ODER ALLGEMEINE. BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN . VON DER ‚ KGL, BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT. IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. VIERTER BAND. (DER GÄNZEN REIHE 104, BAND) "HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 13 TAFELN UND 145 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1912. D ALLE RECHTE VORBEHALTEN t h Inhaltsverzeichnis. ABNOLDI, W., Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyelada- ceen (Borneteila, Acetabularia). Mit Tafel V und 16 Abbil- dungen im Text. . . . BIRCKNER, VICTOR, DieBeobachtung Ton Zoosporenhildung bei Yaucheria aversa Hass. Mit 3 Abbildungen im Text . . BORESCH, K., Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia orassipies Hart.) Solms i in ihrer Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. Mit Tafel IX und 3 Abbildungen im Text... . BRUCHMANN, H. Zur Embryologie der Selaginellaceen. Mit 67 Ab. bildungen im Text. . . BUYSMAN, M., Botanischer Garten in " Nongko Djadjar bei Lasseng (Ost-Jeva) . . . DOPOSCHEG-UHLÄR, J., Frähblüte bei Knollenbegonien. "Mit 4 Ab. bildungen im Text. . GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen. "so. Badula epiphylia Mitt, und ihre Brutknospen. Mit 6 Abbildungen im Text Kennen ee DERS,, Berichtigung . . . GRIMM, JULIUS, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen bei has und Coriaria, Mit Tafel X u. XI und 3 Abbildungen im Text KURSSANOW, L., Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnoma Mit Tafel I-IV. . . MÜLLER-THURGAU, H. und SCHNEIDER- ORELLL, 0, Beiträge 2 zur Kenntnis der Lebensvorgänge in blühenden Pflanzenteilen II. Mit 6 Abbildungen im Text . . NEGER, F. W., Studien über die Resupination. von n Blättern. mie ) Ab- bildungen im Text. . . SCHMID, GÜNTHER, Beiträge zur Biologie der insektivoren Pflanzen. Mit Tafel XII u XIII und einer Abbildung im Text . . SCHRAMM, RICHARD, Über die anatomischen Jugendformen der Bißtter einheimischer Holzpflanzen. Mit Tafel VI-VII... . TISCHLER, G., Untersuchungen über die Beeinflussung der Tuphorbia Cyperissias durch Uromyeon Pisi. Mit 26 Abbildungen im Teit... ... URSPRUNG, A. Zur Kenntnis der "Gandiffusion 5 in Pflanzen. . VOGLER, PAUL, Das „Ludwig’sche Gipfelgesetz“ und seine Tragweite Heft J, pag, 1-84 erschien am 23. Dezember 1911 » W„ 8-46 „ „ 1 März 1912 » I, „ 197-508 „ „ 17. Juli 1912 „ TW, „ 30-46 „ „ 1. Oktober 1912. Seite 85—101 17—171 296-808 180-224 884-886 172-179 157—164 164—166 309334 65-84 337-446 102—122 . 335888 225-—205 1-64 129-156 123-128 FLORA ODER _ ALLGEMEINE BOTANISCHE — ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER, KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT In REGENSBURO. NEUE FOLGE. VIERTER BAND. (DER GANZEN WAR 104. BAND.) ERSTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN, MIT 4 TAFELN UND 26 ABBILDUNGEN IM TEXT. . JENA "VERLAG. VON GUSTAV FISCHER 101. ERSCHIENEN AM 2. DEZEMBER. 3811. Inhaltsverzeichnis. .. Seite TISCHLER, G., Untersuchungen über die Beeinflussung der Euphorbia Oyparissias durch Uromyces Pisi. Mit 26 Abbildungen im Text. . 1-64 KURSSANOW, L, Über Befruchtung, Reifung und. Keinung bei Zygnema. Mit Tafel I-V. . ı... en een 6 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: EXKURSIONSFLORA VON JAVA UMFASSEND DIE BLÜTENPFLANZEN MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER IM HOCH- GEBIRGE WILDWACHSENDEN ARTEN IM AUFTRAGE DES HOLLÄNDISCHEN KOLONIALMINISTERIUMS BEARBEITET VON D* S. H. KOORDERS ERSTER BAND: MONOKOTYLEDONEN MIF EINER CHROMOLITHOGRAPHISCHEN TAFEL, 6 LICHTDRUCKTAFELN UND % FIGUREN IM TEXT. 1911. Preis: 24 Mark. . Einer der besten Kenner der javanischen Flora, der sich seit vielen Jahren in Java als Sammler betätigt, hat diese Exkursionsflora verfaßt. Bei dem besonderen Interesse, das Java von jeher für die Botaniker bietet — wohl keinem ist der botanische Garten von Buitenzorg mehr unbekannt — wird vermutlich gerade dieses Werk besonders willkommen geheißen werden. Nicht nur Sammler und Bibliotheken, sondern viele Botaniker werden daher wünschen, die von einem hervorragenden Sachkenner geschriebene Exkur- sionsflora zu besitzen, die sich nicht nur durch Vollständigkeit, sondern auch durch besonders schöne Abbildımgen auszeichnet, an ee Untersuchungen über die Beeinflussung der Euphorbia Cyparissias durch Uromyces Pisi. ” " Von @. Tissller. (Mit 26 Abbildungen im Text.) L In den letzten Jahren hat man sich, dank den Erfahrungen der „kausalen Morpholögie“, bewußter dem Problem zugewandt, ob und . wie bei Erzeugung von Metamorphosen der Vegetationspunkt und die an ihm neuangelegten jungen Organe „umgestimmt“ werden können. Da fand man dann vielfach, daß selbst ‘Organe, die man früher direkt von dem Wechsel der Außenbedingungen beeinflußt glaubte, bereits als erste Anlagen eine andere Entwicklungsrichtung erfahren. Ich brauche bier nur an die Studien von Nordhausen?) über Sonnen- und Schattenblätter zu erinnern, für die schon die Beleuchtungs- verhältnisse entscheidend sind, welche auf die von dicken Tegmenten umhüllten Knospen einwirken. Klebs®®) (pag. 92ff.) hat vor wenigen Jahren die Faktoren zusammenfassend behandelt, welche „Anomalien“ erzeugen können. „Mit mehr oder minderem Recht“ findet man nach diesem Autor dafiir Parasiten, Verletzungen und Ernährungsverhältnisse (zu starke oder zu geringe Ernährung) angegeben. „Da die gleichen Anomalien sowohl durch Parasiten wie durch Ernährungsänderungen herbeigeführt werden, so liegt es nahe, auch die Wirkungen der Para- siten auf Ernährungseinflüsse zurückzuführen. Ein gewisser Unterschied zeigt sich darin, daß man nach den bisherigen Erfahrungen künstlich Anomalien nur durch Änderungen der allgemeinen Ernährungs- bedingungen hervorrufen kann, während die Wirkung der Parasiten meistens, wenn auch nicht immer, lokaler Natur ist.“ Trotzdem wird auch da, wo wir eine gewisse „Fernwirkung“ des Parasiten anzu- nehmen gezwungen sind, nach unseren bisherigen Kenntnissen niemals eine unbegrenzte „Umstimmung* des Vegetationspunktes oder der Meristeme überhaupt zu stafuieren sein. Die Beeinflussungen, die pflanzliche oder tierische Parasiten an einem Organe vornehmen, werden als „Gallen“ bezeichnet, sofern in ihnen irgend ein symbiontisches Verhältnis zwischen den beiden einander artfremden Organismen eingegangen ist (siehe Küster®), pag. 190). Nun ist für tierische Bildner „organoider“ Gallen, wie die ausgedehnte Flora, Bd, 104. 1 2 6. Tischler, Literatur ergibt, mehrfach bekannt geworden, daß der Vegetations- punkt selbst oder die Gewebe unmittelbar darunter durch die ent- sprechenden Reizstoffe infiziert werden können. Wir wissen auch, wie verschieden die pflanzlichen Gewebe darauf reagieren; so gehen sie z. B. bei Beeinflussung des Vegetationspunktes von Prunus Padus durch gallenerzeugende Milben einfach zugrunde [Appel‘), pag. 101], während in anderen Fällen sich nur Hemmungen des Wachstums oder Produktionen abnormer Anhangsgebilde einfinden. Appel schildert einen solchen Fall genauer für die „Wirrzöpfe der Weiden“ (pag. 131). Im Grunde des infizierten Salix-Fruchiknotens entsteht hier ein neuer Vegetationspunkt, der bald seine normale Entwicklungsfähigkeit verliert. Er vermag sich nicht mehr zu strecken, während er fortgesetzt noch Blattanlagen produziert, „so daß die ganze Umbildung aus einer Häufung von Blättern besteht, in deren Achseln sich immer wieder neue Vege- tationspunkte bilden“. Auch die neuesten Studien von van Leeuwen- Reijnvaan®*) wären hier zu nennen, liefern sie uns doch ein noch besseres Beispiel für formative Beeinflussung eines Vegetationspunktes durch einen tierischen Gallenerreger. Die oberirdischen Sprosse von Psilotum wurden durch die Coceiden nämlich in Gebilde umgewandelt, die den unterirdischen Rhizomen glichen! Appel betont ausdrücklich — und das gleiche muß wohl auch für die Psilotum-Gallen gelten —, daß es sich hierbei um Fern- wirkungen handele, daß also das Gift von Zelle zu Zelle hindurch diffundieren müsse, oder der Stoffwechsel sonstwie suecessive in ihnen verändert. werde. Das ist von prinzipieller Wichtigkeit, denn für pflanz- liche Gallenbildner habe ich mich aus der vorliegenden Literatur nicht überzeugen können, daß ähnliche Fernwirkungen für die Gewebe an Vegetationspunkten beschrieben sind. Hier erscheint vielmehr die un- mittelbare Nähe des die Meristeme „umstimmenden“ Parasiten eine ünerläßliche Voraussetzung für eine formative Beeinflussung zu sein. 8o ist, um nur ein auch von Küster?!) (pag. 209) und v. Goebel (in seiner Organographiet”) (pag. 167) zitiertes Beispiel heranzuziehen, bereits 1892 von Giesenhagen!®) (pag. 152) darauf aufmerksam ge- macht, daß bei den Hexenbesen, die von Taphrina Laureneia auf Pteris-Blättern hervorgerufen werden, eine Blattfieder sieh völlig normal gegen die Regel ausbildet, sofern zufällig eine Pilzhyphe einmal nicht hineingelangt. Und so könnten wir auch z. .B. bei dem Durchblättern des Klebahn’schen?®) Buches über die Uredineen oder anderer ähn- liche Fragen behandelnden Arbeiten leicht die Beispiele häufen, wo- wonach jegliche formative Beeinflnssung.der Meristeme aufhört, sowie der Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyees Pisi. 3 pflanzliche Parasit nieht unmittelbar daneben ist. Ein Weiterleiten der Stoffwechselveränderung in irgend einer Form scheint für Vegetations- punkte nirgends vorzukommen, während es doch für ältere Gewebe bekannt ist, wie z. B. die Gallen von Syschytrium pilificum auf Tor- mentilla-Blättern‘zeigen, auf die Küster) (pag. 108#., 212) hinweist*). Ferner wissen wir durch Baurs?) Untersuchungen über die Malvaceen- Chlorose, daß durch Verkoppelung zweier Einzelindividuen zu einem neuen, wofern das eine nur eine gewisse „Stoffwechselerkrankung“ auf- weist, auch das andere dauernd beeinflußt werden kann (wenn die äußeren Verhältnisse wie z. B. das Licht die gleichen bleiben), so daß sich vielleicht auch einmal ein pflanzlicher Parasit finden wird, der gleiches erreicht. Ein Weg, der wenigstens äußerlich zu dem näm- "lichen Resultat einer dauernden Umstimmung führen müßte, wäre der, daß die Vereinigung der beiden Lebewesen — etwa wie bei der Algen- und Pilzsymbiose im Fiechten-Thallus — so fest unter normalen Außen- bedingungen bleibt, daß eine Trennung nie oder fast nie stattfindet. So innig denkt sich z. B. Eriksson diese Vereinigung in seiner viel umstrittenen Mykoplasmatheorie (s. die historische Darstellung der Lehre®)**), von solch intimer Symbiose wissen wir auch aus den Untersuchungen von Zeijistra’®) über Oenothera nanella oder von Miehe*%) über Ardisia. Bei Oenothera ist durch das Zusammenleben mit dem Micrococcus eine weitgehende formative Wirkung hervor- gerufen, bei Ardisia hat das Bakterium nur besondere Knoten am Blattrand produziert, die früher als Eiweißdrüsen bezeichnet wurden. Gar keine sichtbare Beeinflussung der Wirtspflanze kennen wir von dem eigenartigen Lolium-Pilz, der während der ganzen Ontogenese mit Lolium temulentum in inniger Symbiose lebt. Auch unter den höheren Pilzen, so gerade bei der von Eriksson studierten Familie der Uredineen, gibt es nun Spezies, für die ziemlich allgemein in den befallenen Exemplaren eine so feste Verbindung der Hyphen mit den Bildungsgeweben der Wirtspflanze angenommen wird, wie zwischen Oenothera nanella und den „Zooglöen“, d. h. für die nur *) Siehe aber Küster”) (p. 109): „Welche Faktoren darüber entscheiden, ob lediglich die Nährzelle des Parasiten hypertrophiert oder ob daneben auch andere Zellen abnormales Wachstum und Teilungen erfahren, ist noch nieht ausreichend klar“, **) Über meine Mitarbeit vor zirka einem Jahrzehnt bei den Versuchen Erike- sons diese Theorie eytologisch zu begründen siehe Tischler). Ich möchte auch an dieser Stelle noch dankbar der so vielen Anregungen auf dem Gebiete der Mykologie gedenken, die ich während zweier Sommer in Prof, Erikssons Labo- ratorium genoß, auch wenn ich der cytologischen Begründung der Mykoplasma- theorie nicht mehr zu folgen vermag. ı* & . 6. Tischler, „zufällig“ einmal eine Trennung möglich erscheint. Ein beliebtes und oft zitiertes Beispiel bietet uns Euphorbia Cyparissias, die durch Uro- myces Pisi*) formativ so beeinflußt ist, daß sie früher ebenfalls als selbständige Art unter dem Namen: E. degenerata beschrieben werden konnte. . Mir fiel es nun schon vor Jahren auf, daß unter bestimmten Außenbedingungen sich die Euphorbien anscheinend immer in den oberen fortwachsenden Teilen vom Pilze emanzipieren können. Besonders instruktiv sah ich dies einmal (13. Juni 1905) in einem kleinen feuchten Tal in der Nähe des Donon (Nordvogesen). Hier waren auf weite Strecken sämtliche Euphorbien dem Pilz „entwachsen“; in den unteren Teilen der Sprosse wiesen sie die dieken durch den Pilz veränderten Blätter auf, in den obersten zeigten sie keine Spur mehr davon. Klebahn 8) erwähnt in seinem Buche über die wirtswechselnden Rostpilze unser ganzes Problem überhaupt nicht, Auf eine Anfrage von wir hatte er die Freund- lichkeit mir mitzuteilen **), daß seines Wissens außer der Literatur, die sich um die fungiziden Wirkungen der sogenannten „Bordeauxbrühe“ gruppiere, nur eine kleine Abhandlung von Hennings ??) anzuführen sei. Der verstorbene Berliner Mykologe hat hier eine Reihe von eigenen Erfahrungen zusammengestelit, aus denen hervorzugehen scheint, daß auch Pflanzen, die von perennierendem Ustilagineen- oder Uredineen- Myzel total durchzogen wurden, „gesunden“ konnten, d. h. nach einigen Jahren irgendwie den Pilz aus ihrem Vegetationskörper heraus- gebracht haben mußten, da er sich äußerlich nie mehr manifestierte. *) Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß das „Aecidium Cyparissias“ außer in den Formenkreis von Uromyces Pisi auch in den von U. Astragali (Opiz) gehören kann [s. E. Jordi®)]. Ja diese Spezies ist noch in die beiden Arten: Uromyces Euphorbiae Astragali (Uredo- und Teleutosporen auf Astragalus und Oxytropis) und U. Euphorbiae cornieulati (Uredo- und Teleutosporen auf Lotus) getrennt worden. Jordi bemerkt aber ausdrücklich, daß in beiden Fällen die Aeeidien und Pykniden denen von Uromyces Pisi durchaus gleichen. Wenig geklärt erseheint auch die alte Angabe Schröter’s über „Uromyces striatus“ [s. Klebahn ®) p. 330—331], Für unsere Fragestellung ist jedoch die genauere Feststellung des Entwicklungskreises, in den jedesmal die Aecidien-Generation gehört, weniger von Interesse, da für diese irgendwelche prinzipiellen Unterschiede nicht angegeben werden. Nur können die Deformationen der Wirtspflanze in ihrer „Intensität“ etwas verschieden sein, z. B. je nachdem bei Uromyces Pisi die Teleutosporen auf Vicie eracea oder auf Lathyrus pratensis reiften. Ich habe demzufolge auch’ keine dies- bezüglichen. Untersuchungen angestellt, meine Kulturen aber nur mit Material von einem und demselben Standort angesetzt. . **) Laut Brief vom 29. April 1908: ‚Es ist mir aber nicht genau erinnerlich, wig weit der betreffende Gedanke in der Literatur festgelegt ist.“ Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyees Pisi. 5 Mikroskopische Untersuchungen hat Hennings nicht gemacht. Für - Uredineen nennt er Peltandra virginica, befallen von Aeeidium impor- tatum, sowie Ornithogalum nutans und umbellatum, die von Puceinia Liliacearum infiziert waren. Unsere Euphorbia Cyparissias wird gar nicht berührt. Doch fand ich, daß schon de Bary:) (1863) lange vor Hen- nings sowohl für diese uns hier näher interessierende Spezies, wie für andere Arten mit perennierendem Myzel angibt, daß aus unbekannten Gründen plötzlich das Myzel aufhören könne zu wachsen (pag. 97). Es kann die Wirtspflanze dann „produire des organes intacts, plus ou moins nombreux, möles & ceux que le parasite a envahis; il peut aussi arriver que toufes ses pousses soient intactes, tandisque celles de l’annde prec&dente 6taient envahies par Fendophyte“. Aber sowohl diese allge- meinen Angaben, wie die von Pfeffer in seiner Pflanzenphysiologie (55, IL, pag. 210) („Demgemäß findet man zuweilen einen einzelnen Sproß, in den der Pilz niemals eindringt, in normaler Form ausgebildet“), erörtern die Frage nicht näher, wie und weshalb ein befallener Sproß sich durch Weiterwachsen vom Pilzmyzel befreien kann. Speziellere Daten entdeckte ich außer einem kleinen Zitat bei Frank*) !8) (pag. 146) für Euphorbia in der mir zugänglichen Literatur nur bei Massalongo%) und E. Fischer). Der erstere hier zu nennende Passus lautet: „Altro germoglio sterile, solo in parte infetto dal fungo e non arrestato nel suo allungemento. Dalla base fino oltre la meta di sua altezza, portava foglie ipertrofiche, colla fruttificazione del paras- sita, mentre quelle inserite alla sua estremitä erano normali, perch® egenti da infezione. Va notato che lo stesso esemplare era fornito di alcuni rami, i quali sebbene nascessero dall’ascella di foglie alterate dal fungillo, tuttavia portavano foglie di forma normale. Questo germoglio sterile fu raccolto ai 14 di Giugno del 1898 presso Tregnago (prov. di Verona) ed & probabile che, a motivo della stagione avanzata, il micelio ibernante non abbia potuto raggiungere ed influenzare a tempo oppor- tuno le foglie dell’estremitä del fusto e suci rami, prima che avessero sorpassato quella fase di sviluppo propizia alla loro infezione*. Die zweite Notiz ist in einem Aufsatz von E. Fischer’) ent- halten. „Ausnahmsweise kann es allerdings auch vorkommen, daß ein so deformierter Sproß sich verzweigt. Dabei sind die Zweige ent- weder in gleicher Weise wie die Hauptachse anormal ausgebildet, oder *) „Der Sproß schließt in dieser Form ab“ (d. h. die Blätter bleiben pilz- befallen), „selten wächst seine Endknospe später unter Bildung normaler Sprosse weiter... Bald nachdem die Sporen gereift sind, sterben (scil. normaler Weise) die Sprosse ab.“ 6 6. Tischler, sie können normal entwickelt sein. Letzteres kann nur so erklärt werden, daß das Myzel vielleicht im Sommer langsamer wächst und Fig. 1e. Sprosse von Euphorbia Cyparissias, die in ihren oberen Teilen sich vom Pilz emanzipiert haben. (Gesammelt bei Türkheim, Ober-Elsaß, Juni 1911). daher dem Wachstum der Seitenzweige nicht zu folgen vermochte: die Seitenzweige des kranken Triebes ent- wachsen gleichsam dem Myzel“. In Fig. 12 haben wir ein typisches Bild für ein „Entwaehsen“ der Sprosse aus dem Bereich des Myzels. Die Pflanzen stammten aus der freien Natur, von Türkheim im Ober-Elsaß. Fig. 12 mag noch das Auswachsen von pilzfreien Achselsprossen demon- strieren, die sich infolge eines künstlichen Fortschaffens des Hauptvegetationspunktes gestreckt hatten. Zwei Gründe dürften dafür in Betracht kommen, daß die Häufigkeit der Emanzipation vom Pilz so selten Fig. 15. Desgleichen. Nach Entfernung des Vegetationspunktes der Hauptachse sind innerhalb von 2 Wochen 5 Achselknospen zu jungen Trieben ausgewachsen. Alle sind anscheinend völlig pilzfrei. Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias dureh Uromyces Pisi. 7 erkannt ist. Einmal werden sicher die im Freien wachsenden Euphorbien durch den Pilz so geschwächt sein, daß sie deshalb oder durch die Nachbar- pflanzen vorzeitig unterdrückt werden und aus diesem zufälligen Grunde gar nieht in die Lage kommen, ihre Befähigung zur Produktion von normalen Blättern mehr zu offenbaren. Würde es möglich sein, die Wirtspflanzen sekundär wieder so zu kräftigen, daß sie überhaupt weiter wachsen können, so müßten sie, wie wir sehen werden, säntlich die Befreiung vom Pilze aufweisen. Bei Isolieren eines pilzbefallenen Stockes durch Versetzen in einen Blumentopf fällt die störende Konkurrenz weg, die Ernährung wird eine bessere und die Sprosse können ungestörter ihre „Potenzen“ entfalten. Wo zufällig die Pflanzen Iuxuriieren, wie in den oben genannten Standorten am Donon oder bei Türkheim finden wir dann ganz dieselben Erscheinungen wie bei unseren Topfkulturen. Der zweite Grund ist aber sicher der, daß überhaupt derartige Übergangsformen mit unten verpilzten, oben pilzfreien Blättern sich nur relativ kurze Zeit vorfinden, da die unteren Blätter bald, und zwar früher als bei den nicht infizierten Stöcken, absterben und ab- fallen. So muß man schon sehr genau zuschauen, wenn man ohne weiteres einer Pflanze im Spätjahr ansehen will, ob sie in ihrer früheren Jugend pilzbefallen war. Ist einmal der Blick geschärft, findet man bald diese Individuen auch im Freien heraus. Und das gilt nicht bloß für Euphorbia Cyparissias, sondern’ auch für E. Esula und Gerardiana. *) Die Photographie in Fig. 2 mag uns einen Stock von Euphorbia Cyparissias aus meinen Kulturen zeigen. Die Pflanze war pilzbefallen im Frühjahr 1908 aus dem Freien (Neckarufer bei Heidelberg) in einen Blumentopf gepflanzt und hatte noch im April 1910 wieder sämtliche Sprosse mit Pilzpusteln bedeckt. Bei einer Revision am 27. Mai waren dann einige Triebspitzen pilzfrei und am 17. Juli, an welchem Tage sie photo- graphiert wurde, sah sie annähernd normal aus. Nur die Tatsache, daß ziemlich weite Strecken der Stämmehen gänzlich frei von Blättern waren, *) Nach den vorliegenden Angaben von Klebahn”® (p. 330) würden die Aecidien von der ersteren Art wahrscheinlich zu Uromyees Pisi, die der zweiten dagegen nach E. Fischer!) (p. 130f£) zu Uromyces caryophyliinus (Schrank) Winter gehören. Eine Angabe von W. Müller:%, nach der das „Aseidium Euphorbiae Gerardianae“ in dem Entwieklungskreis eines Pilzes sich finden sollte, dessen Teleutosporen auf Ononis rotundifolia auskeimen, dürfte nach E. Fischer auf eine unbeabsichtigte Vermengung des Infektionsmateriales wit Sporen von Aecidium Cyparissias zurückzuführen sein. Freilich wäre dabei noch zu hedenken, daß letztere Papilionacee bisher noch nicht als sicherer Teleutosporenwirt für Uro- myces Pisi bekannt ist. Die genauere Spezialisierung verdient jedenfalls noch weitere Untersuchung. 6. Tischler, 8 vermag dem schärfer Zubliekenden zu verraten, daß wir es ursprünglich mit einer durch und durch infizierten Pflanze zu tun hatten. Fig. 2. Eaphorbia C 2. Zt. der photographischen Auf- nahme äußerlich keine Spur von Pilzdeformation zu erkennen. parissias vom Pilz befallen; yı Untersuch. üb, d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyees Pisi. g Durchaus nicht nötig hingegen, worauf schon Pfeffer aufmerksam macht, ist, daß nun immer in sämtliche Knospen das Myzel eindringt. Neu austreibende Knospen, namentlich während des Spätjahres, lassen z. B. kaum eine Spur von Pilzinfektion erkennen*). Das gilt in gleicher Weise für die Knospen am Rhizom wie an den oberirdischen Trieben. Ich habe noch im Frühjahr 1911 genauer auf diesen Punkt ge- achtet, indem ich eine Anzahl von pilzbefallenen Euphorbien aus dem Freien (nahe dem Neckarufer bei Heidelberg) ohne jede besondere Auswahl mit ihren Rhizomen ausgrub und untersuchte, wie viele der ausgetriebenen Sprosse sich im ersten Frühling vom Pilz infiziert zeigten, wie viele nicht. Im folgenden sei eine Übersicht davon gegeben. Zahl der Nr. ausgetriebenen | davon pilzbefallen nicht pilzbefallen Sprosse 1 8 3 5 ” (sämtlich mit Blüten- Knospen) 2 8 5 — 3 4 4 _ 4 5 5 — 5 18 15 3 (ohne Blüte) 6 4 1 3 (2 davon mit Blüte) 7 9 915 _ 8 u aufs _ 9 16 161 2 _ 10 12 ı2|* _ 11 15 15| ® _ 12 19 19:8 —_ 13 7 = 1 8 (ohne Blüte) 14 7 TI _ 15 6 612 _ 16 6: 8] _ 17 3 3 —_ 18 6 6 _ 19 15 12 3 (ohne Blüte) 20 24 23 1 (ohne Blüte) 21 16 16 —_ 22 4 4 — 23 7 T - 24 8 | 8 _ 25 5 5 _ (davon bei 3 Pilz in die Bilütenstände gelangt) *), Wie leicht die sonst ruhenden Knospen selbst an abgeschnittenen Stengeln im Glase Wasser austreiben können, zeigte mir das in Fig. 1b abgebildete Beispiel, 10 2 . 6. ‚Tischler, Von den 25 willkürlich herausgegriffenen Euphorbia - Rhizomen zeigten sich also sechs, das wären 24°/,, in einzelnen Sprossen pilzfrei. Nur zwei Individuen waren dabei noch so kräftig geblieben, daß sie Blütentriebe entwickeln konnten. Von den 224 gezählten pilzbefsllenen Sprossen an den 25 Exemplaren hatten aber nur drei die Möglichkeit besessen, trotz der Parasiten einen Blütenstand anzulegen, und diese drei befanden sich an einem. und demseiben Euphorbia-Rhizom. Wenn ich pilzbe- fallene Stöcke von Eu- phorbia Cyparissias im Topf über den Winter hielt, so war jedesmal ein größerer Prozentsatz von ihnen abgestorben, Der Pilz muß die Rhi- zome offenbar in ihrer Entwicklungsfähigkeit zu sehr geschwächt haben*). Gesunde Individuen sind dagegen unverwüstlich in ihrer Lebenskraft und lassen sich sehr leicht in Töpfen kultivieren. Immerhin vermochte ich auch von den pilz- kranken einen größeren Fig. 3. Im Warmhaus getriebene junge Euphorbia- Teil im Frühjahr zum sprosse, die obersten Blätter sind dabei ganz pilzfrei Austreiben zu bringen. geworden. “ Er bei dem ich den Vegetationspunkt mit den jüngsten Blättern am 12. Juni ’fort- präpariert hatte; die Photographie wurde am 27. Juni aufgenommen. *) Genauere Untersuchungen darüber, wie lange überhaupt das Myzel in den Rhizomen persistieren kann, liegen nicht vor; de Bary berichtet nur von zwei- maligem Wiederauftreten des Pilzes an den oberirdischen Sprossen einer befallenen Euphorbia in seinen Topikulturen. Ich selbst habe auch nicht länger Rhizome im Topfe halten können. Sc waren kräftige Pflanzen, die 1908 pilzbefallen eingepflanzt warden, somit mindestens 1907 infiziert waren, noch während des Sommers 1909 und 1910 am Leben. Der größte Teil der Sprosse war jedesmal vom Myzel durch- zogen, die Blätter wiesen die typischen Deformationen auf. 1911 waren die noch im Jahre vorher kräftigen Stöcke indes abgestorben. Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Oyparissias durch Uromyces Pisi, 11 Wie wir durch die Untersuchungen von de Bary®) und vor allem durch Jordi?®) wissen, welcher zuerst die Frage experimentell behandelte, werden die Wirtsknospen schon im Jahre vor ihrem Austreiben von den keimenden Teleutosporen des Uromyces infiziert. Das Myzel ruht in ihnen und wächst erst aus, wenn auch die Knospen sich weiter entwickeln. Stellte ich die von mir näher zu untersuchenden infizierten Euphorbia- Stöcke im Januar ins Warmhaus, so ging das Austreiben ihrer Knospen sehr viel schneller vor sich als normal, ebenso die Sporen-Entwicklung der Pilze. Dadurch blieben die weiteren, vom Vegetations- punkt gebildeten Blätter pilzfrei. So verbrachte ich einen Topf am 25. Januar 1908 ins Warmhaus; am 3. Februar schon zeigten sich die ersten Pyknidenpusteln und am 14. März hereits waren die obersten Blätter rein. Der Gegensatz zwischen den beiderlei Blattformen wird uns gut in Fig. 3 dargestellt, die eine solche, im Warmhaus getriebene Pflanze repräsentiert. Dieses Austreibenlassen von pilzfreien Blättern glückte mir jeder Zeit durch Versetzen der Euphorbia unter die feucht- warmen Außenbedingungen eines Warmhauses, sofern nur überhaupt ‘die Sprosse noch wuchsen. Wenn ich Pflanzen aus dem Freien herein- holte, die bereits mehr oder weniger ausgewachsen waren und ihre Blätter vom Pilz infiziert zeigten, so starben häufig die oberirdischen Sprosse total ab. Daß aber auch hier noch prinzipiell das gleiche sich zeigen kann wie bei den jüngeren austreibenden Sprossen, mag uns folgender Fall beweisen. Ich versetzte am 8. April 1911 die vorhin unter Nr. 25 ange- führte völlig pizbefallene Euphorbia ins Warmhaus. Der Stock war so kräftig, daß er drei Blütenstände getrieben hatte und in alle war der Pilz hinaufgestiegen, so daß nicht nur die Deckblätter, sondern selbst die männlichen und weiblichen Blüten äußerlich mit zahlreichen Aeeidien- pusteln bedeckt waren. Ein Weiterwachsen, des endständigen Vege- tationspunktes war ja nun kaum zu erwarten, aber schon am 17. April hatten sich aus den sonst ruhenden Achselknospen der obersten Laub- blätter mehrere vegetative Triebe entwickelt, fünf, drei und zwei, von verschiedener Länge. Alle waren völlig pilzfrei und die Blätter ganz norınal (Fig. 4). Die Sprosse erwiesen sich absolut. kräftig und ver- mochten noch lange weiter auszutreiben. Schon Anfang Mai war die Pflanze zu einem gesunden, in den oberirdischen Teilen äußerlich gänz- lich pilzfreien buschigen Stock herangewachsen. Ein gleiches Austreiben von Seitentrieben, nachdem der oberste "Teil der primären Achse mit dem Vegetationspunkt vertrocknet war, bemerkte ich bei meinen im Warmhaus gehaltenen pilzinfizierten Euphor- 12 6. Tischler, bien auch sonst noch öfter. Immer aber war nur die Kräftigkeit des Individuums, nicht seine Entwicklungsphase die Ursache für die Pilz- freiheit geworden. Auch mit der Verzweigung an sich in vorgerückteren Altersstadien hängt sie jedenfalls nicht zusammen. Wenn durch die Innen- oder Außenbedingungen das Pilzmyzel überhaupt noch zu wachsen: fähig ist, kenn es auch die austreibenden Seitentriebe infizieren, ob sie vegetätiv bleiben oder Infloreszenzstiele darstellen. Ein Bild (nach einem 1907 gesammelten und dann getrockneten Exemplar), Fig. 5, beweist uns dies Hier sehen wir von der Hauptachse eine ganze Reihe Seitentriebe aus- gehen und alle haben die typischen pilzdefor- wierten Blätter*). Die Nichtverzweigung der vom Myzel durchzogenen Stämme ist deshalb die Regel, weil schwächere Pflanzen überhaupt das Austreiben der Seiten- zweige unterdrücken. Durch die Warm- hauskulturen hatten wir es jedenfalls in der % ee Hand, die Euphorbien- : = sprosse äußerlich zum Fig. 4. TEuphorbiasprosse, bei denen im Freien mindesten pilzfrei zu der Pilz bis in die Blütenregion gegangen war. j i - Bei dem nachherigen Austreiben der Seitenzweige machen, weil die ver im Warmhaus blieben diese völlig pilzfrei. änderten Außenbeding- ungen auf Wirtspflanze und. Parasit so einwirken, daß die gegenseitige „Anpassung“ dadurch gestört wird. Schon de Bary?) hatte übrigens Versuche ähnlicher Art wie wir angesetzt. So finden wir für Peronospora {pag. 53) und Uremyces appendiculatus (pag. 98) die Angabe, daß bei starker Zufuhr von Feuchtigkeit zu der pilzbefallenen Pflanze „la v&götation du parasite et la production de ses touffes fertiles sont acetlerdes et augmentdes tres visiblement“. Aber er gibt nicht als Konsequenz an, daß nun *) Siehe auch die Fig. 14 u. 15 bei R. Stämpfli®t) (pag. 248); Modifizierte ‚oder total vergrünte Blütenstände von Euphorbia Cyparissias, Untersuch. ib. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromycss Pisi. 18 auch die befallenen Pflanzen in ihren weiteren produzierten Blättern dadurch von dem Pilz sich ganz emanzipieren können *). Eine zweite Serie von Versuchen ging von dem Gedanken aus, daß es umgekehrt gelingen müßte, durch Verzögerung der Pilzentwickluug auch die Befreiung der Wirtspflanze von ihrem Parasiten zu verzögern. Nach einer Angabe von Iwanoff?‘) (pag. 276, 280), wonach im Schatten und noch mehr bei gänzlichem Licht- abschlluß die Bildung der ‚Aecidiosporen von Puceinia gra- minis später als bei direkter Sonnenbestrahlüung vor sich geht, glaubte ich in völligem Entzug des Lichtes einen wirk- samen Faktor in dem von mir gewünschtem Sinne zu ent- decken. Ich verdunkelte über- winterte pilzinfizierte Euphorbia- Stöcke unmittelbar nach den ersten Anzeichen ihres Aus- treibens und erhielt dann bald Pflanzen, wie uns Fig. 6 eine vorstellt. Die Temperatur war dabei genau gleich der, bei welcher ich z. B. die Pflanze von Fig. 3 gezogen hatte, d. h. tags ungefähr 25—27°, nachts etwas geringer. Die Luft war, wie dies in unseren Warm- häusern so üblich ist, zwar ver- ‘ schieden, aber immer sehr Fig, 5. Außerordentlich reiche Verzweigung der Hauptachse einer Euphorbia Cyparissias trotz der Pilzinfektion, Alle Seitenzweige noch pilzbefallen. stark mit, Wasserdampf erfüllt, oft völlig damit gesättigt. Trotzdem die Sprosse eine ziemlich große Höhe erreichten, war '*) Aus der historischen Einleitung in der Arbeit von Iwanoff?”) (pag. 266) geht hervor, daß über den Einfluß Außerer Einwirkungen auf den Entwieklungs- gang der Uredineen sonst nur „ganz vereinzelte Untersuchungen“ vorliegen. Unser Problem wird dabei kaum berührt. 14 G. Tischler, äußerlich vom Pilz noch nichts zu bemerken*). Wenn ich aber dann mit der Verdunkelung aufhörte, traten in wenigen Tagen wieder die pustelbedeekten Blätter zutage. Es war eben die Pykniden- resp. die Aeeidien-Bildung nur aufgeschoben, aber nicht dauernd gehemmt. Dieser hemmende Einfluß ließ sich auch bei den späteren Entwicklungs- stadien noch deutlich machen. Denn wenn ich Euphorbia- pflanzen, die in der freien Natur schon über und über mit Pykniden bedeckt waren, in einen Blumentopf pflanzte und nun im Warmhause verdunkelte, also ebenda, wo sonst, falls überhaupt Wachstum stattfand, sehr bald eine Produktion von pilzfreien Blättern erfolgt war, so wurden die neuen vom Vegetationspunkt er- zeugten Blätter nicht pilzfrei. Sie wiesen jedoch äußerlich viel weniger und viel kleinere Pusteln auf als die belichteten. Bei rein äußerer Betrachtung der Lichtsprosse sagt man sich, daß es schließlich auch hier in einzelnen Fällen gelungen sein würde, bei besonders kräftigen Indi- viduen das Pilzwachstum ganz zu hemmen, und die Fig.6. Huphorbia pilzbefallen, bei Lichtabschluß Wirtspflanze gesunden zu im Warmhaus getrieben. Änßerlich keine . Pusteln zu entdecken. er lassen. In meiner Kultur starben aber doch alle Sprosse bald ab. de Bary? (pag. 98) berichtet nur von Versuchen mit. einseitiger Blattbeleuchtung der Sprosse, die von Uromyces appen- *) Iwanoff sah, daß die Aecidienbildung von Puceinia graminis schließlich auch im Dunkeln sich zeigte. Gleiehes hätten mit ziemlicher Sicherheit wohl auch wir bei längerer Dauer der Versuche erreicht. Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph.Cyparissias durch Uromyces Pisi. 15 diculatus befallen waren. Seine Resultate lassen sich für unsere Schlüsse nicht verwerten, da natürlich durch die dünnen Blätter Licht trotzdem in genügenden Mengen hindurchgelangen konnte. Für Perono- spora erreichte er (pag. 54) durch ungenügende Bewässerung der Wirtspflanze unter Umständen ein Stehenbleiben der Parasiten, während das Licht ihm hier ganz ohne Einfluß zu sein schien. Wenden wir uns jetzt zu einigen weiteren „abweichenden“ Defor- mationen, die in der freien Natur beobachtet wurden, so hätten wir mit ein paar Worten dabei auf die Frage einzugehen, ob eine Spätinfek- tion von Euphorbia Oyparissias möglich ist, d. h. also, ob auch ältere Teile noch Empfänglichkeit. für keimende Teleutosporen von Uromyces zeigen. Massalongo glaubt an diese Möglichkeit (45, pag. 160), er beschreibt einen Euphorbiasproß, der in allen Teilen normal war, „soltanto di due di tali rami, i quali erano inseriti in alto, uno portava una sola foglia ipertrofizzata dal fungo, mentre ne erano deformate tutte quelle del’altro ramo. I fusto terminavasi con ramificazioni disposte ad ombrello nella maniera tipica per l’infiorescenza di questa specie di euforbia, ma le foglie dell’ involucro come pure le brattee dei suoi ramoscelli semplici o variamente divisi, apparivano deformate come al solito. Rilevo perö che sopra tali ramoscelli le foglie o brattee mosiruose erano molte numerose od embrieate (fllomania parassitaria), e fra di essi uno solamente, piü corto e meno alterato degli altri portava qualque fiore“ Massalongo glaubt nun, daß hier die In- fektion von einer der oberen Achselknospen erfolgt sei, lange nachdem die Pflanze schon ausgetrieben hatie, und daß das Mycel dann ange- griffen habe, „lestremitä ancor giovanissima di un germoglio, esereitando la sua influenza deturpante dal’ alto in basso, fino ad una certa distanza da detta estremitä, fin dove ciod, prima del suo arrivo, le foglie avevano di giä raggiunto il loro complete sviluppo“. Auch ich beob- achtete solche Fälle zuweilen, aber sie sind durch zu viele Übergänge mit, den normalen verbunden, als daß ich Massalongos Annahme für wahrseheinlich halten könnte. Denn ‚man kann bekanntlich ganz all- gemein sehen, daß in den ersten Blättern eines infizierten Sprosses die Blätter immer noch völlig gesund erscheinen und erst von einer ge- wissen Höhe an sich die Pilzpusteln und damit auch das fahlere Grün und die Deformationen zeigen. Die Erfahrungen von Jordi?*), daß nach der Infektion das Myzel noch ein Jahr in Ruhe bleibt, spreeben jedoch direkt gegen den italienischen Autor. Wir werden später sehen, daß, selost wenn in solchen Fällen sich in den unteren Teilen keine Hyphen zeigen sollten, dies nicht für Massalongo zu zeugen ‚braucht. 16 . G. Tischler, Die Frage verdient noch eine experimentelle Prüfung, die indes außer- halb des Rahmens unseres Themas lag. Schließlich sei es mir noch gestattet, auf solche aus der freien Natur stammenden Deformationen hinzuweisen, wie sie in unserer Fig. 7 abgebildet sind. Hier haben wir die unteren und mittleren Blätter am Stavam äußerlich gänzlich pilzfrei, nur an der Spitze häufen sich die Aecidien und Pykniden führenden. Es findet dann aber nach einiger Zeit eine plötzliche Größenabnahme der Blätter statt. Ich er- kläre mir diese Fälle so, daß das Wachstum der Sprosse bereits si- stiert war, als noch- mals wieder bessere Lebensbedingungen ein- setzten. In einigen Fällen (so der Sproß rechts), kamen nun aus den Achselknospen neue ganz pilzfreie Sprosse hervor, wie bei unserer Fig. 4, während auch (wie in Sproß Hinks) die Hauptachse weiter wachsen konnte, aber, da der Pilz noch nicht genügend „erschöpft“ war, nochmals durch Fig. 7. Pilzinfizierte Euphorbiasprosse, gesammelt Mycel infiziert wurde, Mai 1905 im Walde bei Kioster Maulbronn (Württem- Unser Rösumde berg). In a eine sehr eigenartige, ziemlich plötzliche Größonabnahme dor deformierten Blätter. Bei # ausden bisherigen Dar- fallen die z: ichen aus den Achselknospen aus- ; gewachsenen gänzlich pilzfreien Seitensprosse auf. legungen würde etwa lauten, daß gegen die Norm, wonach Pilz und Wirtspflanze in ihrer Entwicklung parallel gehen, unter bestimmten Bedingungen die pilzbefallenen Sprosse myzelfrei werden können und dann, zum mindesten äußerlich be- trachtet, ganz gesund sind. Der Vegetationspunkt selbst 1 [74 Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Eupb. Cyparissias durch Uromyoes Pisi, 17 scheint also vom Pilze niemals beeinflußt zu werden. Irgendwelche „Umstimmungen“ der Meristeme müssen erst nach Anlage der Blätter vor sich gehen. Durch Veränderung der Außenbedingungen ist es möglich, die Fruktifikation des Pilzes zu beschleunigen oder zu verzögern. Mit der Bildung der Sporen dürfte sich das Myzel irgendwie „erschöpfen“, denn es vermag jedenfalls nicht weiter in die Euphorbiensprosse zu dringen. Nur von dem „ruhenden“ Myzel des Rhizoms aus würde eine Neuinfektion möglich sein. Ob ein Euphorbiasproß nach Erschöpfung des Myzels wieder gesund weiter wachsen kann, hängt von seiner Kräftigkeit resp. seinen Ernährungs- bedingungen ab. Vielleicht könnte aus solchen Folgerungen einmal eine praktische „Therapie“ hergeleitet werden. IL. Wir wissen aus den Studien von Morgenthaler*), daß der Ablauf des Entwicklungszyklus einer Uredinee auch durch den Zustand der Wirtspflanze bedingt sein kann, denn es zeigte sich, daß mit dem ‚Welken der Blätter die Teleutosporenproduktion beschleunigt werden konnte. Und es ist mir nicht zweifelhaft, daß auch bei den von mir beschriebenen Beeinflussungen der Ontogenese von Uromyces Pisi bis zu einem gewissen Grade die Veränderungen mitwirkten, die durch die Außenbedingungen an der Euphorbia Cyparissias hervorgerufen wurden. Nur glaubten wir hervorheben zu sollen, daß ein Parallelis- mus zwischen diesen beiden Reihen der Umwandlung nicht bestand. Außerdem sahen wir, daß höchstwahrscheinlich der Vegetationspunkt der Sprosse, zum mindesten während des Wachsens, nicht angegriffen wird. Damit berühren wir aber ein Problem von allerhöchstem bio- logischem Interesse, denn es könnte der Zustand der Zellen ver- bieten, daß die Pilzhyphen sich hierhin wenden. Dieser Standpunkt ist, soweit ich sehe, von No1152) (pag. A15 ff.) zuerst prinzipiell verfolgt worden. Er setzt auseinander, daß das embryonale Plasma „befähigt sei auf den somatischen Teilen, die durch ihren Zustand vom Wett- bewerb um den Nahrungsüberschuß ausgeschlossen sind, zu schmarotzen. -.. Auch die kryptogamischen Parasiten werden vornehmlich kraft der embryonalartigen Beschaffenheit ihres Plasmas auf ihren Wirten schmarotzen, und es kann hiermit recht wohl zusammenhängen, daß die embryonalen Gewebe des Wirtes, die aber die ergiebigsten Nähr- stoffquellen für die Parasiten abgeben würden, von letzteren so gut wie ganz verschont bleiben. Das embryonale Gewebe hat durch seine egoistische Ernährungstätigkeit eben selbst eine Konsumptionskraft, Flora, Bd, 104. 2 18 5 @. Tischler, der gegenüber der Parasit, wenn nicht ohnmächtig, so doch viel weniger überlegen ist als gegenüber dem altruistisch ernährungstätigen soma- tischen Plasma“., Anscheinend, ohne die Ausführungen von Noll zu kennen, ist eine ähnliche Möglichkeit auch von anderen Autoren hier und da erwogen worden, so im letzten Jahre noch von Zach”!) und Bruehmann®). Beide fanden, daß die eindringenden. Myeorrhizapilze nicht den Vegetationskegel selbst angreifen. Zach sagt für die Cycadeen-Wurzeln (pag. 54): „Die jugendlichen Gewebe müssen also von Haus aus vermöge der ihnen eigenen Zusammensetzung ihrer Säfte immun sein gegen Pilzinvasion“. Und bei Bruchmann -(pag. 238) lesen wir, daß Lycopodium elavatum und andere Arten, bei denen der Pilz eine sehr regelmäßige Verteilung in den Prothallien zeigt, den Vegetationspunkt niemals angreift: „Es müssen die Zellen somit die Macht besitzen, den Pilz in seinem Wachsen vielleicht durch an- loekende oder abweisende Inhaltsstoffe zu beherrschen“. Schon Bruchmann deutet aber an, daß das Freisein einzelner Zellen vom Pilze vielleicht damit zusammenhängen könne, daß sie ihn nur nicht anziehen und daß andere Zellen dieses vermögen. Das würde dann natürlich etwas prinzipiell anderes bedeuten als Noli’s Meinung. Ich vermisse auch bei denjenigen Autoren, welche für ihre Objekte das Freisein des Vegetationspunktes von den parasitierenden Pilzhyphen kennen, ganz allgemein eine solche Zuspitzung des Problems und dem- zufolge auch eine exaktere Fragestellung, in welcher Richtung eine . Lösung zu versuchen ist. Manche registrieren einfach ihre diesbezüg- lichen Beobachtungen, ohne eine Erklärung zu versuchen, so Klebahn ?®) (pag. 41), wenn er für Puceinia Menthae schreibt: Das Aecidiummyzel des Pilzes durchwuchere zwar die ganzen Triebe, aber „der Vegetations- punkt und die zunächst angrenzenden jugendlichen Gewebe waren völlig frei von Hyphen. Erst in 500--600 a Abstand von der Spitze waren Hyphen vorhanden; diese beschränkten sich auf die drei bis vier äußersten Zellagen unter der Epidermis und mußten ihrem ganzen Aussehen nach als von den älteren Teilen her gegen die jungen vorwachsend gedeutet werden. Auch in die Blätter waren sie vom. Stengel aus eingedrungen. .... Es kann daher, wenigstens in diesem Falle, nur von einem Eindringen der Hyphen in die jugend- lichen Gewebe, nicht aber in die eigentlichen Meristeme die Rede sein“. v. Guttenberg?°) (pag. 13) beschreibt ähnliches für die von Albugo candida befallenen Sprosse der Capsella bursa. pastoris, er diskutiert nur die Nützlichkeit der Befreiung des Stammvegetationspunktes vom Myzel auch für den Pilz selbst, betrachtet unser Problem somit nur Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Öyparissias durch Uromyces Pisi. 19 teleologisch und nicht kausalmechanischa. Im übrigen steht er dem oben hervorgehobenen Standpunkt von Noll (dem er jedoch nicht er- wähnt) diametral gegenüber, wenn er meint, daß der Vegetationspunkt dem Pilz „keinen Widerstand entgegen setzen kann“. Zu nennen wäre vielleicht an dieser Stelle auch die Beobachtung von W. Magnus#®) (pag. 210), daß der Mykorrhizapilz von dem Wurzelvegetationspunkt bei Neottia nidus avis „im allgemeinen gleichweit entfernt“ bleibt, „etwas weiter jedoch bei einer lebhaft wachsenden Wurzel als bei einer, die ihr Wachstum ganz oder fast eingestellt hat.“ Die Zitate mögen genügen, Sie zeigen, daß mehrfache Daten bekannt sind, die unsere experimentellen an der pilzbefallenen Euphorbia gesammelten Erfahrungen „erklären“ könnten. Aber zu den beiden Formulierungen: bleibt der Vegetationspunkt intakt, weil der Stoffwechsel seiner Zellen ihn immun macht oder werden die Hiyphen weggelenkt, weil sie anderswo besser ernährt werden, und die beide voraussetzen, daß das Myzel gar nicht bis zu den äußersten Sproßenden gelangen kann, passen nun schwer die anatomischen Daten, die man an einem Vegetationskegel von Euphor- bia Cyparissias gewinnt, der mit Pilzmyzel infiziert, ist. Schon de Bary?) (pag. 93-94) hat solehe mikroskopischen Studien angestellt: „Dans les pieds d’Euphorbia Cyparissias .... envahis d’Aeeidium, on trouve les bourgeons du rhizome, lesquels ont & peine une longueur de 2 ä& 3 millimötres, enfiörement envahis de myc6lium. Ses filaments sont compos&s de cellules assez eourtes, munis de nom- breux rameaux fascieules, et r&pandus partout dans le jeune tissu, penötrant jusque dans le punctum vegetationis*), et &mettant des branches dans les feuilles r&ecemment form&es. A mesure que le bourgeon croit et s’allonge, les articles des filaments augmentent de longueur. Ceux qui sont enferm6s dans la tige cessent bientöt de se ramifier, et demeurent störiles; les filaments contenus dans les feuilles offrent la ramification vigoureuse et produisent: le fruit connu de Pespöce* Damit scheint das Gegenteil von dem realisiert zu sein, was wir nach den Auseinandersetzungen von Noll, v. Guttenberg usw. erwarteten. Und doch lassen sich de Bary’s Beobachtungen für Euphorbia und Uromyces voll und ganz bestätigen. In Fig. 8 sehen wir einen Längsschnitt durch den Vegetations- kegel einer Winterknospe, die mit Uromyces-Myzel infiziert war, aus *) Von mir gesperrt. Übrigens wissen wir Ähnliches z. B. von Ustilagineen und von dem Pilz bei Lolium temulentum. Wir kommen darauf in unserem Schluß- abschnitt zurück. 2* 20 6. Tischler, dem Oktober 1907. Abgebildet sind drei beliebige Schnitte aus einer Serie von Mikrotomschnitten nahe der Mediane. In Fig. 8a ist noch der Umriß der jungen Blätter angedeutet, die den Vegetationspunkt Fig.8a, Vegetationspunkt einer Winterknospe von Euphorbia Cyparissias (Oktober). Bei 4 Hyphen. Vergr. ca. 600. nach außen abschließen. Bei ZZ. finden wir die Hyphen, .die bis zwischen die zweite und dritte Periklinalschicht vordringen, aber aus- nahmslos verlaufen sie zwischen den Zellen; niemals sah ich, daß eine in eine Wirtszelle ein I Haustorium hineinsendet. Auch H RS sonst war keine sichtbare Wir- kung von dem in Menge vor- „ handenen Myzel ausgeübt: die Zellen zeigten ganz normale Plasmamengen und Kerngrößen, ISSN selbst eine besondere Lage der - H Kerne war nie zu bemerken, Le trotzdem stellenweise die Zellen Fig. 8 A a Dor gleiche Vegetationspunkt Yon den Hyphen fast allseitig um- ne die schützenden Blätter aus anderen it- Schnitten der Sorte. Bei # Hiyphen, Vor schlungen waren. Gaston Rit ca. 600. ter®) hat vor kurzem darauf auf- Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pii. 21 merksam gemacht, wie leicht die Kerne durch Stoffe, weiche einseitig in die Zeile eindringen, chemotaktisch gereizt werden, ja wie diese Reaktion als Nachweis der Endosmose benutzt werden kann*). Das völlige Fehlen derartiger intrazellulärer Kernwanderungen am Vegetationspunkt der infizierten Euphorbien läßt sich daher wohl mit Recht als Indizium anführen, daß die Hyphen hier auf die Zellen der Wirtspflanze noch gar‘ keinen Einfluß ausüben. In Fig. 9 sehen wir ein paar Zellen eines derartigen Vegetationspunktes, die interzellular verlaufende Hyphe reicht auf der Zeichnung bis zwischen die zweite und dritte Perikline und ist hier vom Messer durchschnitten. Die Details im Inhalt der Pilzzellen sind nicht angegeben, da die mit Hämatoxylin tingierten Prä- parate nur soweit entfärbt wurden, daß der Inhalt: der Wirtszellen gerade klar differenziert war. Ein ganz anderes Bild erhalten wir, wenn wir dieselbe Winterknospe weiter nach rückwärts verfolgen. Die Zellen sind aus ihrem „embryonalen“ Stadium herausgetreten, große Vaku- olen und spärliches Plasma sind nun für ihren Zustand charakteristisch. Jetzt hahen wir das gewohnte Bild für parasitische Pilze: große Haustorien sind von den interzellularen Hyphen in yig. 9. Zeilen am Vegetationspunkt die Zellen hineingegangen (Fig. 10). seiner infizierten Pflanze. Winter- Sie können dabei einfach auf den Kern Inospe. Do Porbien. zuwachsen, wie das nun schon für so viele Beispiele bekannt ist, oder sie weisen außerdem noch eine , stärkere Verzweigung resp. Verknäuelung in der Zelle auf. Besonders hervorgehoben sei, daß eine Zelluloseabscheidung der Wirtszelle als Schutz gegen die Haustorien anfangs nicht vorhanden ist, die zwischen beiden notwendig zu postulierende Hautschicht somit zunächst als trennende Wand genügen muß. Um ältere Haustorien finden wir dann aber doch häufig die schützende Zellulosewand, so sah ich diese nament- lich deutlich bei den nachher zu erwähnenden Hyphen des Rhizoms. Ähnliches berichtet v. Guttenberg'®): (pag. 9) Von den Haustorien der *) Uns interessiert hier in erster Linie, daß die aus den Uredosporen von Puceinia porri austretenden Keimschläuche in den Zellen der Schalenepidermis von Allium Cepa sehr bald typische Chemotexis hervorriefen. Siehe auch die Diskussion bei v. Gutienberg’®) (pag. 2öft.) 22 ‚6. Tischler, Albugo candida "auf Capsella bursa. pastoris sind nur die toten oder absterbenden mit Zellulose umgeben, (pag. 42) bei denen von Puceinia Adoxae auf Adoxa moschatellina findet sich allen um die Basis eine Zeilulosehülle vom Wirtszellplasma abgeschieden, (pag. 55) bei denen von Exobasidium Rhododendri auf Rhododendron ferrugineum und Rh. ‘ birsutumm wird erst nachträglich um das fertige Haustorium die Zellu- losehülle ausgebildet. Nur die Haustorien von Ustilago Maydis auf Zea Mays sind (p. 32) „in der Regel nicht von Scheiden umschlossen. Nur... an den Grenzen der Gal- len werden auch sie... in Zellu- lose eingehüllt.“ Im normalen Verlauf der Onto- genese bleibt der Zusammenhang . zwischen Hyphen und Wirtszellen am Vegetations- punkt der gleiche wie in der Winter- knospe. So lange der Stamm über- haupt wächst, be- halten die Zellen ihr emhryonales Aussehen und werden vom Pilz 0 nicht angegriffen. Fig. 10. Verlauf der Pilzkyphen in älteren Teilen der Winter- - knospe. In 2 Zellen der Wirtspflanze sind Haustorien einge- Alle neu auswach, drungen. Vergr. ca, 1600. senden Blätter hin- gegenwerdennicht nur von ihnen infiziert, sondern auch stark formativ beeinflußt. Wir baben ja aus unseren Kulturversuchen zu folgern, daß am Vegetationspunkt selbst eine „Umschaltung“ der normalen Entwicklung der Zellen un- möglich statthaben kann, da sonst nicht einzuseken wäre, wie trotz der Menge von interzellularen Hyphen später unter Umständen wieder von eben diesen Zeilen „normale Blätter produziert werden können. Das gelang jeder Zeit leicht nach Austreiben der Winterknospen im Warm- Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Oyparissias durch Uromyess Pisi. 285 haus. Das Zusammenleben zwischen Pilz und Wirtszellen braueht sich dabei zunächst aber noch nicht zu verändern. Denn ein Vegetatiöns- punkt, der seine normalen Blätter produziert hatte, ist doch häufig dem Pilz noch nicht entwachsen, Es verlaufen genau wie vorher Hyphen zwischen den embryonalen Zellen und wenden sich von da nach dem Grund der Blattanlagen. Zufällig waren in einem Falle schon die Zellen der vierten Periklinal- reihe mit großen Vakuolen versehen. Der betreffende Vegetations- punkt ließ also seine „embryonalen“ Zellen bereits in dieser Zellschicht den Charakter von Dauergewebszellen annehmen. Und sofort war damit für den Pilz der Anlaß gegeben, Haustorien in die Zellen zu entsenden. Aus ganz der nämlichen Einlegung von demselben Indi- viduum beobachtete ich das Ende eines anderen Sprosses, das nun in der Tat völlig frei von Hyphen geworden war. Weiter zurück im Mark fanden sich dagegen noch in einer Anzahl von Zellen typisch entwickelte Haustorien, die, vielfach geknäuelt, selbst die ganze Zelle ausfüllen konnten. Die dazu gehörenden interzellularen Hyphen waren zumeist verschwunden oder in Degeneration begriffen. Eine anatomische Untersuchung der in Türkheim jüngst ge- fundenen Euphorbia-Zweige mit „normalen“ Spitzen ergab Ähnliches: Hyphen fanden sich noch in allen der untersuchten Sprosse vor, ja selbst zwischen ‘den rein „embryonalen“ Periklinen des Vegetations- punktes. Aber bei einigen sah man doch schon ein Zurückweichen des Pilzes, derart, daB er nur noch bis zur fünften oder siebenten Reihe — und auch da nur spärlich — vorgedrungen war. Die Zellen der Wirtspflanze waren in lebhafter Teilung, wie die Häufigkeit der mitotischen Figuren und die relativ weite Zone der embryonalen Zellen beweist. Mit diesem offenbar gesteigerten Wachstum vermag der Pilz nicht mehr gleichen Schritt zu halten, mit anderen Worten, seine Er- nährung ist nicht mehr zureichend. Die Gründe dafür liegen wohl zur z. T. in den meristematischen Zellen der Wirtspflanze selbst; ein besseres Verständnis können wir aber, wenn überhaupt, erst dann er- langen, wenn wir den Wachstumsverlauf des Pilzes-im Stamm und in den Blättern besprochen haben. An der Grenze der rein embryonalen und der mit größeren Vakuolen versehenen Zellen erwies sich auch in den Vegetations- punkten der in Türkheim gesammelten dem Pilz scheinbar schon ganz entwachsenen Exemplare das Myzel völlig gesund, es entsandte zahl- reiche Haustorien in die Zellen und vegetierte sehr kräftig. Und doch wären auch diese Sprosse, gegen den Herbst hin untersucht, mit größter 24 G. Tischler, Wahrscheinlichkeit hyphenfrei gewesen, wie ich das im Warmhaus mit aller Bestimmtheit bei einigen sehen konnte und wie ich das schon früher durch Handschnitte bei einzelnen im Spätjahre gesammelten Sprossen auch aus der freien Natur gesehen hatte. Gerade die Türk- heimer Individuen zeigen uns ja den Beginn dieser Pilzfreiheit, denn ein Freisein des Gewebes, das die 5—7 äußersten Periklinen einnehmen, ist sonst bei wachsenden Euphorbien mit total pilzdeformierten Blättern von mir niemals beobachtet worden. Die Achselknospen, welche nach Verletzung des Vegetationspunktes aus dem Grunde der obersten Blätter austreiben, um den Hauptstamm zu ersetzen, sind völlig myzelfrei. In sie kann der Pilz ebensowenig mehr hineinwachsen wie in die jüngsten Blätter. Hier ist der Stamm auch innerlich ganz „gesundei*. Wir haben in unserem ersten Abschnitte auseinandergesetzt, wie durch Verdunkelung eine Verzögerung der Pilzfruktifikationen erzielt werden kann und wir wollen nun untersuchen, wie dadurch der Vege- tationspunkt der Euphorbia-Stämme verändert wird. Kurz gesagt, be- steht der Hauptunterschied gegenüber den normalen darin, daß die Zellen vorzeitig anfingen, ihren rein embryonalen Charakter zu ver- lieren, wenigstens wenn der vom Licht abgeschlossene Sproß einige Wochen gewachsen war. Das heißt: selbst in den alleräußersten Zell- reihen war das Plasma weniger dieht und kleinere Vakuolen fanden sich in größerer Zahl. Ich erinnerte mich dabei der Bilder, die ich erhalten hatte, nachdem Blütenknospen von Potentilla rubens und P. rubens>< Tabernaemontani im Dunkeln aufgewachsen waren °°) (pag. 81, Fig. 75—76). Hier war das meristematische Archespor in den An- theren in prinzipiell gleicher Weise verändert worden, wahrscheinlich, weil die Nährstoffe nicht ausgereicht hatten. Der Pilz hatte die Ver- dunkelung besser überstanden, wenigstens verliefen seine Hyphen am Vegetationspunkt der Euphorbia in außerordentlicher Üppigkeit — weit stärker als sonst — zwischen den Zellen, ja sie hatten auch intra- zellular durch Entsenden von Haustorien die Periblem- und sogar die Dermatogen-Zellen angegriffen. Das sind aber diejenigen, aus denen die Neuanlage der jungen Blätter erfolgt (Fig. 11). Noch ausgeprägter sah ich das in einigen Fällen, als ich eine Anzahl Rhizome aus dem Freien geholt hatte und nun die kleinen schwächer ernährten und nur kürzere Zeit wachsenden, später ausgetriebenen Rhizomknospen unter- suchte, die überhaupt nicht über den Erdboden heraufgekommen waren. Es geschah das am 8, April 1911, also in ziemlich vorgerückter Zeit, wenigstens waren die zugehörigen oberirdischen Sprosse nahezu voll entwickelt und ihre Blätter schon mit Pykniden resp. Aecidien bedeckt. Untersuch. üb. d. Beeinfinssung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 25 Fig. 12 beweist uns, wie groß hier selbst in den äußersten Zell- schichten die Vakuolen sein wieder, wie sonst nur die weiter im Stamm zurückliegenden, von Haustorien stark an- gegriffen. Sprosse, die im Dunkeln kultiviert, dann in diffuses Licht gebracht und nun er- grünt waren, zeigten können. Die Zellen waren denn auch innerlich keinerlei An- Fig. 11. Dermatogen (2) und äußerste Periblemreihe sätze zu einer „Ge- (Pe) eines Vegetatisnspunktes von Buphorbia Oyparissias, sundung“, Fig. 13 mag uns als Beispiel dienen. Nicht nur haben sich die Hyphen zwischen der ersten und zweiten Periklinal- reihe angesiedelt, sondern auch der Charakter der Zellen ist unverändert geblieben und die Haustorien dringen in die Zellen ein. Bei äußerer Betrachtung der Sprosse hätte man das frühzeitige Abster- ben, das sich in meinen Kul- turen zeigte, kaum verstehen können; die zytologische Untersuchung hat uns nun den Grund hierfür gewiesen. Diese eben beschriebenen Veränderungen des Charak- ters der embryonalen Zellen am Vegetationspunkt kann man auch beobachten, wenn man beliebige Sprosse aus dem Freien kurz vor ihrem Absterben gegen das Ende der Vegetationsperiode unter- die pilzinfiziert und in voller Dunkelheit ausgetrieben war; bei % Haustorium. Vergr, ea. 1600. Fig. 12. Desgl. von einem etiolierten Sproß, der im Freien ausgeirieben, jedoch nicht über den Boden gelangt war. (Die Be- zeichnungen wie in Fig. 11.) Vergr. ca. 1600. Fig. 18. Dermatogenzeilen eines infizierten Vegetstionspunktes, derin Dunkelheit gewachsen und später in diffuses Licht gebracht war; bei Bi Blattanlage, bei Prim Haastorium. Vergr. ea, 1600, 26 @. Tischler, sucht. In dem Maße, in dem die Zellen ihren meristematischen Cha- rakter verlieren, werden sie von den Haustorien des Pilzes angegriffen. Wir kennen nun noch einige Angaben, daß auch ohne Zurück- drängung des Pilzes aus dem Vegetationspunkte, der freilich dann nicht in die Zellen eindringen darf, die Euphorbia-Stämme bis zur Blütenbildung gelangen können und der Pilz selbst in die Blüten mit- geht. Ja wir haben oben selbst von einem solchen Funde berichtet. Das bleibt aber unzweifelhaft eine Ausnahme von der Regel. Sie wird nur da möglich sein, wo durch besonders gute Ernährung ein vor- zeitiges Aufhören des rein embryonalen Charakters der Zellen am Vegetationspunkt vermieden wird. Molliard*) (pag. 121-—-125) hat die Deformationen für Euphorbia Oyparissias näher beschrieben, die hier durch Uromyces scutellatus und Uromyces praeminens, R. Stämpfli®) (pag. 246—247) ebenso die, welehe durch unseren Uromyees Pisi ver- ursacht werden. In diesem Zusammenhange genügt die Erwähnung, daß die Blüten in wechselndem Maße verkümmert sind, die Samen- anlagen und Pollenkörner speziell nicht mehr ausgebildet werden. Genau an der Insertionsstelle der ersteren: können sich Pykniden ent- wickeln. Auch ich kann nach Schnitten durch solche pilzbefallenen Blüten diese Angaben bestätigen. Der Vegetationspunkt der Haupt- achse geht ja auch nermal hier in andersartiges Gewebe über, meriste- matische Archesporzellen in etwaigen Antkeren oder Samenanlagen kommen bei Fehlen der ganzen Organe nicht mehr zur Ausbildung. In der Literatur findet sich erwähnt (s. z. B. Massalongo%) (pag. 161), daß es gelegentlich doch zur Fruehtbildung in derartigen infizierten Blüten kommen kann. Ob aber hier wirklich keimfähige Samen aus- gebildet werden oder ob es sich nur um Parthenokarpie handelt, dürfte kaum untersucht sein. In ersterem Falle wäre natürlich eine sehr interessante Fragestellung gegeben, nämlich ob eine Übertragung des Pilzes durch die Samen in irgendeiner Form möglich ist. Wir brauchen nur wieder an den Lolium-Pilz oder an die Ustilagineen zu denken. — Wenn wir nun noch zum Schluß etwas zusammenfassendes über die Beeinflussung der Vegetationspunkte von Euphorbia Cyparissias durch Uromyces Pisi sagen wollen, so wäre es dies, daß das embryo- nale Gewebe an sich keinesfalls vor dem Befallenwerden mit Myzel schützt, daß letzteres aber auch aus den Interzellularen unter Um- ständen wieder entfernt werden kann. Solange der Vegetationspunkt noch „tätig“ ist, sieht man niemals ein Eindringen von Haustorien in die Zellen. Ein besonderer Schutz für diese in Form einer „Immunität“ Untersuch, üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 27 erscheint mir wenig wahrscheinlich. Wir hätten in diesem Falle näm- lich an irgendwelche Toxinwirkungen zu denken, die etwa von dem Plasmoderma ausgingen, so daß dieses den vom Pilz sezernierten „proteolytischen Fermenten“ einen Widerstand entgegensetzte. In Oza- peks überaus verdienstvollem Sammelwerk ®) finde ich nun aber gar nieht einmal diese Möglichkeit diskutiert. Es wird nur darauf aufmerksam ge- macht (I, pag. 91), daß zweifelbafte Literaturangaben existieren, in denen von Toxinwirkungen pflanzlicher Parasiten auf ihre Wirtspflanzen ge- sprochen wird, aber nicht auch die umgekehrte Möglichkeit erwogen. Wenn nach Laurent die Keimlinge von Viscum album ein solches Gift in höherem Maße als die erwachsenen Pflanzen produzieren, womit sie die befallenen Rindenparenchymzellen abtöten, so könnte ja auch umgekehrt von seiten der Wirtspflanze ein entsprechendes „Antitoxin* in stärkerem Maße in den jüngeren als in den älteren Teilen gebildet werden, besonders wenn es sich um zwei Organismen handelt, die offenbar in ihrem ganzen Entwicklungszyklus weitgehend aufeinander angepaßt sind. Aber zurzeit dürfen wir meines Erachtens mit solchen noch ganz unbewiesenen Spekulationen nicht ernsthaft rechnen*). Auch Klebahn will von einer Immunität besonderer Pflanzen — und im Sinne des Autors dürfen wir wohl hinzufügen: ebenso besonderer Ge- webe — nicht viel wissen ?®) (pag. 194): „Es ist anzunehmen; daß das Protoplasma der Pilze die Eigenschaft erworben. hat, die Widerstände .. zu überwinden.“ Sorauer ®) (pag. 23£f.) deutet indes schon den Weg an, auf dem solche scheinbare dauernde oder vorübergehende Immunität ge- wisser Gewebe gegen Pilzinvasion uns verständlich gemacht werden kann. Es ist nach diesem Autor kein Zufall, daß gerade die Quantitäten von Zueker und gewissen Säuren in den Zellen ziemlich weitgehenden Schwankungen unterworfen sind. Gerade aber sie wirken, wie wir seit Miyoshi??) wissen, stark chemotaktisch auf parasitische oder sapro- phytische Pilze. Wenden wir uns zu Euphorbia Cyparissias, so zeigt jeder Längsschnitt durch den Stamm einen sehr deutlichen Unterschied *) Siehe auch die Ausführungen bei M. Ward‘), pag. 302 ff., dessen R&sumso lautet: „that the resistance to infeetion of the „immune“ or „partially immune* speeies and varieties is not to be referred to observable anatomical ar structural peculiarities, but to internal, i. e. intra-proteplasmie, properties beyond the reach of the microscope, aud similar in their nature to those which bring about the . essential differenees between species and varieties themaelves,“ Frinnem wir uns auch daran, daß „Immunität“ und „Befsllenwerden von Rost“ sogar als mendelndes Merkmalspaar erkannt ist [Salmon’’j], Eine Disskussion findet sich in meiner Abhandlung®) (pag. 127 ff). — Die bei Zach”) (pag. 49) zitierte Abhandlung über Immunität von N. Bernard habe ich leider nicht einsehen können. 28 G. Tischler, zwischen den allerjüngsten und den etwas älteren Teilen, wenn wir mit Jodjodkali auf Stärke oder der Trommer’schen Probe aut Zucker prüfen. Immer fand ich den Vegetationskegel frei von diesen Stoffen, während sie im Übermaß im ausgewachsenen Gewebe anzutreffen waren*). Auch hier war ihre Verteilung, wie wir noch sehen werden, nicht gleichmäßig, aber gerade dahin, wo die Zuckermengen die größten waren, hatten sich auch die Hyphen gewandt. Das Pilz- myzel geht nun allerdings höher hinauf, als die großen Zuckermengen sich nachweisen lassen. Aber die Haustorien werden immer erst dann gebildet, wenn sich Vakuolen in den Zellen finden. So wird der Inhalt dieser Vakuolen es wohl sein (und Spuren von Zucker lassen sich hier immer nachweisen), der einen Reiz auf die Pilzhyphen ausübt, Glykose vermag aber unzweifelhaft zu exosmieren, Wir hätten damit ein Analogon zu Miyoshis Fund, wonach die Hyphen von Penicillium glaucum die Zeliwände eines Blattes durchbohrten, das mit 2%, iger Rohrzuckerlösung durchtränkt war, während sie sie sonst nicht angriffen. Der saprophy- tische Pilz war zum „Parasiten“ geworden. Bei Uromyces Pisi könnten wir etwa von einem „Raum parasitismus“ im Gegensatz zu echtem Parasitismus sprechen. Auch die Untersuchung der Vegetationspunkte, die gegen das Ende der Saison oder die im Dunklen erwachsen waren und ihren embryonalen Charakter aufzugeben begonnen hatten, spricht für unsere Deutung. Genauere biochemische Arbeit wird natürlich noch nötig sein, völlige Gewißheit herbeizuführen. Vor allem müßte ganz ein- wandsfrei nachgewiesen werden, daß der Pilz wirklich nicht fähig ist, aus den hoch zusammengesetzten Eiweißverbindungen sich seine Nahrung abzuspalten. Bei Klebahn®®) (pag.36), finden sich Beispiele für Hemmungen des Myzelwachstums im Körper der Wirtspflanzen, die sich gleichfalls „aus der Wechselwirkung zwischen Wirt und Schmarotzer, ergeben“. Besondere Beziehungen zu ganz bestimmten Geweben von Wirtspflanzen, die im übrigen an den Pilz „angepaßt" sind, sind daraus aber nicht erkenntlich, DL Wir haben gesehen, daß der Pilz die vakuolenreichen aus- gewachsenen Zellen des Stammes mit Haustorien anzugreifen vermag und wir hätten nun darauf einzugehen, wie dadurch das weitere Wachs- *) 8. auch Noll?®) (pag. 413), der indes nicht unsere Konsequenzen zieht. Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyoes Pi. 29 tum und die Formgestaltung der Achsen beeinflußt wird. Wakker®®) (pag. 510) konstatiert für sein „Aecidium Eupkorbiae“, das auf Euphorbia Esula parasitierte, daß die anatomischen Veränderungen gegen die Norm nur geringfügige sind, Fentzling°) dagegen glaubte für Euphorbia Cyparissias weitergehende Differenzen hervorheben zu sollen. Nach diesem Autor wird, vor allem der Umfang der erkrankten Stämme größer, weil die Zellen der Rinde und des Markes sich vermehren, die Holzbildung tritt dagegen gegenüber der gesunden Pflanze sehr zurück. Sodann erwähnt er von weniger wichtigen Veränderungen das Vorhandensein einer verstärkten Epidermis, das nicht ganz so scharfe Hervortreten der Milchröhren und ähnliches mehr. Diese Daten möchte ich nicht ohne weiteres sämtlich bestätigen, namentlich die Messungen Fentzling’s rechnen viel zu wenig mit der Varlationsbreite, die für die gesunden wie die kranken Sprosse gilt. Wirklich charakteristisch erscheint mir nur die geringe Ausbildung des Gefäßbtindelsystems, speziell des Holzkörpers, und — was Fentzling gar nicht berührt — die frühe Degeneration des Markes, wodurch die Stengel recht: zeitig hohl werden. Wakker’s Worte, daß der Jugendzustand der Wirts- pflanzen bei den von Parasiten befallenen Stämmen länger konserviert würde, sind wohl auch nur insoweit berechtigt, als man „allgemeine Schwäche infolge ungenügender Ernährung“ mit „Jugendstadium“ identifizieren darf. Die Angaben von Fentzling, daß die Parenchym- zellen in Rinde und Mark sich stark vermehren, sind zum mindesten für die von mir gesehenen recht zahlreichen Exemplare, direkt un- richtig. Denn in der Rinde fand sich der Pilz ziemlich selten und im Mark traten sehr früh degenerative Veränderungen auf. Die Hemmungen in der inneren Ausbildung des Stammes waren noch erheblich vermehrt, wenn ich etiolierte pilzbefallene Stengel unter- suchte (Fig. 14). Hier können selbst in ausgewachsenen Teilen nur drei Gefäße ausgebildet sein, die kambialen Zuwüchse sind stets außer- ordentlich gering. In der gesunden Pflanze wird durch die Tätigkeit von Interfaszikularcambien bald ein völlig geseklossener Holzzylinder gebildet und außer den viel zahlreicheren Gefäßen können Holzfaser- zellen iu erheblicherer Menge — ich zählte 20-80 Reihen des sekun- dären Holzkörpers — vorhanden sein. Von Interesse sind auch die zu Beginn der Saison pilzbefallenen Stämme, die dann „gesundet“ waren und, wie wir sahen, nur in ihren oberen Teilen, etwa den Vege- tationspunkten und den noch erhalten gebliebenen Markzellen, Anzeichen der Infektion aufweisen, die aber für das weitere Wachstum der Sprosse „unschädlich“ sind. Macht man hier Querschnitte durch die Mitte des 30 - 6. Tischler, Stammes, so sieht man auch wie beim gesunden einen geschlossenen Holzkörper, der nur nicht ganz so dick ist wie bei einem entsprechenden von Anfang an gesund gewesenen Sproß. Das Mark ist zum größten Teil verschwunden, einzelne abgestorbene und gebräunte Zeilen hängen noch an den gesund gebliebenen der Markgrenze. Spuren des Pilzes sieht man meist überhaupt nicht mehr. Daß nun zwischen diesen Stämmen und den erst geschilderten bei Lichtabschluß gewachsenen alle nur denkbaren Übergänge — wechselnd von Individuum zu Indi- viduum und von Monat zu Monat — vorhanden sind, ist ohne weiteres selbstverständlic. In Fig. 15 sei noch ein derartiges Gefäßbündel eines im Licht gewachsenen infi- zierten Stammes vorgeführt, das von einem ausgewachsenen Individuum im Monat Juni stammt. Die bisherigen Untersucher der pilzbefallenen Euphorbia - Stämme Fig. 14. Gefäßbündelquerschnitt aus der Mitte eines infizierten Stammes von Euphorbia Cyparissias, bei völligem Licht- abschluß gewachsen. Vergr. ea. 600. Fig. 15. Getsßbündelquersehnitt aus der Mitte eines infizierten, im Licht ge- waehsenen Stammes, der am 6. Juni in der freien Natur gesammelt wurde. cd Cambium, »= Milchröhren. Vergr. ca. 600. haben nun, soweit ich sehe, auf etwas noch gar nicht geachtet, "was wir das Wichtigste zu sein scheint, nämlich auf den Verlauf des Myzels. Denn nicht in den Zellen der Rinde und des Markes, in die es seine Haustorien entsendet, wächst es vorzugsweise bei der Streckung des Stammes von der Winterknospe, sondern gerade in Elementen, die es auch nach Angabe von Fentzling formativ gar nicht beeinflußt, näm- lieh in den Gefäßbündeh. Hier sind es in erster Linie die Gefäße selbst, in denen die Hyphen in außerordentlicher Üppigkeit vegetieren, Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyees Pisi. 31 wieder wie am Vegetationspunkt als reine Raumparasiten. Nur werden hier tote Zellen als Leitungsbahnen verwendet, die, wie wir wissen, gleichzeitig die Leitbahnen für Wasser und die darin gelösten Salze sind. Daneben findet sich der Pilz auch in den angrenzenden langgestreckten parenchymatischen Zellen, d.h. den unverdiekt gebliebenen Holzfaserzellen und ebenso benutzt er die Zellen des’Phloems. So weit die Zeilen noch leben sollten, müssen sie natürlich bei dieser Invasion absterben. Die Milchröhren scheinen kaum angegriffen zu werden. Wenigstens hob sich an frischen, mit Jodjodkali behandelten Schnitten der ganze Inhalt inklusive die charakteristischen Stärkekörner in un- veränderter Schärfe von den Nachbarzellen ab. Geschont wird auch das „embryonal“ bleibende , Cambium, was namentlich auf Querschnitten als rein Pilzfreie schmale Zone sehr auffällt. Auffallend ist ferner, wie das auch in Fig. 16 gezeichnet wurde, wie zuweilen gewisse Ge- fäße von den Hpyphen ganz ausgelassen werden. Das dürfte aber nur auf Zufall beruhen. Ein paar Male sah ich denn auch, wie in solche durch die Tüpfel bindurch Haustorien gesandt wurden, die sich ” krallenförmi ig. 16. Teile eines längsgeschnittenen Gefäß- büschel- oder enförmig bardeis des Stammes; Hyphen in außerordent- verzweigten. Sonst bilden licher Üppigkeit entwiekelt. Vergr. ea. 1600. die Hyphen zu dieser Zeit nicht Haustorien. Die einseitige Reizung, die wir für ihre Bildung verantwortlich machten, fällt ja ‚bier weg, da offenbar allseits genügende Nährstoffe zur Verfügung stehen. Die Verteilung der Hyphen im Stamme stimmt vorzüglich zu dem durch CuSO, und kachende KOH nachweisbaren Zuckergehalt. Ich fand diesen am geringsten in der äußeren Rinde, sowohl in befallenen wie in unbefallenen Sprossen, außerordentlich viel aber im Mark und dem Gefäßbündelsystem, hier vor allem in den Gefäßen selbst. In der Rinde zeigte sich außer den typischen Stärkestatolithen Amylum auch in den Chioroplasten, im Mark sodann in Massen neben 2. 6. Tischler, dem Zucker. Sie dürfte hier Reservesubstanz sein und wird jeden- falls noch vor völliger Desorganisierung der Zellen wieder in Lösung gehen. Dadurch, daß der Pilz während der Streckung des Stammes die Wasserleitungsbahnen zum großen Teil in Anspruch nehmen kann, wird den wachsenden Teilen natürlich das ihnen sonst zukommende Wasser entzogen und die jungen auswachsenden Blattanlagen werden, so sollte ‚man meinen, gerade zur Zeit ihres Austreibens unter besonders „xero- phytische* Bedingungen gebracht. Der Grund dafür, daß diese Be- ziehung bisher nirgends erkannt zu sein scheint, liegt wohl darin, daß das Stadium, in dem die Hyphen in den Gefäßbündeln verlaufen, nur relativ kurze Zeit dauert. Um sie hier zu sehen, muß man sich, wie gesagt, an austreibende Sprosse halten oder bei etwas älteren an solche Internodien, die zwischen den pilzdeformierten Blättern an det Enden der Achsen stehen. Nur wenige Zeit später wird man die Gefäß- bündel ganz myzelfrei finden und nur noch die unbedeutenden Reste im Mark und allenfalls in der Rinde. Diese Stadien allein haben wohl Wakker und Fentzling vorgelegen. Auch sie verschwinden aber schließlich, da das Myzel nach rückwärts abstirbt; als letzte Anzeichen der früher statigehabten Infektion sind nur noch für einige Zeit die Haustorien sichtbar, die die Hyphen in die Zellen entsandt haben. Wir können an ihnen indes alle möglichen Degenerationsstadien beobachten: die Wände verquellen, der Inhalt speichert immer gleichmäßiger Farb- stoffe und läßt sich auch bei sorgsamster Entfärbung nicht mehr diffe- renzieren. Zudem hatte die Verknäuelung und die bizarre Form- gestaltung der Haustorien noch in ihrer letzten Lebenszeit erheblich zugenommen. So sind es in der Tat seltsame Bilder, die man hier in den Zellen findet, und wenn man nicht die Entwieklungsgeschichte studiert hätte, wüßte man sich ihre Herkunft kaum zu erklären. Es ist wichtig, besonders hervorzuheben, daß man hier also in der Tat nicht. zur Haustorien ohne die zugehörigen Hyphen finden kann, sondern auf einem gewissen Stadium des Absterbens des Pilzes auch finden muß. Schließlich gehen auch diese letzten Pilzreste zugrunde, im Mark gemeinsam mit den befallenen Wirtszellen bei dem Hohlwerden ‚der Stengel, in der Rinde werden sie wohl irgendwie von den Zellen, in die sie als Fremdkörper eingedrungen waren, resorbiert, wenn nicht auch hier die Wirtszellen mit absterben und durch benachbarte paren- ‚chymatische Zellen die „Wunde“ verschlossen wird. Wir sahen ja, daß in der Rinde des Stammes überhaupt relativ geringe Myzelmassen sich fanden. : Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 88 Die Verbindung des am Vegetationspunkt und in den Blättern fortwachsenden Myzels mit dem des Rhizoms ist jedenfalls völlig und für die Dauer zerstört. Es ist eine seit langem be- kannte Tatsache, daß im Gegen- satz zum Stamm die Blätter ganz außerordentlich vom Pilzmyzel verändert wer- den. Genauere Daten über die Natur der Um- gestaltung gibt indes, so weit ich sehe, erst Fentzling®). Er hat sich auch bemüht, durch zahlreiche Mes- sungen der Zel- len ganz exakte Vorstellungen von dem Maß der Pilzbeein- Aussung zu ge- - 5 ben. Indes hat er wieder dabei den Fehler ge- macht, die Vari- 2 7 a ationsbreitenicht, Fig. 17. Querschnitte durch Blätter von Eupkorbia Cyparissias. zu berücksichti- «von trockenem Standorte; b im Warmhans aufgezogen, dem längere Zeit im us; c u. d im Warmhaus aufgezo; Eon. Ersagtz.B. der Boden. wurde täglich mit 2%/,iger NaCl-Lösung begossen; gleich zu Anfang e von einem luxuriierenden Individuum, Standort feucht; (pag. 9): „Wäh- püzbefallen, völlig im Dunkeln erwachsen; das Myzel nn ilzhbefallen, ausgetrieben im Warmhaus; ä rend der Blatt- % pilzbefallen, Bintt völlig mit Pykniden von Tee ichnet “ deekt und von Hypken durchzogen; querschnitt der Vergr. os. 300. ’ Flora, B4. 104. 3 34 G. Tischler, gesunden Pflanze eine Länge von ungefähr 3,5 mm und eine Breite von 0,3-—-0,4 mm besitzt, beträgt die Länge des Querschnittes durch das kranke Blatt meist 9—-9,5 mm und die Breite etwa 2 mm.“ Nun brauchen wir nur einen Blick auf unsere Fig. 17 a—e zu werfen, um zu sehen, daß je nach dem Standort die Breite auch des „gesunden Blattes“ erheblich variieren kann. Die von mir gemessenen Blätter waren zudem sämtlich beträchtlich dünner als bei Fentzling, so bei Fig. 17«—0,)08 mm, bei 3—0,1 mm, bei c wieder 0,08 mm, bei d= 0,068 mm, bei e—=0,128 mm. Es erscheint mir sicher, daß die Messungen von Fentzling gar nicht einmal richtig waren! Auf die Dicke des Blattes ist von großem Einfluß die Feuchtigkeit des Stand- ortes, namentlich nehmen die Palisadenzellen an Länge zu, je mehr Wasser die Pflanze aufnimmt. Das Licht ist ja selbstverständlich auch von sehr großer Wichtigkeit, wie schon ein Vergleich etioliert_ ge- wachsener Blätter mit normalen beweist, aber gerade. unsere Figuren zeigen doch auch, wie bei gleichen Lichtmengen die Blattstruktur sich infolge wechselnder Feuchtigkeit verändern kann. 5 repräsentiert etwa den Normaltypus, wenn wir überhaupt von einem sprechen dürfen; 4 stammt von einer Pflanze, die auf trockenem, sandigem Boden wuchs und die Individuen, von denen c und d gezeichnet wurden, waren künst- lich unter „physiologisch trockene“ Bedingungen gebracht. Durch die Untersuchungen von Lesage°%, Schimper®), Holtermann?) wissen wir, daß NaCl-Gehalt des Bodens bei manchen „plastischen“ Pflanzen selbst größere Veränderungtn hervorrufen kann. Im allgemeinen werden dabei auf salzreichem Boden die Palisaden größer, der Reichtum an Interzellularen nimmt auffallend ab, ebenso der Chlorophyligehalt, und häufig vergrößern sich selbst die Zellen des Schwammparenebyms. Lesage sah aber auch, daß von dieser Regel: viele Ausnahmen vor- kommen, daß eine Reihe von Pflanzen des Binnenlandes auf NaCl- haltigem Boden ganz indifferent bleibt, ja einige wenige (Asplenium Trichomanes, Medicago lupulina, Convolvulus arvensis, Galeopsis ochro- leuca) auf salztreiem Boden dickere Blätter haben als auf salzhaltigem. Und Raeiborski (zitiert bei Küster®®) pag. 464) verglich ferner Zuckerrohr auf Salzboden mit solchem auf normalem gewachsenen und fand ganz allgemein, daß ähnlich wie bei manchen Zwergexemplaren alle parenchymatischen Elemente hier kleiner und nicht größer wurden, also denen der anpassungsfähigeren Pisum, Linum, Lepidium, mit denen Lesage experimentierte, hierin nicht glichen. Da Schimper besonders angibt”) (pag. 114), daß ca. 6% der Gattung Euphorbia halophil sind und Lesage speziell für E. exigua Untersuch. üb, d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durck Uromyces Pisi. 85 eine Verdickung der Blätter auf Salzboden beschrieb, glaubte ich auch ‘für Euphorbia Cyparissias gleiches zu erreichen und so evenfuell eine ähnliche Zunahme der Blattdicke (wenn wobl auch bei anderen Zell- .charakteren) als nach Pilzinfektion zu bekommen. Meine Versuche, .Keimpflanzen*) in Knop’scher Nährlösung aufzuziehen, der 1—2% NaCl zugesetzt waren, oder auch nur sie in einem Boden zu halten, der mit 1 oder 2%, iger Kochsalzlösung täglich begossen wurde, schlugen fehl. Nach sehr kurzer Zeit war alles abgestorben, vorher ‚waren die Pflanzen ganz schlaff geworden und sahen wie vertröcknet, aus. Trotz des feuchten Standortes — die Versuche wurden in einen Warm- haus vorgenommen — vermochten die Blätter aus dem NaCi-haltigen Erdboden nicht so viel Wasser zu ziehen, daß sie ihre Trauspirations- verluste decken konnten. Eine nennenswerte Tur- gorerhöhung konnte so- wit nicht induziert sein, Mehr Erfolg hatte ich, als ich einige Euphorbia- Rhizome vom Moment Ihres Austreibens an mit 2% iger Salzlösung begoß. Ich konnte, wenn auch schließlich dieSprosse wie- der vertrockneten,äochwe- Fig. 18a. Euphorbia Oyparissias. Die Sprosse sind nigstens ein paar Wochen bei ihrem Wachstum mit 2%, NaCl-Lösung täglich (nämlich vom 18, Februar begosson worden. bis zum 20. März 1911) sie am Leben erhalten**). Die Photographie Fig. 182 wurde bereits am 9. März aufgenommen, wir sehen auf ihr, daß die Pflanzen im Wachstum zurückgeblieben waren gegenüber den ziemlich zur gleichen Zeit in normalem Erdboden auswachsenden *) A. Winkler’%) gibt an, daß die Samen von Euphorbia Cyparississ erst nach 4 Jahren keimen. Bei meinen im Sommer 1908 von Individuen am Neckar- ufer gesammelten Samen ging dagegen schon im Frühjahr 1909 eine große Menge von Keimlingen auf, **) Dadurch mußte allmählich der Boden immer salzreicher werden, falls nicht alles NaCl von den Pflanzen aufgenommen wurde. 3* 36 G. Tischler, Sprossen (Fig. 185), ferner daß ihre Blätter nicht horizontal oder nach aufwärts, sondern fast alle nach abwärts mit den Spitzen gerichtet waren, oft wie „gekräuselt” aussahen, wie man das zuweilen bei ver- trocknenden Pflanzen sieht. Ein Querschnitt durch die Blätter ergab denn auch, daß (Fig. 17 und 2) mit den morphologischen entsprechende Fig. 185. Gleiche Euphorbia-Sprosse ohne NaCl ausgetrieben. anatomische Veränderungen Hand in Hand gegangen waren. Am meisten charakteristisch ist die starke Reduktion des gesamten Interzellular- systems und das Schwinden eines Unterschieds zwischen Palisaden- und Sehwammparenchym. Das Blatt Fig. 17c war am.9. März, das in f N N | Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 37 Fig. 17@ am 20. März in „Flemming“ fixiert, vor allem bei letzterem ist der Unterschied gegenüber der „normalen“ (Fig. 175) oder noch mebr einer „Iuxuriierenden“ Euphorbia sehr ausgeprägt, die unter für die vegetative Entwieklung besonders günstigen Bedingungen auf- gewachsen war. . Zu all diesen durch äußere Einflüsse hervorgerufenen Ver- änderungen in Größe und Struktur des Blattes tritt noch ganz all- gemein. der Einfluß der „Saison“, in der die Blätter aussprießen. Fig. 19 zeigt uns, wie verschieden schon rein äußerlich die in der „guten“ Jahreszeit, d. h.im Frühling und "Sommer gewachse- nen Blätter sich gegenüber den im Winter erzeugten verhielten, wenn die normale Ruheperiode der Sprosse dadurch ausgeschaltet _war, daß die Sprosse auch während der gesam- ten kalten Jahres- zeit in einem „Kalt- haus“ weiter vege- tieren konnten. Ana- tomische Untersuch- ung der kleinen während dieser Zeit erwachsenen Blätter TERATR GERNE ließ vor allem wieder Yig.19. Euphorbia-Sprosse, anfangs unter günstigen, später H 0 bei Ausschaltung einer „Ruheperiode“ unter ungünstigen eine mangelnde Dif Außenbedingungen gewachsen. ferenzierung der Ge- webe erkennen, tendierte also nach unserer Fig. 172 und d; die Exem- plare wuchsen eben jedesmal unter „Hungererscheinungen*). Aus allen unseren Erörterungen geht jedenfalls so viel schon hervor, daß es unrichtig ist, von dem „Normalblatt“ auszugehen und dieses nun ohne weiteres mit dem vom Pilz infizierten zu vergleichen, *) Zu vergleichen sind hier die Ausführungen von Küster über Hypo- plasie®) (pag. 21-54), speziell sein Rösumse, daß fast alle hierher gerochneten Erscheinungen sich auf mangelnde Ernährung zurückführen lassen (pag. 52). Bw rf , ON ! 38 6. Tischler, wie es Fentzling tat. Das eine der Merkmale, auf das er so kömmt als hervorgerufen vom Parasiten, nämlich das Aufhören zwischen Pali- saden- und Schwammparenehym, ist, wie wir sehen, auch sonst bis zu gewissem Umfange künstlich hervorzurufen, möglich. Der Satz dieses- Autors (pag. 10): „Ebenso hat das Palisadenparenchym insofem eine starke Veränderung erlitten, als seine sonst langgestreckten und dünn- wandigen Zellen, die eine Länge von ca. 120 » und eine Breite von ca. 25 „ besitzen, hier. bedeutend kürzer und breiter erscheinen. Ihre‘ Länge beträgt nämlich ca. 70 a und die Breite 45 a“ ist aber nach meiner Meinung auch insofern falsch, als die Maße an sich offenbar. wieder nieht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Die Länge der Palisadenzellen beträgt in Fig. 17@—e z. B.: 25, 38, 25, 12—15, 58 u! Das Charakteristische der durch den Pilz veränderten Blätter beruht, soweit ich sehe, darin, daß 1. alle Zellen eine andere Form und’ einen anderen Charakter bekommen als die nicht infizierten, 2. anfangs eine erhöhte Teilungsfähigkeit besitzen und 3. durch ein sehr aus- geprägtes Interzellularsystem voneinander getrennt werden. Es ist ja möglich, daß andere Faktoren einmal gleiche oder ähnliche Verände- rungen an den Euphorbia-Blättern hervorrufen werden. Vorläufig ist daran festzuhalten, daß auch die stärksten für solche Modifikationen ge- eignet erscheinenden (Licht, Feuchtigkeit, Einfluß des Bodens) die Blätter in anderer Richtung beeinfiußten. Wir sind demnach wohl bis auf weiteres berechtigt, dem Pilz „spezifische“ Reizstoffe zuzuschreiben. Trotzdem können wir versuchen, das vom Pilz veränderte patho- logische Gewebe mit anderen Gewebsveränderungen unter eine Kate- gorie zu bringen. Und da wäre zu sagen, daß die vom Pilz infizierten Zellen durchaus den Charakter „hyperhydrischer“ im Sinne Küsters®!) (pag. 74f.) haben. Diese sind bekanntlich charakterisiert durch eine ab- norme Zellvergrößerung mit gleichzeitiger Abnahme des plasmatischen Inhaltes, demzufolge enormer Zunahme der Vakuolen, Neigung zu Hyper- plasien, öfteren Teilungen der Zellen, auch wo diese im normalen Gewebe ausbleiben würden — und last not least dem sehr ausgeprägten Inter- zellularsystem zwischen sich. Namentlich unsere Fig. 17% wird uns dies bestätigen. Nun sahen wir aber oben, daß die Neuanlagen des Stammes als ganzes unter besonders zerophytischen Bedingungen sich befinden müssen, da der Pilz zur Zeit ihres Auswachsens die Wasser- leitungsbahnen in Anspruch nimmt. Und ebenso würde jede — nım sagen wir — „naive“ Betrachtung der dicken lederartigen pilzdefor- mierten Blätter xerophytische Bildungen im Gegensatz zu den „hygro- philen“ nicht infizierten sehen. Der scheinbare Widerspruch löst sich ! i Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Oyparissias durch Uromyees Pisi. 39 ziemlich leicht, wenn wir. von dem mikroskopischen Bilde abstrahieren und auf den Charakter der Zellen in physiologischer Hinsicht mehr achten. Anatomische Einrichtungen zur Erschwerung der Transpiration;, wie man sie bei Sukkulenten so oft beschrieben bat, finden sich in der Tat nicht, auch die Zeilen der Epidermis besitzen durchaus keine besonders verdiekte Ontieula, ja die Zahl der Spaltöffnungen ist auf der Oberseite der pilzbefallenen Blätter gegen die nicht infizierten noch erhöht, . worauf übrigens schon: Fentzling?) (pag. 9) aufmerk- sam macht. Nun hat aber. Stahl®2) bereits vor 12 Jahren darauf hin- gewiesen, wie eine stets genügende Wasserzufuhr durch Erhöhung des osmotischen Druckes und zwar durch Speicherung von Zucker oder anderer löslicher Kohlebydrate zustande kommen könne und Fitting'?) hat jüngst gezeigt, wie dieses Prinzip im extremen Maße bei den Wüsten- pflanzen zur Anwendung gekommen ist, nur daß hier zumeist be- stimmte anorganische Salze die ungeheure Steigerung des osmotischen Druckes herbeiführen. Doch erscheint es auch Fitting!2) (pag. 261 bis 262) selbst wahrscheinlicher, daß in vielen Fällen lösliche Kohle- hydrate das wirksame Agens sind. Wenn wir nun Querschnitte der lebenden. pilzinfizierten Blätter von Euphorbia Oyparissias in Lösungen von KNO, tun, so wird ung auffallen, wie hoch auch hier der osmotisehe Druck zuweilen sein kann. Natürlich variiert er, aber namentlich Zellen des Mesophylis, also des vom Pilz veränderten „Wassergewebes“, können dann auch zu ganz respektablen Höhen kommen, ohne natürlich die von Fittiug für die Wüstenpflanzen gemessenen irgendwie zu erreichen. Bei 0,5 gM KNO, waren immer erst bestenfalls sehr wenige Zellen plasmolysiert, mehr schon (bei gut wachsenden, also auch gut CO, assimilierenden Blättern) bei 0,75 gM. Aber ich sah in einigen Fällen selbst, daß sogar bei 1 gM KNO, noch keine Plasmolyse ein- treten konnte und erst, nachdem ich dem Präparat ein paar Tropfen von 1,5 gM Lösung zugesetzt hatte, das Gewünschte erreicht wurde, Wie gesagt, solche Fälle sind die Ausnahme, aber sie kommen doch vor, und wenn ich für die von mir untersuchten pilzinfizierten Blätter im Durchschnitt KNO,-Lösungen von 0,5—0,75 gM anwenden mußte, so wären diese immer noch größer gewesen als z. B. die Zellen des „Schwellgewebes“ in den Oyclanthera-Früchten, die jüngst v. Gutten- berg?) genauer untersuchte. Hier war der osmotische Druck isotonisch mit einer 0,45 gM betragenden Salpeterlösung und der Auter macht darauf aufmerksam, daß dieses schon einem Druck von 14—15 Atmo- sphären entspräche. Ein Minimum von 15-20 Atmosphären Druck in der assimilierenden Zelle wird man in unserem Falle also an- 40 G. Tischler, zunehmen haben. Eine Prüfung mit der „Trommer’'schen Probe“ zeigte mir dann auch sehr große Mengen von Zucker, die CuSO, zu reduzieren vermochten und daneben nur ganz vereinzelt einige Stärkekörnchen. Die Stärke der Milehröhren war aber stets in völlig typischer Form und Menge vorhanden. Stahl macht in seiner oben zitierten Abhandlung schon darauf aufmerksam, daß Euphorbia Cyparissias auch ohne Pilzinfektion zu den Saecharophylien gehört*). Auf pag. 561 weist er ausdrücklich darauf hin, daß Blätter, die „nach einem sonnigen Tag in den Nachmittags- stunden gesammelt“ waren, „nur wenig Stärke“ führten. Ich kann dies bestätigen. Wenn ich auch manchmal, namentlich wenn die abgeschnittenen Sprosse einen Tag im Glase Wasser an einem Südfenster des Institutes . tagsüber gestanden hatten, so viel Stärke vorfand, daß schon äußerlich die Blätter bei der Jodprobe blauschwarz-marmoriert waren, so waren - das doch die Ausnahmen, und ebenso leicht fand ich ‚Blätter, die fast nur Zucker und keine Stärke führten. Daran ist also festzuhalten, daß auch ohne den Pilz in den Euphorbia Cyparissias-Blättern Zucker als Assimilat gespeichert wird und damit einen relativ höheren os- motischen Druck herbeiführen muß. Ich erwartete nun, daß sich sehr wesentliche Differenzen in der Höhe des osmotischen Druckes bei ge- sunden und pilzinfizierten Blättern herausstellen würden. Aber un- geachtet vieler Mühe, die ich mir gab, solche aufzufinden, muß ich doch bekennen, daß von nennenswerten Unterschieden nicht gesprochen werden kann, daß trotz größerer Wasserzufuhr die Blätter also nicht hygrophiler geworden sind und die größere Xerophilie der pilzinfizierten im wesentlichen durch ihre größere Dicke vorgetäuscht wird. Natürlich ist es nun nicht ohne weiteres gesagt, daß der hohe 0os- motische Druck in den pilzfreien und den pilzinfizierten Zellen durch die gleichen Stoffe bedingt ist. So könnte ja z. B. der Pilz durch seine Haustorien auch Salzlösungen in die Zelle diffundieren lassen, die der gesunden Zelle fehlen. Das läßt sich mikrochemisch nicht sehen. Jedenfalls zeigen pro Flächeneinheit die Mengen von reduziertem Cuß8O,, die auf den Zucker als Hauptquelle des Druckes schließen *) Schimper?®) (Spalte 784) sah bereits, daß sich die einzelnen Euphorbia- Arten hierin verschieden verhalten. Während z. B. E. Lathyris, E. helioscopia und trigonocarpa reich an Glukose und arm an Stärke waren, repräsentierten E, Peplus und E. verrucosa das entgegengesetzte Extrem und E, heterophylla steht ungefähr in der Mitte zwischen diesen beiden Typen. Je mehr Stärke gespeichert wurde, desto mehr befand sich in den Zeilen auch Diastase, um die Stärke wieder in lös- liche Form. zu bringen. 5 Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph, Cyparissias durch UromycesPisi. 41 lassen, keine Unterschiede. Die extrem hohen Werte wurden zwar nicht erreicht, aber da sie auch bei den pilzinfizierten selten waren, kann dies auf einem Zufall beruhen. ‘Im allgemeinen waren also bei 05 gM KNO, höchstens die Epidermiszellen plasmolysiert, bei 0,75 dann schon die meisten des Mesophylis. Dieses Ergebnis ist auffallend. Denn wenn ungefähr die gleichen Konzentrationen von Zucker in den pilzfreien und den pilzbefallenen Zellen vorhanden sind, letztere aber sehr viel größere Vakuolen haben, so muß in ihnen pro Zelle auch mehr von den osmotisch wirksamen Substanzen vorhanden ‚sein als in ersteren. Es ist aber in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Assimilationstätigkeit der pilzinfizierten Blätter, namentlich gegen das Ende ihres Lebens hin, wo schon das Pilzmyzel sich sehr in ihnen ausgebreitet hat, wesentlich kleiner als die der normalen ist. Die bleiche Farbe und die geringere Zahl der Chloroplasten sprechen wenigstens sehr dafür. Eine exakte physiologische Beweisführung ist deshalb schwierig, weil eine Trennung der beiden Konstituenten, des Pilzes und der Euphorbia, mit Rücksicht auf ihre nebeneinander her ver- laufenden Stoffwechselprodukte schwer durchzuführen sein wird. Wenn aber weniger organische Substanzen gebildet urid doch mehr in der Zelle vorhanden sind, so müssen entweder vom Pilz solche in die Zelle hinein- geführt sein oder die Ableitung der von der Euphorbia-Zelle gebildeten vermindert sich. Das erstere ist deshalb unwahrscheinlich, weil nicht einzusehen ist, warum der Pilz eben jene Stoffe in die Zelle hinein- befördern sollte, die er sich selbst wieder zur Nahrung herausholt und wir andere nieht nachgewiesen haben. Daran besteht wohl kaum ein Zweifel — und auch v. Guttenberg!®) (pag. 6) weist an den von Albugo candida befallenen Capsella-Zellen darauf hin —, daß „eine große Ansammlung von Kohlehydraten stattlindet, welche ausschließlich dem Pilz zugute kommen, was bereits Wakker veranlaßte, von einem Nährgewebe zu sprechen“. — Die ungenügende Ableitung der organischen Stoffe nach den Bildungsgeweben der Wirtspflanze — es sei vorläufig noch dahingestellt, weshalb sie vorhanden ist — wird uns auch erklären, warum der Vegetationspunkt meist vorzeitig abstirbt oder seine Zellen den meristematischen Charakter verlieren, trotzdem sie vom Pilz selbst nicht angegriffen sind. Neben den verminderten Wasser- und Nährsalz- mengen erhalten sie nun auch noch verminderte organische Nahrung. Unsere vorhin erwähnten Plasmolyseversuche waren für mich noch in einer anderen Hinsicht von Interesse. Sie erlaubten nämlich bekannter- maßen eine leichte Übersicht über den Umfang der Zellmengen, die jedesmal von dem Pilze abgetötet waren. Es überraschte, zu sehen, 42 6. Tischler, daß die Lebensfähigkeit eine sehr große .war. Zellen, die bereits in ihrem Innern größere Haustorien aufwiesen, ließen ein promptes Ab- heben ihres Plasmabelages von der Zell- wand eintreten. In den meisten Fällen blieb nun das Haustorium dabei in se engem Zusammenhange mit dem Plasma der Wirtszellen, daß die dünne Verbin- dung mit der interzellular verlaufenden Hyphe riß (Fig. 202). Aber in einigen Fällen war es doch auch möglich, dureh. Plasmolyse den Plasmakörper der Wirts- zellen von den eingedrungenen Haustorien zu trennen (Fig. 205). Und nach Rück- gang der Plasmolyse legte sich das Plasmoderma der Euphorbiazelle wieder Fig. 20 @ u, d. Mesophylizellen ganz um das eingedrungene Haustorium Bupholhia Oymarissias Blaites TOR herum. Solche Fälle beweisen am besten Iyse, In a ist der Haustorienstiel die Selbständigkeit der beiden nun in dabei durchgerissen, in 5 haben sich z “ : Haustorium und Wirtszellplasma CET Zelle eingeschlossenen „Symbion- deutlich getrennt. Vergr. ca. 600. ten“. Speziell von neueren Autoren weisen ja z. B. W. Magnus®) pag. 211, pag. 235 und v. Gut- tenberg!?)mehr- fach darauf hin, R daß selbst in Fäl- len, bei denen eine völlige ‚Durchboh- rung“ der Zellen uns vorzuliegen scheint, doch nur eine Einstülpung, ein Vorsichher- schieben der Wirts- zellplasmen für den Pilz in Frage . BEZ Fig. 21. Teil einer jungen infizierten Blattanlage von Kommtresp.sofort Euphorbia Oyparissias in der Winterknospe. Die Hyphı bleiben rein interzellular. Veg.P Vegetationspunkt, H Hyphe, neues Plasmoder- Vergr. ca. 1600. ma gebildet wird. a ee were wine were Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyees Pisi. 48 Unsere nächste Aufgabe wird naturgemäß sein, zu verfolgen, wann sich bei der Entstehung eines jeden Biattes dieser Angriff der Wirtszellen durch den Parasiten zuerst geltend macht. Da müssen wir wieder mit Nachdruck betonen, daß dies noch nicht der Fall ist, so lange die Blattanlagen in der Winterknospe lauter Zellen von em- bryonalem Bau haben. Fig. 21 zeigt uns, daß zu dieser Zeit die. Hyphen streng interzeliular verlaufen und niemals Haustorien m die Zellen entsandt werden. Die Verhältnisse liegen also zunächst genau so wie am Vegetationspunkt. Sehr bald, nachdem nun aber die Blätter aus der Knospe austreiben, sehen wir die Zellen des Meso- Fig. 22. Zellen aus einem jungen, Fig. 23. Desgl. Die Zellen haben sich eben ausgetriebenen infizierten Blatte. bereits vergrößert und sind z. T. in In zwei sind Haustorien eingeärungen. neue Teilungen eingetreten. In meh- Das Gewebe begimi: sich zu lockern. reren sieht man die kleinen Haustorien. Vorgr. ca. 1600. Vergr. ea. 1600. phylis wie der Epidermis den ursprünglichen Oharakter verlieren. Vakuolen ireten in immer größerer Zahl auf. Und jetzt findet man auch die ersten knopfartig in sie hineingesandten Haustorien. Da niemals solche vor der Vakuolenbildung gesehen wurden, dürfen wir diese wohl als Vorbedingung für die Formierung der „Saugorgane* des Pilzes auffassen, Die Hyphen dürften wieder von den durch das Plasmoderma der Wirtszelle herausdiffundierten Stoffen aus den Vakuolen und wahrscheinlich wohl wieder von den darin enthaltenen Zuckermengen einseitig chemisch beeinflußt werden. Der Reiz, der die 44 . 6. Tischler, Hautschicht des Pilzes trifft, ruft dann wieder ein Auswachsen nach eben der Reizquelle hervor; der reine „Raum“parasitismus hat von diesem Moment an aufgehört. Von nun an sieht man auch die ersten Veränderungen an den Wirtszellen, wenn man infizierte und nichtinfizierte Blätter mitein- ander vergleicht. Das erste neue Merkmal der Gewebe ist eine immer mehr zunehmende Vergrößerung ihrer Vakuolen, die zuweilen bis zu sehr großen Dimensionen gehen kann und vielleicht durch „Einpumpen“ .des Wassers vom Pilz her mit zustande.kommt. Einen ersten Anfang nach dieser Richtung sehen wir in Fig. 23; in drei der abgebildeten Zellen ragen von den inter- zellularen Hyphen die kleinen Haustorien hinein. Gleichzeitig beginnt die Lückenlosigkeit des Zellverbandes aufzuhören. Und dies steigert sich bald noch sehr viel mehr (Fig. 24), die Interzellularen können dann die Breite der Zellen erreichen, ja sie übertreffen. Verfolgen wir das Blatt von der Spitze nach der Basis, so läßt sich das allmähliche Vorschieben der wachsenden Hyphen zwischen den Zellen und die succes- sive Verbreiterung der Inter- Fig. 24. Die Zellen haben sich noch mehr Zellularen gut beobachten. vergrößert, zwischen ihnen sind schon größere lei: itie fä Interzeitularen vorhanden, die der Pilz z. T. & ichzeitig alt auch auf ’ einnimmt. Vergr. ca. 1600. daß gegenüber dem nicht in- fizierten Blatte die Zahl der Zellen sich zu vergrößern beginnt. Auch auf unserer Fig. 24 ist unschwer zu sehen, daß die beiden großen Zellgruppen links aus je einer Mutterzelle durch Teilung erst vor kurzem hervorgegangen sind*). Außer der Zellvergrößerung, Zelltreunung und Zellteilung muß nun aber der Pilz noch eine qualitative Umgestaltung der Zellform vorzunehmen instande sein. Wir ersahen ja aus unseren früheren Darlegungen, wie sehr sich im ausgewachsenen Blatte die Zellen an *) Die Figuren wurden von jungen eben ausgetriebenen etiolierten Blättern genommen, wo die störenden Chloropkylikörner 'wegfielen. Der Zucker muß hier wahl von den Stärkereseryen des Stammes herkommen. H Untersuch. üb. &. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch UromycesPisi. 45 „gesunden“ und „kranken“ Pflanzen unterscheiden. In welcher Weise das der Pilz tut, wissen wir vorläufig nicht. Versuchen wir deduktiv vorzugehen, so wäre zu sagen, daß nach Noll?) für die Gestaltungs- determinierung der Zelle die Hautschicht allein verantwortlich zu machen ist. Hier ist nach diesem Autor allein das embryonale Plasma sensu strietissimo, Und aus der gesehenen qualitativen Formver- änderung der Zelle könnten wir dann in unserem Falie auf eine Ver- änderung ihres Plasmoderma unter dem Einfluß der Nachbarschaft des Haustorium schließen. Dieses wird mir zu um so größerer Gewißheit, als mindestens die neue sich gegen das Haustorium abgrenzende Hautschicht, die ja notwendigerweise nicht nur auf einem „Einstülpen“ der alten, sondern auch auf einer Vergrößerung dieser beruhen muß, erst unter unmittelbarem Einflusse des Haustoriums sich anlegt resp. weiter wächst, Damit würde aber eine andere End- und Exosmose als bei der „normalen“ Zelle zu postulieren sein. Seit langem wissen wir, wie stark durch veränderte Lichtverhält- nisse die Schwammparenchym- und Palisadenzellen der Blätter verändert werden können. Erst vor kurzem haben aber Lepeschkin®%) und Tröndle°%) unabhängig von einander nachgewiesen, daß schon die wechselnde Belichtung auf die „Durchlässigkeit“ der Plasmamembran ändernd wirkt. So erscheint ein kausales Verständnis der „neuen“ Zellformen des Schaitenblattes gegenüber denen des Sonnenblattes oder umgekehrt angebahnt. Wenn wir den oben erwähnten hoben osmotischen Druck der pilzinfizierten Zellen, andererseits aber deren geringere Photosynthese berücksichtigen, so dürfte eine Erschwerung der Zueker- ableitung anzunehmen sein, die Permeabilität des Plasmoderma somit sinken. Das wäre also das gleiche wie nach Verdunkeln in Tröndles Versuchen, und dieser Autor hat ja (pag. 2ö14£) zpeziell auf die bio- logische Bedeutung davon hingewiesen. Aber wir wollen den Vergleich der pilzinfizierten mit den schwach belichteten Zellen nicht zuweit treiben, denn sonst müßten wir konse- quenterweise eine nahe Parallele zwischen etiolierten und völlig pilz- befallenen und -durchzogenen Pflanzen anstreben und jeder Vergleich zeigt uns, welche Differenzen in der Gewebs- wie in der Zellausbildung da doch vorhanden sind. Etwas gemeinsames bei den beiden Außen- wirkungen kann man doch darum annehmen. Ich erinnere hier an die Worte von Baur®) (pag. 26) über Sonnen- und Schattenblätter: „Was es übrigens für Faktoren sind, welche den Blattbaun so weitgehend modi- fizieren, ist nicht bekannt, in letzter Linie natürlich das Licht, aber die Wirkung ist wohl eine sehr indirekte. Es scheint nach Beobach- 46 B 6. Tischler, tungen von Matthuse, daß die ganz jungen Blätter, welche eine reich- liche Menge von Assimilaten, d.b. Zucker im wesentlichen zur Verfügung haben, den Bau der Lichtblätter bekommen und die Blätter, die in ihren ersten Stadien hungern, den Bau von Schattenblättern“. Nichts steht nun aber im Wege, auch die Form der pilzbefallenen Zellen als eine der möglichen Hungerformen anzusehen, da ja fortwährend durch die Haustorien ihre notwendigen Nährstoffe — und wohl wieder in erster Linie Zucker — fortgenommen werden. Immer nur sah ich eine typische Zellveränderung, nachdem ein Haustorium auch wirklich dabei mitgewirkt hatte. In den Fällen, in denen aus irgend welchem Grunde das Myzel nicht das ganze Blatt durchzogen hatte, war ebenso wie da, wo das Blatt schon in seiner ‚normalen Struktur angelegt war, als das Auswachsen der Hyphen be- gann (so fast immer an den untersten Blättern des Stammes) zum Teil noch die typische Differenzierung in Palisaden- und Schwamm- parenchym eingetreten. Hierin muß gegenüber gewissen tierischen Gallenbildnern und manchen (pflanzlichen) Chytridiaceen ein Unter- schied liegen. Wir sahen ja eingangs unserer Abhandlung, daß man hier von „Fernwirkungen“, d. h, also von Weiterleitungen des Reizes auf die Hautschicht gesunder Zellen sprechen durfte. Das Zusammenleben der. durch den Pilz „umgeformten“ Blatt- zellen mit den Haustorien ist, soweit ich sehe, ein ziemlich friedliches. Die beiden Symbionten sind eben ja auch sonst besser aneinander an- gepaßt als etwa die von Zach 2) studierten Getreide-Uredineen *) oder manche der von v. Guttenberg'®) untersuchten Pilze an ihre Wirts- pflanzen. Vor allem ist hervorzuheben, daß zwar eine Kernvergrößerung vorkommt — wie sich ja auch die Zelle vergrößert —, daß aber zu- nächst die charakteristischen Veränderungen fehlen, die manche von Pilzen hervorgerufenen Hypertrophien so auszeichnen. Wir brauchen da aur an die lappigen Formen, die z. B. v. Guttenberg'!®) für die von Ustilago Maydis oder Puceinia Adoxae befallenen Wirtszellen abbildet (Taf. IL, Fig. 14 und Taf. IV, Fig, 10) zu erinnern. Noch in Zellen, die bereits ziemlich große Haustorien besitzen, haben wir völlig runde *) Aber auch für die Bromns-Zellen, die von den Haustorien der Puceinia bromina befallen sind, erwähnt z.B. Marshall Ward“) (pag. 40) ausdrücklich: „One of the most surprising features of the invaded cells is the longevity of their ‚cell-eontents. Even in preparations of tissue thoroughly infested for some days .. - the nucleus, chlorophyil-corpuseles and cytoplasın may retain their form and colour, and even their normal eapacity for steining. “ Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Oyparissias durch Uromyees Pisi. 47 Nuclei, deren feingekörntes Chromatinnetz die Vorstellung einer be- sonderen „Aktivität“ ausschließt. Ja häufig genug finden wir Kern 'und Haustorium räumlich. ziemlich weit getreunt, und wir wissen doch sonst, wie sehr in den pilzbefallenen Zellen. sich beide gegenseitig an- ziehen (siehe die Diskussion hei v. Guttenberg?®) pag. 43ff.). Die mikroskopischen Bilder der Kerne aus den Blattzellen von Euphorbia Cyparissias sprechen somit nicht für die Beziehungen, die v. Guttenberg z. B. für die von Adoxa Moschatellina und den Puceinia-Haustorien ‚annimmt, wo diese speziell von dem Chromatin chemotropisch gereizt und genährt zu werden scheinen. Auch mir fiel es oft auf, wie relativ chromatinarm die Kerne schließlich werden, aber das gleiche würde auch bei allgemeinem Hungerzustande der Zelle infolge Fortnahme not- wendiger Nährstoffe eintreten. Die Chlorophylikörmer zeigen in den infizierten Zellen ebenfalls vorläufig noch kein Anzeichen einer Dege- neration. Wirklich irreparable Veränderungen waren in den Zellen nur in unmittelbarer Nähe der „Fruchtformen“ des Pilzes zu sehen, also kurz bevor der von der Wirtszelle eingenommene Raum von den inter- zellularen Hyphen in. Beschlag genommen wird. Und da fielen dann in der Tat die von Zach für seine Objekte geschilderten Absonder- lichkeiten auf, Ich verweise auf meine Fig. 25, die klarer als lange Beschreibungen das Wesentliche zeigen wird. Der hypertrophische Kern der Wirtszelle ist häufig mit einem Haustorium zu einer schein- baren Einheit verschmolzen, er speichert intensiv Farbstoff und läßt nun eine Differenzierung im Inneren nicht mehr erkennen. Häufig sieht er — nach seinen Falten zu urteilen — geschrumpft aus. Doch ist daran festzuhalten, daß auch ohne unmittelbare Nähe des Haus- ‚toriums die „Zellvergittung“ so weit geht, daß ähnliche Nukleardegene- rationen zu beobachten sind und daß ebenso zwischen derartig ver- änderten Zellen auch wieder einige ziemlich unveränderte liegen, die als einziges Zeichen der stattgehabten Infektion gewisse Ölartige — die Osmiumsäure zu Osmium reduzierende — Tropfen erkennen lassen. Soweit ich Zach verstehe, sieht er in diesen immer „Exkretkörper“, die aus Resten der Haustorien mit dem Wirtszellplasma entstanden sind*). Einen gleichen Schluß vermag ich für unser Objekt mit Sicher- heit nicht zu ziehen. Aber es erscheint mir auch wahrscheinlich, daß es sich um Reste von Haustorien handelt, deren Substanzen irgendwie *) Die Abbildung Taf. IV, Fig. 12 für Pnceinia bromins [Marshall Ward #)] läßt vermuten, daß auch reine Hanstorien ein ähnliches Aussehen gewinnen können. 48 6. Tischler, Fig. 25. Zellen aus infizierten Blättern kurz vor ihrer Degeneration. Die Kerne speichern intensiv Farbstoffe und sind ohne erkennbare Struktur, häufig mit Haustorien zu scheinbarer Einheit verschmolzen. Außerdem fallen die Osmiumsäure reduzierenden anakretkörper‘ auf. Vergr. ea. 1600, von der Wirtszelle verändert worden sind. Sohat Zach unzweifelhaft recht, wenn er jetzt von einer Art „Kampf“ zwi- schen den beiden Plasmen spricht. Das Ende ist wohl immer der Tod beider. Von großem Interesse wäre der chemi- sche Nachweis, wieso die beiden kis dahin harm- losen „Symbion- ten“ nun plötzlich diesen gegensei- tigen Vernich- tungskrieg führen. Gerade für even- tuelle mikroche- mische Forschung scheinen mir hier noch interessante- reProbleme vorzu- liegen als für ver- gleichend morpho- logische. Im ein- zelnen kann man überaus mannig- fache Bilder von derartigen Dege- nerationszustän- den sehen, die alle zu schildern wohl zu weit füh- ren würde. Her- N KLRRL man HARUHT Hk kb re nn ne F F Untersuch. üb. d. Beeinfiussung d. Euph. Oyparissias durch Uromyces Pisi._ 49 vorheben will ich nur noch, daß die Chlorophylikörner meist sehr lauge unverändert bleiben, während Zach für seine Objekte frühe Zer- störung und körnige Degeneration angibt. Nachdem die Sporen des Pilzes gereift sind, fallen die Blätter ab, und wir sahen ja oben, wie damit auch der ganze Entwicklungs- zyklus des Pilzes für das Jahr beendet ist. Irgendwie muß von dem absterbenden Myzel, das sich in der Bildung der Sporen „erschöpft“, auch eine Hemmung nach dem Myzel weitergeleitet werden, das am Vegetationspunkt des Stammes geblieben war. Trotzdem dieses ‚äußer- lich ganz gesund aussieht, wächst es nieht mehr in die nun noch eventuell austreibenden Blätter ein. Aus den umfangreichen Studien von Klebs und seiner Schule (s. die Zusammenfassung ®) wissen wir, wie eine Erschöpfung des vegetativen Myzels und sein Aufgehen in Sporen- bildung durch das Vorhandensein oder Aufhören bestimmter Nährstoffe kausal bedingt ist. Vielleicht wird hier das allmähliche Erlöschen der Photosynthese des Euphorbia-Blattes infolge zunehmender Zelldegeneration im Spiele sein. Aber die Hemmung des Myzels am Vegetafions- punkte bliebe darum doch noch unklar und ich vermag z. B. nieht einzusehen, warum bei den in Türkheim gesammelten „ausgetriebenen“ Blattschöpfen die Hyphen noch bis zur Basis der Blätter gelangten, dann aber nicht weiter wuchsen. Spekulationen darüber haben solange um so weniger Sinn, als eine künstliche Kultur der Uredineen un- abhängig von ihrem „natürlichen“ Nährboden bis zur Sporenproduktion leider ‚bisher nicht möglich gewesen ist. Gleichermaßen rätselhaft bleibt die Tatsache, daß das Myzel im unterirdischen Rhizom Sommer über zu ruhen scheint, jedenfalls nicht die Gewebe der Wirtspflanze vernichtet und erst im folgenden Früh- jahr wieder einen neuen Impuls zum vegetativen Austreiben empfängt. Daß überhaupt das Myzel im Rhizom die „Krankheit“ für die Euphor- bia auch bei „Gesundung“ der oberirdischen Stämme latent erhält, wurde bisher, soweit ich aus der Literatur ersehe, nur aus dem all- jährlichen Aussprossen infizierter Achsen erschlossen. De Bary?) (pag. 96) erwähnt ausdrücklich, daß er wegen des Stärkereichtums des Rhizoms das Myzel nicht habe aufdecken können und auch Klebahn?®) (pag. 56) gibt an, daß die bisherigen Untersucher nichts darüber sagen. Wenn Lindau”) (pag. 363) ‘ohne weiteres von dem Vor- handensein des Myzels im Rhizom spricht, so geht doch aus seinen Angaben nicht klar hervor, ob er es gesehen oder nur erschlossen habe. Überhaupt habe ich aus der Zusammenfassung über „perennierende Flora, BA, 101, 4 md Dul, Guruen 1912 Be ©. .4,6. Tischler, -Myzelien® : im Klebähn’schen Buch (pag. 54 ff) den Eindruck‘: ge- ennen; daß vorläufig schr wenig. exakt& Daten’ hier vorliegen. ".-. Schnitte durch ausgewachsöne infizierte Rhizomteile’ von Euphorbia Cyparissias zeigten denn nun in einer. bestimmten Region außerordentlich viel „rudimenta“, wie, der .alte Tulasne sich ausdrücken würde‘ (siehe "das Zitat bei Klehahn®) {pag. 55). Es händelt sich dabei um gut. ge- Biederte Myzelzellen *), aber sie verlaufen zum allergrößten Teile. intra- kellular. Wir haben, soweit ich sehe, es ‚nie- mals mit, irgendwie unter’ ‘dem Einflusse des ._"Wirtszellplasma degenerativ veränderten Hau- " storien zu tun. Aber es dürfte sich mit Sicher- "heit doch um Haustorien handeln, deren inter- . zelluläre Hyphen äbgestorben sind. Wir Fig. 26 2». 5. Haustorienknäuel aus Rhizom- . zellen von infizierten Euphorbien. In 5 die > Du Zellulossumküllung gestreift (schraffiert). Vergr. Fig. 26a. n : cn 1600. erwähnten ähnliches ja auch von dem oberirdischen Stamme, wenn auch die Verknäuelung da nie so weit ging. . *) Merkwürdigerweise sind die meisten zweikernig, was wit. aller Schärfe wegen ‘der geringen Plasmamengen zu sehen ist. Auch sonst habe ich öfter zweikernige ‚Zellen im interzellularen Myzel-geschen. Dies ist sonderbar, da die Zweikernig- keit doch erst von der Aecidiosporenbildung an datieren sollte. .Ich kann hier nur darauf aufmerksam machen. Eine eingehendere Verfolgung des sich evtl. dabei er- 'gebenden Problems liegt außerhalb unseres jetzigen Themas. Gelegentliche An- gaben über Zweikernigkeit sind auch sonst in- der Iiteratur- vorhanden, 4 3 ji . Untersuch, üb. d. Beeinflussung d. Euph.’Cyparissias durch Uromyces Pisi, 51 Ich fand die. Pilzspuren fast mar im jüngsten. Xylem, und hier ‚wieder in den Holzfaserzellen, ‘die aber parenchymatisch 'geblieben ‚waren. Die Gefäße zeigten dagegen die typische Verholzung ihrer Wände. ' Wenn. noch: die. Kerne der’ Wirtszellen vorhanden waren, sahen diese gesund aus, ein paar Mal ein wenig hypertrophiert und an der Oberfläche leicht‘ gelappt. Das war alles. In der äußeren Rinde waren nur vereinzelte, im Mark fast gar keine Pilzreste — wenigstens bei den von mir ‘geschnittenen Rhizomen; '- . "Ein Auswachsen dieses intrazellülarei haustorialen „‚Pseudoparen- chyms“, wie man fast sagen :köunte (siehe auch imsere Fig. 26@ und 2), zu neuem interzellülarem Myzel, das’ die. Achselknospen‘ des: hächsten Jähres- infizieren und :den:'Pilz so von. Jahr‘ zu Jahr in einer Pflanze konservieren könnte, ist wohl nach allen unseren Kenntnissen . aus- ‚geschlossen. Zudem..spricht ‚auch die ‚große: Plasmaleere der - Zellen ‚direkt gegen die Möglichkeit, 'daß sie‘ sekundär wieder „embryonal“ zu ‚werden vermöchten. So können unsere Präparate nur bezeugen, daß man wenigstens. jeder Zeit ein Indizium auch aus beliebigen Rhizom- teilen häben kann, ob ein bestimmtes Individuum einer Euphorbia infiziert war oder nicht. =: ' Für die. wirkliche Infektion. der jungen Triebe müssen wir inter- zellulare Hyphen, genau ‚wie wir sie an den oberirdischen Vegetations- punkten kennen: lernten, annehmen, auch wenn wir nicht das Glück hätten, sie gerade zu treffen. Aber das prinzipiell wichtige: das Vor- handensein äußerlich gesund erscheinenden und trotz Weiterwachsen ‚des ‚Vegetationspunktes für eine bestimmte. Zeit „ruhenden“ Myzels kennen wir ja bereits und so erscheint dann für das Rhizom däs - ‚Gleiche am natürlichsten. Zytologische Betrachtung ‘ohne entsprechende :Kulturmethodik dürfte auch hier kaum eine wirkliche Aufklärung er- ‚geben. Vorläufig können wir nur vermuten, daß der Nährstoffmangel die Hemmungen des Wachstums mit hervorruft, da alle löslichen Kohlehydrate än Stärke umgewandelt werden. Ich gedenke die Frage weiter zu ver folgen. Dagegen beweist offenbar der Bau des infiziert gewesenen Holzes im Rhizom von Euphorbia, warum dieses nicht unbegrenzt‘ weiter- wachsen kann, sondern relativ bald abstirbt. Das wird uns namentlich deutlich, wenn wir ein Rbizom ansehen, das in der ersten Saison noch ‚gesund war und hier typisches solides Holz entwickelt sowie alle Wände von Faserzellen und Gefäßen in normaler Weise verdickt hatte, und dann das Zuwachsgewebe des nächsten Jahres mit seinem überwiegend paren- chymatischen Charakter dagegen halten. Die Widerstandsfähigkeit leidet eben unter der Infektion und so natürlich auch die. Wässerzufuhr der dr 52 6. Tischler, neu zuwachsenden Teile. Untersucht man solehe „absterbenden“ Rhi- zome von Euphorbia, die im Sommer vorher vielleicht noch eine Menge stattlicher oberirdischer Sprosse getrieben hatten, so fällt einem auf, wie weich und ‚mürbe die ganzen Gewebe sind und wie leicht sie sich zerdrücken lassen. IV. _ Aus meinen Darlegungen über das symbiontische Verhältnis zwischen Uromyces- Pisi und Euphorbia Cyparissias haben wir ersehen, daß der „Parasitismus“ des ersteren nicht überall sich in gleicher Weise offen- bart, daß vor allem die rein embryonalen Zellen der Vegetationspunkte gar nicht angegriffen werden. Sehen wir nun noch, was wir für Analogien dazu anzuführen hätten. An erster Stelle wäre wohl der „Lolium-Pilz“ zu nennen, über den wir namentlich durch Freeman’s'# sorgfältige Untersuchungen genügende Klarheit haben. So wissen wir, daß die Hyphen hier während ihres ganzen Lebens niemals Haustorien bilden: sie bleiben reine „Raumparasiten“ und beeinflussen ihre Wirtspflanze in keiner Weise formativ. Vom Vegetationspunkte des wachsenden Stammes resp. von den aus seinen Zellen diffundierenden gelösten Stoffen wird der Pilz offenbar chemotaktisch angezogen. Hier dringt er bis zu einer Entfernung von zwei Periklinalreihen nach außen vor, also ungefähr so weit, wie auch Uromiyees in den Euphorbia-Vegetatiouspunkten, Ob ‚das Myzel hier immer bleibt, hat Freeman nicht ganz klar. aus- gedrückt. Er betont nur, daß die Hyphen stets „for some distance“ unter dem Vegetationspunkte, besonders im Parenchym, zu sehen wären. Ebenso beobachtete Freeman, daß in den älteren Stammteilen die Hyphen desorganisierten.: Da keine Haustorien vorhanden waren, kann hier somit jede Spur des Pilzes verschwinden. Hannig?!) macht dann ‚noch darauf aufmerksam, daß offenbar die einzelnen Rassen — oder besser gesagt: reinen Linien — von Lolium temulentum sich bezüglich der Widerstandsfähigkeit ihrer Vegetationspunkte etwas voneinander zu unterscheiden scheinen. So war das der Fall bei den in Cambridge und den in Straßburg beobachteten Exemplaren, da von ersteren viel mehr Samen als von letzteren gänzlich frei vom Pilz waren. In welcher Weise wir aber diese Freiheit „erklären“ sollen, ob etwa irgend eine physikalische oder chemische Resistenz anzunehmen sei, vermag Hannig auch nicht zu entscheiden (pag. 37). „Daß es aber bloßer „Zufall“ sein sollte, ob der Pilz an seiner Blüte vorbeiwächst oder nicht, ist ‚nicht anzunehmen, da ‘die Häufigkeit: des Auftretens pilzfreier Pflanzen a \ Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 53 z. B. in Cambridge und demgegenüber die Seltenheit dieses Falles bei uns (scil, in Straßburg) ja eine gewisse Gesetzmäßigkeit erkennen 1äßt.* Noch weit mehr als mit dem Loliumpilz müssen wir mit Uro- myces Pisi die von Lang ?®) studierte Ustilago tritiei vergleichen. Daß die Ustilagineen manche Übereinstimmung mit dem Loliumpilz biologisch aufweisen, erwähnt n. a. ja auch Freeman!t) (p. 22). Gerade die Art der Invasion in der jungen Pflanze, das fortgesetzte Wachstum der Hyphen zusammen mit dem Vegetatiouspunkte des Stammes und das Absterben des älteren Myzels stimmen gut überein. Aber neben “ anderem ist doch „the invariable intercellular course of the hyphae ... certainly different from the usual conditions in Ustilagineae“. Daß jedoch auch diese wenigstens eine Phase in ihrem Leben besitzen können, in der sie reine Raumparasiten sind, hat, soweit ich sehe, zum ersten Male Lang vor 2 Jahren für Ustilago tritiei nachgewiesen. In seinem R&sum&e auf pag. 96 sagt er darüber: „Wenn wir jetzt den Verlauf der Infektion überblicken, so müssen wir die bedentsame Tatsache fest- stellen, daß der Pilz in dem ganzen ersten Abschnitt seiner Entwick- lung, vom Eindringen des Keimschlauches in die Narbe bis zum Ruhe- stadium im reifen Korn, das Gewebe seines Wirtes in keiner Weise angreift oder nachteilig beeinflußt“ Und Lang selbst ist sich der theoretischen Wichtigkeit seines Fundes durchaus bewnßt (pag. 97): „Durch alle unsere Beobachtungen wird also eine so vollkommene An- passung des Parasiten an seinen Wirt festgestellt, daß wir in der patho- logischen Literatur kaum ein Analogon finden dürften... Am meisten Ähnlichkeit ... . hat jedenfalls der Lolium-Pilz.“ Eine weitere Parallele zwischen Ustilago tritiei und Uromyces Pisi ergibt sich darin, daß in dem Moment, in welchem das Myzel zu Zellen mit reichlichen Nähr- stoffen kommt; (pag. 93), „eine sehr üppige Verzweigung beginnt”. Im jungen Embryo des reifenden Samens breitet sich das Myzel mit Aus- nahme der Gewebe in der Nähe der Radikula überall aus. „Selbst bis zum Scheitel des Vegetationspunktes sind die Hyphen vorgedrungen, und nur die äußere Begrenzung der Organe scheint dem Wachstum der Hyphen ein Ziel gesetzt zu haben“ Ob auch jetzt noch hier wenigstens keine Haustorien gebildet werden, sagt Lang im Texte nicht ausdrücklich; aber auf der beigegebenen Abbildung (Fig. 13) sehen wir das Myzel streng interzellular verlaufen. Wie sich das Myzel in dem Vegetationskegel der im nächsten Jahre auswachsenden Weizenpflanze verhalten wird, gibt Lang noch nicht an. Ich vermute, daß hier die Ähnlichkeit mit Uromycees Pisi und dem Vegetationspunkt von Euphorbia ganz besonders zuiage treten wird. Nicht vergessen 7 om „6: Tischler, darf jch übrigens hinzuzufügen, daß Lang für Ustilago tritici .das- Vorhandensein einer bestimmten Modifikation des Myzels. als Anpassung an die- Winterruhe. als erwiesen ansieht: die. Wände der Hyphen ver- dicken sich, der Zeilinhalt. macht einen schaumigen Eindruck, im, Innern sind wahrscheinlich : Fettröpfchen abgeschieden. „Für: Uromyees: Pisi haben wir ja leider eine solche besondere „Dauerform“ des. Myzels, etwa im überwinternden Rhizom, bisher noch nieht konstatieren können. Außer in diesen beiden Arbeiten.von Freeman und Lang.'habe ich nun; wenn, wir von den sogenannten‘ „ektotfophen :Mycorrhizen“ absehen, in. der . gesamten. Literatur keinen. einzigen, Fäll -gefünden, in dem mit ‚Sieherheit' eine bestimmte haustorienlose Pilzphase für ‚irgend ein Gewebe beschrieben ist. Immer sollen: „gelegentlich“ oder „hier und da“ Haustörien in die Zellen entsandt ‘werden, und wo sie-fehlen, da. scheint eben die Zelle vom wachsenden interzellularen Myzel. direkt angegriffen und abgetötet: zu werden. Es ist mir aber nicht zweifelhaft, daß sich nun, ‚nachdem man einmal darauf aufmerksam geworden: ist, die :Beispiele. für ‚Sine „raumparasitische‘ Phase der.Parasiten bäufen’ werden. b . & Dafür, daß im n Ehtwicklungsgang. ‘der Uredineen-Mjzelien gewisse vorläufig wnerklärbare „Hemmungen“ plötzlich. einsetzen, die erst. im: Folgejahr überwunden werden können, kringt W. Müller!) ein gutes Beispiel, der. das auf. Euphorbia silvatica parasitisch. lebende .Endo- phylium. Euphorbiae silvatieae ‚näher' untersuchte. Die Entwieklungszeit dauert hier 2_volle. Jahre. (pag. 337): „Durch: Infektion. der Rhizom- knospen gelangt der Pilz. in neue Wirtspflanzen, überwintert dort, wächst mit der sich. streckenden Knospe. empor und bildet, ‘falls er kräftig genug ist, im April und Mai Pykniden (denen bisweilen einige Aecidien folgen köunen), welche sich bald zurückbilden, ohne Spuren ihrer einstigen Anwesenheit zu hinterlassen. Näch der zweiten Über- winterung des Myzels im. Stengel beeinflußt -es im zweiten Frühjahre die Meristeme derart, daß eine typische Deformation entsteht und bildet im April und Mai blattoberseits Pykniden, denen dann die so- fort keimfähigen Teleutosporen folgen, die in aeeidienartigen Becherchen auf der Unterseite des Blattes entstehen.“ ‘Wie die Hyphen..sich am Vegetationspunkte : verhalten, hat Müller leider ‚nicht angegeben, er sagt nur (pag. 339), daß sie sich: „bis .dieht unter dem Vegetations- punkt“ finden ließen. Sie verliefen ‘in. den Interzellularen, vornehmlich des Markes, doch auch der Rinde und sandten „da und dort. Haus+ torien in die Zellen der Wirtspflauze“. Warum 'eine formative Be- eintlussung der Triebe und Biätter des ersten Jahres nicht stattfindet, Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 55 hat-Müller gleichfalls nicht. näher untersucht.:-Er betont ausdrücklich, daß. die Blätter desersten Jähres sich nicht. von denen gesunder‘ unter- scheiden, während die: des zweiten. Deformationen, ähnlich denen: bei Euphorbia‘ Cyparissias, erfahren. Ob im ersten Jahr das Myzel überhaupt: nicht in die Blätter kommt oder vielleicht. nur .streng interzellulär ver- läuft, ohne .Haustorien in die. Zellen zu. ehtsenden, wisse. wir nicht. Sotist wäre noch zu bemerken, daß bei den‘formativen Veränderungen der Gewebe des Zweiten‘ Jahres sich auch einige’ Unterschiede gegen- über Euphorbia .Cyparissias finden. Die:Zellen des Blattes vergrößern sich ‘Zwar atich; .aber ihre’ Zahl nimmt: nicht. zu, und die Interzellular- räume zwischen‘ ihnen scheinen. sich nicht . zu erweitern, Die: „Hemmungen“. bei. der Gewebebildung in: den kranken Pflanzen ver- liefen. aueh. im: Stämme nicht immer ganz gleich denen von Euphorbia Cyparissias. Das theoretisch Bedeutsamste für das Verhältnis zwischen Euphorbia silvatica. und "seinem. ‚Parasiten bliebe somit noch „Test- zustellen. Bun „Die übrige phytopathologische Literatur branche ich nur zu streifen, unsomehr als ich so eingehende Analysen, wie wir sie versuchten, nirgends vorfand. Die vorhandenen ‚Angaben .zeigen ‚indes schon zur "Genüge, wie verschieden sich je nach den: beiden zusammentretenden „Sym: bionten“ ‘das Zusammenleben gestaltet. Freilich wäre ein entgegen- gesetztes Verhalten von vornherein sehr unwahrscheinlich gewesen*).: ‘Zuerst. möchte ich -kurz auf die Beispiele ‚hinweisen,. in denen. normal der befallene Hauptsproß selbst noch in der: Blütenregion dem Pilz ‘entwachsen kann. Dies ist z. B. der Fall bei Puceinia Rübsaameni, die, wie wir. durch P. Magnus“) wissen, auf Origanum vulgare „Hexenbesen“ bildet. Ruth Stümpfli®4) (pag. 250) berichtet, darüber. genauer, Dagegen verhält sich Puceinia Arrhenateri, die nach Eriks- son?) Hexenbesen auf der Berberitze hervorruft, ähnlicher gewissen von uns im Freien gefundenen Euphorbis-Trieben. P. Magnus ®% 4%) legte den Verlauf der Hyphen hier völlig klar. Er zeigte, daß das Myzel im Mark der Langtriebe bis zum Scheitelmeristem wächst, „jedoch ohne in die Blätter einzudringen“ (s. auch E. Fischer‘ (pag. 5), und nur die Achselknospen, die für das nächste Jahr bestimmt sind, völlig in- fiziert und dann auch deren Blätter deformiert. v. Goebel!s) (pag. 75) macht noch besonders darauf aufmerksam, daß bei dieser Hexenbesen- bildung ja ein sehr starker Zufluß von Nährstoffen nach den sonst. *) Die von Wakker®) (pag. 538) für die verschiedenartigen Kategorien, vorgeschlegenen Bezeichnungen: Kteinophyten,; Hyperirophyion, Isotrophyten, Altto- pbyten haben sich nicht eingebürgert. 56 . @. Tischler, nieht austreibenden Knospen durch den Pilz bewerkstelligt wird und daß dies und .nicht ein spezifisches Stimulans des Pilzes die Ursache für das Auswachsen sein könne. Aber es sind doch auch Fälle be- schrieben, die vielleicht nur dureh solche stimulative Wirkungen einmal zu erklären sein werden. Sind wir ja auch sonst geneigt anzunehmen, daß manchmal der erste Anfang einer „Vergiftung“ gerade in einem gesteigerten vegetativen Wachstum besteht. Die Analogie mit den „luxuriierenden“ Bastarden, für die Jost bekanntlich (Diskussion s. Tischler ) (pag. 113ff.) solche Beziehungen annimmt, springt dabei in die Augen. Ich erwähne hier als willkürlich herausgegriffene Beispiele die Beobachtungen von Magnin°®) an Anemone ranuneuloides, die durch Aecidium leucospermum infiziert war, und die von Peglion*), der über den Einfluß von Selerospora auf Gramineen arbeitete. Die Beein- flussung des Stammes und der Blätter bei pilzinfizierten Pflanzen kann naturgemäß so verschieden weit gehen, daß sich gemeinsame Gesichts- punkte kaum geben lassen. Eine Tendenz, „Kataplasmen“ zu bilden, ist unbedingt bei sehr vielen vorhanden, ebenso die, sämtliche mecha- nischen Gewebe zu hemmen. Doeh selbst davon berichtet Wakker ®) (pag, 514) eine Ausnahme, indem bei Cirsium arvense, infiziert durch Puceinia suaveolens, eine verstärkte Sklerenchymbildung zustande kommen soll. Häufig findet man bei der Differenzierung der Blatt- gewebe das gleiche Verwischen der Unterschiede zwischen Palisaden- und Schwammparenchym wie in unserem Falle. Aber einige von Stro- meyer®®) studierte parasitische Ustilagineen, wie Ustilago Bistortarum auf Polygonum viviparum, "Uroeystis Anemones auf Ranunculus bulbosus oder die von G&neau de Lamarliöre!i) untersuchte Uredinee „Roestelia lacerata“ (d. bh. Gymnosporangium clavariaeforme) lassen auf \ ihren Wirtspflanzen gerade die Palisadenzellen sich in Form oder Reihenzahl vergrößern, Und P. Magnus®®) (pag. 152) macht darauf aufmerksam, daß die Blätter von Berberis vulgaris durch Infektion von Puceinia graminis in ihrem Palisadengewebe größer, durch die von P. Arrhenateri umgekehrt kleiner würden als die normalen. Ich will diese Angaben jedoch nur streifen,. ebenso wie die über das Kleinerwerden der Interzellularen in den pilzbefallenen Blättern, statt daß diese, wie nach unseren Befunden zu erwarten gewesen wäre, Größenzunahme gezeigt hätten. Die Ver- singerung der Interzellularen sah Wakker ®) z. B. bei den von ihm untersuchten Wirtspflanzen, so bei Urtica dioica, befallen durch „Aeeidium Urtieae* (Puceinia Carieis),. Vaeeinium Vitis Idaea, befallen durch Exo- basidium Vaccinii, Sanguisorba offieinalis, befallen durch „Xenodochus EI HRERUEEIG RER HREUR BE TZEORRS SER SEORTSERENN.E 28 Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph, Oyparissias durch Uromyces Pii. 57. earbonarius“ (Phragmidium carkonarium), Frangula Alnus, befallen durch Puceinia eoronata. Bei letzterer konstatierte Fentzling°) das nämliche , und ebenso bei Tussilago Fhrfara, befallen durch Puceinia Poarum. Von sonstigen nenne ich nur noch Giesenhagen’s!‘) (pag. 155) An- gaben für seine durch Taphrina erzeugten Farnhexenbesen, Daraus sieht man, daß gerade ein wesentlicher Unterschied,. der unsere auf Salzboden erwachsenen „hungernden“ Euphorbiablätter von den pilz- infizierten schied, für die eben aufgeführten Blätter nicht zu Recht bestehen würde, die Umformung der Blätter durch den Pilz sich viel- mehr auf derselben Linie bewegt, wie in unseren Kulturen auf ver- ändertem Boden. Ferner lehrt uns selbst eine Durchsicht der oft genannten Arbeit von v. Guttenberg!?) (namentlich pag. 59#f.), wie verschieden sich die infizierten Zellen eytologisch verhalten, ohne daß ich weitere Publi- kationen hier anzuführen brauche. Nur auf eine Eigentümlichkeit will ich noch aufmerksam machen, die sich mir bei der Lektüre der Abhandlung von Ruth Stämpfli®) aufdrängte, daß nämlich an denjenigen Pflanzen die Blätter besonders „deformiert“ oder umgebildet zu sein scheinen, bei denen das Myzel im Stamme sehr kurze Zeit bleibt und bald nahezu restlos verschwindet, So sagt die Verf. ausdrücklich von Puceinia Bupleuri faleati auf Bu- pleurum falcatum (pag. 259). „Es gelang wir nicht, in irgend einem Gewebe Hyphen nachzuweisen“ oder von Uromyces Valesiacus auf Vicia onobrychioides (pag. 261): „In keinem Gewebe konnten Hyphen nach- gewiesen werden. Auch im Blaitstiel ist keine Deformation zu kon- statieren, ich konnte keine Hyphen auffinden“. Es war aber das Schwammparenchym bei Bupleurum von ca. 50 x auf 150 a, bei Vieia von 90 auf 160 gestiegen, während die Palisadenschicht bei ersterer von 37 auf 20—25 u, bei letzterer von 60 auf 37 u abgenommen hatte. Im Gegensatz dazu war Phyteuma spieatum durch Uromyces Phyteumatum und Anemone virginiana durch Puceinia Anemones virgi- nianae in den Blättern weit weniger modifiziert. Hier aber fanden sich jeder Zeit im infizierten Stamm resp. Blattstiel reichlich Hyphen und zwar in Rinde oder Mark. Ich möchte meinen, daß bei der erst- genannten Kategorie das Myzel sich hauptsächlich wie bei Euphorbia Cyparissias durch die Gefäßbünde) verbreiten wird, und dabei schneller und nachdrücklicher die jungen Blattmeristeme zu beeinflussen vermag, als bei der zweiten Gruppe. Weiter kommt hinzu, daß das Myzel in seiner Hauptentwieklungszeit sich bei ersterer ganz auf die Blätter konzentriert, während es offenbar bei der zweiten Gruppe auch ferner durch die Fe: Ze a " @. Tischler, Zellen des. Blattstieles 'ernährt wird... Dies ganze Raisonnement 'soll natürlich nur eine Anregung. geben, zu sehen, ob in der--Tat derartige. Beziehungen. bestehen. Bei unserem jetzigen Unvermögen, die Form-' änderung. der Blätter durch.die parasitischen.Pilze kausal zu verstehen, muß man eben sämtliche Möglichkeiten heranziehen, die zur eventuellen . Aufklärung dienen. könnten. ‚ Denkbar schließlich wäre es. auch, daß .es Fälle geben kann, in denen der Pilz nur indirekt auf. die Formveränderungen einwirken wird, etwa; dürch die erhöhte Nahrungszufuhr. Als mögliches ‘Beispiel führe ieh die jüngst von. Iltis®*) :-beschriebene. intracarpellare‘ Prolifikation bei Zea Mays an, hervorgerufen durch Ustilage Maydis;. ferner -die' Fälle von Petalodie, von denen Klebs%). (pag. 36—37) “zusammen- Tassend berichtet. Der beste ‘Beweis dafür.'ist: ja; daß auch ganz un- abhängig von parasitischen Organismen’ ähnliches durch ganz andere stoffwechseländernde Faktoren erreicht: werden kann,.'ohne daß wir sie’ übrigens vorläufig damit, besser ‚yerständen“. Das gilt vielleicht, auch für (die schon eben erwähnten „Hexenbesen“, -denn v. Tubeuf sah, daß ähnliche bei der Fichte aus unbekannten ;inneren Ursachen“ °”, bei der Zirbelkiefer,' Syringa, Betula. und . Pistaeia durch - Milbenreiz. entstehen können®)! Doch damit kommen wir zu Erwägungen, die 'vou’ anderer Seite genugsam. angestellt sind. In erster Linie sei hier auf Klebs’®)) Abhandlung und :auf v. Göbers. „Einleitung in die &X- perimentelle Morphologie der Pflanzen“ &) hingewiesen. BRERE . Reösumee. . 1. Die.von Uromyees Pisi in seiner Accidien-Generation infizierten oberirdischen Sprosse von. Euphorbia Cyparissias ‘werden durch recht- zeitiges Verbringen in erhöhte Temperatur und mit Wasserdampf ge- sätligte Luft in ihren ‚oberen. Teilen pilzfrei und produzieren dann nur noch Blätter von normalem Aussehen. Diese Beeinflussung der Sprosse gelingt um so schneller, je eher der Pilz zur Pykniden- und Aecidien- bildung kommt. Wird diese — etwa durch Lichtabschluß — ver- zögert, so werden die Sproßenden unter: sonst . gleichen... Außen- bedingungen nicht pilzfrei. \ .. 2. Für gewöhnlich geht das Pilzmyzel bis in den Vegetations- punkt der Euphorbia. hinein und bleibt dort streng interzellular. .. So- lange die Wirtszellen ganz plasmaerfüllt, „rein embryonal‘, ‚sind, werden in sie niemals. Haustorien entsandt. r 3. Das erste. Auftreten von Haustorien in den Zellen des Stammes oder der Blätter folgt immer der Vakuolenbildung etwas nach. Es Untersuch. üb. d. Beeinflussung d. Euph. Cyparissias durch Uromyces Pisi. 59: erscheint sicher, daß der Inhalt .der: ‚Vakuoleuflüssigkeit ‚auslösend auf die‘ Haustorienbildung wirkt. ...: : 4.: Durch Veränderung. der Anßenbedingungen ist os möglich, auch den Zellen des Vegetationspuhktes. ihren rein "embryonalen- Charakter zu nehmen. In der freien Natur findet sich dieses normal kurz ‘vor ‘dem Aufhören .des. Längemwaächstums. . Sowie. sich nun — etwa in der ersten oder .zweiten Periklinalreihe —. Vakuolen bilden, wachsen auch ‘prompt Haustorien in sie hinein. Von diesem Augen- blick au: ist ein „Gesunden“ der Sprosse unmöglich geworden. Wurden die. Sprösse dagegen.’ noch kurz ' vorher unter besonders .günstige- Wachstumsverhältnisse gebracht, so können sie dem Pilzmyzel „ehtzi wachsen“. . 5. Vegetationspunkte, die schen einen ganzen Schopf von normalen Blättern produziert haben,‘ können dabei. doch noch interzellulares Myzel aufweisen. Dieses vermag aber dann .uur noch. bis zu den Blattbasen vorzudringen. Cytologische Anhaltspunkte für den Charakter der:Hemmung ergaben sieh: nicht..' Zeitlich fällt diese zusammen mit der „Erschöpfung“ des Myzels in den Blättern dureh. Sporenproduktion. 6. Sind einmal die Vegetationspunkte pilzfrei geworden, so bleiben sie auch gesund. Ein -Nachwachsen des Myzels: vom Rhizom aus ist: anscheinend unmöglich. 7. Die schnelle Verbreitung der- Hyphen beim Austreiben der Euphorbia-Winterknospen wird dadurch begünstigt, daß das Myzel vor- zugsweise in den Gefäßbtindeln — und hier wieder in den Gefäßen — “wächst. Haustorien werden innerhalb der Gefäße nicht gebildet. Die Cambiumzellen werden nie angegriffen. Außerdem finden sich Hyphen in den Parenchymzellen des Markes und — sehr wenige —- auch in der Rinde. 8. Das wachsende Myzel stirbt von rückwärts her ab. Als Zeichen der ‘Infektion bleiben in Mark und Rinde nur die sehr stark geknäuelten Haustorien in den Zellen zurück, die dann schließlich auch degenerieren. Die Gefäße sind bald wieder völlig pilzfrei. 9. Die formative Beeinflussung des Stammes ist außerordentlich gering. Die vorhandenen Differenzen gegenüber den nieht infizierten lässen sich auf den Schwäche- oder Hungerzustand der Achsen zurück- führen. 10. Es besteht in Stamm und Blättern eine weitgehende Ab- hängigkeit der Lokalisation des Pilzmyzels vom Zuckergehalt der Euphorbiagewebe, wie sich durch die „Trommer'sche Probe“ leicht erweisen läßt. 0 6. Tischler, 11. Die pilzinfizierten Blätter haben wie die normalen infolge des hohen Zuckergehaltes ihrer Zellen eine große Saugkraft, demzufolge sind sie als relativ „xerophytisch“ gebaut zu bezeichnen, auch wenn anatomische Einrichtungen zur Verhinderung übermäßiger Transpiration fehlen. . 12. Trotz des größeren Wassergehaltes der Zellen im pilzinfizierten Blatte und der geringeren Ausbildung der Assimilationsgewebe ist der osmotische Druck hier nicht kleiner, sondern eher größer als in den unbeeinflußten Zellen. Damit wird eine Veränderung in der Schnellig- keit der Zuckerableitung resp. eine Änderung in der Durchlässigkeit des Plasmoderma wahrscheinlich. 13. Die charakteristischen Veränderungen in den Blatigeweben, die durch die Pilzinfektion hervorgerufen sind, bestehen 1. in einer Formveränderung der Zellen, 2. einer erhöhten Teilungsfähigkeit der Zellen und 3. einer Vergrößerung des Interzeliularsystems. 14, Auch durch Veränderung der Außenbedingungen in der Kultur (Salzboden, Licht, Feuchtigkeit der Luft), lassen sich die nor- malen Blätter in ihrem Zellenaufbau beeinflussen. Gerade für Euphorbia Cyparissias gehen diese Umbildungen nicht parallel mit denen, die vom Pilz hervorgerufen werden. Dagegen scheinen — nach Literaturangaben zu urteilen — Blätter anderer Pflanzen durch Pilzinfektion in der näm- lichen Richtung wie im Experiment beeinflußt zu werden. 15. Das Zusammenleben von Wirtszellplasma und .Haustorium innerhalb einer Zelle geht lange Zeit friedlich vor sich. Ersteres bleibt dauernd durch ein Plasmoderma von diesem geschieden. Es ist möglich, die beiden Symbionten auch räumlich zu trennen, wenn man die Zellen plasmolysiert. . . 16. Erst in den allerletzten Stadien vor dem Absterben der Blatt- zellen beginnen charakteristische Vergiftungserscheinungen aufzutreten ähnlich denen, die schon von anderen Autoren für pilzbefallene Zellen beschrieben wurden. 17. Der Pilz wird von einem Jahre zum. nächsten im Rhizom überwintert. Die in den Parenchymzellen hier aufgefundenen Haustorien erreichen in den älteren Teilen eine. außerordentliche Länge und Ver- knäuelung, so daß sich selbst „pseudoparenchymatische Hyphengewebe* innerhalb der Wirtszelle bilden. — Für die Neuinfektion im Folgejahr. können sie aber doch nicht verantwortlich gemacht werden. Botan. Institut d. Univers. Heidelberg, d. 20. Juli 1911. i H Literatur, 61 Zitierte Literatur. 1) Appel O,, Über Zoo- und Phytomorphosen. Schriften der physikal.-ökonom. Gesellschaft Königsberg 1898, Bd. 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Außerdem konnte der Verfasser konstatieren, daß die erste dieser Teilungen eine Reduktionsteilung ist. Diese Tatsache war für Chmie- lewski, der seine Arbeit im Jahre 1890 veröffentlicht hat, freilich noch unzugänglich. Die Beobachtungen Karsten’s sind dadurch interessant, daß die Angaben Chmielewski’s früher überhaupt einigen Zweifeln be- gegneten und nach dem Erscheinen im Jahre 1907 einer ausführlichen Abhandlung von A. Tröndle, der, ungeachtet der Anwendung der mo- dernen Mikroiomtechnik, keine Spuren einer Neugruppierung der Kerne entdeeken konnte, diese Angaben für bedeutend erschüttert gelten konnten. Als ich die vorliegende Untersuchung der Zygnema unternahm, welch letztere in dieser Hinsicht überhaupt fast gänzlich unerforscht ist, - war mein hauptsächliches Ziel, das Schieksal der Zygoten vom. Anfang bis zum Ende zu erforschen, um so mehr, als die Abhandlung G. Karsten’s in dieser Hinsicht nicht ganz abgesehlossen ist: und zwar ist das weitere Schieksal der vier sekundären Kerne in der Zygote gar nicht erforscht, und so behält ihre Gültigkeit die frühere Angabe Chmielewski’s be- züglich der zweiten Verschmelzung zweier von ihnen; ein Umstand, der vom jetzigen Standpunkte schon a priori ziemlich schwer zulässig ist, und jedenfalls eine Newuntersuchung erfordert *). Befruchtung. Von beiden bezüglich der Befruchtung untersuchten Arten: Zygnema erueiatum Ag. und Zygnema stellinum Kirchn. wurde ausführlicher er- forscht die erstere, mit der wir also unsere Darlegung beginnen. 1) Das Manuskript meiner Arbeit lag schon druckfertig in der Redaktion der „Plora“, als in der Zeitschrift für Botanik eine Abhandlung von Tröndle erschien, der von neuem Spirogyra untersuchte und, von einigen zyiologischen Details abge- sehen, zu denselben Hauptresultaten jetzt kam wie ich hier in bezug auf Zygnema. Also erhalten die beschriebenen Prozesse in den reifenden Zygoten eine allgemeine Gültigkeit; für die Familie der Zygnemaceen. Flora, Bä, 104. 5 66 L. Kurssanow, Bekanntlich kann bei den verschiedenen Arten der Spirogyra die Gametenvereinigung zu verschiedenen Tageszeiten stattfinden: bei Sp. communis, nach. Overton, hauptsächlich nachts, bei Sp. negleeta, nach Tröndle, auch bei Tage. Zygnema scheint in dieser Hinsicht sieh der Sp. communis zu nähern. Wenigstens, bei meinem, gegen 12 Uhr mittags fizierten Materiale erschien der Prozeß in überwältigender Mehrzahl der Fälle entweder schon beendet oder noch nicht begonnen, und erst nach einigem Suehen im ganzen sehr reichen Materiale konute man alle not- wendigen Stadien der Vereinigung finden. . Im Anfange des Prozesses, wie schon Dangeard bei Zygnema stellinum bemerkt hat, dreht sich der männliche Protoplast mit seiner Achse um %0*, so daß bei dem gleich darauf folgenden Durchschwärmen äureh den Kopulationskanal zuerst ein Chromatophor, dann der Kern und endlich ein zweiter Chromatophor durchgeht (Fig. 1, 2, 3). Der weib- liche Protoplast zieht sich während dieses Vorgangs nur etwas zusammen, erleidet aber keine weiteren Orisveränderungen. Sobald der vordere männliche Chromatophor durch den Kopulationskanal durchgegangen ist, oder etwas später, verläßt der männliche Kern seinen gewöhnlichen Platz zwischen den Chromatophoren und bewegt sich nach dem weiblichen Kern hin, der im ganzen seine ursprüngliche Lage beibehält (Fig. 2 u. 4). ‘Wie aus den Figuren ersichtlich, biegen sich bei dem Durchgange der Chromatophoren dureh den verhältnismäßig engen Kopulationskanal _ ihre Strahlen, jedoch nach dem Übergange in die weibliche Zelle riehten sie sich wieder auf, so daß die junge Zygote vier völlig gleichartige Chro- matophoren besitzt, welche entweder in den Eeken des Tetraeders oder in einer Ebene liegen (Fig. 5-8), In der Mitte zwischen ihnen, in einer kleinen Anhäufung von Protoplasma, die gewöhnlich zwischen den inneren Seiten der Chromatopboren sich hinzieht, befinden sich die beiden Ge- schlechtskerne (Fig. 9). Ihre Verschmelzung erfolgt bei Zygnema, zum Unterschiede von Spirogyra, wie schon von früheren Forschern (Chmie- lewski und Klebahn) bemerkt wurde, bald nach der Konjugation. Dieser Prozeß wurde an dem sehr reichen mir zu Gebote stehenden Materiale mit aller Genauigkeit verfolgt, von welcher Fig. 10 einige Vorstellung gibt. Zuerst nähern sich die Kerne stark bis zur Plattdrückung der sich berührenden Oberflächen (Fig. 10 5), darauf lösen sich die trennenden Wände, bei der Mitte der Oberfläche beginnend, auf, und zwei Kerne, gleich zwei Tropfen zäher Flüssigkeit, verschmelzen zu einem (Fig. 10 c,@). Bald darauf nähern sich und verschmelzen die Nukleoli, deren je einer in jedem Geschlechtskerne war (Fig. 10 e, d, 2), Wie aus den Figuren ersichtlich, ‘wurde im Momente der Verschmelzung keine Neugruppierung Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 67 ‚der Strukturelemente der Kerne entdeckt. Das Kerngerüst bleibt die ganze Zeit hindurch dasselbe, als feinkörnige Masse (bei der Fixation mit Flemming’scher Lösung). Nach der Reichhaltigkeit der Verschmelzungs- stadien der Kerne bei meinem, wie gesagt, am Tage (bei Sonnenschein) fixierten Materiale zu schließen, scheint dieser Prozeß an keine Nacht- stunden gebunden zu sein. Bei Zygnema stellinum, das diesbezüglich weniger ausführlich er- forscht wurde, geht der Konjukationsprozeß im ganzen in derselben Weise vor sich. Man sieht dieselbe Achsendrehung des männlichen Protoplastes und dieselbe Reihenfolge des Durchganges der Chromatophoren und des Kernes durch den Kopulationskanal (Fig. 11). Der einzige mehr oder weniger wesentliche Unterschied besteht in dem Momente der Verschmel- zung der Geschlechtskerne, welche bei Zygnema stellinum im ganzen bedeutend später eintritt und nicht selten erst in der Zeit der Mesosporium- bildung endet, während bei Zygnema erueiatum dies viel früher vor sich geht, wenn die Zygoten noch eine dünne Haut haben (vgl. Fig. 8 u. 13). Mir stehen keine Beobachtungen an genügender Menge verschiedenen Materiales zur Verfügung, um zu entscheiden, ob dieser Unterschied zu- fällig oder mehr beständig ist. Dabei ist hinzuzufügen, daß auch Chmie- lewski, bei der Beschreibung der jungen Zygoten des Zygnema stellinum bemerkt, daß sie oft zwei Nukleoli im Kerne besitzen, Also kann man annehmen, daß die spätere Verschmelzung der Kerne für diese Art viel- leicht ziemlich typisch ist. Um mit der Konjugation der Zygnema zu endigen, muß noch be- merkt werden, daß bisweilen eine Verschmelzung von drei Zellen beob- achtet wurde. Ein solcher Fall ist auf Fig, 15 abgebildet. Hier sieht man, daß zwei zwischen den Chromatophoren liegende Kerne genähert sind und verschmelzen zu wollen scheinen, während der dritte Kern mit zwei Chromatophoren abseits liegt. Das weitere Schicksal solcher Bildungen ist unbekannt. Reifung. Die Untersuehung des weiteren Schicksals der Zygoten wurde nur bei einer Art, Zygnema stellinum, angestellt. Dabei dienten mir zur Be- obachtung der Reifungserscheinungen drei Portionen Materials verschie- dener Herkunft. Nur bei einer dieser Portionen begann die Konjugation in der Kultur und konnte daher ihr Beginn genau registriert werden; die beiden anderen Portionen kamen von außen schon mit jungen Zygoten und der Beginn der Konjugation kounte daher nur annähernd bestimmt werden. Da jedoch ein Irrtum von einigen Tagen hier keine große Rolle spielt, so ist es möglich, einige Fristen der Haupitmomente der Reifung 5r 68 BR . EL. Kurssanow, Sestzustellen; selbstverständlich nur für gegebene Bedingungen der Kultur, und nicht für alle, sondern nur für die Mehrzahl der Zygoten, da einzelne von ihnen in dieser Einsicht gegenüber der Masse der anderen entweder bedeutend voraus waren, oder umgekehrt sich stark verspäteten. Die Algen standen in breiten lachen Gefäßen auf einem nach Norden gehenden Fenster bei t° des Wassers 10—15°. Die Konjugation begann bei der ersten Portion um den 20. August; bei der zweiten um den 5. Sep- tember, und bei der dritten am 20. September. Die Reifung bei der letzten Portion ging etwas langsamer vor sich, wahrscheinlich deswegen, weil die Temperatur des Wassers in dieser Zeit bedeutend niedriger wurde (5—109). In etwa 2 Wochen nach der Konjugation fängt das Mesosporium bei vielen Zygoten an braun zu werden; nach 3 Wochen ist mehr als die Hälfte und nach A Wochen drei Viertel und mehr der Zygoten braun. Beiläufig in derselben Zeit wie das Braunwerden der Zygote oder öfters etwas später, d. h. 20-30 Tage nach der Konjugation, beginnt darin der Zerfall zweier Chromatophoren. Auch Chmielewski fand bei der Untersuehung der braunen Zygete von Zygnema stellinum bei einigen von ihnen zwei, bei einigen vier Chromatophoren. Dieser Zeit- punkt des Zerfalls, kurze Zeit nach dem Braunwerden des Mesosporiums, muß daher für die untersuchte Art als ziemlich typisch betrachtet werden. Der Prozeß des Zerfalls geht folgenderweise vor sich: Das Chroma- tophor verliert seine scharfen Umrisse und die Stärkezone, die die Haupt- masse desselben gebildet hat, beginnt sieh aufzulösen. Endlich bleibt an der Stelle des Chromatophors ein kleiner stark färbbarer Körper — der Zentralkörper des Pyrenoids, der in der Mitte der farblosen struktur- losen Zone liegt, d. h. der Vakuole, die sich an der Stelle der aufgelösten Stärke gebildet hat. Die Straklen des Chromatophors verschwinden zu diesem Zeitpunkte vollständig (Fig. 17). Gleichzeitig beginnt der Zentral- körper des Pyrenoids selbst sich zu fragmentisieren, und in weiterem Verlauf beobachtet man in der reifenden Zygote noch lange, manchmal bis zur Keimung, Gruppen von durch Gentianviolett sich stark färbenden Körnchen, die oft in Vakuolen liegen (Fig. 18, 19). Die Zahl soleher Gruppen braucht nicht gerade zwei za sein, öfters ist sie sogar größer, wobei ein Teil dieser Körper vielleicht ein Reserveprodukt ist, aber kein Rest des Pyrenoids (Fig. 20). . In der Anordnung der zerfallenden und übrigbleibenden Chromato- pPhoren wird eine interessante Gesetzmäßigkeit beobachtet. Ist die Zygote elliptisch, so liegt sie stets mit, ihrer langen Achse längs der Mutterzelle und bleiben gewöhnlich die zwei an ihren Enden liegenden Chromatophoren Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 69 übrig, während die zwei an den Längsseiten der Ellipse liegenden zerfallen (Fig. 17 u. 18), wobei selbstverständlich, je nach der Drehung der Zygote selbst, sie entweder zu beiden Seiten ihrer Achse oder nur an einer Seite liegen können. Ist die Zygote kugelförmig, so sieht man auch in diesem Falle die übrigbleibenden Chromatophoren längs der Mutterzelle liegen (wenn die letztere sich überhaupt am Präparate erhalten hat). Da, wie oben bemerkt worden ist, der weibliche Protoplast bei der Konjugation im allgemeinen seine Lage längs der Zelle nicht ändert, und der männliche sich quer dreht, so muß man annehmen, daß die zerfallenden Chromatophoren, die gerade eine solehe Anordnung zeigen, eben männ- liche Chromatophoren sind. . Solcherweise nimmt nach dem Zerfalle zweier Chromatophoren der Inhalt der Zygote eine für das Protoplast der Zygnema überhaupt charak- teristische Form an, mit zwei Chromatophoren und einem Kerne zwischen ihnen in einer Linie, die man als die Strukturachse der Zygote betrachten kann. Diese Achse fällt immer mit der Achse der Mutterzelle und des zukünftigen Keimlings zusammen. Der Kern einer solchen Zygote ent- hält stets ein Kernkörperchen und ein besonders an mit Chrom-Essig- säure fixierten Präparaten scharf ausgeprägtes Kerngerüst (Fig. 21, 22). Im weiteren werden wir ihn als den primären Kern der Zygote nennen, Nach 30-46 Tagen nach der Konjugation in meinen Kulturen, jedenfalls aber nach dem. Zerfalle der männlichen Chromatophoren, be- reitet sich der primäre Kern der Zygote zur Teilung vor. Dabei treten die denselben gewöhnlich etwas zusammenpressenden Chromatophoren aus- einander und der Kern rundet sich ab. Schon die ersten Chromatinver- änderungen zeigen, daß hier gleich wie bei Spirogyra nach Karsten, eine Reduktionsteilung stattfindet. Während aber bei Spirogyra alle Prozesse im Kernkörperehen vorspielen, welches als der alleinige Träger des Chromatins erscheint, ist hier im Gegenteil das Kerngerüst einer Kinese unterworfen. Anfangs seigt es eine gewisse einseitige Zusammen- ziehung (Fig. 23, 24); dann bildet sich daraus ein dünner, einigermaßen rosenkranzförmiger Chromatinfaden, welcher, indem er an irgend einer Seite eine dichte Verflechtung bildet, den übrigen Raum des Kernes mit einigen unregelmäßigen Schlingen durehdringt (Fig. 25, 26), Die genaueste Untersuchung konnte keine Spur von deren Längsspaltung entdecken, so daB man annehmen muß, der Faden sei ein einfacher. Was das Kernkörperehen anbelangt, so scheint dasselbe bei allen diesen Neugruppierungen eine durchaus passive Bolle zu spielen, und erscheint zuletzt irgendwo entweder gänzlich oder zur Hälfte außerhalb des zusammengezogenen Kerngerüstes (Fig. 25, 26). 70 son. ton Te Kurssanom, |, ‘Also zeigt; der Beginn der Veränderungen des Kernes eine ziemlich typische Synapsis, und nach dem so häufigen Vorkommen dieses Stadiums in den Präparaten kann man annehmen, daß dasselbe auch hier, wie ge wöhnlich, von ziemlich langer Dauer ist. Die folgenden in meinen Präparaten vorkommenden Stadien sind in Fig. 28 u. 29 abgebildet. Sie ähneln sehr der Diakinese. Der Übergang von der Synapsis scheint bier sehr schnell stattaufinden, da keine Zwischen- stufen beobachtet wurden. Auf Fig. 28, welche nach meiner Ansicht ein früheres Stadium darstellt, nehmen die Chromosomen, die gleichmäßig über den ganzen Raum des Kernes verteilt sind, mäßig die Parbe an und haben die Formen von Viereeken, gewöhnlich Rhomben mit etwas gezogenen Winkeln. Nach meiner Ansicht sind das alles Zeichen von noch nicht beendeter Konzentration des Stoffes bei ihrer Bildung. Zwischen den Chromosomen sieht man ein für das Stadium der Diakinese charak- teristisch verbleichtes Kerukörperchen. Die Fig. 29 halte ich für ein etwas späteres Stadium. Die Chromosomen sind viel stärker färbbar und haben Schärfere Umrisse, dabei sind sie oft biskuitförmig. Das Kernkörperchen ist kleiner und weniger bemerkbar. Die Anzahl der Chromosomen in diesen Stadien schwankte bei verschiedenen Zählungen zwischen 25 und 28. Nach der nicht selten beobachteten Biskuitform zu schließen, könnte man annehmen, daß wir hier eigentlich schon mit Chromosomenpaaren zu tun haben, wie dies überhaupt für die Diakinese charakteristisch ist; wie wir aber weiter sehen werden, ist das nicht der Fall; es sind einzelne Chromosomen in nicht reduzierter Anzahl, Fig. 30 u. 31 zeigen das folgende mir vorliegende Stadium der Prophase. Das Kernkörperehen ist verschwunden, die Chromosomen zeigen die Neigung sich zur Äqua- torialplatte zu lagern, die Kernwand ist schon aufgelöst und man sieht die Achromatinspindel, und zwar nicht multipoläre, wie es für den Beginn der heterotypen Teilung charakteristisch ist, sondern die gewöhnliche bipoläre. Die Anzahl der Chromosomen, in. diesen Stadien wiederholt ge- zählt, schwankte zwischen 12 und 14. Dieselbe Zahl konnte auch in der folgenden Metaphase bestimmt werden (Fig. 32, 35, 36). Dies ist die haploide Anzahl für Zygnema stellieum. Dangeard, der bei derselben Art die Teilung der Kerne in voge- tativen Zellen untersucht hat, zählte 12 Chromosomen, Bei meinen Zäh- kungen wurden, wie gesagt, etwas abweichende Resultate erhalten, aber ich halte die Zahl 14 für wahrscheinlicher, obwohl ich nieht kategorisch an ihr festhalten kann, da wegen der Kleinheit des Objektes und der oft, etwas biskuitartigen Form der Chromosomen hier Irrtümer sehr wohl möglich Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygaema. 7i sind. Unter diesem Vorbehalte werde ich im weiteren von 14 als der haploiden Zahl für Zynema stellinum sprechen!). Also ist die Zahl der Chromosomen in späterer Prophase zweimal kleiner als in der Diakinese; es erscheint daher die Voraussetzung natürlich, daß dieselben sich durch paarweise Vereinigung gebildet hätten, und daß wir nur in diesem Stadium endlich Gemini hätten. Leider gelang es nicht, diese vorausgesetzte Vereinigung mit genügender Klarheit festzustellen, da dieser Übergang von der Diakinese zur Prophase sich überhaupt, wie es scheint, schnell vollzieht; aber dennoch erscheitien in sehr vielen Fällen die Chromosomen in den der Fig. 30 u. 31 entsprechenden Stadien klar ein- geschnürt, wie doppelt. Übrigens, ebenso annähernd biskuitförmig sind sie manehmal auch in der Diakinese. Daher bieten diese Formen der Chromosomen in der Prophase wohl keinen überzeugenden Beweis, daß hier wirklich Gemini vorhanden sind. Das Einzige, was nach meiner Ansicht hier eine paarweise Vereinigung anzunehmen nötigt, sind die Zahlverhältnisse der Chromosomen, deren es in der Diakinese gerade doppelt so viel gibt, wie im folgenden Stadium. Dieser Gang der früheren Stadien der Reduktionsteilung, den man hier anzunehmen genötigt ist, weicht bedeutend vom gewöhnlichen Schema, ab, wo die doppelte Schnur der Synapsis sogleich in die reduzierte Anzahl der Chromosomen zerfält (siehe z. B. Strasburger 1907). Doch wie be- kannt, außer dieser Parasynapsis wird von einer ganzen Reihe vornehmlich amerikanischer Forscher noch die Telosynuapsis geschildert, wo die Chro- matinschnur die ganze Zeit einfach bleibt und die Chromosumpaare dureh Vereinigung mit den Enden (ent-to-end tusion) sich bilden. Zygnema gehört ebenfalls, wie es scheint, zu diesem zweiten Typus, wenigstens gelingt es nicht, wie oben gesagt, eine Längsspaltung der Schnur zu entdecken. Im Falle der Telosynapsis kann speziell etwas verschiedene Art der Chromosombildung vorhanden sein. Manchmal, wie z. B. bei Fucus nach der Beschreibung Yamanouchi’s bildet die Chromatinschnur eine Reihe von Schlingen, deren Anzahl gerade der reduzierten Anzahl der Chromosomen entspricht. Die Sehlingen verbinden sich vor der Vereinigung mit ihren Armen, sodann isoliert sich eine jede als ein Chromosomenpaar der Reduktionsteilung. Auf diese Weise gibt es hier in keinem Stadium eine doppelte Anzahl von Chromosomen; sie sind vom ersten Anfange 1) Die abweichenden Resultate Dangeard’s haben vielleicht ihren Grund darin, daß wir verschiedene Formen von Zygnema stellinum unter der Hand hatten. Meine Formen kamen am nächsten dem Zygnema stellinum £. Vaucheri Kirchn. Daß in den Grenzen sehr nahestehender systematischer Einheiten eine verschiedene Anzahl von Chromosomen möglich ist, zeigen Gates’ Untersuchungen der Mutanten von Oenothera, 72 . L. Kurssanow, an schon in Paare vereinigt. Etwas anders stellt sich nach Schaffner dieser Vorgang bei Agave dar. Hier entwickelt sich ebenfalls die einfache Synapsisschnur und zerfällt dann in mehrere Stücke, deren Anzahl nach des Verfassers Angaben wegen ihrer unregelmäßigen Form schwer be- stimmbar ist. Darauf werden in der früheren Prophase 12 Chromosomen ersichtlich. In Schaffner’s Fig. 24 u. 25, die frühere Stadien der Diakinese darstellen, kann man 20—25 Körperehen im Kerne zählen. Dies ist bei- läufig die doppelte Anzahl. Der Verfasser selbst äußert sich darüber nicht, ‚doch ist es natürlich anzunehmen, daß die reduzierte Anzahl in der Prophase eben durch die paarweise Verschmelzung der Chromosomen früherer Stadien entsteht. Bei Oenothera rubiginervis endlich findet, nach Gates’ Untersuchungen, gewöhnlich keine Bildung von Gemini statt. Der Synapsisknäuel zerfällt in die sporephyte Zahl der Chromosome, welche, ohne zu verschmelzen, sich in der Äquatorialplatte der hetero- typischen Teilung lagern. Die Zaklreduktion wird hier dadurch erreicht, daß keine Spaltung der Chromosome eintritt, sondern die eine Hälfte von ihnen zu dem einen, die anderee zum anderen Pole übergeht. Stellt man nun alle diese Angaben zusammen, so wird auch der Fall Zyguema, bei all seiner Ungewöhnlichkeit, nicht ganz vereinzelt erscheinen. Am nächsten kommt er der Agave, erinnert auch teilweise an Oenothera dadurch, daß bei unserer Form die Chromosomen längere Zeit ohne paar- weise Vereinigung bleiben. Wie oben gezeigt worden ist, treten die Chromatophoren schon wäh- rend der ersten Vorbereitungsstatien der Teilung etwas auseinander, wobei zwischen ihnen die für Zygnema gewöhnliche Protoplasmabriücke hervortritt, mit einem Kerne in der Mitte. Die sich bildende Äquatorialplatte der ersten Teilung lagert sich fast längs derselben; die Achromatinspindel zieht sich ge- wöhnlich schräg von einem Winkel zum anderen, wobei sie sich oft selbst ver- zieht: (Pig. 31,32, 38). Ist die Protoplasmabräcke breit genug, so legt sich die Spindel selbst fast quer darüber (Fig. 34). Im ganzen hat man den Ein- druck, daß die Achse der ersten Teilung die Neigung hat, sich senkrecht zur Achse der Zygote zu stellen und nur wegen der Raurverhältnisse auf der verhältnismäßig engen Protoplasmabrücke eine etwas schräge Lageeinnimmt. Die rundlichen oder etwas ovalen Chromesomen in der Äquatorial- platte lagern sich mit ziemlicher Regelmäßigkeit nicht selten ringförmig (Fig. 32). Ihre Zahl konnte beiläufig auf 14 geschätzt werden. Die weiteren Phasen verlaufen ganz normal und brauchen nicht besonders geschildert zu werden; es genügt auf Fig. 37 und 38 hinzuweisen. Gleich nach der ersten Teilung tritt, scheinbar ohne irgend eine Ruheperiode, die zweite ein; dahei erscheinen beide Figuren schon außer- Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 73 halb des zwischen den Chromatophoren liegenden Raumes, und die Proto- plasmabrücke, deren Hauptmasse der Kern gebildet hat, verschwindet. Die Achsen der Figuren dieser zweiten Teilung stellen sich manchmal streng senkrecht, öfters aber unter einem unbestimmten Winkel zu ein- ander und zur Achse der Zygote (Fig. 39—41). Die Zahl der Chromosomen beträgt auch hier, wie bei der ersten Teilung, ungefähr 14 (Fig. 42, 43). Beide geschilderten Teilungen in der Zygote finden, zum Unter- schiede von vegetativen Zellen, sowohl am Tage als auch in derNacht, statt. Dies ist ziemlich verständlich, da die Zygote, obwohl sie grüne Chromatophoren hat, mit einer dieken braunen Wand bekleidet und nicht selten in Schlamm getaucht, kaum bedeutend assimilieren wird. Das kann man auch aus dem allmählichen Verringern der Stärkemenge (und der Anhäufung von Öl) in ihr schließen. Darum hätte die Teilung der Er- nährungs- und Wachstumsfunktionen nach den Tages- und Naehtzeiten, welehe bei Vegetativzellen beobachtet wird, hier keinen Sinn. Die auf die geschilderte Art entstandenen vier Kerne in der Zygote Sind anfangs ganz gleieh: sie sind sehr klein und ihre Chromatinmasse, wie € hier überhaupt für die soeben: geteilten Kerne charakteristisch ist, wird durch einzelne, über den ganzen Raum des Kernes zerstreute Kör- perchen (Chromosomen) repräsentiert (Fig. 44, 46). Darauf fängt einer von ihnen an zu wachsen; in ihm erscheinen einige nukleolusähnliche Körperchen und die Chromatinkörnchen entwickeln sich zum Kerngerüst (Fig. 45). Die Einzelheiten dieses Prozesses werden deutlicher durch Fig. 46, die bei 2000 maliger Vergrößerung aufgenommen ist, dargestellt. Fig. d zeigt den Kern im ersten Anfang des Wachstums. Die einzelnen Chromosomen können noch unterschieden werden, doch bildeten sich an ihnen schon anastomosierende Auswüchse, auch ist ein größeres Körper- chen bemerkbar, vielleicht ein Nukleolus. Fig. « zeigt den Kern in diesem Prozesse schon weiter fortgeschritten. Das Chromatingerüst hat sehon fast seine endgültige Struktur; man sieht vier Kernkörperehen. Im weiteren Verlaufe wächst: der Kern noch bedeutend an und seine Körnchen. ver- schmelzen zu einem (Fig. 482). Diesen Kern werden wir mit Klebahn Großkern nennen. Die anderen drei Kerne der Zygote (Kleinkerne Kle- bahn’s) erleiden unterdessen Veränderungen in entgegengesetzter Rich- tung. Eine Vorstellung davon gibt Fig. 488, c, d, welche drei solche Kerne derjenigen Zygote zeigt, deren Großkern in Fig. 48@ abgebildet ist. Man sieht, wie die Chromatinkörper anschwellen und verschmelzen, der Kern selbst verliert seine regelmäßigen Umrisse, und so erhält man im Resultat einfach Haufen von stark sich färbenden Körperchen. Ihr weiteres Schicksal zu verfolgen erwies sich als unmöglich, da in der Zygote überhaupt nicht 74 . L. Kurssanow, selten eine bedeutende Menge von Farbe annehmenden Körnchen beob- achtet wird, z. B. Überreste männlicher Chromatophoren, von denen die degenerierenden Kerne gar nicht zu unterscheiden sind. Zum Schlusse lagert sich der vollends entwickelte Großkern wieder zwischen den Chromatophoren; und so erhält die Zygote, nachdem sie alle geschilderten Veränderungen durchgemacht hat, wieder ihr früheres Aus- sehen. Nur ist der Kern jetzt sekundär und haploid; da er aber im Ruhe- zustande geradeso aussieht, wie der primäre Kern, so ist es bei der Unter- suchung des Materials von entsprechendem Alter oft vollständig unmög- lich zu entscheiden, ob die vorliegende Zygote alle gezeigten Kernteilungen durchgemacht hat oder nicht. Die geschilderte Weise der Reifung ist die normale, doch wurden mehrmals Abweichungen davon beobachtet. Und zwar degenerieren manch- wal nur zwei Kerne von vieren, die beiden andern wachsen zur Ausdehnung und Struktur von Großkernen an (Fig. 49). Der Beginn desselben Pro- zesses fand, wie es scheint, in der in Fig:45 abgebildeten Zygote statt. Hier hat der Kern @ freilich noch nicht die Größe des Großkernes @ erreicht, nichtsdestoweniger aber sieht man, daß seine progressive Entwieklung ebenfalls begonnen hat. Deutlicher sieht man das an Fig. 465 wo dieselben Kerne bei stärkerer Vergrößerung abgebildet sind. Einmal wurde auch beobachtet, wie sogar drei Kerne auf solche Weise zu Großkernen geworden sind und nur einer degeneriert ist (Fig. 51). Doch lassen wir diesen seltenen Fall beiseite und beschäftigen wir uns mit dem für uns interessanteren ersten. Wie ist das weitere Schieksal dieser zwei Großkerne? Fig. 50 zeigt einen der mehrmals beobachteten Fälle, wie eine dem Aussehen nach ganz reife Zygote zwei Kerne hat, die deu gewöhnlichen Platz zwischen den Chromatophoren einnehmen. Eine besonders große Menge soleher zwei- kerniger Zygoten (bis 0,3%, von beiläufig 7000 gezäklten) fand sich gerade in dem Teile des Materials, wo die Keimung schon hegennen hat und wo also die geschilderte Teilung der Kerne sehon stattfindet. Daher halte ich es für wahrscheinlicher, daß wir hier zwei sekundäre Kerne vor uns haben und nieht verspätete unverschmolzene Geschlechtskerne . In dem- selben Teile des Materials wurde einigemale auch die.Keimung solcher zweikernigen Zykoten beobachtet (Fig. 53, 54).. Dies alles zusammenge- nommen nötigt zu der Annahme, daß im Falle der geschilderten zwei- kernigkeit der Zygote ihre beiden Kerne bis zuletzt getrennt bleiben. Man muß übrigens anführen, daß einigemale Bilder bemerkt wurden, wie das in Fig. 52, die an eine Verschmelzung der Kerne hinzuweisen scheinen. Öfters kamen solche dem Aussehen nach reife Zygoten vor, deren Kern rund war, jedoch zwei Kernkörperchen besaß. Doch der Umstand, daß Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 75 solehe Erscheinungen unvergleichlich öfters in jüngeren Portionen vor- kommen, in denen, wie man annehmen kann, die Neugruppierung der Kerne sich noch nicht vollzogen hat — dieser Umstand führt zu der An- nahme, daß wir es hier, wenigstens in der Hauptmasse, mit einer ver- späteten Verschmelzung der Geschlechtskerne zu tun haben. Nicht ganz ausgeschlossen freilich ist die Möglichkeit, daß vielleicht in manchen Fällen die angeführten Verschmelzungsbilder sekundäre Kerne betreffen; doch dies wäre eine äußerst seltene Monstrosität, deren weiteres Schicksal ganz unbegreiflich ist. Als normal muß, wie gesagt, die Bildung nur eines Großkernes betrachtet werden; wenn ihrer, was manchmal vorkomnit, zwei gebildet werden, so bleiben sie bis ans Ende getrennt, und entwickelt eine solche Zygote einen doppeltkernigen Keimling (Fig. 54). Die geschilderten Abweichungen vom normalen Reifungsprozeß sind besonders dadurch interessant, daß sie sehr an das von Chmielewski im Jahre 1890 über Spirogyra Gesagte erinnern. In der Tat hat der er- wähnte Autor eigentlich folgendes beobachtet: 1. zwei wiederbolte Tei- hungen des Kopulationskernes; 2. vier Kerne in der Zygote; 3. zwei (sekun- däre) nebeneinander liegende Kerne; 4. einen Kern in der Zygote. Ver- gleicht man dies mit dem als nicht seltene Ausnahme bei Zygnema Beob- achteten, so können vielleieht auch Chmielewski’s Figuren auf dieselbe Weise erklärt werden, d. h. dadurch, daß manchmal zwei von den vier Kernen zu Großkernen werden, ihre Versehmelzung aber nur ein Schluß Chmielewski’s und keine beobachtete Tatsache ist. Im Jahre 1890; wo seine Arbeiten publiziert wurden, existierte die Lehre von der perio- dischen Reduktion der Chromosomen noch nieht. Vom jetzigen Standpunkte aber sind solche zwei nacheinander folgende, nur durch allotypische Teilung getrennte Verschmelzungen der Kerne schon a priori wenig wahrscheinlich. Die Bedeutung der geschilderten Reifungserscheinungen ist wohl begreiflich. Der morphologische Sinn der Teilungen des primären Kernes ist ganz derselbe, wie in den Oogonien der Fucaceen, wo, wie aus Oltmann’s Untersuchungen bekannt ist, bei allen Repräsentanten je acht Kerne sich entwickeln, die sich aber nur bei der Gattung Fueus unter acht sieh entwickelnde Eier verteilen; bei den übrigen Repräsentauten entwickeln sich vier, zwei und bei der Mehrzahl nur ein Ei in dem Oogonium; dem- entsprechend wird die nötige Anzahl der Kerne verbraucht und die übrigen degenerieren. Bei den Konjugaten zeigen sich ganz dieselben Verhältnisse. In der primitiven Familie der Mesotaeniaceen. bilden sich vier Keiinlinge in der Zygote. Obwohl diese Familie zytologisch gänzlich unerforscht ist, ist es doch sehr wahrscheinlich, daß auch hier dem Keimungsprozeß die 76 L. Kurssanow, Teilung des ursprünglichen Konjugationskernes in vier vorausgeht, die darauf alle zu Großkernen werden. Bei den Desmidiaceen teilt sich der Kern der Zygote ebenfalls in vier, da jedoch zur zwei Keimlinge sich ent- wiekeln, degenerieren die zwei überflüssigen Kernet). Schließlich wird bei den Zygnemaceen nur ein Keimling entwickelt, aber die Kerne fahren fort sich in vier zu teilen, von denen jedoch schon drei degenerieren. Sogar der Umstand, daß bei Zygnema verhältnismäßig so oft zwei sekundäre Kerne zu Großkernen werden, scheint eine gewisse morphologische Bedeutung zu haben, indem er an die Verwandtschaft mit Desmidiaceen hinweist, wo diese Erscheinung normal ist. Schließlich ist auch die auf den ersten Blick sonderbare Stellung der Achse der ersten Kernteilung in der Zygete nach meiner Ansicht nicht ohne eine gewisse morpholegische Bedeutung. Wie oben bemerkt, zeigt die erste Kernspindel, ungeachtet der Raumverhältnisse auf der Plasma- brücke und überhaupt ungeachtet dessen, was wir bei der Zelle der Zygnema zu sehen gewohnt sind, die Neigung, sich quer zur Achse der Zygote, also quer zur Achse der Mutterzelle und des künftigen Keimlings zu legen. Eine eben solche Querlage hat nach Karsten die erste Teilung auch in der Zygote der Spirogyra. Bei den Desmidiaceen, z. B. bei Closterium, scheint auf den ersten Blick das Verhalten ein anderes zu sein. Nämlich die Achse der ersten Teilung liegt hier in der Vereinigungslinie zwei Chromatophoren der Zygote, d. h. scheinbar in ihrer Achse, Hier kann man gar nicht sagen, in welchem Verhältnisse diese Linie zu den Achsen der Konjugations- zellen steht, da ihre leeren Häute abfallen, doch zu den Achsen der zwei zukünftigen Keimlinge ist sie ebenfalls senkrecht, und gerade in der Ebene der ersten Äquatorialplatte geht die Teilung des Zygoteninhalts vor sich. Wie der Vorgang bei den Mesotaeniaceen ist, kann man wegen völligen Mangels an Untersuchungen natürlich nieht mit Sicherheit sagen, aber nach Fig. 20 u. 21 von de Bary (1858) zu schließen, liegen vier zylindrische Keimlinge bei Zylindrozystis in der Zygote parallel zu einander, und man muß deshalb annehmen, daß die Teilung der Zygote in Ebenen, die den Achsen der Keimlinge parallel sind, vor sich geht, und daher die erste Kernspindel senkrecht zu ihnen orientiert sein muß. Von diesem Standpunkte aus erhält also die Querlage der Achse der ersten Kernteilung bei Zygnema und Spirogyra einen gewissen Sinn, 1) Klebahn, dem wir die Kenntnis der Reifung und Keimung bei den Desmidia- eeen verdanken, äußert die Ansicht, daß vielleicht der Kleinkern mit dem Großkern verschwilzt; dies wurde jedoch als bloße Voraussetzung geäußert, die von modernen Standpunkte kaum aufrecht erhalten werden kanıy Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 77 indem sie die Riehtung angibt, in welcher die Teilung der Zygote bei den Vorfahren der jetzigen Zygnemaceen vor sich gegangen ist. . Keimung. Zur Erforschung dieser Erscheinung hatte ich zur Hand zwei Portionen der keimungsfähigen Zygoten von Zygnema stellinum. Von dem Materiale, in dem die Konjugation Ende August begonnen hatte und sich in meiner Kultur fortsetzte, war die eine Hälfte in einem großen flachen Gefäße untergebracht, mit Toriwasser, welches allmählich gewechselt wurde, die andere Hälfte war in kleinere Gefäße verteilt, aus denen das Wasser teils abgegossen wurde, teils zum November ganz ausgetrocknet war. Die trockenen Zygoten erhielten sich den ganzen Winter hindurch; im März und April ins Wasser gelegt, keimten sie reichlich. Die Keimung, und zwar frühzeitige im Oktober, zeigte sich auch in der ersten Hälfte, in dem großen Gefäße. Ein wesentlicher Unterschied in der Art der Keimung in beiden Hälften war nicht bemerkbar, nur ging in der zweiten der Prozeß unvergleichlich gleichmäßiger vor sich und die Keimlinge wuchsen und teilten sich schneller. . Die ganz reife Zygote, im Leben beobachtet, scheint beinahe ganz mit ziemlich großen Öltropfen ausgefüllt, durch welche zwei Chromato- phoren wie zwei formlose grüne Flecken hindurchscheinen. Das erste Anzeichen der beginnenden Keimung besteht in dem allmählichen Ver- schwinden des Öles, infolge dessen die Chromatophoren sichtbarer werden, in der Form zweier Sterne, Gleichzeitig damit geht eine gewisse Ver- änderung der Zygotenwand vor sich, und zwar wird ihr braunes Meso- sporium merklich farbloser und die ganze Wand wird bedeutend dureh- dringbarer, so daß man in diesem Momente leicht ein gefärbtes Präparat der ganzen (nicht zerschnittenen und nicht zerdrückten) Zygote erhalten kann (Fig. 55). Darauf zerreißen in gewisser Weise die beiden äußeren Häute der Zygote, und der Inhalt, der die gewöhnliche Straktur der Zelle von Zygnema hat, beginnt herauszutreten (Fig. 56). Es muß bemerkt werden, daß die Stärkezone der Pyrenoide in diesem Momente stark reduziert ist, oft bei- nahe bis zum vollständigen Verschwinden, und werden überhaupt beinahe keine geformten Reservestoffe im jungen Keimling bemerkt, da das Öl der Zygote zu dieser Zeit schon vollständig aufgelöst ist. Es war natürlich anzunehmen, daß anstatt dessen irgend ein lösbares Kohlenhydrat sich ansammelt, doch wurde die Fehling’sche Lösung weder in den keimfertigen Zygoten, noch in den Keimlingen reduziert. Nichtsdestoweniger muß hier irgend ein lösbares Produkt in bedeutender Menge vorhanden sein, 718 . . L. Kurssanow, besonders in den keimfertigen Zygoten, wie aus dem großen osmotischen Drucke hervorgeht, den sie zeigen. Während die vegetativen Zellen und Keimlinge alle in 3% KINO® plasmolysiert werden (nach vierstündiger Wirkung), werden nur einzelne Zygoten in 7 %, KNO, plasmolysiert, und nur in 9%, KNO, erscheint die Plasmolyse in fast allen Zygoten (auch nach vierstündiger Wirkung). Dieser Unterschied kann nicht der geringen Durchdringlichkeit der Haut der Zygote allein zugeschrieben werden, da einerseits, wie gesagt, die Wand zu dieser Zeit durchdringbarer wird und andererseits auch die Wirkung der plasmolysierenden Flüssigkeit ‚von genügender Dauer war. In den nach dem Trocknen keimenden Zygoten ist der Keimling in 2 Tagen nach der Aussaat gewöhnlich so weit gewachsen, daß eine erste ‚Teilung eintritt. Die leeren äußeren Häute der Zygote bleiben zu dieser Zeit entweder noch an einem Ende desselben hängen oder fallen häufiger ab. Der Keimling selbst ist zylindrisch und teilt sich in zwei völlig gleiche Zeilen, welche beide ihrerseits einer weiteren Teilung fähig sind. Die ent- gegengesetzten Angaben de Bary’s (1858), daß hier, wie bei Spirogyra, ‚eine Sch westerzelle teilungsunfähig bleibt, sind unrichtig. Die Ursache davon iegt wahrscheinlich darin, daß die beiden Zellen sogar in diesen schnell und gleichmäßig wachsenden Materiale gewöhnlich nicht ganz gleichzeiüg sich teilen. Fig 58 zeigt eigentlich ebenfalls einen solchen. Fall, wo eine ‚Schwesterzelle schon in zwei zerfallen ist und in der anderen erst noch der Kern sich teilt. Oft kommt eine noch größere Differenz zwischen beiden ‚Zeilen vor, wenn die eine sich schon geteilt hat und die andere noch voll- ständig im Ruhezustande sich befindet. Ein soleher Fall ist bei de Bary auf Tafel I, Fig. 14 abgebildet. Die zweite Teilung findet gewöhnlich 3—4 Tage nach der Aussaat statt, und dann noch nach 1—-2 Tagen die dritte usw. In schnell wachsenden Keimlingen tritt die Teilung der Zalle ein, wenn sie nur zwei Chromatophoren hat, so daß jede Tochterzelle je einen bekommt, der erst später in zwei zerlegt wird. Auf ebensolche Art, be- schreiben die Teilung in vegetativen Fäden Chmielewski und Escoyez; dabei verweilen die genannten Autoren genügend bei dem interessanten Verhältnis des Kernes zur Teilung des Pyrenoids, welches hier beobachtet wird, so daß ich meinerseits es für unnötig halte, mich darüber zu ver- breiten. , Außer der geschilderten Reihenfolge der Teilung gibt es aber noch eine andere, wobei zuerst beide Chromophoren sich teilen und dann erst die Teilung der Zelle eintritt (Fig. 59). Letzteres wurde öfters beobachtet in Keimlingen, welche sich aus Zygoten entwickeln, die im Herbst ohne Über Befruchtung, Reifung und Keimuug bei Zygnema. 79 Austroeknung gekeimt haben. Eigentlich besteht hier der ganze Unter- schied in dem Verhältnis des Wachstums zur Teilung. Im ersten Falle (Keimung nach Austrocknung-im Frühling) war ein verstärkter Impuls zur Teilung vorhanden, so daß das Wachstum einer jeden Zelle sieh nicht gänzlich offenbaren konnte; im zweiten Falle (Keimung im Herbst ohne ‚Austrocknung) werden die Teilungen aufgehalten, so daß die Zelle anfängt, sich zu teilen, wenn sie zwei- bis dreimal länger ist alsim ersten Falle. Unter- dessen haben ihre Chromatophoren Zeit, sich zu teilen (vgl. Fig. 57 u. 59). Zum Unterschiede von den Zygoten gehen alle Teilungen in den Keimlingen ausschließlich nachts vor sich, und zwar wie es für vegetative Zellen Chmielewski und Escoyez anführen, hauptsächlich in der ersten Nachthälfte (9—12 Uhr). Der Prozeß der Zellteilung selbst wurde besonders an lebendem Material von Chmielewski genügend erforscht und braucht daher nicht ausführlich beschrieben zu werden. Fig. 60-62 illustrieren bloß einige Details davon. In der Prophase der Kernteilung beobachfet man eine Anhäufung von körnigem Protoplasma in der mittleren Querfläche der Zelle, welch letztere auf diese Art äleichsam durch ein Diaphragma in zwei Hälften geteilt wird (Fig. 60). Erst während der Metaphase, manch- mal auch früher, tritt in diesem Protoplasmadiaphragma, von den Rändern ausgehend, ein glänzender Streifen hervor, der der Teilungsfläche zweier Protoplasten entspricht, aber noch nicht eine harte Querwand darstellt, wie an Fig. 61 ersichtlich ist, wo infolge der Wirkung von Reaktiven das Protoplasma von der Wand absteht. Was die feste Quexrwand selbst betrifft, kommt dieselbe erst; später zum Vorschein, ungefähr während der Telophase, und wächst allmählich von der Peripherie zum Zentrum (Fig. 62). Das Erforschen der Einzelheiten der Karyokinese im Keimling ge- hörte nieht zu meiner unmittelbaren Aufgabe, aber nichtsdestoweniger wurde dem eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet, besonders der ersten Teilung, da man auf Grundlage dessen schließlich entscheiden kann, ob in der Zygote Chmielewski’s zweite Verschmelzung stattfindet oder nicht. In der Tat, wenn letztere stattfände, so müßte die erste Teilung im Keimling entweder eine Reduktionsteilung sein mit allen ihren typischen Stadien, oder aber müßte sie von neuem eine diploide Anzahl von Chromo- somen zeigen. Wie wir weiter sehen werden, findet weder das eine aoch das andere statt. Der Kern des Keimlings im Ruhestande unterscheidet sich in nichts von dem primären (oder sekundären) Kerne der Zygote. Es hat einen 80 . L. Kurssanew, größeren Nukleolus und bei der Fixierung mit Chromessigsäure ein klar ausgeprägtes Chromatingerüst; unter Einwirkung von Flemming’scher Lösung fixiert sich das letztere in der Form von mehr kleinkörniger, zu- weilen fast homogener Masse (Fig. 63). Die erste Teilung im Keimling unterscheidet sich beträchtlich von der Teilung des primären Kernes der Zygote. Erstens ist dies eine einfache allotypische. Obwohl ich ein sehr reiches Material zur Verfügung hatte und einige hundert dieser Kern- teilungen in allen möglichen Stadien beobachtet habe, bemerkte ich doch niemals die geringste Spur eines solchen charakteristischen und so lange dauernden Stadiums der Reduktionsteilung, wie Synapsis. Auch Diakinese wurde nicht beobachtet. Zweitens wird hier, wie überhaupt in vegetativen Zellen der Zygnema, nach Angaben Merriman’s und Escoyez’ zu schließen, ein Mangel des Spiremstadiums beobachtet, und die Chromatin- masse zieht sich einfach in einige Knoten des Gerüstes zusammen, welches sich isolieren und zu Chromosomen werden. Die Zahl der letzteren schwankte nach meinen Zählungen zwischen 12—14, welch letztere Zahl ich wieder wahrscheinlicher halte. Fig. 64—65 zeigen die Prophase der ersten Teilung; daraus kann man sich eine Vorstellung machen von der Zahl der Chromo- some und ihrer runden Form, ohne eine Spur von Einschnürung, wie es nicht selten in der Reduktionsteilung beobachtet wird. Die Chromosomen lagern sich in der Äquatorialplatte, spalten sich und verteilen sich zu den entgegengesetzten Polen der Spindel, welche selbstverständlich längs der Zelle liegt. Ich erwähne die Spaltung in An- betracht dessen, daß Merriman dieselbe bei Zygnema negiert; in meinen Präparaten zeigte sich aber diese Erscheinung ganz deutlich (Fig. 67, 72). Bemerkt muß werden, daß die Stadien der Chromosomenbildung, wie es scheint, sehr schnell sich abwiekeln, so daß sie nicht mit genügender Genauigkeit verfolgt werden konnten, ungeachtet ich, wie gesagt, ein sehr reiches Material zur Verfügung hatte. Eigentlich wurde folgendes be- obachtet: Anfangs bemerkt man in einigen Kernen ein gröberes Gerüst mit Knoten. Dann verschwindet die Wand und an der Stelle der Kern- höhle, die sich anfangs durch eine hellere Färbung unterscheidet, erscheinen 14 rundliche Körperchromosome (Fig. 64). Darauf beginnt die Achromatin- spindel sich zu bilden. v Das Schicksal des Nukleolus bei diesen Prozessen wurde mir nicht ganz klar. Bei der Reduktionsteilung, wo er noch in der Diakinese siehtbar ist, ist es klar, daß es eben ein wirklicher Nukleolus ist, der an der Bildung der Chromosome nicht unmittelbar teilnimmt. Hier kann man dies nieht mit Bestimmtheit behaupten, er verschwindet gleichsam plötzlich, doch ist es nicht klar, auf welche Weise. Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema, 8 Die weiteren Stadien der Bildung der Kernplatte, ihre Spaltung usw. konnten mit, größerer Genauigkeit verfolgt werden, aber sie stellen wenig Besonderheiten dar. In der Anaphase gehen die Chromosomen auseinander in Form zweier eng genäherten Gruppen (Fig. 68) und in den jungen ent- wiekelten Kernen zeigen sich abermals 10—15 stark sich färkende Körper- chen (Chromosemen?) (Fig. 69). Dann wächst der Kern, in ihm erscheint auf einmal ein größerer nukleolusartiger, oft eekiger Körper; die Chromatin- körperchen werden kleiner und endlich bildet sich das kleinkörnige Kern- gerüst des ruhenden Kernes (Fig. 70). Wie aus dieser tatsächlichen Darstellung ersichtlich ist, blieb hier im Prozesse der Karyokinese vieles unklar, aber zwei für mich wesentliche Momente: der Mangel der Reduktion und die haploide Anzahl der Chromo- somen bei der ersten Teilung, unterliegen für mieh keinem Zweifel mehr. Die zweite Teilung in den Keimlingen unterscheidet sich in gar niehts von der ersten, so daß es genügt, auf Fig. 71, 72 hiazuweisen. Die dritte zeigt dasselbe. Weitere Teilungen wurden nicht verfolgt, -da es klar ist, daß im Keimling ein rein vegetatives Leben beginnt. Schluß. Resümierend können wir die Resultate vorliegender Arbeit in fol- genden Sätzen darstellen: 1. Bei der Konjugation dreht sich die Achse des männlichen Proto- Plastesum 90° derart, daß durch den Kopulationskanal zuerst der Chroma- tophor, dann der Kern, dann der zweite Chromotophor hindurchgeht. Der weibliche Protoplast bleibt: dabei in seiner Lage unverändert. 2. Bei beiden untersuchten Arten von Zygnema tritt die Verschmelzung der Gesehlechtskerne bald nach der Gametenvereinigung ein, in noch jungen Zygoten, aber bei Zygnema stellinum verschmelzen die Kerne im all- gemeinen bedeutend später als bei Zygnema erueiatum. 3. In der reifenden Zygote zerfallen gleich nach der Ausbildung aller Zygotenwände zwei männliche Chromatophoren. 4. Darauf teilt sich der Konjugationskern (der primäre Kern) der Zygote zweimal. Die erste Teilung des Kornes ist eine Beduktionsteilung mit den Stadien der Synapsis und der Diakinese. Die Chromosomen ent- wickeln sich aus der Chromatinschnur der Synapsis in diploider Anzahl. In der Diakinese können ihrer 25—28 gezählt werden. In der Prophase vereinigen sie sich wahrscheinlich paarweise und es erscheinen 14 Chromo- somen (haploide Anzahl). Die erste Kernspindel hat; die Neigung sich quer zur Achse der Zygote zu legen, Flora, Bd. 104. 6 32 . \ L. Kurssanow, . Die’zweite Teilung folgt gleich nach der ersten, dabei teilen sich beide Schwesterkerne streng gleichzeitig. Die Anzahl der Chromosomen der zweiten Teilung beträgt gleich von Anfang an 14. j 6. Von den vier entwickelten sekundären Kernen der Zygote degene- zieren drei, einer aber wächst und nimmt die Stelle des primären Kernes ein, Eine Verschmelzung zweier sekundärer Kerne (zweite Verschmelzung Chmielewski’s) findet nicht statt. Degenerieren zufällig nur zwei Kerne, so bleiben die beiden anderen bis zum Ende getrennt und entwickelt eine solche zweikernige Zygote einen zweikernigen Keimling. 6. Die Teilung der Kerne in der Zygote ist eine atavistische Er- seheinung, geerbt von den Vorfahren der jetzigen Zygnemaceen, welche ähnlich den Mesotaeniaceen je vier Keime in der Zygote entwickelt haben. 7. Die erste Teilung im Keimling ist eine einfache allotypische Teilung mit der Chromosomenanzahl 14. Die zweite und dritte Teilung sind mit der ersten vollkommen identisch. Moskau, Juni 1911. Zitierte Literatur. 4) de Bary, Untersuchungen über die Familie der Konjugaten, 1858, „2 Chmielewski, Mat6riaux pour servir & la morphologie et physiologie des procäs sezuels chez les plantes införieures, 1890 (russisch). 8) Ders., Mattriaux pour servir & ja morphologie et 'physiologie des algues vertes, 1904 (russisch). " " 4) Dangeard, Sur les phönomönes de iscondation chez les Zyguema. Comptes rendus de Vacad, Paris, 1909, Tome OXLVIII, pag. 1406-1407. 5) Haayen, Le noyau et la Caryoeindse chez les Zygnema. La cellule 1907, Tome IV. 6% un A stady of reduction iu Oenothera rubiginervis, Bot. Gazette 1908, Vol. .) Ders, The behaviour of the Chromosomes in Oenothera Iata — 0. Gigas. Bot. Gazette 1909, Vol, XLVIE. 8) Karsten, Die Entwicklung der Zygoten von Spirogyra jugalis Ktzg. Flora 1908, Bd. IC, 9) Klobahn, Über die Zygosporen einiger Konjugaten. Ber. d. Deutsch. bot, Ges. 1888, Bd, VL - ö 10).Ders., Studien über Zygoten, Pringsheim’s Jahrbücher 1891, Bd. XXIL {1) Merriman, Nuclear Division in Zygnema. Bot. Gazette 1906, Vol. XLL 12) Oltmanns, Beiträge zur Kenntnis der Fucaceen. Bibliotheca bot, 1889, Nr. 14. 18) Overton, Über den Konjugationsvorgang bei Spirogyra. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1888, Bd. VL 14) Schaffner, Reduction division in Agave. Bot. Gazette 1909, Vol. XLVIL 16) Strasburger, Ontogenie der Zelle seit 1875, Progr. rei bot. 1907, Vol, I. 16) Yamanouchi, Mitosis in Fucus. Bot. Gazette 4909, Vol- XUVH. ‚Über:Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema. 83 Figurenerklärung ‘zu Tafel I—-IV. : Sämtliche Figuren sind bei Anwendung von Zeiss’schen Apochrom. 2 mm und 1,5 mm und verschiedenen Komp.-Ok. gezeichnet; Fig. 21—52 von Mikrotomschnitten (10 # Dicke), alle anderen von ganzen Zellen aufgenornmen. Zyguema-cruciatum. Fig. 1-4 Stadien.der Gametenvereinigung. Vergr. 500. Fig. 5—8. Junge Zygoten mit den verschmelzenden Kernen. Vergr. 500. ® EL ® ee 2.2.2: ES 2 : Ei Pi EEE 9. Mittlerer Teil einer jungen Zygote. Man sieht die zentrale Protoplasmaansamm- lung zwischen den Chromatophoren und die beiden Kerne darin. Vergr. 1000. 10. Stadien des Verschmelzens der Gametenkerne in der Zygote. Vergr. 1000. ' Zygnema stellinum, 11. Gametenvereinigung. Vergr. 500. 12, 13, 14. Die Vereinigung der Kerne in der Zygote. Vergr. 500. 15. Anormale Zygote, die von Vereinigung der drei Gameten entstand. Vergr. 500. 16. Zygote mit äreischichtiger dieker Haut, aber noch mit vier Chromatophoren. Vergr. 500. 17—20. Das Zerstören der. ‚männlichen Ohromatpphoren. Vergr. 500. 21, 22. Primäre Kerne der Zygote. Fixierung: Chromessig; Färbung: Gen- tiana-violett, orange. Vergr. 2000. ö 23, 24. Die friiheren Synapsisstadien des primären Kernes. Vergr. 2000. 25 26. Spätere Synapsisstadien.. Chromatinschnur zeigt keine Längsspaltung. Vergr. 2000. 27. ‚Die ganze Zygote mit dem Kerne, der auf Fig. 26 bei stärkerer Vergrößerung gezeichnet ist. Vergr. 500, :28, 29. Diakinege, : 25-98 :Chromatesomen; Kernkörperchen noch vorhanden. Vergr. 2000. 30, 31. Prophase, 12—14 Chromosomen; Kernkörperchen verschwunden. 32. Metaphase anf der Plasmabrücke zwischen den Chromatophoren. Man. sieht schiefe Stellung der Spindel und fast Längsstellung der Kernplatte, Vergr. 2000. 88. Die ganze Zygote, deren mittlerer Teil auf Fig. 82 gebildet ist, Vergr. 760. 34. Fast quere Stellung der ersten Spindel auf der verhältnismäßig breiten Proto- plasmabrücke zwischen den Chromatophoren. Vergr. 500. 35, 86. Metaphase der ersten Teilung. Vergr. 2000. 37, 88. Ana- und Telephase. Vergr. 2000. 39, 40, 41. Zweite Kernteilung in der Zygote. Vergr. 750. 42. Metaphase der zweiten Teilung. Vergr. 2000. 43. Kermplatte der zweiten Teilung vom Pole gesshen. Vergr. 2000. 44. Eine Zygote mit vier noch gleichen Kernen. Vergr. 750. 45. Beginn der Ditferenzierung der sekundären Kerne in der Zygote. Vergr. 750. 46. Dieselben Kerne wie in Fig. 45, aber stärker vergrößert. a wüchst zu Großkern; in < fängt vielleicht auch Wachstum an; 5 und c bleiben als Kleinkerne. Vergr. 2000. 47. Weiteres Stadium des Differenzierens der sekundären Kerne. Vergr. 750. Be Pr Eee 84 L. Kurssanow, Über Befruchtung, Reifung und Keimung bei Zygnema, Fig. 48, Dieselben Kerne wie auf Fig. 47, stärker vergrößert, Vergr. 750. a fast ganz entwickelter Großkern, mit nur einem Kermkörperchen und feinem Chromatingerüst, “ 5, c, # degenerierende Kleinkerne. Chromatinkörper werden aufgequollen und fließen zusammen. Vergr. 2000. Fig. 49. Anormale Zygote mit zwei Groß- und zwei Kleinkernen, Vergr. 750. Fig. 60. Ganz reife Zygote mit zwei Kernen. Vergr. 750, Fig. 51. Zygote mit drei Großkernen. Vergr. 760. Fig. 52, Alte Zygote mit zwei Kernen im Moment der Vereinigung. Wahrscheinlich ist das das verspätete Vereinigen der Geschlechtskerne. Vergr. 750. Fig. 58, Keimung der zweikernigen Zygote. Vergr. 750. Fig. 54, Weiter entwickelter Keimling einer solchen zweikernigen Zygote. Vergr. 750. Fig. 55. Normale ganz reife Zygote kurz vor der Keimung. Vergr. 500. Fig. 56, Keimung einer solehen Zygote. Vergr. 500. Fig. 57. Teilung des Keimlings in zwei gleiche Schwesterzellen. Vergr. 250. Fig. 58. Sich weiter entwickelnder Keimling; eine Schwesterzelle ist schon in zwei Enkelzellen geteilt; die andere ist noch in Teilung. Vergr. 256. Fig. 59. Einzelliger Keimling mit vier Chromstophoren. Keimung ohne Ruhe im Herbst. Vergr. 250. Fig. 60, 61, 62. Einzelheiten der Zellteilung. In 60 {Prophase} ist noch protoplasmafi- sehes Diaphragma und Querrichtung der Zelle gebildet. In 61 (Metaphase) ist die Spaltung dieses Diaphragma von außen bemerkbar; in 62 (Telephase) ist schen eine feste Querwand gebildet. Vergr. 750. Fig. 68. Der Kern eines einzelligen Keimlings. Fixierung: Flemming’sche Lösung; Färbung: Eisenhämatexylin. Vergr. 2000. Fig. 64, 65. Prophasen der ersten Teilung im Keimlinge. 14 Chromosemen. Vargr. 2000. Fig. 66, 67, 68. Weitere Stadien der Kernteilung. Vergr. 2000. Fig. 69. Junge Tochterkerne. Einzelne Chromatinkörper (Chromosomen). Vergr. 200. Fig. 70, Späteres Stadium. Nukleolus ist schon vorhanden. Vergr. 2000. Fig. 71, 72. Prophase und Metaphase der zweiten Teilung im Reimling. Vergr. 2000. Druck von Ant. Kämpfe in Jens. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Progressus rei botanicae Fortschritte der Botanik. Progrös de la Botanique, Progress of Botany Herausgegeben von der Association Internationale des Botanistes Redigiert von Dr. J. P. Lotsy in Leiden Vierter Band, Heft I Mit 7 Abbildungen im Text. Inhalt: BORGERSTEIN, Arrrep: Fortschritte in der Technik des Treibens der Pflanzen. Mit 7 Abbildungen im Text. BLARINGHEM, L.: La notion d’espece et la disjonction des hybrides, d’apres CHARLES NAUDIN (1852—1875). MAIRE, Ren&: La Biologie des Uredinales (Etat actuel de la question). Die „‚Progressus‘‘ erscheinen in zwanglosen Heften, die in Zwischenräumen von etwa 4 Mohsten zur Ausgabe kommen sollen. Die Hefe werden zu Bänden von etwa 40 Drucbbogen vereinigt, so daß jührlich ein Band erscheint. Die Mitglieder der Association erhalten die „Progressus“‘ zu dem Verzugs- preis von 13 Mark. Bestellungen zu diesem Vorzugspreise sind seitens der Herren Mitglieder direkt an die Verlagsbuchhandiong oder an den Generalsekretär der Association, Herrn Dr. J. P. Loisy in Leiden zu riehten. Bestelumgen, welche durch den Buchhandel aufgegeben werden (auch solche seitens der Mitglieder der Assoeistion), können nur zu dem Preise für Nichtmitglieder, welcher 18 Mark für den Band beträgt, Erledigung finden. Soeben erschien: Vergleichende Physiologie. August Pütter Dr. phil, et med., Professor in Bonn. Mit 174 Abbildungen im Text. (VIII und 721 8, gr. 8°) 1911. Preis: 17 Mark, geb. 18 Mark. inhalt: Einleitung. Begriff und Aufgabe der vergleichenden Physiologie — I. Kap.: Das Substrat der Lebensvorgänge. 1. Die physikalische Beschaffen- heit der lebendigen Substanz. — 2. Der Stoffbestand der Organismen. 3. Die lebendigen Systeme. — II. Kap.: Der Stoffwechsel. 1. Der Betriebsstofiwechsel, 2. Der Baustoffwechsel. 3. Der Gesamtstoffwechsel. 4. Die Wirkung veränderter Bedingungen auf den Stoffwechsel. — IIL Kap.: Die Ernährung. — IV. Kap.: Der Stoffaustausch. — V. Kap.: Die Lebensbedingungen. — VL .: Die Energieumwandlungen. — VII. Kap.: Die Reizbeantwortungen. — VIII Kap.: Die Sinnesorgane. — IX. Kap.: Das Nervensystem. — X. Kap.: Die Ver- gleichung der Organismen. — Systematisches und Sachregister. Ein Lehrbuch der vergleichenden Physiologie bat bisher gefehlt und es wird daher von allen Beteiligten mit Freuden begrüßt werden, daß Professor Pütter es unternommen hat, die Aufgabe zu lösen. In außerordentlich klarer und faßlicher Darstellung gibt der Verfasser ein Bild der Probleme und der aligemeinen Fragen nach dem Wesen des Lebens, die durch die Methode der Vergleichung ihrer Beantwortung näher gebracht werden sollen. Physiologen, Zoologen, Botaniker und alte übrigen Vertreter der biologischen Wissenschaften werden diesem Buche das größte Interesse entgegenbringen.. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA Soeben erschien: Vorarbeiten zu einer pllanzen- geographischen Karte Österreichs. VI. Studien über die Verbreitung der Gehölze im nordöstlichen Adriagebiete von Julius Baumgartner {Wien-Klosterneuburg) Mit 3 Kartenskizzen im Text. 1911. Preis: 1 Mark 20 Pf. aM. Die Vegetationsverhältnisse von: Villach in Kärnten Von Br. Rudolf Scharfetter K. K. Prof. am Staatsrealgymnasium in Villach Mit 10 Abbildungen und 1 Karte in Farbendruck 1911. Preis: 6 Mark. Beide Teile bilden gleichzeitig die Hefte 2 und 3 des VI. Bandes der „Bb- handlungen der K. K. Zuol.-botan.. Gesellschaft ie. Wien“, .... ..-. Soeben erschien: Flora der Umgebung der Stadt Säo Paulo irn Brasilien Von Dr. A. USTERI ehemals Professor am Polytechnikum S#o Paulo. Mit 1 Karte, 1 Tafel und 72 Abbildungen im. Text. 1811. Preis: 7 Mark. Vorliegende Arbeit’ ist ‘die erste systematische Bearbeitung der Flora von 3äo Paulo. Sie wird wegen ihrer Eigenart und Reichkaltigkeit für weite Kreise der Botaniker und Geographen von Interesse sein. Die reiche Ulysirierung erhöht dem Wert des Buches. Der erste Teil gibt einen: Einbliek in die pflanzengeographischen Verbältnisse des Gebiets, während der zweite ein Bestimmen’ der in dieser Gegend wild wachsenden Pflanzen ermöglicht, WU” Diesem Hefte liegen zwei Prospekte bei: 1. vom Ver] Quelle & Meyer Leine, betr. „Prof. Dr. P. Graebaer, Lehrbuch der A A Pflanzen- ie“; 2. vom Verlag Gustav Fischer in Jı betr. Ross, Die ken (Cocklien) hier, und Nordenropan” „Dr H Ren Druck von Ans. Hämpde, Jess. | FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. VIERTER BAND. (DER GANZEN REIHE 104, BAND) ZWEITES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 1 TAFEL UND 32 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA A VERLAG VON GUSTAV FISCHER - 1912. . ERSCHIENEN AM 1. MÄRZ 1912. ee net Inhaltsverzeichnis. Seite ARNOLDI, W., Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyclada- ceen (Bornetella, Acetabularia). Mit Tafel V und 16 Abbil- dungen im Tat. 2 2 2 2 nr nenne NEGER, F. W., Studien über die Resupination von Blättern. Mit 10 Ab- bildungen im Text. . » 2 2 2 2 nn nenn. 102-122 VOGLER, PAUL, Das „Ludwig’sche Gipfeigesetz“ und seine Tragweite 123—128 URSPRUNG, A., Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen . . . . 129-156 GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen. 20. Radula epiphylia Mitt. und ihre Brutknospen. Mit 6 Abbildungen im Tekt 2» 2222er. 157164 DERS,, Berichtigung . . - . 2: 2 2 mn een nenne 164-166 85—101 VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Soeben erschien: Mycologisches Gentralblatt Zeitschrift für allgemeine und angewandte Mycologie Organ für wissenschaftliche Forschung auf den Gebieten der Allgemeinen Mycologie {Morphologie, Physiologie, Biologie, Pathologie und Chemie der Pilze) Gärungschemie und technischen Mycologie in Verbindung mit Prof. Dr. E. Baur-Berlin, Prof. Dr. V. H. Blackman-Kensington-London, Prof. Dr. A. F. Blakeslee -Storrs (Conn.) U. St. A., Prof. Dr. K. Büsgen - Münden, Prof. Dr. F. Eifving- Helsingfors, Prof. Dr. J. Eriksson - Stockholm, Prof. Dr. Ed. Fiseher - Bern, Prof. Dr. K. Giesenhagen - München, Prof. Dr. H. Klebahn- Hamburg, Prof. Dr. E. Küster - Bonn, Prof. Dr. 6. von Lagerheim -Stoekholm, Prof. Dr. R. Maire-Algier, Prof. Dr. L, Matruchot-Paris, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Arthur Meyer - Marburg, Prof. Dr. H. Molisch - Wien, Prof. Dr. H. Müller- Thurgau-Wädenswil-Zürich, Prof. Dr. F. Neger-Therandt, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Peter - Göttingen, W. Tranzschei-St. Petersburg, Prof. Dr. Freikerr von Tabeuf-München, Prof. Dr. F. A. Went-Utrecht, Prof. Dr. J. Zellner- Wien herausgegeben von Prof. Dr. ©. Wehmer-Hannover. Erster Band, Heft 1. Inhalt. I Originalarbeiten: Fischer, Ed., Über die Specialisation der Uromyces caryophillinus (Scue&.) Wit. (Vorl. Mitteilung). — Wehmer, C., Haus- schwammstudien, I. Zur Biologie von Coniophora cerebella A. et Sch. (Mit 3 Abb.). — IL Referate. — JII. Neue Literatur. — IV. Personal- und andere Nach- richten. Die Zeitschrift bringt Originalbeiträge, Referate und Literatur. Für schnelles Erscheinen der Arbeiten und möglichste Vollständigkeit des referierenden Teiles ist Sorge getragen. Monatlich ersebeint 1 Heft im Umfang von 1—2 Bogen; der Bezugspreis fir den Jahrgang beträgt 15 Mark. Das erste Heft: wird von jeder Buchhandlung oder vom Verlag als Probeheft kostenfrei geliefert. Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyclada- ceen (Bornetella, Acetabularia). Von W. Arnoldi. (Mit Tafel V und 16 Abbildungen im Text.) Auf den Korallriffen, welche die zahllosen Inseln des Malayischen Archipels umgürten, wachsen zahlreiche Vertreter der grünen Algen aus der Gruppe der Siphoneen und Siphonocladiaeeen. Alle diese Gattungen bilden eine für die Tropenmeere höchst charakteristisch Vegetation, welehe namentlich der Ebbe- und Flutregion zuteil kommt. Im seichten Wasser, das während der Ebbe am Ufer zurückbleibt und von den glühenden Sonnenstrahlen durehwärmt wird, findet man Caulerpa- Arten; sie kommen auf sandigem Boden vor, überall, wo derselbe sieh zwischen den Korallmassen ansammelt; die winzigen Arten dieser Gattung besiedeln auch Korallgestein. Auf schlammigem Boden gedeiht die massive Art Aurainvillea durch dieke Stämmehen ausgezeichnet, an denen die fächerartig verzweigten oberen Thalluszweige sich verbreiten. .Die Hali- meda-Arten wachsen sowohl auf Sand als im Schlamm, ganze Formationen bildend. Ihnen auf Sandboden beigesellt findet man das Meeresneiz — Mierodietyon. Auf Gestein findet man verschiedene Daseyeladaceae: Acetabularia und Polyphysa (besonders üppige Formationen längs dem Ufer gewisser Inseln der Insulinde). Mit ihnen zusammen trifft man Boodlea, Struvea aus den Siphonoeladiaceen, Valonia, Halieystis und Dietyosphaeria aus den Valoniaceen; letztere siedeln sick auf Sand- boden an. Bornetella und Neomeris steigen gewöhnlich tiefer als ihre Verwandten längs den Riffen herunter. Alle diese Arten sind mehrfach von Systematikern und Morphologen untersucht worden. Die morphologische Forschung läßt aber noch viel zu wünschen, da zum Studium ausschließlich trockene Algen aus Herbarien und Alkoholmaterial benutzt wurde. Diese Lücke zu füllen versuchte ich während meiner vorjährigen Reise nach dem Malayischen Archipel, indem ich verschiedene Vertreter der Siphonales und Siphonoeladiales mit Hilfe der jetzigen Pixierungsmittel u. a. untersuchte, Ich fange mit den Dasyeladaceaen an: Bornetella und Acetabularia, : Während Neomeris und Borneiella nah verwandt sind, nimmt Aceta- Flora, Bd, 104. 7 36 W. Arnoldi, ' bularia, die etwas anders gebaut ist, eine gesonderte Stellung ein Über die Verbreitung genannter Arten treffen wir folgende Angaben an. Aus der Gattung Acetabularia kommt nur die Art A. mediterranea in der ge- mäßigten Zone vor, alle übrigen sind Bewohner der Tropenmeere. Das selbe gilt für sämtliche Neomeris- und Bornetella-Arten. Neomeris annulata (Diekie) stammt aus Westindien, den Bermuda-Insein, Madagaskar, dem Malayischen Archipel (überall), den Freundschaftsinseln, Bolivien (Howe T); andere haben einen begrenzten Verbreitungskreis. Z. B. ist Bornetella oligospora Solms nur an wenigen Stellen des Malayischen Archipels gefunden worden (durch Frau Weber van Bosse und mich), Bornetella capitata ist eine ausgesprochen östliche Form aus den Freund- schaftsinseln, dem östlichen Teile des Malayischen Archipels (Arnoldi, Beccari), Riu Kin (Okamura). Acetabularia caraibiea ist in der neuen. und der alten Welt heimisch (Solms II, meine Funde), einige andere Acetabulariaarten, z. B. Acetabularia calyculus Quoy et Gaimard sind rein australische Einwohner (Solms ID, Bornetella oligospora Solms fand ich auf den Korallriffen der 1000 Inseln (zwischen der SO.-Küste Sumatras und NW.-Küste Javas). Solms, der die Alge zuerst beschrieb, erhielt sie von Frau Weber van Bosse aus der Insel Flores (östlich von Java), aus Makassar (J. Celebes) und Neh-Guinen (Beccari) Nach Solms ist sie B. nitida Mun. Chalm nahe verwandt und unterscheidet sich von ihr durch die Zahl der Spo- rangien. Cramer (I, II, III) beschrieb ausführlich die vertieillierten Siphoneen: Neomeris, Cymopolia, Bornetella und Halieoryne und jede weitere Untersuchung muß von der klassischen Beschreibung des Züricher Botanikers ausgehen. Die Arbeit Cramer’s setzte Solms fort. Ich er- laube mir die Angaben Gramer’s und Solms’ nicht ausführlich zu wieder- holen. Wenn aber in meiner Beschreibung Stellen vorkommen, die bei obengenannten Botanikern schon vorhanden sind, so entschuldigt mich einigermaßen das hohe Interesse, das betreffende Siphoneen erwecken, und der daraus entspringende Wunsch, überall ein mögliehst vollständiges Bild zu geben. Die von mir gesammelten Exemplare von Bometella oligospora Solms stellten etwas gebogene walzenfürmige Pflänzchen dar, bis 30 mm hoch und ungefähr 5 mm diek — im dieksten Teile des Thallus. Die Basis bildet ein kleiner Fuß (siehe Solms I, PL X, f. 1) — die Spitze der Alge ist abgerundet (Textfig. 1). Die jungen Exemplare gaben mir ein Bild der Entstekungsweise des Thallus. Cramer (IT) hat zwar die Spitze von Bornetella nitida abgebildet, doch ist seine Schilderung wegen Mangel Algologische Studien. Zur Morpholggie einiger Dasyeladaceen. 87 an Material lückenhaft. Die Spitze einer wachsenden Bornetella ist etwas ausgehöhlt und von haarartigen Auswüchsen der nächsten Rindezellen bedeekt. Solche Haare bestehen aus einer dieken Basalzelle und aus dicho- tomisch verzweigten Fäden; die Endzellen der Fäden sind sehr zart, dünn bewandet und mit grobem, körnigem Protoplasma versehen. Das obere Ende der großen Zentralzelle ist flach oder etwas gewölbt und in der nächsten Nähe entspringt der erste Zweigwirtel Jeder Zweig bildet nach 3—-4maliger Teilung obengenannte Härchen. Wie aus beiliegender Zeichnung zu ersehen ist (Textfig. 2) stehen diese Zweige auf gewissem - Abstande und berühren sich auf den jüngeren Stadien keineswegs. Die jüngsten Wirtel stehen senkrecht, die späteren krümmen sich dermaßen, daß ihre gebogenen Spitzen eine Art Gewölbe über der ausgehöhlten Stamm- spitze bilden. Da diese Spitzen noch üppig verzweigt sind, ist der Ver- »0 Fig. 1. Fig. 1. Bornetella oligospora. Photo- - graphische Aufnahme,, Nat. Größe. Fig.2. Bornetella oligospora. 4 Junge Äste auf dem Scheitel der Zentralzelle. z Junge Seitenäste die erste Rindenanlage bildend; sie tragen noch mehrzellige ver- zweigte Haare. C Haarnarben auf den Rindenzellen. Fig. 2. schluß der Stammspitze ein vollkommener und wird also etwaiger Schä- digung des Vegetationspunktes vorgebeugt. Später wächst der Basalteil des Zweiges in die Länge, während das Wachstum der Verzweigungen nach allen Richtungen gleichmäßig erfolgt. Da die Nachbarzellen dabei einen gewissen Druck aufeinander ausüben, so nehmen sie eine poly- edrische Form an, während die Basalzelle konisch wird. — Die Fäden, die sich an den jungen Wirtelzweigen entwickelten, fallen bald ab, eine Narbe hinterlassend, die als ringförmiger Wulst an den leeren Basalzellen ins Auge fällt (Textfig.2C). Diese polyedrisch zusammengedrückten Zellen der Auszweigungen bilden die Rinde. Die Verbindung der Rindzellen erweckten schon lange Aufmerksamkeit, dank der merkwürdigen Ver- diekung der Porenmembranen. Es ist eine zylindrische Verdickuug, die in der Nähe der Zellwand anfängt und die ganze Zelle urmkreist. y* 83 W. Amoldi, In dieser Verdickung werden Kalksalze abgelagert. Wie oben gesagt, besteht die Spitze des wachsenden Thallus aus dem Ende der axilen Zentralzelle und aus freien Seitenzweigen. An den älteren Teilen und bei den vollkommen erwachsenen Algen zeigen die Rindenzellen solehe Ver- bindungen, wie es Solms abbildet (I, Taf. IX, Fig.1). An solchen Pflanzen ist es schon zu spät, die Entstehung der Verdiekungen zu studieren. Etwas entfernt von der Spitze berühren sich die Zweigzellen, eine Rinde bildend, doch die Berührungsstellen bleiben ebenso dünn, wie bei den freistehenden ° Zweigen (Textfig. 2 3). Unter diesen en = jungen Zellen finden wir eine Zone, wo die Verbindungen ausgesprochener werden. Die äußere Hälfte der Zell- wand wird verdickt und schichtig, an 8 der Außenfläche wird eine dünne und glänzende Kutikularschicht abgelagert, die radialen Wände sind gleichfalls verdiekt und im optischen Dureh- schnitt erkliekt man folgenden Bau. Man sieht ein Dreieck mit halsartigem Teil, der ven zwei Zähnen einge- schlossen wird, ihm folgt ein breiter Hauptteil und zwei Zähnchen im tief- gs sten Teile der Verdiekung (Textfig. \ \ 34). Weiter nach innen wird die / ur Zellwand dünner und geht in die Mem- Tg, 3. „Bormetella oligospora. bran der Zweige ersten Ranges über, pischer Schnitt durch zwei Nach- die der Zentralzelle entspringen. Auf- Da Omen” ee Zunand, einanderfolgende Schnitte, die durch der Peripherie betrachtet. Vergr. 750. die Rinde geführt werden, erlauben die Verdiekung besser kennen zu lernen. Fig. 3 A zeigt die Verdickung in optischem Durchschnitt durch die Grenze zweier Nachbarzellen. Die Beschreibung ist schon oben gegeben. Indem wir den Tubus des Mikroskops auf die Zellwand einstellen, bekommen wir die Verdiekung am Gürtel zu sehen, der die Zellwand umkreist. In diesem Gürtel erkennen wir einen breiten zentralen Teil, der der Mitte der Verdickung entspricht, und ein oberes und unteres Band, welche beide den zwei Zähneken in der Mitte der Verdiekung entsprechen (Textlig. 32). Von der Oberfläche aus gesehen bemerkt man die äußerst feinen Kanälchen, die von einer Zelle zur andern führen, etwas tiefer erscheinen die schmalen Umrisse, die den Zähnchen entsprechen, noch tiefer liegt ein breites Band, - Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyeladaceen. 89 welches die Mitte der beschriebenen Bildung vorstellt. Die tieferen Zähn- chen sind schwer zu unterscheiden, da sie durch den in die Breite gezogenen mittleren Teil verdeekt werden. “Ein ähnlicher Bau ist durch Cramer bei Bornetella nitida (DI, Fig. 8—12, Taf. III) und durch Solms bei derselben Form, sowie Bornetella oligospora (Solms, Fig. 5,6, 7) beschrieben worden. Die von mir gefundene Struktur erweist sich aber als etwas komplizierter. Im Gürtelbande, den Angaben der genannten Autoren gemäß, werden Kalkkristalle ab- gelagert, während die Zellwände aus deutlichen Schichten aufgebaut werden. Einige von den Individuen von Bornetella oligospora stellen ihren Wuchs früh ein und gehen zur Vermehrung über. Dabei nehmen ihre Zellwände unten und am oberen Ende die oben geschilderie charakte- ristische Struktur an, sieh durch oben beschriebene Gürtelbänder aus- zeichnend. Solch eine Alge bildet unter anderem Graf Solms ab (Taf. IX, Fig. 1). Andere Thalli behalten im Gegenteil ihre Wachstumsfähigkeit, indem sie am Gipfel der Zentralzelle fortwährend neue Wirtel bilden. Diese wachsende Thalli fallen dureh ihre mehrfach verzweigten Härchen auf, welche den oberen Rindenzellen entspringen. Die Zentralzelle von Bornetella oligospora, wie dies durch frühere Forschung schon klargelegt ist, Fig. 4. Bornetella erstreckt sich durch den größten Teil des Thallus, oligospora 4 Ver- kurz vor seiner Spitze endigend. Sie erreicht eine aaa on art ziemliche Dieke, bis 0,6--0,7 mm, und besitzt der Zentralzelle, eine feste "Zelwände, ungefähr 20 # diek. Von der Fe zeignn. = Das Zentralzelle zweigen die Wirtelzweige ab, in der Art, daß in ihnen der Hohlraum jener Zelle eine Fortsetzung findet, dank dem Vorhandensein enger Poren, welche die sehr verdickte Memkran durchsetzen (Textlig. 4). Der Hohlraum der Zentralzelle bildet eine große Vakuole, welche von einem sehr dünnen Protoplasmaschlauch umgeben wird. Das Proto- plasma enthält körnige Chromatophoren, Stärke und Eiweißiktistalle, weiche alle an gut durch Osmiumsäure fixierten Präparaten sichtbar werden. Im Protoplasma sind aueh die zahlreichen Kerne eingebettet, trotzdem ziemlich weit voneinander entfernt. Der Zeniralzelle entspringen die Zweige 1. Ordnung, welche als Rindenbildner wirken, Die Zahl der Wirtel schwankt; bei großen Exemplaren erreicht sie 35, wobei die Länge eines Zweiges 2. Ordnung =1 mm und lebhaft an die Zeutralzelle erinnert. 9 W. Arnoldi, An diesen Zweigen entwickeln sich die Sporangien, welche der Schilderung des Grafen Solms gemäß auf verschiedenen Abständen von der Zentral- zelle sich abteilen. Ihre Zahl erreicht 8, öfters etwas weniger. Die Anordnung der Sporangien ist ein Unterscheidungsmerkmal der B. oligospora gegenüber der B.nitida. Fig. 2, Taf. V zeigt einen Teil eines Quersehnittes durch den Thallus der Alge, wobei Sporen enthaltende Sporangien an den Ästen 1. Ordnung zu erkennen sind. In fertigem Zu- stande stellt ein Sporangium einen kugeligen Körper vor, dessen Diameter 160170 a gleich ist. Er wird vom Tragast mittelst eines Pfropfens aus einer lichtbrechenden Substanz abgetrennt und sitzt auf einem kurzen Fuße (Fig. 3, Tai. V, Textfig. 5.4), welcher leicht vom Tragast abfällt. In meinem Material enthielten die Sporangien je 4 Sporen, tetraedrisch angeordnet; selten waren es 5—6 Sporen (Textög. 5 4). Sporangien mit je 10 Sporen bekam ich nie zu sehen. Die Sporen waren in der einen Rich- tung 65 ws lang, in der anderen 80 x. Also war ihre Form nieht rund, wie Solms sie zeichnet (Taf: IX, Fig. 2, 3), sondern eher ellipseidisch. Solms fand auch eine Sporenlänge von W—% x. Es könnte sein, daß ich es mit einer Varietät zu tun habe, oder daß die . . . Sporenzahl von äußeren Umständen ne Sporangium zit mehferen Sporen beeinflußt wird. Das Sporangium ent- aa dein Ein Sporangium mät steht als Kleine Ausbuchtung am mehrkernige Spore. Zweige, welehe mit: demselben noch lange durch eine Pore verbunden bleibt. Wie aus Fig. 2, Taf. V ersichtlich ist, gibt der das Sporangium er- zeugende Ast den größten Teil seines Inhaltes an dasselbe ab. Das Sporangium ist dicht mit Protoplasma und mit Chromatophoren erfüllt. In ihm kann man .zuerst einen Kern unterscheiden, später, in einem vorgeschritteneren Stadium bekam ich Sporangien mit 4 typisch ange- ordneten Kernen zu sehen, wie Fig. 5 2 zeigt, nämlich als Seiten eines Tetraeders. Wahrscheinlich bilden sich zuweilen mehr als 4 Kerne, da ja die Zahl der Sporen auch größer werden kann. Nach der Teilung der Kerne zerfällt das Plasma in die vier Sporen, die so angeordnet sind, wie in Fig. 5, Taf. V abgebildet ist. Jede Spore wird von einer dieken Zell- ‘wand umgeben, deren äußere Schicht uneben. und mit Einsenkungen versehen ist, wie es bei Bearbeitung mit Hämatoxylin besonders hervor- tritt (Fig. 4, Taf, V). An einem Sporenpole befindet sich ein Deckel, Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasycladaceen, 91 der dureh einen ringförmigen Riß abgetrennt wird. Die obengenannte 'Zellwandstruktur geht auf den Deckel nicht über. Dieser Deckel war sehon früher durch Solms an den Sporen von Bornetella gefunden worden. “ Nach innen zu folgt der Membran das Protoplasma, das mit Stärke und Chromatophoren vollgestopft ist. Auf Mikrotomschnitten kann man einen exzentrisch liegenden Kern finden (Fig. 8, Taf. V). Der Kern enthält einen Kernkörper und ein feines Chromatinnetz. Schon in den früheren Stadien vergrößert sich die Zahl der Kerne, wie aus Fig. 3, Taf. V zu sehen ist, wo die links liegende Spore zwei sym- metrisch angeordnete Kerne enthält. Auf den späteren Stadien werden die Kerne zahlreicher. Die Kerne nehmen in der peripherischen Plasma- schicht ihre Stellung ein, wie aus Textfig. 5 C zu sehen ist, wo der Inhalt der Spore mit Absicht nicht abgebildet ist. Die Sporangienbildung geht energisch vor sich in den erwachsenen Thalli und bald wird die ‚ganze Alge mit Sporangien gefüllt. Die dünnen Äste des Sporangium ‚werden abgerissen und sie sammeln sich im unteren Thallusteil an, wo sie gleich Nüssen im Sack liegen. Die Spitze des Thallus wird zerstört und die Sporangien werden befreit. Ihre zarten Häute sind auch nicht lebensfähig im Vergleich mit den stark verdiekten Zellwänden der Kia & Erg Sapitate, FR Sporen — und sie werden noch im wachsene Pflanze, 2 Erste Rindenanlage. Innern des Thallus gesprengt, so daß statt ihrer freie Sporen bemerkbar werden. Leider fehlen mir keimende Sporen. Ich werde diese Lücke durch eine betreffende Be- schreibung bei anderen Arten derselben Gattung ersetzen. Bornetella capitata J. G. Agardh f. brevistylis. Mit B. oligo- spora zusammen fand ich in den östlichen Meeren, bei dem Aruanischen Archipel eine andere Bornetella-Art, deren Bestimmung viel Schwierig- keiten bereitete, Diese Art zeigt eine Kugel- oder eiförmige Form. Die größten Exemplare erreichen die Größe eines Eirbsensamens, Der Thallus sitzt auf einem kurzen Fuße, welcher meistens weit kürzer als der Thallus der Alge ist und uur in einzelnen Fällen ihm gleich ist. Textäig. 6 gibt bei kleiner Vergrößerung den optischen Durehsehnitt der Alge wieder. Der Bau des unteren Teiles des Fußes zeigt deutlich, daß der Fuß nicht abge- rissen und auch nicht verkürzt ist. Das wird durch eine Ansammlung 92 W. Arnoldi, von Protoplasma in dem unteren Teile des Fußes des Thallus bestätigt. Bornetella capitata sitzt auf einem Fuße, dessen Länge der des Thallus gleich ist. Ebenso bildet ihn auch Cramer ab (Fig. 6 u. 13, Tat. IV (ID). Nach Solms-Laubach ist dessen Bornetellasphaerica Zarnadini dasselbe, was Bornetella capitata ist (p. 9% seiner Arbeit), obgleich seine Zeichnung (Taf. IX, Fig. 8) Bornetella sphaeriea mit runden Sporangien und nicht aufgeblasenen Zweigen 1. Ordnung darstellt. Bornetella capitata trägt aufgeblasene Zweige 1. Ordnung, welche verlängerte Sporangien tragen. Durch ebensolche verlängerte, an aufgeblasenen Zweigen sitzende Sporangien ist auch die von mir zu beschreibende Alge charakterisiert. Auf oben gesagtes mich stützend, zähle ich diese Alge zur Art B. eapitata, sie als besondere Form B. capitata forme brevistylis (mihi) bezeichnend. Der bekannte japanische Algologe Okamura bildet auf Taf. XLIV, Fig. 1a u. 5 u.2B capitata von den Riukui Inseln ab; dieselbe sitzt auf kurzem Fuße, der weit kürzer ist als der kugelförmige Kopf. Der Vergleich mit den Original- exemplaren der oben genannten Autoren wird erlauben die Art endgültig zu benennen. Indem wir die früher angeführte Zeichnung betrachten, können wir eine Vorstellung vom Bau der Alge uns machen. Sie ist 7 mm lang, besteht aus einer Zentralzelle, welche in der oberen Hälfte zylindrisch mit einer spitzen oder glatten Fläche abschließend in der unteren aufge- blasen ist und in einen kurzen Fuß, der mehrere Ringfalten aufweist, übergeht. Die Basis des Fußes geht oft in korallenförmige Auswüchse über, mittels deren die Alge sich am Substrat anheftet. Der Zentralzelle entspringen die zahlreichen Wirtelzweige 1. Ordnung, deren Zahl gewöhn- lich 12—14 beträgt. Diese Zweige werden ebenso wie bei B. oligospora in die Zweige 2. Ordnung geteilt, deren Zahl jene von B. oligospora bei weitem übertrifft und 6—8 beträgt. Die Zweige 1. Ordnung, namentlich die, welche der Zentralzelle entspringen, sind der Form nach zylindrisch und werden nur an den Punkten der zweiten Verästelung keulenförmig aufgeblasen; nur die untersten Zweige erscheinen als auf größere Ent- fernungen verdiekt. Die Zweige 2. Ordnung werden an ihren Enden er- weitert, indem sie große Rindenzellen bilden, welche fest untereinander verbunden werden, ohne die für B, oligospora so eharakteristischen Gürtel- bänder zu bilden. Die große Menge des von mir gesammelten Materials erlaubt den Bau und die Rindenbildung dieser Bornetella-Art zu studieren. Textfig. 6 3 zeigt einige junge Zweige I. Ordnung, die ihrerseits verzweigt sind. Jeder trägt einige Zweige, deren Durchmesser der ganzen Länge nach ziemlich gleich bleiben, und danach fangen ihre Spitzen an sich radial zu verbreitern, bis dank ihrer Berührung die großzellige Rinde entsteht (Textfig. 7). Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyoladaceen. 93 Die Sporangien von Bornetella capitata entstehen in großer Zahl an den Zweigen 1. Ordnung, näher zur Peripherie der Alge (s. Fig. 5, Taf. V). Der Sporangien tragende Teil des Astes ist stark aufgeblasen. Das Sporan- gium nimmt sehr bald seine typische, nämlich längliche Form an. Sie sitzen wie bei B. oligopora auf kurzem Fuße, Ihre Länge schwankt zwischen 160—200 #, ihre Breite zwischen 90—100 «. Vom Aste wird das Sporangium durch ebenso einen Pfropfen abgetrennt, wie bei vorkergehender Art, das Protoplasma ist ebenso durch Nährmaterial überfüllt. Anfangs ein- kernig, wird das Sporangium später vielkernig und dessen Plasma zer- fällt in Sporen; deren Zahl verschieden ist. Häufiger entstehen viele Sporen im Sperangium; mehr als’ 10 (Fig. 5 3, Taf. V), wo 13 Sporen abge- bildet sind und die unter ihnen liegenden nicht in die Zeiehnung auf- genommen. wurden. Es kommen aber auch Fälle vor, wo nur 4—5 Sporen im Sporangium entstehen (Fig. 5 C, Taf. V). Die Sporen — 60 «lang und 48 » breit — sind durch eine vollkommen glatte Zellwand geschützt, welche sich mittels eines Deckels öffnet. Das größte Interesse ver- dienen die früheren Keimungs- stadien, welche ich bei Bor- netella capitata zu sehen bekam. Cramer und Solms . haben bereits einige theo- Fig. 7. Bornetella capitata. Ein Teil der retische Bemerkungen über fertigen Rinde. diese Stadien ausgesprochen. Textfig. 8 zeigt ein junges Stadium. Die Zentralzelle ist stark ausge- wachsen, ihr entspringen Wirteläste, die beschriebene Äste und Haare tragen. Das Köpfehen ist noch nicht vorhanden, Textfig. 9 gibt ungefähr ein ähnliches Stadium wieder, doch die Wirtelbildung wird regelmäßiger und die Zweige des oberen Stocks umgeben den Scheitel der Alge. Fig. 1, Taf. V endlich zeigt eine weiter fortgeschrittene Alge, ‚Schon ist die obere Hälfte des Thallus entstanden. Der obere Teil des Thaltus — sein Scheitel ist fertig, ist aber noch bedeutend kürzer als der Fuß. Der Scheitel besteht aus fest. aneinander geschmiegten Zellen. Es haben sich noch die haarförmigen Fäden erhalten, welche an den oberen Zellen entstehen. Über dem Scheitel entspringen vielfach verzweigte Fäden, welche ganz genau denselben Bau aufweisen, wie auf jüngeren Stadien. Der ganzen Fläche des überlangen Fußes entspringen Fäden, 94 W. Amoldi, die aber nicht verzweigt sind, während aus der korallförmigen Basis eine Art Sproß mit Seitenzweigen herauswächst. Der Fuß ist bis oben mit protoplasmatischem Inhalt erfüllt, mit Chromatophoren, Eiweiß- krystallen und Kemen, und ist auf diesem Stadium noch eine lebendige Zelle. Diese jüngeren Stadien erlauben eine gewisse Regelmäßigkeit in der Entwieklung der höheren Dasyeladaceen zu finden und sie mit den einfachen Vertretern dieser Reihe zusammenzustellen. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 8. Bornetella capitata. Ein sehr junges Entwicklungsstadium. Fig. 9. Bornetella capitata. Ein gbonso junges Entwieklungsstadium wie an Fig. 12. Die früheren Keimungsstadien von Acetabularia, wie sie Woronin und de Bary beschrieben haben, ebensolche Stadien von Neomeris und Cymopolia nach den Beobachtungen von Cramer (II) und Solms (I) und die vorliegende Beschreibung der jüngeren Thalli von Bornetella capitata weisen auf einen allgemeinen rhythmischen Entwieklungsgang in der Gruppe von Dasyeladaceen, auf die verhältnismäßig spät auf- tretende definitive . Ausarbeitung des Thallus und auf eine längere Existenz der Jugendstadien auf. Dem Naturalisten, der in Laboratorien unter den Tropen arbeitet, gibt das Studium der Regeneration bei ge- aan ernennen Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyeladaceen. 95 nannten Algen Material zur Lösung der Frage: ob die Regeneration un- wittelbar eintreten wird, oder ob dabei jedesmal die jüngeren Stadien durchlaufen werden. Acetabularia. Der prachtvollen Monographie des Grafen Solms „Monograph of the Acetabularia“ (Transactions of the Linnean Soeiety of London 1895) verdankt jeder Botaniker, der sich mit Acetabularia abgibt, eine Basis, von der er ausgehen kann. Die erwachsene Acetabularia hat bekanntlich die Form eines Hutpilzes dadurch, daß die einen Schirm bildenden Strahlen einem langen und dünnen Fuß aufgesetzt sind. Die Höhlangen der Strahlen sind mit der Höhlung des Fußes vereinigt und an der Stelle, wo die Strahlen ihren Anfang nehmen, wölben sieh Auswüchse empor, welehe den Namen einer „Krone“ erhielten. Die oberen werden als Corona superior bezeichnet, die ührigen nehmen ihre Stellung unter den Strahlen ein, eine untere Krone die Corona inferior bildend. In der R @ Abteilung Acetabuloides und Acetabulum findet man . beide Kronen, obere und untere, bei der Polyphysa- Abteilung jedoch nur die obere. Die Strahlen der a oberen Krone geben besonderen Dornen — den „Pili“ ihren Ursprung, deren Zahl und Ordnung bei der B- stimmung der Acetabularia-Arten von besonderer Wich- lie. [0., Aee- tigkeit ist, gleichwie die Form der Kronenzähne, die Länge raibica. Photo- und Form der Strahlen (radii) und Zahl und Größe der Srepkische Auf- Sporen, Indem ich mein Acetabwlaria-Material bearbei- Nat. Größe. tete, das namentlich von den Aru-Inseln stammte, stieß ich auf Schwierigkeiten, da viele Merkmale der gesammelten Formen mit den Diagnosen nicht stimmen wollten und sieh als unbeständig er- wiesen. Als größte Acetahularia-Art erwies eine an der Nordküste der Insel Wammar gefundene, wo sie in großer Anzahl in der Ebbe- und Flut- region wuchs, auf felsigem Boden wicht weit vom Leuchtturm. Die Alge bestimmte ich als A. earaibiea Kütz, trotz einiger Widersprüche in der Diagnose. Die Algo erreicht eine Höhe von 2 om, der Durchmesser des Schirms ist 6—-7 mm lang, die Zahl der Strablen kommt gleich. Die Breite der Strahlen dort, wo sie ihren Anfang nehmen, ist 0,08 mm, am Endteil 0,4-0,5 mm (Textfig. 10). Die Strahlen sind durch Kalk zusammen- gekittet, der Schirm hat das Aussehen eines flaeken Tellerchens. Beide Kronen, obere und untere, sind vorhanden. Die Form der Strahlen, sowie die Größe der Alge zwingt sie der Art A. caraibiea heizuzählen, wie sie von Solms beschrieben und Taf. I, Fig. 10 seiner Monographie abgebildet 96 \ W. Arnoldi, worden ist. Diese Art ist von Kützing aufgestellt und in seinem Tabulae Phyc. im Bd. VI, Tat, 95 abgebildet worden. Indem wir die Zeichnungen Kützing’s und Solms’ vergleichen, finden wir einen großen Unterschied zwischen ihnen. Während Kützing die Strahlenenden seiner Acetabularia caraibica als abgerundet und mit Ausbuchtungen versehen darstellt, stellt sie Solms als flach dar, mit kleinen Dornen oder Höckern in der Mitte. Mit A. caraibica zusammen beschreibt Solms eine andere Acetabularia — Acetabularia dentata, welehe durch kleineren Wuchs und stark zugespitzte Strahlenenden aus- gezeichnet ist (Fig. 11 der Monogr. Solms). Solms schreibt beiden Arten dieselbe geographische Verbreitung zu, außerdem beobachtete er bei A. dentata keine Sporen. Mein ziem- Fig. 11. Acetabularia caraibica. A Zwei erwachsene Strahlen mit Sporen. B Junge Streklen, A. dentata gleichend. Fig. 12. Acetabularia caraibica. 4 Längsschnits durch die beiden Coronae; cs Corona superior, cz corona inferior, 3 Zähneken „Pili. 2 Corona superior mit Pilen, von oben gesehen; > Strahlradius. lich reiehhaltiges Material zeigt, daß die Strahlenform kein unbedingtes Kriterium zur Unterscheidung der Acetabularia-Arten gibt. Textfig. 11.5 der vorliegenden Arbeit, die jungen Exemplaren von A. caraibiea ent- nommen ist, entspricht vollkommen der Abbildung Solms von A. dentata; die Zeichnung der mehr erwachsenen Alge, deren Strahlen schon mit Sporen. gefüllt sind (Textfig. 11 4), entspricht der Abbildung von A. earaibica bei Solms. Doch weder die Zeiehnung Solms’ noeh meine eigene geben das Bild Kützing’s wieder, der die beschriebene Art aufstellte. Jetzt wird begreiflich, warum Solms nicht die Sporen von A. dentata be- schreibt, da sie doch nur als Jugendform von A. caraibiea gelten kann; dafür spricht ja auch ihre gemeinsame geographische Verbreitung. Die Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyeladaceen. 97 obere Krone — Corona superior — der A. caraibiea muß als entscheidendes Merkmal bei der Bestimmung der Art gelten, doch die Abbildungen Kützing’s sind allzu schematisch und aus innen kann man keine Schlüsse über den Charakter der Krone ableiten; ebenso unbrauchbat sind die neuesten Figuren, die Mile. Viekers herausgab, BSolms-Laubach bildet: die Krone dieser Art nicht ab, sagt aber, daß sie mit drei in einer Reihe liegenden Dornen versehen ist — „pilis ternis uniseriatis, für A. den- tata nur zwei Dorne jedoch angibt; auch „pilis binis uniseriatis“ liegend. Die Anzahl der Zähne, welche hei Solms ein wichtiges Unterscheidungs- merkmal ist, ist aber ziemlich sehwer zu bestimmen. Durch den Thallus von A. caraibiea geführte Schnitte zeigen am öftesten einen Dorn, wie aus Textfig. 12 A zu sehen ist, wo c. s. die obere Krone vorstellt, c. z. die untere, > die Strahlen, #. den Dorn. Nur eine aufmerksame Nach- forschung deckt zwei kleine Grübchen auf, welche dem inneren Teile des Sehirms zugekehrt sind. Auf gelungenen Präparaten kann man bei einem Blick von oben auf die Krone dreier in einer Reihe gelegenen Dörnchen gewahr werden, welche sich als doppeikonturierte Kreise darbieten. Wenn man die Fähigkeit der Dörnchen (namentlich des inneren, wenig ausge- bildeten) leicht abzufallen, ins Auge faßt, so wird auch dieses Unterschei- dungsmerkmal schwankend. Auch die Angaben Marshall A. Howe’s, der bei A. pusilla 2—3 Dörnchen und bei A. polyphysoides sogar 5-12 derselben fand, sprechen für eine gleiche Anschauung. Also muß A. dentata aus der Artenliste der Acetabularien ausgeschlossen werden, als Jugendform der Art A. caraibies Kütz. Die allgemeine Beschreibung dieser Acetabularia ist oben gegeben, jetzt erübrigt es noch einige Details hinzuzufügen. Die Schirm- strahlen der jungen Exemplare sind mit lebendem Inhalte gefüllt, wel- ches aus wandständigem Protoplasma und einer großen Zellsaftvakuole besteht. Das Protoplasma enthält zahlreiche diskusartige Chromato- phoren, welche Stärke ausarbeiten und zwischen ihnen kann man an ge- färbten Präparaten die Kerne unterscheiden. Ihre Größe schwankt um 5 # und das erste was ins Auge fällt sind ihre Nukleolen nnd homogener Inhalt. Die Zellkerne stehen ziemlich von einander ab, etwa 300 # weit, so daß auf einem Längsschnitt durch den Strahl man im ganzen nur 4-5 Kerne findet. Im ganzen kann man in einem Strahle nicht mehr als 100-200 Kerne zählen, Neben den Kernen liegen gewisse kugelförmige Körperchen, welche auffallend leicht Farbstoffe an sich ziehen. Vielleicht daß wir es mit den metachromatischen Körperchen zu tun haben, welche neulich Nadson heschrieb bei Vaucheria und bei zahlreichen Pilzen, Außer den Chromatophoren und Zelikernen enthielt das wandständige 98 W. Arnoldi, Protoplasma ziemlieh zahlreiche Eiweiskristalle. Die Hohlräume der Strahlen sind von Zellsaft erfüllt, in dem massenweise Inulin vorkommt, (ausführlich durch Leitgeb bei Acetabularia mediterrannea studiert). Durch Einwirken von Alkohol kristallisiert der Inulin einmal als viele kleine, ein anderesmal als vereinzelte große Sphaerokristalle. Nach Erreichung einer bestimmten Größe beginnt die Vermehrung der A. earaibiea, indem in jedem Strahl je 100 oder noch mehr Sporen ge- bildet: werden (Textfig. 13). Die Größe der Spore beträgt ungefähr 100 & nach beiden Durehmessern gemessen. Die Spore ist: kugelrund. Sie wird von einer diehten Membran eingeschlossen, welche gewöhnlich in zwei Schiehten zerfällt. Wie bei den übrigen Arten, öffnet sich auch die vorliegende mittels eines Deckels. Die ersten Stadien der Absonde- rung der Sporen im Strahl konnte ich nieht beobachten und die jüngsten bei mir vorhandenen Stadien zeigenschon fertige Sporen, doch von weit größerem Durchmesser und mit dünner Zellwand. In solchen Sporen waren leicht zu erkennen diskusartige Chromatophoren und große Sphaero- kristalle von Inulin. Diesem Stadium folgt das einer Zusammenpressung der Spore, wodurch überflüssiger Zellsaft ent- fernt wird und die Ausbildung einer festen Membran. Der innere Bau erscheint fig. 18 , weniger deutlich und auffallend nur. auf ig. 13. Acetabularia carai- Mikrotomsehnitten. bien aan an vr Interessant ist das Schicksal der Kerne. Die in den vegetativen Proto- plasten der Strahlen so deutlichen Kerne verschwinden in den Sporen.. Wenn die Kerne, wie oben gesagt, weit von einander abstehen, so kann man schon deshalb keine große Anzahl von Sporen in den Kernen erwarten. Es ist möglich, daB die Sporen zuerst ein-, später aber mehr- kernig erscheinen. Doch auch in der mehrkernigen Spore fällt es schwer, die Zellkerne aufzufinden. Sie weisen keine bestimmte Struktur auf, sondern erscheinen als homogene Platten, welehe gleichmäßig mit Eisen- hämatoxylin gefärbte Flecke auf farblosem Grunde des Protoplasten dar- stellen. Deshalb kann ich diese Platten nicht für wirkliche Kerne halten, weder bei A. caraibica auf Grund eigener Präparate, noch bei A. medi- terrannea auf Grund der Zeiehnung Dr. Gruber’s, welche in das be- kannte Handbuch Oltmanne aufgenommen ist. Zuweilen hatte ich es mit Sporen ungleicher Größe in demselben Schirm von A. caraibiea zu tun. Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyoladacsen. 8 Textfig. 13 stellt zwei Strahlen dar, welche mit Sporen gefüllt sind. In dem einen sind die Sporen von gewöhnlicher Größe, 100 # im Durchmesser, im anderen sind sie doppelt so groß, nämlich 210 2 breit. Diese Beobachtung zeigt, daß die Größe der Sporen als systematisches Merkmal nur nach der Bekanntschaft mit einer großen Menge von Fällen aufgestellt werden darf. In einigen ausschließlichen Fällen wird die Sporenentwicklung auf jüngeren Stadien zurückgehalten, so daß, bevor der Protoplast in die Sporen zerfällt, er schon von festen Membranen eingeschlossen erscheint. Acetabularia pusilla Howe forma Solmsi, Diese neue Form (Textlig. 14, 15) sammelte ich an den Felsen des kleinen Archipel Mariri, des östliehen Vorposten der Aruanischen Inseln. Am nächsten steht dieser Art der vom Grafen Solms beschriebenen Fig. 15, Acetabularia pu- silla. Corona superior mit je Fig. 14. Acetabularia pusilla. Ein Schirm zwei Zähnchen (pilis binis mit Sporen von der Seite, uniseriatis). Acetabularia (Polyphysa) exigua Solms, doch unterscheidet sich von ihr durch eine Reihe von Merkmalen namentlich durch die Dorne der Krone und die Größe ihrer Zähne. Neulich ist eine ähnliche Form durch den amerikanischen Algologen Marshall A. Howe unter dem Namen Aceta- bulum pusillum sp. n. von den Antillen und Bahanıa-Inseln beschrieben worden. Die östliche Form, die ich fand, unterscheidet sich von der west- lichen durch unwesentliche Merkmale. Die Zahl der Strahlen ist kleiner bei der östlichen und sehwankt zwischen 8-9, während die westliche für gewöhnlich 1115 Strahlen trägt. Die Zahl der Sporen weist; auch Verschiedenheiten auf, Bei der westlichen Form findet man im Sporangium (Strahl) 15—60 Sporen; in meinen Exemplaren fand ich nicht mehr 100 W. Arnoldi, als 20 pro Sporangium. Die Größe der Sporen bei der westlichen Alge übertraf kaum 62—82 u, bei der östlichen meistens 70 # zuweilen auch 90 # (Textlig. 14). Vielleicht kann man die östliche Form als lokale geo- graphische Rasse gelten lassen, oder als besondere Form der Art. Die von mir gesammelte Alge war 3,5 mm hoch, der Durchmesser des Schirmes war 2 mm gleich, die Zahl der Strahlen 8-9. Der Mangel einer unteren Krone ist für diese Acetabularia eharakteristisch, als eine Art, die zur Abteilung Polyphysa gehört. Die obere Krone trägt Zähne, welche 36 # lang und ebenso breit sind und trägt je zwei Zähne, welche in eine Reihe angeordnet sind (uniseriatis) (Textlig. 15). Die Zahl der Sporen ist 20. Der Durchmesser ungefähr 80—90 #. Ebenso wie A. caraibica und A. pusilla verändert auch diese Alge die Umrisse der Schirmstrahlen während ihrer Entwiekhing. Zuerst vollständig abgestumpft, spitzen sie sich allmählich zu und nehmen die charakteristische, in Fig. 18 abgebildete Gestalt an. Der Bau der Zelle der vorliegenden Acetabularia stimmt mit dem bereits bei A. caraibica beschriebenen zusammen. Nur die Inulinkristalle konnte ich weder bei dieser Form, noch bei der unten beschriebenen A. parvula entdecken. Wahrscheinlich bildet sieh bei der Polyphysa- Abteilung kein Inulin. . Acetabularia parvula Solms. Die dritte Acetabularia-Art — A. parvula -— die ich im Aruanischen Archipel sammelte, muß der vom Grafen Solms unter dem Namen A. (Poly- physa) parvula Solms beschriebenen hinzugerechnet, werden. Ich möchte die Beschreibung Solms’ durch einige Details ergänzen, um so mehr, als ich Sporen fand, welche früher für diese Art unbekannt waren. Der Besehrei- bung und Zeichnung Solms gemäß sind die Strahlen dieser Acetabularia frei und miteinander durch Kalkzement verbunden, welcher besonders kräftig an den Seiten der Strahlen entwiekelt ist und weniger an ihrer Unter- und Oberseite. Meine Exemplare, die durch Flemming’sches Gemisch fixiert waren, waren vollkommen von Kalk frei, wie aus bei- liegender Zeichnung zu sehen ist (Textfig. 20.4). Die Höhe des Schirmes kommt gleich 2—2,5 mm, seine Breite übertrifft auch nicht 2,5 mm. Die Länge der Strahlen, deren Zahl an meinen Exemplaren kaum 14 über- traf, ist 0,6—0,7 mm, deren Breite schwankt zwischen 0,08—0,3 mm. Die Srahlen haben eine keilfürmige Gestalt, die allmählich enger wird beim Übergange des Strahles zur Krone. An einigen Strahlen, nämlich an ihren äußeren Spitzen, bilden sich kleine Vertiefungen, an anderen dagegen kaum merkliche Dörnchen. Algologische Studien. Zur Morphologie einiger Dasyeladaceen. 101 Längs- und Flächenschnitte durch die Schirme dieser Acetabularia erlauben einen Blick auf den Bau der Krone zu werfen, deren Zähne nieht verwachsen sind und je 3 Dörnchen tragen, von denen zwei (Textlig. 16 2) aneinandergereiht an der äußeren Seite der Zähne der Krone stehen und eins an der inneren Seite derselben. Selbst- verständlich können an Längsschnit- ten zu gleicher Zeit nur 2 Zähne be- merkt werden, wovon einer der äußere, der andere der innere ist. Die Sporen haben eine rundliche Form. In jedem Strahle findet man deren 6--14, wobei ihre Größe zwischen 64 und 96—100 # schwankt. Der Sporenbau ist bei allen Arten der Ace- tabularien derselbe. Diese Form zeigt einen völligen Mangel an Sphaero- kristallen. (Vgl. sie mit der vorher- gehenden.) Am Ende dieser Schrift führe ich eine Liste der Dasyeladaceae an, welehe ieh in den Meeren des Malay- ischen Archipels antraf: Bornetella oligospora Solms, Fig. 16. Acetabularia parvula. 4 Ein Schirm mit Sporen von oben. B Corona mit Zähnchen von oben. € Corona im Längsschnitt mit zwei Zähnchen. Bornetella eapitata J. G. Agard, f. brevistylis, Neomeris dumetosa Zamouroux, Acetabularia caraibica Kütz., Acetabularia pusilla Howe f. Solmsii, Acetabularia parvula Solms. Charkow, Mai 1911 (Botanisches Institut). Flora, Bd. 104. Studien über die Resupination von Blättern. Von F. W. Neger (Tharandt). (Mit 10 Abbildungen im Text.) Daß ein Hächenförmiges Assimilationsorgan eine der normalen ent- gegengesetzte — inverse — Stellung annimmt, ist eine häufige und bekannte Erscheinung. Am auffallendsten ist sie bei den Blättern gewisser Al- stroemeria- und Bomarea-Arten, bei den Nadeln der Picea-Arten aus der Sektion Omoriea, bei Allium ursinum, sowie bei vielen Gräsern und grasähnlichen Pflanzen. Czapek!), welcher die Ursachen der Resupination der Alstroe- meria-Blätter auf experimentellem Wege zu ermittelm suchte, kam zu dem Resultat, daß dieselbe durch das Licht bedingt sei und fand somit eine Bestätigung des schon von Schwendener und Krabbe?) aufgestellten Gesetzes, nach welchem als wesentliche Ursache der Torsionen von Laub- blättern das Licht angesehen sei. Durch ein vergleichendes Studium verschiedener Alstroemeria-Arten sah sich Czapek.zu der Annahme gezwungen, daß die verkehrt orientierten Blätter der Alstroemerien im Laufe der phylogenetischen Entwicklung aus vertikalflächigen, d. h. in Profilstellung befindlichen paraphototropen Laubblättern hervorgegangen seien. Diese Stellung, die als Schutz gegen zu intensive Besonnung und Transpiration diente, wandelte.sich bei veränderten äußeren Verhältnissen wieder in eine Flächenstellung um, aber nicht durch Rückgängigmachung der Drehung um 90°, sondern durch Weiterdreben um 90°, Daß eine begonnene Torsion stets im angefangenen Sinne weitergeht und nieht etwa durch eine rückläufige aufgehoben wird, wenn sich aus irgend einem Grund eine weitere Umkehrung der Blaitfläche als "notwendig erweist, zeigte der von Czapek beschriebene Versuch (l. e. pag. 435), bei welchem eine Torsion um 860° beobachtet wurde. Ich fand, wie weiter unten gezeigt werden soll, bei Gräsern Torsionen von 2x 360° und mehr. 3) Studien über die Wirkung äußerer Reizkräfte auf die Pflanzengestalt. 1, (Flora 1898, pag. 424-438). 2) Unters. über die Orientierungstorsionen der Blätter und Blüten (Abh. k. Ak. Wiss., Berlin 1892). Studien über die Resupination von Blättern. 103 Czapek hebt in seiner Arbeit besonders hervor, daß nicht jede in- verse Orientierung notwendig auf die gleiehen Ursachen zurückzuführen sei und warnt mit Recht vor Verallgemeinerung der bei einzelnen Pflanzen gefundenen Resultate. Auch Goebel meint (Organographie, pag. 496), daß die Umkehrung der Blattfläche in verschiedenen Gruppen auf verschiedenem Wege vor sich ging. Bei den einheimischen Gräsern stellt sich Goebel den Vorgang etwa folgendermaßen vor: Wenn zerophile Formen mit Rollblättern, deren Unterseite die Struktur der Oberseite annahm — Beschränkung der Spaltöffnungen auf die Oberseite — sich wieder feuchteren Standorten anpaßten, so konnte die eingeleitete Strukturänderung nicht rückgängig gemacht werden, wohl aber wird das Blatt wieder flach und führt num die Resupinationsbewegung aus, wodurch die spaltöffuungsfreis Unterseite nach oben zu liegen kommt und umgekehrt?) Diese Auffassung hat viel für sich und klingt sehr plausibel. Zu ihrer Stütze könnte noch angeführt werden, daß viele der hierher gehörigen Gräser, namentlich Schattenpflanzen, noch mehr oder weniger wohl ent- wiekelt jene gelenkartigen Zellen — Entfaltungszellen — besitzen, auf deren Kontraktion die Einrollung der Blattspreite beruht, sowie ferner, daß bei großer Trockenheit diese Einrollung in der Tat noch erfolgt, wie bei Poa nemoralis, Melica nutans u, a. leicht beobachtet werden kann. Nach Goebel ist also die Bedeutung der Resupination der Grasblätter in einer Regulierung der Transpirationstätigkeit zu suchen. Dies wäre die finale Seite der Erscheinung. Über den kausalen Zu- sammenhang spricht sich Goebel nicht aus. " Er hebt nur noch hervor: „daß die unteren, zudem kleineren — in feuchterer Umgebung lebenden Blätter sich an der Resupination nieht be- teiligen, ist: biologisch leicht verständlich“. Demnach mußte angenommen werden, daß der Feuchtigkeitsreiz allein schon genüge, die Resupinations- krümmung auszulösen. Ich möchte hierzu bemerken, daß bei gewissen Gräsern (wie Milium effusum a. u.) nicht nur die untersten, sondern auch die obersten Blätter, die gleichfalls kleiner sind als die mittleren — häufig an der Resupination nicht teilnehmen. Diese hätten aber — wenn die Goebel’sche Auffassung zu Recht bestände — alle Ursache, kräftig 1) Vergleiche auch die hiermit im wesentlichen sich deckende Deutung von Alex. Braun (Sitzungsber. Ges. Naturf, Freunde Berlin 1870) und von Duval-Jouve (Bull. Soc. Bot. Franee 1871). Gleichfalls mit der Transpirationsregelung — wenn auch in anderem Sinn — brachte Raunkiaer die Resupination der Grasblätter in Beziehung {De Danske hlomster-planters Natarbistorie I, Kopenhagen 1895--1899), gr 104 . F. W, Neger, zu Tesupinieren, da sie am meisten der Gefahr übermäßiger Transpiration ausgesetzt sind. Ich werde übrigens auf diesen Punkt später noch näher zurückkommen. Auch für die Gräser und grasähnliche Pflanzen gilt, was Goebel von den Pflanzen mit resupinierenden Blättern überhaupt sagt: Die Er- scheinung ist vielgestaltig und kann nicht in allen Fällen auf die gleiche Formel und auch nicht auf die gleiche Ursache zurückgeführt werden. Dies zu zeigen ist der Zweck der nachfolgenden Betrachtungen. I. Beobachtungen und Versuche. Bei näherer Untersuchung ergibt sich leicht, daß die Resupination der Grasblätter usw. streng genommen in mehrere verschiedene Typen zerlällt, welche unter Umständen allerdings derart gemischt auftreten, daß sie unmerklich in einander übergehen. Die Inversstellung kann derart sein, daß damit keine Änderung im Raum verbunden ist; sie kommt dann dadurch zustande, daß die Basis des Blattes um (1—n) 180° gedreht ist. Hier kann dann ähnlich wie bei Alstroemeria von einer Torsion der Blatt- basis die Rede sein. Nur für diese Art von Inversstellung möchte ich im folgenden die Bezeichnung „Resupination‘“ anwenden. Je nach dem Grad der Torsion kann ferner von einfacher oder mehr- facher Resupination gesprochen werden. Sehr verbreitet ist die erstere, z. B. Milium effusum, Calamagrostis arundinacea, Lolium perenae, Tritieum eaninum, Festuca silvatica und viele andere. Weniger verbreitet ist die mehrfache Resupination; ich salı sie z. B. bei Tritieum repens, Arrhenatherum elatius, zuweilen auch an sterilen Sprossen von Lolium perenne und Aira eaespitosa. Der höchste Grad von Torsion, welchen ich beobachtete, betrug 5x 180° = 900°, Die Inversstellung der Blattfläche kann aber noch auf anderem Wege erreicht werden, nämlich einfach dadurch, daß das Blatt nach der der Ansatzstelle entgegengesetzten Seite „überschlägt“. In diesem Falle ist die Inversstellang gleichzeitig mit einer Änderung der Lage im Raum verbunden. Eine Torsion der Blattbasis kommt in diesem Falle nicht zustande. Nur dann, wenn ein Blatt derart übergeschlagen ist, daß es mit der Normalstellung in der Horizentalfläche einen Winkel von mehr oder weniger 90° bildet, erleidet die Blattbasis eine schwache Torsion. Für alle jene Inversstellungen, welche gleichzeitig mit einer Änderung der Lage im Raum verbunden sind, möchte ieh die Bezeichnung „Über- schlagen“ angewandt wissen, Studien über die Resupination von Blättern. 105 Allerdings können normalerweise resupinierende Blätter, wenn sie aus irgend einem Grunde ihre ursprüngliche Lage im Raum verlassen (z. B. bei einseitiger Beleucktung) gleichfalls die übergeschlagene Stellung annehmen. Es ist deshalb, wenn wir an einem Gras die „übergeschlagene“ Blattstellung wahrnehmen, nicht ohne weiteres möglich zu entschei- den, ob hier Resupination mit im Spiel ist oder nicht. Poa nemoralis und Milium effusum. Diese beiden Schattengräser zeigen eine Erscheinung, welche für den Habitus derselben geradezu charakteristisch ist. Sie tritt bei einseitiger Beliehtung am deutlich- sten zutage und besteht in der fast vollkommenen Parallelstellung sämt- licher Blätter eines Rasen. Man möchte fast sagen, die Blätter stehen in Reih und Glied wie die Soldaten eines Truppenteils. Bei Poa nemoralis kommt die Stellung dadurch zustande, daß die an der Lichtseite des Halmes entspringenden Blätter schräg ab- stehen, und sich annäbernd senk- recht zur Richtung des stärksten diffusen Lichtes stellen, d. h. sie nehmen die fixe Lichtlage ein, während die an der Schattenseite entspringenden Blätter nach der Lichtseite überschlagen und dabei die morphologische Oberseite nach unten wenden. Alle jene Blätier endlich, welche zwischen der Licht- und Schattenseite des Halmes ent- springen, volllühren an der Basis eine halbe Drehung nach rechts Fa I a Fig. 1. Poa nemoralis, bei einseitiger Bfouchtang, Die Blätter der linken Seite sind Mach zechts (Lichtseite) üher- geschlagen. 106 F. W. Neger, oder links, so daß sie sich den anderen Blättern annähernd parallel stellen, Die vorderen nicht übergeschlagenen Blätter behalten in der Regel ihre normale Lage bei (Oberseite nach oben), nur selten resupinieren sie Fig. 2. Pos nemoralis, bei Beleuchtung von oben- Die Blätter sind weder resupiniert norh übergeschlagen. schwach, oder sie rollen sich — beigroßer Trocken- heit — nach oben ein (Fig. 1). ö Sehr ähnlich ist das Bild bei Milium effu- sum, nur daß hier auch die an der Lichtseite ent- springenden Blätter deut- lieh resupiniert sind (mit Ausnahme des obersten Blattes, welches, wie oben erwähnt worden war, häu- fig die normale Lage bei- behält). Wer einseitig be- leuchtete Rasen von Mi- lium effusum und Poa nemoralis mit einander vergleicht, der muß den Eindruck gewinnen, als ob hier die gleichen Kräfte wirksamseien, d.h. daß bei beiden Pflanzen dielnvers- stellung durch die einsei- tige Beleuchtung veran- laßt sei, Daß wir es aber doch mit ganz verschiedenen Erscheinungen zu tun haben, das zeigt ein ein- facher Kulturversuch. Wenn die beiden ge- nannten Pflanzen so kulti- viert werden, daß sie das Licht von oben empfangen, so ist das Bild ein ganz verschiedenes. Studien über die Resupinstion von Blättern. 107 Bei Poa nemoralis behalten die Blätter ihre normale Stellung bei — Oberseite nach oben — ein Überschlagen kommt nicht zustande, schwache Resupination nur selten (Fig. 2), Bei Milium effusum sind sämtliche Blätter mehr oder weniger deutlieh resupiniert oder übergeschlagen, jedenfalls so orientiert, daß die morphologische Oberseite zur Unterseite wird, und zwar, da das Licht von oben kommt, nicht nach. einer Seite gewendet, sondern nach allen Seiten der Windrose, ° Das Überschlagen der Blätter steht demnach bei Poa nemoralis nur im Dienste des Lichtgenusses, es unterbleibt: bei ausschließlich von oben kommender Beleuchtung. Bei Milium effusum erfolgt Überschlagen bzw. Resupination unter allen Umständen, auch bei Beleuchtung von oben. Bei seitlicher Beleuchtung allerdings wird die Riehtung der übergeschlagenen Blätter dureh das Lieht bestimmt, so daß ein ähnliches Bild entsteht, wie bei Poa nemoralis im Seitenlicht. Ähnlich wie Milium effusum verhalten sich zahlreiche andere Schattengräser, wie Melica nutans, Calamagrostis arundinacea, Festuca silratica, Brachypodium silvatieum, Triticum eani- num a. u., während das Beispiel von Poa nemoralis — meines Wissens — nur von wenigen anderen Gräsern, ziemlich deutlich ven Agrostis vul- garis, befolgt wird. Das Überschlagen der Blätter von Poa nemoralis, Es liegt nahe, sich die Frage vorzulegen, in welcher Weise der genannte Vorgang zustande kommt. Denkbar wäre zunächst, daß, da die Halme meist dem Licht zugeneigt ‚also schief stehen, das Überschlagen einzig und allein eine Folge der Schwere der Blätter sei, oder aber es könnte durch eine aktive Krümmung, etwa hyponastisches Wachstum der Blatt- basis, veranlaßt sein, Um diese Frage zu entscheiden, wurden folgende Versuche angestellt; isolierte Pflanzen von Poa nemoralis wurden unter verschiedenen Be- dingungen erzogen: a) bei einseitiger Beleuchtung derart, daß der Halm dureh eine be- sondere Vorrichtung (Faden über feste Rolle, am einen Ende befestigt, am anderen beschwert) dauernd in vertikaler Lage gehalten wurde; b) bei einseitiger Beleuchtung derari, daß der Halm gleichfalls künstlich festgehalten wurde, aber schräg, vom Lichte abgewendet. 108 F. W. Neger, Der Erfolg der beiden Versuche war folgender: bei a) erfolgte eine schwache lichtwärts gerichtete Krümmung der an der Schattenseite entspringenden Blätter; ein Überschlagen nach der Lichtseite kam aber nicht zustande; bei b) machten die an der Schattenseite befindlichen Blätter gleich- falls Anstrengungen nach der Lichtseite hinüberzuschlagen, ohne indessen dieses Ziel zu erreichen. Die Blätter der Lichtseite fielen vermöge ihrer Schwere an dem schief gehaltenen Halm nach der Schattenseite über, zeigten‘ aber unverkennbar das Bestreben, durch eine entgegengesetzte Krümmung aus dieser für sie so wenig vorteilhaften Lichtlage herauszu- kommen. Diese Versuche beweisen, daß bei Poa nemoralis aktive Wachs- tumskrümmungen zwar vorhanden sind, aber in der Regel nicht ausreichen, um das Überschlagen der Blätter nach der Lichtseite zu bewirken. Sehr wesentlichen Anteil hat daran offenbar das Gewicht der Blätter selbst. Diese Auffassung wird durch folgenden weiteren Versuch noch bestätigt. Eine Pflanze von Poa nemoralis wurde bei Beleuchtung von oben in streng vertikaler Stellung gehalten; dann wurden einige der jungen, noch im Wachstum begriffenen Blätter künstlich übergeschlagen und in dieser Lage festgehalten, indem an der Spitze der Blätter kleine Gewichte befestigt: wurden. In der ersten Zeit kehrten bei Entfernung der Gewichte die Blätter sehr leicht in ihre natürliche Lage zurüek. Nach einigen Wochen war die Sachlage umgekehrt. Bei Wegnahme der Gewichte verharrten die betreffen- den Blätter in der übergeschlagenen Stellung und in die natürliche Lage gebracht kehrten sie von selbst in die inverse zurück. . Offenbar hatte die Belastung eine Dehnung der Gewebe der morpho- logischen Unterseite bewirkt, auf welche diese durch gefördertes Längen- wachstum — hyponastisches Wachstum — reagierte. Unter normalen Verhältnissen — d. h. an einem schattigen Standort — ist das Überschlagen der Blätter die einzige Art der Inversstellung, welche bei Poa nemoralis zu beobachten ist, eine eigentliche Resupination — in dem oben definierten Sinne — kommt in der Regel nicht vor. Bei sehr starker Austroeknung rollen sich einige Blätter nach oben ein, wie schon früher erwähnt. Für Poa nemoralis ist es offenbar — bei nicht zu intensiver Be- sonnung — gleichgtltig, welche Blattseite nach oben gewendet ist. Die morphologisehe Oberseite ist reich an Spaltöffgungen, aber derch einen dichten Wachsüberzug geschützt, die morphologische Unterseite — welche Studien über die Resupination von Blättern. . 109 bei übergesehlagenen Blättern Oberseite wird — ist grün, glänzend und ara an Spaltöffnungen. Immerhin scheint die letztere die gegen Transpirationsverlust besser geschützte Seite zu sein. Denn in vorgeschrittener Jahreszeit macht sich zwischen den übergeschlagenen und den nicht übergeschlagenen Blättern ein auffallender Unterschied bemerkbar. Erstere verharren unverändert in ihrer Lage, bei letzteren macht sich eine gewisse Neigung zur Profil- stellung bemerkbar, allerdings ist es nur der vorderste Teil des Blattes, der hiervon betroffen wird; selten kommt eine Torsion um 180° zustande. In diesem Falle darf also wohl mit einiger Sicherheit angenommen werden, daß die zuweilen in Resupination sich steigerude Profilstellung dem Transpirationsschutz diene; denn jene Blätter, welehe sich infolge des Überschlagens schon in der Inversstellung befinden, beteiligen. sich nicht an der Drehung. Eine auffallende Beziehung zu Poa nemoralis zeigt nun eine zwar nieht zu den Gramineen gehörige, diesen aber habituell ähnliche Pilanze, nämlich Luzula albida, nur daß hier gerade die übergeschlagenen Blätter noch nachträglich resupinieren. Die Blattresupination von Luzula albida. Diese mit Vorliebe an Böschungen und Waldrändern wachsende Pflanze nimmt sehr häufig eine geneigte Stellung an, wobei das Gewicht des Blütenstandes und die einseitige Beleuchtung in gleicher Weise beteiligt sein mögen. Die an der Lichtseite entspringenden Blätter (ieh bezeichne sie kurz als die vorderen), sind annähernd flach ausgebreitet und nur mit der Spitze nach unten gebogen, aber fast nie resupiniert. Die an beiden Flanken stehenden (seitlichen) Blätter sind an der Basis mehr oder weniger gedreht, je nachdem die Riehtung ihrer Längenausdehnung von der Einfallsrichtung des stärksten diMusen Liehtes abweicht. Durch diese Torsion stellen sich die Flaukenklätter annähernd parallel zu den vorderen Blättern. Endlich, die an der Schattenseite des Halmes entstehenden (hinteren) Blätter sind bei starker Neigung des letzteren nach vom übergeschlagen; freilich sind es meist nur wenige, höchstens 2—8 Blätter, welche diese Lage einnehmen. Das Überschlagen hat zur Folge, daß die Oberseite der Erde zugewendet wird und umgekehrt, und diese unnatürliche Stellung wird durch eine nachträglich sich einstellende Resupination wieder aufgehoben (Fig. 3)?). 2) Bei Kirchner, Löw, Schröter, Lebensgesch, der Blütenpflanzen Mittel- europas, Bd. I, Abt. 3, pag. 206 (1911), ist diese suffallende Erscheinung nieht er- wähnt, Ähnlich wie L. albids verhält sich übrigens auch L. maxima. 110 "F. W. Neger, Es herrschen demnach bei Luzula albida umgekehrte Ver- hältnisse als bei Poa nemoralis. Eine teilweise Erklärung findet dieses Verhalten in der Verteilung der Spaltöffnungen, welche bei Lu- zula albida umge- kehrt. ist als bei Poa nemoralis. Die morpholo- gische Oberseite der ersteren. Pflanze ent- behrt nämlich voll- kommen der Spaltöff- nungen, und entspricht daher ökologisch der zwar nicht spaltöff- nungstreien, aber doch spaltöffnungsarmen morphologischen Un- terseite der Blätter von Poa nemoralis. Welcher Faktor — ob Licht, Schwer- kraft, Feuchtigkeits- zeiz usw. — kausal die Resupination der über- geschlagenen Blätter von’ Luzula albida bedingt, ist damit kei- neswegs entschieden und bedarf noch der weiteren — nur auf Fig. 3. Luzula albida mit einem hin- experimentellem Wege ‚teren, übergeschlagenen und nachträglich änohi: bu rosupinierten Blatt. (Morph. Obeneite zugänglichen — Auf gestreift, Unterseite dunkel.) klärung. Ich hoffe, darüber später berich- ten zu können. Die Resupination der Blätter bei Schattengräsern vom Typus des Milium effusum. Es ist oben angeführt worden, daß eine große Anzahl von Waldgräsern in ähnlicher Weise wie Milium effusum, auch bei Beleuchtung von oben, Studien über die Resupination von Blättern. 111 die gleiche Erscheinung zeigen, ‘welche bei Poa nemoralis nur bei seit- lieher Beleuchtung zutage tritt, nämlich daß die Blätter nach der der An- satzstelle entgegengesetzten Seite überschlagen oder einfach, ohne die Stellung im Raum zu ändern, resupinieren, . Goebel meint, wie ich oben zitierte, daß hierdurch erreicht wer- den soll, daß die hauptsächlich Spaltöffnungen tragende Oberseite dem Boden zugewendet wird. Es würde sich demnach um einen ökologisch gleichwertigen Vorgang handeln, wie bei der Resupination der übergeschlagenen Blätter der Luzula albida. Dies würde voraussetzen, daß die diesen Gräsern eigentümliche Verteilung der Spaltöffnungen das Primäre, die Resupination das Sekundäre wäre. Daß bei Luzula albida die Resupination der übergeschlagenen Blätter in einem gewissen kausalen Zusammenhang steht mit dem deutlich dorsiventralen Bau der Lamina, dürfte kaum zu bezweifeln sein, denn es sind ja nur die übergeschlagenen Blätter, welehe diese Torsion ausführen, während die anderen nicht übergeschlagenen unverändert: bleiben. Nicht so sicher bewiesen scheint mir dieser Zusammenhang bei den genannten Schattengräsern. Sehen wir zunächst, welche Beziehung sich hier ergibt zwischen Resupination und Verteilung der Spaltöffnungen!). Ich untersuchte eine größere Anzahl von Waldgräsern auf ihren ana- tomischen Bau, insbesondere auf die Menge der an Ober- und Unterseite auftretenden Spaltöffnungen und fand dabei folgendes: Weitaus die meisten Gräser mit; resupinierenden Blättern besitzen allerdings auf der morphologischen Oberseite (physiologischen Unterseite) viel mehr Spaltöffnungen als auf der entgegengesetzten Blattseite, Im ein- zelnen aber bestehen doch recht beträchtliche Unterschiede, wie aus folgen- der Zusammenstellung hervorgeht: Spaltöffnungen auf der morphologischen Unterseite äußerst spärlich oder vollkommen fehlend: Tritieum vaninum, Melica nutans, Brachypodium silvaticum, Festuca gigantea, Festuca silva- tica u. a Spaltöffnungen auf der morphologischen Unterseite einigermaßen zahlreich: Miliam effusum, Calamagrostis arundinacea, Festuca elatior, Lolium perenne, Avena flavescens, Arrkenatherum elatius, Cynosurus eristatus, Poa nemoralis u. a. 1) Vergleiche such Kirchner, Löw, Schröter, Lebensgeschichte usw., Bil. I, Abt. 2 (1908), pag. 66. 112 F. W. Neger, Bei den Arten der ersten Rubrik ist die Resupination allerdings sehr ausgeprägt. Bei den Arten der zweiten Aufzählung herrscht wenig Gesetzmäßigkeit. Milium effusum besitzt auf der morphologischen Unterseite verhältnismäßig viele Spaltöffnungern und resupiniert stets stark (ebenso Calamagrostis arundinacea) und Cynosurus crista- tus, Poa nemoralis u. a., deren Verteilung der Spaltöffnungen sehr ähn- lich ist, resupinieren oft nur undeutlich oder gar nicht. Ich habe den Ein- druck, daß beide Erscheinungen — Resupination und Verteilung der Spalt- öffnungen — nicht immer Hand in Hand gehen. Ex fragt sich übrigens, ob überhaupt ein Bedürfnis vorliegt, die Spalt- öffnungen der Oberseite auf diese Weise — nämlich durch Resupination — zu schützen; mit anderen Worten, es kann bezweifelt werden, ob die Resu- pination dieser Gräser im Dienst des Transpirationsschutzes — wie Goebel meint — stehe. Bei den meisten der hier in Betracht kommenden Gräsern nämlieh sind die an der Oberseite der Blätter befindlichen Spaltöffnungen durch geschützte Lage in Rinnen, zwischen hervorragenden Riefen, die ganze Blattoberseite außerdem durch einen mächtigen Wachsüberzug ausge- zeichnet. Unter diesen Umständen ist es vom Standpunkte des Transpi- rationsschutzes wohl — ziemlich gleichgültig, ob das Blatt resupiniert ist oder nieht. — Goebel hat, wie oben schon bemerkt wurde, darauf hingewiesen, daß die unteren — kürzeren — Blätter der resupinierenden Waldgräser an der Resupination nicht teilnehmen, „was biologisch verständlich sei, da sie sich in einer feuchteren Umgebung befinden.“ Goebels Beobachtung ist dahin zu ergänzen, daß auch die obersten — gleichfalls kürzeren — Blätter blühender Halme an der Resupination nicht teilnehmen. Diese hätten es aber sehr nötig, zu resupinieren, wenn wirklich die Resupination im Dienst des Transpirationsschutzes stände. Andererseits ist hervorzuheben: Wen» Milium effusum, Tritieum eaninum u. a. zwischen diehtem Unterholz von Himbeeren und anderen Waldsträuchern wachsen, so daß nur die obersten Teile der Halme frei hervorreagn, während etwa 2/, der Pflanzen vollkommen in tiefen Schatten gehüllt sind, so zeigen die unteren und mittleren Blätter genau die gleiche Resupination wie an voll- kommen freistehenden Pflanzen, während nach Goebel’s Auffassung diese „in einer feuchten Umgebung befindlichen Blätter“ von der Resu- pination ausgesehlossen sein müßten. . (Diese Beobachtung beweist gleichzeitig, daß das Licht als solches nicht der die Resupinationsdrehung auslösende Faktor sein kann.) ee Studien über die Resupination von Blättern. 113 Die oben zitierte Beobachtung Goebels’ bezieht sich tbrigens zur auf die untersten (kürzeren), am blühenden Halm sitzenden Blätter. Denn die an sterilen Sprossen befindlichen Blätter lassen bei Melica nutans, Milium effusum, Tritieum caninum, Calama- grostis arundinacea u. a. Schattengräsern die Resupination nie vermissen. Ja, noch mehr: Gräser, wie Agrostis vulgaris, deren Stengelblätter nur wenig zur Resupination neigen, zeigen an sterilen dem Boden anliegen- den Sprossen sehr deutliche Torsion, und gerade bei Aira caespitosa und Lolium perenne, deren „Halmblätter“ oft nur un- deutlich resupinieren, fand ich die stärksten bis jetzt überhaupt nachgewiesenen Torsionen (nämlich 4—5 x 180°), wenn ich die sterilen Sprossen daraufhin untersuchte (Fig. 4 u. 5). Aus all dem geht hervor: Die feuchte Umgebung der unteren Blätter kann es nicht sein, welehe das Ausbleiben der Resupma- tion an unteren Stengelblättern veranlaßt. Wenn feuehte Luft diesen Einfluß hätte, so müßten typisch resupinierende Gräser, wenn sie in einem mit Feuchtigkeit gesättig- ten Raum kultiviert werden, die Torsion vermissen lassen. Ich zog einen ganzen Sommer hindurch Milium effusum, Calamagrostis arun- dinacea, Tritieum eaninum ‘und Melica Fig. 4 Fünfmal gedrehtes Blatt eines ‚steilen Sprosses von Aira caespitose. nutans unter großen Glasgloeken, unter welchen der Feuchtigkeits- gehalt der Luft andauernd 80--100 %, betrug, schnitt die älteren Sprossen im- mer wieder zu- ik me rück, so daß die jüngeren sich von An- fang an unter —__ Fig. 5. Blatt von Lolium perenne aus Feuchtkuliur (steriler " Sproß) viermal resupiniert. dem Einfluß gesättigter Feuchtigkeit entwickeln konnten. Das Eesnltai war bei allen das gleiche, Die Resupination trat unter allen Umständen j14 F. W. Neger, ‘ein, ja sie war noch deutlicher und stärker als bei freiwachsenden Pflanzen. Auch die Beleuchtung hatte nur richtenden Einfluß, Bei Oberlieht waren die Blätter nach allen Riehtungen der Windrose resupiniert, bei einseitiger Beleuchtung der Lichtseite zugewendet. Wie erklärt sich nun der scheinbare Widerspruch, daß die unteren Stengelblätter der Schattengräser nicht resupinieren, die Blätter steriler Sprosse dagegen oft außerordentlich stark resupinieren? Den Schlüssel zur Lösung dieses Rätselsscheint mir M wieder Poa ne- moraliszugeben. Dieses Gras zeigt bei extremer Feuchtkultur im Oberlicht ein ganz anderes Verhalten als im Freien, oder bei Kultur in mäßig trockener Fig. 6. Blatt von Fig. 6a. Junge Gerstenpflanze in feuchter Luft gezogen Poa nemoralis - in mit mehrfach resupinierten Blättern; linkes Blatt einmal, Feuchtkultur, stark das mittlere Blatt zweimal, das rochte Blatt dreimal resu- resupiniert. piniert. Luft. Während esin der Natur an schattigen Standorten nieht odernurselten, und dann meist nur mit dem oberen Teil des Blattes resupiniert, zeigt 68 im feuchtgesättigten Raum überaus.oft und deutlich Resupination und zwar um so stärker, je zarter die Blätter sind. Zuweilen sind einzelne Blätter schon nahe der Basis scharf gedreht, sehr ähnlich jener Torsion, die bei Alstroe- meria von jeher das Augenmerk der Beobachter auf sich gelenkt hat (Fig. 6). Studien über die Resupination von Blättern, 115 Der Drehungswinkel beträgt in der Regel 90—180°, in einzelnen Fällen sogar noch mehr, nämlich bis 270%. Daß diese Torsion nieht mit der Transpirationgregulierung in Zusammen- hang stehen kann, leuchtet ohne weiteres ein. Es wäre höchst unzweckmäßig, wenn — bei der im feuchten Raum ohnehin herahgesetzten Transpirations- tätigkeit — diejenige Seite, welche die Hauptmasse der Spaltöfinungen trägt, der Transpiration fördernden Wirkung des Liehtes entzogen würde. ‘Wenn wirklich der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft, wie es den An- schein hat, die Veranlassung ist zur Resupination der Poa nemoralis- Blätter, so müssen unter den gleichen Kulturbedingungen Gräser, deren Blätter sonst nur einmal resupinieren, eine mehrfache Torsion zeigen. ‚Der Versuch bestätigte diese Vermutung. Viele Schattengräser machen im Feuchtraum einen Anlauf zu widerholter Blattresupination; überaus auffallend war dieser Vorgang - auch bei Gerste zu beobachten, wie Fig. 6a zeigt. Auch hier kann naturgemäß Transpirations- schutz nicht Zweck der Torsion sein. Die wahre Bedeutung der ‚Resupination der Poa - Blätter und der verstärkten Resupination anderer Gräser im feuchten Raum ergibt sich aus einer vergleichen- den Betrachtung der Quer- yig.7. Blattquerschnitte von Pos nemoralis; i i in 7 oben Trockenblatt, unten Feuchtblatt (linke sehnitte oines im Freien und —yecnsifte), beide bei gleicher Vorgeößorung eines im Feuchtraume erwäch- gezeichnet; mechanische Elemente schwarz. senen Blattes. Es besteht hier ein ähnlicher Unterschied wie zwischen Licht- und Schattenblatt der Buche. - Die im Freien erwachsenen Blätter von Poa nemoralis sind etwa doppelt so diek wie die im Feuchtraume gebildeten, zudem beträchtlich „breiter (Fig. 7). \ Daß die mechanischen Elemente beim „Feuchtblatt* im Verhältnis schwächer entwiekelt seien wie beim „Troekenblatt‘“, möchte ich nieht direkt behaupten. Absolut besteht: natürlich ein großer Unterschied. Es ist aber schwer zu beurteilen, ob die schwächer entwickelten mechani- schen Elemente des zarteren „Feuchtblattes“ weniger oder ebenso viel leisten wie die kräftigeren mechanischen Gewebe des schwereren „Trocken- blattes“. Dagegen wissen wir von anderen Pflanzen, daß bei Kultur in 116° “FW. Neger, feuchter Luft eine dürftigere Ausbildung der mechanischen Gewebe (Collenchyrı, Bast) erfolgt als in trockener Luft (Mentha aquatica, Thalietrum galioides, Menyanthes trifoliata)"). Was die „Feuchtblätter‘ der Poa nemoarlis an innerer mechanischer Festigkeit durch schwächere Ausbildung der Festigungsgewebe eingebüßt haben, das ersetzen sie dureh Torsion, und sind dadurch genau ebenso in der Lage, ihre Blätter horizontal auszustrecken und so das diffuse Licht aufzufangen, wie kräftigere, diekere „Trockenblätter‘. Ein einfacher Versuch lehrt, daß Torsion in mechanischer Hinsicht ganz Erstaunliches leistet. : Von einem kräftigen, äußerst gleichmäßig dieken Briefpapier wurden zwei gleich breite und gleichlange und dementsprechend auch gleich- schwere?) Strei- fen geschnitten. . Der eine dersel- ben wurde spi- ralig in weiten (steilen) Win- dungen umeinen Glasstab ge- wickelt, der an- dere blieb flach. Beide Streifen wurden sodann in einen borizon- tal befestigten Holzstab einge- klemmt; der flache nahm die vertikale Lage an infolge seines Eigengewichtes, der andere neigte sich zur sehr wenig, obwohl sein Gewicht mit dem des anderen Papierstreifens vollkommen übereinstimmte (Fig. 8). Die physikalische Erklärung dieser Erscheinung ergibt sich leieht, wenn wir uns die Formel für die Abhängigkeit der Biegungselastizizät eines leistenartigen Gebildes (Stabes) vergegenwärtigen. Dieselbe heißt: Fig. 8. Erklärung im Text. 1) G. Kohl, Die Transpiration der Pflanzen und ihre Einwirkung auf die Aus- bildung pflanzlicher Gewebe, Braunschweig 1886. 2) Dies wurde übrigens noch durch Wägung bestätigt. Studien über die. Resupination von Blättern. 117 ‚wobei E die Biegungselastizität, p die rechtwinkelig zur Länge der Leiste angreifende, Kraft, L die Länge der Leiste, e der Rlastizitätsmodul, » FR FR } der Leiste bedeutet. Je kleiner L ist, um so kleiner ist auch E. Nun kommt für die Biegung an. einem einfach oder mehrfach resupinierten Blatt als L offenbar nicht die ganze Blattlänge in Betracht, sondern nur ein kleiner Teil derselben, nämlich jene Teilstrecke, deren Fläche gerade senkrecht-steht zur Riehtung der angreifenden Kraft. Denn jener Teil des gedrehten "Blattes dessen Flächenausdehnung in der Richtung der angreifenden Kraft liegt, setzt offenbar der Biegung einen derartig großen Widerstand entgegen, daß der tatsächliche Erfolg nahezu gleich O ist (hl). Als biegende Krafie kommen an einem Blatt außer dem Eigengewicht namentlich der Wind und der Regen in Betracht und es ist klar, daß die Wirkungen dieser Kräfte um so weniger zur Geltung kommen, je vollkoramener die Torsion des Blattes ist. Ich sehe also in der Torsion der Blätter von Poa nemo- ralis im Feuchtraum ein Mittel, die mechanische Festigkeit der überaus zarten Blätter zu erhöhen?). Nieht nur zarte Beschaffenheit, sondern große Länge bei verhältnis- mäßig geringer Breite kann die Veranlassung der’'Torsion sein-- So erklärt sich einfach, warum die oberen, aber kürzeren. Blätter bei einigen Schatten- gräsern, ebenso wie die untersten, gleichfalls kürzeren Blätter an der Resu- pination nicht teilnehmen. Für ihre Länge reichen die mechanischen Elemente aus, um Horizontalstellung zu sichern. Für die übrigen — längeren -— Blätter genügt in der Regel. eine Resupination, um die zur Assimilation günstige Lichtlage herzustellen und festzuhalten. Diese Blätter bringen, indem sie einmal überschlagen, ihre Blattfläche in eine derartige Lage, daß sie von verschiedenen Seiten Licht auffangen. Übrigens beobachtete ich bei verschiedenen Schattengräsern 1) Die gleiche Deutung hat Stahl der Resupination der Alstroemeriaklätter zu geben versucht, ohne indessen hierfür eine experimentelle Begründung beizubringen. Er sah in der Umkehrung der Biattspreite ein Mittel zur Schwächung der Wirkung des Regenanpralles („Regenfall u. Blattgestalt“ in Annales du Jardin Botanique de Buiten- zorg 1893). Freilich kann nieht: behauptet werden, daß die Blätter dieser Pflanzen in besonders hohem Grad dieser Schutzeinrichtung bedürkten. Flora, Bd. 104. 9 118 "= F. W. Neger, — Triticam caninum u. a. -—- einen mehr oder weniger deutlichen Ansatz zu einer weiteren Torsion, durch welche eine abermalige Auswechslung der beiden Blattseiten erfolgt. Diese Eirscheinung leitet über zu jenen Gräsern, bei welchen eine wiederholte Resupination die Regel ist!). Mehrfache Resupination der Blätter verschiedener Wiesen- gräser. Tritieum repens, seltener Arrhenatherum elatius zeigen in ausgezeichneter Weise die Erscheinung der wiederholten Resupination und zwar vorwiegend an den sterilen, weniger an den fertilen Sprossen. Vollkommen. auf die sterilen Sprosse scheint die mehrfache Torsion beschränkt zu sein, bei Lolium perenne, Aira caespitosa sowie bei einigen anderen Arten. Die letztgenaunten Gräser leisten in dieser Hinsicht aber ganz Unglaubliches. Die Fig. 4, 5 geben hiervon eine deutliche Vorstellung. Daß gerade die dem Boden nahen im Innern des Grasrasens erwachsenden Blätter so sehr zur Resu- pination neigen, ist nach dem oben Gesagten leicht verständlich. Sie leben in Fig. 9. Blattgquerschnitte von Aira caespitona (rechte einer mit Feuchtigkeit ge- Blatthälfte) Shen Trockenblatt, unten Feuehtblatt, ji ä beide bei gleicher Vergrößerung gezeichnet; mecha- sättigten Atmosphäre und nische Elemente schwarz. ihr anatomischer Bau (Fig. 9) entspricht diesen Wachs- tumsbedingungen. In der Tat fand ich derartig vielfach resupinierte Blätter von Aira caespitosa, wie sie in Fig. 4 abgebildet sind, nur an sehr schattigen feuchten Standorten?). 1) Eine Andeutung der Resupination beobachtete ich ferner bei den außerordentlich langen Blättern von Carex ampullacea, ein-, zweifache Resupination bei Molinia soerulea, während die verhältnismäßig breiten und kräftigen Blätter von. Phalaris arundinaces die Resupination in der Regel vermissen lassen. 2) Überaus starke Drehung fiel mir auch bei vielen Gräsern in den „ewig- feuchten“ Küstengegenden des westlichen Norwegens (Hardanger, Sognefjord) auf. . Weise die Resupination me- Studien über die Resupination von Bißttern. 119 Die Verteilung der Spaltöffuungen auf morphologische Ober- und Unterseite unterliegt bei diesen Gräsern noch weniger Gesetzmäßigkeit, wie bei den Schattengräsern. - Bei vielen der hierher gehörigen Arten haben die Blätter nahezu iso- lateralen Bau, indem die Unterseite fast ebenso viel Spaltöffnungen be- setzt wie die Obexseite; z. B. Triticum repens, Holeus lanatus, Dactylis glomerata u. a. Dagegen ist bei anderen die Unterseite sehr arm an Spaltöffnungen, z. B. Lolium perenne, Aira caespitosa, Allerdings ist die Beschaffenheit der Blattoberseite in anderer Hinsicht von der der Unterseite oft recht verschieden, z, B. durch starken Wachs- überzug, Riefenbildung und dergleichen. Es wäre schließlich die Frage zu erörtern: in welcher chanisch zu erklären sei, ob sie etwa in irgend einer Be- ziehung steht zu jenen Zel- len, welche wesentlich die Einrollung der Grasblätter bewirken, oder ob sie nur durch ungleiches Wachstum zustande kommt. Parlatore?) bringt die Resupination mit der un- gleichen Fähigkeit:der beiden Blattseiten, Wasser aufzu- nehmen, in Zusammenhang. Wenn dies der Fall pt Sproß Tritieum repens mit stark wäre, mußte der Grad der Fe 10 osupinierten Elke Resupination bei benetzten und ausgetrockneten Blättern bedeutenden Schwankungen unterworfen sein. Das trifft aber nur in beschränkterı Maße zu. Ich brachte Blätter von Aira caespitosa, deren Resupination 180° betrug, in den Exsieeator und hierauf wieder in Wasser. Im Exsiesator erfolgte Einrollung, im Wasser Entfaltung (infolge der Tätigkeit der Gelenkzellen und anderer mechanischer Gewebe), aber der Grad der Resupination blieb stets der gleiche. 1) Parlatore, Movimenti £ogliari nelle graminacse (Rendiconto della R, Academia di Bologna 1894). 9* 420 .. F. W.-Neger, Etwas anders verhielt sich Tritioum repens. ‚Der auf Figur 10 photographierte Sproß hatte mehrere Stunden im Wasser gelegen, ohne daß die Torsion (von 360°) aufgehoben worden wäre. Wenn der Sproß dann in einen troekenen Raum gebracht wurde, so erfolgte allerdings eine weitere Einrollung derart,. daß die Spitze des Blattes um eine halbe Drehung (ea. 180°) mehr gegen die Basis gedreht erschien als am feucht gehaltenen Blatt, Demnach ist die Resupination eine Folge ungleichen Wachstums; sie findet aber durch die bei der Einrollung tätigen Kräfte eine.nicht un- beträchtliche Steigerung. I. Allgemeine ökologische und phylogenetische Betrachtungen über die Resupination der Grasblätter. Die bisher allgemein verbreitete Annahme, die Resupination der Blätter . stehe im Dienst des 'Transpirationsschutzes, kann nach den obigen Aus- führungen nieht mehr in voller Ausdehnung aufrecht erhalten werden. Es kommen offenbar folgende ökologische Faktoren in Betracht: a) Licht, und zwar ausschließlich: beim Überschlagen der Blätter von Poa nemoralis, nebenbei: beim Überschlagen der (ohne- hin resupinierenden) Blätter von Melica nutans, Milium effusum u. a. b) Transpirationsschutz beim Resupinieren der (infolge ihrer Schwere) übergeschlagenen Blätter von Luzula albida, Luzula maxima; vielleicht auch bei der seltener eintreten- den Profilstellung der nicht übergeschlagenen Blätter von Poa nemoralis, e) Mechanische Festigung bei der Mehrzahl der Gräser, namentlich bei jenen Gräsern (und grasähnlichen Pflanzen), welehe infolge mangelnder innerer mechanischer Festigkeit oder außerordent- licher Länge der Blätter durch Torsion einen höheren Grad von Biegungsfestigkeit?) anzustreben. Ein wichtiger Prüfstein einer Hypothese ist, daß sie sich dem Ge- samtbild der Erscheinungen harmonisch einfügt und bei der Erklärung scheinbarer Widersprüche gute Dienste leistet. 1) Hierin ist vermutlich auch die ökologische Bedeutung des Drehwuchses vieler Bäume zu suchen. Es fällt jedenfalls auf, daß die Kiefer an schr windigen Standorten oft besonders stark gedreht ist. Studien über die Resupination von Blättern. - 121 Sehen wir zu, inwieweit die an dritter Stelle genannte rein mechanische Deutung der Resupination dieser Forderung genügt: . 1. Die auffallende Erscheinung, daß bei vielen Schattengräsern gerade jene Blätter von der Resupination ausgeschlossen sind, welche sich durch geringere Länge auszeichnen, es sind, wie oben ausgeführt wurde, die unter- sten und obersten, findet dureli jene Hypothese eine befriedigendere Erklärung als durch die alte Transpirationsschutzhypothese. ö 2. Die Blattresupination fehlt, wo in anderer Weise die mechanische Festigkeit des Blattes gesichert ist, z. B. bei Blättern mit stark entwickelter innerer Festigung, beim Rollblatt, bei sehr breiten Blättern (Phalaris arundinacea) bei wellblechartigem Bau des Blattes (Mais), oder bei winkeleisenartigem Querschnitt des’ Blattes (Seirpus silvestris u. a). Dagegen ist sie vorhanden bei vollkommen senkrecht stehenden Blättern, wo die Inversstellung als Transpirationsschutz überhaupt nicht in Betracht käme, z. B. Gerste (junge Blätter bei Beleuchtung von oben), Aira oaespitosa (an in dichten Rasen wachsenden sterilen Sprossen), Iris-Arten, Acorus calamus, Typha latifolia; sogar bei einer Umbellifere mit sehr langen, grasähnlichen Blättern fand ich starke Drehung der Blattspreite, nämlich bei dem chilenischen Eryngium paniculatum. ö 5. Das einfach oder mehrfach resupinierte Blatt ist viel besser befähigt, das Ober- und Seitenlicht auszunutzen als das nieht resupinierende. Es vermag die bei Seitenbeliehtung eng begrenzte fixe Lichtlage viel besser aufzusuchen als. das wenig bewegliche, unbeholfene, nieht resupinierte Blatt. Ich möchte geradezu behaupten, daß die Resupination den Gras- blättern den Grad von Beweglichkeit verleiht, welcher ihnen infolge des Mangels eines Blattstieles von Haus aus abgeht. Zum Schluß noch einen kleinen phylogenetischen Seitenblick! Goebel meint (I. c.), daß Gräser mit resupinierten Blättern sieh von solehen mit Roliblättern ableiteten. Dem ist entgegenzuhalten, daß die meisten Gräser mit Bollblättern an der konvezen Außenseite der Spaltöffnungen vollkommen entbehren (2. B. Aira flexuosa). Bei der Mehrzahl der Gräser mit resupinierten Blättern trifft das nieht zu. Im Gegenteil, viele besitzen an der morphologischen Unterseite recht zahlreiche Spaltöffnungen (z. B. Tritieum repens, Milium effusum, Calamagrostis-Arten u. a). Welchen Sinn hätte aber die Verlegung von Spaltöffnungen auf die morphologisehe Unterseite, wenn diese doch infolge 122 F. W. Neger, Studien über die Resupination von Blättern. der Resupination zur physiologischen Oberseite wird, und wenn die Resu- pination im Dienst des Transpirationsschutzes stände? Ich möchte daher glauben, daß die von Goebel vermutete Ableitung keine Allgemeingültigkeit hat, wenn sie auch in einzelnen Fällen zutreffen mag. Allem Anschein nach haben sich viele Waldgräser mit einfacher Resupination aus Wiesen- oder Steppengräsern mit mehrfacher Blatt- torsion entwickelt und dabei die Neigung, zu resupinieren, bei- behalten. Die besonderen Beleuch- tungsverhältnisse der neu besie- delten Standorte gaben dann Anlaß zu einer mehr dorsiven- tralen Ausbildung der Blätter, wobei die morphologische Ober- seite zur physiologischen Unter- seite wurde und umgekehrt und die wiederholte Umdrehung na- türlich unterblieb. Im kleinen kann diese Wandlung noch jetzt beobachtet werden, wenn typische Wiesengräser sehr schattige Standorte besiedeln. In sehr auffallender Weise geschieht dies E11. Schatkenbie bei Dactylis glomerata. Bei ig. 11. attenblatt von Dactylis glome- j iti va an der Ban u a die Fr freier Exposition kommt neben . Spitze resupiniert. der gewöhnlichen einfachen, zu- weilen auch mehrfache (min- destens 134 fache) Resupination zustande. An sehr schattigen Standorten werden die Blätter sehr lang, die Resupination nimmt den Charakter des Überschlagens wie bei anderen Waldgräsern an und nur an der Spitze zeigt sich noch ein Rest der Neigung zur wiederholten Resu- pination (Fig. 11). Das „Ludwig’sche Gipfelgesetz“ und seine Tragweite. Von Paul Vogler (St. Gallen). Wenn man die Variation der Anzahl der Blüten in Blütenständen, der Anzahl der Staub-, Frucht- oder Blütenhüllblätter in Blüten, der An- zahl der Blätter an Jahrestrieben usw. statistisch untersucht, so erhält man in der Regel mehrgipflige Kurven als graphischen Ausdruck derselben. Die Gipfelpunkte dieser Kurven liegen aber nieht an beliebigen Stellen der Zahlenreihe, sondern es erscheinen ganz bestimmte Zahlen als bevor- zugt. Den Nachweis dieser Gesetzmäßigkeit der Lage der Kurvengipfel verdanken wir hauptsächlich den sehr zahlreichen Arbeiten Ludwig’s (namentlich im botanischen Zentralblatt), der durch lange Jahre kindureh sich auch mit der theoretischen Begründung des Zustandekommens der- selben beschäftigte. " Die „bevorzugten Zahlen“ sind die der sogenannten Fibonacei- reihe: 1,2, 3, 5, 8, 13, 21 usw., sowie deren Dupla, Tripla und anderen einfachen Multipla. So läßt sich das Gipfelgesetz, dem de Vries den Namen des Ludwig’sehen gab, kurz formulieren: „Die Gipfelpunkte der Variationskurven für die Anzahl gleichwertiger Organe an Blüten, Blütenständen usw. liegen auf den Haupt- oder Nebenzahlen der Fibonacei- reihe.“ Die Frage lautet nun zunächst: Haben wir es hier wirklich mit einem allgemein gültigen Gesetz zu tun? Ich habe!) versucht, wenigstens für die Strahlblüten der Kompositen möglichst vollständig die bisherigen Unter- suchungen zusammenzustellen. Das Ergebnis war, daß die Haupigipfel in ca. 85%, der Fälle auf den Hauptzahlen oder deren Dupla liegen; nimmt man auch die Nebengipfel dazu, so sinkt der Prozentsatz auf ca. 65%. Daraus ergibt sich bereits, daß das Gesetz nicht: ganz allgemein gültig ist, daß wir daher besser nur von einer Regel sprechen. Die zweite Frage lautet sodann: Woher kommt es, daß diese Zahlen vor den anderen bevorzugt sind? 1) Vogler, Probleme und Resultate variationsstatistischer Untersuchungen an Blüten und Blütenständen. Jahrbuch der St. Gallischen naturwiss. Gesellschaft 1910, pag. 33—-71. St. Gallen 1911. 124 Paul Vogler, Es ist interessant, die Entwicklung der Anschauung über das Zu- standekommen dieser Bevorzugung bei Ludwig selbst zu verfolgen. 1887 sagt er (Deutsche botan. Monatsschr., pag. 52—58): „Offenbar steht diese Tatsache in Beziehung zu der aus der Mechanik des Wachstums seitlicher Organe resultierenden Divergenz.“ Aber schon 1888 bringt er die Zahlenreihe (Hoffman’s Zeitschr. f. mathem, u. naturw. Unterricht) in Zusammenhang mit dem Vermehrungs- gesetz des Fibonacei. Als allgemeinen Satz. stellt er auf: Bei dem Wachs- tum und der Vermehrung des Bildungsherdes für Neubildungen liegt es _ nahe, anzunehmen, daß sich der eine Teil immer wie das Mutterorgan der andere wie sein Sprößling verhält. „Das Mutterorgan grenzt forige- setzt in rhythmischer Wiederholung neue Teile ab, der Sproßteil dagegen. immer erst in der folgenden Teilungsperiode, nachdem derselbe heran- gewachsen ist.“ Noch 1897 (Bot. Zentralbl., "Ba. LXXT, pag. 257—265) heißt es sehr vorsichtig: „Es soll hier nur gesagt sein, daß man sich die Glieder der betreffenden Reihen in ihren charakteristischen Zahlendivergenzen so ent- standen denken könnte, bis die anatomischen und entwicklungsgeschicht- lichen Untersuehungen uns belehrt haben, wie sie wirklich zustande ge- kommen sind.“ Bis dahin nimmt Ludwig immer wirkliehe Organanlagen, Zell- komplexe oder wenigstens Zellen an, die sich nach dem Schema des Fibo- nacei vermehren sollen. Daß aber diese Annahme für höhere Pflanzen nicht zulässig ist, ergaben entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Sodann fand Ludwig auch mehrgipflige Kurven bei der Messung von Blattdimensionen und bei Längenmessungen anderer Organe, bei denen die Nebengipfel die Intervalle der Hauptgipfel ebenfalls in bestimmten Verhältnissen zu teilen schienen. 50 kam er 1898 (Bot. ZentralbL, Bd. LXXV, pag. 107) dazu, das Gesetz zu verallgemeinern und ihm schließlich folgende Formulierung zu geben: „Die Vermehrung der niedersten Formelemente, welche ein Organ aufbauen (und die, wo es sich um Längendimensionen handelt, in Längsreihen liegen), der „Biophoren“, erfolgt schubweise, so zwar, daß das Urelement anfänglich ein neues Element abgliedert, daß aber in den nächsten Etappen der schub- weisen Vervielfältigung nur die älteren Elemente sich ver- mehren, die jüngeren eine Reifeperiode überspringen.“ Damit ist der Vorgang der Anlagenvermehrung aus dem Gebiet des durch direkte Beobachtung nachzuweisenden in das des nur noch indirekt zu erschließenden verrückt. ry el Das „Ludwig’sche Gipfelgesetz“ und seine Tragweite. 135 Zugleich aber wird das Gesetz nun auch viel umfassender, zu einem Gesetz der diskontinuierlichen Entwicklung des pflanzlichen Organismus überhaupt. In dieser Form hat es etwas Großzügiges und auch etwas Bestechendes, so daß es eine verlockende Aufgabe ist, es einmal auf seine Richtigkeit zu prüfen. An der durch so vielfältige Beobachtung festgestellten Tatsache der Bevorzugung der Fibonaceizahlen als Gipfelpunkte der Variations- kurven der Anzahl gleichwertiger Organe läßt sich nicht rütteln. Doch gibt es eben eine große Anzahl von Ausnahmen von der Regel, die Ludwig auf verschiedenen Wegen (Annahme von Summationsgipfeln, Hinzutreten einer einzelnen Gipfelblüte, andere Vermehrungsgesetze) zu erklären versucht, wobei es freilich bisweilen nicht ganz ohne Künstelei abgeht. Ein unlösbarer Widerspruch mit der Ludwig’schen Anschauung liegt-aber doch nicht in diesen Ausnahmen. Immerhin regten sie immer wieder zur Kritik und zu neuer Nach- prüfung an, und so häufte sich das statistische Beobachtungsmaterial immer mehr, ohne daß aber je von seiten eines Variationsstatistikers eine durchgreifende Widerlegung der Ludwig’schen Auffassung versucht wurde. Die einzige schärfere Kritik kam von seiten der Entwieklungs- mechanik, die bei der Anschauung blieb, daß diese Bevorzugung bestimmter Zahlen bedingt sei durch die Gesetze, die die Blattstellung überhaupt beherrschen. A. Weisse’s Untersuchungen an den Blütenköpfehen von Helianihus annuus (Jahrb. 1. wissensch. Botanik, XXVI u. XXX) sind in dieser Riehtung wohl die wichtigsten Arbeiten. Doch widerlegen sie Lud- wig deswegen nieht unbedingt, weil ja schließlich schon die Blattspiralen durch ein Anlagevermehrungsgesetz bedingt sein könnten, so daß also die Braun-Schimper’sche Reihe und die Fihonaceireihe der Ausdruck ein und derselben tiefer liegenden Gesetzmäßigkeit wären. Was mich nun dazu führte, als Variationsstatistiker die Lud- wig’sche Anschauung zunächst für die Anzahl der Blüten in Blütenständen definitiv als unhaltbar aufzugeben, waren zwei Beobachtungsreiken, die nieht mehr nur einzelne, sondern „gesetzmäßig‘‘ wiederkehrende Aus- nahmen ergaben. 1897 habe ich (Beih. z. bot. Zentralbl. 1898, XXIV, pag. 1-19) gezeigt, daß bei Astrantia major für die’ Anzahl der Hüllblätter, Zwitter- blüten und Blüten überhaupt die Kurvengipfel der Enddolden auf den Zahlen der Fibonäceireihe, die der Seitendolden dagegen auf denen der Trientaliereihe liegen; und das gleiche Resultat ergaben Zählungen an den Strahlblüten von Arnica montana (Jahrbuch der naturw. Gesellsch. 126 Paul Vogler, St. Gallen 1910, pag. 1-32. St. Gallen 1911). Als Gipfelzahlen für End- dolden und -Köpfchen treten auf 8 (10), 13 (16), 21 usw., für die Nebendolden und -Köpfchen 7, 11. (14), 18 usw. Nun ist es ohne Künstelei, bei der man jeden sieheren Boden verliert, absolut unmöglich, die zweite Reihe auf das gleiche Anlagenvermehrungsschema zurückzuführen, wie die erste. Mit anderen Worten: wir müßten also für ein und dieselbe Spezies, ja sogar für ein und dasselbe Individuum, zwei verschiedene Gesetze der Anlagen- vermehrung annehmen. Das tun wir aber nur, wenn absolut kein anderer Ausweg mehr bleibt. Dieser andere Ausweg ist aber gegeben in der Anschlußtheorie von A. Weisse. Die Zahlen der Fibenaceireihe erhalten wir als Anschluß an die Spirale der Braun-Schimper’sehen Hauptreihe, die der Trientalis- reihe als Anschluß an die Braun-Schimper’sche Nebenreihe. „Zur Einleitung von Stellungen mit Divergenzen der Nebenreihe sind nur besondere und darum seltenere Kombinationen in der Anordnung der Blätter erforderlich.“ Und was liegt nun näher, als die Annahme, durch die Art der Abzweigung der Seitenäste vom Hauptstamm bei Arniea und Astrantia seien die Bedingungen gegeben, daß die Stellung der ersten Blätter die Nebenreihe begünstige? Wenn aber eine regelmäßig wiederkehrende Ausnahme durch die Theorie der Anlagenvermehrung nach Fibonacei nicht erklärt werden kann, dagegen eine andere Theorie alle scheinbaren Widersprüche glatt löst, so müssen wir somit die erste zugunsten der zweiten vollständig fallen lassen. Es ist wohl kaum nötig, noch hinzuzufügen, daß durch diesen Schluß den Verdiensten Ludwig’s an die Erforschung dieser Verhältnisse nicht der geringste Abbruch getan wird.. Ohne seine bahnbrechenden Unter- suchungen und ohne die starken Anregungen, die namentlich auch von seinen theoretischen Spekulationen ausgegangen sind, hätten wir heute kaum das Material zur Verfügung, auf das gestützt wir heute die Alternative zwisehen der Anschlußtheorie und der Theorie der Anlagenvermehrung nach Fibonacei entscheiden könnten. Nachdem wir gezeigt, daB für die Variation der Anzahl gleichwertiger Organe die Theorie der Anlagenvermehrung nach Fibonacei zur Erklärung der Bevorzugung bestimmter Gipfelzahlen nicht haltbar ist, dürfte von vornherein die Übertragung dieser Theorie auf andere Erscheinungen im Pflanzenreich großer Skepsis begegnen. Diese Übertragung, den Nachweis, daß es sich hier um ein allgemeines Entwicklungsgesetz im Pflanzenreich handle, aus dem sich alle diskenti- nuierliche Variation erkläre, hat vor allem Ritter versucht, in drei größere x Das „Ludwig’sche Gipfelgesetz“ und seine Tragweite. 127 Arbeiten in den Beiheften zum botan. Zentralbl. (Bd. XXIT, Abt. II, Bd. XXI, Abt. I, Bd. XXV, Abt. 11907—1909). Sein wichtigster Schluß- satz ist folgender: „Um das Zustandekommen der gesetzmäßigen Variation zu verstehen, ergibt sich die Notwendigkeit der Annahme kleinster lebender Indi- vidualitäten, die die gesamte lebende Substanz aufbauen. Auf deren ge- setzmäßigen, einfachen, im Zahlenverhältnis des Fibonacei geschehenden Vermehrung würds dann das organische Wachstum beruhen.“ . „Zur Erklärung der Wertigkeit der Klassenzahlen bei Längen-, Flächen- und Körperwachstum ist dann weiter einfachst anzunehmen, daß stets die Verteilung der „Einheiten“ im Laufe der Teilungen je eine gleiche, einheitliche bei den einzelnen Organen bleibt, wenn einmal erst; die Anordnung in der Organanlage dureh organische Kräfte geschehen ist. 50 ergeben sich ja die direkten Fibonaceizahlen, s0 auch ihre Quadrat- warzeln und Kubikwurzeln, infolge des dadurch bedingten, je nach ein, Tesp. zwei und drei Dimensionen in gleichem Rhytlmus statthabenden Wachstums.“ (Ritter 1908). Ist diese Anschauung richtig, so wüßten also die Gipfelzahlen bei eindimensionalen Organen sich verhalten wie die Fibonzceizahlen, bei zweidimensionalen wie deren Quadratwurzeln und bei dreidimensionalen wie deren Kubikwurzeln. Und diesen Nachweis glaubt nun Ritter führen zu können, zunächst 1907 für Blätter, wo er zum Schlusse kommt, daß die Gipfel stets auf dem 10fachen Werte der Quadratwurzeln aus den Fibo- naceizahlen liegen. Ich habe 1908 (Jahrbuch der naturw. Gesellsch. St. Gallen pro 1907, St. Gallen 1908) geglaubt, mit einigen Modifikationen bei den Blättern von Vinsa minor eine Bestätigung der Ritter’ schen Anschauungen zu finden; doch halte ich hente dafür, daß auch jene Resultate gar nichts beweisen. Heute liegt mir ein sehr umfangreiches Material (mehr als 12 000 Messungen) an Blättern von Cytisus laburnum vor, das sich in keiner Weise zur Stütze der Ritter’schen Anschauung verwerten läßt. Gewiß, auch da ergeben sich immer noch mehrgipflige Kurven; aber irgend eine Gesetzmäßigkeit der Lage der Kurvengipfel 13ßt sich nieht konstatieren. Und wenn man die Arbeiten Ritter’s genauer sich ansieht, so ergibt sieh übrigens sofort, daß auch sein Material absolut nichts beweist. Nicht nur begnügt er sich meist mit einer sehr geringen Anzahl von Messungen, er berücksichtigt ferner auch nicht, daß überhaupt sein „Gesetz“ nur stim- men kann für Blätter, deren Längenbreitenindex konstant bleibt. (Siehe weine Arbeit über Vinca minor, St. Gallen, Jahrb. pro 1907). Sodann berück- 128 Paul Vogler, Das „Ludwig’sche Gipfelgesstz“ und seine Tragweite. sichtigt er nicht, daß wenn sich die Kurve für die Länge der Blätter ent- wiekelt nach dem 10fachen der Quadratwurzeln aus den. Fibonaceizahlen, das gleiche nicht der Fall sein kann für die Breite, ohne daß man mit der eigenen Theorie in Widerspruch gerät. Und endlich verlieren seine Zahlen ihre Beweiskraft auch dadurch, daß in dem Intervall, in dem seine meisten Gipfel liegen, sozusagen jede Zahl Gipielzahl sein kann, und dann doch sich zugunsten seiner Theorie deuten läßt. (Siehe meine weiteren Ausführungen in: Beih. z. bot. ZentralbL, Bd. XXVII, Abt. I, pag. 432 u. ff.) So stehen wir heute vor der Tatsache, daß wir auch nicht den gering- sten Grund haben, anzunehmen, das diskontinuierliche Längen-, Flächen- oder Körperwachstum im Pflanzenreiche lasse sich erklären unter Annahme von „Biophoren“ oder „Anlagen“, die sich nach dem Schema des Fibo- nacci vermehren. Wir kommen also zu folgenden Schlüssen: 1. Das Ludwig’sche Gipfelgesetz ist kein allgemeingülltiges Gesetz, sondern nur eine ziemlich weite Taisachengebiete umfassende Regel, die etwa so zu formulieren ist: Die Gipfel der Kurven für die Variation der Anzahl gleichwertiger Organe (Blüten in Köpfchen, Doiden; Blütenblätter, Blätter an Jahrestrieben usw.) liegen in der Regel auf dem Haupt- und Nebenzahlen der Fibonaceireike (riehtiger der Braun-Schimper’schen Reihe). 2. Diese Bevorzugung bestimmter Zahlen ist nicht die Folge einer Vermehrung der Anlagen nach dem Schema des Fibonaeei, sondern ergibt sich aus dem gesetzmäßigen An- schluß an die Spiralstellung der Blätter. 3. Eine Übertragung der Ludwig’schen Hypothese auf das Längen-, Flächen- und Körperwachstum im Pflanzenreich, wie sie von Ritter versucht wurde, ist nicht gestattet, zum mindesten ist für das Zustandekommen der mehrgipfligen Kurven bei der Variation der Dimensionen bestimmter Or- gane als Folge einer Vermehrung hypothetischer „Biophoren“ nach dem Schema des Fibonacei nicht der geringste Beweis erbracht. St. Gallen, im August 1911. ‘Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen, Von A. Ursprung. An einigen Wasserpflanzen wurde gelegentlich eine auffällige Gasansscheidung beobachtet, die einem eigentümlichen Diffusionsvorgang ihre Entstehung verdankt. Da diese Diffusionserscheinung zwar schon längst bekannt ist, aber sowohl von botanischer wie von physikalischer Seite nur wenig Beachtung gefunden hat, so sollen im folgenden die bisherigen Untersuchungen in historischer Reihenfolge kritisch be- sprochen und durch nene Versuche erweitert werden. Der erste Abschnitt handelt von Nelumbo, der zweite vorwiegend von Nymphaea. L Im Jahre 1841 teilte Raffeneau-Delile?) Untersuchungen mit, die er in Montpellier an den Blättern von Nelumbo angestellt hatte, Er blies Luft durch den Stiel eines abgeschnittenen Blattes, dessen Spreite in der Mitte etwas Wasser enthielt, und beobachtete bei starkem Blasen „un bouillonnement“. Auch an Blättern, die an der lebenden Pflanze sich befanden, wies er eine ähnliche, aber selbständige Blasen- ausscheidung nach. Er gibt ferner an, dass die Luft, die in letzterem Falle aus der Mitte der Spreite austritt, „s’y rend de toutes les parties ambiantes, e’est-ä-dire qui] y vient du reste de la face superieure de la m&me fenille. En effet, dös que I’on inonde le disque font entier, il ne sort plus d’air du centre, et d&s qu’une portion du disque est d&couverte et mise en contact avce T’atmosphöre, le courant d’air se r&tablit, et s’il est assez fort, il devient visible par bulles“ Als er an dem Stiel eines an der Pflanze befindlichen Blattes eine 2 em lange Wunde anbrachte, welche die Luftgänge öffnete, erfolgte aus ihr eben- falls eine Gasausscheidung; da die Blasen nur am oberen Ende der Wunde austraten, und auch hier nur so lange, als die Spreite nieht ganz untergetaucht war, so schloß Delile, daß die aus- tretende Luft nicht durch den Blatistiel aufsteige, sondern ans der Spreite stamme. Diese Beobachtungen wurden meistens im August gemacht, in den heißen Nachmittagsstunden bei direkter Besonnung; 1} Raffensau-Delile, Evidence dan mode respiratoire des feuilies de Nelumbium. Ann. se. nat. 1841, IL. Ser, Tome XVI, pag. 328. 130 A. Ursprung, die Ausscheidung von Blasen geschah gewöhnlich nur am Tage, erfolgte aber gelegentlich auch während der Nacht. Über die chemische Zu- sammensetzung der ausgeschiedenen Luft findet sich folgendes ange- geben: „jai reeueilli sous Y’eau, dans des fioles, l’air d’exhalation des feuilles, et cet air, par la combustion d’une allumetie que j’ai. introduite dans la fiole, n’a pas sembl6 difförer en propri6t6s de Pair atmospherique“. Diese Mitteilung war der Ausgangspunkt einer unerfreulichen Kontroverse zwischen Delile und Dutrochet. Während Delile seine Beobachtungen anführt, ohne den Versuch einer Erklärung zu wagen oder Vermutungen über die Ursache der merkwürdigen Blasenaus- scheidung zu äussern, behauptet Dutrochet, dass es sich um den Assimilationsgaswechsel handle. Er hatte nämlich früher!) gefunden, dass abgeschnittene Nymphaeablätter am Lichte aus dem Stielende sehr sauerstoffreiche Blasen ausscheiden, ferner gibt er an, daß diese Ausscheidung nur erfolgt, wenn die Spreite ganz unter Wasser ge- taucht ist. Deliles Beobachtungen über die Zusammensetzung des aus- ‚geschiedenen Gases und die Blasenbildung während der Nacht passen ann allerdings nicht zu dem Erklärungsversuche Dutrochets, doch sucht sich dieser zu helfen, indem er die ihm unbequemen Tatsachen dem Eindringen des Wassers in die Lufträume und der Ausdehnung der Luft durch Erwärmung zuschreibt. Durch die Ausdehnung der Luft bei intensiver Bestrahlung wird natürlich ein Druck erzeugt, der bei genügender Stärke Blasen aus vorhandenen Öffnungen auspreßt und beim Eindringen von Wasser in die Lufträume wird das Gleiche geschehen und zwar unabhängig von der Tageszeit. Die Erklärung dafür, daß, wie er meint, Nelumbo nur dann Gas ausscheidet, wenn die Spreite in Luft sich befindet, Nymphaea da- gegen nur dann, wenn sie unter Wasser taucht, versucht Dutrochet durch ein erdichtetes Spiel der Spaltöffnungen zu geben, die bei Nelumbo in der Luft sich schließen, unter Wasser sich öffnen, bei Nymphaea dagegen umgekehrt unter Wasser sich schließen und in der Luft sich öffnen sollen. Noch in anderer Weise will er die Be- obachtungen mit seiner Auffassung in Übereinstimmung bringen, doch sind für uns die angeführten Beispiele ausreichend. Was uns bei allen diesen Bemühungen sympathisch berührt, ist das Bestreben, die Tatsachen nicht nur zu erwähnen, sondern auch zu’ 1) Dutrochet, M&moires pour servir & P’histoire anatomique et physiologique des vögstaux et des animaux. Bruxelles 1837. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 131 erklären und bei der Erklärung sich nach. Möglichkeit an sicher. Be- kanntes anzuschließen. Hätte jedoch der scharfsinnige Dutrochet die Blasenausscheidung bei Nelumbo nicht nur aus der Beschreibung Deliles, sondern aus eigener Anschauung gekannt, so würde er selbst eingesehen haben, daß seine Betrachtungen auf diesen .Fall nicht an- wendbar sind. . Mit, vollständiger Sicherheit ging dies auch für den ferne Stehen- den aus Versuchen Merget’s!) hervor. Derselbe gibt an, daß nach zahlreichen Analysen — Zahlenbelege fehlen allerdings — die Zu- sammensetzung des. ausgeschiedenen Gases, von geringen Abweichungen abgesehen, mit: derjenigen der atmosphärischen Luft übereinstimmt. Er findet die wichtige Tatsache, daß die Gasausscheidung auch durch bloße Wärmestrahlen erfolgt (nicht bis zur Rotglut erhitzte Eisenplatte). Die Gasausscheidung geschieht unter einem Druck, der, je nach der Intensität der Wärmequelle, 1--3 dm?) Wasser betragen kann, und in einer Menge von bis zu 1 Liter per ‘Minute. Sie kann oft ohne Unter- brechung tagelang dauern. Es wurde ferner der Nachweis erbracht, daß auch trockene, tote Nelumboblätter wieder Blasen ausscheiden, wenn man sie genügend befeuchtet hat. Ein weiterer Beleg für die rein physikalische Natur der Erscheinung bestand darin, daß sie nicht nur in Luft, sondern auch in ©, N, H, CO,, CO und N,O erfolgte. Das so- fortige Aufhören des Blasenausigjttes nach Verschluß der Stomata zeigte, daß die Gase durch die Spaltöffnungen eintraten. Für die Art und Weise wie Merget den Vorgang zu erklären versucht, ist seine Angabe wichtig, daß in der Spreitenmitte nur dann Blasen austreten, wenn hier die Temperatur niederiger ist als in der übrigen Spreite, während aus dem Stielende auch bei gleichmäßiger Erwärmung der Spreite Gas austritt. Merget hält nämlich das Ganze für eine Thermodiffusions- erscheinung, bedingt durch Temperaturdifferenzen zwischen der kälteren, Blasen ausscheidenden Spreitenmitte und der übrigen, wärmeren Spreitenpartie. Die Gasausscheidung hängt nach ihm hauptsächlich ab „de la structure poreuse et de l’&tat hygromötrique des tissus oü elle s’opere; les faits observös rentrant dans la catögorie des phenomänes de thermodiffusion gazeuse et de diffusion simple entre des masses 1) Merget, Sur des phenomönes de thermediffusion gazeuse qui se produisent dans les feuilles, et sur les monvements eirculatoires qui en rösultent dans Pacte de la respiration chlorophyllienne. Compt. rend, 1873, Tome LXXYIL, 2, pag. 1468. . 2) In Pfeffer’s Pflanzenphysiologie I, pag. 187, steht infolge eines Druck- ehlers em statt dın. 132 . A. Ursprung, dsir & differents degr6s W’humiditö, r&cemment 6tudi6s par MM. Fed- dersen et Dufour.“ Merget glaubt auch, daß die Erscheinung bei allen Pflanzen sich finde und fährt dann fort: „Etanf. admis que, pour toutes les feuilles, T6&chauffement du limbe met en jew les forces thermodiffusives qui trouvent leurs eonditions d’activit& dans la structure et dans Y&tat ‚hygrometrique des tissus, comme cet &chauffement, en T’&tat ordi- naire, c’est-A-dire lorsqu’il previent da la chaleur du soleil, est loin de se produire uniformement aux points frapp6s par les-rayons solaires, Pair interieur, par suite de l’exeös de tension qu’il acquiert, se d&tend sur celui des parties froides, qw’il presse en le contraignant 3 s’öchapper par les stomates des surfaces &pidermiques correspondantes, pendant que l’air extörieur afflıe par les stomates des surfaces solarisees. II s’&tablit done alors un veritable eourant eireulatoire gazeux, des parties vertes qui respirent & celles qui ne respirent pas, avec un double mouvement corrölatif d’aspiration par les premidres et d’expiration par les secondes. Dans les plantes aquatiques, cette eireulation respiratoire a plus d’6tendue et de profondeur que dans les plantes terrestres, car, au lieu d’ötre circonserite dans Y’6troit r&seau des meats du parenchyme foliaire, elle se prolonge dans eelui du systöme lacunaire tout- entier. Quand les feuilles des plantes aquatiques sont frapp&es par les rayons solaires, la masse gazeuse des lacunes est, par le fait, sonmise comme & ume sorte de. brassage, qui a pour effet final de ramener dans le limbe lair des cavit6s profondes ... .* Neben seinen Versuchen mit Blättern hat Merget‘) auch rein physikalische Experimente ausgeführt. Er verschloß z. B. einen be- feachteten Tonzylinder mit einem durchbohrten Stopfen, der ein Glas- rohr enthielt, welches in Wasser tauchte. Aus dem Rohr traten unter Umständen schon bei einer Erwärmung auf 30° Blasen aus, die mit Erhöbung der Temperatur sich vermehrten. Die Resultate erklärt Merget als unabhängig von der Natur des porösen Körpers und der benetzenden Flüssigkeit, nur muß die letztere flüchtig sein, was Ver- suche mit Schwefelkohlenstoff, Äther Chloroform, Äthyl- und Methyl- alkohol zeigten. Er findet allgemein, daß in einem befeuchteten porösen Diaphragma, der Gasstrom gerichtet ist von der Seite, die am stärksten transpiriert, zu der, die es am schwächsten tut. Auch im Boden wird daher, bei einem geeigneten Grade von Porosität und Wassergehalt, 1) Merget, Sur ls reprodustion artificielle des phenomönes de ihermo- diffasion gazeuse des feuilles, par les corps poreux et pulverulents humides: -Compt. rend. 1874, Tome LXXVII, 1, pag. 884. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 133 und bei genügender Erhitzung durch die Sonnenstrahlen, Luft von außen an den erhitzten Stellen eindringen und zu den kälteren strömen. Da Merget sich auf die Versuche von Feddersen und Dufour bezieht, so ist es nötig, auch diese näher kennen zu lemen. Carl Neumann!) war durch theoretische. Betrachtungen darauf geführt worden, daß, wenn eine endliche Portion eines in einer unendlich langen Röhre eingeschlossenen Gases sich in einem anderen Dichtig- keitszustande befindet als das übrige Gas, eine an den beiden Enden dieser Portion künstlich erzeugte Temperaturdifferenz eine kontinuier- liche Bewegung in dem ganzen unendlichen Gaszylinder nack einer bestimmten Richtung hervorbringen muß und zwar im Sinne von der kalten zur warmen Endfläche durch das betrachtete endliche Stück, wenn sich das Gas in dieser, in dem Zustande der Verdichtung befindet. ‚Feddersen’s?) Versuche sind in der Weise angestellt, daß eine pulverförmige Substanz in eine horizontale Glasröhre fest hineingestopft wurde. Die Enden der Röhre, die über diesen porösen Pfropf hinaus- Tagten, wurden an jeder Seite luftdicht durch Kautschuck mit einem anderen horizontalen Glasrohr verbunden, welches durch einen Flüssig- keitstropfen an irgend einer Stelle in seinem Innern abgesperrt war. Auf diese Weise mußte jede Verschiebung der in dem mittleren Röhrenstück enthaltenen Luftsäule die beiden absperrenden Flüssig- keitstropfen in demselben Sinne verschieben. Nun wurde das eine Ende des Pfropfes einer konstanten Wärmeguelle ausgesetzt, das andere aber kalt gelassen oder künstlich erkältet. Dann zeigte sich ausnahms- los eine langsame Verschiebung der Luftsäule in der Richtung durch den Pfropf vom kalten zum warmen Ende), bald rascher, bald lang- samer, bald an der einen Seite stärker, bald an der anderen. 1) Berichte der Königl. Sächsischen Gesellsch. d. Wissensch. Sitzung vom 15. Febr. 1872, * 29) W. Feddersen, Über Thermodiffusion von Gasen. Pogg. Ann. 1873, Bd. CXLVIN, pag. 302. 3) Die Angabe in Pfeffer’s Pflanzenphysiologie (I, pag. 186), wonach der Gasstrom von der wärmeren zur kälteren Seite geht, berukt auf einem Versehen, ebenso die Mitteilung, daß die Thermodiffusion von Dufour entdeckt worden sei. Die Thermodiffusion stellt vielmehr die Umkehr eines von I. Dufour beobach- teten Phänomens dar, nämlich der durch Diffusion hervorgerufenen Temperatur- änderung. Da auch in ausgezeichneten Lehrbüchern der Physik, z, B. Chwolson, ünrichtige Angaben sich finden, so sei das Prinzipielle in einigen Sätzen erwähnt. L. Dufour fand, daß an der Seite der porösen Wand, wo das rascher diffundierende Gas einiritt, eine Tempersiurerhöhung, auf der andern Seite eine Temperatur- erniedrigung stattfindet. Zur Erklärung stellte er sich vor, daß jedes Gas an der Flora, Bd. 104, 10 134 ° A. Ursprung, Erwähnt sei ein Versuch mit Gips. In einer etwa 12,5 mm im Lichten weiten Röhre befand sich ein 70 mm langer Gipspfropf, der nach dem Eingießen längere Zeit gelegen hatte und lufttrocken ge- worden war. Die Glasröhre wurde über dem einen Ende des Pfropfes mit Kupferblech umhüllt und durch eine daruntergestellte, schwach brennende Spirituslampe auf ea. 200° erhitzt. Das andere Ende des Pfropfes blieb der Einwirkung der Zimmertemperatur (8% ausgesetzt und zeigte beim Anfühlen eine geringe Erwärmung. Bei Absperrung der 3,5 mm weiten Ansatzröhren durch Quecksilber ließ sich auch nach 15 Stunden keine Bewegung nachweisen. Als darauf Schwefelsäure- hydrat zur Sperrflüssigkeit genommen wurde, ergaben sich in der Richtung von der kalten zur warmen Seite folgende Verschiebungen in 10 Minuten: kalte Seite warme Seite 115mm . . . 100 mm I ey: BuR (N a} SR Aus Versuchen mit Platinschwamm, Palladiumschwamm usw. ging deutlich hervor, daß auch bei völliger Abwesenheit von Wasser in dem Pfropf diese von Feddersen als „Thermodiffusion“ bezeichnete Er- scheinung sich einstellt. . Die Vergleichung der Experimente von Merget und Feddersen zeigt nun deutlich, daß es sich hier um verschiedene Erscheinungen handelt und daß Merget somit im Irrtum war, als er die von ihm beobachteten Blasenausscheidungen als Thermodiffusionsvorgänge be- zeichnete. Einmal erfolgte die Gasausscheidung aus Nelumbo- Blättern nur so lange diese Wasser enthielten und auch die ver- wendeten Tonzylinder waren mit Wasser gefränkt; Feddersen da- gegen machte seine Beobachtungen meistens an ganz wasserfreien Pfropfen. Zweitens mußte Feddersen seine Pfropfen auf hohe Tem- peraturen, bis zu 200° erwärmen, um deutliche Ausschläge zu erhalten, Seite, an der es eintritt, eine Verdichtung, an. der andern Seite eine Ausdehnung erleidet. Der Verdichtung würde eine Erwärmung, der Ausdehnung eine Abkühlung entsprechen. Da nun durch Wärmezufuhr eine Ausdehnung, durch Abkühlung aber eins Verdichtung bewirkt wird, so sind die Versuchsresultate Feddersen’s ohne weiteres verständlich als Umkehrung des Dufour’schen Phänomens. Während also Feddersen eine Diffusionsströmung feststellt von der kalten zur warmen Seite, zeigt Dufour, daß diese Strömung die kalte Seite erwärmen und die warme abkühlen muß, daß also die Thermodiffusionsströmung die künstlich erzeugte Tem- peraturdifferenz wieder auszugleichen sucht. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 135 während ‚die Blasenausscheidung bei Nelumbo an lebenden Blättern zu beobachten ist. Trotz der viel geringeren Temperaturdifferenzen sind Volumen und Druck des ausgeschiedenen Gases bei Nelumbo und dem feuchten Tonzylinder weit größer als bei der Versuchsanordnung Feddersens. Endlich ist auch der Sinn des Diffusionsstromes in beiden Fällen verschieden. Bei Merget erfolgt die Bewegung von der warmen zur kalten Seite, bei Feddersen umgekehrt von der kalten zur warmen. " In den Jahren 1874 und 1875 gab L. Dufour?) eine ausführ- liche Beschreibung von physikalischen Versuchen, tiber die er schon früher?) (1872) kurz berichtet hatte. Er verwendete trockene Ton- zylinder, die auch während der ganzen Dauer der Experimente niemals mit Wasser in Berührung kamen; auf der einen Seite des Tonzylinders befand sich trockene, auf der anderen Seite feuchte Luft. Der stärkere Diffusionsstrom erfolgte von der trockenen zur feuchten Luft und der erzeugte Druck, bzw. die Saugung, vermochte einer Wassersäule von 10—20 mm das Gleichgewicht zu halten. Dufour nannte diese Er- scheinung „hygrometrische Diffusion“ Die Untersuchungen ergaben folgende Gesetzmäßigkeiten: Die Stärke dieses Diffusionsstromes hängt hauptsächlich ab von den gegenseitigen Spannungen des Wasserdampfes; ein direkter Einfluß der Temperatur fehlt oder ist doch sehr gering. Außer durch Ton wurde eine Diffusion auch durch Gips, Alabaster usw. und selbst durch eine 5 mm dicke Marmorplatte beobachtet, doch erfolgte sie durch Marmor langsamer als durch Ton. Bei Gips sind, wegen der starken Porosität die Druckdifferenzen geringer, werden ‚aber sehr rasch erreicht. Die Größe der Oberfläche der porösen Wand ist ohme Einfluß auf die Druckdifferenz, doch wird letztere um so langsamer erreicht, je kleiner die poröse Wand ist. Die erreichbare Druckdifferenz hängt unter sonst gleichen Umständen von der Wand- dieke ab und ist für Ton ungefähr umgekehrt proportional der Quadrat- wurzel aus der Dicke der Wand. Je größer die vorhandene Druck- differenz wird, um so schwächer wird der diesem Druck entgegen- wirkende Diffusionsstrom, und die Abschwächung erfolgt um so rascher, je dicker die Wand ist. Mit den von Dufour studierten Erscheinungen haben die Be- obachtangen Mergets offenbar eine viel grössere Ähnlichkeit, als mit 2) L. Dufour, Recherches sur ia diffusion entre Pair sec et Fair humide. Bull. Soc. vaud. sc. nat. 72, Vol, XII. — Ders, Sur la diffusion kygremötrique. Ball. Soe. vaud. sc. nat. 74, Vol. XEIL. 2) L. Dufour, Bull. Soe. vand, sc. nat, No, 71, Vol. XU. or 136 A. Ursprung, der Thermodiffusion Feddersen’s, Immerhin decken sich auch hier die physikalischen Versuchsanordnungen nicht, da Dufour mit trockenen, Merget aber mit befeuchteten Tonzylindern operierte. 1877 suchte dann Kundt?) die Versuche von Merget uud Dufour in folgender Weise zu erklären. Er benutzte einen mit Wasser angefeuchteten Tonzylinder und schloss denselben mit einem Kork, in welchen ein Gasentbindungsrohr eingesetzt war, das ein wenig unter Wasser tauchte. Der Gasdruck wird außen nur von der trockenen Atmosphäre geliefert, setzt sich innen aber aus zwei Partialdrucken zusammen, dem der trockenen Luft 2, weleher kleiner ist als der Druck der trockenen Luft 7° aussen, und dem Druck des Wasserdampfes W. Es tritt mithin ein doppelter Diffusionsstrom ein, der trockener Luft von außen nach innen und der des Wasserdampfes von innen nach außen. Wie stark auch letzterer sein mag, es wird durch denselben der Feuchtigkeitsgehalt der Atmo- sphäre nieht merklich geändert, der Gesamtdruck außen bleibt merklich derselbe. Innen aber würde, da nach dem Graham’schen Gesetz die Luft langsamer hinein als der Wasserdampf heraus diffundiert, der Druck abnehmen, wenn nicht Wasser von den feuchten Wänden des Zylinders neu verdampfte, Letzteres ist aber zweifellos der Fall und nimmt man an, daß die Verdampfung stets den hinausdiffundierenden Wasserdampf ersetzt, so würde man, nachdem sich der Druck der Luft innen und außen durch Diffusion ausgeglichen hat, außen den Druck 7, innen den Druck P-1-/ haben. Durch das Gasentbindungsrohr wird von innen Gas austreten, aber nicht bloß Wasserdampf, sondern Wasserdampf und Luft, mithin der Partialdruck der Luft innen sinken und neue Luft durch Diffusion eintreten. Es wird daher, so lange in dem Tonzylinder noch Wasser zum Verdampfen vorhanden ist, ein kontinuierlicher Strom von feuchter Luft durch das Entbindungsrohr austreten. Man erhält also scheinbar einen kontinuierlichen Strom von außen nach innen, obgleich von innen mehr herausdiffundiert, als von außen hinein. Der herausdiffundierende Wasserdampf wird eben immer durch Verdampfung neu ersetzt. — Erwärmt man den Zylinder, so daß W sehr groß, so tritt viel Gas aus dem Rohr, die Druckdifferenz der trockenen Luft innen und außen wird bedeutend und es erfolgt ein energischer Diffu- sionsstrom trockener Luft nach innen. Ein Widerspruch mit den Gesetzen Graham’s ist somit nach Kundt nicht vorhanden. Den Ver- such Mergets mit einem mit Alkohol getränkten Tonzylinder änderte 3) A. Kundt, Zur Erklärung der Versuche Dafour’s und Merget’s über die Diffusion der Dämpfe. Wied. Ann. 1877, Bd. II, pag. 17. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 137 Kundt in der Weise ab, daß er den Alkohol aussen anzündete. Außen befand sich Luft, innen Luft und Alkoholdampf und nun trat, selbst durch die Flamme hindurch eine so energische Diffusion von Luft ein, daß in ca. 2 Minuten 1 Liter Luft aus dem Entbindungsrohr aus- gepreßt wurde. Das Graham’sche Gesetz, das von Kundt diesen Erscheinungen zugrunde gelegt wird, sagt bekanntlich aus, daß bei gleichem Druck die diffundierenden Gasvolumina sich umgekehrt verhalten wie die Quadratwurzeln aus den Dichten. Vorausgesetzt sind Gase, die nicht chemisch aufeinander einwirken und poröse Scheidewände, die sehr fein- porig sind, die keine merkliche Absorption der Gase zeigen und durch die keine Strömung der Gase als Ganzes stattfindet, Außerdem ist die Geschwindigkeit, mit der Gase poröse Scheidewände passieren, proportional dem Überdruck. Bezeichnen wir die Dichte mit 6, so ist: 1 ö Ei Wft . .........1000 1.000 Wasserdampf . . . 0.623 1.267 Alkoholdampf . . . 1.613 0.787 Ätherdamp . . . 2.586 0.622 Chloroformdampf . . 4.138 0.492 Es sollte also nach Graham Wasserdampf rascher diffundieren als Luft; es ist klar, daß die tatsächlichen Befunde Dufours, die diesem Gesetz widersprechen oder doch jedenfalls zu widersprechen scheinen, einer Erklärung bedürfen. Die Experimente und Über- legungen Kundt’s vermögen jedoch nicht zu befriedigen und sein Er- klärungsversuch bleibt mangelhaft. Denn Kundt’s Versuchsanordnung ist ja eine wesentlich andere; er verwendet nicht einen trockenen, sondern einen mit Wasser getränkten Tonzylinder und somit ist das Graham’sche Gesetz auf Kundt’s Versuche gar nicht anwendbar, Aber selbst bei L. Dufour’s Experimenten waren die Voraussetzungen, welche dem Graham’schen Gesetz zugrunde liegen, nach H. Dufour') nicht erfüllt. „Les parois poreuses absorbent Ia vapeur d’eau avec une eertaine intensit6, il se produit un phöuomäne de vaporkösion de sorte que la loi de Graham ne peut ätre appliqude aux phnomönes de diffu- sion hygromötrique, cette loi n’&tant exacte que ponr les substances poreuses indiff6rentes. Les phenomönes de diffusion hygromötriques sont 1) H. Dufour, Arch. sc. phys. et nat. 1870, me periode, Tome II, pag- 527. 138 A, Ursprung, compliqu6s de phenomönes de condensation et d’&vaporation analogues & ceux que produisent certaines substances colloides.* Nach experimentellen Untersuchungen, die er aber als noch nicht beendigt erklärt, stellt dann H. Dufour‘) folgenden Erklärungsversuch auf, den er selbst als hypothetisch bezeichnet. „Considerons deux masses gazeuses söpardes par une paroi poreuse et soumises & la mäme prossion. Si la diffusion est un phenomdne resultant, uniquement des mouvements propres des moldcules, comme le suppose Graham, ces molöcules viennent frapper la paroi, et un certain nombre d’entre elles p6ndtrent librement au travers des pores. Si les deux masses ont des densites diff6rentes, mais la möne temp6rature, les carr&s des vitesses des mol6cules seront inversement proportionnels aux densitös; dans ce cas la loi de Graham sera applicable. Cela suppose que la paroi n’arröte aucune des mol6cuies qui p6ndtrent dans ses pores. Dans le cas qui nous occupe, au contraire, les mol&eules de vapeur, eontenues dans l’air humide, p6ndtrent d’un cöte de la paroi en plus grand nombre que celles d’air sec de l’autre cöt6, mais tandis que ces derniöres passent librement au travers des pores, un certain nombre des premißres restent dans j'interieur du eorps poreux, de sorte que la pression exerc&e par celles qui peuvent traverser la paroi, malgr6 leur vitesse plus grande, r&sultant de leur moindre densit6, ne compense pas la diminution de pression produite par la libre sortie des mol&eules dir. On voit done que dans ce cas l’air sec 6tant par exemple dans le vase poreux et l’air humide & Vexterieur, il y a diminution de pression dans l'interieur. Pour expligquer le cas inverse nous admettous volontiers une partie de la solution proposee par M. Kundt, seulement, l’&vaporation qui serait produite par le passage de l’air see vers T’air humide con- tenu dans le vase poreux, ne le serait pas parce que le corps est mouille, mais parce qu’il a condens6 dans ses pores une certaine quan- tit6 de vapeur, et que l’air sec, en passant, entraine une partie de ces molecules de vapeur dont la force &lastique vient s’ajouter A la sienne.“ Endlich ist nicht zu vergessen, daß bei Verwendung von Alkohol-, Äther- oder Chloroformdampf wir es mit Stoffen zu tun haben, deren Dichte größer ist als die der Luft und die sich daher nach dem Graham’schen Gesetz umgekehrt verhalten müßten wie Wasserdampf. 1) H. Dufour, Observations sur Ia diffusion hygromötrique. Recherches sur quelques points relatifs aux monvements des gaz au travers des corps poreux. Lausanne 1879, pag. 81. Zur Kenntnis der Gasdiffusien in Pflanzen. 139 Von allen physikalischen Versuchsanordnungen kommt nun jeden- falls jene L. Dufour’s den Verhältnissen im Nelumbo-Blatt am nächsten, ohne allerdings sich damit zu decken. Geht auch aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervor, mit welchen Schwierigkeiten eine exakte Erklärung der Versuche Dufour’s zu kämpfen hat, so kann es jetzt doch nicht mehr schwer halten, die Blasenausscheidung des Nelumbo-Blattes verständlich zu machen. Die Interzellularen ent- halten ein Gasgemisch von wechselnder Zusammensetzung, das wir der Einfachheit wegen aus Luft und Wasserdampf bestehend betrachten können. Außen findet sich Luft und um so weniger Wasserdampf je rascher derselbe weggeweht wird. Wir hätten also — um die Be- zeiehnungsweise Kundt’s zu gebrauchen — den Innendruck p -— W und den Außendruck P, wenn außen der Wasserdampf dureh den Wind oder auf andere Weise entfernt wird. Der Innendruck wächst natürlich mit W und der Zunahme von p, und wenn der Überdruck groß genug geworden ist, so wird er Iuft plus Wasserdampf an den Stellen geringsten Filtrationswiderstandes auspressen; diese Stellen sind die Spreitenmitte und am abgeschnittenen Blatt der Stielquerschnitt. Durch Diffusion dringt stets Luft von Außen ein und im Innern wird fortwährend Wasserdampf gebildet, so daß die Blasenausscheidung, ceteris paribus, so lange fortdauert, als die Spreite genügend erwärmt und ausreichend mit Wasser versorgt wird. Im Jahre 1874 stellte auch Barthölemyt) in Montpellier Be- obachtungen an Nelumbo an. Über die Gasausscheidung in den heißen Tagen des Juli und August schreibt er: „Le degagement gazeux peut ätre tel quil donne, dans les cuves contenant les plantes, ’aspect et le bruit d’un veritable bouillonnement. C’est par centaines de litres par minute qu’on pouvait estimer l’air qui s’&chappait ainsi dans Tintörieur des cuves.“ Er macht auf die gute Ausbildung der Inter- zellularen bei Nelumbo aufmerksam und teilt unter anderm mit, daß es beim Einblasen in den Stiel gelingt Luft durch das Rhizom hin- durch zu pressen und zum Austritt aus der Spreite eines anderen Blattes zu veranlassen. Der von Merget angegebene Maximaldruck, unter dem noch Gas ausgeschieden werden kann, wird von Barth6- lemy bestätigt, indem er noch 2 und 3 dm unter Wasser einen Biasenaustritt konstatierte. Ebenso bestätigt er die schon von Delile gesehene Gasausscheidung während der Nacht. Das am Tage aus- 2) A. Barthölemy, De la respiration et de la eirculation des gaz dans les vegötaux. Ann. se. nat, 1874,.V. Sör., Tome XIX, pag. 131. 140 A. Ursprung, geschiedene Gas wird sanerstoffreicher gefunden als die atmosphärische Luft. Bezüglich der Temperatur, die ein besonntes Blatt annehmen kann, werden einige Angaben von Martins‘) zitiert. Ein in eine be- sonnte Spreite eingewickeltes Thermometer zeigte hiernach im Mittel 31,57°, das Thermometer frei an der Sonne aufgehängt aber 25,46°; im Schatten zeigte das in das Blatt eingewickelte Thermometer 20,97, das freie 19,88%. „I resulte, pour les feuilles expos6es et pour celles qui sont & l’ombre, une difference de tension dans les gaz interieurs qui peut ätre consid6rable. De IA un mouvement cireulatoire de Yair entrant par les stomates de certaines feuilles, sortant par d’autres, A travers le röseau a6rien de la feuille et les canaux du p6tiole et de la tige, et. dont le sens pourra varier suivant la diff&rence des pressions intörieures“ Man sieht hieraus, wie wenig tief Barthölemy in das Verständnis der Erscheinung eingedrungen war, Durch Einführung der Spreite eines an der Pflanze befindlichen Blattes in eine mit Wasser gefüllte Glocke über das Niveau des Wasserspiegels beobachtete derselbe Autor „un des plus curieux phönomdnes de la physiologie vögetale. Ume quantit& ineroyable de gaz se degage par plaques, soit du disque, soit de toute la surface de la feuille .... On peut ainsi recueillir, suivant la grandeur de la feuille et Yintensit6 de la suceion, de un & plusieurs Jitres d’air par minute“. Werden jedoch alle anderen Blätter dieser Pflanze ganz unter Wasser getaucht, so hört die Gasausscheidung auf, um wieder zu beginnen, wenn die Blätter von neuem über den Wasserspiegel emportauchen- Die Analyse zeigte in dem ausgeschiedenen Gas fast stets mehr Stick- stoff als in der Luft, was Barthölemy veranlaßt, die Erscheinung aufzufassen als „un simple jeu de la pression atmospherique compliqu& de phönomdnes de diffusion par les petites ouvertures“, denn der größere Stickstoffgehalt „est d’aceord avec les lois de la diffusion des gaz par les petites ouvertures“. Da aber diese ungemein energische Gasausscheidung schon bei den schwächsten Druckdifferenzen (2 bis 3 mm Wasser) sich einstellt, so ist an einen Diffusionsvorgang nicht zu denken, um so mehr als dieser stärkere Stickstoffgehalt auch auf viel einfacherem Wege sich erklären läßt. Bei Goebel?) finden wir die beiläufige Angabe, daß in Blatt- stielen von Nelumbo auch ein negativer Druck herrschen kann; da 2) Martins, Note sur la somme de chaleur efficace necessaire & 1a floraison du Nelumbium speciosum. Bull, soc. bot. de France, Tome IV, pag. 652. 2) K. Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen H, pag. 251, 1891. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 141 die ausführlichen Mitteilungen sich auf Nymphaea beziehen, so werden wir später auf sie zurückkommen. Im Jahre 1910 veröffentlichte Ohno!) eine Arbeit „Über leb- hafte Gasausscheidung aus den Blätten von Nelumbo nucifera Gaertn.“, welche das bereits Bekannte bestätigt. Folgende Punkte verdienen es besonders hervorgehoben zu werden. Die im wesent- lichen vorhandene Übereinstimmung der Zusammensetzung des ausge- schiedenen Gases und der atmosphärischen Luft wird durch Zahlen- belege erhärtet, Als Überdruck, unter dem die Blasen ausgeschieden. werden, beobachtete Ohno mehrere Zentimeter Wasser, im Maximum 10,8 cm; er erhielt also lange nicht sohohe Werte wie Barthölemy bei Be- sonnung und Merget bei künstlicher Erwärmung, was vielleicht mit der Verwendung einer Zwergform zusammenhängt. Aus dem früher Mitgeteilten, speziell aus den Versuchen L. Dufour’s folgt, daß die Blasenausscheidung aufhören muß, wenn die Außenluft reich an Wasser- dampf wird; die experimentelle Bestätigung für das Nelumbo-Blatt . gab nun Ohno, indem er durch Überstülpen eines Triehters oder einer Glasglocke über die Spreite die Blasenbildung zum Stillstand brachte. Nach Dufour ist die Größe der porösen Wand ohne Einfluß auf die erreichbare Druckdifferenz und es ist daher verständlich, daß diese sich nicht änderte, als Ohno den größten Teil der Spreite mit Vaseline bestrich. Die Erklärung Ohno’s deckt sich im Prinzip mit derjenigen von Kundt. Wir haben die letztere früher schon besprochen, so daß wir jetzt nicht mehr darauf zurückzukommen brauchen. Gewisse Unrichtigkeiten bei der Erwähnung der Versuche Dufour’s hängen wohl damit zusammen, daß Ohno die Originalarbeiten nicht durch- gesehen hat., Neu sind zwei Experimente, die ohne Erklärungsversuch ange- führt werden. „Eine sehr merkwürdige Erscheinung beobachtet; man, wenn man eine Kältequelle der Blattfläche nähert. Ich verfuhr dabei folgendermaßen: Ein großes Becherglas wurde mit Eisstückehen und Wasser gefüllt (das "Thermometer zeigte in einem Abstande von 1 em vom Boden des Glases entfernt: quer gehalten nach 11/, Minute eine Temperatur von 24° C bei 31° Zimmertemperatur) und mit dem Boden in verschiedenen Abständen von einer Blattspreite gehalten“, Während der Druck im Zimmer bei 31° 16—18 mm Wasser betrug, stieg er bei Annäherung des Becherglases ohne vorherige Volumen- kontraktion auf 30 mm, 1) Ohno, Über lebhafte Gasansscheidung aus den Blättern von Nelumbo nucifere.- Zeitschr. f. Bot. 1910, 2. Jahrg., pag. 641. 142 A. Ursprung, Die Eirscheinung erklärt sich meines Erachtens dadurch, daß infolge der Abkühlung der Außenluft die Spannung des Wasserdampfes außen verringert wurde, Auch die Thermodiffusion müßte in gleichem Sinne wirken. „Ein sehr interessanter Versuch läßt sich ausführen, wenn man ... einige Tropfen Äther auf die Oberseite der Blattspreite gießt. Es entsteht dann sofort ein starker negativer Druck, dem ebenso plötzlich ein starker positiver Druck folgt. Der Wechsel des Druckes geht in wenigen Sekunden vor sich.“ Der Vorgang erklärt sich meines Erachtens folgendermaßen. Anfänglich befindet sich über dem Blatt Ätherdampf, im Blatt aber nicht; da nun, wie wir früher sahen, der Äther durch eine poröse Scheidewand nur halb so rasch diffundiert als Wasserdampf und auch bedeutend langsamer als Luft, so muß offenbar ein negativer Druck entstehen. Sobald aber das Blatt selbst mehr Äther enthält als die umgebende Luft, so muß der Druck natürlich ‚ Positiv werden und so lange anhalten, als Äther im Innern vor- handen ist. Aufzuklären bleibt: noch die Angabe von Merget, daß aus der Spreitenmitie nur dann Blasen austreten, wenn hier die Temperatur niedriger ist als in der übrigen Spreite. Da dieses Verhalten weder vor noch nach Merget konstatiert oder diskutiert worden ist und da mir Nelumbo nicht zur Verfügung stand, so werde ich später bei Besprechung von Nymphaea auf diesen Punkt zurückkommen. 2. Wir wenden uns jetzt zu den Beobachtungen, die an Nymphaea angestellt worden sind. ‚ Dutrochet?) beschreibt seine Versuche folgendermaßen: „Je plongeais dans ‘un bocal plein d’eau une feuille de Nymphaea possedant une partie de son pätiole coup6 transversalement. L’extr6- mit& coup6e de p6tiole &tant dirigee en bas, j’observais, A cette extr6- mite infrieure, le dögagement de Fair par les ouvertures b6antes des tubes pneumatiques, ce degagement d’air n’avait lieu que pendant le jour, sous Vinfluence de la lumidre; il cessait pendant la nuit. Cette experience e&tait faite & la lumiöre diffuse. ... . Si la feuille du Nymphaea n’&met de Yair par Vextrömit6 coupse de son pötiole que lorsque le limbe de 1a feuille est submerg6, cela provient de ce quele 1) Dutrochet, Röplique aM. Raffeneau-Delile au sujet de la respiration du Nelumbium. Ann. se, nat., II. Ser., Tome XVI, nag. 337. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 148 contact de l'eau occasionne l’ocelusion des stomates nombreux qui existent sur ce limbe. L’oxigöne verse A V’int6rieur des organes pneu- matiques oü il s’accimule sans cesse sous Yinfluence de la lumiäre, ne trouvant plus d’issue par ces stomates, est forc& de s’&vacuer par la seule issue qui lui est ouverte, c’est-A-dire par les ouvertures des tubes pneumatiques ä la section du pötiole. Le limbe de la feuille &tant replac6 dans l’atmosphöre, les stomates s’ouvrent et livrent A Pair accumul6 dans les organes pneumatiques une issue plus facile que celle de Vextrömits inferieure du p6tiole par laquelle il sortait auparavant; car, pour sortir, il avait IA & vainere la pression d’une colonne d’eau d’une certaine &levation,“ Im Jahre. 1867 publizierte Lechartier‘) eine Reihe von Esperi- menten, die er im Monat August an Nymphaea-Pflanzen an ihrem natürlichen Standort, „en pleineriviere“, also unter normalen Vegetations- bedingungen angestellt hatte. Um Mittag trennte er an einem völlig untergetauchten Exemplar eine dem Wasserspiegel ziemlich nahe Spreite vom Stiel und sah nun sofort aus dem zurückbleibenden, mit der Pflanze zusammenhängeuden Stielende reichlich Blasen austreten, die auch dann noch zum Vorschein kamen, als das Stielende 26 cm unter Wasser getaucht wurde. Die Gasausscheidung dauerte während des ganzen Nachmittages im diffusen Licht, hörte erst bei völliger Dunkel- heit auf und begann am anderen Morgen gegen 8,30 Uhr wieder von neuem. Die von Lechartier ausgeführte Gasanalyse ergab 12 %, O und 889%, N; auch dauerte die Gasausscheidung fort, als alle Spreiten entfernt waren. B Aus einer Pflanze mit nur Schwimmblättern wurde nicht so leicht Gas ausgeschieden. „La face supfrieure des feuilles &tant en eontact avec l’atmosphäre, la force 6lastique du gaz intörieur n’est pas superieure & la pression atmospherique,* Es schieden sich daher erst Blasen aus, als das mit der Pflanze zusammenhängende Stielende in einem mit Wasser gefüllten Gefäß über das äußere Niveau gehoben wurde, Bei einer Druckverminderung von 10 em Wasser erfolgte eine heftige Aus- scheidung von Gas, das viel weniger O enthielt als die atmosphärische Luft (7,7—9,7%%, am Vormittag, bis 16,8°/, am Nachmittag); ferner waren die ersten Gasproben jeweils CO, ärmer als die folgenden (@. B. I. Probe 0,5%, V. 25%, X. 24%). „Ces analyses montrent done bien que les gaz ont &6 puis6s dans les eouches profondes et 1) G. Lechartier, Sur le mouvement des gaz dans les plantes aquatiques. Ann, sc. nat, 1867, V. S6r., Tome VII, pag. 364. 144 . A. Ursprung, vaseuses de l’eau“, und einleitend bemerkt er, „que ind&pendamment des gaz qui peuvent &tre puisös dans l’eau par les feuilles, il y a des gaz qui sont absorb6s seit par les raeines, soit par la tige, et qui traversent la plante pour ötre exhalös par les feuilles“. Barth&lemy, den wir schon bei Nelumbo erwähnten, maeht in der gleichen Arbeit auch Mitteilungen über Nymphaea. Im Gegen- satz zu Nelumbo fand er hier keinen Gasaustritt aus den Spreiten „paree qu’elles sont d&pourvues de villosites euticulaires, et, par conse- quent, d’air condense“. Auf die naheliegende wahre Ursache werden wir bald zurückkommen. Barthölemy führte ferner das Ende eines - mit der Pflanze zusammenhängenden Stieles in eine mit Wasser gefüllte Glocke über das Außenniveau und erhielt eine lebhafte Ausscheidung von Gas (4, Liter in einigen Minuten) von der Zusammensetzung O 12,5%, N 87,5%. „Ües dögagements de gaz par des s6ctions du pötiole me semblent prouver seulement que l’atmosphöre interieure &tait arrivde & une tension plus grande que celle de l’atmosphöre extörieure“. Der massenhafte Gasaustritt zeigt, daß Barthölemy mit einer Pflanze operierte, die Schwimmblätter besaß; der Erklärungs- versuch allerdings ist, wie wir gleich sehen werden, gänzlich mißglückt. Ferner wird mitgeteilt, daß „les stomates dans Yair et pour de faibles variations de pression, laissent sortir les gaz interieurs et ne per- mettent pas A Yair de rentrer“. Diese Angabe, die auch Pfeffer!) er- wähnt, stützt sich auf folgenden Versuch?), der wahrscheinlich mit einer an der Pflanze befindlichen Spreite des oben erwähnten Exemplares mit Schwimmblättern ausgeführt worden ist. ‘ „J’ai plac6 la fenille, sans la toucher, sous une cloche & robinet, pleine d’air. J’ai enfone& la cloche, le robinet 6tant ouvert; une partie de l’air a 6t6 ainsi chassee. Tai ferm& ensuite le robinet, et, la eloche ayant 6t& soulev6e, j’ai pro- duit une succion de 15 centimdtres environ. Le nivean ayant 6&t& merqu6 sur Ia cloche, on Ya vu s’abaisser d’abord rapidement, puis plus lentement, de sorte que trois heures apıds le niveau 6tait rede- venu le möme qu’d lexterieur. On a alors enfoncs la cloche de maniere & produire une pression &gale & la suceion pr&cödente, et le niveau est restö ä peu prös invariable pendant le möme laps de temps“. Das bei Saugung ausgetretene Gas enthielt am Morgen 5—6°/,, am Abend bis 28%, O. Während Lechartier die Gase in den „couches profondes et vasenses de l’eau“ geschöpft werden läßt, meint Barthelemy, daß die 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, pag. 179. 2) Barthelemy, 1. e. pag. 160, Zur Kenntnis der Gasdiffusiou in Pflanzen. 145 Zusammensetzung der Gase doch kaum mit dieser Ansicht sich ver- einbaren lasse und daß diese wohl meistens aus dem Wasser ent- nommen würden. „Ces gaz puises par les racines, seraient n&cessaire- ment & une pression sup@rieure & celle de l’atmosphöre et viendraient s’accumular dans le rhizome, qui est ordinairement poreux et gorg6 en effet de gaz. De lä ils se r6pandraient dans le p6tiole et dans le limbe de la feuille, od les stomates serviraient & leur mouvement naturel.“ Und damit ja kein Zweifel aufkommen kann, sagt er zum Schlusse nochmals „Que les stomates ... ont pour but de laisser exhaler au dehors les gaz interieures; tandis quiils sont en general disposes de manidre & les empöcher de rentrer“. Negative Drucke wies K. Goebel!) in Nymphaeen nach. „An einem trüben Herbsitage wurden Blattstiele von Nymphaea rubra und N. stellata unter Quecksilber abgeschnitten (nahe der Wasser- oberfläche) und so, daß die Blattstiele möglichst aufrecht gehalten wurden. Es ergab sich, daß die feineren Interzellalarräume bei allen untersuchten Blättern mit Quecksilber injiziert wurden, selbst bei 60 cm langen Stücken ließen sich die Quecksilberfäden bis an die Blattspreite hin verfolgen.“ Die Erklärung sieht Goebel darin, daß, bei der starken Reduktion der Assimilation und dem Fortdauern der Atmung (die Wasserwärme in dem Nymphaeenbassin beirug 25%, der Sauer- stoff der Interzellularen zum großen Teil aufgebraucht und die bei der Atmung gebildete Kohlensäure von den Zellen absorbiert wurde. Nach Bunsen ist. der Absorptionskoeffizient der Kohlensäure 1,24 bei 8,4° C des Sauerstoffes 0,04 bei 8,3° C. Über das Vorkommen positiver Drucke zitiert Goebel eine Driefliche Mitteilung von Sachs, wonach jedesmal ein lebhafter Blasen- strom hervorkam, wenn von besonnten Pflanzen Blattstiele tief unter Wasser abgeschnitten und die Schnittfläche bis auf 3—5 em unter die Wasseroberfläche gehoben wurde. Die Ursache wird in der Assimilation gesucht. Die in der Literatur vorhandenen Angaben über Gasströme in Nymphaeen und die sie bedingenden Ursachen sind also sehr ver- schiedenartig. Die einen wollen z. B. Ströme beobachtet haben von der Spreite zur Wurzel, die andern von der Wurzel zum Blatt; dieser findet eine Blasenausscheidung nur, wenn die Spreite submers ist, jener auch, wenn sie über den Wasserspiegel emporragt; ein Autor 1) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen II, pag. 251, 1891. 146 A. Ursprung, erklärt den Ausgleich einer Druckdifferenz durch die Stomata für unmöglich oder sehr schwierig, ein zweiter läßt ihn leicht erfolgen; als Ursache des Innendruckes wird die Assimilation bald bestimmt angenommen, bald ebenso bestimmt in Abrede gestellt. Erneute Ver- suche mit Nymphaea schienen daher wünschenswert. Infolge der Sauerstoffbildung bei Beleuchtung ist eine Druck- zunahme in den Interzellularen von Nymphaea a priori zu erwarten und die von Dutrochet und Sachs vertretene Ansicht erscheint daher sehr plausibel. Man begreift auch, daß nach Untertauchen des Blattes der Innendruck sich leichter geltend machen wird, weil eben dann ein direkter Ausgleich mit der Atmosphäre .nicht möglich ist. Es läßt sich die Gasausscheidung aus einem abgeschnittenen, untergetauchten Blatt vatürlich noch mehr erleichtern, wenn man das Stielende in einer mit Wasser gefüllten Bürette etwas über das umgebende Niveau empor- hebt. Das Aufhören und Wiedereinsetzen der Blasenbildung, je nach- dem man in diesem Versuch das Blatt, verdunkelt oder dem Licht aus- setzt, zeigt deutlich, daß wir es hier mit dem Assimilationsvorgang zu tun haben. Auch wird der reiche Sauerstofigehalt der aus solchen Blättern austretenden Blasen von Dutrochet ausdrücklich hervor- gehoben. Eine Folge der Assimilationstätigkeit ist es ferner, daß das Gas, welches Barthölemy aus an der Pflanze befindlichen Blättern erhielt, am Abend bis 28%, O aufwies, während es am Morgen nur 5—6%, enthielt. Wie leicht ersichtlich muß bei alleiniger Tätigkeit der Atmung der Sauerstoffgehalt sinken. So erwähnt Pfeffer) eine Angabe von Dutrochet?) wonach Wurzeln von Nuphar luteum, trotz des stark entwickelten Interzellularsystems nur 8°, O enthielten; andererseits bemerkt er aber gewiß mit vollem Recht, daß unter normalen Ver- hältnissen das eingeschlossene Gas nie aus reinem Stickstoff besteht und daß die diesbezüglichen, auf die Blätter von Pontederia und Typha sich beziehenden Angaben von Barthölemy auf einem Irrtum beruhen. Ist die Versuchsanordnung so getroffen, daß das analysierte Gas nicht nur aus assimilierenden, sondern auch aus bloß atmenden Pflanzenteilen stammt, so kann unter Umständen ein relativ geringer Sauerstoffgehalt ebenso wenig verwundern, als ein verhältnismäßig hoher Prozentsatz an Kohlensäure, was bei den Analysen von Lechartier und Barthölemy zu berücksichtigen ist. 1) Pfeffer, 1. c. pag. 188, 2) Dutrochet, 1. 0, pag. 175. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 147 Spielt auch die Assimilation bei den Gasströmungen im Nym- phaea-Blatt zweifellos eine nicht unwesentliche Rolle, .so ist sie doch nicht der einzige Faktor, der in Betracht fällt. Von dem Vorhanden- sein einer weiteren Kraft, welche in einem Teil der erwähnten Ver- suche eine Blasenausscheidung bewirkte, kann man sich am einfachsten auf folgende Weise überzeugen. Man führe den Stiel eines abgeschnittenen Blattes von Nym- phaea alba in eine mit Wasser gefüllte Bürette über das umgebende Niveau, während die Spreitenoberseite in Luft sich befindet; bei einer bestimmten Verminderung des auf dem Stielende lastenden Druckes treten aus ihm kontinuierlich zahlreiche Blasen aus. Die Druck- verminderung, die nötig ist um einen regelmäßigen Blasenaustritt zu veranlassen, erreicht sehr verschiedene Werte, bald 2, 3, 4 oder 5 cm Wasser, in anderen Fällen aber auch 13, 15 oder noch mehr Zenti- meter Wasser. Diese Gasausscheidung hört sofort auf, wenn die Spreifen- oberseite mit Vaseline bestrichen oder unter Wasser getaucht wird und be- ginnt alsbald von neuem, wenn man die untergetauchte Spreite wieder an die Luft bringt. Die Blasenausscheidung wird ebenfalls sofort sistiert, wenn der Überdruck aufhört. Ob man hier noch von Diffusion reden will, ist Geschmackssache. Versteht man unter Diffusion das lang- same, ohne Einwirkung äußerer Kräfte erfolgende Eindringen zweier Körper ineinander, so gehört unser Vorgang zweifellos nicht hierher. Bekanntlich pflegt man aber oft den Begriff weiter zu fassen und auch auf den in irgend einer Weise erfolgten Durchtritt von Gasen durch poröse Scheidewände auszudehnen. In unserem Falle handelt es sich einfach um ein Durchpressen von Luft durch das Blatt, indem der Außendruck auf der Seite der Spreite größer ist als auf der Seite des Stielendes. Auch erfolgt die Erscheinung ebensogut in Blättern mit dürrer, wie in solehen mit turgeszenter Spreite, ein Beweis, daß der Gehalt der Interzellularen an Wasserdampf keine Rolle spielt und daß die hygrometrische Diffusion nicht in Betracht fällt. Die sehr verschieden starke Blasenausscheidung, die sich in ver- schiedenen Nymphaea-Blättern bei demselben Überdruck beobachten läßt, ist somit dureh die verschiedene Gangbarkeit der Interzellularen oder der Spaltöffnungen bedingt. Bezüglich der Stomata behauptet Barthslemy, wie wir schon hörten, daß sie den Gasen wohl den Aus- tritt, nieht aber den Eintritt erlauben. Er hatte nämlich auf die in Luft befindliche Spreite eines Blattes einen negativen Druck ausgeübt und dabei Gas austreten sehen, während bei Ausübung eines positiven Druckes kein Gaseintritt erfolgt sein soll. Ich habe diesen Versuch 148 A. Ursprung, in der von Barth&lemy angegebenen Weise wiederholt. Ein Nym-. phaea-Blatt mit langem Stiel wurde abgeschnitten, die Schnittfläche ‚des Stiels oberhalb des Wasserniveaus befestigt und über die auf dem Wasser schwimmende Spreite eine Glocke gestülpt. Die Glocke wurde so weit gehoben oder gesenkt, daß die über der Spreite befindliche Luft unter einem negativen oder positiven Druck von il cm Wasser sich befand. In beiden Fällen hatte sich die Niveaudifferenz in einigen Stunden ausgeglichen. Ähnlich verhielt sich ein Blatt, das an der Pflanze sich befand; der Druckausgleich durch das Rhizom und die übrigen Blätter hindurch war schon in einer Stunde erfolgt. Diese Resultate zeigen, daß die Stomata des Nymphaea-Blattes der Luft sowohl den Ein- wie auch den Austritt erlauben und daß somit die anders lautende Angabe Barthölemy’s auf einem Irrtum beruhen muß. Auch bei meinen Versuchen blieb übrigens die Niveaudifferenz einmal erhalten, als die Spreite durch ein ungeschiektes Manipulieren ganz mit: Wasser bedeckt worden war; auf dieses oder ein anderes Versehen werden die Ergebnisse Barth&lemy’s zurückzuführen sein. Das von Dutrochet supponierte Spiel der Spaltäffnungen, welches wir Eingangs erwähnten, und das auch nach det an. anderen Pflanzen gemachten Beobachtungen von Mohl und Kohl nicht unver- ständlich gewesen wäre, findet ebenfalls nicht statt. Die Stomata turgeszenter Blätter von Nymphaea alba und Nuphar luteum schließen sich nach meinen Befunden weder in Wasser, noch in Rohr- zucker oder Glyzerin. Es stimmt dies durchaus mit den Angaben von Leitgeb und Haberlandt}), Wenn also die beobachtete Verschiedenheit in der Durchlässigkeit des Durchlüftungssystemes nicht auf einen aktiven Verschluß der Spalt- öffnungen zurückzuführen sein kann, so muß die Ursache entweder in einem passiven Verschluß oder in einer Herabsetzung der Leitungs- fähigkeit der Interzellularen der Spreite oder des Stiels bestehen. Über den anatomischen Bau der Spaltöffnungen der Nymphaeaceen schreibt Haberlandt2): „Bei Nymphaea alba und thermalis finden wir wieder die vorgezogenen äußeren Cuticularleisten, den trichterförmigen Porus und den vollständigen Mangel der inneren Cutieularleisten. Bemerkenswert ist die schon von Leitgeb hervor- gehobene Tatsache, daß die Bauchwände der Schließzellen, welche bogig in die Innenwände übergehen, an älteren Spaltöffnungen in ihrer 1) Haberlandt, Zur Kenntnis des Spaltöffnungsspparates. Flora 1887, Nr. 7. 2) Haberlandt, 1 c. pag. 6. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 149 ganzen Ausdehnung verdickt sind... Etwas abweichend dagegen sind die Spaltöffnungen von Nuphar luteum ausgebildet. Es zeigt sich hier eine Annäherung an die typische Querschnittsform der Schließzellen, indem die unverdickt bleibenden Bauchwände sich vorwölben und so eine Zentralspalte bilden. Dieselbe ist aber so breit, daß sie niemals geschlossen werden kann.“ Die biologische Bedeutung des charakte- ristischen Baues der Spaltöffnungen ‘sucht Haberlandt!) bekanntlich in einer Schutzeinrichtung gegen die kapillare Verstopfung der Spalten mit Wasser. „Daß die Stomata der Schwimmpflanzen dieser Gefahr besonders ausgesetzt sind, ist ja selbstverständlich. Andererseits kann zwischen den scharfen Kanten der die Spalte begrenzenden Kutikular- leisten das Wasser blos in Form eines sehr wenig widerstandsfähigen Häutchens festgehalten werden. Dasselbe wird sehr leicht platzen, oder auch bald durch Verdunstung verschwinden.“ Einen reichen Gasaustritt bei schwachem Überdruck beobachtete ich regelmäßig bei gesunden, turgeszenten Blättern, deren Spreite nicht benetzt war und deren Stiel ich erst kurz vor dem Versuch von der Pflanze losgetrennt hatte. Unter verschiedenen Umständen, besonders wenn die Blätter längere Zeit untergetaucht wurden, kann eine partielle Injektion der Luftwege erfolgt und damit der Widerstand beträchtlich angewachsen sein. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Ein Blatt von Nymphaea, das erst bei einem Überdruck) von 13 cm Wasser Blasen aus dem Stiel austreten ließ, zeigte die Blasen- ausscheidung schon bei 4 em Überdruck als der Stiel um 10 em ver- kürzt worden war. Oft ist das vorhandene Hindernis leicht zu be- seifige. So begann bei einem anderen Blatt die Blasenausscheidung erst bei 8 em Überdruck, erhielt sich aber dann auch noch bei 4 em. Es mögen hier vielleicht Wasserhäutchen zwischen den Spaltöffnungen oder in den Luftkanälen sich befunden haben, welche leicht platzten und dann die freie Gaszirkulation ermöglichten. Ein Blatt, das längere Zeit unter Wasser gehalten worden war, ließ auch bei 19 em Überdruck nur sehr wenig Gas passieren; da nach Abschneiden der Spreite die Durchlässigkeit, dieselbe blieb, so mußten die Interzellularen des Stieles bedeutende Verstopfungen aufweisen. Sind dagegen die Interzellularen des Stieles völlig durchlässig, so ist eine Verkürzung desselben bedeutungslos, da 3) Haberlandt, 1. c. pag. &. , 2) Unter „Überdruck“ verstehe ich die vertikale Erhebung des offenen Stiel- endes über das äußere Wasserniveau. Die an der Mündung der Luftgänge sieh geltend machende Meniskenwirkung habe ich der Einfachheit wegen vernachlässigt, was ja, da es sich hier nur um relative Werte handelt, wohl erlaubt ist. Flora, BA. 104. u 150 A. Ursprung, eben, bei der großen Weite des Durchlüftungssystems, die in Betracht fallenden Längendifferenzen keine Rolle spielen. Über eine praktische Verwertung von Blütenstielen, ägyptischer Nymphaeen berichtet Raffe- neau-Delilet); „j’avais vu vendre, au march6 du Caire, de longs p6- doneules de fleurs de Nymphea, qui servaient & des fumeurs. Ils detruisaient le fond de la fleur, la remplissait de tabac allume, et aspiraient la fumse par ’extr&mit6 opposse du p6tiole.“ Sind die Interzellularen der Spreite leicht durchlässig, so tritt die Blasenausscheidung ein, sobald auch nur ein kleiner Teil der unter- getaucht gehaltenen Spreite über das Wasser hervorragt; es ist hierbei gleichgültig, auf welche Stelle des Blattrandes dieser Kontakt mit der Atmosphäre sich bezieht, dagegen erfolgt der Luftdurehtritt im allge- meinen, aus leicht; ersichtlichen Gründen, am lebhaftesten, wenn die Spreitenmitte aus dem Wasser hervorragt. Was wir für Nymphaea alba berichtet haben, gilt im allge- meinen auch für Nuphar. Der Widerstand verstopfender Wasser- säulchen zeigte sich z. B. in folgenden Versuchen. Durch einen Nuphar-Blatistiel, der die Gase leicht zirkulieren ließ, konnte auch bei einem Überdruck von 40 cm Wasser keine Luft gepreßt werden, als das freie Stielende einen Moment mit Wasser in Berührung gekommen war. Bei einem andern Blatt sank die Durchlässigkeit für Luft nach Abschneiden der Spreite um ein mehrfaches des anfänglichen Betrages, weil beim Durchschneiden des Stieles die Mündungen der Interzellu- laren mit Wasser verstopft worden waren. Bei schwer durchlässigen Blättern befinden sich die Verstopfungen bald im Stiel, bald in der Spreite, was leicht daraus hervorgeht, daß bei vorsichtigem Abschneiden der Spreite in den einen Fällen ein reicher Gasdurchtritt durch den Stiel erfolgt, in anderen Fällen dagegen nicht. Auch durch ganze Pflanzen von Nymphaea-und Nuphar zirku- liert die Luft bei einem geringen Überdruck. Wenn man an einem an der Pflanze befindlichen Blatt die Spreite abschneidet und das Stielende in einer mit Wasser gefüllten Bürette etwas über das äußere Niveau emporhekt, so entsteht alsbald ein regelmäßiger Blasenstrom. Natürlich ‘war auch in den entsprechenden Versuchen von Lechartier und Barthelemy die Ursache der Blasenausscheidung dieselbe, und das sofortige Aufhören des Gasaustrittes beim Untertauchen sämtlicher Blätter zeigt deutlich, daß der von Barthelemy zur Erklärung herbeigezogene höhere Innendruck keine Rolle spielt. DaB die Ana- 1) lc. p. 329, wörtlich. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 151 Iyse des austretenden Gases, wie Lechartier und Barthölemy fanden, von derjenigen der Luft bedeutend abweichen kann, bedarf nach dem früher Gesagten keiner Erklärung mehr. Die Nymphaeen-Blätter vermögen aber auch dann noch Blasen auszuscheiden, wenn auf Spreite und Stiel derselbe Druck herrscht und wenn jegliche Assimilationstätigkeit völlig ausgeschlossen ist. So Heß ein abgeschnittenes, auf Wasser von 35° gelegtes Blatt aus dem dicht unter dem Niveau befindlichen Stielende im Dunkeln reichliche Gasmengen austreten, welche .das Volumen des Blattes um das Viel- fache übertrafen. Nach einiger Zeit hörte die Gasentwicklung anf, stellte sich aber sofort ‚wieder ein, als mit Hilfe eines Ventilators die Luft über der Spreite erneuert wurde. Die „hygrometrische Diffusion“ läßt sich also auch hier deutlich feststellen. Über die Bedeutung der Erwärmung: geben die folgenden Versuche Aufschluß. In ruhiger Luft erfolgte bei Schwimmblätteru die Blasenausscheidung aus dem etwa 4/,—1 em unter dem Niveau befindlichen Stielende bald bei einer Wassertemperatur von 25°, bald waren über 30°, über 40°, in einem Falle sogar 56° nötig (55° reichten noch nicht aus). Außer den schon früher namhaft gemachten Umständen, welche derartige indi- viduelle Verschiedenheiten bedingen können, ist. hier auch noch auf die Verwundung der Spreite aufmerksam zu machen, die bei Nymphaea und Nuphar sehr häufig vorkommt und durch die Erleichterung des Gasaustrittes einem erhöhten Innendrucke natürlich entgegen arbeitet. Einmal begonnen, erhält sich die Blasenausscheidung aber oft auch bei niederer Temperatur, was nach unseren früheren Mitteilungen leicht verständlich ist. Einen großen Einfluß hat, wie zu erwarten, der Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Die in ruhiger Luft erfolgende Blasen- ausscheidung hört sofort auf, wenn ein Trichter dicht über die Spreite gehalten wird; umgekehrt kaun die in ruhender Luft fehlende Blasen- ausscheidung sofort beginnen, wenn der Ventilator in Gang gesetzt wird. Der Einfluß verschiedener Faktoren auf diesen Diffnsionsvorgang lßt sich leichter an dem erzeugten Innendruck erkennen als an dem Beginn und der Intensität der Blasenausscheidung. In der folgenden Tabelle sind einige Zahlenwerte mitgeteilt, damit man sich eine Vor- stellung machen kann von den tatsächlich erreichten Druekgrößen, von der Bedeutung der Temperatur und der Iuftbewegung, und vor allem auch von. den starken. individuellen Verschiedenheiten. Die Spreiten ragten in ihrer natürlichen Stellung zum Teil ganz in die Luft, zum Teil schwammen sie auf dem Wasserspiegel, so 'daß ihre Oberseiten 11r 152 A. Ursprung, bald ganz trocken, bald auch mehr oder weniger stark benetzt waren. Die erste Kolonne enthält die Temperatur des Wassers, auf dem die Blätter bei dem Versuch schwammen, die zweite und dritte geben den Innendruck in Zentimetern Wasser an, abgelesen an einem an der Sehnittfläche des Stiels befestigten Manometer. In der zweiten Kolonne ist die Luft über der Spreite ruhend, in der dritten durch einen Ven- tlator bewegt. Diese und die folgenden Angaben beziehen sich immer, wo nichts besonderes bemerkt ist, auf Nymphaea alba, gelten aber, wenigstens in qualitativer Hinsicht, auch für Nuphar. Druck in cm Wasser Druck in cm Wasser Temperatur Temperatur des Wassers Luft Luft des Wassers Luft Luft ruhend bewegt ruhend bewegt 01 03 250 0. 04 32 151 04 30° „ 0,8 25 0,1 05 30° „ 23,0 3,0 0,1 0,6 3° „ 3,0 6,0 0,1 9,7 36° „ 40 70 A 08 37° u 4,0 6,5 91 ini 370 5 50 7,5 02 05 38° 5 2,0 45 02 07 38% „ 55 9,5 0,2 10 400 ), 12 45 02 Ll 40% „ 18 6,5 0,3 10 40° 5 35 9,5 0,3 11 40° 7, 40 5,5 0,3 1,2 40° „ 45 83 0,3 1,3 41° „ 35 75 0,3 14 42° „ 5,5 10,5 08 15 43°) 3,0 7.0 04 15 48° „ 80 105 94 18 440 5 5,0 9,0 0,5 1,0 45° „ —_ 21,0 20 3,5 48° „ 0,8 3,0 00 15 50° „ 3,5 5,5 08 10 50° „ 40 65 0,3 11 50° „ 45 12,0 00 1,7 50° ) 50 12,0 0,8 0,8 50° 7, 110 17,0 0,3 17 Beim Überstülpen eines Trichters ging der Druck bedeutend zurück und beim Untertauchen der Spreite unter Wasser hörte er ganz auf, Wird etwas Äther auf die Spreite gegossen, so entsteht zuerst ein negativer und gleich darauf ein positiver Druck, der natürlich ebenfalls nur kurze Zeit anhält. Es ließen sich auf diese Weise nega- _ tive Drucke von 2 bis zu 13 em Wasser und, mit Hilfe des Ventilators, Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 153 positive Drucke bis zu 16 cm Wasser erzielen. Auch durch bloßes Überhalten der offenen Ätherflasche über die Spreite entstand ein negativer Druck (bis 8 cm), dem nach Entfernen der Flasche ein be- deutend schwächerer positiver Druck (bis 2 em) folgte, Die Erklärung aller dieser Erscheinungen ist dieselbe wie bei Nelumbo, so daß wir hierauf nicht zurückzukommen brauehen, Mit dieser Deutung des Diffusionsvorganges stehen auch die folgenden Ver- suche im Einklang. Mit der Oberseite eines in Zimmerluft von 22° befindlichen Nymphaea-Blattes wurde eine mit einer Kältemischung (Eis und Kochsalz) gefüllte Schale in Berührung gebracht; der Druck stieg sofort von 0,0 auf 1,7, fiel dann aber rasch. Die Wiederholung des Versuches hatte eine Drucksteigerung von nur 0,9 zur Folge, und je öfter das Experiment wiederholt wurde, um so schwächer wurde der ‚Ausschlag. Die Berührung der Oberseite mit einer Schale, die warmes Wasser (49% enthielt, ließ keine Drucksteigerung erkennen; dieselbe trat jedoch augenblicklich ein (von 0,0 auf 1,5) als die Schale entfernt und damit die Blattoberseite freigelegt wurde. Die Erklärung ergibt sieh von selbst aus dem bei Nelumba Mitgeteilten und daraus folgt auch, warum bei Berührung des nech warmen Blattes mit der Kälte- mischung der größte Ausschlag erzielt wurde (4,0 em). Bei den geprüften Nuphar-Blättern waren die Ausschläge weniger stark, erfolgten aber natürlich im gleichen Sinne. An dieser Stelle möchte ich noch auf ein Experiment von Merget mit Nelumbo-Blättern zurückkommen, das ihn wohl veranlaßte, die ‚Gasausscheidung aus der Spreite für eine Thermodiffusionserscheinung zu halten und das mit unserem Erklärungsversuch in Widerspruch zu sein scheint. Nach Merget treten nämlich in der Spreitenmitte nur dann Blasen aus, wenn hier die Temperatur niedriger ist als in der übrigen Spreite. „En admettant cette explication comme plausible, il en resultait que Peau du centre de la feuille, ayant uniquement pour effet de soustraire les tissus sous-jacents & Vaction calorifique du foyer, son remplacement par de l’ean snffisamment chaude pour uniformiser la tempörature du limbe devait arröter toute ämission gazeuse par les surfaces mouill6es. O’est, en effet, ce rösultat qu’on obtient, et l’on peut aller plus loin que cette exp6rienee negative; ear dans le cas oü les hulles, se dögageant lentement: sous Veau froide, semblent retennes par une sorte de pödicelle gazeux qui les maintient en communication avec la masse d’air intörieure, par des affusions graduses d’eau chande, on les voit progressivement disparaitre, comme rösorb6es par les tissus dans les- quels elles rentrent.“ Da keiner der späteren Experimentatoren diese 154 A. Ursprung, Angabe nachgeprüft noch auch nur diskutiert hat, so wollte ich mir über diesen Punkt so gut als möglich Klarheit verschaffen. Weil mir Nelumbo nicht zur Verfügung stand, so suchte ich die Erscheinung bei Nymphaea hervorzurufen, in dem ich in die Spreitenmitte, über dem Stielende, mit einer Nadel Löcher stieß und diese mittlere Partie durch Einstellen in ein enges Becherglas unter Wasser tauchte, während die übrige Spreite in die Luft ragte. Dadurch, daß ich das Becherglas mit kaltem oder heißem Wasser füllte und das Glas samt dem Blatte auf den Tisch oder auf ein erhitztes Sandbad stellte, konnte ich die Tempe- ratur der Spreitenmitte nach Belieben höher oder tiefer als die der übrigen Spreite wählen. Das Resultat war, daß bei genügender Er- wärmung der übrigen Spreite aus der Mitte ein kontinuierlicher Blasen- strom austrat, |gleichgültig, ob diese Mittelpartie in kaltes oder warmes Wasser tauchte; bei der Verwendung von warmem Wasser war der Blasenstrom sogar noch energischer. Dieses Verhalten war, wie leicht ersichtlich, vorauszusehen, wenn der zugrundeliegende Erklärungsversuch richtig ist. Ich zweifle nicht daran, daß man mit Nelumbo, bei richtiger Versuchsanordnung, das gleiche Resultat erhalten wird. Trotzdem brauchen die entgegengesetzten Angaben von Merget. nicht fehlerhaft zu sein; es kann ja z. B. sehr wohl der heim Aufbringen von warmem Wasser übertragene Dampf die Diffusionsströmung so stark geschwächt haben, daß nun die Blasenausscheidung unterblieb. Die Auffälligkeit der Gasausscheidung wird bei Nelumbo vor allem dadurch hervorgerufen, daß die Blasen aus der Spreite aus- treten und das auf derselben vorhandene Wasser in Bewegung setzen. Die besonderen Bedingungen, welche dies ermöglichen, sind die teller- oder triehterförmige Gestalt des Blattes, welche die Ansammlung vor Wasser erlaubt und die weiten Ausfuhrgänge des Durchlüftungs- systems am Grunde des Trichters. Beides fehlt bei Nymphaea und darum verinissen wir hier aueh am intakten Blatte die leichte Sichtbar- keit des Phänomens. Denn daß die Intensität der Diffusionsströmung stark genug wäre, geht aus einem Vergleich der Zahlenwerte für beide Pflanzen deutlich hervor; zudem ist ja in dem oben beschriebenen Versuch der experimentelle Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung enthalten. Bei der Ansammlung. von Wasser am Grunde des Nelumbo- Blattes sind Einrichtungen zur Verhinderung einer Wasserverstopfung der Luftwege von besonderer Notwendigkeit. Die Nichtbenetzbarkeit der Spreite ist auch tatsächlich sehr stark ausgebildet, was schon ‚Raffeneau-Delile erwähnt hat. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. 155 Daß der Gasaustritt unter Wasser aus den engen Ausfuhrgängen der Nymphaea-Spreite viel weniger leicht erfolgt als aus den weiten des Stiels, ist eine notwendige Folge der Kapillaritätsgesetze, und läßt sich zum Überfluß sehr einfach demonstrieren, indem man an dem einen Ende eines Kautschukschlauches eine sehr enge, am anderen eine weitere ‚Kapillare befestigt: und nun bald das eine, bald das andere Ende so hoch in einer mit Wasser gefüllten Bürette über das äußere Niveau emporhebt, daß eben Luft auszutreten beginnt, Durch Ein- blasen in den Stiel kaun man übrigens aus unter Wasser gehaltenen Nymphaea- und Nuphar-Spreiten Luft meistens nicht nur aus Wunden, sondern auch aus den Spaltöffnungen zum Austritt: ver- anlassen. Es repräsentiert dies bei etwas starkem Blasen einen Über- druck von 8—9 cm Hg. Es sind jedoch auch hier die individuellen Verschiedenheiten recht bedeutend, so daß sich oft ein doppelt so starker Überdruck noch als zu schwach erweist. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß der Diffusionsstrom aus untergetauchten Spreiten oder Spreitenteilen keine Luft zu pressen vermag. Ganz anders liegen die Verhältnisse, wenn die Oberseite der Spreite an Luft grenzt; es werden dann, wie man sich mit Hilfe eines Wassermanometers leicht überzeugen kann, die kleinsten positiven oder negativen Druckdifferenzen, sowohl durch das Blatt, wie durch die Sanze Pflanze hindurch rasch ausgeglichen und es folgt hieraus, daß derartige Druckverschiedenheiten für den Gaswechsel von Bedeutung sind. Ist z.B., was in der Natur leicht vorkommen kann, die Spreite 2 einer Nymphaea-Pflanze höher erwärmt oder stärker vom Wind ge- troffen als die Spreite 5, so wird atmosphärische Luft bei @ eintreten und Interzellularluft bei 5 austreten; auch kann natürlich, wenn die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind, bei derselben Spreite an der einen Stelle ein Einstrom, an einer anderen ein Ausstrom erfolgen. Im Verlauf dieser Untersuchungen konnte ich auch mehrlach die Entstehung von negativen Drucken feststellen. Ohne auf diesen Punkt näher einzugehen, seien nur einige mehr beiläufige Beobachtungen mit- geteilt. In einem Fall entstand bei Überleiten von Wasserdampf über ein auf Wasser liegendes Nymphaea-Blatt ein negativer Druck von 5 cm, was vermutlich wieder auf „hygrometrischer Diffusion“ beruhte, zur daß hier die stärkere Strömung von innen nach außen gerichtet war. Kleinere negative Drucke, die bald in positive umschlugen, notierte ich mehrfach bei Einwirkung des Ventilators auf ein Blatt mit feuchter Oberseite. War endlich das Blatt ganz unter Wasser getaucht und nur schwachem, diffusen Lieht ausgesetzt, so bildete sich in 156 A. Ursprung, Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. seinem Innern in kurzer Zeit ein negativer Druck bis über 7 cm, der dann am Lichte, infolge der einsetzenden Assimilation, in einen posi- tiven Druck überging. Die Druckverminderung dürfte in diesem letzten Falle darauf beruhen, daß die durch Atmung gebildete Kohlensäure leicht absorbiert wird, während bei der geringen Beleuchtung nur äußerst wenig Sauerstoff entsteht. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß die in Rede stehende Diffusionserscheinung nicht auf die untersuchten Pflanzen beschränkt ist, sondern überall da sich finden muß, wo die Bedingungen für ihr Zustandekommen gegeben sind, und dies ist innerhalb und außerhalb des Pflanzenreiches vielfach der Fall. Eine biologische Bedeutung dürfte ihr allerdings nur unter besonders günstigen Umständen zu Teil werden, wenn die treibenden Kräfte besonders groß und die entgegen- stehenden Widerstände besonders klein sind. Bei Wasser- und Sunpf- Pflanzen, die zum Teil in die Luft ragen und ein gut entwickeltes System weiter Interzellularen besitzen, wird man diese Bedingungen am ehesten erfüllt finden, während bei Landpflanzen mit engen Inter- zeilularen einer Drückfiltration der Luft über lingere Strecken zu große Widerstände entgegenstehen. Von Bedeutung ‘können natürlich auch alle jene Faktoren werden, welche die Erwärmung der Spreite erleichtern und die Abführung des entstandenen Wasserdampfes durch den Wind fördern, wie z. B. die Gestalt und Lage der Spreite, ihre Stellung zu den auffallenden Sonnenstrahlen oder die Ausbildung von Anthoeyan. Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goehel. 20. Radula epiphylla Mitt, und ihre Brutknospen. (Mit 6 Abhiläwngen im Text.) Die Bildung von „Brutknospen“ (im weitesten Sinne des Wortes) tritt bekanntlich bei den Lebermoosen in noch reieherer Mannigfaltigkeit auf, als bei den Laubmoosen. Erst kürzlich hat H. Buch!) einen neuen werkwürdigen Fall endogener Brutknospenbildung bei einem foliosen Lebermoos beschrieben. Die folgende kleine Notiz schließt sich an an Beobachtungen, welche der Verfasser an zwei epiphylien javanischen Radula- Arten früher zu machen Gelegenheit hatte?). Es hatte sich dabei gezeigt, daß die blattbürtigen Brutknospen, die in Gestalt von Zellflächen auf- treten, imstande sind, nach ihrer Trennung von der Radula-Pflanze als flacher Thallus weiterzuwachsen; erst an diesem Thallus, der die Brut- knospe um ein Mehrfaches an Fläche tibertreffen kann, entsteht dann die neue Pflanze aus einer großen, plasmareichen Randzelie (Initiale). Auch die hier zu erwähnende, von Herrn Dr. K. Braun in Amani gesammelte Radula epiphylia®) wächst — wie schon der Speziesnamen besagt — als Epiphyt auf Blättern, auf denen sie große Flächen be- siedelt. Diese Besiedelung kann erfolgen dureh Sporen oder die eigen- artigen Brutknospen. Offenbar ist die Verbreitung durch letztere eine recht ausgiebige. Es gelingt leicht, schon mit der Lupe auf den Baum- blättern die diesen anhaftenden Brutknospen und die aus ihnen hervor- gegangenen jungen Pflanzen wahrzunehmen. Keimende Sporen habe ich nicht angetroffen (vgl. unten). Die Brufknospen sind dadurch eigentümlich, daß ihre Weiter- entwicklung schon beginnt, so lange sie noch an der Pflanze festsitzen; 1) Hans Buch, Über die Brutorgane der Lebermoose. Disert,, Helsing- fore 1911. . 2) Goebel, Morphologische und biologische Studien, II. Über epiphytische Farne und Museineen. Ann. du jardin bot. de Buitenzorg 1887, Vol. VIL Pag. 51. 3) Here Dr. Braun möchte ich für die freundliche Übersendung des ge- iroekneten Materials, Herm F. Stephani für die Bestimmung bestens danken. 158 K. Goebel, Fig. 1. Radula epiphylla. Habitusbild eines Stückes ospeniragenden Pflanze, yon oben gesehen, einer brutkn Auf den Blättern sitzen am Rande Brutknospen ver- schiedener Entwicklung, die größten sind mit 2 be- zeichnet. 2, eine nach unten gebogene Brutkmospe. ca. 33fach vergr. >; B Fig. 2. Abgelöste Brutknospe, von unten Die Lage der Initialen am Rande der Scheibe ist durch Striche angedeutet. gesehen. während bei Radula com- planata u. a. die Brut- knospen als wenigzellige Scheiben abfallen (sie bleiben etwa auf dem in Fig. 3, 27 abgebildeten Stadium stehen), werden sie bei Radula epiphylia zu großen ohrenförmigen Gebilden (Fig. 1, 2), die nach unten in einen von der Zellscheibe annähernd unter einen rechten Win- kel sich ansetzenden schmäleren, auf einer Seite konkav eingeboge- nen Teil übergehen, des- sen Basis in einige schlauchförmige, offenbar als Haftorgane dienende Zellen endigt (Fig. 2). Am Rande der Zell- scheiben bemerkt man einzelne größere, plasma- reiche Zellen, die Ini- tialen für die Bildung der Keimpflanzen. Diese sind in wechselnder Zahl (8—5) vorhanden und keineswegs in annähernd gleichen Abständen ver- teilt. Die Brutknospen ent- wickeln sich aus Randzel- len (Fig. 3), die sieh zu- nächst in eine Stielzelle und eine Körperzelle tei- len. Letztere wird unter Teilungen, die nicht näher beschrieben zu werden Mörphologische und biologische Bemerkungen. 159 brauchen (Fig. 8,77 stellt noch ein sehr jugendliches Stadium dar, die Zahl der Zellen steigt später bedeutend), zunächst zu einer ebenen Zellfläche. Da diese in ihrem oberen Teile und an ihrem äußeren Umfang bedeutend stärker wächst, als an ihrer Basis, so muß die Ge: stalt zustande kommen, die oben kurz beschrieben wurde. Wenn die Brutknospe sich ablöst und durch Regen oder Wind verbreitet: wird, wird ihr umgebogener unterer Teil als Anker zum Anheften dienen können, wie dies z. B. bei Ephemeropsis der Fall ist; andererseits bietet die große Fläche der Brutknospe, namentlich wenn sie feucht ist, eine gute Anheftungsmöglichkeit. Später treten auf der Unterseite der Brutknospe zahl- reiche kleine Rhizoiden, nament- lich nahe dem Rande, auf, . Fig, 4. Fig. 3. 7. Stück eines Blattrandes mit junger Brutknespe, st deren Stielzelle. Z7. Etwas ültere Brutknospe. ZZZ. Eine Initiale des Brutknospenrandes mit den um- gebenden Brutknospenzelleu. Die Initisle ist schen durch die erste Wand (punktiert) geteilt. 77. Schema für die Teilung einer Initiale, diese von vorn gesehen gedacht; 7 und 2 die zwei ersten Teilungswände, aus den mit o bezeichneten Zellen gehen die zwei ersten Blätter, aus den benachbarten (4) die mit ihnen in Verbindung stehen- den Auswüchse hervor. Fig. 4, Gekeimte Brutknospe von oben (am Einschnitt sieht man den ungebogenen Basaiteil der Brutknospe noeh durchschimmern). Es sind zwei Keimpflanzen ent- standen, welche ungleich weit entwickelt sind. Beide sind zuerst bedeckt von dem mit 4 bezeichneten „Auswuchr“. Die sämtlichen Initialen oder nur eine davon können sich zu Keimpflanzen entwickeln, meist findet man an einer Brutknospe sämt- liehe Initialen in Teilung übergegangen, indes scheinen sich nicht immer alle Keimpflanzen regelmäßig weiter zu entwickeln. Fig. 4 zeigt eine gekeimte Brutknospe mit zwei Keimpflanzen verschiedenen ‚Alters. 160 K. Goebel, Die Keimpflanzen entstehen scheinbar auf der Unterseite der Brutknospe; sie sind von einem in Fig. 4 mit A bezeichneten „Aus- wuchs“ der letzteren bedeckt, dessen Zellen in ihrer Beschaffenheit ganz denen der Brutknospe selbst gleichen. Indes kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Auffassung, welche Leitgeb?) für die Entstehung der Keimpflanzen von dem aus der Spore hervorgegangenen „Vorkeim“ von R. ecomplanata gegeben hat, auch hier zutrifft, allerdings nicht vollständig. Leitgeb betrachtet den „Aus- wuchs“ als zustandegekommen aus den Oberlappen der beiden ersten Em EBEN Fig. 5. 2. Initiale mit angrenzenden Zellen. Die Initiale ist geteilt, die zwei Zeli- reihen geben die Oberlappen (0) der ersten Blätter ab; 4 Auswüchse der Nachbar- zellen der Initile. /Z Älteres Stadium; .die aus der Initiale hervorgegangenen Zellen stärker umrandet. 277. Noch älter; unten schimmern die zwei nächst älteren Blätter der Brutknospe durch... 77. Etwas jüngeres Stadium, von der Unterseite der Drulknospe gesehen. De, U rudimentäre Unterlappen der beiden ersten Blätter, deren Oberlappen „kongenital“ verwachsen sind. U, U, Unterlappen der beiden nächstfolgenden Blätter. Blätter der Keimpflanze, die aus einer randständigen Initiale hervor- ging. Dafür spricht einerseits die Tatsache, daß der „Auswuchs“ nicht ‚Bach, sondern nach der Oberseite der Brutknöspe hin konvex gewölbt ist, andererseits kann man an seiner Spitze deutlich eine (der „Ver- 1) Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose II, pag. 64. Morphologische und biologische Bemerkungen. 161 wachsungsstelle“) entsprechende Einkerbung wahrnehmen, und endlich findet man rechts und links neben der Basis der Keimpflanzen je eine Papille (Da, U8, Fig. 5, /V), welche das Rudiment eines Unterlappens darstellt, . Aber die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß auch der Rand der Brutknospen sich an der Bildung des Auswuchses beteiligt. In Fig. 5,7 ist die Initiale durch eine Längswand geteilt, und ihre nach oben liegenden Tochterzellen (je eine dem Oberlappen eines Blattes entsprechend) durch zwei Querwände (links), resp. durch eine (rechts). Aber auch die der Initiale benachbarten Randzellen sind in Teilung eingetreten und haben die Auswüchse A und 4A, gebildet. Fig. 5,77 (etwas stärker vergrößert als Fig. 5,7) zeigt ein älteres Stadium; die den (miteinander vereinigt bleibenden) Oberlappen zuge- hörigen Zellen sind jetzt noch von A und A, durch dichteren Inhalt und kleinere Zellen zu unterscheiden. Später ist dies nicht mehr möglich; in Fig. 5,777 war nicht mit Sicherheit zu entscheiden, wo die Grenze zwischen den Blattoberlappen und den randständigen Ans- wüchsen der Brutknospen liegt; die stärker ausgezogenen Linien geben also nur vermutungsweise die Außengrenze der Oberlappen an. Wir finden also, daß die Oherlappen später ohne scharfe Grenze in die Brutknospe übergehen, die sich an der Bildung des Auswuchses beteiligt. Es liegt eine „kongenitale“ Verwachsung der beiden Ober- _ lappen untereinander und mit den ausgewachsenen Randzellen der Brutknospe vor; die ersteren werden in ihrer Struktur von dem au- grenzenden Gewebe der Brutknospe so beeinflußt, daß sie ihm äußer- lich ganz gleichen. Dasselbe gilt wahrscheinlich auch für die früher (a. a. O. pag. 53) von mir beschriebenen Brutknospenkeimungen. Eine randständige Initiale für die Keimpflanze wurde auch bei ihnen (an dem thallosen Auswuchs, welcher bei der Keimung der Brutknospen zunächst entsteht) beobachtet. Ich glaubte aber damals, daß die Verschiebung auf der Unterseite nur durch Weiterwachsen der Thalluszellen, die der Initiale angrenzen, zustande kommen. Die feine Spalte der beiden „Auswüchse“ betrachte ich jetzt mit Leitgeb als die „Verwachsungs- stelle“ .der Oberlappen der beiden ersten Blätter, die hier von der Brutknospe aus vielleicht in ähnlicher Weise beeinflußt werden, wie dies in der Blattgestaltung einiger „Piropfhybriden“ der Fall ist. Daß die junge Pflanze durch den „Auswuchs*, der sie in den ersten Ent- wieklungsstadien bedeckt, geschützt wird, bedarf kaum der Erwähnung, In den systematischen Werken (vgl. Stephani, Species Hepati- caram, IV, pag. 221) sind die Brutknospen von R. epiphylia trotz 162 K. Goebel, ihrer Größe (ich maß als größten Durchmesser 0,72 mm, als kleinsten 0,60 mm — sie sind also auch mit bloßem Auge gut erkennbar —) nicht erwähnt — eine Größe, die den Brutknospen anderer Radula- Arten gegenüber als eine riesige bezeichnet werden kann. Sie kommt, wie oben gezeigt, dadurch zustande, daß die Brutknospen sozusagen schon an der Pflanze auskeimen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß vornehmlich diesen Brutknospen Radula epiphylla ihre weite Verbreitung in Afrika verdankt, wenngleich die Sporen- und Brutknospenkeimung höchstwahrscheinlich auch hier überein- stimmen wird und deshalb vielleicht einige der zahlreichen auf den Baumblättern sitzenden Brutknospen aus Sporenkeimung entstanden sein mögen. Im Anschluß an die Beschreibung der Brutknospen mögen kurz noch einige andere Ge- staltungsverhältnisse von Radula epiphylla erwähnt werden. 1. Verteilung der Sezualorgane. Radula epiphylla ist diözisch, andere Radula-Arten, wie “ Radula complanata, sind bekanntlich wmonözisch. Letzteres Verhalten er- seheint mir, wie ich früher ausführte?), als das Ur- sprünglichere. Unterhalb Fig. 6. Z. Optischer Längsschnitt durch ein Stück des Perianths von Radula eines Aintkeridionstanden. mn efroffen. ist ein Blatt, epiphylla finden sich zwei ‚ber! jessen ein mit sehr langem Stiel versehenes ; ; Antheridium entspringt, weiter oben eine Papille. in ihrer Gestalt von den Zr, Tin Perianih mit befruchtetem Archegon. 4 Un- sonstigen vegetativen ei gebliebene egonien. Der Stiel des 7 Sporogons (punktiert) hat sch weit in das unter- Blätternabweichende „Pe- halb des Arohegens befindliche Sproßstück eingebohrt. richaetialblätter* (Fig. 6,77). Namentlich ist für sie charakteristisch, daß die beträchtliche Größenverschiedenheit zwischen Ober- und Unterlappen hier fast ganz verschwunden ist. Diese Blätter 1) Goebel, Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biolog. Zentralbl. 1910, Bd. XXX, pag. 655. . Morphologische und biologische Bemerkungen. 163 gleichen im wesentlichen denen der Antheridienstände‘). Sie stellen also der hier vertretenen Auffassung nach die Blätter dar, in deren Achseln ursprünglich die Antheridien standen. Während aber diese Blätter unterhalb des Perigons nur in Zweizahl auftreten, sind sie an den Antheridienständen in großer Zahl vorhanden. Sie bergen dort je ein Antheridium, dessen Stiel unnötig lang ist. Außerdem treten ober- halb des Antheridiums oft 1—2 Papillen an der Sproßoberfläche auf — ob sie Schleimpapillen oder verkümmerte Antheridien darstellen, mag dahingestellt bleiben. 2. Perianth und Calyptra. Das Perianth ist ursprünglich glocken- förmig, mit gewelltem Rand. Seine langgestreckte Gestalt gewinnt es also offenbar durch interkalares Wachstum. — Der Begriff „Calyptra“ bei den Lebermoosen ist am einfachsten nur funktionell zu fassen — als Hülle des heranwachsenden Embryos. Diese kann sehr verschieden zustande kommen, teils nur aus dem Archegonienbauch, teils aus diesem und dem Gewebe unterhalb des Archegoniums, teils fast nur aus letz- terem 2). Radula gehört zum zweiten Typus. Bei Radula epiphylla befindet sich schon vor der Befruchtung unterhalb des Perigons ein auffallend hervortretendes Stengelstück. Dieses streckt sich nach der Befruchtung. Der Stiel des Embryo bohrt sich in dieses Sproßstlck ein, während der Kapselteil von dem Archegoniumbauchteil umhüllt bleibt, 3, Blattbildung. Von dieser sei nur erwähnt das Vorkommen einer — bald hinfälligen — Schleimpapille auf der Spitze des Blatt- unterlappens, und die Tatsache, daß die Zeilteilungen am spätesten er- löschen auf einer mittleren Partie der Unterseite der „Aurienla“. Hier entspringen dann auch die Rhizoiden, und diese Verteilung des Wachs- tums macht es wohl auch verständlich, daß bei anderen Radula-Arten eine starke Hervorwölbung der Auricula eintreten kann, wie ich sie früher, z. B. für Radula tjibodensis, beschrieben habe. In den Blättern von Radula epiphylla trifft man öfters Zellen mit farblosem, anscheinend schleimigem Inhalt an. Ob es sich dabei — wie mir wahrscheinlich ist — um (durch Parasiten?) pathologisch ver- änderte Zellen handelt, ist an getrockneten Material nieht wohl zu entscheiden. . 1) Sie können auch Brutknospen trsgen, was ich an den Hüliblättern des Antheridienstendes nie fand. . . 2) Vgl. z. B. das Verhalten von Gottschea Blumei, abgebildet in Goebel, Archegoniatenstudien X. (Flora 1906, Bd. XCVI, pag. 108). 164 K. Geebel, Zusammenfassung: Radula epipbylia besitzt eigentümlich or- ganisierte, dem epiphylien Standort sehr gut. entsprechende blattbürtige Brutknospen. Sie weichen von denen anderer Radula- Arten (soweit deren Brutknospenbildung derzeit bekannt ist) dadurch ab, daß sie noch vor dem Abfallen stark auswachsen und mehrere Initialen anlegen, aus denen neue Pflanzen hervorgehen können. Dabei findet eine eigen- artige Verschmelzung von Blattlappen und Brutknospenauswüchsen statt. Am Schluß der Notiz finden sich einige Bemerkungen über Antheridien, Calyptrabildung und Blattwachstum. Berichtigung. Von K, Goebel. In seinem — manche interessanten Beobachtungen enthaltenden — Buche: „Die Vegetation des Untersee’s“!) kommt Dr. E. Baumann, pag. 436, auch auf die Morphologie von Utricularia zu sprechen. Er sagt darüber: „In bezug auf die morphologische Auffassung der eigentümlichen Pflanzengebilde von Utrieularia sind die Ansichten geteilt. Goebel (a. a. O.) ging von der Voraussetzung aus, daß Blätter und Sprosse stets scharf getrennte Organe seien und erblickte auf Grund eines reichen Untersuchungsmaterials in dem Vegetationskörper der Utricu- larien ein einheitliches, reich differenziertes Blatt, dessen einzelne Teile nach ihrer verschiedenartigen Funktion auch eine verschiedenartige Ausbildung erfahren.“ Glück sei dagegen zu der Ansicht gelangt, daß Blätter und Sprosse keine scharfe Differenzierung aufzuweisen brauchen, und daß bei Utrieularia eine wirkliche Grenze zwischen Blatt und Achse nicht bestehe. Ich glaube, es ist kein unbilliges Verlangen, daß ein Autor, der die Auffassung eines andern anführt, dies auch richtig, und auf Grund eigener Vergleichung, nicht etwa nach einem mißverstandenen Referate 1) Stuttgart 1911. Berichtigung. 165 eines anderen tut. Hätte Baumann meine Ausführungen über Utri- eularia selbst gelesen, so würde er sich überzeugt haben, daß sein Zitat (trotz des „a. a. O.“) ein unrichtiges ist und daß ich viel- mehr längst dieselbe Auffassung vertreten habe, die er Glück zu- schreibt. Schon in meiner ersten Mitteilung über den Aufbau von Utrieularia sind die Anschauungen, zu denen ich gelangt war, mit, wie ich glaube, nicht leicht mißzuverstehender Deutlichkeit dargelegt!). Es heißt dort, „daß hier (bei Utrieularia) die Unterscheidung von Sproß und Blatt, an die wir sonst gewöhnt sind, überhaupt aufhört, wir haben Blätter vor uns, die in Organe auswachsen können, welche fast alle Charaktere eines Sprosses besitzen, während andererseits z. B. bei U. rosea lange blasentragende zylindrische „Ausläufer“ an ihrer Spitze sich abflachen und zu einem „Blatte“ werden. Auch ist ja nicht einzusehen, warum nicht ebensogut wie bei der Phyllocladienbildung ein Sproß in mancher Hinsicht den Charakter eines Blattes annimmt, umgekehrt auch ein Blatt den Charakter eines Sprosses annehmen sollte; eine scharfe Abgrenzung der verschiedenen Organkategorien ist ohnedies unmöglich“. Oder später): „Die flutenden „Sprosse“ der Wasserformen dieser Gattung®) sind, ebenso wie die kriechenden Ausläufer der Landformen, wie ich nachgewiesen habe, Blättern homolog. Aber der Unterschied von Stamm und Blatt ist ganz verwischt, die den Blättern homologen Organe bringen Blüten und andere Sprosse hervor und wachsen un- begrenzt weiter, nur durch eingehende Vergleichung läßt sich kon- statieren, daß sie offenbar hervorgegangen sind aus Blättern, die mit Spitzenwachstum begabt sind und sich in eigenartiger Weise weiter entwickelt haben. Dies zeigt uns, daß alle Unterschiede — so auch die von Sproß und Blatt — nur relative, nicht allgemein durchgreifende sind“. Wie kann man da sagen: ich sei von der Voraussetzung ausgegangen, daß Blätter und Sprosse stets scharf getrennte Or- gane seien! v 1) Goebel, Der Aufbau von Utrieularie. Flora 1889, Bd. LXXE, pag. 215. Vgl. auch die ausführliche Abhandlung in Ann. du jardin bot. de Buitenzorg, Vol. VII und P£lanzenbiologische Schilderungen UI, 1891. 2) Organographie ], pag. 11, 1898. 3) Nicht aber, wie Baumann als meine Meinung angibt, der „Vegeiations- körper“. Zu diesem gehört u. a. auch der Keimsproß, welcher keineswegs ein „Blatt“ ist. Flora, Bd. 108. 32 166 K. Goebel, Berichtigung. Meine Anschauung über den Aufbau von. Ufricularia hat übrigens das Schicksal gehabt, das, wie es scheint, für allgemeinere ıorphologische Resultate typisch ist: sie wurde von einer Seite als Torheit verdammt, und schließlich — wenn überhaupt — falsch zitiert. Dem gegenüber gewährt es’ einige Beruhigung, daß die späteren Studien von Glück und v. Lützelburg zu demselben Resultat geführt haben, das in meiner Abhandlung von 1889 ausgesprochen war. Auf die allgemeinen, mit dem Ufrieularia-Problem verknüpften Fragen wird an einem andern Orte näher eingegangen werden. Hier sollte nur an einem Beispiel gezeigt werden, daß die in .der Hast unserer Zeit begründete Gewohnheit, nur die jeweilig neueste Literatur als Quelle zu benutzen, nieht selten zu unrichtigen Dar- stellungen führt. Zusammenfassung: Wer zitiert, sollte richtig zitieren. Dr. Bau- mann hat dies „quoad Utrieulariam* nicht getan. Bruck von Ant, Kämpfe in Jene, Eingegangene Literatur. 2) L. Adamovi6, Die Pflanzenwelt Dalmations, Mit 72 Tafeln in Schwarzdruck. Leipzig 1911, Verlag von Dr. Werner Klinkhardt. 2) H. Cossmann, Deutsche Flora. 4. Aufl. Verlag von F. Hirt, Breslau. Preis: geb. M. 7,50. on . j ° 3) P. Dannenberg, Zimmer- und Balkonpflanzen. 2. Aufl. Mit 38 Abbildungen. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig. Preis: geb: M. 1,25. 4) E. Erdner, Flora von Neuburg a. D. Augsburg 1911, Druck von J. Pfeiffer. 5) Handbuch für Naturfreunde. I. Band. Eine Anleitung zur praktischen Natur- beobachtung auf den Gebieten der Meteorologie, Geologie, Botanik und Blütenbiologie. In Verbindung mit Prof. Dr. O. Heineck, Dr. R. Karzel, Dr. E. Meyer und Prof. Dr. L. Weber herausgegeben von K. C. Rothe und Dr. Chr. Schroeder. - XV und 285 Seiten 8°. Mit vielen Abbildungen. - Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart. - Preis: geh. M. 3,50, geb. M. 4,20, 6 6. Hegi, Die Naturschutzbewegung und der schweizerische Nationalpark. Mit 18 Abbildungen. Zürich 1911, Verlag Art. Inst. Orell Füssli. Preis: M. 1,50, 7) C. Keller, Im Hochgebirge. Tiergeographische Charakterbilder. Mit 27 Ab- bildungen, Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig. Preis: geb. M. 1,80. 8 E. Küster, Die Gallen der Pflanzen. Ein Lehrbuch für Botaniker und Entomologen. Mit 158 Abbildungen im Text. Leipzig 191}, Verlag von 8. Hirzel. 9) G. Lindau, Die höheren Pilze (Basidiomycetes). (Kryptogamenflora für An- fänger, Bd, 1.) Mit 607 Abbildungen im Text. Verlag von Julius Springer, Berlin. Preis: geh. M. 6,60, geb. M. 7,40. 10) J. P. Lotsy, Vorträge über botanische Stammesgeschichte, Band III, Cormophyta Siphonogamia, I. Teil, Mit 661 Abbildungen im Text. Jena 1911, Verlag von G. Fischer. Preis: M. 30,—. U) W. Mignla, Die Desmidiaceen. Eine Anleitung für Anfänger bei der Be- stimmung der -am häufigsten vorkommenden Formen. (Handbücher für die praktische naturwissenschaftliche Arbeit, Bd. VL) 65 Seiten und 7 Tafeln. Lex. 8°. Franckh’sche Verlagshandlung, Stutigart. Preis: geh. M. 2,—, geb. M. 3,—. 12) Memorias do Instituto Oswaldo Cruz, Tome II, fasc. 1. Rio de Janeiro ı911. 12* 13) M. Nußbaum, 6. Karsten, M. Weber, Lehrbuch der Biologie für Hoch-- schulen. Mit 186 Abbildungen im Text. Leipzig 1911, Verlag von W. Engelmann. 14) B. Plüss, Unsere Wasserpflanzen. Mit 142 Abbildungen. Freiburg 1911, Herder’sche Verlagsbuchhandlung. Preis: geb. M. 2,—. 15) E. &. Pringsheim, Die Reizbewegungen der Pflanzen. Mit 96 Abbildungen. Berlin 1912, Verlag von J. Springer. 16) A. G, Tansley, Types of British Vegetation. With 36 Plates and 21 Figures in the Text. Cambridge 1911, University press. Preis: Sh. 6,—. 17) W. Voss, Pflanzenzüchtung und Darwinismus. (Naturw. Zeitfragen, Heft 11.} Naturw. Verlag, Godesberg. Preis: M. 1,20. 18) HE. Welten, Wie die Pflanzen lieben. Kosmos (Franckh’sche Verlagsbuch- handlung), Stuttgart. Preis: geh. M. 1,—, geb. M. 1,80. 19) F. Wigand, Mikroskopisches Praktikum. Mit Abbildungen. 160 Seiten. Naturw. Verlag des Keplerbundes, Godesberg-Bonn. Preis: M. 1,50. 20) 6. Worgitzky, Lebensfragen aus der einkeimischen Pflanzenwelt. Mit 15 schwarzen und 8 farbigen Tafeln, sowie 70 Abbildungen im Text. Verlag von Quelle & Meyeı, Leipzig. Preis: M. 7,80. 21) 0. Zacharias, Das Süßwasserplankton. 2. Aufl. Mit 57 Abbildungen im Text. Drack und Verlag von B. G. Teubner, Leipzig. Preis: geb. M. 1,25. == Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden. Soeben erschien: Lehrbuch der Mikrochemie. Prof. Dr. F. Emich in Graz. M. 6.65, gebunden M. 7.85. Dieses Lehrbuch ist nicht nur für Chemiker, sondern auch für Botaniker praktisch wertvoll, die die Chemie als Hilfswissenschaft zumal bei mikroskopischen Untersuchungen zu benutzen Anlaß haben. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. Neueste Veröffentlichungen. . ni a. Studien über den Gefäßbündelver- Zur Phylogenie der Primulaceenblüte, 1aue in Biätenachso und Peranth. Von Dr. Salvator Thenen, Botanisches Institut der K. K. Universität in Wien, veröffentlicht mit Subvention der Kairerlichen Akademie der Wissenschaften in Wien aus den Erträgnissen des Scholz-Legates. Mit 9 Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 8 Mark. Fr Erster Teil: Die unmittelbare Untersuchungen über Pfropfbastarde. gegenseitige Beeinfinssung der Pfropfsymbionten. Von Dr. Hans Winkler, a. o. Professor der Botanik an der Universität Tübingen. Mit 2 Abbildungen im Text, 1912. Preis: 8 Mark. Der Verfasser, dem vor einigen Jahren die experimentelle Lösung des Propfbastard- problems gelang, hat sich vorgenommen, die ausführliche Darlegurg seiner Untersuchungen in der Form einer abschließenden Monographie zu geben, Diese soll in drei Teilen er- scheinen, von denen der erste die durch Modifikation, der zweite die durch Chimären- bildung, und der dritte die durch Zellverschmelzung entstandenen Pfropfbastarde zum Gegen- stend haben sollen. Der vorliegende erste Teil beschäftigt sich eingehender, als das bis Jetzt irdendwie geschehen ist, mit.der Frage nach der direkten gegenseitigen spezifischen Beeinflussung zweier Pfropfsymbionten, Der zweite Teil soll bald nachfolgen. Alle Botaniker bringen dieser wichtigen Frage das größte Interesse entgegen und werden sich freuen, die ausführliche Darstellung aus der berufensten Feder zu besitzen, Centralblatt fir Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektions- } Zweite Abteilung: Allgemeine, Jandwirtschaftlich-techno- krankheiten. logische Bakteriologie, Gärungspliysiologie und Pfianzen- pathologie. Herausgegeben von Prof. Dr. Oskar Uhlworm, Berlin, Generat-Regi i a 30. {1908-—1911.} Bearbeitet von Dr. E. Riehm. Tal-Reg ister für die Bände 21-30. { on 2 Mark 50 DE. . . . ü Dr. Fritz Schaudinn, heraus- Archiv für Protistenkunde Ehen voß Dr. "A. Hartmann. Berlin und - . Dr. 8, von Prowazek, Hamburg. &eneral-Register za Bd. 1--20 und Supplement 1 (1902-1910) zusammengestellt vou Dr. Rh. Erdmann und H. Sachs. 1912. Preis: 5 Mark. VERLAG ‚vos GUSTAV FISCHER IN JENA Du Handbuch vergleichen Physiologie Bearbeitet von E. Babäk, Prag; 8. Baglioni, Rom; W Biedermann, Jena; R. dn Bois-Reymond, Berlin; F. Bottezzi, Neapel; E. v. Britcke, Leipzig; R. Burian, Neapel; L. Fre- derieg, Lüttich; P. F. Fuchs, Breslau; S. Garten, Gießen; E. Godiewski, Krakau; C. Hess, Würzburg; J. Loeb, New York; E. Mangold, Freiburg; H. Przibram, Wien; O. zur Straßen, Frankfurt; R. Tigerstedt, Helsingfors; E. Weinland; * München; 0. Weiß, Königsberg; H. Winterstein, Rostock. Herausgegeben von Hans Winterstein in Rostock Zweiter Band: Physiologie des Stoffwechsels Erste Hälfte Mit 465 Abbildungen im Text 4911. Preis: 35 Mark, in Halbfranzband geb. 38 Mark. Inhalt: Die Aufnahme, Verarbreitung und Assimilation der Nahrung. Von W. Biedermann, Jena. I. Die Ernährung der Pflanzen und ihre Beziehungen zu der der Tiere. — I. Die Emährung der Einzelligen (Protoz0a). — III. Die Ernährung der Spongien. — IV. Die Ernährung der Coelenteraten. — V. Die Ernährung der Würmer. — VI. Die Ernährung der Echinodermen. — VI. Die Ernährung der Crustaceen. — VII. Die Ernährung der Arschniden. — IX. Die Ernährung der Insekten (Hexapoda). — X. Die Ernährung ddr Mollusken. XI. Die Ernährung der Fische. — IH. Die Ernährung der höheren Wirbeltiere. Zentralblatt für Physwlogie 1910, Bd. XXIV, Nx. 19: „ Bei Durchsicht, Tier bisher vorliegenden Lieferungen begegnen wir. zunächst dem groß, von W, Biedermani in Jena bearbeiteten ... . Abschnitte über Aufnahme, Verarbeii und Assimilstion der Nahrung. Derseibe steit at. sich: ein ‚monumentales Werk dar; — ein bewundernswertes Stück Lebensarbeit des auf dem Gebiete der ver- geichenden Physiologie auch durch eigene Forschungsarbeit hochverdienten Autotz. '. . - Ein jeder loge wird die weitere Entwicklung dieses schönen Werkes mit dem größten Interesse } rieigen und es mag gestattet sein, der Hoffuung Ausdruck zu geben, daß die nachfol; 2 Lieferungen sich auf dem hohen Niveau der ersten halten werden. -O. v. Fürth Wien. 36 Diesem Hefte liegen drei Prospekte bei: 1. vom Verlag Quelle & Meyer in Leipzig, beir. „Prof. Dr. © Worgitzki, Lebensfragen aus der Pflanzenwelt“; 2. vom Veelag C. Heinrich in Dresdens, betr. „Prof, Dr. 6. Lindau, General- Begister die Bände 1-50 der Hedwigie“; 3. vom Verlag Gustav Fischer in Jeng, 5Hnsdwörterbuch der -Naturwisensöhnftent. Druck von Ant. Kämpfe in Jens. FLORA ODER “ ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG, NEUE FOLGE. VIERTER BAND. .— {DER GANZEN REIHE/T04. BAND.) DRITTES’HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN, MIT 4 TAFELN UND 77 ABBILDUNGEN IM TEXT. & JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1912. ERSCHIENEN AM 17. JULI 1912, a anmunensene Inhaltsverzeichnis. Beite BIRCKNER, VICTOR, DieBeobachtung von Zoosporenbildung bei Vaucheria aversa Hass. Mit 3 Abbildungen im Text . 2... . 17-171 DOPOSCHEG-UHLÄR, J., Frühblüte bei Knollenbegonien, Mit 4 Ab- bildungen im Text. oo. en. 192-1798 BRUCHMANN, H., Zur Embryologie "der Selaginellaceen. Mit 67 Ab- bildungen im Text . . . 180-224 SCHRAMM, RICHARD, Über die anstemischen” 3 ugendformen der Blätter ‚ einheimischer Holzpflanzen. Mit Tafel VI-VIIT. . . . 225-295 BORESCH, K., Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia crassipes (Mart,) Solms in ihrer Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. Mit Tafel IX und 3 Abbildungen im Text . . . 2 2.2.2.2.» 296-308 FLORA alle Jahrgänge, speziell die älteren, zu gutem Preise zu kaufen gesucht. Um Angabe der vorhandenen Bände bittet W. Junk, Berlin W. 15, Kurfürstendamm 201. Aus Privathand wird zu kaufen gesucht: Pringsheims Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Vollständige Reihe Bd. 1--48 oder Bd. 1-5 bzw. Bd. 1—13 sowie andere botanische Zeitschriften und große wissen- schaftliche Werke der Botanik. Gefl. Offerten unter L. 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Von Vister Birokner, (Mit 3 Ahbildungen im Text.) A. Eigene Beobachtangen. Vor mehr als 3 Jahren, während ich im botanischen Institut der Universität Leipzig mit einigen Versuchen über Algenschwärmer be- schäftigt war, machte ich eine Beobachtung, welche für den Systematiker nicht ohne Interesse sein dürfte”). Das für meinen damaligen Zweck geeignetste Material war eine Vaucheria-Spezies, welche in großer Menge in einem kleinen Wiesen- graben südlich von Leipzig, dicht bei dem Orte Ötzsch, alljährlich im zeitigen Frühjahr zu finden ist. Ich sammelte diese Spezies an jenem Orte zum ersten Mai Mitte Februar 1908, nachdem die Eisdecke gerade weit genug geschmolzen war, um ohne große Schwierigkeit der darunter wachsenden frisch- grünen Algenrasen habhaft werden zu können. Nach gehörigem Auswaschen im Laboratorium wurde die Alge in einer großen Glasschale mit Leitungswasser in der Nähe des Fensters (Ostseite) aufgestellt und mit einer Glasplatte bedeckt, Die mikro- skopische Untersuchung ergab ausschließlich kräftige einzellige Schläuche, die ihrer Stärke nach Vaucheria clavats DC. vermuten ließen. Das Material war außerordentlich rein, jedenfalls völlig frei von ähnlichen Fadenalgen, die etwa zur Verwechselung hätten Anlaß geben können. Am zweiten Morgen nach ihrer Übertragung aus dem fließenden Bach ins stehende Wasser begann die Alge reichlich Zoosporen zu bilden. Letztere waren von beträchtlicher Größe und ließen sich ohne Schwierigkeit mit bloßem Auge unterscheiden und in ihren Bewegungen verfolgen. Ihre Bildung erfolgte durch Abschnürung an den Faden- enden in der für die Gattung charakteristischen und oft beschriebenen Weise). Die dunkelgrüne Zoospore zeigte deutlich einen durch- 1) Aus verschiedenen Gründen, besonders auch, weil ich längere Zeit die Absicht hegte, an die hier mitgeteilte Beobachtung eingehendere Untersuchungen über ‘die Vaucherien anzuknüpfen, hat sich die Veröffentlichung bis jetzt hinnus- geschohen. 2) Vgl. z. B. Walz, Jahrb. f. wissenschsftl. Bot. 1866, Bä. V, pag: 130. — Götz, Flora 1897, Bd. LXXXIM, pag. Mk. Flora, Bd, 104. 13 168 Victor Bircknet, seheinenden Fleck von farblosem Protoplasma an ihrem vorderen Ende (übrigens ein gemeinsames Kennzeichen der Vaucherien der Gruppe Tubuligerae gegenüber den Corniculatae?). Mit Hilfe eines Zeiß’schen binokularen Mikroskops bestimmte ich die Schwärmdauer der Zoosporen an diesem Material?). Dieselbe be- trug im Mittel 45—50 Minuten und war nicht wesentlich verschieden in Kulturen, welche während der Schwärmerbildung verdunkelt worden waren. Nachdem die Zoosporen zur Ruhe gekommen waren, begannen sie sehr bald auszukeimen, und die Keimlinge bildeten sogleich wieder Zoosporen. Diese Tätigkeit war äußerst lebhaft während der ersten 2--3 Tage, wurde dann allmählich schwächer, um nach etwa einer Woche ganz aufzuhören. Eine dicke Schicht von Zoosporenkeimlingen mehrerer Generationen bedeckte die Oberfläcke des Kulturwassers. Fast schien es, als hätten die alten Fäden sich in ihrer Bildung erschöpft. Die Kultur wurde aber unverändert an ihrem Fensterplatz stehen gelassen und nur von Zeit zu Zeit beobachtet. 3—4 Wochen nach der Aufstellung bemerkte ich die Bildung zahlreicher Geschlechts- organe an den Fäden, deren Farbe äußerlich schon längst in ein maties Gelbgrün übergegangen war. Im Sinne von Klebs3) dürfte diese späte Bildung der Sexualorgane im gegenwärtigen Falle wohl lediglich auf den reichlichen Lichtge- nuß zurückzuführen sein. In Fig. 1 habe ich die Geschlechts- Ötrröpfchen organe kurz vor der Eig. 1. Reife dargestellt. Das Freiwerden der Sper- matozoen aus den kurzen, geraden Antheridien habe ich mehrfach bei Tage beobachten können. Ob die Befruchtung der Eizelle selbst auch bei Tage stattfindet, habe ich damals nicht näher untersucht. Fig. 2 zeigt die reife Oospore, welche frei im Innern ihres Oogoniums suspendiert ist. Die unter 2@ dargestellte Zweizahl der Oogonien D) Vgl. hierzu: Ernst, Beih. z. bot. Zentralbl, 1904, Bd. XVI, pag. 367. 2) Diese Untersuchung erfolgte auf Anregung von Herm Geheimrat Prof. Dr. Pfeffer, dem ich für mancherlei wertvollen Rat bei der Ausführung zu Dank’ ver- pflichtet bin. 3) Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen ı und Pilzen, pag. 96 ff. Jens 1896. Die Beobachtung von Zoosporenbildung bei Vaucheria aversa Hass. 169 ist der typische Fall. Einzelne Oogone zwischen den Antheridien (Fig. 25) wurden auch öfters gesehen; eine Reihe von 4-5 Oogonien jedoch ließ sich nur " ganz vereinzelt beobach- ten. Die Figuren wur- den mit Abbe’s Zeichen- apparat vom frischen Materialangefertigt; die Vergrößerung ist durch- gehends 65 fach, Aus der Gestalt der Geschlechtsorgane ergab sich auf den ersten Blick, daß die vorlie- gende Spezies nicht die vermutete V. clavata DC, war. Eine sorgfältige Messung der verschiedenen Organe ergab folgende Dimensionen: Fig. 26. Fadendicke: 75—110 u Länge: 95—130 u Breite: 72—110 u Länge: 150-210 u Zoospore (ren 110-160 a Hieraus und aus der Gestalt der Sexualorgane folgte ohne weiteres, daß die in Frage stehende Art mit V. aversa Hass. zu identifizieren ist. Oospore { B. Systematische Notiz. Bekanntlich beruht die systematische Gliederung der Gattung Vaucheria in erster Linie auf der Beschaffenheit der Sexualorgane, Man hat nach diesem Prinzip die etwa 16 Arten umfassende Gattung in verschiedene Gruppen zerlegt, deren jede einen besonderen morpho- logischen Typus der geschlechtlichen Fortpflanzung darstellt. Für alle sicher definierten Arten ist irgend eine Form geschlechtlicher Fort- pflanzung beschrieben worden. Andererseits bildet aber Vaucheria, besonders seit Fr. Unger‘), das klassische Beispiel für die Fortpflanzung durch frei bewegliche, ungeschlechtlich erzeugte Schwärmer, genannt Zoosporen. Eine andere Art agexueller Sporen, die unbeweglichen Aplanosporrn, welche ‚bei manchen Arten an Stelle der Zoosporen gebildet werden, steht genetisch 1) Die Pflanze im Moment der Tierwerdung. Wien 1848. 13* 170 . Vietor Birekner, offenbar in’ engem Zusammenhang mit diesen, obgleich nach Klebs!) die physiologischen Bedingungen ihrer Bildung andere sind. Für fünf Vaucherien sind Zoosporen, für die meisten anderen diese Aplanosporen beobachtet worden. Nur bei drei der sicher be- kannten Arten fehlt bis heute jede Kenntnis ungeschlechtlich erzeugter Sporen. Diese Arten sind: Y. aversa Hass. (Gruppe Tubuligerae), V. terrestris Lyngb. (Gruppe Corniculatae), V. de’ Baryana Wor. (Gruppe Anomalae). Wie oben angeführt, habe ich die Zoosporen von V. aversa Hass. im Frühjahr 1908 bebachten können. In Anbetracht der zahlreichen Untersuchungen, welche speziell über diese Spezies vorliegen, ist es sicher merkwürdig, daß diese Beobachtung nicht schon früher gemacht worden ist. Allerdings muß ich bemerken, daß ich mit derselben Alge 2 Monate später (gegen Ende April) mit frisch von dem Standort ent- nommenem Material nur noch sehr schwache Schwärmerkildung erhielt, Offenbar waren die Fäden bereits im langsamen .Absterben begriffen. Ich beobachtete auch reife Oosporen zwischen denselben, welche am natür- lichen Standort gebildet worden waren, während nach längerem Stehen im Laboratorium keine weitere geschlechtliche Reproduktion mehr stattfand. Der eingangs erwähnte kleine Graben scheint übrigens ein dauernder Standort dieser Alge zu sein. Wenigstens war dieselbe von Herrn Oberlehrer Paul Richter in Leipzig (dem ich selbst auch die Kennt- nis ‚dieses Standortes verdanke) seit Jahren regelmäßig dort beobachtet worden. ° Der einzige Konkurrent, der zur genannten Zeit in ansehn- licher Menge, jedoch in getrennten Rasen, neben dieser Vaucheria vorkam, war eine Spezies von Ulothrix. C. Einige Bemerkungen zur Literatur. Da ich beim Durchsehen der Literatur fand, daß die von verschie- denen Autoren gelieferten Beschreibungen und besonders Abbildungen dieser Vaucheria Spezies oft nicht unerheblich voneinauder abweichen, sei es gestattet, hier noch auf diesen Punkt mit ein Paar Worten einzugehen. Vergleicht man meine beigefügten Figuren mit den Abbildungen der älteren Bearbeiter, z. B. von Hassall2), Kützing®) oder Walz“ 5), DL e. pag. 91ff. 2) British Freshw. Algae 1852, Pl. VI, Fig. 5. 3) Tabulse Phyeol. Vol. VI, Tafel LVIH, Fig. 4. 4) 1. c. Fig. 25—27 der Tafeln. 5) Die Arbeit von de Bary (1856) habe ich leider bis jetzt nicht zu Gesicht hekommen können. Die Beobachtung von Zoosporenbildung bei Vaucheria aversa Hass, 171 von denen jeder die Spezies selbst gesehen und selbständig dargestellt hat (Kützing nennt dieselbe freilich nicht V. aversa, sondern V. rostellata), so wird man in allen wesentlichen Punkten recht gute Übereinstimmung konstatieren können. Dasselbe läßt sich dagegen nicht behaupten, wenn man den meinigen die Abbildungen von Oltmanns!) oder Götz (i. c. pag.. 108) gegenüberstellt. Götz kopiert zwar die anerkennenden Worte, die Walz der Hassall’schen Wiedergabe der Spezies zollt, zieht es jedoch vor, seiner eigenen Arbeit eine jener recht unähnliche Figur (l. e. pag. 108) einzufügen. Wie aus seinem Artikel mit großer Wahrschein- liehkeit hervorgeht, hat er diese Spezies überhaupt nicht selbst gesehen und die erwähnte Abbildung ist offenbar den Oltmanns’schen Figuren frei nachgebildet. Oltmanns kam es an dem zitierten Orte wohl in erster Linie auf die Darstellung gewisser Details der Örganentwicklung, und weniger auf eine scharfe Wiedergabe der äußeren Gestaltungs- verhältnisse an. Die Monographie von Götz soll aber ihrer Anlage nach zugleich auch als systematischer Führer bei der Bestimmung dienen können. Der Verfasser hätte daher bei der Auswahl seiner Figuren etwas kritischer sein sollen. Die erwähnte Abbildung ist zum mindesten geeignet, den unbefangenen Leser irre zu führen. Für die Behauptung, daß der Schnabel des Oogoniums bisweilen nach unten gerichtet oder gar, wie in der Götz’schen Abbildung (l. c. pag, 108), gegen den Fuß hin umgebogen sein könne, habe ich in der Läteratur, soweit sie mir zu Gebote stand, nirgends einen Beleg finden können. Auch Oltmanns geht auf dies (in seinen Tafeln dargestellte) Verhalten im Text seiner Arbeit nicht näher ein; offenbar, weil dasselbe für ihn, wie schon erwähnt, wenig in Betracht kam. Es wäre aber auch nicht unmöglich, daß die von ihm in jenem Falle beobachtete Art nicht die eigentliche Vaucheria aversa Hass, die mir zweifellos vorgelegen hat, sondern eine verwandte Art gewesen ist. Übrigens will ich nicht versäumen hinzuzufügen, daß die von Götz (I. c) auf pag. 109 gegebene Abbildung des einzelnen Oogoniums den wirklichen Verhältnissen recht wohl entspricht. Die zum Ausdruck gebrachte Streifung der Oogeniumwand, welche bereits von Walz (. c) dargestellt wurde, wurde auch von mir des öfteren beobachtet. 1) Flora 1895, Bd. LXXX, Tafel VI-VII, Fig. 16-22. Berkeley, Kalifornien, Oktober 1911. Frühblüte bei Knollenbegonien. Von J. Doposeheg-Uhlär. (Mit 4 Abbildungen im Text.) Im Münchener botanischen Garten werden die Knollen der Knollenbegonien (Gartenhybriden) nach Ablauf der Vegetationsperiode zur Überwinterung in flache, mit Kohleulösch angefüllte Kistchen 7] Fig. 1. Knollenbegonie. Normal entwickelte Pflanze. War nach Bildung zahl- reicher Laubblätter in das blühbare Stadium eingetreten. {*/, nat. Größe.) ni a Frühblüte bei Knollenbegenien. 173 gegeben und diese dann auf den unteren Etagen eines Warmhauses aufbewahrt. Bei einer Besichtigung dieses Hauses anfangs Februar dieses Jahres bemerkte ich, daß in einer Kiste, welche in der dunkelsten Ecke des Hauses stand, mehrere Knollen, begünstigt durch die Wärme des gerade oberhalb derselben eintretenden Heizungsrohres, ausgetrieben hatten und bei näherem Zusehen fand ich auch einen Sproß mit drei großen und zwei kleinen, hellrot leuchtenden Blütenknospen (Fig. 2). Dieser etiolierte Blüten- sproß hatte eine Höhe von ca. 8 cm, seine Blattspreiten befanden sich entweder noch in der Knospenlage, oder, wenn entwickelt, waren sie höchstens 1 em lang und dicht mit Haaren - besetzt. An der Basis des Sprosses hatte noch eine zweite Knospe aus- getrieben, die aber erst ein Blättchen erzeugt hatte. Als ich die Knolle selbst untersuchte, fand ich an derselben nicht eine neue Wurzel; sie öh kaste = Fig. 2. Knollenbegonie. Im Überwinterungskasten war nur von den ver aufgetreioner blühreifer Sproß; er hat das Laubblatt- troekneten Wurzeln des stadium übersprungen. An der Knolle nur alte ver- vergangenen Jahres trocknete Wurzeln, a ee Wurzeln fehlen. dieht umgeben. Die anderen etiolierten, frühzeitig emporgesehossenen Laubsprosse {7 von 31 im Kistchen befindlichen Knollen) schwankten zwischen 6 und 15 em Höhe, An deren Knollen jedoch befanden sich junge 1--A cm lange Wurzeln in ziemlicher Anzahl. - Da die ruhenden Knollen, um sie vor zu großer Austroeknung zu bewahren, zeitweise leicht begossen werden, konnten diese Laub- sprosse mit den Wurzeln Wasser aufnehmen, während der Blütensproß ohne nennenswerte Wasseraufnahme zur Entwieklung gelangt war; denn durch die verkorkte Rinde der Knelle konnte nur sehr wenig Wasser r 174 I. Doposcheg-Uhlär,' zur Aufnahme gelangen, das Wachstum und die Blütenbildung waren zum allergrößten Teile nur aus den in der Knolle abgelagerten Bau- 'stoffen erfolgt. Es schien demnach, daß das Blühen der einen Knolle nur durch den Mangel an Wurzeln verursacht worden war, denn die übrigen äußeren Verhältnisse (Licht, Wärme, Luftfeuchtigkeit) waren ja für alle Pflanzen dieselben. Das Unterbleiben der Wurzelbildung beruhte wohl auf irgend- welchen inneren Gründen, deren Ermittlung natürlich außer Betracht bleiben muß. Der vorliegende Fall von Frühblüte bietet also wieder ein Beispiel für die von zahlreiehen neueren Forschern !) aufgestellte Ansicht, daß für die Ausbildung des vegetativen Stadiums der Pflanzen andere stoff- liche Bedingungen gegeben sein müssen, als für das Blütenstadium, — daß für ersteres speziell die durch das Wasser aufgenommenen Aschen- bestandteile, für letzteres die Assimilate in Betracht kämen, wobei außerdem noch die Konzentration dieser beiden Komponenten ausschlag- gebend sei. Eine ausführliche Darstellung dieses Problems auf Grund der zur Klärung desselben vorgenommenen Versuche geben Goebel (1908, pag. 117, 192) und Jost (1908, pag. 440). : Das Auffinden der eingangs geschilderten blühenden Knollen- begonie gab mir den Anlaß zu einer Reihe von Versuchen, um den Fall im Rahmen der eben angeführten Arbeitshypothese zu prüfen. Versuch I. Die blühende Pflanze wurde von den alten Wurzeln gereinigt, in einen Topf mit leichter Erde übersetzt und im selben Hause auf eine obere Etage an das Licht gestellt (10. Febr.) und unter normalen Be- dingungen kultiviert. Das Resultat dieser Veränderung war, daß binnen kurzer Zeit die Blütenknospen abfielen. Dafür aber vergrößerten sich die Blattspreiten zusehends und die Blätter nahmen ihre normale Gestalt an. Fig. 3 zeigt die Pflanze nach 3 Wochen der veränderten Kultur. Sie war nur um ein Geringes in die Höhe gewachsen; in der Erde aber befanden sich an der Knolle zahlreiche neue Wurzeln bis zu 6 cm Länge. War im Blütenstadium das Fehlen der Wurzeln als bestimmend für dasselbe erachtet worden, so hatten umgekehrt hier die Entwick- 3) Literaturnachweis am Schlusse, Frühblüte bei Knollenbegonien. 175 lung des Wurzelsystems und die damit verbundenen stofflichen Ver- änderungen die Pflanze in das vegetative Stadium überführt. Der Grund dafür, daß die Pflanze nunmehr Wurzeln aus- bildete, dürfte wohl in der größeren Bodenfeuchtigkeit und in dem durch das Abtrennen der alten Wurzeln hervorgerufenen Reiz zu suchen sein. . Im weiteren Verlaufe entwickelte sich unser Versuchsobjekt unter den konstanten Kulturbedingungen ganz normal und kam anfangs Juli ein zweites Mal zur Blüte. Es hatte also unter den normalen Lebens- bedingungen auch den gewohnten Entwiek- lungsgang durchlaufen. Versueh I. Für die Frühblüte unserer Begonienpflan- ze könnte man außer dem Fehlen der Wur- zeln als Ursache noch anführen, daß sie am Schlusse der abgelaufe- nen Vegetationsperiode, zur Zeit da sie in Winterruhe versetzt wurde, sich in einem anderen Wachstums- stadium befunden hätte als die übrigen Pflanzen. i i Fig. 3. Knollenbegonie. Dieselbe Pflanze wie in Sio wäre aus irgend Bi. 2, 3 Wochen nach Eintritt normaler Kultur- einem Grunde vielleicht bedingungen. Blüten abgefallen. An der Knolle nicht zur Blüte gelangt, zahlreiche neue Wurzeln. (®/, nat. Grüße.) wäre am Schlusse des Wachstums noch vor dem blühbaren Stadium gestanden, während die übrigen Pflanzen am Ende desselben gewesen wären. Es ist aus der gärtnerischen Praxis bekannt, daß ein Baum, der ja gewissermaßen ähnlich der Knolle auch ein Reservestoffbehälter ist, nach einem Jahre geringer Blüte im nächsten Jahre um so reichlicher Blüten ausetzt, in- folge der in größerer Menge oder größerer Konzentration vorhandenen Assimilate. Dasselbe Verhältnis hätte bei unserer Knolie die Frühblüte verursachen können. 176 J. Doposcheg-Uhlär, Um diesem Einwande zu begegnen einerseits und um überhaupt eine Frühblüte auf experimentellem Wege zu erzeugen andererseits, wurde der nachfolgende Versuch gemacht (15. Febr. 1911). Sechs Knollen, von annähernd gleicher Größe, noch im Ruhe- stadium befindlich, wurden in zwei Töpfe mit Sand gesetzt. Dieselben kamen an eine sehr wenig beleuchtete Stelle in der Nähe eines Heizkörpers 7 Lo Fig. 4 Knollenbegonie. Blütenstadium erzeugt durch stetiges Abschneiden der Wurzeln. Kulturdauer 4 Monate, Unter der geöffneten männlichen Blüte eine ge- sehlossene weibliche. (®/, nat. Größe.) in einem trockenen Kulturhause und wurden feucht gehalten. Die Knollen hatten also un- gefähr dieselben Wachstumsbe- dingungen, wie sie die anfangs beschriebenen Pflanzen gehabt hatten. Außerdem aber sollteihnen die Wasseraufnahme durch bestän- diges Abschneiden der Wurzeln verhindert oder möglichst einge- schränkt werden. Drei Knollen dienten als Kon- trolle; ihnen wurde Wurzelbildung gestattet, sonst standen sie unter denselben Kulturverhältnissen. Ende März, nach 6 wöchent- licher Kulturzeit, während der die neu entstandenen 1—2 em langen Wurzeln wöchentlich einmal ab- genommen worden waren, standen an den Knollen Sprosse von 1-2 cm Höhe, mit noch in der Knospen- lage befindlichen Blättchen, die an den Spitzen etwas vertrocknet waren. Da auch die Kontroll- kultur mit ca. 10 cm langen, etioliertenSprossen Vertrocknungs- anzeichen aufwies, wurde die ganze Versuchsreihe inein mäßig warmes, aber luftfeuchteres Kulturhaus übertragen und gleichzeitig etwas mehr Licht (kein direktes Sonnenlicht) gegeben. Die Wurzeln wurden wie vorher immer wieder beseitigt. Diese Veränderung hatte nach 4 Wochen (30. April) zur Folge, daß an einem 3 cm hohen Sproß eine Blütenknospe auftrat und in Frühblüte bei Knollenhegonien. 177 weiteren 6 Wochen (10. Juni) zeigten vier von den sechs Versuchs- pflanzen mehr oder weniger ein Aussehen, wie es in Fig. 4 dar- gestellt ist. Das stetige Abschneiden der Wurzeln hatte also bewirkt, daß die Pflanzen unter Ausschaltung des vegetativen Stadiums in das reproduk- tive eingetreten waren, womit dasselbe Resultat erreicht wurde, wie es bei der ohne äußeren Eingriff blühenden Pflanze sich herausgebildet hatte. Die Sprosse der Kontrollkultur waren um diese Zeit ca. 20 cm hoch, sehr reich im Laube, jedoch noch ohne Anzeichen von Blüten- knospen. Im weiteren Verlaufe fielen die Blütenstände wieder ab, es ent- wickelten sich in den Achseln der kleinen Blättehen neue (vier im ganzen), ohne daß sich eine sonstige Veränderung gezeigt hätte, Eine Knolle dieser Versuchsreike geriet in Fäulnis, eine kam über das Knospenstadium nieht hinaus. Mitte Juli wurden sämtliche Blüten- sprosse abgeschnitten und die Knollen zur Ruhe gestellt, Die Kontrollkultur hatte um diese Zeit die ersten Blüten ge- öffnet. Versuch IT. Die bei Versuch II gestellte Frage sollte noch auf einem anderen Wege beantwortet werden. Je sechs Knollen (noch im Ruhestadium) wurden in zwei feuchten Glashafen aufgehängt, der eine verdunkelt, der andere hellgehalten, beide in ein Glashaus mit Bodenwärme gestellt. Unter dieser Kulturweise trieben die Knollen vereinzelte Wurzeln, die abgenommen wurden, die angelegten Knospen kamen mehr oder weniger zur Entwicklung; doch waren nach fünfmonatlicher Versuchs- dauer (15. Juli) die Sprosse nur 2-4 em hoch. Ein bedeutender Unterschied zwischen verdunkelter und hell ge- haltener Kultur war nicht vorhanden; das Wachstum schien beiderseits still zu stehen. Die allzugroße Luftfeuchtigkeit dürfte bier hemmend eingewirkt haben. Die Knollen wurden daher nach Entfernung der Sprosse wieder in Töpfe mit Sand übersetzt, in ein Warmbeet gebracht und bei guter Beleuchtung gehalten. Die neu austreibenden Wurzeln wurden wie im Versuch IT abgeschnitten. Nach 3 Wochen (7. August) zeigte sich an einer Pflanze mit, 2 cm Sproßlänge und drei noch gefalteten Blättchen, zwei Blüten- 178 3. Doposcheg-Uhlär, knospen und nach weiteren 4 Wochen standen 7 von 12 Pflanzen in Blüte, wobei keine derselben höher als 4 cm war. Ihre Laubblatt- spreiten waren bis 2 cm lang. Im allgemeinen also dasselbe Resultat wie in Versuch II, nur daß die Sprosse im letzten Versuche gedrungener waren, wohl infolge der intensiveren Beleuchtung und der überhaupt günstigeren Wachs- tumsverhältnisse zur Sommerszeit. . j Die Ergebnisse der Versuche II und III haben demnach die vor Beginn derselben aufgestellte Frage dahin beantwortet, daß für das spontane Auftreten des Blütenzustandes aus der ruhenden Knolle eine durch vorkergehende Kulturverhältnisse stattgehabte Beeinflussung nicht angenommen werden muß. Weiters wurde dargetan, daß man durch Belassen oder Entfernen der Wurzeln jederzeit {sonstige für das individuelle Wachstum der Pflanzenart abgestimmte Kulturbedingungen vorausgesetzt) den vege- tativen oder blühbaren Zustand der Pflanze herbeiführen kann, daß daher auch das vorliegende Beispiel mit unserer heutigen Auffassung des sogenannten Sachs’schen Phänomens (Dostal 1911) im Ein- klang steht. . . Es erübrigt noch einen scheinbar parallelen Fall von Frühblüte ohne Wurzelbildung in Betracht zu ziehen. Verschiedene Arten der Araceengattung Sauromatum sind auch in weiteren Kreisen dadurch bekannt, daß deren Knollen, ohne eingetopft zu sein, in der Nähe eines Ofens ihre Blütenkolben zur Entwicklung bringen. Doch stehen hier die Verhältnisse aus dem Grunde ganz anders, da die ältesten der am Schlusse der sommerlichen Vegetationszeit für die nächste Wachstumsperiode vorgebildeten Knospen bereits sehr weit determinierte Blütenknospen sind, während an den Begonienknollen nur Laubsproßknospen sitzen. Außerdem ist bei Sauromatum das Auftreten der Blüten vor den assimilierenden Laubblättern ebenso ein die Gattung charakterisierendes Merkmal (Anpassungs-?) wie der umgekehrte Entwicklungsgang bei den Knollenbegonien. München, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität, Mitte Oktober 1911. Frühblüte bei Knolienbegonien. 179 Literaturnachweis. Benecke, Einige Bemerkungen über die Bedingungen des Blühens und Fruchtens der Gewächse. Bot. Zeitung 1906. Diels, Jugendformen und Blühreife im Pflanzenreieh. Berlin 1906. Fischer, Über die Blütenbildung in ihrer Abhängigkeit vom Licht und die blüten- bildenden Substanzen. Flora 1905. Goebel, Organographie der Pflanzen, pag. 39, 209. Jena 1898. Ders, Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen, pag, 6, 10, 117, 190. Leipzig 1908. . Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, pag. 424, 440. Jena 1908. Klebs, Willkürliche Entwicklungsänderungen bei Pflanzen. Jena 1903. Ders., Über künstliche Metamorphosen. — Abhandlungen der naturforsch. Ges. zu Halle 1908, pag. 67, 109. Ders., Über die Nachkommen künstlich veränderter Blüten von Sempervivum pag. 6. Heidelberg 1909. Loew, Oscar, Zur Theorie der blütenbildenden Stoffe. Flora 1905. Ders., Stickstoffentziehung und Blütenbildung. Flora 1905, Ergänzungsband. Moebius, Beiträge zur Lehre von der Fortpflanzung der Gewächse, Jena 1897. Sachs, Physiologische Notizen I. Flora 1892. Vöehting, Über Organbildung im Pflanzenreich, Bd. IT, pag. 101-109. Bonn 1878. Dostal, Zur experimentellen Morphogenese bei Circaea. Flora 1911. Zur Embryologie der Selaginellaceen. Von H. Bruchmann. (Mit 67 Abbildungen im Text.) In dieser Abhandlung wird nach einer kurzen Einleitung (pag. 180) das Prothallium der großen Sporen von Selaginella denti- culata (pag. 184), von $8. rubricaulis (pag. 185) und von 8. Galeottei (pag.186) besprochen und dann eineVergleiehung der Prothallien (pag. 189) untereinander und mit sehon bekannten Formen angefügt. Darauf folgt die Darstellung der Keimesentwicklung von $. dentieulata (pag. 192), 8. rubrieaulis (pag. 198), S. Galeottei (pag. 201) und eine vergleichende Zusammenstellung der gewonnenen Er- gebnisse (pag. 209). Endlich führt die Untersuchung auf eine partheno- genetische Keimesentwieklung bei den Selaginellen (pag. 212), welche namentlieh bei der $. rubrieaulis (pag. 214), aber auch bei der 8. spinulosa A. Br. (pag. 220) erkannt wurde. Den Schluß bildet eine kurze Aufzählung der hauptsächliehsten Ergebnisse (pag. 223) dieser Untersuchungen. Die geschlechtliche Generation der Selaginellen beider Sporenarten tritt uns nicht in einem für alle Arten dieser Gattung gültigen, ein- heitlichen Gepräge entgegen, wie man anfangs nach den Darstellungen von Mettenias (1850), Hofmeister (1851) und Pfeffer (1871) annahm. ' 3 Die Mikrosporen sind den Untersuchungen Belajeff’st) zufolge nach ihrem Bau und den Keimungsvorgängen in zwei Gruppen einzuteilen, die sich in der Anzahl der Sporenhäute und in der zur Entwieklung kommenden Antheridienzahl unterscheiden. Bei der einen Gruppe (Beispiele sind 8. Kraussiana und 8. Poulteri) finden sieh drei Sporen- häute vor, und es werden vier Antheridien erzeugt. Bei der anderen Gruppe (Beispiele sind S. euspidata, S. caulescens und 8. Martensü) sind zwei Sporenhäute vorhanden, und es entstehen auch nur zwei Antheridien. Aber in der Ausbildung einer kleinen, linsenförmigen Zelle, der rudi- D) Belajetf, Antheridien und Spermatozoiden der heterosporen Lycopodis- ceen. Bot. Zeitg. 1885, Bd. XLIII, pag. 798-802, Zur Eimbryologie der Selaginellacsen. 181 mentären Rhizoidzelle, die an einer der drei Sporennähte entsteht, und in der Anlage weniger, steriler Prothalliumzellen stimmen alle sehr reduzierten männlichen Prothallien überein. Die neueren Untersuchungen über das weibliche Prothallium führen auch auf eine Unterscheidung von zwei Gruppen. Bei der einen (Beispiele sind auch hier $. Kraussiana und 8. Poulteri) wird das peri- pherische, unbedeckte und die Archegonien erzeugende, kleinzellige Gewebe durch eine getüpfelte Grenzschicht, das Diaphragma, von dem darunter liegenden Nährgewebe, dem Endosperm, geschieden, Bei der anderen Gruppe (Beispiele sind 8. spinulosa, 8. Martensii u. a. m.) gehen Archegonial- und Nährgewebe in ununterbrochener Folge in ein- ander über. Alle Prothallien der greßen Sporen bleiben chlorophylios und treten nur wenig über die drei gesprengten Nähte der Sporenschale hervor. Dureh drei in den Winkeln der Sporenrisse hervorwachsende Rhizoidhöeker mit Rhizoiden suchen sie zum Zwecke der Nahrungs- aufnahme Verbindung mit der Außenwelt. Und es scheint nahe zu liegen, daß diese Rhizoidhöcker des Prothalliums der Makrospore und die rudi- mentäre Rhizoidzelle des sehr reduzierten Prothalliums der Mikrospore wohl als einander entsprechende, homologe Organe gelten dürften. Auch bei der ungeschlechtlichen Generation führten die Untersuchungen über die Keimesentwieklung von mehreren Selaginella- arten auf eine Unterscheidung von zwei Gruppen dieser Gattung, die sich aus der verschiedenen Anordnung der Organe an den Keimlingen ergaben !), Die Keimlinge der einen Gruppe (Beispiele sind wieder 8. Kraussiana und 8. Poulteri) haben die Haustorien (gemeint sind. Embryo- träger und Fuß) unterständig. Also sind der Sproß des Keimlings und sein erster Keimwurzelträger über die Haustorien gestellt. Die Keimlinge der anderen Gruppe (Beispiel: 8. Martensü) entwickeln die Haustorien zwischenständig. Es treten also Embryoträger und Fuß zwischen dem Keimlingssproß und dem ersten Keimwurzelträger auf, Somit stellen sich die beiden Arten der artikulierten Selaginellen S. Kraussiana und 8. Poulteri sowohl dureh die Prothallien beider Sporenarten als auch durch ihren Embryo in einen auffallenden Gegen- satz zu den übrigen, den nicht artikulierten Arten. Ob sich nun auch die anderen Formen der Artikulaten dieser zuerst von Spring aufgestellten und von A. Braun 2) als eine vollkommen naturgemäße gekennzeichnete _—_—_. 1) Bruchmann, Yom Prothallium der großen Spore und von der Keimes- entwicklung einiger Selaginella-Arten. Flora 1908, Bd. XCIX. . 2) A. Braun, Menateheriehte der Kgl. Akademie zu Berlin 1865, pag. 195 182 H. Bruchmann, Gruppe von allen übrigen Nichtartikulaten in gleicher Weise unter- scheiden, haben weitere Untersuchungen aufzuklären. Zur Förderung unserer Kenntnisse über die sehr wichtige und umdangreiche Gattung der Selaginellen sollen hier Studien an den drei Arten $. dentieulata, S. rubrieaulis und S. Galeottei folgen. Diese drei dorsiventrale und anisophylie Arten stehen einander nicht nahe im System, was sie schon durch ihre verschiedenen Blütenformen zum Aus- druck bringen. Sie tragen platystische Blüten in nichts inverser (8. dentieulata) und inverser Form (8. rubricaulis), ferner auch tetrastiche (S. Galeottei). Das größte Interesse hätten wir wohl der europäischen Form, der 8, denticulata, zuzuwenden. Ihr Name wird zwar in der botanischen Literatur mehrmals angeführt, aber meistens wurde die schon vom Anfang dieses Jahrhunderts an bis in die neueste Zeit in den Gewächs- häuseru kultivierte, südafrikanische 8. Kraussiana fälschlich als 8. dentieulata bezeichnet. So beziehen sich die von Broterc!), Salisbury?), ferner auch die von Bischoff?) veröffentlichten Untersuchungen über dieKeimung der großen Sporen von Lycopodiaum (Selaginella) denti- eulatum auf 8. Kraussiana. Bischoffi’s Abbildungen der großen Sporen dieser Art als sog. „Sporenknöllchen (Tubereula sporoidea)“ für sieh und in Verbindung mit Keimpflanzen bringen die Sporen ver- hältnismäßig groß und, was wichtig ist, die Sporenschale deutlich mit netzartig verbundenen Verdickungsleisten. Er zeichnete alse die Netz- reliefsporen der S. Kraussiana. Die großen Sporen der echten 8. denti- culata sind feinhöckerig punktiert und verhältnismäßig klein von nur 0,35 mm Durchmesser (Fig. 1), während die der vorker genannten Art etwa 0,75 mm Durchmesser haben, demnach etwa achtmal so groß sind. Auch die Angaben Hofmeister’s *) über $. dentieulata im Texte und in den Zeichnungen galten in Wirklichkeit der S. Kraussiana. So scheint es denn endlich an der Zeit zu sein, daß die vielfach nur Trig genannte europäische Art selbst einmal einer näheren Beachtung unterzogen wird. Durch ihre genaue Kenntnis dürfte sieh ergeben, daß 1) Brotero, Transact, of the Linn. soc., Vol. V, pag. 162. 2) Salisbury, Ebenda, Tome XII. Auch in Isis 1820, Heft 5, pag. 451 a. Taf. IV. 3) Bischoff, Die kryptogamen Gewächse, 1828, 2. Lief., pag. 125, Taf. XI, Fig. 3843. 4) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen, pag. 122f, Taf. XXVI, Fig. 1296, Zur Embryologie der Selaginellaceen. 183 sie zum maßgebenden Beispiel und zum charakteristischen Vertreter einer ganzen Selaginellen-Gruppe hingestellt werden kann. Ob die keimenden Sporen der echten 8. dentieulata, dieser in der ganzen Flora des Mittelmeeres sehr verbreiteten Art, überhaupt schon beobachtet worden sind, ist sehr fraglich. Ich säte solche Sporen, welche im Frühjahr in Sizilien geerntet waren, im Monat Mai auf gut ausgekochtem Torfe aus. Sie keimten aber erst zwei Jahre darauf in reicher Anzahl. Es hatten also auch die Mikrosporen nach 2 Jahren noch Keimfähigkeit. Allein eine 2jäkrige Sporenruhe dürfte doch vielleicht nicht den natür- lichen Lebensvorgängen entsprechen; denn schon nach einem Jahre zeigten sich die großen Sporen im Keimbette stark aufgetrieben, und es konnten in der geschlossenen Spore an den in Entwicklung begriffenen Prothallien deutlick mehrere ausgebildete Archegonien erkannt; werden. Für die Sporen der Selaginellen dürfte Torf ein nicht geeignetes, vielmehr ein die Keimung hemmendes Substrat sein, was ich aus mehreren mißglückten Keimungsversuchen erfuhr. Die Sporen der gleichen Art, welche von Pflanzen, die in einem Gewächshause gezogen, im Monat Januar geerntet und auf Fließpapier in Petrischalen ausgesät wurden, keimten zu einem kleinen Teile schon nach 4, in größerer Zahl nach 14 Monaten. Somit steht ihre natürliche Periodizität, welche wohl eine 1jährige sein dürfte, noch in Frage. Ob nicht gewisse Reizmittel eine frübe Auslösung der Keimung solcher Sporen ermöglichen, wäre noch festzustellen. Die keimenden Sporen der 8, rubricaulis, welche mir auch Studien- material lieferten, fand ich bei einem Besuche der Gewächshäuser des Heidelberger botanischen Gartens auf der Erdoberfläche eines Topfes vor, in dem eine größere Pflanze dieser Art wuchs. Dieses mir sehr will- kommene Untersuchungsmaterisl wurde mir gütigst von der Garten- direktion überlassen. Ich vervollkommnete dasselbe durch eigene Aus- saaten derselben Sporenart, die, auf Fließpapier in Petrischalen gesät, schon nach etwa 18 Wochen die ersten Keimpflanzen zeigte. Da die beiden artikulaten Formen der 8, Kraussiana und 8. Poulteri, welche zwar leicht zu kultivieren und für eine Untersuchung immer recht bequem sind, eine sehr unklare Entwicklung ihres Embryos zum Ausdruck bringen, so schien es mir dringend wünschenswert, bei anderen Formen dieser Gruppe bessere Einsicht zu erlangen. Die deutlich als artikulate Form gekennzeichnete $. Galeottei verhalf hierzu. Von einer älteren Pflanze dieser Art, die ich selbst gezogen hatte, säte ich deren Sporen im Oktober aus. Sie keimten nieht so schnell wie die von $, Kraussiana Flora, Bd. 104. 14 184 | H. Bruchmann, und 8. Poulteri. Die ersten Keimpflanzen traten erst nach 7 Monaten hervor. Von den Prothallien der großen Sporen. 1. Selaginella dentieulata. Die tetraedrischen Makrosporen werden kurz vor ihrem Aufspringen durch eine birnförmige Auftreibung ihres Scheitels eiförmig (Fig. 1), und das Prothallium, dessen Anlage bereits in der noch nicht ausgestreuten Spore begonnen hat, weist kurz vor der Sprengung der Spore mehrere fertig angelegte Archegonien auf. Auch findet sich das Prothallium schon beim Aufbrechen der Spore durch feine Zellwände bis zum Sporen- grunde angelegt, und das Archegonialgewebe fleißig in engere Zellen geteilt. Die drei Rhizoidhöcker der Prothallien, welche ich zuerst in den Winkeln der dreiklappig aufgerissenen Sporenschalen der $. spinulosa als drei Rhizoide tragende Gewebe- wäülste vorfand?) und ferner auch mehr oder weniger ausgebildet bei anderen Arten antraf, sind hier meist wenig bemerkbar entwickelt (Fig. 2). Bei einzelnen keimenden Sporen schienen überhaupt keine Rhizoide hervorzu- treten. Dagegen bei solchen am Stand- . orte dieser Pflanzen aufgefundenen Sn I Be „Keimende Sporen waren sie deutlicher erkenn- Sporen. Vergr. 30. bar. Die Notwendigkeit der bes- seren Ausbildung dieser Höcker mit langen Rhizoiden dürfte für dieses Prothalium in dem feuchtgehaltenen, künstlichen Keimbette nicht so vorhanden sein wie an den natürlichen Anssaatstellen. Ein Längssehnitt durch das Prothallium weist in demselben kein Diaphragma auf, was auch nicht erwartet wurde (Fig. 2). Archegonien werden am Scheitel des Prothalliums in ziemlich reicher Anzahl erzeugt, die namentlich während des Aufbrechens der Sporenschalen und beim gesteigerten Wachstum des Archegonialgewebes, zuweilen selbst noch während der Ausbildung eines Embryos entstehen. )) Bruchmann, Untersuchungen über Selaginella spinulosa A. Br. Gotha 1897. ' Zur Embryologie der Selaginellaceen. 185 Die zuerst entwickelten Archegonien erreichen, wie auch bei anderen Arten, größere Formen als die späteren; die letzteren bringen es kaum auf den halben Durchmesser der ersteren (Fig. 2). Alle Archegonien erlangen auch nicht, wie es scheint, ihre vollständige Reife und Öffnung der Halszellen. Der Bau der Archegonien weicht nicht von dem bekannten anderer Arten ab (Fig. 3). Der Hals erhält zwei Stockwerke von Zellen, und die Entwieklung der zentralen Zellreihe führt auf eine dreizellige Schicht, auf die Halskanal-, die Bauchkanal- und die Embryonalzelle, d.i. die Eimutterzelle, welche das Ei ein- sehließt (Fig. 3). 2. Selaginella rubricanlis. Die sehr klei- nen, gelben Mutter- Sporen von nur etwa 0,22 mm Durchmes- ser beginnen erst nach ihrer Ausstreu- ung den Aufbauihres fig. 2 u. 3. 8. dentionlata, Fig. 2. Prothallium mit Pr i Embryo und Archegonien im Längsschnitt. o äußere, othalliums. Sehr z inmere Sporenschale, r% Rhizoidhöcker. Vergr. 140. — bemerkbar machen fig. 3. Reifes Archegonium. » Halszellen, #4 Halskanal-, sich bei den ge- 5% Bauchkanal-, e Eimutterzelle, Vergr. 205. keimten Sporen die . drei hier verhältnismäßig stark hervortreienden Rhizoidhöcker mit ihren langen, nach allen Seiten in das Substrat eindringenden Haar- wurzeln, welche auch im feuchten Substrate Längen erreichen, die den mehrfachen Durchmesser der Spore übertreffen (Fig. 4). Höchst wahr- scheinlich werden diese Rizoide, die mit den Teilen des Substrates sehr innig verwachsen können, dem Prothallium außer Wasser zcoch andere Nährsubstanzen zuführen. Hervorzuheben ist noch, daß sie an ihrer Basis meist sehr auffällig keulig ausgeweitet sind (Fig. 5), auch in ihrem weiteren Verlaufe in einzelnen Fällen unregelmäßig aufgetrieben, ja mehr- fach verzweigt angetroffen werden können (Pig. 5). In soleher unregel- mäßigen Form aber erreichen die Haarwurzeln nur geringe Länge. 14% 186 H. Bruchmant, Im Prothallium gehen die Zellen des Archegonialgewebes ‘ohne Abgrenzung in das Nährgewebe über und sind bei dem kleinen Prothallium verhältnismäßig groß (Fig. 5). Auch die Archegonien erreichen ansehn- liche Größe und können in einer Anzahl von 6—10 Stück auf dem Pro- thalliumscheitel angetroffen werden. Jedes Prothallium bringt es zur Entwicklung eines Embryos. Zuweilen sind deren auch mehrere in un- gleicher Ausbildung anzutreffen, doch sah ich nie mehr als eine Keim- pflanze aus der Spore hervorgehen. In allen Fällen findet die Entwicklung der Embryonen hinter geschlos- senen Archegonien statt. Fig. 4 u. 5. 8. rubricaulis. Fig. 4. Keimende große Spore. Vergr. 70. — Fig. 5. Prothallium mit Embryo und Archegonien im Längsschnitt. r% Rhizeidhöcker, o äußere, 7 Innere Sporenschale. Verer. 135. 3. Selaginella Galeottei, Die großen Sporen haben mit denen von $. Kraussiana und 8. Poulteri übereinstimmende Form und Größe. Sie treiben aber bei ihrer Keimung ein mächtigeres Prothallium aus der gesprengten Sporenschale kervor wie jene (Fig. 6). Der mit Arehegonien in reicher Zahl ausgestattete Gipfel des Prothalliums wird von drei sehr auffallend großen, aus den Winkeln der Sporenklappen aufstrebenden Rhizeidhöckern mit ihren Rhizoiden überragt (Fig. 6). Diese flachen, im Querschnitt schmal elliptischen Auswüchse (Fig. 8) sind radial zur Prothalliumachse gerichtet und erscheinen nach dieser kin etwas gekrümmt (Fig. 7). Eine keimende Zur Embryologie der Selaginellaceen. 187 Spore dieser Art mit ihren drei flachen Rhizoidhöckern gleicht einem vasenartigen Gefäße mit drei undurchbrochenen Henkelansätzen (Fig. 6). Die Höcker' sind aus großlumigen Zellen aufgebaut, welehe in deren Längsrichtung die größere Ausdehnung erhielten und nach dem Rande hin etwas kleinlumiger sind. Sie führen wässerigen Inhalt und werden durch eine Zuleitung der von den Haarwurzeln aufgenommenen Stoffe dem Prothallium für die Ausbildung eines Embryos dienstbar. Eine Ergrünung aueh bei den Kulturen der Prothallien am freien Tageslicht trat nieht ein. Jede Oberflächenzelle dieser Höcker kann zu einer Haar- wurzel auswachsen. Die Rhizeide treten namentlich an den Gipfeln der Höcker in großer Anzahl auf und strahlen nach allen Rich- tungen hin aus. In ihrem Gewirre hat sich auch eine Anzahl von Mikrosporen ge- fangen. In Figur 6 sind nur drei Stück dargestellt. Es kann dabei nicht übersehen werden, daß diese drei Rhi- zoidhöcker, welche die derben, klemmenden Netzreliefspo- renschalen aufgesperrt er- halten, besonders aber im Dienste der Ernährung des Prothalliums stehen, auch über dessen Gipfel durch Adhäsion einen Miniatur- zu, 6. 5. Galeottei. Koimende große Spore see zu bilden und zu er- und Mikrosporen (mi). Vergt. 205. halten vermögen, der eine sichere Befruchtung der Archegonien durch Spermatozoiden der von den Rhizoiden festgehaltenen Mikrosporen vermitteln kann. . . Kurz vor dem Anfspringen der Sporenschalen zeigen sich fertige Archegonien, und unter deren Nähten treten peripherische Zellen her- vor, welehe nach der Schalenöffnung zwischen deren Spalten kamm- artig hervortreiben und durch Rand- und Interkalarwachstum die be- schriebenen Gewebehöcker des Prothalliums ausbilden. Zuweilen werden auch in einer Schalenspalte zwei hintereinander gestellte Höcker erzeugt, wobei dann dem oberen die bedeniungsvollere Ausbildung zukommt. Die Rhizeide entspringen mit keuliger Basis, haben meist starıe Form und sind nicht sehr lang. 188 H. Bruchmann, Beim inneren Bau vermißt man das in den Prothallien der Arti- kulaten vorausgesetzte Diaphragma. Dafür aber tritt uns in ihm ein eigenartiger Zellenaufbau mit unverkennbarem technisch-mechanischen Gepräge entgegen (Fig. 7). Ein vollständig aufgebautes. Prothallium zeigt vom Sporengrunde aus bis zu seinem Gipfel das Zellgewebe aus übereinander gelagerten, kugelschalförmigen Schichtungen angeordnet, welche, in Längsschnitten gesehen, bogenförmig erscheinen (Fig. 7). Sie sind meist durch etwas verdiekte Membranpartielinien voneinander geschieden und auf die Seiten- | } / wandung der Spore gestützt. GL. Von den dichten und eng- zelligen Gipfelpartien nach abwärts wird dasProthallium- gewebe in seiner kugelscha- ligen Anordnung allmählich weitlamiger und erreicht am kg Sporengrunde die größte Zell- & ausdehnung. Wir haben hier 0 also nicht eine stark verdiek- \ te Abgrenzung, das sog. Dia- | phragma, wie z. B. 8. Kraus- siana (Fig. 9), sondern deren 7 eine ganze Anzahl in allerdings ! schwächerer Verdiekung. Die Prothalliumbildung in den großen Sporen beginnt bei dieser Art erst nach deren Ausstreuung. Kurz vor dem Fig. ?. u. 8. S. Galeottei. Fig. 7. Prothallium ini mit Archegonien und jungem Embryo im Längs- Aufbrechen der Spore findet schnitt. r% großer Rhizoidhöcker, o äußere, man das archegoniale Gipfel- # innere Sporenschale. —— Fig. 8. Rhizeidhöcke: ij - im Querschnitt, Vergr. 75. " gewebe fertig gestellt, wel ches daun auch mit einer Zellanordnung in Kugelschalenform anhebt. Es gilt, so scheint 68 mir, mit einem so zu gewinnenden Festigkeitsbau die durch ihre Netz- reliefverdiekung stark klemmende Sporenschale aufzudrüeken und, den Gegendruek abwehrend, aufgedrüekt zu erhalten. Zur Hülfe wachsen ja, wie schon angeführt, zwischen den eben geöffneten Sporen klappen die Rhizeidhöcker hervor. Am weiteren Ausbau wird der Prothalliumgipfel mehr heraus- getrieben, und im Sporeninneren treten im Anschluß au den fertigen Teil Zur Embryologie der Selaginellaceen. 189 nach unten fortschreitend kugelige Membranschalen auf, welche in paral- lelen Bogen von der Sporenmitte nach den Seiten führen und eine Vor- einteilung des Sporenraumes vornehmen, worauf dann der Raum zwischen den Bogen sekundär durch dünnwandige kleinere Zellen mit mehr oder weniger bogiger Anordnung zerlegt wird, bis so schließlich der ganze Sporenraum ausgefüllt ist, was aber erst spät, erst während der Er- ziehung des Embryos einiritt. ' Vergleichung der bekannten Prothallien der großen Sporen. Die Keimung der Sporen stellt bekanntlich einen anderen Ent- wieklungsvorgang aus dem Pflanzenleben vor als bei den Phanerogamen die der Samen, und der Keimungsprozeß der Selaginellasporen mit ihren zum Teil im Schutze der Sporenschale verbleibenden Prothallien ist von ganz besonderer Art. . Der erste Entwieklungasbschnitt der Sporenkeimung von Mikro- und Makrosporen geht in geschlossener Sporenschale und in den meisten Fällen schon vor deren Ausstreuung aus den Sporangien, seltener nach derselben vor sich. Es bildet sich aus einer Sporenzelle nach und nach ein mehrzelliges Prothallium. Die Keimung wird an den ausgestreuten Sporen äußerlich an der durch das innere Prothallium veranlaßten Sprengung der drei Sporennähte am Sporenscheitel bemerkbar. Dem Keimungsvorgang der Mikrosporen, welcher mit der Ent- lassung der Spermatozoiden abschließt, entsprieht bei der Makrospore der Keimungsverlauf bis zur Entwicklung reifer Archegonien. Aber erst mit der Keimbildung und der Ernährung aueh der schen aus dem Prothallium hervorgetretenen Keimpflanze ist der sehr umfassende Keimungsprozeß der großen Spore beendet. Als äußerlich erkennbares Merkmal der Sporenkeimung dieser Gattung wird die Sprengung der dreiklappigen Sporenschale und die Freilegung des Prothalliumgipfels bei der Mutterspore gelten dürfen. Die. Gewinnung eines Embryos ist ja noch von anderen Umständen abhängig. Die weiblichen Prothallien aller bis dahin bekannten Arten suchen nach der Sprengung der Sporenschale durch ihren freigelegten Gipfel mittels dreier Rhizoidhöcker Verbindung mit dem Substrate zu gewinnen. Diese Rhizoidhöcker treten als kleinere oder größere Gewebewülste stets an denselben Stellen, nämlich in den Winkeln der dreiklappig geöffneten Sporenschale auf. Bei den keimenden Farnsporen tritt nur an einer solchen Stelle ein Rhizeid hervor, und die Mikrosporen der Selaginellen 190 H. Bruchmann, bringen es nur zur Anlage einer rudimentären Rhizoidzelle an dem ent- sprechenden Orte ikres Prothalliums. Die größte Form der Rhizeidhöcker fand ich bis dahin an den Prothallien von $. Galeottei (Fig. 6 und 7), wo sie wie drei große, über den Prothalliumgipfel hervorragende Urmenhenkel gestaltet werden und durch die vielen aus den oberflächlichen Zellen auswachsenden Rhizoide einen Haarfilz über dem Prothallium bilden. Bei den verwandten Arten $. Kraussiana und $. Poulteri dagegen sind diese Höcker klein und treten mehrfach auch ohne Rbizoide auf. Zuweilen finden sieh auch zwei hintereinandergestellte Wülste in dem Winkel eines Sporen- risses vor. Unscheinbar sind auch die drei Rhizoidhöcker der Prothallien von $. denticulata, aber nicht übersehbar die von $. Martensü, 8. rubri- caulis und 8. spinulosa. Auf die physiologische Bedeutung dieser Rhizoidhöcker für das Prothallium habe ich schon hingewiesent). Wenn sie bereits in der ge- schlossenen Spore angelegt werden, wie z. B. bei 8. spinulosä, so helfen sie, da sie ja unter je einer Sporennath entstehen, durch ihren Druck bei der Öffnung der Sporenschale; sie sind Sprenghöcker. In jedem Falle aber verhindern sie das Wiederzusammenklappen der geöffneten Sporenschale, da sie zwischen den Rissen derselben hervorwschsen. Sie dienen daher alsSperrhöcker und schützen so den Gipfel desProthalliums mit den Archegonien, welche sonst bei einem etwaigen Schrumpfen desselben durch die zusammenfallenden Sporenklappen beschädigt würden. Durch die Rhizoide, welche von den Zeilen ihrer Oberfläche aus in das Substrat: dringen, werden Beiträge für die Ernährung des den Embryo erziehenden Prothalliuns gewonnen und dienen daher als Ernährungsorgan. Dann auch als Haftorgan, da ein durch Rhizoide an das Substrat gebundenes Prothallium nieht leicht durch Wind und 'Wasser'aus der Lage gebracht wird. Endlich können diese Rhizoidhöcker dureh das Festhalten von Mikrosporen und Wasser dem Befruchtungs- akte der Archegonien dienstbar werden. Somit können die drei Rhizoid- höcker mit ihren Haarwurzeln dem Prothallium in mannigfacher Hinsicht nützlich sein. Obgleich die Prothallien der Selaginellen fast ganz im Schutze der Sporenschale verbleiben, treten doch im inneren Baa derselben bemerkens- werte Verschiedenheiten hervor. Einige Arten führen den Bau des Pro- thaliums schon vor der Befruchtung bis zum Grunde der Spore aus 1) Bruchmann, Untersuchungen über 8. spinulosa, pag. 45, — Ders, Yom Proth. der gr. Spore einiger Selagmella-Arten, pag. 14. sind bis jetzt zwei Typen aus- Zur Embryologie der Selaginellaceen. 191 (z. B. 8. denticulata), andere schreiten erst während der Entwicklung des Embryos dazu (z. B. S. Galeottei. Anm.: Das Protballium dieser Art habe ich in Figur 7 deswegen vollständig dargestellt, um eine Übersicht über seine ganze Bauart zu zeigen. In Wirklichkeit würde es bei solchem Alter kaum die halbe Spore ausfüllen). Übereinstimmend haben alle weiblichen Protkallien der Selaginellen eine kleinzellige Scheitelregion, das Primär- oder Archegonialgewebe, welches zuerst und schon bei geschlossener Spore angelegt wird. An dieses schließt sich nach dem Grunde der Spore zu und in sich steigern- der Zeilengröße ein sekundäres oder Nährgewebe. Geschieht dies in ununterbrochener Folge, wie ich es zuerst vom Prothallium der 8. spinulosa und ferner auch von 8. Martensü, 8. dentieulata und 8. rabricaulis darstellte, so haben wir es mit dem verbreitetsten Prothalliumtypus zu tun, der höchstwahrscheinlieh der aller Nichtartikvlaten ist. Im Bau der Artikulaten einander zu halten, einmal der 8. Poniteri-Typus (Fig. 9). Das großzellige, den ganzen Innenraum der Spore ausfüllende Endosperm- gewebe des Prothalliums wird von einer stark verdiekten Wand um- schlossen und so gipfelwärts von dem zuerst gebildeten, ihm auf- Yig. 9. 8. Kraussiana. Prothallium mit { i ü . Embryo und Archegonien im Löngsschnitt, sitzenden, kleinzelligen Arche ra Ehtzoidhöcker, o äußere, 7 innere gonialgewebe deutlich geschieden, Sporenschale. Vergr. 112. wosie als getüpfelte Zwischenwand (Diaphragma) erscheint. (Beispiele: $. Poulteri und 8. Kraussiana.) Der Aufbau erfolgt in zwei Etappen. Dann ist noch der 8. Galeottei-Typus hervorzuheben (Fig, 7), bei welchem das Prothallium mit sich wölben- den Schichtungen und in ununterbrochener Entwicklungsfolge aufgebaut wird, Die Prothallien der Artikulaten erhalten durch ihre Bauweise eine Verstärkung ihrer Druckkraft, da bei diesen großen Formen der einfache Turgor des Binnengewebes allein nicht auszureichen scheint, um die aufgesprengte Sporenschale geöffnet zu erhalten. . 192 H. Bruchmann, Es sind zurzeit somit drei weibliche Prothallien-Typen bei den Selaginellen zu unterscheiden. Die Entwicklung des Keimes von 1. Selaginella denticulata. Bei allen Embryonen bis zur mittleren Entwicklungsgröße findet sich eine deutliche, äußerlich und innerlich hervortretende, quere Zerteilung des Zelikörpers in einen Sproß- und Grundteil ausgeprägt. Eine quere Scheidewand nämlich (Fig. 16 &—b), die, im Längsschnitt des Embryos gesehen, sich aus einem Zellwandzuge aneinander gereihter, kurzer, etwas verdiekter Zellwandelemente zusammensetzt, führt von einer etwas eingeschnürten Stelle der konvexen Embryoseite, der Fußseite, quer durch den Embryo zu der konkaven, der Gegenfußseite, oberhalb des Embryo- trägers. Es gewinnt den Anschein, als trete hier schon früh eine materielle Sonderung in dem so gesehiedenen Sproß- und Haustorialgewebe ein. Bei soleher Erscheinung lag es nahe, zu vermuten, daß diese quere Scheidewand im Embryo auf eine früh in der Eizelle entstehende Haupt- und Urwand, auf die Basalwand zurückgeführt werden könne, und wenn dies der Fall sei, 8. dentieulata einen neuen Embryotypus darstelle, nämlich einen soleken, der durch eine bessere Ausnutzung der hypo- basalen Eihälfte den Farnen näher kommt, als 8. Martensi, bei weleher dieser Teil nur dem Embryoträger seine Entstehung gibt. Wir haben daher die Entwieklungsweise des Embryos von unserer europäischen Form mit einigem Interesse zu verfolgen. Nachdem sich das Ei durch eine Membran von der Eimutterzelle gesondert und selbständig gemacht hat, wird es zuerst durch die Basal- wand. (6 in Fig. 10) quer zur Achse des Archegoniums in eine dem Arehe- goniumhalse zugekehrte hypobasale und eine ihm abgekehrte epibasale Hälfte zerlegt. Hierauf streckt sich die hypobasale Hälfte im der Richtung der Archegoniumachse dem Inneren des Prothalliums zu in die Länge und geht eine Anzahl querer, parallel zur Basalwand verlaufender Teilungen ein (Fig. 10 u. 11). Es wird aus diesem Eimbryoteile ein für . unsere Art recht charakteristischer Embryoträger ausgebildet, der dureh seine Anzahl gleichartiger, scheibenförmiger Zellen Konfervenfäden ähnlich erscheint und auch durch einen dichten plasmatischen Inhalt der Zellen sehr von solchen Organen anderer Arten, z. B. von dem der S. Martensü, abweicht. Dieser Embryoträger haftet mit seinem ältesten Teile meist recht fest am Archegonium, so daß freipräparierte Embryonen nur selten mit Ihrem ganzen Träger gewonnen werden können. Zur Embryologie der Belaginellaceen. 193 Während der Längsdehnung der hypobasalen Embryohälfte be- wahrt die epibasale ihre halbkugelige Form und führt die ersten Teilungen genau in derselben Weise aus, wie sie von 8. Martensii dargelegt worden sind. Zunächst wird dieser Teil des Keimlings durch die Transversal- wand (bin Fig. 11) in zwei Quadranten zerlegt, worauf dann in einem der- selben durch die schief zur Transversalwand gerichtete Wand a die Mutter- zelle der Stammknospe zur Anlage kommt (s in Fig. 11 «). Durch diese Anlage tritt auch hier die bemerkenswerte Differenzierung der Längs- hälften früh hervor. Die Seite des in Figur 11 a noch ungeteilten Qua- dranten (die rechte) wird zur Fußseite ausgebildet, und der Quadrant selbst hat dem ersten Keimblatt den Ur- sprung zu geben. Der andere Quadrant & hat außer der Stammknospe auch das ) U Ha. L zweite Keimblatt entstehen zu lassen, und diese Seite (die linke) wird stets die Gegen- fußhälfte darstellen. Daß auch die Median- 5 wand diesen Embryo in gleicher Weise wie 0 den von 8. Martensii teilt, soll kurz er- (N wähnt werden. 7 In soleher länglichen, für ein Hinein- >| wachsen in das Prothallium praktischen Fr Form des Keimlings schreitet das Epibasal IT) durch die Ausbildung der Wände c (Fig. 12) T auch noch zur Anlage der Mutterzellen Fig. 10-12. S. denticnlata. des ersten und zweiten Keimblattes (A, und A), und eine erste Abgrenzung des zentralen Pleroms von der Rinde im Hypokotyl kommt ebenfalls zum Ausdruck. Von besonderer Wichtigkeit erscheint Junge Entwieklungsstadien des Embryos. 5 Basal-, # Trans- versalwand. a die den Stamm- scheitel s abteilende Wand, c die die Keimhlätter 2, und % abteilenden Wände, e? Em- bryoträger. Vergr. 350. an diesem Keimlinge die erste Umlegung seines Sproßteiles, weil an ihr der Ursprung des Fußgewebes erkannt wird. Das Fußorgan, welches bei $. Martensii aus der epibasalen Embryohälfte entsteht, geht hier aus dem Hypobasal hervor. Schon hei geringer Ausbildung des Sproßteiles beginnt dessen Umlegung. Eine der Basalwand angrenzende, meist scheibenförmige Zelle des Hypobasals wird nach der Seite des ersten Keimblattes hin keilförmig und. auigetrieben gewölbt, worauf dann in ihr eine von der Außenfläche schief auf die Transversalwand führende Teilungswand auftritt (Fig. 12 /). Weiter folgt darauf an dieser Stelle eine beträchtliche Volumenzunahme der Zellen und eine starke Vermehrung derselben 194 H. Brachmann, namentlich an der nunmehr stark konvex auftreibenden Seite des Keimes (man vergleiche Fig. 12 u. 13). Durch diese einseitige Zellvermehrung wird zwar die epibasale Embryohälfte umgelegt, aber in ihrer halbkugeligen Form und in ihrem Zellengefüge nicht gestört (s. Fig. 12 u. 13). Auch der plasmatische Inhalt der Umlegezellen entspricht von allem Anfange an dem der Embryoträgerzellen, welcher sich durch seine Struktur für die haustoriale, der Emährungstätigkeit des Keimes dienende Aufgabe von dem des Sproßteiles unterscheidet. Lassen wir uns unsere Erörterungen über den ersten Entwieklungs- gang des Keimes der $. denticulata auch durch eine forigeschrittenere Entwicklungsphase desselben be- stätigen, deren Zellenanordnung noch klar die früh gesonderten Organanlagen zu erkennen gibt (Fig. 13). Aus Prothallienlängs- schnitten mit solcher Embryoform trennen wir diese von ihrem fest- haftenden Embryoträger, so daß sie unter dem Mikroskope frei be- wegt und in jeder gewünschten Lage studiert werden kann. In seine Medialebene gelegt, Fig. 23—15. 8. denticulata. Vergr. 370. Fig. 13. Junger Embrye in seiner Median- ebene liegend. 5 Basal-, z Transversal- wand, auch die weiteren Bezeichnungen wie in Fig. 12. — Fig. 14. Der Embryo im Querschnitt seines Hypokotyls gesehen. - 2 Transversal-, » Medianwand, », o, 2 und g Wände, welche die erste Diffe- renzierung des mit xx bezeichneten Pleroms verursachen. — Fig. 15. Ansicht, der Gegenfußseite des Eiınbryos. 5 Basal-, s Medianwand, %# Eintstehungsstelle des zeigt ein solcher Keimling deutlich seine erste Teilung durch die et- was verstärkte Basalwand an (bin Fig. 13) und läßt auch erkennen, daß seine Umlegung lediglich durch eine der Basalwand angrenzende, einseitige, hypobasale Zellenwuche- zweiten Keimblattes, ce Grenzwand des- selßen. rung hervorgebracht wurde (f in . Fig. 18), wobei die amgelegte epi- basale Hälfte in ihrem Aufbau ungestört geblieben ist. Die epibasale Hälfte mit der Sonderung ihrer vier Organe zeigt gipfelwärts im ersten Quadranten die Anlage des ersten Keimblaties (&ı in Fig. 13) und den Beginn seines Randwachsturus durch eine anti- kline Teilung. In dem zweiten Quadranten ist die Zelle s die Anlage- zelle des Stammes, welche von oben gesehen (Fig. 15) ihre erste, schief zu den Seitenwänden gerichtete Teilungswand aufweist, und die wenig hervortretende Zelle % (Fig. 13) die Anlage des zweiten Keimblattes. Der zylindrische Teil dieser Hälfte zwischen c—b stellt das Hypokotyl (#) Zur Embryologie der Selaginellacsen, 195 vor, welches im Querschnitt gesehen (Fig. 14) dureh je zwei, zu beiden Seiten der Transversal- und Medianwand parallel verlaufende Wände (n, 0, 5 u. gin Fig. 14) das achsile Stranggewebe (in Fig. 14 mit x be- zeichnet) von dem der Rinde absondert. In der Ebene der Transversalwand geschen, zeigt der Keimling auch die deutliche Teilung durch die Mediane ( in Fig. 15), welehe in der Ansicht der Gegenfußseite gesehenen Darstellung von der Stamm- anlagezelle bis zum Embryoträger führt und die Anlage des ersten Keimblattes (k in Fig. 15), sowie das Hypokotyl symmetrisch zerlegt. Es tritt somit bei der Entwicklung des Keimes von 8, dentieulata die gleiche und frühe Anlage und Sonderung der Sproßorgane, nämlich die des ‚Stammes, der beiden Keimblätter und des Hypokotyls auf, Fig. 16 u. 17. 8. denticulata, Medisne Längsschnitte durch zwei Embryonen. 2, erstes, & zweites Keimblatt, 2 Ligula, s Stammscheitel, Hypokotyl, 5 Bauland, F Fuß, »2 erster Keimwurzelträger, et Embryoträger. Vergr. 370. wie bei der 8. Martensü, was bei den Selaginellen deswegen besonders hervorzuheben ist, da solehe frühe Selbständigmachung der einzelnen “ Organe bei diesen Keimlingen stattfindet, obgleich sie inmitten sehr reicher Reservestofie der Prothallien Ausbildung finden, gegenüber den Farnkeimlingen, von welchen Goebel) als biologischen Grund ihrer frühen Organsonderung den zu ihrer Entwicklung vorhandenen geringen Vorrat an Reservestoffen im Mutterprothallium annimmt. Bei den Selaginellen zeigt vielleicht der innere Trieb des Keimes zum 1) Goebel, Organographie, pag. 450. 196 fi. Bruchmantı, frühen Selbständigwerden seiner Sproßorgane die Notwendigkeit einer assimilierten Zukost zu den gespeicherten Reservestoffen an. Die Weiterentwieklung der Embryonen bis zu ihrer Durchbruchs- reife aus dem Prothalliam ergibt sich leicht aus der Vergleichung der Figuren 16—18. Zunächst tritt eine stärkere Entwicklung des Hypo- kotyls hervor, wobei eine deutliche Scheidung zwischen Sproß- und Haustorialgewehe zunächst noch erhalten bleibt (5 in Fig. 16), dann aber durch die Hervorwölbung des Fußes (/ in Fig. 17), sowie durch die Anlage des ersten Keimwurzelträgers und seines prokambialen Anschlußgewebes an den. Sproßteil verloren geht (Fig. 17 wi). Hervorzuheben ist von dieser Entwicklung noch besonders für den Sproßteil die Ausweitung des Keimlings durch Vermehrung seiner & Rindenschichten, ferner auch das - 10, energische Randwachstum der bei- den Keimblätter und das frühe Auftreiben der Ligula des ersten Keimblattes. Im hypobasalen Teile wird durch die einseitige Wuche- “ rung des Grundgewebes die em- EBERISSS bryonale Achse nach und nach zur DIRIST y RI Achse des Embryoträgers und 08: BUNG gleichzeitig zu der des Prothalliums in einem spitzen Winkel umgelegt, Fig. 18. 8. denticulate. Ein zum Her- vorbrechen aus der Spore reifer Embryo im medianen Längsschnitt, / Fuß, % Hypokotyl, wi erster Keimwurzelträger mit Wurzelanlage, er Embryoträger, A, erstes Keimblatt mit Ligula, # zweites Keimblatt. Vergr. 150. und wenn nun aus diesem Keim- teile nahe dem Embryoträger der erste Keimwurzelträger hervortritt (Fig. 17 u. 18 wi), erhält der Em- bryo die gleiche eharakteristische Form wie der von $. Martensü, nämlich eine solche, welche Fuß und Embryoträger zwischen Sproßteil und Keimwurzelträger angeordnet aufweist, obgleich ihre Haustorial- organe, Fuß und Keimwurzelträger, nieht von komologen Teilen der Ei- zelle abstammen. Der erste Keimwurzelträger nimmt eine gleiche, sekundäre Ent- stehung am Keimling wie der von 8. Martensii (Fig. 17 wi.); er erreieht hier aber eine geringere Ausdehnung. Meist noch vor dem Durchbruche des Keimlings entsteht schon die Wurzelanlage in ihm (Fig. 18 wi.). Über die Entwicklung der Stammknospe soll noch einiges an- geführt werden. Die Stammutterzelle wird, wie schon hervorgehoben, während ihrer Zerlegung allmählich von der Seite her auf die Mitte Zur Embryologie der Selaginellacoen, 19% der embryonalen Achse gerückt (vgl. Fig. 13 u. 16). Daß sie ein besonderes Organ des Embryos darstellt, zeigen auch bei dieser Art einmal ihr dichter plasmatischer Inhalt, in welehem die Zellteilungen schwer erkennbar sind, dann auch ihre eigenen, zu ihren Seitenwänden meist schief gerich- teten Teilungen, die zu anderen Teilungen des Embryos keine Beziehangen haben. Wie bei $. Martensü sind auch hier gesetzmäßig übereinstimmende Teilungen nicht hervorzuheben. Die erste Teilung, schief zu den Seiten gerichtet (Fig. 19 A), geht nicht immer durch die Mitte der Stamm- mutterzelle. Die weiteren schiefen und parallel zu den Seiten gerichteten Zerlegungen führen auch hier in einzelnen Fällen vorübergehend auf die Anlage einer dreiseitigen Scheitelzelle für die Organmitte (Fig. 19C'). In anderen Fällen wird solche Zelle nieht gefunden (Fig. 19 D); doch zeigen sich immer einige Zellen der Mitte, in der Medianebene des Embryos = SS EI SIE 7 N IX Fig. 51 u. 52. 8, Galeottei. Mediane Löngsschnitte durch Embryonen, bei denen die Anlage des ersten Keimwurzelträgers (w2) hervortrit. — Fig. 52. Ein zum Hervorbrechen aus dem Prothallium reifer Embryo. Vergr. 150. derselben eintritt und die Anbahnung der Gabelung mit divergenten Wachstumsrichtungen folgt. Der schon in jugendlicher Form voluminöseste, hypobasale Teil des Emrbyos (vgl. 41 u. 48) zeigt in seinen ersten Zerlegungen nahe der Basalwand Teilungen, die ganz einer frühen Sonderung des zentralen Pleroms entsprechen (Fig. 44). Dieser Teil wird ja auch, wie schon hervor- gehoben, das Hypokotyl des Keimlings. An dieser Ansicht des Hypo- basals vom rudimentären Embryoträger (ef) aus (Fig. 44) interessiert In nur Zur 'Embryologie der Selaginellaceen. 207 auch der Verlauf der Medianwand, welche zwar diesen Embryoteil halbiert, aber den Embryoträger selbst nicht trifft (Fig. 44, ei), mithin derselbe nur einem Oktanten des Hypobasals angehört. In der weiteren Ausbildung des hypobasalen Eimbryoteiles tritt namentlich die Bevorzugung der Fußseite hervor, wodurch der Sproßteil aufgerichtet und der junge Embryo recht bald gut fundiert erscheint (Fig. 46 u. 49), Darauf macht auch der Sproßteil wesentliche Fortschritte in der Entwieklung der Keimblätter und deren Ligula durch ein ergiebiges Randwachstum (Fig. 51). Auch der Stammscheitel er- hebt sich und. bahnt in der Entwieklungsphase der Fig.51 die Seheitelgabelung an. Na- mentlich aber wird die rege Ausgestaltung desHypokotyis durch eine interkalare Zellen- vermehrung und eine deut- liehere Differenzierung des zentralen Bündelgewebes von der Rinde (Fig. 51 %) bemer- kenswert. Beisolcher Entwicklungs- form unseres Keimlings tritt endlich auch die sekundäre Fig. 53 u. 54. 8. Galeottei. Junge Keimpflanze. Anlage des ersten Keimwurzel- trägers in Erscheinung (Fig. 51 w£), der hier, wie sein Auf- treten bei dem rudimentären Eimbryoträger feststellen läßt, über Fuß und Embryoträger seinen Ursprung findet. Den Fig. 53. Eine Keimpflanze kurz nach ihrem Austritt aus dem Prothallium, / Fuß, wi, erster Keimwurzelträger mit seiner Wurzel (=), wi, Anlagestelle des zweiten Wurzelträgers, Vergr. 45. — Fig. 54. Keimpflanze mit den drei Keimwurzelträgern (z%,,.,,) und dem aus der Gabelung hervortretenden Träger (4). & die beiden Keimblätter, s Hypokotyl und s auch s, zurückgebliebene Auszweigungen. Vergr. 8. gleichen Entstehungsort habe . ich schon für die artikulaten Formen $. Kraussisna und 8. Poulteri an- gegeben, während bei den Nichtartikulaten der erste Keimwurzelträger zwischen den genannten Haustorialerganen hervortritt. Die Art und Weise der Anlage und des Wachstums dieses Organes stimmt mit Be- kanntem überein (Fig. 52 wi), und wir erhalten hier bei einem durch- bruchsreifen Embryo (Fig. 52) die gleiche schon von 8. Poulteri in demselben Entwieklungsstadium gezeichnete Form!®). 1) Bruchmann, a. a, O. pag. 43, Fig. 40. 208 H. Bruchmann, Die junge Keimpflanze (Fig. 53) ist von denen der $. Kraussiana und $. Poulteri nieht wesentlich verschieden. Früh schon macht sich auch hier die Anlage des zweiten Keimwurzelträgers auf der einen Seite (Fig. 53 wi&) und die des dritten auf der entgegengesetzten bemerkbar. Hervorzuheben ist auch die starke Ausbildung des Fußes an der jungen Keimpflanze, der namentlich nach dem Durchbruche des Keimlings eine rege Tätigkeit entfaltet. Mit einem ergiebigen Oberflächenwachstum bildet er sich zu einem kopfförmigen Gewebekörper aus, der schließlich die ganze Spore ausfüllt und selbst für große Keimpilanzen von der Fig. 54 noch nützlich wirkt, . Während die jungen Keimpflanzen von $. Kraussiana und 8. Ponlteri beide Gabeläste gleich stark hervortreiben, kommt bei 8. Galeottei meist nur einer zur Entwieklung (Fig. 54); auch treten an ihr im weiteren Wachstumsverlaufe anfänglich gern noch weitere schlummernde Knospen auf (s, in Fig. 54). Das Hypokotyl zeigt den bekannten monarchisch radiären Bündel- ban, dessen Mitte die Erstlingstracheiden einnehmen. Darauf erhalten die Internedien der ersten Verzweigung ein Bündel mit zwei lateralen Erst- Iingstracheiden, aus welchem dann für die weiteren Verzweigungen die für diese Art eharakteristisehen zwei lateralen Bündelstränge her- vorgehen. Die bei der erwachsenen Pflanze besonders gut bervoriretenden Artikulationen sind an der ersten Auszweigung der Keimpflanze nieht zu erkennen. Sie treten aber schon bei der zweiten schwach und bei den weiteren immer deutlicher auf. Ihre biologische Bedeutung wird aueh durch die Keimpflanze nicht klar. Sie dürfte aber hauptsächlich darin bestehen, für die Auszweigungen gute Gelenkfestigkeit herzustellen und der Zirkulation der Säfte an solehen Orten guten Spielraum zu geben. Die zweiten und dritten Keimwurzelträger treten an den Keim- pflanzen der $. Galeottei hervor, wie dies auch für die von S. Kraussiana und 8. Poulteri bemerkt wurde (Fig. 11). Während aber die Bündel der Wurzeiträger der letzigenannten Arten monarchiseb zentralen Bau haben, werden die von S. Galeottei monarchisch kollateral entwickelt. Besonders wertvoll erscheint mir das von 8. Galeottei neu gewonnene Faktum des eigenartigen Aktes der Embryopflege mittels eines Embryo- sehlanches. Nun stimmen aber die erwachsenen Embryonen von 9. Poulteri und 8. Kraussiana in bezug auf Form und Organanordnung mit denen von 8. Galeottei überein; aueh unterliegt die systematische Zusammengehörigkeit der genannten Arten keinem Zweifel, Daher darf Zur Embryologie der Selaginellaceen. 209 vermutet werden, daß auch bei 8. Kraussiana, S. Poultexi und überhaupt bei allen Artikulaten die Führung des Embryos vom Archegonium fort in das Nährgewebe des Prothalliums hinein durch die zu einem Schlauche auswachserde Eimutterzelle übernommen wird, welche Dienst- leistung bei den Nichtartikulaten ein dem Embryo selbst zugehöriges Organ, der Embryoträger, ausführt. Der Embryoträger der Artikulaten- Keimlinge wird daher nur in einer rudimentären Form vorkommen ‚und somit kund tun, daß diese Form der Embryopilege eine sekundäre ist, und also die Artikulaten eine neuere, aus den Niehtartikulaten her- vorgegangene Selaginellen-Gruppe darstellen. . Den Grund zu solcher abweichenden Art der Einführung des Embryos in das Nährgewebe dürfte man in den allen Artikulaten zakommenden großen und tiefen Muttersporenformen suchen. Da hier die Eimutterzelle die wichtige Aufgabe übernommen, welche in anderen Fällen der Embryo selbst ausführt, so bleibt ihm offenbar eine erhebliche Energie für weitere Bauzwecke erhalten. Die bis dahin vorliegenden Arbeiten über die Embryologie von 8. Kraussiana geben allerdings noch keinen Anhalt für obige Annahme. Die äußerst unklaren und schwer zu ermittelnden ersten Entwieklungs- stadien dieser Art wie auch die der S. Poulteri täuschen außerordentlich; aber eine wiederholte, auf Grund der an S. Galeotteigewonnenen Resultate ausgeführte Untersuchung: wird Klarheit verschaffen. Vergleichende Zusammenstellung der gewonnenen Ergebnisse. Die Keimesentwieklungen sehon weniger Arten der Gattung Sela- ginella lassen auffallende Verschiedenheiten erkennen, welehe in einem so engen Verwandtschaftskreise bei anderen Gattungen der Pieridophyten nicht bekannt geworden sind. Diese bemerkenswerten Abweichungen der Keimlinge in den zu unterscheidenden Typen bestehen einmal darin, daß deren Organe aus verschiedenen Teilen der Eizelle hervorgehen, und weiter, daß auch diese Organe in verschiedentlicher Anordnung zueinander auftreten. j Die Anzahl der embryonalen Organe dürfte bei allen Arten die gleiche sein, wenn auch bei einigen Arten einzelne haustoriale Organe in rudimentärer Form vorkommen. Die Organe des Embryos lassen sieh in Sproß- und Saug- oder Haustorialorgane unterscheiden, Zu ersteren sind zu rechnen: Das immer einem ganzen Quadranten entstammende erste Keimblatt, die Stammknospe und das zweite Keimblatt, welche beide stets gemeinschaftlich von einem Quadranten entstehen, und das bei den Selaginellen sehr hervortretende Hypokotyl. 310 H. Bruchmann, Als Haustorialorgane sind zu nennen: Der Embryoträger, der Fuß und die drei, stets sekundär hinzukommenden Keimwurzel- träger. Der Embryoträger tritt in rudimentärer Form bei 8. Galeottei (und vielleicht auch bei allen anderen Artikulaten) auf und der Fuß bei $. spinulosa. Die Zurückführung der Organe auf die Hauptteile der Eizelle ergibt nach den vorliegenden Untersuchungen die Unterscheidung folgender dreier Typen: Typus I. Aus der epikasalen Eihälfte gehen hervor: beide Keimblätter mit Stammknospe, Hypokotyl, Fuß und Keimwurzelträger. Aus der hypobasalen Bikälfte:‘ Embryoträger. Beispiel: S. Martensii. Typus IL Aus der epibasalen Eihälfte gehen hervor: beide Keimblätter mit Stammknospe und Hypokotyl. Aus der hypobasalen Eihkälfte: Embryoträger, Fuß und Keimwurzelträger. Beispiele: S. dentieulata, 8. rubricanlis. Typus III. Aus der epibasalen Eihälfte gehen hervor: beide Keimblätter mit Stammknospe. Aus der hypobasalen Eihälfte: Hypokotyl, Embryo träger, Fuß, Keimwurzeiträger. Beispiel: 8. Galeottei (vielleicht auch die anderen Artikulaten). Nur die Polorgane der Eizelle bleiben die gleichen. Es sind bei den Typen die beiden Keimblätter mit Stammkuospe siets epibasal und der Embryoträger stets hypobasal. Die zwischen diesen Polorganen entstehenden anderen Organe erhalten sehr verschiedenen Ursprung. Demnach sind die zwischen den Polen der Eizelle liegenden Teile, ver- anlaßt durch eine innere Gestaltungskraft, in erzeugenden Ausgleich getreten. Zu. einem näheren Vergleiche denken wir uns Beispiele der Keim- kinge dieser drei aufgestellten Typen so in ihre Medianebene gelegt, daß das erste, das Hauptkeimblatt, nach links gerichtet: ist (Fig. 55, 56 und 57). In diesen Darstellungen wurde das durch die Basalwand (b) abge- grenzte Hypobasal schattiert; auch können durch die Einzeichnung der Transversalwand (2) die Keimlingsquadranten auseinandergehalten wer den, von welchen Lund 2 die epibasalen und 3 und 4 die hypobasalen darstellen mögen. Zur Embryologie der Selaginellaceen. 3iil Aus dem ersten Quadranten entsteht in jedem Typus das erste Keimblatt, dieses nur allein im Typus IIL. Im Typus IIlkommen noch die entsprechende hypobasale Hälfte und im Typus Inoch Fuß und Keim- wurzelträger hinzu. Aus den: zweiten Quadranten gehen stets das zweite Keimblatt mit der Stammknospe hervor und zwar diese Organe allein bei Typus II, während bei den Typen II und Inoch die entsprechenden Hypokotylteile hinzuzurechnen sind. Der dritte und vierte Quadrant werden bei Typus I rudimentär und beschränken sich auf die Erzeugung des Embryoträgers. Im Typus U entwiekeln sich aus dem dritten Quadranten Faß und Keimwurzelträger, aus dem vierten nur der Embryoträger. Bei Typus II gehen aus dem Fig. 55—59. Vergleichende Zusammenstellung einiger Arten von Iimbryonen im medianen Längsschnitt. Es bedeuten s Scheitel, #, erstes und 2 zweites Keimblatt, % Hypokotyl, et Eimbryoträger, / Fuß, wt Wurzelträger, = Wurzel, 5 die den Embryo in den epibasalen und hypobasalen Teil scheidende Basalwand, ? die Quadrantenteilung vornehmende Tangentisiwand. — Fig. 55. Embryo von 5. Mer- tensii, Fig. 56 von $. dentieulata, Fig. 57 von 8. Galeottei, Fig. 58 ein Parnemhryo und Fig. 59 von L. clavatum. dritten Quadranten Hypokotylteil, Fuß und Erabryoträger, aus dem vierten Hypokotylteil und Keimwurzelträger hervor. In bezug auf die Anordnung der Organe stimmen Typus I und II am meisten überein. Es nehmen hier an demselben Seite in der durch üie Transversalwand geschaffenen Längshälfte des Keimlings so ziemlich dieselben Organe ihren Ursprung. Auch die äußere Form der Keimlinge wird die gleiche, Dagegen sind im Typus III an der transversalen Längs- hälfte der einen Seite wohl erstes Keimblatt und Fuß entstanden, doch 318 H. Bruchmann, kommt noch der rudimentäre Embryoträger hinzu, während der hier fehlende Keimwurzelträger auf der anderen Hälfte hervortritt. Was für innere Triebe diese unter übereinstimmenden Verhältnissen erzogenen Keimlinge derselben Gattung zu einer in verschiedener Weise veränderten Entwicklung geführt haben mögen, bleibt rätselhaft. Es läßt sich auch keiner dieser Embryotypen mit Sicherheit für den ursprüng- lichen ausgeben. Die wirtschaftlich natürlichste Ausnutzung der Teile der Eizelle liegt im Typus II insofern vor, als hier epibasal die Sproß- organe und hypobasal die Haustorialorgane entstehen. Vielleicht kommt diesem Typus die größte Verbreitung zu. Er erinnert zwar an den Eimbryo- typus der Farne, allein die Vergleichung beider (Fig. 56 u. 58) ergibt eine verschiedene Anordnung der hypobasalen Saugorgane, und dann ist die Farnwurzel einem Eiteile entsprungen, während das entsprechende Organ bei den Selaginellen stets als ein sekundäres entsteht. Auch bei den Embryonen der Lycopodien lassen sich keine nahe- liegenden verwandtschaftlichen Beziehungen ablesen. Der Embryo von Lycopodium (Fig. 59) entspricht mehr dem Typus I von Selaginella, weil beider hypobasale Eiteile sich auf die Hervorbringung des Embryo- trägers beschränken (Fig. 55 u. 59). Bei Lycopodium aber bricht das gleichfalls sekundäre Wurzelorgan über den Hausterialorganen hervor. Die vergleichende Embryologie der Pteridophyten legt uns viele Rätsel vor, welche die Selaginellen noch vermehren. Bowert), der sich mit diesen Fragen befaßte, hebt hervor, daß aus der Unbeständigkeit in den Beziehungen der Teilungen zu der Entstehung der Organe und deren Anordnung am Keimling die Embryologie keine brauchbare Kunde über die Phylogenie ergibt. Doch wollen wir hoffen, daß weitere Forschungen auch weitere Klarheit auf diesem Gebiete verbreiten werden. Die Parthenogenese bei den Selaginellen. Aus der verschiedenartigen Anordnung beider Sporangienarten an den Blüten der Selaginellen hat man Schlüsse auf die Keimungsver- hältnisse der Sporen zu ziehen versucht. Es lehrte uns Goebel?) an solchen Blüten Einriehtungen kennen, welche eine Befruchtung der Prothallien der großen Sporenarten durch Spermatozoiden aus derselben Blüte erschwerten oder verhinderten. Goebel wies den Schlendermecha- 1) Bower, The emhryologie of pteridophytes. Rep. Brit. Assoc. 87. Meeig. Leicesier 1907, pag. 686687, London 1908. 2) Goebel, Archegoniatenstudien IX, Sporangien, Sporenverbreitung und Bilütenbildung bei Selaginella. Flora 1901, Bd. LXXXVI, Zur Embryologie der Selaginellaceen. 213 nismus der Sporangien in dem anatomischen Bau ihrer Wände nach, und da derselbe bei den Makrosporangien für eine kräftigere Wirksam- keit entwickelt ist als bei den Mikrosporangien, so können die großen Sporen trotz ihrer größeren Schwere viel weiter geschleudert werden als die kleineren. Somit wird durch die ungleiche Ausschleuderung eine Trennung der beiden Sporenarten derselben Blüte herbeigeführt. Als weitere Einriehtungen gegen eine „Selbstbefruchtung“ bei den Selaginellen hebt Goebel auch die basale Stellung der Muttersporen an den Blüten hervor, die dadurch früher als die männlichen Sporen zur Reife und Ausschleuderung gelangen. Endlich ist noch die ungleiche Keimung der beiden Sporenarten von derselben Blüte anzuführen, welche z. B. schon Hofmeister?) für die Sporen von S. helvetiea geltend machte und die auch als eine für die Kreuzung wichtige Einrichtung gilt. In dem Aufsatze über die Sporenausstreuung bei den beiden europäischen Arten S. helvetica und S. spinulosa bringt Neger?) Studien, welehe er an den Standorten dieser Pflanzen gemacht hat. Er gewinnt aus dem Blütenstande die folgenden weiteren Ergebnisse, Die Spitzen der Blüten dieser Arten tragen meistens Mikrosporen, die Mitten teils Mikro-, teils Makrosporen oder beide Arten gemischt, die Basen. wieder häufig Mikrosporen. Die gipfelständigen Mikrosporen stäuben nach Negers Beobachtungen zuerst aus, darauf die Arten der Mitte, wenn die grundständigen Mikrosporen noch fest geschlossen sind. Hieraus schließt Neger: „Die genannten Selaginella-Arten sind zuerst; pro- tandrisch; da aber nach der Entleerung sämtlicher Makrosporangien immer noch unentleerte Mikrosparongien vorhanden sind, so könnte man die Blüten gleichzeitig als hysterandrisch bezeichnen.“ Wenn aber in Wirklichkeit die beiden Sporenarten dieser ein- heimischen alpinen Arten ihre Beziehungen zu einander aufgegeben haben, also deren Makrosporen ein drittes Geschleeht darstellen und entweder steril sind oder nur parthogenetische Keimesentwieklung aufweisen, was gelten dann die Deutungen ihrer Blütenstände? Sehr wünschenswert wäre es, wenn praktische Keimungsversuche mit den Sporenarten angestellt würden. Namentlich erscheint es mir nicht un- wichtig, die natürlichen Verhältnisse der Sporenkeimung unserer ein- heimischen Arten an ihren Standorten zu ergründen. Die Erfahrungen 1) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entstehung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen, 1851, pag. 124. . . 2) Neger, Die Sporenausstreuung bei Selaginella helvetica und 8. spinulosa. Flora 1911, N. F. Bd. III. 914 H. Bruchmann, bei deren künstlicher Keimung sind wenig brauchbar, da Zimmer- kulturen in bezug auf Substrat und Pilege nicht einwandfrei verlaufen. 1. Selaginella rubricaulis. An dieser Stelle möchte ich die Aufmerksamkeit namentlich auf die Blüten der $. rubrieaulis A. Br. lenken, welche Art auch unter dem Namen $. molliceps Spring in einigen Gewächshäusern gezogen wird. Diese durchweg dorsiventral gebaute Pflanze erzeugt viele und verhält- nismäßig lange Ähren in umgekehrtex Dorsiventralität der Sporophylle. Bei den größeren, gekielten und an der Oberseite stehenden Sporophylien finden sich keine oder nur unvollständig entwickelte Sporangien vor. Nur die kleinen Sporophylle der Unterseite der Blüten weisen in ihren Achseln vollständige Sporangien auf. Diese inversdorsiventralen Blüten kringen nur an ihrer Unterseite zwei lange Reihen weiblicher Sporangien mit je vier kleinen hellgelben Makrosporen hervor. Man findet an den Enden der Zweige kräftiger Pflanzen dieser Art 1%, selbst 2 em lange Blüten. mit nur Makrosporangien. Zuweilen sind auch einige Sporangien darunter, die mit einer größeren Anzahl (bis 12 Stück) sehr kleiner, gelblicher, aber tauber Sporen angefüllt sind. An solehen Blüten baut diese Pflanze fortgesetzt neue Makro- sporangien auf, wenn auch der Blütengrund die weiblichen Sporen schon längst ausgestreut hat. Nach langer Entwicklungsdauer und der Erzeugung von etwa 50 Makrosporangien treten endlich auch verhält- nismäßig wenige, mennigrote Mikrosporangien an der Spitze der Blüten auf. Wie man bei Baker!) und Hieronymus?) findet, gehört; unsere Art zu der großen Gruppe der Selagineila suberosa, von der alle Arten eine große Zahl inversdorsiventraler Blüten mit reichen Mengen von Makrosporangien hervorbringen. Die Anzahl ihrer Mikrosporangien ist gering und. bei einer Anzahl Arten unbekannt. Wie soll man solehe Blütenverhältnisse deuten? Da bei diesen Arten die große Anzahl der weiblichen Sporen nicht nutzlos erzeugt werden dürfte, sie aber meist einen Anschluß an eine Befruchtung dureh Spermatozoiden nicht erreichen können, so erschien eine parthenogenetische Keimbildung speziell bei den hier in Betracht kommenden großen Sporen der 8. rubricaulis sehr leicht möglich zu sein. 1) Baker, Handbook of the Fern-Allies, pag. 114 u. 120. 2) Hieronymus, Selaginellacese, pag. 696. — Engler u. Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, Abt, Pteridopkyta. Zur Embryologie der Selaginellaceen. 215 Den Beweis dafür hatten Keimversuche mit solchen Sporen zu er- bringen. Wedel der $. rubricaulis, welehe mir von den botanischen Gärten der Universitäten Heidelberg und Jena in dankenswerter Weise über- lassen wurden, und die in ihren Blüten nur weibliche Sporangien auf- wiesen, ließ ich zwischen Zeitungsblättern trooknen und die Sporen ausstreuen. Dann säte ich diese weiblichen Sporen auf feuchtem Fließ- papier in Petrischalen aus. Nach etwa.12—15 Wochen zeigten sich die ersten Keimpflanzen, und in den weiteren Wochen und Monaten keimten diese Sporen so. reich, daß jede Spore, ausgenommen nur die ganz kleinen und unvollständig ausgebildeten, eine einwandfreie Keimpflanze erzeugte. Solche Versuche wurden mit gleichen Resultaten wiederholt, und dadurch der Beweis erbracht, daß diese in so großer Anzahl erzeugten großen Sporen die Fähigkeit besitzen, Keimpflanzen auf ungeschlechtlichem Wege zu erzeugen. Da man diese in Frage stehende Selaginellenart schon über 40 Jahre in europäischen Gewächshäusern in Kultur hat, so ist es auffallend, daß solehe wichtige Eigenschaft der 8. rubricaulis nieht schon früher entdeckt wurde. Die mikroskopische Untersuchung dieser Erscheinung der Embryo- bildung in den keimenden Sporen führt unser Interesse natürlich auf deren Prothallium, welches uns schon durch Fig. 5 bekaunt wurde. Die Vergleichung einer Anzahl von Längsschuitten lehrt alsbald, daß hier nur die vornehmste und wichtigste Zelle des Prothalliums, die Eizelle, den Embryo entwickelt. Jede andere Prothalliumzelle ist davon aus- geschlossen, Für eine nähere Würdigung dieses Vorganges beachten wir vor allem die weiblichen Geschleehtsorgane, die Archegonien, welche in unserem schon bekannten kleinen Prothallium in verhältnismäßig großer Form und nicht vereinzelt vorkommen (Fig. 5). Entwicklung und Aufbau derselben gleichen denen anderer Arten. Das fertige Arche- gonium besteht: hier somit aus 11 Zellen, nämlich aus einem Halse von zwei Stockwerken, von je vier Zellen, unter welchen drei aus der Zentral- zelle hervorgegangene Zellen liegen, die beiden oberen, flacheren, die Hals- und Bauchkanalzelle, und die untere, mit dichterem Inhalte und größerem Zellkerne ausgerüstete Eimutterzelle. . Bei einer Anzahl von Archegonien unseres Prothalliums tritt nach deren Aufbau auch die bekannte reifende Weiterentwicklung ein. Die oberen Halszellen wölben sich hervor (Fig. 63 «), und es drängt sich von unten her zwischen die Halszellen die Halskanalzelle hinein (Fig. 62 2). Darauf verschleimen Hals- und Banchkanalzelle und treiben unter Wasser- Flora, Ba. 104. 16 216 H. Bruchmani, aufnahme nach außen. Zuletzt weichen die vier Zellen des Halsscheitels bei Wasseraufnahme auseinander, wobei sie sich zugleich vergrößern und durch eine Mehrausdehnung ihrer inneren Wandmembrane sich trichter- förınig nach auswärts legen (Fig. 62 2). So werden bei jedem Prothallium dieser Art durch vollständig ausgereifte und geöffnete Archegonien eine Anzahl Eizellen für eine Befruchtung durch Spermatozoiden scheinbar vorbereitet (Fig. 62a). Aber alle Eizellen der geöffneten Archegonien gehen zugrunde, da eine Befruchtung nicht eintritt. Auch wird kein Ei derselben für eine partheno- genetische Keimbildung auserlesen. Wenn sieh die oberen Halszellen eines in Entwicklung begriffenen Archegoniums kugelig über die Um- gebungszellen hervorwölben, wie es die mit # bezeichneten Archegoniam- bilder von Fig. 62 und 63 zeigen, so führt dessen Weiterentwieklung hier stets auf ein sich öffnendes und das Ei bloßlegendes Sexualorgan ohne Erfolge. Nur Eizellen scheinbar unreifer und geschlossener Archegonien, deren obere Halszellen fast gar nieht über die Oberfläche des Prothalliums hervorgewölbt werden, gehen eine parthenogenetische Keimesentwieklung ein (in den Fig. 6064 sind die parthenogenetischen Archegonien mit ap bezeichnet), und alle in den Längsschnitten soleher Prothallien gefundenen Keimlinge führen mit ihren Embryoträgern auf geschlossene Archegonium-Halszellen. ‚ Nicht selten trifft man auch mehrere parthenogenetisch ent- standene Keimentwicklungen in demselben Prothallium an; aber diese kleinen Prothallien bringen nur einen Embryo zur Durchbruchsreife. Nie sah ich zwei Keimpflanzen aus einer Spore hervorwachsen. Eine Vergleichung der verschiedenen Entwieklungsstadien dieser Embryobildung lehrt uns folgenden Entwieklungsgang erkennen. Die Archegonien, welche solche Keimanlagen hervorbringen, schreiten in ihrer Entwieklung in jedem Falle bis zur vollständigen An- lage der vier übereinander gelagerten Zelischichten mit zusammen 11 ein- zelnen Zellen vor (Fig. 60 45) wie auch die anderen, und wie schon her- vorgehoben, unterbleibt eine die Archegonien frühzeitig kennzeichnende, sehr bemerkbare Hervorwölbung der vier Halszellen des Gipfels. Ferner weichen auch die Zellen der zweiten Halsschieht nieht auseinander, und die Halskanalzelle drängt sich nicht zwischen denselben vor. Auch kommt es zu keiner Verschleimung beider Kanalzellen. Somit tritt bei den für eine parthenogenetische Keimesentwicklung bestimmten Archegonien eineEntwicklungshemmung ihrer 10 physio- logischen Hilfszellen ein, Dafür macht sich aber frühzeitig eine bevorzugte Zur Embryologie der Selaginellaceen. 217 Ausbildung der Eimutterzelle selbst bemerkbar, die größer und inhalts- reicher wie bei sich öffnenden Archegonien hervortritt (Fig. 60 u. 61.4), und in der sich auch bald das Ei durch eine feine Membran in kugeliger Form von seiner Mutterzelle absondert. Dieses unbefruchtete Ei hinter dem fest verschlossenen Halskanale seines Archegoniums hätte selbst bei der Gegenwart von Spermatozoiden keine Befrucktung erlangt. Es teilt sich also ohne solche zuerst quer zur Archegoniumachse, treibt dann die dem Archegoniumhalse zugewandte Hälfte papillenartig zum Embryoträger aus (Fig. 61), worauf der junge Embryo die Zerlegung in Quadranten erleidet, welche Teilung auch gleich am Anfang der Ent- Fig. 60-64. 8. rubricaulis. Durchschnitte durch parthenogenetisch entstehende Keitmanlagen von verschiedener Entwicklungsstufe, a Archegonien mit ungehemmter Entwieklung, 25 Archegonien mit geschlossenem, in der Entwicklung gehemmtem Halse und parthenogenetisch entstehenden Keimanlagen, Vergr. 310. wieklung bemerkt wurde (Fig. 61a). Die Keimesgeschiehte wurde oben sehon dargestellt. . Die beiden Kanalzellen der Archegonien mit ungeschleehtlicher Keimbildung verschwinden nach der Differenzierung der Eizelle und deren ersten Teilungen sehr bald. Sie werden von den auflösenden Enzymen, welche der Embryo, besonders dessen Embryöträger schon frühzeitig ausscheidet, zerstört und verdaut (Fig. 62), und nur die auch bei der ferneren Entwieklung des Keimlings fest verschlossen gebliebenen Halszeilen geben immer sichere Kunde über die Entstehungsart des unter 16* 318 AH. Bruchmann, ihnen wachsenden Embryos (Fig. 61—64). Nur bei einer, durch Fig. 63 abgebildeten Falle fanden sich selbst noch bei der fortgeschritteneren Keimesentwieklung die beiden Halszellen des in Frage kommenden Archegoniums erhalten. Nachdem ich die ungeschlechtliche Keimbildung bei den von mir ausgesäten Sporen der 8. rubricanlis (resp. 5. molliceps) erkaunt hatte, stellte ich auch fest, daß die keimenden Sporen dieser Art, die ich auf dem Erdreich von Topfkulturen solcher Pflanzen in dem Heidelberger botani- schen Garten angetroffen, und an welchen ich zuerst die Keimesent- wieklung untersuchte, auch nur parthenogenetische Keime erzeugten. Das Substrat dieser Sporen enthielt zwar auch die durch ihre rote Farbe nicht leicht zu übersehenden Mikrosporangien und Mikrosporen derselben Art, allein. die für eine Befruchtung geöffneten Archegonien auch dieser Gamophyten entbehrten der Keimlinge, und alle vorgefundenen Embryonen führten mit ihren Trägern auf geschlossene Halszellen (Fig. 5). Eine normale Befruchtung, so scheint es, wird bei der 8. rubricaulis selbst dann nicht möglich, wenn auch alle Faktoren für eine solehe zu- sammen treffen. Schwärmende Spermatozoiden der gekeimten Mikro- sporen bei geöffneten Archegonien des Gamophyten bringen dennoch das Resultat einer ungesehlechtlichen Embryobildung aus unbefruchteter Eizelle. Erwähnen will ich noch, daß ich eine reiche Anzahl von keimenden großen Sporen der $. rubricaulis zu anderen Arten dieser Gattung ins Keimbett legte, in welehem schwärmende Spermatozoiden vorhanden waren. Aber auch so wurden nur die aus diesen Sporen schon bekannten, ungeschlechtlichen Keimpflanzen gewonnen. Kreuzungen konnte ich nieht erzielen. ‘Ob die geöffneten Archegonien der 8. rubricaulis noch chemotaktische Reize ausüben können, und ob deren Spermatozeiden noch reizbar sind, sind Fragen, die ebenso der Beantwortung harren, wie auch die Frage nach der Ursache soleher Keimbildung. Kommen wir nach solchen Erfahrungen wieder auf die Blüten der 8. rubrieaulis zurück und suchen bei ihnen nach äußeren Zeichen für ihre parthenogenetische Keimbildung, so wird diese lediglich durek die reiche Anzahl von erzeugten großen Sporen zum Ausdruck gebracht. Und somit kommen nunmehr alle Selaginella-Arten, deren Blüten viele Makrosporen hervorbringen, in den Verdacht einer parthenogene- tischen Keimesbildung. . Ich habe nicht festgestellt, ob die Zellkerne der Prothallien und Eizellen von 8. rubricaulis haploid oder diploid sind und will auch nicht Zur Embryologie der Selaginellaceen. 219 behaupten, daß wir es bei dieser Pflanze mit einer echten Parthenogenese zu tun haben. Es dürfte vielmehr dieser Fall, sowie die noch anzu- führenden anderen, ja alle Fälle einer ungeschlechtlichen Keimbildung bei den Selaginellen ganz mit der von Strasburger!) sehr eingehend behandelten Apogamie bei Marsilia Drumondii übereinstimmen, wo auch die ungeschlechtliche Keimbildung von der Eizelle hinter geschlossenem Archegonium vorgenoinmen wird. Bei Marsilia Drumondi vollzieht sich schon die Entwieklung in den Sporenmutterzellen der Sporo- karpien teils diploid, teils gemischt, und aus den Maktosporen werden nur diploide Prothallien gebildet, während bei den anderen Arten - der Gattung Marsilia die Sporenentwicklung stets in haploider Weise auftritt. Sicher wird auch bei der S. rubrieanlis der Unterschied in der Zahl der Chromosome zwischen Gamophyt und Sporophyt aufgehoben sein, also schon die Sporenentwieklung in diploider Weise vor sich gehen. Wenn unter soleher Voraussetzung dann bei den Prothallien eine Anzahl Archegonien in ungehemmter Entwicklung sich, wie bei einer not- wendigen Beiruchtung für ihre Eizelle öffnen, so wird, auch wenn Sperma- tozeiden vorhanden sind, keine Kopulation eintreten können, da ein diploides Ei dazu keine Neigung hat. Während nun das diploide Ki ‚geölfneter Archegonien wahrscheinlich dadurch, daß es äußeren Einflüssen ausgesetzt, einer Degeneration verfällt, schreitet ein solches hinter dem Schutzwall eines in der Entwicklung gehemmten, geschlossenen Archegoniumhalses zu einer ungesehlechtlichen Keim- anlage. Strasburger legt Wert darauf, die Bildung von Sporophyten aus unbefruchteten, diploiden Eizellen soleken aus gewöhnlichen, diploiden Prothalliumzellen gleichzustellen und als apogamische aufzufassen. Allein, er gibt auch zu, daß man sich auf den Standpunkt stellen könne, den Vorgang, bei welchem die morphologisch und physiologisch besonders hervortretende Eizelle solche Entwicklung eingeht, als Partheno- genesis zu bezeiehnen?), was als das riektigere erscheint, da die Eizelle keiner anderen Zelle des Prothalliums gleichwertig gerechnet werden kann. Man folgt am besten in diesen Bezeichnungen dem Beispiele Winklers®), der zwei Unterarten der Parthenogenese unterscheidet, 1) Strasburger, Apogamie bei Marsilia. Flora 1907, Be. XCYH, 6 Taf, 2) a.a. 0. pag. 170. wu . 3) Winkler, Über Parfhenogenesis und Apogamie im Pflanzenreiche, Progr. tei bot, 1908, Tome II, pag. 298454. 220 H. Bruchmann, eine somatische und eine generative, je nachdem die Kerne der Eizellen die volle oder die halbe, reduzierte Chromosomenzahl führen, also diploid oder haploid sind. Es dürfte wohl für die Keimbildung der angeführten Selaginella die für Marsilia Drummondii gültige, die somatische Parthenogenese anzunehmen sein. : Bis dahin war bei den Gefäßkryptogamen somatische Partheno- genese nur von M. Drummendiü bekannt geworden, bei welcher Pflanze das aktive Prothallium aus einer Spore entsteht. Mit diesem Bei- spiele dürften ‘alle bei den Selaginellen vorkommenden Fälle überein- stimmen. ° Zwei Fälle von somatischer Parthenogenese, die sich bei den eigentlichen Farnen finden und durch Farmer und Digby untersucht wurden, sind hier noch anzuführen?). Sie betreffen Athyrium felix- femina var. elarissima Bolton und Seolopendrium vulgare var. erispum Drummondae. Aber diese Fälle unterscheiden sich insofern von den anderen, als deren Prothallien nieht aus Sporen, sondern aposporisch aus Farnblättern entstehen. An diesen Prothallien werden auch beide Arten der Sexualorgane in reicher Anzahl er- zeugt; und obgleich sich die Archegonien öffnen und durch ihren Inhalt die lebkaft schwärmenden Spermatozoiden bis in ihren Bauch hinein anziehen, soll doch die Entstehung des Embryos in solchen geöffneten Archegonien apogam, aus unbefruchteter Eizelle hervorgehen. Nach der für die Selaginellen an S. rubricaulis gewonnenen Offen- barung scheint hier die Entstehung des Embryos hinter einem geschlos- senen Archegoniumhalse als wichtiges und untrügliches Merkmal für eine parthenogenetische Keimbildung zu gelten, und solche wird bei einer Anzahl Arten nachgewiesen werden können. 2. Selaginella spinulosa. Schon 1897 sah ich solche Entwicklung des Embryos hinter ge- schlossenem Archegoniumhalse bei S. spinulosa, ohne dieselbe aber richtig zu deuten. Da ich an den Prothallien dieser Art geöffnete Arche- gonien vorfand und weiter den Embryo nur im geschlossenen Archegonium 1) Farmer and Digby, Studies in apospory and apogamy in ferns. Ann- of Bot. 1907, Vol. XXI, pag. 181199. PEN Zur Embryologie der Belaginellaceen. 221 entstehen sah, so vermutete ich, daß sich nach dem Befruchtungsvor- gange die Halszellen wieder schlössen?). Eine Nachuntersuchung an aufbewahrtem Spiritusmaterial von gekeimten Sporen dieser Art ließ Bilder gewinnen, welehe mit Gewißheit für eine mit 8. rubricaulis übereinstimmende parthenogenetische Keimes- entwieklung sprechen. Blieb doch nur noch festzustellen, ob die geschlos- senen Halszellen eines sich zur Keimesentwicklung anschiekenden Pro- thalliums vorher geöffnet waren. Das Archegonium des Prothalliums von 8. spinulosa hat drei Stockwerke von Halszellen,: also eins mehr wie andere bekannte Arten (Fig. 65). Die Gipfelschicht des geschlossenen Halses solcher Archegonien, welche Embryonen besitzen, wölbt sich mehr über die Ober- fläche des Prothalliums hervor als bei S. rubricaulis. Fig. 65 zeigt ein vollständiges Arche- gonium, in welchem das Ei be- reits durch eine Membran von seiner Mutterzelle isoliert wurde und seine Entwieklung begann. Die beiden Kanalzellen, sowie die Halszellschiehten in ihrem ursprünglichen, festen Gefüge lassen nieht einmal den Ver- such einer Halsöffnung erken- nen. In Fig. 66 hat das ver- . ig. 6567. 8. spinulosa. Durchschnitte größerte Ei seine erste Teilung TE | Tarthenogengtisch entstehende Keim- vollzogen. Unter dem festver- anlagen in verschiedenem Eintwicklungsgrade. schlossenen Archegoniumhalse Vergr- 810. aber fehlen die beiden Kanal- zellen, welche aufgelöst und absorbiert wurden, und der in seiner Ent- wicklung gehemmte Hals des Archegeniums zeigt sein ursprüngliches Zellgefüge, durch welches ein Vordringen der Spermatozoiden nie mög- lich ward. Bei älteren Embryonen findet man aber nieht selten das feste Gefüge der Halszellen von innen her gestört. Der sich ausdehnende Embryoträger drängt sich vielfach zwischen die unteren Halszellen des Archegoniums, die aberen aber bleiben in ihrem Versehlusse ungestört 1) Bruchmann, Untersuchungen über Selaginella spinulora A. Br, Gotha 1897, pag. 48, 292 H. Bruchmann, (Pig. 67 et). Die unvollendet entwickelten, engverschlossenen Hals- zellen der Archegonien sind auch bei S. spinulosa nicht etwa Beispiele eines sekundären Halsverschlusses, wie ich seinerzeit annahm, sondern Zeugen für die parthenogenetische Keimesentwieklung. Es dürfte für alle Pteridophyten die Tatsache gelten, daß der einmal für eine Befruchtung geöffnete Hals der Archegonien sich nicht wieder schließen kann. Er vermag nackträglich wohl enger zu werden, allein die bei der Halsöffnung ausgedehnten und trichterförmig nach auswärts gekrümmten vier Gipfelzellen können undenkbar die vor ihrer Öffnung besessene Form und- Lage wieder einnehmen. Die große Anzahl der in den Blüten der 8. spinulosa erzeugten Makro- sporen trifft auch bei dieser Art mit ihrer jungfräulichen Keimes- erzeugung Zusammen. So wäre bei einer unserer drei europäischen Selaginella-Arten eine parthenogenetische Keimesentwicklung erkannt, und zwar bei der alpinen 8. spinulosa. Ob die andere derartige Form 8. helvetica auch solche aufzuweisen hat, bleibt noch zu entscheiden. Ihre Blüten er- zeugen eine reiche Anzahl Makrosporangien, so daß die Vermutung einer mit 8. spinulosa gleichsinnigen Keimesentwicklung nahe ge- legt, vielleicht auch durch den ähnlichen Standert wahrscheinlich ge- macht wird. An den Blüten von S. rupestris fiel Hieronymus!) das konstante Fehlen der Mikrosporangien bei der Entwicklung einer großen Anzahl von Makrosporangien mit je 1—2 Makrosporen von ungewöhnlicher Größe auf. Nach diesem Befunde erschien es ihm wahrscheinlieh, daß diese Makrosporen auch ohne Mikrosporen in zweckmäßiger Weise der Vermehrung dieser Art dienstbar seien und entweder pariheno- genetische oder apogame Keimesentwicklung eingingen. Goebel?) prüfte diese Annahme durch Aussaatversuche mit 1870 in Cam- bridge gesammelten und 1909 ausgesäten Makrosporen. Er er- zelte nur zwei Keimpflanzen, bei welchen es sich, wie angenommen wird, um Keime schon vorher befruchteter Eizellen handeln könne. Nämlich nach der Darstellung von Miß Lyon®) über höchst merk- 1) Hieronymus, Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. Pteridopkyten, pag. 660. 2) Goebel, Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biol. Zentralbl. 1910, Bd. XXX, pag. 675 f. 3) F. A. Lyon, A study on the Sporangia Gametophytes of Selaginella, apus and Selaginella rupestris. Bot, gazette 1901, Vol. XXXIL. Zur Embryologie der Selaginellaceen. 223 würdige Erscheinungen bei 8. rupestris sollen die Makrosporen schon in ihren Sporangien Befruchtung finden können und Keimpflanzen erzeugen, so daß die Ähnlichkeit solcher Sporangien mit den Samen höherer Pflanzen nahe liege. Viel einfacher noch könnten aber die zumeist in den Makrosporangien verbleibenden Sporen durch parthenogenetische Keimesentwicklung zu ihrer Keimpflanze kommen. Die in den Blüten von S. rupestris in so reicher Anzahl erzeugten Makrosporen dürften auch hier, wie bei $. rubricaulis, der Ausdruck für eine parthenogenetische Entstehung des Embryos sein. Hauptsächliche Ergebnisse. Alle bis dahin von mir untersuchten weiblichen Prothallien der Selaginellen zeigen in den drei Winkeln ihrer Sporenrisse Rhizoidkörper, welche bei S. dentieulata wenig, bei S.rubricaulis stark und bei 8. Galeottei in überraschender Größe hervortreten. Im inneren Bau dieser drei Prothalliumarten fehlt das Diaphragma, dafür zeigt sieh bei $. Galeottei eine Anordnung der Zellen in Form von kugelschalförmigen Gewölbeschichtungen, welche vom Prothallium- gipfel ausgehen und die ganze Spore ausfüllen. Die Embryonen werden bei 8. rubrieaulis (wie bei 8. spinulosa) hinter geschlossenem, bei 8. dentieulata und 8. Galeottei hinter geöffnetem. Archegoniumhalse entwickelt. Die Embryonen von 8. denticulata und 8. rubrieaulis erzeugen die Sproßorgane epibasal und die Haustorialorgane hypobasal, nützen also die hypobasale Eihälfte besser aus, als wie es von 8. Martensü be- kannt wurde. Die Form der Keimlinge, sowie die Anordnung ihrer Organe aber stimmt mit S. Martensii überein. Die Embryoträger der Keimlinge von 8. Galesttei haben eine tadimentäre Form. Die Abwärtsführung der Embryonen im Pro- thallium, die enzymöse Gewebeauflösung in demselben und die eıste Ernährung des Keimlings führt an Stelle des Embryoträgers ein Embryoschlauch aus, der aus der Membran der Eimutterzelle her- vorwächst, Die Entwicklung des Embryos von 8. Galeottei, wie auch geiner Organe ist von den vorher genannten abweichend. Epibasal ent- 224 H. Bruchmann, Zur Embryologie der Selaginellaceen. springen nur die Sproßorgane; das Hypokotyl dagegen, wie auch die Haustorialorgane sind aus dem hypobasalen Teile der Eizelle ab- zuleiten. Der erste Keimwurzelträger, der bei den anderen Formen zwischen den Haustorialorganen hervortritt, entspringt hier oberhalb derselben. Beispiele einer somatisch parthenogenetischen Keimesentwicklung, welche bei den Selaginellen ziemlich verbreitet sein dürfte, stellen 8. rubrieaulis und $. spinulosa dar. Der Embryo entsteht bei ihnen aus einer Eizelle und findet hinter geschlossenem Archegoniumhalse Aus- bildung. Gotha, im November 1911. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. Von Richard Sohramm. (Mit Tafel VI-VII). Einleitung. Die durch äußere Wachstumsbedingungen veranlaßten Unter- schiede im morphologischen und anatomischen Aufbau der Lieht- und Schattenformen der erwachsenen Blätter vieler Pflanzen sind Gegen- stand einer größeren Anzahl eingehender Untersuchungen gewesen!). Man hat bei diesen Untersuehungen sein Augenmerk geriehtet auf wohl alle Teile der Blätter: die Größe und Dieke des ganzen Blaties, die Dicke der beiderseitigen Epidermisschiehten, die Gestalt und Größe der Epidermiszellen, die Anzahl der Spaltöffnungen, die Verteilung 1) Nachfolgend sind die wichtigsten Arbeiten angeführt: Areschong, Engl. bet Jahrb. 1882, Bd. IL — Acta univ. Lund 1897, T. XXXIIL.- — Flora 1906. Burgerstein, Die Transpiration d. Pflanzen. Jena 1904. Defour, Ann d. se. nat. sörie VII, 1887, T. V. Eberdt, Ber. d. D, bot. Ges. 1888, Bd. VI. Grosglik, Bot. Centralbl. 1884, Bd. XX. Haberlandt, Ber. d. D. bot. Ges. 1886, Bd. IV. — Physiologische Pflanzenanatomie, 4. Aufl, Leipzig 1909. Kohl, Transpiration der Pilanzen 1886. Kny, Text zu d. bot. Wandtafeln, pag. 502 if. Borlin 1909. Lamarliöre, Rev. gen. d. bot. 1892. Mer, Bull. d. 1. soc. bot, d. Fr. 1883 u. 1886. Nordhausen, Jahrb. f. wiss. Bot. 1908, Bd. XXXVIL — Ber. d. D. bot. Ges. 1908, Ba. XXI. Pick, Bot. Centralbl. 1882, Bd. XI. Rywosch, Ber. d. D. bot. Ges. 1907, Bd. XXV. Schuster, Ber. d. D. bot. Ges. 1907, Bd. XXV. Stahl, Bot. Zeit. 1880. — Jen. Zeitschr. f. Naturw. 1888, Bd. XVI Tschirch, Linnaes 1881, Bd. XLIII Volkens, Jahrb. d. K. bot. Gartens zu Berlin 1884, Bd. IIL Wiesner, Sitz.-Ber. d. Ak. d. Wiss., Bd. LXXIV, Abt. L Wien 1871. 226 Richard Schramm, und Gestalt der Palisaden- und Schwammparenchymzellen, die Größe der Interzellularen und die Ausdehnung der Nervatur; alle diese einzelnen Elemente erweisen sich für Lieht- und Schattenblätter derselben Pflanze oft in erheblichem Maße verschieden. Sind diese morphologischen und anatomischen Erscheinungen auch von den meisten Autoren in überein- stimmender Weise beschrieben worden, so sind doch ihre Anschauungen über Ursachen und Bedeutung derselben recht verschieden; so mögen hier als Beispiel die verschiedenen Anschauungen über die Ausbildung des Mesophylis und die Formgestaltung seiner Zellen angeführt werden. . Nach Stahl!) ist für das Verhältnis von Palisaden- und Schwamm- parenchym und für die charakteristische Gestalt der Palisadenzellen von allein maßgebendem Einfluß die Intensität des auffallenden Lichtes. Dementsprechend sieht er in den Palisadenzellen die für starke Licht- intensitäten, in den flachen Schwammzellen die für geringe Intensitäten angemessenere Zellform. Auch Form und Orientierung der Palisaden- zellen führt er allein auf die Intensität und Richtung des einfallenden Lichtes zurück. Areschoug?) hingegen macht die Verteilung von Palisaden- und Schwammparenchym im wesentlichen abhängig von den Transpirations- verhältnissen. Er betrachtet das Schwammparenchym als das eigent- lich transpiratorische Gewebe, welches besonders starke Ausbildung zeige bei Pflanzen feuchter Klimate; machen aber lokale oder klimatische Verhältnisse eine lebhafte Transpiration nachteilig, so werden diese moderiert durch das Auftreten eines Palisadenparenchyms. Als Ur- sachen der Unterschiede zwischen Licht- und Schattenblättern kommt also nach Areschoug nur die Größe der Transpiration in Frage. Die anatomischen Änderungen hätten also nur den Zweck, die Größe der Transpiration zweckmäßig zu vermehren oder zu verringern, insbesondere bezwecke eine stärkere Ausbildung des Palisadenparenchyms eine Herab- setzung der stomatären Transpiration®), DE. Stahl, Über den Einfluß des sonnigen und schattigen Standorts auf die Ausbildung der Laubblätter. Jen. Zeitschr. f. Naturw. 1888, Bd. XVI, pag. 10. 2) FE. W. Areschoug, Jümförande Unders. ölver Bladets Anat. Kgl. Fysio- grafiska. Sällskapets Minnesskrift, Lund 1878, pag. 216. Ders,, Der Einfluß des Klimas auf die Organisation der Pflanzen, insbesondere auf die anatomische Struktur der Blattorgane. Englers bot. Jahrb. 1882, Bd. II. 8) Areschoug vertritt auch neuerdings diese Anschauung (Über die Bedeutung des Palisadenparenchyms für die Transpiration der Blätter, Flora 1906, Bd. XOVI, pag. 886) trotz der gegenteiligen Versuche Hesselmanns (Zur Kenntnis des Pflanzen- lebens schwedischer ‚Laubwiesen, Beiheit zum Bot. Centralbl, Jahrg. 1904). Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 397 Haberlandt ist zwar mit Stahl der Anschauung, daß die topo- graphische Anordnung des Assimilationssystems, speziell des Palisaden- gewebes, in weitgehendster Weise von der Beleuchtungsintensität ab- hängig ist!), Dagegen vertritt Haberlandt, im Gegensatz zu Stahl, die Ansieht, daß Form und Orientierung der Palisadenzellen nieht in erster Linie von der Lichtintensität abhängig sind, sondern sieht diese gegeben?) einerseits dureh das Prinzip, den assimilierenden Zellen durch Vergrößerung ihrer Oberfläche eine erhöhte Wirksamkeit zu geben, andererseits durch das Bestreben, die Assimilationsprodukte auf mög- lichst kurzem Wege abzuleiten. Nach Haberlandt®) darf auch aus der von Stahl festgestellten Förderung der Ausbildung des Palisaden- parenchyms durch höhere Lichtintensitäten nicht geschlossen werden, daß die Palisadenzellen jene Zellform des Assimilationsparenchyms repräsentieren, welche starken Lichtintensitäten speziell angepaßt ist. Die Frage nach der physielogisch-anatomischen Bewertung der Unterschiede in der Anatomie der Lieht- und Schattenblätter kom- pliziert sich nun noch dadurch, daß nicht nur die äußeren Vegetations- 'bedingungen für das Auftreten von Lieht- und Schattenblättern ver- antwortlich zu machen sind; denn wie Nordhausen?) zeigte, sind „nieht allein die momentanen äußeren Bedingungen, unter welchen die Blattentwieklung vor sich geht, für die Ausbildung von Licht- und Schattenblattimerkmalen maßgebend, sondern auch noch andere Momente, gewissermaßen Nachwirkungserscheinungen früherer Vegetationsperioden, hierbei beteiligt“. Wurde nämlich ein „Lichtsproß“ der Blutbuche im Schatten und ein „Schattensproß“ derselben Pflanze bei heller Beleuchtung gezogen, so entwickelte nichtsdestoweniger der „Licht- sproß“ Lichtblätter und der „Schattenspreß“ Schattenblätter. Nach Nordhausen?) „ergibt es sich unzweideutig, daß bei baum- und strauch- artigen Gewächsen die sog. Lieht- und Schattenblattmerkmale auch 1) G. Haberlandt, Über das Assimilationssystem. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1886, Bd. IV, pag. 228. u Ders., Physiologische Pflanzenanatomie, 4. Aufl, pag. 267. Leipzig 1909. 2) G. Haberlandt, Vergleichende Anatomie des assimilatorischen Gewehe- systems der Pflanzen. Jahrb. f. wiss. Bot. 1882, Bd. XIII, pag. 179. 3) Physiologische Pflanzenanatomie, 4. Aufl., pag. 269. . . 4) Nordhausen, Untersuchungen über Asymmetrie von Laubblättern höherer Pflanzen nebst Bemerkungen zur Anisophylie. Jahrb. f. wiss. Bot. 1902, Bd. XXXVIE, Pag. 22, Ders., Über Sonnen- und Schattenblätter. Ber. d. D. Bot. Ges. 1903, Bd. XXI, Pag. 80 fE. 5) Ber. d. Bot. Ges. 1903, Bd. XXI, pag- 40. 298 Richard Schramm, ohne einen direkten Einfluß des Lichtes schon in frühen Entwieklungs- stadien, sei es noch in der geschlossenen Knospe oder bald nach Auf- brechen derselben, zur Ausbildung gelangen können, d.’ h. also, daß den Blattanlagen bereits innerhalb der Knospe eine bestimmte Gestalt bzw. Struktur induziert ist.‘ Um aber die für das Verständnis der Licht- und Schattenblätter erwachsener Pflanzen so wichtige Frage zu lösen, inwieweit wirklich der direkte Einfluß der Lichtverhältnisse auf die Entwicklung des Blattes von Bedeutung ist, wäre es notwendig, sich an solche Blätter zu wenden, bei denen Nachwirkungserscheinungen früherer Vegetationsperioden jedenfalls ausgeschlossen sind. Solche Blätter sind die Blätter der Keim- pflanzen. In seiner Abhandlung über „Sonnen- und Schattenblätter“ erwähnt Nordhausen!) in einer Anmerkung, daß „Keimpflanzen wegen der meist abweichenden Form der Primärblätter“ für seine Ver- suche nicht geeignet gewesen seien. Irgendwelche weiteren genaueren Angaben über das Auftreten von Lieht- und Schattenblättern bei Keim- pflanzen scheinen in der Literatur zu fehlen. Aber noch aus einem anderen Grunde dürfte eine Untersuchung der Primärblätter von Sämlingen wertvolle Aufschlüsse liefern. ° Die Sämlinge der Waldbäme wachsen in der Natur, wenigstens bei den diehte Bestände bildenden Bäumen, fast stets im tiefen Waldesschatten. Sie werden in diesem Falle dem Leben im abgeschwächten Lieht an- gepaßte Blätter zur Entwieklung bringen. Es muß nun sehr interessant sein, auch Blätter von solchen Sämlingen zu untersuchen, die, wie e8 jetzt meist geschieht, im Saatbeet unter voller Besonnung zur Auf- zucht gelangen. — Daun ist aber von vornherein gar nicht zu sagen, ob überhaupt diese jugendlichen Pflanzen die Fähigkeit zur Ausbildung normaler Sonnenblätter besitzen oder stets erst zur Entwieklung schatten- blattäkulicher Blätter schreiten. Bestätigt die nachfolgende Unter- suchung diese Vermutung, so würde sich die entwicklungsgeschichtliche Stellung der Schattenblätter erwachsener Pflanzen genauer als bisher präzisieren lassen. Bekanntlich entwickeln viele Pflanzen zuerst Blätter, die von denen der erwachsenen Pflanze morphologisch sehr verschieden sind. Von den einheimischen Pflanzen bietet Campanula rotundifelia ein geläufiges Beispiel für eine derartige Heterophyllie. Diese Pflanze ent- wickelt zuerst stets in einer kurzen Stengelrosette langstielige Rund- blätter, die „Jugendformen“, und später kurzgestielte ader sitzende 2 Le pag. 31. —n Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einhatmischer Holzpflanzen. 925 Langblätter, die „Blüteformen“. Durch die Versuche Goebels!) und Famillers?) ist nun aber festgestellt, daß größere Veränderungen und besonders Verschlechterungen der Vegetationsbedingungen zu beliebiger Zeit ein erneutes Auftreten der Rundblätter, d. h. der Jugendformen, hervorrufen können. So dürfte auch für die Schattenblätter die Lösung der Frage von Interesse sein, ob und inwieweit sie den anatomischen Jugendformen ihrer Spezies an die Seite zu stellen sind, Die Hauptaufgabe der nachstehenden Abhandlung soll demnach darin bestehen, die anatomische Struktur der Primärblätter von Säm- lingen, insbesondere solehen aus dem besonnten Saatbeet, und von Sechattenblättern erwachsener Pflanzen zu vergleichen, unter Berück- siehtigung ihrer Stellung zum Sonnenblatt, und ferner zu untersuchen, inwieweit sich eine anatomische Parallele zu dem bei vielen anderen Pflanzen beobachteten Auftreten morphologischer Jugendformen finden läßt. Methodischer Teil. Die Untersuehung beschränkt sich auf einige unserer Laubbäume und verschiedene Sträucher. Die „Sonnenblätter“ entnahm ich nach Möglichkeit isoliert stehen- den Bäumen, deren nach Süden gerichtete äußere Zweige fast die volle Tagessonne erhielten, die „Schattenblätter“ Bäumen aus dem tiefen Waldesschatten. Ich achtete ferner stets darauf, daß die Blätter auf älteren, also wirklich „erwachsenen“ Pflanzen wuchsen und auch selbst ihren endgültigen Entwieklungszustand erreicht hatten, Als „Sonnensämling“ wird ein Sämling aus dem vollbesonnten Saatbeet, als „Schattensämling‘‘ ein solcher aus dem möglichst tiefen Waldesschatten verstanden. Beim Einsammeln der Sonnensämlinge wurde streng darauf geachtet, daß von keiner Seite eine wenn auch nur zeitweise tägliche Beschattung möglich war, daß also die Sämlinge der vollen Wirkung des direkten Sonnenlichtes ausgesetzt waren. Ferner wurden die untersuchten Exemplare aus so weit stehenden Beständen . D Goebel, Die Abhängigkeit der Blattform von Camp. rotund. von der Licht- intensität, und Bemerkungen über die Abhängigkeit der Heterophyllie anderer Pflanzen von äußeren Faktoren. Flora 1896, pag. Li. . . Ders., Über Jugendformen der Pflanze und deren künstliche Wiederhervor- rufung. Sitz.-Ber. der mathem.-physik. Klasse d. Kgl. bayer. Ak. der Wissensch. 1896, Bd. XXYI, pag. 447 if. 2) 3. Familler, Die verschiedenen Blattformen von Carap. rotund. 1. Flora 1900, Bd. LXXXVII, pag. 9b ft. 380 Richard Schramm, gewählt, daß eine gegenseitige Beschattung der Sämlingsblätter aus- geschlossen war. Schließlich überzeugte ich mich in allen Fällen, daß die Pflanzen wirklich einjährig waren und auch nicht umgepflanzt waren, also nicht etwa vorher an einem schattigen Standort gestanden hatten. Es war mir nicht möglich, für alle Pflanzen Schattensämlinge zu erhalten, die Untersuchung erstreckt sich dann nur auf die Liehtsämlinge. Ferner fand ich für die Mehrzahl der untersuchten Pflanzen keine Schatten- sämlinge, deren Folgeblätter weit genug entwickelt gewesen wären, um bei der Untersuchung einwandfreie Resultate zu liefern. Trotz langen Suchens in der Umgebung Berlins konnte ich nur von fünf Pflanzen Schattensämlinge erhalten. Wiederum war es mit- unter nieht möglich, wenn ich Schattensämlinge hatte, zu der betreffenden Pflanze Sonnensämlinge zu bekommen, weil in der Kultur der Nach- wuchs durch Stecklinge (Salix) oder auch durch Pfropfungen auf ver- wandte Varietäten (Populus) gezogen wurde. Auch wäre es zweifel- haft, ob eine Aufzucht künstlicher „Schatten“-Sämlinge einwandfreie Resultate ergeben hätte, da insbesondere die Transpirationsverhältnisse in der Natur ganz andere sind. Von der Aufzucht von Sonnensämlingen glaubte ich um so mehr absehen zu können, als die untersuchten Exem- plare ganz sicherlich unter den oben angegebenen Verhältnissen. auf- gewachsen sind. Außerdem sind in vielen Fällen die Samen nur dureh besondere und langwierige gärtnerische Maßnahmen zum Keimen zu veranlassen (ein- bis mehrjährige Stratifikation des Samens). Schließ- lich waren auch die Beleuchtungsverhältnisse des Institutsgartens zur Aufzucht von Sounensämlingen gänzlieh unzureichend. Sonnenblätter, Schattenblätter und Schattensämlinge stammen aus Wäldern der näheren und weiteren Umgebung Berlins, die Sonnen- sämlinge aus dem Forstgarten des Klosters Chorin und den Späth’schen Baumschulen in Banmschulenweg bei Berlin). Das Einsammeln des Materials besorgte ich selbst. Im voraus sei auch hervorgehoben, daß ich bei Anfertigung der erforderlichen Präparate diese nach Möglichkeit gleichliegenden Stellen der Blätter entnahm und außerdem darauf achtete, daß die betreffenden Blätter, soweit es möglich war, annähernd gleiche Größe besaßen, was 1) Ich verfehle nicht, meinen verbindlichsten Dank Herrm Forstmeister Prof. Dr. Möller, Eberswalde, und Herrn Landes-Ökonomierat Späth, Baumschulenweg, euszusprechen, die mir in liebenswürdiger Weise gestatteten, im Forstgarten resp- in den Baumschulen das notwendige Material zu suchen und mir jede gewünschte ge- nauere Auskunft erteilen ließen. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 931 besonders für die Ausdehnung der Nervatur wichtig ist, die, wie Schuster?) zeigte, in gewisser Weise von der Blattgröße abhängig ist, Spezieller Teil. 1. Fagaceen ?). 1. Fagus silvatiea L. A. Lieht- und Schattenblatt. Unter den einheimischen Laubbäumen zeigt die Rotbuche in charakteristischer Weise die Ausbildung morphologisch und anatomisch verschiedener Licht- und Schattenblätter. Sie wurden zuerst von Stahl?) genauer beschrieben. Seine Untersuchungen erstreckten sich haupt- -sächlich auf die Blattgrößen und die veränderliche Struktur de» Assi- milationsapparates. Auch die anderen Blatteile sind eingehend unter- sucht worden; die Literatur wird an den betreffenden Stellen angegeben werden. Die morphologischen Unterschiede erstrecken sich auf Blattgröße und Blattdieke. Das Lichtblatt besitzt im allgemeinen eine kleinere Blattspreite als das Schattenblatt, übertrifft es aber au Dicke um das Zwei- bis Dreifacke. Nordhausen?) beobachtete auch Unterschiede in der Asymmetrie der Blatthälften. Er fand diese Asymmetrie beim Sonnenblatt stärker ausgebildet; doch läßt sie sich mit dem Auge kaum wahrhnemem (wie bei der Ulme), sondern ist nur durch genaue Messungen festzustellen, 1) W. Schuster, Die Blattaderung des Dikotylenblattes und ihre Abhängig- keit von äußeren Einflüssen. Ber. d. D. bot. Ges. 1907, Bd. XXVIL, pag. 217 if. 2) Über die Blattanatomie derselben siehe außer den weiter unten zitierten Arbeiten auch: Solereder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen, pag. 8904. Bintt- gart 1899, C. de Candolle, Anat, comp. des Feuilles ete., Mm. d. 1. Soc. de Phys. et D’Hist. nat. de Gendve 1879, T. XXVI, pag. 43H. 8) E. Stahl, Über den Einfluß der Liehtintensität auf Struktur und An- ordnung des Assimilationsparenehyms. Bot. Zeit. 1880, Bd. XXX VII, pag. 872. Ders. Über den Einfluß des sonnigen und schattigen Standorts auf die Aus- bildung der Laubblätter. Sep.-Abdr. a. d. Zeitschr. f. Naturw., Bd. XVI, pag. 6 u. 7. Jena 1883, 4 Nordhausen, Unters. über Asymmetrie von Laubblättern usw. Jahrb. f. wiss. Bot. 1902, Bd. XXXVII, pag. 10. Flora, Bd. 104, 17 232 - Richard Schramm, 5 Die anatomisch wiehtigsten Modifikationen zeigt das Mesophyli. Das Liehtblatt (Fig. 1)1) besitzt ein zwei-, mitunter sogar dreischich- tiges Palisadenparenchym, dessen langgestreckte englumige Zellen dieht aneinanderliegen, ohne größere Interzellularen zu bilden. Das Sehwamm- parenehym ist auf das geringste Maß beschränkt. Es gelangen auch nieht die typischen Sternzellen des Schwammparenchyms von Schatten- blättern zur Ausbildung, sondern fast isodiametrische Zellen (Fig. 20), die oft ihre größere Ausdehnung senkrecht zur Blattspreite besitzen. Zuweilen wird auch auf der Blattunterseite eine Lage kurzer Palisaden- zellen gebildet, wenn das Blatt infolge Drehung des Stieles oder Krüm- mung der Spreite zeitweilig die Unterseite der direkten Sonnenstrahlung aussetzi. Die Interzellularen sind relativ klein. Von den übrigen ana- tomischen Eigentümlichkeiten des Lichtblattes sei hervorgehoben, daß die Oberseite eine kleinzellige, fast ebenwandige Epidermis (Fig. 10) besitzt, deren Zellen durch zahlreiche Tüpfel kommunizieren; auf der Blattunterseite zeigt die Epidermis leichte Wellung der Zellwandungen (Fig. 9), die Anzahl der Tüpfel ist geringer. Die Zellen besitzen recht verschiedene Größe; sie sind in der Nähe der Spaltöffnuungen kleiner als auf der Oberseite, dagegen sonst oft bedeutend größer, Dies Ver- halten war für alle Blätter der Buche typisch. . Die Spaltölfnungen sind zahlreich, die Ausdehnung der Nervatur ist relativ groß. Das Mesophyll des Schattenblattes (Fig. 2) besitzt nur ein einschichtiges Palisadenparenehym. Die Zellen desselben sind zu kegel- förmigen Zellen umgebildet, die sich mit weitem Lumen an die Epi- dermis ansetzen, sich dann verjüngen und englumig an die Sammel- zellen des Schwammparenchyms anschließen. Diese „Triehterform‘2) der Zellen ergibt naturgemäß breitere Interzellularräume, die eine reich- licke Durchlüftung ermöglichen. Das Schwammparenchym besteht im allgemeinen aus drei Zellagen. Die vielarmigen Sternzellen desselben 2). In den Figuren ist das zum Palisadenparenchym gerschnete Gewebe stärker, das zum Schwammparenchym gerechnete dagegen schwächer punktiert worden. 2) Haberlandt betrachtet diese Zellen sowohl wegen der abweichenden Form als auch besonders wegen der andersartigen Lagerung der Chlorophylikörner nieht als eigentliche „Trichterzellen“ (Über das Assimilationssystem, pag. 224). In dieser Arbeit soll der Begriff der „Trichterzellen““ daher etwas weiter definiert werden. Es sollen, ohne Rücksicht auf ihre Länge, stets solche Zellen Trichterzellen genannt werden, die auf der der Epidermis ansitzenden Seite. einen deutlich größeren Zellänrchmesser besitzen als auf dem abgewandten Ende; hei Haberlandt hingegen darf außerdem ihre Höhendimension nur wenig oder gar nicht die Breitendimension übertreffen. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 938 (Fig. 23) zeigen ihre größte Ausdehnung parallel der Blattoberfläche und schließen weite Interzellularen ein. Die Epidermen des Schattenblattes (Fig. 16 u. 17) zeichnen sich durch große, stark gewelltwandige Zellen aus, die nur vereinzelt ein Vorkommen von Tüpfeln konstatieren lassen. Auch hier stehen die Zellgrößen der beiden Blattseiten in gleichem Verhältnis wie beim Sonnen- blatt. Die Zellwandungen zeigen auf der Unterseite eine etwas stärkere Wellung. Die Stomata sind nicht so zahlreich wie beim Lichtblatt, ebenso erreicht die Nervatur nicht die gleiche Ausdehnung. Ein genauerer zahlenmäßiger Vergleich zwischen Jächt- und Schattenblatt des erwachsenen Baumes wird sieh am natürlichsten aus Tabelle 1 ergeben. Tabelle 1. 1 2 EJ 4 6 7 8 3 3 Br EN En = Ben [=] f=] Mus... BR2derlgut 3 |ERlsei se Pasassalarilsfs Blatt Sa |ssÄ ah 35 Basesäah_ 508 ERBE FT ETF BIER NIE Cu »®2 ER] E3 3 2De = Su EEE SEE PEIEFEIGHT ä 2 EEE Sonnenblatt 160 87 46 | 1,90 12,2 Schattenblatt 73 20 |'85 | 0,57 8,8 . Die vorstehenden Zahlen stellen Durchschnittswerte dar. Die er- forderlichen Sehnitte wurden korrespondierenden Blattstellen ent- nommen. \ Die Spalten 1--3 umfassen die Messungen für die Blattdicke und das Mesophyll, Besonders auffällig tritt hier die überaus starke Ausbildung des Palisadenparenchyms im Liehtblatt hervor, die die des Sehattenblattes um mehr als das Vierfache übertrifft. Spalte 4 enthält die „Mesophyliguotienten“, Als solchen bezeichne ich den Quotienten: Dicke des Palisadenparenchyms - Dieke des Schwammparenehyms Er erlaubt einen Schluß auf die Verteilung dieser beiden Gewebe im Mesophyll, Im vorliegenden Falle ist er für das Liehtblatt bedeutend größer als 1, für das Schattenblatt kleiner als 1, d. b. im Liehtblatt übertrifft die Ausdehnung des Palisadenparenchyms die des Schwamm- parenchyms, während es beim Sehattenblatt umgekehrt: ist (Fig. 1 u. 2). 17* 4 Richard Schramm, Spalte 5 und 6 betreffen die Epidermiszellen. Es bestätigt sich, daß diese beim Sonnenblatt kleiner sind als beim Schattenblatt und daß sie bei beiden Blattsorten auf der Blattunterseite zahlreicher sind als auf der Blattoberseite. Spalte 7 gibt die Verteilung der Spaltöffuungen. Ihre Anzahl übertrifft beim Lichtblatt die des Schattenblattes nicht ganz um das Vierfache !). " Spalte & endlich enthält die Ausdehnung der Blattnervatur in Millimetern auf ein Quadratmillimeter, wobei im Hinblick auf die Resultate Schuster’s über den gleichfalls zu berücksichtigenden Einfluß der Blattgröße auf die Nervatur nochmals hervorgehoben sein mag, daß etwa gleich große Blätter untersucht wurden?) Die Zaklen der Spalte 8 lassen die stärkere Entwicklung der Nervatur beim Licht- blatt deutlich erkennen. B. Primärblätter der Sämlinge. Nach dieser kurzen vergleichenden Übersicht der Anatomie von Liekt-'und Schattenblatt folge nun die Untersuchung der Primärblätter der Sämlinge. Tabelle 2 enthält die für die beiden Blattsorten gefundenen Zahlen. ‚ . Tabelle 2, ı 2 3° 4 5 6 7 8 a2| 88 E} 2 a 85 | „85 E © wu 24 & uaaglas| 8% 2 Primärhlätter | $ SE S35 wg 5555 3 55 EFF IE SEC HACHIE E = S53 sa®2| 2 ER Ssoun| SS a2 A jBeEas| Se 323142343 3% a3 23 © Sonnensämling 63 20 25 | 0,80 11188 |18% | 188 7,0 Schattensämling | 85 23 42 0,56 900 | 1688 | 226 66 1) Zu den Zahlen in den Spalten 57 ist zu bemerken, daß sie nur für solche Blattstellen bestimmt wurden, wo keine Gefäßbündel unterhalb im Mesophyll lagen. An diesen Stellen pilegen die Epidermiszellen beider Blattseiten in der Richtung des Gefäßbündelverlaufes gestreckt zu sein und die Stomata zu fehlen. 2) Die Blätter wurden aufgehellt, die Nervatur bei möglichst schwacher Ver- größerung gezeichnet und mit dem Kurvenmesser gemessen. Die erhaltenen Zahlen wurden in Millimeter auf 1 qmm umgerechnet. Das Aufhellen der Blätter erfolgte nach Entfärben mit Alkohol meistens durch Chloralhydrat. Erwies sich dies als erfolglos, so ergab stets ein Erhitzen mit einer mehr oder weniger konzentrierten Lösung voR Ätzkali und nachfolgendes Entförben mit Wasserstolihyperoxyd eine ausreichende an Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 235 Für den Sonnensämling beträgt die Dieke des Primärblattes nur 63 u; sie bleikt damit um 10 g hinter der des erwachsenen Schatten- blattes zurück. Die der Blattoberseite anliegenden Mesophylizellen sind Trichterzellen (Fig. 3), die denen des Schattenblattes sehr ähnlich sind. Das Schwammparenckym besteht aus einer meist dreischichtigen Lage typischer Sternzeilen (Fig. 21); es übertrifft das Palisadenparen- chym an Dicke, so daß ebenso wie beim Schattenblatt der Mesophyll- quotient kleiner als 1 wird. Die Epidermiszellen (Fig. 14 u. 15) sind auf beiden Blattseiten stark gewelltwandig und nur ganz vereinzelt ge- tüpfelt; sie sind auf der Unterseite zahlreicher als auf der Oberseite. Abgesehen von einem geringen Größenunterschied unterscheiden sich also die Epidermen in nichts von denen eines Schattenblattes. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur sind gering. Das Primärblatt des Schattensämlings erreicht eine Dicke von 85 «, womit es die des normalen Schattenblattes um 12 x übertrifft; dagegen bleiben die Mesophyilquotienten gleich. Die Trichterzellen des Palisadenparenchyms sind etwas voluminöser als die des Schatten- blattes (Fig. 2 u. 4). Das Schwammparenchym ist außerordentlich stark entwickelt und in der Regel vierschichtig; es wird von großen Sternzellen gebildet (Fig. 24). Die Epidermiszellen (Fig. 12 u. 13) sind sehr groß und stark verzahnt, auf der Unterseite zahlreicher als auf der Oberseite, . Die Anzahl der Spaltöffnungen ist relativ sehr groß, die Länge der Nervatur dagegen gering. Vergleicht man das Primärblatt des Sonnensämlings’) mit dem des Schattensämlings, so ergibt sieh die überraschende Tatsache, daß das Blatt O (1,») dünner ist als das Blatt Atı) und zwar um 22 . Bedingt wird dies hauptsächlich durch das außerordentlich stark entwickelte Schwammparenchym des Blattes Att). Auffallend ist ferner die Verteilung der Spaltöffnungen. Die Anzahl derselben ist beim Blatt Atı) (225 auf 1 qmm) größer als beim Blatt Otı, ») (188 auf 1 qmm). Diese beiden Erscheinungen stehen in direktem Gegensatz zu den Verhältnissen Aufhellung, Ist die Ätakalilösung hinreichend konzentriert, so pflegen sich oft obere und untere Blattepidermis zu lösen. Man erhält dann nach Behandlung mit ‚Chlor- zinkjod sehr große schöne Präparate, die sich für das Zählen der Epidermiszellen und der Spaltöffnungen gut eignen. 1) Es sei im folgenden abgekürzt: Blatt O(1,.) = Primärblati des Sonnen- Sämlings, Blatt Ay) = Primärblatt des Schattensämlings, O (eo) = Lichtblatt des erwachsenen Baumes, A (o, = Schattenhiatt des erwachsenen Baumes; ferner: Ö (1, = Folgeblatt des Sonnensämlings, O (s) = Sonnenblatt einer 3 jährigen Sonnen- Pilanze usw. 236 . Richard Schramm, beim Lieht- und Schattenblatt erwachsener Bäume, wo das erstere dieker ist als das letztere und auch fast viermal soviel Stomata besitzt. Da- gegen ist der Mesophyllquotient für das Blatt Ot1, ») größer als für das Blatt At (0,80 zu 0,55). Auch die Interzellularen sind beim Blatt O, a) kleiner. C Folgeblätter. -Die- vorangehende Untersuchung zeigte, daß die Primärblätter des Sonnen- und Schattensämlings andere Struktur besitzen als Licht- und Schattenklatt des erwachsenen Baumes. Es Iragt sich nun, oh die Folgeblätter sofort diese Struktur der erwachsenen Licht- und Schatten- blätter zeigen oder ob durch Zwischenstufen eine allmähliche Entwieklung erfolgt. In der Tat ist nun letzteres der Fall. Diese Entwicklung wurde bei der Buche!) studiert: = a) an Pflanzen aus der Sonne?): 1. Primärblatt des Sämlings (Blatt O «, »); 2. Folgeblatt des Sämlings®) (Blatt 0a, nm); 3. Blatt einer 3 jährigen Pilanze (Blatt O (3); 4. Blatt einer 6 jährigen Pflanze (Blatt O (0); 5. Blatt einer 15--20 jührigen Pflanze (Blatt O us). b) an Pflanzen aus dem Schatten: 1. Primärblatt des Sämlings (Blatt A); 2. Blatt einer 3 jährigen Pflanze (Blatt A ß)). „ Die durch die Untersuchung gefundenen Zahlen sind in der Tabelle 3 zusammengestellt. Die schon oben angegebenen Zahlen sind zum Ver- gleich heigefügt. 1) Bei den anderen Bäumen wurde außer den besprochenen vier Blattarten nur noch ein Folgeblatt des Sämlings untersucht. Doch dürfte auch bei diesen Bäumen eine etwaige Entwicklung sich in ähnlicher Weise vollziehen. . 2) Die „Sonnenpflanzen“ stammen aus den Späth’schen Baumschulen. Da hier die jungen Pflanzen mitunter umgepflanzt werden, ließ sich oft nichts Sicheres über die früheren Beleuchtungsverhältnisse sagen, insbesondere ob nicht von irgend- einer Seite zeitweise Beschattung erfolgt war. Da außerdem hin und wieder in einem Jahre keine Buchensämlinge gezagen wurden, fehlten verschiedene Jahrgänge völlig. Für die angeführten konnte ich wirklich einwandfreies Material erhalten. 8) Unter Folgeblatt des Sämlings wird hier und im folgenden immer eines der möglichst spät entstandenen Blätter des Sämlings verstanden, bei denen die eiwaige Entwicklung also schon etwas weiter fortgeschritten ist. Doch war in der Regel nur noch das erste Folgeblatt weit genug entwickelt, um für die Untersuchung brauchbar zu sein. . Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 237 Fabelle 3. 1 2 8 & 5 6 7 8 = a 8 8 d 3 23 \aertladdlı HSgtasat Sal,dg Blatt S4.|l>28 98a >E SEES SSELZAE TEE E: BR EFEIEF EICHE FEUER BE As IäalaE = lES3RH,lä: 331: Az As 58 s GEREtZ es 33 AsE O 1,2) 6 |! 20 25 | 0,80 | 1188 | 18% | 188 | 70 0 (4,0) 103 37 46 0,80 | 1212 | 2037 206 85 (3) 127 60 45 | 1,30 | 1500 | 2025 | 268 | 96 O6) 144 74 46 1,60 | 1530 | 2712 390 11,0 015) 155 84 46 1,84 | 1650 | 2900 375 12,0 Of) 160 87 46 190 | 1725 | 3000 416 12,2 "Am 85 23 42 0,55 900 | 1688 225 6,6 Ads) 8 22 89 0,57 912 } 1458 188 6,9 Ale) .23 20 35 0,57 938 | 1125 113 8,8 a) Sonnenpilanzen. War das Primärblatt des Sonnensämlings noch in allen Teilen dem Schattenblatt sehr ähnlich, so zeigt sich beim Folgeblatt bereits die kräftig einsetzende Entwicklung. Diese macht sieh am bemerk- barsten für das Mesophyll (Fig. 7). Hatte das Blatt Ott, = deutlich trichter- förmige. Zellen, so haben sich diese beim Blatt Otı, ») fast völlig verloren. Die Trichterzeilen von 20 1 Länge sind zu schlanken Palisadenzellen von 37 x geworden. Nur wenige Zellen sind noch an ihrer Ansatzstelle zur Epidermis breiter als auf dem abgewandten Ende. Auch das Schwamm- Parenchym ist von 25 u auf 46 u gewachsen. Die oberen Zeilen desselben haben nicht mehr das charakteristische Aussehen von Sternzellen, sondern sind in der Richtung parallel der Blattspreite verkürzt. Saßen beim Blatt Oct, sı noch drei bis vier Triehterzellen den Sammelzellen auf, so sind es beim Blatt Ott, ») durchschnittlich nur noch zwei bis drei. Es zeigt sich also deutlich das Bestreben, diesen Zellen eine andere Waehstumsrichtung zu geben. Ursprünglich lag die Hauptrichtung desselben parallel zur Blattoberfläche, beim Blatt Out, » ist sie dagegen weniger gegen die dazu senkrechte bevorzugt. Die Schwammparenchym- zellen sind dieker geworden und nähern sieh, besonders in der oberen Lage, einer mehr isodiametrischen Ferm; vorherrschende Zeilform sind aber doch noch die flachen Zellen (Fig. 22). Stellenweise wird das Schwammparenchym vierschichtig. Die stärkere Ausbildung des Mesophylls läßt die Blattdicke von 68 auf 103 1 steigen; sie übertrifft 238 Richard Schramm, damit die des normalen Sehattenblattes, steht jedoch diesem immer noch näher als dem Sonnenblatt. Die annähernd gleichmäßige Entwick- lung des Palisaden- und Schwammparenchyms läßt den Mesophyll- quotienten ungeändert (= 0,80). Die Änderung der Epidermis (Fig. 18 u. 19) ist weniger ins Auge fallend. Die Zellen derselben sind sehr stark gewelltwandig und denen des Schattenklattes durchaus ähnlich, Immerhin läßt sich eine fort- sehreitende Entwieklung konstatieren. Auf der Blattoberseite steigt die Zellenzahl von 1188 auf 1212, auf der Unterseite von 1875 auf 2037. Auch die Zahl der Stomata wächst von 188 auf 206, die Ausdehnung der Nervatur aber nur von 7 mm auf 8,5, erreicht damit also nicht die des Sehattenblattes. Das Blatt der 8 jährigen Sonnenpflanze zeigt weiteren Fortschritt. Die Biattdicke ist auf 127 x gestiegen. Die Palisadenzellen (Fig. 5) haben idie für das Sonnenblatt charakteristische Form erhalten; ihr Zellumen ist noch enger geworden. Die Hauptänderung zeigt sich jedoch in der Ausbildung der oberen Zellage des Schwamzmparenchyms. Die Zellen desselben haben ihre Hauptwachstumsrichtung völlig geändert; sie ist nicht mehr parallel der Blattoberseite, sondern senkrecht zu dieser orientiert, d. h. die Zellen haben ihre größte Ausdehnung in der gleichen Richtung wie die Palisadenzellen. Ohne daß diese Zellschieht der zweiten Zellage des Palisadenparenchyms eines erwachsenen Sonnenblattes völlig gleicht, sei sie zum Palisadenparenehym gerechnet, da sie eben die deutlich erkennbare Vorstufe zu jener bildet. Auch die Zellen des Schwammparenchyms haben an Flächenausdehnung verloren (Fig. 26). Der Mesophyliguotient ist größer als 1 geworden und nähert- sieh dem des erwachsenen Sonnenblattes ganz bedeutend. Die Anzahl der Epidermiszellen und der Stomata hat sich relativ stark vermehrt; doch ist die Verzahnung der Zellen sehr kräftig, so daß die äußere Ansicht immer noch schattenblattähnlich ist. Die Nervatur aden hat auch weiter zugenommen; sie erreicht jetzt eine Länge von ‚5 mm. Die weitere Entwicklung ist gegeben. Die Dieke des Blattes Oo und seiner Mesophyilschichten hat sich in entsprechender Weise ver- größert, ebenso wie der Mesophyliquotient. Zur Blattstruktur ist nur Am bemerken, daß die Zeilen der ersten Palisadenschicht (Fig. 8) länger, die der zweiten englumiger geworden sind. Die Schwammparenchym- zellen (Fig. 27) haben eine weitere Annäherung an die normale Gestalt erfahren. Relativ gering ist die Änderung der Epidermiszellen; noch immer Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 239 sind die Zeilwandungen kräftig gewellt. Stomata und Nervatur hin- gegen zeigen eine stärkere Entwicklung. Mit dem Blatte der 15—20 jährigen Sonnenpflanze hat die Ent- wieklung wohl ihren Abschluß erreicht. Die Blattdieke bleibt mit 155 R nur um 5 x hinter der des Sonnenklattes eines alten Baumes zurück. Die Ausbildung des Mesophylis ist fast völlig übereinstimmend (Fig. 11 u. 28). Nur die Zellen der zweiten Palisadenschicht waren etwas kürzer und weitlumiger. Der Mesophyllquotient ist nur um 0,06 kleiner als der des normalen Sommenblatts. Auch die Zahlen für die Rpidermiszellen, die Stomata und die Nervatur haben sich der normalen Größe bis auf ein Geringes genähert. Die Wellung der Epidermiszellwandungen bewegt sich in den für das erwachsene Sonnenblatt geltenden Grenzen. Erst die ungefähr 20 jährige Sonnenpflanze entwickelt demnach ein normales Sonnenblatt. b) Schattenpflanzen. Das Primärblatt der Schattenpflanze ähnelt zwar dem Schatten- blatte der erwachsenen Pflanze sehr, unterscheidet sich von ihm aber doch in einigen wichtigen Teilen, so daß auch hier eine Entwieklung stattfinden muß. Da im Waldesschatten die jungen Pflanzen bei den außerordentlich ungünstigen Beleuchtungs- und Transpirationsverhäkt- nissen sich bald reichlich verzweigen und strauchartigen Charakter annehmen, läßt sich ihr Alter nur sehr ungenau angeben. Daher begnügte ich mich mit der Untersuchung des Blattes einer dreijährigen Schatten- pflanze (Fig. 5 u. 25). Das Primärblatt des Sämlings übertrifft das Schattenblatt in der Blattdicke, besitzt ein stärkeres Palisadenparenchym und Schwamm- parenchym, mehr Spaltöffnungen und infolgedessen auch mehr Epi- dermiszellen auf der Blattunterseite, hat aber andererseits einen etwas kleineren Mesophyliquotienten, weniger Epidermiszellen auf der Blatt- oberseite und geringere Ausdehnung der Nervatur. Es muß also sowohl eine rückschreitende wie eine fortschreitende Entwicklung zum Blatt Ace stattfinden. Das Blatt der 3 jährigen Schattenpflanze müßte dem- nach eine Mittelstufe darstellen. Dies wurde durch die Untersuchung bestätigt. Das Blatt Assy steht mit 81 1 Blattdieke zwischen Blatt Ar mit 85 ı. und Blatt As) mit 73 g, die entsprechenden Zahlen für das Palisadenparenchyın sind in der Reihenfolge Blatt A, Atsı, Ataı: 23, 22 und 20 p, für das Schwammparenchym: 42, 39 und 35 1, für die Spaltöffnungen: 225, 188 und 113 und für die Epidermiszellen der Blatt- unterseite 1688, 1456 und 1125. Diese Zahlen zeigen die rückschreitende 249 Richard Schramm, Entwieklung. Die verschreitende findet sick in den Zahlen für den Meso- phyliquotienten, die Anzahl der Epidermiszellen auf der Blattoberseite und die Nervatur. Der Mesophyllquotient ist beim Blatt Au) gleich 0,55; der sehr geringe Unterschied gegen das Blatt; Ate) hat sieh schon beim Blatt Ats) verloren. Die Anzahl der Epidermiszellen auf 1 qum der Blattoberseite steigt von 900 auf 912 bei Acs) und auf 938 bei Ate, ebenso die Nervatur von 6,6 über 6,9 auf 8,8 mm. Die Untersuchung zeigt, daß die Entwicklung von der Struktur des Primärblattes zu den Sonnen- und Schattenformen des erwachsenen Blattes nicht sprunghaft erfolgt, daß also etwa das Folgeblatt des Sonnen- sämlings ein wohlausgebildetes Sonnenblatt ist, sondern daß sie sich über eine größere Zahl von Vegetationsperioden erstreckt. Sie dürfte bei den Sonnenpflanzen mit dem 20. Jahre, bei den Sehattenpflanzen ungefähr mit dem 10. vollendet sein. Daß sie für die Sonnenpflanzen so viel länger dauert, ist erklärlich, denn das Blatt Ou, a) ist dem aus- gebildeten Läichtblatt in keiner Weise ähnlich, während dagegen die Unterschiede in den Strukturen der Blätter Atı) und As) bedeutend geringer sind. Braucht also hier die Entwicklung nur eine sehr geringe zu sein, so erfordert sie bei den Sonnenpflanzen weitestgehende Umbil- dungen: es muß das Mesophyll um das Dreifache verdickt werden, es müssen die Zellen desselben andere Gestalt und teilweise auch andere Funktion erhalten, ferner muß die anfangs so starke Wellung der Epidermis- zellwandungen fast völlig beseitigt werden und schließlich die Anzahl der Stomata und die Ausdehnung der Nervatur ganz beträchtlich ver- größert werden. D. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. Es erübrigt sich noch, einen näheren Vergleich zwischen dem Primär- blatt des Sonnensämlings und dem Schattenblatt des erwachsenen Baumes anzustellen. Zu diesem Zweck sind die betreffenden Zahlen in der Tabelle 4 nochmals angegeben (die Zahlen für das Sonnenblatt des erwachsenen Baumes sind vergleichshalber beigefügt). Das Blatt Ato) ist um 10 x dicker als das Blatt Ott, a. Da nun die Dieke der beiden Epidermisschiehten und des Palisadenparenchyms für beide Blätter die gleiche ist, so kommen diese 10 « allein auf das Schwammparenchym des Schattenblattes. Daher wird aueh der Meso- phyliquotient für das Blatt; Otı, ») etwas größer als für As; er bleibt aber ebenfalls kleiner als 1. Für die obere Epidermisschicht ist der vor- handene Unterschied gering; die Zellen sind beim Schattenblatt eiwas ee — a u Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 241 Tabelle &, 5 . ı]|218]ja]5 6 7 | & 5 = E,e|,d,s E| | „E38 ı 3 age € " ER IRETBIE EDER UFER BEI PR abt a a a He WE u BE E31 5 SE Bus 883 389 38 33-2 Anal | Ser ISse ses 33153.053521475 88, Fi Pu 2 B7 3, are re 01a) 8 20 | 25 |osolııs | 185 | 188 | zo Ale) a | 20 | 36 [00 988 | 1 | 1 | 88 On so | 9 | 6 | 1900| 1725 | 3000 | 6 | 128 größer. Bei beiden aber sind sie äußerst stark gewellt. Beträchtlicher ist der Unterschied in der Zellanzahl der unteren Epidermis. Er wird verursacht durch die größere Anzabl der Stomata beim Sämling. Diese bedingt eine Vermehrung der den Spaltöffnungen ansitzenden kleineren Epidermiszellen und ruft den obigen Unterschied in der Zellenzahl hervor. Die Nervatur ist beim Sämling etwas geringer ausgebildet als beim Schattenblatt. Der Vergleich lehrt, daß die Struktur des Blattes O(ı, «), abgesehen von einigen geringen Unterschieden, der des Blattes Ate) völlig gleicht. Diese Unterschiede erscheinen besonders klein, wenn damit die Zahlen- werte des erwachsenen Sonnenblattes verglichen werden. Man kann also sagen: Bei der Rotbuche besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings die charakteristischen Merkmale des Schattenblaties erwachsener Bäume, 2. Quereus sessiliflora Martyn. A. Licht- und Schattenblatt. Die morphologischen Unterschiede sind gering. Die Blatigrößen schwanken in weiten Grenzen, doch scheinen die Schattenblätter dureh- “ schnittlich etwas größer zu sein. Die anatomischen Unterschiede erstrecken rich vorwiegend auf die Struktur des Mesophylis, die Anzahl der Spaltöffsungen und die Ausdehnung der Nervatur. Dagegen sind sie bei den Epidermen nieht s0 beträchtlich wie bei Fagus silvatica. Tabelle 5 gibt die Resultate der Untersuehung für Lieht- und Sehattenblatt. 242 Richard Schramm, Tabelle 5. 0 Felle ı 2 3 4 5 6 7 8 & = a8 s = h4 m » 5 8 3 ee \n8in.dlı, S:.053,8 8% 3 8 gsHdlegäler s22832.& S ® u EI BE FE EEE: EEBESFIEFFIRFA FF PIE FEB ZS u a . A: Aeslaaslargeseante "5 5 & Ei Ei: = Lichtblatt 231 148 37 4,00 | 1577 2900 810 | 143 Schattenblatt 122 44 50 0,88 | 1864 | 2560 468 ER Das Sennenblatt der erwachsenen Pflanze hat, eine Dicke von 231 p, wovon auf das Palisadenparenchym 148 und auf das Schwamm- parenchym 37 « entlallen; der Mesophyllguotient ist gleich 4,00. Das Palisadenparenchym (Fig. 29) ist demnach überaus mächtig entwickelt; es ist meist vierschichtig, doch werden die Zellen der unteren Schichten immer kürzer und dieker und bilden einen Übergang zum Schwamm- parenchym. Dieses besitzt keine typischen Sternzellen, sondern besteht aus einer oberen Zellschicht annähernd isodiametrischer Zellen, während die andere, der unteren Epidermis anliegende aus palisadenähnlichen Zellen zusammengesetzt ist, die dureh bauchige Erweiterungen kom- munizieren. ’ Die Epidermisschiehten beider Blattseiten haben fast völlig eben- wandige Zellen; die Anzahl derselben ist auf der Blattunterseite bedeutend größer als auf der Oberseite (2900 zu 1777 auf 1 qmm). Die Außen- wandungen der Epidermen sind, besonders auf der Oberseite, stark verdickt (Fig. 42). Die Anzakl der Spaltöffnungen ist sehr groß, — 810. Auch die Nervatun ist stark entwickelt; ihre Ausdehnung beträgt 14,3 mm auf 1 qmm. ‘ Das Schattenblatt des erwachsenen Baumes ist nur 192 g. dick. Bei einer Dicke von 44 u für das Palisaden- und von 50 y für das Schwamm- parenchym ergibt sich der Mesophyllquotient zu 0,89, d. h. er ist für das Schattenblatt wieder kleiner als 1. Das Palisadenparenchym (Fig. 30) ist einschichtig. Über die Zellformen desselben ist Bemerkenswertes kaum zu sagen; es werden nicht, wie bei der Buche, triehterförmige Zellen ausgebildet, sondern die Zellen sind nur kürzer und weitlumiger als beim Sonnenblatt. Im Schwammparenchym dominieren die flachen Formen der Sternzellen; die Struktur ist lakunöser als beim Sonnen- blatt. So groß nun der Unterschied in der Struktur des Mesophylis für Lieht- und Schattenblatt ist, so gering ist er für die Epidermen. Aueh Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einhöimischer Holzpflanzen. 243 beim Schattenblatt sind auf der Oberseite die Zellen nahezu völlig eben- wandig und auf der Unterseite nur leicht gewellt; die Außenwände sind stark verdiekt. Nur die Zellanzahl ist etwas kleiner, 1364 auf der Oberseite und 2560 auf der Unterseite; die Zellen sind also etwas größer als beim Sonnenblatt. Die Dicke der beiden Epidermisschichten ist aller- dings für letzteres bedeutend größer. Beträchtlicher ist auch der Unter- schied in der Anzahl der Stomata. Sie bleibt beim Schattenblatt fast um die Hälfte hinter dem Sonnenklatt zurück. Die Länge der Narvatur ist 9,9 mm auf 1 qmm, d. h. um 4,4 mm geringer. B. Primärblätter der Sämlinge. Die Primärblätter der Sämlinge sind bedeutend kleiner als die Blätter der erwachsenen Bäume. Unterschiede in der Blattgröße zwischen Sonnen- und Schattensämling ließen sich nicht konstatieren, Tabelle 6. 1 2 3 4 5 6 7 8 er N u - u u a8 PB: al „a Rus © 8 3 3: 1SBElSHE BE SSanesullad | 28 B Ss areas oT a 805 © saslese | a9 Seas S2 | 85 ss 838 1825| 25 Saw3lshsa 32 | 38 AS [As2A28| 8° 33°228°8 "51"; ee a | 32 33 0,82 | 1321 2570 38 43 0,771 1083 1025 Tabelle 6 enthält die für die Primärklätter gefundenen Zahlen. Beim Sonnensämling erreicht das Primärblatt eine Dicke von 93 u; hiervon entfallen 32 „auf das Palisaden- und 39 a auf das Schwamm- Parenchym. Der Mesophyliguotient bleibt somit kleiner als 1, = 0,82. Diese Zahlen sind sämtlich Kleiner als die entsprechenden des Schatten- blatts, Die Zellen des einschiehtigen Palisadenparenehyms (Fig. 31) sind verhältnismäßig weitiumig und mitunter an der Epidermis breiter als an dem an das Schwammparenchym grenzenden Ende, d. h. „trichter- förmig“. Das Schwammparenchym ist von dem des Schattenblaites kaum verschieden. Die Epidermis der Blattoberseite besitzt eine schwächere Verdiekung der Außenwandung und ist dünner als bei den Blättern Os und Age), dagegen ist die Zelform die gleiche; auf 1 qmm kommen 1321 Zellen. Die Zellen der Unterseite sind leicht gewellt, wie beim Schattenblatt, 244 “Richard Schramm, ihre Anzahl ist 2570. Sonst gilt für die untere Epidermis dasselbe wie für die obere. Über die Verteilung der Stomata und die Länge der Ner- vatur ist nichts besonderes zu bemerken, auf 1 qmm kommen 469 Sto- mata und 11,7 mm Nervatur. Für das Primärblatt des Schattensämlings ergab sich die Dicke des gesamten Blattes zu 96 x, die des einschichtigenPalisadenparenchyms zu 33 w und die des Schwammparenchyms Zu 43 u; der Mesophyll- quotient ist folglich 0,77. Die Struktur des Mesophyüls (Fig. 32) unter- scheidet sich kaum von der der Blätter Ate) und O1, a). Die Epidermiszellen sind auf beiden Blattseiten größer und stärker gewellt als bei den anderen Blättern. Es fanden sich für die Oberseite 1023, für die Unterseite 1025 Zellen auf 1 qmm. Die Anzahl der Stomata ist gering, = 256, die Länge der Nervatur beträgt 9,6 mm auf 1 qmm. Die Untersuchung zeigt, daß das Primärblatt des Sonnen- und das des Schattensämlings auf einer ungefähr gleichen Entwicklungs- höhe stehen. Blattdicke und Struktur des Mesophylis stimmen fast genau überein. Das Blatt Acı) zeigt sich ganz wenig günstiger entwickelt, dagegen ist der Mesophyliquotient für das Blatt Ot1, =) etwas größer (0,82 zu 0,77). Ebenso übertrifft das Blatt Ott, ») das Blatt Acı) in der Ausbildung der Stomata und der Nervatur. Das Verhältnis ist hier an- nähernd dasselbe wie bei Lächt- und Sthattenblatt des erwachsenen Baumds. Dasselbe eilt für die Blattepidermen. i C. Folgeblatt des Sonnensämlings. Die Blattgröße hat zugenommen; sie beträgt jetzt /,—'/, des normalen Sonnenblattes. Die Blattdicke ergab sich zu 148 „. Das Palisadenparenchym ist zweischichtig geworden (Fig. 33). Die Zellen der zweiten Schicht sind zwar noch kurz und diek, doch haben sie ihre größte Ausdehnung senkrecht zur Blattoberfläche und lassen unzweifel- haft ihren Übergang zum Palisadenparenchym erkennen. Hierdurch wächst die Dieke dieses Gewebes auf 74 u, gegen 32 x beim Blatt Otı, ©. Indem so eine Mesophylischicht zu Palisadengewebe wird, wird das Sehwammparenchym um eine Schicht ärmer und erhält die für das Sonnenblatt typische Gestalt. Seine Dicke beträgt 41 u, so daß sich der Mesophyliquotient von 0,82 auf 1,80 vergrößert; er wird größer als 1. Auch Spaltöffnungen und Nervatur zeigen Weiterentwicklung. Es kommen auf 1 qmm 510 Stomata und 13,1 mm Nervatur. Geringer bemerkbar wacht sich die Änderung in den Epidermiszellen. Die Anzahl derselben wächst für die Oberseite auf 1400, für die Unterseite auf 2600 Er nen m Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 245 Zellen. .Bedeutender ist die Dickenzunahme der beiderseitigen Epidermen und der Verdiekungsschicht ihrer Außenwandungen (Fig. 33). Die Entwieklung vom Primärblatt des Sonnensämlings zum nor- malen Liehtblatt setzt beim Folgeblatt des Sämlings sehr kräftig ein. Das Schwammparenchym erhält bereits die normale Gestalt; im Pali- sadenparenehym wird eine zweite Zellschicht angelegt, auch Stomata und Nervatur werden weitergebildet. Immerhin unterscheidet es sich sehr wesentlich von dem fertigen Sonnenblatt durch seine vier Mesophyll- schichten, während diesem meist sechs zukommen. Vergleicht man die Größe der Fortentwicklung mit der gleichen bei der Buche, so müßte die Entwicklung zum Sonnenblatt bei der Eiche bis spätestens zum 7. Lebensjahre vollendet sein. Wahrscheinlich dürfte sie jedoch schon eher ihren Abschluß gefunden haben. D. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. In Tabelle 7 sind die betreffenden Zahlen zusammengestellt, die für das Sonnenblatt Ote) des Vergleichs wegen ebenfalls angeführt. Tabelle 7. 1 2 4 5 6 7 8 Pr de! 8 = 3 er „alu ma lud 5 8 E aE |sadlsad se BE, 5 | 8 EG EIER EEE POBREFIFERIE UM Eur SE 88 ass se as‘, 9, = 8 de de © Ba aa Blatt O (1,a) 93 | 32 | 39 | oe.) ıs2r, | 2570 | 48 | 117 Blatt A (e) ı@2 | 44 | 50. | 0,89 | 1364 | 2560 | 468 | 99 Blatt De) 231° 148 37 4,00 | 157%: | 2900 810 14,3 Das Blatt Ace) ist um 29 1 dicker als das Blatt Or1, «1. Diese stärkere Dieke verteilt sich ziemlich gleichmäßig auf die Epidermen, das Palisaden- und das Schwammparenchym. Auch der Mesophyliquotient ist größer als beim Blatt Otı. «), 0,89 zu 0,82. Die Struktur des Mesophyils ist kaum verschieden; die Palisadenzellen des Blattes O (1, «) sind etwas kürzer und dicker. Die Epidermiszellen sind in Gestalt und Größe darchans gleich, auch die Anzahl der Stomata ist übereinstimmend. Ein größerer Unterschied zeigt sich nur in der Ausdehnung der Nervatur; diese ist für das Blatt Otı, a} größer, so daß es ungefähr in der Mitte zwischen den Blättern Atc) und Oke) steht. 246 Richard Schramm, Die vorhandenen Unterschiede zwischen Primärblatt des Sonnen- sämlings und Schattenblatt.des erwachsenen Baumes sind, "besonders im Hinblick auf die soviel größeren Zahlen des Sonnenblattes, äußerst gering und unbedeutend; es läßt sich, ebenso wie bei der Buche, das Resul- tat aussprechen: \ Das Primärblatt des Sonnensämlings von Quereus sessiliflora besitzt die charakteristischen Merkmale des Schattenklattes des erwach- senen Baumes. U. Ulmaceen )). 3. Ulmus eampestris L. Für die Ulme beschränkt sich die Untersuchung auf die Blätter des erwachsenen Baumes und die des Sonnensämlings. In Tabelle & sind die sämtlichen für die Ulme gefundenen Zahlen vorweg angegeben. Zur kürzeren Darstellung sollen ie im Text, ebenso wie auch bei den folgenden Pflanzen, nieht wiederholt werden. Ferner werden im Folgenden die einzelnen Bezeichnungen der Tabellenspalten gekürzt angegeben. j " Tabelle 8. 1 2 3 4 15 6 7 8 a a 3. | 3e 8 P ea | Au | 38 |58 1 SETZE IE SF AR IE E a8 | 88 | 5% S|ıEB8| 8 5 a IS: 32 | 2323 |80 | 55 | $ E A |IAEIa8 | 37|1|35 | 35 | ®? ri = |5 Blatt O (1.2) 97 89 I 107 | a02| ıco| 188 | 87 Blatt Om | 108 | 38 | 32 | 119 | 1024 | aazı | 315 | 101 Blatt 0 (s) 194 | ns | a8 | 888 | 1067 | 2125 | 800 | 178 Blatt A (o) 16 | © | 87 | 1,08 | 1084| 3800 | 460 | 106 A. Lieht- und Schattenblatt. Die Blatigröße ist ziemlich konstant und in der Regel für das Sehattenblatt etwas größer. Auffallender ist der Unterschied in der Asymmetrie der Blätter. Während beim Lichtblatt nach den Unter- 2) Über die Blattanatomie derselben s. a.: C. de Gandolle, 1. c. pag. 448 ft. Solereder, 1. co. pag. 861 ff. F. Priemer, Die anatomischen Verhältnisse der Lauhblätter der Ulmaceen usw. Engl. bot Jahrb. 1898, Bd. XVII, pag. 420 ff. Mn Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen, 247 suchungen Nordhausen’st) die Schiefblättrigkeit in hervorragendem Maße ausgebildet ist, ist sie beim Schattenblatt von einer viel geringeren Größenordnung. Für das Lichtblatt (Fig. 34) erwies sich das Palisadenparenehym meist als zweischichtig, doch sind die langen, englumigen Zellen der äußeren Schicht oft quexgeteilt, so daß sieh dann drei Zellagen finden. Das Schwammparenchym besitzt keine bemerkenswerten besonderen Zellformen; die regellose Anordnung und Gestalt derselben machen es sehr lakunös. Der Mesophyllquotient ist ganz bedeutend größer als 1. Die Epidermiszellen sind auf beiden Blattseiten nahezu vollständig ebenwandig. Ihre große Zahl auf der Unterseite ist durch das reichliche Auftreten der Stomata zu erklären. Eine sehr starke Ausbildung zeigt auch die Nervatur. \ Das Schattenblatt (Fig. 35) ist dünner als das Sonnenblatt. Das Palisadenparenchym ist zweischichtig, doch sind die Zellen kürzer und weitlumiger. Das Schwammparenchym ist auf Kosten des Pali- sadenparenchyms stärker ausgebildet. Die Zeilformen sind unregelmäßig, so daß sich weite Interzellularräume vorfinden. Der Mesophyliquotient ist bei der Ulme auch für das Schattenblatt, wenn auch nur um ein ge- zinges, größer als 1. Die Epidermiszellen sind etwas größer als beim Sonnenblatt; in den Zellformen sind aber kaum Unterschiede vorkanden. Dagegen ist die Anzahl der Spaltöffnungen nur 450 und die Länge der Nervatur 10,5 mm auf 1 qmm, so daß sich hier eine sehr große Differenz zeigt. B. Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Die Blätter des Sämlings sind sehr klein. Die Blattlänge des Primärblattes beträgt ungefähr '/,, von der eines Lichtblattes, die des fünften Folgeblattes des Sämlings ungefähr 4. Schiefblättrigkeit ließ sich nicht konstatieren. " Die Dicke des Primärblattes ist sehr gering. Das Palisadenparen- chym ist einsehichtig (Fig. 36); die einzelnen Zellen besitzen Triehterform, so daß sich geräumige Interzellularen vorfinden. Auch das Schwamm- Parenchym ist sehr lakunös; die Zellformen sind unregelmäßig. Der Mesophyliquotient ist: etwas kleiner als beim Schattenblatt (1,07 zu 1,09). 2) Nordhausen, Unters. über Asymmetrie von Laubblättern höherer Pflanzen usw. Jahrb. f. wiss. Botanik 1908, Bd. XXXVI, pag. 17. Flora, Bä. 108. 18 248 . ‚Richard Schramm, Die Epidermiszellen sind auf der Blattoberseite leicht, auf der Unterseite stärker gewellt; sie sind verhältnismäßig groß. Die Anzahl der Spaltöffnungen und die Länge der Nervatur sind relativ sehr klein. Das Folgeblatt zeigt in der Blattdicke und in der Struktur des Mesophylis (Fig. 37) eine nur geringe Weiterentwieklung. Das Pali- sadenparenchym hat sich stärker entwickelt als das Schwammparenchym, so daß der Mesophyilquotient auf 1,19 gestiegen ist. Größer ist die Änderung in den andern Blatteilen. Die Wellung der Epidermiszellwandungen ist zwar noch vorkanden, doch ist die Zeilgröße herabgesetzt, d. h. die Zellauzahl gesteigert. Auch die Anzahl der Stomata ist erheblich gewachsen (von 168 auf 315), weniger dagegen die Länge der Nervatur (von 8,7 auf 10,1 mm). Die Entwicklung setzt beim Folgeblatt nicht gleichmäßig ein. Während das Mesophyll nur geringfügige Modifikationen erleidet, er- fahren die übrigen Blatteile eine stärkere Änderung. Aus diesen Gründen läßt sich über die Dauer der Entwicklung bis zum wohlausgebildeten Liehtblatt nichts Bestimmtes sagen. Jedenfalls erstreckt sie sich auch über eine ganze Reihe von Vegetationsperioden. Es möge hier noch auf die merkwürdigen Größenuntersehiede der Stomata bei den untersuchten vier Blattsorten hingewiesen werden. Zwar fand Weiß!) „an ein- und derselbeu Pflanze die Größe der Spalt- Öffnungen stets, oft sogar ganz außerordentlich verschieden.“ Selbst die Stomata desselben Blattes variierten ihre Größe oft in sehr bedeutender Weise. Für die Ulme fand ich nun einen Flächeninhalt von durchschnitt- lich 0,0008 qmm für die einzelne Spaltöffnung des Lichtblatts, 0,00057 für das Schattenblatt, 0,00060 für das Folgeblatt und 0,00067 für das Primärblatt. Die Stomata desselben Blattes waren annähernd gleich groß. Die von den Spaltöffnungen für das Quadratmillimeter bedeekte Blattfläche betrug für das Lichtblatt 0,30, das Schattenblatt 0,26, das Folgeblatt 0,19 und das Primärblatt 0,11 qmm. Diese Abstufung würde mit den übrigen Resultaten in Übereinstimmung stehen. €. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. \ Der Vergleich zwischen dem Primärblatt des Sonnensämlings und dem Schattenblatt des erwachsenen Baumes läßt zunächst wenig Über- einstimmendes finden. Das letztere besitzt eine bedeutend größere 2) A. Weiß, Unters. üb. d. Zahlen- und Größenverhältnisse der Spaltöffnungen. Jahrb. £. wiss. Bot. 1865/66, Ba. IV, pag. 179. nn Über die anatomischen Jugendformen- der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 249 Blattdicke, mithin auch stärker ausgebildetes Mesophyli, ferner erheblich mehr Stomata und demnach auch eine größere Anzahl Epidermiszellen auf der Blattunterseite. Die Unterschiede in der oberen Epidermis und der Länge der Nervatur sind geringer. Besonders wichtig aber ist die annähernde Gleichheit der beiderseitigen Mesophyliquotienten. In beiden Blättern ist also das Schwammparenchym im Verhältnis zum Palisadenparenchym gleich stark ausgebildet. Sieht man von dieser Übereinstimmung der Mesophyliquotienten ab, so wäre die Stellung des Primärblattes zum Schattenblatt ungefähr die eines Schattenblattes zum Lichtblatt. Da man nun die Schattenblattmerkmale in geringerer Blattdieke, schwächerer Ausbildung des Mesophylis, kleinerer Anzahl der Stomata und Länge der Nervatur und schließlich in der größeren Wellung der Epidermiszellwandungen sehen kann, so ergibt sich als Resultat: Bei Ulmus eampestris besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings in verstärktem Maße die Schattenblattmerkmale des erwachsenen Baumes. I. Betulaceen }). 4. Alnus glutinosa &aertn. Nach Solereder?)und Bou bier?) besitzen die Blätter derSchwarzerle auf der Blattoberseite ein Hypoderm, während ihnen nach Walliezek®)eine einschichtige Epidermis zukommen soll, deren Zellen zum Teil versebleimt sind. Ich fand nun, daß die Sonnenblätter an allen Stellen der Blattober- seite ein Hypoderm entwickeln. Dagegen besitzen die Schattenblätter keine ununterbrochene Schicht hypodermatischer Zeilen; diese treten nur stellenweise auf und werden, wo sie fehlen, von Palisadenzellen abgelöst. An den Übergangsstellen (Fig. 38) führen die sonst chloro- phyliosen, wasserhellen Hypodermzellen vereinzelte Chlorophylikörner und gehen dann in zunächst niedrige Palisadenzellen über. Das Auftreten der hypodermatischen Schichten war anscheinend regellos. Stahl?) fand ähnliches bei den Blättern von Ficus elastica und Tlex aquifolium, doch konnte er für Iliex das Vorkommen des Hypoderms bei den Schatten- 1) Über die Blattanatomie s. a. 0. de Candolle, L c. pag. 445 ff, 2) Solereder, 1. e. pag. 8%. 8) Boubier, Recherches sur P’Anat. syst. ete., Malpighia, Vol. X, pag. 869. Genova 1896, 4) Walliczek, Membranschleime. Pringsh. Jahrb. 1898, Bd. XXV, pag. 236. 5) Sep.-Ahdr., pag. 15. 18* 250 j Richard Schramm, blättern genauer lokalisieren: es erfolgte in der Nähe der stärkeren Rippen und des Blattrandes. - Bei den Blättern der Sämlinge fehlte ein Hypoderm vollständig. Dafür erreicht die Epidermis eine verhältnismäßig große Mächtigkeit, während sie bei den Blättern mit Hypoderm sehr dünn ist. Da das Auf- treten des Hypoderms somit wahrscheinlich an ein bestimmtes Alter der Erle gebunden ist, wäre es möglich, daß Walliczek Blätter zu junger Pflanzen oder auch Schattenblätter an hypodermlosen Stellen unter- sucht hätte, wodurch das abweichende Resultat zu erklären wäre, Solereder verneint auch das Vorkommen verschleimter Epidermis zellen. Ich fand jedoch bei Schattenblättern, besonders an den Übergangs- stellen vom Hypoderm zum Palisadengewebe, häufig verschleimte Zellen. Dagegen scheinen sie bei Sonnenblättern vollständig zu fehlen. Tabelle 82 enthält die bei der anatomischen Untersuchung gefun- denen Zahlen. Tabelle 8a. 1 2 3 4 5 6 7 8 gs | 88 FR Pe: >E-| 5 63 ==2 Blatt EBELHEE, Eu: S || & SH H FE: 52 = F=| > $ ä E SS 3 5 3 5 BE. EEE BEER O (1. 139 52 52 1,00 | 1944 | 2551 | 864 4,9 (2b) 144 1 50 1,22 | 2020 | 2651 | 896 5,9 te) 177 83 45 1,84 | 3088 | 4738 | 608 81 Ay 69 18 27 0,67 | 1336 | 1580 | 248 2,5 A fe) 146 56 58 0,96 | 2705 | 3888 | 425 8,6 A. Licht- und Schattenblatt, Die Blattgröße ist ziemlich variabel; bemerkenswerte Unterschiede zwischen Licht- und Schattenblatt ließen sich nieht konstatieren. Das Sonnenblatt besitzt ein dreischiehtiges Palisadenparenchym (Fig. 39); die innerste, dritte Schicht ist Iakunöser als die beiden andern, ihre Zellen funktionieren hauptsächlich als Sammelzellen. Das Schwamm- parenchym besitzt annähernd isodiametrische Zellen, die der Epidermis anliegenden sind oft palisadenähnlich. Es ist erheblich dünner als das Palisadengewebe, so daß der Mesophyllquotient beträchtlich größer al 1 wird. Der oberen nicht verschleimten Epidermis liegt auf dem ganzen Blatte ein Hypoderm an. u ne, Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 251 Die Epidermis der Oberseite ist dünner als die der Unterseite. Die Zellen sind fast ebenwandig. Es fanden sich 1337 Hypodermzellen auf 1 qmm. Das Schattenblatt besitzt, wie oben hervorgehoben, nur teil- weise ein Hypoderm. Das Palisadenparenchym ist zweischichtig (Pig. 40), doch liegen in der inneren Schicht die Zellen nicht so eng wie in der äußeren, so daß sich sehr weite Interzellularen finden. Diese innere Schicht besteht aus trichterförmigen Sammelzellen. Im Schwamm- parenchym finden sich teilweise Sternzellen, aber auch solche, die senk- recht zur Blattspreite ihre größte Ausdehnung haben. Der Mesophyli- quotient ist wieder etwag kleiner als 1. Die Epidermisschichten gleichen denen des Sonnenblattes; die Zellen sind nur etwas größer. Dasselbe gilt von den Hypodermzellen, von denen nur 1215 auf 1 qmm kommen. Die Anzahl der Stomata ist etwas, die Länge der Nervatur aber ist ganz beträchtlich geringer als beim Sonnenblatt, B. Primärblätter der Sämlinge. Die Blätter der Sämlinge sind etwas kleiner als die des erwachsenen Baumes. Die Gestalt der Blattspreite ist, von geringen Unterschieden abgesehen, dieselbe. Das Primärblatt des Sonnensämlings hat, ebenso wie das Schattenblatt, ein zweischichtiges Palisadenparenchym (Fig. 41); die Zellen der zweiten Lage sind aber palisadenähnlicker. Die Zellen der oberen Lage sind sehr weitlumig, Das Schwammparenchym besitzt unregelmäßige Zellformen und ist sehr lakunös. Der Mesophyllquotient ist gleich 1, Ein Hypoderm fehlt vollständig; dafür ist die Epidermis der Blattoberseite dieker als bei den Blättern der erwachsenen Bäume, Die Wandungen der Epidermiszellen sind schwach gewellt. Die Zellen sind größer als beim. Schatienblatt. Das Primärblatt des Schattensämlings zeigte sich sehr wenig entwickelt. Ein Hypoderm fehlt ebenfalls völlig. Die Blattdieke ist sehr gering. Das einschichtige Palisadenparenchym (Fig. 42) besteht aus sehr weiten Trichterzellen, deren Länge ihre Breite nur wenig über- trifft. Das Schwammparenckym ist sehr lakunös und besitzt unregel- mäßige Zellformen. Der Mesophylquotient ist erheblich kleiner als 1. Die Ausdehnung der Interzellularen im Mesophyli ist verhältnismäßig sehr groß, Die Epidermiszellen sind recht groß und etwas stärker gewellt- wandig. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur sind gering. 252 Riebard Schramm, Die Primärblätter des Licht- und Schattensämlings der Schwarz- erle verhalten sich inallen’Blatteilen zu einander so wie Licht-und Sehatten- . blatt einer erwachsenen Pflanze; doch ist nicht zu vergessen, daß der Abstand zwischen Lichtblatt des erwachsenen Baumes und Primärblatt des Sonnensämlings ein gleicher ist. C. Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Folgeblatt des Sonnensämlings zeigt die einsetzende Entwick- lung zum Liehtblatt. Die eingetretenen Modifikationen erstrecken sich auf alle Blatteile, sind aber nicht allzu erheblich. Von der Anlage einer dritten Palisadenschicht läßt sich noch nichts konstatieren (Fig. 43). Stärkere Zunahme zeigt nur der Mesophyilguotieni. Das Hypoderm fehlt noch immer vollständig. Die Wellung der Epidermiszellwandungen geht etwas zurück. Die abweichende Form der Primärblätter macht auch bei Alnus glutinosa eine Entwieklung notwendig, die sich voraussichtlich über mehrere Jahre erstrecken muß, wie die nur geringe Weiterentwicklung eines Folgeblattes des Sonnensämlings vermuten läßt. D. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. Die Übereinstimmung beider Blattsorten in bezug auf das Mesophyll ist eine weitgehende, Die Blattdicke ist nur um 7 x verschieden, die sich nicht ganz gleichmäßig auf die beiden Mesophylischichten verteilen, so daß der Mesophyliquotient des Schattenblattes um 0,04 kleiner als der des Primärblattes ist. In der Ausbildung der Epidermisschiehten steht das Schattenblatt dem Sonnenblatt näher als das Primärblatt. Da- gegen ist das Verhältnis für die Nervatur umgekehrt, der vorhandene Unterschied jedoch gering. Die Verwandtschaft in den beiden Blatt- sorten zeigt sich ferner in dem teilweisen Fehlen des Hypoderms beim Sehattenblatt. Als Ergebnis des Vergleichs findet sich demnach folgendes: Bei Alnus glutinosa besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings die Schattenblatimerkmale des erwachsenen Baumes. 5. Carpinus betulus L. Es gelangte auch hier. das Primärblatt des Schattensämlings zur Untersuchung, . Die Größenunterschiede bei den Blättern erwachsener Bäume sind gering. Die Sämlingeblätter sind bedeutend kleiner. un Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 2583 Tabelle 2 1 2 3 4 5 6 7 8 52 | #8 EETEETEEFUR ER: Blatt 3 ae EB lai a8 ä = |88 ga \88 82 |85 | 5 3 Ss a8 53: 38|8|28: | 2 | £ u 2 a u Se EEE Er u ern | oA 01,2) meta | a |094.| es! 10a! 116 | 58 On 138 | 52 | 52 | 104 | sıo| 1180| 185 | 62 og ıss | 9 | aı | 287 | ısa6 | 240 | 365 | 98 A | I os jo | so) ol ma | a7 Akte) 93 | 26 | 38 [069 | a6 | 1580| 170 | 69 Tabelle 9 enthält die sämtlichen für Carpinus betulus gefundenen Zahlen. A. Lieht- und Schattenklatt. Das Lichtblatt ist nahezu doppelt so dick als das Schattenblatt. Sein Palisadenparenchym ist zweischichtig (Fig. 44). Die äußere Schicht hat lange, englumige Zellen, die dicht aneinander liegen, die innere dagegen kürzere, weitlumige, die geringe Interzellularen einschließen. Das Schwammparenchym ist ebenfalls meist zweischichtig, die der Epidermis angrenzenden Zellen sind oft palisadenähnlich (s. auch Fig. 49). Der Meso- Phyliguotient ist ganz erheblich größer als 1. Die Epidermiszellen auf der Blattoberseite sind glattrandig und verhältnismäßig groß; auf der Unterseite sind sie leicht gewellt und kleiner. Das Schattenblatt hat nur ein einschichtiges Palisadenparenchym (Fig. 45), dessen Zellen triehterförmig sind und größere Interzellularen einschließen. In dem meist dreisehiehtigen Schwammparenehym über- wiegen die flachen Sternzeilen (Fig. 50). Der Mesophyiquotient ist kleiner als 1. Die Epidermiszellen sind auf beiden Blatiseiten stärker gewollt und größer als beim Sonnenblatt. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur bleiben hinter denen des Sonnenblattes zurück. B. Primärblätter der Sämlinge. Das Primärblatt des Sonnensämlings besitzt ein einschichtiges Palisadenparenchym (Fig. 46); die Zellen desselben ähneln in der Gestalt denen. des Schattenblattes wenig; sie sind größer. Das Schwamm- 254 Richard Schramm, parenehym besitzt unregelmäßige Zellformen (Fig. 52), deren größte Ausdehnung in der Regel parallel der Blattoberfläche ist; es ist meist dreischiehtig. Die an das Palisadengewebe stoßenden Zellen nähern sich einer isodiametrischen Form. Der Mesophyliquotient ist nur wenig kleiner als 1. Die Epidermiszellen sind groß und gewelltwandig. Die Stomata sind wenig zahlreich, die Nervatur ist gering entwickelt. Das Primärblatt des Schattensämlings zeiehnet sich durch sein sehr wenig entwickeltes Mesophyll aus (Fig. 47). Das ein- schichtige Palisadenparenchym besteht aus weitlumigen Trichterzellen, das zweischichtige Schwammparenehym aus Nachen Sternzellen (Fig. 51). Der Mesophyllquotient ist relativ groß. Die Epidermiszellen sind von einer außerordentlichen Größe und sehr stark verzahnt. Die Zahlen für die Spaltöffnungen und die Ner- vatur bleiben noch hinter denen für das Blatt Ott. =) zurück. Größere Unterschiede zwischen den Primärblittern der beiden Sämlinge finden sich nur in den Diekenverhältnissen der ganzen Blätter und ihrer Mesophylischichten. Das Blatt Ot1,e) zeigt hier stärkere Ausbildung. Die Mesophyliguotienten sind aber fast gleich. Ebenso lassen Form und Größe der Epidermiszellen, Anzahl der Spaltöffnungen und Länge der Nervatur keine allzu erheblichen Verschiedenheiten hervortreten. C. Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Folgeblatt übertrifft an Größe das Primärhlatt, bleibt aber kinter der des Sonnenblattes noch beträchtlich zurück. Die anatomischen Teile des Blattes lassen sämtlich die Entwick- lung zum Lichtblatt erkennen, Die Blattdieke ist etwas gewachsen. Die Zellen des Palisadenparenehyms (Fig. 48) sind länger und englumiger, die vorhandenen Interzeliularen bedeutend geringer geworden. Am inter- essantesten ist die Entwicklung der an die Palisadenzellen grenzenden Zellen des Schwammparenchyıns. Diese sind zwar auch annähernd isodiametrisch, doch besitzen sie schon oft ihre größere Ausdehnung senkrecht zur Blattspreite, damit andeutend, daß sie später zu Palisaden- zellen umgewandelt werden sollen. Carpinus betulus zeigt also ein ähn- liches Verhalten'wie Fagus silvatica, Auch die andern Zellen des Schwamm- parenchyms haben an Flächenausdehnung verloren (Fig. 53). Der Mesophyllquotient ist etwas größer als 1 geworden. Die Epidermiszellen unterscheiden sich in ihrer Form nieht von denen des Primärklattes, sie sind nur etwas kleiner geworden. Die Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 255 Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur sind vermehrt worden. Das Folgeblatt des Sonnensämlings zeigt in allen Teilen eine gleich- mäßige Entwieklung zum Lichtblatt des erwachsenen Baumes. Ihre Dauer dürfte eine ähnlich lange Zeit beanspruchen wie bei Fagus silvatica. D. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. Die vorhandenen Unterschiede sind zum Teil beträchtlicher, zum Teil geringer. Beträchtlicher sind sie für das Mesophyll, insbesondere für die Palisadenzellen, wo das Primärblatt des Sonnensämlings die bessere Entwieklung besitzt, geringer für die übrigen Blatteile, wo das Sehattenblatt weiter entwickelt ist. Das beiden Blattsorten gemeinsame Fehlen der dem normalen Sonnenblatt zukommenden zweiten Palisaden- schicht ist ein wichtiges Zeichen für ihre Verwandtschaft. Zieht man ferner in Erwägung, daß die für das Lichtblatt des erwachsenen Baumes gefundenen Zahlen so erheblich größer sind als die entsprechenden der Blätter Otı, ») und Ate, so läßt sich als Resultat angeben: Das Primärblatt: des Sonnensämlings von Carpinus betulus besitzt, abgesehen von der besseren. Entwieklung des Palisadengewebes und der größeren Dieke des Mesophylis, die charakteristischen Schattenblatt- merkmale des erwachsenen Baumes. IV. Aceraceen ?). 6. Acer pseudoplatanus L. Die Blattgröße ist für belichtete und beschattete Blätter annähernd die gleiche. Bei den Sämlingen ist sie bedeutend geringer. Da die Blätter von Acer pseudoplatanus auf der Unterseite eine vapillöse Epidermis besitzen, ist es nicht möglich, die Zellen selbst genau zu zählen oder zu zeichnen, da die darüber liegenden Papillen die Umrisse ‘der Zellwandungen verdeeken. In der Tabelle 10 bleibt daher die Spalte 6 Ieer. A. Licht- und Schattenblatt. Das Liehtblatt zeichnet sich durch seine außerordentlieh langen, englumigen Palisadenzellen aus, die zuweilen quergeteilt sind (Fig. 54). Die angrenzende Zellage des Schwammparenehyms besteht: im alige- 2} Solereder, 1. c. pag. 270 u. 271. 256 Richard Schramm, Tabelle 10. TE 1 2 3 4 B 6 7 8 1 [1 ® 8 ® S E © De -| le 2 58R 3% ei P Blatt 3 32 EERESBFEFIFE N ae = [as 83 | 88 jduslius Er 5 = sa | Sa | @5 |S:$|358| *%3 2 u 2 5 Eu I = a An = O1. 164 | 59 | 67 | 088 | 788 200 | 43 O(1,n) ın | © | 4 | 170 | 1216 486 | 5 Ode) Is | 9 | 22 | 226 | 1500 80 | 7,8 A 101 | 28 | 42 0,87 | 750 180 | 3,9 Aka) als) | | 886 215 | 56 meinen aus Sternzellen; die übrigen Zellen sind ohne charakteristische Gestalt. Das Zeilgefüge ist locker. Der Mesophyliquotient ist erheblich größer als 1. Die Epidermiszellen der Blattoberseite sind leicht gewellt. Das Schattenblatt ist viel dünner als das Lichtblatt und erweist sich in allen Teilen geringer entwickelt. Das Palisadenparenchym zeigt wohlausgebildete Trichterzellen, deren Form das Vorhandensein geräumiger Interzellularen bedingt (Fig. 55), Das Schwammparenchym besitzt sehr ausgedehnte Sternzellen, die in drei Schichten übereinander liegen. Der Mesophyliguotient ist etwas kleiner als 1. Die Epidermiszellen sind größer als beim Lichtblatt, ihre Wan- dungen stärker gewellt. Die Anzahl der Stomata beträgt nur % von der des Sonnenblaties; ebenso ist die Länge der Nervatur geringer. B. Primärblätter der Sämlinge. Das Primärblatt des Sonnensämlings erreicht eine Dicke von 164 y, die also der des erwachsenen Lichtblattes wenig nachsieht. Dagegen ist das Verhältnis von Palisaden- zu Schwammparenehym ein ganz anderes, so daB sich das Blatt O1, a} vom Blatte Ote) durch seinen kleinen Mesophyliquotienten ganz wesentlich unterscheidet. Die Palisaden- zellen (Fig. 57) sind kurz und relativ weitlumig. Die Sternzellen des mit reichlichen Tnterzellularen versehenen Schwammparenchyms sind sogar voluminöser als beim Scehattenblatt. Besonders bemerkenswert ist die außerordentliche Dicke der oberseitigen Blattepidermis, die die des Sonnenblattes des erwachsenen Baumes um ein mehrfaches übertrifft. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 257 Die Epidermiszellen sind ungefähr so groß wie beim Schattenblatt, die Seitenwandungen aber etwas weniger gewellt. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur sind geringer. Das Primärblatt des Schattensämlings besitzt ein sehr ‚wenig entwickeltes Palisadenparenchym (Fig. 56); die Zellen desselben sind schwach trichterförmig und sehr diek. Dagegen ist das Schwamm- parenehym sehr stark ausgebildet und übertrifft an Dicke die gleiche des Schattenblattes. Es besteht aus einer dreifachen Lage von Sternzellen. Die geringe Dicke desPalisadenparenchyms läßt Blattdicke und Mesophyll- quotienten kleiner werden. . Die Seitenwandungen der Epidermiszellen sind wieder stärker gewellt. Die Unterschiede in den Primärblättern der Sämlinge sind also hinsichtlich der Gestalt und Anzahl der Epidermiszellen, der Anzahl der Stomata und der Länge der Nervatur geringer, beträchtlicher aber tür die Blattdieken und die Struktur des Mesophylis. Hier zeigte sich das Blatt Ott, 2) bedeutend besser entwickelt. — Doch ist zu beachten, daß bei beiden Blättern die Mesophyliquotienten kleiner als .1 sind, d. h. das Schwammparenehym dicker ist als das Palisadenparsnchym, während beim ausgebildeten Lichtblatt des erwachsenen Baumes die Dieke des Palisadenparenchyms das Doppelte von der des Schwamm- parenchyms beträgt. C. Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Folgeblatt des Sonnensämlings zeigte sich außerordentlich stark weiter entwickelt. Die Blattdieke steigt von 164 auf 172 a. Das Palisadengewebe ist sprunghaft gewachsen, ‚während das Schwamm- parenehym und die Epidermis der Oberseite dünner geworden sind. Die Dieke der letzteren nimmt ungefähr um '/, ab. Die Palisadenzellen sind noch nicht so englumig wie beim Sonnenblatt (Fig. 58), die Zell- formen des Schwammparenchyms sind fast völlig: übereinstimmend. Die beträchtliche Längenzunahme der Palisadenzellen und das gleichzeitige Dünnerwerden des Schwammparenchyms lassen den Mesophyliquotienten auf 1,70 anschwellen. Ebenso kräftig zeigt sich die Entwicklung in der Anzahl der Epi- dermiszellen, der Stomata und der Länge der Nervatur. Die Wellung der Epidermiszellwandungen ist fast völlig verschwunden. Die beim Polgeblatt des Sonnensämlings einsetzende Entwicklung ist so erheblich, daß sie viel eher abgeschlossen sein dürfte als bei den bisher betrachteten Bäumen. 258 Richard Schramm, D. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. Der Vergleich der Blätter Ott, a) und Are) läßt zunächst einen ganz erheblichen Unterschied erkennen: Die Dicke des Blattes Ot1, =) übertrifft die des Blattes Ate} um 67 x; sie bleibt damit nur um 14 u- hinter der des Blattes Ote) zurück. Die größere Blattdicke bedingt natur- gemäß auch eine größere Dicke der Mesophylischichten. Erheblicher ist auch der Unterschied in der Form der Palisadenzellen, die beim Blatt Oct,a) denen das normalen Sonnenblattes recht ähnlich sind. Die Unterschiede in den anderen Blatteilen sind geringfügiger. Das Wichtigste aber ist die Gleichheit der beiderseitigen Mesophyll- quotienten, d. h. bei beiden Blättern stehen Palisaden- und Schwamm- parenehym im gleichen Verhältnis zueinander: das Schwammparenchym ist dieker als das Palisadenparenchym. Hierin zeigt sich, auch ab- gesehen von der Übereinstimmung in den anderen Blatteilen, deutlich die Verwandtschaft der Blätter Otı, a) und At. Der einzig vorhandene wesentliche Unterschied ist der in der Blatidicke und der Gestalt der Palisadenzellen. Demnach läßt sich für Acer psendoplatanus das für die anderen Bäume gefundene Resultat nur in etwas eingeschränktem Maße aussprechen: Abgesehen von der größeren Blattdieke und der abweichenden Form der Palisadenzellen besitzt bei Acer pseudoplatanus das Primär- blatt des Sonnensämlings die Schattenblattmerkmale des erwachsenen Baumes, V. Oleaceen }). 7. Fraxinus exeelsior L. Ein Schattensämling gelangte nicht zur Untersuchung. Tabelle 11 enthält die gefundenen Zahlen. A, Licht- und Schattenblatt. . Da die Esche Fiederblätter besitzt, soll im Folgenden unter dem Ausdruck Blatt immer nur ein Fiederblättehen, und zwar das end- ständige, verstanden werden, Die Blättchen des Sonnenblattes sind kürzer und breiter als die des Schattenblattes. Das Palisadenparenchym des Sonnenblattes ist zweischichtig (Fig. 59). Die Zellen des Schwammparenchyms sind meist in der Rich- 1) Solereder, I. v. pag. 589 ff. Vesque, Caractöres des Gamopötales. Ann. d. sc. nat,, ser. 7, T. L, pag. 268 H. Paris 1885, Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 259 Tabelle 11. Pe ee 1 2 3 4 5 6 7 8 E aid & o PET BE A n Blatt 3 EEE. za SER 555 25 3 = |88 |85 | 88 Buslissl 32| lila see: [2 Ralas|ı= E7813°8 E23 = 1-7 R u A B MA Ö (1,8) 152 46 81 | 0,57 "474 909 225 4,4 od) 16 | 87 | ı00 | or | gu | 1839| 328| 783 129 204 97 75 | 1,29 | 1640 | 5577 | 1265 | 11,8 Ae) 176 75 21 1,06 [1458 | 1616 48| 93 tung der Palisadenzellen gestreckt; sie schließen weite Interzellular- räume ein. Der Unterschied zwischen Palisaden- und Schwammparenehym- zellen ist nicht allzu bedeutend; während die ersteren meist glattwandig sind, kommunizieren die letzteren durch zahlreiche Ausstülpungen ihrer Wandungen, wodurch sich .die kauptsächlichste Abweichung von den Palisadenzellen ergibt. Die Epidermiszellen der Biattoberseite (Fig. 64) zeigen leicht ge- wellte Wandungen, Die Anzahl der Stomata ist bei der Esche außerordent- lieh groß, 1265 auf 1 qmm. Dies ist auch der Grund für die starke Ver- mehrung der Epidermiszellen auf der Blattunterseite; die Wandungen derselben sind eben (Fig. 67). Das Schattenblatt hat ein einschichtiges Palisadenparenehym (Pig. 60). Die Zellen sind ungefähr von doppeltem Diekendurehmesser als beim Lichtblatt. Die Zellen des Schwammparenchyms besitzen ihre größte Ausdehnung meist in der Richtung parallel der Spreite. Doch ist die Zellgestalt im allgemeinen unregelmäßig; ausgesprochene Sternzellen finden sich selten. Die Interzellularen sind groß. Die Epidermiszellen sind auf beiden Blattseiten stärker verzahnt (Fig. 66 u. 69) als beim Sonnenblatt; ihre Anzahl ist, insbesondere auf der Unterseite, bedeutend geringer. Dasselbe gilt für die Anzahl der Spaltöffnungen und die Länge der Nervatur. - B, Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Die Blätter des Sämlings weichen morphologisch bedeutend von denen des erwachsenen Baumes abt). Das Primärblatt ist noch völlig 1) Genaueres bei C. Schäfer, Über die Verwendbarkeit des Laubblattes der heute lebenden Pilanze zu phylogenetischen Untersuchungen. Abhandl, ans dem Gebiet d. Naturwiss. des Naturwias. Vereins zu Hamburg 1895, Bd. XII, pag. 81. 260 Richard Schramm, ungeteilt, also kein Fiederblatt; die Größe der Spreite ist ungelähr »/, von der eines besonnten Fiederblättchens des erwachsenen Baumes. Die nächsten Folgeblätter sind dann Fiederblätter; sie sind dreifiedrig, die Größe der Blättchen ist '/, der normalen. : Die letzten Folgeblätter des Sämlings werden fünfliedrig; die Blattgröße wächst bis auf % der normalen. Dem Blatte der erwachsenen Pflanze kommen in der Regel 9—13 Fiederblättehen zu. Das Primärblatt besitzt ein einschichtiges Palisadenparenchym (Fig. 70). Nach der Figur zwar erscheint es so, als ob noch eine zweite Schicht von Palisadenzellen vorhanden wäre. Da nun aber diese etwas weitlumigeren Zeilen durch zahlreiche Ausstülpungen ihrer Zellwandungen kommunizieren, denen an diesen Stellen die Chlorophylikörner fehlen, so erscheinen sie in gewisser Weise den Schwammparenehymzellen des Lichtblattes ähnlich und dürften daher ihrer Hauptfunktion nach mit Recht zum Zuleitungsgewebe zu rechnen sein. Die übrigen Zellen des Schwammparenehyms sind von regelloser Gestalt. Die Epidermiszellen (Fig. 65 u. 68) sind auf beiden Blattseiten stark gewelltwandig und außerordentlich groß; die Zellanzahl wird daher sehr klein. Die Stomata sind wenig zahlreich, und auch die Länge der Nervatur ist gering. Ganz auffallend ist die erhebliche Größe der einzelnen Spaltöil- zungen des Primärblattes gegenüber denen der erwachsenen Blätter. Es ergab sich die Größe der Stomata beim Blatt Ote) zu 0,00015 qmm, beim Blatt Ato zu 0,00028 und beim Blatt Otı, ») zu 0,00075 qmm. Die Spaltöffnung des Primärblattes ist also durchschnittlich fünfmal so groß als die des Lichtblattes; dafür besitzt letzteres ungefähr das 514fache an Spaltöffnungen, so daß sich auf diese Weise in gewisser Beziehung ein Ausgleich ergibt. Die von den Spaltöffnungen für das Quadratmilli- meter bedeekte Blattfläche betrug nämlich beim Lichtblatt 0,19, beim Sehattenblatt 0,13 und beim Primärblatt des Sonnensämlings 0,16 qmm. Das untersuchte Folgeblatt war das Endblättchen des letzten fünffiedrigen Blattes des Sämlings. Das Palisadenparenchym ist ein- schichtig; die Zellen sind voluminöser als beim Lichtblatt (Fig. 61). Von der angrenzenden Zellage des Schwammparenehyms ist dasselbe zu sagen wie beim Primärblatt, nur sind hier die Verbindungsstellen der Zellen zahlreicher und schärfer ausgeprägt, so daß die Ähnlichkeit ‚mit der zweiten Palisadenzellschicht ‘des Liehtblattes völlig verloren gegangen ist. Die Epidermiszellen (Fig. 62 u. 63) sind zwar noch gewelltwandig, aber doch erheblich kleiner als beim Primärblatt. Die Anzahl der Spalt- Te en Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Bolzpflanzen. 261 öffnungen ist verhältnismäßig wenig vermehrt, stärker aber die Länge der Blattaderung. Die beim Folgeblatt einsetzende Entwieklung ist ziemlich beträcht- lich, abgesehen von der zu geringen Vermehrung der Spaltöffnungen; sie dürfte sich aber auch über eine ganze Reihe von Vegetationsperioden erstrecken. C. Primärkiatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwaehsenen Baumes. Hinsichtlich der Blattdieke, der Ausbildung der Epidermiszellen, der. Anzahl der Stomata und der Länge-der Blattnervatur zeigte sich das Primärblatt des Sonnensämlings schlechter entwickelt als das Schatten- blatt; es besitzt in allen diesen Blatteilen die Schattenblatimerkmale in verstärktem Maße. Im Mesophyll jedoch läßt das Primärblatt durch die Anlage der palisadenähnlichen Schiekt im Schwammparenchym unschwer seine spätere Bestimmung zum Sonnenblatt erkennen. Da nun aber zweifelsohne, wie insbesondere die Untersuchung des Folgeblattes lehrte, die Hauptfunktion dieser Schicht zunächst die Stoffleitung ist und da ferner die übrigen Zelliormen des Schwammparenchyms denen des Schattenblattes durchaus ähnlich sind, ist dieser Unterschied nicht als so erheblich anzusehen, um nicht wie für die anderen Pflanzen das Resultat auszusprechen: Bei Fraxinus exeelsior besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings die Schattenblattmerkmale des erwachsenen Baumes. VI. Tiliaceen )). 8. Tilia platyphyllos Scop. Die Größe der Blattspreite ist für Licht- und Schattenblatt dieselbe. Das Primärblatt des Sonnensämlings ist 44, das Folgeblatt ungefähr % so groß wie das normale Blatt. . Tabelle 12 enthält die für die Linde gefundenen Zahlen. Ein Schattensämling wurde nicht; untersucht, A. Licht- und Schattenblatt. Das Mesophyli des Liehtblattes läßt sich nieht in Palisaden- und Schwammparenchym zergliedern (Fig. 72). Vielmehr schließt 1) Solereder, 1. c. pag. 177 H. A. Dumont, Recherches sur !’Anat. comp. des Malvacses, Bombastes, Tiliacdes, Stereuliacsen. Ann. d. se. nat., sör. 7, T. I, pag. 185 u. 186. Paris 1685. 252 Richard Schramm, Tabelle 12, 1 2 3 [3 5 6 7 8 E-1 da 8 gs 2|8 & E17 I} ug 4 a #=2|3 2 8 Blatt = [82 |a8 3: dei 8a) 2, 5 88 ss 2 |8,2 F > 3 |38 88 | 88 882 sr2l28| 5 ajIRELBA| SIE 3° 5 | MR Ana oa) 197 8 | 84 | 19 984 | 1640 | 265 | 7,2 (1.5 131 a — | 148 | 29% | 584 | 118 [03 14 109 _ _ 2797 | 3838 | 759 12,1 Ao) 72 26 24 1,08 1155 | 2626 | 450 8,4 sich an eine obere Schicht längerer. englumiger Zellen eine meist dreifache Lage kürzerer, etwas weitiumiger Palisadenzellen, so daß alle Zellen des Mesophylls zu Palisadenzellen umgebildet sind, Nur selten stoßen diese Zellen nicht direkt an die untere Epidermis, sondern an eine dazwischen gelagerte Schicht flacher sternförmiger Zellen, die den letzten Rest eines Schwammparenchyms darstellen. Da das gesamte Mesophyll zu Palisadengewebe umgebildet ist, fehlen in der Tabelle 12 die Zahlen der Spalten 3 und 4. Die Epidermis ist kleinzellig und glattwandig. Die Stomata sind zahlreich, die Nervatur ist stark entwickelt. Das Mesophyli des Schattenblattes (Fig. 73) läßt sich deutlich in Palisaden- und Schwammparenchym gliedern. Die Zellen des ersteren sind kürzer und weitinmiger als heim Sonnenblatt. Das Schwammparen- chym ist zweischichtig; die obere Schicht besteht aus tricehterförmig erweiterten Sammelzellen, die untere der Epidermis anliegende aus flachen Sternzellen. Die Wände der Epidermiszellen sind leicht geweilt, die Zellen größer als beim Lichtblatt. Spaltöffauugen und Nervatur sind ebenfalls geringer entwickelt. B. Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Mosophyil des Primärblattes gliedert sich ebenso wie beim Sehattenblatt in die beiden gewöhnlichen Gewebeschiehten (Fig. 14). Die Palisadenzellen sind aber etwas länger und weitlumiger. Das Schwanm- parenchym ist ehenfalls zweischichtig, doch sind die Sammelzellen gedrungener und nicht so breit, ferner haben dio Zellen der zweiten Schicht an Flächenausdehnung verloren und nähern sich einer isodiametrischen Zellform. Die Gesamtdieke des Mesophylis ist im Verhältnis zur Blatt- Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 263 dieke gering. Dafür ist die Epidermis der Blattoberseite sehr dick; sie übertrifft hierin sogar die des Sonnenblattes und gibt dem Primärklatte des Sonnensämlings einen wirksamen Schutz gegen allzustarke In- solation. ° ö Die Epidermiszellen sind groß und gewelltwandig. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Blattaderung bleibt hinter der des Schatten- blattes zurück. . Beim Folgeblatt des Sonnensämlings ist’eine Gliederung des Meso- phylis in Palisaden- und Schwammparenchym schen nicht mehr möglich (Fig. 75). An eine Lage etwas weitiumiger Palisadenzellen schließt sich eine zweifache Schicht kurzer, voluminöser Zellen, deren Hauptausdehnung &ber stets dieselbe ist wie die der Palisadenzellen. Beim Folgeblatt ist also das gesamte Mesophyll wieder zu Palisadenparenchym umgebildet. Die Dicke der oberseitigen Epidermis ist noch die gleiche wie beim Primär- blatt. Die Form der Epidermiszellen unterscheidet sich von der des Sonnen- blattes wenig; die Zellen sind noch etwas größer. Auch Stomata und Nervatur sind bedeutend weiter entwickelt. Das Folgeblatt. zeigt Im Gegensatz zum Primärblatt des Sonnen- sämlings im Mesophyli deutlich die Verwandtschaft mit dem Liehtblatt des erwachsenen Baumes. Die Größe der Fortentwicklung des Folgeblattes ist ganz befräehtlich, immerhin wird ihre Vollendung auch mehrere ‚ Jahre beanspruchen. Bei der Linde ist ebenfalls der schon wiederholt erwähnte Größen- unterschied der Stomata vorhanden. Die, Größe derselben beträgt beim Sämling das zwei- bis dreifache wie beim Sonnenblatt. C. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Baumes. Vergleicht man die Blätter Oli»), Ato) und Oke) nach ihren Blatt- dieken, so steht das Blatt Otı, ») dem Blatte Ote) näher als dem Blatte Ale; vergleicht man aber die Dieken des Mesophylis, so erweist sich das Blatt Od, ») bereits dem Blatte Ak) näher verwandt. Jedoch läßt erst die übereinstimmende charakteristische (liederung des Mesophylis die Verwandtschaft des Primärblattes mit dem Schattenblaite deutlich erkennen. Da überdies die anderen Teile des Blattes Otı.») sich bedeutend ungünstiger entwickelt zeigen als beim Schattenblatte, so ergibt sich als Resultat: : ö . Bei Tilia platyphyllos besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings die charakteristischen Schattenblattmerkmale des erwachsenen Baumes; Flora, Bd. 104. 19 264 . Richard Schramm, doch sind beim Primärblatt die Zellfiormen des Mesophylis schlanker und so palisadenähnlicher. VIL Caprifoliaceen '). 9. Samhucus nigra L. Die Blätter des erwachsenen Strauches sind unpaarig gefiedert. Sie besitzen füuf bis sieben Blättehen. Das Primärblatt des Sonnensäm- lings ist dreifiedrig, die Blättchen erreichen 1/,—/, der normalen Größe. Die Sämlinge erreichen im 1. Jahre ungefähr 1 m Höhe. Die zuletzt ent- stehenden Folgeblätter sind fünffiedrig. Sie beschatten gegen Ende des Sommers die Primärblätter völlig, doch findet deren hauptsächliche Entwicklung im vollen Sonnenlichte statt. Untersucht wurden die Blättehen an der Spitze. Tabölle 13 ent- hält die ermittelten Zahlen. j Tabelle 13. 1 2 3 4 5 6 7 8 8 E 8 alei ne jEl8 0848 8 DEZE Eau Sir FE ea 3 es | & ea la ela7reElsä| € 3 a8 |55 | 23 |: | Fe8| 25 5 ERETRE TIEREN I En} RL 288 E E BD E= Om 108 | 24 50 10,48 | 140 | 280 77 8,7 (1,0 164 | 4 3 |056 | 292 | su | 188 | 58 (6) 180 | 50 8 | 0,59 : 400 | 662 | 165 61 Ale) 123 | 0 57 | 0,52 | 200 | 266 a | 3,6 A. Licht- und Schattenblatt, Das Palisadenparenchym des Liehtblattes ist einschichtig; doch besitzt Bambucus nigra nicht die gewöhnlichen zylindrischen Palisadenzellen, sondern wird charakterisiert durch das Auftreten der Armpalisadenzellen (Fig. 76)1). Die Faltungen der Zellhaut reichen tief in das Zellumen hinein. Die Zellen des Schwammparenehyms sind 1) Solereder, I. e. pag. 496, Vesque, lc. pag. 186 ff. 0. Loebel, Anatomie der Laubblätter usw, Pringsb. Jahrb. 1889, Ba. XX, pag. 53H. 1) G. Haberlandt, Vergleichende Anatomie des assimilatorischen Gewebe systems der Pflanzen. Jahrb. £. wiss. Bot. 1883, Bd. XII, pag. 97 ff. IP TREE En Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 265 von unregelmäßiger Gestalt. Neben flachen Sternzellen kommen iso- diametrische und auch palisadenförmige gestreckte Zellen vor. Die regel- lose Anordnung der Zeilen bedingt ausgedehnte Interzellularräume, Der Mesophyliquotient wird zum ersten Male auch für das Lichtblatt klein: als 1. Die Epidermiszellen sind auf beiden Blattseiten groß, ihre Wan- dungen leicht gewellt. Stomata und Nervatur zeigen sich wenig entwickelt. ' Das Sehattenblatt hat ebenfalls einschichtiges Palisaden- parenchym; jedoch besitzt es nicht mehr typische Armpalisadenzellen (Fig. 77). Die Palisadenzellen stellen eine Art von Mittelform zwischen Triehter- und Armpalisadenzellen dar. Sie sind an der Epidermis ungefähr zwei- bis dreimal so weit wie auf dem dem Schwammpareuchym zuge- kehrten Ende. Auf der breiteren Seite bildet die Zellwand eine mehr oder weniger tiefe muldenförmige Einstülpung in das Zellinnere, die scharf binter der kräftigen starken Faltung der Zeliwand bei den normalen Armpalisadenzellen zurücksteht. Das Schwammparenchym ist meist vierschichtig; vorherrschende Zellformen sind die Sternzellen. Die Ausbildung der übrigen Blatteile zeigt die gewöhnliehen Unterschiede gegen das Sonnenblatt. Die Epidermiszellen sind größer und stärker verzahnt, die Anzahl der Spaltöffnungen und die Länge der Nervatur kleiner. B. Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Mesophyll des Primärblattes (Fig. 71) zeigt weitgehendste Übereinstimmung mit dem des Schattenblattes, sowohl in den Formen der Zellen als auch in deren Anordnung. Die Epidermiszellen sind sehr groß und besitzen stark gewellte _ Wandungen. Stomata und Nervatur sind ebenso entwickelt wie beim Schattenblatt. . - Hervorzuheben ist wieder der Größenunterschied der Bpaltöff- nungen, deren Größe in der Reihenfolge Liehtblatt, Schattenblatt, Primärblatt des Sonnensämlings beträchtlick zunimmt. Beim Folgeblatt des Sonnensämlings lassen die Zellen des Pali- sadenparenchyms die Umbildung zu normalen Armpalisadenzellen deut- lich erkennen (Fig. 78). Doch ist die Einfaltung der Zeilwand noch etwas geringer als heim Lichtblatt, wenn aueh die äußeren Zellformen sehr ähnlich geworden sind. Im Schwammparenchym sind die flachen Stern- zellen seltener geworden, die Zellformen nähern sich denen des Liehtblattes. Das Mesophyll des Folgeblattes läßt in allen Teilen cine sehr starke Entwieklung zum Lichtblatt der erwachsenen Pflanze erkennen, 19* 266 . ° * Richard Schramm, In ähnlichem Maße sind auch die übrigen Biatteile fortgebildet. Die Epidermiszellen werden kleiner, die Stomata zahlreicher und die Blattaderung ausgedehnter. Dem schnellen Wachstum des Sonnensämlings entsprechend zeigen die zuletzt gebildeten Blätter in allen Teilen eine sehr bedeutende Entwieklung zum Lichtblatt der erwachsenen Pflanze. Sie wird daher wahrscheinlich in viel kürzerer Zeit beendet: sein als bei den bisher betrachteten Pflanzen, eine Erscheinung, die bei dem strauchartigen Charakter des Hollunders erklärlich sein dürfte. ©. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Strauches. Die Übereinstimmung der Blätter Ot1,s) und Ase) ist in allen Blatt- teilen eine nahezu vollkommene. Das Blatt Otı, ») ist nur um ein geringes dünner und besitzt auf der Blattoberseite eine etwas schlechter entwickelte Epidermis. Als Resultat ergibt sich demnach: Das Primärblatt des Sonnensämlings von Sambucus nigra zeigt in hervorragendem Maße die Ausbildung der charakteristischen Schatten- blattmerkmale des erwachsenen Strauches. VID. Cornaceen '). 10. Cornus mas L. Das Sonnenblatt ist etwas kleiner als das Schattenklatt. Das Primärblatt des Sonnensämlings erreicht ungefähr %, das Folgeblatt t/, der Größe eines normalen Sonnenblattes. . Fabelle 14. ılelsıalseYye 8 8 2 © B | S old. e® Blatt 3 FR Eu 25 1535 |53° E 2 |35 55155 (Su3liss 5 ru a Eee z [> [= [6 A O1 m|s|ıe 1 a7 | 9 (1,b) 190 63 7 202 7,9 os 26 | 18 | 8 864 | 114 Ay olals 102 | 20 Tabelle 14 enthält die für Cornus mas ermittelten Zahlenwerte. » Sertorins, Anatomie der Cornaceen. Bulletin de ’Herbier Boissier, T.1, pag. 469.1. Genöve 189, j «= Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 267 A. Licht- und Schattenblatt. Das Liehtblatt ist sehr dick. Sein Palisadenparenchym ist einschichtig (Fig. 79), die Zellen sind groß und haben an allen Stellen gleichen Durchmesser; sie sind mitunter quergeteilt, Die Zellformen des Sechwammparenchyms sind unregelmäßiger. Die Zellen sind voln- minös und haben in der Regel ihre größte Ausdehnung parallel der Blatt- spreite. Die Interzellularen sind recht groß. Die Epidermiszellen sind auf beiden Blattseiten nahezu ebenwandig. Das Schattenblatt zeigt außerordentliche Abweichungen von der anatomischen Struktur des Lichtblattes. Es ist zunächst um mehr als die Hälfte dünner; ferner ist das Verhältnis von Palisaden- zu Schwamm- parenchym ein ganz anderes. Die merkwürdigste Abweichung aber findet sich in der Gestalt der Palisadenzellen (Fig. 80). Diese besitzen die gleiche Form wie die Palisadenzellen von Sambueus nigra (s. pag. 265), d. h. sind mehr oder weniger trichterförmig und haben eine flache, muldenförmige Vertiefung auf der an die Epidermis stoßenden Seite. Waren bei Sambucus diese Zeilen gewissermaßen als Abschwächungen der Armpalisadenzellen des Tächtblattes anzusehen, so ist diese Erklärung bei Cornus mas nicht möglich, da hier das Liehtblatt keine Armpalisaden zellen, sondern ganz gewöhnliche zylindrische Palisadenzellen aufweist In den anderen Blatteilen zeigen sich die gewöhnlichen Unter- schiede. Die Epidermiszeilen sind größer und aueh stärker gewellt; Stomata und Nervatur sind geringer entwickelt. B. Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Palisadenparenchym des Primärblattes ist einschichtig (Fig. 81). Die Zellen desselben sind von sehr bemerkenswerter Gestalt: es sind Armpalisadenzellen von ziemlich unregelmäßiger Form. Die Faltung des „Armes“ reicht nur selten bis zur Zellmitte hinab, sondern ist meist Macher. Die unregelmäßigen Zeilformen bedingen reichliche Interzellularen; das gleiche gilt für das Schwammparenchym. Epidermiszellen, Stomata und Nervatur befinden sich auf gleicher Entwicklungsstufe mit dem Schattenblatt, Die Armpalisadenzellen des Primärblattes sind im Lichtblatt des erwachsenen Strauches zu gewöhnlichen Palisadenzellen umgebildet. Die Palisadenzellen des Folgeblattes werden also eine Zwischenstufe darstellen (Fig. 82). Die Zellen haben sich fast um das Doppelte ge streekt und sind schmäler geworden, besonders im unteren Teile. Die Faltung der Zellwand ist zwar schärfer, aber sie zeicht höchstens noch bis !/, in das Zellinnere hinein. Die Entwicklung zur normalen 268 Richard Schramm, Palisadenzelle ist augenscheinlich. Die Zeilen des Schwammparenchyms sind bedeutend größer und denen des Sonnenblattes ähnlicher. Die Wellung der Epidermiszellwandungen ist geringer geworden; die Anzahl der Spaltöffnungen und die Länge der Nervatur sind ver- mehrt, das gleiche gilt auch von der Anzahl der Epidermiszellen. Die beim Folgeblatt des Sonnensämlings einsetzende Entwicklung zum Lichtblatt des erwachsenen Strauches ist recht beträchtlich, so daß sie in ähnlich kurzer Zeit beendet sein dürfte wie bei Sambueus nigra. C. Primärblatt des Sonnensämlings und Schattenblatt des erwachsenen Strauches. Die Übereinstimmung beider Blattsorten hinsichtlieh der Epi- dermiszellen, der Spaltöffnungen und der Blattaderung ist eine völlige. Auch die etwas bessere Entwicklung des Blattes Ot1, a) im Mesophyll darf mit Rücksicht auf die viel größeren Zahlen des Sonnenblattes als durchaus geringfügig angesehen werden. Charakteristisch aber für die Verwandtschaft der Blätter Ott, a) und Akte) ist die beiden gemeinsame Form der Palisadenzellen, die von der des Liehtblattes grundverschieden ist, eine Erscheinung, auf die noch zurückzukommen ist. Der Vergleich gibt als Resultat: Bei Cornus mas besitzt das Primärblatt des Sonnensämlings die Schattenblatimerkmale der erwachsenen Pflanze. IX. Berberidaceen )). 11. Berberis vulgaris L. Die Sämlingsblätter der Berberitze sind nicht nur der Größe, sondern auch der Form nach von den Blättern der erwachsenen Pflanzen verschieden. Insbesondere sind die Erstlingshlätter viel länger gestielt. Aber auch bei den Blättern der erwachsenen Pflanze ist die Länge der Blattstiele verschieden; der des Schattenblattes ist: ungefähr doppelt so lang als der des Lichtblattes. Im Verhältnis zur Blattgröße wäre der Blattstiel des Primärblattes eines Sonnensämlings ungefähr viermal, der des Folgeblattes dreimal so lang als der des Lichtblattes, so daß das Schattenblatt eine Zwischenstufe darstellt und auf diese Weise auch äußerlich seine Verwandtschaft mit dem Primärblatt zum Ausdruck bringt. 1) Solereder, lc. pag. Bl. 3. Vesque, L’Anat. des tissus appl. & la classif. des plantes. Nouv. Archiv. d. Museum D’Hist. Nat., T. IV, sör. 2, pag. 48. Paris 1881. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 269 Tabelle 15. 1 2 3 4 5 6 7 8 ® ug als Buolkm & Ei EEE 232|338 Dr Eau au En 2 las ı BE | 88 8555 3 & 3 ru 2 25 3221375 3 8 oe BE 2 SE EZ 502 a Bu . | . 01a ıı | 8 | 1 |oa |. er! 688| 152 | 48 Om) 198 | 60 | 101 | 089 | e57| al 165 | 51 Os 234 | 107 29) 135 | 1021 | 1165| 282 | 6,7 Ace) 26 | 9 | 15 Io | 5 ea me | 60 In Tabelle 15 sind die für die Blätter der Berberitze gefundenen. Zahlen zusammengestellt. A. Lieht- und Scehattenblatt. Das Palisadenparenehym des Lichtblattes ist einschichtig (Fig. 83)!); die Zellen sind zylindrisch und liegen eng aneinander. Im Schwammparenchym wechseln Sternzellen und isodiametrische ab; es finden sich große Lakunen. Die Epidermis ist großzellig und ebenwandig. Die Anzahl der Stomata und die Länge der Nervatur ist gering. Das Schattenblatt ist nur wenig dünner als das Lichtblatt; dagegen ist: die Verteilung der Mesophylischichten eine andere (Fig. 84); der Mesophyliquotient ist bedeutend kleiner als 1. Über die Zellformen ist nichts Besonderes zu sagen. Die Palisadenzellen sind kürzer und weitlumiger als. beim Lichtklatt; im Schwammparenchym überwiegen die Sternzellen. Die Entwieklung der übrigen Teile des Blattes bleibt ebenfalls hinter der des Sonnenblattes zurück. Die Wandungen der Epidermis- zellen sind gewellt. B. Primär- und Folgeblatt des Sonnensämlings. Das Mesophyll des Primärblattes ist dem des Schattenhlattes durchaus ähnlich, auch die Zeilformen sind die gleichen (Fig. 85). 1) Nach Vesqne (l. c. pag. 49) ist das Palisadengewebe zweischichtig, doch komme die untere Schicht oft nicht stark zur Entwicklung. Soviel ich feststellen konnte, ist dies nur selten an einzelnen Stellen der Blätter der Fall, so daß man wohl nicht von einer zweiten Palisadenschicht sprechen kann. 270 Richard Schramm, Die Epidermiszeilen sind groB und gewelltwandig. Alle für das Primärblatt gefundenen Zahlen sind etwas kleiner als die für das Schatten- blatt geltenden. Zu bemerken ist noch, daß die Stomata des Primärblattes wieder bedeutend größer sind als bei Licht- und Schattenblatt des erwachsenen Strauches. Das Folgeblatt des Sonnensämlings ist nur wenig weiterentwickelt. Der Charakter des Mesophylis und auch der anderen Blatteile bleibt an- nähernd derselbe (Fig. 86). Die Wellung der Epidermiszellen wird etwas geringer. Die Dauer der Entwicklung zum normalen Lichtblatt dürfte längere Zeit in Anspruch nehmen als bei Sambuens und Cornus. C. Primärblatt des Sonnensäömlings und Schattenblatt des erwachsenen Strauches. Das Schattenklatt erwies sich in allen Teilen etwas günstiger entwickelt als das Primärblatt, Im übrigen ist die Übereinstimmung in Gestalt und Anzahl der Zellen eine weitgehende. Auch für Berberis vulgaris ergibt sich demnach das Resultat: j Das Primärblatt des Sonnensämlings besitzt die Schattenblatt- merkmale des erwachsenen Strauches. Aus Gründen, die in der Einleitung dargelegt. sind, wird die Unter- suehung der Blätter von Campanula rotundifolia und auch von Euphrasia pratensis angeschlossen, die beide morphologisch verschiedene Jugend- und Blüteformen der Blätter besitzen. Es soll festgestellt werden, inwieweit sich zu diesen morphologischen Unterschieden auch anatomische gesellen. X, Campanulaceen ’). 12. Campanula rotundifolia L. Die zuerst entstehenden Blätter, die „Jugendformen“, stehen in einer grundständigen Rosetie. Die auf einem langen Stiele sitzende Spreite ist gekerbt. nierenfürmig oder auch herzförmig und fein gesägt (Fig. 88). Die ersten am Blütenstengel auftretenden Blätter, die „Über- gangslormen“, sind kurzgestielt, breit lanzettlich und fein gesägt (Fig. 90). Die zuletzt entstehenden „Blüteformen“ sind -sitzend, schmal lanzett- 1} Solereder, 1. c. pag. 534. Vesque, Carast..d. Gamopstales, I. c. pag. 221 if. PEUPEERESEESGREL Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holapflanzen. 271 lich und glattrandig (Fig. 92). Man pflegt diese Blattform im Gegensatz zum „Rundblatt“ der Jugendform als „Langblatt“ zu bezeichnen?). In Tabelle :16 sind die ermittelten Zahlen wieder vorangestellt. Tabelle 16, 1 2 3 | a 5 6 7 8 ® | 238 !&. Anelahe & a 8 So B882|232| s 5 u | ee jeseeee a | 2 a5 | En | 55 se | E aa I ah d8 jareladel & e a |A2j28 13° las lash| * a) Jugendform . . 0,63 292 a) 155 | $, 0,64 | a4 | 8838| 188 | 8, Übergangsform. 1,08 838 | 1020| 237 | 10, Blüteform . . . A. Jugendform. Das Palisadenparenchym ist einschichtig (Fig. 87); die Zellen sind kurz und voluminös. Das Schwammparenchym ist dreischichtig, die Zellen flach, mitunter sternförmig. Der Mesophyliquotient ist bedeutend kleiner als 1. . Die Epidermiszellen sind sehr groß, ihre Wandungen stark ge- wellt (Fig. 98 u. 94). Auf der Oberseite sind die Zellen größer als auf der Unterseite. Stomata sind zwar auf beiden Blattseiten vorhanden, doch treten sie, wie auch bei den beiden anderen Blattformen, auf der Oberseite nur ganz vereinzelt auf, so daß ich auf eine genaue Zählung verzichte, . B. Übergangsform. Das Blatt des Überganges ist beträchtlich dieker geworden, dagegen ist die Verteilung der Mesophylischichten ungeändert (Pig. 89). Das Palisadengewebe ist einschichtig geblieben, die Zellen sind nur größer geworden. Die Zellen des Schwammparenehyms haben an Flächenaus- dehnung verloren, ausgesprochene Sternzellen treten nicht mehr auf; dafür neigen eine größere Anzahl Zellen zur isodiametrischen Form. ' Die Epidermis wird kleinzelliger, die Wellung geht etwas zurück (Fig. 95 u. 96); Stomata und Nervatur zeigen sich ebenfalls besser ent- wickelt. €. Blüteform. j Die Dicke des Blattes hat nur wenig zugenommen, dagegen ist die Verteilung des Mesophylis eine völlig andere geworden (Fig. 9). 1) 8. a. die betreffenden Beschreibungen Goebels in Flora 1896, Bd. LXXXII, pag. 1u. 2. x 272 Richard Schramm, Das in der Regel zweischiehtige . Palisadenparenchym übertrifft die Dicke des Schwammparenehyms, so daß der Mesophyllquotient größer als 1 wird. Die einzelnen Zellen des Mesophylis sind zierlieher geworden und lassen auch hierdurch die höhere Entwicklung des B’attes erkennen. Die Zelltormen des Schwammparenehyms sind isodiametrisch, nur ver- einzelt finden sich nach flachere Zellen. Auch die anderen Teile des Blattes zeigen sich i in fortschreitenden Sinne entwickelt. Die Zellen der Epidermis sind noch kleiner geworden, ihre Wandungen haben die Wellung fast völlig verloren (Fig. 97 u. 9%). Die Stomata sind vermehrt, die Länge der Blattaderung ist erhöht. - Die Untersebiede der. Blattformen: von Campanula rotundifolia sind also sowohl morphologischer wie anatomischer Art und zwar er- wies sich das Blatt der Jugendform als am wenigsten, das der Blüte- form als am stärksten differenziert. Der Übergang erfolgt nicht sprung- weise, sondern allmählich dureh besondere „Übergangsformen“. Der Entwicklungszustand und die Art der Weiterentwieklung selbst gleicht den entsprechenden Erscheinungen bei den vorher untersuchten Pflanzen in jeder Weise: die Jugendiorm entspricht dem Primärblatt des Säm- lings, die Blüteform dem erwachsenen Lichtblatt. Auch die wiederkolt erwähnte Gesetzmäßigkeit in der Größe der Siomata scheint sich bei Campanula rotundifolia vorzufinden. XL Serophulariaceen ). 13. Euphrasia pratensis Fr. Das Blatt der Jugendform ist sehr klein (Fig. 100). Die sitzende Blattspreite ist länglich umgekehrt-eiförmig, am oberen Ende auf jeder Seite einmal gekerbt. Das Blatt der Blütereife ist bedeutend größer (Fig. 99). Es ist eiförmig oder länglich-eiförmig, am Grunde meist kurz keilförmig. Der Rand ist auf jeder Seite mehrere Male tief gesägt. Bei den Übergangsformen nimmt die Anzahl der Binkerbungen, die beim ersten Blatt nur zwei betrug, langsam zu2). Untersucht wurden die Blätter der Jugend- und der Blüteformn. Tabelle 17 enthält die betreffenden Zahlen. A. Jugendform. , Das Jugendblatt ist verhältnismäßig diek. Das Palisadenparenchym ist einschichtig (Fig. 101). Die Zellen sind unregelmäßig triehterförmig 1) Solereder, I. c. pag. 659 u. 660. Vesque, Oaract. d. Gamopötales, L ce. pag. 803 ff. 2) Diels, Jugendiormen und Blütereife, pag. 1906. Berlin 1906. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 273 Tabelle 17. 1 2 3 4 5 6 7 8 2 (aa \eu 8, ds 2de| E g A» |B58|a02 “= Blatt 5 183 | 53 |&8 jEsölE8elas| € FEETEETENTurH er BI un a |8:|23: |&5 585 353|*%8 | 2 ra AHatons| Ma 1} 3° BEP 5 Jugendiom .. | 180 | 65 | 75 | 087 | 47a | 285 | a1 | 74 Blüteform. .. | 218 | 18 | @ I 150 | gs | To | 320 | 88 und besitzen ein sehr großes Zellumen. Die Zellformen des Schwamm- parenehyms sind ebenfalls unregelmäßig. Das gesamte Mesophyli ist sehr lakunös. Der Mesophyliquotient ist kleiner als I. Die Epidermiszellen sind sehr groß und zwar, abweichend von den bisher untersuchten Blättern, auf der Unterseite größer als anf der Oberseite. Die Zellen sind sehr kräftig verzahnt. Die Stomata sind nicht sehr zahlreich, dagegen ist die Blattaderung relativ gut entwickelt. B. Blüteform. Das Palisadenparenchym (Fig. 102) ist zweischiehtig, die Zellen sind englumiger als beim Jugendblatt und schließen dieht aneinander. Die Zeilformen des Schwammparenchyms sind unregelmäßig, doch sind die Interzellularen relativ kleiner. Der Mesophyliquotient wird be- deutend größer als 1. Die Epidermiszellen werden kleiner, doch bleiben sie auf der Unter- seite größer als auf der Oberseite. Die Wandungen sind ebenfalls stark gewellt. Die Ausbildung der Spaltöffnungen und der Blattnervatur ist eine reichlichere. Die Größe der Stomata ist geringer als beim Jugend- blatt. Das Blatt: der Jugendform ist in allen Teilen schlechter entwickelt als das Blatt der Blütereife. Besonders tritt dies in der versehieden- artigen Ausbildung des Palisadengewebes hervor, das beim Jugendblatt einschiehtig, beim Blüteblatt aber zweischichtig ist, 50 daß einmal der Mesophyliquotient bedeutend kleiner, das andere Mal bedeutend größer als 1 ist. Bei Euphrasia pratensis sind also jedenfalls die morphologisch verschiedenen Blattformen anatomisch andersartig differenziert. 274 Richard Schramm, Allgemeiner Teil, Überbliekt man die vorangehenden Untersuchungen, so ergibt sich zunächst für alle Pflanzen das wichtige Resultat, daß das Primär- blatt des Lichtsämlings in seiner inneren Struktur vom Bau des normalen Sonnenblattes ganz beträchtlich abweicht. Ferner ergab sich, daß das Sonnenblatt der erwachsenen Pflanze das Endprodukt einer längere oder kürzere Zeit dauernden Entwicklung ist, die stufenweise in den dazwischenliegenden „Übergangshlättern“ ihr allmähliches Fortschreiten erkennen läßt. Eine derartige Entwicklungsreihe wurde für die Buche genauer untersucht. Das Vorhandensein einer solchen mehrjährigen Entwicklung hat notwendig zur Folge, daß diejenigen Bäume und Sträucher, die typische Sonnenklätter zur Ausbildung bringen können, diese Fähigkeit erst mit einem bestimmten Alter erlangen, daß also das Aufixeten von charakteristischen Sonnenblättern an ein gewisses Lebens- alter gebunden ist. Für die Buche beträgt es ungefähr 20 Jahre. Bei den untersuchten Sträuchern — mit Ausnahme der Berberitze — scheint die Entwicklung oftmals eine geringere Zeitdauer zu beanspruchen, was bei der kürzeren Lebensdauer derselben ja auch verständlich ist. Um nun der Lösung der in der Einleitung aufgeworfenen Fragen näher zu treten, ist es vor allen Dingen notwendig, das Primärblatt des Lichtsämlings allgemein mit dem Licht- und Schatienblatt der erwachsenen Pflanze zu vergleichen: j 1. Kapitel. Vergleich des Primärblattes des Sonnensämlings') mit dem Licht- und Schattenblatt der erwachsenen Pflanze. Die Untersuchung erstreckte sich sowohl auf die Morphologie wie die Anatomie der Blätter. A. Morphologie. Bei allen untersuchten Blattsorten war die Größe der Primär- blätter meist erheblich geringer als die der erwachsenen Pflanzen. Was die Form der Blattspreite betrifft, so lassen sich zwei Gruppen unterscheiden; ' 1) Eine vergleichende Darstellung der Blattanatomie von Lieht- und Sehatten- sämling und damit ein Beitrag zur Frage nach der direkten Einwirkung des Lichtes auf die Sämlingsblätter wird erst am Schluß erfolgen. Über die anatomischen. Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 275 1. Primärblätter, deren Spreiten.mit denen normaler Blätter im wesentlichen übereinstimmen;. 2. Primärblätter, deren Spreite von denen normaler Blätter mor- phologisch erheblich abweicht. 1 Primärblätter mit annähernd „normaler“ Biattspreite. Hierher gehören die Sämlinge von: Fagus silvatica, Acer pseudoplatanus, Quercus sessiliflora, Tilia platyphyllos, Carpinus betulus, Cornus mas, Alnus glutinosat), 2. Primärblätter mit „abweichender“ Blattspreite. Eine solche kam zu den Sämlingen von: Ulmus campestris, Sambucus nigra, Fraxinus excelsior, Berberis vulgaris. Die „Normalblätter‘‘ von Ulmus campestris besitzen nach Nord- hausen?) verschieden stark entwiekelte Blatthälften; sie sind asym- metrisch. Diese Asymmetrie findet sich beim Lichtblatt sehr stark ent- wiekelt, ist beim Schattenblatt dagegen bedeutend geringer: Das Primär- blatt sowohl wie das Folgeblatt des Liehtsämlings lassen diese Asymmetrie vermissen. Beide Blatthälften sind. augenscheinlich gleich stark ent- wickelt. . Fraxinus exeelsior besitzt im erwachsenen Zustande gefiederte Blätter. Im Gegensatz dazu ist das Primärklatt ungeteilt, Schäfer?) vergleicht die beiden Blattarten wie folgt: „Die Lamina (des Primär- blattes) hat ihre größte Breite in der hinteren Partie, ein Charakter, der besonders deutlich hervortritt, wenn man das Primärblatit mit einer mittleren Fieder des Normalblattes vergleicht. Bei einem solchen Teil- blättchen liegt der Ort der größten Breite viel weiter nach vorn..... Nach diesen Primärblättern treten meistens ein Paar Blätter auf, an denen ganz oder zum Teil auf einer Seite oder auf beiden Seiten eine 1) C. Schäfer (l. ec. pag. 31 ff.) gibt für die Sämlingsblätter von Alnus gluti- nosa einige geringe Abweichungen an. Derartige geringe Unterschiede lassen sich auch für fast alle anderen angeführten Pflanzen machen. Ich glaubte aber, bei der im wesentlichen übereinstimmenden Form der Primärblätter mit den „normalen“ Blättern auf eine detaillierte Beschreibung dieser Unterschiede verzichten zu können. 2) Nordhausen, Jahrb. f. wiss. Bot. 1902, Bd, XXXVII, Pas: 17, 8) Schäfer, 1. c. pag. 84 u. 86. 276 Richard Schramm, Seitenfieder abgegliedert ist..... Im Verlaufe der weiteren Entwick- lung treten dann immer mehr Seitenfiedern auf, bis die Form des Normal- blattes erreicht ist, Zur Vervollständigung des Vergleiches vom ersten Primärblatt und Normalblatt sei noch hervorgehoben, daß, wenn man die Spitzen der Fiederblätiehen durch eine schwach gekrümmte Linie verbunden und die abgegrenzte Fläche ganz mit Blattsubstanz aus- gefüllt denkt, das so konstruierte Blatt in der Form, vom genaueren Nervenverlauf abgesehen, mit dem Primärblatt ziemliche Ähnlichkeit hat.“ Schäfer deutet dies Auftreten ungeteilter Primärblätter phylo- genetisch. Er nimmt an, daß die Esche von einer Form mit ungeteilten Blättern abstammt. Das Auftreten des ungeteilten Primärblattes wäre also eine ontogenetische Wiederholung eines Stadiums der phylogeneti- schen Entwicklung. Demnach sieht er auch in Fraxinus excelsior forma heterophylla Vahl, einer Form mit ungeteilten Blättern, nur eine Rück- schlagsform. Das vorstehend für Fraxinus excelsior geschilderte Verhalten kommt in analoger Weise auch den Blattformen von Sambucus nigra zu. Die Primärblätter der Sämlinge von Fraxinus excelsior und Sam- bueus nigra weichen demnach in ihrer Morphologie ganz erheblich von denen der erwachsenen Pflanzen ab. Die Blattformen von Berberis vulgaris sind sehon oben (pag. 268) genauer beschrieben. Schäfer!) erwähnt noch, daß der Blatt- stiel der Primärblätter nicht, wie bei Normalblättern, allmählich in die Blattfläche übergeht, sondern deutlich abgesetzt ist. In einer An- merkung fügt er hinzu, daß er unter den Normalblättern auch einige beobachtete, welche durch den breiten Grund der Blattfläche sich sehr der Borm der Primärblätter nähern. Ich fand nun, daß derartige Blätter meist Schattenblätter waren. Es wurde ferner schon oben erwähnt, daß den Schattenblättern im allgemeinen ein doppelt: so langer Stiel zukommt als den Sonnenblättern. Die Verwandtschaft zwischen Primär- blatt des Lichtsämlings ünd Schattenblatt des erwachsenen Strauehes wird so auch morphologisch dokumentiert. B. Anatomie. a) Die Diekenverkältnisse und der Mesophyllquotient. Die untersuchten Pflanzen mögen nach ihrer Blattdieke in zwei Gruppen geteilt werden; zur ersten Gruppe sollen diejenigen gerechnet 1} 1. e. pag. 36. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 277 werden, für welche das Primärblatt des Liehtsämlings dünner oder ebenso dick ist wie das Schattenblatt der erwachsenen Pflanze, zur zweiten Gruppe die übrigbleibenden, bei denen also die Dicke des Primär- blattes die des Schattenblattes übertrifft. “ Zur ersten Gruppe gehören: Fagus silvatica, Frazinus excelsior, Quercus sessiliflora, Sambucus nigra, Ulmus campestris, Berberis vulgaris; Alnus glutinosa, zur zweiten Gruppe: Carpinus betulus, Tilia platyphyllos, Acer pseudoplatanus, Cornus mas. Von 'elf untersuchten Sonnensämlingen besitzen also nur vier Primärblätter,, die dicker als die Schattenblätter der erwachsenen Pflanzen sind. In den Tabellen 18 und 19 sind die Zaklen für die Dicken der Blätter, die ihrer Mesophylischichten und außerdem die. Mesophyllquotienten zusammengestellt, und zwar in Tabelle 18 die Pflanzen der ersten Gruppe, in Tabelle 19 die der zweiten Gruppe. Der Diekenunterschied zwischen den Blättern Oci, ») und Ate) ist bei den Pflanzen beider Gruppen im allgemeinen gering gegenüber der so viel größeren Dieke des Blattes Oto). Nur bei vier Pflanzen sind sie erheblicher und zwar bei: \ Ulmus campesfris Berberis vulgaris } 1. Gruppe Acer pseudoplatanus Tilia platyphyllos N 3. Gruppe Sind aber auch bei diesen Pilanzen die Blattdicken und damit die Dieken des Mesophylls verschieden, so ist doch die Verteilung der Mesophyli- schiehten bei beiden Blattsorten eine relativ gleiche, d. h. die Mesophyli- quotienten sind, wenigstens im Vergleich mit den bedeutend größeren des Sonnenblattes, annähernd dieselben, was die Tabellen bestätigen. Aus den Tabellen ergibt sich ferner, daß die Mesophyliguo- tienten für die Sonnenblätter erheblich größer als 1 (eine Ausnahme "bildet nur Sambucus nigra), für die Sehattemblätter dagegen kleiner oder doch nur wenig größer als 1 sind, Als untere Grenze für den Mesophyliquotienten des Sonnen- blattes kann man 1,2 ansehen, als obere Grenze für das Richard Schramm, 278 Tabelle 18, Blatt Blattdicke .. . 2.2.2.2. Palisadenparenchym . . . . Schwammparenchym . . . . MesophyHquotient ... . . Ulmus Querceus oampestris sessiliflora Fraxinus excelsior Sambucüs nigra Berberis vulgaris 0 (&) | (e) 93 1122 281 ! 97 176 1194 0,8010, 89] 4,00)1,07|1,09] 2,63 D “ » \ D 2 ” 57)1,90)0,82)0 Tabelle 19, Blatt 1. Blattdicke . . 2.2... 2. Palisadenparenchym . . . 8. Schwammparenchym .. 4. Mesophyliquotient . . . . Carpinus betulus 189 146 [177 1152 I176 204 62156 838 146 | 75 | 97 5258145 [81 | 7175 pseudeplatanus D 1,00: 0,96 1,841 0,57] 1,0611,29 Acer Tilia 0 48| 0, 5 52] 0, platyphyllos 5910,47] 0,60| 1,36 Oornus.mas o (1a) een.“ 45 26 97 veneren 48 38 4 vunenen [094 | 0,69 | 2,87 | 0,88 A {6) 0,89 | 2,26 Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 279 Schattenblatt 1,1. Es zeigt sich, daß mit Ausnahme von Tilia platy- phyllos sämtliche Primärblätter von Lichtsämlingen einen Mesophyllguotienten haben, der kleiner als 1,1ist. Sie be- sitzen damit eines der wichtigsten Merkmale des Schattenklattes der erwachsenen Pflanze. Bei Tilia platyphyllos wäre der Mesophyliquotient des Liehtblattes unendlich groß, da alles Schwammparenchym zu Pali- sadengewebe umgebildet ist. Außerdem erreicht er auch für das Schatten- blatt eine erhebliche Größe. Der Unterschied gegen das Blatt Otı, ») ist daher ebenfalls als geringfügig anzusehen. b) Die Interzellularräume. Eine genaue zahlenmäßige Bestimmung der Größe der Interzellular- räume habe ich nieht vorgenommen. Sie ist nach der von Unger!) angegebenen Methode möglich, aber außerordentlich zeitraubend und nur an frischem Material möglich. Bei der Menge des zu untersuchenden Materials mußte ich daher darauf verziehten. Immerhin konnte ich aus dem mikroskopischen Befunde erkennen, daß im allgemeinen die Größe der Interzellularen für Schattenblatt und Primärblatt des Lichtsämlings relativ die gleiche ist; die Sonnenblätter sind weniger lakunös. ce) Die Zellformen. 1. Das Palisadenparenchym. Die untersuchten Blätter lassen sich nach der Form ihrer Palisaden- zellen und nach der Anzahl ihrer Palisadenzellschichten in die folgenden sechs Gruppen teilen: Blätter mit einer Schicht „echter“ Palisadenzellen, desgleichen mit zwei Schichten, desgleichen mit drei oder mehr Schichten, Blätter mit einer Lage von Armpalisadenzellen, Blätter mit einer Lage von trichterförmigen Zellen, Blätter mit Zwischenformen von triehterförmigen und Arm- palisadenzellen. In Tabelle 20 (pag. 280) sind die Blätter nach ihrer Zugehörigkeit zu diesen Gruppen geordnet. Bei neun von elf untersuchten Pflanzen besitzen das Blatt 0a,» und Ace) übereinstimmende Zellformen, die stets von der des Blattes Ole) PrPprermH 1) F, Unger, Bestimmung der in den Interzellulargängen der Pflanzen ent- haltenen Luftmenge. Sitzungsber. der Kais. Ak. der Wissensch., Mathem.-naturw. Klasse, Bd. XII, Hoft 1, pag. 869 ff. Wien 1854. Flora, Bd. 104, 20 280: . Richard Schramm, Tabelle 20. 1 2 8 4 5 6 3 u. mehr 5 1 Lage |2 Lagen 1 Lage | 1 Lage |Zwischen- „echter“ „echter“ Lagen, Arm- |triehter- | formen Palisa- | Palisa- |"pyjie,. | palisa- | förmiger| von denzellen denzellgn denzellen) Zellen |4 und 5 I. Fagus silvatica 011,8) ° Ale HI. Quereus sessi- iflora Ale) - II. Ulmus cam- Ale) O(e} 01,2) pestris 0 (1,b) IV. Alnus gluti- Ola) | Ole) 105% 0 (1,b) Ate) V. Carpinus betu- | O(1,5) | O(e) O (1,8) lus Ale) VE Acer pseudo- oe) ' Adte) platanus 04,3) 0 (1, VI. Fraxinus ex- O (43) | Ote eelsior 0 (1,5) A e) , VII. Tilia platy- O (1,2) Ode) phyllos Ae) O{1,b IX. Samkueus O te) O1.) nigra Oti,b I Ad X. Cornus mas O te) Od,a) O1,b Akte) XI. Berberis vul- Otte) garis O(1,b) ET} Ale) in gleichem Sinne abweicht. Nur bei Ulmus eampestris und bei Acer pseudoplatanus finden sich die Blätter Ort,» und Akte) in verschiedenen Gruppen. Bei Ulmus campestris hat das Schattenblatt ein zweischichtiges Palisadenparenehym, während den Sämlingsblättern nur eine einzige Lage von Triehterzellen zukommt. Diese Blätter zeigten sich überhaupt sehr wenig ntwickelt. Nur bei Acer pseudoplatanus sind die Zellformen des Sonnenblattes und der Sämlingsblätter gleiche, doch sind bei letzteren die Zellen be- deutend kürzer. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 281 Es ergibt sich somit, daß fast stets, mit Ausnahme von Acer pseudo- platanıs und vielleicht den etwa abweickenden Palisadenzellformen von Carpinus betulus (pag. 255) und Tilia platypkylios (pag. 264), das Primärblatt des Lichtsämlings und das Schattenblatt der erwachsenen Pflanze im Bau ihres Palisadenparenehyms und dessen Zellformen von. den gleichen Teilen des Sonnenblattes erwachsener Pflanzen in überein- stimmender Weise abweichen und daß in allen Fällen die etwa vorhandenen Unterschiede zwischen Primärblatt und Schattenblatt erheblich geringer sind als die gemeinsamen Unterschiede gegenüber dem Sonnenblait. In der Tabelle 20 sind ferner die Folgeblätter der Lichtsämlinge berücksichtigt. Es zeigt sich, daß bei fünf Pflanzen (II, IIL, IV, VIL, X) Primär- und Folgeblatt noeh zur selben Gruppe gehören, während das Sonnenblatt einer anderen angehört, bei den Pflanzen VI und XI ge- hören beide zur gleichen Gruppe wie letzteres, bei I und V befinden sich alle drei in verschiedenen Gruppen und bei den Pflanzen VIII und IX sind Folgeblatt und Sonnenblatt in der gleichen Gruppe, die von der des Primärblattes verschieden ist. Es ist an dieser Stelle noch notwendig, auf die merkwürdigen Zell- formen einzugehen, die sich bei Cornus mas vorfinden. Sämlings- und Schattenblatt haben armpalisadenähnliche Zellen, die beim Sonnenblatt zu normalen „echten“ Palisadenzellen umgebildet sind, Sertorius gibt in seiner Arbeit?) nur an, „daß die Palisadenzellen häufig sehr kleinen Längsdurchmesser haben und dann nicht selten nichts weniger als palisadenähnliche Gestalt zeigen“. Diese Zellformen dürften sich mit den von mir bei Schattenblättern beobachteten deeken. Er erwähnt ferner, daß überhaupt die Palisadenzellen der Cornaceen von ganz un- regelmäßiger Gestalt sind. — In dem Auftreten von Armpalissden- ähnliehen Zellen beim Primärblatt des Liehtsämlings könnte man viel- leieht eine anatomische Parallele zu der von Schäfer gegebenen Deutung morphologiseher Jugendformen der Blätter sehen, die er als ontogene- tische Wiederholungen phylogenstischer Entwieklungsstadien ansieht. Daß sich das Auftreten dieser Abart der Armpalisadenzellen auf die Sämlingsblätter und die Schattenblätter des erwachsenen Strauches beschränkt, dürfte ein weiterer überzeugender Beweis für die Verwandi- schaft der beiden Blätter sein. 2. Das Schwammparenehym. Die unregelmäßigeren Zellfiormen des Schwammparenchyms lassen Im allgemeinen weniger markante Unterschiede erkennen. Immerhin D)Ec. pag. 49. 20* 282 Richard Schramm, zeigte sich, daß die flachen Sternzellen vorzüglich dem Mesophyll der Blätter Ott, =) und Ate) zukommen, dagegen bei den Blättern Os nicht so häufig auftreten. Ein besonders schönes Verhalten nach dieser Rich- tung bietet die Rotbuche, wo bei den beiden ersigenannten Blättern das Schwammparenchym allein von flachen, vielarmigen Sternzellen gebildet wird, die dem Sonnenbiatt vollständig fehlen (Fig. 29, 30 u, 32). 3. Die Epidermiszellen. Nach der Form der Epidermiszellen lassen sich die untersuchten Blätter in zwei Gruppen sondern: 1. solehe, deren Epidermiszellen ebenwandig oder doch nur wenig gewelltwandig sind und 2. solche, deren Epidermiszellen stärker gewellte Wandungen be- sitzen. Zur ersten Gruppe gehören die Sonnenblätter, zur zweiten die Primärblätter der Lichtsämlinge und die Schattenblätter. Die Wellung der Epidermiszellwandungen hat bekanntlich den Zweck, die mechanische Festigkeit des Blattes zu erhöhen. Sie findet sich daher, wie Anheißer?) zeigte, besonders stark bei Blättern mit dünner Lamina ausgebildet, in unserem Falle also bei den dünnen Primär- und Schattenblättern kräftiger als bei den dickeren Sonnenblättern. Die bei allen untersuchten Blättern beobachtete stärkere Wellung der Zellwandungen auf der Blattunterseite ist mechanisch leicht ver- ständlieh; nach Areschoug?) findet sie sich eben überall da besonders ausgebildet, wo das angrenzende Mesophyli in hohem Grade lakunös ist. Die Anzahl der Epidermiszellen ist für die Sonnenblätter erheblich größer als für Primär- und Schattenblätter. Die geringfügigen Unter- schiede zwischen letzteren hinsichtlich der Epidermiszellen sind gegenüber dem gemeinsamen großen Abstand vom Sonnenblatt durchaus unerheb- lich. Die Art der abweichenden Ausbildung beider unterscheidet sich also qualitativ gar nicht und quantitativ nur in sehr geringem Maße. DR. Anheißer, Über die arunkoide Blattspreite. Flora 1900, Bd. LXXXVIL, pag. 87 ff. Siehe ferner auch: G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie 1909, 4. Aufl, pag. 104 ff. L. Kny, Über die Anpassung der Laubblätter an die mechanischen. Wirkungen des Regens und Hagels. Ber. d. D. Bot. Ges. 1885, Bd. III, p. 207. 2) P.W.C, Areschoug, Über die physiologischen Leistungen und die Ent- wieklung des Grundgewebes des Blattes. Kongl. fysiografiska säliskapets i Lund 1897, pag. 8, Bu . Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 283 d) Die Stomata und die Nervatur. Die für die Spaltöffnungen und die Nervatur ermittelten Zahlen- werte blieben bei den Primärblättern des Lichtsämlings und den Schatten- blättern der erwachsenen Pflanze oft ganz beträchtlich hinter denen des Sonnenblattes zurück. . Zum genaueren Vergleich sind die betreffenden Zahlen in der Tabelle 21 nochmals zusammengestellt. \ Tabelle 21. Länge der Alte | Maple auf I qmm auflgmm in mm Of1,8)| Ate) | O te} |Ot1,a}| Ate) | Ole} E Fagus silvatia . 2.2.2... 188 | 113 | 416 | 70 FOUR 12,2 II. Quereus sessilifiora . ..... 469 | 4868 | 810 | 117 | 99 | 143 IIE. Ulmus eampestris .... ... 168 | 450 | 800| 8,7] 10,5 | 172 IV, Alnus glutinosa .. 2.2... 864 | 425 | 608 4,9 | 3,6| 81 V. Carpinus betuls. -...... 146 | 170 | 8665| 53 | 69| .9,8- VI. Acer pseudoplatamus . . .. . - 200 | 15 | 860! 43| 56| 78 VIL Fraxinus exeelsior .. .». . - 225 | 47811265) 44| 9,3 | 11,8 VII Tilia platyphyllos ......-. 265 | 0 | 7599| 72) 8,4 | 12,1 IX. Sambueus nigra . . 222... 77 70 | 165 3,7 36| 64 X. Comus mas... 2.2200 ı7| 1622| 3864| 73j| 79 | 11,4 XI Berberis vulgaris ....... 12 |,1ı2} 2832| 48) 6,0) 67 Nur in einem Falle, bei der Buche, übertrifft die Anzahl der Stomata beim Primärblatt des Sonnensämlings die des Schattenblattes erheblicher, doch ist, am Sonnenblatt gemessen, auch dieser Unterschied nicht allzu groß. Bei allen anderen Pflanzen sind die Zahlen entweder annähernd gleich groß oder aber für die Primärblätter kleiner (so besonders bei Ulmus campestris). Außer der Anzahl der Stomata erwies sich bei einigen Bäumen auch ihre Größe als recht veränderlich. ‚Sie war dann beim Sonnenblatt am kleinsten, wuchs beim Schattenklatt und erreichte beim - Primär- blatt des Lichtsämlings ihre größten Werte. Die Länge der Nervatur auf 1 qmm der Blattfläche ist in der Regel beim Primärblatt etwas geringer als beim Schattenblatt, nur bei Quercus sessiliflora und Alnus glutinosa ist. sie größer, bei Fraxinus excelsior erheblich kleiner. Doch ist bei den ersteren der Abstand vom Blatte Otı, ») zu Aie) noch geringer als der zu Ote. Bei Fraxinus exeelsior dürfte die Ursache des großen Unterschiedes in der abweichenden Ge- stalt der Blattform zu suchen sein, zeigt doch das immerhin erst lünf- 234 Richard Schramm, fiederige Folgeblatt eine soviel stärkere Entwicklung der Nervatur (7,3 mm auf 1 qmm). Faßt man die vorstehend beschriebenen einzelnen Tatsachen zu- sammen, so ergibt sich das Vorhandensein einer nahen Verwandtschaft in der anatomischen Struktur der Blätter Ott, =) und As) ganz allgemein. Diese Verwandtschaft geht zwar keineswegs in eine vollständige Überein- stimmung über, doch gleichen sich einerseits die vorhandenen Unter- schiede oft aus — so bei Acer pseudoplatanus, wo das Blatt Otı, s) der Dicke nach dem Blatte Ote) näher steht als dem Blatte Ate), bei allen anderen Teilen des Blattes Ot1, «) aber das Umgekehrte eintrifft — und andererseits ist der gemeinsame Abstand der Blätter Ot:, 2) und Ate) vom Blatie Ote) so groß, daß man diesen Unterschieden kaum irgend- welche Bedeutung beimessen kann. Als erstes Hauptresultat möchte ich demnach das folgende aussprechen: Bei den untersuchten Bäumen und Sträuchern zeigt das Primärblatt des Sonnensämlings in seiner anatomischen Struktur eine mehr (Fagus) oder weniger (Acer, Carpinus, Tilia) weitgehende Übereinstimmung mit dem Schattenblatt der erwachsenen Pflanze. Es ist nunmehr der Frage näher zu treten, warum der Lichtsämling einmal ein vom normalen Lichtblatt so abweichendes Primärblatt ent- wiekelt und warum zweitens dieses dem Schattenblatt der erwachsenen Pflanze so ähnlich ist. Zu diesem Zwecke erfolgt zunächst eine ver- gleiehende Betrachtung der Blattverhältnisse bei Campanula rotundi- foliat).. 2. Kapitel. - Die Blattformen von Campanula retundifolia L. nach ihrer ana- tomischen Struktur und physiologischen Bedentung. Goebel’s Versuche. Die angestellte anatomische Untersuchung hatte ergeben, daß die morphologisch verschiedenen Blätter der Gloekenblume auch in ihrer inneren Struktur erhebliche Unterschiede aufweisen. Der anatomische Bau des „Rundblattes“ steht zu dem des „Langblattes“ in einem ähn- liehen Verhältnis wie das Primärblatt eines Lichtsämlings zum Sonnen- 1) Die verschiedenen Blattformen von Euphrasia pratensis untersuchte ich zur, um festzustellen, ob das von Campanula rotundifolia gezeigte Verhalten auch anderen Pflanzen mit morphologisch verschiedenen Blättern zukommt. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 285 blatt der erwachsenen Pflanze. Nun zeigte Goebelt), daß diese pri- mären Rundblätter durch genügende Verminderung der Beleuchtung erneut zum Auftreten.gebracht werden können und zwar am Blüten- schafte, der sonst nur Langblätter trägt. Ferner beschreibt Goebel) eine merkwürdige Form von Campanula rptundifolia, deren Rosette zu einem mit langen Internodien versehenen Rundblätter tragenden Blütenschafte ausgewachsen war, während die sonst allein zur Blüte schreitenden Seitentriebe mit den Langblättern verkümmert waren. Goebel sieht die maßgebende Ursache hierfür in der mangelhaften Lichtintensität, da die Pflanze im schattigen Walde (bei Schleißheim) gewachsen war. Dieses Auftreten von Rundblättern bei allzu geringer Liehtintensität zwingt geradezu zu einem Vergleich mit dem Auftreten anatomisch andersartiger Schattenblätter bei unseren Holzpflanzen. Man kann mit gutem Recht diese primären Rundblätter als „Schatten- blätter‘‘ ‚von Campanula rotundifolia bezeichnen. Diese „Schatten- blätter‘‘ sind aber nichts anderes als die primär entstehenden Rund- blätter, d. h. das Schattenblatt von Campanula rotundifolia ist zu er- klären als ein durch bestimmte Vegetationsverhältnisse veranlaßtes erneutes Auftreten des Primärblattes, das eben durch den langen Blatt- stiel und die geringe Dicke der Spreite den geringeren Lichtintensitäten besser angepaßt ist als das schmale, dicke Langblatt. Auch Goebel bemerkt zu der „Schleißheimer‘“ Campanula®), daß „die Änderung dem normalen Verhalten gegenüber nicht im Auftreten von etwas Neuem besteht, sondern nur in der verschiedenen Kombination der auch im gewöhnlichen Entwicklungsgange gegebenen: Form- elemente“, . Goebel?) legte sich ferner die Frage vor, ob sich die Bildung der Runäblattform von Anfang an unterdrücken läßt, oder ob der Entwick- lungsgang in dar Weise geregelt ist, daß zuerst unter allen Umständen die Rundblattform auftritt. Zu diesem Zweck ließ er Samen von Cam- panula rotundifolia unter der Beleuchtung zweier Bogenlampen keimen, von denen jede 2000 Normalkerzen Lichtstärke besaß. „Es zeigte sich, daß auch bei dieser starken Lichtquelle — mochte dieselbe nun kon- tinuierlich oder nur zur Tageszeit einwirken — die Bildung der Rund- 1) Goebel, Die Abkängigkeit der Blattform von Campanula rotundiolia von der Lichtintensität usw. Flora 1896, Bd, LXXXI, pag. 4#. | 2) Goebel, Eine merkwürdige Ferm von Campannla rotundifolis. Flora 1905, Bd. XOV, pag. 282 ff. 3) 1. o. pag. 284. 4) Flora 1896, Bd. LXXXII, pag. 7 ff. 286 Richard Schramm, blätter nicht verhindert werden konnte. Dieselbe ist also erblich fixiert.‘ Goebel faßt dann seine Versuche wie folgt zusammen!): „Vererbt werden bei Campanula rotundifolia nicht die Anlage zweier (resp. wenn man die Mittelformen in Betracht zieht, sehr vieler) Blattformen, deren Auftreten nur von den verschiedenen Graden der Lichtintensität als auslösende Faktoren bestimmt wurden. Vererbt wird nur die Anlage zur Rundblattform. Sie wird unter normalen Verhältnissen, d. h. wenn hinreichende Lichtintensität vorhanden ist, umgebildet in die Lang- blattform, und dieser Vorgang ist kein plötzlicher, sondern ein allmählicher, deshalb treten die Zwischenformen des normalen Entwieklungsganges auf. Im Verlauf der Ontogenie eines einzelnen Laubblattes treten solche Zwischenfermen nicht mehr auf, weil der umbildende Faktor sehr früh schon die Entwicklung der Blattanlage in andere Bahnen lenkt. Schalten wir ihn aber aus, indem wir die Pflanzen unter andere äußere Bedingungen bringen, so tritt die durch Vererbung überlieferte Blattiorm wieder auf.“ Hierin ist also nach Goebel der Grund zu sehen, warum die „Sehattenblätter“ von Campanula rotundifelia nur ein erneutes Auf- treten der primären Rundblätter darstellen; die Pflanze entwickelt also keine neuen Blattarten, sondern wiederholt nur die in ihrem normalen Entwicklungsgange gegebenen. 3. Kapitel. Das Primärblatt des Lichtsämlings und das Schattenblatt des erwachsenen Baumes oder Strauches betrachtet nach ihrer ent- wicklungsgeschichtlichen Stellung und deren Ursachen. Inwieweit lassen sich nun aus dem Verhalten der verschiedenen Blattformen von Campanula rotundifolia Schlüsse ziehen auf die uns hier speziell interessierenden Fragen? Was ergibt also zunächst ein Vergleich des Primärblattes eines Lichtsämlings mit den primären, grundständigen Rundblättern von Campanula rotundifolia? Es ist, vor- erst von großer Wichtigkeit festzustellen, unter welchen biologischen Verhältnissen denn ein Liehtsämling überhaupt aufwächst. Solange es noch keine geordnete Garten- und besonders Forstkultur gab, d. h. innerhalb einer entwicklungsgeschichtlich sehr langen Zeit, pflanzten sich unsere Bäume und Sträucher durch Sämlinge fort, die sicherlich oft schon durch die eigene Mutterpflanze, dann aber besonders auch durch die in der Nachbarschaft befindlichen Pflanzen mehr oder weniger Ile. pag. 18. 288 Richard Schramm, Primärblattes zu erklären als die erblich fixierte ana- tomische Jugendform des normalen Blattes der erwachsenen Pflanze. Hierbei sind unter „normalen“ Blättern alle Blatt- formen der erwachsenen Pflanze zu verstehen, die sich nicht als ausgesprochene Schattenformen charakterisieren lassen. Die Erklärung der phylogenetischen Stellung der Schattenblätter, wie sie ven unseren erwachsenen Bäumen und Sträuchern bei geringeren Lichtintensitäten gebildet werden, ist nun naheliegend. Dadurch, daß Goebel nachwies, daß bei Campanula rotundifolia durch geringere Beleuchtung ein erneutes Auftreten der primären Rundblätter, d. h. der Jugendformen, am sonst normalen Stengel hervorgerufen werden kann, wurde für diese Pflanze bewiesen, daß Schattenblatt der erwach- senen Pflanze und Primärblatt der jugendlichen identisch sind!). Als erstes Hauptresultat dieser Arbeit (pag. 284) hatte sich nun eine weit- gehende Übereinstimmung zwischen dem Primärblatt des Lichtsämlings und dem Schattenblatt der erwachsenen Pflanze hinsichtlich der Blatt- struktur ergeben. Die untersuchten Bäume und Sträucher zeigen dem- nach ein gleiches Verhalten wie Camp. rotund. Sie erzeugen in ihren Schattenblättern nicht etwas phylogenetisch Neues, sondern wieder- holen nur eine im gewöhnlichen Verlaufe der Entwicklung bereits vor- handene Form. Somit ergibt sich als drittes Hauptresultat: Bei den untersuchten Bäumen und Sträuchern sind die Schattenblätter der erwachsenen Pflanzen nicht eigentlich neuartige Blattformen, sondern nur eine durch bestimmte Vegetationsverhältnisse hervorgerufene zweckmäßige Wie- derholung anatomischer Jugendformen, wie sie bei Cam- panula rotundifolia experimentell durch Goebel veranlaßt wurde. Die in dieser Arbeit aufgestellte Ansicht von der entwicklungs- geschichtlichen Stellung des Schattenblattes scheint mit der von Küster?) vertretenen nicht übereinzustimmen. Da die Schattenblätter in ihrem „Mesophyll in mehr als einer Beziehung die Charaktere jugendlicher, unentwickelter Blätter festhalten‘, folgert er, daß die Schattenblätter nur das unvermeidliche Produkt einer Hemmung sind und gelangt zu 1) Es können, wie Familler (Flora 1900, Bd. LXXXVII, pag. 95 ff.) angibt, auch andere extreme Wachstumsstörungen zur erneuten Bildung der Rundblätter führen. Ob dies auch bei den Schattenblättern der Holzpflanzen möglich ist, müßten genauere Untersuchungen ergeben, die sich indessen durch die Nordhausenschen „Nachwirkungserscheinungen‘‘ sehr komplizieren würden. 2) E. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie, pag. 49 ff. Jena 1903. 288 Richard Schramm, Primärblattes zu erklären als die erblich fixierte ana- tomische Jugendform des normalen Blattes der erwachsenen Pflanze. Hierbei sind unter „normalen“ Blättern alle Blatt- formen der erwachsenen Pflanze zu verstehen, die sich nicht als ausgesprochene Schattenformen charakterisieren lassen. Die Erklärung der phylogenetischen Stellung der Schattenblätter, wie sie ven unseren erwachsenen Bäumen und Sträuchern bei geringeren Lichtintensitäten gebildet werden, ist nun naheliegend. Dadurch, daß Goebel nachwies, daß bei Campanula rotundifolia durch geringere Beleuchtung ein erneutes Auftreten der primären Rundblätter, d. h. der Jugendformen, am sonst normalen Stengel hervorgerufen werden kann, wurde für diese Pflanze bewiesen, daß Schattenblatt der erwach- senen Pflanze und Primärblatt der jugendlichen identisch sind!). Als erstes Hauptresultat dieser Arbeit (pag. 284) hatte sich nun eine weit- gehende Übereinstimmung zwischen dem Primärblatt des Lichtsämlings und dem Schattenblatt der erwachsenen Pflanze hinsichtlich der Blatt- struktur ergeben. Die untersuchten Bäume und Sträucher zeigen dem- nach ein gleiches Verhalten wie Camp. rotund. Sie erzeugen in ihren Schattenblättern nicht etwas phylogenetisch Neues, sondern wieder- holen nur eine im gewöhnlichen Verlaufe der Entwicklung bereits vor- handene Form. Somit ergibt sich als drittes Hauptresultat: Bei den untersuchten Bäumen und Sträuchern sind die Schattenblätter der erwachsenen Pflanzen nicht eigentlich neuartige Blattformen, sondern nur eine durch bestimmte Vegetationsverhältnisse hervorgerufene zweckmäßige Wie- derholung anatomischer Jugendformen, wie sie bei Cam- panula rotundifolia experimentell durch Goebel veranlaßt wurde. Die in dieser Arbeit aufgestellte Ansicht von der entwicklungs- geschichtlichen Stellung des Schattenblattes scheint mit der von Küster?) vertretenen nicht übereinzustimmen. Da die Schattenblätter in ihrem „Mesophyll in mehr als einer Beziehung die Charaktere jugendlicher, unentwickelter Blätter festhalten‘, folgert er, daß die Schattenblätter nur das unvermeidliche Produkt einer Hemmung sind und gelangt zu 1) Es können, wie Familler (Flora 1900, Bd. LXXXVII, pag. 95 ff.) angibt, auch andere extreme Wachstumsstörungen zur erneuten Bildung der Rundblätter führen. Ob dies auch bei den Schattenblättern der Holzpflanzen möglich ist, müßten genauere Untersuchungen ergeben, die sich indessen durch die Nordhausenschen „Nachwirkungserscheinungen‘‘ sehr komplizieren würden. 2) E. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie, pag. 49 ff. Jena 1903. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 289 der Ansicht, daß „das Auftreten solcher Hemmungsbildungen keines- wegs die Fähigkeit der Pflanzen und Blätter nachweist, die Aus- bildung ihres Assimilationsparenchyms in selbstregulatrischer Weise den gegebenen Lichtintensitäten anzupassen (Haberlandt, Physio- logische Pflanzenanatomie)“. Wenn es auch schon von vornherein wenig wahrscheinlich ist, daß eine so verbreitete Formbildung, wie die der Schattenblätter, eine zwecklose sein sollte, so dürfte das Verhalten der Sonnen- und Schatten- sämlinge von Fagus silvatica den unzweifelhaften Beweis erbringen, daß unter Umständen auch das Schattenblatt eine „weitere Ausdifferenzierung“ erfahren kann. Meiner Ansicht nach sind also die Schattenblätter genau so als zweckentsprechende Einrichtungen anzusehen wie die Sonnenblätter?). 4. Kapitel. Licht- und Schattenblätter der Keimpflanzen. Die erste der in der Einleitung aufgeworfenen Fragen bleibt noch zu erledigen, wie sich nämlich der direkte Einfluß des Lichtes auf die Blätter bemerkbar macht, wenn man die von Nordhausen beob- achteten „Nachwirkungserscheinungen früherer Vegetationsperioden“ ausschaltet. . Wenn sich nun auch die anatomische Struktur der Sämlings- blätter als in bestimmter Weise erblich fixiert erwiesen hatte, so lehren doch die betreffenden Untersuchungen, daß in gewissen Grenzen Modi- fikationen möglich sind. Die Sonnen- und Schattensämlinge folgender Bäume unter- suchte ich: Fagus silvatica, Carpinus betulus, Querecus sessiliflora, Acer pseudoplatanus. Alnus glutinosa, Der Übersicht wegen sind in der Tabelle 22 die Zahlen für die Primärblätter der Sonnen- und Schattensämlinge zusammengestellt. In der Tabelle bedeutet O, wie auch im folgenden, das Primärblatt des Sonnensämlings, A das des Schattensämlings. 1) Es soll damit natürlich nicht behauptet werden, daß stets bei der Rück- kehr zu anatomischen oder morphologischen Jugendformen die Zweckmäßigkeit als ausschlaggebender Faktor zu betrachten ist. Wie Goebel (Organographie, pag. 151) sagt, können sie zweckmäßig sein (wie in unserem Falle), brauchen es aber nicht zu sein. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 289 der Ansicht, daß „das Auftreten solcher Hemmungsbildungen keines- wegs die Fähigkeit der Pflanzen und Blätter nachweist, die Aus- bildung ihres Assimilationsparenchyms in selbstregulatrischer Weise den gegebenen Lichtintensitäten anzupassen (Haberlandt, Physio- logische Pflanzenanatomie)“. Wenn es auch schon von vornherein wenig wahrscheinlich ist, daß eine so verbreitete Formbildung, wie die der Schattenblätter, eine zwecklose sein sollte, so dürfte das Verhalten der Sonnen- und Schatten- sämlinge von Fagus silvatica den unzweifelhaften Beweis erbringen, daß unter Umständen auch das Schattenblatt eine „weitere Ausdifferenzierung“ erfahren kann. Meiner Ansicht nach sind also die Schattenblätter genau so als zweckentsprechende Einrichtungen anzusehen wie die Sonnenblätter?). 4. Kapitel. Licht- und Schattenblätter der Keimpflanzen. Die erste der in der Einleitung aufgeworfenen Fragen bleibt noch zu erledigen, wie sich nämlich der direkte Einfluß des Lichtes auf die Blätter bemerkbar macht, wenn man die von Nordhausen beob- achteten „Nachwirkungserscheinungen früherer Vegetationsperioden“ ausschaltet. . Wenn sich nun auch die anatomische Struktur der Sämlings- blätter als in bestimmter Weise erblich fixiert erwiesen hatte, so lehren doch die betreffenden Untersuchungen, daß in gewissen Grenzen Modi- fikationen möglich sind. Die Sonnen- und Schattensämlinge folgender Bäume unter- suchte ich: Fagus silvatica, Carpinus betulus, Querecus sessiliflora, Acer pseudoplatanus. Alnus glutinosa, Der Übersicht wegen sind in der Tabelle 22 die Zahlen für die Primärblätter der Sonnen- und Schattensämlinge zusammengestellt. In der Tabelle bedeutet O, wie auch im folgenden, das Primärblatt des Sonnensämlings, A das des Schattensämlings. 1) Es soll damit natürlich nicht behauptet werden, daß stets bei der Rück- kehr zu anatomischen oder morphologischen Jugendformen die Zweckmäßigkeit als ausschlaggebender Faktor zu betrachten ist. Wie Goebel (Organographie, pag. 151) sagt, können sie zweckmäßig sein (wie in unserem Falle), brauchen es aber nicht zu sein. Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 291 auffallenden Sonnenlicht. In der Kultur müßte also eine künstliche Beschattung der Sämlinge sich als durchaus vorteilhaft erweisen. In der Tat ist dies eine der praktischen Forstwissenschaft längst bekannte geläufige Erscheinung!); insbesondere erwies sich für Buchen und für Koniferensämlinge eine künstlich hergestellter Halbschatten als von höchstem Nutzen. Erst im 2. Lebensjahr pflegt man dann die jungen Pflanzen in ein vollbesonntes Saatbeet umzupflanzen (so die Coniferen- sämlinge in den Späth’schen Baumschulen in Baumschulenweg bei Berlin), während man der hohen Kosten wegen bei den anderen Säm- lingen davon absieht. Die außerordentliche Vermehrung des Schwammparenchyms beim Primärblatt des Schattensämlings der Rotbuche kann natürlich nur den Zweck haben, die transpiratorische Oberfläche zu erhöhen, um im Verein mit der Vermehrung der Spaltöffnungen, die den Gasaustausch erleichtert, die Größe der Transpiration zu erhöhen und der Pflanze so günstigere Vegetationsbedingungen zu schaffen). Die Buche ist ja wie kein anderer Baum durch die Fähigkeit bekannt, sich den aller- extremsten Vegetationsbedingungen anzupassen. Das Prinzip der Sämlingsblätter, in der Sonne die Ausbildung des Schwammparenchyms gegenüber der des Palisadenparenehyms zu vernachlässigen, im Schatten aber das Umgekehrte eintreten zu lassen, möchte ich als den wichtigsten Unterschied zwischen den Primärblättern von Licht- und Schattensämlingen hinstellen. Die Verschiedenheiten in der Anzahl und Form der Epidermiszellen, der Anzahl der Spalt- öffnungen und der Länge der Nervatur sind wenig erheblich. Die Zahlen für die Primärblätter der Lichtsämlinge sind in allen Fällen die größeren, mit alleiniger Ausnahme der Anzahl der Stomata bei Fagus silvatica. Da auch die Dickenverhältnisse, abgesehen von Fagus silvatica und Quereus sessilifolia, bei den Sonnensämlingen günstiger sind, so ist also im allgemeinen der Entwieklungszustand derselben mehr oder weniger in der Riehtung auf die spätere Fortbildung zum normalen Liehtblatt beeinflußt. Die Frage nach der direkten Einwirkung des Lichtes auf die Aus- bildung der Sämlingsblätter ist demnach wie folgt zu beantworten: Durch starke Insolation, verbunden mit einer Erhöhung der Transpiration, wird bei den Primärblättern der Sämlinge 1) Nördlinger, Deutsche Forstbotanik, Bd. II, pag. 282. Stuttgart 1876. 2) Nach den Untersuchungen Haberlandt’s (Die Schutzeinriehtungen in der Entwicklung der Keimpflanze, pag. 88 if. Wien 1877) sind auch die Keimblätter der Sämlinge so gebaut, daB die Transpirationsgröße nach Möglichkeit erhöht wird. 2393 Richard Schramm, 1. das Bestreben hervorgerufen, das Schwammparen- chym im Verhältnis zum Palisadenparenchym geringer aus- zubilden, und 2. der Entwicklungszustand der Blätter in der Richtung auf die Fortbildung zum späteren Sonnenblatt mehr oder weniger beeinflußt. Resultate, 1. Das Primärblatt des Sämlings ist in seiner anatomischen Struktur abweichend von den „normalen“ Blättern der erwachsenen Pflanze ge- baut und seinen natürliehen Lebensbedingungen angepaßt. 2. Das „normale‘‘ Sonnenblatt der untersuchten Bäume und Sträucher ist das Produkt einer mehrjährigen Entwicklung. Sein erstes Auftreten ist an ein bestimmtes Alter der Pflanze gebunden. 3. Die vom „normalen“ Sonnenblatt abweichende anatomische Struktur beim Primärblatt des Lichtsämlings ist zu erklären als die erblich fixierte anatomische Jugendform des normalen Blattes. 4. Bei den untersuchten Pflanzen zeigt das Primärblatt des Lieht- sämlings eine mehr (Fagus) oder weniger (Acer, Carpinus, Tilia) weit- gehende Übereinstimmung in seiner anatomischen Struktur mit dem Schattenblatt des erwachsenen Baumes oder Strauches. 5. Die Schattenblätter der erwachsenen Bäume und Sträucher sind nicht eigentlich neuartige Blattformen, sondern nur eine durch bestimmte Vegetationsverhältnisse hervorgerufene zweckmäßige Wieder- holung oder Weiterbildung anatomischer Jugendformen. 6. Durch starke Ifsolation, verbunden mit einer Erhöhung der Transpiration, wird bei den Primärblättern der Sämlinge 1. das Bestreben hervorgerufen, das Schwammparenchym im Ver- hältnis zum Palisadenparenchym geringer auszubilden, und 2. der Entwieklungszustand der Blätter in der Richtung auf die Fortbildung zum späteren Sonnenblatt mehr oder weniger be- einflußt. Die vorliegende Arbeit wurde auf Veranlassung und unter der Leitung des Herrn Prof. Dr. W. Magnus angefertigt, dem ich für sein freundliches Wohlwollen und für das meiner Arbeit erwiesene Interesse zu allergrößten Danke verpflichtet bin. Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. L. Kny und Herrn Prof. Dr. Baur danke ich für die freundliche Erlaubnis, in ihrem Institute arbeiten zu dürfen. Br Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 293 Figurenerklärung zu Tafel VI—-VIN. (Erklärung der Abkürzungen s. pag. 285.) Fig. 1. Fagus silvatica, Blatt O(e), Querschnitt. » Ion ” „ Ale, ” ».: 0m ” » Ola m „» kn » „ Am, " n„ B » Fr »„ 09 ” „on „ „ AB, „ nn T ” » » Ob» » on » » 06 ” „on „ » Oce), untere Epidermis. „ 10. ” » » 0 ce}, obere » »„ 42. ” ” » 015), Querschnitt, „1, „ „ Atır, obere Fpidermis. „ 18. » » „» Act, untere „ „ 14. » ” » Otı, a}, obere » „ 18. » » » Ot1,a), untere „ „ 16. » ” » Ate), obere » „ 1. » r „» Ale), untere n „140, » » Ocu,pobere „ „ 19 P " » Otı,b) untere „ » 20. ” ” » Os), Schwammparenchym (Klächensehnitt). „ 21. ” ” „ 01,0 » ” » 2 „ » 0» „ „ „BB „ » „ Ale), ” „ „24 „ » „ Aa) » ” » 2. » » „ Aa ” » 2 ” »„ 08 » » „ 2. » » „ 0, ” ” » 28. ” r „ das, » ” » 29. Quercus sessiliflora, Blatt O(e), Querschnitt. » 30. » » »„ Ateı » „ 3. or ” » OA, » 32%. „ „ „ At, n » 38. ” ri » 0b, » 34 Ulmus eampestris „Otte, » „ 35. ” Pi » Ale), » „36. ” ” „ 0a, » » 3 » » „ 0b, ” » 38. Alnus glutinosa, Blatt A te), Teil des Querschnitts. » 39. ” » » Oel, Querschnitt. » 40, ” „ „ Ale). ” » 4. ” „ » 0», “ "4. „ ‚ „ Am, “ „ 8. » r » 0ab 294 Fig. 44. „4b. „46. 4. „48. „ „50. „dl. „ 52. „58. „4 „ 58. „56. „5%. „58 „50. „6%. „61. .® 3 „6b. 65 66, 6. 68 „0 „ W. „a. 2. „8 oT "0. 36. nn 78 „9. „8. „3 BET} 8. „ H. „8. „86. Richard Schramm, Carpinns betulus, Blatt O (2), Querschnitt ” ” ” ” ” » ” ” ” » ” » " " ” ” ” » Acer pseudoplatanus, Blatt O0 {e), ” ” ” ” ” ” Fraxinus exeelsior, Blatt O (e}, ” ” ” ” ” ” ” ” » ” ” ” ” ” » » ” ” ” ” ”» ” Sambuens nigra Tilia platyphyllos ” ” ” ” ” " Sambueus nigra ” ” ” ” Cornus mas ” ” Berberis vulgaris ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” » ” » ” A de), ” Ola, Am, » Ob), ” O tel, Schwammparenehym Ade), „ Alı, „ 01a, + 01.b, » Querschnitt. „ Ale), „ » A, ” „ Oma), ». „ tb, ” Querschnitt. Ale), ” 0 (1,0, „ Oc1,b), obere Epidermis. O (1,b), untere „ Ole), obere ” Oma, „ ” A on „ Oel, untere » Ola) u Ade), » » O (1,2), Querschnitt. Oval, PR O te), „ Ate), ” Ot1,a), » 0, b), » Öfe, u Ale), „ Udl,b), ri Ote), FR Ale), ” 0,3), » Ob), „ Ode, ” Adel, „ 0u,a, 00 » (Flächenschnitt). ” Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. 295 Fig. 87. „88. „89. Mm. „og. „9. 98. „ 9. „9. „96. „9. n 98. „9. „ 100. „101. „ 102. Campanula rotund., Blatt Jf.1), Querschnitt. ” B ” » ” ” ” ” » ” Euphrasia. pratensis ” ” ” 1) Es bedeutet: Jf. — Jugendform, Üf. = Übergangsform, Pf. Flora, Bd. 104. ” ” ” “ ” » » Umrit. Üf., Querschnitt. „ Umriß. B£., Querschnitt. „ Umriß. Jf., obere Epidermis. „ untere " Üf., obere r „ untere » Bi., obere » „ untere » Bf., Umriß. In » Quersehnitt. Bf.,, ” = Blüteform. 21 Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia crassipes (Mart.) Solms in ihrer Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. Von K. Boresch. {Mit Tafel IX und 3 Abbildungen im Text.) Eiehhornia crassipes (Mart.) Solms ist in ihrer Heimat, dem tropischen und subtropischen Amerika, ein allenthalben verbreitetes Unkraut. Vermöge ihrer Raschwüchsigkeit und der Bildung zahlreicher Bereicherungssprosse überzieht sie, im Siege über ihre Schwesterart, die Eichhornia azurea, in kurzer Zeit weite Flächen sumpfiger Gewässer. „Sie schwimmt entweder ganz und gar frei auf dem Wasser oder wurzelt bei seichtem Wasserstand im Schlamm. Im ersteren Falle sind die Blattstiele sehr stark angeschwollen und fungieren als Schwimm- blasen . ... Bei der wurzelnden Form bildet die Scheinachse ein kriechendes Rlizom, die Blütenstiele!) sind viel länger und wenig ver- dickt. Bereicherungssprosse scheint dieselbe seltener zu bilden“ ?). Dieses verschiedene Aussehen der Eichhornia crassipes erwähnt auch Goebel?) „Die Anschwellung der Blattstiele verschwindet, wenn man die Pflanze als Landpflanze zieht“ Auch mit zunehmendem Alter verschwinden nach Goebel die Anschwellungen immer mehr und die Blattstiele werden annähernd zylindrisch. Hiernach wäre also an ihrer Gestaltung auch ein innerer Faktor mitbeteiligt, der zur Ausbil- dung einer von der älteren Pflanze abweichenden Jugendform führt. Auch an den in unseren Gewächshäusern kultivierten Exemplaren (ler Eichhornia crassipes fällt ohne weiteres die Mannigfaltigkeit in der Gestaltung des gewöhnlich blasigen Blattstieles auf und es liegt die Vermutung nahe, daß die Form der Blattstiele nicht allein von dem Umstande abhänge, ob die Pflanze freischwimme oder festgewurzelt 1) Soll wohl heißen „Blattstiele“. 2) 8. Schönland, in Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, IT, 4, pag. 73, 1888, 3) K, Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen, I, pag. 5 (1889), IL, 2, pag. 254 (189%; Abbildung Taf. IX, Fig. 3. Die Gestalt der Blattstiele der Eiehhornia crassipes (Mart.) Solms usw. 297 sei, sondern daß wohl auch noch andere Faktoren mitbestimmend sein dürften. Diese ausfindig zu machen und in ihrer Wirkung zu studieren, war das Ziel meiner Versuche, über welche ich im nachstehenden berichte. In einem im Warmhause in relativ bester Beleuchtung stehenden Aquarium mit hoher Erdfüllung hatte die Eichhornia crassipes den Winter überdauert; die im Bodengrunde festgewurzelten Pflanzen hatten abgeblüht und besaßen eine bleiche, gelbgrüne Färbung, ihre Blatt- stiele waren lang, kaum blasig aufgetrieben; Pflanzen soleher Art sind in den Versuchsprotokollen als Form I angeführt. Im Frühjahr wurde nun ein Teil dieser Eichhornien in ein tiefes Freilandbassin übertragen, in welchem sich diese Pflanzen alsbald üppig vermehrten und ein ganz abweichendes Aussehen erlangten; die tiefgrün gefärbten neu- gebildeten Blätter besaßen stark verkürzte, annähernd kugelige Blatt- stiele. So gestaltete Pflanzen sind in den Versuchsnotizen als Form II angegeben. Dieses Pflanzenmaterial wurde nun unter verschiedene, äußere Bedingungen gebracht, deren Einfluß durch Messung der Länge und des größten Umfanges des Blattstieles eines jeden neugebildeten Blattes zahlenmäßig festgestellt wurde. Die Länge des Blattstieles vom Blatt- grunde bis zur Ansatzstelle der Spreite wurde durch Zirkelspannung, sein Umfang an der Stelle der größten Erweiterung durch einen herum- gelegten und sodann auf einen Maßstab aufgelegten Faden gemessen. Um die Versuche möglichst wenig zu stören, wurden stets mehrere nengebilılete Blätter auf einmal gemessen mit Ausnahme der noch in Streckung begriffenen jüngsten; die Aufeinanderfolge der Blätter läßt sich leicht feststellen und eine Markierung des letzten gemessenen Blattes schließt einen Irrtum im Einsetzen (er Messung der nächsten Gruppe von Blättern aus. In den Versuchstabellen (pag. 306 ff.) ist unter Bi das Blatt an- geführt, dessen Maße, die Blattstielläinge L und der größte Blattstiel- umfang U rechts davon eingetragen sind. L/U ist die Verhältniszahl zwischen Länge und größtem Umfang des Plattstieles; ihre Einführung trägt zur Übersichtlichkeit der Resultate sehr bei, indem ebenso ein Wachsen von L wie auch eine Abnahme von U, ob sie nun einzeln oder wie gewöhnlich zusammen auftreten, ein Wachsen der Verhältnis zahl bedingen, In er graphischen Darstellungder Versuche (pag. 304 u. 305) sind auf der Abszisse die Blätter eingetragen, deren Maße L und U, sowie deren Verhältniszahlen L/U als Ordinaten eingezeichnet sind. Die Verbindungs- 298 K. Boresch, linie der oberen Endpunkte der als Ordinaten aufgetragenen Blattstiel- längen ist ausgezogen, die punktierte Linie gibt die größten Blattstiel- umfänge an, die gestricheite die Verhältniszahlen von L:U; der Doppel- pfeil 1 zeigt Vertauschung der Beleuchtungsverhältnisse an. Von den zahlreichen angestellten Versuchen seien folgende im Sommer 1911 ausgeführte mitgeteilt, deren Resultate tabellarisch und meist auch graphisch dargestellt sind. 1. Versuch. Ein geräumiges viereckiges Aquarium mit ca. 2 cm hoher Bodenfüllung und ca. 30 em Wasserhöhe wurde durch eine leichte, durch ein Drahtgestell gestützte Hülle aus Pergamentpapier zur Hälfte beschattet und in jede Hälfte je eine Pflanze der Form I und II (s. oben pag. 297) getan. Der Versuch wurde am 2. Juli 1911 im Warmhause auf einer sonnigen Stelle aufgestellt. Die Pflanzen schwammen völlig frei. Am 28. August wurde die Schattenhülle entfernt und über die bisher voll beleuchtete Pflanze aufgestellt (Zeichen hierfür in der graphischen Darstellung: f). (Hierzu Tab. 1, Versuch 1; graph. Darst, Versuch 1; Taf. IX, Fig. 1—2.) 2. Versuch. Ein geräumiges viereckiges Aquarium mit ca. 10 cm hoher Bodenfüllung und ca. 8 cm Wasserhöhe wurde wie im ersten Versuch zur Hälfte leicht beschattet und mit zwei Pflanzen der Form I versehen. Der Versuch wurde am 2. Juli 1911 im Warmhause unter den besten Beleuchtungsverhältnissen aufgestellt. Die Pflanzen waren Ende Juli eingewurzelt. Am 28. August wurde die Schattenhülle über die bisher voll beleuchteten Pflanzen aufgestellt. (Hierzu Tab. 2, Ver- such 2; graph. Darst., Versuch 2; Taf. IX, Fig. 3 u. 4.) 3. Versuch. In zwei flache ca. 6 em hohe Tonschalen, die bloß mit Erde angefüllt und ständig.sehr feucht gehalten wurden, wurde je eine Eichhornia der Form II eingesetzt. Die eine Schale wurde durch eine Schattenhülle, wie oben, leicht beschattet. Der Versuch wurde am 2. Juli 1911 im Warmhause bei günstiger Beleuchtung aufgestellt. Am 28. August wurde die Schattenhülle über die bisher voll beleuchtete Pflanze gestülpt. (Hierzu Tab. 3, Versuch 3; Taf. IX, Fig. 5 u. 6) 4. Versuch gleich dem 1. Versuch, wurde jedoch im Kalthaus aufgestellt und nur mit Eichhornien der Form II beschickt. Kein Wechsel in der Beleuchtung. (Hierzu Tab. I, Versuch 4; graph. Darst., Versuch 4.) 5. Versuch gleich dem 2. Versuch, wurde jedoch im Kalthause aufgestellt. Kein Beleuchtungswechsel. (Hierzu Tab. 2, Versuch 5.) 6. Versuch. Ein erdgefülltes Kistehen, in das eine Eichhornia der Form I eingesetzt worden war, wurde in ein durch Bäume den Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia erassipes (Mart.) Solms usw. 299 größten Teil des Tages über beschattetes Freilandbassin mittels Drähten eingehängt, so daß die Blattrosette sich über dem Wasserspiegel, der auf konstanter Höhe gehalten wurde, befand; eine andere Pflanze der- selben Form II wurde auf der Wasseroberfläche frei schwimmen ge- lassen. Versuchsbeginn am 20. Juli 1911. (Hierzu Tab. 3, Versuch 6.) Den Versuchen lassen sich nun folgende Resultate entnehmen: Beeinflussung der Blattstielform durch die freie Schwimmlage bzw. Einwurzelung der Pflanze. Schon oben (pag. 297) wurde mitgeteilt, daß Eichhornien mit langen schmächtigen Blattstielen (Form I), die in ein Freilandbassin verpflanzt, auf dem Wasserspiegel ganz und gar frei schwammen, als- bald Blätter mit völlig kugeligen Blattstielen ausbildeten, ein Verhalten, das im 6. Versuch (s. Tab. 3, Versuch 6) zahlenmäßig wiedergegeben ist; doch befanden sich die Pflanzen durch die Übertragung auch unter geänderten Licht- und Temperaturverhältnissen. Eine wesentliche Ände- rung dieser Faktoren ist bei der unbeschattet gebliebenen Eichhornia der Form I im 1. Versuch (s. Tab. 1, Versuch 1 u. graph. Darst., Versuch 1) ausgeschaltet und nichtsdestoweniger zeigt schon das erste unter den neuen Verhältnissen gebildete Blatt eine auffallende Verkürzung der Länge und Zunahme des Umfanges des nunmehr blasig aufgetriebenen Blattstieles. Die Eichhornia der Form I sinkt, auf die freie Wasser- oberfläche gebracht, bis zur Hälfte der Blattstiele ins Wasser ein, sie hat ihr Schwimmvermögen eingebüßt, und so bedeutet die rasche Aus- bildung der als Schwimmorgane funktionierenden blasigen Blattstiele eine schleunige Anpassung an die freie Schwimmlaget). — Aber auch die Umkehr dieser Veränderung, nämlich der Übergang von der Wasser- zur Landform, wurde experimentell und zwar an der unbeschatteten Pflanze des 2. und 3. Versuches (s. Tab. 2, 3; graph. Darst., Ver- such 2) festgestellt, deren Blattstiele eine Streckung im Verein mit einer Verdünnung erfuhren; hierbei sind wohl auch tiefgreifende Ver- änderungen in der Ernährungsweise beteiligt, wie man nach den viel stärkeren Wurzeln, mittels welcher sich die Pflanze nunmehr im Boden 1) Herr Geheimrat Goebel teilte mir in lebenswürdiger Weise brieflich mit, die Beobachtung, daß Pflanzen mit annähernd zylindrischen Blattstielen schlecht schwimmen, sei nur für Gewächshauspflanzen zutreffend. Überhaupt ist nach Goebel (Il. c.) die biologische Bedeutung der Anschwellungen der Eichhorniablatt- stiele noch nicht genügend geklärt. 300 K. Boresch, festwurzelt, schließen kann. Die Ausbildung der Landform vollzieht sich jedoch langsamer als die der Wasserform, deren Rigentümlichkeiten schon am ersten neugebildeten Blatte in ihrer vollen Größe in Er- scheinung treten. Einfluß der Lichtintensität. Ein solcher wurde in den Versuchen 1, 2, 3, 4 und 5 (. Tab. 1, Versuch I u. 4; Tab. 2, Versuch 2 u. 5, Tab. 3, Versuch 3; Taf. IX und graph. Darst.) festgestellt, in denen stets die eine der beiden zum Versuche verwendeten Eichhornien sich in dem leichten Schatten einer Hülle aus Pergamentpapier befand. Stärker beschattete Pflanzen vege- tieren infolge der bedeutend herabgesetzten Assimilation und dem Mangel an Reservestoffen nur kümmerlich; in den beschriebenen Versuchen ist eine tiefgreifende Schädigung der im Schatten gedeihenden Eich- hornien ausgeschlossen, die in der Zahl der ausgebildeten Blätter, wenn überhaupt, nur um ein bis zwei Blätter zurückblieben und auch Ausläufer, jedoch nicht in der Zahl wie ihre voll beleuchteten Vergleichspflanzen ausbildeten. — In allen Versuchen führt diese geringe Herabsetzung der Lichtintensität eine auffallende photo- morphotische Wirkung herbei; die im Schatten sich entfaltenden Blätter sowohl der Land- als auch der Wasserform bilden gegen- über den Vergleichspflanzen allmählich bis zu einer bestimmten Grenze immer längere und schmächtigere Stiele aus. Die Lage dieser Grenze wie auch der Unterschied gegenüber den Vergleichspflanzen wird durch andere Faktoren sehr modifiziert, so daß die endliche Ge- stalt des Blattstieles als die Resultante verschiedener mit dem Lichtreiz kombinierter Reizeinflüsse anzusehen ist; so vor allem durch den Um- stand, ob die Pflanzen freischwimmen oder im Bodengrunde fest- wurzeln. Im letzteren Falle ist bei den Pflanzen im Licht sowie im Schatten eine Streckung der Blattstiele zu beobachten, die bei der voll beleuchteten Pflanze durch die Einwurzelung allein bedingt, bei ‚ler beschatteten Pflanze durch die hinzugekommene Verringerung der Lichtintensität noch vergrößert wird (s. Versuch 2, 3,5 in Tab. 2 u. 3 und graph. Darst., Versuch 2). Bei den freischwimmenden Pflanzen ruft daher diese Differenz in der Beleuchtungsstärke einen viel beträcht- licheren Unterschied in der Gestaltung der Blattstiele (Versuch 1 u. 4 auf Tab. 1 und graph. Darst.; Taf. IX, Fig. 1, 2) hervor. Der Ein- fluß der Lichtintensität wird durch die Versuche 1, 2 und 3 (s. be- sonders graph. Darst.) noch weiter bewiesen, in denen durch Über- tragung der Schattenhülle von der bisher beschatteten Pflanze auf die Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia crassipes (Mart.) Solms usw. 301 bis dahin unbeschattete Vergleichspflanze ein Wechsel in den Beleuch- tungsverhältnissen herbeigeführt wurde. Die bis dahin unbeschattete Pflanze fängt nun an, allmählich längere und schmächtigere Blattstiele zu formen, während die Gegenpflanze zur Bildung der gedrungenen, blasigen Blattstiele langsam zurückkehrt. Diese soeben geschilderte Photomorphose gewinnt besonders dadurch an Interesse, daß eine ver- hältnismäßig geringe Reizänderung eine so auffallende morphogene Reaktion (Taf. IX, Fig. 2) auslöst. Einfluß der Temperatur. In den Versuchen I und 2 im Warmhause macht sich gegenüber den Versuchen 4 und 5 im Kalthause die stets um einige Grade höhere Temperatur des Warmhauses durchwegs in der größeren Länge der Blattstiele besonders der beschatteten und eingewurzelten Warmhaus- pflanzen bemerkbar. Den tiefsten Temperaturen in meinen Versuchen waren die Pflanzen des Versuches 6 (s. Tab. 3) ausgesetzt und diese hatten, trotzdem das Bassin den größten Teil des Tages über durch das Laubwerk der umstehenden Bäume beschattet war, unter allen Versuchspflanzen die kürzesten und dicksten Blattstiele, deren Gestalt sich der Kugelform sehr näherte, während die Blattstiele der im Glas- hause erwachsenen Pflanzen im besten Falle zu einer kurz ovalen Blase aufgetrieben waren). Weiters trittin den Kalthausversuchen 4 und 5 (s. Tab. 1 und 2; graph. Darst.) eine deutliche Parallelität zwischen dem Abfall der mittleren Temperaturen des Glashauses im Spätsommer und Herbst (s. Tab. 3, Temperatur) und der Abnahme der Blatt- stiellängen deutlich hervor. Und auch bei den einzelnen Versuchs- pflanzen dürften so manche mehr minder große scheinbar unvermittelt auftretende Unterschiede in den Dimensionen der Blattstiele zum Teil auf Temperaturschwankungen, die z. B. durch eine Reihe extrem heißer Tage oder eine plötzliche Abkühlung hervorgerufen wurden, zurück- zuführen sein. Hier sei auch erwähnt, daß die in dem kühlen Sommer des Jahres 1910 angestellten Versuche wohl infolge der niedrigen 1) Obwohl die eine Eichhornia dieses Versuches im Freilandhassin einge- wurzelt war, trat dennoch kein Unterschied gegenüber der freischwinmenden Ver- gleichspflanze auf, In einem andern Bassin aber, in welches schon zeitig im Frühjahr Eichhornien ausgesetzt worden waren, die zum Teil sich eingewurzelt hatten, zum Teil schwammen, trat ein solcher, wie er oben beschrieben wurde, im Verlaufe des Sommers auf. Den letzteren Fall habe ich jedoch nicht eingehend verfolgen können, so daß ich nicht beurteilen kann, welche Faktoren die Schuld an dem verschiedenen Ausfall tragen. 302 ö K. Boresch, Temperatur nicht jene auffallenden Unterschiede an den Pflanzen zeigten, die sich heuer ergaben. — Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia resultiert demnach aus dem komplizierten Zusammenwirken mehrerer Faktoren, es handelt sich um die Einflüsse von freier Schwimmlage bzw. Einwurzelung, um Licht- und Temperaturwirkungen, die in mannigfacher Weise mitein- ander interferierend die Gestalt des Blattstieles bestimmen. Ein- wurzelung, Beschattung und höhere Temperatur bewirken allgemein eine Streckung des Blattstieles, die gewöhnlich mit einer Abnahme seines Umfanges einhergeht. Auf alle diese verschiedenen Reize antwortet die Pflanze mit ein und derselben Reaktion, der Streckung des Blatt- stieles. Treten alle diese Faktoren zu vereinter, sich verstärkender Wirkung zusammen, dann kann es zu einem vollständigen Verschwinden der Blasen an den übermäßig verlängerten Blattstielen kommen; so er- langte eine Eichhornia, die in einem auf einem Südfenster stehenden Zimmeraquarium wurzelte, schließlich schmächtige Blattstiele von der beträchtlichen Länge von 34 em, an denen sich nicht einmal eine An- deutung einer blasigen Auftreibung erkennen ließ. Solche Pflanzen bilden das eine Extrem und bieten naturgemäß ein ganz verändertes Habitusbild etwa gegenüber jenen Pflanzen des anderen Extrems, die in dem kühlen Freilandbassin frei schwimmend, fast völlig kugelrunde Blattstiele ausbildeten. Freie Schwimmlage, volle Beleuchtung und niedere Temperatur bestimmen die Bildung blasiger Blattstiele und durch ihr Zusammen- treten sich verstärkend bedingen sie das Zustandekommen des letzteren Extrems. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es nun alle Über- gänge je nach den Verhältnissen, unter denen sich das betreffende Blatt befindet. Die genannten Faktoren können sich ja nicht nur gegenseitig verstärken, sondern auch schwächen, und in dem kom- plizierten Ineinandergreifen dieser Faktoren kann einer die entscheidende Rolle in der Ausgestaltung des Blattstieles an sich reißen. — So dürfte auch die Eichhornia an ihren natürlichen Standorten ein sehr variables Aussehen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Blattstiele darbieten; ab- gesehen von der schon in ihrer Bedeutung erkannten Einwurzelung bzw. freien Schwimmlage dürften auch Licht- und Temperatureinflüsse an der schließlichen Gestaltung der Blattstiele einen nicht zu unter- schätzenden Anteil haben. Und auch der Verlust der Jugendform mit zunehmendem Alter, der in meinen Versuchen mit Gewächshauspflanzen Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia crassipes (Mart.) Solms usw. 303 niemals zu beobachten war, dürfte hier wohl gleichfalls deutlich in Erscheinung treten. Eine gesetzmäßige Abhängigkeit der Ausbildung der Blattspreite von den einwirkenden Faktoren ließ sich in diesen Versuchen nicht erkennen. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß im Querschnitt die dünnen Blattstiele eine, wenn auch nicht bedeutende Abnahme der Zahl der Lufträume aufweisen, daß aber besonders die Querdimensionen derselben verringert erscheinen. Auf Längsschnitten durch gestreckte Blattstiele läßt sich eine bedeutende Längenzunahme der Lufträume gegenüber denen in den blasigen Blattstielen feststellen. Mit der Streckung und Verdünnung der Blattstiele geht also auch eine solche der Lufträume einher. Zusammenfassung. Die Gestalt der Blattstiele von Eichhornia crassipes resultiert aus dem komplizierten Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Ein- wurzelung (bei seichtem Wasserstand oder in nasser Erde), Beschattung und höhere Temperaturen bedingen eine Streckung der Blattstiele, die bis zum völligen Verschwinden der Blasen führen kann. Freie Schwimm- lage, volle Beleuchtung und niedrigere Temperaturen bewirken eine kugeligblasige Auftreibung der Blattstielee Zwischen diesen beiden Extremen gibt es alle Übergänge je nach der Prävalenz des einen oder anderen Faktors. Besonders die photomorphotische Wirkung macht sich in auffallender Weise geltend, indem schon eine verhältnis- mäßig geringe Herabsetzung der Lichtintensität große habituelle Unter- schiede in der Gestaltung der Blattstiele hervorruft. Mit der Streckung derselben erfolgt auch eine solche der in ihrem Innern befindlichen Lufträume. Prag, Pflanzenphysiologisches Institut der deutschen Universität. 304 K. Boresch, Figurenerklärung zu Tafel IX. Fig. 1. Photographie des 1. Versuches (siehe pag. 298) vom 27. Juli 1911. „2 Far » vom 28. August 1911. 3 3. Fr „ (siehe pag. 298) vom 27. Juli 1911. u 4 , „2. „ vom 28. August 1911. “5 ” n 3 “ {siehe pag. 298) vom 27. Juli 1911. 6. % » 3. “ vom 28. August 1911. In der Mitte einer jeden Figur ist ein Zentimetermaßstab zum Zwecke der Ver- gleichung abgebildet. In den Fig. 1, 2,3 ist noch die Pergamentpapierhülle zu sehen, die zur Beschattung der unter ihr befindlichen Pflanzen diente. Die beschatteten Pflanzen befinden sich in den Fig. 1, 2 links, in den Fig. 3, 4, 5, 6 rechts im Bilde. Die Aufnahmen sind auch in den Tabellen mit „phot.“ unter Hinweis auf die betreffende Figur der Tafel IX vermerkt. Graphische Darstellung einiger Versuchsergebnisse. (Die Anordnung der Versuche, deren Resultate hier graphisch wieder- gegeben sind, ist auf pag. 298 beschrieben.) [ Beschattet Unbeschattet, FERSHETIE| 4 890 oh. Bl 4 2m ı unraze 2. E3 E > r = s dacı KiLF Versuch 1. Eichhornien freischwimmend (Warnhaus). Aeichenerklärung. Auf der Abszisse sind die aufeinanderfolgenden Blätter (BI) einer Pflanze aufgetragen. Die Länge (L) und der größte Umfang des Blattstieles (U) in om, sowie das Verhältnis beider (I/U) werden durch Ordinaten dargestellt. Die unter einzelnen Rlattzahlen stehenden Daten geben an, daß in diesem Zeitpunkt das hetreffende Blatt das jüngste, ausgewachsene war. Der Doppelpfeil 6) be- zeichnet die Umkehrung der Beleuchtungsverhältnisse. Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia erassipes (Mart.) Solms usw. 305 Beschattet Unbeschattet.L resmm us “1.8 1.Bl. Fa = E 3 € Er Versuch 2. Eichhornien in seiehtem Wasser sich einwurzelnd. Beschattet Unbeschattet aa a SER u En IUERE SCH! Pe 8 sa & £ £? Versuch 4. Eichhornien freischwimmend (Kalthaus). K. Boresch, 306 u r “ r TX A GeWOTgL IL 'X1'83 olram vol! € x r TRROU sonure arlzand © TEXTE eerlaoorbt 222 Z16 TI XI 08 EEE: ste ILS one Karla se g‘6Forlor | 8‘2 - 98) II6 |8 aıel 8 6 2 [sol 'ais'aziot TEIIIA ES e2isicrs | T Eis 8 8 p |veienera6 Eiza0 LIST |2 yromeiTas rel 89 UnggeTgl IITA'02 : # ITINAOZ gerlge] 9 6 e Ice] awzıh Nana] tt Ina 82 Tr 989 iv 7 [s'el Sg Su 1 ge’ |e e | es’scarr “og 9 g za uecıe “des ze Ir | yepeigle IA" muaz 90 ale | t aan DIA | —{ aTalı 1 la] a [a salaıla) aha aapnejsny gdrpnn aopagjsny pas ji wıog j wog ji wog j wog — une wnyeg Pnegosaqu] yayeydsog yayeqdssquf] gopeysseg (TI wıog) sneey SNEUWIBA u 7 yonsıay puswwimyosiaiz uoruaoyqoll *T oreasıL "T yonsuoA Die Gestalt der Blattstiele der Eichhornia crassipes (Mart.) Solms usw. 307 DI aan CT RE Cr - |8|S|sS Started Fe ) En © 813 2 AIR Be a ® släP|l © Sr Afsorın S a 2 - S1215 aan En 3 zs|i2elA| = Kawods zeNÄdeao & 2 & CHR- rend Armen = E Pia - SEE Loaomn © | an = lo = aan ac | 22 3 3 8 Ss Shan oe se 52|2|53 ES aan am Ale|% = El mon en Br 2 “|Ss 5 n an go nn am gıs es scham dumm Icks;} & 5 an SERSE in E - ann voran So mn 3 je} je _ - f=} 8 N ee - a = 3 = fer! R R © 4 =) i S & E = B ia} a . j > B S Ss n = a a 2 - = , = © Q rn | Rau am |an r- J Hana ESG EL: ESS & 3 2\|o ya ERTITS mad | 7 3 Ssyuo Noonshs Sen 2 u Fi | ca aaa |® © 131 aaa Saonm Seo | on nn o|« mr Hamas |. ac | Aanı so 3 - & = . 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VII. 11 Bes Unbeschattet | Boat 20.VIIL 31 - 10 Bun | 1 23.YIIL11 un 5 84] | | 7 1215,45 31|11 10,87,01,4 24. v1 28. IX. 11 1311.16 2,4 Beat 28. VIIL11 i H = ) Sal, | 1 1, um 6822 wı1sher, 1.ıx. 11 |igkobs | ahalı 1512,87,511,2| Bl. verküm- - 20 Xu tm Pa verktm 3. 1x. 11 [144027 [11328 5. IX. 11 [153726 | 1118322 Eichhornien im Freilandbassin. 7. IX. 11 1537126 |1330121,5 Versuch 6. 9.1X. 11 [153726 |135223,5 FT —— 1x. a1 153726 |1230B1 2... Form I 13. 1X. 11 |1035B2,5| 63018 Datum Eingewurzelt Ereischwinmend 19.1X. 11 93120 aeaıs — i N BE 57 BL ‚ıılnaap2 [1025175 | ‚11 [112920 | 922155 “ \ »e185| 1003| PEUTER| . 11.[172618,5| 1023165 Zu .11 |102135,5| 61611 31.vIL 11 —- _ u ‚u 112020 s19l12,5 - .11 |122920,5| 101814,5 10,7 | u 9,8: ‚11 |148725,5 112817 | a . 11 |193024,5| 1021155 X. | 65 ‚11 [59523,8 52213, | i f Flora Band 104. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora Band 104. Schramm, Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora Band 104. Taf. VHN. Fig. 2 @). £ 5 ei & Fir. 90 0%). Fig. 96 "pn Schramm, Verlag von Gustav Fischer in Jena. . ; Vergleichende und kritische Zusammen- Die Zelle der Bakterien. fassung unseres Wissens überdie Bakterien- zelle. Für Botaniker, Zoologen und Bakteriologen. Von Dr. Arthur Meyer, 0. Prafessor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens und des bota- nischen Instituts der Universität Marburg. Mit 1 chromolithographischen Tafel und 34 Abbildungen in Texte. 1912. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Inhalt: T. Vorrede. — II. Die Umgrenzung der Enbakterien und die zu den Enbakterien zu rechnenden Gattungen. — III. Die Stellung der En- bakterien im Organismenreiche, — IV. Die Zelle der Bakterien, 1. Die Größe der Bakterienzelle. 2. Allgenıeines über den Bau der Bakterienzelle. 3. Der Zellkern. Historisches. Eigene Beobachtungen. 4. Das Zytoplasma. 5. Die Plasmodesnien. Allgemeines. Die Plasnsodesmien der Baklerien. 6. Die Geißeln. Aligemeines. Die Geißeln der Bakterien. 7. Die Membran der Zellfäden, Oidien un Sporangien. Morphologie und Biulogie der Membran. Die Chemie der Menıbran der Bakterien. 8. Die Zellsaftvakuole mit der sie umschließenden Vakuolenwand und andere Vakuoien. 9. Allgemeines über die organischen Reservestoffe. 10. Die Reservestofikohlehydrate der Bakterien. Das Glykogen und das Iogen. M.krochemie der Kohlehydrate. Vorkommen des Glykogens und Iogens bei den Bakterien. 11. Die Fette Die Reservefette der höheren Pflanzen und der Pilze. Das Feit der Bakterien in chemischer Beziehung. Eigenschaften der Fettropfen der Bakterien. 12. Das Reserveeiweiß im weitesten Sinne, besonders das Volutin. 183. Die Schwefeleinschlüsse. 14. Der im Zytoplasma liegende Farbstoff der Purpurbakterien. Die Farbe der Bakterien. Das »pektroskopische Verhalten der Farbstoffe der Purpurbakterien. Beziehungen zwischen dem Farbstoffe und der Reizbewegung der Purpurbakterien. Ist der Farbstoff der Purpurbakterien ein Chromophyll? Die Ungleichwertigkeit und das Widerspruchsvolle der über die Bakterienzeile handelnden Arbeiten machten es nötig, daß ein Gelehrter, welcher die nötigen botanischen und zoologischen Vorkenntnisse besitzt und sich selbst eingehend mit der Morphologie der Bakterienzelle beschäftigt hat, daran ging, eine Sichtung des spröden Materials vorzunehmen. Es ist auf diese Weise in dem vorliegenden Werk eine grundlegende kritische Darstellung über das Wesen der Bakterienzelle enıstanden, die für die verschiedensten Kreise der Naturforscher von besonderem Werte sein wird. Grundlinien der Pilanzen-Morphologie im Lichte der Paläontologie. Von Prof, Dr. H, Potonie, Vorsteher der Paläobotanischen Abteilung der Kg. preuß. geologischen Landesanstalt. Mit 175 Abbildungen im Text. Zweite, stark erweiterte Auflage des Heftes: „Ein Blick in die Geschichte der bota- nischen Morphologie und die Perikaulom-Theorie.“ 1912. Preis: 7 Mark. Aus dem Vorwort des Verfassers: Das Buch behandelt in seiner jetzigen Form nur Grundlegendes; für das Spezielle gibt es eine umfangreiche, treffliche Literatur. Es ist aber nicht nur das Bestreben, die Gesamtbotanik in unserer Disziplin — also einschließlich der Paläobotanik -— reden zu lassen, das mich zu einer eingehenderen Beschäftigung mit unserem Gegenstande veranlaßt hat, sondern ausgegangen ist mein Nach- denken über morphologische Probleme von der in ihr herrschenden Unlogik, die beseitigen zu helfen, meine ursprügliche Absicht war, eine Unlogik, die darin ihre Nahrung fand und findet, widerspruchsvoll auf der einen Seite in der Bahn der kritischen naturwissen- schaftlichen Forschung mit ihren relativen Begriffen zu verfahren, auf der andern aber absolute Begriffe aufzunehmen. f v Dr. Erast Die Blitzgefährdung der verschiedenen Baumarten. Stan, Professor der Botanik in Jena. 1912, Preis: 1 Mark 80 P£. Inhaltsverzeichnis: Einleitung. I. Häufigkeit starker Blitzbeschädigung bei verschiedenen Baumarten, II. Ursachen der verschieden großen BlitzLeschädieung der einzelnen Baumarten, Substratbeschaffenheit und Blitzeefährdung. TIL. Bigen- schaften der Bäume und Blitzgefährdung. IV. Oberfläche nbeschaffenheit der Baum- tinden. Benetzung der Baumrinden. V. Experimentelles. VI. Versuch einer Erklärung der verschieden großen Blitzgefährdung einiger verbreiteter Baumarten. Wenig gefährdete Bäume. Stark gefährdere Bäume. Bäume des Mittelmeergebietes. Blitz geführdung tropischer Bäume. VII Praktische Folgerungen. Literaturverzeichni-. _VERLAG VON GUSTAY FISCHER _IN JENA. | Soeben erschien: Allgemeine Biologie Von Prof. Dr. Oscar Hertwig, Geh. Rat, Direktor des anatomisch-biolegischen Institmts der Universität Berlin, Vierte umgearbeitete und erweiterte Auflage. Mit 478 teils farbigen Abbildungen im Text. 1912, Preis: 19 Mark 50 Pf., in Halbfranz,. gebinden 22 Mark. Die vierte Auflage hat wieder zahlreiche Veränderungen und neue Zusätze erfahren. Trotz Kürzungen des Textes an vielen Stellen hat daher der Umfang des Buches um fast 4 Druckbogen zugenommen, wie auch die Zahl der Textfiguren von 434 auf 478 gestiegen ist. Geleitet von dem Wunsche, das Gesamtbild der allgemeinen Biologie noch weiter als in den vorausgegangenen Auflagen abzurunden und zu vervollständigen, hat der Verfasser verschiedene Abschnitte, wie die Wirkungen der ß- und »-Strahlen auf pflanzliche und tierische Gewebe, namentlich auf Eier und. Samenfäden, oder das Überleben der Gewebe und die durch amerikanische Forscher ausgearbeitete Deckglaskultur, ferner ein größeres Kapitel über die jetzt vielerörterte Frage der Geschlechtsbestimmung ganz neu aufgenommen. Um den zahlreichen Fortschritten der biolagischet Forschung io den letzten Jahren Rechnung zu tragen, hat die Lehre von den Chondriosomen, von der Cheniotherapie, von dem Dimor- phismus der Samenfäden und von den Heterochromosomen, von den Piropfhastarden, von den Hormonen, von den sekundären Geschlechtscharakteren, von der Vererbung erworbener Eigenschaften, namentlich im Hinblick auf die Experimente von Tower, eıne entsprechende Neubearbeitung und Erweiterung erfahren. „Archiv £.. Hydrobiol. u. Planktonkunde“, ıgrı (über die 3. Auflage): Von einem so umfangreichen und bedeutenden Werk. wie das vorliegende ist, kann kein Referat und keine noch so ausführliche Besprechung einen adäquaten Begriff geben. Wie der Gegenstand, den es behandelt, in jeder Hinsicht unerschöpflich ist, so trägt auch dieses monumentale Lehrbuch das Gepräge einer großartigen und nicht genug zu "bewundernden wissenschaftlichen Leistung, die als eine Zierde der internationalen biologischen Literatur bezeichnet werden muß. Diesen Eigenschaften entsprechend hat das vorliegende Meister- stück einer zusammenfassenden Darstellung unserer Wissenschaft von der Zelle und ihrer Funktionen binnen zwei Jahrzehnten schon drei Auflagen erlebt. Die neueste, welche vor zwei Jahren erschien, trägt allen Forischritten Rechnung, die in der Zwischenzeit gemacht worden sind, Dazu kommt noch die Einschaltung verschiedener neuer Kapitel, wie z. B. solche über die Elementarstruktur der Zelle, über die Reifeteilung, über natürliche und künstliche Parthenogenese, über Bastardierung, über Transplantation von Geweben, über die Struktur des Eies und über das biogenetische Grundgesetz. Ganz neu sind in dieser 3. Auflage die Kapitel über die Mendelschen Regeln, über die Chimären {Produkt von Transplantationsexperimenten) ued die Pfroptbastarde. Aus der enormen Fülle des behandelten Stoffes, der in jedem einzelnen Kapitel dieselbe unvergleichlich lichtvolle Darstellung erfährt, kann kaum etwas im besonderen hervorgehoben werden. Trotzdem möchte ich auf die klassische Durchführung eines Ver gleiches der Arbeitsteilung in der menschlichen Gesellschaft mit derjenigen in Organismus {S. 476—487) aufmerksam machen, die mir besonders wohlgelungen erscheint. Man dürfte kaum irgendwo in der wissenschaftlichen Literatur diese Analogie so klar, packend und überzeugend durchgeführt finden. Sehr wichtige Erwägungen und Hinweise enthält auch das 28. Kapitel („Ergänzende Bemerkungen“ betitelt), worin über die Biogenesistheorie und das biogenetische Grundgesetz diskutiert wird. Dasselbe gilt von der Erklärung pflanz- licher und tierischer Form durch die Biogenesistheorie (29. Kapitel), Es liegt, wie schon gesagt, in dem Hertwigschen Werke ein Lehr- und Handbuch vor, welches für jeden, der sich produktiv mit biologischen Studien beschäftigt, als Wegweiser und Änreger un- entbehrlich ist, Prof, Dr. Otto Zacharias. —Oa IE” Diesem Hefte liegen vier Prospekte bei: 1. vom Verlag Quelle & Meyer in Leipzig, betr. „A. Nathansohn, Allgem. Botanik“; 2. vom Verlag Wilh. Engel- mann in Leipzig, betr. „E, Rübel, Pflanzengeograph. Monographie des Bernina- gebieten“; 3. u. 4. vom Verlag Gustav Fischer in Jena, betr. „August Pütter, Vergleichende Physiologie“ und „Handwörterbuch der Natnrwissenschaften“. Pruck von Ant. Kämpfe in Jena. Bin FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. NEUE FOLGE. VIERTER BAND. (DER GANZEN REIHE 104. BAND) VIERTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 4 TAFELN UND 10 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1912. ERSCHIENEN AM 1. OKTOBER 1912. Inhaltsverzeiehnis. Seite GRIMM, JULIUS, Entwicklungsgeschiehtliche Untersuchungen bei Rhus und Coriaria. Mit Tafel X u. XI und 3 Abbildungen im Text 309-334 SCHMID, GÜNTHER, Beiträge zur Biologie der insektivoren Pflanzen. Mit Tafel XII u. XIII und einer Abbildung im Text . . . 335--383 BUYSMAN, M., Botanischer Garten in Nongko Djadjar bei Lassang (Ost-Jave) . . . - 384— 386 MÜLLER-THURGAU, H. und SCHNEIDER-ORELLT, O., Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in blübenden Pflanzenteilen II. Mit 6 Abbildungen im Text - 2 222m nn nn. 887446 VERLAG V Soeben erschien: Fi umfassend die Blüitenpflanzen, mit besonderer Be- Exkursionsilora von Java, rücksichtigung der im Hochgebirge wildwachsenden Arten. Im Auftrage des holländischen Kolonialministeriums bearbeitet von Dr. 8. H. Koorders. Dritter Band: Dikotyledonen (Metachlamydeae). Mit 6 Lichtdrucktafeln, 4 Karten und 19 Abbildungen im Text, (IX und dy8 8. gr. 5°) 1912. Früher erschienen: Preis: 28 Mark. Erster Band: Monekötyledonen. Mit einer chromolithographischen Tafel, 6 Lichtdrucktafeln und 30 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 24 Mark. Zweiter Band: Dikotyledonen (Archichlamydeae). Mit 7 Lichtdrucktafeln und 90 Abbildungen im Text. 1912. Preis: 36 Mark. Preis des ganzen Werkes: 88 Mark. Einer der besten Kenner der javanischen Flora, der sich seit vielen Jahren in Java als Sammler betätigt, hat diese Exkursionsflora verfaßt. Bei dem besonderen Interesse, das Java von jeher für die Botaniker bietet — wohl keinem ist der botanische Garten von Buitenzorg mehr unbekant — wird vermutlich gerade dieses Werk besonders will- kommen gebeißen werden. Nicht nur Samımler und Bibliotheken, sondern viele Botaniker werden daher wünschen, die von einem hervorragenden Sachkenner geschriebene Exkursions- flora zu besitzen, die sich nicht nur durch Vollständigkeit, sondern auch durch besonders schöne Abbildungen auszeichnet. Naturwissenschaftl. Wochenschrift, N. F., Bd. XI, Nr. 19, 1912: Das Werk ist so eingerichtet wie eine Bestimmungsflora, soweit es sich um die Bestimmung der Familien, Gattungen und Arten handelt und am Eingang des ersten Bandes ist sogar eine Liste zu finden, die die wichtigen Kunstausdrücke definiert. Wir haben es also in dieser Flora mit einer glücklichen Vereinigung reiner Wissenschaft mit den Bedürfnissen weiterer Kreise zu tun, so daß auch z. B. der mur naturwissenschaftlich all- gemein gebildete Reisende das Werk mit Nutzen zu Rate ziehen kann, Es braucht nicht gesagt zu werden, welchen Vorteil das hat, Die Möglichkeit, die vorliegende Flora zu schreioen, ist gegeben durch die außerordentlich gute florisiische Erforschung der Insel und dadurch, daß Koorders selbst die Flora eingehend an Ort und Stelle studieren konnte, Wo einheimische Namen vorhanden sind, hat sie der Verf, genannt, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß in der gebotenen europäischen Schreibweise die richtige Aussprache nieht darstellbar ist. Die Abbildungen sind ausgezeichnet klar. . ins ntlanzonnhuciniani ah Anleitung zu pilanzen- Das kleine pflanzenphysiologische Praktikum. " pysiologisihen” expert menten für Studierende und Lehrer der Naturwissenschaften. Von Dr. W, Detimer, Professor an der Universität Jena. Vierte, vielfach veränderte Auflage, Mit 170 Abbildungen. 1912, Preis: 7 Mark 50 Pf., geb. 8 Mark 50 Pf. Naturwissenschaftl. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtschaft 1909, Heft 10: Wir haben die erste Auflage im Jahrgang 1903, die zweite im Jahrgang 1907 be- sprochen, und schon liegt die dritte Auflage dieses Buches vor, welches sich ungemein schnell eingebürgert hat; die schnelle Auflagenfolge hat es ermöglicht, das Werk gründlich durchzuarbeiten und auf dem neuesten Literaturstand zu erhalten. Besonders wohltätig ist die jeder Experimentengruppe vorhergehende, nach Lehrbuchart gehaltene Orientierung. So dient das Buch auch für den, welcher nicht Gelegenheit hat, die angeführten Rezepte zu praktischen Experimenten nachzumachen, zu ausgezeichneter Belehrung, andererseits ist es für jeden Exjerimentator ein unentbehrlicher Ratgeber. v. Tubeuf. N_GUSTAV FISCHER IN JENA. TU Mm een Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. Von Julius Grimm. (Mit Tafel X u. XI und 3 Abbildungen im Text.) In seiner Juliania-Arbeit!) kommt Hallier durch die Ähnlichkeit, die er zwischen Juliania und den Juglandaceen einerseits und Juliania und den Rhoideen Rhus und Pistaeia andererseits findet, zu dem Schlusse: „ Auch die Juglandaceen sind Anacardiaceen und neben Juliania und Pistacia durch Reduktion in Blüte und Frucht aus Rhoideen entstanden“ (pag. 251). Die Anacardiaceen vereinigt Hallier mit den Brunelliaceen, Burseraceen, Irvingiaceen, Sabiaceen, Engler’s Julianalen, Juglandalen und drei bisherigen Simarubaceengattungen wieder zu der alten Familie der Terebinthaceen (pag. 251) Von diesen Terebinthaceen leitet er die Amentaceen (Quereineen, Myrieeen, Betuleen, Casuarineen, Coryleen) ab inı Gegensatz zu Engler und Wettstein, die darin Verbindungsglieder zwischen Gymnospermen und Angiospermen suchen (pag. 252). Ebenso betrachtet Hallier die Leitnersceen, Aceraceen und Urticalen, also die meisten Chalazogamen, als „in Blüte und Frucht verkümmerte Abkömmlinge von Terebintha- seen“ (pag. 252). „Demnach“, schließt er weiter, „läßt die Chalazogamie von Jug- lang, vielen Amentaceen und Ulmus auch bei Myrica, Leitnera, Acera- ceen, Julianis, Pistacia, Rhus und anderen Terebinthaceen Chalazo- gamie und weitere entwieklungsgeschichtliche Anklänge an Casuarina vermuten.“ Auf diese Anregung Hallier’s hin wurde ich mit der Aufgabe, die Entwieklungsgeschiehte von Rhus zu studieren, Mitte Sommer 1910 von Herm Geheimrat Strasburger betraut. Das untersuchte Material wurde größtenteils dem botanischen Garten der Universität Bonn entnommen. Am eingehendsten befaßte 1) Hallier, H., Über Juliania, eine Terebinthaceengattung mit Cupula, und die wahren Stammeltern der Kätzchenblütler. Beitr. z. bot. Centralbl, II. Abt., Bd. XXIIL, 1908. Flora, Bd. 104. 22 310 Julius Grimm, ich mich mit Rhus Toxieodendron; zum Vergleich wurden später Rhus typhina und Rhus glabra herangezogen. Die Fixierung der Blüten und Blütenanlagen erfolgte nach Carnoy mit Alkohol-Eisessig, dessen Ge- halt an Essigsäure meist etwas geringer genommen wurde; Wurzelspitzen wurden mit Chron-Osmium-Essigsäure nach Flemming fixiert; die Überführung aes fixierten Materials in Paraffin ging über Chloroform von statten. Die bekannten Färbemethoden, Safranin-Gentiana-Orange, Eisen- hämatoxylin nach Heidenhain, Malachitgrün-Bäurefuchsin bewährten sich auch bei meinen Objekten. Für Pollenschlauchfärbung erwies sieh besonders letztere Methode als sehr geeignet, doch wurden mit Eisenhämatoxylinfärbung und Nachbehandlung mit Gentiana nach dem Differenzieren ebenfalls gute Resultate erzielt. Als Einschlußmittel der zwecks Aufhellung mit Nelkenöl behandelten Schnitte diente aus- schließlich Kanadabalsaı. Die Gattung Rhus wird von Engler!) als polygam bezeichnet. Auch in den meisten Floren findet man in den Diagnosen von Rhus Toxicodendron, Rhus typhina und Rhus glabra die Angabe: „Blüten polygam“. Charles Robertson?) sagt von Rhus: „The species are said to be polygamous, It might be better to call them dioecious, though of a recent form, for the staminate and pistillate flowers have large rudinents of pistils and stamens, and there is a tendeney for them to revert to the perfect condition.“ Rhus Cotinus scheint bald polygam, bald diözisch zu sein, denn „Müller and Kerner mention Rhus Cotinus as polygamous; but in Halle and in South Tyrol Schulz found it to be dioecious, thong it appears, that in the former locality he afterwards found polygamous examples“. Über Rhus typhina ist man sich auch nieht einig: „In the manual Rhus typhina is called polygamous, while Müller calles it dioecious.“ Für die Diözie einer Reihe von Spezies tritt Meehan ein, „referring to the faet, that Rhus copallina, venenata and Toxieodendron are variously elassed as dioeeious, polygamodioecious or polygamous, insists that they and Rhus eotinoides are all truly dioesious“. Robertson selbst fügt hinzu: „I regard Rhus glabra and Cana- densis as divecivus.““ 1) Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien, III. Teil, Abt. 4 und 5. 2) Charles Robertson, Flowers and Insects XVIL. Bot. Gaz., Vol. XXII, pag. 154 ff. Siche auch Kunth, Blütenbiologie 3, 1, pag. 456 ff. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 3ıl Aus eigenen Beobachtungen kann ich mitteilen, daß die Exemplare von Rhus typhina und glabra, die mir zu Gesicht kamen, sämtlich diözisch waren. Bezüglich Rhus Toxicodendron war ich schon vor Kenntnisnahme der Robertson’schen Arbeit zur Überzeugung ge- langt, daß die dort herrschende Diözie erst jüngst entstanden sein müsse. Denn auf Grund meiner Mikrotomschnitte konnte ich fest- stellen, daß die (funktionell) männlichen Blüten in der Samenanlage ihres Ovarrudiments einen normalen Embryosack mit Eiapparat, Zentral- kern und Antipoden entwickeln, während allerdings die (funktionell) weiblichen Blüten in ihren Staminodien nur noch ein schmächtiges Archespor zur Ausbildung bringen, das frühzeitig wieder zugrunde geht und in den Staminodien der zur Befruchtung reifen Blüten als formlose schwarze Masse zu erkennen ist. Auch hier zeigt sich also der größere Widerstand der weiblichen Organe gegen Änderungstendenzen. Da ich die Untersuchungen Robertson’s, wie erwähnt, beim Beginne meiner Arbeit nicht kannte und nur fixiertes Material von Rhus Toxieodendron männlichen Geschlechts besaß, suchte ich längere Zeit vergeblich bei diesem nach der Befruchtung. In Anbetracht der eigenartigen Geschlechtstrennung bei den vorliegenden Rhoideen halte ich die Ergebnisse dieser Untersuchung bezüglich der Embryosack- entwicklung für interessant genug, um sie hier kurz mitzuteilen; dabei will ich auch auf die Pollenentwieklung eingehen. A. Rhus Toxicodendron. IL. Die Entwicklungsgeschichte der männlichen Biüten. 1. Die Pollenbildung. Die Pollenentwicklung wird, wie bei der erdrückenden Mehr- zahl der Angiospermen durch die Anlage eines mehrzelligen Archespors in den jungen Antheren eingeleitet. Die Anlage der Staubblätter scheint der Anlage der Fruchtblätter zeitlich voranzugehen; wenigstens besitzen sie, wie man auf Längsschnitten durch junge Blütenanlagen deutlich sehen kann, beim Auftreten der Fruchtblätter bereits eine beträcht- liche Größe (Fig. 1a und 5 im Text). Von Teilungszuständen, die zur Ausbildung des Pollens führen, begegnet man am häufigsten der Symapsiss Die weitere Entwick- lung verläuft in der oft beschriebenen Weise; ich habe dieselbe nur in großen Zügen verfolgt und mieh begnügt, die markanten Stadien, die im Laufe einer Pollenentwieklung aufzutreten pflegen (Synapsis, Spirem, Diakinese, heterotypische und homöotypische Teilung), auch 22* 312 Julius Grimm, bei meinem Objekte nachzuweisen. Die Aussicht auf Erwerbung zyto- logischer Lorbeeren wird bei den untersuchten Rhoideen durch die ge- ringe Größe der Kerne und Chromosomen verbunden mit der verhältnis- mäßig hohen Zahl der letzteren von vornherein vernichtet. Die haploide Zahl der Chromosomen konnte ich durch Zählung an Kernplatten der heterotypischen Teilung auf 15 feststellen (Fig. 1). Zur Kontrolle dieser Zählungen suchte ich Kernplatten von vegetativen Teilungen zu erhalten, wie man sie am besten in Querschnitten von Wurzelspitzen findet. Junge Wurzeln gewann ich durch Auspilanzen von Ausläufern, die bei Rhus Toxieodendron zahlreich in der Umgebung eines Strauches aus dem Boden hervorbrechen, in Rheinsand. In der feuchten Wärme eines Gewächshauses sproßten dann nach ca. 14—21 Tagen kräftige Adventivwurzeln allenthalben hervor, die ich durch Einpflanzen ab- geschnittener Zweige vergebens zu erlangen versucht hatte. Die Zählung der Chromosomen ergab übereinstimmend mit der haploiden Zahl von 15 eine diploide von 30 Chromosomen. Die abgebildete Kernplatte (Fig. 2), die einer in Teilung befindlichen Dermatogenzelle entnommen ist, ist ausgezeichnet durch die paarige Anordnung ihrer schwach ge- krümmten Chromosomen. Das einzelne Chromosom, das eine etwas isolierte Lage einnimmt, verdankt diese wohl dem gewaltsamen Ein- griff des Messers, da es sonst nie in dieser Lagebeziehung zu den übrigen zu entdecken war, vielmehr das meist nahe Zusammenrücken der Kern- segmente das Auffinden von zum Zählen geeigneten Platten sehr er- schwerte. 2. Die Entwicklung des Ovarrudiments, seiner Samenanlage und deren Embryosacks. Der Bau der Anacardiaceenblüten ist durch einen großen Poly- morphismus ausgezeichnet, der hauptsächlich in der Zahl und Lage- beziehung der das Androeceum und Gynaeceum zusammensetzenden Elemente zur Geltung kommt, sich aber auch gelegentlich in starken Reduktionen der Blütenhülle offenbart. Besonders interessant ist die Variabilität in Zahl und Ausbildungs- stufe der Carpelle, deren fortschreitende Reduktion sowohl in der großen Reihe von den Mangifereen bis zu den Dobineen!) zutage tritt, wie auch innerhalb der einzelnen Abteilungen sich kund gibt. Am besten gebe ich zum Beleg die Beschreibung Engler’s mit dessen eigenen 1) Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. III. Teil, Abt. 4 und 5, pag. 144 Bestimmungsschlüssel. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 313 Worten wieder*): „Die Zahl der Gattungen, bei welehen alle Quirle der Blüten eine gleiche Anzahl von Gliedern haben, ist gering... . ., bei den meisten übrigen Gattungen ist die Zahl der Carpelle geringer; sehr häufig sind nur drei an der Bildung des Stempels beteiligt, und zwar sind dann diese 3 meist so orientiert, daß ein unpaares nach hinten fällt. Von diesen 3 Frb. trägt aber nur eines 1 Sa, während bei den Gattungen mit je 1 Sa. im Fach auch häufig nur 1 8. zur Reife kommt. Von den rudimentären Frb. kann man häufig nieht mehr als die Gr. und N. wahrnehmen, so z. B. bei Haplorhus und Pistacia. ... .Viel schärfer tritt die Reduktion auf 1 Carpell bei Mangifera und verwandten Gattungen auf, die um so interessanter ist, als bei der verwandten Gattung Buchanania 5 getrennte Carpelle vorhanden sind, von denen aber nur eines 1 Sa. und 1 8. entwickelt.“ Auf Längsschnittbildern junger Blütenanlagen sieht man in der Mitte des Blütenbodens die ersten Anlagen des Gynaeceums in Gestalt eines Carpells und einer kuppelförmigen Erhe- DER BEN bung daneben (Textfig. MR 1a). Querschnitte lassen das Carpell als halb- mondförmig gekrümmt ; s © erkennen, mit den Hör- nern der Sichel gegen die kuppelförmige Er- hebung gewandt und in tieferen Lagen einen y Ring bildend. Eine G . (9 d & deutliche Sonderung des Carpids von der Masse Fig. 1. Längsschnitte durch junge Blüten 5; han. B ; . Fruchtknoten (c—e) männlicher Blüten. a u. )j. der Kuppel ist hier nicht Ok. 1; e N d bin 2, 0k. 3; e 06. , Ok. zu bemerken, wahr- scheinlich bildet das Carpell für sich die ringförmige Verwachsung, wie dies auch aus späteren Querschnittsbildern nahegelegt wird, der die beiden anderen in der kuppelförmigen Masse noch undifferenziert enthaltenen Carpide angewachsen sind An Längsschnitten durch etwas ältere Blütenteile glaubt man die Sonderung von zwei Carpellen aus der Kuppelmasse erkennen zu 2) 1]. ce, pag. 141 und 142. 314 Julius Grimm, können, so daß also jetzt drei Carpide vorhanden sind, von denen eines die beiden anderen an Größe übertrifft (Textfig. 1b). Völlig eindeutige Bilder kann man indessen den Längsschnitten nicht abgewinnen, da ein Carpell infolge seiner Einkrümmung leicht zweimal im Bilde erscheinen und dadurch zu falschen Vorstellungen Anlaß geben kann. Die Art der Verwachsung der drei Carpide wird aber an Querschnitten durch noch ältere Blüten deutlich (Textfig. 2). In Querschnittserien begegnet man zuerst nur dem Schnitt eines einzigen Fruchtblattes, das also die beiden anderen um ein Stück über- ragt. Tiefere Schnitte zeigen drei Fruchtblätter nebeneinander liegend. Geht man weiter in der Schnittreihe, dann sieht man die Verwachsung der Carpide (Textfig. 22—e), Das Bild bietet, räumlich gedacht, das Ausschen einer großen Dachrinne, deren Ränder nahe aneinander gedrückt sind, und auf die tiefere Schnitte zeigen die größere ‚ , c Dachrinne mit ihren Rändern ebenfalls je mit den eigenen Rändern aneinander gepreßt und > S! dazu mit den freien Rändern a) \ stark genähert (2c). Schließ- / } lieh istnur noch eine große ovale Spalte,der Querschnitt deroberen knoten aus & Blüten. a—d Obj. 4, Ok. 3, 2. az Sarier Br 4, ok 1, aus einem anderen) höhle, und zwei kleinere Spalten, Carpelle gebildetenrudimentären Fruchtknotenhöhlen zu erkennen (24). Die einzige Samenanlage ist in knotenfach sichtbar, mit ihren Spitzen gegen die Innenseite desselben gewendet. Der weitere Verlauf ihres Wachstums wird aus Textfig. 1 Figuren den Sachverhalt verdeutlichen können. Mir kam es in der Hauptsache darauf an, zu zeigen, daß durch die Verwachsung der Frucht- werden, da mir dies später bei der Schilderung des Pollenschlauch- verlaufes von Wichtigkeit und auch entwieklungsgeschichtlich von je eine kleinere, noch etwas mehr klaffende Dachrinne gelötet ist. Noeh verwachsen die beiden kleineren, Fig. 2. Querschnitte dureh junge Frucht- Verjüngung der Fruchtknoten- Fruchtknoten, die Sa. zeigend. die durch die beiden kleineren der Gegend der Verwachsungsnaht des großen Carpids unten im Frucht- vollständig klar. Besser als alle Erklärungen es vermögen, werden die blätter eine ausgebildete und zwei rudimentäre Ovarhöhlen erzeugt Interesse ist. | Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria, 315 In der jungen Samenanlage differenziert sich auf frühen Ent- wieklungszuständen eine Embryosackmutterzelle, die erst in der zweiten oder dritten subepidermalen Zellage deutlich als solche in die Erscheinung tritt. In der dritten oder vierten snbepidermalen Schicht angelangt, nimmt sie allmählich das charakteristische Aussehen eines in Reife- teilung tretenden Gonotokonten an, das Chromatin sondert sich und sammelt sich an einer Stelle der Kernwand: der Kern tritt in das Stadium der Synapsis. Ich möchte auch hier nicht schrittweise die Reifeteilung der Embryosackmutterzelle verfolgen, sondern beschränke mich auf das Herausheben der wichtigsten Stadien der Reduktionsteilung. Als solehe begegneten mir weiter Spirem und Diakinese. Letztere gibt Fig. 5 wieder, an der sich die Zahl der Gemini leicht auf 15 feststellen läßt. Links neben dem Nukleolus befinden sich zwei Paarlinge in Deckung, die Lage der einzelnen Paarlinge zu einander ist hier die denkbar mannig- faltigste; da das Bild bei ca. 1500facher Vergrößerung gezeichnet ist, kann man sich die geringe Größe der Chromosomen lebhaft vorstellen. Der Diakinese folgt die erste Teilung, an die sich die zweite unmittel- bar anzuschließen scheint. Fig. 6 und 7 geben die beiden Teilungs- zustände der Embryosackmutterzelle wieder, erstere die heterotypische, letztere die homöotypische Teilung. In der ersten Teilung sind die Chromosomen kurz vor der Vollendung ihres Weges an die beiden Pole vom Fixierungsmittel überrascht worden, in der zweiten Teilung be- finden sie sich noch im Äquator der Spindel; die untere Spindel ist vom Messer verletzt. Die homöotypische Teilung scheint schneller vollzogen zu werden als die heterotypische, denn erstere konnte ieh erst nach langem Suchen in einem einzigen Falle auffinden, während die letztere sieh mir viermal bot. Dureh die beiden Teilungsschritte entstehen vier Makrosporen, deren vierzählige Reihe an einer ganzen Anzahl von Präparaten fest gestellt werden konnte (Fig. 8). Von den vier Makrosporen gehen die drei nach dem Mikropylar- ende gelegenen wie gewöhnlich zugrunde, die der Chalaza zugewandte bleibt erhalten und bildet den Embryosack. Die drei zerquetschten Makrosporen erhalten sich noch eine Zeitlang als schwarze Masse am Mikropylarende des Embryosackes (Fig. 9), dann vermengen sie sich mit den zerfallenden Zellen der Embryosackwandung, die von jetzt au häufig zu treffen sind (Fig. 10—15). Der primäre Embryosackkern teilt sich nun in der für die Embryo- sackbildung der Dieotylen typischen Weise dreimal. Ich habe mir die Mühe gemacht, denselben durch alle drei Teilungsschritte zu verfolgen, 316 Julius Grimm, gebe aber nur für die erste und dritte Teilung eine Abbildung. Der Em- bryosack wächst während. dieser Teilungen stark in die Länge und Breite, die Zahl der zerfallenden Zellen seiner Wandung ist sehr reichlich (Fig. 10—15). Von den nach der dritten Teilung vorhandenen acht Zellen setzen sich wie gewöhnlich drei an dem gegen die Chalaza gekehrten Ende des Embryosackes fest, drei liefern den Eiapparat, die beiden anderen, deren jeder sich vor den Kernen der Synergiden und dem des Eies durch seine Größe auszeichnet, verschmelzen sofort zum sekundären Embryo- sackkern (Fig. 14), der immer in der Nähe des Eiapparates zu finden ist (Fig. 15). Die Abgrenzung der einzelnen Elemente des Eiapparates ist meist nicht so klar, wie bei dem eines normalen Embryosackes. Das mag der zweite Schritt zur Resorption der ganzen Embryosackentwicklung sein; der erste ist seine Befruchtungsunfähigkeit. Ob dieselbe zuerst durch eine Eigenschaft des Embryosackes selbst oder des Fruchtknotens herbeigeführt wurde, ist nicht zu ent- scheiden. Jedenfalls bilden jetzt die drei Griffelenden keine Narben- papillen mehr aus und machen auch oft einen verkümmerten Eindruck. Hier möchte ich eine Mißbildung erwähnen, die mir bei der Unter- suchung der Embryosackentwicklung zweimal entgegentrat, der Um- wandlung der Carpelle in Staubblätter. In einem Falle hatten sich die- selben im Habitus den normalen Staubblättern stark genähert und ent- hielten an der Spitze in Pollensäcken, die auch eine Tapete aufwiesen, einen kurz vor der definitiven Ausbildung stehengebliebenen und ver- dorbenen Pollen. Im anderen Falle hatte nur ein Carpell Pollen ge- bildet, der 2. T. die Normalzahl von zwei Kernen besaß, z. T. aber auch mit einer größeren Anzahl von Kernen ausgestattet war (z. B. vier), gleichsam als hätte sich der Rhythmus der Embryosackteilungen hier geltend gemacht. Im letzteren Falle war auch die Samenanlage vor- handen, hatte aber eine aufrechte Stellung inne und war parallel zur Länge der nicht zusammenschließenden Carpide in die Höhe gewachsen. Eine ähnliche Umwandlung weiblicher Organe in männliche be- schreibt Strasburger*) bei Mercurialis annua, bei der es sich aber, wie auch bei Salix petiolaris?) um Samenanlagen oder Plazentaraus- wüchse handelt, die staubblattähnliche Formen annehmen. 1} Strasburger, E., Über geschlechtsbestimmende Ursachen. Jahrb. £ wissensch. Bot., Bd. XLVLIT, pag. 474, 1910. 2) Coulter and Chamberlain, Morphologie of Angiosperms, pag. 28. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 317 I. Die weiblichen Blüten, 1. Bau des Fruchtknotens und der Samenanlage. Ende Mai des Sommers 1911, als Rhus Toxicodendron wieder zu blühen begann, sah ich, daß in unserem Garten von den beiden dort stehenden Exemplaren eines männlich und eines weiblich war. Günstig für die Auffindung der Befruchtungsvorgänge war ihre räumliche Trennung; denn so konnte man die weiblichen Blüten bestäuben, die bestäubten Blüten zu verschiedenen Zeiten fixieren und durch Untersuchung des bzgl. der Fixation zeitlich an den Extremen stehenden Materials und allmähliches Vorrücken von beiden Seiten nach dem Material mittlerer Fixierungszeit die Durchgangszeit des Pollenschlauches in feste Grenzen einschließen, ein Vorteil, der die im Bau des Frucht knotens und der Samenanlage liegenden technischen Schwierigkeiten etwas ausglich. Ich wählte die Zeit zwischen 6 und 8 Uhr abends zum Bestäuben, da sie — eine mittlere Durehgangszeit von 36 Stunden für den Pollen- schlauch gerechnet — das Fixieren während des Tages vorzunehmen gestattete. Der Blütenstaub wurde auf die Narben jeder einzelnen Blüte mit einem Pinsel aufgetragen. Mit der Fixierung begann ich zur größeren Sicherheit schon in der zweitfolgenden Nacht 3%, Uhr, sie bis 1 Uhr nachmittags des folgen- den Tages in Abständen von ungefähr 1 Stunde, von da bis ca. 6 Uhr in solchen von ungefähr 1, Stunden wiederholend. Die kleinen Frucht- knoten wurden in 85 %,igem Alkohol herauspräpäriert und im Paraffin nach einer geringfügigen Abplattung in der Richtung des Verlaufes der Samenanlage so zu lagern versucht, daß das Messer sie median treffen mußte. Diese Orientierung nach der Symmetrieebene des Fruchtknotens wurde am zweckmäßigsten bei der Kleinheit des Objekts so vorgenommen, daß man die Fruchtknoten einzeln im Paraffin so lange um die Längs- achse drehte, bis man die Lage des größten Widerstandes gegen Dreh- ungen erreicht zu haben glaubte, eine Operation, die zuerst nicht, bei einiger Übung aber ganz gut gelingt. Die Aufgabe wurde weiterhin erschwert durch die Einzahl der Samenanlage, ihre Gestalt und die Eigen- schaft des dünnen Pollenschlauches, kurz hinter seinem fortwachsenden Ende wieder zu verschwinden; deshalb habe ich zur Klarlegung seines Verlaufes eine große Anzahl von Schnitten anfertigen müssen. Daß der Fruchtknoten der weiblichen Blüten die bei der Be- schreibung der männlichen Blüten geschilderte Entwieklung nehmen muß, läßt sich an Querschnittserien deutlich erkennen. Man begegnet 318 Julius Grimm, in solchen zuerst den drei freien Narbenquerschnitten; darauf den drei freien Teilen des Griffels, an denen ich das Überwiegen des Flächen- inhaltes eines der Komponenten über jeden der beiden anderen in dem durch Messung festgestellten Verhältnis 2:1:1 ausgedrückt fand. An den gut erkennbaren Verwachsungsnähten der einzelnen Frucht- blätter sicht man ebenfalls deutlich, daß die Ovarhöhle von dem größeren Carpell gebildet wird, und daß die beiden kleineren nur rudimentäre Fruehtknotenhöblen einschließen. Da die Verhältnisse im Prinzip dieselben sind, wie die bei der Erläuterung des Fruchtknotenbaues der männlichen Blüten dargelegten, glaube ich von einer Abbildung absehen zu können. An dem innersten Ende des durch die Faltung der Carpide ent- standenen, mit den Narbenpapillen dureh Übergänge verbundenen Ver- wachsungsgewebes eines jeden der drei Fruchtblätter fällt eine Gruppe von Zellen auf Querschnitten durch intensive Färbung ihres Inhaltes, durch ihre glänzenden Zellwände und die Größe der Kerne in die Augen: es sind die Zellen eines leitenden Gewebes, das im Längsschnitt auch in Fig. 23 angedeutet ist. Da nun die Fruchtknotenhöhle durch die Faltung des einen großen Fruchtblattes gebildet wird, so steht auch einzig und allein das an der innersten Seite der Faltung entstehende leitende Gewebe dieses Fruchtblattes mit ihr in direkter Verbindung und setzt sich in die Epidermis der Wandung fort, während die der kleinen Carpelle in ihre rudimentären Ovarhöhlen führen, Ein Längsschnitt durch den Fruchtknoten demonstriert ebenfalls das Vorherrchen des großen Carpids über die beiden kleinen, das auch in der mächtigen Entwicklung der Narbe auf dem größeren, die bedeutend schwächere auf den kleinen treffend zum Ausdruck kommt. Die größere Narbe ist immer straußenfederartig gebogen, die beiden kleineren sind meist spatelförmig mit einer Einkerbung in der Mitte ausgestaltet. Die Samenanlage (Fig. 23) ist durch die für die Anacardiaceen eharakteristische kräftige Entwicklung des Funiculus ausgezeichnet. Das kleine Stummelschwänzehen an der inneren Seite des Funienlus stellt den rechten Ausschnitt des äußeren Integument dar, das mit ihm nach rückwärts zu verwachsen ist. Daß cs tatsächlich zum Integument ge- gehört und nicht etwa, wie die von Hallier vermutete Verwandtschaft der Rhoideen mit Juliania nahelegen könnte, ein funikulärer Obturator ist, läßt sich durch Verfolgen desselben auf Serienschnitten leicht fest- stellen. Das äußere Integument erscheint von dem inneren weit abgehoben und ist von der Bildung der Mikropyle ausgeschlossen, die allein von Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 319 dem inneren Integument gebildet wird. Daß die Mikropyle als feiner Kanal besteht, konnte ich an zahlreiehen medianen Schnitten kon- statieren. Beachtenswert ist ferner noch, daß die Samenanlage nirgends mit der Ovarwand verwachsen ist und daß auch an der Stelle, wo die Samenanlage dem Ende des Leitgewebes gegenübersteht, stets ein dünner Spalt erkennbar bleibt. Hier muß ich allerdings nochmals be- tonen, daß ich meine Untersuchungen nur an Alkohol-Eisessigmaterial gemacht habe, daß also ein gut Teil des genannten Spaltes durch Zu- sammenziehung der Gewebe entstanden sein kann!) Auffällig an dem gegen die Chalazaregion zu gelegenen Ende des Embryosackes ist eine Gruppe von Zellen, auf die ich zuerst bei der Färbung mit Gentianaviolett durch die starkblaue Farbe ihrer Wände aufmerksam wurde; in Fig. 23 sind dieselben durch schwache Schraf- fierung der fraglichen Partie angedeutet. Die dickwandigen Zellen sitzen dütenförmig dem Ende des Embryosackes auf. Zur Ermittelung der Substanz, aus der die verdickten Wände bestehen, ließ ich auf Längsschnitte von Fruchtknoten die gebräuchlichen Reagentien für Zellwandstoffe einwirken und fand nach einigem Suchen, daß die Zell- wände des fraglichen Gewebes sich mit Chlorzinkjod gelb, mit Anilin- sulfat, einigen Tropfen Schwefelsäure ebenfalls gelb, mit Phlorogluein und Salzsäure rot färbten; die Behandlung mit Kaliumpermanganat gefolgt von Aufhellen in verdünnter Salzsäure und Zugabe von Am- moniakwasser zeitigte keinen Erfolg. Die angezogenen Reaktionen deuten wie bekannt auf eine Einlagerung von Lignin. Van Tieghem lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf ähnliche Gewebe, die er als Hypostasen bezeichnete, und von denen er folgende Beschreibung gibt ?): „Constant dans sa structure et dans sa fonetion, mais variable, suivant les plantes, dans sa forme et dans sa position, il affeete d’ordinaire Vaspest d’une cupule, dont les eellules isodiamötriques, sans les Epaissir beaueoup, lignifient fortement leurs membranes.“ Nach van Tieghem’s Auffassung hat dies gegen mechanische und besonders gegen chemische Einflüsse von seiten des Embryosackes geschützte Gewebe die Bestim- 1) Vgl. Murbeck, $., Über das Verhalten des Pollenschlauches bei Alche- milla arvensis und das Wesen der Chalazogamie. Tunds Univ. Arsskrift. Bd. XXXVI, Afdeln 2, Nr, 9, pag. 4 und Albanese, N., Ein neuer Fall von Endotropismus usw. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien 1904, Bd. CXIIZ, Abt... 1) Van Tieghem, L’hypostase dans ’ovule et la graine des Rosacees. Ann. @. seiene. nat. 1902, T. 16, 8. Ser. bot. 320 Julius Grimm, mung, „d’arröter vers le bas la croissance longitudinale de ce prothalle (se. femelle) en Yobligeant ä se reporter tout entire vers le haut“. In reifen Samen zeigt die Hypostase nach van Tieghem ihre Wirkungs- weise durch Erhaltung eines oft nur schwer nachzuweisenden Peri- sperms. Modilewski!) hält die Ansicht van Tiehgen!’s von der Funktion der Hypostase für „nieht besonders begründet“, da er bei Urtieifloren unterhalb des ligninhaltigen Gewebes eine Schicht besonders plasma- reicher Zellen fand, „welche eine gewisse Beziehung zur Ernährung haben“. Daß der Embryosack der weiblichen Blüten dieselben Entwick- lungszustände durchläuft wie der der männlichen, konnte ich aus einigen zufällig gebotenen Stadien entnehmen. Einen fertigen Eiapparat mit Zentralkern stellt Fig. 16 dar; links neben dem an seiner nach der Wand des Embryosackes gelegenen Vakuole kenntlichen Ei der große sekun- däre Embryosackkern. Der Embryosack besitzt eine birnförmige Ge- stalt, die Verjüngung der Birne steckt in der oben beschriebenen Hy- postase. 2. Der Verlauf des Pollenschlauches. Da die Voruntersuchung ergeben hatte, daß am Morgen nach der Bestäubung in den Narbenpapillen schon stattliche Schläuche ge- getrieben waren, konnte ich mich mit Aussicht auf Erfolg auf die Suche des Pollenschlauehweges begeben. Der rekonstruierte Verlauf des Schlauches ist in Fig. 23 angegeben. Ich hielt es im Interesse der Über- siehtlichkeit für angebracht, in eine nach der Natur entworfene Umriß- zeichnung eines Fruchtknotenlängsschnittes den Pollenschlauch sehema- tisch einzutragen; die Übereinstimmung der schematischen Figur mit den Realverhältnissen will ich dann im Folgenden dureh Teilfiguren belegen. Der Pollenschlauch tritt, wenn er die Narbenpapillen durchwachsen hat, in das beschriebene Leitgewebe ein und folgt dessen Verlauf bis zu seiner Mündung in die Fruchtknotenhöhle. Das leitende Gewebe nimmt dureh zahlreiche gleichzeitig in ihm herabsteigende Schläuche bei der Färbung mit Malachitgrün-Säurefuchsin eine glänzendrote Farbe an; am Rande der Pollenschläuche fallen dann Reihen von dunkelblau 2) Modilewski, J., Zur Samenentwicklung einiger Urtieifloren 1908. Flora Bd. XCVII, Heft 4, pag. 6 und 7. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria, 321 gefärbten Zellen auf, die wohl zur Ernährung der Schläuche verwandt worden sind !) An der Erweiterung des Leitgewebes zur Fruchtknotenhöhle an- gelangt, wächst der Pollenschlauch über den feinen Spalt, der die Epi- dermis der Ovarwandung von den Parenchymzellen des Funieulus trennt, die Richtung seines Wachstums in dem leitenden Gewebe bei- behaltend. Fig. 18 zeigt einen auf dem Übergang von dem Griffelgewebe in das Gewebe des Funiculus abgefaßten Schlauch. In dem Parenchym- gewebe des Funiculus steigt der Pollenschlauch zunächst in senkrechter Riehtung gegen den Lauf des Raphebündels hinab, nach seiner Des- organisation eine breite, schwach helle Bahn hinterlassend. In das Ge- fäßbündel dringt er, seine Richtung beibehaltend, ein Stück weit ein, biegt dann lotreeht nach dem Embryosack zu um und ist zwischen den prosenchymatischen Elementen des Leitbündels zu sehen, seinen Weg auch noch nach seinem Verschwinden durch einen infolge der Verdrängung der Zellen entstandenen, von zerdrückten Zellen flankierten lichten Streifen verratend. In der Chalazagegend angelangt, tritt der Pollenschlauch aus dem Gefäßbündel in das kleinzellige, plasmareiche Gewebe des Nucellus über. An dieser Stelle waren die meisten Schläuche zu treffen; einen besonders dieken und gut gefärbten habe ich in Fig. 20 festgehalten; er ließ in seinem Inneren deutlich einen Kern erkennen. Der Pollen- schlauch verfolgt seinen Weg weiter zwischen Embryosack und Inte- gument längs des Embryosackes, diesem meist etwas genähert. Eine besondere Richtung um den Embryosack ist hierbei nieht bevorzugt; man trifft die Schläuche auf Schnitten, die oberhalb desselben geführt sind wie unterhalb, rechts wie links. In der Höhe des Eiapparates an- gekommen, kann der Pollenschlauch zwei Wege einschlagen: entweder er wendet sich nahezu rechtwinklig und erreicht auf dem kürzesten Wege die eine Synergide oder er steigt bis in den Scheitel der Kern- warze, dreht sich dort in spitzem Winkel um und dringt von oben her in den Eiapparat, Den ersteren Wachstumsmodus konnte ich nur ein- mal (Fig. 19), den letzteren des öfteren feststellen. In einem Falle war der Schlauch von seinem Austritt aus dem Gefäßbündel bis kurz vor dem Eiapparat zu sehen; in seinem im Nucellus längs des Embryo- sackes steckenden Teile hatte er eine tiefblaue Farbe angenommen 1) Siehe darüber Capus, Anatomie du tissue eonducteur. Ann. de science. nat. bot. 1878, T. VII, 6. Ser., und Dalmer, M., Über die Leitung der Pollenschläuche bei den Angiospermen. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch., Bd. XIV, N. F. VII 322 Julius Grimm, (bei Färbung mit Malachitgrün-Säurefuchsin), in dem Scheitel des Nucellus schlug er einen besonders spitzen Haken, dessen Wendepunkt zwei Zellreihen unter der Oberfläche lag. Fig. 21 illustriert den Weg eines zwischen Nucellusscheitel und Eiapparat ein Stück weit abgeschnittenen Pollenschlauches, der einen dünnen Fortsatz nach der einen Synergide entsendet. Verzweigungen, wie sie bei den typischen Chalazogamen beschrieben werden, und wie sie Murbeek für Alchemilla arvensis wahrscheinlich gemacht hat!), waren in keinem Falle zu sehen, abgesehen von kleinen Ausbuchtungen, die der Pollenschlauch bei seinem Weg durch das leitende Gewebe des Griffels bei Rhus glabra bildete, doch ist nieht ausgeschlossen, daß dieselben bei dem geringen Querdurehmesser des Pollenschlauches übersehen wurden, Interessant ist die Tatsache, daß die Pollenschläuche nur an den in der schematischen Figur angedeuteten Stellen in die Samenanlage eindrangen. Auch in den leitenden Geweben der beiden anderen Griffel- komponenten waren zwar Schläuche häufig anzutreffen, in die Samen- anlage indessen sah ich sie nie eintreten. Der Grund hierfür liegt wahr- scheinlich in der schon klargelegten Tatsache, daß allein das leitende Gewebe des größeren Fruchtblattes kontinuierlich in die Fruchtknoten- höhle übergeht. Die Bestäubung der Narben der beiden unfruchtbaren Carpelle erfolgt, wenn sie auf natürlichem Wege vor sich geht, vielleicht überhaupt nicht, da das größere Fruchtblatt seine Narbe ein Stück weit über die der kleineren hinaushebt. Die Zeit, die der Pollenschlauch zu seinem Wachstum durch Griffel und Samenanlage bis zum Embryosack gebraucht hatte, betrug un- gefähr 38—40 Stunden. 3. Die Befruchtung. Die männlichen Kerne im Pollenschlauch zu verfolgen, war mir wegen deren Kleinheit nicht möglich; auch im Embryosaek traf ich die Kerne erst bei ihrer Verschmelzung mit dem Eikern und dem sekun- dären Embryosackkern. Vor diesem Stadium waren durch den Zerfall des Pollenschlauches und der benutzten Synergide solehe Massen von starkgefärbten Substanzen im Embryosack vorhanden, daß die Träger der Aura seminalis unmöglich davon gesondert werden konnten. Sehr häufig sah man das bekannte Bild, daß im Ei- und Zentralkern je ein größerer und ein kleinerer Nucleolus die halb vollzogene Amphimixis Die pag. 12. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 323 verrieten. Dieser Zustand wird durch Fig. 17 dargestellt, auf der man eine noch unversehrte Synergide, darunter das beiruchtete Ei, und den mit dem zweiten männlichen Kern verschmolzenen, durch seine Größe kenntlichen sekundären Embryosackkern erblickt. Das Plasma des Embryosackes ist erfüllt mit schwarz gefärbten Klumpen und Körnern, die wohl Teile des zerfallenen Pollenschlauches darstellen, von dem sonst weder im Embryosack noch in den Geweben mehr etwas zu sehen ist. Das in der Figur gezeichnete Stadium entstammte 42 Stunden nach der Bestäubung fixiertem Material. . Die Nachfärbung mit Gentiana- violett hob vorteilhaft die Strukturen der Kerne und die Nukleolen hervor. Wie das befruchtete Ei zum Embryo heranwächst, konnte ich nicht feststellen aus Mangel an Material, das sämtlich zur Untersuchung des Pollenschlauchverlaufes seine Verwendung gefunden hatte. Mehrere Tage nach der Befruchtung waren zwar schon einige Endospermkerne gebildet, der Eikern indessen hatte sich noch nicht geteilt, sondern lag unverändert in der mit einer kräftigen Membran umgebenen Eizelle. B. Rhus glabra und Rh. typhina. 1. Der Verlauf des Pollenschlauches. Um Anknüpfungspunkte für eine Ableitung des Wachstumsmodus des Pollenschlauches von Rhus Toxicodendron zu finden, zog ich zum Vergleich Rhus typhina und glabra in die Untersuchung, die in der bei Rhus Toxieodendron beschriebenen Weise bestäubt und fixiert wurden. Leider hatte ein Sturm in diesem Sommer unsere männlichen Rhus typhina und glabra vernichtet bis auf ein Exemplar, das aber keinen zu Bestäubungszwecken geeigneten Pollen hervorbrachte. Denn es ent- wickelte zwar in seinen Antheren normale zweikernige Pollenkörner, die Antheren platzten aber nicht auf, sondern gingen mit dem zusammen- klebenden Pollen vor der Reife zugrunde, eine Erscheinung, die mir auch bei manchen anderen Vertretern von Rhus typhina oder glabra auffiel. Ich war also genötigt, mir anderes männliches Material zu ver- schaffen und fand nach längerem Suchen in einem Garten zu Bonn ein stattliches Exemplar von Rhus glabra, mit dessen Pollen ich die weib- lichen Blüten von Rhus glabra und Rhus typhina bestäubte. Die Samenanlage von Rhus typhina und Rhus glabra besitzt einen längeren Funieulus als die von Rhus Toxicodendron und ist etwas stärker gebogen als letztere. Besonders deutlich trat an dem ehalazalen Ende des Embryosackes die Hypostase bei Behandlung mit Holzstoff- reagentien hervor, die oft weit um den Embryosack herumgriff. 394 Julius Grimm, Der Unterschied in der Größe der drei Gtiffel war nicht so aus- geprägt wie bei Rhus Toxieodendron. Im ganzen machte das Material einen schlechten Eindruck, die Samenanlage erschien besonders um den Embryosack und in den Inte- gumenten stark geschrumpft, einen regulären Embryosack bekam ich überhaupt nicht zu Gesicht, der schien nach seiner Ausbildung sofort degeneriert zu sein. Demgemäß gelang es mir auch in keinem Falle, den Pollenschlauch im Nucellus aufzufinden, er mußte wohl, bevor er hierhin gelangte, zugrunde gegangen sein. In dem Leitgewebe der Griffel traf man zwar sowohl bei Rhus typhina wie bei Rhus glabra eine reiche Zahl von Pollenschläuchen, die sich vor denen von Rhus Toxieodendron an Dicke auszeichneten. Auch war an einer ganzen Auzahl von Präparaten der Übergang des Pollenschlauches über den Fruchtknotenrand und Samenanlage trennen- den Spalt zu konstatieren. Fig. 22 gibt einen auf diesem Wege abgefaßten Schlauch wieder, der nahe am unteren Rande des Gefäßbündels scharf nach dem Embryosack zu umbiegt; oben die Epidermis der Ovarwandung, durch den Spalt von ihr getrennt das Parenchym des Funiculus, dar- unter dessen Leitbündel. Der Funieulus erleichtert dem Pollenschlauch den Weg dadurch, daß er an der Stelle, wo der Schlauch aus dem Leitgewebe tritt, einen kleinen Höcker bildet, in den der Schlauch hineinwächst. Den weiteren Verlauf des Pollenschlauches im Raphebündel konnte ich auch noch verfolgen bis zu dessen Ende; ein Austritt aus dem Leitbündel war indessen in keinen Falle zu beobachten. Für Rhus typhina hätte ich dasselbe Bild zu zeichnen, auch hier war der von den Pollenkörnern von Rhus glabra getriebene Schlauch soweit zu verfolgen wie bei Rhus glabra, Dem aus dem Leitgewebe des Griffels kommenden Pollenschlauch war bei Rhus typhina das Auffinden des Raphebündels leicht gemacht, da dasselbe nahe an die Oberfläche der Samenanlage an der in Frage kommenden Stelle herantritt. Schwieriger gestaltet sich dieser Weg schon bei Rhus glabra, wo 3—4 Zellschiehten das Leitbündel von der Oberfläche trennen und bei Rhus Toxieodendron, bei dem noch eine Zellschicht hinzukommt. 2. Der Fruchtansatz von Rbus typhina und glabra. Ein auf die Befruchtung deutendes Stadium war nach dem Befund des Embryosackes natürlich nicht zu erwarten. Trotzdem setzte aber ein Teil der Blütenrispen die bekannten rothaarigen Früchte an. Da, Entwieklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 325 wie erwähnt, keine stäubenden Blüten derselben oder verwandten Spezies in der Nähe waren — zwischen den weiblichen und männlichen Vertretern von Rhus typhina und glabra befand sich, als sie noch alle vorhanden waren, ein Wall hoher Bäume und das „System‘“ des bota- nischen Gartens mit Tausenden von Blüten, und doch brachten die weib- lichen Rhus genannter Spezies Früchte — muß man notwendig Partheno- karpie für Rhus typhina und glabra annehmen. Auch in anderen Fällen konnte ich Fruchtansatz feststellen, ohne daß ein männliches Individium in der Nähe zu finden gewesen wäre. So bei einem Rhus typhina im Stadt- walde von Limburg a. d. Lahn und auf dem Friedhofe zu Freiendiez bei Limburg a. d. Lahn an mehreren Exemplaren derselben Art. Selbst- verständlich umschlossen die Früchte keinen Keimling, sondern waren hohl bis auf ein Häufchen Staub aus der verdorrten Samenanlage. Daß Fremdbestäubung nicht der auslösende Faktor der Frucht- entwicklung ist, wurde mir wahrscheinlich gemacht durch das Verhalten eines Teiles der Blüten von Rhus typhina, die trotz der Sättigung ihrer Narben mit Pollen (von Rhus glabra) ohne Fruchtansatz zugrunde gingen, wie auch durch die mikroskopische Prüfung unbestäubter Narben, die in seltenen Fällen ein Pollenkorn von Koniferen enthielten, sonst aber von Pollen frei waren. Den Nachweis, daß die beschriebene Er- scheinung mit Parthenokarpie in dem von Noll!) präzisierten strengen Sinne identisch ist, müßten allerdings exakte Versuche erbringen. Bei der Diözie von Rhus glabra und Rhus typhina ist es natürlich leicht, durch Umhüllen der Blütenstände mit Gaze die Bestäubung zu verhindern. Außer der Entartung?) der Parthenokarpie zeigen die Rhoideen auch sonst ein anormales Verhalten beim Fruchtansatz. Denn auf eine an die Baumschule von Simon Louis u. Fröres in Metz gerichtete Anfrage, ob ihre Rhusarten guten, keimfähigen Samen lieferten, erhielt ich die Antwort, daß Rhus cotinus in der Regel durch Samen vermehrt werde, die größtenteils keimfähig seien, daß dagegen die anderen Samen dort wenig zu erhalten seien, so daß die anderen Arten dureh Wurzelsteck- linge vermehrt werden müßten, die man durch Zerschneiden der Wurzeln in kleine Stücke und Auspflanzen der Stücke in guten Boden erzielte. Daneben seien von manchen Arten Ausläufer zur Vermehrung zu be- nutzen. Die Vermehrungsweise durch Wurzelsteeklinge wurde mir übereinstimmend mit vorigem auch von Dahs, Reuter u. Co. in Jüngst- feld berichtet. 1) Noll, F., Über Fruchtbildung ohne vorausgegangene Bestäubung bei der Gurke. Sitzungsber. d. niederrh. Ges. f. Natur- und Heilkunde zu Bonn 1902. 2) Nell, 1. e. pag. 12. Flora, Bd. 104. 23 3926 Julius Grimm, C. Allgemeine Betrachtungen. Durch den Nachweis des oben beschriebenen Wachstumsmodus des Pollenschlauches bei einigen Rhoideen ist die Zahl der Fälle von Chalazogamie um ein neues Beispiel bereichert worden. Eine ausführ- liche Übersicht über sämtliche Fälle von Chalazogamie zu geben, wie dies bei der Aufdeekung eines jeden neuen Falles von Ektropie des Pollenschlauches Brauch geworden zu sein scheint, liegt nicht in meiner Absicht, weil man sie in jeder diesbezüglichen Arbeit nachlesen kann. Murbeck!) stellte in seiner Alchemillaarbeit als allgemeines Kri- terium der Chalazogamie den schon von Nawaschin betonten inter- zellularen Wachstumsmodus des Pollenschlauches auf. Demgegen- über legen Wettstein?) und Porsch?) neben der Aporogamie auch auf das Wachstum des Pollenschlauches durch den Nucellus als inte- grierenden Bestandteil des Begriffes das Hauptgewicht. Dadurch blieb das Monopol der Chalazogamie für die Amentiferen erhalten, „von dieser Chalazogamie sind jene Fälle von Aporogamie wohl zu unter- scheiden, in denen der Pollenschlauch durch das Integument zur Ei- zelle gelangt (Alchemilla, Sibbaldia, Cucurbita)‘“*). Porsch weist ganz besonders darauf hin, daß bei Cucurbita und Alehemilla (für Sibbaldia ergibt sich die Anwendung aus der Ähnlich- keit des Fruchtknotenbaues5) von selbst) der Pollenschlaueh durch die Stelle der früheren Mikropyle in den Nucellus eindringt und daß diese Fälle uns zeigen, „daß Porogamie durch den Mikropylarkanal oder in Ermangelung desselben Eindringen des Pollenschlauches dureh das Integument, aber innmer vom Eiapparate aus bei den höher stehenden Familien selbst dann zähe beibehalten wird, wenn der Pollenschlauch auf Grund des Fruchtknotenbaues genötigt ist, während der ganzen Länge seines Verlaufs interzellular zu wachsen“®). Der zitierte Abschnitt bildet die Begründung zu dem vorher- gehenden Satz des Porsch’schen Aufsatzes: „Die beiden Fälle (Alche- milla und Cueurbita) sind im Gegenteil meines Erachtens eine glänzende Bestätigung der hochgradigen erblichen Fixierung der Porogamie und phylogenetischen Bedeutung der Chalazogamie.‘“ »Le pag 4. 2) Wettstein, R. v., Handbuch der systematischen Botanik 1910/11. 2. Aufl. 3) Porseh. ©, Der Spaltöffnungsapparat von Casuarina und seine phyletische Bedeutung. Österr, Bot. Zeitschr. 1904, Nr. 2. le pag. 453. Wettstein. 5) 1. s. pag. 66%. Albanese. 6) 1. ce. Fußnote pag. 48. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 327 Coulter and Chamberlain!) unterscheidet zwischen „true chalazogamy““ und „intermediate condition“ und stimmt mit Wett- stein und Porsch darin überein, daß „true chalazogamy, therefore, has as yet been found only among the Amentiferae“, kommt aber be- züglich des Verhältnisses der echten Chalazogamie zu dem Pollenschlauch- wachstum bei Ulmus, Cueurbita und Alchemilla zu anderer Ansicht. Den Eintritt des Schlauches vom „chalazal end‘ aus ins Ovulum, ver- bunden mit der Durchdringung des Integuments statt des Nucellus, betrachtet er nämlich als intermediate condition, die „suggests, that ehalazogamy is an exceptional eondition derived from the ordinary route of the pollen-tube through the mieropyle“. Die Übergangs- reihe von Porogamie zu Chalazogamie wird in folgender Weise aufgestellt: „In certain cases the tube reaches the micropyle by passing along more or less of the surface of the integument, and finally it penetrates deeper, entering the chalazal tissuc.‘“ Daraus folgt, daß die Chalazo- gamie „would hold no relation to a primitive condition of Angiosperms or to their elassifikation“. Hallieris Ansicht ergibt sich mit Notwendigkeit aus seiner Auf- fassung der Amentaceen als reduzierter Abkömmlinge der Terebin- thaceen: „... . seit meiner Arbeit über die Kautschuklianen (1900), pag. 201 und 202 habe auch ich mich wiederholt in dem nämlichen Sinne ausgesprochen, daß die Chalazogamie nichts Ursprüngliches ist, sondern etwas Sekundäres, das normale Eindringen durch die Mikropyle hin- gegen das primäre‘®). Inwieweit sind nun die Verhältnisse, denen wir bei Rhus begegneten, geeignet, die Alternative: „ist die Chalazogamie eine ursprüngliche oder eine abgeleitete Erscheinung ?“, im einen oder anderen Sinne zu beeinflussen ? Der Pollenschlauch von Rhus Toxieodendron folgt, wie wir sahen, zuerst dem Laufe des Leitgewebes, überquert den kleinen Spalt, der ihn von der Samenanlage trennt, wächst senkrecht in das Gefäßbündel des Funieulus, dreht nach dem Embryosack zu um, bewegt sich in dem Leitbündel bis zur Chalaza, nimmt dann seinen Weg längs des Embryo- sackes im Nucellus und erreicht den Eiapparat entweder von der Seite oder nach einem kleinen Umweg in dem Scheitel des Nucellus. Zweifel- los liegt also hier ein Fall echter Chalazogamie in des Wortes strengster Bedeutung vor. 1) Coulter and Chamberlain, Morphology of Angiosperns, pag. 151. 2) Hallier, H., Über Juliania, ]. c. pag. 110. 23* 328 Julius Grimm, Man kann nun die Art und Weise, wie der Pollenschlauch bei Rhus zum Eiapparat gelangt, in phylogenetische Beziehung bringen zur Chalazogamie der Amentaceen und Verwandten, oder sie als un- abhängig von letzteren aus der Porogamie entstanden denken. Im zweiten Falle erhält die unbedingte Auffassung der Chalazogamie als Primär- erscheinung einen neuen Stoß. Für den ersten Fall gibt Hallier eine sympathische Erklärung, indem er den interzellularen Wachstumsmodus des Pollenschlauches als Reduktionserscheinung des normalen Verlaufs durch die Mikropyle betrachtet, „für die Juglandeen nunmehr vollkommen sicher gestellt dadurch, daß wir sie im vorausgehenden durch Vermittlung von Ju- lania in allmählicher Reduktion von pistacienartigen Terebinthaceen abzuleiten vermochten“?). Für eine nahe Verwandtschaft der Rhoideen mit den Amentaceen in von letzteren zu ersteren aufsteigender Linie, würden sich wohl nieht leicht stichhaltige Gründe geltend machen lassen. Ob wir also eine Verwandtschaft der Rhoideen mit den Amen- taceen annehmen oder nicht, ist ohne Einfluß auf die Tatsache, daß die Aufdeckung des Pollenschlauches bei Rhus uns zwingt, den Er- klärungsversuchen der Chalazogamie als abgeleiteter Erscheinung von neuem unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Eine zwischen Porogamie und Chalazogamie, der ersteren genäherte Wachstumsweise des Pollenschlauches wurde neuerdings bei Acer Ne- gundo?) gefunden?). Bei Acer Negundo benutzt der Pollenschlauch im Griffel ein papil- löses leitendes Gewebe, das ihn bis zum inneren Integument der Samen- anlagen geleitet; daß äußere Integument bildet durch papillöse Aus- gestaltung eines Teiles seiner Oberfläche die Fortsetzung des Leit- gewebes. Von den Papillen des äußeren Integuments aus dringt der Schlauch schräg durch das innere Integument und gelangt, in dem Zwischenraum zwischen Integument und Nucellus verlaufend, auf die Oberfläche des Knospenkerns, in der er, eine kurze Strecke über seinen Scheitel hinkriechend, eindringt. Die Mikropyle von Acer Negundo ist offen und sogar sehr weit ausgestaltet. Ile. pag. 111. 2) Hallier betrachtet die Aceraceen ebenfalls als Abkömmlinge der Tere- binthaceen, 1. c. pag. 252. 3) Rößler, W., Ein neuer Fall des Durchganges eines Pollenschlauches durch das Integument. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1911. Juliheft. Entwieklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 329 Die eigentümliche Ausgestaltung des leitenden Gewebes bei Acer Negundo zwingt förmlich zu der Frage, ob hier nicht ein Anhaltspunkt für das Verhalten des Pollenschlauches gegeben ist. Dalmer macht in seiner Untersuchung „Über die Leitung der Pollenschläuche bei den Angiospermen‘‘ mechanische Ursachen für den Weg ektotroper Pollenschläuche verantwortlich; er faßt seine Ansicht über diesen Punkt in der Schlußbetrachtung dahin zusammen: „Man ist daher gestützt auf diese Experimente!) und gestützt auf den Bau des ganzen Leitapparates gewiß zu der Annahme berechtigt, daß dem Pollen- schlauch das Wachstum in die Mikropyle von außen aufgenötigt wird.“ Die Anwendung dieser Theorie auf die Verhältnisse bei Acer Negundo ergeben dort die Mesotropie?) des Pollenschlauches als notwendige Konsequenz des Aufhörens des Leitgewebes vor dem Integument. Bei Rhus müßte dann die weitere Entiernung der Mikropyle von dem Ende des leitenden Gewebes für den endotropen Verlauf des Pollen- schlauches verantwortlich gemacht werden, der in dem Raphebündel einen bequemen Weg zur Erreichung seines Zieles findet. Das Vor- handensein einer Mikropyle sowohl bei Acer Negunde wie auch bei Rhus kommt dieser Betrachtungsweise sehr zu statten. Weitere vergleichende Untersuehungen der Anacardiaceen mit der Mannigfaltigkeit ihrer Plazentationsverhältnisse wären gewiß geeignet, das Studium der den Pollensehlauch in seiner Wachstumsrichtung be- einflussenden Faktoren zu fördern; leider werden diesem durch die ungünstige geographische Verbreitung der Familie und die teilweise Korruption ihrer Geschlechtsorgane manche Hindernisse in den Weg gestellt. D. Fragmentarische Mitteilungen aus der Entwicklungs- geschichte von Coriaria. Im Laufe meiner Untersuchungen bemühte ich mich, den Weg des Pollensehlauches bei Coriaria klarzustellen?), fand aber keinen An- haltspunkt dafür. 1) Strasburger’s. . . 2) Juel, H. O., schlägt in seinen „Studien über die Entwieklungsgeschichte von Hippuris vulgaris“ (Nova acta Reg. Soc. Scient. Upsaliensis, Ser. IV, Vol. 2, N. 11, Fußnote pag. 17) vor, die von Longo und Pirotta eingeführten Termini Acro-Meso-Basigamie in Acro-Basi-Mesotropie zu ändern. . . 3) Hallier sucht allerdings den Anschluß der Coriariaeeen bei den Saxifrageen, l. e. pag. 97. 330 Julius Grimm, Zur Untersuchung wurde verwandt: Coriaria myrtifolia, die Herr Geheimrat Strasburger an der Riviera fixiert und mir freundlichst zur Verfügung gestellt hatte, und Coriaria terminalis, von Herrn Dr. Hallier in Ryjswyk gesammelt und fixiert. Eine ins Einzelne gehende Schilderung der Entwieklungsgeschichte von Coriaria beabsichtigte ich nicht zu geben, da meine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Alterszustände von Fruchtknoten gerichtet war, welche Befruchtungsstadien vermuten ließen. Die Zahl der Chromosomen von Coriaria myrtifolia, die ich wie bei Rhus Toxieodendron Pollenmutterzellenteilungen und Teilungen in. Wurzelspitzen abzugewinnen versuchte, ist schr hoch; auf genauere Angaben muß ich leider verzichten, da die Chromosomen durch ihre außerordentliche Kleinheit und hohe Zahl (ich schätzte haploid 40, diploid 80) sich einer genauen Zäh- lung entziehen oder zum mindesten die Lösung dieser Aufgabe zu einer schr zeitraubenden, schwie- rigen und anfechtbaren gestalten. Die Entwieklungsgeschichte des Embryosackes gibt über verwandt- schaftliche Beziehungen derCoriaria- ceen ebenfalls keinen Aufschluß, sie verläuft in typischer Weise. Eingeleitet durch die Differen- zierung einer einzigen Embryosack- kig. 3. ‚Tirgschnitt durch eine junge mutterzelle (Textfig. 3) setzt sie sich amenanlage von Coriaria myrtifolia, die : ‘ R Embryosackmutterzelle in Synapsis. fort in der Bildung von vier Makro- Obj. 7, Ok. 3. sporen (Fig. 24 u. 25), deren eine, anscheinend die gegen die Chalaza gelegene, dem Embryosack den Ursprung gibt. Der fertige Embryosack erscheint stark in die Länge gezogen. Mit der Bildung eines normalen Eiapparates, bestehend aus zwei Synergiden und einer Eizelle, dreier Antipoden und zweier sich aneinanderlegender, aber erst nach der Be- fruchtung verschmelzender Polkerne, findet die Entwicklung des weib- lichen Geschlechtsapparates ihren Abschluß. Die Befruchtung geht gleichfalls in typischer Weise vor sich: ein generativer Kern verschmülzt mit dem Eikern, der andere mit einem Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria. 331 der beiden Polkerne, dem sich dann auch der zweite Polkern vereinigt (Fig. 26). An Bildern, die die beiden männlichen Kerne noch ziemlich scharf umrissen neben Eikern bzw. Zentralkernen erkennen ließen, konnte der Pollenschlauch schon nieht mehr wahrgenommen werden. Auf Anregung Hallier’s hin untersuchte ich Querschnitte durch jüngere und ältere Zweige von Coriaria myrtifolia auf rindenständige Gefäßbündel in den Zweigkanten, wie sie für Buxus!) angegeben sind; bei Coriaria myrtifolia sind sie nicht vorhanden. Zusammenfassung. 1. Die Annahme Robertson’s, daß die Diözie von Rhus Toxi- eodendron in neuerer Zeit erst entstanden sei, wird dadurch bestätigt, daß die männlichen Blüten in der Samenanlage ihres Ovarrudiments einen vollständigen Embryosack mit Eiapparat, Zentralkern und Anti- poden ausbilden. 2. Die Pollenentwieklung verläuft normal; die Zahl der Chromo- somen von Rhus Toxicodendron beträgt haploid 15, diploid 30. 3. Der Fruchtknoten der männlichen Blüten entsteht durch Ver- wachsung dreier Carpelle, von denen eines durch Einfaltung die Ovar- höhle liefert. 4. Die Embryosaekentwieklung in den männlichen Blüten geht in typischer Weise von statten. 5. Die Entwicklung von Fruchtknoten, Samenanlage und Embryo- sack der weiblichen Blüten ist dieselbe wie die der betreffenden Organe der männlichen. 6. Die drei Fruchtblätter bilden durch ihre Einfaltung je ein leitendes Gewebe aus, doch kommuniziert nur das Leitgewebe des frucht- baren Carpids mit der Ovarhöhle. 7. Die Mikropyle von Rhus Toxieodendron ist offen. 8 Am Chalazaende des Embryosackes ist eine Hypostase vor- handen. 9. Der Pollenschlauch von Rhus Toxicodendron folgt dem Leit- gewebe, wächst quer über den Spalt, der die Fruchtknotenwand von der Samenanlage trennt, steigt in das Geläßbindel des Funieulus, in 1) Solereder, H., Systematische Anatomie der Dicotyledonen. Ergänzungsbd. 1908, pag. 293. 332 Julius Grimm, dem er bis zur Chalaza vordringt, wächst parallel dem Embryosack im Nucellus und gelangt zum Eiapparat von der Seite aus oder nach einem Umweg im Nucellusscheitel. 10. Die Befruchtung ist die normale doppelte. 11. Der Pollenschlauchverlauf von Rhus typhina und glahra ist, soweit er verfolgt werden konnte, der gleiche wie bei Rhus Toxieodendron. 12. Bei Rhus typhina und glabra tritt, wenn die Bestäubung unter- bleibt, Parthenokarpie an die Stelle der normalen Fruchtbildung. 13. Die Embryosackentwicklung bei Coriaria verläuft in typischer Weise. 14. Die Befruchtung vollzieht sich wie bei Rhus Toxicodendron, die Polkerne verschmelzen erst nach der Befruchtung. 15. In den Zweigkanten von Coriaria myrtifolia konnten keine rindenständigen Gefäßbündel beobachtet werden. Benutzte Literatur. Albanese, N., Ein neuer Fall des Endotropismus. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien 1904, Bd. CXII, 1. Abt. Gapus, Anatomie du tissue condueteur. Ann. d. seiene. nat. bot. 1878, 6 Ser., T.VIL Coulter and Chamberlain, Morphology of Angiosperms. Dalmer, M., Über die Leitung der Pollenschläuche bei den Angiospermen. Jenaische Zeitschrift f. Naturw., Bd. XIV, N. F. VIL Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfam. Bd, III, 4 und 6. 6. Hallier, H., Über Juliania, eine Terebinthaceengattung mit Cupula, und die \ wahren Stammeltern der Kätzehenblütler. Beih. z. bot. Zentralbl. 1908, I. Abt., Bd. 28. 7. Juwel, H. O., Studien über die Fntwicklungsgeschiehte von Hippuris vulgaris. Nova acta Reg. Soc. Scient. Upsaliensis, Ser. IV, Vol. 2. 8 Knuth, Blütenbiologie 3, 1. Modilewsky, J., Zur Samenentwicklung einiger Urticifloren. Flora 1908, Bd. XGVEIT, Heft 4. 10. Murbeck, S., Über das Verhalten des Pollenschlauches bei Alchemilla arvensis und das Wesen der Chalazogamie. Lunds Univ. Arsskrift. Bd. XXX VI, Afdeln 2, No. 9. 11. Noll, F., Über Fruchtbildung ohne vorausgegangene Bestäubung bei der Gurke. Sitzungsber. d. niederrh. Ges. f. Natur- und Heilkunde zu Bonn 1902. 12. Porsch, Ö., Der Spaltöffnungsapparat von Casuarina und seine phyletische Be- deutung. Österr. Bot. Zeitschr. 1904, Nr. 2. - wo a = Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Rhus und Coriaria, 333 13. Rößler, W., Ein neuer Fall des Durchganges eines Pollenschlauches durch das Integument. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1911. Juliheft. 14. Robertson, Charles, Flowers and JInsects XVII. Bot. Gaz., Vol. XXIL. 15. Solereder, H., Systematische Anatomie der Dieotyledonen. Ergänzungsbd. 1908. 16. Strasburger, E., Über geschlechtsbestimmende Ursachen. Jahrb. f. wissensch. Bot. 1910, Bd. XLVII. 17. van Tieghem, L’hypostase dans !’ovule et la graine des Rosacdes. Ann. d. seiene. nat. 1902, T. XVI, 8. Ser. bot. 18. Wettstein, R. v., Handbuch der systematischen Botanik 1910/11. 2. Aufl. Figurenerklärung zu Tafel X und XI. Die Bilder sind teils mit dem Leitz’schen Zeichenprisma, teils mit dem Abbe’schen Zeichenapparat in Objekttischhöhe entworfen. Die Färbung ist, wenn keine besonderen Angaben gemacht sind, Eisenhäma- toxylin. Fig. 1—21. Rhus Toxieodendron. Fig. 1. Kernplatte einer Pollenmutterzelle. Leitz Imm. '/, Ok. 5. Fig. 2. Kernplatte einer sich teilenden Dermatogenzelle aus der Wurzelspitze. Zeiss Imm. 2,0. Comp. Ok. 12. Fig. 3—16. Embryosäcke männlicher Blüten. Fig. 3. Längsschnitt durch die Spitze einer jungen Samenanlage, die Embryosack- mutterzelle zeigend. Leitz Imm. '/,, Ok. 1. Fig. 4. Embryosackmutterzelle in Synapsis. Leitz Imm. !/,, Ok. 8. Fig. 5. Embryosaekmutterzelle in Diakinese. Zeiss Imm. 2,0. Comp. Ok. 12. . Fig. 6-15. Leitz Imm. Ye Fig. 6. Heterotypische Teilung Ok. 3. Fig. 7. Homöotypische Teilung Ok. 3. Fig, 8. Tetrade im Embryosack Ok. 3. Fig. 9. Primärer Embryosackkern Ok. 1. Fig. 10. Erste Teilung im Embryosack. Fig. 11—15. Ok.1. Fig. 11. Zweikerniger Embryosack. Fig. 12. Vierkerniger Embryosack (aus zwei Schnitten komb.), Fig. 13. Dritte Teilung im Embryosack (aus zwei Schnitten komb.). Fig. 14. Verschmelzung der Pollkerne, eine Synergide weggeschnitten. 334 J. Grimm, Entwicklungsgeschichtl. Untersuchungen an Rhus u. Coriaria. Fig. 153. Eiapparat des fertigen Embryosackes mit Zentralkern. Fig. 15b. Die zugehörigen Antipoden. Fig. 16 und 17. Embryosäcke weiblicher Blüten. Hämatoxylin-Gentiana. Fig. 16. Embryosack vor der Befruchtung. Fig. 17. Embryosack nach der Befruchtung. Fig. 18—21 Obj. 7; Fig. 18—20 Ok. 3, Fig. 21 Ok.4. Malachitgrün-Säurefuchsin. Fig. 18. Pollenschlauch, den Ovarrand (oben) und Samenanlage trennenden Spalt überwachsend, in das Leitbündel des Funieulus eintretend. Fig. 19. Pollenschlauch, den Eiapparat von der Seite aus erreichend. Fig. 20. Pollenschlauch, aus der Chalaza in den seitlich vom Embryosack liegenden Teil des Nucellus wachsend. Fig. 21. Pollenschlauch in der Nucellusspitze. Fig. 22. Rhus glabra. Pollenschlauch, aus dem leitenden Gewebe des Fruchtblattes in die Samenanlage tretend. Oben Epidermis der Fruchtknotenhöhle, tiefer, durch einen Spalt von ihr getrennt, das Gewebe der Samenanlage, zu unterst das Gefäßbündel des Funieulus. Leitz Imm. '/,Ok.1. Häma- toxylin-Gentiana. Fig. 23. Natürliches Umrißbild des Fruchtknotenlängsschnittes mit schemati- siertem Pollenschlauch. Fig. 21—26. Coriaria. Leitz Imm. !/,,, 24 Ok. 8, 25. u. 26. 0. 1. Fig. 24. Coriaria myrtifolia. Homöotyp. Teilung der Embryosackmutterzelle, die eine Spindel beschädigt. Fig. 25. Coriaria myrtifoli.. Embryosacktetrade.e Lage: Oben Chalaza, unten Mikropyle. Fig. 26. Coriaria terminalis. Embryosack nach der Befruchtung. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. Von Günther Schmid. (Mit Tafel XII und XIII und einer Abbildung im Text.) Einleitung. Im allgemeinen ist der Gedanke sehr verbreitet, als seien die insektivoren Pflanzen allein auf den Stiekstoff der Insektenbeute ange- wiesen, und als sei nur darin der Sinn der Insektivorie zu schen. Wenige Autoren nur (z. B. Özapek, Jost, Wiesner u. a.) machten sich von dieser einseitigen Auffassung frei und wiesen auch auf den Bezug von anderen wertvollen Aschenstoffen hin, und Stahl betonte in seiner Arbeit über die Mycorhyzenbildung eindringlich die Vielseitigkeit des Emährungsbedürfnisses der insektivoren Pflanzen. Bisher aber fehlten entscheidende Tatsachen, irgendwelche Untersuchungen lagen nicht vor. Stets war auch unklar, wie schr die Insektivoren animalische Beute auszunutzen imstande seien, ob nicht etwa die Erfüllung von Bedürf- nissen in zweiter Linie auch die Ausnutzung anderer, immerhin wert- voller Stoffe nach sich ziehen müsse. Ferner schien es der Untersuchung wert, die histologischen Verhältnisse auf Beziehungen zu der eigenartigen Ernährungsweise dieser Pflanzen durchzusehen. Vorliegende Arbeit wurde 1910-1911 im botanischen Institut der Universität Jena auf Anregung und unter Leitung von Herrn Professor Dr. E. Stahl ausgeführt. Ich bin für Unterstützung und Ratschläge meinem hochverehrten Lehrer sehr dankbar. Ferner bin ich für Zuwendung von Pflanzenmaterial oder briefliche Nachrichten Dank schuldig den Herren J. Bornmüller (Weimar), Prof. L. Diels (Marburg), Dr. R. Marloth (Capstadt) und Prof. E.Zacha- rias 7 (Hamburg). Die Niederschrift dieser Arbeit wurde am 15. September 1911 abgeschlossen. I. Die mineralische Ernährung der Insektivoren auf normalem Wege. Bewurzelung. Ch. Darwin (pag. 15, 259, 300 und 333) machte auf die dürftige und wenig gegliederte Bewurzelung von Drosera, Dionaea, 336 Günther Schmid, Drosophyllum und Pinguicula aufmerksam und glaubte sie zur Insekti- vorie in Beziehung setzen zu dürfen. Er erwog, ob nicht die Wurzeln dieser Pflanzen wesentlich nur im Dienste einer Wasserversorgung stünden, während die Nährsalze (Stickstoffverbindungen) zum größten Teil aus den Beuteobjekten entnommen werden möchten. Freilich hätten die -Wurzeln die Fähigkeit, Salze aufzunehmen, durchaus noch nicht eingebüßt, was ihm die Absorption von Ammoniumkarbonat bei anderer Gelegenheit deutlich gezeigt hatte (pag. 125). Gleichzeitig bemerkte F. Cohn die auffällige Wurzellosigkeit bei der untergetauchten Aldrovandia und sah unabhängig von Darwin eine Erklärung dieser Erscheinung in der Beteiligung der als Insektenfallen organisierten Blätter bei der mineralischen Ernährung der Pflanze. Ja, der Mangel an Wurzeln verbunden mit der Ausbildung blasenförmiger Blattgebilde waren Anzeichen, die ihn zur Entdeckung der insektivoren Eigenschaften von Utrieularia führten. Seitdem sind über die Frage nach dem Verhältnis zwischen Wurzelausbildung und Insektivorie oft Äußerungen hier und da gefallen, ohne daß eine eingehendere Prüfung aller Umstände dabei zugrunde ge- legen hätte. Sie stimmen der Auffassung nach entweder Darwin und Gohn zu [so Heinricher (IT)] oder verwerfen — beispielsweise Pfeffer, Czapek, Oels, Fraustadt, Wiesner, Drude (I) — ihre Begrün- dung als wertlos, da auch andere Wasser- und Sumpfpflanzen keine größeren zur Aufnahme von Salzen bestimmte Organe besäßen. Freilich ist eine durchgreifende Untersuchung der Verhältnisse schwierig und nur soweit zu einem Ende zu bringen, als es überhaupt ökologische Eragen einstweilen zulassen. Tatsächlich ist es so und durch die Studien Freidenfelt’s (I) deutlich herausgestellt worden, daß über einen gewissen Wassergehalt des Bodens hinaus eine Rückbildung des Wurzelsystems eintritt. Z. B. kommt Parnassia palustris auf nassem Sumpfboden und gering durch- feuchteter Unterlage vor und bildet dann immer nur in letzterem Falle reich verzweigte Nebenwurzeln, während es ihr sonst oft vollkommen an Nebenwurzeln mangelt. Ob an diesen Rückbildungserscheinungen lediglich die starke Nässe mit ihrer größeren Gefahr zur Fäulnis oder die dureh die Feuchtigkeit bedingte Verminderung des Porenvolumens im Boden und geringere Permeabilität für Luft schuld sind oder beide Faktoren zusammen, ist noch ungewiß. Jedenfalls ist gut verständlich, bei einiger Betrachtung der Hygrophyten außer den Insektivoren noch andere schwach bewurzelte Arten finden zu müssen. Freidenfelt führt als gänzlich nebenwurzellos an: Ranunculus pygmaeus, Scirpus Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen, 337 parvulus, Hydroeotyle vulgaris, Saxifraga rivularis. Allein allerlei hygrophile Pflanzen mit geringer Bewurzelung anführen zu wollen, wäre hier nutzlos. Abgesehen davon, daß beim Vergleich die Entwiek- lung der oberirdischen Teile in Betracht gezogen werden müßte, darf man nicht vergessen, daß bei der Frage nach der Reduktion der In- sektivorenwurzeln weder absolute noch relative Ausbildung des Wurzel- systems interessieren kann, sofern nicht ausdrücklich die jeweiligen Nährbedingungen des Bodens herangezogen werden. Aus Mangel an Material ist es mir bei dieser Frage nur möglieh auf die deutschen Drosera-Arten einzugehen. Hier ist ja ohnehin be- kannt und in den Lehrbüchern vertreten, daß sie vorzüglich auf nährstoff- armen Böden vorkommen. Doch diese Tatsache erscheint nicht genügend, da man sich sagen sollte, daß gerade die Orte, wo der Kampf um den Nährsalz bietenden Boden ausklingt, wo also die geringste Vegetation besteht und dennoch gutes, typisches Gedeihen von Drosera, besonders für diese Erörterung ergiebig seien. Falls der Wettbewerb mit anderen Pflanzen gelegentlich ausgeschaltet oder gering sein sollte, vermöchten möglicherweise einzelne Arten Drosera auf normalen, nährstoffreichen Böden zu wachsen. Das scheint mit deutlich daraus hervorzugehen, daß ich auf 1%, %igem Agar, der 0,2% Knopsches Nährsalz enthielt, monatelang aus Samen gezogene kleine Exemplare von Drosera rotundi- folia halten konnte, während von natürlichen Standorten genommene Individuen in normaler Knopscher Wasserkultur zu stattlichen Pflanzen heranwuchsen. Ferner beobachtete ich im letzten Sommer auf einer mit Pferdemist bestreuten Heidefläche zwischen Bollberg und Mörsdorf im Altenburgischen viele schöne Exemplare von Dr. rotundif., manchmal sogar inmitten von Misthäufchen erwachsen. Die Abneigung gegen Kalksalze scheint auch nicht so groß zu sein, wie man vermuten könnte. Hatten doch meine eben erwähnten Nährsubstrate immerhin 0,1% Kalziumnitrat, was die Reizfähigkeit der Tentakel nieht im mindesten beeinflußt hatte. Die Correns’schen Feststellungen können sich alse nur auf augenblickliche Wirkungen des Kalziums beziehen, oder es wird vielleicht, wie Correns sehon andeutete und neuere Arbeiten über den Antagonismus zwischen den Bodensalzen wahrscheinlich machen, der Einfluß des Kalziums durch die übrigen Salze stark herabgemindert. Daß eben Drosera befähigt ist, Bestände bildend noch auf den dürftigsten Orten — eines Hochmoores beispielsweise — auftreten zu können, gibt für die Beurteilung des Wurzelsystems den Ausschlag. So ist oft zu beobachten, wie an neuen Torfstichen Drosera-Arten an den Wänden sich ansiedeln und lange Zeit einzige Bewohner bleiben (vgl. auch 338 Güntber Schmid, M. Düggeli). Daß hieran die Flugeinrichtungen der Samen nur z. T. die Ursache sind, ist ganz klar. Gute Bilder von der Besiedelung und Gliederung von Hochmooren haben wir durch die Arbeiten C. A. Weber’s erhalten, besonders durch die Monographie des großen Moors von Augstu- mal im Memeldelta. Hier sind wir nun in den Stand gesetzt, im einzelnen die Beziehung zwischen Nährstoffgehalt des Bodens und der Vegetation ausfindig zu machen: Zonenweise erfolgt vom Rande nach der Mitte — den höheren Partien — des Moores zu ein allmähliches Abnehmen des Aschengehaltes in Boden und Bodenwasser, und nur in den mittleren Teilen, d.h. den nährstoffärmsten, sind Drosera anglica und rotundifolia zu Hause. Wie steht es hier mit den Begleitpflanzen und ihrer Bewurzelung ? Weber nennt neben Torfmoos und der Flechte Cladonia uneinalis: Seripus caespitosus, Eriophorum vaginatum, Scheuchzeria palustris, Rhynchospora alba, Vaceinium Oxycoccos, Andromeda polifolia und — Drosera anglica, Dr. rotundifolia. Das ist eine recht spärliche Vegetation, die ohne weiteres die einzigartige Stellung der Insektivoren hinsichtlich der Bewurzelung auffällig zeigt. Vaceinium Oxycoccos und Andromeda, wie die Vaceiniaceen und Erieaceen überhaupt, haben Wurzelverpilzung, und zwar, wie seit B. Frank’s Entdeckung allgemein bekannt ist, endotrophische My- eorhiza. Wir dürfen also mit Sicherheit — um so sicherer durch die Vermutungen, die Fuchs und Weyland hinsichtlieh der endotrophen gegenüber der exotrophen Verpilzung jetzt haben aufkommen lassen — annehmen, daß diese Pflanzen vermittels der Wurzelpilze die schwer erreichbaren, d. h. für die Pflanze sonst unlöslich gebundenen Stoffe des Humus zugeführt bekommen. Überdies hat neuerdings Ch. Ternetz aus den Wurzeln der Vaceiniaceen und Ericaceen, u. a. von Vace. Oxy- coceos und Andromeda, Pyknidenpilze der Gattung Phoma isolieren können, die im ausgeprägten Maße, ja von allen bis jetzt bekannten stickstoffbindenden Organismen die höchste relative Menge an Stickstoff aus der atmosphärischen Luft assimilieren sollen. Hinzuweisen wäre hier ferner auf das geringe Wachstunı von Vace. Oxyeoceus und Andromeda polifolia und den geringen Stoffverlust durch den seltenen Blattabfall der immergrünen Blätter. Für alle von Frank a. a. O. untersuchten Ericaceen und Vaceiniaeeen (u. a. Andromeda, Vace. Oxycoccos, Ledum palustre) ergeben sich mäßig häufig verzweigte Wurzeln von verhältnis- mäßig großer Länge und haarförmiger Dicke (0,05—0,07 mm, bisweilen nur 0,03 mm). Wurzelhaare fehlen ausnahmslos, und die Absorption geschieht durch die voluminöse Epidermis. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 339 Die oben genannten Cyperaceen und Scheuchzeria sind nicht mykotroph, haben aber ein ausgeprägtes Wurzelsystem, das 45—75 em tief in den Boden eindringt. So bleibt also Dosera übrig. Die geringen Maße ihrer Wurzeln sind ja schon öfter mitgeteilt worden. Nach Darwin (pag. 15) finden sich zwei oder drei „leicht geteilte‘ Zweige von 1, bis 1 Zoll Länge. Heinricher (I), der die Wurzellosigkeit der Keimpflanze entdeckte, erwähnt bei Dr. eapensis nur eine voll funktionierende, meist unverzweigte Wurzel von 16—20 em Länge, eine abgestorbene und eine in Ausbildung begriffene. Starke Exemplare von Dr. rotundifolia hatten nach ihm eigentlich nur zwei bis drei diesjährige, funktionstüchtige Wurzeln. Bei 10 Exemplaren von auf Sphagnum gewachsenen Dr. rotundifolia, die ich selbst im Spätsommer in einem Moore bei Hamburg beliebig auswählte, waren alle Wurzeln der vorigen Jahre konserviert, so daß ich im ganzen eine Schar von 70 Wurzeln messen konnte. Jede Pflanze hatte nur ein bis drei, höchstens vier intakte Wurzeln, alle übrigen waren geschrumpft, ge- hörten früheren Jahren an. Die Wurzellänge betrug 2—44 mm (alle 70 Wurzeln gemessen), die mittlere jedoch 15 mm. Hiernach scheint es bei der Dürftigkeit des Substrates ohne weiteres einleuchtend, daß das Wurzelsystem der Drosera zur mineralischen Ernährung nicht hinreichend ausgebildet sei. Allein der rein morpho- logische Vergleich dürfte doch nicht hinreichen, zumal gerade eine starke Ausbildung der Wurzelhaare zu bemerken ist und wir zunächst auch nichts über die Leistung dieser Wurzeln und über die Stärke der Wasserdurehströmung in der Pflanze wissen. Es ist in diesem Zusammen- hange auffällig, daß die Wurzelhaare bei Drosera (rotundifolia und capensis geprüft) sowohl wie bei Dionaea völlig resistent gegen Chrom- säure sind, ja, daß bei Dr. rotundifolia selbst die Rindenzellen lange dem Angriff dieser Säure Widerstand leisten. Die Zellwände werden in diesen Fällen verkorkt sein, und auch das gibt zunächst keinerlei entscheidende Winke für die Beurteilung der Wasseraufnahme, wenn- schon Freidenfelt (IT) in dieser Erscheinung und verwandten Bil- dungen bei Hygrophytenwurzeln eine Herabsetzung der Absorption vermutet. Es ist klar, daß unter den Standortverhältnissen der Drosera, — und vielleicht auch der übrigen Insektivoren — die Wasserdurch- strömung der Gewebe eine bei weitem energischere sein müßte, als bei den übrigen Moorpflanzen und besonders auch der Arten normaler Böden, falls der Mineralbedarf auf dem Wege durch die Wurzel gedeckt werden 340 Günther Schmid, sollte. Um eine Vorstellung zu anderen Substraten zu geben, stelle ich hier die Werte zusammen, wie sie in Weber’s obengenannter Ab- handlung über das Hochmoor Augstumal und in Ramann’s Boden- kunde zu finden sind. 100 Teile Trockensubstanz des Bodens enthielten: Augstumal-Moor, Diluvialer Lehmboden speziell Standort der nach E. Ramann’s Drosera, nach Weber Bodenkunde, pag. 209 Kali... . 0,044 1,06 Phosphorsäure . 0,075 0,18 Kalk . ... 0,217 2,86 Magnesia. . . 0,138 0,88 In Verhältniszahlen ausgedrückt ergeben sich: Augstumal-Moor Diluvialer Lehmboden Kali .... 1 B 24,0 Phosphorsäure . 1 : 2,4 Kalk ...., 1 B 13,1 Magnesia . 1 : 5,9 Leider fehlen bei Ramann Angaben über den Stickstoffgehalt. Mit Kiefernwald-Rohhumus verglichen, ergibt sich zwischen diesem und den des oben genannten Drosera-Standortes hinsichtlich des Stickstoffes die Proportion 27,3:1 (s. Wollny, Die Zersetzung der organischen Stoffe und die Humusbildungen, pag. 225). Bei weitem zu klein sind diese Zahlen, wenn man berücksichtigt, daß der Torfboden ein geringeres spezifisches Gewicht als andere Böden besitzt, dann vor allem, daß er einen bedeutend höheren Wassergehalt hat. Die spärlichen Nährstoffe eines Torfbodens sind also viel diffuser im Raum verteilt als in irgend einem anderen Substrate. Die Frage, ob die Insektivoren hinreichende, ob reduzierte Be- wurzelung haben, läuft auf eine Untersuchung ihrer Wasserdurch- strömung hinaus. Wasserdurchströmung. Zuerst hat E. Stahl (II) in seiner Arbeit über den Sinn der Mycorhiza auf die Bedeutung der Wasser- durehströmung einer Pflanze für die Beurteilung der Größe der normalen Nährsalzzufuhr hingewiesen. Bei der Gelegenheit waren ihm die In- sectivoren als besonders stark durchströmt aufgefallen. Und tatsächlich sind auch zum mindesten die deutschen Arten in die Reihe der Pflanzen mit starkem Transpirationsstrom zu stellen. Aber das läßt noch nicht auf die Ökologie der Nährsalzversorgung unter natürlichen Verhält- nissen schließen. Man könnte zunächst in der Erscheinung der Tropfen- bildung an den Tentakeln — an Drosera gedacht — wie bei reger Hyda- Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 341 * thodentätigkeit bei anderen Gewächsen, ein Anzeichen schnellen Wasserverkehrs in der Pflanze erblicken. Jedoch die Sekretion ar- beitet sparsamer als vorauszusehen war. 1. Versuch: Drosera binata. Junges, einziges Blatt einer Topfpflanze mit ea. 50 großen Randtentakeln, die sämtlich mit großen Sekrettropfen behängt waren. Der Topf wurde neu mit Regenwasser begossen und unter eine Glasglocke gestellt, so daß die Luft unter der Glocke bald dampfgesättigt sein mußte. Vorher war an zwei vorsichtig mit Tusche signierten Tentakeln der Sekrettropfen mit Stückchen Fließ- papier weggesaugt worden. Eine Reizung geschah nicht. Beginn des Versuches 7. Mai abends 10 Uhr, Temperatur 14°C. Die Pilanze wurde vom nächsten Morgen an etwa alle 2 Stunden mit der Lupe beobachtet, ohne daß die Glocke abgedeckt zu werden brauchte. Aus dem Protokoll, nach langer Beobachtungszeit, die keinerlei Veränderung brachte: 9. Mai, morgens 138 Uhr (d. i. nach 33%, Stunden): ein Tentakel mit leidlich großem Tropfen, der andere mit wenig Sekret. Abends 7 Uhr (d. i. nach 45 Stunden): der eine Sekrettropfen in der Größe normal! 10. Mai, abends 9 Uhr (nach 71 Stunden): erst jetzt beide Sekrettropfen normal. 2. Versuch: Wiederholung des vorigen Versuches an einem kräf- tigen Exemplar von Drosera capensis. Topf in einer Schale mit Regenwasser. Die Blätter wurden noch besonders mit einer feinen Spritze mit Tröpfchen übersprüht. Zwei Tentakel waren ihres Sekretes beraubt. Beginn 11. Mai, abends 9 Uhr, Temperatur 19,5°C. Im Protokoll: mit der Lupe nachgesehen: 12. Mai, morgens 9 Uhr, mittags 2, abends 6%, 10% Uhr; 13. Mai, morgens 9, abends 9 Uhr; 14. Mai morgens 8, abends 11 Uhr. Erst am 15. Mai, morgens 8 Uhr, d. i. nach 83 Stunden, beobachtete ich an einem der markierten Tentakel einen nahezu nor- malen Tropfen, an dem anderen nur Spuren Sekret. Am 16. Mai, morgens & Uhr (nach 107 Stunden) ein Tentakeltropfen normal, der andere klein. Diese beiden Versuche zeigen deutlich, wie langsam von den Ten- takeln beseitigte Sekrettropfen regeneriert werden, bei Dr. binata nach ea. 45, bzw. 71 Stunden, bei Dr. capensis erst nach ca. 100 Stunden. Dieser Fall tritt unter natürliehen Verhältnissen immer dann ein, wenn die Tentakel bei einer Insektenfütterung in Funktion gewesen sind und nun sekretlos einer Erneuerung der Sekrettropfen harren. Ungleich schneller erfolgte die Ausscheidung, wenn an das tropfen- lose Tentakel ein minimales Stüekchen Zueker angebracht wurde: schon nach 5 Minuten war Sekretumhüllung des Zuekers gut sichtbar und - nach 15 Minuten ein Tropfen normaler Größe erreicht. Dasselbe erfolgte bei vorsiehtigem Anbringen von kleinen Stückchen getroekneten Hühner- 2 Flora, Bd, 104, 24 342 Günther Schmid, eiweißes. Ohne daß eine Reizbewegung eingetreten war, konnte man nach 10 Minuten einen Normaltropfen beobachten, Um festzustellen, ob das Sekret selbst auf die Sezernierungs- tätigkeit einwirke, legte ich auf Tentakelköpfe mit beseitigten Tropfen vorsichtig die Enden abgeschnittener Tentakel mit getroeknetem Sekret. Die Regeneration zum normalen Drüsentropfen erfolgte: 1. in 50 Mi- nuten, 2. nach 30 Minuten, 3. nach 25 Minuten (später dieses Tentakel eingebogen, war demnach gereizt), 4. nach 40 Minuten. Diese Versuche waren an Dr. rotundifolia angestellt worden. Die Drüsen von Drosera sind demnach den Nektarien mit extra- zellularen Sekretionsflüssigkeiten anzugliedern.. Eine allzugroße Be- deutung bei der Bildung eines energischen Wasserstromes in der Pflanze ist ihnen nicht zuzuschreiben. Es kommt hier nie zu einem Abtropfen, zu einer Guttation, wie bei ausgeprägten Hydathoden. Das Sckret ist cben viel zu wertvoll und muß jeden Augenblick zum Fangen von Insekten bereit gehalten werden. Selbst herabfallender Regen beseitigt den zähen, schleimigen Drüsensaft nicht. Andererseits dürfen diese Sekrettropfen nicht allzuleicht eintrocknen, falls sie noch bei starkem Sonnenschein und geringer Luftfeuchtigkeit wirksam sein sollen. Gerade Drosera wird oft während einiger Tagesstunden heißer, verhältnismäßig trockener Luft auf unseren Mooren ausgesetzt. Ich habe öfters Drosera rotundifolia in Norddeuschland und Thüringen mit glänzenden Tropfen besetzt auf Torfstichen mit völlig trockener Oberfläche beobachtet, oder einmal in der lockeren Vegetation einer Heide bei über 30° C Schatten- temperatur in unmittelbarer Nachbarschaft von Sphagnum-Polstern, deren oberste Schichten bis 1 em tief vollkommen getrocknet waren. Dieselbe Beobachtung kann man an Pinguicula vulgaris machen. So sah ich im Juni 1911 Pinguicula im Bayrischen Wald beim Aufstieg zum Arber und am kleinen Arbersee in Gesellschaft von Vaceinium Myrtillus, Potentilla silvestris, Gnaphalium dioieum, Calluna vulgaris auf einem Boden von geringer Feuchtigkeit neben Sphagnum-Hügeln, die nur im Innersten geringe Feuchtigkeit hatten. Anzuführen wäre hier der merkwürdige Standort der Pinguicula-Varietät gypsophila Wallr., die nach Drude (Der hereynische Fiorenbezirk) zusammen mit Parnassia auf dem trockenen Zechsteingips am Harze bei Stempeda als Xerophyt vorkommen soll. Leider habe ich Pinguieula nieht auf die Sezernierungserscheinungen untersuchen können. Um die Schnelligkeit der Wasserabgabe eines Drüsentropfens zu ermitteln, kniff ich vorsichtig Stücke des Blattrandes oder einzelne Tentakel mit der Pinzette ab und überließ sie dem Eintrocknen. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 343 1. Dr. binata: Die 21, mm lange Spitze eines Blattes mit sieben Rand- und acht Flächententakeln wurde abgetrennt. Temperatur während der Beobachtung 21,5—22°C. Nur zwei Randtentakel wurden genauer beobachtet. Erst nach 50 Minuten hingen die Tropfen schmal, spindelförmig um den Drüsenkopf und nach ca. 65 Minuten waren sie vollkomnien eingetrocknet. 2. Dr. rotundifolia: Mehrere Versuche mit einzelnen Tentakeln wurden im Mittagssonnenschein ausgeführt und zeigten das gleiche Ergebnis: Erst in 60—80 Minuten waren die Sekrettropfen verschwunden. Einen geringen Anteil bei dieser kleinen Verdunstungsgeschwindig- keit hat die Kugelgestalt des Tropfens, die Hauptursache liegt in der Zähigkeit des Sekretes, das möglicherweise sogar eine Struktur besitzt, was ich aber nicht entscheiden konnte, Wir müssen also nach obigen Versuchen davon absehen, in der Sekretion ein Mittel hervorragend schnellen Wasserstromes für die Drosera-Pilanze zu erblicken. Wie groß ist denn überhaupt der Transpirationsstrom? Wie groß ist die Transpiration der Blätter mit anderen Pilanzen ver- glichen ? Als Vergleichsmaterial wählte ich eine nichtmykotrophe Pflanze nährstoffreichen Bodens mit anerkannt schneller Wasserdurchströmung. Ich wählte Impatiens amphorata. Versuche: Unter Wasser abgeschnittene Blätter wurden in mit Regenwasser gefüllte, kleine Glaszylinder gestellt, die Wasserober- flächen mit Öl überschichtet. 1. Im trockenen Raum (Zimmerluft) bei diffusem Lichte. Drosera rotundifolia vier Blätter mit gut sezernierenden Tentakeln, Impatiens ein Blatt. Nach 5 Stunden Drosera 0,017 g, Impatiens 0,319 g Wasserverlust. Aufs Trockengewicht des Blattes bezogen, Drosera: Impatiens = 2,4:29=08:1. 2. Im feuchten Raum bei diffusem Lichte, Nach 23 Stunden verlor Drosera 0,111 g, Impatiens 0,339 g Wasser. Verhältnis der Wasserverluste aufs Trockengewicht bezogen, Drosera: Impatiens = 37:59 = 6,3 :1. 3. Im Sonnenschein mittags, trockene Luft. Nach Verlauf von 3 Stunden ergab sich für Drosera die Gewichts- differenz von 0,108 g, für Impatiens 1,027 g, d. i. aufs Troekengewicht bezogen das Verhältnis Dosera: Impatiens = 15,0 : 10,27 = 23:1. 24* 344 Güntber Schmid, 4, Sonnenschein mittags, in fenchter Luft. Nach 3 Stunden Drosera 0,313 g, Impatiens 1,773 g verloren oder Drosera: Impatiens = 44,7:18,9= 1,4 :1. Drosera rotundifolia hat diesen Versuchen zufolge außer im ersten Fall eine größere Transpirationsziffer als Impatiens amphorata. Die Verhältniszahlen sind, Impatiens zu Drosera: 1:08; 1:63; 1:23; 1:14 Verglichen mit den Ziffern über den Nährwert des Standortes von Drosera (pag. 340) ist jedoch die Transpiration und somit die Wasser- durehströmung von Drosera, wie sie in diesen Verhältniszahlen aus- gedrückt ist, gegenüber der nährstoffreichen Boden bewohnenden Im- patiens recht klein. Man erwäge, daß der angegebene Waldhumusboden über 27,3 soviel Stickstoff und ein diluvialer Lehmboden, wie er als Untergrund von Hochmooren auftreten kann, über 24 mal soviel Kali enthält als der von Weber angeführte typische Untergrund für Drosera! In meiner Prüfung der Wasserdurchströmung ist ferner die unter natür- lichen Verhältnissen wirksame Tätigkeit der Hydathoden bei Impatiens nieht berücksichtigt. Überdies sehe ich in einer Arbeit von D. Schröder, daß Impatiens von einer Reihe Pflanzen guter Böden in der Abgabe des Wassers übertroffen wird. So verlieren Blätter von Phaseolus 1,3, Alnus 1,7 mal so schnell die Hälfte ihres Wassergehaltes, Fagus 2,1, Helianthus, Tropaeolum, Althaea und Acer 2,6, Quercus 4,5 mal so schnell als Impatiens! Nach diesen Erwägungen und dem Ergebnis, daß Drosera wohl eine starke, aber für ihren Standort nur eine beschränkte und ökonomische Wasserversorgung besitzt, um jeder Zeit die Möglichkeit eines Insekten- fanges mittels der sezernierenden Tentakeln zu haben, wird die Behaup- tung aufgestellt werden dürfen, daß das Wurzelsystem und die Einrich- tungen zur Transpiration nicht hinreichend sind, um der Pflanze an ihrem typischen Standorte auf dem üblichen Wege die genügende Menge Bodennährstoffe zu übermitteln. Hiermit im Einklange steht der Befund von Weyland, der im auffälligen Gegensatz zu anderen Pflanzen die Wurzeln von Dr. rotundi- folia phosphorfrei und äußerst kaliarm findet. Dasselbe gilt nach ihm für Darlingtonia californiea und Sarracenia flava (andere Arten nicht untersucht); für Sarracenia ist auch hinsichtlich des Ca-Gehaltes ein Mangel festzustellen. Über die Bewurzelung der exotischen Droseraceen etwas Stichhaltiges zu sagen, fällt schwer. Weder genauere Daten über Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 345 die Ausbildung des Wurzelsystems finden sich in der Literatur, noch irgendwelche brauchbaren Beschreibungen der jeweiligen Standorte. Jedenfalls wird auch bei ihnen die Bewurzelung recht schwach sein, wenn man aus einzelnen bei uns kultivierten Vertretern, wie Dr. binats, eapensis und spathulata Schlüsse ziehen darf. Bei Dr. capensis und binata und vielen anderen (z. B. Dr. fiexicaulis, eistiflora, paueiflora, vgl. die Monographie von Diels) dienen — mehr noch als bei den deutschen Arten — die Wurzeln als Speicherorgane, besonders für Stärke. Die Behaarung scheint sehr verschieden entwickelt zu sein. So gibt Marloth (Das Kapland usw., Ergebnisse der Valdivia-Expedition) für die kap- ländischen Dr. eistiflora, capensis und trinervia diehten Haarfilz, für Dr. euneifolia, hilaris, ramentacea nur spärliche Behaarung an. Merk- würdig ist die völlige Wurzellosigkeit bei dem Subgenus Ergaleium DC., das in der australischen Dr. erythrorrhiza Lindl. einen typischen Ver- treter hat. Diels (II) hat diese Formen beschrieben und sah oberhalb der unterirdischen Zwiebel die Achse dieht besetzt mit wurzelähnlichen, aber haubenlosen Gebilden (Rhizoiden), die als Auswüchse dem Blatt- grunde von Niederblättern entspringen. Ob und inwieweit diese Rhi- zoiden die Funktion von Wurzeln übernehmen, ist nieht untersucht. Ob sie Gefäßbündel enthalten ? Für Drosophyllum ist Penzig geneigt die Bewurzelung als gut ausgebildet anzusprechen. Im allgemeinen fand er keine sekun- dären Seitenwurzeln und die primären Seitenwurzeln dauernd nur nahe der Wurzelspitze. Er stellte für die „Pfahlwurzel“ eine Dieke von 0,3—0,7 em und die Länge von 7—14 cm fest bei einer Entwicklung der oberirdischen Schäfte von 17—41 cm. Daß die Wasserdurehströmung gering sein müsse, folgerten Meyer und Dew&vre aus der Beobachtung, daß Lithiumnitrat erst nach 12 Stunden den Weg aus dem Erdboden bis in den Schleim der Drüsensekrete zurückgelegt hatte. Über Dionaea museipula haben wir nur die kurzen Angaben bei Munk bzw. Kurtz, daß die Wurzeln unverzweigt und etwas fleischig seien mit einer Länge von 10—15 em und diejenige Fraustadt’s über eine Wurzel von 2 em Länge und 0,5 mm Dicke. Ich selbst maß an einem kultivierten Exemplar 10 Wurzeln von %—1 mm Dicke und 6,0-—-11,2 cm Länge. Was nun die Lentibulariaceen betrifft, so bleibt es doch eine auffällige Sache, daß unter den heimischen Wasserpflanzen, abgesehen von der kleinen Wolffia arhiza, Utricularia neben Ceratophyllum und Salvinia die einzige Gattung ist, die völlig wurzellos dasteht. Allerdings können bei Utrieularia ja auch sog. Rhizeiden auftreten, deren Leit- 346 Günther Schmid, bündel einen vollkommeneren Bau als die äquivalenten Bündel ge- wöhnlicher Wasserblattzipfel besitzen und somit vielleicht auch eine Rolle bei der Nahrungsaufnahme spielen mögen. Jedoch werden diese Gebilde bedeutend übertroffen dureh die Rhizoiden, beispielsweise von Cerstophyllum demersum, die nach Glück die Länge von 6-25 cm erreichen. Auch die tropischen Landutrikularien sind wurzellos (H. Schenck für Utr. montana und Utr. Schimperi) und haben z. T. Rhi- zoiden, wie Goebel (I) mitteilt (für Utr. bifida, affinis, coerulea). Die australische Polypompholyx multifida ist nach F. X. Lang gänz- lich wurzellos, besitzt dagegen zahlreiche zylindrische Ausläufer („Blattwurzeln“) von 25—28 mm Länge, die außer zum Festheften nebenher vielleicht die Funktion der Nahrungsaufnahme haben. Pinguieula mit der primitiveren Form des Insektenfanges und dem Anspruch auf weniger nährstoffarme Substrate läßt eine reichere Bewurzelung vermuten. Ich fand bei P. vulgaris aus dem Thüringer Wald fünf bis sieben Wurzeln von ca. 2—2,5 em Länge ohne Neben- wurzeln. J. Klein zählte an kräftig entwickelten Exemplaren von P. alpina, die auf feuchtem, moosigen Kalkfelsen erwachsen waren, 10—15 Wurzeln von 4—6 em Länge und 1—1,5 em Durchmesser. Genlisea ornata und G. violacea haben nach Goebel (II und II) keine Wurzeln, sondern in den Boden hinabreichende, den Blättern homologe Schläuche, die dem Insektenfang dienen und viel- leicht auch als Wurzeln fungieren. Noch spärlicher sind Aufzeichnungen über die Bewurzelung der Sarraceniaceen und Nepenthaccen und ihre Bedingungen. Auch hier bestehen in der Literatur immer Neigungen, entweder das Wurzel- werk als ärmlich anzuschen, oder hervorzuheben, daß es doch gut aus- gebildet sei. Beide Familien besitzen in allen Gattungen starke Rhizome (vgl. Macfarlane I, II, Krafft, Wunschmann, Zacharias, Hein- richer IV). Die Sarraceniaceen sollen nach Maefarlane jedes Jahr fünf bis acht Wurzeln mit 3-6 cm langen Nebenwurzeln bilden, die sich dann im folgenden Jahre zu Speicherorganen einrichten. Nur die Hauptwurzeln sollen einen spärlichen Besatz von Wurzelhaaren tragen. II. Kohlenstoffassimilation und Insektivorie. Das Assimilationsparenehym. Ist die Ökologie der Wasser- aufnahme — jedenfalls bei Drosera rotundifolia — nach den Ausführungen im vorigen Kapitel normalerweise in Disharmonie mit den Bedingungen des natürlichen Standortes und den Nährstoffbedürfnissen der Pflanze, Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 347 so ist es selbstverständlich, daß die Insektivoren die nötigen mineralischen Elemente aus den Beuteobjekten erhalten. Dann wäre damit ein An- passungsverhältnis schönster Form hier ersichtlich. Für die Versorgung mit Stiekstoff haben ja schon Darwin durch seine zahlreichen Fütte- rungs-, Verdauungs- und Reizversuche und die vielen bestätigenden und ergänzenden Abhandlungen späterer Bearbeiter den Beweis erbracht, daß der N-Mangel des Bodens durch die Aufnahme stiekstoffhaltiger Verbindungen aus den Insekten gutgemacht würde. Die Kompensation des Phosphors und Kaliums werde ich im Absehnitt III zeigen. Hat die Insektivorie eine Beziehung zur Ausbildung des Wurzel- systems — gleichviel, ob die Wurzeln reduziert sind, oder ob die Pflanze (Drosera) vermöge ihrer Insektivorie befähigt ist, mit jener dürftigen Wurzelausbildung noch die nährstoffärmsten Plätze zu besiedeln!) — so scheint es der Untersuchung wert, andere Organisationen der In- sectivoren auf deutliche Beziehungen zur Insektivorie durchzusehen. Es sind in dieser Richtung bisher nur die Einrichtungen behandelt worden, die zu Fang und Verdauung der Beute ein unmittelbares Verhältnis haben. Allerlei interessante morphologische und anatomische Eigen- heiten wurden bekanntlich zutage gefördert, ich erinnere an den z. T. recht komplizierten Bau der Drüsenorgane, die Tentakelbildung der Droseraceen, die Einrichtung zu der eigenartigen Reizbewegung und zur Regulierung der Sekretzusammensetzung bei einigen Arten, die Differenzierung in einseitig und allseitig mit Drüsenscheiben besetzte Rand- und Flächententake] bei einigen Drosera-Spezies z. B. Dr. rotun- difolia (vgl. Fenner), die Umwandlung der Laubblätter zu Kannen, Reusenhaarbildung, Umwandlung der Spaltöffnungen zu abwärts ge- richteten Gleitzähnen bei Nysenthes (vgl. Haberland IT), die Organi- sation der Utrikeln usf. Sehon allein die vielen und eindeutigen Umbil- dungen zur Erlangung der Insektenbeute lassen uns immer wieder bedenken, daß die Insektivorie eine bedeutende Rolle im Leben dieser Pflanzengruppe spielen müsse. Es macht einen eigentümlichen Eindruck, wenn neuerdings G. Bonnier ohne Kenntnis der vie'en in der Literatur niedergelegten Beobachtungen und Studien und offen- bar ohne eigene Erfahrungen auf diesem Gebiete eine Kritik an den 1) H. Miehe (Javanische Studien) spricht zusammen mit den Wurzelsym- bionten die Insektivoren als Pioniere auf unverwittertem Boden an. So soll Dr. rotundifolia ungewöhnlich üppig auf nacktem Granitfels an der Küste Bornholms gedeihen. Er verweist ferner auf die Angabe Sehimper’s, daß anf einem jungen Lavastrom am Goenoeng (oentoer bei Garoet auf Java neben mykotrophen Arten massenhaft Nepenthes auftreten soll. 348 Günther Schmid, tatsächlichen Grundlagen der Insektivorie, wie auch anderer Dinge, die seit Darwin uns interessieren, ohne Darwin’s Verdienste hierin zu würdigen, in einem Aufsatze — allerdings in populärer Weise — mit unzutreffenden und spöttischen Bemerkungen versucht!). Ausgehend von der manchmal auftauchenden Bemerkung bei anatomischen Beschreibungen, daß der Siebteil nur gering entwickelt sei — ich erinnere mich z. B. dieser Angabe bei Zacharias — in dem nieht ausgesprochenen Gedanken, daß die Eiweißzufuhr durch die Verdauungsdrüsen vielleicht eine Entlastung für die Siebröhren bedeuten könnte, prüfte ich eine Reihe Insektivoren sehr genau auf das Verhältnis von Xylem und Phloem, suchte aber vergebens nach Beziehungen. Meines Erachtens liegt auch gar kein. Grund vor, Reduktion oder Vergrößerung von Sieb- oder Holzteil mutmaßen zu müssen. Aussichtsreicher erschien mir dagegen eine Betrachtung der Assimilationsgewebe. Vielleicht mochte die Zuführung von mine- ralischen Elementen, die schon in organischen Bindungen stecken, einen Einfluß auf die Form- und Ausbildung der Mesophylizellen haben, da nach Schimper (III) gerade dieser Teil eine wesentliche Rolle bei der Assimilation der Mineralsalze übernimmt, oder — und das lag der Vermutung nahe — es könnte möglicherweise durch die Aufnahme nicht wesentlicher Bestandteile, sozusagen akzessorischer Körper, d. s. hier Kohlenstoffverbindungen, sekundär auch das Assimilationsparenchym modifiziert sein. In den anatomischen Beschreibungen von Fenner, Fraustadt, Penzig, Kurtz, Solereder, Oels, Lang, Vogl, Nitschke, Klein, sind natürlich auch die anatomischen Verhältnisse des Blattes berührt worden, und in den nun folgenden Charakteristiken füllen nur die Dar- stellungen der Blattanatomie von Sarracenia (flava), Darlingtonia, Nepenthes, Utrieularia montana und Cephalotus follicularis eine Lücke aus. Zum besseren Verständnis verweise ich auf die Tafeln am Schluß dieser Abhandlung. Drosera rotundifolia. Schon Nitschke beschrieb und zeichnete den Blattquerschnitt, später erwähnt ihn Oels in seiner vergleichenden Anatomie der Drosera- ceen. Das Blatt hat 5—7 Zelischichten, ist reich an Interzellularen und zeigt keinerlei Differenzierung des Mesophylls in Palisaden- und Schwamm- 1) In einem Artikel: „Pour et contre le darwinisme“ in der Revue hebdo- madaire vom Juli 1911. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 349 gewebe. Die Epidermen führen Chlorophyll (Fig. 1). Flächenschnitte geben durchaus den Anblick typischer Schwammgewebe (Fig. 2 nach Dr. eapensis). Ich untersuchte mit gleichem Ergebnisse Dr. intermedia, binata und capensis. Dionaea museipula. Aus dem botanischen Garten Jena. Auch hier findet sich in der Epidermis jederseits Chlorophyll. Das Mesophyll hat keine Palisaden- zellen, im Gegenteil sind die Parenchymzellen durchaus gleichartig und etwas in die Breite, in der Richtung zum Hauptnerven, gestreckt (Fig. 3). Das Blatt ist locker gebaut und besitzt auf jeder Seite nur 2—3 Sehichten chlorophylihaltigen Gewebes unter der Epidermis, die Mitte ist ohne Chlorophyll. Auf der Blattinnenseite findet sich ebensoviel Stärke wie außen (Fig. 4). Drosophyllum lusitanicum. Das untersuchte Material stammt aus dem Institutsherbar und war von G. Reichenbach gesammelt worden, Die Blätter wurden vor der Untersuchung mehrere Tage in ammoniakhaltigem Wasser aufgeweicht unddann geschnitten. Das Mesophyllist hier auch ausschließlich Schwamm- parenchyn, und die Interzellularen sind besonders groß (Fig. 5). „Der Anblick des Ganzen erinnert an die Gewebsformen unserer Wasserpflanzen“ (Penzig). Pinguieula vulgaris. Das Mesophyli ist gleichartig aus isodiametrischen Zellen gebildet und stark von Interzellularen durchsetzt. Die Epidermis ist chloro- phylifrei (Fig. 6, vgl. auch Fenner). Klein beschreibt gleiche Verhält- nisse für P. alpina. Utrieularia montana. Aus dem Warmhaus des botanischen Gartens zu Jena. Unter der oberen Epidermis liegt ein fast chlorophylifreies Parenchynı. Das Meso- phyll zeigt eigentlich nur insofern eine Gliederung, als die unteren Zellen durchweg größer und durch bedeutendere Interzellularen von einander getrennt sind. Ein typisches Palisadengewebe ist zweifellos nicht vor- handen. An dessen Stelle sehen wir meist zwei bis drei Reihen Parenchym- zellen, die in der Gestalt den bekannten Trichterzellen mancher Schatten- pflanzen sich nähern (Fig. 7). 350 Günther Schmid, Byblis gigantea. Nach C. A. Fenner ist das Assimilationsgewebe ein lockeres Schwammgewebe von Zellen mit Palisadencharakter (vgl. die gute Ab- bildung bei Fenner). Darlingtonia californica. Aus dem botanischen Garten Jena. Ich führte Schnitte aus dureh die Gegend der Reusenhaare, den Helm und das deckelähnliche An- hängsel. Die Epidermis ist ohne Chlorophyll, und überall gliedert sieh das Mesophyll in zwei unterschiedliche Teile: nach außen liegende, ehloro- phyliführende und 1-—8 farblose, großzellige Schichten auf der Innenseite. Das Gewebe ist verhältnismäßig fest gefügt und läßt nur sehr kleine Luftlücken zwischen sich frei. Das Assimilationsparenchym hat keine Ähnlichkeit mit einem Palisadengewebe: die Zellen sind isodiametrisch oder parallel der Blattoberfläche gestreckt (Fig. 8 und 9). Sarracenia flava. Aus dem botanischen Garten Jena. Alle Teile des Röhrenblattes sind ausgezeichnet durch schwammförmiges Mesophyll ohne eine An- deutung von Palisadenbildung (Fig. 10). Weite Räume verlaufen zwischen den unregelmäßig sternförmigen Assimilationszellen (Fig. 11). Auch die Blattflügel sind in derselben Weise aufgebaut. A. Voglund Schimper () geben eine gleiche Charakteristik für Sarracenia purpurea. Heliamphora nutans. Krafft und Zipperer haben leider die anatomischen Verhältnisse dieser seltenen Pflanze zu wenig untersucht, Nach Andeutungen bei Zipperer aber glaube ich vermuten zu dürfen, daß auch hier die Pali- saden fchlen. Nach Krafft gibt es zuweilen Blätter mit weitgehender Reduktion des Schlauches und starker Entwicklung der assimilierenden Lanina. Polypompholyx hat nach F. X. Lang chlorophyliose Epidermis und kein Palisadensystem (vgl Abbildung bei Lang, pag. 153). Über Genlisea konnte ich nichts ermitteln. Nepenthes. Hier konnte ich mehrere Arten untersuchen, zunächst N. Henryana Williams (= N. Hookeriana x Sedeni), die mir der Jenaer botanische Garten bot, ferner getrocknete Herbarexemplare von N. Rafflesiana Jack, N. distillatoria L., N. melamphora Blume und N. phyllamphora u» Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 351 Willd., die ich Herrn Prof. Stahl verdanke, der sie 1890 auf seiner Reise nach Java einsammelte. Die trockenen Blätter wurden vor dem Schneiden 14 Tage lang in Wasser aufgeweicht und die Querschnitte überdies in verdünnte, warme Kalilauge gelegt. — Was zunächst die Kanne angeht, so fehlt ihr eigentlich jedes Assimilationsgewebe. Das Parenchym zwischen den Epidermen ist großzellig, lakunös und nur vor den (hellgrünen Flecken makroskopisch) ungefärbten, anthocyan- losen Lücken der Oberhaut finden sich vereinzelt Zellen mit sparsanı verteilten, blassen Chloroplasten (Fig. 12). Stomata sind nur ganz vereinzelt auf der Außenseite zu suchen, die rotgefleckten Stellen der Kannenwand aber sind völlig ohne Spaltöffnungen. In der Gleitzone der Innenseite dagegen bemerkt man pro qmm etwa 98 Stomata im Durch- schnitt, die jedoch — wie Haberlandt zuerst erkannte — stets ge- schlossen sind und die Funktion gewechselt haben. Die Absorptions- zone hat gar keine Anzeichen ehemaliger Schließzellen, Deckel und der geriffelte Kannenrand mögen vielleicht eine Wenigkeit mehr Chlorophyli in ihrem Parenchym enthalten. Die Zahl der Spaltöffnungen ist hier auch etwas größer (4,6 auf 1 qmm). — Die Untersuchung des Laubblattes führte stets zu dem Ergebnis: unter der Epidermis ist beiderseits ein 1—2 schichtiges chlorophylloses Wassergewebe ausgebildet. Das Meso- phyli bildet eine ziemliche kompakte Masse ohne nennenswerte Inter- zellularen. An Stelle eines typischen Palisadenparenchyms finden sich isodiametrische bis oblonge Zellen vor, die allmählich in ein wenig lockeres „Schwammgewebe‘ übergehen (vgl. hierzu Fig. 13). Von den Herbar- pflanzen stammten N. distillatoria und N. Rafflesiana von sonnigen Standorten. Um nicht durch Präparationsfehler getäuscht worden zu sein, verglich ich Blattquersehnitte von diesen Exemplaren mit sulehen anderer Pflanzen desselben Herbars und konnte nun den Vergleich mit deutlichen und typisch ausgebildeten Palisadenzellen sehen. Cephalotus follieularis Aus dem botanischen Garten zu Hamburg. — Das Kannenblatt besteht aus sehr locker gefügten, großzelligem Schwammgewebe, wovon nur die ersten beiden Zelischiehten der Oberseite etwas Chlorophyll enthalten und das übrige Parenehym keine oder nur sehr spärliche Chloroplasten aufweisen (Fig. 14). Die lederigen Laubblätter lassen im Mesophyll eine Gliederung in ein diehter gelagertes Gewebe — „Pali- sadengewebe‘“ — und ein Schwammparenehym unterscheiden. Die „Palisadenzellen““ kann man nicht als typisch ausgebildet bezeichnen. Sie sind sehr verschieden in der Gestalt und verschieden gestreckt. Ebenso 352 Günther Schmid, ist die Schichtenzahl in demselben Blatt mannigfach. In der Mitte sah ich z. B. 4-5, am Rande oft nur 2 Lagen „Palisaden“. Zur Erläuterung siehe die Fig. 15 a—c. Es muß auffallen, daß sämtliche Droseraceen, Pinguicula und die Sarracceniaceen, ferner Genlisea und Polypomphlyx ganz ohne Palisaden- zellen sind, während das Assimilationsparenchym der übrigen Insekti- voren — Nepenthes, Byblis, Utricularia montana und Cephalotus — derart beschaffen ist, daß man zweifeln muß, ob die Zellschichten unter der oberen Epidermis als Palisadengewebe im eigentlichen Sinne bezeichnet werden dürfen. Das ist sicherlich ein vom Gewöhnlichen abweichender Blattbau, und man möchte schon gleich geneigt sein, aus der Insektivorie die auffällige Ausbildung dieser Assimilationszellen zu begreifen. Allein bei einer Durchsicht der stattlichen Literatur über die Leistungen der Assimilationsgewebe wird einem klar, wie gering unsere Kenntnisse zur Erklärung von Assimilationsgewebe tatsächlich sind. Wir können nicht aus der Ausbildung des Mesophylis ohne Berücksichtigung anderer Moniente Schlüsse auf die Arbeitsleistung ziehen. Gelegentlich dieser Frage griff ich aus verschiedenen biologischen Gruppen diese oder jene Art heraus, um sie auf den Blattbau anzusehen. Der Regel nach fand ich natürlich die bekannte Differenzierung in Palisaden- und Schwamm- gewebe: doch ergaben sich auch bemerkenswerte Ausnahmen. Es wäre wohl der eingehenden Untersuchung wert, die Ökologie einfacher Assi- milationsgewebe ohne Palisaden herauszustellen. Keine Palisaden sind so bei Sukkulenten anzutreffen, z. B. Sempervivum teetorum, 8. Wulfenii usw., Opuntia-Arten, Mesembryanthemum diverse spee. u. a, Sedum reflexum, virescens, album, dasyphyllum usw., ferner bei den fleischigen Blättern von Dischidia Rafflesiana; sie fehlen vielen Schattenpflanzen: Epimedium alpinum, Orobus vernus, Thesium, Tozzia alpina [Thesium und Tozzia zugleich Halbschmarotzer = Nährsalzparasiten, vgl. Hein- richer (D)] und vielen Schattenblättern (vgl. Stahl (I) und Hessel- mann u. a.), ferner Loranthus europaeus (nach Solereder) und dem einjährigen Blatt von Viseum album (während sie im 2 jährigen vorhanden sind, nach Solereder), den mykotrophen Pirola seeunda, P. minor (dagegen nicht P. chlorantha und P. umbellata), Gentiana eiliata, G. utriculosa (dagegen vorhanden bei G. eruciata, G. germanica und nach W. Boettichers Dissertation bei vielen anderen Arten). Daß sich irgendwelche Beziehungen aufdecken lassen müssen, ergibt sich augen- scheinlich aus der einheitlichen Gruppe der Sukkulenten, wo sich nur senkrecht zur Oberfläche verlaufende, durch Interzellularen getrennte Reihen von rundlichen bis länglichen Assimilationszellen auffinden lassen. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 353 Vielleicht spielt hier die Schrumpfungsmöglichkeit der Blätter resp. Sprosse eine Rolle (s. Benecke, vgl. Stahl’s Hinweis auf die Bedeutung des „Diachlorenchyms‘“ für die Biegsamkeit der Monokotylenblätter), sieherlich aber wohl auch die durch die besonderen Transpirations- bedingungen geregelte Assimilationstätigkeit dieser Pflanzen. Beziehungen zur Mycorhiza nicht nur in der Transpiration, sondern m. E. auch zur Assimilation würden sich vielleicht in der Familie der Gentianeon ergeben. Ich verweise nur auf die Merkwürdigkeit, daß die von Stahl (III) untersuchten Gentianeen äußerst seltın Stärke bildeten, keine Hyda- thoden besaßen und allermeist keine Spur von Wurzelhaaren. Dagegen sind die (nach Boetticher) palisadenführenden Menyanthes trifoliata und Limnanthemum nymphaeoides nach Stahl ohne Mycorhiza und führen Stärke, Hydathoden und Wurzelhaare. Das gleiche gilt für die hinsichtlich der Palisadenbildung (nach Boetticher) Übergangsformen darstellende Erythraea centaurium und Chlora perfoliata. Stahl findet hier noch Verpilzung. Wie dem auch sei, man wird vielleicht keine einfache Formel für die ökologische Bewertung eines Assimilationsgewebes aufstellen können und jede Pflanzengruppe einstweilen vornehmen müssen. Immer ist dabei zu berücksichtigen, daß jede Organisation im Organismus sozusagen einen Komplex von Einzelorganisationen in sich vereinigend darstellt, die einer Reihe von Funktionen so genügen müssen, daß ein Gleichgewicht günstigster Gesamtwirkung dem allgemeinen Durch- schnitt oder schließlich selbst jeder besonderen Möglichkeit äußerer Umstände gegenüber sich ergibt. Um auf die Insektivoren im besonderen zurückzukommen, so bin ich angesichts oben genannter gleichartiger Fälle von Homogenität ihrer Assimilationsparenehyme doch geneigt, einen Einfluß der Insekti- vorie anzunehmen. Wahrscheinlich zeigt sich dieser Einfluß in allen Abstufungen, nicht so, daß etwa bei Cephalotus und Nepenthes — nach dem Assimilationsgewebe beurteilt — die niedrigsten Stufen der Insekti- vorie und bei Pinguicula und Drosera die obersten wären. Es ist vorläufig, wo wir kaum eine allseitige Untersuchung und Diskussion des Assi- milationsgewebes besitzen, äußerst schwer, alle Faktoren in ihren ver- schieden starken Wirkungen abzuwägen. So muß uns einstweilen der allgemeine Eindruck, daß eine biologische Gruppe, wie die Insektivoren, die sich aus Mitgliedern verschiedener Standorte und mehrerer systematischer Familien zusammen- gesetzt (vgl. z. B. Drosera feuchte Moore, Drosophyllum trockene Plätze, Utrieularia Epiphyt usw.), in mehr oder minder starkem 354 Günther Schmid, Grade eine primitive Ausbildung des Assimilationsgewebes aufweist, eine Beziehung zur Insektivorie wahrscheinlich machen. Für die feuchtigkeitliebenden Arten könnte man einwendend auf die Bedürfnisse der Transpiration hinweisen und so die merkwürdig starke Ausbildung des Schwammgewebes verständlich machen wollen. Man vergäße, daß fast alle Insektivoren an stark besonnten Orten vorkommen. Dann wäre auf das fast lückenlose Gewebe von Darlingtonia california (nach Macfarlane an feuchten und sumpfigen Gebirgsplätzen von 700—2700 m ü. d. M.) zu verweisen und das äußerst lakunöse Parenehynı von Sarracenia flava, die in flachen Savannen- gebieten wächst (nach Macfarlane), welche während des Sommers ziemlich trocken sein können oder das schwammige Gewebe von Droso- phyllum lusitanieum, einer Pflanze von besonnten, trockenen Abhängen. Man vergleiche auch, daß andere, niedrige Pflanzen von sumpfigen Standorten Palisaden aufweisen. Kleine Exemplare (15—20 cm) von Rubus Chamaenıorus aus einem Moore bei Königsberg!) z. B. ließen mich immer 1—3 Schichten typischer Palisaden antreffen. 2—3 Schichten schöner Palisadenzellen hatten Hydrocotyle vulgaris und H. Bona- riensis (mit senkrecht stehender Blattscheibe, zum Vergleich mit den aufrecht stehenden Sarraceniaceen). Die fast niederliegende, zierliche und von Begleitpflanzen verdeckt oder beschattet wachsende Wahlen- bergia herbacea (die Pflanze stammte aus der Rheinpfalz, aus dem Herbar meines Kollegen Herrn Weyland) zeigte allerdings Triehter- zellen. Es ist nicht ganz klar, ob man einfach eine Entlastung des Assi- milationsparenchyms bei den Insektivoren durch Aufnahme von Kohle- hydraten und der kohlenstoffhaltigen Eiweißkörper usw. annehmen soll, oder ob die Verhältnisse verwickelter liegen. Das wird zurzeit nicht entschieden werden können. Jedenfalls ist es nötig, zunächst die assimilatorischen Leistungen der Insektivoren zu prüfen und zweitens zu untersuchen, welche von den C-haltigen Stoffen des Insektenkörpers von Wert für die Pflanze sind, d. h. absorbiert werden. Assimilation und Stärkeableitung. Man kann, um eine Anschauung von der Assimilationsgröße zu gewinnen, für die Land- pflanzen unter den Insektivoren selbstverständlich nieht den Weg ein- schlagen, den Musset (Fonetion chlorophylienne du Drosera rotundi- 1) Herharmaterial, das ich Herrn Bornmüller, dem Leiter des Herbarium Haussknecht in Weimar, verdanke. An Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 355 folia, Comptes rendus 1883) genommen hat. Er verglich Dr. rotundi- folia mit ihren Begleitpflanzen eines Standortes in der Dauphine, mit Carex paueiflora, Sphagnum capillifolium, Polytrichum eommune und Vaeeinium oxycoeeos und behandelte sie nach der Gasblasenzählmethode. Auf diese Weise erhielt er die größten Quantitäten Sauerstoff bei Drosera. Verschluß der Stomata und Ausbildung des Interzellularsystems spielen eine wichtige Rolle, so daß man Landpflanzen nach diesem Verfahren nieht aufeinander beziehen kann, und dies Resultat sicher ein falsches Bild gibt. Außerdem sollten nicht die Frischgewichte der assimilierenden Organe in ein Verhältnis gesetzt werden — wie das Musset anscheinend getan hat. Ich suchte nur roh die Assimilationstätigkeit mir zurzeit zur Ver- fügung stehender Insektivoren zu beurteilen, indem ich sie unter gute Assimilationsbedingungen brachte, durch Jodreaktion einen Überblick über die gebildete Stärke zu gewinnen suchte und dann durch verschieden lange Verdunklung der Assimilationsorgane die Geschwindigkeit der Stärkeableitung bestimmte. Drosera binata. An dieser Pflanze ist auffallend, wie zierlich und schmal die Blatt- spreite entwickelt ist, wenn man dagegen den ganzen Apparat der stark sezernierenden Tentakel und die langen und starken Blattstiele betrachtet. Auffallend schmal entwickelt und scheinbar wenig zur Assimilation ge- eignet ist auch die lange Blattspreite von Dr. filiformis. Es gibt sicher innerhalb der Gattung alle Übergänge. Besonders mächtig ausgebildet sind die Blattspreiten von Dr. Adelae F. Muell., Dr. sehizandra Diels und Dr. maerophylla Lindl. (vgl. Fig. in Diel’s Monographie, pag. 80 und 124). Ich ließ also Dr. binata bei Sonnenschein und feuchter Luft einen Tag assimilieren und prüfte abends mit Jodjodkalium. Die Spreite färbte sich nur in geringem Maße dunkel, und erst in Querschnitten war die Stärke gleichmäßig im Blatt verteilt zu erkennen. Versuche: 1. Am 27. Mai, an einem sonnigen Morgen, überdeckte ich um 10 Uhr ein Blatt einer Topfpflanze mit einem geschwärzten Glaszylinder und umschloß die Öffnung unten mit dunkelm Papier. Der Topf wurde gut begossen und besonnt aufgestellt. Am 28. Mai mittags 12 Uhr, d. i. nach 26 Stunden, waren auf Querschnitten des Blattesnach der Jodbehandlung die Chloreplasten noch dunkelblau gefärbt. 2.29. Mai mittags bis 31. Mai nachmittags 3 Uhr, das sind öl Stunden, dieselbe Versuchsanstellung. Ich bekam mit der Jodprobe auf Quer- 356 Günther Schmid, sehnitten das gleiche Ergebnis: die Stärke war nicht oder nur sehr wenig geschwunden. Dionaea museipula. Versuche: i. 2. Mai morgens 9 Uhr bis 4. Mai abends 6 Uhr (= 57 Stunden): Quer über die Mitte des breitgeflügelten Blatistieles wurde ein Streifen Stanniol fest herumgelegt. Die Pflanze wurde gut mit Regenwasser begossen und dann mit einer Glasglocke überdeckt im Freien bei Sonnenschein gehalten. Die Temperaturen unter der Glasglocke waren am ersten Tage: 9 Uhr 25°C, 1014 Uhr 32%, 1% Uhr 28%, 3%, Uhr 30°C. Ein zu starkes Anwachsen der Temperatur wurde dadurch verhindert, daß ich die Glocke auf kürzere Zeit von Stunde zu Stunde abhob. Nachts stand die Pflanze im Gewächshaus bei 10° C. Ergebnis: Die Klappen der Lamina enthielten in der Mitte des Meso- phylis vielfach gar keine Stärke, dagegen reichlich in den Zellen der Ober- und Unterseite, auch in der Epidermis der Oberseite (nieht in den Drüsen selbst) und um die Gefäßbündel herum. Der geflügelte Blattstiel hat etwa dieselbe Verteilung. Der Stärkegehalt nimmt nach der Basis des Blattstieles allmählich ab, Ein Unterschied der belichteten und verdunkelten Teile ist nicht festzustellen. 2. 5. Mai morgens bis 11. Mai morgens (etwa 6 Tage). Der vorige Versuch im Warmhaus wiederholt, Pflanzen mit Glocken überdeckt. Diesmal wurde ein ganzes Blatt mit Stanniol umhüllt, nachdem vorerst mit der Schere ein Stück der Lamina herausgeschnitten und zum Ver- gleich in Alkohol getan worden war. Es ergab sich kein deutlicher Unterschied im Stärkegehalt des Kontrollstückes zur verdunkelten Blattfläche. Darlingtonia ealifornica. Versuche: 1. 2. Mai morgens 10 Uhr bis 3. Mai abends 7 Uhr (= 33 Stunden). Ein ca. 20 em hohes Blatt einer Topfpflanze wurde in der Mitte dureh einen 2 em breiten Stanniolgürtel verdunkelt. Die PRanze stand unter einer großen Glocke und wurde von Zeit zu Zeit gelüftet. Nur am Nachmittage des ersten Versuchstages hatte der Himmel Bewölkung, im übrigen stand die Darlingtonie in der Sonne. Nach Beendigung des Experimentes zeigt sich sehr viel Stärke in der Gleitzone, in der Reusenzone vielleicht etwas weniger und im untersten Teile des Röhrenblattes stellenweise weniger als in den vorigen Partien. In den Fenstern des Helmes finden sich keine oder selten Chloroplasten, die minimal Stärke erzeugen. In der verdunkelten Stelle ist keine Abnahme des Stärkegehaltes erkenntlich. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 357 Auffälligerweise waren durchgängig die drei obersten Zellschichten des Mesophylis (auch im Blattflügel) ohne oder mit sehr schwacher Stärke- bildung — außer über den Gefäßbündeln. Die untere Hälfte des Meso- phylis ist stets stärkefrei (vgl. auch die Anatomie, pag. 350). 2. 5. Mai morgens bis 11. Mai morgens (= 6 Tage). Vor dem Ver- suche wurde ein kleines Stückchen des zu verdunkelnden Teiles aus dem Blattflügel herausgeschnitten und konserviert. Diesmal verdunkelte ich unmittelbar unter dem wenig assimilierenden Helm auf eine Länge von 4 em, ließ die Pflanze unbedeckt, um die Transpirationsbedingungen — und somit nach Rywosch auch die Ableitungsbedingungen für die Assimilate — zu erhöhen und begoß sie gut. Nach 6 Tagen schien gar keine Ableitung vor sich gegangen zu sein: Ein Unterschied in belichteten und verdunkelten Stellen bestand nicht. Pinguieula vulgaris. Versuche: 1. 23. Juni nachmittags bis 26. Juni morgens & Uhr (= ea. 60 Stunden). Eine Topfpflanze, die mehrere Tage vorher gut belichtet gewesen war, wurde unter eine große, oben ein wenig offene Glasglocke gestellt und das Ganze durch einen Zinkzylinder gut ver- dunkelt. Von den zwei Blättern, die nach obiger Zeit entfernt wurden, war das eine bis auf den stärkefreien Rand durch Jodbehandlung tief blauschwarz und metallisch glänzend, das andere schwach gebläut. 2. Derselbe Versuch wiederholt und auf 3% Tage ausgedehnt. Das untersuchte Blatt wurde wieder blauschwarz und metallisch glänzend, also hatte kein wahrnehmbarer Stärkeverbrauch stattgefunden. 3. Versuch wiederholt: Nach ca 8%, Tagen in zwei Blättern keine Stärke mehr gefunden, in einem dritten Blatt jedoch mit Jod noch schwache Blaufärbung. Aus diesen Versuchen soll kein Schluß gezogen werden, wie groß wohl die Möglichkeit der Assimilation dieser Insektivoren, mit anderen Pflanzen verglichen, sei. Es scheint so, als sei sie bei Drosera binata gering. Essollaber gezeigt werden, daß derVerbrauch dereinmal gebildeten Stärke und die Ableitung recht langsam vor sich gehen. Wir haben allerdings keine vergleiehenden Untersuchungen über die Schnelligkeit der Assimilate-Ableitung im allgemeinen, so sehr sie auch zu wünsehen wären. Unser Urteil hier muß sich auf die wenigen Erfahrungen gründen, die wir bei den gebräuchlichen Versuchspflanzen gesammelt haben. Daher wissen wir, daß durchgängig bei warmem Wetter die Assimilationsprodukte schon während einer Nacht, zum mindesten aber in 2 Tagen aus den Blättern verschwinden, Sehimper (II) er- Flora, Bd. 104. 25 358 Günther Schmid, wähnt z. B. 24—48 Stunden bei nicht sehr heißem Wetter für Impatiens parviflora, Deleano für Weinblätter 35,5—56,5 Stunden, 28 Stunden aber nur, sofern sie in Verbindung mit der Pflanze sind, und Saposch- nikoff sagt, daß die Lösung der Stärke oft in 12 Stunden erfolge. Die Angaben bei Hesselman über Stärkeentleerung der Pflanzen schwedi- scher Laubwiesen können hier nicht herangezogen werden. Utrieularia vulgaris. Bei Utrieularia schien mir ein Vergleich mit anderen, submersen Pilanzen eher möglich. Ich wählte gesunde Zweige von Utricularia vulgaris, die ich tags zuvor am natürlichen Standorte gesammelt hatte und brachte sie zu gleicher Zeit mit Elodea eanadensis, Myriophyllum vertieillatum und Batrachium divaricatum in Gefäße mit frischem Leitungswasser (Jenaer kalkreichem Wasser), setzte sie der Sonne aus und ließ sie assimilieren, indem ich den ausscheidenden Sauerstoff über ungestülpten Glastrichtern in graduierten Röhren auffing. Die Gasvolumina bezog ich dann auf das Trockengewicht der jeweiligen Pflanze. So erhielt ich: Utrieularia Trockengewicht 0,102 g Mm Gasvolumen 6,1 Elodea Trockengewicht 0,059 g „ Gasvolumen 5.1 Myriophyllum Trockengewicht 0,422 g n Gasvolumen 17,3 Batrachium Trockengewicht 0,127 g Ri Gasvolumen 5,5 Auf die Einheit des Trockengewichtes bezogen, stellt sich folgende Reihe der Assimilationsleistungen zusammen: Eloda canadensis ....... 86,4 Utrieularia vulgaris... ... 60,3 Batrachiunı divarieatum . ... . 43,3 Myriophyllum verticillatum . . . 410 Genaueres Ergebnis hätte wohl der Bezug auf das Trockengewicht der Blätter gezeitigt. Utrieularia stände dann vielleicht in gleicher Linie mit Batrachium und Myriophyllum. Jedenfalls jst es ersichtlich, daß Utrieularia vulgaris ebenso stark als andere Wasserpflanzen zu assimilieren vermag. Wie weit sie unter den natürlichen Standorts- verhältnissen an diese Möglichkeit herankommt, ist eine weitere Frage. U. Angelstein hat mit Nachdruck auf die Bedeutung der Kalkbikarbo- nate hingewiesen und gezeigt, wie trotz hohen Kohlensäuregehaltes ein Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 359 kalkfreies Gewässer die Assimilation vollständig unterbindet. Nun ist Utrieularia tatsächlich auf nährstoffreichere Medien als z. B. Drosera angewiesen. Darauf deutet ihr Vorkommen am Rande von Hoch- mooren hin, wo die Gewässer sich finden, die dem Moore die wenigen löslichen Stoffe ausgezogen haben, dann ihr Auftreten in Flachmooren. Diese Orte müssen immerhin ein einigermaßen reiches Tierleben auf- bringen, wenn die Pflanze in ihren Blasen Beute fangen soll. Aus den Analysen von €. A. Weber (vgl. pag. 90 seiner Monographie) geht nun ein 72 ma] so reicher Gehalt an CaO für einen Moorbach mit Utrieularia minor und U. intermedia als für das abfiltrierte Wasser des Drosera- standsortes hervor, jedoch auch ein Mangel an Stickstoff, Kali und Phosphorsäure, der etwas kompensiert wird durch die Strömung des dort angeführten Wassers. Für Utrieularia können wir also wohl eine normale Assimjlationstätig- keit auch unter natürlichen Verhältnissen annehmen, sofern.nicht auch hier cin zu geringer Verbrauch der Assimilate stattfindet undsomiteinefür weitere Assimilation hemmende Anhäufung. Ob das geringe Ableitungsvermögen von Drosera, Dionaea, Dar- lingtonia, Pinguicula auf den im vorigen Kapitel beschriebenen Struk- turen des Blattmesophylls beruhe, ist nicht zu sagen, da experimentelle, vergleichende Untersuchungen ähnlicher Blattypen vollkommen fehlen. Sie wären um so mehr zu wünschen und verdienstvoll, als damit von neuem die Bedeutung der gestreckten Palisadenzellen herausgestellt und die nirgends durch Versuche bewiesene Behauptung Haberlandts(}) von dem größeren Ableitungsvermögen der Palisaden für Assimilate geprüft würde, Nur z. T. wird die schwache Ableitung in der Anordnung und Ausbildung der Assimilationszellen ihren Grund haben. Es lassen sich noch andere Möglichkeiten mutmaßen. Ich denke vor allem an die direkte und indirekte Beteiligung der mineralischen Elemente bei der Ver- arbeitung der Kohlehydrate zu Baustoffen des Pflanzenkörpers. Ge- winnen die Insektivoren tatsächlich normalerweise aus dem Boden nur einen geringen Prozentsatz Nährsalze, so ist es klar, daß einmal bei guten Assimilationsbedingungen die Assimilation bald ihre Maximal- grenze erreicht haben wird, weil die für die Assimilation des Kohlen- stoffes nötigen mineralischen Körper (hier vor allem Kalium) fehlen, zweitens aus demselben Grunde ein geringer Verbrauch der Kohle- hydrate stattfinden wird. Daß die Assimilationstätigkeit in Zusammenhang mit der Stärke der Nährsalzversorgung steht, ist ja selbstverständlich, und vergleichende 25* 360 Güntber Schmid, Wasserkulturen zeigen an ihrem Ausfall deutlich diese Beziehung. Wie schr im besonderen die Auflösung und weitere Umwandlung der Kohlehydrate unmittelbar von den Nährsalzen abhängig sind, beweisen Bokorny’s Versuche gelegentlich seiner Studien über Ernährung mit Formaldehyd. Er bewirkte bei Spirogyra, die auf dem gewöhnlichen Wege der Ver- dunkelung die Stärke nie ganz verschwinden läßt, durch Zusatz von Nährlösung binnen zweier Tage völligen Verbrauch der Stärke, und schließlich gelang es ihm, durch Weglassen des Assimilation bewirkenden Kalisalzes Spirogyra bei voller Beleuchtung zu entstärken. Den Ein- fluß der Nährsalze auf die Umbildung der Stärke im einzelnen zu ver- folgen, steht noch zur Bearbeitung offen. Den unmittelbaren, augenblieklichen Einfluß der Nähr- salze auf die Steigerung der Assimilation — gleichviel ob direkt als Reiz auf die Assimilstion selbst oder indirekt dureh Verarbeitung der Stärke — konnte ich an folgenden Versuchen an Elodea nach der Gas- blasenzählmethode gut demonstrieren: 1. Zwei gleich große Glasgefäße wurden mit gleichen Mengen (1400 eem) Jenaer Brunnenwassers gefüllt. A erhielt dann einen Zuschuß von 150 ccm destillierten Wassers, B dieselbe Menge, darin 0,2 % Knop- sches Nährsalz gelöst. Den Versuch selbst führte ich so aus, daß ich bei Mittagsonnenschein einen frischen, kurzen SproßB von Elodea canadensis, an einem Glasstab befestigt, abwechselnd von einem ins andere Gefäß tauchte, jedesmal aber den Weg über ein drittes, großes Gefäß mit destil- liertem Wasser machte, um nicht A durch Nährsalz zu verunreinigen, das durch an SproB und Glasstab anhaftende Tropfen mitgeführt worden wäre. Dann zählte und notierte ich bei derselben Sonnenbeleuchtung und gleicher Orientierung des Sprosses zum Lichte die Anzahl der in der Minute ausgeschiedenen Gasbläschen. Im Laufe von Vorversuchen stellte sich heraus, daß Gefäß B sich schneller erwärmte, weshalb ich es vorher abkühlte und die Blasenzählung begann, als B etwa 44° geringer als A temperiert war: Blasenzahl in der Minute A 77 72 76 70 & 79 84 Temperatur des Wassers, im Anfang der Minute alas | — Jay, Js, | 19 | W Temperatur am Ende der Minute °C... — | -— 181, 1182 189 | 18%, | 19 | 189 Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 361 Es ergibt sich das Mittel der Temperatur für A 18,5°, für B zufällig ebenfalls 18,5°. Die Zahl der Blasen betrug indes für A 73, für B 79. 2. Wiederholung des Versuches unter noch genauer Berücksich- tigung der Temperaturverhältnisse. Ich kühlte B (Gefäß mit Nähr- salz) vorher ab, während ich zu gleicher Zeit Gefäß A beliehtete und damit etwas erwärmte. Auf diese Weise hatte A während des Versuches immer etwas höhere Temperatur als B. Blasenzahl in der Minute [:23 8 79 [2] 88 90 35 _ Temperatur des Wassers anfangs einer Zählung IE... 200. 19 | 18%, 1195 1194 | 20 | 20 1205 | — Temperatur am Schluß °C 19,1 | 19,1 !19,5 119,5 | 20,1 |204,|20,6 | — A ergab im Mittel 19,78° C und pro Minute 83,8 Blasen, Bu n00n.195000 „ » 84. 3. Zum Schluß derselbe Versuch, indem Gefäß B durchgehend höhere Temperatur als A hatte. ESENENENE Blasenzahl in der Minute . . 72 83 71 87 6 69 82 22 87 72 Bei der Feststellung der Temperatur ergibt sich für A 1514°, für B 15140. A produzierte im Durchschnitt in der Minute 70,8, B 84,7 Gas- blasen. In allen Fällen war die Assimilationstätigkeit durch die Gegenwart der Nährsalze sichtlich gesteigert worden. Bei den insektivoren Pflanzen ist es zu erwarten, daß die spär- lich aus dem Boden zur Verfügung stehenden mineralischen Stoffe von Zeit zu Zeit einen relativ großen Zuschuß erhalten durch die mittels der Blätter absorbierten Körper aus der Insektenbeute. . Folgende Erscheinungen zeigen die deutliche Beziehung zwischen Aufnahme von verdauten Stoffen und Verarbeitung der Assimilations- stärke. 362 Günther Schmid, 1. Gelegentlich einer Prüfung, ob nach der Fütterung cines Drosera- blattes vielleicht cine Zunahme des Stärkegehaltes zu bemerken sei, war ich erstaunt, das Gegenteil, eine Verminderung der Zahl der Stärke- körner in den Assimilationszellen, zu beobachten. Ich erzielte in weiteren Versuchen nieht immer den gleichen Erfolg; es galt, die nach einer Füt- terung für jedes Blatt individuell verschiedene Zeit zufällig zu treffen, nach der ein solcher Stärkeverlust sich zeigt. Gut geeignet ist Drosera binata, die mit ihrem gegabelten Blatte die Gelegenheit bietet, eine Blatthälfte zu füttern, die andere zum Vergleich ungefüttert zu lassen. — Ich besetzte also eine Blatthälfte nach einer kräftigen Assimilation mittags dieht mit zerdrückten Blattläusen, ließ die andere Hälfte frei und bedeckte das ganze Blatt mit einem geschwärzten, unten mit dunklem Papier verschließbaren Glasgefäß. Nach 24 Stunden entfernte ich das Blatt, zerschnitt es in die beiden Hälften und behandelte jeden Teil für sieh, indem ich ihn mit Alkohol auszog, möglichst viele dünne Quer- schnitte mit dem Rasiermesser hindurchlegte und mit Jodlösung auf den Stärkegehalt prüfte. Ich fand in der ungefütterten Hälfte: 1. Schnitt ziemlich viel Stärke, ” » ” " r viel Stärke, » » ” R fast überall in der Peripherie Stärke, 6. ,„ reichliche Mengen Stärke; in der gefütterten Hälfte: 1. Schnitt nur zwei Zellen mit Stärke, rpm 2, " einige Zellen mit Stärke, 3... fast keine Stärke, 4, ” nichts, 6. „einige Körner Stärke, 6. » nichts, 7. ” ” 2. war eine Wiederholung des gleichen Versuches mit demselben Ergebnis. Die Verdunkelungsdauer hetrug diesmal 48 Stunden. 3. Bei Dionaea museipula dieselbe Versuchsanstellung ein- wandfrei zu gewinnen, war schwierig. Bevor ich Insekten (diesmal zerdrückte Ameisen) auf eine der beiden Blattlappen anbrachte, ver- hinderte ich ein Zusammengehen der Blatthälften durch ein abgepaßtes Stück Holz, das zwischen die Blattränder geklemmt wurde. Meistens Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 363 fand ich dann trotzdem das Blatt am Schluß des Versuches geschlossen: das Sperrholz war hinausgeschoben worden. Andererseits war in gelun- genen Fällen die Verdauungsflüssigkeit auf die unbelegte Blattseite über- gegangen. Die Stärke batte jedenfalls manchmal auf der gefütterten Seite eine Verminderung erfahren. Ein Versuch, der an zwei verschie- denen, aber gleich großen Blättern derart gemacht wurde, daß das eine Blatt ungefüttert blieb, das andere gefüttert wurde, ergab nach 5 Tagen einen auffälligen Unterschied: das gefütterte Blatt hatte die Stärke nahezu ganz verbraucht. 4. Einwandfrei dagegen zeigte sich Verbrauch der Stärke durch Fütterung bei Pinguiecula vulgaris. Nachdem eine Topfpflanze mehrere Tage vorher gut belichtet ge- wesen war, wurden auf drei Blätter an markierte Stellen in der Nähe des Blattrandes kleine, mit Speichel angefeuchtete Häufchen von In- sektenbrei (zerquetschte Fliegen) an- gebracht und dann die ganze Pflanze dureh einen Zinkzylinder verdunkelt. Nach 48 Stunden schnitt ich zwei der so gefütterten Blätter ab, ex- trahierte nach der Behandlung mit siedendem Wasser das Chlerophyli mittels Alkohol und prüfte mit Jodjodkalium. Eine blauschwarze Färbung trat ein: nur der Blattsaum blieb davon frei und — die Stelle, wo der Fliegenbrei gelegen hatte. Hier fehlte die Stärke vollständig. \ \ Ja, in einem dieser Blätter breitete Me} Vocon har’ (Vergrößern), Drei ge- sieh die stärkefreie Zone bis nahe zur Blattbasis aus (s. Textligur), ein Beweis dafür, daß auch die die Stärkeverarbeitung befördernden Stoffe so weit sich verbreitet hatten. Das dritte Blatt entfernte ich erst nach 3 Tagen und hatte denselben Erfolg, eine Vergrößerung des stärkefreien Fleckes war jedoch noch nicht eingetreten. Hier ließe sich eine Reihe anderer Versuche anschließen. Es wäre eine lohnende Aufgabe, verschiedene Stoffe, organischen und an- organischen Ursprunges, auf ihr Verhältnis zur Stärkeverarbeitung bei den Insektivoren durchzuprüfen. So nur ließe sich die Erscheinung in 364 Günther Schmid, ihren Einzelheiten befriedigend erklären. Augenblieklicher Mangel an gutem lebenden Pflanzenmaterial ließ mich meine Untersuchung nach dieser Richtung hin abbrechen. Nachträglich finde ich eine gewisse Bestätigung meiner Fest- stellungen in der älteren Literatur in einigen Beobachtungen, die Frau- stadt 1876 am Schlusse seiner anatomischen Abhandlung über Dionaea museipula mitteilte. Er bemerkte im Mesophyll der Blätter, die Beute gefangen hielten, stets viel weniger Stärkekörner als in ungefütterten. Einige Fütterungsversuche mit Insekten und Eiweiß bestärkten ihn in der Vorstellung, daß die Absorption in Beziehung zum Stärkegehalt der Blätter stünde. Er nahm an, die Absorption schalte die Assimilation aus. Durch meine Versuche ergibt sich das Gegenteil. Während der Verdunkelung war hier sowieso die Assimilation unmöglich, und die Einwirkung der Fütterung konnte nur auf den Verbrauch der vorher gebildeten Stärke Bezug haben. Ist aber die Stärke verarbeitet, so ist damit Raum für Bildung neuer Assimilate geschaffen. Verdauung und Aufnahme von Insektennahrung be- deuten folglich eine Erhöhung der Assimilationstätigkeit der Insektivorenblätter. Aufnahme kohlenstoffhaltiger Verbindungen aus der Insektenbeute. Mit der Verdauung und Absorption von Eiweiß, die für die meisten Insektivoren durch die Arbeiten von Ch. Darwin, A. Meyer und Dewevre, Goebel (I}), Clautriau, Vines, Luetzelburg usw. sicher gestellt sind, ergibt sich von selbst auch eine Vergrößerung des Kohlen- stoffgehaltes der Pflanze. Für die Sarraceniaceen allerdings haben sich einstweilen weder proteolytische Enzyme noch eigentliche Verdauungs- erscheimingen zeigen lassen [vgl. Goebel (II)], wenn man von den Angaben bei Zipperer absieht (vgl. darüber weiter unten), so daß Miehe diese Gruppe als einen Übergang zwischen Humussammlern und eigentlichen Insektivoren ansprechen möchte (s. Javanische Studien, pag. 383, Fußnote). Erinnere ich mich jedoch der Darlingtonien im Ham- burger botanischen Garten, wovon ich einzelne bis oben hin mit einer schwarzen, z. T. breiigen Masse von Insekten gesehen habe und der Angabe in Maefarlane’s Monographie (pag. 16), daß er vom natür- lichen Standorte viele Blätter von Sarracenia purpurea im unteren Drittel mit Insekten und bei 8. flava bis 5-8 cm von der Mündung entfernt mit gefangener Beute bemerkt habe, so kann ich mieht nicht des Gedankens erwehren, daß auch hier ein großer Nutzen für die Pflanze Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 365 in der Insektenzuführung vorliege. Verdauungsversuche sollten an den natürliehen Standorten dieser Pflanzen angestellt werden, denn sicher- lieh finden sich die Sarraceniaceen in unseren Kulturen durchweg unter abnormen Verhältnissen, was ja auch das häufige Absterben von mit Insekten überladenen Blättern beweisen dürfte. Wie weit außer Eiweißstoffen auch andere C-haltige Körper aus den Insekten absorbiert werden, darüber ist bisher so gut wie nichts bekannt. Ch. Darwin’s ausführliche Beobachtungen beziehen sich lediglich auf Tentakelreaktionen und einige Verdauungsversuche mit verhältnismäßig zu großen Stücken von Fett, Stärke usw. Im Interesse der Diskussion über die Bedeutung des undifferenzierten Assimilations- parenchyms (s. pag. 348 ff, dieser Arbeit), wie überhaupt der Frage nach dem Sinn der Insektivorie, ist es wertvoll, einige in Betracht kommende C-Verbindungen auf ihre Fähigkeit, von der Pflanze resorbiert und nutzbar gemacht zu werden, eingehender zu prüfen. Leider ist die tierphysiologische Literatur äußerst arm an chemi- schen Untersuchungen über die Zusammensetzung des Insektenkörpers. Wir haben gar kein Bild, in welehem Maße auch nur die wichtigsten Bestandteile, Eiweißstoffe, Kohlehydrate und Fette an der Zusammen- setzung Anteil nehmen. Zucker. Nach O. von Fürth’s Vergleichender Physiologie der niederen Tiere (pag. 566) besteht zur Zeit des Ausschlüpfens der Arthropoden der ganze Reiehtum an Kohlehydraten aus diffusibelm Zucker. Es bedarf wohl keiner weiteren Prüfung, daß dieser Zucker der Insekten- bente ohne Schwierigkeit bei der Resorption durch die Digestionsdrüsen mit aufgenommen wird. So weisen auch Rosenberg’s eingehende Unter- suchungen über das Verhalten von Plasma, Kern, Nukleolus und Chro- matin in den Drüsenzellen von Drosera während des Verdauungs- und Aufnahmeprozesses auf eine Resorption des Zuckers hin. Einbiegung der Tentakel rufen die Zuekerarten bekanntlich nicht hervor. Daß eine Zunahme des Stärkegehaltes — die auf Zufuhr von Zucker beruhen könnte — eines gefütterten Blattes nieht eintritt, be- weisen die eingehenden Versuche im vorigen Abschnitte. Auch habe ich nicht eine Zunahme des Zuckers im Blatt ersehen können. Mit der Thymolprobe (Molisch) hatte ich einmal im wässrigen Auszug der gefütterten Hälfte eines Drosera-binata-Blattes sogar keinerlei Zueker- reaktion, in der ungefütterten dagegen den charakteristischen roten Ring. Anmerkung: Eidotter und Lecithin ergaben jedenfalls keine 366 Günther Schmid, Zunahme des Stärkegehaltes, eher eine Abnahme (Versuche an Dionaea muscipula). Stärke. Darwin (pag. 69 und 112), dem es auf den Beweis der Ähnlichkeit von Drosera-Sckret mit dem Verdauungssafte des Magens ankam, hebt an zwei Stellen hervor, daß Stärke bedeutungslos sei und nicht an- gegriffen werde. Ein diastatisches Enzym sei nicht vorhanden. Er erzielte mit einer wäßrigen Aufschwemmung keinerlei Wirkung auf das Verhalten der Tentakel. Unbenetztes Stärkemehl rief allerdings gut ausgesprochene Einbiegung hervor, was er als Folge der fortdauernden Reizung der Drüsen durch das beständige Aufsaugen des Stärkemehles ansah. Allein Darwin’s Experimente schienen mir nicht beweisend, ob nieht doch sehr kleine Mengen Stärke vom Sekret gelöst würden — er benutzte nämlich „ziemlieh große Stückchen“. — Zudem findet sich bei Zipperer für Sarracenia purpurea die Angabe, daß in der filtrierten Kannenflüssigkeit Stärkekörner nach einigen Tagen korrodiert würden. Ich wiederholte zunächst Darwin’s Versuche an Drosera binata mit kleinen, gut sichtbaren Mengen Stärkemehl, die ich vorsichtig an dıe Drüsentropfen brachte. Von neun so behandelten Randtentakeln ergab keiner eine Reaktion. Es galt dann kleinste erreichbare Mengen von Stärkekörnern auf die Drüsen zu bringen. Nach etwas Übung gelang es mir schließlich mittels einer feinen Nadel, die ich beständig unter starker Lupenver- größerung beobachtete, nur wenige Stärkeköruchen in das Drüsensekret zu schaffen. Ich merkte mit Tuschezeichen die auf diese Weise beschickten Tentakel und stellte sechs Versuche mit Randtentakeln von Drosera eapensisan. Z. T. nach 1 Tage, z. T. nach 2 Tagen wurden die betreffenden Drüsentropfen mit Objektträgern abgenommen und unter dem Mikro- skop betrachtet, Nirgends fanden sich an den wenigen Stärkekörnern Spuren, die auf Auflösung hätten hindeuten können. Die Tentakel waren in diesem Falle ungereizt. Um eine mehr den natürlichen Verhältnissen entsprechende Be- dingung zu geben, vermischte ich schr innig in einer zweiten Versuchs- reihe kleine, fein pulverisierte Mengen getrockneten Hühnereiweißes mit noch geringeren Mengen von Stärkemehl und setzte dann Proben davon mit der Nadel auf Flächententakel, die durch in die Nähe gelegte Carmin- stückehen und eine Skizze markiert waren. Vier Versuche ergaben nach 2 Tagen dasselbe Ergebnis wie oben: Die mit einem Deckglassplitter abgehobenen Drüsentropfen enthielten nur unversehrte Stärkekörner. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 367 Drosera besitzt demnach kein diastatischesEnzym. Zipperer’s Angaben bezüglich der Stärkeverdauung bei Sarracenia purpurea be- dürfen wohl einer Revision. Übrigens will er dort auch Eiweißverarbei- tung gefunden haben, die nach Goebel (II) ja nicht stattfinden soll. Glykogen. Eine bedeutendere Rolle als die Stärke könnte im Haushalte der Insektivoren das Glykogen spielen. Bei der großen Verbreitung, «lie das Glykogen im Tierreich hat, hätte man einige Bedeutung für die Ernährung der Insektivoren erwarten können. Auch im Stoffwechsel der Arthro- poden kommt dem Glykogen nach von Fürth eine große Bedeutung zu; z. B. stehen Glykogen- und Fettgehalt während der Metamorphose in einem beständig sich verschiebenden Wechselverhältnis zu einander. Ich untersuchte also das Verhalten zum Glykogen. Versuchs- Pflanzen waren eine Reihe gut gewachsener, stark sezernierender Kultur- pflanzen von Drosera rotundifolia. Ein kleines Quantum Glykogen wurde im Reagensrohre mit 10 ccm destilliertem Wasser geschüttelt, so daß sich eine schwach trübe Lösung ergab. Indem ich Proben dieser Flüssigkeit verschieden stark mit Wasser verdünnte, hatte ich 50 %, 25%, 12,5% starke Konzentrationen der ursprünglichen Auflösung zur Verfügung. Mit einem Glasstabe wurden kleine Tropfen auf die bezeichneten Blätter verteilt und zwar so, daß auf jede Pflanze nur ein Versuch kam. Nach der unten angegebenen Zeit schnitt ich die betrefffen- den Blätter ab und preßte die vorher mit Wasser befeuchtete Blattfläche mehrfach gegen einen Objektträger, so daß jetzt die Flüssigkeit am Glase adhärierte. Die Jodprobe entschied dann über die Anwesenheit des Gly- kogens. 1. Nach 4 Tagen: 100 %, Konzentration 2 Versuche: Glykogen vorhanden, 50% » 2 „ wie vorher, 25 % ” 2 ” ” ” 125% 1 1 Versuch: verunglückt. 2. Versuchsreihe nach 9 Tagen: 100 %, nicht wiederholt, 50% 2 Versuche: Reaktion sehr deutlich, 25% 2 „ wie vorher, 12,5% 2 Versuche: 1. Reaktion, 2. zweifelhaft. Gleichzeitig wurden Tropfen der Kontrollflüssigkeiten verglichen. Über die Verdauungskraft des Sekretes der Versuchspflanzen entschieden 368 Günther Schmid, die zur gleichen Zeit gemachten Versuche mit kleinen Stücken koagu- lierten Eiweißes. Ich hatte Lust, diese Experimente fortzuführen und durch Variation und Komplizierung die Ergebnisse sicherer zu stellen, als ich in Abder- haldens Lehrbuch der physiologischen Chemie las, daß auch im tieri- schen Verdauungsrohr Glykogen nicht ohne weiteres durch die Mem- branen diffundieren könne und eines Abbaues durch diastatische Enzyme bedürfe. Die Auflösung sei nur scheinbar und eher als kolloidal zu be- zeichnen, Danach schien mir die Unverdaulichkeit von Glykogen für Drosera als genügend erwiesen. Fette. Freilich bemerkte Ch. Darwin (pag. 112) keine Veränderung der Fettwürfel, als sie auf Droserablätter gelegt wurden, und Olivenöl tief keine Einbiegung hervor. Angesichts der Tatsache aber, daß auch im sauer reagierenden Magensaft ein fettspaltendes Enzym (Magen- steapsin) auftıitt und wirksam ist und der zeitweilig sehr großen Mengen von Fetten in Insektenleibern — wie man ohne weiteres an Stubenfliegen sehen kann —, hielt ich eine genaue Feststellung der Frage, ob auch bei den insektivoren Pflanzen (Drosera) eine Verdauung und Nutzbarmachung dieser wertvollen Körper stattfände, für sehr wichtig. Zunächst suchte ich in derselben Weise wie bei der Stärke möglichst kleine Teilehen Rindertalg mit einer Nadel bei starker Lupenvergröße- rung an die Sekrettropfen von Randtentakeln zu bringen, was wieder nach einiger Übung gut gelang. Nach mehreren Tagen nahm ich die Drüsentropfen vorsichtig ab und untersuchte sie mikroskopisch. 1. Drosera capensis: beineun wohlgelungenen Versuchen nach 3 Tagen Fett unter dem Mikroskop gut sichtbar und unverändert vorhanden. Dasselbe Ergebnis bei Versuchen nach 4 Tagen. Drosera binata: nach 4 Tagen drei Versuche wie bei Dr. cap. ausgefallen. 2. Drosera binata: es wurde eine sehr kleine Probe innigen Ge- misches von trockenem Hühnereiweiß und Rindertalg auf eine signierte Stelle der Blattfläche gebracht. Drei Versuche: nach 4 Tagen Eiweiß ver- schwunden, Fett in allen drei Fällen gut nachzuweisen mit Salpetersäure, wodurch es ein graukörniges Aussehen erhält, Eiweiß aber gelb wird und gleichmäßig bleibt. 3. Drosera rotundifolia: Ich operierte mit Milch, also einer Fett- emulsion, die ich als kleine Tropfen in verschiedenen Konzentrationen auf die Blattflächen einer Reihe gut sezernierender Versuchspflanzen brachte. Nach 12 Tagen nahm ich wie bei den Versuchen mit Stärke Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 369 die Flüssigkeit wieder ab, oder, falls die Blätter trocken geworden waren, benetzte ich sie vorher mit Wasser: Konzentrierte Milch — weißliche, schleimige Flüssigkeit auf dem Blatt, die unter dem Mikroskope große Fettmassen zeigt, 50% Milch — schleimige, durchsichtige Masse, gibt nach Be- handlung mit Salpetersäure deutlich graukörnige Fettmengen; 25% Milch — Blatt ist naß, mit HNO, deutlich und reichlich Fett, 12,5%, Milch, Blatt trocken, unsicher ob Fett erweislich ist; 6,2 % Milch, wie vorher bei 12,5 %; 3,1% Milch, Flüssigkeit hatte ursprünglich in mit Deekglas aus- gebreiteten Tröpfchen ca. 90 Fettkügelchen im Gesichtsielde des Mikroskopes (390 fache Vergrößerung), jetzt fraglich, ob noch Fett vorhanden. Da die weniger konzentrierten Milchtropfen kein Fett mehr nach- weisen ließen, wiederholte ich obige Versuche mit der Vermutung, daß dort, wo die Milchflüssigkeit vollständig resorbiert erscheint, möglicher- weise die Fettkörperchen sich fest an die Blattfläche gesetzt haben, so daß sie nachher mit Wasser nicht mehr oder schwer abzuheben sind. Ich achtete also diesmal auf tadellos feuchten Raum, der zum mindesien ein zu zeitiges Verschwinden der Versuchstropfen durch Verdunstung verhindern sollte. Ergebnis nach 7. Tagen: Blätter mit Konzentration 1—4 hatten schleimige Oberflächen, 5 und 6 waren trocken. Aber überall war das Fett unresorbiert und gut nachzuweisen. Um das Verhalten zum Fett bei alkalischer Reaktion der Milch zu prüfen, machte ich zu obigen Konzentrationen 3—6 einen geringen Zusatz stark verdünnter Kalilauge. Es hätte möglich sein können, daß Droserasekret nur so lange sauer reagiere, als es Eiweiß und ähnliche Körper verarbeitet, danach aber basisch würde und nun bei Gegenwart von Lipasen auch die Fette resorbierbar mache. Nach 7 Tagen sahen alle Versuchsblätter trocken aus, zeigten aber nach Behandlung mit Wasser die Fettröpfehen noch. Das Fett wird also selbst in kleinsten Mengen nicht verdaut und aufgenommen. Daran anschließend untersuchte ich das Verhalten von Drosera rotundifolia zu freien Fettsäuren in dem Gedanken, daß nach Analogie der Vorgänge im tierischen Verdauungskanal zum mindesten die bei der enzymatischen Spaltung auftretenden Produkte von der Pilanze aufge- nommen werden müßten, falls das Sekret überhaupt Fettmoleküle Erd) Günther Schmid, zerlegen könnte. Überdies möchten vielleicht Fettsäuren in den In- sekten eine Rolle bei der Zusammensetzung der Körperstoffe spielen. Palmitinsäure. Ein Stückchen, das drei, und ein anderes, das vier Flächententakel überdeckt, blieben 16 Tage an markierten Stellen der Blattfläche von Dr. rotundifolia liegen. Keinerlei Veränderung war ein- getreten. Zwei Tentakel mit winzigen Teilchen Palmitinsäure in der oben öfters erwähnten Weise versehen, wiesen sie nach derselben Zeit bei mikroskopischer Betrachtung wieder auf. Stearinsäure. Drei Versuche mit minimalen Mengen im Sekret des Randtentakels ergaben nach 16 Tagen dasselbe wie bei der Palmitin- säure. Ferner wurden noch drei weitere Versuche an Flächententakeln und einer unter Hinzufügung von Speichel an einem größeren, vier sitzende Tentakel bedeekenden Stück m t dem gleichen negativen Erfolg gemacht. Ölsäure. Mit einem feinen Glasfaden, der an seinem Ende eine kleine Kugel hatte, wurden kleinste Mengen an die Drüsenköpfe geführt. 16 Versuche bewirkten ein Zurückbiegen der Tentakel über den Blatt- tand und Schwarzwerden der Drüsen. Buttersäure wirkte sofort giftig auf die Drüsenzellen. Hiernach ist es mit Sicherheit ausgeschlossen, daß Fette und Fettsäuren von Drosera irgendwie ausgenutzt werden. Bestätigt wird dies durch eine grobe Prüfung, die unter natür- liehen Verhältnissen angestellt wurde. Läßt man nämlich Stücke von Stubenfliegen (Abdomina vor allem) längere Zeit auf Droserablättern liegen, so daß sie lange der Verdauungstätigkeit ausgesetzt sind, und untersucht nachher auf Fett, so wird man immer den deutlichen Nachweis führen können, Ätherauszüge lassen nach dem Verdunsten Rückstände fettiger Massen, die nach Behandlung mit Salpetersäure unter dem Mikroskop das typisch graukörnige Ausschen haben. Am sichersten aber kann der Beweis mit der Reaktion auf Acrolöin erbracht werden, Daß in den Absorptionsorganen nach Fütterungen Fett sich bilden kann, hat Goebel (IT) bei Utrieularia und Pinguieula gezeigt. Diese Fette sollen vom aufgenommenen Lezithin herrühren. III. Insektivorie und mineralische Ernährung. Die Reizerscheinungen bei Drosera. Gestützt auf Darwin’s vorbildliche Untersuchungen schleppt sich durch eine Reihe Lehrbücher die Vorstellung, daß der Sinn der Insektivorie einseitig in der Gewinnung von stickstoffhaltigen Verbin- Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 371 dungen zu suchen sei. Dieser Gedanke hat seine Veranlassung mit Recht in der Tatsache, daß die Inscktivoren befähigt sind, Eiweiß zu verdauen und zu resorbieren, dann aber vor allem auch und mit Unrecht darin, daß sie (Drosera usw.) ungemein fein mit ihren Tentakeln auf Stickstoff führende Körper zu reagieren vermögen. Stiekstofflose Substanzen verhalten sich im allgemeinen ohne Wirkung. Im allgemeinen — hier ist erkenntlich, daß keineswegs eine strenge Gesetzmäßigkeit vorliegt. In der Tat könnte wohl eine Anzahl stickstoffhaltiger Stoffe angeführt werden, die keinerlei Einfluß auf die Tentakelbewegung haben, wenn man sich die Mühe gäbe, sie einzeln herauszufinden. Darwin zeigt z. B. die vollkommene Wirkungslosigkeit des Harnstoffes (pag. 109). Daß Harn- stoff somit nicht nahrhaft für die Pflanze sei, wie Darwin glaubte, stellt sich jedoch durch Hansteen’s Ernährungsversuche an Wasser- pflanzen mit Harnstoff und Zucker als irrig heraus. Ganz sicher ist die äußerst feine Reaktionsfähigkeit auf Eiweiß usw., vor allem auf die Ammoniumsalze ein wertvoller Hinweis auf die ernährungsökologische Bedeutung dieser Stoffe, allein, erst in Verbindung mit der Tatsache, daß die Standorte der Insektivoren arm an stickstoffhaltigen Salzen sind. Man kann aus den Reizerscheinungen ohne weiteres keine Schlüsse ziehen. Wie sollte man denn Salzsäure, Borsäure, Apfelsöure, Kampfer usw. (vgl. Darwin, pag. 170 und 188 ff.) als Reizmittel (unschädliche!) verstehen und Kalk- (außer Kalziumphosphat), Magnesia- und Kalisalze als völlig indifferente Agentien. Tatsächlich hat Darwin auch keine weitergehenden Folgerungen gezogen und sich vorsichtig mit einigen Hinweisen begnügt. Die Verdauung von Eiweißkörpern war offenbar, und so durfte er behaupten, daß be der Dürftigkeit des torfigen Bodens das wichtige Element des Stickstoffs den gefangenen Insekten entzogen werde (Darwin, pag. 15). Die Empfindlichkeit für Phosphorverbindungen ging nicht klar aus den Reizversuchen hervor. Es war immerhin auf- fällig, daß Ammoniumphosphat energischer wirksam als die andern durchgeprüften Ammoniumsalze sich erwies, obwohl es weniger Stickstoff als diese enthält. Kalzinmphosphat aber wurde sogar verarbeitet und auf- genommen, worin sich nach Darwin (pag. 244) ein Verlangen der Pflanze nach Phosphor kundgäbe. Ich suchte zunächst auf dem Wege, den Darwin eingeschlagen hatte, den Ausfall der Reizbewegungen bei Drosera binata mit phosphor- sauren Salzen nachzuprüfen und ergänzend einige von ihm nicht unter- suchte Phosphate anzufügen (Magnesium-, Baryum-, Aluminiumphosphat). Ich benutzte reinste Substanzen aus der chemischen Fabrik von Kahl- baum. In der folgenden Tabelle finden sich die Resultate zusammenge- 372 Günther Schmid, stellt, die sich ergaben, als ich kleinste Stäubchen der angeführten Salze mit der Nadel in die Drüsentropfen einzelner Tentakel brachte. Die Beobachtungsdauer jedes Versuches betrug mindestens 2 Stunden. Anzabl | Anzahl der |derReiz- Bemerkungen Versuche | erfolge Natriumphosphat Na,IIPO, Kaliumphosphat KH,PO,.. Kalziumphosphat CaHPO, -+ 2 H,O Magnesiumphosphat MgHPO, -i- an. 1 Bariumphosphat BaHPO,. . . . Aluminiumphosphat Al, (PO dr: nach 1 Minute mit Speichel Reaktion! nach wenigen Mi- { nuten bis 1 Stunde waw a ow „un on OW nach einigen Minuten Da in diesen Beobachtungen die mechanische Reizung nicht be- rücksichtigt werden konnte, führte ich anschließend Versuche mit mehr oder weniger schwachen Lösungen dieser Salze aus, indem ich kleine Tropfen davon mit den Drüsentropfen zum Verschmeizen brachte (Tropfen hing an einem dünnen Glasfaden, der in eine Kugel endigte). Die Lösungen wurden durch Kochen von 0,5 g Substanz in 50 ecm destil- liertem Wasser und Filtration vom ungelösten Rest hergestellt. Hier das Resultat: Anzahl | Anzahl der der Reiz- Bemerkungen Versuche | erfolge Natriumphosphat . . 2.2.2... 18 10 FAN mit Speichel überall Kaliumphosphat . 2.2... 8 [ Reaktion! Kalziumphosphat . . . 2.2... 30 13 Bariumphosphat . 2.2... 20 0 Aluminiumphosphat . 24 [ Magnesiumphesphat . ren 25 13 Destilliertes Wasser . . 2.2.» 10 g Natrium-, Kalium- und Kalziumphosphat ergeben eine Bestätigung der Darwin’schen Feststellungen. Von Baryum- und Aluminium- phosphat hatten sich wegen ihrer äußerst geringen Löslichkeit wahr- scheinlich nur Spuren gelöst, die unwirksam blieben. Auffällig dagegen mußte die Wirkung des schwer löslichen Magnesiumsalzes sein. Ich fand, daß sich nach 10 Minuten langem Kochen von 0,5 g Substanz in 50 cem Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen, 373 Wasser 0,059 g gelöst hatten. Meine Mutmaßung, daß hier eine Verun- reinigung die Ursache der Reizerfolge sei, bestätigte sich, denn nachdem das Salz durch vielfaches Kochen und Dekantieren gereinigt worden war, zeigte sich bei 20 Versuchen nicht ein einziger Fall zugunsten einer Reiz- wirkung (meine Bestimmung ergab jetzt von 0,5 g gereinigten Salzes sogar 0,095 g in Lösung). — Um mir mein Bedenken zu zerstreuen, daß das Kaliumphosphat vielleicht nur in geringeren Konzentrationen von Wirkung und Bedeutung sei, beobachtete ich das Verhalten der Tentakel zu 1%, 0,5 %, 0,25 % und 0,125 %, Lösungen dieses Körpers, in je 14 bis 16 Versuchen, aber immer mit negativem Erfolg. Von sechs Phosphaten üben also nur Natrium- und Kalziumphosphat eine Reizwirkung aus. Da aber alle Natriumsalze Reaktionen hervor- rufen, kann nur im Kalziumphosphat der Phosphorsäure eine Rolle zugesprochen werden. Es geht daraus klar hervor und besonders im Hin- blick auf die Darlegung im nächsten Abschnitt, daß die Tentakelbewe- gungen allein keine Aufschlüsse geben und im Grunde keine Bedeutung für die ernährungsökologische Bewertung der Insektivorie haben können. Ist es doch auch nicht zulässig, aus der Wirkung auf die Sekretion der Speicheldrüsen im Munde einen Schluß auf den Nährwert einer Speise zu ziehen oder z. B. in der Chemotaxis der Bakterien einen Maßstab für den Nutzen oder die Giftigkeit der Ursachen ersehen zu wollen (vgl. A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien). Unter den natürlichen Bedingungen treten als Reizmittel für die insektivoren Pflanzen eben nur sticksteffhaltige Körper auf. Sie bewirken die Bewegungen der Tentakel, das Krümmen der Lamina und die energi- sche Sekretion bei Drosera. Und wenn die Verdauung einsetzt und die Absorption, können gleichzeitig mit den N-führenden Stoffen andere mineralische Elemente aufgenommen werden, die denselben Ernährungs- wert haben und in demselben Sinne ein Bedürfnis der Pflanze be- friedigen. Übrigens wäre es von physiologischem Interesse, das Studium der Reizwirkungen verschiedenster Stoffe auch auf andere Insektivoren auszudehnen. Besonders merkwürdig ist ja die völlige Indifferenz von Drosera Kaliumsalzen gegenüber und die auffällige Wirksamkeit der Natronsalze. Aufnahme von Phosphor und Kalium. Goebel (Pflanzenbiologische Schilderungen, pag. 180) macht bei Urtieularia und Pinguicula die Beobachtung, daß nach einer Fütterung die Absorptionshaare bzw die Drüsen große Fettkugeln führen. Nach Flora, Bd. 104, 26 374 » Günther Schmid, einer Anzahl Versuche mit verschiedenen Stoffen spricht er Lezithin als die Ursache der Fettbildung an. Nun fragt sich allerdings, ob Lezithin überhaupt von den Absorptionshaaren aufgenommen werden kann, ohne vorher dureh Lipase gespalten worden zu sein. Bei Drosera jeden- falls kommt Lipase nieht vor, da Fette nicht im mindesten verdaut werden können. Nach Slowtzoff allerdings ist wiederum die Vorstellung, wonach Lezithin durch Enzyme und Bakterien vorher zersetzt werden müßte, bevor es im Darmkanal des Menschen resorbiert wird, zu weit- gehend. Nachweislich ginge ein Teil des Lezithins der Nahrung ohne weiteres in die Lymphe über. So könnten schließlich die Verhältnisse auch bei den Insektivoren liegen, wenn ich es auch für Drosera nicht glaube. Es ist nieht einzusehen, warum Fettsäuren hier unresorbierbar sind und das viel größere, Fettsäure einschließende Molekül des Lezithins aufgenommen werden sollte. Die Dinge verdienen hier untersucht zu werden. Mit der Aufnahme von Lezithin würde natürlich eine Bereiche- rung der Pflanze an Phosphor erfolgen. Eine andere Mitteilung über wirkliche Absorption einer phosphor- haltigen Verbindung, die unter natürlichen Bedingungen eine Rolle spielt, findet sich bei Robinson, dessen Abhandlung mir leider unzugänglich blieb und mir nur durch ein Referat im Botan. Centralblatt in den Haupt- punkten bekannt wurde. Danach geschehe eine schnelle Verdauung der phosphorsäurehaltigen Nukleoproteide zusammen mit Hühnereiweiß, Fibrin usf. Bevor ich auf meine eigene, allgemeine Feststellung der Phosphor- aufnahme zu sprechen komme, möchte ich hier die der Resorption von Glyzeryliphosphorsäure vorausschicken, die einmal die Zahl der aufnehmbaren Phosphor führenden Stoffe vermehrt, dann aber von neuem beweist, daß Aufnahme und Reizwirkung eines Körpers durchaus nicht zwei Dinge sind, die parallel laufen. Die Glyzerylphosphorsäure wurde in sieben verschieden starken Konzentrationen in Tropfen auf die Blattfläche gebracht. Nach 10 Tagen geschah die Nachprüfung auf Phosphorsäure mit molybdänsaurem Ammonium. Die konzentrierte Flüssigkeit war aus der chemischen Fabrik E. Merck, Darmstadt, und hatte das spez. Gew. 1,125. Die Versuche wurden an sieben verschie- denen, eingetopften Exemplaren von Drosera rotundifolia ausgeführt: 1. Die konzentrierte Säure bewirkte in wenigen Minuten eine Ab- tötung des Blattes, der Tropfen wurde vom diffundierten Zellsaft rot. 2. 50%, Lösung. Schnelle Tentakelbewegung, Blatt jedoch wie unter 1. in kurzem abgetötet. Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 375 3. 25% Lösung. Relativ langsame Bewegung der Tentakeln, später Blatt abgestorben. 4. 12,5% Lösung. Sehr spät (nach 1 Tag) einzelne Tentakel eingebogen. Blatt nicht affiziert. Nach 10 Tagen Blatt noch feucht, Phosphosräure-Reaktion zweifelhaft. keinerlei Reaktion auf die Tentakel, nach 5. 6,2% Lösung | 10 Tagen in der verminderten Flüssigkeit auf 6.31% dem Blatt kein Phosphorsäurenachweis mög- 7.15% jr lieh. Kleine Tropfen der Vergleichsflüssig- keiten ergeben jedoch deutliche Reaktion. Aus 1,5—6,2 %, wässerigen Lösungen wurde also die Phosphor- säure von der Pflanze herausgenommen, ohne daß im mindesten die Tentakel beeinflußt worden waren. Nach den Angaben von A. B. Macallum (Ergebnisse der Phy- siologie, VIL, 1908) ist es nun möglich, Phosphor in sehr kleinen Mengen, ob einfach gebunden oder in maskierter Form, nachzuweisen. Man läßt das Präparat bis zu 24 Stunden (ich wählte meist 12 Stunden) in der sog. Fresenius’schen Lösung!) liegen und bringt es nach mehr- fachem Waschen mit verdünnter Salpetersäure in eine frisch bereitete, 1-4 %, Lösung von salzsaurem Phenyihydrazin (ich benutzte mit Erfolg 2%, Lösung). Die grünblaue Färbung bezeichnet dann das Vorkommen sowohl des organischen als auch des anorganischen Phosphors. Um eine Anschauung vom Phosphorgehalte einerseits des Insekten- körpers, andererseits der Drosera-Pflanze zu gewinnen, prüfte ich eine Reihe Stubenfliegen und einige zerschnittene Blätter. Die Fliegen wurden vorher durch Druck so zerquetscht, daß die Eingeweide deut- lieh zum Vorschein kamen. Es trat überall die charakteristische blau- grünliche Färbung auf, besonders in den Teilen des Thorax. Die Drosera- Blätter, die vorher durch Alkohol entfärbt waren, zeigten indes keinerlei Reaktion. Auch nach der mit der nachträglichen Hämatoxylinüberfärkung von Weyland verfeinerten Methode bekam ich hier keine oder nur zweifelhafte Anzeichen. Einige Vorversuche überzeugten mich bald, daß sämtlicher auf oben beschriebenem Wege nachweisbarer Phosphor aus dem Insekt herausgenonimen wird, wenn man es der Verdauungs- tätigkeit einer Drosera (rotundifolia) aussetzt. So war der Phosphor nicht mehr erweislich an zwei Stückchen Chitinpanzer aus der Gegend 1) Fresenius’sche Lösung: 1 g Molybdänanhydrid wird in 4 g Ammoniak (spez. Gewicht 0,88) gelöst, filtriert und der Lösung 15 g Salpetersäure (spez. Ge- wieht 1,2) zugesetzt. 26+ 376 Günther Schmid, des Thorax einer großen Fliege mit reichlich anhängender Eingeweide- masse, die 10 Tage lang auf Blättern von Drosera gelegen hatten. Das- selbe war aber auch schon nach 4 Tagen zu zeigen, wie ein anderer Ver- such mir bewies. Hier lagen die Tentakel noch dieht über dem Insekten- körper, und doch hatte die Pflanze den Phosphor schon resorbiert. Ich wiederholte darauf diese Beobachtungen mit dem gleichen Ergebnis. Schmeißfliegen (Calliphora) und Stubenfliegen zeigten nach der Phosphorprobe grünblauen bis tief grünblauen Inhalt des Thorax und Abdomen; Muskeln aus dem Thorax einer Fliege wurden hellblau- grün und zerdrückte Maden verfärbten sich stellenweise. Andererseits wiesen die Rückstände von Fliegenleibern, die 6 Tage der Sekretion von Drosera rotundifolia ausgesetzt waren, in & Versuchen an 5 Pflanzen nirgends mehr die grünblaue Reaktion. Daß tatsächlich eine Aufnahme des Phosphors erfolgt, beweist die Untersuchung der Blätter vor und nach der Fütterung. Wie schon gesagt, trifft man in den ungefütterten Blättern Phosphor nicht in den Mengen an, daß er sichtbar gemacht werden könnte, oder nur in zweifelhaften Reaktionen. Anders nach einer Fütterung: nach 2 Tagen erhält man die typische Phosphorreaktion überall im Blatt, besonders schön nach der Hämatoxylin - Über- färbung. Wie es scheint, wird hier der Phosphor in den Chloro- plasten gehalten. Die genaueren Verhältnissse der Verteilung in der Pflanze und der Verbreitung des Phosphors werden zurzeit von Herrn Ruschmann im hiesigen Institut festgestellt. Daß auch die Wurzeln von Drosera und andern Insektivoren auffallend arm an Phosphor sind — im Gegensatz zu Wurzeln anderer Pflanzen — gibt Weyland in seinen ernährungsphysiologischen Studien mykotropher Pflanzen an. An Kalium ist die Drosera-Pilanze nicht so arm wie an Phos- phor, Ich habe nur die für den engeren Rahmen dieser Arbeit interessieren- den Blätter untersucht. Die Verhältnisse der ganzen Pflanze werden auch hier im einzelnen von Herrn Ruschmann festgestellt werden. Als Reagenz von äußerster Feinheit ist eine Lösung von Natrium- kobaltihexanitrit zu verwenden (vgl. Macallum), Es treten bei Gegenwart von Kalium charakteristisch gelbe, fast kugelförmig aussehende Penta- gondodekaeder von Kaliumkobaltihexanitrit auf, die nur im Verhältnis 1: 1000 in Wasser löslich sind. Man legt die Schnitte des frischen Materials einige Minuten in das Reagenz und wäscht wiederholt in Wasser von 1—4° C Temperatur. Die Präparate sind in Kanadabalsam haltbar. In stärkerem Maße tritt diese Reaktion in Fliegenleibern hervor. Das Präparat ist hier gleichsam dicht durehstreut von den schön gelben, lichtbrechenden Kristallen. An verfütterten Insektenteilen konnte ich Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 377 aber keinen einwandfreien Unterschied erkenntlich machen. Völlig eindeutig wird erst der Beweis erbracht, daß das Kalium in verhältnis- mäßig beträchtlicher Menge dem Insekt entzogen wird, wenn die unge- fütterten und gefütterten Blätter miteinander verglichen werden. Zwar weist die Lamina nach der Fütterung in meinen Versuchen keine merk- bare Anreicherung an Kalium oder eine, die auffällig genug wäre. Einen hervorstechenden Unterschied gibt nur der Vergleich der Tentakel. Un- gefütterte Tentakel ließen in meinen Prüfungen meist gar kein Kalium erkennen, oder nur einzelne Kristalle an der Basis, oder zuweilen mehrere kleine Kristalle längs des Leitbündels. Anders nach der Fütte- rung: Die Tentakel sind stark mit Kalium in fast allen Zellen gefüllt, was sich durch auffällige Bildungen von Kristallen mit dem Kalium- reagenz leicht zeigen läßt. Eine zweitägige Fütterungsdauer scheint zur Demonstration die geeignetste. Eine Aufnahme des in viel geringeren Mengen vorhandenen Magne- sinms mit der bekannten Reaktion zu beweisen, ist mir einstweilen nicht geglückt, Ich zweifle aber nicht, daß auch das möglich sein wird. Für Kalzium fehlt bis jetzt eine exakte, genau arbeitende mikro- chemische Reaktion. Aus meinen Befunden geht also genügend klar hervor, daß in der Tat dureh die Insektivorie eine Kompensation der im Boden fehlenden, wiehtigsten mineralischen Elemente — Stickstoff, Phosphor, Kalium — stattfindet (vgl. pag. 340 dieser Abhandlung). Zu mutmaBen ist außerdem eine Aufnahme von Magnesium, Kalzium und Schwefel aus der Insekten- beute. Wir dürfen demnach mit gutem Recht den Sinn der Insektivorie in der Gewinnung von mineralischen Nährstoffen erblicken, besonders auch, wenn wir die im vorigen Kapitel über die Nichtverwertung ver- schiedener Kohlenstoffverbindungen angestellten Untersuchungen be- rücksichtigen. Damit ist keineswegs gesagt, daß in verschieden starkem Maße mit der Verarbeitung von Insektennahrung nieht auch eine Ver- größerung des Kohlenstoffgehaltes der Pflanze einträte und von Nutzen sei. Die Insektivoren sind somit ökologisch den von E. Heinricher in einer Reihe von Abhandlungen (Pringsh. Jahrbücher, Bd, XXXT, XXXI, XXXVL XXXVIL XLVI und XLVII) eingehend untersuchten Halbschmarotzern anzugliedern, ferner den von E. Stahl und neuer- dings wieder von Weyland in ihrer Bedeutung klargestellten Mycorhiza- pflanzen. Ich versuchte noch auf einem anderen Wege die Aufnahme und Verwertung oben genannter Elemente zu erweisen, indem ich vergleichende 378 Günther Schmid, Kulturen ansetzte. Es gelang mir, Drosera rotundifolia auf Agar steril zu ziehen. Ein Unglück machte jedoch diesen Versuchen ein plötz- liches Ende, und in diesem Jahre kamen in eine Reihe Kulturgefäße — mit Agar und Kiesel — ausgestreute Samen nicht zur Keimung. Anderer- seits erwiesen sich die von mir in Wasserkulturen verwendeten Utri- cularia intermedia als nieht geeignet, da diese Schlammbewohner die mir zur Verfügung stehenden Crustaceen (Daphniden) nieht in ihre Blasen lockten. Vorsichtige Einspritzungen von Daphnidenbrei mit der Pravazspritze waren auf die Dauer zu umständlich und zeitraubend. Als Kulturflüssigkeit ohne N erwies sich die von Luetzelburg angegebene Zusammensetzung als geeignet, wenn man darin Ammoniumnitrat und Anımoniumphosphat durch Kaliumchlorid ersetzte. Für die phosphor- freie Kultur ist jedoch Knop’sche Lösung mit Substitution des Phos- phats durch Kaliumsulfat zu empfehlen (bei halber Konzentration der Knop’schen Flüssigkeit). Es ist klar, daß die vergleichenden Fütterungsversuche von Keller- mann und Raumer (1878), Regel (1879), F. Darwin (1880) und Büsgen (1883) ein allzu ungenügendes Bild von der Bedeutung der Insektennahrung bieten, so wertvoll sie auch einstweilen gewesen sind. Es hat niemand von ihnen mit Substraten von bekannter Zu- sammensetzung gearbeitet. Außerdem haben diese Experimente immer nur über eine Generation entschieden und lassen die Frage offen, wie der Ausfall nacheinander folgender Generationen bei gefütterten und unge- fütterten Pflanzen werden würde. Zusammenfassung der Hauptergebnisse. . 5 Das Wurzelsystem und die Einrichtungen der Transpiration sind bei Dosera rotundifolia nicht hinreichend ausgebildet, um der Pflanze an ihren typischen Standorten die genügende Menge Bodennährstoffe zu übermitteln. 2. Hinsichtlich des Assimilationsparenehyms ergibt sich durch- gehend für alle Insektivoren in mehr oder minder ausgeprägtem Maße eine primitive Ausbildung, die eine Beziehung zur Insektivorie wahrschein- lich macht. 3. Alle untersuchten Insektivoren (Drosera, Dionaea, Pingui- cula, Darlingtonia) weisen insofern eine geringe Assimilationstätigkeit auf, als sie die durch Assimilation gebildete Stärke nur langsam verarbeiten oder ableiten und so nur langsam neuen Assimilationsprodukten Raum Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 379 geben. Die Möglichkeit intensiver Assimilation ist unter künstlichen Bedingungen bei Utrieularia gezeigt worden. 4. Verdauung und Aufnahme von Insektennahrung bewirken eine sichtlich schnellere Verarbeitung der Stärke und somit mittelbar eine Erhöhung der Assimilationstätigkeit der Pflanze. 5. Die schnellere Verarbeitung der Stärke in den Blättern der Insektivoren bei Fütterung hat mutmaßlich ihre Ursache in der Zufuhr von mineralischen Elementen. 6. Stärke, Glykogen, Fette und Fettsäure können von Drosera nicht verdaut werden. Sie sind ohne Nutzen bei der Ernährung der Pflanze auf dem Wege der Drüsen. 7. Aus den Reizerscheinungen auf die verschiedenen Stoffe lassen sich keine Schlüsse auf ihre Nährbedeutung ziehen. Unter natürlichen Verhältnissen kommen nur stiekstoffhaltige Körper als Reizmittel in Frage. Sie bewirken das Einsetzen der Verdauungstätigkeit, mit der gleichzeitig andere mineralische Elemente aufgenommen werden, die in demselben Maße ein Bedürfnis der Pflanze befriedigen. 8. Drosera empfängt aus der Insektennahrung eine verhältnismäßig große Menge an Phosphor und Kalium (neben Stickstoff) und gewinnt auf diese Art die Elemente, die ihrem Substrate mangeln. Literaturübersicht. 1) Abderhalden, E., Lehrbuch der physiologischen Chemie, 2. Aufl. Berlin und Wien 1909. 2) Angelstein, U., Untersuchungen über die Assimilation submerser Wasser- pflanzen. Diss. Halle 1910. 3) Benecke, W., Die Nebenzellen der Spaltöffnungen, Bot. Zig. 4) Bokorny, Th., Ernährung grüner Pflanzen mit Formaldehyd. Landwirtschaftl. Jahrb. 1892, Bd. 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Beiträge zur Ökologie der insektivoren Pflanzen. 383 Figurenerklärung zu Tafel XI u. XIN. Drosera rotundifolia, Querschnitt durch das Blatt Dr. eapensis, Assimilationsschicht unter der Epidermis der Oberseite in der Aufsicht. Dionaea museipula. Flächenschnitt durch das Blattgewebe (chlorephyli- loser Teil). Die Zellen sind senkrecht zum Hauptnerven gestreckt. Dionaea muscipula. Blattquerschnitt (nach Fraustadt). Drosophyllum lusitanieum. Querschnitt des Blattes. Pinguicula vulgaris. Blattquerschnitt, besonders dünnes Blatt. Utrieularia montana. Blattquerschnitt. Darlingtonia californica, junge Pflanze. Querschnitt des Röhrenblattes in der Gegend des Reusenzone. Darlingt. ealiforn. Flächenschnitt durch das Assimilationsgewebe. Sarracenia flava. Querschnitt der Röhrenwandung in Höhe der Geleitzone. Sarracen. ilava. Sternförmige Assimilationszelle (im Flächenschnitt). Nepenthes Henryana. Querschnitt durch die Kannenwandung (Absorptions- zone). Das Gefäßbündel ist nicht ausgezeichnet worden. Die dunkel ge- zeichneten Epidermiszellen führen Anthoeyan. Nepenthes Henryana. Querschnitt durch das Laubblatt. Cophalotus follieularis. Querschnitt durch die Kannenwandung. (Die Epidermis der Unterseite führt Anthocyan.) 15a, d,c. Querschnitt durch die obere Partie des Laubblattes, aus verschiedenen Stellen der Lamina, um die verschiedene Ausbildung der Assimilations- zellen zu zeigen. Botanischer Garten in Nongko Djadjar‘ bei Lassang (Ost-Java). Von M. Buysman. Ich möchte in nachstehenden Zeilen und auch weiterhin eine Übersicht geben der in meinem Garten wachsenden Pflanzen, welche entweder hier heimisch oder akklimatisiert, oder aber nur seit kurzem kultiviert worden sind. Die Mitteltemperatur des Jahres ist etwa 19° C, das Maximum kommt mit 27—28° sehr selten vor; das Minimum habe ich zweimal mit 9° C beobachtet; höchstes Minimum 16°, niedrigstes Maximum 19°. Dies sind alles Angaben über 4 Jahre (1907—1911). Die Anzahl der Regentage war in den vorigen 3 Jahren nicht weniger als 276 pro Jahr; in diesem Jahre ist jedoch Reaktion eingetreten und ist seit 14 Wochen nur sehr wenig Regen gefallen und in 10 Wochen kein Tropfen! Jetzt (17. November 1911) scheint die Regenzeit anzufangen, aber die Quantität ist noch immer gering. Sonnenschein hatten wir in den 3!/, vergangenen Jahren sehr wenig, um die Hälfte weniger, als ich in Middelburg, Zeeland, Holland, wo ich 30 Jahre laug ansässig war, beobachtet habe; in den letzten 6 Monaten ist aber die Stunden- zahl des Sonnenscheines bedeutend höher gewesen als in den voran- gegangenen Jahren pro Jahr! — Es scheint also, daß es hier viele Jahre lang abnormales Wetter gegeben hat und ersı seit kurzem nor- male Zustände eingetreten sind, wenigstens nach dem zu schließen, was ich von Leuten erfahren, welche schon viele Jahre hier am Platze ansässig sind. Die Vegetation ist hier wunderschön, es kann sich kein einziger Teil Europas damit messen, weil es in den wärmeren Teilen (Süd- europa) viel zu trocken ist für ein üppiges Wachstum der Flora. Es wäre hier gerade ein Fleckchen, wo man fast einen Hortus univer- salis anlegen könnte, denn sogar von den europäischen Pflanzen ge- deihen sehr viele hier im Freien, und was im Freien vom Platzregen 1) Der Name Nongko Djadjar bedeutet Allee von Brotfruchtbäumen (Nongko = Artocarpus integrifolia); die Allee ist jetzt verschwunden. Botanischer Garten in Nongko-Djadjar bei Lassang (Ost-Java). 385 vernichtet wird, läßt sich leicht und ohne Kostenaufwand in Töpfen kultivieren, und zwar auf Tischen in offenen, aber oben geschützten Bambusschuppen, denn die Temperatur ist ja überall dieselbe; in ein- geschlossenen, mit Glas gedeckten Bambusschuppen ließen sich die Pflanzen der allerwärmsten Teile der Insel leicht zur Blüte bringen. Manche dieser reinen Tropenpflanzen wachsen und gedeihen sogar im Freien; Mangifera indieca und Musa sapientum reifen noch ihre Früchte, obwohl von geringerer Qualität als weiter unten, während Arenga saccharifera und Areca Catechu in 10—15 Jahren zu stattlichen fruchttragenden Pflanzen heranwachsen; nur wachsen sie langsamer als im Tieflande. Übrigens ist die Wärme auch unten viel leichter zu ertragen als im Hochsommer in Europa, wo man allerdings überall nur auf Kälte, aber nicht auf Wärme eingerichtet ist! Das Klima ist hier das gesundeste, was man sich denken kann; während ieh in Holland das ganze Jahr hindurch mit einer Erkältung herunilief, habe ich dieselbe Unpäßlichkeit hier noch nie beobachtet! Manchmal, speziell in der Trockenzeit (Mai—November), haben wir hier Temperatursprünge von 13—14° C (von 10° auf 24°), aber das sind nur Steigerungen der Temperatur, welche nur während der Nacht bis auf das Minimum fällt, und die Differenz von 14° hat man nur in den Morgenstunden von 6—12. Der Regenwind ist hier SW. aber seit Februar bis heute haben wir nunmehr immer NO.-Wind gehabt. Während der Regenzeit hat man öfters starken Wind, aber keine Stürme, wie solche in Europa vorkommen; bekanntlich kommen Orkane hier nie vor, Der von hier etwa 30 km entfernte Vulkan Semeru, welcher seit 9 Monaten keine Wirkung mehr zeigte, ist seit einigen Tagen wieder in voller Tätigkeit; hier am Platze haben wir aber, durch einen östlichen bis NO.-Wind, keine Asche und nur eine blasse Farbe des wolkenlosen Himmels ist das einzige Zeichen, daß sich eine Unmasse vulkanischer Steinteilchen in den höheren Regionen befindet. Die in der Nähe des Vulkans liegenden Pflanzungen sind aber mit Asche zum Gewicht von 3 kg pro Quadratmeter überschüttet, und wenn nicht bald starker Regen eintritt, unrettbar verloren oder doch wenigstens sehr stark beschädigt. Die hier in den Ravinen noch im Urzustande wachsenden Pflanzen gehören meistens zu den Familien der Moreae, Melastomaceae, Euphorbiaceae, Musaceae, Aroideae, Magnoliaceae, Myrta- ceae, Borragineae, Apocyneae, Zingiberaceae, Piperaceae usw und sind gewöhnlich in ungeheuren Individuen vertreten. 386 M. Buysman, Botanischer Garten in Nongko-Djadjar bei Lassang (Ost-Java). Von den europäischen und überhaupt von den in den gemäßigten Zonen heimischen Pflanzen wachsen die Holzgewächse äußerst langsam, weil ihnen der Winter und die starke Anregung im Frühling fehlt; einzelne Ausnahmen sind aber sehr merkwürdig: z. B. Ulex euro- paeus, der Stechginster, welcher in Europa oft schon im Januar blüht, wie ich selbst beobachtet habe (also durchaus keine Warmhauspflanze!), gedeiht hier ausgezeichnet und blüht fast das ganze Jahr hindurch! Robinia Pseud-Acacia, der bekannte nordamerikanische Baum, ob- wohl langsam wachsend, hat in 3 Jahren schon Manneshöhe erreicht. Der Goldregen (Cytisus Laburnum) hat zwar schon 8 m Höhe er- reicht, zeigt aber noch keine Spur von Blüte; Sarotllamnus scoparius (Pfriemen), auch ein mitteleuropäisches Gewächs, hat schon geblüht und bereits 3 m Höhe erreicht, während Camellia japonica, ein bis vor kurzem als Gewächshauspflanze in Europa kultivierter Strauch, hier absolut nicht gedeiht; dagegen hat Camellia Thea schon reich geblüht und fruktifiziert. Manche andere japanische Pflanzen gedeihen hier ganz gut, während andere (z. B. Paeonia Moutan) absolut nicht wachsen wollen! Ich werde jetzt die einzelnen Pflanzen im Garten separat be- handeln und wähle als erste: Maoutia rugosa Wedd. Ein bis 4 m hoher Strauch, zur Familie der Urticaceae ge- hörend, welcher mit den länglichen Spitzen, unten weißfilzige Blätter und dunkelrote zusammengehäufte Beeren, als Zierpflanze im Gewächs- haus sicher einen Platz würdig wäre; diese Früchtehen werden von den Eingeborenen gegessen, während die Stengel eine starke Faser liefern; die Pflanze ist hier überall wildwachsend zu finden und läßt sich bei guter Pflege zu schönen Kronenbäumchen, überdeckt mit den roten Beeren, heranziehen. Maoutia rugosa wurde von Weddell beschrieben in den An- nales des Sciences Naturelles, series IV, I auf pag. 194, weiter in Decandolle’s Prodromus, Bd. XVII, pag. 285,% als diversifolia, auch von Miquel im Bd. II seiner „Flora von Ned, Indie“ auf pag. 274 und abgebildet im Museum Botanicum Lugduno-Batavum in Bd. II, Fig. 12 als Lecanocnide diversifolia. Die Pflanze ist zweihäusig, doch habe ich hier ein männliches Exemplar noch nicht gefunden. Nongko Djadjar bei Lassang (Ost-Java). Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen 11.’ Von H. Müller-Thurgau und 0. Schneider-Orelli. (Mit 6 Abbildungen im Text.) In einer ersten in der „Flora“?) veröffentlichten Arbeit teilten wir Versuchsresultate mit, die einen gewissen Einblick in die Lebens- vorgänge ruhender und aus der Ruheperiode ausgetretener Pflanzenteile gewähren. Es handelte sich dabei hauptsächlich um den Einfluß des Vorerwärmens und zum Teil des Ätherisierens, nicht allein auf die Wachstumsvorgänge, sondern mehr noch auf die damit in Zusammen- hang stehenden inneren Stoffwechselvorgänge. Die meisten jener Ver- suche wurden mit Kartoffelknollen durchgeführt. Ein Ätherisieren, wie es beim künstlichen Treiben häufig ausgeführt wird, hatte hier eine deutliche Steigerung der Atmungsintensität zur Folge und zwar für eine längere Reihe von Tagen. Eine ebensolche Atmungssteigerung konnte nun auch durch ein kurzzeitiges Vorerwärmen der Kartoffel- knollen erzielt werden, und zwar war diese Steigerung bei höheren Temperaturen beträchtlicher, so z. B. bei 44° stärker als bei 42° und hier wieder stärker als bei 40° oder gar bei 38°. Auch diese At- mungssteigerung erstreckte sich über eine längere Reihe von Tagen, besonders bei den höheren Temperaturen. Näheres hierüber ist in der zitierten Abhandlung enthalten und dort auf pag. 366 zusammen- gefaßt. Eine Versuchsreihe ergab deutlich, daß diese Atmungssteigerung nicht etwa herbeigeführt wird durch einen durch den "Temperatur- wechsel ausgeübten Reiz, sondern daß es sich dabei um die Einwirkung der höheren Temperatur selbst handelt, und zwar war diese Wirkung die gleiche, ob die Knollen in warmem Wasser oder in warmer Luft erwärmt worden waren, vorausgesetzt, daß man das langsamere Ein- dringen der Wärme im letzteren Falle richtig berücksichtigte. Dem- entsprechend vermochte eine längere Einwirkung, z. B. von 40°, die 1) Aus der schweizerischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil. 2) Flora oder Allgemeine botanische Zeitung, Neue Folge, Bd. I, pag. 309. 388 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, nachfolgende Atmung mehr zu steigern, als eine kurzandauernde Er- wärmung auf die gleiche Temperatur. Bei süß gewordenen Kartoffeln wird die infolge des Zuckergehaltes erhöhte Atmung durch ein Vor- erwärmen noch weiter gesteigert; ebenso wirken Wundreiz und Vor- erwärmen zusammen. Bei zerschnittenen, vorher süß gewordenen Kartoffeln, bei denen die CO,-Produktion infolge des erhöhten Zucker- gehaltes und des Wundreizes ohnehin beträchtlich gesteigert ist, kam dagegen durch die Vorerwärınung keine weitere Steigerung zustande, sondern die Atmung wurde vielmehr stark herabgesetzt. Wie zu erwarten war, hatte das Vorerwärmen auch einen Einfluß auf den übrigen Stoffwechsel und damit auch auf die chemische Zu- sammensetzung. Es stellte sich heraus, daß bei Kartoffeln infolge der Vorerwärmung die Fähigkeit der Zuckerbildung aus Stärke vermindert ist, ebenso aber auch die der Stärkerückbildung aus Zucker. Auch in dieser Beziehung wie bei der Beeinflussung der Atmung zeigen die Folgen der Vorerwärmung eine gewisse Übereinstimmung mit den Erscheinungen des Alterns, und so konnte bei den Versuchen nach unserer Anschauung die Atmung aus zwei Gründen gesteigert werden, einmal mehr vorübergehend durch Einwirkung von Reizen und sodann dauernd durch Abnahme der Lebensenergie beim Altern oder auch bei Einwirkung höherer Temperaturen. Versuche, die festgestellte Ein- wirkung des Vorerwärmens auf eine Veränderung im Enzymgehalte zurückzuführen, hatten nicht den erwarteten Erfolg; es dürfte außer- ordentlich schwierig sein, auf diesem Wege der Lösung der gestellten Fragen näher zu kommen, und wir haben daher in den nachfolgend mitgeteilten Versuchen auf eine quantitative Feststellung des Enzym- gehaltes verzichtet. Unsere hauptsächlichsten früheren Versuche über die Einwirkung des Vorerwärmens auf die Stoffwechselvorgänge wurden mit Kartoffel- knollen ausgeführt. Nun tritt aber gerade bei diesen die Ruheperiode weniger scharf zutage als bei verschiedenen anderen Pflanzenorganen; auch die Einwirkung des Vorerwärmens auf das Austreiben kommt weniger deutlich zur Geltung, und so erschien es, wie wir schon damals hervorhoben, wünschenswert, die Untersuchung auf solche Pflanzen- organe zu übertragen, bei denen die Aufhebung der Ruheperiode, z. B. infolge eines Warmwasserbades, deutlich zutage tritt. Wenn wir zuerst Kartoffeln als hauptsächliches Untersuchungsmaterial wählten, so geschah dies, weil man erwarten durfte, mit diesem homogen beschaffenen Material klare Resultate zu erhalten, um so mehr, als die Stoffwechsel- vorgänge in Kartoffeln nach gewissen Richtungen hin schon eingehend Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 389 untersucht waren. Für unsere weitere Untersuchung handelte es sich aber nun darum, diese chemischen Vorgänge an Pflanzenorganen zu studieren, die sich gerade in dem plıysiologischen Zustande befinden, in welchem sie durch das Warmbad zum Austreiben gebracht werden können. Nach den Erfahrungen früherer Versuchsansteller dürfte Con- vallaria majalis ein geeignetes Material sein und wir haben diese auch gewählt, obschon wir uns die Schwierigkeiten, die sie der chemischen Untersuchung entgegensetzen, nicht verhehlten, da es sich hier nicht um einheitliche, morphologisch gleichartige Gewebekörper handelt, son- dern um Komplexe verschieden beschaffener Organe. Zudem sind die Stoffe, die bei Entleerung dieser Reservestoffbehälter und beim Wachs- tum der jungen Triebe in Betracht kommen, nicht nur Stärke und Zucker wie bei den Kartoffeln, sondern es spielen hier in ziemlicher Menge vorkommende Glykoside wie Convallarin, Convallamarin und Convallamaretin offenbar eine große Rollet), ohne daß man aber in der Lage wäre, diese auf chemisch einfache Weise zu verfolgen und darzutun. Die Untersuchung wurde dann im weiteren auch auf Flieder (Syringa vulgaris) und Aesculus ausgedehnt und Treibversuche mit Kartoffeln, mit Knollenzwiebeln von Crocus, den Rhizomen von Iris, mit Erdbeerpflanzen, Weinreben und zahlreichen Ziersträuchern aus- geführt. A. Einfluß des Vorerwärmens auf Maiblumenkeine. 1. Einwirkung auf die chemische Zusammensetzung. Die sogenannten Maiblumenkeime bestehen aus einem bis 2 dm langen, ziemlich dicht bewurzelten Rhizom, an dessen vorderem Ende sieh eine verhältnismäßig große Knospe befindet. Diese besteht aus der Anlage des Blütenstandes, an der schon mit bloßem Auge die einzelnen Blüten zu erkennen sind. Neben dieser Anlage findet sich eine Blattknospe mit zwei Blattanlagen und das Ganze ist von einigen saftigen Hüllblättern vollständig eingehüllt. Es ist nun klar, daß beim Austreiben solcher Rhizome die Stoffwechselvorgänge in den erwähnten Teilen verschieden verlaufen können und daß eine (chemische Unter- suchung der ganzen Keime wohl kaum irgend eine Auskunft über die zu lösenden Fragen geben würde. Streng genommen, müßte man die Blütenanlagen für sich und ebenso die Blattanlagen, einzelne Rhizom- partien, wiederum für sich untersuchen, allein dies erscheint kaum 1) Vgl. Czapek, Biochemie der Pflanzen, Bd. II, pag. 601. Jena 1905. Flora, Bd. 104. 27 390 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, durchführbar, wenn man sich der makrochemischen Methoden bedienen will; denn die Blütenanlagen z. B. wiegen nur kleine Bruchteile von einem Gramm. Wir hofften zu einem Ziele zu gelangen, indem wir vor der Untersuchung zunächst alle Wurzeln ausschieden und ebenso den weitaus größten Teil der Rhizome und jeweils nur die Knospe mit einem damit in Verbindung stehenden % em langen Stück des Rlizons verwendeten. Es kann wohl angenommen werden, daß Ände- rungen im Stoffwechsel der Knospe sich auch in diesem angrenzenden Teile des Rhizoms bemerkbar machen. Versuch 1. Da es hauptsächlich darauf ankam, den Einfluß vorübergehender Erwärmung auf die chemischen Umsetzungen treibbarer Maiblumen- keime festzustellen, mußte, um eine richtige Vergleichsbasis zu erhalten, die Untersuchung auch bei solchen Keimen vorgenommen werden, die sich noch nicht in diesem Stadium befanden. Es wurden daher schon am 28. Juli 1910 einem größeren Vorrat gleichartig beschaffener Keime ca. 300 Stück entnommen. Leider waren sie infolge des reg- nerischen Sommers nicht sehr kräftig entwickelt, wenn auch durchaus gesund. Von 50 solcher Keime wurde nun sofort der Zuckergehalt be- stimut. Ein gründliches Ausziehen der Inhaltsstoffe der Zellen bietet hier jedoch weit größere Schwierigkeiten als bei den Kartoffeln. Ein bloßes Zerkleinern schien ungenügend, da die so erhaltenen Zell- komplexe voraussichtlich in Wasser liegend ihre Inhaltsstoffe nicht schnell und vollständig genug austreten lassen. Das Abtöten der Zellen würde diesen Vorgang natürlich erleichtern, und wir haben dies herbei- geführt durch ein kurzdauerndes Aufkochen der Keime in Wasser. Dann wurde die nun mit ausgeglühtem Sande zerriebene Keimmasse dureh 2—5 Stunden mit Wasser ausgezogen und dabei wiederholt durch einen Leinwandlappen ausgepreßt. Dieser so erhaltene Auszug betrug schließlich 500 cem und ein Teil desselben wurde zunächst zu einer Bestimmung des direkt reduzierenden Zuckers benutzt. Ferner wurden 100 cem dieses Saftes mit 0,5 cem Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,125 während einer halben Stunde auf dem Wasserbad erwärmt, bernach neutralisiert und zur Zuckerbestimmung benützt. (Näheres über die Methode siehe in der zitierten ersten Abhandlung in der Flora, pag. 313.) Es zeigte sich, was schon hier erwähnt sein möge, daß die Convallariakeime Substanzen enthalten, die bei der Erwärmung mit verdünnter Salzsäure reduzierenden Zucker liefern; doch sind diese “ Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen IT. 391 Substanzen, wie unsere später anzuführenden Versuche dartun, in der Hauptsache nicht Rohrzucker, sondern Glykoside, wohl in erster Linie Convallarin. das bei der Behandlung mit verdünnter Säure Galak- tose liefert, die bekanntlich die Kupferverbindung der Fehlingschen Lösung reduziert. Wir haben die Menge dieser Substanz nicht als Galaktose berechnet und angeführt, sondern als Invertzucker, weil vor- aussichtlich doch auch andere Substanzen, wie z. B. Rohrzucker, Dextrin, in geringen Mengen in Betracht kommen. Am gleichen Tage, als man diese 50 Maiblumenkeime zur che- mischen Untersuchung verarbeitete, wurden 240 Keime in zwei gleich beschaffene Portionen gruppiert, von denen die eine von 9 Uhr vor- mittags bis 5 Uhr nachmittags in Wasser von 38° C, das mit Hilfe eines Thermoregulators während der ganzen Zeit auf dieser Temperatur erhalten wurde, getaucht blieb, während die anderen 120 Keime während der gleichen Zeit in Wasser von 19° kamen und wie die ersteren immer vollständig untergetaucht blieben. Nach dieser Behandlung setzte man die Keime beider Gruppen zum Treiben in feuchtes Moos, und zwar in einen Thermostaten zu 25—26° C. Nach 4 und nach 8 Tagen wurden von den vorerwärmten und den nicht vorerwärmten Keimen je 50 auf Zucker untersucht, die übrig bleibenden je 20 Keime verblieben in deın Thermostaten, um den Einfluß «es Warmbades auf das Austreiben zu beobachten. In folgender Zusammenstellung der Ergebnisse beziehen sich die Angaben auf die zugeschnittenen Keime, d. h. Knospe mit !, cm langem Stück des Rhizoms. & In ee In 100 Keimen e- wicht m nn Gesamt- | Gesaunt- „der Direktre- zucker als Direktro-. ;zucker als Keime duzieren- | Invert- Auzieren ! Invert- der Zucl er zucker derZucker, Zucker Nicht vorerwärmt & u & 8 & Bei Beginn des Versuches . . |33,54 016 | 885 0,11 | 3,93 Nach 4” Tagen Treiben bei 26°. [38,61 0,49 8,06 0,38 6,22 „8 „5 B „26°. 139,69] 0,40 7,86 0.32 6,24 Vorerwärmt 8 Std. bei 38° C Bei Beginn des Versuches . . 133,54 0,16 8,85 011 5,93 Nach 4 Tagen Treiben bei 26°. |43,86| 0,82 7,.0 08 | 6 » 8 u “ „26°. [47.45] 0,65 6,42 0,82 5,10 3923 1. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Das Verständnis dieser Zahlen wird dadurch wesentlich erschwert, daß in den Convallaria-Rhizomen die stiekstoffreien Reservestoffe nicht in einheitlicher Form, z. B. nur als Stärke, abgelagert sind, sondern daß, wie schon erwähnt, neben der reichlich vorhandenen Stärke sich nicht geringe Mengen von Convallarin und anderen Stoffen befinden. Beim Austreiben werden dementsprechend auch verschiedenartige Um- setzungen stattfinden. Zu Atmung und Wachstum wird voraussichtlich direkt reduzierender Zucker (Dextrose, evtl. auch Galaktose) verbraucht; damit wird eine Umsetzung von Convallarin unter Bildung von Galak- tose Hand in Hand gehen und ebenso eine Umsetzung der Stärke in Dextrose. Nicht ausgeschlossen ist es dabei, daß, ähnlich wie in Kar- toffeln, eine Rückverwandlung der direkt reduzierenden Zuckerarten in Convallarin, Stärke usw. stattfindet. Bei dieser Sachlage wird man bei der Beurteilung unserer Versuchsergebnisse kleinere Schwankungen im Zuckergehalt nicht zu Schlußfolgerungen verwerten dürfen; nur un- zweifelhaft hervortretende beträchtliche Änderungen in der Zusammen- setzung können berücksichtigt werden. In vorstehender Tabelle tritt deutlich hervor, daß beim Treiben bei 26° eine merkliche Zunahme an «irekt reduzierendem Zucker stattfindet, und zwar bei den vorerwärmten Keimen in noch höherem Grade als bei den nicht vorerwärmten. Es ist hierbei aber zu berücksichtigen, daß die Maiblumenkeime am 28. Juli sich noch nicht vollständig in der Ruheperiode befanden, daß deshalb eine Binwirkung auf die Stoffwechselvorgänge wohl noch leichter möglich war als in ruhenden Keimen. Immerhin zeigt sich auch bei solchen (Ver- such 4) eine, wenn auch nicht so weit gehende Steigerung des Gehaltes an direkt reduzierendem Zucker beim Aufenthalt im Treibraum von 26°. Da bei dieser Temperatur die Atmung beträchtlicher ist als bei den kühl gelagerten Rhizomen und auch schon ein gewisses Wachstum stattfindet, weist dies auf eine beträchtliche Zuckerbildung hin, die vielleicht gerade durch die Steigerung der Atmungs- und Wachstums- vorgänge in Gang gesetzt wird. Wenn nun, wie sich zeigt, die An- häufung von direkt reduzierendem Zucker bei den vorerwärmten noch beträchtlicher ist, so möchten wir hier, gestützt auf Versuch 3 und 4, doch weniger auf eine durch die Vorerwärmung gesteigerte Zucker- bildung schließen, sondern eher, entsprechend dem Verhalten der Kar- toffeln, auf eine Verminderung der Rückbildung infolge des Vor- erwärmens. Vergleichen wir noch das Verhalten des Gesamtzuckers, so würde aus Kolonne 3 hervorgehen, daß er prozentual abgenommen hat und zwar besonders deutlich bei den vorerwärmten Keimen. Allein diese Abnahme bedeutet nicht etwa ein Verschwinden von Zucker, . Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 393 sondern es handelt sich mehr um eine Verdünnung, indem die Keime beim Treiben und wahrscheinlich auch sehon beim Vorerwärmen Wasser aufgenommen haben und auch etwas gewachsen sind. Zur Prüfung, ob Zucker verschwunden ist, erweist sich Kolonne 5, die den absoluten Gehalt an Zucker angibt, geeigneter, und hieraus läßt sich eine stärkere Zuekerabnahme nicht erkennen. Wohl wird durch Atmung und Wachs- tum etwas Zucker verbraucht worden sein, allein dieser Verlust ist mehr als gedeckt worden. Über die Ergebnisse des Treibens bei den hier mitzuteilenden Versuchen soll nach Besprechung des letzten im Zusammenhang berichtet werden (vgl. Versuch 14ff.). Versuch 2. Am 12. August 1910, also 15 Tage nach dem ersten Versuch, wurde ein zweiter in gleicher Weise wie jener durchgeführt; nur fand das Treiben nicht bei 26, sondern bei 16° statt. Es wurden wiederum nur die Knospen mit dem angrenzenden Rhizomstück von 4, cm Länge untersucht. In 100 g Frisch- In 100 Keimen Ge- gewicht wicht PERF der |Direktre- Gesamt: Direkt ve.) Gesamt Keime} duzieren- orte duzieren-; Invert- derZucker) „cker derZucker| ucker 8 g 8 & g Nicht vorerwärmt Bei Beginn des Versuches . . | 43,69 0,06 8,40 0,05 7,35 » % Tagen bei 16°. . . . 146,57 {0} 8,26 ö 7,0 Vorerwärmt 8 Std. bei 38° Bei Beginn des Versuches . . | 43,69 0,06 8.40 0,05 735 Nach 1 Tag bei 16°, ....... | 44,63 0,07 8.18 0,06 7,30 » 4 Tagen bei 16°. . . . [51,09 0,06 8,94 0,06 9,H Im Gegensatz zu vorigem Versuche hat hier während des Treibens keine Anhäufung von direkt reduzierendem Zucker stattgefunden, was wohl der niedrigen Treibtemperatur (16°) zuzuschreiben ist. Wie die Zunahme des relativen Gesamtzuckergehaltes bei den vorerwärmten Keimen zustande kam, vermögen wir nicht zu erklären; möglich, daß hier doch die Reservestärke in erheblichem Maße angegriffen wurde. Die bei diesem Versuche erzielten Auszüge benutzte man auch zur Entscheidung, ob die Substanz, welche bei Behandlung mit ver- dünnter Salzsäure reduzierenden Zucker liefert, Rohrzucker sei oder 394 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, nicht. Zu diesem Behufe wurden 30 cem des mit Soda neutralisierten Saftes der vorerwärmten Keime mit 1% Toluol und einer kleinen Menge (etwa 18 mg) Invertase von Merck!) versetzt und in ver- schlossenem Gefäß bei 38° aufgestellt. Von dem gleichen Auszug mit verdünnter Salzsäure erwärmt ergaben 10 cem einen Niederschlag von 162 mg Kupferoxydul; bei dem mit Invertase behandelten Auszug wog dagegen (dieser Niederschlag nach 16stündiger Einwirkung nur 5,1 mg. Hieraus erhellt deutlich, daß die durch die Säure gebildete kupfer- reduzierende Zuckerart nicht aus Rohrzucker entstanden ist. Um sich zu vergewissern, daß die schon etwas länger gelagerte Invertase noch wirksam sei, wurde eine Saccharoselösung hergestellt, deren Gehalt demjenigen der eben untersuchten Lösung entsprach und diese eben- falls mit Toluol und gleichviel Invertase versetzt und bei 38° auf- gestellt. Schon nach 3stündiger Einwirkung ergaben 10 cem der Lösung 52,8 mg Kuperoxydul, nach 18stündiger Einwirkung 134,9 mg, was zeigt, daß die Invertase noch sehr gut wirksam war. Damit ist aber zugleich der Nachweis geliefert, daß die Maiblumenkeime jeden- falls nur wenig Rohrzucker enthalten und daß die Substanz, die beim Erwärmen mit verdünnter Salzsäure Kupferverbindungen reduzierenden Zucker liefert, anderer Art sein muß. Nun enthalten die Rhizome von Convallaria Glykoside verschiedener Art, bei deren Hydrolyse z. B. auch Galaktose abgespalten wird, die Kupferverbindungen reduziert. Es ist also wohl denkbar, daß der beim Erwärmen der Auszüge entstandene reduzierende Zucker von diesen Glykosiden herrührt. Das Vorhandensein von ziemlich viel Reservestärke legte den Gedanken nahe, es könnten auch Dextrine in beträchtlicher Menge vor- handen sein und die hier studierten Vorgänge wesentlich beeinflussen. Ihre Anwesenheit ließe sich feststellen durch die Mehrproduktion von reduzierendem Zucker bei 3stündigem Erwärmen mit verdünnter Säure. Der Saft aus nicht vorerwärmten Keimen ergab in einem späteren Versuche nach halbstündiger Behandlung einen Gesamtgelhalt der Keime an reduzierendem Zucker von 10,46°/,, nach 3stündiger Behandlung von 10,62 %,, was auf einen jedenfalls nur geringen Gehalt an Dextrinen schließen läßt. Etwas größer, wenn auch nicht bedeutend, erwies sich dieser (iehalt bei den entsprechenden vorerwärmten Keimen. Der Gehalt an reduzierendem Zucker ergab nach halbstündiger Behandlung 8,92, nach 3stündiger 9,53 %/,. , 1) Da diese Firma die Invertase gegenwärtig nicht mehr liefert, hatte Herr Prof. Dr. E. Schulze in Zürich die Güte, uns solche von seinem Vorrat abzutreten. Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 395 Versuch 3. Am 27. August 1910 wurden abermals Convallariakeine vom gleichen Vorrat wie bei Versuch 1 und 2 untersucht, und zwar wollte man in diesem Falle nicht die Umsetzungen beim Treiben ergründen, sondern feststellen, wie sich die vorerwärmten und nicht vorerwärmten Keime beim Lagern in Eis verhalten. Das Ergebnis war folgendes: In 100 g. Frisch- In 100 Keimen Ge- gewicht wicht 7 - . Gesamt- |n. Gesamt- der |Direktre-\, kerals Direktre- zucker als Keime|duzieren- | 7, R duzieren- 7, t lderZucker] Yet“ derZucker| NYert zucker zucker Nicht vorerwärmt 8 & 8 & 5 Bei Beginn des Versuches . . [56,39 0,32 8,77 0,36 9,90 Nach 5 Tagen bei 0°. . . . [5680] 0,18 8,44 0,21 9,58 » 100» „0°. ... 5437| 042 9,19 0,46 10,00 Vorerwärmt 8 Std. bei 38° Bei Beginn des Versuches . . | 56,39 0,32 8,77 0,36 } 9,90 Nach 5 Tagen bei 0°. . . . [5522| 0,15 8,52 017; 9l »„ 10 „ „0°. 2... 15316] 0,08 8,07 0,09 1 8,59 Die vorstehenden Zahlen ergeben, daß die Zeit von 10 Tagen bei 0° noch nicht genügte, eine erhebliche Aufspeicherung von direkt reduzierendem Zucker herbeizuführen; immerhin läßt sich aber doch der auch bei den Kartoffeln beobachtete Unterschied zwischen vorer- wärmten und nicht vorerwärmten Organen erkennen. Bei den vorer- wärmten war nach 10 Tagen noch keine Anhäufung nachzuweisen und selbst nach 25 Tagen Aufenthalt im Eis (s. folgenden Versuch 4) war sie kaum bemerkbar. Bei den nicht vorerwärmten dagegen betrug der Gehalt an direkt reduzierendem Zucker nach 10 Tagen 0,42%, nach 25 Tagen 0,85%. Es läßt sich also auch bei den Maiblumenkeimen eine Schwächung der Zuckerbildung durch das Vorerwärmen nach- weisen. Versuch & Bei diesem am 10. Oktober 1910 begonnenen Versuch hatte man nun Keime in dem Stadium zur Verfügung, in welchem sie sich nach dem Warmbad gut treiben lassen, und man beabsichtigte festzustellen, ob bei diesen Keimen die Einwirkung des Vorerwärmens die gleiche oder eine andere sei als bei den Versuchen 1, 2 und 3. Das Ergebnis war folgendes: 396 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, In 100 g Frisch- In 100 Keimen Ge- gewicht wicht samt- der |Direkt re- Gem Direktre- gem Keime] duzieren- |" Tnygrı.. |duzieren-| Tnyert- derZucker! zucker derZucker zucker Nicht vorerwärmt 8 g Bei Beginn des Versuches . . 0,01 10,68 Nach 4 Tagen Treiben bei 26° 0,29 10,94 „In » nm 14° 0,04 11,16 » 25 ,„ Lagern im Eis. 1,02 12,06 Vorerwärmt 8 Std. bei 38° C Bei Beginn des Versuches . . 0,01 10,68 Nach 4 Tagen Treiben bei 26° 0,70 10,27 „» 8» „ „14° 911 11,24 » 25 ,„ Lagern im Eis. 0,24 11,70 Wie sich schon bei Beginn des Versuches zeigte und ja auch er- warten ließ, waren die Knospen jetzt merklich stärker entwickelt als bei den früheren Versuchen und die Keime (Knospe + % em langes Rhizomstück) entsprechend gehaltreicher. Das Gewicht der Keime zeigt die mittlerweile eingetretene Größenzunahme deutlich und die Zahlen in Kolonne 5 ergeben einen Zuckergehalt, auf 100 Keime berechnet, von 10,7—12,1 g gegenüber 5,9—6,8 g am 28. Juli. Auf 100 g Sub- stanz berechnet ist dagegen der Zuckergehalt jetzt nicht wesentlich verschieden gegenüber dem bei den früheren Versuchsperioden fest- gestellten. Die bei 26° getriebenen Keime stimmten in ihrem chemischen Verhalten im wesentlichen mit den am 28. Juli getriebenen überein. Auch jetzt zeigte sich bei 26° eine Zunahme des direkt reduzierenden Zuckers und zwar bei den nicht vorerwärmten von 0,22%, bei den vorerwärmten von 0,52%. Oder 100 nicht vorerwärmte Keime ent- hielten jetzt 0,29 g, am 28. Juli 0,38 g, die vorerwärmten zu gleichen Zeitpunkten 0,70 und 0,73 g. Auch die übrigen Befunde bei diesen Keimen zeigen im ganzen keine neuen Erscheinungen. Obgleich die Knospen jetzt treibfähig sind, was sich schon in der kurzen Zeit von 4 Tagen, besonders aber bei den späteren Beobachtungen gleich be- handelter Keime (Versuch 17) ergab, hatte das hinsichtlich der Wachs- tumsförderung so wirksame Vorerwärmen nicht jene Verschiedenheiten in der chemischen Zusammensetzung im Gefolge, wie man sie nach dem äußeren Effekt vermutet hätte. Das Gleiche läßt sich sagen für die während 9 Tagen bei 14° aufbewahrten Keime, Hier hat sich, wie Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen IT. 397 schon bei Versuch 2, auch nicht einmal die bei 25° beobachtete Steige- rung des Gehaltes an direkt reduzierendem Zucker eingestellt. Die Aufbewahrung im Eis dagegen ergab ein positives Resultat und zwar in voller Übereinstimmung mit Versuch 3, indem bei 0° eine An- reicherung an direkt reduzierendem Zucker stattfand. Bei den vor- erwärmten allerdings nur in geringem Maße, bei den nicht vorerwärmten dagegen um 0,85% oder gleich 1,02 g in 100 Keimen, in 25 Tagen also etwa doppelt so viel wie bei Versuch 3 in 10 Tagen. Versuch 5. Im Sommer 1911 zeigten die Maiblumen infolge der anhaltend trockenen Witterung ein anderes Verhalten als im Jahre 1910, was uns veranlaßte, mit solchen Pflanzen einige schon früher durchgeführte Versuche zu kontrollieren, zum Teil auch einige weitere Fragen damit zu beantworten. Nachdem im vorigen Versuch sich gezeigt hatte, daß bei längerem Lagern der Maiblumenkeime bei 0° eine schwache Speicherung von direkt reduzierendem Zucker, ein dem Süßwerden der Kartoffeln ähnlicher Vorgang, stattfand, sollte noch geprüft werden, ob diese Neubildung von direkt reduzierendem Zucker nicht etwa eine direkte Kältewirkung sei und vielleicht durch Anwendung noch tieferer Temperaturen sich steigern ließe. Zu diesem Behufe wurden am 8. De- zember 1911 von zwei frisch dem Garten entnommenen Partien von nicht zugeschnittenen Maiblumenkeimen die eine in einen durch Kälte- einwirkung abgekühlten Raum, die andere in einen solchen von 0° ge- bracht; in ersterem schwankte die Temperatur zwischen — 6 und — 10°, sank aber einige Male tiefer, gegen Schluß des Versuches sogar vor- übergebend auf — 15% Nach 10 Tagen ergab dann die chemische Untersuchung folgendes Resultat: In 100 Keimen In 100 g Frisch- gewicht Gesamt- |n:; Gesamt- Direkt re- zucker als duzieren- zucker als Invert- Invert- zucker derZucker, zucker der |Direkt re.) Keime|duzieren- derZucker Nach 10 Tagen bei 0°. . . . „U 0.00 u —6bis-—15° Während zu gleicher Zeit dem Garten entnommene Maiblumen- keime keine Spur von direkt reduzierendem Zucker enthielten (im Gegensatz zu den im Jahre 1910 gewachsenen), wurde durch das Lagern 398 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, bei 0° doch eine deutlich nachweisbare, wenn auch nicht große Menge aufgehäuft. Eine noch stärkere Abkühlung auf unter —6° hat aber diesen Vorgang der Zuckerspeicherung nicht zu steigern vermocht: im Gegenteil wurde dann gar kein direkt reduzierender Zucker gebildet. Es handelt sich also offenbar nieht um eine bloße Kälteeinwirkung, sondern es finden bei 0° Lebensvorgänge statt, als deren Resultierende jene Menge direkt reduzierenden Zuckers erscheint, während bei den ganz niederen Temperaturen diese Lebensvorgänge stille stehen. Auf die kleine Verschiedenheit in der Menge des Gesamtzuckers möchten wir hier kein größeres Gewicht legen. Daß es sich bei der konsta- tierten Menge von reduzierendem Zucker in den bei 0° aufbewahrten Keimen nicht etwa um eine schon anfänglich vorhandene individuelle Abweichung, sondern um ein wirkliches Resultat des Stoffwechsels bei dieser Temperatur handelt, läßt sich daraus schließen, daß diese Keime beim Treiben etwas rascher wuchsen als die nicht abgekühlten (siehe Versuch 13). Versuch 6. In diesem Versuche, dessen Ergebnisse hier nur kurz angeführt sein mögen, wurden Ende Dezember 1911 der Länge nach halbierte Knospen mit den daran befindlichen kurzen Rhizomteilen während 46 Stunden bei 0° erhalten, eine zweite Partie gleich zugeschnittener Keime auf ca. —20° abgekühlt, während 50 weitere Keime ohne Vor- behandlung untersucht wurden. Die in üblicher Weise vorgenommene chemische Untersuchung ergab folgendes Resultat: In 100 g Frisch- . Ge- gewicht In 100 Keimen wicht R Gesamt- In: Gesamt- der |Direkt re- Direkt re-| Keime| duzieren- zucker als duzieren- jzucker als derZucker| zucker derZucker „\cker [3 g g g Bei Beginn des Versuches 0 7,38 0 6,46 Nach 46 Stunden bei 0° . . 0,15 7,27 0,13 6,20 PT 208. 0,12 7,04 0,10 5,87 1 Während in den direkt dem Garten entnommenen Keimen, wie auch aus Versuch 8 zu ersehen, mit dem von uns angewendeten Ver- fahren kein direkt reduzierender Zucker nachzuweisen war, wurde bei der Kälteeinwirkung doch solcher gebildet, allein die vorhandene Menge Beiträge zur Kenntnis der lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 399 von 0,12 und 015°, wird wohl kaum (der Kälteeinwirkung allein zuzuschreiben sein, denn wie aus Versuch 5 zu ersehen ist, wurde in unverletzten Keimen bei den sehr niederen Temperaturen —6 bis 15° selbst bei längerer Dauer kein Zucker erzeugt und bei 0° brauchte es 10 Tage, bis 0,16°/, aufgespeichert waren. Wir werden wohl nicht fehl gehen mit der Annahme, daß im vorliegenden Versuche die Zuckeraufspeicherung von 0,12 g einer Wirkung des Wundreizes zuzuschreiben ist, wohl hauptsächlich während der Zeit, bis die Keime vorbereitet, halbiert und wirklich abgekühlt waren. Gleich be- schaffene und auf dieselbe Temperatur abgekühlte Keime, die man nicht halbiert hatte, zeigten nämlich in einem zu gleicher Zeit ausge- führten Parallelversuche keine Spur von direkt reduzierendem Zucker. Bei 0° kommt dann noch das schon in Versuch 5 nachgewiesene Süßwerden hinzu, dem in 45 Stunden etwa 0,03 g Zucker entsprechen würde. Aus den hier und bei anderen Versuchen festgestellten Verände- rungen im Gesamtzuckergehalt möchten wir keine weitgehenden Schluß- folgerungen ziehen, weil, wie schon erwähnt, unter den wasserlöslichen Stoffen der Maiblumenkeime sich verschiedenartige finden, die bei Ein- wirkung von Salzsäure Zucker liefern, weshalb bei der von uns ange- wendeten Methode eine vollkommen gleichmäßige Inversion nicht voraus- gesetzt werden kann. Versuch 7. Sowohl bei Versuch 1 als 4 haben die während 4 Tagen getriebenen Keime eine gewisse Zunahme an direkt reduzierendem Zucker gezeigt und zwar die vorerwärmten eine doppelt so große. Es könnte nun die Anschauung entstehen, diese Mehrproduktion in letzterem Falle wäre schon im Warmbade selbst, also bei der 8 Stunden dauernden Erwärmung auf 38° zustande gekommen. In diesem Falle müßte man aber «den Unterschied schon am ersten Tage nach der Vorerwärmung beobachten können. Es wurde darum bei diesem, am 8. November 1910 angestellten Versuche eine Partie (60) Keime, bis dahin in der kalten Gartenerde verweilend, sofort untersucht, eine zweite und dritte möglichst gleich ausgewählte einen Tag nach der Behandlung in warmem und kühlem Wasser. Während dieses Tages hatte man die Keime ähnlich wie in den erwähnten Versuchen bei 26° in Moos stehen lassen. Sodann wurde eine vierte und fünfte Partie nach der Behandlung 3 Tage in Moos bei 12° aufbewahrt und erst dann unter- sucht. Das Ergebnis war folgendes: 400 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, In 100 Keimen Ge- gewicht wicht - der |Direkt re- Gesamt- \miyektre.) Gesamt “ : zucker als R zucker als Keime|duzieren- duzieren- derZucker| MVert- \derZucker Invert- erzucker. Zucker zucker Nicht vorerwärmt Bei Beginn des Versuches Nach 1 Tag bei 26°. . „ 3 Tagen bei 12°. Vorerwärmt 8 Std. bei 38° C Bei Beginn des Versuches Nach 1 Tag bei 26°, . „ 3 Tagen bei 12°. Schon die Keime, die man einen Tag bei 26° aufbewahrt hatte, ließen erkennen, daß die Anhäufung von reduzierendem Zucker bei den bei 26° 4 Tage lang aufbewahrten Keimen in Versuch 1 und 4 wirklich während des Treibens zustande kam und nicht etwa während des Vorerwärmens; denn bei diesem Versuche (7) ist eine solche An- häufung nicht eingetreten. Die kleine Differenz zwischen den vor- erwärmten und nicht vorerwärmten Keimen kann wohl während des eintägigen Aufenthaltes bei 26° entstanden sein. Noch deutlicher tritt das erwähnte Versuchsergebnis hervor bei den 3 Tage bei 12° auf- bewahrten, wo die vorerwärmten fast gar keinen direkt reduzierenden Zucker enthielten. Wenn wir sowohl bei diesem als bei früheren Versuchen ver- mieden, aus den gefundenen Werten weitgehende Schlüsse zu ziehen, so geschah dies namentlich in Rücksicht darauf, daß es nicht gelang, für die verschiedenen Gruppen vollständig gleich beschaffene Keime auszuwählen. Doch darf man sich nicht vorstellen, daß diese Diffe- renzen gar zu große waren. Um einen Begriff von der Größe dieser Fehlerquelle zu geben, seien im nachfolgenden die Unter- suchungsergebnisse von zwei Partien Keimen zu je 50 Stück angegeben, die einen großen Gewichtsunterschied zeigten, einen größeren, als er bei den übrigen Versuchen je vorkam. Die Keime wurden am 10, Oktober direkt ohne vorhergehende Erwärmung in der üblichen Weise untersucht. In der prozentualen Zusammensetzung sind die Keime der beiden Gruppen ziemlich übereinstimmend; dagegen zeigt dann natürlich der Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 401 In 100 g Frisch- , Ge- gewicht In 100 Keimen wicht Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt. Keime ‚redu- |zuckerals) redu- \zucker al, zierender | Invert- |zierender) Invert- Zucker | zucker | Zucker | zucker g g 0,36 12,65 Gruppe I: 50 Keime . 0,34 11,33 »„ D0:50 ,„ Gehalt, auf 100 Keime berechnet, infolge des verschiedenen Gewichts der Keime größere Verschiedenheit. Versuch &. Im folgenden Jahre (1911), da die Keime in ihrer Zusammen- setzung etwas andere Verhältnisse aufwiesen, wollten wir die Frage, ob die Vorerwärmung selbst ohne das nachfolgende Treiben die che- mische Zusammensetzung der Keime verändere, nochmals einer Prüfung . unterziehen. Es wurden daher am 4. Dezember 50 Keime in der be- schriebenen Weise hergerichtet und sofort der chemischen Untersuchung unterworfen, während 50 gleich beschaffene Keime am 8. Dezember nach einem i4stündigen Aufenthalt in Wasser von 35° untersucht wurden. Das Ergebnis war folgendes: In 100 g Frisch- gewicht In 100 Keimen Direkt | Gesamt- redu- !zucker als zierender| Invert- Zucker | zucker Direkt | Gesamt- redu- |zuckerals zierender | Invert- Zucker | zucker Nicht vorerwärmt . ... ._» 14 Stunden in Wasser von 35° vorerwärmt . . Zunächst fällt auf, daß die Keime in diesem durch Trockenheit ausgezeichneten Jahre beträchtlich leichter waren als nach dem regne- rischen Sommer und Herbst 1910. Auffällig ist auch die vollständige Abwesenheit von direkt reduzierendem Zucker bei den untersuchten Keimen, ein Verhältnis, das auch durch das Warmbad nicht geändert wurde. Möglich, daß der Zustand der Ruheperiode ein anderer, viel- leicht vollständiger war als im Jahre 1910. Als eine Folge des Warm- bades tritt die nicht unbeträchtliche Abnahme des Gesamtzuckers (0,9 %/,) 402 H. Müller-Thurgan und O. Schneider-Orelli, zutage; sie ist wohl nicht der gesteigerten Atmung allein zuzuschreiben, sondern es haben voraussichtlich noch Rückbildungen von Zucker in andere, den Rhizomen eigene Substanzen wie Glykoside oder Stärke stattgefunden. Zur Methode: Um die löslichen Stoffe möglichst vollständig aus den Maiblumenkeimen zu erhalten, wurde bei den bisherigen Ver- suchen in der Weise verfahren, daß man die Zellen der etwas zer- kleinerten Keime durch kurzes Aufkochen in Wasser tötete. Es durfte wohl angenommen werden, daß beim nachfolgenden Ausziehen mit Wasser eine vollständige Erschöpfung bald erreicht würde und daß andererseits infolge des raschen Abtötens durch Erwärmen keine tief- greifenden Umsetzungen mehr stattfinden könnten. Es war aber auch ein anderer Weg möglich, die Keime vor dem Ausziehen zu töten, indem man sie nämlich durch rasche Einwirkung starker Kälte zum Erfrieren brachte. Wider Erwarten haben diesbezügliche Versuche er- geben, daß die Art ıles Vorgehens nicht ohne Einfluß auf das ana- Iytische Resultat bleibt, wie folgendes Beispiel zeigt. 50 Maiblumenkeime wurden halbiert, dann in Wasser aufgekocht und ausgezogen, 50 möglichst gleich beschaffene ebenfalls halbiert und während 46 Stunden mittels Kältemischung zweimal auf — 23° abge- kühlt, hierauf zerrieben und ohne Aufkochen ausgezogen. Die chemische Untersuchung ergab folgendes: In 100 & risch- Fu: Ge- gewicht In 100 Keimen wicht Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- Keime! ."edu- |zuckerals| redu- |zucker als zierender | Invert- |zierender | Invert- Zucker ; zucker | Zucker | zucker 5 8 8 8 € Keime in Wasser aufgekocht und untersucht . > 2 2020202140,68 0 6,45 1) 6,14 Die halbierten Keime 41} Stunden in Kältemischung;ohneKochen untersucht . , 2.20... [47,14 0,89 | 6,56 0,84 6,19 Die beträchtliche Menge von direkt reduzierendem Zucker bei den durch Kälteeinwirkung abgetöteten Keimen kann jedenfalls nicht der Kälteeinwirkung als solcher zugeschrieben werden; auch wird die infolge Wundreizes eingetretene Bildung, wie Versuch 6 zeigt, nur unbedeutend beigetragen haben. Der Unterschied im Zuckergehalt zwischen den auf verschiedene Weise getöteten Keimen muß einen Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 403 anderen Grund haben. Um diesen festzustellen und damit eine für die ganze Untersuchung wichtige Frage zu erledigen, wurden in einem weiteren Versuche anfangs Januar 1912 die Keime vor der Einwirkung von Hitze und Kälte nicht halbiert und außerdem wurde auch eine Partie von 50 Keimen ohne vorheriges Abtöten durch Kälte oder Wärme einfach nach gründlichem Zerreiben mit Sand ausgezogen. Das Ergebnis war folgendes: In 100 g Frisch- In 100 Keimen Ge- gewicht wicht Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- Keime redu- |zuckerals; redu- |zucker als zierender| Invert- |zierender| Invert- Zucker | zucker | Zucker | zucker 50 Keime sofort untersucht; ohne Kochen oder Kältemischung . 50 Keime 45 Stunden in Kälte- mischung; Keime ohne Kochen untersucht . » 2.0.0 50 Keime 45 Stunden in Kälte- mischung; Keime nach Kochen untersucht . B 6,91 0 6,20 432) 0 Die sofort nach einfachem Zerreiben, also ohne Einwirkung der Kälte oder des Kochens untersuchten Keime (erste Zeile) stimmen in den Zuekergehalten mit den in Kältemischung zum Gefrieren gebrachten (zweite Zeile) überein, was aufs neue zeigt, daß diese Art Kälteein- wirkung keine Veränderung verursacht. Ganz abweichend verhielten sich aber die Keime, die vor dem Ausziehen aufgekocht wurden. Es war kein direkt reduzierender Zucker nachzuweisen; die als solcher bestimmte Substanz ist infolge des Kochens verschwunden, und zwar liegt die Annahme nahe, daß sie in der Wärme in unlösliche Ver- bindung trat mit Substanzen, die beim gewöhnlichen Ausziehen der Keime nicht in den wässerigen Auszug übergehen. Wenn man einen unter bloßem Zerreiben der Keime gewonnenen Auszug, der nach obigen Resultaten direkt reduzierenden Zueker enthält, aufkocht, so verschwindet dieser nicht (vgl. zweitfolgende Tabelle). Man könnte bei dem erwähnten Vorgange an die Phosphatide, speziell an die Leeithine der Pflanzenzellen denken, von denen bekannt ist?), daß sie in Wasser unlöslich sind und Zucker zu binden vermögen. 1) Schulze, E., Chemiker-Zeitung 1908, Nr. 81. 404 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Doch dürfen hierbei jene Versuche (3 und 4) nicht unberück- sichtigt bleiben, bei denen die Auszüge von bei Ö° gelagerten Keimen trotz des Kochens der letzteren bei der Untersuchung doch direkt reduzierenden Zucker ergaben. Nun könnte man annehmen, daß diese Keime so viel von diesem Zucker enthielten, daß beim Aufkochen nicht aller gebunden wurde und daß nur der Rest zur Bestimmung gelangte, doch kann es sich hierbei auch um verschieden beschaffene, Kupfer- verbindungen direkt reduzierende Substanzen handeln. Allein es wird wohl richtiger sein, von solchen Annahmen vorläufig abzusehen, die hier festgestellte Lücke in unserer Kenntnis zuzugeben und bei der weiteren Untersuchung zu berücksichtigen. Um die Fehlerquellen der Methode auch noch nach anderer Richtung hin zu prüfen, suchten wir festzustellen, ob die Auszüge aus nicht aufgekochten, also bloß durch Zerreiben allein oder durch Kälte- einwirkung und Zerreiben gewonnenen Auszüge, beim Stehen vielleicht infolge Enzymwirkung sich rasch veränderten. So wurde z. B. am 17. Januar aus 50 in der üblichen Weise zugeschnittenen Keimen der Saft durch bloßes Zerreiben und Ausziehen mit Wasser gewonnen; ein Teil wurde dann sofort untersucht, ein anderer Teil in einem ver- schlossenen Glase bei 12° 24 Stunden stehen gelassen und dann unter- sucht. Das Ergebnis war folgendes: In 100 g Frisch- gewicht In 100 Keimen Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- redu- |zuckerals) redu- |zuckerals zierender| Invert- |zierender | Invert- Zucker | zucker | Zucker | zucker & 8 g g Auszug sofort nach dem Aus- pressen untersucht . . . . 0,65 6,31 0,62 6,01 Auszug nach 24stündigem Stehen 17,62 bei 10° untersucht . . . . 0,85 6,57 0,81 6,26 Es trat in der Tat während des 24stündigen Stehens eine Ver- mehrung des direkt reduzierenden Zuckers ein; wenn auch diese Zu- nahme auf einzelne Stunden berechnet unbedeutend ist, so wird man sich doch bei der Untersuchung von Auszügen aus nicht aufgekochten Keimen ein möglichst rasches Arbeiten und baldiges Untersuchen zur Regel machen, Da die bei einem Teil unserer Versuche angewendete Methode (Aufkochen der Keime) andere Resultate gibt als ein Ausziehen nach Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 405 bloßem Zerreiben, so können natürlich nur die in gleicher Weise er- zielten Versuchsresultate miteinander verglichen werden, was wir selbst- verständlich bei unseren weiteren Darlegungen berücksichtigen werden. Es scheint übrigens, daß die Keime in den verschiedenen Jahrgängen sich auch in dieser Beziehung verschieden verhalten; denn bei den zu Versuch 1—4 und 7 verwendeten Keimen vom Jahre 1910, bei denen der Saft überall nach Aufkochen der Keime gewonnen wurde, fanden sich trotzdem fast stets gewisse Mengen reduzierenden Zuckers, während bei den Keimen von 1911 (Versuch 5, 6, 8), wenn nicht durch längeres Verweilen bei 0° oder durch Wundreiz Zucker gebildet wurde, nach dem Aufkochen der Keime absolut kein solcher nachzu- weisen war. Mit Rücksicht auf das Ergebnis dieser erst im späteren Verlauf unserer Untersuchung angestellten, die Methode des Ausziehens der Keime betreffenden Beobachtungen, sollen im nachfolgenden noch zwei Versuche mitgeteilt werden, bei denen die Keime ohne Aufkochen aus- gezogen wurden. Versuch 9. Bei Keimen vom Jahre 1911 stellte man im Januar 1912 die Einwirkung des Vorerwärmens auf den Gehalt an direkt reduzierendem Zucker fest. 50 Keime wurden vorerwärmt und zwar in Wasser von 35° während 14 Stunden, daneben blieben 50 möglichst gleich be- schaffene ohne Vorerwärmung, Zum Ausziehen wurden die Keime dann nur im Märser mit Sand fein zerrieben. Das Ergebnis der chemischen Untersuchung ist in folgender Tabelle enthalten. Nebenbei wurde eine Partie des Auszuges der nicht vorerwärmten aufgekocht und dann der Untersuchung unterzogen. In 100 g Frisch- | 1 100 Keimen Ge- gewicht wieht Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- der | Tedu- |zuckerals| redu- |zucker als Keime| „;orender| Invert- |zierender| Invert- Zueker | zucker | Zucker | zucker LI 1 8 g 8 8 8 Keime nicht vorerwärmt; Saft nicht aufgekocht . . o. \ 0,71 6,72 0,88 6,38 Keime nicht vorerwärmt; Saft 1147,46 _ on 6.46 x ‚aufgekocht . . .. 0,5 6,81 ‘ eime vorerwärmt; Saft nicht - aufgekocht . ” 2. 142,57] 0,57 571 0,54 5,43 Flora, Bd. 104, 406 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Durch das Vorerwärmen wurde demnach der Gehalt an direkt reduzierender Substanz nicht, wie man vielleicht hätte erwarten können, sofort erhöht, sondern vielmehr vermindert. Dieses Ergebnis steht in vollständiger Übereinstimmung zu dem nach anderer Methode (mit Auf- kochen) erzielten Resultat von Versuch 7. So wird man also die wachstumsfördernde Wirkung des Warmbades nicht auf eine momentane Zuckerspeicherung zurückführen können. Durch Erwärmen des Saftes wurde dessen Zuckergehalt nicht verändert, welche Beobachtung als Vervollständigung zu dem auf pag. 403 Ausgeführten erwähnt sein mag. Versuch iO. Unter den schon mit Keimen vom Jahre 1910 angestellten Ver- suchen möge hier noch ein soleher angeführt werden, bei dem die Keime ebenfalls ohne Aufkochen ausgezogen wurden. Während bei den meisten früheren Versuchen die Einwirkung des Warmbades während der eigentlichen Ruheperiode geprüft wurde, wollten wir diesen Einfluß auch noch in der Zeit des Ausklingens der Ruheperiode feststellen. Zu diesem Behufe wurden am 29. November 1910 wiederum 100 Keime in zwei gleiche Gruppen gebracht, die einen in Wasser von 38° während 8 Stunden vorerwärmt, die anderen während dieser Zeit in Wasser von 19° gelegt. Sodann kamen beide Partien in Moos zum Treiben bei 26°. Die hierauf folgende chemische Untersuchung wurde in der beschrie- benen Weise vorgenommen und ergab folgendes Resultat: In 100 g Frisch- . Ge- gewicht | In 100 Keimen wicht Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- Keime| ."edu- |zuckerals| redu- |zucker als "ucker | Invert- |zierender | Invert- Zucker | zucker | Zucker | zucker Nicht, vorerwärmt 8 8 8 8 8 Nach 3 Tagen bei 6°. . . . [68,02 2,24 9,32 3,05 12,67 Vorerwärmt 8 Std. bei 38° Nach 3 Tagen bei 6°. . . . |6476| 123 7,99 1,80 10,36 Auffallend ist hier der hohe Gehalt an direkt reduzierendem Zucker, und zwar ist er bei den nicht vorerwärmten fast doppelt so groß als bei den vorerwärmten. Es dürfte jetzt, da die Keime aus der Ruheperiode herausgetreten sind, im Gegensatz zum Verhalten Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 407 während der Ruheperiode selbst (Versuch 1 und 4) bei der Temperatur von 26° eine sehr ausgiebige Bildung von direkt reduzierendem Zucker stattfinden, während der Verbrauch durch Rückbildung mehr zurück- tritt. In diesem Falle muß dann die hemmende Wirkung des Vor- erwärmens auf diese Zuckerbildung deutlicher zutage treten als in den früheren Perioden. Vielleicht hat auch das durch die Vorerwärmung angeregte stärkere Wachstum und der hierdurch verursachte stärkere Zuckerverbrauch zu dem geringeren Zuckergehalte der vorerwärmten Keime beigetragen. Der höhere Gesamtzuckergehalt der nicht vor- erwärmten Keime weist darauf hin, daß die starke Produktion des direkt reduzierenden Zuckers nicht aus den Glykosiden stattfindet, son- dern aus der Reservestärke. Nicht unerwähnt soll auch an dieser Stelle das auffällig ver- schiedene Verhalten der Maiblumenkeime des regnerischen Sommers 1910 und derjenigen des abnorm trockenen und warmen Sommers 1911 bleiben. Während, wie der letzte Versuch (10) erkennen läßt, die Keime von 1910 schon Ende November deutlich aus dem Ruhezustand ausgetreten waren, befanden sich die vom Jahre 1911 selbst im Januar noch in voller Ruhe. Auch war der Ruhezustand hier offenbar ein tieferer, darauf weist wenigstens der Umstand hin, daß diese Keime beim Ausziehen nach Aufkochen nicht die geringste Spur von direkt reduzierendem Zucker aufwiesen, während die von 1910 bei gleicher Behandlung fast stets geringere oder größere Mengen von solchem enthielten. 2. Einfluß des Vorerwärmens auf die Atmung der Mai- blumenkeime. Versuch 11. Es schien uns von Interesse zu sein, auch bei den Maiblumen- keimen, ähnlich wie fräher bei den Kartoffeln, den Einfluß des Vor- erwärmens auf die Atmungsintensität festzustellen. Zu diesem Zwecke wurden am 26. August 1910 (Datum von Versuch 3) zwei gleiche Portionen zu je 50 Stick Maiblumenkeime hergerichtet wie für die chemische Untersuchung, also jede Knospe mit einem I, cm langen Teil des Rhizoms. Die beiden Portionen kamen dann in zwei Enz- sche Gärzylinder, die wir für Atmungsversuche geeignet gefunden haben (Flora 1910, N. F. Bd. I, pag. 311). Die Atmungsbestimmungen wurden dann in der an der zitierten Stelle näher beschriebenen Weise durchgeführt, d. h. die von den Keimen entwickelte und dann getrock- nete Kohlensäure in Kalilauge aufgefangen und dann durch Wägung 28* 408 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, bestimmt. Die Atmungsapparate standen dabei in einem verdunkelten Raum, dessen Temperatur konstant bei 19° C gehalten werden konnte. Zunächst stellte man die Atmung während einiger Tage in beiden Por- tionen fest, und erst dann (am 29. August), nachdem man sich von ihrem übereinstimmenden Verhalten versichert, wurde die eine während 8 Stunden in Wasser von 38° vorerwärmt, während die andere in der gleichen Zeit in Wasser von 18° lag. Nach dieser Behandlung kamen die Keime wieder in die Atmungsapparate zur weiteren Verfolgung der Atmungsintensität. I. 50 Keime 53,22 g 8 Stunden in Wasser von 18°, ME» ME BE nn 38 Kohlensäureausscheidung Versuchs- | pro 100 g und 1 Stunde Datum dauer m \ I u Std. mg mg Vor der Behandlung 26,27, August 1910 19, 20,4 189 27.29. „ 1910 45 15,2 15,1 Nach der Behandlung 29.—30. August 1910 17 11,7 14,6 3. „5 1910 6 11,6 13,0 30-31. 1910 24 _) 123 Die beiden Partien, die ja anfänglich gleich behandelt waren, zeigten in der ersten Zeit eine beträchtlich höhere Atmung als später, was teils dem Wundreiz zuzuschreiben ist, teils auch dem Umstande, daß solche isolierte Organe ein ständiges Sinken der Atmungs- intensität aufweisen. In der Zeit vom 27. bis 29. August war die Atmung der beiden Partien annähernd gleich stark und man schritt nun zu der erwähnten verschiedenen Vorbehandlung in Wasser. Nach dieser 3 Stunden dauernden Behandlung wurden die Keime wieder abgetroeknet und in die Atmungsapparate gebracht, wo die bei 38° vorerwärmten Keime eine merklich stärkere Kohlensäureausscheidung ergaben. Es hat auch hier das Warmbad die nachherige Atmungs- intensität gesteigert, ähnlich wie wir dies in der ersten Abhandlung für die Kartoffel nachgewiesen haben. 1) Bestimmung verunglückt. Beiträge zur Kenntnis der Iebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 409 Versuch 12. Da die bei Versuch 7 verwendeten Maiblumenkeime, wie später gezeigt werden wird, noch nicht im treibbaren Zustande sich befanden, so wurde ein ähnlicher Atmungsversuch am 14. November 1910 be- gonnen, in welcher Periode sich die Keime leicht treiben ließen. Es wurden wiederum zwei Partien Keime zu 50 Stück in der beschriebenen Weise zugeschnitten, hierauf in die Atmungsapparate in konstant 19° gebracht, und nachdem so die ursprüngliche Atmung festgestellt war, der verschiedenen Behandlung ausgesetzt. Partie I wurde während 12 Stunden in Wasser von 19° gelegt, Partie II während der gleichen Zeit in Wasser von 35-—38° vorerwärmt. Da nach früheren Beobach- tungen die aus dem Wasser herausgenommenen Keime in der ersten Zeit beträchtliche Mengen von Kohlensäure abgeben, besonders die vorerwärmten, wahrscheinlich als Produkt der inneren Atmung beim Verweilen unter Wasser, ließ man bei diesem Versuche säntliche Keime nach dem Herausnehmen aus dem Wasser und dem Abtrocknen während 1'/, Stunde in bedeckten Schalen bei 19° stehen. Erst von jetzt an wurde die Atmungsintensität wieder festgestellt und zwar besonders am Anfang in kurzen Terminen. I. 50 Keime 62,82 g 12 Stunden in Wasser von 19°. 150 „60038 12 » » ” „ 35—38°. Kohlensäureausscheidung Versuchs- | pro 100 g und 1 Stunde Datum I. dauer I n Std, mg mg Vor der Behandlung 14.—15. November 17 12,8 12,9 15. Mr 7 15,4 15,5 15. ” 3 13,8 13,6 Nach der Behandlung 16. November 3 12,9 15,6 16. » 3 11,3 14,2 16. » 3 93 15,4 16.—17. » 16 82 15,1 17. » 8 87 13,6 17.—18. » 17 84 11,6 18. » 7 8,7 115 18.—19. » 16 81 ! 11,1 19.—21. » 48 6.9 10.0 21.—22. ” 24 72 10,7 22.—23. » 24 6,7 10,3 23.—24. „ 24 6,5 10,2 410 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Die beiden Partien von Keimen stimmten vor der verschiedenen Vorbehandlung fast vollständig überein; nach der Behandlung mit ver- schieden warmem Wasser zeigte sich aber ein deutlicher Unterschied, indem die mit warmem Wasser vorbehandelten während der ganzen ca. 8 Tage dauernden Versuchszeit eine beträchtlich höhere Atmungs- intensität aufwiesen als die nur bei 19° vorbehandelten. Die gesamte seit der Behandlung ausgeatmete Kohlensäure betrug bei den vorerwärmten 1301,5 mg, bei den nicht vorerwärmten nur 914,3 mg. Die bei den vorerwärmten und auch bei den nicht vor- erwärmten zu beobachtende Abnahme der Atmungsintensität während ‚ler Versuchsdauer steht in vollständigem Einklang mit den Befunden bei Kartoffeln, die wir in der ersten Abhandlung mitgeteilt haben, z. B. auf pag. 318, wo die vorerwärmten Kartoffeln selbst 14 Tage nach der Behandlung noch wesentlich stärker atmeten als die nicht vorerwärmten. Ähnlich wie bei den Kartoffeln ist auch bei den Maiblumenkeimen neben der durch das Warmbad verursachten andauernden Erhöhung der Atmungsintensität noch eine vorübergehende, kurzdauernde zu be- obachten vom 16. bis 17. November; denn bei den nieht vorerwärmten sinkt die Atmung, die vor der Behandlung 13,8 betrug, auf 12,9, 11,3, %,3, während sie bei den vorerwärmten von 13,6 auf 15,6, 14,2, 15,4 stieg, eine Erscheinung, die ganz in gleicher Weise auch bei den Kar- toffeln zu beobachten war. Wir dürfen daher wohl die Meinung aus- sprechen, daß jener bei den Kartoffeln beobachtete Einfluß des Vor- erwärmens in seiner Mannigfaltigkeit auch Geltung hat für die in treib- fähigem Zustand befindlichen Maiblumenkeime. Die bei beiden Partien von Keimen ganz in gleicher Weise aufgetretene Atmungssteigerung am Tage nach Versuchsbeginn ist auf die durch die starke Verwundung verursachte Reizwirkung zurück- zuführen. Man konnte nun hoffen, von der chemischen Untersuchung dieser zur Atmung benutzten Keime einen weiteren Aufschluß zu erreichen, um so mehr, als man die Ergebnisse mit denjenigen einige Tage vorher der Erde entnommener Keime vergleichen konnte. Die Untersuchung wurde in beiden Fällen in der anfänglich geübten Weise (mit Auf- kochen der Keime) vorgenommen und ergab folgendes Resultat: (s. Tabelle nächste Seite!) Am deutlichsten tritt uns hier die verschiedene Abnahme des Üesamtzuekers entgegen. Bei den nicht vorerwärmten Keimen beträgt sie 1,23°/,, bei den vorerwärmten 2,38°/, des Frischgewichtes. Mit Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen IT. In 100 g Frisch- - 41 Ge- gewicht In 100 Keimen wicht | ireke Gommme- | Di Keime redn- zuckeralsj redu- |zucker als zierender Invert- |zierender! Invert- Zucker ; zueker | Zucker | zucker g 8 g g 8 Nicht vorerwärnt Bei Beginn des Versuches . . [62,88 0,27 9,00 0,34 11,33 Nach 10 Tagen Atmung bei 19" | 62,82 0,45 117 0,57 97 Vorerwärmt 12 Std. bei 35—38° Bei Beginn des Versuches . . |[62,88| 0,27 9,00 0,34 11,38 Nach 10 Tagen Atmung bei 19° | 60,03 0,25 N 6,62 0,30 7,94 dieser ungleichen Zuckerabnahme steht nun auch die verschieden starke Atmung der Keime in einem gewissen Einklang. Berechnet man die in der Atmungstabelle angegebenen ausgeschiedenen Kohlensäuremengen in Invertzucker um, so ergibt sich für die nicht vorerwärmten während der ganzen Versuchsdauer ein Zucekerverlust von 0,788 g pro 100 g Keime, bei den vorerwärmten dagegen 1,037 g. Dazu wären nun noch hinzuzurechnen diejenigen Zuckermengen, die während der Behandlung in Wasser veratmet wurden, die aber nicht bestimmt werden konnten. Es wird dadurch die Menge des veratmeten Zuckers bei den nicht vorerwärmten auf etwa 0,93 %/,, bei den vorerwärmten auf 1,33%, der Frischsubstanz steigen. Da nun diese Größen den Betrag der bei der Analyse direkt festgestellten Zuckerverluste nicht erreichen, so weist dies darauf hin, daß während der Versuchszeit außer der Atmung noch ein weiterer Zuckerverbrauch eingetreten ist, um so mehr, als in der Zeit von 10 Tagen auch eine Neubildung von Zucker aus Stärke und den Glykosiden stattgefunden hat. Man wird in erster Linie an eine Rückbildung von Zucker in diese Verbindungen denken, worauf auch die vorgenommenen Stärkebestimmungen vermittelst Jodreaktion hin- weisen. Versuch 13. Die starke Zuckerabnahme der Keime während des Warmbades selbst weist ja ohne weiteres auf Zuckerverlust durch gesteigerte At- mung infolge der Einwirkung höherer Temperatur hin. Es schien uns jedoch wünschenswert, hierfür einen direkten Beweis zu erbringen. Da die Atmungsbestimmung innerhalb des warmen Wassers mit allzugroßen Schwierigkeiten verbunden schien, begnügten wir uns damit, die Ein- 412 H. Müller-Tburgau und O. Schneider-Orelli, wirkung der auf konstant 35° erwärmten Luft festzustellen. Um dies zu erreichen, wurden Mitte Dezember 1911 je 50 in der beschriebenen Weise zugeschnittene Maiblumenkeime in die zu diesen Versuchen be- nutzten Atmungsgefäße eingeschlossen. Während einiger Tage bestimmte man den Atmungsverlauf bei beiden Partien in einem größeren, auf konstant 20° gehaltenen Raume (Brutraum), dann verblieb die eine Partie in diesem Raume weiterhin, während die andere rasch auf 35° erwärmt und dann konstant auf dieser Temperatur erhalten wurde. Die rasche Erwärmung fand statt durch Eintauchen des Atmungsgefäßes in Wasser von 35°, worauf dann dasselbe in einen Thermostaten zu 35° kam, auf welche Temperatur auch die zugeleitete Luft gebracht wurde. Das Ergebnis war folgendes: I 50 Keime 41,85 g; Atmungsgefäß dauernd bei 20°. I.50 „ 44,88 8; » zu Versuchsbeginn bei 20, dann bei 35°, Kohlensäureausscheidung Versuchs- | pro 100 g und 1 Stunde dauer Datum 13.—14. Dezember 16 12,7 12,2 14. „ 8 16,9 15,2 14.15. » 24 16,3 15,3 bei 35° C 15.—16. » 15 14,1 29,8 16. » 7 15,5 33,2 16.—18. » 4 13,6 26,8 Die während der ganzen Versuchsdauer bei 20° weilenden Keime zeigten nur im Anfang (14. bis 16. Dezember) eine bemerkbare Stei- gerung der Atmungsintensität, die wir zweifellos als eine Wirkung des Wundreizes betrachten müssen. Die zweite Partie verhielt sich der ersten gleich, solange sie bei 20° weilte. Bei 35° stieg die Atmung dagegen etwa auf das Doppelte. Nehmen wir als Durchschnitt bei dieser Temperatur 30 mg pro Stunde, so würden 100 g Frischsubstanz bei einer Warmbaddauer von 14 Stunden 420 mg Kohlensäure produ- zieren, was 286,5 mg Zucker, also nahezu 0,3% der Frischsubstanz entsprechen würde. In Versuch 9 betrug der infolge des Vorerwärmens direkt eingetretene Verlust an direkt reduzierendem Zucker zwar nur Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 413 0,14 g, allein es darf nicht übersehen werden, daß während dieser Zeit ja auch Zucker aus anderen Verbindungen entstanden sein wird. Es hat die Menge der durch Inversion infolge Säureeinwirkung entstandenen Zuckers um 0,85 g abgenommen. Eine genaue Übereinstimmung ist aus schon erwähnten Gründen hier nicht zu erwarten. 3. Einwirkung des Vorerwärmens auf das Austreiben der Maiblumenkeime. Als Hauptaufgabe dieser Untersuchung betrachteten wir eine nähere Erforschung des Zusammenwirkens der chemischen Vorgänge mit den Wachstumsvorgängen, d. h. dem Verbleiben in der Ruheperiode oder Austreten aus derselben. Es wurden deshalb mit den schon be- schriebenen Versuchen stets auch solche verbunden, bei denen man eine Auswahl Maiblumenkeime, und zwar vorerwärmte und nicht vorerwärmte, zu treiben versuchte. Zu diesem Behufe bettete man die Keime, ähnlich wie die zur chemischen Untersuchung benutzten, in feuchtes Moos ein und stellte sie in einen Thermostaten zu konstant 25-—-26°, der von den Gärtnern häufig angewendeten Treibtemperatur. Da das Licht für das Verhalten der bereits im Treiben begriffenen Keime nicht ohne Einfluß ist, wurde beim Thermostaten, wenn die Keime eine gewisse Größe erreicht hatten, die äußere Tür geöffnet und nur der Glasabschluß belassen. Um das Verhalten beim Treiben jeweils mit den festgestellten chemischen Vorgängen in Zusammenhang zu bringen, wurde bei jedem Treibversuch in Klammer auf den die Stoffwechselvorgänge in gleich- alterigen Keimen betreffenden Versuch hingewiesen. Versuch 14 (zu Versuch 1). Bei den zu diesem am 28. Juli 1910 begonnenen Versuche be- nutzten Keimen glaubte man am 5. August eine gewisse Verschieden- heit in der Entwicklung wahrnehmen zu können, indem bei den vor- erwärmten bei allen Keimen die Knospen etwas länger geworden waren. Auch bei nicht vorerwärmten konnte eine gewisse, jedoch geringere Größenzunahme bemerkt werden, aber nur etwa beim vierten Teil der Knospen, während drei Viertel unverändert waren. Diese Größenzunahme steigerte sich jedbeh bei der weiteren Versuchsdauer nicht merklich, so daß selbst am 10. Oktober, also 2"/, Monate später, nur ein Teil der Knospen eine sichtliche Zunahme erfahren hatte. Bei den 27 vorerwärmten betrugen die Knospenlängen zusammen 77,2 cm, bei den nicht vorerwärmten nur 59,7 can, dabei besaßen bei 414 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, den vorerwärmten 7 eine Länge von über 3 cm, darunter die längsten 65 und 4 cm, und 20 eine solche von 2—3 cm; bei den nicht vor- erwärmten besaß nur eine die Länge von 3,1 cm, 16 waren 2—3 cm lang und 10 waren 1,8 oder 1,9 em lang. Wie sieh bei näherer Unter- suchung der Knospen herausstellte, handelt es sich hier aber nicht um einen wirklichen Treiberfolg. Die im Innern verborgenen Blütenstand- und Blattanlagen haben sich nieht merkbar vergrößert, sind also nicht aus der Ruheperiode ausgetreten. Das Wachstum beschränkte sich auf die Knospenhüllen, die offenbar ein etwas anderes Verhalten zeigen als die wesentlichen Knospenbestandteile. Immerhin ist auch dieser Ein- fluß auf die Knospenhüllen nur ein geringfügiger geblieben, da sie bei den späteren Treibversuchen in viel kürzerer Zeit Dimensionen von 10 cm und darüber erreichten. Versuch 15 (zu Versuch 2). Hier wurden die Keime nach der Vorbehandlung (12. August 1910) in Moos verpackt in einen Schrank gebracht. wo sie bei einer all- mählich von 16—13° sinkenden Temperatur bis zum Oktober verblieben. Hierbei fand fast gar keine Größenveränderung der Knospen statt. Diese waren nämlich schon bei Beginn des Versuches größer als bei Versuch I, und 2 Monate später betrug die durchschnittliche Länge der Knospen bei den vorerwärmten Keimen 2,9 cm und bei den nicht vor- erwärmten 2,5 em. Bei Beginn dieses Versuches waren auch die inneren Blütenteile etwas weiter entwickelt als bei denen von Versuch 1, diese hatten vor der Entnahme aus dem Garten noch nicht die normale Entwicklung, mit der sie sonst in die Ruheperiode eintreten, erreicht. Versuch 16 (zu Versuch 3), Mit Versuch 3, bei dem die chemischen Umsetzungen bei 0° fest- gestellt wurden, wurde auch ein Treibversuch verbunden, der erkennen lassen sollte, ob die zu jenem Versuch benutzten Keime sehon im Stadium der Treibfähigkeit sich befanden. Am 26. August 1910, gleich- zeitig wie man Keime ins Eis brachte, wurden andere der Warmwasser- behandlung unterworfen und zwar, wie bei den anderen Treibversuchen, im unverletzten Zustande, d. h. das Rhizom wurde mit allen Wurzeln an der Knospe belassen. 25 Keime wurden ganz erwärmt, d. h. 8 Stunden vollständig in Wasser von 38° untergetaucht, während bei 25 anderen nur das Knospenende ins erwärmte Wasser reichte und 25 weitere nicht vorerwärmnt wurden. Alle diese Keime kamen dann, Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen]I. 415 in Moos verpackt, in Glasschalen in den Schrank im Keller zu 15°C. Am 13. Oktober, also etwa 7 Wochen später, zeigten die Knospen der ganz vorerwärmten Keime mit Ausnahme von vier eine schwache Größenzunahme zu 2—3 em. Nur einer hatte sich ausnahmsweise mehr gestreckt, und zwar handelte es sich hier nicht um eine Streckung der Knospenhüllen, sondern um eine Streckung des Blütentriebes, der die Länge von 8% cm erreichte, dann aber verkümmerte Bei den Keimen, wo nur die Knospen ins warme Wasser reichten, haben sich diese etwas weniger entwickelt; der längste erreichte nur 3,5 em, fast ganz unverändert erschienen die nicht vorerwärmten Keime, die längsten Knospen waren 2,7 und 3 cm lang. Versuch 17 (zu Versuch 4). Hier ergab der Treibversuch ein deutliches Resultat. Die Keime waren jetzt im Zustande der Treibfähigkeit. Schon 4 Tage nach der am 10. Oktober 1910 stattfindenden Behandlung ließ sich bei einigen Keimen der vorerwärmten Partie eine schwache Streckung oder der Beginn des Öffnens am Scheitel erkennen, was auf eine Vergrößerung der inneren Teile hinwies, während die nicht vorerwärmten sämtlich noch unverändert waren. Deutlicher trat dann die Wirkung des Vor- erwärmens nach 9 Tagen des Treibens bei 26° ein. Von den vor- erwärmten Keimen hatten sämtliche 27 Keime mit Ausnahme eines einzigen eine beträchtliche Größenzunahme erfahren, die längsten waren 8%, 8, 6, 514 und 5 em lang, 10 Keime zwischen 3 und 5 cm, 8 zwischen 2 und 3 cm, bei den nicht vorerwärmten hatte sich keiner merklich verändert. Dies war ebenso der Fall 10 Tage später, zu welcher Zeit bei den vorerwärmten Keimen schon bei 11 Stück die Blütentrauben 10—28 em lang sichtbar waren. Bei allen diesen fanden sich schon vereinzelte geöffnete Blüten. Bei den weiteren Keimen war die Blütentraube zwar noch nicht sichtbar, aber doch ein deutliches Wachstum zu beobachten. Bei 4 war die Knospe 6—10 em lang, bei 6 3% —4%4, bei 5 Keinen 2%—3%, und nur bei einem Keim hatte sie sich bloß um 2 mm verlängert. Bei diesem Versuche kam also das Warmbad in ganz ausgeprägter Weise zur Wirkung, wenn die Keime sofort zu einer höheren Treibtemperatur (26°) gebracht wurden (Fig. 1). Es wurden nun zunächst Keime, die am 10. Oktober in gleicher Weise wie die vorigen behandelt worden waren, für einige Zeit in einen kühlen Raum gebracht, um sie erst später bei höherer Temperatur (26°, 416 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, zu treiben. So konnte festgestellt werden, ob der Einfluß des Warm- bades für längere Zeit gewissermaßen latent in den Keimen erhalten bleibt. Die Keime kamen nach der Behandlung in Wasser in den Kellerschrank zu 14° C. Da während der nächsten 4 Wochen bis zum 8. November sowohl bei den 50 vorerwärmten als den 50 nicht vor- erwärmten Keimen kein Wachstum zu beobachten war, brachte man an diesem Tage alle Keime in Moos in den Thermostaten zu 26° C. Trotzdem war am 22. November noch kein Wachstum nachweisbar, und erst am 30. November beobachtete man bei den vorerwärmten Fig. 1. Treibversuch mit Maiblumenkeimen. Links ohne, rechts mit Warmbad. Versuchsbeginn 10. Oktober 1910, photographiert nach 19 Tagen. und nicht vorerwärmten je zwei in Streckung begriffene Knospen. Bis zum 8. Dezember fand dann doch noch bei einer Anzahl weiterer Keime eine Streckung statt, jedoch bei den vorerwärmten und nicht vorerwärmten gleichviel, je 15. Bei den ersteren hatten sich bei dreien Blütentrauben, jedoch nur verkürzte, gebildet, bei den nicht vor- erwärmten dagegen bei fünf normale Blütenstände. Der Gesundheits- zustand der Keime gestattete eine weitere Ausdehnung des Versuches nicht, dieser ließ übrigens deutlich genug erkennen, daß die günstige Wirkung des Warmbades auf das Treiben nach längerem Aufenthalt Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen N. 417 im kühleren Raum nicht mehr zur Geltung kam. Bei sofortigem Treiben bei 26° stand am 21. Tage ein großer Teil der vorerwärmten Keime in schönster Blüte und die anderen waren weit vorgeschritten, während nach dem vierwöchentlichen Verweilen bei 14° eine 21tägige Einwirkung von 26° auch auf die gebadeten Keime fast wirkungslos blieb. Daß die Wirkung des Warmbades beim Verweilen im kühlen Raume verloren ging, erhellt ferner aus dem dann eintretenden gleichen Verhalten der vorerwärmten und nicht vorerwärmten Keime. Hiernach scheinen sich die Maiblumenkeime anders zu verhalten, als dies Molisch') von verschiedenen Gehölzen angibt, die, wenn man sie nach dem Bade ins Freie bringt und der gewöhnlichen Temperatur des Nachherbstes oder Winters während 1—-6 Wochen aussetzt, sich dann beim Treiben im großen ganzen so verhalten, wie sie sich verhalten hätten, wenn man sie unmittelbar nach dem Bade ins Warmhaus ge- stellt hätte. Versuch 18 (zu Versuch 5). Gleichzeitig mit den zu Versuch 5 verwendeten und dann chemisch untersuchten Keimen wurden am 18. Dezember 1911 auch je 25 bei 35°C durch 12 Stunden vorerwärmte, 25 nicht vorerwärmte und endlich 25 durch 10 Tage bei 0° gelagerte und nicht vorerwärmte Keime in den warmen Treibraum von 26° gestellt. Am 10. Tage nach dem Einbringen in den Treibraum zeigten die beiden nicht gebadeten Par- tien noch kein ersichtliches Wachstum, während die Knospen der ge- badeten etwa 5 em verlängert waren. Am 16. Tage nach dem Ein- bringen haben alle Keime ausgetrieben und bieten nun das in um- stehendem Bilde (Fig. 2) dargestellte Aussehen. Am 19. Tage beginnen bei den warm gebadeten Maiblumen einige Blüten sich zu öffnen, bei den auf 0° abgekühlten haben sich die Blütentrauben hervorgestreckt, durchschnittliche Länge 11 cm, die Einzelblüten sind noch geschlossen. Bei den nieht vorbehandelten Keimen beginnen zwei zu blühen, alle anderen sind weit zurück, die Blütentrauben noch nicht sichtbar. Durch- schnittliche Länge der Knospen 7 cm. Am 23. Tage befinden sich die warm gebadeten in voller Blüte mit. vielen gut ausgebildeten Laubblättern, bei dreien entwickelt sich der Blütensproß nicht richtig, sie bleiben sitzen. Die bei 0° aufbewahrt gewesenen sind zwar gegen die vorerwärmten noch etwas zurück, sie 1) Molisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen, pag. 21. Jena 1909. " 418 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, zeigen nun aber alle 1—6 offene Blüten, die Entwicklung ist eine voll- ständig gleichmäßige, alle entwickeln ihren Blütenstand vollständig. Die Laubblätter sind bei diesen Keimen etwas in der Entwicklung zurück und werden voraussichtlich erst nach der Blüte zu voller Entwicklung gelangen. Die nicht vorbehandelten stehen im Wachstum noch bedeutend zurück, sie sind auch bedeutend ungleichmäßiger entwickelt, die Blüten sind ınit wenigen Ausnahmen noch alle geschlossen; einige Keime haben überhaupt nicht ausgetrieben. Fig. 2. Treibversuch mit Maiblumenkeimen. Links mit Warmbad, die mittlere Gruppe ohne Vorbehandlung, rechts vorher 10 Tage bei 0°. Versuchsbeginn 18. Dezember 1911, photographiert nach 15 Tagen. Besonderes Interesse scheint uns das Verhalten der während 10 Tagen bei 0° aufbewahrten Keime zu bieten und zwar einmal des- wegen, weil sie den nicht vorbehandelten beim Treiben sichtlich voran- eilten, wenn auch nicht in gleichem Grade wie die vorerwärmten, und sodann, weil sie diese letzteren in der Gleichmäßigkeit des Austreibens übertrafen. Schon beim Einfluß des Vorerwärmens auf die chemische Be- schaffenheit (Versuch 5) zeigte sich das abweichende Verhalten der im Sommer 1911 gewachsenen Keime von den im nassen Sommer 1910 Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pfianzenteilen IT. 419 entwickelten. Wie nicht anders zu erwarten, machte sich dieser Unter- schied auch beim Treiben geltend. In dem Treibversuch 20 waren Mitte Dezember die Keime aus der Ruheperiode herausgetreten, während sie bei diesem mit 1911er Keimen angestellten Versuche durch das Warmbad noch eine bedeutende Förderung erfuhren. Versuch 19 (zu Versuch 7). Als Parallelversuch wurde auch am 8. November 1910 nach der Behandlung im Wasser eine Anzahl Keime bei 26° weitergetrieben und eine Anzahl anderer zur Beobachtung des Wachstums in einen Raum von 10° gebracht. Von den ersteren wurden am 8. November 35 Stück während 12 Stunden in Wasser von 38° vorerwärmt und die gleiche Anzahl während dieser Zeit in Wasser von Zimmertemperatur gelegt. Für die Beobachtungen bei 10° behandelte man je 15 Exem- plare in ebensolcher Weise. Von den bei 26° in Moos aufgestellten Keimen zeigten die vorerwärmten schon nach 4 Tagen deutliche An- zeichen der Streckung, die nicht vorerwärmten waren dagegen zu dieser Zeit noch unverändert. Am 12. Tage (20. November) streckte die Hälfte der vorerwärmten Keime die Blütentrauben hervor, während die nicht vorerwärmten immer noch keine Streckung zeigten. Am 15. Tage be- obachtete man schon an zwei vorerwärnmten Pflanzen die ersten geöff- neten Blüten. Von den nicht vorerwärmten zeigten zwei die ersten Anzeichen der Streckung, Am 20. Tage haben alle 35 vorerwärmten Keime getrieben (Fig. 3), nur fünf haben die Blütenrispen noch nicht hervorgestreckt, bei drei waren die Knospen 6—-8 cm, bei zweien 5 cm lang. Die längste Blütentraube besitzt jetzt eine Länge von 21 cm. Die Bilütenstände sind im allgemeinen etwas zu kurz geblieben, nicht ganz so gut entwickelt wie bei Versuch 17. Da bei beiden Versuchen die gleiche Temperatur zum Vorerwärmen benutzt wurde, ist diese Er- scheinung, die wir als Anzeichen einer Schädigung auffassen müssen, wohl darauf zurückzuführen, daß diese etwas hohe Temperatur von 38° bei dem vorgerückteren Stadium der Ruheperiode schon eher auch nach- teilig wirken kann als einen Monat früher. Nicht ausgeschlossen ist, daß dabei auch die längere Dauer des Warmbades (12 statt 8 Stunden) in dieser Hinsicht von Einfluß war. Gegenüber den im Oktober bei 26° getriebenen Keimen (Versuch 17) zeigten die im November getriebenen noch einen andern Unterschied. Es wurden nänlich von den Keimen des letzteren Versuches zahlreiche Laubblätter entwickelt, wogegen die Laubblattentwicklung beim Treiben im Oktober ganz zurücktrat, ja fast ausblieb. Es ist dies eine Differenz von großem physiologischem In- 420 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, teresse. Übrigens kann man auch bei anderen Versuchspflanzen be- obachten, daß Blatt- und Blütenanlagen durch das Warmbad verschieden beeinflußt werden können. Bei Versuch 17 (Fig. 1) scheinen die Convallaria- Blattanlagen für das Wachstum beim Treiben noch nicht bereit gewesen zu sein, wohl aber die Blütenanlagen. In den 20 Tagen vom 8. bis 28. November haben am Ende auch die nicht vorerwärmten Keime zu treiben begonnen, doch von den 35 Stück nur 8. Davon beginnen die zwei größeren die Blütentrauben hervorzustrecken, die Blüten selbst bleiben aber dauernd geschlossen Fig. 3. Treibversuch mit Maiblumenkeimen. Links mit, rechts ohne Warmbad. Versuchsbeginn 8. November 1910, photographiert nach 20 Tagen. und verkümmern; überhaupt ist auch die weitere Entwicklung dieser nicht vorerwärmten Keime unbefriedigend. Noch möge hier kurz angeschlossen sein, daß von den zu 10° gebrachten Keimen weder die vorerwärmten, noch die nicht vor- erwärmten zum Austreiben kamen. Versuch 20 (zu Versuch 10). In gleicher Weise wie zur chemischen Untersuchung wurden am 29. November 1910 auch zum Studium des Treibens 50 Keime 8 Stunden in Wasser von 33° vorerwärmt und weitere 50 während der gleichen Beiträge zur Kenntnis der I,ebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 421 Zeit in Wasser von Zimmertemperatur liegen gelassen. Von jeder Partie wurden nach dieser Behandlung je 25 bei 27° weitergetrieben und je 25 Stück bei 18° Von den bei 27° getriebenen keimten zuerst die vorerwärmten, aber etwas langsamer als beim vorigen Versuche, denn nach & Tagen zeigten erst zwei Keime eine deutliche Streckung. Am 11. Tage hatten dann von den vorerwärmten Keimen allerdings alle bis auf ein Exem- plar ausgetrieben, darunter waren acht Knospen schon länger als 8 em und es zeigte sich jetzt schon eine verhältnismäßig starke Entwicklung Fig. 4. Treibversuch mit Maiblumenkeimen. Links ohne, rechts mit Warmbad. Versuchsbeginn 29. November 1910, photograpbiert nach 17 Tagen. der Blätter. Bei den nicht vorerwärmten blieb ein großer Prozentsatz, nämlich 10 Stück, im Wachstum noch zurück, 15 Stück hatten aus- getrieben, die längste Knospe war jetzt 6 cm lang. Im Gegensatz zu den vorerwärmten kamen hier zuerst die Blütentrauben zum Vor- schein. Auch am 16. Dezember, also 17 Tage nach Beginn des Treibens, bestand noch dieses eigentümliche Verhältnis zwischen Blüten- und Blattentwicklung. Bei den vorerwärmten überragten die Blätter in der Regel die in der Entwicklung noch zurückstehende Blütentraube, bei 29 Flora, Bd, 104, 422 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, den nicht vorerwärmten waren die Blätter noch so wenig entwickelt, daß die bei einigen Exemplaren bis 23 cm hohen Blütenstände fast kahl dastanden (Fig. 4). Das Vorerwärmen hatte in diesem Falle nicht mehr die gleiche Wirkung wie am 8. November oder gar am 10. Oktober, die nicht vorerwärmten sind nicht in gleicher Weise in ihrer Entwicklung zurückgeblieben. sie haben ohne Ausnahme und fast eben so weit ausgetrieben, allein die Entwicklung ist eine andere. Das mangelhafte Wachstum der Blätter und die unbefriedigende Ausbildung der Einzelblüten gibt diesen Pflanzen ein anormales Aussehen. Bei den zu 18° gebrachten Keimen war die Entwicklung natur- gemäß eine langsamere. Am 8. Dezember war noch kein Wachstum bemerkbar, am 10. Dezember dagegen hatten sich die Knospen von vier der vorerwärmten Keime um 1% cm gestreckt, während bei den nicht vorerwärmten auch jetzt noch keine Streckung wahrzunehmen war. Am 16. Dezember waren von den vorerwärmten 12 in Streckung be- griffen, von den nicht vorerwärmten erst drei. Gegenüber den bei hoher Temperatur (26°) getriebenen tritt bei den bei 18° gewachsenen der Unterschied in der Schnelligkeit der Entwicklung zwischen vorerwärmten und nicht vorerwärmten Keimen eher etwas deutlicher hervor, die Weiterentwicklung der Keime ist aber bei dieser Temperatur eine ganz unbefriedigende, Versuch 21. Als praktischer Erfolg des Vorerwärmens wird gelegentlich auch erwähnt, daß «das Treiben nachher bei tieferer Temperatur vorgenommen werden könne. Mag dies vielleicht für einzelne bei uns wild wachsende (esträuche Gültigkeit haben, so trifft es dagegen nicht zu für Mai- blamenkeime, wie zur Ergänzung des schon angeführten auch noch das Resultat dieses Versuches zeigen mag. 50 Maiblumenkeime wurden am 27. November 1911 während 8 Stunden in Wasser von 32° vorerwärmt und eine zweite Partie von Keimen in Wasser von 20° gebracht; nachher wurden die Keime in üblicher Weise in Moos eingesetzt und in ein Gewächshaus gebracht, dessen Temperatur in der folgenden Zeit zwischen 15 und 20° C schwankte. Am 18. Dezember ließen die nicht vorerwärmten Keime noch kein Wachstum erkennen, während bei den vorerwärmten sieben Keime ihre Knospen um 2—5 cm verlängert hatten. Am 6. Januar, also 40 Tage nach Beginn des Versuches, waren bei den nicht vor- erwärmten sechs Keime um 1—2 cm verlängert, während die übrigen Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen IL 423 kein oder nur geringes Wachstum zeigten. Bei den vorerwärmten sind jetzt zwei Pflanzen in blühendem Zustande, eine beginnt die Blüten zu öffnen, fünf sind um I—4 cm verlängert, fünf weitere um weniger als 1 cm verlängert und die übrigen nahezu unverändert. Das Treiben unter 20° hat also sowohl bei den vorerwärmten als auch bei den nicht vorerwärmten Maiblumenkeimen ein durchaus unbefriedigen- des Resultat ergeben, wenn auch das Warmbad nicht ganz ohne Ein- fluß blieb, Das vorzügliche Resultat des Wasserbades, das in Fig. 2 dar- gestellt ist, wurde mit Keimen ganz der gleichen Herkunft und Be- schaffenheit erzielt, die Zeitdifferenz von 3 Wochen kann den Unter- schied nicht erklären und wir müssen das ungünstige Treibresultat des vorliegenden Versuches der niederen Treibtemperatur zuschreiben. Will man bei im Ruhezustand befindlichen Maiblumenkeimen ein gutes Re- sultat erzielen, so muß also mit dem Warmbad auch noch eine hohe nachfolgende Treibtemperatur verbunden werden. Das gleiche ungünstige Treibresultat ergab auch ein Versuch, der in ähnlicher Weise wie vorstehender, aber 8 Tage später ausgeführt wurde, also nur 14 Tage vor dem soeben erwähnten Versuch 18 mit gleich beschaffenen Keimen, bei dem eine Treibtemperatur von 26° so gute Resultate ergeben hatte. B. Einfluß des Vorerwärmens auf die Knospen von Flieder. Wenn auch die Verfolgung der beim Treiben stattfindenden Stoff- wechselvorgänge mittelst makrochemischer Methoden bei Kartoffeln und Convallaria-Keimen nicht so scharf entscheidende Resultate ergaben. wie wir erwarteten, so versuchten wir dennoch, auf gleichem Wege dem Austreiben einer anderen zum künstlichen Treiben benutzten Pflanze, nämlich des Flieders, näherzutreten. Wir benutzten dazu 10 zum Treiben vorbereitete Topfbäumchen der Sorte Charles X und stellten damit Versuche über den Einfluß des Warmbades an. Versuch 22. Zunächst wurden am 3. Dezember 1910 von fünf Bäumchen zwei mit den Kronen während 8 Stunden in Wasser von 35° C getaucht, zwei andere gleich beschaffene dagegen nicht. Bei einem fünften Bäum- chen wurde die Hälfte der Krone ins Warmbad gesteckt, während die andere Hälfte außerhalb desselben blieb. Nachher kamen alle fünf Bäumchen in einen Treibraum, dessen Temperatur zwischen 20 und 26°C 29* 424 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, schwankte. Um den Einfluß, den das Warmbad als solches auf die chemischen Umsetzungen ausübt und wodurch es vielleicht den Anstoß zu rascherer Entwicklung geben kann, festzustellen, durfte man mit der chemischen Untersuchung der Knospen nicht allzulange warten. Es wurden daher am 6. Dezember, also 3 Tage nach dem Warmbad, die Blütenknospen gesammelt, der Länge naclı durchschnitten und mit etwas Wasser übergossen in ein mit Glasstöpsel versehenes verschlossenes Standglas verbracht. Dieses Glas umgab man dann mit einer Kälte- mischung, deren Temperatur auf etwa — 22° C sank. Es war beab- sichtigt, durch dieses Vorgehen die Zellen der Knospen abzutöten und dadurch ein vollständiges Ausziehen des Zuckers zu ermöglichen. Obgleich die beiden Gläser mit den vorerwärmten und nicht vor- erwärmten Knospen während der ganzen Nacht in der Kältemischung verblieben, hegen wir doch Zweifel, daß die Zellgewebe vollständig er- froren waren. Da wir zu dieser Zeit Eis zur Verfügung hatten, so wurde dieser Methode des Erfrierens vor dem Abtöten durch Hitze der Vorzug gegeben, weil dabei doch weniger das Eintreten chemischer Unisetzungen zu befürchten ist. Hernach wurden ähnlich wie bei den Keimen von Maiblumen auch diese Fliederknospen mittelst ausgeglühtem Sande zerrieben und mit Wasser gründlich ausgezogen. Ebenso fand die Zuckerbestimmung in der dort angedeuteten Weise statt. Das Er- gehnis der chemischen Untersuchung ist in folgender Tabelle enthalten. In m Esch“ | In 100 Keimen Gewicht der — Direkt | Gesamt- | Direkt | Gesamt- Knospen zedu: zucker als| redu- zucker als zierender| Invert- |zierender; Invert- Zucker | zucker | Zucker | zucker Bei Beginn des Ver- & & & 8 8 suches Aus dem Freien sofort ‘08.= 8,29 2,56 5,41 0,30 0,64 untersucht... . . [100 „ =11,84 Nicht vorerwärmt Nach 3 Tagen b.20—26° 808.—1042| 2,73 5,36 0,36 0,70 100 „= 13,08 Vererwärmt 8 Std. bei 35° Nach 1 Tag bei 20—26° 08.= 8,44 1,57 4,39 0,19 0,53 100 „= 12,06 » 3 Tagen b.20—26° 80 St. = 11,05 1,89 3,25 0,26 0,45 10 „=13,81 Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 425 Um die ursprüngliche Beschaffenheit der Knospen vor der Warm- wasserbehandlung festzustellen, wurden am 7. Dezember noch die Knospen von zwei Bäumchen untersucht, die bis dahin im Freien standen und ihre chemische Beschaffenheit in dieser kurzen Frist nicht wesentlich geändert haben konnten. Auch wurden an diesem Tage weitere zwei Bäumchen bei 35° vorerwärmt und die Knospen schon nach einem Tag Aufenthalt im Treibraum in der beschriebenen Weise untersucht. Das 10. der Versuchsbäumchen, das nur zur Hälfte dem Warmwassereinfluß ausgesetzt wurde, diente, wie schon das fünfte, zu Beobachtungen über das Austreiben. Der Gehalt an direkt reduzierendem Zucker wurde durch den dreitägigen Aufenthalt im Treibraum ohne Vorerwärmen nicht weseht- lich beeinflußt; er ist sogar etwas beträchtlicher :als bei dem direkt aus dem Freien untersuchten. Jedenfalls hat man es aber nicht mit einer Abnahme an direkt reduzierendem Zucker zu tun. Es ist dies auch begreiflich, da die Knospen der nieht vorerwärmten Bäumchen in den 3 Tagen keine weitere Entwicklung, also auch keinen bedeuten- deren Zuckerverbrauch, zeigten. Auch der Gesamtzucker ist bei diesen Bäunmichen nicht erheblich vermindert. Ganz anders verhalten sich. die Knospen der vorerwärmten Bäumchen. Schon einen Tag nach dem Vorerwärmen zeigte sich eine bedeutende Abnahme des direkt redu- zierenden Zuckers, während die Substanzen, die erst bei der Säure- einwirkung solchen Zucker liefern, noch unverändert waren. 3 Tage nach dem Vorerwärmen haben aber auch diese Stoffe eine Abnahme erlitten, es scheint, daß sie erst angegriffen werden, nachdem der direkt reduzierende Zucker zum Teil verbraucht ist. Vergleicht man diese Knospen mit denen der nicht vorerwärmten, aber ebenfalls während 3 Tagen getriebenen Bäumchen, so erkennt man den ganz bedeutenden Einfluß des Vorerwärmens. Dieses hat offenbar den Anstoß zu ener- gischen Umsetzungen gegeben, die dann beim Aufenthalt. bei 20-—-26° zu diesen beträchtlichen Zuckerabnahmen führten, während bei den nicht vorerwärmten Knospen, wo dieser Anstoß fehlte, bei der gleichen gün- stigen Treibtemperatur in den 3 Tagen keine Zuckerabnahme stattfand. An dieser Stelle möge auch auf das Verhalten der Maiblumenkeime in Versuch 10 hingewiesen sein, wo die allerdings dem Ende der Ruhe- Periode genäherten vorerwärmten und nicht vorerwärmten Keime einen ähnlichen Unterschied im Zuckergehalt zeigten. . Dem verschiedenen chemischen Verhalten entsprechend, zeigten die vorerwärmten und nicht vorerwärmten Knospen auch bezüglich des Austreibens Unterschiede; die vorerwärmten begannen sichtlich früher 426 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, zu wachsen und erst, als bei ihnen die Blütenrispen etwa 2—3 em über die Knospen herausragten, konnte man bei den nicht vorerwärmten Knospen das erste Anschwellen deutlich wahrnehmen. Ende Dezember waren bei beiden Versuchspartien reichlich ausgebildete Blüten vorhanden, immerhin bei den vorerwärmten in besserer Entwicklung und namentlich trat auch ein Unterschied in der Belaubung hervor, indem bei den vor- erwärmten weitaus mehr Blätter zu guter Entwicklung gelangt waren. C. Einfluß des Vorerwärmens auf die Knospen von Aesculus. Versuch 23. Nachdem die Versuche mit Kartoffeln und Maiblumen eine Steige- rung der Atmung ergeben hatten, erschien es uns von Interesse, auch ein Gehölz nach dieser Richtung zu untersuchen; wir wählten dafür Aes- eulus Hippocastanım. Zu diesem Behufe wurden am 24. November 1911 100 Triebe von Roßkastanienbäumen entnommen und die Endknospen an der Basis der untersten Deckschuppe durch einen scharfen Schnitt vom Holze getrennt. Die möglichst kräftig ausgewählten Knospen brachte man zunächst in Atmungsgefäße und beobachtete die Atmungs- intensität während eines Tages bei 20%. Dann kamen beide Partien während 14 Stunden in Wasser, und zwar I in Wasser von 20° und II in Wasser von 38%. Nach Verfluß dieser Zeit brachte man die warmgebadeten Knospen, um sie möglichst rasch auf 20° abzukühlen, noch während einer halben Stunde in Wasser von Zimmertemperatur und dann kamen beide Knospenpartien wieder in die bei 20° aufge- stellten Atmungsgefäße, I. 50 Roßkastanienendknospen 131,05 g; 14 Std. in Wasser von 20% C. II. 50 » BWLITGM 2 nn 380. (s. Tabelle nächste Seite!) Die Atmungsbestimmungen vor der Wasserbehandlung ergaben eine ziemliche Übereinstimmung der beiden Knospenpartien, es wurde dann absichtlich die etwas schwächer atmende zur Behandlung im Warmbad bestimmt. Trotzdem zeigten diese Knospen nach der Behandlung eine deutlich größere Atmungsintensität als die nur im Wasserbad von 20° behandelten; während der auf die Behandlung folgenden 6 Tage betrug die gesamte Kohlensäureentwicklung bei den warmgebadeten pro 100 g Frischsubstanz 1,720 g Kohlensäure, bei den anderen nur 1,445 8. Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen 11. 427 Kohlensäureausscheidung Datum Versuchs- | pro 100 g und 1 Stunde dauer RE I H Std. mg mg Vor der Behandlung B 24.—25. November 15 16,6 16.2 25. » 3, 17,3 17,0 25. » 3 19,7 18,4 25. ri 3 23,1 22,0 Nach der Behandlung 26. November 2 21,2 24,8 26. » 4 16,9 17,3 . 26. » 2 16,9 14,2 m 5 15 18,7 13:6 _ 2. ” 2, 12,1 142 27.—28. » 21 11,9 14,3 28. “ 7 19,7 13,7 28.—29. » 17 10,1 13,2 28. ” 8%, 87 114 29.—30. ” 161, 84 11,0 30. November — !. Dezember 237 7.7 98 1.—2. » 24 75 87 Es hat sich also auch bei diesen Knospen, ähnlich wie wir dies bei Maiblumen und Kartoffeln nachgewiesen, als eine Folge der vorüber- gehenden Erwärmung eine Steigerung der Atmungsintensität, und zwar eine längere Zeit dauernde, herausgestellt. Die in diesem Versuche bei beiden Partien zutage tretende At- mungssteigerung vor der Behandlung ist als eine Folge des Wunll- reizes aufzufassen, es sei in dieser Beziehung auf die Diskussion früherer Versuche hingewiesen. Das eigentliche Resultat des vorstehenden Ver- suches wurde durch diese Erscheinung natärlich nicht beeinflußt. Es erschien nun von Bedeutung, festzustellen, ob die Knospen von Aesculus sich zu dieser Zeit wirklich in einem Zustande der Ruhe befanden, in dem sie sich treiben ließen und ob das angewendete Warmbad von 38° in 14 Stunden ausreichte, ein Treibresultat zu er- zielen. Es wurden daher gleichzeitig mit den Knospen am 25. November auch ca. 40 em lange Zweigstücke in Wasser von 20 und 38° während 14 Stunden gebracht, hernach kamen diese Zweige, mit dem unteren Teil in Wasser gestellt, in ein Gewächshaus, dessen Temperatur zwischen 15 und 20° schwankte. Am 18. Dezember zeigten die warmgebadeten Zweige schon Wachs- tumserscheinungen, einzelne der Endknospen waren deutlich ange- 428 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, schwollen, zum Teil kamen grüne Stellen der Schuppen zum Vorschein, mehrere Seitenknospen waren schon etwas weiter entwickelt, 1-2 em verlängert. Die Knospen der nicht warmgebadeten Zweige waren noch unverändert. Schon am 21. Dezember war der Unterschied noch deut- licher und am 28. wurden je drei Zweige photographiert, untenstehendes Bild (Fig. 5) zeigt die Entwicklung der warmgebadeten Knospen deut- licher als dies Worte vermögen. Die nicht warmgebadeten waren zu dieser Zeit noch unverändert. Unter den warmgebadeten zeigte die Endknospe an einem Zweig ein ausnahmsweises Verhalten, wohl kam sie bis zu diesem Zeit- punkt zu einem gewis- sen Anschwellen, nicht aber zum Austreiben. Die eine Seitenknospe neben der Endknospe war abgebrochen, und es scheint dieser Um- stand hemmend auf die Entwicklung der End- knospe eingewirkt zu haben, immerhin kam sie später doch auch noch zum Austrieb; ihr anfängliches Zurückblei- ben hataber wohlgünstig auf das Austreiben der tieferstehenden Seiten- knospen gewirkt. , Am 6. Januar fangen fig. 5. Treibversuch mit Roßkastanienzweigen. Links : ohne, rechts mit Warmbatl. Versnchsbeginn 25. No- auch die Endknospen vember 1911, photographiert nach 33 Tagen. der nicht gebadeten Zweige an, auszutreiben, sie sind jetzt um 4, bis 3 cm verlängert, ebenso sind die Seiten- knospen in Streckung begriffen. Bei den gebadeten finden sich zu dieser Zeit zahlreiche grüne Blätter völlig geöffnet, eine richtige Weiterentwicklung der Blütenknospen konnte aber, wie es scheint, nicht eintreten; es mag wohl hierzu an den organischen Baustoffen, die eben nur in beschränktem Maße zur Verfügung standen, vielleicht auch an ausreichender Wasserzufuhr gefehlt haben, obgleich die Schnittflächen der Zweige von Zeit zu Zeit erneuert wurden. Beiträge zur Kenntnis der TLebensvorgänge in rahenden Pflanzenteilen II. 429 Am 18. Januar waren auch bei den nicht vorerwärmten Zweigen alle End- und Seitenknospen geöffnet, zahlreiche Blätter entfaltet, un- gefähr wie bei den warmgebadeten am 28. Dezember, als die Zweige photographiert wurden. Die durch das Warmbad erzielte Beschleunigung im Austreiben betrug also etwa 3 Wochen. Versuch 24, Da bei Versuch 23 nicht nur die warmgebadeten Zweige, sondern auch die nicht vorerwärmten sich während der Vorbehandlung in Wasser befanden und man schon aus diesem Grunde den Treiberfolg des Warmbades nicht wohl dem Aufenthalt in Wasser, sondern wenig- stens in der Hauptsache der Einwirkung der Wärme zuschreiben konnte, sollte doch noch durch einen direkten Versuch entschieden werden, ob dureh die Einwirkung des Vorerwärmens allein, ohne Einfluß des Wassers, ein gleichartiger Erfolg zu erzielen sei. Es wurden daher am 26. Dezember 1911 von 12 ziemlich gleich beschaffenen Roß- kastanientrieben vier während 14 Stunden in Wasser von 38° getaucht, vier weitere während der gleichen Zeit in Luft von 38° gebracht, während die letzten vier unterdessen in Luft von 20° weilten; die während der Vorbehandlung in Luft weilenden Zweige waren, um ein Austrocknen zu verhindern, mit der Schnittfläche in Wasser gestellt. Am 6. Januar erschienen noch alle Knospen unverändert, am 12. Januar zeigten nur zwei Endknospen der warmgebadeten Zweige eine deutliche Verlängerung un je 1 cm. Am 18. Januar waren die Knospen an den nicht vorerwärmten Zweigen noch völlig unverändert, während bei den vorerwärmten, und zwar sowohl bei den in Wasser und Luft vor- erwärmten, bei den meisten Trieben eine deutliche Weiterentwicklung stattgefunden hatte, bei je zwei Schossen waren bei den Endknospen und Seitenknospen schon die Hüllblätter zurückgeschlagen und bei einem weiteren Zweig konnte eine deutliche Streckung wahrgenommen werden. Bei den in Wasser vorerwärmten ist die Entwicklung noch ein wenig weiter fortgeschritten als bei den mit warmer Luft behan- delten. Bei jeder dieser Abteilungen zeigt übrigens ein Zweig ein individuelles Abweichen, indem die Endknospen wohl angeschwollen, aber nicht ausgetrieben waren. Am 24. Januar wurden die verschieden behandelten Zweige photo- graphiert (s. Fig. 6). Bei den in Wasser vorbehandelten waren drei Endknospen stark ausgetrieben und bei einer davon die Blättchen schon entfaltet. Ganz ähnlich verhielten sich die Endknospen der in 430 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Luft vorerwärnten; die Endknospe des vierten Triebes ist immerhin um etwa 1 em gestreckt, während sie bei dem in Wasser vorerwärnten entsprechenden sich erst zu strecken beginnt. Auch die Seitenknospen zeigen, wie aus der Abbildung zu ersehen ist, im der Entwieklung keinen Unterschied. Bei den nicht vorerwärmten, also in Luft von 20° vorbehandelten Keimen begannen am 24, Januar, am Tage der Bild- aufnahme, erst zwei Endknospen sich etwas zu strecken, alle übrigen Knospen schienen noch in Ruhe zu sein, mit Ausnahme der zwei unteren Seitenknospen eines Zweiges, die sich schon auffällig weit ent- wiekelt hatten. Wodurch dieses ausnahmsweise Verhalten verursacht Fig. 6. Treibversuch mit Roßkastanienzweigen. Links in warmem Wasser, rechts im warmer Luft vorerwärnt, die mittlere Partie ohne Vorbehandlung. Versuchs- beginn 26. Dezember 1911, photographiert nach 29 Tagen. wurde, vermögen wir nicht zu erklären, vielleicht daß hier eine zu- fällig eingetretene Veränderung an der Zweigstelle wirkte; möglicher- weise haben wir aber auch damit zu rechnen, daß die Ruheperiode zur Zeit, als wir diesen Versuch anstellten, schon am Ausklingen war. 2--3 Wochen später haben dann auch die nicht vorerwärmten und die zwei ausnahmsweise zurückgebliebenen vorerwärmten schließlich das Stadium der Entwicklung erreicht, wie es für die ausgetriebenen vor- erwärmten im Bilde dargestellt ist. Aus diesem Versuche geht aber Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen I. 431 unzweideutig hervor, daB die warme Luft ebenso die Ruheperiode zu unterbrechen vermochte wie das warme Wasser. D. Treibversuche mit anderen Pflanzen. Versuch 25. Mehrere der Erscheinungen, die wir früher bei Kartoffeln nach- gewiesen haben, ließen sich jetzt, wie im vorstehenden gezeigt ist, auch bei Convallaria-Keimen, Flieder- und Roßkastanienknospen beobachten, so daß wir es sehr wahrscheinlich da und dort mit den gleichen Vor- gängen zu tun haben und was wir bei einer Pflanze beobachten, mit gewissem Vorbehalte auch auf die anderen übertragen dürfen. Etwas hinderlich bei solchen Betrachtungen erschien uns noch der Umstand, daß bei den Kartoffeln der fördernde Einfluß des Warmbades auf das Austreiben bei den früheren Versuchen nicht zutage trat, ja sogar in gegenteiliger Richtung sich äußerte. Nun ist aber bekannt, daß ein solcher nachteilig wirkender Einfluß des Warmbades meist eintritt, wenn ein Pilanzenteil die Ruheperiode schon überschritten hat, und es war nicht ausgeschlossen, daß unsere diesbezüglichen Beobachtungen an Kartoffeln zu spät vorgenommen wurden. Deshalb wurden nochmals einige Beobachtungen über den Einfluß des Vorerwärmens auf das Austreiben von Kartoffelknollen angestellt. Am 4. August 1910 wurde eine größere Anzahl Kartoffelknollen ausgegraben, eine Gruppe von 20 Knollen während 8 Stunden in Wasser von 38°C, eine zweite Gruppe in Luft von 38° vorerwärmt, eine dritte während der 8 Stunden in Wasser von Zimmertemperatur gelegt und eine vierte während der nämlichen Zeitdauer in Luft von Zimmer- temperatur gelassen. Dann kamen alle Knollen sofort in frische Erde in den Keller, um das Austreiben beobachten zu können, Von den Beobachtungen mögen folgende hier Erwähnung finden. Am 17. August war noch kein Austreiben der Knospen bemerkbar, am 11. Oktober fanden sich Keime nur bei drei Knollen von Gruppe 1, also an den in Wasser vorerwärmten; die Keime besaßen eine Länge von 5, 10 und 13 cm. Bei den Knollen der übrigen Gruppen war jetzt noch kein Wachstum bemerkbar. . Später keimte noch eine vierte Knolle von Gruppe 1, und im November kamen noch zwei Knollen von Gruppe 2 hinzu, während bei den nicht vorerwärmten Knollen bis dahin keine Keimung zu beobachten war. Dagegen begann bald auch bei den ührigen Knospen das Wachstum, so daß schon sämtliche Knollen am 10. De- zember Keime besaßen, die meisten 4, em lang. Der Versuch läßt 432 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, erkennen, daß die betreffenden Kartoffelknollen eine deutliche Ruhe- periode besaßen, und ferner, daß durch das Warmbad die Ruheperiode bei einem Teil der Knollen unterbrochen werden konnte. Versuch 26. Im Anschluß an die Versuche mit Convallaria-Keimen wurde auch ein Versuch über den Einfluß des Vorerwärmens auf das Austreiben von Iris-Rhizomen angestelit. Am 14. Dezember 1910 entnahm man 60 Rhizome von Iris pumila dem Garten und brachte sie in zwei gleiche Gruppen zu 30 Stück. Die erste Gruppe kam während 8 Stunden in Wasser von 35°, die zweite während der gleichen Zeit in Wasser von Zimmertemperatur zu liegen, worauf beide Gruppen in Holzkisten mit Erde ins Gewächshaus zu 12° gebracht wurden. Es trieben sowohl die vorerwärmten als auch die nicht vorerwärmten ziemlich gleichmäßig aus, vielleicht weil die Ruheperiode schon beendigt war. Hiermit würde wenigstens auch die weitere Entwicklung in Einklang stehen; denn ähnlich wie bei den zum Treiben gebrachten, schon aus der Ruhe- periode getretenen Convallaria-Keimen, kommen auch hier bei den vor- erwärmten Iris-Rhizomen Blätter und Blüten mehr gleichzeitig zur Ent- wicklung, während bei den nicht vorerwärmten die Blüten einen kleinen Vorsprung zeigten, dafür aber eine geringere Blattentwicklung eintrat. Am 24. November haben schon sieben der nicht vorerwärmten Rhizome Blüten hervorgeschoben, bei den vorerwärmten nur zwei. Am 6. März ist die Blüte auf dem Höhepunkt angelangt, von den vorerwärmten blühten nun alle Exemplare mit großen gleichmäßigen Blüten und durchschnittlich 15 cm längeren Laubblättern. Bei den nicht vor- erwärmten sind vier Blüten schon verblüht, die anderen Pflanzen haben noch geschlossene Blüten. Hier ist also die Blütenentwicklung un- gleichmäßiger und die Blattentwicklung geringer. Die vorerwärmten Iris waren jetzt entschieden schöner, die Blätter und Blüten schienen besser ernährt zu sein. Naturgemäß wird es auch bei Iris sehr darauf ankommen, in welchem Stadium die Treibversuche vorgenommen wer- den; bei Crocus, wo wir ähnliche Versuche vornahmen, hatte ein 8stündiges Warmbad bei 38° am 3. August 1910 ein kaum bemerk- bares Resultat ergeben, ja die nicht gebadeten schienen sogar in der Bewurzelung und Entwicklung eher etwas besser zu stehen. Versuch 27. Nur ganz kurz möge hier ein Treibversuch mit Erdbeeren er- wähnt werden. Am 11. November 1911 wurden von sechs in Töpfen Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 433 herangezogenen gleich beschaffenen Erdbeerpflanzen (Sorte Deutsch-Evern) drei während 10 Stunden in Wasser von 32° gebadet, die drei anderen nieht gebadet, und zwar wurde beim Baden in der Weise verfahren, daß nur der oberirdische Teil ins Wasser tauchte, der den Töpfen entnommene Ballen aber außerhalb des Wassers verblieb. Nachher kamen die Pflanzen, wieder in die Töpfe eingesetzt, in ein kleines Ge- wächshaus zu 15—20°. Die gebadeten Pflanzen zeigten eine etwas raschere Entwicklung der jungen Blätter; auch waren am 16. Dezember bei zwei Pflanzen Blüten zu beobachten, während bei den nicht ge- badeten noch keine solchen zu sehen waren. Die Weiterentwicklung sämtlicher Pflanzen war aber eine unbefriedigende; die Blätter blieben klein und die Blüten setzten keine Früchte an, was zum Teil auf die ungenügenden Lichtverhältnisse zurückzuführen war, zum Teil aber wohl auch darauf, daß man diese Pflanzen in einem zu frühen Stadium der Ruheperiode zu treiben versucht hatte. Es wurde daher der gleiche Versuch 3 Wochen später, am 5. De- zember, mit Pflanzen der gleichen Sorte wiederholt. Jetzt war das Treibresultat ein entschieden günstigeres. Sowohl die gebadeten als die nicht gebadeten zeigten ein besseres Wachstum als beim ersten Versuche, namentlich die gebadeten zeichneten sich nun durch schöne, gleichmäßige Entwicklung der Blätter aus. Eine Anzahl der gebadeten Blätter waren schon 10 em lang, während bei den nicht gebadeten Pflanzen nur vereinzelte Blätter ausgetrieben hatten, von denen die längsten nur 5 em lang waren. In der Blütenentwicklung zeigte sich diesmal kein Unterschied. Wiederum 3 Wochen später, am 27. Dezember, wiederholte man den Versuch und erwärmte außerdem drei Pflanzen in der Weise, daß sie ganz, d. h, mitsamt den in den Töpfen bleibenden Wurzelballen, in Wasser von 32° getaucht wurden. Wiederum zeichneten sich die vor- erwärmten Pflanzen durch rascheres und schöneres Austreiben vor den nicht gebadeten aus; anfangs verhielten sich die in verschiedener Weise vorerwärmten Partien gleich, später aber zeichneten sich die ganz untergetaucht gewesenen durch frühere Blütenbildung und etwas besseren Früchteansatz aus, so daß man Ende Februar an diesen die ersten reifen Früchte vorfand, an den gewöhnlich gebadeten aber noch nicht. Da das einfache Einstellen der im Topf gezogenen Erdbeerpflanzen in das erwärmte Wasser, dessen Temperatur dann allerdings nicht zu hoch sein darf, weniger Umstände verursacht als das bloße Baden der ober- irdischen Teile und zudem ein besseres Resultat ergibt, wird es in der praktischen Erdbeertreiberei allein in Betracht kommen. 434 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Versuch 28. Von den weiteren Versuchen, die wir bezüglich des Treibens aus- führten, sei endlich noch ein solcher mit Weinreben mitgeteilt. Es wurde dabei der Einfluß des Warmbades sowohl auf bewurzelte Reben, als auch auf abgeschnittene Rebschosse geprüft. Von 10 abgeschnittenen Rebenschossen von im Weinberg stehen- den Stöcken des Weißen Gutedel wurden am 10. November 1911 fünf während 10 Stunden in Wasser von 32° getaucht und dann wie die nicht gebadeten mit den unteren Enden in Gläser mit Wasser in ein kleines Gewächshaus gestellt, dessen Temperatur zwischen 15 und 20° schwankte. Am 21. Dezember, also 11 Tage später, war an den warm- gebadeten Schossen ein Teil der Knospen in deutlicher Entwicklung, die Triebe hatten schon eine Länge von 1—2 cm erreicht, während bei den nicht vorerwärmten alle an der Luft befindlichen Knospen noch unverändert schienen. Am 6. Januar zeigten die warmgebadeten Schosse einen auffälligen Vorsprung. Die mit schönen grünen Blättchen ver- sehenen neuen Triebe waren schon etwa 10 cm lang, während die Triebe bei den nicht vorerwärmten spärlicher erschienen und höchstens 4 cm lang waren. Mit der Zeit glich sich dann dieser Unterschied allerdings allmählich aus. Ein ganz gleich ausgeführter, am 4. Dezember 1911 begonnener Versuch führte zu einem ähnlichen Resultat. Am 6. Januar zeigte sich hier ein deutlicher Unterschied zwischen den gebadeten und nicht ge- badeten. Während bei den letzteren die Knospen zu dieser Zeit noch inverändert waren, hatten sich bei den warmgebadeten Sprossen acht Knospen zu kleinen Zweigen mit entfalteten Blättern entwickelt. Am 18. Januar war dann das Ergebnis ein auf den ersten Blick hervor- tretendes. indem an den warmgebadeten die neuen Triebe sich schön entwickelt hatten, an den nicht gebadeten dagegen die Blattentwicklung erst begann. Das Warmbad zeigt also bei den abgeschnittenen Reb- schossen eine deutliche wachstumsfördernde Wirkung, was auch schon Ad. Stummer’) bei seinen Versuchen feststellte. Eine praktische Bedeutung könnte dieses Verhalten erlangen, im Falle sich die Beobachtungen Reckendorfers?) bestätigten, nach denen Y) Im Jahresbericht des k. k. oenol. pomol. Institutes in Klosterneuburg bei Wien 1910,11, pag. 153. 2) Reckendorfer. Ferdinand, Zur kommenden Rebveredelung. Allgem, Weinzeitung 1912, pag. 85. Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 435 amerikanische Steckhölzer bei der Veredlung mit europäischen Reben viel günstigere Resultate ergaben, wenn die Unterlagen vor der Ver- edlung während 24 Stunden in Wasser von 37—38° C vorerwärmt wurden. Es schien uns nun von Interesse, festzustellen, ob die gleiche Wirkung auch bei bewurzelten Reben eintritt; das Gegenteil von vorn- herein anzunehmen, lag kein Grund vor. Um diese Frage zu ent- scheiden, wurden daher gleichzeitig mit den Rebschossen jeweils auch bewurzeite Reben in den Versuch mit einbezogen. Man ver- wendete dazu gut ausgebildete Topfreben des Weißen Gutedels, also von der gleichen Sorte wie die abgeschnittenen Schosse, Am 10. No- vember wurden drei solche Reben in der Weise vorerwärmt, daß der vorläufig nicht geschnittene oberirdische Teil der Rebe während 10 Stunden in gleichmäßig auf 32° erwärmtes Wasser tauchte, während das im Topf verbleibende Wurzelsystem in geeigneter Weise gegen eine vom Wasser ausgehende Erwärmung geschützt blieb. Nach dieser Behandlung kamen die Töpfe in das schon erwähnte kleine Gewächs- haus zu stehen, sowie auch drei Topfreben, die nieht vorerwärmt waren. An allen Stöcken wurden dann die Triebe auf zwei untere Augen zurückgeschnitten, wobei ausdrücklich bemerkt sei, daß diese Augen bei den vorerwärmten Reben im warmen Wasser geweilt hatten. Am 30. November war an diesen Rebstöcken noch kein Wachs- tum bemerkbar, von da an begann dann allmählich das Austreiben und am 18. Dezember hatten sowohl die warmgebadeten als auch die an- deren ausgetrieben und zwar in ganz gleicher Weise. Die größten Blättchen waren schon etwa 3 cm lang. Am 21. Dezember besaßen die Triebe eine Länge von etwa 9 cm und je vier entfaltete Blättchen. Jetzt und auch bei der späteren Entwicklung zeigte sich kein Unter- schied zwischen den gebadeten und nicht gebadeten Reben. Am 4. Dezember. also gleichzeitig mit dem zweiten Versuche mit abgeschnittenen Rebschossen, wurden wiederum drei Topfreben in gleicher Weise, wie oben beschrieben, gebadet, während drei andere ohne Warm- bad blieben. Am 18. Dezember zeigten diese in das kleine Gewächs- haus gestellten Reben ein starkes Tränen und zwar bei den im Warm- bad vorerwärmten stärker als bei den anderen. Am 21. Dezember war noch kein Austreiben zu bemerken, von da an begannen dann alle Reben gleichmäßig zu treiben, so daß am 6. Januar alle Knospen aus- getrieben waren und Triebe bis zu 11 em Länge gebildet hatten. Auch diesmal zeigten die warmgebadeten keinen Vorsprung vor den nicht gebadeten, im Gegenteil standen letztere eher etwas besser. 436 H. Müller-Thurgau und O. Sehneider-Orelli, Das verschiedene Verhalten der abgeschnittenen Sprosse und der mit dem Wurzelsystem in Verbindung gebliebenen ist nicht ohne In- teresse; die mit den Sprossen erzielten Resultate hätten vermuten lassen, daß auch an den bewurzelten Stöcken das Warmbad eine Beschleu- nigung des Austreibens zu verursachen vermöchte. Wenn nun bei den bewurzelten Reben ein solcher Unterschierl zwischen gebadeten und nicht gebadeten nicht eintrat, so ist dies vielleicht gerade der Wirkung des Wurzeldruckes zuzuschreiben, der eben durch das Warmbad nicht beeinflußt wurde und der verursachte, daß die nicht gebadeten bewur- zelten Reben sogar früher austrieben als die warmgebadeten abge- schnittenen Sprosse. Nach den Versuchsergebnissen von Fr. Weber!) und Fr. Jesenko?) kann ein solcher wachstumsfördernder Einfluß des Wasserzudranges nicht überraschen. E. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen. Im ersten, schon früher veröffentlichten Teil dieser Untersuchung wurde das Hauptgewicht auf die Vorgänge in ruhenden ‚und keimenden Kartoffelknollen, sowie auf ihre Beeinflussung durch das Ätherisieren und das Warmbad gelegt. Die erzielten Resultate ließen es geboten erscheinen, diese Vorgänge auch bei anderen Pflanzenteilen, und zwar solehen, die sich besser als Kartoffeln zum Treiben eignen, einer gründ- licheren Untersuchung zu unterziehen. Wir wählten hierfür in erster Linie die Maiblumenkeime, bei denen (das Treibverfahren in Gärtner- kreisen sich schon eingebürgert hat, und stellten zunächst den Einfluß «des Vorerwärmens auf die chemische Beschaffenheit bzw. den Zucker- gehalt fest, sodann den Einfluß auf den Atmungsvorgang und parallel damit auch auf das Wachstum. Der Erfolg des Warmbades auf das Wachstum könnte vielleicht zu der Anschauung führen, es werde durch dasselbe direkt eine Er- höhung des Zuckergehaltes der Maiblumenkeime herbeigeführt. Allein durch unsere Versuche konnten wir eine solche Zuckerzunahme nicht nachweisen, im Gegenteil, nach Versuch 2 und 9 fand eine Abnahme 1) Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch Verletzung der Knospen, bzw. Injektion derselben mit Wasser (Verletzungsmethode). Sitzungsber. der k. k, Akad. d. Wissensch., mathem,-naturwissensch. Klasse, Bd. CXX, Abt. I, März 1911. N) Einige neue Verfahren, die Ruheperiede der Holzgewächse abzukürzen. Berichte der deutschen bot. Gesellsch. 1911, pag. 273. Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 437 des direkt reduzierenden Zuckers, auf den hier das Hauptgewicht gelegt werden muß, statt. Es wird eben durch die höhere, beim Warmbad einwirkende Temperatur nieht nur die Zuckerbildung durch Ferment- wirkung gesteigert, sondern auch der Zuckerverbrauch durch Atmung und vielleicht auch, ähnlich wie bei den Kartoffeln, die Rückbildung des Zuckers in nicht direkt verwendbare Reservestoffe. Auch wird ja, was nicht zu übersehen ist, durch den Sauerstoffabschluß während des Warmbades die Fermentbildung eher etwas gehemmt, während der Verbrauch durch intramolekulare Atmung ausgiebig weiter stattfinden kann. Anders ist natürlich das Resultat, wenn man die Keime erst einige Zeit nach dem Vorerwärmen während der Einwirkung der Treibtempe- ratur untersucht, da hat sich, wenigstens bei Einwirkung einer höheren Treibtemperatur, z. B. nach 4 Tagen, eine nicht unbeträchtliche Zu- nalıme an direkt reduzierendem Zucker gezeigt, und zwar bei den vor- erwärmten in höherem Grade als bei den nicht vorerwärmten, wenigstens während der Ruheperiode (Versuch 1 und 4). Da, wie wir später sehen werden, der Verbrauch durch Atmung bei den vorerwärmten nicht ge- ringer, sondern größer ist, so muß auf eine Mehrbildung von Zucker oder aber auf eine verminderte Rückverwandlung von solchem in andere Substanzen (Nichtzucker), welch letztere Annahme mit den bei den Kartoffeln festgestellten Vorgängen eher in Einklang stünde, geschlossen werden. Mit dem Ausklingen der Ruheperiode, wo die Fähigkeit der Rück- bildung, nach den Versuchen mit Kartoffeln zu beurteilen, merklich geringer wird, ändern sich dann auch die soeben besprochenen Ver- hältnisse, wie aus Versuch 10 hervorgeht. Die eben erwähnte stärkere Zuckeranhäufung ist nicht eine direkte Wirkung des Warmbades, sondern die Folge von durch das Vorerwärmen eingeleiteten Prozessen. Von Interesse ist hierbei, daß gleich behan- delte Keime, wenn sie nach dem Warmbad nicht in ein warmes Treib- haus, sondern in einen kühleren Raum gebracht werden, diese Ver- mehrung des direkt reduzierenden Zuckers nicht zeigen. Es mag dies vielleicht in einem gewissen Zusammenhange stehen mit der später zu erörternden Erscheinung, daß das Warmbad als solches allein oft auch nieht ein beschleunigtes Wachstum zu verursachen vermag, sondern daB dazu auch noch eine erhöhte Treibtemperatur ertorderlich ist. Beim Lagern von Maiblumenkeimen hei 0° konnte bei einigen Versuchen (3 und 4) eine Zuckerspeicherung, ähnlich wie bei (den Flora, Bd. 104. 30, 438 I. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Kartoffeln, festgestellt: werden: doch war sie hier geringer. Durch das Warmbad wurde dieser Vorgang nicht gefördert, sondern gehemmt (Versuch 4). Auch bei den Kartoffeln konnten wir seinerzeit einen solchen hemmenden Einfluß des Vorerwärmens auf das Süßwerden beobachten. Es besteht hierin, wie wir schon im ersten Teil hervorhoben, kein Widerspruch gegen die vermelirte Zuckerbildung in den direkt auf das Warmbad folgenden Tagen. Bei Versuch 22 mit Flieder, wobei es sich allerdings nicht um das Süßwerden handelt, bat das Vorerwärmen sicht- lich ebenfalls einen hemmenden Einfluß auf «die Zuckerbildung ausgeübt; denn anders ist die Zuckerabnahme in den vorerwärmten Knospen gegenüber den nicht vorerwärmten nicht zu erklären. Wir legen ein ganz besonderes Gewicht darauf, die Überein- stimmung dieser Vorgänge mit den bei den Kartoffeln festgestellten hervorzuheben und damit festzustellen, daß den durch zahlreiche Ver- suche belegten Resultaten bei Kartoffelknollen eine allgemeinere Be- deutung zukommt. Auch Wundreiz vermag eine schwache Steigerung des Zucker- gehaltes herbeizuführen. So war dies der Fall bei Versuch 6, wo aller- dings die Atmung infolge niederer Temperatur bei den verletzten und nicht verletzten Keimen stark herabgesetzt war. Wie bei (den Kartoffelknollen, steigt auch bei den Maiblumenkeimen im allgemeinen der Gehalt an direkt reduzierendem Zucker, wenn die Ruheperiode am Ausklingen oder ganz abgeschlossen ist. Beim Treiben im warmen (Gewächshaus nimmt dann der Gehalt anfänglich noch zu und zwar in den nicht vorerwärmten mehr als in den vorerwärmten Keimen (Versuch 10). Der Atmungsvorgang der Maiblumenkeime wird durch das Vor- erwärmen (bei 33°) gesteigert (Versuch 11 und :2), und zwar ist diese Steigerung, wie der letztere Versuch zeigt, eine länger andauernde. Es stimmt also bei den Maiblumenkeimen die Wirkung des Vorerwärmens auch in dieser Beziehung mit derjenigen bei den Kartoffeln überein (Versuch 10 und 11 der früheren Abhandlung). Die andauernd ver- stärkte Atmung bleibt dann nicht ohne Einfluß auf den Zuckergehalt, indem dieser beim Abschluß des Versuches bei den vorerwärmten Keimen niederer war als bei den nicht vorerwärmten, ganz überein- stimmend wie bei den Kartoffeln (I. Teil, pag. 335). Auch jene beim Ausziehen mit Wasser in die Lösung übergeheniden Substanzen, die bei Erwärmen mit verdünnter Säure Zucker liefern (Glykoside usw.), haben Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen IL, 439 bei den vorerwärmten Keimen mehr abgenommen als bei den nicht vorerwärmten. Neben der gesteigerten Atmung wird nun auch das schon nach wenigen Tagen bemerkbare vermehrte Wachstum der vor- erwärmten Keime beim Verbrauch der erwähnten Stoffe sich bemerkbar machen. Daß die durch das Vorerwärmen verursachte Atmungssteigerung, die wir nun bei Kartoffeln und Convallaria-Keimen nachgewiesen haben, auch bei ruhenden Gehölzknospen eintritt, zeigt der Versuch mit Roß- kastanienknospen (Versuch 23). Bei unseren Versuchen und Darlegungen haben wir als selbst- verständlich angenommen, daß während des Vorerwärmens selbst eine intensive Atmung stattfinde als Wirkung der hohen Temperatur. Es wurde dies dann bei Maiblumenkeimen noch direkt nachgewiesen (Ver- such 13), wo bei 35° von den Keimen zirka doppelt soviel Kohlensäure ausgeschieden wurde wie bei 20°. Unsere, den Einfluß des Vorerwärmens auf das Treiben betreffenden Versuchsergebnisse können folgendermaßen gruppiert werden. Bei den Versuchen über das Treiben von Maiblumenkeimen stellte sich heraus: 1. daß die Keime sich in den verschiedenen Ab- schnitten der Ruheperiode gegenüber dem Vorerwärmen und Treiben sehr verschieden verhalten, was übrigens zum Teil auch aus früheren Versuchen Anderer zu ersehen ist). Während Ende Sommer die Keime sich nieht treiben ließen, selbst wenn sie vorerwärmt wurden, war gegen den Herbst (Oktober) durch Vorerwärmung die Treibfähig- keit zu erreichen, wogegen die nicht vorerwärmten selbst bei 26° nicht auswuchsen. Anfang November waren die Keime schon soweit ver- ändert, daß sich auch ohne Vorerwärmung wenigstens einzelne bei 26° zum Wachstum bringen ließen und gegen Ende November, da offenbar die Ruheperiode anı Ausklingen war, gelangten vorerwärmte und nicht vorerwärmte zum Austreiben. 2. In diesen Verhältnissen zeigen die Keime untereinander be- trächtliche Verschiedenheiten, selbst wenn sie der gleichen Sorte ange- hören und unter ganz gleichen Verhältnissen herangezogen wurden. Treibt man solche Keime ohne Vorerwärmen gegen das Ende der 1) Es sei namentlich auf die umfassenden Versuche von H. Molisch (Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, mathem.-naturwissensch. Klasse, 1908 u. 1909) hingewiesen. Für das Ätherisieren hat Johannsen ein ähnliches Verhalten nachgewiesen (Das Ätherverfahren beim Frühtreiben, 2. Aufl., Jena 1906). 30* 440 H. Müller- Thurgau und O. Schneider-Orelli, Ruheperiode, so werden die vorgerückteren wachsen, die in der Ruhe- periode noch mehr zurückstehenden dagegen nicht austreiben. Man erhält ein sehr ungleiches, also ungünstiges Treibresultat. Durch das Vorerwärmen, 2. B. bei 38°, werden diese Verhältnisse geändert, die vorgerückten werden eher zurückgehalten, bei den noch in der Ruhe befindlichen wird durch das Vorerwärmen das Austreiben ermöglicht, und es wird so ein gleichmäßiges Treibresultat erzielt. 3. Blüten und Blattanlagen verhalten sich gegenüber der Ruhe- periode etwas verschieden. Zu einem gegebenen Zeitpunkte sind die ersteren im Ruhezustande vorgeschrittener als die letzteren. Treibt man Keime, die sich noch im Ausklingen der Ruheperiode befinden, ohne Vorerwärmen, so gelangen einzelne Blütenstände zur Entwicklung, während die Blätter unentwickelt bleiben. Wenn man solche Keime vorerwärmt, so werden dadurch auch viele Blattanlagen aus dem Ruhezustand gebracht und sich nun ebenso rasch entwickeln wie die Blütentrauben. 4. Es lassen sich ‚bezüglich der verschiedenen Stadien des Ruhe- zustandes nicht bestimmte Daten angeben; denn je nach den äußeren Verhältnissen, namentlich nach der Jahreswitterung, kann die Tiefe der Ruheperiode ungleich sein, und diese zudem in verschiedene Zeiten fallen. Im Jahre 1911 war sie nicht nur tiefer, sondern auch später als 1910. 5. Um Maiblumenkeime vorzeitig mit Erfolg zu treiben, bedarf es außer des Warmbades auch einer nachfolgenden hohen Treibtemperatur im (Gegensatz zu verschiedenen Gehölzen, die sich nach dem Warmbad dann auch bei tieferen Temperaturen treiben lassen). Der technische Vorteil des Warmbades besteht also bei den Maiblumenkeimen nicht darin, daß man nach dem kurzdauernden Bad dann mit niederen Tem- peraturen, also mit weniger Heizmaterial auskommt, sondern darin, daß man bei der hohen Treibtemperatur nicht so lang treiben muß, als dies ohne Warmbad der Fall wäre, daß das Treiben früher möglich ist, bei allen Individuen gleichmäßiger stattfindet und Blätter und Blüten zu guter Entwicklung bringt. Ein Vorerwärmen während 8—-12 Stunden in Wasser von 38° ergab uns bei Maiblumen während der eigentlichen Treibperiode gute Resultate, gegen das Ende der Ruheperiode dürfte 1) Molisch sagt diesbezüglich (Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen, pag. 21. Jena 1900): „Das Warmbad bietet auch darin einen großen Vorteil, daß die gebadeten Pflanzen sich bei relativ niederer Temperatur treiben lassen.“ Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 441 ein Warmbad von 35° vorzuziehen sein. Zum Treiben ist eine Tem- peratur von ca. 26° zu empfehlen. 6. Bei Convallaria-Keimen blieb die entwicklungsfördernde Wir- kung des Warmbades nicht latent erhalten, wenn sie z. B, 4 Wochen lang bei 14° aufbewahrt wurden, selbst dann nicht, wenn man den Versuch mit Keimen im besten Stadium anstellte, die bei sofortigem Treiben nach dem Warmbad eine ausgeprägte Wirkung desselben zeigten (Versuch 17). 7. Der Versuch, beim Warmbade nur die Knospen der Maiblumen einzutauchen, führte zwar auch zum Ziele, allein dieses physiologisch interessante Verfahren wäre praktisch ohne Vorteil. Die Versuche über das Vorerwärmen und Treiben von Iris- Rhizomen haben ähnliche, wenn auch weniger ausgeprägte Verhält- nisse ergeben, wie sie bei den Convallaria-Keimen festgestellt wurden. Hier sowohl wie bei den Erdbeerpflanzen hat das Vorerwärmen das Austreiben etwas begünstigt. Bei den Kartoffeln, wo unsere früheren Treibversuche kein deutliches Ergebnis lieferten, hat sich diesmal das Vorhandensein einer Ruheperiode unzweifelhaft erkennen lassen; allerdings ist die Zeit der Ruheperiode und ihre Dauer je nach der Sorte, dem Jahrgang, ungleich und auch die Knollen des gleichen Saatgutes zeigen starke individuelle Verschiedenheit. Das Vorerwärmen ergab einen fördernden Einfluß auf das Austreiben und zwar sowohl dann, wenn es in warmem Wasser, als auch in warmer Luft stattfand, doch erwies sich das Warmbad als wirksamer. Bei Roßkastanienknospen, bei denen das Treiben durch ein Warmbad ebenfalls sehr deutlich gefördert wurde, war die Wirkung fast die gleiche, ob die Erwärmung in Wasser von 38° oder in Laift von gleicher Temperatur vorgenommen wurde. Unter den verschiedenen Gehölzen, die wir noch zu Versuchen verwendeten und die Erfolge des Warmbades ergaben, mögen hier noch kurz Forsythia und Syringa angeführt sein. Bei Forsythia zeigte sich das ungleiche Verhalten der Blatt- und Blütenanlagen, wie es sich auch bei Convallaria-Keimen herausstellte, oft recht deutlich. Die . Blüten treten ebenfalls früher aus der Ruhe. Treibt man Forsythia- Zweige etwa Mitte Dezember ohne Warmbad, so kommen die Blüten zum Vorschein, die Blätter aber, noch in der Ruheperiode weilend, treiben meist nicht aus. Unterwirft man gleiche Zweige einem Warm- bad von 38°, so erweist sich dieses beim Treiben als für die vorge- 442 H Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, rückteren Blüten schon etwas nachteilig, während es nun ein schönes Austreiben der Blätter zur Folge hat. Von den Resultaten mit Syringa, die manches schon Bekannte bestätigten, sei an dieser Stelle hervorgehoben, daß abweichend von dem Verhalten der Convallaria-Keime die wachstumsbegünstigende Wir- kung des Warmbades auch bei einer nachfolgenden niederen Temperatur (15—20° C) deutlich zur Geltung gelangte. Auch bei vom Stock getrennten Rebschossen ließ sich ein wachstumsfördernder Einfluß des Warmbades deutlich erkennen. Un- erwarteterweise trat dieser aber bei bewurzelten Reben nicht zutage, wohl weil «durch eine andere Ursache, nämlich durch den schon tätigen Wurzeldruck, die Ruhe der Knospen aufgehoben wurde. Die winterliche Ruheperiode, mit der unsere Untersuchung sich allein befaßte, ist bekanntlich nur ein Spezialfall des durch verschiedene Ursachen (Kälte, Wärme, Trockenheit) herbeigeführten Wachstumsstill- standes bei Pflanzen. Nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse wird die Winterruhe nicht durch die niedere Temperatur allein ver- ursacht, sondern sie stellt sich auch dann ein, wenn man die Pflanzen während des Winters in Räume mit für das Wachstum günstigsten Wärme- und Feuchtigkeitsverhältnissen bringt. Es beruht demnach der Wachstumsstillstand auf einer inneren Beschaffenheit der Pflanze, oder genauer ausgedrückt des Protoplasmas der Sproßanlagen und einiger anderer Meristeme. Über die tieferen Gründe der Ruheperiode, also über die Ursachen, warum z. B. das Wachstum von Sproßgipfeln während einiger Monate des Winters stillsteht, um hernach bei gleichen äußeren Umständen weiterzuschreiten, wollen wir uns hier nicht ein- gehender äußern. Wenn auch unsere Arbeit etwas zur Lösung dieses Problems beitragen soll, so sind wir uns doch bewußt, noch weit von einem vollen Verständnis entfernt zu sein. Die winterliche Ruheperiode denken wir uns in der Weise ent- standen, daß bei vielen Pflanzen gewisser Gebiete, bei denen durch die . winterliche Kälte alljährlich das Wachstum während einiger Monate gehemmt wurde, diese Erscheinung im Laufe langer Zeiten schließlich im Protoplasma fixiert wurde und nun erblich ist, so daß der Stillstand auch dann eintritt, wenn der Einfluß Jer Winterkälte wegfällt. Es ist aber ganz wohl denkbar, daß bei den verschiedenen Gewächsen diese Fixierung in ungleich hohem Grade eintrat, ja daß sie bei Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 443 manchen Gewächsen der gleichen Gegend ganz ausblieb. So finden sich ja auch bei uns Gewächse, die den ganzen Winter hindurch, sowie die Temperatur einigermaßen über 0° steigt, ihr Wachstum fortsetzen (Bellis perennis, Senecio vulgaris, Stellaria media). Andere zeigen eine deutlich ausgeprägte Ruheperiode, jedoch von kürzerer Dauer wie z. B. Haselnuß und Weiden, Kartoffel, bei anderen noch ist sie langandauernd, tiefer und läßt sich selbst durch Ätherisieren oder Warmbad kaum auf- heben (z. B. Buche). Wie sehr übrigens selbst an demselben Zweige die verschieden ausgebildeten Knospen hinsichtlich der Ruheperiode sich verschieden verhalten können, zeigte $. Simon‘). Wenn die mehrjährigen Basal- knospen jederzeit zum Austreiben gebracht werden können, so beweist das nicht, daß sie keine Ruheperiode haben, sondern sie sind, wie der genannte Autor dartut, schon lange aus der Ruheperiode ausgetreten und nur aus anderen Gründen nicht zur Entwicklung gelangt. Die Erfolge der Schneidelungsversuche H. Dingler’s*} beruhen offenbar auf ähnlichen Verhältnissen. Bei den, nach dem im Sommer vorge- nommenen Schneideln (eine Art Entblättern) neu wachsenden Trieben ist natürlich die ganze Entwicklung künstlich verschoben, und es kann nicht überraschen, daß auch die Ruheperiode an den Knospen dieser Triebe später eintritt als an den übrigen. Bei teilweise geschneidelten Bäumen tritt dann recht deutlich hervor, daß man im Grunde nicht von der Ruheperiode eines Baumes, sondern nur von der Ruheperiode einzelner Knospen oder anderer Meristempartien sprechen kann. Das tritt auch deutlich hervor bei Betrachtung der Versuchsergebnisse von G. Klebs®), der in seiner Arbeit vielleicht zu scharf das Fehlen einer Ruheperiode aus inneren Gründen hervorhebt. Wenigstens dürfte es heute noch verfrüht sein, die Erscheinung restlos auf chemisch-plysi- kalische Gründe zurückführen zu wollen, wenn dies auch unser Be- streben bleiben muß. 1) Untersuchungen über das Verhalten einiger Wachstumsfunktionen, sowie der Atmungstätigkeit der Laubhölzer während der Ruheperiode. Jahrb. f. wissensch. Bot. 1906, Bd. XLIIT, pag- 1. 2) Versuche über die Periodizität einiger Holzgewächse in den Tropen. Sitzungsber. d. kgl. bayr. Akad. d. Wissensch., mathem.-physikal. Klasse, pag. 127, 1911. 3) Über die Rhythmik in der Entwicklung der Pflanzen. Sitzungsber. der Heidelberger Akad. d. Wissensch., mathem.-naturwissensch. Klasse, 23. Abhandlung, 1911. 444 H. Müller-Thurgau und O. Schneider-Orelli, Wir gelangen vorläufig eher zu der Anschauung, daß nicht nur Veränderungen in den Stoffwechselvorgängen beim Zustandekommen der Ruheperiode in Betracht kommen, sondern daß auch ein gewisser stabiler Zustand des Protoplasmas dabei eine Rolle spielt. Es liegt in der Natur der Sache, daß gerade der letztere Einfluß sich schwer wird. direkt nachweisen lassen, während die Änderungen im Stoff- wechsel experimentell eher zu fassen sind. Daß in ruhenden Pflanzenteilen nur das Wachstum zum Stillstand gebracht ist, während chemische Umsetzungen verschiedener Art selbst in der tiefsten Ruhe weiterschreiten, ist bekannt. Unsere im ersten sowie in diesem zweiten Teil mitgeteilten Versuchsergebnisse haben nun den Beweis geliefert, daß durch das Warmbad in ruhenden Pflanzenteilen nicht nur das Wachstum in Gang gesetzt wird, sondern daß auch die Stoffwechselvorgänge eine Änderung erfahren. Man kann sich nun ganz wohl vorstellen, daß gerade diese Änderung der Stoffwechselvorgänge für das Wachstum erforderlich ist, daß aber andererseits auch die Auf- hebung des stabilen Gleichgewichtszustandes des Protoplasmas gestört werden muß, daß also beide Bedingungen erfüllt sein müssen, um einen ruhenden Pflanzenteil zum Wachstum zu veranlassen. Ob die durch das Warmbad direkt herbeigeführte gesteigerte Atmung und andere Stoffwechseländerungen an und für sich den stabilen Zustand des Protoplasmas aufzuheben vermögen, ist nicht ausgeschlossen; anderer- seits ist aber sicher, daß das einmal in Gang gesetzte Wachstum dann die Stoffwechselvorgänge stark beeinflußt. Die kurz nach dem Warmbad vorgenommene Untersuchung, also zu einer Zeit, da noch keine Wachs- tumsänderung stattgefunden haben kann, weist aber unzweifelhaft darauf hin, daß die erwähnten Änderungen im Stoffwechsel wenigstens im An- fang unabhängig von Wachstumsvorgängen sind. Um zu einer richtigen Würdigung dieser Feststellungen zu ge- langen, darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß die von uns erwiesenen Änderungen der chemischen Vorgänge nicht allein die ruhenden Meri- stempartien betreffen, sondern zum Teil auch angrenzende, nicht mehr wachstumsfähige Gewebe, Teile von Reservestoffbehältern usw., und daß andererseits Änderungen im Stoffwechsel durch das Warmbad auch in aus der Ruhe herausgetretenen Pflanzenteilen verursacht werden. Immer- hin ist hier die Änderung, wenigstens zum Teil, anderer Art. Das Warmbad übt, wie wir namentlich in der ersten Abhandlung dargetan haben, unzweifelhaft eine sofort zur Geltung kommende Reiz- wirkung auf das Protoplasma aus, es zeigt sich dies in einer plötzlichen, aber kurz andauernden beträchtlichen Steigerung der Atmung. Dieser Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. 445 Reiz ist es wohl, der das Protoplasma aus dem stabilen Gleichgewicht, bringt. Die weiteren auf diesen Anstoß folgenden Geschehnisse, also das. was erst einige Tage nach dem Warmbad zu beobachten ist, wie die anhaltende, wenn auch nicht mehr so bedeutende Atınungssteigerung, (lie verminderte Fähigkeit der Zellen, Zucker aus Stärke oder anderen nicht direkt verwendbaren Stoffen zu bilden, sodann die geschwächte Rückbildung von Zucker in diese Substanzen, ähnliche, die Stickstoff- verbindungen betreffenden Änderungen, sind wohl von jenen sofort auf- tretenden Reizwirkungen zu trennen. Vielleicht sind sie nachträgliche Folgewirkungen dieser, möglicherweise aber ebenfalls direkte Folgen des Vorerwärmens, nämlich solche, die sich auf eine längere Periode erstrecken und im Anfange durch die direkten Reizwirkungen verdeckt werden. Diese Erscheinungen, die mit den bei der natürlichen fort- schreitenden Entwicklung, dem Älterwerden der Organe auftretenden Ähnlichkeit besitzen, können in gewissem Sinne als die Folgen einer durch einen starken Reiz zustande gekommenen Schwächung der Proto- piasten aufgefaßt werden. Die Vorgänge, die bei ruhenden Organen erst infolge einer Reiz- wirkung ausgelöst werden, kommen später ohne eine solche zustande. Bei einer aus dem Ruhezustande ausgetretenen Knospe ist die erst- erwähnte, das Protoplasma aus dem stabilen Zustande bringende Reiz- wirkung, nicht mehr erforderlich; es kann dann ein solcher starker auf das Protoplasma einwirkender Reiz sogar nachteilig sein, worauf ja verschiedene Versuche hinweisen. Infolge des vorgerückteren Entwick- lungszustandes (Alters) ist aber auch die Fähigkeit (Kraft) des Proto- plasmas, die plastischen Substanzen zu fixieren, ohnehin etwas geringer geworden. Das Ingangsetzen des Wachstums selbst kann man sich ganz wohl in der Weise vorstellen, daß die ersterwähnte Reizwirkung, die das Protoplasma aus dem stabilen Zustande der Ruhe bringt und der die vorübergehende starke Atmungssteigerung am ersten Tage zuzu- schreiben ist, auch den Anstoß zum Wachstum gibt, die dem Wachstum entgegenstehenden Hemmungen auslöst. Doch läßt sich dies kaum nachweisen, da die in der kurzen Zeit von 1—2 Tagen stattfindenden ersten Wachstumsvorgänge jedenfalls nur äußerst gering sein werden. Man wird daher vorläufig wenigstens mit gleicher Berechtigung die Anschauung hegen können, daß das Wachstum erst die Folge der wegen der Reizwirkung veränderten Stoffwechselvorgänge sei und nament- lich gefördert werde durch die erwähnten andauernden Änderungen, 446 Beiträge zur Kenntnis der Lebensvorgänge in ruhenden Pflanzenteilen II. die sich u. a. zeigen in vermehrtem Löslichwerden und verminderter Fähigkeit der Fixierung der Baustoffe. Es kann nicht überraschen, daß nicht nur das Warmbad die vor- erwähnten Wirkungen ausübt, sondern daß auch andere starke Einflüsse in ähnlichen Sinne auf die Protoplasten einwirken, wie Kälte, vermehrte Wasserzufuhr, Austrocknen, Äther, Alkohol, Verletzungen usw. Alle diese Reize, von denen bekannt ist, daß sie die Wachstumsrube von Knospen zu unterbrechen vermögen, haben wohl auch eine sofortige Atmungs- steigerung zur Folge; es ist dies nun bei fast sämtlichen direkt er- wiesen. Ebenso werden jene Änderungen im Stoffwechsel, die wir als Wirkungen des Warmbades und der Kälteeinwirkung bei verschiedenen Pflanzen nachgewiesen und die Johannsen für das Ätherisieren dar- getan, nach unserer Überzeugung auch bei Jen übrigen erwähnten Eingriffen sich einstellen. Schweizerische Versuchsanstalt in Wädenswil, März 1912. Druck von Ant. Kämpfe, Jena. Eingegangene Literatur. 1) C. Börner, Eine Flora für das deutsche Volk. R. Vogtländer’s Verlag, Leipzig. Preis: geb. M. 6,80. 2) Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Herausgegeben von F. Rosen, Bd. IX, Heft i. J. U. Kern’s Verlag (Max Müller), Breslau. Enthält: B. Kabus, Neue Untersuchungen über Regenerationsvorgänge bei Pflanzen; H. Thiessen, Über die im Pflanzengewebe nach Verletzungen auftretende Wundwärme; R. Schaede, Zur Biologie einiger xerophiler Farne; K. Hecht, Studien über den Vorgang der Plasmoiyse. 3) H. Cossmann, Deutsche Flora. 4. Aufl. Mit 884 Abbildungen. Breslau 1911, Verlag von Ferd. Hirt. Preis: geb. M. 7,50, 4) W. Gothan, Aus der Vorgeschichte der Pflanzenwelt. (Naturwiss. Bibliothek für Jugend und Volk. Herausgegeben von K. Holter und G. Ulmer.) Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig. Preis: geb. M. 1,80. 5) R. T. Günther, Oxford gardens. Oxford 1912, Panker & Son. 6) P. Graebner, Die Entwicklung der deutschen Flora. Leipzig 1912, R. Voigt- länder’s Verlag. Preis: M. 2,—. 7) A. Guillermond, Les levures. Avec 165 figures dans le texte. Paris, Octave Doin et fils editeur (Eneyclopedie trientifique). 5 Fres. 8) A. Heimerl, Schulflora von Österreich. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 1669 Abbildungen in 562 Figuren. Wien 1912, Verlag von A. Pichler’s Witwe & Sohn. Preis: geb. M. 5,—. 9) G. Lindau, Kryptogamenflora für Anfänger. Bd. II: Die mikroskopischen Pilze. Mit 558 Abbildungen im Text. Verlag von Julius Springer, Berlin. Preis: M. 8,—. 10) R. Meißner, Die Schutzmittel der Pflanzen. (Naturwiss. Wegweiser, Serie A, Bd. XXV. Herausgegeben von K. Lampert.) Verlag von Stricker & Schröder, Stuttgart. Preis: geh. M. 1,—. 11) Fr. Meister, Die Kieselalgen der Schweiz. Mit 48 Tafeln. (Beiträge zur Kryptogemenflora der Schweiz, Bd. IV, Heft 1.) Bern 1912, Verlag von K. J. Weps. Preis: M. 16,—. 12) H. Miehe, Zelienlehre und Anatomie der Pflanzen. Mit 79 Abbildungen. (Sammlung Göschen.) Leipzig 1911, G. J. Göschen’sche Verlagshandlung. Preis: geb. M. —,80. 13) M. Möbius, Mikroskopisches Praktikum für systematische Botanik (I. Angio- spermae). Mit 150 Abbildungen im Text. Verlag von Gebr. Bornträger. 14) A. Nathanson, Allgemeine Botanik. Mit 4 farbigen und 5 schwarzen Tafeln und 394 Abbildungen im Text. Leipzig 1912, Verlag von Quelle & Meyer. 15) M. Nordhausen, Morphologie und Organographie der Pflanzen. Mit 129 Ab- bildungen. (Sammlung Göschen.) Leipzig 1911, G. J. Göschen’sche Ver- lagshandlung. Preis: geb. M. —,80. 16) B. Plüss, Blumenbüchlein für Waldspaziergänger. 3. Aufl. Herder’sche Ver- lagshandiung, Freiburg. Preis: M. 2,20. 17) E. Rübel, Pflanzengeographische Monographie des Berninagebietes. Mit einer synökologischen Karte, einem farbigen Kunstdruck, 58 Vegetationsbildern und 20 Textfiguren. Leipzig 1912, Verlag von W. Engelmann. Preis: M. 8,—. 18) C. K. Schneider, Illustriertes Handbuch der Laubholzkunde. 12. (Schluß-) Lieferung. Mit 144 Abbildungen im Text. Jena 1912, Verlag von Gustav Fischer. Preis: M. 8,—. \ Desgl. Register. Preis: M. 5,—. 19) F. Söhns, Unsere Pflanzen, ihre Namenerklärung und ihre Stellung in der Mythologie und im Volksaberglauben. 5. Aufl. Leipzig und Berlin 1912, Verlag von B. G. Teubner. Preis: M. 3,—. 20) Wünsche-Schorler, Die Pflanzen des Königreichs Sachsen. Zehnte, neu- bearbeitete Auflage. Mit einem Bildnis O. Wünsche’s und 623 Abbildungen im Text. B. G. Teubner’s Verlag, Leipzig. Preis: M. 1,80. 21) W. Zimmermann, Die Formen der Orchidaceen Deutschlands, Deutsch- Österreichs und der Schweiz. Kurzer Bestimmungsschlüssel. Berlin 1912, Selbstverlag des deutschen Apotheker- Vereins. Flora,Band 104. Verlag von Gustav Fischer in Jena Mora, Band 104. Taf. Verlag von Gustav Fischer in Jena Fiora Bd. 104. . Taf. XH. Schmid. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Flora Bd. 104. Taf. XI. Schmid. Verlag von Gustav Fischer in Jena. N GUSTAV FISCHER IN JE Neue Veröffentlichmgen. Regles internationales de la Nomenklatur botanique Aop'&s par le . nationales de botanique de Vienne 1905. Deuxieme edition mire an point W’apres Ics dehisions du Congrds international de bntanique de Bruxelles 1910- Par John Briquet, Rapporteur general. Publiee au non de la conımissiou de r&daetion du Congrös. [International Rules of botanieal Nomenchture, Adopted by the International botanical Congresses of Vienna 1905 and Bruxelles 1910. — Internationale Regeln der botanischen Nomenklatur, Angenommen von den internationalen Botanischen Kongressen zu Wien 1805 und Brüssel 1910.} 1912. Preis: 4 Mark. Lebensbedingungen und Degetationsverhältnisse der TMittelmeer- . Fi Von Prof. Dr. M. Rikli, Doze: länder und der atlantischen Inseln. und Konservator lies botanischen Museums der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich. Mit 32 Tafeln und 27 Abb, und Verbreitungskarten im Text. (XIu. 176 8. gr. 8%) 1912. Preis: 9 Mark. Inhalt: L. Mediterraneis. ]. Umgrenzung des mediterranen Floren- reiches. — U. Lebensbedingungen der Mittelmeerflora. a) Jährliche Regen- menge und die jahreszeitliche Verteilung. b) Wärmeverbältnisse, ce) Winde. di Inso- lation. — IM. Die wichtigsten Lebensformen der Mittelmeerflora. — IV. Phäno- logie. — V. Die natürlichen Formationen der Niederungstlora. — a} Die Wälder. b) Die Macchien (Hartlaubgehölze). ce) Garigues und Felsenkeiden. di Strand- formationen. — VI. Höhengliedernng. a) Die inımergrüne mediterrane Höhen- stufe (Oliven- oder Macchiengürtel). b) Die mediterrane Bergstufe. c) Die Oreo- pbytenstufe. — VII. Das Kultarland. 2) Die Secanolandschaft Was unbewö Land}. b} Die Huerta (Zentren der diehtesien Bevölkerung). ec) Die Paln Eiche bei Alicante. — VII. Pflanzengeographische Gliederung. a) Mediterrane Steppengebiete. b} Mediterrane Subtropengebiele — IX. Literatur. H. Makaronesien. I. Einleitung. — II. Klimatologie. — IH. Allgemeiner Vegetationscharakter, Biologie, — IV. Die Kapverden. — V. Die Kanarischen Inseln. a) Die Purpurarien (Lanzarote, Fuerteventura). b} Die Fertunaten oder Hesperiden (Teneriffa und übrige westliche Kanaren). — VI. Die Madeiragruppe. — YU. Die Azoren. — VII. Makaronesische Florenbestandteile Südwest- Europas. — IX. Literatur. — X. Register, r Leuchtende Pflanzen. Institutes au der K. K. Universität in Wien. Zweite vermehrte Auflage. Mit 2 Tafeln und 18 Abbildungen im Text. 1912. Preis: ? Mark 50 Pf. Inhalt: I. Gibt es leuchtende Algen? — U. Über das Leuchten der Peridineen. A. Marine Peridineen. B. Süßwasser-Peridineen. — IT. Das Leuchtender Pilze. a) Hyphomyceten. A. Das Leuchten «des Holzes. B. Über leuchtende verwesende Blätter. £) Bakterien. Über das Leuchten des Fleisches toter Schlachttiere. B. Über das Leuchten von Würsten. (. Über das Leuchten menschlicher Leichenteile. D. Über das Leuchten toler Fische und anderer Sew- tiere. 1. Marine Fische. 2. Süßwasserfische. E. Über das Leuchten lchender Tiere, hervorgerufen durch Infektion. F. Über das Leuchten von Hühnereiern, Kartoffeln usw. y) Übersicht über die bisher beobachteten leuchtenden Pilze. — IV. Das Lenebten und die Entwicklung der Lenchtbakterien in Ab- hängigkeit von verschiedenen Salzen und der Temperatur. a) galze. b} Temperatur, — V. Ernährung, Leuchten und Wachstum. — VI. Über das Wesen des Leuchtprozesses bei den Pflanzen ) Das Leuchten beruht auf einer Oxydation. 2. Leuchten und Atmung. 3. Zur Theorie les Lenehtens. — VIL Die Eigenschaften des Pilzlichtes. 1. Die Farbe des Pilzlichtes. 2. Arten des Leuchtens. 3. Bakterienlampen und die Möglichkeit einer praktischen Verwertung derselben. 4. Das S ektrum des Pilzlichtes. 5 Die photogrnphische Wirkung. 6. Über die angebliche Durchlässigkeit undurchsiehtiger Körper ür Bakterienlicht nebst Bemerkungen über das ‚Tohanniskäferlicht. Hi Feliotropiann im Bakterienlicht, $. Bakterienlicht und Chlorophylibildung. FR Hat das ‚ieh eine biologische Bedeutung? — VIH. Über angebliche Liehbterscheinungen bei Phanerogamen. Namenregister. Sachregister. VERLAG vo GUSTAV FISCHER IN JENA. Der Tabakbaır in Niederländisch den, Rerteh- Bedeutung mit besonderer Berück- sichtigung von Deli-Sumatra. Von Karl Leonhard Weigand, Hanptadministrator der Senembah-Maatschappij in Deli. Mit 6 Tafeln. 1911. Preis; Mark 50 Pf. Inhaltsverzeiehnis: Vorwort. — Literaturverzeichnis. — Einleitung. — 1. Allgemeine Geschichte und Nanıe des Tabaks, 2. Botänische Beschreibung. I. Geschichte des Tabakbanes in Niederländiseh-Indien; Land, Lage, Klima. — II. Kolonialpolitische Verhältnisse, Grundbesitz, Grundverpachtung und Land- bau, Konzessionen. — IIT, Unternehmungsformen und Kapital. — IV. Die Technik des Tabakbaues. — 1. Java. A. Die Förstenlande. a) Die Betriebsperiode. b) Die Boilenbearbeitung. ce) Die Saatleete. d} Auspflanzungen und Pflege des Tabaks. e) Die Trockenschennen. — B. Die Gouvernements-Ländereien. — Sumatra. A. Art der Organisation des Betriebes. B. Die Bodenbearheitung. C. Die Saatbeete, Aus- pflanzung, Pflege und Ernte. — V. Wichtige Probleme der Tabakkultur. — 1. Saatzucht und -Gewinnung. 2. Krankheiten und tierische Feinde des Tabaks; ihre Bekämpfung. 3. Die Düngung. +. „Reboisatie‘ (Wiederbewaldung). — VI. Das Arbeitsverhältnis. Arbeitsorganisation, Arbeitsgesetzgebung, Arbeiterbeschaffung und Entlohnung. — Anhang: Freie Leute, — Die Pflanzervereinigung. — VII. Pro- bleme der Unternehmung. 1. Ökonomische und kommerzielle Bedeutung. 2. Steuern und Ausfuhrrecht. 3. Versicherung. — VII. Niederländisch-Indischer Tabak im Welthandel. — IX. Rückblick und Schlußbemerkung. Algemeen Handelsblad vom 23. November 1911: In beknopten vorm wordt een goed overzicht geboden van de tabaks-cultuur, ge- schiedenis, ontwikkeling, techniek, handel enz., dat, met het og op het groote aandeel van Duitschland in het verbruik von Nederlandsch-Indische tabak, de belangstelling onzer oostelijke buren alleszins verdient. Aan het slot zijner beschouwingen, die, met het oog op de grootere belangrijkheid, in het bijzonder aan de cultuur in Deli zijn gewijd, geeft schr. betreffende de toekomst dier eultuur eenige wenken, die ten onzent overweging verdienen, Süddeutsche Tabakzeitung vom 26. Nov. 1911: Nach Durchsicht seines Buches müssen wir anerkennen, daß wir selten ein Werk aus der Tabakliteratur mit solcher Befriedigung gelesen haben, wie im vorliegenden Falle. Nicht allein die meisterliche Beherrschung des Stoffes, sondern, auch dessen zweckmäßige Einteilung und klare Darstellung verdienen ebenso hohes Lob wie die den Leser stets fesselnde, von jeder ermüdenden Trockenheit befreite Schreibweise. Wir möchten deshalb dieses Werk allen Tabakgewerbetreibenden und insbesondere auch allen mit der Tabakkultur beschäftigten Berufsständen auf das wärnıste empfehlen. Jeder derselben wird darin eine Fülle der Anregung und des \Wissenswerten finden. "Soeben wnrde vo) ndig: Fi Charakteristik der in Mittel- Alustriertes Handbuch der Laubholzkunde. europa heimischen und im Freien angepflanzten angiospermen Gehölzarten und Formen mit Ausschluß der Bambuseen und Kakteen. Von Camillo Karl Schneider. Zwei Bände und Register. 1909—1912, Preis: 59 Mark, geb. 66 Mark. Band I. Mit 460 Abb. im Text. 1909. Preis: 20 Mark, geb. 22,50 Mark. Band 11. Mit 628 Abb. im Text. 1912. Preis: 31 Mark, geb. 36,50 Mark. Register. 1912. Preis: 5 Mark, geb. 7 Mark. Mitteil. d. deutsch. Dendrol. Gesellschaft 1906, 8. 240: «+. Da ist es denn mit mit Freude zu begrüßen, wenn uns der Verfasser ein Werk in den Schoß legt, das alles so zahlreiche Neue des letzten Jahrzehntes mit den Erfahrungen und dem Wissen seiner Vorgänger vereinigt und die gesamte heutige deutsche Laubholzkunde in einer Weise darstellt, die an Genauigkeit und Ausführlichkeit alles bisher dagewesene in den Schatten stellt... . Das Fazit dieser Arbeit liegt vor uns, es ist ein Werk geworden von absoluter Unentbehrlichkeit für jeden Dendrologen, em unersetzliches Nachschlagebuch für jeden, der seine Bäume und Sträucher nicht nur ansieht, sondern auch etwas von ihnen wissen will. mm nm nn Diesem Hefte liegen drei Prospekte bei: 1. vom Verlag der @. Braun- schen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe i. Br., betr. „Allgemeine Botanische Zeit- schrift“, „(Diese Jeitschritt, von A. Knencker herausgegeben, ist jetzt an den ge- nannten Verlag übergegangen); 2. vom Verlag Wilhelm Engelmann in Leipzig, betr. „P. Ascherson und P. Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora (2. Auflj“, 3. vom Verlag B. G. Teubner in Leipzig und Berlin, betr. „O0. Wünsche, Die verbreitetsten Pflanzen Deutschlands (6. Aufl)“ Druck von Alt, Kämpfe ıı Jena,