen ist und eine Verletzung der pflanzlichen Epidermis stattgefunden hat. 2. Die Larvenkammer wird nicht durch Umwallung des Eies vom umliegenden, sondern durch einen Lösungsvorgang im darunterliegenden Gewebe gebildet und erst 3. in die so vorgebildete Kammer schlüpft die Larve aus der Ei- haut ein. 4. Von jeder Cynipide muß eine spezifische Gallenwirkung aus- gehen, denn a) jede Galle führt: ihr eigentümliche Sklerenchymzellen; b) es wird kein sklerenehymatisches Element aus der Mutter- pflanze unverändert übernommen. 5. Auch das gallentragende Organ der Mutterpflanze hat einen Einfluß auf die Gestaltung der Elemente in der Galle, denn die blatt- bürtigen Gallen führen in der Schutzschicht einseitig verdickte, die übrigen allseitig gleichmäßig verdickte Zellen. Es sei mir gestattet, auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geh. Reg-Rat Prof. Dr. L. Kny, aufriehtig zu danken. Zu ganz besonderem Danke bin ich aber Herrn Prof. Dr. W. Magnus verpflichtet, welcher während der längeren Beurlaubung des Direktors des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Berlin meiner ‚Arbeit großes Interesse entgegenbrachte. 334 F. Weidel, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte usw. Figurenerklärung zu Tafel XV. Fig. 1. Querschnitt durch eine mit einem Numismatis-Ei belegte Knospe. a Stich- kanal, 3 Ei im Teilungsstadium. Vergr. 50. Fig. 2. Schnitt durch Larve und Blatt mit den ersten Anzeichen der Gallenwirkung. Bei @ hat die Larve den Kieferapparat in die Epidermis des Blattes gedrückt. Vergr. 160. . Fig, 3. Bildung der Larvenkammer. « Larvenkammer, 5 Larve, c vergrößerte Epi- @ermiszellen der Blattoberseite, d der Blattunterseite, e Palisadenschicht, / Subepidermalschicht der Blattunterseite. Vergr. 127. Fig. 4. Einsinken der Larve in die vorgebildete Larvenkammer. Vergr. 120. Fig. 5. Die Larve befindet sich vollständig in der Kammer. Vergr. 83. Fig. 6. Verschlaß der Larvenkammer durch das ehemalige Palisadengewebe. Vergr.88. U BNT. KAMFE, BUCHORUCKERE, JENA, Flori. Band 102. : Gustav Fischer nr Taf. XW. Flora.Band 102. vor. Gustav Fischer ır .!era Hannig. Flora Bd. 102. Tafel XV. Fig. 5. Fig. 6. Weidel. Verlag von Gustav Fischer in Jena. J. B. Obernetter, München. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Ergebnisse und Fortschritte der Zoologie herausgegeben von Dr. J. W. Spengel, Professor der Zoologie in Gießen. Erster Band. Mit 121 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 20 Mark. Heft ı: Valentin Haecker, Die Chromosomen als angenommene Vererbungs- träger. Mit 43 Abbildungen. — Richard Heymons, Die verschiedenen Formen der Insektenmetamorphose und ihre Bedeutung im Vergleich zur Metamorphose anderer Arthro- poden. Mit 7 Abbildungen. — Otto Maas, Die Scyphomedusen. Heft 2: H. F. Nierstraß, Die Amphineuren. Mit 22 Abbildungen, — Ulrich Gerhardt, Der gegenwärtige Stand der Kenntnisse von den Copulationsorganen der Wirbeltiere, insbesondere der Amnioten. Mit 16 Abbildungen. Heft 3: Siegfried Becher, Die Stammesgeschichte der Seewalzen. Mit ız Textfiguren. — Max Rauther, Morphologie und Verwandtschaftsbeziehungen der Nema- oden und einiger ihnen nahegestellier Vermalien. Mit zı Textliguren, Soeben wurde vollständig: Zweiter Band.‘ Mit 254 Abbildungen im Text. 1910. Preis: 20 Mark. Heft 1: J. B, Johnston, The Central Nervous System of Vertebrates. With 103 Figures, Heft 2: E, A. Minchin, Sponge-Spicules. A summary of present knowledge. With 26 Figures, — Johannes Meisenheimer, Die Excretionsorgane der wirbeilosen Tiere. I. Protonephridien und typische Segmentalorgane. Mit 37 Figuren. Heft 3: H. F, Nierstraß, Die Amphineuren,. Mit 32 Figuren. —- Reinhard Demoli, Die Physiologie des Facettenauges. Mit 22 Figuren. Heft 4: Max Rauther, Die akzessorischen Amtuugsorgane der Knochenfische. Mit 34 Figuren. Jährlich_erscheint_etwa ein Band in zwanglosen Heften im Gesamtumfang von etwa 40 Druckbogen. Preis des Bandes: 20 Mark. Unter dem Titel „Ergebnisse und Fortschritte der Zoologie“ ist hier eine periodische Publikation ins Leben gerufen, deren Auf- gabe darin bestehen soll, aus der Feder bewährter Fachmänner Berichte zu liefern, die in zusammenhängender Darstellung ihren jeweiligen Gegenstand behandeln und von ihm eine dem gegen- wärtigen Stande der Forschung entsprechende Schilderung geben, die das Neue und für den Fortschritt der Erkenntnis Bedeutsame hervortreten läßt und auch den Nicht-Spezialisten sowie den Freunden der Zoologie zugänglich macht. Hierbei soll keine Richtung der Forschung vor der anderen bevorzugt werden, sondern es wird für die Gesamtheit der Berichte anzustreben sein, möglichst allen ihren Seiten gerecht zu werden. Die Aufsätze sollen in keiner Weise den Charakter der üblichen Jahresberichte mit Wiedergabe des In- halts der einzelnen Abhandlungen des verflossenen Jahres tragen, vielmehr über die Entwicklung und den Fortschritt der Zoologie in größeren, je nach Umständen verschieden zu bemessenden Zeiträumen Rechenschaft geben, wobei der Verfasser nicht als nüchterner Referent, sondern als selbst urteilender Darsteller seinen Stoff behandeln wird, erforderlichenfalls unterstützt durch Abbildungen in Gestalt von Textfiguren. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Vor kurzem wurde vollständig: Archiv für Protistenkunde begründet von Dr. Fritz Schaudian herausgegeben von Dr. M. Hartmann und Dr. S. von Prowazek Rertin Hamburg. Zwansigster Band. Mit 19 Tafeln und 101 Textfiguren. 1909;1910. Preis: 30 Mark. Inhaltsübersicht, Erstes Heft, Mit 7 'Iafeln und 9 Textfiguren. Preis: 10 Mark. Borgert, A, Kem- und Zellteilung bei marinen Ceratium-Arten. (Mit Tafel I—If.) Haase, Gertrud, Studien über Euglena sanguinea. (Mit Tafel IV--VL) Dogiel, Valentin, Beiträge zur Kenntnis der Gregarinen. IV. Callynthrochlamys phro- nimae Frenz. (Mit Tafel VII und 9 Textfiguren.) Zweites Heft, Mit 6 Tafeln und 50 Textfiguren. Preis: 9 Mark. Kasanzeff, W, Zur Kenntnis von Loxodes rostrum. (Mit Tafel VIII und 4 Textfig.) Teichmann, Ernst, Über das Gift der Sarkosporidien. (Mit 2 Texifiguren,) Stevens, N. M., The Chromosomes and Conjugation in Boveria subeylindrica, var. con- charum, (Mit 22 Textfiguren.) Sun, A., Über einen Parasiten aus der Körperhöhle von Prtychodera minutz. (Mit Tafel IX und 5 Textfiguren.) Mercier, L., Contribution & P&inde de ’Amibe de la Blatte (Entamoeba blaitae Bütschli.) (Mit Tafel X-——XH und 6 Textfiguren.) Broch, Hjalmar, Die Peredinium-Arten des Nordhafens (Val di Bora) bei Rovigno im Jahre 1909. (Mit Tafel XII und 11 Texıfiguren.) Drittes Heft. Mit 6 Tafeln und 42 Textfiguren, Preis: 11 Mark, Prowazek, 5. v., Studien zur Biologie der Protozoen. V. (Mit 7 Teztfiguren.) Faure-Fremiet, E., Le Mycterothriz tuamownensis (Trichorhynchus tuamotuensis; Bal- biani. {Mit Tafel XIV und 8 Textfiguren.) . Erdmann, Rb,, Kern und metachromatische Körper bei Sarkosporidien. {Mit Tafel XV und 6 Textfiguren.) Reichenow, Eduard, Haemogregarina stepanowi. Die Eutwicklungsgeschichte einer Haemogregarine. (Mit Tafel XVI--XIX und 8 Texifiguren.) Hartmann, Max und Carlos Chagas, Vorläufige Mitteilumgen über Untersuchungen an Schlangenhämogregarinen nebst Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von E. Reichenow über Haemogregarina stepanowi. (Mit ız Textfiguren.) Hartmann, Max, Notiz über eine weitere Art der Schizogonie bei Schizotrypanum cruzi [Chagas]. (Mit s Texıfigur.) Das Archiv für Protistenkunde ist eıne rein wissenschaftliche Zeitschrift, die alle Zweige des sich immer mehr ausdehnenden Gebietes der Einzelligen in gleichmäßiger Weise berücksichtigt und daher den Zoologen und Botaniker, den Zell- und Gewebeforscher, den Anstomen und Physiologen, den Pathologen und Hygieniker in gleicher Weise angeht. Das Archiv für Protistenkunde bringt in erster Linie Originalunter- suchungen über alle Gruppen der Protophyten und Protozeen, von den Bakterien bis zu den Infusorien, soweit sie die Biologie dieser Organismen fördern, Um den Überblick über das Gebiet zu erleichtern und die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Zweigen der Protistenforschung zu pflegen, werden in einem reierierenden Teil zusammenfassende Übersichten und Literaturberichte von berufener Feder gegeben. Das Archiv für Protistenkunde erscheint in zwangiosen Heften; diese werden zu Bänden von je 45 Bogen bzw. entsprechenden Ausgleich von Tafeln vereinigt. Ant, Kämpfe, Buchdruckerei, Jana, FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. ZWEITER BAND. (DER GANZEN REIHE. 102. BAND) VIERTESHEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSUR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 18 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. “ag. ERSCHIENEN AM 7. APRIL 1911. Inhaltsverzeiehnis. Seite HANNIG, E., Über die Bedeutung der Periplasmodien (III). Mit 3 Ab- dildungen im Test, oo een 335— 382 SCHLUMBERGER, OTTO, Yewnilienmerkmale der Cyatleacsen und Polypodiseeen und die Beziehungen der Gattung Woodsia und verwandter Arten zu beiden Familien. Mit 15 Abbildungen im Te een nennt 38844 Soeben erschien: FLORA oder Allgemeine Botanische Zeitung. Früher herausgegeben von der Kgl. Bayer. Botan. Gesellschaft in Regensburg. Herausgeber: Dr. K. Goebel, Prof, der Botanik in München. Gesamt-Register für die Bände 26-100. Bearbeitet von Christian Bay. Preis: 11 Mark. Dieses Gesanit-Register für 75 Bände der „Flora“ ist mehr als ein Hilfsmittel zum Gebrauch des Abonnenten; es besitzt vielmehr für jeden Botaniker den Wert eines Nachschlagebuches, eines Wegweisers bei seinen Arbeiten, eines — wenn man so sagen darf — andentungsweisen Abrisses botanischer Arbeit dreier Generationen. Flora (Botanische Zeitung) Register 1818-42 Nachdem weben ein (zweiter) Registerhand über die Jahrgänge 26--100 der „Flora“ erschienen ist. machen wir darauf aufmerksam, daß Allgemeines Sach- und Namen-Register zu den ersten 25 Jahrgängen der Flora oder Allgem. Botanische Zeitung von 1818-42 von uns zu beziehen ist zum ermälligten Preise von 6 Mark statt 10.50 M. Dieser erste Registerband, bearbeitet von J. K. Hasskarl (Regensburg 1851}, bildet einen starken Band von 884 Seiten und ist für die praktische Be- nutzung der „Flora“ unentbehrlich. R. Friedländer & Sohn, Berlin NW. 6, Karistraße 11. Über die Bedeutung der Periplasmodien. Von E, Hannig. . IN. Kritische Untersuchungen über das Vorkommen und die Bedeutung von Tapeten und Periplasmodien. (Mit 3 Abbildungen im Text.) An den beiden Beispielen von Equisetum und Azolla ist eine komplizierte formative Tätigkeit eines auf außergewöhnliche Weise ent- standenen Protoplasten nachgewiesen worden. Während im allgemeinen die Organisation des pflanzlichen Organismus darauf hinausläuft, daß seine gesamte Protoplasmamasse zum Zweck der Arbeitsteilung in einzelne durch Zellwände gegeneinander abgeschlossene Protoplasten zerfällt, wird bei den Tapeten von Equisetum und Azolla die angebahnte Trennung nach kurzem wieder gelöst. Zwischen den zahlreichen Proto- plastenindividuen schwinden die Zellwände und die einzelnen Plasma- körper verschmelzen zu einem einzigen neuen Individuum, einem Plas- modium, das mantelförmig das sporogene Gewebe umhüllt. Dieses ist somit, in seiner Weiterentwicklung, nicht wie das sonst bei allen anderen Zellen oder Gewebekomplexen der Fall ist, von anderen geschlossenen Zellen oder Geweben, sondern von einer Art flüssigen Gewebes ab- hängig. Schließlich isolieren sich die einzelnen sporenbildenden Zellen in der zähflüssigen Plasmamasse und nun beginnt die formative Tätig- keit der letzteren, die in doppelter Beziehung bemerkenswert ist: 1. weil die von ihr gebildeten Membranen von sehr auffälliger Struktur sind und 2. weil in diesem Fall nicht ein Protoplast für sich selbst eine schützende Hülle baut, sondern für zahlreiche andere gewissermaßen in ihm parasitierende Protoplasten. Der Vorgang der Periplasmodiumbildung und seine Beteiligung an dem Aufbau der Sporenmembran fällt so sehr aus dem Rahmen des gewöhnlichen Verhaltens der Zellen höherer Pflanzen heraus, daß das Bedürfnis entsteht, seine Verbreitung und Bedentung genauer zu untersuchen, Es wäre möglich, daß eine so auffällige Erscheinung phylo- genetische Beziehungen aufdeekt und es empfiehlt sich somit, die Peri- plasmodiumbildung von morphologisch-systematischen Gesichtspunkten aus genau zu untersuchen. Wir werden daher im folgenden 1. das Vorkommen der Tapetenzellen (pag. 336—354), 2. die Bildung der Periplasmodien (pag. 354--360), Flora, Bd. 102. 23 8336 . E. Hannig, 3. die Beziehung der Tapeten oder Periplasmodien zur Bildung der Sporenmembran (pag. 360—369); im Anschluß daran 4. die (Sporen-)Membran der Embryosäcke (pag. 369—374) zu behandeln haben. 1. Übersicht über das Vorkommen von Tapetenzellen. Typische Tapeten sind bei allen isosporen Farnpflanzen und sowohl in den Mikro- als in den Makrosporangien der heterosporen ansge- bildet (nur über die Hymenophplleen fehlen ausdrückliche Angaben; da. aber die Sporenentwieklung auch hier untersucht ist [H. Fischer 1881, Prantl 1881] und von einem Fehlen der Tapete nichts bemerkt ist, kann über das Vorhandensein einer Tapete kein Zweifel bestehen). In typischer Ausbildung sind sie ferner beschrieben worden für die Mikrosporangien der Oycadeen, Ginkgoaceen, Koniferen, Gnetaceen und Angiospermen, und hier so gleichmäßig und übersichtlich, daß nicht weiter auf sie eingegangen zu werden braucht. Schwer zu beantworten ist die Frage dagegen für die Makro- sporen der letztgenannten Pflanzengruppen. Hier hat sich die Be- zeichnung Tapete für tapetenähnliche Gewebe bis jetzt i in der Literatur nicht fest einbürgern können. Das hängt wohl hauptsächlich damit zusammen, daß die Tapete kein morphologisch scharf definierbares Gewebe ist. Ein solches ist es wenigstens nicht in dem Sinne, daß sich die Tapetenzellen aus einer bestimmten Gewebeschicht ableiten lassen, wie man ursprünglich ge- glaubt hatte (Warming, 1873). Nachdem sich diese Anschauung all- mählich als unhaltbar erwiesen hatte, blieb überbaupt keine scharfe ent- wieklungsgeschichtliche Definition mehr übrig. Die Tapetenzellen sfammen nicht von einem bestimmten Gewebe, sondern bald vom Archesporium, bald von der Sporangiumwand, bald auch von beiden Geweben und sind somit, abgesehen von ihrem Inhalt, nur durch ihre Lage charakterisiert als Hülle, die direkt an das sporogene Gewebe an- schließt und nach außen an die Sporangiumwand stößt. Goebel nennt Tapeten, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung „Hüllzellen zwischen sporo- genem Zellkomplex und Sporangiumwand, von charakteristischem Aus- sehen“ (Organ. pag. 768). Das „charakteristische Aussehen“ erhalten die Zeilen dadurch, daß sie im Gegensatz zu den übrigen Zellen der Spor- augiumwand mit dichten protoplasmatischem Inhalt gefüllt sind, Be- zeichnend für die Tapeten ist aber, daß sie 1. direkt an das sporogene Gewebe angrenzen und 2, besonders inhaltsreich sind. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 337 Die Ausbildung der Tapeten steht in engem Zusammenhang mit ihrer biologischen Bedeutung. Die Tapeten werden stets im Verlaufe der Sporenentwicklung aufgebraucht, dienen also in irgend einer Weise zur Er- nährung der Sporen. Die typischen Sporen sind fast durchweg abgerundet und dabei stets mit einer derben kutinisierten Membran versehen. Die Bildung der Verzierungen und die Kutinisierung kann erst erfolgen, nachdem die jungen Sporen abgerundet sind, also erst, wenn sie sich aus dem Zellverband gelöst haben. Solange die Sporenanlage ein geschlossenes Gewebe mit zarten Membranen bildet, können die Nähr- stoffe von dem peripherischen Sporenaulagen per Diffusion an die zen- tralen weitergegeben werden; wenn aber zahlreiche isolierte Sporen vorhanden sind, muß jede einzelne in dem ernährenden Medium ein- gebettet sein. Das günstigste Einbettungsmedium ist wohl das von den Tapetenzellen gebildete Periplasmodium. Wo ein solches fehlt, wird statt dessen (von den Tapeten?) eine Flüssigkeit ausgeschieden, in der die Sporen schwimmen und aus der sie anscheinend ihre Nahrung geliefert erhalten. - Wie man sieht, steht die Funktion der Tapetenzellen in Zusammen- hang mit der Existenz der zahlreichen voneinander losgelösten, abge- rundeten Sporen. Solange — von den Farnen an aufwärts — mehrere freie Mikro- oder Makrosporen gebildet werden, sind daher auch ty- pische Tapeten vorhanden. " Das gilt in erster Linie für die Farnpflanzen selbst (eusporangiate und leptosporangiate Filices, Equisetaceen und Lycopodiaceen). Nach Aufschluß der Literatur finden sich überall (Hymenophylieen? s. pag. 67) Tapetenzellen, die in manchen Fällen scharf abgegrenzt ein- oder zwei- schichtig sind (Polypodiaceen usw.), in anderen eine unregelmäßige Um- hüllung bilden (Equisetum usw.). Dieselben Bedingungen wie bei den Farnpflanzen gelten dann weiter auch für die männlichen Sporen sämtlicher höherer Pflanzen, Cycadeen, Koniferen, Gnetaceen und Angiospermen. In den Sporangien entstehen zahlreiche Fortpflanzungszellen, die sich isolieren, absondern und mit derber Membran umgeben. Daher finden wir in allen Mikrosporangien der höheren Pflanzen eine typische Tapete. Anders liegen die Verhältnisse bei den Makrosporangien. Auch hier gibt es tapetenähnliche Gewebe; in der Literatur werden diese aber entweder gar nicht oder nur mit Einschränkung mit den typischen Tapeten verglichen. Eine Diskussion darüber, ob und inwieweit diese Bezeichnung berechtigt ist, findet sich nirgends, so daß wir auf diese Frage näher einzugehen genötigt sind. Die Funktion der Tapeten 23* 338 E. Hannig, hängt, wie oben ausgeführt, von dem Verhalten der Sporen, ihrer An- zahl und ihrem Zusammenhang mit dem Sporophyten ab. Schon bei Selaginella und Isoetes werden nur vier, bei den Hydropteriden nur eine Makrospore ausgebildet, obgleich bei Azolla z. B. noch 32, bei Salvinia acht Sporenmutterzelien (Heinricher [1882]), bei Marsilia 64 (Russow 1872, pag. 58), Pilularia 32—64 (Camp- bell 1893 und Meunier 1887), bei Selaginella 48 (Fitting 1900) und Isoetes 16 (Fitting) Sporen angelegt werden (bei Isoetes Duriaei werden in jeder Tetrade nur zwei Sporen reif [Fitting]). Bei den Gymnospermen beginnen oft noch vier oder mehr Embryosäcke sich stärker zu entwickeln, es bildet sich aber typisch nur eine zu einer Makrospore (Embryosack) aus (Coulter, Seed plants, pag. 161). Auch bei den Angiospermen wird nur noch eine Makrospore reif, Diese eine Spore bleibt im Gewebe eingeschlossen. Statt der zahlreichen voneinander losgelösten und abgerundeten Sporen, wie bei den älteren Archegonisten und den Antheren der Phanerogamen ist also nur noch eine Spore vorhanden, die sich nicht mehr aus dem Gewebeverbande loslöstt. Für diese Makrosporen wäre eine derbe Membran überflüssig und damit hängt es wohl auch zusammen, daß niemals mehr ein Plasmodium gebildet wird. Bei den typischen Tapetenzellen kommt nun als Funktion nicht, nur die Lieferung der Baustoffe für die Membran, sondern auch für den Inhalt der Sporen in Betracht. Denn die Sporen erfahren während ihrer Entwieklung, d. h. nach ihrer Isolierung, noch eine beträchtliche Vergrößerung, zu der die Tapeten einen Teil des Bau- und Betriebs- materials beisteuern müssen. In dem Maße, als die Abhängigkeit der Makrospore von dem Sporophyten zunimmt, ändert sich das Verhältnis von Sporenmembran und -inhalt. Die typischen Sporen keimen erst nach ihrer Befreiung von der Mutterpflanze, die Embryosäcke keimen auf der Mutterpflanze, ein wesentlich neues Moment gegenüber den Arche- goniaten, welches gerade die Frage der Ernährung betrifft. Streng genommen dürfte man als Tapeten nur diejenigen Ge- webe bezeichnen, die sich vor der Befruchtung an der Ernährung des Eimbryosacks beteiligen, da nur sie den typischen Tapeten homolog sind. Ungefähr würde das dann mit dem zusammentreffen, was Thomson (1905) primäre Tapete nennt, während die nach der Befruchtung funktionierenden Nährgewebe sekundäre Tapeten wären. Da keine Anzeichen darauf hindeuten, daß die Embryosackzelle von vornherein besonders mit Reservestoffen bedacht ist, müssen dem Embryosack für die Keimung, d.h. die Aushildung des Eiapparates, mehr Nährstoffe Über die Bedeutung der Periplasmodien. 339 zugeführt werden, als dies bei den typischen freien Sporen nötig ist. Dazu kommt, daß die Embryosackzellen für allseitig eingeschlossene Zellen, eine ganz außergewöhnliche Größe erreichen, also wohl auch reichlichere Ernährung nötig haben. Schließlich sei auch hier gleich darauf hingewiesen, daß die Membranen der Embryosäcke noch sehr häufig stark verdickt und kutinisiert oder wenigstens kutinisiert sind. (s. unten pag. 105 ff), daß also auch in diesem Sinne die Verhältnisse noch ähnlich liegen wie bei den Archegoniaten bzw. Mikrosporangien der höheren Pflanzen. Es bleibt also eine reichliche Nahrungszufahr zu dem Embryosack nötig, nur hat sich das Verhältnis der Anteile, welche auf die Membran und auf den Inhalt entfallen, zugunsten des Inhaltes verschoben. Da die Embryosackzellen im Verhältnis zu ihrer Volumgröße eine besonders kleine Oberfläche haben, können sie auch besondere Einrichtungen zur Nabrungszufuhr gebrauchen. Es wäre daher wohl begreiflich, wenn im Laufe der phylogenetischen Entwick- lung die Einrichtung der Tapete, die sich am Scheidewege der Differen- zierung in Mikro- und Makrosporen bei den Mikrosporen ganz er- halten hat, auch bei den Makrosporen nicht vollständig verschwunden wäre. “ Eine Übersicht über das Verhalten der Makrosporen (Embryo- sack)-Hüllzellen zeigt nun folgendes: Unter den heterosporen Farnen sind, wie schon gesagt, noch überall typische Tapeten vorhanden, weil die Sporen in den Sporangien noch isoliert sind und später aus ihnen entleert werden (Hydropteriden, Selaginellen, Tsoetaceen.) Cycadeen. Bei Cycas besteht nach Thomson (1905, pag. 11.ff) die Tapete beim Beginn der Endospermbildung aus einer einfachen Schicht großer kubischer Zellen, die gleichmäßig den ganzen Embryosack umgibt. Die Zellen sind mit großen Amylodextrinkörnern angefüllt, während in den -Nuzellus- und Integumentzellen kleine Stärkekörner enthalten sind. Später verschwindet das Amylodextrin und die Tapetenzellen führen homogenes dichtes Plasma. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß alle Tapetenzellmembranen, wie die Embryosackmembranen kutinisiert sind (Gelbbraunfärbung mit. Chlorzinkjod), während die übrigen Zellen des Nuzellus Zellulosemembranen besitzen. Bei Stangeria, wo die Tapete nach Lang (1900, pag. 287) von dem sporogenen Gewebe abstamınt, ist sie einschichtig, nach Thomson (1905, pag. 15) in der Jugend mehrschichtig, nach innen und außen scharf abgegrenzt. Die Zellen sind sehr groß, stehen mit ihrer 340 E. Hannig, Längsachse senkrecht auf der Oberfläche des Embryosacks und ent- halten oft zwei Kerne. Die Membranen der älteren Tapetenzellen sind nach Lang verhältnismäßig diek und kutinisiert, während die übrigen Zellen des Nuzellus aus Zellulose bestehen und diünnwandig sind. Nieht befruchtete Ovula behalten ihr mehrschiehtiges Tapetum, ein Zeichen dafür, daß die Tapetenzellen als Nahrung bei der Prothallium- bildung dienen (Lang, l. e, Thomson, 1905). Dioon ist von Chamberlain (1906) ausführlich untersucht worden. Chamberlain nennt die Nährschicht um den Embryosack „jacket“ und spricht sich erst am Ende seiner Beschreibung der jacket cells dahin aus, daß diese physiologisch und morphologisch den Tapeten um die sporogenen Zellen der Mikrosporangien entsprechen. Jugendzustände hat Chamberlain nicht untersuchen können. Aus dem Bau der fertigen Tapete scheint aber hervorzugehen, daß diese von vornherein einschichtig ist (mit vereinzelten periklinen Querwänden) und nicht wie bei Cycas und Stangeria erst im reifen Zustand. Die Tapete ist auch gegen das Nuzellusgewebe scharf abgegrenzt und besteht aus sehr großen Zellen, die, soweit sie nicht geteilt sind, mit ihrer Längsachse senk- recht auf der Embryosaekoberfläche stehen. -—— Der Inhalt: der Tapeten- zellen ist insofern bemerkenswert, als die Kerne besonders groß, aber auffallend arm an Chromatin sind. Sie enthalten reichlich Protoplasma und darin dieselben Amylodextrinkörner, die Thomson für Cycas be- schrieben hat. — Die Membranen der Tapete sind wieder kutinisiert, während das Endosperm- und Nuzellusgewebe nur Zellulosemembranen aufweisen; Tüpfel — wie in dem archegonial jacket — fehlen. Encephalartos ist bisher nicht untersucht. Zamia besitzt (Thomson, 1. c. pag. 19) eine ähnliche Tapete wie Cycas und Stangeria, die gleichmäßig das ganze Ovulum umschließt und „in verschiedenen Entwicklungstadien verschieden dick ist“. Coulter und Chamberlain (1910, pag. 127) verglichen sie mit dem „spongy tissue“ der Koniferen. Die Zellen enthalten einige Amylodextrinkörner, sind einkernig und besitzen kutikularisierte Membranen. Über die Tapete von Ceratozamia ist nichts bekannt, da Treub sie bei seinen Untersuchungen (1885) nicht berücksichtigt hat. . Ginkgoaceen. Bei Ginkgo ist sicher ein Tapetum vorhanden, Zweifel bestehen nur darüber, wie weit sich diese Tapete erstreckt. Sprecher be- zeichnet (1907, pag. 113) ein vier- bis sechssehichtiges Gewebe, in dem der Embryosack sich differenziert, als sporogenes Gewebe und nennt Über die Bedeutung der Periplasmodien. 341 nur die nach außen hin folgenden, auffallend inhaltsreichen Schichten „tissue nutritive* oder „Tapete“, Carruthers dagegen (1907, pag. 117/18) läßt die Möglichkeit offen, daß das zentrale Nachbargewebe der Em- bryosackmutterzelle nicht das sporogene Gewebe bedeutet, sondern zur Tapete gehört. Sichere Beweise können für keine der beiden Ansichten erbracht werden. Daß aber das sog. sporogene Gewebe sehr wohl zur Tapete gehören könnte, dafür läßt sich als gewichtiger “ Grund die Tatsache anführen, daß seine Zellen eine starke Kern- fragmentation aufweisen. Fast in jeder Zelle sind zwei, häufig drei oder vier Kerne vorhanden, Da für die Tapetenzellen — soweit sie kein Plasmodium bilden — die Kernfragmentation geradezu typisch ist, kann auf dieses Argument wohl ein gewisses Gewicht gelegt werden, zumal die Abstammung der Tapetenzellen auch in den typischen Fällen schwankt und teils auf das Archespor, teils auf die Wandzellen zurück- geführt werden muß. — Auf jeden Fall ist das außerhalb dieses zweifel- haften Gewebekomplexes gelegene Gewebe so scharf als Nährgewebe differenziert, daß man zum mindesten dieses als Tapete bezeichnen muß. Koniferen. Bei den Koniferen hat schon Goebel (1881) mehrfach für die Hüllzellen, die eine Spore oder einen mehrzelligen sporogenen Komplex umkleiden, den Ausdruck „Tapete“ verwendet. Daun hat vor allem Thomson systematisch neben den Membranen die „Tapete“ mitberück- sichtigt. Nach diesen Untersuchungen ist jedenfalls nicht bei allen Koniferen die Tapete scharf differenziert. Wir sind wohl berechtigt, darin eine Übergangsstufe zu dem Verhalten bei den Angiospermen zu sehen, bei denen die Tapete überhaupt nur noch schwer nachzuweisen ist. Wir geben hier eine kurze Übersicht über die diesbezügliche Literatur der Koniferen: Taxaceae. Cephalotaxus besitzt nach Lawson (1907) keine deut- liche Tapete. Bei Torreya ist nach Thomson die Tapete ebenfalls nicht scharf differenziert, mehrkernige Zellen und verkorkte Wände sind nicht vorhanden. Die Hülle um den Embryosack ist trotzdem tapetenarfig ausgebildet, da sie große Zellkerne enthält und ihre Zellen dicht mit Stärke gefüllt sind. Auch bei Taxus fehlt in jedem Entwieklungs- stadium {nach Thomson, pag. 45) eine Tapete, die angrenzenden Nuzelluszellen sind höchstens durch Plasmareichtum ausgezeichnet Jäger 1899). Dagegen kommt ein „spongy tissue“ bei Phyllocladus (Young 1910), Podocarpus (Coker 1902), Daerydium (Young 1910) und Saxe- gothaea (Noren 1908) vor. 343 E. Hannig, Araucarieae. Bei Agathis fand Thomson (pag. 25) um den Embryosack Gruppen von Zellen, die sehr reich an Stärke und Plasma sind. Diese Zellen müssen als Tapete bezeichnet werden. Sie unter- scheiden sich von den Tapeten bei Cyeas und Ginkgo nach Thomson dadurch, daß ihre Zellen einkernig, ihre Membranen nicht kutikularisiert, die Grenze nach außen hin nicht scharf gezogen ist und schließlich dadurch, daß sie sicher vom Nuzellus (Thomson nennt sie deshalb sekundäre Tapete) und nicht vom sporogenen Gewebe wie bei Oyeas (primäre Tapete, pag. 27) abstammen. Die Verhältnisse bei Araucaria sind von Thomson nur kurz angedeutet. Nach seinen Angaben soll die Tapete nur an der Basis des Embryosacks ausgebildet sein, aber wie sonst bei den typischen Koniferentapeten kutinisierte Membranen haben. Diese Ausbildungs- weise ist deshalb bemerkenswert, weil bei Agathis die Tapete keine gleichförmige Hülle um den Embryosack bildet, man also allen Grund hat, das lokalisierte Nährgewebe von Araucaria und die typische Tapete von Agathis homolog zu setzen. Damit ist dann auch ein Übergangs- glied zu den lokalisierten Nährgeweben der Angiospermen festgestellt. Abietinae. Für die Abietineen läßt sich aus der Literatur kein klares Urteil über die Verhältnisse der Tapetenzellen gewinnen. " Coulter und Chamberlain scheinen anzunehmen, daß keine Tapete ausgebildet wird, obwohl sie ein ähnliches Gewebe beschreiben. Es ist (bei Pinus Laricio) eine scharf begrenzte Schicht von zwei bis vier Zellen Breite, die sie „spongy tissue“ nennen. Nach Beendigung der Endospermbildung wird es in zwei Zonen differenziert, eine äußere Schicht tafelförmiger, fast leerer Zellen und eine innere Schicht poly- gonaler Zellen mit dichtem Inhalt. „It is this appearenee, which has sometimes led to the impression, that a difinite tapetum surrounds a sporogenous mass“ (C. und Ch., Seed plants, pag. 81). Strasburger dagegen (1879) nennt bei Larix die von dem Archespor nach außen ab- geschiedene Zelle „Tapetenzelle“. Thomson bezeichnet bei Pinus resi- nosa, Pinus strobus, Pinus silvestris und Pinus austriaca, ferner bei Larix Europaea, Larix Americana und Abies balsamea offenbar dieselben Gewebe unbedenklich als Tapeten. In der zweiten Auflage ihres Gymno- spermenbuches (1910) haben Coulter und Chamberlain sich eben- falls direkt für das Vorhandensein einer Tapete ausgesprochen, indem sie in dem „spongy tissue“ drei Zonen unterscheiden: 1. eine Tapeten- zone, bestehend aus großen Drüsenzellen, die besonders zurzeit der Endospermbildung aktiv tätig sind, 2. eine Zone, die aus tafelförmigen, Über die Bedentung der Periplasmodien. 343 zuletzt zerfallenden Zellen besteht und 3. eine Zone mit sehr stärke- reichen Zellen. In einigen Fällen umhüllt diese Tapete den Embryo- sack ziemlich gleichmäßig (Pinus Strobus [Ferguson 1904], Larix Ameri- cana), in anderen wird sie, ebenso wie die Embryosackmembran, nach der Mikropyle zu mehr oder weniger stark abgeschwächt. Für die Tapetennatur dieser Zellen spricht aber unbedingt die häufig beob- ‚achtete Mehrkernigkeit, die Kutinisierung der Membranen und die all- mähliche Resorption. Taxodieae. Für die Taxodieae werden Tapeten beschrieben von Thomson für Sciadopitys (Tapete an der Basis des Embryosackes stärker ausgebildet, Membran mit Chlorzinkjod gelb) für Cunninghamia von Arnoldi. Schwach ausgebildet und jedenfalls früh zerstört wird die Tapete nach Shaws (1896), Lawson (1904) und Thomson bei Sequoia sempervirens und Sequioia gigantea und ebenso bei Cryptomeria “Thomson, Lawson). Eine scharf differenzierte Tapete findet sich dagegen bei Taxodium (Coker 1908, Arnoldi), nämlich große stärke- führende Zellen, anfangs zwei- bis dreischichtig, an der Basis bis fünf Zellen dick, die schon vor der Prothalliumbildung nur noch einschichtig sind und schließlich von dem reifenden Prothallium ganz aufgebraucht werden. Die Membranen scheinen nach Thomson etwas kutinisiert zu sein (pag. 38). Cupressineen. Bei den Cupressineen sind die Tapeten im all- gemeinen weniger entwickelt wie bei den Abietineen. Der sporogene Komplex ist bei Callitris von tafelförmigen, plasmareichen Zellen um- geben, die wir als Tapeten bezeichnen dürfen (Goebel 1881). Libo- sedrus hat nach Lawson (1907) ein deutliches aber wenig entwickeltes Tapetum. Bei Thuja und Biota sind (Thomson) nur Spuren einer Tapete aufzufinden, Für Cupressus gibt wieder Goebel tafelförmige Tapetenzellen an (1881), Chamaeeyparis besitzt nur eine wenig ent- wickelte Tapete (Thomson, pag. 40). Juniperus schließlich zeigt in jungen Entwicklungsstadiem große, oft zweikernige Tapetenzellen, die nicht scharf abgegrenzt sind und dünne mit Chlorzinkjod gelb färbbare Membranen besitzen, (Thomson, pag. 40 bei Juniperus sabina). Nach Nor&n (1907) und Ottley (1909) wird bei Juniperus communis und Juniperus virginiana eine einschichtige, großzellige und scharf ab- gegrenzte typische Tapete gebildet (nur für J. communis abgebildet), deren Zellen oft zweikernig sind. 344 E. Hannig, Gnetaceen. Bei Ephedra ist in etwas älteren Stadien keine Tapete mehr zu sehen, es ist nur noch eine Hülle von zerdrückten Zellen in dem Embryosack vorhanden. Während der Entwieklung des Embryosacks. ist dieser nach Jaccard (1894, pag. 14) von tafelförmigen Zellen um- geben, „dont le eontenu lui a fourni sans doute les aliments que ndcessite son rapide accroissement“. Welwitschia ist nicht genauer untersucht. Aus der Abbildung bei Thomson scheint aber hervorzugehen, daß eine typische Tapete - ausgebildet wird. Besonders beachtenswert, vor allem zur Beurteilung der Ver- hältnisse bei den Angiospermen, ist Gnetum Gnemon. Hier ist der Embryosack nicht von einer 'Tapete umhüllt, sondern es ist nur an seiner Basis in der Region der Chalaza ein „Pflastergewebe“ oder „Drüsengewebe“ (Coulter) ausgebildet, das durch besonderen Inhalts- reichtum ausgezeichnet ist und bei der Vergrößerung des Embryosacks nach der Befruchtung absorbiert wird, also zweifellos ein Nährgewebe darstellt. Coulter benützt und erwähnt die Bezeichnung Tapete nicht. Nach dem ganzen Verhalten der bisher beschriebenen Gymnospermen müssen wir aber dieses lokalisierte Nährgewebe als umgewandelte Tapete betrachten. Bei einer großen Anzahl von Gymnospermen hatte sich schon die Tendenz geltend gemacht, die Tapete hauptsächlich an dem Chalazaende des Embryosacks stark zu entwickeln (Abietineae usw.). Guetum muß danach als eine Gymnosperme aufgefaßt werden, bei der der ganze apikale Teil des Nährgewebemantels um den Embryosack nicht mehr ausgebildet ist, der untere dagegen sich um so schärfer der Funktion der Nahrungszuleitung angepaßt hat. Die Ausbildung einer solchen Polarität ist gegenüber den in ein Periplasmodium einge- hüllten Sporn leicht zu begreifen, da der Embryosack die Nahrung durch Vermittlung des Funiculus von der Seite der Chalaza her emp- Zängt und überhaupt das ganze Ovulum (Chalaza, Mikropyle) polar gebaut, ist, während die Mikrosporangien nach allen Seiten hin gleiche Entwicklung zeigen. Angiospermen. Wenn wir somit bei den Gymnospermen-Embryosäcken fast durch- weg noch Tapeten antreffen, dann ist anzunehmen, daß auch bei den Angiospermen zum mindesten noch Reste dieser Organe nachweisbar sein werden. Bei den Gymnospermen ist an Stelle der freien Makrospore eine enorm große und schnellwachsende Zelle getreten, Über die Bedeutang der Periplasmodien. 345 der Eimbryosack, zu dessen Ernährung die Tapete dient. In dieser Beziehung hat sich auf der höchsten Entwicklungsstufe des Pflanzen- reiches bei den Angiospermen nichts wesentliches geändert. Gerade in bezug auf die außergewöhnliche Größe und das schnelle Wachstum dieser Sexualzellen stimmen Gymnospermen und Angiospermen überein, Dagegen tritt ein wesentlicher Unterschied in der Ausbildung der Embryosackmembran hervor. Bei den Gymnospermen ist diese Membran noch sehr stark entwickelt und kutinisiert, bei den Angio- spermen ist sie zwar auch oft noch kutinisiert, aber — abgesehen . von extremen Anpassungsfällen wie Loranthuıs uws. — nicht mehr verdickt. Bei den Gymnospermen zeigte sich übrigens schon ein auf- fallender Zusammenhang zwischen Ausbildung der Tapeten und der Sporenmembranen: wo die Membran schwächer entwickelt war, trat auch die Tapete stark zurück. Es ist darnach direkt zu erwarten, daß bei den Angiospermen überhaupt keine deutliche Tapete mehr vorkommt, und das ist auch tatsächlich der Fall. Leider ist in der Literatur eine irreführende Ausdrucksweise eingeführt worden, die zu der Meinung verleiten könnte, daß sogar sehr scharf differenzierte Tapeten in weiter Verbreitung vorhanden wären. Es sind das die schon lange bekannten Hüllen um die Embryosäcke der weisten Sympetalen, die ausführlich von Warming (1878), Vesque (1879), Goebel (1882), Hegelmaier (1889), Westermaier (1890), Chamberlain (1895), Goldfluß (1898/99), Balicka-Iwanowska (1899, Lang (1901) und Billings (1901), beschrieben worden sind. Hegelmaier nannte diese Hüllschicht Endo- dermis, Schwere (1896), Endothel, Goebel und nach diesem Goldfliuß Epithel Chamberlain jedoch bezeichnet sie als Tapete („Its appearance and function ist that of a tapetum, and there seemes to be no good reason why it should not receive the name“), ebenso Balicka-Jwanowska, Lang und Billings. Billings bemerkt zur Begründung: „Der Ausdruck „tapetum“, wie er in dieser Abhandlung gebraucht wird, bezieht sich auf die regelmäßig angeordnete Lage von Epithelzellen, die den Embryosack umschließt und dazu dient, Nahrungs- material durch Auflösung und Absorption von dem umgebenden Inte- gument zu gewinnen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung aus dem Nuzellus oder dem Integument“ (Billings 1901, pag. 25). Der Ausdruck Tapete ist aber in diesem Falle vollständig unberechtigt. Die Tapete ist ursprünglich — bei den Farnpflanzen — ein Organ, das, wie oben erwähnt, aus einer Gewebeschicht des Sporangiums entsteht, die zwischen dem sporogenen Gewebe und der Sporangiumwand liegt. 346 E. Hannig, Wenn der Ursprung dieses Gewebes auch insofern wechseln kann, als es bald vom Archespor, bald von dem Sporangiumwandgewebe oder auch von beiden abzuleiten ist, dann beweist das nur, daß morpho- logisch das Wesentliche an diesem Gewebe seine Lage zwischen Sporangiumwand und sporogenem Gewebe ist und nicht seine Ab- stammung von einem. bestimmten Zellkomplex. Es scheint mir auch die natürlichste Auffassung der Gewebedifferenzierung, wenn man annimmt, daß von dem Gewebe, welches die Determination zum sporogenen Gewebe in sich trägt, der Reiz zur Differenzierung des Tapetengewebes ausgeht, zumal, wenn man bedenkt, daß der Umfang des sporogenen Gewebes sehr oft Schwankungen unterworfen ist. Das sprechen auch Coulter und Chamberlain aus (I. c, pag. 37), wenn sie sagen, daß man nach dem, was bisher bekannt geworden ist, schließen dürfe, daß alle sterilen Zeilen, die mit dem sporogenen Gewebe in Berührung kommen, die Funktion von Tapetenzellen übernehmen. Die Annahme, daß das Tapetum nur dann morphologischen Wert besäße, wenn es von einem bestimmten Gewebekomplex gebildet würde, läßt den Differenzierungsvorgängen nicht den nötigen Spielraum und ist deshalb für ein Gewebe von bestimmter physiologischer Funktion nieht zulässig. Sie stammt aus der Periode der rein anatomisch-morpho- logischen Zellableitungsuntersuchungen, die auf die Funktion wenig Rücksicht nahm und hat sich im Laufe der Zeit als unbrauchbar er- wiesen. Auch Gefäßbündel, Wurzelhaare, Spaltöffnungen usw. entstehen im allgemeinen nicht aus bestimmten Zellen und haben trotzdem einen bestimmten morphologischen Wert. Die Definition der Tapete wäre danach eine topographische und zugleich physiologische und würde lauten: Die Tapete ist ein Nährgewebe für das sporogene Gewebe, das zwischen diesem und der Sporangiumwand eingeschaltet ist, eine Defi- nition, die in ihrem Charakter etwa mit derjenigen des Markes oder der Rinde übereinstimmt. Daß das Nährgewebe dem Sporangium und somit dem Nuzellus selbst angehören muß, ist darnach selbstverständlich. Die sog, „Tapeten“ der Sympetalen gehören nun aber alle dem Inte- gument an, denn der Nuzellus bildet ursprünglich nur einen einschich- tigen Mantel um den Embryosack, der sehr früh resorbiert wird, so daß die nackte Embryozelle direkt von dem Integument eingehüllt ist. Die an den Embryosack grenzenden Epidermispartien bilden sich dann zu dem bekannten Epithel aus, das zwar die Funktion der Tapete über- nimmt, aber morphologisch nicht mit dieser vergleichbar ist, das man also ebensowenig Tapete nennen darf, wie man einen etwa assimilieren- den Stengel als Blatt bezeichnet. Über die Bedeutung der Periplasmodien. 347. Wie es nun mit der Tapete bei den Angiospermen steht, läßt sich am besten an der Hand eines historischen Überblicks über die dies- bezüglichen Auffassungen darlegen. Der Ausdruck „Tapete“, der zuerst von Warming (1873) für die Antherengewebe angewendet worden war, wurde von Warming selbst noch nicht ausdrücklich auf das Ovulum übertragen; Strasburgers Bezugnahme (1879, pag. 5) und ebenso A. Fischer’s (pag. 92) auf Warming (1877, pag. 220) beruht auf einem Irrtum. Aus Warming’s Ausführungen in seiner klassischen Arbeit, „de l’ovule“ und fast noch schärfer in seiner kurzen Mitteilung in der Botanischen Zeitung (1874) geht zwar hervor, daß er die Zellen, die zwischen der Embryosaekmutterzellen und der Epidermis eingeschaltet werden, mit der Tapete der Antheren vergleicht; aber das Wort Tapete. wendet er nirgends an (abgesehen von einem Falle, 1873, pag. 18: bei den „Epithel“zellen der Sympethalen schreibt er „un döveloppement partieulier en forme de tapis)“ Ganz allgemein wurde der Ausdruck dann von Strasburger (1879, pag. 5 usw.) wie gesagt, unter Be- rufung auf Warming, eingeführt und angewendet. Die Zellen, die Strasburger als Tapetenzellen bezeichnet, sind aber, ganz im Sinne Warming’s, nur der engbegrenzte Komplex von Zellen, die von der sub- epidermalen Schwesterzelle der Embryosackmutterzelle abgeteilt werden; die Tapetenzellen des Embryosackes würden also nach Warming und ebenso nach Strasburger (1879, pag. 5, 12, 13, 14 für Dicotylen, pag. 17, 18, 19 und 23 für Monoceotylen) nur einen schmalen Gewebe- pfropfen bilden, der zwischen dem apikalen Ende des Embryosacks und der Epidermis eingekeilt ist. Diese streng histologische Auffassung hat sich so lange gehalten, bis an ihre Stelle für die Autheren die wesentlich physiologische Definition trat, daß die Tapete eine Nähr- gewebehülle um den sporogenen Komplex sei (Goebel, 1881, pag. 719 und alle neueren Autoren). Die erste Auffassung läßt sich nun mit der Ernährungsfunktion insofern nicht klar in Einklang bringen, als bei der Entwicklung des Embryosackes stets nicht nur die Tapeten im Sinne Strasburger’s, sondern auch eine Hüllschicht um den Embryo- sack, die sich an jene „Tapeten“ anschließt, durch Plasma und Kohlen- hydratgehalt besonders ausgezeichnet sind und zur Auflösung kommen. Die angeführte Goebel’sche Definition ist phylogenetisch nicht ohne weiteres verwertbar, da sie eine rein physiologische is, An anderer Stelle (Goebel, Phys.-med. Ges, Würzburg 1880, Bd. XVI, pag. 9) hebt Goebel hervor, daß die Tapetenzellbildung auch bei den Samen- knospen der Angiospermen nicht auf die Abgabe einiger Tapeten- zellen vom Archespor nach oben (der Spitze des Eikerns zu) beschränkt 348 E. Hannig, ist. Die Embryosäcke von Alisma Plantago z. B. sind von einer Schicht sehr scharf abgegrenzter Tapetenzellen umhüllt, die vom umliegenden Gewebe stammen. Nun ist aber offenbar die Auffassung Warming's und Strasburger's unvoliständig, da sie den Vergleich mit der Tapete der Antheren nicht zu Ende führt. Auch bei diesen beginnt die Tapetenbildung mit einen eng begrenzten Komplex zwischen der sub- epidermalen Schwesterzelle des Archespors und der Epidermis, sie bleibt aber nicht auf diesen Bezirk beschränkt, sondern schließt sich, von da aus fortschreitend, zu einer Hülle zusammen, welche den sporo- genen Komplex allseitig umfaßt. Ganz ebenso liegen meiner Ansicht nach die Verhältnisse bei dem Embryosack der Dialypetalen und Mono- Sporangium, ; Indusialhaare. 3 Woodsia ilvensis, weiteres Stadium; s$ Sporangium, 7 Indusialhaare, 4 Woodsia obtusa, Anlage des Reseptaculums. 5 Woodsia obtusa,- Anlage des Ringwalls (»), s$ Sporangien. 6 Woodsia obtusa, älteres Stadium; = Indusium, s> Sporangien. 7 Woodsia ilvensis, fertiges Indusium; 57 Blattrand. 3 Woodsia obtusa, fertiges In- dusium; 22 Blattrand. Noch weiter geht diese Auflösung des Indusiums in einzelne Haare bei Woodsia ilvensis. Die Entwicklung des Sorus wird dadurch eingeleitet, daß sich eine oder zwei Epidermiszellen annähernd gleichzeitig emporwölben, aus denen sich später direkt Sporangien ent- 1) Diels, L e. pag. 161. 408 . Dtto Schlumberger, wiekeln. Diese haben sich meist schon durch eine Querwand von der Mutterzelle abgetrennt, bevor die.ersten Indusialhaare auftreten. Diese sind von den Sporangienanlagen zunächst nur durch ihre geringere Größe zu. unterscheiden. Sie entstehen meist zuerst auf der dem Blattrand abgewandten Seite direkt neben den Sporangien, später treten weitere auf beiden Seiten auf, so daß schließlich die Sporangien von einem Ring von Indusialhaaren umgeben sind, aber auch hier bleibt der Sorus gegen den Blattrand hin zunächst offen (Fig. 13, , 2, 9 7). In manchen Fällen sind an der Bildung eines Indusialhaares zwei nebeneinanderliegende Epidermiszellen beteiligt. Meist treten zunächst nur Querteilungen auf (Fig. 13, 5). Die Endzellen der entstandenen Zell- fäden wachsen zu borstenförmigen Gebilden aus, während die anderen Zellen durch Längswände sich teilen und dadurch die Bildung einer schmalen Zellfläche zustande kommt (Fig. 18, 7). Durch das Auftreten einer größeren Zahl von Längswänden in den basalen Zellen der einzeinen Haare hat es manchmal den Anschein, als ob die Indusialhaare an der Basis verwachsen wären. Wir sehen also die bei Woodsia obtusa noch kongenital ver- wachsenen Ringwallzellen bei Woodsia. ilvensis in einzelne Indusialhaare aufgelöst. Die auffallende Reduktion der dem Blattrande zugewandten In- . dusienbälften legte den Gedanken nahe, es könnten hier doch Über- gänge zu Cystopteris gefunden werden. Die Untersuchung der Ent- wieklungsgeschichte bestätigte dies jedoch nicht. Auch bei dem unter- suchten Cystopteris fragilis wird die Bildung des Sorus durch Anlage eines Sporangiums eingeleitet). Hinter diesem wölbt sich sodann eine Reihe von meist drei bis fünf nebeneinander und in einer Linie liegenden Zellen empor, die zu einer Zellfläche auswachsen, welche mit der Blatt- fläche einen spitzen Winkel bildet und so den jungen Sorus bereits frühzeitig dachförmig überzieht. Die kugelige Form des fertigen In- dusiums kommt dadurch zustande, daß in der gebildeten Zellfläche zahlreiche Längsteilungen stattfinden. Durch die Bildung zahlreicher Sporangien, besonders gegen das Indusium hin, wird dieses an der Basis zurückgedrängt und macht so den Eindruck eines unterständigen Indusiuras. Ich glaube, daß dies wohl mit ein gewichtiger Grund ist, die Gattung Cystopteris, wie es auch von Bower und Lotsy neuerdings 1) Es dürfte also für die untersuchten Formen die Angabe Bower’s nicht zutreffen: „that the indusium (in many cases) is formed before the earliest sporangia appear“. Origin & a Land Flora, pag. 636, Familienmerkmale der Cyatheaceen und Polypodiaceen usw. 409 gemacht worden ist, aus der Familie der Woodsieen auszuschalten und vielleicht von Davallia ähnlichen Formen abzuleiten. Spreuhaare. Der von Kulın gemachte Versuch, nach dem Vorhandensein von Spreubaaren und Spreuschuppen eine Trennung der leptosporangiaten Farne in Chaetopterides und Lophopterides vorzunehmen, führte zu keinen Resultaten. Auch in unserem Falle dürfte von einer ge- naueren Untersuchung der diesbezüglichen Verhältnisse nichts zu er- warten sein, da bei den Oyatheaceen ebenso wie bei den Woodsieen, sowohl Spreuschuppen als auch Spreuhaare vorkommen. c) Anatomie. In neuerer Zeit ist besonders von Bower der Verlauf der Gefäß- bündel als wichtiges Merkmal in die phylogenetische Systematik ein- geführt worden. Als der ursprüngliche Typus wird die Haplostele betrachtet. Aus dieser geht die Siphonostele hervor, welche sich bei den Cyatheaceen zur Dictyostele entwickelt. Auch bei Diacalpe aspidioides sind die Gefäßbündel zu einer Dietyostele angeordnet, prinzipielle Verschiedenheiten mit den Cyatheaceen bestehen hier nicht. Außer den Blattlücken tritt wie bei den Oyathea- Woodsia obtuse. 3 Woodsia ilvensis, Keimpflanze. 4 Cystopteris fragilis, Keimpflanze. 5 Hypoderris Brownii; bE Blatihtindel, = Wurzeln, 2/ Perforationen. Die rückwärts gelegenen Teile der Abb. 5 sind dunkel schraffiert. die ersten Blätter besitzen meist nur ein Bündel. Oystopteris- fragilis stimmi mit diesem Bauplan im wesentlichen überein und ist nur dadurch ver- schieden, daß nur ein an der Basis. der Blattlücken stehendes Bündel ins Blatt abzweigt (Fig. 14, 4). On- togenetisch gehen alle diese dityo- stelen Formen aus. einer amphiphlo- ischen Siphono- stele hervor. ‚Akzessorische mark- und rinden- ständige Bündel kommen weder bei Diacalpe noch bei den übrigen un- tersuchten Arten vor. Die letzteren zeigen den für einen großen Teil der Polypodiaceen charakteristischen Bau. Ob diese Übereinstimmung zu phylogetischen Schlüssen berech- tigt, erscheint mir fraglich, oder derzeit, wenigstens noch nicht spruch- reif. Zunächst ist jedenfalls anzunehmen, daß der komplizierte Bau des Gefäßbündelskelettes bei Formen wie Diacalpe zusammenhängt mit. den bei den größeren Dimensionen gesteigerten „Bedürfnissen“ der Ernährung und Wasserzufahr. Finden wir doch unter den typischen Bi} mn Familienmerkmale der Cyatheaceen und Polypodisceen usw. 411 Cyatheaceen Formen wie Alsophila pruinata und blechnoides‘), welche ‚entsprechend ihrer geringeren Größe (beide sind nicht baumartig und stamınlos) ein einfacher gebautes Gefäßbündelskelett entsprechend dem zahlreicher Polypodiaceen haben. Chrakteristisch für die Cyatheaceen und Diksonieen (soweit unter- sucht) ist das Auftreten von Schleimschläuchen im Gefäßbündel und Parenchym. Bei Polypodiaceen sind bis jetzt solche nicht: nachgewiesen. (Ich konnte sie bei der Osmundacee Todea barbara feststellen.) Ihr Auf- treten erwähnt schon Mohl”). Von Trecul?), der sie genauer unter- sucht hat, werden sie als „Gerbstoffschläuche“ bezeichnet. Ich ziehe jedoch den Namen Schleimschläuche vor, weil es mir nicht gelungen ist, den Inhalt durch mikrochemische Reaktionen einwandfrei als Gerb- stoff zu diagnostizieren. Über die Natur des Schleimes konnte ich mir keinen Aufschluß verschaffen“). Bei den untersuchten Woodsieen konnte das Vorhandensein soleher Schleimschläuche nicht nachgewiesen werden. Da über ihre Entwicklung Untersuchungen nicht vorliegen, und sich die Angaben nur auf die ausgewachsenen Organe beziehen, so zog ich diese in den Kreis meiner Untersuchungen. Als Unter- suchungsobjekt wurde Dicksonia antarctica gewählt. Mit Jodgrün- fuchsin wurde der Schleim intensiv blaugrün gefärbt. In geringer Entfernung vom Vegetationsspunkt bemerkt man auf dem Längsschnitt im parenchymatischen Gewebe zahlreiche in Längs- reihen angeordnete rechteckige Zellen, die durch ihren intensiv gefärbten Inhalt: und durch ihre Größe sich von dem übrigen Gewebe abheben. Der durch die Fixierung der Präparate geronnene Schleim ist haupt- sächlich an den Querwänden abgelagert. Zwischen diesen Schleim- nassen sieht man die Zellwände als stark lichtbrechende Linien (Fig 15, 7). Auf älteren Stadien sieht man, daß diese verschwunden sind (Fig. 15, 2), sie sind stark gequollen und verschleimt. Das Auflösen der Querwände schreitet von der Mitte nach dem Rande hin weiter, bis schließlich der fertige Schleimschlauch von einem zunächst granulösen Inhalt: ganz erfüllt ist. Auf ausgewachsenen alten Blattstielen, z. B. von Cyathea dealbata ist der Schleim eine homogene stark lichtbrechende Masse, der die Schläuche wurstförmig durchzieht, an ihren Wänden sieht man noch die 2) De Bary, Vergleichende Anatomie, pag. 297. 2) Mohl, Vermischte Schriften. Baumfarne, pag. 113. 3) Treeul, Ann. des sc. nat., 5. Ser, Tom. XII, pag. 373, dortselbst auch die Literatur. 4) Verdunkelungsversuche der noch unentwickelten Wedel führten zu keinem Resultat. ’ 412 Otto Schlumberger, Reste der aufgelösten Querwände (Fig. 15, 5, 2) Sehr häufig — bei manchen Arten ist es die Regel — stehen die Schleimschläuche im Gruppen von zwei und drei zusammen. Mitunter werden dann auch die aneinanderstoßenden Längswände teilweise aufgelöst (Fig. 15, 2). Die innerhalb der Gefäßbündel auftretenden Schleimschläuche scheinen inhaltlich von den im Parenehym befindlichen nicht ver- schieden zu sein. Neben den noch undifferenzierten Gefäßinitialen Fig. 15. r—3 Entwicklung der Schleimschläuche von Dieksonja antaretiea. r Jüngstes Stadium; s Schleim, ga Querwand. = Querwände verschleimt, 3 Querschnitt durch eine Gruppe ausgebildeter Schläuche. 4 und 5 Cyathea dealbata, Schleimschläuche aus alten Biatistielen. treten zylindrische Zellen etwa von der Länge der Gefäßinitialzellen auf, jedoch etwas breiter als diese. Auch hier ist bereits sehr früh, noch | vor der Verholzung der Gefäßwände, granulöser Schleim gebildet. Die Schläuche entstehen in derselben Weise durch Verschleimen und Auf- lösen der Querwände, wie die extrastelären. Ihre Entwicklung ist im allgemeinen schon vollständig abgeschlossen, bevor sich die Treppen- gefäße ausgebildet haben. Was die fertigen Schläuche betrifft, so kann ich wohl auf die Ausführungen Tr&culs a. a. O. verweisen. 4. Zusammenfassung der einzelnen Untersuchungsresultate. 1. Die normale Öffnungsweise der Polypodiaceenanthe- ridien besteht in dem Abheben der Deckelzelle, ein Durchbrechen derselben findet nicht statt. 2. Der bisherige Unterschied zwischen den Cyatheaceen und Poly- podiaceen — Öffnen des Antheridiums durch Abheben der Deckel- Familienmerkmale der Oyatheaceen und Polypodiaceen usw. 413 zelle bzw. deren Teilstück und Durchbrechen der Deckelzelle — muß daher fallen. j 3. Ein wesentlicher Unterschied im Antheridienbau zwischen den Cyatheaceen und Polypodiaceen ist nur im Bau der Deckelzelle vorhanden. 4. Die Antheridien von Diacalpe aspidioides und Woodsia obtusa haben eine geteilte Deckelzelle. 5. Die Antheridienwandzellen sind „aktiv“ an der Öffnung des Antheridiums beteiligt. 6. Bei den Woodsieen kommen am Prothallium Übergänge von den für die Cyatheaceen charakteristischen „Haaren“ zu den gewöhn- lichen Drüsenhaaren der Polypodiaceen vor. 7. „Alterserscheinungen“ können sich bei Farnprothallien je nach den beim Zeitpunkt ihres Auftretens herrschenden Ernährungsbedingungen verschieden äußern. Bei Feuchtkultur „Kräuselung“, bei Trocken- kultur „Adventivprothallienbildung“. 8. Durch schwache Beleuchtung können fadenförmige Adventivprothal- "lien zur Bildung verzweigter Zellfäden mit Antheridien veranlaßt werden. 9. Durch ungünstige Ernährungsbedingungen (schwache Beleuch- tung und Trockenheit) die eintraten, bevor der Vegefationspunkt sein Wachstum eingestellt hatte, wurde in einer Kultur von Woodsia ilvensis das Meristem der Herzbucht zur Bildung eines zylindrischen Fort- satzes veranlaßt, der wegen des Vorhandenseins von Tracheiden als apogame Sprossung aufgefaßt werden muß. Es ist also möglich, durch bestimmte Kulturbedingungen normal sexuelle Keimpflanzen erzeugende Formen zur Bildung apogamer Sprossungen zu veranlassen. 10. Im Bau der Sporangien und im Verlauf des Annulus stimmen die untersuchten Woodsien vollkommen mit dem Polypodiaceentypus überein, mit Ausnahme von Diaealpe, bei welcher sich der zwar unvoll- ständige und an der Stielansatzstelle unterbrochene, aber schief über den Scheitel verlaufende Annulus als Annäherung an Oyatheaceen ähn- liche Sporangien auffassen läßt. 1i. In der Bildung des Sorus tritt bei den Woodsieen eine Reduktion des Receptaculums ein; das gestielte Receptacalum von Peranema ist bei Diacalpe bereits stark reduziert; bei Woodsia obtusa entstehen die Sporangien auf einem wenig gewölbten Zellpolster, bei Woodsia ilvensis direkt aus der unveränderten Epidermisfläche. 12. Das Indusium geht bei Hypoderris aus einem geschlossenen Ringwall hervor, bei Woodsia obtusa ist der Ringwall nach dem Blattrand zu offen, bei Woodsia ilvensis geht das Indusium aus 4i4 Otto Sehlumberger, einzeinen Indusialhaaren hervor, die sich, später’ auf gemeinsamer Basis emporheben.. Auch im fertigen Zustand ist eine starke Reduktion der dem Blatirand zugewandten Indusienseite zu konstatieren. 13. Das Indusium von Cystopteris fragilis ist entwicklungs- geschichtlich nieht als unterständig zu bezeichnen. 14. Entwicklungsgeschichtlich als „unterständig“ kann ein Indusium nur dann bezeichnet werden, wenn ein Receptaculum vorhanden ist, an welchem unterhalb der Sporangienanlagen das Indusium entsteht. 15. Die untersuchten Woodsieen sind sämtlich dietyostelisch. 16. Die Schleimschläuche der Cyatheaceen und Dieksonieen gehen aus Zellreihen durch Verschleimen der Querwände hervor. Schlußfolgerung, Die Woodsieae-Woodsiinae in ihrer von Diels aufgestellten Be- grenzung (Peranema, Diacalpe, Hypoderris, Woodsia) mit Ausschluß von Cystopteris, dürften höchstwahrscheinlich eine monophyletische Reihe bilden. In dieser geht, sowohl in der Geschlechtsgeneration (Verein- fachung im Antheridienbau und in den Haarbildungen) als im Sporo- phyten (Beceptaculum, Indusium) eine stetige Reduktion vor sich. Am nächsten verwandt ist die Gruppe sicherlich mit den Cyatheaceen und zwar mit Cyathea ähnlichen Formen mit geschlossenem unterständigem Indusium. Jedenfalls ist sehr früh eine Spaltung eingetreten in zwei Reihen, an deren einen Basis Cyathea-artige Formen, an der andern Peranema ähnliche standen. Im Bau der Sporangien stimmen die Woodsieen jedoch vollständig mit den Polypodiaceen überein, als ihre nächsten Verwandten in der Familie sind wohl gewisse Polypodium-Arten aufzufassen, der Bau des nicht ganz geschlossenen und nach dem Blattrand hin stark reduzierten Indusiums bei einzelnen Formen machen einen möglichen Übergang zu gewissen Formen der Davallia-Reihe nicht unwahrscheinlich, Die vorliegender Arbeit zugrunde liegenden Untersuchungen wurden in den Jahren 1907-—1909 im pflanzenphysiologischen Institut der Uni- versität München ausgeführt. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geh. Rat Prof. Dr. von Goebel, der mir soviel Anregung gab und meiner Arbeit reges Interesse und weitgehende Unterstützung (durch Überlassung einiger Notizen über Woodsia) zuteil werden ließ, spreche ich hierfür meinen ergebensten Dank aus. Druck von Ant, Kämpfe in Jene. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: DIE PFLANZENSTOFFE Botanisch-systematisch bearbeitet Chemische Bestandteile und Zusammensetzung der einzelnen Pflanzenarten Rohstoffe und Produkte Phaneregamen von Prof. Dr. C. WEHMER Dozenten an der Kgl. Technischen Hochschule zu Hannover. Preis: 35 Mark. Soeben erschien: Internaciona Biologial Lexiko en Ido, Germana, Angla, Franca, Italiana ed Hispana. Da Dr M, Boubier, Privat-Docento en l’Universitato di Gendre. Linguo Internaciona di la Delegitaro (Sistemo Ido). Internationales biologisches Lexikon in Ido, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Preis: ı Mark 50 Pf. Die Hauptlinien des natürlichen Bakteriensystems nebst einer Übersicht der Gärungsphänomene. Von Dr. Orla Jensen Professor am dänischen Polytechnikum Kopenhagen. Mit einer Figur, {Abdruck aus dem Zentralblatt für Bekteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten, 2. Abt, Bd. XXIL} 1909. Preis: 1 Mark. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Leitfaden für gärtnerische Pflanzenzüchtung \ Von MAX LÖBNER Inspektor am Kl. botanischen Garten und der pflanzenphysiol. Versuchsstation zu Dresden. Mit 10 Abbildungen im Text. 1910. Preis: karteniert 1 Mark 50 Pf. Preisschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Kgl. Preußischen Staaten. Inkalt: Einleitung, Allgemeiner Teil: ı. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch einfache Aussaat. — 2. Die Gewinnung von Neuheiten durch Ausiese (Selektion). — 3. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch Kreuzung. — 4. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch Sportbildung. — 5. Die Gewinnung neuer, Pflanzen durch Importation. — 6. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch den Einfluß eines Edelreises auf eine Unterlage. — 7. Über “ die landwirischaftliche Pflanzenzüchtung. — Angewandter Teil: ı. Die Züchtungen in der Blumerkultur. — 2. Die Züchtungen im Batmschulbetrieb, — 3. Die Züchtuugen im Obst- und Gemüsebau, — Anhang. ı. Die Taufe der Neuheit und Ungehörigkeiten, — = 2. Über den nutzbringenden Absatz der Pflanzennenheit. . In dem schweren Existenzkampf, den der deutsche Gartenbau zu führen hat, kommt es unter anderem sehr wesentlich darauf an, die Gesetze für die Durch- züchtung der gärtnerischen Kulturpflanzen mehr als bisher zu verbreiten. Für die so außerordentlich wichtige gärtnerische Pflanzenzüchtung fehlt es bisher allent- halben noch an der nötigen Unterweisung und Ausbildung der Gärtner. Für den selbständigen Gärtner aber ist keine Arbeitsbetätigung so fruchtbringend wie die zielbewußte, mit Ausdauer betriebene Verbesserung und Neuzucht von Pflanzen. Für Blumen wie für Geniäsebau gilt der Satz: ohne hochgeztichtete Sorten kein intensiver Betrieb. Und auch für den Obstbau ist die Sortenfrage von größter Wichtigkeit, Die nach allen diesen Richtungen fehlenden Kenntnisse vermittelt in einleuchtender Weise diese preisgekrönte Schrift. Österreichische Garten-Zeitung V. Jahrgang: „... Anläßlich der vof- jährigen Großen Internationalen Ausstellung hatte der „Verein zur Beförderung des Garten- haues in den preußischen Staaten“ einen Preis für ein Buch über „Gärtnerische Pflanzen- züchtung" ausgeschrieben. Löbners Schrift wurde von der Jury der Preis zuerkannt und wobl mit Recht, denn Text sowohl wie Illustrationen sind vorzüglich. Das Werk ist für jeden strebenden Gärtner von großem Nutzen und empfehlen wir dasselbe auf das An- gelegentlichste zur Anschaffung. Es ist nicht nor für den wirklichen Züchter interessant, sondern für jeden, der sich für die Geheimnisse der Pflanzenzüchtung interessiert.“ Naturwissenschaftliche Rundschau Nr. 18 vom 5. Mai ıg10: „...Das vom „Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den kgl. preußischen Staaten“ preis- gekrönte Werk kann allen Pflanzenzüchtern als zweckmäßiges Handbuch warm empfohlen werden. Es bringt neben den für den Praktiker unenibehrlichen Tatsachen viele in- teressante biologische Hinweise, die dem denkenden Gärtner und Gartenfreunde viel An- regung bieten.“ Naturw. Wochenschrift Bd. IX, Nr. 32 vom 7. Aug. igio: „... Das Buch von Löbner wird oder sollte bei Gattenbesitzern und -Liebhabern eine besondere Beachtung finden, Es ist eins der wenigen Bücher der Gartenliteratur, die mit der gegen- wärtigen wissenschaftlichen Erkenntuis nicht auf gespanntem Fuße stehen, sondem im Gegenteil erfreulich alles das, was die Wissenschaft derzeitig Nützliches für die Pflanzen- züchtung vorgebracht hat, auch kennt und auszunutzen versteht.“ Ant, Kämpfe, Buchdruckerei, Jans