ur ip GR) FUNg F L oO RA % ALLG EMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER, BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. I Se RE E NEUE FOLGE. DRITTER BAND. (DER GANZEN REIHE 103. BAND.) RE HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 2 TAFELN UND 175 ABBILDUNGEN IM TEXT. no. kih, [7 vun e. 1912 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1911. ß Alle Rechte vorbehalten. Te run u Inhaltsverzeichnis. Seite BOSHART, K., Beiträge zur Kenntnis der Blaitesymmetrie und Exo- trophie. Mit 14 Abildungen im Text . . . 91-124 SONNOLLY, C. J., Beiträge zur Kenninis einiger Florideen. mis Yatel I u. II und 27 Abbildungen im Text . B 125—170 DOSTÄL, R., Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea und einigen anderen Pilenzen. Mit 10 Abbildungen im Test . . . 1-53 (GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen. 19. Über „gepaarte“ Blattanlsgen. Mit 9 Abbildungen im Text . . 248—262 HANNIG, E., Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen nebst Bemerkungen über die systematische Bedeutung der- selben. Mit 8 Abbildungen im Text . 321—346 HEINRICHER, E, A. Zur Frage nach den Unterschieden "zwischen Lilium bulbiferem L. und Lilium crocenm Chaix. — B, Über die Geschlechtsverhältnisse des letzteren auf Grund mehrjähriger Kulturen. Mit 1 Abbildung im Text . . . 5473 LUDWIGS, KARL, Untersuchungen zur Biologie der Eqniseten. Mit 54 Abbildungen im Text. 385440 NEGER, F. W., Die Sporenausstreuung bein Selaginella helvetion und 8. " spinulosa. Mit 1 Abbildung im Text . . . wen . 7477 PEYER, W., Biologische Untersuchungen über Schutzetoffe on. 441—478 PIETSCH, WILHELM, Entwicklungsgescbichte des vegetativen Thallus, insbesondere der Luftkammern der Riccien. Mit21 Abbildungen im Text. . - 347-384 RENNER, O., Experimentelle Beiträge z zur x Kenntnis der Wasserbewogung. Mit 2 Abbildungen im Text B 171-247 TOBLER, F., Zur Organisation des Thallus von Codinm tomentosum. Mit 3 Abbildungen im Text . . . 78-87 WEIR, JAMES R., Benötigt der Pilz Coprinus Kalksalze ; zu seinen a phy- siologischen Funktionen? . . 87-90 WEIR, JAMES R., Untersuchungen über die Gattung Coprins Mit 25 Abbildungen im Text. . . - .. . nee 268-320 Heft I, pag. 1-90 erschien am 16. Juni 1911 „In 91—170 » „ 2. Juli 1911 „ IL „ 171-320 » » 5. Oktober 1911 » WW „ 32148 „ » 25. November 1911. FLORA ODER » ALLGEMEINE BOTANISCHE # ZEITUNG. . FRÜHER HERAUSGEGEBEN j s j VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. DRITTER BAND. (DER GANZEN REIHE 103. BAND.) r ERSTES nern HERAUSGEBER: DR K. GOEBEL N PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. = een - „MIT 15. ABBILDUNGEN IM TEXT. \ N VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. : a 1911. | % on ERSCHIENEN AM 16. JUNI 1911. 9). Inhaltsverzeichnis. DOSTÄL, R., Zur experimentellen Morphogenesis bei Cirenes und einigen anderen Pflanzen. Mit 10 Abbildungen im Text . . . > 1-53 HEINRICHER, E., &A. Zur Frage nach den Unterschieden zwischen Lilium bulbiferum L. und Lilium eroesum Chaix. — B. Über die Geschlechtsverkältnisse des letzteren auf Grund mehrjähriger Kulturen. Mit 1 Abbildung im Text . . . 5473 NEGER, F. W., Die Sporenausstreuung bei Selaginella helvotica und 8. spinulosa, Mit 1 Abbildung im Text . . . . 74—77 'TOBLER, F., Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum, Mit 3 Abbildungen im Text . . . 28-87 WEIR, JAMES R., Benötigt der Pilz Coprinus Kalkaslze ; zu seinen n phy- siologischen Fanktionen? 2.2 nur een ER Verlag v von GUSTAV FISCHER in JENA, Soeben erschien: Ilustrierfes Handhuch der Laubholzkunde. Charakteristik der in Mitteleuropa heimischen und im Freien angepflanzten angiospermen Gehölz-Arten und -Formen mit Ausschluß der Bambuseen und Kakteen. Von Camillo Karl Schneider. Mit 91 Abbildungen im Text. Zehnte Lieferung. (Fünite Lieferung des zweiten Bandes.) Preis dieser Lieferung: 5 Mark. Die Schlnßlieferung des Handbuches und die Registerlieferung erscheinen. bestimmt im Sommer 1911. Soeben erschien: über eine Methode zur direkten Bestimmung den Oher- flächenspannung der Plasmahauf von Pflanzenzellen. Professor Dr. Friedrich CUzapek, Vorstand des pfianzenphysiologischen Instituts der Dentschen Universität in Prag. Mit 3 Abbildungen im Text, Preis: 2 Mark 60 Pf. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Methode zur Bestimmung der normalen Oberflächenspannuug der Plasmahsut von Pflanzenzellen besteht in der Feststellung der irenzkonzentration von Lösungen von oberflächenaktiven Stoffen von bekannter Ober- flächenspannung, z. B. Asthylalkohol, weiche eben imstande ist, aus Pflanzenzellen die Exosmose von leicht nachweisbaren Stoffen des Zellinhaltes zu erregen, Die Schrift wird." für Botaniker und Biochemiker wie überhaupt für alle Biologen von Interesse sein. 2 ment. main en Pine min Zur experimentellen Morphogenesis bei Circasa und einigen anderen Pflanzen. . Von R. Dostäl. (Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der böhm. Universität in Prag.) (Bit 10 Abhildungen im Text.) 1. Einleitung. Eine gewisse Einsicht in die Ursächlichkeit, welche die Gestaltung der Pflanze unter bestimmten äußeren Bedingungen beherrscht, wurde bekanntlich erst durch Versuche erreicht, bei denen in das Ganze des Pflanzenkörpers auf operatirem Wege eingegriffen wurde. Durch die Störung des Ganzen wurden Reaktionen hervorgerufen, welche auf ver- schiedene Abhängigkeiten der einzelnen Organe mit Bestimmtheit schließen ließen. -Später sah man, daß in den meisten Fällen die operative Be- seitigung des Organs durch die Verhinderung seiner Funktion ersetzt werden konnte, so daß dieselben Veränderungen ohne jegliche Verletzung zutage getreten sind. Offenbar löst die Beseitigung oder Inaktivierung eines gewissen Organs die inneren, für die Ersatzbildung nötigen Be- dingungen aus; es wurde aber auch ein erfolgreicher Versuch gemacht, selbst an einer ganz intakten Pflanze durch äußere Einflüsse die nötigen inneren Bedingungen zu realisieren. Dazu ist begreiflicherweise eine gewisse Kenntnis dieser letzteren ein wichtiger Wegweiser. Als instruktives Beispiel kann das Sachs’sche Phänomen über die verschiedene Qualität der an verschieden alten Begonia-Blättern regenorierten Triebe gelten. Schon dieser, auch von anderen Autoren an regenerationsfähigen Blättern anderer Pflanzenarten wiederholte Ver- such könnte die Frage nach den Bedingungen der Blütenbildung und des vegetativen Wachstums beleuchten, welche bisher allgemein noch nicht beantwortet. ist. Die vorliegende Arbeit stellt den ersten Teil meiner Untersuchung über die verschiedene Qualität der Triebe dar, welche aber an einem abweichenden, vielleicht aber viel besser passenden Material angestellt wurde. Der andere, noch nieht vollendete Teil soll den Versuchen über den Einfluß äußerer Bedingungen, sowie über das Verhalten anderer Organe unter der Einwirkung der Stellung an der Mutterpflanze IN geriämet sein. Versuchsmaterial. Das Hauptobjekt meiner Versuche bestand Aug mittelgroßen Stöcken von Circaea lutetiana, deren oberirdischer ra, Bi. 103, 1 3 R. Dostäl, Teil zwischen 25-40 em Höhe schwankte, deren Axillarknospen jedoch bloß eine geringe Entwicklung aufwiesen (ca. 0,5—1 mm Länge). Nur in einem Falle wurden auch stärkere Stöcke angewendet, die in ihren Achseln längere Äste besaßen. Die geringe Entwicklung der Achsel- ‘ knospen ist eine notwendige Voraussetzung für das Gelingen dieser Versuche, weil sonst die Ergebnisse viel komplizierter ausfallen. Die Jahreszeit, in welcker diese Versuche stattgefunden haben, brachte es- mit sich, daß die Pflanzen sämtlich blühreif waren, sei es, daß sie wirklich blühten oder aber die Blütenentfaltung durch schwächere Licht- intensität verhindert worden war. Letztere Pflanzen wurden den ersteren vorgezogen. Ihr unterirdischer Teil bestand aus einer Anzahl von kürzeren oder längeren Internodien, die in den Achseln kleiner Schuppen längere Ausläufer trugen. (Ich bezeichne den unterirdischen Teil als Partie I) Am oberirdischen Teil kann man hauptsächlich zwei Regionen unterscheiden, von denen die untere 1-—3 blattlose Internodien auf- wies (Partie II), die obere 4—8 gesunde Blattpaare trug (Partie III). Den Gipfel der Pflanze bildete entweder eine Knospe, die eine kleine Aulage des Blütenstandes verbarg, oder eine mehr oder minder ent- faltete Infloreszenz. Die an Circaea erhaltenen Ergebnisse wurden. an Serophularia nodosa und Sedum telephium kontrolliert. Die Serophularia- Pflanzen waren sämtlich stattlich blühende Stöcke, einige von ihnen waren sogar abgeblüht, was der Klarheit der Versuche nur von Nutzen war. Bei Sedum wurden aber bloß solche Pflanzen angewandt, die unentfaltete Blütenknospen besaßen. Alle drei Pflanzen besitzen gegen- ständige Blätter, was für einige Versuche von größter Bedeutung ist. Versuchsmethodik Um den gegenseitigen Einfluß einer möglichst: kleinen Anzahl von Organen studieren zu können, waren Operationen nötig, die zur Isolierung dieser Organe oder Organkomplexe führten. So war es zuerst in allen Versüchen notwendig, jede Pflanze durch horizontale, in der unteren Hälfte jedes Internodiums ausgeführte Querschnitte in Teile zu zerlegen, die aus dem Nodus und dem von ihm getragenen Blattpaare samt den Axillarknospen, ferner aus dem kürzeren oberen und dem längeren unteren Internodialstummel bestand. Mit diesem unteren Internodialabschnitt wurden die Partien nach weiterer spezieller Operation entweder in feinen Sand eingesetzt oder in passende, mit gewöhnlichem Quellwasser gefüllte Eprouvetten ein- gelegt. Dabei wurde genau die natürliche Ordnung der einzelnen Teile notiert, wie sie an der Mutterpflanze von der Basis zur Spitze nacheinander folgten, wodurch der Einfluß des Ortes auf die Beschaffenheit Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 3 der reproduzierten Triebe, Wurzeln etc. in Betracht gezogen werden konnte. Derart behandelte Circaea-Objekte wurden nun draußen im Garten in der Nähe von Bäumen und Sträuchern weiter kultiviert, so daß sie vor längerer Einwirkung des direkten - Sonnenlichtes ähnlich wie am natürlichen Standort geschützt waren. Daneben wurde auch für hinreichende Feuchtigkeit der umgebenden Luft gesorgt. Die äußeren Bedingungen, wenigstens das Licht und die Feuchtigkeit, waren daher nicht viel von denen der ursprünglichen Lokalität abweichend, was sich ‚auch durch den nachherigen ungestörten Zustand der empfindlichen Blätter äußerte. Dagegen waren die Sedum-Partien sehr starkem Licht ausgesetzt. Bei der dritten Pflanze waren ebenfalls die äußeren Bedingungen den natürlichen, „normalen“ entsprechend gewählt. ll. Die Bedeutung des Ortes an der Mutterpflanze für die Richtung und Form des Axillartriebes. Die wohl bekannte, von Sachs (1892) entdeckte Tatsache über die verschiedene Regenerationsart der von verschieden alten Begonia- Pflanzen stammenden Blätter wurde zuerst von Goebel (1898) bei einer und derselben Pflanze für verschiedene Regionen beschrieben. Die basalen Blätter von Achimenes regenerieren Laubtriebe, die erst, nach langer Zeit zur Blüte kommen, die apikalen meist sofort Blüten. Aber nicht nur bei regenerierten Trieben, sondern auch bei den in Verbindung mit der ganzen Pflanze sich normal anlegenden Axillar- knospen tritt diese Erscheinung zutage. Goebel (1908) führte seine Versuche an drei Pflanzen aus, die er in zwei verschiedenen Höhen des Stengels dekapitierte: nach der Amputation des Blütenstandes entwickelten sich die Axillarknospen zu deutlichen Blütenständen, welehe sofort Blüten trugen, dagegen wuchsen nach dem Abschneiden noch eines Stückes der Laubblattregion aus der Basis Seitensproße aus, die erst nach Hervorbringung einer Anzahl von Laubblättern zur Blütenbildung übergingen. Dasselbe gilt aber auch für isolierte Blatt- paare, wie ich sie schon beim Studium der Korrelationsbeziehung zwischen dem Blatt und seiner Axillarknospe kultivierte, wobei die Analogie mit jenen regenerierenden Blättern noch klarer hervortritt. Der einzige, nach meiner später zu begründenden Ansicht nicht wesent- liche Unterschied besteht darin, daß die Axillarknospen schon deutlich bis zu einem gewissen Grade ausgebildet sind, wobei ihre Entwicklung die Resultante aller übrigen Teile des Stockes darstellt, also nicht allein die des einzigen Blattes, wie es in den Versuchen von Sachs, Goebel u. a. der Fall war. Gerade bei der Isolierung einzelner ir 4 R. Dostäl, Paare erscheint mir dieser Einfluß klar hervorzutreten in der Ent- wicklung der Axillartriebe, insofern sie von der an der bioß deka- pitierten Pflanze stattfindenden abweicht. Dieser determinierende Einfluß der übrigen Organe der Pflanze äußert sich nicht so stark an der Basis, wo die Knospen den Stützblättern noch entsprechen, indem sie vegetative, jeder Spur der Blütenanlagen entbehrende Bildungen dar- stellen, wie in der oberen Hälfte der Pflanze, wo die Achselknospen in ihrer Ausbildung von der ganzen Masse des darunterliegenden Teiles beeinflußt werden, so daß die apikalen bereits mehr ‘oder minder deutliche Anlagen von Blüten enthalten. Daher kann man diese Knospen (eigentlich bloß die apikalen) streng genommen nicht für indifferent halten, obwohl wir im Verlaufe dieser Beobachtungen sehen werden, daß es doch in gewissem Maße erlaubt ist. Mit dieser Einschränkung sowie unter Beachtung anderer, dureh die isolierte Kultur eingeleiteten Bedingungen kann man sagen, daß die Isolierung der Blattpaare Aufschluß gibt über die Verteilung der morphotischen Differenzen in den einzelnen Regionen des Stengels, auf die man aus der je nach dem Orte abweichenden Gestaltung der Achseltriebe schließen kann, welche nach Unterbrechen aller korre- lativen Hemmungen seitens aller übrigen Organe zum Wachstum an- geregt werden. Die untersten Blattpaare bilden nämlich vegetative Organe aus (wie Rosetten, Knollen, Ausläufer), die apikalen dagegen Blüten, vorausgesetzt, daß die dafür nötigen Bedingungen durch die Operation nicht verschoben worden sind. Obwohl diese Verhältnisse für alle erwähnten Pflanzen, Scrophularia, Sedum und Circaea, gelten, will ich sie bloß an der letzteren ausführlicher besprechen. Denn die weitgehende Verschiedenheit in der Form und der Riehtung des Laub- und Blütensprosses und des Ausläufers gestattet uns sehr wohl, die Unterschiede zwischen Basis und Spitze wahrzunehmen. Wir gehen von einer blühreifen Pflanze aus, die wir in die einzelnen mit Blättern?) versehenen Nodi zerlegen (also die Partie III des Stengels, wobei die basalen der Laubblätter entbehrenden, sowie die unterirdischen, Ausläufer tragenden Knoten in diesen Versuchen ausgeschlossen werden müssen). Um ferner die korrelativen Beziehungen, die zwischen den beiden Achseln der gegenständigen Blätter herrschen und besonders in einigen 1) Es ist begreiflich, daß an diesen Objekten im Gegensatze zu den regene- rierenden Blättern auch ein Studium des Einflusses des Ortes auf die Knospen selbst, wenn sie isoliert sind, möglich ist, wie es im folgenden Absatze erörtert werden soll. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 5 weiter zu erwähnenden Versuchen in der Gestaltung der entgegen- gesetzten Triebe eine große Rolle spielen können, auszuschließen, ist es nicht selten nötig, diese Blattpaare durch einen medianen Läägs- schnitt in zwei gleiche Teile zu zerlegen, die bloß je ein Blatt und dessen Achsel tragen. Manchmal erhält man erst nach dieser kom- binierten Operation vergleichbare Resultate, nämlich eine von der Basis bis zur Spitze kontinuierlich verlaufende Reihe. Die unteren isolierten Blattpaare produzieren nämlich Triebe, die den unterirdischen Ausläufern vollkommen gleichen (Fig. 1e). Ihre Internodien sind sehr lang, entweder rot, wenn dem Lichte exponiert oder weiß, wenn sie in Schatten oder in Sand kommen. Ihre Licht- blätter besitzen nur verhältnismäßig kleine, runzelige Spreiten, welche oben dunkelgrün bis bläulich, unten und an den Rändern rötlich ge- färbt sind. Die Blatistiele sind rot. Gelangen die Ausläufer ins Dunkle, Fig. 1. so entstehen noch kleinere, schuppenförmige Blätter. Die Terminal- knospe des Triebes ist stets klein, in die obersten Blätter eng ein- geschlossen und an der Spitze immer mit einem rötlichen Fleck ver- sehen. Das der Terminalknospe vorangehende Internodium ist an allen diesen Trieben lang. Die Richtung dieser Achseltriebe ist meistens zuerst horizontal, das distale Ende biegt sich jedoch nach unten, bohrt sich in den Sand ein, wo es schließlich knollenförmig anschwillt. An diesen Trieben kann man nie eine Spur von Blütengebilden wahr- nehmen. Derart verbielten sich bei meinem Material 2—8 basale Blait- paare. Auf diese Partie folgt eine andere, die den Übergang zu den apikalen Blattparen bildet, deren Axillarknospen zeitig aufblühen. Dem- entsprechend bieten auch die Reprodukte dieser mittleren Partie ein 6 R. Dostäl, recht auffälliges und variabels Aussehen. Sie vereinigen nämlich die Bildung von Ausläufern und Blütensprossen in sich, was am besten an den untersten von ihnen zu ersehen ist, weil an den oberen die Aus- läufernatur immer mehr zurücktritt. Ein solcher Trieb (Fig. 2a) wächst entweder horizontal oder in einem kleinen Winkel (30%--40°) nach unten und besitzt meistens mehrere Internodien und Blattpaare. Die proximalen Internodien erreichen wieder eine bedeutende Länge wie bei den Ausläufern der basalen Region, mit denen sie ferner auch in der Farbe übereinstimmen; sie sind im Lichte rot, im Dunkeln weiß gefärbt. Das distale Ende dieser Triebe ist immer horizontal oder sogar schwach nach oben gekrümmt. Die Blätter sind wieder klein, runzelig, grün, mit roten Blattstielen und Blattuerven verschen. Diese mittleren Triebe unterscheiden sich aber von den basalen außer durch das schwache Umbiegen des Endes auch noch durch die grünliche Färbung der distalen Indernodien und dureh die größeren Dimensionen Fig. 2. der terminalen Knospe, von der das letzte, von der Achse abstehende Blattpaar bloß durch ein sehr kurzes Internodium getrennt ist. Dieses Ende zeigt also deutlich die Natur eines wahren Laubsprosses, Blüten sind aber nicht einmal in Rudimenten zu bemerken, sondern der Trieb bleibt unter diesen „normalen“ Bedingungen vegetativ. In der oberen Hälfte des mittleren Teiles der Pflanzen produzieren die Blattpaare Triebe, die in ihren proximalen Teilen in bezug auf die Richtung und Gestaltung der Blätter und Internodien mit den vorhergehenden über- einstimmen, deren distales Ende aber, das wieder entweder horizon- tal oder schwach nach oben wächst und von grüner Farbe ist, einen dicht zusammengedrängten Klumpen von Knospen, Blüten und unreifen Früchten trägt, also einen sehr kurzen Blütenstand, der von dem vor- hergehenden Blattpaar, welches eng zusammengelegt ist, noch stärker gepreßt wird. Bei dem nächst höheren isolierten Blattpaare, wo die Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 7 Übergangsreihe ununterbrochen verläuft, ist das erste Internodium wieder rot, horizontal oder sehr schwach nach unten gekrümmt, dagegen biegt sich die distale Partie, d. h. das Internodium mit dem Blüten- stande, welcher noch keine bedeutendere Länge erreicht, aufwärts (Fig. 3@). Sonst unterscheidet sich dieser Trieb von dem vorhergehen- Fig. 3. den nicht, bildet aber einen Übergang zu den apikalen Paaren, bei denen die Ausläuferbildung teilweise oder vollständig fehlt. Daher treten in der apikalen Region der Pflanze nur Triebe auf, die in ihrem ganzen Verlaufe über die Horizontale aufsteigen (Fig. 4o). Der Winkel jedoch, den sie mit der Horizontalen schließen, sowie ihre Gestaltung ändert sich mit der Höhe, wo die Knospen an der Mutter- pflanze standen. Die proximalen Internodien der unteren Triebe sind verlängert, rot, also von demselben Aus- sehen wie die Ausläufer; der Blüten- stand ist ebenfalls noch ziemlich kurz. Die höchsten Blattpaare bilden end- lich Triebe aus, deren Beschaffenheit jener des oberirdischen Laubsprosses viel näher steht. Ihre Internodien sind intensiver grün, die Blätter weiter vom Blütenstand entfernt, ausgebreitet; der Blütenstand selbst ist recht lang und Fig. 4. trägt zahlreichere Blüten. Der Winkel, den diese Blütentriebe der apikalen Region mit der Horizontalen schließen, nimmt sehr regelmäßig gegen den Gipfel der Pflanze hin zu (es folgten z. B. einander Werte von annähernd 15°, 30%, 45°); nicht selten treten aber auch da gebogene Triebe auf (Fig. 9), in- dem der proximale Teil derselben, welcher meist bloß von einem ein- 8 R. Dostäl, zigen Internodium gebildet wird, mit der Horizontalen einen kleineren Winkel schließt als die darauffolgende Partie, nämlich der Blütenstand, Sa der sich bogenförmig nach oben krümmt und deshalb einen recht steilen Winkel schließt (z. B. 60° gegenüber 45° der proximalen Partien). . Was die Anzahl der Blattpaare der Axillartriebe anbetrifft, so ist sie an den der basalen Region entnom- menen Trieben unbegrenzt, an den der Spitze entnommenen aber sehr be- schränkt (meistens finden sich hier nur 1—2 Blattpaare). Verfolgt man das weitere Schick- sal der reproduzierten Triebe, so sieht man, daß die Triebe der hasalen Region mit ihrer Spitze in derselben Richtung nach unten weiterwachsen, sich in den Sand ..einbohren (Fig. 1«, 5), wo sie schließlich. einige kurze, aber sehr dieke Internodien ausbilden, die ein walzenförmiges Knöllchen vorstellen, wobei alle vorgehenden, dünneren und längeren Indernodien absterben ). An den aus der Spitze der Mutterpflanze stammenden Trieben gehen die Inflores- zenzen zugrunde, und es wachsen aus den Achsein der Blätter des Triebes, meistens nur des ersten Blattpaares, echte nach unten gewandte Ausläufer aus (Fig. 2, 3a), die wiederum im Sande zu kleinen, blassen Knöllchen anschwellen. Im weiteren Verlaufe stirbt alles übrige bis auf diese Gebilde ab. Diese seitliche Entstehung der am Ende anschwellenden Ausläufer tritt auch bei allen jenen mittleren Blattpaaren 1) Wurde dem Ausläufer die Möglichkeit, in den Sand einzudringen, nicht geboten, so schwoll das Ende auch am Lichte zu einem grünlichen Knöllchen ar (vgl. Goebel, 1908, 8. 106). Zur experimentellen Morphogeneris bei Circasa usw. g auf, deren Triebe mit einer Infloreszenz oder bloß mit Rudimenten derselben, die sich nicht weiter zu entwickeln vermögen, abschließen. Die anderen zwei Pflanzenarten verhielten sich ähnlich wie Circaea. Die isolierten Blattpaare der basalen Region von Serophularia re- produzieren kurze Triebe, deren Achse zu einer kleinen, rundlichen Knolle angeschwollen ist, deren Gipfel einen mehr oder minder dichten Schopf kleiner schuppenartiger Blätter trägt, deren Anzahl wieder un- begrenzt ist. Die apikalen Paare gelangen nach Entfaltung einer ge- ringen Anzahl von Blattpaaren zur Blüte. Die mittleren Blatipaare produzieren vegetative Laubsprosse, von denen die oberen erst nach längerer Zeit aufblühen, während die unteren unter normalen Bedin- gungen .diesen Zustand nicht mehr erreichen können. Die knollen- förmigen Triebe der basalen Region verändern sich nicht weiter, dagegen entsteht aus den Achseln des ersten Blattpaares der mittleren und be- sonders der apikalen Triebe je eine winzige weiße oder blaßgrüne Knolle, die mit sehr kleinen Schuppen versehen ist. Schließlich produzieren die basalen Paare von Sedum telephium Rosetten mit sehr kurzen Internodien und einer beträchtlichen Anzahl großer, fleischiger, grüner Blätter, die apikalen dagegen nach Hervor- bringung einer geringen Zahl kleiner rötlicher Blätter (bloß 1-2 Blatt- paare) sofort Blüten. Die Mitte der Mutterpflauze weist Übergänge zwischen diesen beiden Extremen auf. Die Blüten varüeren je nach der Höhe, in welcher das Paar an der Mutterpflanze stand, in Zahl, Farbe und Ausbildung ihrer Komponenten; ja es wird sogar die Glieder- zahl der einzelnen Blüten durch die isolierte Kultur je nach der Region, wo die Knospen der Mutterpflanze entnommen worden sind, bis zu einem gewissen Grade beeinflußt. In dieser Mitteilung seien nur folgende wenige Angaben über die Blütenzahl der Triebe, sowie über die Dimensionen (Länge x Breite) ihrer Stützblätter in der folgenden Tabelle gemacht. (s. Tabelle I, S. 10.) An den beiden Exemplaren, mit denen die anderen überein- stimmen, sieht man also, daß die basalen Knospen in vegetative Ro- setten auswachsen, die folgenden jedoch Blütensprosse produzieren, wobei die Zahl der Blüten zuerst bis zu einem Maximum steigt, um dann wieder abzunehmen. Das Maximum fällt aber nicht mit den maximalen Dimensionen des Stützblattes zusammen, sondern legt viel höher an der Pflanze, wo sich die Spreiten regelmäßig verkleinern. Im weiteren Verlaufe dieser Verkleinerung nimmt die Blütenzahl, von sel- tenen Ausnahmen abgesehen, wieder ab. 10 R. Dostal, Tabelle E, I, 10,4 ; j ' Blattpaar | 1 2 3 | 4'565 | 6 | 7 8 9 10 i \ i Dimen- | 102 | ! ö | sionen In= Laos f ar lvo. LAN BT Loks. H 26 2 |des Stütz- 85x2957:<3197>x44| _ , 87x47,86x51172:<40,67 38553444‘ Ei blattes e ler ı Dimen- = des Stükz 76>:3680x43112<4360>3852>29117 >27189>2037 2118518 ri - 5 blattes Krei “ande so iols| | 2 || 15 | 18 | 16 Die Rosetten der basalen isolierten Paare kommen nicht zur Blüte, sondern bleiben vegetativ. Die Infloreszenzen der Blütentriebe sterben allmählich ab, dabei wachsen jedoch aus den Achseln des untersten Blattpaares dieser Triebe kleine vegetative Knospen, die von mehreren rötlichgrünen Blattpaaren gebildet werden und nach Absterben aller übrigen Teile am Leben bleiben. Ill. Die Bedeutung des Laubblattes für die Form und Richtung des Achseltriebes. Die im vorhergehenden beschriebene Verschiedenheit in der Quali- tät der reproduzierten Triebe je nach der Höhe des Ortes an der Mutterpflanze entspricht den bekannten, an regenerierenden Blättern ausgeführten Versuchen. Bei meinem Material läßt sich aber außerdem noch die Frage stellen, wie sich die Knospen verhalten, wenn sie iso- kert sind. Tritt an ihnen auch in diesem Zustande der Einfluß des Ortes an der Mutterpfanze so klar zutage oder wird derselbe durch die Isolation unterdrückt? Allerdings habe ich bisher eine vollkommene Isolation der Knospen nicht ausgeführt, sondern mich bloß auf die Awputation der Blätter beschränkt, wobei, um sichere Resultate zu er- halten, verschiedene Wege eingeschlagen wurden. Entweder habe ich zwei möglichst gleichförmige Pflanzen ausgesucht, die vor allem die- selbe Anzahl von Blattpaaren und Ausläufer tragenden Knoten und dieselbe Blütenentwicklung aufwiesen, und nach Isolierung der Blatt- paare bei der einen die Blätter belassen, bei der anderen alte abge- schnitten. Wurden nun diese beiden verschiedenen Segmente unter Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw, 11 sonst gleichen äußeren Bedingungen kultiviert, so zeigte sich in dem Verhalten der reproduzierten Triebe deutlich der gestaltende Einfluß des Stützblattes, hinter welchen jener der zwecks leichterer Kultur be- lassenen Teile des Mutterstengels weit zurücktritt. Leichter als an zwei gleichen, nur schwer zu findenden Exemplaren kann man sich über den erwähnten Einfluß an ein und derselben Pflanze belehren. An isolierten Blattpaaren, wie sie von der Basis bis zur Spitze der Pflanze nacheinander folgen, wurden abwechselnd beide Blätter belassen und beide amputiert (Fig. 59). Oder endlich, was an Überzeugungskraft die eben angeführten Methoden übertrifft, kann man (Fig. 1—4) bei ein und derselben Pflanze die isolierten Blattpaare durch einen Längsschnitt in zwei gleiche Hälften teilen, der möglichst genau median den Knoten, sowie das obere und beson- ders das untere Internodialstück trifft. Jede der so entstandenen Hälften besitzt bloß eine Knospe und ein Laubblatt desselben Stockwerkes mit genau vergleichbaren Abschnitten des mütter- lichen Stengels. Die Amputation oder Inaktivierung der Spreite der einen Hälfte des Blattpaares einerseits, andererseits das Intaktbelassen derselben an der anderen zeigt deutlich, wie sich die Knospe von der- selben ursprünglichen Beschaffenheit, von demselben Grade und der- Fig. 7. selben Qualität der Entwieklung unter dem Einflusse des Laubblattes oder ohne diesen Einfluß verhält. Außerdem wird durch diese Opera- tion die Korrelationsbeziehung zwischen den gegenständigen Achseln ausgeschaltet. Es kommt da vor allem auf die genau mediane Spaltung der Stengelteile sowie auf die Gleichförmigkeit der äußeren Beding- 12 j R. Dostäl, ungen an, welche durch die Kultur in unmittelbarer Nähe und in dem- selben Medium sehr wohl erfüllt ist. Unter Anwendung dieser Vor- sichtsmaßregeln erhält man mittels dieser Methode folgende Resultate. Die Knospen, die an den mit intakten Blättern versehenen Hälften auswachsen, verhalten sich je nach der Höhe an der Pflanze ungleich, wie im vorhergehenden beschrieben (Fig. 1—-4, a). Die basalen sind ab- wärts gekrümmt, die höheren horizontal, die folgenden krümmen sieh mit ihrem Ende aufwärts, die apikalen endlich schließen in ihrem ganzen Verlaufe einen kleineren oder größeren Winkel mit der Horizontalen. Diejenigen Knospen aber, die an den der Stützblätter beraubten Hälften auswachsen, sind in ihrer ganzen Länge nach oben gekrümmt (Fig. 1 bis 4, 3). Niemals konnte ich an diesen der Stützblätter entbehrenden Knospen die Neigung, sich nach unten zu biegen, beobachten, ja sie sind nicht einmal ganz horizontal orientiert, nar in sehr vereinzelten Fällen ist ihre proximale Partie annähernd horizontal, das distale Ende steigt aber deutlich über die Horizontale aufwärts. Höhere, ohne Blätter kultivierte Knospen schließen mit der Horizontalen Winkel, die mit zunehmender Höhe an der Pflanze wachsen. Man sieht also, daß sich dieselbe Knospe, die in Verbindung mit dem Stützblatte nach unten oder horizontal wächst, dem Einfluß des Laubblattes entzogen, zu einem aufrechten Trieb entwickelt. Auch an den apikalen Hälften sind die Winkel der stützblattlosen Knospen weit größer als bei den mit den Stützblättern versehenen. Wie die Richtung, so unterliegt auch die Gestalt des Triebes dem Einfluß des Blattes. Die Entwicklung der Knospe ist durch die Ampu- tation des Stützblattes bedeutend verzögert, wenn nicht überhaupt beschränkt. Die isolierte Knospe entwickelt nämlich eine kleinere Zahl von Internodien und Blättern, gleichgültig, ob es sich um die basale oder apikale Partie der Mutterpflanze handelt. Die Internodien solcher Triebe, die aus den der Stützblätter beraubten Hälften auswachsen, sind immer kürzer, weit schwächer, grün gefärbt, wogegen die Inter- nodien an den mit den Stützblättern verbundenen Trieben weit länger, dieker und rot oder rotbraun gefärbt sind. Anders aber verhalten sich die Blätter der Triebe. Nach der Amputation der Stützblätter entfeltet sich zwar eine geringere Anzahl von Blattpaaren (nämlich 1—2, höchstens 3 Paare), dabei aber sind die Spreiten der ersten (die folgenden scheinen ihre Entwicklung nicht zu vollenden) Blattpaare weit größer als die entsprechenden Blattflächen des in Verbindung mit dem Stützblatt ausgewachsenen Triebes, ein Unterschied, der besonders an den aus der Basis und der Mitte der Mutterpflanze stammenden Blatt- Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 13 paaren am klarsten hervortritt, wogegen er an der Spitze zuweilen, aber nicht immer verwischt oder sogar umgekehrt wird. Wie die Größe, so variiert auch die Zahl der an den isolierten Knospen entfalteten Biattflächen je nach der Höhe, wo sie dem mütterlichen Stengel ent- - nommen sind. An den basalen entfalten sich 2—8 Blattpaare, an der Spitze aber bloß ein Blattpaar, das andere Blattpaar bildet da eine un- entfaltetb Knospe. Die Blätter der stützblattlosen Knospen unterscheiden sich von den anderen durch die äußere Form, die Beschaffenheit der Spreiten und andere Merkmale. Besonders bei den basalen Paaren sieht man klar, daß bei den stützblattlosen Trieben, wenigstens an den ersten Blättern, die Breite der Spreite ihre Länge übertrifft, wogegen bei den unter dem Einflusse der Stützblätter ausgewachsenen Blättern das Verhältnis umgekehrt ist oder die beiden Dimensionen gleich sind. Die Spreiten der isolierten Triebesind auffallend dünn, weich, matt, gänzlich flach ausgebreitet oder nur ganz schwach bogenför- mig in der Riehtung des Haupt- nerven gekrümmt. Beidenin Ver- bindung mit den Stützblättern ausgewachsenen Trieben sind sie aber fast lederartig dick, intensiv glänzend, runzelig, sehr un- Fig. 8, regelmäßig gefaltet; besonders . die Spitze und die Ränder sind stark ab- und seitwärts gebogen. Gegenüber diesen dieken Spreiten, die oben satt- bis bläulichgrün, an den Rändern rötlich, unten rötlichbraun oder besonders an den größeren Nerven intensiv rot gefärbt sind, zeichnen sich die Spreiten der „isolierten“ Knospen oben wie unten durch hellgrüne, bis ins Gelbliche gehende Farbe aus. Die Orientation der beiden verschiedenen Spreiten ist ebenfalls grundverschieden. An den stützblattlosen Trieben sind die Spreiten durchaus transversal heliotropisch und darum alle horizontral ausgebreitet, weil das Licht fast von oben einfällt, dagegen orientieren sich die Blätter der mit den Stützblättern versehenen Triebe gegen das Licht nicht, sondern nur gegen die Achse des Triebes, mit welcher ihre Flächen verschiedene Winkel ohne Beziehung zur Richtung des einfallenden Lichtes bilden. Es entsprechen also diese Blätter eher den Gebilden, die normalerweise an den Ausläufern unter dem Einfluß des 14 R. Dostsl, Lichtes anstatt der Schuppen entstehen, als den gewöhnlichen Blättern der Laubsprosse, an welche sich wiederjene an den stützblattlosen Trieben entstehenden Blätter in allen Punkten sehr eng anschließen. Das für die median halbierten Blattpaare eben Beschriebene läßt sich auch durch die anderen oben erwähnten Operationen feststellen, bei denen aber die“ vollkommene Gleichheit der zu vergleichenden Knospen nicht vorliegt. Vor allem kann man zwei Pflanzen aussuchen, die möglichst gleich sind; bei der einen werden die Blattpaare bloß isoliert, bei der anderen werden auch noch an den isolierten Paaren sämtliche Blätter abgeschnitten. Die ersteren, isolierten Blattpaare reproduzieren wieder jene morphotisch sehr abweichenden Achseltriebe, welche für die verschiedenen Regionen des Stengels beschrieben wurden. Fig. 9. Demgegenüber wachsen an den der Blätter beraubten Knoten der anderen Pflanze durchgehends über die Horizontale aufsteigende Triebe aus. Der Winkel, den sie mit der Horizontalen schließen, ist bei den der basalen Region der Pflanze entnommenen Trieben klein, oft nicht größer als 10—15°% nimmt aber ganz regelmäßig gegen den Gipfel der Pflanze hin zu, wo er viel höhere Werte erreicht als bei den in Verbindung mit den Stützblättern auswachsenden, aufblühenden Trieben der Vergleichspflanze. Dabei erhalten die stützblattlosen Triebe die Gestalt von hellgrünen Laubsprossen, die dünne, sehr mäßig lange Internodien und relativ umfangreiche, flache, grüne, weiche Blätter tragen. Die Anzahl dieser Blätter nimmt mit zunehmender Höhe, wo sie aus der Mutterpflanze entuominen werden, ab: an den basalen Zur experimentellen Morphogenesis bei Circasa usw. 15 Achseltrieben entfalten sich meist drei Blattpaare, an den mittleren zwei, an den apikalen gewöhnlich bloß ein einziges Blattpaar. Weiters kann man sich sehr wohl annähernd über die Bedeutung des Stützblattes für die Gestaltung des Axillartriebes noch an einer einzigen Pflanze durch Isolierung der Blattpaare und durch abwechselndes Amputieren und Belassen der Blätter belehren (Fig. 5—9). Die Be- deutung der Blätter tritt da an den einzelnen Reprodukten sehr klar hervor, wenn man sie mit den angrenzenden Paaren vergleicht, wobei noch der Umstand zu erwägen ist, daß die Basis der Mutterpflanze zur Bildung von Ausläufern, die Spitze aber zur Bildung von Blüten sehr stark neigt. Z. B. ein der Blätter beraubtes Blattpaar produziert Sprosse, die die Form der wahren Laubsprosse zeigen und auch viel steiler auswachsen als die Nachbarsprosse, die sich in Verbindung mit den Blättern zu Ausläufern oder Blütensprossen entwickeln. Aus allen Versuchen geht also her- vor, daß die in Verbindung mit dem Stützblatte auswachsenden Knospen ent- weder zu Ausläufern werden oder Blüten- sprosse produzieren, je nachdem sie der Basis oder der Spitze der Mutterpflanze angehörten. Die mittleren Blattpaare bilden einen Übergang zwischen jenen entgegengesetzten Pflanzen gestalten, was sich morphotisch sehr klar äußert, Die Knospen aber, deren Stützblätter abge- schnitten worden sind, entwickeln sich zu echten Laubsprossen, die alle Merkmale tragen, welche mit der ergiebigen Assimilationstätigkeit verbunden sind. Obwohl die Knospen der apikalen Blattpaare vor der Operation Blütenanlagen besaßen, entfalteten sich diese dennoch nieht merklich, sondern gingen bald als winzige, vertrocknete Rudimente ein. Zur Blüte gelangten diese stützblattlosen Triebe unter den Versuchs bedingungen nie, obwohl die gleichen Knospen in Verbindung mit den Stützblättern normale Blüten produzierten. Dagegen schreiten diese kleinen Laubsprosse nach Erlangung hinreichender Entwicklungshöhe, allerdings erst nach bedeutend langer Zeit, zur Bildung echter Ausläufer (Fig. 10), welche zuerst an den basalen isolierten Trieben eintritt und dann allmählich auch bei den höheren und schließlich bei den apikalen wahrzunehmen ist, Dabei bildet sich entweder die Gipfelkuospe des Triebes zu einem nach unten Fig. 10. 16 R. Dostsl, wachsenden Ausläufer um, was besonders bei den basalen vorkommt oder es entwickeln sich aus den Seitenknospen des Triebes mehrere Stolone, die sich bogenförmig abwärts krümmen, welch letzterer Fall wieder dann in der Regel eintritt, wenn die Terminalknospe eine rudi- mentäre eingetrocknete Infloreszenz darstellt (also bei den apikalen Trieben). Allerdings muß die Menge des dureh die Laubtriebe er- zeugten Reservematerials nur unbedeutend sein, was daraus zu schließen ist, daß die Ausläufer, obwohl sie einen gewissen Entwicklungsgrad erreichen, keine terminale knollenförmige Verdickung auszubilden ver- mögen, sondern in ihrer ganzen Länge gleichzeitig mit den übrigen Teilen des Laubtriebes absterben. So äußert sich auch in dem Ver- halten der Ausläufer der Einfluß der Amputation des Stützblattes, denn wir haben gesehen, daß die an den in Verbindung mit den Stützblättern reproduzierten Trieben ausgewachsenen Ausläufer Knöllehen sehr leicht gebildet haben. Die Amputation des Stätzblattes kann man aber mit demselben Erfolge für die Gestaltung des Axillartriebes durch seine Inaktivierung ersetzen. Wie ich bei Gelegenheit der Versuche über die Korrelation zwischen dem Blatt und seiner Achselknospe gezeigt habe (1909), han- delt es sich da vorwiegend, wenn nicht ausschließlich um die Assimi- lationstätigkeit des Blattes, wogegen die anderen Funktionen, wie die Transpiration, weit zurücktreten. Die Sistierung der photosynthetischen Assimilation wurde durch Umhüllung des betreffenden Blattes mit schwarzem Seidenpapier bewerkstelligt, das zwar wegen seiner geringen Dieke die Assimilation nicht gänzlich sistiert, dennoch aber sehr stark herabgesetzt hat, und dies reichte schon hin, um an den Axillartrieben dieselben morphotischen Reaktionen hervorzurufen, wie sie im vop- gehenden als Folgen der Amputation geschildert wurden. Die Pflanzen wurden wieder in die einzelnen Blattpaare zerteilt, die durch einen genau medianen Längsschnitt in zwei gleiche‘ Hälf- ten halbiert wurden. Die Spreite und ein Teil des Blattstieles der einen Hälfte jedes Stockwerkes wurde mit einem Beutel aus schwarzem Seidenpapier umgeben, das andere Blatt frei belassen. Die mit nicht eingehüllten Blättern versehenen Hälften produzieren Triebe von oben besehriebener, der Region an der Mutterpflanze entsprechender Beschaf- fenheit. Demgegenüber entstehen an jenen Hälften, bei denen die Assimilationstätigkeit der Blätter fast unterbrochen wurde, Triebe, die wieder sämtlich aufwärts wachsen, indem sie mit der Horizontalen Winkel bilden, welche sich mit zunehmender Höhe an der Mutter / pflanze vergrößern. Ihre Internodien sind gegenüber Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 17 den frei assimilierenden Hälften kürzer, dennoch aber, länger als wenn das Stützblatt abgeschnitten wird. Sie sind aber ebenfalls grün und schwach. Die entfalteten, verkältnismäßig großen Spreiten sind gleich- falls hellgrün, dünn, von glatter Oberfläche und flach dem Lichte zu ausgebreitet. Die schwache Assimilation des verdunkelten Stützblattes hat also gegenüber einer gänzlichen Inaktivierung desselben (Ampu- tation) eine gewisse Verlängerung der Internodien zur Folge; doch ist dieser Unterschied bloß an der Basis der Pflanze bemerkbar, wogegen die mittleren und noch höheren isolierten Knoten kürzere Internodien produzieren. Die Blattflächen sind aber an allen Trieben viel größer als die an den mit freien Stützblättern ausgewachsenen Trieben. Da- bei sind sie wiederum lebhaft grün gefärbt, flach, dem Lichte entgegen transversal orientiert. Durch die starke Herabsetzung der Assimila- tionstätigkeit des Stützblattes wird also verursacht, daß sämtliche Triebe den Charakter laubsproßartiger Triebe annehmen. Bei diesen Verdunkelungsversuchen tritt aber noch eine interes- sante Erscheinung zutage. Circaea gehört zu den Pflanzen, deren Blätter äußeren Störungen gegenüber, besonders der Herabsetzung der Lichtintensität oder Veränderung der Transpiration, sehr empfind- lich sind (vgl. z. B. die Versuche von Molisch an ähnlichen weich- blätterigen Pflanzen, 1886). Für unseren Fall ist es besonders von Interesse, daß die Pflanze, die an einen Ort von etwas schwächerer Lichtintensität übersetzt wird, ihre Blätter, besonders die unteren älteren, rasch, in wenigen Tagen, abwirft, so daß nur die jüngsten, klei- nen, am Gipfel des Stengels stehenden Blätter an dem Stocke übrig bleiben, um sich allmählich den neuen Beleuchtungsverhältnissen anzu- passen. Die Unterschiede in der Beleuchtung brauchen nicht groß zu sein, um das schnelle Abgliedern und Abfallen der Blätter hervorzu- rufen. Ich habe diese Vorgänge bereits nach Übertragen der Pflanzen aus einem nach Süden gelegenen Fenster in ein nach Norden gelegenes beobachtet. Es ist ferner begreiflich, daß die Spreiten und die distalen Teile der Blattstiele, die mit den erwähnten Beuteln umhüllt waren, plötzlich in ein Licht von weit niedrigerer Intensität gelangen, als welche sonst zum Absterben der Blätter genügt. Die verdunkelten Blätter sind aber dennoch nieht von den Stengelteilen abgefallen, son- dern haben sich während der ganzen Dauer des Versuches, d. h. wäh- rend 38 Tage lang, ganz frisch und gesund erhalten, und zwar auch die basalen, die beim Versuchsbeginn durch einen gelbliehen Farben- ton ihr baldiges Absterben verrieten. Demgegenüber haben sich nach dem Verdunkeln alle Spreiten lebhaft bis dunkelgrün gefärbt, bei den Fiora, Bd. 108, 18 R. Dostäl, basalen Blättern sicher durch nachträgliche Wiedererzeugung des Chloro- phylis. Die Blattstiele sind ebenfalls in ihrer ganzen Länge bis zur Ansatzstelle an den Stengel lebhaft grün; sie sitzen dem Nodus sehr fest an, so daß sie nicht glatt abgerissen werden können. Die Blätter aber, die, frei von Beuteln, völlig assimilierten, entbehren dieser Kom- pensationsmerkmale. Die den basalen Paaren angehörigen setzen ihre Vergilbung fort und gliedern sich sehr bald ab, um 5—15 Tage nach dem Versuchsbeginn abzufallen, ohne sich überhaupt merklich zu ver- ändern, Die oberen Blätter, die jünger sind, halten länger aus und bleiben grün. Ihr Blattstiel ist aber blaßgrün oder gänzlich blaß, seine Basis oft rötlich; also ist keine Spur von: einer Chlorophylikom- pensation vorhanden wie bei den umhüllten Blättern. Man sieht also deutlich, daß durch Herabsetzung der Assimilation des Blattes in Verbindung mit seiner axillaren Sproßanlage das Leben desselben sehr auffällig verlängert wird, denn die Blätter würden an der intskten Pflanze schon lange abgefallen sein. Dieser Effekt kann bloß der korrelativen Wirkung der sich entfaltenden Achselknospe zu- geschrieben werden. Der Versuch wurde leider nach 38 Tagen unter- brochen, das frische Aussehen sämtlicher verdäunkelter Blätter versprach aber noch einen längeren Bestand derselben, wahrscheinlich bis zur Zeit, wo sich unter ihrer Mitwirkung an den Axillartrieben echte Ausläufer gebildet hätten. Es ist nicht ohne Interesse, die an Cireaea beschriebenen Ver- hältnisse mit den an Scrophularia und Sedum vorkommenden zu vergleichen. . Während Circaea am Ende ihrer Vegetationsperiode das Reservematerial in den distalen Teilen langer, weitverbreiteter Aus- läufer konzentriert, bildet Serophularia zur Aufspeicherung des Reservematerials sehr kurze, dicke, knollenartige Gebilde aus, auf deren Oberfläche besonders deren Spitze kleine schuppenförmige Blätter auf- treten. Dieser Umstand ist auch wichtig für die Beurteilung des Ver- haltens der basalen Paare gegenüber jenem bei Circaea. Wie erwähnt, wachsen nach der Isolation der Paare die Knospen der basalen Paare zu kurzen, an der Basis knollenförmig verdickten Trieben aus, die mit kleinen, runzeligen, an der Spitze der Knolle zu einem Schopf zu- sammengedrängten Blättern versehen sind. Die der Mitte entnommenen Paare produzieren Triebe, deren Achse zwar ziemlich dick, aber länglich und nicht knollenförmig ist, deren Blätter bereits größere, ‚entfaltete Spreiten besitzen. Die apikalen bringen endlich Triebe mit recht ver- längerter Achse hervor, die in einen wohlentwickelten Blütenstand übergeht. Zur experimentellen Morphogenesis hei Cirenea usw. 19 Nach der Amputation der Stützblätter wachsen aber die Knospen sämtlich zu ausgesprochenen Laubsprossen aus, die mit dünnen, grünen Internodien und überall vollkommen ausgebreiteten, großen, dünnen, hellgrünen Spreiten versehen sind. Im einzelnen äußern sich je nach der Region an der Mutterpflanze die Unterschiede zwischen den mit den Stätzblättern und ohne diese entwickelten Trieben (nach medianer Spaltung (der isolierten Blattpaare) in folgender Weise. In der basalen Region (die je nach dem Stadium der Pflanze zu einer verschiedenen Höhe reichen kann), wo an den mit den Stützblättern ausgewachsenen Trieben die untere Partie knollenförmig angeschwollen ist und die Ent- wicklung der Assimilationsflächen an kleine, runzelige, rötliche, wenig entfaltete, meistens an der Spitze der Knolle zusammengelegte Blätter reduziert ist, sind die ohne Verbindung mit den Stützblättern ent- wickelten Triebe weit länger und mit hellgrünen, längeren und nie knollenförmig angeschwollenen Internodien und weit größeren (mit Ausnahme des ersten Paares des Triebes, dessen Spreiten an den untersten operierten Blattpaaren gleich oder kleiner als an den meisten mit den Stätzblättern versehenen Hälften zu sein pflegen), vollkommen ent- falteten, von der Achse im Winkel von 90° abstehenden Spreiten ver- sehen. Die Anzahl der an den stützblattlosen Trieben entwickelten Blätter übertrifft in dieser Region immer bedeutend diejenige der an den mit den Stützblättern auswachsenden Trieben sichtbaren. In der Mitte der Mutterpflanze verlaufen die Verhältnisse nicht mehr so regel- mäßig. Die knollenförmige Ausbildung des Triebes ist nicht so aus- geprägt, nur ist der Trieb dieker, wenn er mit dem Stützblatt in Ver- bindung steht; in diesem Falle ist er auch länger, weil seine Inter- nodien durchaus länger sind. Aber die Blätter sind nach der Ampu- tation des Stützblattes entweder sämtlich weniger umfangreich oder, und dies kommt am meisten vor, es sin die unteren Paare (meist nur das erste) kleiner, die folgenden jedoch größer als an den mit den Stützblättern ausgewachsenen Trieben. In der äußeren Beschaffenheit unterscheiden sie sich auch bei dieser Pflanze in allen Regionen sehr wesentlich. Die an den stützblaitlosen Trieben befindlichen Blätter sind dünner, weicher, hell- bis gelblichgrün, mit glatter Oberfläche, im Winkel von 90° von der Achse abstehend, dagegen sind die anderen Blätter diek, dunkelgrün, runzelig, weit kleinere Winkel mit der Achse bildend (70°--30%. Endlich kommen die der Spitze der Mutterpflanze entnommenen Hälften in Verbindung mit den Stützblättern zur Bildung wohlentwickelter Infloreszenzen mit normalen Blüten und großen Kapseln, wozu die vorhergehenden Paarhältten den Übergang bilden, indem sie 2* 20 R. Dostäl, ihre kleineren oder größeren Blütenknospen, die sie unter denselben Bedingungen nicht fortzubilden vermögen, stehen lassen. Die ohne Stütz- blätter auswachsenden Triebe kommen aber nicht zu Blüte, sondern ihre Blütenentwicklung schließt mit der Bildung kleiner, grüner Knospen, aber auch ihre vegetative Entwicklung ist gegenüber derjenigen der basalen, in derselben Weise behandelten Knospen sehr beschränkt. Die Anzahl der Blätter ist nicht größer als die an den das Stützblatt tragenden entgegengesetzten Hälften, wogegen sie in der basalen Region der Mutterpflanze immer größer ist. Die zarte Konsistenz der ohne Verbindung mit den Stützblättern ausgewachsenen Triebe widerstand ungünstigen Witterungsverhältnissen (Regen) nicht, vor denen ich sie nicht genügend schützen konnte, so daß sie schließlich zugrunde gingen, ohne, wie Circaea, Überwinterungsorgane anlegen zu können. Vergleicht man schließlich die Reprodukte der das Stützblatt tragenden und stützblattlosen Hälften bei Sedum, so bemerkt man folgende Unterschiede. Die stützblattlosen Knospen entwickeln sich sämtlich zu kleinen, mehr oder minder entfalteten Rosetten, dagegen kommen die Blüten nie zur Entfaltung, sondern ihre bei den höchsten Knoten bereits vor der Operation vorhandenen Anlagen gehen zugrunde. Die Zahl der entfalteten Blätter übertrifft jene der in Verbindung mit dem Stützblatt wachsenden Knospen, wenn die Hälften aus der Basis der Mutterpflanze stammen, was für die Mitte und Spitze nicht vor- liegt. Was die Größe der beiden verschiedenen Biätter anbetrifft, so sind die Blätter, die sich an den der basalen Region der Mutier- pflanze eninommenen Hälften obne Stützblätter entfalten, kleiner, besonders die proximalen Blattpaare, was für die distalen nicht silt; an den der mittleren Partie entnommenen Hälften sind die proximalen Blätter ebenfalls kleiner, die distalen dagegen größer; an den aus der Spitze stammenden Paarhälften sind sie schließlich alle größer als jene, welche sich an den in Verbindung mit dem Stützblatte auswachsenden Trieben entwickeln. Bei keiner von den drei untersuchten Pflanzenarten kamen also nach der Amputation des Stützblaties die „isolierten* Knospen zur Blüte, sondern überall waren Kompensationserscheinungen zu bemerken, die zu einer bedeutenderen Entwicklung vegetativer Teile, besonders der Laubblätter, geführt haben. Wenn man aber nicht das ganze Blatt, sondern nur die Hälfte desselben amputiert und die Paarhälften mit dem ganzen Stützblatte mit jenen, die bloß die Hälfte des ursprünglichen Stützblattes besitzen, vergleicht, so erhält man andere Resultate. Die Amputation der Blatt- ER Neem Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 21 hälfte erfolgte bei Scrophularia und Sedum durch einen senkrecht zum Hauptnerven göführten Querschnitt der Spreite. Bei diesen beiden Pflanzen stimmen die Resultate überein. Gegenüber den mit den ganzen Stützblättern ausgewachsenen Trieben sind die nur mit halben Stätzblättern entwickelten Triebe immer kürzer, weil ihre Internodien nie dieselbe Länge erreichen. Die Blätter der letzteren sind in allen Fällen kleiner, man sieht an ihnen keine Spur von einer auffälligeren Kompensation. Der durch die Amputation der Blatthälfte herbeigeführten Reduktion der vegetativen Teile entspricht auch die verzögerte und herabgesetzte Blütenbildung. Als Beispiel führe ich ein an einem mit kleinen Blütenknospen versehenen Exemplar von Sedum ausge- führtes Experiment an, welches vom 12. Juli bis zum 15. September dauerte. In der folgenden Tabelle II werden die Ergebnisse desselben samt den Dimensionen der Stützblätter der einzelnen Stockwerke an- geführt. Tabelle TIL Blattpaar 1 2 3 4 5 6 18 9 10 Dimen- sionen des Stütz- blattes Angabe,ob das Blatt halbiert wurde oder nicht 67>2877><34|71><34163>34|57><35552>34|49>x2847>x23/39%x21|35%< 18 EHRE RER AE SEA Länge des Triebes in mm 21,27] 19 12|5,6|24) 7 |85) 1110324] 42127:42|20|35 123 |33]24|31 i I. { 1 a |“ [12 5 jalaan|ıHjaniımiar| nen] s|ız| 9 n| 6 o|» i Zahl der Blüten Wie man sieht, wird die Anzahl der Blüten durch die Amputation der einen Hälfte des Blattes in den Stockwerken 3-—-10 bedeutend herabgesetzt. Überhaupt reagiert, was die Anzahl der sich entfaltenden Blüten betrifft, diese Pflanze sehr fein auf den Grad der der Blüten- bildung günstigen Bedingungen. Auch der Vergleich der der basalen Region entnommenen Blatthälften 1—8 ist sehr interessant. Die Rosetten- bildung wird bei den mit dem ganzen Blatte auswachsenden Knospen auf das erste Stockwerk beschränkt, dagegen entfaltet die nächste, mit dem ganzen Blatte versehene Paarhälfte vollkommene und zahlreiche 22 R. Dostäl, Blüten. Durch die Amputation der Hälfte der Spreite wird aber auch in diesem zweiten Stockwerke noch die Blütenbildung vollständig unter- drückt, es entsteht also eine Rosette, die keine Anzeichen trägt, noch heuer aufzublüken. Erst im dritten Stockwerke entstehen an der nur mit dem halben Stützblatte versehenen Paarhälfte fünf Blütenknospen, die sich jedoch bis zum 15. September noch nicht geöffnet haben, von denen ferner vier sehr klein und vielleicht nicht entwicklungsfähig sind. IV. Die Wirkungssphäre des Laubblattes. Die beschriebene Bedeutung des Laubblattes für die Entwicklung der Knospe bezieht sich nicht bloß auf seine Achselknospe, sondern in gleicher Weise auch auf andere Knospen, die mit ihm in Verbindung stehen. Sehr einfach tritt diese Tatsache wieder bei der Isolation ein- zelner Blattpaare hervor, bei denen das eine von den Blättern amputiert, das andere belassen wird. Wie ich früher (1909) gezeigt habe, wächst die in der Achsel des amputierten Blattes gelegene Knospe viel stärker als die entgegengesetzte, deren Entwicklung durch die korrelative Wirkung des Stützblattes bedeutend gehemmt wird. Der in der Achsel des abgeschnittenen Blattes auswachsende Trieb nimmt dieselbe Form und Richtung an, wie sie für die Entwicklung der Knospe unter dem Einflusse des Stützblattes beschrieben wurde: an der Basis ist er aus- Jäuferartig, an der Spitze bildet er einen wohlentwickelten Blütenstand aus, in der Mitte der Mutterpflanze sind an den isolierten Paaren die- selben Übergänge vorhanden. Ich konnte bis heute keine qualitativen Differenzen bemerken zwischen der Gestaltung dieser hemmungslos auswachsenden Triebe und jener für die Achselknospen beschriebenen, wie man sich sehr annähernd überzeugen kann, wenn man von isolierten Blattpaaren derselben Pflanze abwechselnd bei dem einen ein Blatt amputiert, bei dem anderen beide Blätter stehen läßt usf. Deshalb weichen diese Triebe sehr weit von der Form der ganz ohne Ver- bindung mit Laubblättern auswachsenden Knospen ab, wie man sich in ähnlicher Weise an einer Pflanze belehren kann. Aus diesem Vergleich geht hervor, daß die in der Achsel des amputierten Laubblattes gelegene Knospe zwar viel intensiver aus- wächst, weil sie nicht durch das Stützblatt (eigentlich durch die — wie ich annehme — von ihm gebildeten, die Knospenentwicklung regu- lierenden, spezifischen Stoffe) gehemmt wird, aber dennoch das entr gegengesetzte Blatt, mit welchem sie durch die Stengelieile in Ver- bindung steht, auf ihre Form und Richtung einwirkt, so daß sie von der Form der ganz selbständig auswachsenden Knospe durchaus ver- Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 23 schieden ist. Der gestaltende Einfluß des Blattes verbreitet sich dem- nach mit großer Leichtigkeit auf alle Knospen, mit denen es durch intakte Stengelteile in Verbindung steht. Weiter brauchen wir diese Tatsache nicht zu verfolgen, weil bei Anwendung größerer Entfernungen der beiden Organe die Erscheinung durch andere Umstände (besonders durch die Polarität) getrübt werden kann. V. Versuche an der Partie II und I der Circaea-Stöcke. Basale Nodi, deren Blätter bereits früher abgefallen sind. — Die im vorhergehenden beschriebenen Tatsachen beziehen sich ausschließlich auf jene Partie der Pflanzen, die noch Blätter trägt, d. h. bei Scrophularia auf den ganzen oberirdischen Sproß, bei Circaea auf den Teil, den wir eingangs als Partie III angeführt haben. Unterhalb dieses Teiles befinden sich an dem oberirdischen Sproß von Circaea noch einige Knoten (1-8), deren Blätter ver dem Versuche bereits abgefallen waren (Partie II). Die an dieser blatt- losen Partie des oberirdischen Sprosses ausgeführten Versuche werden daher gesondert geschildert, weil durch die Abwesenheit der Stützblätter kein Vergleich gestattet ist über den Einfluß des Blattes, was im vor- hergehenden überall möglich war, und ferner besonders aus dem Grunde, weil man die an diesen isolierten Knoten auftretenden Erscheinungen nicht einmal mit denen an den der Stützblätter beraubten Paaren der oberen Partie (III) des Sprosses vergleichen kann. Aus den meisten Serien hat sich nämlich herausgestellt, daß zwischen beiden letzteren kein allmählicher Übergang in der Gestaltung obwaltet, wie es zwischen den einzelnen Knoten der Partie III der Fall war. Am Material, das ich zu meinen Versuchen gewählt habe, waren die Knospen dieser Partie II ebenfalls nor von geringer Größe, was auch bei den höheren beblätterten Knoten der Fall war. Diese geringe Größe der Knospen nach dem Abfallen der Stützblätter läßt sich durch den die Ausläuferbildung sehr stark hemmenden Einfluß des Lichtes, der bei ungestörter Entwicklung der verdunkelten unterirdischen Aus- läufer die Entstehung der oberirdischen völlig zu verhindern vermag, erklären. Isoliert man diese stützblattlosen Knoten in derselben Weise wie die höheren, so produzieren sie Triebe von ausläuferartiger Beschaffen- heit, die desto mehr ausgesprochen ist, je näher der Knoten der Erde stand. Sie sind nämlich durchaus alle nach unten geneigt oder zuerst horizontal, dann mit dem distalen Ende abwärts gekrümmt. Die Inter- nodien sind sämtlich lang (nur das erste ist öfters kürzer), die Blätter 24 5 R. Dostal, lassen aber doch recht deutliche Zeichen der Abwesenheit des Stütz- blattes wahrnehmen, welche nur an den untersten Trieben verwischt werden. Die Spreiten sind nämlich dünn, flach ausgebreitet, dem Lichte entgegen transversal orientiert. Die Blattflächen sind weit größer als bei den folgenden, der Partie III angehörigen Paaren, die in Verbindung mit den Stützblättern sich reproduziert haben. Die proximalen Inter- nodien dieser ausläuferartigen Triebe sind grünlichbraun, das distale Ende bohrt sich in den Sand ein, wo es noch längere, weiße Inter- nodien und viel kleinere blasse Schuppen bildet und mit einer kleinen rötlichen Terminalknospe beschließt. Über die Ausdehnung dieses echt ausläuferartigen Teiles des Triebes entscheidet die Region, aus der der reproduzierende Knoten stammt. Die untersten Knoten produzieren abwärts gebogene, lange, mit kleinen bis schuppenartigen Blättern ver- sehene Triebe. Von Blütenbildung läßt sich in dieser Partie nicht die mindeste Spur wahrnehmen. Besonders an den isolierten Knoten dieser blattlosen Partie TI tritt der gestaltende Einfluß der Korrelation zwischen den beiden ent- gegengesetzten Achseln deutlich hervor. Die Knospe der einen Seite wird dadurch oft zum Laubsproß, bleibt also kurz und wächst nach oben; die der entgegengesetzten Achsel wächst wie ein Ausläufer hori- zontal oder nach unten aus und erreicht eine weit größere Länge. Es ist daher notwendig, auch diese blattlosen Knoten durch mediane Längs- schnitte zu halbieren, um die Korrelation auszuschalten. Erst dann er- hält man die eben angeführten Resultate. Unterirdische Knoten, die Ausläufer gebildet haben. — Am unterirdischen Teil des Circaea-Stengels (Partie I) waren, was dieses Stadium mit sich bringt, längere oder kürzere Ausläufer ent- wickelt, die allerdings bisher der terminalen Anschwellung entbehrten. Bisweilen sind die Knoten dieser Partie, besonders der untersten, eng zusammengedrängt, meistens sind sie aber durch längere Internodien von- einander geschieden, so daß man sie leicht, analog den oberirdischen Knoten, isoliert kultivieren kann, und zwar die Ausläufer selbst auf feuchtem Bande in feuchter Luft, das untere Internodialstück in den Sand ge- steckt. (Im Wasser lassen sich diese so weit ausgewachsenen Stolonen nicht mehr gesund erhalten, sie sterben nach einem so raschen Wechsel des Mediums bald ab und es entstehen neue, meist seriale Ausläufer, die sich erst dem neuen Medium anpassen.) In der Nähe der Knoten, seltener im weiteren Verlaufe des Internodiums, sind Wurzeln entwickelt, die man samt dem untereren Internodium in feuchten Sand einlegen kann. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 25 Die Stolonen setzen ihr Wachstum fort, ohne ihre Gestalt und Richtung in anffallender Weise zu verändern. Die einzige bemerkbare Veränderung besteht darin, daß die distalen Partien, nämlich die jüngsten Internodien und die distalen Schuppen, schwach ergrünen. In keinem Falle aber wendet sich der Ausläufer nach oben, nie bildet er größere, grüne, gestielte Blätter, dagegen schwillt sein Ende nach einer gewissen Zeit zu einem Knöllchen an. Auch auf eine andere Weise habe ich mich von der wenigstens für dieses Stadium geltenden Unfähigkeit der Ausläufer, sich in einen Laubsproß zu verwandeln, überzeugt. Aus Stolonen, die ich mir an in Wasserkulturen gezogenen Pflanzen verschafft habe, wählte ich solche aus, die am Knoten in unmittelbarer Nähe ihrer Insertion eine starke, reich verzweigte Wurzel besaßen. Der Ausläufer wurde samt der Wurzel, mit der er durch ein kleines Stück des mütterlichen Stengels verbunden blieb, abgeschnitten und in einem feuchten, hellen Raum kultiviert, indem die Wurzel in Quellwasser gesteckt wurde. Die Aus- läufer setzten entweder ihr Spitzenwachstum fort oder sie vertrockneten an der Spitze, weil die Feuchtigkeit der umgebenden Luft doch gering war, und dann entstanden aus den Achseln der Schuppen laterale, echte, bräunliche Ausläufer, die beständig fast: senkrecht abwärts wuchsen (also nicht bloß im Winkel von 45°, wie Stahl angibt, 1884) und die Gestalt unterirdischer Ausläufer besaßen. Von einer Umbildung in einen Laubsproß war da keine Spur wahrzunehmen (vgl. auch Goebel, 1908, pag. 102). VI. Einige Versuche an mäßig verzweigten Circaea-Pflanzen. An kräftigen Pflanzen sind seitliche Äste eine gewöhnliche Erschei- nung. Auch mit diesen Exemplaren habe ich einige Versuche in der- selben Art wie die bereits beschriebenen angestellt. Die bedeutendere Entwicklung der Axillargebilde kompliziert jedoch die Verhältnisse, so daß wir dieselbe Gleichartigkeit nicht erwarten können. Amputiert man an isolierten Blattpaaren dieser verzweigten Pflan- zen die Blätter, so wachsen die Äste in derselben Form weiter, weil ihnen die Gesamtheit der bereits ausgebildeten Blattorgane des Triebes das Stützblatt ersetzt. So kommen die apikalen Aste sehr leicht zur Blüte, wobei sie lange normale Infloreszenzen bilden. Die basalen Äste, die bis jetzt die Form der Laubsprosse besaßen, wachsen entweder in derselben Art weiter und biegen sich erst dann mit. ihrer Spitze nach unten, wobei sie in einen Ausläufer übergehen, oder sie wachsen öfters nach oben wie Laubsprosse, dagegen entstehen unter ihrer Insertion 26 R. Dostäl, aus der Achsel desselben amputierten Stützblattes echte Ausläufer mit langen, roten oder weißen Internodien und. kleinen grünlichen oder blassen Schuppenblättern. (Diese serialen Anlagen sind, wie schon Goebel (1880) gezeigt hat, am unteren Teile der Circaea-Pflanzen nicht selten vorhanden, sie kommen aber auch in der apikalen Region vor). Beide Fälle treten nebeneinander ohne Regel auf. Soviel ist dabei aber regelmäßig, daß, wenn ein serialer Ausläufer entsteht, der ursprüngliche axillare Ast als Laubsproß nach oben gekrümmt weiter- wächst, was allerdings durch die Korrelation zwischen den beiden in derselben Achsel vorhandenen Sproßarten bewirkt wird. Ferner sieht man in der Achsel selbst eine Art. von Polarität obwalten, indem die oberste von den serialen Knospen zum Laubsprosse wird, die untere .dem Stützblatt näher liegende zum Ausläufer; nie konnte ich die umgekehrie Folge beobachten. Entwickelt sich dagegen durch korre- lative Einwirkungen, was man allzuleicht veranlassen kann, schon die oberste von den serialen Knospen zu einem stattlichen Ausläufer, so geht auch die untere in denselben über, nicht in einen Laubsproß,. Spezielle Versuche über die Umkehrung dieser normalen Reihenfolge wurden jedoch nicht ausgeführt‘). Etwas deutlicher äußern sieh die Änderungen in der Richtung der Äste. Beim Belassen der Blätter an den isolierten Blattpaaren wurde die ursprüngliche Richtung im wesentlichen beibehalten, nach der Amputation der Stützblätter jedoch und an den isolierten Knoten der blattlosen Basis des oberirdischen Sprosses ging die Richtung des Axillartriebes in eine viel steilere über, so daß die jüngsten Teile und die nach der Operation erfolgten Zuwächse einen viel kleineren Winkel wit der Vertikalen bildeten, als die vor der Operation vorhandenen proximalen Partien. D) Bei üppiger Entwieklung des Stockes sind diese serialen Ausläufer eine gewöhnliche Erscheinung. Manchmal sind aber die unteren serialen Knospen nieht entwickelt oder durch das intensive Wachstum der höheren gehemmt; dann ver- zweigt sich der Ausläufer unter der Zufuhr einer mächtigen Ernährung und zwar so, daß aus seinem proximalen (ersten) Schuppenpaare Ausläuferäste entstehen. Bei sehr reichlicher Ernährung entwickeln sich solche auch noch aus dem zweiten Schuppenpaar, weiter aber pflegt sich diese Verzweigung nicht zu erstrecken, so daß die distalen Achselknospen des Ausläufers immer klein bleiben. Wird dagegen die Terminalknospe des Ausläufers amputiert, dann wird sie durch Äste ersetzt, die aus dem ihr nächststehenden Knoten auswachsen, nie aber durch solche, welche aus den proximalen Schuppenachseln auswachsen. Es stimmt also der Ausläufer von Cirecaea in der Verzweigungs- und Reproduktionsart mit der Wurzel überein. Mn. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circasa usw. 27 VH. Besprechung der Versuche. Die an den isolierten regenerierenden Blättern zutage tretenden Erscheinungen, wie sie besonders von Sachs (1892), Goebel (1898) Kiebs (1906), Winkler (1903/05) beschrieben worden sind, wurden verschieden erklärt. Für meine Zwecke sei nur folgendes angeführt. Im Jahre 1908 erklärt Goebel diese Erseheinung durch eine ungleich- mäßige Verteilung des zur Blütenbildung geeigneten Materials: im oberen Teile der Pflanze ist es angehäuft, im unteren in viel geringerer Menge oder gar nieht vorhanden, daher sind auch die hier ausgebildeten Äste zuerst vegetativ, weil das zur Blütenbildung nötige Material erst ge- bildet oder in der Menge zugeführt werden muß, daß die Blütenbil- dung eintreten kann. Allerdings gelingt derVersuch nur zur richtigen Zeit. Später im Jahre sind die Pflanzen anders beschaffen, indem sie vorzugsweise überwinternde Organe bilden. Mit dieser Ansicht Goebel’s stimmen in den Hauptzügen die früheren Erklärungen des Sachs’schen Phänomens überein, die Klebs (1904 u. 1906) und Fischer (1905) ausgesprochen haben. Die in der Blütenregion befind- lichen Blätter besitzen nach Klebs jene, nämlich die höhere Konzen- tration der Nährsubstanzen, die für die Blütenbildung auch auf dem Haupt- sprosse entscheidend ist. Nach dem Abschneiden kommen also die regenerierten Triebe leicht zur Blüte. Fischer meint, daß die Blätter der blühreifen Pflanzen oder die der Blütenregion angehörenden Blätter reicher an Baustoffen sind, besonders an Kohlenhydraten, als die der jungen Pflanzen (oder die der Basis der Pflanze angehörenden). Um mich über diese Tatsachen zu orientieren, habe ich Versuche ausgeführt, die in den folgenden Jahren an geeigneten Objekten fort- gesetzt, werden sollen. Meine bisherigen Versuche beziehen sich nicht auf die an isolierten Blättern neugebildeten Triebe, sondern auf die Axillarknospen, die bereits in Verbindung mit der ganzen Pflanze an- gelegt worden sind. Sie sind also bis zu einem gewissen Grade deter- miniert, wobei allerdings ihre Entwicklung den an dem betreffenden Ort vorhandenen Bedingungen entspricht. Die entscheidenden Beding- ungen sind im ganzen Verlaufe des Stengels recht verschieden, anders an der Spitze, anders an der Basis usw., sie bestimmen die verschiedene Beschaffenheit einzelner aufeinander folgender Organe, der Internodien, Blätter und Achseiknospen. Vor allem stellt man sich vor, daß die basalen Teile durch ihre Tätigkeit die Bedingungen für die Entstehung und die Natur der apikalen schaffen. Aber auch die Korrelationsbe- ziehungen, besonders diejenigen, welche sich in der Polarität einzelner 28 R. Dostäl, Bedingungen äußern, spielen dabei eine wichtige Rolle. Nach der Isolierung einzelner Blattpaare werden diese polaren Korrelatiousbe- ziehungen unterbrochen, so daß die an den auswachsenden Achselknospen eintretenden Gestaltungen als Folgen der bei der Operation und während des Versuches im isolierten Blattpaar vorhandenen Bedingungen anzu- sehen sind. Besonders in dem Falle ist dieser Schluß berechtigt, wenn die Knospen vor dem Versuche ganz klein waren und wenn man bloß ein einziges Blatt, mit seiner Achselknospe in Verbindung läßt, wo also nicht die beiden entgegengesetzten Achseln verbunden sind, wobei zwischen den beiden Knospen Korrelationsbeziehungen entstehen, die zu diverser Gestaltung derselben führen können‘). Vorausgesetzt, daß die Knospen am ‘Anfang des Experiments klein sind, so gibt es in den Ergebnissen meiner Versuchsanstellung und derjenigen der erwähnten Autoren eine große Übereinstimmung, wie im vorhergehenden ausführ- licher beschrieben worden ist. Dieser Vergleich ist jedoch bloß auf die beblätterte Partie III be- schränkt, mit welcher ich begieunen will. Die basalen Knoten dieser Partie produzieren in Verbindung mit den Stützblättern nach der Iso- lation vegetative Triebe, die obersten dagegen Blütenstände. Weil es sich um Pflanzen handelt, die entweder blühten oder an der Blüten- entfaltung durch schwaches Licht gehindert, waren, so wuchsen die Knospen der basalen Blattpaare zu Ausläufern, die mit langen Inter- nodien und kleinen Blättern versehen und entweder horizontal oder abwärts gekrümmt waren. Demgegenüber trägt die Spitze Paare, welche nach der Isolation blühende Triebe reproduzieren, die nach oben ge- krümmt sind und eine wohlentwickelte Infloreszenz tragen, also von den Ausläufern durchaus verschieden sind. Die mittlere Partie bietet an den reproduzierten Trieben interessante Übergänge dieser entgegen- gesetzten Gestaltungen der Pflanze. An demselben Triebe sind da beide Bildungen miteinander verbunden, wobei die Polarität über ihre Lokalisierung entscheidet: die Ausläufernatur beschränkt sich an den proximalen Teil des Triebes, der dadurch horizontal oder sogar abwärts gekrümmt ist, die Blütenbildung an den distalen Teil, der wieder nach oben strebt. Über den Anteil der beiden Gebilde an der Länge des Triebes entscheidet wieder der Ursprung des Paares, Stammt er aus 1) Besonders an den isolierten Knoten der blattlosen Basis (Partie II) tritt der gestaltende Kinfluß dieser Korrelation deutlich hervor. Aber auch zur ungleich- seitigen Verteilung des Blühens und des vegetativen Wachstums führt diese Kor- relation enigegengesetzter Achseln, was auszuführen ich jedoch hier unterlassen muß, Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 29 der Nähe der blütenbildenden Spitzenregion, so ist die Infloreszenz verlängert, wohl entwickelt, stammt er aber aus der Nähe der Aus- läufer bildenden Basis, so überwiegt der ausläuferähnliche Teil, wobei der Blütenteil sehr beschränkt oder durch eine mit einigen etwas größeren Laubblättern versehene, nach oben gekrümmte, laubsproß- artige Knospe ersetzt ist, die wegen der nicht zur Blütenentfaltung hinreichenden Bedingungen nicht; zur Blüte kommt, Dieselben Knospen, die in Verbindung mit den Laubblättern diese verschiedenen Gestalten annehmen, verhalten sich ohme sie ganz gleich. Allerdings konnte ich die Entwicklung vollkommen isolierter Knospen nicht beobachten, sondern nur in Verbindung mit einem Stück des mütterlichen Stengels, welches zu behalten zur leichteren Kultur nötig war, aber auf die Ausbildung des Triebes nicht ohne Einfluß blieb. Weil aber dieser Einfluß gegenüber demjenigen des Blattes sehr weit zurücktritt, so kann ınan ihn wohl vernachlässigen. Die auf diese Weise „isolierten“ Knospen wachsen in Gebilde aus, die den erwähnten gänzlich unähnlich sind. Alle Knospen, gleichgültig ob sie der Basis oder der Mitte oder der Spitze des beblätterten Teiles angehört hatten, wachsen in vollkommene, nach oben gewandte assimilatorische Laubsprosse aus, deren Internodien mäßig lang. grün, schwach, deren Blätter aber groß, flach, transversal heliotropisch, lebhaft grün gefärbt’ sind. Die Unter- schiede zwischen diesen kleinen Laubsprossen beziehen sich nur auf die Richtung ihrer Achse, die ich vorwiegend als Folge des belassenen Stückes des mütterlichen Stengels ansehe, und ferner auf die Anzahl der zur Entfaltung gelangenden Blattpaare, was wohl in der Beschaffenheit der Axillarknospe selbst begründet ist, welche in ihrer Anlage durch die übrigen Teile der Mutterpflanze determiniert worden ist. Die der Basis entnommenen entwickeln nämlich eine große (theoretisch vielleicht unbegrenzte) Anzahl von Blättern, die der Spitze entnommenen aber nur sehr wenige (1—2 Paare), Abgesehen von diesen Unterschieden, die die Form der Triebe nicht betreffen, ist die Ausbildung ler Knospen nach der Amputation der Stützblätter eine gleichartige, was beim Ver- gleiche der großen Differenzen, die dieselben Knospen in Verbindung mit den Stützblättern aufweisen, sehr auffallend ist. Die Amputation des Stützblattes bewirkt also ohne Rücksicht auf die Region, in welcher der Knoten der Mutterpflanze entnommen wurde, bei der axillaren Knospe, daß sie als Laubsproß wächst. Dagegen tritt diese Sproßform bei Circaea gar nicht oder sehr untergeordnet an den mit den Stütz- blättern verbundenen Knospen zutage, die sich vorwiegend zu Ausläufern oder blühenden Sprossen entwickeln. 30 R. Dostäl, Zuerst ist daraus der Schluß über die große Veränderlichkeit der 'axillaren Knospen gestattet, die unter dem Einfluß von Faktoren, welche man hinsichtlich der Knospe selbst als äußere zu betrachten hat, recht abweichende Form anzunehmen imstande sind. Sicherlich handelt es sich da vorwiegend um die Beschaffenheit der Nährstoffe, die der Knospe zufließen. Ist der winzigen Achselknospe das Stützblatt abgeschnitten, so ist sie zunächst auf die geringe Menge der organischen Nährstoffe, die in dem Stengelteile der Mutterpflanze gerade vorhanden waren, angewiesen; diese werden aber bald zur Ausbildung der ersten Assimi- lationsorgane der Knospe verbraucht, was sich im schnelleren Ein- schrumpfen der Schnittflächen äußert. Auch die Menge der Assimi- late, die die Knospe selbst erzeugt, kann nicht bedeutend sein. Die Amputation des Stützblattes hat also einen bedeutenden Mangel an organischen Nährstoffen zur Folge. Dagegen steht der kleinen Knospe Wasser und die darin gelösten mineralischen Nährstoffe reichlich zur Verfügung; ja man könnte nach der Behauptung Wiesner’s (1889) geneigt sein zu glauben, daß die stützblatilose Knospe mehr Wasser bekommt als die mit dem Blatte verbundene. Es ist also vor allem dem Mangel an organischen Nährstoffen, speziell dem an Assimilaten, bei gleichzeitigem Überschuß an Wasser und den in ihm gelösten anor- ganischen Nährsalzen, zuzuschreiben, daß sich die recht plastischen Knospen ausschließlich zu orthotropen Laubsprossen entwickeln. Der unter diesen Bedingungen ausgewachsene Trieb erinnert also vollkommen an die Form, die die aus dem überwinterten Knollen im Frühjahr „keimenden“ Sprosse annehmen. Die Bedingungen müssen also in diesem Falle mit jenen übereinstimmen. Es ist zwar organisches Reservematerial vorhanden, aber es bleibt nicht selten unverbraucht, dagegen wird Wasser und die in ihm gelösten Stoffe in großer Menge durch das intensiv entstehende Wurzelsystem aufgenommen. An an- derem Material, nämlich den Kartoffelknollen, hat besonders Vöchting (1902) gezeigt, daß es von der Menge des den Knollen zugeführten Wassers abhängt, ob Laubsprosse oder Knollen entstehen. Ist die Wurzelbildung durch die trockene Umgebung unterdrückt, so entstehen aus Mangel an Wasser bei gleichzeitigem Überschuß von organischen Reservestoffen keine Laubsprosse, sondern neue Knollen. Eine gewisse Analogie mit diesem Falle Vöchting’s bietet das Verhalten der basalen, knollenbildenden Blattpaare von Serophularia, welches verschieden ist, je nachdem sie mit oder ohne Stützblätter auswachsen. Wie erwähnt, produzieren die mit den Stützblättern ver- sehenen Paarhälften nur kurze, knollenförmig verdickte Triebe, deren Zur experimentellen Morphogenesis bei Cireaea usw. 1 schuppenförmige Blätter sich nicht ausbreiten. Dagegen wachsen dieselben Triebe ohne Stützblätter viel schneller in die Länge und breiten ihre Blattspreiten vollkommen aus, so daß diese Triebe in derselben Zeit eine viel größere Länge erreichen. Die Wirkung des Nährmaterials ist da ebenso ersichtlich wie im Falle Vöchting’s und ferner im Versuche Goebel’s (1908), welch letzterer sich jedoch im Gegensatze zu dem meinigen auf Objekte bezieht, die die Ruheperiode bereits durchgemacht haben, in denen also gewisse stoffliche Veränderungen eingetreten sind, welche den Sproßanlagen auch bei einem großen Betrag von Reserve- material das intensive Wachstum erlauben. Es sind aber die an iso- lierten Koospen entwickelten Internodien viel läuger als die ersten Internodien der von Knollenteilen ernährten Triebe. Der Unterschied zwisehen beiden Fällen besteht darin, daß im Versuche Goebel’s die wit einer geringen Menge von Reservestoffen versehenen Knospen viel langsamer auswachsen als die von der Knolle stark ernährten, in meinem Versuche dagegen viel schneller. Es entspricht also mein Ergebnis eher den bekannten Resultaten der Versuche über den Einfluß des Quantums des Reservematerials auf die Keimung der Samen, welche von Portheim (1907) und Jacobi (1910) ausgeführt wurden. Aller- dings ist auch in diesem Falle die Beschleunigung des Wachstums bei einem kleineren Betrage des Reservematerials nur eine vorübergehende, was ebenfalls auf das Nichtvorhandensein der Ruheperiode zurückzu- führen ist. Demgegenüber beziehen sich meine Versuche auf Objekte, die die Ruheperiode erst durchzumachen haben, daher ist auch die Be- schleunigung des Wachstums der stützblattlosen Knospen gegenüber der im Bereiche der Einwirkung der Reservestoffe stattfindenden Wachs- tumshemmung eine andauernde. Allerdings gilt dies bloß von solchen Pilanzen, die, wie Serophularia,ungestielte, gedrungene Knollen besitzen. Circaea produziert aber zuerst lange Ausläufer, deren Spitzen zum Schluß der Vegetationsperiode zu Knollen anschwellen. Es läßt sich leicht begreifen, daß sich die Sache auch bei ihr anders verhält, wenn sich die Knospen in Verbindung mit ihren vollständig assimi- lierenden Stützblättern entwickeln. Sie wachsen in Triebe aus, die der Form nach von Laubsprossen, in welche die „isolierten“ Knospen aus- wachsen, grundsätzlich verschieden sind. Dieser Umstand ist: sicherlich bloß dem Einfiusse des fungierenden Blattes zuzuschreiben. Außerdem aber nehmen die Knospen verschiedene Gestalten an je nach dem Orte, an dem sie an der Matterpflanze entstanden sind. Wir haben gesehen, daß unter gleichen Bedingungen die Knospen ohne Rücksicht auf ihren Entstehungsort dieselbe Form annehmen, wie z. B. bei ihrer Isolierung. Fe Ta. Dosisi, Aber im Stadium des Blühens, in welches meine Experimente fallen, war die Qualität der reproduzierten Triebe verschieden, was wohl durch die Beschaffenheit der Stützblätter, die je nach der Höhe an der Pflanze verschieden ist, bedingt wird. . Überhaupt sieht man, daß die Entwick- lung der laubblattartigen assimilatorischen Gebilde recht eingeschränkt ist, wenn nicht gänzlich beseitigt, was besonders für die Spitze und Basis des beblätterten Teiles der Circaea-Pflanze gilt. Der Grund dafür beruht ohne Zweifel in der Wirkung des Stützblattes, das durch seine organischen Produkte die laubsproßartige Entwicklung des Axillar- triebes hemmt oder gänzlich unterdrückt‘). Daß es dabei wahrschein- lich bloß auf die Assimilate des Stützblattes ankommt, zeigt der Ver- such über die Verhinderung seiner Assimilationstätigkeit. sehr überzeugend. Nach Verdunkelung des Stützblattes wachsen die Axillaraulagen ohne Rücksicht auf den Ort sämtlich zu kleinen Laubsprossen heran. Be- sonders bei Circaea tritt die Bedeutung der aktualen Assimilation klar hervor, weil sie in ihren dünnen Blättern keine größere Ansamm- lung von Nährstoffen herbeiführen kann, auf deren Kosten bei Ver- dunkelung Blüten usw. entstehen könnten, wie es bei Sedum nicht selten der Fall is. Die Annahme von spezifischen organbildenden Stoffen ist dadurch ganz unnötig gemacht. Die Verschiedenheit der reproduzierten Triebe, daß nämlich die einen Blütenstände tragen, die anderen Ausläufer entwickeln, liegt wahrscheinlich in der Zusammensetzung des auf die Achselknospe ein- wirkenden Materials, in welchem zwar die organischen, durch die Aktivi- tät des Blattes bereiteten Nährstoffe überwiegen, aber doch voneinander verschieden sein müssen, weil sie zwei Bildungen der Pflanze, die ge- rade für entgegengesetzt gehalten werden, den Ursprung geben. Durch de Untersuchungen von Kiebs (besonders 1909) sind wir über die Natur des zum Blühen notwendigen Materials einigermaßen unterrichtet. Wendet man seine Anschauung auf unser Objekt an, so kann man sagen: Ob die Knospe vegetativ wächst oder bltiht, darüber entscheidet die Beschaffenheit des ihr aus dem Blatte zugeführten Materiales; zweifellos handelt es sich um das Verhältnis der Konzentration der am Lichte assimilierten Stoffe (Kohlenhydrate), zu den aus dem Substrat angenommenen, besonders stickstoffhaltigen Salzen. Wir haben gesehen, 1) Damit wird direkt der morphotische Einfluß des Blattes auf die Knospe bewiesen. Ein ähnlicher Fa ist der bekannte Versuch Vöchting’s (1892) über die Transplantation der undifferenzierten Bjütenstandknospe auf junge und zwei- Jährige Wurzeln der Runkelrübe. Auch ich habe an meinen Blattpaaren, besonders bei Sedum, die Transplantation versucht, jedoch bisher ohne sicheren Erfolg. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 33 daß durch die Amputation des Blattes das betreffende Verhältnis ex- trem zugunsten der mineralischen Nährstoffe verschoben wurde, sodaß die Knospe als vollkommener vegetativer Laubsproß wuchs. Verfolgt man aber das Verhalten dieser Laubtriebe weiter, so sieht man, daß sie unter den obwaltenden natürlichen Bedingungen nicht zur Blüte zu kommen vermögen, wohl aber sämtlich ohne Rücksicht auf den Ursprungs- ort nach einer gewissen Zeit zur Bildung echter, zu Boden wachsender Ausläufer schreiten. Schon diese Beobachtung könnte ein gewisses Licht auf die Verschiedenheit des zur Bildung der Blüten oder der Ausläufer nötigen Materials werfen. Die Ausläuferbildung muß danach an eine niedrigere Konzentration der Assimilate gegenüber den anorgani- schen Nährstoffen gebunden sein als die Blütenbildung. Der Quotient a ie alze erreicht im Nährmaterial der apikalen blühenden Knospen den höchsten Wert. Dagegen stellt er nach der Amputation des Blattes sicherlich nur einen sehr kleinen Bruch dar; schließlich bewegt sich, was aber noch hypothetisch ist, der. betreffende Quotient zwischen diesen beiden extremen Grenzen, wenn die Ausläuferbildung eintreten soll. Es ist wahrscheinlich, daß es sich auch bei dieser nur um Verschiebung der Verhältnisse der das Nährmaterial zusammen- setzenden Stoffe handelt, nicht um qualitative Unterschiede, was jedoch noch einer näheren Begründung bedarf. Es erübrigt noch die Frage zu diskutieren, wodurch diese Ver- schiedenheit zustande kommt und warum sie so regelmäßig im Verlaufe des Stengels verteilt ist. Meine Versuche zeigen direkt, daß die Stütz- blätter, die dabei hauptsächlich in Betracht; kommen, je nach der Höhe an der Pflanze verschiedene innere Beschaffenheit haben müssen. Unter gleichen äußeren Bedingungen, denen sie in Verbindung mit der Knospe isoliert ausgesetzt sind, erzeugen sie Nährstoffe, die voneinander ab- weichen, weil sie an den plastischen Achselknospen verschiedene Ge- staltungen hervorrufen. Am besten könnte man sich diese Verhältnisse durch die Annahme Morgan’s (1907), der die neuere von Jost (1908) ausgesprochene nahe steht, vorstellen. Der verschiedene Zustand ein- zelner Blätter wird durch Einflüsse der Außenwelt und vor allem durch den Zusanimenhang mit anderen Pflanzenteilen, Blättern, Wurzeln (Klebs, 1906, pag. 266) usw. bewirkt. Z. B. herrschen bei der „Keimung* des knollenförmigen Endes des vorjährigen Ausläufers Verhältnisse, die mit den durch die Amputation des Stützblattes für die Achselknospe herbeigeführten identisch sind, d. h. das durch die rasch auswachsenden Wurzeln aufgenommene Wasser und die darin gelösten Nährsalze über- Flora, Bd. 108. 3 34 R. Dostäl, treffen weit die Menge der organischen Reservestoffe, so daß orthotrope Laubsprosse mit großen Laubblättern entstehen. Die unteren von diesen Laubblättern entsprechen den sie schaffenden Bedingungen darin, daß sie zwar eine höhere Konzentration der organischen Nährstoffe herbei- führen können, als jene war, die sie hervorgerufen hat, aber weitzus nicht eine solche ist, welche zur Bütenbildung ausreicht. Es entstehen also auf ihre Kosten andere höhere Blätter, die stufenweise eine immer höhere protoplasmatische Ausbildung erlangen, so daß die höchsten am meisten. zur Bereitung des Blütenmaterials geeignet sind. Dabei spielen allerdings auch die Korrelationen, die die Polarität bedingen, eine Haupt- rolle. Das zur Bildung der Blüten geeignete Material strömt nach oben, das die Ausläuferbildung bedingende nach unten). Diese polare Verteilung des Materials verursacht bei der intakten Pflanze die strenge Lokalisierung beider Funktionen auf die entgegengesetzten Extremitäten des Stengels.. Die Existenz dieser Strömung wird direkt, wenigstens wie ich glaube, durch die Isolierung der Blattpaare bewiesen, was be- sonders bei dem basipetalen Strome zutage tritt. Dagegen werden die Verhältnisse in der Blütenentwicklung viel mehr durch die isolierte Kultur afüiziert, wie wir unten sehen werden. Kultiviert man den ab- geschnittenen oberirdischen Sproß von Serophularia, so entstehen in den Achseln des untersten Blattpaares beträchtliche Knollen, wogegen sich solche an den höheren Knoten nicht oder nur wenig ausbilden. 2) Ich will mich vorläufig darüber nicht näher aussprechen, wodurch diese ungleiche, polare Verteilung der beiden verschiedenen Materiale zustande kommt. Aber soviel wenigstens bemerke ich, daß die Lokalisierung der Ausläuferbildung in die untersten Teile der Pflanze durch die korrelative Einwirkung der oberen Teile (der Terminalknospe usw.) bewirkt sein könnte. Diese Annahme wird durch fol- genden Versuch wahrscheinlich gemacht, zu welchem abgeschnittene oberirdische Sprosse von Circaea, deren unterste Knoten keine Blätter mehr, sondern bloß kleine, gleichmäßig entwickelte Achselknospen trugen, angewandt wurden. An diesem untersten Knoten wurde ein medianer Längsdurchschnitt, der ca. ”—10 mm oberhalb und unterhalb des Knotens reichte, ausgeführt, so daß die Korrelations- beziehung zwischen den beiden Knospen unterbrochen oder wenigstens stark herab- gesetzt wurde. Außerdem wurde aber oberhalb der einen von diesen Knospen ein bis zum medianen Durchschnitt reichender Quereinschnitt gemacht, durch welchen diese Knospe auch noch der korrelativen Wirkung der Terminalknospe entzogen wurde. Da beide Knospen dieses Knotens an dem abgeschnittenen Sprosse die untersten sind, so wachsen sie am Lichte in abwärts geneigte Ausläufer aus, aber auf eine verschiedene Weise. Die mit dem oberen Teile des Sprosses direkt ver- bundene Knnospe wächst nämlich bald langsamer, wobei sie manchmal schwächer und grünlich ist. Demgegenüber verlängert sich die Knospe, oberhalb deren der Quer- einschnitt ausgeführt wurde, viel intensiver, wird dicker, schließlich schwillt sie an Zur experimentellen Morphogenesis bei Cireaea usw. 35 Nach der Isolierung dieser unteren Blattpaare entstehen begreiflicher- weise in allen Achseln Knöllchen, wobei die untersten nie die größten sind, sondern die beim zweiten oder dritten Blattpaare entwickelten, was mit der vom Boden an zunehmenden Größe der Stützblattspreiten zusammenhängt‘). Die au abgeschnittenen Stengeln stattfindende Ent- stehung der Knollen in der Achsel des untersten, meistens kleinsten Blattpaares läßt sich nur durch die Strömung dieses Materials in diese Achsel erklären. Etwas stabiler scheinen diese Verhältnisse bei Circaea zu sein. Zieht man zuerst den oberirdischen Teil dieser Pflanze in Betracht, so ist das Ausläufermaterial an seiner Basis angehäuft und nimmt nach oben an Menge allmählich ab, so daß es in unserem Stadium (Stadium des Blühens) in der apikalen Region noch gar nicht vorhanden ist. In dem basalen Teile (Partie ID), dessen Blätter abgefallen sind, ist es also reichlich in den Stengelteilen vorhanden, indes kommt es an der intakten Pflanze infolge der Korrelationswirkung der unterirdischen Ausläufer . und der Hemmung seitens des Lichtes nicht zum Auswachsen der Aus- läufer. Nach der Isolierung der Knoten entwickeln sich aber die Knos- pen, wie beschrieben, zu horizontalen oder nach unten geneigten Gebilden, die lange Internodien haben. Ihre Blätter sind aber entsprechend der ihrem distalen Teile knollenformig an. Der andere Ausläufer bildet diese An- schwellung nicht. Intensiveres Längenwachstum, wenn es in der Form eines Laub- sprosser erfolgen würde, könnte man allerdings als Folge der Operation so erklären, daß die Knospe gewissermaßen ein neues Individuum darstellt, das aus dem kor- relativen Einflusse der Mutterpflanze gänzlich herausgezogen ist; in unserem Falle weist aber das Auswachsen des Ausläufers selbst, und besonders sein Anschwellen, welches an einer „isolierten“ Knospe nie beobachtet wurde, auf die erwähnte wahr- scheinliche Erklärung der Polarität der Ausläuferbildung hin, daß nämlich das Aus- läufermaterial dureh die oberen Laubpartien an Orte getrieben wird, die von diesen korrelativ wirkenden Zentren am meisten entfernt sind. Begreiflicherweise ist in unserem Falle die unter dem Quereinschnitt stehende Knospe hinsichtlich der oberen Partien viel mehr entfernt, als die mit den oberen Teilen direkt verbundene. Diese Erscheinungen werde ich noch einem näheren Studiam unterziehen. 1) Ähnliches gilt auch für die Wurzeln, die bei Serophularia dicht ober- halb der Schnittfläche der isolierten Paare xegeneriert werden. Die basalen Paare besitzen nur sehr wenige Wurzeln, ihre Zahl steigt bis zu einem Maximum, das eiwa in den mittleren Paaren erreicht wird; von da nimmt sie wieder ab, dennoch aber besitzen die apikalen Paare mehr Wurzeln als die basalen. (An den basalen pflegen sie aber länger and dieker zu sein oder durch die an den ‚Achselknospen entstehenden Wurzeln ersetzt zu werden.) An abgeschnittenen Sprossen entstehen sie immer nur in der Nähe der Schnitifläche (oder außerdem auch aus der Basis der reproduzierten Knollen). zu 36 R. Dostäl, nicht bedeutenden Menge des organischen Materials recht groß, wenigstens viel größer als diejenigen, die an den folgenden in Verbindung mit den Stützblättern wachsenden Trieben zutage treten. Kleine Blätter (bis Sehuppen), lange Internodien und die erwähnte Richtung sind also drei für echte Ausläufer charakteristische Merkmale, die bei den für die Ausläuferbildung optimalen Bedingungen miteinander verbunden auf- treten. Ist aber die Menge der organischen Stoffe gegenüber den anorganischen, mit Wasser zugeführten Nährsalzen etwas kleiner, als in jenem optimalen Verhältnisse, so bilden sich weit größere, dem Lichte gegenüber transversal orientierte Blattflächen aus, wobei die Internodien noch lang bleiben und horizontal oder abwärts geneigt sind. Durch diese Operation, nämlich die Isolierung der Knoten der Partie II gelang es also zwei Merkmale des normalen Ausläufers zu behalten bei gleichzeitiger Beseitigung des dritten (ein Beispiel für die von Klebs 1903 angedeutete Trennung der Merkmale). Noch in einer anderen Hinsicht ‘sind diese blattlosen Knoten der Laub- sproßbasis von Interesse. Es ist nämlich in den meisten Versuchen sehr auffallend, daß die horizontale oder nach unten gekrümmte Wuchsform nur auf die Knospen dieser blattlosen Region beschränkt ist, wogegen die isolierten der Stützblätter beraubten Paare des be- blätterten Stengelteiles ausschließlich Triebe produzieren, die aufwärts wachsen, indem sie immer einen beträchtlichen Winkel mit der Hori- zontalen schließen. Es scheint also zwischen dem Abfallen oder dem Vorhandensein der Stützblätter und der Wuchsform der Axillartriebe ein Zusammenhang zu bestehen, der auf gleiche Ursachen hinweisen dürfte. Mindestens ist es möglich, anzunehmen, daß die durch die basipetale Strömung herbeigeführte Anhäufung des Ausläufer bildenden Nährmaterials von jener Konzentration, die sich nach der Isolierung der Knoten durch die erwähnte Gestaltung des Axillartriebes geäußert, hat, das Abwerfen der in diesem Bereiche inserierten Blätter verursacht. Dem Alter des Blattes usw. kommt dabei sicherlich keine entscheidende Bedeutung zu, wie man sich leicht durch den oben erwähnten Versuch überzeugen kann, bei welchem durch Verdunklung des Stützblattes bei gleichzeitiger Entwieklung der Axillarknospe eine starke Herabsetzung des organischen Materials hervorgerufen wurde. Dasselbe Blatt, das frei belassen in einigen wenigen Tagen abfallen würde, färbte sich nach- träglich grün und blieb in fester Verbindung mit der Achse während der ganzen Dauer des Versuches (88 Tage). Solange die Blätter in fester Verbindung mit der Achse bleiben, wie es zurzeit in der Partie III der Fall ist, so ist das Stolonen Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 87 bildende Material nicht in soleher Menge angehäuft wie an der blattlosen Basis. Allerdings ist auch in dieser Partie ein gewisses, von unten nach oben abnehmendes Quantum vorhanden, aber dieses reicht bloß zur Determination der Richtung des Axillartriebes hin, wenn er aus der kleinen des Stützblattes beraubten Anlage auswächst. Diese Triebe bilden mit der Horizontslen einen desto größeren Winkel, je höher sie an der Mutterpflanze angelegt waren. Dies kann nicht ihrer selbständigen Tätigkeit zugeschrieben werden (der zufolge würden die winzigen Anlagen sicherlich senkrecht nach oben wachsen), sondern dem in den beiliegenden Stengelteilen vorhandenen, von unten nach oben abnehmenden Quantum des Ausläufer bildenden Materials. Diese Tatsache tritt unter anderem bei den isolierten, mit größeren Ästen versehenen Blattpaaren, deren Blätter amputiert sind, klar hervor, wodurch die Abhängigkeit der geotropischen Reaktionsweise des Axillar- triebes von der Zusammensetzung des Nährmaterials sehr anschaulich hervortritt (vgl. ähnliche Beispiele und deren Besprechung bei Czapek 1895). Wie das Ausläufermaterial nach unten, so strömt das in den Blättern bereitete Blütenmaterial nach oben. Als Folge dieses akro- petalen Stromes ist vor allem die Entstehung des Blütenstandes, dann die Entwicklung der Blütenanlagen in den oberen Achselknospen, sowie die stufenweise Verkleinerung der Stengelblätter anzusehen. Mit fort- sehreitender Entwicklung erstreckt sich diese Anhäufung des Blüten- materials nach unten, so daß bei blühenden Stöcken sehr viele isolierte Blattpaare zur Blüte kommen, wie besonders bei Sedum zu sehen ist; bei Scrophularia und besonders bei Circaea wird aber diese basi- petale Verteilung des Blütenmaterials durch die akropetale Verteilung des zur Bildung der Reserveorgane geeigneten Materials eingeschränkt. Allerdings wird bei der Isolation der Paare, wie wir unten au einigen Beispielen sehen werden, die Blütenentfaltung durch die ver- änderte Ernährung der Blattpaare von außen weit stärker gestört als die Ausläuferbildung, was durch die hier angewandte Hypothese erklärt werden kann). Unter Beachtung dieses Einflusses der isolierten Kultur kann man umgekehrt aus der Form der reproduzierten Triebe auf die 1) Dieser Umstand könnte auch ein gewisses Licht darauf werfen, warum die Ausläuferbiläung an der Basis der Pflanze, die Blütenbildung an der Spitze der- selben erfolgt. Die Nähe des Bodens gestattet an der Basis die zur Bildung der Blüten nötige Konzentration der organischen Nährstoffe nicht, so daß sie erst weit höher eintreten kann; dagegen reicht die an der Basis vorhandene Konzentration zur Bildung von Ausläufern noch gut hin. 38 R. Dostäl, Natur des im betreffenden Stützblatt produzierten formativen Materials schließen. Vorwiegend handelt es sich bei Circaea um zwei verschiedene Gestaltungen, nämlich um Ausläufer und Blütensprosse, die aber so grundsätzlich voneinander verschieden sind, daß sie auf einen einzigen Trieb beschränkt, genau voneinander unterscheidbar sind. Die basalen Blattpaare produzieren nach der Isolation mehr oder minder voll- kommene Ausläufer; es wird da also Blütenmaterial gar nicht erzeugt oder nur so wenig, daß es nicht zum Vorschein kommen kann. Da- gegen produzieren die apikalen Biattpaare Blütensprosse, indem die Ausläuferbildung zunächst ganz zurücktritt. Ausläufer werden erst nach dem Abblühen des Blütentriebes in seinen Blattachseln, besonders den proximalsten, erzeugt. In diesen höchsten Paaren wird also zunächst Material von zur Blütenbildung nötiger Zusammensetzung hervorgebracht, dann tritt aber eine Umstimmung des Blattes ein, so daß es ausschließlich Ausläufermaterial erzeugt. Unter diesen apikalen Paaren stehen aber Paare, die nach der Isolation Triebe reproduzieren, deren proximaler Teil als Ausläufer, deren disteler als Blütensproß ausgebildet ist. Er- sichtlich müssen wir da eine gleichzeitige Entstehung beider Materialien in demselben Blatte annehmen. Dies ist selbstverständlich auch an der | intakten Pflanze der Fall, nur äußert sich diese Tatsache nicht in der Nähe des Blattes, sondern der Zusammenhang mit den anderen Teilen der Pflanze bewirkt, daß das Blütenmaterial nach oben, das Ausläufer- material nach unten strömt. Ähnlich wie bei den isolierten Paaren, hört aber auch in der oberen Region der intakten Pflanze die Erzeugung des Blütenmaterials auf, dagegen wird das Ausläufermaterial in der ganzen Pflanze noch weiter und in größerer Reinheit erzeugt, so daß die in diesem Zeitpunkt isolierten Blattpaare sämtlich ohne Rücksicht auf die Region an der Mutterpflanze echte Ausläufer produzieren. Von diesem gewöhnlichen Bilde weichen einige Paare ab, die zwei recht verschiedenen Regionen angehören. Bei einigen Pflanzen (jedoch niebt allen, was wahrscheinlich mit dem Entwieklungsstadium zusammen- hängt) befindet sich zwischen den Ausläufer produzierenden Paaren und denjenigen, die zur Blütenentfaltung wirklich gelangen, eine Region (1—2 Blattpaare), deren isolierte Blattpaare Triebe produzieren (Fig. 20), die in ihrem proximalen Teile ausläuferförmig und horizontal sind, deren nach oben gekrümmte Spitze aber mit: größeren grünen, durch kurze Internodien getrennten Blättern versehen ist. An der Terminal- knospe sind die Blütenanlagen entweder gar nicht oder nur als winzige Knospen (bis 0,6 mm lang) vorhanden, die sich nicht weiter entwickeln. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 39 Weiter gibt es ebenfalls nur bei einigen Pflanzen am apikalen Ende des Sprosses Blätter, die von geringer Ausdehnung sind. Werden diese mit kleinen Stützblättern versehenen Paare isoliert, so reproduzieren sie Triebe, die mit beträchtlichen Blättern versehen sind; die winzigen Blütenanlagen entfalten sich jedoch nicht, Beide Abweichungen erkläre ich durch das geringe Quantum des zur Ausbildung der Blüten nötigen Materials. Im ersten Falle sind die Blätter zwar groß, aber sie pro- duzieren vornehmlich das zur Ausläuferbildung geeignete Material, wo- gegen die Menge des blütenbildenden Materials, die in dieser Höhe entsteht, noch gering ist. Im zweiten Falle, wo ausschließlich Blüten- material erzeugt wird — es handelt sich um die Blätter, welche über den die Blüten ausbildenden Blattpaaren standen — erreicht die Menge desselben wegen der kleinen Blattflächen nicht das Maß, welches für die Blütenentfaltung nötig ist, so daß die bereits unter dem Einflusse der unteren Regionen gebildeten Anlagen schließlich vertrocknen und abfallen, wogegen die bei geringer Größe des Stützblattes für die Ge- staltung entscheidende Aufnahme von Wasser eine bedeutende vegeta- tive Entwicklung bewirkt. Bei größeren Dimensionen des Stützblattes kommt dieser durch die isolierte Kultur eingeleitete Faktor nicht so stark zur Geltung. Damit wird aber nicht gesagt, daß die Größe des Stützblattes darüber entscheidet, ob die Axillarknospe blüht oder vegetativ wächst. Gerade die unteren Blätter von Circaea pflegen ziemlich groß zu sein, viel größer als die apikalen und dennoch produzieren jene bloß Ausläufer, diese dagegen Blüten, allerdings wenn ihre Dimensionen nicht unter eine gewisse Grenze sinken. Besonders an Sedum tritt dies, wie aus den Tabellen I und II zu ersehen ist, klar hervor, weil bei dieser Pflanze auch die Zahl der enifalteten Blüten dem Quantum des zur Blütenbildung geeigneten Materials ziemlich genau enispricht. Auch die Entwicklungshöhe der Blütenaulagen ist dabei ohne Belang, wie z. B. an derselben Pflanzenart aus der Tabelle II zu ersehen ist, wo dieselbe Knospe entweder blüht oder rein vegetativ wächst, je nachdem sie in Verbindung mit dem ganzen Blatte oder mit der Hälfte desselben steht. Dagegen läßt sich auch aus dieser Tatsache sehr wohl auf den Einfluß der Zusammensetzung des auf die Knospe einwirkenden Nähr- materials schließen. VIII. Zusammenfassung. Um die Verteilung der gestaltenden Tätigkeit in der Pflanze untersuchen und kennen zu lernen, wurden Operationen angewendet, 40 R. Dostäl, durch welehe immer nur ein Blatt und seine Achselknospe in Ver- bindung miteinander belassen wurden, wodurch alle durch Korrelationen veranlaßten Gestaltungen ausgeschlossen wurden. Die Axillarknospen sind aber schon an der Mutterpflanze bis zu einem gewissen Grade entwickelt und durch die Beschaffenheit der umgebenden Partien in ihrer Qualität determiniert, aber jedenfalls nicht unveränderlich. Mit dieser Beschränkung sowie unter Beachtung der durch die isolierte Kultur derselben herbeigeführten Bedingungen kann man in den ursäch- lichen Zusammenhang der diversen Gestaltungen des Sprosses eine Einsicht gewinnen. Die isolierten Blättpaare von Circaea, mit welcher die anderen zwei untersuchten Pflanzen (Scrophularia nodosa und Sedum telephium) in den Hauptzügen übereinstimmen, produzieren in Verbindung mit den Laubblättern entweder Ausläufer oder Blütensprosse oder Übergänge zwischen diesen beiden Gestaltungen, je nachdem sie aus der Basis oder der Spitze oder der Mitte der Mutterpilanze stammen. Alle Knospen aker, denen die Stützblätter amputiert wurden, wachsen ohne Rücksicht auf den Ort, an welchem sie an der Mutterpflanze standen, zu rein vegetativen Laubsprossen aus. Daraus geht hervor, daß die Gestaltung der Knospen zu Ausläufern oder Blütensprossen der Tätigkeit der Stützblätter zugeschrieben werden muß. Werden diese verdunkelt, so wachsen die Achselknospen in echte Laubsprosse aus. Es kommt da vor allem auf die Assimilation an, deren Produkte gegenüber den mineralischen Stoffen in der Zusammensetzung des auf die Knospen einwirkenden Nährmaterials überwiegen müssen, wenn Ausläufer oder Blütensprosse entstehen sollen. Dagegen muß das Verhältnis umgekehrt: sein, wenn Laubtriebe entstehen sollen. Einige Tatsachen lassen den Unterschied zwischen den Blütensprossen und Ausläufern auch auf stoffliehe Ursachen zurückführen. Z. B. sind die aus den stützblattlosen Knospen entwickelten Laubtriebe nicht fähig, Blüten zu entfalten, sondern gehen in der Bildung echter Ausläufer auf. Die qualitativen Unterschiede in der Zusammensetzung beiderlei Nährmaterialien sollen nicht geläugnet werden, soviel ist: aber sicher, daß in dem Nährmaterial der Blüten der organische Teil den anorgani- schen (Wasser und die darin gelösten Nährsalze) relativ viel mehr über- treffen muß als in dem zur Ausläuferbildung nötigen Material. Über- haupt ließ sich durch einen stärkeren Zufluß von Wasser und der darin gelösten Stoffe die Blütenbildung einstellen, wogegen die Ent- wicklung und das Wachstum der Ausläufer ungestört weiter verlief, wie besonders das Verhalten der unteren Partien der Circaea- Pflanzen lehrt. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 41 Im einzelnen wurde gezeigt, wie die einzelnen Merkmale der er- wähnten Sproßformen auf diesen materiellen Grundlagen beruhen, be- sonders die geotropische Reaktionsweise der Triebe oder ihrer Teile, die Länge der Internodien der vegetativen Achsen und der Blüten- stände, die Größe, Gestalt und Zahl der Blätter, die Anzahl der Blüten usw. IX. Einige Versuchsprotokolle. Versuch 1. Das Exemplar von Circaea besaß sechs oberirdische Knoten, ‚der unterste davon hatte die Blätter verloren, die fünf oberen hesaßen sie noch. Ihre Größe ist von unten nach oben folgende (4586, 48x84, 5429, 42x29, 26x18). Die Pflanze wurde am 1, Aug. in die einzelnen Knoten durch -Querschnitte und diese wieder durch mediane Längsschnitte in Hälften geteilt. Am ®. Sept. wurden die reproduzierten Triebe gemessen. 1. Beim ersten Knoten waren beide Hälften blattlos.. Die eine Hälfte besaß einen zuerst horizontalen, dann bogenförmig nach unten gekrümmten Ausläufer, der ‘64 mm lang und bräunlich gefärbt war. Seine vier Internodien wiesen von der Insertion zur Spitze folgende Längen auf: 3,5, 14, 26, 9, die Blätter folgende Dimensionen (66,5, 6,5%5,5, 2,52). Die andere Hälfte besaß einen 47 mm langen Ausläufer von demselben Aus- sehen. Die Internodien wiesen hier folgende Längen auf: 3,7, 14, 2, 5,5, die Blätter folgende Dimensionen (5x5,5, 64,5, 1,5x1,5)- 2. Beim zweiten Knoten bildete die Hälfte mit Stützblatt einen braunen, horizontalen, am Ende nach unten gekrümmten Ausläufer (Fig. 1a), der 88 mm lang war. Die Internodien waren 8, 33, 36, 10 mm lang, die Blätter zeigten fol- ‚gende Dimensionen (4,5>x4,5, 43,8, 1><0,8). Das ganze Stengelstück der Mutter- pflanze, auch das obere Internodium, war gesund. Das Stützblatt war verfault und ‚abgefallen. Die Hälfte ohne Stützblatt hatte einen über die Horizontale im Winkel von 15° aufsteigenden Laubsproß (Fig. 15) von einer Länge von 5,5 mm reproduziert; seine Internodien waren 8, 1,3 mm lang; die Dimensionen der Blätter betrugen (5x6, 3,6>x1,7). Das Stengelstück der Mutterpflanze begann. zu verfaulen. 3. Beim dritten Blattpaare hatte die Hälfte mit Stützblatt einen horizontalen, $S-förmig gekrümmten, 41 mm langen Trieb (Fig. 22) produziert, dessen Ende nur schwach aufwärts gekrümmt war. Die Länge der Internodien betrug 14, 22, 2 mm, ‚die Dimensionen der Blätter (5>5, 53,8, 2,2><0,9). In der einen Achsel des ‚ersten Blattpaares wuchs ein echter Ansläufer aus, der 9 mm lang war und ein Paar kleiner xötlicher Schuppen trug. Das Stützblatt und der obere Stummel fielen am 9. Sept. ab. Die Hälfte ohne Stützblatt zeigte einen im Winkel von 60° nach oben ge- krümmten, 6,8 mm langen Laubsproß (Fig. 22), der zwei Internodien (das eine 4, das andere 1,5 mm lang), ein Paar ausgebreiteter Blätter (7,7>8) und eine große Blattknospe trug. 4. Beim vierten Blatipaare hatte die Hälfte mit Stützblatt einen dem $-förmig gekrümmten Triebe 3 sehr ähnlichen Trieb hervorgebracht, der 42 mm lang war, aber keinen seitlichen Ausläufer besal. Die Länge der Internodien betrug 16, 22, 42 R. Dostäl, 1,5 mm, die Dimensionen der Blätter (54,5, 5,2>4,5, 18x<0,9). Das Stützblatt saß noch fest, obwohl es schon vertrocknete. Das obere Internodium war noch gesund. Die Hälfte ohne Stützblatt zeigte einen 5,5 mm langen Laubsproß, der mit der Horizontale einen Winkel von 65° nach oben bildete, bloß ein 4 mm langes Internodium und ein Blattpaar von den Dimensionen (6,7>6,5) besaß. Das obere Internodium verfaulte bereits. 5. Beim fünften Blattpaare hatte die Hälfte mit Stützblatt einen blühenden, 28 mm langen Trieb (Fig. 3a) produziert, dessen erstes, 15 mm langes Internodium horizontal verlief, diek und rot war, dessen zweites, 8 mm langes, sich. bogenförmig nach oben krümmte, sodaß sein Ende schließlich einen Winkel von ca. 60° mit der Horizontale bildete, Das zweite Internodium war grün gefärbt. Die ersten Blätter wiesen die Dimensionen (5><5) auf, in der Achsel des einen stand ein nach unten gekrümmter echter Ausläufer (14 mm lang). Die Blätter des zweiten Blattpaares zeigten die Dimensionen (2,8><1,7), waren dicht zusammengelegt, so daß die fol- gende, sehr kurze Infloreszenz von ihnen stark gepreßt wurde. Drei normale Blüten blühten schon ab. Das Stützblatt saß noch fest, das obere Internodium war verfanlt. Die Hälfte ohne Stützblatt trug einen 2,5 mm langen, im Winkel von ca. 60° nach oben aufsteigenden Laubsproß (Fig. 35), der ein 1,2 mm langes Internodium und ein Paar ausgebreiteter Blätter (4,5>3,8) trug, Weiter folgte ein kleiner ' Haufen winziger, bräunlicher Blütenknospen. Das obere Internodium war gesund. 6. Beim sechsten Paare produzierte die Hälfte mit Stützblatt einen blühen- den, 9 mm langen, im Winkel von 85—40° aufsteigenden Trieb (Fig. 4a), der ein 32 mm langer, rotes Internodium und ein Paar Blätter (4,5><4) trug. Die In- floreszenz war bereits 6 mm lang und bestand aus einer rein grünen Achse und vier Blütenknospen, zwei entfalteten und zwei abgeblühten Blüten. Das Stützblatt sowie das obere Iniernodium waren gesund, jedoch nicht merklich vergrößert. Die Hälfte ohne Stützhlatt zeigte eine kleine 2 mm lange Knospe (Fig. 43), die ein Internodium von der Länge von 1,1 mm, ein Paar Blätter (21,6) und ferner einen winzigen Haufen verkümmerter Blütenknospen trug. Die Teile des mütterlichen Stengels fingen an zu verfaulen. Versuch 2, Bei ein und demselben Individuum, das in voller Blüte stand, wurden am 1. Aug. die Blattpaare isoliert und hei diesen isolierten Blattpaaren ab- wechselnd beide Blätter belassen oder beide amputiert. Diese zu demselben Ziel führende Versuchsvariante soll neben der vorhergehenden angeführt werden, weil da die Kompensationserscheinungen weit besser zu sehen sind. Die Pflanze besaß an ihrer Basis zwei blatiloge Knoten (Partie II) und oberhalb dieser sechs mit ge- sunden Stützblättern versehene Blattpaare (Partie III). Die Dimensionen dieser Blattpaare waren folgende (46x37, 44x33, 58x42, 52x41, 40x21, 20x12). Am 8. Sept. wurden die entwickelten Triebe gemessen. 1. Der untere blattlose Knoten hatte einen fast echten Ausläufer entwickelt (die entgegengesetzte Knospe war zugrunde gegangen). Der Ausläufer war 45 mm lang, grün, horizontal verlaufend, mit dem distalen Ende nach unten gekrämmt. Die Internodien waren lang, mit Aumahme des ersten (9,5, 7, 14, 18, 4), Die Blätter waren sehr klein und schuppenförmig. Am Knoten waren zahlreiche Wurzeln Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 48 entwickelt. Das obere Internodialstück sah gesund aus und entbehrte jeder Spur von einer Abgliederung vom unteren Stengelteile. 2. Der andere blattlose Knoten hatie zwei entgegengesetzte Triebe produziert, zwischen denen eine Korrelation eingetreten war, die eine abweichende Richtung und Entwicklung derselben verursacht hatte. Der eine wuchs nämlich in einem Winkel von 35° nach oben und war 10 mm lang, der andere bog sich jedoch auf- fallend bogenförmig nach unten und war viel länger (32 mm lang). Die Inter- nodien des kürzeren Triebes waren 7, 2,3 mm lang, die Blätter (8x8,5, 2,5>2). Die Internodien des längeren waren mehr rötlich als die des kürzeren und 25, il, 16 mm lang. Die Spreiten des ersten Paares waren abgefallen, die weiteren maßen (67,5, 5><4,2), wobei sie sämtlich dem Lichte enigegen flach ausgebreitet waren. Wurzeln waren keine vorhanden. Das obere Internodialstück saß fest. — Im weiteren folgen ausschließlich beblätterte Paare der Partie III. ” 3. Die Stützblätter, welche beim dritten Knoten belassen wurden, waren am 8. Sept. schon vertroeknet und abgefallen. Die Triebe der beiden Achseln stellten nach unten wachsende Ausläufer (Fig. 5) dar, die mit langen, dicken, roten Inter- nodien und kleinen rötlichen, unregelmäßig gefalteten Blättern versehen waren. Der Ausläufer der einen Achsel war 53 mm lang, seine Internodien maßen 11, 25, 16 mm, die Spreiten (4,5>3,8, 3,5x3). Der Trieb schloß mit einer winzigen, blassen Terminalknospe ab. Der entgegengesetzte Ausläufer war 37 mm lang, seine Internodien maßen 8,5, 23, 5,5 mm, seine Spreiten (3,53, 2,7x2,2). Wurzeln waren keine vorhanden, sondern bloß eine unbeträchtliche Kalluswucherung der unteren Schnittfläche. Das obere Internodium saß fest. 4. Beim vierten Paare waren beide Blätter abgeschnitten. Es waren zwei laubsproßartige Triebe (Fig. 6) entstanden, die in einem Winkel von 60° über der Horizontale aufstiegen. Die Internodien waren schon kürzer und hellgrün gefärbt, die Blattfiächen waren dagegen weit größer, dünner und gegen das Licht hin flach ausgebreitet. Der eine Trieb war 12 mm lang, seine Internodien maßen 7,8, 2,3 mm, die Blätter (10,5><11,5, 5,5><2,9). Der andere Trieb war 6 mm lang, seine Inter- nodien maßen 4,2, 0,9 mm, die Spreiten (99, 4x2). Es waren zwei bis drei verzweigte Wurzeln von der Länge von 25—42 mm entwickelt, außerdem noch ein kleiner Kallıs. Das obere Internodialstück schien sich abzugliedern. 5. Beim fünften Blattpaare warden beide Blätter belassen, die bloß in der Nähe der größeren Nerven grün, sonst weiß waren. Beide Triebe (Fig. 7) besaßen zwar die Natur des Ansläufers wie beim Biattpaar 8, hatten aber dennoch voll- kommene Blüten entfaltet. Der eine Trieb war 42 mm lang, bog sich S-förmig weit nach unten, das distale Ende verlief horizontal ohne aufzusteigen. Das erste Internodium war 20 mm lang, intensity rot, das zweite 22 mm lang, etwas blasser, Die Blätter von derselben Gestalt wie beim Blattpaare 3 maßen (64,5 und 8,52). Die Spreiten des letzteren waren eng beieinander und preßten schr stark die Bitifengebilde, die aus ihrem Winkel wie ans einem einzigen Punkte hervorwuchsen. Zwei Blüten waren geöffnet, außerdem einige Blütenknospen vorhanden. Der andere Trieb war ebenfalls 42 mm lang, von ähnlicher Richtung und Gestalt. Die Inter- nodien maßen 12, 23 mm, die Blätter (43,7, 3,3><2). Die Infloreszenzachse war wieder stark verkürzt. Zwei Blüten waren abgeblüht, zwei geöffnet, daneben war noch eine Knospe vorhanden. Wurzeln waren da keine entwiekelt, dagegen eine mächtige Kalluswucherung an der Schnittfläche. Das obere Internodium hatte sich abgegliedert. 44 R. Dostäl, 6. Beim sechsten Paar waren beide Blätter abgeschnitten bis auf kleine Reste der Spreiten. Beide Triebe (Fig. 8) stiegen über der Horizontale auf. Der eine bildete mit dieser einen Winkel von 75° und war Il mm lang. Das erste Inter- nodium war 9 mm lang, blaßgrün, das zweite sehr klein, ca. 0,8 mm lang. Das erste Blattpaar war weit ausgebreitet und maß (13>x14 und 11,5x11), das zweite aber war zusammengelegt und maß (2,5x1,3). Zwischen diesem Blattpaare stand ein kleiner Klumpen von winzigen Blütenknospen (die größte war 0,4 mm lang). Der audere Trieb war 10 mm lang und bildete mit der Horizontale einen Winkel von 65°. Das erste Internodium war 8,5 mm lang, das zweite sehr klein. Das erste Blattpaar war flach ausgebreitet, seine Spreiten maßen (14>14,5 und 13x13,5). Dann folgte ein kleiner Klumpen, der von winzigen Blütenknospen und einem Paar kleiner Blätter gebildet war. Das obere Internodialstück fiel gerade ab, das untere hatte zahlreiche, bis 65 mm lange Wurzeln entwickelt. Die Blatistiele hatten sich wegen der kleinen heiassenen Teile der Spreiten erhalten. (Beim Knoten 4 waren sie.aber trotzdem abgefallen.) 7. Beim siebenten Paare waren die beiden belassenen Blätter teilweise noch gesund. Der Trieb (Fig. 9) in der einen Achsel war 47 mm lang und stieg in einem Winkel von 45° über der Horizontale auf, die distale Partie des Blüten- standes stieg aber noch steiler auf. Das erste Internodium war intensiv rot und 5 mm lang. Die ersten Blätter maßen (4,5><2,8). Es folgte der Blütenstand, der eine grüne, 41 mm lange Achse besaß und fünf abgeblühte Blüten und sieben an Größe abnehmende Knospen trug. Der andere Trieb war 8 mm lang (sicherlich durch den entgegengesetzten in der Entwicklung gehemmt) und bildete mit der Horizontale einen Winkel 30°. Das erste Internodium war 2,8 mm lang, das erste Blattpaar maß (3x<1,5 und 2,5x1,2), dann folgte eine mäßig lange Infloreszenz mit sechs offenen Blüten und einigen wenigen Blütenknospen. Das obere Internodium war abgegliedert und verfault, das untere hatte einen beträchtlichen Kallus und oberhalb dieses wenige kurze, unverzweigte Warzeln entwickelt. 8. Beim achten Paar wurden beide Spreiten bis auf kleine Reste abgeschnitten. Diese waren jedoch flügelartig etwas nachgewachsen. Die Knospen hatten sich aber nicht bedeutend vergrößert. Die eine war 2,8 mm lang, besaß ein Internodium von 1,7 mn Länge, trotzdem war aber ein Blatt (4x3) groß, während das enigegen- gesetzte nur wenig gewachsen war. Dann folgten kleine Blütenknospen, deren größte 0,6 mm lang war. Das obere Internodium saß fest und hatte sich intensiv grün gefärbt. Wurzeln waren keine entstanden, die Kalluswucherung war unbe- dentend. Das weitere Schicksal dieser isolierten Blattpaare geht aus der Messung hervor, die am 19. Okt. stattfand. Bein Blaftpaare 3 war das distale, mit einem kurzen Internodium versehene Eude des Ausläufers sehr stark verdickt. Beim Blattpaare 5 und 7 war der Blütenstand. abgefallen und es entwickelten sich aus den Blattachseln des Triebes echte, nach unten wachsende Ausläufer. Die der Blätter beraubten Knoten 4, 6, 8 waren gar nicht zur Blüte ge- kommen, obwohl sie bereits vor der Isolierung mehr oder minder große Blüten- anlagen besessen hatten, die sich allerdings nur sehr unbedeutend weiter entwickelt hatten, und dann meistens vertrocknet waren. Der Knoten 4, deren Blütenknospen bloß eine Länge von 0,2—0,3 mm erreicht hatten, ist abgebildet (Fig. 10). Alle diese Knoten hatten aber echte Ausläufer produziert. Der Kürze halber sei hier bloß das Verhalten des Knotens 6 angeführt, wo die Unterdrückung der Blüten- Zur experimentellen Morphogenesis bei ÜOircaea usw. 45 bildung gegenüber der ergiebigen Ausläuferbildung am schlagendsten hervortritt, weil er zwischen zwei in Verbindung mit den Stützblättern aufblühenden Knoten 5 und 7 stand. Der größere Trieb des Knotens 6 war am 19. Okt. 19 mm lang, das erste Internodium war 14 mın lang und grün, das zweite 3,5 mm lang und rötlich gefärbt. Das erste Blattpaar, welches (12><7) maß, war abgegliedert, obwohl es noch grün und frisch war. Die Spreiten des zweiten Blatipaares waren unregelmäßig gefaltet, oben grün, unten etwas rötlich gefärbt, ungleich groß, von den Dimensionen (63,5 und 12x”). Dann folgte eine verkümmerte, zum Teil vertrocknete, 18 mn lange Infloreszenz. In den Achseln des ersten Blattpaares waren zwei Ausläufer von 40 und 19 mm Länge entwickelt, die mit kleinen, höchstens 1,2—1 messenden Schuppen versehen waren. Die rötlichen Internodien des größeren waren 9, 29, 1,8 mm lang, die des kleineren 8, 9 mm lang. In der Achsel des zweiten Blatt- paares war ein Ausläufer entwickelt, der 41 mm lang war und dessen Schuppen weit rötlicher gefärbt waren. Die Internodien waren 28, 11 mm lang. Alle Aus- läufer wuchsen bogenförmig nach unten und schlossen mit einer kleinen roten Knospe ab. Der kleinere, entgegengesetzte Laubtrieb war 16 mm lang. Das einzige vorhandene Blattpaar war ebenfalls abgegliedert, maß (13,5x13) und trug einen Ausläufer von 52 mm Länge und demselben Aussehen, welches die eben beschriebenen zeigten. Seine Internodien waren 12, 18, 18, 15 mm lang. Versuch 3. Eine verblühende Scrophularia-Pflanze wurde am 12. Juli in die einzelnen Blattpaare geteilt, die wieder median halbiert wurden. Die Dimen- sionen der bloß an den einen Hälften der Paare belassenen Stützblätter sind folgende (40><27, 61><41, 87x59, 110x857, 10055, 13372, 137><77, 14775). Die ur- sprüngliche Länge der Achselknospen dieser Blätter betrug 2, 2, 2, 1,9, 1,2, 1,7, 22 3 mm. Die Ergebnisse der am 5. Aug. ausgeführten Messung sind in den fol- genden zwei Tabellen angegeben, zu welchen noch zu bemerken ist, daß die stütz- blattlosen Triebe sämtlich dünne Internodien tragen. Die Triebe, welche sich an den das Stützblatt tragenden Hälften 2—-6 entwickelt haben, sind verdickt. Das erste Internodium des Triebes 4 ist zu einer vollkommen rundlichen Knolle ange- schwollen, die Verdickung der angrenzenden Triebe (3-1) nimmt aber stufenweise ab, so dass der Trieb 1 nur dünn ist, Die Internodien der Triebe 5—8 sind eben- falls nieht knollenförmig, sondern nur prismatisch entwickelt. Der Trieb 8 bildete Blüten aus, der Trieb 7 nur beträchtliche Biütenknospen, die sich bis zum 5. Sept. noch nicht geöffnet haben. Tabelle III. Die Hälften mit dem Stützblatt. e der Internodien Dimensionen der Blattpaare Gesamt- Blattpaar | länge des Trieben | 1. |" [m w.] 1. | n. zu | w. 1 «6 2 —- 1-j- 41,8 6x32| 7%x23 _ 2 5 al III | 52 I3517 — _ 3 7 4 )|-1- )— 52,3 74 62,3 _ 4 7 |3 1o8|- | [15x12 | 75%48| 10x58 | 2,814 5 e \2 15/1 || 25) 95 |d5x15| — 6 u 13012 |13|— | 89x55 1155=8 | 11x45 | 45x13 7 1 jsaları3 || 9x42| 18%x8 | 18x6 | 8x12 8 122ia5la5|75| 885 | 854 | 10x45 | 5x1 46 R. Dostäl, Tabelle IV. Die Hälften ohne das Stützblatt. Länge Gesamt- der Internodien Blattpaar | länge des Triebes Dimensionen der Blattpaare 2 | m | wW. 1 7 35)115108| — 3x2,9 9x5 7x4 5x4 2 13 3,515 _ 5x22 |18,5x9,5| 126 _ 3 Y —|l-|1-|- 4 2 5 |75135 | 2 | 75%x6 14x7 |6,5>x4 | 6,5%x2,5 5 20 |55|175|235 | — | 148 [155x9 | 12x65 | 2x13 6 2 |[a7|4 |lı I— | 12x7 | 179 | 13x55 _ 7 1 ı 1283|36| —- |15x12| 11x7 | 16x7 5><1,8 8 21 12127|55 | 6 145x237 | 13x6 | 20x8 | 65x14 Anhang. X. Das Abwerfen der Blattstiel- und Stengelstummel. Cireaea gehört zu den Pflanzen, bei denen die Blattstielstummel nach der Amputation der Blattspreiten und die Internodialstücke, deren obere Nodi abgeschnitten worden sind, bald abfallen, indem sie sich von dem übrigen Pflanzenkörper glatt abgliedern (vgl. besonders Vöch- ting 1878, 1884, Miehe 1902). Diese Erscheinung erklärt man beim Blatte als eine Reaktion, die durch die Unterbrechung der korrelativen Beziehung zwischen der Blattspreite und dem Stiele sowie der nächst unteren Partie des Stengels herbeigeführt wird, ähnlich auch den Stengel- stummeln, die der oberen Blätter und Knospen beraubt sind. Dadurch werden in diesen Stummeln sowie in den nächst unteren Teilen Störungen hervorgerufen, denn diese Organe haben jetzt keine Funktion mehr (es hat sich vorwiegend um die Stoffleitung gehandelt); und diese ' Störungen führen zuletzt zum Abwerfen dieser Teile. Winkler (1905) ist es jedoch gelungen, den spreitenlosen Blattstiel wochenlang am Leben zu erhalten, wenn er bloß eine Funktion des Blattes, nämlich die Tran- spiration behielt, indem er die Blattspreite durch einen verdunstenden Gipsblock ersetzte, Wir werden im folgenden sehen, daß die Stummel auch auf einem anderen Wege am Leben erhalten werden können. Um mich närlich über das Abwerfen der funktionslosen Teile näher zu orientieren, babe ich auch in dieser Beziehung meine Cireaea-Pflanzen untersucht. Die isolierten Blattpaare wiesen folgende Regelmäßigkeit auf. Die der Spreiten beraubten Blattstiele fallen sämtlich sehr bald ab, gleich- gültig, um welche Region es sich handelt. Keiner von ihnen blieb 1) Abgestorben. Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 47 länger als einen Monat mit dem Knoten in Verbindung, bloß jene, an welchen ein winziges Stück der Spreite belassen wurde, erhielten sich einen Monat hindurch oder auch noch länger. Die Resultate jedoch über das Abwerfen der Stummel des oberen Internodiums sind viel mannigfaltiger. Die isolierten Knoten der blattlosen Basis der Pflanze (wie erwähnt, gibt es solche 1—3) verhielten sich so, daß die Stummel der oberen Internodien überhaupt nicht abfielen, sondern dauernd. (d. h. über 3 Monate lang) in fester Verbindung mit dem Knoten blieben. Endlich starben diese Stummel gleichzeitig mit den unteren Internodial- stücken ab. Eine Andeutung eines glatten Abgliederns ließ sich indes nicht wahrnehmen. Wie oben erwähnt, produzieren diese blattlosen Knoten ausläuferartige, horizontale Triebe. Oberhalb dieser blattlosen Basis folgte die beblätterte Partie des Stengels, welche nach der Iso- lation der Knoten und Amputation der Blätter durchaus laubsproßartige Triebe reproduzierte. Bei den unteren, die 2-—-3 Paare der Blätter ent- falteten, gliederten sich die Stummel der oberen Indernodien bald ab und wurden abgeworfen. Bei den apikalen Knoten dagegen, die nur eine geringe Blattentwieklung (meistens nur ein Blattpaar) aufwiesen, blieb der Stummel lange erhalten und ergrünte bedeutend. Ganz ähnlich verhalten sich diejenigen isolierten Knoten, an denen die Blätter belassen wurden. Die untersten derselben halten die oberen Stummel länger fest, an den mittleren fallen diese bald ab, bei den apikalen bleiben sie lange stehen, endlich fallen aber die Stummel auch bei diesen apikalen Paaren glatt ab, wogegen sie bei den basalen oft gleich- zeitig mit dem unteren Internodium verfaulen, ohne sich abzugliedern. Wodurch dieser Unterschied im Abwerfen der Stummel in ver- schiedener Höhe an der Pflanze herbeigeführt wird, kann ich nicht entscheiden: ob er nämlich auf dem verschiedenen Alter oder auf der verschiedenen Ausbildung der Gewebe der betreffenden Stockwerke beruht, oder ob er mit der materiellen Beschaffenheit des Ortes, die sich auch in der Gestaltung des Axillartriebes äußert, zusammenhängt, oder ob es sich um eine Korrelationsbeziehung handelt, nämlich so, daß die von den basalen und apikalen Knoten produzierten Ausläufer und Blüten, also Gebilde, die an fremde Assimilate angewiesen sind, das Erhalten, dieser sonst leicht abfallenden Teile bewirken entweder, um sie intensiver zu erschöpfen oder zu nachträglicher Assimilations- tätigkeit anzuregen. Die letzte Annahme wird durch andere Versuche am wahrscheinlichsten gemacht. Damit stimmt auch überein, daß bei den mittleren isolierten Knoten, wo die Entwicklung der Laubsprosse doch am leichtesten verläuft, der Stummel so zeitig abfällt. Übrigens 48 R. Dostäl, beruhte auf einer ähnlichen durch Korrelationsbeziehungen herbeige- führten Sistierung oder Verlangsamung der zum Abwerfen sonst ab- fallender Teile führenden Vorgänge das Erhalten des mit dem Beutel aus schwarzem Seidenpapier umwickelten Blattes. Die korrelative Tätigkeit des sich entwickelnden Axillartriebes äußert sich da (etwas schwächer bei den apikalen Stummeln) im nachträglichen Ergrünen der Blattspreite und des Blattstieles. Noch bestimmter trat diese Korrelationsbeziehung in einigen an ganzen Pflanzen ausgeführten Versuchen auf, wobei die Stummel durch den korrelativen Einfluß der an ihre Tätigkeit angewiesenen Organe, nämlich der Ausläufer, erhalten wurden. Pflanzen, von derselben Ge- stalt und derselben Lokalität entnommen, wurden zur Herstellung einiger Serien, die voneinander durch die Operationen abweichen, angewandt. Jede Pflanze bestand auch bei diesem Versuche aus der unterirdischen Partie, die 1—3 Knoten mit langen Ausfäufern (25— 100 mm lang) besaß (Partie I), ferner aus dem oberirdischen Teile, an dem man wieder zwei Abschnitte unterscheiden kann, nämlich die blattlose Basis, d. h. 1-2 Knoten mit kleinen Knospen, deren Stützblätter abgefallen sind (Partie IT) und die beblätterte obere Partie mit 4—7 Blattpaaren und ebenfalls winzigen Knospen (Partie III). Oberhalb dieser folgte immer eine kleine Blütenstandknospe, deren Entwicklung durch die schwache Intensität des Lichtes verhindert: wurde. An allen Pflanzen wurde diese apikale Knospe sowie sämtliche Laubblätter bis auf ca. 8 mm lange Blattstieltummel abgeschnitten. Weitere Operationen sind folgende: Serie 1: es wird bloß die eben. erwähnte Operation ausgeführt. Serie 2: es werden außerdem die Axillarknospen der Partie II und III exstirpiert. Serie 3 und 4 weisen dieselben Operationen wie 1 und 2 auf, daneben wird aber noch. die untere Partie I mit allen Ausläufern abgeschnitten. Serie 5: die Ausläufer tragende Partie wird ebenfalls abgeschnitten, ferner bloß die obersten Knospen belassen, wogegen die an den unteren blattlosen Knoten sowie in den Achseln der unteren Blattpaare vorhandenen exstir- piert werden. Der Versuch dauerte 22 Tage (vom 29. Aug. bis zum 16. Okt.), so daß die Unterschiede zwischen dem Abfallen der Blatt- stielstummel klar hervortreten konnten. Das oberste nach der De- kapitation belassene Internodium blieb immer fest mit den übrigen verbunden, Die Verhältnisse der Blattstielstummel sind in folgenden Tabellen V—IX übersichtlich angeführt. Der Vergleich dieser Tabellen zeigt klar die Abhängigkeit zwischen den Blattstielstummeln an der einen Seite, den Ausläufern oder der Zur experimentellen Morphogenesis bei Circaea usw. 49 Tabelle VW. Serie l. Beobach- Hungstag 29. August 16. September Partie I I. m. I I m. EEIEMIKTIEHIETIEERETIET 8 =& Seo 3 O8 Stehen- Exemplar 53 8 28 Z 82 ER 82122 | gebliebene EEAcH ERIKEIERIEERES BEE 0) As |S SE SH | S< SB |oM 1 4,15,| 1106 5 0,6 |16,34*)|unver-| 1,5, 5,| vom 3. Paare 50 6 ändert! 5,5 | ein Stummel, vom 4. u. 5. beide 2% 2!o,|ı115|5 |ı |18,27,|45,3) 12 |vom4. Paare 54 15,653) ein Stummel, vom 5. beide 3 3 18035) 2 115 | 4 1 |80,105,junver-) 1,8 | yom 4. Paare 75 45 \ündert beide Stummel Fahelle VI. Serie 2. 29. August 16. September I u. I IL II. Fr Fra n sg 8 8 S& 3 & 28 | sichen- gs 28] 88 !3218% | gebliebene 58 zelsz las 58 Stummel BE sa] As |S4 | © >» & & | vom 2. Paare ein Stummel, vom 3.,4.,5., 6.,7.,8. beide # | vom 2. Paare ein Stumzmel, vom 3, 4,5. eide 1) Die Spitzen dieser verletzten Ausläufer faulen ab. Flora, BA, 108. 4 0. bt Ei vu 1912 50 R. Dostäl, Tabelle VII. Serie 3. Bechach- 16. September Tungstag 29. August ;ptem] Partie H. II. 2. II BF Era: &8 =: 2 &|= F 3 3, | Länge Größe Stehengehliebene Exemplar | 3 | &8 | =#®' & der der s el agıä CH 33 2 S |Ausläufer| Knospen tum IS A SCHE 1 2 1 4 |05 | 26,2, | 4,5,4,| vom 3. Paare ein 2,5 95 Stummel 2 1 1,83 5 12 4,3 2,3, 8} vom 3. u. 4. Paare 4 beide Stummel 1 1 6 0,9 17 85,2 } vom5.u. 6. Paare beide Stummel Tabelle VIII, Serie 4. 29. August 16. September u» | m IL | IM. F EFEETERT 23|8|18 8 35 | Länge | Größe | gehengebliebene 48 | &8 &| 98 der der Stummel ie 38 ce ER) Ausläufer | Knospen. ı lo | 5 | 06 | 29 3 Pi | alle (1.5) 2 | 1 | 2 | 5 | 4 | er | Pr | alle (1.5) Bildung derselben und den Anlagen der Laubtriebe an der anderen Seite. Die Entwicklung der Ausläufer fördert auf korrelativem Wege die Erhaltung der Blattstielstummel, wie am schlagendsten aus der Serie 4 hervorgeht. Vergleicht man ferner diese Serie mit der Serie 2, die sich von jener durch das Vorhandensein bereits entwickelter und weiter wachsender Ausläufer unterscheidet, so sieht man, daß die Entstehung der Ausläufer aus winzigen Anlagen viel stärker die Stummel zu er- halten vermag als bereits bedeutend ausgewachsene Ausläufer. Dem- gegmüber fallen die Blattstielstummel sehr rasch ab, wenn die Mög- lichkeit, Ausläufer zu bilden, ausgeschlossen ist, indem die für sie durch die Lage geeigneten Anlagen exstirpiert sind (Serie 5, besonders beim Zur ezperimentellen Morphogenesis hei Circaea usw. 51 Tabelle IX, Serie 5. B . Fee 29. August 16. September Partie DI. 8 8: |4.: 8 & 3 & 23 3 & Stehengebliebene g 2213 S © Stummel Sg EB ES 1 8 1. 2,5, 2,1,| beide Stummel des 86 Paares 5 2 1 1 6 08 1.—2. 12 vom 4, Paare ein Stummel, vom 5. und 6. beide 3 1 3 7 08 1.4, 12, 6, keiner 7,4 Exemplar 3). Der korrelative Einfluß der Ausläufer ist da zweifellos. Die durch denselben erhaltenen Stummel färben sich ebenso wie der Stengel nachträglich sattgrün (früher waren sie blaßgrün oder gelblich), zeigen also dieselben Kompensationserscheinungen, die zum erstenmale eingehend von Boirivant (1897) beschrieben wurden; so besonders bei der Serie 4, wo sie alle stehen geblieben sind (ähnlich bei der Serie 2). Und dies stellt auch den Zusammenhang zwischen den Stummeln und den durch die Lage am Stengel zur Laubsproßentwicklung befähigten Anlagen vor, wie besonders Serie 3 und 4 lehren. Offenbar richtet sich die korrelative Wirkung der Ausläufer, die auf die Erzeu- gung der Assimilationsorgane zum Ersatz der abgeschnittenen Blätter abzielt, vor allem auf die Knospen, die auf diese Weise zum Wachstum angeregt werden, welches unter normalen Bedingungen nicht eintreten würde, aber der Pflanze begreiflicherweise leichter fällt als die nach- trägliche Umbildung fertiger Gewebe der Blattstielstummel zu der- selben Funktion. Bei Abbruch dieser Versuche saß bei allen Serien der Stummel des obersten Internodiums fest und war gesund erhalten, also auch dann, wenn die Blattstiele sämtlich abgeworfen waren. Dieser fiel aber sehr bald ab, wenn der Pflanze nach der Dekapitation die Blätter be- lassen wurden, was ohne weiteres begreiflich erscheint. Alle eben beschriebenen Erscheinungen sind nichts anderes als eine Äußerung der in diesem Entwieklungsstadium, wo die Besehaffen- heit der Stolonen nicht mehr zu verändern ist, streng geltenden Korre- . dr 52 " R. Dostäl, lation zwischen den unterirdischen Reservestoffbehältern und den Organen der photosynthetischen Assimilation. Diese Funktion können verschiedene Pflanzenteile erfüllen: normalerweise die Laubblätter, nach der Amputa- tion oder Inaktivierung dieser ihre Axillarknospen, die dadurch zur Ent- wicklung gezwungen werden, schließlich nach der Exstirpation auch dieser die Stengelteile und Blattstielstummel, deren Gewebe eine ent- sprechende Umbildung erfahren. Begreiflicherweise hängt mit dieser Veränderung der Stummel zu dieser neuen Funktion auch deren Er- haltung in fester Verbindung mit anderen Partien zusammen, daher werden auch durch denselben. korrelativen Einfluß Vorgänge, die sonst sicher zum Abwerfen dieser nutzlosen Teile führen würden, eingestellt und zwar vielleicht auch dort, wo sie bis zu einem gewissen Grade schon eingeleitet sind (sicher z.B. bei den untersten Paaren der Serie 4). Es erübrigt mir noch, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. B. Nömee, dem ich die Anregung zum Studium des Sachs’schen Phänomens verdanke, für sein stets reges Interesse und die freundliche Unterstützung auch an dieser Stelle den besten Dank auszusprechen. Zitierte Literatur. Boirivant, A., Recherches sur les organes de remplacement chez les plantes. Ann. se, nat. Bot., Ser. VII, 1897, Vol. VI, pag. 364. Czapek, F., Über die Richtungsursschen der Seitenwurzeln und einiger anderer plagiotroper Pflanzenteile. Sitzungsber. Wien 1895, Bd. CIV, Abt. 1, pag. 1197. . Dostäl, R, Die Korrelationsbeziehung zwischen dem Blatt und seiner Axillar- / knospe. Ber. d. bot. Ges. 1909, Bd. XXVIL, pag. 547. Fischer, H., Über die Blütenbildung in ihrer Abhängigkeit vom Licht und über die blütenbildenden Substanzen. Flora 1905, Bd. XCV, pag. 483, Goebel, K, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Bot. Zig. 1880, Bd. XXXVII, pag. 821. Ders., Organographie der Pflanzen, X. Jena 1898, Bd. I, pag. 39. . 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Portheim, L. v., Über Formveränderungen durch Ernährungsstörungen bei Keim- lingen mit Bezug auf das Etiolement. Sitzungsber. Wien 1907, Bd. OXVI, pag. 1359. " Sachs, J, Physiologische Notizen, I. Flora 1892, Bd. LXXV, pag. 1. Stahl, E., Einfluß des Lichtes auf den Geotropismus einiger Pflanzenorgane. Ber. d. bot. Ges. 1884, Bd. II, pag. 383. Vöchting, H., Über Organbildung im Pflanzenreich. Bonn 1878, Bd. I, pag, 232, 1884, Bd. II, pag. 113. Ders., Über Transplantation am Pflanzenkörper, pag. 87, 112, Tübingen 1892. Ders., Über die Keimung der Kartoffelknollen. Bot. Ztg. 1902, Bd. LX, pag. 9%. Wiesner, J., Der absteigende Wasserstrom und dessen physiologische Bedeutung. Bot. Ztg. 1889, Bd. XLVU, pag. 7. Winkler, H., Über regenerative Sproßbildung auf den Blättern von Torenia asia- tica L. Ber. d. Bot. Ges. 1908, Bd. XXI, pag. 96. Ders., Über regenerative Sproßbildung au den Banken, Blättern und Internodien von Passiflora coerulea L. Ber. d. bot. Ges. 1905, Bd. XXII, pag. 45. Ders., Botanische Untersuchungen aus Buitenzorg, L_ Ann, jard. bot. Buitenzorg 1906, Ser. II, Vol, V, pag. 32. A. Zur Frage nach den Unterschieden zwischen Lilium hulbiferum L. und Lilium eroceum Chaix. -B. Über die Geschlechtsverhältnisse des letzteren auf Grund mehrjähriger Kulturen. Von E. Heinricher. (Mit 1 Abbildung im Text.) A. Lilium bulbiferum L. und Liliuam croceum Chaix. In einer 1908 in dieser Zeitschrift erschienenen Abhandlung be- handelte ich eingehend die bei Lilium eroceum Chaix vorkommende Androdiöeie und Andromonöcie. In diesen vermeinte ich auch ein L. croceum von L. bulbiferum trennendes Merkmal gefunden zu haben. Noch andere Unterschiede hob ich hervor, so den in der Färbung der Blüten wie auch einen anatomischen. Die Laubblätter von L. croceum sollten durch eigenartige Papillenbildung von jenen des L. bulbiferum unterschieden sein; infolgedessen erschiene bei ersterem die Oberseite der Blätter matt, hingegen bei letzterem mehr oder minder glänzend. Sehr scharf betonte ich, daß das Fehlen von Bulbillen zur Unter- scheidung der beiden Arten nicht dienen kann, resp. für L. eroceum nicht kennzeichnend ist. Für Lilium bulbiferum war die Zahl meiner Beobachtungen gering und ich erwartete, daß meine Mitteilung zu weiterer Verfolgung der Frage Anlaß geben würde. Diese Vermutung bestätigte sich. Im letzten Jahre erschien in den „Beiträgen zur Kenntnis der Schweizer- flora“ eine Arbeit von K. Sturm: „Lilium bulbiferum L. und Lilium eroceum Chaix“1). Leider bringt dieselbe wenig an gewünschter Auf- klärung, weil der Autor von der Überzeugung ausgeht, „daß L. bulbi- ferum sich nur durch den Besitz von Bulbillen von L. croceum unter- scheidet“ und nach diesem Merkmal die beiden Arten in seinen Listen voneinander trennt. Vor dieser irrigen Auffassung hätten den Autor aber schon meine in der ersten Arbeit enthaltenen Angaben warnen sollen. Meine folgenden Mitteilungen werden erweisen, daß die Bulbillen- bildung auch L. croceum in höchstem Maße eigen ist. Daß man so vielfach I. croceum die Bulbillenbildung absprach, ist darin begründet, daß dieses zur Zeit der Blüte, in der die Pflanzen doch gesammelt 1) Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich, 54. Jahrg. (1910), #1, pag. 1-18. Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroceum Chaix usw, 55 werden, die Bulbillen oft noch nicht entwickelt hat, sie erst nach der Blüte produziert. Die Folge dessen, daß Sturm den Bulbillenbesitz oder -mangel als entscheidendes Merkmal annahm, war, daß er zum größten Teil wohl nur L. croceum-Pflanzen untersucht und als L. bulbiferum angesprochen hat und so für dieses weite Areale als Wohngebiete angibt, die nahezu sicher nur das L. ceroceum aufweisen. Ich zweifle nicht, daß „das große Tiroler Verbreitungsgebiet von L. bulbiferum“, welches Sturm pag. 11 erwähnt, fast ausschließlich das L. croceum beherbergt. Nur in Nordtirol dürfte L. bulbiferum vorkommen, wie überhaupt das Ver- breitungsgebiet des letzteren ein viel beschränkteres sein dürfte als jenes des L. croceum, Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich werden sich wahrscheinlich als Hauptwohnstätten des L. bulbiferum erweisen, Die Sache erfordert aber noch eingehende Untersuchung, Wenn auch das Material, das Sturm benützte, ein durchaus un- zuverlässiges ist, so sind doch seine Einwürfe gegen zwei Merkmale, die ich als für die beiden Arten unterscheidend ansah, berechtigt. Der erste betrifft die Andromonöcie und Androdiöcie, die ich bei L. eroceum fand und für diese charakteristisch hielt. Ich kam zu dieser Annahme, da alle Pflanzen von L. bulbiferum, die zur Zeit meiner Studien an L. eroceum blühend zu erhalten waren, nur Zwitterblüten aufwiesen. Es waren dies eine große Zahl fast durchgehend einblütiger Exemplare, die im Innsbrucker botanischen Garten in jenem Jahre blüten und ein Paar vielblütige, die mir aus einem Bauerngarten bei Innsbruck durch den Universitätsgärtner beschafft wurden. Überdies lag auch in der ‚ Literatur nirgends ein Hinweis auf Andromonöcie und Androdiöeie bei L. bulbiferum vor. Zweifel in dieser Hinsicht wurden in mir aber bald rege, als ich durch die nachfolgend zu besprechenden Kulturen des L. eroeeum erkannt hatte, daß die Geschlechtsverhältnisse hier in erster Linie von der Ernährung abhängen und als ich bei Durchsicht meines eigenen Herbars (gelegentlich des von Prof. Schinz gestellten Ansuchens, unser Herbarmaterial über Lilium einzusenden) ein zu meiner Studenten- zeit am Hochlantsch in Steiermark gesammeltes Lilium bulbiferum sah, das nur eine und zwar eine männliche Blüte hatte. Ich war nun selbst schon ziemlich sicher, daß in der freien Natur — im Konkurrenzkampfe der Individuen mit der anderen Pflanzenwelt — die Geschlechtsver- hältnisse bei L. bulbiferum die gleichen sein dürften wie bei L. erocenm und daß meine seinerzeitige Annahme, auf Grund der Beobachtung kultivierter Pflanzen, irre gegangen sei. 56 E. Heinricher, Nach Erhalt von Sturms Abhandlung ersuchte ich, um der Frage mit: mehr Sicherheit zu begegnen, den eben nach Graz reisenden Kollogen, Privatdozenten Dr. Sperlich, einen Ausflug auf den Hochlantsch, diesen mir bekannten Standort des L. bulbiferum, zu unternehmen, diesbe- zügliche Beobachtungen am Orte vorzunehmen und mir einiges Alkohol- material zur Untersuchung einzusenden. Dr. Sperlich entsprach meinem Wunsche, und wenn er auch die Wiesen, auf denen L. bulbiferum steht, zum großen Teile schon gemäht: antraf, genügen seine Beobachtungen doch zur Entscheidung des Infragegestellten. So fand er 10 Pflanzen, die zweiblütig waren und je eine zwitterige weibliche und eine männ- liche Blüte trugen; damit war das Vorkommen polygamer Pflanzen fest- gestellt. Eine einblütige 5 Pflanze liegt in meinem Herbar vor. Aus all dem läßt sich schließen, daß sich L. bulbiferum in der freien Natur bezüglich der Geschlechtsverhältnisse wie L. ereceum verhält. Ausge- dehntere Untersuchungen über das echte L. bulbiferam könnten höchstens noch entscheiden, ob bei dieser Art rein männliche Pflanzen in der freien Natur auch in so großer und vorherrschender Zahl zu finden sind als bei L. eroceum). Ein zweites Merkmal, das ich für L. eroceum und 1. bulbiferum als nuterscheidend ansah, glaubte ich in papillösen Zellreihen gefunden zu haben, die ich an L. croceum in der oberseitigen Blattepidermis fand, an den geprüften Exemplaren von L. bulbiferum aber vermißte?). (Dies waren die Exemplare aus dem Innsbrucker botanischen Garten, Pflanzen von Völs bei Innsbruck und die früher erwähnten aus einem Bauerngarten bei Innsbruck) Damit wäre ein einfaches anatomisches Merkmal gefunden gewesen, das eventuell auch bei der Bestimmung von Herbarmaterial gute Dienste geleistet haben würde, denn in den Herbarien herrscht zweifelsohne betreffs der beiden Arten ein großes Wirrwarr. . Sturm erhebt den Einwand, daß beide Arten Papillen besitzen, ihre Zahl von Pflanze zu Pflanze stark wechselt, „vollständig gefehlt 1) Allerdings ist mir kein Standort des Lilium bulbiferum bekannt, der ein so massenbaftes Vorkommen der Pflanze zeigen würde, wie es der Standort des L. groceum auf dem Monte Maggio darbot. Dies wäre aber wünschenswert, um ent- scheiden zu können, ob vielleicht bei L. bulbiferum Androdiöeie und Andromendeie weniger häufige Erscheinungen sind als bei L. eroceum, 2) Sturm dehnte die Untersuchung ü f . ; ung über das Vorkommen von Papillen auch auf die Biattunterseiten, Stengel usw. aus. Ich sprach nur von den in parallelen Streifen an der Oberseite der Blätter vorkommenden Papillen, die ich bei L. erocenm fand, an den damals geprüften Blättern des L. bulbiferum vermißte. Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. croceum Chaix usw. 57 haben sie bei keiner der untersuchten Pflanzen“. Obwohl Sturms An- gabe insofern unzuverlässig ist, als er alle jene Pflanzen, die Bulbillen besaßen, als L. bulbiferum ausprach (wovon ein Teil sicher L. croceum war), besteht sein Einwand doch zu Recht. Ich machte mich selbst an eine Nachprüfung der Sache. In unserem Garten war kein L. bulbi- ferum (es war eben die Übersiedlung und Neuanlage erfolgt). Ich ließ mir daher frische Pflanzen vom bekannten Standorte, Völs bei Inns- bruck, holen. Eis wurden nur nichtblühende Exemplare mit Erstarkungs- trieben gefunden. Diese Exemplare bestätigten meine Befunde von 1907. Papillen fehlten, die Blätter hatten einen leichten Glanz'), Ich ging aber der Sache weiter nach und wandte mich auch an die Untersuchung von Herbarexemplaren, unter denen sich welche befanden, die ich mehr oder minder sicher als L. bulbiferum ansehen konnte. So aus der Bärenschütz bei Mimnitz (Steiermark), vom Rosenberge bei Graz, Pflanzen von Wiesen am Reichraming (Oberösterreich). Hier fanden sich Papillen- streifen ähnlich wie bei L. croceum; die Zahl und Ausbildung derselben war manchmal mäßig. Ebenso waren Papillen an den Proben vorhanden, die mir Dr. Sperlich von der’genannten Exkursion auf den Hochlantsch eingesandt hatte. Das genannte Merkmal ist somit in der Tat zur Unterscheidung der beiden Arten nicht brauchbar, wenn es auch sicher ist, daß von L. bulbiferum Exemplare vorkosumen, an deren Blättern die Papillen fehlen oder nur vereinzelt sich finden, keineswegs in jenen streifenartigen, parallelen Zügen, wie ich sie 1. c. für L. eroceum abge- bildet habe. Als ein drittes Merkmal, das die Unterscheidung von L. eroceum und L. bulbiferum zuläßt, bezeichnete ich die Färbung der Blüten. Ich sage 1. c.: „Das Perianthblatt von L. eroceum hat den dunkelorangen Ton gewissermaßen als Grundton, nur eine mittlere Partie, im allgemeinen von rhombischem Umriß, zeigt hellgelborange Färbung. Bei L. bulbi- ferum ist letzterer Ton Hauptfarbe und nur gegen die Basis und die 1) Von diesen Pflanzen habe ich Probeexemplare in Alkohol eingelegt, die zu eventueller Nachprüfung zur Verfügung stehen. — Nebenbei sei noch bemerkt, daß Herr Sturm meine Annahme, daß die Papillen das matte Aussehen der Blatt- oberfläche hervorrufen, in Zweifel zieht und dafür die Wölbung der Epidermiszellen und die Cuticularleisten derselben in erster Linie als maßgebend ansieht. Über die Bedeutung kuppelförmiger Vorwölbungen (i. e. Papilien) für das Matterscheinen von Biattflächen hat sich ungefähr zu gleicher Zeit Hofrat Sigm. Exner in der Abhandlung: „Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbungen“ (Sitzungeber. der Kaiserl. Akad, der Wissensch. in Wien, mathem,-neturw. Klasse, Bd. GXIX, Abt. I, pag. 34--42, 1910) geäußert. Den Cutienlarleisten wird jede Mitwirkung hierbei abgesprochen. 58 E. Heinricher, Spitze tritt dunkleres Orange auf.‘ Dieser Farbenunterschied ist offen- bar auch Chaix aufgefallen und hat ihn zur Bezeichnung L. eroceum geführt. Ich kannte von Steiermark her nur das L. bulbiferum, und die erste Begegnung mit Lilium in Südtirol brachte es mir zum Be- wußtsein, daß dies nur L. croceum sein könne. Sturm hält auch dieses Merkmal für unbrauchbar. Er sagt: „Auch in der Farbe sind beide Arten gleich, so daß ein Unterschied nicht gemacht werden kann.“ Dem muß ich aber entgegentreten und kann mir den Ausspruch Sturms nur als so zustande gekommen denken, daß er bei seiner Untersuchung lebend echtes L. bulbiferum gar nicht gesehen hat. Da er als unterscheidendes Merkmal der beiden Arten nur Besitz oder Fehlen der Bulbillen ansah — L. croceum selbst aber Bulbillen reichlich produziert — ist sein Irrweg auch leicht er- klärlich. - Um sicher zu gehen, bat ich Dr. Sperlich, auch dieses Moment bei der erwähnten Exkursion auf den Hochlautsch in Steiermark zu beachten. Er schrieb mir darüber: „Alle gesehenen Blüten zeigten sich im Grundton unbedingt hell und ließen nach oben und unten die vom Herrn Professor geschilderte dunklere Tönung erkennen. Ein dunkeloranger Grundton mit der median gelegenen rautenförmigen Fläche war gewiß nirgends zu konstatieren“*). Auch die Herbare, die Herr Sturm durchgesehen hat, dürften ganz vorwiegend das L. eroceum enthalten haben. Es ergibt sich übrigens, nachdem die Unterschei- dung nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Papillen nicht durehführbar ist, daß nach Herbar-Exemplaren eine sichere Bestimmung überhaupt unmöglich wird, da sieh die Färbung der Blüten nicht dauernd erhalten läßt. Man wird höchstens mit einiger Wahrscheinlichkeit blühende Exemplare, die keine Bulbillen tragen, als L. croceum bezeichnen dürfen, weil bei dieser Art die Bulbillenbildung oft erst nach der Blüte einsetzt. Häufig sind die Bulbillen aber auch schon zur Blütezeit gut entwickelt, wie dies die lange Liste der in meiner ersten Mitteilung besprochenen Pflanzen vom Monte Maggio oberhalb Serrada in Südtirol erweist2). 1) Um zu weiterer gesicherter Kenntnis der Verhältnisse zu kommen, wurde von den durch Dr. Sperlich eingesandten Bulbillen der Pflanzen vom Hochlantsch eine Kultur angelegt. 2) In einer kleinen Mitteilung: „Abnorme Blüten bei Lilium bulbiferam L.“ (Lotos, naturwissenschaftl. Zeitschr. 1907, Nr. 2) berichtet Prof. Beck v. Mana- getta über Lilium bulbiferum und das Verhalten seiner Deszendenz in der Alpen- anlage des botanischen Gartens der deutschen Universität Prag. Er sagt, daß unter Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroceum Ohsix usw. 59 B. Über ‚die Geschlechtsverhältnisse bei Lilium crocenm, Erfahrungen, gewonnen an mehrjährigen Kulturen. a) Versuch mit blühreifen, am Monte Baldo, oberhalb Nago, Ende Juni 1906 ausgehobenen Pflanzen. Dieser Versuch umfaßt drei einblütige Pflanzen; eine davon hatte eine Zwitterblüte, die Blüten der beiden anderen waren männlich. Der Versuch sollte erweisen, ob das Individuum die Geschlechtsverhältnisse in der Folge konstant beibehält, ob also die Pflanzen mit männlichen Blüten auch weiterhin nur männliche Blüten ausbilden würden usf. den Deszendenten an Brutzwiebelehen reiche Pflanzen, aber auch brutzwiebellose auftreten, welch letztere, „wenngleich sie auch fenerrote Blumen besitzen, doch nur mit L. eroceum Chaix zu identifizieren sind, denn die beiden Farben, feuerrot (resp. lenchtendrot oder gelbrot) und safranroi, welche die Blumen beider charak- torisieren sollen, sind wohl auch von einem Farbenverständigen nicht in ihren’ zahl- reichen Abstufungen auseinander zu halten“. Und weiter: „Demnach ist es wohl gerechtfertigt, das L. eroceum nicht als eine Unterart des L. bulbiferum zu be- trachten, wie es Ascherson und Gräbner im IV. Bande ihrer Synopsis der mittel- europäischen Flora, pag. 117, tun, sondern diese bruizwiebellose Lälie nur als eine Form des L. bulbifernm anzusprechen.“ Ich kann mich dieser Anschauung nicht anschließen. Die Brutzwiebellosigkeit ist allerdings als Charakteristikum für L. croceum ganz unbrauchbar, aber die Färbung der Blüten und die Farben- verteilung an den einzelnen Perianthblättern finde ich bei L. eroceum — sowohl an den natürlichen Standorten als an der Deszendenz in meinen Kulturen — außerordentlich konstant. Auch hege ich die Vermutung, daß genaue und sorgfältige Prüfung eine ziemlich scharfe Sonderung der Areale, die die beiden Arten bewohnen, ergeben wird. — Hegi (Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd. II, Pag. 238) bemerkt unter Zitierung meiner Arbeit in Flora (1908), daß in neuerer Zeit I. bulbiferam und L. croceum mit Unrecht auch als Arten angesprochen. werden. Ich sagte in Punkt 7 meines Resümees: „Die Zahl der angeführten unter- scheidenden Merkmale 13ßt Lilium eroceum als wohlunterschiedene Art bezeichnen.“ Dabei legte ich weniger Gewicht auf das Wort Art, als auf die Unterscheidbarkeit, die, solange Andromondeie und Androdidcie nur für L. eroceum nachgewiesen war, prägnant gegeben schien. Nun, da dieses Unterscheidungsmerkmal fällt, wird ja allerdings die Bezeichnung Unterart zweokmäßiger. Übrigens hat Hogi als unter- scheidend alle jene Merkmale aufgenommen, die ich in der genannten Schrift an- führe. Ich finde bei Hegi für L. bulbiferum nur noch den Vermerk „meist braune Bulbillen tragend“. Auch die Bulbillenfarbe wird wohl kein trennendes Merkmal abgeben (vgi. die folgende Untersuchung über L. croceum); allerdings habe ich, speziell bei L. bulbiferum, meines Erinnerns stets grüne Bulbillen gesehen. Die mir durch Dr. Sperlich eingeschickten, den Pflanzen am Hochlantsch in Steier- mark enistammenden, waren grün. 60 E. Heinricher, Die Pflanze mit der Zwitterblüte reifte eine Kapsel, die zu einer Sämlingskultur ausgenützt wurde; letztere kommt unter B. u. b. zur Besprechung. Alle drei Pflanzen wurden eingetopft in einem Erdkasten über- wintert, am 8. Mai 1907 aber ausgetopft und ins freie Land gesetzt. Die Pflanze mit der Zwitterblüte erwies sich in ihrem Triebe stark verpilzt — nicht nur die Laubblätter, sondern auch die Schuppen- blätter der Zwiebel wiesen eine Äcidienfruktifikation auf. Die Pflanze ging ein und es verblieben also nur die Pflanzen, die ursprünglich <‘ Blüten hatten. Bezeichnen wir dieselben mit 1 und 2 und ver- folgen wir ihr Verhalten in den aufeinanderfolgenden Beobachtungs- jahren. 107. 1. Bildete einen Erstarkungstrieb und kam nicht zur Blüte. Die Achselknospen der Laubblätter blieben ganz rudimentär, entwickelten sich nicht zu Bulbillen®). 2. Auch dieses Individuum bildete einen Erstarkungstrieb, ohne zum Blühen zu kommen. Hingegen trug es in der Achsel der Laub- blätter starke Bulbillen. 1908. 1. Entwickelte einen starken Trieb, an dem am 8. Juni fünf Blüten- knospen erkennbar waren. (Nur die obersten Hochblätter hatten einige Bulbillen.) Dieselben entfalteten sich zwischen dem 18. bis zum 26. Juni und waren alle zwitterig. 2. Die Pflanze bildete zwei Triebe, die beide zur Blüte kamen, einer mit vier Blüten, der andere mitzwei Alle Blüten waren zwit- terig. Der zweiblütige Trieb trug ferner eine Anzahl von Bul- billen, die an den höher stehenden Blättern sogar zu dreien, lateral saßen. Die Größe dieser Bulbillen war sehr bedeutend. Der vier- blütige Trieb hingegen hatte nur zwei Bulbillen. 1909. 1. Ein sehr starker Trieb mit sieben Blütenknospen erstand. Bulbillen fehlten gänzlich. Von den Blüten waren sechs zwitterig, die siebente männlich, mit schwachem Fruchtknotenrudiment. 1) Beim Austopfen war mir die Länge der von der Zwiebelbasis ausgehenden Waurzeln befremdlich. Drei solche waren vorhanden, die gut %, m Länge hatten und reichlich verzweigt waren. Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroeeum Chaiz usw. 61 2. Die Pflanze entfaltete einen Trieb mit drei Blüten. Alle waren zwitterig. Bulbillen waren in größerer Zahl vorhanden. 1910, 1. Zwei Triebe erscheinen und kommen zur Blüte. Der eine mit vier, der andere mit drei Blüten. Alle sieben Blüten waren zwitterig. 2. Auch hier kamen zwei blütentragende Triebe, jeder mit drei Blüten. An dem einen waren zwei Blüten zwitterig, die dritte %, an dem andern alle zwitterig. Bulbillen hatten beide Triebe in beschränkter Zahl und waren dieselben vor der Blütezeit und während derselben nur wenig ent- wickelt — etwa hirsekorngroß. Diese Versuche ergaben also: 1. Das Geschlecht eines Individuums ist nicht fixiert. Die beiden Pflanzen, die ursprünglich & Blüten gebildet hatten, bil- ‚deten in der Folge ganz vorwiegend Zwitterblüten. Meist waren die Triebe mit Zwitterblüten allein versehen, nur zweimal waren sie poly- gam, folgte auf eine Reihe von Zwitterblüten als letzte je noch eine männliche, 2. Gegenüber den Pflanzen am natürlichen Standorte (vgl. die Liste von analysierten Pflanzen vom Monte Mag- gio in meiner ersten Veröffentlichung) ist an den kulti- vierten Pflanzen das außerordentliche Überwiegen der Zwitterblüten gegenüber den männlichen hervortretend. Die beiden Pflanzen produzierten in den 3 Jahren, in denen sie Blüten- triebe bildeten, 34 Blüten, wovon 32 zwitterig, 2 S' waren (94%), zwit- terig:6°/, @). Die in der erwähnten Liste vom Monte Maggio ange- führten 36 Pflanzen (wobei solche mit Zwitterblüten und polygame stärker berücksichtigt waren, als es ihrem Vorkommen auf den natürlichen Standorten entspricht) hatten 56 Blüten, wovon 37 männlich, 19 zwit- terig waren; oder prozentisch 66 5:19 zwitterig. Hier überwogen also sehr beträchtlich die männlichen Blüten bzw. J' Pflanzen. - 3.In der Kultur steigt die Anzahl der gebildeten Blüten gegenüber der, die die Individuen am natür- lichen Standorte haben, beträchtlich. In der angeführten Läste vom Monte Maggio fanden sich unter 36 Pflauzen nur zwei vierblätige, die zwei kultivierten Pflanzen lieferten in den 3 Jahren, da sie blühten, 62 E. Heinricher, auch Triebe mit fünf und sieben Blüten — unter drei hatte keine‘). Nur eine einzige Pflanze unter den zwitterigen des Monte Maggio hatte drei Blüten, in unserer Kultur gab es einen Trieb, der sämtliche . fünf Blüten zwitterig ausgebildet hatte. Unter den polygamen Pflanzen vom Monte Maggio kamen im günstigsten Falle vierblütige mit zwei Zwitterhlüten und zwei männlichen vor, an unseren besprochenen Pflanzen hatten die zweimal aufgetretenen polygamen Triebe in einem Falle sieben Blüten, wovon sechs zwitterig, eine männlich waren. 4. Dies alles deutet darauf, daß die Ernährungsver- hältnisse das Geschlecht der Blüten bestimmen und die männlichen Blüten als Hemmungsbildungen aufzufassen sind, die bei Mangel an Baustoffen auftreten. Das war ja von vornherein schen durch die Tatsache wahrscheinlich gemacht, daß bei polygamen Pflanzen die männlichen Blüten stets auf die zwitterigen folgen und daß in ihnen — in weit abgestuften Grenzen — stets ein Rest eines Gynäceums nachweisbar ist?). 5. Endlich lehren uns die zwei Pflanzen, daß dieNeigung, Bulbillen zu bilden, individuell sehr verschieden ist, auch daß Bulbillen an demselben Individiuum in einem Jahre fehlen, im andern vorhanden sein können?) und daß die Bul- 1) In der nachstehend zur Besprechung gelangenden Kultur von Sämlingen hat Nr. 2 heuer 14 Blüten, Nr. 5 zwei Triebe, einen mit 4, den andern mit min- destens 21 Blüten angelegt. (Vermerk, gemacht gelegentlich der Druck-Korrekiur am 8. Mai 1911) 2) Die männlichen und die- polygamen Pflanzen von Iälium eroceum und L. bulbiferam gehören also in die Kategorie jener Erscheinungen, für die Goebel in seiner jüngst veröffentlichten, interessanten Studie „Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen“ (Biolog. Zentralbl. 1910, pag. 659 ff.) zahlreiche Fälle anführt. Z. B. junge Exemplare von Isoötes tegulensis tragen nur Mikrosporophylie, Ambrosia artemisiaefolia trägt nach Meehan bei dichtem Stand fast ausschließlich männliche Blütenköpfe, bei vereinzelter Stellung auf gutem Boden vorwiegend weibliche. Astrantia major: die besternährten Dolden haben am wenigsten, die schlechtest er- nährten am meisten männliche Blüten. — Ebenso schließen sich in engerer oder weiterer Weise die vielen Fälle an, die Correns in seinen ausgezeichneten Studien @. „Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihre Be- einflußbarkeit“, Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1907, Bd. XLIV, pag. 124-173, und IH. in „Weitere Untersuchungen über die Geschlechtsformen polygamer Blüten- pflanzen und ihre Beeinflußbarkeit“, ebendort 1908, Bd, XLV, pag. 661-700) behandelt, 3) Wenn man mit Sturm die Ausbildung von Bulbillen als das für L. bulbiferum Kennzeichnende annehmen würde, daun wären die Pflanzen, als sie 1906 ober Nago gesammelt wurden, ale L. eroceum zu bezeichnen gewesen, in den folgenden Jahren wäre aber die eine davon wenigstens ausgesprochen L. bulbi- ferum geworden! Unterschiede zwischen Lilium bulbiferam L. und L. eroceum Chaix usw. 63 billenbildung teilweise jedenfalls aueh von dem Ernährungs- zustande abhängt. Die eine verriet schon im Jahre 1908 — als nur Erstarkungs- triebe gebildet wurden — eine starke Befähigung zur Bulbillenbildung, während die andere in diesem Jahre keine produzierte. Die erstere kam auch in den Folgejahren stets und zeitweise zu sehr reichlicher Bulbillenbildung, während an der zweiten solche mehr sporadisch auftrat. Vielleicht besteht auch eine Korrelation zwischen Blüten- und Bulbillen- bildung. Die bulbillenreiche Pflanze produzierte im ganzen weniger Blüten als jene, die Bulbillen nur ausnahmsweise trug. Die erstere in Summe 15 Blüten, letzere 19. b) Kulturen aus Samen aufgezogener Pflauzen. Wie schon pag. 59 erwähnt, lieferte die Pflanze vom Monte Baldo, die eine Zwitterblüte besessen hatte, eine Kapsel. Samen derselben “ wurden am 3. Okt. 1906 angebaut und ergaben 1907 12 Keimlinge, von denen in der Folge 11 Pflanzen erhalten blieben. Zuerst wurden sie in Töpfen gezogen, später ins Freiland übersetzt. Die Stärke der Entwicklung war verschieden. So hatten am 15. Sept. 1908: Eine Pflanze vier Laubblätter, zwei Pflanzen drei Blätter, zwei Pflanzen zwei Blätter, der Rest nur ein Blatt. Am 6. Mai 1909 hatten fünf Pflanzen nur ein einzelnes Laubblatt, sechs aber besaßen belaubte Triebe und zwar fünf davon je zwei, von denen meist der eine etwas stärker, , in einzelnen Fällen bedeutend stärker war als der andere. Bulbillen bildete in diesem Jahre auch nur der stärkere Trieb der einen Pflanze. 1910. Sechs Exemplare kamen zur Blüte. Doch will ich die ı1 Pflanzen und ihr Verhalten im folgenden einzeln besprechen: Nr. 1. Entwickelt zwei Blütentriebe. Erster Trieb. Am 1. Jimi ist er noch ohne Bulkillen, vier Knospen sind da. Alle ergaben Zwitterblüten, nach der Blüte setzte Bulbillenbildung ein. Zweiter Trieb Nur eine gipfelständige Knospe, die sich am 18. Juni zu einer Zwitterblüte entfaltetee Am 1. Juni war der Trieb noch bulbillenlos, doch entwickelten sich solche zur Zeit der Blüte. Nr. 2. Am 1. Juni noch bulbillenfrei, mit fünf Blütenknospen. Diese entfalten sich zwischen dem 4. Juni bis 18. Juni. Vier Blüten zwitterig, die letzte g Nach dem Blühen setzt starke Bulbillen- bildung ein. 64 E. Heinricher, Nr. 3. Entwickelt zwei blühende Triebe. Erster Trieb. 1. Jani. Noch bulbillenfrei, mit drei Knospen. 12. Juni öffnet sich die erste Blüte, die wie die folgenden zwitterig war. Gleichzeitig wurde auch schon die Bulbillenbildung eingeleitet. Zweiter Trieb. Zwei Knospen ergeben eine Zwitterblüte und eine < Bulbillenbildung nach der Blüte. Nr. 4. Hat nur einen schwachen Erstarkungstrieb, der bulbillen- frei ist. Nr.5. Entwickelt einen blühenden Trieb und einen Erstarkungstrieb. Erster Trieb. 1. Juni. Stark, mit fünf Knospen. Einige schwache Bulbillen, von den obersten Blättern gestützt, schon erkennbar. Alle Blüten waren zwitterig. Nachträglich Ausbildung sehr starker und zahlreicher Bulbillen. ‚Zweiter Trieb, etwa 20 em hoch, entwickelt im oberen Teil Bulbillen. Nr. 6. Zwei blühende Triebe. Erster Trieb. Am 1. Juni bulbillenfrei, mit vier Knospen, von denen drei Zwitterblüten ergeben; die letzte g'. Bulbillenbildung tritt erst nach dem Blühen ein. Zweiter Trieb, mit einer zwitterigen und einer männlichen Blüte. Nr. 7. Hat nur einen Erstarkungstrieb, der auch am 26. Juni noch bulbilienfrei war. Nr. 8. Treibt einen Blütensproß; drei Blüten, alle zwitterig. Schon am 1. Juni war eine schwächere Bulbille im oberen Teil vor- handen; nach der Blüte entstanden zahlreiche. Nr. 9. Bildet nur einen Erstarkungstrieb, der auch noch am 26. Juni bulbillenfrei war. Nr. 10. Ebenfalls nur mit einem Erstarkungssproß. Dieser be- sitzt am 26. Juni starke, dunkelbraun gefärbte Bulbillen. Nr. 11. Wieder nur mit einem Eirstarkungssproß, der bulbillen- los blieb. Fassen wir die Ergebnisse dieser Kultur zusammen, so zeigt sich: 1. Sämlinge geben im vierten Jahre nach der Aussaat blühende Pflanzen. (Ein Teil auch in diesem noch nicht, was selbst- verständlich von dem besseren oder minderen Gedeihen in den Vor- jahren abhängt). 2. Die sechs im vierten Jahre zur Blüte gelangten Pflanzen pro- duzierten 29 Blüten; davon waren 25 zwitterig, vier männlich, oder prozentisch ausgedrückt 86 zw., 14 9. Wieder also überwiegen die Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroeeum Chaix usw. 65 Zwitterblüten bedeutend, aber gebenüber dem Verhältnis in Kultur a tritt doch eine Zunahme der männlichen Blüten hervor, Dies hängt zum Teil wohl mit der Jugend der Pflanzen in der Kultur b (erste Blüteperiode) zusammen‘). In Kultur a umfaßten die co Blüten 6°, in der Sämlingskultur 14%,. Immerhin fehlt unter allen Sämlingen eine einblütige Pflanze und überhaupt eine rein männliche, wie solche am natürlichen Standorte, am. Monte Maggio, so vorwiegend vertreten waren. Gewiß sind das dort Erstlingsblüher, die in der Konkurrenz mit der umgebenden Vegetation viel schwierigere Ernährungsbedingungen haben als Pflanzen in der Kultur. Unter unseren, das erstemal blühenden Sämlingen, finden sich aber auch zwei fünfblütige Exemplare, während in der Monte Maggio-Liste unter 36 Pflanzen kein solches vertreten war. Und eine der fünfblütigen Sämlingspflanzen war rein zwit- terig! 3. Hervorzuheben ist ferner die Tatsache, daß sämtliche zur Blüte ge- langten Pflanzen nach der Blüte kräftige und zahl- reiche Bulbillen entwickel- ten?). (Während des Jalıres 1909 hatte von den Erstar- kungstrieben nur einer Bulbillen.) Um einen Begriff von dem Bul- billenreichtum zu geben, füge ich eine photographische Auf nahme einer dieser Sämlings- ! . pflanzen bei (Fig. 1), wobei ich Fig. 1. 0,77 nat. Gr. 1) Gleiche Beobachtungen in den vorher angeführten Schriften von Goebel und Correns. So berichtet: letzterer in Bd. I, pag. 148: „Wiederholt ließ sieh auch bei Silene inflata und Geum intermedium beobachten, daß im ersten Jahr, in dem die Pflanze zur Blüte kam, die Zahl der eingeschlechtigen Blüten größer ausfiel als im zweiten, wo sie schon mehr erstarkt war.“ 2) Zur Blütezeit gesammelt, wären sie deshalb nach Sturm L. eroceum- Pflanzen gewesen; später würde er sie als I. hulbiferum diagnostiziert haben. Ebenso wäre nach Sturm die ober Nago 1906 ausgehobene Pflanze L. eroceum gewesen, ihre Nachkommenschaft aber wäre als L. bulbiferum bezeichnet worden. Flora, Bä. 108. 5 66 EB. Heinricher, daran erinnere, daß die vom Monte Baldo gebrachte Mutterpflanze frei von Bulbillen wart). co) Versuch mit aus Bulbillen aufgezogenen Pflanzen. Zu diesem Versuche wurden Pflanzen von den Alpwiesen des Monte Maggio herangezogen und zwar wurden die Bulbillen drei Pflan- zen entnommen, deren Analyse in der Liste meiner ersten Abhandlung 8. 368ff. gegeben ist. Die Auswahl geschah nach der Färbung der Bulbillen. Die Deszendenz dieser drei Kulturen lieferte zwar 1910 erst in einer blühende Pflanzen und deshalb plante ich die Veröffent- liehung erst im nächsten Jahre. Dies schon jetzt zu tun, dazu ver- anlaßt mich die erwähnte Sturm’sche Abhandlung. Ich glaube auch nicht, daß die Ergebnisse der Bulbillenkultur III (die vorliegen) rück- sichtlich der Gesehlechtsverhältnisse wesentlich von denen der Kulturen I und II verschieden sein werden. Sollte dies jedoch der Fall sein, so wird eine nachträgliche Mitteilung erscheinen, denn die Kulturen werden selbstverständlich im Jahre 1911 noch beobachtet werden. Die Bulbillen der drei Kulturen wurden zuerst in Töpfen ange- baut 8. Juli 1907), dann am 19. Mai 1908 einzeln in drei Versuchs- felder im Freilande gesetzt. 1909 mußten die Kulturfelder (wegen notwendiger Räumung unseres alten botanischen Gartens) an anderer Stelle angelegt, die Pflanzen also nochmals übersetzt werden. Kultur eL Verwendet wurden 12 Bulbillen der polygamen Mutterpflanze (mit zwei Zwitter- und 2 S1-Blüten), Nr. 34 der Monte Maggio-Liste. Die Bulbillen waren groß, grün, einzelne oben mit braunen (Anthokyan) Tupfen versehen. Am 20. September 1907 war schon eine bedeutende Vergrößerung der Bulbillen feststellbar. 1908 hatten neun Bulbillen 1-—2 Laubblätter getrieben. Die Zahl der Bulbillen hat sich durch Spaltung einer derselben (Entwicklung eines Achselsprosses zu einer neuen Bulbille) um eine vermehrt?). Bestand 13. 1) Soweit ich mich entsinne, kamen bei ihr auch nach der Blüte keine Bul- billen zur Entwicklung. Das hängt vielleicht korrelativ zusammen mit der statt- gefundenen Entwicklung einer Frucht. Die Stoffe, die sonst für die Ausbildung der Brutknospen verfügbar bleiben, werden bei stattgehabter Befruchtung für den Ausbau der Samen verwendet. Das klingt wenigstens ganz plausibel. 2) In einer vor wenigen Tagen mir zugekommenen Abhandlung von H. Nakano („Lebensgeschichte der Stengelbulbillen einiger Angiospermen“. Journal Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L, und L. eroceum Chaix usw. 67 1909 hatten 12 Pflanzen kleinere. beblätterte Erstarkungstriebe gebildet, eine besaß nur ein Laubblatt. .. 1910. Waren nur acht Pflanzen vorhanden. (Eingehen infolge des Übersetzens!) Davon waren die vier schwächeren ohne Bulbillen, die vier stärkeren ließen schon am 1. Juni Bulbillen erkennen. Am 26. Juni hatten diese alle sehr starke, zahlreiche Bulbillen. Bemerkens- wert war es, daß die Bulbillen die Eigenschaften jener der Mutter- pflanze wiederholten, sie waren grün mit rotbraunen Tupfen am Scheitel ). Kultur cU. Zur Aussaat gelangten 12 Bulbillen einer polygamen Pflanze, die zwei Zwitterbläten und eine männliche gehabt hatte (Monte Maggio- Liste Nr. 27). Die Bulbillen waren in toto tiefbraunrot gefärbt, im ganzen klein, die größeren gut hanfkorngroß (Variationen in der Größe vom ein- bis zweifachen). Von diesen 12 Bulbillen wurden 1908 nur fünf treibend vorgefunden und entwickelten ein Lanbblatt. 1909 hatten drei Pflanzen beblätterte Erstarkungstriebe gebildet, zwei wieder nur je ein Laubblatt. 1910 entwickelten alle fünf Deszendenten dieser Bulbillenkultur kräftige Erstarkungstriebe, und zwar zwei davon je zwei Triebe. Alle of the College of Seience, Imperial University of Tokyo 1910, Vol. XXVIIL) unter- scheidet der Genannte die Bulbillen in Zwiebelchen und Knöllchen. Er sagt pag. 5: „Im Zwiebelchen befindet sich ohne Ausnahme nur ein Vegetationspunkt, während im Knöllehen mehrere sich vorfinden.“ Auf Grund des bezeichneten Merkmals wird diese Scheidung wohl kaum durehführbar sein. Gerade die Zwiebelchen von Lilium (Nakano behandelt L. tigrinam) enthalten wohl stets mehrere Vegetations- punkte. Schon an den Bulbillen, die noch an der Mutterpflanze sitzen, oder kurz vorher sich abgelöst haben, ist oft eine Spaltung, als Folge der Entwicklung einer Achselknospe zu einer Sekundärbulbille, bemerkbar; aber auch die Vegetations- punkte, die späterhin in Ein- oder Mehrzahl als Erstarkungssprosse hervorgeschoben werden, sind der Anlage nach wohl schon an der jungen Bulbille vorhanden, 1) Vermerk bei der Druck-Korrektur am 10. Mai 1911. Ich gebe das, was die Kultur im heurigen Jahre gegenwärtig zeigt, kurz an, weil es immerhin die aufgestellten Fragen beleuchtet und auf das Verhalten zur Blütezeit schon aus den vorhandenen Erfahrungen mehr oder minder sicher geschlossen werden kenn, Die Individuen sind mit I--VIII bezeichnet: I hat einen Trieb mit 6 Knospen; II zwei Triebe, einen mit 5, einen mit 2 Knospen; III zwei Triebe, einer mit 5, der andere mit 4 Knospen; IV ein Trieb mit 2 Knospen; V ein Trieb mit 3 Knospen; VI zwei Triebe, einer mit 6, der andere mit 3 Knospen; VII zwei Triebe, einer mit 1 Knospe; VII zwei Triebe mit 7 und 2 Knospen. Die Pflanzen, die erst im 4. Jahre zur Blüte schreiten, sind offenbar sehr gekräftigt. Nur ein einblütiges Exemplar ist darunter. 5 * 68 E Heinricher, diese Erstarkungstriebe — mit Ausnahme der schwächsten Pflanze — zeigten schon am 1. Juni zahlreiche Bulbillen, die so wie diejenigen der Mutterpflanze durchgehends eine dunkelrotbraune Färbung hatten. Am 21. Juni waren diese Bulbillen schon alle zu beträchtlicher Größe herangewachsen. Zur Blüte kam noch keine Pflanze dieser Kultur?). Kultur eII. Zur Aussaat gelangten neun Bulbillen einer Pflanze mit zwei männlichen Blüten (Monte Maggio-Liste Nr. 28); dieselben waren von wejßlich-grüner Farbe und beträchtlich groß. Von diesen hatten schon am 20. Sept. 1907, also im Jahre der Aussaat, zwei je ein Laubblatt getrieben. 1908 hatten alle neun Pflanzen je ein Laubblatt; fünf derselben waren kräftiger ausgebildet. 1909 hatten alle Pflanzen belaubte Erstarkungstriebe, eine davon zwei. Fünf Pflanzen trugen Bulbillen (weiß-grünlich), sie zeichneten sich vor den übrigen auch durch doppelte bis dreifache Höhe aus. 1910 brachte die Mehrzahl der Pflanzen zwei Triebe hervor und sechs Pflanzen kamen schon zur Blüte. Hier empfiehlt es sich, das Verhalten der neun Pflanzen einzein zu beschreiben. Individuum I. Entwickelte zwei Triebe. Der stärkere davon hatte schon am 1. Juni im obersten Drittel (8—10 em) zahlreiche weißgrüne Bulbillen. Der schwächere Trieb verhielt sich ähnlich, schloß aber mit einer Blüte ab, die sich am 6. Juni entfaltete und 9‘ war. Individuum IL. Auch hier zwei Triebe, der eine mit zwei Blüten- knospen, unter denen sich schon am 1. Juni weißgrüne Bulbillen fanden. Die Blüten entfalteten sich am 4. Juni und 6. Juni, die erste war zwitterig, die zweite männlich, Der zweite Trieb, ähnlich stark wie der erste, wies in der oberen Hälfte zahlreiche Bulbillen (weißlich-grün) auf. Individuum TIL. Ebenfalls zwei Triebe. Der eine mit drei Blütenknospen und Bulbillen im obersten Drittel des Sprosses. Blüten- 1) Vermerk gelegentlich der Druck-Korrektur am 10. Mai 1911 über den Stand dieser Kultur im gegenwärtigen Zeitpunkte. Die fünf Pflanzen werden mit I—V bezeichnet: I hat einen Trieb mit 3 Knospen; II desgleichen; III dürfte . nicht blühen; IV ein Trieb mit 3 Knospen; V scheint eingegangen zu sein. x Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroceum Chaix usw, 69 entfaltung zwischen 4.—9. Juni, die beiden ersten Blüten zwitterig, die letzte männlich. Der zweite Trieb hatte im obersten Drittel Bulbillen, Individuum IV. Zwei Triebe, der eine schwach ohne Bulbillen, der zweite kräftiger mit Bulbillen im obersten Viertel. Individuum V. Nur ein Trieb, etwa 10 em hoch; entwickelte trotzdem eine Blütenknospe, unterhalb derselben eine Bulbille. Die Blüte erwies sich als eine verkümmerte, männliche. Individuum VI Zwei Triebe. Der eine produzierte drei Blüten, alle zwitterig. Unterhalb der Blüten sieben starke Bulbillen, Der zweite Trieb bildete eine Knospe und unter derselben, auf zwei Fünftel der Sproßlänge, sehr zahlreiche Bulbillen. Die Blüte war männlich. Individuum VIL Eins schwächere Pflanze, die nur einen Trieb, der am Gipfel drei Bulbillen erzeugte, besaß. Individuum VIII. Zwei Triebe Der stärkere produzierte unter- halb der zwei Blüten, die beide männlich waren, einige Bulbillen. Der zweite, schwächere Trieb war im obersten Viertel reich mit Bulbillen besetzt. Individuum IX. Nur ein Trieb, der im obersten Viertel reich mit großen Bulbillen besetzt war. Zunächst sei rücksichtlich der Bulbillen festgestellt, daß sie alle den Charakter der Bulbillen der Mutterpflanze festhielten‘): weiß-grüne Färbung und Heranwachsen zu beträchtlicher Größe. Die Bulbillenbildung setzte hier im Gegensatz zu den Deszen- denten der Sämlingskultur schon vor dem Blühen ein, wenn auch die Größenzunahme der Bulbillen späterhin bedeutend fortschritt. 2) Die Buibillen aller Deszendenten der drei Bulbillenkulturen bewahrten also die Eigentümlichkeiten der Bulbilien der Mutterpflanze. Entspricht dies ja einerseits wohl nur dem, was bei vegetativer Vermehrung als Regel gilt, so war es mir doch zum Teil unerwartet, insofern, als das kennzeichnende Hauptmerkmal im Mangel, partiellem oder reichlichem Besitz von Anthokyan gelegen war und die Anthokyanbildung sich sonst stark von äußeren Einflüssen abhängig erweist. So zeigte ich, daß die Strichelung der Stengel bei Aleotorolophus-Arten an den be- schatteten Stengelteilen unterbleibt („Die grünen Halbschmarotzer“, IV. Jahrb. f, wiss, Bot,, Bd. XXXVII, pag. 295). Die Bulbillenkulturen von L. oroseum genossen nun zwar alle die gleichen und günstigen Beleuchtungsverhälinisse, trotzdem blieben aber die Bulbillen der Kultur eII vollständig anthokyanfrei, so wie es diejenigen der Mutterpflanze gewesen waren. 70 E. Heinricher, Auch die Bulbillen-Deszendenz bewahrt nicht das Ge- schlecht der Mutterpflanze!). Diese war (Kultur c III) rein männlich. Die Deszendenten erwiesen sich bei erstem Blühen zum Teil als rein männliche, zum Teil als polygame Pflanzen und eine (der eine Trieb des Individuums VI kann wohl so angesprochen werden) als rein zwitterig. Zufällig kamen in der Kultur e III ebenfalls sechs Pflanzen zur Blüte wie in der Sämlingskultur. Das macht den Vergleich beider Kulturen etwas anschaulicher. Die Zahl der Blüten war bei den Sämlingen beträchtlich höher, 29, während die Bulbillen- Deszendenten nur 13 Blüten aufwiesen. Und hier über- wogen die männlichen Blüten vor den zwitterigen; sieben & standen sechs zwitterigen gegenüber, oder prozentisch aus- gedrückt 53,8%, waren männlich, 46,2°/, zwitterig. Gegenüber der Sämlingskultur eine beträchtliche Verschiebung, denn dort entfielen 86%, auf die Zwitterblüten, 14°/, auf die männlichen. Und während rein männliche Pflanzen in den beiden voranbesprochenen Kulturen ganz fehlen, treten sie in der Kultur e III auf; drei, also gerade die Hälfte, waren männliche Pflanzen und zwar fand sich neben zwei einblütigen auch eine zweiblüfige. Das erweckt also den Eindruck, als ob die Deszendenz der Bulbillen viel mehr zur Androdiözie und auch zur Andromonözie (drei Pflanzen, die zweite Hälfte der Kultur c IIT) neigte alsjene der Sämlings- Pflanzen. Vielleicht ist die große Menge männlicher Pflanzen auf dem natürlichen Standorte am Monte Maggio vorwiegend junge, ans Bulbillen hervorgegangene Deszendenz. Hier fühlt man den Mangel der Ergebnisse aus den Kulturen eI und eIl. Wären diese Bulbillen- kulturen auch schon zur Blüte gelangt, so gewänne man einen sicheren Einblick in die Verhältnisse. Zu einem gewissen Zurückhalten mit allgemeinen Schlüssen mahnt aber das Exemplar Nr. VI der Kultur cIII. Dieses produzierte zwei blühende Triebe, einen einblütigen männ- lichen und einen mit drei Blüten, die alle zwitterig waren. Hier äußert sich offenbar wieder der Einfluß der guten Ernährung und der daraus folgenden kräftigen Entwicklung. Im allgemeinen scheint sich ferner bei der Deszen- denz der Bulbillenpflanzen auch eine größere Neigung zur Bulbillenbildung zu äußern als an der Deszendenz der Sämlingspflanzen. Weniger dürfte dies in der Zahl der 1) Ein Punkt, den ich in meiner ersten Abhandlung (a. a. 0. S. 365} in Yrage gestellt, nz Y Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. croceum Chaix usw. 71 Bulbillen zum Ausdruck kommen (hier müßten übrigens erst genaue Zählungen entscheiden) als in der Tatsache, daß bei der aus Samen erzogenen Nachkommenschaft die Bulbillenbildung erst nach dem Blühen einsetzt, die aus Bulbillen erwachsenen Pflanzen aber schon .vor dem Blühen mit der Ausbildung der Bulbillen beginnen und sie zu einer ohne weiteres erkennbaren Größe entwickeln. Damit in Korrelation dürfte bei der’ Bulbillendeszendenz die geringere Zahl zur Bildung gelangender Blüten stehen, worauf wenigstens das Ergebnis der Kultur ellI hinzuweisen scheint. Die aus Bulbillen erzogenen Pflanzen können bereits im dritten Jahre zur Blüte gelangen‘), während die aus Samen gezogenen erst im vierten Jahre zur Blüte kamen. Zusammenfassung. ad A. 1. Die Unterscheidung von Lilium bulbiferum L. und L. eroceum Chaix auf Grund des Besitzes von Bulbillen, die Sturm nur dem ersteren zuspricht, ist undurehführbar, da L eroceum ebenfalls äußerst häufig reichlich Bulbillen bildet. Es wurde gezeigt, daß dasselbe Individuum, das in einem Jahre hulbillenfrei war, in der Folge reich- lich Bulbillen bilden kann und daß die aus Samen einer bulbillenfreien Mutterpflanze gezogenen Deszendenten reichlich Bulbillen tragen können. Auch entstehen die Bulbillen bei L. eroceum oft erst nach dem Blühen und dies mag zum Teil zu den Angaben über die Bulbillenlosigkeit dieser Pflanze Anlaß gegeben haben. 2. Androdiözie und Andromonözie kommen auch bei Lilium bulbi- ierum vor. Es bestätigt sich also meine Vermutung, die ich bei der Entdeckung androdiözischer und andromonözischer Pflanzen bei L. eroceum hegte, daß hier ein unferscheidendes Merkmal beider Arten vorliege, nicht. 3. Ebenso ist leider auch das anatomische Merkmal „Streifen paralleler Züge von papillösen Zellen auf der Oberseite der Laubblätter“, die ich L. eroceum zuschrieb, nicht durchgreifend. Es gibt, zwar Pflanzen von L. bulbiferum, denen dieses Merkmal fehlt, bei anderen aber tritt es auf, wenn auch vielleicht in etwas weniger typischer Form. Die 1} Dies hängt wohl zum Teil von der Stärke der zur Aussaat verwendeten Bulbillen ab, Die zur Kultur eIIl verwendeten waren lesonders kräftig. Jene der Kulturen eI und c]I ergeben offenbar auch erst im vierten Jahre blühende Pflanzen, 12 E. Heinricher, beiden Arten werden deshalb an Herbarmaterial kaum auseinanderge- halten werden können. 4. Es erübrigt nur mehr ein Merkmal an den blühenden Pflanzen. Die Grundfarbe der Perianthblätter des L. croceum ist ein dunkles Orange, nur eine mittlere Partie, im allgemeinen von rhombi- schem Umriß, zeigt hellorange Färbung. Bei L. bulbiferum ist letzterer Ton Hauptfarbe und nur die Basis und die Spitze zeigen dunkleres Orange. 5. Lilium bulbiferum dürfte ein viel beschränkteres Wohngebiet haben als L. eroceum. Als Hauptgebiete des Vorkommens dürften sich Steiermark, Nieder- und Oberösterreich erweisen. Eingehende Beob- achtung in dieser Hinsicht ist noch nötig. ad B. i. Das Geschlecht eines Individuums ist nicht fixiert. Ursprünglich männliche Pflanzen werden in der Folge zu rein zwitterigen oder polygamen. 2. Die männlichen Blüten sind als Hemmungsgebilde, die infolge Mangels von Baustoffen entstehen, aufzufassen und erscheinen vorwiegend an Erstlingsblühern (dabei häufig rein männliche Pflanzen ergebend) oder an mehrblütigeren Trieben als die letzten Blüten (polygame Pflanzen)!). 3. In der Kultur treten bei Pflanzen, die nicht Erstlings- blüher sind, die männlichen Blüten gegenüber den zwitterigen 1) Eine gewisse Disposition zur Bildung männlicher Blüten scheint aber Lilium eroceum doch eigen zu sein. Ich kultivierte während der Versuchsjahre 1907-1910 auch zwei Stöcke von Lilium “igrinum. 1907 ließ ich die beiden Pflenzen in relativ recht kleinen Töpfen wachsen, mit der Absicht, dadurch eine Verkümmerung der Fruchtknoten bei den leizten Blüten zu bewirken, also die gleiche Erscheinung zu erzielen, wie sie bei mehrblütigen Pflanzen von L. croceum in der freien Natur sozusagen Regel ist und selbst bei der Kultur häufiger vor- kommt Die eine der Pflanzen produziert 11, die andere 15 Blüten, alle aber waren zwitterig. Auch in den 3 folgenden Jahren gaben die reichblütigen Pflanzen stets nur Zwitterblüten. Bemerken möchte ich noch, daß dieses Lilium tigrinum in den gesamten 4 Jahren auch nicht eirie Buibille erzeugte; es scheint also hier eine bulbillenfreie Rasse vorzuliegen. Den Angaben in der Literatur zufolge soll L. tigrinum Bulbillen tragen. So findet sich ein diesbezüglicher Vermerk in den Engler’schen natürlichen Pflanzenfamilien und auch Nakano führt die Bulbillen des L. tigrinum in seiner früher erwähnten Abhandlung an. In den Gärten der Villen am Wörther See und in umliegenden Bauerngärten sah ich im vergangenen Herbste häufig ein Lilium, das L. tigrinum nahestehen dürfte {L. speeiosum Thuub. ?), mit großen braunroten Bulbillen, die oft, noch an der Mutterpflanze sitzend, schon eine Wurzel getrieben hatten. Unterschiede zwischen Lilium bulbiferum L. und L. eroceum Chaix usw. 78 sehr zurück und die guten Ernährungsverhältnisse steigern die Zahl der an einem Triebe zur Ausbildung gelangenden Blüten. 4. Die Individuen scheinen in der Tendenz, Bulbillen zu bilden, verschieden veranlagt zu sein, doch ist zweifellos auch für die Bulbillenbildung der Ernährungszustand von großer Bedeutung. 5. Auch dürften zwischen Blüten- und Bulbillenbildung korrelative Verhältnisse obwalten, so daß bei Steigerung der einen Bildung die andere gemindert erscheint. 6. Die Bulbillenbildung dürfte bei der aus Bulbillen hervorgegangenen Deszendenz reichlicher stattfinden als bei der aus Samen erzogenen. Sie scheint bei dieser auch früher (schon vor der Blüte) einzutreten, während sie bei Sämlingen sich verzögert (erst nach der Blüte einsetzt). 7. Es ist kaum zu zweifeln, daß sowohl aus Samen als aus Bulbillen Erstlingsblüher hervorgehen können, die ent- weder rein männlich (unter den Sämlingen fehlten indessen solche), polygam oder rein zwitterig sind. Möglich ist es, daß die rein männlichen Triebe, vorwiegend jugendliche, aus Bulbillen entstandene Deszendenz darstellen. 8 Sämlinge kommen im 4. Jahre zur Blühreife, Bul- billendeszendenten können diese schon im 3. Jahre nach der Aussaat erreichen. 9. Die aus Bulbillen hervorgegangenen Deszendenten bringen an den von ihnen erzeugten Bulbillen genau die Eigentümlichkeiten der Mutterbulbille zur Ausprägung. Antho- kyanlose Bulbillen ergeben an den Deszendenten ebensolche; anthokyan- reiche produzieren an den Deszendenten abermals in tote braunrot gefärbte Brutzwiebelchen und Bulbillen mit einer durch Anthokyan bedingten Sprenkelung, ergeben gleiche Bulbillen an der Deszendenz. Innsbruck, Botanisches Institnt, im Januar 1911. Die Sporenausstreuung bei Selaginella helvetica und $. spinulosa. Von F. W. Neger (Tharandt). (Mit 1 Abbildung im Text.) Vor einiger Zeit zeigte Goebel), daß bei den Selaginella-Arten z. B. auch bei den in unseren Alpenländern heimischen 8. helvetica und 8. spinulosa, die Makrosporen spontan weggeschleudert werden und daß der Schleudermechanismus in dem anatomischen Bau der Sporangienwand begründet ist. Die Mikrosporangien sind bedeutend einfacher gebaut, der Schleuder- meehanismus dementsprechend weniger wirksam und die Mikrosporen werden trotz ihrer weit geringeren Größe viel weniger weit geschleudert als die Makrosporen. In der gleichen Arbeit führt Goebel aus, daß die Blüten von Selaginella protogyn seien, d. h. daß die Makrosporen früher zur Ausschleuderung kommen als die Mikrosporen, sowie daß die Mikro- sporen viel rascher keimen als die Makrosporen. In all diesen räum- lichen und zeitlichen Unterschieden sieht Goebel Einrichtungen, welche eine Selbstbefruchtung zu verhindern die Aufgabe haben. Gelegentlich eines herbstlichen Aufenthaltes in den Alpen mächte ich einige Beobachtungen, welche die Ausführungen Goebels teils be- stätigen, teils erweitern. Meine Beobachtungen beziehen sich hauptsächlich auf die dorsiventral gebaute 8. helvetica, in geringerem Maße auf die radiäre 8. spinulosa. Was zunächst die Protogynie von Selaginella anlangt, so trifft dieselbe bei $. heivetica und 8. spinulosa nur scheinbar zu. Tat- sächlich liegen die Verhältnisse wie folgt: An einer Sporangienähre finden sich nahe der Spitze vorwiegend Mikrosporangien, in der’ Mitte teils Mikro- teils Makrosporangien (bei S. spinulosa regellos gemischt, bei 8. helvetica nach einem später zu erörternden Schema angeordnet) und an der Basis wieder häufig vorwiegend Mikrosporangien. Die Sporangien der Ährenspitze, d. h. die Mikrosporangien, Öffnen sich zuerst, hernach die Makro- und Mikrosporangien der Mitte und zum Schluß die (vorwiegend männlichen) Sporangien der Basis. Es kommt wohl auch vor, daß an der Spitze sehr wenig Mikrosporangien und fast ausschließlich Makrosporangien stehen. 1) K. Goebel, Archegoniatenstudien IX: Sporangien, Sporenverbreitung und Blütenbildung bei Selaginella. Fiora 1801, Bd. LXXXVIEL xy Die Sporenausstreuung bei Selaginella helvetica und 8. spinulosa, 75 An solehen Ähren oder auch an solchen, deren gipfelständige Mikrosporangien schon ausgestäubt sind, während die Makrosporangien sich eben erst öffnen und die grundständigen Mikrosporangien noch fest geschlossen sind, kann man wohl den, Eindruek der Protogynie gewinnen. Tatsächlich aber sind die Mikrosporangien sonst wohl stets die ersten, gleichzeitig aber auch die letzten sich öffnenden Sporangien. Ich habe auf diese Verhältnisse sehr genau geachtet und den eben beschriebenen Vorgang unzählige Male bestätigt gefunden. Es kann - demnach die Frage dabei entschieden werden: Die genannten Sela- ginella-Arten sind zuerst protandrisch; da aber nach der Entleerung sämtlicher Makrosporangien immer noch unentleerte Mikrosporangien vorhanden sind, so könnte man die Blüten gleichzeitig als hysterandrisch bezeichnen. Die sonst für den Fall, daß männliche Organe nach den weiblichen reif werden, gebräuchliche Bezeichnung „protogyn“ wäre für das vorliegende Verhältnis natürlich unzutreffend. . Bei der von Goebel (l. e.) hervorgehobenen raschen Keimung der Mikrosporen ist dieses Verhältnis vom ökologischen Standpunkt gewiß sehr vorteilhaft; es stehen auf diese Weise offenbar während der ganzen Zeit, während welcher Makrosporen ausgeschleudert werden und zur Keimung gelangen, stets keimfähige Mikrosporen zur Verfügung. Bei 8. helvetica beobachtete ich ferner eine merkwürdige Anord- nung von Makrosporangien, welche bis jetzt anscheinendnoch wenig be- achtet worden ist und teils (kausal) mit den Ernährungsverhältnissen, teils (final) mit der Sicherung der Fortpflanzung in Beziehung stehen dürfte. Selaginella helvetica gehört bekanntlich zu den dorsiventral gebauten Arten, bei denen die Blätter der Unterseite größer sind als diejenigen der Oberseite. Das gleiche Verhältnis ist auch an den Sporangien tragenden Sprossen zu beobachten, die durch Aufrichtung aus vegetativen Sprossen hervorgehen‘). In dem Teil der Sporangienähre nun, wo die Makrosporangien stehen — es ist (s. oben) der mittlere Teil — zeigt sich die Dorsiven- tralität in der Verteilung der Mikro- und Makrosporangien. Di& Makrosporangien finden sich vorwiegend an der Ventralseite, - während die Mikrosporangien mehr die Dorsalseite einnehmen. Die Ursache für diese Erscheinung dürfte in der besseren Ernährung der .D Lotsy (Vorträge über botanische Starmmesgeschichte 1900, Bd. II, pag. 496) sagt, 8. helvetica sei überall dorsiventrai außer in den Ähren, was nach meinen Beobachtungen nicht zutrifft, bzw. dahin zu erweitern wäre, daß auch die Ähre deutlich dorsiyentral gebaut ist. — Hieronymus (in Engler-Pranti, Nat. Pflanzenfamilien, I. Teil, Abt. 4, 1902) bezeichnet die Blüten von 8. helvetica als tetrastisch und erwähnt nichts von einer dorsiventralen Ausbildung derselben. 76 F. W. Neger, Ventralseite — durch größere Blätter — zu suchen sein!) Dazu kommt, daß, wie wir später sehen, die Ventralseite der Sporangien- ähren meist dem Licht zugewendet ist und die an dieser Seite stehen- den Blätter sich daher in günstigeren Assimila- tionsbedingungen befinden als die Blätter der lichtabgewendeten Dorsalseite. Es darf wohl als zweifellos angesehen werden, daß die mit nährstoffreiehem Endo- sperm versehenen Makrosporen größere An- sprüche an die Ernährung stellen als die win- zigen Mikrosporen und sich also hieraus die Verteilung der beiderlei Sporangienformen erklärt. Um zu erkennen, daß die Makrosporan- gien vorwiegend die morphologische Unterseite einnehmen, während die Mikrosporangien auf die Dorsalseite (und Spitze) beschränkt sind, bedarf es keiner genauen Untersuchung. Dies ergibt sich schon aus der Stellung der Blätter an einer reifen Sporangienähre. Fig. 1. Selaginella hel- Die viel größeren Makrosporangien ver- vetica. Vertikal kriechen- ml B . Par der vegetativer Sproß mit ursachen nämlich ein Spreizen der zugehörigen einem im Bogen aufstreben- Tragblätter; diejenigen Blätter dagegen, in den, mit der Ventralseite deren Achseln die Mikrosporangien stehen, sind dem nn deion der Achse mehr oder weniger angerückt (Fig. 1). Es erübrigt noch, daran zu erinnern, daß diese Verteilung der Mikro- und Makrosporangien an der Strobilusähre von S. helvetica, vom ökologischen Standpunkt aus gesehen, die einzig zweckmäßige ist. 8. helvetica wächst bekanntlich mit Vorliebe an den vertikalen Flächen von Felsen und Bösehungen, hier mehr oder weniger dichte Rasen bildend. Während sich die vegetativen Sprosse der Unterlage fest anschmiegen, richten sich die Sporangien tragenden Äste im Bogen auf (s. Fig. 1) und wenden dann die dorsale Seite der Untörlage zu, während die morphologische Unterseite nach außen schaut. Bei dieser Anordnung findet sich die Ventralseite in einer un- gleich günstigeren Lichtlage als die Dorsalseite; die größeren Blätter 2) Ich finde, daß die Makrosporangien tragenden Blätter eiwas — wenn auch nicht viel — größer sind als die Mikrosporangien bergenden. Der Unterschied in der Blattgröße ist aber in einem früheren Entwicklungsstadium jedenfalls noch größer, die Anlage der Sporangien erfolgt wohl zu einer Zeit, wo die Aufrichtung noch nicht erfolgt ist. Die Sporenausstreuung bei Selaginella helvetica und $. spinulosa. 77 der Ventralseite sind dem vollen diffusen Tageslicht ausgesetzt, während die kleineren Dorsalblätter sich mit einem recht dürftigen Lichtgenuß zufrieden geben müssen (s. oben). Wir können demnach am Strobilus der Selaginella helvetica deutlich eine Lichtseite und Schattenseite unterscheiden). Entsprechend dem meist windgeschützten Standort dieser Pflanze spielt für die Makrosporenverbreitung der Wind eine nur unwesentliche Rolle; dieselbe erfolgt vielmehr nur durch den sehr wohl ausgebildeten Schleudermechanismus. Dieser könnte aber kaum Bemerkenswertes leisten, wenn an der Schattenseite Makrosporangien stünden; die ausgeschleu- derten Makrosporen würden an dem nahen Substrat abprallen und herabrollen oder zwischen den vegetativen Sprossen hängen bleiben. Der Erfolg stünde jedenfalls in keinem Verhältnis zu der im Schleuder- mechanismus zutage tretenden Kraftentfaltung. Die Mikrosporen da- gegen werden entsprechend ihrer außerordentlichen Kleinheit, wie man sich durch direkte Beobachtung leicht überzeugen kann, schon von schwachen Luftbewegungen fortgeführt, und der Scheudermechanismus ist — wie er- wähnt — bei den Mikrosporangien so schwach, daß die ausgeschleuderten Sporen selbst das nahe Substrat kaum erreichen. Bei der horizontal ausgebreitete Rasen bildenden, durchaus ortho- tropen 8. spinulosa fehlt naturgemäß am Strobilus die Differenzierung in Licht- und Schattenseite, die Makrosporangien sind allseitig angeordnet und die vom Schleudermechanismus abgeschleuderten Makrosporen haben nach allen Richtungen des Raumes freie Bahn. 1) Hieronymus ({L. c) sagt: „Die drei (von ihm anfgestellien) Verteilungs- typen kommen darin überein, daß sich stets die Makrosporangien unten, also dem Boden näher, die Mikrosporangien oben, dem Licht zugekehrt, über denselben be- finden.“ Diese Regel trifft für 8. helvetica durchaus nicht immer zu. An der fertig ausgebildeten aufgerichieten Sporangienähre sind in der Regel die Makro. sporangien der Lichtseite, die Mikrosporangien (außer den gipfelständigen) der Schattenseite zugewendet. — Nicht selten beobachtete ich sogar folgendes Bild: Es kommt vor, daß an Selaginella-Rasen, welche vertikale Flächen bedecken, die Sporaugienähren vertikal dazu (also horizontal) abstehen; in diesem Fall ist aber die Ventralseite häufig nicht dem Erdboden, sondern dem Himmel zugewendet, also auch Lichtseite, die Dorsalseite dementsprechend bodenwärts., Die Ventralseite trägt auch in diesem Fall, wie gewöhnlich, Makrosporangien, die Dorsalseite Mikro- sporangien. Für diese Anordnung würde die von Hieronymus herangezogene Schwerkraftwirkung als maßgebender Faktor für die Sporangienverteilung durchaus nicht passen. Vgl. übrigens die Ausführungen Goebel’s über die Anordnung der Mikro- und Makrosporangien in der Selaginellahlüte im Biol, Zentralbl, 1910, Bd. XXX (Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen). Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum. Von F. Tobler. {Mit 3 Abbildungen im Text.) Der Thallus morphologisch einfacher Siphoneen, vor allem Caulerpa, ferner Bryopsis, Derbesia u. a, ist wiederholt experimentell untersucht worden, so daß wir über die in ihm vorliegende Organisation in mancher Hinsicht unterrichtet sind. Es fehlen dagegen ähnliche Versuche an Codien, deren morphologisch höhere Differenzierung keineswegs eine Übertragung der an den anderen Formen gewonnenen Resultate gestattet. Ich habe längere Zeit hindurch Versuche mit Codium tomentosum in Kulturen angestellt, deren Resultate ich hier zusammenfasse. Die Beobachtungen sind ungleichen Datums, zum Teil an der Neapeler Zoologischen Station, zum Teil auch an Kulturen im Binnenland vor- genommen. Hier wie dort ließ sich die in ruhigem Wasser lebende Alge bei reichlicher Beleuchtung gut ziehen, im Binnenland diente als Medium auf Flaschen gezogenes Meerwasser. Die Beobachtungen sind dreierlei Art: 1. Beiträge zur Kenntnis der normalen Wachstumsverhältnisse, ins- besondere zur Entwicklung der Keimlinge, 2. Restitutionsversuche und Beobachtungen über Polarität, 3. Einfluß äußerer Faktoren, besonders des Lichtes auf die Thalli, resp. die differenzierten Teile derselben. 1. Über Aufbau und Wachstum des Thallus von Codium ist das Wesentlichste bei Oltmanns') zusammengetragen. Es sei ‘bier nur daran erinnert, daß sich um einen axilen Strang lockerer Schläuche eine dichtere Schicht radial gestellter davon abgezweigter Bläschen oder Palisadenschläuche gruppiert. Dadurch, daß weitere neue Verzweigungen der axilen Elemente in die Masse der Pallisaden vordringen, sobald sie mit ihrer Blasenspitze aber das Niveau der anderen gleichen Elemente erreicht haben, ihr Wachstum sistieren, wird der Blasenmantel des Thallus immer kompakter und wächst auch wohl noch etwas in die Länge?. Ein Stärkerwerden des Thallusastes über eine bestimmte Größe, die schnell erreicht wird, hinaus, findet aber nicht statt. Bemerkenswert ist für den Habitus ferner noch, daß die 1) Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen I, pag. 299. Jena 1904. 2) Küster, Zur Anatomie und Biologie adriatischer Codiaceen. Flora 1898, Bd. LXXXV, pag. 170. Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum. 79 Palisadenschläuche auch Haarbildungen, d. h:sehr dünne und im Gegen- satz zu ihnen fast chlorophylifreie Schläuche weit über die Oberfläche, ausgehend von dem Fußende der Blasen, entsenden, die — wenigstens zu bestimmten Jahreszeiten — den Codiumthallus flaumig bekleiden können. Ihre Anlage erfolgt bald oberhalb, bald unterhalb eines oft die Blase vom dünneren (inneren) Teil des Palisadenschlauches ab- schließenden Wandverschlusses, einer Art der bei anderen Siphoneen ja auch bekannten Zellulosepfropfen. Was die wachsende Spitze des Thallus betrifft, so zeigt sie eine beträchtliche Lockerung der Palisaden, die naturgemäß dem hier am kräftigsten auftretenden Längenwachstum zuzuschreiben ist. Außerdem erscheinen die an der Spitze stehenden Bläschen schmaler und spitzer, es fehlt ihnen die Regelung oder Sistierung des Wachtums, wie sie den Palisaden sonst seitab der Spitze zukommt. Mit dem weiteren Vordringen ständig neuer Blasen aus dem axilen Strang an der Spitze werden die wenig älteren allmählich zur Seite gerückt und treten, so- bald sie die gleiche Länge der festgelagerten erreicht haben (d. h. senk- recht zur Längsachse stehen), in deren Verband ein. Die erste Frage, die durch Versuche zu lösen war, ist die nach Zustandekommen eines Habitus der älteren Thalli. Eine Entwicklung der Keimlinge hat Oltmanns!) nach Bertholdschen unveröffentlichten Beobachtungen mit einigen Worten angedeutet. Aus der Zygote entsteht ein basal angehefteter aufrechter Sproß, der unten seitlich dünne Schläuche entsendet, Diese gehen bald zur Blasenbildung über. Damit ist aber das Zustandekommen des Codium- thallus noch nicht gegeben. Wie entsteht der Mittelstrang, wie erfolgt gesetzmäßige Sistierung des Wachstums der um ihn angeordneten Blasen? Keimlinge (von der Ausbildung wie oben beschrieben) sind leicht zu erhalten. Ich habe sie aus Kulturen isoliert, auch an’ alten Thallus- stücken oder neben diesen auf dem Substrat gefunden. Beobachtet man sie weiter, so findet man, daß sie außerordentlich schwer über die Stadien hinausgelangen, wie sie bei Oltmanns schon abgebildet sind. In den Kulturen gehen die meisten — aus allgemeiner Unzu- länglichkeit der Vegetationsbedingungen — zugrunde. Diejenigen, die sich fortentwickeln, bilden aber noch zunächst nur ein wirres Knäuel von dünnen hyphenartigen Elementen, mit unregelmäßig gestellten Blasen. Es können sogar die letzteren wieder weiter zu dünneren Schläuchen auswaechsen, sowohl an der Basis wie an der Spitze. In dieser Art ließ sich ein immerhin lebhaftes Wachstum viele Wochen hindurch ver- 1) Oltmanns, 1. c, pag. 299. Ei) F. Tobler, folgen, bis die Häufchen von Hyphen und Blasen etwa 3—4 mm Durch- messer erreicht hatten. Dann trat aber eine Änderung ein: es begannen sich die Bläschen von kurzer gedrungener Form um ein Zentrum zu gruppieren. Indem sie reichlicher von nahe benachbarten Punkten entsprangen, lagerten sie sich schon weit weniger locker und, indem sie ihr Wachstum entweder zum Teil verlangsamten oder in schnelleren Folgen auftraten, ergab sich bald ein kuppenartiges Gebilde, ein noch lockeres Bündel annähernd gleich langer Blasen, so wie es die normale Thallusspitze vorstellt. Erst mit dieser Zentrenbildung ist der Habi- tus des Codium tomentosum erkennbar. Daß sich den Keimlingen sehr ähnlichen Gebilde, zu denen abgefallene einfache Schlauchstücke der älteren Thalli unter besonderen Bedingungen werden können, ganz ähnlich verhalten, sei hier schon angedeutet. Auch dort ist diesem Stadium ein gleichfalls Wachstum bedeutender einfacher Zustand der Vegetation vorangestellt (vgl. pag. 85). 2. Für Restitutionsversuche wurden zunächst kleinste Thallus- elemente isoliert und in Kultur genommen. Es lag kesonders nahe, dafür die stark assimilationsfähigen Palisadenschläuche oder Blasen auszuwählen. Solche wurden hart an der Basis abgetrennt, was ohne weitere Verletzung möglich ist. Sie entwickelten sich schon bald nach Herstellung eines Wundverschlusses an dem verjüngten Ende (falls nicht schon gelegentlich dort eine querwandartige Ringverdickung vorlag) so weiter, daß, vorzugsweise dort, dünne, wenig chlorophyllführende Schläuche auswuchsen. Diese verzweigten sich und bildeten einerseits rhizoidartige Lappen, andererseits auch kleine stärker Chlorophyll ber- gende Bläschen. Diese traten aber erst allmählich und fast stets nahe der Basis der Ausgangsblase auf (Fig. 1). Das ganze bildete einige Wochen hindurch ein Gewirr von dünnen Elementen, aus dem einzelne Fäden herausragten und an dem die alte Blase noch deutlich zu er- kennen blieb hinsichtlich Chlorophylireichtum und Größe. Erst später trat, aber immer nur hart an ihrem Fußende, eine Zentrenbildung ein, die als Beginn des Thallus aufzufassen ist (Fig. 2). Von diesem Moment der einsetzenden, einheitlichen Organision des Ge- bildes an, nahmen die alten Blasen regelmäßig an Umfang und Inhalt ab und gingen schließlich ein. — Blieben bei den Versuchen mehrere miteinander (durch dünne Schläuche der inneren Thalluspartie) ver- bunden, so kam es gelegentlich an noch locker zusammenhängenden Häufchen von auswachsenden Thallusresten auch mehrfach zur Zentren- bildung. In jedem Fall ließ sich aber an oder in dem sich ordnenden Knäuel ein Rest oder ein noch völlig erhaltener Palisadenschlauch erkennen. Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum. 8 Versuche, die in gleicher Weise mit nicht der Pallisadenpartie angehörenden, sondern aus dem axilen Strang stammenden Elementen angestellt wurden, schlugen im ganzen fehl. Zwar gelang es, einiges Wachstum zu erzielen, aber es blieb bei fadenartigen, inhaltsarmen Bildungen, es traten kleine Pallisadenschläuche und Zentrenbildung auf. Es braucht dafür nicht abweichende innere Organisation angenommen zu werden, sondern es muß auch an den geringen Inhalt (auch an Chlorophyli) dieser Teile gedacht: werden. Übrigens erschien das Chloro- phyll nie wesentlich bei dem vorhandenen Wachstum vermehrt zu werden. Es sind demnach isolierte Palisadenschläuche imstande, einen vollkommenen Thallus zu bilden, andere Elemente dagegen nicht. Fig. 1. Fig. 1. x Der alte Palisadenschlauch, links daneben der erste junge. YVergr. ca. 20. mal. Fig. 2. x Der alte Palisadensehlauch. Vergr. ca 20mal. Fig. 2. Das Verhalten nach Verletzungen wurde getrennt beobachtet an basalen und apikalen Enden des Thallus. Dieser ist in der Regel insoweit deutlich polar, als er mit kräftigem lappenartigen Haftorgan dem Substrat aufsitzt. Das Hafiorgan wiederholt den Bau des Thallus im übrigen, ähnlich den Krallen der Laminarien, doch fehlen auf der dem Substrat zugekehrten Seite die; typischen Palisadenschläuche mit dem Chlorophyligehalt völlig. Übrigens hat Berthold (nach Olimanns pag. 299) an den ersten Keimungsstadien der Zygote eine lappige Rhi- zoidbildung gefunden. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen dem Vor- halten der apikal und der basal verletzten Sprosse. Schneidet man etwa soviel von der sich verjüngenden Spitze ab, daß von der Verjüngung nichts mehr zu sehen und der Schnitt dureh den iesigefügfen Sproß hinter der lockeren Spitze geführt ist, so Flora, Bd. 108. 6 82 F. Tobler, wird zunächst sehr bald (in den Kulturen schon nach Stunden) eine flache Kuppenbildung makroskopisch bemerkbar. Diese ist indes noch kein Anzeichen von Wachstum, sondern im wesentlichen die Folge von Nachgeben der seitlich festgefügten Pallisadenschläuche, deren vorher allseits ausgeglichene Druckverhältnisse gestört sind. Auf Wachstum geht aber eine zweite Erscheinung zurück, die auf die Lockerung folgt. Über die Kuppe heraus treten allseits reichlich Schläuche hervor, so daß sich ein ganzes Büschel vor der unmittelbar nach der Verletzung entstandenen Spitze abhebt. In diesem Büschel gehen viele Teile zu neuer Blasenbildung über. Die fraglichen Schläuche hatten ihren Ur- sprung vor allem in den peripherischen Schläuchen, der zentrale Strang dagegen schien nur wenig zur Weiterbildung des Thallus bei- zutragen, So bildete sich zunächst vor der sofort entstandenen Kuppe ‚aus alten über das Achsenende verlagerten Bläschen eine zweite aus, die gleichfalls zusammenschließenden Umfang, aber an ihrer Basis sich durch eine Art Einsehnürung (blumenstraußartig!) abhob. Erst sehr allmählich schlossen seitlich erscheinende Bläschen die Lücke und wurde die Deutlichlichkeit der Achse wiederhergestellt. Dann aber kann von vollkommmner Restitution gesprochen werden. An abgeschnittenen Basalenden ist das Verhalten anfangs das gleiche, Überdeckung der Scehnittfläche und Lockerung der Umgebung erfolgt in ähnlicher Weise und aus ‚ähnlichen Gründen, wie im obigen Falle. Darnach aber erscheinen über diese Kuppe hervortretend reich- lich zarte rhizoidähnliche Schläuche. Diese haben ihren Ursprung im zentralen Strang. Sie zeigen keine Blasenbildung, bleiben dünn und chlorophyllarm und verzweigen sich kisweilen. So kommt ein hellfädiges lockeres Büschel von Rhizoiden zustande, das über die von Pallisadenschläuchen überdeckte Schnittstelle herausragt. Zu einer Lappenbildung oder Fortsetzung habe ich es nie kommen sehen, trotz- dem die Thallusstücke sich Monate lang gut hielten. Die Länge der für diese Versuche benutzten Thallusstücke war zwischen 2 und 6 cm. In allen Fällen war bei den Restitutionen ein polares Verhalten zu bemerken. Im Anschluß hieran mag auch noch der Verzweigung des Thallus und darauf bezüglicher Restitutionsversuche gedacht werden. Eine Verzweigung wird normalerweise dadurch kenntlich, daß in der Mitte der sich etwas verbreitenden Kuppe der Pallisadenschläuche diese im Wachstum stehen blieben, an zwei Seitenstellen aber locker hervor- sproßten. Dann hatte im Inneren des Thallus jeweils auch schon eine Gabelung des axilen Stranges stattgefunden, die demnach das Primäre “a Zur Organisation des Thallus yon Oodium tomentosum. 83 zu sein scheint. Wurde nun an einer Stelle, an der die Schenkel des entstandenen spitzen Winkels noch nieht mehr als etwa 0,5 cm betrugen, ein Schnitt durch den Scheitelpunkt des Winkels gelegt, dann nahm der Rest des Astes die Restitution der Gabelung vollkommen auf. Lag aber der Schnitt so tief, daß auch die Gabelung des axilen Stranges schon entfernt war, so wuchs der Thallus ohne Gabelung (wie für die unverzweigten Teile beschrieben, restituierend) fort. Umgekehrt wurden an gleichen Gabelstücken auch Schnitte zur Entfernung der Basis vorgenommen. Während die meisten Schnitte, die nur den noch unverzweigten axilen Strang abtrennten, natürlich genau die Bilder ergaben, wie die oben erwähnten Basalrestitutionen, ließ sich durch noch unterhalb des Scheitelpunktes der Gabelung liegende Schnitte auch ohne Auseinanderfallen der Thallusgabeln eine Abtren- nung des axilen Stranges und seiner Gabelstelle möglich machen. In diesem Falle (der äußerlich nicht von dem vorigen zu unterscheiden war), wuchsen die Basalenden der zwei getrennten, durch die peripheri- schen Schläuche aber völlig verbundenen Zentralstränge der jungen Astgabeln getrennt zu lockeren Rhizoidenbüscheln aus. In längerem Wachstum habe ich keinerlei Verschmelzung beobachten können. Die Verzweigung des Codiumthallus geht somit aus von dem axilen Strang und zwar ist der sie veranlassende Reiz sehr scharf lokal beschränkt. Endlich habe ich auch, entsprechend den bekannten Versuchen an Bryopsis usw., Umkehrversuche mit Thallusstücken ausgeführt. Sie lassen sich, in Sand gesteckt, gut kultivieren, aber ich habe in bis zu 6 Monaten ausgedehnten Beobachtungen nie au Codium tomentosum eine Ausbildung der Basis zu einer neue Pallisadenschläuche produ- zierenden Spitze wahrzunehmen vermocht. Die rhizoidartigen Schläuche sproßten, enthielten (wohl um der Stellung willen) auch melır Chlorophyll als in den früheren Versuchen, aber dahei blieb es. Dagegen traten aller- dings an den in Sand gesteckten Spitzen reichlicher als sonst blasenlose und chlorophyllarme Schläuche hervor, es wurde aber doch nicht das Bild der aussprossenden Basalenden vollständig. Ich glaube mich zu dem Schlusse berechtigt, daß der Thallus von Codium tomentosum nicht (in dem Sinne wie der einfach gebaute von Bryopsis) umkehrbar ist. 3. In weiteren Versuchen beabsichtigte ich den Einfluß des Lichtes auf den Codiumthallus näher zu bestimmen. Berthold!) gibt an, daß die Ausbildung der Palisadenschläuche 1) Berthold, ‚Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeresalgen. Jahrh. f. wissenschaftl. Bot. 1882, Bd. XIH, pag. 673, o* 84 F. Tobler, in geringerer Lichtintensität unterbleibe, was Goebel!) mit andern Beispielen für das Ausbleiben der Oberflächenvergrößerung unter den fraglichen Bedingungen zusammenstellt. Diese Beobachtung kann ich zunächst bestätigen. Das Wachstum der Spitze wird in Kulturen, die unter Lichtabschluß gehalten werden (aber sonst möglichst vorteilhaft angestellt sind), stark beeinträchtigt, also in der Tat kein neuer Pallisadenschlauch gebildet. Auffallender aber erscheint mir daneben, daß eine Auflösung des Gefüges der schon vorhandenen Palisadenschläuche zutage tritt. Schon nach etwa einer Woche sind die Anfänge davon zu bemerken, nach der zweiten erscheinen einzelne der Pallisadenschläuche bei nur wenig verringertem Querdurchmesser erheblich über die andern herausgeschoben. Sie strecken sich und lassen zugleich Anhäufungen des Chlorophylis an der Spitze erkennen. Später werden die untern sichtbaren Teile der fraglichen Schläuche sehr viel dünner, so daß die Bläschen wie auf Stielen stehen, darnach kommt es oft zu Abschnürung und Abwerfen dieser Teile, wo- von noch weiter unten die Rede sein wird. Außer in völliger Dunkelheit wurden Versuche auch in vorhan- dener aber unternormaler Belichtung angestellt. Die Resultate wichen in allen meinen Versuchen dadurch von den vorigen ab, als ein deut- liches Wachstum der nicht blasenartigen Schlauchteile stattfand. Hierdurch wurden sofort eine Anzahl Blasen wie auf Stielen aus dem Verbande herausgehoben, ihre Streckung trat nicht ein. Andererseits wuchsen auch reichlicher blasenlose Schläuche aus der Oberfläche hervor. Es hat demnach den Anschein, als ob geringe Belichtung ein Wachstum der (rhizoidähnlichen?) jedenfalls nicht im Dienst der Assimilation stehenden Thalluselemente fördere, völliger Lichtabschluß dagegen bringt einen anfangs sich auch als Wachstum äußernden, dann aber zur Thallusdegeneration (Auflösung usw.) führen- den Zustand mit sich. : Hierbei sei dann noch zweier Veränderungen des Thallus oder seiner Teile gedacht, die bei zu geringer Beleuchtung der Kultur (und das ist obne besondere Vorrichtung im Zimmer in der Regel der Fall)?) an Codium sich fast stets mehr oder weniger bald einstellen, die aber auch bei mangelnder Durchlüftung, veränderter Salzkonzentration des Kulturwassers usw, auftreten. Es sind das zunächst knollige Anschwel- lungen der dünnen Schläuche. Reichlich vorhanden und mit reicherem 1) Goebel, Organographie der Pflanzen, pag. 215. Jena 1898-1901. 2) Ich habe durch Spiegel und bei den in Deutschland ausgeführten Ver- suchen durch Kultur im Freien abhelfen können. T Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum. 85 Inhalt, auch mehr Chlorophyll als die dünnen Schläuche führend, fallen sie an deren Enden besonders ins Auge. Mit dem Auswachsen und weiteren Heraustreten der nicht palisadenartigen Schläuche nelmen sie an Zahl weiter zu. Wenn sie dureh den dunkeln Inhalt sich scharf gegen die andern Teile abhoben, so erfolgte in der Regel in dem Schlauche eine umfangreiche Zelluloseauflagerung auf die Innenwand: die knollige Partie wurde durch einen Pfropfen abgeschlossen. Sehr oft schloß sich daran bald Abtrennung von den (vielfach absterbenden} dünnen Teilen (Fig. 3). Die Gebilde erinnern etwas an die Tuber- keln, die Ernst?) für sein Dichotomosiphon beschrieben hat. Daß sie in der Tat die Bedeutung von solchen haben, scheint mir nicht nur aus der deutlicken Speicherung von Reservestoffen (Stärke), sondern auch aus ihrem weiteren Verhalten hervor- zugehen. Sie keimen nämlich aus und können : dünne frische Schläuche durch Ausstülpung inMehrzahlund wohlallerseitshervorbringen, __ wenn die Kulturbedingungen entsprechend Fig 3. Brukörper. vorge günstig gestaltet werden. So beobachtete ich z. B. bei Verdunklung lebhaft wachsender Thalli von Codium tomentosum nach wenigen Tagen die Bildung von Tuberkeln, im Lichte erfolgte dann später ihr Auswachsen. — Außer der Tuberkelbildung leiteten die in allgemein ungünstigen Kulturbedingungen befindlichen Objekte aber noch vielfach Zerfall von Thalluspartien ein. Dieser. erstreckte sich vorzugsweise auf die über den festen Thallusrand durch Auswachsen, wie oben geschildert, hervorgetretenen Schläuche oder Blasen. In diesen Teilen traten Querwände anf (resp. ringartige Auflagerungen von Zellu- lose) und durch Absterben einzelner (meist der zurückliegenden) Glieder kam es zur Abtrennung. Auch hier setzte aber häufig später ein Aus- wachsen ein. Was nun das Aussprossen von Zerfallspro«dlukten, wie auch von Tuberkeln betrifft, so geschieht dies anfangs so, daß ein unregel- mäßiger, reichverästelter und verschluugener Haufe von Schläuchen mit wechselndem, aber meist geringem Durchmesser und mäßigem Chloro- phyligehalte entsteht. Die Objekte gleichen (len Keimlingen sehr stark, wo Palisadenschläuche vorhanden sind, stehen sie isoliert und ohne bestimmte Orientierung. Erst nach längerem Wachstum — aber auch ohne bemerkbare Änderung der Kulturverhältnisse — kommt es, wie 1) Ernst, Siphoneenstudien. Beihefte z. bot, Zentralbl. 1903, Bd. XIIE, pag. 137 und Tafel 8 mit verschiedenen Figuren. Doch sind die Tuberkeln von Codium knorriger und nicht keulenförmig. 86 F. Tobler, Zur Organisation des Thallus von Codium tomentosum. dort, auch hier zur Zentrenbildung und damit zur Organisation des normalen Thallus. . Zusammenfassung: Wie bei der reichen Möglichkeit der Ver- schluß- oder Wandbildung bei Codium tomentosum schon zu erwarten, ist auch dieser Siphoneenthallus in hohem Grade restitutionsfähig. Aus isolierten Palisadenschläuchen, den blasenartigen und vorzüglich der Assimilation dienenden Oberflächenelementen, kann ein normaler Thallus (bis zu einem im Vergleich mit der Keimlingsentwicklung als entschei- dend zu. betrachtenden Stadium verfolgt) ausgebildet werden. Hierbei bewahrt der isolierte Schlaueh von Anfang an eine ausgesprochene ‚Polarität. Seine Basis ist das Zentrum der Entwicklung. Auch die bei Verletzungen von Thallusstücken zu beobachtenden Restitutionen zeigen ein polares Verhalten des Organismus. Die Stücke sind nicht umkehrbar in Hinsicht ihrer Organbildung. In diesem Zusammenhang darf ich nicht unterlassen, an Janses Beobachtungen und Deduktionen zu erinnern (Polarität und Organ- bildung bei Caulerpa prolifera)‘). Meine Versuche sind freilich in Anstellung und Zweck mit den sorgsamen des Verfassers nicht zu vergleichen. Erwähnt werden muß aber die Auffassung des Noll’schen Umkehrungsversuches. bei Bryopsis als eines nicht gelungenen Beweises für die oft daraus erschlossene Inversionsmöglichkeit. Einige Male habe auch ich, wie hier ergänzend angefügt sei, ein Auswachsen an der oberen Hälfte der isolierten Palisadenschläuche konstatiert, doch geschah dies nur, solange die Basis entweder nicht mit Wundenverschluß versehen oder noch nicht im Auswachsen be- griffen war. Außerdem habe ich Grund zu vermuten, daß es sich dabei nur um schon vorhandene Anlagen, wie sie an den Palisadenschläuchen im Thallus auftreten, handelt. Im allgemeinen wurden zur isolierten Kultur große und glattrundliche benutzt. Aus dem Grunde, weil es sich bei allen Versuchen wit den Einzelzellen um Endelemente der Sprosse handelt, ist ein Vergleich mit den Resultaten meiner früheren Kulturen isolierter Algenzellen nicht am. Platze!). Bei Lichtmangel treten Ungleichheiten im Wachstum der Teile des — prinzipiell doch unizellulären — Thalluskörpers auf, Es schwindet — mit andern Worten — die Regulation des Wachstums der Teile mit Rücksicht aufeinander sowohl in Stärke, wie Art des Wachstums. 1} Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1906, Bd. XLII, besonders pag. 453. 1) Vgl. darüber die Zusammenfassung der Arbeit: „Regeneration und Polarität usw.“ Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1906, Bd. XLII, pag. 498. ö . } ! Benötigt der Pilz Coprinus Kalksalze usw. 87 Unter diesen selben und andern ungünstigen Bedingungen kommt es auch zu Zerfallserscheinungen und Bildung von brutkörperartigen Organen, deren weiteres Verhalten dem über die isolierten Teilen Ge- sagten entspricht. Beim Auskeimen der Zygoten wie der vegetativen Vermehrungs- produkte geht, eine Phase unregelmäßigen — an Protonemen erinnern- den — Wuchses dem Anfang (er Thallusorganisation voran. Diese erfolgt darelı lokal gehäufte und bestimmt orientierte Bildung der Pali- sadenschläuche (Zentrenbildung). Münster (Westf), 16. Januar 1911, Benötigt der Pilz Coprinus Kalksalze zu seinen physiologischen Funktionen? Von James R. Weir. Während niedere Pilze ebenso wie niedere Algenformen Kalzium- salze für ihre Existenz und Funktionen enthehren können, ist die Frage, ob für höhere Pilze Kalzium ebenso wichtig ist wie für die höher stehenden Algenformen, bis jetzt nicht: erledigt worden. Nur Hori!) hat kürzlich einige Versuche veröffentlieht, welehe wenigstens für zwei Arten höherer Pilze ergeben hatten, daß bei Abwesenheit löslicher Kalziumverbindungen jede Entwicklung ausblieb, woraus er den Schluß zog, daß gewisse höhere Pilze sehr wahrscheinlich Kalziumsalze be- nötigen ?). Da ich mich nach mehreren Seiten bin mit Fragen über (die Gattung Coprinus beschäftigte, willmete ich auch obiger Frage meine Aufmerksamkeit. Zunächst wurde ein Nährmedium bereitet wie folgt: 3 g Agar wurden in 200 eem dest. Wasser gelöst und 2 g Glukose, 1 & Monokaliumphosphat, neutralisiert mit Ammoniak, und 0,5 g Magnesium- sulfat zugesetzt und die Lösung in vier konische Flaschen von je 200 eem Kapazität verteilt. A diente als Kontrollflasche, B erhielt 2 g neutrales Kalium- sulfa, C 3 g neutrales Kaliumtartrat, D 2 & neutrales Kaliumoxalat, 1) Fiora, Bd. CI, pag. 447. 2) Bezüglich der Funktion der Kalziumsalze ıgl. Oscar Loew, Flora 1892, pag. 368, 88 James R. Weir, um die Kalkspuren unlöslich zu machen. Diese Salzmengen waren einander nahezu chemisch äquivalent, die Mischungen wurden wie üblich sterilisiert und mit Sporen von einer Reinkultur von Coprinus pliea- tilis (Fries) in einer Dampfatmosphäre infiziert. Nach 2 Wochen ergab sich: in A waren kleine Fruchtkörper bis zur Sporenreife ent- wiekelt, in B und CG war Keimmmg und Myzelbildung eingetreten aber noch kein Fruchtkörper gebildet, in D war gar keine Keimung einge- treten, keine Spur Myzel war sichtbar und auch später änderte sich daran nichts mehr. Zweiter Versuch: Hier wurde das gleiche Nährmedium ver- wendet aber unter Zumischung von 10 cem Stallmistextrakt. Die Flaschen wurden mit C. papillatus (Fries) infiziert und bei 30° im Thermostat gehalten. Nach 10 Tagen waren in A zwei Fruchtkörper entwickelt bis zum sporenreifen Zustand. Nach 20 Tagen war in B und C Myzelien und Rudimente von Fruchtkörpern entstanden, in D aber keine Spur Myzel entwickelt. Dritter Versuch: Das Nährmedium war dasselbe, wie beim zweiten Versuch, wurde aber mit Sporen von Coprinus niveus (Fries) infiziert. Nach 19 Tagen erschienen Fruchtkörper in großer Zahl und kräftig entwickelt in A, in B erschien Myzel, in © Myzel mit Frucht- körpern, in D aber war jede Spur Entwieklung ausgeblieben. Nach weiteren 5 Tagen erschienen sieben Fruchtkörper in B, aber noch ohne Sporen. In C nahmen die Fruchtkörper nicht weiter zu, und auch keine Sporen waren erschienen. In D war wieder jede weitere Entwicklung ausgeblieben. Vierter Versuch: Hier unterschied sich das Nährmedium von dem bei dem ersten Versuch nur durch die Abwesenheit des Agar. Es wurden hier Petrischalen zu den Kulturen verwendet, welche mehrere Schichten Filtrierpapier enthielten. Nach dem Sterilisieren wurden diese in sterilisierte Lösung getaucht, so daß die eindringende Flüssigkeit das Filtrierpapier benetzen mußte, auf welches dann die Sporen von C. ephemeroides (Fries) wie früher ausgesät wurden. In jeder Ab- teilung waren vier so präparierte Schalen, welche in große, etwas Wasser enthaltende sogenannte Kristallisierschalen gesetzt wurden, die geschützt vor dem direkten Sonnenlicht bei Zimmertemperatur stehen blieben. Nach 2 Tagen Stehen ergab sich in allen vier Abteilungen, daß Keimung der Sporen eingetreten war. Nach 10 weiteren Tagen im Thermostat ergab sich bei A Entwicklung von kleinen wohlgeformten Fruchtkörpern mit Sporen und ein blasser Fruchtkörper ohne Sporen. Alle diese Fruchtkörper waren positiv heliotropisch, doch verflüssigten sich erstere, Benötigt der Pilz Coprinus Kalksalze usw, 89 wenn auch langsam, der blasse Fruchtkörper aber nicht. Bei B zeigte sich nun viel Myzel und nach 3 weiteren Tagen Fruchtkörper mit Sporen. Bei C viel Myzelium und nach 4 weiteren Tagen drei kleine Frucht- körper ohne Sporen in einer von den vier Schalen. In D war gar keine weitere Entwicklung eingetreten. Nachträglich wurde ein Medium hergestellt, mit Zusatz von 0,2 %/, Chlorkalzium zu A, weil der benützte Agar und das Mistextrakt offenbar nur sehr geringe Mengen Kalk enthielten. Nach diesem Kalzium- salzzusatz nun war die Fruchtkörperbildung eine sehr reichliche geworden. Fünfter Versuch: Es wurden 20 cem konzentriertes Stallmist- extrakt zu 100 cem destilliertes Wasser gesetzt und die neutralisierte Flüssigkeit in drei Teile geteilt. A diente als Kontrolle. B erhielt 0,1°/, Chlorkalzium. Da nun durch diesen Zusatz etwas Phosphorsäure ausgefällt war, so wurde noch 0,02%, Monokaliumphosphat zugesetzt. C erhielt 0,08 °/, neutrales Kaliumoxalat, wodurch eine Trübung herbei- geführt wurde, woraus sich offenbar nur auf einem geringen Kalkgehalt des Mistextraktes schließen ließ. Auch hier wurden Petrischalen ınit Fließpapiereinlage wie im vierten Versuch verwendet. Nach 2 Tagen war überall beginnende Sporenkeimung eingetreten, welche sich nach 2 weiteren Tagen bei A und B sehr weit entwickelte, bei C aber stehen blieb, unter Zeichen des Absterbens. Nach 6 weiteren Tagen war in A und B Entwicklung von Fruchtkörpern eingetreten ?). Sechster Versuch: Eine Lösung von 2°/, Wittepepton wurde mit soviel verdünnter Kaliumoxalatlösung versetzt, als noch eine Zu- nahme der Trübung bemerkt wurde. Als 0,04%, der Peptonlösung an Oxalat verbraucht war, schienen die sämtlichen vorhandenen Kalk- spuren sicher gefällt zu sein. Die Lösung wurde wohl bedeckt, 3 Tage stehen gelassen, bis sich der ausgeschiedene oxalsaure Kalk als Nieder- schlag am Boden gesammelt hatte. Die sorgfältig abgezogene Lösung wurde nun nach dem Filtrieren in zwei Teile geteilt. A erhielt keinen weiteren Zusatz, zu B aber wurden 0,2°/, Chlorkalzium gesetzt. Nach 5 Tagen nach der Aussaat von Sporen des Coprinus plicatilis, welcher auch beim fünften Versuch verwendet wurde, zeigte sich in den Petri- schalen bei A nur Spuren von Keimung, während bei B schon reichlich Myzel entwickelt war. Während nun bei A auch nach weiteren 8 Tagen gar keine Entwicklung der Myzelbildung eingetreten war, bildeten sich En Es wurde bei mehreren Versuchen festgestellt, daß die neutrale Reaktion des Nöährmediums während der Entwicklung der Goprini nicht in eine saure umschlug. 90 James R. Weir, Benötigt der Pilz Coprinus Kalksalze usw. bei B bereits Fruchtkörper, die etwas später reife Sporen und die charakteristische Selbstverflüssigung zeigten. Es geht aus diesen Versuchen hervor, daß Kalziumver- bindungen zum Leben und Gedeihen höherer Pilze ebenso notwendig sind als für die höheren Algen und die höher stehenden Pflanzen überhaupt. Das Genus Ooprinus gehört, wie bekannt, zu den höchst entwickelten Pilzen. Hori’s Arbeit (l. c.) konnte zwar ebenfalls kaum einen Zweifel mehr aufkommen lassen, aber seine Beweisführung ist eine mehr indirekte. Durch meinen Nach- weis, daß die Kalziumzufuhr die durch Kalziumentziehung entwicklungs- untüchtig gewordene Lösung wieder entwicklungstüchtig für Coprinus ‚ macht, ist die Probe aufs Exempel erbracht, der erste direkte Beweis geliefert worden '). 1) Die Einwände, welche gegen Hori’s Arbeit gebracht wurden, scheinen nicht wohl begründet zu sein. Einerseits beruht ja die Giftwirkung löslicher Oxalate eben nur auf Kalkentziehung bei kalkbedürftigen Organismen (siehe hierüber die Ausführungen von O. Loew in der Münchener med. Wochenschr. vom 6. Dez. 1910 über „Die physiologische Rolle der Kalziumsalze“ und auch in Flora 1892). An- dererseits könnte der Hinweis, daß Kalziumoxzalat auch von den Wurzeln höherer Pflanzen ausgenützt werden könne und daher auch höheren Pilzen keineswegs un- zugänglich zu sein brauche, sich nur auf solche Fälle beziehen, in denen tatsächlich ein, wenn auch sehr geringes Wachstum in Hori’s Versuchen stattfand, wie bei Botrytis und Selerotinia, Rhizopus und Fusarium. Es wäre denkbar, daß hier durch Säurebildung wie bei Wurzeln etwas Kalziumoxalat gelöst und assimiliert worden wäre. Diese Arten haben keine entscheidende Antwort auf obige Frage gegeben. Anders liegt aber der Fall bei Hori’s Versuch mit Cepkalothecium und Entomophthora. Diese Arten zeigten absolut keine Entwicklung, wenn Kalzium nur als unlösliches Oxalat vorhanden war. Sie sind also kalkbedürftig. Interessant ist die weitere Frage, wo die physiologische Grenze liegt zwischen den kalkbedürftigen höheren Pilzformen und den niederen kalknichtbedürftigen Formen. Druck von Ant, Kämpfe in Jena. PER Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Soeben erschien: Biochemischer Kreislauf des Phosphat-lons im Boden, Von K. K. Hofrat Dr. Julius Stoklasa ©, &. Professor an der K. K. böhmischen technischen Hochschule und Direktor der Chemisch-physiologischen Versuchsstation der b, Sektion des Landes- kulturrates für das Königreich Böhmen, Prag, Mit 12 Tafeln. Abdruck aus dem „Centralblatt für Bakteriologie, II. Ateilung“. Preis: 6 Mark. Das Schicksal des Phosphat-Ions im Acker-, Wiesen-, Wald- und Gartenboden nur vom chemischen Standpunkt zu betrachten, muß als ein aufzugebendes Verfahren ange- sehen werden. Stoklasas Arbeit stellt die Lehre auf eine neue Grundlage; seine Resul- tate über den Einfluß der ausgeschiedenen Sekrete der Bakterienzelle auf die Metamor- phose der wasserunlöslichen Phosphate dürfen nicht nur bei den Forschern, sondern ebenso in der Industrie die allergrößte Beachtung beanspruchen. Soeben erschien: Die Anzucht tropischer Orchideen aus Samen. Neue Methoden auf der Grundlage des symbiotischen Verhältnisses von Pflanze und Wurzelpilz. Von Dr. Hans Burgeff. Mit 42 Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark 50 Pf. Seine Studien, die er in dem Werke „Die Wurzeipiize der Orchideen‘ begonnen hat, setzt der Verfasser hier fort. Er kommt hier neben der wissenschaftlichen Ver- tiefung auch in hohem Maße den Bedürfnissen der Praxis entgegen und so wird das Buch nicht mur für den Botaniker, sondern auch für den Züchter in Kunst- und Handeis- gärtnereien von Interesse sein und ihm viele neue Anregungen bringen, die eine Zukunft vor sich haben. Soeben erschien: Boden und Klima auf kleinstem Raum. Versuch einer exakten Behandlung des Standortes auf dem Wellenkalk. Von Dr. Gregor Kraus Prof. der Botanik. Mit 1 Karte, 7 Tafeln und 5 Abbildungen im Text. Preis: 8 Mark. Mit neuem, überaus gründlichem wissenschaftlichen Rüstzeug tritt der Verfasser an pflanzengeographische Probleme heran. Von der Flora des interessanten Wellen-Kalkbodens der Würzburger Umgebung geht er aus, um die Standortlebre zu vertiefen; und da er die Beschaffenheit des Standortes der Hauptsache nach als eine Funktion der Bodenstruktur erklärt, so gewinnt er damit eine Betrachtangsweise, die seine Untersuchungen von grund- jegender Bedeutung auch für andere Florengebiete werden lassen. L Dem Botaniker nicht allein, sondern ebenso dem physiologischen Chemiker und dem Agrikulturchemiker werden diese ‚Studien bedeutungsvolle Anregung geben. Soeben erschien: Gesammelte theoretische Abhandlungen über Gärungsorganismen. Von Emil Chr. Hansen. Nach seinem Tode herausgegeben von Alb. Klöcker Extr. Vorsteher an dem Carlsberg-Laboratorium Kopenhagen. Mit 1 Porträt und 95 Abbildungen im Text. Preis: 18 Mark. Inhaltsübersicht: Vorwort. — I. Untersuchungen über die Organismen der Inft. (2 Abhandl.) — I. Untersuchungen über den Kreislauf der Alkoholgärungspilze. (4 Abhandl.} — IIL Andere Untersuchungen über Alkoholgärungspilze. (22 Abhandl., — IV. Untersuchungen über Essigsäurebakterien. (3 Abhandl.) — V. Abhandlungen über die Methodik der Reinzucht. @ Abhandl.} — VI. Verzeichnis der von Emil Chr. Hansen veröffentlichten Arbeiten. Nicht allein die Bedeutung Emil Chr. Hansens für die Gärungsfragen, sondern auch sein eigener Wunsch berechtigen zu der vorliegenden gesammelten Ausgabe. Der Grund ist namentlich der, daß ein großer Teil der Abhandlungen in ihrer vollständigen Gestalt sich nur auf Dänisch und nur in einem kurzen Resum& auf Französisch fanden. In den letzten Jahren sind jedoch die Abhand- lungen in den Mitteilungen des Carlsberg-Laboratoriums im ganzen ins Französische übertragen und einige sind wieder hiervon ins Deutsche übersetzt worden; aber sowohl diese als die früheren Übersetzungen waren nicht glücklich und es finden sich an mehreren Stellen positive Fehler, so daß sogar das direkte Gegenteil von dem dasteht, was sich ursprünglich im Original fand. Die in dieser Gesamtausgabe aufgenommenen Arbeiten sind so ausgewählt, daß nichts doppelt gesagt ist, und es ist ferner eine systematische Einteilung ver- sucht worden. Die gesammelten Abhandlungen eines Klassikers auf dem Gebiete der Mykologie werden daher auf weiteste Beachtung rechnen dürfen. ur Diesem Hefte liegen zwei Prospekte bei: 1. von der Verlagebuchhandiung Ferdinand Hirt in Breslau, betr. „H. Coßmann, Deutsche Flora“; 2. vom Verlag Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, beir. „Valentin Haecker, Allgemeine Vererbungsiehre". ir. Kauers, Buchenvonens,, Fan i { FLORA ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. DRITTER BAND. (DER GANZEN REIHE_103. BAND.) ZWEITES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 2 TAFELN UND 41 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV- FISCHER IN JENA. im. ERSCHIENEN AM 11. JULI 1911. Inhaltsverzeichnis. Seite BOSHART, K., Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exo- trophie. Mit 14 Abildungen im Text . . 2. 2.0... 91-124 CONNOLLY, 0. J., Beiträge zur Kenntnis einiger Fiorideen. Mit Tafel I u. OH und 2? Abbildungen im Text . . 2 202. . 1285-170 Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Vollständig liegt vor: Kisskalt und Hartmann - - “ Praktikum der Bakteriologie und Protozoologie. Zweite erweiterte Auflage. 2 Teile. Erster Teil: Bakteriologie von Prof. Dr. Kisskalt, Abteilungsvorsteher am hygienischen Institute der Universität in Berlin. Mit 40 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 2 Mark 50 Pf,, geb. 3 Mark 50 P£. Inhalt: I, Hälfte des Kurses, Übung ı—ı8; Einfachste Methode. zur Er- kennung und Isolierung von Bakterien. — Untersuchung eines pathogenen Mikroorganis- mus, — Milzbrand. — Methoden zur Differentialdiagnose zwischen zwei nahe verwandten Bakterienarten: Typhus und Coli. — Untersuchung einiger anderer pathogener Migro- organismen. — Geflügelcholera- und Schweinerotlaufbazillen. — Keime in Luft und Erde. — Nöhrbödenbereitung, — Tuberkulose, — Staphylokokken und Streptokokken. — Diph- therie, — Choleraähnliche Vibrionen. Kapselbazillen. — Desinfektion. — Herstellen von Typhusserım. — Wasseruntersuchung, — Pneumokokken. — Schimmel und Hefen. Bakterien aus der Protensgruppe. — Übung. — II. Hälfte des Kurses. — Übung 1945: Prodigiosus, Pyocyaneus. -—— Methoden der Anatrobenzüchtung. — Bakteriolyse, — In- volutionsformen, — Malignes Ödem. -— Geißelfärbung. — Tetanıs. — Influenza. — Bac. botulinus. — Bac, interitidis. — Meningokokken. — Gonokokken. — Rotz. — Hämolyse. — Züchten von Typhusbazillen aus Stuhl und Wasser. — Phagöcytose. — Dysenterie, Paratyphus. — Bakterizide Wirkung des Blutserums. — Diphtheriegift und -antitoxin. — Untersuchung von Tonsillet, Conjunctiva, Rachen, Harn, Faeces; Smegma etc, — Züchten von Tuberkeibazillen aus Sputum. — Pathogene Schimmelpilze, —— Bestimmung des Coli- titers. —- Leuchtbakterien, — Komplementfizierung, Wassermannsche Reaktion. — Opsonine, — Untersuchung eines unbekannten Mikroorganismus. Zweiter Teil: Protozoologle von Prof. Dr. M. Hartmann, Leiter des Protozoenlaboratoriums im Kgl. Institut: für Infektionskrankheiten und Privat- dozent der Zoologie an der Universität Berlin. Mit 76 teila mehrfarbigen Ab- bildungen im Text. 1910, Preis: 3 Mark 20 Pf., geb. 4 Mark. Inhalt: Einleitung, — Allgemeine Übersicht über Bau und Entwicklung der Protozoen, — System der Protozoen. — Allgemeine Technik der Protozoenuntersuchung. — IL Amoebina. — II. Myxosporidia, — III, Saroosporidia. — IV. Flagellata, — V, Coceidia. — VI. Gregarinid., — VI, Ciliata, Urteile der Presse über die zweite Auflage. Münchener medizinische Wochenschriit, Nr, 10 vom 7. März 1911: Das Praktikum von Kisskalt und Hartmann, welches mit einer Reihe von Ver- besserungen (z. B. ausführliche Berücksichtigung der Immunitätslehre) in zweiter Anflage erschienen ist, verdient seinen Namen in vollem Umfange. Es bietet dem Medizinstudie- renden, der durch ernstes Studium in das Gebiet der Bakteriologie, Serologie und Proto- zoologie eindringen will, einen leichtfaßlichen, sicheren Leitfaden und bewahrt ihn vor oberflächlichem, spruugweisem Arbeiten. Gerade auf dem Gebiete der Bakteriologie und der Serologie glauben viele Mediziner auch ohne spezielle Ausbildung sich praktisch und wissenschaftlich betätigen zu können; man. begegnet öfters Arbeiten, die diese Au- sicht ihrer Autoren bezeugen und möchte deshalb das Praktikum zu fleißigem Gebrauche empfehlen. ee Die Ausstattung ist wie in der ersten Auflage sehr gut. Die Trennung des Lehr- ganges in einen bakteriologischen and serologischen Teil wurde auch Außerlich durchgeführt und dürfte den praktischen’ Bedürfnissen entsprechen. - Käster-Freiburg i. Br. Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und - Exotrophie, Von K, Boshart. {Mit 14 Abbildungen im Text.) Den ersten Hinweis auf die Erscheinung der Blattasymmetrie brachte Wydler im Jahre 1857. Er zählte eine große Menge von Formen auf mit asymmetrischen Blättern in den verschiedenen Teilen von Laub und Blüte und suchte sie auch nach ihrer gegenseitigen Lage an der Pflanze unter zwei großen Gruppen einzuordnen; dabei unter- schied er zwischen homotropen und antitropen Blättern; Beim ersten Typus liegen die großen Blatthälften in spiraliger Richtung, wie z. B. die Kronblätter von Vinca, beim zweiten Typus dagegen befinden sie sich auf derselben Seite der Sproßachse, wie z. B. bei Ulmus, Begonia und anderen; diese Gruppe umfaßt also die dorsiventralen Sprosse mit asymmetrischen Blättern. Versuche, die Erscheinung kausal zu erklären, wurden zuerst gemacht von Hofmeister und Wiesner 1868. Beide brachten sie in Zusammenhang mit der Lage der Blätter zum Horizont und glaubten sie als Schwerkraftwirkung deuten zu können. Nach Hofmeister sollte diejenige Blatthälfte, welche vor der Eint- faltung dem Horizont abgekehrt liege, während der Dauer dieser Lage im Wachstum gefördert sein und größer werden. Wiesner dagegen faßte die spätere Lage ins Auge und unterschied hier drei Möglich- . keiten: 1. Die orthotrope Lage, welche zur Bildung radiärer Formen führe; 2. Die hemiorthotrope Lage (die senkrecht zur Blattfläche durch den Mittelnerv gelegte Ebene bildet mit dem Horizont einen Winkel von 90°, wie z. B. bei Blättern grundständiger Rosetten), diese führe zu dorsiventralen Formen; 3. die klinotrope Lage, welche asymmetrische Blätter bedinge; hier bildet die durch den Mittelnerv senkrecht zur Blattfläche gelegte Ebene mit dem Horizont einen schiefen Winkel Als besonders deut- liches Beispiel führte Wiesner die geteilten Blätter an (II, 1892). Den Einfluß der Schwerkraft dehnte er auch auf die verwandte Erscheinung der Anisophylliie aus, bei welcher gleichfalls infolge der Lage zum Horizont die unteren Blätter größer würden als die oberen. Auch Frank (I) faßte diese Verhältnisse so auf und brachte, wenigstens für Koniferen, auch experimentelle Beweise. Daneben wurde auch das Licht als möglicher Reiz ins Auge gefaßt. Flora, BA. 108. 7 92 K. Boshart, Goebel dagegen betonte neben diesen äußeren Einwirkungen von Anfang an die Tatsache, daß Anisophyllie und Blattasymmetrie zu- meist gebunden seien an dorsiventrale Sprosse, also in Beziehung ständen zur Gesamtsymmetrie des Sprosses, und daß die Richtung der Sproß- dorsiventralität in mehreren Fällen, nämlich bei den Seitensprossen mancher Pflanzen, ausschließlich aus der Lage zur Abstammungsachse erklärt werden könne. Auch Wiesner gab diesen „inneren Ursachen“, für die er den Namen Exotrophie bzw. Endotrophie einführte, einen immer größeren Raum. Die Experimente, welche bis jetzt angestellt wurden, beschäftigen sich fast nur mit dem Einfluß äußerer Reize, ohne hier zu einem ein- heitlichen Ergebnis geführt zu haben. Mit Ausnahme einer kurzen un- vollendet gebliebenen Arbeit Gentner’s besitzen sie alle das Gemein- same, daß niemals versucht wurde, den Mechanismus, welcher schließlich die verschiedenen Asymmetrien ermöglicht oder herbeiführt, genauer zu zergliedern. In den nachfolgenden Untersuchungen wurde daher besonders dies ins Auge gefaßt und auf Grund der dabei gefundenen Tatsachen versucht, einen Beitrag zur Erklärung der Erscheinung zu liefern. Sehr viele geteilte Blätter zeigen eine Asyınmetrie der Einzel- blättchen in der Weise, daß deren basale Hälfte gefördert erscheint gegenüber dem der Blattspitze genäherten Teile. Rubus-, Vitis-Arten, Vicia Faba, viele Umbelliferen, überhaupt eine sehr große Zahl von Pflanzen mit geteilten Blättern zeigen diese Verhältnisse. Hofmeister nun schreibt, diejenige Seite, welche später zur größeren werde, liege im Jugendzustande oben; während dieser Lage werde die Asyımmetrie ausgebildet. In der geschlossenen Knospe, zu einer Zeit, wo.die ein- zelnen Teile der Blätter noch keine gesetzmäßige Lage zum Horizont besäßen, sei auch keine konstante Form der Asyınmetrie vorhanden. Wiesner sieht in der ganzen Erscheinung der Blattasymmetrie offenbar mehr eine phylogenetisch. erlangte Beziehung zur Lage, ohne daß diese noch kausal für die Formentwicklung nötig sei; wenigstens lassen sich einige Sätze nicht anders verstehen. Nur dürfen wir in einem Falle, wo die Schwerkraftwirkung zur Ausbildung einer Er- scheinung nicht notwendig ist, in ihr auch nicht die Ursache derselben annehmen. Übrigens besteht auch die Beziehung zwischen hemiortho- troper Lage mit symmetrischer Blattgestalt einerseits und klinotroper Lage mit asymmetrischer Blattform andererseits nicht regelmäßig; ab- Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 98 gesehen davon, daß viele Pflanzen völlig symmetrische Fiederblättchen besitzen trotz klinotroper Lage, wie z. B. Fraxinus, Sambucus, Rosa u. a., finden sich auch häufig asymmetrische Endfiederchen bei hemiortho- iroper Lage; fast an allen oben angeführten Pflanzen läßt sich dies ge- legentlich beobachten. Auch schließt der Verlauf der Entwicklung eine Wirkung der Schwerkraft aus; offenbar beruhen, wie dies auch Goebel schon her- vorgehoben hat (Il, pag. 106), Hofmeister’s Angaben auf unrich- tigen Beobachtungen. Mit Ausnahme von Tamarindus indiea wird die Asymmetrie bei den Pflanzen, die ich untersuchte, wie Rubus fruticosus, Aegopodium podagraria, Chelidonium maius, Vicia Faba, gleich mit der Ausbildung einer Spreite angelegt. Die jungen Gewebe- höcker, aus denen die Seitenfiederchen hervorgehen, legen sich sehr früh in die Richtung der Sproßschse, so daß die Mittellinien von End- blättehen und Seitenblättchen parallel laufen (Fig. 1). Erst in dieser Lage wird eine Spreite ausgebildet; die Blätt- chen fälten sich ein, ebenso wie das ganze Blatt. Man kann hier also nicht von einer ' oberen bzw. unteren Hälfte der Seitenfiedern sprechen, sondern nur von einer Innen- > Vegetationspunkt, fi F . 1 Es sind 3 Blätter bzw. Außenseite und zwar ist die geförderte gebläct, ü; ianaeie Seite die außen liegende. Erst später legen Fig. 1. Rubme. sich die Seitenblättehen in die am fertigen . Blatte vorhandene Richtung, so daß ihre Mittellinien mit der des End- blättchens einen größeren Winkel bilden. Bei paarig geteilten Blättern, wie Vicia Faba, wird die Stelle des Endblättchens von der anfangs verhältnismäßig viel kräftigeren Rhachis eingenommen. Ich ließ nun Pflanzen von Vieia Faba in vertikaler Richtung, aber genau umgekehrt sich entwickeln, ohne jedoch die geringste Änderung der Blattform zu erreichen. Als anderer von außen wirkender Reiz wurde das Licht aufgefaßt. Doch erhielt ich hier dieselben negativen Resultate; weder Aegopodium noch Vieis oder Pisum sativum zeigten eine Veränderung ihrer Asym- metrie, wenn sie von ihrer Keimung an im Dunkeln gehalten wurden. Nun wäre es wohl denkbar, daß vielleicht der Reihenfolge der Entwicklung ein bestimmender Einfluß zukäme, etwa in dem Sinne, daß bei basipetaler Eintwicklung die unteren Hälften ihr starkes Breiten- wachstum erhielten infolge der längeren Wachstumsdauer an der Blatt- basis, Doch scheint eine solche Gesetzmäßigkeit nicht zu bestehen. Basipetale Entwicklung findet sich z. B, bei Vitis, Chelidonium:; bei vr 94 K. Boshart, vielen Umbelliferen dagegen wie auch Aegopodium werden die Blättehen in akropetaler Reihenfolge angelegt; trotzdem besitzen sie die gleichen Symmetrieverhältnisse mit geförderter Basalhälfte. Ebenso finden wir auch bei Pflanzen mit symmetrischen Fiederblättchen beide Möglich- keiten der Entwicklung: Rosa z. B. zeigt basipetale, Juglans, Fraxinus, viele Papilionazeen dagegen besitzen akropetale Entwicklungsfolge. Wir müssen somit nach anderen Zusammenhängen suchen. Es fällt bei der Anlage der Blättchen auf, daß die äußeren (später unteren) Hälften sich auf einem breiteren Areal erheben als die innen (später oben) liegenden. Falls nicht später im Blatte selbst eine beliebige Verteilung der Stoffzufuhr stattfindet, liegt die Annahme nahe, daß diejenige Blatthälfte zur größeren wird, welcher in den ersten Ent- wieklungsstadien das größere Areal zur Verfügung stebt, wahrscheinlich weil hier von unten her auch die Stoffzufuhr größer sein wird; eine Eigentätigkeit der Blattadern kommt auf diesem Stadium noch nicht in Frage, überhaupt müssen wir in dieser nur den späteren deutlicheren Ausdruck sehen für die Zonen stärkster Streckung gleich nach der Anlage (siehe Deinega 1898). Es fragt sich also, ob derartige Differenzen in der quantitativen Verteilung der Stoffzufuhr bei der Anlage des Blattes eine Asymmetrie hervorrufen können, welche auch später, nach Ausbildung der Anasto- mosen, noch erhalten bleibt. Versuche in dieser Hinsicht sind bereits gemacht worden von Gentner (Flora 1909); er schnitt junge Blätter an der Basis einseitig ein und erhielt dadurch asymmetrische Formen, die eingeschnittene Hälfte blieb im Wachstum dauernd zurück. Ich wiederholte seine Versuche mit demselben Resultate. Dabei ist es gleichgültig, ob man den Blatt- stiel durchschneidet oder im Blatt selbst eine der großen Adern; stets bleibt der Teil, dessen geradlinig von unten kommende Leitungsbahnen durehschnitten werden, bedeutend zurück. Ein Ausgleich kommt auch später nicht zustande. Fig. 2—5 zeigen Blätter von Ribes nigrum. Der Blattstiel besitzt ungefähr dreieckige Gestalt; die auf der Unter- seite verlaufenden Leitbündel versorgen die Blattwitte, die seitlich nach oben zu liegenden Leitbündel die basalen Seitenteile. Durchschneidet. man den Blattstiel einseitig, so erhält man ein asymmetrisches Blatt; führt man den Einschnitt auf der Unterseite des Blattstiels aus, so entsteht eine Form mit gestautem Mittelteil; wird der obere Teil des Stiels durchschnitten, so erhält das Blatt langgestreekte Gestalt mit schwach entwickelten Basalflügeln. Gefiederte Blätter reagieren in der Weise, daß bei einseitigem Einschnitt die Blättchen auf dieser Seite Beiträge zur Kenntnis der Blattasyımmetrie und Exotrophie. 95 in ihrer Länge bedeutend zurückbleiben. Man kann eben durch zeit- weilige Verminderung der Stoffzufuhr im Jugendzustand jede beliebige Blattform hervorrufen; die Versorgung durch seitliche Anastomosen genügt hier offenbar nicht. Anders scheint dies am ausgewachsenen Blatt zu sein; ich behandelte solche, gleichfalls an Ribes nigrum, ganz in derselben Weise, ohne daß jedoch irgend eine Reaktion auftrat. Die verletzten Blätter hiel- ten sich in voller Gesundheit, ohne zu welken, bis in den Herbst, wie die nor- malen. Auch bei Ul- mus, wo die Anasto- mosen zwischen den großen fiedrig stehen- den Adem sehr schwach zu sein schei- nen, führte die Durch- schneidung des Mittel- nerven kein Welken infolge von ungenfi- gender Wasserzufuhr herbei. Diese Be- obachtung steht im Widerspruch mit An- gaben Küster’s, welcher angibt, an Blättern mit fiedriger Nervatur ein Ab- sterben derselben nach derartigen Versuchen beobachtet zu haben Fig. 4. Blattstiel unter- Fig, 5. Blattsiel oberseits (L pag. 144). seits eingeschnitten. eingeschnitten. Ebenso wiedurch Verletzung des Blattstiels läßt sich die Form des Blattes verändern auch dadurch, daß man die Sproßachse kurz unterhalb des Vegetations- punktes einseitig einschneidet; Monokotyle und Dikotyle reagieren in gleicher Weise, Tradescantia zebrina z. B. besitzt zweizeilig stehende asymmetrische Blätter; das Flächenverhältnis der beiden Blatthälften ist ungefähr 4:5. Fig, 2--5. Ribes nigrum. Fig. 2. Normales Blatt. Fig. 3. Blattstiel rechts seitlich eingeschnitten. 96 K. Boshart, Ich schnitt die Sproßachse ein, kurz unterhalb des Vegetationspunktes auf der Seite der größeren Blatthälften; dabei machte ich stets viele Einschnitte nebeneinander, da sonst der Gefäßbündelanschluß im Stamme zu schnell verläuft und die ‚Geschwindigkeit dieser Regeneration natür- lich nicht größer sein darf, als die des Blattwachstums, wenn der Einfluß der Stoffzufuhr untersucht werden soll. In den Knoten, wo ringförmige Anastomosen sich befinden, scheint der Ausgleich doch langsam vor sich zu gehen. Ich erhielt eine deutliche Verminderung der Asymmetrie, meist wurden die beiden nächsten Blätter betroffen, welche ungefähr symmetrische Gestalt besaßen. Durch denselben Ein- griff gelang es an Viburnum, asymmetrische Blattform zu erzielen. Einen starken Ausschlag erhielt ich bei Klugia zeylaniea. Diese Gesne- racee besitzt sehr stark asymmetrische Blätter in zweizeiliger An- ordnung; durch Einschnitte in die Sproßachse auf der Seite der großen Blatthälften gelang es, deren Asymmetrie von dem Verhältnis 1:3 oder 1:2,5 der Flächen auf 1:1,2 oder 1:1,5 herabzumindern. Es wäre denkbar, daß die Hemmung oder Entfernung der einen Blatthälfte korrelativ einen fördernden Einfluß ausübe auf die gesunde Hälfte. Doch scheint dies nicht der Fall zu sein. In den meisten Fällen, besonders bei den Versuchen an Tradescantia, blieb das ganze Blatt etwas kleiner als normal; in anderen Fällen schien doch auch die unverletzte Hälfte nicht größer geworden zu sein. Sogar die gänz- liche Entfernung einer Blatthälfte, wie ich dies bei Klugia ausführte, zeigte keine Ergebnisse in dieser Hinsicht. Dagegen war hier der Mittelnerv auf der verletzten Seite in der Ausbildung der Gefäße und im Längenwachstumbedeutend zurückgeblieben, so daß die stehen- gebliebenen Blatthälften sich stark sichelförmig krümmten. Auch eine nachträgliche Vergrößerung des bereits angelegten Blattes bzw. eines Blatteiles ist möglich. Ich versuchte dies zu er- reichen, indem ich an noch sehr jungen Blättern der einen Hälfte ein größeres Areal der Sproßachse zuteilte als der anderen. Coleus arabicus besitzt isophylle Blattpaare mit symmetrischen Blättern bei gegenständiger Blattstellung; Unregelmäßigkeiten in der Gestalt kommen fast nie vor. Ich entfernte nun, sobald es die Größe ermöglichte, immer ein Blatt an jedem Biattpaare, und zwar ließ ich zwei benachbarte Blatt- zeilen stehen. Da die Sproßachse im unteren normalen Teile radiär ist, wird offenbar in die Hälften, welche auf der Seite der entfernten Blätter stehen, eine größere Stoffmenge fließen, da hier auch mehr Areal (auf dem Querschnitt) zur Verfügung steht. Die Versuche be- stätigten diese Annahme vollkommen; in allen Fällen, wo die Blätter Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 97 nicht durch die Operation verletzt waren, wurden sie asyımmetrisch, die größere Hälfte lag nach der Seite hin gewendet, auf welcher die Blatt- zeile des gekreuzt stehenden Paares weggeschnitten war; die Breiten der betreffenden Blatthälften betrugen 19 und 22 mm, 7 und 9 mm, 9 und 11 mm. Fig. 6 zeigt diese Verhältnisse, «/ und 5/ sind die entfernten Blätter. Setzt man das Experiment am selben Sproß längere Zeit hindurch fort, so bleibt diese Reaktion bei den zuletzt gebildeten Blättern aus, da durch die Entfernung der Blattzeilen die Gefäßbündel dieser Sproßseite völlig reduziert werden. Läßt man, noch bevor diese Leitbündelreduktion eingetreten ist, beide Blätter eines Paares stehen, so wird dieses anisophyll, und zwar befindet sich das größere Blatt, wie anzunehmen, auf der operierten Sproßseite; oifenbar hat diese Ver- größerung ihren Grund darin, daß hier die von unten aufströmende Nahrung nicht vorher schon zum Teil zur Versorgung von darunter- stehenden Blättern verwendet wird, wie dies normalerweise der Fall ist. Der Grad der so erreichten Anisophyllie betrug 19:25 mm, 17:19 mm, 21:28 mm in al der Länge der beiden Blätter je eines Wirtels. m Wir sehen also, wie sehr das Wachstum } ® \ u eines Blattes abhängig ist von der Verteilung der ; Stoffzufuhr; wird diese einseitig geschwächt, so A bedeutet dies eine Hemmung des betreffenden a Blatteiles, wird sie verstärkt, so bewirkt Fig. 6. Coleus arabicus, ihr Zuströmen eine Vergrößerung der be- Diagramm. 7 ga 7 treffenden Blattpartien. Während im allge- Blätter. meinen besonders die geradlinig von unten kommende Nahrung von Bedeutung ist, wird die Asyınmetrie bei den Versuchen an Coleus offenbar durch die seitlich einströmende Nahrung herbeigeführt. Dieser letzte Vorgang hatte in einigen Fällen zur Bildung abweichend geformter Blätter geführt. Es befanden sich solche an dem ersten Blattpaar, das ich unverletzt hatte stehen lassen, und zwar war das Blatt auf der operierten Sproßseite unregelmäßig gewachsen; es war nicht nur größer, als das gegenüberstehende Blatt, sondern auch seine Mittellinie war seitlich verschoben nach der Seite hin, auf welcher die Blattzeile des gekreuzt stehenden Paares entfernt waren; der junge Gewebehöcker war hier stark verbreitert worden, so daß ein breites Blatt mit zwei gabelig stehenden großen Nerven entstanden war; in einem anderen Falle trat die gleiche Bildung mit derselben Stellung auf. Auch in der Natur treten derartige abweichende Formen auf, die zum ‚großen Teil wohl durch Verwachsen von zwei sehr 98 K. Boshart, nahe aneinander gerückten Anlagen entstehen, wie dies Klein be- schrieben hat. Ganz anders als das Blatt verhält sich der Vegetationspunkt; seine radiäre oder dorsiventrale Natur ist vollkommen unabhängig von der Verteilung der Nahrungszufuhr. Auch wenn bei den Versuchen an Coleus die Leitungsbahnen der verletzten Seite gänzlich reduziert waren und so die Ernährung eine streng einseitige sein mußte, war die Symmetrie des Vegetationspunktes doch nicht verändert worden, die Blattpaare waren bei ihrer Anlage stets isophylL. Ebenso verhielt sich Klugia. Ich entfernte hier mehrere Monate hindurch sorgfältig gleich nach der Anlage der Blätter die großen Blatthälften; trotzdem besaßen die neugebildeten Blätter stets die alte Symmetrieform, der Vegetationspunkt war durch die einseitige Ernährung nicht beeinflußt worden. Kehren wir nun nach diesen allgemeineren Untersuchungen über das Blattwachstum wieder zurück zur Erklärung der Symmetrieverhält- nisse, wie sie sich in der Natur finden. Betrachten wir eine Pflanze von Rubus oder Aegopodium z. B. bezüglich ihrer Blätter, so zeigt es sich, daß sehr häufig auch ungeteilte, nur eingeschnittene oder eingebuchtete Blätter auftreten, besonders an der Basis eines Sprosses. Die Nervatur ist hier nun ganz dieselbe wie bei geteilten Blättern. Die zwischen zwei großen Nerven liegenden Teile sind verhältnismäßig klein gegenüber den breiten basalen Rand- partien. Diesen Typus von Nervatur finden wir sehr oft bei Biättern mit breiter Basis und fingerförmiger Nervatur: Acer, Ribes, Vitis u. 8 gehören gleichfalls hierher. Offenbar ist die Form der Nervatur ein konstanteres und wesentlicheres Merkmal als der Umstand, ob das einzelne Blatt nun eingebuchtet oder ganz geteilt ist. Die ziemlich häufig vorkommende unregelmäßige Asymmetrie des Eindfiederchens bei akropetaler Entwicklung läßt sich leicht verstehen. In allen Fällen befindet sich die kleinere Hälfte des Endblättchens auf der Seite, auf welcher das der Spitze am nächsten stehende zuletzt gebildete Seitenblätfchen inseriert ist; sind die beiden letzten Seiten- fiederchen in gleicher Höhe inseriert, so ist das Endblättchen symmetrisch; rücken aber diese beiden etwas auseinander, so wird das Endblättchen asymmetrisch und es bleibt diejenige Seite kleiner, auf welcher das Seiten- blättehen nach der Spitze hin verschoben ist (Fig. 7 u. 8). Soviel ich sehen konnte findet sich diese Erscheinung nur bei Blättern mit akro- petaler Entwicklung, wie Juglans, Fraxinus; die Abgliederung eines Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 99 Seitenblättchens kurz vor der Streekung bedeutet für den Gewebe- höcker, der zum Endblättchen wird, eine einseitige Schwächung, welche dann zur Asymmetrie führt. Einen besonderen Fall stellt Tamarindus indiea dar. Wir treffen hier in den jüngsten Entwicklungsstadien die normale Form an mit Förderung der basalen Hälften; allmählich jedoch verschiebt sich das Verhältnis und am ausgewachsenen Blatte hat sich schließlich auf der apikalen Hälfte ein ziemlich starker Flügel entwickelt, während die basale Hälfte zurückgeblieben ist. Diese Verschiebung geht völlig un- abhängig von äußeren Einflüssen vor sich; die Blätter werden in akro- petaler Reihenfolge angelegt und bei völlig gleicher Lage der einzelnen Blättchen besitzen am selben Blatte häufig die untersten Fiedern be- reits die Endform, die oberen dagegen noch eine geförderte Basalhälfte oder symmetrische Gestalt. Dagegen findet diese Veränderung gleich- zeitig statt mit der Ausbildung des Blattgelenkes; an der Basis eines jeden Fiederblättchens befindet sieh ein ziemlich starkes, als Gelenk funktionierendes Gewebepolster, welches ziemlich spät erst zur Aus- bildung gelangt. Dieses Polster nun befindet sich auf der ursprünglich größeren Seite und es ist vielleicht möglich, daß seine Ausbildung hemmend einwirkt auf den Nahrungszufluß nach dieser Hälfte, da es die hierher gehenden großen Nerven bedeckt. Durch die einseitige Lage des Gewebepolsters unterscheidet sich Tamarindus auch von Ro- binia; hier sind die Fiedern symmetrisch, das Gelenk liegt in der Mitte. Die gleichen Verhältnisse wie bei Phanerogamen treffen wir bei den geteilten Blättern der Farne an. Von äußeren Faktoren muß hier 100 K. Boshart, die Schwerkraft ganz in Wegfall kommen, da infolge der Rollung der jungen Wedel keine konstante Lage beibehalten wird. Dagegen schien nach einer Angabe von Maheu (pag. 24) dem Licht eine gewisse Be- deutung zuzukommen. Pflanzen von Aspidium spinolosum, welche in Höhlen bei einseitig eindringendem Lichte wuchsen, besaßen Fieder- blättehen, deren basale Hälfte größer war als die apikale; an nor- malen Blättern sei dies umgekehrt. Ich untersuchte nun alle im Mün- chener botanischen Garten befindlichen Stöcke und fand stets denselben Fall, daß auch bei normalen Blättern die basale Hälfte gefördert war; zuch bei lange audauernder Kultur in einseitig einfallendem Lichte ließ sich keine Verstärkung der Asymmetrie erzielen. Ebensowenig konnte ich an Pflanzen von Asplenium viride, welche ich lange im Dunkeln hielt, abweichende Symmetrieverhältnisse beobachten; hier ist stets die der Spitze zugekehrte Hälfte stärker entwickelt, eine Form, die wir bei Farnen häufig antreffen, z. B. Aspidium lonchitis, Nephrolepis acuta u. a. Wie bei Phanerogamen, treten auch bei Farnen häufig asymmetrische Enäblättchen auf, deren Vorkommen demselben Gesetze folgt wie bei jenen; auch läßt ja die Entwicklung auf ähnliche Verhältnisse schließen. Einschnitte zeigen dasselbe Resultat, vur werden Teile, welche man in der Jugend durch Durchschneiden des Nerven, der sie ernährt, abtrennt vom übrigen Blatte, später überhaupt nicht mehr weiter entwickelt; allmählich vergilben sie und sterben ab. Auch erwachsene Blättchen, deren Hauptnery man an der Basis durchschneidet, vergilben, aber erst nach mehreren Monaten, so daß die Ursache auch hier nicht in Mangel der Wasserzufuhr gesucht werden darf. Einschnitte am Hauptnerv eines Wedels bewirken eine dauernde Hemmung der Fiedern oberhalb der Einschnittstelle. Diese Versuche wurden ausgeführt an Nephrolepis acuta, einem Farne mit diehotomer Nervatur. An Polypodium pustulatum dagegen, dessen Nervatur reichliche Anastomosen besitzt, war nach Durchschneiden eines großen Nerven keinerlei Welken zu beobachten. Hier anreihen möchte ich die asymmetrischen Nebenblätter. Am auffallendsten sind sie bei Rosa und vielen Papilionaceen entwickelt. Die Asymmetrie ist von Anfang an gegeben, doch nimmt sie meistens im Weiterwachstum etwas zu; die kleinere Hälfte liegt stets innen, dem Laubblatte zugekehrt. Einen interessanten Fall bieten die Verhältnisse bei Lathyrus aphaca; nach der Bildung von zwei Primärblättern werden zwei Blätter entwickelt mit asymmetrischen Nebenblättern. Primär- blätter und die beiden ersten Blätter gleichen ganz denen von Pisum. Von nun an aber werden nur mehr die Nebenblätter ausgebildet, die Beiträge zur Kenntnis der Biattasymmetrie und Exotrophie, 101 eigentlichen Laubblätter bleiben rudimentär, an ihrer Stelle treten Ranken auf; die Nebenblätter sind dann größer als die zuerst gebil- deten und ganz oder fast ganz symmetrischh Das Laubblatt wirkt hier hemmend auf die Entwicklung des Nebenblaties überhaupt, be- sonders aber auf dessen inneren Hälfte. Die Nahrung, welche bei der Ausbildung des Laubblattes in dessen junge Aulage gelangt, tritt nun, wenn dieses rudimentär wirkt, in die Innenhälften der Nebenblätter ein, diese stark vergrößernd. Sehr häufig findet man nun Neben- blätter, welche weder völlige Symmetrie zeigen, noch auch die starke Asymmetrie der untersten Nebenblätter; hier findet man stets eine starke Achseiknospe vor, welche schon in sehr jungem Stadium angelegt wird und anscheinend die gleiche hemmende Wirkung ausübt, wie die Anwesen- heit des Laubblattes. Experimentell ließ sich eine Änderung der Neben- blätter durch frühzeitiges Entfernen der Laubblätter weder bei Vicia- noch Pisum herbeiführen, was bei dem raschen Wachstum der Neben- blätter ja auch kaum zu erwarten ist. Wenden wir uns nun den Fällen zu, in denen das ganze Laub- blatt asymmetrische Gestalt besitzt. Nach den einleitenden Unter- suchungen werden wir von vornherein erwarten, daß sie besonders auftreten an dorsiventralen Sprossen mit ungleichseitig ausgebildeter Achse. Eine deutliche Beziehung zur Außenwelt treffen wir bei den dorsi- ventralen Moosen und Lycopodiaceen an. Für einige Leber- und Laubmoose ist bekannt, daß ihre Dorsi- ventralität durch das Licht bedingt ist. Ein sehr stark dorsiventrales Laubmoos ist auch Oyathophorum bulbosum: Auf der Oberseite stehen zwei Zeilen großer asymmetriseher Blätter wit schiefer Insertion, auf der Unterseite eine Zeile kleiner symmetrischer quer inserierter Blätter; das Moos wächst plagiotrop. Die Keimpflanzen sind‘ nach Goebel radiär und isophyll, erst später wird der Sproß dorsiventral (Goebel III, pag. 83); von nun an werden schon am Scheitel die Blätter ungleich groß angelegt, auch sind die Oberblätter von Anfang an asymmetrisch, die großen Hälften einander zugekehrt; wir sehen deutlich, wie von oben nach unten die Kraft allmählich abnimmt. Läßt man Pflanzen bei abgeschwächtem Lichte wachsen, so stirbt der Hauptsproß ab; es treiben Seitensknospen aus, welehe zu sehr kleinen, anscheinend ganz radiären Stämmehen werden. Eine genauere Untersuchung zeigt aber, daß die Dorsiventralität hier nur sehr stark abgesehwächt ist, aber nicht aufgehoben: die Insertion von zwei Blattzeilen ist schief, während eine 102 K. Boshart, Reihe quer inseriert ist. Eine ähnliche Wirkung kann erreicht werden durch sehr trockene Kultur; die klein bleibenden Pflänzchen wachsen wie auch bei abgeschwächtem Licht meist völlig orthotrop und sind bis fast zur Spitze dicht mit Rbizoiden bedeckt. Während normalerweise die Länge der Oberblätter 7—8 mm, die der Unterblätter 3—-3,5 mm beträgt, sind bei Trockenkultur die entsprechenden Zahlen 1,3—1,5 mm bzw. 1—1,3 mm. Wasserkulturen zeigen gleichfalls eine Verminderung der Dorsiventralität; die Oberblätter waren hier durchschnittlich 2 mm lang, die Unterblätter 1,2 mm. Da hier nur die Blätter klein blieben, das Stämmchen dagegen ein fast gar nicht vermindertes Längenwachstum zeigte, boten die Pflanzen ein sehr schlankes langgestrecktes Bild. Ganz allgemein scheinen demnach ungünstige Bedingungen eine Hem- mung der Dorsiventralität zu bedeuten. Trotzdem kommt doch dem Lichte anscheinend eine spezifische Wirkung zu. Legt man erwachsene Pflanzen umgekehrt auf Torf, die kleinen Blätter nach oben gerichtet, so drehen sich die Stämmchen um 180° und erreichen so ihre natür- liche Lage. Schwache Exemplare dagegen drehen sich nur so weit, bis wieder zwei Blattzeilen nach oben zu liegen kommen, zuerst also eine Zeile mit großen und eine Zeile mit kleinen Blättern; nun aber tritt eine Verschiebung ein: das Segment, welches anfänglich nur kleine Blätter gebildet hat, bildet nun große Blätter mit schiefer Insertion, das unten liegende dagegen bildet statt wie früher große nun kleine Blätter mit querer Insertion. Bei den Lycopodien und Selaginellen sehen wir gleichfalls die ‚Anisophyllie und Asymmetrie der Blattausbildung zusammengehen mit der dorsiventralen Natur der Sproßachse. Radiäre Formen besitzen symmetrische gleichgroße Blätter, dorsiventrale dagegen zeigen eine im gleichen Sinne verlaufende Anisophyllie. Bei dorsiventralen Selaginellen finden wir auf der Oberseite zwei Reihen kleiner, auf der Unterseite zwei Reihen großer Blätter; alle Blätter sind asymwmetrisch, die großen Blatthälften liegen nach unten, gleichlaufend mit der Anisophyllie; das Stämmehen ist bekanntlich im gleichen Sinne dorsiventral, die Unterseite besitzt mehr parenchyma- tisches Gewebe.. Die Anisophyllie tritt bereits in den jüngsten Stadien deutlich hervor, die Asymmetrie der Unterblätter dagegen erst später; zunächst liegen die Blätter in der Richtung der Sproßachse, den Vege- tationspunkt schützend; doch behält die Unterhälfte ihre Teilungsfähig- keit länger bei und mit der Entwicklung des starken Flügels an der Basis der Unterblätter wird auch die spätere Lage herbeigeführt, durch welche die Spreite nach außen geschoben wird. Daß man nicht an Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotropkie. 103 eine Reaktion der einzelnen Blätter auf Licht oder Schwerkraft denken kann, zeigen die in den Gabelachseln stehenden Blätter; meist sind die beiden Gabeläste ziemlich ungleichwertig, der eine wächst, sich weitergabelnd, kräftig fort, während der andere bald zurückbleibt; die Achselblätter sind nun asymmetrisch und zwar liegt die größere Hältte stets auf der Seite des stärkeren Gabelastes, eine Differenz, welche offenbar bedingt ist durch den Kraftunterschied der beiden Äste gleich bei der Teilung des Vegetationspunktes. Eine Abhängigkeit von äußeren Einflüssen besteht bei den meisten Selaginellen wohl kaum, dagegen werden Sprosse von Lycopodium complanatum, wie Goebel gezeigt hat, bei Lichtauschluß radiär (Goebel, II, pag 217) und für manche Selaginella-Arten ist eine ähnliche Wirkung des Lichtes wahr- scheinlich. Die Dorsiventralität äußert sich weiterhin auch in den Wurzel- trägern; angelegt werden solche stets auf beiden Seiten, doch kommt meist nur der auf der Unterseite gebildete zur Entwicklung. Läßt man durch Entfernung der Sproßspitze die jüngsten Wurzelträger- anlagen als beblätterie Sproße austreiben, so besitzen die beiden jungen Stämmchen dieselbe Differenz. Merkwürdig ist, daß bei dem auf der Oberseite austreibenden Sproß zur stärkeren Seite die oben (außen) liegende wird; erst durch nachträgliche Überneigung wird die normale Lage erreicht; es erinnert diese Erscheinung fast an die als Exotrophie bezeichneten Verhältnisse der höheren Pflanzen. Ganz ähnliche Symmetrie wie Selaginella zeigen auch viele Pha- nerogamen. Es gehören hierher die oft besprochenen Fälle von Ulmus, Fagus, Tilia, die Anisophyllie von Acer, Aeseulus, ferner Formen, wie Goldfussia, Centradenia u. a Auch die Koniferen, wie Abies, würden sich hier anschließen. 1. Typus. Tilia und Ulmus: Die Blätter stehen in zwei Reihen; die auf der Sproßunterseite inserierte Blatthälfte ist größer; die Keim- pflanzen besitzen symmetrische Blätter. Fagus unterscheidet sich nur dadurch, daß hier die größeren Blatthälften auf der Sproßoberseite stehen; die Keimpflanzen sind radiär mit gegenständigen symmetrischen Blättern. Die Achselsprosse der Kotyledonen besitzen bereits asym- metrische Blätter wie die späteren Zweige; die Blattinsertion liegt etwas schief, die Achselknospen sind, wie bei Ulmus und Tilia, etwas nach oben gerückt. . 2. Acer, Aesculus. Auch hier tritt Anisophylie und Asymmetrie nur an Seitensprossen auf. Seitensprosse erster Ordnung tragen auf 104 K. Boshart, der Oberseite eine Reihe kleiner, auf der Unterseite eine Reihe großer symmetrischer Blätter; die beiden seitlichen Blattzeilen stehen bezüg- lich ihrer Größe ungefähr in der Mitte und sind asymmetrisch, die untere Hälfte ist größer. Seitensprosse zweiter Ordnung, welche der Achsel von Unterblättern entspringen, wiederholen diesen Bau, ebenso die aus der Achsel von Oberblättern stammenden, nur daß die Richtung der Symmetrie hier umgekehrt zum Horizont verläuft, indem zur ge- förderten Seite gleichfalls die Außenseite, hier also Oberseite, wird. Sprosse dagegen, welche in den Achseln seitlicher Blätter gebildet werden, besitzen nur mehr anisophylie Blattpaare mit asymmetrischen Blättern: eine Zeile großer Blätter steht auf der Außen-, eine zweite auf der Unterseite des Sprosses, im gleichen Sinne verläuft die Richtung der Asyınmetrie. Es verhalten sich so eine Menge Pflanzen mit gegen- ständiger Blattstellung aus > den verschiedensten Verwandt- schaftskreisen bei nicht sehr starker Anisophyllie (Fig. 9. Bu 3. Goläfussia. Diese Form ET <= unterscheidet sich von dem { ® ) normalen Verzweigungsschema ® fe ) durch mehrere Abweichungen: so 1. Alle Blattpaare sind sehr a stark anisophyl], 2. alle Blätter { ® ) - sind stark asymmetrisch, die großen Blatthälften nach innen Kig. 9. Acer. Verzweigungsschema eines liegend, also in umgekehrter Seitensprosses 1. Ordnung. Richtung wie die Anisopbyllie, 3. die Sprosse erscheinen gegen den Muttersproß schief gekreuzt, so daß oben zwei Zeilen kleiner, unten zwei Zeilen großer Blätter zu stehen kommen, 4. die unteren großen Blätter schließen einen Winkel ein von ungefähr 120°, sie sind auseinander gerückt. Ohne weitere Bedeutung ist die schiefe Stellung, da sie erst nachträglich durch Drehung des zweiten Internodiums um 45° erreicht wird, häufig aber auch unterbleiben kann, ohne daß damit dann noch weitere Veränderungen verknüpft wären. Die Blattasymmetrie, durch deren auffallende Richtung sich Goldfussia am stärksten unterscheidet von Acer-Seitensprossen zweiter Ordnung, wollen wir erst später ge- nauer betrachten und jetzt nur die Anisophyllie berücksichtigen. Wie Goldfussia verhalten sich sehr viele Pflanzen mit starker Anisophyllie Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 105 bei gegenständiger Blattstellung: COendradenia-Arten, Columnea-Arten, Procris, Elatostema z. B. gehören hierher. Auch hier kann bei manchen, wie z. B. Centradenia rosea, die Internodiendrehung unterbleiben. In allen Fällen ist auch, wie zu erwarten, die Sproßachse dorsi- ventral gebaut und ebenso der Blattstiel asymmetrisch; es verläuft eine ununterbrochene Linie einseitig gesteigerter Stoffzufuhr vom Stamm durch den Stiel in die größeren Blätter bzw. Blatthälften. Ohne eine solche Differenz könnte ja auch die Asymmetrie der Blätter nicht er- halten werden. Angelegt wird sie überall mit großer Übereinstimmung gleich mit der ersten Entwicklung. Für Fagus und Ulmus war dies schon früher nachgewiesen; für Goldfussia gilt dasselbe: Blätter mit erst 1 mm Spreitenlänge sind schon asymmetrisch, die Blattpaare von Anfang an anisophyll; so betrugen die Längen von Spreite und Stiel bei einigen Paaren 0,8:2 mm die der Spreite 1,3:3 mm; die Blätter sind noch genau gegenständig angeordnet. Auch die Dorsiventralität der Sproßachse gibt sich von Anfang an zu erkennen. Mikrotomsehnitte durch ganz junge Anlagen von Achselknospen zeigen in einem Stadium, wo diese noch nicht als selbständige Gewebehöcker sich abgetremt haben, auf der Außenseite des sie bildenden meristematischen Gewebes bereits mehr Zellteilungen als auf der Innenseite. Als Ausnahme wurde bisher Acer bezeichnet; doch fand ich in der Knospe auch hier stets schon die spätere Symmetrieform angelegt. Anisophyllie findet man allerdings deutlich nur in den Seitenknospen der im letzten Jahre gebildeten Blätter, da sie an älteren Sprossen allmählich schwindet und ja auch in erwachsenem Zustande nur in abgeschwächtem Grade auftritt. Als bestimmende Ursache für diese Erscheinungen wurde nun zuerst die Schwerkraft angenommen. In welcher Weise der Vorgang ver- laufen sollte, war im einzelnen nie angegeben worden; offenbar aber war gedacht worden, daß nicht auf den Vegetationspunkt, sondern auf die bereits gebildeten Blätter oder den bereits angelegten Sproß die Schwer- kraft als Reiz wirke und die symmetrischen Anlagen zur asymmetrischen bzw. anisophylien Endform führe. Nach Hofmeister sollte die oben- liegende Hälfte der Blätter eine Förderung erfahren, während Wiesner und die späteren, mehr die Anisophyllie betrachtend, eine Kräftigung der Unterseite infolge der horizontalen oder geneigten Lage annahmen. Daß bei Ulmus die Lage in der Knospe (und die Asymmetrie wird ja gleich anfangs angelegt) für beide Blatthälften dieselbe ist, hat schon Sachs gezeigt; erst durch nachträgliche Drehung kommt die ursprüngliche Innenseite nach oben zu liegen (Lehrbuch der Botanik, 106 K. Boshart, 2. Aufl). Es bliebe nur, durch Erweiterung der Theorie, die Annahme übrig, daß die horizontale Lage den Muttersproß induziere, nur dorsi- ventrale Seitensprosse zu bilden. Doch trifft auch dies nicht zu. Ich kehrte im Juni Ulmuszweige durch eine Drehung von 180° um und hielt sie in dieser Lage festgebunden bis zum nächsten Sommer. Die alten Achselknospen hatten ausgetrieben, die neuen Sprosse richteten sich senkrecht auf und legten wieder neue Seitenknospen an. Obwohl nun weder diese selbst noch ihre Muttersprosse jemals die normale Lage besessen hatten, waren sie doch dorsiventral wie gewöhnlich, mit geförderter Außenseite; die Dorsiventralität kommt hier völlig unab- höängig von einer Schwerkraftwirkung zustande. Ebenso verhält sich Goldfussia; auch hier stehen die Achselknospen in den verschiedensten Richtungen, völlig senkrecht bis horizontal, die auf der Oberseite eines geneigten Sprosses gebildeten sogar völlig umgekehrt; trotzdem sind sie schon in den jüngsten Stadien exotroph entwickelt, auch gelingt es niebt, durch Änderung der Lage die Symmetrie zu beeinflussen. Ohne jeden Zwang wachsen häufig anisophylle Sprosse in senkrechter Riehtung und unter gewissen später zu besprechenden Bedingungen gelingt es, radiäre Sprosse zu ziehen auch bei sehr starker Neigung. Die meisten Versuche waren bisher an Acer und Aesculus ausgeführt worden. Frank gibt an, durch einfache Drehung um 180° an Seiten- sprossen erster Ordnung von Acer platanoides auch die Richtung der Anisophyllie völlig umgekehrt zu haben in einem Zeitraum von 14 Tagen, also au Blättern, welche alle in normaler Lage angelegt waren (I, pag. 873); es scheint fast unmöglich, in so kurzer Zeit die Größen- verhältnisse bereits angelegter Blätter derart zu verändern, und ich glaube, wir haben hier wohl eher eine Drehung anzunehmen. Goebel versuchte dasselbe an Aesculus, doch zeigte die Lage keinerlei Einfluß (, pag. 840). Ebensowenig gelang es Weiße, durch horizontale Lage einen Hauptsproß anisophyll zu machen; auch wurden Seitensprosse, welche von Anfang an vertikal wuchsen, trotz dieser Lage nicht isophyll. Er wies übrigens zum ersten Male darauf hin, daß bei längerem Wachstum stets der Grad der Anisophyllie allmählich abnimmt auch bei horizontaler Lage. Nordhausen nun scheint es in einigen Fällen gelmngen zu sein, einen Ausschlag bei Veränderung der Lage zu erhalten, in anderen wieder erhielt er negative Ergebnisse. Er gibt an, durch. Drehung eines Sprosses im Dunkeln eine nachträgliche Änderung erlangt zu haben, in dem Sinne, daß die Schwerkraft die Ausbildung der Unter- seite fördere. Auch isopbylle Hauptsprosse wurden durch Entwicklung in geneigter Lage anisophyll. Leider sind nirgends Zahlen angeführt. Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 107 Figdor gibt für Versuche an Acer platanoides dasselbe Resultat an; die Länge der Blattspreiten betrug 5,7:75 em und 6,2:7,5 em) (II, pag. 288). Für Aesculus führt er Versuche an,.in welchen bei Dunkelkultur an Seitensprossen erster Ordnung durch Drehung um 90° die lateralen Blattpaare anisophyli wurden; die Zahlen sind für die Länge der Blattspreiten 3,5:41 em und 2:25 em (IH, pae. 131). Ferner gelang es an Hauptsprossen von Aesculus durch geneigte Lage, unter 45°, im Verlauf von 5 Jahren Anisophyllie hervorzurufen: Von acht Sprossen waren sechs schwach anisophyll geworden; die Zahlen der im Herbst gemessenen Blattspreiten sind 20,5:25 em, 21:224 em (IE, pag. 133 ff). Alle Versuche, in welchen bei senkrechtem Wachstum eine Verminderung der Anisophyllie erzielt wird, sind kein -stichhaltiger Beweis, da dies normalerweise auch bei horizontaler Lage der Fall ist. Außerdem liegt noch eine Angabe von Kolderup Rosen- vinge vor, nach welcher es möglich sein soll, an Centradenia fleribunda durch Umkehrung die Anisophyllie zu verändern. Ich wiederholte seinen Versuch, konnte jedoch kein eindeutiges Resultat erhalten, da die Sprosse sich meistens drehen und außerdem bei längerem Wachstum gleichfalls isophyl] werden. . Jedenfalls geht aus diesen Versuchen hervor, daß der Wirkung der Schwerkraft doch nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Dies zeigen auch die median inserierten Blattpaare von Seitensprossen zweiter Ordnung, welche trotz gleicher Lage der Blätter zum Horizont anisophyll sind, ferner die auf der Oberseite entspringenden Achselsprosse, deren obere Hälfte die geförderte ist, ebenso die Tatsache, daß der Grad der Aniso- phyllie auch bei horizontaler Lage allmählich schwindet. Es sind auch andere Pflanzen bekannt, welche genau dieselbe Erscheinung aufweisen, und wir werden sehen, daß man deren Symmetrieform ändern kann und daß sie völlig unabhängig von äußeren Einflüssen zustande kommt. Auch Regenerationserscheinungen, wie sie Küster beschrieben hat, reihen sich hier an. An Hypokotylen von Anagallis wurden Sprosse regeneriert, deren erstes Blattpaar median stand und anisophyll war mit geförderter Außenseite; diese Beziehung war bei jeder Lage gewahrt geblieben (Küster, U). Als weitere Ursache wurde das Licht angesehen, wohl infolge der teleologischen Deutung der ganzen Erscheinung. Bei Formen wie Acer, 1) An dem zitierten Stellen sind diese Zahlen als Millimeter angegeben; auf eine Anfrage hatte Herr Prof. Dr. Figdor die Liebenswürdigkeit, mir mitzuteilen, daß durch ein Versehen Millimeier anstatt Zentimeter als Maß angegeben sei, und ezsuchte mich, dies hier zu berichtigen. Flora, Bä. 108. 8 108 K. Boshart, Goldfussia und ähnlichen wird durch ihre eigentümliche Symmetrie die Assimilationsfläche immer weiter nach außen gerückt und zugleich eine allzu dichte Beschattung im Inneren der Krone vermieden; ebenso wird wohl auch bei Begonia Rex z. B. oder anderen kriechenden Pflanzen die Dorsiventralität von Bedeutung sein; bei Tilia, Fagus und Ulmus jedoch scheint es sehr fraglich, ob ein derartiger Vorteil’ ge- boten wird. . . Die Versuche dagegen, welche bis jetzt angestellt sind, geben ein ziemlich unklares Bild. Betrachten wir die strahlenförmige Symmetrie von Goldfussia, so werden wir an einen richtenden Einfluß des Lichtes wohl kaum denken, sondern ihn eher auffassen als Reiz überhaupt, welcher die Exotrophie hervorrufen würde; der Reiz müßte also statt- finden auf den Muttersproß oder gleich bei der ersten Anlage der- Achseiknospe. Die allein genaue Versuchsanstellung ist also wohl die, daß wir von einem völlig im Dunkeln wachsenden Sprosse neue Knospen im Dunkeln anlegen lassen. Ich führte dies an Goldfussia aus, indem ich an geköpften Sprossen alle bereits angelegten Seitenknospen entfernte und sie dann bei gänzlichem Lichtabschluß weiter wachsen ließ; einige bildeten nun neue Knospen aus, welche auch austrieben und mehrere Blattpaare entwickelten. Anisophyllie und Asymmetrie der Blätter war aber keineswegs vermindert, sondern eher in verstärktem Grade auf- getreten, in einigen Fällen bis zur fast völligen Reduktion der Ober- blätter. An Acer obtusatum haben ähnliche Versuche Frank’s das- selbe Resultat geliefert, ebenso fand dies Goebel bei Aesculus und Centradenia; auch Nordhausen und Figdor erhielten Anisophyllie bei Dunkelkultur an Acer platanoides und Aesculus hippocastanum. Alle übrigen Versuche nun fußen auf der Vorstellung, daß die Anisophyliie durch ungleich starke Beleuchtung der beiden Sproßseiten zustande komme. Nun ist es natürlich jederzeit möglich, durch Regu- lierung des Lichtzutrittes eine Abstufung in große und kleine Blätter zu erreichen; die schwächer beleuchteten werden eben in ihrem Wachs- tum zurückbleiben. Nordhausen hat an Acer und Aesculus derartige Versuche mit einseitig zutretendem Lichte gemacht, ebenso Figdor (Figdor, I). Dieser hieß ferner Centradenia- und Goldfussia-Sprosse bei einseitiger Beleuchtung wachsen und zwar traf das Licht zuerst die Seite mit den kleinen Blättern, eine Stellung, welche eigentlich der natürlichen genau entspricht. Er erhielt nun eine starke Verkleinerung der sonst großen Unterblätter, während die Oberblätter an Größe zu- nahmen; nach seiner Beschreibung war die Lichtintensität auf beiden Seiten des Sprosses sehr stark verschieden (Figdor, IH, pag. 142). Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 109 Ich glaube, diese dem Vorkommen in der Natur und meinen eigenen Versuchen so widersprechenden Ergebnisse sind wohl einfach durch Etiolement zu erklären; daß die Oberblätter größer wurden, kann auf korrelativer Wirkung beruhen. Entfernt man an Goldfussia z. B. die großen Unterblätter, so erreichen die Oberblätter bedeutend größere Dimensionen als normal. Nur für Fagus und Ulmus scheint Nordhausen die Liehtwirkung nicht im Sinne eines einseitigen Etiolements aufgefaßt zu haben. Er nahm an, daß bei Fagus das Licht hemmend, bei Ulmus fördernd auf die Asymmetrie überhaupt einwirke. Experimentelle Ergebnisse erhielt er jedoch nicht, und auch meine verdunkelten Sprosse gingen leider zugrunde. Doch genügen auch Beobachtungen in der Natur. Stets zeigt: sich bei Fagus, daß die ersten drei Blätter eines Sprosses stark asymmetrisch sind, das vierte weniger stark; die nächsten Blätter sind dann ganz oder fast ganz symmetrisch; ebenso wird auch die anfangs schiefe Insertion allmählich quer. Eine direkte Wirkung des Liehtes scheint demnach ausgeschlossen, da ja die Blätter desselben Sprosses an der Basis asymmetrische, an der Spitze symmetrische Ge- stalt besitzen, obwohl sie gleicher Beleuchtung ausgesetzt sind, Man könnte höchstens denken, daß das Licht die Bildung längerer Sprosse begünstigt; tatsächlich findet man im Inneren der Krone mehr kurze Sprosse mit drei oder höchstens vier Blättern als am Rande der Krone. Doch besitzen auch Bäume, welehe dicht im Walde stehen und wenig Licht erhalten, am Rande gleichfalls Zweige mit einer größeren Zahl von Blättern, welche dann symmetrisch sind, genau wie bei Bäumen, welche der Sonne ausgesetzt am Waldrand stehen. Auch bei Ulmus findet ein solcher Übergang zu symmetrischer Blattbildung statt. Stets ist nieht nur das Endblättchen, wie früher angenommen, symmetrisch. Äußere Einflüsse spielen sonach offenbar kaum eine Rolle bei der in Frage stehenden Erscheinung. Die Dorsiventralität der Sprosse kommt nun nicht nur in den Blättern‘ und der Stammanatomie zum Ausdruck, sondern auch in anderen Eigenschaften, worauf auch Wiesner beständig hinge- wiesen hat (II, 1892; VI, 1895). Die geförderte Sproßseite wächst stärker in die Dicke und bei vielen Formen auch in die Breite, wie z. B. bei Goldfussia, wo infolgedessen die Blätter auf der Unterseite etwas auseinandergerückt werden; dasselbe findet sich’ bei Klugie und mehreren Begonis-Arten. Auch die Seitenknospen werden in ungleicher Größe angelegt; bei Aeseulus 2. B. befinden sich auf der Unterseite große, fast stets austreibende Achselknospen, während die der Ober- 8 110 K. Boshart, seite häufig fast ganz verkümmern. Dasselbe gilt auch für Goldfussia; bei Centradenia rosea trägt jedes Unterblatt einen Achselsproß, während die Oberseite gar keine Knospen anlegt. An Stecklingen werden die ersten Wurzeln stets auf der stärkeren Seite gebildet, und da dies auch an Pflanzen mit geförderter Ober-(Innen-)Seite der Fall ist, wie z. B. bei Begonia hirsuta und Begonia Duchartrei, können wir diese Tat- sache auch nicht als eine Nachwirkung der Schwerkraft erklären. — Bei Procris werden in den Achseln der großen Blätter weibliche, in denen der kleinen Blätter männliche Blütenstände gebildet. — Die Blütensprosse von Tilia sind Achselsprosse diesjähriger Blätter; das Flugblatt stellt das Vorblatt der Oberseite dar, das der Unterseite ist zwar kleiner, trägt aber stets eine kräftige Achselknospe, welche im nächsten Jahre austreibt. Ich möchte hier noch kurz die Erscheinung besprechen, welche man speziell mit Epitrophie und Hypotrophie des Holzes bezeichnet hat. Bei den meisten unserer Laubhölzer ist der Holzkörper auf der Oberseite stärker ausgebildet als auf der Unterseite. Doch ist nur Fagus bis in die Spitze epitroph, bei allen übrigen tritt die Epitrophie erst später auf; die Spitze ist, wie wir dies oben gesehen haben, auf der Unter-(Außen-)Seite stärker entwickelt. Aesculus war z. B. 21 cm hinter der Sproßspitze epitroph im Verhältnis 1,8:2 mm infolge des kambialen Wachstums, während die jüngsten Teile eine deutliche För- derung der Unterseite zeigten. Zwischen Dorsiventralität des Sprosses und der späteren Kambiumtätigkeit scheint keinerlei Zusammenhang zu bestehen. Letztere ist anscheinend abhängig von der Lage zum Hori- zont, von atmosphärischen Einflüssen und Druckverhältnissen (siehe Kny, I, und die Arbeiten Ursprung’s). Anisophyllie und Blattasymmetrie sind. demnach nur ein Spezial- fall der Exotropbie. Wir haben an den Coleus-Versuchen gesehen, daß Verschiedenheiten in der Stoffzufuhr zur dauernden Ausbildung der Anisophyllie nötig sind und sie sogar direkt hervorrufen können. Letzteres ist hier nicht der Fall, da sie schon vor der Ausbildung des Stamm- gewebes auftritt, dessen Asymmetrie nur die bereits angelegte Form erhält. Als Ursache müssen wir somit die dorsiventrale Natur des Vegetationspunktes bezeichnen, die sich in der Bildung eines ungleich- seitigen Sprosses ausdrückt. Es ist nun wichtig, daß fast an allen in Frage stehenden Pflanzen gelegentlich auch radiäre Sprosse auftreten mit symmetrischen Blättern bzw. isophylien Blattpaaren. Die Pflanzen von Goldfussia glomerata Nees im Münchener botanischen Garten z. B. besitzen fast stets einige Beiträge zur Kenntnis der Blattasyınmetrie und Exotrophie. 111 solche Triebe; es fällt an diesen auf, daß sie weniger reich verzweigt sind als die anisophylien Triebe. Achselknospen sind wohl überall an- gelegt, treiben aber nicht aus; meist sind auch die Internodien länger und ziemlich viele Blattpaare gebildet, die Sprosse machen einen kräftigen Eindruck. Um diese Form eventuell künstlich hervorzurufen, schnitt ich nun an Stecklingen und auch an Zweigen an der Planze selbst jedesmal sorgfältig die noch ganz jungen Achselknospen heraus; es wurden auf dem Blattstiel immer wieder neue regeneriert und auch diese stets entfernt. Nach einiger Zeit nım erhielt ich völlig isophylle Sprosse mit symmetrischen Blättern (Fig. 10). Die mit der Kultur als Steck- ling verbundene mehr senkrechte Lage kommt nicht in Betracht; solche Fig. 10. Radiär gewordene Goldfussia- Sprosse (infolge des beschriebenen Ver- fahrens); die beiden Abbildungen sind nach Photegraphien durchgepaust und ge- zeichnet, um in der Reproduktion die Verhältnisse deutlicher hervortreten zu lassen. Stecklinge, deren Achselknospen ich nicht entfernte, wuchsen anisophyll weiter wie zuvor. Ich möchte einige Zahlen folgen lassen, welche stets die Spreitenlängen von aufeinanderfolgenden Biattpaaren desselben Sprosses darstellen. 1. Steckling: 1. 3,6:7,5 cm 2. 70:95 „ 3. 95:97 „ 4. 74: 7A „ 5. 46:44 „ 1. 60:60 em 2.106:106 „ 3. 40:40 „ (verkümmert) 4 90:90 u 2. Steckling: 112 K. Boshart, 1. Sproß am Stamm: 1. 70:85 cm j 2. 15:75 „ 3. 95:110 „ 2. Sproß vom Stamm: 1. 47:65 cm 2. 57:63 „ 3. 40:45 „ An derselben Pflanze waren die normalen Größen z. B.: 1. 30:90 em 2. 50:100 „ 3. 40:120 „ 4 35:90 „ Stamm und Verzweigung sind an diesen Trieben gleichfalls nach allen Seiten hin gleichmäßig entwickelt. Irgend eine Beziehung zur Lage besteht nicht; es gelang, radiäre Sprosse zu erhalten auch bei sehr starker Neigung. So lag ein Sproß in seinem unteren Teil völlig horizontal, in seinem oberen 40° geneigt, andere besaßen eine Neigung von 30°, 60° usw. und wurden trotzdem isophyll. Untersuchen wir die Seitensprosse dieser Triebe weiter, so zeigt es sich, daß an ihnen nur die median inserierten Blattpaare anisophyll sind; bei den lateralen findet sich gar keine oder nur schwache Anisophyllie. Wir haben also hier dieselben Verhältnisse wie an Acer-Seitensprossen erster Ordnung; auch erhält man durch Weiterverzweigung wieder die gewöhnliche Gold- fussia-Symmetrie, die ja gleichfalls der von Acer-Sprossen zweiter Ordnung entspricht. Man hat nun hier für die lateral stehenden anisophyllen Blattpaare stets eine Schwerkraftwirkung angenommen; doch glaube ich, daß hier noch die dorsiventrale Natur des Muttersprosses zum Aus- druck kommt, der seiner Achselknospe die eigene Exotrophie aufdrückt. Wir müssen eben bedenken, daß die Seitensprosse zweiter Ordnung nicht von gleichseitig ausgebildeten selbständigen Organen gebildet werden, sondern von solchen mit starker Abhängigkeit. Ähnliche Resultate hat bereits Nordhausen an Ulmus erhalten, doch faßte er nur die Gestalt der Blätter ins Auge, ohne an die Dorsi- ventralität des Sprosses zu denken, Er erhielt dadurch, daß er vor dem Austreiben alle Achselknospen bis auf eine einzige entfernte, am austreibenden Sprosse nach der Spitze hin ganz symmetrische Blätter. Ich wiederholte diesen Versuch mit dem gleichen Ergebnis; die schon angelegten Blätter bleiben asyımmetrisch, die neugebildeten sind sym- metrisch. Diese Sprosse sind bedeutend länger und bilden mehr Blätter als die anderen Zweige. Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie, 113 . Es fragt sich nun, welcher Art der Reiz ist, durch den der Mutter- sproß auf den Seitensproß einwirkt und dessen Dorsiventralität her- vorruft. Bei gewissen Koniferen, wie Abies z. B., ist diese gebunden an eine dauernde Einwirkung des Hauptvegetationspunktes; wird dieser entfernt oder in seiner Funktion gesehwächt, so riehten sich zunächst mehrere Seitentriebe auf, bis einer wieder die anderen in ihrer Lage und Form zurückhält. Die Richtung der Dorsiventralität ist hier nach mehreren Untersuchungen durch äußere Reize zu beeinflussen, wie Frank und Kny gezeigt haben (Frank, I, 1868; II, 1873; Kay, I, pag. 433; siehe auch Goebel, Vergl. Entwicklungsgeschichte, pag. 146). Anders scheinen die Verhältnisse bei Laubpflanzen zu liegen. Eine dauernde Einwirkung des Hauptvegetationspunktes auf die Seiten- sprosse scheint nicht zu bestehen, da diese auch bei voller Kraft des Muttersprosses radiär werden. An Adventivknospen findet sich Dorsi- ventralität sehr häufig selbst dann, wenn bei ihrer Anlage der Vege- tationspunkt des Muttersprosses nicht mehr am Leben ist. Es gelten diese Tatsachen für Goldfussia glomerata. Auch völlig getrennt von der Pflanze kommen dorsiventrale Formen zustande: Blattstecklinge regenerieren neue Triebe, welche teils radiär, teils dorsiventral sind, ebenso gilt dies von Internodienstecklingen. Fragen wir uns nun, in welcher Weise das Entfernen der Achselknospen auf den Vegetationspunkt wirkt, so denken wir wohl an eine verstärkte Nahrungszufuhr Dabei ist es aber nicht etwa eine gleichmäßigere Verteilung derselben — eine solche wäre ja auch nicht imstande die Symmetrie des Vegetationspunktes zu ändern — sondern offenbar nur die Gesamtkräftigung, welcher diese Wirkung zukommt. Im unteren Teile bleibt die Sproßachse noch stark dorsiventral, dann ändert sie sich fast plötzlich und wird radiär mit isophyllen Blattpaaren. Der Übergang des Vegetationspunktes von dorsiventraler zu radiärer Natur ist ein ganz unvermittelter. Daß bei den Blättern der Übergang nicht so schnell vor sich geht, hat seinen Grund darin, daß auch die isophyll angelegten Blattpaare infolge der ungleichseitigen Stammanatomie und der damit verbundenen ungleichen Ernährung verschiedene Ausbildung ihrer Blätter erfahren. Auch andere Eigentümlichkeiten scheinen dafür zu sprechen, daß die Dorsiventralität durch einen Schwächungsreiz auf den Vegetations- punkt des Seitensprosses zustande kommt. An Goldfussia-Stecklingen gelingt es nicht immer, in gleicher Zeit radiäre Form zu erzielen bei 114 K. Boshart, Entfernen der Achselknospen; die länger anisophyli bleibenden Sprosse sind aber deutlich schwächer, sie wachsen langsamer, ihr Grün ist weniger frisch, die Internodien bleiben kürzer. An Blattstecklingen läßt sich die merkwürdige Tatsache beobachten, daß symmetrische, von isophylien Trieben stammende Blätter sich durchgehends eher bewurzeln als asymmetrische; selbst wenn alle Blätter von derselben Pflanze ge- nommen wurden und so nicht an einen verschiedenen Gesundheits- zustand derselben gedacht werden konnte, war dies der Fall; ebenso- wenig spielte die Größe der Blätter eine Rolle. Auch die früher er- wähnte Beobachtung, daß im Dunkeln gewachsene Goldfussia-Sprosse verstärkte Anisophyllie zeigten, läßt sich auf Schwächung zurückführen. — Figdor hat bei Goläfussia glomerata und Goldfussia anisophylla gleichfalls isophylie Sprosse beschrieben und hervorgehoben, daß sie stets sehr kräftiges Wachstum besaßen. Auch normalerweise findet bei kräftigen Seitensprossen überali ein Übergang zur radiären Form statt. Wachsen Seitenzweige von Acer und Aesculus längere Zeit kräftig fort, so verlieren sie ihre Ani- sophyllie, wie Fagus seine Asymmetrie; letzteres gilt auch für Ulmus. Daß üppige Wurzelschößlinge der Ulme im oberen Teile symmetrische Blätter tragen, ist bekannt; ebenso läßt sich dies an der Linde be- obachten. Bei Solanum tuberosum erstreckt sich die Dorsiventralität nur auf die unteren Teile der Seitensprosse, deren Achse hier außer- ordentlich stark exotroph ist; auch die Vorblätter sind in hohem Grade asymmetrisch mit geförderter Außenhälfiee An Vieia Faba-Seiten- sprossen ist das erste Fiederklatt asymmetrisch; hier ist das Innen- blättehen größer, es liegt also Endotrophie vor wie bei Fagus und mehreren Begonia-Arten, Die sogenannte herbstliche Anisophyllie dagegen läßt sich gut verstehen als Schwächung infolge der ungünstigeren Vegetationsbedin- gungen, durch welche dann die ursprüngliche Dorsiventralität wieder hervorgerufen wird. Einen gewissen Wert kann man vielleicht auch dem’ Vergleich verschiedener Pflanzen beimessen. Es scheint, je schwächer und kürzer die Seitenzweige sind, desto stärkere Asymmetrie aufzutreten. Wir finden verhältnismäßig schwache Dorsiventralität bei Centradenia flori- bunda; hier ist jeder Vegetationspunkt imstande, eine große Anzahl von Blättern zu bilden und auch die Internodien erreichen beträchtliche Längen. Bei Centradenia rosea dagegen ist der Grad der Dorsiventralität sehr stark; jeder Seitensproß bildet hier nur zwei oder drei Blattpaare Pd Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 115 mit fast völlig unterdrückten Indernodien. Auch durch Entfernen aller übrigen Knospen läßt sich der Vegetationspunkt solcher Sprosse nicht: zu längerem Wachstum veranlassen. Ein sehr hoher Grad von Dorsi- ventralität, gleichfalls durch Exotrophie zustande kommend, liegt bei mehreren von Wiesner beschriebenen Gardenia-Arten vor; die Blätter stehen dekussiert, am medianen Blattpaar verkümmert das innere Blatt völlig; an jedem Seitensproß werden überhaupt nur zwei Paare ent- wickelt, zwischen welchen jede Internodienbildung unterbleibt, so daß zuletzt drei Blätter in einem Quirl zu stehen scheinen (Wiesner, IV). An Viscum album hat Heinricher gleichfalls Anisophyllie infolge von exotrophem Wachstum beobachtet und zwar an Pflanzen, welche sehr reiche Verzweigung besaßen (Heinrieher 1910). Ähnliche Verhältnisse finden sich übrigens auch bei Moosen. Goebel gibt für Climacium dendroides und Mnium undulatum an, daß dorsiventrale Seitensprosse, wenn sie mit dem Boden in Berührung kommen und Rhizoiden gebildet haben, zu radiärem Wachstum über- gehen (Goebel, II, pag. 354). Ein klarer Nachweis dafür, daß die Dorsiventralität einer Gesamt- schwächung ihre Entstehung verdankt, wäre freilich erst erbracht, wenn es gelänge, radiäre Sprosse durch schlechte Bedingungen wieder zur ursprünglichen Form zurückzuführen; doch habe ich bis jetzt noch kein solches Resultat erhalten, es ist wohl auch die Dauer des Versuches noch zu kurz. In anderen Fällen besitzen allerdings schon die Keimpflanzen dorsiventrale Natur, wie z. B. bei Klugia und Elatostema. Merkwürdig verhielten sich sechs Keimpflanzen von Columnea sanguinea: zwei der- selben besaßen die Form von Seitensprossen zweiter Ordnung bei de- kussierter Blattstellung, alle Blattpaare waren anisophyll; bei vier Pflanzen jedoch war nur die Hälfte der Blattpaare anisophyll, die anderen besaßen zwei gleich- oder fast gleichgroße Blätter, ihre Symmetrie glich der von Seitensprossen erster Ordnung. Erst im Laufe der weiteren Ent- wicklung traten auch hier nur mehr anisophylle Blattpaare auf. Überall war deren Grad noch schwächer als an alten ausgewachsenen Pflanzen. Ich möchte hier einen weiteren Fall anreihen. Es handelt sick nicht um einen Seitenzweig, sondern um einen Hauptsproß, An Vicia Faba werden zuerst zwei kleinbleibende Primärblätter gebildet, dann zwei oder drei völlig symmetrische Blätter mit je einer Fieder auf 116 K. Boshart, jeder Seite, dann mehrere Fiederblätter, welche zum Teil symmetrisch sind, zum Teil aber auf der einen Seite zwei, auf der anderen Seite nar ein Fiederblättehen besitzen. An Vieiskulturen, welche ich lange Zeit hatte trocken stehen lassen, machte ich nun die Beobachtung, daß gelegentlich Blätter auftraten, welche deutlich asymmetrisch waren, indem die beiden Fiederblättchen beträchtliche Größenunterschiede auf- wiesen. Ich versuchte dies nun künstlich hervorzurufen dadurch, daß ich manche Kulturen von Anfang an sehr trocken hielt oder vor der Aussaat drei Viertel der Kotyledonen wegschnitt. In allen Fällen besaß ein ziemlich hoher Prozentsatz der Pflanzen nun asymmetrische Blätter, . deren Stellung auf eine Dorsiventralität des Sprosses hinwies; die größeren Fiederblättehen standen alle auf derselben Seite; auch an den Nebenblättern trat diese Differenz auf, sie waren größer auf der Seite der größeren Fiederchen. Ebenso war die Sproßachse dorsiventral ge- worden, sowohl in der Entwicklung der Gefäße als auch des Paren- chyms. Der Größenunterschied der Fiederchen desselben Blattes betrug z. B. 1,7:2,5 em, an einem anderen Sprosse 1,4:1,6 em, 1,8:2,0 em, 1,9:2,1 cm {infolge der schlechten Ernährung erhielten die Blätter keine größeren Längen). Daß äußere Kräfte hier nicht im Spiele sind, zeigt die völlig orthotrope Wachstumsrichtung der dorsiventral werdenden Sprosse, ferner für Licht der Umstand, daß auch Pflanzen, welche von Anfang an im Dunkeln keimten und lange Zeit bei Lichtausschluß wuchsen, in manchen Fällen asymmetrische Blätter. bildeten. An- scheinend kommt diese latente Dorsiventralität ganz allgemein durch ungünstige Ernährungsbedingungen wieder zum Vorschein. Weniger leicht gelingt dieser Versuch bei Pisum sativum; meist werden hier nur die Nebenblätter auf beiden Sproßseiten verschieden groß ent- wickelt. Wenden wir uns nun zu einem anderen Typus von Blattasymmetrie. Schon oben haben wir erwähnt, daß bei Goldfussia die Richtung der Blattasymmetrie derjenigen der Dorsiventralität und Anisophyllie gerade entgegengesetzt verläuft: die großen Blatthälften stehen immer nach der Innenseite des Sprosses hin zugekehrt. Verfolgen wir diese Asyın- metrie durch den Blattstiel zurück in den Stamm, so zeigt sich, daß auch der Stiel asymmetrisch ist, und von der Verteilung der Stoffzufuhr gibt die Anatomie der Sproßachse ein deutliches Bild. Es erhalten auf dem Querschnitt (wenn wir zwei Blattpaare in eine Ebene proji- zieren) die Oberblätter weniger, die Unterblätter mehr als einen Qua- dranten; Fig. 11 zeigt dies. Die Blätter werden in genau gegenständiger Beiträge zur Kenntnis der Blattasyımmetrie und Exotrophie. 117 Anordnung angelegt. Teilen wir nun den Stamm durch eine vertikale und eine horizontale Linie (a und 5) in vier Quadranten, welche normaler Weise das Areal der einzelnen Blätter darstellen würden, und ver- gleichen wir damit die tatsächlichen Verhältnisse von Goldfussia, so tritt der Unterschied klar hervor: die Unterblätter erhalten noch Nahrung aus den nächstoberen Quadranten, ihre Oberhälfte vergrößernd, während den Oberblättern dieser Teil gleichsam entrissen wird. Da die Mittel- linie der Blätter nicht in gleichem Maße nach oben verschoben wird, muß die untere Hälfte der Innenblätter kleiner werden, als die obere. Offenbar handelt es sich hier um eine Korrelationserscheinung; es wird bei der Anlage den Unterblättern ein größeres Areal zugeteilt, wodurch gleichzeitig die Oberblätter geschwächt werden müssen. Deutlich treten diese Beziehungen hervor bei einem Vergleich mit Acer. Asymmetrie und Anisophyllie verlaufen hier in gleicher Richtung, ihr Grad entspricht ungefähr dem der anatomisch sichtbaren Sproßdorsiventralitä. Bei Goldfussia dagegen würde diese allein noch keine ausreichende Erklärung bieten für das hohe Maß von Aniso- phyllie; im Sproß verhalten sich ’Innen- und Außenseite, d. i. die dem Mattersproß zu- bzw. abgewendete Seite, wie 3:5 oder 5:6, die Längen & der Spreiten von Innen- und Außen- blättern dagegen durchschnittlich wie 1:4. Die Förderung der Außen- blätter muß bei der räumlichen Verteilung der Stoffzufuhr notwendig zur Asymmetrie führen. Entfernt man längere Zeit hindurch die großen Außenblätter, so werden } die sonst klein bleibenden Innen- (Ober-)Blätter bedeutend größer als normal; auch ihre Asymmetrie ist etwas vermindert. Die Sprei- Fig. 11. Goldfussis. Diagramm. tenlänge der Oberblätter eines so behandelten Sprosses betrug: 6 em, 7,5 cm, 9 em, 10,5 cm, 8,5 em; bei Anwesenheit der Unterblätter betrug die Blattlänge eines Paares an einem Sprosse derselben Pflanze 3:12 cm, 3:11,5 cm, 2:8 cm, 25:10 em. Isophylie Sprosse besitzen nur symmetrische Blätter, schwach anisophylle ebenfalls; erst bei starker Anisophyllie werden auch die Blätter asymmetrisch. Es läßt sich dies deutlich in den verschiedenen Übergangsstadien von dorsiventraler zu radiärer Form 118 K. Boshart, beobachten. Dasselbe zeigt auch der Vergleich verschiedener Arten. Am schwächsten sind beide Erscheinungen entwickelt bei Centradenia tloribunda; von da an nehmen sie zu in der Übergangsreihe: Goldfussia — Centradenia rosea, Columnea sanguinea, Oentradenia grandifolia — Procris laevigata, Elatostema sessile — Klugia zeylanica. Bei Elatostema werden die Oberblätter zu hautartigen Gebilden reduziert, bei Klugia überhaupt nicht mehr angelegt. Diese zweizeilig beblätterte Form hat man schon immer abge- leitet von der bei Gesneraceen häufigeren Symmetrie der dekussierten Blattstellung durch Schwinden der zwei oberen Blattzeilen. Diese offenbar vorhandene phylogenetische Abstammung erklärt auch die Asymmetrie der Blätter. Sie sind von Anfang an asymmetrisch und entstehen am Vegefationspunkt nicht in einer Divergenz von 180° (an jedem Knoten ein Blatt), sondern einander auf der Unterseite genähert; durch diese Lage erhalten die Oberhälften ein größeres Areal zugeteilt und werden bedeutend größer als die Unterhälften (Fig. 12). Trotzdem ist die Unterseite wie bei Goldfussia die kräftigere und eigentlich produktive. Stecklinge bilden hier früher Wurzeln, es wächst diese Seite stärker in die Breite, so daß die Blätter später annähernd eine Divergenz von 180° besitzen, die Blüten werden hier gebildet und eben auch die Blätter. Deutlicher noch als aus der Lage am Vegetationspunkt läßt sich dies aus folgen- dem Versuche erkennen: schneidet man Klugia-Sprosse auf der Seite der großen Blatthälften ein, so erhält man Blätter mit stark verminderter Asymmetrie; dagegen wächst der. ganze Sproß gut weiter und die Blätter er- Fig. 12. Klugia langen ansehnliche Längen. An einem Sproß betrugen Aulonepunht diese bei einem derartigen Versuche oberhalb der Ein- 2 Blättern. schnittstelle 11 cm, 7,5 cm, 4,3 em, an einem anderen Sprosse 10 em, 9,5 em, 4 em, 2 em. Einschnitte auf der Seite der kleinen Blatthälften dagegen bewirken ein völliges Zurüekbleiben der Blätter und des ganzen Sprosses; die Spreitenlängen betrugen hier 5,6 cm, 5,6 cm, 3 cm, an einem anderen Sprosse 5 cm, 5 em, 4 cm, 3 cm. Der Sproß selbst wächst kaum mehr weiter. Die Versuchsdauer war in beiden Fällen die gleiche. Es zeigen diese Tat- sachen deutlich, daß wir hier eine ganz anders bedingte Art von Blatt- asymmetrie vor uns haben als bei Tilia und Begonia z. B., bei denen ihre Richtung durch die Dorsiventralität des ganzen Sprosses bedingt wird. Gelegentlich treten bei Klugia auch auf der Oberseite Blätter Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie, 119 auf, diese stehen stets an einem Knoten zusammen mit einem anderen Blatte, ungefähr in der Mitte der Oberseite und sind dann annähernd symmetrisch. An Achselsprossen entsteht das erste Blatt nach der produktiven Seite des Muttersprosses hingewendet, daß zweite Blatt auf der Außenseite (Innen- und Oberblatt verktimmern, Fig. 13), Die Symmetrieforn ist dann die von Seitensprossen zweiter Ordnung an Pflanzen mit gegenständiger Blatt- stellung bei. sehr starker Exotrophie. ® \ Doch sind bier auch schon die Keim- pflanzen dorsiventral; sie wachsen völlig orthotrop und neigen sich erst später epinastisch über. — Künst- lich läßt sich die Lage der Blatf- Fig.13. Klugis zeylanica. Verzweigung. asymmetrie von Klugia hervorrufen durch nachträgliche Entfernung von zwei benachbarten Blattzeilen bei dekussierter Stellung, wie dies die eingangs beschriebenen Versuche an Coleus arabicus zeigen. Einen besonderen Fall stellen einige Xerophyten dar. Rochea falcata z. B. und etwas vermindert Rochea odorata besitzen sichel- förmig gebogene Blätter, wobei die Biegung durch das stärkere Wachs- tum der einen Hälfte hervorgerufen wird. Die Blätter stehen dekussiert, doch etwas verschoben; die größeren Blatthälften befinden sich aber nicht auf derselben Sproß- @ & seite, sondern einander abge- kehrt; beim nächsten Blattpaar N m) wechselt die Richtung, so & wZ daß auch kein spiraliger Ver- NY lauf der Symmetrielinie vor- handen ist. Schon die An- lage der Blätter ist asymıme- trisch. Fig. 14a gibt ein Dia- gramm bei dekussierter Blatt- z stellung, Fig. 14 5 zeigt die e Verschiebung der Mittelner- Fig. 14. Rochea falcata. Blattstellung. ven, Fig. 14 c die wirkliche Lage. Es werden die Blätter am Vegetationspunkt mehr den End- punkten einer Diagonale genähert angelegt, dieser streckt sich in einer Richtung und dadurch kommen alle Abweichungen zustande. Die 120 K. Boshart, Blätter werden asymmetrisch, sie rücken sich etwas näher nach zwei diagonal liegenden Reihen, die Divergenz der aufeinanderfolgenden Blattpaare ist nicht mehr genau 90°, es entsteht ein großer und ein - kleiner Winkel, Seitensprosse besitzen diese Merkmale zunächst nur sehr schwach: fast dekussierte Blattstellung und fast symmetrische Blätter; es gilt dies für die drei ersten, kleinbleibenden Blattpaare, die Internodien sind hier noch langgestreckt. Von nun an unterbleibt deren Entwicklung, der Vegetationspunkt erhält seine schräg gestreckte Gestalt, die Blätter werden asymınetrisch und in der beschriebenen Art verschoben. Vor der Blütenbildung nimmt der Sproß wieder die erste Form an. Im.Dunkeln wächst die Pflanze gut weiter, doch tritt auch hier dieselbe Umbildung des Vegetationspunktes auf. Ebenso wenig kommt natürlich die Schwerkraft in Frage. Bei Blüten treffen wir Asymmetrie der Blätter besonders im Zu- sammenhang mit Zygomorphie an. Die Umbelliferen besitzen zum großen Teil in ihren dorsiventralen Randblüten schr stark asymmetrische Kronblätter, welche sich ganz der Gesamisymmetrie der Blüte und des Biütenstandes unterordnen, die Außenseite ist überall stärker entwickelt. Bei Papilionaceen-Blüten ist die geförderte Seite im allgemeinen sowohl in der Größe der Teile als in der Reihenfolge der Entstehung die Vorder-, innerhalb des Kronblattkreises dagegen die Hinterseite. Das mediane Blatt (Vexillum) ist hier am größten, ebenso sind die seit- lichen Blätter asymmetrisch mit geförderter Oberseite. Diese Verhält- nisse werden von Anfang an bestimmt. Ich ließ nun Pflanzen von Vicia Faba ankeimen und dann in genau umgekehrter Richtung weiter wachsen, indem ich sie an der Spitze durch angehängte Gewichte be- schwerfe und von unten her durch Spiegel beleuchtete. Es gelang einige zur Blütenbildung zu bringen, ohne daß die veränderte Lage die Symmetrieform beeinflußte. Bei Lobelis-Arten wie L. tenuior und L. erinus sind sowohl Kelch-, Kron- und Staubblätter ungleich groß. Während aber im Kelch- und Staubblatikreis die Größe der Blätter von hinten nach vorn zunimmt, verläuft bei den Kronblättern diese Linie umgekehrt. Die hinteren seitlichen Kronblätter sind auch asyın- metrisch; bei Lobelia erinus liegen ihre größeren Hälften nach hinten, entsprechend der allgemeinen Zunahme der Kronblätter in dieser Richtung; bei Lobelia tenuior dagegen sind ihre größeren. Hälften dem hinteren medianen Blatte abgekehrt. Bei dieser Art sind die zwei seitlichen hinteren Blätter sehr weit herauf mit dem medianen Blatte verwachsen Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 121 und es ist möglich, daß dadurch die Ausbildung der diesem zugekehrten Blatthälfte gehemmt wird; wenigstens ist dies der einzige Unterschied der zwischen Lobelia erinus und L. tenuior deutlich hervortritt. Ebenso wie die Kronblätter sind auch die seitlichen Staubblätter asymmetrisch, die größeren Antherenhälften liegen nach vorn, entsprechend der gesamten Symmetrierichtung des Androeceums. Entwieklungsgeschichtlich tritt die Asyınmetrie der Kronblätter erst später hervor, doch kommt sie bei völlig gleichbleibender Lage der Blüte zustande. Im allgemeinen scheint sich auch bei Blüten die Symmetrie der Blätter aus der der ganzen Blüte oder des Blütenstandes ableiten zu lassen, wie dies Goebel in einigen Fällen gezeigt hat: (IV), Einen speziellen Fall stellen die Blätter mit gedrehter Knospenlage dar. Diese sind stets asymmetrisch und zwar ist immer die innenliegende, stärker gerollte Seite die größere. Hier bildet sich die Asymmetrie erst allmählich aus, angelegt werden die Blätter symmetrisch. Es trifft dies für die Laubblätter von Aspidistra elatior zu und für die Kron- blätter von Vinea maior, an denen ich die Entwicklung untersuchte. In einem Falle war an Vinca eine Blüte abnorm gebildet mit klappiger Knospenlage, hier waren die Kronblätter symmetrisch geblieben. Die- selben Beziehungen fand ich bei mehreren Geranium-Arten. Gentiana- Arten wie G. Pneumonanthe und G. asclepiadea nun besitzen trotz ge- drehter Knospenlage völlig symmetrische Kronblätter, welche nur in den Endzipfeln schwache Asymmetrie zeigen. Die Blätter sind jedoch an der außenliegenden Hälfte eingebogen und zurückgelegt, ihr Krümmungs- grad entspricht also ganz dem der Innenhälfte und dieser Mangel einer Differenz in der Rollung bedingt vielleicht auch ihre Symmetrie. Ob wir der stärkeren Krümmung einfach eine verstärkte Nahrungszufuhr zuschreiben dürfen oder ob Rollung und Asymmetrie nur beide gleich- zeitig durch einen anderen gemeinsamen Faktor, etwa eine allgemeine spiralige Symmetrielinie, hervorgerufen werden, ist freilich fraglich. Zusammenfassung. 1. Die Größe der einzelnen Blatteile wird bestimmt dureh das Areal, das ihnen am Vegetationspunkt zugeteilt wird. Die Weiter- entwicklung ist gebunden an eine entsprechende Stoffzufuhr von unten her; ebenso wie sich durch Hemmung derselben eine dauernde Ver- kleinerung des betreffenden Blatteiles erreichen läßt, wirkt eine ver- 122 &. Boshart, stärkte Stoffzufuhr vergrößernd ein auf das bereits angelegte Blatt. Dabei kommt hauptsächlich die von unten her geradlinig einströmende Nahrung in Betracht, die Tätigkeit der Anastomosen ist verhältnismäßig gering. Der Vegetationspunkt dagegen ist in seiner Symmetrie völlig unabhängig davon, ob die Nahrung von unten her gleichseitig oder ungleichseitig zuströmt. 2. Ein Einfluß der Schwerkraft auf das Wachstum und die Sym- metrie der einzelnen Blätter konnte nicht gefunden werden. 3. Ursachen der Blattformen: Bei Fiederblättchen ist offenbar die Symmetrie der Gesamtnervatur des ganzen Blattes das bestimmende konstante Element. An dorsiventralen Organen sind Asymmetrie und Anisophyllie gleichfalls nur ein Ausdruck der Gesamtsymmetrie. Bei Formen wie Goldfussia und Klugia ist die Anisophyllie durch die Sproß- dorsiventralität, die Asymmetrie der Blätter durch Korrelation zu er- klären. Stets wird die Endform schon am Vegetationspunkte angelegt. 4. Die Dorsiventralität der Seitensprosse, als Exo- bzw. Endotrophie bezeichnet, kommt zustande durch eine Reizwirkung auf den Vege- tationspunkt des betreffenden Sprosses, der Reiz scheint auf Schwächung zu beruhen; durch gute Ernährung läßt sich die dorsiventrale Natur des Vegetationspunktes in radiäre umwandeln. Einen Einfluß des Lichtes konnte ich nirgends finden, ebensowenig bei den untersuchten Formen einen solchen der Schwerkraft. 5. An Blüten scheint gleichfalls die Gesamtsymmetrie des Blüten- standes und der Blüte Gestalt und Richtung der Blattasynmetrie zu bestimmen. 6. Bei gedrehter Knospenlage der Blätter tritt Asymmetrie auf mit geförderter Innenhälfte. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. Dr. von Goebel, erlaube ich mir für die stete Teilnahme und Unterstützung meinen ergebensten Dank auszusprechen. Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. 1283 Zitierte Literatur. Deinega, V., Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Blattes und der Anlage der Gefäßbündel. Flora 1898. Figdor, W., I. Über die Ursachen der Anisophyläie. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1897, Ba. XV. IL. Über den Einfluß Kußerer Faktoren auf die Anisophyllie. Ber. d. Deutsch. bot. Ges, 1904, Bd. XXI. IH. Die Erscheinung der Anisophyllie. Deuticke, Leipzig und Wien 1909. Frank, I. Über die Einwirkung der Gravitation auf das Wachstum einiger Pflanzen- teile, Bot. Zig. 1888. IL Über den Einfluß des Lichtes auf den bilateralen Bau der symmetrischen Zweige der Thuja oceidentalis. Pringsheim’s Jahrb. f. wissenschaft. Bot. 1873—1874, Bd. XIX. Gentner, G., Untersuchungen über Anisophyllie und Blattasymmetrie. Flora 1909. Goebel, &, I. 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Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. Von 6. 3. Connolly. (Mit Tafel I u. II und 27 Abbildungen im Text.) Einleitung. Das Material zu nachfolgenden anatomischen und entwicklungs- geschichtlichen Untersuchungen wurde 1898 von Herr Geheimrat von Goebel in Australien und Neu-Seeland gesammelt und in Alkohol konserviert. Aus einer -größeren Anzahl untersuchter Formen wählte ich folgende sechs zu eingehenderer Untersuchung aus: 1. Polysiphonia decipiens pag. 125. Scheitelwachstum, Procarp- und Oystocarpentwicklung usw. 2. Asparagopsis armata pag. 135. Scheitelwachstum, Procarp- und Cystocarpentwieklung, Haftorgane. 3. Euzoniella ineisa pag. 150. Cystocarp. 4. Rhabdonia vertieillata pag. 152. Scheitelwachstum, Cystocarp. 5. Erythroclonium Muelleri pag. 156. Sekundäres Diekenwachstum usw. 6. Rhabdonia globifera pag. 161. Scheitelwachstum, Plasmakontinuität. Von den hier beschriebenen Pflanzen stammen Polysiphonia decipiens aus Neu-Seeland, die übrigen aus Südwest-Australien. Polysiphonia decipiens. Der Gattung Polysiphonia reihte man früher eine große Anzahl beschriebener Formen ein, die nach Schmitz und Falkenberg nicht hierher gehören. Demnach haben die genannten Verfasser 41 Arten ausgeschieden und unter andere, teils neue, mit Polysiphonia verwandte Gattungen gebracht. Bei den danach nicht mehr zweifelhaften Polysi- phonien besteht eine große Verwirrung in der Benennung der Arten. Das war einmal dadurch versursacht, daß man lange Zeit hindurch zur Basis der Klassifikation hauptsächlich die Zahl der Perizentral- zellen machte, welche besonders bei Arten, wo ihre Zahl groß ist, variiert. Ferner wurde das Vorhandensein von Hasrsprossen, die nur vorübergehende Charaktere sind, als konstant betrachtet, so daß häufig die gleiche Pflanze verschiedene Namen erhalten hat und bei der Be- 9* 126 €. I. Connolly, legung mit einem neuen Namen eine Beschreibung als neue Spezies erfuhr. Falkenberg hat in seiner schönen, umfangreichen Morphologie der Rhodomelaceen die Zahl der Perizentralzellen und der Geschlechts- organe von Polysiphonia als von wenig systematischem Wert betrachtet und als Basis der Klassifikation nur die Entwicklungsgeschichte des Seitensprosses angenommen. Da er aber wegen Mangelhaftigkeit des Materials Details über die Entwicklungsgeschichte von Polysipkonia deeipiens nicht gegeben hat, möchte ich hiermit das Resultat meiner Beobachtungen geben dahin- gehend, daß unserer Spezies ihre legitime Stelle in dieser sehr redu- zierten Gattung zukommt. Das einzige Exemplar, das ich zum Studium bekommen habe, war eine weibliche Pflanze, die reichlich mit Geschlechtsorganen, in allen Entwicklungsstadien über den ganzen Thallus verstreut, ausgestattet war. Polysiphonia deeipiens stellt ein allseitig verzweigtes Sproßsystem von ungefähr 7 cm Höhe dar. Der Stamm besteht aus Segmenten mit Zentralzelle und sieben Perizentralzellen von quadratischem Umriß, die auch an älteren. Thallusteilen unberindet bleiben. Alle Zweigspitzen sind mit Blättern reichlich versehen, die aber bald abfallen und kleine Blattnarben hinterlassen. Wachstum. Die Scheitelzelle (Fig. 1) von Polysiphonis deeipiens teilt- sich durch annähernd quer gestellte Wände in Segmente; jedes Segment. erzeugt ein Blatt. Das fünfte Blatt steht fast genau über dem ersten, aber keine konstante Divergenz war zu beobachten. Die Verzweigung der Blätter zeigt keine Abweichung von den typischen Polysiphonienblättern. Jedes Glied der Blätter erzeugt einen Seitenstrahl. Die Seitenstrahlen sind alternierend nach links und rechts transversal zum Hauptsproß gerichtet, aber ein wenig nach innen ver- schoben (Fig. 2). Diese monosiphonen Blätter wachsen und strecken sich sehr rasch. und erreichen eine verhältnismäßig große Länge. In ausgewachsenem Zustande sind die Seitenstrahlen der Blätter ebenso stark entwickelt wie die Hauptstrahlen. In der so entstandenen scheinbar dichotomen Verzweigung ist es nicht mehr möglich, den Seitenstrahl von dem ur- sprünglichen Hanptstrahl zu unterscheiden. Verzweigung. Eine bestimmte Regelmäßigkeit im Auftreten der Seitenzweige war nicht zu beobachten. Die Seitensprosse stehen manchmal in Ab- Beiträge zur Kenntnis einiger Floridsen. 127 ständen von sieben Segmenten, aber ich habe Fälle beobachtet, wo nur ein steriles Zwischensegment vorhanden war. Auch findet eine regel- mäßige spiralige Anordnung der Seitenzweige nicht statt. Obgleich Fälle beobachtet wurden, in welchen annähernd eine ?/,-Divergenz vor- handen war, ist diese doch nicht konstant. Daß die Seitensprosse ihre Entstehung den Blättern verdanken, war im älteren Teile der Pflanze bei dem Vorhandensein der Blatt- narben an der Basis der Zweige sofort ersichtlich. Es mag hier erwähnt werden, daß die Seitensprosse gewöhnlich nicht gerade in dem Winkel zwischen Blatt- und Hauptsproß, sondern etwas seitlich am Blatt entstehen. Das ist noch deutlicher in Falken- berg’s Abbildung von Polysiphonia sertularioides zu sehen. Dem- Fig. 1. Polysiphonia deeipiens Scheitel des Fig. 2. Polysiphonia decipiens. Hauptsprosses. @ Achselsproß; 52 Blatt. Junger Haarsproß. nach scheint es mehr den Tatsachen zu entsprechen, wenn man mit Oltmanns die Seitenzweige als Seitensprosse der Blätter auffaßt, anstaft sie Axillarsprosse zu nennen. Da kein gesetzmäßiges Auftreten von Seitenzweigen an der Basis der Blattsprosse stattfindet, wäre es einfacher mit Oltmanns zu sagen, daß bald ein Blatt ohne Achselsprosse, bald eine Kombination beider entsteht, anstatt mit Falkenberg die Achselsprosse in dem betreffenden Fall als abortiert zu betrachten. Berthold glaubt die Funktion der Rhodomelaceenblätter darin erblicken zu können, daß sie als Schutzorgane gegen zu intensive Be- leuchtung auftreten. Ihm schließt sich Oltmanns au, während Falken- 128 C. J. Connoliy, berg dieser Auffassung entgegentritt. Näher auf diese Frage einzu- gehen, geht hier nieht wohl an. Nur mittels experimenteller Methoden, an lebenden Pflanzen, kann die Frage abschließend beantwortet werden. Soweit ein Studium von konserviertem Material zu Schluß- folgerungen berechtigt, besteht ihr primärer Zweck in der Erzeugung der Geschlechtsorgane. Haftorgane, Mehrere untere Sprosse waren reichlich mit Haftorganen ver- sehen. Aus den Perizentralzellen gehen Rhizoiden hervor, die schlauch- ähnlich fortwachsen, bis sie, wenn sie Widerstand erfahren, sich ab- platten und so eine Haftscheibe bilden. Wo kein Widerstand gefunden wird, bleiben sie ohne Haftscheibe. Wir haben demgemäß nur einen 'Typ von Haftorganen, und das Vorhandensein von nicht abgeplatteten Rhizoiden bedeutet nur, daß sie noch kein widerstandsfähiges Substrat . gefunden haben. Sie sind sonach, wie Falkenberg bemerkt, von keiner systematischen Bedeutung. Die Formen mit und ohne Haft- scheibe treten an derselben Pilanze auf, und ich habe sie bei Poly- siphonia decipiens sogar auf demselben Sproß beobachtet. Daß die Rhi- zoiden mit Haftscheibe kurz bleiben, wie Falkenberg meint, trifft wenigstens für Polysiphonia decipiens nicht zu. Entwicklung des Procarps. Die erste Untersuchung der komplizierten Vorgänge bei der Be- Zruchtung des Procarps verdanken wir Bornet und Thuret. Janezewski und Schmitz haben sich eingehender mit der Ent- wieklung der Dinge beschäftigt, der letztere mit: besonderer Berück- sichtigung der Auxiliarzellen. Phillips hat später acht Rhodomelaceen-Arten studiert und ge- Zunden, daß eine spezielle Auxiliarzelle von der Perizentralzelle abge- schnitten wird, und er erklärt das Auftreten von sterilen Fäden bei den Rihodomelaceen für konstant. Er hat auch Vertreter von fünf Familien der Rhodymeniales beschrieben. Falkenberg hat die Morphologie der Procarpien und Oystocarpien. bei den Rhodomelaceen genauer studiert; er zeigt, daß die „paranematal filaments“, die Phillips auf der Innenseite der Fruchtwand gefunden zu haben vermeint, nur die innere Schicht der Hülle is. Oltmanns hat zuerst den Fusionierungsprozeß zwischen der Karpogontochterzeile und der Auxiliarzelle beobachtet und die komplizierte Auffassung bei Schmitz vereinfacht, indem er zeigte, daß der eigentliche Sexualakt Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 129 in der Fusion der weiblichen und männlichen Keime im Karpogon be- stehe und daß die Auxiliarzellen nur eine sekundäre Rolle spielen. Er macht die wichtige Entdeckung, daß nach der Teilung des in die Auxiliar- zelle eingewanderten Fusionskerns ein Tochterkern, der Mutterkern für die ganze Karposporenbildung wird, während der Schwesterkern und der ‚Auxiliarkern keinen Anteil daran haben. Yamanouchi hat später eine vortreffliche zytologische Arbeit mit zahlreichen schönen Abbildungen über Polysiphonia violacea ver- öffentlicht. Seine Ergebnisse weichen aber zum Teil so sehr von an- deren Resultaten über Polysiphonia und von meinen eigenen Beobach- tungen von Polysiphonia deeipiens ab, daß ich sie im Verlauf dieser Abhandlung eingehender besprechen möchte. Procarp. Wie wir oben erwähnt haben, sind die Blätter die Träger der Procarpien, die dementsprechend akropetal entstehen. Die Früchte sind über den ganzen Thallus verstreut, und auf demselben Exemplar findet man alle Entwieklungsstadien von der ersten Anlage der Procarp- bildung an der Vegetationsspitze bis zu den reifen Cystocarpien am unteren Teil des Thallus. Der Karpogonast von Polysiphonia deeipiens bildet sich in der- selben Weise wie bei den anderen Polysiphonia-Arten, soweit sie bereits studiert worden sind. Das zweitunterste Segment des monosiphonen Blattes vergrößert sich und wird polysiphon, und während das Stamm- segment sieben Perizentralzellen hat, bilden sich hier nur fünf Peri- zentralzellen. Die jüngste, zuletzt gebildete Perizentralzelle (Taf. I, Fig. 1) schneidet; oben auf ihrer dem Hauptsproß zugewendeten Seite eine Zelle ab, die die Mutterzelle des Karpogonastes ist (Taf. I, Fig. 2). Die neugebildete Zelle teilt sich in zwei neue Zellen, und von diesen teilt sieh die unterste nicht weiter, während die obere als Scheitelzelle des Zweigleins sich weiter teilt, bis ein vierzelliger Karpo- gonast zustande kommt (Taf. I, Fig. 3 und 4). Die letztgebildete Zelle streckt sich zur Trichogyne aus. Der Karpogonast ist so gebogen, daß das Karpogon übergeneigt liegt und fast mit der Perizentralzelle in Berührung kommt. Die Perizentralzelle bildet auch zwei akzessorische Ästchen, einen zweizelligen lateralen Zweig und ein einzelliges Ästehen am unteren Ende (Taf. I, Fig. 4, 5 und 6), wie Phillips bei anderen Arten von Polysiphonia gefunden hat. "Phillips hält diese akzessorischen Zweige 130 6, J. Connoliy, für konstant bei den Rhodomelaceen, nach Falkenberg und Sehmitz aber sind sie nicht immer vorhanden. i Das reife unbefruchtete Procarp von Polysiphonia decipiens besteht immer aus folgenden Bestandteilen: einem vierzelligen Karpogonast und den zwei akzessorischen Zweigen, die alle aus der zuletzt gebil- deten Perizentralzelle entstehen. Befruchtung. Sobald das Karpogon befrüchtet wird, finden wir, daß eine Reihe von Veränderungen stattfindet. Die fünfte Perizentralzelle oder Auxiliar- mutterzelle schneidet in ihrem oberen Teil eine Zelle ab, die als Auxiliar- zelle funktioniert, so daß wir statt einer Perizentralzelle eine Tragzelle und eine Auxiliarzelle haben. Hand in Hand mit dieser Teilung geht eine Teilung der akzessorischen Ästchen. Die inferiore Zelle nämlich schneidet eine Zelle ab, und die zwei Zellen der Lateralzweige auf ihrer Außenseite je eine Zelle (Taf. I, Fig. 8 und Fig. 9). Bald tritt die Awxiliarzelle mit der Tragzelle und etwas später mit den akzessorischen Zweigen in Fusion. Eine Sprossung von Sporogenfäden aus der Auxiliar- zelle vor der Fusion habe ich nicht beobachtet; erst nach der Fusion habe ich Sporogenfäden wahrgenommen, Obwohl es an Mitteilungen über die Entwicklung des Cysto- carpiums durehaus nicht mangelt, ist eine Übereinstimmung nicht er- zielt worden. Der Streit drekt sich um die Auxiliarzelle. Die Zelle am oberen Teile der Perizentralzelle ist von Phillips und Falken- berg an verschiedenen Arten beobachtet worden und auch in meiner Untersuchung an Polysiphonia deeipiens mit Sicherheit nachgewiesen, und auf Taf. I, Fig. 8 abgebildet. Daß bei den Rhodomelaceen immer eine spezielle Auxiliarzelle gebildet wird, bezweifelt Falkenberg. Zur Fest- stellung der Tatsache, ob eine Teilung in der Perizentralzelle statt- findet oder nieht, muß man viele Entwicklungsstufen beobachten. Wir haben schon gesehen, daß bei Polysiphonia deeipiens die Perizentral- zelle in den reifen Procarpien ungeteilt bleibt. Nur nach der Befruch- tung ist die spezielle Auxiliarzelle wahrzunehmen. Andererseits ver- schmelzen kurz nach der Befruchtung die Auxiliarzelle und die Trag- zelle zu einer einzigen Zelle, so daß die Teilungswand der Perizentralzelle nur kurze Zeit existiert. Die große Mehrzahl der Geschlechtsorgane einer so reichlich mit solchen versehenen Pflanze wie Polysiphonia deeipiens zeigt entweder das noch nicht befruchtete Procarp, an dem keine spezieile Auziliarzelle abgeschnitten ist, oder Entwicklungsstufen, in denen die Fusion schon stattgefunden hat und die Teilungswand Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 131 aufgelöst ist. Ich habe aber diese spezielle, von der Perizentralzelle abgeschnittene Auxiliarzelle häufig beobachtet. Eine ganz junge Wand ist allerdings wegen des reichen Protoplasmainhalts nur schwer zu sehen. Wo aber die Wand etwas alt ist und die Auxilierzelle sich etwas von der Tragzelle trennt, ist ihre Tüpfelverbindung mit der letzteren deutlich zu erkennen: besonders ist das dann der Fall, wenn das Präparat lange Zeit in Glyzerin gelegen hat. Die Art und Weise, wie das Karpogon mit der Auxiliarzelle in Verbindung tritt, ist das schwierigste und auch ein sehr wichtiges Problem, das beim Studium der Entwicklung des Cystocarpiums zu lösen ist. Wegen des Umstandes, daß dieser Akt, der infolge der Be- fruchtung stattfindet, sich innerhalb einer geschlossenen Fruchtwand abspielt und zwar so schnell, daß nur durch einen glücklichen Zufall die Beobachtung dieser Stufe möglich wird, sind wir hier vielfach auf Vermutungen angewiesen. Falkenberg hat an Thuretia quereifolia beobachtet, daß eine Teilung an der Basis des Karpogoniums, wie sie zum Zweck der sekun- dären Tüpfelbildung geschieht, stattgefunden hat, und er glaubte, daß dieses Zellchen der Träger des Fusionskerns zur Auxiliarzelle sei, und er vermutet die gleichen Vorgänge für die Rhodomelaceen überhanpt. Oltmanns hat später an Dasya die Abschneidung dieser kleinen Zelle au der Basis des Karpogoniums und die Verbindung des letzteren mit der Auxiliarzelle direkt beobachtet. Außer der gleich zu besprechenden Arbeit Yamanouchi’s, in welcher er der Auxiliarzelle von Polysiphonia violacea eine ganz andere Entstehung als Phillips zuschreibt, und in der er den Übergang des Fusionskerns vom Karpogonium zur Auziliarzelle in einer von Oltmanns total abweichenden Weise beschreibt, besitzen wir, soweit ich sehe, keine Augabe über eine direkte Beobachtung, die zeigte, wie der Fusions- kern in Polysiphonia übergeführt wird. Es ist aber häufig beobachtet worden, daß nach dem Beginn der Karposporenbildung eine Tüpfelverbindung zwischen Karpogonium. und Auxiliarzelle liegt, die vor der Befruchtung nicht vorhanden war. Es ist demnach wohl anzunehmen, daß diese Verbindung durch die Ab- schneidung einer Zelle an der Basis des Karpogoniums zustande kommt, wie Falkenberg an Thuretia quereifolia und Oltmanns an Dasya direkt: beobachtet haben. Diese Teilung an der Basis des Karpogoniums ist auch bei Poly- siphonia deeipiens beobachtet worden. Ta£L I, Fig. 8 zeigt eine kleine von der Basis des Karpogoniums abgeschnittene Zelle, die, wie wir an- 132 t. 3. Connoliy, nehmen dürfen, Träger der befruchteten Eizelle ist. In einem etwas älteren Stadium habe ich sie als äußerst kleine lichtbrechende Zelle in der Nähe der Auxiliarzelle beobachtet. In diesem Stadium aber war das Zellchen nicht mehr in Verbindung mit der Auxiliarzelle. Diese lichtbrechende, zusammengeschrumpite Zelle war nicht etwa der Rest des entleerten Karpogoniums, denn ich habe dieses am gleichen Objekte als eine größere lichtbrechende Zelle beobachtet. Taf.I, Fig. 8 zeigt auch genauer, in welehem Augenblick die Perizentralzelle sich teilt. Wie schon oben erwähnt, tritt diese Wand erst nach der Befruchtung auf. Unser Bild ist dadurch interessant, daß es zeigt, wie die Wand in der Perizentralzelle, durch welche eine spezielle Auxiliarzelle ab- geschnitten ist, zwar nach der Befruchtung des Karpogoniums, aber vor der Fusion mit der Auxiliarzelle auftritt, wenn wir nämlich die ganze Perizentralzelle vor der Teilung als solche bezeichnen dürfen. Die Wand erscheint als eine sehr dünne, quer durch die Perizentralzelle gehende Linie; sie ist mutwmaßlich gerade erst fertiggestellt, wahrschein- lich gleichzeitig mit der Abschneidung der Zellchen von dem Karpo- gonium. Im Jahre 1906 erschien Yamanoucehi’s zytolögische Arbeit über Polysiphonia violacea, in welcher er einen Generationswechsel zwischen den Geschlechts- und den Tetrasporenpflauzen festgestellt hat. Wir brauchen hier nur denjenigen Teil, der sich mit der Morphologie des Prokarps vor und nach der Befruchtung beschäftigt, zu berücksichtigen. Der Verfasser kommt zu Resultaten, die von denen Phillips’, der dieselbe Spezies studiert hat, durchaus abweichen und die, falls sie ihre Bestätigung fänden, unsere bisherige Ansicht von der Befruchtung des Prokarps bei Polysiphonia gänzlich ändern würden. Wir haben sehon gesehen, daß Phillips für Polysiphonia violacea das Vorhanden- sein von zwei akzessorischen Zweigen, nämlich eines zweizelligen lateralen und eines einzelligen inferioren Zweiges beschrieben hat. Er nennt die Zweige sterile Fäden. Wir haben sie auch bei Polysiphonia decipiens gefunden. ö Yamanouchi nennt jene akzessorischen Zellen, die von der Peri- zentralzelle aus entstehen, Auxiliarzellen, nämlich fünf laterale und zwei inferiore Zellen — unser Stadium von Polysiphonia deeipiens nach der Befruchtung, wenn die akzessorischen Ästchen sich weiter geteilt haben — und er sagt, daß eine von diesen zwischen das Karpogonium und die Perizentralzelle zu liegen komme, und dem Fusionskern als Ver- bindungsbrücke zwischen Karpogon und Perizentralzelle diene; demnach wäre die ganze Perizentralzelle als eigentliche Auxiliarzelle aufzufassen. Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 133 Alle Auxiliarzellen Yamanouchi’s entsprechen in ihrer Lage genau den sterilen Fäden wie sie Phillips für dieselbe Art im Stadium nach der Befruchtung beschreibt, eine Beziehung, die auch bei Polysiphonia deeipiens beobachtet wurde, die Zelle ausgenommen, die von dem lateralen Zweige einwärts abgeschnitten wird und sich zwischen Karpogonium und Perizentralzelle befindet. Warum er diese Zellen Auziliarzellen nennt, ist mir nicht ersichtlich. Nach seinen eigenen Beobachtungen dient die „Auxiliarzelle“ zwischen Karpogonium und Perizentralzelle nur als Übergangsmittel zur Perizentralzelle, so daß wir die letztere als die eigentliche Auxiliarzelle bezeichnen müssen. Ferner nehmen nach Yamanouchi die Kerne der „Auxiliarzelle* keinen Teil an der Karposporenbildung. Diese Tatsache war seit Phillips bekannt und ich glaube, wir können sie noch mit ihm als sterile Fäden bezeichnen. Es handelt sich aber nicht etwa nur um eine Verschiedenheit der Terminologie. Die Resultate von Yamanouchi’s Arbeit in Bezug auf die Art und Weise, durch welche die Kommunikution des Karpogoniums mit der Auxiliarzelle vermittelt wird, sind derart abweichend von denen von Phillips, Olfmanns und Falkenberg, daß man erwarten solite, er werde die Sache vom morphologischen Standpunkte aus diskutieren. Falkenberg hat auf die Tatsache aufmerksam. gemacht, daß in der Teilung der Perizentralzelle, durch welche eine spezielle Auxiliarzelle oben abgeschnitten wird, eine völlige Homologie zwischen einem pro- carpbildenden Segment und einem sporangienbildenden Segment besteht, Da ich kein Material von Polysiphonia violacea gehabt habe, kann ich Yamanouchi’s Beobachtungen nicht prüfen und keinen Ver- gleich mit den Vorgängen bei Polysiphonia deeipiens ziehen. In zahl- reichen Fällen aber habe ich an Polysiphonia deeipiens die sterilen Fäden, die ebenso gelagert waren, wie sie Phillips bei der Beschrei- bung von Polysiphonia violacea mitgeteilt hat, beobachtet. Übrigens teilen sich die Zellen der akzessorischen Ästehen von Polysiphonia de- eipiens nur nach der Befruchtung weiter, so daß die Auxiliarzelle, die nach VYamanouchi von dem Lateralzweige einwärts abgeschnitten ist, in dem reifen unbefruchteten Procarp noch nicht vorhanden ist. Phillips betont ausdrücklich dieselben Verhältnisse bei Polysiphonia violacea. Es mag interessant sein, auf die Tatsache aufmerksam zu machen, daß mit Ausnahme einer einzigen Tüpfelbildung Yamanouchi’s Dia- gramm (Bot. Gazette 1906, pag. 416) des reifen Prokarps von Poly- siphonia violacea mit unserem Bild nach der Teilung der Perizentral- zelle und der akzessorischen Äste vollkommen übereinstimmt. Bei 134 C. 3. Connolly, Polysiphonia deeipiens steht die Auxiliarzelle in Tüpfelverbindung mit der Perizentralzelle und wird von der letzteren, wie wir gesehen haben, ab- geschnitten. In Yamanouchi’s Zeichnung liegt die Tüpfelverbindung zwischen Auxiliarzelle und Lateralzweigen, so’ daß die „Auxiliarzelle“ als von den Lateralzweigen abgeschnitten aufgefaßt ist. Zwischen den beiden Entstehungsweisen aber besteht eine wesentliche Verschiedenheit. Daß eine Tüpfelverbindung zwischen Auxiliarzelle und Perizentral- zelle existiert, ist allerdings allein kein Beweis dafür, daß die erstere aus der letzteren entsteht, weil usch Yamanouchi die Auxiliarzelle bald nachher mit der Perizentralzele in Verbindung tritt. In zahl- reichen Fällen aber habe ich deutlich die Auxiliarzeile in Tüpfelverbindung mit der Perizentralzelle beobachtet, ehe die akzessorischen Zellen, denen nach Yamanouchi die Auxiliarzelle ihre Entstehung verdankt, sich weiter geteilt haben. Die Verbindung aber, die Yamanouchi beob- achtet hat, war eine einfache Fusion, nicht eine Tüpfelverbindung, und sie stimmt mit unserem Stadium, in welchen die Auxiliarzelle später mit der Perizentralstelle fusioniert, überein. In völliger Harmonie mit dieser Auffassung der Vorgänge und in Übereinstimmung mit Oltmanns’ Beobachtung an Dasya steht der von mir beobachtete Fall des Abschneidens eines Zellchens an der Basis des Karpogoniums. Diese Beobachtung stimmt vorzüglich zu Falken- berg’s Vermutung, daß die Verbindung des Karpogoniums mit der Auxiliarzelle bei den Rhodomelaceen überhaupt in derselben Weise statt- finde, wie die sekundäre Tüpfelbildung vor sich geht. Nach der Fusion der Auxilisrzelle mit der Perizentralzelle und den Nachbarzellen der akzessorischen Äste sprossen die Gonimoblasten aus (Taf. I, Fig. 10). Sie folgen in ibrer Wachstumsweise dem normalen Polysiphoniatypus, indem die monopodiale Verzweigungsweise in die sympodiale übergeht. Wenn der Gonimoblast nämlich an seinem Ende eine Karpospore gebildet hat, entstehen unten Seitensprosse, die ihrer- seits an ihrem Ende wieder Karposporen bilden, und so geht der Prozeß weiter vor sich. Die Fusionierung debnt sich allmählich auf die axile Zelle des fertilen Segmentes aus. Die Karposporen sind große, un- gefähr 100 „ lange, birnförmige Gebilde, welche mit einer dicken, durchsichtigen Hautschicht versehen sind. Fruchtwand. Die Fruchtwand ist in ihrem Wachstum ziemlich weit vorgeschritten, ehe die Befruchtung stattfindet (Taf. I, Fig.5). Sie entsteht aus den beiden Perizentralzellen, die an die fünfte oder fertile Perizentralzelle angrenzen- Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 155 Die Wand besteht aus zwei Klappen, zwischen welchen oben die Tri- chogyne durchläuft, wie deutlich in Ventralansicht zu sehen ist (Taf. I, Fig. 7). Falkenberg faßt in Übereinstimmung mit der Schmitz’schen Faden- theorie die Fruchtwand als von kongenital verwachsenen Sprossen ge- baut auf. Nach der Befruchtung schließen sich die beiden Seiten der Wand zusammen. Die Fruchtwand ist zuerst einschichtig, aber nach der Be- fruchtung teilen sich die Zellen durch perikline Wände, so daß eine zweischichtige Fruchtwand entsteht (Taf. I, Fig. 8,9 und 10). Die Zellen der inneren Schicht teilen sich nicht weiter, wohl aber die der äußeren, und zwar durch radiale Wände. Die Zellreihen (Sprosse) der äußeren Schicht sind durch sekundäre Tüpfel mit einander verbunden. Die Zellreihen der inneren Schicht haben nur primäre Tüpfel, und sind nicht durch sekundäre Tüpfel miteinander verbunden. Falkenberg faßt die Zellreihen der inneren Schicht als die axilen Zellen der kongenital verwachsenen Sprosse auf, die doppelt so zahl- reichen Zellreihen der äußeren Schicht als die Perizentralzellen. Eine Bildung von Perizentralzellen auf der inneren Seite der axilen Reihen unterbleibt. . Die innere Schicht der Fruchthülle ist von Phillips anders auf- gefaßt worden. Er behauptet, daß infolge der Befruchtung Fäden aus der axilen Zelle entstehen, die auf der inneren Seite der Fruchtwand anliegen. Phillips nennt sie „paranematal filaments“. Die Entstehung dieser inneren Schicht ist zuerst von Falkenberg richtig dargestellt worden. Wegen der Beschaffenheit der unberindeten Zellen von Polysiphonia deeipiens läßt sich die Entwicklung dieser Schicht sehr schön verfolgen. Ich habe sie hier beschrieben, obgleich sie nicht von Falkenberg’s Darstellung anderer Polysipkonien abweicht, weil Yamanouchi in seiner Arbeit. über Polysiphonia violacea Phillips’ Irrtum wiederholt. Asparagopsis armata. Unter den verschiedenen Florideenfamilien gibt es wahrscheinlich keine, über die unsere Kenntnisse so mangelhaft sind, wie diejenige der Bonnemaisoniaceae. Es ist von verschiedenen Autoren häufig die Frage diskutiert worden, ob die Stellung zwischen Delesseriaceen und Rhodo- melaceen, welche diese Familie nach der Schmitz’schen Auffassung der Verwandtschaft der Florideenfamilien (Flora 1889) einnimmt, be- rechtigt. ist. 136 ©. I. Conaolly, Um diese Frage zu entscheiden, wäre eine sorgfältige Bearbeitung von mehreren Gattungen nötig. Von besonderem Interesse wäre ein Studium der Entwicklung des COystocarps, über welches bis jetzt, so weit ich sehe, nur eine einzige Angabe vorliegt. In der Sammlung Goebel’s habe ich eine Spezies dieser Familie gefunden, über deren Entwicklung und anatomischen Aufbau ich hier beriehten möchte. Asparagopsis armata stellt ein zartes, äußerst reich verzweigtes Sproßsystem dar. Charakteristisch für die Spezies ist das Vorhandensein retrorser Haftorgane an der Basis der Hauptsprosse oder der Zweige, was aus nebenstehender Abbildung gut ersichtlich ist (Fig. 3.) Fig. 3. Fig. 3. Asparagopsis arınata. Cystocarptragende Pflanze, die retrorsen Haftergane zeigend. Fig. 4. Sproßspitze von Asparagopsis armala Xtr Kurztriebe (Primanäste); Zir Langtriebe (Sekundanäste); Zi’ und X?’ Insertionsstellen eines Kuretiehee von senkrecht zur Papierebene stehenden Zweigen. Wachstum. Das Scheitelwachstum steht mit der Verzweigung in Zusammen- hang. Die Scheitelzelle eines unverzweigten Kurztriebes verhält sich deninach anders als die eines Langtriebes. Wir müssen daher beide getrennt behandeln und werden der Klarheit wegen, um nämlich die Sprosse verschiedener Ordnung ihrer Entstehung nach. verfolgen zu können, mit dem Hauptsproß anfangen. Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 137 Die Scheitelzelle des Hauptsprosses (Fig. 4) teilt sich durch nach oben schwach konkave uhrglasförmige Querwände, die nicht senkrecht zur Sproßachse stehen, sondern sich sukzessive in vier verschiedene Rich- tungen neigen. Die fünfte Wand hat jeweils dieselbe Richtung wie die erste. Die Richtung der Neigung alterniert in dem Sinne, daß die, höchsten Punkte zweier aufeinanderfolgender Wände um 90 ° divergieren. Auf der Höhe jedes Segments entsteht der erste Ast. Dieser Art der Anlage entsprechend müssen vier Längsreihen von Primanästen ent- “ stehen). Im. dritten Segment tritt eine etwas eszentrische Längswand auf, welche die Primanastanlage von dem Rest des Segments abschneidet. Diese Primanäste wachsen ausnahmslos zu sichelförmig nach innen ge- bogenen Kurztrieben aus. Erst dann, wenn der Primanast zweigliedrig ist, tritt eine zweite etwas exzentrische Wand auf, die den Rest des Segments in eine Sekundanastanlage und L eine Zentralzelle zerteilt. Die Sekundan- äste wachsen alle zu Langtrieben aus. Jedes Segment liefert daher zwei Äste, deren erster oder Primanast ein Kurz- trieb, und deren zweiter oder Sekundanast. ein Langtrieb ist. Der fünfte Kurztrieb steht über dem ersten Kurztrieb und der fünfte Langtrieb über dem ersten Lang- trieb, wie im Diagramm 1 dargestellt ist. Die Langtriebe stehen den Kurztrieben etwas Dingr. 1. Asparagopais ar- schief gegenüber, so daß ungefähr ein mata. Schraffiert: Kurztriebe dekussiertes Verzweigungssystem zustande a ae Tanaste). = kommt, Obwohl die Langtriebe schon bald nach den Kurztrieben angelegt sind, bleiben sie für einige Zeit in ihrer Entwicklung weit hinter den Kurztrieben zurück. Bei Asparagopsis armata werden die Langiriebe früher angelegt als Cramer für Bonnemaisonia asparagoides beschreibt. Nach Cramer ist der Primanast sehon viergliedrig, bevor die Sekundan- astanlage abgeschnitten ist. Auf Cramer’s Angabe über die spät entstandenen Langtriebe gestützt, glaubt Oltmanns, daß kein prinzi- pieller Unterschied zwischen Exogen- und Endogensprossen existiert, wie Falkenberg meint. Nach letztgenauntem Verfasser sind alle Äste am Scheitel notwendigerweise von exogenem Ursprung und nur am 1) Mit Primanast bezeichnet Cramer den zuerst gebildeten Ast; mit Se- kundanast: den nachträglich gebildeten Ast, 138 €. J. Comnolly, unteren Teil des Stammes kann endogene Sproßbildung stattfinden. Oltmanns dagegen behauptet, daß möglicherweise die Langtriebe bei anderen Gattungen noch weiter hinter den Kurzirieben entstehen als bei Bonnemaisonia und Spyridia, so daß zuerst die Rindenzellen ent- ständen und nachber erst die Seitensprosse. Ich glaube, daß auch in solehen Fällen eine scharfe Trennung zu konstatieren wäre. Hier werden wir eine geschlossene Zentralzelle haben, und wenn Langtriebe später entstehen, werden sie entweder als Auswuchs der Rindenzellen, d. h. exogen, oder als Auswuchs der Zen- tralzelle durch die Rindenzellen, d. h. endogen entstehen. Im ersten Falle müssen wir von Anfang an die Rindenzelle als Astanlage be- trachten, die erst spät zum Seitenast auswächst. Im zweiten Falle scheint es mir, daß die Endogensprosse notwendigerweise weiter unten am Stamm entstehen müssen. Die Verzweigung am Langtriebe wiederholt genau die am Haupt- sproß. Mit Ausnahme der untersten Segmente, die nur auf der Außen- seite einen Sproß tragen, liefert jedes Segment zwei Seitenäste, deren Primanast ein sichelförmiger, unverzweigter Kurztrieb ist, und deren Sekundanast ein verzweigter Kurztrieb ist. Die Primanäste oder un- verzweigten Kurztriebe stehen in 1/, Abstand von einander, ebenso die Sekundan- oder verzweigten Triebe, die die Sprosse der letzten Ordnung tragen. Die Seitensprosse der Langtriebe stehen also wieder dekussiert, und zwar steht der fünfte unverzweigte Kurztrieb über dem ersten unverzweigten und der fünfte verzweigte Kurztrieb über dem ersten verzweigten. Auch hier bleiben die Sekundanäste oder verzweigten Sprosse hinter den Primanästen in der Entwicklung zurück. Der erste Kurz- trieb an der Basis der Langtriebe schaut nach außen, ‚wie Cramer für Bonnemaisonia asparagoides berichtet. Er wächst so rasch, daß er bald die Spitze der Langtriebe überragt, so daß der Langtrieb in einer bestimmten Entwicklungsstufe scheinbar aus der Basis des Kurztriebes entsteht. Dieser falsche Schein wird noch verstärkt, wenn man Lang- triebe beobachtet, die ihr Wachstum eingestellt haben. Die Seitensprosse der verzweigten Kurztriebe, d. h. die Sprosse letzter Ordnung sind ihrerseits dekussiert angeordnet. Eine zwei- zeilige Anordnung der Seitenäste, wie sie Harvey auf Taf. 192, 2 Phye. Austr. für Asparagopsis armata darstellt, ist im ganzen 'Thallus nirgends vorhanden. An der Basis der Langtriebe entstehen die verzweigten Zweige, die am Ende Procarpe tragen. Diese fertilen Sprosse entstehen an Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 139 den Stellen, wo ein verzweigter Seitensproß seinen Platz hätte. Von demselben Segment der axilen Reihe waren demnach niemals zwei fertile Sprosse zu beobachten. Normal trägt jeder Langtrieb an der Basis zwei fertile Zweige; sie entstehen aber aus verschiedenen Seg- menten. Bei hunderten von Beobachtungen waren niemals mehr als zwei fertile Zweige auf einem Langtrieb zu sehen. Diese Zweige fallen, wenn die an ihrer Basis befindlichen Cystocarpien reif sind, leicht ab, Adventiväste waren nirgends zu beobachten, Wachstum der Kurztriebe, Die Scheitelzelle des unverzweigten Kurztriebes schneidet durch quer nach unten gebogene Wände becherförmige Segmente ab. Die Querwände stehen alternierend auf der linken und rechten Seite höher als auf der enigegengesetzten Seite. Wie wir unten sehen werden, steht diese Wachstumsweise im engsten Zusammenhang mit der Be- rindung. An der allerjüngsten Scheitelspitze, bevor die Verzweigung der Langtriebe oder die Berindung der Kurztriebe anfängt, kann man, ganz abgesehen von ihrer Stellung als Priman- oder Sekundanast, aus dem Aussehen der Scheitelzellen der Seitensprosse schließen, ob es sich um einen später sich verzweigenden Langtrieb oder um einen Kurztrieb, der unverzweigt bleibt, handelt. Schwendener hat seine Kontakttheorie betreffend die mechanische Ursache der Spiralstellung bei den Phanerogamen auch auf die Florideen anzuwenden versucht. Im Gegensatze zu Kny und Berthold glaubt er nachweisen zu können, daß die Spiralstellung durch Kontakt der älteren Seitenzweige, die sich an die Hauptsprosse anschmiegen sollen, bedingt sei. An derjenigen Seite, wo ein älterer Seitenzweig zuerst vom Stamme wegrückt, tritt: zunächst eine Ausstülpung, ein neuer Seitensproß, auf. BRosenvinge und Falkenberg haben durchschlagende Beweise beigebracht, die zeigen, daß Schwendener’s Theorie, so weit sie die Florideen betrifft, nicht zutreffend ist, sondern daß die Spiralstellung auf innere Ursachen zurückgeführt werden muß, Schwendener behauptet, daß die Gliederzellen auf der Seite, wo die Seitenglieder entstehen, nicht von Anfang an höher sind als an der entgegengesetzten, sondern daß die Ungleichheit erst nach Aufhebung des Kontaktes bemerkbar ist, Bosenvinge hebt aber folgendes hervor: „Wenn die Wände durch eine nachträgliche einseitige Aufhebung hervor- gerufen wären, müßte das sich durch eine Richtungsänderung der Scheitelzelle bemerkbar machen, welche nicht zu beobachten ist, während Flora, BA, 108. 10 140 GC. 3. Connelly, - andererseits die Seiten der Scheitelzelle über einer solchen geneigten Querwand ungleich laug sind, was nicht mit der Annahme einer nach- träglichen Aufhebung vereinbar wäre“. Wie wir oben gesehen haben, teilt sich die Scheitelzelle von Asparagopsis armata durch schiefe Querwände die sukzessiv in vier Richtungen auf der einen Seite höher stehen als auf der entgegen- gesetzten Seite. Wir haben ferner gesehen, daß die Primanäste auf der höheren Seite des Segmentes entstehen und daß sie in '/, Divergenz angeordnet sind. Daß Sekundanäste etwas später gegenüber jedem Primanast entstehen, ändert nichts an der Sache. Tatsache ist, daß einerseits die Primanäste und andererseits die Sekundanäste in auf- fallender Regelmäßigkeit in !/, Divergenz entstehen und daß von Anfang an die Querwände auf derjenigen Seite, welche einen Seiten- zweig zu erzeugen bestimmt ist, höher stehen. Obwohl in einer be- stimmten Entwicklungsstufe die älteren Zweige an der Basis der Lang- triebe bis zur Scheitelspitze und sogar darüber hinausreichen, kann von einem Kontakt oder einer Anschmiegung der Seitenglieder an den Stamm- sproß nicht die Rede sein. Wir haben, in Übereinstimmung mit den Ansichten von Berthold, Rosenvinge, Falkenberg und Oltmanns, in den zwei verschiedenen Teilungssrten einen schönen Be- u 2 1 weis dafür, daß die Anordnung a a 3>. der Seitenglieder auf innere Ur- sachen zurückzuführen ist. FI 5 Berindung. . Langtriebe und . Kurztriebe sind stark berinde. Die Berin- dung der Langtriebe kommt durch. [2 weitere Teilung der Basalzellen. d der Äste zustande. Sie ist dem- Diagr. 2 =, d, «, d. Erklärung im Text. Mach astbürtig, Die Tüpfelver- bindung zwischen Basalsegmenten der Äste und Nachbarrindenzellen ist im älteren Teil deutlich zu er- kennen (vgl. Fig. 9). Die Berindung der Kurztriebe letzter Ordnung ist begrenzt und zeigt eine eigenartige Anordnung der Zellen, über derem Entstehung ich genauer berichten möchte. Wie schon erwähnt, werden von der Scheitelzelle Segmente abgesehnitten, die mit ihren höheren Seiten alternierend nach links und rechts auftreten. Auf der höheren Seite ist eine Zelle nach oben durch eine etwas exzentrische Wand, Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 14 ‘ welehe nicht die ganze Länge des Segments durchläuft, abgeschnitten (Diagramm 22). Unten auf derselben Seite wird dann eine zweite Rindenzelle abgeschnitten (Diagramm 22); das folgende Segment zeigt dieselben Teilungsvorgänge, nur sind die zwei neugebildeten Rinden- zellen an der entgegengesetzten Seite, d. h. der höheren Seite (Diagramm 2e). An .ganz jungen Kurztrieben kann man eine Reihe Segmente in jenen Stadien beobach- ten, in welchen alternierend links und rechts die zwei Rindenzellen abgeschnitten sind, bevox weitere Teilung in den Segmenten stattgefunden hat (Fig. 5). Bald aber tritt eine zweite antikline Wand auf und durchläuft das ganze Segment (Dia- gramm 2d) Zuletzt wird durch eine dritte Längswand der Rest des Segments in eine schmale Zentralzelle und eine große Rindenzelle zerlegt. Die Tatsache, "daß die Zentralzelle alternierend von der linken und rechten Seite abgeschnitten wird, ist Ursache des Ziekzackverlaufes der Zentralachse. Mit dem Wachstum der Kurz- triebe kommt die zuerst abgeschnit- tene Rindenzelle (Diagramm 2a) später in eine Art Zwischensegment- stellung, so daß die Rindenzellen nicht in stockwerkförmigen Reihen übereinander stehen, sondern in der eigenartigen Anordnung sich finden, wie es in Fig. 6 darge- stellt ist. Diese Primärrinden- zellen der Seitensprosse teilen sich ig. 5. I nieht weiter, dagegen sind alle ee ai , 9808 Fig. 6. Oberer Teil eines Kurztrieb hl: ji _ von Aspara- anderen Sprosse reichlich mit se- "7, hsonen Kurz- gopsisarmata. kundären Rindenzellen versehen. triebes. Indirekte Plasmaverbindung. Bemerkenswert sind an Asparagopsis armata die tief nach unten gebogenen Querwände der Zentralachse, durch welche feine Plasmafäden 10* 142 0. I. Connolly, hindurchgehen. Diese Querwände sind von anderer Beschaffenheit als der übrige Teil der Zellwand. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, färben sie sich gelb, während der andere Teil der Zeilwand tiefblau gefärbt wird. Auch färben sich die Seitenwände von da an, wo sie aneinander grenzen, auf eine Strecke nicht blau und weichen demnach von der normalen zellulosen Wand ab. In älteren Thallusteilen zeigen die Wände der axilen Glieder Streifen. Am unteren Teil des Segments verbreitet sich der Plasmastreifen über die ganze gebogene Querwand. In der Mitte der konkaven Seite dieser gebogenen Querwand sind häufig etwas verdiekte stäbehenförmige Plasmamassen vorhanden. Diese gröberen Plasmamassen durchsetzen die Querwand nicht. Eine direkte Plasmaverbindung, d. h. eine ohne die dazwischen liegende Membran, war weder hier noch hei Polysiphonia deeipiens zu beobachten. Wir werden gelegentlich einer Besprechung von Rhabdonia globifera auf diese Frage der direkten Plasmaverbindung zurückkommen. Daß eine indirekte Verbindung stattfindet, d. h. daß feine Plasmafäden die Querwand durchsetzen, kann nicht bezweifelt werden. Obwohl noch kein direkter optischer Beweis bis jetzt dafür erbracht worden ist, daß die Scheidewand von Fäden durchsetzt wird, können wir doch indirekt auf das Vorhandensein einer derartigen Ver- ° bindung schließen, wenn wir zahlreiche Fälle beobachten, Fit dia in welchen das Protoplasma von den Seitenwänden ge- Zentralachse. trennt ist, während es an der Querwand angeheftet bleibt; auch wenn das Plasma von der Seitenwand weggerissen ist, ragen die Fäden noch aus ihr heraus, Es liegt dann ein Bild vor wie in Fig. 7, welches häufig zu sehen ist. Von besonderem Interesse sind die Tüpfel in der Zentralachse von reifen Cystocarpien. Die Tüpfelverbindungen der Seitenzweige mit der Zentralachse des Hauptsprosses befinden sich am oberen Teil jeder axilen Zelle. So sind auch die seitlich gelagerten Tüpfel an den Basalsegmenten der Zentralachse der Cystocarpzweige gestellt. Wenn wir aber die ein- zelnen Segmente von unten nach oben bis zum fertilen Segment be- traebten, finden wir, daß die genannten Tüpfel allmählich weiter unten im Segment stehen. Im letzten oder fertilen Segment sind die seitlich gelagerten fertilen Segmente (im reifen Cystocarp) am unteren Drittel des Segments. Da die Segmente der Zentralachse sich nachträglich nicht weiter teilen, sondern sich nur strecken, und ferner Tatsache ist, daß Primärtüpfel niemals nachträglich angelegt sind, muß das Verhältnis Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 143 durch eine besondere Streckung des oberen Teiles des Segments zu- stande kommen. Sehr auffallend auch ist in reifen Oystocarpien die Differenzierung des Plasmas unter. der Querwand der Zentralachsensegmente (vgl. Taf. II, Fig. 19). Das erste und zweite Basalsegment des Oystocarpzweiges zeigen den normalen Zustand. Im dritten Segment finden wir schon eine Andeutung besonderer Differenzierung. Weiter nach oben die Segmente beobachtend, finden wir, daß die Differenzierung allmählich ausgesprochener wird, bis man in den obersten Segmenten von einer kragenähnlichen Kallusplatte reden kann. Eine solche Differenzierung des Plasmas, wie sie hier zu sehen ist, war sonst nirgends im ganzen Thallus zu beobachten. Die Kragen zeigen eine tiefe braune Farbe und Streifen, die parallel durch die Kallusplatte laufen und senkrecht zur Querwand des Segments gerichtet sind. An Rhodomela subfusca hat Falkenberg solche Streifen in den breiten Tüpfeln gesehen, deren Protoplasma sonst nicht differenziert war, und er glaubt, daß diese Streifen Fäden seien, welche die Schließ- membran durchsetzen. Bei Asparagopsis armata sind diese Streifen nur etwas verdicktes oder gefaltetes Protoplasma, nur auf dem oberfläch- lichen Umriß vorhanden, nicht durchgehende Fäden. Ich schließe dies erstens daraus, daß die Streifen auffallend groß sind, besonders in den oberen Segmenten, so daß die entsprechenden Poren in der Scheide- wand leicht zu bemerken sein müßten. Nach Behandlung mit Eau de Javelle waren keine solche Poren in der Scheidewand zu sehen. Zweitens sind sie außerhalb des äußeren Umrisses der Scheidewand gelagert, so daß ihr Durchgang kaum möglich wäre. Dazu kommt die Tatsache, daß das Plasma an der anderen Wandseite eine Differenzierung in der Mitte häufig zeigt, so daß, wenn tiberhaupt solche Plasmastränge dureh- dringen würden, dies in der Mitte zu erwarten wäre. Die Tatsache, daß diese stark entwickelte, kragenähnliche Differen- zierung des Plasmas nur im oberen Segment des Cystocarpzweiges sich findet, und daß die lateral gelagerten Primärtüpfel allmählich weiter unten im Segment zu liegen kommen, berechtigt zu dem Schluß, daß hier für beides eine gemeinsame Ursache vorliegt. Möglicherweise hängen diese eigenartigen Charaktere der Zentralachse der Cystocarpzweige mit der Nahrung der Karposporen zusammen. i Entwicklung des Procarps. Unter den zahlreichen Angaben über den Befruchtungsprozeß und die Entwicklung des Procarps und Cystocarps bei verschiedenen 144 C. J. Gonnolly, Florideenfamilien finde ich nur einen einzigen und zwar unvollkomme- nen Beitrag über ein Mitglied der Bonnemaisoniaceae, nämlich den von Phillips über Bonnemaisonia asparagoides. Diese Tatsache erklärt sich vielleicht durch die Schwierigkeit, mit welcher die Untersuchung dieser Familie verbunden ist. Das Procarp ist äußerst klein und nach der Befruchtung von einer kleinzelligen Fruchtwand umhällt, die die Vorgänge nur schwer verfolgen läßt. Wie wir schon gesehen haben, stehen die Cystocarpien von Aspara- gopsis armata an der Basis von Langtrieben und gewöhnlich zu zweien. Obwohl der verdickte Zweig, der sich zum Oystocarp entwickeln wird, normalerweise keine Seitensprosse trägt, wurden solche Sprosse nicht selten beobachtet. Wenn die jungen Zweige, die zur Procarpbildung bestimmt sind, eine Länge von 10 oder 11 Segmenten erreicht haben, teilt sich die Scheitelzelle durch eine schiefe, fast senkrecht zur Wachstumsrichtung der Zweige stehende Wand (Taf. I, Fig. 11). Eine zweite Wand tritt fast senkrecht zur ersten auf und schneidet auf der dem Hauptsproß zugekehrten Seite eine zweite Zelle ab (Taf. I, Fig. 12). Dieser inneren Zelle verdankt das Procarp seine Entstehung. Die Teilung schreitet; weiter vor, bis ein vierzelliger Ast entsteht, von welchem die Endzelle, das Karpogon sich zur Trichogyne ausstreckt (Taf. I, Fig. 13 u. 14). Dieser Ast, entspricht den anderen Ästen, die aus jeder Zelle der axilen Reihen entstehen und aus welchen nach der Schmitz’schen Auffassung der Thallus aufgebaut, ist. Daß die vier Zellen des Astes sukzessive gebildet sind, wie bei Polysiphonia deeipiens, bezweifle ich, denn in einem Stadium, in dem eben erst eine Spur von Trichogynebildung zu sehen war, konnte ich aur einen dreizelligen Ast unterscheiden, die Tragzelle und einen zwei- zelligen Karpogonast. Die Zellen des Karpogonastes sind sehr klein und weichen nur wenig von den Rindenzellen ab, so daß es nicht leicht ist, ihre Zahl zu konstafieren. Ihren genetischen Zusammenhang konnte ich nur durch Tüpfelverbindung mit Sicherheit feststellen. Das Karpogon streckt sich auf seiner inneren Seite keilförmig nach unten und auf seiner äußeren Seite wölbt es sich so, daB eine Rindenzelle zwischen Karpogon und zweiter Zelle des Astes zu liegen kommt. Die Ästchen, die von den axilen Reihen ausgehen, wachsen weiter, und bald ist das Procarp von einer dichten zweiklappigen Fruchtwand umhüllt, zwischen deren Klappen die Trichogyne verläuft. Der Beginn der Entwicklung dieser Fruchtwand vollzieht sich von unten nach oben. Fu Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 145 Auf der oberen und unteren Seite wachsen diese zwei Klappen auf- wärts, den Karpogonast bedeckend und oben zusammentreffend. Das Proearp ist schon vor der Befruchtung umhüllt, aber die Fruchtwand entwickelt sich nach der Befruchtung noch rasch weiter. Wenn wir die Entwicklung des Procarps weiter verfolgen, finden wir, daß die nächst, der axilen Reihe gelegene Zelle sich genau so wie die anderen Ästehen, die aus jeder der axilen Zellen entstehen, verhält. Sie teilt sich weiter und nimmt am Aufbau des Thallus Anteil, nur “ sind die vegetativen Zellen, die sie liefert, etwas nach unten gerichtet, und nicht lateral wie die anderen Ästchen. Das ist offenbar durch Raumverhältnisse bedingt. Wir müssen daher diese nächst der axilen befindliche Zelle als Tragzelle bezeichnen (Zelle 4, Taf. I, Fig. 13—15). Die Trichogyne ist zuerst keulenförmig und an der Basis einge- sehnürt, später aber ist sie schnurgerade. Eine besonders ausgezeichnete Auxiliarzelle ist vor der Befruchtung nicht vorhanden. Wir werden aber nachher einen Grund dafür an- geben, daß die dritte Zelle des Astes, vom Karpogon aus gerechnet, als solche funktioniert. Entwieklung des Oystocarps. Die Fruchtwand ist zur Zeit der Befruchtung ziemlich weit ent- wickelt, so daß das Procarp ganz umküllt ist. Daher wäre, selbst wenn durch einen glücklichen Zufall ein Stadium gefunden würde, in welchem das Karpogon eben in Verbindung mit einer Ausiliarzelle träte, die Feststellung der Vorgänge schwer. Mit Mikrotomschnitten war es mir nicht gelungen, eine solche Verbindung des Karpogons mit der Auziliar- zelle zu beobachten. Infolge der Befruchtung entstehen dichte Fadenbüschel. Phillips hat solche Fäden bei Bonnemaisonia asparagoides gesehen und war der Ansicht, daß sie aus der zweiten Zelle des Karpogonastes enständen. Sie waren schwach entwickelt und später hat er beobachtet, daß sie zugrunde gingen. Die Fäden, die bei Asparagopsis armata entstehen, scheinen, wenn man die Raumverhältnisse des jüngen Üystocarps in Betracht zieht, sehr stark entwickelt. Sie sind sehr plasmareich und färben sich, mit Safranin behandelt, intensiv. Ich habe sie daher als fertile Sporogenfäden betrachtet, fand aber nachher, daß sie zugrunde gingen. Wir können sie demnach als sterile Fäden bezeichnen. Sie entstehen aus der zweiten Zelle, d. h. der Zelle gerade nächst dem Karpogon (Tat. II, Fig, 16). 146 C. J. Connolly, Dieser Auswuchs von Fäden aus der nächst dem Karpogon be- findlichen Zelle des Astes ist durchaus verschieden von allen bisher beschriebenen Vorgängen in verwandten Familien; deshalb war ich, auch mit Beriicksichtigung der Tatsache, daß Phillips selbst bei Bonnemaisonia asparagoides über ihren Ursprung nicht ganz sicher war, geneigt, den Vorgang zu bezweifeln. Ich habe aber die Entstehung dieser Fäden für Asparagopsis armata aus der oben erwähnten Zelle des Karpogonastes festgestellt. Den Einwand, daß die Beobachtung der Tüpfelverbindung zwischen dem Karpogon und der Zelle, die die Fäden liefert, möglicherweise auf einer optischen Täuschung beruht, habe ich ausgeschaltet, indem ich das Objekt vorsichtig gedrückt und die Verbindung deutlich gesehen, demnach die betreffende Zelle wirklich als zweite Zelle des Karpogonastes wahrgenommen habe. Die sterilen Fäden gehen in dem Augenblick zugrunde, in welchem eine Auxiliarzelle zum Vorschein kommt. Diese Auxiliarzelle ist die Zelle nächst der Tragzelle, d. h. die zweite Zelle von der axilen Zelle aus (Tafel II, Fig. 17). Ob die Auxiliarzelle identisch mit der dritten Zelle des Astes, vom Karpogon aus gerechnet, oder eine spezielle von der Tragzelle ab- geschnittene Zelle ist, kann nur eine tatsächliche Beobachtung der Ver- bindung zwischen Karpogon und Auxiliarzelle, bevor der Karpogonast zugrunde geht, entscheiden, welche Beobachtung von einem glücklichen Zufall abhängig wäre. Als die Auxiliarzelle als solche zum ersten Mal wahrgenommen wurde, war das zusammengeschrumpfte Karpogon mit Trichogyne schon abgestoßen und ziemlich weit entfernt in den Thallus eingebettet. Ich schließe aber indirekt, daß die Auxiliarzelle mit der dritten Zelle des Asteg indentisch ist, indem ich eine Verbindung zwischen der Auxiliarzelle und der Zelle, welche die jetzt degene- rierenden Sterilfäden liefert, wahrgenommen habe. Wenn die Fruchtwand weiter entwickelt ist und sich blasenförmig ausdehnt, sind die Vorgänge im Inneren der Hülle leichter zu verfolgen. Ich habe solche Stadien zuerst mit Hoffmanns Violette gefärbt und nachher die Fruchtwand mit sehr verdünnter Eau de Javelle aufgebellt. Auch gibt die einfache Behandlung ungefärbter Objekte mit Kalilauge gute Resultate. Kurz nach der Aussprossung von Sporogenfäden aus der Auxiliar- zelle fusioniert die letztere mit der Tragzelle, so daß eine große, plasmareiche Zelle nächst der axilen Zelle zustande kommt (Taf. II, Fig. 18 und 19). Diese Sporogenfäden verzweigen sich reichlich und tragen auf ihrem Ende Karposporen. Neue Sporogenfäden entstehen, Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 147 wenn die früher gebildeten Fäden schon Karposporen abgeschnitten haben, so daß die Karposporen ungleichzeitig gebildet sind. Hand in Hand mit dieser graduellen Entwicklung der Karpo- sporen geht eine Fusion der Fusionszelle mit den Nachbarzellen. Die Fusionszelle, die durch Verschmelzung der Auxziliarzelle mit der Trag- zelle entsteht, fusioniert ihrerseits bald mit dem fertilen Segment der &xilen Reihe. Endlich werden im Zusammenhang mit der fortwährenden Produktion neuer Karposporen die Zellen der umgebenden Gewebe resor- biert. Der Fusionsprozeß dehnt sich so weit aus, daß er bis zur dritten Zelle der axilen Reihe reicht. Die Sporogenfäden sind auch an der Basis verschmolzen, so daß wir in dem reifen Cystocarp eine große Fusionsmasse oder Placenta, wie sie irrtümlich genannt wurde, seben. In diesem Stadium scheint der ganze fertile Sproß als ein gestieltes Cystocarp. Am oberen Rand der Fusion stehen die Sprosse, die an ihrem Ende Karposporen abschneiden. Eingebettet in diese große Fusionsmasse, erkennen wir die kragen- ähnliche Plasmamasse, die, wie wir oben gesehen haben, als stark diffe- renziertes Plasma oder als Kallusplatte unter der Querwand der axilen Reihe auftritt, und als ein einziger Rest der jetzt resorbierten axilen Zellen zu erkennen ist. Ihr Vorhandensein in der Fusionsmasse ist bei der Intensität, mit welcher sie sich mit Safranin färben, leicht erkennbar. Die Karposporen sind wie bei Polysiphonia deeipiens bimen- förmig. Sie sind aber viel kleiner, ungefähr 50 » lang, und viel zabl- reicher. Während das reife Cystocarp von Polysiphonia deeipiens 30 oder 40 Karposporen bildet, finden wir bei Asparagopsis armata mehrere hundert. In der Bildung dieser großen Zahl von Karposporen finden wir eine Erklärung der auffallenden Ausdehnung des Husionsprozesses. Phillips hat den Fusionierungsvorgang als einen rein physiologischen betrachtet, nämlich als ein Resultat der fortwährend notwendigen weiteren Aufnahme von Nahrung für die progressive Entwieklung neuer Karpo- sporen, der deshalb für die Systematik nicht verwertbar sei, So weit die Tatsache von der Entwicklung des Procarps von Asparagopsis armata Auskunft geben kann, würde die Familie der Bonnemaisoniaceen gemäß Oltmanns’ Einteilung unter die Rhody- meniales fallen, unter welche er nur die Spaeroeocaeeen und die Rhody- weniaceen faßt. Die Auxiliarzelle ist vor Befruchtung als solche nicht wahrzunehmen. Wenn sie durch ihre Größe und ihren reichen Plasma- inhalt wahrnehmbar ist, sehen wir, daß es die zweite Zelle nächst der 148 ©. J. Connolly, agilen ist, und wir haben einen Grund, dafür angegeben, daß sie wahr- scheinlich identisch ist mit der dritten Zelle des Astes vom Karpogon aus gerechnet und demnach Trägerin eines zweizelligen Karpogonastes. . Bei Sphaerocoeeus coronopifolius ist aueh die Auxiliarzelle Trägerin des Karpogonastes, so daß ähnliche Verhältnisse wie bei Asparagopsis armata vorhanden sind. Die Stellung der Auxiliarzelle im Procarp ist aber kaum prinzipiell verschieden von der bei Rhodomelaceen. Eine besondere Auxiliarzelle wird nach verschiedenen Angaben von der Peri- zentralzelle nicht immer abgeschnitten, demnach ist die ganze Peri- zentralzelie als Auxiliarzelle zu betrachten, und so Trägerin des Kar- pogonastes, Phillips hat auch für Bonnemaisonia asparagoides einen zweizelligen Karpogonast beschrieben, und auf Grund dieser Tatsache in Verbindung mit der anderen, daß nämlich Sterilfäden aus der zweiten Zelle entstehen, glaubt er, daß die Familie der Bonnemaisoniaceen den Rhodomelaceen zu nahe gestellt sei. Ich glaube, daß das Studium einer einzigen Spezies noch nicht zu solchen Schiußfolgerungen be- rechtigt; nur durch die Untersuchung mehrerer Gattungen und mehrerer Arten derselben Gattung läßt sich ermitteln, ob dieses Merkmal zur Aufstellung systematischer Beziehungen verwendbar ist. Zwei andere Dinge, die Phillips als Gründe für die von ihm gewünschte Scheidung der genannten Familien gibt, ireffen nicht zu. Nämlich erstens das Fehlen von „paranematal filaments* bei Bonne- maisonia asparagoides, die nach Phillips bei Rhodomelaceen vorkommen. Wie schon erwähnt, sind diese nur die innere Schicht der Fruchtwand. Phillips gibt weiter an, daß bei den Rhodomelaceen die axile Reihe an der Dorsalseite des Karpogonastes sei, während bei Bonnemaisonia asparagoides die axile Reihe an der Ventralseite ist. Das gilt für _ Asparagopsis armata nicht. Die axilen Reihen stehen wie bei Poly- siphonia an der Dorsalseite des Karpogonastes, oder es stehen vielmehr in beiden der Karpogonast auf der dem Hauptsproß zugekehrten Seite der axilen Reihe. Ob die Fäden, die von der zweiten Zelle entstehen, wirklich steril in demselben Sinne wie bei Polysiphonia sind, kaun nur zytologisch nachgewiesen werden. Soweit man nach ihrem Aussehen schließen kann, sind sie eine Einrichtung für Ablagerung von Reservestoffen als Nahrung für die jungen Sporogenfäden, bis die Fusionierung, bei welcher Nahrung in reichlicher Menge geliefert wird, stattfindet. " Phillips’ Angabe von einem zweizelligen Karpogonast bei Bonne- maisonia asparagoides und weiter, daß die Sterilfäden aus der zweiten Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 149 Zelle des Karpogomastes entstehen, sind, im Vergleich mit meinen Be- obachtungen über eine Spezies einer ganz anderen Gattung von Interesse. Haftorgane. Sehr auffallend bei Asparagopsis armata sind die retrorsen Haft- organe, denen die Spezies ihren Namen verdankt. Diese hakenähnlichen Fig. 8. Asparagopsis armata. Sproß mit Haftorganen. Organe verursachen durch Ineinandergreifen ein wirres Durcheinander der Zweige an der Basis des Thallıs. Die Haftorgane sind nur sehr stark verdickte Kurziriebe und demnach mit derselben Divergenz wie diese angeordnet. Fig. 8 zeigt, wie die Kurztriebe zuerst in ihrer normalen Richtung angelegt werden, allmählich in eine senk- : recht zum Sproß gehende Lage übergehen und endlich die für diese Spezies so charakteri- stische retrorse Stellung. Die Langtriebe, die normal etwas schief einem Kurztrieb gegenüber stehen, verkümmern an den Sprossen mit den a rem Links: Basis eines Kurztrieben; rechts: vor- ie ji Fig. 9. Links: Basis eines Kurziriebes; 2 v An Sprossen, die im kürnmerter Lnngtrich. Im optischen Längssehnitte Begriff sind, diese Or- gezeichnet. gane zu bilden, kann man -gegentiber jedem stark ausgebildeten Kurztrieb einen solchen ver- kümmerten Langtrieb beobachten. Fig. 9 zeigt im optischen Längs- schnitt einen Teil eines Sprosses, der retrorse Haftorgane bilden wird. 150 C. 3. Comnolly, , Links ist der untere Teil eines verdiekten Kurztriebes, gegenüber einem verkümmerten Langtrieb. Euzoniella incisa. Euzoniella ineisa ist der Typus der neuen Gattung, die von Falken- berg begründet wurde. Diese neue Gattung umfaßt die Mehrzahl der Arten, die früher zu-Polyzonia gestellt wurden. Die Gattung Polyzonia war begründet worden nach dem Typus von Polyzonia elegans von Suhr 1834. Falkenberg fand aber, daß Polyzonia elegans im Bau in so vielen Punkten von den anderen australischen Polyzonia-Arten abweicht, daß eine Trennung in Gattungen nötig war. Er faßte alle früheren Polyzonia-Arten unter dem Namen Euzoniella als neue Gattung zu- sammen und behielt nur für die einzige Art Polyzonia elegans den früheren Gattungsnamen bei. Falkenberg sah sich zu diesem Schritt genötigt, weil gerade für Polyzonia elegans die Gattung Polyzonia erst begründet wurde. Euzoniella ist eine kleine (mein Exemplar war ungefähr 3 cm lang), unberindete Pflanze, die auf größeren Florideen kriechend wächst. Sie ist von dorsiventralem Bau und wie Falkenberg zuerst beob- achtet hat, ist die ganze Pflanze, wie sie früher bekannt war, nur ein Seitenast einer aufrechten Keimpflanze. Diese Keimpflanze hat Falken- berg auf Griffithsia gesehen. Ich habe sie auch auf Nitophyllum in mehreren Entwicklungsstadien gefunden. Bezüglich des Baues dieser aufrecht stehenden Keimpflanze verweise ich auf Falkenberg, der eine schöne Abbildung davon gibt. Nach Falkenberg verliert die primäre Keimpflanze alle Be- deutung, sobald die dorsiventralen Seitensprosse sich am Substrat be- festigt haben. Der Seitenast kriecht weiter, von hinten her allmählich absterbend. Ich habe den dorsiventralen Seitenast gesehen in einer Länge, welche das dreifache Maß der Keimpflanze darstellte, und noch auf der letzteren befestigt. Die Keimpflanze wies noch keine Anzeichen von Degeneration auf. Am Vegetationspunkt der Seitensprosse sind nur die zweizeiligen Kurztriebe angelegt, die wieder auf ihrer oberen Seite eine Längsreihe aufrecht stehender Seitensprosse treiben. Die Längstriebe werden nachträglich angelegt. Das ausgewachsene Exemplar, das ich untersucht habe, war reich- lich mit Oystocarpien in mehreren Entwicklungsstadien versehen. Die einzige Abbildung, die wir, soweit ich finden konnte, von den Oysto- Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 151 carpien von Euzoniella incisa haben, ist die von Harvey (vgl, Phyc, Austr., Taf. I, Fig. 42«), weiche unrichtig ist. Falkenberg hat Cysto- carpien bei Euzoniella adiantiformis und Euzoniella bipartita zum ersten Male gefunden und gesehen, daß zur Procarpbildung das zweite Segment des untersten Seitensprosses eines Kurztriebes verwendet wird. Er fand weiter eine verkümmerte Oystocarpanlage am ersten Kurztriebe von Euzoniella inecisa und glaubte, daß Harvey die Spitze der eysto- carptragenden Sprosse übersehen habe. Er vermutet daher, daß die Cystocarpien von Euzoniella ineisa an der gleichen Stelle wie bei Euzoniella adiantiformis und Euzoniella bipartita vorkommen. Seine Fig. 10. Kurztrieb von Euzoniella ineisa. Vermutung hat sich als wohlbegründet herausgestellt. Die Cystocarpien von Euzoniella ineisa stehen, wie aus Fig. 10 ersichtlich ist, nicht an der Stelle eines Kurztriebseitensprosses, wie Harvey es darstellt, sondern an der Basis eines Kurztriebseitensprosses auf diesem. Doch finden sich Oystocarpien nicht nur an dem untersten Seitensprosse des Kurztriebes, wie Falkenberg dies aus einem abortierten Procarp ge- schlossen hat, sondern auch an dem zweiten Kurziriebseitensproß. Unsere Abbildung zeigt am zweituntersten Seitensproß ein unreifes Cystocarp und am untersten ein Procarp. Fig. 11 zeigt das Procarp vergrößert 152 C. I. Gonnolly, und seine Entstehung aus dem zweiten Segment. Allerdings trägt ge- wöhnlich nur der unterste Seitensproß ein Oystocarp. Rhabdonia verticillata. Die zwei im folgenden behandelten Gattungen, Rhabdonia und Erythroclorium, weichen sehr wenig von einander ab. Harvey war der Ansicht, daß Rhabdonia verticillata, obgleich sehr ähnlich im Habitus, doch einen von Erythroclonium Muelleri sehr abweichenden Bau habe, und er hat aus diesem Grunde die neue Gattung Rhabdonia aufgestellt. Er hat aber den anatomischen Aufbau der beiden Pflanzen nicht genauer studiert, und hat sogar die Zentralachse bei Rhabdonia, die in jungen Sprossen noch kräftiger gebaut ist als bei Erythroclonium, ganz übersehen. An älteren Sprossen ist freilich, wie wir unten sehen werden, die Zentralachse nicht mehr leicht zu verfolgen. Charakteristisch für Rhabdonia vertieil- lata ist ihre große Haftscheibe, eine reiche wirtelige Verzweigung und das Vorhandensein von abortierten Sprossen an der Basis des Hauptsprosses. Ein Habitusbild einer wach- senden Zweigspitze ist in Fig, 12 dargestellt, Mein Exemplar war ungeschlechtlich, so daß ich auf das Studium des vegetativen Aufbaues beschränkt war. Ich habe aber mit beson- derem Interesse die Wachstumsvorgänge ver- folgt, weil für Rhabdonia sowie für ähnlich Pig. 11. Untersier auf- gebaute Formen der Rhodophylideen nichts rechter Seitensproß von Sicheres darüber bekannt ist, wie der fädige Fig. 10 stärker vergrößert: Aufbau zustande kommt. Wachstum. Rhabdonia verticillata wächst mittels einer dreiseitigen Scheitel- zelle und schneidet demnach Segmente in drei Richtungen ab (Fig. 13). Die Scheitelzelle hat also die Form eines Tetraeders, sehr ähnlich wie bei Equisetum. Hier aber werden die Wände langsam angelegt, so daß die Scheitelzelle nur dann, wenn eine Wand gerade neugebildet ist, ein ähnliches Aussehen wie bei Equisetum zeigt. Henckel hat für Cystoclonium purpurascens eine dreiseitige Scheitelzelle beschrieben, gibt aber nicht an, wie aus dieser tetraedrischen Scheitelzelle der füdige Aufbau zustande kommt. Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen, 153 Das älteste der drei abgeschnittenen Segmente, gerade unter der Scheitelzelle, schneidet nach innen eine dreieckige Zelle ab, die die erste Zelle der Zentralachse ist. Ein Querschnitt durch die Spitze ist im Diagramm 3 schematisch dargestellt. Die folgenden Segmente 3 Fig. 12. Rhabdonia verticillata. Fig. 13. Junger Sproß im optischen Zweigspitze, Längsschnitt. (Zeiss L-Oc. 5). schneiden sukzessive in gleicher Weise je eine Zelle einwärts ab, so daß eine im Zickzack laufende Zentralachse zustande kommt. Weiter unten streckt sich die axile Zelle gerade, aber ihre schräg gestellten Querwände sind noch lange zu erkennen. Die Segmente teilen sich weiter, und in Ober- flächenansicht kann man noch weit unten die schrägen Wände der Segmente und ihrer Tochter- zellen leicht verfolgen. Bald weichen die Zellen (| auseinander, so daß ein mit schleimiger Flüssig- keit erfüllter Hohlraum entsteht. Jedes Glied der Zentralachse aber bleibt mit der Zelle, von welcher Diagr. 3. Vel. Text. es abgeschnitten ist, dauernd in Verbindung. Die Zellen, die im genetischen Zusammenhang mit der axilen Zelle stehen, machen den Eindruck von Seitenzweigen. Die Zellteilung findet nur an der äußeren Grenze statt, d. h. an den Spitzen oder Scheitelzellen dieser Seitenzweige. Die Zellen der Seitenzweige teilen sich nicht nachträglich durch Querwände. Sie strecken sich nur, um 154 ©. I. Connolly, mit der Trennung der Rindenzellen von der Zentralachse Schritt zu halten. Da die Segmente, die von der dreiseitigen Scheitelzelle ab- geschnitten werden, sukzessive von drei Richtungen die Axilzellen liefern und mit ihnen dauernd in Verbindung bleiben, sind die Seitenzweige der Zentralachse mit einer Divergenz von ?/, angeordnet, nicht, wie häufig angegeben wird, alternierend. Ich habe an ganz jungen Sprossen die Zentralachse auspräpariert und gefunden, daß 1/,-Divergenz konstant war. An älteren Sprossen, wo ein dicker Strang von Fäden vorhanden ist, kann man nicht durch Auspräparierung eine Divergenz feststellen. Die Seitenzweige platten sich ab, se daß manchmal eine scheinbar alternierende Anordnung vorhanden ist. In ibrer natürlichen Lage aber beobachtet, ohne Auspräparierung, ist ihre wirtelige Anordnung leicht zu konsiatieren. Der oben erwähnte Strang von Fäden kommt dadurch zustande, daß aus der Basis der Seiten- zweige Hyphen entstehen, die abwärts parallel mit der Zentralachse laufen und diese schließlich ganz bedecken (Fig. 14). Sie sind später sehr stark ausgebildet und stehen nachher kaum hinter der Zentralachse an Größe zurück. Dieser Tatsache wegen hat Harvey die Zentralachse ganz über- sehen können. Ein Querschnitt durch den Hauptsproß zeigt, daß der Hohlraum vollständig mit Hyphen ausge- Fig. 14. Zentralachse füllt und die Zentralachse nicht mehr zu erkennen «) mit Hyphen (#), ist. Obwohl der Hauptsproß an der Basis einen ee Ber Ara sehr großen Umfang erreicht hat, war kein sekun- stehen. därer Zuwachs der Rinde, wie dies nachher für Erythroclonium berichtet wird, zu beobachten. Wenn der junge Sproß eine Entwicklungsstufe erreicht hat, in welcher die Bildung von Hyphen aus der Basis der Seitenzweige an- fängt, sistiert das Auseinanderweichen der Zellen von der Zentral- achse, so daß die derart entstandene Einschnürung für diesen Sproß alle weiteren Bildungen von Grundgewebe aus der Scheitelzelle ab- schneidet. Die Weiterentwicklung des jungen Sprosses ist demnach auf die Bildung akzessorischer Gewebe, nämlich von Hyphen aus der Basis der Seitenzweige, ferner auf. Streckung der Zellen der Seiten- zweige, um mit der Ausdehnung der Rinde Schritt zu halten, und auf Teilung der äußeren Rindenzellen beschränkt, Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 155 Das Scheitelwachstum schreitet wieder rasch fort und bildet einen neuen Sproß. Der Prozeß wiederholt sich, so daß eine Kette von jungen Sprossen entsteht; die wirtelige Anordnung der Zweige am oberen Teil der Internodien kommt dadureh zustande, daß da, wo die Spitzen der Seitenzweige, die von der Zentralachse ausgehen, in Rinden- zellen endigen, eine Ausstülpung neuer Zweige stattfindet. Die Zentral- achsen der neugebildeten Sprosse laufen kontinuierlich mit den Seiten- zweigen der Zentralachse der Muttersprosse.: Je stärker diese neuen Sprosse sich entwickeln, desto stärker ist die Ausbildung der Seiten- zweige, mit welchen die Zentralachse in direkter Verbindung steht. Daher erklärt es sich, daß die Seitenzweige der Zentralachse manchmal fast ebenso stark entwickelt sind wie die Zentralachse selbst, so daß eine scheinbare Gabelung der Zentralachse zustande kommt. Fig. 15. Haarsprosse. Fig. 16. Geöffnetes Glied mit eingelagerten Üysto- earpien. Fig. 16. Haarsprosse. Die Oberfläche der Sprosse meines Exemplers war reichlich mit einzelligen farblosen Haaren versehen, die durch Auswachsen der äußeren Rindenzellen zustande kommen (Fig. 15). Irgend eine Angabe über Flora, Bd. 108, a 156 C. J. Connolly, solche bei Rhabdonia vertieillata habe ich nicht finden können. Es muß als ein vorübergehender sekundärer Charakter betrachtet werden und ist demnach nicht von systematischem Wert. Cystocarp. Die Cystocarpien von Rhabdonia vertieillata waren bisher nicht bekannt. Ich habe sie in einem der im Herbar des Münchener pflanzen- physiologischen Instituts befindlichen Exemplare gefunden. Die Pflanze war 1894 von J. Bracebridge Wilson bei Port Phillip Heads gefunden worden. Die Cystocarpien sind in dem Thallus eingelagert. Fig. 16 zeigt unten links ein Cystocarp mit Büscheln von Sporogenfäden und oben ein etwas reiferes Cystocarp. Der große, gelb gefärbte, schlauch- ähnliche Zweig ist, durch Fusion der Nachbarfäden entstanden. Der Fusionsprozeß geht im reifen Cystocarp viel weiter, so daß eine große, längliche Fusionsmasse entsteht. Erythroclonium Muelleri. Auf Erythroclonium Muelleri hat Sonder die Gattung Erythro- clonium begründet. Unsere Spezies ist nach Harvey eine verhältnis- mäßig selten vorkommende Pflanze. Sie ist, wenn man ihr Grundge- webe in jungen Sprossen be- trachtet, .zarter gebaut, als Rhabdonia ver- tieillata; später aber ist sie durch starke Ausbildungder Zentrelachse ig. 17. Erythroclonium Muelleri. Habitusbild eines Zweiges. mit der Um- hüllung von Hyphen, verdickten Knoten und starkem Rindenwachstum im unteren Teil noch kräftiger gebaut als Rhabdonia. Ein Habitusbild eines Zweiges ist in Fig. 17 gegeben. Über das Scheitelwachstum kann ich leider wegen des Zustandes des Materiales nicht genau berichten. Die Scheitelzellen waren meist Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 157 abgebrochen, und auf Grund von Herbarmaterial konnte ich nichts Sicheres feststellen. Die erste Zelle der Zentralachse war durch eine Längswand senkrecht zur Wachstumsrichtung ausgeschnitten, so daß die Wachstumsvorgänge etwas abweichend von Rhabdonia sein dürften, Die Seitenzweige, die von der Zentralachse ausgehen und sieh zu einer Rinde zusammenschließen, stehen vierzeilig. Harvey’s Abbildung (Phye. Austr., Vol. V, Taf. 298) gibt ein Bild, wie man es allerdings bei ober- flächlicher Betrachtung häufig sehen kann. Wenn man aber etwas näher zusieht, findet man, daß von jedem Segment der Zentralachse nicht nur ein Seitenast, der mit dem Seitenast des Nachbarsegments alter- nierend entsteht, sich bildet, sondern daß von allen Gliedern der Zentral- achse je zwei Seitenäste entstehen, die annähernd 90° voneinander ent- fernt sind. Diese zwei Seitenäste alternieren mit den zwei Seitenästen des nächsten Segments, so daß ein vierzeiliges Zweigsystem zustande kommt. Bei der gleichen mikroskopischen Einstellung sieht man freilich nur die zweizeiligen Seitenäste, die rechts und links auf derselben Ebene stehen. Das ist eben das, was man erwarten muß. Die zweizeilig angeordneten Seitenzweige der Zentralachsen kommen bei den abgeflachten Arten vor, während bei den zylindrisch gebauten Formen, wie bei Erythroelonium, die vier- oder mehrzeiligen Verzweigungen herrschen. Harvey hat scheinbar nur die Seitenzweige, die links und rechts auf derselben Seite wachsen, gesehen; jene Zweige, die oben dem Beschauer senkrecht zugewendet sind und diejenigen, die vom Beschauer sich nach unten abwenden, hat er übersehen. Wo die Zentralachse ganz mit Hyphen wmhüllt ist, ist ein derartiger Beobachtungsfehler leicht verständlich. Aber auch in solchen Fällen kann man sich von dem Vorhandensein zweier Seitenzweige in jedem Segment durch die großen primären Tüpfel überzeugen, durch welche die Seitenäste mit der Zentralachse in Ver- bindung stehen. Die Rinde in den ganz jungen Sprossen ist nur eine oder zwei Zellen diek. Hier zwischen der Rinde und der Zentralachse ist ein verhältnismäßig großer Hohlraum vorhanden, durch welchen die Seiten- äste verlaufen. Dieser Hohlraum ist mit einer schleimigen Flüssigkeit gefüllt. Die Knoten sind solid und zeigen spindelartige Anordnung der Zellreihen, die von der Mitte nach außen laufen. Die Querwände der Zentralschse haben auf ihrer unteren Seite große Anhäufungen von Plasma, die sehr an die Kallusplatte der La- minarien erinnern. Die Querwand hat auf ihrem äußern Rande einen ı11* ‘ 158 . 6. J. Connolly, verdickten Ring. Angaben, die von solchen Ringen in der Querwand berichten, sind nach Oltmanns häufig, er verzichtet aber auf eine Er- klärung. Von der Mitte verlaufen auswärts nach dem Ring Strahlen. Diese Strahlen sind nur etwas differenziertes Protoplasma, und ver- schwinden allmählich, wenn sie mit Eau de Javelle behandelt werden. An der Stelle, wo zwei Segmente der Zentralachse angrenzen, findet eine Verdiekung außerhalb der äußeren Schicht statt, die dazu beiträgt, der Zentralachse Festigkeit zu geben. Wenn wir eine Serie von Schnitten längs und quer durch die jungen Sprosse von der Spitze “ bis zur Basis machen, bekommen wir ein all- mählich sich veränderndes Bild. Die Rinde wird mehrschichtig und: der Hohlraum voli- ständig mit Fäden ausgefüllt. Um die Zentral- achse sind die Hyphen so dicht gedrängt, daß. sie im Querschnitt das Aussehen von paren- chymatischem Gewebe haben. Der Beginn dieser Umhüllung der Zentralachse ist schon. an dem zweitjüngsten Sprosse zu sehen. Aus der Basis der Seitenzweige, die von der Zen- tralachse ausgehen, entstehen Hyphen, die, sich schlängelnd, meist abwärts wachsen und die Zentralachse dicht umhüllen (Fig. 18). Sie ver- zweigen sich sehr rasch, durchziehen den freien Raum zwischen den Seitenästen und füllen bald den Hohlraum zwischen Zentralachse und Rinde aus. Sekundäres Dickenwachstum.. . Der ganze vegetative Aufbau des Erythro- a, nn anlee, dlonium Muelleri von der Basis bis zur Scheitel- spitze dient als ein hübsches Beispiel des mecha- nischen Prinzips, nach welchem die Pflanze eine gewisse Biegungsfestig- keit erlangt. Die verdiekte äußere Schicht an der Grenzstelle zweier Segmente der Zentralachse, die später erscheinenden Hyphen, die die Zentralachse ganz umhüllen und verstärken, die stark verdiekten Knoten, die die perlschnurartige Kette von Sprossen trennen, all dies dient als Verstärkungsmittel für diese sonst zarte Pflanze. Wir haben endlich in Erythroclonium ein sekundäres Diekenwachstum, das stark an die Korkzellen höherer Pflanzen erinnert. Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen, 159 Das Vorhandensein von konzentrischen Ringen in den Sprossen der Laminarien ist seit Jahren bekannt. Jönsson hat später gezeigt, daß dieser Zuwachs auch bei den Rhodophyceen vorhanden ist, und daß diese Schichtung als der Schichtbildung der Laminarien gleich- kommend zu betrachten ist, Harvey spricht von einer Verdickung in älteren Teilen von Ery- throclonium, die schon bei äußerlicher Betrachtung zu sehen ist, deren Bedeutung er aber nicht weiter zu erklären versucht. Ich habe schon bemerkt, daß bei ganz jungen Sprossen die Rinde nur ein oder zwei Zellen dick ist, daß aber, wenn wir einen Schnitt weiter unten durch die Sprosse machen, “ wireine vielzellige Rinde sehen. Wenn wir einen Schnitt durch den verdickten Stamm selbst machen, wo die Einschnürung ganz verwischt ist, zeigt sich, daß die Rinde sich mäch- tig vergrößert hat, so daß sie einen verhältnismäßig sehr großen Teil der ganzenStamm- Fig. 19. Querschnitt dureh den Haupteproß. dicke in Anspruch nimmt (Fig. 19). Die Zellen sind in radialer Reihe angeordnet, und man kann diese Zellreihen vom Mark bis zur Peripherie ununterbrochen verfolgen. Diese Tatsache deutet darauf hin, daß sämtliche Zellen der Reihe vom Mark bis zur Außengrenze des Stammes einen gemeinsamen Ursprung haben. Die Zellen sind in der Richtung des Radius langgestreckt, In seiner Besprechung von Ahnfeltia glaubt Jönsson in dieser Streckung der Zellen eine assimilatorische Funktion erblicken zu 160 €. 3. Connolly, können, und er vergleicht die Zellen mit den Palisadenzellen der Phanerogamen. Die neue Zellbildung findet in der Peripherie statt, wie Jönsson betont, nicht, wie von anderen Autoren behauptet wird, am inneren Teil nächst dem Mark. Das ist leicht zu konstatieren, weil man hier bemerkt, daß die Zellen viel kürzer und ihre Wände viel dünner sind, als weiter innen. Auch die Tatsache, daß hier an der Peripherie Längsteilung in radialer Richtung stattfindet, durch welche eine neue Reihe von Zellen entsteht, zeigt, daß das Meristemgewebe am äußeren Teil der Rinde liegt. Dieses Diekenwachstum ist, wie Jönsson zeigt, nicht wie bei anderen Fiorideen verursacht durch Hyphen vom oberen Teil des Thallus, die nach unten wachsen und zwischen anderen Grundgewebeelementen auftreten, sich teilen und neue Gewebe zustande bringen. Es genügt. die- regelmäßige Reihenfolge der Zellen vom Mark bis zur äußeren Grenze des Thallus zu betrachten, um diese Ansicht zu widerlegen. Dieser Zuwachs von Hyphen, die zwischen anderen Gewebe- elementen laufen, ist auch bei Erythroclonium vorhanden. Ein solcher Zuwachs von Hyphen, die. im Grundgewebe des Thallus auftreten, war von Agardh als akzessorisches Gewebe bezeichnet worden. Im Gegen- satz zu dem letzteren Zuwachs, der als basipetal bezeichnet worden ist, spricht Reinke von einem Diekenwachstum, das Jönsson als akropetal bezeichnet. Die inneren Rindenzellen teilen sich durch tangen- tiale Wände und bilden so radial verlaufende Zellreihen. Reinke nennt diese so entstandene Schicht, sekundäre Rinde, im Gegensatz zur primären Rinde, die aus,der Epidermis hervorgeht. Bei Erythroclonium Muelleri dagegen ist die Entstehung neuer Zellen in der Peripherie zu suchen, - Die Rinde von Ahnfeltia plicata weist Schiehtungen auf wie bei Lami- narien. Nach Jönsson stehen diese Schichtungen mit den Wachstums- perioden in Beziehung. Er trennt scharf zwischen Fällen, wo diese Schichtungen auftreten und solchen, wo ein einfacher Zuwachs ohne Sehichtung stattfindet. - Es mag hier zuerst bemerkt werden, daß kein positiver Beweis dafür vorliegt, daß diese Schichtungen mit den Wachstumsperioden in Beziehung stehen oder daß sie als Jahresringe aufgefaßt werden können. Ein Querschnitt durch die Basis des Hauptsprosses zeigt Schich- tungen. Diese Schichtung ist durch eine Zone kleiner, englumiger Zellen verursacht. Die an diese nach außen hin sich anschließenden Nachbarzellen sind größer und wieder in radialer Richtung langgestreckt. Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 161 Ein Querschnitt durch den Hauptsproß an der Ansatzstelle eines Seiten- zweiges (Fig. 20) zeigt dasselbe Bild. Quersehnitte an anderen Teilen des Hauptsprosses zeigten entweder gar keine Schichtungen oder nur schildförmige Erhebungen. Die Verdickung ist demnach nur eine lokale und hat mit Wachstumsperioden der Pflanzen aller Wahrscheinlichkeit nach nichts zu tun. Wir müssen die Schichtung in Erythroclonium Muelleri als Festigungsgewebe auffassen, wie Darbiskire es für Phyllophora tut. Es handelt: sich hier aber um ein echtes sekundäres Dicken- wachstum in dem- selben Sinne wie bei Jönsson. Die Zellreihen der äußeren Schicht stehen in gene- tischem Zusammen- hang mit der in- neren Schicht; man - kann die Zellreiken einer Schicht, kon- tinuierlich verlau- Zend, mit denen der zweiten Schicht ver- folgen, so daß die innere Schicht. die Fig. 20. Querschnitt durch einen Sproß an der Ansatz- äußere erzeugt. stelle eines Zweigen, sekundäres Wickenwachstum zeigend. Rhabdonia globifera. Sehr häufig hat man mit der Rhabdonia globifera von Agardh die Chrysymenia obovata verwechselt. Mein Exemplar war etwas be- schädigt, so daß ich nach dem Habitus nicht entscheiden konnte, ob es eine Chrysymenia oder eine Rhabdonia war. Herr Major a.D. Reinbold hatte die Güte, mein Exemplar zu untersuchen und er bezeichnete es als die richtige Rhabdonia globifera. Fig. 21 gibt ein Habitusbild eines Jungen Zweiges, Wachstum. Das Wachstum von Rhabdonia globifera folgt einem ganz anderen Typus als das von Rhabdonia vertieillata Während die letztere mit 162 ©. I. Connoliy, einer einzigen Scheitelzelle in die Länge wächst, folgt das Wachstum von Rhabdonia dem Springbrunnentypus. Der Sproß ist nämlich in jangen Stadien durch tiefe Einschnürungen gegliedert (später wird die Gliederung undeutlich) und verlängert. sich in der Weise, daß an der Spitze des letzten Gliedes eine Gruppe von Rindenzellen zu einem schmalen, deutlich abgesetzten Höcker auswächst (Fig. 22). In einem -Falle waren zwei solche Höcker an der Spitze eines Sprosses .zu be- obachten. Die ganz jungen höckerförmigen Sproßglieder sind zunächst solid. Bald aber beginnt eine Lockerung der inneren Gewebe, während die Rinde stark in die Fläche wächst und eine weite Blase bildet. Die Fig. 21. Rhabdonia globifera. Habitus- Fig. 22. Längsschnitt durch den bild eines Zweiges. Hauptsproß von Rhabdonia globifera. sich streckenden inneren Zellen werden zu Fäden, die den Hohlraum der Blase kreuz und quer durchziehen. Seitensprosse entstehen auf dieselbe Weise nahe an der Spitze der Glieder. In diesem Wachstumsmodus finden wir eine Erklärung des Vor- handenseins großer sternförmiger Zeilen, die gleichmäßig in dem ganzen Hohlraum verbreitet sind, und der Beschräuktheit des Wachstums der Seitensprosse. Die Seitensprosse (Kurztriebe) entstehen fast wagrecht aus dem Stammsproß ohne bestimmte Anordnung und die Spross- Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 163 ketten haben höchstens vier Glieder. Zugleich erklärt sich aus dieser Wachstumsart das Fehlen einer Zentralachse. Harvey meint, daß Rhabdonia globifera sich im Habitus mehr Erythroclenium als Rhabdonia nähere, nur daß die Zentralachse fehle, die charakteristisch für Erythroelonium ist. Wir haben aber oben schon ge- sehen, daß Rhabdonia vertieillata ebenso wie Erythroclonium eine Zentral- achse hat. Soweit das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Zentral- achse, auf die Harvey Gewicht gelegt hat, in Betracht gezogen wird, ist Rhabdonia vertieillata näher mit Erythroelonium als mit Rhabdonia globifera verwandt. Auch das Wachstum mittels einer einzigen Scheitel- zelle und das Verzweigungssystem der beiden erstgenannten Arten unterstützt diese Ansicht. Man ist demnach zu dem Schluß berechtigt, daß Rhabdonia globi- fera aus der Gattung Rhabdonia auszuscheiden ist. Schon Harvey hat auf den von anderen Rhabdonia-Arten abweichen- den Habitus von Rhabdonia globifera aufmerksam gemacht und er bemerkt dazu folgendes: „It may be a matter of future decision, whether the genera Are- schougia, Rhabdonia, and Erythroelonium, ought not to be united under a common name and character“. (Unter Taf. 129 Vol. II.) Vielleicht wäre dieser „common charaeter“ in der Entwicklung des Cystocarps zu finden, das von Rhabdonia vertieillata bisher nicht bekannt war und von Rhabdonia globifera auch jetzt noch nicht be- kannt ist. ie. 28. Zwei Wenn die Blasensprosse eine Länge von etwa ig. 23. Zwei der Hälfte ihrer ansgewadhsenen Hälfte erreicht seku KA en haben, entstehen sekundäre Hyphen. Die sekundären Hyphen entstehen als Fortsätze der sternförmigen Zellen. Sie erreichen manchmal eine gleiche Länge wie die primären, und in älteren Sprossen kann man zwischen primären und sekundären Hyphen nicht unterscheiden. Die sekundären Hyphen treten bald mit den primären in Verbindung. Fig. 23 zeigt, wie eine sekundäre Hyphe sich mit einer zweiten sekundären verbindet, indem sie sich hakenförmig um sie herumwindet. Au den Verbindungsstellen war keine Wand zu beobachten, so daß hier eine Fusion, nicht eine einfache Ansaugung stattgefunden hat. Daß es sich hier nicht um normal verzweigte primäre Fäden handelt, in welchem Falle auch keine Wand an der Verzweigungs- 164 C. J. Connolly, stelle zu erwarten wäre, ist aus unserer Figur leicht zu ersehen, in der das freiliegende Ende eines sekundären Fadens zu bemerken ist. Kontinuität des Plasmas. „Alle Zeilen besitzen Poren nach anderen Zellen“, sagt Nägeli 1846 in seiner Arbeit über Polysiphonia Julius Klein hat später (1877) diese Poren als geschlossene bezeichnet, während Bornet sie als offene Kanäle aufgefaßt hat. Seit diesen ersten Angaben über Plasmakontinuität bei den Flori- deen sind zahlreiche Arbeiten erschienen, die von einer direkten Plasma- verbindung, d. h. einer solchen ohne Scheidewand, berichten. Doch Falkenberg schreibt 1901: „Ich glaube nach meinen Beobachtungen es mit Bestimmtheit aussprechen zu dürfen, eine sogenannte direkte Plasmakontinuität, d. h. ohne dazwischen liegende Tüpfelschließmem- bran, existiert bei den Florideen niebt, mit Ausnahme der dureh Zell- fusion nachträglich entstandenen Löcher bei Korallineen.“ Er meint, daß sämtliche Angaben über direkte Plasmakontinuität auf groben Be- obachtungsfehlern beruhen, indem die Autoren die Tüpfelschließmembran gar nicht gesehen hätten. Wir können hier die Frage nach der indirekten Plamasverbindung unberücksichtigt lassen. Daß feine Fäden die Schließmembran wirklich durchsetzen, ist fast allgemein anerkannt. In den jungen Fäden von Rhabdonia globifera stehen beiderseits der Querwand lichtbrechende Pfropfen. In älteren Fäden finden wir, daß der Pfropfen auf einer Seite stärker als auf der anderen entwickelt. und becherförmig mit der konkaven Seite zur Querwand gerichtet ist, während der auf der anderen Seite zylindrische Form hat. Diese becherförmigen Pfropfen waren auf der unteren Seite. Im allgemeinen aber ist es bei einem Netz von Fäden kaum möglich, von einer unteren oder oberen Seite zu sprechen. Diese Pfropfen werden von einigen Autoren als aus der zellulosen Querwand entstanden betrachtet, während andere behaupten, daß sie aus Protoplasma entstehen. Bei Rhabdonia ent- stehen diese Pfropfen aus Protoplasmaa, und alle Übergänge zwischen diesen stark lichtbrechenden Pfropfen und dem normalen Plasma sind vorhanden. Dort, wo die Läugswände der Fäden sich an die Querwände an- ‚setzen, befindet sich eine nach oben und nach unten auslaufende Ver- diekung, welche in der flachen Ansicht als ringförmige Zone oberhalb und unterhalb der Querwand erschien (Fig. 245). In der großen Mehrzahl der Fälle war durch Plasmolyse die Hauptmasse des Protoplasmas von den Pfropfen getrennt; die letzteren Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen, j 165 blieben mit der Querwand in Berührung. Wo aber die Pfropfen nicht: stark von dem normalen Plasma differenziert waren, hatten sie sich mit dem Plasma von der Querwand weggerissen. Die Pfropfen sind in Eau de Javelle löslich, aber viel widerstandsfähiger als normales Proto- plasma. Wegen starker Plasmolyse war im allgemeinen ein Versuch, Plasmaverbindung festzustellen, nicht angängig. Dieser Trenming des Plasma von der Scheidewand wegen ist man leicht geneigt, eine direkte Plasmakontinuität in Abrede zu stellen. Das Plasma aber hat sich meistens von den Pfropfen ge- trennt, während die letzteren an der Querwand angeheftet waren. Es besteht daher immer noch die Möglichkeit, daß zwischen dem Pfropfen eine direkte Plasmaver- bindung durch eine Pore in der Scheidewand stattfindet. Eine solche direkte Verbindung hat Lewis neulich für Griffithsia Bornetiana behauptet. Diese di- rekte Verbindung soll schon in der neu entstandenen Wand vor- handen sein. Das lichtbrechende „Pproteid. matter“ in der Mitte des Plasmastranges, von welchem er berichtet, ist. vielleicht identisch mit den häufig beobachteten Knötchen. \ Ein solches Bild war auch bei Rhabdonia zu beobachten. Fig. 24 a, b, c. Erklärung im Text. Fig. 242 zeigt ein Beispiel: Die gröberen Plasmamassen stehen durch einen sehr dünnen Strang in Verbindung mit einander. Wo aber der dünne Strang die Querwand durchsetzt, sind äußerst kleine lichtbrechende Knötchen vorhanden. In den vielen Angaben über eine direkte Plasmaverbindung kehrt immer eine Erwähnung von Knötchen am Plasmastrang, wo er die Wand durchsetzt, wieder. Falkenberg behauptet, daß das Vor- handensein von diesen Knötchen oder von abweichendem Habitus des Plasmas immer auf eine Tüpfelschließmembran zurückzuführen sei, in- dem die durch Quellung herbeigeführte Verengerung des Tüpfelkanals 16 C. 3. Connoliy, dort, wo die Schließmembran liegt, nicht in demselben Maße wie in anderen Teilen des Kanals stattfinden kann. Es besteht kaum ein Zweifel, daß solche Angaben, die eine direkte Plasmaverbindung über- all in jungen Stadien als vorbanden berichten, und bezüglich der älteren Stadien mitteilen, daß eine Scheidewand angelegt sei, welche die Konti- nuität unterbricht, auf einer Verkennung der Schließmembran in den jungen Stadien beruhen. In dem Präparat, das in Fig. 242 gezeichnet ist, war auch mit der stärksten Vergrößerung eine Schliesmembran, die die Kontinuität des Plasmas unterbrochen hätte, nicht zu beobachten. Die Knötchen verschwinden nach Behandlung mit Eau de Javelle. Ich habe diese - Knötehen demnach als von Plasmanatur, und als gleichbedeutend mit den später stärker entwickelten Pfropfen betrachtet. Durch Behandlung mit Jod und Schwefelsäure war es mir nicht gelungen, festzustellen, ob die äußerst kleinen Fäden wirklich ununterbrochen sind. In einigen älteren Fäden, wo Plasma sowie die Pfropfen nicht von der Querwand getrennt wurden, habe ich nachgewiesen, daß eine direkte Plasmaverbindung vorkommt. Meine Aufmerksamkeit war zuerst auf einige Fälle gelenkt, in welchen zwischen beiden Piropfen ein einziger glatter Plasmastrang vorhanden war (Fig. 245). Dieser Strang war fast ebenso breit wie die Pfropfen, und von einer Unterbrechung durch eine Scheidewand war keine Spur zu beimerken. Ich habe die Präparate zuerst mit Jod und Schwetelsäure behandelt und nachher mit konzentrierter Schwefelsäure, bis die zellulosen Wände ganz aufgelöst waren. Die Plasmamassen bei den Nachbarzellen bleiben mit einander in Verbindung (Fig. 240). Ich habe die Präparate mit. Schwefelsäure noch einige Tage behandelt und versucht, durch Bewegungen des Wassers unter dem Deckglas eine Trennung der beiden Plasmamassen herbeizuführen, doch ohne Erfolg, so daß ich auf eine direkte Plasmaverbindung schließen mußte. In einem anderen Präparate habe ich das Protoplasma durch Eau de Javelle vollständig aufgelöst und die Zellwände mit Chlorzink- jod behandelt. Die innere Schicht, welche dem so aufgelösten Plasma zunächst lag, war als ein kontinuierlicher Schlauch zu sehen, der durch die Querwand läuft. Wo er die Querwand durchsetzt; war sie verengt, aber deutlich habe ich gesehen, daß keine Schließhaut die Poren unter- brochen hat. Ob diese direkte Verbindung von Anfang an vorhanden war, kann ich nicht mit, Sicherheit sagen, da ich bei dem jugendlichen Stadium der Fäden keinen positiven Beweis erbringen konnte. An- genommen, daß in den jungen Fäden keine Unterbrechung des Plasma- Beiträge zur Kenntnis einiger Florideen. 167 stranges vorliegt (Fig. 24), haben wir in den älteren Stadien nur eine Erweiterung des ‚Kanals, der die Querwand durchläuft. Wenn eine Unterbrechung durch eine dünne Schließhaut in jugendlichem Stadium stattfindet, muß die Schließhaut: in den beobachteten Fällen sich später aufgelöst haben. Während Meyer, Falkenberg, Kienitz-Gerloff alle Angaben über die direkte Plasmaverbindung bei den Florideen bezweifeln, glaubt Oltmanns, daß eine solche möglich sei, indem „die Sehließhäute von Tüpfeln fast ganz aufgelöst werden, um relativ derben Plasmasträngen Platz zu machen“. Zusammenfassung der Resultate. Polysiphonia deeipiens. 1. Seitenzweige entstehen aus der Basis der monosiphonen Blätter ohne bestimmte Divergenz. . 2. Die weiblichen Geschlechtsorgane entstehen am zweiten Seg- ment der Blätter.. 3. Das Procarp besteht aus folgenden Bestandteilen: a) einem vierzelligen Karpogonast, b) einem einzelligen inferioren akzessorischen Ast, c). einem zweizelligen lateralen akzessorischen Ast, die alle aus der Perizentralzelle entstehen. 4. Infolge der Befruchtung schneidet diese Perizentralzelle oben eine spezielle Auxiliarzelle ab, und die akzessorischen Äste teilen sich weiter. 5. Das Karpogon schneidet an seiner Basis eine Zelle ab, die als Trägerin des Fusionskerns zur Auxiliarzele zu betrachten ist, Asparagopsis armata. 6. Primanäste entstehen mit: ?/, Divergenz, Sie wachsen alle zu Kurztrieben aus. Sekundanäste entstehen den Primanästen schräg gegen- über und wachsen zu Langtrieben bzw. verzweigten Kurztrieben aus. 7. Die Anordnung der Seitenzweige kann nicht durch Schwen- dener’s Kontakttheorie erklärt werden, sondern ist auf innere Ursachen zurückzuführen. wu 8. Eine indirekte, aber keine direkte Plasmaverbindung existiert zwischen den Nachbarzellen der Zentralachsen. 9. Die seitlich gelagerten Tüpfel der Zentralachse, die sich sonst am oberen Teil des Segments befinden, kommen in den Üystocarp- Zweigen um so tiefer in den Segmenten zu liegen, je weiter nach der Spitze zu sie sich finden. 168 €. I. Connolly, i0. Die Auxiliarzelle, vor der Befruchtung nicht besonders aus- gezeichnet, ist die Zelle nächst der Tragzelle, d. h. die zweite Zelle von der Axilzelle aus. Sie ist wahrscheinlich identisch mit der dritten Zelle des Astes vom Karpogon aus gerechnet, und demnach der Kar- pogonast nur zweizellig. 11. Die Auxiliarzelle fusioniert mit der Tragzelle; der Fusions- prozeß dehnt sich derart aus, daß das umgebende Gewebe resorbiert wird, und reicht bis zur dritten Zelle der Zentralachse. 12. Die Haftorgane sind kurze, verdickte Kurztriebe. Die Lang- triebe, die normal den Kurztrieben gegenüberstehen; verkümmern hier. Euzoniella incisa. 13. Die Cystocarpien entstehen gewöhnlich am untersten Seitensproß eines Kurztriebes; auch können sie am zweituntersten Seitensproß entstehen. 14. Die Procarpien entstehen am zweiten Segment des Kurztrieb- seitensprosses. Ehabdonia vertieillata. 15. Rhabdonia verticillata wächst mittels: einer dreiseitigen Scheitelzelle. 16. Das Cystocarp ist gefunden, und zwar befinden sich die Cystocarpien im Thallus eingelagert. 17. Einzellige farblose Haare treten auf. Sie sind nur als ein sekundärer vorübergehender Charakter zu betrachten. Erythroclonium Muelleri. 18. Die Zweige, die von der Zentralachse ausgehen, sind nicht zweizeilig, wie Harvey berichtet, sondern vierzeilig. 19. Ein sekundäres Dickenwachstum ist vorhanden, an der Basis der Hauptsprosse und der Ansatzstelle der stärkeren Zweige. Die Schiehtungen sind nicht als Jahresringe, sondern als Festigungselemente zu betrachten. Rhabdonia globifera. 20. Das Wachstum von Rhabdonia globifera vollzieht sich im Gegensatz zu dem von Rhabdonia _vertieillata nicht mittels einer ein- zigen Scheitelzelle, sondern folgt dem Springbrunnentypus. Ihre Zu- weisung zu der Gattung Rhabdonia ist demnach kaum statthaft. 21. Obwohl im allgemeinen die Versuche, eine direkte Plasma- verbindung nachzuweisen, nur negative Resultate ergaben, habe ich doch einige derartige Verbindungen festgestellt. Die vorliegende Arbeit wurde in den Jahren 1909 und 1910 im Königl. pflanzenphysiologischen Institut München ausgeführt. Beiträge zur Kenntnis einiger Plorideen. 169 Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. Dr. von Goebel, für die Überlassung des wertvollen Materials, sowie für seine vielfachen liebenswürdigen Anregungen und Unterstützungen meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Herrn Major a. D: Reinbold, Itzehoe, möchte ich hier für seine freundliche Bestimmung mehrerer Arten gleichfalls meinen besten Dank sagen. Literaturverzeichnis. Berthold, Beitrag zur Morphologie und Physiologie der Meeresalgen. Pringsheim’s Jahrb. 1882, pag, 569. Ders, Über Spiralstellung bei Florideen. Bot. Ztg. 1833. Bornet et Thuret, Recherches sur la f6eondation des Floridöes. Ann. des se. nat. bot. 1867, Ser. 6, Tome V, pag. 187. Cramer, C., Physiologisch-systematische Untersuchungen über die Ceramiaceen, Heft 1. Neue Denkschrift der schweizerischen Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften, Bd. XX. Zürich 1864. Falkenberg, P., Die Rhodomelaceen des Golfs von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. Fauna und Flora des Golfs von Neapel und der an- grenzenden Meeresabschnitte. 26. Monographie. Berlin 1901. Harvey, Phyeologia Australica, Bd, I-V. London 1860. Henckel, A., Über den Bau der vegetativen Organe von Cystoclonium purpurasens Katzing. Nyt. Magazin Naturvidenskab. 1901, Bd. XXXIX, pag. 355. Janezweski, D., Notes sur le developpement du COystocarp dans les Florid6es. Me&m. Soc. Nat. de Cherbourg 1876, Tome XX, pag. 109. Jönssen, B., Beitrag zur Kenntnis des Diekenwachstums der Rhodophyteen, Acta Universit. Lund. 1890/91. Kienitz-Gerloff, Neue Studien über Plasmodesmen. Ber, d. Deutsch, bot. Ges. 1902. Kny, Über Axillarknospen bei Florideen. Festschrift zur Feier des kunderjährigen Bestehens der Gesellschaft Naturfreunde zu Berlin 1873. Lewis, F, The Life History of Griffithsia Bornetiana. Annals of Botany 1909, Vol. XXIII, pag. 689. Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen, Bd. I u IL Jena 1905. Ders, Zur Entwicklungsgesckichte der Florideen. Bot. Zig. 1898, Bd, LVI, pag. 99. Phillips, R. W., On the development of the eystocarp in Rhodomelacene. Annals of Botany 1895, Vol. IX, pag. 289 und 1896, Vol. X, pag. 185. Ders, On the development of tke eystocarp in Rhodymeniales. Annals of Botany 1897, Vol. XI, pag. 347 und 1898, Vol. XI, pag. 373. Reinke, J., Beiträge zur Kenntnis der Tange. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1876, "Ba.xX. Rosenvinge, Z.K, Sur la disposition des feuilles chez les Polysiphonie. Journal Botenique, Tome XVII. Copenhage 1888. Ders, Über die Spiralstellung der Rhodomelaceen. Jahrb. £. wissenschaft. Bot, Bd. XXXVI, Heft 2. 1709 ©. J. Connolly, Beiträge zur Kenäitnis einiger Flerideen. Schmitz, Fr., Untersuchungen über die Befruchtung der Florideen. Sitzungsber. & Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1883, pag. 215. Sehwendener, Über Spiralstellung bei Fiorideen. Aus den Monatsber. d. Kgl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1880. Ders. Über Spiralstellung bei Florideen. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1902. Yamanouchi, 8, The Life history of Polysiphonia violacea, Bot. Gazette 1906, Vol. XLII, pag. 401. - Figurenerklärung zu Tafel I u. I. Tafel I Polysiphonia decipiens. Fig, 1—7: Zeiss Homog. Im.-Oc. 6. Fig. 8, 9 u. 10: Zejss Homog. Im. u. 0e. 2. Gezeichnet mit dem Abbe’schen Zeichnungsapparat. Fig. 1. Procarpanlage. ?.'c. die fünfte Perizentralzeile, aus welcher das Procam entsteht. Fig. 2. Die erste Zelle des Karpogonastes (ec. 2. e.) gebildet. Fig. 3. Eine inferiore sterile Zelle (inf. st. 2.) ist abgeschnitten. Der Karpogonast besteht: jetzt aus drei Zellen. “ Fig. 4. Ein zweizelliger lateraler steriler Ast (2a. st. 3.) gebildet. Der Karpogonast besteht aus vier Zellen; die letztgebildete streckt sieh zur Triehogyne aus (Zr). Fig. 5. Reifes Procarp von außen gesehen. Fig. 6. Reifes Procarp vor der Befruchtung im optischen Längsschnitte. Fig. 7. Ventralansicht eines reifen Procarps. Fig. 8. Nach der Befruchtung. Die Auzilisrmutterzelle schneidet oben eine Auziliar- zelle ab. a.z. Auxiliarzelle, ir. 2. Tragzelle. Das Karpogon schneidet unten eine kleine Zelle ab. Fig. 9. Die sterilen akzessorischen Ästehen haben sich weiter geteilt. Fig. 10. Cystocarp im optischen Längsschnitt. s2./. sporogene Fäden, F Fusionszelle. Fig. 11, 12 u. 13: Zeiss Homog. Im, u. Oec. 6. Fig. 14 u. 15: Zeiss Homog. Im. u. Oc. 12. Fig. 16, 17, 18 u. 19: Obj. 7 u. Oe. 6, Fig. 11 u. 12. Junger Zweig im Begriff ein Procarp zu bilden. Fig. 13. Karpogonast gebildet (z, 2, 3, 4). Sehr junges Karpogon (c. #.8.). Fig. 14 u. 15. Etwas ältere Stadien. Stärker vergrößert. Tafel II. Asparagopsis armata, Fig. 16. Entstehung der sterilen Fäden (si. /) aus der zweiten Zelle des Kar- Pogenastes (2). Eig. 17. Auxiliarzelle (az) nächst der Tragzelle. Die sterilen Fäden (st. /.) gehen zugrunde. Fig. 18. Die Auziliarzelle hat mit der Tragzelle fusioniert, Fig. 19. Cystocarp. Bildung von sporogenen Fäden (sP. f.). Zentralachse und äußerer Umriß des Cystocarps gezeichnet, Druck von Ant. Kämpfe in Jena. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA, Vor kurzem erschien: DIE PFLANZENSTOFFE Botanisch-systematisch bearbeitet Chemische Bestandteile und Zusammensetzung der einzelnen Pflanzenarten Rohstoffe und Produkte Phanerogamen von Prof. Dr. C. WEHMER Dozenten an der Kgl. Technischen Hochschule zu Hannover. Preis: 35 Mark. Pharmazeutische Zeitung, 56. Jahrg., Nr. 25 vom 29. März 1911: in dem vorliegenden umfassenden Werke hat der Verfasser mit großem Geschick den Versuch unternommen, die Ergebnisse der bisherigen pflanzenchemischen Forschung in knappester Form übersichtlich zusammenzufassen. Es ist demselben, gestützt auf ein um- fassendes eigenes Wissen, gelungen, die großen Schwierigkeiten, die sich auf einer mög- lichst lückenlosen Zusammenfassung entgegenstellen, durch Fleiß und Ausdauer und nicht zum wenigsten durch eine eingehende und gründliche Quellenlorschung zu überwinden, so daß nunmehr ein Werk vorliegt; das als praktisches Nachschlagebuch vollste An- erkennung verdient und, soweit die Phanaerogamen in Betracht kommen, auch ein vollständiges genannt werden kann. Um einen schnellen Überblick über das Ganze und eine leichte Orientierung im einzelnen zu ermöglichen, wurde die Anordnung des Materials im botanischen System gegeben. Dabei ist der Verfasser soweit wie möglich Engler-Prautt („Natärliche Pflanzenfamilien“) und dem Syllabus von Engler gefolgt. ‘Wir können das nahezu 1000 Seiten umfassende Buch nicht zur allen Apothekern und Ärzten, sondern auch Botanikern, Chemikern usw. als brauchbares Nach- schlagewerk sehr empfehlen und man darf wohl erwarten, daß dasselbe bald in keiner einigermaßen vollständigen Bibliothek mehr fehlen wird, Chemiker Zeitung 1911, Nr. 32: Das Buch zeichnet sich ‘durch große Übersichtlichkeit aus... . Das Werk von Wehmer kann mit Recht einen Platz beanspruchen in den botanischen, physio- logischen, biochemischen nnd pharmazeutischen Büchereien und Labo- ratorien.” Auch dem technischen und landwirtschaftlichen Chemiker wird das Buch in phytochemischen Fragen ein nützlicher Ratgeber sein. Münchner med, Wochenschrift, Nr. 21 vom 23. Mai 1911: . ..„ ein. Nachschlagewerk, aber von seltener Exaktheit und Ausführlichkeit unter Berücksichtigung und Ausführung der gewaltigen Literatur bis zum letzten Jahr. Das Werk wird in Zukunft in keiner Bibliothek eines Naturforschers fehlen dürfen. ö Zeitschrift für angewandte Chemie vom 28, April 1911, Heft 17: Ein äußerst mühevolles Werk, die Frucht der Arbeit eines Dezenniums, legt vor - uns, Der ganze umfangreiche und weit verstreute Stoff, der vom Standpunkte des Bota- wikers in neuerer Zeit noch niemals, von dem des Chemikers auch nur in kleineren Aus- schnitten oder kurzen Übersichten behandelt worden war, mußte erst zusammengetragen werden. Und wer die Schwierigkeiten kennt, die darin liegen, die häufig einander wider- , "sprechenden Angaben verschiedener Autoren zu sichten und richtig zu bewerten, wird die hier geleistete Arbeit besonders zu würdigen wissen. .. , Alles in allem: Ein Buch, das - sich den großen wissenschaftlichen Enzyklopädien, um. die uns die ganze Welt beneidet, würdig an die Seite stellt, . Apotheker-Zeitung, Nr. 30 vom 15. April 1911: , ... Ferner ist dankend zu erwähnen, daß die Namen der Pflanzenarten überali kortekt gegeben werden, soweit dem Verfasser das möglich war. Es ist ja genugsam be- kannt, wie nachlässig in dieser Beziehung oft genug Chemiker und andere Gelehrte, die nicht Fachbotaniker sind, verfahren, Das Buch, das gewiß allgemeine Verbreitung finden ' wird, ist recht geeignet, darin Wandel zu schaffen, da es jedem, der es benutzt, den Namen der Pflanze so genau wie möglich darhjetet, Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA, Soeben erschien: DIE ABSTAMMUNGSLEHRE ZWÖLF GEMEINVERSTÄNDLICHE VORTRÄGE ÜBER DIE DESZENDENZTHEORIE IM LICHT .DER NEUEREN FORSCHUNG GEHALTEN IM WINTER-SEMESTER 1910/11 IM MÜNCHNER VEREIN FÜR NATURKUNDE VON ©: ABEL (Wien), A. BRAUER (Berlin), E. DACQUE (München), F. DOFLEIN (München), K. GIESENHAGEN (München), !R. GOLDSCHMIDT (München), R. HERTWIG (München), P. KAMMERER (Wien), H. KLAATSCH (Breslau), ©. MAAS (München), R. SEMON (München) MIT 325 TEILS FARBIGEN ABBILDUNGEN. IM ‚TEXT Preis: 11 Mark, geb. 12 Mark 50 Pi. ‘In der deszendenztheoretischen Literatur ‚werden diese Verträge einen besonderen Rang einnehmen. Denn bei ihnen handelt; e8. sieh — im Gegen- satz zu den begreiflicherweise immer stark subjektiv gefärbten Schriften ein- zelner Gelehrter üher diesen (Gegenstand — um eine Beleuchtung der inter- essanten Probleme von ‘den, verschiedensten Seiten.‘ Hervorragende Forscher auf dem Gebiete der Zoalögie, der. Botanik, der Paläontologie, der Atıntamie und Anthropologie sind em, die ih diesen Vorträgen ihre Ansichten über: die Abstammungslehre niederlegen. ' Deshalh-werden diese. in. München unter 'außer- ordentlichem Zudrang gehaltenen‘ Vortäge benfen sein; in- Buchform weit, über den Ort ihres Ursprungs hinaus Beachting‘ 3 ‚wei ' : Diesem Hefte liegen zwei Prospekte bei: 1, vom Verla Käuerd inKet betr. „Dr. L. Rabonhorst, togamen-Fiora von bland, ( reich der Schweiz“; 2. vom Yerl: v Fischer in Jän, betr." te, Biologische u. morpholögische Untersuchungen Aber Wasser- w. Snupigewäthae“. Pk Kärmpis, Buchdruehaieifiene: FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. DRITTER BAND. (DER GANZEN REINE 103. BAND.) DRITTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 36 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. j ig. . ERSCHIENEN AM 5. OKTOBER 1911. ' Inhaltsverzeichnis. . Seite RENNER, O., Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. Mit 2 Abbildungen im Tett . » . 2 2220. GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen, 19. Über „gepaarte“ Blattenlagen. Mit 9 Abbildungen im Text . . . 248-262 WEIR, JAMES R., Untersuchungen über die Gattung Coprinus. Mit 25 Abbildungen im Text. . ». 2» » 2 nennen. 263-320 ir1-247° VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Die Pflanzengallen (Cecidien) Mittel- und Nordeuropas ihre Erreger und Biologie und Bestimmungstabellen von Dr. H. Ross Konsersator am Kgl. Botanischen Museum in München, Mit 233 Figuren auf 10 Tafeln nach der Natur gezeichnet von Dr. G. Dunzinger, München, und 24 Abbildungen im Text. 1911. Preis 9 Mark, Die Vielseitigkeit der Gallenkunde bringt es mit sich, daß sie für die auf den verschiedensten Gebieten Arbeitenden sowohl in wissenschaftlicher wie in prak- tischer Hinsicht von Wichtigkeit ist. Den zahlreichen Interessenten für die Gallen- kunde wie den Botanikern, besonders Biologen und Phyiopathologen, den Zoologen, vor allem Entomologen, den Forstleuten, Landwirten und Gärtnern sowie den Lehrern der Volks- und Mittelschulen wird hier zum ersten Male ein Buch dar- geboten, das sowohl einen Überblick über die Gallenerreger und deren allgemeine Lebensverhältnisse bringt als anch die Möglichkeit darbietet, die in Mittel- und Nordeuropa bisher bekannten Ceeidien zu bestimmen. Zum ersten Male werden hier auch die zusgeprägtesten, auffallendsten und verbreitetsten Pilzgallen zusaımen mit den Tiergallen in den Bestimmungetabellen behandelt, eine vom biologischen und praktischen Standpunkt aus bedingte Notwendigkeit. a Das in dem Buche behandelte geographische Gebiet: umfaßt Deutschland, Österreich-Ungarn, Schweiz -—- die beiden letzteren mit, Ausschluß der zum medi- terranen Gebiet gehörenden Teile — Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden und das westliche Rußland. Soeben erschien: Das Phytoplankton des Süsswassers mit hesonderer Berücksichtigung des Vierwaldstättersees. Von Dr. Hans Bachmann, Professor der Naturgeschichte an der Kantonschule in Luzern. Mit 29 Figuren im Text und 15 farbigen Tafeln. igti. Preis: 5 Mark. an m an Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasser- bewegung. Von 0. Renner. {Mit 2 Abbildungen im Text.) Inhaltsübersicht. Seite Material und Methoden . . . . . Pape EErEn on ..178 Erster Abschnitt: Zur Regulation der Wassoraufnahme und der Wasserbewegung. . . . 176 I. Regulation der Wasseranfnahrme bei plötzlich unterdrlckter Transpiration 177 a) Bewürzelte Pflanzen . . EEE 17} b) Abgeschnittene Pflanzenteile FE BEE 1) 1. Verhalten nach dem Abschneiden . . . nn. 180 2. Abgeschnittene, frische Objekte in Wasser versenkt . 2... 1 3. Frische Zweige ganz entblättett . . 2 > 2 2002. 188 4. Frische Zweige teilweise entblättert -. . ©» 2 222... 184 5. Frische, gestielte Blätter der Spreite beraubt . . . . =. 184 6. Die Saugung welker Objekte bei der Darbietung von Wasser . 186 7. Die Saugung welker Objekte bei Unterdrückung der Transpiration 188 II. Regulation der Wasseraufnehme bei plötzlich einsetzender Transpiration 189 1. Die Sangung an der Schnittfläce . . . . 190 2. Fortpflanzung einer Sangwelle vom Ort der Wasserentnehme : zur Schnittfläche. . . - ven. 1 IE. Regulation der Wasserbewegung in koten Objekten Fr [73 Schlußbemerkungen zum ersten Abschnitt . . » 02-2200. 196 Zweiter Abschnitt: Zur Kenntnis der Sauskraft transpirierender Blätter, . . Senne ee 198 L Über die Veränderlichkeit der Sangkraft . ven nen 197 3) Die Saugung bei Erniedrigung des Aufßendruckn . .. ... 18 b) Die Bedeutung der Zweiglänge für die Sugmg . . . - . . ., 201 1. Die Wirkung der Zweiglänge bei Pumpensaugung . - . « 202 2. Die Wirkung der Zweiglänge bei Blättersaugung . nn. DR ©) Die Bedeutung der Lage des Objektes für die Saugung . . . . 207 &) Steigerung des Widerstandes dureh Klemmen . » . 2... 208 Lebende Objekte . . 2. 2. > 2 22 een nenn. 200 Tote Objekte . . - . ven. Bit e) Steigerung des Widerstandes durch Einkorbung ven. Zi Lebende Zweige... . » rennen. 2il Tote Zweige mit lebenden Blättern . PP U Tote Blätter. . . - oo. . 212 f) Steigerung des Widerstandes durch Versioptmg der "Schnitifläche. 214 Lebende Zweige . - - .. Veen. 24 Tote Zweige mit lebenden Blättern FE 11:2 Flora, Bd. 108, 12 172 . ©. Renner, Seite IL Über die absolute Größe der Saugkraft . . . - 215 1. Vergleichung der Saugkraft der Luftpumpe mit der Baugkraft der Blattflächen . . . en. 218 2. Die Saugkraft geklemmter Objekte . Denen. 219 Lebende Objekte . - . 2 2 2 2 mn nn nenn. 219 Tote Blätter. . . 221 3. Die Saugkraft von Zweigen, deren Schnittfläche mit Paraffin v ver- schlossen it . . 2 2 2 nn nn nenn A Lebende Objekte . . . een. al Tote Zweige mit lebenden Blättern . .. 223 4. Die Saugkraft von Pflanzenteilen, deren "Schnitifläche "durch Schleim verstopft ist . . . ‚223 5, Die Saugkraft von Zweigen, die das Wasser durch Iebende Blätter aufnehmen . . . wenn. 224 6. Die Saugkraft von doppelt eingekorien Zweigen. wenn. 225 Lebende Zweige . . FE 7) Tote Zweige mit lebenden Blättern . nennen. 226 Zweige mit toten Blätten . . 2 2 202mm nn. 226 Diskussion der Ergebnisse vnIl . . . . .. 226 II. Negative Spannungen in der Achse nach der Yntfornung d der "Biatter . 232. 1. Entblätterung von eingekerbten Zweigen. . - . 233 2. Entblätterung von Zweigen, deren Schnittfläche versiopft ist. . 233 Lebende Zweige und Stengel. . 2 2 22m ne 233 Tote Zweige mit lebenden Blättern . . 2. 24 3. Entblätterung von Zweigen, die durch die Bistter sangen. .. 285 Diskussion der Ergebnisse von IT . . . . en IV. Die Saugkraft von Pflanzen, die in Wasser Wurzeln . nenn 237 V. Saugkraft und osmotischer Druck . . 2. 2.2 222... 2339 VL Die Wassersättigung saugender Organe 7 \\) Schu.» 2 2 222220. Denn 2 Zusammenfassung der Ergebnisse . - - 2 22 220mm nn. BB Zitierte Literatur . 2 2 on ann 246 Die Untersuchungen, die im folgenden mitgeteilt werden, hatten das Ziel für oder gegen die Hypothese, die den lebenden Zellen im Holz eine aktive Mitwirkung an der Wasserhebung zuschreibt, so weit wie möglich Evidenz zu bringen. Es war zu erwarten, daß über das Vorhandensein oder die Abwesenheit einer solchen Pumptätigkeit in den Leitbahnen durch Beobachtung der Regulationsvorgänge ein Urteil zu gewinnen sein würde. Das Ergebnis der Studien über diese Vor- gänge fiel zu Ungunsten der vitalen Theorien aus; die meisten Er- scheinungen sprachen viel eher für eine ausschließliche Saugwirkung der Blätter. Deshalb wurde nun versucht, die von den Blättern ent- wiekelten und in den Leitbahnen fortgepflanzten Saugkräfte zu messen, 3. SUaer | | Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 173 d. h. negative Spannungen nachzuweisen, wie die Kohäsionstheorie des Saftsteigens sie verlangt. Die ersten Versuche über die Regulationserscheinungen in ab- geschnittenen Pflanzenteilen wurden im Sommersemester 1907 im Bo- tanischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt. Für die dauernde Förderung meiner Arbeit während dieser Zeit möchte ich Herrn Ge- heimrat Pfeffer meinen wärmsten Dank aussprechen. In den folgenden Jahren wurden die Untersuchungen mit vielfachen Unterbrechungen im Pilanzenphysiologischen Institut zu München fortgesetzt. Material und Methoden. Die weitaus überwiegende Zahl der Versuche wurde mit abgesehnittenen Pflanzen- teilen ausgeführt, mit beblätterten Stengeln oder Zweigen oder mit großen Einzelblättern, Die Objekte wurden meistens in einen Teller mit Wasser niedergebogen und unter Wasser abgeschnitten. Ließ sich das nicht gut machen, so wurde die in Luft abgesehnittene Sproßachse rasch unter Wasser um einige Zentimeter gekürzt. Auch bei allen weiteren Manipulationen blieb die Schnittfläche dauernd mit Wasser in Berührung. Zur Messung der Wasseraufnahme (sie ist im folgenden gewöhnlich als Saugung bezeichnet) wurde meistens ein nach allen Richtungen beguem zu handhabendes Poto- meter gebraucht, wie es Figur 1 darstellt. Das Gefäß, aus dem die Juftdicht eingesetzte Pflanze Wasser entnimmt, ist ein ziemlich enges T-Stück, bei dessen geringem Volumen Temperaturschwankungen sich wenig fühlbar machen. An den horizontalen Arm des T-Stücks ist eine gegen 1 m lange Kapillare mit angeklebter Millimeterskala angesetzt. Der Querschnitt des Lumens beträgt ungefähr 1 qmm; unter einer Anzahl von Kapillar- röhren ist immer die eine oder andere zu finden, deren Lumen auf lange Strecken ganz konstant ist, so daß lästige Korrekturen vermieden werden. Am abgekehrten Ende trägt die Kapillare einen Gummischlauch, der in ein kleines Gefäß mit Wasser (das Sauggefäß) taucht, und eine Klemme. Unten ist in das T-Stück ein Dreiwegehahn singesetzt, der durch einen längeren Gummischlauch mit einem über dem T-Stück angebrachten, mit Wasser gefüllten Trichter in Verbindung steht. Ur die Verbindung zwischen T-Stück und Trichter zu regeln, würde ein einfacher Hahn genügen, aber durch die dritte Öffnung, die den Hahn seitlich durchbohrt und im allgemeinen durch einen abgeklemmten Schlauch geschlossen ist, kann Luft ausgetrisben werden, wenn solche vom Trichter her in den Schlauch eingetreten ist. Die Füllung des Potometers — es wurde immer destilliertes Wasser verwendet — und die Einführung der als Index dienenden Luftblase geschieht in folgender Weise: durch Saugen am T-Stück wird die Kapillare vom Sauggelüß her mit Wasser gefüllt, dann wird soviel Wasser abgelassen, bis vom T-Stück her in der Kapillare eine Luft- säule erscheint, und dureh Abklemmen des Schlauches eine weitere Entleerung verhin- dert. Wird nun vom wassergefüllten Trichter her durch den Hahn das T-Stück bis zum Band gefüllt, so ist die Luftblase zwischen Wasser eingeschlossen und kann als Index dienen. Nach dem Aufsetzen der Pflanze wird der Schlauch zwischen Kapillare und Sauggefäß geöffnet und durch Einschaltung des Trichters die Luftblase so weit als ge- wünscht zurückgeschoben, und ebenso jedesmal, wenn sie infolge der Saugung aus der Kapillare ins T-Stück treten will. Werden bei kräftiger Saugung längere Zeit keine Ab- 12* 174 0. Renner, lesungen gemacht, so wird der Schlauch der Kapillare abgeklemmt und der Triehter geöffnet und damit der Index gestellt. Stößt die Pflanze Wasser aus, bewegt sich also der Index vom T-Stück weg, so läßt er sich durch Senken des geöffneten Trichters unter das Niveau des Sauggefäßes oder durch Saugen an dem sonst abgeklemmten Arm des Dreiwegehahns wieder zum T-Stück herholen. Wenn zwischen die Kapillare und ihren Saugschlauch noch ein Dreiwegehahn eingefügt: wird, wie die Figur 1 es zeigt, so ist es möglich, in die Saugbahn plötzlich einen Widerstand einzuschalten. An den abwärts gerichteten Arm des Hahnstückes kann z. B. eine weite mit Quecksilber gefüllte Röhre oder ein blattloses, in Wasser tauchendes Zweigstick angesetzt werden. Bei enisprechender Hahnsiellung schöpft dann die Pflanze nicht mehr aus dem in bequemer Höhe Legenden Sauggefäß, sondern aus der unter Quecksilberzug stehenden Röhre oder durch den Zweig hindurch aus emem tiefer Hegenden Sauggefäß. . Wenn die Klemme des Stativs den horizontalen Arm des -TStücks faßt, läßt sich dieses mitsamt der Pflanze neigen oder auch in invarse Lage bringen. Die Eindichtung der Pflanzen ins T-Stück geschah mit Hilfe von Gummistrümpfen, kurzen Schlauchstücken, die auf die Stengel oder Blattstiele geschoben und dann mit der Pflanze unter Druckanwendung in das bis zum Rand gefüllte T-Stück eingeführt wurden. Auch die übrigen Verbindungen am Potometer führt man am besten in der Weise aus, daß man die enge Röhre in die weitere eindichtet. SoB die Pflanze gegen hohe äußere Widerstände saugen, z. B. Quecksilber heben, so ist es oft nötig, die Gummi- strümpfe durch Bestreichen mit Pumpenfett besonders dicht zu machen, Bei der immer . wechselnden Dicke der Objekte muß eine größere Zahl von verschieden weiten Strümpfen bereit sein. Durch Ineinanderschieben zweier Schlauchstücke lassen sich aus wenigen Schlauchsorten allerhand Kombinationen herstellen. Die Objekte können auch ihrer- seits durch Abnehmen der Rinde an einen gegebenen Strumpf angepaßt werden. Das Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 175 Anprobieren der Gummistrümpfe geschah unter Wasser. Nach dem Ausetzen des Strumpfes wurde die Schnittiläche unter Wasser erneuert. Zur gleichzeitigen Messung von Wasseraufnahme und Dampfabgabe wurde ein wägbares, aus T-Stück und langer Kapillare bestehendes Potometer ohne Sauggefäß verwendet. Die Regulation des Index wurde durch einen Glasstab besorgt, der in den unteren Arm des T-Stücks verschiebbar eingesetzt war. Die Weite des Lumens der Kapillare muß hierbei natürlich genau bekannt sein. Die Bestimmung geschah durch Wägung einer Quecksilbermenge, deren Länge in der Kapillare vorher gemessen worden war. Als besonders günstiges Objekt hat sich der Flieder (Syringa vulgaris) erwiesen. Die Zweige bleiben lange frisch, weil aus der Schnittfläche keine verstopfenden schleimigen Stoffe austreten. Im bewurzelten Zustand wurden nur Keimpflanzen von Phaseolus multiflorus verwendet, die außer den beiden Primärblättern noch einige Folgeblätier entwickelt hatten. Die Pilanzen wurden in Knop’scher Nährlösung in großen Gefäßen angezogen, aber jedes einzelne Wurzel- system entwickelte sieh in einer 2 cm. weiten, 15—80 em langen, zylindrischen, in dem gemeinsamen Gefäß durch einen durchbohrten Pappedeckel fest- gehaltenen Röhre, die dann in folgender Weise als Potometer- gefäß benützt wurde: die Pflanze wurde — meist ohne Kotyledonen, deren Narben mit geschmolzenem Paraifın ver- schlossen — am Epikotyl in einen einfach durchbohrten, ein- seitig aufgeschnittenen Gummi- stopfen getaßt und dieser ge- waltsam in die Röhre eingepreßt; aur ausnahmsweise war 05 nötig, die Durchbohrung des Stopfens mit Plastolin auszu- kleiden, um dichten Verschluß zu erzielen. Die Röhre wurde aun umgekehrt, mit Wasser bzw. Nährlösung gefüllt und darauf ein zweiter Gummi- Fig. 2. stopfen mit rechtwinkelig ge- bogener Kapillare und Skala aufgesetzt; das überschüssige Wasser wird durch die Kapillare nach außen gedrückt uud füllt diese. Das fertige Potometer zeigt Figur 2. Durch weiteres Einschieben der Kapillare 14Bt sich später die infolge der Saugung vor- rückende, als Index dienende Luftsäule zurücksehieben. Von einer Messung der Wasser- temperatur wurde abgesehen; das verwendete Wasser hatte Zimmertemperatur, und während der kurz dauernden Versuche änderte die Außentemperatur sich nicht, 176 0. Renner, Erster Abschnitt. Zur Regulation der Wasseraufnahme und der Wasserbewegung. Wenn auch im großen und ganzen die Wasseraufnahme, ge- nügende Wasserzufuhr vorausgesetzt, nach Maßgabe der Transpiration reguliert wird, so weisen doch die Erscheinungen des Wiederstraff- werdens nach dem Welken, des Blutens und des Guttierens darauf hin, daß die Wasseraufnahme von der Transpiration in weiten Grenzen un- abhängig sein kann. Nicht so ohne weiteres läßt, sich die Frage be- antworten, wie bei einer normal turgeszenten und auch nicht zum Binten oder zum Guttieren neigenden Pflanze die Wasseraufnahme beeinflußt wird, wenn die Transpirationsgröße sich verändert, d. h. wenn kräftige Transpiratien plötzlich vermindert, oder wenn schwache Transpiration plötzlich gesteigert wird. Die Geschwindigkeit, mit der die Wasseraufnahme bis zum Gleichgewicht wit der Wasserabgabe reguliert, wird, soll also im folgenden untersucht werden. Ein bequemes Mittel, das kräftige Transpiration rasch auf ein gewisses konstant bleibendes Maß zu erniedrigen erlaubt, ist nicht ganz leicht zu finden. Dagegen macht es keine Schwierigkeit, die Tran- spiration ganz zu unterdrücken; es genügt, die Pflanze in Wasser zu tauchen oder ihr die transpirierenden Organe, vornehmlich die Blätter, zu nehmen. Die Einführung in einen dampfgesättigten Raum führt nicht mit. Sicherheit zu dem gewünschten Erfolg, weil die Pflanze hier dauernd, allerdings schwach, zu transpirieren vermag, wenn sie ihre Temperatur etwas über der der Umgebung hält. Das geschieht im Licht durch Absorption der Strahlung, und im Dunkeln in sehr bescheidenem Maß immerhin noch durch Atmung. Wichtig ist dagegen die Methode der Überführung in den Dampfraum deshalb, weil an dem gedämpften, nur noch schwach transpirierenden und saugenden Objekt das Ver- halten der Saugung bei plötzlich wieder einsetzender Transpiration studiert werden kann. Die Versenkung der auf dem Potometer stehenden Pflanze in Wasser geschah iramer in der Weise, daß das Objekt in inverser Lage, am umgedrehten Potometer, in ein untergestelltes, mit Wasser gefülltes Gefäß getaucht wurde. Als Dampfraum wurde oft in derselben Weise ein unter dem Potometer stehender mit nassem Fließpapier ausgeschlagener und mit Glas bedeckter Zylinder benützt; oder es wurde das aufrechte Potometer oder auch nur der Gipfel der Pflanze durch die Durehbohrung einer Glas- auain geführt, auf die eine mit nassem Papier ausgekleidete Glasglocke aufgesetzt wurde, Bei der Mitteilung der Versuchsergebnisse bedeuten die Zahlen immer Millimeter der Skala, die in einer Minute gesaugt werden; das Minuszeichen vor einer Zahl bedeutet Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 177 Rückstoß. des Index anstelle des gewöhnlichen Vorrückens. Sind die Zahlen der Milli- meter durch kein Zeichen getrennt, so handelt es sich um die Saugung in aufeinander folgenden Minuten; Unterbrechungen in der Wiedergabe der Minutensaugung werden durch einen Strichpunkt (;) angezeigt; hinter der Millimeterzahl steht dann eine Zahl mit dem Minutenzeichen, die angibt, wieviel Minuten seit dem Beginn des Versuchs bzw. seit dem Eingriff, dessen Wirkung beobachtet wird, verstriehen sind, Auch bei fortlaufender Angabe der Minutensaugungen werden zur Erhöhung der Übersichtlich- keit in gewissen Intervallen die Minutenzahlen beigeschrieben, Zur dauernden Orientierung des Verfassers selbst werden den Versuchen die Nummern beigegeben, die sie in den Protokollheften tragen. I. Regulation der Wasseraufnahme bei plötzlich unterdrückter Transpiration. a) Bewurzelte Pflanzen. Keimpflanzen von Phaseolus in Nährlösung, im ganzen 50-80 em lang, mit den. beiden Primärblättern und einigen noch kleinen Folgeblättern. Zuerst wird die Saugung der in der Luft transpirierenden Pflanze am innersten Polometer eine Zeitlang beobachtet, dann wird der Sproß plötzlich in Wasser von Zimmertemperatur versenkt. 180. 1. Juni. In Luft: 3 3,5 8,8 3,8. In Wasser: 3 32 27 2 85 8 23 2,7 22 28(10) 25 22 2 2 28 17 18 2,2(18); 10° lang je 1,6; dann 1,5 bis 80°. 200. 17. Juni. In Iuft: 8 8 75 85. InWaser: 77765 65 6 55 5 6; 20); 2,3 (80°); 1 (1430 0,921 30%); 0,8 (3480). 201. 18. Juni. In Luft: 45 5 45. In Waser: 43 42 4 4 35 85 3 35 3 3(10)} 8 28 2,7 2,8 27 25 25; 2@0%; 280) 1,740); 14060); 12(1r15). Ergebnis: Die Saugung vermindert sich bei plötzlicher Unter- drückung der Transpiration sehr langsam, die Regulation der Wasser- aufnahme beansprucht viel Zeit, trotzdem die Wasserversorgung so günstig wir nur möglich. ist. Ob an dem Nachsaugen unter Wasser vorzugsweise der Sproß oder die Wurzel beteiligt ist, läßt sich entscheiden durch Abschneiden des Sprosses. Der Wasserverlust durch Transpiration ist damit ebenso gründlich beseitigt wie beim Untertauchen. Phasoolus-Pilanzen werden aufrecht auf dem Potometer in Luft beobachtet, dann der Sproß unter den Primärblättern abgeschnitten. 178. 30. Mai, Ganze Pilanze: 38 8,3 84 3,83 38 8,3 8,4. Geköpft: — 25 —08 +01 04 06 07 07 07 08 0,7 08 07 08 07. 179. 31. Mai, Ganze Pflanze: 10 92 9 93 85 9 8,5. Geköpft: — 19 —0 —02 +04 02 08 08 08 1 10% 07 80); 0,6 (45). 178 0. Renner, 278. 29. Dez. Ganze Pflanze: 3 28 3 3 2,7 8 278 27 28 26 25. Geköpft: 02 08 1 18 11. 319. 23. Nov, ‚Ganze Pilanze: 2 2 25 2 25 22 2. Geköpft: 0 — 0,1 —0,1; 185) 15 15 1 105 05 1 321. 24. Nov. Ganze Pflanze: 4,6 44 45 45 48 45. Geköpft: —02 ? 11817333838 322, 25. Nov. Ganze Pflanze: 8,4 33 38 38 8. Geköpft: —05 +1 13; 15 (10). 325. 6. Dez. Ganze Pilauze: 3 3 2,5 2,5. Geköpft: —0,%; +0,76); 1,2(10); 1,2(28). 824. 7. Dez. Ganze Pilanze: 5,6 5,5 5,7. Geköpft: iny/ —Ldmm in 05 un 0 my +41 int +16; in 5 9,4, Durehschnitt pro Minute 1,9; in 1’ 1,8; in 3° 6, Durch- schnitt pro Minute 2. Oder: Geköpftum4n36; Anse 86, a6, 377 88 80, A 45 A505 0 +12 16 1,8. 358. 23. Mai. Ganze Pilanze: 6 6,6 6,5 6°. Geköpft: —08. 2) 004) +03) 233838333833 3 83. Blutet stark. 855. 24. Mai. Ganze Pflanze: 18 1,7 17. Geköptt: —13 +03 0,4 08 03 03 06 0,7 07 072 07 0. 866. 28. Mai. Ganze Pflanze: in der hellen Sonne, Potometer mit Stanniol bedeckt: 21 05 u u Geköpft: 1 1 15 3,4 3,65; 4 Bintet. Ergebnis: Beim Köpfen verhält sich die Saugung ganz anders als beim Versenken in Wasser. In den ersten Minuten zeigt der Index fast immer einen Rückstoß an, zum mindesten ist die Saugung fast sistiert, und allmählich wird die Wasseraufnahme wieder größer, ohne jedoch jemals die Höhe wieder zu erreichen, die sie vor dem Köpfen besaß. Wenn wir von dem Rückstoß absehen, der uns später beschäftigen wird, hat das Köpfen ein augenbliekliches tiefes Fallen der Saugung zur Folge, nicht ein langsames Abnehmen. Das lange Nachsaugen der unverletzten Pflanze unter Wasser dürfte also zur Hanptsache auf Rechnung des Sprosses zu setzen sein, weniger von der Tätigkeit des Wurzelsystems herrühren. Bei den im Winter angestellten Versuchen war kein Bluten zu beobachten; kräftig binteten im Mai die Pflanzen von 353 und 366. Wenn Blutungsdruck vorbanden ist, wird er natürlich das seinige dazu beitragen, die Regulation der Wasseraufnahme zu verlangsamen. Übrigens gestattet die Erscheinung des Rückstoßes beim Köpfen zu- nächst kein sicheres Urteil darüber, ob wirklich von Anfang an Blutungs- druck vorhanden ist oder ob dieser erst infolge des Köpfens geschaffen wird. Daß das während des Blutens aufgenommene Wasser der Menge ’ i R Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 179 nach hinter dem von der unverletzten transpirierenden Pflanze auf- gesaugten zurückbleibt, steht im Einklang mit den alten Beobachtungen über das Verhältnis zwischen Transpirationsverlust und Menge des Biutungssaftes. Ob die Verwundung als solche imstande ist, die Wasseraufnahme zu vermindern, läßt sich durch schrittweise Entblätterung prüfen. 187. 10. Juni. Die unverletzte Pflanze saugt mit einem Primär- und vier Folgeblättern: TE 15 72 7 68 65 6 62 58 6 58. a) Der 28 cm lange Gipfel mit einem kleinen Blatt wird abgeschnitten: 5 4,7 48 45. b) Die beiden Primärblätter werden samt ihren Stielen abgeschnitten: 3,5 8,7 38 82 88. ce) Die drei letzten Blätter samt ihren Stielen abgeschnitten, nackter Sproßrest 40 em lang: 05 1 15 1 109 08% Ergebnis: Bei der Operation a findet trotz der Durchschneidung des Stengels eine geringfügige Verminderung der Saugung statt, ent- sprechend der Beseitigung eines kleinen Teils der transpirierenden Fläche; in der ersten Minute ist die Saugung noch etwas stärker als in den folgenden. Bei der Operation b ähnlich. Nach der Operation e ist in der ersten Minute die Saugung am geringsten, sie steigt dann wieder etwas an, ähnlich wie bei der einmaligen Köpfung. Die be- deutende Abnahme der Saugung rührt also wirklich von der Entfernung der transpirierenden Flächen, nicht von der Verwundung her. Die Verminderung der Saugung bei teilweiser Entlaubung ent- spricht, wie schon Kohl (1886, pag. 47) beobachtet hat, nicht genau der Verminderung der transpirierenden Plächen. Wenn Kohl daraus schließt, daß die übrigbleibenden Blätter verhältnismäßig mehr tran- spirieren als vorher, so übersieht er dabei das Problem der Regulation. Wie überhaupt die ganze umfangreiche Kohl’sche Arbeit, in der die Transpiration durch Messung des aufgesogenen Wassers bestimmt wird, von der nicht nur unbewiesenen, sondern wirklich irrigen Voraussetzung ausgeht, daß die Wasseraufnahme sich immer augenblicklich mit der Wasserabgabe ins Gleiehgewicht setzt. Die Unzulässigkeit der auch von anderen Autoren zur Messung der Transpiration verwendeten Me- thode hat auch Burgerstein (pag. 15, 20) nachdrücklich betont. Der Erfolg der Operation e weist darauf hin, daß an der Ver- zögerung der Regulation, an dem Nachsaugen bei gehinderter Tran- spiration, die Sproßachse weniger beteiligt ist als die Blätter. Doch läßt sich das besser an wurzellosen Pflanzen studieren, wo die kon- plizierende Mitwirkung des wenigstens mitunter pumpenden Wurzel- systems wegfällt. 180 O. Renner, b) Abgescehnittene Pflanzenteile. 1. Verhalten nach dem Abschneiden. Zunächst ist es nötig zu wissen, wie Wasseraufnahme und Tran- spiration an frisch abgeschnittenen Objekten, die für die Versuche be- stimmt sind, sich verhalten. Die negativen Spannungen in den Gefäßen kräftig transpirierender Pflanzen bringen es mit sich, daß beim Ab- schneiden unter Wasser dieses mit zunächst großer, dann immer weiter verminderter Geschwindigkeit in die Gefäße hineinstürzt. Das erste Ansaugen muß natürlich die Transpiration weit übertreffen und ist nicht studiert worden. Aber noch lange Zeit nach dem Abschneiden’ nimmt die Saugung auf dem Potometer schrittweise ab, ohne daß die Objekte dabei Welkungserscheinungen zeigen müssen. Beispiele. Zwischen dem Abschneiden unter Wasser und der ersten Ablesung am Potometer liegen wenige Minuten. 20. 18. Mai. Zweig von Syringa. Wetter regnerisch. 19 17 17 16 15 35 15; 11 (20%); 10 (80); 10 (80). 278. 11. Okt. Zweig von Syringe. 37 38 38 31 30 9 8 238 27 28 (10); 20) 1 21 21 2. 282. 13. Okt. Zweig von Lyeium barbarum. 70 68 67 64 63; 50. (10) 50 50 50 60 50. 118. 28. Juli. Blatt von Paeonia officinalis, 50 47 43 43 40 39 89 39 38 36 88. 142, 5, August, Blatt von Catalpa bignomioides im Freien. 82 31 31 30 28 29 27 28 28 25. 188. 1. August. Blatt von Catalpa. 17,5 16,5 145 14 13 18 12 125 1285 Ba) 2 um u 1 115 11 115 11 110) 10 10 10 10 105 105 10 10 10 10080). 856. 25. Mai. Zweig von Syringa. 67 63 56 56 52 50 49 48 46 42 (10) 2 38 836 35 34 34 34 32 81. Die Zahlen zeigen, daß gewöhnlich nach etwa 20 die Saugung nicht mehr bedeutend abnimmt. Und dementsprechend wurden die Objekte im allgemeinen zu Versuchen erst verwendet, nachdem sie 20 bis 30° oder auch länger, mitunter mehrere Stunden, in Wasser ge- standen hatten. Das Konstantwerden der Saugung beweist freilich noch wicht mit Sicherheit, daß die Saugung der Transpiration genau ent- spricht. Andererseits muß fortschreitende Verminderung der Saugung nicht notwendig auf einem Überschuß der Wasseraufnahme gegenüber der Abgabe beruhen. Die Saugung nimmt natürlich auch ab, wenn infolge des Eindringens fester Partikelchen oder infolge des Austretens von Schleim usw. oder durch Bakterienentwicklung die Schnittfläche an Leistungsfähigkeit verliert. Ohne unmittelbare gleichzeitige Messung » Experimentelle Beiträge zur Kenninis der Wasserbewegung. 181 des Gewichtsverlustes und der Wasseraufnahme läßt sich also der Zeit- punkt, in dem Saugung und Transpiration sich eben die Wage halten, nicht bestimmen. Im allgemeinen wird dieser Zustand auch nur den Durchgang zum Welken bedeuten. Eine allgemeine Regel für die Be- handlung der abgeschnittenen Objekte kann es also nicht geben, be- sonders weil die Schnittflächen wohl bei derselben Pflanze verschieden ausfallen. Für die Versuche, wie sie unten mitgeteilt werden, genügte es zu wissen, daß die Saugung mehrere Minuten lang konstant blieb; bei den groben Änderungen, denen die Transpiration unterworfen wurde, war eine genaue Übereinstimmung zwischen Saugung und Transpiration nicht nötig. Daß es selbst bei kräftiger Transpiration mitunter mehrere Stunden bedarf, bis die Wassersaugung einer abgeschnittenen Pflanze sich auf das Maß der Transpiration erniedrigt, hat z. B. Lloyd (1908, pag. 21) des öfteren beobachtet. Zur eigenen Orientierung wurden einige Ver- suche mit Zweigen und Einzelblättern gemacht, in denen entweder nur die Gewiehtsveränderung der frisch abgeschnittenen, in Wasser stehenden Objekte durch geeignete Methoden der Wägung bestimmt oder am wägbaren Potometer Transpiration und Saugung zu gleicher Zeit gemessen wurde. Die Resultate sind natürlich sehr verschieden. In den ersten Minuten wird fast immer mehr gesaugt als transpiriert, aber das Gleich- gewicht: wird von Blättern mit saftigem Stiel viel rascher erreicht und auch überschritten als von holzigen Zweigen. Außerdem ist die Gewichts- zunahme, wie verständlich, im allgemeinen bedeutender, wenn die Ob- jekte bei warmem sonnigem, als wenn sie bei kühlem feuchtem Wetter abgeschnitten werden. Am längsten dauerte der Ausgleich bei einem Syringa-Zweig, der bei kühlem Wetter nach ausgiebigem Regen geholt wurde. Versuch 209, 10. Juli. In der ersten Kolumne stehen die Zeiten der Ablesungen, in der zweiten, mit: T bezeichnet, die in Milligramm ausgedrückten 'Transpirationsverluste in den betreffenden Intervallen, in der dritten, mit 8 bezeichnet, die gesaugten, in Milligramm umgerechneten Wassermengen. SB 91 98 920 955 946 10,38 10.48 10,5%, T. 30 40 50 50 50 250 50 50 8. 146 19 19 12 183 883 68 68 07 186 150 mo 12m 1228 T 100 150 50 50 50 8 126 209 65 59 6 60 50 370 50 © 250 10 50 50 50 mM 247 287 AD 42 AS 59 616 629 644 6,57 T. S, 60 54 0 56 u ab le Bi 56 51 182 0. Renner, Nächsten Morgen, helle Sonne auf den Vorhängen: si 821 8 8293 8 888 84 846 854 T. 50 50 100 100 100 100 100 200 8 50 4 2 Er 92 8 99 184 Von 9% a. m. bis nach 6% p. m. ist also die Saugung stärker als die Transpiration, erst nach 9 Stunden stellt sich Gleichgewicht ein. Am nächsten Morgen, als die Transpiration viel kräftiger von statten geht als tags zuvor, ist die Abgabe etwas beträchtlicher als die Aufnahme; mit der Zeit muß das zum Welken führen. 2. Abgeschnittene frische Objekte in Wasser versenkt. Wenn die Saugung ungefähr konstant war, wurde das Potometer umgedreht und die Pflanze eine Zeitlang in inverser Lage beobachtet. Eine Beeinflussung der Saugung durch die Lage ließ sich nie erkennen. Dann wurde die Pflanze rasch in Wasser unter- getaucht, Das Lagenverhältnis zwischen dem Niveau des Wassers im Tauchgefäß und dem des Wassers im Sauggefäß übte keinen wahrnehmbaren Einfluß auf die Größe der Saugung aus. Auch wenn die Saugung unter Wasser schon sehr gering geworden war, änderte sie sich nicht, wenn das Sauggefäß mehrere Dezimeter über oder unter der Kapillare aufgestellt wurde. Im allgemeinen war das Niveau in den beiden Gefäßen ungefähr gleich hoch, doch wurde nicht besonders auf Abgleiehung geachtet, 22. 21. Mai. Kleiner Zweig von Rhamnus imeretana. Kühl. In Iuftt: 65 7 7% In Wasser: 7 43 25 25 2 15 1) ı 1 1 28. 21. Mai. Zweig von Syringa. Kühl. India: 15 15 2%. ö In Wasser: 2 1 11 7 7 46 5 45 4 3(r) 25 25 2 2 2 22 8 13. Mai. Syringa. Sonnig. In Iufi: 8 8 8 85 85. In Paraffinöl: ? 5 4b & 3 85 8 25 12 2(10) 23 2 17 18 18 17 U 17 18 ER Lern. 9% Wie vorher. In Inft: 19 19 19 18 18 16 1. In wassergesättigtem Paraffindl: 12 8 7 45 5 5 4 4 4 3(10) 3 25 3 25 8 2 2 2 2; 1(80), 112. 18. Juli. Zweig von Syringa, 35 cm lang. Trüb, In Inf: 14 14 35 385 135. In Wasser: 7 5 45 35 2,75; 3(10); 18). 147. 6, August. Zweig von Syringa, 30 cm lang. War im feuchten Raum gehalten, blieb nicht lange in trockener Luft. In Infit: 24 26 26 26,5 26,5. In Wasser: 20 14,5 95 7 55 45 35 88 27 25(10) 2 18 16 16 15 18 U AL 21) ı 1 1 59, 12. Juni. Blatt von Rudbeckia Iaciniata, Stengel tags zuvor geholt. Sieht frisch aus. Tnlaf: 10998 Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 183 In Wasser: 6 55 56 48 87 83 32 25 2 2(10) 17 16 1 09 08 0,6. 68. 18. Juni. Blatt von Rudbeckia, stand über Nacht im feuchten Raum. Dann kurze Zeit in trockener Luft. In nit: 18 22 19 19 17. In Wasser: 10 ? 55 4 28 22 2 12 1 08(10) 07 07 08 085 04 04 04 0,4 0,4 0,8(20) 08 08 08 0,25 0,25 (25). 144. 6. August. Großes Blatt von Catalpa bignonioides. Im warmen sonnigen Garten geholt, rasch aufs Potometer, bald in Wasser, In Luft: 45 40, In Wasser: 22127554835 883 2500) 2 25 15 11 15 1. Ergebnis: Abgeschnittene Zweige und Blätter saugen in inverser Lage nicht mehr als in aufrechter. Sie saugen bei Versenkung in Wasser oder in Paraffinöl, also bei völliger Unterdrückung der Transpi- ration, noch beträchtliche Mengen Wasser auf, ähnlich wie bewurzelte Pflanzen. Diese langsame Verminderung der Saugung tritt unter allen Umständen ein, bei jedem Wetter und bei jedem Zustand der Pflanze. Ob hierbei den Sproßachsen oder den Blättern die Hauptrolle zukommt, ist durch Abschneiden der Blätter zu entscheiden. Dieselbe Unterscheidung ist bei Blättern zwischen Stiel und Spreite zu treffen. 3. Frische Zweige ganz entblättert. 10. 12. Mai. Zweig von Syringa, 1 m lang, tags zuvor geholt, mit erneuerter Schnitt- fläche, In Luft: 21 201919 19 19 17 1% Nun der 30 cm lange beblätterte Gipfel abgeschnitten, die Wunde rasch mit geschmolzener Kakaobutter verschlossen. Geköptt: 3 3 4 35 35 35 3 3 25 2 (10); 1800) 14 18 12 18 18 2 A111 1% 1@) 1@9. 16. 15. Mai. Syringa, 20 cm lang: 20 20 20 20. Blätter rasch einzein abge- schnitten, die Wunden mit Kakaobutter verschlossen: 1 1 0,5 0,7; weiter imied,; 4 32 8 27 3 8 16. 15. Mai. Syringa, 20 em lang. Ganz, invers: 20 20 20 20. Blätter einzeln abgeschnitten, der Zweig in Paraffinöl getaucht: 1 05 0,5; nach 10° in je 5’ 0,5 mm, also fast völliger Stillstand. 18. 18. Mai. Zweig von Syringa, 65 em lang, mit fünf beblätterten Zweig:ein, bei Regen geholt, Abgetrocknet: 19 18 18 18 17 18 16 17 7 16 16. Die beblätterten Zweiglein abgeschnitten: 2 15 15 1 1 ı 1 1 ı1 1 il 29. 26. Mai. Syringa, 53 em lang, Sonnig, aber kühl und windig. Ganz: 35 84 35 38. Der beblätterte Gipfel, 30 em lang, abgeschnitten; 2 13. 184 0, Renner, 282. 13. Okt. Lyeium barbarum, 3 m langer Zweig, in der oberen Hälfte reich belaubt. Die Blätter waren Morgens betaut, die Saugung nimmt von 9h bis 12h Mittags zu, von 50 mm auf 75 mm. Ganzer Zweig: 5 3 74 5 75 76 Der beblätterte Gipfel abgeschnitten, der Rest 135 cm lang: 7 6. 2. Juli. Sproß von Rudbeckia laciniata, 145 cm lang, mehrere Tage vorher im Garten unterwärts entblättert, dann ein Tag im Zimmer. Am 2, Juli eine Zeitlang unter der feuchten Glocke gehalten, dann 1b lang in trockener Luft. Ganzer Sproß: 26,5 26 25,5. Gipfel abgeschnitten Rest 97 cm lang: 25 25 38 3 28 2,7. 4. Frische Zweige teilweise entblättert. 10. Mai. Zweig von Syringa mit zwei ziemlich gleich großen beblätterten Seiten- zweigen. - Ganzer Zweig: 10 10 10 10. Das größere Zweiglein abgeschnitten, Wunde mit Kakaobutter verschlossen: _ 4435 385 43835 4(10) 4 35; 3,520); 45680), 5 (ih). Das zweite Zweiglein auch entfernt: mjeb: 1 05 05 10. Mai. Wie vorher. Ganzer Zweig: 8 8 8 &. Des kleine Zweiglein abgeschnitten, Wunde verschlossen: 5 45 45 5 45 45 45 5 A5(10) Ab 45 Ab 4b 4b; 45 (Bhf). Das zweite Zweiglein auch entiernt: 05 05 05 0,8. 283. 13. Okt. Lycium, 3 m langer Zweig, auf 2 m blattlos, mit zwei beblätterten, 1m bzw. 80 cm langen Zweigen. Der ganze Zweig saugt 45 nach dem Absehnei- den: 38 32, Der kleinere Zweig abgeschnitten: 23 23 22. Der zweite Zweig abgeschnitten: 3 3. 5. Frische, gestielte Blätter der Spreite beraubt. 114. 19. Juli. Großes Blatt von Paeonia, mit sehr kurzem Stielrest. Das ganze Blatt, von 517 gem Spreitenfläche, saugt: 38 35 33 34 38 34 84 Ein Seitenteil, 157 gem groß, abgeschnitten: 27 24 25 26 27 2a 24 2A 2 26 24 Der zweite Seitenteil, 185 gem groß, abgeschnitten: 17 16 16 15 15,5 14,5 14 Der Amdieil, 225 gem groß, abgeschnitten, es bleibt nur die Rhachis: 2,5 0,5 1 1. Durch die erste Operation wird die Fläche vermindert auf 70%, die Saugung auf 74%; durch die zweite die Fläche auf 44%, die Saugung auf 44%, 216. 27, Juli. Großes Blatt von Asseulus mit 7 Strahlen, steht vor dem Anfsetzen zwei Stunden in Wasser. Ganzes Blatt: 10 10 10 10 10. Vier Blättchen abgeschnitten: 4,5 45 3,5, dann 10° lang je etwa 3,8, Noch zwei Blättchen ab, das kleinste bleibt: 1 0,8. 217. 28. Juli. Blatt von Aesculus mit 7 Strahlen, Frisch geholt: 15,5 14 18, Vier Blättchen ab: 65 6 5 48 45 45, Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 185 Ergebnis: Wenn turgeszente Zweige oder Blätter der transpi- rierenden Flächen plötzlich ganz beraubt werden, fällt die Saugung augenblicklich auf ein sehr geringes Maß, um dann langsam noch weiter abzunehmen‘). Wird die transpirierende Fäche verkleinert, so ist die Verminderung der Saugung der Verkleinerung der Fläche ungefähr proportional. Im Groben erfolgt also bei Beseitigung der transpi- rierenden Flächen die Regulation der Wasseraufnahme momentan. Und das lange Nachsaugen von Blättern und beblätterten Zweigen unter Wasser muß zum überwiegenden Teil Wirkung der Blattflächen, nicht der Sproßachsen und der Blattstiele sein. Das Abschneiden weicht in dem wiehtigen Punkt von dem Ver- senken in Wasser ab, daß durch die geschaffene Schnittfläche Luft in die Gefäße bis zu einer gewissen Tiefe eindringen kann. Dieser Faktor, der die Saugung vielleicht stört, macht sich um so weniger fühlbar, je länger der Zweig ist. Daß er aber keinen wesentlichen Febler in den Versuch bringt, beweisen die unten mitzuteilenden Beobachtungen an welken Zweigen (vgl. pag. 189). Wenn nach dem Abschneiden der Blätter die Saugung auch sehr weit vermindert ist, so steht sie doch keineswegs still Auf.Rechnung der noch möglichen Transpiration ist dieses Nachsaugen sicher nicht zu setzen; die Saugung müßte dann konstant bleiben, während sie regelmäßig noch weiter abnimmt. Zudem ist durch Wägung leicht nachzuweisen, daß von dem gesaugten Wasser der größte Teil in dem entblätterten Zweig verbleibt. 81. 27. Mai Von einem Syringa-Zweig wurden in einem Garten die Laubzwoige abgeschnitten, dann der Zweig selbst abgenommen, und die beiden Schnittflächen wit weichem Wachs verklebt, Darauf der 50 cm lange Zweig mit Vaseline einge- rieben, gewogen und aufs Potometer gesetzt, Tr saugt jetzt: 3 3,5 3 2,5 25 25; 2(10); 1080); 0,5 (60). In 48h zusammen 342 mm = 0,89 g. Das Gewicht ist nach 48% um 0,29 g größer als zuvor, also sind durch Transpiration von dem gesangten Wasser 0,10 g verloren gegangen. 85. 29. Mai. Ein anderer 52 cm langer Zweig ähnlich behandelt, nicht: mit Vaseline bestrichen. Sein Gewicht ist: 31 30° 5.10 6.28, nächsten Morgen 8.15 11,79 g 198g 1988 12,00 8. 39. Ein Zweig von Syringa entblättert für 2h in Wasser gestellt, dann mit ge- schmolzener Kakaobutter bestrichen und aufs Potometer gesetzt. Er saugt, trotz- 1) Ein plötzliches Aufhören der Wasserbewegung bei Entblätterung hat auch Vesque (1883, pag. 7) gefunden, der dem Saugwasser feinen Niederschlag von Kalkozalat beimischte und die Bewegung der suspendierten Teilchen mit dem Mikro- skop beobachtete. 186 O, Renner, dem die Transpiration fast vollkommen verhindert ist, in 2 Tagen 350 mm oder ungefähr ehensoviele Milligramm, Es unterliegt also keinem Zweifel, daß auch in blattlosen Sproß- achsen die Wasseraufnahme nicht augenblicklich genau nach der Wasser- abgabe reguliert wird. Eine grobe Einstellung dagegen erfolgt, wie oben dargelegt, außerordentlich rasch. Das gilt für Objekte, die gut mit Wasser versorgt und turgeszent sind. Wie welke Pflanzenteile sich erhalten, ist aus dem folgenden zu ersehen. 6. Die Saugung welker Objekte bei der Darbietung von Wasser. Fürs erste ist wieder nötig zu wissen, wie Pflanzenteile, die durch Abschneiden der Wasserzufuhr welk geworden sind, bei wieder ge- gebener Möglichkeit der Wasseraufnahme sich verhalten. 282. 13. Okt. Von einem Zweig von Lycium wurde im Zimmer der 150 em lange Gipfel abgeschnitten und nach kurzem Aufenthalt in der Luft in Wasser gestellt, Nach etwa 20 Minuten wurde er aufs Potometer gesetzt, und während der ganze Zweig vorher 75 mm gesaugt hatte, saugte der Gipfel jetzt: 50 44 41. Nun wurde ein kurzes Stück unter Wasser abgenommen: 69 61 bb 52 49 46. Nach zwei Stunden: 20 20 20, Nun 15 em unten abgenommen und rasch der Zweig wieder aufgesetzt: 164 133. 12. 14. Mai. Zweig von Syringa, 65 cm lang, mit unverschlossener Schnittfläche ohne Wasser ausgelegt, bis die Blätter deutlich welk sind. Nun ohne Erneuerung der Schnittfläche aufs Potometer: 17 15 18. 136. Zweig von Syringa, 60 em lang, bei Regen geholt, im Zimmer im Laufe einer Stunde abgetrocknet. Saugt frisch: 21 21 21 19. Nun abgenommen und zum Welken ausgelegt, nachdem die Schnittfläche mit geschmolzener Kakao- butter verschlossen. Nach 30° unter Wasser 5 cm abgeschnitten, der Zweig wieder aufs Potometer gebracht. Er saugt jetztin je'y,': 71 53 48 48 89 86 34 3 Eh Ba a 191m 1 ie 1a ie Danninjel’: 28 26 24 28 22 22 21 20 20 20 18,5 18,5 18 18 175 18 18 17,8. Nach 3h injeT': 21 20 20 20. Nun wieder abgenommen, mit Kakaobutter zum Welken ausgelegt, nach 30 unter Wasser um 2!', cm gekürzt, wieder aufgesetzt; saugt in der ersten Viertelsminute, die beobachtet werden kann, 62 mm, in den beiden nächsten halben Minuten je 67 mm. 183. 29. Juli. Ein Blatt von Oatalpa saugt frisch: 14,5 145 145 145 145. Jetzt der Stiel mit Kakaobutter verschlossen. Nach 18° ein mehrere Zentimeter langes Stück des Stiels unter Wasser abgeschnitten, das Blatt wieder aufgesetzt: ? 29 di 36 86 34 80 25 35 27 (0) 18 18 10 95 85 8 8 75 75 8 (20) 85 835 82 8,5; 9 (40) 10 9,5 9,5 10 9,5; 115 (nss‘), 135. 80. Juli. Ein Blatt von Catalpa, seit mehreren Stunden im Zimmer, saugt frisch: 145 145 14,5 14 145 Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 187 Nun mit Kakaobutter verschlossen zum Welken ausgelegt. Nach 20° vom Stiel 7 em unter Wasser abgeschnitten, das Blatt wieder aufgesetzt. Es saugt nun in je 1, 84 80 24 20 20 16 14 125 115 10 9 85 8 7,5; dam injel: 185 12 11 105 105 10 9 0 10 95 95 10; nach 1h45° mjel': 158,5 15,5. 110. 16. Juli. Blatt von Paeonia, saugt frisch: 29 29 29 28 26 27. Nun mit Kakaobutter verschlossen zum Welken ausgelegt. Nach 22° der Stiel unter Wasser gekürzt, das Blatt wieder aufgesetzt: inje';,'29 28 20, danninjet’ 36 32 29 26 24 22 21 195 18 175 165 165 16 185 16 145 14 135 35 3 25 3 25 25 2 uU5 115 12 11 11 11 1085 10 (40) 95 10 95 9 95 95 9 9 9 9; 71550) 65 7. Das Blatt wurde dann in einen feuchten Raum gebracht und saugte, als es am dritten Tage mit erneuerter Schnittfläche wieder aufgesetzt wurde, 26 28 28 27 28 28; 24 (20). 108. 18. Juli. Stengel von Rudbeckia, seit einem Tag im Zimmer, saugt frisch: 10 10,5 105 10 10. Nun ohne Verschluß der Schnittfläche zum Welken ausgelegt, nach 1b nach Br- neuerung der Sehnittlläche wieder aufgesetzt: 17,5 18 19,5 19 20 20 195 295 19 1918 175 1275 175 165 16 155 145 14 15 1235 125 125 15 15 1 110 10% 8(0) 7050). Ergebnis: Welk gewordene Stengel und Blätter saugen, wenn die Schnittfläche während des Welkens vor dem Eindringen von Luft geschützt war und nach dem Welken unter Wasser erneuert wird, mächtig an, zunächst viel stärker als sie im frischen Zustand saugten. Die Saugung vermindert sich rasch und fällt unter das Maß, das sie am frischen Objekt hatte. Mit der Zeit kann die Saugung wieder steigen, entsprechend dem Wiederstraffwerden der Blätter, die wohl die vorher geschlossenen Spaltöffnungen öffnen; durch längeren Aufenthalt im feuchten Raum kann ein angewelktes Objekt, das nach dem starken Ansaugen nur noch schwach saugte, sogar wieder zu kräftigem Saugen gebracht werden (vgl. Versuch 110). Auch wenn während des Welkens die Schnittfläche unverschlossen bleibt, kann bei Erneuerang der Schnitt- fläche ein kräftiges Ansaugen stattfinden; die negativen Spannungen im Gefäßinhalt, auf denen das Ansaugen wohl beruht, stellen sich also auch bei offener Schnittfläche ein und vermögen sich nicht durch Ein- saugen von Luft, sondern nur dureh Einsaugen von Wasser ganz aus- zugleichen. Das letzte ist schon seit den grundlegenden Untersuchungen v. Höhnels bekannt; daß die in die Sehnittfläche eindringenden Mengen von Luft trotzdem beträchtlich sein können, hat Strasburger durch Messung der Luftsaugung festgestellt (1891, pag. 688). Flora, Bd. 108, 13 188 0. Renner, 7. Die Saugung weiker Objekte bei Unterdrückung der 12. 1%. 186. Transpiration. 13. Mai, Zweig von Syringa, 65 cm lang, mit unverschlossener Schnittfläche zum Welken ausgelegt. Saugt nach dem Aufsetzen: 17 15- 18. Nun der Gipfel abgeschnitten, der blattlose Restistö2emlang: 7 88.7765 55 6 55 5 (10); 420); 9,5 (80); 2,5 (40) 2 (46). Der Zweig blutet oben von der 8. Minute an. 15. Mai. Zweig von Syringa wie vorher, 78 em lang. Saugt welk: 19 15. Ge- köpft, Rest45 cmlang: 18 18 12 11 95 85 8 776(10)65 5 dann 10’ lang je etwa 3,5; dann 15’ lang je etwa 2. Zweig von Syrings, mit verschlossener Schnittfläche welk geworden, saugt nach Erneuerung der Schnittfläche in der ersten Viertelsminute 62, dann in je !/,'; 67 67. 54 64 110. 134 Geköpft, Rest 36 emlang: 9 7 6 55 45 4 4 55 8 3(10) 8 2,5 25 25 252222200) 2 18. 11. Juni. Stengel von Polygonum sachalinense, 56 em lang, mit fünf Blättern, von denen die drei unteren sehr groß. Welk aufgesetzt: 16 16,5 17 15 18 12. Des unterste Blatt abgeschnitten: 10 9. Das zweite Blatt abgeschnitten: 9 8 IE TE IT T5T Das dritte Blatt abgeschnitten: 6,5 6,5 6 6. Der Gipfel mit den zwei letzten Blättern entfernt: 5,5 5,5 55 45 5 45 4 4 35 A(10)5 3.8); 3 (20); 3 (40). 17. Juni. Welkender Stengel von Rudbeckia, 90 cm lang, mit drei großen und drei kleinen Blättern. Ganzer Sproß: 37 37 38 57 37 36 36. Nun ein 14 em langes Stück unten in heißem Wasser getötet: 32 83 32 32 29 30 28 27 28 26. Die drei großen Blätter abgeschnitten: 23 21 20. Der Gipfel mit den drei kleinen Blättern abgeschnitten: 18,5 17,5; in den folgenden 10° durchschnitt- lich 15; dann 9,5 85 8.(18); 4,5 (60). . 16. Juli. Großes Blatt von Paeonia, das frisch über 30 mm saugte, war mit ver- schlossener Schnittfläche zum Welken ausgelegt, dann mit erneuerter Schnitt- fläche aufgesetzt. Die Saugung fiel in 2% von 52 mm auf 6,5 mm. Nun invers in Wasser: 7 62 68 65 65 6 6 6 55 55 (10) 6 55 55 5 5BbA7 55 Ad) Aa AABE 32 3 8 27 270) 37 22 22 22 16; 16(40) 16 16 18 13 12 12 1 1 11600) 17. Juni. Ein Blatt von Rudbeckia mehrere Stunden lang im feuchten Raum gehalten, dann wenige Minuten auf dem Potometer in trockener Luft: 18 20 23 22,5. Nun in Wasser versenkt: 8,5 ? 8 17 15 1 1 18 08 090) 08 0,8; 0,5(15) 0,2 02. Ein anderes Blatt von Rudbeckia stand in Wasser, während der Stiel durch eine Klemmschraube zusammengepreßt war. Dann der Stiel über der geklemmten Stelle unter Wasser abgeschnitten und das Blatt aufgesetzt: 10 9 9 8 8 & In Wase: ?8443825 215 1710) 16 12 15 1 1 1 08 07 06 0620) 06 08. 80. Juli. Blatt von Catalpa bei Regen geholt, naß aufgesetzt und rasch in Wasser versenkt: in den ersten 8° zusammen 6,5; daun 1 1 1 1 105 0,5(10) 05 0,5. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 189 Aus dem Wasser genommen und abgetrocknet: 15 15 15 14 15. Für 15 zit: verschlossener Schnittlläche zum Welken ausgelegt. Dann 2 om vom Stiel unter Wasser abgeschnitten, das Blatt aufgesetzt, rasch in Wasser versenkt: ? ? 87 2819 15 105 9 55 5,5(10) 4 4 35 32 25 95 28 22 2 280) 15. Ergebnis: Bei welken Objekten erfolgt die Regulation der Wasser- aufnahme viel langsamer als bei turgeszenten. Bei Versenkung welker Blätter unter Wasser vollzieht sich der Abfall der Saugung sehr all- mählieh. Und auch welke Sprosse saugen nach dem Köpfen lange Zeit energisch fort; diese Tatsache beweist, daß durch das Anbringen einer Schnittfläche, wenigstens bei beträchtlicher Länge des bleibenden Stückes, die Saugung am unteren Ende nicht wesentlich beeinträchtigt wird (vgl. pag. 185) und steht außerdem im Einklang damit, daß mit. offener Schnittfläche welk gewordene Objekte noch ganz wohl zu saugen vermögen. Die Luft dringt beim Köpfen in den geöffneten Gefäßen etwa höchstens bis zur. nächsten Querwand vor, wenn kapillare Kräfte das Zurückweichen des Wassermeniskus nicht schon vorher verhindern. Und deswegen können negative Spannungen in einiger Entfernung von der Schnittfläche nicht durch Einsaugen von Luft, sondern nur durch Einsaugen von Wasser sich ausgleichen. Wenn vollturgeszente, aus dem Regen geholte Objekte unter Wasser fast gar nicht, angewelkte sehr stark saugen, so läßt sich die Geschwindigkeit der Regulation bei unterdrückter Transpiration ge- radezu als Kriterium für den Turgeszenzzustand verwenden. Normal turgeszente, längere Zeit in Wasser stehende Zweige und Blätter saugen nun unter Wasser immer beträchtlich nach, sie müssen also vom Zu- stand der höchsten Wassersättigung immer mehr oder weniger weit, entfernt sein. Das ist nur möglich, wenn beim Übergang aus Bedin- gungen, die der Wasserabgabe nicht günstig sind und zu voller Sätti- gung führen, in solche, die eine ausgiebige Transpiration erlauben, ein Defizit zwischen Aufnahme und Abgabe von Wasser sich einstellt. Nach diesem Defizit wird in den folgenden Experimenten gesucht. 1. Regulation der Wasseraufnahme bei plötzlich einsetzender Transpiration. - Um die Transpiration weit herabzusetzen und sie doch wieder augenblieklich in Gang setzen zu können, wurden die Objekte nicht in Wasser versenkt, sondern in einen dampfgesättigten Raum gebracht. Bei der Überführung in den Dampfraum nimmt die Saugung meistens in ähnlichem Tempo, vielleicht etwas langsamer, ab als bei der Ver- senkung in Wasser. 13* 190 0. Renner, Wenn die Blätter nicht von kondensiertem Wasser bedeckt sind, wird die Transpiration beim Übergang des Objekts aus feuchter in troekene Luft wohl vom ersten Augenblick an in voller Stärke ein- setzen. Mit Hilfe der Wage kann der Gewichtsverlust leider nicht für so kleine Zeiträume bestimmt werden, wie die Saugung mit dem Poto- meter. Doch war es immerhin möglich, den Gewichtsverlust etwa von der 3. Minute an in Intervallen von 2 Minuten zu messen. Dabei ergab sich wirklich Konstantbleiben des Verlustes, oder sogar Abnahme, nämlich wenn wegen schlechter Beschaffenheit der Schnittfläche Welken eintrat. Es darf also angenommen werden, daß die Transpiration schon in der 1. Minute die maximale Höhe erreicht. 1. Die Saugung an der Schnittfläche. Die auf dem Potometer stehenden Objekte wurden, wie auf pag. 176 angegeben, aufrecht oder invers in einen dampfgesättigten Raum gebracht. Wenn die Saugung sehr weit vermindert war, wurden sie aus dem feuchten Gefäß befreit und durch kurzes Fächeln die feuchte Luft in der Nähe der Blätter entfernt. 7. 12. Mai. Syringa, 30 em lang, aufrecht. Die Saugung ist im verdunkelten Dampf- " raum von 15 auf 1,5 zurückgegangen. Geöffnet im Lieht: 2,7. 38 5 6,5 9 ı 2 2 12 170) 16 16 17 17 18(16). 20. 18. Mai . Syringa, 80 em lang. Saugt offen im Licht: 10 9 9. Im Dampf- raum, verdunkelt: 6 5b 4 45 4 35 4 8 8; 1,5(15°%). Geöffnet im Jicht: 4 55 55 6 65 75 788 786. 86. 2. Juli. Stengel von Rudbeckia, 145 cm lang. Die Saugung ist im dunkeln Dampi- raum von 27 auf 3,5 gefallen. Offen im Licht: 7,38 82 105 12,7 148 15 I 175 185 20 (10) 20 20 21 21 9? 85 23,5 3,5 24 24 (20) 2a 24 235 2Bib 255 245 25 26 25 2580) 25 26 265 26,526 25 26,5. Der verkleinerte Gipfel desselben Sprosses, 40 em lang, saugt offen im Licht: 175 165 175 165 16,5. Im Dampfraum fällt die Saugung auf 1,3. Nun offen im Licht: 3 55 85 8:11 115 12 12,5 125 18,5(10) 13,8 13,8 14 15 15 15 16 16,5 14 15,5(20) 16,5 15,5 16,5 15,5 15 15,5. 169. 19. Mai. Syringa, 40 em lang, aufrecht. Saugt im Dampfraum: 2,5. Offen, aufrecht: 43 8 11,7 155 17 19 0 m 28 245(10) 245 25,5 26 26,5 27 27 27 27 28 27,520). Offen, invers: 27. Im Dampfraum, invers, nach 30°: 2,8 2,2. Offen, invers: 4 1 12 185 165 18 185 19 195 21(10) 21 21 21 22 28 28° Ba Mm m 235 285 225. Am nächsten Tag im Dampfraum, ohne Erneuerung der Schnittkläche: 1. Often, invers: 1 1,6 25 3 45 45 55 6 7 7,5(80); 8 9 9 9,5 10 105 105 1 15 11500; 22 125 125 3 135 185 135 185 14 14,5(80); 145 145 15 145 16 15 165 15 155 15,540). 75. 22. Juni. Blatt von Oatalpa, tags zuvor geholt, aus dem Dampfraum genommen und aufgesetzt: 8 11 18 18 20 24 26 27 80 28(10) 29 80 81 Experimentelle Beiträge zur Kenntuis der Wasserbewegung. 191 80 29 29 29 29 28 29(0); 27 20 30 30 29 28 28 26 27 27 0); 27 27 27288 2. 145. 6. August. Blatt von Catalpa. Saugt im Dampfraum: 0,6. Offen, invers: 1,5 . 18 45 9 10 95 9,5 10 11 105(10) 10,5 9,5. 146. 6. August, Blatt von Catalpa. Wagrecht im Dampfraum, Die Saugung ist von 16 auf 2,5 zurückgegangen. Offen, wagrecht: 5,5 6 8 10 10 115 115 13 12 14(10) 18 128,5. 1465. 6. August. Dasselbe Blatt. Im Dampfraum ist die Saugung wieder auf. 0,5 zurückgegangen. Offen, wagrecht: 25 4 5 55 89 10 0 1 15 ı ı ıl Jetzt invers in Wasser: 6 5 5 25 4 25 2 18 18 12 ı 1 Beim Öffnen wird bis zur Erreichung des dann konstant bleibenden Wertes 11 in 9 gesaugt 66 mm anstatt 9 . 11 = 99 mın; Defizit 33 mm. Unter Wasser werden in 11’ 32 mm nachgesaugt, wobei die Saugung pro 3’ auf 1 mm fällt. 147. 6. August, Syringa, 80 em langer Zweig. War über Nacht im feuchten Raum, saugt Morgens 8,8 2,2 2,6. Ofien, invers: 8,5 8 18,5 15 18 19 215 235 22 24 26 25 25,5 26,5. In Wasser versenkt: 2 145 95 7 55 45 35 85 2,7 25 2 18 16 16 1518 11 11 ı 1 11 Beim Ansaugen eine konstante Transpiration von 25 mm angenommen, ist das Defizit 82 mm. Seugung unter Wasser in den ersten 16 Minuten: 70 mm. Saugung bis zur Erreichung von 2,5 mm pro Minute: 50 mm. Ergebnis: Wenn beblätterte Zweige oder Einzelblätter aus einem dampfgesättigten Raum plötzlich in trockene Luft kommen, ist allerdings schon in der 1. Minute die Wasseraufnahme größer als sie vorher im Dampfraum war. Aber das Maß der Saugung, das dann konstant bleibt, wird erst im Laufe einiger Minuten erreicht; bei Einzel- blättern rascher als bei beblätterten Zweigen, und bei Objekten mit guter Schnittfläche rascher als bei solchen mit mangelhafter (Versuch 169, pag. 190). Ein beträchtliches Ansteigen über das dann konstant blei- bende, wohl der Transpiration entsprechende Maß findet: nicht statt, Es muß sich also immer ein Defizit zwischen Transpiration und Saugung einstellen, das der Pflanze erlaubt, bei Verhinderung der Wasserabgabe kräftig nachzusaugen, auch wenn sie nur wenige Minuten lang in trockener Luft transpiriert hat. Es fragt sich nun, wie und wo dieses Defizit zustande kommt. Die nächste Vermutung ist die, daß die transpirierenden Blattzellen aus den Leitbahnen erst dann Wasser entnehmen können, wenn ihre Wassersättigung etwas unter ihre maximale Höhe gesunken ist, Aber mindestens neben diesem Vorgang, der das Ansaugen in troekener Luft zu verzögern imstande wäre, könnte ein anderer Faktor eingreifen. Wir wissen noch nicht, wie rasch eine Saugwelle in den Leitbahnen sich fortpflanzt, und bei dem Luftgehalt der Gefäße und dem beträcht- 192 O. Renner, lichen Reibungswiderstand, den das Wasser bei seiner Bewegung zu überwinden hat, ist es wohl denkbar, daß in den obersten Teilen der Leitbahnen, die an die Wasser verbrauchenden Zellen angrenzen, schon kräftige Wasserströmung herrscht, während der Inhalt der weiter ab- liegenden Gefäße nur langsam in diese Bewegung hineingezogen wird. 2. Die Fortpflanzung einer Saugwelle vom Ort der Wasser- entnahme zur Schnittfläche. Die beim Köpfen von turgeszenten Objekten gemachten Erfahrungen sprechen. sehon dagegen, daß die Saugwelle sich so langsam von oben nach unten fortpflanzt. Wenn das der Fall wäre, müßte sich in der Sproßachse ein Defizit ergeben zwischen Wasserabzabe am oberen und Aufnahme am unteren Ende. Und dieses Defizit: würde sich in einem deutlichen Nachsaugen nach der Entblätterung zu erkennen geben. Ein solehes Nachsaugen findet aber in nennenswertem Maße nicht statt, wenn der Sproß turgeszent ist. Und das höchste Maß der Turgeszenz gewinnen die Objekte natürlich ira feuchten Raum. Daß das Nachsaugen auch dann fehlt, wenn ein Sproß während des Ansaugens in trockener Luft geköpft wird, zeigt der nächste Versuch. 186. 5. Juni. Zweig von Syringa, 90 cm lang, saugte im dampfgesättigten Baum zur noch: 8 8 23,5. Ofen: 7,5 9,5 15 17,5 21. Geköpft, Rest 54 cm lang: 25 25. . Die Geschwindigkeit, wit der im turgeszenten Zweig eine Saug- welle sich fortpflanzt, muß aber auch unmittelbar demonstriert werden können. Es genügt, auf das obere Einde eines Zweiges eine konstante Saugung von bekannter Größe auszuüben und zu verfolgen, wie rasch von der unteren Schnittfläche des Zweiges Wasser aufgesogen wird. Zu dem Zweck wurden frische Zweige in den beblätterten Gipfel und den blattlosen Teil zerlegt und in einer Weise wieder aneinander- gekoppelt, daß die Saugung des beblätterten „Saugzweiges“ auf den blattlosen „Schaltzweig“ übertragen werden konnte. Zur Registrierung dienten zwei Potometer, das obere von der Art, wie Figur i es darstellt, das untere ohne den Dreiwegehahn zwischen Kapillare und Sauggeläß. Auf dem unteren Potomeier steht der blattlose Schaltzweig, der mit seinem oberen Ende in das Hahnstück des oberen Potomesters eingesetzt wird, wie in der Figur 1 die zur Aufnahme von Quecksilber bestimmte Röhre. Auf dem oberen Potometer stebt der beblätterte Saugzweig, der zuerst aus seinem zugehörigen Sauggeläfi Wasser schöpft, aber nach entsprechender Drehung des Hahaes durch den Saugzweig hindurch saugen muß. Um Platz zu sparen, wird das Sauggefäß des unteren Potometers unter dem T-Stück des oberen Potometers angebracht. Jede Kapillare hat ihren Luftindex, der im einen Potometer von links nach rechts, im anderen in umgekehrter Richtung läuft. An jedem Potometer wird in Zwischenräumen von 1’ abgelesen; die Ablesungen von den beiden Potometern liegen um !/,' auseinander. In einer längeren Reihe von Versuchen wurde zunächst das Ergebnis gewonnen, daß die vom Saugzweig ausgeübte Sangung sich durch den Schaltzweig auffallend lang- Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 193 sarı fortpflanzte, und daß, wenn die Verbindung zwischen Saug- und Schaltzweig wieder aufgehoben wurde, dieser beträchtlich nachsaugte. Die Erscheinung beruhte aber auf einem Fehler des Apparates. Die Verbindung zwischen Hahnstück und Schaltzweig wer nämlich durch ein kurzes Stück Gummischlauch hergestellt. Wenn nun der Schalt- zweig eingeschaltet wurde, zog sich zunächst der Schlauch etwas zusammen, bevor das Wasser mit voller Geschwindigkeit durch den Schaltzweig befördert wurde, und es trat deshalb unten weniger Wasser in den Schaltäweig ein, als oben durch den Saugzweig aus dem Schlauch entnommen wurde. Und beim Ausschalten dehnte sich der Schlauch wieder ans, wobei er Wasser durch den Schaltzweig saugte. Der Fehler wurde dadurch beseitigt, daß der Schlauch durch eine kurze Glasröhre ersetzt wurde, in die sowohl der Schaltzweig wie das Hahnstück mit Hilfe von Gummi- strümpfen eingesetzt wurden. 237, 10. August. Zweig von Syringa, 85 cm lang, stand 5 lang in Wasser. Dann der 50 cm lange Gipfel unter Wasser abgeschnitten, als Saugzweig verwendet, das 35 cm lange blattlose Stück als Schaltzweig verwendet. — Die Kapillare des unteren Potometers ist etwas enger als die des oberen. Saugzweig allein: 138,5 185 13 13 125. Eingeschaltet: . Saugzweig: 105 11 105 11 1 15 115 11 118. Schaltzweig: 8 ı 9 1 15 u5 12 12 12% Ausgesehaltet: Saugzweig: 143 1385 13 25 125 8 125. Schaltzweig: 6 05 08 04 04 0,4 Eingeschaltet: Saugzweig: 95 10 105 1 11 1 15 115 115 Schaltzweig: 65 9 WB ı 15m 2 2 185. Ausgeschaltet: Saugzwig: 4 4 3 3 13 195 125 125. Schaltzweig: 5 05 0,5 04 0,4 0,4 Ergebnis: Wenn die Saugung des Saugzweiges auf den selber nicht saugenden Schaltzweig übertragen wird, so saugt dieser sehon in der 3. oder 4. Minute ebensoviel wie der Saugzweig. Nach dem Aus- schalten saugt der Schaltzweig nur ganz kurz und schwach nach. Die Verzögerung, die beim Einschalten immerhin vorhanden ist, beruht zu einem Teil darauf, daß die als Index dienende Luftblase des oberen Potometers sich eine Zeitlang ausdehnt, bis ihr Volumen dem vermin- derten Druck entspricht‘). Ein Nachsaugen kann die Kontraktion der Luftblase nicht zur Folge haben, weil durch das Ausschalten die Ver- bindung zwischen Luftblase und Schaltzweig aufgehoben wird. Auch ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß am Apparat, mit seinen Gummi- 1) Durch Verwendung einer kurzen Quecksilbersäule an Stelle einer Luftblase ließe dieser Übelstand sich beseitigen. . 194 0. Renner, verbindungen sich doch kleine Verschiebungen ergeben, wenn der Druck im Verbindungsstück sich erniedrigt. Solche Fehler werden vermieden, wenn anstatt eines Saugzweiges die Saugung einer Pumpe verwendet wird. Die Saugung einer Wasser- strahlluftpumpe wurde durch einen Hahn plötzlich auf die obere Sehnitt- fläche eines blattlosen Zweiges übertragen, der, ohne selbst beträchtlich zu saugen, auf dem Potometer stand, und dabei war die Saugung des Zweiges mitunter schon in der 1. Viertelsminute so stark wie nachher {vel. unten Versuch 225). Die Saugwelle pflanzt sich also mit großer Geschwindigkeit fort. Dem entspricht, daß beim Aufkören der Pump- wirkung auch die Saugung des Zweiges sehr bald still steht, wenn durch Abnehmen des Schlauches zwischen Pumpe und Zweig dafür ge- sorgt wird, daß nicht über dem Zweig ein Vakuum erhalten bleibt. Auffallend ist immerbin, daß der Stillstand lange nicht so plötzlich er- folgt wie das Ansaugen. 225. 30. Jui. Blattloser Zweig von Syringa, 60 em lang. Pumpe eingeschaltet: 27 80 80 28 29 28; eingeschaltet:, in je 4, 18,5 18,5, danninje1l’ 28 27 27 26,5 26,5. eingeschaltei; in je’, 7 7 8 7, dauninje', 155 18,5 15 18 14 18,5. 894. 21. Juni. Syringa, 65 em lang. Pumpe eingeschaltet: 28,5 285 29 28. ausgeschaltet: in je ‘/, 2,2, danninjet’ 1,6 1,7; eingeschaltet: 26,5 27,5 28; ausgeschaltet: 42 2,6, Nun der Zweig auf 38 cm gekürzt. Pumpe eingeschaltet: 55 55 54; ausgeschaltet: inje ','55 25 2 18 12. Nach diesen Erfahrungen darf als sicher angenommen werden, daß das langsame Ansteigen der Saugung beim plötzlichen Übergang von schwacher zu starker Transpiration nicht auf der langsamen Fort- pfanzung der Saugwelle beruht, sondern tatsächlich der Ausdruck dafür ist, daß die Blattzellen erst wenig und dann immer mehr Wasser aus den Leitungsbahnen entnehmen. Weil sie aber gleich von Anfang an mit voller Stärke transpirieren, vermindert sich ihr Wassergehalt. NL. Die Regulation der Wasserbewegung in toten Objekten. Es wird von Interesse sein zu erfahren, wie die Verhältnisse der Regulation sich in toten Objekten stellen, im Vergleich mit den bisher behandelten lebenden. Zwingende positive Schlüsse über die Art der Wasserbewegung in der lebenden Pflanze werden sich aus solchen Ver- Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 195 suchen freilich nicht ziehen lassen, weil die Veränderungen unbekannt sind, die im leitenden Körper bei der Abtötung eintreten. Und wenn nun dieselbe Erscheinung im toten wie im lebenden Objekt sich zeigt, so können trotzdem die Ursachen für das gleiche Verhalten in den beiden Fällen verschieden sein. Stengel- und Zweigstücke wurden meist durch Kochen in Wasser oder durch Behandlung mit heißem Dampf getötet. Das Kochen erfolgte in einer unten verschlossenen, senkrecht an einem Stativ befestigten Röhre. Wenn nur ein Stück des Zweiges ohne den untersten Teil getötet werden sollte, so wurde der Zweig mit Gummi in einer doppelt U-förmigen wassergefüllten Röhre befestigt, auf einen Blechkessel gelegt, in dem Wasser kochend erhalten wurde, und mit: dem Deckel bedeckt: die Blätter wurden durch Um- hüllung mit einem Tuch vor Dampf und heißer Luft geschützt. Nach dem Versuch wurde immer geprüft, ob die mit Hitze behandelten Teile wirklich bis zur Markkrone verfärbt, also tot waren. Blätter, die durch heißen Dampf getötet werden, fallen meistens ab. Besser ist der Aufenthalt in einer mit Chloroformdampf gesättigten Raum; als Anzeichen des Todes galt die vollständige Braunfärbung der Blätter. 71. 20. Juni. Zweig von Syringa mit: acht Blättern zuerst in Chloroformdampf gehalten, dann in Phenollösung gestellt, um auch die Sproßachse abzutöten, Aufrecht in Luft: 6 6 55 55 5,5 5,5. Unter der feuchten Glocke: 5 5 45 45 45 4 3,8 4 3,7 8,5(10) 35 33 34 32 3 3 8 27 2,7 2,7(20); 2(40); 11h 20). Jetzt wieder offen: 18 14 1,8 16 1,7; 7 lang je 2; 2,5; nächsten Morgen 4 4 4 4. Jetztinvers,in Luft: 45 45 45 4,5. Jetztin Wasser versenkt: 4 4 4 4 83 87 33 32 8 82(10) 28 8; 2,5(18%; 1,5 (60); 1(1h 20°). 79. 26. Juni. Blatt von Catalpa, tot. Aufrecht im Iuft: 45 4 3,5 3,5 3,5. Invers u Wasser: 45 45 4 4 85 85 8 8 3 3(10)%5 2020; 16 (0); 140); 0,6(60); O,4(2h); 0,16(8h); O,L(ah). 158. 10. Sept. Totes Blatt von Cedrela. Aufrecht in Luft: 5,5 4,8 5. Invers: 8 8888 8 Aufrecht: 5 5 5 5. Inven: 9 85 85 85. Invers im feuchten Raum: 65 65 6,5 5,5 6 5,5; 1,5(45'). Wieder offen: 25 3 85 35 85 A5 4 45 45 45(10) 45 5 5. In Wasser ver- senkt: 338 3 25 15 15 08 0,7 05 04. 154. 11. Sept, Totes Blatt von Cedrela. Aufrecht in Luit: 2 2,8 2,4. Invers in Luft: 45 45 45 45. In Wasser versenkt: 5 3 3,5; 118). 161. 7. Okt. Zweig von Ulmus eampestris, 60 em lang, das 38 cm lange blattlose Stück tot, der 25 em lange beblätterte Gipfel lebend. Die Rinde des toten Stücks von außen befeuchtet, um Transpiration zu verhindern. Saugt mit den Blättern: 5 48 45 42 4,3. Der Gipfe abgeschnitten, der 30 cın lange Rest toi: 2,2; dann 7° lang je etwa 1,6; dann 40’ lang je 1. 162. 8. Okt, Stengel von Aster Novi Belgüi, 70 cm lang, die oberen 26 em beblättert, im blattlosen Teil abgetötet. Rinde befeuchtet. Mit den Blättern: 6 55 4,5 5. Gipfel ab, Rest 35 em lang, tot: 2 17 15 1 1 1 12 18 12 12. 230. 4. August. Zweig von Syringa, 50 cm lang, die Blätter durch Okloroform getötet, die Achse lebend. Kommt aus dem feuchten Raum: 3,8; 410); 5(16%; 622); 9 (8); 10(85); 121618); 18(1080). 196 O. Renner, Ergebnis: Tote Blätter saugen viel schwächer als lebende und auch lebende Blätter an einem durch Hitze getöteten Zweig saugen auffallend wenig; das dürfte wohl mit auf dichtem Spaltenschluß be- ruhen. In inverser Lage saugen tote Blätter immer deutlich mehr als in aufrechter, die Lage wirkt-also ganz anders als bei lebenden Ob- jekten (vgl. oben pag. 183). Die Regulationsvorgänge verlaufen bei toten Pflanzenteilen in derselben Weise wie bei lebenden: wird die Tran- spiration der toten Blätter durch Überführung in dampfgesättigte Luft oder in Wasser unterdrückt, so nimmt die Saugung nur langsam ab. Bei Entblätterung fällt die Saugung der toten Sproßachse augenblicklich auf ein geringes Maß und nimmt dann langsam weiter ab. Wenn tote Blätter, die im Dampfraum sehr schwach saugen, plötzlich in trockene Luft zurückversetzt werden, so nimmt die Sauguug langsam zu. Für die Auffassung der Regulationsvorgänge an lebenden Objekten läßt sich daraus der Schluß ziehen: das Nachsaugen bei Unterdrückung der Transpiration durch Entblätterung muß nicht auf der Pumptätig- keit lebender Zellen in den Leitbahnen beruhen, sondern kann ganz durch Vorhandensein negativer Gasspannungen, die sich langsam aus- gleichen, hervorgerufen werden. Eine sichere Entscheidung gegen die Beteiligung lebender Zellen läßt sich aber aus dem Ergebnis der Ver- suche nicht entnehmen. Der negative Druck, der das Nachsaugen hervorruft, braucht dabei keineswegs in allen Leitbahnen vorhanden zu sein. v. Höhnel (pag. 109) und Strasburger (1891, pag. 712; 1893, pag. 55) haben zur Genüge betont, daß der negative Druck auf einzelne Gefäße beschränkt sein kann. Auch am Potometer läßt sich das leicht demonstrieren. Wenn auf die obere Schnittfläche ‘eines Zweiges, dem vor kurzem die Blätter genommen worden sind, ein Wassertropfen aufgesetzt wird, zeigt das Zurückweichen des Index bald an, daß das Wasser durch den Zweig filtriert; das entspricht dem alten „Tropfversuch“. Sobald aber der Tropfen durchgesickert ist, beginnt der Zweig wieder zu saugen. Es sind also nebeneinander vollkommen gesättigte und ungesättigte Leitbahnen da. Ähnlich erklärt es sich wohl auch, warum Ewart und Rees in entblätterten, mit Hilfe einer Druckpumpe wassergesättigten Baumstämmen sogar im Dampfraum Eosin aufsteigen sahen; in allen Teilen gesättigt ist ein Stamm eben nicht leicht. Das Abnehmen der Geschwindigkeit, mit der das Eosion stieg, deutet entschieden darauf hin, daß noch ungesättigte Bezirke vorhanden waren, die sich langsam sättigten. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 197 Außerdem ist die Möglichkeit nicht zu leugnen, daß durch das Abschneiden der transpirierenden Flächen ganz plötzlich im Zustand und in der Tätigkeit der lebenden Elemente in den Leitbahnen Ver- änderungen herbeigeführt werden, daß Pumpkräfte, die zur Zeit aus- giebiger Transpiration an der Wasserhebung beteiligt sind, beim Auf- hören der Trauspirationssaugung lahm gelegt werden. Endlich müssen die Verhältnisse in einem kurzen abgeschnittenen Zweig, durch dessen offene Schnittfläche der Atmosphärendruck das Wasser mit Leichtigkeit zu den Blättern hebt, nicht dieselben sein wie bei der bewurzelten, vielleicht hochwüchsigen Pflanze. In ganz seltenen Fällen wurde an Wunden von abgeschnittenen, auf dem Potometer stehenden Zweigen Bluten, also Saftausscheidung durch lebende Zellen beobachtet. Es waren Zweige von Syringa. Der erste (Versuch 12, 13. Mai 1907, vgl. pag. 24) war zum Welken ge- bracht und blutete nach dem Abschneiden des Gipfels aus der oberen Schnittfläche. Der andere (3. Juni 1911) blutete nach doppeltem Ein- kerben aus dem unteren Rande der unteren, nur 3 em über der Schnitt- fläche liegenden Kerbe. Das sind unter etwa 300 beobachteten Zweigen sehr spärliche Anzeichen einer Pumptätigkeit. Alles in allem genommen kann man sagen, daß sich sichere Be- weise gegen die Beteiligung lebender Zellen an den Regulationsvorgängen nicht haben finden lassen, daß aber auch jede Evidenz für eine solche Beteiligung fehlt. " Über das Verhalten von Objekten, die mehrere Tage lang am Transpirieren gehindert sind, soll an anderer Stelle beriehiet werden, weil die hier zu beobachtenden Erscheinungen nicht unmittelbar zum Problem der Regulation gehören. Zweiter Abschnitt, Zur Kenntnis der Saugkraft transpirierender Blätter. I. Über die Veränderlichkeit der Saugkraft. Unter Saugkraft eines Pflanzenteils soll im folgenden die Differenz zwischen dem Atmosphärendruck, der gewöhnlich auch an der Schnitt- fläche herrscht, und dem Druck in den Leitbahnen der Blattflächen verstanden sein. Falls es sich bei der Bewegung des Wassers in einem Blattstiel oder Zweig um einfache Druckfiltration handelt, ist ja der Differenz zwischen Außen- und Innendruck die Geschwindigkeit pro- 198 0 Renner, portional, mit der das Wasser von der Schnittfläche bis in die Blatt- fläche getrieben wird. Und solange sich an der .‚Schnittfläche nichts ändert, kann die Saugung als Maß der Saugkraft gelten. Dann ist aber aus den verschiedensten Beobachtungen, von denen oben die Rede war, zu entnehmen, daß die Saugkraft eines abgeschnittenen Pflanzen- teils keine konstante Größe ist. Frisch abgeschnittene Zweige und Blätter z. B. saugen zunächst sehr kräftig und dann immer schwächer. Eine wesentliche Vermehrung der Widerstände ist an dem Abfall der Saugung nicht beteiligt, wenn reines Wasser verwendet wird und aus der Schnittfläche keine verstopfenden Substanzen austreten. Ebenso- wenig ändert sich der Druck an der Schnittfläche, der dem Barometer- druck, vielleicht vermindert um den Druck einer zu hebenden niedrigen Wassersäule, entspricht. Die Abnahme der Saugung rührt also von einer Verminderung der Saugkraft, genauer von einer Vergrößerung des Innendrucks, her. Umgekehrt läßt sich die Saugkraft eines tur- geszenten Objektes dadurch mächtig steigern, daß es mit verstopfter Schnittfläche zum Welken ausgelegt und dann unter Wasser mit einer neuen Schnittfläche versehen wird. Infolge des Wasserverlustes, der nicht durch Wassernachschub gedeckt wird, vermindert sich der Druck im Innern der Leitbahnen, wenn also dem unter Atmosphärendruck stehenden Wasser der Zugang zu den Gefäßen eröffnet wird, ist die Druckdifferenz groß und die Filtrationsgeschwindigkeit bedeutend. Besonders schwach wird die Saugkraft, wenn die schon turgeszente, doch in trockener Luft transpirierende Pflanze in einen dampfgesättigten Raum gebracht wird; die langsame Abnahme der Saugung ist offenbar der Ausdruck des Abnehmens der Saugkraft; die Saugkraft wird Null, wenn im Innern der Pflanze Atmosphärendruck herrscht. Wenn um- gekehrt bei plötzlich wieder ermöglichter Transpiration die Saugung langsam ansteigt, so dürfen wir darin ein Anzeichen für langsame Ver- größerung der Saugkraft der Blattflächen erblicken; es ist ja oben wahrscheinlich gemacht worden, daß am unteren Ende der Sproßachsen und Blattstiele, wenn sie wassergesättigt sind, sehr rasch so viel Wasser sich in Bewegung setzt, als die Blattfläcken ihnen oben entnehmen. a) Die Saugung bei Erniedrigung des Außendruckes. Nun fragt es sich, wie die Saugkraft einer auf dem Potometer' stehenden Pflanze über das Maß hinaus gesteigert werden kann, das sie bei Transpiration in trockener Luft hat. Selbstverständlich durch alle Änderungen in den Außenfaktoren, die die Transpiration begünstigen: Verringerung der Luftfeuchtigkeit, Erhöhung der Temperatur, Steigerung Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 199 der Bestrahlung, Luftbewegung. Aber interessanter erscheint es, die Saugkraft bei gleichbleibender Größe der Transpiration zu beeinflussen durch Verminderung des Druckes, unter dem das Wasser an der Schnitt- fläche der Pflanze dargeboten wird. Wenn der Druck hier unter den Atmosphärendruck erniedrigt wird, so muß auch der Innendruck der Blattfächen um denselben Betrag sich erniedrigen, falls die Filtrations- geschwindigkeit dieselbe bleiben soll wie vorher. Die Differenz zwischen Atmosphärendruck und Innendruck, als die wir die Saugkraft definiert haben, muß also größer werden. Der Druck an der Schnittfläche kann allmählich vermindert werden dadurch, daß man die Pflanze Quecksilber heben läßt. Eine plötzliche Erniedrigung des Druckes auf ein konstant bleibendes Maß läßt sich mit dem in Fig. 1 dargestellten Apparat erreichen,- wenn die an die Kapillare nach unten angesetzte Röhre mit Quecksilber gefüllt und plötzlich durch den Dreiwegehahn anstelle des Sauggefäßes in die Saug- bahn eingeschaltet wird; ist die Röhre genügend weit, so bleibt das Niveau des Quecksilbers praktisch konstant. Endlich kann am Doppel- potometer anstelle der Quecksilbersäule ein blattloser Zweig eingeschaltet werden. Der Schaltzweig wird nur dann von Wasser durehströmt, wenn der Druck an seinem oberen Ende niedriger ist als am unteren; die Druckdifferenz leistet Arbeit. viel weniger bei der Hebung des leichten Wassers als bei der Überwindung der Reibungswiderstände im Holz. Unter dem verminderten Druck, der am oberen Ende des Schaltzweiges herrscht, nimmt dann der Saugzweig sein Wasser auf. 872. 80. Mai. Ein 50 cm langer Zweig von Syringa, an der Schnittfläche entrindet, auis Potometer gesetzt, dann das T-Stück mit dem Zweig horizontal gelegt, die Kapillare vertikal abwärts gerichtet. Zuerst taucht die Kapillare in Wasser, eine Luftblase dient als Index. Dann wird die wieder ganz gefüllte Kapillare in ein Gefäß wit Quecksilber eingestellt, und nun dient die Grenze zwischen dem Wasser und dem aufsteigenden Quecksilber als Index. Die ganze, ursprüng- lich nur aus Wasser bestehende Säule bis zum horizontalen Arm des T-Stücks hat eine Länge von 105 cm. Solange die Kapillare nur Wasser enthält, entspricht das einer Quecksilbersäule von 8 cm Länge. Mit der Zeit wird die Queeksilber- säule immer höher und die Wassersäule kürzer. Der Drack der ganzen Säule ist im folgenden immer auf Zentimeter Hg berechnet. -— 8 ist die Saugung pro Minute in Millimeter, Hg ist: der in der Mitte der betreffenden Minute vorhandene Quecksilberdruck in Zentimeter. — Der Barometerstand ist 72 cm Hg, S 880359012 10 655 10. H 815 18 22 3 88 45 52 56. Es dringt unanfhörlich Luft aus dem Holz des Zweiges — die Rinde fehlt ja — sobald das Quecksilber steigt. 200 255, 373. 37 192. 195. O. Renner, 29. Sept. Ein 80 em langer, in der oberen Hälfte belaubter Stengel von Aster Novi Belgii. Saugt aus dem Sauggefäß; die Indexhlase ist 86 mm lang: 33 34 84 34 34. Nun die schief geneigte Röhre mit: Quecksilber anstelle des Saug- gefäßes eingeschaltet, vertikale Höhe des Hg ist 27 cm. Die Indexblase dehnt sich auf 54 mm: 22 27 28 80 28 30 80. Die Röhre mit Hg steiler geneigt, vertikale Höhe 33 cm. Indexblase 63 mm lang: 24 27 28 28 28 29, Es dringt viel Luft aus den Gefäßen des Stengels. 31. Mai. 50 cm langer Zweig von Syringa. Ohne Hg: 65 6 7 68 6,7. Eine 15 cm hohe Hg-Säule eingeschaltet: 5 5,5 55 54 5,6 5,5 5,5. Hg-Säule 24cmhoch: 4 4 4 4 4 4 4 (aus dem Holz des Zweiges kommt Luft). Hg-Säule 38 cm hoch: 0 0,5 05 08 09 1,4; 15 (185) 18 (der Zweig verliert noch immer Luft), Hg ausgeschaltet: 73 6,5 6 5,7 5,8. 1. Juni. 50 cm langer Zweig von Syringa. Ohne Hg: 18,5 185 18 17 17 17 17. 27 cm Hg eingeschaltet: aus dem Holz kommt; viel Luft, der Index weicht zunächst zurück; dann2,7 43 5 5 5,5 5,5 6 6. Hgausgeschaltet: 232 19 17 16 155 145 1485. ‚ Zweig neu aufgesetzt: 18,5 18,5. 27 em Hg eingeschaltet; aus dem Holz kommt; viel Luft, der Index weicht zurück, dann 0,7 1 2 27 35 3,5 35 4 4 45 45 4,5 4,5; 4,5(40). Hg ausgeschaltet: 32 20 17 15 14 3 12 12,5. 12. Juni. Syringa am Doppelpotometer, Saugzweig 85 cm, Schaltzweig 85 em lang. Saugzweig allein: 20 19. Schaltzweig eingeschaltet: 156 16 17 17 17 17 (aus dem Baugzweig, der nicht weit von der Sehnittfläche eine frische Wunde hat, kommt Luft) 12 18 12. Ausgeschaltet: 22 20% 20 19 19 20. Dieselben Zweige. Saugzweig allein, ohne das verwundete Stück; 21 20 20. Schaltzweig eingeschaltet: 18,5 19 18,5 19 19 20 20 20,5; 21(10°%; 22 (20); 22,5 23. Der Schaltzweig saugt wegen des pag. 193 erwähnten Fehlers im Apparat langsam an, saugt aber von der 10, Minute an genau soviel wie der Saugzweig. Ausgeschaltet: 26 27. Dieselben Zweige. Saugzweig allein: 25,5 255 26,5 27 27,5. Schaltzweig eingeschaltet: 25 235 25 25 25 26 26 266 25 m m 7 25 27,5 27,5 27,5. Ausgeschaltet: die ersten 5’ fehlen; dann 30 31. 16. Juni. Syringe am Doppelpotometer, dieselben Zweige wie vorher, doch der Schaltzweig durch heißes Wasser tags zuvor getötet. Der Saugzweig vermag durch diesen toten Schaltzweig nicht durchzusaugen, Saugzweig allein: 33 82 32; Schaltzweig eingeschaltet: 30 27 26 26 23 22; 12,5(12). Der Saug- zweig verliert viel Luft aus dem Holz. Ausgeschaltet: 51 44 37 84 32 28 39 28 2. Ergebnis: Wenn der Druck, unter dem das Wasser an der Schnittfläche steht, durch Heben von Quecksilber allmählich erniedrigt wird, so nimmt die Saugung allmählich ab, unter fortwährendem Luft- austritt aus den Gefäßen. Bei einer gewissen Höhe der gehobenen Quecksilbersäule scheint die Saugung ganz stillzustehen. Der Luft- austritt aus dem saugenden Zweig weist aber daraufhin, daß das nicht: der Fall ist, sondern daß dem Volumen nach ebensoviel verdünnte Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 201 Luft aus dem Zweig austritt als Wasser in ihn eintritt. Und diese Menge ist mit dem Potometer nicht zu messen, weil der Ersatz von Wasser durch Luft im T-stück neben dem Fuß des Zweiges sich voll- zieht. Bei plötzlicher beträchtlicher Verminderung des Druckes an der Schnittfläche fällt die Saugung plötzlich, mitunter infolge starken Luft- austrittes so weit, daß der Index zurückweicht; mit der Zeit kann die Baugung dann wieder zunehmen, doch bleibt sie, wenn die Druck- erniedrigung bedeutend ist, immer unter dem Wert, den sie bei nor- malem Druck hatte. Auf die verhältnismäßige Größe der Saugkraft läßt sich aus all dem kein Schluß ziehen, weil die am Potometer be- obachtete Saugung immer mur die Resultante aus wirklicher Wasser- aufnahme und Luftverlust darstellt, und weil nieht bekannt ist, ob der aktive Querschnitt der Schnittfläche nach der Druckverminderung der- selbe ist wie vorher. Bei plötzlicher Wiedererhöhung des Druckes au der Schnittfläche ist die Saugung immer für einige Minuten über das Maß hinaus ge- steigert, das sie vorher bei normalem Druck zeigte. Das deufet auf eine Erniedrigung des Innendruckes, auf eine Steigerung der Saug- kraft hin. Wenn, wie es in den Versuchen immer geschah, durch Ab- schälen der Rinde an dem ins Potometer tauchenden Achsenstück das Interzellularensystem des Sprosses zur Hauptsache ausgeschaltet wird, dann stammt die austretende Luft aus den Gefäßen und demonstriert durch ihre Ausdehnung ohne weiteres die Erniedrigung des Innen- drucks in der Pflanze, also die Erhöhung der Saugkraft. Im übrigen ist die Methode der Verminderung des Außendruckes augenscheinlich nicht geeignet, die Vergrößerung der Saugkraft am Potometer quantitativ vor Augen zu führen, und zudem ließe sich unter den günstigsten Verhältnissen die Saugkraft um keinen größeren Betrag als um den des Barometerdruckes vermehren. Dieser Fall wäre verwirklicht, wenn sich zeigen ließe, daß ein Zweig nach Hebung einer Quecksilbersäule bis zum Barometerstand noch ebensoviel Wasser saugte, wie unter normalem Druck. Tatsächlich verdeckt aber die Luftausscheidung aus dem Holz die Wassersaugung schon bei beträcht- lichen positiven Außendrueken. b) Die Bedeutung der Zweiglänge für die Saugung. Nach Einschaltung eines Schaltzweiges am Doppelpotometer ist immer zu beobachten, daß die Saugung des Saugzweiges sich ver- mindert, aber in dieser Stärke sick bis zum Grund des Schaltzweiges fortpflanzt. Daraus könnte man den Schluß’ ziehen, daß der Saug- 202 0. Renner, zweig nicht imstande ist, nach der Vermehrung der Widerstände seine Saugkraft genügend weit zu steigern, um einen Transpirationsstrom von der ursprünglichen Geschwindigkeit zu unterhalten. Und dann fragt es sich, ob auch ein blattloses Zweigstück, das mit dem transpirierenden Gipfel noch in organischem Zusammenhang steht, ebenso durch Ver- mehrung des Widerstandes die Saugung herunterdrückt, wie ein mit Glas und Gummi angekoppeltes Stück, mit anderen Worten, ob ein beblätterter Gipfel durch ein langes blattloses Zweigstück weniger saugt als durch ein kurzes. Leider läßt sich nur die Verkürzung des Zweiges studieren, nicht die Verlängerung. Es scheint ja theoretisch möglich einem langen, oben beblätterten Zweig durch zwei seitliche, in verschiedener Höhe abgehende, genau gleichstarke und genau über- einander stehende Zweigstünpfe anstatt durch die untere Schnittfläche das Wasser zuzuführen und zu beobachten, ob die Saugung des oberen Seitenzweiges stärker ausfällt als die des unteren. Aber es ist mir nicht gelungen, brauchbare Objekte für diesen Versuch zu finden. 1. Die Wirkung der Zweiglänge bei Pumpensauguug. Zunächst ist es wichtig zu wissen, ob bei künstlicher, durch eine Pumpe hervorgerufener Saugung die Widerstände der einzelnen Teile eines lebenden Zweiges sich in derselben Weise addieren wie in einer toten Röhre. Um das zu erfahren, müssen die Filtrationsgeschwindig- keiten verglichen werden, die eine Pumpe bei konstanter Saugkraft in langen und kurzen Zweigen hervorbringt. In den Verbindungsschlauch zwischen der Wasserstraklluftpumpe und dem oberen Ende des auf dem Potometer stehenden Zweigstückes war ein Manometer in Form einer U-förmig gebogenen, teilweise mit: Quecksilber gefüllten Röhre eingeschaltet. Die Differenz zwischen den Hg-Säulen in den beiden Schenkeln der Röhre ist in den Protokollen als Manometerstand angegeben. . 234. 6. August. Ein einjähriger, 72 cm langer Schößling von Syringa erst entlaubt, dann abgeschnitten. Mit dem dünneren Ende, also in inverser Lage, aufs Poto- meter gesetzt. Manometerstand durchweg 65 cm Hg. Ganzer Zweig, 72 em lang: 68 71 70 70 70. Der Zweig wird halbiert, die dünnere Hälfte bleibt auf dem Potometer: 103 104 103 108 104. Die dickere Hälfte aufgesetzt: 390 190 189 ? 168. 285. 7. August. Wie vorher, 80 cm lang. Manometer 65 cn. Ganzer Zweig: 29 27 26 26 26. Der Zweig wird halbiert, die Teilstücke werden mit Hilfe eines doppelt U-förmig gebogenen, wassergefüllten Glasrohres, in das sie mit Gummi- strümpfen eingesetzt sind, aneinandergekoppelt. Auf diese Weise wird verhindert, daß die aus dem unteren Stück austretende Luft sich an der Schnittfläche des oberen ansammelt. Die Pumpe saugt durch die verbundenen Stücke: 27 26 25 25 24 24, Das dickere Stück wird allein aufgesetzt: 80 76 74. Die dünnere Experimentelle Beiträge zur Könntnis der Wasserbewegung. 203 Hälfte’ allein: 62 59 54 52. Die dünnere Hälfte, 40 em lang, wird nochmals : halbiert. Davon .das dickere Stück, 20 em lang, aufgesetzt: 245 225 210. au Das dünnere Stück: 87 78 175 70. 239, 11. August, Wie vorher, 62 cm lang. Manometer 65 em. Der ganze Zweig: 164 163. ‘Der Zweig zerlegt in zwei ungleiche Stücke, diese wie vorher wieder miteinander verbunden.. Aus dem unteren Stück tritt keine Luft aus: 170 "160 160 . 153. Der dickere Teil allein, 40 em lang: 283 277 ‘280, Der „dünnere Teil allein, 22 em lang: 425 405 370. Ergebnis: Wenn ein Zweig, an dem die Pumpe saugte, ver- kürzt wird, so saugt die Pumpe durch das Teilstück immer bedeutend mehr: als durch den ganzen Zweig. Die Widerstände der einzelnen Zweigteile addieren sich demnach augenscheinlich. Genauer betrachtet, müssen die reziproken Werte der Saugungs- größen sich verhalten wie die Widerstände. Die Widerstände der beiden Teilstücke ‘geben zusammen den Widerstand des ganzen, unzerlegten Zweiges, falls durch: das Anbringen der Schnittflächen keine neuen Widerstände eingeführt werden. Wenn also die reziproken Werte der Saugungen,. die bei den Teilstücken gemessen sind, addiert werden, so muß. die ‘Summe gleich dem reziproken Wert der Saugung des ganzen Zweiges sein. ‘Das stimmt tatsächlich in manchen Versuchen ziemlich genau. 2. B. in 239: 1 0,0081, + I — 0,0036 -+ 0,0025 — 0,0061. 1 7 tm + 2. 0, . - 62 1,1, zu, 1550000 + 00115 = 0,0156. 234. 1 0013 “70 — 0,0097 0,0053 = 0,0150. tim + In anderen Versuchen, z.B. in der ersten Hälfte von 235, stimmen die reziproken Werte aber gar nicht. Ebenso steht es mit der Saugung von aneinander gekoppelten Stücken; in den mitgeteilten Versuchen 235 und 239 saugt der Zweig nach der Halbierung so viel wie vorher, in zahlreichen anderen Versuchen dagegen war die Saugung nach der Zerlegung viel geringer. Es kommt also vor, daß durch die An- bringung neuer Schnittllächen in den Widerständen sich nichts wesent- liches ändert, aber in anderen Fällen treten solche Änderungen ein. Flora, Bd. 108. 14 204 ©. Renner, Bei der doch ziemlich geringen Zahl von Versuchen und bei der Art des Gegenstandes darf wohl den Fällen, die mit der Berechnung über- einstimmen, das meiste Gewicht beigemessen werden; sie sind wohl die am günstigsten ausgefallenen, die nicht durch Fehler der Operation verdorbenen. Und deshalb kann man sagen, daß die Filtrationswider- stände sich im lebenden Holz genau so verhalten, wie in toten Röhren, daß sich die Widerstände der einzelnen Zweigteile glatt addieren. -Die Methode der Summation der Widerstände durch Berechnung der reziproken Werte ist einer allgemeineren Anwendung fähig als die sonst angewandte, wobei das Verhältnis der Widerstände aus dem Ver- hältnis der Zweiglängen berechnet wird. Denn bei der ersten 'spielen Unterschiede in der Leitfähigkeit der Teile keine Rolle, während bei der zweiten die Annahme gemacht werden muß, daß die verglichenen Zweig- stücke in der Leitfähigkeit — d. h. in der Größe des aktiven Quer- sehnittes, im Luftgehalt der Gefäße usw. — einander gleich sind. Tatsächlich hat Ewart (1905,-pag. 84; -1907, pag. 342) bei homogenen Zweigen gefunden, daß die Widerstände der Länge der Zweige genau proportional sind, daß sich also die Teilwiderstände genau addieren. 2. Die Wirkung der Zweiglänge hei Blättersaugung. 283. 18. Okt, Zweig von Lycium, 3 m lang, mit 2 m langem blattlosem Stück: 23 23 22. Der Gipfel, 110 cm lang, abgeschnitten. Das 190 em lange blattlose Stück saugt für sich: 3 3. Nundie Wasserstrahlluftpumpe an das obere Ende angesetzt, das (Juecksilber steigt im Manometer auf 66 em: 35 36 36 36. Der Zweig von 190 auf 50 em verkürzt, mit der Luftpumpe verbunden. Mano- meterstand 65 em: 140 135 137 136. Der behlätterte, 110 em lange Gipfel, der in Luft abgeschnitten worden war, war unter Wasser etwas gekürzt worden und stand seitdem (seit 40°) in Wasser. Jetzt wieder aufgesetzt: 21 22 22. Der beblätterte Gipfel saugt also, wenigstens wenn Saugung und Transpiration im Gleichgewicht sind, durch ein langes blattloses Stück hindurch ebensoviel wie durch ein kurzes, während die Luftpumpe, wie immer, durch ein langes Stück viel weniger saugt äls durch ein kurzes. Der Gipfel überwindet augenscheinlich den Widerstand des langen Zweiges ebenso leicht wie den des kurzen. Ob das ohne Veränderung der Sangkraft abgeht, muß in der Weise untersucht werden, daß die Saugung der verkürzten Zweige so bald wie möglich nach der Kürzung gemessen wird. 241. 18. Sept. Zweig von Lycium, 250 em lang, der reich beblätterte Gipfel 1 m lang: 93 98 4 91 92 93 92. Der 1m lange Gipfel abgeschnitten, für sich auf- gesetzt, 5 nach dem Abschneiden: 95 96 94 90 90 87 84 84 82 87 87 84. Der blattlose Zweig saugt noch jetzt, 20° nach dem Abschneiden des Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 205 Gipfels: 6. Der ganze Zweig saugte dann ohne den blattlosen Teil: 92 — 6 = 86. Dem gegenüber saugt der Zweig nach der Verkürzung erst 95, später nnr noch 87. 125. 26. Juli. Zweig von Cornus alba, 66 cm lang, seit*/,h im Zimmer: 17,5 17 18 175 17,5. Der 26 em lange beblätterts Gipfel unter Wasser abgeschnitten, rasch aufs Potometer aufgesetzt: 17,5 17,5 16,5 16. 126. 26. Juli. Zweig von Syringa, 67 em lang, mit vier Blättern: 7,2 6,8 8 7 6,8. Der 20 em lange Gipfel unter Wasser abgeschnitten, rasch aufgesettz: 6 6,7 66T TEN 191. 12. Juni. Zweig von Syringa, 85 em lang, frisch geholt: 656 54 47 44 40 38, Der 35 em lange Gipfel allein: 33 35 38, 236. 8. August. a) Zweig von Syringa, 78 cm lang, seit 2h im Zimmer: 15 16,5 15,5 16 18,5. Schnittfläche unter Wasser erneuert, wieder aufgesetzt: 21,5 20 19 18. Der 35 cm lange Gipfel unter Wasser abgeschnitten, aufgesetzt: 24 22 20. 20; 18(18) 18 18. b) Zweig von Syringa, 115 om lang, seit 2?/,b im Zimmer; 23,5 225 2 21. Schnittfläche unter Wasser erneuert, wieder aufgesetzt: 23,5 21,5 20. Der 40 em lange Gipfel unter Wasser abgeschnitten, aufgesetzt: 23 22 21 20 20 20 19 19 19 19 19 18 18 18, Ergebnis: Schon die Erneuerung der Schnittfläche kann die Saugung für kurze Zeit in die Höhe treiben, wahrscheinlich durch Öffnung von Gefäßelementen, die verdünnte Luft enthalten. Wenn also nach dem Abschneiden eines ziemlich langen blattlosen Zweig- stückes der beblätterte Gipfel zunächst etwas stärker saugt als vorher, solange er durch den blatilosen Teil durchsaugen mußte, so kann das schon auf der Anbringung einer neuen Schnittfläche berulen. Im all- gemeinen ist die Steigerung der Saugung nach der Verkürzung des Zweiges so gering und von so kurzer Dauer, daß sie wohl zu einem guten Teil auf die Erneuerung der Schnittfläche zurückgeführt werden darf. Eine dauernd stärkere Saugung, entsprechend dem Verhalten des Saugzweiges am Doppelpotometer nach der Ausschaltung des Spali- zweiges, ist nach der Verkürzung jedenfalls nicht vorhanden. Nun ist die Möglichkeit denkbar, daß das angekoppelte Stück sich so abweichend verhält infolge der Unterbrechung des lebendigen Zu- sammenhanges mit dem Saugzweig. Das läßt. sich prüfen durch Ab- töten eines kleinen Teiles des blattlosen Stückes eines unzerlegten Zweiges, 246. 21. Sept. Stängel von Aster Novi Belgü, 170 cm lang, mit 1 m langem beblätter- tem Gipfel, seit $h im Zimmer. Aufrecht: 114 113 1135 108 (10); 108 (15°). Wagrecht, der Gipfel kann wohl schlechter transpirieren: 91 92 92 2 m. Unter den blattlosen Teil, 70 cm von der Schnittfläche entfernt, wird ein Becher- glas mit Wasser, 5 cm im Durchmesser, geschoben, und das Wasser wird durch eine Bunsen- flamme zum Kochen erhitzt, so daß der Zweig im Laufe von 12 Minuten verbrüht wird; nach dem Versuch erweist sich die gebrühte Zone ganz tot. 14* 206 ©. Renner, Saugt während des Brühens: 99 99 ? 97 91 ? ? (der Zweig wird ge- dreht) 88 89 92 91 91. Die Damptentwicklung hört auf, der Zweig bleibt noch wagrecht: ? 86 80 77 78. Der Stengel wird aufgerichtet: 73 76 76 9 78 7 70 79 7. ” Das obere, beblätterte Stück ohne die gebrühte Zone, 90 cm lang, abgeschnitten, mit Glas und Gummi auf das untere, blattlose, 80 em lange Stück aufgesetzt: 3 61 64 67 69 70 71. Es tritt viel Luft aus den Gefäßen des Schalt- stückes, deshalb wird das Saugstück tiefer in das wassergefüllte verkindende Glasrohr eingeschoben: 60 60 60 60 60 60 60 62 59 58 58 58 58. Von dem Sehaltstück wird der untere, 55 em lange Teil abgeschnitten, der obere, 25 em lange, der die getötete Zone enthält, bleibt mit dem -Saugzweig in Verhin- dung und wird aufs Potometer gesetzt: 76 73 71 69 68 70 68 68. 250. 23. Sept. Stengel von Aster, 175 cm lang. Wagrecht über ein Becherglas mit Wasser gelegt: 66 63 62 60 60 60 60 59 60 58. Die Bunsenflamme unter dem Becherglas für 20° angezündet; die gebrühte Zone, 95 em vom Grunde entfernt, ist nach dem Versuch ganz tot. Während des Brühens: 58 60 66 68 70 72 67 69 69 70 70 70 8 78 90 88 81. Die Steige- zuug der Saugung rührt jedenfalls von der durch die hohe Temperatur verur- sachten Transpirationsmehrung her. Jetzt die Flamme ausgelöscht: 88 94 68 59 57 55 55 55 54 56 56. Eine so deutliche, bleibende Verminderung der Saugung, wie sie am Doppelpotometer beim Einschalten des Schaltzweiges eintritt, wird durch die Abtötung eines unter dem beblätterten Gipfel liegenden Achsenstückes nicht hervorgerufen. Wenn sich also der Widerstand eines angekoppelten Achsenstückes in anderer Weise fühlbar macht. als der eines Stückes, das mit dem saugenden Gipfel in ungestörtem Zusammenhang steht, so kommt es hierbei auf die anatomische, nicht auf die physiologische, durch lebende Zellen vermittelte Kontinuität an. Die Ankoppelung eines Zweigstückes an einen saugenden Pflanzen- teil hat eben, wie schon hervorgehoben (vgl. pag. 199), die Wirkung, daß unter der Schnitifläche des oberen, beblätterten Stückes der Druck erniedrigt wird. Damit wird der Luft in den Interzellularen und in den Gefäßen der Zutritt zur Schnittfläche eröffnet. Und der Luft- austritt aus der Schnittfläche hat zur Folge, daß eine kräftige Wasser- saugung weder an der Schnittfläche deutlich. gemacht noch durch einen angekoppelten Zweig hindurch fortgepflanzt werden kann. Wenn &in beblätterter Gipfel dureh ein kurzes blattloses Achsen- stück nicht mehr saugt als durch ein langes, sich also ganz anders verhält als eine Pumpe, so zwingt das keineswegs zu dem Schluß, daß der Widerstand des langen Achsensttickes durch Kräfte überwunden wird, die außerhalb des beblätterten Gipfels, in dem blattlosen Achsen- stück selber liegen. Bis nämlich der unter Wasser abgeschnittene Gipfel Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 207 wieder auf dem Potometer sitzt und seine Saugung abgelesen werden kann, vergehen immerhin 2—3 Minuten. In der Zeit kann ganz wohl die Saugkraft sich soweit vermindern, daß durch das kurze Achsen- stück nur noch soviel gesaugt wird wie vorher durch das lange. Das erste kräftige Saugen, das der unverminderten Saugkraft bei verkleinertem Widerstand entspricht, kommt eben bei der Versuchsanstellung gewöhnlich nieht zur Beobachtung; im Versuch 241, wo der Ausgleich wegen der Länge der beblätterten Zone mehr Zeit in Anspruch nimmt, kommt die Verminderung der Saugkraft vielleicht zum Ausdruck. Eine dauernd kräftigere Saugung nach der Kürzung kann .aus dem Grund nicht zu- stande kommen, weil der Gipfel nicht lange mehr saugt als er tran- spiriert und seinen Transpirationsverlust auch vor der Kürzung des blattlosen Stückes decken konnte. Die Versuche zeigen also nur, wie leicht saugende Blätter über die Widerstände im Holz Herr werden und wie rasch die Saugkraft der Blätter sich geringen Änderungen der Widerstände anpaßt. c) Die Bedeutung der Lage des Objektes für die Saugung. Es ist oben darauf hingewiesen worden, daß lebende Objekte in jeder Lage gleich viel saugen, bei inverser Stellung nicht mehr als bei aufrechter (pag. 183) und daß bei toten Blättern sich eine Wirkung der Lage sehr wohl bemerkbar macht (pag. 196). Es handelt sich nun noch darum, das Verhalten der Pumpensaugung kennen zu lernen. 221. 29. Juli. Blattloser Zweig von Syringa, 59 om lang, mit der Pumpe verbunden. Zweig aufrecht: 18 17,5 17 16. Zweig horizontal: 195 19 185 18 Aufrecht: 15. . Ein 36 cm langes Stück des vorigen Zweiges. Aufrecht: 48 45 44, Wagreeht: 50 49; 47 46 45 45. Aufrecht: 42 43 41 41 41 42 4. Aufrecht: 4 48 4 48. Ergebnis: Bei gleichem Manometerstand saugt die Pumpe durch den aufrechten Zweig deutlich weniger als durch den wagrecht liegenden. Das spricht entschieden gegen die Annahme, auf der Leclere du Sablon seine Theorie des Saftsteigens aufbaut. Er setzt im Holz einen Gleichgewichtszustand von der Art voraus, daß die Wasserhebung im aufrecht stehenden Baum nicht mehr Kraft erfordert als die Wasser- verschiebung im horizontal liegenden Stamm. Wenn am lebenden beblätterten Zweig die Größe der Saugung durch die Lage nicht beeinflußt wird, ist das in derselben Weise zu deuten wie es oben für den Einfluß der Zweiglänge geschah: Die Saugkraft der Blätter paßt sich der Veränderung der Widerstände mit 208 O. Renner, großer Geschwindigkeit an. Bei toten Blättern ist die Saugkraft gering und nicht rasch veränderlich, bei der Pumpe ist sie vollends ganz konstant; und deswegen kommt hier jede kleine Veränderung der Wider- stände in der Größe der Saugung zum Ausdruck. Wenn eine beträchtliche Steigerung der Saugkraft herbeigeführt und zugleich am Potometer demonstriert werden soll, darf nicht der Außendruck erniedrigt werden, sondern es müssen in dem saugenden Pflanzenteil die Widerstände, die der Wasserbewegung sich entgegen- stellen, vermehrt werden, entweder gleich an der Schnittfläche oder weiter im Inneren. Die Aufnahme des Wassers wird erschwert, wenn die offene Schnittfläche durch ein Stück nackten, aber nicht verwundeten Holzkörpers ersetzt und die geöffneten Leitbahnen dicht verschlossen werden. Ins Innere eines Zweiges oder Blattstieles kann ein Wider- stand hineinverlegt werden durch Klemmen, besonders wenn isolierte, in Parenchym eingebettete Bündel vorhanden sind, und durch tiefes Einkerben, wenn es sich um einen geschlossenen Holzkörper handelt. d) Steigerung des Widerstandes änreh Klemmen. Am wenigsten gewaltsam und auch leicht rückgängig zu machen ist der Eingriff bei der Methode des Klemmens, die von Vesque (1884, pag. 194), Kohl (1885, Sp. 522, abgedruckt 1886, pag. 118), Fr. Darwin und Philipps (1886, pag. 865), Strasburger (1891, pag. 604) ange- wendet worden ist, Die Autoren berichten übereinstimmend, daß ein vollständiger Stillstand der Wasserbewegung auch durch sehr starkes Quetschen kaum herbeigeführt werden kann (so besonders Strasburger, der nicht die Menge des aufgenommenen Wassers bestimmte, sondern nur abwartete, ob Welken eintrat), daß aber doch leicht eine bedeutende Verminderung der Saugung zu erreichen ist und daß nach Aufheben der Klemmung, also nach Beseitigung des lokalen Widerstandes, der Transpirationsstrom wieder rascher fließt, Der Erfolg dieser Klemmungs- versuche hat also in eindeutiger Weise gegen die Imbibitionstheorie von Sachs entschieden. Eigene Versuche. Zum Klemmen krautiger Stengel und Blattstiele wurden mo- tallene Klemmschrauben (Queischhähne) verwendet, deren Schraube mit der Zange meist soweit angezogen wurde, daß die Balken der Klemme sich verbogen; vorher ließ sich eine beträchtliche Verminderung der Saugung nicht erreichen. Zwischen die beiden @rückenden Balken und die Pflanze wurden meist sehr dünne Korkplättchen eingelegt und so die Gewebe vor dem Zerschnittenwerden durch die scharfen Balkenränder ge- schützt; waren die Korklamellen mehr als 1 mm dick, s0 war es nicht möglich, die Klemme genügend fest anzuziehen. Die geklemmten Stellen wurden unter Sattaustritt zu einem Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserhewegung. 209 dünnen Band zerquetscht. — Alle Objekte waren im Garien unter Wasser abge- schnitten. . ‘Wenn eine Steigerung der Sangkraft durch irgend ein Mittel herbeigeführt und dargetan werden soll, ist natürlich darauf zu achten, daß nicht außerdem die Transpi- ration wesentlich befördert wird. Die Temperatur war nun sehr konstant, die Lichtstärke nahm in dem nach Osten gelegenen Arbeitszimmer im Laufe des Tages, und vollends gegen Abend, eher ab als zu. Zudem besteht bei Pflanzen, denen die Wasserzufuhr erschwert wird, die Tendenz durch Spaltenschluß die Transpiration zu vermindern, Auf genaue Bestimmung des Verhältnisses zwischen Saugung und Transpiration kam es nicht an, es wurden deshalb weder die Außenbedingungen registriert noch die Trauspiration direkt gemessen. Lebende Objekte. 868. 27. Mai. Blatt von Helleborus niger. Stiel 15 em lang. 12 12 11 12. Stiel geklemmt, 6 em über dem Grund: 0,8 2 22 3; 5,7(11) 5,85; 6,8(16) 6,7%; 7,5288) 8; 8581); 946) 98 98 98 98. 364. 28. Mai. Blatt von Helleborus, Stiel 18 em lang: 19,5 18 16,5. Geklemmt, 8 em über dem Grund: 1,8; 8,8); 5308); 6,880); 74); 78 (120%); 7,8 (1440). 878. 2. Juni. Blatt von Helleborus, Stiel 12 em lang: 13 12. Geklemmt, 2'/, cm über dem Grund: 4,8. Schärfer geklemmt: 8,2 45; 8,8(16%); 9(25'); 8,5 (85°). Noch schärfer geklemmt: 3,5 3 3,8 3,7; 4(10); 45 (28); 3,8 (3h), 3,881 409). 879. 2. Juni. Blatt von Helleborus, Stiel 15 em lang: 22 20. Geklemmt, 2'/, cm über dem Grund: 7,8. Schärfer geklemmt: 7 83 10 10 105 11 115 13515); 1424) 145 145; 14,5 (4b). 850. 2. Juni. Blatt von Helleborus: 16 16. Geklemmt: 10,5 12 12. Schärfer geklemmt: 12 12 128,5; 13,5(10); 1437). 890. 19. Juni. Blatt von Helleborus. Saugt frisch: 18. Mit geklemmtem Stiel: nach anfänglicher starker Verminderung 5,8, 5" später nur noch 3,5. Jetzt die Klemme geöffnet. Zuerstinjet/;: 22 20 19 17, alsoin der ersten Minuie zusammen 78, Dann weiter in jet’: 70 64 56 53 49 44 40 39 36(10) 32 31 Br? AM 21 22 1 200) 18 18 17; 0); 1; 1 60); 10(1h). 867. 19. Mai. Blatt von Aesculus, Stiel 20 cm lang: 26 26. Geklemmt, 12 cm über dem Grund: 1 18 22 3 4; 6,5(80); 6,5 (1410). Das Blatt welkt, 868. 29. Mai. Blatt von Asseulus: 18,5 17? 16 16,5. Geklemmi: 2; 6(40'); 53 (In) 5 6. 370. 99. Mai. Stengel von Lythrum salicaria, 44 cm lang, mit 7 entwickelten Blatt- paaren: 16 15,5 15 15,5 15,5. Geklemmt, 4 cm über dem Grund: 3% 8,86); 980; 9,550); 9,5(1% 80). Ist noch frisch. 121. 26. Juli. Stengel von Epilebium parviflerum, 38 cm lang, mit 10 Blaitpaaren: 105 10,5 10 10. Geklemmt, Schraube mit der Hand zugedreht: 95 95 9,5 10 10 10. Bleibt über Nacht geklemmt, saugt am nächsten Morgen: 65 65 6,5 65 65. Klemme geöffnet: 16 14 18 12 115 11,5; 10 (10); 9515); SEA): 8A); Eden) 408. 30. Juni. Stengel von Aster, 1m lang: 51 49. Zwei Klemmen angelegt, 2 cm übereinander, senkrecht zu einander orientiert: 5 9 11 135 14 3% 19 210 0. Renner, 19,5 20,5 21(10) 21,5 215 28,5 23 28,5 26 25 26 26 26,5(20'); 30.(80), 34{46'); 42 (Ih 40). 400. 29. Juni. Wie vorher. Frisch: 100. Doppelt geklemmt: 18,5 21,5 23,5 24 24 25,5; 28(19);. 818%). Klemmen enger geschraubt: 20 21 21; 26 (45°); 37(2h 80%, Tote Objekte. 884. 17. Juni. Blatt von Helleborus, Lamina mit Chloroform getötet, Stiel lebend: 9 9. Stiel geklemmt: 1,7 23 28 2,4 28 3 3; 4(80); 4,2(1h30); 5,5 @&). 885. Wie vorher: 7 6,6 6,7. Stielgeklemmt: 2; 5(8)% 5 6. Schärfer geklemmt: 32 88 35 ab); 4580); 5,226). Ergebnis: Durch scharfes Anziehen der Klemmschraube wird die Saugung zunächst sehr weit heruntergedrückt, sie steigt aber gleich wieder langsam an, auch bei toten Objekten, um nach etwa 1" oder später ein Maximum zu erreichen, das der Saugungsgröße vor dem Klemmen nieht gleich kommt). Durch schärferes Klemmen während des Ansteigens der Saugung läßt sich die Saugung wieder zurückwerfen, um von neuem sich zu vergrößern. Wird die Klemme geöffnet, so ist zunächst die Saugung bedeutend vermehrt, nimmt aber mit der Zeit langsam ah. Die Deutung kann wohl nur die sein: wenn durch das Klemmen ein bedeutender Widerstand eingeführt wird, vermag die zunächst noch geringe Saugkraft nur wenig Wasser durch die blockierte Stelle zu be- fördern. Durch das Mißverhältnis zwischen Transpiration und Wasser- aufnahme wird die Saugkraft allmählich erhöht, und so wird die Filtra- tionsgeschwindigkeit bei gleichhleibendem Widerstand immer größer. Wenn die Transpiration sich mit der zuletzt erreichten maximalen Saugung ins Gleichgewicht zu setzen vermag, bleiben die Blätter frisch. Ist der Widerstand so groß, daß die maximale Saugung sehr gering ist, so tritt Welken ein. Die Wasserentuahme aus den Gefäßen wird gleich nach dem Klemmen bedeutend größer sein als die Saugung an der Schnitt- fläche; erst wenn die Gefäße weit entleert sind, wird eine kräftige Saugung sich über die Klemme weg fortpflanzen. e) Steigerung des Widerstandes durch Einkerbung. Die Wirkung einfacher und doppelter Einkerbung ist am genauesten von Fr. Darwin und Philipps studiert worden. Sie fanden, daß bei Anbringung einer bis über die Mitte des Holzkörpers gehenden Kerbe . 2) Kohl und ebenso Darwin und Philipps haben das Ansteigen der Saugung nicht beobachtet, weil ihre Versuche zu kurze Zeit dauerten, Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 211 die Saugung kaum vermindert wurde, daß sie aber durch eine zweite, von der entgegengesetzten Seite ebenfalls über die Mitte eindringenden Kerbe weit heruntergedrückt wurde, um sich dann langsam wieder zu ‘ vergrößern. In der Längsrichtung zusammenhängende Leitbahnen sind nach doppelter tiefer Einkerbung nicht mehr vorhanden, das Wasser muß also zwischen den Kerben quer durchs Holz wandern. Wie es sich aus diesem Grunde erklärt, daß in Hölzern, die nur Gefäße, keine Tracheiden führen, durch die doppelte Einkerbung die Leitfähigkeit viel mehr leidet als z. B. bei Koniferen (Darwin und Philipps, pag. 345), hat besonders Strasburger (1891, pag. 597) dargelegt. Eigene Versuche. Während die Zweige auf dem Potometer standen, wurden mit dem Messer je zwei in entgegengesetzter Richtung bis über die Mitte reichende Kerben angebracht und meistens mit Plastolin, in den Versuchen 388 und 389 mit geschmolzenem Paraffin verschlossen. Um eine Kniekung der Zweige in den Kerben zu vermeiden, wurden die Zweige in einiger Höhe mit Hilfe einer am Potometerstativ befestigten Klemme gefaßt. Lebende Zweige. 227. 1. August. Zweig von Syringa, 80 cm lang, seit 1'/,h im Zimmer: 27 26,5 26,5 26. Ein Einschnitt gemacht, 25 em über dem Grund: 10,5 17 19 20 21 215 22 226 23 25 5 24 24 24 24 24 24 24 245 245 26,5 25,5 25,5 25,5. Ein zweiter Einschnitt gemacht, 7 em unter dem ersten, entgegengesetzt: 3,5 45 6 65 7 788 85 9 95 95 10 10 10 mu u 15 15 415 25 25 25 13 383 35 14; 16 (60%) 16,5 16,5; 12(4h), 276. 10. Okt, Zweig von Syringa, 80 cm lang: 28 27. Eine Kerbe, 11 em über dem Grund: 19 24 27 26 26 26. Eine zweite Kerbe, 16 cm über der ersten: 18; 24(10'); 25 (20). Eine dritte Kerbe, 7 cm über der zweiten: 3202 23 28 23,5 28,5 28. Die oberste Kerhe vertieft: 21 23. Die untere Kerbe vertieft: 16 19 19,5 20. Die mittlere Kerbe vertieft, bis über die Mitte: e£O 1m m BB IP 15 145 145 15 15 165 16 16 16 17 ar 7 17 18 186 185 19 19 19 29 19 20 19,5 19,5 19,5 19,5 20 20,5 (85°); 22 (46); 23,5 (120). 278. 11. Okt. Zweig von Syringa, 80 cm lang: 20 20 20. Zwei Kerben gemacht, die erste 27 cm über dem Grund, die zweite 6 em über der ersten: 7 9 12. Die erste Kerbe vertieft: 12 14 13 14; 16,5 (15'). Beide Kerben noch etwas vertieft: 6 6; 8(10); 1185); 12,5(40); 37(8h), 279. 12. Okt, Zweig von Syringa, 70 em lang: 21 21 22; 22(40). Zwei Karben gemacht: 4; 10(20); 1387); 19(Ih&) 29 19. 356. 25. Mai. Zweig von Syringa, 45 em lang: 34 32 31. Zwei Kerben gemacht: a) 10 cm über dem Grund, b) 5 em über a): 8,5 5(12); 6(22); 6,5 (80%; 740); 7,2(1410). Ist sehr welk geworden. 388. 18. Juni. Zweig von Lycium, Im lang: 43 41 41. Zwei Kerben gemacht, 4,5 und 9 em über dem Grund, mit geschmolzenem Paraffin versehlossen; 10 10; 88h), 212 889. 287. 357. 291. 294. R. Renner, 19. Juni. Wie vorher: 50; 47; 48, Zwei Kerben, mit Paraffin verschlossen: 123; 11(10%; 9,517). Tote Zweige mit lebenden Blättern. 15. Okt. Zweig von Forsythia suspensa, 95 em lang, mit 40 cm langern beblättertem Gipfel, von unten her bis auf 50 cm durch Kochen getötet: 7 7 7 7, Zwei Kerben gemacht, 4,5 cm entfernt: 4; 5(7%); 5,5(20'%; 5,5 (35'). 15. Okt. Zweig von Lyeium, 185 em lang, bis auf 70 cm getötet: 5 5 5. Zwei Kerben gemacht, 5 em entfernt: 15 2 2; 3(2h40) 3 2,5 2,5. 18. Okt. Zweig von Lyeium, 210 em lang, lebend; 48; 41 (10'). Nun die unteren 70 em gekocht; nach dem Erkalten mit erneuerter Schnittfläche aufgesetzt: 19 18 18 18 Zwei Kerben gemacht, a) 7 cm von unten, b) 4,5 cm über a}: 3 38; 3(10); 6(8h30'); am nächsten Morgen, nach weiteren 10h: 6 6 65 65 6,5. Viele Blätter sind welk. 25. Mai. Zweig von Syringa, 60 cın lang, im blattlosen Teil auf 25 cm durch Dampf getötet, unterster Teil lebt: 11,5 11,5 11,5. Zwei Kerben im Toten gemacht, a) 18 om über dem Grund, b) 6 cm über a): 2; 4(17'); 6,4(40'); 7(110); 7,5 (35 40). 25. Mai. Zweig von Syringa, 70 em lang, auf 25 cm gebrüht, unterster Teil lebend: 16,5 16,5 16,5 16,5. Zwei Kerbeu im Toten gemacht, a) 20 cm über dem Grund, b) 6 em über a): 25 2 2; 3(15); 9,5(2h); 10(2h10)). 29. Mai. Zweig von Syringa, 75 cm lang, im blattlosen Teil aui 20 em gebrüht, der unterste Teil lebt: 38 36 85 34 38. Zwei Kerben im Toten gemacht, 6 em entfernö: 8; 10,5(6‘) 10,5 10,5. Obere Kerbe vertieft: 3,8 3,7 8,7 ei 4 5(20'%5 6(40); 7,b(1b); 8(1420); 10(2430); 10,5 (8%); 10,5 (84409, Tote Blätter. . 4. Aug. Zweig von Syringa, 50 em lang, in Chloroformdampf gehalten. Der untere Teil der Achse lebt sicher noch: 18 13 13. Eine Kerbe gemacht, 19 em über dem Grund: 58 7 7,5 8 8; 8,5(10); 10(). Eine zweite Kerbe gemacht, 6 cm unter der ersten: 2; 3(40); 3(ih). 25. Okt. Zweig von Cornus alba, 55 cm lang, in Chloroformdampf gehalten; der untere Teil der Achse lebt: 5 5 5. Zwei Kerben gemacht: 1,2; 1,5 (1P); am nächsten Morgen, nach weiteren 14h : 2,5. 20. Okt, Zweig von Forsythia, 90 cm lang, stand 6/,h lang in Formalinwasser, ist'bis zur Spitze braun: 10 9 8,6. Zwei Kerben gemacht, 10 und 14,5 cm vom Grund: 2,7, 8(1R); 8(2h). 25, Okt. Wie vorher, 80 cm lang: 4 4 4. Zwei Kerben gemacht, 5 cm ent- fern: 3; 82% 3 (a); 8 (Ah), Ergebnis: Jede Einkerbung des Holzkörpers vermindert zunächst die Saugung, worauf rascheres oder langsameres Steigen der Saugung eintritt. Dieses Steigen unterbleibt, wenn die Kerben mit geschmolzenem Paraffin verschlossen werden. Durch Vertiefung einer Kerbe wird die Saugang zurückgeworfen, um dann von neuem anzusteigen. Zweige Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 213 mit totem, hlattlosem Stück und solche mit toten Blättern verhalten sich nicht anders als ganz lebende. Darwin und Philipps führen die Verstärkung der Saugung nach dem anfänglichen Fallen auf eine Steigerung der Saugkraft zurück, ähnlich wie wir es oben für die gleiche Erscheinung beim Klemmen getan haben. Als Stütze für diese Annahme gilt ihnen das Verhalten blattloser Zweige, an denen eine Loftpumpe oder ein schwächerer Aspirator saugt: hier fällt beim Einkerben die Saugung, ohne sich wieder zu größerer Höhe zu erheben. Ein paar eigene Versuche haben das bestätigt. An das obere Ende blattloser Zweigstücke, die auf dem Potometer standen, wurde die Wasserstrahlluftpumpe angeschlossen. Ein Quecksilbermonometer zeigte die Kon- stanz der Pumpwirkung an; die Saugung am oberen Ende betrug 65 em Hg. 221. 29. Juli Zweig von Syringa, 59 emlang: 15 15 15. Eine Kerbe bis zur Mitte gemacht: 12 18,5 12 12,5 12,5 12,5, Einezweite Kerbe gemacht, 5,5 em über der ersten: 8,7 8,5 3,8 3,8 85 35 35 8,5 3,5; 3,5.(20). 228. 1. Aug. Syringa, 56 em lang: 41 42 41 40. Eine Kerbe gemacht: 21 21,5 22 20 20,5 20 20 20. Eine zweite Kerbe, 6 em über der ersten: 6,4 6,3 6.66; 5,718); 56(h). 280. 12. Okt. Syringa, 60 em lang: 95 92. Zwei Kerben gemacht: 3 3; 2(40). Außer der Vergrößerung des Widerstandes durch das Einkerben wirkt wohl noch ein anderer Faktor bei der anfänglichen, bedeutenden Verminderung der Saugung beblätterter Zweige mit. Aus den ange- schnittenen Gefäßen können die Blätter das Wasser leicht. soweit her- ausziehen, als Luft nachdringen kann; der Plastolinverschluß wird hier nicht viel ändern, weil er eine Injektion der Gefäße mit dehnbarer Luft nicht rückgängig macht. Und bis diese Teile ausgesogen sind, wird durch die schlecht leitende Zone zwischen den Kerben, oder weın nur eine Kerbe vorhanden ist, an dieser vorbei, verhältnismäßig wenig Wasser befördert: werden. Auch in der Brücke zwischen den übereinander greifenden Kerben werden gewisse Gefäße und Tracheiden von den Schnittflächen her dureh Luft unwegsam gemacht werden. Die Zahl solcher Elemente muß ver- hältnismäßig um so größer sein, je kürzer die Zone zwischen den Kerben is. Und tatsächlich wird die Saugung bei gleicher Tiefe der Kerben um so weniger herabgedrückt, je weiter die Kerben auseinander legen (vgl. Strasburger, 1891, pag. 596, Zitat aus Vesque und pag. 598, Zitat aus Böhm). Die Zahl der Wände, die vom Wassersirom in der Querriehtung durchwandert werden müssen, wird natürlich von der Länge des zwischen den Kerben liegenden Stückes nicht beeinflußt, 214 ©. Renner, sie hängt nur von der horizontalen Entfernung der übereinander greifenden inneren Kerbenränder ab. f) Steigerung des Widerstandes durch Verstopfung der Schnittfläche. Strasburger hat zum Abschluß der Schnittfläche Gummisckläuche verwendet, die er unter der Schnittfläche abklemmte (1891, pag. 786). Der Raum zwischen Schnitt- fläche und Gummi ist dabei wohl zunächst mit Wasser gefüllt, aber bald muß dieses Wasser durch Luft ersetzt werden, die aus dem Holz austritt, von den Gefäßen auf- gesogen wird und diese bis weiter nach oben verstopfen kann. Es wurde deshalb die Schnittfläche durch Eintauchen in eine geschmolzene Mischung von etwa gleichen Teilen Paraffin und Kakaobutter verschlossen. Der Gummistrumpf wurde so weit auf den Zweig geschoben, daß ein mehrere Zentimeter langes Zweigstück aus dem Strumpf her- ausragte. Anfangs wurde von diesem Stück unterhalb des Strumpfes die Rinde bis zur Schnittfläche hinunter abgenommen und der unterste Teil mit Paraffin überzogen. Später wurden die Zweige etwa i cm über der Schnittfläche auf 10—15 mm von der Rinde befreit und leicht abgeschabt; an dem nicht entrindeten Fuß des Zweiges haftete der Paraffinüberzug sicherer als an dem nackten glatten Holzkörper, und zudem konnte die von der Rinde entblößte Zone, durch die der Zweig sich weiterhin mit Wasser ver- sorgen mußte, auch während der Anbringung des Paraffinverschlusses feucht gehalten werden. Die mit Paraffin zu überziehende Zone mußte natürlich sorgfältig abgetrocknet werden. Das Abtrocknen, Verschließen und Anfsetzen aufs Potometer nahm höchstens 2 Minuten in Anspruch. Lebende Zweige. 802. 28, Okt. Stengel von Aster Novi Belgü, 85 om lang, Schnittfläche offen: 40; 39 (25'); 87(50) 86 36. Schnittfläche verschlossen: 13 14 13,5; 18.5: 1818); 10.50). 809. 4. Nov. Aster, 68 cm lang. Versehlossen: 9 9,5 95 8 8 8; 6(80); 5,5 (1h30); 4,5 (BR), 332. 11. Mai. Syringa, 85 em lang. Verschlosen: 2 2 2 2 2 25 22 12,5 12 12, 12,5(1b), 345. 17. Mai, Syringa, 55 cm lang. Offen: 18 18. Verschlossen:; 3,8 3,8 8,8: 14.20). 846. 18. Mai. Syringa, 50 em lang. Frisch geholt. Offen: 29 27 25 28. Ver- schlossen: 44 41 38 37. 847. 18. Mai. Syringa, 60 cm lang. Seit IR im Zimmer. Offen: 11,5 10,5 10,8. Verschlossen: 78 72 7 765 65. 19. Mai Syringa, 90 em lang, reich belaubt. War beim Aufsstzen noch betaut, Offen: 72 70 66 69. Verschlossen: 18,5 17,5 17 16 18,5 15 145 3 145 145 145 14,5. 801. 27. Okt. Philadelphus coronarius, 95 em lang. Seit Ih im Zimmer. Offen: 25 24 26 26 26 26 26. Verschlossen: 145 15 16 16 16 17 175 18 178); 13,5 (85). 810. 5. Nov. Aster, 105 cm lang. Tags zuvor geholt. Verschlossen: 15 15,5 15,5 185 165 16 165 165 16 16,5; 1480) 145 14 814. 8. Nov. Forsyihia, 90 em lang. Offen: 14 18 13,5 13. Verschlossen: 6 7 685 816); 928); 9,5(80); 10(80%; 10,5(1%). 8 Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 215 815. 9. Nov. Forsythia, 85 em lang. Seit 21,,him Zimmer, Offen: 105 10 10. Verschlossen: 3,5 45 5; 5,5(20); 6(40); 6(1h 35‘). 825. 6. Mai. Syringa, 50 cm lang. Frisch geholt. Offen: 35 33 831 30 28 28 24. Verschlossen: 9,6 95 10 10 10 10 10,5: 115%; 12(409; 18,5 18,511); 12,5(1430). 844. 17. Mai. Syringa, 45 em lang. Abends zuvor geholt. Offen: 28 27 25 24. Verschlossen: 5,5 5,7 58 6 6 6; 6,5(25'); 6,5.(80'); welkt; 61h), 852. 28. Mai. Syringa, 1 m lang. Abends zuvor geholt. Offen: 16 15,5 15,5 15,5 15 16. Verschlosen: 43 42 43; 5(8); 6(44); 6,b(ih); 6,8 (1hab'); 6,8280); B,5 (dh), ist etwas welk. Tote Zweige mit lebenden Blättern. 806. 2. Nov. Stengel von Aster Novi Belgii, 130 cm lang, auf 65 cm von unten her durch Kochen getötet. Nach 31 die Schnittfläche erneuert und mit Paraffin verschlossen: 3 3 3; 5,5(50); 8(1" 80); 10(1450); 11(24); welkt; 11,5 (2420); 12(8%), 807. 3. Nov. Aster, 120 cm lang, auf 66 cm von unten her getötet. Nach 4h Schnitt- fläche ernewert und verschlossen, Verschlossen: 2,3 2,2 2,5 22 2,2; 7,5 (2h 20); 10 (8% 20). 888. 11. Mai. Syringa, 100 em lang, auf 50 cm von unten her getötet. Am nächsten Morgen aufgesetzt. Offen: 9,5 9,5. Verschlossn: 1,5 1,7 2 21 2,3; 310); 33.20). Ergebnis: Nach Verstopfung der Sehnittfläche sangen die Zweige durch den entblößten Holzkörper natürlich immer beträchtlich weniger als vorher durch die offene Schnittfläche. Eine nachträgliche Steigerung der Saugung, wie sie nach den Erfahrungen beim Klemmen und beim Einkerben als das regelmäßige Verhalten zu erwarten wäre, findet wohl nicht selten statt, auch bei getöteten Zweigen, aber doch keineswegs immer. Hänfiger ist eine kontinuierliche Verminderung der Wasseraufnahme; vgl. auch oben Versuch 388 und 389, wo die Kerben mit Paraffin verschlossen wurden. Eine Erklärung, die über bloße Vermutung hinausginge, konnte bis jetzt nicht gefunden werden. Es sind natürlich verschiedene Möglichkeiten denkbar, wie eine Vermehrung der Widerstände eintreten und das Anwachsen der Saugkraft verdecken könnte, I. Über die absolute Größe der Saugkraft. Wenn durch Klemmen, durch doppeltes Einkerben oder durch Verstopfung der Schnittfläche die Widerstände in den Leitbahnen be- deutend vermehrt sind, zeigt oft das Welken und Vertrocknen der Blätter an, daß diese am Ende ihrer Saugkräfte angekommen sind, bevor sie einen Filtrationsstrom erzwingen können, der ihnen den Turgor zu erhalten erlaubt. An solehen Objekten, die starke Wider- stände zu überwinden haben, läßt sich also am besten ermitteln, bis 216 O. Bemner, zu welcher Höhe die veränderliche Saugkraft getrieben werden kann. Alles Wasser, das durch den entblößten Holzkörper eintritt, muß zu- nächst hier die imbibierten Wände passieren und weiterhin noch alle Widerstände der Leitbahnen bis zu den Blättern überwinden. Ebenso wird alles Wasser, das in die Schnittfläche eines geklemmten oder doppelt eingekerbten Zweiges eintritt, über die blockierte Stelle weg- geschafft. So viel Wasser aus dem Potometer verschwindet, so viel wird durch alle Widerstände bindurch bis zu den transpirierenden Flächen fortgeführt. Die Menge des aufgenommenen Wassers ist also, soweit es sich um Vergleich handelt, ein genaues Maß für die Fil- trationsgeschwindigkeit und damit für die Saugkraft. Ein Mittel, diese Saugkraft unmittelbar, wie durch Heben von Quecksilber, zu messen, kennen wir nicht, Aber durch die Ver- gleichung ihrer Wirkung mit der Wirkung einer bekannten Saugkraft läßt sie sich bestimmen. Wenn wir nämlich die transpirierenden Flächen durch Abschneiden entfernen und die Saugung der Blätter durch die Saugung einer Pumpe ersetzen, so lernen wir die Filtrations- geschwindigkeit kennen, die eine Saugkraft von bekannter Größe bei den gegebenen Widerständen herbeizuführen vermag. Und aus einer einfachen Proportion läßt sich dann die Kraft berechnen, die der sau- genden Pflanze zur Verfügung stand. Zunächst ein Versuch zur Orientierung darüber, ob die Filtrations- geschwindigkeit ‘wirklich der Sangkraft, d. h. der Druckdifferenz pro- portional ist. Wenn die Luftpumpe an einem Zweig saugt, liegt auf der unteren Schnittfläche der Barometerdruck, auf der oberen die Differenz zwischen dem Barometerdruck und dem Manometerstand Die Druckdifferenz zwischen der oberen und der unteren Schnittfläche ist also Barometer — (Barometer — Manometer) = Manometer, 4. h. die Druckdifferenz, die uns interessiert, wird ımmittelbar am Manometer abgelesen. 849. Zweig von Syringa, ohne Blätter, 50 em lang, zum größten Teil tot, mit der Luft- pumpe verbunden. a) Manometer 59 cm. Saugung: 14 15. Don 89, » U 105 108 on m, » 6 55,6 58. Don 0, » 5 10 1. ) on 89, » u u ı a:b) 59. 10,5 619. 39 . 15 — 586. “erd) 0.5. = 200. 19.10= 19%. d:e) 40.14 —=560. 59.10 = 590. Fxperimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 217 Es besteht also ziemlich genaue Proportionalität zwischen der Saugung des Zweiges und dem Manometerstand. Das Manometer war 170 cm von der oberen Schnittiläche der Zweige entfernt, Es herrschte aber doch an der Schnittfläche der Druck, den das Manometer angab, Wenn nämlich an Stelle des Zweiges eine vertikale, in Quecksilber tauchende Röhre an den Pumpenschlauch angesetzt wurde, so stieg das Quecksilber hier augenblicklich so weit wie im Manometer. Daß der kurze Gummischlauch, der an dem Zweig oder an der Röhre mit Draht befestigt wurde, durch den Atmosphärendruck gequetscht wurde, ver- hinderte nicht die Ausdehnung des Vakuums bis ans Ende dieses Schlauches. Außer den drei oben angegebenen Methoden wurde zur Erhöhung ‚des Widerstandes noch eine vierte verwendet. Es ist bekannt, daß in Luft transpirierende Blätter mitunter frisch bleiben, wenn andere Blätter desselben Zweiges in Wasser tauchen (vgl. 2. B. Pfeffer, 1897, pag. 142). Dieser Ersatz der offenen Schnittfläche durch das lebende Parenchym der Blätter muß die Widerstände sicher bedeutend steigern. Um die Saugung, die durch untergetauchte Blätter hindurch stattfand, zu messen, wurden die als Wasser absorbierendes Organ dienenden Teile luftdicht in ein zylin- drisches Gefäß mit Wasser eingeführt Eine Kapillare, die durch eine zweite Durch- bohrung des Korkstopfens in das sorglältig gefüllte Gefäß eingesetzt wurde, gestatteie die Saugung abzulesen. Die Schnittfläche des verwendeten Zweiges war immer mis Paraffin verschlossen. Wenn der eine Ast eines gegabelten Zweiges in dem Potometer- gefäß eingeschlossen war, befand sich die Schnittiläche mit dem anderen beblätterten Ast in der Luft, und die transpirierenden Blätter mußten das Wasser durch das Knie an der Zweiggabelung saugen. In anderen Fällen befand sich ein unterer Seitenzweig mit der verschlossenen Schnittlläche im Potometergefäß, der Gipfel des Zweiges ragte heraus. Wenn die Saugung der Blattflächen durch die Pumpensaugung ersetzt werden sollte, geschah das Abschneiden der beblätterten Gipfel oder der Blattspreiten meistens ohne weitere Vorsichtsmaßregel in der Luft. Dabei dringt natürlich in die Gefäße von der Schnittfläche her Luft ein. Das hat aber nicht viel zu bedeuten, weil die Pumpe diese Luft ebensogut auszusaugen vermag wie Wasser. In wenigen Fällen wurde das Abschneiden unter Wasser vorgenommen; der Vergleich mit “ der Pumpe ergab dabei kein anderes Resultat als beim Abschneiden in Luft. Daß durch das Abschneiden und durch das Ansetzen der Pumpe kein bedeutender Widerstand eingeführt wird, der in der unverletzten Pflanze fehlte, ist in vielen Fällen noch besonders geprüft worden Es braucht nur der absichtlich geschaffene Widerstand beseitigt zu werden (die Klemme wird geöffnet; oder das verstopfte Stück oder der als absorbierendes Organ dienende beblätterte Zweig wird unter Wasser 218 Ö. Renner, abgeschnitten), dann zeigt die Saugung der Pumpe an, ob die obere Schnittfläche der Filtration hohen Widerstand entgegensetzt oder nicht. Bei krautigen Organen ist sorgfältig darauf zu achten, daß beim luftdichten An- setzen des Pumpenschlauches keine Klemmung eintritt, Am sichersten läßt sich das vermeiden, wenn an der SteBe, wo der Draht um den Schlauch gezogen werden soll, der Stengel oder Blattstiel mit einem Plastolinring umgeben wird. Plastolin gibt auch bei lose angelegter Drahtschleife ausgezeichnet dichte Verschlüsse. Um ein unnötig enges Zusammenziehen der Drahtschlinge zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Pumpe in Gang zu setzen, während der Verbindungsschlauch in einiger Entfernung von seinem Ende mit einer Klemme verschlossen gehalten wird. Ist der Schlauch einmal an der Pflanze be- festigt, so zeigt beim Öffnen der Klemme das Verhalten des Manometers an, ob der Ver- schluß schen dicht ist oder nicht. 1. Vergleichung der Saugkraft der Pumpe mit der Saugkraft der Blattflächen, Fürs erste fragt es sich, wie hoch die Saugkraft ist, die Blätter entwickeln, wenn sie durch eine frische Schnittfläche so viel Wasser saugen, als sie durch Transpiration verlieren. Die Versuche ergeben hier mit großer Regelmäßigkeit (es soll nur auf den Versuch 283, pag. 204 verwiesen werden, wo der heblätterte Gipfel 22 mm saugt, die Pumpe durch ein 50 cm langes Zweigstück 140 mm), daß die Pumpe durch den geköpften Zweig mehr saugt als die Blätter. Die Saugkraft der Blätter beträgt also, falls in den Versuchen die Pumpe denselben aktiven Querschnitt zur Verfügung hatte wie die Blätter: nur Bruchteile einer Atmosphäre. Wenn an Objekten, die gegen starke Widerstände saugen, die Blattflächen in Luft. abgeschnitten werden, so steht die Saugung noch nach langer Zeit nicht still, ähnlich wie wir es bei welken Objekten kennen gelernt haben. Wird dann die Pumpe an einen solehen Stumpf angeschlossen, so kann nur die Steigerung, die die Saugung des Stumpfes durch die Tätigkeit der Pumpe erleidet, als die Saugung der Pumpe angesprochen werden. Ob auch die Saugung des unverletzten Ob- jektes um die Saugung des Stumpfes vermindert werden muß, wenn wir die Saugung der Blätter kennen lernen wollen, das ist sehr zweifel- haft. Der Stumpf verdankt ja den Zustand, der ihm nach Beseitigung der Blätter fortzusaugen erlaubt, eben der Tätigkeit der Blattflächen. Um aber die Saugkraft der Blätter eher zu niedrig als zu hoch einzu- schätzen, wurde als Saugung der Blätter betrachtet die Differenz zwischen der Saugung des ganzen Objektes und der des Stumpfes; die letztere wird dabei zu einer Zeit gemessen, wo sie sich nicht mehr rasch vermindert wie gleich nach dem Abschneiden, sondern annähernd Experimentelle Beiträge zur Kenninis der Wasserbewegung. 219 konstant bleibt. Mit dieser Differenz wird im folgenden verglichen die Differenz zwischen der bei Tätigkeit der Pumpe beobachteten Saugung und der Saugung des Stumpfes. Wenn nun die Saugung der Pumpe sich auf 1 mm in der Minute berechnet, die der Blätter auf 5 mm, und wenn der Manometerstand 60 cm beträgt, so entsprach im un- verletzten Objekt die Differenz zwischen dem Barometerdruck und dem Innendruck, also die Saugkraft (vgl. die Definition pag. 197), dem Druck von 300 em Quecksilber. 2. Die Saugkraft geklemmter Objekte. Die Methode der Klemmung hat den großen Vorteil, daß der Widerstand durch Aufschrauben der Klemme wieder beseitigt oder zum mindesten weit vermindert werden kann; eine Beeinträchtigung der Leitfähigkeit bleibt: ja vielleicht an der zerquetschen Stelle dauernd erhalten. Lebende Objekte. 868. 27. Mai. Blatt von Helleborus niger. Saugt frei: 12. Geklemmt: erst 0,8, dann 9,3. Stiel allein: 1. Mit Pumpe, Manometer 60 cm: 12 15 16 17 16 1,6. Klemme geöffnet, während die Pumpe saugt: 20 22 22. Die Saugung der Lamina verhält sich zur Saugung der Pumpe wie 8,3:0,6=14:1. Die Saugkraft ist also 14 - 60 cm Hg oder 840 em Hg. 364. 28. Mai. Wie vorher. Frei: 19,5 18 16,5. Geklemmt: erst 1,8, dann 7,3. Stiel allein, 18 em lang: 2,6 2,4; 1,8 1,5. Mit Pumpe: 0,7 0,8, Stiel allein: 1. Mit Pumpe: 0,8 0,6. Klemme geöffnet: 14 12 13. Angenommen, die Pumpe sauge 0,5, die Lamina 7, dann ist die Saugkraft 14. 60 == 840 cm Hg. 365. 28. Mai. Wie vorher. Frei: 14 14,5 14 Geklemmt: 18 18 14 14 14 14 18,5 13. Stielallein, 16emlang: 0,7 0,7 0,6 0,5 0,5. Mit Pumpe: 23 22, Klemme geöffnet: 34 22. Das Klemmen war augenscheinlich zu schwach. Blatt: Pumpe = 13:23 = 0,856: 1. Saugkraft 0,56 - 60— 34cm Hg. 367. 29. Mai. Blatt von Aeseulus. Sangt kei; 26 25. Geklemmt: 1, dann 6,5. Das Blatt welkt. Stiel allein, 20 cm lang: 3,5, dann 2,2, Mit Pumpe: 1,7 15 1,8 1,7. Klemme geöffnet: 42 41. Die Saugung nimmt nach dem Anschalten der Pumpe noch weiter ab, die Pumpe vermag also nicht durch den geklemmten, Stiel zu saugen. 368. 29. Mai. Blatt von Aesculus. Frei: 16 16,5. Geklemmt: 2, dann5. Stiel allein: 2 1,8. Mit Pumpe: 13 13 13. Klemme geöffnet: 12,5. Die Pumpe saugt nicht durch den geklexamten Stiel. 370. 29. Mai. Stengel von Lythrum salicaria, 44 cm lang, mit sieben Blatipaaren. Frei: 15,5 15 15,5. Geklemmt: 8, dann.9,5. Stengelstumpf allein, 8,5 cm lang: 0,3 0,38. Mit Pumpe: 38 4 3,9 3,7 3,8. Klemme geöffnet: 141 166. Stengel: Pumpe — 9,5 : 88 = 2,5 : 1. Saugkraft des Srongels 2,5 - 60 = 150 cm Hg. 376. 2. Juni. Blatt von Helleborus. Frei: 18 13 18. Geklemmt: 6,5, dann 10,5. Stiel allein, 8,5 cm lang: 0,8 0,3 0,3. Mit Pumpe: 1,6 1,8 1,6. Klemme Flora, Bd. 108. 15 220 877. 878. 379. 380. 0. 3. 401. 402. ©. Renner, geöffnet: 16,5 18,5 12. Blatt: Pumpe= 105: 16=6,6:1. Saugkraft: 6,8.60—=396 cm Hg. 2. Juni. Blatt von Helleborus. Frei: 8 8 8. Geklemmt: 0,8, dann 9. Stiel allein: 6 cm lang: 0,2 0,2 0,2. Mit Pumpe: 1,3 1,3 1,8. Klemme geöffnet: 20. Blatt: Pumpe=9:18= 17:1. Saugkraft7 - 60 — 420 cm Hg. 2. Juni, Blatt von Helleborus. Frei: 18 12. Geklemmt: 3,5, dann 4,5, dann 8,8. Stiel allein, 6 em lang: 0,16. Mit Pumpe: 0,3 0,3, Klemme geöffnet: 18. Blatt: Pumpe =8,7:08=12:1. Saugkraft 12 - 60 — 720 em Hg. 2. Juni, Blatt von Helleborus. Frei: 22 20. Geklemmt: 7, dann 14,5. Stiel allein, 5 emlang: 0,3 0,2. Mit Pumpe: 1,6. Klemme geöffnet: 32 30 25. Blatt: Pumpe —=14,5:1,6=9:1. Saugkraft 9 . 60— 540 em Hg. 2. Juni. Blatt von Helleborus, Frei: 16 16. Geklemmt: 12, dann 14, Stiel allein, 6emlang: 0,3 0,3. Mit Pumpe: 5 5. Blatt: Pumpe = 13,7 :4,7—= 3:1. Saugkraft: 3. 60= 180 cm Hg. 18, Juni, Heuriger Zweig von Lyeium barbarum, 110 em lang, die unteren 40 cm blattlos, unter Wasser abgeschnitten, Saugt: 67 64. Geklemmt: 35 36. In der heilen Sonne: 45 50 51 52 58 52 58 54 52 52. Gipfel unter Wasser abgeschnitten, Rest 39 cm lang, über der Klemme 30 cm: 1,8. Mit Pumpe {Manometer 60 em): 3,5. Nach Öffnung der Klemme: 18. Blattsaugung:. Pumpensaugung = 51,7:2,2 = 28,5 : 1. Saugkraft der Blätter 1410 cm Hg — 19 Atmosphären. 28. Juni. Heuriger Zweig von Lycium, 120 cm lang, die unteren 24 cm blattlos. Frisch aufgesetzt: 140 181 181 1830. Sehr scharf geklemmt: 52, nach 30° 61, am nächsten Morgen 45; die Blätter, ausgenommen die obersten, sind welk. Gipfel abgeschnitten, Rest 16 em, über der Klemme 6 em lang: 1,8. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 3,5. Zu vergleichen sind 48,2 und 1,7. Saugkraft 25 - 60 =1500 em Hg 20 Atmosphären, 29. Juni, Heuriger Zweig von Syringa, 70 em lang: 27 27. Scharf geklemmt: 18; die Blätter sind noch immer frisch. Gipfel ab, Rest 17 um, über der Klemme 6 cm lang: 1. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 4,7. Zu vergleichen: 17 und 3,7. Saugkrait 4,6 . 60—= 276 cm Hg. 29. Juni. Stengel von Aster Novi Belgüü, 1 m lang: 77 71. Geklemmt: 19,5, dann 85; ist nach 65h noch nicht welk. Gipfel abgeschnitten, Rest 30 cm, über der Klemme 15 em lang: 2,3. Mit Pumpe (Mauometer 60 em): 7,5. Nach Öff- nung der Klemme: 78. Zu vergleichen: 32,7 und 5,2. Saugkraft 6,2. 60 = 312 cm Hg. 29. Juni, Stengel von Aster, 1 m lang: 100. Zwei Klemmen 2 cm übereinander angelegt, senkrecht zu einander orientiert: 39. Schärfer geklemmt: 18,5, nach 80‘ 31. Beide Klemmen noch schärfer angezogen: 20; nach 3h 36; die unteren Blätter sind jetzt welk‘), Gipfel abgeschnitten, Rest 24 em, über der oberen Klemme 10 em lang: 2,3. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 4,8. Ohne Pumpe: 2,3. Zu vergleichen 88,7 und 2,5. Saugkraft 13,5. 60— 810 cm Hg. 29. Juni. Stengel von Aster, 1mlang: 84 32. Wie vorher doppelt geklemmt: 18, nach 1" 24. Die Kiemme schärfer angezogen; nach Ah : 12; die Blätter sind 1) Die Beobachtung ist immer wieder zu machen, daß das Welken bei den antersten ältesten Blättern beginnt. Vergleiche dazu Pringsheim. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Waserbewegung. 221 welk. Gipfel abgeschnitten, Rest 18 cm, über den Klemmen 7 em lang: 1,5. Mit Pumpe: 2. Zu vergleichen 10,5 und 0,5. Saugkraft 1200 cm Hg. 408. 30. Juni, Stengel von Aster, 1 mlang: 51 49. Wie vorher doppelt geklemmt: 5, dann 42, Beide Klemmen noch enger: 28,5, nach Ih 28, nach &h 19,5; alle Blätter bis zum Gipfel sind sehr welk. Gipfel abgeschnitten, Rest 17 cm, über den Klemmen 7 cm lang: 3,5. Mit Pumpe (Manometer 60 cm): 4,2. Zu vergleichen 16 und 0,7. Saugkraft 23 - 60= 1380 cm Hg. Tote Blätter. 884. 17. Juni. Blatt von Helleborus, Lamina durch Chloroformdampf getötet, Stiel lebend. Saugt: 9 9, Stiel geklemmt: erst 1,7, nach 3h 5,5. Der 12 em lange ‚ Stiel allein ohne Lamina: 0,5 0,5. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 58 5,8 55 45 6 5,5. Die Saugkraft des toten Blattes ist etwa 60 em Hg. 885. Wie vorher. Saugt: 7 6,6 6,7. Stiel geklemmt: erst 3,2, nach 2h 52. Der 12 cm lange Stiel ohne Lamina 0,4 0,2. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 17,5 16,5. Die Saugkraft ist kaum 20 em Hg. 3. Die Saugkraft von Zweigen, deren Schnittfläche mit Paraffin verschlossen ist, Der hohe Widerstand an der Schnittfläche wird dadurch be- seitigt, daß unter Wasser einige Zentimeter abgeschnitten werden. Saugt jetzt die Pumpe viel mehr als vorher, so war der Widerstand zum größten Teil an der Schnittfläche lokalisiert. Lebende Objekte. 800. 27. Okt. Stengel von Aster Novi Belgüi, 95 emlang. Ganzer Stengel: 35 35 85. Ohne Gipfel, noch 60 cm lang: 8 7 6,5. Mit Pumpe: 15 15 15. Wieder ohne Pumpe: 6 6. Stengel: Pumpe= 29:9 —8,2:1. Saugkraft 5,2 - 66 — 208 cm Ag. 808. 27. Okt. Zweig von Philadelpkus coronarius, 95 em lang. Ganzer Zweig: 13,5 13,5. Ohne Gipfel, noch 42 em lang: 8 8 3. Mit Pumpe: 5 3 8. Wieder olıne Pumpe: 2 1,7. Oben vom Zweig 4 cm abgeschnitten, der Rest ist noch 88 en lang. Mit Pumpe: 8,5 33 3,2. Vom Zweig noch 28 em abgeschnitten, Rest noch 15 em lang. Mit Pampe: 8,7 8,8 3,8. Vom Zweig unten 4 em abge- schnitten, also der verstopfte Teil durch eine irische Schnittfläche ersetzt. Mit Pumpe: 180 145 125. Zweig: Pumpe=11,8:15=9:1. Saugkrait 9.65= 585 cm Hg. 302. 28, Okt. Stengel von Aster, 85 em lang. Ganzer Stengel: 10 10 10. Ohne Gipfel, Rest 40 cm lang: 4 4 4. Mit Pumpe: 4,5 45 45. Von dem Zweig die untersten 2,5 cm abgeschnitten, saugt fürsich: 6 6 6. Mit Pumpe: 99 9. Stengel: Pumpe=6;0,5-=12:1. Saugkraft 12.651780 em Hg. 803. 28. Okt. Stengel von Aster, 90 cm lang. Ganzer Stengel: 24 23 23 23,5. Ohne Gipfel, Rest 40 cm lang: 3,6. Mit Pumpe: 6 6 6. Wieder olıne Pampe: 35 3,7 3,8. Das verstopfte Stück des Zweiges abgeschnitten, mit Pumpe: 120 120. Stengel: Pumpe =19,4:2,4—8:1. Sangkraft 8 - 65 = 520 cm Hg. ı15* 222 0. Renner, 804. 31. Okt. Stengel von Aster, 90 cmlang: 21 21 20. Ohne Gipfel, Rest 54 em lang: 5,5. Mit Pumpe: 5,5. Wieder ohne Pumpe: 5,5. Die Pumpe saugt nicht durch. Das verstopfte Stück abgeschnitten, mit Pumpe: 8 7. 310. 5. Nov. Stengel von Aster, 105 cmlang: 14 14,5 14. Ohne Gipfel, Rest » em lang: 12 1 0,7. MitPuampe: 2 2 2. Das verschlossene Stück abgeschnitten, Mit Pumpe: 200 185. Stengel: Pumpe=18,8:13—10:1. Saugkraft "10 - 65 = 650 ım Hg. 812. 7. Nov. Stengel von Aster, 95 cm lang: 18 12 13 12. Ohne Gipfel, Rest 15 omlang: 0,8 0,8 0,8. Mit Pumpe: 8 3 8. Ohne das verstopfte Stück, mit Pumpe: 580. Stengel: Pumpe =112:22—5:1. Saugkrait 5 . 65 — 325 . em Hg. 818. 8. Nov. Zweig von Lyeium, 90 cm: 14,5 14,5. Abgenommen, Gipfel unter Wasser abgeschnitten, Stumpf wieder aufgesetzt, 20 em lang: 0,8 0,8 0,8. Mit Pumpe: 6 6 6. Stengel: Pump=13,7:52—=26:1. Saugkraft 2,6-66— 169 em Bg. Der abgeschnittene Gipfel, 70 em lang, mit verschlossener Schnittfläche: 14 16 14,5. Abgenommen, Gipfel unter Wasser abgeschnitten, Stumpf wieder aufgesetzt, 1b emlang: 0. Mit Pumpe: 7 7 6,8. Saugkraft 2-65 — 130 em Hg. S14. 8. Nov. Zweig von Forsythia suspensa, 90 em lang: 7 7 7. Ohne Gipfel, Rest 24 em: 3,5 3,4. Mit Pumpe: 2,5. Wieder ohne Pumpe: 2,2. Ohne das verstopfte Stück, mit Pumpe: 110. Zweig: Pumpe =4,8:08—=16:1. Saug- kraft 16 - 65 = 1040 em Hg. 315. 9. Nov. Zweig von Forsythia, 85 cm lang: 6 6 6. Ohne Gipfel, Rest 18 em lang: 1 1. Mit Pumpe: 2 2. Saugkraft 5 - 65 — 325 cm Hg. Versuche mit Syringazweigen, im Mai. 825. 5bemlang: 12,5 12,5. Ohne Gipfel, Rest 21 cm: 1,5. Mit Pumpe: ?. Saugkraft 2.60= 120 cm Hg. 381. 65 cmlang: 8,5. Ohne Gipfel, 30 em: 2,8 2,5. Mit Pumpe: 2,5. Ohne Pumpe: 1,2. Mit Pumpe: 1,5. Ohne Pumpe: 1,2. Mit Pumpe: 1,3. Saugkraft 12 - 60 cm = 720 em Hg. 392. 85 cm lang: 12,5. Ohne Gipfel, 64 cm lang: 2. Mit Pumpe: 1,6. Ohne Pumpe: 1,8. Die Pumpe saugt durch den Widerstand nicht merklich. Ohne das verstopite Stück, mit Pumpe: 4,5. 338. 40 cm lang, war in der Luft abgeschnitten worden: 2,6. Ohne Gipfel, 5,5 cm lang: 0,4. Mit Pumpe: 7,5 8. Die Pumpe saugt bei 60 cm Manometerstand viel mehr als die Blätter. 340. 45 cm lang: 8. Ohne Gipfel, 18 cm lang: 0,4. Mit Pumpe: 1,9. Ohne das ver- stopfte Stück, mit Pumpe: 28 26. Saugkraft 5.60 = 300 cm Hg. 341. 70 em lang: 16,5. Ohne Gipfel, 34 cm lang: 1. Mit Pumpe: 5. Ohne das ver- stopfte Stück, mit Pumpe: 15. Saugkraft: 4 - 60 — 240 cm Hg. 842. 90 omlang: 6. Ohne Gipfel, 46 em lang: 1. Mit Pumpe: 1,5. Ohne das verstopkte Stück, mit Pumpe: 7,5. Baugkraft: 10 « 60 == 600 cm Hg. 344. 45 em lang: 6,5. Ohne Gipfel, 18 em lang: 0,4. Wit Pumpe: 3. Saugkrafs: 2,4-.60= 144 cm Hg. 846. 50 cm lang: 3,7. Ohne Gipfel, 17 cm lang: 0,2. Mit Pumpe: 2,7. Saugkraft: 1,4.60= 84 cm Ha. 847. 60 em lang: 6,5. Ohne Gipfel, 42 om lang: 0,7. Mit Pumpe: 5,8. Saugkraft: 1,14 - 60=68 com Hg. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 233 850. Auf 58 cm dreijährig, dann gegabelt, die beiden zweijährigen Zweige 35 und 25 cm lang, jeder an der Spitze noch mit zwei heurigen, 25--80 cm langen Zweigen. Frisch aufgesetzt: 72 70. Schnittfläche verstopft; 18,5, dann 14,5. Die be- blätterten Gipfel der beiden zweijährigen Zweige abgeschnitten: 5, dann 3. Mit Hilfe eines T-Stückes an beide Zweige zugleich die Pumpe angeschlossen: 3. . Die Pumpe saugt nieht durch. 851. Auf 90 cm dreijährig, dann gegabelt, die beiden zweijährigen mit beblätterten Zweigen besetzten Äste 60 em lang: 22. Die Gipfel der beiden Äste abgenommen: 8 Nun mit Hilfe eines T-Stückes an beide Äste zugleich die Pumpe angeschlossen: 4. Pumpe wieder ab: 2,5. Das verstopfte Stück abgeschnitten, die Pumpe wieder an beide Äste angeschlossen: 11. Saugkraft: 18 - 60—= 780 cm Hg. 354. Auf 82 cm dreijährig, dann drei zweijährige Äste mit: mehreren beblätterten * Zweiglein: 4,2. Wird welk. Gipfel ab, Rest 82 em lang: 3,3. Mit Pumpe: 4,2 45 43 45 4,4. Die Pumpe saugt so viel wie die Blätter, trotzdem diese welken. Tote Zweige mit lebenden Blättern. 306. 2. Nov. Stengel von Aster, 130 cm lang, die unteren 65 cm durch Kochen getötet: 12. Die Blätter sind welk. Gipfel ab, Rest 65 cm lang, tot: 7,5. Mit Pumpe: 7,5. Ohne das verstopfie Stück, ohne Pumpe: 81 27. Die Pumpe saugt durch die verstopfte Schnittfläche nicht merklich. 807. 3. Nov. Stengel von Aster, 120 cm lang, die unteren 65 em getötet: 10. Ohne Gipfel, Rest 67 em lang: 4,5. Mit Pumpe: 5. Sangkraft 11-65 = 715 cm Hg. Der Stumpf auf 11 cm verkürzt, ohne Pumpe: 0,6. Mit Pumpe: 1 1 13 15. Ohne das verstopfte Stück, mit Pumpe: 240. Versuche mit Syringa, im Mai. 388. 100 em lang, die unteren 50 cm tot: 3,2. Ohne Gipfel, Rest 46 cemlang: 12 1 14 12. Mit Pumpe: 1,5 1,5 15. Saugkraft: 6,6 - 60— 396 cm Hg. 887. 80 em lang, auf 60 cm tot: 5. Ohne Gipfel, Rest 60 em: 2. Mit Pumpe: 4 4,4 4,6 48. Ohne Pumpe: 8 23 25 2 Die Pumpe saugt kaum weniger als die Blätter. 888. 65 cm lang, auf 24 cm tot; 6,5. Ohne Gipfel, 28 em lang: 0,8. Mit Pumpe: 3, Saugkraft 2,4 - 60— 144 cn Hg. 839. 65 em lang, auf 25 em tot: 2,8. Ohne Gipfel, Rest: 25 cm lang: 0,5. Mit Pampe: 1. Saugkraft 4,6 - 60 == 276 cm Hg. 848. 115 em lang, ein 50 em langes Stück durch Dampf getötet (nach dem Versuch bis zur Markkrone verfärbt), die untersten 10 cm lebend: 3,5, in 5' 17,5 mm. Ohne Gipfel, Rest 78 em lang: in 5’ 5 mm. Mit Pumpe: in 5' 5,7 mm. Saug- kraft: 13 - 60 — 780 cm Hg. 849. 80 cm lang, ein 40 cm langes Stück getötet, sonst wie vorher: 2,5. Ohne Gipfel, Rest 50 em lang: 0,5. Mit Pumpe: 1. Saugkraft 4 - 60 — 240 cm Hg. Ohne das verstopite Stück, mit Pumpe: 14. 4. Die Saugkraft von Pflanzenteilen, deren Schnittfläche von Schleim verstopft ist. Pflanzen, die aus der Schnittfläche abgeschnittener Teile Schleim austreten lassen, welken immer in kürzester Zeit. Es ist zu nnter- 224 0. Renner, suchen, ob durch die Schleimbedeckung der Schnittfläche hohe Wider- stände verursacht werden. Desgleichen, ob in Zweigen, die infolge von Bakterienentwieklung an der Schnittfläche in einigen Tagen welken, die Widerstände hoch sind. 316. 38. 317. 10. Nov. Zweig von Sparmannia afrieana, 80 em lang, mit sieben Blättern: 85 65 6 5 4. Ohne Gipfel, Rest 18 cm lang: 0,8. Mit Pumpe: 2,2 18 15. Manometer 65 cm. Die Abnahme der Saugung des beblätterten Zweiges deutet auf die zunehmende Schleimbedeckung. Bei der Kürze des Zweigstumpfes ist die Saugung der Pumpe sehr gering. 10. Nov. Wie vorher, 21 cm lang: 28 25 26 25 24 19 16 8. Ohne Gipfel, Rest 11 emlang: 1,4. Mit Pumpe, Manometer 65 em; 3 1,7. 10. Nov. Großes Blatt von Boehmeria platyphylla, Spreite 30 em lang, #tiel 18 em lang: 2,7 2 1,2. Ohne Spreite, Stielrest 11 em lang: 0,8. Mit Pumpe (Manometer 65 em): 1 1. " Eine genaue Vergleichung von Blatt- und Pumpensaugung ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Aber die bei der Kürze der Objekte sehr geringe Saugung der Pumpe zeigt: an, daß die Wider- stände bedeutend sind. 404. 2. Juli, Stengel von Aster, 95 em lang, stand seit 21:, Tagen, mit Gummistrumpf bekleidet, in Wasser und war dabei welk geworden, Er wurde nun ohne Er- neuerung der von Bakterienschleim bedeckten Schnittfläche aufs Potometer ge- setzt, nachdem die unteren sehr welken Blätter bis auf 60 em hinauf entfernt waren. Der beblätterte Zweig saugt: 17,5. Der 60 em lange blattlose Rest nach Entfernung des Gipfels: 6. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 6. Die Pumpe saugt also nicht merklich. 5. Die Saugkraft von Zweigen, die das Wasser durch lebende 298. 297. Blätter aufnehmen. Versuche mit Syringa. 24. Okt, Ein kleiner Gabelzweig, dessen Äste je 4 Blätter tragen. Schnittfläche mit: Paraffin verschlossen. Erst unter den Rezipienten der Luftpumpe gebracht, wohei ein Ast in Wasser taucht, der andere sich außerhalb des Wassers befindet. Der teilweise injizierte Ast in das Zylinderpotometer eingediehtet, der andere samt der verstopften Schnittfläche in der Luft: 6 6 6. Ohne den beblätterten, in der Iarit befindlichen Gipfel: 1. Mit Pumpe 1,75. Ohne Pumpe: 1. Saug- kraft 6,6 . 65 = 429 cm Hg. 26. Okt. Wie vorher, die beiden Zweige 20 cm lang, der ins Wasser tauchende Zweig nicht mit Wasser infiziert. Der Stummel, der die beiden Zweige verbindet und dessen Schnittfläche verschlossen ist, ist 3 em lang. Der Luftzweig mit vier Bißttern saugt 2,5 2,5. Der Gipfel dieses Zweiges ab, der Rest bis zum Knie 12 cmlang: 1,3 13. Mit Pumpe (Manometer 65 em): 1. Noch ein 3 cm langes Stück ab, Pumpe an: 0,9. Ohne Pumpe: 0,7. Die Pumpe saugt nicht durch das Knie, Der Zweig aus dem Zylinderpotometer genommen, der beblätterte Saug- zweig unter Wasser abgeschnitten, Rest bis zum Knie 6,5 em lang. Mit dieser 327. 389. 277. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung, 225 neuen Schnittfläche wird der Zweig auf ein gowöhnliches Potometer mit gleicher Kapillarenweite gebracht, an das andere Ende wird wie vorher die Pumpe an- geschlossen; 8 7 7,5. Nachdem die Blätter durch eine frische Schnittfläche ersetzt sind, saugt die Pumpe also durch das Knie kräftig dureh. 27. Okt. Wie vorher. Die beiden Zweige 20 em lang; der Wasserast mit zwei Blättern, die unter dem Rezipienten der Lufipumpe schwach injiziert worden sind, der Luftast mis vier Blättern. Der Luftast saugt: 8,5. Der Gipfel dieses Astes ab: 1,25. Mit Pumpe: 1,65, Olme Pumpe: 1,2, Saugkraft 6. 66— 390 em Hg. 9. Mai, Ganzer Zweig 50 em lang, die verstopfte Schnittfläche mit dem untersten beblätterten Zweig im Potometer, vier kleine Zweige außerhalb. Die Luftzweige saugen 2,5. Ohne Gipfel, Rest 25 cm lang: 1,7. Mit Pumpe: 1,7. Ohne Pumpe: 1,5. Saugkraft: Etwa 10 - 60 = 600 em Hg. 9. Mai. Zweijähriges Stück des Zweiges 35 em lang, daran drei einjährige, 20 em lange Zweige mit je sechs Blattpaaren. Der unterste Zweig wie vorher im Poto- meter. Die Luftzweige saugen: 5. Blätter welk. Ohne Gipfel, Rest 10 cm lang: 0,1. Mit Pumpe; Rinde ringsherum eingeschnitten, um Luftsaugung auszu- sehließen: 0,2. Die Pumpe saugt kaum merklich. Die Saugkraft von doppelt eingekerbten Zweigen. Lebende Zweige. . 14. Okt, Zweig von Lyeium, 120 em lang. Saugt frisch über 100, gekerbt 9, dann 17. Welkt. Ohne Gipfel, 25 cm lang, über der zweiten Kerbe nur 5 em: 1,5. Mit Pumpe: 2,5. Ohne Pumpe: 1,5. Blatt: Pumpe = 15,5:1. Saugkraft 15,5 - 66 = 1007 cm Hg. 19. Juni. Zweig von Lycium, 110 cm lang: 50 47; 43(7). Zwei Kerben ge- macht, mit geschmolzenem Paraffin verschlossen: 12; 9,5 (17). Gipfel unter Wasser abgeschnitten, Rest: 35 em lang: 1,7. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 1,7. Ohne Pumpe: 1,7. Die Pumpe saugt nicht durch, j Versuche mit Syringa, 11. Okt. 75 em lang. Saugt frisch 30, gekerbt 3, dann 4,5. Ohne Gipfel, Rest 25 cm lang: 2. Mit Pumpe (Manometer 65 em): 2. Ohne Pumpe: 2. Die Pumpe saugt nicht merklich. . 11. Okt. 80 cm lang, Saugt frisch 20, gekerbt 6, dann 17. Ohne Gipfel, Rest 40 em lang: 2. Mit Pumpe (Manometer 65 cm): 2. Die Pumpe saugt nicht merk- lich. Zwischen den beiden Kerben abgesehnitten, an das untere, 30 cm lange Stück die Pumpe augeschlossen: 25. 12, Okt. 70 cm lang. Saugt frisch 22, gekerbt 4, dann 19, Olme Gipfel, mit Pumpe: 2. . 12. Okt. 80 em lang. Saugt frisch 22, mit zwei nicht tiefen Kerben 22, ohne Gipfel 0,5, mit Pumpe (Manometer 60 em): 17. Saugkraft 1,8 -60 = 80 cm Hg. Der durch die beiden seichten Kerben eingeführte Widerstand war also nicht bedeutend. 25. Mai. 40 cm lang. Sangt frisch 42, gekerbt 3,5, dann 7,8. Obne Gipfel, 10 cm lang, 0,4. Mit Pampe 0,9. Ohne Pumpe 0,4. Saugkraft 14 - 60 == 840 cm Hg, . 2. Juni. 60 em lang. Saugt frisch 56, gekerbt 2, dann 6,2. Ohne Gipfel, 14 cm lang, 0,7. Mit Pampe1,1. Ohne Pumpe 0,7. Saugkraft 13,8 - 60 = 828 cm Hg, 226 O. Renner, Tote Zweige mit lebenden Blättern. 288. 15. Okt. Zweig von Lyeium, 135 em lang, auf 65 cm von unten durch Kochen getötet. Saugt nach dem Erkalten 5, gekerbt 1,5, dann 2,5. Ohne Gipfel, 40 em lang, 1,6. Mit Pumpe 1,ö6. Manometer 65 cm. 290. 18. Okt, Lycium, 210 cm lang, auf 65 cm durch Kochen getötet. Saugt 18, ge- kerbt 8, dann 6,5. Ohne Gipfel, 110 cm lang, 2. Mit Pumpe (Manometer 65 em}: 2,5. Saugkraft 9.65 — 585 em Hg. 857. 25. Mai. Syringa, 60 cm lang. Auf 25 em durch Dampf getötet, an der Schnitt- fläche lebend: 11,5. Im toten Teil gekerbt 2,5, dann 7,2. Ohne Gipfel, 36 cm lang, 2,8. Mit Pumpe 2,6. Ohne Pumpe 2,4. Die Pumpe saugt nicht durch. 858. 25. Mai. Syringa, 60 cm lang. Auf 25 cm durch Dampf getötet: 14. Im Toten gekerbt: 2. Ohne Gipfel, Rest 42 em lang, 1,2. Mit Pumpe (Manometer 60 cm): 1,4. Ohne Pumpe 1,4. Die Pumpe saugt nicht durch. 859. 26. Mai.Syringa, 70 em lang. Wie vorher: 16,5. Im Toten gekerbt: 2,5,dann 10,7. Ohne Gipfel, Rest 38 cm lang, 2,5. Mit Pumpe: 2,2. Ohne Pumpe: 2. Das Stück mit den Kerben abgeschnitten, an den unteren, 20 cm langen Stumpf die Pumpe an: 80. 861. 26. Mai. Syringa, 60 cm lang. Wie vorher behandelt: 20. Im Toten gekerbt: 2,4, dann 8,2. Ohne Gipfel, Rest 29 cm lang, 2,5. Mit Pumpe (Manometer 60 em): 2,2. Ohne Pumpe: 2.1, Zwischen den beiden Kerben abgeschnitten, an das untere Stück die Pumpe an (Manometer 60 cm): 21,5. Das obere Stück auigesstzt, wit Pumpe: 12. 862. 27. Mai. Syringa, 60 cm lang. Wie vorher behandelt: 6,5. Im Toten gekerht: 2,6, dann 3,5. Ohne Gipfel, Rest 85 cm lang: 1,3. Mit Pumpe (Manometer 60 em):1,3. 869. 29. Mai. Syringa, 120 em lang. Wie vorher behandelt: 33. Im Toten gekerbt: 3,8, dann 10,5, dann 5,5. Ist welk. Ohne Gipfel, Rest 28 cm lang: 2,6. Mit Pumpe (Manometer: 60 cm) 2,3. Zweige mit toten Blättern. 291. 20. Okt. Forsythia, 90 cm lang. Mit Formalin getötet: 9. Gekerbt: 3, dann 1,4. Gipfel ab, Rest 80 em lang, mit Pumpe (Manometer 65 cm): 4. 294. 25. Okt. Forsythia, 80 em lang, mit Formalin getötet: 4. Gekerbt: 3. Ohne Gipfel, Rest 20 em lang: 1,5. Mit Pumpe (Manometer 65 em): 5,5. . 296. 25. Okt, Cornus alba, 55 em lang, durch Chloroformdampt getötet: 5. Gekerbt: 1,5, dann 2,3, Ohne Gipfel ‚Rest 20 cm lang: 1. Mit Pumpe (Manometer 65 cm) 2,5. Die Pumpe saugt in allen drei Versuchen mehr als die toten Blätter. Ergebnis: Nach der angewendeten Berechnungsweise ergibt sich für die Saugkraft lebender, welkender Blätter in den äußersten Fällen der Wert von 800—1500 em Quecksilber oder 1020 Atmosphären. Mitunter ist eine Saugwirkung der Pumpe nicht mehr mit Sicherheit zu finden, während die Blätter kräftig saugten; bei sehr schwacher Saugung sind die verwendeten Potometer eben nicht mehr ganz zu- verlässig, Ein zahlenmäßiger Vergleich ist dann nicht mehr möglich, doch liegt in solchen Fällen die Saugkraft der Blätter sicher sehr. hoch. ‚Tote Blätter entwickeln eine Saugkraft, die noch nicht einmal eine Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 227 Atmosphäre erreicht. Damit stimmt die früher gemachte Beobachtung überein, daß Objekte mit toten Blattflächen in aufrechter Lage immer mehr saugen als in inverser, und die bekannte Erfahrung, daß tote Blätter immer rasch welken und vertrocknen. Ob die Achse, an der lebende Blätter inseriert sind, selber lebt oder tot ist, hat keine Be- deutung für die Äußerung der Saugkrafl. — Wenn abgeschnittene Pflanzenteile, deren Sehnittfläche immer mit Wasser in Berührung bleibt und nieht mit Luft injiziert ist, welk werden, so sind immer (durch Schleimausscheidung aus den Geweben selbst oder durch anders- artige Verstopfung) Widerstände vorhanden, die durch eine Kraft von mehreren Atmosphären nicht überwunden werden. Zweige, die in Luft abgeschnitten waren und trotz Wasserdarbietung rasch weik geworden sind, können bekanntlich durch Einpressen von Wasser unter dem Druck einer mäßig hohen Quecksilbersäule wieder straff gemacht werden (vgl. z. B. Pfeffer, 1897, pag. 214). Daraus den Schluß zu ziehen, daß der Druck dieser Hg-Säule neben den Saug- kräften der Pflanze wesentlich ins Gewicht falle, wäre verfehlt. Das Einpressen von Wasser bringt vielmehr wassergefüllte, also saugfähige Gefäßelemente, die vorher an lufterfüllte Gefäße anstießen, mit Wasser in Berührung, mindestens solange der Quecksilberdruck wirkt. Unter dem vermehrten Druck kann aber auch Luft in Lösung gehen und dann bleibt auch nach dem Aufhören des künstlichen Druckes die Steigerung der Saugfähigkeit erhalten. Wenn Vesque (1876, pag. 362} schreibt: „Certains rameaux eoup6s sous l’eau!) se fanent irr&vo- eablement si Von ne remplace pas la poussee des raeines par une poussee artificielle“, so ist das in der gegebenen Fassung kaum richtig. Unter Wasser abgeschnittene Objekte welken infolge von Verstopfung der Schnittfläche, nicht wegen Mangel des Wurzeldruckes, und ob unter solchen Verhältnissen die Einpressung von Wasser das Welken ver- zögert, müßte erst geprüft werden. Nun ist noch die wichtige Frage zu erörtern, wie weit es erlaubt ist, die Saugung der Pumpe mit der der Blätter zu vergleichen. Daß die Pumpe bei Klemmung, bei Verstopfung der Schnittfläche und bei Saugung durch untergetauchte Blätter nicht unter wesentlich sehwierigeren Bedingungen arbeitet als die Blätter, ist wohl erwiesen durch die oft gemachte Probe, wobei nach Beseitigung des lokalen Widerstandes die Pumpe eine bedeutende Filtrationsgeschwindigkeit erzielt. Bei Blatt- stielen z. B. ist die Saugung der Pumpe nach der Aufhebung der 4) Vom Verfasser gesperrt. 238 O. Renner, Klemmung mitunter bedeutender als vorher die Saugung des Blattes durch den ungeklemmten Stiel war. Bei doppelter Einkerbung könnte dagegen das Verhältnis ein anderes sein. Wenn das Zweigstick tiber den Kerben kurz ist und die Kerben offen sind, kann die Pumpe von den Kerben her durch beiderseits offene Gefäße Luft saugen, und dann ist vielleicht der Druck dicht über der Schnittfläche höher als das Manometer in einiger Entfernung angibt, Diese Luftsaugung läßt sich nun durch dichten Verschluß der Kerben mitPlastolin verhindern. Aber dabei kann sich ein anderer Fehler einschleichen, der das Resultat zugunsten der Pumpe verschiebt: wenn ein luftdicht abgeschlossener, von Luft erfüllter Raum im inneren Winkel der Kerbe übrig bleibt, kann die Saugung der Pumpe sich auf die Zweigtelle unter den Kerber fortpflanzen, weil die Pumpe, anders als die Blätter, auch Luft zu saugen vermag. Tatsächlich fällt die Saugung der Pumpe bei kurzen ge- kerbten Zweigen mitunter sehr verschieden aus, je nachdem die Kerben offen oder sorg- fältig mit Plastolin verschlossen sind. Die Methode der Einkerbung darf also wohl nur bei solchen Zweigen verwendet werden, bei denen das Stück über den Kerben länger ist als die längsten Gefäße. Werden die Kerben mit geschmolzenem Paraffin verstopit, so unterbleibt das Ansteigen der Saugung nach der Einkerbung; es liegen also ähnliche Bedingungen vor wie wenn die untere Schnittfläche mit Paraifin verschlossen wird. Im allgemeinen dürfte die Pumpe den Blättern gegenüber in ver- schiedenen Stücken im Vorteil sein. Einmal wurde die Achse, an der die Blätter vor der Anschaltung der Pumpe saugen, häufig stark ge- kürzt, um das störende Nachsaugen der Achse auszuschließen. Es fallen also für die Pumpe die Widerstände eines langen Achsen- stückes weg, die bei der Wasserarmut der welkenden Zweige beträchtlich sein können. Zweitens steht der Pumpe, aber nieht notwendig den Blättern, immer der ganze Querschnitt der Leitungsbahnen zur Ver- fügung; daß Objekte mit weiten Interzellularräumen nicht verwendet werden dürfen, versteht sich von selber. Das macht sich besonders bemerkbar bei kurzen Zweigen, die zur Zeit, als die Blätter schon welkten, in der Luft abgeschnitten wurden. Hier injizieren sich viele Gefäße mit Luft, werden also für die saugenden Blätter aus der Wasser- beförderung ausgeschlossen. Wird ein soleher Zweig nun kurz abge- schnitten, so können beiderseits offene, luftführende Gefäße da sein, in denen unter der Wirkung der Pumpe die Luft durch Wasser ersetzt wird (vgl. z. B. Versuch 388, pag. 222). Bei mehrjährigen Zweigen kann es vielleicht geschehen, daß nicht die Blätter, wohl aber die Pumpe die inneren Jahresringe auszunützen vermag (vgl. Versuch 354, pag. 223 mit einem 3jährigen Zweig). Auch in anderem Sinne beherrscht die Pumpe, wenigstens in kurzen Zweigen, vielleicht einen größeren Querschnitt als es die Blätter tun. Man weiß, wie gut die Leitbahnen im Holz seitlich isoliert sind (2. B. Strasburger, 1898, p. 85). Auf kurze Strecken hin sind die von Experimentelle Beiträge zur Kenntais der Wasserbewegung. 229 den einzelnen Seitenzweigen oder Blättern beherrschten Areale des Querschnitts jedenfalls getrennt, während sie in größerer Entfernung vom Gipfel einander vielleicht seitlich berühren oder gar übereinander greifen. Die Pumpe dagegen hat unter allen Umständen den ganzen Querschnitt zur Verfügung, wenn sie an der Schnittfläche des Haupt- zweiges saugt. Der Frage nach der Isolierung der Leitbahnen auf längere und kürzere Strecken suchte ich auf folgendem Wege näher zu treten. Ein Zweig, der sich oben gabelte, kam mit der unteren Schnittfläche aufs Potometer, die beiden Seitenzweige wurden mit Hilfe eines T-Stückes mit der Luftpumpe verbunden. Die Luftverdünnung an den Schnitt- flächen ist offenbar die gleiche, ob die Pumpe an beiden Zweigen saugt, oder nur an einem. Durch Abklemmen der Gummischlänche, die die Zweige mit dem T-Stück verbinden, lassen die Zweige sich nach Belieben der Wirkung der Pumpe entziehen. Einfaches Abklemmen ist nicht gut, weil über der Schnittfläche ein kleines Va- kuum erhalten bleibt, das noch eine Zeitlang kräftig nachsaugt. Es wurde also zwischen die Arme des T-Stücks und die beiden Zweige noch je ein Glasrohr eingefügt, von dem der Schlauch, der die Verbindung mit dem Zweig herstellte, mit einem Griff abzunehmen war. Das geschah nach dem Abklemmen, das nötig ist, um im T-Stück das Vakuum zu erhalten; gleich darauf kann der Schlauch wieder angesetzt werden. 850. 19. Mai. Zweig von Syringa, auf 58 cm dreijährig, dann gegabelt, mit zwei 24 cm langen zweijährigen Zweigen. Manometer immer 60 em. Der Zweig saugt ohne Pumpe: 2,2. Seitenzweig b gegen die Pumpe geöffnet: 13. a anch geöffnet, also a+b:14. a allein: 6,5. Schnittfläche von a ernenert. a:9. a-+-b:33. b:95. a:+b: 11,5. a: 7. Jetzt: wird der Hauptzweig unter der Gabelung auf 14 cm verkürzt. Ohne Pumpe: 1,5. Mit Pumpe, Zweig a allein: 19. a-} b: 89. b: 28. ab: 89. 2:19, &-+b: 388. b: 28. Ohne Pumpe: 2. Nächsten Morgen werden die oberen Sehnittflächen erneuert, Zweig a: 28. b:19. &-+b:39. a: 23. Ohne Pumpe: 4, 2,5. Mit Pumpe: b: 12, a--b: 38. a: 22. Ohne Pumpe; 2. Man sieht, daß jedenfalls bei kurzem Hauptzweig die Saugungen der beiden Seitenzweige sich ziemlich glatt addieren, daß also jeder Seitenzweig seinen besonderen Teil des Quersehnittes beherrscht. Wenn der Hauptzweig lang ist, saugen die beiden Seitenzweige miteinander nicht viel mehr als einer für sich; hier scheint die seitliche Isolierung der Bahnen also schon mangelhaft. Falls in der oben gegebenen Diskussion die wichtigsten Faktoren berücksichtigt sind, dürfen wir annehmen, daß die Saugkraft der Blätter, vor allem an kurzen Zweigen, beim Vergleich mit der Wirkung der 230 0. Renner, Pumpe eher zu niedrig geschätzt wird als zu hoch. Und es wird ver- ständlich, warum in kurzen Zweigen die Blätter der Pumpe oft ver- hältnismäßig wenig überlegen scheinen. Auf die absoluten Zahlen, die oben errechnet sind, soll aber wegen der verschiedenen Unklarheiten der Grundlagen gar kein Gewicht gelegt werden. Die Experimente besagen dann, daß in den Leitbahnen der ver- wendeten Pflanzenteile zwischen der unteren Schnittfläcke und der Stelle, wo der Gipfel abgetrennt wird, Widerstände liegen, die der Transpirationsstrom mit einer Schnelligkeit überwindet, wie wenn zwischen der Schnittfläche und dem Gipfel ein Druckunterschied von 10 oder mehr Atmosphären bestünde. Gewöhnlich läßt sich aber noch viel ge- nauer angeben, wo die Widerstände hauptsächlich lokalisiert sind. Bei der Klemmung z. B. reicht der Atmosphärendruck von der Sehnitt- fläche bis unter die geklemmte Stelle, über der Klemme sind gut weg- same Leitbabnen, die den Widerstand wohl nicht sehr wesentlich ver- größern, der Widerstand sitzt also zum allergrößten Teil an der ge- klemmten Stelle. Wenn die Widerstände sich auf lange Strecken verteilen, wie in einem hohen Baum, dann ist es denkbar, daß auch die Überwindung dieser Widerstände auf die ganze Strecke verteilt wird; daß die Widerstände stückweise, in Differentialen, von verschie- denen Ruhepunkten aus überwunden werden, wobei nirgends eine hohe Potentialdifferenz auftreten müßte; es genügt an das öfter gebrauchte Bild der Hebung von Wasser über verschiedene horizontale Staffeln zu erinnen. DBei dem geklemniten Blattstiel oder Stengel liegen die Verhältnisse ganz anders. Das Integral des Widerstandes ist an einer wenige Millimeter langen Strecke lokalisiert und kann nur durch eine mächtige Potentialdifferenz, durch ein steiles Druckgefälle über- wunden werden. Das Wasser muß ja mit beträchtlicher Geschwindig- keit durch kurze, aber sehr enge Röhren, vielleicht auf ganze Strecken durch imbibierte Zellhäute hindurchgepreßt werden, und zur Über- windung dieser Reibungswiderstände bedarf es einer Druckdifferenz von mehreren Atmosphären. Ist eine Differenz von 10 Atmosphären nötig, so muß an der oberen Grenze der geklemmten Partie eine negative Spannung von neun Atmosphären herrschen. Daß über der geklemmten Stelle eine Pumpe angebracht ist, die nach unten diese Saugung ausübt und nach oben bald wieder einen höheren Druck her- stellt, ist so gut wie undenkbar; wir werden zudem noch direkte Be- weise dafür erbringen, daß noch weit über der blockierten Zone hohe negative Drucke existieren. Die negativen Spannungen müssen also von den Blättern her, wo der Druck am allerniedrigsten ist, bis zur Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 2331 Klemme reichen. Bedeutend wird der Druckabfall zwischen den Blatt- flächen und der Klemme nur dann sein, wenn infolge der Wasser- entleerung die Widerstände in den über der Klemme liegenden Leit- bahnen steigen. Bei der doppelten Einkerbung ist die Zone des hohen Wider- standes etwas ausgedehnter als bei der Klemmung, aber auch nur wenige Zentimeter lang. Bei der Verstopfung der Schnittfläche sind es gar nur die Wände der bloßgelegten Holzelemente, deren Filtrations- widerstand am meisten ins Gewicht fällt, bei der Saugung durch lebende Blätter sind es die parenchymatischen Blattgewebe. Die Druckvertei- lung ist also ganz ähnlich wie in geklemmten Objekten. Lebende Zellen in den Leitbabnen können also bei den Bedin- gungen der Experimente die Druckverteilung kaum beeinflussen, Zum Überfluß ist noch die Wirkung des Abtötens der Zweige studiert worden, trotzdem die Frage einer empirischen Prüfung von dieser Seite nicht bedarf. Eine Zerstörung der Leitfähigkeit durch das Ab- töten würde keineswegs in dem Sinne zu deuten sein, daß am Wasser- transport die vitalen Kräfte des Holzparenchyms beteiligt seien. Tat- sächlich wird die durch lebende Blätter ausgeübte Saugung auch durch tote Stengelstücke fortgepflanzt. Das sagt nur soviel, daß «durch das Abtöten in den physikalischen Zuständen der Leitbahnen zunächst keine schweren Störungen herbeigeführt werden. Es ist ja trotzdem sehr wohl möglich, daß die Leitfähigkeit nur dann dauernd erhalten bleibt, wenn lebende Zellen vorhanden sind. Notwendige Bedingung für die Entwicklung starker Sangkräfte ist das Vorhandensein lebender Blätter. Tote Blätter leisten bei weiten nicht so viel wie lebende. Die Imbibitionskräfte der transpirierenden Membranen bedürfen also der vermittelnden Mitwirkung der osmotischen Kräfte im Zellinhalt, um ihre Saugung auf die Gefäße zu übertragen. Daß lebende Zellen ‘mit dehnbaren Wänden mächtige Saug- wirkungen entfalten können, entsprechend dem osmotischen Druck ihres Zeilsaftes, hat noch niemand bezweifelt. Aber es hat bisher an der Evidenz gefehlt, daß diese Saugwirkungen auf größere Entfernung von den transpirierenden Blatizellen hin in den Leitbahnen fortgepflauzt werden. Die Aufzeigung solcher Saugkräfte in weitem Abstand von den Blättern scheint nun in den oben beschriebenen Versuchen ge- kungen. Nach dem, was über die Mechanik des Wassers bekannt ist, können hohe negative Spannungen im Wasser recht wohl entstehen, wenn die Verhältnisse so liegen, daß das Wasser auf seine Kohäsions- kräfte in Anspruch genommen werden kann. Und die Demonstration 232 ©. Renner, negativer Spannungen ist das einzige, was der. von Dixon, Joly und Askenasy begründeten, von Dixon zu einer bewundernswerten Theorie ausgearbeiteten Kohäsionshypothese des Saftsteigens noch gefehlt hat. Man hat vielfach bestritten, daß bei dem Luftgehalt des Holzes die Kohäsionskräfte des Wassers in Tätigkeit treten könnten. In welcher Weise aber die Kammerung der leitenden Bahnen durch Querwände die in einzelnen Kammern auftretenden Gasblasen unschädlich machen kann, hat Dixon (1909, pag. 48) dargelegt. Wie in den oben be- sehriebenen Versuchen die Kontinuität der Wassersäulen erhalten wird und welchen Weg das Wasser im einzelnen nimmt, das werden spätere Untersuehungen aufzuklären haben. Vorläufig genügt es, nachgewiesen zu haben, daß die Kontinuität vorhanden ist. II. Negative Spannungen in der Achse nach der Entfernung der Blätter. Wenn die oben entwiekelten Vorstellungen das Richtige treffen, wird der Zweig oder der Blattstiel durch die Tätigkeit der Blattflächen in einen Spannungszustand versetzt, der von dem der Blätter selbst nieht weit abweicht. Werden also die Blätter beseitigt, ohne daß die negative Spannung im Zweig sich von oben her völlig ausgleichen kann — das geschieht bei genügender Länge des Zweiges beim Ab- schneiden in der Luft — so muß die Achse nach der Entblätterung noch kräfiig Wasser durch die blockierte Partie durchsaugen, kräftiger als die Pumpe es nach dem Ausgleich der negativen Spannung vermag. Auch Verminderung der Blattzahl kann unter gewissen Bedingungen zunächst keine wesentliche Verminderung der Saugung zur Folge haben. Das sind Erscheinungen, die uns bei nicht wassergesättigten Objekten schon oben (pag. 188) begegnet sind; nur daß es sich dort um ein Saugen bei offener unterer Schnittfläche handelte und eine Messung der negativen Spannungen nicht möglich war. Der Spannungs- zustand des Wassers muß sich ja allseitig fortpflanzen, wie hydro- statischer Druck. Bei der Gesamtsaugung eines beblätterten Zweiges summieren sich also nicht die Saugwirkungen der einzelnen Blätter, sobald der ganze Querschnitt der leitenden Bahnen in Anspruch ge- nommen wird. Und wenn die Leitbahnen seitlich gar nicht isoliert wären, wenn ein einziges Blatt den ganzen Querschnitt beherrschen könnte, dann könnte unter gewissen Umständen ein kleiner Teil der Beblätterung dauernd so viel saugen, wie vorher das ganze ursprüng- liche Laub. Wenn Vines (pag. 440) keine klare Beziehung fand zwischen der Blattzahl und der von einem Zweig entwickelten Saug- | Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung, 233 kraft, so wäre das auch für den FalF nicht verwunderlich, daß er die Saugkraft nicht an der Schnittfläche gemessen hätte. 1. Entblätterung von eingekerbien Zweigen, Die partielle Entblätterung warde in der Weise vorgenommen, daß die entiernten Blätter (das Objekt war hier immer Syringa, und es wurde von jedem Blattpaar eine Blattspreite ohne den Stiel abgenommen) auf einer Spirale lagen. Die übrig bleibenden Blätter beherrschen so noch einen beträchtlichen Teil des Querschnitt. Lebende Zweige. 277. Syringa, 75 em lang: 4,5. Vier Blätter von zehn abgeschnitten, ohne die Stiele: 4,5; 4,5(6). Sämtliche Blätter abgeschnitten: 4,5 4,5 4,5. Der Gipfel 4 cm über der oberen Kerbe abgeschnitten; 2,5 2 15. Mit Pumpe: 2. 278. Syringa, 80 em lang: 17. Vier Blätter von neun abgeschnitten: 17 17 16 16. Alle Blätter ab: 16 12 12 11 12. Gipfel über den Kerben abgeschnitten: 2, Mit Pumpe: 2 15 2. 278. Syringa, 70 cm lang: 19. Fünf Blätter von zehn abgeschnitten: 19 17 16 16 16 15. Alle Blätter ab: 9,5; 7(9'); 5(15‘). Gipfel über den Kerben ab, mit Pumpe: 2. 281. 80 cm lang: 22. Die beblätterten Seitenzweiglein abgeschnitten: 3 3. Über den Kerben abgeschnitten: 0,5. Mit Pumpe: 17. Trotz der doppelten Einkerbung Zällt die Saugung nach der Entblätterung plötzlich sehr tief. Aber die Pumpe zeigt dann auch, daß der Widerstand sehr gering war. 286. Lyeium, 120 cm lang: 17. 12 cm über der zweiten Kerbe abgeschnitten: 5 5 8. Noch 5 em abgeschnitten: 1,7 1,5. Mit Pumpe: 2,5, Toter Zweig. 290. Lycium, 210 em lang: 6,5. Gipfel ab, Rest 110 cm lang, bis anf 65 em tot: 5 5 5; 49); 3160); 2(2h40). Mit Pumpe: 2,8. 2. Entblätterung von Zweigen, deren Schnittfläche ver- stopft ist. Lebende Stengel und Zweige. 802. Aster, 85 cm lang: 10. Gipfel ab, Rest 40 em lang: In der ersten halben Minute: 05; damninjel: 2; 43(25); 4(43). Mit Pumpe: 4,8. 304. Aster, 90 em lang: 20. Gipfel ab, Rest 54 em lang: in Y,': 0,8 1,5; dann injel: 82 83 82 8 8 7; 6,220); 5,5(1430). Mit Pumpe: 5,5. 310, Aster, 106 emlang: 14. Gipfelab, Rest65 cm: 8,7 10,5 118 105; 9(18) 85(40); &5(8h). Der Stumpf anf 18 cm verkürzt: 1,2 1 0,7. Mit Pumpe: 2, 404. Aster, 95 em lang, stand seit 2", Tagen in Wasser und war dabei welk geworden. Ohne Erneuerung der Schnittäläche aufgesetzt, von unten her bis auf 60 em ent- blätter, Sangt 19,5 19 18 18 175 17,5. Gipfel ab, Rest 60 cm lang: 234 0. Renner, der Index bleibt für einige Sekunden stehen, dann in je ';,: 4 6,5 7 6,5; dann in je l: 1988 187; 1016); 80); 760); 6(1n20N). 814. Forsythia, 90 em lang: 7. Ohne Gipfel, Rest 24 em lang: in je !,,': 0 0,5; in jer: 13 35 35 3,4 Mit Pumpe: 2,5. 826. Syringa, 50 em lang: 2,5. Ohne Gipiel, Rest 25 cm lang: —0,2 0 +15 15 18 19 17. Mit Pumpe 1%. 3831. Syringa, 65 cm lang: 8,5. Gipfel ab, Rest 30 em lang: in je '/,‘: 0,4 0,8; dann injel: 5 58 42 4 3,5; 2,5(15). Mit Pumpe: 2,5. Ohne Pumpe: 2. 332. Syringa, 85 em lang: 12,5. Vier Blätter von 24 abgeschnitten: 11,5 12. Noch fünf Blätter ab: 11 11,5. Alle Blätter ab: 85 75 6,5 6: 5,5(7). Blatt- loser Gipfelab, Rest 64 cmlang: 1 15 25 3 3 25 3 2,7 2,5; 2(18)). Mit Pumpe: 1,7. 350. Syringa, auf 58 em blattlos, dann gegabelt, mit zwei zweijährigen Zweigen, 86 und 25 em lang, davon jeder noch mit zwei 25 cm langen beblätterten Zweigen: 14,5. Von einem zweijährigen Zweig der Gipfel abgeschnitten: der Index bleibt etwa */,' stehen, dann 11,5 11 11 10,5. Vom zweiten Zweig der Gipfel ab: in je 4: 12 16 24 8; danninjel: 55 5 53 5 4,8; 3,5(20'); 2,8435). Mit Pumpe: 2,8. 352, Syringa, 100 em lang: 5,3. Gipfelab, Rest 0em: 1 45 42 43 48- 3,5 (15). Mit Pumpe: 3,5. 354. Syringa, 110 cm lang: 4,2. Gipfel ab, Rest 82 em lang: inje f,': — 0,4 4- 0,6; mt: 16; injel: 3 82 32 3,4. 846. Syringa, 50 em lang: 3.7. 11 Blätter von 24 abgeschnitten: 3 3,5 8 3,2 33 32. Nochmals sieben Blätter ab: 2,7 28 38 8 2,8 8. Der Gipfel mit den sechs letzten Blättern ab, Rest 17 emlang: 0,1 02 03. 391. 20. Juni. Zweig von Lyeiam, 1m lang. SchnittfHläche mit Paraffin verschlossen, 12 mm von der Rinde befreit, 3 cm ragen ins Potometer. 17; 12(10); 10,5 (20°). Unter Wasser der Gipfel abgeschnitten: in je ‘/,': — 5 0; dann in 1’-} 0,2. 392. 20. Juni. Zweig von Syringa, 60 em lang, mit Paraffin. Das ins Potometer ragende Stück 4,3 em lang, 3 em entrindet: 13 12 12; nach 8 :8,5. Jetzt unter Wasser geköpft: —25 0, 393. 21. Juni. Heuriger Zweig von Syringa, 80 em lang, mit verschlossener Schnitt- fläche, ohne Ringelung; 6 cm tauchen in das Potometer: 5,5. Der Gipfel in Luft abgeschnitten, der Rest ist 29 em lang; inje /,: —2 —1 +03 +05; in 1: 1,8(10). 895. 21. Juni. 40 em lang, sonst wie vorher. 3 3; nach 8h sehr welk: 1. Nun der Gipfel in Luft abgeschnitten, der Rest ist 8 cm lang. Inje!/,: —28 —2,7 —18 —15 —1; auf die obere Schnittfläche ein Tropfen aufgesetzt; in jet: —1 —1 —06 —ıi —1; der Tropien wieder abgenommen; miet: —15 —07 —02 —01 00 +02 03 02 02. Tote Zweige mit lebenden Blättern. 806. Aster, 130 cm lang, auf 65 cm tot: 12. Ohne Gipfel, Rest 65 em lang: 5,7 7 8 8 7,5(20% Mit Pumpe: 7,5. 348. Syringa, 115 em lang, ein 60 em langes Stück getötet, das unterste Stück lebend: 8,5. Ohne Gipfel, Rest 78 em lang: —1,2 — 0,80 +1 11, Mit Pampe: 1,14. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 235 3. Entblätterung von Zweigen, die durch die Blätter saugen, 298. Syringa. Vier Blätter im Wasser, vier außerhalb: 6. Zwei Luftblätter abgeschnit- ten: 8,5 4,5 4, Der Luftgipfel mit den zwei anderen Blättern abgeschnitten: Rückstoß, dann +1. 826. Syringa. Ein Zweig im Wasser, vier Zweige außerhalb: 2,5. Der Luftgipfel ab- geschnitten: —02 0 +15 15 18 19 17. Mit Pumpe: 1,7. Pumpe ab: 15. 827. Syringa. Ein Zweig im Wasser, zwei außerhalb: 5. Luftgipfel abgeschnitten: imje'/,: —3 —04 —0,1 0; injer: +02 02 0,1 0,1. Mit Pumpe: 0,2. 828. Syringa. Ein sehr kleiner Zweig im Wasser, zwei außerhalb. Sehr welk: 1,8 Laftgipfel ab: in je’, —165 +08 mijel: 02 0,1 02. 3%. 23. Juni. Zweig von Vitis, 70 em lang, Schnittlläche mit Paraffin verschlossen. Der 25 cm lange oberste Zeil mit drei Blättern taucht ins Potometer, sechs Blätter sind außerhalb. 8,5; 4(1h 20°) Der Gipfel abgeschnitten, der Rest über dem Potometer ist 3 em lang; in je /y: —5 —08 +05 +05 222 15 Ergebnis: Die vom Standpunkt der Kohäsionstheorie aus ge- stellten Forderungen sind in den Experimenten erfüllt. Wenn Zweige gegen hohe Widerstände saugen, hat partielle Entblätterung sehr ge- ringen Einfluß auf die Saugung, und bei völliger Entlaubung dauert: die Saugung noch lange Zeit in ausgiebigem Maße fort, falls das Ab- schneiden des Gipfels in der Luft erfolgt. Beim Abschneiden unter Wasser wird natürlich das Wasser durch die obere frische und nicht durch die untere blockierte Schnittfläche eingesogen. Bei gekerbten Zweigen (und ebenso bei geklemmten Blattstielen) fällt die Saugung nach der Entblätterung kontinuierlich. Ist dagegen die Schnittfläche verstopft, oder wird das Wasser von lebenden Blättern aufgenommen, 80 ist die Saugung zunächst sehr vermindert, um dann rasch anzu- steigen und endlich langsam wieder abzunehmen. In der oder den ersten Minuten kann sogar ein Rückstoß auftreten, der in den ersten Sekunden am kräftigsten ist und besonders stürmisch ausfällt, wenn das Abschneiden des Gipfels unter Wasser vorgenommen wird (Ver- suche 391, 392). Auch nach partieller Entlaubung (bei verstopfter Schnittfläche, Versuche 346 und besonders 350; bei Saugung dureh die Blätter, Versuch 298) kann in der allerersten Zeit die Saugung de- primiert, sein. Das Nachsaugen nach der Entblätterung muß nicht ausschließlich auf der Saugung der Gefäße mit ihrem negativ gespannten Inhalt und ihren wasserarm gewordenen Membranen beruhen. Es können sich vielmehr auch die lebenden Parenchymzellen des Holzes daran be- teiligen, falls solche vorhanden sind; daß diese jedenfalls nicht allein für das Nachsaugen verantwortlich zu machen sind, zeigen die Versuche Flora, BA, 108. 1 236 0. Renner, mit toten Zweigen (z. B. 290, pag. 283). Wie es Leclere du Sablon ausgesprochen hat, ist es ja kaum anders möglich, als daß der Turgor der Holzparenchymzellen sich. ins Gleichgewicht setzt mit dem Druck in den anstoßenden Gefäßen. Das Parenchym im Holz müßte also ebensogut welk werden können wie das der Blätter. Dazu stimmt gut, daß Wiesner junge Blätter (z. B. von Vitis) sogar unter Wasser welken sah, wenn andere Blätter in Luft transpirierten. Auch die Rinde kann zu dem Nachsaugen ihr Teil beitragen. Kraus hat nachgewiesen (1882), daß die Rinde eines Baumstammes ‚ebensogut wie der Holzkörper (vgl. unten pag.237) ihre tägliche Schwellungs- periode hat, vom Morgen bis Mittag an Volumen verliert, um dann wieder anzuschwellen, und daß diese Volumänderung auf Veränderung des Turgors beruht. Auch in einen Zweig, der wegen zu hohen Wider- standes im Experiment welkt, wird die Rinde ihren Turgor verlieren und gegebenenfalls wieder herzustellen streben. Daß der Vorgang, der sich am Potometer in der extremsten Form als Rückstoß äußert, in der Ausstoßung von Wasser aus der saugenden Pflanze besteht, ist wenig wahrscheinlich. Dagegen ist denkbar, daß die unter einem äußeren Überdruck von mehreren Atmosphären stehenden Gewebe sich ausdehnen, wenn dieser Überdruck plötzlich vermindert wird. Bein Abschneiden unter Wasser ist ein Ausgleich der negativen Spannungen im Inneren leicht möglich, aber auch die Luft muß in die Schnittflächen stürzen und das Wasser bis zu einer gewissen Tiefe zurückschieben, so daß in einzelnen Leitbahnen ein gewisser Ausgleich der negativen Spannung zustande kommt. Bei lebenden Wurzeln war dieselbe Erscheinung zu beobachten (vgl. pag. 178); wir kommen darauf bald zurück. Daß der Rücksioß bei geklemmten und bei gekerbten Objekten fehlt, ist nach der versuchten Deutung notwendig. Die Leit- bahnen der ins Potometer tauchenden Teile stehen ja hier gar nieht unter negativem Druck. _ Desgleichen ist das Phänomen nie angedeutet bei Pflanzenteilen, die sich leicht mit Wasser zu versorgen vermögen. (vgl. pag. 185). Etwas Ähnliches hat Dixon (1896) beobachtet. Er hält Zweige in einem Gefäß, dessen Lauftinhalt (zur Bestimmung des osmotiseben Druckes, vgl. unten pag. 240) unter starken Druck gesetzt werden kann. ' Die Schnittfläche ragt unten aus dem Gefäß heraus und taucht in ein Gläschen mit Wasser. Wird nun der Zweig eine Zeitlang unter hohem Druck gehalten und darauf plötzlich der Druck erniedrigt, so saugt der Zweig aus dem Gläschen mehrere Minuten lang kräftig Wasser auf. Dieses Saugen ist viel ausgiebiger bei beblätterten als bei blatt- Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung, 237 losen Zweigen. Dixon denkt an elastische Ausdehnung der vorher durch den starken Außendruck komprimierten Leitbahnen, vorzugsweise in den Blättern. Es ist aber wohl anzunehmen, daß auch das Parenchym, dessen Turgor vermindert war, sich weiter mit Wasser sättigt. Ganz ähnlich wie in Dixon’s Versuch verhält sich wahrscheinlich ein in Wasser tauchender Zweig, der für einen in Luft transpirierenden Zweig das Wasser aufnimmt. Sobald der Zug der transpirierenden Blätter auf- hört, steigt der Innendruck, die Differenz zwischen Innen- und Außen- druck nimmt also ab, wie es bei Dixon infolge der Verminderung des Außendruckes geschieht. Das Resultat. ist in beiden Fällen eine Aus- dehnung der Gewebe, die ermöglicht wird durch Wassersaugung von der Schnittfläche her. Als vielleicht analoge Erscheinung mag auch das periodische An- und Abschwellen der Bäume angezogen werden, das Kraus (1887, pag. 255) ermittelt hat. Er fand, daß u. a. der Holzkörper vom Morgen bis zum Mittag an Umfang abnimmt, von da bis zur Morgen- dämmerung zunimmt, und führt die Volumveränderung auf Änderungen im Quellungszustand der Holzmembranen zurück. Tatsächlich dürfte der Holzkörper eines bewurzelten Baumes bei starker Transpiration in einen ähnlichen Zustand geraten wie unsere Zweige mit verstopfter Schnittfläche, Die Abgabe von Imbibitionswasser aus den Gefäßwänden, die Kraus als einzigen wirksamen Faktor annimmt, kann die weitere Folge haben, daß die Gefäßlumina infolge tangentialer Zusammen- ziehung der Wände sich verengern. So könnte eine beträchtlichere Verminderung des Holzvolumens und des Wassergehaltes zustande kommen, als wenn nur einige Gefäße durch den starken Überdruck von außen her platt gedrückt werden. In Wurzeln, die bei erschwerter Wasseranfnahme im Inneren hohen negativen Druck aufweisen, also unter starkem Überdruck von außen stehen, können kräftige Endodermen einen guten Schutz für das Siebröhrengewebe abgeben. Dem würde entsprechen, daß die Endo- dermis im allgemeinen bei Bewohnern trockener Standorte mächtiger entwickelt: ist als bei Hygrophyten (vgl. Schwendener; ausführlich zitiert bei Haberlandt, pag. 329). Schwendener faßt die Erschei- nung als Anpassung an die Rindenspannungen auf, die ja sicher eine Rolle spielen. IV. Die Saugkraft von Pflanzen, die in Wasser wurzeln. Es schien von Interesse auch die Kraft zu messen, die bewurzelte, in Wasserkultur erzogene Pflanzen nötig haben, um dar das un- i Co 238 O. Renner, verletzte Wurzelsystem sich mit dem nötigen Transpirationswasser zu versorgen. Nachdem die Saugung von Phaseoluspflanzen auf dem früher beschriebenen Potometer, mitunter in der hellen Sonne, eine Zeitlang beobachtet worden war, wurde der Gipfel abgenommen und an den Stumpf die Pumpe angesetzt. Das Maß der von der Pumpe ausgeübten Saugung war sehr abhängig von der Art, wie der Pumpenschlauch an dem saf- tigen Stengel befestigt wurde; es ist: nötig, durch einen Plastolinring zwischen Stengel und Schlauch die Klemmung sorgfältig zu verhindern. Die Pumpe saugte bei 60—65 cm Manometerstand im allgemeinen etwas mehr als der beblätterte Gipfel. Damit steht im Einklang die Beobachtung von Vesque (1884, pag. 159), daß die Wasseraufnahme bei Wasserkulturpflanzen von der Größe des auf der Wurzel lastenden Druckes deutlich abhängig is. Vesque operierte in der Weise, daß er ein mit dem Saugwasser in Verbindung stehendes Gefäß mit Queck- silber abwechselnd hob und senkte; so konnte er bald Druck, bald Zug auf die Wurzeln wirken lassen. Die Experimente von Vesque erstreeken sich über wenige Minuten. Die Ergebnisse hängen also, wie der Autor selbst meint, wohl nur mit der plötzlichen Veränderung des Volumens der Gefäßluft zusammen. Sie sagen nichts darüber aus, wie bei längerer Dauer des Über- oder Unterdruckes die Saugung und die Saugkraft sich verhalten. Daß die Pumpe auch durch die Interzellulargänge des Phaseolus- stengels Wasser saugt, ist nach der Beobachtung kleiner Luftblasen, die gelegentlich an dem im Potometer steckenden Epikotyl oder Hypo- kotyl hafteten, nicht wahrscheinlich. Auch Verwundungen durch Ab- brechen von Wurzeln wurden sorgfältig vermieden. Wenn wirklich uirgends ein Fehler steckt, vermag also die Pumpe in dem intakten Wurzelsystem eine Druckverminderung herbeizuführen, die bedeutender ist als sie bei normaler Transpiration der Blätter ausfällt. Nun ist der Rückstoß beim Köpfen bewurzelter Pflanzen immer sehr auffallend. Und wenn dieser Rückstoß auf der Ausdehnung vorher komprimierter Gewebe beruht, ist er infolge des großen Volumens des Wurzelsystems schon bei einer geringen Druckdifferenz kräftig und muß sich auch äußern, wenn die Schnittfläche des Stengelstumpfes, an dem die Pumpe eine Zeitlang saugte, plötzlich dem Druck der Atmosphäre ausgesetzt wird. Das ist tatsächlich beobachtet worden: 355. 24. Mai. Phaseolus, Wurzel 20 em lang, Stengelstumpf 11 cm lang. Manometer 50-60 em Hg. Mit Pumpe: 5,5. Ohne Pumpe, inje!/,: —0,7 —02 +02. Mit Pumpe: 10. Ohne Pumpe: in je ty: —02 — 0,1; in 1:0; in je Y: +07 08. Mit Pumpe: 5,5. Ohne Pumpe: inje'/,ı — 02-08; in 2, +08; ini: 0% " Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 239 V. Saugkraft und osmotischer Druck. Die Größe der mit dem Turgor veränderlichen Saugkraft findet augenscheinlich zunächst ihre Grenze bei der osmotischen Kraft der transpirierenden Zellen. Bei völliger Aufhebung des Turgors wird der ganze osmotische Druck des Zellsaftes für Saugung verfügbar. Die maximale, beim Welken auftretende, durch Vergleich mit der Wirkung der Pumpe ermittelte Saugkraft sollte also gleich dem osmotischen Druck sein. Eine ungefähre Übereinstimmung zwischen den beiden Größen ist für die verwendeten Pflanzen tatsächlich zu konstatieren. Die Plasmolyse tritt im Mesophyli der Blätter bei ungefähr 20—30°/, Rohrzucker ein, in der Epidermis bei niedrigerer Konzentration‘). Das entspricht osmotischen Drucken von rund 10-20 Atmosphären. Und das sind dieselben Zahlen, die oben für die höchsten Saugkräfte be- rechnet worden sind. Bei der extensiven, biologischen Ausarbeitung des Problems .der Saugkraft wird es zunächst nötig sein, Objekte mit recht verschiedenen osmotischen Drucken kennen zu lernen. Höchst wichtig ist hier die Entdecknng von Fitting (1910, z. B. pag. 270), daß manche Wüstenpflanzen außerordentlich hohe osmotische Drucke, bis zu 100 Atmosphären, aufweisen. Dabei wird sich dann zeigen, wie weit die verwendete Methode für die Berechnung der Saugkraft nach der quantitativen Seite brauchbar ist oder brauchbar gemacht werden kann. Vorläufig können die gegebenen Berechnungen nur als grobe Schätzungen gelten. " Maßgebend ist für die maximale Saugkraft natürlich nur der os- motische Druck des Zellsaftes in der vollkommen turgorlosen Zelle. Auf die Verkleinerung des Zellvolumens in der plasmolysierenden Lösung braucht deshalb keine Rücksicht genommen zu werden. Und vielleicht ist auch damit die größtmögliche Höhe des osmotischen Druckes in der noch saugfähigen Zelle noch gar nicht erreicht. Bei sehr weit- gehendem Welken kann ja der Zellsaft sich stark konzentrieren. Auf der Zeilwand lastet hier der Luftdruck, anstatt daß sie, wie im Prä- parat, von wässeriger Lösung umspült ist. Und, wenn die Membran, wie es bei Wassergeweben oft vorkommt, durch blasebalgartige Ein- fältelung der Verkleinerung der Zellvakuole zu folgen vermag, so kann der osmotische Druck und damit die Saugkraft noch weit in die Höhe getiieben werden. 1) Dieselbe Beobachtung teilt Fitting mit (pag. 222, Anm. 2). ‚Ob das wirklich auf einer Verschiedenheit des osmotischen Druckes oder aber auf ver- schiedener Dehnbarkeit der Membranen beruht, müßte noch geprüft werden. 240 0. Renner, ‚Die Methode, die Dixon zur Bestimmung des osmotischen Druckes in Blättern verwendet (1896; er setzt die in Glasgefäßen befindlichen Blätter hohem Druck aus und beobachtet, wann sie sichtbar kollabieren), ist deshalb für die Zwecke, die hier verfolgt werden, vielleicht brauch- barer als die sonst tibliche Verwendung plasmolysierender Lösungen. Der Kollaps zeigt den Punkt an, bei dem die Zellen durch den äußeren. Überdruck nicht bloß so weit entspannt werden, wie es in der plas- molysierenden Lösung geschieht, sondern sich ganz zerqueischen lassen. Den Einwand, den Dixon (1909, pag. 62) gegen die plasmolytische Methode macht (er meint, an kleinen Schnitten könnten die osmotischen Eigenschaften infolge des Wundreizes usw. tiefgreifende Änderungen erfahren), wird er nach den Untersuchungen von Tröndle wohl selber fallen lassen. Tröndle hat mit dieser Methode Gesetzmäßigkeiten entdeckt, die kaum aufzufinden wären, wenn in den Schnitten patho- logische und deshalb wohl nicht immer ganz gleichförmige Verände- rungen vor sich gingen. Freilich wird die Dixon’sche Methode noch einer sehr sorgfältigen Kritik bedürfen. VI. Die Wassersättigung saugender Organe. Wie Pfeffer auseinandersetzt (1892, pag. 258), können die Imbi- bitions- und die osmotischen Kräfte der transpirierenden Blattzellen nur dann für die Wasserhebung verfügbar werden, wenn der Zustand der Zellen sich von der maximalen Sättigung, d. h. von der vollen Imbibition der Wände und dem höchstmöglichen Turgor, mehr oder weniger weit entfernt. Erst bei völliger Entspannung der Membranen können die Zellen mit dem vollen Maß ihrer osmotischen Kräfte als Saugpumpen arbeiten. Dieser Forderung entspricht die Beobachtung, daß die höchsten Saugungen in den oben mitgeteilten Experimenten von deutlich welken Objekten erzielt wurden. Von großer Wichtigkeit ist hier ferner die Angabe Fitting’s (pag. 258) über die Turgeszenz gewisser Wästenpflanzen ; sie sollen immer etwas welk sein und beim Einstellen in Wasser „blechartig und glasartig spröde” werden. Auch bei uns sind Kräuter und Bäume bei anhaltender Dürre, wenn die Wasseraufnahme sehr erschwert ist, tagsüber welk. Daß sie zunächst nicht vertroeknen, ist ein Beweis dafür, daß sie im welken Zustand lange Zeit hindurch sich so viel Wasser zu verschaffen vermögen als sie durch Transpiration verlieren. Aber nicht nur in den extremen Fällen, in denen offensichtliches Welken eintritt, ist die Wassersättigung unter das Maximum erniedrigt. Kraus (1882, pag. 235) hat in um- Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 241 fangreichen Versuchsreihen ermittelt, daß das Volumen saftiger Früchte und Blätter und ebenso der Rinde von Baumstämmen regelmäßigen Schwankungen unterworfen ist; daß vom Morgen bis zum Mittag, ent- sprechend dem Gang der von Temperatur und Beleuchtung abhängigen Transpiration, der Durchmesser der genannten Pflanzenteile abnimmt, nach Mittag bis zum frühen Morgen wieder zunimmt, und daß durch reiche Wasserzufuhr und durch Hemmung der Transpiration Schwel- lung hervorgerufen wird. Kraus kommt zu dem unabweisbaren Schluß, daß die Schwellungsperiode bei parenchymatischen Organen eine Tur- geszenzperiode ist. Und damit sind die Forderungen der Kohäsious- hypothese in glänzender Weise erfüllt: je stärker bei gleichbleibendem Wassergehalt des Bodens die Trauspiration wird, desto weiter ver- mindert sich der Turgor. In einem früheren Teil der vorliegenden Untersuchungen ist außerdem nachgewiesen, daß jedes Blatt, wenn es zu transpirieren an- fängt, von der vollen Wassersättigung etwas einbüßt (pag. 191). Noch viel weiter sind Blätter, die frisch von der bewurzelten Pflanze kommen, von der Sättigung entfernt (pag. 180). Daß es sich hier überall um ein Sättigungsdefizit in den parenchymatischen Geweben der transpi- rierenden Flächen, nicht nur in den teilweise verdünnte Gase führenden Leitbahnen handelt, ist freilich noch unmittelbar darzutun. Aber es ist doch schon jetzt recht wahrscheinlich, daß für ein gegebenes, an einem bestimmten Punkt: der Pflanze sitzendes Blatt für jedes Ver- hältnis zwischen Wasserversorgung der Wurzeln und Transpiration ein bestimmtes Maß der Turgeszenz gehört. Die Turgorverminderung, die sich von einer gewissen Grenze an als Welken kund gibt, ist dann nicht nur die notwendige Folge einer augenblicklich ungünstigen Be- lation zwischen Wasserzufuhr und Wasserverlust, sondern zugleich das automatisch wirkende Regulativ der Wasserbilanz. Zur Illustration der Beziehung zwischen der Geschwindigkeit des Ansaugens beim Übergang von feuchter in trockene Luft, also dem Sättigungsdefizit, einerseits und dem Widerstand in den Leitbahnen andererseits sei noch auf den Versuch 169 (pag. 190) hingewiesen und der folgende Versuch angeführt. 890. 19. Juni. Blatt von Helleborus. Saugt eine Stunde nach dem Abschneiden unter Wasser, invers: 18 18 18 18. Im feuchten Raum: ? ? 45; 237%; 1216), Nun wieder in trockener Luft: 2 78 115 185 145 15 155 16 2 16,5 (10') 16,5. Wieder im feuchten Raum: 9; 1(20'). Nun an den Stiel eine Klemme angesetzt, das Blatt bleibt im feuchten Raum: 1 1 242 . O. Renner, Jetzt mit geklemmtem Stiel in trockene Luft gebracht: 2 5,3 8 9,5 10 112 115 1335 14(i0) 14 145 15 145 145 145. Wieder im feuchten Raum: 11 9; 2,3(9); 0,5(50%). Der Stiel wird noch schärfer geklemmt: die Saugung bleibt für 2' ganz stehen. Jetzt mit scharf geklemmtem Stiel in trockene Luft gebracht: 0,4 1,2 1,6 21 25 3 32 38 35 4(10) 48 44 46; 5017); 8,820; 5,828). Es ist deutlich zu sehen, wie das Defizit beim Ansaugen bis zur Erreichung des konstanten Wertes größer ausfällt, wenn größere Widerstände zu überwinden sind; im letzten Teil des Versuchs 390 wird jedenfalls die Transpiration durch die Saugung überhaupt nicht mehr erreicht, Eine große Blattzahl muß, um sich leidlich frisch zu erhalten, höhere Saugkräfte im einzelnen Blatt entfalten, also weiter sich von der Sättigung entfernen, als eine kleinere Zahl, vorausgesetzt immer, daß die größere Zahl nicht einen größeren Querschnitt beherrscht als die kleinere. Als Beleg für diese Folgerung kann eine Beobachtung von Dixon und Joly gelten. Sie fanden (1895, pag. 412), daß an Zweigen, deren Schnittfläche verstopft ist, so daß das Wasser von den Gefäß- membranen aufgenommen werden muß, wohl eine kleine Zahl von Blättern, nicht aber die ganze Belaubung sich frisch halten kann. Einem gewissen 'Turgeszenzzustand entsprieht eben eine bestimmte Ge- schwindigkeit des Filtrationsstromes, und die dabei beförderte Wasser- menge reicht aus, den betreffenden Turgeszenzzustand in einigen Blättern dauernd zu erhalten, nicht aber in vielen. Mit der Erhebung über den Erdboden muß an einem hohen Baum die Saugkraft der Blätter wohl zumehmen, entsprechend den ver- größerten Widerständen. Eine Steigerung des osmotischen Druckes mit zunehmender Höhe, wie Ewart sie gesucht (1905, pag. 77), aber bei genauer Prüfung nicht gefunden hat (1907), könnte das leisten. Wenn sie aber nicht vorhanden ist, genügt schon ein Unterschied in der Wassersättigung; die Blätter am Gipfel müßten bei gleichem os- motischen Druck und gleicher Transpiration weniger weit gesättigt sein als die unteren Blätter. . Das sind lauter Detailfragen, die noch experimentell geprüft werden müssen. Schluß. Die Evidenz für die Richtigkeit der genialen Kohäsionsbypothese, die Dixon trotz der mangelnden Beweise mit solcher Beharrlichkeit seit vielen Jahren vertritt, ist durch die mitgeteilten Erfahrungen wohl etwas weiter gebracht als es bisher der Fall war. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 243 Zu einer Auseinandersetzung mit den Gegnern der Kohäsions- theorie ist keine Veranlassung gegeben. Dixon hat das in den Pro- gressus selbst getan und braucht keinen Anwalt. Die Abtötungs- versuche, die von Ursprung und seiner Schule in großem Maßstab ausgeführt worden sind, hat kürzlich Overton (1910; pag. 118 ist die einschlägige Literatur zusammengestellt) mit vieler Umsicht wiederholt; er gibt der Kritik, die seinerzeit Jost und andere Autoren an Ur- sprung’s Arbeiten geübt haben, vollkommen Recht. Nur der Wert der Manometermessungen soll mit einigen Worten berührt werden. Strasburger hat schon auf den springenden Punkt, aufmerksam gemacht (1898, pag. 56). Das Bohrloch, das der Auf- nahme des Manometers dient, schneidet nicht nur die Leitbahnen, son- dern auch die Interzellularen an. Es ist also nichts anderes als eine gewöhnliche Schnitifläche, und aus Gründen, die oben erörtert sind, kann an einer offenen Schnitifläche eine hohe Saugkraft sich nicht be- merkbar machen, auch wenn sie vorhanden ist. Die Manometermessungen sagen demnach über den Druck im unverletzten Holzkörper gar nichts aus, Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Die Regulation der Wasserbewegung, d. h. das Einsetzen des Filtrationsstromes bei beginnender Wasserentnahme, das Stebenbleiben der Strömung beim Aufhören der Entnahme, vollzieht sich in wasser- gesättigten Achsenorganen sehr rasch, in nicht gesättigten viel lang- samer. Schwaches Nachsaugen nach dem Aufhören der Wasserentnahme zeigen tote Zweige im Zustande ziemlicher Sättigung ebenso wie lebende. In transpirierenden, doch anscheinend voll turgeszenten Blättern erfolgt die Regulation der Wasserbewegung immer ziemlich langsam. Sie saugen nach Unterdrückung der Transpiration noch längere Zeit fort, und wenn im feuchten Raum die Saugung sich sehr weit ver- ringert hat, steigt sie bei plötzlich einseizender voller Transpiration nur langsam an. In transpirierenden Blättern besteht also immer ein Sättigungs- defizit. Weit von der Sättigung entfernt sind Zweige und Blätter, die frisch von der bewurzelten Pflanze abgetrennt sind. Bewurzelte, in Nährlösung erzogene Pflanzen verhalten sich ganz ähnlich wie abgeschnittene Zweige. Wenn die Entnahme von Wasser aus den Leitbahnen der Achse plötzlich aufhört, wie es bei Entfernung 244 O. Renner, der Blätter geschieht, ist auch die Wasseraufnahme durch die Wurzeln augenblicklich weit vermindert. Das gilt auch für die Fälle, in denen der Stengelstumpf blutet. " Die Saugkraft lebender Blätter — definiert als Differenz zwischen dem Atmosphärendruck und dem Druck in den Leitbahnen der Blatt- flächen — läßt sich kaum in sichtbarer Weise steigern durch Er- niedrigung des Druckes, der auf der Schnittfläche lastet. Sehr wohl dagegen durch Vermehrung der Widerstände, die der Aufnahme des Wassers in die Leitbahnen oder seiner Fortbewegung in den Leit- bahnen sich entgegenstellen. . Nach kräftigem Klemmen krautiger Stengel und Blattstiele, nach doppeltem Einkerben holziger Achsen, nach Verstopfung der Schnitt- fläche bei entrindetem Holzkörper, ist die Saugung zunächst weit ver- ringert, entsprechend dem Verhältnis zwischen der alten Saugkraft und dem neuen Widerstand. Mit der Zeit steigert sich dann gewöhnlich die Saugung bedeutend, was auf ein Wachsen der Saugkraft, d. h. auf eine Erniedrigung des Innendruckes, hinweist. Diese Steigerung der Saugkraft tritt auch ein, wenn die Achse, an der lebende Blätter sitzen, tot ist, und in gewissem Maße sogar, wenn die transpirierenden Blätter tot sind. Werden an Objekten, die gegen starke Widerstände saugen, die transpirierenden Blätter durch Abschneiden entfernt, so fällt die Saugung plötzlich auf ein geringes Maß, falls die Schnittfläche nicht weit über der blockierten Stelle (Klemme, Kerben, verstopfte Schnittfläche) an- gebracht wird. Die Saugung nimmt sehr langsam ab, wenn das Achsenstück über der blockierten Stelle lang ist. Beim Köpfen von bewurzelten Pflanzen, von Zweigen mit ver- stopfter Schnittfläche, und von Zweigen, die das Wasser durch unter- getauchte lebende Blätter aufnehmen, ist die Saugung zunächst viel weiter deprimiert als später, oder es tritt sogar für kurze Zeit ein Rückstoß ein, auf den erst wieder positive Saugung folgt. Die Er- scheinung wird auf die Ausdehnung von Geweben, die unter Druck standen, zurückgeführt. Wird an den entblätterten Zweig oder an den der Lamina be- raubten Blattstiel zu einer Zeit, wenn die Eigensaugung dieser Stümpfe schon sehr gering geworden ist, die Wasserstrahlluftpumpe angeschlossen, so saugt die Pumpe bei 6065 cm Manometerstand meistens viel weniger als vorher die transpirierenden Blattflächen saugten, oft sogar weniger als der Zweigstumpf in der ersten Zeit nach der Entblätte- rung saugfe, Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. 245 Nach der Beseitigung der künstlich eingeführten lokalen Wider- stände, d. h. nach dem Öffnen der Klemme, nach dem Abschneiden des verstopften Zweigstückes oder nach dem Abschneiden des be- blätterten Zweiggipfels, der als Wasser aufnehmendes Organ diente, pflegt die Pumpe bedeutende Mengen Wasser durch den Stumpf zu saugen. Damit ist erwiesen, daß durch das Abschneiden des Zweig- gipfels oder der Blattspreite in Luft keine wesentlichen Widerstände eingeführt werden, die für die Pumpe die Saugung schwieriger ge- stalten als sie für die transpirierenden Blattflächen war. Viel eher arbeitet die Pumpe in vielen Fällen unter günstigeren Bedingungen als die Blätter, weil der Pumpe, anders als den Blättern, immer der ganze Querschnitt der Leitbahnen des abgeschnittenen Or- ganes für den Wassertransport zur Verfügung steht. Es ist also erlaubt die Saugung der Blätter mit der Saugung der Pumpe zu vergleichen und aus dem Verhältnis der Saugungsgrößen auf das Verhältnis der Saugkräfte zu schließen. Die Saugkraft der Blätter ist nach diesen Bestimmungen besonders hoch bei welkenden Objekten und beläuft sich mitunter auf 10-20 Atmosphären. D. h. die Differenz zwischen dem auf der Schnittfläche liegenden Atmosphärendruck nnd dem Druck im Innern der Leitbahnen in der Nähe der Blätter beträgt 10 oder mehr Atmosphären. In Wasser kultivierte bewurzelte Pflanzen verschaffen sich das zu normaler Transpiration nötige Wasser durch Saugkräfte, die noch nicht einmal eine Atmosphäre betragen. Trotzdem deimt das Wurzel- system sich beim Köpfen des Stengels beträchtlich aus. In Objekten, die in Wasser stehend infolge von Schleimausschei- dung oder von Bakterienentwieklung welken, sind die Widerstände immer so hoch, daß die maximale Saugkraft der Blätter keinen Fil- trationsstrom hervorbringt, der die Blätter vor dem Welken schützt. Die Betrachtung der Widerstandsverhältnisse führt zu dem Schluß, daß der mehrere Atmosphären betragende Druckabfall sich auf einer . ganz kurzen Strecke der Leitbahnen vollzieht, daß also lebende Zellen innerhalb der Leitbahnen an der Überwindung der Widerstäude nicht aktiv beteiligt sein können. Hohe negative Drucke in den Leitbahnen werden nur durch lebende, nicht durch tote Blätter erzeugt; über abgetötete Zweigteile werden negative Spannungen ebenso fortgepflanzt wie über lebende. Negative Spannungen, die mehrere Atmosphären betragen, bleiben unter Umständen nach dem Abschneiden der Blätter in den Leitbahnen der Zweige noch ziemlich lange Zeit erhalten; das äußert sich in dem 246 ©. Renner, Maße der Saugung, die mehrmals größer sein kann als die von der Pumpe hervorgerufene Saugung. Hohe negative Spannungen können sich also nicht durch Einsaugen von Luft, sondern nur durch Ein- saugen von Wasser ausgleichen. Die berechneten maximalen Saugkräfte entsprechen ungefähr dem osmotischen Druck in den Blattzellen der betreffenden Pflanzen. Diese größte Höhe der Saugkraft wird erreicht, wenn die Blätter welken, so daß der ganze osmotische Druck der erschlafften Zellen für Saugung verfügbar wird. Jede Zelle, die überhaupt transpiriert und saugt, vermag nur in- folge eines Sättigungsdefizits zu saugen. Auch in den Blättern normal transpirierender, gut mit Wasser versorgter Pflanzen bleibt die Sätti- gung immer unter dem Maximum. Je größer die zur Herbeischaffung des Transpirationswassers nötige Saugkraft ist, nach Maßgabe der Widerstände und des Wasserverbrauchs, desto weiter entfernt sich die Zelle vom Zustand der vollen Sättigung. Alle beobachteten Erscheinungen sind vom Standpunkt der Kohäsions- theorie aus wohl verständlich. Zitierte Literatur. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen. Eine physiologische Monographie. Jena 1904. Darwin, Fr. and Philipps, On the transpiration stream in cut branches. Proceed. Cambridge Philos. Society 1886, Vol. V, P. V, pag. 330. Dixon and Joly, The path of the transpiration-current. Ann. of bot. 1895, Vol. IX, pag. 403. Dies., Note on the röle of osmosis in transpiration. Proceed. Royal Irish Academy 1896, 3. Ser, Vol, IE, pag. 767. Dixon, On ths osmotie- pressure in the cells of leaves. Proesed. Royal Irish Aca- deny 1896, 3, Ser., Vol. IV, pag. 61. Ders., Transpiration and the ascent of sap. Progressus Rei Botanieae 1909, Vol. II, pag. 1, Ewart, The ascent of water in trees. Philos. Transact. Royal Soc. London 1905, Ser, B,, Vol. OXCVIII, pag. 41. Ders., The ascent of water in trees. Second paper. Ebanda 1907, Vol. CXCIX, pag. 341. Ewart and Rees, Transpiration and ascent of water under Australian conditions. Ann, of Bot, 1910, Vol. XXEV, pag. 85. Fitting, Über die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhältnisse der Wüstenpflanzen. Zeitschr. f. Bot. 1911, Bd. IN, pag. 209. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 3. Aufl., 1904. Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewagung. 247 v. Höbnel, Beiträge zur Kenntnis der Luft- und Saftbewegung in der Pflanze. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1879—1881, Bd. XII, pag. 47. Kohl, Die Transpiration der Pflanzen und ihre Einwirkung auf die Ausbildung pflanzlicher Gewebe. Braunschweig 1886. Ders, Zur Wasserleitungsfrage. Bot. Zig. 1885, Kraus, G., Über die Wasserverteilung in der Pflanze. II. Die tägliche Schwel- lungsperiode der Pflanzen. Abhandl. d. naturforsch. Gesellsch. Halle, 1881, Bd. XV. Leclere du Sablon, Sur le mecanisme de la eirculation de Peau dans les plantes. Revue gen. de bot. 1910, Tome XXIL, pag. 125. Lloyd, The physiology of stomata. Carnegie Inst. of Washington, Publ. n. 82, 1908. Orverton, Studies on the relation of the living cells te transpiration and sap-flow in Öyperus. Bot. Gazette 1911, Vol. LI, pag. 28 u. 102. Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanze. Abhandl. d. Sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 1892, Bd. XVII. Dexs., Handbuch der Pflanzenphysielogie. 1897, Bad. I. Pringsheim, E., Wasserbewegung und Turgorregulation in welkenden Pflanzen. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1906, Bd. XL, pag. 89. Schwendener, Die Scehutzscheiden und ihre Verstärkungen. Abh. d. Akad. d. Wissenseh., Berlin 1882, ” Strasburger, Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. Jena 1891. Ders, Über das Saftsteigen. Histologische Beiträge, Heft 5. Jena 1893. Ursprung, Abtötungs- und Ringelversuche an einigen Holzpflanzen. Jahrh. £. wissenschaftl. Bot. 1907, Bd. XLIV, pag. 287. Vesque, Recherches anatomiques et physiologiques sur Ia structure du bois. Ann, sc. nat. 1876, 6. ser., Tome II, pag. 358. Ders., Observation directe da mouvement de Peau dans les vaisseaux. Ebenda 1883, Tome XV, pag. 5. Ders, Recherches sur le mouvement de la söve ascondante. Ebenda, 1884, Tome XIX, pag. 159. Vines, The suction-foree of transpiring branches. Ann, of Bot. 1896, Tome x, pag. 429, Ders, in Report of a discussion on the ascent of water in trees. Ebenda, pag. 644. Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goebel. 19. Über „gepaarte“ Blattanlagen. (Mit 9 Abbildungen im Text.) Wenn zwei Organanlagen nahe bei einander entstehen, so können sie entweder von einander ganz unabhängig bleiben oder es tritt zwischen ihnen eine Beziehung auf. Vielfach findet diese darin ihren Ausdruck, daß die beiden Anlagen mit einander „verwachsen“. Indes kann eine gegenseitige Beeinflussung darin auch schon hervortreten, daß zwei An- lagen verschiedener Bestimmung in konstante räumliche Beziehungen treten, derart, daß sie ihre Stellung zu einander festhalten, auch wenn sonst die Anordnungsverhältnisse sich in dem betreffenden Organkomplex ändern. So z. B. in der Weise, daß in Blüten eine Staubblattanlage steis vor einem Blatte der Blütenhülle auftritt. Zwei Organanlagen, welche solche konstante räumliche Beziehungen innehalten, bezeichne ich als „gepaarte“. Das gegenseitige Verhältnis, welches die beiden Glieder eines Paares aufweisen, kann verschieden sein. SIR Fig. 1. Schema für die entwicklungsgeschichtlichen Beziehungen von Blatt und Achselsproß. Als Beispiel dafür möge das Verhalten von Blatt und Achselsproß bei den Angiospermen angeführt werden. Beide entstehen normal als „gepaarte“ Anlagen. Das zeitliche und örtliche Verhalten zu einander aber ist ein schwankendes. Einige der möglichen Fälle seien in Fig. 1 schematisch dargestellt, wobei jeweils die später entstehende Anlage schraffiert ist. In Fig. 1,/ entsteht der Achselsproß nach dem Deck- blatt und unabhängig von ihm an der Sproßachse, in Fig. 1,77 auf der Basis des Deckblattes und Fig. 1,777 stellt einen der in der Blüten- region der Dikotylen nicht gerade seltenen Fälle dar, in welchem das Morphologische und biologische Bemerkungen. 249 Deckblatt aus dem Achselsproß hervortritt, ein Verhalten, in welchem sich das Zurücktreten der Bildung der Deckblätter in der Blütenregion auch entwicklungsgeschichtlich ausspricht; dies endigt in nicht wenigen Fällen mit einem vollständigen Verkümmern der Deckblätter. Auf Ein- zelheiten einzugehen ist hier nicht der Ort, es sei auf die Darstellung in des Verfassers „Organographie“ (pag. 617 und 618) hingewiesen, wo die Literatur angeführt ist. Gepaarte Anlagen, und zwar Blattanlagen, finden sich nun nament- lich auch in Blüten. . Die Erörterungen über den Aufbau der zyklischen Blüten, wie sie 2. B. in Eichler’s verdienstvollem Werke über „Blütendiagramme“') finden, gehen aus von den Tatsachen, welche wir bei der Blattordnung vegetativer Sprosse antreffen, vor allem von ‘der Regel, daß aufeinan- derfolgende Quirle alternieren. Dies trifft bekanntlich in Blüten vielfach, aber durchaus nicht immer zu. Wo statt Alternieren Opposition der Wirtel eintritt, bestrebte man sich diese zu „erklären“. Über diesem Be- streben, das an sich (wie alle Versuche allgemeine Regeln aufzufinden) gewiß berechtigt ist, hat man eine Tatsache zu wenig gewürdigt, näm- ‚lich die, daß zwischen den Blattanlagen zweier aufeinanderfolgender oppo- nierter Wirtel eine konstante räumliche Beziehung bestehen kann. Sie äußert sich darin, daß ein Staubblatt stets vor einem Blatt der Blütenhälle steht. Es besteht zwischen beiden sozusagen eine Anziehung, während wir beim Alternieren der Wirtel bildlich von einer Abstoßung sprechen könnten... Darauf wird unten zurückzukommen sein. Hier seien zunächst die Tatsachen vorgeführt, welche zur Aufstellung des Begriffs „gepaarte Blätter“ in den Blüten geführt haben. 1. Monokotylen. In Fig. 2 ist ein Querschnitt durch eine der Entfaltung nahe Blütenknospe von Triglochin maritimum abgebildet. Man sieht deutlich, daß, wie zuerst Horn:) hervorgehoben hat, die Stellungsverhältnisse von der der „typischen“ Monokotylenblüte abweichen. Die äußeren Staub- blätter stehen nämlich tiefer als die inneren Perigonblätter. Letztere umfassen die inneren Staubblätter, mit denen zusammen sie abfallen, ebenso wie die äußeren sich mit den äußeren Perigonblättern zusammen ablösen und zwar vor den inneren. Staubblatt und Perigonblatt hängen also jeweils an ihrer Basis zusammen. Dies ist nach Horn auch schon U) Eichler, Blütendisgramme, Bd. 1, 1876, Bd. II, 1878, . 2) P. Horn, Beiträge zur Kenntnis der Triglochinblüte. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgesch. Mecklenburgs 1876. 250 K. Goebel, von vornherein der Fall. D. h. es werden die äußeren Staubblätter un- mittelbar nach den äußeren Perigonblättern und ihnen gegenüber angelegt. Hill!) (welchem die Abhandlung Horn’s nicht bekannt war) glaubte zwar in Übereinstimmung mit älteren Angaben Cordemoy’s die nor- male Entstehungsfolge (äußeres Perigon, inneres Perigon, äußerer und Innerer Staubblattkreis) gefunden zu haben. Aber er sagt selbst: „it seems very probable that the appearance of each stamen follows that of the perianth segment to which it is opposite, for it was observed that the stamen superposed to the first sepal was the first to originate“. Das stimmt ganz mit den Angaben von Horn, der auch darauf hin- weist, daß das vordere (zuerst entstekende) Staubblatt auch zuerst ver- stäubt. Auch die Fig. 20, PL VI bei Hill läßt ver- muten, daß hier die äußeren Staub- (\ (, blattanlagen schon vorhanden waren. Bie entstehen nach 18 Horn auf glei- cher Höhe wie Fig. 2. Triglochin maritimum. I. Blütenquerschnitt; die Blätter . des I. Blütenlängsschnitt. zweiten Perigon- wirteis. Für die hier erörterte Frage .ist übrigens die Entstehungsfolge nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Es können auch ungleich- zeitig entstehende Organanlagen mit einander „gepaart“ sein, wie das schon oben angeführte Beispiel von Blatt und Achselsproß zeigt. In- des liegt für Triglochin nicht der mindeste Grund vor, Horn’s Angaben zu bezweifeln. Ein Längsschnitt durch die Triglochinbläte (Fig. 2, /7) zeigt, daß das Staubblatt mit dem vor ihm stehenden Perigonblatt durch ein gemeinsames Basalstück verbunden sind. In diesem verlaufen auch die Leitbündel für Staub- und Perigonblatt getrennt, erst in der Blüten- achse findet eine Vereinigung statt. Für den Zusammenhaug von Staub- und Perigonblättern ist es aueh bezeichnend, daß bei Triglochin montevidense der innere Perigonblattkreis zusammen mit dem äußeren Staubblattkreis verkümmert. Bei Triglochin palustre fand Horn zu- weilen nur ein Staublatt mit dem vor ihm stehenden Perigonblatt aus- 3) Hill, The structure and development of Triglochin maritimum L. Anmals of Botany .1900, Vol. XIV. Morphologische und biologische Bemerkungen. 251 gebildet; bei anderen Blüten waren einzelne Staubbläter des inneren Kreises verkümmert, aber noch als Rudimente nachweisbar. Auch zwei- gliederige Blüten von Triglochin maritimum sind nicht gerade selten. Sie haben dann meist das in Fig. 3.4 gekennzeichnete Diagramm. Indes können die vier Fruchtblätter auch, wie ——m FD Horn!) in einem Falle DD beobachtet hat, sich &) COS) diagonal anordnen 2 @ ©) Q 2 &® 8 (vgl.Fig.3.2). Diese An- ©) ordnung ist von beson- > <> derem Interesse,dennsie N NL zeigt uns ein Verhalten A B als gelegentliche Vari- Fig. 3. Diagramme zweizähliger Blüten von Triglochin ante auftreten, welches anaritimum. beieineranderen Pflanze — dem oft erörterten Potamogeton — konstant vorhanden ist und gibt uns somit einen Fingerzeig für die Auffassung der Blüten dieser Gattung. Ehe diese erörtert wird, sei aber noch das Verhalten von Scheuch- zeria palustris erwähnt, Von Scheuchzeria palustris wurden die Blütenknospen Ende April untersucht (Fig. 47). Zu dieser Zeit sind alle Teile der Blüten schon angelegt, die Fruchtblätter aber nur als Höcker, ohne jede Andeutung von Samen- anlagen. Die zwei Staub- blattkreise stehen auf der- “ selben Höhe des Blüten- bodens. Bei etwas weiter entwickelten Knospen sieht man die Insertion der in- neren Staubblätier etwas Fig. 4. I. Blütenknospen von Scheuchzeria pa- ö ; 5 lustris von unten gesehen. 2,, , erster und zweiter höher als die der äußeren, Perigonkreis, sz ounblattarlaren. HI. Infloreszenz indes ist dies vielfach nur von Potamogeton densus. : # Perigonschüppehen. mit einem Rande der Fall und offenbar nur durch Ineinanderschieben der Höcker bei ihrer Volum- zunahme und gleichzeitigem Wachstum des Blütenbodens bedingt. 1} Horn, Beiträge zur Kenntnis des Blütenbaues von Seheuchzeria palustris. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgesch. Mecklenburgs 1875. Flora, BA, 108. 17 252 K. Goebel, Die Perigonblätter:) sind mit schmaler Basis der Blütenachse eingefügt. Es ist fir die „Paarung“ der Perigon- und der Staubblätter offenbar eine Bedingung, daß die Breite der beiden Höcker auf dem entschei- denden Entwicklungsstadium übereinstimmt. Ein Vereintwachsen kann dann leichter eintreten, als wenn die Perigonblätter mit viel breiterer Basis als die Staubblätter eingefügt wären. Ebenso ist die geringe Insertions- breite der äußeren Perigonblätter auch die Voraussetzung dafür, daß die inneren mit ihnen annähernd auf gleicher Höhe auftreten; in spä- teren Stadien der Blütenentwicklung greifen die Ränder der äußeren Blütenhalbblätter unter die der inneren. Das Perigonblatt mit dem vor ihm stehenden Staubblatt bietet einen ganz ähnlichen Anblick dar, wie ihn vielfach ein Deckblatt mit seinem Achselsproß zeigt (Fig. 4 /). Sind diese Bedingungen gegeben, so kann eine Paarung beider Organanlagen eintreten, die aber bei Scheuchzeria, wie erwähnt, nur in ganz untergeordneter Weise auftritt. In ausgesprochendster Weise ist dies dagegen bei Potamogeton der Fall. Bekanntlich stehen sich hier zwei Deutungen gegenüber: die eine faßt die vier schuppenförmigen Blätter der Blütenhülle als dem Perigon der übrigen Monokotylen homolog auf, die anderen als Auswüchse der Staubblätter. Die erste Auffassung ist vertreten z. B. durch Hegel- maier?). Er fand, daß in der Blüte erst die vier Perigonblätter auf- treten (in zwei zweizähligen Wirteln), dann die vor ihnen stehenden und mit ihnen in Zusammenhang tretenden Staubblätter. Dabei ist bemerkenswert, daß das in das Staubblatt eintretende Leitbündel sich an das in das Perigonblatt gehende und dort mehr oder minder reich- verzweigte ansetzt. Die Verfolgung der Entwicklungsgesehichte bei P. natans und P. densus (Fig. 4/7) führte mich zu einem mit den Angaben Hegel- maier’s übereinstimmenden Ergebnis. Es ließ sich ein Grund für die Auffassung der Perigonblätter als Auswüchse der Staubblätter nicht auf- finden, sie erscheinen als selbständige Bildungen, welche aber später in ihrem Wachstum gegenüber den Staubblättern eine Zeitlang stark 1) Nicht selten fand ich ein Porigonblatt des äußeren Kreises mit einem solchen des inneren verwachsen. Die Zahl der Fruchtblätter betrug in den unter- suchten Blüten immer nur ärei, bekanntlich ist der innere Fruchtblattkreis aber auch bei Scheuchzeria öfters wenigstens zum Teil vorhanden. Horn fand häufig vier bis fünf Fruchtblätter, später auch alle sechs und sogar noch einen dritten Kreis. 2) Hegelmaier, Über die Entwicklung der Blütenteile von Potamogeton- Bot. Zeitg. 1870, pag. 282 ff, Morphologische und biologische Bemerkungen. 253 zurückbleiben. Bei P. densus sind die Blüten auf zwei reduziert, es kommt so eine Infloreszenz zustande, welche ganz der von Ruppia entspricht‘). Die zweite Deutung ist von Eichler vertreten. Sie ist seither wohl die herrschende geblieben). Auch ich habe mich ihr früher an- geschlossen. Indes bin ich längst zu der Überzeugung gelangt, daß Eichler’s Gründe keine überzeugenden sind. Er sagt®): „Ich möchte aber namentlich deshalb die alte Deutung jener Schuppen retten, eines- teils wegen der evidenten Analogie mit Ruppia, anderteils weil nach mir gütigst mitgeteilten Beobachtungen des Herrn Dr. Magnus bei gelegentlich anftretenden drei- und zweizähligen Potamogetonblüten die Staubgefäße immer vor die Schuppen fallen; bei der Hegelmaier’schen Deutung müßte hier Alteration stattfinden.“ Sehen wir zunächst den letztangeführten Grund an, so ist er offenbar nicht zutreffend. Denn die Staub- und Perigonblätter von Potamogeton sind eben stets gepaart, d. h mit einander in Verbindung. Das beweist aber gegen ihre Selbständigkeit nicht das Mindeste. Wir werden das noch bei anderen Pflanzen finden und haben es bei Triglochin gesehen. Hier bezeichnet man die Perigonblätter nicht als „Konnektiv- sehuppen“, bei Potamogeton ist die Verbindung der paarigen Blätter nur eine etwas innigere als bei Triglochin. Der Vergleich mit Ruppia aber würde nur dann für die Eichler’sche Deutung sprechen, wenn erwiesen werden könnte, daß die Blüten pri- mitiver gebaut seien, als die von Potamogeton. Meiner Ansicht nach ist das Gegenteil der Fall®). Wir sehen, daß Potamogeton gegenüber nieht nur die Zahl der Blüten reduziert ist (auf zwei)?) (Fig. 57), sondern auch die Zahl der Staubblätter (gleichfalls auf zwei), was bei Potamogeton gelegentlich 1) Es ist hier auch ebensowenig wie bei Ruppia ein freies Achsende der Infloreszeaz vorhanden. 2) Vgl. dagegen Schumann, Morphologische Studien I. 3) Blütendiagramme, 1875, Bd. I, pag. 90 u. 91. 4) Auch Öelakovsky, Über den phylogenetischen Entwieklungsgang der Blüte und über den Ursprung der Blumenkrone (Sitzungsber. d. Kgl. böhm. Ges. d. Wissensch., mathem.-naturw. Klasse, 1896, Bd. XI, pag. 49), hat sich in diesem Sinne ausgesprochen. Vgl. auch A. H. Graves, The morphology of Ruppia mari- tima. (Transaetions of the Oonneetieut academy of arts and sciences, Vol. XIV, Dez. 1908.) 5) Dabei ist die oberste zwar aus vergleichenden Gründen ebenso als eine seitliche zu bezeichnen wie die untere, aber ein deutliches freies Achsenende der Infloreszenz ist nieht nachweisbar, was gleichfalls mit der Reduktion der ganzen Infloreszenz zusammenkängt. 17* 254 K. Goebel, als Variante vorkommt. Auch die Embryobildung entfernt sich bei Ruppia durch das eigentümliche Verhalten des Hypokotyls von dem gewöhnlichen Verhalten und leitet zu dem besonderen Gestaltungs- verhältnis von Zostera u. a. über. Wenn nun auch das Perigon an der Reduktion teilnimmt, so ist es nicht verwunderlich, wenn die mit den Antheren gepaarten Perianth- blätter später sichtbar werden!) und als „Auswüchse“ unterhalb des Konnektivscheitels erscheinen. Ich fand sie aber bei Ruppia maritima scharf umschrieben (Fig. 5 777) und anfangs näher dem Staubblattgrunde. Offenbar wachsen die Staubblätter interkalar und heben dadurch die Fig. 5. Ruppia maritima. I Längsschnitt einer jungen Infloreszenz; Co Konnektiv; x Stelle, an der die Konnektivschuppe des oberen Staubblattes auftreten wird; 4 Achselsprosse an der Basis der Infloreszenz. Ti. Längssehnitt einer älteren Blüte; S Konnektivschuppen. III. Staubblatt mit Konnektivschuppe S von hinten. Perigonblätter empor. Ein Leitbündel tritt in die reduzierten Perigon- blätter nicht mehr ein, als letzten Rest könnte man allenfalls einige länger gestreckte Zellen im Innern betrachten. Bei anderen Formen wird bekanntlich die Bildung des Perigons ganz unterdrückt. Es liegt also eine Reihe vor, die von dem gewöhnlichen Ver- halten der Monokotylen über Scheuchzeria-Triglochin zu Potamogeton und Ruppia führt. In dieser Reihe wird die Paarung von Perigon- und Staub- blatt eine immer festere. Bei Scheuchzeria fallen die Perigonblätter nicht mit den Staubblättern ab, obwohl eine „leichte Verwachsung“ beider hier vorhanden ist, bei Triglochin ist das der Fall. Scheuchzeria schließt 1) Wie ich für Ruppia rostellata schon 1883 angegeben habe (vgl. Eni- wicklungsgeschichte der Pflanzenorgane, in Schenk, Handbuch d. Botanik, Bd. II, pag. 292). Es war diese Beobachtung für mich damals ein Grund, Bichler’s Auf- fassung beizutreten. Morphologische und biologische Bemerkungen. 255 sich den übrigen Monokotylen noch an. Der hier vertretenen Anschauung zufolge ist diese Reihe eine absteigende. Will man sie umdrehen, so müßte man auch bei Triglochin die Blütenhülle für „Konnektivschuppen“ halten, was gegenüber dem Verhalten der anderen Monokotylen. oifen- bar gezwungen wäre. Bei der anderen Auffassung aber erhalten wir ein einheitliches Bild. Sie wird außerdem dadurch gestützt, daß wir, wie schon oben bemerkt, bei den Gattungen, welche die Paarung in extremer Weise zeigen, auch andere Reduktionserscheinungen an- treffen. Es sei erinnert daran, daß zwar die Blüten von Scheuchzeria noch Deckblätter haben, die der anderen Formen nicht‘), ferner an die Reduktion der Zahl der Samenanlagen (auf eine, Scheuchzeria hat zwei) und den Mangel des Endosperms. Die „Paarung“ der Staub- und Perigon- blätter tritt also hier deutlich als eine aus dem gewöhnlichen Verhalten dreizähliger Monokotylenblüten abgeleitete hervor. Gegen die Annahme einer Paarung kann, wie hinzugefügt werden mag, nicht eingewendet werden, daß in den weiblichen Blüten von Tetroneium (einer Juncaginee mit zweigliedrigen Blütenblattkreisen) nur die Perigonblätter vorhanden sind. Nach dem von Triglochin oben Angeführten können wir mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß hier die Staubblattanlagen noch als Rudimente vorhanden sind. Auch bei Paarung kann ein Paarling übrigens allmählich verschwinden, wie z.B. die deekblattiosen Blüten der Cruciferen zeigen. Das ist nicht berücksichtigt worden in den Aus- führungen von Schumann. Dieser?) meinte, daß, wenigstens der Entstehung nach, zwischen dem Konnektivschüppchen von Ruppia und den Hüllblättern vom Potamogeton „ein himmelweiter Unterschied“ sei, Auch seien „solehe Anhänge von drüsiger, zuweilen blattartiger Natur, welche die Staub- beutel überragen, bei Mono- und Dikotylen überaus häufig“, sehon eine oberflächliche Betrachtung genüge, um sie bei Potamogeton natans und vielen der übrigen Arten nachzuweisen. Eine Nachuntersuchung der Schumann’schen Angaben ergab aber, daß sie offenbar auf einem Irrtum beruhen. Konnektivanhängsel konnte ich bei Potamogeton natans nicht auffinden. Schumann’s Ab- bildung (Taf.IV, Fig. 13) zeigt meiner Ansicht nach die Antheren durch die Präparation abgerissen und um 180° gedreht. Was Schumann für einen „Konnektivanhaug“ gehalten hat, halte ich für die Anheftungs- stelle der Staubblätter an die Blütenachse, Bei P. pusillus springt am 1) Bei Potamogeton treten sie in seltenen Fällen auf, als Rudimente sind sie z. B. bei P. natans stets vorhanden. 2) Schumann, Morphologische Studien, Heft 1, pag. 151, 1898. 256 K. Goebel, Ende des Konnektivs jede Antherenhälfte in Form einer stumpfen Spitze vor, aber mit der Konnektivschuppe von Ruppia hat dieser „Fortsatz“ keine Ähnlichkeit. Darnach ist Schumann’s Einspruch gegen die Deutung der Ruppia-Konnektivschuppen also nicht haltbar. Auf seine Meinung, daß sich durch die Betrachtung der Emtwicklungs- geschichte „eine ganze Reihe von Verhältnissen“ ursächlich begründen lasse, möchte ich nicht eingehen. Leider sind wir noch nicht so weit, sondern müssen uns mit viel bescheideneren Darlegungen begnügen. Von anderen Monokotylen, welche eine „Paarung“ aufweisen, seien hier noch die Eriocaulaceen genannt. Ronte!) hat von einigen seinerzeit an von mir in den Tropen gesammelten Formen die Blüten- entwicklung untersucht und gezeigt, daß nach den äußeren Perigon- blättern die ihnen gegenüberstehenden Staubblätter angelegt werden, fast gleichzeitig damit treten die inneren Perigonblätter mit den ihnen gegenüberstehenden Staubblättern als ein „einheitliches Primordium“* auf. Das letztgenannte Verhalten ist, wie schon Poulsen hervorhob, wohl so zu verstehen, daß das Perigonblatt in seiner Entwicklung sich verspätet?). Die Paarung zwischen den inneren Perigonblättern und den Staubblättern ist hier eine festere als die zwischen den äußeren und den ihnen anteponierten Staubblättern. Letztere können z. B. bei Paepalanthus-Arten verkümmern. Wenn Ronte den inneren Perigon- und Staubblattkreis als einen .einfachen, die Perigonblätter als „An- hängsel an den Filamenten“ auffassen zu sollen glaubte, so entspricht dies zwar dem äußeren Anschein, aber in Wirklichkeit dürften hier keine anderen Erscheinungen vorliegen, als sie oben bei anderen Mono- kotylen besprochen wurden. 2. Dikotyien. Alnus. Das gewöhnliche Verhalten ist, daß die männlichen Blüten vier Perigonblätter und vier Staubblätter haben. Eichler®) Taßte das auf „nach Monokotylenart“, d. h. also P2-12, A242. Nun kommen aber hei Alnus viridis (Alnobetula), wie Wolpert®) ge- zeigt hat, auch andere Zahlenverhältnisse vor, welche in den Diagrammen ı) H. Ronte, Beiträge zur Kenntnis der Blütengestaltung einiger Tropen- pflanzen. Flora 1891, Bd. LXXIV, pag. 492-529. 2) Poulsen faßte die beiden Blattanlagen auf als selbständige, verschiedenen Blatikreisen angehörige Phyliome. Vgl. A. Poulsen, Bemaerkuinger om Tonina fluvistilis Aubl, Botanisk Tideskrift, 18. Bind, Kjebenhavn 1893. 9)a.2a0. 4) I. Wolpert, Vgl. Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Alnus Alno- betula usw. Flora 1909, Bd. 0. Morphologische und biologische Bemerkungen. 257 Fig. 5, 7-7 dargestellt sind. Ein Blick darauf zeigt, daß die Blüten auch vierzählig, fünfzählig und sechszählig sein können, daß dabei aber stets die opponierte Stellung der Staub- und Perigonblätter gewahrt bleibt; bei den fünfzähligen Blüten können die beiden äußeren Staub- blätter durch eines ersetzt sein!) Wollte man diese Anordnungs- verbältnisse „nach Monokotylenart“ mit Eichler „erklären“, so müßte man bei den dreizähligen Blüten die inneren Perigonblätter als ver- kümmert annehmen oder Anordnung in !/, Spirale, bei den fünfzähligen aber andere Hilfshypothesen (etwa spiralige Anordnung nach a),) er- sinnen. Der einfache Ausdruck der Tatsachen ist aber auch hier offenbar der, daß die Paarung von Staubblättern und Perigonblättern stets festgehalten wird. Dasselbe wiederholt sich in anderen Familien. Bei den Urtica- esen z. B. sind die Staubblätter sowohl in den vier- als den fünf- zähligen Blüten den Peri- gonblättern apponiert. > > = TAGEN Eichler „erklärt“ erstere (o o)) oo 0 a) IC) % wieder „nach Art zwei- —_ IS Y S-% I zähliger Monokotylenblü- L. ı Il. N a ten“, letztere „durch An 7, 6, Diegtamme verschiedener Bläten von Alnus nahme einer kontinuier- viridis. Bei II. ist Surch die punktierte Linie i = angedeutet, daß zwei Staubblätter unter Zusammen- lichen ”/s Spirale oder, rücken az der Lücke zwischen zwei Perigon- was dasselbe sagt, einer blättern durch ein einziges ersetzt werden können. zwei- und dreizähligen Quirlbildung, welche als Mittelform zwischen doppelt dimerem und doppelt trimerem Bau zu betrachten ist2)“, Nach der hier vertretenen Anschauung Hegt ein Grund zu einer solchen künstlichen Konstruktion 3) nieht vor, sondern ist der „Bau- plan“ der männlichen Urticaceenblüten ein einheitlicher wie bei Alnus, teils vier, teils drei- und fünfzählig mit Paarung von Perigon- und Staubblättern. Wenn bei einer und derselben Urtieacee, wie z. B. bei Pilea, Boehmeria, Phenax teils vier-, teils dreizählige Blüten vorkommen, 1) Oder, was auf dasselbe hinauskommt, es ist ein Ersatz eines Perigon- blattes durch zwei eingetreten, während das Staubblatt einfach blieb, 2) a. a. O. Bd. II, pag. 51. . Bun 3) Sie ist eine bloße Konstruktion auf dem Papier. Niemand hat bie jetzt nachgewiesen, daß sie der Wirklichkeit entsprechen. Das ist ja für manche idenlistische Mörphologen bekanntlich auch nicht nötig. Es gerügt ihnen, daß sie sich die Sache so denken. Stimmt das Verhalten in der Natur nicht damit überein — um so schlimmer für die Natur! 258 K. Goebel, so scheint es mir doch sehr wenig befriedigend, wenn man im ersteren Fall eine zyklische, im zweiten eine azyklische Entstehung (mit einer kontinuierlichen !/, Spirale) annimmt, nur um das Stellungsverhältnis zu „erklären“, das in beiden Fällen doch in Wirklichkeit dasselbe ist! Ferner kommen bei den verwandten Formen, z. B. bei Dorstenia auch zweizählige Blüten vor, bei welchen die zwei Staubblätter den Perigon- blättern opponiert sind — wieder ein Zeichen dafür, daß die Paarung auch bei Reduktion festgehalten wird !). Fig. 7 mag das Verhalten von Dorstenia erläutern. Bekanntlich kommen hier weibliche und männliche Blüten in einer Infloreszenz zu- sammen vor, die männlichen aber bei weitem in überwiegender Anzahl, wobei zwischen den schon vorhandenen nene eingeschaltet werden. Die Fig. 7 A zeigt ein Stück eines Flächenschnittes durch: eine junge Infloreszenz von D. ari- folia. Man sieht, wie in den männlichen Blüten die zwei Perigonblätter die zwei Staubblätter um- fassen; in den weiblichen Blüten ist die Blüten- hülle verwachsen®). In der Seitenansicht (Fig. 7.B) tritt besonders deut- Fig. 7. Dorstenin arifoli, A. Teil eines Flächen- Ich hervor, daß die Staub- sehmitts durch eine junge. Infloreszenz. ı—7männ- blattanlagen in der Achsel iche Blüten; # Perigonblätter; sö Staubblätier; i ä weibliche Blüten. B. Zwei männliche Binlen der Perigonblätter ent- verschiedenen Alters in Seitenansicht. stehen, wie ein Achsel- sproß in der Achsel seines Deckblattes. Reste der verkümmerten anderen Teile der Blüte wurden "nicht: wahrgenommen. Die Paarung von Perianth- und Staubblättern bei Urticaesen kann sich in abnormen Fällen so aussprechen, daß die Staubblätter einzeln in den Achsen von Perianthblättern stehen. Solche Fälle hat D) Wie es sich bei Pharmacosycea (vgl. Eichler, Bd. II, Fig. 23 7), muß dahingestellt bleiben. Es sollen dort vier Perigon- und zwei Staubblätier vor- kommen, vielleicht sind die zwei anderen noch als Rudimente vorhanden. 2%) Die weiblichen Blüten sind später dem Infloreszenzboden eingesenkt. Es dürfte dies daher rühren, daß sie früher entstehen als die männlichen und daß nach Bildung der weiblichen noch eine Dickenzunahme des Infloreszenzbodens eintritt. Morphologische und biologische Bemerkungen. 259 Prain‘) vom „Moriahanf“ aus Indien beschrieben und abgebildet. Auf Taf. V, Fig. 4 seiner Abhandlung ist z. B. der Mittelsproß zwischen zwei weiblichen Hanfblüten, der für gewöhnlich unterdrückt wird, ent- wiekelt. Er bildet unten zunächst zwei Brakteen, von denen nur eine weibliche Blüten produziert, dann kommen durch Internodien getrennt zwei Brakteen (= Perianthblätter) mit je einem Staubblatt in der Achsel, dann zwei Staubblätter ohne Brakteen, endlich ein ver- kümmertes Gynaeceum ohne Perianth. Offenbar handelt es sich beim Sproßende sozusagen um den Versuch einer Zwitterblüte zu bilden, deren Teile aber auseinanderrücken. Es hießen sich noch zahlreiche andere Beispiele anführen, welche dasselbe zeigen wie Alnus und die Urticaeeen. So z, B. Sanguisorba offieinalis, wo die Paarung ebenfalls bei drei- bis fünfzähligen Blüten festgehalten wird, u. a. Indes soll hier nur anf eine Familie noch hingewiesen werden, weil sie einen, im Vergleich mit Ruppia inter- essanten Fall zeigt. Bei den Loranthaceen sind bekanntlich Staubblätter und Perigon- blätter gleichfalls opponiert. Als Beispiel sei eine im Orgelgebirge Brasiliens gesammelte dem Struthanthus ealobotrys?) nahestehende Stru- thanthusart, angeführt, von welcher Alkoholmaterial vorlag. Die Blüten waren teils sechs-, teils fünfzählig, das erstgenannte Anordnungsverhältnis war bei weitem das häufigere. Die Entwicklungs- geschichte konnte ich nicht untersuchen. Nach Karsten und Hof- meister entstehen zunächst die zwei dreizähligen miteinander alternieren- den Perigonblätter, darauf die zwei Staubblattwirtel, von denen im fertigen Zustand der eine den anderen überragt. Jedenfalls bilden im fertigen Zustand die sechs Perigonblätter einen einfachen Wirtel, welchem die sechs Staubblätter®) opponiert sind, ebenso ist es in fünfzähligen Blüten (Fig. 8). 1) D. Prain, On the morphelogy, teratology and dieliniem of the flowers 0X Cannabis (seienüfic memoirs by officore of the medical and sanitary departiments of the Government of India. New Series No. 12, Caleutta 1904. 2) So bestimmt von Herrn Assistent Boas, welcher auch die Schnittserien herstellte, 3) Diese zeigen im Querschnitt scheinbar ein „Exothecium“, was sonst unter Angiospermen nicht bekannt ist (von den abweichenden Verhältnissen bei Ericacsen kann hier abgesehen werden). Genauere Betrachtung zeigt, daß an einzelnen Stellen des Querschnittes (vgl. Fig. 8, 6) kleine Epidermiszellen vorhanden sind, während an anderen die Endotheciumzellen an die Oberfläche grenzen. Mir scheint, ‚daß hier ein von dem gewöhnlichen Verhalten der Angiospermen abgeleitetes vorliegt, nicht ein primitives, an die Gymnospermen (welche mit Ausnahme von Ginkgo ein Exothecium hesitzen) erinnerndes. Da indes keine jungen Blütenanlagen vorkanden 260 K. Goebel, Schnitte durch die untere Region der Blüten zeigen, daß die beiden gepaarten Blätter miteinander verschmelzen, wobei das Vor- handensein des Staubblattes sich zunächst noch äußerlich durch eine Verwölbung geltend macht (Fig. 8, 3), später ist scheinbar nur ein ein- faches Blatt vorhanden (Fig. 8,4). Man kann in ihm zunächst noch zwei getrennte Leitbündel unterscheiden; bei beiden ist der Gefäßteil dem Blütenzentrum zugekehrt. Die beiden Bündel nähern sich weiter unten, und verschmelzen schließlich zu einem einzigen (Fig. 8, 4, 5). Wer nur nach anatomischen Verhältnissen morphologische Fragen be- urteilt, wie dies trotz aller Mißerfolge dieser einseitigen Methode auch Fig. 8. Strutkantkus (calobotrys). 7 Querschnitt durch eine sechszählige, > durch eine fünfzählige Blüte, beide "Schnitte hochgeführt; 3, 4, 5 tiefere Schnitte; die Gefäßteile der Leithündel sind stets dunkel gehalten; 6 Stück eines Querschnittes einer Antherenwand. heute noch geschieht, wird vielleicht aus dem Verhalten der Leitbündel- versorgung den Schluß ziehen, daß hier eine Spaltung einer einheit- lichen Anlage in zwei vorliege, eine Auffassung, der auch ich — aus anderen Gründen — früher Ausdruck gegeben habe!). Indes weist schon die oben erwähnte Entwieklungsgeschichte darauf hin, daß hier doch nur eine weitgehende Paarung von Perianth- und Staubblättern vorliegt. waren, 50 vermag ich über das Zustandekommen des eigentümlichen Antkerenbaues nichts auszusagen. 1) Goebel, Vergleichende Entwicklungsgeschichte, 1883. Morphologische und biologische Bemerkungen. 261 Noch weiter geht diese bei Viscum, wo die Staubblätter nicht mehr als gesonderte Blattorgane, sondern als Verdickungen der Perigon- blätter auftreten (Fig. 9). Es kann nach den Untersuchungen von Jost!) keinem Zweifel unterliegen, daß die Aniheren von Viseum tatsächlieh auf dem Perigon entstehen. Das ist wohl auf ein ähnliches Zurücktreten des einen Paarlings (Perigon—+-Staubblatt) zurückzuführen, wie wir es bei Ruppia — nur in umgekehrter Weise — sahen. Das Staubblatt hat seine Selbständigkeit ganz verloren und erscheint als Auswuchs des Perigon- blattes 3), Man könnte den oben gemachten Darlegungen vorwerfen, daß sie nichts anderes seien, als ein neuer Ausdruck für bekannte Tatsachen. Mehr wollen sie aber in der Tat nicht sein. Gerade die Tatsache der Paarung ist ja von der „vergleichen- den Morphologie“ nicht anerkannt sondern die oppo- nierte Stellung als das Resultat verschiedener Vor- gänge (die aber trotzdem bei einer und derselben Pflanze vorkommen sollen) betrachtet worden. Diesen lediglich gedachten Konstruktionen gegenüber wurde oben betont, daß eine solche Paarung in ver- schiedenen Verwandtschaftskreisen vorkommt und Fig. 9. Viseum verschieden weit gehen kann. Worauf sie beruht, album {nach , . . Jost). Quer- wissen wir ebensowenig als wodurch das Alter- sehnitt einer nieren kausal bedingt ist. Denn, daß die letztere männlichen Biute. Anordnung für die Laubblätter eine bessere Licht- Ann. ausnützung gewährt, ist zwar richtig, aber keine kausale Erklärung. Man könnte das Alternieren und die Hof- meister’sche Regel, daß (bei lauter gleichartigen Organen, 2. B. Laubblättern) neue Anlagen in der größten Lücke zwischen schon vor- handenen Organen aufzutreten pflegen, auf stoffliche Verhältnisse am Vegetationspunkt zurückzuführen suchen. Jede Neusnlage wird mit einem Aufwand an Baumaterialien verknüpft sein; zu einer Neubildung werden also, falls die Zuleitung geradlinig von unten erfolgt, in den Zwischenräumen zwischen den Blättern eines Wirtels mehr Baustoffe zur Verfügung stehen, als über den letzten Wirtelblättern. In der 1) Zur Kenntnis der Biütenentwieklung der Mistel. Bot. Zeitg. 1888, pag. 46. 2) Auch die Chenopodiaceen haben wahrscheinlich gepaarte Perigon- und Staubblätter. Dagegen spricht indes das Verhalten einiger diendrischer Formen, falls es wirklich so ist, wie Eichler (a. a. 0. Bd. Il, pag. 79) es in Fig. 33, 4, und 2, darstellt. 262 K. Goebel, Morphologische und biologische Bemerkungen. Blüte aber haben wir einen Sproß begrenzten Wachstums vor uns, in welchem offenbar vor dem Auftreten der einzelnen Anlagen die Bau- materialen, aus denen die letzteren hervorgehen, wenigsten zum Teil schon vorhanden sind. Dies geht z. B. mit großer Deutlichkeit aus dem früher beschriebenen Verhalten der männlichen und der Zwitter- blüten von Filago hervor). Man kann sie schon an ihrer Größe unterscheiden: Die Blütenhöcker, aus denen die Zwitterblüten hervor- gehen, sind viel kleiner, es fehlt ihnen das Baumaterial für die Staubblätter. An einem solchen Vegetationspunkte kann also, wenn die oben- gemachte Annahme zutrifft, ebensogut alternierende wie opponierte Stellung -auftreteu, und ebenso können „Verschiebungen“ der Anord- nung auftreten. Die Blüte ist ein geschlossenes System, nicht ein offenes, wie ein vegetativer Sproß. Außerdem ist die Annahme zu- lässig, daß es sich bei der Entstehung von Staub- und Perigonblättern um Baumaterial verschiedener Beschaffenheit handelt, also die Verhält- nisse anders liegen, als wenn nur einerlei Anlagen gebildet werden. Sind die Anlagen aber einmal opponiert, so ist leicht begreiflich, daß zwischen ihnen die oben geschilderten Beziehungen auftreten können. Teleologische Betrachtungen wie die, daß Alternieren für Laubblätter nützlich sei (wegen des Liehtgenusses), für Blütenorgane dagegen gleich- gültig, können hier außer Betracht bleiben. Daß die Paarung der Blätter in der Blüte vieler Pflanzen etwas Nachträgliches nicht etwas Ursprüngliches ist, ist wahrscheinlich; wir sahen ja oben für einige Monokotylen deutlich, wie die Paarung ein- tritt. Indes sollen auch phylogenetische Erwägungen. hier keinen Platz finden. Es sei nur erwähnt, daß, wenn man die Delpino-Wett- stein’sche?) Theorie akzeptieren würde — der zufolge eine Alnusblüte z. B. eigentlich eine Infloreszenz wäre, in welcher die Achselsprosse der Periogonblätter auf ein Staubblatt reduziert sind — die „Paarung“ von Perigon- und Staubblättern eine verhältnismäßig primitive Erscheinung sein und mit der Paarung vom Deckblatt und Achselsproß zusammen- fallen würde. Dieser Hypothese stehen aber sehr gewichtige Bedenken gegenüber, auf welche einzugehen ich aus den bei anderer Gelegenheit?) angeführten Gründen unterlassen möchte. 1) Goebel, Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biol. Zentralblatt 1910, Bd. XXX, pag. 732. 2) Wettstein, Handbuch der systematischen Botanik, Bd. II, pag. 203, 1903—1908, 3) Goebel, Archegoniatenstndien XIII. Flora 1910, "Ba. GL BEE Untersuchungen über die Gattung Coprinus. Von James R. Weir. {Bit 25 Abbildungen im Text.) Einleitende Bemerkungen über die Vegetation mistbewohnender Coprinus-Arten. Da ich bei meinen Arbeiten sehr häufig Coprinus-Arten auf den Misthaufen in Gärtnereien suchte, beobachtete ich einige merkwürdige Tatsachen in bezug auf die Aufeinanderfolge verschiedener Coprinus- Arten auf ein und demselben Misthaufen. Wenn eine Art von Copri- nus in großen Massen aufgetreten und nach der Sporenentwicklung ‘allmählich abgestorben ist, so tritt keine junge Generation derselben Art von neuem auf, sondern eine andere verschiedene Art in großer Ausdehnung, und dies wiederholt sich während des ganzen Sommers. Ohne Zweifel waren die Sporen der verschiedenen Arten schon vorher im Mist vorhanden, denn durch Anflug konnte kaum eine so ausgiebige Pilzproduktion plötzlich sich zeigen. Aber nicht nur bei Coprinus- Arten fand ich den sukzessiven Wechsel einer ganzen Anzahl von Arten, sondern auch bei anderen mistbewohnenden Pilzen beobachtete ich dasselbe Prinzip. Diese Beobachtungen veranlaßten mich, an einem frisch ausgeworfenen Haufen von Pferdedung das allmähliche Erscheinen verschiedener Coprinus-Arten näher zu verfolgen. Schon nach einigen Tagen stellten sich Pilobolus-Arten ein, dann folgten Mucor- und Rhizopus-Arten. Etwas später folgten mehrere Arten von Asper- gillaceen,. wie Aspergillus, Penicilium usw. Nach einigen weiteren Tagen erschienen die ersten Copriuus-Arten, und zwar die sehr zarten, schnell reifenden von weißer oder grauer Farbe, welche radial gespaltet werden der Riehtung der Lamellen entlang, so Coprinus ephemerus, Coprinus ephemeroides usw. Diese Arten scheinen also den ganz ‚frischen Mist zu bevorzugen, welcher naturgemäß noch viele unverdaute Teilchen von Proteinen, Nukleoproteinen, Stärkemehl und Pentosanen enthalten, außer der sogenannten Einstreu, welche aus Blätter, frischem Stroh oder auch Torf besteht, in welchen ebenfalls mancherlei gärfähige Substanzen noch vorhanden sind. Es wird somit das Erscheinen. jener Coprinus-Arten mit dem unzersetzten Zustand der vorhandenen Stoffe und einer gewissen Konzentration der löslichen Stoffe zusammenhängen, Man könnte auch für möglich halten, daß die Sporen der Coprinus- Arten eine gewisse Zeit brauchen, bis sie reif zur Keimung sind, aber 264. James RB. Weir, meine Beobachtungen haben gezeigt, daß die Sporen fast unmittelbar nach ihrer Bildung wieder keimfähig sind. Wenn also nach jenem ersten Auftreten von Coprini nun eine zweite Form folgt, kann das nicht etwa damit zusammenhängen, daß eine gewisse Ruheperiode für die Sporen erforderlich wäre. Nachdem jene zarten Coprinus-Arten verschwunden sind, kommen größere und kräftigere Arten ebenfalls von weißer oder grauer Farbe zur Entwicklung, wie Coprinus fimetarius und Coprinus fimetarius var. macrorrhiza). Nachdem diese Arten verschwun- den sind, tritt Coprinus niveus auf, welcher nach meiner wiederholten Beobachtung immer nach den obigen Arten auftritt, was wohl durch einen veränderten chemischen Zustand in dem Miste zu erklären ist. In dem Miste zeigen sich ja, wie bekannt, bei längerem Lagern mancherlei Gärungserscheinungen. Die Eiweißstoffe unterliegen der Fäulnis, wobei u. a. Amidosäuren, Indol, Scatol, Putresein, Cadaverin und andere Basen, ferner kohlensaures Ammoniak und Schwefelwasser- stoff produziert werden. Ferner werden die verschiedenen Kohlehydrate angegriffen, wobei u. a. Buttersäure, Ameisensäure, Essigsäure und manche Alkohole erzeugt werden. Unter diesen Gärungsprodukten werden sich wohl manche finden, welche gewissen Coprinus-Arten nicht zusagen. Durch diese Vorgänge wird natürlich auch die Konzentration der Extraktbestandteile eine höhere, sowie die Temperatur des Mist- haufens gesteigert. Wenn nun die obengenannten Arten ihre Vegetation vollendet haben, ist man überrascht von dem plötzlichen Auftrefen von wieder anderen Arten, wie Coprinus narcotieus, lagopus, eyclodes, radiatus; zuletzt von allen Arten erscheint, wie mehrfach beobachtet, Coprinus papilleatus. Alle diese Arten haben eine weit dunklere Färbung von Oberhaut und Stengel als die früheren und was die letztgenannte Art betrifft, so zeigt sie eine Neigung, in Büscheln zu wachsen. Diese Arten finden offenbar die günstigsten Bedingungen im Misthaufen dann, wenn die Oxydation der Gärungsprodukte durch 1) Es war hier bei diesem Pilze ein Ausnahmefall zu bemerken. Einige Zeit nachdem die Hauptvegetation vorüber war, erschien hier und da ein vereinzeltes Exemplar dieser Art. Meine Untersuchung ergab hier nun einen merkwürdigen Ausnahmefall der Regeneration. Diese Exemplare hatten sich nämlich nicht aus Sporen entwickelt, sondern aus älterem Gewebe, das von der ersten Periode des Pilzerscheinens her nicht abgestorben war und den merkwürdigen wurzelartigen Ansatz au den Stiel zusammensetzt. Über diese merkwürdige wurzelartige Bildung und seine biologische Bedeutung werde ich später eine ausführliche Mitteilung machen, Untersuchungen über die Gattung Öoprinus. 265 die aerobischen Bakterien und Sehimmelpilze ziemlich weit fortge- schritten ist, unter Vermehrung des Ammoniaks und Zerstörung der Amidosäuren, Fettsäuren und Schwefelwasserstoff, welch letzterer zu Schwefelsäure oxydiert wird. Auch Indol und Scatol und die inter- mediär gebildeten Phenole verschwinden allmählich durch Oxydation. Dieser sogenannte reife Mist. ist bekanntlich viel günstiger auch für die Feldfrüchte als der frische. Die letzten Formen der Coprinus- Arten, welche auf dem ausgegorenen Mist erscheinen, haben manches gemein mit den erdbewohnenden Coprinus-Arten, so die dunkle Farbe und Zähigkeit der Gewebe, sowie die unvollständige Verflüssigung. Es zeigte sich auch, daß, wenn typische erdbewohnende Formen auf frischen Mist ausgesäet wurden, sie sich nur entwickelten, wenn die Sporen auf vollständig verrotteten Mist kamen. Es war nun von Interesse, die in der Natur beobachteten Erschei- nungen auch experimentell im Laboratorium hervorzurufen, und deshalb brachte ich in ein großes zylindrisches Gefäß eine ziemlich dicke Schicht frischen Pferde- und Kuhmistes, welche ich trotz der Sporen, welche schon vorhanden sein mochten, noch mit den Sporen derjenigen Arten, welche zu verschiedenen Zeiten auf dem Mist sich zeigen, gut durchmischte. Das Gefäß wurde mit einer Glasplatte bedeckt und zu gleicher Zeit an der Innenseite des Glasgefäßes einige Kugeln von Naphthalin aufgehängt, um etwa vorhandene Keime kleiner Tiere nicht zur Entwicklung kommen zu lassen. Es ergab sich zu meiner Über- raschung, daß hier ebenfalls zuerst Pilobolus, Mucor, Aspergillns er- schienen, dann Coprinus ephemerus und C. ephemeroides, C. niveus, dann C. fimetarius und endlich C. papilleatus, fast die gleiche Reikenfolge wie in der Natur. Die obigen Beobachtungen schienen mir der Erwähnung wert zu sein, obgleich ich nur ganz allgemeine Angaben bringen kann, ohne genauere Einzelheiten über die ganze Erscheinung machen zu können. Möglich ist es auch, daß Temperatur- änderungen im Miste eine gewisse Rolle hierbei spielen. Über die Verilüssigung bei den Coprimus-Arten. Die eigentümlichen Erscheinungen der Verflüssigung des Hufes bei den Coprinus-Arten waren schon oft der Gegenstand von Speku- lationen über ihre physiologische Bedeutung und ihre Ursache. Buller fand, daß diese Verflüssigung mit dem Ausstreuen der Sporen in Be- ziehung steht, und erklärt die Ursache der Erscheinung als eine Art von Selbstverdauung. Da aber noch keine experimentellen Tatsachen den Meinungen Buller’s zugrunde liegen, so habe ich mich ent- 266 James R. Weir, schlossen, die Verhältnisse jener Erscheinung genau zu studieren und meine Beobachtungen und Experimente im Folgenden mitzuteilen, zu- gleich mit anderen Studien über die Enzyme in jenen Pilzen überhaupt. Die Art von Coprinus, welche mir als hauptsächliche Grundlage beim Studium über die Enzyme zugrunde lag, war Coprinus fime- tarius. Bei allen Versuchen, bei welchen eine andere Spezies nicht speziell erwähnt ist, hat dieser Pilz zum Versuch gedient. Bei den- jenigen ‘Versuchen, welche sich auf die Verdauungsenzyme bezogen, wurden Parallelversuche mit Coprinus micaceus angestellt, welche jedoch dieselben Resultate ergaben, wie bei der oben genannten Art. Ge- legentlich wurden auch solche Coprinus-Arten benützt, welche auf dem Boden und auf Holz wachsen, und werden an der betreffenden Stelle erwähnt werden. Solche Versuche waren nötig zum Vergleich, denn es ist ja bekannt, daß die Natur des Substrats, auf welchem ein Pilz wächst, viel zu tun hat mit der Entwicklung gewisser Enzyme, welche das Substrat behufs Ernährung angreifen müssen. Was zunächst die oxydierenden Enzyme betrifft, so ergab die Prüfung auf Lacesse mit Guajaetinktur und mit Guajacol positive Re- sultate, als Schnitte durch den Stiel und Hut mit diesen Reagenzien betupft wurden. Jenes Reagens lieferte eine blaue Färbung, die ein- prozentige Guajacollösung eine rote Farbe. Die Färbung tritt bei beiden Lösungen oft nur in bestimmten Geweben auf, nämlich im Zen- trum des Stieles, oder an der Basis, oder an der Grenze von Hut und Stiel. Es wurde auch versucht, ob beim Befeuchten der Schnitte mit Hydrochinonlösung die Oxydation zu Chinon durch den Geruch wahr- genommen werden könnte. Allein selbst nach einer Stunde zeigte sich nur eine schwache Spur von diesem Geruch, Tyrosinase. Da ein Extrakt aus älteren Hüten von Coprinus allmählich unter dem Einfluß der Luft dunkler wird, schien die Gegen- wart von Tyrosinase wahrscheinlich, jedoch gab der erste Versuch mit jungem Gewebe dieser Pilze beim Befeuchten mit Tyrosinlösung keine dunkle Farbe, ebensowenig der 20°/,ige Alkoholextrakt oder der kon- zentrierte ausgepreßte Saft. Wurden jedoch ältere Hüte, bei denen der Zerfließungsprozeß begonnen hatte, verwendet, so ergab sich auf Zusatz von Tyrosin eine Beschleunigung der Dunkelfärbung. Dieselbe trat ein auf Zusatz von Adrenalin oder Kresol. Daraus kann man wohl auf die Bildung von Tyrosinase, welche ja auch in anderen Pilzen gefunden wurde, schließen, jedoch nur in dem älteren Stadium. Dasselbe Experiment wurde mit Coprinus micaceus mit posi- tivem Resultat. wiederholt. Untersuehungen über die Gattung Coprinus. 267 Peroxydase. Dünne Schnitte durch den Stengel und Hut des Pilzes wurden in einer 50 cem-Flasche mit 1 ccm wässeriger Lösung von Paraphenylendiamin und einigen Tropfen Wasserstoffsuperoxyd befenuchtet. Es stellte sich sofort eine violette Färbung ein, die nach 18 Minuten so dunkel wurde, daß sie fast schwarz erschien. Die Lamellen wurden zuerst gefärbt, viel weniger schnell der Stiel. Der zentrale Teil des Stieles ergab die Färbung viel eher und stärker als die peripheren Schichten, welche sich oft überhaupt nicht färbten. Katalase. Von einem Pilz, der im Stadium der Selbstverflüssigung war, wurde sowohl der Stiel im Gewicht von 0,320 g, als auch der Hut im Gewicht von 0,195 g zerrieben und der ausgedrückte Saft mit einer verdünnten Lösung von Wasserstofisuperoxyd in einem kleinen Kolben mit aufgesetziem Glasrohr zum Messen des entwickelten Gases übergossen. Es ergab sich bei dem Hute, daß nach 5 Minuten unter rapider Gasentwieklung 22 cem Gas entwickelt wurde, und beim darauf- folgenden Schütteln des Glases nach 10 Minuten noch weitere 12,5 ecm. Nach weiteren 10 Minuten blieb die Entwicklung stehen, die Totalmenge des Gases betrug 50,5 ecm. In ähnlicher Weise entwickelte der Stiel- saft in 15 Minuten 30 cem. Der Pilz ist deshalb als ziemlich reich an Katalase anzusprechen. Emulsin. Als Schnitte durch den Hut und Stiel mit einer Lösung von Amygdalin in verdünntem Alkohol befeuchtet wurden, ergab sich schon nach 15 Minuten ein sehr entschiedener Geruch nach Benzaldehyd. Nach 18 Stunden war außer intensivem Geruch dieses Aldehyds auch Blausäuregeruch wahrzunehmen. Hiermit ist zum ersten Male Emulsin in einem mistbewohnenden Pilz nachgewiesen, wo eigent- lich die physiologische Wirkung des Emulsins gar nicht benötigt würde; in holzbewohnenden Pilzen ist ja von Guignard Emulsin nachge- wiesen worden, z. B. in Polyporus-Arten. Bei einem Vergleich von mistbewohnenden Coprinus-Ärten mit einer holzbewohnenden Art fand ich, daß bei letzterer die obige Reaktion auf Emulsin rascher und stärker auftrat, als bei den mistbewohnenden. . Amidase. Für diesen Versuch wurde eine 1°/,ige Lösung von Asparagin benutzt, welches, wie bekannt, leicht eine Amidogruppe in Form von Ammoniak abspaltet. Als nun 2 g von frisch zerriebenem Pilz bei 40° mit jener Lösung einige Zeit digeriert wurde, ergab Nessler’s Reagens nur eine schwache Spur einer Gelbfärbung, welcher jedoch bald eine Reduktion von Quecksilber aus Nessler’s Reagens folgte, eine Erscheinung, welche ja leicht immer eintritt, wenn redu- Flora, DA, 103. 18 268 James R. Weir, zierende Stoffe in der Lösung sind. Offenbar kann, wenn überhaupt, nur von Spuren von Amidase in Coprinus die Rede sein. Diastase. Hier wurde ein Mistbewohner mit einem Erdbewohner und einem Holzbewohner verglichen, wobei sich ergab, daß der mist- bewohnende Coprinus keine Diastase zeigte, wohl aber der erdbe- wohnende ©. mieaceus und C. fimetarius, und der holzbewohnende C. fuscescens. Die Reaktion wurde in der Weise ausgeführt, daß die reifen sich verflüssigenden Hüte fein zerrieben und mit etwas Wasser, unter Zugabe von löslicher Stärke und einigen Tropfen Chloro- form, bei 40° digeriert wurden. Von Zeit zu Zeit wurden einige herausgenommene Tropfen mit Jodtinktur geprüft und mit der ursprüng- lichen Jodreaktion verglichen. Bei den letztgenannten Arten verschwand allmählich diese Jodreaktion, aber bei den mistbewohnenden Arten nicht. Coagulase. Verwandt mit Diastase ist die sogenannte Coagu- lase, wie von Wolf und Fernbach bei Malz und von Buller in Polyporus squamosus beobachtet wurde. Letzterer Autor erhielt einen Extrakt von Fruchtkörpern des Polyporus sguamosus, welcher aus gelöster Stärke den Stärkekleister wieder abschied. Ebenso, fand ich, verhielt sich der Extrakt von Coprinus fimetarius und CO. mica- ceus. Der Extrakt von je 20 g Hut mit 50 cem Wasser wurde in zwei Zylindern verteilt und zu dem einen Zylinder direkt 60 cem einer 50/,igen Lösung von Lintner’s Iöslicher Stärke gesetzt, während der Extrakt des zweiten Zylinders zuerst gekocht wurde, ehe die Stärke- lösung zugesetzt wurde. Es zeigte sich nun, daß nach 24 Stunden in jenem Zylinder ein dicker Niederschlag von Stärkekleister gebildet war, und die überstehende Lösung mit Jod sich violett bis rot färbte, während in dem zweiten Zylinder gar keine Veränderung eingetreten war. Da in dem ersteren Fall sich nach längerer Zeit gar keine Reaktion mit Jod mehr erhalten ließ, nachdem sie zuvor purpurrot ausgefallen war, so liegt hier außer der Wirkung der Coagulase auch die der Diastase vor. Invertase. Es wurden 20 eem eines Hutextraktes zu 40 cem einer 20 %/,igen Lösung von Rohrzucker zugesetzt, während in einem zweiten Versuch der Hutextrakt zuerst gekocht wurde. Als nun nach 24 Stunden Aufenthalt bei 40° in der üblichen Weise mit Fehling’s Lösung ge- prüft wurde, ergab sich die Abwesenheit von reduziertem Zucker in beiden Fällen. Es muß daher geschlossen werden, daß Invertase in einem mistbewohnenden Coprinus nicht enthalten ist. Cytase. Hier wurde nur ein holzbewohnender Coprinus geprüft, nämlich C. fuscescens (Fig. 2), Ich habe bei diesem Pilze genaue Untersuehungen über die Gattung Coprinus. 269 Beobachtungen gemacht, wie sich das Mycel in dem Holze von Ulmus verbreitet, und beobachtet, daß es Löcher durch die Zellwände bohrt. Merkwürdig ist jedoch, daß es nicht gelingt, lebendes Holz mit dem Pilze so zu infizieren, daß er durch das Holz sich verbreiten könnte. Während jene Beobachtung schon den Schluß zuläßt, daß dieses Myeel Enzyme ausscheide, welehe sowohl Zellulose als auch Lignin lösen können, wurde doch ein spezieller Versuch gemacht mit den zerriebenen Fruchtkörpern jenes Pilzes, um so mehr, als sich ergeben hatte, daß das von dem Mycel angegriffene Ulmusholz die bekannte rote Farbe mit Phiorogluein und Salzsäure lieferte. Jene Pilzmasse wurde eine Woche lang mit Glyzerin unter Zusatz von Chloroformwasser extrahiert, und die filtrierte Lösung dann mit dünnen Schnitten Ulmusholz 3 Mo- nate lang stehen gelassen. Es zeigte sich eine sehr deutliche Reaktion init Chlorzinkjod auf Zellulose an den Holzschnitten. Ein Querschnitt zeigte ferner’ ein sehr weit gediehenes Zerfallstadium des Holzes. Nach einigen weiteren Wochen zeigte sich sehr deutlich, daß die Mittel- lamelle gelöst war, so daß die einzelnen Zellen voneinander getrennt erschienen, weshalb auch das Vorkommen der sogenannten Pectinase wahrscheinlich wurde. Pectase. Ein frisch hergestellter Extrakt von reifen Himbeeren wurde mit Alkohol niedergeschlagen und der Niederschlag in etwas warmem Wasser gelöst. Ein Teil dieser Lösung wurde mit frisch her- gestelltem Auszug von Kleeblättern versetzt, in welchen bekanntlich Pectase vorkommt, und in der Tat wurde nach Zusatz von einer kleinen Menge Chlorkalzium nach einigen Stunden ein flockiger Niederschlag erhalten. Nun wurde der andere Teil des Himbeerextraktes mit einem Extrakt eines sich eben verflüssigenden Hutes von Coprinus mieaceus und etwas Chlorkalzium versetzt. Aber selbst nach 2 Tagen wurde keine Koagulation in der Flasche beobachtet. Dasselbe negative Re- sultat wurde auch erhalten, als Extrakte von holzbewohnenden und mistbewohnenden Coprinus-Arten versucht wurden. Es kann daher als sicher gelten, daß in Coprinus-Arten Pectase nicht vorhanden ist. Lipase. Ein Extrakt von Hüten verschiedener Coprinus- Arten wurde in vollständig neutraler Lösung mit Äthylaeetat unter Zusatz von etwas Lackmus längere Zeit bei 30--40° einige Zeit digeriert, aber die Mischung blieb vollständig neutral, so daß also keine Hydro- Iyse des Äthylacetats anzunehmen war. Als jedoch die Methode von Green angewandt wurde, lieferten Coprinus fuscescens und C. Alo- Pecia ein positives Resultat. Beide Arten sind Holzbewohner, mit dem Mistbewohner Coprinus niveus jedoch wurde auch hier ein negatives 18* 270 James R. Weir, Resultat erhalten. Die Methode von Green besteht bekanntlich darin, daß eine Emulsion von etwas Öl mit Gummi arabieum, etwas Wasser und Lackmus bei 40° mit dem zu prüfenden Extrakt einige Zeit dige- riert wird, wobei die Rötung der Mischung auf Lipase deutet. Diese Reaktion wurde besonders stark mit Coprinus atramentarius be- obachtet. Es scheint somit, daß Mistbewohner bei den Coprinus-Arten keine Lipase enthalten, wohl aber die Holzbewohner und auch die Erd- bewohner. Rennetase. Es wurden zu 20 cem ganz frischer Milch 6 cem frischen Extraktes von in Verflüssigung begriffenen Coprinus- Frucht- körpern gefügt, und die Mischung bei 33° gehalten. Bei einem Kon- troilversuch wurde der Extrakt zuerst gekocht. Nach 2 Stunden fand sich die Milch zu einer dicken Masse koaguliert im ersteren Fall, aber nicht im letzteren. Der Versuch wurde wiederholt, wobei jedoch der zerriebene Fruchtkörper nicht von dem Saft getrennt wurde. Hier zeigte es sich, daß schon 10--20 Minuten hinreichten, die Milch voll- ständig zu koagulieren. Es besteht daher kein Zweifel, daß Rennetase in dem Coprinus fimetarius enthalten ist, Prüfung auf Verdauungsenzyme. Die merkwürdige Erscheinung der Verflüssigung von reifen Frucht körpern der Coprinus-Arten deutet auf eine Selbstverdauung hin. Es war jedoch nötig, die Bedingungen für diese Autolyse näher zu er- forschen. Besonders eignete sich zu diesen Versuchen Coprinus fimetarius, der auf Misthaufen oft reichlich anzutreffen ist. Seine Fruchtkörper sind sehr diek und unterliegen einem hohen Grad von Verflüssigung. Für die folgenden Experimente wurden stets in starker Verflüssigung begriffene Fruchtkörper verwendet, welehe zerkleinert und ausgepreßt wurden. 50 g Fruchtkörper mit Zusatz von etwas Wasser geben genügende Menge Extrakt für ein Experiment. Der von den Sporen durch Filtratien befreite Extrakt war von mäßig saurer Reaktion. Um die Wirkung dieses Extraktes auf verschiedene Teile des Stieles zu beobachten, wurde zunächst der Stiel eines sehr jungen Fruchtkörpers verwendet, und zwar wurden kleine Teile von der Basis und der Spitze desselben aus dem inneren Gewebe des Stieles mit 20 cem des eben erwähnten Fruchtkörperextraktes in mehreren Probe- röhren bei 38° digeriert. Ein Teil der Proberöhren blieb bei Zimmer- temperatur stehen. Nach 24 Stunden ergab sich in keinem Falle irgend mg ana men Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 371 welche Wirkung auf diese Stielteilchen. Es läßt sich wohl daraus der Schluß ziehen, daß Stiele in diesem jungen Stadium sich wesentlich unterscheiden in chemischer oder physikalischer Hinsicht von dem Ge- webe der sich verflüssigenden Hüte. . Zweiter Versuch. Der oben erwähnte Hutextrakt wurde in vier Proberöhren verteilt. In Nr. 1 wurde er mit kohlensaurem Natron genau neutralisiert, zu Nr. 2 wurde soviel kohlensaures Natron zu- gesetzt, daß eine schwach alkalische Reaktion erhalten wurde. Zu Nr. 3 wurde eine sehr kleine Menge von Salzsäure gesetzt, während Nr. 4 keinen weiteren Zusatz erhielt. Alle Proben erhielten etwas Toluol zu den Lösungen zugesetzt. Nun wurde ein viel älterer Stiel als beim vorigen Versuch ausgewählt und zwar in einem Stadium, in welchem der zentrale Teil sich von den Randpartien unterscheidet durch seine Zusammensetzung aus feinen, dünnen Hyphen. Sowohl Längs- als Querschnitte dieses Stieles wurden in jene Lösungen gebracht und bei 38° 24 Stunden digeriert. Die mikroskopische Untersuchung ergab nun das interessante Resultat, daß in Nr. 4 die feinen Hyphen der Zentralzone (Fig. 1) sehr stark angegriffen waren. Bei den Längs- sehnitten durch den dicksten Teil des Stieles ergab sich, daß die zwei seitlichen Regionen von stärkerem Gewebe vollständig voneinander ge- trennt wurden durch die Auflösung des zentralen Teiles. Es zeigt sich also, daß die zarte und protoplasmareiche Zentralzone, welche als . Leitbahn für die Nährstoffe dient und jetzt ziemlich alt und erschöpft war, durch den Extrakt des zerfließenden Hutes angegriffen wurde, Ferner ergibt sich, daß der Saft in seinem natürlichen Zustand ohne weiteren Zusatz von Soda oder Salzsäure am besten gewirkt hat, Es blieb num weiter zu untersuchen, wie sich das periphere Gewebe des Stieles in einem anderen Entwieklungsstadium zu jenem Extrakt ver- halten würde. Dritter Versuch. Es wurden 50 g von Fruchtkörpern im Verflüssigungszustand zerdrückt, mit 150 cem destillierten Wassers an- gerührt und 1 Stunde lang stehen gelassen. Diese Masse wurde num nicht filtriert wie bei den vorigen Versuchen, sondern als Ganzes ver- wendet zu folgenden Versuchen, bei welchen Längs- und Querscbnitte von einem Stiel eingelegt wurden, welcher infolge weiterer Entwicklung schon hohl geworden war und zwar lange nach der letzten Streckung. Diese Schnitte wurden in etwas Leinwand eingebunden, damit sie wieder aus der breiigen Masse leicht herausgefunden werden konnten. In kleine konische Flaschen kamen je 20 cem jener Mischung und zwar wurden zu 10 solcher Flaschen verschiedene Zusätze gemacht: 272 James R. Weir, Nr. 1 kein Zusatz, Nr. 2 neutralisiert mit Soda, Nr. 3 0,5®/, Soda, N. ih „ N.d 2 » Nr. 6 5% u Nr. 7 0,5%, Salzsäure, Nr.8 1%, " Nr. 9 2% » Nr. 10 5%, R Sämtliche Mischungen blieben bei 40° 30 Stunden stehen, worauf die mikroskopische Untersuchung folgende Resultate ergab: In Nr. 1 und 2 war eine erhebliche Einwirkung auf das Material zu konstatieren, in den anderen Flaschen mit 0,5 bis 5°, Soda war keine Einwirkung zu beobachten. Ferner war bei den Salzsäure enthaltenden Flaschen bloß in Nr. 7 mit 0,5%), Säure eine Wirkung zu sehen und zwar in einer sehr unvollkommenen Art. Die beste Wirkung war bei Nr. 1 zu beobachten, also da, wo der Saft seine natürliche saure Beschaffen- heit bewahrt hatte, Die Schnitte waren in eine breiförmige Masse ver- wandelt, in welcher die alten zelligen Elemente überhaupt nicht mehr zu unterscheiden waren. Es zeigt sich hier, daß diese Stielteile aus zwei verschiedenen Substanzen, einer verdaulichen und unverdaulichen, bestehen. In dem Stiel ist somit eine Substanz enthalten, welche im Hut sich nicht findet, da sie der Verflüssigung widersteht. Um hier- über weitere Beobachtungen zu maehen, wurden sowohl ganz junge als auch sehr alte Stiele mit sich verflüssigenden Hüten bei Zimmer- temperatur in direkte Berührung gebracht und beobachtet, daß der junge Stiel intakt blieb, während der alte unter den gleichen Um- ständen an der Berührungsstelle weit verändert wurde, so daß nur eine formlose schleimige Masse an dieser Stelle des Stieles zu sehen war. Die nicht vom Hut bedeekten Stellen des älteren Stieles waren dabei vollständig intakt geblieben. Der Grund, warım der Stiel der Verflässigung nicht unterliegt, obgleich das Trama von derselben Be- schaffenbeit ist als die Zentralzone des Stieles, ist darin zu suchen, daß diese Zentralzene bei der Sporenbildung im Hut bereits alle ihre Nährstoffe abgegeben und ihr Protoplasma verloren hat. Deswegen können in dem Stiel auch gar keine Enzyme für die Verflüssigung 8% bildet werden zur Zeit, wenn diese verdauenden Enzyme reichlich in dem Hut entstehen. Es mag noch darauf hingewiesen werden, daß schon vor der Sporenbildung eine protoplasmareiche Zellschieht aus Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 273 gebildet wird an der Grenze von Stiel und Hut und daß diese Aus- bildung schon einen großen Teil des protoplasmareichen Zentralstranges des Stieles verbraucht, so daß zuletzt — auch durch später zu be- sprechende Streckungen im Stiel — eine Höhlung im Zentrum entsteht. Von besonderem Interesse ist, daß jenes neue an der Spitze des Stieles sich ausbildende Nährgewebe schließlich auch rasch durch die eigenen Enzyme aufgelöst wird, sobald die Sporen reif sind. Ein weiterer Grund, warum der Stiel nicht verflüssigt wird, trotzdem er in Kontakt mit dem sich verflüssigenden Hute ist, ist darin zu suchen, daß nach der Verflüssigung sofort Vertrocknung der Masse eintritt. Bloß bei sehr feuchtem Wetter kommt es zum Abfallen der verflüssigten Masse in Tropfen. Es kommt in der Natur zu gar keinem direkten Kontakt der sich verflüssigenden Hutmasse mit den Geweben des Stieles in hinreichender Quantität, so daß ein Angriff auf die angreifbaren Stellen des Stieles stattfinden könnte. Nur hier und da findet man eine gewisse Lockerung der Gewebe, wenn ein Tropfen jener Flüssigkeit mit dem Gewebe des Stieles einige Zeit in Berährung war. Es ist von großer biologischer Bedeutung für diese Pilze, daß der Stiel nicht verflüssigt wird, und es ergibt sich hier eine Verwirk- lichung eines sehr schönen Mechanismus von Sporenentleerung. Es ist also von wesentlichem Interesse, daß, wie obige Versuche gezeigt haben, der natürliche Saft des Hutes ein Enzym enthält, weiches durch Alkalisierung der Lösung oder stärkeren Zusatz von Säure leicht unwirksam gemacht wird, und daß es am besten in seinem natürlichen Zustand wirkt. Dieses Enzym wird nur in einem gewissen Stadium der Entwicklung gebildet), in ganz jungen Fruchtkörpern ist es nicht enthalten, andererseits werden auch junge Stiele durch das Enzym von älteren Fruchtkörpern nicht angegriffen. Während wir bis jetzt nur die Wirkungen des verflüssigenden Enzyms auf den Stiel in verschiedenen Stadien beschrieben haben, wollen wir jetzt auch die Wirkung jenes Enzyms auf den Hut in den verschiedenen Stadien der Entwicklung beschreiben. Es ergab sich da bei im wesentlichen, daß die Lamellen des Hutes im jungen Stadium nicht von den Enzymen der alten Hüte angegriffen werden. Es ist ein bestimmtes Alter und Protoplasmazustand nötig, damit die Ver- Rüssigung eintreten kann, sowohl in dem natürlichen Zustand als bei unseren Versuchen mit dem Extrakt der sich verfüüssigenden Hüte. 1) Weitere ähnliche Versuche mit jungen Hüten zeigten, daß dieselben keine Spur eines die Lamellen. verfiüssigenden Enzyms enthalten. 274 James R. Weir, Bei meinen Versuchen mit dem Safte der sich verflüssigendeu Frucht- körper, welchen ich auf die Lamellen derselben Art in verschiedenen Stadien der Entwicklung wirken ließ, ergab sich stets, daß die Ver- flüssigung dieser Lamellen nur dann eintrat, wenn sie nahe dem Stadium waren, wo ihre Selbstverdauung ohnehin eingetreten wäre. Um den unmittelbaren Zusammenhang der Enzymproduktion mit dem Akt der Verflüssigung zu erkennen, wurde folgender Versuch gemacht: Ein Fruchtkörper, welcher soeben angefangen hatte sich zu verflüssigen, wurde bei 25° in verdünntem Alkohol von 30°/, oder Aceton längere Zeit gehalten. Es ergab sich, daß mit der Tötung des Protoplasmas der Zellen auch die Verflüssigung unterblieb, daß also jede Zelle sich sofort verflüssigen wird, sobald sie anfängt, das Enzym zu produzieren. In einem Kontrollversuch, in dem ebenselche Fracht- . körper bei Abwesenheit von Alkohol beobachtet wurden, zeigte sich vollständige Verdauung und Verflüssigung in ungefähr 12 Stunden. Daß bei obigem Experiment nicht etwa ein bereits vorhandenes Enzym durch Alkohol oder Aceton ‘bei 25° verändert worden war, ergab ein fernerer Kontroliversuch. Der Extrakt, der unter solchen Bedingungen erhalten wurde, wirkte mit Leichtigkeit auf Wittepepton unter Produktion von Tryptophan. Weitere Beobachtungen zeigten, daß ein beträchtlicher Unterschied in der Resistenz der verschiedenen Gewebe gegen das verflüssigende Enzym im Fruchtkörper existiert, was dürch das folgende Experiment außer Zweifel gestellt wurde. Größere Mengen von Coprinus-Hüten wurden unter aseptischen Bedingungen der Verflüssigung überlassen, bis die Masse einen beträchtlichen Flüssigkeitsgrad zeigte. Nach einem Tag wurde die Masse dann verdünnt und näher untersucht auf die nicht verflüssigenden Anteile. Die Sporen lagerten sich zuerst unten ab, während die Oberhaut des Hutes in einzelne Fetzen zerspalten war mit Ausnahme des zentralen Teiles, welcher eine dickere Schicht dar- stellt als die peripheren Anteile der Oberhaut. Die Substanz der La- mellen war vollständig verschwunden. Es ist in dieser Beziehung auch noch darauf aufmerksam zu machen, daß in der Natur bei dem allmäh- lichen Kürzerwerden der Lamellen durch Verflüssigung sich die zuge- hörige Oberhaut aufrollit und in einzelnen Fetzen nach den Seiten hängt. Doch sieht man öfters auch eine allmähliche Verflüssigung der ganzen Oberhaut samt dem zentralen Gipfel; diese Erscheinung hängt nicht nur von gewissen Arten ab, sondern auch von großer Feuchtig- keit der Umgebung, welche es gestattet, daß ein Tropfen der ver- flüssigten Masse längere Zeit mit dem Gipfel in Kontakt ist, Über Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 275 den Unterschied im chemischen Verhalten von Lamellen und Oberhaut werden später noch einige Bemerkungen folgen. Autolyse des Hutes. Zunächst überzeugte ich mich, daß die Hüte sehr reich an Eiweiß- stoffen sind, indem der Saft von reifen, zerdrückten Hüten, welche mit Wasser einige Zeit digeriert waren, ein Filtrat lieferten, welches mit starkem Alkohol einen flockigen Niederschlag lieferte, der die allgemeinen cha- rakteristischen Reaktionen auf Eiweißstoffe zeigte. Um die Selhstver- dauung näher kennen zu lernen, wurden 30 g von Hüten, welche Rein- kulturen von Coprinus niveus entnommen waren und eben angefangen hatten, eine dunkle Färbung anzunehmen, in eine Flasche gebracht zugleich mit einem kleinen offenen Toluolfläschehen und bei 35° gehalten. Nach 6 Stunden war die ganze Masse verflüssigt, und nach dem Aus- waschen blieb bloß 1 g feuchtes Material zurück. In allen Versuchen, bei welchen verflüssigende Hüte unter aseptischen Bedingungen in kleinen’ Flaschen bei 35° gehalten wurden, verbreitete sich die Ver- flüssigung nur bis zu dem Punkt, an dem der Stiel befestigt war, oder bis dahin, wo noch lebende Zellen vorhanden waren. Segmente von reifen Hüten, welche auf antiseptischem Fließpapier in einem Dessikator mit den Lamellen nach oben belassen wurden, erlitten vollständige Autolyse, so daß schließlich nur eine dünne, häutige Schicht zurück blieb. Es hat sich bei sämtlichen Versuchen, welche unter vollständig sterilen Bedingungen ausgeführt wurden (d. h. bei Verwendung eines Materials, das aus Reinkultaren stammte), herausgestellt, daß Bakterien niemals an der Verflüssigung einen Anteil haben und daß diese Ver- flüssigung eine echte Autolyse ist, welche durch die eigenen Enzyme bewirkt wird. Ferner hat sich ergeben, daß solche Arten, welche in Natur sich nur schwierig selbst verflüssigen, doch bei Kultur unter günstigen Bedingungen sich leicht verflüssigen können, was ohne Zweifel auf einen gewissen nötigen Feuchtigkeitszustand zurückzu- führen ist. . Bei dem folgenden Versuch wurde Coprinus radiatus, ein Erdbewohner, verwendet und zunächst der Extrakt auf eine Verände- rung durch Selbstverdauung untersucht. Von 137 g wurde mit Zu- fügung von etwas Wasser 140 cem Saft gewonnen. 70 cem dieses Saftes wurden gekocht, um durch Koagulation die gelösten Eiweiß- körper abzuscheiden. Der Niederschlag wurde abfiltriert und im luft- trockenen Zustand gewogen; er wog 0,15 g. Die andere Hälfte wurde unter aseptischen Bedingungen bei 38° 40 Stunden gelassen, dann 276 : James R. Weir, gekocht und der geringe Niederschlag ebenfalls gewogen; er betrug nur 0,02 g. Es waren also 86,6%, des vorhandenen Eiweißes verdaut worden. Ferner ließ ich 70 cem jenes Extraktes auf 0,2 g Fibrin 40 Stun- den lang einwirken, die Flüssigkeit wurde dann verdampft und mit starkem Alkohol versetzt. Dieser Niederschlag war in Wasser löslich, und diese Lösung, mit Ammoniumsulfat gesättigt, gab einen Nieder- schlag von 0,1 g Albumose. Das Filtrat von diesem Niederschlag wurde mit Phosphorwolframsäure versetzt und erwärmt, wobei ein ge- ringer Niederschlag von Pepton erhalten wurde, der 0,02 g wog. In- teressant ist es, daß bei Verlängerung der Verdauungszeit auf 2 Tage nieht nur die Albumose und das Pepton vollständig verschwanden, sondern auch der ursprüngliche Eiweißkörper in dem Saft und daß lediglich Amidosäuren und Hexonbasen als weitere Verdauungsprodukte nachzuweisen waren‘), Die Biuretreaktion wurde nicht mehr erhalten, dagegen eine intensive Reaktion auf Tyrosin mit Millons reagenz und auf Tryptophan mit Chlorwasser. Es verdient erwähnt zu werden, daß trotz der Verflüssigung des Hutes der ausgepreßte Saft unmittelbar nachher auf Tryptophan ge- prüft, keine Reaktion darauf ergab. Vergleichende Experimente haben mir gezeigt, daß Zusätze von 0,1—0,15%, Salzsäure die Wirkung des proteolytischen Enzyms vollständig aufhoben, daß ferner Zusätze von 1°/, Soda und weniger den Prozeß verlangsamten, aber 2%, Soda den- selben vollständig aufhoben. Es ergab sich hier, was sich schon bei den früheren obigen Experimenten herausstellte, daß das verflüs- sigende Enzym am besten mit der natürlichen Azidität des Saftes wirksam ist. Daß das Enzym auch Gelatine verflüssigen kann, ergab sich schon bei Versuchen, diese Pilze auf Gelatineplatten zu kultivieren. Es wurden ferner verschiedene Teile von Hut und Stiel auf Gelatineplatten gelegt und unter aseptischen Bedingungen beobachtet. Es ergab sich hierbei, daß die Fruchtkörper um so energischer verflüssigend auf die Gelatine wirkten, je älter dieselben waren, daß ferner ganz junge Ge- webe des Stieles unwirksam blieben. Diese Unterschiede gingen voll- ständig parallel mit den Reaktionen auf oxydierende Enzyme. Versuch mit Kasein. Es wurden 5 g reifen Fruchtkörpers zerdrückt und mit etwas Wasser einige Stunden digeriert, sodann die D) Es geht hieraus hervor, daß jener Saft weit mehr Protein verdauen kann, als in ihm schon vorhanden war. Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 377 Flüssigkeit filtriert. Diese Flüssigkeit, welche noch keine Reaktion auf Tryptophan gab, lieferte diese Reaktion nach 18 Stunden Digestion mit Kaseinlösung, welche hergestellt wurde, indem etwas Kasein und Soda zu einer 1%,igen Lösung gelöst wurde. Ein Kontrollversuch mit ge- kochtem Saft gab diese Reaktion nicht. Während ferner in ersterem Fall bei der Kaseinverdauung durch Neutralisation mit sehr verdünnter Essigsäure bloß ein sehr schwacher Niederschlag erzielt wurde, erschien in letzterem Fall hierbei ein ziemlich starker Niederschlag von unver- dautem Kasein. Da bei einem zweiten: Versuch das gleiche Resultat erhalten wurde, so folgt, daß das proteolytische Enzym des Frucht- körpers auch Kasein peptonisieren kann. Ein Versuch mit Wittepepton in 1°/,iger Lösung, welches, wie gewöhnlich, reich an Albumosen war und mit Ferrocyankalium und Essigsäure einen starken Niederschlag lieferte, zeigte diese Reaktion nicht mehr, wenn mit etwas zerriebenem Fruchtkörper bei 40° 18 Stunden digeriert wurde. Es war nun von Interesse, zu sehen, ob auch die Peptonisierung der Albumosen in Wittepepton durch Zusatz von geringen Mengen Salzsäure oder Soda beeinflußt würde. Es wurde deshalb zu 30 cem konzentrierten Hutextraktes 1 g Wittepepton zugesetzt und zu einer Probe 1°/, Soda, zu einer zweiten 1°/, Salzsäure, eine dritte diente zur Kontrolle ohne Zusatz, während eine vierte den vorher gekochten Saft enthielt. Nach ungefähr 40 Stunden bei 38° zeigte das schwach- gelbliche Filtrat: eine starke Tryptophanreaktion bei derjenigen Probe, die keinen Zusatz erhalten hatte, eine schwache Reaktion, wo 1°/, Soda zugesetzt war, ferner keine Reaktion bei der Salzsäure enthaltenden Probe und der Probe mit gekochtem Saft. Bei einem zweiten Versuch wurde die Salzsäuremenge vermindert auf 0,5 und 0,8°/,, während die Sodamenge auf 2 und 2,5°/, erhöht wurde. Es ergab sich, daß 0,5 %/, Salzsäure noch eine schwache Eiweißspaltung ermöglichte; denn es wurde noch eine schwache Tryptophanreaktion erhalten, während 0,8%, Salzsäure schon die verdauende Wirkung vollständig aufhob. Die Probe mit 2°/, Soda gab nur eine sehr schwache Tryptophanreaktion, während die mit 2,5°%/, gar keine mehr gab, Selbstverständlich wurden auch hier wieder Kontrollversuche gemacht mit den unteren Teilen der Fruchtkörper, welche der Autolyse überlassen wurden unter aseptischen Bedingungen. Hier war die Tryptophanreaktion weit schwächer als in denjenigen Proben, denen Wittepepton zugesetzt war. Selbstverständ- \ich ist die Tryptophanreaktion nur ein Zeichen der weiteren Verdauung 278 James R. Weir, der zunächst gebildeten Peptone, aber kein Maß für die bereits statt- gefundene Peptonbildung aus Albumosen. Solche vergleichende Versuche wurden auch mit Fibrin ausgeführt. Zu 40 cem des Extraktes wurde in Nr. 1 nichts weiter zugesetzt, in Nr. 2 0,2 g Fibrin, Nr. 8 erhielt weiteren Zusatz von 0,1°/, Salzsäure, Nr. 4 0,5%), Salzsäure, Nr. 5 0,5%, Soda, Nr. 6 1°/, Soda, Nr. 7 er- hielt gekochten Extrakt mit ebensoviel Fibrin. Sämtliche Proben wurden 40 Stunden bei 38° gehalten, worauf die Fibrinmischung ohne weiteren Zusatz eine sehr intensive Tryptophanreaktion gab, aber nur eine sehr schwache, wo 0,1°/, Salzsäure zugesetzt war, und bei 0,5%, Soda. Sehr schwach war sie in der Probe ohne Fibrinzusatz, gar nicht trat sie auf, wo 0,5°%/, Salzsäure und wo 1°/, Soda zugesetzt war, ebenso- wenig wie bei der Probe mit dem gekochten Saft. Paraliel mit der Tryptophanreaktion ging die Biuretreaktion '), welche nur in Nr. 2 sehr stark erhalten wurde. Es mag noch erwähnt werden, daß in einer Menge von 50 cem filtrierten Saftes 0,2 g Fibrin in 24 Stunden vollständig verschwunden waren. Nach Vines extrahiert eine 2°/,ige Lösung von Kochsalz mehr verdauendes Enzym als bloßes Wasser, was ich vollständig bestätigt fand, als ich solche Extrakte auf Wittepepton und Fibrin wirken ließ. Nach 30 Stunden Digestion bei 38° ergab sich aus den angestellten Tryptophanreaktionen, daß dieselben weit intensiver erhalten wurden in den Proben mit dem Kochsalzextrakt als in den Proben mit dem Wasserextrakt. Es nahm ferner fast zweimal soviel Chiorwasser, um die Tryptophanreaktion in ersterem Falle wieder zu zerstören als im Jetzteren Falle, ferner ergab sich bei diesem Vergleich noch, daß Wittepepton in der angegebenen Zeit eine weit. stärkere Tryptophan- reaktion lieferte als Fibrin. Ein zweites Experiment bestätigte die Resultate des ersten. Es zeigie sich in diesem, daß schon nach 7 Stunden eine Tryptophanreaktion bei Anwendung von Fibrin erhalten wurde, und daß der Kochsalzextrakt mehr verdauendes Enzym durch diese Reaktion erkennen ließ als der Wasserextrakt. Vines hat ferner beobachtet, daß ein schnell hergestellter und sehr verdünnter Wasser- Pilzeztrakt von Agaricus campestris nur auf Wiftepepton verdauend wirkte und nicht auf Fibrin, während ein konzentrierterer und durch längere Digestion erhaltener Extrakt auch auf Fibrin wirkte. Dieser Versuch zeigt, daß das Pepton zerspaltende Enzym oder Erepsin 3) Mit dem ursprünglichen Saft wurde diese Reaktion nicht erhalten. Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 279 schneller extrahiert wird als die eigentliche Peptase, welche die echten Eiweißkörper in Albumosen und Pepton verwandelt. Vines fand ferner, daß ein Kochsalzextrakt, schneli hergestellt, sowohl auf Fibrin als auf Wittepepton verdauend wirkte, daß also Kochsalz die Extraktion von Peptase befördert. Da ich beobachtet hatte, daß ein mit 20 %/,igem Alkohol herge- “ stellter Extrakt keine verdauende Wirkung auf Fibrin ausübte, so ver- mutete ich, daß vielleicht durch verdünnten Alkohol man wohl das Erepsin, aber nicht die Peptase extrahieren könne, und stellte deshalb viele Versuche an, um die Bedingungen zu finden, unter denen durch Alkohol von einer gewissen Verdünnung jene beiden Enzyme getrennt werden könnten. Es zeigte sich zunächst, daß ein Extrakt mit 60°%/,igem Alkohol hergestellt und bei niederer Temperatur verdunstet, völlig wirkungslos sowohl auf Wittepepton als auch auf Fibrin war. Wurde dagegen 30°%/,iger Alkohol angewendet — 50 g Fruchikörper mit 150 cem — so ergab sich, daß die ursprünglich keine Tryptophan- reaktion gebende Lösung doch dieselbe sehr stark gab, als Wittepepton bei 38° längere Zeit damit digeriert wurde, während bei Digestion mit Fibrin dieses ungelöst blieb und hier auch die Tryptophanreaktion aus- blieb. Es ergibt sich also, daß Erepsin leicht mit 30 %,igem Alkohol extrahiert werden kann, Peptase aber nicht. Wird nun das mit 30 bis 35 /,igem Alkohol zweimal extrahierte Material mit Wasser extrahiert, so zeigt sich eine stark verdauende Wirkung auf Fibrin, während Witte- pepton nicht angegriffen wurde. ‘ Bei einem weiteren Versuch wurden 60 g Fruchtkörper einen Tag lang mit 60°%/,igem Alkohol in Berührung gelassen, wobei kein Proteolptisches Enzym extrahiert wurde. Nun wurde die Masse mit 35°/,igem Alkohol extrahiert und der Extrakt bei niederer Temperatur verdunstet. Es ergab sich eine Wirkung auf Wittepepton, aber nicht auf Fibrin. Die Masse wurde nun mit Wasser rasch extrahiert, und mit dem Extrakt eine Wirkung anf Wittepepton, aber nicht auf Fibrin konstatiert. Nun wurde zum zweiten Male mit Wasser extrahiert; dieser Extrakt verdaute sehr energisch Fibrin, hatte aber kaum eine Wirkung mehr auf Wittepepton, soweit Tryptophanbildung in Betracht kommt. Es wurde noch ein Versuch gemacht, ob durch Sättigung mit Ammo- niumsulfat aus dem Safte der Fruchtkörper ’) die Enzyme gefällt werden DE mag noch erwähnt werden, daß zerfließende Hüte einen Extrakt lieferten, welcher sowohl mit Phosphorwolftamsäure nach Zusatz von otwaa Schwefel- säure, als auch mit Mercurinitrat starke Niederschläge lieferte, was sowohl auf 280 James R. Weir, könnten. In der Tat wurde ein starker, flockiger Niederschlag erhalten, dieser ergab, 3 Tage der Dialyse unterworfen, dann auf verdauende Wirkungen geprüft, daß wohl Wittepepton, aber nicht Fibrin ange- griffen wurde. Chitingehalt bei Coprinus. Um die Sporen auf Chitin zu prüfen, wurde genau nach Wisse- ling’s Methode verfahren und die Sporen von Coprinus fimetarius zu- nächst mit konzentrierter Kalilauge auf 160° erhitzt. Nach Waschen mit Alkohol und schließlich mit Wasser wurde mit Jodlösung und dann mit mäßig starker Schwefelsäure geprüft, wobei die Wand der Sporen sofort eine schöne violette Farbe annahm, welche in einigen Fällen so stark war, daß sie fast schwarz erschienen. Statt Erhitzen mit Ätz- kali auf 160°, reicht auch ein längerer Kontakt mit Kali bei gewöhn- licher Temperatur aus; die so behandelten Sporen wurden leicht in starker Schwefelsäure gelöst, etwas langsamer in 3 %/,iger Essigsäure. Ich habe die Sporen von sieben verschiedenen Coprinus-Arten geprüft und keinen Anhaltspunkt für die Gegenwart eines anderen Körpers als Chitin in der Sporenmembran dabei wahrgenommen. Nur die schwarze Farbe der Sporenwandung kam hier noch in Betracht. Diese konnte weder mit Ammoniak noch mit verdünntem Kali extrahiert werden, wohl aber mit starken Alkalien und starken Mineralsäuren, wobei die Farb- substanz offenbar etwas verändert wurde. Die Lösung in starkem Al- kali gab einen braunen Niederschlag bei Neutralisation, die Lösung in starker Salzsäure nahm eine violette Farbe an. Die Lösung in kon- zentrierter Schwefelsäure lieferte auf Zusatz von Wasser einen Nieder- schlag. Es scheint, daß der dunkle Farbstoff der Coprinus-Sporen verschieden ist von demjenigen anderer Sporen, soweit bis jetzt Be- obachtungen vorliegen. Die biologische Bedeutung der schwarzen Farbe ist wohl darin zu suchen, daß diese Sporen resistent sind gegen direktes Sonnenlicht, welchem farblose Sporen verschiedener Piüze sehr bald erliegen. Bei der Untersuchung von Schnitten durch den Stiel auf Chitin ergab sich ein großer Unterschied zwischen dem inneren zentralen Gewebe und den peripherischen Schichten. Letztere gaben eine viel stärkere Chitinreaktion als erstere. Besondere Erwähnung verdient, daß die Milchgefäße, welche bei späterer Gelegenheit beschrieben werden, Peptone, als auch auf Hexonbasen und Amidosäuren deutet. Nach längerem Stehen der eingeflickten, nach Fleischextrakt riechenden Extrakte ließen sich feine Nadeln erkennen, weiche Tyrosin zu sein schienen. Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 281 eine besonders starke Chitinreaktion lieferten. Es wurden ferner ein- zelne Hyphen vom zentralen und peripheren Teile in bezug auf die Chitinreaktion verglichen und auch hier beim peripheren Teile ein stärkere Reaktion erhalten. Dies kann jedoch nur teilweise auf der diekeren Zellmembran beruhen, wahrscheinlich werden verschiedene Be- gleitstoffe mit daran Schuld tragen. Immerhin ist der Chitingehalt der peripheren Zone im allgemeinen weit bedeutender als der Chitingehalt der zentralen Zone. Was den Hut anbelangt, so zeigten hier Längs- und Querschnitte eine sehr entschiedene Differenzierung im Chitingehalt. Die dickwan- digen Zellen der Oberhaut lieferten eine sehr starke Chitinreaktion, ungefähr ebenso stark als das mechanische Gewebe des Stieles, Quer- schnitte ergaben einen großen Kontrast in der Reaktion der äußeren Haut und dem Gewebe der Lamellen. Letztere färbten sich nur gelb- liehbraun, was möglicherweise darauf beruht, daß die Chitinreaktion durch einen anderen Körper verdeckt wird. Diese Vermutung wird sehr wahrscheinlich dadurch, daß bei langdauernder Einwirkung von starker Kalilauge die Lamellen eine deutlichere Reaktion auf Chitin geben als anfangs, immerhin aber nur schwach, so daß man unbedingt schließen muß, daß die Hauptmasse der Membranensubstanz aus etwas anderem als Chitin besteht. Ich vermute, daß hier besondere, Protein ähnliche Stoffe eine Rolle spielen, weil sieh die Lamellen auch am leichtesten verflüssigen). Erwähnenswert ist noch meine Wahr- nehmung, daß die Lamellen sich sofort und leicht in starker Schwefel- säure auflösen, aber nicht das Gewebe des Stiels und der Oberhaut. Die Prüfung auf Zellulose nach Wisseling’s Methode lieferte mit keinem Teil des Pilzes positive Resultate. Es mögen vielleicht statt Zellulose die sogenannten Hemizellulosen eine Rolle in den Pilz- membranen spielen. Aber in kleinen mikroskopischen Schnitten können diese Substanzen nicht leicht nachgewiesen werden. Was die mineralischen Bestandteile der Coprinus- Arten betrifft, so ist zunächst zu erwähnen, daß Coprinus fimetarius in trockenem Zustand 14,71°/, Asche lieferte, und zwar Stiel und Hut zusammen- genommen. Ferner ergab sich, daß alte Pilze etwas reicher an Mine- ralstoff wären als junge, ferner, daß das Substrat, auf dem die Pilze 1) Es mag hier noch angeführt werden, daß nach Extraktion der Protein- stoffe durch längere Digestion mit verdünntem Kali der ausgewaschene Rückstand beim Kochen mit konzentrierter Kalilauge eins starke Ammoniakentwicklung lieferte, ob diese dem Chitin oder besonderen, schwerer extrahierbaren Proteinstoffen zuzu- schreiben ist, gedenke ich später weiter zu prüfen. 282 James R. Weir, wuchsen, einen großen Einfluß auf den Prozentsatz an Mineralstoffen hat; die erdbewohnenden Formen zeigten einen höheren Aschengehalt als die mistbewohnenden Formen. Was den Wassergehalt betrifft, so wurde derselbe im Hut zu 93 %/, bestimmt; viel hängt auch hier natür- lich von dem Entwieklungsstadium des Pilzes ab. Ich habe auch die Wasserfropfen, welche aus dem Pilz in gewissem Entwicklungsstadium aus Stiel und Hut hervortreten, auf einen Gehalt an Enzymen unter- sucht, aber dieselben darin nicht gefunden, Der Prozentsatz an Kiesel- säure ist am größten in den erdbewohnenden Formen; bei Coprinus atramentarius wurde der Prozentsatz daran zu 5,98°/, bestimmt. Es verdient noch bemerkt zu werden, daß der mit 20 %/,igem Alkohol hergestellte Fruchtkörperextrakt bei längerem Stehen schöne Kristalle absetzt, welche sich bei der Untersuchung als Magnesium- Ammonium-Phosphat erwiesen. Bei mehreren Arten, welche auf verschiedenen Substraten gedeihen, gelang es mir, im ganzen 18 verschiedene Enzyme: Laccase, Tyrosinase, Peroxydase, Catalase, Emulsin, Diastase, Ooagulase, Cytase, Pectinase, Lipase, Rennetase, Peptase und Ereptase nachzuweisen, in Zusammen- hang mit der Beschaffenheit des Substrates; für Peptase und Invertase erhielt ich negative Ergebnisse, die Änwesenheit von Amidase scheint zweifelhaft zu sein. Regeneration. Die obigen Untersuchungen haben gezeigt, daß der Fruchtkörper von Coprini in seinen Geweben stärkere Differenzierungen aufweist, als man eigentlich erwarten würde, wenn man die kurze Dauer seiner Existenz und seine allgemeine Entwicklung betrachtet. Es schien inter- essant, zu untersuchen, welchen Einfluß diese Differenzierung der Ge- webe und die entsprechenden Verschiedenheiten in chemischer Hinsicht auf die Vorgänge bei der Regeneration und auf die allgemeinen Lebens- erscheinungen besitzen. Die bekannten Arbeiten von Brefeld über Coprinus stereorarius und Copxinus ephemerus haben gezeigt, daß im allgemeinen jede einzelne Zelle von Hut und Stiel die Fähigkeit besitzt, einen ganzen Frucht- körper neu zu bilden, doch wurde nie die Abhängigkeit der Regenerations- erscheinung von der geweblichen Differenzierung eingehender beobachtet. Meine eigenen Untersuchungen haben nun ergeben, daß derartige Be- ziehungen offenbar in ziemlich ausgedehntem Maße bestehen; sie wurden zumeist an Coprinus niveus ausgeführt, der sich hierzu sehr geeignet erwies, Mn VE tele, Zt Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 283 Die Gewebe, welche wir, wenn wir vom Hute absehen, bei Co- prini antreffen, sind im jungen Stiel dreierlei: in der Mitte eine Zone locker verwobener Hyphen, dann ein Mantel normal verwobener Hyphen und endlich außen eine Randschiekt aus mechanischen Ge- weben und Zellen mit stark verdichten Wänden bestehend (Fig. 1). Die Zentralzone geht kurz vor der Reife des Hutes zugrunde, und zwar wird sie, wie schon Brefeld gezeigt hat, zerrissen infolge der stärkeren Streckung der äußeren Zonen, welchen die Zentralzone nieht mehr folgen kann; ihre Reste verbleiben nachher noch als dünne, dem Hohlraum anliegende Schicht, der auf diese Weise in der Mitte des Stieles entsteht; meist reicht dieser Hohlraum nicht ganz bis zur Basis des Stieles herab. ’ " Verschiedene Fruchtkörper wurden nun halbiert und auf sterili- siertes Eiltrierpapier in Petrischalen gelegt; schon am folgenden Tage ersehienen Anzeichen von Myzelbildung auf der Schnittoberfläche und in 5 oder 6 Tagen zeigten sich Fruchtkörper mit ausgewachsenem Hut, zwei in einem Fall, sechs in einem andern. Die Fruchtkörper wurden in größerer Zahl vom Stiel gebil- det als vom Hut, auch war die Schnitt- oberfläche mehr produktiv als die nicht verletzten Teile. Die neuen Frucht- körper wurden fast stets zuerst vom zentralen Teil des Stieles oder Hutes ge- ug 1. Coprinus niveus, Längs- bildet. In einem Falle wurde eine Reihe schnitt „durch gen „Sue, j mis kleiner Anlagen vom zentralen Gewebe ne noigend, des geteilten Stieles gebildet, später er- schienen zwei und drei Fruchtkörper an den äußeren Partien. Im obigen Versuch waren die Fruchtkörper im dem Entwicklungsstadium, in dem eine zentrale Zone sehr deutlich die ganze Länge des Stieles durchläuft. An sehr jungen Fruchtkörpern, an denen eine Unterseheidung zwischen Hut und Stiel noch schwer ist, tritt diese Lokalisierung der Regeneration nieht so deutlich hervor, da die Gewebe noch nieht so stark differenziert sind und die ganze Fruchtanlage mehr oder weniger gleichen protoplasmatischen Inhalt führt. Das zeigte sieh an gefärbten Sehnitten, d.h. es war in den Anlagen von Stielen die Färbung eine gleichmäßige durch das homogene Gewobe, während später eine zentrale Zone gebildet wird. Jeder junge Fruchtkörper zeigt einen diehten pro- toplasmatischen Inhalt in den Teilen, welche die Lamellen bilden, nach ı9 Fiora, Bd. 108. 284 James R. Weir, gefärbten Schnitten zu schließen; auch das folgende Experiment deutet darauf hin. Verschiedene junge Fruchtkörperanlagen, an welchen mit bloßem Auge weder Stiel noch Hut unterschieden werden konnte, dagegen an gefärbten Schnitten eine Häufung des Plasmas in den die Lamellen bildenden Teilen sich zeigte, wurden sorgfältig halbiert und auf steriles feuchtes Fließpapier gelegt. Drei der sechs Hälften regenerierten, ohne daß jedoch eine Lokalisation der Regeneration zu sehen war in den Ge- weben, welche später den Stiel bilden. Eine Untersuchung mit der Lupe ergab, daß kleine Punkte an verschiedenen Stellen des basalen Teiles der halbierten Anlagen sich gebildet hatten — offenbar waren diese Punkte neue Fruchtkörperanlagen, aber die als Ausgangsmaterial dienen- den Anlagen waren selbst noch zu jung, um eine Regeneration am Leben zu erhalten und es ist zu verwundern, daß sie überkaupt regenierierten. Was den oberen Teil der Anlage betrifft, der dem Hute entspricht, so zeigte er gleichfalls Regeneration und in gewissem Grade auch Lokali- sation derselben, die Neubildungen traten nämlich zuerst an den Stellen auf, welche später die Lamellen bilden. Anscheinend hängt die Rege- neration vom protoplasmatischen Inhalt und der Ernährung der betreifen- den Gewebe ab. In späteren Stadien sind die verschiedenen Funktionen angepaßten Gewebe stark differenziert und diese Differenzierung äußert sich auch darin, daß sie sich verschieden verhalten bezüglich der Re- generation. Diese Tatsachen gehen aus den folgenden zahlreichen Ver- suchen hervor. In älteren Stadien, bei ausgesproehener Differenzierung in Hut und Stiel, besitzt der zentrale Teil des Stieles eine größere Regenerations- fähigkeit als die übrigen Teile des Stiel. Die Gewebepartien rings um die Zentralzone sind gleichfalls kräftig bez. der Regeneration, aber nieht in dem Maße wie die Zentralzone während ihrer Existenz, wie aus der Tatsache hervorgeht, daß eine Regeneration meist aus den Geweben der Zentralzone erscheint. Nach dem Verschwinden dieser Zone besitzt das sie umgebende Gewebe die beste Regenerationsfähigkeit. Es wurde auch beobachtet, daß an älteren Früchten, lange nachdem die Höklung im Stiel gebildet war und der Teil, welcher den Hohlraum umgab, keinen reichen protoplasmatischen Inhalt mehr führte, die Regeneration dann zuerst einsetzte an der Außenkante der halbierten Fruchtkörper oder an der äußeren unverletzten Seite des Stieles. Es scheint somit wahr- scheinlich, daß der Protoplasmainhalt der Zellen im Stiel sieh ändert mit dem Wachstum, welches von innen nach außen fortschreitet während der Entwicklung des Hates. Wie später gezeigt werden soll, Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 285 wird der alte Stiel in den letzten Stadien mehr oder weniger in seinen äußeren Teilen verjüngt durch neue Hyphen, welche zwischen den alten Zellen von unten aufwachsen. Dies mag die gute Regenerationsfähigkeit eines alten Stieles verursachen. Es liegt die Annahme nahe, daß die innere Zone regenerationsfähiger ist, da sie offenbar größere Mengen Nährmaterial enthält und ihre Gewebe in direktem Zusammenhang stehen mit der basalen oder zentralen Gewebemasse, welche den Frucht- körper überhaupt bildet. Wenn später die Zentralzone durch Bildung des Hutes erschöpft ist, rückt die Regenerationsfähigkeit ganz nach außen hin, während diese Teile vorher im Vergleieh zur Zentralzone nur schwach Tegenerieren. In allen Versuchen, wo Teile von Fruchtkörpern verwendet wurden, war die Regeneration, in der am Schlusse Stiel und Hut gebildet wurden, ganz normal; Sporenreife wurde in diesen vorläufigen Versuchen erlangt durch Kultur auf sterilem Filtrierpapier, das mit sterilisiertem Mistextrakt gesättigt wurde. In einem Falle wurden auf einem halben Stiel und Hut vier Frucht- körper gebildet, drei wurden entfernt und der Zurückbleibende erzeugte Sporen, ohne daß Myzelbildung auftrat und auf dem Nährboden wucherte. Die so gebildeten Sporen schienen an Zahl stets hinter denen normaler Hüte von gleicher Größe zurückzubleiben. Ohne Zweifel hat der Um- stand, daß einzelne Hüte nicht zur Sporenreife gelangten, eine Ursache in dem Mangel an genügender Steffmenge im alten Gewebe. Versuch I, Als Nährboden diente sterilisierter Mist, er wurde in Petrischalen ausgelegt und von Zeit zu Zeit mit: sterilem Mistextrakt angefeuchtet. Teile von Fruchtkörpern aus sterilen Kulturen — Hut und Stiel waren gebildet — wurden halbiert, Teile von Hüten von der Verbindungs- stelle von. Stiel und Hut bis zur Spitze entzweigeschnitten, ferner Stücke mit Lamellen aus weiter unten befindliehen Teilen verschiedener Ent- wieklungsstadien, Teile desselben Fruchtkörpers mit Basis, Mitte und Spitze usw. Diese Gewebeteile wurden in den oben beschriebenen Petri- schalen ausgelegt und bei Laboratoriumstemperatur gehalten. Es zeigte sieh eine starke Neigung zur Regeneration gemäß dem Zustande der Gewebe, welche von den Fruchtkörpern genommen worden waren bei kräftigem Wachstum, und in Berührung mit einem Nährboden, der die Gewebe mehr oder weniger durehdrang, so daß, wenn die Gewebe zu zegenerieren beginnen, sie in guten Wachstumsbedingungen gehalten wurden, Es wurde dafür gesorgt, daß das Substrat nicht zu feucht wurde, da in diesem Falle die Gewebe braun werden und absterben. Auch findet daun nur vegetatives Wachstum statt ohne Bildung von Fruchtkörpern, ı19* 286 James R. Weir, letzteres bei fast allen Pilzen. Wie bei anderen einleitenden Versuchen waren auch hier mehr Fruchtkörper auf der Schnittfläche gebildet, als auf den unverletzten Teilen. An alten Stielen dagegen war dies nicht der Fall; solche, bei denen schon eine Höhlung gebildet war, regenerierten zuerst immer aus den die Höhlung umgebenden Partien, später erschienen Fruehtkörper auf dem Rande der Schnittoberfläche und dann traten sie auch auf den äußeren Partien auf. Ein Stiel mit intakter Zentral- zone erzeugte eine Reihe junger Fruchtkörperanlagen von der Basis bis zur Spitze an der Berührungsstelle mit dem Hute. Sie erschienen zu- erst an der Basis in kleinen Klumpen und erreichten beträchtliche Größe, bevor an anderen Stellen irgendwelche auftraten; bald darauf jedoch zeigten sich kleine weiße Punkte an allen Stellen der Zentralzone, so daß die größten an der Basis, die kleinsten an dem entgegengesetzten Ende standen; in diesem Entwicklungsstadium liegt also die größte Re- generationsfähigkeit in der Zentralzone des Stieles, und zwar an der Basis (dies wird noch in anderem Zusammenhang erwähnt werden). Die Regeneration von Hutteilen zeigte nicht so große Lokalisation wie Stiel- teile, doch schienen Fruchtkörper ganz allgemein über der ganzen Ober- fläche der ausgelegten Lamellen zu erscheinen mit einer Bevorzugung der Stellen, wo die Lamellen an den Stiel angrenzen. Dies tritt desto deutlieher hervor, je älter der Stiel ist; auch am Rande der Lamellen treten sie oft auf. . Der Grund dafür, daß hier die Regeneration reichlicher stattfindet, kegt darin, daß nach Absorption der in der Zentralzone befindlichen Nährstoffe und Bildung der Höhlung an der Berührungsstelle von Hut und Stiel eine zweite Regien starken Wachstums zu entstehen scheint, aus welcher das Trama bei der Bildung seiner Gewebe unterstützt wird; die diese Region bildenden Gewebe können deutlich verfolgt werden in die Lamellen hinein, welche das Trama bilden. Es liegt also in-dem Zeit- punkt, in dem die Höhlung entsteht, der Teil, welcher am meisten rege- nexiert, im Hute an der Berührung von Hut und Stiel. Halbierte Hüte dieses Alters regenerierten immer zuerst hier, dann erscheinen weitere Fruchtkörperchen an anderen Teilen der Lamellen, besonders an den vorspringenden Ecken. Bevor die Basidien Sterigmen gebildet haben, also in einem noch weniger differenzierten Stadium, scheinen alle Teile der Lamellen gleiche Regenerationsfähigkeit zu besitzen, da Frucht- körper überall erschienen auf der Oberfläche der Lamellenränder von ausgelegten Lamellen an der Länge nach halbierten Hüten. Um zu be- stimmen, in welchem speziellen Teil der Lamellen die Regeneration ihren Ursprung nahm, wurden junge Hüte quer halbiert und auf Mist- Tr Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 287 substrat ausgelegt. Da auch der Stiel durehschnitten wurde und er die Zentralzone noch besaß, nahmen die jungen Fruchtkörper ihren Ursprung immer aus der Zentralzone des durchsehnittenen Stieles, so daß die Er- scheinung auftrat, welche Brefeld beschreibt an einem Pilz mit zwei Hüten und einem Stiel dazwischen. Als die quer durehschnittenen La- mellen regeneriert hatten, wurde der Hut sorgfältig entfernt und mit dem Mikrotom geschnitten; es zeigte sich, daß die Regeneration aus Tramazellen entstand; später beteiligten sich auch die anderen Hymenium- zellen daran durch Bildung neuer Hyphen, Daß Basidien und Paraphysen, bevor sie Sporen erzeugt haben, fähig sind, neue Hyphen zu bilden, geht aus der Tatsache hervor, daß ein kleiner Teil einer Lamelle, in einem Tropfen von Nährlösung aufge- hängt, Hyphen erzeugte aus der Spitze der Basidien und Paraphysen. In keinem Versuche beobachtete ich einen Fall, in dem die Regeneration zuerst aus den Hymeniumzellen entstand (Basidien, Zystiden, Para- Physen); das starke Wachstum schien von den tiefer liegenden Schichten des Tramas auszugehen. Ferner ließ sieh auch nicht ein Fall beobachten, in dem die Regeneration aus den Zellen der Oberhaut des Hutes begann; solche Zellen halfen später dureh Bildung von Hyphen nach. An sehr jungen Hüten, welche noch wenig differenziert waren, oder an Frucht- körpern, welehe noch nicht deutlich in Hut und Stiel getrennt waren, traten die Regenerationen ganz gleichmäßig auf der Oberfläche des Fruchtkörpers auf (siehe oben). - Die Bildung einer Höhlung im Stiele findet bei mehreren Coprinus- arten sehr frühe statt, und manche Beobachter haben offenbar die Tat- sache ganz übersehen, daß in einer bestimmten Zeit eine Zentralzone existiert. So lange sie erhalten bleibt, ist sie der Ort, an dem zuerst Re- generate auftreten. Wenn sie zerstört, entfernt oder am Rande der Höhlung zur Seite gedrückt wird, indem Zellen der äußeren Partien sich verlängern, bleiben ihre Zellen doch noch im Umkreis der Höhlung be- stehen. Man kann dies deutlich aus Querschnitten durch den Stiel in diesem Alter sehen (Fig. 1). Diese Zellen scheinen noch immer genügend Protoplasma zu besitzen, um auch nach der Bildung eines Hohlraumes eine Zeitlang bei geeigneten Bedingungen regenerieren zu können. Derartige Stiele, welche schon einen Hohlraum besaßen, wurden längs geteilt, sie erzeugten Fruchtkörper immer zuerst aus diesem Teil. Die jungen Regenerationsprodukte erschienen stets an der Oberfläche der Höhlung, bevor an anderen Stellen irgendwelche auftraten; später erschienen Fruchtkörper am äußeren Rande der Schnittoberfläche, wo 288 James R. Weir, sie aus den kleinen Zellen der Stieloberfläche entstanden. Auch hier war stets die Basis am meisten regenerationsfähig. Versuch IL Junge kräftig wachsende Fruchtkörper wurden aus verschiedenen Kulturen ausgewählt, nachdem sie Stiel und Hut gebildet hatten. Letzterer wurde entfernt, nach 24 Stunden erschienen bereits kleine weiße Punkte, die ersten Regenerationsprodukte, genau in der Mitte des Stielstumpfes (Fig. 3), sie entwiekelten sich weiter und bildeten allmählich Hüte von normalem Aussehen; zwei unter sechs gelangten bis zur Sporenreife. Die Regeneration ging ganz auffallend schneil vor sich. Besonders eine Kultur, welche sehr reichlich Fruchtkörper bildete, bot gute Ge- legenheit, die Regeneration weggeschnittener Hüte weiter zu verfolgen. In allen Fällen, wo die Zentralzone intakt war, entstanden nach Entfernung des Hutes die ersten Regenerationsprodukte; sie erschienen an der Zentralzone als kleine weiße Punkte, welche allmählich größer und dieker wurden unter Mitwirkung der seitlichen die Zentralzone um- gebenden Gewebe. Ein Tangentialsehnitt durch den alten Stiel mit dem regenerierten Hut lehrt, daß das Wundgewebe (welches immer zuerst auf der Schnittfläche entsteht), von der Schnittfläche aus die Basis des neuen Hutes rings umwächst, und nicht aus den Geweben des regene- rierten Hutes kommt, sondern aus den Teilen, welche seitlieh der Zentral- zone anliegen; erst, später treffen sie mit den Hyphen des neuen Stieles zusammen. Das Wundgewebe wächst weiter um die Basis des neuen Stieles herum, während der neue Stiel und Hut größer werden; es er- scheint sehr frühzeitig, wenn die Basis der Zentralzone erst einen kleinen Punkt regereriert hat. Die transversale Lage dieser Hyphen quer über der Schnittfläche tritt auf Schnitten sehr klar hervor. Offenbar ist die Wachstumsenergie der seitlichen Teile aber nicht so stark wie die der Zentralzone, da die Hyphen der Zentralzone immer einen neuen Hut zu bilden anfangen; so lange die Zentralzone intakt ist, beginnt hier die Regeneration. Weiterhin wurde, so lange die Zentralzone erhalten blieb, auch ein Stiel ebenso leicht regeneriert, wenn er weggeschnitten wurde dicht unter der Grenze von Hut und Stiel, als dann, wenn er kürzer abgeschnitten wurde und nur ein kleiner Stumpf erhalten blieb; doch wurde er hier schneller regeneriert. Etwas ältere Fruchtkörper mit hohlen Stielen regenerierten bei Entfernung des Hutes gleichfalls aus der Mitte; eine Prüfung von gefärbten Schnitten zeigte, daß die Regeneration aus den die Höhlung umgebenden Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 289 Geweben begann, die Hyphen wuchsen nach der Mitte hin, bis sie sich trafen und dann im Zentrum der Schnittoberfläche erschienen, so daß das gleiche Bild zustande kam, wie bei intakter Zentralzone (Fig. 1). Versuch IIL Über das die Höhlung umgebende Gewebe. Der kleine Punkt von Hyphen, welche aus der Zentralzene sich entwickeln, wurde getötet durch Verbrennen mit heißer Nadelspitze. Die ganze protoplasmareiche Zentralzone ging zugrunde unter Zurück- Iassung der peripheren Teile, welche becherförmig auf dem Sukstrat stehen blieben, an der Spitze offen. Die erste Anlage eines neuen Frucht- körpers entwiekelte sich im inneren Raum dieses Bechers an der Basis der Höhlung und zwar unmittelbar aus deren äußersten Schichten; in gleicher Weise erschien ein anderer Fruchtkörprer am oberen Ende des äußeren Randes des Stieles. Das normale Wundgewebe wurde an der Schnittfläche des alten Stieles gebildet. Ein fertig gebildeter Hut: wurde vom Stiel weggesehnitten, der auf natürlichem Substrat zurückblieb. Die mittlere sich entwiekelnde Neu- anlage wurde zerstört. Zwei Fruchtkörper traten nun auf. Der eine war mehr zentral gelegen als der andere, obwohl sicherlich beide von den seitlichen, die Höhlung umgebenden Partien ernährt wurden. Der Fruechtkörper, welcher der Mitte mehr genähert war, wurde durch Hyphen ernährt, welche reichen protoplasmatischen Inhalt führten, und sich in Schnitten dunkler färbten. Nachdem diese zweite Serie von Frucht- körpern beträchtliche Größe erlangt hatte, d. i. wenn Hut und Stiel ge- bildet waren, wurden die Hüte entfernt dureh einen Schnitt, so daß zwei Stiele auf dem einen alten zurüekblieben. Die Schnittfläche des einen sekundären Stieles regenerierte nicht mehr; nur sehr wenige Hyphen traten zu einem kleinen Punkte zusammen. An der Schnittfläche bildete sich wie gewöhnlich Wundgewebe aus. Der andere Stiel erzeugte den charakteristischen Punkt von beginnender Regeneration aus der Zentral- zone. Der rudimentäre Fruchtkörper erreichte fast normale Größe, bildete einen wohlgeformten Hut und Lamellen. Versuch IV. Über die Fähigkeit: des Stieles aus unverletzten Teilen zu regenerieren. Aus allen obigen Versuchen geht hervor, daß eine starke Ver- schiedenheit der Regenerationsfähigkeit in den verschiedenen Teilen besteht. Es wurde ein verhältnismäßig junger Pilz ausgewählt, der einen Hut gebildet hatte, Der ganze Hut und ein Teil des Stieles wurde mit einer dieken Schicht Gips bedeckt, der das Wachstum an dieser Stelle 290 James R. Weir, hemmte. Daß die zarten Gewebe eines jungen Coprinus unter starkem Druck stehen, geht aus einer großen Zahl von Beispielen hervor, in denen die Kraft hineinreichte, um eine Gipskappe von ansehnlicher ‚Dicke zu sprengen. Nach 4 Tagen erschienen zwei ‘kleine Nenanlagen an der Stielbasis. Anstatt normale Form anzunehmen, waren sie gestreckt, in- dem sie fingerförmigen Fruchtkörpern glichen, die im Dunkeln ge- wachsen sind. Diese Fruchtkörper erreichten nie richtige Größe, wahrscheinlich hätten sie auch nie Sporen erzeugt; wahrscheinlich war ihre Ernährung Fig. 2, Coprinus fuscescens, auf Fig. 3. Coprinus niveus. Längssehnitt durch TUlmus. den zentralen Teil des Stieles, mit Regeneration. unzureiehend. Schnitte zeigten die normale Differenzierung des Hutes. Am meisten Interesse verdient das Ergebnis, daß es anscheinend schwer fällt, eine Regeneration aus den Seiten eines Stieles zu erzwingen, und daß an der Basis des Stieles ein Gewebepolster auftrat, das dicht mit Protoplasma gefüllt war. Dieses Gewebe stand in Zusammenhang mit der Stielbasis und war materiell nicht zu unterscheiden von deren Ge- weben, außer daß die Hyphen mehr oder weniger unregelmäßig und ge- dreht waren. Die zwei Fruchtkörper wurden aus diesem Gewebepolster gebildet und nieht direkt aus den Hyphen des Stieles, Es liefen Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 291 keine Hyphen von dem alten Stiel in die jungen Fruchtkörper, ob- wohl der ganze alte Stiel und die jungen Anlagen in engem Ge- webezusammenhang standen. Es wird der basale Teil zur Bildung der Gewebsmassen angeregt, aus welchem wiederum neue Frucht- körper entstehen. Diese stellen offenbar eine seitliche Sprossung dar, da es unwahrscheinlich ist, daß die Zentralzone sich hieran hätte beteiligen können, selbst wenn sie noch existiert hätte; außerdem besteht in den basalen Teilen keine solche Differenzierung in Zentrum und Rand. Es scheint, daß die Gewebe der äußeren Partien eines Stieles, speziell an der Basis, die Fähigkeit zu regenerieren erlangen können, ohne ver- letzt zu werden, sofern die Entwicklung darüber verhindert wird. Versuch V. Ein kräftiger, gesund aussehender Pilz wurde, zu- gleich mit dem Stück Mist, auf dem er gewachsen war, isoliert und in einem feuchten Raume aufgestellt, Der Mist blieb auf sterilisiertem Filtrierpapier, das mit: Mistextrakt gesättigt wurde. Der Hut wurde entfernt, und um eine Neuentwicklung auf der Schnittfläche zu verhindern, wurde diese eingegipst. Das Ergebnis war fast das gleiche wie in den vorigen Versuchen, nur daß hier beide neu- gebildete Fruehtkörper groß wurden und ganz normal Lamellen bildeten mit Basidien. Die Fruchtkörper entstanden gleichfalls an der Basis des Stieles aus einer Gewebemasse, welche sich auf der Unterseite des ge- krümmten Stieles (also an der Konvexseite) entwickelte. Sie standen . übereinander und der untere der beiden war fast eine genaue Fortsetzung des alten Mutterstieles. Eine andere merkwürdige Regeneration war die Bildung eines kleinen völlig entwickelten Fruchtkörpers aus den Geweben der Außenseite des alten Stieles in der Mitte zwischen Basis und Sehnitt- fläche. Er entstand offenbar aus peripheren Hyphen des alten Stieles, da der ganze Pilz isoliert war und er somit nicht aus fremdem Myzel stammen konnte. Diese Neubildung hatte sich dem alten Stiel fest an- gedrückt und die umgebenden Gewebe waren dicht gefärbt, ein Zeichen, daß der Einfluß der Regeneration sich hier, wenn auch schwach, geltend machte. Aus den obigen Resultaten scheint hervorzugehen, daß Coprinus uiveus schwach aus den äußeren Stielgeweben regenerieren kann, leicht aber aus den basalen Teilen, In jungen Stadien färbten sieh diese Stellen auch mit Guajaktinktur, was auf reicheren fehalt von Nährstoffen hin- deutet. (Eine Erscheinung, welche ich an ausgelegten Teilen des Stieles be- obachtete). Bei Hemmung des Wachstums an der Spitze entsteht ein Callüs an der Basis, der keine Differenzierung besitzt, aber leicht regeneriert und Zwar war dies meist an der Stelle, wo der Stiel mit dem ursprünglichen Sub- strat in Berührung staud. Obwohl dies auch an anderer Stelle besprochen 292 James R. Weir, wird, möchte ich hier auch auf die Tatsache hinweisen, daß der Zustand der Basis mit seinem Callus ein Mittel für die Verjüngung des Stieles liefert, indem von hier Hyphen zwischen den alten Zellen emporwachsen; diese Hyphen sind auf Quersehnitten als kleine Zellen zwischen den großen Zellen der alten Hyphen zu erkennen. Versuch VI. Der Stiel eines kräftig wachsenden Fruchtkörpers wurde nach der Entfernung des Hutes eingegipst. Neue Fruchtkörper erschienen an der Basis des Stieles innerhalb von 4 Tagen. Eine Unter- snehung zeigte, daß sie in Verbindung standen mit dem Mutterstiel an dessen äußerster Basis. i Die Fruchtkörper (drei nach der Zahl) hatten beträchtliche Größe erlangt, einer hatte auch einen Hut gebildet, bevor irgendwie weiteres Wachstum stattfand; kurz nachher erschien aber ein Klumpen von kleinen Fruchtkörpern ganz hoch am Stiele und durch Entfernung der anderen erreichte er ansehnliche Größe mit Bildung eines Hutes. Gefärbte Schnitte dureh. den Stiel zeigten, daß die Fruchtkörper aus den äußersten Zellen des Stieles entstanden, welche zum Wachstum veranlaßt wurden durch das Myzel, das aus den basalen Teilen teils an der Außenseite, teils zwischen dem seitlichen Gewebe emporwuchs. Die großen Fruchtkörper an der Basis des Mutterstieles entstanden natürlich aus dem basalen Callus. Man kann demnach nicht sagen, daß die Regeneration an der Spitze aus dieser entstand, sondern sie wurde von unten her angeregt. Versuch VII. Es wurde schon bemerkt, daß bei den Versuchen mit Stielen in allen Fällen (Regeneration auf der Schnittlläche, auf oberen Partien usw.) immer zwischen den großen Hyphen der seitlichen Teile eine sehr große Zahl kleiner Hiyphen vorhanden war, welche häufig die ursprünglichen Hyphen des Stieles völlig umhüllen und bedecken. Es fragte sich, woher diese sekundären Hyphen stammen; entstehen sie aus den großen Hyphen oder kommen sie von unten, indem sie zwisehen den großen Zellen emporwachsen, wie vorher angenommen ? Es wurde versucht, ob eine reichlichere Regeneration erhalten werden konnte aus den seitlichen Geweben des Stieles, wenn man ihn unverletzt ließ, den Hut mit Gips bedeekte und den Stiel dieht über dem Substrat abschnitt, so daß nur die unteren Partien des Stieles aus dem Gips hervortraten. Der so, behandelte Fruchtkörper begann zuerst auf dem inneren Teil der Oberfläche, d. h. der Zentralzone des Stieles zu regenerieren, durch beständiges Entfernen dieser Neubildungen aber er- schienen allmählich Fruchtkörper gleichmäßig über der ganzen Ober- Häche des Stieles. Es waren zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder entstanden diese Regenerate aus Hyphen, welche unmittelbar aus den | | Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 293 Zellen der Oberfläche kamen oder aus Hyphen, welche sich an der Sehnitt- oberfläche nieht weiter entwickeln konnten und zwischen den Stielzellen emporwachsend entweder in Fruchtkörper auswuchsen oder die Zellen dieser Teile zur Regeneration veranlaßten. Ein junger Fruchtkörper mit Hut wurde also wie oben behandelt, an der Basis abgeschnitten und das basale Ende eingegipst, so daß Mantelform entstand Da keine Ent- wieklung möglich war am basalen Ende, dachte ich an eine Regeneration aus den nieht bedeckten seitlichen Teilen, welcher nach früherer Unter- suchung viel weniger kleine, mit Plasma erfüllte dazwischen wachsende Hyphen enthält. Zwei kleine Anlagen von Fruchtkörpern entwickelten sich am basalen Ende, ohne jedoch riehtige Größe zu erlangen, obwohl der Hut schon unterschieden werden konnte. Schnitte durch den Stiel zeigten, daß die kleinen Hyphen, welche zwischen den äußeren Hyphen emporwuchsen, diesen Fruchtanlagen ihren Ursprung gaben. Der Versuch zeigt, daß es sehr wohl möglich ist, daß diese kleinen dazwischen wachsenden Hyphen viel bei der Regeneration an älteren Stielen mitwirken, nachdem die Höhlung im Stiel gebildet ist. Coprinus- Arten, welehe kein reiches System sekundärer Hyphen entwickeln, wie Coprinus fusceseens, zeigen nur schwache oder gar keine Regenerations- fähigkeit, j . Versuch VIII Ich möchte zu den vorigen Versuchen noch nach- tragen, daß sich zuerst neue Fruchtkörper immer an der Basis bildeten. Da die zuletzt besprochene Regeneration aus oberen Teilen dureh die von unten aufwachsenden Hyphen verursacht sein kann, auch im letzten Versuch sehr schwach war und nur im basalen Teil des eingegipsten Stieles erschien, so schien es von Interesse zu sein, zu untersuchen, welche Rolle diese sekundären Hyphen bei Regenerationserscheinungen überhaupt spielen. Zwei junge Fruchtkörper mit kräftigem Wachstum und fertigen Hüten, welche auf sterilisierien Kulturen gewachsen waren, wurden ausgewählt; Hut und oberer Teil des Stieles des einen wurde fest einge- gipst. Der Hut des anderen wurde entfernt und der zurückbleibende Stiel gleichfalls in Gips eingeschlossen, auch an einem anderen wurde der Hut weggesehnitten an seinem unteren Rand und die Schnittfläche eingegipst. Die drei so behandelten Stiele ließ ich auf dem Nährboden 3 Tage sich entwickeln, nach Ablauf dieser Zeit zeigte sich keinerlei Regeneration. Die Stiele wurden nun dieht über dem Mist abgeschnitten und dann umgekehrt, mit den Gipskappen im Substrat, ausgelegt. Zu- gleich wurden zwei andere Fruchtkörper von anscheinend gleichem Alter wie die ersten vom Substrat abgeschnitten, Hut und oberer Teil des 294 James R. Weir, Stieles eingegipst und die zwei Stiele umgekehrt mit den drei anderen ausgelegt. Nach kurzer Zeit (3 Tagen) begannen drei Stiele zu re- generieren (an allen fünf war die Schnittfläche mit Gips bedeckt worden) und die kleinen Neuanlagen erschienen in großer Zahl als Haufen auf der Oberfläche, so daß der alte braune Stiel weiß erschien. Der Stiel mit entferntem Hute regenerierte reichlicher, als die beiden anderen. Die beiden anderen Stiele, deren Hüte nicht mit Gips bedeckt worden waren, erzeugten zu dieser Zeit keinen einzigen Fruchtkörper, 2 Tage später aber erschienen zwei kleine Neubildungen auf dem einen und einige Punkte auf dem anderen. Ich präparierte nun, um einem Faulen zuvorzukommen, die Pilze zu Mikrotomschnitten. Die Stiele der drei Pilze, welche auf ihrem Substrat belassen wurden, waren ganz voll von feinen Hyphen zwischen denen des alten Stiels, wobei die alten Hyphen.oft völlig von ihnen verdeckt wurden; es war stets zu erkennen, daß diese Hyphen von unten stammten. In sehr wenigen Fällen gaben. offenbar Stielzellen den sekundären Hyphen ihren Ursprung. Das Wachstum wurde manchmal an der Außenseite zum Teil, in einigen Fällen sogar gänzlich verdeckt, indem ein Gewebemantel diese Teile umhüllte; aus diesem Hyphensystem entstanden die Regenerate des Stieles. Auf Schnitten durch die jungen Fruchtkörper zeigte sich, daß sie nur eine Fortsetzung dieser Hyphen waren und man konnte leicht die allgemeine Richtung der Hyphen sehen, welche zur Fruchtkörperbildung zusammentreten. Eine ähnliche Untersuchung der zwei Stiele, welche einfach ab- geschnitten und umgekehrt worden waren, ergab das interessante Er- gebnis, daß nur sehr wenige zwischengewachsene Hyphen zu sehen waren. Es zeigte sich allgemein, daß Stiele von frischem Material, welche nieht am Wachstum behindert wurden, sondern normal sich entwickelten, nur sehr wenige dieser sekundären Hyphen besaßen, und es scheint, daß von diesen eben die Regeneration von Fruchtkörpern ausgeht. An alten normalen Stielen ist der Mangel sekundärer Hyphen die Ursache ihrer schwachen Regenerationsfähigkeit, während Stiele mit sekundären Hyphen sehr leicht regenerieren. Schnitte durch normale Stiele zeigen zwar kleine sekundäre Hyphen, doch stets in größerer Menge an der Basis, . so daß auch ihre Entstehung von unten her wahrscheinlich ist. Versuch IX, welcher bestimmen soll, wie weit die an der Stiel- basis gebildete Gewebemasse regenerieren kann. In allen Versuchen, in denen eine Entwieklung an der Spitze ver- kindert wurde, trat Regeneration an der Basis des Stieles ein und es Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 295 hatte sich ergeben, daß die Neubildungen aus plasmareichen Hyphen bestanden, welche ringsum und im Zusammenhang mit dem Stiel sich gebildet hatten. (Diese Hyphenmassen fehlen bei normalen Frucht- körpern.) Eine Untersuchung der Ursache dieser Hyphenbildung schien interessant zu sein und auch darauf hinzuweisen, daß es vielleicht mög- lich wäre, diese Art zur Bildung eines sklerotiumähnlichen Körpers zu veranlassen. Ein kräftig wachsender Fruchtkörper wurde ausgewählt, der Hut abgeschnitten und die Schnittfläche eingegipst; am. dritten Tage erschien ein junger Fruchtkörper an der Stielbasis; er wurde getötet, ein anderer zeigte sich bald darauf und wurde wieder entfernt. Am fünften Tage wurde alles getötet, geschnitten und gefärbt. Die mikroskopische Unter- suchung zeigte, daß wie gewöhnlich das Callusgewebe gebildet war, aus dem die beiden jungen Fruchtkörper stammten. Die Hemmung der beiden jungen Anlagen schien das bereits große Callusgewebe weiter gereizt zu haben und die Hyphen entwickelten sich in allen Richtungen von der zentralen Masse aus, besonders auf der Konvexseite des alten Stieles, weleher sich krümmte, oder an der Callusseite, wo der erste Fruehtkörper gebildet war. Die Hyphen verbanden eine ganz große Masse des Substrates zu Knollen und entwickelten sich allmählich in einer einzigen Wachstumslinie; schließlich entstand ein fingerähnliches Gebilde, das eine Gewebedifferenzierung zu besitzen schien, nämlich das innere Gewebe des Callus, das bei einer Färbung infolge seines großen Plasmagehaltes sieh tiefer färbte, und die Hyphen der Außenseite, Daß nach der Zerstörung des zweiten Fruchtkörpers keine weiteren mehr gebildet wurden, hatte aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Grund in dem erschöpften Zustande des Callus, so daß eine Zeit der Ruhe ein- treten mußte. Diese Versuche scheinen darauf hinzuweisen, daß bei dieser Art eine Region starker Bildungsfähigkeit vorhanden ist, eine Region mit mangeln- der Differenzierung, die dazu dient, die Basis des Stieles zu verjüngen, indem sie an die oberen Partien neue Hyphen liefert; wird weiter oben das Wachstum gehemmt, so bildet: dieses Gewebe an der Basis einen Callus, der einem Sklerotium gleicht und hohe produktive Kraft besitzt. Es stellt dies ein wichtiges Schutzmittel bei Verletzung dar (Fig. 4). Wenn bei derartigen Versuchen eine Kultur austrocknete, so waren die Stümpfe der Stiele doch stets imstande, zu regenerieren, sowie neuer Mistextrakt zuzugeben und für die nötige Wärme gesorgt wurde. In der Natur kommt es oft vor, daß der ganze Fruchtkörper zerstört und von Tieren gefressen wird und nur die Basis stehen 298 James R. Weir, bleibt; in solchen Fällen ist die hohe Regenerationsfähigkeit von großem Werte, ° Versuch X. Ein Fruchtkörper, dessen Wachstum im oberen Teile verhindert wurde, bildete zunächst zwei Nenanlagen an der Basis, diese wurden gleichfalls daran verhindert, Hüte zu bilden; es entwickelte sich ein Callus von ansehnlicher Größe. Dieser wurde entfernt und auf steri- lisiertes, mit Mistextrakt getränktes Papier gebracht. Nach 5 Tagen beobachtete ich kleine Punkte von Neubildungen, die auf der einen Seite Fig, 4. Coprinus niveus, Schnitt durch die basale Wucherung. der Masse auftraten, Sie boten keinen normalen Anhliek und entwiekelten sich nieht weiter, um eventuell Hüte zu bilden. Die ganze Masse wurde getötet, fixiert und gefärbt, dann wurden die fünf Fruchtkörper in einer Ebene durehschnitten. Sie besaßen die Form wirklicher Fruchtanlagen ohne Differenzierung in Teile, nur ein Auswachsen des Callusmyzels, eine Fortsetzung desselben und nicht von einem anderen stammend, wie dies bei Stielregenerationen der Fall ist. Untersuchungen über. die Gattung Coprinus. 297 Die Differenzierung der Gewebe bei Coprinus und ihre Beziehung zu ihren physiologischen Funktionen. Die vorhergehenden Beobachtungen haben gezeigt, daß in den Zellen eines Pilzes bedeutende Veränderungen vor sich gehen; da sie nicht gleichwertig sind, kommt es zu einer Differenzierung einzelner Teile, Wir müssen dies auch in gewissem Sinne erwarten, da 2. B. manche Teile weit vom Substrat entfernt sind und von anderen Teilen die Stoffe zugeführt erhalten, so daß für diese Aufgabe eine verschiedene Ausbildung der Gewebe wahrscheinlich ist. Bei allen bis jetzt untersuchten Agaricus-Arten findet sich eine mehr oder weniger allgemeine Differenzierung der Stielkyphen; bei manchen Arten besteht sie darin, daß die Hyphen im Zentrum nur locker verflochten sind im Vergleich mit den äußeren Partien, wo sie dieker und fest aneinander gepreßt sind. Bei anderen Arten wie Coprinus ist, wie wir gesehen haben, der Unterschied zwischen zentralen und peripheren Hyphen sehr groß, aueh entstehen beide aus getrennten Anlagen. Wie erwähnt, bleibt der zentrale Teil am Leben bis zur Bildung des Hutes. Später’bildet sich infolge Längsstreekung und seitlicher Ausdehnung der Randzone eine Höhlung in der Mitte des Stieles; dies geschieht erst, wenn die Hutgewebe schon ziemlich weit entwiekelt sind und eine Menge von Nährstoffen an der Spitze des Stieles und in den Hymeniumschiehten für zukünftigen Bedari angesammelt sind. j Bei vielen Russula- und Laetarius-Arten bleibt der zentrale Teil dauernd erhalten, doch besteht insofern ein Unterschied, als in den Rand- partien die Hyphen diekere Wände besitzen, mehr parallel verlaufen und auch diehter aneinander gedrückt sind; die zentralen Teile besitzen Hyphen mit dünnen Wänden, welche sich mehr verzweigen, eine Neigung zur Verschmelzung besitzen, locker verflochten sind und reichlich Proto- plasma führen, Bei Arten mit Hohlraumbildung bilden die ursprünglich zentralen Hyphen später eine Schicht um die Höhlung, ohne jedoch nur für die Stoffleitung in Betracht zu kommen. . Mit Rücksicht auf die Aufgabe des Fruchtkörpers, Sporen zu bilden und auszustreuen, kommt dieser Differenzierung zweifache Bedeutung zu. Der zentrale Teil des Stieles steht in direktem Zusammenhang mit den Hymeniumzellen, welche allein von allen Hutzellen gänzlich mit Nahrung versorgt werden müssen und wenn wir die zentripetale Ent- wieklung des Hutes betrachten und mit der zentrifugalen des Stieles vergleichen, finden wir, daß eine andere Anordnung nieht gut möglich 298 . James R. Weir, wäre, daß die äußeren Gewebe des Stieles überhaupt nicht beitragen zur Reifung des Hutes, oder doch nur in den allerersten Stadien, wenn der Rand des Hutes noch in Verbindung mit der Stielaußenseite steht; auch dann würde aber wohl nur die Oberschicht in Betracht kommen. Das Trama erhält seine Nährstoffe ausschließlich durch die Zentralpartien. Diese Anordnung der Leitungsbahnen in der Mitte und der mechanischen Hyphen außen hat bei gestielten Pilzen dieselbe Bedeutung wie die Hohl- raumbildung im Stamme von allen Graspflanzen. Bei dem wachsenden Ge- wiehte des Hutes müssen die äußeren Teile des Stie- les kräftiger werden; es wird mehr Chitin einge- lagert in den Zellwänden, die inneren Zellen werden stark gedehnt, so daß ein Druck ausgeübt wird. Fig. 6. Coprinus Fig. 5. Coprinus fuscescens. Stielquerschnitt mit niveus. Milchgefäße, - deutlicher Gewebedifferenzierung und sekundärem Verschmelzung von Hoblraunisystem. vier Zellen. Bei Coprinus fuscescens und Coprinus atramentarius findet später die Bildung eines sekundären Hohlraumsystems statt durch tangentiale und radiale Dehnung der äußeren mechanischen Gewebe; es mag sein, daß dies auch eine Durchlüftungsvorrichtung darstellt (Fig. 5). Der ununterbrochene Zusammenhang zwischen Hymenium und dem Zentralteil des Stieles zeigt sich auch in ihrer chemischen Beschaffen- heit, Für die Funktion des Zentralgewebes als Leitungsbahn spricht die Tatsache, daß außer starkem Plasmagehalt bei mehreren Arten dieser Teil allein (und zwar besonders an der Grenze von Hut und Stiel) mit Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 299 Guajaktinktur sich blau färbte, was die Anwesenheit von Oxydasen an- zeigt; es war dies der Fall bei Russula emetica, Russula vesca, Russula virescens, Lactarius pipera- tus, Lactarius delieiosus, Amanita muscaria. Oxy- dasen deuten, wie an an- derer Stelle angegeben wurde, auf einen reichen Gehalt von Albumosen hin. Manchmal trat diese Reaktion nur im mittleren Alter des Frucht- körpers an der Stielbasis auf; in älteren Stadien würde man sie nur an der Grenze von Hut und Stiel erhalten, ferner in den Lamellen. Dies ist deshalb von Interesse, weil es zeigt, daß die Strömung aller Stoffe nach oben statt- - Zindet, gleichzeitig mit einer Fig. 7. Coprinus fuscescens. Milchgefäße im ” zentralen Teil des Stieles. beständigen Veränderung des chemisehen Inhalts in Hut und Stiel in den verschiedenen Altersstadien. Gelegentlieh dieser Unter- suchungen machte ich. die Ent- deekung, daß sieh durch alle Teile verbreitet in Hut und Lamellen ein System verzweig- ter Hyphen findet, das durch charakteristischen Bau und In- halt ausgezeichnet ist (Fig. 6 bis 11). Dieses System bei Co- prinus hat alles gemeinsam mit dem bei Laetarius und anderen Agarieineen. Als seitliche Spros- sung aus den allgemeinen Zell- geweben entstehend, können diese Röhren früh erkannt werden an ihrer Eigentümlieh- keit, sich weiter zu verzwei- gen und mit anderen gleich- Flora, Bd, 108. Fig. 8. Goprinus niveus. Milchgefäße im Gewebe au der Grenze von Hut und Stiel, 20 300 James R. Weir, artigen Hyphen zu verschmelzen. An jungen Fruchtkörpern kommt es vor, daß ganz junge Hyphen sich abweichend differenzieren und diesem System angehören, das sehr frühe schon zu erkennen ist. An Fig. 9, Coprinus fimeterius. Schnitt durch einen Teil des Hutes; Milchgefäße in die “ Tramaschicht eintretend. Regenerationsprodukten wer- den diese Röhren mit der ersten Differenzierung eines Hutes gebildet; sie wachsen, miteinander verschmelzend, aufwärts. Die Bildung sol- cher Röhren dauert an, bis der Hut vom Stiel abbricht. Solange die äußersten Teile des Stieles solche Röhren bilden, ist dies die einzige Zeit, in welcher die äußeren Stielgewebe zur Ernährung des Hutes beitragen. Nach- dem der Hut abgebrochen ist, sind sie überall noch zu erkennen an ihren dickeren Wänden und deren Chitin- gehalt, ohne jedoch noch Inhalt zu führen. Obgleich die Mehrzahl in mehr oder weniger paralleler Anordnung in der Zentralzone verläuft, werden sie doch auch ganz allgemein zwischen den mechanischen Fig. 10. Coprinus fimetarius. Milchgefäße. Hyphen angetroffen. Die meist zur Ernährung des Hutes bestimmten Hyphen verlaufen unmittelbar in der Mitte der Zentralzone und sind zu erkennen daran, daß sie, parallel verlaufend, ein loekeres Gewebe bilden, ohne sich reich zu verzweigen wie in den seitliehen Partien. Das ganze System tritt an der Grenze von Hut und Stiel zusammen, um von bier in die subhymenialen Schichten und schließlich in die Tramazellen zu gehen. Untersuchungen über die Gattung Öoprinus. 301 Eine Beziehung zur Sporenproduktion läßt sich infolge der Tatsache annehmen, daß sie in jüngeren Entwieklungsstadien ganz angefüllt sind mit Fettstoffen, Albumosen, Dextrin usw., zur Zeit der Sporenreife aber völlig leer sind. Dieses Milchgefäßsystem fand ich bei sieben verschiedenen Coprinus- Arten und es schien bei Coprinus höher entwickelt zu sein als bei vielen anderen Pilzen, bei denen sein Vorkommen lange bekannt ist. Es findet sich ohne Zweifel bei allen Agarieineen. Ich untersuchte ferner die Frucht- körper von Pleurotus ostreatus, Polyporus sulphureus und fand auch hier die Anwesenheit eines Milchgeläßsystems, besonders in den Hy- meniumschichten. Mit der Strömung der Nährstoffe von unten nach oben scheint eine sehr interessante Erscheinung im Zusammenhang zu stehen, die bei höheren Pflanzen allgemein be- kannt ist, ich meine die Polarität. Zuerst möchte ich einige Ver- suche anführen. . Ich entdeckte die Polarität bei Versuchen, Coprinus-Arten auf- einander zu pfropfen; auf diese Versuche werde ich im einzelnen an anderer Stelle zu sprechen kommen und möchte hier nur einige Tatsachen angeben. Wenn ich einen jungen Stiel von Copri- nus niveus auf einen anderen Stielstumpf piropfte, wuchsen sie guf zusammen und regenorierien Fig. 11. Coprinus fuscescons. Milch- bald; wurde aber das Sehnitt- gefäße im Trama. stück umgekehrt gepfropft, so blieb eine Regeneration aus, obwohl beide Teile miteinander verwuchsen. Das Wachstum stammt meist vom unteren Pfropfstück. Ich unter- suchte nun andere Arten. Stücke aus dem Stiele von Polyporus brumalis wurden in verschiedenen Lagen ausgelegt. Um eine kürzere Ausdrucks- weise zu ermöglichen, wollen wir das eine dem Hunt zugekehrte Ende mit +, das entgegengesetzte, basale Ende mit — bezeichnen. Das + Ende lag bald oben, bald unten, dann lagen Stücke horizontal. Das - Ende regenerierte in sechs horizontal gelegten Stücken und auch bei anderen Lagen (Fig. 12) zuerst und entwickelte manchmal einen langen Stiel; zur Hutbildung konnte es bei dem Mangel an Nahrung natürlich nieht 20* 302 James R. Weir, kommen, doch geht aus der Tatsache, daß trotz verschiedenster Lage stets das + Ende zuerst regeneriert, das Vorhandensein einer Polarität deutlich hervor. Der Einfluß von Temperatur, Feuchtigkeit, Licht usw. schien ohne Wirkung zu sein, das — Ende war manchmal stärker be- leuchtet, oder wurde über Wasser aufgehängt. Manchmal regenerierte das — Ende zuerst, hielt aber gewöhnlich bald im Wachstum ein, während die + Seite regenerierte und kräftig weiterwuchs. Diese Versuche wurden Fig. 12. Fig. 12a, Fig. 12 und 12a. Polyporus brumalis Polarität bei der Regeneration, die Stücke der Reihe a lagen alle horizontal. oft wiederholt und ca. 98%, zeigten eine größere Regenerationsfähigkeit des -+ Endes. Ein Wundgewebe wird, wie zu erwarten, auch am — Ende gebildet, was ja an jeder Sehnittfläche eintritt. Pfropfte ich Stielstücke von Polyporus brumalis aufeinander, so unterblieb eine Weiterentwieklung, falls + auf + zu Hegen kam; im andern Fall (-- auf —) wurde ein kräftiger Stiel mit kleinem Hut gebildet. Die Tatsache, daß gelegentlich ein oder zwei Stielstücke von etwa 12 - larität offenbar be- Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 808 mit ziemlicher Kraft am — Ende regenerierten, scheint für das Gesamt- ergebnis ohne Bedeutung, möglich, daß die Ursache dafür in einem ver- schiedenen Zustande während verschiedener Altersstadien liegt; schwache Fruchtkörper z. B. schienen meist weniger starke Polarität zu be- sitzen als normal entwickelte. An Versuchen mit Pleurotus ostreatus zeigten nicht nur Stücke des Stieles Polarität, sondern aueh die Lamellen verhielten sich so. Junge Hüte, welche bereits Lamellen gebildet hatten, wurden in einiger Entfernung unter der Ansatzstelle der Lamellen abgeschnitten und auf die frische Sehnittfläche eines Stieles gesetzt, dessen Hut auf den Stiel ‘des anderen gepfropft worden war. Wurde + auf — gesetzt, so ver- Fig. 12b. Pleurotus ostreatus. Pfropfung von + auf — Ende, wuchsen beide Teile ianig miteinander und bildeten Hüte von normaler Größe (Fig 12b); bei einer Umkehrung der Stücke jedoch unterblieb eine derartige Ent- wieklung. Da nun bei den gestielten. For- men der Agariei- neen und Polypo- rus-Arten eine Po- steht, war es interessant zu un- tersuchen, ob auch ungestielte Frucht- körper, wie solche von Polyporus-, Trametes- und Fomes-Arten, eine (horizontale) Pola- rität besäßen. Ich pfropfte also Teile von Fruchtkörpern j , Polystietus birsutus. Pfropfang von + auf Fig. 13 olyı rn 304 James R. Weir, Polystietus hirsutus aufeinander und zwar sowohl Teile desselben Frucht- körpers, als auch solche von verschiedenen. Im ersten Falle erhielt ich ein sehr deutliches Ergebnis. War + auf — gesetzt, so verwuchsen die „Teile und das Reis regenerierte stark, in einem Grade, der bei einfacher . Regeneration nie erreicht würde; es erhielt Nahrung von dem Stock (Fig. 13). Die Piropfung + auf -+ regenerierte nicht während eines ganzen Monats, obwohl unter gleiehen Bedingungen gehalten (Fig. 14). ! Ich beobachtete hierbei, daß je näher dem Rande des Frucht- körpers das Reis entstammte, desto leichter eine Regeneration aus der — Seite auftrat, wenn + auf -- gesetzt wurde. Es ist wohl möglich, daß hier am Rande, wo sich die Stoffe nieht in gleich- gerichteter Strömung be linden, sondern mehr an- gestaut werden, auch eine Polarität weniger deutlich ausgeprägt ist. Fig. 14. 'Polystietus hirsutus. Pfropfung von + auf? Fig. 14a. Polarität bei der + Seite. Regeneration. . Fruchtkörper, welche in der Weise geschnitten wurden, wie sie . Pig. 14a zeigt, regenerierten so, wie ich durch die punktierten Linien ‚augedentet habe. Das Resultat läßt sich hier verändern, je nachdem man durch die Schnittflächen die Zonen des Wachstums oder die da- zwischen liegenden Schichten freilegt. Die Gewebe, welche den Schluß ‘jeder Zone bilden, enthalten mehr Nährstoffe und werden also auch kräftiger regenerieren. Ich untersuchte nun dasselbe bei Ascomyceten und zwar bei Xylaria hypoxylon und Xylaria polymorpha. Wenn der junge „Sproß‘ dieser Art untersucht wurde, zeigte sich auch in feuchter Kammer keine Re- Untersuchungen über.die Gattung Coprinus. 305 generation; es kam meist nur zur Bildung eines Wundgewebes. Stücke von älteren Fruchtkörpern, welche der Peritheeienbildung nahe waren, zeigten deutliche Polarität, besonders an Stücken, die der Basis eines Fruchtkörpers entnommen waren, Teile vom oberen Ende regenerierten meist überhaupt nicht. Doch besitzen diese gleichfalls polare Differen- zierung, wie dies aus folgenden Versuchen hervorgeht. Ich pfropfte Teile von der Spitze auf Stücke desselben Fruchtkörpers oder anderer Früchte; kam + auf —, so trat Weiterwachstum ein, bei + auf + fehlte eine Weiterentwieklung. Pfropfung. Obgleich es schon mehrfach erwähnt wurde, daß es gut möglich ist, Pilze zu pfropfen, möchte ich hier doch eine Anzahl von Versuchen zusammenstellen und die Ergebnisse mitteilen, die man damit erhält. Da manche Arten sehr schuell wachsen, lassen sich hier in kurzer Zeit Resultate gewinnen. ' Die Methode war folgende: Ich setzte einfach die glatten Sehuittflächen aufeinander, die Schnitte wurden weder tief noch keilförmig ausgeführt, da stärkere Verwundung häufig den Tod herbeiführt infolge der Zartkeit des Ma- terials; auch ließ sich dadurch leichter erreichen, daß die Wunde völlig bedeckt war und kein Teil der Schnittfläche frei lag, d. h. wenn Reis und Unterlage von gleicher Größe waren, was selbstverständlich notwendig ist. Bei dieser Methode war es zugleich auch leichter möglich, an Formen nit zarten Stielen die zentralen Gewebezonen genau aufeinander zu bringen; ich fand, daß dies nötig ist, um ein gutes Resultat zu erhalten. Demgemäß mußten auch die Pfropfungen mit einem Material ausgeführt werden, an dem die Zentralzone noch erhalten war, oder an noch jüngerem, bevor überhaupt der Hut irgendwie in seiner Verbindung mit dem Stiel gelöst ist, ” Die Bedeutung der Zentralzone ist aus den vorhergehenden Unter- suchungen leicht zu verstehen; sie regeneriert am leichtesten und dient der Leitung von Nährstoffen. Da ferner in jungen Entwieklungsstadien, je weiter unten der Stiel durchsehnitten wird, desto schneller eine Re- generation stattfindet, werden die Sehnitte unmittelbar zusammen- wachsen und zwar besteht eine stärkere Neigung der Hyphen der Unter- lage emporzuwuchern und die Gewebeverhindung zu festigen. Die, Hyphen der seitlichen Teile spielen hierbei gleichfalls eine wichtige Rolle, und ihre Verwachsung ist durchaus nötig; unterbleibt sie, so geht die Pfropfung zugrunde, sie bildet einen Schutz der zarten inneren Teile 306 James R. Weir, gegen die Außenbedingungen. Das Wundgewebe, das sich immer bildet, wächst gleichfalls in die Gewebe des Reises ein, so daß bald eine Ver- einigung zustande kommt. Ebenso spielen die sekundären Hyphen eine wiehtige Rolle, welche, wie oben angegeben, aus den basalen Teilen ent- stehen, wenn der Fruchtkörper an der Spitze verletzt wird. Pfropfungen mit keilförmigen Schnittflächen waren nicht von viel Erfolg begleitet, besonders bei Coprinus, da der Turgor im Stiel ein Be- streben zeigte, den Stiel nach beiden Seiten kin auswärts zu spreizen; doch erwies sich diese Methode bei manchen Aseomyceten, bei Agari- eineen mit mehr verholzten Stielen und bei Polyporus-Arten manchmal - als erfolgreich. - An Coprinus müssen Pfropfungen mit jungem Material vorgenommen werden. Die junge Frucht, welche einen Hut gebildet oder doch zu bilden begonnen hatte, wurde dieht unter dem Hute durchschnitten, je weiter unten, desto besser. Die Entdeckung, daß es möglich ist, Pilze zu pfropfen, machte ich infolge der Beobachtung, daß ein solcher abge- schnittener Hut weiter wuchs und zur Reife gelangte, als er einfach wieder auf seinen alten Stiel gelegt wurde (es wäre bei bloßer Lage auf einem Substrat nie solehes Wachstum möglich); wenn ein Fruchtkörper von einem verschiedenen Stiel genommen wurde, war das Ergebnis das gleiche. Selbstverständlich ist es gut, solehe Versuche möglichst bei antiseptischen Bedingungen auszuführen. Es war nun interessant zu sohen, ob man möglicherweise aus dem Reis eine Regeneration erhielt. Ich schnitt nun, als Reis und Unterlage völlig miteinander verwachsen waren, und das Reis seine Nahrung durch die Unterlage erhielt, den Hut des Reises weg und ließ noch ein Stück auf der Unterlage zurück. Nach mehreren Versuchen mit Material von verschiedenem Alter und bei voI- sichtigem Experimentieren fand ich, daß tatsächlich das Reis regenerieren kann; es bildete sich, wie in normalen Fällen aus der Zentralzone ein junger Fruchtkörper und erlangte Reife. Dieses Ergebnis erhielt ich mehrmals mit: Coprinus niveus, indem ich manchmal denselben ent- ternten Fruchtkörper wieder aufsetzte oder auch einen anderen pfropfte- Diese Spezies lieferte sehr gutes Material zu solehen Versuchen, da sie in jüngeren Stadien einen festen kräftigen und verhältnismäßig langen Stiel besitzt und auch in Kulturen gut wächst. Ich versuchte, verschiedene Arten zu pfropfen, und zwar begann ich damit, junge Fruchtanlagen von Coprinus fimetarius var. macrorrhiza auf Stiele von Coprinus niveus zu pfropfen. Das Resultat war sehr über- raschend. Das Reis, das von der Wurzel von Coprinus fimetarius var. macrorrhiza stammte, begann nach etwa 2 Tagen zu wachsen, um eventuell Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 807 mit Sporenerzeugung abzuschließen; dieses Ergebnis wurde mehrmals erhalten, daneben aber fanden sich auch negative Resultate. Da der Exfolg von dem Alterszustand sowohl des Reises als auch der Unterlage abhängt, war es nötig, eine große Menge Pfropfungen auszuführen. Es war merkwürdig, daß junge Fruchtkörper von Coprinus fimetarius var. macrorrThiza, welche aus Sporen gezogen waren, besser wuchsen als solche, die Regenerationsprodukte darstellten (ohne Zweifel rührt dies von der geringen Menge Nährmaterial her, die ein regenerierter Hut erhält). Ferner zeigte sich, daß das Wachstum leichter vor sich geht, wenn als Reis Coprinus niveus verwendet wurde. Um ein Resultat zu erhalten, dürfen besonders als Unterlage immer nur Arten benützt werden, welche schnell und kräftig regenerieren. Da infolge der Polarität das Reis an seiner Schnittfläche nur schwach und langsam regeneriert (diese Schnitt- fläche ging stets durch einen Teil, wo die Gewebe des Stieles schon diffe- renziert waren und nieht durch die Spitze der Basis selbst, welche ja hohe Regenerationsfähigkeit besitzt), ist dies sehr notwendig, damit möglichst bald die Bahn für die Stoffzufuhr wieder hergestellt wird. Tritt die Regeneration von Hyphen aus der Unterlage schnell ein, so ist es ziemlich belanglos, ob das Reis etwas schneller oder langsamer wächst, es wird stets zur Reife gelangen. Die Versuche wurden wiederholt mit Coprinus fimetarius var. macrorrhiza als Unterlage und Coprinus niveus als Reis und zwar wurde überall nur junges Material verwendet. Der Versuch gelang, was mich etwas überraschte, da Coprinus fimetarius var. maerorrhiza viel langsamer regeneriert als Coprinus niveus. Der junge Fruchtkörper bildete, wenn auch nieht reichlich, Sporen; im allgemeinen waren solehe Fruchtkörper bleich und wichen stark vom Typus ab. Ich dachte selbst zuerst nicht, daß zwischen einem normalen Hut und einem solehen, der auf einen anderen, einer fremden Spezies angehörigen Unterlage gewachsenen Hute sich andere Unterschiede fänden, als etwa solche, die durch Wachs- tumshemmung oder Nahrungsmangel zu erklären wären. Trotzdem aber fanden sich Eigentümlichkeiten, die es wahrscheinlich machten, daß die Unterlage auf das Reis eingewirkt hatte. Der Hut von Coprinus niveus ist bei natürlichem Wuchse elliptisch und mit einem weißen flockigen Überzug bedeckt. Entwiekelte sich der Fruchtkörper als Reis auf Co- prinus fimetarius, so war der Hut nur halb so lang als normal und nur schwach mit dem flockigen Überzug bedeckt, am meisten noch an der Spitze; er war auch spitzer und deutlich gestreift (Fig. 15, Mittelstück). Diese Veränderungen sind umso mehr überraschend, als anscheinend die Elemente des Hutes schon vorher angelegt waren, wenn auch in ganz 308 James R. Weir, rudimentärem Zustande. Offenbar war noch nachträglich durch da- zwischen wachsende Hyphen einer anderen Art der Charakter etwas beeinflußt worden. Es blieb nun noch übrig, zu untersuchen, wie die Ver- wachsungszone der Gewebe der beiden Arten regeneriert, wenn der Hut entfernt wird. Ich wählte also junge, kräftig wachsende Fruchtkörper von Coprinus fimetarius var. macrorrhiza aus, die jungen Hüte wurden sorgfältig weggeschnitten und auf diese Unterlage dann junge Früchte von Coprinus niveus gesetzt. Als der Hut eine Entwieklung zeigte und größer wurde, wurde er durch einen schräg geführten Schnitt entfernt, der auch einen kleinen Teil der Unterlage freilegte; in anderen Fällen ließ ich, gleichfalls bei schrägem Sehnitie, noch eine dünne Schicht über der Verwachsungs- linie zurück. Von etwa 12 so behandel- ten Pfropfungen regenerierte die Hälfte überhaupt nicht, einige dung eines Fruchtkörpers, einer regenerierte und bildete einen kleinen typischen Fruchtkörper von Coprinus niveus, und zwar war dies merkwürdigerweise eine Pfropfung, wo durch den Schritt Reis und Unterlage freigelegt worden waren. Unter den üb- Fig. 15. Coprinus niveus und Coprinns . . R i fimetarius var. maororrhize. Links: C. Tigen trat die Regeneration ein aiveus normal; Mitte: Pfropfung einer i ü jungen Anlage von C. niveus Ft c. fime- {wie das rechte Stück von Garlus var. Macrgrrhlzn; rechts: Regene- Figur 15 zeigt), wo über der ration aus der Verwachsungsstelle einer Solchen Pr a Verwachsungsstelle noch etwa 3 mm des Reises stehen g& lassen wurden (der Schnitt war hier horizontal geführt worden). Das Regenerationsprodukt wuchs kräftig und reifte in sehr kurzer Zeit, wobei der Fruchtkörper keinerlei Anzeichen von ungenügender Ernährung aufwies, und die normale Menge von Sporen zu erzeugen schien. Ein Vergleich dieses Fruchtkörpers mit dem typischen Hut von Coprinus niveus (links in Fig. 15) ergab mehrere Eigentümlichkeiten, welche keiner der beiden verwendeten Spezies angehören. Der Habitus gehört der Unterlage an (Fig. 21), ist aber kürzer und nieht so deut- lich kegelförmig, der Rand ist nicht so ausgebuchtet wie im. typischen regenerierten zum Teil ohne Bil Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 309 Hut der Unterlage von Coprinus fimetarius var. maerorrhiza, aber dieht bedeekt mit weißen flockigen Schuppen, während Coprinus niveus mit Flaum bedeckt ist. Andererseits zeigte der Hut keinerlei Neigung, sich zu spalten, wie dies für Coprinus fimetarius var. macrorrhiza charakte- ristisch ist; die Lamellen zeigten Neigung mit dem Stiel in Verbindung zu treten, während sie am Pilze der Unterlage frei sind, die Sporen zeigten große Differenz in ihrer Größe von 12—16 und 7 bis 11 «. Die Sporen beider verwendeten Arten zeigen keine solehe Schwankung in ihrer Größe; Fig. 16. Längsschnitt dureh die Pfropfungsstelle von Coprinus niveus auf Coprinus fimetarius var. macrorrhiza. der Stiel war sehr weich und weiß, während er bei Coprinus niveus in gewissen Stadien mit feinen Haaren bedeckt ist, ebenso bei Coprinus fimetarius var. maerorrhiza. Der Habitus des ganzen Fruchtkörpers glich mehr dem von Coprinus fimetarius var. maerorrhiza als dem von Co- prinus niveus, mit Ausnahme des glatten Randes und des glockenförmigen Hutes. Ein weiterer interessanter Punkt war, daß, obgleich die Kultur in starkem Licht gewachsen war, sie doch keinerlei heliotropische Eigen- 310 James R. Weir, schaften zeigte, was einen Einfluß der als Unterlage dienenden Art an- zeigt, die nicht heliotropisch empfindlich ist. Obiges Resultat überrascht umsomehr, wenn man die Tatsache bedenkt, daß das Reis Coprinus ni- veus war; es ist kaum möglich, daß die Hyphen der Unterlage durch das Reis hindurehwuchsen und den Hauptteil des Regenerationsproduktes darstellten, da in sehr kurzer Zeit das Reis regenerierte, anfangs nur langsam — später wuchs das Regenerat sehneller, was vielleicht einen Einfluß der Unterlage auf das regenerierende Reis anzeigt. Sebald die Sporen reiften, behandelte ieh das Material in der gewohnten Weise, um es mit dem Mikrotom zu schneiden. Die alten Zellen von Unterlage und Reis waren fast gänzlich überwuchert durch das kräftige Wachstum neuer Hyphen (Fig. 16), Da kein Unterschied bestand zwischen der Größe der alten Zellen und den Zellen der neuen Hyphen beider Arten, ließ sich der Ursprung dieses Hyphensystems schwer er- mitteln; deeh waren Zell- kombinationen (Fig. 17) nieht nur über der Pfropfungsstelle in den Geweben des Reises be- merkbar, sondern oberhalb der Pfropfungszone waren junge Fig. 17. Verschmelzung von Hyphen dicht Hynhen, Ri us alten über der Verwachsangszone einer Piropfune yphen, welche aus: von Coprinus niveus auf Coprinus fimetarins Zeilen entstanden, in ihren var. macrorrhiza, (Fig. 15 rechts.) Wänden oft aufgelöst und . der Inhalt war in die Nach- barzelle eingetreten. Diese Hyphen besaßen den Charakter gewöhn- licher Hyphen, ohne denen der oben besprochenen Milchgefäße zu gleiehen. Die Hyphen-Enden verschmolzen käufiger miteinander mit dem Re- sultate, daß fast immer die eine leer wurde. Da bei Coprinus-Arten Zell- verschmelzungen vorkommen, ist es wohl möglich, daß auch hier der- artige Verbindungen auftraten und der entstehende Fruchtkörper kann so sehr wohl in seiner Entwicklung beeinflußt worden sein, wenn nicht Untersuchungen über die Gattung Coprinns. 311 in der Sporenerzeugung, so doch in den vegetabilen Teilen. Für die Er- zeugung der Sporen wird wohl das Reis allein von Bedentung sein. Diese Ansicht erfuhr eine Bestätigung in den Fruehtkörpern, welche sieh aus den Sporen des der Pfropfung entstammenden Fruchtkörpers entwickelt hatten. Sie keimten leicht und bildeten nach zwei Wochen Früchte, die ganz den typischen von Coprinus niveus glichen (Fig. 18), auch in der nächsten Generation war dies der Fall. Es scheint so, daß die Sporen nicht beeinflußt werden können, sondern nur der allgemeine Bau des Fruchtkörpers. Die Versuche an Coprinus-Arten wurden nieht fort- gestzt. Ähnliche Versuche mit anderen Agarieineen lieferten weniger gute Resultate. Eine Pfropfungszone zwischen Polyporus brumalis und Fig. 18. Normale Fruchtkörper aus Sporen des Pilzes Fig, 15 rechts. einer anderen kurzgestielten Art regenerierte leicht und bildete einen langen Stiel, aber keinen Hut. Auf einem Baumstumpf, auf dem Stereum hirsutum und Stereum Purpurenm in Massen zusammenwuchsen, fand ich, daB die Fruchtkörper beider Arten miteinander verwachsen waren; ich trennte nun Stereum hirsutum vom Substrat ab, so daß sein Fruchtkörper nur mehr mit dem von Stereum purpureum in Verbindung blieb. Er wuchs in dieser Lage gut weiter, wie ein Parasit; Nahrung konnte ihm nur von Stereum pur- püreum zukommen. Es brachte mich diese Beobachtung auf den Ge- danken, auch ungestielte Arten aufeinander zu pfropfen. Eine Anzahl Versuche wurden mit Polyporus-, Trametes- und Fomes-Arten gemacht. Die Fruchtkörper wurden auf ihrem Substrat 312 James R. Weir, gelassen, angeschnitten und so gestellt, daß die frischen Schnittflächen zusammenwachsen konnten. Als dies eingetreten war, wurde der eine vom Substrate abgeschnitten und auf dem anderen gelassen; es ist dies dieselbe Methode, die ich aueh bei den Versuchen über Polarität an- wendete. Obgleich ieh in vielen Fällen bei Anwendung von nahe ver- wandten Arten Erfolg hatte, schien die Verbindung doch stets nur ein Parasitismus zu sein, und nicht eine absolute Vereinigung. Wenn also irgend ein Einfluß bestünde, könnte er erst nach monate- oder jahre- langem Wachstum wahrgenommen werden. Es war merkwürdig, daß nur Arten von Trametes, Fomes und Polyporus verwuchsen, we'che ein- ander ähnlich waren in Farbe, Wachstum, Zähigkeit usw. Trametes suaveolus wuchs nicht auf Trametes Pini — Trametes Pini nicht auf Fomes applanatus usw. Es schien, daß entweder infolge einer Differen- zierung der Wachstumsgeschwindigkeit oder des chemischen Inhalts die Spezies in gewissem Sinne widerstrebten. Okgleich diese harten und holzigen Formen sehr schnell regene- rierten, bedürfen derartige Untersuchungen doch sehr langer Zeit, und es wird auch dann nur der eine Pilz als Parasit auf dem anderen weiter wachsen. Die hier mitgeteilten Untersuchungen über Pfropfungen stellen nur vorläufige Versuche dar, doch möchte ieh später bei längerer Dauer derselben noch eingehender auf diese interessanten Verhältnisse und be- sonders auf die Möglichkeiten gegenseitiger Beeinflussung der beiden Pfropfstücke zu sprechen kommen. Coprinus fimetarius var. macrorrhiza. Da dieser Pilz in seiner Entwicklung und seinen Beziehungen zum Lieht von dem Verhalten anderer Coprinus-Arten bedeutend ak weicht, mag es berechtigt sein, ihm einen eigenen Abschnitt zu widmen. Wie schon erwähnt, besitzt er eine mächtige wurzelartige Ver- längerung des Stieles, welche schon sehr frühe sich differenziert. Sporen, welche auf karte Kuchen von Kuh- und Pferdemist ausgesät und in eine feuchte Kammer gestellt; worden waren, bildeten bald ein Myzel; hier ließ sich nun die Wurzelbildung gut studieren. Es begann in einem be- stimmten Teil eine außerordentlich starke Verzweigung nach der Art wie wenn Coprinus stercorarius ein Sklerotium bildet. Der Knoten, der dadurch entsteht, wächst in die Größe, beginnt sich zu verlängern und verhält sich auch in den oberen und unteren Teilen verschieden, indem die Hyphen der unteren Hälfte positiv geotropisch werden, Bald nach dieser Anlage verdichten sich die .Hiyphen an der Unterseite in einem Untersuehungen über die Gattung Öoprinus. 313 Punkte und wachsen abwärts wie eine Wurzel Es ist merkwürdig, daß die Hyphen auch hier im Substrat zu einem festen einheitlichen Gebilde vereinigt weiterwachsen, wobei sie sich immer mehr vom Lichte entfernen und offenbar die optimalen Bedingungen von Feuchtigkeit und Nähr- stoffen aufsuchen. Auch die Hyphen, welche bestimmt sind, später einen Fruchtkörper zu bilden, wachsen zuerst wie eine Wurzel aus. Kleine wurzelähnliche seitliche Verzweigungen finden sich nicht an jüngeren Stadien, wohl aber später; aus diesen kleinen „Seitenwurzeln‘“ kann nie ein Fruchtkörper hervorgehen. Die erste Differenzierung eines Frucht- körpers zeigte sich nach der Verlängerung eines huttragenden Teiles, wenn die Wurzel eine Zeitlang sich weiterentwickelt hatte und negativ geotropisch reagierte. Es ist bemerkenswert, daß diese Veränderungen in vollkommener Dunkelheit vor sich gehen. An der Grenze von Stiel und Wurzel tritt eine für junge Entwicklungsstadien eharakteristische Vergrößerung auf (Fig. 21), eine Anschwellung bildend, welche bei Re- generationsversuchen sich am produktivsten zeigt. Eine Zeitlang ver- größert sie sieh mit dem Wachstum des Fruchtkörpers, später aber, zur Zeit der Sporenreife, hat dieser Teil an Größe wieder stark abgenommen, und seinen Inhalt offenbar zur Entwieklung des Hutes und der Sporen abgegeben. Die Waehstumsriehtung der Wurzel geht bei gleichzeitiger Be- schaffenheit des Substrates senkrecht abwärts, harten Körpern weicht sie durch seitliche Krümmung aus. Die Länge schwankt zwischen 18 bis 20 cm und erreicht sogar noch höhere Werte, Merkwürdig verhielten sich Dunkelkulturen auf hartem Mist. Das Myzel breitete sich auf der Oberfläche aus, und obwohl eine Wurzel nieht ins Substrat einzudringen vermochte, unterblieb doch deren Bildung aicht; sie wuchs horizontal über das Substrat hin und erlangte 1--4 em Länge, ohne anscheinend einen Fruchtkörper zu bilden. Später jedoch krümmte sich die Spitze des Wurzelteiles schwach aufwärts und bildete die charakteristische Anschwellung, welche einen Fruechtkörper anzeigt; das Längenwachstum hörte nun auf, es kamen Hut und Stiel zur Ent- wicklung, sie wuchsen sehr schnell und auch Sporen wurden erzeugt. Die Fruchtkörper derartiger Kulturen blieben unter normaler Größe und waren bleich an Farbe; ohne Zweifel war dies eine Folge von Nahrungs- mangel, da die Wurzel nicht ins Substrat eingedrungen war und keine Stoffe aufnehmen konnte, was offenbar ein Teil ihrer Funktionen ist. Wichtig dagegen ist die Tatsache, daß ohne Licht überhaupt: der Hut zur Sporenreite kam; es liegt hier eine Ausnahme von der allgemeinen Regel vor, daß für Coprinus das Licht notwendig ist. 314 James R. Weir, Es scheint, daß man bei der Gattung Coprinus eine Reihe ver- schiedener Formen aufstellen kann mit entsprechenden Verschieden- heiten in ihren Beziehungen zum Licht, von den schnell reifenden, wenig differenzierten Formen angefangen bis zu solchen mit hoher Differen- zierung. Z. B. bei Coprinus niveus, Coprinus nyethemerus; hier bleiben die Mycelien bei Dunkelheit völlig steril, es werden gar keine Frucht- körper angelegt. Bei Coprinus stereorarius, Coprinus plicatilis, Coprinus ephemerus werden im Dunkeln zwar Früchte angelegt, kommen aber nieht zur Reife. Coprinus logopus und Coprinus fimetarius var. macrorrhiza werden zwar vom Liehte beeinflußt, erzeugen aber auch im Dunkeln Sporen. Auf die Entwicklung des Wurzelteiles wirkt das Licht direkt nach- teilig ein. Sporen, welche auf einer sehr dünnen Schicht fein pulveri- sierten Mistes ausgesät und auf einer Glasplatte von oben und unten stark beleuchtet wurden, entwickeln sich nur kümmerlich, es wurden nur sehr wenige und dann nur schwache Fruchtkörper gebildet; die Wurzel war rudimentär geblieben, was anzeigte, daß die Hutbildung an eine entsprechende vorherige Entwicklung des Wurzelteiles gebunden ist, und daß diese im Lächte unterbleibt. Es wurden nun zwei Kulturen gemacht, Nr. 1im Licht, Nr. 2 im Dunkeln; in Nr. 2 erschienen zahlreiche Früchte, in Nr. 1 sehr wenige; die Lichtkultur besaß auch keine Wurzeln, während im Dunkeln diese ganz normal gewachsen waren. Die Kulturen wurden nun vertauscht, Nr. 1 ins Dunkle und Nr. 2in Licht gebracht. Nach einigen Tagen erschienen neue kräftige Anlagen in Nr. 1, die vorher be- leuchteten Anlagen dagegen entwickelten sich überhaupt nieht normal. Augenscheinlich kann sich, wenn der Fruchtkörper einmal ganz differenziert ist, die Wurzel nieht mehr weiter entwickeln und da sie der Teil ist, durch den die Nahrung aufgenommen wird, kann ohne ihre Entwieklung auch kein normaler Fruchtkörper gebildet werden. Die nun neugebildeten Fruchtkörper von Nr.1 hatten die eharakteristische Wurzel entwickelt; in Nr. 2 war nun das Resultat ganz dasselbe. Die Versuche zeigen eindeutig den negativ heliotropen Charakter der Wurzel; da aber die normale Entwicklung einem Fruchtkörpers an die entsprechende Ausbildung der Wurzel gebunden ist, scheint es sehr wahrscheinlich, daß bei dieser Art das Optimum für die Entwicklung des Hutes nicht so sehr vom Lichte abhängt wie sonst. Bei Licht- und Dunkelkultur erlangen die kleinen Hüte stets Sporenreife, dock immer nur diejenigen mit langen Wurzeln. Beobachtungen in der Natur mögen hier von Interesse sein. Misthaufen waren oft ganz bedeckt von reifen Früchten, die ihre Hüte herausstreckten. Ich grub etwa 2—3 Fuß tief in. den Misthaufen und fand hier zun Untersuchungen über die Gattung Coprinus. ' 315 völlig reife Früchte vor; bei dieser Tiefe ist es wohl kaum möglich, daß das Licht in den Mist eingedrungen ist. Hut, Stiel und Wurzel waren oft, infolge der geringen Größe der Höhlungen, in denen sie wuchsen, ge- krümmt. Es ist wohl möglich, daß das Bestreben des Hutes vom Miste weg ans Licht zu kommen, weniger wichtig ist bezüglich des Lichtes, sondern mehr dazu dient, den Hut frei zu stellen und die Sporen aus- streuen zu können; denn reife Sporen finden. wir bei Liehtkultur und Dunkelkultur. Vielleicht hat diese Art infolge ihres Wachstums im Mist- haufen die Abhängigkeit vom Lichte etwas verloren, ebenso wie Kulturen der Champignons. Die jungen Vruchtkörper zeigten nieein deutliches Anzeichen von positivem Heliotropismus. Fig. 19. Regeneration aus Fig. 20. Regeneration aus der „Wurzel“, zeigt dem Innern einer „Wurzel“ die Bevorzugung der Anschwellung an der Gm Dunkeln). Grenze von Stiel und Wurzel. Regeneration und Licht: Wie anzunehmen, ist das Licht zu Regenerationen an der Wurzel nicht notwendig. Sie ist positiv geotro- pisch und muß zur Ausübung ihrer Funktion vom Liehte wegwachsen. Wurzeln, welche langgewachsene Fruchtkörper gebildet hatten, wurden in Stücke gesehnitten und auf Mist in Glasschalen ins Dunkle gebracht; nach kurzer Zeit waren die Stücke ganz bedeckt mit jungen Neuanlagen, manchmal so dicht, daß die alte Wurzeloberfläche nieht mehr zu sehen war und ganz weiß erschien (Fig. 20). Die Neubildangen erschienen auf der ganzen Oberfläche, doch zeigte sich der Zahl nach eine Bevorzugung 21 ‚ Flora, Bd, 108. 316 James R. Weir, der Grenze von Wurzel und Stiel. Verdunkelt man derartige Wurzel- 'stücke einseitig, so erscheinen alle Regenerate auf der dem Licht abge- kehrten Seite. Dasselbe Resultat erhält man, wenn man Stücke bei Licht horizontal auf Mist auslegt und diesen etwas andrückt. Es war nach einiger Zeit die Unterseite ganz bedeckt mit jungen Fruchtanlagen, d. h. mit Wurzelanlagen, welche bestimmt waren, nachher zu Früchten aus- zuwachsen. Diese jungen Fruchtanlagen wuchsen in den Mist hinein; vielleicht würden sie sieh später nach der Oberfläche emporkrümmen, um den Hut an einer freien. Oberfläche zu entwickeln. Es ließ sich auch beobachten, daß manchmal eine Wurzelregeneration sitzende Frucht- körper bildete ohne eine Wurzel zu bilden; doch war dies sehr selten der Fall und kam nie vor, wenn die Früchte aus einem Myzel stammten, das aus Sporen gezogen war. Ein weiteres Beispiel für die Bevorzugung von nicht belichteten Teilen bei der Regeneration liefert folgender Fall: Eine Wurzel, welehe am Fenster lag, hatte auf der Unterseite reichlich neue Anlagen gebildet; ich schnitt sie der Länge nach durch und fand hier einen Hohlraum vor, der ganz gefüllt war mit jungen Früchten, welche in gänzlicher Dunkelheit sich entwickelt hatten (Fig. 19). Regenerationsfähigkeit der Wurzel, Ich ließ zuerst einige Wurzeltegenerate bilden und entfernte dann die zu Dutzenden angelegten Neubildungen; sie regenerierten wieder, es wurde abermals eine Schicht entfernt; es fand weitere Regeneration statt, so daß anscheinend diese an keine bestimmte Zone gebunden ist. Doch findet sich eine deutliche Differenzierung der Gewebe vor, in drei Zellarten. Die Außenschicht besteht aus kleinen diekwandigen Zellen, die fest aneinanderschließen und Farbstoffe, aber auch reichlich Protoplasma enthalten. Die Zellen der Zentralzone sind groß, unregelmäßig, plasma- arm, ohne Kerne und funktionieren offenbar als Speicherzellen, da weißer Hyalininhalt sich hier vorfindet. Zwischen den großen Zellen liegen eine Menge kleiner Hyphen, die anscheinend aus älteren Zellen stammen und aus ihnen reichen Plasmainhalt bekommen, Diese kleinen Hyphen verursachen besonders die schnelle Regeneration der Wurzeln. An jüngeren Wurzeln ist die Differenzierung nicht so stark, so daß. alle Hyphen noch regenerationsfähig sind. Die Menge von Stoffen, welche in diesen Wurzeln aufgespeichert liegen, muß sehr groß sein. Die erste Reihe von Neuanlagen wurde weggebrochen, nach einigen Tagen war die große Wurzel wieder völlig bedeckt; auch eine dritte Reihe erschien usw., bis die Wurzel fünfmal regeneriert hatte. Die Zahl der Regenerations- produkte wurde daher immer geringer, die Wurzel selbst aber immer Untersuchungen über die Gattung Coprinus. 817 kleiner, bis sie ganz zusammengeschrumpft war; ihre Hyphen waren schlaff. geworden und ohne Plasmagehalt und Nährstoffe, Offenbar müssen wir in dieser Wurzel einen Typus von Sklerotinm- bildung erblicken, ein Speicher- organ, das zugleich auch der vege- tativen Vermehrung des Pilzes dient. Es scheint, daß die Wurzel auch bis zu einem gewissen Grade austrocknen kann, ohne dadurch ihre Regenerationsfähigkeit zu ver- lieren. Die gleiche Art von Wur- zelbildung findet auch bei den seitlich entstehenden Anlagen statt, auch hier wächst die Neubildung stark in die Länge, um später Hut und Wurzel zu bilden. In Natur findet es sich häufig, daß zur glei- chen Zeit, wenn der Fruchtkörper gebildet wird, auch unten eine Regeneration auftritt, so daß, während der erste Hauptirucht- körper in Reife ist, andere Früchte in allen Wachstumsstadien stehen; wenn die Bedingungen günstig sind, erlangt die zweite Wurzel gleiche Größe wie die erste und vermag ihrerseits wieder neue An- lagen zu bilden. Dieser Vorgang kann so lange dauern, als die j Mutterwurzel genug Stoffe liefert, so daß, lange nachdem der erste ‚Fruchtkörper seine Sporen ausge- streut hat, doch noch eine vege- tative Weitervermehrung stattlin- det (Fig. 21). Ich führte nun in der Natur noch weitere Versuche aus, indem ich Fig. 21. Coprinus fimetarius var. macror- rhiza, Habitus:; Regeneration ‚aus der alten Mutterwurzel und weitere Regene- ration aus den Wurzelteilen der seit- lichen. Fruchtkörper. Wüurzelstücke 7--20 em tief in Misthaufen eingrub. Diese Stücke ent- sandten Hüte an die Oberfläche, oder, wenn sie diese nicht erreichten, bil- 21* 318 James R. Weir, deten sie Hüte im Innern. Während die Wurzel positiv geotropisch ist, scheint die den Fruchtkörper tragende Spitze negativ geotropisch zu sein. Für den Pilz ist diese verschiedene Reaktion von Bedeutung, da bei einer Entwieklung im Miste die Hüte nach außen emporgehoben werden und ihre Sporen frei ausstreuen können. Dies wird auch immer bei Hutbildung an Wurzelregeneration der Fall sein, da hier nur in einer Richtung eine Streckung möglich ist, so daß das huttragende Ende immer mehr nach der Oberfläche emporge- schoben wird. Auch Regenerationen am Stiel zeigten deutlich eine Bevorzugung der Dunkelseite, was auffallend ist, da der Stiel die Aufgabe hat, den Hut an die Oberfläche des Mistes zu bringen. Das Bild (Fig. 22) zeigt Fig. 22. Regeneration aus dem Stiel auf der verdunkelten Seite, einen Stiel, der auf der einen Seite verdunkelt, auf der anderen beleuchtet war; die verdunkelte Seite ist ganz mit jungen Fruchtanlagen bedeckt. Wir haben offenbar einen Pilz vor uns, der durehgehends das Licht zu vermeiden sucht. Zusammenfassung. 1. Enzyme. Die Verflüssigung der Hüte bei Coprinus ist eine Art von Selbstverdauung, die gänzlich unabhängig von der Mitwirkung von Bakterien vor sich geht. Außerdem gelang es noch eine Reihe anderer Enzyme nachzuweisen, deren Vorkommen hei den verschiedenen Arten meist in engem Zusammenhang steht mit der Beschaffenheit des Sub- Untersuchungen über die Gattung Goprinus, 319 strates, auf dem die einzelnen Arten gedeihen. Die Untersuchung be- züglich proteolytischer Enzyme, deren Wirkung am besten beim natür- lieher Säuregehalt ist, ergab, daß nicht nur der eigene Proteingehalt, sondern auch Wittepepton und Fibrin verdaut werden und zwar durch Enzyme, welche durch verschiedene Löslichkeitsverhältnisse sich leicht isolieren lassen. 2. Chitingehalt. Die Sporenwand besteht fast ausschließlich aus Chitin, mit Ausnahme des Färbstoffes, der ihre schwarze Farbe bedingt. Im Stiel findet sieh Chitin mehr in den äußeren Teilen als im Zentrum. Im Hut kommt Chitin gleichfalls, besonders in der Außenschicht vor, während die Lamellen offenbar zur Hauptsache aus auderen Stoffen bestehen; wahrscheinlich hängt damit auch die Tatsache zusammen, daß die Lamellen leichter zerfließen als der periphere Teil. 3. Regeneration. Im allgemeinen kann jeder Teil von Hut und Stiel einen neuen Fruchtkörper bilden, doch ist die Regenerationsfähig- keit der einzelnen Teile verschieden groß; sie hängt besonders ab vom Alterszustand, dem chemischen Inhalt und der morphologischen Beschaf- fenheit. 4. In anatomischer Hinsicht ließ sich neben der Differenzierung in zentrales Leitungsgewebe und mechanisches Gewebe noch ein System verzweigter Hyphen, das sogenannte Milchgefäßsystem, auffinden. 5. Bei allen Arten fand ich eine mehr oder weniger stark ausge- sprochene Polarität, welehe bei Regenerationsversuchen, besonders in einer höheren Regenerationsfähigkeit der dem Substrat abgekehrten Seite zum Ausdruck kam, sowohl bei gestielten als auch ungestielten Formen; es wurden außer Coprinus auch noch Polyporeen untersucht, welehe dieselbe Eigentümlickeit besitzen. 6. Pfropfungsversuche ergaben fast stets ein günstiges Resultat; in gewissen Fällen scheint auch eine gegenseitige Beeinflussung beider Pfropistücke, wenigstens in habitueller Beziehung, möglich zu sein. Bei helzbewohnenden Arten wie Fomes, Trametes, Polyporus, Stereum usw. scheint eine Art von gegenseitigem Parasitismus vorzukommen. 7. Eigentümliche biologische Verhältnisse besitzt Coprinus fime- tarius var. maerorrhiza, der ein positiv-geotropisches, wurzelähnliches Sklerotium besitzt von außerordentlicher Regenerationsfähigkeit und auch durch seine Indifferenz dem Lichte gegenüber eine Ausnahme in der Gattung Coprinus bildet. 320 James R. Weir, Untersuchungen über die Gattung Coprinus. Außer diesen Untersuchungen habe ich noch eine Reihe anderer angestellt über den Einfluß von äußeren Bedingungen, wie Licht, Feuchtig- keit, Schwerkraft usw. auf das Wachstum und die Formkildung höherer Basidiomyceten, welche in weiteren Mitteilungen folgen sollen. Die Arbeit wurde ausgeführt im pflanzenphysiologischen Institut zu München, dessen Leiter, Herrn Geheimrat Prof. Dr. von Goebel ich an dieser Stelle für seine liebenswürdige Unterstützung und reichliche Anregung meinen ergebensten Dank sagen möchte; ebenso möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Oskar Loew für seine vielen Bemühungen und seinen freundlichen Rat in chemischen Fragen meinen besten Dank aus- sprechen. Literaturverzeichnis. Brefeld, Untersuchung über Schimmelpilze, Heft 3, 1877. Buller, Researches on Fungi. Ders., The Enzymes and Polyporus squamosus. Annals of Botany 1908, Vol. IL. Elfving, Studien über die Einwirkung des Lichtes auf die Pilze. &reen-Windisch, Die Enzyme. Massee, A Revision and the Genus Coprinus. Annals of Botany, Vol. X. Vines, Tryptophane in Proteolysis. Ibid. 1902, Vol. XVI. Ders., The Proteases and Plants. Ibid. 1904, Vol. XVIIE. Zellner, Chemie der höheren Pilze. Eingegangene Literatur. J) Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Begründet von F. Cohn, herausgegeben von F, Rosen. II. Bd, 2. Heft. Enthält: Fischer, Gefrieren und Er- frieren, eine physikochemische Studie; J. Lenz, Über den Durchbruch der Seitenwurzeln; F. Rosen, Die biologische Stellung der abessinischen Baum- lobelie. Mit'2 Tafeln. 2) I. M. Coulter and Ch. J. Chamberlain, Morphology of Gymnospermes. With 462 figures. The university of Chicago press 1911. 3) P. Gräbner, Taschenbuch zum Pflanzenbestimmen. Stuttgart, Kosmos, Gesell- schaft der Naturfreunde. Geschäftsstelle: Franekh’sche Verlagsbuchhandlung. Preis: M. 3,80. %) V. Haecker, Allgemeine Vererbungslehre, Mit 135 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tafeln. Verlag von F. Vieweg & Sohn. Preis: geh, M. 14,—, geb. M. 15, 5) A. Heimerl, Flora von Brixen a. E. Leipzig und Berlin, Verlag von Fr. Deuticke. Preis: M. 8,—. 6 H. K. Janssonius, Mikrographie des Holzes der auf Java vorkommenden Baumarten. 3. Lieferung. Mit 49 Abbildungen im Test. Verlag von E. J. Brill, Leiden. Preis: M. 6,—. %) 8. Killermann, Die Miniaturen im Gebetbuche Albrechts V. von Bayern (1574), ein Beitrag zur Geschichte der Insekten- und Pflanzenkunde. Mit 29 Tafeln. Strasburg, Verlag von J. E. Haig. 0. r. Kirchner, Blumen und Insekten, ihre Anpassungen aneinander und ihre gegenseitige Abhängigkeit. Mit 2 Tafeln und 159 Abbildungen im Test. Leipzig und Berlin, Druck und Verlag von B, G. Teubner. Preis: geh. M. 6,60, geb. M. 7,50. . 9 6. Kraus, Boden und Klima auf kleinstem Raume, Versuch einer exakten Behandlung des Standorts auf dem Wellenkalk. Mit einer Karte, 7 Tafeln und 5 Abbildungen im Text. Jena 1911, Verlag von G. Fischer. Preis: M. 8—. 10) Kryptogamenflora der Schweiz. Bd, III, Heft 2. Die Brandpilze der Schweiz von Prof. Dr. H. C. Schellenberg. Bern 1911, Druck und Verlag von K. I. Wyss. 11) Pharmakognostische Rundschau über das Jahr 1910. Berichte über die im Jahre 1910 periodisch erschienene Literatur aus dem Gebiete der Dorgenkunde und ihrer Hilfswissenschaften von W. Mitlacher, O0. Tunmann und M. Winekel. Wien I9il, Verlag der pharmaz. Post, Dr. Hans Hoyn. Preis: M. 8,—. Eingegangene Literatur. 12) O. Richter, Die Ernährung der Algen (Monographien und Abhandlungen zur internationalen Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie, Bd. II. Leipzig 1911, Verlag von Dr. Werner Klinkhardt. Preis: M. 12,— (M. 9,50 für die Abonnenten der „Internationalen Revue“). 18) 6. Roth, Die außereuropäischen Laubmoose beschrieben und gezeichnet, Bd. I (Andreaeaceae, Archidiaceae, Cleistocarpae und Trematodontese. Lieferung 3 und 4 mit Tafel XVII—XXXIJI. Verlag von C. Heinrich, Dresden. 14) C. K. Schneider, Nlustriertes Handbuch der Laubholzkunde. 10. Lieferung. Mit 91 Abbildungen im Text. Jena 1911. Verlag von G. Fischer, Jena. Preis: M. 5,—. 15) A. Schweighofer, Tabellen zur Bestimmung einheimischer Samenpflanzen und Gefäßsporenpflanzen. 14. Aufl. Wien 1911, Verlag von A. Pichler’s Witwe & Sohn. Preis: M. 1,60. 16) v. Tubeuf, Pflanzenpathologische Tafeln VII und VII. Stuttgart, Verlag von E. Ulmer. 17%) R. v. Wettstein, Leitfaden der Botanik für die oberen Klassen der Mittel- schulen. Mit 6 Farbdrucktafeln und 1024 Figuren in 218 Textabbildungen. 4. Aufl Wien 1911, Verlag von F, Tempsky. Preis: geb. M. 3,90. 18) Ders, Handbuch der systematischen Botanik. 2. Aufl, 2. Hälfte. Leipzig und Wien, Verlag von Fr. Deuticke. Druck von Ant. Kämpfe in Jens. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Vorträge über botanische Stammesgeschichte. Gehalten an der Reichsuniversität zu Leiden. Ein Lehrbuch der Pilanzensystematik von 3. P. Lotsy. Dritter Band: . Cormophyta Siphonogamia. Erster Teil. Mit 661 Abbildungen im Text. — Preis: 30 Mark, Früber erschien: Erster Band: Algen und Pilze. Mit 430 Abbildungen im Text. 1907. — Preis: 20 Mark. Zweiter Band: Gormopbyta zoidogamia. TBit 533 Abbildungen im Text, 1909. — Preis: 24 Mark. Botanische Jahrbücher, Bd. XLIV: In den letzten Jahrzenten hat das Studium der Archegoniaten teils durch entwick- lungsgeschichtliche Untersuchungen zahlreicher Forscher, teils durch wertvolle paläon- tologische Entdeckungen so große Fortschritte gemacht, daß eine CGresamtdarstellung dieser in phylogenetischer Beziehung uns ganz besonders interessierenden Pflanzen sehr wünschens- wert war. Lotsy hat nun mit weitestgehender Berücksichtigung aller einschläglichen Lite- ratur und immer unter Verfolgung phylogenetischer Fragen uns ein Handbuch geliefert, das entschieden Anerkennung verdient und jedem Fachbotaniker unentbehrlich ist, zumal aus den herangezogenen Schriften alle nur einigermaßen wichtigen Figuren kopiert sind. Soeben erschien: Die paläobotanische Literatur. Bibliographische Übersicht über die Arbeiten aus dem Gebiete der Paläobotanik, Berausgegeben von W. 7. Jongmans. Zweiter Band: Die Erscheimingen des Jahres 1909 und Iladıträge für 1908. Preis: 18 Mark. Früher erschien: Erster Band: Die Erscheinungen des Jahres 1908. — 1910. Preis: 7 Mark, Naturwissenschaftliche Rundschau, XXV. Jahrg., Nr. 43: BR “.. Verf, gibt in einem ersten Teile zunächst eine Aufzählung der in diesem Jahre erschienenen Arbeiten, wobei nicht nur solche rein paläobotanischer Natur berücksichtigt sind, sondern auch solche, die einen Vergleich rezenter und fossiler Pflauzen oder mehr speziell geologische Angaben bieten. Der zweite und umfassendere Teil des Werkes enthält so- dann eine systematische Inhaltsübersicht jener Schriften. Nicht nur werden hier die ein- zelnen Gattungen und Arten alphabetisch aufgeführt unter Beifügung des geologischen Horizontes ihres Vorkommens und Angabe des Fundpunktes und der Art, in der sie ihre Bearbeitung gefunden haben, sondern auch für jede geologische Formation findet sich eine Zusammenstellung dessen, was über die fossile Flora dieser Periode erschienen ist. VERLAG VON GUSTAYV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Flora der Umgebung der Stadt Säo Paulo in Brasilien Von Dr. A. USTERI ebemals Professor am Polytechnikum Säo Paulo. Mit 1 Karte, 1 Tafel und 72 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 7 Mark. Vorliegende Arbeit ist die erste systematische Bearbeitung der Flora von Säo Paulo. Sie wird wegen ihrer Eigenart und Reichhaltigkeit für weite Kreise der Botaniker und Geographen von Interesse sein. Die reiche Nilustrierung erhöht den Wert des Buches. Der erste Teil gibt einen Einblick in die pflanzengeographischen Verhälfnisse des Gebiets, während der zweite ein Bestimmen der in dieser Gegend wild wachsenden Pflanzen ermöglicht. Vor kurzem erschien: Die Anzucht tropischer Orchideen aus Samen Neue Methoden auf der Grundlage des symbiotischen Verhältnisses von Pflanze und Wurzelpilz. Von Dr. Hans Burgeff. Mit 42 Abbildungen im Text, — 1911. Preis: 3 Mark 50 Pf. Soeben erschien: Einführung in die Deszendenztheorie. Fünfunddreißig Vorträge von Karl Camillo Schneider, 3,0. Professor der Zoologie an der Universität Wien, Zweite erweiterte Auflage. Mit 3 Tafeln, 1 Karte und 182 teils farbigen Figuren, Preis: ® Mark 50 Pf, geb. 10 Mark 50 Pl . Eine objektiv gefaßte Einführung in die Deszendenztheorie ist für weite Kreise der Gebildeten ein Bedürfnis und. wird es bei der Wichtigkeit dieser Frage immer mehr. Den Vielbeschäftigten wird gerade dieses kurze reichgltige Werk willkommen sein, das über das ganz Bekannte bereits in wohltuender Weise hinausgeht. Die Frankfurter Zeitung {vom 25. "November 1906} sagt über die erste Auf- lage: „Schneiders Vorträge geben einen guten Überblick über den heutigen Stand der Abstammungsfrage: sie bieten in konzentrierter Form ein reiches Material dar- «.. Wer sich mit diesen Fragen schon etwas beschäftigt hat, wird mancherlei: An- regung finden; er. wird sich vor allem an der: Hand dieses Buches darüber orien- tieren, wie die einzelnen Unterprokleme der Deszandenztheorie ineinandergreifen und in welchem Verhältnisse sie zur Hauptfrage der Abstammung stehen.“ . '- WE” Diesem Hefte liegt ein bei von Julius Springer, Verlagsbuch- handlung in Berlin, betr. „Lindan, ohflora für Anfänger“. - "Ant. Kämpfe, Euchdruckerei, Jens. H H FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE | ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. DRITTER BAND. (DER GANZEN REIHE 103. BAND.) VIERTES HEFT. HERAUSGEBER: DR K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 83 ABBILDUNGEN IM TEXT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1911. * ERSCHIENEN AM 25. NOVEMBER 1911. Inhaltsverzeichnis. Seite HANNIG, E, Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filicinen nebst Bemerkungen über die systematische Bedeutung der- selben. Mit 8 Abbildungen im Text . . . - . 821—346 PIETSCH, WILHELM, Entwieklungsgeschichte des vegetativen. Thallus, insbesondere der Luftkammern der Riecien. Mit 21 Abbildungen im Text... - vorne . 347384 LUDWIGS, KARL, Untersuehungen zur Biologie der Bauen. Mit 54 Abbildungen im Text. . . - . nn. 385440 PEYER, W., Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe nn 4EL-478 Die „Elora“ erscheint in zwanglosen Heften. Je 4 Hefte im Gesamt- umfang von 30 Bogen (oder Ausgleich durch Tafeln) bilden einen Band. Preis jedes Bandes 20 Mark, VERLAG VoN GUSTAV FISCHER N JENA. Veröffentlichungen des Reichskolonialamts Die Baumwollfrage Denkschrift über Produktion und Verbrauch von Baumwolle Maßnahmen gegen die Baumollnot 1911. Preis: 7 Mark 50 Pf. Koloniale Zeitschrift, Nr. 13 vom 24. März 1911: In vier Kapiteln wird die gesamte Baumwollfrage nach allen Richtungen hin auf das eingehendste untersucht und besprochen. Nicht weniger als 20 Anlagen, welche die Seiten 151 bis 341 einnehmen, dienen zur Erläuterung des in den vorhergehenden vier Kapiteln Gesagten. .... Wir haben den Inhalt des vorliegenden Buches deshalb so aus- führlich wiedergegeben, weil es uns von allen Denkschriften, welche das Reichs- kolonialamt bisher veröffentlicht hat, die wichtigste und vollständigste zu sein scheint. Wer immer sich mit der Baumwollfrage beschäftigt, als Baumwollhändler, Spinner oder Weber, als Arbeiter oder Fabrikant, als Baumwollproduzent oder Konsument, vor allen Dingen aber die amtlichen Stellen, welche sich mit der Baumwollfrage zu beschäf- tigen haben, sie werden nicht an diesem Buche vorbeigeken können und sie werden über alle Fragen, die sich ihnen aufdrängen, Antwort und Belehrung finden. we. 2: Die Forstwirtschaft im Schutzgebiet Togo Von Oberförster Metzger Mit 1 Übersichtskarte und 2 Plänen im Text 1911. Preis: 3 Mark 60 Pr. Soeben erschien: Lehrbuch der Protozoenkunde Eine Darstellung der Naturgeschichte der Protozoen mit besonderer Berücksichtigung der parasitischen und pathogenen Formen Von Dr. F. Doflein a. 0. Professor der Zoologie an der Universität München Dritte sterk vermehrte Auflage Mit 951 Abbildungen im Text. — XII und 1043 Seiten. gr. 8° Preis: 26 Mark 50 Pf., geb. 29 Mark. ! t ‘ i ! j j Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen nebst Bemerkungen üher die systematische Bedeutung derselben. Von E. Hannig, (Mit 8 Abbildungen im Text.) Trotz der weiten Verbreitung der Tapeten bzw. Periplasmodien sind echte Perisporien bisher nur für die Hydropteriden und Equisetaceen nachgewiesen, sie fehlen mit Sicherheit bei allen Lycopodiaeeen und Ophioglossaceen, ferner bei den Moosen, Cycadeen, Koniferen und Angio- spermen. Für einen Teil der Pteridophyten, die Eufilicinen, stehen aber entscheidende Untersuchungen noch aus (Hannig 1911, IM). Es wird allerdings in den neueren Handbüchern (Sadebeck 1902, pag. 14, Campbell 1905) angegeben, daß ein Endospor, Exospor und Perispor vorhanden sei. Diese Angabe beruht aber, wie unten ge- zeigt werden soll, auf irrtümlicher Auffassung des Baues der fertigen Spore. Die Entwieklung der Sporenmembran der Eu- Hlieinen ist überhaupt nur selten Gegenstand speziellerer Unter- suchungen gewesen. Aus der Arbeit von Fischer von Waldheim (1865) ist zu ersehen, daß bei Cibotium die Sporentetraden fast bis zur Reife in den Sporenmutterzellen eingeschlossen bleiben. Eine direkte formative Beteiligung des Periplasmas am Aufbau der Sporenhülle, mit anderen Worten, die Entstehung eines Perispors, ist demnach hier aus- geschlossen. Dagegen zeigen Fischer’s Abbildungen der Sporen von Scolopendrium offieinarum und Aspidium filix mas kom- pliziert gebaute äußere Hüllen, die bei Scolopendrium als darch- löchert, bei Aspidium als flügelartig abgehoben bezeichnet werden und ganz den Eindruck erwecken, als seien es echte Perisporien, wie sie unten für Aspidium trifoliatum beschrieben werden sollen, Einige Daten über die Entwicklung der Osmunda-Sporen hat Kny (1872) gegeben und an den Sporen eine Exine und eine Intine, kein Perispor, verzeichnet. Etwas ausführlicher hat im gleichem Jahre Russow (1872) die Entstehung der Sporenmemhran von Polypodium vulgare verfolgt. Nach ihm bleiben (vgl. seine Fig. 112, Tafel VI) die Sporen dieses Farnkrautes (wie nach Fischer von Waldheim diejenigen von Cibotium) fast bis zur völligen Reife von den Sporenmutterzellen um- schlossen. Wenn sie ca. ®/, ihrer definitiven Größe erreicht haben, wird * Flora, Bd. 168, 22 322 E. Hannig, ihre Oberfläche uneben und erzeugt allmählich warzenartige Erhebungen auf dem Exospor. Danach kann auch bei Polypodium vulgare kein Perispor vorhanden sein. Russow gibt nun an, daß Polypodium Phyllitidis und Aspidium filix mas sich ebenso verhalten. Nach der zitierten Abbildung von Fischer von Waldheim und weiterhin mitzuteilenden eigenen Beobachtungen trifft diese Annahme bezüglich Aspidium filix mas nicht zu. — Die ausführlichsten Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Farnsporen hat Tschistiakoff in einer ausgedehnten, aber von den späteren Autoren übersehenen Arbeit, niedergelegt (1873, 1874. Er gibt an, daß die Polypodiaceen, ausgenommen P. aureum, drei Membranen besitzen (1875, pag. 2): 1. ein Perispor (von ihm Epispor genannt), das mit einem braunen Farbstoff imprägniert, aber nicht kutikularisiert ist; 2: ein Exospor, das aus zwei oder drei Schichten besteht, kutikularisiert ist und niemals (vom ersten Auftreten an) Zellulosereaktion gibt; 3. ein farbloses, aus Zellulose be- stehendes Endospor. Über die Entstehung des Perispors bei Aspidium talcatum schreibt Tschistiakoff (1874, pag. 87): „Les spores se prösen- tent comme enveloppees d’une couche unie plasmatique, trös faiblement attachde & la membrane de la spore. Avec l’apparition de T’huile la couche exterieure de cette enveloppe dureit et prend deux contours, et tandis qu’auparavant cette substance toute entiöre se ramollit et se detruit sous Vinfluence de la potasse caustique, maintenant cette couche exterieure est si solide quelle resiste trös bien & l’influence de cet agent. — Bientöt, et avec telle rapidit6 que je n’ai pas pu saisir le proced6, cette ouche fornıe des plis irr6guliers et l’endureissement de cette substance s’avance jusqu’& la membrane propre de la spore.“ Die Sporen entwickeln sich also hier nicht wie bei Cibotium und Polypodium vulgare noch innerhalb der Sporenmutterzellen, sondern sind sehr früh in das Peri- plasma eingebettet, aus dem die faltige äußere Hülle gebildet werden soll. — Später haben noch H. Fischer (1891) und Kny (1895) Angaben über den Bau der Farnsporenmembran gemacht. H. Fischer nimmt an, daß in gewissen Fällen die äußerste Hülle ein Perispor ist und stellt nun, je nach der Ausbildung des Exospors (ob glatt, stachelig, mit Netz- struktur usw.) und dem Fehlen oder Vorhandensein des Perispors 10 Gruppen von Farnsporen auf, für deren jede er einige Vertreter angibt. Kıny beschreibt die Entwicklung der Sporen von Aspidium filix mas und den Bau des in Falten abgehobenen Perispors, ohne aber die Entwicklung des letzteren zu verfolgen. Ferner gibt, wie schon erwähnt, Sadebeck in der Bearbeitung der Filices in Engler-Prant!’s Natürl. Pflanzenfamilien (1902) an, daß die Farnsporen ein Endospor, Exospor und Perispor be- u Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 323 sitzen. In der zugehörigen Textfigur bildet er aber als Beleg dafür die Spore von Polypodium vulgare ab, von der schon Russow gezeigt hatte, daß sie kein Perispor besitzen kann und bezeichnet als Perispor (bei ihm Epispor) eine Lamelle, von der im zweiten Teil dieser Unter- suchung gezeigt werden wird, daß sie die äußerste Lamelle des Exospors darstellt. Die Angaben Campbell’s (1905) gründen sich anscheinend auf die zitierte Abbildung von Sadebeck. Luerssen schließlich (1884, pag. 25) und Lotsy (1909 pag. 18) sprechen nur von einem Exospor und Endospor. Da also, wie sich aus der Übersicht der Literatur ergibt, die Entwick- lung der Sporenmembran der Eufileinen nur unvollständig verfolgt ist und somit die Frage, ob ein Perispor vorkommt oder nicht, noch offen ist, war es nötig, die Entstehung der Sporenmembran einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Es wurden zu diesem Zwecke zwei Beispiele aus den Polypodiaceen herausgegriffen, die als Vertreter der beiden Sporentypen der Eufilieinen gelten können, Aspidium trifoliatum und Polypodium aureum. Von diesen beiden Farnen besitzt das erste eine besonders auffällige, weit abgehobene, stark faltige äußere Hülle und darunter ein Exospor, das dicht mit feinen, spitzen Stacheln besetzt ist, während das andere nur ein warziges Exospor aufweist. Die Sporenentwicklung wurde teils an frischem Material, teils an Sporangien, die mit Juel’scher Lösung (1907) oder Alkohol fixiert waren, verfolgt. Mikrotomschnitte fanden hauptsächlich zum Studium der jüngeren Entwieklungsstadien Verwendung, bei älteren war, wie neben- bei bemerkt sei, ein Eindringen des Paraffins in die Annuluszellen nur mit Chloroform (nicht mit Xylol oder Äther) als Lösungsmittel zu er- reichen. 1. Aspidium trifoliatum. Bau der reifen Spore. An der Sporenhülle sind zwei Haupt- teile zu unterscheiden: 1. die eigentliche Sporenmembran, das Exospor; 2. das weitabstehende Perispor. Das Exospor ist regelmäßig ellipsoidisch, dicht mit feinen Stacheln besetzt, das Perispor stellt einen weit ab- stehenden, stark und unregelmäßig gefalteten Mantel dar, der aus einer 1) Tschistiakoff (1874, pag. 75 und 1875, pag. 2}, Fischer (1891, pag. 130) und Sadebeck (1902, pag. 14) geben an, daß die Farnsporen auch ein Endospor besitzen. Es handelt sich aber dabei wohl nur um die innerste der drei Schichten des Exospors, die nach meinen Beobachtungen (an Aspidium trifoliatum und Poly- podium aureum) von vornherein als Differenzierung des Exospors vorhanden ist und nicht erst nach Anlage des Exospors als selbständige Lamelle entsteht, 22 324 E. Hannig, feinkörnigen, dünnen, durchscheinenden Membran besteht, die auf ihrer Außenseite vereinzelte Stacheln tragen kann. Beide Hüllen sind an den reifen Sporen braun gefärbt. Die Länge der äußeren Hülle, des Perispors, schwankt zwischen 50 und 65 «, die Breite zwischen 40 und 48 u, die Durchmesser der inneren Spore des Eixospors liegen zwischen 30 und 40 u. Das ca. 1-5 „ dicke Exospor ist dicht mit ungefähr 2 » langen Stacheln besetzt und trägt auf einer etwas abgeflachten Längsseite eine 2—3 « hohe Dehiszenzleiste, Das Exospor ist so dünnn, daß man auch an Gummiglyzerin- schnitten nicht mit Sicherheit eine Differenzierung erkennen kaun. Mit Immersionssystem stellt sich der Querschnitt der Membran als heller Streifen dar, der beiderseits von einer dunklen Linie begrenzt ist. Wahr- scheinlich entspricht dieses optische Bild der chemischen Differen- zierung der Membran, die sich am besten in jüngeren Stadien auf folgende Weise zur Anschauung bringen läßt: Sporen aus einem Sporangium, dessen Annuluszellen erst schwach gelb gefärbt sind, werden zuerst mit Chlorzinkjod behandelt, wobei sich das Exospor braun färbt. Setzt man dann H,SO, konz. zu, so schmelzen so- gleich die mit Jod braun gefärbten Plasmareste weg, dann schwillt die Spore plötzlich zu einer Kugel von Fig. 1. Aspidium trifoliatum. a und 5 reife Sporen mit stacheligem Exospor und sackartig abgehobenem, durchschei- nendem Perispor; Vergr. 1:450. e Teil der Sporenmembran vergrößert; Zx Exo- spor mit drei Lamellen und Stacheln; 2sD gefaltetes Perispor. d Verquellung des Exospors in J4-H,80,; / Fäden, welche die innere und äußere Lamelle verbinden. 1!/,mal größerem Durchmesser an. Dabei hebt sich ein’ dünnes äußeres Häutchen von einer in- neren Lamelle des Exospors ab. Dieses Häutchen ist einen Augen- blick violett gefärbt, zeigt also vor- übergehend Zelluiosereaktion und bedeckt sich schließlich unter Ver- lust der Violettfärbung mit zahlreichen, winzig kleinen Jodkristallen. Die innere Lamelle bleibt anfangs farblos, später nimmt sie, ebenso wie die äußere, intensiv braungelbe Färbung an. Das Auseinanderrücken der beiden Lamellen beruht auf dem Verquellen einer zwischen ihnen liegenden Substanz, Das zeigt sich, wenn man die Sporen 1—2 ieh este aaa Zn 1 Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 325 Stunden in J+H,SO, konz. liegen läßt. Man sieht dann, daß die beiden Lamellen durch feine Fäden miteinander verbunden sind, die von der verquollenen Substanz herrühren und schwach gelb gefärbt er- scheinen (Fig. 14). Diese drei Lamellen können auch bei reifen Sporen auf etwas anderem Wege nachgewiesen werden. Die Sporen werden zu diesem Zweck längere Zeit (12-18 Stunden) mit H,SO, konz. be- handelt, mit Wasser ausgewaschen,mit Eau de Javelle entfärbt und mit verdünnter (1°/,iger) HCl neutralisiert. Wenn dann Chlorzinkjod zugesetzt wird, quillt das Exospor und läßt drei scharf charakterisierte Schichten erkennen: eine dünne äußere, von der die Stacheln entspringen, eine verquollene mittlere und eine innere Lamelle, die sich in feine Falten legt. Alle drei Lamellen färben sich braun. Die angeführten Reak- tionen sprechen für eine Art Kutisierung der innersten und äußersten Lamelle des Exspors; in der äußersten sind außerdem noch Spuren von Zellulose nachzuweisen. Das körnige, in gleicher Weise wie das Exspor braungefärbte Perispor läßt sich chemisch ebenfalls nicht scharf charakterisieren, Es erleidet im Wasser, Glyzerin, H,SO, konz. (bis 24 Stunden), Chloral- hydrat und KOH keine Veränderung. Bei Behandlung mit J-+H,S0, nimmt seine Färbung einen dunkleren Ton an. Dagegen löst es sich in 50 °/,iger Chromsäure schon nach 1—-1Y/, Stunden vollständig auf und wird ferner durch Eau de Javelle zerstört, Läßt man die Spore ca. 1 Stunde in dem letztgenannten Reagens, dann wird sie entfärbt, bleibt im übrigen aber (mitsamt den Stacheln) scheinbar unverändert. Setzt man aber jetzt Wasser zu, dann zerfließt das Perispor sofort, während die Lösung desselben ohne Behandlung mit Wasser erst nach 3—6 Stunden stattfindet. Der braune Farbstoff, der Exospor und Perispor in gleicher Weise imprägniert, scheint mit dem Vagin A. Meyer’s!) verwandt zu sein. In Chloralhydrat, KOH und verdünnten Säuren bleibt der Farbstoff auch nach mehrtägiger Einwirkung der Reagentien unverändert, in H,SO, schlägt das Braun des Perispors nach etwa eintägiger Behandlung in 1) Bäsecke (1908, pag. 57) gibt für diese Substanz folgende Reaktionen an: 1, Schwefelsäure wirkt auch nach tagelanger Behandlung nicht auf die braunen Membranen ein. 2. Chromsäure greift die braunen Membranen an und löst sie nach einiger Zeit. 3. Eau de Javelle löst den braunen, häufig fast schwarzen Farbstoff meist schon nach. kurzer Einwirkung heraus, 4. Alkoholische oder wösserige Kalilauge, auch in erhitztem Zustande, verändern die braunen Farbstoffe in den Membranen nicht. 5. Eisenchlorid verursacht eine Schwärzung der Membranen. 326 E. Hannig, rotbraun um, läßt sich aber nicht entfernen. Nur Eau de Javelle zer- stört den Farbstoff. Die Bleichung beginnt nach 2—3 Stunden, Kuti- kula-, Holz- usw. Reaktionen lassen sich aber dann nicht mehr anstellen, da, wie erwähnt, die Perisporien beim Auswaschen sofort zerfallen. Die von A. Meyer angegebene Reaktion mit Eisenchlorid tritt ebenfalls ein, ist aber wenig ausgesprochen. Entwicklung der Sporenmembran. Die ersten Entwicklungs- stadien der Sporangien wurden an Mikrotomschnitten verfolgt. Da sie aber bis zur Ausbildung des Periplasmodiums gegenüber der Beschrei- bung bei Kny nichts Neues bieten, brauchen wir hier auf die Einzel- heiten der Zellbildung nicht weiter einzugehen. Der einzige Punkt, der während dieser Entwicklungsperiode für uns Bedeutung hat, ist das Verhalten der Sporenmutterzellen. Wir haben sehon in der Einleitung hervorgehoben, daß bei manchen Filices die Entwicklung der Sporen noch innerhalb der Sporenmutterzellen fast vollständig abgeschlossen wird und deshalb von einer formativen Be- 'teiligung des Periplasmodiums am Aufbau der Sporenmembran nicht die Rede sein kann. Bei Aspidium trifoliatum konnten an dem fixierten Material nach Bildung der Tetraden nur einmal Sporenmutterzeilwände aufgefunden werden, sonst war nie eine Spur davon zu sehen. Die Membran der Sporenmutterzellen wird also sehr hald aufgelöst und ist sonst nur in den jüngsten Entwicklungsstadien vorhanden. Sobald die Sporen eine erkennbare eigene Membran haben, sind sie isoliert "und allseitig vom Periplasmodium umgeben. Aus der Existenz eines Periplasmodiums können wir nun nicht ohne weiteres auf die Bildung eines Perisporiums schließen. Es wurde schon hervorgehoben, daß die Lyeopodiaceen, Ophioglossaceen und Pollenkörner der Gymnospermen und Angiospermen kein Perispor be- sitzen, obwohl sie ein typisches Periplasmodium ausbilden. Es ist da- her in jedem Falle speziell zu untersuchen, ob. das Periplasmodium die Bausteime zu der äußersten Sporenhülle direkt liefert, oder ob es nur, direkt oder indirekt, eine von dem Exospor stammende Lamelle ernährt und dadurch zu starkem Wachstum befähigt. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil die Anlage des Perispors im allge- meinen ein Häutchen darstellt, das in seinen Anfängen bis auf eine nieht mehr erkennbar dünne Schieht: zurückgehen kann. Findet man also als erste nachweisbare Anlage der äußersten Sporenhaut eine sehr feine vom Exospor abstehende Lamelle, so darf man daraus noch nicht ohne weiteres folgern, daß diese Lamelle vom Periplasma gebildet ist. Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 327 Nur wenn die Verhältnisse besonders günstig liegen, wie bei Aspidium trifoliatum und Polypodium aureum läßt sich, wie wir sehen werden, die Frage nach dem Ursprung der äußeren Sporenhülle zur sicheren Entscheidung bringen. Das Studium lebenden Materials führte bei Aspidium trifoliatum allerdings nicht zum Ziel. In gewissen jüngeren Stadien, in denen innerhalb der Sporen die Ausscheidung größerer Öltropfen beginnt, ist das Periplasmodium der Hauptmasse nach dünnflüssig, nur um die Sporen zieht sich ein sehr feiner Saum einer zähflüssigen Substanz, die "nieht überall gleichmäßig diek aufgelagert zu sein scheint. Bei der Zartheit der Schicht ist aber nicht zu entscheiden, ob ein geschlossenes Häutchen oder nur hängengebliebenes Periplasma vorliegt. Der Peri- plasmaüberzug wird bei Zusatz von Chlorzinkjod körnig und färbt sich wie das junge Exospor dunkelgelb. Es liegt auf der Hand, daß unter solchen Umständen nieht festzustellen ist, ob der hyaline Saum um die Spore einer Vergquellung des Exospors oder einer Ausscheidung aus dem Periplasma seinen Ur- sprung verdankt. Anders liegen die Verhältnisse, wenn statt des frischen Materials fixierte Sporangien untersucht wer- den. Hier zeigt sich, daß in Sporangien, deren An- nulus kaum gelbliche Wan- dungen besitzt, die Peri- plasmasubstanz zu schali- gonHüllenumdieeinzelnen fig, 2. Aspidium trifoliatum. Schnitt durch ein S i i i fixiertes junges Sporangium. ex Exospor, va Va- poren koaguliert ist, die kuolenhaut, 2X Periplasmodiumkerne, Ps dünn- dichtaneinanderliegen (Fig. flüssiges Periplasma. 32). Die Zwischenräume zwischen den Schalen schließen zerstreute Plasmaflocken und außerdem auffallend große Plasmodiumkerne ein (Fig. 2). Die erwähnten Schalen sind nach der ven der Spore abgewendeten Seite durch die körnigen Ausfällungen des Periplasmas rauhı (Pig. 3scA in 5 und r). während sie nach der entgegengesetzten Seite von einer scharfen dünnen Lamelle, die man als Vakuolenhaut bezeichnen muß, begrenzt sind (Fig. 27% und Fig. 3 v% in 5 und c}. Diese Vakuolenhaut scheint anfangs homogen ‚328 E. Hannig, zu sein — wenigstens lassen sich körnige Einschlüsse wegen des an- grenzenden körnigen Plasmas nicht einwandsirei nachweisen — und ist so spröde, daß sie beim Schneiden (Handschnitte durch das Sporangium) oft in zahlreiche Schalenstücke zerbricht (Fig. 35 und ce). Sie ist an den fixierten Präparaten deshalb besonders scharf zu erkennen, weil Spore und Periplasma weit von einander abgesetzt sind (Fig. 2). Dieser Umstand ist zugleich entscheidend für die Beurteilung der Herkunft des genannten Häutchens.. Wäre das Häutchen ein Abspaltungsprodukt des Exospors, dann müßte es an fixierten Anfangsstadien entweder am Exospor anliegen oder würde höchstens hier und da in geringem Abstand oder gefaltet auf dem Exospor aufsitzen und vom Periplasma getrennt sein, Das ist aber nicht der Fall. Das Häutehen steht vielmehr in der ersten Zeit seines Auftretens überall in organischem Zusammenhang mit dem stark kontrahierten Periplasmodium und löst sich, wie wir sehen werden, erst spät von diesem los. Es zeigt ferner auch insofern Über- einstimmung mit dem Periplasmo- dium, als beide in Eau de Ja- velle innerhalb weniger Minuten gelöst werden, während dasExo- spor keine Ver- änderung erken- nen läßt. Umge- Fig. 3. Aspidium trifoliatum. kehrtist dasExo- a Sporenkomplex aus einem fi- spor in 3,80, xzierten jüngeren Sporaugium, die einzeinen Sporen schalenartig von verdichtetem Plasma umhüllt. 2 - Schnitt durch ein frisches (nicht ", konz. quellbar, ” die Perispor- es anlage dagegen 8 fixiertes) Sporangium. ce Desgl. durch ein fixiertos Sporangium, nicht. Mit Jod ex Exospor, sch & aus verdichtetem Peri ’h Va- a R Fi Bor kuolenhant m Poriplasma, os Va färben sich Peri- plasmodium und Perisporanlage gelb, in Millon’schem Reagens bleiben sie beide un- verändert (nur der Sporeninhalt wird schwach violett). Die Perispor- anlage stimmt also in ihren Eigenschaften mit dem Periplasmodium, nicht mit dem Exospor, überein, was als weitere Stütze dafür gelten kann, daß die Anlage eine Verdichtung des Periplasmodiums nicht eine Abspaltung des Exospors darstellt. i ! i 1 Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 329 Es lag nahe, den Versuch zu machen, ob die „Vakuolenhaut“ nicht auch mittels Plasmolyse sichtbar gemacht werden könnte. Diese Methode ist aber nicht anwendbar, da die Sporangien zu undurchsichtig erscheinen, als daß man nach Plasmolyse feinere Strukturen im Peri- plasma erkennen könnte; und wenn die Sporangien erst einmal ge- waltsam geöffnet sind, ist der Inhalt so weit zerstört, daß sich keine Plasmolyse mehr erzielen läßt. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Beobachtungen am frischen und am fixierten Material können wir also sagen, daß das Periplasma um jede einzelne Spore herum eine relativ dichte homogene Vakuolenhaut ausscheidet, während der Rest des Periplasmodiums aus einer dünnflüssigeren Substanz besteht, die beim Fixieren als stark körnige Masse ausfällt und sich zum größten Teil um die Spore herum anhäuft. Auf der Oberfläche der Vakuolenhaut treten des weiteren zahl- reiche Mikrosomen auf, die man an lebenden Plasmodien in ein- bis zweifacher ungefärbter Schicht schalenartig um die Spore lagern sieht (Fig. 35 in sch). Diese Schalen sind von überraschend fester Be- schaffenheit, denn auch bei vollständigem Zerdrücken der Sporen bleiben sie in zusammenhängenden Bruchstücken erhalten. Unter dieser Körnerschicht erkennt man die Vakuolenhaut, die nach innen voll- ständig scharf konturiert ist, gegen die Körnerschicht dagegen nur un- deutlich abgegrenzt. erscheint (Fig. 3). Im weiteren Verlaufe der Entwicklung wird die Vakuolenhaut feinkörnig, wobei die eben genannten Mikrosomen eine Rolle spielen dürften, da sie während dieser Umwandlung der Vakuolenhaut ver- schwinden. Man kann jetzt die Sporen zuweilen mit diesem fein- körnigen Häutchen und mehr oder weniger anhängenden Plasmodium- resten frei präparieren, d. h. von dem Periplasmodium, mit dem es bisher fest verbunden war, abtrennen. Das deutet darauf hin, daß wir es hier mit einem Stadium zu tun haben, in dem die Vakuolenhaut im Begriffe ist, sich von dem Periplasma als selbständige Lamelle los- zulösen. In älteren Sporangien, sowohl in frischen wie in fixierten, ist dieser Ablösungsprozeß vollzogen und die Spore fällt mitsamt ihrer periplasmatischen Hülle aus dem Periplasmodium heraus. Auch jetzt "ist diese Hülle noch so dünn, daß es nicht immer möglich ist, sie mit Sicherheit im. optischen Schnitt durch die Spore zu definieren. Bei der Oberflächeneinstellung dagegen ist sie auch in diesem Stadium. leicht als körniger Überzug erkennbar. 330 E. Hannig, Der nächste Schritt in der Ausbildung der Spore ist durch ein im Verhältnis zum Exospor stark beschleunigtes Wachstum der Peri- sporanlage charakterisiert, das allmählich zur Ausbildung der stark ab- gehobenen sackartigen Hülle führt. Es lassen sich alle Stadien von dem ersten Auftreten feiner Fältchen, bis zu dem definitiven ‚weit ab- stehenden und zugleich stark und unregelmäßig gefalteten Mantel auf- finden (Fig. 4«, d, c). Der Mantel geht dabei aus dem feinkörnigen, farblosen langsam in den grobkörnigen, braungefärbten Zustand über. Von Interesse ist bei diesen Vorgängen nur noch die Frage nach der Entstehung der Stacheln auf dem Exospor und dem Perispor. Über- raschenderweise treten die Stacheln auf dem Exospor erst sehr spät auf. Man findet Sporen mit schon fast fertigem Perispor, an deren Exospor noch keine Spur von Stacheln zu erkennen ist (Fig. 5). Später kann man am Exospor kurze dünne nadelartige Auswüchse beobachten, die allmählich länger und dicker werden. Die Stacheln sind offenbar Fig. 4. Aspidium trifoliatum. Be- i der Perisporentwicklung. er Exospor, #5 Perispor, f junge Falte an ec im Profil, & Dehiszenzleiste. Fig. 5. Aspidium trifolatum. Spore in. der Entwieklung. Perispor (2s?), schon fast fertig, auf dem Exospor (ex), aber noch keine Stachein angelegt. ‚ fe Fettkügelehen, die in der reifen Big. 4. Spore verschwinden. anfangs weich, denn sie sind an Präparaten jüngerer Sporen häufig nach allen Seiten hin verbogen, während sie an dem reifen Exospor stets regelmäßig radial gerichtet und gerade sind. H. Polypodium aureum. Bau. Die Sporenhüllen von P. aureum (Fig. 6) lassen auf den ersten Blick erkennen, daß sie zu einem anderen Typus gehören wie diejenigen von Aspidium trifoliatıın. Sie stimmen in ihrem Bau mit den | ! ! Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filicinen usw. 331 eingangs genannten Sporen von Cibotium, Osmunda und Polypodium vulgare insofern überein, als ihnen im Gegensatz zu Aspidium trifolia- tum eine abstehende äußere Hülle (Perispor) vollständig fehlt. Bei Cibotium hat Fischer von Waldheim (1865), bei Polypodium Russow (1876) festgestellt, daß die Sporen sozusagen bis zur fertigen Ausbildung der Membran in der Sporenmutterzelle eingeschlossen bleiben. Es ist bei diesen Sporen daher ohne weiteres klar, daß kein Perispor vorhanden sein kann. Bei P. aureum liegen die Verhältnisse insofern etwas anders, als die Sporenmutterzellmembran verhältnismäßig früh aufgelöst wird. Des- halb und ferner, um durch die Gegenüberstellung die Sachlage bei As- pidium trifoliatum deutlicher hervortreten zu lassen, sollen Bau und Entwicklung der Sporenmembran von P. aureum hier noch eine kurze Besprechung erfahren. Das Exospor von P. aureum ist mit groben abgeflachten Warzen bedeckt, die im Flächenbild unregelmäßig in- einanderfließende tropfige Auswüchse, im Längsschnitt große ebenfalls un- regelmäßige Höcker bilden. Schnitte durch Gummiglyzerinpräparate zeigen vor allem, daß die Sporenmembran sehr viel dieker ist wie bei Aspidium trifo- liatum. Daher kann man auch hier leicht erkennen, daß die Sporenhülle eine ein- heitliche, aber in drei Lamellen diffe- renzierte Membran darstellt. Von den drei Schichten erweist sich die innere schwach, die äußere stark kutisiert, die mittlere als zellulosehaltig, wie aus fol- Fig. 6. Polypodium aureum. . N Reife Spore von der Fläche, genden Reaktionen hervorgeht: Mit Chlor- Bixospor 1 Durchschnitt (Gummi- inkj i i ie ä i Ayzerin); < innere, z2 mittlere, ar zinkjod färben sich die äußere und innere av a alle = Das Haospor Lamelle gelbbraun, die mittlere schmutzig nach */, ständiger Behandlung mit i inlö 50 %/,iger Chromsäure. Die innere violett. Cyaninlösung (20 Tropfen alkoh. und’ Außer Lamelle treten scharf Lösung auf 100 cem Aq.) wird von der hervor, die mittlere ist aufgelöst, äußeren Lamelle stark gespeichert, wäh- Vergr. 1: 600. rend die innere nur ganz schwache Fär- bung erkennen läßt. KOH wandelt die vorher farblose äußere Lamelle momentan in ein intensiv zitronengelbes Häutchen um, die innere da- 332 E. Hannig, gegen nieht. Bei Sporen, die 12 Stunden in H,SO, konz. gelegen hatten, bleibt die äußere Lamelle unverändert, während die beiden inneren scheinbar verschwinden. Nach Auswaschen der H,SO, und Behandlung mit Eau de Javelle wird aber auch die innere Lamelle wieder sichtbar und erscheint jetzt stark gequollen. Wird dann das Eau de Javelle mit 1°/,iger HCl neutralisiert, dann färben sich alle drei Lamellen in Chlorzinkjod gelb, Sudan, Saffranin und Ziehl’sches Fuchsin wird von der äußeren Lamelle besonders stark gespeichert, Über- raschend ist das Bild nach Behandlung mit 50 %/,iger Chromsäure. Es spaltet sich die äußere Lamelle nach ca. 1/, Stunde infolge Auflösung der mittleren Lameile von der inneren ab (Fig. 6.) und bleibt nach 12 bis 16 Stunden als scharf konturiertes Häutchen allein übrig, während die beiden anderen völlig verschwunden sind. In Ohromschwefelsäure lösen sich die beiden inneren Lamellen ebenfalls. Typische Kutikularisation zeigt also nur die äußere Exospor- lamelle, die Imprägnierung der inneren kann man nur als kutikula- artig bezeichnen. Eine Hülle, die wie das Peri- spor von Aspidium trifoliatum in uX Eau de Javelle löslich ist, fehlt bei Polypodium aureum ganz. In chemischer Beziehung ent- a spricht demnach die einzige vor- handene Membran der Polypodium- Spore dem Exospor von Aspidium IS trifoliatum. Entwicklung der Spo- g renmembran. Junge Sporen von 20 bis 28 » Länge, die noch Fig. 2. Polypodium aureum. = 8 in Tetraden beisammen liegen, tetrade. Jo zwei Sporen liegen gelkranzt, besitzen sehr dünne, vollständig die feine Wellung der Membran stellt glatte Membranen, an denen den Beginn der Wearzenbildung dar. = = ri N - & etwas älteres Stadium, läßt den Beginn keinerlei Differenzierung zu er der Warzenbildung deutlicher erkennen. kennen ist!. Die Membranen D) Es herrscht noch vielfach die Annahme, daß bei den in Rede stehenden Farnen die Sporenmutterzellen durch zwei aufeinander senkrecht stehende Wände in Tetraden zerfellen, und daß die Dehiszenzleisten an den Sporen den Kanten entsprechen, an denen die vier jungen Sporen aneinander stoßen. Fig. 7= zeigt, daß des nicht der Fall ist, da stets die zwei Sporenpsare einer Mutterzello ? Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 333 zeigen in etwas älteren, ebenfalls noch in Tetraden vereinigten Sporen eine sehr feine Wellung (Fig. 7@). Eine Schichtung läßt sich auch jetzt weder durch Färbung noch durch Quellungs- oder Lösungsmittel nachweisen. Man sieht aber bei Einstellung der Oberfläche, daß die Wellungen den späteren Warzen entsprechen (Fig. 75). Erst wenn die Warzen in der Flächenansicht deutlicher geworden sind, läßt sich eine Differenzierung der Membran in je eine sehr feine innere und äußere und eine dickere mittlere Schicht feststellen. Alle drei Schichten färben sich mit Chlor- zinkjod gelb. Durch lokales Wachstum der mittleren Schicht entstehen dann die Warzen, die anfangs ziemlich gleichmäßig rundlich, später mehr abgestutzt und durch schärfer eingeschnittene Buchten getrennt sind. Dieser Entwicklungsgang zeigt in unzweideutiger Weise, daß die Sporen von Polypodium nur ein Exospor, kein Perispor besitzen. IL. Systematische Bedeutung der Sporenhülle. Da nach Russow Polypodium vulgare und P. Phyllitidis so gebaut sind wie P. aureum und andererseits nach Tschistiakoff und Kny Aspi- dium faleatum und A. filix mas wie A. trifoliatum ein Perispor besitzen, lag es nahe, zu prüfen, ob das Fehlen bzw. Vorhandensein eines Peri- spors dieser Farnpflanzen zur Charakteristik der beiden Gattungen gehöre oder nicht und zutreffendenfalls, ob dieses Merkmal vielleicht allgemein bei den Jeptosporangiaten Filicinen von Wert sein könne, Bei der noeh immer an vielen Stellen vorhandenen Unklarheit über die verwandtschaftliche Verknüpfung der Farngruppen muß jedes Merkmal, das auf phylogenetische Beziehungen schließen läßt, willkommen sein. Nachdem die ersten Pteridologen (0. Swartz 1806, C. Schkuhr 1809, C. B. Pres! 1836 und besonders V. J. Hooker und J. G. Baker 1868) die Farne ausschließlich nach der Gestalt und Lage des Indusiums geordnet hatten, war vor allem von Mettenius (1856 und a. a. O.) darauf hingewiesen worden, daß der gesamte Aufbau der Farnpflanzen zur Auffindung einer natürlichen Grundlage für das System der Ferne heranzuziehen sei, Daraufhin wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte die Anordnung der Gefäßbündel (Presi 1836, Met- tenius 1856, Kuhn 1882, Tansley 1907—1908, Bower 1908) im Stamm und in den Blattstielen, die Blattnervatur (Mettenius 1856), miteinander gekreuzt: liegen. Die Dehiszenzleiste entspricht also nur der gemein- samen inneren Kante je zweier Sporen, was übrigens schen aus den Angaben von Russow (1872) u. a. hervorgeht. 334 E. Hannig, der Bau der Blattschuppen (ob Zellreihen oder Zeilflächen [Kuhn]), Gestalt der Sporangien und Verlauf des Annulus (Mettenius 1856), Begmentierung der Sporangiummutterzellen (Goebel 1882, Prantl 1892), Ausbildung eines Rezeptakulums (Plazenta nach Goebel) als Träger der Sori (Prantl 1892) zur Gruppierung der Farne verwendet. Nachdem dann weiter Goebel (1889, pag. 20 und 1896, pag. 69) hervorgehoben hatte, daß es eine ungerechtfertigte Einseitigkeit sei, nur den Sporophyten zu berücksichtigen, hat vor kurzem ein Schüler Goebel’s (Schlumberger 1911) den Bau der Prothallien (Drüsen- haare, Ausbildung des Antheridiumdeckeis) mit Erfolg zur Klärung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Polypodiaceen zu den Cyathaea- ceen benutzt. Der Bau der Sporen hat nun bisher nur in beschränktem Maße zur Charakterisierung der Farngruppen Verwendung gefunden. Be- sonders Prantl (1882) hat auf den Unterschied in der Gestalt der Sporen (tetraedrisch oder bilateral) Wert gelegt und die Verbreitung dieser Sporenformen in den Familien tabellarisch zusammengestellt (1882, pag. 11). Die Verwendung dieses Merkmals als Familien- charakter scheint aber — mit Unrecht — wenig Anklang gefunden zu haben, was vielleicht damit zusammenhängt, daß ausnahmsweise tetra- edrische und bilaterale Sporen nebeneinander vorkommen (bei Angio- pteris, Marattias, Kaulfussia nach Jonkman 1878, Prantl und Luerssen (1889) haben weiterhin auch die Beachtung der Oberflächen- beschaffenheit der Sporen gefordert und Prantl hat (1882, pag. 407 und 408) zum Gebrauch bei den Diagnosen einige Ausdrücke zur Bezeich- nung der häufig vorkommenden „Verdieckungsformen des Exo- spors“ (!) vorgeschlagen. Er teilt diese in zwei Hauptgruppen: solche, die „nicht hoch genug sind, um in der Profilansicht wahrgenommen zu werden“, die granulatae und solche, die auch im optischen Sporen- querschnitt deutlich sind, die elevato-lineatae, verrucosae und verruculosae. Aus dieser Einteilung geht hervor, daß Prantl die Perisporien — die offenbar in der Gruppe der elevato-lineatae enthalten sind — nicht kennt. Es war nafürlich nicht zu erwarten, daß bloße Versehiedenheiten in der Oberflächenstruktur des Exospors eine beson- dere systematische Bedeutung haben könnten, ebensowenig, als diese etwa der Struktur der Exine der Pollenkörner zukommt, Daher ver- wenden Prantl und Luerssen die Oberflächenstruktur auch zur zur Charakterisierung der Spezies. In dem Vorhandensein oder Fehlen- eines Perispors kaun man aber einen prinzipiellen Unterschied erkennen, der eventuell phylogenetisch von Bedeutung ist. Es ist daher wohl Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filicinen usw. 8335 der Mühe wert, eine Stichprobe zu machen — mehr kann das Folgende nicht sein — ob die Verteilung der Perisporien in einem, dem heutigen Stande der Forschung entsprechenden System, eine solche Annahme zu begründen imstande ist, Als System wurde die Anordnung in Christ, „Die Farnkräuter der Erde“ (1897), zugrunde gelegt und aus dem Straßburger Herbarium folgende, beliebig herausgegriffene Vertreter der Christ’schen Haupt- gruppen auf den Bau der Sporen hin untersucht. Polypodium. Eupeolypodium: suspensum, cultratum, mollicomum, Kashianum, moniliforme, vulgare. Lepicystis: sguamatum. Goniophlebium: glaucophyllum, lepidopteris, trilobum. Phlebodium: aureum. Campyloneuron: gracile, opacum, Wigthianum, angustifolium, decurrens, Phyllitidis. Niphobolus: heteractis, fissum. Craspedaria: salicifolium. Pleopeltis: simplex, Hamiltonia, juglandifolia, ireoides. Lecanopterig: — Drynaria: quereifolis, musaefolium. Aspidium. Sagenie: trifolistum, Plumieri, eieutarium, desurrens, plantaginoides. Pleoenemia: membranifolia. Hemicardion: — Cyrtomium: falcatum. Cyelodium: meniseioides. Faydenia: — Luerssenia: — Polystichum: ceapense, aristatum, aculeatum, arbuseula, auriculatum, extensur, lobatum, Lonchitis, molle, propinguum. Mesochlaena: asplenicides. Lastraea: Filix mas, oreopteris, kispidum, remotum, eristafum. Von den angeführten Arten sind in der Gattung Polypodium alle nach dem Typus von P. aureum gebaut, besitzen also nur ein mit mehr oder weniger deutlichen Hervorragungen verziertes Exospor. In der Gattung Aspidium konnte nur bei A. truncatum ein Peri- spor nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Wahrscheinlich ist ein solches ursprünglich vorhanden, aber an den alten Sporen seiner Sprödigkeit wegen wieder zerfallen. Alle übrigen untersuchten Arten 336 ö E. Hannig, besitzen ein mehr oder weniger weit abstehendes und gefaltetes Sack- perispor. _ Bei der großen Anzahl von Aspidium-Arten mit typischem Perispor wird man trotz des einen zweifelhaften Falles wohl sagen können, daß die Ausbildung eines sackartigen Perispors für die Gattung Aspidium charakteristisch ist. In der Gattung Polypodium macht aber eine Spezies eine Aus- nahme, nämlich das merkwürdige, von Karsten (1894 und 1895) be- schriebene Polypodium imbrieatum. An einem kleinen Fiederchen, das ich der Freundlichkeit von Herrn Prof. Karsten verdanke, konnte ich mich von dem Vorhandensein des knäuelartig um die Spore gewickelten Perisporbandes überzeugen. Das Band entspricht nach der von Karsten mitgeteilten Entwicklung offenbar einem in einen dünnen Faden zerspaltenen Sackperispor und hat somit Ähnlichkeit mit den Elateren von Equisetum, mit denen es auch Karsten vergleicht. Das Perispor von P. imbrieatum (vielleicht auch die nahe verwandte Spezies P. sarcopus) zeigt also in seinem Sporenbau einen scharfen Unterschied gegen alle übrigen Polypodium-Arten. Nach Karsten (1894, pag. 87; 1895, pag. 169) ist die Nervatur netzförmig, die Seitennerven bilden Maschen, die kleineres Netzwerk mit freien, etwas zurückgebogenen Nervenendigungen umschließen. Auf einer dieser Nervenendigungen entspringt der Sorus. Ihre Nervatur ähnelt derjenigen von P. lomari- oides. Außerdem fehlt ein Indusium. Wenn es sich bestätigen sollte, daß im übrigen die Gattung Polypodium kein Perispor ausbildet, dann müßte die von Karsten beschriebene Pflanze eventuell bei Aspidium oder bei einer anderen perisporbesitzenden Gruppe eingereiht werden. Eine andere Form, deren systematische Stellung auf Grund des Sporen- baues kontrolliert werden kann, ist Athyrium rhaetieum (L.) Rott. = Poly- podium alpestre Hoppe. Hier ist das Indusium zu einem sehr kleinen und vergänglichen Rudiment verkümmert, deshalb übersehen und die Pflanze früher als Polypodium alpestre beschrieben worden. Eine Prüfung des Herbarmaterials ergab, daß die Sporen ein sackförmiges, allerdings dünnes und durchsiehtiges Perispor besitzen. Die Sporen gehören also nicht zu dem Polypodium-Typus. Es mußte aber nun nachgesehen werden, ob die Gattung Athyrium in dem Besitze des Sackperispors mit Aspidium übereinstimmen, Von der relativ kleinen Gruppe (Christ zählt nur 12 Arten auf) wurden untersucht: Athyrium deeurtatum » filix femina » ” „ var. purpuratum Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 337 Athyrium filix femina var. apuaeformis „ » » » fissideus .” ” ” „ eoronans ” » 9» dentigera ” » 0» » Fritzelliae » macrocarpım » znigripes » selenopteris „ umbrosum » oxyphyllum var. Kulhaitense Atkins, Merkwürdigerweise ergab sich, daß A. filix femina und alle seine Varietäten bis auf var. Fritzelliae und var. dentigera ganz glatte perisporlose Membranen besitzen; ebenso A. selenopteris. Dagegen hat A. macrocarpum und A. umbrosum ein sehr weit abstehendes, A. oxyphylium var. Kulhaitense ein sehr stark gefaltetes Perispor. Bei A, filix femina var. dentigera sind nur kleine abgerundete, wenig ab- stehende Fältchen vorhanden. Ähnlich scheint sick var. Fritzelliae zu verhalten, während bei A. nigripes die Sporen meist glatt waren, hier und da aber Reste eines Perispors zu zeigen schienen. Die Gattung Athyrium enthält also perisporbesitzende Formen, wenn sie auch in ihrer jetzigen Umgrenzung nieht bloß solche Formen umschließt. Jeden- falls rechtfertigt dieses Verhalten aber die Zuteilung von A, alpesire zu Athyrium eher als zu Polypodium. Es gibt nun auch eine ganze Reihe von Gattungen, die sich ‘noch’ keine feste Stellung im System haben erobern können. Von einer Besprechung der allgemeineren in Betracht kommenden syste- matischen Werke (Diels in Engler-Prantl 1902, Engler 1903, Wett- ‘ stein 1910) soll hier abgesehen und nur die Unterschiede in den beiden wichtigsten Spezialindizes der letzten Jahre, Christ (1897) und Christensen (1905), berücksichtigt werden. In einer Besprechung des Index filieum von Christensen macht Christ u. a. folgende Bomerkungen: „Peranema, Diacalpe, Aerophorus einerseits, Woodsia und Cysto- pteris andererseits werden wohl schließlich auch zu den Aspidieae (bei Lastraea) gezogen werden müssen.“ Die beiden Gattungen Dipteris und Neocheiropteris, die Christen- sen zu den Aspidiese stellt, tragen nach Christ vorwiegend poly- podioiden Charakter. „Ersteres Genus wird am nächsten zu Cheiro- pleuria und Platycerium treten müssen, welche beide mit Aerostichum aureum nicht das allermindeste gemein haben und aus den Acrostieheae zu entfernen sind, um unter den Polypodieae ihren Platz einzunehmen.“ Flora, BA, 108. 28 338 E. Hannig, Elaphoglossum ferner ist nach Christ mit Rhipidopteris und Trachypteris „eine entschiedene Polypodiee*. Eine Entscheidung über die Zugehörigkeit der angeführten Gat- tungen ließe sich vielleicht durch die Berücksichtigung des Sporenbaues herbeiführen. Es müßte zu diesem Zwecke festgestellt werden, ob für die ganze Gruppe der Polypodiaceae einerseits und für diejenige der Aspidiaceae andererseits das Fehlen bzw. Vorhandensein des Perispors ‚charakteristisch ist. Ich habe das nur an einigen zufällig herausgegriffenen Spezies kon- trollieren können; die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in der folgen- den Übersicht — nach Christ geordnet — zusammengestellt sind. Ohne Perispor. Mit Pexispor. Polypodiacaae Mett. Acrosticheae, Chrysedium aureum, praestantisimum. Elaphoglossum scalpellum Moore, E. pallidum (Bak.), E. glahellum F. Sm., E. tectum Moore, E. Borganum (Fee) Moore, E. spathulatum (Fig. 8e). Lomariopsis — Polybotrya appendieulata Willd. var. Hamiltonians Wall, cervina (L.) EIf. Rhipidopteris peltata Schott. Gymnopteris costata Wall. var. delti- gera, G. contaminans Bedd. Microstaphyla — Vittarieae Goebel. Vittaria seolopendrina (Bory), V. Dep- peana K. Müll. Monogramme trichoides. Pleurogramme graminifelia. Pteropsis angustifolia. Hecistopteris pumila, Anetium citrifekum. Antropkyum immersum, plantsgineum Gymnogrammeae Kuhn. Hemionitis palmata. Neurogramme javanica. Gymunogramme Orbignyana Mett., G. mohriaeformis Kzl. Jamesonia imbrieata, J. einnamomes. Monaehasorum darallioides. —— Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw, 359 Ohne Perispor. Mit Perispor. Polypodieae Mett, ex parte. Polypodium s. oben 8. 385. Dipteris conjugata Reinw., D. Wallichii R. Br. Platycerium alicorne. Cheiropleuria — Hymenoiepis spicata (L. fil.). Neurodium lanceolatum (?). Taenitis blechnoides (? cf. Fig. 83-4). Drymoglossum carnosum (?), D. pi- logelloides (? cf. Fig. 8.f). Cuspidaria — Pterideae. Adiantum curvatum, Capillus Veneris. Nottochlaena nivea, N. chrysophylia. Ochropteris palleus. Cheilanthes allosuroides, Bowini. Cassebeera triphylla. Onychium auratum. Llavea cordifolia. Cryptogramme (Allusarus) crispus. Pellaea hastata. Pteris somipinnata, P. serratula, P. um- » brosa. Actiniopteris australis. Plagiogyria glauca. Aspleniaceae Meit. Blechneae. Sadleria polystichoides, 8. Souleytian Blechnum arborescens. Brainea insignis, Woodwardia virginiea, Doodia media, D. caudata. Asplenieae. Asplenium flaceidum, A. rutaefolium, A. dinophylium, A. fureatum, A. bulbi- ferum, A, ruta muraria, A. obtusatum, A. marinune, A. viride, A. trichomanes, A.auritum, A. palmatum, A, orenuletum, A. nidus, A. flabellifolium. Ceterach — Scolependrium — Hemidietyum — Allantoides — Diplaziem — 340 E. Hannig, Ohne Perispor. Mit Perispor. Athyrium decurtatum, A, oxyphylium, A. filix femina var. dentigera, A. um- brosum, A. macrocarpum, A. filix fe- mins var. purpurata (?), desgl. var. fissidens (?), desgl. var. eoronans, A. selenopteris (?). Aspldiacese, x Cystopteris fumarioides (Fig. 8a), C. Aspidium s. oben 8. 335. fragilis. Phegopteris spectabilis, Ph. Poeppiglü, Onoclea sensibilis. Ph, cansscens, Hypoiepis repens, H. tenuifolia. Plecosurus — Oleandra nereiformis. Woodsia hyperborea, W. ilvensis, W. Perrinians. Hypoderris — . Struthiopteris orientalis, 8. germanica. Acrophorus — Diacalpe aspidioides. Peranema cyathoides. Diäymochlaena sinuosa. Soweit die geringe Zahl der untersuchten Pflanzen überhaupt ein Urteil zuläßt, würde von dem Gesichtspunkt des Sporenbaues der größte Teil der Christ’schen Aerosticheae näher an die Aspidiaceae zu stellen sein. Interessanterweise gilt das aber nicht für die alte, von jeher in ihrer Stellung unsichere Gattung Acrostichum (L. pt.), nämlich Chry- sodium aureum und Ch. praestantissimum, deren beide Arten kein Perispor aufweisen. Ebenso scheint auch die Gattung Cystopteris kein Perispor zu besitzen (Fig. 8), und daher, entgegen der An- sicht von Christ, eher mit Chrysodium als mit den Aspidiaceae zu vereinigen zu sein. Die Gattungen Peranema, Diacalpe und Woodsia, die Christ im Gegensatz zu Christensen zu den Aspidiaceae gezogen wissen will, besitzen tatsächlich aspidioide Sporen; aber, wie gesagt, die Hauptmenge der Christ’schen Acrosticheae hat ebensolche Sporen auf- zuweisen. Wenn Christ den Gattungen Elaphoglossum und Rhipi- dopteris polypodioiden Charakter zuschreibt, so steht allerdings der Sporenbau damit in Widerspruch. Denn sowohl die untersuchten Elaphoglossum-Arten (vgl. Fig. 8e), wie Rhipidopteris peltata haben sehr typische Saekperisporien ausgebildet. Dagegen fehlt. bei Dipteris das Perispor, so daß danach die Einordnung dieser Gattung unter die Polypodiacese (Christ) gerechtfertigt wäre. Bemerkenswert ist ferner, Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 341 daß die Gattung Onoclea, die bei Christ in die Aspidieae ein- gereiht ist, während sie nach Christensen zu den Woodsieae, in die Nähe von Cystopteris gehört, ebenfalls kein Perispor zu besitzen scheint. Eine auffällige Ausnahme unter den Pteridinae bildet Nothochlaena, Die beiden untersuchten Arten N. nivea und N. chrysophylla haben ein dünnes, leicht abbrechendes Sackperispor und weichen dadurch von allen übrigen untersuchten perisporlosen Pterideen ab. Einige besondere Be- merkungen sind nun noch über zwei Gattungen der Polypodieae, nämlich Tae- nitis und Drymoglossum, zu machen. Beide haben sehr merkwürdig gebaute Sporen. Bei Betrachtung der Sporen von Taenitis blechnoides (Fig. 85—2) glaubt man zuerst ein Perispor vor sich zu haben. Bei näherer Untersuchung stellt sich aber heraus, daß das scheinbare Peri- spor von einer soliden Leiste gebildet wird, die wie der Ring des Saturn um die Spore zieht, ent- weder ganz geschlossen, oder an ein oder mehre- Fig. 8. Reife Sporen von a Cystopteris fragilis ren Stellen unterbrochen ist (kein Perispor); 2 Taenitis blechnoides (kein Sack- iswei j lei- erispor); c, 2 dasselbe von oben; e Elaphoglossum und bisweilen an drei let Fnadhnleiem (Sackperispor); f Drymoglossum pilo- sen Einbuchtungen der ei- gelloides (kein Saokperispor). Vargr. 1: 600. gentlichen Sporenmembran . . annähernd eiförmige Anschwellungen trägt. Die Leiste ist ganz fein, die Oberfläche der Sporenkugel verhältnismäßig grob gekörnt. Nach dem ganzen Bau der Spore ist kein Grund vorhanden, den Ring als ein Perispor zu betrachten, er dürfte vielmehr in seiner Entstehung den Stacheln (vgl. Cystopteris, Fig. 8) bzw. den Dehiszenzleisten ent- sprechen. 342 E. Hannig, Zweifelhafter ist die Sachlage bei den noch merkwürdigeren Sporen von Drymoglossum piloselloides. Hier ist die ganze Sporen- oberfläche mit soliden rübenartig ausgezogenen Warzen bedeckt und die schmalen zwischen den Basen der Warzen frei bleibenden Streifen grob punktiert (Fig. 8 /). Diese Warzen sind etwas gefärbt, an der Spitze weniger als an der Basis, und der Farbstoff mit Eau de Javelle ausziehbar, wie bei dem Perispor von Aspidium trifoliatum. Aber die ganze Hülle bleibt in Eau de Javelle ungelöst und gibt mit Chlor- zinkjod eine sehr blasse schmutzig-violette Färbung. Diese Eigen- schaften sprechen dagegen, daß es sich hier um ein Sackperispor handelt. Ein gewöhnliches Exospor kann aber ebenfalls nicht vorliegen, denn erstens gibt die warzige Membran keine Kutinreaktion und zweitens spaltet sich, schon durch Druck auf das Deckglas, sehr leicht innerhalb der warzigen Membran eine 'Lamelle ab, die Kutinreaktion gibt, also: kaum ein Endospor sein kann, sondern wohl das Exospor vorstellen wird). Diese beiden Fälle wären also entwicklungsgeschichtlich zu unter- suchen, ehe sich bestimmt sagen läßt, daß für die ganze Gruppe der Polypodieae das Fehlen eines Perispors charakteristisch ist. Im Anschluß an das eben Gesagte sei nun noch bemerkt, daß: wahrscheinlich alle übrigen Farngruppen (Polyangia, Christ) kein Perispor ausbilden. Für die Cyatheaceen und Osmundaceen ist das bekannt. Für die Davallisceen hat es die Prüfung einiger Formen (Nephrolepis cordifolia, Davallia pentaphylla, D. solida, Loxsoma Cunning- hami, Microlepia strigosa, Saccoloma inaequale, Dennstaedtia tenera, D- scabra) als wahrscheinlich ergeben, ebenso für die Hymenophyllaceae (Triehomanes alatum, T. erinitum). Nach den bisherigen Untersuchungen besitzen auch die Oligangia (Christ), d. h. die Matoniacese und Glei- eheniaceae, sowie die Monangia, also die Schizaeaceae und Parkeriaceae, sowie schließlich die Eusporangiatae (Marattiaceae und Ophioglossaceae) keine Perisporien. Soweit sich bis jetzt tibersehen läßt, wäre also der Besitz eines Perispors charakteristisch für die Aspleniaceae und Aspidiaceae. Unter den Polypodiaceae findet sich ein Perispor nur bei den Acrosticheae, deren Zugehörigkeit zu den Polypodiaceae aber nicht als sicher gelten kann. Bei allen übrigen Filieinen wird kein Perispor ausgebildet. 4) Drymoglossum carnosum weist auf der Sporenoberfläche nur eine feine netzartige Struktur auf, von der es zweifelhaft ist, ob sie ein Perispor darstellt oder nicht. nn Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieinen usw. 343 Es sei hier nun nochmals ausdrücklich betont, daß die verhältnis- mäßig geringe Ausdehnung‘), die hier der Sporenuntersuchung gegeben werden konnte, auf keinen Fall zur sicheren Begründung der syste- matischen Bedeutung der Perisporien ausreicht, daß also die ausge- sprochenen Ansichten nur als Anregungen zu weiteren Untersuchungen ‚aufgefaßt werden sollen. Es muß den Pteridologen überlassen bleiben, die Verbreitung der Perisporien im einzelnen festzustellen und deren ‚systematische Bedeutung endgültig zu beurteilen. Gehen wir nun zu allgemeinerer Betrachtung der systematischen Bedeutung des Perispors an sich über, so zeigt sich, daß die Pterido- 'phyten eine eigenartige Stellung gegenüber allen anderen höheren Pflan- zen einnehmen. Sie sind die einzige Abteilung, bei der Perisporien vor- kommen (vgl. Hannig, 1911, II). Durch besonders merkwürdige Perisporien sind bekanntlich die Hydropteriden (Azolla, Salvinia, Mar- silia, Regnellidium, Pilularia) und Equiseten ausgezeichnet; durch das Fehlen von Perisporien die Eusporangiaten (Marattiacese und Ophio- glossaceae), sowie die Lycopodiales (Lycopodiaceae, Selaginellaceae, Isoetaceae), und nur bei den Leptosporangiaten kommen perisporführende und perisporfreie Formen nebeneinander vor. Wenn man bedenkt, daß ‚die Perisporien unter Mitwirkung des lebenden Periplasmodiums ge- bildet werden, wird man zugeben müssen, daß die Perisporbildung eine :so auffallende Bigentümlichkeit der Farnsporen ist, daß ihr wohl syste- matische bzw. phylogenetische Bedeutung zukommen könnte. Es ist nun ohne weiteres einzusehen, daß die Pteridophyten sich nieht so ‚gruppieren lassen, daß die Formen ohne Perispor an dem Anfang, die mit Perispor am Ende einer fortlaufenden Reihe stünden; denn die Lyco- podiales gehören in gewisser Beziehung wenigstens zu den höchststehen- ‚den Abteilungen. Wenn also den Perisporien direkt wirklich eine phylo- genetische Bedeutung zukäme, dann könnte man nur sagen, daß sie ' ‚eine gewisse Organisationsstufe innerhalb der Pteridophyten darstellt, (die von den höchststehenden Formen bereits wieder verlassen worden ist, Es wäre danach das Wahrscheinlichste, daß die niedrigsten Organi- ‚sationsstufen der Pteridophyten noch keine Perisporien, die höchsten ‚dagegen keine Perisporien mehr besitzen. Diese Auffassung würde mit der Anordnung stimmen, die Wett- stein (1910) in seinem Handbuch gegeben hat, Danach sind die ‘Ophioglossaceen als die einfachsten Formen zu betrachten, es folgen 1) Christensen führt in seinem Index im ganzen 5940 Farnspezies auf. 344 E. Hannig, die ihnen nahestehenden Marattiaceen, dann die Eufilieinen, innerhalb deren die Perisporbildung zum ersten Male auftritt, um bei den Hydro- pteriden und Equisetaceen ihren Höhepunkt zu erreichen und dann bei den Isoetaceen, Psilotaceen, Lycopodiaceen und Selaginellaceen wieder zu verschwinden. Wenn es gelänge, festzustellen, daß auch innerhalb der Eufilieinen höhere morphologische Organisation und Ausbildung von Perisporien Hand in Hand gehen, würde man darin eine Bestätigung der phylogenetischen Bedeutung der Perisporien erblicken können. Zusammenfassung. 1. Innerhalb der Eufilieinen kommen Gattungen mit und solche ohne Perispor nebeneinander vor. 2. Das Perispor (entwicklungsgeschichtlich untersucht an Aspidium trifoliatum) ist ein sogenanntes Sackperispor, das lose um das Exo- spor gelegt ist und mehr oder weniger starke Falten bildet. . 3. Das Sackperispor entsteht aus der Hautschicht der Sporen- vakuole, liegt der Spore ursprünglich als äußerst feines Häutchen eng an und wächst nachträglich unter Faltenbildung (Fig. 4, S. 330). 4. Auf dem Exospor entstehen bei Aspidium trifoliatum lange nach der Bildung der Perisporfalten zahlreiche, verhältnismäßig große stachelartige Auswüchse (Fig. 1, 8. 324). 5. Polypodium aureum besitzt kein Perispor, sondern nur ein in dıei Lamellen differenziertes Exospor. Auch ein Endospor fehlt (Fig. 6, 8. 331). 6. Das Fohlen eines Perispors scheint für die- Gattung Poly- podium charakteristisch zu sein (polypodioide Sporen), andererseits das Vorhandensein eines solchen für die Gattung Aspidium (aspidioide Sporen). 7. Wahrscheinlich kommt, dem Perispor überhaupt eine Bedeutung für die Gruppierung der Gattungen innerhalb der Polypodiaceae, Asple- niacese und Aspidiaceae zu. Literatur. 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Von Wilhelm Pietsch. (Mit 21 Abbildungen im Text.) I. Geschichtliches. A. Leitgeb: 1. Riccieen. Bis vor kurzem galten .die von Leitgeb in seinen grundlegenden „Untersuchungen über die Lebermoose“ geäußerten Ansiehten über die Entwicklung der Luftkammern bei den Riecieen und Marchantieen als unumstößlich riehtig. Erst die Arbeit von Barnes and Land (1907) weist auf Irrtümer Leitgebs hin, ohne sich jedoch näher mit den Ric- eieen zu befassen, durch deren Studium doch gerade Leitgeb zu seiner Auffassung über die Entstehung der Luftkammern gekommen war. Leitgeb glaubte gefunden zu haben, daß die Luftkammern bei den genannten Lebermoosen nicht durch Spaltung vorher geschlossenen Gewebes, wie bei den Interzellularräumen höherer Pflanzen, entstehen. Nach seiner Meinung findet die erste Anlage der Kammern dadurch statt, daß einzelne Punkte der Oberfläche des Thallus durch die angrenzenden Zellen überwachsen werden. Wie beweist nun Leitgeb diese Behaup- tung? — Er geht dabei hauptsächlich von Oberflächenansichten aus. Er sagt darüber (Leitgeb 1879, pag. 10 u. 11): „Die unmittelbar kinter dem Scheitel liegenden Oberflächenzellen zeigen ebenso an der Dorsal- als an der Ventralseite in Oberflächen- ansicht quadratischen Querschnitt und erscheinen an ersterer nach zwei aufeinander senkreehten Richtungen in Reihen geordnet. Man erhält daher in Oberflächenansicht ein aus quadratischen Maschen ge- bildetes Netz. ö Bald bemerkt man an den Eeken kleine Grübchen, welche dadurch entstehen, daß das Wachstum der Seitenwände der Außenzellen, in su- weit als es sich in der auf der Dorsallläche senkreehten Riehtung voll- zieht, in den Kanten geringer ist, als an den übrigen Stellen. Es ent- spricht daher der tiefste Punkt eines Grübchens dem (ursprünglich an der Oberfläche gelegenen) äußersten Punkt der verkürzt bleibenden Seitenkante, und die das Grübchen umgrenzenden Wandstücke sind Teile der ursprünglichen Außenwände, resp. aus diesen hervorgegangen. Indem nun dieser Wachsiumsvorgang noch weiter eingehalten wird, wird das Grübchen selbstverständlich vertieft. Nun erfolgt in jeder 348 Wilbelm Pietsch, Zelle eine der Oberfläche parallele Teilung, welche ungefähr den die Grube umgrenzenden Teil derselben von dem inneren Teile abschneidet. Aus den so entstandenen Außenzellen geht nun das ganze, mit Luft- kammern durchzogene Gewebe hervor. Vorerst wird durch das in gleicher Richtung fortschreitende Wachstum das Grübchen weiter vertieft und so zum Kanale, und nun erfolgt in jeder Außenzelle eins der früheren parallele Teilung. Der Kanal durchsetzt nun zwei Zellagen, deren äußere zur bleibenden Oberhaut wird, während aus der inneren Zellschieht die ganze unter der Oberhaut liegende Lufthöhlenschicht hervorgeht.“ Diese Ausführungen belegt Leitgeb durch drei Figuren, welche Oberflächenansichten von dem oben erwähnten, aus quadratischen Maschen gebildeten Netz geben. Bei meinen Untersuchungen habe ich nun keinerlei Fehler in diesen Figuren gefunden, im Gegenteil, ich habe häufig ganz ähnliche Bilder der Oberfläche erhalten (vgl. Fig. 7). Beweisen äber solche Bilder den Entwicklungsgang, den Leitgeb daraus folgerte? — Es wird sich später zeigen, daß sie sich durchaus mit den Anschauungen von der Eniwieklung in Einklang bringen lassen, die meine Untersuchungen ergeben haben und die von denen Leitgeb’s abweichen. Aus den Oberflächenansichten hätte Leitgeb höchstens die ersten Anfangsstadien der Entwicklung erkennen können. Für die Erkenntnis der zur Dorsalfläche parallelen Teilungen brauchte er Längs- oder Quer- schnitte. Prüft man nun die Figuren von Längsschnitten Leitgeb’s nach, so findet man kein einziges Bild, in dem sich die Entstehung der Interzellularen nicht auch durch Spaltung erklären ließe. Außerdem ieiden die Figuren noch an folgendem Mangel: Bei einigen kann man wohl auf einander folgende Stadien von Luftkammern sehen, aber keine Scheitelzelle, viel weniger eine Segmentierung erkennen, sie sind also entwieklungsgeschichtlich zu sicheren Schlüssen kaum verwendbar. Bei anderen Schnitten ist der Anfang der Segmentierung richtig erkannt, aber an der Stelle, wo die ersten Luftkammern erscheinen müßten, hört die Figur auf und es ist nur mit punktierten Linien der Umriß der Schnittfigur angegeben. Vgl. Leitgek (1879) Tafel I, Fig. 14. Meine Untersuchungen zeigen, daß Leitgeb die erste Anlage von Luftkammern übersehen haben muß, was bei der Schwierigkeit des Objekts und der Unvollkommenheit der damaligen technischen Hilfsmittel durchaus nieht verwunderlich ist. Vgl Leitgeb (1879) Tafel IL, Fig. 1 und 2 Wie kam nun Leitgeb bei dem geringen Beweismaterial zu seiner Anschauung? — Zwei Gründe scheinen hierfür hauptsächlich maß- gebend gewesen zu sein. Zunächst sprach ihm hierfür die Entwicklung TE nn — Enntwieklungsgeschiehte des vegetativen Thallus usw. 349 der Geschlechtsorgane, welehe oberflächlich angelegt und erst später in das Gewebe eingesenkt werden. Hier findet nämlich tatsächlich eine Überwachsung einer Zelle, welche in der Richtung senkrecht zur Thallus- oberfläche im Wachstum zurückbleibt, dureh das übrige Gewebe statt. Hierüber heißt es bei Leitgeb (1879) pag. 12: „Die Geschleehtsorgane werden unmittelbar hinter dem Scheitel angelegt und werden zu gleicher Zeit mit den Grübehen sichtbar. Die sich zum Geschlechtsorgane umbildende Außenzelle folgt nun einem anderen Wachstum als die umliegenden Zellen, die in der oben geschil- derten Weise das peripherische Diekenwachstum vermitteln. Es er- leidet dadurch die ganze Zelle dasselbe Schicksal, wie der tiefste Punkt des Grübchens, sie wird in das Gewebe versenkt, und die Höhle, in welcher das Antheridium oder Archegon liegt, entspricht in ihrer Bildung voll- kommen den Lufthöhlen; und weil mit ihnen zugleich angelegt, muß sie auch in gleiche Tiefe mit ihnen ins Gewebe hineinreichen, mit anderen Worten, der Insertionspunkt des Geschlechtsorganes liegt in gleicher Tiefe mit den inneren Endigungen der Lufträume.“ Würden. diese Behauptungen den Tatsachen entsprechen, so wäre damit die Ansicht Leitgeb’s teilweise gerechtfertigt. Läßt sieh dagegen zeigen, daß die Archegonien und Antheridien nicht so tief hinabreichen, wie die Luftkammern, so berechtigt das zu einem Zweifel an der Dar- stellung Leitgeb’s vom Entwicklungsgaug der Luftkammern. Es ist somit zu untersuchen, ob man berechtigt ist, die Entwicklung der Luft- kammern und die Versenkung der Geschlechtsorgane als homologe Vor- gänge zu betrachten, Der andere Vorgang, welcher wohl die Ansicht Leitgeb’s beein- Außt hat, ist die Entwieklung der Ventralschuppen. Die Gleichartig- keit der Segmente, die von der Scheitelkante nach der dorsalen und ventralen Seite abgeschnitten werden, wodurch eine gewisse Symmetrie der Ober- und Unterseite des Thallus in der medianen Schnittebene wenigstens in der ersten Anlage zustande kommt, mag ihn veranlaßt haben, eine solche Gleichartigkeit auch für die weiteren Entwieklungs- stadien anzunehmen. Er faßt die Entwicklung der Ventralschuppen als beinahe homolog mit der des Luftkammergewebes auf der Dorsal- seite auf. Er äußert sich darüber (Leitgeb 1879, pag. 13 u. 14) folgender- maßen: „Die Schuppe bildet sich in der Weise, daß eine ‚Querreihe un. mittelbar am Scheitel gelegener ventraler Außenzellen in Form eines quergestellten Wulstes über die Fläche hervortritt, sich vorerst durch Randwachstum, das in seiner Mediane am stärksten ist, verlängert und 350 Wilhelm Pietsch, später durch interkalares, welches sich jedoch nur in den Richtungen einer Fläche geltend macht, flächenartig entwickelt. Dieser Vorgang vollzieht sich nun in jeder der im Scheitel gebildeten Querreihen. Es ist klar, daß, würde jeder Querwulst unmittelbar nach seinem Sichtbarwerden nicht bloß’ in die Fläche, sondern auch in die Dieke wachsen, und zwar entsprechend dem Längenwachstum des Laubes, so würde dieser Vorgang als ventrales Dickenwachstum des letzteren sich äußern ünd es würden die aus den einzelnen Querwülsten hervor- gegangenen Gewebepartien als Querzonen erscheinen, die durch spalt- förmige Interzellulargänge von einander getrennt sind, und es würden solche Querzonen dorsalliegenden Gewebepartien entsprechen, welche spitzen- und grundwärts durch die querverlaufenden Reihen primärer Luftkanäle begrenzt sind. Ich meine also, daß sich im Grunde genommen bei der Bildung der Ventralschuppen ein Wachstumsvorgang geltend macht, der auch an der Dorsalseite vorkommt, nur daß er hier dureh das ‘Hinzutreten weiterer Teilungsvorgänge komplizierter wird. Der einen Querreihe von Zellen, aus der eine Ventralschuppe gebildet wird, entsprechen mehrere hinter einander liegende Querreihen an der Dorsal- seite und so kommt es dort: zur Bildung entfernt stehender Schuppen, hier zur Bildung einer Gewebelage der Luftkammerschieht; und der- selbe Vorgang des peripherischen Dickenwachstums, der dort zur Bildung der den Scheitel von unten her deckenden Schuppenanlagen führt, be- wirkt hier die Überwölbung des Scheitels und seine Versenkung in die Dorsalrinne.“ Zusammenfassend sei noch einmal gesagt, daß Leitgeb eigentlich dureh Zeichnungen belegte Beweise für seine Auffassung nicht erbracht hat. Alle Luftkammern in seinen Figuren lassen sich auch als schizogen entstanden deuten. Aueh dafür, daß die Geschlechtsorgane mit den Luftkammern in gleiche Tiefe reichen, hat er keine Zeichnung als Beweis geliefert. Als Erklärung dafür, wie er zu seiner Ansicht gekommen sein mag, kann wohl Leitgeb’s Wunsch gelten, darzutun, daß die Ver- senkung der Archegone und Antheridien, das Wachstum der Ventral- schuppen und die Entwicklung des Luftkammergewebes homologe Vor- ‚gänge sind. 2. Marchantieen. Daß Leitgeb tatsächlich zu solchen etwas gewaltsamen Homolo- gisierungen neigte, geht aus der Beschreibung seiner Untersuchungen über die Marchantieen (Leitgeb 1881) hervor. Zunächst stellt er fest, daß im Bau der Luftkammern zwischen Riecia und Marchantia alle Entwicklungsgeschichte des vegetatiren Thallus usw. 351 Übergänge vorhanden sind und folgert schon hieraus „a priori“, „daß wenigstens bei den ähnlich gebauten Formen die Anlage der ganzen Luftkammerschicht in ähnlicher Weise, wie bei den Riceieen und Cor- sinieen erfolgen werde“ (Leitgeb 1881, pag. 6 #.). Er behauptet, „hier füglich eine abermalige Beschreibung ihrer Entwieklung übergehen“ zu können und verweist „auf einige zum Belege dienende Abbildungen“. Von diesen kann ich nun nur das wiederholen, was ich schen bei den Figuren gesagt habe, die zum Beleg für die Entwicklung der Luftkammern bei den eigentlichen Bieeieen dienen sollten. Es fehlt den Abbildungen die Scheitelzelle, und die Segmentierung ist nieht zu verfolgen. Daher sind sie zu sicheren Schlüssen nicht verwertbar; auch lassen sieh die abgebildeten Luftkammern ebenso gut durch Spaltung wie durch Über- wachsung entstanden erklären. Dann kommt Leitgeb auf Preissia und Marchantia zu sprechen. Hier erscheint die Übertragung der von ihm vorausgesetzten Entwick- kung der Luftkammern von Riceia auf die eben genannten Pflanzen nach seinen eigenen Worten gewaltsam. Bei der Besprechung von Preissia (Leitgeb 1881, pag. 9) sagt er: „Ich will aber gleich erwähnen, daß es mir in vielen anderen Fällen absolut unmöglich war, die primären Grübchen nachzuweisen; es schien hingegen ein kleiner Interzellularraum an den inueren Zellecken der Oberflächenzellen zuerst aufzutreten. Auch bei Marchantia habe ich noch kein Scheitelpräparat gesehen, weiches mir die frühere Bildung der primären Grübchen gezeigt hätte. Hält man sich also nur an die direkte Beobachtung, so kommt man zu der Ansicht, daß bei Marchantia und meist auch. bei Preissia der zur späteren Atemhöhle (Luftkammer) werdende Interzellularraum primär angelegt werde, und daß die Entstehung der Atemöffuung ein späterer Vorgang sei.“ Und weiter äußert er sieh in demselben Heft pag. 10: „Diese Deutung (die von Riceia) übertrage ich nun auch auf die Marchantieen und sie bezieht sieh nicht bloß auf die Bildung der mit einfachen Öffnungen versehenen Atmungsapparate, sie gilt ebenso für alle jene mit Atemkanälen versehenen, wo, wie bei denen der Frucht- köpfe, die primären Grübchen zweifellos vorhanden sind, die Ausführungs- gänge der später aus ihnen entstehenden Kanäle aber für einige Zeit verschlossen werden. Sie kann auch für Preissia Geltung haben, wenig- stens für jene oben erwähnten Fälle, wo eine primäre Entstehung der Grübchen direkt zu beobachten ist. Sie läßt sich aber auch auf ‚Mar- 352 "Wilhelm Pietsch, chantia übertragen, wo, wie oben erwähnt, ausnahmslos der Inter- zellularraum primär auftritt.“ War nun Leitgeb zu einer solehen Übertragung herechtigt? — Solange für ihn die Entwicklungsweise feststand, die er für Riecia und die ihr nahe stehenden Formen angibt, erscheint mir dies allerdings erlaubt; denn bei der nahen Verwandtschaft und dem Vorhandensein aller Übergangsformen der Luftkammern ist es unwahrscheinlich, daß ein so grundlegender Unterschied in der ersten Anlage der Luttkammern vorhanden sein sollte. Andererseits hätte aber der Befund bei Marchan- tia, der doch deutlich auf schizogene Entstehung hinwies, eine noch- malige Untersachung der Riecieen veranlassen sollen, indem der Rück- schluß nahegelegt wurde, daß die Entstehung bei den Riceieen ähnlich der bei Marchantia gefundenen sei. Wie bei Riecia scheint aber auch bei den Marehantien die Ver- senkung der Archegonien und Antheridien für Leitgeb der Anlaß ge- wesen zu sein, auch für die Entstehung der Luftkammern eine Über- wachsung der Eckpunkte der Zellen durch diese als ersten Ausgangs- punkt anzunehmen; denn auch bei Leitgeb 1881, pag. 10, wird wieder auf den Parallelismus in der Entstehung der Luftkammern und der Versenkung der Geschlechtsorgane hingewiesen. B. Barnes und Land. Bis 1907 blieben die Ansichten Leitgeb’s unwidersprochen. In diesem Jahre erschien eine Arbeit von Barnes und Land (1907), die mit moderner Mikrotom- und Färbeteehnik die Frage von neuem studierten. Augenscheinlich und mit Recht haben die Verfasser bei den Untersuchungen Leitgeb’s da angeknüpft, wo diese selbst Zwei- fel an der Richtigkeit seiner Ansichten aufkommen ließen. Se wird 2. B. aus Leitgeb’s Arbeiten folgende Stelle angeführt (Barnes and Land 1907, pag. 212): „Bei Plagiochasma Aitonia erscheinen dieselben (die Luftkammern) an Längs- wie Querschuitten sehr häufig in Form äußerst kleiner. Inter- zellularräume, wie sie im gewöhnlichen Parenchym vorkommen und man könnte die Annahme, sie entständen durch Spaltungen in ursprüng- lich festgefügtem Gewebe, kaum von der Hand weisen, wenn nicht die entsprechenden Verhältnisse bei den übrigen Arten gegen diese Deutung sprechen würden.“ Ganz ähnlich äußerte sich, wie oben erwähnt, Leitgeb bei Mar- chantia und Preissia. So ist es verständlich, daß die Untersuchungen von Barnes und Land hauptsächlich Plagiochasma und Marchantia Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 358 nahe stehende Formen zum Gegenstand hatten; denn von vornherein konnte man annehmen, daß es leichter wäre, von Leitgeb’s Meinung Abweichendes da zu finden, wo er selbst die Möglichkeit abweichender Auffassung angab, als bei den Formen, die ihn zu seiner Anschauung geführt hatten, nämlich bei den eigentlichen Riceien. Diese werden in der amerikanischen Arbeit sehr kurz behandelt. Die Verfasser untersuchten Rieceia (Riceiella) luitans und Riceia (Rieeiocarpus) natans. Von Riecia fluitans liegt aber überhaupt keine Abbildung vor; daher muß man wohl annehmen, daß die Ergebnisse noch unsicherer waren, als die bei R. natans. Für letztere bringen die Verfasser drei Figuren. Von diesen haben zwei entwieklungsgeschicht- lieh eigentlich gar keinen Wert, da sie nur fast fertige Luftkammern zeigen: Die dritte soll eine Scheitelzelle enthalten. Erkennen läßt sich aber eine solche nicht, und die Verfasser haben auch selbst die angeb- liehe Scheitelzelle mit einem Fragezeichen versehen. Zwei junge Luft- kammern sind im Sehnitt zu sehen; in welcher Richtung sie aber ge- schnitten sind, kann man nicht angeben. Höchst wahrscheinlich ist der Schnitt schräg durch den Scheitel und somit auch dureh die Luft- kammern gegangen, da man sonst die Scheitelzelle in ihrer bekannten Gestalt sehen müßte. Daher läßt sich aus dieser Figur kein. Schluß über die Entstehung der Luftkammern, ja nicht einmal über ihre Gestalt ziehen. Beim Fehlen der Scheitelzelle ist die Möglichkeit einer Beant- wortung der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Segmentierung und Interzellularenbildung ausgeschlossen. In dieser Beziehung sind entschieden die Untersuchungen Leitgeb’s besser durchgeführt. In einigen Figuren sind doch wenigstens die Anfänge einer Segmentierung zu erkennen und die anderen, die die Luftkammern zeigen, enthalten die Scheitelzelle und Ventralsehuppen, aus denen man sich über die Riehtung des Sehnittes Gewißheit verschaffen kann. So haben die Untersuchungen von Barnes und Land über Riceia nichts erbringen können, was Anlaß sein könnte, von Leitgeb’s Meinung abzuweichen. Ganz ähnlich verhält es sich mit den anderen Formen, die unter- sucht sind. Zwar ist bei den meisten Figuren von Marchantia, Lunu- laria, Conosephalus, Fimbriaria und Plagiochasma die Scheitelzelle ge- zeichnet und damit eine ungefähre Orientierung des Schnittes gegeben; aber es fehlt jeder Versuch, die Segmentierung zu verfolgen. Als End- ergebnis finden Barnes und Land, daß die Luftkammern aus einer „Mutterzelle“ entstehen. Zum leichteren Verständnis dessen, was sie meinen, sei ihre Fig. 9 mit ihrer eigenen Erklärung als Pig. 1 bei mir angeführt. Nachdem durch Wand 1-1 die „Mutterzelle“ gebildet ist, Flora, Bd. 108. 24 354 Wilhelm Pietsch, soll augenscheinlich eine Aufteilung zu 8 Oktantenzellen durch die Wände 2, 3 und 4 — in dieser Reihenfolge — stattgefunden haben. 3 liegt in f der Papierebene. Darauf soll in der Ecke, in der alle 8 Zellen zusammenstoßen, ein Interzellularraum ent- standen sein — die spätere Luftkammer. Die Wände 5 sollen, wie es scheint, jede der 4 Außenzellen weiter geteilt haben. Für die Annahme einer solchen „‚Mutter- zelle“ legt aber kein Grund vor; denn, denkt man Fig. 1. Ans sich die so entstandene Luftkammer fertig, so erhält Barnes and man das Bild eines Kastens, dessen Wand allseitig von Land ne mindestens einer Zellage gebildet wird. Stellt man morpha. Schema nun solche Kästen zu dem System der Luftkammern der se gewöhnlichen zusammen, so würde jedesmal zwischen den Lufträumen eilungsfolge der . . „Mutterzelle« der Kammern mindestens eine doppelte Lage von Zellen giner _Lufikam- vorhanden sein, nämlich je eine Lage von jeder der geben die Reihen- beiden aneinander stoßenden Kammern. Nun über- Kalge au, in der zeugt aber jeder Handschnitt durch ältere Luft- stehen. (Wand3 kammern, daß wur eine Wandschieht zwischen zwei ist in der Ebene Luftkammern vorhanden ist, Die Annahme einer ler Zeichnunglie- . “ - 3 gend zu denken) Mutterzelle für die Bildung einer Luftkammer ist also unzulässig. Die Arbeiten Leitgeb’s und die von Barnes und Land lassen gleichermaßen die Entstehung der Luftkammern durch Überwachsung im Sinne Leitgeb’s für die höher stehenden Formen zum mindesten zweifelhaft erscheinen. Während Leitgeb die aus seinen Untersuchungen über die Riceieen gewonnenen Anschauungen auf die Marchantieen übertrug, liegt es gerade ehenso nahe, umgekehrt zu schließen, daß, wenn bei den Marchantieen die Hohlräume schizogen entstehen, dies auch für die Riecieen gilt. Da diese in der Arbeit von Barnes und Land entschieden zu kurz gekommen sind, wählte ich sie für meine Unter- suchungen. Eigene Untersuchungen. Material. Das Material von Riceia glauca (L.) Lindenberg und Rieeiella fluitans (L.) A, Braun wurde mir aus der Sammlung des Botanischen Instituts der Universität Berlin fixiert und aus dem Universitätsgarten in frischem Zustande zur Verfügung gestellt. Rieeia Warnstorfii Limpr. und auch zum Teil Riceia glauea (L.) Lindenberg und Riceiella fluitans Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 355 (L.) A. Braun sammelte ich auf Exkursionen in der Umgebung Berlins. Das gesamte Untersuchungsmaterial: wurde mit Juel’scher Flüssigkeit fixiert und zwar während der ersten Zeit in der Zusammensetzung von 20 cem Eisessig, 20 g Zinkehlorid und 960 com 7Oprozentigem Alkohol; an Stelle des letzteren trat später 50prozentiger Alkohol. Da die Objekte im Paraffin genau gerichtet werden mußten, so empfahl es sich, schon vor dem Fixieren das Material so zu beschneiden, daß die Umgrenzungs- linien des heransgeschnittenen Stückes zur Thallusmediane parallel oder senkrecht verliefen. Nachdem das Material durch die verschiedenen Stufen vom 50prozentigen bis zum absoluten Alkohol gegangen war, wurden die Stücke teilweise zum Zweck besserer Sichtbarmachung mit Eosin vorgefärbt, das ich den Xylol-Alkoholstufen zusetzte. Zu- nächst machte ich 10 » dieke Mikrotomsehnitte, ging aber später zu 5 a dieken Schnitten über, da bei der Kleinheit der meristematischen Zellen in der Scheitelgegend sonst meist mehrere Zellagen über einander zu liegen kommen. Zum Färben benutzte ich Hämatoxylin-Eisenalaun und zur Wandfärbung: Eosin-Nelkenöl. Namentlich bei der Eosinfärbung stieß ich auf Schwierigkeiten, da in der Gegend der Scheitelzelle die Wände, auf die es mir gerade ankam, bei ihrer geringen Dieke selbst nach halb- ständiger Färbung kaum rot genug gefärbt erschienen. Riccia glauca (L.) Lindenberg. Die Entwieklungsgesehiehte der luftführenden Räume kann nur im Zusammenhange mit der Entwieklungsgeschiehte der gesamten Oberseite des Thallus verfolgt werden. Meine erste Aufgabe war also die, das Scheitelwachstum zunächst bei einer Rieeia-Art — ich wählte dazu Riceia glauea (L.) Lindenberg — genau zu untersuchen. Leitgeb hat sich bereits bemüht, die Segmentierung zu verfolgen, ist aber über die Feststellung der Grenzen eines Segments nach oben und eines nach unten kaum hinausgekommen. . Es könnte zunächst scheinen, als müßte sich die Frage durch Anfertigung weniger Vertikal-, Hoxizontal- und Quersehnitte erledigen lassen. Aber die Sachlage ist weniger einfach, als ich zuerst annahm. An dieser Stelle möchte ich nur eine Schwierigkeit erwähnen. Diese ergibt sich aus der Form der Scheitel. Zur Erläuterung diene Fig. 2. Die einzelnen Zeichnungen sind mit dem Abbe’schen Zeichenapparat ausgeführt. Es wurde dabei ein Zeiß’sches Mikroskop mit Okular E1 und Objektiv A benutzt, Die Zeichnungen wurden mit Hilfe eines Quadratnetzes auf den vierten Teil verkleinert. Fig. 2a stellt einen Querschnitt durch einen Scheitel dar. Die bogigen etwa parallel auf der 24% 356 Wilhelm Pietsch, Thallusunterseite verlaufenden Linien geben hier wie in den Zeichnungen d, c, /der Fig. 2 die Richtung der Ventralschuppen an. Mit 24 vergleiche man 2e. Diese bietet einen Horizontalsehnitt durch zwei Scheitel, die erst unlängst aus eingm hervorgegangen sind. Kombiniert man beide Bilder mit Fig. 2 / so kann man sich ein ungefähres Bild des vorderen Endes eines Ricciapflänzchens machen. Man sieht ein, daß der Scheitel oben und vorn durch überwölbte Massen des Thallus und unten durch die Ventralschuppen fast vollkommen eingeschlossen ist. Nur ein ganz sehmaler Spalt stellt die Verbindung wit der Außenluft her. Wenn alle Scheitel so a einfach gebaut wären, EN z müßten medisne Längs- schnitte verhältnismäßig 5 Q£l> einfach zu erhalten sein. In Wirkliehkeit trifft man - aber nur selten einen ein- © fachen Scheitel; die mer sten sind gerade in Dicho- tomie begriffen. Leider ist davon äußerlich wegen e der Lage des Scheitels weder bei Lupen-, noch bei schwacher mikroskopiseher Vergrößerung etwas zu ®) / sehen. Erst wenn man quer und horizontal Fig. 2. Übersichtsbilder für Schnitte von Riceia schneidet, erhält man Bil- glauca. 2,5, c Querschnitte. a bei ungeteiltem ie Fi d2d Scheitel, die orsta Anlage der Dichotomie, « zwei Ger Wie Fig. 25 un Scheitelpunkte. 2.4, e Horizonfalschnitte. 4 erste und überzeugt sich, daß Anlage der Dichotomie, e es sind schon zwei ge- i j i trennte Scheitel gebildet. f ein medianer, ver die Scheitel in Gabelnng kaler Längsschnitt. Vergr. 16. begriffen sind. Der Fig. 26 ist es kaum anzu sehen, daß der Scheitel schon geteilt ist. Auffällig ist nur die breite Binne. In ihr befinden sieh Gewebeteile des Mittellappens, die sich im Übersichtsbild Fig. 2 5 nicht gut wiedergeben ließen, Der dazugehörige Horizontalschritt 2 2 zeigt die Aufspaltung deutlicher. Es ist nun klar, daß man, wenn man Thallusstücke dieser Entwicklungsstufe mediar zu schneiden glaubt, stets die Scheitel und ihre Segmente schief schneiden, also immer aus einer Segmentreihe in die andere gelangen und für die Klarlegung des Segmentierungsvorganges ganz unbrauchbare Bilder Entwicklungsgeschichte des vegstativen Thallus usw. 357 bekommen wird. Selbst an Thallusstücken, wie sie in Fig. 2c dargestellt sind, ist die Aufspaltung kaum oder überhaupt nicht mit der Lupe wahr- nehmbar. Auch senkreehte Querschnitte durch den Thallus liefern keine brauchbaren Scheitelbilder. Aus dem Gesagten geht hervor, daß man, um gut mediane Längs- schnitte zu bekommen, am besten tut, solche Thallusstücke zu verwenden, an denen die Teilung mit bloßem Auge oder der Lupe gerade erkennbar ist. Wenn man dann in der Riehtung der Teilscheitel schneidet, so hat man einige Aussicht, Verhältnisse anzutreffen, die eine Beurteilung des Scheitelwachstums zulassen. . Bei Riccia glauca sind die Scheitelverhältnisse einfacher als bei Riceiella !luitans. Daher ist es mir auch bei der zuerst genannten Art am besten gelungen, die Segmentierung zu verfolgen. Bekanntlich befinden sich äm Scheitel eine Reihe von Zellen neben- einander, die sich insofern ähnlich verhalten, als sie abwechselnd nach oben und unten dorsale und ventrale Segmente abschneiden, Wir wollen sie als Scheitelzellen. und die aus ihnen gebildete bogige, horizontal liegende Reihe in der Scheitelbucht als Scheitelkante bezeichnen. Bei engerer Fassung des Begriffs „Seheitelzelle“‘ kann man nur eine oder zwei im innersten Winkel der Scheitelbucht gelegene Zellen mit diesem Namen bezeichnen. Der Kürze halber werde ich die Zellen der Scheitel- kante als Scheitelzellen bezeichnen, die Seheitelzellen im engeren Sinne dagegen als Hauptscheitelzellen. Wie aus diesen die anderen Zellen der Scheitelkante gebildet werden, wollen wir erst bei Besprechung der Horizontalschnitte näher verfolgen. Zunächst wollen wir nur die Teilungen betrachten, die in der Ebene der medianen Längsschnitte stattfinden, nämlich die dorsale und ventrale Segmentierung. Bisher war weiter nichts bekannt, als daß abwechselnd nach oben und unten Segmente abgeschnitten werden. Leitgeb hat festgestellt, daß aus den ventralen Segmenten die Ventralschuppen hervorgehen, indem eine quergestellte Reihe von Zellen wulstförmig hervorwächst, hat aber dabei die Frage offen gelassen, ob aus jeder Segmentreihe der Ventralseite eine oder mehrere Schuppen hervorgehen. Ebenso hat er sieh nieht näher darüber geäußert, ob bei der Entwicklung der Dorsel- seite — vergleiche seine Überwachsungstheorie — ein von einer Scheitel- zelle gebildetes dorsales Segment unmittelbar zu einem Faden auswächst oder zunächst Längsteilungen durchmachen muß und dann die einzelnen Teile zu Fäden auswachsen. . . Betrachten wir jetzt Fig. 3. Sie ist das Bild eines medianen Längs- schnittes. Auf der Unterseite befinden sich sechs zum Teil abgerissene Ven- 358 Wilhelm Pietsch, tralschuppen. Über der jüngsten liegt die Scheitelzelle s, die hier als ein Dreieck mit einer vorgewölbten Seite erscheint. Von den rechts von ihr befindlichen, schattierten Zellen, die im mikroskopischen Bild bei tieferer Einstellung in der Aufsicht erschienen, stellt die obere Reihe die äußere Fig. 3. Riccia glaues Medianer vertikaler Längsschnitt; die äußeren Enden der Haupisegmentwände sind durch x gekennzeichnet. Das vierte dorsale Segment ent- hält die Anlage eines Antheridiums, Vergr. 195. 3a. Das dritte dorsale Segment stärker vergrößert. Fläche einiger Scheitelkantenzellen dar, die untere nach unten abge- schnittene Segmente, d. b. Zellen der jüngsten Ventralschuppe. Ver- folgen wir, von der Scheitelzelle ausgehend, die einzelnen Segmente — Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 359 die äußeren Enden der Hauptsegmentwände sind mit kleinem Stern (x) versehen — so finden wir nach oben abgeschnitten fünf vollständige und ein halbes Segment, nach unten auch fünf Segmente, während das sechste nur angedeutet ist. Ich zähle der Einfachheit halber in der Rich- tung von der Scheitelzelle rückwärts. Die dorsalen Segmente erhalten also die Ordnungszabien I, IEL, V, VII, IX, XI und die ventralen die Ordnungszahlen II, IV, VL, VIIL X und XIL Am einfachsten, soweit festzustellen, sind die Teilungen in den ventralen Segmenten. Schon gleich nach Bildung wölbt sich das erste vor (II) und teilt sich quer, Im zweiten unteren Segment (IV) finden wir die erste Querteilungs- wand unter dem hinteren Ende von Segment II wieder (1-1). Wir erkennen sie als solche mit Bestimmtheit an der auffallend starken Kniekung, die sie der unteren Wand des Segments II erteilt. Die hintere Zelle des Segments IV, links von der Wand 1 hat nur eine Teilung durch- gemacht (durch Wand 2), während die vordere, rechts von 1 zur Ventral- schuppe ausgewachsen und mehrmals quergeteilt ist. Hierbei müssen wir allerdings bedenken, daß unter den Zellen der Ventralschuppe sich auch Nachkommen von Segmenten derjenigen Scheitelzellen befinden können, die über oder unter der in den Schnitt fallenden Scheitelzelle liegen. Die Zellreihen der Ventralschuppen verlaufen nämlich nicht immer parallel der Medianebene, so daß beim Schneiden leicht mehrere Reihen getroffen werden können. Auch im nächsten Segment VI finden wir die erste Teilungswand 1 am hinteren Ende von Segment IV wieder, Sie ist ebenso durch die noch auffallendere Kniekung kenntlich, die sie in der hinteren Wand von Segment IV hervorruft, Die Zelle links von Wand 1 ist auch hier zuerst in zwei geteilt; dann hat sich eine Wand 3° eingestellt, die in anderen Fällen nicht beobachtet wird. Begelmäßiger ist die Teilungsfolge in Segment VII. Wieder finden wir am Ende des voraufgehenden Segments die erste Teilungswand 1. Augenschein- lich ist; die Zelle links von ihr zunächst halbiert (2) und darauf jede Hälfte noch einmal quergeteilt (8). Die Reihenfolge der Querwände rechts von 1 läßt sich nicht mehr mit Sicherheit verfolgen; doch kaun man, da im Präparat der Anschein erweckt wird, daß immer eine ältere ımit einer jüngeren Wand abwechselt, annehmen, daß die Teilungsvorgänge ähnlich sind, wie links von Wand 1. Aus der Bildung der vorherge- gangenen Segmente kaun man außerdem schließen, daß eine viel größere Anzahl von Teilungen stattgehabt hat, als in dem linken Teil. Im folgen- den — X. — Segment sind alle Teilungen wie im vorhergehonden voll- zogen. Dazu hat sich hier die Zelle am weitesten links — zwischen 3 und der Hauptsegmentwand — noch einmal geteilt (4). Segment XII 360 Wilhelm Pietsch, hat für uns nur insofern Bedeutung, als hierdurch das Ende von Seg- ment X sicher festgelegt ist. Durch diese Betrachtungen ist sicherge- stellt, daß jedes Segment zu einer und auch nur zu einer Ventralschuppe auswächst. Und zwar wird der Hauptteil des Segments zur Bildung der Ventralschuppe verbraucht, während nur ein kleiner einschichtiger Teil Thallusgewebe liefert. Jetzt gehen wir zu den dorsalen Segmenten über. Das erste ist noch nieht geteilt, wenigstens in der Bildebene nicht. Parallel der Papier- ebene könnte eine Teilung sehr wohl stattgefunden haben. Doch dies ist später an der Hand von Horizontalschnitten zu untersuchen. Seg- ment III ist dureh eine Perikline quergeteilt. Das nächste — V. — Segment erscheint mir von besonderer Wichtigkeit, ich habe deshalb Fig. 3 beigefügt, die weiter nichts ist, als eine vergrößerte Darstellung dieses Segments. Eine der ersten Periklinen des vorhergehenden Seg- ments entsprechende Wand finden wir in der mit 1—1 bezeichneten wieder. Die Zelle unterhalb 1—1 hat nur eine — nieht mit einer Zahl versehene — Wand eingeschoben. Anders der über 1—1 gelegene Teil; hier ist die erste Wand die mit 2 bezeichnete — in Bezug auf das Seg- ment längs verlaufende — Antikline. Nach dieser Teilung werden die beiden Hälften in verschiedener Weise zerlegt. Der dem Scheitel zu gelegene Teil schiebt sofort eine Längswand 8 ein und darauf in jeder nun vorhandenen langen Zelle eine Querwand 4. Bevor der vom Scheitel abgelegene Segmentteil Wände einschiebt, die den eben geschilderten entsprechen, bildet er eine Querwand 3, darauf, wie der vordere Teil, die Längswand 4 und dann die Querwände 5. Besonderes Gewicht lege ich hierbei auf das Vorhandensein der Periklinen 3 in dem vom Scheitel abgelegenen Teil. Die Bildung der Zelle unterhalk dieser Periklinen steht nämlich in enger Beziehung zum größeren Längenwachstum der vom Scheitel entferuter liegenden Segmenthälite, wodurch die eigen- tümliche Form des Scheitels auf dem Mediansehnitt mitbedingt wird, Man überzeuge sich, daß in diesem — V. — und im nächsten — VIL— Segment die dem Scheitel zugekehrten Teile kürzer sind als die abge- wendeten und daß hierdurch die Einsenkung des Scheitels im medianen Längsschnitt geschieht, die Leitgeb aus dem Längenwachstum der von ihm angenommenen getrennten Zellreihen erklären wollte. Es sei hierbei darauf hingewiesen, daß wir noch festgefügte Zellen ohne die geringsten Interzellularräume haben, daß jedoch durch die Anordnung der Zellreihen schon die Richtung der Luftkammern festgelegt ist. Da Schnitte durch erwachsene Segmente zeigen, daß im allgemeinen acht Zellreihen eine Segmentbreite einnehmen, so ergibt sich, daß die im Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 361 Segment V vorhandenen vier Reihen sieh in der Regel noch je einmal weiter längsteilen. Dem Verlaufe der Längswände aber entspricht in älteren Gewebeteilen der der Luftkammern. Im nächsten Segment — VII — finden wir die Regelmäßigkeit der Teilungsfolge dureh die Anlage eines Antheridiums gestört. Die Wand, die der im vorhergehenden dorsalen Segment mit 1 bezeichneten entspricht, sehen wir hier in der ebeuso kenntlich gemachten Wand 1 wieder. Besonders dentlich ist die Ansatzstelle von 1 an der linken Wand von Segment VII durch die fast rechtwinklige Einkniekung, die diese erfahren hat. Die Wand 2 verläuft links vom Antheridium. Wie in Segment V kommt es auch hier zunächst zur Bildung von vier Zellreihen. In allen diesen Reihen haben zuerst Querteilungen eingesetzt; dann wurde die oberste Zelle der zweiten Reihe von vorn zur Anlage des Antheridiums. Diese Reihe bleibt jetzt dem übrigen geschlossenen Gewebe gegenüber im Längenwachstum zurück und es findet hierdurch eine Versenkung des Antheridiums in den Thallus statt. Die dem Antheridium benachbarten Zellreihen zeigen jetzt eine besondere Wachstumsweise. Während die vierte Reihe von vorn nur Querteilungen erfährt, schieben die erste und dritte nach wenigen Querwänden je eine Antikline z ein; darauf wölben sich die dem Anther- idium benachbarten Zellen — in der ersten Zellreike von vorn die über Wand x, in der dritten Zellreihe die unter Wand z gelegene Zelle — über. dieses vor, teilen sich zunächst quer und dann in dem Teil, der dem Inneren des Thallusgewebes zugekehrt ist, längs. Wie gewöhnlich, so zeigen auch hier die vom Scheitel abgekehrten Teile jedes Segments im Wachstum einen Vorsprung. In dem linken, dem Antheridium be- nachbarten Teil ist nach der zuletzt erwähnten Längsteilung die äußerste Zelle schon quergeteilt. Durch diese besonderen Teilungsvorgänge wird das " Antheridium überwölbt und gesckützt, An dieser Stelle möchte ich auf die Behauptung Leitgeb’s hinweisen, daß der Ansatz der Antheridien und Archegonien so tief Hoge, wie die Luftkammern reichen, In Segment VII habe ich die Interzellularräume mit punktierten Linien eingetragen und man sieht, daß die Inftführenden Kanäle tiefer als bis zum Ansatz des Antheridiums, nämlich bis zu Wand 1 hinabreichen. Aus späteren Figuren, namentlich aus Querschnitten — vgl. Fig. 6 — werden wir erkennen, daß Luftkammern sogar, wenigstens zum Teil, bis unmittelbar an die einzellige Schicht heranreichen, die aus den ventralen Segmenten gebildet wird, In den älteren Segmenten von Fig. 3, nämlich IX und x, habe ich die Eintragung der Interzellulargänge fortgelassen, da es mir bei dieser Zeichnung hauptsächlich auf die klare Herausarbeitung der Segmentierung ankam. 362 Wilhelm Pietsch, Die Aufklärung der Teilungsweise des nächsten IX. Segments bietet größere Schwierigkeiten. Aus den Teilungen im VIl. Segment ergab sich die Wahrscheinlichkeit, daß die vier antiklinen Reihen im oberen Segmentteil noch einmal aufspalten würden. Die ungefähre Breite des Segments IX kann man aus der Länge der ventralen Segmente folgern. Nimmt man dazu den glatten Verlauf der mit Stern (*) be- zeichneten linken Segmentwand — sie ist nur durch den Ansatz der Wände 1: merklich gebrochen — und die Kniekung, die sie in der oberen Wand des X. Segments bewirkt, so ist damit die Begrenzung des IX. Seg- ments unzweifelhaft gegeben. Ansatz und Verlauf von Wand 1 und 2 ergeben sieh wie im vorigen Segment. Betrachten wir nun zunächst den oberen Teil der vorderen Hälfte dieses Segments. Er besteht aus ärei parallelen Zellreihen. Von diesen. haben augenscheinlich die beiden linken gemeinsamen Ursprung. Die drei Zellen a, — ca, sind aus einer Zeile hervorgegangen; diese ist zunächst längs und dann die Zelle der vorderen Reihe — ,--a, — quergeteilt. Noch deutlicher wird der gemeinsame Ursprung bei den nächsten vier Zellen 4, -— #, und ebenso bei den nächsten vier Zellen y, —y,. In beiden Fällen ist zunächst eine Längswand eingeschuben und darauf jede Hälfte quergeteilt. Geht man noch weiter nach innen, so kommt man auf fünf zusammengehörige Zellen, die augenscheinlich auch dureh Längs- und dann durch Quer- teilung entstanden sind. Hierbei kommt es mir besonders auf den Nach- weis an, daß diese beiden Reihen aus einer der vier vorker angenommenen hervorgegangen sind und daß das Längenwachstum der Zellreihen so stattfindet, daß alle Zellen der Reihe durch Querteilungen daran be- teiligt sind. Dies steht im scharfen Gegensatz zu der Behauptung Leit- gebs. Dieser gibt an, daß zunächst nur die äußerste Zelle sich teile, eine Zelle nach innen abschneide, sieh dann vorwölbe und wieder eine Zelle nach innen abschneide. Durch dieses Wachstum sollen sieh ja nach Leitgeb alle Zellreihen bilden und die Luftkammern sieh vertiefen. Nach meiner oben gemachten Annahme müßten in der vorderen Hälfte von Segment IV vier autikline Reihen vorhanden sein. In Wirk- liehkeit sind es nur drei. Dies erklärt sich so, daß die erste Reihe — ich habe schon früher auf den Vorsprung der vom Scheitel abgekehrten Segmenthälfte hingewiesen — die Längsteilungen, durch die die zweite und dritte Reihe entstanden sind, noch nieht durchgemacht hat. Daß sie sie durchmachen wird, dafür spricht, daß tatsächlich schon die Zelle der ersten Reihe, die an die Zellen ö, und ö, der zweiten Reihe grenzt, eine,Längswand eingeschoben hat. Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 363 In der hinteren Hälfte von Segment IX sind außen fünf Reihen, weiter innen aber nur drei gesehnitten, Dies erklärt sich daraus, daß hier die Luftkammern schon vollkommen ausgebildet sind und zwischen ihnen auch antikline Zellreiken siehtbar werden, die hinter den in unserem Bild gezeichneten liegen. Das nächste — XI. — Segment hätte ich noch vollständig ein- zeichnen können; die Zeichnung wäre aber dadurch nur unnötig umfang- “reich geworden. Ich habe mich daher damit begnügt, Wand 1—1 und 2—2 klar hervorzuheben. Zwischen der vorderen Segmentwand und der Wand 2 liegen auf der Thallusoberseite vier antikline Reihen. Offen- bar sind die beiden hinteren Reiken durch Aufteilung einer Reihe ent- standen. Die beiden großen Zellen am inneren Ende der genannten Reihen — unterhalb a, und a, — sprechen dafür. So haben z. B. augen- scheinleih die Zellen «,, «, und a, gemeinsamen Ursprung. Es hat zu- nächst Längs- und dann in der linken Hälfte Querteilung — zu a, und % — stattgefunden. Ebenso sind die vier Zellen 4 — #, durch Längs- und spätere Querteilung aus einer Mutterzelle 'entstanden. Dasselbe Bild wiederholt sieh nach außen noch einmal für die Zellen y, —Y.- So sehen wir in diesen Reihen denselben Teilungsmodus, den wir in der zweiten und dritten Zelireihe der vorderen Hälfte des vorangegangenen dorsalen Segments gefunden haben. j Zum Vergleich sei noch Fig. 4 beigefügt. Der Schnitt ist zwar nicht so gut; median, wie der in Fig. 3 gezeichnete, aber er zeigt doch recht gut die Teilungsvorgänge im oberen Teil der dorsalen Segmente. Außer- dem liegen die Stadien immer gerade zwischen denen der vorigen Zeich- nung, Das zweite dorsale Segment zeigt; nach der ersten Periklinen auch sehon die im Segment V der Fig. 3 mit 2 bezeichnete Antikline. Der Wand 1—1 des V. Segments von Fig. 3 entspricht im dritten dor- salen Segment von Fig. 4 die ebenfalls mit 1 bezeichnete. Über dieser Wand befindet sich ein auffallend kleinzelliges Gewebe, das in seinen Teilungsvorgängen genau mit denen im Segment V von Fig. 3 überein- stimmt. Ich kann daher wohl ohne weitere Erörterung über diese ganz klaren Vorgänge hinweggehen. Ein ganz kleiner Unterschied im Ent- wieklungsstadium besteht nur insofern, als ven den Wänden, die den Wänden 5--5 in Fig. 3a entsprechen würden, nur die gebildet ist, die vom Scheitel weiter entfernt ist. Im vierten dorsalen Segment beginnt die Luftkammerbildung genau, wie im entsprechenden Segment von Fig. 3. Ich habe mich darauf be- sehränkt, die Interzellularräume einzuzeiehnen, die bei jeder Einstellung des Mikroskops von Gewehe unbedeckt erschienen. Die Teilungsvorgänge 364 Wilhelm Pietsch, entsprechen auch hier vollkommen den in Fig. 3 gefundenen. Wir finden Wand 1—1 und 2—2 deutlich wieder. Vor der letzteren haben wır nur drei antikline Zellreihen, von denen die zweite und dritte augenscheinlich den gleichen Ursprung haben. Man vergleiche die vierte Zelle von außen, die beiden Reihen gemeinsam ist. Hinter der Wand 2—2 sind außen vier, weiter innen nur drei Zellreihen geschnitten. Hieraus ergibt sich, daß diese Reihen vom Schnitt schräg getroffen sind. Wir sehen ferner in dieser Figur, daß die Luftkammern am stärksten an den Stellen aus- gebildet sind, wo die Hauptsegmentwand liegt, etwas weniger stark an der Stelle der Wand 2—2 und am sehwächsten ini der Wand, die die linke Hälfte des Seg- ments zuerst in zwei Reihen teilte. Da im allgemeinen die Größe der Lultkammern mit dem Alter der betref- fenden Wände über- einstimmen wird, so ist hiermit ein weiteres Kriterium für das Alter der Wände, also zum Auffinden der Segmentwände gege- ben. Da die Luft kammer bis zur Peri- kline 1—1 durchgeht — man vergleiche dies Fig.4. Riceis glauca. Medianer vertikaler Längsschnitt. i en Die angeschnittenen Luftkammern sind sind schraftiert. mit dem geschlosse m Vergr. 360. Gewebe des dritten dorsalen Segments — so ist damit der Beweis für ihre schizogene Entstehung erbracht. Die Frage, eb die Kammern, wie Barnes und Land behaupten, durch Spaltung entstehen, die von innen nach außen fortsehreitet, will ich erst bei Er- örterung der räumlichen Verhältnisse besprechen. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß im anstoßenden, fünften dorsalen Segment unserer Figur die Luftkammern nach außen geöffnet, im vierten dorsalen Seg- ment dagegen noch geschlossen zu sein scheinen. Wil man eine räumliche Vorstellung von den Teilungsvorgängen gewinnen, so wird man am zweckmäßigsten Horizental- und Querschnitte durch den 'Thallus untersuchen. Einen Horizontalschnitt haben wir in m Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 365 Fig. 5 vor uns. Der Schnitt ist durch die Scheitelkante, die Zellen s, 5, bis s, und s’ bis s”” gegangen. Rechte von der letztgenannten Zelle sind sehon Zellen der unteren Segmente, d. h. der Ventralschuppenansätze geschnitten. Als Urscheitelzelle betrachte ich in diesem Falle die mit s bezeichnete. Sie hat zuletzt an ihrer Hinterseite das Segment I abge- schnitten, das durch einmalige Längsteilung in zwei Zellen zerlegt ist. Die Größe dieses Segments liegt etwa in der Mitte zwischen der des ersten und zweiten dorsalen Segments der Fig. 3. Daraus 14ßt sich mit ziemlich großer Sicherheit folgern, daß diese Wand, die in Fig. 3 nicht sichtbar sein konnte, da sie mit der Papierebene parallel war, die zuerst ‚angelegte sein muß. Die Form des zweiten dorsalen Segments — IIL, da das inzwischen abgeschnittene ventrale Segment die Ordnungszahl II erhalten muB — ist etwa ein Parallel- trapez, dessen kür- zere parallele Seite dem Scheitel zuge- kehrt ist. Wir er- kennen, daB das Segment zuerst längsgeteilt und da- rauf die Hälften quergeteilt werden. Drei von den Vier- teln des Segments sind darauf schon ä i Fig. 5. Riceia glauca. Horizontalschnitt dureh die Scheitel- Yängsgeteilt, In dom ® Kante: s, s bis ss bis s”, Vergr. 540. nächsten, dritten dorsalen Segment — V. — lassen sich die Teilungen nieht mehr so gut verfolgen. Deutlich erkennbar ist nur noch die erste Längswand. Man muß hierbei bedenken, daß ein Horizontalsehnitt, der durch die Scheitelkante geht, die unteren Teile der dorsalen Segmente schneidet. Und hier sind, wie der Vergleich mit Fig. 3 und 4 ergibt, die Teilungen nicht annähernd so regelmäßig, wie in den oberen Teilen dieser Seg- mente. Die Scheitelzellen s,, s; und s, haben augenscheinlich gemein- samen Ursprung. Wir wollen daher das Bild des hinter ihnen liegenden Gewebestreitens zusammenfassend betrachten und mit dem ältesten in der Figur sichtbaren dorsalen Segment beginnen, Es liegt in der Figur über Segment V von s; ich habe es deshalb, obgleich die Ordnungszahl hier den Tatsachen nicht vollkommen entsprieht, mit V, bezeichnet. 366 Wilhelm Pietsch, Nach dem oberen und linken Rande zu sind die Teilungen nicht sehr regelmäßig; aber die erste Längswand ist deutlich und die darauf erfolgten Querteilungen in den Hälften mit einiger Sicherheit erkennbar. In den beiden dem Segment V von s zugekehrten Vierteln ist auch die Längs- wand und im rechten von ihnen sind auch die dann erfolgten Quer- teilungen zu erkennen. Das nächstjüngere Segment III, von s., a 3 zeigt Längsteilung, dann Querteilung in den Hälften und in den beiden vom Scheitel abgekehrten Vierteln nochmalige Längsteilung. Die Seg- mente V, und IIL, sind ebenso wie Segment ],, das einmal längsgeteilt ist, von den Zellen s,,,,, und den hinter s,, ; liegenden Zellen gebildet, als diese noch zu einer Scheitelzelle vereint waren. Dann trat in Seg- ment I, und der Scheitelzelle Längsteilung ein, wodurch die letztere in sı und das Stück zerfiel, das aus s,, , und den dahinterliegenden Zellen besteht. Darauf schnitt die aus s,, „ bestehende Scheitelzelle ein jetzt schon längsgeteiltes Segment ab und teilte sich darauf längs, wodurch die neuen Scheitelzellen ss und. sz entstanden. In derselben Zeit, in der s drei Segmente nach oben gebildet hat, sind aus der benachbarten Seheitelzelle auch drei, gewissermaßen sogar vier Segmente, außerdem noch die neuen Scheitelzellen s,, s,, ss hervorgegangen. Ähnliche Vor- gänge haben auf der anderen Seite stattgefunden; die beiden Scheitel- zellen s’ und s” haben zuletzt je ein im Bilde längsgeteiltes Segment abgeschnitten. Diese sind mit I und I” bezeiehnet. Die vorker gebildeten Segmente III und III” sind sehon längs- und quergeteilt. Vor dieser Teilung müssen s’ und s” vereint gewesen sein; denn sie haben gemeinsam das nächst ältere Segment V’ abgeschnitten. In diesem ist auch erst Längs- und dann Querteilung eingetreten. In den erhaltenen Vierteln ist die weitere Zellbildung nicht mehr mit Sicherheit zu verfolgen; doeh hat in der Regel auch hier Längs- und Querteilung abgewechselt. Bei der in Dreieckform geschnittenen Scheitelzelle s” findet augenscheinlich ein Übergang der Schnittebene zu den unteren Segmenten statt. Auffällig waren die Teilungen, die zur Bildung der Zellen sı, 52: ss führen. Man sah, daß nicht nur die Bildung von Scheitelzellen hier schneller gesshah, als von Seiten der Zelle s, sondern daß von ss und Ss auch schnelier dorsale und ventrale Segmente gebildet wurden. Hieraus erklärt sich die Entstehung der auf dem Horizontalschnitt sichtbaren Scheitelbucht. Ebenso wie sı, 52, 5; scheinen aus einer Scheitelzelle auch Sg: S, Ss hervorgegangen zu sein. Ganz klar ist dies für s; und s,; nachdem ihre Mutterzelle das letzte Segment gebildet hat, ist sie längsgeteilt und s; hat für sich schon wieder ein dorsales Segment angelegt. Ebenso ist für s; und ss gemeinsamer Ursprung klar. Durch dieses beschleunigte Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 367 Waehstum der von der Hauptscheitelzelle seitwärts liegenden Scheitel- zellen erhalten die Segmentreihen bogigen Verlauf und die Zellen der beiden Seiten der Scheitelbucht rücken immer mehr auf einander zu; schon bei ss berühren sich die Seiten fast. Würde diese Art des Wachs- tums beibehalten, so müßten sich die beiden Ränder schließlich über- schieben. Während die bisherige Art des Wachstums eine Verbiegung der vorderen Enden der Segmentreihen nach der Medianen zu zur Folge hatte, findet von jetzt ab eine Geradestreekung statt. Und dies läßt darauf schließen, daß auch die Ursache für die Einbiegung, d. h. das beschleunigte Wachstum der Zellen ss —s, und s’— s” usw. aufhört, ja einem verlangsamten Platz macht. Allmählich, wenn die Zellen des Thallus bis zu seinem äußeren Rand gelangt sind, hört die Teilungs- fähigkeit ganz auf. Hingewiesen sei hier noch auf die Gestalt der von sı bis ss gebildeten Segmente. Wie aus den Figuren 3 und 4 und aus Bigur 5 hervorgeht, erscheinen sie sowohl auf dem Vertikal- wie auf dem Horizontalschnitt gebogen, Die Kanten der Hanptsegmentwände sind mithin nicht in einer Ebene darstellbar. sondern ziemlich komplizierte Raumkurven. Aus diesen Betrachtungen ergibt sich das Verständnis des Quer- schnittbildes Fig. 6. Der Schnitt ist durch den innersten Winkel der Scheitelbucht gegangen, etwa durch die Scheitelzellen s» und s” von Fig. 5. Von den oberen der vier schattierten Zellen am tiefsten Punkt der Scheitelbueht von Fig. 6 muß eine der Hauptscheitelzelle s aus Fig. 5 entsprechen. Unten im Bild sind drei Ventralschuppen quergeschnitten; die Lufträume zwischen ihnen sind schraffiert gezeichnet. Darüber befinden sich rechts und links je ein einmal geteiltes Segment, deren Verbindung dureh die beiden unteren schattierten Zellen gegeben ist. Darüber liegen links und rechts zwei Scheitelzellen, die in der bekannten üreieckigen Form geschnitten sind. Für die Bildung der Ventralschuppen sehen wir hieraus, daß tatsächlich eine Reihe von Scheitelzellen gleich- zeitig nach unten Segmente abschneiden, die gemeinsam zu einer Ventral- schuppe auswachsen. Ferner erkennen wir, daß die seitlich der Haupt- scheitelzelle gelegenen Scheitelzellen — sie entsprechen, wie schon oben bemerkt, etwa den Zellen s, und s” der Fig, 5 — sich ebenso teilen, wie die Zeile s, deren Teilungen wir in den medianen Längsschnitten — Fig. 3 und 4 — verfolgt haben. Beide Scheitelzellen haben hier zuletzt ein Segment nach unten abgeschnitten — die schon erwähnte Anlage der jüngsten Ventralschuppe — und darauf ein Segment nach oben ge- bildet. Das der linken Scheitelzelle ist bereits quergeteilt. Die nächsten ventralen Segmente bilden gemeinsam die dritte Ventralschuppe von 368 Wilhelm Pietsch, ‘unten, Das zweite dorsale Segment ist rechts noch deutlich zu erkennen. Es ist exst periklin und darauf die äußere — nach der Bucht zugekehrte — Hälfte längsgeteilt, also ganz entsprechend dem zweiten dorsalen Seg- ment der Fig. 4. Links können wir noch sicher annehmen, daß die beiden nächsten Zellen, die an der Bucht liegen, die äußeren Zellen des zweiten dorsalen Segments darstellen. Daß wir die unteren Enden dieses und- der folgenden Segmente nicht mehr erkennen können, wird aus den Be- trachtungen klar, die ich im Anschluß an Fig. 5 anstelite. Wenn die Ver- hältnisse so liegen wie dort, so ist es überhaupt nicht einmal möglich, auch nur auf einer Seite das zweite dorsale Segment zu erkennen. Nehmen Fig. 6. Riceia glauca. Querschnitt durch die Scheitelkante etwa bei den Scheitel- zellen s, und s” in Fig. 5. Die schattierten Zellen, die nur bei tieferer Einstellung sichtbar waren, entsprechen etwa den Zellen s und s, der Fig. 5. Am oberen Ende der Scheitelbucht ist ein Archegon quergeschnitten. Vergr. 540. wir an, daß ein vertikaler Querschnitt des Thallus durch ss und s” geht, so wird von beiden nur ein dorsales Segment durch den Schnitt getroffen. Im weiteren Verlauf geht dieser durch gebogene ältere Segmentreihen von 54, ss und s” usw. der Fig. 5, und zwar werden diese, wie aus den Bogenlinien letzterer Zeichnung hervorgeht, schief geschnitten. Somit erhalten wir rechts und links von der Bucht, die in Fig. 6 über dem Grunde der Scheitelkante liegt, in ihrer unmittelbaren Nähe die äußersten Enden von Segmenten der Scheitelzellen sı und s’ unserer Zeichnung. Weiter in das Gewebe hinein aber bekommen wir schiefe Schnitte von mer älteren Segmenten von Scheitelzellen, die etwa den Zellen ss, 54, 5”, $ Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 369 usw. der Horizontalschnittfigur entsprechen. Das Ergebnis dieser Über- legung wird in Fig. 6 dadurch bestätigt, daß die in diesen Segmenten gebildeten Luftkammern nahezu quer geschnitten sin. Am oberen Ende der Spalte, die aus der Scheitelbucht nach oben führt — Fig. 6 — liegt der Querschnitt eines Archegons; da der Inhalt der mittleren Zelle ziemlich stark gefärbt war, so ist anzunehmen, daß der Schnitt durch die Gegend der Bauchkanalzelle geht. Nach den bisherigen Betrachtungen ist es nun möglich, sich ein räumliches Bild von allen erwähnten Vorgängen zu machen. Bevor ieh aber zur räumlicher Darstellung übergehe, möchte ich noch ein Bild besprechen, das dem entspricht, das für Leitgeb Anlaß zu seinen Annahmen war. Es handelt sich bier um einen Schnitt, der zu dem medianen Längsschnitt parallel ist und, wenn man seine Spur in den Horizentalsehnitt einzeichnete, etwa dureh die Zellen sı, sz bis ss ginge. Er bietet das in Fig. 7 dargestellte Bild. Dieses ist identisch mit den von Leitgeb gesehenen, bei denen er von einem quadratischen Maschennetz sprach. Während aber Leit- geb in seinen Handschnitten nur Grüb- Fig. 7. Das hei Leitgeb chenbildung annahm, schen wir, daß es Fr as Ausdratischen sich hier schon um fertige, tiefgehende Nähe des Scheitels. Vergr. 540. Luftkammern handelt. . Um die räumlichen Verhältnisse vollkommen klarzulegen, habe ich ein perspektivisches Bild einer Gruppe von Zellen entworfen, die von der Medianebene und dem innersten Kessel der Scheitelbucht begrenzt wird (Fig. 8). Die Vorderfläehe der Figur ist eine Vergrößerung der ersten drei dorsalen und der zugehörigen ventralen Segmente von Fig. 3. Die Gestalt der Scheitelzelle läßt sieh daraus erschließen, daß sie in vertikalen Längsschnitten immer als Dreieck — natürlıch mit gebogenen Seiten — im Horizontalschnitt aber immer etwa als Paralleltrapez erscheint, dessen längere parallele Seite dem Iuneren des Thallus zugekehrt ist. Die ungefähre Wachstums- und Teilungsweise der ventralen Seg- mente ist klar. Im freien Teil der Schuppen läßt sich aber die Art der Teilung nieht mehr erkennen. Das Zellnetz in der Fläche der Ventral- schuppen ist willkürlich eingetragen. Anders verhält es sieh bei den dor- salen Segmenten. Das jüngste ist ähnlich einem Parallelepipedon mit etwas gewölbter Außen- und Innenfläche. Das nächste dorsale Segment 25 Flora, Bd. 108. 370 Wilhelm Pietsch, ist durch eine zur Oberfläche parallele Wand — in Fig. 3 mit 1 bezeichnet — in einen unteren und oberen Teil zerlegt. Diese Wand ist nach den Erörterungen, die ich beim Horizontalschnitt — Fig. 5 — für das jüngste Segment der Scheitelzelie s angestellt habe, als an zweiter Stelle angelegt zu betrachten, als erste dagegen die, durch die das Segment parallel Fig. 8. Riccia glauca. Perspektivische Darstellung einiger Zellen der Scheitelkante und der zugehörigen jüngsten Segmente (Schema). zur Medianen halbiert ist. Die oberen durch diese Teilungen entstandenen beiden Zellen sind darauf durch je eine Wand parallel zur Hauptsegment- wand längsgeteilt, so daß der obere Teil sich aus vier rechtwinkligen, vierseitigen Prismen zusammensetzt. Im nächstälteren dorsalen Seg- ment ist jedes dieser Prismen in vier zerlegt. An die Segmentaußenfläche Entwieklungsgeschichte des vegetativen 'Thallus usw. 371 grenzen also 16 Prismen. Die Teilung in den beiden hinteren Prismen des dritten Dorsalsegements erfolgt augenscheinlich genau so, wie die im ganzen zweiten Segment. Alle 16 so entstandenen Prismen wurden darauf quergeteilt. Infolge ihres Turgors wölbten sich ihre Außenwände allmählich mehr und mehr vor. Sicherheit darüber, daß wirklich 16 Zellen die Außenfläche des Segments berühren, erlangte ich an Horizontal- schnitten. Wie schon Leitgeb gefunden und auch meine Fig. 7 zeigt, erscheint das Bild der Zellen nahe der Oberfläche als quadratisches Maschennetz. In der Oberfläche liegen vier mal vier Zellen. Ganz ähnlich sind die Teilungen in den übrigen Segmenten, die in der Zeichnung von oben sichtbar sind; nur habe ich hier entsprechend dem Bilde des Horizontalschnitts angenommen, daß das jüngste dorsale Segment und ebenso die Scheitelzelle selbst schon längsgeteilt sind. Nachdem ich schon wiederholt darauf hingewiesen habe, daß die Anschauungen Leitgeb’s von der Entstehung der Luftkammern un- haltbar sind, will ich jetzt an der Hand des räumlichen Bildes schildern, wie ich mir den Vorgang denke. Wie ich schon bei der Besprechung des medianen Längsschnitts erwähnte, ist das Gewebe im dritten dor- salen Segment noch festgefügt, von einem Interzellularraum ist noch nicht die geringste Spur zu finden. Anders im nächsten Segment. Hier treten in den Zellecken ganz kleine Interzellularräume auf, die schließlich in der antiklinen Richtung untereinander und mit den Vertiefungen auf der Thallusoberfläche in Verbindung treten. Die Bildung der Interzellular- räume erfolgt um so früher, je älter die Wände sind, in denen sie auftreten. Gerade unsere räumliche Figur macht klar, wie nahe der Irrtum Leitgeb’s lag, wenn er nur auf die der schattierten Oberfläche unseres Bildes entsprechende Fläche des Thallus sehen konnte, aber die Art der Teilung in den jüngsten dorsalen Segmenten nieht kannte. Seine Be- obachtungen mußten ihm fast die Anschauung nahelegen, als wüchse jede Zellreihe von vornherein isoliert. Sah er zudem noch die älteren durch Interzellularräume getrennten Zellreihen, so konnte ihn dies in seiner Annahme nur noch bestärken. Riceia Warnstorfii Limpr. Die bei Riceia Warnstorfü gefundenen Verhältnisse sind denen der Rieeia glauca so ähnlich, daß eine eingehendere Darstellung kaum nötig erscheint. Die Übersichtsbilder von Schnitten durch die Scheitel- bucht stimmen so mit denen von R. glauca überein, daß man auf die Fig. 2 verweisen kann. Für den medianen Längsschnitt ergeben sich nur ganz geringfügige Unterschiede. Bilder solcher Schnitte habe ich in 25* 372 Wilhelm Pietsch, Fig. 9a und b dargestellt; sie enthalten eine Scheitelzelle und die jüngsten Segmente. Es genügt ein Vergleich mit Fig. 3, um zu erkennen, daß die ersten Teilungsvorgänge ganz denen bei R. glauca entsprechen. In Fig. 9b habe ich die ersten sichtbaren Interzel- Inlarräume eingezeichnet; Fig. 9a. Fig. 95. Fig. 9a und 5. Riceia Warnstorfii. Vertikale Längsschnitte durch den Scheitel. Bei 95 sind die jüngsten Anlagen der Luftkammern punktiert eingezeichnet. 9a Vergr. 540, 95 Vergr. 1000. es erübrigt, auf das bei R. glauca Gesagte zu verweisen, da ich dies doch nur fast wörtlich wiederkolen könnte. Fig. 10. Riceia Warnstorfii. Horizontalschnitt, Zwischen s, und s die Anlage " eines Mittellappens. Vergr. 540, Eine entsprechende Übereinstimmung findet sich auch in den Horizontalschnitten. Einen solchen habe ich in Fig. 10 dargestellt. In » Entwicklungsgeschiehte des vegetativen Thallus usw. 873 der Scheitelbucht dieses Schnittes sind sehon zwei Scheitel vorhanden mit den Hauptscheitelzellen sı und’s. Zwischen ihnen können wir die Bildung des Mittellappens verfolgen. Wie sehon bei der Besprechung von Fig. 5 auseinandergesetzt war, erfolgt von der Hauptscheitelzelle aus eine Beschleunigung in der Bildung sowohl neuer Scheitelzellen, als auch von dorsalen und ventralen Segmenten. Dieses beschleunigte Wachstum finden wir auch hier von sı und s’ aus nach außen, Von den Zellen s; und s; gemeinsam und von s, ist zuletzt je ein Segment Ia und Ib gebildet, erst danach haben sich s, und s; getrennt. Vorher hatten sı ‚52,53, Ia und Id gemeinsam als Scheitelzelle die Segmente IIa und Illa gebildet. Ebenso haben s, und s;, die jetzt schon getrennt die Segmente Ic und Id gebildet haben, vorher zusammen das Segment IId gebildet. Geht man noch um ein Segment weiter zurück — IIIb—, so sieht man, daß daran als Bildner auch die Vorfahren der beiden nächsten Zellreihen — sie wären etwa mit s; und s; zu bezeichnen — beteiligt: gewesen sein müssen. Ganz ähnliche Verhältnisse finden wir auf der Seite s®’ — s””. Besondere Beachtung verdienen noch die Zellen zwischen sı und s‘. Diese vier Zellen haben vorher mit s’ und s” zusammen das schon längs- und quergeteilte Segment F abgegliedert. Darauf ist zuerst die Wand ge- bildet, die s’ von den vier kleinen Zellen scheidet; dann haben sich beide Hälften längsgeteilt. Während aber sonst eine Teilungsbeschleunigung nur nach außen eintrat, ist dies jetzt auch nach innen geschehen; die Zellen zwischen s, und s’ haben bereits je ein dorsales Segment abge- schnitten. Dies sind die einleitenden Schritte zur Bildung des Mittel- lappens. Es ergibt sich von selbst, daß auch die Zelle sı nach der Mitte Zellen abschneidet, die nach dieser Seite beschleunigtes Wachstum zeigen. Darauf treten s, und s’ an die Stelle der Hauptscheitelzelle und bilden jede nach beiden Seiten, d. h. auch nach der Richtung des Mittel- lappens neue Scheitelzellen. Hat man also die Bildung solcher Zellen und ihre weitere Entwieklung verstanden, so ergibt sich auch die des Mittellappens und mithin aueh der Diehotomie ganz von selbst. Wenn man ein weiter entwickeltes Stadium vergleichen will, so verweise ich auf Fig. 19 bei Ricciella fluitans (L.) A. Braun. In der Medianen von Fig. 10 kann man auch die Längs- und Querteilungen der Dorsalsegmente verfolgen. Es ergibt sich daraus dieselbe Entwieklung, wie bei R. glauea. Zum Beweis dafür, daß sich auch die Zellen s,, ss; 5, usw. ähnlich segmentieren, wie die Hauptsegmentzellen, habe ich einen Schnitt ge- macht, der in der Richtung die Mitte hält zwischen einem medianen Längsschnitt und einem Qnersehnitt, vgl. Fig. 11, Da aber hier Seg- mente vorliegen, die außer nach unten auch nach hinten gebogen sind, 374 Wilhelm Pietsch, so lassen sie sich namentlich in den unteren Teilen nicht weit mit Sicher- heit verfolgen. Um zu erkennen, daß die Luftkammerbildung auch hier, wie vorher be- sprochen, stattlin- det, braucht man nur die erste, fast bis zur Ventralschuppe reichende Anlage zu betrachten; dech wird es verständ- lich, daß Leitgeb durch ähnliche Bil- der zu seiner fal- schen Auffassung ge- kommen ist, beson- ders, wenn man be- denkt, daß er nie ein Bild gezeichnet, Fig. 11. Riceia Warnstorfii. Schnitt, dessen Richtung also auch wohl nicht in der Mitte zwischen der eines Längsschnittes und eines h , Querschnittes liegt. Vergr. 540. gesehen hat, wo sich, wie bier, der Entwicklungsgang ven der Scheitelzelle bis zum ersten Interzellular- raum zeigen ließ. Ricciella fiuitans (L.) A. Braun. Die Untersuchungen bei Riceiella Zluitans (L.) A. Braun wurden durch die Form des Scheitels noch mehr erschwert, als bei R. glauca und der ihr nahestehenden R. Warnstorfi, Fig. 12 2 und 5 stellen Über- siehtsbilder von. Querschnitten dureh Vegetationsscheitel dar. In beiden Fällen war mit der Lupe nichts davon zu erkennen, daß sehon eine Teilung in zwei Scheitelpunkte vorlag. Ich habe nur solehe Querschnittsbilder erhalten, nieht ein einziges, das der Fig. 2a für R. glanca entsprach. Hieraus erhellt, daß man durch Schnitte medien zur Thallusfläche, niemals Medianschnitte durch den Scheitel erhalten konnte, sondern, daß die Schnitte immer mehr oder weniger schräg zur Thallusfläche orientiert sein mußten. Hierbei konnte man aber nicht vorher angeben, unter welehem Winkel die Sehnitte orientiert sein mußten; aus den beiden oben erwähnten Übersichtsbildern geht klar hervor, daß der Winkel ganz verschieden sein kann. Weitere Schwierigkeiten lassen sich aus dem Horizontalschnitt, Fig. 12c und c’, erkennen. Bedenkt man, daß Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 375 der Scheitel in Fig. 12c ziemlich tief, d. h. dicht über der Scheitelkante geschnitten ist, so ergibt sich, daß er von dieken Thallusmassen über- wölbt ist. Da er außerdem auch von Ventralschuppen eingeschlossen war, so ließ sich mit einer stark vergrüßernden Lupe gerade erkennen, daß die in Fig. 12c dar- [3 gestellte Diehotomie vor- a lag. In derselben Serie w { IN e befand sich aber auch der in Fig. 120° gezeich- ® ge nete Schmitt. Dieser geht fig. 12. Riceia fluitans, Übersichtebilder. « und 3 horizontal durch die Schej- Querschnitte. c Horizontalschvuitt, € Teil eines . x Horizontalschnittes aus derselben Serie, der zeigt, teikante eines der bei daß die beiden scheinbar ungeteilten Scheitel von den scheinbar nicht ge- doch je zwei Scheitel enthalten. & medianer teilten Scheitel von 13% vertikaler Längsschnitt. Vergr. 16. Wir sehen also aus 12c', daß dieser doch schon wieder geteilt ist, daß also in diesem Falle der Thallus in Wirklichkeit schon vier Scheitel hat. Berücksichtigt man dies, so ergibt sich, daß man die Schnitte nicht nur zur Vertikalen, sondern auch zur Medianen schräg einstellen muß, um mediane Schnitte dureh einen Scheitel zu erhalten, Da man aber keinerlei Anhalt für den Grad der Schrägstellung hatte, so war man ganz auf den Zufall angewiesen. Infolgedessen mußte ich zahlreiche Scheitel schneiden, um schließlich solche zu bekommen, nach denen sich ein Übersichtsbild wie Fig. 12.4 zeichnen ließ. Ich will solche Schnitte als mediane Längsschnitte im bisherigen Sinne bezeichnen, obgleich sie nicht zum Thallus, sondern zum betrachteten Scheitel median orientiert sind. Einen solchen Schnitt haben. wir in Fig. 13. Der Thallus und die Ventralschuppen sind mit dickeren Linien gezeichnet. Der zwischen dem längsgeschnittenen Thallusstück und den Schuppen gelegene, schwächer gezeichnete Teil wird verständlich, wenn man die Übersichts- bilder 12 cund 12 c’ vergleicht. Es werden auch bei sehr dünnen Sehnitten die die Scheitelbueht überragenden Thallusteile infolge ihres engen Zu- sammenschlusses stets mit angeschnitten. Ein solcher Teil ist der mit feineren Linien gezeichnete. Die äußeren Enden der Hauptsegmentwände sind mit; kleinen Kreuzen hezeiehnet. Von der Scheitelzelle s ist als jüngstes Segment nach unten eine Ventralschuppenanlage abgeschnitten. Verfolgt man die weitere Entwieklung der Schuppen, so findet man keinen erheb- lichen Unterschied gegenüber RB. glauca, nur daß hier der Ansatzteil länger ist, nämlich etwa ebensolang, wie der Sehnppenteil. Dagegen ist 376 - Wilhelm Pietsch, das Wachstum der dorsalen Segmente ein erheblich anderes. Das Dieken- wachstum der Segmente tritt gegenüber ihrem Längenwachstum fast Fig. 13. Ricein fluitans. Medianer Längsschnitt. Vergr. 218. ganz zurück. Das jüngste dorsale Segment ist einmal quergeteilt. Die Querwand setzt am äußersten linken Ende der Scheitelzelle an. Dem- Dez WIZZEQ Fig. 14. Riceia fluitens. Medianer Längsschnitt. In der Segmentwand nach dem dritten Segment und den folgenden sind die Luftkammern, soweit hei tieferer Ein- stellung sichtbar, punktiert mit eingezeichnet. Vergr. 540. Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw, 377 entsprechend liegt der Ansatz der ersten Querteilungswand — 1 — des zweiten dorsalen Segments am äußersten Ende des jüngsten dorsalen Segments und ähnlich auch im dritten. Aus dem zweiten Segment ergibt sich, daß der aus der Zweiteilung hervorgegangene, scheitelwärts gelegene Teil nur einmal quergeteilt ist, hingegen der andere nach der ersten Querteilung augenscheinlich die linke Zelle noch einmal geteilt hat. Es findet also hier in der linken Hälfte ein etwas stärkeres Längenwachs- tum statt, als in der rechten. Da das dritte dorsale Segment schon zu weit vorgeschritten ist, um die Teilungsfolge im einzelnen noch deutlich erkennen zu lassen, ziehe ich zum Vergleich Fig. 14 und 15 heran. Die A222 7 Des Fig. 15. Riceia fluitans. Medianer Längsschnitt, Die Hauptsegmentwände sind durch x gekennzeichnet. Vom dritten dorsalen Segment ab beginnt die Entstehung sekundärer Luftkammern. Vergr. 540. Ähnlichkeit dieser aus verschiedenen Scheiteln gewonnenen Bilder ist so augenfällig, daß ein Zweifel an der Reihenfolge der Wände ausgeschlos- sen ist. Die Wand 1-1 ist in allen, auch den hier nicht hinzugezogenen Längsschnitten mindestens bis zum dritten dorsalen Segment sicher zu erkennen an der Ansatzstelle am linken Ende des nächstjüngeren Segmente und an der scharfen Kniekung, die sie hier hervorgerufen hat. In Fig. 13 hatten wir gesehen, daß durch Einschieben der Wand 3—3 die am weitesten linksgelegene Zeile im Wachstum vorauf war. Dies sehen wir in Fig. 14 bestätigt. Die unmittelbar links von 1-—1 gelegene Zelle, die sich in Fig. 13 durch Größe vor den anderen auszeichnete, hat hier auch schon im dritten 373 Wilhelm Pietsch, dorsalen Segment eine Wand 3—3 eingeschoben. Aber entsprechend dem Vorsprung, den die beiden Zeilen am weitesten links in Fig. 1% hatten, hat sich hier die rechte nochmals quergeteilt und die Wand 4—4 eingeschoben. Ein vollkommen entsprechendes Bild erhalten wir in Fig. 15 im zweiten dorsalen Segment. Der einzige kleine Unterschied besteht darin, daß in Fig. 14 die Wand 3-3 links von 1—1 an dieser Wand in Fig. 15 an der Segmentwand ihren Ansatz hat. Es hängt dies augen- scheinlich damit zusammen, daß in Fig. 14 die jungen Segmente steiler aufgerichtet sind. Eine Bestätigung dafür finden wir in Fig. 16, wo im dritten dorsa- len Segment in- folge der noch steileren Stel- lung der jüng- sten Segmente an Wand 1—1 sogar: zwei Wände anset- zen. In älteren dorsalen Seg- menten finden an der Außen- seite neben Querteilungen auch Längs- teilungen statt — Fig. 13 und Fig.15—, doch . aka amt . möchte ich die- Fig. 16. Riccia fluitans. Medisner Längsschnitt. Zeigt hinter _ t bei Ge- dem sechsten und achten dorsalen Segment die Entstehung der S° st bei Atemöffnungen. Vergr. 360. legenheit der Quersehnitte behandeln. An dieser Stelle will ich dagegen die Entstehung der Luft- kammern besprechen. Die bei Fig. 13 angewendete Vergrößerung reichte aicht aus, um die erste Anlage der Kammern zur Darstellung zu bringen. Bei der stärkeren Vergrößerung der Fig. 14 sah ich aber schon hinter dem dritten dorsalen Segment bei tieferer Einstellung des Mikroskops einen feinen Interzellulargang herablaufen; ich habe ihn durch die punktierte Linie angedeutet, ebenso beim nächsten Inter- zellularraum. Erst nach dem fünften dorsalen Segment war ein solcher Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 379 angeschnitten. Es ist bei Riceiella fluitans fast noch klarer, als bei R. glauca, daß die Luftkammern durch Aufspalten der Segmentwände und zwar zunächst an den Ecken der Zellen, entstehen. In Fig. 15 sehen wir einen Fall, den ich nur selten gefunden habe, Es sind nämlich auch in den Längswänden, die in den äußeren Teilen der Segmente entstanden, Luftkammern gebildet worden. Wir können diese als sekundäre bezeichnen. Um das Bild verständlicher zu machen, sind die primären, d.h. die in den Hauptsegmentwänden gebildeten gegenüber den sekundären Luftkammern durch ein Kreuz kenntlich gemacht. Eine weitere Abweichung gegen- über R. glauca fin- den wir darin, daB besondere Atemöft- nungen gebildet wer- den. Eine solche sehen wir in Fig. 16 in der Luftkammer hinter dem sechsten Dorsalsegment in Entwicklung. Die äußerste Zelle hat über der Luftkam- mer eine Vorwöl- bung gebildet und diese dann schräg abgeschnitten. Ein Späteres Stadium der nen d Längssehnitt. Im i Fie. 17. Riecia finitans. _Medianer Längsschnitt, im wir am oberen Ran- viorten dorsalen Segment die Anlage eines Antheridiums. de der Figur. Augen- Vergr. 540. scheinlich ist die . Vorwölbung auf beiden Seiten stärker geworden, und es haben sieh. der ersten schrägen Wand parallel namentlich auf der dem Scheitel abgekehrten Seite zahlreiche Wände eingeschoben. Bis zum Übergang auf die Oberseite des Thallus waren die Atemöffnungen nach vorn ge- riehtet. Das Aufrichten der Öffnung erfolgt dadurch, daß das langge- sireekte Segment das Wachstum einstellt, während das darunter gelegene Segment noch Längenwachstum zeigt. Dadurch muß die Öffnung nach oben verschoben werden. Zieht man in Rechnung, daß die Länge des AELTASIIHER AS I 380 . Wilhelm Pietsch, Stücks eines ausgewachsenen Segments, das an die Oberfläche grenzt, mindestens gleich der Länge des ganzen in Fig. 18 gezeichneten Bildes ist, se sieht man, daß die Atemöffnungen auf der Oberfläche von R. Zlnitans sehr spärlich verteilt sein müssen, daß dagegen eine größere Zahl in die Scheitelbucht münden. Dies sehen wir in dem mit schwachen Linien gezeichneten Teil der Fig. 13 bestätigt. Die schraffierten kleinen Vier- ecke sind junge Luftkanäle, die je mit einer Atemöffnung münden. Die Behauptung Leitgeb’s, daß die Antheridien und Archegonien ebenso tief hinabreichen, wie die Luftkammern, ließ sich für R. fluitans Fig. 18, Riceia fluitans. Medianer Längsschnitt. Das fünfte dorsale Segment ent- halt ein Archegon mit Ei- und Bauchkanalzelle. Der Hals ist zum Teil fort- geschnitten. Vergr. 860. noch deutlicher widerlegen als für R. glauea. Fig. 17 zeigt die Entwicklung eines Antheridiums im Zusammenhang mit der Segmentierung. Letztere ist durch kleine Kreuze kenntlich gemacht. Während bei R. glauea die Endzelle einer Viererreihe zum Antheridium wird, verwandelt sich hier die eine äußerste Zelle des Segments in ein solches; darauf scheint die unter dem Autheridium gelegene Zelle einen sich vorwölbenden Ring zu bilden, Dieser teilt sich weiter und umgibt schließlich das gauze Anther- idium. Beachtet man, daß dieses in unserem Bilde im vierten dorsalen Entwieklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 381 . Segment: liegt, und vergleicht dies mit dem entsprechenden ans Fig. 13, so findet man, daß das Segment mindestens zehnmal so lang ist, wie das Antheridium mit der umhüllenden Schicht. Und da die Luftkammern fast ebenso lang sind wie die Segmente, so wird damit die Leitgeb’sche Ansicht hinfällig. Dasselbe Ergebnis finden wir aus Fig. 18 für das Arche- gonium. Auch hier ist die einzige Außenzelle des Segments zum Archegon ausgewachsen. Um vor Augen zu führen, wieviel tiefer die Luftkammern reichen, habe ich hier ein längeres Stück des Thallus gezeichnet, Gleieh- zeitig ergibt diese Figur eine so große Übereinstimmung in der Segmen- tierung mit Fig. 13, daB daraus erhellt, wie regelmäßig die Teilungen bei R. fluitans sein müssen. Riceiella fluitans besitzt eine Scheitel- kante ähnlich der bei R glauca. Wie aus den Über- sichtsbildern hervorging, sind unaufge- teilte Scheitel selten. Fig. 19 zeigt einen zweigeteilten Scheitel. Die Segmente er- seheinen hier als Zellreihen, Fig. 19. Riccia fluitans. Horizontalschnitt. Zwei Scheitel, die von den zwischen ihnen die junge Anlage des Mittellappens. Vergr. 1000. beiden Schei- telbuchten nach links gerade, sonst bogig verlaufen. Dieser Verlauf — wie bei R. glauca entstanden — ist auch hier Ursache für den Ein- schluß des Scheitels. Besonders schön ist in dieser Figur die Bildung des Mittellappens zu verfolgen. Gehen wir von der Ziekzacklinie, die ziemlich am linken Rand von oben nach unten geht, nach rechts, so sehen wir, daß jede Zellreihe sich bald in zwei spaltet; die mittelsten haben hierbei die. größte Länge und spalten sich weiter rechts noch- mals auf, Die Löngsreiben bis zur Aufspaltung entsprechen jedesmal einem Segment. 382 Wilhelm Pietsch, Fig. 20 zeigt einen Querschnitt, der durch zwei sich gegenüber- liegende Zellen der Scheitelkante geht. Diese selbst ist durch die schat- tierten Zellen angedeutet. Die Segmentierung läßt sich hier nur wenig verfolgen, da die Sermente gleich nach hinten ausbiegen. An den Quer- schnitten durch die älteren Segmente erkennen wir, daß noch eine größere Anzahl von Teilungen stattgefunden haben, die wir im Längsschnitt zum Teil nicht sehen konnten, da sie ungefähr parallel der Schnittebene erfolgten. , Die Teilungsfolge läßt sich besser an Fig. 21 verstehen. Sie stellt einen Querschnitt dax, der die innersten Teile der Scheitelkante quer getroffen j hat. Die vierte Reihe von unten in der Mitte der Figur ist die Scheitelkante. Die darüber befind- lichen parallellen Reihen sind die geichzeitig von den Zellen der Scheitel- kante gebildeten dor- salen Segmente, die unteren Reihen sind Ventralschuppen. Vergleichen wir die Scheitelkantemit.der folgenden dorsalen . Segmentreihe, 50 . sehen wir, daß zwei Fig. 20. Ricoia £luitans. Querschnitt durch die Scheitel- Seheitelzellen nach kante. Die durch Schattierung angedeuteten Zellen sind ji je ei 0T- aus tieferen Schnitten ergänzt. Dieser Schnitt liegt in Bildung je eines ir h geringem Abstand vor dem Scheitel. Vergr. 540. salen Segments sie längsgeteilt haben. Die Teilungswände sind in der Figur als dünne von oben nach unten verlau- fende Linien gezeichnet. Vergleichen wir die eben erwähnte Segmentreihe mit der zweiten dorsalen, so ergibt sich, daß zwei Segmenten der ersten Reihe nur eins der zweiten entspricht. Ebenso kommt auf zwei Seg- mente der zweiten Dorsalreihe nur eins der dritten. So scheint für Ric- ciella fluitans mit großer Regelmäßigkeit der Bildung eines dorsalen und eines ventralen Segments eine Zweiteilung der Scheitelzelle zu felgen. Dasselbe Resultat fanden wir auch im Horizontalschnitt. Bei der s0 Entwicklungsgeschichte des vegetativen Thallus usw. 333 schnell aufeinander folgenden Aufspaltung der Scheitel ist: dies durch- aus verständlich, doch halte ich es nicht fir ausgeschlossen, daß Ab- weichungen von dieser Regel vorkommen. In der zweiten dorsalen Segmentreihe sehen wir schräge Wände von den Luftkammern nach den Stellen gehen, wo später die Kammern zwischen der ersten und zweiten dorsalen Reihe angelegt werden. Auch in der nächsten Reihe sind alle Interzellularräume durch Wände ver- bunden. Bei weiterem Wachstum werden die Interzellularräume ver- ut» m ri Fig. 21. Riceia fluitans. Quexschnitt durch die Scheitelkante im Scheitel selbst. Die vierte Reihe von unten ist die Scheitelkante. Vergr. 1000, größert, Die Zellen, die sie umgeben, teilen sich in demselben Sinne weiter und so erhalten wir schließlich die weiten Interzellulargänge, die in Fig. 20 Quergeschnitten erscheinen. Zusammenfassung. 1. Durch meine Untersuchungen ist, erwiesen, daß die Luftkammern schizogen in vorher festgefügtem Gewebe entstehen. 334 Wilhelm Pietsch, Entwicklungsgeschickte des vegetativen Thallus usw. 2. Die Entwieklung der Luftkammern steht in engem Zusammen- hang mit der Segmentierung. Diese geschieht — wie schon Leitgeb für die ersten Schritte erkannt hat — im der Weise, daß eine hufeisen- förmig gebogene Reihe von Zellen abwechselnd dorsale und ventrale Segmente bildet. Durch die vorliegenden Untersuchungen ist sowohl die weitere Entwicklung dieser Segmente, als auch. die Bildung neuer Zellen der Scheitelkante klargelegt. Literatur. Barnes, Ch. R. and Land, W. J. G., Bryological papers. L The origin of air, chambers, Botanical Gazeite 1907, Vol. XLIV. Leitgeb, H., Untersuchungen über die Lebermoose. 1879, 4. Heft. Die Riecieen. Ders., Untersuchungen über die Lebermoose. 1881, 6. Heft, Die Merchantieen. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. Von Kari Ludwigs. {Mit 54 Abbildungen im Text.) Vorliegende Arbeit behandelt zunächst einige anatomische und morphologische Fragen, die sich auf den Bau des oberirdischen wie des unterirdischen Sprosses und seine Verzweigungsverhältnisse beziehen. Nach einem kurzen Abschnitt, der sich mit dem Schicksal des Tapetums der Sporangien befaßt, wird übergegangen zu den Prothallien; an ihnen interessiert vor allem das Antheridium, insbesondere die Art, wie es sich öffnet und die Spermatozoiden entläßt. Nachdem die Fähigkeit der Prothallien zur Knöllchenbildung in den Kreis der Untersuchungen gezogen ist, geht ein letzter Abschnitt ein auf Regenerationsverhältnisse, sowohl des Sprosses wie auch der Prothallien. Zum Schluß folgen Erörterungen über den Einfluß verschiedener Nährböden auf die Aus- bildung von männlichen oder weiblichen Prothallien. Die Untersuchungen wurden ausgeführt im kgl. pflanzenphysio- logischen Institut der Universität München vom Sommer 1909 bis Winter 1910/11 unter Leitung des Herrn Geh. Hofrats Prof. Dr, v. Goebel. Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer für die Anregung, für seine Ratschläge und Unterstützung, die er mir in liebenswürdigster Weise während des Verlaufes der Untersuchungen zuteil werden ließ, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. . Die sämtlichen Arten der Gattung Equisetum sind ausgezeichnet durch den Besitz von Rhizomen, unterirdisch kriechenden Sprossen, die mehr oder weniger reich verzweigt hauptsächlich die Aufgabe der Ver- breitung und Vermehrung der Equiseten übernommen haben. Die Tiefe, bis zu der die Rhizome hinabsteigen, ist je nach den Boden- verhältnissen verschieden: im trockneren Sandboden werden die Rhizome in größerer Tiefe sich in horizontaler Ebene ausbreiten als im feuchten Sumpfboden. Wenn wir so z, B. Rhizome von Equisetum arvense an aufgeschütteten Eisenbahndämmen in recht bedeutender Tiefe antreffen, 1/,—3®/, ma ist eher zu wenig als zu viel, solche von Eguisetum palustre aber wenige Zentimeter unter der Oberfläche des Bodens eines stehenden oder fließenden Gewässers, so ist das nicht zu verwundern. Das Rhizom Flora, Bd, 103. 26 386 Karl Ludwigs, stellt ein verzweigtes Sympodium dar, das zahlreiche oberirdische Sprosse bildet. Im anatomischen Bau stimmen die unterirdischen Sprosse mit den oberirdischen im’ großen und ganzen überein; beide setzen sich zusammen aus Internodien, die der oberen sind meist hohl, d. h. sie haben eine mehr oder weniger stark ausgebildete Zentralhöhle — eine Ausnahme macht Eguisetum scirpoides —, während die Rhizome bei der Mehrzahl der Arten einer Zentralhöhle entbehren. Ist eine solche vorhanden, so steht sie im Verhältnis zur Dicke des Rhizoms an Ausdehnung immer hinter der des oberirdischen Sprosses zurück. Bei Equisetum Schaffneri z. B. betrug bei einem Durchmesser des ober- irdischen Stengels von 8 mm der der Zentralhlökle 6 mm, bei 11 mm Durchmesser 8 mm, in einem dritten Fall bei 11 mm 85 mm. In Rhizomen fand ich folgende Zahlen: bei 9 mm Gesamtdurchmesser, 5 mm Zentralhöhle, bei 8 mm 3 mm bzw. in einem anderen Falle 4 mm Zentralhöhle. Die einzelnen Internodien sind durch Knoten verbunden, an denen die Blätter in Quirlen entspringen. Die Blätter sind in ihrem unteren Teile miteinander verwachsen und umfassen den hasalen Teil des fol- genden Internodiums in Form einer Scheide; die Blattzipfel sind mehr oder weniger frei. An der Verwachsungsstelle zweier Blätter tritt die sog. Kommissuralfurche auf, über deren Bildung die Arbeit Müllers’) Aufschluß gegeben hat. An den oberirdischen Internodien fallen die Längsriefen und Rillen auf, die als Carinae und Valleculae bezeichnet: werden und die in zwei aufeinanderfolgenden Internodien miteinander abwechseln. Die Anzahl und Ausbildung der Rillen und Riefen sind für die systematische Unterscheidung der Arten von Wichtigkeit und geben uns ein Mittel, mit Hilfe eines Querschnittes die Art zu bestimmen. Den unterirdischen Sprossen fehlen die Riefen und damit auch die Rillen für gewöhnlich ganz; die Rhizome sind meist drehrund. und haben rote (Schaffneri, limosum), dunkelbraune (arvense, Telmateja) oder schwarze Farbe (sil- vaticum, palustre). Die Blattscheiden der Rkizome sind gewöhnlich länger als die der oberirdischen Sprosse, auch nicht so eng an das Internodium anschließend. Sie behalten die Blattzipfel, die einzeln oder zu zwei. oder drei mit- 1) Müller, C., Über den Bau der Kommissuren der Fiquisetenscheiden, Pringsheim’s Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1888, Bd. XIX, pag. 497. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 387 einander verwachsen sind, während die Blätter der oberirdischen Sprosse sehr schnell eintrocknen und dann entweder nur noch als dünne trockene Häutchen auf der Blattscheide sitzen (arvense, Schaffneri, pa- Iustre) oder auch ganz abgeworfen werden (hiemale, ramossissimum). Das Rhizom läuft spitz zu, die Blätter der jüngsten Internodien schließen sich in Form eines Kegels dicht zusammen; im (Gegensatz hierzu ist der oberirdische Sproß abgeflacht, er hat die Gestalt eines abgestumpften Kegels, auf dem noch ein Mützchen vertrockneter Blätter aufsitzt (Fig. 15). Die spitze Form erleichtert dem Rhizom das Vor- dringen im Boden. Außer- dem besitzen die Blätter und Blattscheiden einen diehten Überzug von Haaren, die an den sicht- barenBlattwirtelnSchleim absondern und dadurch die vordringende Spitze schlüpfrig machen. Die Absonderung des Schlei- mes ist so stark, daß er bei den Rhizomen von Equisetum Schaffneri, die außerhalb des Korbes wuchsen, in den diese Art im hiesigen botanischen Garten 'eingepflanzt war, oft in einem großen Tropfen an der Spitze hing. Die Lebensdauer Fig. 1. Drei senkrecht nach oben gewachsene dieser Schleimhaare ist Spronse ron Equisetum Schaftneri; der mie 12 R : zeigt die normale Form, die beiden andern (a und «) kurz, da mit dem Weiter rn weichende, zhizomähnliche. wachsen des Vegetations- punktes die Haare des neuen Blattwirtels die Rolle der Haare des vorhergehenden übernehmen; die alten bleiben als brauner Filz zurück. Auch bei einheimischen Vertretern fand ich diese schleimabsonderuden Haare, so bei Equisetum limosum, arvense und palustre. Das Vor- kommen derartiger Haare an den Rhizomen der Equiseten erinnert an die Versehleimung der Zellen der Wurzelhaube. Das was für die Wurzel die Wurzelhaube ist, bilden für den unterirdisch kriechenden Sproß die Blätter, die sich dachziegelförmig dicht an- und übereinander 26* 4 388 Karl Ludwigs, legen und in wirksamster Weise ein „Bohrorgan“ bilden‘), zugleich aber auch durch ihre Schleimbildung das Gleiten der Rhizomspitze im Boden erleichtern. Die Schleimhaare, die eine Länge bis 4 mm erreichen können, gehen hervor aus Epidermiszellen der Blätter, und zwar sind es ledig- lich die Epidermiszellen der Blattriefen, die zu Haaren auswachsen (Fig. 24). Die Epidermiszellen der Riefen zeichnen sich schon bei ganz jungen Blättern durch ihre Größe aus gegenüber den Epidermiszellen der Rillen. Gleichzeitig zeigt der Querschnitt durch die Rhizom- Fig. 2«. Querschnitt durch die Rhizomspitze von Equisetum Schaft- neri. s%s Schleimhaare auf den Riefen der Blattscheide; # Haare auf der Blattoberseite zum Schntz des Vegetationspunktes. Vergr. 180. Fig. 23. Querschnitt: durch die Rhi- zomspitze von Equisetam Schaffneri. Junge Blattscheide mit Haaren (%) nach innen (auf der Oberseite der Blätter). Vergr. 300. Fig. 3. Längsschnitt durch die Rhizomspitze von Equisetum Schaffneri., v YVegetations- punkt; über diesem ein dichtes Geflecht von Haaren. Mikrophotographie nach einem Mikrotomschnitt. Vergr. 30. spitze von Equisetum Schaffneri, daß auch auf der Blattoberseite, d.h. auf der dem Vegetationspunkt zugekehrten Seite Haare ausgebildet werden und zwar bei dem innersten auf der ganzen Unterseite, bei den D) Goebel, Organographie, pag. 468, 469. Untersuchungen zur. Biologie der Equiseten. 389 äußeren Wirteln weniger große an den den Riefen gegenüber liegenden Stellen. Sie werden den Schutz, den die Blätter in ikrer dachziegel- förmigen Anordnung dem Vegetationspunkt gewähren, erhöhen. Tief unter der eigentlichen Spitze liegt der Vegetationspunkt in einem dichten Haarfilz. (Fig. 25 u. 3.) Ein ähnliches Bild gibt uns der Längsschnitt durch den Vege- tationspunkt eines oberirdischen Sprosses von Equisetum Schaffneri. (Fig. 4) Auch hier finden wir auf der Blattoberseite eine Art Haar- geflecht, während Haare anf der unteren Seite fehlen. Gleich- zeitig fält uns an den Blättern eine Zone auf, in der die Wachs- tumsrichtung der Blätter eine Unterbrechung erfährt. Das Blatt erscheint geknickt. Wir haben hier die Stelle zu suchen, wo das Wachstum frühzeitig erlischt und von der aus der Blattzipfel verdorrt. Die ver- trockneten Blätter bilden die schon erwähnte Haube auf dem Vegetationspunkt der ober- irdischen Sprosse, die Duval- Jouve für Equisetum hiemale abbildet 9). Die Rhizome der Equi- seten sind transversal geo- tropischh Zwar sprieht Du- val-Jouve?2) in seiner Mono- Fig. 4. Längsschnitt durch den Vegetations- punkt eines oberirdischen Sprosses von Equi- graphie von „rhizomes & setum Schaffneri, v Vegetationspunkt unter- direetion descendante“; dabei halb eines dichten. Geflechtes von Haaren. An den Blättern bei « die Stelle, von der kann es sich aber nur um ab das Blatt eintrocknet. Mikrophotographie neugebildete Rhizome handeln, nach einem Mikrotomsehnitt. Vergr. 530, die allerdings zunächst posi- En tiv geotropisch wachsen, bis sie in einer gewissen Tiefe ihre Wachs- tumsrichtung ändern. So sind auch alle durch Regeneration erzeugten 1) Duval-Jouve, Histoire naturelle des Fquisstum de France 1868, pag. 225, 2) pag. 9, 117. 390 " Karl Ludwigs, Rhizome selbst im Dunkeln zunächst positiv geotropisch, aber schon verhältnismäßig bald breiten sie sich in horizontaler Richtung nach allen Seiten aus. Pflanzt man z. B. ein Rhizom in die Mitte einer Schale, so wachsen nach einiger Zeit oberirdische Sprosse ringsum an der Wand der Schale empor, ein Zeichen, daß das Rhizom in der Hori- zontalebene fortgewachsen ist. Wenn ich zweimal ein negativ geotropisch wachsendes Rhizom beobachtet habe, so kann es sich nur um Ausnahmefälle handeln; einmal war ein Steckling von Equisetum Schaffneri (in einen Topf gepflanzt), der ein Rhizom entwickelte, das senkrecht nach oben, dann, an die Oberfläche gelangt, außen am Topf wieder abwärts wuchs. Der zweite Fall bezieht sich auf ein Rhizom, das oben aus der Erde des Korbes, in dem Equisetum Schaffneri eingepflanzt war, hervorkam, um in einem scharfen Bogen wieder der Erde zuzustreben, wo die Bedingungen für sein Wachstum günstiger waren. Im Sommer 1910 wurde Equisetum Schaffneri des hiesigen botanischen Gartens — prächtige Exemplare in einem großen Korb gezogen, der im Bassin der Vietoria regia stand — um den Pflanzen mehr Spielraum sowohl in vertikaler wie in horizontaler Richtung zu geben, ausgepflanzt. Nach einiger Zeit traten aus dem Boden senk- recht emporwachsende Sprosse zutage, die Rhizomspitzen täuschend ähnlich saben und die ich auf den ersten Blick auch ftir solche hielt. Während der oberirdische Sproß ‘die schon geschilderte Form eines abgestumpften Kegels, bedeckt mit dem Mützehen vertrockneter Blätter besitzt, waren diese Sprosse spitz, nicht grün; die Blätter waren noch nicht abgeworfen, sondern als Zipfel deutlich zu erkennen. Außerdem waren Blattscheiden und Blattzipfel dicht behsart. Fig. 1 zeigt drei senkrecht aus dem Boden gewachsene Sprosse von Equisetum Schaffneri; der mittlere hat die normale ‚Form eines oberirdischen Sprosses, die beiden anderen zeigen deutlich die erwähnten Abweichungen. Im Ver- laufe des weiteren Wachstums aber nahmen sie vollständig das Aus- sehen oberirdischer Sprosse an. An diese Beobachtung anknüpfend legte ich mir die Frage vor, ob die Sprosse in ihrer Anlage fixiert sind, oder ob es möglich wäre, eine eigentlich zu einem Rhizom bestimmte Anlage zu einem ober- irdischen Sproß zu machen und umgekehrt. Versuche, die ich in dieser Richtung mit Rhizomen von Equisetum Schaffneri machte, er- gaben kein Resultat: Rhizomstücke, die ich isoliert kultivierte, stellten ihr Wachstum am Vegetationspunkte bald ein oder wuchsen nur mini- Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 3 mal. Dagegen änderte ein Rhizom von Equisetum limosum, das ich durch Regeneration gezogen hatte, vollständig seinen Charakter. Hatte es, bevor es abgeschnitten und in sehr feuchtem Torf kultiviert wurde, das Aussehen eines Rhizoms, gelbe Farbe, die für die Rhizome be- sonders charakteristischen Blattzipfel, so wurde es beim Weiterwachsen grün, die neu gebildeten Blattspitzen vertrockneten frühzeitig; die Spitze bog in scharfem Winkel nach oben und wurde negativ geotro- pisch, Ein gleiches Ergebnis zeitigten Versuche mit Rhizomen von Equisetum palustre. Auf die umgekehrte Frage der Umwandlung ober- irdischer Sprosse in Rhizome komme ich in dem Abschnitt zu sprechen, der von der Regeneration handelt. Wie bekannt, erreichen die Rhizome eine bedeutende Länge. Daher kam es oft vor, daß Rhizome von Equisetum Schaffneri die Wand des Korbes durchbrechend, an das Tageslicht traten. In diesem Fall wuchsen sie dann nicht mehr transversal geotropisch weiter, sondern zeigten sich ausgesprochen positiv geotropisch. War es das Wasser oder das Licht, das diesen Wechsel im Geotropismus hervorrief? Ein einfacher Versuch lehrte, daß das Licht die bestimmende Wirkung aus- übt. Einige Rhizome, die senkrecht am Korb abwärts wuchsen, wurden unter Wasser verdunkelt; unter einem Winkel von 90° bogen sie in die Horizontalebene um. Die Biegung war so plötzlich und so stark, daß die Blattscheide gespalten wurde. Die Verdunkelung wurde durch eine Hülle von schwarzem Papier bewirkt, die von dem einen oder an- deren Rhizom alsbald durehbohrt wurde. Es trat sofort ein abermaliger Wechsel in der Wachstumsriehtung ein, das Rhizom wuchs wieder senkrecht nach unten, Auf diese Weise entstanden stufenartige Wuchs- formen. ' Hier anschließend möchte ich eine Beobachtung erwähnen, die ich auf Querschnitten durch die Vegetationspunkte der verschiedenen Equisetenarten machte und die sich auf die Blattentwieklung bezieht. Die Blattentwieklung, die Entstehung der Blätter aus einem Komplex von Oberflächenzellen ist von Hofmeister, Reeß, Sachs u. a!) einwandsfrei nachgewiesen; Sachs’ Bilder des Vegetationspuuktes von Equisetum Telmateja sind als typisch in eine Anzahl Werke ent- wieklungsgeschiehtlicher Natur übergegangen. Worauf ich bier hkin- weisen möchte, ist die Tatsache, daß am Vegetationspunkt des 1) Hofmeister, Beiträge zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen, 1852, — Reeß, Entwicklungsgeschichte der Stammspitze von Eguiaetum. Jahrb, £. wissenschaftl. Bot. 1867, Bd. VI. 392 Karl Ludwigs, öfteren weniger Blätter angelegt werden, als in den entwickelten Blatt- wirteln auftreten. Duval-Jouve bildet einen derartigen Fall abt), der sich auf Equisetum arvense bezieht. Wir sehen in der Mitte des Querschnittes am Vegetationspunkt vier Blattanlagen als Vorsprünge, während in den äußeren, älteren Kreisen fünf Blätter vorhanden sind, Nun ist gerade bei Equisetum arvense die Zahl der Blätter eine sehr schwankende, sie wechselt je nach Wachstums- bzw. Ernährungsbedingungen. Bei Kulturen von Egquisetum arvense in Töpfen erreichte ich niemals. die Blattzahl, die an kräftigen Exemplaren in der Natur zu beobachten sind. Im Verlaufe des Wachstums tritt bei den Arten mit reicher Verzweigung eine allmähliche Reduktion der Blätter ein, deutlich wahr- zunehmen bei Equisetum arvense und Telmateja. Bei ihnen wird die Zahl der Blätter bis auf vier reduziert, das letzte Inter- nodium, vierkantig, von einer vierblät- terigen Scheide am F} Grunde umschlossen, ragt weit über den b letzten Astwirtel hinaus. Diese Re- duktion der Blätter ist zu erklären durch eine allmäh- [4 lich schwächer wer- Fig. 5. Querschnitte durch die W dende Zuleitung von ig. 5. uers te dur ie Vegetationsspitze von jali - Equisetum arvense in verschiedener Höhe. x Eine Baumaterialien. Ex Blattanlage, die in jüngeren Wirteln fehlt. perimentell läßt sie sich schon auf einem frühen Entwicklungsstadium der Stammknospe erzeugen. In einem Topf war Equisetum arvense eingepflanzt worden. Die aus dem Boden austreibenden jungen Sprosse, deren unterste Internodien acht Blätter besaßen, wurden eine Zeitlang einseitig belichtet, indem der Topf dieht an eine Mauer gesetzt wurde. Querschnitte durch die Vege- tationsspitze derartig kultivierter Sprosse ergaben Bilder, wie sie in Fig. 5 zur Darstellung gebracht sind. Die äußeren Wirtel zeigen acht Blätter, von außen nach innen tritt eine Verminderung der Blätter ein, 1) Duval-Jouve, I. c. Tafel 8, Fig. 1. Untersuchungen zur Biologie der Equissten. 395 bis auf fünf am innersten Wirtel, der Blattanlagen noch dentlich er- kennen läßt In Fig. 55 u..c bezeichnet z. B. x eine Blattanlage, die nach innen zu in jüngeren Wirteln nicht mehr auftritt. Neu auftretende Sprosse der gleichen Kultur wurden auf dem Klinostaten allseitig belichtet; die Zahl der Blattanlagen blieb lange Zeit die gleiche, nämlich acht; erst nachdem die Sprosse eine beträcht- liche Grösse erreicht hatten, trat die Reduktion ein, wie sie an normal wachsenden Sprossen aufzutreten pflegt. Wir können also eine Reduk- tion in der Ausbildung von Blättern, die im normalen Wachstum all- mählich eintritt, durch Verschlechterung der Wachstumsbedingungen, hier Schwächung des Lichtes, experimentell beschleunigen. Es würde sich nun fragen, ob wir die Reduktion im ganzen ver- meiden können dadurch, daß dem Vegetationspunkt fortwährend reich- liche Baustoffe zugeführt werden — etwa durch Entfernen aller auf- tretenden Seitensprosse. Versuche in dieser Richtung sind noch anzu- stellen; sie würden die Frage zu entscheiden haben, ob den Equisetum- Sprossen ein unbegrenztes Wachstum zukommt. Die Sprosse sämtlicher Equiseten-Arten zeigen einen ausgesprochen radiären Bau, sowohl in der Blatt- als auch in der Seitensproßentwieklung, soweit letztere unter normalen Verhältnissen auftritt. Am ausgiebigsten verzweigt sind von den Arten, die mir zugängig waren, Egquisetum Schaffneri, Telmateja, arvense, Heleocharis (limosum), silvaticum, palustre; weniger verzweigt sind variögatum, seirpoides und hiemale. Nun macht Goebel!) darauf aufmerksam, daß durch Biegung Sprosse von Equi- setum Schaffneri wenigstens in ihrem unteren Teil dorsiventral werden können. Bei Equisetam Schaffneri des hiesigen botanischen Gartens kann man oft die Beobachtung machen, daß Sprosse, die eine Höhe von 2—-3 m haben, von selbst sich abwärts biegen, wohl infolge der zu großen Belastung des Sproßgipfels durch die Verzweigung. Es trat dann regelmäßig die Erscheinung auf, die Goebel an der genannten Stelle abbildet, d. h. im unteren Teile des Stengels trieben auf der Konvexseite Seitensprosse aus, die unter normalen Verhältnissen nicht zur Ausbildung gelangen. Um den Einfluß von Licht- und Schwerkraft kennen zu lernen, wurden mehrere Versuche angestellt. Iäßt man einen Sproß von Equi- setum Schaffneri im Dunkeln wachsen, so unterbleibt jegliche Seiten- sproßbildung, selbst wenn die Sprosse 1--1”/, m Höhe erreichen. Be- 1) Goebel, Experimentelle Morphologie 1908, pag. 83. 394 Karl Ludwigs, leuchtete ich dagegen die senkrecht wachsenden Sprosse einseitig, was so geschah, daß ich den Sproß in ein weites Glasrohr einschloß, das F H Fig. 6. Zwei Sprosse von Equi- setum Schaffneri, die mit Ausnahme der oberen Teile einseitig beleuch- tet wurden, “tung in Gewächs- bis auf einen 2 cm breiten Streifen innen mit schwar- zem Papier beklebt war, so trieben. nur die Seiten- sprosse auf der beleuchteten Seite aus (Fig. 6). An den, oberen Internodien der abgebildeten Sprosse traten Seitensprosse rings um den Stengel auf, da sie aus den Glasröhren herausgewachsen waren. Bei diesem Versuch hat sich gezeigt, daß ein Bekleben der Glasröhren mit schwarzem Papier von außen un- zweckmäßig ist, da das Licht, das innen von der Glas- wand reflektiert wird, genügt, die Seitensprosse allseitig zum Austreiben zu “ veranlassen, wenn- gleich sie auf der dunkleren Seite we- niger kräftig sind. Die gleichen Ver- suche wurden mit Equisetum arvense und, limosum mit gleichem Erfolg ge- macht. Einseitige Be- leuchtung ohne be- sondere Vorrichtung, wie solche Belich- häusern vorkommt, sobald die Kultur an der Wand steht, be- wirkte auch bei Equi- setum arvense die einseitigeAusbildung der _ Seitensprosse. Fig. 7. Sproß von Equisetum ar- ' Später hat sich der vense ohne besondere Vorrichtung BR gekrüm einseitig beleuchtet. Durch nach- Sproß gei mt, und träglich von selbst eingetretene Krüm- es machte sich an mung sind die Seitensprosse 3 auf der - i : in. onvexseite bedeutend gewachsen un ihm alsbald die Wir haben die früher gebildeten an Größe kung der Krümmung noch überholt. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 395 in der Bevorzugung der Konvexseite bemerkbar (Fig. 7), Aus diesen Versuchen geht’ hervor, daß das Licht auf die Sproßanlagen einen die Entwicklung fördernden Einfluß auszuüben vermag. Im Anschluß an die Dunkelkulturen sei hier schon erwähnt, daß bei Sprossen sowohl von Equisetum Schaffneri als auch von arvense, die vollständig im Dunkeln gezogen wurden, es zur Bildung von Seiten- sprossen kommt, sobald der Sproßgipfel entfernt wird; es pflegen die Seitensprosse des Knotens zu wachsen, der der verwundeten Stelle am nächsten liegt; bei der Besprechung der Regenerationsfähigkeit komme ich auf Versuche dieser Art zurück. Es läßt: sich diese Erscheinung mit der Regeneration an Luftwurzeln vergleichen, an denen die Wurzel- spitze entfernt wurde. Fig. 8, Gebogener Sproß von Ey, Schaffneri. Verdunkelt war die Konkavaeite von «—d. Es wurde nun ein kräftiger Sproß von Equisetum Schaffneri ge- bogen und einseitig beleuchtet und zwar auf der Konvexseite (Fig. 8). Die Konkayseite wurde in der Weise verdunkelt, daß diese Seite auf ein gebogenes Gefäß gelegt wurde, das mit Erde gefüllt war. Auf der Konvexseite wurden von dem Internodiun an, bei dem die Biegung begann, Seitensprosse gebildet und zwar an den aufeinanderfolgenden Internodien 3, 3, 4, 4 (Kulminationspunkt), 4, 5, 6, 6. Auf der Konkarv- seite waren spärlich Wurzeln ausgetrieben. . In Fig. 9 ist ein ähnlicher Versuch dargestellt, mit dem Unter- schied, daß der Sproß eine doppelte Biegung aufweist; die Verdunkelung geschah ringsum, ein mittleres Internodium blieb frei. Verdunkelt 396 Karl Ludwigs, waren das 14. und 15. Internodium, das 16., das nicht verdunkelt war, gehörte noch der Konvexbiegung an. Beim 17. begann die Konkav- krümmung, die sich bis zum 24. Internodium erstreckte. Die Internodien 17—24 waren ebenfalls verdunkelt. Unter starkem, fast rechtem Winkel wurde dann der Sproß nach oben geleitet. Die Biegung wurde dadurch fixiert, daß, wie bei den anderen Biegungsversuchen, der Sproß an einen kräftigen Draht angebunden wurde. Bei diesem Versuch wurde die Verdunkelung durch Umhüllung mit feucht gehaltenem Sphagnum be- wirkt, das mit wasserdichtem Leinen und schwarzem Papier umwunden wurde. Die Biegung war in Wirklichkeit stärker als sie in der Ab- bildung dargestellt ist; zum Photographieren mußte der Sproß abge- schnitten werden. Fig. 9. Doppelt gebogener Sproß von Equisetum Schaffneri. Verdunkelt weren das 14. und 15. Internodium und die Internodien 17—24. Am 14. Internodium, d. h. am Kulminationspunkt hatten sich vier kräftige Seitensprosse und zahlreiche Wurzeln gebildet, letztere rings um den Sproß. Das nächste Internodium besaß neben zahlreichen Wurzeln nur einen einzigen Sproß. Dagegen fanden sich am nicht verdunkelten 16. Internodium neun z. T. sehr kräftig ausgetriebene Seiten- sprosse, von denen die mittleren die größten waren. Damit war die Bildung der Seitensprosse erschöpft; denn die folgenden Internodien, bei denen die Konvexseite nach unten gekehrt war, hatten auf dieser nur Wurzeln gebildet, die an Zahl nach der Spitze zu immer weniger wurden, bis sie am 28. Internodium, an dem die Verdunkehung endigte, aufhörten. Die folgenden Internodien zeigten keine Ver- Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 397 zweigung, erst am 28. Internodium traten wieder Seitensprosse (drei oder vier an jedem Internodium) auf. Der Versuch dauerte ungefähr 3 Wochen. Wurde das zu den Versuchen verwandte Sphagnum trocken ge- halten, so unterblieb die Bildung von Seitensprossen; an den ver- dunkelten Internodien waren nur spärlich Wurzeln ausgetrieben. Ein weiterer Sproß wurde in einem gebogenen Glasrohr, das in der schon erörterten Weise ein- seitige Belichtung ge- . - j stattete,kultiviertund Fig. 10, Hguisetum a ce gebogen und zum lieferte ein gleiches Resultat: auf der Konvexseite traten Seitensprosse auf und, so weit sie verdunkelt war, auch Wurzeln (Fig. 10). Ein anderer Versuch wurde so angestellt, daß die Konvexseite verdunkelt, die Konkavseite mittels eines Spiegels beleuchtet wurde. Die Verdunkelung wurde dadurch erreicht, daß parallel mit dem ge- hogenen Sproß ein Draht verlief, der einen Streifen schwarzen Papieres trug. Es unterblieb jegliche Seitensproßbildung. Bei einem Sproß, der in der Horizontalebene gebogen wurde, zeigte sich ebenfalls eine Bevorzugung der Konvexseite. Das gleiche Ergebnis fand ich, als ich einen Seiten- sproß erster Ordnung an Draht gebogen in die Erde steckte und zwar so, daß die Konvexseite nach unten kam (Fig. 11); es haben sich zwei Beitensprosse zweiter Ordnung auf der nach unten gerichteten Konvexseite gebildet. Es war nicht anzunehmen, daß Eaui- Fig. 11. Seitensproß enter Ord- setum Schaffneri allein auf derartige Bie- nung von Egaisstum Schaffneri ii irde; ii ebogen und in die Erde gesteckt. gungen reagieren würde; ich stellte zum a rome a ee eind Vergleich mit anderen Arten die gleichen auf der Konvexseite entstanden. Versuche an. Für sie wären wegen ihrer reichlichen Verzweigung außer arvense noch silvaticum, lmosum, Telmateja in Frage gekommen. Equisetum silvaticum erwies sich als wenig geeignet, diese Art erscheint sehr zart; limosum and Telmateja sind äußerst spröde, die Sprosse hielteu selbst schwachen Biegungen 398 Karl Ludwigs, nicht stand, und unter ein gewisses Maß der Biegung durfte nicht _ heruntergegangen werden, um überhaupt eine Reaktion erwarten zu dürfen. So blieb mir nur Egquisetum arvense zu Versuchen übrig. Die Resultate stimmen mit den bei Equisetum Schaffneri gewonnenen überein: für die Bildung von Seitensprossen ist die Konvexseite die bevorzugte. Fig. 12 stellt einen sehr stark gebogenen Sproß dar von Equi- setum arvense; die Seitensprosse haben sich ausschließlich auf der Konvexseite gebildet, mit Aus- nahme an den beiden letzten sichtbaren Internodien links, an denen die allseitige Anordnung der Seitensprosse zu erkennen Fig. 12. Equisetum arvense. Die Seiten- ist; diese Internodien gehören sprosse der ae non kräftiger gber auch der Biegung nicht mehr an. Wird die Konvexseite verdunkelt (Fig. 13 von «&—5) — es ge- schah in derselben Weise wie bei Equisetum Schaffneri erwähnt — so unterbleibt die Bildung der Seitensprosse. Der in Fig. 14 dargestellte - Sproß ist gewachsen unter einem mit schwarzem Papier beklebten N » a Fig. 13. Equisetum arvense. Gebogener Fig. 14. Equisetum arvense. Gebogener Sproß. Von 2-2 verdunkelt; der Pfeil Sproß, vollständig verdunkelt. Seiten- gibt die Richtung des einfallenden sprosse sind nicht gebildet worden. Lichtes an. Wurzeln teilweise ringsum, Glas auf mäßig feuchtem Sand; es haben sich Wurzeln in geringer Anzahl auf der Unterseite gebildet. Fragen wir uns nach den Folgerungen, die wir aus den Ver- suchen ziehen dürfen. Welchen Einfluß hat die Konvexkrümmung? Sie wirkt fördernd, sobald die Konvexseite so gelegen ist, daß die Seitensprosse, ohne Wachstumskrümmungen ausführen zu müssen, \ Untersuchungen zur Biologie der Eguiseten. 399 negativ geotropisch wachsen können. Die Seitensprosse werden negativ geotropisch, während sie am normal wachsenden Sproß transversal geotropisch sind. Einseitige Beleuchtung bewirkt einseitiges Austreiben, aus- genommen bei Belichtung der Konkavseite. Feuchtigkeit fördert die Konvezseite; Wurzelbildung findet auch auf der Konkavseite statt. Lieht und Konvexkrümmung addieren sieh in ihren Wirkungen. Offenbar handelt es sich bei Bevorzugung der Konvexseite um eine Hemmung des Transportes der Nährstoffe auf der Konkavseite, während die Baustoffe den Seitensprossen auf der Konvesseite in um so reicherem Maße zur Verfügung stehen. Wir sind zu dem Schlusse um so mehr berechtigt, als wir sehen, daß die Förderung der Konvexseite such dann noch anhält, nachdem die eigentliche Biegung schon auf- gehört hat. Es geht dies aus Fig. 8 hervor, wenn wir die beiden Internodien betrachten, die, nachdem die eigentliche Biegung schon auf- gehört hat, einseitig Seitensprosse gebildet haben; diese Internodien sind, wenn ich se sagen darf, induziert‘). Die oberirdischen Sprosse der meisten einheimischen Equisetum- Arten sind einjährig, sie ziehen im Herbst ein und werden in jedem Frühjahr von den Rhizomen neu gebildet; eine Ausnahme machen Equisetum hiemale, trachyodon und variegatum, die mehrere Winter überdauern können. Diese Fähigkeit ist wohl ursprünglich eine den Equiseten allgemein zukommende Eigenschaft, gewesen; wenigstens hat bei Kulturversuchen Equisefum arvense gezeigt, daß es sehr wohl dei Winter überdauern kann, wenn die äußeren Bedingungen es gestatten. Bei Besprechung der Prothallienkulturen werden wir zu erwähnen haben, daß bei ihnen eine Unterbrechung des Wachstums, die wir mit dem Einziehen der oberirdischen Sprosse vergleichen könnten, nicht vor- kommt. . Der Verlust der Fähigkeit, mehrere Vegetationsperioden ausdauern zu können, hat als Folgeerscheinung die gezeitigt, daß den jetzt lebenden Equiseten ein sekundäres Dickenwachstum fehlt, wie es ihre ausge- storbenen Verwandten, die Calamiten, besessen haben, Das sekundäre Diekenwachstum dieser ausgestorbenen Formen ist von Renault, 1) Vgl. hierzu auch Fig. 33, pag. 83 in &o0ebal’s Experim. Morphol. 400 Karl Ludwigs, Grand’Eury u. a. festgestellt und beschrieben worden‘). Cormack?) geht in seiner Arbeit: „On cambial Development in Equisetum“ auf das Diekenwachstum der Calamiten ebenfalls genauer ein, und es ist sein Wunsch nur zu erklärlich, auch bei den Equiseten ein Dickenwachstum, wenn auch nur in Überbleibseln, nachweisen zu können. Würde doch ‚dadurch die Verwandtschaft der Equiseten mit den Calamiten noch. mehr befestigt; gleichzeitig fänden wir darin auch einen Beweis mehr, in der Entwicklung der Equisetalen eine Reduktion zu sehen. Nach Cormack®) beginnt bei den Calamiten die kambiale Tätig- keit in den Knoten und dehnt sich dann auf die Internodien aus; bei den lebenden Equiseten ist diese kambiale Tätigkeit auf die Knoten beschränkt: „im Wesen ist sie der der Calamiten gleich, nicht in der Ausdehnung“, Wir müssen uns zunächst den Bau der Gefäßbündel der Equi- seten ins Gedächtnis zurückrufen. Das Gefäßbündel wird als ein kollaterales angelegt; doch schen in einem frühen Entwicklungsstadium zerreißt das Protoxylem und macht der Karinalhöhle Platz, in der die Reste des Protoxylems als Ringe zurückbleiben. An den Seiten des Phloöms tritt dann Metaxylem auf als laterale Stränge®). Am Knoten geht das Protoxylem als Bündel in das Blatt über, die Metaxylemgruppen nähern sich und, indem sie mit dem Xylem des nächstfolgenden Inter- nodiums sich vereinigen, füllen sie die Karinalhöhle vollständig aus. An ihrer Stelle finden wir eine große Zahl von Gefäßen mit netz- förmig verdickten Wänden, wohingegen die Zellen des Protoxylems ringförmige Verdickungen aufweisen (Fig. 15). Diese Gefäße sollen sich von außen nach innen durch die Tätigkeit eines Kambiums bilden. und das darstellen, was Eames als zentripetales Holz aufgefaßt wissen will®. Wenn wir es in diesem Holz mit einer sekundären Bildung zu tun haben, hervorgehend aus einem kambialen Gewebe, so werden wir seine Entstehung mit dem Auftreten der Karinalhöhle zusammengehend finden müssen. Dem ist meines Erachtens nicht so, vielmehr sind die 1) Lotsy, Vorträge über botanische Stammesgeschiehte, 1909, Bd. II, pag. 528 ff.; dort auch ausführliche Literaturangabe, ebenso in A. C. Seward, Fossil Plants 1898. " 2) Cormack, On cambial Development in Equisetum. Annals of Botany 1893, Vol. VII, pag. 63 ff. 31. e. pag- 80. 4) Gwynne-Vaughan: Remarks upon tke nature of the stele of Equisetum. ‚Annals of Botany 1901, Vel. XV, pag. 774. 5) Eames, On tke occurrence of centripetal Xylem in Egnisetum. Annals of Botany, Vol. XXIIL, par. 587. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 401 Anlagen zu diesen Gefäßen schon viel früher am? Vegetationspunkt deutlich zu erkennen. Fig. 16 stellt einen Querschnitt durch ein junges Leitbündel von Equisetum arvense dar: das Protoxylem besteht noch aus nur einem ringförmigen Gefäß 3x. Bei @ treten die Anlagen des späteren Metaxylems auf. . Der Beweis der Ähnlichkeit des Gewebes an der Grenze von Phloöm und Xylem mit kambialen Zellen, die Anordnung der Zellen in Reihen kann nicht stichhaltig sein; derartige Reihen kann man auch in den Gefäßbündeln der Interuodien konstruieren. Vor allem ist die Frage wichtig, ob die als kambiale bezeichneten Zellen sich im Zustand der Teilung befinden. Davon habe ich mich nicht überzeugen können, Fig. 15. Equisetum Schaffneri. Quer- Fig. 16. Equisetum arvense. Junges Leit- schnitt durch ein Gefäßbündel, dicht bündel. Die Karinalhöhle ist noch nicht unterhalb eines Knotens. #x Protoxylem, gebildet, das Protoxylem besteht aus einer x Metaxylem, Vergr. 300. ringförmig verdickten Zelle; bei Anlagen des späteren Metaxylems. 2x Protoxylem. ’ Vergr. 350. weder bei Equisetum Telmateja, noch bei Schaffneri, bei welchem man kambiale Zellen hätte vermuten können wegen der bedeutenden Höhe, die diese Form erreichen kann, noch bei irgend einer anderen ein- heimischen Art. Denn wäre ein Teilungsgewebe vorhanden, so würden sich mit Leichtigkeit Kernteilungsfiguren haben finden lassen, wie sie am Vegetationspunkt z. B. sehr deutlich zutage treten, zumal die Zell- kerne bei Equisetum eine bedeutende Größe erreichen. Ich stelle mir die Bildung so vor: am Vegetationspunkt wird schon früh außer dem Protoxylem Metaxylem zu beiden Seiten des Phloöms angelegt, besonders zahlreich in den Diaphragmen, die sich ja auch bis dicht unter den Vegetationspunkt verfolgen lassen und in denen man zu beiden Seiten Zellen mit sehr reichem protoplasmatischen Flora, Bd. 108. 27 402 Karl Ludwigs, Inhalt erkennen kann. Nach der Bildung der Karinalhöhle treten, nachdem das Protoxylem als Blattbündel sich abgezweigt hat, die beiden Metaxylemteile zusammen und füllen die Karinalhöhle aus. Diese Art des Verlaufs bildet gleichzeitig eine Verstärkung des Diaphragmas und trägt mit bei zur Festigung des. ganzen Halmes. Auf eine andere Eigentümlichkeit möchte ich hinweisen. In Fig.17 ist ein Querschnitt durch ein Gefäßbündel von Equisetum palustre dar- gestellt, in dessen Phloöm Wände in den Zellen aufgetreten sind, die dieselben in radialer Richtung teilen, statt in tangentialer, wie man erwarten sollte. Diese Wände verlaufen unregelmäßig, von der Ecke einer Zelle zur Mitte der gegenüberliegenden Wand, von einem be- liebigen Punkt der Zellwand zu irgend einem der gegenüberliegenden. Außerdem zeigten diese Wände Krüm- mungen derart, als ob sie für die Zelle zu groß seien. Eine Erklärung für das Auftreten dieser Wände habe ich noch nicht. Zu den erwähnten Überwinterungs- versuchen von Equisetum arvense möchte ieh noch bemerken, daß ich ähnliche Versuche auch mit limosum angestellt habe; allein limosum, das ich in einem Topf eingepflanzt hatte, der in einem größeren, mit Wasser gefüllten stand, Fig. 17. Tquisetum palustre. Quer- wuchs so langsam, daß man von einem schnitt durch ein Getäßbündel in Ausdauern nicht sprechen kann. Equi- inem di ien i . ne: . a er odien in setum Telmateja hat sich bis jetzt Ein- syn m „Metaxylem. In dem pflanzungsversuchen hartnäckig wider- cneide: . . großen "Anzahlvon Zellen, Vergr, 500. setzt. - Mehrere Male habe ich Rhi- zome dieser Art ausgegraben und ein- gepflanzt, habe sie aber nie zum Weiterwachsen oder zum Austreiben, oberirdischer Sprosse bringen können. - Zu den später zu erwähnenden Stecklingsversuchen habe ich oft Sprosse benutzt, die nach Anwendung des Warmbades ausgetrieben waren. Gelang diese Behandlung bei sterilen sehr gut, so hatte ich weniger Erfolg bei den fertilen Anlagen. . Auf die Entwieklungsgeschiehte der Sporangien soll hier nicht eingegangen werden: sie ist hinreichend behandelt in Goebel’s „Bei- träge zur vergleichenden Entwieklungsgeschichte der Sporangien“, Bot. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 403 Ztg. 1880, 1881, bzw. „Goebel’s Vergl. Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane“ p. 382 ff. und in Bower’s „On the Morphology of Sporeproducing Members“ 1894. Die Equiseten sind eusporangiat, das Archespor geht hervor aus einer hypodermalen Zelle. Bower glaubt, daß außer dem eigentlichen Archespor auch andere, nach der Epidermis zu gelegene Zellen sich an der Sporenbildung beteiligen. . Das Archespor wird schon bald von einer Zelischieht ein- geschlossen, deren Zellen ihre Entstehung sowohl Epidermiszellen wie auch Archespor- bzw. den benachbarten Parenchymzellen verdanken. Dieses Tapetum liefert das Periplasmodium, über das kürzlich Hannig?) ausführlich berichtet hat; die Angaben Hannig’s deeken sich mit den Resultaten meiner Untersuchungen, die allerdings von einer anderen Fragestellung ausgingen. Legte sich Hannig die Frage vor nach der Bildung der Sporenhäute, bei der ja das Periplasmodium wesentlich beteiligt ist, so veranlaßte mich eine Angabe Bowers, das Verhalten des Tapetums während der Entwicklung der Sporen genauer zu beob- achten. Während ein Teil der sporenbildenden Zellen wirklich seinen Zweck erfüllt, bleibt nach Bower (l. c. pag. 500) ein anderer steril; zahlenmäßig festgestellt sagt Bower, daß ungefähr ein Drittel der ursprüng- liehen Sporenmutterzellen zugrunde geht. Seine Abbildung (Tafel 43, . Fig. 21) macht seine Auffassung wahrscheinlich, insofern nämlich diese sterilen Zellen ohne Verbindung mit, dem Tapetum zwischen den Sporenmutterzellen liegen. An der Richtigkeit der Bower’schen Zeichnung ist nicht zu zweifeln; außer seiner Erklärung ist aber eine andere möglich: die Verbindung der „sterilen“ Zellen mit dem Tapetum ist in vertikaler Richtung vorhanden, in horizontaler Richtung nicht. Will man nicht annehmen, daß es sich um eine pathologische Er- scheinung handelt, so müssen Bilder, wie Bower sie zeichnet, häufiger auftreten. Ich habe bei den untersuchten Sporangien von Equisetum limosum, Schaffneri, palustre von einer Desorganisation eines Teiles der Sporenmufterzellen niemals etwas wahrnehmen können. Was das Zahlenverhältnis 72:44 angeht, das Bower für Equisetum limosum anführt, so weist auch Hannig auf die Schwierigkeit hin, die das Zählen der Kerne verursacht. Physiologisch schreibt auch Bower diesen sterilen Zellen die gleiche Aufgabe zu, die dem Tapetum zu- kommt: these (Cells) serve physiologically as a diffused tapetum, and help to nourish the developing spores. * 1) Hannig, Über die Bedeutung der Periplasmodien. Flora 1911, Bd. IL, vag. 209. . 27* 404 Karl Ludwigs, Im übrigen kann ich die Angaben Hannigs über das Verhalten des Periplasmodiums nur bestätigen. Auffallend ist die starke Ver- mehrung der Zellkerne des Tapetums nach dem Verschmelzen der einzelnen Zellen. Während man vorher Gelegenheit hat, Kernteilungs- figuren in den Tapetenzellen zu beobachten, ist das nach der Fusion ausgeschlossen, ein Zeichen, daß die Kernvermehrung durch Frag- mentation hervorgerufen wird. Auf die Frage, welche physiologische Bedeutung die starke Vermehrung der Zellkerne hat, geht Hannig nicht ein; er betrachtet die Zunahme an Kernen nur als Beweis für die lebende Natur des Protoplasten). Wir müssen doch annehmen, daß die be- deutende Anhäufung von Kern- material einen bestimmten Zweck haben wird, und man kann: sich die Tatsache viel- leicht so erklären, daß vor der Reduktionsteilung in den Spo- renmutterzellen den Zellkernen Kernsubstanz zugeführt wird aus den Zellkernen des Peri- plasmodiums, die ja alle wie- der aufgelöst werden (Fig. 18 und 19), Bei Prothallienkulturen Fig. 18. Längsschnitt durch ein Sporangiun habe ich mich nach den von Equisetum limosum. Das Periplasmodium : i liegt noch um die Sporenmutterzellen herum; Angaben Buchtiens gerich- seine Zellwände sind schon aufgelöst. Vergr.350. tet?); nur habe ich mit Aus- saaten auf Torf schlechte Er- fahrungen gemacht. Trotz mehrstündigen Kochens und nachträglichen Sterilisierens des Topfes mit dem Torf gingen die Kulturen zum großen Teil bald zugrunde. Dagegen hat sich ein Gemenge von Torf und Humus sehr gut bewährt. Ich brachte in einen Topf, dessen Boden- löcher mit Zement verschlossen waren, eine Schicht Tonscherben etwa De page. 218. 2) 0. Buchtien, Entwieklungsgeschichte des Prothalliums der Equiseten. Dissert, Rostock 1897 u, Biblioth. Botan. 8, An Untersuchungen zur Biologie der Egquiseten. 405 bis zur Hälfte, darüber das Gemenge aus Torf und Humus, bedeckte den Topf mit einer Glastafel. Das Ganze stellte ich auf einen Teller unter eine Glasglocke. Einige Kulturen wurden in Glasdosen angesetzt und zwar einmal auf Watte, dann auf Gips. Beide Substrate erwiesen ‚sich als geeignet insofern, als die Kulturen sehr lange rein blieben. Besonders bei Regenerationsversuchen zeigte sich Watte als gute Unterlage, die Prothallienstückehen wuchsen schnell und kräftig. Bei den Kulturen auf Gips keimten die ausgesäten Sporen auch sehr bald, ‚die jungen Prothallien bildeten reichlich außerordentlich lange Rhizoiden, zeigten ein leben- diges, frisches Grün; allein zu einer Bildung von Geschlechts- organen ist es bei diesen Kul- turen niemals gekommen, ob- wohl die Aussaaten mit v.d. Crone’scher Nährlösung be- gossen wurden. Ich habe diese Prothallien dann gewöhnlich später auf andere Unterlagen überpflanzt. Ein bemerkenswertes Er- gebnis erhielt ich mit Sporen- aussaaten in _destilliertem Wasser. Die Sporen be gannen normal zu keimen, es wurde ein langes Rhizoid ge- bildet, die Prothallienzelle führte Fig. 19. Längsschnitt durch ein Sporangium einige wenige Teilungen aus, von Equisetum palustre. In den Sporen- und auf diesem Stadium blie- mutterzellen beginnt die Reduktionsteilung, $ : P _ Die zahlreichen Kerne des Periplasmodiums ben die Prothallien stehen. Ver liegen zwischen den Sporenmuiterzellen. meidet man das Eindringen Vergr. 850. von Algen, so kann man der- artige Wasserkulturen monatelang frisch halten. Ich habe z. B. Sporen von Equisetum silvatieum von April bis November, solche von Equi- setum Schaffneri von August bis Februar in Wasser gehalten und sie dann zu weiteren Kulturen verwendet.- Bedenkt man, daß die Sporen der Equiseten wegen ihres Chlorophyligehaltes nur eine kurze Keim- fähigkeit besitzen, so ist es von Wichtigkeit, Sporen durch Wasser- kulturen für längere Zeit auf einem niedrigen Entwicklungsstadium 406 Karl Ludwigs, halten zu können!). Ausgesät habe ich Sporen von Equisetum arvense, limosum, silvaticum, seirpoides, palustre und Schaffneri; die meisten Untersuchungen beziehen sich auf Schaffneri, palustre und arvense. In der Organographie (pag. 389) wirft Goebel bei Besprechung der Sexualorgane der Archegoniaten die Frage auf, in welcher Weise bei Equisetum die Antheridienwand an dem Öffnen der Antheridien, bzw. auch an dem Austreten der Spermatozoiden beteiligt sei, oder mit anderen Worten: welche Faktoren bedingen einmal das Zerreißen der Kutikula und das Auseinanderweichen der Deckelzellen, dann wie ist es möglich, daß alle Spermatozoidenmutterzellen das Antheridium verlassen können, wenn man bedenkt, wie groß die Zahl der Mutter- zellen ist und wie weit mitunter das Antheridium in das Prothallium hineinragt? Goebel verweist a, a. O. auf den Vorgang bei den Bryophyten. Es mag deshalb am Platze sein, kurz zu erwähnen, was Goebel über den Öffnungsmechanismus der Bryophytenantheridien sagt®2): „Die Untersuchung der Bryophyten wurde in den letzten Jahr- zehnten meist von einseitig entwicklungsgeschichtlichem Standpunkte aus betrieben, während die fertigen Organe, deren Aufbau doch ge- wissermaßen das Ziel der Entwicklung ist, wenig Beachtung fanden. Dies gilt auch für die Antheridien der Leber- und Laubmoose. So zahlreich die Angaben über Zellteilungsfolgen bei der Entwicklung der Antheridien sind, so dürftig sind sie darüber, wie das fertige Antheridium die Aufgabe, die Spermatozoiden zu entlassen, löst; das was schon Hedwig im vorigen Jahrhundert darüber mitgeteilt hatte, blieb unbeachtet,. Namentlich handelt es sick um die Rolle, die die Wandung der Antheridien spielt. In der neueren Literatür güt diese als eine rein passive, sie soll bei der Reife durch den Druck des sehleimigen, quellenden Inhaltes gesprengt werden. Dem gegenüber soll nachgewiesen werden, daß die Antheridienwandung bei allen unter- suchten Museineen besondere Öffnungseinriehtungen besitzt, also aktiv an dem Aufspringen der Antheridien beteiligt ist und nicht nur eine schützende Hülle für den Antheridieninhalt darstellt. Die Antheridienwand ist sowohl bei den Lebermoosen wie den Laubmoosen beim Öffnen der Antheridien aktiv beteiligt. Es geschieht 3) Vgl, hierzu Tomaschek, Zur Entwicklungsgeschichte (Palingenesie) von Equisetum. Bitzungsber. d. E. k. Akad. d. Wissensch, Wien 1872, pag. 188/189. — Duval-Jouve, L’Histoire naturelle des Equisetum de France 1863, pag. 162. — Milde, Flora 1852, pag. 497. 2) Goebel, Über den Öffnungsmechanismus der Moosantheridien, Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg 1897, Supl, I, pag, 66. . Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 407 dies durch Ablagerung stark quellbarer Substanzen (Schleim) in den Zellen, deren Volumvergrößerung durch Wasseraufnahme das Öffnen der Antheridien bedingt. Bei den Laubmoosen findet den Lebermoosen gegenüber insofern eine höhere Ausbildung statt, als eine bestimmt lokalisierte Öffnungskappe sich findet, deren Rolle an die des Annulus der Sporenkapseln erinnert.“ Die ältere einschlägige Literatur äußert sich nur knapp über den Vorgang des Öffnens bei den Antheridien der Equiseten. Thuret hat ein Prothallium von Equisetum limosum abgebildet und die charakte- ristische Anordmung der Antheridienwandzellen nach dem Öffnen des Antheridiums als „Krönchen“ bezeichnet. Bei genauerer Betrachtung der Figur (Ann. des Sciences Naturelles, Tome XVI, Planche 15) ist folgendes bemerkenswert: Die eingezeichneten Antheridien sind ver- schieden alt, was sich an ihrer äußeren Gestalt deutlich erkennen läßt; die jüngsten Stadien kennzeichnen sieh durch ihre kugelige Form, späterhin werden die Antheridien oval. Kurz vor der Reife erfahren vor allem die den Deckelzellen, dem späteren Krönchen, zunächst liegenden Wandzellen eine besonders starke Streckung. Ist das Zerreißen der Kutikula eingetreten, so findet bei ihnen eine Krümmung der Zell- wände nach dem Inneren des Antheridiums zu statt. Die Krönchen- zellen selbst verkürzen ihre Außenwand durch Krümmen, wodurch sie sich auf den benachbarten Zellen wie auf einem Gelenkkopf drehen. Diese Beobachtung kann man bei Antheridien an Prothallien von Equi- setum limosum leicht machen. Bei den Antheridien anderer Arten ist die Ausbildung des Krönchens keine so charakteristische. Ohne Zweifel geht eine Formveränderung der Antheridienwandzellen vor sich, und es ist deshalb der Gedanke Goebels durchaus zutreffend, wenn er meint, daß die Antheridienzellen aktiv an dem Öffnen beteiligt sind, d. h., daß das Austreten der Spermatozoiden nicht allein auf dem Quellen des Inhaltes des Antkeridiums beruht. Da nicht nur die Deckelzellen, sondern auch die benachbarten Wandzellen an dem Öffnen sich be- teiligen, kann man den Ausdruck „Öffnungskappe“, den Goebel für die Antheridien der Lebermoose und Sphagnum (Organograpbie, pag. 238) anführt, nicht auf die Antheridien der Equiseten-Prothallien übertragen. In dieser Hinsicht stimmt aber auch die Zeichnung Duval Jouve’s mit der Natur nicht vollständig überein. Taf. IX, Fig. 24 zeigt bei @ ein männliches Prothallium, bei dessen Antheridien eine Zellage so gezeichnet ist, als ob sie in Form eines Annulus um das Antheridium herumgehe. 408 Karl Ludwigs, Thuret?) beschränkt sich über das Öffnen auf die Worte: Leur mode de ä&hiscenee est assez remarquable. Les cellules terminales des lobes oü elles sont renfermees, #’&cartent & leur sommet pour livrer passage aux authörozoides contenus dans la cavit6; ces cellules restent r&unies & la base et forment ainsi une sorte de couronne quel- quefois trös rögulidre, Buchtien:), der die Entwicklungsgeschichte des Antheridiums eingehend beschreibt, geht auf den Öffnungsvorgang nur kurz ein: „Die einzelnen Spermatozoidenmutterzellen verquellen ihre Membranen, sie isolieren sich mehr und mehr und nehmen sphärische Gestalt an. In- folge dieser Größenzunahme dieser Mutterzellen wird von ihnen ein bedeutender Druck auf die umgebenden Wände des Antheridiums aus- geübt und besonders auf die Deckelzellen, die dort, wo sie an der zu- erst aufgetretenen Wand aneinanderstoßen, zusammengedrückt werden, so daß sie nur noch mit einer dünnen Wand zusammenhängen. Kommt jetzt das Organ mit Wasser in Berührung, so verguillt die Membran der Spermatozoidenmutterzellen noch stärker, infolgedessen die einzelnen Zellchen sich noch weiter voneinander zu entiernen streben. Die an der mittleren Zellwand kaum noch zusammenhängenden Deckelzellen sind einem solchen Druck nicht mehr gewachsen, sie weichen vonein- ander, wobei sie sich ganz zurückschlagen, und lassen die Spermato- zoiden austreten.” Hier ist es also vorwiegend das Verquellen der Wände der Sper- matozoidenmutterzellen, das das Öffnen bewirkt, die Antheridienwand- zellen treten nur insofern in Funktion, als sie „sich wieder zusammen zu ziehen suchen, wodurch sie das Austreten der Spermatozoiden be- günstigen?“ Von einer aktiven Betätigung der Wandzellen ist nichts erwähnt. Daß bei der Reife oder besser gesagt, während des Reifungs- prozesses die Wandzellen des Antheridiums Veränderungen erfahren, ist so auffällig, daß diese den Beobachtern nicht entgehen konnten. Die Zellen verlieren mehr oder weniger ihren Chlorophyligehalt, und es liegt die Frage nahe, was aus dem Inhalt wird. Die Deckelzellen wie die benachbarten Wandzellen lassen ihren Inhalt verschleimen. Diese Versehleimung scheint bei den Deckelzellen zu beginnen und dann auf die Wandzellen überzugreifen. Man sieht, wie die Chlorophyll- 1) Thuret, Les antheridies des Cryptogames. Ann. des Seiences Naturelles, Ser. III, Tome XVI, pag. 15. 2) 0. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothalliums von Equisetum. Biblioth. Botan. 8. 3) Le. pag. 34/85. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 409 körner sich von der Wand entfernen und dicht um den Zellkern legen. In einem weiter vorgeschrittenen Stadium sind sie ganz verschwunden, die Zellen sind mit einer stark lichtbrechenden, hyalinen Masse an- gefüllt. Daß es sich um Verschleimung handelt, kann man feststellen, wenn man eine Reaktion auf Schleim macht Ich benutzte Ruthenium- rot nach Angaben von Strasburger!) und Methylenblau nach einer Angabe in Meyer’s Praktikum); bei Benutzung von Rutheniumrot trat sofort eine äußerst, intensive Rotfärbung der Deekelzellen und der be- : nachbarten Wandzellen ein, Es war nun die Frage, ob der Schleim in bestimmter Weise abgelagert wird; denn nur dann ließ sich auf eine bestimmte, ihm zukommende Funktion schließen. Bei Versuchen, . diese Frage zu beantworten, benutzte ich die Schleim- färbung nach Meyer, die deshalb sich besser be- währte, weil durch Methylenblau eine Färbung der Zellmembranen verhältnismäßig später eintrat, als eine Rotfärbung durch Rutheniumrot. Die Untersuchung ließ mich auf einem optischen Längsschnitt deut- Fig. 20. Deckelzelle lich drei Schichten erkennen: die Kutikula, die eines noch ungeöff- Zellwand und eine intensiv blau gefärbte Schicht "eten_Antheridiums von Equisetum pa- (Fig. 20). . Instre. « Zellwand, Ist an dem Vorhandensein der Schleim- 3 ‚Sahleimschicht, © schicht nicht zu zweifeln, so muß man an- vergrößert. nehmen, daß ihr auch eine bestimmte Funktion zu- kommt. Diese wird uns klar, sobald wir die Öffnung des Antheridiums weiter verfolgen. Man kann durch Behandlung eines Antheridiums mit Kalilauge?) das Öffnen herbeiführen. Sobald die Kalilauge anfängt einzuwirken, was an der Farbenveränderung deutlich zu erkennen ist, beginnt der Inhalt des Antheridiums sich nach allen Seiten auszudehnen. Gleichzeitig strecken sich die Wand- und Deckelzellen. Wie stark die Ausdehnung des Antheridiuminhaltes ist, habe ich durch Messungen festzustellen versucht. So betrug z. B. der Durchmesser eines Antheri- diums vor der Einwirkung der Kalilauge 93 a, nach der Einwirkung 102 u, so daß die Zunahme des Durchmessers ein Zehntel seiner Länge ausmackte. Dem Volumen nach würde, wenn man das Antheridium als Kugel auffaßt, die Zunahme 0,32 des ursprünglichen Volumens be- 1) Strasburger, Botanisches Praktikum, 4. Aufl., pag- 148, 2) Arthur Meyer, Erstes mikroskopisches Praktikum 1907, pag. 40. 3) Zielinski, Über des Öffnen von Moosarchegonien. Flora 1910, Bd, C, vag. 3. 410 Karl Ludwigs, tragen. In anderen Fällen war die Ausdehnung noch merklich größer, stellenweise fast die Hälfte der ursprünglichen Menge. Wie wir sehen, ist die Ausdehnung eine große, und wir werden verstehen, daß auf die Deckel- und Wandzellen ein großer Druck ausgeübt wird. Diesem Druck geben die Zellen insofern nach, als sie sich strecken, die Längs- wände werden länger, die Querwände verkürzt (Fig. 21). Zu diesem Druck addiert sich noch der Druck, der im Inneren der Deckelzellen selbst hervorgerufen wird durch die Quellung des ab- gelagerten Schleims. Daß es sich in den Deckelzellen um Spannungs- verhältnisse handelt, geht aus der Formveränderung der Zellen nach dem Öffnen des Antheridiums deutlich hervor. Es wäre eine Ver- %8 KW Fig. 21. Formveränderung der Anthe- Fig. 22. Antheridien, an denen sich die ridien. Deckel- und Wandzellen während Kutikula (c) zum Teil sehr stark abge- des Öffnens. hoben hat. tauschung der Konkav- und Konvexseiten nicht erklärlich, wenn nicht auf die Wände der Zellen von innen eine Spannung ausgetibt würde. Außerdem haben sich die Antiklinen bedeutend abgerundet; die Ver- bindungsstelle zwischen den Deckelzellen ist kürzer geworden, so daß man deutlich die Öffnungsstelle erkennen kann. Noch aber hält die Kutikula das Antheridium geschlossen. Daß die Kutikula das ganze Prothallium überzieht, davon kann man sich durch Färbung derselben leieht überzeugen. Ich bemutzte, um die Kutikuls deutlich sichtbar zu machen, Sudan III und eine frisch bereitete alkoholische Chlorophyllösung nach Angaben in Stras- Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 411 burger’s Praktikum). Die Kutikula setzt dem Öffnen des Antheri- diums einen großen Widerstand entgegen. Nicht selten konnte ich beobachten, daß die Deckelzellen schon voneinander getrennt waren, ohne daß die Kutikula zerrissen wäre, ja die Spermatozoidenmutter- zellen hatten schon begonnen das Autheridium zu verlassen und lagerten sich zwischen Deckelzellen und Kutikula. Erst bei noch fort- schreitender Quellung wurde die Kutikula gesprengt. Mehrere Male konnte ich beobachten, wie sich die Kutikula rings um das Antheridium ablöste. Ich erhielt Bilder, wie sie in Fig. 22 dargestellt sind. Nach- dem Kalilauge und Wasser zum Präparat zugefügt waren, bog sich die Kutikula sehr stark; bei weiterem Zusatz von Wasser wurde sie faltig und legte sich wieder an; erst nach Absaugen des Wassers spannte sie sich wieder, gieichzeitig wurde das unterbrochene Austreten der Spermatozoidenmutterzellen wieder aufgenommen. |Bei diesen beobachteten Antheridien trat sehr deutlich eine Verkürzung nach dem Öffnen ein. Daß man nach dem Öffnen des Antheridiums die zerrissene Kutikula an den Decekelzeillen erkennen kann, erwähnt anch schon Thuret, er sagt ]. c. pag. 32: „Avec un grossissement suffisant, on apercoit nettement alors, entre les dents de cette couronne les debris de la cuticule qui recouvrait les lobes et qui s’est dechirde au moment de la d6hiscence de Panthöride*. Das Zersprengen der Kutikula, das hauptsächlich durch das Quellen des Antheridiuminhaltes hervorgerufen wird, wird gefördert durch Quellen des Schleimes, der sich in den Deckelzellen auf der Außen-, d. h. Konvexseite, abgelagert; bat. Allein ich glaube, daß die Haupttätigkeit dieser Zellen erst nach dem Öffnen selbst: beginnt, wenn es sich . darum handelt, die Spermatozoidenmutterzellen aus dem Antheridium herauszubringen. Ein Teil wird natürlich sofort mit Ge- walt nach außen gepreßt, da das Antheridium schon unter einem ge- wissen Druck steht. Doch nach einiger Zeit wird dieser Überdruck ausgeglichen sein, wenn ja auch nach Buchtien’s Meinung durch Fortschreiten des Quellens der bis dahin noch nicht ganz isolierten Mutterzellen neuer Druck erzeugt wird. Daß Spermatozoiden infolge einer Eigenbewegung, d. h. indem sie schon im Inneren des Antheri- diums die Wand der Mutterzelle gesprengt, das Antheridium verlassen hätten, habe ich in keinem Falle beobachten können. Durch das Quellen des Schleimes in den Deckelzellen tritt eine Volumzunahme 1) l.e. pag. 274. 412 Karl Ludwigs, dieser Deckelzellen ein — die nächstliegenden Wandzellen verhalten sich sehr ähnlich — es wird eine Streckung bzw. Verlängerung der Konvexseite hervorgerufen, die so stark wird, daß die Konvexbiegung der Außenwand in eine konkave übergeht, die konkave Innenwand aber konvex wird. Es kommt dadurch die Form zustande, die Thuret zur Bezeichnung „Krönchen“ veranlaßte, wenn man die Gesamtheit der Deckelzellen eines Antheridiums ins Auge faßt. Goebel vergleicht die Form mit der einer Wurst‘), Man vergleiche hierzu auch die Fig. 6 auf Taf. 11 in Thuret’s genannter Abhandlung. Sie stellt ein geöffnetes Antheridium von Fossombronia pusilla dar. Da die Zellen bei den Lebermoosantheridien sich vielfach loslösen, sieht man zahlreiche abgelöste Zellen, die die charakteristische wurstförmige Gestalt haben. Der Chlorophyllinhalt hat sich auf der Konvexseite abgelagert, die Konkavseite ist hell. Wir sehen auch hier, wie die frühere Konvexseite durch Quellung eines abgelagerten Schleims konkav gewor- den ist. Durch diese eigenartige Auswärtskrüm- mung der Deckelzellen, die eine Einwärts- krümmung der zunächst liegenden Wandzellen Fig. 23, Antheridium von Equisetum palusire. Die Deckelzellen sind auseinan- der gewichen, die Sperma- tozoidenmutterzellen begin- nen auszutreten. Seitlich ist durch Verletzung eine Öffnung entstanden, durch welche einige Spermatozoi- denmutterzellen ausgetreten sind. Die Kutikula ist fast ganz abgehoben. im Gefolge hat, wird auf die übrigen Wand- zellen ein Druck ausgeübt, der sich dem In- balt des Antheridiums mitteilt und so das Austreten der Spermatozoidenmutterzellen mit bedingt. Aus Thuret’s Abbildung geht eine solche Beteiligung. der Wandzellen deutlich bervor und wurde auch von mir beobachtet. Das Aussehen eines geöffneten Antheridiums hat sich im Gegensatze zu einem geschlossenen sehr geändert. Wenn nun eine solche aktive Beteiligung der Deckel- bzw. Wand- zellen wirklich stattfindet, so müßte der beschriebene Vorgang auch eintreten, selbst wenn den Spermatozoiden-Mutterzeilen eine andere Austrittsstelle gewährt würde. Um diese Frage zu beantworten, wurden Antheridien an der Basis abgeschnitten; es traten an der Schnittfläche Spermatozoiden-Mutterzellen aus, doch im Verhältnis zur Gesamtzahl nur wenige. Vielmehr öffttete sich das Antheridium ganz normal und 2) Vgl. Organographie, Fig. 135, 5, Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 413 entließ die Spermatozoiden-Mutterzellen so, als ob eine Verletzung nicht eingetreten wäre (Fig. 23). Auf Grund einer Mitteilung Sadebeck’s an Goebel, er habe bei Prothallien von Equisetum palustre knöllchenähnliche Gebilde auf- treten sehen, wurde versucht, die Prothallien zu einer derartigen Knöllchenbildung zu veranlassen. Dabei mußte der Gedanke, die Knöllchen als eine Anpassungserscheinung aufzufassen, maßgebend sein. Die Prothallien sind Zellkörper, die eine Differenzierung nicht erkennen lassen; zu einer solchen kommt es nur bei den weiblichen, insofern als hier ein Meristem gebildet wird, das die Archegonien trägt; daß das Meristem als Nahrungsspeicher für den Embryo aufzufassen ist, erklärt sich von selbst. Wenn nun an Prothallien Knöllchen auftreten, so können es ebenfalls nur Reservestoffbehälter sein, die entweder dem Embryo reichlichere Nahrung zuführen oder die das Prothallium über Zeiten ungünstiger äußerer Bedingungen hinweghelfen sollen. Im ersteren Fall würden wir Knöllchen nur an weiblichen Prothallien an- treffen können; im letzteren müßten sie sich durch Kultur bilden lassen. Letzteres war tatsächlich der Fall. Kulturen von Equisetum palustre, auf Sand ausgesät, wurden längere Zeit an einem hellen, kühlen Ort aufgestellt; daß Licht erforderlich ist, geht aus der Betrachtung hervor, daß die Knöllchen Stärke als Reservestoff aufspeichern werden, daß sie diese aber nur bei Licht bilden können. Gegossen wurde diese Kultur nur spärlich. Nach 4—5 Wochen zeigten sich an den Prothallien kugel- förmige Gebilde, die dieht mit Stärke angefüllt waren, im übrigen hatten die Prothallien, die frisch grün aussahen, das Wachstum eingestellt. Die Knöllchen enthielten in ihren äußeren Zellen Chlorophyll. Wurde nun die Kultur wiederum gegossen und in normale Tem- peratur gebracht, so setzte alsbald ein lebhaftes Wachstum ein. Selbst wenn das eigentliche Prothallium schon abgestorben war und eine braune Färbung angenommen hatte, zeigte das Knöllchen lebhaft grüne Farbe. Durch das Absterben des Prothalliums aber kam das Knöllchen mit dem Substrat; in nähere Berührung, es schickte zahlreiche Rhizoide in den Boden und begann ein lebhaftes Wachstum. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir es hier mit einer Anpassung zu tun haben, die das Prothallium befähigt, Zeiten ungünstiger äußerer Bedingungen zu überdauern. — Die Knöllchenbildung war zahlreicher bei einer Kultur auf Sand als einer solchen auf Humus und Torfmull, weil der letztere Untergrund viel länger Wasser zu halten, vermochte als der Sand. Außer an Prothallien von Equisetum palustre fand ich Knöllchen 414 Karl Ludwigs, auch an Prothallien von Equisetum Schaffneri sowohl an männlichen als auch an weiblichen (Fig. 24, 25, 26, 27). Heilbronn?) fand an Prothallien von Cystopteris fragilis f. poly- Fig. 24, Equiset. Schaffneri. Prothallium Fig. 25. Equisetum Schaffneri. Knoll- mit: Knöllchen; gewachsen auf Torfmull, chen am Prothallium, ‚einige Zeit trocken. kultiviert. Vergr. 24. apogama Höcker, die aus rudimentären Antheridien und Archegonien hervorgegangen und imstande waren, Farnblätter hervorzubringen. Eine ähnliche Erscheinung habe ich bei den Prothallien von Equisetum ' " nicht beobachten können. Die Anlagen der Knöllchen zeigten keinerlei Andeu- tung, daß dieselben aus Antheridien oder Arche- gonien hervorgegangen seien. Auf das Auftreten von Kuölichen kann man Fig. 26. Equisetum pa- Xustre. Knöllchen am Pro- thallium. Kir? eine Bemerkung Toma- ig. 27. s - Fig. 27. Equisetum Schaffneri. Knöllchenbildung schek 8 deuten, wenn er mit Antheridienanlagen (a). Vergr. 80. in seiner Arbeit *) schreibt: „Die Geschlechtsgeneration erzeugt oft Adventivsprosse, die durch Absterben des älteren Teiles des stammähnlichen Thallus selbständig werden“. Im übrigen möchte 2) Heilbronn, Apogamie, Bastardirung und Erblichkeitsverhältnisse einiger Farne, Flora 1910, Bd: Cl, pag. 2ff. Dep 18. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 415 ich mich dem Urteil Buchtien’s über den Wert der Tomaschek- ‚schen Arbeit anschließen, Es bedarf kaum einer Erwähnung, daß Knöllchen, die vom Pro- thallium abgelöst kultiviert wurden, neue Lappen bildeten. Ein Ver- such, zu entscheiden, ob Knöllchen von weiblichen Prothallien aus- schließlich weiblich bleiben, konnte leider wegen Mangels an notwendigem Material nicht ausgeführt werden. Ich halte es für wahrscheinlich, daß in diesem Fall doch zunächst männliche Lappen gebildet. werden. Fig. 28. Equisetum palustre. Fig. 29. Equisetum palustre. Ein auswachsen- Ein aus einem Knöltehen hervor- des Knöllchen. Durch den Wechsel der Belich- ‚gegangener neuer Teil des Pro- tung ist ein Wechsel in der Dorsiventralität thalliums. Vergr. 20. eingetreten. Die Pfeile geben die Richtung des einfallenden Lichtes an. Bieibt das Knöllchen am Prothallium und bringt man dieses in bessere Wachstumsbedingungen, so treibt das Knöllchen, wie schon ‚gesagt, aus; der neugebildete Teil, der recht kräftig sein kann, wie Fig. 28 zeigt, ist wie das Prothallium natürlich dorsiventral gebaut; ‚auf der einen belichteten Seite entwickeln sich Lappen, auf der an- ‚deren abgewandten Rhizoiden. Nun machte ich den Versuch und be- lichtete das Prothallium während des Austreibens des Knöllchens von ‚der anderen Seite; der Erfolg war, wie zu erwarten, der, daß die Nen- bildung entgegengesetzt dorsiventral war wie das ursprüngliche Pro- thallium, ohne daß eine Drehung des Prothalliums stattgefunden hatte «Fig. 29). Die Frage, ob die Dorsiventralität der Equiseten-Prothallien eben- 30 jederzeit umkehrbar ist, wie dies bei den Farnprothallien möglich 416 Karl Ludwigs, ist), kann ich endgültig noch nieht beantworten; bei einem Versuch, Prothallien von Equisetum Schaffneri auf dem Klinostaten wachsen zu lassen, so daß eine allseitige Belichtung in vertikaler Richtung ein- treten mußte, zeigten sich Prothallien von der Form, wie Fig. 30 dar- stellt; hier ist die Feuchtigkeit des Bodens (feuchter Lehm) in ihrem Einfluß stärker gewesen als das Licht. Das Prothallium wuchs kräftig weiter, ohne aber seinen dorsiventralen Bau aufgegeben zu haben. Die Stärke des Einflusses der Feuchtigkeit kann man aus dem starken Winkel erkennen, unter dem das Protballium seine Wachstumsrichtung Fig, 30. Prothallium von Eguisetum Fig, 31. Prothallium von Equisetum Schaffneri. Auf dem Klinostaten allseitig Schaffneri. Auf dem Kiimostaten all- belichtet. Trotzdem ist der doraiventrale seitig belichtet. Rhizoiden haben sich. Ban beibehalten, hervorgerufen durch die rings um das Prothallium gebildet. Feuchtigkeit der Unterlage. geändert hat. Bei anderen Prothallien schien es, als ob der dorsi- ventrale Bau in einen radiären übergehen wollte; wenigstens bildeten sich am oberen Ende des aufrecht wachsenden Prothalliuns neue Lappen ringsum, eine Vertiefung zwischen sich einschließend; auch waren Rhizoiden fast rings um das Prothallium aufgetreten (Fig. 31). Endgültig entschieden werden aber kann ‚die Frage erst, wenn es gelingt, durch Belichtung der unteren Seite von unten diese morpho- logisch in eine Oberseite umzuwandeln. Das Resultat diesbezüglicher Versuche soll später mitgeteilt werden. D) Goebel, Organographie, pag. 196. Untersuchungen: zur Biologie der Equiseten. 417 Die Frage nach der Regenerationsfähigkeit der Equiseten setzt eine präzise Fassung des Wortes Regeneration voraus. Will man die Regeneration im strengen Sinne als Neubildung aufgefaßt wissen, so ist bei den Equiseten die Fähigkeit zu regenerieren sehr gering. Faßt man den Begriff im Sinne Goebel’s -weiter, so ergibt sich eine aus- gedehnte Fähigkeit, verlorene Teile zu ersetzen, Anlagen, die für ge- wöhnlich nicht austreiben, zum Austreiben zu bringen. Mit den Ver- suchen in dieser Richtung wollen wir uns jetzt beschäftigen. Es soll begonnen werden mit der Erörterung einer Frage, die von entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung ist. Die Ordnung Equisetum, die sich uns heute in etwa 24 Arten darbietet, ist im Perm und im Karbon außerordentlich verbreitet gewesen. Ihr nahe verwandt sind, wie schon erwähnt, die Kalamiten. In dem Verlauf der geologischen Erdperioden sind die Equiseten immer mehr zurückgetreten, sind immer mehr reduziert worden. So aufgefaßt müssen wir die Form der noch lebenden als die höchst entwickelte annehmen, die den Vorfahren am nächsten kommt; es ist dies eine tropische Form, Equisefum giganteum, eine ‚Form, die eine Höhe von 12 m (?) erreicht, deren Seitensprosse, zahlreich in Wirteln angeordnet, wie der Hauptsproß an ihren Enden je eine Sporangienähre tragen; eine Scheidung der Hauptachsen in fertile und vegetative hat noch nicht stattgefunden. Ähnliche Ver- hältnisse treffen wir an bei Equisetum Schaffneri und den Varietäten einheimischer Eguiseten, die wir als polystachiae zu bezeichnen pflegen. Solche Varietäten sind nicht selten bei Equisetum palustre, ich fand sie häufig am Pilsensee; seltener schon bei Equisetum limosum, bei der ich sie selbst nicht gefunden habe, die mir aber bekannt sind aus einem Sammlungsexemplar vom Chiemsee. Es ist vielleicht richtig, in relativ junger Zeit eine Spaltung der Equiseten in zwei Stämme anzunehmen, deren einem die Homophyadica, deren anderem die Heterophyadica angehören: beide haben sich rück- gebildet, sind von größeren: Formen auf kleinere gekommen. Daß die Grenze beider Stämme nicht scharf durchgeführt ist, zeigen die Formen, wie sie sich uns in Equisetum silvatieum und Equisetum pratense darbieten, Formen, die man als Metabola den Ametabola gegenüberstellt. Auf die Tatsache, daß die Homophyadiea die ur- sprünglichere Form darstellen gegenüber den Heterophydica, hat Goebel!) hingewiesen, indem er zeigte, daß Fruchtsprosse von 1) Goebel, Über die Fruchtsprosse der Equiseten. Ber. d. Deutsch, botan. Gosellsch. 1886, . . Flora, Bd. 108. 28 418 ‘ Karl Ludwigs, Equisetum arvense sich in sterile umwandeln lassen, d. h., daß man die gelbbraunen unverzweigten Fruchtsprosse dieser Art er- grünen und sich verzweigen lassen kann. Goebel brachte solche Sprosse, die in einer Sporangienähre endigten, in Wasser und kultivierte sie, Ich habe diese Versuche mit Equisetum arvense und Equisetum Telmateja wiederholt und bei beiden Arten eine Möglichkeit des Ergrünens feststellen können. Zuerst wurden die Blattscheiden, später auch die Internodien grün. Während bei Equisetum arvense eine Verzweigung vor- wiegend in den unteren Inter-- nodien auftrat, zeigte Equisetum Teimateja eine reiche Entwick- lung von Seitensprossen auch in den oberen Internodien (Fig. 32). Gelegentlich habe ich bei Equisetum Telmateja eine der- artige Verzweigung auch in der. Natur beobachten können; diese Form wuchs im. Schatten von Sträuchern am Ufer eines Zu- flusses des Pilsensees, der Stand- -ort war also äußerst feucht und kam einer Kultur, wie ich sie in.Wasser ausführte, sehr nahe, Wir haben es dann mit der Form zu tun, die Milde!) als Equisetum Telmateja frondeseens A. Braun abgebildet hat. Bei Egquisetum arvense beschränkt Fig. 32. Equiseium Telmateja. Yertiler si ü i ei- Sproß, der in Wasserkultur nachträglich er- sich die eingetreiene Vorzw grünte und Seitensprosse trieb. gung vorwiegend auf die unteren - Internodien. Von Equisetum arvense habe ich ergrünte und verzweigte Fruchtsprosse in der Natur nicht gefunden. Diese Form gleicht der als Eguisetum arvense f. riparia von Milde bezeichneten. r \ 2» Milde, Monographia Eigquisetorum. Nova Acta Leop. Carol, Bd. XXXH, 2, Taf. 5, Fig. 29, Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 419 Eigentliche Regenerationen konnten nur durch Stecklingsversuche einerseits und durch Entfernen von Sproßanlagen an der normalen Pflanze andererseits hervorgerufen werden. Eine Bemerkung Jan- ezewski’s!) gab Anlaß, der Frage nach dem Ersatz des verlorenge- gangenen Gipfels näher zu treten. Janczewski tritt der Meinung Hofmeister’s, die Scheitelzelle könne sich bei den Equiseten niemals teilen, entgegen; er hat von Equisetum arvense Sprosse in nicht geringer Zahl gefunden, bei denen eine Bifurkation eingetreten war. Ich habe, obgleich ich gerade bei Equisetum arvense nach einem Fall einer Bifurkation mit Fleiß gesucht habe, niemals eine solche gefunden. Die Art der Entwicklung der -Scheitelzelle, das Auftreten der Antiklinen, wie es ein Schnitt durch den Vegetationspunkt zeigt, macht eine Längsteilung derselben unwahrscheinlich. Ich glaube, daß es sich in den Fällen, die Janczewski erwähnt, trotz ihrer großen Zahl (24) um Exemplare handelt, bei denen der Gipfel auf irgend eine Weise ver- letzt worden war. j Ich habe versucht, an Sprossen von Equisetum arvense, limosum, Schaffneri, ramossissimum eine Gabelung künstlich herbeizuführen. Bei jungen, eben austreibenden Sprossen wurde der Gipfel durch einen Längssehnitt sorgfältig halbiert, die beiden Hälften durch ein Deckglas voneinander getrennt. Wenn auch zugegeben werden soll, daß es äußerst schwer ist, die Scheitelzelle wirklich zu halbieren, so hätte es in dem einen oder anderen Versuch doch eintreten sollen. Keiner aber führte zu einem Resultat, ebensowenig wie Versuche, bei denen eine Verletzung des Sproßgipfels durch einen Nadelstich hervorzubringen versucht wurde. Was erreicht wurde, war, daß die Sproßanlagen der Internodien, die dieht unter dem Sproßgipfel lagen, viel früher aus- trieben als es normal in der Zeitfolge eingetreten wäre, da die Seiten- sprosse, dem Wachstum des Sprosses entsprechend, sieh akropetal ent- wickeln. Der Sproßgipfel starb ab, die Seitensprosse des zunächst- liegenden Internodiums entwickelten sich, dazu veranlaßt durch die reichliche Zufuhr von Nähr- und Baustoffen, die eigentlich dem Gipfel zugekommen wären. Dabei zeigte sich nun, daß die Seitensprosse ihre eigentliche Wachstumsrichtung änderten und die einschlugen, die ich erreichte, wenn ich den Gipfel ganz entfernt hatte. Besonders schön trat dies bei Equisetam limosum auf. Nicht ein, sondern gleich mehrere Seiten- 1) Janczewski, Recherches sur le d6veloppement des bourgeons dans les Pröles. M6moires de ia Soc, Nat. des Seienees Nat. de Cherbourg 1876, pag. 78. 28* 420 Karl Ludwigs, sprosse wuchsen negativ geotropisch und übernahmen die Rolle des eigentlichen Sproßgipfels auch insofern, als bei ihnen eine reichliche Verzweigung eintrat, welche sonst bei den Seitensprossen von Equisetum limosum nicht so häufig ist (Fig. 83). Die Entwicklung solcher negativ geotropischer Seitensprosse blieb bei limosum nicht auf die dem Sproß- gipfel zunächst liegenden Internodien beschränkt, sondern erstreckte sich auf eine Anzahl von Internodien. In der beigefügten Fig. 33 sieht man sechs den verschiedenen Inter- nodien angehörende Seitensprosse derartig entwickelt, von denen drei dem der Schnitt- fläche zunächst gelegenen Internodium, die anderen verschiedenen tiefer gelegenen an- gehören. In diesem Falle kann von einer Polarität nur in beschränktem Maße die Rede sein. ' Eine Polarität trat in anderen Ver- suchen, die sich mit der Frage nach dem 12 Gipfelersatz beschäftigen, deutlich auf, Ein- mal versuchte ich im Anschluß an die Frage nach der Bevorzugung der Konvex- seite bei Equi- setum arven- se, einen ge- Ä bogenen SproßimDun- keln wachsen zu lassen, nachdem ich v i ... Fig. 34. Equisetum arvense. denGip felent Im Dunkeln gewachsener Sproß. fernt hatte DieSprolispitze wurde entfernt; N Seitensproß 3 erster Ordnung (Fig. 39. Es entstand polar als einziger. Da . - — zeigte sich, auch seineSpitze verletzt wurde, Fig. 33. Equisetum limosum. Der daß hier über- uistand Sproß C zweiter Ord- Sproßgipfel wurde entfernt. » Ver- nung. Die Sproßanlagen ($) lotzungsstelle, haupt zur ein waren deutlich sichtbar, . Seitensproß gebildet wurde am ersten Knoten unter der Schnittfläche. Ein ähnliches Resultat erhielt ich bei Equisetum Schaffneri (Fig. 35), wenn ich einen Sproß, nachdem er dekapitiert war, im Dunkeln aufrecht wachsen ließ, hier allerdings mit dem Unterschied, daß mehrere Seitensprosse aus- trieben. Diese waren bedeutend kräftiger als normale. c Sp nme Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 421 Ein schönes Beispiel liefert auch Equisetum hiemale (Fig. 36); im allgemeinen zeigt hiemale keine Verzweigung. Schnitt ich den Sproß- gipfel ab, so trieb an dem der Schnittfläche zunächst liegenden Inter- nodium ein Seitensproß aus. Nach einiger Zeit kniekte ich den Sproß einige Internodien tiefer und brachte dadurch einen Seitensproß unter der Kniekungsstelle zum Austreiben (Fig. 36@ bei X). Es war offenbar durch das Knicken eine Hemmung in der Stoffzufuhr eingetreten, die veranlaßte, daß die Nährstoffe einer Seitensproßanlage zugute kamen. Auch kann man bei Equi- setum hiemale häufig ber u obachten, daß, nachdem die Sporangienähre die Sporen ig. 35. Equisetum Schaffneri. Fig.36. Equisetum hiemale. Bildung von Seiten- I Dunkein rewachsener Sproß, prossen. An « hatte sich zunächst Seitensproß 1 dessen Gipfel entfernt wurde. gebildet; der Sproß wurde darauf bei. x geknickt; Polar sind mehrere kräftige Seiten- es trieb Seitensproß 2 aus. 5 hatte eine Spo- sprosse entstanden. rangienähre gebildet, die nach der Sporenanssaat abgestorben war. Am zweitnächsten Internodium wuchs Seitensproß s. ausgestreut hat und vertrocknet ist, unterhalb des letzten Internodiums ein Seitensproß austreibt, eine Erscheinung, die auf die gleiche Ursache zurück- zuführen ist (Fig. 363). Diese Seitensprosse können ihrerseits wieder eine Sporaugienähre ausbilden und so an eine polystache Form erinnern. Im Anschluß an Versuche Vöchtings!) über Polarität hing ich Internodien von Equisetum Schaffneri vertikal und horizontal in einer 1) Vöchting, Über Organbildung I. 423 Karl Ludwigs, feuchten Kammer auf. Daß ich Equisetum Schaffneri wählte, hatte seinen Grund darin, daß diese Art sich als sehr plastisch erwiesen hat. Die Versuche wurden mit älteren und jüngeren Internodien angestellt, allein ohne ein Resultat zu liefern; es gelang mir bis jetzt nicht, eine Sproßanlage oder Wurzel bei dieser Versuchsanordnung zum Austreiben zu bringen, nach kurzer Zeit waren die Internodien verfault. Daß hier der Wassermangel der Grund ist, geht daraus hervor, daß in Wasser kultivierte Sproßstücke Seitensprosse sehr wohl austreiben. Ich wende mich nun zu Stecklingsversuchen, die mit allen mir zugänglichen Equisetumarten angestellt wurden, mit Equisetum arvense, limosum, palustre, ramossissimum, seirpoides, Telmateja, hiemale, silva- ticum und Schaffneri. Negative Resultate lieferten silvaticum und Telmateja; wenig reagierte scirpoides; es folgen hiemale, ramossissimum; gut reagierten palustre, Schaffneri, imosum und arvense. Nach den Erfahrungen, die ich mit reich verzweigten Arten machte, hatte ich bei Equisetum silvatieum auch gehofft, positive Resultate erwarten zu können. Denn um es gleich vorweg zu nehmen, handelt es sich bei den Regenerationen immer nur um Austreiben von Sproßanlagen, die angelegt werden, aber nicht zur Ausbildung zu kommen brauchen. Versuche, Neubildungen an Internodien hervorzubringen, müssen als gescheitert angesehen werden; ich habe bei Versuchen vor allen Equi- setum Schaffneri benutzt. Internodien ohne Knoten jüngeren und älteren Stadiums wurden in Lehm und Wasser kultiviert, in keinem Falle aber ein Ergebnis erzielt. Die Stücke blieben verhältnismäßig sehr lange grün, gingen aber später alle zugrunde. Um so erstaunlicher ist es, daß Equisetum silvatieum, das normal sich reich verzweigt, gar nicht reagierte; es gelang mir nicht, auch nur eine Wurzel an Steck- lingen zum Austreiben zu bewegen. Ähnlich verhielt sich Equisetum- Telmateja. Auch bei ihm 1 konnte ich eine Regeneration nicht erzielen. Erst vor kurzem gelang es, bei einigen tief abgeschnittenen Stammstücken die Seitensprosse, die für gewöhnlich nicht austreiben, zum Wachstum anzuregen. Wie weit aber die Regenerationsfähigkeit gehen wird, ist noch nicht festgestellt. Was die Stecklingsversuche mit den übrigen Arten anbetrifft, so wurden sie in Lehm, Torf, Wasser oder auf Watte, die mit Nährlösung getränkt war, angestellt. Stecklinge, die noch im Besitze des Vegetationspunktes waren, pflegten ihr Spitzenwachstum einzustellen. Bei sehr feucht gehaltenen Kulturen auf Lehm und Torf ist es allerdings nach vielen vergeblichen Versuchen bei Equisetum arvense und limosum doch gelungen, ein Untersuchungen zur Biologie der Equiseten, 423 Spitzenwachstum beobachten zu können (Fig. 37). Waren die- Steck- linge senkrecht eingepflanzt, so wuchsen sie weiter in der alten Richtung; lagen sie horizontal auf dem Substrat, so fand eine sehr scharfe geo- tropische Krümmung statt. Daß die weiter gewachsenen Internodien weniger kräftig aussahen, ist nicht zu verwundern, zumal bei der Er- scheinung eines Spitzenwachstums eine Wurzelbildung und damit er- giebige Nährstoffzufuhr unterblieb. Dagegen beobachtete ich bei Equi- setum arvense, daß die Epidermiszellen der in dem Substrat befindlichen Teile papillenartig hervorwuchsen, und ich darf die Vermutung aus- sprechen, daß diese Papillen die Funk- tion von Rhizoiden bzw. Wurzeln über- nommen haben, Bei allen übrigen Stecklingsver- suchen begann die Erscheinung der Regeneration, wie zu erwarten war, mit Wurzelbildung. Bekanntlich liegt unter der Seitensproßanlage eine oder meh- rere Anlagen zu Wurzeln, die Zahl wechselt je nach der Art. Für ge- wöhnlich verkümmern in den untersten Internodien die Sproßanlagen, in den oberen die der Wurzeln. Janezewskit) meint, die Seitensproßanlagen in den unteren Internodien gingen zugrunde (avortent), nachdem an ihnen die Adven- tivwurzeln sich gebildet haben. Wir sehen ja auch tatsächlich, daß die-unter der Erdoberfläche wachsenden Internodien ig. 37, ‚Equisofum arvense, Spitzen: des oberirdischen Sprosses bei Equi- An le 29 Waren sonlrocht, dr setum arvense, Schaffneri, palustre — untere @) ‚horizontal eingepflanzt auf limosum komme ich besonders “fallen Wurzelbildung. spärhche zurück — ebenso wie seine untersten oberirdischen keine Seitensprosse austreiben. Man kann diese Anlagen aber sehr leicht zum Wachstum anregen. Entfernt man im Freien an Equisetum arvense die Seitensprosse, so treiben die der unteren Inter- nodien, ohne daß eine Verletzung des Hauptsprosses einzutreten hat, sehr bald aus. Der Versuch wurde mehreremale an Exemplaren des Equisetum arvense-Beetes im botanischen Garten ausgeführt, immer D Janezewski, I, c. pag. 103. 424 , Karl Ludwigs, mit dem gleichen Resultat. Dasselbe Ergebnis erzielte ich, wenn ich den Sproß an dem Knoten abschnitt, an dem die Verzweigung begann. Stecklingsversuche mit basalen Internodien zeigten dasselbe, gleichviel ob sie in Lehm oder in Wasser kultiviert wurden; immer gelang es, einen oder mehrere der Seitensprosse zum Austreiben zu bringen, mit einer Einschränkung allerdings: gegen Ende der Vegetationsperiode erlosch die Fähigkeit, Seitenaprosse auszutreiben, vollständig, was mit der Abnahme der Lebenstätigkeit der ganzen oberirdischen Pflanze zu- ‚sammenhängt. . Ähnlich wie die Sproßanlagen der unteren Internodien sollen sich die Wurzelanlagen der oberen verhalten. Allerdings fügt auch hier Janezewski hinzu, daß sie unter günstigen Umständen sich entwickeln können. Diese Fähigkeit ist aber. größer als sie Janczewski annimmt. Ich habe ganze Pflanzen von Equisetum arvense und palustre in Wasser gelegt und gefunden, daß Wurzeln nicht nur an allen Knoten des Hauptsprosses, sondern auch an denen der Seitensprosse erster wie zweiter Ordnung ausgebildet wurden. Ri Aus diesen Versuchen läßt ‚sich ohne weiteres auf Stecklings- versuche schließen; es muß möglich sein, durch Stecklinge Equiseten weiter kultivieren zu können, Daß die Schiußfolgerung richtig ist, haben die Versuche gezeigt, zu deren Schilderung ich übergehe und die sich zunächst auf Equisetum arvense beziehen mögen. Wurde ein Sproßstück vom unteren oder oberen Teil in feuchter Erde oder in Wasser kultiviert, so bildeten sich zunächst Wurzeln, dann trieben ein oder mehrere Sprosse aus. Derartige ‚Stecklingsversuche wurden auch wit Seitensprossen zweiter Ordnung, die bei Equisetum arvense nicht selten sind, ausgeführt, um zu-erkennen, ob auch hier Anlagen vor- handen sind und zum Austreiben gebracht werden können. Solche ausgetriebenen Sprosse wurden wieder entfernt und als Steeklinge be- nutzt; ich bin bei derartigen Versuchen bis za Sprossen fünfter Ordnung gekommen, zweifle aber nicht, daß man ad infinitum weiter gehen könnte. Mit dem Austreiben derartiger Anlagen selbst bis in höhere Ordnung ist die Frage nach der Regeneration aber keineswegs gelöst. Bekanntlich hat Equisetum arvense für gewöhnlich 6-8 Blätter, der Stengel ist 6—-8 kantig; die Zahl kann nach Milde!) aber auch. bis 19 steigen. Die Seitensprosse erster Ordnung tragen vier Blätter, die zweiter Ordnung deren nur drei. Es fragt sich num zunächst, ob bei“ D) Milde, Monographia Equisetorum, pag. 219. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. . 425 Stecklingen erster Ordnung oder zweiter eine Regeneration eintreten kann derart, daß sich die Zahl der Blätter vermehrt und der der normalen Pflanze nähert, mit anderen Worten, ob ein Erstarkungssproß auftritt. In der Tat hat sich gezeigt, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit. ein oder auch mehrere Sprosse, die mit drei Blättern ihr Wachstum be- gonnen, späterhin vier und mehr Blätter ausbilden, daß wir es also mit einem wirklichen Erstarkungssproß zu tun haben. Es ist ja klar, daß, nachdem die Wurzeln zuerst gebildet, die Pflanze zunächst nur schwache Sprosse ausbilden wird. Werden ihr aber durch sie und die Wurzeln genügend Nährstoffe herbeigeführt, sa kann sie Sprosse bilden, die den normalen gieichkommen. Wir haben hier die gleiche Er- scheinung wie bei der Entwicklung bzw. dem Wachstum des Embryos, bei dem auch erst nach einer gewissen Wachstumsdauer die für die Art normale Anzahl von Blättern ausgebildet sind. Hofmeister’st) Angaben über die Erstarkung des Embryos stimmen ' nicht mit denen Duval-Jouves?) überein. Wenn Duval- Jouve nur selten bei Embryonen im ersten Jahre derartige Erstarkungs- sprosse gefunden hat, wie Hofmeister schon vom ersten Seitensproß berichtet, so wird das an Wachstumsbedingungen gelegen haben, die für eine kräftige Entwicklung der jungen Pflanzen wenig günstig ge- wesen sind. Denn das ist ohne weiteres klar, wenn ich einem Steckling wenig gute Wachstumsbedingungen biete, wird er Erstarkungssprosse nicht bilden können. Sadebeck®) sagt über die Erstarkung des Embryos: „Der aus dem Embryo ganz direkt entstehende erste, blättererzeugende Sproß wächst aufwärts und bildet mehrere gestreckte Internodien mit drei- zipfligen Blattscheiden, während allmählich die Wurzel in den Boden eindringt. An der Basis des ersten Sprosses entwickelt sich in gleicher Weise wie bei der Bildung von Verzweigungen der erwachsenen Pflauze ein zweiter, bedeutend: kräftigerer Sproß, das erste Glied in der Reihe der Erstarkungsgeneration, mittelst welcher aus dem schmächtigen, ersten Stengel mit dreizähnigen Scheiden die kräftigen Sprosse mit vielzähnigen Scheiden und reicher Verzweigung hervor- gehen. Mitunter wendet sich schon der dritte Sproß, und wenn nicht dieser, einer oder mehrere der folgenden Sprosse im Laufe der Ent- 1) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höberer Kryptogamen, 1851, pag. 176. 2)Le. pag. 117. . . .3) Sadebeck, in Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien I, Bd. IV, pag. 542,.543. 426 B Karl Ludwigs, wieklung seitwärts, bisweilen steil abwärts, dringt in den Boden und bildet so den ersten unterirdisch verlaufenden Sproß der jungen Pflanze, der nun auch zahlreiche Wurzeln erzeugt. Die Blattscheiden dieses ersten unterirdischen Sprosses sind jedoch nur vierzipfelig; die Sprosse aber, die aus den Basen seiner Scheiden hervorbrechen, teils nach oben an das Licht treten, teils senkrecht abwärts bis zu großer Tiefe in die Erde sich bohren, sind bedeutend stärker als die früheren und tragen fünfzipfelige Scheiden (letzteres stimmt nicht immer, die Zahl der Zipfel wechselt z. B. bei Equisetum Schaffneri an aufeinanderfolgenden Internodien: 3, 4, 4, 3, 6, was daher rührt, daß die Blätter mit ihren Zipfeln verwachsen bleiben und unregelmäßig reißen. Bei einem Rhizom von Equisetum Telma- teja, das in Wasser gezogen wurde, betrug die Zahl der Zipfel ua 877. Die Entwicklung der Keim- pflanzen geht unter günstigen Bedingun- gen sehr rasch vor sich. In der ersten Woche des Juli aus dem Prothallium her- vorbrechende Keim- pflanzen des Equise- tum arvense bildeten Fig. 38. Equisetum arvense. Regeneration aus einem ereits im September Siockling orster Ordnung (s). Bildung eines Rhizems (r) be is Im Sep und zweier Erstarkungssprosse (e). fünf Sprosse, aber noch mit vierzipfligen Scheiden. Anfang Oktober waren schon die kräftigen Verzweigungen des Rhizoms ausgebildet.“ Daß das erste Rhizom ziemlich frühzeitig transversal geotropisch wächst, läßt sich verstehen, wenn man bedenkt, daß die junge Pflanze einen möglichst großen Raum für sich zu besetzen bestrebt ist. Neue oberirdische Sprosse werden besser gedeihen, wenn sie in einiger Ent- fernung von der Mutterpflanze angelegt werden, sie machen ihr Licht, Feuchtigkeit und Nährstoffe weniger streitig. Aber immer noch nicht ist die Regeneration als vollständig zu bezeichnen. Die Frage nach der Neubildung der Fortpflanzungsorgane, die zur vollständigen Regeneration gehört, ist noch nicht beantwortet. u Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 427 Von vornherein ist bei Equisetum arvense die Bildung einer Sporan- gienähre wenig wahrscheinlich, wenn ich es auch nicht für ausgeschlosssen halte, daß es gelingen muß, durch Stecklingskulturen fertile Sprosse zu erzielen. Mir ist es allerdings noch nicht gelungen. Die Haupt- vermehrung aber geschieht wohl auch in der Natur durch Rhizome, und es fragt sich, ob bei Stecklingen selbst höherer Ordnung die Bil- dung von Rhizomen erfolgt. Fig. 38 zeigt zunächst den als Steckling benutzten Seitensproß erster Ordnung; ein Spitzenwachstum ist unter- blieben. Es haben sich vier neue Sprosse gebildet, von denen ‘zwei als Erstarkungssprosse anzusprechen sind. Außerdem ist ein Rhizom ausgetrieben, das zunächst nach oben wuchs, dann aber wieder abwärts sich bog, um später im Substrat horizontal weiter zu wachsen. Wurzeln waren hier im Verhältnis zur Anzahl der Sprosse wenig gebildet wor- den, waren auch nicht so notwendig, da der Steckling in sehr feucht gehal- tenem Torf eingepflanzt war, der mit v. d. Crone’scher Lösung gegossen wurde. Das Auftreten‘ des Rhizoms spricht ebenfalls für die Analogie der allmählichen. Erstarkung einmal beim Embryo, dann bei Stecklingen. Dagegen habe ich Knollenbildung nicht beobachten können, wiewohl auch für deren Nichtbildung kein Grund vorliegt. __ , Die Knollen sind bekanntlich nice Fr eklinz weiter als verkürzte, kugelig angeschwol- ater Ordnung R4: ander dam lene Internodien von Rhizomästen, wie "grtige Verdickung gebildet (2). wir sie häufig bei Equisetum arvense Telmateja, palustre und silvaticum finden. Die Knollen sind dicht mit Stärke angefüllt und tragen an ihrem vorderen Ende mehrere Knospen, sie dienen der vegetativen Vermehrung. Einen Ansatz zur Knollen- bildung stellt vieleicht Fig. 39 dar, wo eine knollenartige Verdickung an einem neugebildeten Rhizom hervortritt. Daß Knollen sehr früh- zeitig auftreten können, geht aus Angaben und Figuren Milde’s hervor, der an jungen Keimpflanzen Knollenbildungen gefunden hat?). » Milde, Zur Entwicklungsgesckichte der Gefäßkryptogamen und Rhizo- «arpeen. Nov. Act. Acad. Leop. Carol, Tome XXI, 2, pag. 639. . 428 Karl Ludwigs, In Fig. 40 handelt es sich ebenfalls um einen Seitensproß erster Ordnung, der als Steckling gedient hat. Auch hier ist deutlich ein Erstarkungssproß und ein Rhizom zu erkennen. Eine unbeabsichtigte Wirkung des Lichtes gibt sich kund in der einseitigen Ausbildung von ‘Seitensprossen dritter Ordnung auf der dem Lichte zugewandten und von Wurzeln auf der abgewandten Seite. In ähnlicher Weise vermögen Seitensprosse zweiter Ordnung zu regenerieren, wie Fig. 41 beweisen mag. Auch bei diesem Steckling r Fig. 40, Fig. 41. Fig, 40. Equisetum arvonse. Regeneration eines Stecklings erster Ordnung. Rhizom- bildung (7). ‚Eirstarkungssprosse (e) zweiter Ordnung. Verzweigung der neugebildeten Sprosse zweiter Ordnung nach der Beite des einfallenden Lichtes, hier nach linke. Seitensprosse dritter Ordnung (3). Fig. 41, Equisetum arvense. Stecklinge. Seitensprosse zweiter Ordnung (2), Am linken deutlich der Erstarkungssproß (e) dritter Ordnung (3), mit Seitensprossen vierter und fünfter Ordnung (4, 5). 7% Rhizom. unterblieb ein Spitzenwachstum. Bei dem Exemplar links ist der Er- starkungssproß deutlich zu erkennen, ebenso wie ein Rhizom, das dicht an der Austrittsstelle des Erstarkungssprosses entspringt. Wenn wir die neugebildeten Sprosse als Seitensprosse dritter Ordnung bezeichnen wollen, so müssen wir staunen, wie reich die Verzweigung hier auftritt. Untersuchungen. zur Biologie der Equiseten. 429 In der Natur habe ich. bei Equisetum arvense Seitensprosse dritter Ordnung bei keinem Exemplar gesehen. Groß ist das Regenerationsvermögen bei Equisetum limosum. Equisetum limosum treibt, nachdem die Sporangienähre die Sporen ‚ausgestreut hat, an den oberen Internodien Seitensprosse in Wirteln gestellt aus. Die unteren Internodien bleiben unverzweigt. Betrachtet man einen Stengel von limosum genau, so sieht man an den unteren Internodien deutlich die Anlagen von Seitensprossen und zwar so, daß mit einer gewissen Regelmäßigkeit ein Internodium eine solche Anlage besitzt, das folgende nicht, das dritte wieder eine Anlage aufweist und zwar auf der der ersteren gegenüberliegerden Seite. Diese Regel- mäßigkeit ist, wie angedeutet nur cum grano salis zu nehmen. Man findet Sprosse, bei denen jedes Internodium eine derartige Anlage hat, ‚andere, bei denen mehrere Internodien ohne eine solche aufeinander- folgen. Diese Anlagen sind es vor allem, die bei Verletzung des Sprosses austreiben und wie Fig. 33 zeigt, den Gipfelersatz übernehmen. Dabei werden dann die übrigen Anlagen der Wirtel nicht zum Aus- treiben gebracht, und es mag den Anschein erwecken, als ob nur die besonders deutlichen Anlagen zum Wachstum befähigt seien. An diesen Internodien pflegen für gewöhnlich nur Wurzeln aufzutreten, was Janczewski!) dazu veranlaßt hat, die Anlagen als „bourgeons rhizo- gönes“ zu bezeichnen; daneben kommen dann die erwähnten Anlagen vor, die der genannte Verfasser charakterisiert als: „bourgeons trös volumineux, qui se d&veloppent en nouvelles tiges ou en rameaux d’ une vigueur extraordinaire.“ Daß aber die Seitensproßanlagen doch nicht ganz verkümmert sind, zeigten mehrere Versuche. Entfernte ich die Anlagen durch Ausschneiden und füllte ich die Wunde mit Gips aus, so gelang es, die anderen Anlagen in großer Zahl zu oberirdischen Sprossen austreiben zu lassen. Während nun die ‘großen Anlagen bei Versuchen, die ich mit unteren Stammstücken anstellte, ausschließlich . zu oberirdischen Seitensprossen sich entwickelten, als solche also an- gelegt waren, ergab sich, daß die übrigen Anlagen nicht fixiert waren. Fig. 42 stellt eine Anzahl unterer Internodien von Eguisetum Iimosum dar, die senkreecht im Wasser kultiviert wurden, und läßt erkennen, daß außer einem oberirdischen Sproß die übrigen Anlagen als Rhizome austrieben, die dann ihrerseits oberirdische Sprosse entwickelt haben. Wie sich die oberen Internodien verhalten, wenn sie als Steck- linge benutzt werden, ehe sie Seitensprosse gebildet, geht aus Fig. 43 I) Le. pag. 103. 430 Karl Ludwigs, hervor. In Fig. 43 wurde der Sproß, der durch ein Gewicht beschwert war, senkrecht in Wasser kultiviert. In den unteren Internodien sehen wir zunächst oberirdische Sprosse abwechselnd rechts und links, je ein Internodium überschlagend, auftreten; es sind dies die ausgetriebenen, deutlich sichtbaren Sproßanlagen. Die übrigen Anlagen haben Rhizome gebildet. In den oberen Internodien treten | die Rhizome gegenüber den Seitensprossen zurück. Jedenfalls zeigt dieses Beispiel, Fig. 42. Fig. 43. Fig. 42, Equisetum limosum. Rhizom- und Sproßbildung eines senkrecht hängen- den Stecklings, sör Seitensproß erster Ordnung aus einer großen Sproßanlage hervorgegangen. rk —4 Rhizome aus den übrigen, labilen Sproßanlagen gebildet. Fig. 43. Equisetum limosum.: Regeneration eines senkrecht hängenden Sproß- stückes, s21—4 Beitensprosse aus großen Anlagen hervorgegangen, je ein Inier- nodium überschlagend. 7% Rhizome. daß die Seitensprosse zum Teil in ihrer Anlage noch nicht fixiert waren. Ein horizontal kultivierter Sproß zeigte ähnliche Verhältnisse, wenngleich hier die Rhizombildung nicht so zahlreich auftrat, wie in dem vorher geschilderten Fall. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 431 Interessant war auch folgender Versuch: Durch den Kork eines ca. 3 Liter fassenden Zylinderglases wurden Stücke von Equisetum limosum gesteckt und über des Ganze eine geräumige Glasglocke ge- stürzt. Da der Zylinder in einer Schale mit Wasser stand, war die Fig. 44. Fig. 45. Fig. 44. Equisetum Schaffneri. Regenerationen an Stecklingen. @ Als Steckling (s7} wurde die Sproßspitze benutzt. s#7 Seitensprosse erster Ordnung. 5 Als Steck- ling (st) wurde ein Seitensproß erster Ordnung eingepflanzt. sd2 Seitensproß i zweiter Ordnung. Fig. 45. Eguisetum Schaffneri. Sproßstücke, die umgekehrt in Wasser kultiviert wurden. Die Sproß- und Wurzelanlagen des älteren Internodiums sind denen des jüngeren in der Entwicklung voraus. Luft mit Wasserdampf gesättigt. Die über den Kork hinansragenden Teile bildeten nun außer Seitensprossen erster bzw. auch zweiter Ord- nung noch Rhizome, die ich als Luftrhizome bezeichnen möchte. Diese Rhizome wuchsen senkrecht nach unten, und oft gelang es ihnen, durch 433 . Karl Ludwigs, den Wattepfropfen, der den Steckling im Kork fest hielt, hindurchzu- wachsen. Hier hatte also der Feuchtigkeitsgehalt der Luft genügt, um auf die Sproßanlagen induzierend einzuwirken. Ein gleiches Regenerationsvermögen zeigt Equisetum Schaffneri. Von den vielen Stecklingsversuchen mögen zwei dargestellt sein (Fig. 44), um darzutun, in wie reichem Maße Neusprosse gebildet werden. Daß auch Rbizome von Steeklingen ausgebildet werden, wurde schon er- wähnt. Bei Stecklingen von Equisetum Schaffneri, die umgekehrt in Wasser hängend kultiviert wurden, trat eine Polarität in der Ausbildung von Sprossen und Wurzeln nicht ein, wie sie bei einem ähnlichen Versuch mit Equisetum hiemale zu beobachten war. Wurzeln und Sprosse des älteren In- ternodiums waren kräftiger entwickelt als die des folgenden jüngeren (Fig. 45). Equisetum hiemale zeigt ein außer- ordentlich langsames Wachstum, normal keine Verzweigung. Es war deshalb interessant, zu erfahren, wie sich Steck- el linge dieser Art verhalten würden. Es wurden solche in Torf und Wasser kultiviert. Auffallend ist die sehr reich- liche Wurzelbildung, die zwar nicht wirtelförmig, sondern nur an einer Seite auftrat. Daß auch ein Seitensproß ge- bildet wurde, geht aus Fig. 46 hervor. Bevor noch dieser Seitensproß eine ansehnliche Größe erreicht hatte, bil- Fig. 46. Hquisetum hiemale. Re- dete sich an seiner Basis ein Seiten- generation an einem Steckling. sör PR . Seitensproß erster Ordnung. s>2 sproß zweiter Ordnung. Seitensproß zweiter Ordnung. Bei Equisetum _ramossissimum, von dem ebenfalls Stecklinge kulti- viert wurden und zwar in Nährlösung und 'auf Watte, die mit Nähr- lösung getränkt war, traten Regenerationssprosse auf, Charakteristisch war für Equisetum ramossissimum, daß unterhalb der Seitensprosse je vier Wurzeln gebildet wurden, die eine bedeutende Länge erreichen konnten (Fig. 47). . Die Versuche mit Equisetum palustre brachten ähnliche Resultate, sie sollen hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Untersuehungen zur Biologie der Eqguiseten. 433 Wir sind zu dem Schluß berechtigt, daß die Sprosse von Equisetum eine mehr oder minder große Regenerationsfähigkeit besitzen, selbst silvaticum und Telmateja werden keine Ausnahme machen, vielleicht sind andere Kulturbedingungen notwendig. Wir gehen über zur Frage der Regenerationsfähigkeit der Prothallien. Zunächst sei erwähnt, daß man eine bestimmte Lebensdauer oder Vegetationsperiode den Prothallien nicht zuschreiben kann; eine Ausnahme machen vielleicht befruchtete weibliche Prothallien, die vom Embryo der Nah- rungsmittel so beraubt werden, daß sie alsbald ein- gehen. Ohne Zweifel stirbt auch die Mehrzahl der männlichen Prothallien ab, nachdem eine Anzahl von Antheridien gebildet worden sind. So geschah es mit der Mehrzahl von Prothallienkulturen. Jedoch habe ich auch eine Kultur von Equisetum limosum seit dem Sommer 1909, also 2 Jahre lang, aufge- hoben, auf der immer noch einige Prothallien wachsen; viele sind ihrer zwar nicht mehr, die aber vor- handen, treiben frische Lappen und bilden Anthe- Fig. 47. Equisetum ramossissimum. Wur- Fig. 48. Equisetum Schaffneri. Regeneration, ge- ze)-und Sproßbildung wachsen auf Torfmull. Der linke Teil ist weiblich; am Steckling, m Meristem mit Archegonienanlagen (ar}. Vergr. 20, ridien aus. Fig. 48 stellt ein Prothallium dar von Equisetum Schaffueri, das auf Torfmull gewachsen ist. Die Prothallien dieser Art waren, wie beiläufig bemerkt sein mag, die größten und kräftigsten von allen gezogenen. Von dem ursprünglichen Prothallium links hat sich ein starker Lappen abgezweigt, der zu einem neuen Prothallium ausgewachsen ist und an seiner Basis seinerseits: wieder einen Lappen gebildet hat, der eben- Flora, Bd. 108, 29 434 Kari Ludwigs, falls ein neues Prothallium bilden wird. Der ursprüngliche Teil des Prothalliums war weiblich, an einem Meristem hatte die Bildung von Archegonien begonnen. Auch der neu gebildete Teil zeigt in seine) Anlage und: Form die Tendenz, weiblich zu werden. ' Auf anderen Kulturen machte ich die Beobachtung, daß bei Pro- thallien, deren Antheridien nicht zur Entlassung der Spermatozoiden kommen und deshalb braun werden und absterben, am Antheridium dicht unter, der Spitze neue Lappen austreiben. Es geschieht dies so, daß zunächst eine der Wandzellen einen papillenartigen Schlauch her- vorstülpt, der sich durch eine Querwand von dem übrigen Protballium trennt. Daß derartige Neubildungen die Lichtseite der Antheridien be- 5 . vorzugen, ist nicht zu verwundern,. wenn man den dorsiventralen Bau der Prothallien berück- sichtigt (Fig. 49). Wie verhalten sich nun Stücke von Prothal- lien, die man als eine Art Steckling benutzt? Legt man Teile von Prothallien, Stücke von Lappen usw. auf feuch- Fig. 49. Eguiseium palustre. Bildung neuer Prothal- ten Lehm — ich be- liumlappen an Antheridien, die abstarben, ohne sich nutzte auch hier mit geöffnet zu haben; die neuen Lappen entstanden auf ii Jer Lächtseite. Bei @ eine hervorgewölbte Zelle, die gutem Erfolg Watte, die sich durch eine Querwand abgetrennt: hat. ich mit v.d.Orone’scher . Nährlösung tränkte — so sieht man, wie sich an ibnen neues Teilungsgewebe bildet; ein Teil der Zeilen des Stecklings tritt in lebhafte Teilungen ein, und man sieht kleine Höcker von frischer grüner Farbe auf dem kraunwerdenden ein- gepflanzten Teil. Diese Höcker, nur- wenig Zellen ‚umfassend, wachsen bald zu einem nenen Lappen aus, und dann folgt die Rhizoidenbildung (Fig. 502—-d). Mit diesem Stadium beginnt die Neubildung ihre Selbst- ständigkeit, die soweit fortschreiten kann, daß das neue Prothallium sich vom alten loslöst. Man erkennt an dem abgerundeten Ende deut- lich die Stelle, mit der die Neubildung am alten Prothallium festge- sessen hat (Fig. 5l). Daß die Nenbildungen auch Geschlechtsorgane hervorbringen können, geht aus Fig. 52 hervor. Der linke Lappen hat schon ein Antkeridium gebildet; an dem rechten ist ein meristematischer Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 435 Zellkörper entstanden, der die Vermutung wahrscheinlich macht, daß an ihm sieh Archegonien bilden werden, er also vielleicht weiblich wird, Fig. 500—-c. Equisetum palustre. Regeneration von Prothallienstücken, auf Watte gezogen. Vergr. 20. — Fig, 434. Equisetum Schaffneri. Prothallium. Regeneration vom 22. Febr, bis 17. März, Neubildung von meristematischem Gewebe. Vergr. 20, 5 Fig. 51. Fig. 52. Fig. 51. Equisetum palastre, Ein regeneriertes Prothallium, das sich von der werner hat. Bei a die kugelig abgerundete Stelle, mit der das neue Prothallium auf dem alten saß, Fig. 52. Equisetum palustre. Regeneration neuer Prothallienteile. a” Antheridium, m Meristem. 29* 436 Karl Ludwigs, . Die Eguiseten gehören im Gegensatz zu den Calamiten, die ‚heterospor gewesen sind, zu den isosporen Gefäßkryptogamen, dereh Prothallien diözisch sind. Um zu untersuchen, ob nicht doch die Sporen in den verschiedenen Sporangien geschlechtlich differenziert sind, habe ich den Versuch Buchtiens) wiederholt. Wie er habe auch ich Sporaugien, die noch nicht geöffnet waren, von der Sporangien- ähre losgelöst und die Sporen ausgesät. Der Erfolg war der gleiche, männliche und weibliche Prothallien wuchsen nebeneinander. Aus der Tatsache aber, daß man durch Verschlechterung der Ernährungsverhält- Fig. 53. Fig. 54. Fig. 53. Equisetum arvense. Weibliches Prothallium, das männliche Lappen ge- . bildet, ar Archegonien, ar Antheridien. Fig. 54. Equisetum arvense. Ein dreiteiliges Protballium; der untere Teil ist ohne Geschlechtsorgane, der mittlere trägt Antheridien (ar), der obere hat ein Meristem (m) gebildet, an dem Archegonien (er) angelegt werden. nisse weibliche Prothallien in männliche umbilden kann, welchen Ver- such ich ebenfalls ausführte, indem ich Prothallien von Lehm oder Torf mit Hunus auf Sand verpflanzte (Fig. 53), darf man folgern, daß das Geschlecht nicht allzu fest fixiert ist und durch Ernährungsbedingungen sich beeinflussen läßt. Die Umbildung eines männlichen Prothalliuns in ein weibliches ist bedeutend schwieriger; es ist schwieriger, die Hem- mung in der Entwicklung und im Wachstum, wie sie beim männlichen Prothallium gegenüber dem weiblichen vorliegt, wieder aufzuheben und »Dlc pag 27. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 437 ein starkes Wachstum eintreten zu lassen. Immerhin aber gelingt es doch. Ich habe männliche Prothallien von Kulturen auf Sand umgepflanzt auf Lehm bzw. Torfmull mit Humus gemengt und dadurch Prothallien - erhalten, wie eins in Fig. 54 dargestellt ist. Ist der untere Teil ohne Gesehlechtsorgane geblieben, so zeigt der mittlere Teil Antheridien, der obere ein Meristem mit Archegonien. Dabei ist wohl zu beachten, daß eine eigentliche Umwandlung nicht vor sich gegangen ist, sondern es sich zunächst um Adventivbildungen handelt, die allerdings im Vergleich mit der Mutterpflanze das Geschlecht gewechselt haben. Um den Einfluß der verschiedenen Nährstoffe auf das Wachstum der Prothallien, insbesondere auf die Ausbildung von Geschlechtsorganen kennen zu lernen, habe ich Prothallienkulturen gemacht auf ausgeglühtem und ausgewaschenem Sand, den ich mit verschiedenen Nährsalzen mischte, Zugrunde legte ich das v. d. Crone’sche Nährsalz, die An- ordnung war dann so, daß in jedem der gebrauchten Nährsalze ein Element fehlte. Die Nährböden wurden so angelegt, daß auf 100 g Sand 0,25 g des Salzes kamen. Sand und Salz wurden innig gemengt und mit destilliertem Wasser begossen. Benutzt wurden kleine Tonuntersätze, die je 300 g Sand fassen konnten. Im Übrigen war die Anordnung der Kulturen genau so wie bei den übrigen. Ausgesät wurden Sporen von Equisetum arvense, palustre und Schaffneri. Dabei muß ich vorweg bemerken, daß die Sporen von Equisetum Schaffneri im Sommer 1910 sich wenig ent- wicklungsfähig zeigten, sie sind nur spärlich gekeimt. Vielleicht hängt diese Erscheinung mit dem Umpflanzen der Pflanzen zusammen, das im Viktoriahaus zu Beginn des vorigen Jahres vorgenommen wurde. Es wäre gewagt, nach den Erfahrungen des Sommers 1910 irgend cin Resultat als feststehend anzugeben; der Sommer war zu kühl, brachte zu wenig Sonnenschein, der zum Gedeihen der Prothallien unbedingt notwendig ist. Was ich an Beobachtungen gemacht habe, ist kurz folgendes: In Nährböden, dem alle Nährstoffe zugeführt wurden, gediehen die Prothallien gut; zahlreiche und große Antheridien wurden gebildet; die Zahl der weiblichen Prothallien war im Verhältnis groß zu nennen. Ohne Calcium: Die Antheridienbildung ist nur spärlich einge- treten: weibliche Prothallien fehlen vollständig. Ohne Schwefel: Die Antheridienbildung an Prothallien, die im Vergleich zu denen der Normalkultur kleiner geblieben sind, ist vor- handen. Merkwürdigerweise traten die Spermatozoiden bei keinem Prothallium aus den Mutterzellen, obgleich sich die Antheridien in ganz normaler Weise öffneten. 438 Karl Ludwigs, Ohne Eisen: Die Kulturen machten einen chlorotischen Eindruck, mit Ausnahme von einigen Prothallien am Rande; ich vermute, daß sich aus dem gebrannten Ton des Untersatzes geringe Spuren von Eisen gelöst hatten, denn es ist verwunderlich, daß auf den Kulturen ohne Eisen prächtige monözische Prothallien gediehen. Die Kulturen zu weiteren Versuchen gingen, bevor Geschlechts- organe gebildet worden, zugrunde. Zusammenfassung der Resultate. 1. Rhizom und oberirdischer Sproß der Equiseten sind in ihrer Gestaltung voneinander verschieden; außerdem ist besonders charak- teristisch der Unterschied in der Form der Stammknospe. Die Blätter der Rhizome bleiben viel länger erhalten als die der oberirdischen Sprosse, die sehr bald absterben, bei einigen Arten abgeworfen werden. ‘ Die Blätter der Rhizome tragen auf der Ober- und Unterseite Haare, von denen die der Oberseite dem Schutz des Vegetationspunktes dienen, die der Unterseite Schleim absondern, dadurch die Rhizomspitze schlüpfrig machen und ihr Vordringen im Boden erleichtern. Die Schleimhaare fehlen auf der Unterseite der Blätter der oberirdischen Sprosse. — Unterirdische und oberirdische Sprosse sind in ihrer Anlage nicht streng fixiert. Ein Rhizom kann durch Kultur in einen oberirdischen Sproß umgewandelt werden; umgekehrt können oberirdische Sproß- anlagen erster und zweiter Ordnung teilweise zu Rhizomen werden (Equisetum limosum). 2. Die transversal geotropischen Rhizome werden unter dem Ein- fiuß des Lichtes positv geotropisch. ' 3. Bei Equisetum-Arten mit stark wechselnder Blattzakl (Equi- setum arvense) kann durch geeignete Kulturmethoden (Verschlechterung der Wachstumsbedingungen infolge von Abschwächung des Lichtes) eine Reduktion der Blattanlagen in akropetaler Reihenfolge erzielt werden. 4. Krümmungen wirken auf das Austreiben von Seitensprossen fördernd, wenn die Konvexseite so gelegen ist, daß die Seitensprosse negativ geotropisch wachsen können, ohne Wachstumskrümmungen aus- führen zu müssen. Einseitige Beleuchtung bewirkt einseitiges Austreiben der Seiten- sprosse, mit Ausnahme bei Belichtung der Konkavseite. Licht- und Konvexkrümmung addieren sich in bezug auf die Konvexseite. . Feuchtigkeit fördert die Seitensproßbildung auf der Konvexseite; Wurzelbildung findet auch auf der Konkavseite statt. Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. 439 5. Ein sekundäres Dickenwaehstum fehlt den Equiseten; einjährige Sprosse können zum Überwintern gebracht werden. B 6. Bower’s Ansicht, ein Teil der Sporenmutterzeilen in den Sporangien. degeneriere und werde zur Ernährung der übrigen ge- braucht, ist nicht richtig; zur Ernährung der Sporenmutterzellen dient . das Periplasmodium, das aus dem Tapetum hervorgeht. 7. Am Öffnen der Antheridien sind die Deekekzellen aktiv beteiligt; durch Quellung eines Schleimes, der an der Konvexseite der Deckel- zellen abgelagert wird, werden Formveränderungen hervorgerufen, so daß die ursprüngliche Konvexseite zur Konkavseite wird. Der Vorgang des Öffnens gleicht dem der Moos-Antheridien. 8. An Prothallien einiger Arten (Equisetum palustre, Schaffneri) können Kuöllchen gebildet werden, die Zeiten schlechter Wachstums- bedingungen überdauern bzw. der vegetativen Vermehrung der Pro- thallien dienen können. 9. Fruchtsprosse von Equisetum arvense und Telmateja können durch Kultur zum Ergrünen und zum Austreiben von Seitensprossen gebracht werden. 10. Die Regenerationsfähigkeit der Sprosse der verschiedenen Equiseten-Arten ist verschieden, sie ist besonders groß bei Equisetum Schaffneri, arvense, limosum; es werden sowohl Erstarkungssprosse als auch Rhizome gebildet. Im allgemeinen sind die Sprosse in ihren Anlagen fixiert, eine Ausnahme macht Equisetum imosum, bei dem nur ein Teil, nämlich die großen, deutlich sichtbaren Anlagen fixiert sind; die übrigen bleiben lange Zeit labil und können zu Seitensprossen wie auch zu Rhizomen werden. 11. Auch bei den Prothallien ist die Regenerationsfähigkeit be- deutend. Es wird ein teilungsfähiges, meristematisches Gewebe gebildet, aus: dem neue Prothallien hervorgehen können, die sich von dem Mutterprothallium ablösen und selbständig werden. 12. Die Profballien sind geschlechtlich nicht streng fixiert; männ- liche Prothallien lassen sich in weibliche, weibliche in männliche um- wandeln. Literaturverzeichnis. 1) Bower, On the Morphology of Sporeprodueing Members 1894. 2) Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothalliams von Eguisetum. Tnaug.- Dissert, Rostock 1887 oder Bibliothek Bot. 8. 3) Gormack, On Cambial Development in Rquisetum. Annals of Botany 1893, Vol. VH. 440 Karl Ludwigs, Untersuchungen zur Biologie der Equiseten. - 4) Duval-Jouve, Histoire naturelle des Equisetum de France 1868. 5) Eames, On the ocourence of centripetsl Xylem in Egnisetum. Annals of Botany 1909, Vol. XXIII. 6) Goebel, Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane (1883). D) Ders, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Sporangien. Bot. Zeitg. 1880, 1881. 8) Ders., Experimentelle Morphologie, 1908. 9) Ders., Über den Öffnungsmechanismus der Moos-Antheridien. Ann. du Jard. Botan. de Buitenzorg 1897, Suppl. I. 10) Ders, Über die Fruchtsprosse der Equiseten. Ber. der Deutsch. bot, Gesellach. 1886. 11) Ders., Organographie der Pflanzen, 1898. 12) Gwynne-Voughan, Remarks upon the nature of the stele of Euquisetum. Arnals of Botany 1901, Vol. XV. 13) Hannig, Über die Bedeutung der Periplasmodier. Flora 1910, Bd. CH. 14) Heilbronn, Apogamie, Bastardierung und Erblichkeitsverhältnisse bei einigen Farnen. Flora 1910, Bd. CI. 15) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und "Fruchtbildung höherer Kryptogamen, 1851. 16) Ders, Beiträge zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen, 1852. 17) Janezewski, Recherches sur le Döveloppement des bourgeons dans les Pröles. Mömoires de la SocietS Naturelle des Sciences Naturelles de Cherbourg, 1876/77. 18) Lotsy, Vorträge über botanische Stammesgeschiebte, 1909, Bd. II. 19) Meyer, Arthur, I. Mikroskopisches Praktikum, 1907. 20) Milde, Das Auftreten der Archegonien. am Vorkeime von Egainekum Telmateja. Flora 1852. 21) Ders, Monographia Equisstorum. Nova Acta Leop, Carol. 1864, Bd. XXXII. 22) Ders, Zur Entwicklungsgeschichte der Gefäßkryptogamen und Rhizocarpeen. Nova Acta Acad. Leop. Carol, Bd, XXI, 2, 23) Müller, C., Über den Bau der Kommissuren der Equisetenscheiden. Prings- heim’s Jahrb, $. wissenschaftl. Bot. 1888, Bd. XIX. 24) Reeß, Entwieklungsgestbichie der Stammspitze von Equisetum. Jahrb. k. wissenschaft. Bot. 1867, Bd. VL 25) Sadebeck, Equissten in Engler-Prantl’s Natürliche Pflanzenfamilien I, 1902, Ba. IV. 26) Seward, Fossil Plants 1898, 27) Strasburger, Botanisches Praktikum, 4. Aufl. 28) Thuret, Recherehes sur les antheridies des Cryptogames. Ann. des Scienoes Natuxelles 1851, 3. Ser, Tome XVL. 29) Tomaschek, Zur Enntwicklungsgeschichte (Palingenesie) von Equisetum. Bitzungsber. 4. k. k. Akad. d. Wissensch. Wien 1872. 30) Vöchting, Über Organbildung 1. nn FR \ Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. Von W. Peyer, Einleitung. Der Schutz der Pflanzen der höheren, wie der niederen gegen die Angriffe der in ihrer Ernährung auf vegetabilischer Kost angewiesenen Tiere beruht zum Teil auf den mechanischen Eigenschaften der Gewebe. Diese erschweren entweder eine Bewältigung derselben oder aber sie entfalten, falls letztere gelungen sein sollte, den Tieren unangenehme Wirkungen rein mechanischer Art, wobei die Ge- schmacksempfindung selbst nicht in Betracht kommt. Diesen mechanischen Schutzmitteln stehen die weit mannigfaltigeren che- mischen Schutzmittel gegenüber, die nicht selten giftigen Exkrete, deren Wirkung sich auf die Geruchs- und Geschmacksorgane geltend macht. Gewisse Tiere werden durch sie ganz ferngehalten oder fressen die so geschützten Pflanzen doch nur in Ausnahme- und Notfällen. Die in Folgendem mitzuteilenden Untersuchungen bilden eine Fortsetzung und Erweiterung der Arbeit von E. Stahl, „Pflanzen und Schnecken“, welcher durch vergleichende Fütterungsversuche die Ergiebigkeit: des Schutzes in der Weise festgestellt bat, daß er neben den unveränderten frischen Objekten, die der Schutz- mittel beraubten Vergleichsexemplare den Tieren vorlegt. In betreff der Methodik und der durch ihre Anwendung erzielten Ergebnisse verweise ich auf die genannte Abhandlung. Während Stahl ganz vorwiegend mit den zu derartigen Versuchen besonders geeigneten Schnecken operiert hat, war ich bestrebt, möglichst auch andere Tiere zu berücksichtigen. Auch suchte ich festzustellen, inwieweit Strukturen, deren Be- deutung für die Pflanzen auf ganz anderen Gebieten liegt (Biegungstestigkeit, Transpirationsschutz), doch auch der Zerstörung von seiten der Tiere entgegen- zuwirken imstande sind. Chemische Schutzmittel. Die Verbreitung von chemischen Schutzmitteln in allen Teilen der Pflanze, ist eine sehr umfangreiche. Unter chemischen Schutz- mitteln sind solche zu verstehen, die dureh ihren Geruch oder Ge- schmack die Tiere vom Fressen abhalten. Nicht in allen Fällen ist diese Definition zutreffend. Es scheint uns wohl begreiflich, daß Conium maculatum, Ruta graveolens, Hyoseyamus niger, Datura stramonium, Solanum nigrum und andere mehr, welehe riechende Stoffe enthalten, die auch unserem relativ schwach entwiekelten Geruchsorgan unangenehm sind, auch dem der Tiere zuwider sind. Doch gibt es wiederum Pflanzen, z. B. Daphne mezereum, Thalietrum, Aconitum, Colchieum autumnale, Atropa belladonna, die an sich, solange sie un- 442 W. Peyer, verletzt sind, geruchlos sind und doch von Weidetieren überhaupt nicht angebissen werden. In diesem Falle sind wir zu der Annahme be- rechtigt, daß die in ihnen enthaltenen Gifte sich dem feineren Geruch- sinn der Tiere bemerkbar machen. Hier mag der Einwand gemacht werden, daß doch zuweilen Haustiere Vergiftungen erliegen. Dem gegenüber ist zu bemerken, daß sich zweifellos die Sinnesorgane dieser Tiere, die unter dem Sehutz des Menschen und nieht im Kampf ums Dasein stehen, zurück- gebildet haben. Nach Dammann!) kommen Vergiftungen bei Haus- tieren meist daher, daß die Tiere, die wenig Grünes fressen, durch Zufall ins Freie kommend, sich über alles hermachen, was ihnen wohl- schmeckend erscheint, namentlich wenn sie hungrig sind. Anderer- seits berichtet er, daß sehr oft Giftpflanzen aus dem Heu von den Tieren sorgsam isoliert werden, eine Beobachtung, die ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Wenn in folgenden Zeilen von „Giften“ die Rede ist, so ist dabei nicht nur an jene Stoffe gedacht, die im Sinne der Toxikologen Gifte, d. h. für Menschen schädliche oder tötlich wirkende sind, sondern im allgemeinen an jene chemischen Verbindungen, die Pflanzenfressern. schädlich sein können. Die Wirkung einer Pflanze, durch eine in ihr enthaltene Ver- bindung, kann z. B. dem Menschen nicht nachteilig sein, ein Tier da- - gegen gefährten oder töten. Die ätherischen Öle der Umbelliferen sind für den Menschen harmlos; dagegen sind einige von ihnen im- stande in verschwindend kleinen Gaben, Sperlinge und junge Hühner zu töten. Rinder, die junge, nicht genügend verkieseite Exemplare von Equisetum arvense gefressen hatten, erkrankten an Blutharnen und Nephritis und gingen unter Lähmungserscheinungen ein. Andererseits ist in vielen Gegenden ein Tee aus Schachtelhalmen ein angeblich blutreinigendes Hausmittel, das man selbst Kindern gibt. Aber auch herbivore Tiere zeigen unter einander ein ver- schiedenes Verhalten. Für Pferde sind Zweige der Eibe giftig, während berichtet wird, daß Rinder größere Mengen davon schadlos verzehren können. Lohmann?) stellt fest, daß Equisetum Imosum von Kaninchen und Schafen vertragen wird, dagegen Pferde zu töten im stande ist. Ich habe Mäuse und Kaninchen mit kleinsten Gaben vom Safte des 1) Dammann, Gesundheitspflege der Haussäugetiere, Berlin 1886. . 2) Lohmann, Über die Giftigkeit der deutschen Schachtelhalmarten. Ar- beiten der Deutschen Landwirtschaftegesellschaft, Heft 100. Berlin 1904. Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 43 Fliegenpilzes getötet, an dem man oft tiefe Freßspuren von Schnecken beobachten kann. . Im letzteren Falle haben wir es mit Spezialisten zu tun, worunter man Tiere versteht, die ihre Nahrung von einer oder wenigen Pflanzen derselben Gattung beziehen und gegen etwaige Gifte derselben immun sind. Hierker gehört z. B. die Raupe des Wolfsmilchschwärmers, die auf Wolfmilcharten, und der Käfer Haltica atropae, der auf Atropa belladonna lebt. Solche Beispiele ließen sich viele anführen. In Folgendem sollen nun die chemischen Zellinhaltsstoffe in Gruppen geordnet, behandelt werden. Gleichzeitig soll untersucht werden, ob sie tatsächlich als Schutz gegen die Angriffe der Tiere wirksam sind. Gerbsäuren oder Gerbstoffe. Hierunter sind nach Euler und Hollemann zahlreiche, in den verschiedensten Pflanzenteilen verbreitete Stoffe zu verstehen, die un- gefähr die Formel 0,,H,.0, haben. Ihre Zusammensetzung soll nicht immer die gleiche sein, Hollemann!) nennt sie nach den Pflanzen, vor denen sie stammt, Eichen-, Kaffee-, China-, Weiden- usw. Gerb- säure. Ihre dunkel gefärbten Oxydationsprodukte trifft man reichlich in Gerbstoff führenden Pflanzenteilen ; sie werden Phiobaphene genannt 2). Die Gerbstoffe sind charakterisiert durch ihren adstringierenden Ge- schmack (Verwendung in der Medizin), durch ihre bekannte Reaktion mit Eisenoxydsalzen, ferner dadurch, daß sie tierische Haut gerben und Eiweißlösungen fällen. Ob sie eine Aufgabe im Stoffwechsel haben, und welcher Art diese sein könnte, ist noch nicht festgelegt. Nach Sachs? und Pfeffer‘) sollen sie nicht am Stoffwechsel teilnehmen, sondern End- produkte sein. Zweifellos haben sie eine große Bedeutung in bio- logischer Hinsicht. Da sie meist: peripher gelagert sind, ist man zu der Annahme berechtigt, daß sie gewisse antiseptische Wirkungen ent- falten und lebende oder tote Gewebe vor Fäulnis schützen. Von Warming®) wurde ihnen eine Bedeutung für die Verringerung des Austrocknens der Pflanzenteile zugeschrieben. 2) Organische Chemie, Leipzig 1908. 2) Pflanzenchemie, Braunschweig 1908. 3) Pilanzenphysiologie, 1895. 4) Pflanzenphysiologie, Leipzig 1904. 5) Boten. Zentralblatt, Bd. XVI, pag. 350. 444 W. Peyer, Stahl teilt in „Pflanzen und Schnecken“ mit, daß Gerbstoff- pflanzen einen sicheren Schutz gegen Schnecken gewähren. Räuber stellt dagegen fest, daß die in den Rinden reichlich enthaltenen Gerb- säuren keinen Schutz gegen manche höhere Tiere gewähren; sie sind im Gegenteil Kaninchen und Rotwild willkommen. Diese Tiere sind auch längst nicht so empfindlich gegen Gerbsäure wie z. B. der Mensch. Gaben von 6—8 g, die den Menschen schwere Beschwerden ver- ursachen dadurch, daß sie Ösophagus, Magen und Darm in eine der Gerbwirkung ähnliche Beschaffenheit versetzen, haben bei Kälbern, wie ich mich selbst überzeugen konnte, kaum eine Wirkung. Gaben von 3—4 g sollen nach Räuber bei Kaninchen außer Verstopfung keine üblen Folgeerscheinungen haben. Räuber’s Fütterungsversuche geben ein gutes Bild von einer gewissen Vorliebe mancher Tiere für Gerb- säuren. Bitterstoffe. Die Bezeichnung „Bitterstoffe“ ist eigentlich ein pharmakologischer . Begriff; er dient zur Bezeichnung von Körpern, die sich durch bitteren Geschmack auszeichnen und indifferent, d. h. nicht toxisch, sind. Vom Standpunkte des Chemikers aus betrachtet sind die meisten Bitterstoffe Alkaloide und Glukoside. In diesem Kapitel sollen als Bitterstoffe nur die wenigen, uner- forschten, bitter schmeckenden Stoffe angesehen werden, die sich nicht in die Gruppen Alkaloide und Glukoside einreihen lassen. Bitterstoffe, sofern sie nicht giftig sind, erfahren, da sie intensive physiologische Wirkungen haben, eine vielseitige medizinische Anwendung. Sie fördern die Absonderung von Speichel und Magensaft, wirken appetit- anregend und vermögen Gärungsprozesse im Magen zu beschränken. Als physiologisch-anatomische Wirkung ist eine Hyperämie der Magen- wandung zu nennen, die sich bekanntermaßen durch das vermehrte Wärmegefühl in Epigastrium und Magen nach dem Genuß bitterer Stoffe kenntlich macht. Die Beziehungen der zahlreichen Bitterstoff führenden Pflanzen zur Tierwelt bieten des Interessanten viel. Schnecken gegenüber sind sie ein fast sicherer Schutz. Stahl stellte fest, daß im Absterben be- griffene Blätter von Gentiana lutea ziemlich stark angefressen wurden, während sie in jungem Zustand unversehrt bleiben. Ich habe nicht Gelegenheit gehabt, mich selbst von einer Änderung des Geschmackes bei älteren Gentienablättern zu überzeugen; immerhin aber ist es mög- lich, daß die Bitterstoffe geringer geworden oder verschwunden sind. . Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 445 Nach einer Untersuchung von Molle!) steht fest, daß die jungen Wurzeln von Datura sehr alkaloidreich sind, die alten dagegen sehr wenig Alkaloide enthalten. Ein Verringern des Alkaloidgehaltes gibt auch Clautriau? an. Er behauptet nämlich, daß der Alkaloidgehalt in alten ausgereiften Papaverpflanzen geringer wird und schließlich verschwindet. Vielleicht läßt sich diese Behauptung auch auf die Bitterstoffe übertragen... Nach Entfernung der bitteren Bestandteile durch Auskochen fressen die Schnecken die Gentianapflanzen gern. Uusere Pflanzenfresser zeigen keine sonderliche Abneigung gegen Arnica montana und Taraxacum offieinale. Sowohl frisch als getrocknet ‘6n letzterem Zustand lieber) nehmen sie die an sich stark bitter ‚schmeckenden Pflanzen zu sich, sofern. ihnen nichts besseres zur ‘Verfügung steht. : ‘In Wasser aufgeweichtes isländisches Moos wurde von Kaninchen und Mäusen nicht gefressen. Meine Vermutung, daß der Schleim hier mit der schuldige Teil sein könnte, wurde dadurch bestätigt, daß die durch Auslaugen mit Wasser von ihrem Bitterstoff befreite Flechte nur angebissen wurde. Das zum Auslaugen benutzte Wasser wurde unter Kleie gerührt und diese dem Kaninchen vorgesetzt. Es fraß nur ungern davon, verweigerte aber die Annahme nicht ganz. Auf gleiche Weise mit Arnikaaufguß gemischte Kleie wurde auch ungern gefressen. Ziegen und Rehe sollen Cetraria islandica in der Not fressen. An den Bitterstoff vollkommen gewöhnt hat sich das Remntier, dessen “"Hauptnahrung das isländische Moos in seiner unwirtlichen Heimat ja ist. . Alkaloide und Glukoside. Die chemisch oft sehr komplizierten Alkaloide und Glinkoside haben eine weite Verbreitung im Pflanzenreich. Daß beide, chemisch voneinander grundverschiedene Stoffe, hier in einer Abteilung zusammen abgehandelt, werden, hat seinen Grund in ihrer fast übereinstimmenden physiologischen Wirksamkeit und biologischen Bedeutung. Beide sind stark bitter und beide haben meist intensiv toxische Wirkungen. Welche Rolle sie im Stoffwechsel der Pflanze spielen, ist noch nicht genügend erklärt. Jost schreibt darüber iu seinen Vorlesungen über Pflanzen- physiologie®: „Schließlich nennen wir noch die Substanzen, denen viele 1) Czapek, Biochemie der Pflanzen, Jena 1905, pag. 265. 2) Recherches microchimiques sur la Jocalisation des alealoides dans ie Papaver somniferum. Memeires de la sociei6 belge de microseopie 1888, Tome XII. 3) Jost, Pflanzenphysiologie, Jena 1908. 446 . W. Peyer, Pflanzen ihre Gift- oder Heilwirkung verdanken, die Glukoside und ‚Alkaloide. Wenn solche Stoffe in einer bestimmten Pflanze immer wieder in gleicher Weise aufzutreten pflegen, so müssen sie so gut wie Zucker und Eiweiß usw. Stoffwechselprodukte sein, und es muß auch bei ihnen die Frage erhoben werden: wie bilden sie sich, was wird aus ihnen und was für eine Bedeutung haben sie für die Pflanze? Die bisherigen Untersuchungen sind noch zu keinem auch nur einiger- maßen abschließenden Resultaten gekommen. Von vielen der soge- nannten Stoffe wissen wir, daß sie im Stoffwechsel der Pflanzen nicht weiter verwendet werden; man kann sie somit als wertlose, als Abfall- ‘produkte betrachten. Eine solche rein chemische Auffassung ist aber zweifellos eine einseitige ..... es folgt aus ihnen, daß auch die so- genannte biologische Bedeutung der Stoffe Beachtung fordert, und eine ‚solche ist gerade für Riechstoffe, Farbstoffe, Alkaloide und Glukoside ‘vielfach gesucht und mit größerem oder geringerem Glück gefunden worden.“ " Bevor auf die biologische Bedeutung der Alkaloide und Glukoside eingegangen werden soll, einige Worte über ihre Chemie. Unter Alka- loiden versteht man gemeinhin organische Pflanzenbasen, die in Wasser wenig, gut in Alkobol, Chloroform usw. löslich sind. Alle Pflanzen- basen enthalten Stickstoff, können aber in anderer Hinsicht die größten Unterschiede in ihrem molekularem Bau aufweisen. Sie leiten sich 'her vom Pyridin-, Pyrrholidin-, Imidacol-, Chinolin- und Isochinolinring. Die meisten Alkaloide sind tertiäre Basen, anch sind sie sauerstoff- haltig. Wie anfangs erwähnt, haben sie eine weite Verbreitung im Pflanzenreich, nur einige Familien sind frei davon (Labiaten, Rosaceen, Orchideen). Für den Biologen erscheint es begreiflich, daß es gerade Pflanzen mit flüchtigen Ölen sind. Meist finden sich die Alkaleide zieht frei in den Pflanzen, sondern gebunden an die zahlreichen Pflanzensäuren, In bezug auf ihre Lokalisation in der Pflanze ist folgendes zu beachten: sie können in allen Teilen einer Pflauze vor- kommen, einzelne Teile können aber auch frei davon sein, z. B. findet sich Nikotin in den Blättern des Tabaks, nicht aber in Blüten, Wurzeln and Samen. . ‘Die wichtigste Eigenschaft der Alkaloide ist ihre physiologische spezifische Wirkung auf den Tierorganismus und zwar schon in sehr geringen Gaben. Namentlich wirken sie auf Herz und Gehirn durch Reiz- und Lähmungserscheinungen. Bemerkenswert ist, daß sie in den Harn- und die übrigen Sekrete unzersetzt übergehen und daß sich " 34 Ant fi mit ange- Kleie mi Namen Alkaloide frisch 04 auch, on ent in Feng ecren Vaner dem Aaumz Conium maeulatum Oonlin _ _ _ + + _ Atropa. bell.. .. . Atropin _ + [6) + + _ Hyoseyamus nig. ee _ _ _ + + _ Papaver somniferum Bätreo } ı _ Colchieum autumnale . Colehiein _ _ _ + + _ Fumarin offieinalis . Fumarin fe) + o + + +. Aconit. napellus . Aconitin + Fu _ Thalietrum vulgare . . Thalietrin [®) + [6) + + _ Rinde und Wurzel von Oxyacanthin Berberis vulgaris . | Berberin — ui = + + — en | +1 - | + + = Blätter v. Berberis vulgaris ? + + + + + + Nicotiana tabacum . Nikotin _ _ _ + [6) + — = nicht gefressen, O = angebissen, wenig gefressen, 4 = ohne Widerstand gefressen, '37J0782}nyog Isqn USDUNNHNSIEHLN OyasLFoLorg ja72 448 s "U W. Peyer, außer Hyperämien des Gehirns und Rückenmarks anatomische Ver- änderungen bei der Sektion nicht finden lassen. Zur chemischen Charakterisierung der Glukoside findet sich bei Fischer!) folgendes: „Unter Glukosiden (Glykoside) verstehen wir eine Anzahl im Pflanzenreich weit verbreiteter Substanzen, die beim Knochen mit verdünnten Säuren oder Ätzalkalien in Glukosen und andere Substanzen zerfallen. Man kann sie daher als ätherartige Ver- bindungen auffassen, welche aus Zucker und jenen „anderen Substanzen“ durch Wasserabspaltung entstanden sind. Beim Kochen mit Säuren und Alkalien, sowie bei der Einwirkung von Fermenten nehmen sie wiederum Wasser auf und zerfallen in ihre Komponenten. Sie sind bisher in sehr vielen Pflänzen und allen Pflanzenteilen (Blätter, Rinde, Wurzel, Frucht) gefunden worden usw.“ Die Glukoside sind in Wasser leicht löslich und haben, wie 'erwähnt, einen bitteren Geschmack. In ihrer physiologischen Wirkung auf den tierischen Körper charakterisieren sie sich wie folgt: Sie! stehen den Alkaloiden nahe, dur sind sie weniger giftig, d..b. man muß in allen Fällen höbere Gaben anwenden, um einen Exitus letalis zu erzielen. Eine wichtige Eigenschaft ist die, daß sie im Organismus gespalten werden und ins Blut übergehen. In den Sekreten lassen sie sich meist nicht nach- weisen. Der Sektionsbefund ergibt nicht viel Positives. Bisweilen finden sich Mazerationen und hämorrhagische Entzündungen in Magen und Darm, Nephritis und (z. B. Koloquinthen) Peritonitis. Bei allen meinen Versuchen um das Maß der Schutzwirkung der Alkaloide zu prüfen, habe ich folgende Versuchsanordnung angewandt: Kaninchen erhielten die frischen Pflanzen oder Pflanzenteile ganz oder klein geschnitten, wie auch unter Spinat gemengt. Außerdem wurden sie mit Alkohol 2-—-Smal ausgekocht, ebenso mit schwach salzsäure- haltigem Wasser behandelt, den Tieren geboten. Die mit Alkohol aus- gekochten Pflanzenteile wurden, um auch die letzten Reste des Alkohols zu entfernen, an der Sonne oder auf heißen Tellern ge- trocknet, dann in Wasser aufgeweicht und den Tieren feucht gegeben. Ferner bekam das Versüuchstier noch eine wässerige, unter Kleie ge- mengte Abkochung der Pflanze. Die Tabelle gibt ein überraschendes Bild von dem zuverlässigen Funktionieren der Alkaloide als Schutzstoffe.e Nur Fumaria und Thalietrum wurden angebissen und nach 24stündigem Hungern ge- fressen, desgleichen Aconitum (alle drei Pflanzen haben einen relativ 1) Pharmazeutische Chemie, Stutigart 1904. Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 449 schwach bitteren Geschmack), Wenn man einem der Tiere, die aus der Hand fraßen, nachdem man ihnen einige Spinatblätter gegeben hatte, Teile der Versuchspflanzen reichte, so bissen sie im günstigsten Falle an, um sich sofort unter Gebärden des Abscheus zurückzuziehen. Meistens rührten sie die Pflanzen überhaupt nicht an. Das Kaninchen, das nach langem Hungern Atropa belladonna gefressen hatte, zeigte Schwindel, Lähmungserscheinungen, Reaktionslosigkeit der erweiterten Pupillen, Dispnoe, starkes Klopfen der Karotiden und später Koma. Nach 10 Stunden Exitus. Die Sektion ergab außer Blutüberfüllung des Gehirns niehts Anormales. Interessant ist, wie die Tabelle zeigt, das Verhalten der Tiere gegenüber der Rinde, der Wurzel und des Stammes und gegen die Blätter der Berberitze. Hier richteten sie sich genau nach dem größeren oder geringeren Gehalt von Berberidin, indem sie die berberidinreichste Wurzelrinde vollkommen versehmähten, die daran nicht so reiche Rinde des Stammes anbissen und die nur sehr wenig Berberidin enthaltenden Blätter fraßen. Eine Bestätigung dafür finde ich in Räuber’s Arbeit!), nach dessen Beobachtung es zweifelhaft ist, ob Berberitze überhaupt geschält wird. Um die Schutzwirkung der Glukoside zu erproben, stellte ich eine Reihe von Versuchen in genau derselben Anordnung an, wie es bei den Alkaloiden der Fall war. Da die Glukoside in Wasser, namentlich in kochendem, gut löslich sind, so war ein Auskochen mit Alkohol nicht nötig, da ein solches mit Wasser genügte. Die in folgender Tabelle aufgeführten Pflanzen sind so gewählt, daß mechanische Schutzmittel meist nicht in Frage kommen konnten. Das Ergebnis der Versuche beweist die vorzügliche Schutz- wirkung der Glukoside, hervorgerufen durch ihren bitteren Geschmack und ihre Giftigkeit. Eine besondere Behandlung erheischen die Nitrilglukoside, Stoffe, die bei Hydrolyse neben Zucker stets Blausäure liefern. Ihr wichtigster Repräsentant ist das Amygdalin, welches sich unter anderen in Samen und Blättern mancher Amygdaleen und Pomaceen findet. Es ist in den Pflanzen begleitet von einem Enzym, dem Emulsin, welches es bei seiner Spaltung, wobei Wasser gegenwärtig sein muß, in Benzaldehyd Blausäure und Glukose zerlegt. Amygdalin oder isomere Verbindungen finden sich in Blättern von Prunus padus, Prunus persica, Prunus lauroceracus, Cotoneaster und in geringsten Mengen in denen von Sambucus nigra. 1} Räuber, Dissertation, Jena 1910. Fiora, Bü, 108. 30 W. Peyer, 450 ara it j Wänserige Pi dieselben m zerschnitten .Name Glukoside giuche nach Wasser | unter Spinat Abkochnng Bemerkungen \ m | 94 Stunden | „|. gemischt, | Mit Kleie u gekocht - | vermischt EEE Menyanthes trifoliata . Menyanthin _ oO, + _ _ Erythraea eentaurium |Erythrocentaurin! — _ + _ Pen Gentiana Iutea . . . | Gentiopikrin _ _ + _ _ Achillen millefolium . | Achillein o 6) + | Milreise _ Cnieus benedietus . . Cniein. _ _ + _ _ Artemnisis absintium . | Absinthiin _ (6) + _ = “ Rhinanthus crista galli Rhinanthin o v BE dig + aufrohrt _ Melampyrum arvense . » [6) » + n. Z ", BER Convallarin ö Convallaria majalis Gonvallamarin _ _ + _ — wre Frangulin _ teilweise + _ _ Diarrhöen und Kolikanfälle Vinestoxicum officinale Asclepiadin oh » + teilweise _ Harnbeschwerden Adonis vernalis'. Adonidin _ Ws + _ _ . Digitalis purpurea . -. | viele Glykoside _ teilweise + _ _ zua a dasmut i Hallte sich ein Unren- " Hinterteils und Z jenein, Dann Koma. Nach 8 Std, Ezitus, Sak- ton: teerartig Schwarzes Bhrt, Endokarditis. — = nicht gefressen, ) = angebissen, wenig gefressen, — = ohne Widerstand gefressen, j ‘Biologische Untersuchungen. über Schutzstoffe, 451 Ob dem Amygdalin eine Bedeutung als Schutzmittel zukommt, habe ich nicht sicher feststellen können. Räuber bestreitet es. Ob Maikäfer die Blätter der erwähnten Prunoideen fressen, habe ich selbst nieht beobachten können. In der Literatur war nichts darüber zu finden. Von einem Förster im Vogflande hörte ich, daß in einem Maikäferjahre diese in seinem Garten sehr gewüstet hatten. Die Pfir- siche und ein Sträuchlein, das nach seiner Beschreibung Cotoneaster oder Mespilus sein dürfte, hatten sie verschont, desgleichen den Hol- iunder nur wenig angefressen. Auch ist mir ein allerdings schon kränkelndes Kaninchen eingegangen, das unter anderem Pfirsichblätter gefressen hatte. Leider konnte ich keine Sektion ausführen. Daß ge- ringe Mengen der Blätter von Prunus laurocerasus und Pfirsich Kiihe und Ziegen getötet haben, teilt Dammann mit‘). Einen interessanten Fall von Vergiftung eines Schafes durch Amygdalin habe ich selbst erlebt. Das Tier war in einem Gresgarten, in dem ein Vogelkirschbaum stand, gelassen worden, um den spärlichen Graswuchs abzufressen. Es wurden ihm aber nebenbei immer noch Heu und Karteffelschalen gegeben. Eines Tages war dies vergessen worden und das hungrige Tier hatte sich über die Blätter der strauch- förmigen Vogelkirsche, die es sonst verschmäht hatte, hergemacht. Es fing an, klagend zu schreien, .atmete schwer und stöhnend, indem (typisch für Blausäurevergiftung)?) die Inspiration kurz, die Exspiration lang war und: hatte die Augen weit aufgerissen. Das Abdomen war aufgetrieben und nach ca. 1 Stunde erfolgte der Tod. Bei der Sektion, die ich unmittelbar ‚post mortem vornehmen konnte, fand ich in Öso- phagus, Rumen und Retikulum Injektionen, auch Echymosen. Das Blut zeigte eine auffallend dunkle Färbung. Die Menge der Blätter, die das Tier gefressen hatte, dürfte etwa zwei Hände voll gewesen sein. “ Während meines häufigen Aufenthaltes im Harz habe ich bei vielen Hirten, unter denen ich gute Pflanzenkenner und scharfe Natur- beobachter fand, desgleichen bei Forsilguten, mich über die Stellung der Weidetiere zu verschiedenen Alkaloid und Glukosid führenden ‘“ Pflanzen erkundigt, Teilweise habe ich auch selbst die Weidetiere (Schafe, Ziegen, Rinder) auf der Weide beobachtet oder verlassene Weideplätze aufgesucht. Die Resultate zeigt folgende Übersicht, worin das Zeichen —- die Pflanzen, die bedingungslos gefressen wurden, O Verweigerung und & bedeutet, daß sie in der Not gefressen werden. 1) Dammann, Gesundheitspflege der Haussäugetiere, pag, 804. 1) Jackseh, Vergiftungen, Wien 1897. 30* 452 Ranunculus sceleratus © acer. OÖ w arvensis O ” fiearia © Anemone nemorosa —- » Pulsatilla O Helleborus foetidus © F viridis O Aconitum napellus © n Iycoctonum OÖ Thalietrum minus & Chaerophyllum temulum O Conium maeculatum O Sambucus nigra & Artemisia absinthium & Achillea millefolium & 'W. Peyer, Adonis vernalis OÖ Papaver somniferum O „ Thoeas ö Chelidonium majus © Fumaris offieinalis ö Linum usitatissimum OÖ „ eatharticum OÖ Lupinus luteus & Lathyrus silvestris 5 Prunus padus O Cieuta virosa O Hyoscyamus niger OÖ Nicotiana tabacum O Datura stramonium © Digitalis purpurea & Gratiola offieinalis + Anthemis cotula O Cnicus benedietus O Calluna vulgaris & Vincetoxicum offieinale O Menyanthes trifoliata © Gentiana-Arten + Erythea eentaurium & Solanum nigrum © Fr duleamara OÖ Atropa belladonna © Melampyrum-Arten & Rhinantus crista galli & Pedieularis silvestris O Polygonum persicaria Daphne mezereum OÖ Galanthus nivalis 5 Narzissus pseudonarzissus OÖ Convallaria majalis O Colchicum autumnale © In dieser Übersicht sind 52 Alkaloid bzw. Glukosid führende Pflanzen aufgeführt, die mit wenig Ausnahmen (Helleborus foetidus, Conium maculatum, Hyoscyamus niger, Sambucus nigra) für unsere Geruchsorgane geruchlos sind. Vier von den Pflanzen wurden gut- willig gefressen, 14 in der Not oder in der Hast des Fressens, nament- lieh früh, wenn die Tiere hungrig waren, mit verschlungen. Mögen nun auch in irgend welchen anderen Gegenden die einen oder anderen Pflanzen, die ich mit, 5 bezeichnet habe, gleich gefressen werden, an- dererseits einige, die nach meinen Angaben unberührt blieben, in der Not gefressen werden, kurz, mögen die Grenzen zwischen den drei Kategorien fließende sein, zweifellos ist erwiesen, daß in den Alkaloiden und Glukosiden die Pflanzen wichtige Waffen gegen ihre Feinde besitzen. Fo 3 Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 453 Im Anschluß hieran wurden bei den in der letzten Übersicht genannten Pflanzen noch Versuche mit Maikäfern angestellt. Wenngleich diese Baumblätter vorziehen, so fressen sie doch auch, namentlich in der Gefangenschaft, krautige Pflanzen. Ich habe einen großen Teil der genannten Versuchspflanzen Maikäfern vorgelegt mit dem Erfolge, daß sich kaum Freßspuren daran finden ließen. Wenn man daran denkt, daß die Blätter des Nußbaumes und der Weide, die Alkaloid bezüglich Glukosid führend sind, von Maikäfern nur in der Not an- gegangen werden, so ist auch gegen diese Tiere eine Schutzwirkung erwiesen. Oxalsäure und saure Pflanzensäfte. Die Oxalsäure tritt selten frei, meist in Form des kristallisierten Caleiumoxalates in niederen und namentlich in höheren Pflanzen auf. Auch erscheint sie relativ häufig als saures Kaliumoxalat (Oxalis, Rumex, Rheum, Spinacia, Geranium acetosa usw.) bisweilen kommt auch Magne- siumoxalate vor, z. B. in der Epidermis der Paniceen. In einigen Fällen hat man auch das neutrale Natriumsalz nachgewiesen. Bekanntlich sind alle Ablagerungen der Oxalsäureverbindungen in höheren Pflanzen als Exkrete im biochemischen Sinne aufzufassen. Die überaus häufige Bindung von Kalk kann nach Sachs!) insofern begründet sein, daß dadurch die Anhäufung löslicher Oxalate und deren giftige Wirkung verhindert werden kann. Gießler” stellte die vorzugsweise periphere für die Enthaltung der Schutzwirkung gegen Schnecken und andere kleine Tiere wohl geeignete Lagerung der Oxalsäure und ihrer Salze fest. Die Stahl’schen Versuche mit Schnecken an säurereichen Pflanzen habe ich auf Kaninchen ausgedehnt. Meine Resultate waren ungefähr die gleichen, wie bei Schnecken, nur daß die Kaninchen nicht so empfindlich wie letztere sind. Im Ofen getrocknete Möhrenscheiben, die ich mit Zitronensäurelösung von 0,5%, und 1°/, desgleiehen mit dem ausgepreßten Saft von BRheum rhaponticum und Beta vulgaris getränkt, hatte, wurden nur ungern, die beiden letzteren gar nicht ge- fressen. Folgende sieben Pflanzen kamen zur Verwendung: Rumex acetosa, Rumex acetosella, Rheum rkapentieum, Beta vulgaris, Oxalis acetosella, Oxalis strieta, Sedum maximum, Diese wurden Kaninchen einzeln und mit anderem Futter vermischt, ausgekocht, wie auch lebend 1) Sachs, Pflanzenphysiologie, pag. 429. 2) Gießler, Tenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften 1392, Bd. XXVIL 454 .- W. Peyer, vorgelegt. Die Resultate stimmten mit den Vermutungen und den Stahl’schen Ergebnissen überein. Ohne besondere Berücksichtigung der chemischen "Beschaffenheit der sauren Säfte genannter Pflanzen stellte ich empirisch den relativen Säuregehalt derselben in folgender Weise fest. Die kräftig vegetieren- den Pflanzen wurden im Mörser zergueischt, etwas Saft abgegossen und ‚dieser dann filtriert. Mit der Pipette wurde ein Kubikzentimeter ‚desselben abgemessen im Becherglase mit neutralem Wasser verdünnt und unter Benutzung von Phenelphthalein als Indikator mit ” Rali- lauge titriert. Die Werte, die ich erhielt, waren folgende: ‚ Rumex acetosa verbrauchte 3,2 cem EZ Kalilauge Rumex acetosella ” 35 sn „ Rheum rhapontieum „ En "Beta vulgaris “ 52 505 ” Oxalis acetosella " 56m ” Oxalis strieta “ 49 50» ” - Sedim maximum Br} ” ” ” Die Titrationen wurden wiederholt und die ‚Durchschnittswerte hier angenommen. Da der Säuregehalt der Pflanzen von den ver- schiedensten Faktoren abhängig. und einem täglichen Wechsel unter- 'worfen ist, sind meine Angaben nur als relative Werte aufzufassen und sollten mir nur einen Anhalt geben, in welcher Konzentration ich die aun folgenden Lösungen anzuwenden hattet). Kaninchen, denen ich sechs Näpfe mit einem Brei aus ; Kleie, und Titronensäurelösung (0,2, 0,3, 0,4, 0,6, 0,8 und 1%.) vorsetzte, des- gleichen einen Napf mit Wasser und Kleie, leerten erst diesen und dann die Näpfe 1—3; 4 und 5 waren am Abend des nächsten Tages aur wenig berührt. Dieselben Resultate erzielte ich mit gleichen Lösungen von Weinsäure und Oxalsäure. Im letzteren Falle waren die Tiere noch weniger zum Fressen zu bewegen. Beobachtungen an Weidevieh auf einer Saalwiese unter der Rudelsburg bestätigte mir die bekannte Tatsache, daß-Rumex acetosa und Oxalis. aestosella nur wenig oder gar nicht gefressen. wurden. 1) Vgl. die Arbeit von Gregor Kraus (Abhandlungen der Naturw.' Gesell- schaft zu Halle 1886, :Bd.:XVI). Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 455 Dammann!) hat ‚beobachtet, daß Schafe nach dem Genuß von Rümex-Arten schwer erkrankten. Zweifellos ist diese Erscheinung auf eine Oxalsäurevergiftung zurückzuführen. Ein Kaninchen, dem ich verschiedene Spinatblätter und dazwischen wieder einmal ein Blatt von Rumex oder von anderen Oxalsäure führenden Pflanzen reichte, verschmähte dieselben regelmäßig, Ein junges Kaninchen, das nach langem Hungern ziemlich viel Blätter von Rumex acetosa und Oxalispflanzen gefressen. hatte, ging nach mehr- fachen. blutigen Durchfällen unter tiefem Koma ein. Vorher zeigten sich krampfähnliche Erscheinungen. Die Sektion ergab folgenden interessanten Befund: Das Blut hatte eine ‚auffallend helle Farbe, Pharyox und Ösophagus waren entzündet. : In der Schleimhaut von Magen und Darm fanden sich bei mikroskopischer Untersuchung reich- liche Niederschläge von Kalziumoxalat. In den Nieren zeigte sich schon, mit der Lupe sichtbar, zwischen Rinde und Mark eine weißliche Zone, die sich unter dem Mikroskop in lauter Kalziumoxalätkristalle von der bekannten Briefkuvertform auflöste. In den Glomerulis waren keine zu finden. Der Harn enthielt Eiweiß, wenig Zucker. und auf- fallend viel Kristalle. Es lag zweifellos eine Oxalsäurevergiftung vor, die die dafür charakteristische Veränderung erzeugt hatte. Ätherische Öle. .. ‚Die Gerüche der Pflanzen werden in den meisten Fällen durch gewisse Substanzen bedingt, die, falls. sie flüssig sind, ätherische ‚Öle, wenn sie als- feste Körper auftreten Stearoptene oder Kampfer genannt werden. Gegen das polarisierte Licht verhalten sie sich verschieden, einige: sind inaktiv, einige drehen die Polarisationsebene nach links, andere nach rechts. In Wasser sind sie so gut wie unlöslich, löslich dagegen in Alkohol, Äther, Chloroform und fettem Öl. Unter dem Einfluß des Lichtes absorbieren sie durchweg Sauerstoff der Luft. Ihre Zusammensetzung ist keine einheitliche. Einige sind. oder enthalten Aldehyde, andere bestehen aus Phenolen, wieder andere enthalten Esterarten. Im allgemeinen sind namentlich zwei Arten: von Körpern in den ätherischen Ölen enthalten, nämlich die flüssigen Kohlenwasser- stoffe oder Terpene (C,oH,,) und kampferhaltige Körper, die schon er- wähnten Stearoptene (C,.H;s0). Die Bedeutung der ätherischen Öle im Stoffwechsel der Planzen, ist noch nicht geklärt. Es -sind hierüber die verschiedensten Ansichten Jaut ‚geworden, wie denn überhaupt die Frage nach Bedeutung und D Dammann, Gesundheitspflege der Haussäugetiere, Berlin 1886, 456 W. Peyer, Wirkung der ätherischen Öle viele Forscher, Biologen, Physiologen, Mediziner und Bakteriologen beschäftigt hat. Es existiert eine reiche Literatur über diesen Stoff. Die ätherischen Öle von Blumenblättern (Nelken, Rosen) sind durch ihren Duft geeignet, die Insekten zur Bestäubung anzulocken. Wie aus den Arbeiten von Chamberland!), Riedlin?), Omeltschenko®}), Bokorny“) und andern mehr hervorgeht, wirken die ätherischen Öle hervorragend fungizid und bakterizid. Detto) tritt allerdings in einer Arbeit, dieser Ansicht entgegen, vermag aber meinem Ermessen nach die genannten Forscher nicht genügend zu widerlegen. Hier soll nur zweier Ansichten eingehender gedacht werden, die mir die markantesten zu sein scheinen, nämlich der des Physikers Tyndall und der des Biologen Detto. Tyndall behauptete, und wies durch geistreiche Versuche nach, daß das in der Sonnenwärme verdampfende ätherische Öl die Pflanzen wie ein Mantel umgibt und daß diese durch Öldampf gesättigte Luft- schicht die Wärmestrahlen der Sonne in sehr viel geringerem Maße durchläßt, als reine Luft. Wenn man die außerordentlich hohe Ab- sorptionsfähigkeit der Öldämpfe betrachtet, so kann man wohl an- nehmen, daß diese den Pflanzen Vorteil bringt insofern, als die hohe Adiothermansie einen zuverlässigen Schutz gegen die Insolation be- dingt. Dazu kommt noch der Umstand, daß in den verschiedensten Fiorengebieten, gerade in den trockensten Gegenden die ätherisches Öl führenden Pflanzen sehr reich vertreten sind. Die älteste Nachricht von der Schutzwirkung der ätherischen Öle findet sich bei Erasmus Darwin. Einem Buche‘) entnehme ich folgen- des Zitat seiner Worte: „... Einige Pflanzen haben allmählich auch gegen die Blattiäuse Schutz erlangt, welcher, wenn nicht völlig aus- reichend, immerhin die Beleidigungen dieser Tiere verringert. Dies ist sehr auffällig an den Zweigen und Kelchblättern der Moosrose und an den jungen Schößlingen und Blatistielen des Nußbaums. Beide sind mit dichtgestellten Härchen bedeckt, welche in kugelige Knöpfchen enden und nicht allein die Blatiläuse abhalten, sie in so großer Menge 1) Chamberland, Annal, Inst. Pasteur 1887. 2) Riedlin, Dissertation, München 1887, 3) Omelischenko, Zentralblatt für Bakteriologie, Bd. IX. 4) Bokorny, Pflüger’s Archiv, Bd. LKXUL 5) Detto, Naturwissenschaftliche Wochenschrift, Neue Folge, Bd. III, Nr. 22. 6) Erasmus Darwin und seine Stellung in der Geschichte der Deszendenz- theorie von Ernst Krause, Leipzig 1880. Eu kw Ber m man ET Are Sa En “ Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 457 zu umgeben, sondern auch aus diesen Kugeldrüsen einen Saft ab- sondern, welcher für die Angreifer unangenehm oder ekelhaft ist. Die ätherischen Öle sind sämtlich gewissen Insekten ekelhaft, daher ihr Nutzen in der Ökonomie des Gewächsreiches, um die Blumen und Blätter, in denen sie erzeugt werden, gegen die Plünderungen ihrer gefräßigen Feinde zu schützen.* Dettoi) vertritt zusammen mit Stahl?) die Ansicht, daß die äthe- rischen Öle in hohem Maße berufen sind, Schutz gegen Tierfraß zu gewähren, welcher Ansicht ich mich anschließe. Ich habe zur weiteren Prüfung dieser Frage die Stahl’schen Versuche in folgender Weise modifiziert: ’ Ich nahm Möhren und bestrich sie mit den Blättern folgender Pflanzen: Mentha silvestris, Thymus serpyllum, Origanum vulgare, Teu- erium chamaedrys, Salvia pratensis, Calamintha acinos, Geranium Robertianum, Ruta graveolens, Matricaria officinalis, Tanacetum vulgare, Coriandrum sativam, Hypericum.perforatum. Dabei trug ich Sorge, daß die Blätter nicht beschädigt wurden und etwaige Bitterstoffe usw. nicht die Wirkung beeinträchtigen konnten. Diese so behandelten Möhren wurden an einem feuchten, kühlen Tage, um die Verdunstung, zu beschränken, zwei Kaninchen hingelegt, dazwischen zwei unbehandelte, Das Resultat war sehr deutlich. Die mit den ersten sieben Pflanzen behandelten Möhren wurden überhaupt nicht gefressen, die zwei un- behandelten sofort herausgefunden. Die mit den letzten fünf Pflanzen bestrichenen Möhren wurden nur ungern gefressen, rochen aber auch nur schwach nach den betreffenden Kräutern. Diese Resultate sind leicht verständlich. Wie erwähnt, hatte ich Sorge getragen, bei dem Bestreichen die Blätter nicht zu beschädigen. Bei den Labiaten und Geraniaceen mit ihren äußerlichen Öldrüsen genügte diese Behandlung vollkommen, um die Drüsen zu zerreißen und ihren Inhalt auf die Möhre zu bringen. Daß dies der Fall war, ließ sich durch den Geruch der Möhren und durch eine oberflächliche mikroskopische Betrachtung der Blätter feststellen. Ein Kaninchen, dem ich mit einer „Origanum- Möhre“ über Mund und Nase fuhr, war dadurch sehr unangenehm be- rührt und wischte sich die betroffenen Partien fortwährend mit der Piote ab. Ich wiederholte nun die Versuche mit den letzten fünf Pilanzen noch einmal und drückte die Blätter beim Reiben kräftiger auf. Dadurch erzielte ich, daß die Drüsenwand zerriß und durch die 1) Detto, Über die Bedeutung der ätherischen Öle bei Xerophyten, Flora 92 (1903), pag. 147 if. 2) Stahl, Pflanzen und Schnecken, 458 . W. Peyer, Ausführungsspalte in der Haberlandschen!) „Deckelzelle“ der Inhalt heraustrat. Bei den nun folgenden Fütterungsversuchen war der Erfolg ein eklatanter. Alle fünf Möhren wurden zurückgelassen, und nur die eine unbehandelte Möhre, die ich dazu gelegt hatte, allein gefressen. Daß bei diesen Versuchen nur ätherische Öle in Frage kommen konnten, wurde noch auf folgende Weise bewiesen. Von den 12 er- wähnten Pflanzen wurden einige Exemplare zusammen mit einer Möhre in Pergamentpapier eingewickel. Nach 24 Stunden wurde sie aus- gepackt und Kaninchen vorgelegt. Auch hier hatte die Möhre solch intensiven Geruch nach dem betreffenden Öl angenommen, daß die Kaninchen sie nicht fraßen. Wenn die Öldrüsen wirklich ein Schutz sein sollen, so müssen sie möglichst früh, wenn die Pflanze am’ zartesten und schutzbedürf- tigsten ist, angelegt werden. Dies ist bei den Öldrüsen der Fall, denn sehon in der Keimpflanze finden sie sich. Was uns hier die mikro- skopische "Untersuchung zeigt, bestätigen die Versuche mit: Schnecken. Diesen gab ich Keimpflanzen von Salvia, Thymus serpyllum, Origauum vulgare, Mentha piperita, Geranium robertimum, Hyperieum perforatum, Ruta graveolens, Matricaria offieinalis. Sämtliche Pflanzen wurden von "Limax agrestis ger nicht, von Helix pomatia kaum berührt, keinesfalls aber, wenn es anderes Futter gab. Wurden die Pflanzen mit Alkohol ‚ausgekocht, an. der Sonne oder auf heißen Tellern getrocknet, und dann den Tieren vorgelegt, so wurden sie. rasch verzehrt. . Im Harz, Thüringerwald, im Vogtlande und auf Rügen habe ich viele Weiden abgesucht und, wie andere Forscher vor mir, fast, aus- nahmslos die Öl führenden Pflanzen unversehrt gefunden. Von der Versehonung der Öl führenden Pfianzen durch Kaninchen in den bel- gischen Küstengebieten schreibt auch Massart?): „Sur-les montienles de sable, les plantes sont presgue toutes, sans exception, döfendues contre kui: elles possödent.par ezempie, un gout desagröable du & la prösence de corps plus ou 'moins voisins des camphres ou des phönols (Thymus serpyllam, Origanum vulg.)“. “ Die giftige Wirkung vieler ätherisches Öl führender Umbelliferen- samen auf die Körner fressenden Vögel würde anfangs erwähnt. . Sie werden deshalb auch von ibnen verschont. Gröblich gepulverten Samen . 1) 6. Haberlandt, Über den Entleerungsapparat der inneren Drüsen einiger Rutacsen. . 2).Massart, Recherches mieroehimiques sur la -localisatien des alcaloides dans le Papaver somniferum. Mömoires de la socieis beige de mieroscopie 1888, Tome XIR. : Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe. 459 von Anis, Fenchel, Kümmel, Petersilie, Kerbel und Koriander, die ich mehrfach mit Alkohol am Rückflußkühler ausgezogen hatte, wurden mit Getreide gemischt, Hühnern und Sperlingen gegeben und gierig verzehrt. Bekanntlich sind auch in den Apotheken niemals in den ätherisches Öl führenden Drogen, abgesehen vielleicht von Spezialisten, Insekten und Köäferlarven zu finden. Auch Spinnen und Holzwiürmer scheuen die Kästen, in denen solche aufbewahrt werden, In der Gegend von Walschleben, Ringleben und Gebesee, woselbst viel Arzneikräuter (Pfefferminz, Benediktenkraut, Fenchel, Koriander, Anis, Kümmel, Wermut, Bibernell und Beifuß) gebaut werden, habe ich mich überzeugen können, .daß Hasen, Rehe und sowie zufällig in der Nähe anwesende Weidetiere diese Pflanzen nie beschädigten, was sicher auf ihren Gehalt an ätherischen Ölen oder an anderen Schutz- stoffen zurückzuführen ist. Chemische Schutzstoffe unbekannter Zusammensetzung. Es war mir aufgefallen, daß die Samen von Leguminosen (Linse, Erbse,. Bohne) von Mäusen und Kaninchen (auch zerstoßen und in Wasser angerührt) nicht gefressen wurden. Zuerst glaubte ich, daß die Härte der Samen schuld sei und ließ sie deshalb aufquellen, ehe ich sie den Tieren reichte, Doch erzielte ich damit keinen Erfolg. Sehr hungrige Mäuse zogen von den Bohnen die geplatzten Schalen ab und nagten ein wenig an dem-Üodyledonen. Ich’ kochfe nun die Leguminosen eine Zeitlang und erzielte ähnliche Resultate, Erst als ich mehrfach das Wasser beim Kochen gewechselt hatte, fraßen die Tiere davon. Nun wurden die Versuche in folgender Weise modifiziert: Die Leguminosensamen wurden gepulvert und mit absolutem Alkohol, Äther, .70°/,igem Alkohol und sehr viel Wasser (1:50) ausgezogen." ‚Die Auszüge wurden abfiltriert, der Filterrückstand auf heißen Tellern ‚getrocknet, mit Wasser ausgewaschen und dann den Tieren dargeboten. Das Resultat entsprach den Erwartungen, denn Alköhol- und Äther- rückstand wurden gefressen. Der Rückstand, der mit 70%, Alkohol behandelten Samen, schien: den Tieren wenig zuzusagen, der wässerige wurde überhaupt nicht berührt. Nun wurden Zwiebackkrümel für die Mäuse und Kleie für die Kaninchen mit den betreffenden alkoholischen, bzw. ätherischen Auszügen getränkt und die Lösungsmittel durch Er- hitzen verflüchtigt. Nachher wurden die Kleie- und Zwiebackkrümel mit Wasser wieder angefeuchtet. Das Rusultat der damit angestellten 460 W. Peyer, Fütterungsversuche war ein absolut positives, denn die Tiere rührten sämtlich die Speisen nicht an. Kaninchen, denen ich in einer Reihe nebeneinander 10 Näpfe mit Kleie, gemischt mit den betreffenden alkoholischen und ätherischen Auszügen von Erbsen, Linsen, Feuer- bohnen, weißer Bohne endlich mit Wasser vorsetzte, fanden sofort die beiden ihnen zusagenden „Wassernäpfe“ heraus und fingen an daran zu fressen, Ähnlich verhielten sich die Mäuse bei den Zwiebackkrümeln. Bei den Kaninchen fiel mir auf, daß sie durch den Geruchssinn sich leiten ließen und nicht erst kosteten‘). Diese Tatsache ließ vermuten, daß es sich um flüchtige, den Tieren unangenehme Stoffe handeln könne. Zur Prüfung dieser Annahme wurde gröblich gepulverter Leguminosensamen je in einen Kolben getan, mit dem 10fachen Gewicht Wasser übergossen und am Liebig’schen Kühler abdestilliert. Die ersten 10--15 ccm wurden auf- gefangen und wieder, analog den vorigen Versuchen, unter Zwieback- krümel und Kleie gemischt, den Tieren vorgelegt. Hier war die Ab- neigung noch intensiver, namentlich bei den Kaninchen. In gleicher Weise gewonnene Destillate von Hafer, Gerste, Roggen, Weizen und Sonnenblumensamen hielten, in derselben Art den Tieren dargeboten, sie vom Fressen nicht ab. Die Säureabscheidung der Wurzeln als Schutzeinrichtung. Wenngleich die Zahl der den Wurzeln gefährlichen Tiere bei weitem nicht so groß ist wie die, welche die oberirdischen Pflanzen- teile schädigen können, so scheint doch die Säureabscheidung der Wurzeln, abgesehen von der Bedeutung, die ihr bei der Aufschließung des Bodens zukommt, auch eine Schutzwirkung gegen manche Tiere auszuüben. . Es war mir aufgefallen, daß bei verschiedenen Keimlingen (Zea Mais, Secale cereale, Avena sativa, Fagopyrum, Lupinus luteus, Pisum gativum, Impatiers Balsamina, Helianthus annuus, Tropaeolum) die Wurzeln von Schnecken nicht gefressen wurden. Da besondere chemische Schutzmittel nicht vorhanden zu sein schienen, da die Wurzeln nicht bitter oder sonst unangenehm schmeckten, so kam ich auf die oben ausgesprochene Vermutung. Inbetreff der chemischen Zusammen- 1) Um dem Einwand zu begegnen, daß etwaige Rückstände des Alkohols (Fuselöl, Furfurol) schuld an dem ablehnenden Verhalten der Tiere gewesen sein könnten, habe ich Gegenproben mit „reinem“ Alkohol und Äther angestellt, die den Beweis erbrachten, daß sie keine den Tieren unangenehmen Rückstände nach dem Verflüchtigen enthielten. Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe, 461 setzung der Wurzelsekrete verweise ich auf die Arbeiten von Ozapekt), Kunze‘), Stoklasa und Ernest®), Nachdem ich mich durch den bekannten Lakmusversuch überzeugt hatte, daß bei den genannten neun Pflanzen eine relativ starke saure Reaktion des Wurzelsekrets vorhanden ist, nahm ich folgende Versuche vor: Die Samen wurden in flachen Petrischalen zum Keimen gebracht. Nachdem die Wurzeln ungefähr 3—4 em lang waren, wurden sie zusammen mit dem Korn verschiedenen Limaxexemplaren vorgelegt. Ferner kamen hinzu Exem- plare, die eine halbe Stunde in 1°/,iger Sodalösung gelegen hatten, nach sorgsam vorgenommener Abwaschung; desgleichen auch solche, die nur mit Wasser abgespült waren. Schließlich wurden auch noch fünf Minuten mit Wasser ausgekochte Wurzeln den Tieren dargeboten. Die Resultate sind in folgender Tabelle angegeben, Planzen | Bric | "ahgenpait | Kodalasung | gokocht Zen Mai 2. | EB sofort benagt, + + später nicht mehr Secale cereale. . . - _ desel. + + Avena sativa ». _ desgl. + 5 + Polygon. Fagopyrum . _ + + + Balsamine hortens. . . _ + + + Pisum sativ. - x. - » _ + + + Lupinus It. . . . . pn _ _ + Helisnth. ann. . . » —_ + + + Cucurbita pepo . . . _ + + + Tropaeolum majus . - _ _ _ —_? Phleum pratense. . . _ _ _ .- — == nicht gefressen, O = angebissen, wenig gefressen, -[- = ohne Widerstand gefressen. I) Czapek, Zur Lebre von den Wurzelausscheidungen. Pringsheim’s Jahr- bücher, Bd. XXIX. 2) Kunze, Über Säureabscheidung der Wurzel und Pilzbyphen. benda, Bd. XL. . 3) Stoklasa u. Ernest, Beiträge zur Lösung der Frage über die Natur des Wurzelsekrets. Ebenda, Bd. ZLVIL 462 . W. Peyer, Die Pflanzen, die mit Wasser abgespült waren, wurden sofort ge- fressen, nach etwa 1/, Stunde nicht mehr. Der Grund daftir ist wohl in der Tatsache zu suchen, daß die Wurzeln von neuem Säure sezer- niert hatten. Wurden diese Sekrete wieder abgewaschen, so fingen die Tiere von neuem zu fressen an. Das Abspülen mit Wasser und Liegen- lassen in Sodalösung versagte bei Lupinus. und Tropaeolum. Bei Lu- pinus genügte ein Auskochen mit Wasser, um das bittere Lupinin zu entfernen. Bei Tropaeolum bedurfte es eines Auskochens mit Alkohol, um das scharfe Tropaeolumsenföl zum Verschwinden zu bringen. Bei Phleum half weder das Auskochen mit Wasser, noch das mit Alkohol, Es lag der Gedanke nahe, daß die Verkieselung der ‘Wurzel schuld sein könne. Diese Vermutung erwies sich als richtig, denn nach Be- handeln mit Schwefelsäure oder Chromsäure und nachfolgendem Glühen der Wurzeln verblieb ein Kieselsäurerückstand, Nach den Angaben von Wolf!) enthält die Pflanze 32-—44°/, Kieselsäure. . - Daß es tatsächlich die Säure des Wurzelsekrets war, die Schutz- wirkung ausübt, ließ sich auch dadurch erweisen, daß Schnecken nicht zu bewegen waren, über'frisch sezernierende Wurzeln hinweg zu kriechen. Wie unangenehm den Tieren die Wurzelausscheidung ist, gelang mir noch auf folgende Weise festzustellen. Limax-Exemplare, die in eine Petrischale, in der Mais und Hafer: keimten, hineingebracht worden waren, um zu beobachten, wie sie sich gegen die eben hervorbrechende Radicula verhalten würden, fingen hungrig, wie sie waren, an, das Fließ- papier, auf dem die Pflanzen gebettet waren, zu zerstören; bald aber ließen sie davon ab, um sich über den Samen selbst herzumachen, den sie vollständig aufzehrten, Diese Tatsache zeigt nun allerdings, daß es eine Zeit gibt, in der der Same relativ ungeschützt ist, nämlich vom Moment des Keimens an bis zur Ausbildung der Wurzelhaare. Waren die Wurzeln etwa 2 em lang, so fraßen die Tiere auch das Fließpapier nieht mehr. Ich modifizierte deshalb den Versuch, indem ich ein Maiskorn auf einem ca. 4 em breiten und 6 em langen Streifen Fließ- papier in einer Petrischale keimen ließ und, als die Wurzel groß ge- worden war, den Streifen rechts und links über ihr zusammenschlug, so daß &ie num gleichsam in einer Röhre weiter wuchs. Bei Treib- haustemperatur zeigte sich kräftiges Wachstum und lebhafte Wurzel- sekretion. Nach einem Tage wurde der Papiermantel abgenommen und hungrigen Limax agrestis und Helix pomatia vorgelegt, mit dem Erfolg, daß sogar die letzteren, den Pflanzen so gefährliche Schnecken, das 1) Wolf, Aschenanalysen, pag. 44. Berlin 1871. Biologische Untersuchungen über Schutzstoffe, 465 Papier verschonten, während sie emen gleich großen nur mit Wasser getränkten Streifen sofort zu verzehren anfingen. j j Ich wage nicht zu behaupten, daß die starke Säureabscheidung, die nicht allen Pflanzenwurzeln eigen ist, gegen alle Tiere einen tat- sächlichen Schutz gewährt. Um dies feststellen zu können, hätten erst noch Versuche mit den eigentlichen Wurzelfeinden angestellt werden müssen. Als solche kommen besonders in Betracht: nach Judeich und Nitzschet), B. Altum®), Nördlinger®), Ritzema Bost) und Rörig’): Die Raupe von Noctuea segetum, die Larven von verschie- denen Elateren (Drabtwürmern), die Larven von Otiorkynehus suleatus, der Käfer Hylesius ceunicularius, die Larven des Maikäfers (Engerlinge), die Wühl- oder Schermaus (Arvicola amphibius). oo. Ob Gryliotalpa major pflanzliche Nahrung zu sich nimmt, darüber sind die Ansichten noch ‚geteilt. Hesse°) bestreitet es. Auch die Exemplare, mit denen ich experimentierte, gingen ein, ohne zu fressen, -50 daß ich mir kein Urteil habe bilden können. Immerhin lassen sich auch durch das. Verhalten der Schnecken Rückschlüsse auf andere Tiere ziehen. Mechanische 'Schutzmittel. Verkorkung. Abgesehen ‘von den sogenannten „Mäusejahren“, in denen es den Tieren an geeigneter Nahrung gebricht, 1ißt sich immer beobachten, welch ergiebigen Schutz gegen diese Feinde der Kork der Pflanzen angedeihen läßt. Verkorkung, selbst nur in schwächstem Maße, ist bei den meisten älteren Wurzeln zu finden. Das Vorhandensein von Kork schließt aber keineswegs die Anwesenheit anderer Schutzvorrichtungen aus. Legt man Schnecken Möhrenscheiben vor, so fressen sie zunächst von der Mitte nach außen und lassen den äußersten Korkmantel liegen, ein Gebahren, das sie auch gegenüber gekochten Möhren zeigen. Dieses Experiment wurde wiederholt mit gleichem Erfolge mit Kartoffeln, Zuckerrüben und Bryonia angewendet. Die Beobachtung, daß Schnecken die Schalen der Kartoffeln unberührt lassen, teilt auch Geyer mit?) 1) Judeich und Nitzsehke, Forstzoologie, Berlin 1896, “2) B. Altum, ‚Forstzoologie, Berlin 1881. 3) Nördlinger, Die kleinen Feinde der Landwirtschaft. 4) Ritzema Bos, Schädlinge und Nützlinge, Berlin 1891. 5) Rörig, Tierwelt und Landwirtschaft, Stuttgart 1906. 6) Hesse, Bericht der kaiserl. biologischen Anstalt, Heft 10, 7) Geyer, Die Weichtiere Deutschlands, pag. 81. Stuttgart 190% 464 W. Peyer, Bei der letzteren mußten allerdings erst durch Auskochen mit Alkohol und Wasser die Giftstoffe entfernt werden. Auch Mäusen sind die Korkschichten nicht angenehm und sie zeigen ähnliches Verhalten wie die Schnecken, wenngleich ihren kräftigeren Freßwerkzeugen gegen- über stärkere Korkumhüllungen nötig sind. Zum Beweise wurde fol- gendes Experiment angestellt: Ich fertigte Würfel aus Zwieback, andere aus dem hartgekochten Weißen von Hiühnerei und eine dritte Art aus Schweizerkäse an, wel- chen Meine Versuchsmäuse, die ich meist mit Zwieback ernährt hatte, sehr gern fraßen. Diese Würfel umklebte ich mit zarten Scheiben von ausgekochten Flaschenkork und legte sie den Tieren vor. Obwohl sie nun hinter der Korkschicht ihre Lieblingsspeisen vermuten mußten, be- durfte es vieler Mühe und einer für ihre Verhältnisse großen Hunger- pause, bis es ihnen gelang, ein Loch in die am wenigsten widerstands- fähigen Ecken der Würfel zu nagen, dureh welches sie nun den Inhalt herausholten. In einigen Fällen gelang es den Tieren, eine Korkplatte abzureißen, die dann unberührt blieb und erst nach einigen Tagen von den sehr hungrigen Tieren benagt wurde. Dabei zeigte sich, daß die Fäzes den unverdauten Kork enthielten. Das gleiche war übrigens in den Fäzes der Schnecken, die Bryonia- und Zuckerrübenkot gefressen hatten, zu beobachten, Hier ist auch der bisweilen den fleisehigen Wurzeln von Kultur- pflanzen gefährlich werdenden Julus-Arten zu gedenken, die zwar nach Nördlinger?), Rörig®) und Ritzema Bos*) verwesende Stoffe und tierische Nahrung vorziehen, sich aber in der Not bisweilen an Möhren und Karfoffeln heranmachen. Hier fressen sie, wie mir ein Landwirt in Übereinstimmung mit Rörig mitteilte, mühsam ein kleines Loch in die Korkhülle der Wurzeln und machen dann durch dieses hindurch- kriechend im Innern der Pflanze eine tiefe und breite Höhle. Auch hier scheint mir die Form der Höhle dafür zu sprechen, daß der Kork selbst den scharfen Mundwerkzeugen der Julus-Arten Widerstand. leistet, der nur in der Not mühsam überwunden wird. Haare. Den Schutz, den Behaarung den Pflanzen gegen die Angriffe von Schnecken gewährt, hat Stahl eingehend und einwandsfrei bewiesen. Ich selbst stellte Versuche mit Kaninchen an und ließ weitere Versuche 1) Nördlinger, Die kleinen Feinde der Landwirtschaft, Stuttgart 1869. 2) Rörig, Tierwelt in der Landwirtschaft, Stuttgart 1906. 3) Ritzema Bos, Schädlinge und Nützlinge, Berlin 1891, VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. DES TRAVAUX BOTANIQUES NEERLANDAIS PUBLIE PAR LA SOCIETE BOTANIQUE NEERLANDAISE SOUS LA REDACTION DE MM. M. W. BEVERINCK, J. W. MOLL, ED. VERSCHAFFELT, HUGO DE VRIES, TH. WEEVERS ET F.A.F.C. WENT Soeben erschien: . Vol, VEIT, Lävr. 1. Avee 8 figures dans le Texte et le 2 planches. 1911, Preis: 4 Mark. Inhalt: W. und J. DocTers VAN LEEUWEN-REINVAAN. Beiträge zur Kenntnis der Gallen von Java. 3. Über die Entwicklung und Anatomie einiger Merkgallen und über Kallus. Mit Fig. 1—-6 im Text und Fig. 7-—22 auf Tafel I. Dr. J. A. Hoxine. Das $-Xantophyil als Blütenfarbstoff in der Gattung Oenothera. Mit 6 Fig. auf Tafel II. Dr. J. A. Honme. Untersuchungen an Osrotkera-Früchten und Samen. Mit 2 Fig. im Text, Vol. VII, Livr. 2. Avec 33 figures dans le Texte. 1911. Preis: A Mark. Inhalt: F. Weeuvizex. Über indoloide Düfte. M. NIEUWwENaUS — von ÜSXKÜLL-GÜLDENBAND. Die Periodizität in der Aus- bildung der Strahlenblüten bei den Aompasiten. Mit 23 Fig. im Text. Sara RomBacH, Die Entwicklung der Samenknospe bei den Crassulaceen. Mit 10 Fig. im Text. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Flora der Umgebung der Stadt Säo Paulo in Brasilien. Ye" Dr, A, Usteri, Politechnikum Säo Paulo. Mit 1 Karte, 1 Tafel und 72 Abb. im Text. 1911. Preis: 7 Mark. Vorliegende Arbeit ist die erste systematische Bearbeitung der Flora von Säo Paulo. Sie wird wegen ihrer Eigenart und Reichhaltigkeit für weite Kreise der Botaniker und Geographen von Interesse sein. Die reiche Illustrierung erhöht den Wert des Buches. Der erste Teil gibt einen Einblick in die pflanzengeographischen Verhältnisse des Gebiets, während der zweite ein Bestimmen der in dieser Gegend wild wachsenden Pflanzen ermöglicht. . tar . Dr. A. F. W. Schi Botanische Mitteilungen aus den Tropen. HrmuE, vn br AK Weber 9 Hefte. 1889-1901. Lex.-Form. ö Preis: 109 Mark. Heft I: Die Wechselbeziehungen zwischen Pfianzen und Ameisen im tropischen Amerika. Von A. F. W. Schimper. 1888. Mit 3 Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. Heft II: Die epiphytische Vegetation Amerikas. Von A. F. W. Sehimper. Mit 6 Tafeln. 1888. Preis: 7 Mark 50 Pf. Heft IIT: Die indo-malayische Strandflora. Von A. F. W. Schimper. Mit 7 Abbil- dungen im Text, 1 Karte und 7 Tafeln. 1891. Preis: 10 Mark. Heft IV u. V: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im besonderen der in Brasilien einheimischen Arten. Von Dr. H. Schenek, Privatdozent an der Univ. Bonn. I. Teil: Beiträge zur Biologie der Lianen. Mit 7 Tafeln. 1892. Preis: 15 Mark. U. Teil: Beiträge zur Anatomie der Lianen. Mit 12 Tafeln u. 2 Text- Zinkographien. 1898. Preis: 20 Mark. Heft VI: Die Pilzgärten einiger amerikanischer Ameisen. Von Alfred Möller. Mic ? Tafeln und 4 Holzschnitten. 1893. Preis;7 Mark. Beft VII: Brasilianische Pilzblumen. Von Alfred Möller. Mit 8 Tafeln. 1895. Preis: 11 Mark. Heft VIII: Protobasidiomyceten. Untersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 6 Tafeln. 1895. Preis: 10 Mark. Heft IX: Phycomyceten und Ascomyceten. Untersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 11 Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 1901. Preis: 24 Mark. Das Kapland, insonderheit das Reich der Kapflora, das Waldgebiet und die Karroo flanzengeographisch dargestellt von Rudolf Marloth. (Mit Einfügung interlassener Schriften A. F. W. Schimpers.) Mit 28 Tafeln in Helio- grayure, 8 Karten und 192 Abbildungen im Text. 1908. Preis: 100 Mark. Bidet zugleich den zweiten Band, dritten Teil der wissenschaftlichen Ergebnisse der Deutschen Tiefsee-Expedition auf dem Dampfer „Valdivia“ 1898—1899. Im Anftrage des Reichsamtes des Innern herausgegeben von Carl Chun, Prof. der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. ' Inhalt: I. Teil. Die allgemeinen Verhältnisse der Vegetation Südafrikas. — II. Teil. Allgemeine Pilanzengeographie Südafrikas. — IH. Teil. Das Reich der Kapflora. A. Allge- meine Verhältnisse. ‚B Die Regionen und Formationen. — IV. Teil. Die Wälder der Süd- küste. — V. Teil. Das zentrale Gebiet. I. Die Karroo. Il. Das karreide Hochland. 1}1. Das kleine Namaland. — VI. Teil. All ine Ökologie der Pflı ‚Südafrikas. VI. Teil. Der Ursprung der Kapflora. gemeine oe er en Geologische und paläontolögishe Abhandlungen. Yerzrzgegeben von E. Koken. Neue Folge. Band I, Heft 2: Beiträge. zur-Kenntnis der fossilen Flora einiger Inseln des süd- pazilischen und indischen Ozeans. Von L. Crie. Mit :10 Tafeln. 1889. Preis: 9 Mark. Band VI, Heit 3: Zur Geologie von Sumatra. Beobachtungen und Studien. Von Wilh. Volz. Mit 12 Tafein, 3 Karten u.45 Abb. inı Test. 1904. Preis: 36 Mark. Über die Geschichte der Tierwelt von Ceylon. anne Banslo: ment XII, Heft 1. 1110. Bi Ri ii Preis: 7 Mark. j LA Diesem Hefte liegen zwei Prospekte bei: 1. von dem Verlag K. J. Wyss in Bern, betr. „Beiträge zur togamenfiora der Schweiz‘; 2. von dem: Verlag Gustav Fischer in Jena, beir. „Die paliobotanische. Literatur“, 2 At, WRRPrE, BÜGRDROIERE, Ju