HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. Ä 123 naar ‚E78- RA 617897 nn DEC 28 1895 game ® I 124 = al | Mitteilungen e | der “an Bern aus dem Jahre 1894. Nr. 18851972, . „BRodaktion: he H. Grar. > SHBEN n IIR« we) Druck und von K.J. Wyss. en Unter on hohen Bundesbehörden, eidgen. und kant. Amtsstellen und zahlreicher Gelehrter herausgegeben von der Contralkommission für a, Landeskunde. Bis jetzt erschienen: Fascikel Ia: BibliographischeVorar beiten der ande kundiche kitier atur und Kataloge der Bibliotheken der Schweiz. Zusammengestellt von . Prof, Dr. J.H. Graf. Bero 1894. 69. Seiten 8% ° Preis Er I.— Fascikel ITa: Landesvermessung und Karten der Schweiz, ihrer Land- stwiche und Kantone, Herausgegeben vom eidgen. Lopographischen Bureau. Redieirt von Prof. Dr. J. H. Graf, Bern 1892. 193 Seiten 89, Preis Fr, 3. — Fascikel IIh: Karten kleiner er Gebiete >... Herausgegeben vom eidg. topograph. Burea r Dr.J).H. Se Bern 18 64 Seiten 8%. Preis Fr, Fascikel II Stadt- und Ortschaftspläne, Reliefs und Panoramen Sm ‚Schweiz. Herausgegeben vom eidg. topoeraph. Bureau. Redigirt von Prof, Dr. J. H. Graf. Bern 1893. 173 Seiten 8°%- Preis Fr. 3. — \ Fascikel IVb: Die Fauna der italienischen Schweiz. Redigirt von Pr. Dr. A. Lenticchia, Como 1894. 19 Seiten 8%. Preis 50 Ots. 1 DrB, Haendcke. Bern 1892. 100 Seiten 8%. Preis Fr, 2. — | Fascikel V9ab: Landhwirthschaft. Zusammengestellt v. Prof. F, Ander- naße u, Dr. B. ee ge 1893. Heft 13. 2588. 8. Fr. 3. — , de I 2, — Fascikel ve Forstwesen, Jagd. und Brennen. In: Forstwesen. ‚Zu- sammengestellt durch das eidgen, Oberforstinspektorat. Bern 1894. 160 Seiten 8°. Preis Fr, 2, — Fascikel V9d: Schutzbauten. Zusammengestellt durch das eidgen. | Oberforstinspektorat. Bern 1895. 136 Seiten, 8%. Preis Fr. 2, — . Fascikel V9g 53: Mass und Gewicı beit: . Ris, Direktor der eidgen. Eichstätte, Beı ‘Seiten 8%, Preis Fr, 1, — Fascikel V9ge: Bankwesen, Handelsstatistik, Versicherungswesen.. Zusammengestellt von W. Speiser, Basel, Dr. Geering und Dr. N ‚ummer. Bern 1893. 207 Seiten 8%, , > Preis Fr. 3.— j Fascikäl V10 ey: Die christkatholische Litteratur der Schweiz, Zu- sammengestellt v. Dr. F.Lauchert. Bern 1893. 32 Seiten 8°. 60. Cts.. Fascikel V10e: Die katholisch» theologische und kirchliche Litteratur . des Bisthums Basel vom Jahre 1750 bis zum Jahre 1893. Zusammen- gestellt von Pfr. Ludwig R.Schmidlin, Biberist. Heft 1. Fr. 3. — > Durch Jens Ba zu beziehen. m. Fascikel V 63°; Architektur, Plastik, Malerei. Zusammengestellt von. id. ee a a | | Mitteilungen ın Bern aus dem Jahre 1894. Nr. 1935-1372. BERN. Druck und Verlag von K. J. Wyss. 1895. DEC 28 1895 Jahres-Bericht über die Thätigkeit der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft in der Zeit vom 1. Mai 1893 bis 1. Mai 1894. Hochgeehrte Herren ! Der Mitglieder-Bestand hat sich in dem Berichtsjahre nur wenig, die Zahl gar nicht verändert. Es traten 6 Mitglieder aus, 4 verloren wir durch den Tod und 10 wurden neu aufgenommen. Der Tod nahm uns die Herren von Werdt, Grossrat von Toffen, Fankhauser, Privatdozent und Gymnasiallehrer von Bern, Werder, Sekre- tär der Telegraphendirektion von Bern, und Wolf, Professor in Zürich, Dem seit 20 Jahren der Gesellschaft als thätiges Mitglied angehörenden trefllichen Fankhauser widmete der Unterzeichnete einen warmen Nachruf, in dem derselbe der mannichfachen Verdienste und der eigenartigen Per- sönlichkeit des Verblichenen gerecht zu werden sich bemühte, Der Lebensgang und das Lebenswerk des Begründers unserer „Mitteilungen*, des hochverdienten Prof. R. Wolf, der seit 1839 unserer Gesellschaft als Mitglied angehörte, fand durch Herrn Graf eine eingehende Schilderung, die entsprechend den grossen Verdiensten, die sich Wolf auch um die bernische Naturforschende Gesellschaft erworben, in den Mitteilungen Auf- nahme gefunden hat. Aber auch den Verlust eines correspondierenden Mitgliedes beklagt die Gesellschaft in Dr. Custer. Bei der Langenthaler Versammlung noch ge- sund unter uns, wurde Custer bald nachher durch den unerbittlichen Tod unserer Gesellschaft entrissen, der er 43 Jahre angehört hatte. Prof. Rudolf Wolf hat seiner alten Anhänglichkeit an die Gesell- schaft dadurch Ausdruck gegeben, dass er ihr testamentarisch Fr. 1000 vermachte, welche hochherzige Gabe dem Reservefond überwiesen wurde. Die Namen der Stifter von Legaten und Geschenken werden von nun an auf unserer Donatorentafel verewigt und das Andenken an die Stiftungen somit lebendiger erhalten werden. Die Beteiligung an der wissenschaftlichen Arbeit der Gesellschaft war eine rege, die Zahl der Vorträge, dank der unermüdlichen Initiative des Sekretärs, Herrn Kissling, ungewöhnlich hoch. Eine Vermehrung der Zahl der regelmässigen Teilnehmer an den Sitzungen war nicht be- merkbar, ist auch, trotz früherhin mehrfach ausgesprochener Wünsche, kaum zu erwarten, da Bern ausser den zahlreichen schon bestehenden gelehrten Gesellschaften neuerdings auch noch eine chemische und eine photographische Gesellschaft erhalten hat, und die naturforschende Gesellschaft mit Recht darauf verzichtet eine zu weit gehende Popula- risierung der Vorträge anzustreben, sondern die Mitteilung der Ergebnisse positiver und produktiver wissenschaftlicher Arbeit in möglichst gemein- En verständlicher Form in die erste Linie stellt. Diesem Grundsatze getreu wurden denn auch in den Sitzungen vornehmlich die Ergebnisse der Forscherarbeit der einzelnen Mitglieder mitgeteilt und nur selten gelangten Referate über die Arbeiten von anderen Gelehrten oder zusammenfassende Uebersichten über kleinere Wissensgebiete bez. besonders interessante Fra- gen zum Vortrag. Die aus der Mitte der Gesellschaft gemachte An- regung, ausserdem auch der Popularisierung der Naturwissenschaften die Aufmerksamkeit zuzuwenden, etwa in Form von Öffentlichen Sitzungen, fand denn auch im Comite zunächst keinen Anklang. Die Beschluss- fassung über diesen Punkt wurde jedoch vertagt. Erfreulich erscheint es, dass die Chemie wieder durch mehrere Vorträge vertreten ist. Die Zahl der Sitzungen betrug 14, die Zahl der Vorträge 28, die der Demonstrationen 16, in Summa 44. Folgende Herren haben sich an der wissenschaftlichen Arbeit der Gesellschaft durch Vorträge oder Demonstrationen beteiligt: Herr Baumberger durch 1 Vortrag „ A. Benteli el ” » Bochicchio el 5 „ Brückner ee 5 „ „Drechsel Bl 5 E. von Fellenberg „ 2 Demonstrationen „1. Kischer » 3 Vorträge und 2 Demonstrationen „..o, Kischer „. .LVorunag on As Blückiger eg und 1 Demonstration „ von Freudenreich n 1 5 n H. Frey ” i ” » Graf » 1 » „or 5 „ 6% Huber „. .2 Vorträge » 1, Buber „1 yoptkag „ von Jenner »„ 2 Demonstrationen » Kissling ne Vontnas „. Kronecker N 5 „ As. hossel „ 2 Vorträge „ kubeli 3 le VORLRAS „. Steck nl „ und 1 Demonstration «“ bi. Sruder » . 2 Vorträge und 2 Demonstrationen „. ‚Ischirch ee! # und 6 Y Den Vortragenden sei auch an dieser Stelle der Dank der Gesell- schaft ausgesprochen. An die Vorträge schloss sich regelmässig eine rege Diskussion, die nicht selten fast die gleiche Zeit in Anspruch nahm wie der Vortrag selbst, immer aber neue und interessante Seiten dem Gegenstande ab- gewann. Die Sitzungen fanden fast ausschliesslich im Storchen statt, nur ge- legentlich der Besichtigung des neuen pharmazeut. Institutes und des neuen chemischen Labaratoriums wurden die Sitzungen in den Hörsälen der betreffenden Institute abgehalten. Im Laufe des Sommers fand eine geologisch-botanische Excursion nach dem Belpberg statt, und am 2. Juli wurde eine Sitzung in Langen- thal abgehalten, deren Vorbereitung Herr Sahli in Langenthal übernommen Eu Ve le hatte. Dieselbe verlief unter reger Teilnahme der Langenthaler und auch einiger Solothurner und Aarauer Naturforscher programmgemäss, Besonders erfreute uns die Teilnahme von Prof. Lang aus Solothurn und Dr. Custer aus Aarau. Der Beschluss, öfter solche Versammlungen ausserhalb Berns zu halten, entsprach der allgemeinen Stimmung. Nach dem gemeinsamen Mittagsmahle fand ein Besuch der erratischen Blöcke auf dem Steinhof statt, bei denen Solothurn einen Willkommengruss kredenzte. Am 16. Dezember wurde alsdann im Storchen das Jahresfest durch ein fröhliches Mahl gefeiert. Da die Kosten für die Herstellung der Tafeln und Karten, die den Mitteilungen beigegeben werden, die Mittel der Gesellschaft nicht nur er- schöpfen, sondern nicht selten überschreiten, ist Staatshilfe in Aussicht genommen und bereits zugesagt. Durch den Umzug des historischen Museums in den Neubau auf dem Kirchenfeld wurden die Räume, in denen sich dasselbe bisher befand, frei. Da die Gesellschaftsbibliothek z. Z. ausserordentlich ungünstig und unzureichend untergebracht ist, so wurde ein Gesuch um Ueberlassung einiger Räume des alten historischen Museums bei der Commission der Stadtbibliothek eingereicht. Die Verhältnisse der Bibliothek der Schweiz. naturforschenden Gesellschaft sind bei dieser Gelegenheit durch eine vom Centralpräsidenten berufene Commission gleichfalls erörtert und geregelt worden. Am 17. Februar wurde Herrn B. Studer sen., der nunmehr 50 Jahre der Gesellschaft angehört, eine geschmackvoll ausgestattete Adresse über- reicht, in der den Verdiensten des Gefeierten geziemend gedacht und den Glückwünschen der Gesellschaft Ausdruck verliehen wird. Auch gelegent- lich des Jubiläums von Prof. Wild in Petersburg, unseres correspondiren- den Mitgliedes, wurde ein Glückwunschtelegramm abgesandt. Ebenso ge- dachte die Gesellschaft des Jubiläums der Alizarinsynthese und sandte an Prof Gräbe in Genf ein Telegramm. Die gleiche Form wurde anlässlich der Jubiläen des Naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und der Niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn gewählt. Ueber den Lesezirkel berichtet Herr Th. Steck: «Der im Frühjahr 1890 eingeführte Lesezirkel wurde im abgelaufenen Jahre von 36 Teilnehmern benützt. Die Zahl der demselben beigelegten Zeitschriften hat sich gegenüber dem Vorjahre nicht verändert und auch ihr Bezugsmodus ist der gleiche geblieben, indem noch immer die Ge- sellschaft für 5 Zeitschriften aufkommen muss und 7 der Bibliothek der naturforschenden Gesellschaft tauschweise zukommen. Es ist zu hoffen, dass der neuerdings von Seite der Bibliothekleitung genommene Anlauf zur Erweiterung des Tauschverkehrs mit weiteren Gesellschaften auch den Teilnehmern des Lesezirkels zu Gute kommen werde. Die Einrich- tung des Lesezirkels hat sich bei vielen Teilnehmern so eingelebt, dass trotz der bedeutenden Opfer, die die Gesellschaft für denselben bringt, an ein Eingehenlassen desselben nicht mehr gedacht werden darf. Im Verlaufe des verflossenen Jahres hat sich nun herausgestellt, dass die bei Einrichtung des Lesezirkels obwaltenden Sparsamkeitsrücksichten bezüg- lich Herstellung der Mappen aus Leinwand statt aus Leder übel ange- bracht waren, indem nun fast alle Mappen der Reihe nach der Reparatur .3: men ng N. unterworfen werden müssen, was natürlich eine unliebsame Erhöhung der Kosten für den Lesezirkel nach sich zieht. Trotz der nun schon seit einiger Zeit eingetretenen Thätigkeit der Kontroleure will es nicht gelingen, eine Anzahl Teilnehmer zu regel- mässiger Spedition der Mappen zu bringen und gar oft wird in Fällen der Aufhäufung von Mappen bei einem einzelnen Teilnehmer in der Ver- sendung derselben nicht einmal mehr die richtige Reihenfolge eingehalten, was den Zusammenhang der sich durch verschiedene Nummern von Zeit- schriften hinziehenden Artikel empfindlich stört. Möchten sich daher alle Teilnehmer befleissigen, die bei ihrem Namen angebrachten Daten zur Ver- sendung der Mappen strenge innezuhalten.» Zum Präsidenten für die folgende Amtsperiode wurde Herr E. Fischer, zum Vicepräsidenten Herr @. Huber gewählt. Der Unterzeichnete schliesst den Bericht mit dem Wunsche, dass die naturforschende Gesellschaft mehr und mehr der Brennpunkt des naturwissenschaftlichen Lebens der Bundesstadt werden und alle Kräfte, die zur Erweiterung naturwissenschaftlicher Erkenntnis thätig sind, in sich. vereinigen möge, damit sich ihr Wirkungskreis nicht nur erweitere, sondern auch vertiefe und naturwissenschaftliches Interesse durch natur- wissenschaftliche, methodische Arbeit geadelt werde. Gewiss lassen sich die Ergebnisse der Forscherarbeit meist gemeinverständlich und beziehungs- reich darstellen und in dieser besten Form populärer Darstellung mag - auch der Popularisierung ein Platz eingeräumt sein, aber die wissen- schaftliche Arbeit, die Beobachtung und das Experiment müssen doch immer im Vordergrund stehen und die Hauptsache bleiben. Nur so wird sich die naturforschende Gesellschaft neben den kleinen, Sonderzwecke verfolgen- den Gesellschaften siegreich behaupten und sich die erste Stelle unter den gelehrten Gesellschaften Berns erhalten. Der abtretende Präsident: Tschirch. Sitzungsbericht. 869. Sitzung vom 13. Januar 1894. Abends 7'/a Uhr im pharmazeut. Institut. Vorsitzender: Herr Tschirch. Anwesend 17 Mitglieder und 1 Gast. 1) Herr Graf: Nekrolog von Prof. Rud. Wolf. 2) Herr Baumberger: Ueber die Kreide am Bielersee. (Siehe die Ab- handlungen.) S7oO. Sitzung vom 20. Januar 1894. Abends 7'/s Uhr im Hörsaal des chemischen Laboratoriums. . Vorsitzender: Herr Tschirch. Anwesend: 25 Mitglieder und 6 Gäste. 1) Herr A. Rossel: Ueber Papier und Papierprüfung. 2) Herr E. v. Freudenreich: Ueber die Bitterkeit der Käse und Bakterien, welche dieselbe hervorrufen. Als Schweizer oder wenigstens als Gäste der-Schweiz schen wohl die meisten unter Ihnen mit Vergnügen ein Stück Emmenthalerkäse auf dem Speisetisch ankommen, Ich darf daher vielleicht Ihre Geduld auf einige Augenblicke in Anspruch nehmen, um Ihnen ganz kurz eine Krank- heit dieses Käses und die diese Krankheit hervorbringende Bakterie zu schildern. Es geschieht nämlich zuweilen, dass die Käse während der Reifungs- periode einen bittern Geschmack annehmen, der natürlich der Qualität des Käses Abbruch thut. Schon einmal hatte ich Gelegenheit, einen solchen Käse zu untersuchen, aber meine Bemühungen, eine Bakterie als Ursache dieser Krankheit zu finden, blieben damals erfolglos. Möglicher- weise war der Käse zu alt und die betr. Bakterie in demselben bereits abgestorben. Letzten Sommer erhielt nun Dr. Schaffer, Kantonschemiker hier, aus Reutigen, am Fusse der Stockhornkette, ein Stück Käse zur Begutachtung, welches ganz widerwärtig bitter schmeckte. Mittelst des Plattenverfahrens konnte ich nun aus demselben zahlreiche Kolonien eines Mikrokokkus züchten, welcher in Milch verimpft, derselben einen aus- gesprochenen Geschmack verlieh. Eine solche Milch sehen Sie hier, und Sie können sich leicht überzeugen, dass diese Bitterkeit eine deutliche ist. Pathogen ist dieser Mikroorganismus nicht, so dass Sie dabei keinerlei Gefahr laufen. Schon unzählige Male habe ich von solcher Milch gekostet, ohne die geringste schlechte Nachwirkung zu verspüren. Um nun festzu- stellen, dass auch die Bitterkeit des untersuchten Käses von dieser Bak- terie herrührte, machte ich noch zwei Versuchskäse, einen aus pasteuri- ee ar . u sierter Milch, um die Mitwirkung anderer Mikroorganismen auszuschliessen, den anderen aus gewöhnlicher Milch, indem ich der Milch vor dem Laben eine Bouillonkultur dieser Bakterie zusetzte. Beide Käse, die ich Ihnen hier vorzeige, sind, wie Sie sich auch selbst überzeugen können, deutlich bitter geworden. Diese Bitterkeit ist allmählig entstanden und rührt nicht etwa von dem Zusatz der Bouillonkultur her, denn in Bouillon erzeugen diese Bakterien keine Bitterkeit. Man darf daher wohl annehmen, dass diese Bakterien auch wirklich die Ursache der Bitterkeit des untersuchten Käses waren. Ich werde nun die kulturellen Merkmale dieser Bakterie kurz schildern. Wie bereits gesagt, handelt es sich um einen Mikrokokkus etwas ovaler Form. Gelatine wird von ihm verflüssigt. Auf Agar bildet er in Stichkulturen einen dünnen grau-weisslichen Belag. In Stichkulturen wächst er üppig im Stich, besonders wenn dem Nähragar Milchzucker zugesetzt ist. Auf der Kartoffel wächst er spärlich unter Bildung eines weisslichen, mit gelblichen Rändern versehenen Rasens, der sich nie stark aushbreitet. Er wächst gut bei Luftabschluss. In Milch verimpft, bringt er sie zum Gerinnen binnen 24 Stunden bei 35°, weil er zur Klasse der Milchsäurefermente gehört. Und zwar ist er ein ziemlich energischer Milchsäurebildner, denn schon nach 24 Stunden bei 25° braucht man ca. 1 ce. der Y4 "Normal - Natronlaugelösung zum Neutralisieren der in 50 ce. einer mit 5° Milchzucker versetzten Bouillon gebildeten Säure. Nach 24 Stunden ist in der Milch die Bitterkeit schon deutlich, nach 48 Stunden ist sie noch ausgesprochener. Die geronnene Milch löst sich in der Folge teilweise wieder auf, was auf eine Peptonisierung zurückzuführen ist, die sich bereits in der Verflüssigung der Gelatine kund gibt. Dieser Mikroorganismus ist nicht sehr widerstandsfähig. Eine 5 Minuten lang andauernde Einwirkung einer Temperatur von 70° tötet ihn. Eintrocknung verträgt er während ca. 9 Tagen. Pathogene Wirkung äussert er, bei Kaninchen wenigstens, nicht. Es frägt, sich nun noch, ob dieser Mikroorganismus identisch ist mit einem der bereits bekannten Erreger der bitteren Milch ? Die Eigenschaft, die Milch bitter zu machen, besitzen nämlich eine ganze Klasse von Bakterien, die sog. Kartoffel- und Heubaeillen. Es sind dieses sehr widerstandsfähige Bacillenarten, welche die Erdoberfläche be- wohnen und daher häufig in Heuinfusen, oder auf der Oberfläche der Kar- toffeln gefunden werden, woher ihr Name. Dieselben nun können auch die Milch bitter machen, aber gewöhnlich nur unter ganz bestimmten Be- dingungen. Wenn man Milch aufkocht und einige Tage sich selbst über- lässt, so wird sie meist bitter; die gewöhnlichen Milchsäure- Bakterien der Milch werden nämlich durch das Aufkochen zerstört, nicht aber die resistenten Heu- und Kartoffelbacillen, welche sich dann nachträglich in der Milch entwickeln und dieselbe bitter machen. In frischer ungekochter Milch dagegen ist dieses nicht der Fall, weil die Konkurrenz der Milch- säurebakterien sie in ihrer Entwicklung verhindert. Diese sind nun Bacillen, sind also mit unserem Mikrokokkus nicht identisch. Ferner hat Wegmann einen anderen Bacillus beschrieben, der auch die Milch bitter macht; dagegen entwickelt er sich im Käse nicht. Der einzige Mikroorganismus, der mit dem unsrigen Aehnlichkeit hat, ist ein von Cann aus bitterem Rahm gezüchteter Mikrokokkus. Er unterscheidet sich ee Den jedoch dadurch, dass er die Gelatine und die Bacillen stark fadenziehend macht. Man darf daher unsern Mikrokokkus als eine nova species be- zeichnen und ich würde für ihn den Namen M. casei amari vorschlagen. Worauf beruht nun die Entstehung der Bitterkeit in der Milch? Nach Hoppe soll meist die’ Bildung von Pepton die Ursache derselben sein. Es ist nun auch richtig, dass schwache Peptonlösungen bitter schmecken und dass in der That die meisten Bakterien, welche die Milch bitter machen, Pepton producieren. Auch der M. casei amari bildet Pep- ton und zwar enthielt nach einer von Dr. Bondzynski ausgeführten Ana- lyse eine Cultur desselben in Milch ca. 0,8% Pepton. Indessen glaube ich, dass in unserem Falle noch besondere Bitterkörper gebildet werden, deren chemische Reindarstellung jedoch eine sehr schwierige Aufgabe sein wird, wie überhaupt das Studium der Bakterienprodukte keine einfache Aufgabe ist. Indirekt glaube ich auf folgende Weise nachgewiesen zu haben, dass ausser Pepton noch andere bitter schmeckende Substanzen von unserm Mikrokokkus in der Milch gebildet werden. Man filtriert eine Milcheultur und fügt dem Filtrate Alkohol zu, um die Peptone auszufällen ; dann filtriert man wieder und fügt wiederum Alkohol zu, bis eine Trübung erscheint, um wieder zu filtrieren und so weiter fort, bis nach Alkohol- zusatz und Erwärmen gar keine Ausfällung mehr stattfindet. Darauf lässt man verdampfen. Man bekommt dann einen braunen Rest, den Sie hier sehen, der also kein Pepton enthält, jedoch noch deutlich bitter schmeckt. In demselben ist natürlich noch allerlei enthalten und der Bitterkörper steht nicht etwa isoliert da. Ich glaube aber, dass man da- rauf fussend annehmen darf, dass dieser Mikroorganismus ausser Pepton noch andere bitterschmeckende Substanzen erzeugt. 871. Sitzung vom 3. Februar 1894. Abends 7'/a Uhr im Storchen. Vorsitzender: Herr Tschirch. Anwesend: 21 Mitglieder und 3 Gäste. 1) Herr G. Huber: Ueber Sternschnuppen und Meteorite. Der Vortragende gab zunächst eine Erklärung der Meteore und ihrer Einteilung. Die Völker des Altertums und Mittelalters schenkten den Meteor- erscheinungen nur wenig Aufmerksamkeit, erst in diesem Jahrhundert, seit Chladni, bildete sich die Meteorastronomie aus, besonders durch die Arbeiten Schiaparelli’s, vom Jahre 1866. Es wurden die Höhen, in denen die Meteore erscheinen, ihre Geschwindigkeit, ihre Wärmeentwicklung und ihre Bahnen um die Sonne besprochen. Es folgte die Beschreibung der Erscheinung einer Feuerkugel und speciell einiger von Prof. Niessl untersuchten Feuermeteore. Ferner wurden die wichtigsten der auf die Erde gefallenen Meteorite, die Steinregen und der kosmische Staub er- wähnt, die chemische Analyse, die Widmannstätt’schen Figuren und als besonders merkwürdig das Auffinden von organischer Substanz und von Diamanten in den Meteoriten hervorgehoben. Ferner wurde die jährliche und tägliche Variation in der Häufigkeit der Meteore behandelt und die Erklärung gegeben, warum die meisten ee ana Er taern en re en u ee Sternschnuppen erstens immer gegen Morgens 6 Uhr, zweitens aus Osten und drittens im Herbst erscheinen. Schliesslich folgte noch die Erklärung der Bahnen von Stern- schnuppenschwärmen, der Ausstrahlung oder Radiation der Meteore eines Schwarmes und eine eingehendere Schilderung des Augustschwarmes der Perseiden und des Novemberschwarmes der Leoniden. 2) Herr E. v. Fellenberg: Demonstration von Meteoriten aus dem natur- historischen Museum. 3) Herr G. Glur: Schaf und Ziege in den Pfahlbauten (siehe die Ab- handlungen). 372. Sitzung vom 17. Februar 1894. Abends 7'/2 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Herr Tschirch. Anwesend: 23 Mitglieder. 1) Herr G. Huber: Ueber Meteorströme und die Bedeutung der Meteore im Weltraume. i Es wurde ein Verzeichnis derjenigen Radianten aufgestellt, welche die meisten Sternschnuppen liefern, und die Thatsache und Erklärung der langdauernden Radianten erwähnt. Nicht nur die Sternschnuppen besitzen feste Radianten, sondern auch die Feuerkugeln, Meteorite und Boliden. Es folgte dann der Zusammenhang zwischen Sternschnuppenschwärmen und Kometen, ausführlicher speciell die Auflösung des Biela’schen Kometen in einen Meteorschwarm, die Erklärung über den Ursprung und die Ent- stehung der Meteorströme, als Auflösungsprodukte der Kometen, die aus den Fixsternräumen in unser Sonnensystem eindringen. Im weiteren wurde der Zusammenhang der Feuerkugeln und Aerolithen mit den Stern- schnuppen erläutert und die Ueberzeugung gewonnen, dass alle diese Körper derselben Klasse angehören und sich nicht wesentlich von ein- ander unterscheiden. Ueber den Ursprung der Meteoriten existieren drei Hypothesen: die eine befürwortet ihren planetarischen, die andere ihren ausserplanetarischen Ursprung, während die dritte dieselben durch Zer- trümmerung eines Körpers unseres Planetensystems entstehen lässt. Die spektralanalytischen Resultate sind noch dürftig. Es folgte dann die Bedeutung der Meteore im Weltraum. Sie spielen in unserm Sonnensystem nach Prof. Seeliger die Rolle eines „widerstehenden Mittels“, aber nicht in Enke’s Sinne. Die Meteor- schwärme und kosmischen Wolken dienen zur Erklärung der neuen und veränderlichen Sterne und der Nebelflecke. Der englische Astronom Lockyer schreibt denselben eine universelle Bedeutung zu, indem er alle kosmischen Himmelskörper auf meteorischen Ursprung zurückführt. 2) Herr Th. Studer: Ueber die Tiefseefauna im pacifischen Ocean. 873. Sitzung vom 3. März 1894. Abends 7'/s Uhr im Storchen. Vorsitzender Herr Tschirch. Anwesend 24 Mitglieder und 1 Gast, 1) Herr Bochiechio: Ueber eine neue, Blähung der Käse erzeugende Hefeart. Im Laufe meiner mikrobiologischen Untersuchungen über Italiener- käse im bakteriologischen Institut der Universität Bern habe ich in einem Stücke frischen lombardischen Grana-Käse eine noch nieht beschriebene Hefeart gefunden. Dieser Mikroorganismus zersetzt bei günstigen Lebensbedingungen sehr schnell verschiedene Zuckerarten, hauptsächlich Milchzucker, wobei besonders gasfürmige Produkte entstehen, und kann damit die so unan- genehmen Käseblähungen hervorbringen. Er entwickelt sich mit grösster Leichtigkeit auf jeglichem Nährboden, selbst wenn dieser bereits von an- dern Mikroben zersetzt ist, und lebt sogar in destilliertem und sterili- siertem Wasser und auf Gypsblöcken. Bei oberflächlichen Kulturen bildet er schöne, runde, mit glatten Bändern versehene, die Gelatine nicht verflüssigende, sehr fein granulierte und weissliche Kolonien, welche oft einen Durchmesser von einigen Millimetern erreichen. Meistens erscheint er als mehr oder weniger längliche, elliptische oder eirunde, selten kugelrunde oder stäbchenartige Hefenzellen, mit deutlich bemerk- barer Membran und bisweilen mit Kernkörpern oder Vorknoten. Diese Zellen haben im Mittel eine Länge von 5 u und eine Breite von 3 u, sind leicht zu färben und entfärben sich nicht nach der Gram’schen Methode. Auf zuckerhaltigen Nährböden, speciell milchzuckerhaltigen, erreicht er bei Luftzutritt und bei ziemlich hoher Temperatur (zwischen 20 und 30, ja 40°) die höchste Entwicklung, unter lebhafter Schaumbildung, wobei ein Geruch nach gährendem Most bemerkbar wird. Er koaguliert die sterilisierte Milch schon nach einigen Tagen und bringt auch eine partielle Verflüssigung des Koagulums hervor ohne deutliche Säurebildung. Die Zellen besitzen eine merkbare Molekularbewegung und sie ver- mehren sich durch einseitige Sprossung. Bis jetzt habe ich weder Sporen- noch Kapselbildung beobachten können. Bei einer Temperatur unter 20° C. ist seine Entwicklung sehr langsam und beinahe unmerklich, bei 40° sehr rasch, aber bei 45° nimmt sie sofort ab, und bei 50—60° stirbt der Pilz unfehlbar nach 15 Minuten ab. Sublimatlösungen von "/ — 1% und Phenollösungen von 2,5—5 °% töten ihn binnen wenigen Augenblicken oder spätestens in einigen Minuten. Er widersteht jedoch der Einwirkung von gesättigter Salzlösung während 30—40 Minuten, von dreiprocentiger Natronlösung während 10—15 Minuten. In Bouillon mit bis höchstens 1—2 °/, Milch- säure kann er noch vegetieren. In diesen Fällen jedoch, sowie unter allen andern ungünstigen Bedingungen, zeigt die Kultur einen gewissen Rückgang und viele Degenerationsformen. Die Gasentwicklung und mit ihr auch die Vitalität des Pilzes erfahren dadurch eine merkbare Schwächung. Die Eintrocknung bei 35° C. vernichtet ihn in wenigen Tagen (höchstens in einer Woche). Impft man ihn in frische Milch und macht man aus derselben einen Hartkäse, so bringt er, auch bei einer Temperatur unter 20° 6., eine merkbare Blähung mit grossen Löchern, besonders in den oberflächlichen Teilen des Käses, hervor. Er verwandelt die Molke in ein schäumendes und nicht unangenehm schmeckendes Getränke. Die infizierte Molke hat weder bei Hunden, noch bei mir selbst irgendwelche Magenstörungen her- vorgebracht. Die Tierversuche haben bis jetzt keine pathologischen Er- Scheinungen erzeigt. ee — X — Alles in allem unterscheidet sich dieser Hefepilz merklich von den bis jetzt von Adametz !), Freudenreich #), Kayser ®) und anderen, in Fällen von Käseblähungen beschriebenen und studierten Mikroorganismen. Ich schlage deshalb vor, ihn Lactomyces casei-grana zu nennen, im Hin- blick auf seine Herkunft; auch habe ich die Absicht, in nächster Zeit eingehendere chemisch-physiologische Untersuchungen dieses Hefepilzes aus- zuführen. Aus dem bisher Gesagten folgt, dass dieser Pilz schädlich und nütz- lich zugleich ist, indem er einerseits die Käseblähung verursacht, andrer- seits aus der Molke ein angenehmes, erfrischendes und billiges Getränk machen kann. Gestützt auf diese Angaben, sei es mir gestattet, folgende Schlüsse zu ziehen: 1) Dieser Pilz ist eine saprophyte, nicht pathogene, unbewegliche, facultativ aörobe, elliptische, durch einseitige Sprossung sich auszeichnende, die Milch zum Gerinnen bringende, hauptsächlich aber Milchzucker ver- gährende, Kohlensäure und Alkohol bildende Hefeart. 2) Er kann die Blähung auch der harten Käse verursachen, haupt- sächlich im Sommer, in warmen Lokalen, bei gewärmter und längere Zeit stehen gebliebener Milch. 3) Man ist leicht im Stande, ihn zu vernichten durch Anwendung einer nicht allzuhohen Temperatur, indem z. B. der Bruch während 10—15 Minuten auf 55—60° erwärmt wird, u. s. w. 4) Dieser Pilz kann zur Vergährung von Molke gebraucht werden, die er in ein angenehm schmeckendes, alkoholisches Getränk verwandelt. Zu diesem Zwecke könnte man ihn mit einer Weinhefe vermischen und der Molke einen kleinen Zucker- und Weinsäure-Zusatz beifügen. 2) Herr Brückner: Ueber das japanische Erdbeben vom 28. Oktober 1891. 3) Herr Th. Steck: Zur Biologie des Moosscedorfsees (siehe die Ab- handlungen). 874. Sitzung vom 17. März 1894. Abends 7'/2 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Herr T'schirch. Anwesend: 19 Mitglieder. 1) Herr Tschirch: Ueber den Ort der Harzbildung bei der Pflanze. 2) Herr 'Th. Steck: Demonstration südamerikanischer Schmetterlinge. 875. Sitzung vom 28. April 1894. Abends 7'/2 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Herr Tschirch. Anwesend: 20 Mitglieder und 1 Gast. 1) Wahlen: Zum Präsidenten für das Vereinsjahr 1894/95 wird gewählt Herr Prof. Dr. E. Fischer, zum Vicepräsidenten Herr Prof. Dr. G. Huber. ') L. Adametz. — Ueber die Ursachen und Erreger der abnormalen Reifungs- vorgänge beim Käse. Erweiterter Separat-Abdruck aus der „Milchzeitung“. Bremen 1893, p. 54—55. ?») Ed. von Freudenreich., — Die Bakteriologie in der Milchwirtschaft. Basel 1893, p. 36—43. 0.4 ®) E. Kayser. — Contribution & l’etude physiologique des levures aleooliques du lactose. Annales de l’Institut Pasteur, de annde, Dec. 1891, n. 12, vol. V. a 2) Herr Ed. Fischer legt die Resultate einiger neuerer Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Rostpilze vor, unter Beiziehung einer Anzahl eigener Versuche. Das Aecidium auf Rhamnus Frangula und auf Rh. cathartica ge- hört, wie bereits Plowright!) vermutet und sodann Klebahn?) nachgewiesen hat, zu zwei verschiedenen, einander sehr nahe stehenden, aber bisher unter dem Namen P. coronata als einheitliche Art betrachteten Pucecinien. Vortragender konnte durch eigene Versuche bestätigen, dass die P. coronata des Lolium nur auf Rhamnus cathartica Spermogonien und Aecidien bildete, nicht aber auf Rh. Frangula, während P. coronata einer andern, nicht näher bestimmten Graminee nur Rh. Frangula infizierte. ?) Eine in ihren Teleutosporen der P. coronata sehr ähnliche Puceinia ist die Festuca-Arten bewohnende P. Festucae Plowr. Das zugehörige Aecidium ist, wie Plowright‘) gezeigt hat, Aec. Periclymeni. In Über- einstimmung damit erzielte Vortragender Aecidien auf Lonicera nigra durch Infektion mit Teleutosporen, welche. auf Festuca rubra L. var. fallax gewachsen waren. Bei Isenfluh im Berner-Oberland fand Vortragender auf Centaurea Scabiosa häufig ein Aeeidium vor, unweit davon steht Carex montana, welche im Herbst reichlich Teleutosporenlager einer Puceinia trug. Infektionsversuche, die im Frühjahr mit letzteren vorgenommen wurden, hatten auf ©. Scabiosa fast regelmässig ausgezeichneten Erfolg. Auch Cen- taurea Jacea und nigra konnten mit derselben (wenn auch nicht jedes mal) erfolgreich infiziert werden. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Pilz identisch ist mit Puccinia tenwistipes Rostr. und P. arenarüicola Plowr., natürlich unter dem Vorbehalt, dass mit den auf Centaurea Scabiosa entwickelten Aecidiosporen auch Carex muricata und arenaria infiziert werden könne. Auf Centaurea montana konnte dagegen unter zahlreichen Versuchen nur bei zweien ein Erfolg konstatiert werden, obgleich bei Isenfluh ein Aeeidium auf dieser Pflanze sehr häufig auftritt. Vortragender besprach sodann die Kiefern-Blasenroste (Peridermium), welche in neuerer Zeit Gegenstand schöner und sorgfältiger Untersuch- ungen von Klebahn°) gewesen sind. Aus diesen geht hervor, dass so- wohl bei den zur Gattung Oronartium gehörenden rindenbewohnenden als auch bei den zu Coleosporium gehörenden nadelbewohnenden Formen mehrere Arten zu unterscheiden sind, welche in morphologischer Hinsicht unter einander sehr ähnlich sind, aber ihre Teleutosporen auf verschie- denen Nährpflanzen bilden. — Vortragender ist in der Lage, die Zahl dieser Arten noch zu vermehren: Bei Bern kommt auf den Nadeln von Pinus silvestris ein Peridermiun vor, in dessen Nähe Inula Vaillantii Vill. 1) British Uredineae and Ustilagineae 1839 p. 164. 2) Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten Bd. II, Heft 6 u. Bd. Ill, Heft 4, p. 199. * In einem dritten Versuche wurden teleutosporentragende Grasblätter auf 4 Rh. Frangnla und 4 Rh. cathartica aufgelegt, und es blieb nur eine Rh. Frangula spermogonienfrei. Es müssen also in diesem Falle die verwendeten Grasblätter Teleutosporenlager beider Arten getragen haben. *) Gardeners Chronicle VIII p. 46. 5) 8, besonders: Berichte der deutschen botan. Gesellschaft 1590 Bd. VLH, p- (59), — Hedwigia 1890 p. 27. — Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten Bd. 1, Heft 5 u. 6, Ba. IV p. 7 fl — N — häufig ein Coleosporium trägt, welches bereits von Otth aus unserer Gegend auf dieser Nährpflanze angegeben wurde'). Im Herbst 1892 wurden vom Vortragenden Sporidien dieses Ooleosporium auf kleine Pinus- pflanzen ausgesät. Die Keimschläuche konnten bis zum Vorhof der Spalt- öffnungen verfolgt werden, und im nächsten Frühjahr erschienen an den Nadeln Spermogonien und Accidien. Es wurden sodann umgekehrt Aeci- diosporen des Pilzes auf Inula Vaillantii, Inula Helenium, Sonchus oleraceus, Tussilago Farfara, Senecio cordatus und Senecio vulgaris ausgesät, aber bloss auf den beiden erstgenannten Pflanzen entwickelte sich der Uredo. Das Coleosporium auf Inula Vaillantüi und I. Helenium ist somit eine be- sondere, von Coleosp. Sonchi, Senecionis u. Tussilaginis verschiedene Art?). Im Herbst 1893 säte ferner Vortragender die Sporidien folgender Coleosporien auf kleine Pinuspflanzen aus: C. Petusitis de By. (von Petasites offieinalis), ©. Cacaliae (DO.) (von Adenostyles), ©. Sonchi arvensis (Pers.) (von Sonchus asper), ©. Tussilaginis (Pers.) (von Tussilago Farfara), ©. Campanulae (Pers.) (von Oampanula TVrachelium), ©. Senecionis (Pers.) (von Seneeio silvaticus). Diesen Frühling sind nun entweder an sämt- lichen oder doch an einigen der durch jede dieser Formen infizierten Pinus- pflanzen mehr oder weniger reichlich Spermogonien, z. T. auch schon Aecidien aufgetreten. Alle vorhin genannten Coleosporien sind somit hetero- ecisch und Vortragender ist auch der Ansicht, dass sie als differente Arten aufzufassen seien; es geht dies übrigens z. T. aus einer Angabe von Kle- bahn hervor, nach welcher Petasites offieinalis mit Peridermium Plowrightii Kleb. nicht infiziert werden konnte, z. T. auch aus einer Beobachtung des Vortragenden, welcher ganz gesunde Tussilago Farfara neben stark be- fallenen Adenostyles stehen sah. Bezüglich der compositenbewohnenden Puceinien vom Typus der P. Hieracii machte Vortragender bisher folgende Erfahrungen, welche die Magnus’schen’) Ausführungen über diese Formen teils bestätigen, teils erweitern: Mit der Form®) auf Carlina acaulis wurde auf Cirsium oleraceum®) und eriophorum keine Infektion erzielt, mit Puce. Centaure® auf Centaurea Seabiosa konnte bloss wieder ©. Seabiosa, nicht aber Cirsium oleraceum?) infiziert werden. Mit Puceinia Cirsii auf Cirsium oleraceum konnte bloss wieder 0. oleraceum®), nicht aber CO, eriophorum und Oentaurea Scabiosa infiziert werden. — Puce. Oirsü auf Oirs. spinosissimum befiel Cirsium eriophorum, nicht aber Centaurea Scabiosa, Carduus defloratus und Cirsium 3 oleraceum. — Puceinia auf Carduus defloratus ging bloss wieder auf Carduus defloratus, während Cirsium eriophorum, Centaurea Scabiosa und Cirsium oleraceum gesund blieben. Alle diese Resultate bestätigen die Erscheinung, dass es bei den Uredineen (wie übrigens auch in andern Gruppen) Arten gibt, die, mor- phologisch kaum von einander verschieden, sich doch durch ihr biologisches Verhalten als distinkte Arten bekunden. 1) Diese Mitteilungen Jahrg. 1865 p. 179. 2) Wir behalten für diese einfach den alten Namen Coleosp. Inulae (Kze.) bei. Da es bräuchlich geworden ist, dem zugehörigen Peridermium ebenfalls einen Namen zu geben, so nenne ich dasselbe P. Klebahni. 8) Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft, Jahrgang 1893, Bd. XI, p: 453 ff. *) Zur Infektion dienten in diesen Versuchen stets überwinterte Teleuto- sporenlager resp. die daraus entstandenen Sporidien. 5) Vielleicht handelt es sich hier eher um Ü. oleraceum X palustre. — XV — R 876. Sitzung vom 19. Mai 1894. Abends 7'/a Uhr im Storchen. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 12 Mitglieder. 1) Herr F. W. Schmidt: Die Entwickelungsgeschichte des periodischen Systems. Da das «Periodische System der Elemente», welches zu gleicher Zeit und unabhängig von einander im Jahre 1869 von D. Mendelejeff und Loth. Meyer entwickelt wurde, sich gründet auf die Grösse des Atom-Ge- wichtes der Elemente, so ist es notwendig, auf die Entstehung der «atomistischen Hypothese» überhaupt zurückzukommen. Schon griechische Philosophen haben den Gedanken ausgesprochen, dass die Materie bestehe aus nicht weiter zerlegbaren kleinsten Teilchen, den sog. «Atomen», aus welchen sich alle materiellen Gebilde aufbauten. Aber erst durch Dalton’s Entdeckung des Gesetzes der «constanten und multiplen Proportionen» hat diese Hypothese, die im Verlauf der Zeiten häufig zur Erklärung der Vorgänge in der Natur in Anwendung kam, eine reelle Basis erhalten. In den beiden Dalton’schen Gesetzen liegt ferner der Keim der heute von der Wissenschaft angenommenen «Atomistischen Molekulartheorie und Valenzlehre», welche noch das Gesetz von Avogadro zu ihrer Entwicke- lung herbeizieht. Ausserdem dienen beide Gesetze als Grundlage bei der Bestimmung der «Aequivalent-Gewichte» der Elemente. Es wurde dann der Zusammenhang zwischen «Aequivalent-Gewicht, Atom-Gewicht und Valenz» ausführlich erklärt und gezeigt, auf welchem Wege man zur Bestimmung dieser Werte gelangt. Darauf wurden die Gesetzmässigkeiten des periodischen Systems, wie sich dieselben aus der Zusammenstellung der Elemente nach der Grösse ihrer «Atom-Gewichte», sowie ihrer «Valenz» ableiten lassen, auseinandergesetzt und die Tabelle des periodischen Systems gradatim entwickelt. Schliesslich kommen noch die für die «allgemeine Chemie» so unendlich wichtigen Consequenzen, welche sich aus dem «periodischen Systeme» ergeben, zur detaillierten Besprechung. S77. Sitzung vom Sonntag, den 17. Juni 1894 in Solothurn. Gemeinsam mit der dortigen naturforschenden Gesellschaft. 1) Herr Th. Studer: Die Renntierstation des Schweizersbild bei Schaff- hausen. 2) Herr Meisterhans: Die Entwickelung Solothurns in historischer Zeit. 3) Herr A. Rossel: Neue Methode zur Darstellung des Phosphors aus den Phosphaten der Alkalien und alkalischen Erden mittelst Aluminium als Reduktionsmittel. 878. Sitzung vom 27. Oktober 1894. Abends 7'/2 Uhr im pharmaceut. Institut. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 20 Mitglieder. 1) Herr A. Rossel: Neue pflanzliche Parasiten der Weinrebe und ihre Bekämpfung (siehe die Abhandlungen im Jahrgang 1895). 2) Herr Apotheker B. Studer: Walliser-Hymenomyceten (siehe die Ab- handlungen im Jahrgang 1895). — VI — 379. Sitzung vom 10. November 1894. Abends 7'/2 Uhr im pharmaceut. Institut. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 30 Mitglieder und 7 Gäste. 1) Herr A. Baltzer: Ueber die Wüste und den Atlas bei Biskra (siehe die Abhandlungen im Jahrgang 1895). 2) Herr Th. Studer: Anpassungserscheinungen der Wüstentiere. 3) Herr A. Tschirch: Schutzmittel der Wüstenpflanzen gegen zu starke Insolation und Transpiration. 8S8SO. Sitzung vom 24. November 1894. Abends 7'/a Uhr im pharmaceut. Institut. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 25 Mitglieder und 3 Gäste. 1) Anschliessend an seine Vorweisung der Anastatica hierochuntica in. der letzten Sitzung demonstriert Prof. L. Fischer das hygroskopische Öffnen und Schliessen der Köpfchen der Composite Asteriscus pygmaeus (Odontospermum pygmaeum), welche einen ähnlichen Verbreitungsbezirk hat, wie Anastatica und namentlich in der Gegend von Jericho häufig vor- kommt. Nach neueren Nachforschungen (s. De Saulcy, Voyage en Orient 1851) soll es diese Pflanze sein, welche ursprünglich von den Pilgern des Mittelalters unter dem Namen Jericho-Rose nach Europa ge- bracht wurde, und es wäre diese Bezeichnung erst später auf die jetzt allgemein unter diesem Namen bekannte Anastatica übertragen worden. 3) Herr Thiessing : Einiges über Kohlenlager im Kanton Bern. Seit einiger Zeit beschäftigt man sich wieder lebhaft mit der Frage, ob nicht die bernische Staatsbehörde etwas thun sollte für die Förderung des Bergbaues im Gebiet des Kantons, und infolge von Anfragen und Wünschen, die aus verschiedenen Gegenden an sie gerichtet wurden, sah sich die Staats- wirtschaftskommission veranlasst, in ihrem Bericht über die Staatsver- waltung des Jahres 1893 diese Angelegenheit in der Weise zu berühren, dass Bohrungen nach Salz und Kohlen angeregt würden. Was die „Kohlenfrage“* betrifft, so hatte sich Herr Dr. Thiessing schon seit länge- rem mit ihr beschäftigt und seine Aufmerksamkeit besonders den früher sowohl vom Staat als von Gemeinden und Privaten ausgebeuteten Stein- kohlenlagern von Beatenberg und Boltigen, ohne Zweifel den ausgedehn- testen des Kantons, zugewendet und glaubte nun der Naturforschenden Gesellschaft Mitteilung über das von ihm teils aus Akten, teils bei eige- ner Beobachtung gewonnene Material machen zu sollen. Nachdem der Vortragende die Geschichte der bernischen Kohlenausbeutung vom Ende des vorigen Jahrhunderts an bis in die fünfziger Jahre, wo dieselbe gänzlich aufgehört hat, in kurzen Zügen skizziert, gelangte er zur Untersuchung der Lager am Niederhorn und des Simmenthals. Erstere gehören der Nummulitenformation an, letztere dem obern Jura. Da stellt sich nun heraus, dass wegen der geringen Mächtigkeit und der häufigen Zusammen- schnürungen der Schichten auf Beatenberg eine Wiederaufnahme der Exploitation aussichtslos wäre, und dass im Simmenthal, wo immerhin das Flöz noch grössere Quantitäten böte, der früher betriebene regellose Ab- bau, die häufige Abwechslung von Kohle und unbrauchbaren Zwischen- = IM lagern und die ungünstige Lage eine künftige Ausbeutung ebenfalls so sehr erschweren würde, dass ein Erfolg nicht zu erhoffen ist. Nur im äussersten Fall, wenn etwa durch äussere Umstände die Zufuhr aus- ländischer Kohlen fehlen sollte, müssten die Boltigen-Lager einen kleinen Ersatz bieten, sogar einen sehr kleinen in Anbetracht des heutigen grossen Bedarfes. 3) Herr Graf: Demonstration einiger alter astronomischer Instrumente, namentlich Sonnenuhren. 4) Herr E. Kissling macht einige Angaben über das Kohlenlager von Frienisberg, das im vorigen Jahrhundert ausgebeutet wurde, jetzt aber längst verschüttet ist. Nach B. Studer war dort von Süsswassermuscheln keine Spur vorhanden, auch wurde in keiner Schrift derselben erwähnt. Im Abraumschutt, in dunkelgrauen Mergeln gelang es nun aufzufinden Planorbis laevis Klein und Pupa quadridentata Klein, beides obermioeäne Formen aus der Zone der Helix sylvana. Nach den Lagerungsverhältnissen besitzt jedoch die Kohle höheres Alter. Sie liegt in der unteren Abteilung des Helvötien. 881. Sitzung vom 8. Dezember 1894. Abends 7'/2 Uhr im pharmaceut. Institut. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 25 Mitglieder und 2 Gäste. Demonstrationsabend. 1) Herr H. Frey: Ueber künstliche Seide (Holzseide). Die Darstellungsweise der Holzseide ist eine ähnliche wie die des neuen rauchlosen Pulvers. Es wird gut gereinigte Baumwolle oder ge- mahlenes Holz von der Weisstanne, Rottanne, Esche oder einem andern Weichholz dem Nitrierungsprozess unterworfen. Zu diesem Zwecke erwärmt man diese Materialien in einem Gemenge von gleichen Quantitäten Schwefelsäure und Salpetersäure, wobei sich nachstehender Prozess vollzieht: Cs Hıo O5 2. 3HNOs = CGeHr (NOs)s 07) e 3H, 0 Dieses Cs Hr (NOs)s O2 ist eine Trinitrocellulose und löst sich leicht in Essigäther, so dass man eine homogene Masse erhalten kann. Dieselbe wird nun mittelst eines Druckes von 10—12 Atmosphären durch sehr kleine Öffnungen hindurchgepresst, so dass man einen feinen Faden er- hält, der sehr ähnliche Eigenschaften wie das Sekret des Seidenwurmes besitzt. Mehrere dieser Fädchen, gewöhnlich 6, werden zusammengedreht und liefern dann einen zum Weben geeigneten Faden. Derselbe wird noch durch Eintauchen in Ammoniaklösung denitriert, so dass er weniger feuergefährlich wird. Die neue Seide unterscheidet sich von der ächten durch ihre leichte Verbrennlichkeit unter Entwicklung eines Geruches nach verbranntem Holz und ihre Unauflöslichkeit in Kalilauge, während die echte Seide nur schwer brennt, dabei nach verbrannten Haaren riecht und in Kalilauge sich gänzlich auflöst. Die künstliche Seide, welche nur etwa halb soviel kostet wie die natürliche, rivalisiert in mancher Beziehung wie Glanz, Färbbarkeit, Grit, u — XI — mit Erfolg mit dieser, zeigt aber eine geringere Festigkeit und eine grössere Brüchigkeit und wird deshalb dieselbe nicht ersetzen können, aber in vielen Fällen als billiges Surrogat Verwendung finden. Vorgewiesen wurde: künstliche Seide in Strängen und verwoben, sowie die Fabrikationszwischenprodukte des neuen rauchlosen Pulvers. 2) Herr Th. Steck : Schmetterlinge des indo-australischen Faunenbezirks. 3) Herr E. v. Follenberg: Pflanzenabdrücke aus dem Carbon von Rondchamp. 4) Herr E. Brückner: Einfluss der Schneedecke auf das Klima von Davos. 5) Herr Th. Studer: Hyotherium Meisneri von der Rappenfluh bei Aarberg, von Aarwangen und Brüttelen. 6) Herr J. H. Graf: Neue Sonnenuhr. 7) Herr Dutoit: Höhle von Reclere. 8) Herr Sidler: Verkieselter Baumstamm aus Arizona. 882. Sitzung vom 22. Dezember 1894. Abends 7'/2 Uhr im pharmaceut. Institut. Vorsitzender: Herr Ed. Fischer. Anwesend: 22 Mitglieder und 1 Gast. 1) Herr A. Tschirch : Gedächtnisrede auf Prof. Flückiger. 2) Herr H. Kronecker : Einiges über die Bergkrankheit. Verzeichnis der Mitglieder der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft. (Am 31. Dezember 1894.) Die mit * bezeichneten Mitglieder wurden im Jahre 1894 neu aufgenommen. Vorstand. Prof. Dr. Ed. Fischer, Präsident vom 1. Mai 1894 bis 30. April 1895. Prof. Dr. @. Huber, Vicepräsident. B. Studer, jun., Apotheker, Kassier seit 1875. Dr. E. Kissling, Sekretär seit 1892. Prof. Dr. J. H. Graf, Redaktor der Mitteilungen seit 1883 und Ober- bibliothekar seit 1889. Dr. E. Kissling, Unterbibliothekar seit 1888. Dr. Th. Steck, Geschäftsführer des Lesezirkels. Mitglieder. 1. Anderegg, Ernst, Dr. phil. und Gymnasiallehrer, Bern e 1891 2. Andree, Philipp, Apotheker, Bern ; : ; i : 1883 3. Badertscher, Dr. A., Sekundarlehrer, Bern . ; ; ‘ 1888 4. Balmer, Dr. Hans, Privatdocent, Bern 1886 5. Baltze er, Dr As, Professor der Minen ‚alogie und Geologie, Bern 1884 6. Baumberger, Ernst, Sekundarlehrer in Twann . 1890 % _. „Dr. Gottl., Vice-Direktor des Freien Gymnasiums, Bern 1876 8. v. Benoit, Dr. jur. @., Bern 5 z ; ; : 1872 9. Bentei, A, Rektor und Docent, Bern. ; : : ; 1869 10. Benteli, A., V.D.M., Bern . : i ; - . 1891 11. Berdez, H., Professor an der Tierarzneischule, Bern . : 1879 12, Berliner blau, Dr. J., Fabrikdirekt. in Sosnowice (Russ.-Polen) 1887 18. * Bochicchio, N., Prof., R. Scuola ee ie Brescia . 1894 14, v. Bonstetten, Dr. phil. August, Bern . B . 1859 15. Bourgeois, Dr. med. E., Arzt, Bern : . f ; { 1872 16. Brückner, Dr. Ed., Prof. der Geographie, Bern . ; ; 1888 IL. Brunner, G,„.Dr. phil.., Trautsohngasse 6, Wien . - : 1846 18. Büchi, Fr , Optiker, Bern . ; 1874 19. v. Büren, Eug., alli& von Salis, Sachwalter, "Bern i i 1877 20. Bütz zberger, F., Dr. phil., Lehrer am Technikum Burgdorf . 1893 21, Oherbuliez, Dr. Direktor, Mülhausen . i 1 : S 1861 NN 22. Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor, Bern . i - 1875 23. Conrad, Dr. Fr., Arzt in Bern . : ‚ : . : 1872 24. Cramer, Gottl., Arzt in Biel 2 ; 5 : ; i 1854 25. Diek, Dr. Rud., Arzt in Bern .. ; : ; : : 1876 26. Drechsel, Pad 'Dr., Bern. ; i ; 1892 27. Droz, Arnold, Kantonsschullehrer in Pruntrut . i ; 1890 28. Dubois, Dr, med., Arzt, Privatdocent, Bern v ; i 1884 29. Dumont, Dr. med. E}; Arzt, Privatdocent, Bern . ö i 1890 30. Dutoit, Dr. med., Arzt in Bern i : i ; i 1867 DL; Eggenberger, Ja Dr. phil., Könitzstrasse 32. i i i 1892 32. Epstein, Dr. phil, Bern . ; : ; ; : 1893 33. Engelmann, Dr., Apotheker in Basel ; i : : ; 1874 34. v. Fellenberg, Dr. phil. E., Bergingenieur, Bern . i z 1861 35. Fischer, Dr. phil. Ed., Professor der Botanik, Bern . ; 1885 36. Fischer, Dr. L., Professor der Botanik, Bern ; 5 1852 37. Frey, Dr. H., Gymnasiallehrer und Privatdocent, Bern ; 1889 38. Prey, Dr. Rob., Arzt in Rubigen i F . ; ; 1876 39. v. Freudenreich, Die 5, Bern ; i a : : ; 1885 40. Fuchs, U., Pfarrer in Unterseen . ; ; ; 5 1891 41. * Fueter- Se hnell, Apotheker, Obstberg, Bern. : 2 i 1894 42. Gerber, Paul, Dr. phil., Apotheker, bern 2 1893 43. de Giacomi, 3 Dr. med., Arzt und Privatdocent, "Bern ; 1889 44. Gü Br Prof. Dr. med., Arzt in Bern : H i £ 1876 45. Glur, J. G., Dr: phil., "Bern . 3 a ö 1890 46. Gosset, Philipp, Ingenieur, Wabern bei Bern : ; ; 1865 47. Graf, "Dr. J. H., Professor der Mathematik, Bern . 1874 48. Gressly, Alb., Oberst, Maschinen-Ingenieur, "Bern ; ; 1872 49. Grimm, J. , Präparator, Bern ; : ; j ; 1876 50. Gruner, Dr. Paul, Gymnasiallehrer, Bern 5 1892 51, Guillaume, Dr. I, Direkt. des eidgen. statist. Bureaus, Bern 1892 52. Guillebean, Professor Dr., Bern . : ; ; : ; 1878 53. Haaf, C., Droguist, Bern . ; i 1857 54. Haas, Dr. med, Sigismund, Arzt in Muri b. "Bern $ ; 1890 55. Hafner, Rene, "Apothe kenn Biel’. 1891 56. Hasler, Dr. phil. G., Dir. d. Telegraphen- Werkstätte, "Bern 1861 57. Held, Leon, Ingenieur, Bern 5 7 ; i 1879 58. Hess, E, Professor an der Tierarzneischule, Bern . A 1883 59. Holzer, Ferd,, Lehrer in Oberwyl bei Büren e i i 1890 60. Huber, Dr. G, Professor der Mathematik, Bern . i ; 1888 61. Huber, Rud., Dr. phil., Gymnasiallehrer, Bern h ; i 1891 62. Jenner, E. Entomolog, hist. Museum, Bern 6 ; r i 1870 63. Jongwiöre, Dr,, Professor der Medicin, Bern i i i 1853 64. Jonquire, Dr. med. Georg, Arzt in Bern . : ; ; 1884 65. Jonquiere, Dr. phil. Alf., Bern i ; ? , . i 1884 66. Käch, P., Sekundarlehrer in Bern ; ; i x i 1880 67. Kaufmann, Dr., Sekretär des schweizerischen Industrie- departements, Born ; ; 1881 68. Kaufmann, Alfr., phil. und Gymnasiallehrer, "Bern ; 1886 69. Kesselring, H., Pehrer an der Sekundarschule in Bern ; 1870 70. Kissling, Dr. R., Sekundarlehrer und Privatdocent, Bern .. 1888 71. Kobi, Dr., Rektor der Kantonsschule Pruntrut . ; S 1878 12. Kocher, Dr., Professor der Chirurgie, Bern i - i 1872 — XXI — . Koller, G., Ingenieur, Bern . König, Dr. Emil, Arzt in Bern . i ; ; . König, Emil, Dr. phil., Gymnasiallehrer, Bern. R u Korber, bi. "Buchhändler in Ben . . Kraft, Alex., Besitzer des Bernerhofs, Bern EL pebs, Seminarlehrer in Bern . i Ry onecker, Dr. H., Professor der Physiologie, Bern . . Kummer, Dr. med. J., Arzt in Aarwangen : „ Langhans, Fr., Lehrer am städt. Progymnasium, Bern . Lanz, Dr. Em., Arzt in Biel : bes, Di, Ks Lehrer an der Sekundarschule, Bern . , Lesser, Ed., Dr., Prof. der Dermatologie, Bern : Eindi, Dr. med. "wilh,, Arzt in Bern. Lindt, Dr. med., w. jun., Arzt und Docent, Bern *Lory, vr, Rentier, Zürich £ . Lütschg, J., Waisenvater, Bern . ; Marckwald, Dr. Max, Bonn a. Rh. . Marti, Christian, Sekundarlehrer in Nidau . Marti, Lehrer a. d. N. Mädchenschule, Bern . Moser, Dr. phil. Ch., Privatdocent, Bern 3. Moser, Friedrich, Schreinermeister, Bern Müller, Emil, Apotheker in Bern . Müller, Professor Dr., P., in Bern . Müller, Max, Dr. med., Ben . i : . Münger, F., Dr. phil., 'Sekundarlehrer, Stefisburg . v. Mutach, Alfr., von Riedburg, Bern” : . Mützenberg, Dr. ıned. Ernst, Spiez . Nanni, Dr. Wilh., Arzt in Mühleberg . Nicolet, L., Pharmacien, St. Imier . Niehans-Bovet, Dr. med., Arzt in Bern . Pfister, = en Mechaniker in Bern . Pflüger, Professor, Bern i ; . Pretre, Henrt Progymnasiallehrer in Delsberg A “Puwwer, E., Apotheker in Interlaken . h Pulver, Fried., Apotheker in Bern . ö . Pulver, @., Sekundarlehrer in Wiedlisbach . Ris, Lehrer der Physik am städt. Gymnasium . Rollier, L., in Zürich-Fluntern . Rossel, er Dr., Professor der Chemie, Bern . Rothen, Dr. phil, internationaler Telegraphendirektor, "Bern . Rothenbach, Alt, Gasdirektor in Bern . “ Rubel, Dr. O., Professor an der Tierarzneischule, Bern . Sahli, Professor Dr. H., in Bern £ Santi, Dr. med. Aug., Arzt in Bern . . Schällibuum, Dr. H., Arzt in Sils-Maria . Schärer, Dr. med. Ernst, Bern. : a Dr, Kantonschemiker und Docent, Bern Schenk, Dr. Karl, Bundesrat, Bern . : ; Schlachter, Dr, Lehrer an der Lerberschule, Bern . Schmid, Dr. W., Major im Generalstab, Bern » Schmidt, Im W, Dr. Pi, Assistent am chem. Labora- torium, Bern ; “ . * ; f . 1872 1872 1893 1872 1872 1888 1884 1890 1872 1876 1888 1893 1854 1888 1894 1872 1889 1889 1892 1854 1877 1882 1888 1893 1892 1865 1885 1890 1892 1870 1871 1889 1890 18390 1876 1891 1869 1890 1893 1872 1872 1892 1875 1890 1889 1885 1878 1872 1884 1891 1893 ei ng — XXI — 124. *Schönenberger, eidgen. Forstadjunkt . £ , . 125. Schuppli, M., Direktor der N. Mädchenschule, Hilterfingen 126. Schwab, Altr., Bangquier in Bern h e s 127. Schrab, Sam., Dr. med., Bern 128, Schwarz- Wälly, Commandant, Bern 129. Sidler, Dr., Professor der Astronomie, Bern i 130. Stähli, Br; "Dr. phil., Gymnasiallehrer in Burgdorf 131. Steck, "Th. = Dri phil, Conservator am Naturhist. Museum, Bern 132. *Steiger, Alb., Dr. phil., Bern N 133. Stooss, Dr. med. Max, Arzt in Bern . : 134. Strasser, Dr. Hans, Professor der Anatomie, Bern 135. Stucki, Fr., Sekundarlehrer in Wangen a. A. 136. Stucki, G., Sekundarlehrer in Bern 137. Studer, Bernhard, sen., Bern ; ; ; ; 138. Studer, Bernhard, Apotheker, Bern . : 139. Studer, Dr. Theophil, Professor der Zoologie, Bern 140. Studer, Wilhelm, Apotheker in Bern . ; 141. *Tambor, J., Dr. phil., Chem. Laboratorium, Bern 142. Tanner, G. H., Apotheker in Bern . + : 143. Tavel, Professor Dr. E., Bern . ; 144. Thiessing, Dr., Redaktor, Bern . 145. v. Tscharner, Dr. phil. En Oberstlieutenant, Bern 146. v. Tscharner "de Lessert, Oberstlieutenant, Bern 4 147. Tschirch, Dr. A., Professor der Pharmakognosie in: Bern . 148. Tschumi, Dr., Lebensmittelinspektor, Bern. ! 149. Valentin, Professor Dr. med. Ad., Arzt in Bern 150. Volz, Wilhelm, Apotheker in Bern 151. Wäber - Lindt, A; Bera, =. 152. Wander, Dr. "phil, Chemiker, Bern 153. Wagner, Karl, cand. phil., Enge-Zürich 154. *Walthard, Max, Dr, med, Arzt 1 berns 155. Wanzenried, Sekundarlehrer in Grosshöchstetten 156. as Apotheker in Biel 157. v. Wattenwyl-v. Wattenwyl, Jean, Gemeinderat, Bern. 158. Weipgart, J., Sekundarlehrer in Bern i i 159. ee Dr. phil. E., Direktor der Molkereischule Rütti 160. Wyss, Dr. G., Buchdrucker in Bern . ; ; i 161. Whsch- v. Fischer, Dr., Arzt in Bern . 162. de Zehender, Marg., Ingenieur, Bern 163. Zeller, R., Geolog, Bern . 164. Ziegler, Dr. med. A., eidgen. Oberfeldarzt, Bern 165. Zumstein, Dr. med. J. di in Marburg 166. Zwicky, Lehrer am städt, Gymnasium, Bern Im Jahre 1894 ausgetreten: Bannwarth, Emil, Prosektor an der Anatomie, Bern . Bindy, Joseph, Cure & Vermes (Jura-bernois) Dmitrenko, Frl. E., stud. phil., Bern . Geering, Dr. T., Chef des Said: Handelsdepartements. Jüefli, Sekundarle hrer in Bern Schärtlin, Dr., Chef im eidgen. Versicherungsamt in Bern. 1894 1870 1873 1885 1872 1872 1893 1878 1894 1883 1872 1890 1890 1844 1871 1868 1877 1894 1882 1892 1867 1874 1878 1890 1890 1872 1887 1864 1865 1892 1894 1867 1891 1877 1875 1892 1887 1872 1874 1893 1859 1885 1856 1891 1890 1887 1889 1890 1888 — X — Im Jahre 1894 verstorben: Ohristeller, Dr. med., Bordighera 3 3 : 3 , : 1870 Flückiger, Prof. Dr., Bern 2 { i : E 5 : 1853 Markusen, Johann, Prof. Dr., Bern ; i : 2 i 1889 Custer, Dr., in Aarau 5 i : . F : ; , 1850 Korrespondierende Mitglieder: 1. Biermer, Dr Re ofessor in Breslau : - : i i 1861 2. Flesch, Dr. Arzt in Frankfurt : : i 1882 3. Gasser, Dr. m Professor der Anatomie in Marburg ; : 1884 . 4. Gelpke, Otto, Ingenieur in Luzern i : : : i 1867 : 5. Graf, Lehrer, in St. Gallen . i ; : i ; ; 1858 6. Grützner, Dr. A., Prof. in Tübingen . ; { i - 1881 7. Hiepe, Dr. Wilhelm, in Birmingham . i ; : ; 1874 8. Imfeld, Xaver, Topograph in Hottingen . : : ; 1880 9. Krebs, Gymnasiallehr er in Winterthur. i £ ; ; 1564 10. Landolf, Dr, m Chi . : . ? ; i : 1881 11. Lang, Dr. A., Professor in Zürich . . > : e 1876 12. Leonhard, Dr., Veterinär in Frankfurt : - . h 1870 13. Lichtheim, Professor in Königsberg - i : : ö 1881 14. Lindt, Dr. Otto, Apotheker in Aarau . 1866 15. Metz don 5 DT: Professor der Vet.-Sch. in Proskau, Schlesien 1870 16. Petri, Dr. Ed., Prof. der Geographie in St. Peter sburg S 1883 17. Pütz) Dr. Eis, "Professor der Vet „Med., Halle a.S. . : 1870 18, Regelsperger, Gust., Dr., rue la Bodtie 85, Paris - : 1883 19. Rothenbach, Lehrer am Lehrerseminar in Küssnacht . i 1871 20. Rütimeyer, Dr. L., Professor in Basel . > ; : : 1853 21.. Schiff, Dr..M., Professor in Genf 1 ; i ; : 1856 22. Wälchli, Dr. med. D. J., Buenos Ayres.. . ; ; 5 1873 23. Wild, Dr. Professor, in St. Petersburg ; : ö : 1859 a — XV — Auszug aus der Jahres-Rechnung der bernischen Naturforschenden Gesellschaft. + 1893 + al Einnahmen. Saldo letzter Rechnung . : ? ; : : a. the, Jahres-Beiträge y; Eintrittsgelder ; ; : n ” Zinse i { f : i ; / i Bear Verkauf von Mitteilungen ; } ; . . Fr Ausgaben, Mitteilungen . i : ; ; ; ; : a Sitzungen : i ; i 3 I Bibliothek : 5 ; 2 ; » Lesezirkel ; ; : : ; ; - er Verschiedenes . 5 : ; ; i : a RN) HD: ; Bilanz. Die Einnahmen betragen . i ; i ; , Die Ausgaben betragen . R : : ; i rg, Es ergibt sich demnach ein Activ-Saldo von Fr. Vermögensetat. Das Vermögen der Naturforschenden Gesellschaft besteht auf 31. Dec. 1893 in a. einer Obligation der eidgenössischen Bank . ; sah b. dem Reservefonds auf der Hypothekarkasse c. dem Activ-Saldo obiger Rechnung ; ; . h ” 2,246. 65 1,811. — 435. .65 1,000. — 528. 55 435. 6 1,964. 20 Inn, Auf 31. Dec. 1892 betrug das Vermögen ; ; be Auf 31. Dec. 1893 beträgt dasselbe £ Es ergibt sich demnach eine Verminderung von Fr. ” BReservefonds ist im Rechnungsjahr unverändert geblieben mit . 2,204. 75 ; 1,964. 20 240. 55 1528. 55 Der Kassier: B. Studer, Apoth. Gottfried Glur. Beiträge zur Fauna der Pfahlbauten, 1. heil; Die Tierwelt von Font. Die Pfahlbaustation von Font, am Neuenburgersee, welche der Jüngeren Steinzeit angehört, wurde im Jahre 1883 von Ferdinand Beck in Neuenburg ausgebeutet und gelangte unlängst in den Besitz des Museums für Naturgeschichte in Bern. Es ist mir die Aufgabe geworden, jene Ausbeute im Sinne einer kurzen Aufzählung und Betrachtung der aufgefundenen Tierreste zu bearbeiten. Ich hielt mich dabei an die klassischen Arbeiten Rüti- meyer’s und Studer’s in den «Neuen Denkschriften » der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften 1862, Band 19, und in den «Mitteilungen der Naturforschenden Ge- sellschaft in Bern» aus dem Jahre 1882. In dieser Arbeit sind nicht behandelt die Überreste des Menschen und die der Hunde, welche schon von Studer bearbeitet sind. Der erste Teil bringt eine Übersicht der erhaltenen Fauna von Font, der zweite und dritte eine Beschreibung des gesamten Knochenmaterials von westschweizerischen Schafen und Ziegen der Pfahlbauten, das-in reichster Fülle im Berner Museum aufgestapelt ist. Font hat uns im Ganzen geliefert: Reste von 5 Haustieren und von 11 wilden Tieren, Sowie einem Vogelknochen. Die Haustiere sind die bekannten Rinderrassen, Ziege, Sc haf, Schwein und Hund, wie sie bis jetzt in jedem Pfahl- bau aus dieser Zeit gefunden werden. Die übrigen wilden Tiere sind tur um eines, nämlich einen Vogel, den Pelikan, für die Pfahl- bauten vermehrt worden. Die Anwesenheit des Ur, Edelhirsch, Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1335. j ! u Ad Reh, Wildschwein, Bär, Dachs, Fischotter, BLNS, Wolf, Fuchs, Biber ist stets in besseren oder schlech- teren Erhaltungszuständen der Knochen bewiesen worden. Ich be- trachte zuerst, als für den damaligen wie heutigen Menschen am wich- tigsten, die Wiederkäuer. Bos primigenius Boj. der Ur.‘) Ein in der Periode des Steinalters über die ganze Schweiz ver- breitetes Wild. Wenn den Berichten Heberstain’s Folge gegeben werden soll, so kam derselbe im sechszehnten Jahrhundert noch in Lithauen vor. Ich kann denselben nicht besser charakterisieren als mit Cuvier’s Worten: Le contour general du frontal, sa concavite, la courbe rentranie qui le termine vers le haut et qui s’elend comme une arete d’une corne A l’autre, l’angle aigu que la face frontale fait avec la face ocei- pitale, la eirconseription de celle-ci, la fosse temporale sont absolument dans ces cranes comme dans le taureau. Den Pfahlbauern brachten die massiven Knochen des Urs keinen | Nutzen, sie zerschlugen sie zur Gewinnung des Markes, weshalb meist nur die kurzen Knochen sich intakt vorfinden. Von diesem gewaltigen Wilde wurde in Font ein Fragment des linken Hornzapfens zu Tage gefördert, sein oberer Teil ist stark ab- gewiltert, so dass die grossen inneren Hohlräume frei liegen, seine Länge der hinteren Krümmung nach gemessen beträgt immerhin noch 55 cm. Da wo der obere Teil abbröckelt, ist der Umfang noch 22,3 cm. gross. Ich nehme an, dass die ursprüngliche Länge noch ein Mal so gross war, wie das Fragment, so dass wir da ein Tier von respektabler Grösse annehmen dürfen. Andere Teile des Schädels sind nicht nachzuweisen. Von übrigen Knochen finden sich zwei Epi- strophei von folgenden Demensionen : ö Exemplar 1 Exemplar 2 Volle Länge mit Zahnfortsatz und Hyp- apophyse 162 152 Volle Länge ohne Zahnfortsatz und Hyp- apophyse 126 121 Geringste Länge des Bogens 72 12 Länge der Basis des Dornfortsatzes Sal 95 t) Wrzesmowski, Studien zur Geschichte des polnischen Tur. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 30. Band. eh Breite der forderen Gelenkfläche 132 126 "Breite der Basis des Zahnfortsatzes 62 58 Spannweite zwischen dem Querfortsatz 158 — 5 3 den Gelenkfortsätzen — En Volle Höhe der vordern Gelenkfläche 75 69 4; „ des Wirbels hinten 190 17 Höhe des Dornfortsatzes über dem Bogen hinten 82 79 Höhe des Körpers hinten 83 14 Hintere Öffnung des Markkanals quer 37 32 s = = ” vertikal 38 33 Beide sind kleiner wie der von Rütimeyer beschriebene Epi- Stropheus von Moosseedorf, dessen volle Länge 168 mm. beträgt.!) Das zweite Exemplar dürfte, seiner geringen Grösse wegen, vielleicht der zahmen Primigeniusform angehört haben, dafür scheint mir aber die Consistenz der Knochensubstanz zu hart und die scharf ausge- prägten Muskelansätze für ein domesticiertes Tier zu stark ausgebildet zu sein. Es reiht sich an eine linke Scapula von gleichen Verhältnissen, wie die bekannte, an einen geräucherten Schinken erinnernde, aus der Uhlmann’schen Sammlung, jetzt im hiesigen Museum, mit der verharrschten Speer- oder von einer im Kampfe mit einem andern Urochsen erhaltenen Verletzung. Die Crista Scapulae ist teilweise abgebrochen, auch die Winkel sind schon ziemlich abgebröckelt; der Hals und Gelenkteil, mit seinen rauhen, höckerigen Muskelansätzen, blieb ganz intakt. Die Glenoidalgrube ist wenig conkav. Die Maasse dieses gewaltigen Schulterblattes sind folgende: Grösste Länge 49 mm. „ Breite 25 cm. Breite des Halses 8 » Umfang des Halses 19,9: Breite der Gelenkgrube 7 » Lange ., “ Aa on Diese Zahlen stimmen ganz mit der in Moosseedorf gefundenen überein. Als letztes Knochenfragment von Ur fand sich die untere, ge- Spaltene und zerschmetterte Epiphyse einer rechten Tibia. Das Knochen- 8ewehe hat hier eine elfenbeinharte Beschaffenheit ; von blossem Auge u ‘) Rütimeyer, Die Fauna der Pfahlbauten. en lässt sich nicht die geringste Struktur daran erkennen. Ihre Muskel- leisten und Ansätze sind stark ausgeprägt und sehr rauh. Die Breite der Epiphyse beträgt 88 mm., die grösste Dicke 65, die Knochenrinde um den Markkanal ist allein 10—15 mm. dick. Der Letztere ist in die Breite oval. Dieser zertrümmerte, wahrhaft «eiserne» Knochen ist ein beredies Zeugnis für die Tüchtigkeit der gemeinhin als sehr unvollkommen geschilderten Steinaxt. Vom wilden Urstier gehe ich über zu dem an die «Krippe ge- bundenen» Bos taurus Rasse Primigenius.') Seine Charakteristik ist nach Rütimeyer kurz folgende: Die Stirn ist etwas länger als breit, vollkommen flach. Die Oceipitalfläche steht im rechten Winkel zur Stirn. Die Hinterhaupts- kante tritt etwas hinter die Hornansätze vor und ist in der Mitte schwach ausgebuchtet; der Frontalwulst ist sehr hoch. Die Horn- zapfen sind ungestielt und die Hörner erheben sich von ihrer Wurzel an eontinuierlich und stark über die Stirnfläche; sie krümmen sich da- bei erst nach hinten und aussen, so dass die Höhe der Krümmung stark, doch nicht in dem Grade wie bei Trochoceros, hinter die Ocei- pitalkante fällt; von da krümmt sich das Horn rasch nach vorn und oben, sodass die Spitzen sehr hoch und senkrecht über der Stirn- fläche stehen. Die Hornzapfen sind an der Basis deprimiert, aber ge- ringer als bei Trochoceros. Das ganze Profil des Schädels ist fast geradlinig. Vom zahmen Primigenius findet sich in Font vor allem aus ein Hirnschädel mit abgebrochenen Hornzapfen, dessen Maasse in Kürze olgende sind: Hinterrand der Augenhöhle bis hinterer Umfang der Hornwurzel 160 mm. Länge des Stirnbeins in der Mittellinie 210 » Höhenlinie vom Hinterrand des Foramen magnum bis Hinterrand des Stirnbeins AT Grosse Querlinie des Hinterhaupis am Ohrhöcker 15 >» Kleine Querlinie des Hinterhaupts am inneren Um- fang der Schläfeneinschnitte 2125 Stirnenge 193°: 3 Stirnbreite 191 » Umfang der Hornbasis 130 » Grösster Durchmesser derselben 55» 2) Rütimeyer, Natürliche Geschichte des Rindes. Zu dieser Rasse gehören ferner noch zwei linkseitige Hornzapfen, die folgendes ergeben: Länge längs der hinteren Krümmung 35,5 40 cm. „ in gerader Linie 24,5 26,5 >» Umfang der Basis 21,5.22 » Grösster Durchmesser derselben oa » In ihrer Consistenz sind diese Hornzapfen weicher und maschiger als bei dem geschilderten wilden Primigenius. Zwei zusammen gehörende Unterkieferhälften kann man hierher rechnen, oder man geht vielleicht auch nicht fehl, sie mit einer wilden Primigeniuskuh in Zusammenhang zu bringen. Ich erachte es deshalb für die weitere Kritik angezeigt, hier ganz ausführliche Maasse zu geben und die Maasse des von Rütimeyer beschriebenen Urochsen- unterkiefers von Moosseedorf, der im Berner Museum aufbewahrt wird, . daneben zu seizen. Font Moosseedorf . 1. Länge vom Kieferwinkel bis Incisivrand 470 (465 —470) mm. 2. Länge vom hinteren Ende der Zahnreihe bis Ineisivrand 297 340 3. Länge der Symphyse 92 110 4. Höhe hinter Molar 3 81 70 5. Höhe vor Prämolar 3 44 43 6. Höhe hinter der Symphyse 36, © 34 7. Länge der Backzahnreihe 165 ie 8. Distanz von Prämolar 3 bis Incisivrnd 151 170 9. Quere Ausdehnung des Incisivrandes — 84 10. Länge von Molar 3 44 49 11. Breite von Molar 3 14 20 12. Länge von Molar 2 31 31 12b. Breite von Molar 2 18 20 13. Länge von Molar 1 20 (26) 14, Länge von Prämolar 1—3 56 60 Am auffallendsten sind die Differenzen in der Länge der Symphyse und die Distanz vom dritten Prämolar bis zum Ineisivrande. Für den Ur spricht die Länge und Schlankheit der Lade, welche zahlreiche Spuren von Hieben einer Steinaxt trägt. Eine besondere Form der Primigeniusrasse ist Bos taurus trochoceros H. v. Mejer.!) nn RIES !) Rütimeyer, Natürliche Geschichte des Rindes. = Die Stirn ist nach allen Richtungen stark gewölbt und im Ver- hältnis zum gesamten Schädel etwas länger als bei der Stammrasse. Die Hörner sind horizontal oder etwas nach abwärts gerichtet und gehen nur schwach nach vorn gekrümmt im rechten Winkel zur Achse vom Schädel ab. Die Hornzapfen sind deutlich gestielt und mit sehr derben und reichlichen Längsfurchen versehen. Das Gesicht erscheint in seinem iaxillaren Teile breiter und gewölbter. Die Nasenbeine sind länger, breiter und schwächer gewölbt, sie ragen weit über die Nasenöffnung vor. Wie die Nase nach vorn, so neigt sich die Stirn nach hinten, abwärts. Das Hinterhaupt ist mehr in die Quere gedehnt, die ganze Occipitalfläche ist überdies etwas nach vorn geneigt. Von dieser Form ist das hintere Stirnstück mit zwei präch- tigen, nach vorn gekrümmten Hornzapfen, vorhanden. Es zeigt die Trochocerosform noch nicht stark ausgebildet, doch sind deutliche Merkmale vorhanden, die es rechtfertigen, dass ich das Schädelstück nicht zur Primigeniusrasse hingestellt habe. Die Maasse ergehen: Distanz der Spitzen der Hornzapfen 54 cm. Umfang der Hornbasis 20: 9 Länge längs der Krümmung Bew Direkte Länge 24 » Grösster Durchmesser RES Stirnenge 15;9. » Kleine Querlinie des Hinterhaupts 14,4 » Merkwürdig ist, dass die meisten Stirnstücke mit aufsitzenden Hörnern knapp vom Hirnschädel abgeschlagen sind, wie wenn sie zum Aufhängen als Trophäe extra zugerichtet worden wären. Bostaurus brachyceros. Rütimeyer.') Die Torfkuh hat schon von den ältesten Zeiten der neolithischen Ära an ihre Spuren in Europa hinterlassen, sie ist von den eben genannten zwei Rinderarten sowohl in ihrem Habitus und Skelettbau durch wesentliche Merkmale verschieden. Nach Rütimeyer bestehen die äusserlichen Züge des Schädels in der sehr unregelmässig welligen Stirn, dem kurzen und steilen Occipitalwulst, den grossen, stark ge- wölbten und stark nach aussen gerichteten Augenhöhlen, den kurzen dicht angesetzten und stark gebogenen Hörnern, dem kurzen und stumpfen Gesichtsschädel mit ausgedehnter Backzahnreihe, allein schlanken Incisiven. !) Rütimeyer, Natürliche Geschichte des Rindes. Se Die Rasse ist in dieser Station durch einen oberen Stirnteil mit den Hornzapfen vertreten, von welchen der linke merkwürdig nach hinten verdreht ist, der rechte dagegen sich regelmässig nach vorn krümmt. Es lassen sich an diesem Fragmente einige Dimensionen bestimmen, wie folgt: Länge längs der grossen Gurvatur 210 mm. Direkte Länge 153 Umfang der Hornbasis 150 Grösster Durchmesser derselben 55 Stirnenge circa 155 Querlinie zwischen den Schläfeneinschnürungen 122 Von Unterkiefern ermittelte ich vier Hälften. Rütimeyer nennt die Mandibel in ihrer ganzen Ausdehnung schlank, der aufsteigende Ast fast vertikal, der horizontale Ast niedrig, vom Winkel an fast gradlinig und nur sehr allmählig nach vorn ansteigend, Lade und Symphyse kurz, der Ineisivteil schmal und schlank. Ich gebe folgende Maasse nach der Reihenfolge von Seite 5: 1. 340—360 mm. 2. 229—247 3. 52— 79 4. 67— 75 5. 86— 37 6. 24— 30 Molarläinge 84— 91 Prämolarläinge 47— 53 8. ca. 113 Zur Torfkuh gehören ferner ein Metacarpale und vier Metatar- salia, ihre Kleinheit und Gracilität kennzeichnet sie sofort. Sie haben untenstehende Maasszahlen : Metacarp. Metatars. Länge 200 202—224 mm. Breite der oberen Epiphyse 68 41— 44 » » unteren » 66 47— 49 » » Diaphyse 37 23-— 25 Man muss sich nur nicht vorstellen, diese Rinderrassen seien. in ihren Skeletteilen stets rassenrein auf uns gekommen, im Gegen- teil findet man Schädel, welche sowohl Primigenius- als auch Brachy- ceros- Merkmale in sich vereinigen und die völlige Mischformen dar- en stellen. Studer!) beschreibt mehrere solche Fälle aus Pfahlbauten am am Bielersee. Auch in Font trifft man solche Mischformen. Ein fast vollständiger Schädel mit abgeschlagenem Stirnteil ist dazu zu rechnen. ) Als Vergleichsmaterial diente mir der von Studer beschriebene, aus i Lattrigen stammende Schädel, der im hiesigen Museum aufbewahrt wird. Ich habe zur Vergleichung die Maasse der drei Haupttypen daneben gesetzt, wie sie Rütimeyer angibt. ; Font Primi- Trocho- Brachy- genıus ceros ceros P 1. Schädelläinge vom vordern Rand Foramen mgn. an 100 100 100 100 mm, 2. Schädellänge v. Orista oceipitalis an — 1115 1174 1121 Se er F bis Nasalia — 49,8 59,4 51,5 4. Schädellänge vom Hinderrand der | i Hornbasis bisHinderrand der Augen- | i höhle — 36,9 39,6 34,3 i 5. Länge der Nasenbeine 34,7 42 — 39,4 6. Gaumenlänge 62,6. 62,4 62,4 62,6 7. Spitze der Intermaxilla bis Mitte hinter Molar 3 60,5 5038 604 61,6 8. Spitze der Intermaxilla bis Mitte = vor Prämol. 3 43,2 31,6 30 30,7 9. Länge der Zahnreihe 28,9. 28.97 984 30,6 10,8 » Intermaxilla 33,3 833,4 38,8 34,3 11. Stirnbreite zwischen den Horn- ansätzen — 41,6 39,8 38,9 12. Stirnbreite zwischen den Schläfen 37,6 38,2 41,3 37,6 13, ;ö ze „» Augen- höhlen 48,9 48 48,2 49,5 14. Gesichtsbreite am Tuber maxillare 35,2 34,1 32,6 35,8 15. Oceiputhöhe über Unterrand Fo- ramen mgn. — 347 321 36,3 16. Oceiput, grösste Breite, Ohrhöcker 48,9 48 48,9 47,3 17. Oceiputbreite zwischen den Horn- ansätzen 908 Al,D 36,2 18. Oceiputbreite zwischen d. Schläfen gemessen 90.0.9808 29,4 ı ') Th. Studer, Die Tierwelt in den Pfahlbauten des Bielersee’s. Mittei- : lungen der Naturforschenden Gesellschaft. Bern 1882. re Ähnlichen Rindern, die keiner bestimmten Rasse zugeteilt werden können, gehören noch 6 Unterkiefer an, ihre Maasse in der Reihenfolge der Seite 5 sind folgende: 1. 370—410 mm. 5. 831— 36 2. 255—270 6. 25— 31 3. 70— 80 7. 181—143 u ll 16, 8. 120—130 Von andern Knochen des Rindes sind zwei wohlerhaltene Femora, ein rechter und ein linker, anzugeben; nach der Rütimeyer’schen Mo- thode gemessen, ergeben sie: Rechter Linker Grösste quere Ausdehnung des obern Kopfes un — mm. Durchmesser des Gelenkkopfes 41 43 Querdurchmesser direkt unter der Epiphyse 61 61 Distanz vom Gipfel des Trochanter minor zur Fovea ligamenti teretis 82 78 Breite des unteren Kopfes zwischen den Condyli, Länge der Kniescheibe 57 57 Breite derselben 42 43 Eine obere Hälfte einer Tibia misst: Breite der oberen Gelenkfläche 77 hy „ äusseren Gelenkgrube 39 ; „ inneren y 30 Eine ganze Sammlung Unterkieferhälften, vom saugenden Kälb- chen an, bis zum halberwachsenen Rinde, in allen Phasen des Zahn- wechsels ; sowie eine Menge teils bearbeiteter, teils zugeschliffener Rippen kann ich nicht einzeln behandeln, es würde zu weit führen. Wie wir demnächst noch sehen werden, sind die Reste des Rindes neben denen des Hirsches die zahlreichsten. Haustier und Jagdwild halten sich in dieser wie in allen andern Stationen der jüngeren Stein- zeit noch das Gleichgewicht. GervuselaphusL., der Edelhirsch beweist, dass er auch am Neuenburgersee, wie in der alten Steinzeit stets noch ein beliebtes, sogar unentbehrliches Jagdtier war. Unentbehrlich aus den Gründen, weil nicht nur von seinem Geweih, sondern auch von seinen Knochen Werkzeuge aller Art gefertigt wurden. Er war dem jüngeren Steinmenschen neben dem Rinde das nützlichste Tier. Seine Geweihe sind von Font in vielen Exemplaren vom Spiesser bis 14 und 16 Ender auf uns gekommen. Es befindet sich darunter das Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1336. N \ N E I ı 1 an I; Be IB joe . I (5 j: is oe Geweih eines vollständigen Kümmerers in Form eines Hackens von ca. 12 cm. Der Spross ist zugehauen und mag vielleicht als Auf- hängehacken gedient haben. Die Geweihe zeigen in ihrer Stärke und Gedrungenheit die Charaktere der Berghirsche, wie alle vom Bieler- see, nämlich die Tendenz sehr frühe Kronen zu bilden. Rütimeyer nennt Schädelstücke vom Hirsch in allen Sammlungen auffallend spär- lich. Font lieferte uns 4 Hirnschädel mit ansitzenden Rosenstöcken. Ihre Maasse sind folgende: 1.2..90 4 Höhe des Oceiput über dem unteren Rand des Foramen magn. 8789 — — mm Grösste Breite der Ocecipitalfläche 136 — 138 — Stirnbreite über den Augenhöhlen 1238 — — — Stirnbreite zwischen den Supraorbitalgruben il — — — Breite zwischen den Suturae temporo-parietales 105 101 107 104 Oceipitalwulst bis Stirnhöhe 112? — 113 — Es sind ungefähr die gleichen Zahlen, wie sie Rütimeyer angibt, und bestätigen wiederum die bedeutende Grösse des damaligen Hir- sches. Nach Rütimeyer übertrifft sie die recenter Skelettie um ein gutes Dritteil. Von ganz verschiedenen Dimensionen sind zwei At- lasse: 1 2 Körperlänge 5l 42 mm. Grösste Flügelbreite 198. .:838 Flügellänge 123; ,.80 Der kleinere gehörte aber noch einem jüngeren Tiere an, wahr- scheinlich einer Hirschkuh, die stets kleiner ist. Als letzter hierher gehörender Rest ist ein Becken mit abgeschlagenen Darm- und Sitz- beinen anzuführen. Die Symphyse ist unterhalb der Foramina obtu- ratoria nicht geschlossen. Gervus capreolus L, das Reh. Es hat, wie auch der Hirsch, unsere Heimat noch nicht gänz- lich verlassen, obwohl beide ein seltenes Jagdwild sind. Rehknochen sind selten zu Geräten verarbeitet worden. In unserer Station ist es durch mehrere schöne Geweihe und drei linke Unterkiefer er- halten, die sich durch ihren schlanken Bau sofort kenntlich machen. Andere Überbleibsel sind nicht vorhanden. fl — Sus scrofa palustris Rütim. Das Torfschwein stammt nach den Untersuchungen von Rüti- meyer und Th. Studer aus Asien und ist in gezähmtem Zustande von Osten her mit dem Menschen eingewandert. Es kam zur neolithischen Zeit nördlich der Alpen nicht wild vor. Rütimeyer betrachtet es jetzt als eine der Kulturformen von Sus vittatus Asiens. Th. Studer fand ferner, dass das Schwein des Neu-Britannischen Archipels, dessen Schädel und Knochen er von seiner grossen Reise mitbrachte, in einem sehr nahen Grade der Verwandischaft mit diesem stehe, der auf eine wilde Stammform für beide weist. Font lieferte uns mehrere Torf- schweinereste, namentlich Schädelfragmente von erwachsenen Indivi- duen. Ich fasse zuerst einen Oberkiefer in’s Auge, der nach Rüti- meyer’s Methode gemessen, folgende Dimensionen hat: Länge der ganzen oberen Backzahnreihe 114 mm. Länge von Molar 2, Molar 1, Prämolar 1, 2 58 Durchmesser der Ganinalveole 14 Diesen Zahlen stehen ca. ein mm. unter den von Rülimeyer an- gegebenen Minimalmaassen, doch wohl nur aus dem Grunde, weil der Kiefer einem eben erst erwachsenen Individuum angehört. Von den drei vorhandenen Unterkiefern gehört keiner einem ganz alten Schwein an, doch sind bei dem einen die Zähne vollständig hervorgebrochen, sie haben folgende Maasse: Volle Kieferlänge in der Höhe des Alveolrandes ’ — mn. Höhe vor Prämolar 3 39 Höhe unter Molar 3 39 Länge der Kinnsymphyse 60 Quere Distanz zwischen den Caninalveolaussenrändern 45 Vertikale Höhe des aufsteigenden Astes bis zum Gondyl. 94 Grösster schiefer Durchschnitt der Ganinalveole 15—16 Distanz zwischen Prämolar 3 und Incisiv 3 4A0—43 Distanz zwischen Prämolar 3 und 4 13 Länge von Molar 2, 1, Prämolar 1, 2 58—68 Länge der drei zusammenhängenden Prämolaren 36 Länge der Backzahnreihe 114—126 » ohne P. 4. 95—110 ”„ ” Auch sie erreichen das Minimalmaass von Rütimeyer nicht ganz, wohl auch nur wegen Altersunterschieden, stimmen aber mit denen vom Bielersee überein. Die noch vorhandenen einzelnen Schweins- zähne sind Incisivi, kleine Hauer und Backzähne. | I: ee Sus scrofa ferus L, das Wildschwein lieferte nur geringe Überreste, so zwei starke Oberkieferhauer und einen längs gespaltenen Hauer des Unterkiefers. Andere Zähne dürften kaum dem Wildeber zugeschrieben werden. Raubtiere. UrsusarctosL. der Bär, verrät seine Gegenwart durch zwei Eckzähne, von welchen der eine an der Wurzel quer eingeschnitten ist, wahrscheinlich um als Hals- schmuck zu dienen. Die Zähne haben eine volle Länge von 80 und 83 mm. Rülimeyer machte darauf aufmerksam, dass zumeist von Bären nur Eckzähne gefunden werden, wohl aus dem Grunde, weil man damals grossen Wert auf ihren Besitz legte. Melestaxus Pall. Der Dachs. Der Dachs hinterliess einen schönen, fast vollständigen Schäde seine Grösse ist: Unterrand d. Foramen mgni. bis Inc. Alveole 114 Breite zwischen den Jochbogen 83 Unterrand des Foramen mgn. bis Höhe des Scheitels 58 Rütimeyer nahm an, der Dachs sei zur Zeit der Steinmenschen mit noch einer Menge kleiner anderer Raubtiere gegessen worden, er schliesst das aus den Messerspuren, welche die Knochen aufweisen. Auch dieser Schädel zeigt an den Stirn- und Nasenbeinen quere Ein- schnitte. Könnten dieselben nicht auch beim blossen Abhäuten ent- standen sein ? Lötra vyulgarıs Bl Der Fischotter können zwei zusammengehörende Unterkiefer- hälften von 68,5 mm. Länge zugeschrieben werden. Die Zähne sind spitz und scharf. Auch hier fehlen die Messereinschnitte, die tiefer und schärfer als gewöhnlich sind, nicht. Er unterscheidet sich von solchen der Berner Sammlung in keiner Weise. Mustela Putori:us.i Von diesem gefürchteten Räuber der Hühnerställe ist ein schöner Schädel erhalten. Seine Länge beträgt 64 mm. Die Zähne sind lang, dolchartig und sehr spitz. Wenn Rütimeyer’s Ansicht, dass alle Kno- chen mit Messereinschnitien einem aufgegessenen Individuum ange- hörten, sich bewahrheitet, so verschmähte der Pfahlbauer auch den Iltis nicht, er hat auf der Stirn mehrere Einschnitte. Von Ganiden konnte ich einen grossen rechten Unterkiefer vom Wolfe eg : CanislupusL. ermitteln. Ich mass ihn nach Jeitteles und setzte die Maasse eines Schädels des russischen Wolfes im hiesigen Museum daneben.- Font Russ. Wolf Entfernung vom Winkel bis zum Vorderrande der mittleren Incisivalveole 174,5 184 mm. Entfernung vom Winkel bis zum Vorderrande des vordersten Lückzahnes 145 158,4 Länge des Gelenkhöckers 30,3. 31,4 Höhe des horizontalen Astes am äusseren Rande der Fleischzahnalveole 30 30,9 Höhe des horizontalen Astes hinter dem vor- deren Höckerzahn 34,5 34 Höhe des vertikalen Astes 71,4 76 Länge der gesammten Backzahnreihe 93,4 96,4 Grösster Durchmesser des Eckzahnes 16 12,8 Länge des hintersten Backzahnes m 10 Länge des Fleischzahnes 26,6 27 Unser Wolfsunterkiefer von Font ist demnach ein wenig kürzer und gedrungener, hingegen sind die Zähne kräftiger und länger als beim russischen Wolfe. Meister Reinecke, Canis vulpesLl. ist vertreien durch einen rechten Unterkiefer. Seine Länge vom Proc. condyloideus bis zur mittleren Schneidezahnalveole beträgt voll 100mm. Rütimeyer gibt für ihn eine Länge von höchstens 90 mm. an, so dass wir es hier mit einem ziemlich grossen Tiere unter den gewöhnlich kleinen Füchslein der Pfahlbauten zu thun hätten. Auch er soll gegessen worden sein. Der Hund von Font ist von Th. Studer in den «Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern» 1893 eingehend behandelt worden. Er fand neben dem gewöhnlichen Canis domesticus palustris auch noch eine grössere Rasse. Von Nagetieren konnte nur der Biber Gastor ber.) ermittelt werden und zwar in 4 Unterkieferhälften, alles kräftige Exemplare mit stark abgekauten Backzähnen. Die volle Länge des einzigen ganzen Kiefers beträgt 122 mm. Auch die Schneidezähne Sind sehr stark abgenagt. a Pelicanus onocrotalus. Es bleibt mir noch ein Vogelknochen anzuführen, der dem Peli- kan angehört. Es ist ein Metatarsale. Meines Wissens wäre damit die Anwesenheit des Pelikans in den Pfahlbauten zum ersten Male konstatiert, was gar nichts Befremdendes hat, da derselbe zu wieder- holten Malen schon auf Schweizer Seen getroffen wurde, so Bodensee, Murtensee, Bieler- und Neuenburgersee. II. Teil. Das Schaf, Ovis Aries L. Abstammung: Die gemeinsame Stammform aller Wiederkäuer führt von Gelo- cus, durch die Familie der Antilopen zur Familie der Oviden. Ihre Paläontologie ist noch lückenhaft, unsichere Überreste, meist aus sehr späten Epochen, deuten auf ihre Anwesenheit vor der jetzigen Fauna hin. Sie beschränken sich auf Vorkommnisse in südeuropäischen Höhlen, wie Ovis primaeva Gervais und des von Pommerol 1879 ge- fundenen fossilen Schädels, eines sehr starken, dem heutigen Kaschkar Tibets an Grösse ähnlichen Wildschafes. Rütimeyer erklärt die Lücke ihrer Urgeschichte aus deren be- schränkter, geographischer Verbreitung, doch dürfte sie auch darin zu finden sein, dass ihre Knochen sehr schwer von denen der Antilopen zu unterscheiden sind, vielleicht hat sich die Abtrennung von den Antilopen erst in sehr später Tertiärzeit vollzogen. Als Übergangs- form zwischen beiden kann der noch lebende Takin, Budorcas taxicola, angesehen werden. Die Wildschafe sind nach Wilkens, der sie in drei Gruppen ein- teilt, folgende: 1. Wildschafe ohne äussere Thränengruben: 1. Mähnenschaf. Ammotragus tragelaphus. 2. Nahur. Pseudovis Nahoor (ovis Burrhel). 3. Taxin. Budorcas taxicola. 2. Muflonartige Wildschafe. 1. Sardinisch-korsischer Muflon. ©. musimon. Persischer Muflon. 0. orientalis (0. anatolica). Cyprischer Muflon. O0. Ophion. Sha oder Shapu. 0. Vignei. Urial. O. cycloceros. SS ne 3. Argaliartige Wildschafe. 1. Argali. O. argali. Karelinschaf. O0. Karelini. Arkal oder Steppenschaf. 0. Arkal. Pamirschaf oder Katschkar. O. Polii. Diekhornschaf. 0. montana. Schneeschaf. O. nivicola. . Hodgsonschaf. 0. Hodgsonii (0. Ammon, O. jubata) (). 8. Brookeschaf. 0. Broockii. Von den genannten Wildschafen nimmt Jul. Kühn nur den Muflon als Stammvater unseres Hausschafes an, was aber nicht ausschliesst, dass bei Entstehung von Rassen Blutmischung mit einer zweiten wilden Art stattgefunden haben könnte. Er stützt sich auf Resultate von Muflon- und Schafkreuzungen im Haustiergarten zu Halle. A. Nehring betrachtet 2 Wildschafe als Voreltern unseres euro- päischen Schafes, nämlich den südeuropäischen Muflon, Ovis musimon Schreber, der jetzt auf die Gebirge von Korsika und Sardinien be- schränkt ist, und das wilde Steppenschaf, Ovis arkar Brandt, das von Transkaspien bis Persien gefunden wird. Der Muflon war früher auch in Südeuropa verbreitet und war nach Nehrings Ansicht der Stammvater gewisser primitiver Schafrassen Europas, z. B. der Haidschnucken und anderer kurzschwänziger, dunkel- hörniger Rassen. Nach Pallas, Brandt und ihm stammen unsere lang- schwänzigen, hellhörnigen Rassen vom wilden Steppenschaf. Nach Nehring ist dieses Wildschaf in der von ihm nachgewiesenen post- glacialen Steppenzeit Mitteleuropas bis nach Mähren verbreitet ge- wesen. Er stützt sich dabei besonders auf Radien, Metacarpen und Metatarsen, die Prof. Masca in der an diluvialen Tierresten reichen Strambergerhöhle gefunden hatte. Masca schreibt diese Knochen der Saigaantilope zu, Nehring erblickte in ihnen Reste von Arkal, ‘oder einer nahe verwandten Art. Besagte Knochen sollen die des Muflon bedeutend an Grösse übertreffen, aber doch noch nicht an die der grossen Argali-Wildschafe Gentralasiens herantreten. Nähere Angaben über diese fossilen Reste sind noch von Nehring zu erwarten. Seiner Ansicht nach dürften noch andere Wildschafe Asiens als Stammformen gewisser Schafrassen in Betracht kommen, so der persische Muflon, Ovis orientalis Gmelin, der. Urial, Ovis cycloceros Huiton im wesi- lichen Himalaya und der Sha, Ovis Vignei Blyth von derselben Gegend. Viele Autoren sehen im Argali, 0. Argali Pall., einen Stammvater für enewmw I das Hausschaf. Alle diese Ansichten stehen auf sehr schwachen Füssen, sie haben sehr viel für sich und werden sich nicht allzu weit vom Ziele entfernen. Etwas Sicheres lässt sich aber bis auf Weiteres noch nicht feststellen. Unter den neueren Schriftstellern, welche über die Formen des Hausschafes schrieben, teilt A. Sanson dieselben in zwei Gruppen: Kurzköpfe und Langköpfe. Zur kurzköpfigen Gruppe zählt er die germanische Rasse mit deutschen Schlägen, die Leicesters und Lincolns. Die nieder- ländische Rasse, New Kents. Die Dünenrasse Southdowns, Shropshiredowns, Schottländer. Schafe der Centr alhoch- ebene, die französischen Schafe, Auvergne, Marche, Limousin. Zur ‚langköpfigen Gruppe zählt Sanson die Dänen ‚ Haid- schnucken, Marschschafe, Flamänder, Artois, Pi- cardie,Poitou BritischeRasse, Cottwolds, Cheviots. Schafe des Loirebeckens, Berry, Crevants. Die Pyrenäenrasse, spanische Lacha und Churra, Gascogne, Lauragnais, Albi-Larzac. Me- rinorasse mit vielen Schlägen. Die syrische Rasse, China, Persien, Kleinasien, Russland, Griechenland, Ungarn, Donaufürsten- tümer, Barbarin. Die Sudanrasse, Bergamasker. Gebräuchlicher ist die Einteilung von Nathusius: in kurz- schwänzige mit etwa 12 Schwanzwirbeln und in Ian 8 - schwänzige mit mehr als 13—14 Schwanzwirbeln. Dieser Ein- teilung der Hausschafe folgen im Wesentlichen ‚J. Bohm, Wilkens und Freitag. G. Stieger veröffentlicht eine Einteilung,@wie sie J, Kühn in seinen Vorlesungen giebt. Er unterscheidet: 1. Haarschafe mit verhältnismässig kurzen Haaren, ohne Wolle. 2. Gemischt- oder filzwollige Schafe, mit stets vorhandenem längerem Oberhaar und reichlichem Unterhaar. 3. Glanz- oder schlichtwollige Schafe, mit Wolle von schon grösserer Gleichartigkeit, mit Spuren von Mark. 4. Gekräuselte oder merinowollige Schafe, deren Oberhaar so gut wie völlig verdrängt erscheint. Dieses System scheint etwas naturgemässer, als die blosse Ein- teilung in Lang- und Kurzschwänze, zu sein. Das neueste System ist dasjenige von Wilkens, das derselbe auf Grund der bisherigen Forschungen aufgestellt hat. Er teilt demnach die Hausschafe ein: a en 1. Schafe mit Deckhaaren (Haarschafe): Guinea oder Congoschaf, Zunu oder Kropfschaf, Fezzan oder Lybisches Schaf, Östafrikanisches Mähnenschaf, Westafrikanisches Mähnenschaf, Etbai oder Bischarinschaf, Stummelschwanzschaf. 2. Schafe nit Mischwollte, A. Kurzschwänzige. a. Mit langen Hangohren. Tibetanerschaf, Kagoschaf, Shambliarschaf, Fettsteisschaf. b. Mit kurzen Ohren. Barwalschaf, Curumbarschaf, Romanowschaf, Isländerschäf, Haidschnucke. B. Langschwänzige. a. Mit langen Hangohren. Fettschwanzschaf, Breitschwanzschaf, Astrakanschaf. b. Mit kurzen Ohren. Zackel, Bergschaf (England, Frankreich, Italien, Schweiz, Spanien). 3. Schafe mit Glanzwolle. Leicester, Border-Leicester, Lincoln, Romney-Marsch-Kent, Costwold (Keltschan, Urmeny), Devon, Kentuky. Roscommon. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1337. 4, Schafe mit schtichber, kettarmer Woll& A. Kurzschwänzige. Chinesisches Schaf, Europäische Tieflandschafe. B. Langschwänzige. a. Mit langen hängenden Ohren. Bergamasker, Paduaner, Seeländer oder Bleiburger. b. Mit kurzen Ohren. Deutsches Landschaf, Englisches » Französisches » db. schate mıt Sekräuselter Vetrirercher Wolle. Electoralschaf, Negretti, Deutsche und französische Kammwollschafe. Mauchampschafe. Die Anatomie des Hausschafes ist schon erschöpfend behandelt worden; ich gebe hier nur eine kleine zusammenfassende Osteologie, soweit sie für Pfahlbauknochen in Betracht kommt. Am eingehendsten schrieb darüber Rütimeyer, er charakterisiert den Schafschädel folgender- massen: Seine Hornzapfen stehen sehr schief zur Sagittalebene, zwi- schen sich einen grösseren Zwischenraum lassend als bei der Ziege. Aussen an ihrer Basis wendet sich das Stirnbein fast rechtwinklig ab zur Bildung des stark vorstehenden Orbitaldaches; bei der Ziege ist dasselbe schief geneigt. Die Goronalnat springt in stumpfem Winkel gegen die Hornbasen vor, bei der Ziege ist sie fast gerade. Die Richtung der Hornzapfen geht meist so sehr nach unten, aussen, dass die Hornscheiden sich sehr bald auch nach unten wenden müssen. Der Querschnitt des Zapfens ist unsymmetrisch dreiseitig, mit flacher Innenseite und schwach gewölbter Aussenseite, beide bilden an der kleinen Curvatur des Hornzapfens eine scharfe Kante, vorn verbindet sich die innere Seite mit der äussern durch eine deutliche Vorder- fläche; letztere fehlt der Ziege. Die schwach gewölbte Innenseite stösst mit vorderer scharfer und hinterer stumpfer Kante an die etwas stärker gewölbte Aussenseile, das Horn wird dadurch zwei- schneidig und der Durchschnitt linsenförmig, mit etwas konvexer Aussenseile. Des Schafes Hornzapfen sind mit Schwammgewebe le erfüllt, bei der Ziege setzen sich die grossen Stirnhöhlen bis in die Spitze fort. Der gesamle Schädel ist bei den Schafen breiter als bei den Ziegen, die Stirnzone ist quer und längs ausgedehnter, die Scheitelknickung ist weiter nach hinten verschoben, daher die Parietalzone kürzer, steiler und breiter als bei Ziegen, auch die Na- Salia sind breiter und reichen weniger weit nach hinten, die Masse- lercrista verläuft bei Schafen meist über das Thränenbein, bei Ziegen unter demselben hin. Es ist ausgedehnter, so dass es die Gesichts- lücken gegen das Nasenbein hin zuschliesst. Es ist meist durch Thränengruben etwas ausgehöhlt. Die craniologischen Unterschiede vom Schafe und der Ziege finden sich weiter hinten im Kapitel «Die Ziege». Die übrigen Knochen will ich nur kurz nach Wilkens «Grund- züge der Naturgeschichte der Haustiere» behandeln. Die Wirbelsäule besteht aus 7 Halswirbeln, 13 Rückenwirbeln, 6 Lendenwirbeln und durchschnittlich 20 Schwanzwirbeln. Von den 13 Rippen sind 8 unmittelbar mit dem Brustbein verbunden. An der vorderen Extremität ist die Ulna mit dem Radius verwachsen, in der distalen Reihe der Vorderfusswurzelknochen ist das Trapezoid mit dem Magnum verwachsen, das aus dem 3. und 4. Mittelhandknochen ge- bildete Metacarpale gelenkt mit den beiden distalen Fusswurzelknochen (Trapezoid-Magnum und Unciforme). Am distalen Ende des Metacarpale befinden sich zwei Gelenkrollen für die heiden (3. 4.) Zehen. Das Schaf besitzi nur ein laterales sehr kurzes Griffelbein (als Rest des fünften Mittelfussknochens). An der hinteren Extremität ist die Fibula schon an ihrem proximalen Ende verkümmert und fehlt häufig. In der distalen Reihe der Hinterfussknochen ist das Naviculare mit dem Cuboideum verwachsen; Cuneiforme 1 fehlt. Das aus dem dritten und vierten Mittelfussknochen gebildete Metatarsale gelenkt mit den drei distalen Fusswurzelknochen (euneiforme 2 und 3 und Cuboideum). Das Rollbein besitzt drei Rollen, eine proximale für die Tibia, eine distale für das Cubo-Navieulare und eine hintere für das Fersenbein. Die Form der Mittelfussknochen und der Zehen am Hintergliede ist die gleiche wie am Vordergliede, nur das Schaf besitzt ein verküm- mertes mediales Griffelbein, der Ziege fehlt es. Die Zahnformel ist: 390 0020,98 3.3.0; 00.07.33 Im Unterkiefer ist der Eckzahn zum Schneidezahn geworden. ee, Schafreste aus schweizerischen Pfahlbauten. Das in der Steinzeit der Pfahlbauten stets anzutreffende Schaf ist ovis aries palustris Rütim., das ziegenhörnige Torfschaf, dessen nächster Verwandter, wenn nicht direkter Nachkomme in den. Alpen des Nalpsthales über Disentis in nächster Nähe des Torf- schweines noch vorkommt. Es ist das Verdienst Rütimeyer’s, die Auf- merksamkeit zuerst auf dieses altehrwürdige Schäfchen geleitet zu haben. Nach ihm kommen diese Schafe in 3 Farben vor: schwarz, weiss, am häufigsten silbergrau. Ihre Hörner sind aufstehend und ähnlich wie bei Ziegen in schwachem Bogen nach hinten gerichtet. Der Schädel ist schlanker, gestreckter. Das Hinterhaupt ist weit länger, als bei gewöhnlichen Rassen, der ganze Gesichtsteil ist niedriger und nach vorn gleichmässiger zugespitzt als bei andern Rassen. Die Augenhöhlen ragen weniger nach Aussen, die Nasenbeine sind weit flacher, die Zwischenkiefer länger und der Unterkiefer schlanker als bei letzteren. Die Hornzapfen sind kurz und von linsenförmigem Durchschnitt, fast ebener Innenfläche und gewölbterer Aussenfläche. Die dunkle Hornscheide ist ebenfalls scharf zweikantig, mit convexer Aussen- und fast concaver Innenseite. An der vorderen Kante ver- läuft eine Naht, welche bei anderen Rassen nicht zu finden ist. Dieses sind alles Eigenschaften, welche in noch höherem Masse- der Ziege zukommen. Die Ausbeute von Font enthielt einen Schädel von ovis aries palustris Rütim., (Taf. I. Fig. 1 u. 2) den ich in der Folge: näher betrachten möchte. Fig. 3 zeigt dessen Hornzapfenquerschnilt. Der Schädel ist für ein Fundstück aus der jüngeren Steinzeit sehr gut erhalten, er lag mit seiner linken Seite im Torfboden, nur die rechte ragte ins Wasser hinauf und war dessen zerstörender Wir- kung ausgeseizt. Die eingebettete Seite ist bis auf die Gegend der Thränenbeine, welche wahrscheinlich erst beim Ausgraben eingedrückt wurden, ganz intakt. Die Hornzapfen sind bis auf zwei bis drei cm. Entfernung vom Stirnbeine abgeschlagen, es fehlen ferner der Zwischen- kiefer, die Nasenbeine und der rechte Processus zygomaticus. Neben diesen Fundstücken wurden im Font noch zwei Hirnschädelfragmente mit ganzen Hornzapfen zu Tage gefördert, wie sie in den meisten Stationen gefunden werden, sie wurden jedenfalls zur Gewinnung des Gehirnes auf diese Weise abgeschlagen. Einen ganzen, so schönen ziegenhörnigen Schafschädel lieferte bis jetzt noch keine Pfahlbausta- tion. Ich halte es für angezeigt, denselben im Vereine mit 2 Bündtner- Gottified Glur. Beiträge zur Fauna der Aahlbauten Be LITH. R. ARMBRUSTER, BERN Berner Mitteilungen 894. ee sschafschädeln von Nalps zu besprechen und zu vergleichen. Beide gehör- ten weiblichen Schäfchen an, der eine hat ein vollständiges Gebiss, der ‚andere ist eben im Zahnwechsel; ferner ziehe ich das gesamte enorme Schafpfahlbaumaterial aus den Stationen Schaffis, Lattrigen, Moosseedorf, Lüscherz, Vinelz, Sutz, Grieng aus ‘der Steinzeit zu Rate. Das gesamte Material von dorther stund mir zur Verfügung. Unser Schädel von Font, wie sämtliche von ovis aries palustris, unterscheiden sich vom Nalpserschaf am auf- fallendsten durch die vollständig flache Stirne; alle Schädelfragmente, wohl bei zwei Dutzend aus oben angegebenen Stationen, halten diese Eigenschaft. Die Nalpser, Rütimeyer giebt 'uns in seiner «Fauna der Pfahlbauten» ein ausgezeichnetes Bild eines solchen, haben dagegen hübsch gewölbte Stirnbeine mit einer sanften Konkavität gegen die Nasalia hin. Die angegebene flache Stirne finde ich bei recenten Rassen etwa beim Frutigerschafe, doch ist sie da weniger eben und namentlich über den Augenhöhlen viel breiter. Die vordere Stirnfläche bildet mit dem Hinterhaupte (Stirnbeinknickun g) beim Schädel von Font einen Winkel vonannähernd98 Grad, was für alle Torfschafschädel mehr oder weniger genau zutrifft. Hierin weichen die Nalpser ab, die Knickung ist viel weniger scharf, es kommt zu keiner rechten Stirnwulstbildung. Die Länge vom Hinterhauptwulst bis zur Wurzel der Nasenbeine be- trägt bei dem von Font etwas mehr als bei den vorherigen, ist aber gleich in der Mittellinie, vom Oceipitalwulst zur Höhe des Stirnwulstes. Die Hornzapfen liegen bei allen ziegenhörnigen Schafen näher beisammen als bei ihren lebenden Nachkommen, sie trugen auch grössere und schwerere Hörner, namentlich in der späteren Steinzeit. Meine zwei Nalpser haben einen Hornzapfenumfang von 7,5 mm., der von Font 95 mm. Das Maximum wird von einem Vinelzer-Schädel erreicht, der 110 hat. Es ist mir nicht bekannt, ob die lebenden Bündtner Widder sich von den Weibchen durch grössere Hörner aus- zeichnen, ich nehme es an, nach Analogien bei andern Rassen. Gleich a Schädelfragmente aus den Pfahlbauten mit verschieden starken Hörnern liessen sich dann leichter verstehen. So wenig wie die Stärke der Hörner, ist ihre Distanz stets gleich gross, Vorder- und . Hinterrand der Hornzapfen sind bei gleicher Grösse des Tieres bald anehr, bald weniger von einander entfernt, bei unserem Schädel be- ‚rägt die Distanz an der Basis 20 mm., eine Zahl, die als Mittel für die ziegenhörnigen Schafe angesehen werden kann. Der Querschnitt MO der Hornzapfen ist regelmässig, mit bogenförmiger Aussen- und mehr oder weniger flacher Innenseite. Der umschlossene grosse Hohlraum ist nicht gekammert, sondern zeigt eine kontinuierliche Höhlung. Die Zapfen gehen zuerst sanft nach oben und aussen und wenden sich dann schwach nach hinten, die Krümmung nach hinten ist gering. Die Entfernung der Spitzen beträgt bei den beiden Fragmenten 130 und 133 mm. Bei den Nalpsern gehen die Hornzapfen bei weitem stärker und schneller auseinander, sie krümmen sich selbst sehr wenig nach hinten, so dass die Spitzen in Seitenansicht nur wenig unter die fast gerade Profil- linie des Schädels herabsinken, sie divergieren bedeutend mehr als bei den Pfahlbauschafen. Ich finde bei Schädelfragmenten aus den schon angegebenen Stationen Zapfenspilzen, welche 120—200 mm. weit von einander entfernt sind. Die grossen Distanzen kommen nur bei Exemplaren aus der jüngeren Steinzeit vor, so dass man geneigt sein könnte, an eine weniger reine Rasse zu denken, kamen ja, wie wir noch sehen werden, Individuen von ganz andern Rassen neben diesen zum Vorschein. Ein Schädeldach von Greng, Station des späten Stein- alters, mit kolossalen ziegenhörnigen Stirnzapfen, hat eine Spitzen- distanz von 237 mm. In Greng wurden auch die später zu besprechenden grossen merinoschafarligen Hörner gefunden, die mit ächt ziegenhör- nigen Schädelstücken beisammen lagen, so dass der Gedanke von einer unreinen Rasse nicht so ganz von der Hand zu weisen ist. Die Stirn des Schädels von Font ist im Vergleich mit heutigen Schafrassen als schmal zu bezeichen, die Breite stimmt mit dem Schädel von Nalps ziemlich überein; während sich beim ersteren diese Dimension zur Schädelbasis verhält wie 1 zu 1,08 (Nalps 1,04), verhält sie sich bei lebenden Rassen wie 1,13—1,24 : 1. Noch kleiner ist dann. die Verhältniszahl hei Bronceschafen. Der Orbitalrand ragt weit über die Augenhöhlen vor, einen grossen, ungemein stark vorstehenden Ring um dieselben bildend, ihr Durchmesser ist bei Beiden in der Breite und Höhe ziem- lich gleich gross, so dass eine richtige kreisrunde Höhlung entsteht. Die Thränengruben, das wichtige nur den echten Schafen zukommende Merkmal, sind leider stark beschädigt, doch sind ge- nügend andere Schädelfragmente vorhanden, um konstatieren zu können, dass dieselben scharf vonder Umgebung abgesetzt und tief sind. Am schärfsten und tiefsten sind diese bei dem schon an- geführten grossen Vinelzerschädelfragmente. Die Nalpser stimmen da 0 vollständig mit den alten ziegenhörnigen Schafen überein. Hiesige Rassen besitzen eine viel seichtere Thränengrube, ebenso das Bronce- schaf und die Haidschnucke. Für Andere kann ich es nicht konstatieren. Ich schliesse nach Analogien daraus: dass im Allgemeinen da die lange Domestication mit ihrer abschleifenden Wirkung das Ihrige gethan hat. Es wäre interessant, einige Nasenbeine zu haben, um die- selben mit den wenig gebogenen fast ziegenähnlichen der Bündtner- rasse vergleichen zu können. Leider fehlen sie an jedem Schädel ; wir können nicht erwarten, dass sie viel anders geformt waren als bei ihren romanischen Epigonen. Übergehend zur Betrachtung des Hirnschädels, fällt uns seine Länge auf, im Vergleich zu unseren Landrassen ; von sieben andern Schädeln recenter Rassen erreicht die Reduktionszahl 1,45 (Schädelbasis —= 1) als Länge vom Occipital- wulst bis zur Insertion der Nasenbeine kaum ein Einziger und zwar die Haidschnucke, eine sehr alte Rasse, dabei sind Rassen wie die Frutiger, die doch viel grösser sind als diese kleinen Schäfehen, von einer auffallenden Kurzköpfigkeit. Am meisten fiel mir dabei der Schädel von Nalps auf, bei dem man doch ein ähn- liches Verhalten wie beim Schädel von Font erwarten durfte, und siehe da, jene Dimension erreichte nur die Zahl 1,28. Ich kann mir diese Brachycephalie nur als Zeichen nicht mehr reiner Rassen erklären. Es müssten sich aber doch noch Individuen finden, die sich noch den ursprünglichen Langkopf bewahrt haben. Die angegebenen Zahlen wurden mit einem Schustermasse oder sogen. Kaliber ermittelt. Mit dem Bandmasse gemessen erhält man für Font 1,72, für Nalps 1,52, also für Erstere schärfere Knickung und höhere Wölbung des Schädels als bei Nalps. Die Länge vom Hinterhauptswulst bis zum Hinterrand der Orbita nähert sich beim alten und noch existierenden ziegenhörnigen Schafe wieder mehr; das alte ist aber darin dem noch vorhandenen etwas überlegen. Die Schädelbreite ist bei beiden auch nicht ganz im selben Verhältnisse, das Bündtnerschaf hat überall kleinere Verhältnisse, sowohl in der Stirnbreite, als auch in der Breite des Hinterhauptes. Letztere ist überhaupt bei Schafen sehr inkonstant, auch scheint zwischen ihr und der Stirnbreite bei gehörnten Rassen ein Verhältnis zu bestehen, das mir, sei es Zufall oder nicht, aufgefallen ist. Bei allen Rassen, die grosse und schwere Hörner tragen, war die Stirn sehr breit; ich konnte das bei dem schon mehr angeführten Schädelfragmenie von Vinelz auch für die Individuen innerhalb der Palustrisrasse konstatieren, ähnliches ist für einen Vertreter von Sutz zu sagen. Umgekehrt ver- hält es sich mit der Breite des Hinterhauptes bei Tieren mit schweren Hörnern. Man würde nach oben angegebenen Thatsachen glauben, der grosse Schädel von Vinelz mit seinen grossen Hornzapfen müsste eine grössere Hinterhauptshbreite haben als der von Font, aber im Gegenteil, er ist noch um 2 mm. schmäler als jener. Der gewaltige merinoschafarlige Schädel von Lüscherz ist sogar am Hinterkopf 11 mm. schmäler. Ein grosser, schwerer Frutigerbock mit 165 mm. Horn- basisumfang ist dort sogar um 16 mm. schmäler. Man möchte bei diesen Thatsachen fast den Satz aussprechen: je breiter die Stirn und je schwerer das Gehörn, um so schmäler wird das Hinterhaupt. Leider fehlen beim Schädel von Font und bei den beiden aus Graubünden die Zwischenkiefer, doch ersieht man, die Rüti- meyer’sche Abbildung zu Rate ziehend, sofort, dass das Gesicht im Verhältnis zum Schädel sehr lang zu nennen ist; unzweifelhaft war es bei den alten ziegenhörnigen Schafen nicht anders. Diese Eigenschaft muss ihnen eine hirschartige Physiognomie verliehen haben, dazu kam noch das schmale Gesicht, das bei den Nalp- sern noch schmäler geworden ist. Diese Schmalgesichtigkeit halte eigentümlicher Weise wenig Ein- fluss auf die Breite des Gaumens, nicht nur alte und recente Ziegen- hornschafe, sondern auch andere, stehen darin im gleichen oder wenig differierenden Verhältnisse. Anders ist es mit der Gaumenlänge und der Länge der Back- zahnreihe. Bei den Nalpsern ist letztere relativ kurz, beim Schädel von Font relativ lang und zwar ist die Länge hauptsächlich auf Rechnung der Molaren zu setzen ; die Praemolarreihe stimmt bei beiden vollständig überein. Die Zähne stecken tief in der Alveole und sehen deshalb sehr kurz aus, sie sind wenig abgekaut und ihre Kaufläche ist eher schief als horizontal zu nennen. Der Gaumen ist ber letzteren auch relativ und absolut länger als bei den Bündtnern, der Gaumen- Ausschnitt ist bei ihnen auch viel spitzer, während er beim Pfahlbau- schaf in einen ziemlich stumpfen Spitzbogen verläuft. Die Höhe des Gesichtes ist bei beiden nicht ganz so hoch wie bei andern Schafen, der Unterschied ist aber nicht bedeutend, blos die grosse Länge des Gesichtes lässt es niedriger erscheinen. Damit ist dieses neue Schädelfundstück von Font kurz beschrie- ben, ich glaube nicht, dass es Aufgabe dieser Arbeit war, mehr Worte ron darüber zu verlieren, doch möchte ich noch in ein paar kurzen Sätzen die wesentlichsten Unterschiede zwischen den prähistorischen Ziegen- hornschafen und den noch lebenden zusammenfassen. Vorher möchte ich noch auf einen Umstand aufmerksam machen, der mir bei mehr als dreissig Schädelfragmenten, die mir durch die Hand giengen, auf- gefallen ist, eingerechnet den beiden Nalpsern. Betrachtet man nämlich einen ziegenhörnigen Schafschädel von der Seite, so fälll uns sofort auf, dass Nasenwurzel, oberer Orbitalrand und die Spitze desHornzapfens stetsin einer und derselben Ebene liegen, oder noch besser ge- Sagt, dass alle diese drei Punkte durch eine einzige gerade Linie ver- bunden werden können, bei keinem andern Schafe ist das der Fall, wohl aber bei manchen Ziegen. Der Schädel von Font unter- Scheidet sich von demjenigen von Nalps durch die flache Stirn, bei letzterem ist sie gewölbt. Die Knickung des Stirnbeines ist bei denselben stumpf- winklig und abgerundet, der alte Schädel zeigt hin- gegen eine scharfe Winkelknickung, sein Hirn- Schädel ist lang, der des letzteren kurz. Die Back- zZahnreihe ist beim Schädel von Font beträchtlich länger als bei den Bündtnern. Eine so ganz ausgesprochene Übereinstimmung findet also zwischen diesen zwei Schaftypen doch Nicht statt, doch können wir als sicher annehmen, dass letztere von den alten ziegenhörnigen Schafen ab- Stammen und im Laufe der Zeit durch Mischung mit andernRassen etwelche Veränderung erlitten haben. Ich gebe folgende Tabelle beider Schädel, wo die Schädelbasis = 1 gesetzt ist. Font Nalps 1. Hinterhauptswulst bis zur Wurzel der Nasalia (Kaliber) 1,45 1,28 2. Dasselbe (Bandmaass) 1,72 1,52 3. Foramen magnum bis Gaumenausschnitt 1 1 *. Foramen magnum bis zum Ende des Zwischenkiefers = = 5. Hinterhauptswulst bis Hinterrand der Orbita 1,06 1,02: 6. Breite über den Ohröffnungen 0,81 0,76 7. » . zwischen den Suturae temporo-parietales 0,75 0,69 8. » zwischen den Jochbogen Bir, 1,18 Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1338. 9, Grösste Stirnbreite zwischen dem oberen Örbitalrande 1.08 1,04 10. Längsdurchmesser der Orbita 0,44 0,45 11. Höhendurchmesser derselben 0,43 0,43 12. Wurzel der Nasenbeine bis Ende des Zwischenkiefers Bid er 13. Gaumenausschnitt bis Maxillarausschnitt 0,70 0,69 14. Gaumenlänge 0,28 0,18 15. Zahnreihe im Oberkiefer 0,80 0,73 16. Molarenlängsreihe aussen 0,52 0,46 17. Prämolarenlängsreihe 0,27 0,27 18. Breite zwischen den Gesichtsleisten 0,80 0,77 19. Höhe des Oberkiefers zwischen Mol. 1 u. Präm. 1 0,64 0,62 20. Gaumenbreite zwischen Molar 2 0,48 0,49 21. Gaumenbreile zwischen Prämolar 2 0,36 0,34 In der späteren Steinzeit findet sich neben dem gewöhnlichen Typus des ziegenhörnigen Schafes ein anderes, welches in Form, Richtung und Stärke der Hörner vollständig von jenem abweicht. Die ersten Mitteilungen über dasselbe machte Prof. Studer im Jahre 1882 in den «Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft» in Bern. Er gab drei Exemplare an, zwei Hornzapfenpaare mit noch ansitzenden Stirnbeinfragmenten von Greng, einer Station des jüngern Steinalters am Murtensee. Das Dritte stammt von Lattrigen. Das eine von den beiden ersteren gehört der Stadt Murten, die andern sind im Museum in Bern, so dass sie mir zur Verfügung stunden. Seither sind zwei neue Exemplare dazu gekommen, je eines von Lüscherz (Taf. I, Fig. 4 sammt Hornzapfenquerschnitt) und Font. Das erstere ist weitaus das grösste und besterhaltene dieser Rasse, es besteht aus dem gesamten Hirnschädel mit den zwei mächtigen Hornzapfen, das andere ist nur ein Schädeldach mit den Hornzapfenfragmenten. Die an der Wurzel 37 mm. auseinander stehenden Hornzapfen des Lüscherzers krümmen sich in einem regelmässigen Halbkreise nach hinten und unten, die Spitzen divergieren wenig nach aussen und stehen 234 mm. von einander ab. Der hintere und der vordere Rand sind in ihren Krümmungslinien einander parallel. Es ist da- bei fast nicht möglich, einen hinteren und vorderen Rand nachzu- weisen, so regelmässig ist der Zapfen gerundet. Sein grösster Durch- messer beträgt 57 mm. nahe an der Basis gemessen, der Umfang ist 172 mm,, er wird darin nur von dem von Font um 2 mm. übertroffen. A Der Durchschnitt des Hornzapfens ist regelmässig elliplisch und weniger kreisförmig als beim Mufflon. Denkt man sich über die kolossalen Hornkerne die Hornscheiden gestülpt, so bekommt man ein Horn von respektabler Grösse und Länge, messen ja allein die Stirnzapfen längs der oberen Curvatur 260 mm. Es ist auch möglich, einige Angaben über den Hirnschädel zu machen. Die Stirn, soweit sie noch vor- handen, ist breit und ganz schwach gewölbt. Die Stirnbeinknickung beträgt genau einen rechten Winkel. Links und rechts von der Sa- gittallinie befinden sich im Stirnbein zwei grosse Sinus frontales. Die Knochennähte beginnen zu verwischen und die Sutura sagiltalis und coronaria sind merkwürdig aufgewulstet, so dass an der Grenze von Parietale und Frontale mitten auf dem Schädel eine dreizackige Figur entsteht. 2 Die Oceipitalregion ist rauh und höckerig, mit sehr stark ent- Wickeltem Hinterhauptswulst, als Ansatzpunkt für die Kräftige Nacken- Muskulatur. Als Länge vom Stirn- bis Occipitalwulst können 86, als Hinterhauptsbreite 57 mm. angegeben werden, Verhältnisse, wie man Sie etwa bei starken Böcken der Frutigerrasse antrifft. Man kann also da auf ein Tier von bedeutender Grösse schliessen. Das Frag- ment von Font besteht aus einem Schädeldache mit den Stirnzapfen, deren einer auf einer Seite stark verwittert ist, so dass man einen guten Einblick in die Struktur des Knochengewebes erhält. Die Horn- Zapfen stehen hier unverhältnismässig nahe bei einander, die Distanz Zwischen beiden beträgt nur einige Millimeter, sie besitzen leider nicht Mehr ihre ursprüngliche Länge, ihr Verlauf ist wie beim vorhergehen- den Exemplare nach hinten, unten. Der Umfang ist für alle bis jetzt gefundenen Stücke dieser Rasse am grössten, nämlich 174 mm. (der grösste Durchmesser an der Basis beträgt 57 mm.). Durch die Ver- Witterung erhielten wir einen Längsschnitt durch den Hornzapfen, dessen Inneres ein grossmaschiges Netzwerk von weiten Höhlungen und dünnen Lamellen zeigt, wir finden nicht einen kontinuierlichen Hohlran m von der Basis bis zur Spitze, wie dieses beim Mufflon der Fall ist. Unsere Frutigerschafe haben dagegen ein feines, zel- ligesSchwam mgewebe im Zapfeninnern. Die Oberfläche ist sehr uneben und zeigt bei allen grosse Ernährungslöcher, so dass Sich der Hornzapfen sehr rauh anfühlt. Die Verhältnisse des Schädels, SO weit sie ersichtlich, sind dieselben wie beim Lüscherzer, die son- derbaren Aufwulstungen der Sagittal- und Kronennaht waren vorhan- den, sind aber teilweise abgewiltert. Woher mögen wohl die Pfahlbauer dieses grosshörnige Schaf, das man mit keiner Rasse recht in Zusammenhang bringen kann, auf ein Mal bezogen haben ? Seinem spärlichen Vorkommen nach war es jedenfalls ein seltenes Tier, dessen Hörner vielleicht den Eingang ihrer Hütten zierten und das vielleicht von den Pfahlmenschen nie lebendig gehalten worden war. Doch kam ich von dem eben ausgesprochenen Gedanken sofort wieder ab, als ich die andern Schafknochen untersuchte. Man war geneigt, diesen Schädel mit dem korsischen, nachge- wiesener Maassen im Altertum auch in Südeuropa vorhandenen Mufflon in Zusammenhang zu bringen, doch dazu passt manches nicht. Es muss irgend eine von anderswo importierte Rasse gewesen sein, die in Grösse und Form der Hornzapfen dem Merinoschafe ähnelt. Eine dritte Form von Schafen fand sich ebenfalls in Lüscherz vor, dieselbe wird repräsentiert durch einen Hirnschädel mit Horn- zapfen und fehlendem Gesichtsteil. (Taf. II, Fig. 11 und dessen Horn- zapfenquerschnitt Fig. 12.) Dieser Schädel weicht in Form und Stel- lung der Hörner von den beiden besprochenen Rassen bedeutend ab, Rütimeyer erwähnt solche aus dem nicht ganz kritiklosen Fundort Wau- wyl, die in ihren Formen nicht viel von dem nun zu behandelnden Schädel abweichen dürften. Am auffallendsten an diesem Schädel sind die rauhen, scharf- kantigen Hornzapfen und das breite Hinterhaupt. Die ersteren stehen so nahe bei einander, dass in dem dadurch entstandenen spitzen Winkel zwischen den Hörnern kaum Raum für die sehr breite und regelmässig zickzackförmige Sagittalnaht bleibt. Der Hinterrand der Zapfen hat 67 mm. Distanz, der grösste Durchmesser beträgt 63, die Entfernung der Spitzen 249 mm. Die Stirnzapfen erheben sich von einer rauhen Basis zuerst schräg nach oben und drehen sich dann rasch nach hinten, aussen, so dass, seitlich gesehen, fast ein Halbkreis beschrieben wird. Die Hornzapfenlänge längs der oberen Curvalur beträgt 215 mm., sein Vorderrand ist abgerundet, der Hinterrand fast schneidend. Der Quer- schnitt ist unregelmässig birnförmig. Es mag noch angedeutet wer- den, dass das linke Horn stärker und tiefer gebogen ist als das rechte. Betrachten wir den Hirnschädel, so fällt uns die starke Knickung der Frontalregion auf, die volle 90 Grad ausmacht. Die Länge der Hirnschädeldecke vom Oceipitalwulst bis zur Höhe des Stirnbeins be- trägt 101 mm., die Hinterhauptsbreite über den Suturae temporo-pa rietales 67, über den Ohröffnungen 75. Die Stirn ist breit und die | TR LITH. R.ARMBRUSTER, BERN. Serner Mittelungen /89%. ray Orbitalränder ragen dachartig über die Augenhöhlen hervor. Die Stirn- beinnaht, der hintere Teil der Sagittalnaht und die Coronalnaht sind stark aufgewulstet. Es lässt sich für dieses Schädelfragment nicht leugnen, dass einesteils Eigenschaften der ziegenhörnigen Rasse, andernteils solche des grossen merinoartigen Schafschädels vorhanden sind. Es sind dabei drei Möglichkeiten nicht ausgeschlossen: Erstens kann der Schädel einem Individuum angehören, das aus einer Kreuzung der beiden ersten Rassen entsprungen war, oder aber er kann einem weiblichen Schafe der grossen Rasse angehört haben, die wohl wie unsere heutigen Tiere kleinere Hörner (rugen, dieselben mögen dabei hier etwas abnorm geraten sein, oder als letzten Fall dürfte man hier Noch eine dritte Rasse oder Varietät vor sich sehen, die mit der von Wauwyl am besten übereinstimmen dürfte. Mag dem sein wie es wolle, interessant bleibt immerhin die Thatsache, dass in Lüscherz die Schafzucht nicht unbedeutend war, indem wir hier drei ganz verschiedene Rassen oder Formen antreffen. Man kann im allgemeinen sagen, dass die Pfahlbauer der späteren Steinzeit eher ein grosses Schaf liebten, als diejenigen der älteren; selbst das gewöhnliche ziegenhörnige Schaf züchtelen sie sich in grossen Formen, wie Schädel von Vinelz, Lüscherz und Greng es zeigen. Ein völlig anderes Schaf, als alle bisher besprochenen, finden Wirin der Bronzeniederlassung von Mörigen, einer an Ausbeute reichen Station am Bielersee. Es fanden sich da ein ziemlich kompleter Schädel (Taf. II, Fig. 9 u. 10) und eine Hirnschale. Über ersteren hat Prof. "Studer in den «Mitteilungen der Naturforschenden Gesell- Schaft» in Bern vom Jahre 1883 Veröffentlichungen gemacht. Zur Kom- plettierung dieser Arbeit mag es von einigem Interesse sein, darüber noch kurze Angaben zu machen. Die gefundenen Exemplare gehörten etwas kleineren Individuen an, als unsere gewöhnlichen Landschafe sind. Was diesen Schädel sofort von allen bisher behandelten Schaf- Schädeln am meisten auszeichnet, ist das Fehlen jeglicher Spur von Hornzapfen, an deren Stelle zwei Gruben vorhanden sind. Die Stirn ist nicht geknickt, sondern schwach gewölbt, der vordere Teil ist flach und etwas eingesenkt. Das Cranium zeich- net sich durch Kürze von der ziegenhörnigen Rasse aus. Der Stirnwulst liegt direkt oberhalb der Orbita, bei den letzteren befindet er sich weit hinter derselben, Grund wesshalb bei diesen der vordere Teil der Stirn sehr: lang, bei den 100 ne anderen ganz kurz erscheint. Das sind Charaktere genug, um diese Schafrasse vollständig von der ziegenhörnigen zu scheiden. Die Schädelbasis ist etwas länger, ebenso die Distanz vom Hinterhauptswulst zum hinteren Augenrande. Die fast kreisrunde Orbita ist gegen die Thränengruben hin etwas vorgezogen, diese sind sehr tief. Das Orbitaldach und der gesamte Rand bilden eine vor- stehende Röhre, doch nicht stärker als beim Schafe von Font. Die Occipital-Parietal- und Stirngegend ist etwas schmäler als bei diesen. Der Gaumen ist auffallend kurz, die Zahnreihe aber fast so lang wie bei den Ziegenhörnigen. Gesicht und Gaumen sind etwas schmäler. Der noch vorhandene Teil des Nasenbeins ist ziemlich stark gebogen. Prof. Studer betrachtet dieses Bronzeschaf als analog mit den hornlosen Schafen der europäischen Niederungen, mit dem es in der Bildung der Knochen gut übereinstimmt. Ich setze neben die relativen Maasse des Bronzeschädels diejenigen jenes Marschschafes, das schon Prof. Studer bei seinen Untersuchungen diente. In der beifolgenden Tabelle beziehen sich die Nummern der Maasse auf die der Tabelle des ziegenhörnigen Schädels. Bronzeschaf Marschschaf me EEE TRETEN it 1,35 1,45 2. 1,59 1,76 8. 1 1 4. Re 2,28 5. 0,98 1.08 6. 0,72 0,80 Kr 7. a 0,73 8. 1,09 1,23 9. 1,03 1,02 10. 0,48 0,45 11. 0,42 0,40 12. Ei 1,42 13. e- 0,76 N 14. 0,19 0,21 15. 0,78 0,85 16. 0,52 0,58 17. 0,26 0,27 18. 0,75 0,87 19. Een 0,68 20. 0,46 0,48 21. 0,34 0,36 } 1 ! } F i \ 3 | Pl Man könnte bei oberflächlicher Betrachtung der Stein- und Bronze- schafschädel auf den Gedanken kommen, die Rasse der Bronze sei durch Züchtung aus der Ziegenhornrasse hervorgegangen, doch haben wir gesehen, dass beide nichts miteinander zu ihun haben. Das Bronze- schaf muss importiert sein. Unvermittelt geht das Steinalter in die Bronzezeit über. Dieser gewaltige Sprung in der Kultur kann nicht plötzlich von einem Volke gemacht worden sein, das wäre undenkbar, sondern es wird immer wahrscheinlicher, dass am Ende der Steinzeit ein Volk einwanderte, das seine Waffen und Geräte aus Bronze an- fertigte. Es muss sich da ein gewaltiger Kampf mit dem altange- sessenen Volke abgespielt haben, dessen Ausgang nicht zweifelhaft sein konnte und mit der Vernichtung der Steinkultur endete. Die Eingewanderten, ob von Hause aus gewohnt oder erst durch die Umstände dazu gezwungen, siedelten sich auch auf den Seen an, aber nicht in den von den Steinleuten aufgebauten Dörfern, sondern an andern Stellen. Nirgends finden wir im Seegrunde an ein und demselben Punkte zwei Kulturschichten übereinander, von welchen die Obere dem Bronzealter, die untere der Steinzeit angehört. In nächster Nähe können beide vorkommen, was Ed. von Jenner bei seinen Aus- 8rabungen in Mörigen, wie schon angedeutet, nachwies, wo er land- einwärts, ziemlich. entfernt von der grossen Bronzeansiedelung, eine Kleinere des Steinalters antraf. Der eingedrungene Volksstamm, in der Kultur den Steinmenschen weit voraus, war nicht mehr ausschliess- lich viehzüchtend, sondern auch ackerbauend, sie hatten das Pferd, ein anderes Rind und ein anderes Schwein, Tiere, die sie unzweifel- haft mit herbrachten. Das Vieh der Steinmenschen scheint ihnen ur Zucht nicht behagt zu haben, denn es verschwindet von da an. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch das hornlose Schaf hergebracht sein musste. Es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen, dass dieselbe Gegend, Welche das ziegenhörnige Schaf noch kenntlich erhalten hat, ebenso einen Nachkommen des Torfschweins aufweist. Diese beiden Zeugen einer längst vergangenen Zeit deuten darauf hin, dass bei jener grossen Einwanderung entweder ein Trupp flüchtiger Pfahlbauer mit Kind und Kegel dort hinauf gelangte, oder dass «Alt fry Rhätien» dem neuen Volke zu unwirtlich und unzugänglich war, um sich dort zu verbreiten, Es wäre interessant, wenn auch an Schädeln der Einwohner des Nalps- tales noch Eigenschaften der Steinkulturmenschen nachzuweisen wären! BE Beim Suchen nach Schafsknochen in den unteren Räumen unseres Museums fiel mir zufällig ein Fundstück in die Hände, dessen Erwäh- nung nicht hierher gehört, was ich aber doch thue, weil es sonst niemals geschehen würde. Es ist nämlich ein linkes Stirnbeinstück eines Schafschädels, der aus den Römerniederlassungen am Engewald bei Bern stammt, wo auch mancherlei gefunden wurde, das weit über jene Zeit hinaufreicht. Besagtes linkes Schädelstück trägt zwei Horn- zapfen, denen wohl zwei andere auf der rechten Seite entsprochen haben werden, also ein vierhörniges Schaf. Das vordere, breitere Horn krümmt sich von seiner Basis an schwach nach aufwärts und geht dann, einen Halbkreis beschreibend, nach unten. Das Horn ist breit, mit einer vorderen und hinteren Fläche und stark von oben nach unten komprimiert. Die grösste Breite beträgt nahe an der Basis 48 mm., die Dicke 26 mm. Das zweite, hintere Horn krümmt sich stark nach hinten und ist etwas schmäler und regelmässiger. Grösste Breite 40, Dicke 29. Vierhörnige Schafe kommen auf Island vor; Schreber beschreibt ein solches unter dem Namen ovis brachyura. Auch bei chilesischen und Fetisteissschafen ist vermehrte Hörnerzahl nicht selten. Schafextremitätenknochenreste. In jeder Pfahlbaustation findet man längere und kürzere, sowie stärkere und schwächere gleichalte Extremitätenknochen, eine That- sache, die ich mir nur als Grössenunterschied beider Geschlechter deuten kann. Es ist bekannt, dass bei heutigen Schafrassen der Widder in den meisten Fällen grösser und stärker ist als das Schaf, bei unseren bernischen Landschafen ist diese Grössendifferenz beträchtlich. In Stationen, wo sich nur ein und dieselbe Rasse nachweisen lässt, wo sich grössere und kleinere Schädel von gleichem Alter finden, die namentlich auch verschieden starke Hörner besitzen, glaube ich mit Recht die schwächeren Knochen dem weiblichen, die stärkeren aber dem männlichen Geschlechte zuschreiben zu dürfen. Durch Re- duktion der Knochen, wobei man einen beliebigen, z. B. den Metatarsus, weil er am häufigsten vorhanden ist, gleich 1 setzt, bekommt man sehr leicht alles zusammengehörende heraus, und die Anwesenheit einer andern Rasse verrät sich sofort durch ungleiche Proportionalität. Mit dieser Rechnung bekommt man auch am besten die Reihenfolge der Knochen in Bezug auf die Länge heraus. Für das Schaf finden sich durchwegs bei Pfahlbau- und recenten Rassen für die Knochen beider eu Extremitäten drei, die grösser, als der Metatarsus, und zwei, die kleiner als dieser sind. Phalangen und Wurzelknochen sind ihres ganz ver- einzelten Vorkommens wegen ganz weggelassen. Die. Reihenfolge ist die, dass die Tibia am längsten, stets um '% länger ist als der Meta- larsus; es folgt dann der Femur,: der .cir:ca um. länger als jenerist, der Radius wieder ist wenig’ kürzer. als der. Femur,..nicht:so lang wie das Metatarsale sind der Humerus und zuletzt der Metacarpus, halb so lang wie die Tibia. Für dieZiegenbeine gestaltet sich die Reihenfolge etwas anders, bei ihnenist der Humerusin den meisten Fällenlängerals der Metatarsus, selten gleich lang wie jener; ich setze natürlich stets rassenreine Tiere YO AUS; Beginnend mit der ältesten Station Schaffis, können verschiedene Wohlerhaltene Knochen besprochen werden, so ein Humerus eines Widders: er ist kräftig und wohl entwickelt, zeigt starke Muskelan- Sätze und eine tiefe Bicepsrinne. Von Schafen sind Humeri von 126 mm. Durehschnittslänge vorhanden; sie zeichnen sich durch Zierlichkeit aus, Slimmen sonst aber vollständig mit dem eben erwähnten Oberarm- Knochen überein. Die Radien sind hier im allgemeinen schlank und verhältnis- Mässig dünn und schmal: ein 164 mm. langer vom Bocke, die andern, durehsehnittlich 158 mm. lang, gehören dem Schafe an. Die Diaphysen- breite aller beträgt 16mm. Das Knochengewebe ist wie beim Humerus feinmaschig und die Ulna nicht sehr fest mit der Speiche verklebt. Interessant und wichtig sind die Metacarpalia, sind sie ja neben dem Schädel die einzigen, die nicht mit Ziegenknochen verwechselt wer- den können. Die Station lieferie drei wohlerhaltene Stücke, zwei einem stattlichen Bocke, eines dem Schafe angehörend. Erstere sind durchschnittlich 134 mm. lang mit Diaphysenbreiten von 12 und 14 mm. Obere Epiphysen 21 und untere 24mm. Beim Mittelfussknochen vom eibchen betragen die entsprechenden Breitenmaasse 11, 12 und 23 mm. Ich glaube, in Anbetracht des Umstandes, dass alle Knochen gleich lang und gut erhalten sind, einige Schlüsse auf die Länge der Vorderextremitäten dieses ältesten ziegenhörnigen Pfahlbauschafes ziehen 2 dürfen, Rütimeyer und Studer nannten es gracil und hochbeinig, Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1339. u. U eine Angabe, die sich vollständig bestätigt. Ich glaube aber noch ein wenig weiter gehen zu dürfen und mit Zahlen einen Begriff von der Hochbeinigkeit unseres Schäfchens geben zu können. Nach den vor- handenen Resten darf man für die Vorderextremität der Böcke etwa einen halben Meter, für diejenigen der Schafe circa 45 cm. Länge annehmen; dabei rechnete ich 70 mm. für die fehlenden Handwurzelknochen und die Phalangen hinzu. Gehen wir über zur hinteren Extremität. Es wurden in Schaflis nur weibliche Femora gefunden, männliche fehlten. Ihre durchschnittliche Länge beträgt 167 mm., sie sind schlank und dünn und zeigen wie alle Knochen von dieser Station Charaktere einer guten Rasse; die untere Gelenkrolle ist schmal mit einer tiefen Quadricepsgrube mit steilen Seiten- rändern; bei unseren Schafen ist dieselbe mehr halbrund ausgehöhlt. Die untere Gelenkrolle ist überhaupt hier viel leichter, im Gegen- satz zu der klotzigen heutiger Rassen. Der Trochanter major ist schmäler und spitzer, der Trochanter minor stärker ausgebildet. Es folgen die Tibien: die der Böcke von 225, der Schafe von 201mm. Durchschnittslänge; sie sind lang und dünn und besonders diejenigen der Schafe von auffallender Zierlichkeit. Metatarsen sind vier weibliche anzuführen, Knochen wie von Künstlerhand geschaffen. Die Länge machte durchschnittlich 140 mm die vom Bocke 147 mm. Die Diaphysenbreiten betragen in mm. 1012 Obere Epiphysenbreite 19—20 Untere l h 22—24. Solch schlanke, dünne Metatarsalien findet man in allen Stationen der Steinzeit, ihre Grazilität ist wohl keinem heutigen Schafe mehr eigen. Auch für die Hinterbeine darf man einen Schluss auf die Länge ziehen; ich ergänze dabei für die fehlenden Phalangen und Fusswurzelknochen 85 mm. und erhalte dann eine Gesamtlänge von. circa ‘62 em. für den Bock und durchschnittlich 585 cm. für das Schaf. Schaflis ist die älteste Ansiedlung auf dem Bielersee und ist charakterisiert durch das vorherrschende Vorkommen von Feuersteinartefakten. Ich glaube diese Station als Norm für alle jüngeren Ansiedlungen aufstellen zu dürfen, man darf annehmen, ‘dass dort die Rasse des ziegenhörnigen Schafes am ur- sprünglichsten vorhanden war. In zeitlicher Reihenfolge kommt nun Lattrigen, Station am süd- lichen Ufer des Bielersees, ausgezeichnet durch Horn-, Knochen- und Steinartefakten. Widder und Schaf sind in ihren Überbleibseln gleich Be stark vertreten. Von der vorderen. Extremität sind nur weibliche Radien von 150 mm. Länge, 15 und 16mm. Breite zu erwähnen. Der Ulnaranhang ist nicht mehr vorhanden. Sie sind etwas kürzer als die entsprechenden Knochen von Schaffis, weichen aber sonst in nichts von ihnen ab. Die männlichen Metacarpalia (Taf. I, Fig. 16) zeigen folgende Maasse : Durchschnittslänge 127 mm. Breite der Diaphyse 12—13 » » oberen Epiphyse 20.—22 » » unteren l 22—24. Ein weiblicher Metacarpus hat 120, 11, 20, 12 als entsprechende Maasse. Alle Exemplare stimmen vollkommen mit der ersten Station überein. Gestützt auf das Vorhandene, wage ich nur für das Vorder- bein eine ungefähre Höhe von 47 cm. höchstens anzugeben. Für die hintere Extremität sind weibliche 175 mm. lange Femora anzugeben, Knochen, die länger und plumper als in Schaffis sind. Die Rinne des unteren Gelenkes ist weniger winklig ausgeschnitten, mehr konkav wie bei recenten Formen. Der Trochanter major ist auch weniger spitz. Die männlichen Tibien, lange leichte Knochen, durch- schnittlich 218 mm. lang, sind vielleicht etwas weniger schlank als in der ersten Niederlassung. Im Inneren waren sie, wie nach einem halb zerschlagenen Exemplare zu schliessen war, stark markhaltig. Die weiblichen Tibien erreichen nur eine Länge von 150 mm. Die Farbe aller dieser Knochen ist heller als in der vorhergehenden Ansied- lung, dort ist sie ganz dunkel; hier und in den folgenden in ver- Schiedenen Abstufungen von braun, das ungleiche Alter an- zeigend. In Mörigen sind dieselben erst hellbraun. Die Metatarsaliasind in reicher Anzahl übrig geblieben. (Taf. 1, Fig. 8). Masc. Fem. Länge 147 133 mm. Breite der Diaphyse 11—13 10—11 » » oberen Epiphyse 19—21 17—19 » » unteren » 23—25 21—23. Bekannte Verhältnisse; höchstens zeigt sich im männlichen Ge- schlechte bei den Knochen eine Tendenz etwas plumper zu werden, im weiblichen scheinen sie ein klein wenig kürzer und dünner zu sein, doch ist allen der gazellenartige Charakter von Schaffis noch eigen. Als Totallänge des Hinterbeines bekomme ich Segen 60 cm. Ausser diesen Extremitätenknochen finden sich aber Noch vier andere, welche weder in das männliche, noch in das weib- de liche Reduktionssystem hineinpassen ; sie sind viel zu gross dafür. Es: betrifft dies drei Metacarpen.von folgenden Dimensionen (Fig. 13, Taf. II.) Länge 1402::214$5,5:° 2156711: Breite der Diaphyse 14 14 14 » » oberen Epiphyse 25,5 23 23 » » unteren » 25752.#25 27. Der letzte, grösste ist nicht vollständig gerade, sondern die beiden: Epiphysen sind schwach nach vorne geneigt, so dass von der Seite gesehen der Knochen schwach gekrümmt ist. Ausser diesen drei Exemplaren findet sich noch ein entsprechender Metatarsus mit nach-- stehenden Maassen : Länge 157 mm. Diaphysenbreite 4455 Obere Epiphysenbreite 22,5 Untere >» 24. Es ist nicht leicht möglich, dass diese vier Knochen derselben. ziegenhörnigen Rasse angehören wie die eben besprochene; unter dem vorhandenen, diesbezüglichen Schädelmaterial findet sich kein Anhalts- punkt dafür, hingegen fand sich in Lattrigen jenes von Studer be- schriebene, grosse, mufflonartige Gehörn vor, und ich glaube, dass nichts dagegen einzuwenden ist, obige Extremitätenteile mit den grossen Hörnern in etwelchen Zusammenhang zu bringen; dabei verweise ich auf den Absatz Sutz (8. 37 u. 38). Gleich alt wie Lattrigen ist die Station Lüscherz, von welcher sich im Berner Museum nur sehr spärliches Material befindet. Da ist ein Humerus 125 mm. lang, mit grossem, starkem Tuberculum majus und tiefer Bicepsrinne und scharfem vorderem Rand, in Form und Grösse mit einem Schaffiser Schafe übereinstimmend. Ferner ist vor- handen ein Radius mit abgebrochenem Olecranon ulnae 162 mm. lang und 16 mm. breit, von gewohnter Form, wohl beide dem weiblichen Schafe gehörend. Die beiden Melacarpen eines Widders zeigen, der eine gute Schaffiser Formen, der andere mehr plumpere, wie sie in Lat- trigen zu treffen sind. Länge 125 123 mm. Obere Epiphyse 20 22 Untere Epiphysenbreite 22 23 Diaphyse 12 12. Beinlängen lassen sich da bei so geringem Material nicht fest- stellen. Von der Hinterextremität ist eine 213 mm. lange Tibia, wohl einem Widder gehörend; sie ist eben so schlank und leicht wie die ee vorhergehenden. Der Metatarsus ist auf beiden Seiten angeschliffen and ein seltenes Beispiel der Bearbeitung von Haustierknochen, Länge : 132 mm. Diaphysenbreite 10 Obere Epiphysenbreite 19 Untere » 22. Für diese Station steht nun fest, dass keine einheitliche Rasse wehr gehalten wurde; Beweis hiezu sind die drei verschiedenen Rassenschädel. Nur für den gewöhnlichen ziegenhörnigen scheint hier mit den Extremitätenknochen ein Zusammenhang zu bestehen. Dieser Station folgt zeitlich Vinelz; sie wird deshalb jünger ge- halten, weil bei den Artefakten Kupfer lag. Die im hiesigen Museum aufbewahrten Überreste sind nur gering, nämlich ein kompleter männ- licher Radius mit Ulnaranhang von 160 mm. Länge und 18 mm. Breite; er stimmt in seiner plumpen, kräftigen Form mit. dem Schaffiser nicht mehr ganz überein. Ein Metacarpus ist 135mm. lang, Breite der Diaphyse 13, obere Epiphyse 22, untere Epiphyse 24 mm. Er Zeigt die alte gewohnte Form der älteren Steinzeit. Die hintere Extremität ist durch eine Tibia und durch einen Metatarsus vertreten. Erstere 219, letztere 147mm. lang; auch sie haben die gewohnten Formen. Vom weiblichen Geschlechte ist ein Metacarpus da; die gewohnte Reihe der Maasse ist: Ya 121 mm. 2: 12 2 21 4, 24. Er ist wesentlich stärker und weniger zierlich als andere. Meta- tarpen von Schaffis. Die Tibia, 193 mm. lang, muss einem ganz kleinen Tiere angehört haben. Klein ist auch ein Metatarsus 1. 13:2, 12, 3. 17, 4. 20. Er entspricht also der Tibia. Im grossen und ganzen stimmt diese Station mit denen der jüngeren Steinzeit überein. Schädel ist von hier nur einer im Museum; er gehört einem grossen Bocke; die Knochen aber lassen eher auf ein etwas kleineres Tier schliessen, als wir bisher antrafen. Die letzte Station, die noch zu besprechen bleibt, ist Sutz am oberen Bielersee, Hier ist nun reichlich Material vorhanden. Wie in Schaffis, wiegen auch da die Schafüberreste vor denen der Böcke vor, doch nicht so stark wie dort. . Von der vorderen Extremität finden wir für das männliche Ge- Schlecht Humeri von ca. 134 mm. Länge; sie sind stark, gedrungen, a mit starken Tubercula majora, tiefer Bicepsrinne und breitem unterem Gelenk. Da wo die äussere Peripherie des Knochens verletzt ist, tritt das spongiöse, feinmaschige Knochengewebe des Innern zu Tage, ein Gewebe, das noch bedeutend feiner ist als bei Knochen von Schaffis. Ein weiblicher Humerus fehlt. Die dünnen, 165 mm. langen Radien des Widders haben schlanke, gracile Formen, ihre Diaphysen- breite beträgt 16 mm. Die obere Epiphyse soll sich nach der Schaf- fiser Grundform stark nach aussen biegen, ein Umstand, der hier in hohem Maasse zutriffi. Des Schafes Radien sind um. volle ii mm. kürzer; von vorn gesehen sind sie stark S-förmig gekrümmt, d.h. die obere Epiphyse dringt stark nach aussen; der obere Teil der Diaphyse weicht im selben Maasse nach Innen zurück, der untere Teil derselben geht wieder nach aussen, ebenso die untere Epiphyse, sie sind übrigens gleich wie beim männlichen Schafe. Die Metalarsen vom Widder haben folgende Dimensionen: L} 123—125 mm. 2. 12 3. 21— 22 4. 23— 24 Sie sind etwas kürzer, sonst aber mit der Normalstation voll- kommen übereinstimmend. Für das weibliche Schaf fehlen sie. Das Vorderbein scheint hier circa 480 mm. lang, also etwas höher als gewöhnlich zu sein. Übergehend zur Hinterextremität, finden sich zwei Femora vom Weibchen, 162 mm. lang, einer recht plump, der andere schmal und gracil. Die Breite des unteren Gelenkes von vorn nach hinten ist beim einen 40, beim andern 50 mm. Ich möchte hier auf die viel- leicht nur zufällige Thatsache aufmerksam machen, dass wir bei allen fünf Stationen der Steinzeit keinen einzigen männlichen Femur antreffen. Die Tibien (Taf.II, Fig.15) sind in stattlicher Anzahl vorhanden; drei gehören aries, vier ovis mit Durchschnittslängen von 221—203 mm. an; sie stimmen mit Bekannten überein; dasselbe ist von. den weiblichen Tibien mit 203 mm. Länge zu sagen, sie weichen in nichts von Schaffis ab. Es folgen. die Metacarpen für aries mit folgenden Dimensionen : L 147—152 mm. 2; 11— 12 3 20— 21 4. 23— 24 Die Übereinstimmung mit der Normalstation ist vollkommen. a Die weiblichen: ir 125—132 mm. 2. 11— 12 3 18— 19 4. 21— 23 Im Grossen und Ganzen kann gesagt werden, dass keine von den behandelten Stationen der Steinzeit so gut mit Schaffis überein- stimmt wie Sutz. Der Bock scheint etwas grösser zu sein als dort. Die Beinlängen betragen beim Widder etwas mehr als 62 cm,, beim Schaf 59 cm. Ich muss als Anhang zu dieser Station noch zwei Metacarpen besprechen, welche in keinem Verhältnisse zu allen andern Schaf- knochen stehen; ihre Maasse sind folgende: Länge 146 139 mm. Diaphysenbreite 14 14 Obere Epiphysenbreite 25 24 Untere » 27 26 Nun sind zwar in Sutz sonst keine Spuren von der mufllonar- tigen Form gefunden worden, aber wenn wir obige Maasse mit denen von Lattrigen vergleichen, so dürfen wir ziemlich sicher auch hier auf eine ähnliche Rasse neben der gewöhnlichen ziegenhörnigen schliessen. Wir gehen nun über zum hornlosen Schafe der Bronze- Station Mörigen. Ich werde die Extremitätenknochen alle durch- nehmen und auch mit denen der älteren Stationen vergleichen, um ferner damit beweisen zu können, dass dieses Schaf wirklich einer Neueingeführten Rasse angehört. Von der Vorderextremität des Widders sind Metacarpen vorhan- den; folgendes sind ihre Maasse: 1: 123—129 mm. 2. 12— 13 3. 22— 24 4. 23— 26 Mit entsprechenden Knochen von Schaffis zusammengebracht, fallen uns die Rassenunterschiede sofort auf. Der Möriger Metacarpus Ist plump und schwer; die Epiphyse geht nur allmählig in die Dia- Physe über und ist oben und unten breit; die oberen Gelenkflächen Sind fast tellereben. Das eben Gesagte bezieht sich auch auf den weib- lichen Metatarsus, nur mit andern Maassen. Länge 125 mm. Diaphysenbreite 12 Be Se Obere Epiphysenbreite 21 mm. Untere » 24 Die weiblichen Radien haben eine Durchschnittslänge von 147 mm., mit Diaphysenbreiten von 15—17 mm. Auch diesen Knochen fehlen die gracilen Formen der Steinzeit nicht und die angedeutete S-förmige Krümmung ist nur schwach bemerklich, ebenso sind sie von der Seite gesehen weniger bogig nach hinten gekrümmt, als bei der älteren Rasse. Die Humeri sind kurze, durchschnittlich 118 mm. lange Knochen, mit schlecht ausgeprägten Muskelansätzen. Die Diaphyse ist auffallend glatt, das Knochengewebe, wo es zum Vorschein kommt, sehr fein- maschig. Hier ist das Schaf auf bedeutend kürzeren Vorderbeinen ge- standen; die Durchscehnittslänge für das weib- Ivche Vorderhein überschreitet 44cm. nicht: Für die hintere Extremität fehlt, wie wir es stets gewohnt sind, der Femur; beim Schafe beträgt seine Durchschnittslänge 156mm. Der ganze Knochen ist leichter und dünner und ähnelt, wie überhaupt alle von dieser Station, solchen von hiesigen heute verbreiteten Schafen; dieses bezieht sich auch auf die Quadricepsgrube, die hier nicht spitzbogig, sondern gleichmässig ausgerundet ist. Merk- würdig kurz und schwach sind die Tibien (Taf. II, Fig. 14). Bei aries beträgt die durchschnittliche Länge 189, bei ovis sogar nur 175mm. Die Epiphysen sind schmal und alle vorspringenden Kanten abgerundet, ganz wie bei der Haidschnucke, die aber längere Knochen und namentlich breitere Gelenke besitzt. Es bleiben noch die Metatarsen (Taf. I, Fig. 6), Knochen. von be- milleidenswerten Dimensionen, anzuführen. Masc. Fem. Länge 141 125—131 mm. Diaphysenbreite 10 10 Obere Epiphyse 20 17— 19 Untere » 22 21— 22 Der ganze Metatarsus ist rehähnlich, von oben bis unten gleich breit und mit sehr dünnen Epiphysen. Als Hinterbeinlänge ist nur 54,5 cm. für beide Geschlechter zu ermitteln. Das Aussehen aller Knochen ist schon von denen der früheren Stationen durch die helle Farbe charakterisiert. Alle tragen den Stempel einer langen Domes- tikation und einer kleinen schwächlichen Rasse, mit Merkmalen, wie sie kaum bei einem heutigen Schafe noch so stark ausgeprägt sind. ; \ nd III. Teil. Die Ziege, Capra Hircus L. So lückenhaft wie die Paläontologie der Schafe, ist diejenige der Ziegen. Man kennt fossile Ziegenreste aus südeuropäischen Höhlen, wie Capra Rozeti aus dem Pleistocän der Auverne und Capra Geben- narım aus der Höhle von Mialet. Eine hornlose Ziege mit einem Schädel von der Grösse eines Rindes ist von Rütimeyer unter dem Namen Bucapra Daviesii Rütim. aus den sivalischen Hügeln beschrieben worden. Die Grösse kann wenig frappieren, erreichen ja Schafe aus der Gruppe der Argali noch heute Rindshöhe. Lydekker beschreibt eine Capra sivalensis Lyd. und Capra perimensis Lyd., erstere aus Sivalik, letztere aus Perim, die den Iharal und den Markhoor, zwei Ziegenarten, schon im tertiären Terrain anzukündigen scheinen. Über- gehend zu den noch lebenden wilden Ziegenarten giebt H. R. Schinz deren folgende an: 1. Der sibirische Steinbock, Capra Pallasii, Capra Sibirica, in den Gebirgen Sibiriens, Kamtschatkas und der Tartarei. 2. Der Steinbock dereuropäischenCGentralalpen, Capra Ibex. Lebend nur noch in den italienischen Alpen. 3. Der pyrenäische Steinbock, Capra pyrenaica. In den Pyrenäen, Sierra de Randa und Granada. 4. Der kaukasische Steinbock, C. caucasica, im Kau- kasus und den höchsten Alpen des südlichen und gemässigien Asien. 5. Die Bezoarziege, (. Aegagrus, in Persien. 6. Der Beden, Capra Beden, Aegoceros Beden Schreb. Wagn. €. Joela Griffith., €. sinaitica Ehrenb., €. nubiana Fisch. In Nubien und Oberägypten. 7. Der abyssinische Steinbock, C. Walie Rüppel, in Abyssinien bis zur Schneeregion, ist wahrscheinlich nur eine Varietät des Beden, 8. Der Iharal, C. Iharal Hodgson im Himalaja. 9. DieKnoppernziege, (. tubericornis. Aegoceros cOSSus. Blainville, in der Provinz Jemlah, am westlichen und südwestlichen Himalaja. (10). Die amerikanische Ziege, C. americana in den rocky moun- lains ist Haploceros eine Antilope. 11. Der kretische Steinbock, (. cretica, ungewiss als’ Art. Bern. Mittejl. 1894. Nr. 1340. u Ferner sind noch aufgestellt worden: Capra hilocrius, in. den Nilgeris und Capra dorcas Reichenow, Insel Joura bei Euboea. Die Abstammung der Hausziege, Ort und Zeit ihrer Domestikation sind ebenso wenig geschichtlich nachweisbar, wie beim Hausschafe. Man nimmt allgemein an, ihre Stammmutter sei die auf den Gebirgen Kleinasiens und Persiens wild vorkommende Bezoarziege, (. aegagrus. Sie würde von den ersten Einwanderern nach Europa gebracht wor- den sein. Ihre Verbreitung war aber schon früh eine allgemeine. Schon die alten Indier besassen sie als Haustier; Ziegenböcke sind das Gespann Pushans, des Herdengottes; ebenso fährt Thor nach nor- discher Mythologie mit Ziegenböcken. Die alten Indier benutzten die Ziege als Milchtier. Sie ist häufig auf -altägyptischen Denkmälern dargestellt, ist in der ganzen antiken Welt überall gehalten worden. In den Herden Karls des Grossen wurde sie gehegt. Merkwürdig ist, wie wenig sich die Ziege von der ältesten Steinzeit bis auf die Gegenwart verändert hat. Höchstens ist sie et- was grösser und stärker geworden, aber es ist fast dasselbe Tier, wie es schon in Schaffis vorkommt. Die Ziege, «die Kuh des armen Mannes», ist in der Zucht stets vernachlässigt worden; man beachtete sie zu wenig, erst in der letzten Zeit hat man durch rationelle Zucht versucht, gute Rassen hervorzu- bringen. So bedeutend die Litteratur über das Schaf ist, so wenig finden wir die Ziege wissenschaftlich behandelt. Systematische Rassen- einteilungen gibt es noch nicht. Freitag teilt die Hausziegen in 3 Gruppen. I. Gruppe: Asiatische Hausziegen. 1. Die Angoraziege, Capra hircus angorensis. Kleinasien. Paschalik Anadoli stammt problematisch von der Schraubenziege ab. 2. Dieindische Ziege, Hircus angorensis Indorum Fitz. soll aus der Kreuzung von schmalohrigen Kaschmir- und Angoraziegen hervorgegangen sein. Namentlich in Vorderindien. 3. Die Kaschmirziege, C. hircus laniger. Heimat das Alpenthal von Kaschmir, 4. DieschmalohrigeKaschmirziege, Hircus laniger stenotis Fitz, Aus der Kaschmir- mit der kreuzhörnigen Ziege hervorge- gangen. Tipet, Nepal und Gegenden von Ostindien sind ihre Heimat. 5. Die zottige Ziege, Hircus villosus Fitz. ist in den höheren Gebirgen Tibets verbreitet. 6. Dietibetanische Ziege, Hircus villosus tibetanus. = de 7. Die langhaarige tibetanische. Ziege, Hircus villosus tibetanus longipes. 8. Die rauhaarige tibetanische Ziege, H. villosus tibetanus rudipilis. 9. Diekreuzhörnige Ziege, H. villosus tibetanus con- vergens; sie ist möglicherweise aus der Kreuzung tibetanischer Ziegen und von Hemitragus jemlaicus hervorgegangen. Sie ist in Tibet, Nepal und verschiedenen Gebirgsstöcken des Himalaya zu Hause, soll von den Kirgisen bis zum Ural verbreitet worden sein. 10. Die nepalische Ziege, H. arietinus, in Nepal, dem Lande der Ghurka-Dynastie, auf Terrassen des Himalaya bis in die Hochgebirgsregion verbreitet. 11. Die Mamberziege, Capra hircus mambrica, wird haupt- Sächlich von den Kirgisen in West-Sibirien gezogen, nicht selten auch in Kleinasien gehalten. 12. Die burätische Ziege, H. aegagrus buraelicus Fitz., Wird von den mongolischen Buräten in den Landschaften um den Baikalsee, im Gebiete Transbaikalien und im südlichen Teile von Irkutsk Sezogen und soll von dort zeitweilig auch nach Kleinrussland gelangen. 13. Die tatarische Ziege, H. thebaicus tatarum, wird Sowohl von den tatarischen Nomadenstämmen jenseits des Altai, wie auch von den Kirgisen am Irtisch und von den Kalmücken im Gebiete des Oelöt gehalten. 14. Die persische Hausziege, C. h. rossica Persarum Bil, soll aus der Paarung kurzhaariger russischer Hausziegen mit libetanischen Böcken hervorgegangen sein. 15. Die seidenhaarige Hausziege, C. h. serica Fitz., !St wahrscheinlich aus der Kreuzung von schmalohrigen tibetanischen und gemeinen Hausziegen entstanden. 16. Die arabische Ziege hat ihre Heimat in Arabien, der syrischen Wüste und ist von dort weithin verbreitet worden. 17. Die syrische Ziege kommt in den Küstenländern von Ostafrika, besonders in Unter-Ägypten und auf Madagaskar vor. .. 18. Die Sundaziege, von Keller auf den Sundainseln kul- liviert vorgefunden. I. Gruppe: Afrikanische Hausziegen. Ihre Anzahl ist beträchtlich, bekannt sind folgende: 1. Die Nil- oder ägyptische Ziege, C. h. aegypliaca Steht der europäischen ziemlich nahe. er A 2. Die berberische Ziege, im nördlichen und nordwest- lichen Afrika daheim, auch in Senegambien. In Ober-Guinea soll sie der daselbst gehaltenen Whydah-Ziege ihre Entstehung zu verdanken haben. Von Afrika aus gelangte sie auch nach Malta, Spanien und Südfrankreich. 3. Die Sudanziege, Capra hircus aethiopica Fitz. In den ältesten Zeiten in den Nilländern benutzt. Viele Schläge. 4. Die Whydahziege, siehe Nr. 2. 5. Die platthörnige Ziege, an der Westküste Afrikas. Ist auch als besondere Art angesehen worden. 6. DieZwergziege, Hircus reversus L. u. Fitz. Hartmann und Brehm fanden eine mittelsudanesische Spielart, Capra hircus re- versa, ohne sie näher zu beschreiben. Von Ober-Guinea aus gelangte sie auch nach Ostafrika, Madagaskar, Südamerika und Westindien. Die Engländer unterscheiden drei Varietäten derselben: 1. C. recurva am weitesten in Afrika verbreitet. 2. C. depressa Mauritius, Inseln Bour- bon und Madagaskar. 3. Die unterägyptische Ziege am weissen Nil und zuweilen an der nordafrikanischen Küste. Fitzinger unter- scheidet mehrere Varieläten von Zwergziegen, nämlich die Gazellen- ziege, H. reversus Gazella, die westindische Zwergziege, H. reversus nanus und die zotlige Zwergziege, H. reversus villosus. In einem grossen Teile Westafrikas. 7. Die äthiopische Ziege, (. hircus wthiopica, ist der Mamberziege nahe verwandt. 8. a. Die ägyptische Ziege, C. hircus »gyptiaca ist Nr. 7 nahe verwandt. Schon seit langem bekannt. 8. b. Die nubischen Ziegen sind wahrscheinlich nur eine Varietät der äthiopischen. 8. c. Die Angola-Ziegen, Nieder-Guinea. 9. Die kurzhörnige ägyptische Ziege, H. x»gyptiacus brachyceros Fitz. Heimat ist Unterägypten, von dort aus weithin ver- breitet. 10. a. Die lybische Ziege, C.h. Iybica, wahrscheinlich ein Kreuzungsprodukt der beiden erstgenannten Rassen. 10. b. Die Somaliziege, auf dem Gebirgsplateau des Somali- landes heimisch. 11. Die thebaische Ziege, H. thebaicus Fitz. (buckelnasige Ziege), Heimat Ober-Ägypten, soll bis Ostindien gelangt sein. 12. Die kKurzohrige thebaische Ziege, H. thebaicus brachyotis Fitz. Oberägypten. ir Ae II. Gruppe: Europäische Hausziegen. 1. Die kurzhaarige russische Ziege. Soll aus der Kreuzung von Hausziegen mit Bezoarböcken hervorgegangen sein. Ihre Heimat ist Ost-Russland und West-Sibirien. 2. Die langhaarige russische Ziege soll aus der Kreuzung der kurzhaarigen mit der burätischen entstanden sein. 3. Die zottige Hausziege. Mag aus der Kreuzung ge- Meiner Ziegen mit berberischen Böcken entstanden sein; sie ist mög- licherweise schon zur Zeit der Römer gezüchtet worden. Sie gelangte von Europa aus überall hin. Früher sollen verwilderte Ziegen dieser Art auf Insela des Mittelmeeres, z. B. Caprosia (Capraja) und Tavolara, vorgekommen sein. 4. Die rauhaarige Hausziege ist aus der Kreuzung der gemeinen mit der zottigen hervorgegangen. Dazu gehört die Mehrzahl der deutschen, österreichisch-ungarischen, französischen, belgischen, hol- ländischen, englischen, dänischen, russischen und skandinavischen Schläge. Für die schweizerischen Ziegen hat Anderegg folgende Ein- teilung gegeben: l. Gruppe: Rhätische Ziegen: a) die Oberländer Ziege b) die Oberhalbsteiner Ziege c) die Engadiner Ziege d) die Prättigauer Ziege 2. Gruppe: Ziegen der Urkantone und Glarus: a) Urschweizerziegen b) Glarnerziegen 3. Gruppe: Ziegen des Wallis und Tessin: a) die weissschwarze Satlelziege b) die rötliche Oberwallisziege c) die Livinerziege. 4. Gruppe: Ostschweizerische oder alemannische Ziegen. a) Toggenburgerziege b) Appenzellerziege 5. Gruppe: Die westschweizerischen oder burgundischen Ziegen: Gebirgsziegen. | Gebirgsziegen. Gebirgs- und Stallziegen. 3) die Emmenthaler Ziege b) die weisse Saanenziege ©) die Freiburger Ziege Gebirgs- und Stallziegen. 4) die Frutligziege °) die Schwarzenburg-Guggisberger Ziege en Kb Bei 13 dieser Schläge gibt es gehörnte und ungehörnte Tiere und nur ein Schlag, die Schwarzhalsziege, ist ausnahmslos ge- gehörnt. So sehr Ziege und Schaf äusserlich verschieden sind, so schwer ist es, Skeleitstücke von einander zu unterscheiden, was schon der gewiegle Forscher in diesem Gebiete, Rütimeyer, selbst sagt. Am Schädel ist in dieser Beziehung besonders die Stellung der Horn- zapfen, aber nicht die Form und Richtung ausschlaggebend. Die Hornzapfen des Schafes divergieren nach hinten stark von der Sagit- talebene. Bei der Ziege sind sie mit ihrem grössten Durchmesser dieser Linie nahezu parallel. Fernere Unterscheidungsmerkmale am Schädel sind das Thränenbein, Nasalia und die Ausdehnung der Inter- maxillen, sowie das Foramen infraorbitale, das bei der Ziege eine spaltförmige Öffnung in einer unregelmässigen Grube des Oberkiefers bildet. Beim Schaf ist es regelmässig und scharf umgrenzt und ziem- lich weit offen. Die Incisiven der Ziegen besitzen längere Wurzeln als die der Schafe, deren Krone bildet eine je nach der Usur ver- schiedene Palette, deren Richtung wenig von der Richtung der Wur- zeln nach aussen abweicht. Bei den Schafen sind die Schneidezahn- wurzeln kürzer und schlanker, die Krone ist deshalb von der Wurzel weit stärker abgesetzt und bildet eine unregelmässige viereckige Pa- lette mit einer Medianlinie, welche stark nach aussen abgebogen ist. Die Molaren der Ziege sind schlanker, bei gleicher Länge dünner als beim Schaf und schiefer nach vorn geneigt; sie bilden keine konti- nuierliche Reihe, sondern sind etwas coulissenartig hintereinander ge- stellt. Die Kanten der Aussenwand der Zahncylinder sind bei der Ziege schärfer als beim Schafe und stehen nicht in der. Mitte des Zahncylinders, sondern hinter deren Mitte, so dass die Zahncylinder wie verschoben erscheinen. An der Kaufläche, welche schiefer nach aussen abfällt als beim Schaf, erreicht der Talon niemals die volle Zahnbreite. Beim Schaf ist die ganze Zahnreihe dichter. gedrängt, massiver, steiler aufgerichtet. Die einzelnen Zähne sind massiver, bei gleicher Länge dicker und vertikaler als bei der Ziege. Die äusseren Kanten der Schmelzeylinder sind stumpf -und liegen in der Mitte der dadurch weit mehr symmetrischen Zahncylinder. Die Kaufläche ist fast horizontal. Vorn an jedem Backzahn ist ein Ansatz von der Breite des ganzen Zahnes; die Zähne stossen breit an einander. Die Prämo- laren und Milchzähne tragen das nämliche Gepräge. Beim Schaf haben die Prämolaren oft plötzlich eine ziemlich geringere Breite als die ! } } Molaren, bei der Ziege ist die Abnahme allmähliger. Auch die Man- dibel hat einige, freilich weniger sichere Anhaltspunkte. Der hori- zontale Kieferast ist beim Sthaf höher, weniger schlank, der auf- steigende Ast breiter, steiler und unter dem Gelenkteil weniger ein- geschnürt als bei der Ziege. Das Foramen maxillare posterius liegt beim Schaf spaltartig in einer unregelmässigen, seichten Aushöhlung des ramus ascendens und der suleus mylo-hyoideus geht vom vorderen Rand des Foramen ab. Bei der Ziege liegt die breite trichterförmige Öffnung des Alveolarkanals im Grunde einer gut begrenzten Vertiefung des aufsteigenden Astes. Die obere Backzahnreihe ist ähnlich. Die Zähne sind schlanker, schiefer und coulissenartig hintereinander ge- stellt, mit nach aussen schiefer Kaufläche; bei der Ziege mit mehr horizontaler als beim Schaf. ’ Am Skelett liefern besonders die Nagelphalangen Unterscheidungs- Mittel. Die Extremilätenknochen lassen sich bei sorgfältiger Verglei- Chung auch sortieren. Hirschähnliche Gracilität, scharfe Zeichnung der Muskeleindrücke und trockenere Knochensubsianz charakterisiert die Ziege; das Umgekehrte findet sich beim Schaf, sagt Rütimeyer. Für das ziegenhörnige Schaf der Pfahlbauten treffen die beiden ersteren Merkmale aber sicher nicht zu; ich habe gerade das Gegenteil ge- funden, Ziegenüberreste aus Schweizer-Pfahlbauten. Das vorhandene Material, meist nur aus Hornzapfen mit anhaf- (enden Stirnteilen bestehend, ist nicht reichlich. Ein bedeutenderes Schädelfragment wurde in Vinelz gefunden, das nicht so ganz- mit heutigen Ziegen übereinstimmt. Es ist der Mühe wert, dasselbe näher zu betrachten. Dem Schädel fehlt der Sanze linke Gesichtsteil und der linke Jochbogen, auch der rechte Öberkiefer ist nicht mehr ganz vollständig erhalten. Das Tier, zu dem der Schädel gehört, war kleiner wie unsere heutigen Ziegen, etwa von der durchschnittlichen Grösse der ziegen- hörnigen Schafe. Der Hirnschädel ist im Verhältnis zu heutigen Hiegen ziemlieh kurz, hochwundisehr-stark..ge- r Olbt. Die Stirnbeinknickung mag auch ungefähr men rechten Winkel 'betragen, ist aber nicht so scharf Wie beim ziegenhörnigen Schafe. Die Hörner erheben sich von einer en aufgewulsteten Basis nach oben und hinten. Der Innenrand ist „enlich scharf, der Querschnitt des Hornzapfens regelmässig linsen- ürmig, Beide Stirnzapfen sind auf der Stirne durch einen bis auf die Mitte der Stirnbeine hinlaufenden Wulst verbunden. en DB ee Die Länge vom Hinterhauptswulst bis zum Hinterrande der Orbita ist bedeutender als bei andern Schädeln und steht in einem ganz ungewohnten Verhältnisse zur Schädelbass. Das Hinterhaupt ist schmal, die Stirne aber ziemlich breit. Die Augenhöhlen sind höher als lang, und ihr Rand steht stark vor. Es fehlt jede Spur von Thränengruben. Leider ist nicht die ganze Backzahnreihe vorhanden, doch kann eine sehr lange Reihe angenommen werden, deren gesamte Molarenlänge wieder in keinem Verhältnisse zur Schädelbasis steht. Ich hoffe, nachdem ich mehr Material untersucht haben werde, später doch noch einen Rassen- unterschied zwischen Pfahlbau- und heutigen Ziegen angeben zu können. Ich lasse die Maasse neben denen eines Schädels von der Engstlenalp hier folgen. Vinelz. Engstlenalp. Hinterhauptswulst bis Wurzel der Nasalia 1;51 1,31 Dasselbe Bandmaass 1,85 1.176 Foramen magnum bis Gaumenausschnitt 1 1 Hinterhauptswulst bis Hinterrand der Orbita 1,23 1,10 Breite über den Ohröffnungen 1 0,86 Breite zwischen Suturae temporo-parietales 0,82 0,67 Breite zwischen den Jochbogen “= 1,20 zrösste Stirnbreite 1,26 1,02 Längsdurchmesser der Orbita 0,49 0,44 Höhendurchmesser derselben 0,51 0,39 Gaumenausschnitt bis Maxillarausschnitt — 0.94 Gaumenlänge -_ 0,32 Zahnreihe im Oberkiefer en 0,74 Molarenlängsreihe aussen 0,60 0,47 Prämolarenlängsreihe — 0,26 Breite zwischen den Gesichtsleisten — 0,78 Höhe des Oberkiefers zwischen M. 1u.P.1 — 0,59 Gaumenbreite zwischen Mol. 2 — 0,48 Gaumenbreite zwischen Premol. 2 — 0,35 Entfernung des Vorderrandes der Hornzapfen 29 32 Entfernung des Hinterrandes der Hornzapfen 41 52 Grösster Durchmesser an der Basis 38 35 Entfernung der Spitzen 133 127 Länge längs der grossen Kurvatur 225 160 ey Ein anderes Ziegenschädelstück ist ein Cranium von Font mit schönen Hornzapfen, dem leider Stirn und Gesichtsteil fehlen; es ge- hörte einem grösseren ausgewachsenen Tiere an, mit im allgemeinen gleichen Rassenmerkmalen wie der eben beschriebene Schädel. Die Knochensubstanz ist ziemlich feinmaschig, die Aussenflächen glatt, ohne Starke Unebenheiten. Der sonst so stark runzelige und wulstige Hinterhauptsteil tritt wenig hervor und ist glatt. Von hier bis zum Stirnwulst misst der Schädel 100mm. Die Stationen Schaffis und Lüscherz haben Fragmente geliefert, die wenig kleiner sind als dieser. Die Breite über den Öhröffnungen beträgt 80 mm., über den Suturae temporo-parietales 69 mm., Maasse, die von Fragmenten anderer Her- kunft nicht ganz erreicht werden. Die Stirnbreite zwischen dem oberen Orbitalrande macht 97 mm. Aus. Auf beiden Seiten der Sagittallinie des Schädels befinden sich ”wei grosse Frontalsinuse, daneben noch zwei kleinere. Das Orbital- dach steigt mässig steil gegen die Hornzapfen an, die plötzlich senk- "echt sich vom Stirnbein erheben. Die Parietalregion wölbt sich regelmässig und fällt zu beiden Seiten eines scharf in die Höhe abgegrenzten, oberen Teiles ziemlich steil ab. Rechts und links von den Hinterhauptskondylen wachsen Nach hinten und biegen ihre Spitzen nach unten zwei starke Mastoi- dalfortsätze, Beim Exemplare von Font ist der eine Hornzapfen zur Hälfte weg- Sebrochen, doch kann man dabei auf eine Spitzendistanz von 125 mm. Technen. So stark divergieren sie aber nirgends bei mir bekannten Pfahlbauziegenschädeln ; am nächsten kommen Schaffis mit 103—111, Sutz 94, Vinelz mit ca. 95mm. Die Länge der Zapfen längs der Krümmung kann nie ganz genau angegeben werden, weil die Spitzen im Wasser Stets abbröckelten. Von allen Fundstücken besitzt der Schädel von ONt weitaus die längsten Hornzapfen, nämlich solche von 255 mın. Etwas kürzere finden sich in Schaffis von 210, Vinelz 205, ein zweites “emplar von Schaffis 130, ein drittes 181. Der grösste Durchmesser er Hornbasis beträgt bei Font 39 mm.; alle andern sind Kleiner. Der fang misst 103 mm.; nur ein Schädel von Vinelz überschreitet dieses Maas, die andern bleiben alle zurück. Die Distanz des Vorrandes der Hornwurzeln ist beim Schädel von Font 31 mm., bei andern Sta- lionen 28—35, bei einem Fragment von Sutz sogar 40. Letzteres ist Auch noch durch die sehr stark nach hinten gehenden Hornzapfen von andern verschieden. Bei allen erwachsenen Ziegenschädeln bemerkt Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1341. d Baia er man je eine vom inneren Hornwurzelrand sich schräg über die Stirn- beine hinziehende Leiste, die sich fast mitten auf der Stirn treffen und vereinigen, ein Vorkommnis, das nur diesen eigen ist. Die Ent- fernung des Hinterrandes der Hornwurzeln ist auch sehr konstant, bei Font 63, bei den übrigen 57—66 mm. Die Lage der Hörner auf den Stirnbeinen der Ziege erlaubt ihnen eben keine so grossen Schwankungen wie beim Schafe. Es ist von den bedeutendsten Forschern gesagt worden, dass man weder in der Steinzeit, noch in der Bronzeperiode, aus welchem Zeitraume übrigens nur drei Hornzapfen in Bern vor- handen sind, noch in Fragmenten aus historischer Zeit ein von der heutigen Ziegenrasse verschiedenes Tier aufstellen könne; dass das nicht so ganz richtig ist, beweist schon der eingangs dieses Abschnittes beschriebene Schädel von Lüscherz. Nach den vorhandenen Stirn- teilen lässt sich aber kein gültiger Schluss ziehen, wir müssen noch warten, bis uns neue Funde mehr Licht in die Sache bringen. Nach dem vorhandenen Schädelmaterial können wir aber sagen, was wir schon vom Schaf bemerkt, dass das in den ältesten Ansiede- lungen kleine Tier im Laufe der Zeiten grösser gezüchtet wurde. Von grossem Interesse ist der von Prof. Studer in den «Mit- teilungen der Berner Naturforschenden Gesellschaft» beschriebene Hornzapfen aus Lattrigen, welcher der Capra aegagrus oder einer naheverwandien Rasse angehört haben muss. Abweichende Hornzapfen von mehr rundlichem Querschnitt fielen mir in der Schaffiser Ausbeute auf, die aber ihrer starken Verwitte- rung wegen keine nähere Beschreibung und Vergleichung zulassen. Von Extremitätenknochen der Ziege konnten für die älteste Niederlassung Schaffis keine sicher nachge- wiesen werden. In Lattrigen fanden sich hübsche Metacarpalia von folgenden Dimensionen: Länge 102—108 mm. Breite der Diaphyse 15— 16 » » Epiphyse oben 22— 24 » » » unlen 25— 21 Die 177 mm. langen Femora sind stark und schwer, der obere Gelenkkopf ist regelmässig halbkreisförmig, der Trochanter major stark entwickelt, ebenso der Trochanter minor, beide verbunden durch die zu einer Crista gewordene Linea intertrochanterica. Die Linea aspera femoris tritt ausgeprägt hervor und zieht sich weit nach unten, die Fossa poplitea ist innen rauh und uneben und die beiden Gelenk- = 1 = rollen gehen hinten weit nach oben. Die Patellargrube stellt sich schräg zum Knochen. Im Ganzen ist der Femur kleiner als bei heu- ligen Ziegen, ohne dabei an Plumpheit etwas einzubüssen. Die Metatarsen haben eine Länge von 110—116 mm. Diaphysenbreite 11— 13 Obere Epiphysenbreite 19— 21 Untere » » 24 Diese, wie auch die Metacarpen sind bedeutend kürzer als bei heutigen Ziegen. Von Lattrigen sind zwei Metatarsen vorhanden; sie sind in der oben angegebenen Reihenfolge gemessen. t: 109 113 2. 12 12 3. 18 19 4. 23 24 Dass dieselben wenig kleiner sind, ist wohl nur Zufall. Metacarpalia (Taf. I, Fig. 7) fanden sich wieder in Sutz und haben folgende Grössen: 15 101—103 2. 14 3. 22 4 25 Sie stimmen alle unter sich merkwürdig überein, verglichen mit Lattrigen sind sie kleiner nnd schlanker. Zwei Metalarsalia stimmen eben so gut unter sich überein. L. 107 2. 11—12 3. 18 4. 22 Auch für die Extremitätenknochen der Ziege finden wir von den älteren Stationen bis zu den jüngeren der Steinzeit eine Ver- $rösserung der Rasse, aber nicht in so hohem Maasse wie beim Schafe, dabei scheint jene schon von Anfang an dieses an Grösse übertroffen zu haben. Glücklicherweise fanden sich aus dem Bronzepfahlbau Mö- Tigen verschiedene Ziegenknochen vor. Von der vorderen Extremität Sind es vor allem aus zwei starke Radien, einer mit ansitzendem Ul- Narteil; ihre Länge beträgt 161 und 164 mm., die Breite 19 und 17 mm. Beide sind schwere, plumpe Knochen, gegen welche ein zier- licher kleiner Metacarpus auffällt. Es ist seine Länge 107 mm. Breite der Diaphyse 14 Obere KEpiphysenbreite 22 Untere » » 25 Von der hinteren Extremität besitzen wir eine grosse Tibia von 217 mm. Länge; sie ist plump und gehört einem sehr starken Tiere. Dagegen recht zierlich ist wiederum das Metatarsale. a 110 2. 13 > 19 4. 23 Nach diesen Befunden scheint die Bronzeziege auch grösser ge- wesen zu sein als in der vorhergehenden Steinzeit. Nach diesen paar Knochen darf man aber kaum wagen, einen Schluss auf Übereinstim- mung oder Nichtübereinstimmung mit der Steinzeitziege zu ziehen; dazu gebraucht man Schädelmaterial; hingegen darf man mit Recht behaupten, dass die Pfahlbauziegen insgesamt kleiner waren als unsere jetzt lebenden Schweizerziegen. Durchschnitismaasse für die langen Knochen der lebenden er- geben für den Humerus 167, Radius 173, Metacarpus 123, Femur 193, Tibia 237, Metatarsus 130 mm. Metac. Metat. Breite der Diaphyse 16 13 » » oberen Epiphyse 26 23 » » unteren » ol 28 Diese Maasse werden von Ziegenknochen aus den schweizerischen Pfahlbauten niemals erreicht. Betrachtet man die gesamten Pfahlbaustationen von der ältesten Ansiedelung bis zur jüngsten Steinzeit, so erkennt man aus der Menge und Art der Knochenreste den jedesmaligen Stand der Viehzucht; dieselbe hat sich aus den primitiven Verhältnissen von Schaffis von Station zu Station immer mehr entwickelt, bis sie zuletzt in der Bronzestation Mörigen von der aufblühenden Landwirtschaft wieder mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Die blühendste Zeit der Viehzucht ist für das Zeitalter der Pfahlbauten in der jüngeren Stein- zeit zu suchen. Es ist hier vielleicht am Platze, mit ein paar Worten einer irrigen und tief eingewurzelten Meinung, die selbst von bedeutenden Historikern immer wieder aufs neue kolportiert wird, entgegenzulreten. Ich meine de nämlich, der Ansicht über das Alter unserer schweizerischen Pfahl- bauten. Wenn man von jener Zeit spricht, so denkt man sich un- willkürlich in eine Periode von zwei- bis dreihundert Jahren vor der Invasion der Römer in Helvetien (58 a. Ch.) hinein. Eine solche Ansicht findet sich sogar in neuen Lehrbüchern der Schweizergeschichte niedergeschrieben. Aus den Zuständen der Artefakten und den Über- bleibseln, welche mehr den Zoologen interessieren, habe ich mir da- raus Folgendes aufgebaut: Die ersten sesshaften, auf Pfählen wohnenden Steinmenschen waren in unser Land eingedrungen und hatten die nomadisierenden Ureinwohner der Glacialzeit, soweit sie nicht schon dem Renntiere nach Norden gefolgt waren, verdrängt, sich an den Ufern unserer Seen ihre Heimstätten bauend. Als älteste Niederlassungen haben wir, nach dem Zustande der Artefakten, diejenigen von Moosseedorf, Wangen, Wauwyl und Schaffis anzusehen. Die Schaffiser Pfahlbauten haben uns eine Kulturschicht von zwei Fuss Mächtigkeit hinterlassen, die vollgepfropft ist von Abfällen, Tier- knochen und Artefakten aller Art. Es wird jedermann einleuchten, dass die Pfahlbauer nicht alle Tage ihre kostbaren Nephritbeile und mühsam angefertigten Steinwerkzeuge ins Wasser plumpsen liessen, oder wenn das geschah, sicher dieselben baldigst wieder aus der ge- ringen Tiefe hervorholten. Auch blieben nur die wenigsten Knochen auf dem Ufergrunde liegen, das Meiste wurde durch die Wellen weit weggeführt. Bis dass eine zwei Fuss mächtige Kehrichtschicht da ab- gelagert war, konnten manche Generationen über den Wellen kommen und gehen und ihren Beitrag dazu geben. Alle Werkzeuge aus Horn und Knochen, sowie die Skelettstücke sind durch das allmählige Ein- dringen von Humussubstanz bis ins Innere dunkelbraun bis fast schwarz gefärbt. In die jüngere Steinzeit fällt das reiche Pfahldorf Lüscherz mit seinen charakteristischen, durchbohrten Steinhämmern. Die Anfertigung dieser- Instrumente musste gelernt und erprobt werden, bis sie allge- Mein wurde; das ging auch nicht so schnell. Über 2000 Artefakten und ungezählte Knochenreste wurden der 1—1'/a Fuss dicken Kultur- schicht von Lüscherz enthoben. Es brauchte eine lange Zeit, his das alles abgelagert war. Die Knochen sind hier von lichterer Färbung. In diese Zeit fallen auch Lattrigen, Lüscherz und Vinelz. Diese Steinmenschen wurden vertrieben durch die einbrechenden Horden des Bronzevolkes, die andere Haustiere mit sich brachten, aber N 4 E: J Ir auch noch die Gewohnheit hatten, auf dem Wasser zu wohnen. Sie rammten ihre Pfähle nie an derselben Stelle ein, wo ihre Vorläufer, man findet niemals auf einer Steinkulturschicht eine solche aus der Bronzezeit. Wohl aber, wie in Mörigen, beide nicht weit von einander entfernt. Nahe bei der dortigen grossen Bronzestalion findet sich eine Niederlassung aus der Steinzeit mehr dem Ufer genähert. Die dortige Bronzestation hinterliess eine Kulturschicht von 2—2!/a Fuss Mächtigkeit. Man denke sich den Zeitraum, bis das alles sich im Seegrunde angehäuft hatte! — Es ist noch ein anderes Moment, welches für das ungeheure Alter der Pfahlbauzeit spricht, nämlich die kolossale Masse der Tier- knochen. Es wurden in den meisten Stationen Körbe und Säcke voll Knochen ans Tageslicht gefördert, ganze Wagenladungen wanderten in Knochenmühlen. Denkt man sich dieses Material in lebendes Vieh umgeselzt, so bekäme man eine Herde, deren Last genügt hätte, nicht nur ein einzelnes, sondern sieben Pfahldörfer in den See zu drücken. Man dachte sich immer, die ganze Ausbeute eines Dorfes sei bei einer Katastrophe zusammen so in den See gestürzt worden, wie man sie gerade fand; dass dem nicht so sein kann, haben wir eben ge- sehen. Die Kulturschicht vergrösserte sich nur ganz langsam; von einem Tiere gelangten auch selten alle Knochen in den See, die kleineren wurden von Hunden aufgefressen. Beim Untergang eines Pfahldorfes durch Feuer kamen sicher nur eine geringe Anzahl von Artefakten und andern Überbleibseln zu der schon viele Jahrhunderte alten Ab- lagerung auf dem Seegrunde. Der Urwald wurde nun allmählig gelichtet, und die Menschen verliessen ihre schwankenden Pfähle und bauten sich auf dem Lande an. Die Kultur entwickelte sich nach und nach in einer Weise, welche derjenigen der späteren Griechen kaum viel nachstund; neben der Bronze lernte man auch Eisen gebrauchen und zu Waffen schmie- den. Man findet da die prachtvollen Bronzen von Hallstadt ete. Die schöne Urne von Grächwyl im Berner Museum mit dem Weibe, das zwei Hasen hält, gehört auch in diese neue Zeitepoche. Diese Graburne ist eine Zierde der bernischen antiquarischen Sammlung. Wir treffen in dieser Periode einen Kulturzustand, der sich über ganz Mitteleuropa und Italien bis nach Hellas und Kleinasien erstreckte. Es ist die sogenannte Hallstädterepoche. Diese Periode {riffi zusammen mit der Zeit der alten Pelasger in Griechenland, die zur Zeit der do- rischen Einwanderung 1104 a. Ch. wohl schon im tiefsten Nieder- gange waren. Damit haben wir zum ersten Mal einen Anhaltspunkt, mit Hülfe dessen wir uns orientieren können. Wenn man bedenkt, wie lange es brauchte, bis die menschliche Kultur von den ersten Bronzeleuten. die am Lande sich festsetzten und bis zum Gipfelpunkte einer hohen Kunst sich emporgearbeitet hatten, und auf der andern Seite, wie lange es dauerte, um wieder all das Erlangte zu vergessen, sodass die Geschichte nicht die geringste Spur von ihrem Vorhanden- sein kennt, — bis zur ersten historischen Nachricht in Hellas, also 1104 a. Ch., dann darf man wohl vermuten, dass ULB ersten Prahibauer der.Steinzeit so weit. .von,der ersten geschichtlichen Dämmerung entfernt waren, wie wir jetzt, und wir jene Zeit nicht nur ein paar hundert Jahre eher ein paar tausend Jahre, vor Christo setzen müssen. Litteratur. Anderegg, F. 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Wilkens, M. «Das Schaf». Encycelopädie der ges. Tierheilkunde. Bd. 9. » Grundzüge der Naturg. d. Haustiere. G. Huber. Sternschnuppen und Meteorite. (Vorgetragen in den Sitzungen vom 3. und 17. Februar 1894.) Sternschnuppen oder Meteore sind meist kleine, gleich den Planeten um die Sonne sich bewegende dunkle Körper, die nicht in der Erdatmosphäre entstehen, sondern kosmischen Ursprungs sind und die, wenn sie bei ihrer Bewegung durch den Himmelsraum der Erde nahe kommen, von derselben angezogen werden, die obern Schich- ten der Atmosphäre mit grosser Geschwindigkeit durchschneiden, dabei glühend und leuchtend werden und manchmal zur Erde fallen. In den meisten Nächten leuchten nur einzelne am Himmel auf, sie heissen sporadische Sternschnuppen, während in manchen Nächten un- zählig viele den Himmel durchschneiden und sogenannte Meteorregen oder Meteorschauer erzeugen. Es sind dies Teile von Sternschnuppen- Schwärmen oder Meteorströmen, Teile einer ganzen Wolke von Meteoren, die alle eine gemeinsame Bahn um die Sonne durchlaufen, Welche an einer bestimmten Stelle die Erdbahn schneidet. Nach dem Grade ihres Glanzes unterscheidet man Sternsehnuppen, Boliden und Fenerkugeln. Die letzteren treten oft mit ausseror- dentlich grosser Lichtentwicklung auf, bei Nacht alles taghell erleuch- (end, und so hell, dass schon am Tage solche gesehen wurden. : Sie ziehen bei ihrer Bewegung gewöhnlich einen mehr oder weniger glänzenden Schweif hinter sich her, der oft noch leuchtet, wenn die Kugel schon längst erloschen ist und eine beträchtliche Länge erlangt. Man hat Feuerkugeln beobachtet, deren Schweife bis eine Stunde lang Sichtbar blieben und solche, deren Schweife bis 200 Kilometer lang Waren. Die Boliden sind heller als die hellsten Sterne, erreichen aber nicht den Glanz der Feuerkugeln; sie vermitteln den Übergang von den Sternschnuppen zu den Feuermeteoren. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1342. zunie ae Diejenigen Meteore, welche auf die Erde niederfallen, heissen Aörolithen, Meteorite oder Meteorsteine. Das Niederfallen ist ge- wöhnlich von donnerähnlichem Getöse, Detonationen, begleitet. Manch- mal kommen ganze Wolken von Aörolithen gleichzeitig auf parallelen Bahnen zur Erde nieder. Ein solcher Meteorsteinregen fand unter starker Lichterscheinung und Detonation am 26. April 1803 zu l’Aigle in der Normandie statt; es wurden auf einer Fläche von etwa 3 Quadrat- meilen über 2000 Steine gefunden von 7 bis 8 Kilogramm Einzelge- wicht. Die grössern derselben waren noch heiss und rochen nach Schwefel; sie liessen sich anfänglich leicht brechen, wurden dann aber hart. Beim Steinregen am 9. Juni 1866 zu Knyahinya (Ungarn) hatte die Hauptmasse ein Gewicht von 800 Kilogramm; sie war von etwa 1000 kleineren Steinen begleitet, die in einem Flächeninhalte von 2 Meilen Länge und °/s Meilen Breite zerstreut waren. Den Sternschnuppen und Feuerkugeln wurde in den ältesten Zeiten sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt; selbst dann nicht, wenn sie in sehr grosser Anzahl, als Meteorregen auftraten, oder wenn ein Niederfallen von Meteorsteinen erfolgte. Man betrachtete sie zuerst für wirklich fallende Sterne und später für den Irrlichtern ähnliche, atmo- sphärische Erscheinungen. Sogar der Astronom Lalande teilte am Ende des vorigen Jahrhunderts diese Ansicht, indem er in seiner im Jahr 1792 erschienenen «Astronomie» sagte: «Die Atmosphäre ist immer von Ausdünstungen, von Dämpfen oder von elektrischen Feuern er- füllt, daraus entstehen eine Menge von Meteoren und namentlich von solchen Feuern, welche man manchmal für fallende Sterne hält, welche aber nichts anderes sind, als leichte Dünste, deren Licht nur einen Augenblick dauert; wenn sie uns nahe kommen, so erscheinen sie uns als Feuerkugeln». Rühmlich hervorzuheben sind die Chinesen, indem sie wenigstens die wichtigsten Sternschnuppenregen und Meteorsteinfälle aufzeichneten ; die älteste Aufzeichnung stammt aus dem Jahre 687 vor Christi Geburt. Bei den alten Griechen waren es nur wenige, welche richtigere Ansichten von den Meteoren hatten. Als um 365 vor Christi Geburt in Thracien am hellen Tage ein Eisenblock von der Grösse eines Mühl- steins niederfiel, soll Anaxagoras die Ansicht geäussert haben, derselbe möchte von der Sonne herabgefallen sein. Auch Plutarch betrachtete sie als kosmischen Ursprungs. Die Araber, welche im Mittelalter die Astronomie pflegten, als sie im Abendlande ganz darniederlag, scheinen den Meteoriten eben- ed falls einige Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, es rühren verschiedene Aufzeichnungen von ihnen her. Ob aber der »heilige schwarze Stein« in der Kaaba zu Mekka wirklich vom Himmel gefallen sei, wie die Mohamedaner glauben, also ein Meteorstein sei, ist nicht vollkommen Sicher. Im Abendlande wurde bis zum 16. Jahrhundert wenig Notiz ge- nommen von den Meteorerscheinungen, und es sind nur wenige Auf- zeichnungen über Meteorsteinfälle vorhanden. So fielam 7. November 1492 gegen Mittag unter grossem Getöse zu Ensisheim im Elsass ein zirka 3 Zentner schwerer Meteorstein zur Erde, von dem noch ein Stück in der Kirche daselbst aufgehängt ist. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde zwar das Interesse an diesen Erscheinungen elwas grösser, aber ohne dass eine Erklärung versucht worden wäre. Im Jahre 1697 forderte J. J. Scheuchzer seine Zeitgenossen auf, den Naturerscheinungen und speciell den Meteoriten grössere Aufmerksamkeit zu schenken, aber ohne Erfolg. Er selbst hat in seinen «Naturgeschichten des Schweizerlandes» (Zürich 1706—1708) eine wertvolle Reihe solcher Erscheinungen aufgezeichnet. Aus dieser Zeit datiert auch der älteste bekannte schweizerische Meteorit, der im Jahre 1698 am 18. Mai abends zwischen 7 und 8 Uhr zu Hinter-Schwendi bei Walkringen im Kt. Bern unter grossem, bis nach Zürich gehörtem Getöse niederfiel. Der Stein wurde vom dortigen Pfarrer Jakob Dünki (später Pfarrer in Münsingen) an die Bibliothek in Bern gesandt, ist aber seither spur- los verschwunden (vgl. B. Studer, der Meteorstein von Walkringen in Bern. Mitteilung Nr. 792). Im Anfang des 18. Jahrhunderts leistete Halley den Nachweis von der kosmischen Natur der Meteoriten, aber ohne damit Anklang zu finden. Der Erste, der sich mit Erfolg bemühte, den kosmischen Ursprung der Meteorsteine, sowie ihren Zusammenhang mit den Feuer- kugeln und Sternschnuppen, klar zu machen, war Chladni, am Ende des 18. Jahrhunderts. Wenn Chladni im Anfang wenig Anerkennung und wenig Anhänger fand, so bereitete sich nach und nach doch ein Umschwung der Ansichten vor. Die grössten Gegner der richtigen Ansicht waren die Gelehrten der Pariser Akademie, sie glaubten Dicht an die Wirklichkeit von Meteorsteinfällen und leugneten die ihnen gemeldeten Fälle einfach weg, ohne sich auf Erklärungen einzulassen. Erst als die Thatsachen sich häuften, nach dem schon erwähnten grossen Steinregen zu l’Aigle im Departement de l’Orne im Jahre 1803, sandte die Pariser Akademie Biot zur Untersuchung ab, und auf dessen ae Bericht hin änderte sich ihre frühere Meinung, sie wagte nicht mehr an dem kosmischen Ursprung der Meteoriten zu zweifeln, und wendete von da an diesen Erscheinungen grosse Aufmerksamkeit zu. Im Herbst 1798 begannen zwei Göttinger Studenten, Brandes und Benzenberg, ihre Beobachtungen nach eigens angelegtem Plan und veröffentlichten im Jahre 1800 ihre wertvollen Resultate und Berech- nungen. Diese waren derart, dass ebenfalls nicht länger an der kos- mischen Natur der Sternschnuppen gezweifelt werden konnte. Auf dem so eröffneten Gebiete stellten sich nach und nach andere Mit- arbeiter ein, von denen besonders Olbers, Quetelet, Heis und Schmidt zu erwähnen sind, und alle diese sind der Ansicht Chladnis, dass die Mete- ore Körper sind, welche sich durch den Himmelsraum bewegen und erst dann sichtbar werden, wenn sie in die irdische Atmosphäre einge- drungen sind, indem sie sich infolge des Luftwiderstandes bis zum Glühen erhitzen, sogar zum Teil in derselben verbrennen, wobei die allfälligen Rückstände als Meteorstaub oder Meteorsteine zur Erde nieder- fallen. Diese Ansicht ist durch allseitige fleissige Beobachtung seit einigen Jahrzehnten als eine völlig unbestreitbare Thatsache anerkannt worden, und auf dieser Voraussetzung gründete nun Schiaparelli in Mailand eine vortrefflich ausgearbeitete astronomische Theorie der Sternschnuppen, die vom Jahr 1866 an datiert, und erst durch diese ist die Rolle der Meteore in ihrer vollen Bedeutung zu Tage getreten, und auf Grund derselben sind weitere Fortschritte gemacht worden. Die Höhen, in welchen die in unsere Atmosphäre eindringenden Meteore zuerst sichtbar werden, sind sehr verschieden und variieren von 5 bis 20 geographische Meilen; im Mittel kann sie zu 15 Meilen oder zu 100 Kilometer angenommen werden. Diese Höhe ist bedeutend grösser, als diejenige, welche man seit langer Zeit als obere Grenze der Erdatmosphäre angenommen hat, denn aus Dämmerungserschei- nungen wurde diese nur 8 bis 10 geographische Meilen hoch gefunden. Dieser Unterschied ist aber leicht zu erklären, denn die Dämmerungs- erscheinungen geben nur diejenige Grenze an, oberhalb deren die Almo- sphäre nicht mehr dicht genug ist, um eine für uns wahrnehmbare Lichtmenge zu reflektieren, während die Dichte derselben noch hin- reicht, um dem Meteoriten einen solchen Widerstand entgegenzuseizen, dass er glühend wird. Ueberdies hat Tyndall durch Experimente gezeigt, dass ein Raum mit Materie erfüllt sein kann, ohne Licht in wahrnehmbarem Maasse zu reflektieren, so dass er optisch leer erscheint. a Die Geschwindigkeit, mit welcher die Meteore der Erde be- gegnen, ist ebenfalls sehr verschieden. Sie ist von derselben Ordnung wie diejenige der Planeten und wird im Mittel etwa gleich der 1'/sfachen Geschwindigkeit der Erde, also zu 6 Meilen angenommen. Ein Körper, der sich in einer Parabel um die Sonne bewegt, erreicht seine Maximal- geschwindigkeit in der Sonnennähe, im Perihel. Ist seine Perihel- distanz = 4, So ist diese Maxi- malgeschwindigkeit Y2 — 1,414 mal so gross, als die Geschwin- digkeit eines Körpers, der sich in einem Kreise vom Radius q um die Sonne bewegt, dessen Geschwindigkeit als Einheit ge- nommen wird; man bezeichnet daher 1,414 als parabolische Geschwindigkeit. Ist die Maxi- malgeschwindigkeit im Perihel, bei gleicher Periheldistanz noch grösser als 1,414, so bewegt sich der Körper in einer Hyperbel, und eine Geschwindigkeit grösser als 1,414 heisst hyperbolische Geschwindigkeit. Nimmt man nun als Bewegung im Kreise die Bewegung der Erde in ihrer Bahn, mit einer mittleren Geschwindigheit von 4 Meilen zur Grundlage, und ist v die wirkliche Geschwindigkeit eines Meteors gegen die Sonne, die sogenannte heliocentrische Geschwindigkeit bei Seiner Begegnung mit der Erde, so ist seine Geschwindigkeit eine elliptische, parabolische oder hyperbolische, je nachdem das Verhältnis v Fr S 1,414 ist, und je nachdem einer dieser Fälle eintritt, bewegt Sich der Körper in einer Ellipse, Parabel oder Hyperbel um die Sonne, wenn er in den Bereich ihrer Anziehung gelangt. Da nun die mittlere Geschwindigkeit der Sternschnuppen zu 6 Meilen angenommen wird, s0 kommt sie der parabolischen nahe, so dass die Bahnen der Stern- Schnuppen, besonders die der sporadischen, vorherrschend Ellipsen oder Hyperbeln sind, welche sich der parabolischen Grenze nähern. Bei den Feuerkugeln scheint die hyperbolische Bahn vorherr- Schend zu sein. Der grosse Meteorforscher, Professor von Niessl in Wien, Dee hat 11 Feuerkugeln untersucht, die zwischen dem 5. und 28. November aus einem Punkte in der Nähe der Plejaden, im Mittel « = 59°, ö = + 20° herkamen. Unter diesen befanden sich 9, für welche die Geschwindigkeit aus Dauerschätzungen ermittelt werden konnte, und diese ergab nur in zwei Fällen so kleine Werte, 37 bis 41 Kilo- meter, dass man auf eine elliptische Bahn schliessen könnte, während für die 7 andern sich hyperbolische Geschwindigkeiten (53 bis 100 Kilo- meter) ergaben, welche nur die Annahme von hyperbolischen Bahnen gestatten. Bei verschiedenen, in den letzten Jahren beobachteten Feuerkugeln, fand von Niessl ebenfalls ausgesprochen hyperbolische Ge- schwindigkeiten. Ferner konnte unter allen zur Erde gefallenen Meteoriten nur für zwei die Geschwindigkeit vollständig sicher abge- leitet werden, nämlich für die Steinfälle von Pultusk und von Orgueil (14. Mai 1864); dieselbe hat sich als nahezu doppelt so gross erwiesen als die Geschwindigkeit der Erde, was wieder auf hyperbolische Bahnen führt; die Annahme, dass es Meteoriten gibt, die sich in hyperbolischen Bahnen bewegen, kann daher nicht bezweifelt werden. Sowie in grosser Entfernung die unter starker Lichtentwicklung durch die Atmosphäre ziehenden Meteoriten und Feuerkugeln den Ein- druck von Sternschnuppen machen, so kann in einzelnen Fällen auch umgekehrt der Erscheinung von Sternschnuppen derselbe Grund, die grosse Entfernung, zu Grunde liegen. Aus diesem und später noch zu erörternden wichtigen Gründen können wir Meteoriten, Feuerkugeln und Sternschnuppen als Körper derselben Klasse ansehen, und wenn die Beobachtung der erstern auf hyperbolische Bahnen führt, so werden diese auch für die Sternschnuppen gelten. Nach dem Ausspruche von Professer von Niess] steht uns nichts im Wege, für die sogenannten sporadischen Meteore hyperbolische und elliptische Bahnen anzunehmen, unter welchen vielleicht solche, welche sich dem parabolischen Grenz- werte am meisten nähern, die häufigsten sind. Begegnet nun ein Meteor mit einer mittleren Geschwindigkeit von 6 geographischen Meilen pro Sekunde der Erde, die selbst mit einer Geschwindigkeit von 4 Meilen durch den Weltraum fliegt, wobei seine Geschwindigkeit infolge der Anziehung der Erde noch um bei- nahe eine Meile vergrössert wird, so setzen die äussersien und dünn- sten Schichten der Erdatmosphäre dem Körper einen solchen Wider- stand entgegen, dass seine Bewegung gehemmt wird und er in sehr kurzer Zeit einen grossen Teil seiner lebendigen Kraft verliert. Dieser Verlust an lebendiger Kraft infolge der Reibung in der Atmosphäre N setzt sich aber in Wärme um, der Körper wird weiss glühend, schmilzt und verdampft teilweise, oder, wenn der Meteor klein genug ist, was meistens der Fall ist, so löst er sich ganz in Dampf auf und lässt einen Schweif von glühenden Dämpfen hinter sich zurück, daher das plötzliche Verschwinden derselben. Was den Einfluss des atmosphärischen Widerstandes auf die Geschwindigkeit der Meteore anbetrifft, so findet Schiaparelli durch eine mathematische Untersuchung, dass der Geschwindigkeitsverlust bloss von der Luftimenge abhängt, mit welcher der Körper in seiner Bahn zusammen- trifft, aber nicht von dem Gesetze, nach welchem die Luft bei Bezug auf ihre Dichte verteilt ist, und auch nicht von der Länge des durch- laufenden Weges. Aus dem Satze, dass der Luftwiderstand direkt proportional ist dem Quadrate der Geschwindigkeit des Meteors, folgt die merkwürdige, schon von Benzenberg erkannte Thatsache, dass die Bewegung der Meteore, wenn ihre Geschwindigkeit bedeutend abge- nommen hat, nur noch zum kleinsten Teil von der Anfangsgeschwindig- keit abhängig ist, so dass die Geschwindigkeit unter übrigens gleichen Umständen, in derselben Höhe nur wenig verschieden ist. Durch Rechnung hat Schiaparelli gezeigt, dass von 2 Meteoren, von denen das eine mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 72 Kilometer, das andere mit einer solchen von nur 16 Kilometer in die Erdatmosphäre eindringt, das erstere in einer Höhe, wo der Luftdruck nur 1,508 mm beträgt, bereits °/» seiner Geschwindigkeit und °°/sı seiner lebendigen Kraft eingebüsst hat, während das zweite in den tiefern Regionen der Atmosphäre, wo der Druck 2,463 mm beträgt, nur ?/s von seiner Ge- Schwindigkeit und '°/ıs seiner lebendigen Kraft eingebüsst hat. Es folgt also, dass das erste Meteor, das nicht so tief herabsteigt, wie das zweite, langsamer sich bewegende, doch 21 mat mehr an leben- diger Kraft verloren, d. h. in Wärme umgesetzt hat, als das zweite und dass die langsamer sich bewegenden Meteore tiefer herabsteigen als die raschen. Hieraus ergibt. sich der wichtige Schluss, dass die stärker leuch- enden Meteore durchschnittlich auch entfernter vom Erdboden sein Müssen, als die weniger stark leuchtenden, welcher Schluss durch die Beobachtungen bestätigt wird. Die Wärmemenge, welche bei der Bewegung des Meteors in- folge des Luftwiderstandes durch Reibung erzeugt wird, kann nicht genau bestimmt werden, da man nicht weiss, ob die gesamte von dem Meteorkörper geleistete mechanische Arbeit in Wärme verwandelt wird 2 und wie viel von letzterer zur Erhitzung des Meteors verbraucht wird. Man kann immerhin annehmen, dass an der Oberfläche der Meteoriten die Temperatur mehrere tausend Grade erreichen kann, welche für eine Schmelzung der Oberfläche hinreichen. Die Temperatur erreicht ihr Maxi- mum gleich nach dem Eintritt in die Atmosphäre, die Grösse desselben hängt nur ab von der Anfangsgeschwindigkeit des Meteors beim Ein- tritt in die Atmosphäre. Neuestens wurde aber diese Ansicht, dass die Meteore infolge des Luftwiderstandes glühend und leuchtend werden, von Minary bekämpft, und Cornu scheint das Aufleuchten der Stern- schnuppen einer Entwicklung und Entladung statischer Elektrizität zu- zuschreiben, ohne bedeutende Erhöhung der Temperatur. Über die Erscheinungen, welche das Auftreten einer Feuer- kugel begleiten, gibt Haidinger folgende Theorie: Infolge der grossen Geschwindigkeit, mit welcher ein Meteorit in die Erdatmosphäre ein- dringt, wird die Luft vor ihım her durch Kompression bis zum Glühen erhitzt, die Oberfläche des Körpers selbst kommt ebenfalls zur Weiss- glut und erhält bei seiner Rotation eine Schmelzrinde. Die so kom- primierte Luft fliesst dann nach allen Seiten über die Oberfläche nach hinten ab, indem sie glühende feste Teilchen der Oberfläche des Meteoriten mit sich reisst, und einen birnförmigen, von dem Meteoriten eben verlassenen leeren Raum bildet, so dass das Ganze dem Beob- achler als eine feurige Kugel er- scheint. Dringt eine Gruppe von Körpern gleichzeitig in die Erd- almosphäre ein, so nimmt der grösste derselben die vorderste Stelle ein, weil er im Verhältnis zu seiner Masse die kleinste Oberfläche besitzt, also den geringsten Widerstand erleidet, und die übrigen schliessen sich an = diesen Leitstein an, so dass wieder eine Feuerkugel erzeugt wird. Ist infolge des Luftwiderstandes die kosmische Geschwindigkeit des Meteoriten ganz aufgehoben, so steht derselbe einen Augenblick still, Wärme- und Lichtentwicklung hören auf, die Feuerkugel erlischt, in dem hinter derselben befindlichen leeren Raum stürzt plötzlich die Luft unter heftigem Knall zusammen, und der nun allein der Schwer- kraft unterworfene Meteorit stürzt in vertikaler Richtung auf die Erde nieder. Das Donnergetöse, von dem die ganze Erscheinung vielfach Zr begleitet ist, rührt von dem heftigen Zusammenschlagen der Luft hinter dem Meteore her. Denn bei der grossen Geschwindigkeit des Meteors wird sofort die Luft auf eine Temperatur von 4000° his 6000° er- wärmt und stark ausgedehnt; .es entsteht, wie beim Blitz, wenn auch nicht so augenblicklich, eine lange, schmale sehr verdünnte Luft- Säule hinter dem Meteor und infolge dessen eine Explosion, ein Donner- schlag, gefolgt von einem mehr oder weniger langen Rollen. Könnte inan einer Kanonenkugel statt einer Geschwindigkeit von 600 Meter Pro Sekunde eine solche von 60 Kilometer geben, so würde sie nicht mehr pfeifen, sondern donnern, sie würde augenblicklich verbrennen und einen glühenden Schweif erzeugen, wie eine Feuerkugel. Der von dem Meteoriten verursachte Donner braucht also nicht von einer wirklichen Explosion. von einem Zerspringen desselben herzurühren, Wie man früher angenommen hat. Die detonierenden Feuerkugeln liefern nur in den seltensten Fällen Meteorsteinfälle, obgleich ohne Zweifel stels grössere oder kleinere Massen zur Erde niederfallen; das Auffinden solcher Massen hängt eben vom Zufall ab. Betrachtet man die einzelnen Erscheinungen beim Auftreten der Feuerkugeln, so ergibt sich, dass weder die Deto- Nation, noch die Lichtintensität einen principiellen Unterschied von den Sternschnuppen bedingen, denn Hirn hat gezeigt, dass die Stärke der Detonation, in jedem Punkte der Bahn des Meteoriten abhängig ist Yon der Höhe, von seiner Geschwindigkeit, von seiner Grösse und von der Beschaffenheit der Gegend, über die er hinzieht. Hieraus erklärt sich leicht das Fehlen jedes Geräusches der in sehr grossen Höhen in äusserst verdünnter Luft dahin ziehenden Sternschnuppen, Weil erstens das Zusammenstürzen der sehr verdünnten Luft hinter dem Meteor nur einen schwachen Knall erzeugt und weil zweitens die Fortpflanzung des Schalles nur in geringem Grade stattfindet. Weil ferner bei den Sternschnuppenschauern im November explodierende Meteore gleichzeitig mit Sternschnuppen aus dem Sternbilde des Löwen kommend beobachtet wurden, so bildet auch die Explosion keinen Unterschied zwischen Feuermeteoren und Sternschnuppen. Beschreibungen und Berechnungen der Bahnen beobachteter Peuerkugeln existieren eine ganze Reihe. Von der Bahn des grossen Meteors vom 17. Januar 1890 z. B. gibt Prof. v. Niessl im wesent- lichen folgende Beschreibung auf Grund eines ungewöhnlich reichen Naterials von etwa 100 einzelnen Mitteilungen.*) Das Meteor erschien *) Jahrbuch der Astronomie und Geophysik, Jahrgang 1891. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1343. a oe in einer anfänglichen Höhe von mindestens 157 km. um 5 Uhr 11 Min. mittlere Wiener Zeit und wurde fast in ganz Östreich beobachtet. Es zog in der Richtung über Torda, Hatzfeld, Kroatisch-Brod, Kamengrad (Bosnien); sein Hemmungspunkt lag in 39,7 km. Höhe über der «Krbava», 30 km. östlich Gospie. Nach der Hemmung sind heftige Detonationen sowohl in Kroatien als auch in Bosnien gehört worden, Meteorite wurden jedoch keine aufgefunden. Die von den Meteoriten in der Atmosphäre zurückgelassenen Dämpfe und Reste bildeten eine ungefähr 190 km. lange Rauchsäule, welche noch über eine Viertelstunde nach dem Falle sichtbar blieb. Der Ausstrahlungspunkt der Feuer- kugel ergab sich in 113°,6 + 2%,6 Rectasc. und 21°,7 + 2°,0 nörd- licher Declin.; der kosmische Ausgangspunkt in 78°%,7 Länge und 0°,7 südlicher Breite. Seine geocentrische Geschwindigkeit ergab sich aus 37 Dauerschätzungen zu 54,4 km. und hieraus seine heliocentrische Ge- schwindigkeit zu 63,7 km. oder 8,6 geographischen Meilen, entsprechend einer hyperbolischen Bahn mit der Halbaxe a = 0,41. Der kosmische Ausstrahlungspunkt liegt ganz nahe den Ausgangspunkten der Meteo- riten von Orgueil und einiger detonierender Meteore, welche einer- seits im November und Dezember, andrerseits im Mai und Juni beob- achtet worden sind. Prof. v. Niessl hat ferner die Bahn einer grossen Feuerkugel bestimmt, die am 7. Juli 1892 über Rumänien, Östreich und Italien zog (Sitzungsbericht der Akademie der Wissenschaften Wien, Bd. C. IL, Abtheilung Ila.), wobei sich das merkwürdige Resultat ergab, dass der Meteorit im letzten Teil seiner Flugbahn zweifellos eine aufsteigende Bewegung ausgeführt hat. Bis dahin war noch kein einziger Fall dieser Art mit Sicherheit festgestellt, weil die Feuerkugeln meist so tief in die Erdatmosphäre eindringen, dass bereits eine Hemmung und Auflösung der Meteoritenkörper stattfindet, bevor sie ihre Erdnähe erreicht haben. Der Erlöschungspunkt lag über einer eiwa 70 km. von der Tibermündung entfernten Stelle des tyrrhenischen Meeres in der grossen Höhe von 158 km. Der scheinbare Ausgangspunkt lag in « — 349°, 6 = -+ 8°, also 9'/a° unter dem Horizont des Erlöschungs- punktes. Die ganze beobachtete, mit der grossen Geschwindigkeit von 87 kın. per Sekunde durchlaufene Bahnlänge beträgt ungefähr 1100 kın.; die Erdnähe, in einer Höhe von 68 km., lag über Karakal in Rumä- nien. Wegen der grossen Höhe der ganzen Bahn war der Glanz der Feuerkugel nicht besonders gross und Detonationen wurden nirgends gehört; am Verlöschungspunkt scheint keine mit Zerspringen ver- bundene Hemmung stattgefunden zu haben; die Meteormassen haben Sich entweder durch das Glühen aufgelöst, oder es haben noch Reste unsere Atmosphäre wieder verlassen, um im Weltraum ihre hyperbo- lische Bahn um die Sonne weiter fortzusetzen. Die Thatsache, dass die meisten Sternschnuppen erlöschen, be- vor sie die Erdoberfläche erreichen, beweist, dass ihre Masse nur gering ist, Aus der durch Rechnung gefundenen Höhe und aus dem scheinbaren Glanz, verglichen mit demjenigen eines Planeten, lässt Sich die Masse einer Sternschnuppe ungefähr berechnen; Herschel nimmt das mittlere, hypothetische Gewicht einer Sternschnuppe zu 5 Gramm, Schiaparelli dagegen nur zu 1 Gramm an. Da die Gesamtzahl der auf die Erde kommenden Sternschnuppen pro Tag auf ungefähr 100 Millionen geschätzt wird, so würde diese Zahl nach Herschels Annahme im Minimum ein tägliches Gewicht von 500,000 kg. reprä- Sentieren; dabei sind die dem blossen Auge unsichtbaren, nur in Fernröhren sichtbaren und der kosmische Staub nicht mitgerechnet. Solchen kosmischen Staub, Krykonit genannt, fand Nordenskiöld auf dem Inlandeise von Grönland, und am 5. November 1883 beob- achtete Karl Stolp auf dem Paso de las damas, der Wasserscheide Chiles und Argentiniens, in einer Höhe von über 3000 m., direkt das Niederfallen von kosmischem Staub. (Verhandlungen des deutschen Wissenschaftlichen Vereins, Santiago 1889, Bd. II, S. 42). Bei wind- Stillem Weiter begann sich der frischgefallene Schnee mit einem feinen, tothraunen Staube zu bedecken; das Fallen dieses Staubes dauerte eine halbe Stunde; die Sonne schien in vollem Glanze, und es war an ihr weder eine Verdunkelung, noch sonst irgend etwas Auffälliges "U bemerken. 10 m? des Schnees oberflächlich abgeschippt, in einem Kessel geschmolzen und eingedampft, ergaben nach dem Trocknen elwas über 2 Gramm eines rolbraunen Pulvers. Die chemische Ana- Iyse ergab 74,59 Eisenoxyd, 6,01 Nickeloxyd, 7,57 Kieselsäure, 2,9 Aluminium, 3,88 Magnesium und geringe Mengen von Kupferoxyd, Phosphorsäure, Schwefelsäure und Kalk. Ausser diesen sind noch Verschiedene andere Meteorstaubfälle bekannt. Auf einer ähnlichen Erscheinung beruht vielleicht der in früheren Zeiten erwähnte Blut- Tegen. Unter den zur Erde gefallenen Meteoriten befinden sich neben kleineren Stücken auch grössere Massen, wahre Meteorfelsen. Der Srösste bis jetzt gefundene ist der Block von Ovifak auf Grönland, der ein Gewicht von ca. 25,000 kgr. hat; sein meteorischer Ursprung eo ist aber nicht vollkommen sicher; die Frage, ob er kosmischen oder tellurischen Ursprungs sei, ist noch unentschieden. Ihm am nächsten kommt der Meteorit von Durango (Mexiko), mit einem Gewicht von fast 20,000 kgr. und der von Bemdego in Brasilien mit 9600 kgr.; diese Meteormassen sind wahrscheinlich ursprünglich noch grösser gewesen. Das sog. ,„‚Pallaseisen‘‘ besteht aus einem Stück von 800 kgr. ; dasselbe wurde im Jahre 1749 von einem Kosaken am Jenessei (Si- birien) auf einer der höchsten Spitzen eines Schiefergebirges gefun- den, an einer Stelle, wo sich weit und breit kein Bergwerk befindet. Die Tartaren verehrten den Stein als ein vom Himmel gefallenes Heilig- tum. Eine Beschreibung dieses Meteoriten gab im Jahre 1771 der Naturforscher Pallas; später wurden ca. 14 Zentner des Blockes nach Petersburg übergeführt. Der am 30. August 1887 mittags 12!/a Uhr in Öchansk, Gouvernement Perm in Russland, gefallene Meteorit hatte ein Gewicht von 328 kgr.; derselbe übertrifft somit noch den grossen Knyahinyastein von 300 kgr., den grössten der bis jetzt aufbewahrten Meteoriten. Bemerkenswert ist noch die hohe Temperatur dieses Steines, er fiel nicht allein glühend herab, sondern er blieb nach seinem Ein- dringen in den Boden so heiss, dass er erst nach 4 Stunden ausge- graben werden konnte; es sind sonst nur wenige Beispiele von glühend gefallenen Meteoriten bekannt. Die Meteorsteinregen wurden bereits früher erwähnt. Neulich (1892) hat H. Bornitz ein Verzeichnis von 460 in Europa gefallenen Meteoriten herausgegeben mit Angabe der Fundorte und Fallzeiten; die Arbeit ist von einer Karte von Europa begleitet, in der die Fundorte eingetragen sind. Der älteste darin als bekannt angeführte Meteorit ist der von Aegos Potamos in Thracien vom Jahre 476 v. Chr. Ausser dem schon erwähnten Meteoriten von Hinterschwändi (1698) sind in diesem Verzeichnis noch drei Meteo- ritenfälle aus der Schweiz erwähnt, nämlich von Lugano am 15. März 1826, von Zuz (Graubünden) am 8. Dezember 1836 und von Melide (Tessin) vom 7. Juni 1879. Die chemische Analyse der bis jetzt auf die Erde herabgefallenen Meteore zeigt eine grosse Übereinstimmung derselben, und alle ihre Bestandteile sind auch auf der Erde vorhanden. Meistens bestehen sie aus metallischem Eisen, dem stets Nickel beigemengt ist, vermischt mit verschiedenen Kieselverbindungen, besonders Olivin und Augit. Überdies fand man noch Sauerstoff, Wasserstoff, Aluminium, Magnesium, Calcium, Natrium, Kalium, Mangan, Titan, Blei, Lithium, Strontium, Schwefel, Phosphor und Kohlenstoff. E. Weinschenk und E. Cohen er haben bei der Analyse einer beträchtlichen Anzahl von meteorischen Eisenmassen gefunden, dass Kupfer ein konstanter, aber nur in sehr geringen Mengen auftretender Bestandteil des Meteoreisens ist, während Arsen fehlt.*) Nach Gustav Rose unterscheidet man 2 Arten von Aörolithen: Eisenmeteorite, die durch ihren Eisen- und Nickelgehalt ausge- zeichnet sind und Steinmeteorite, die als wesentlichen Bestandteil Kieselsäure, Thonerde und Kalk enthalten. Manche, oder sehr wahrscheinlich alle Meteorite, enthalten ge- wisse Gase eingeschlossen, besonders Wasserstoff, Kohlensäure und Kohlenoxyd, die durch Erhitzen im luflleeren Raum frei werden, und zwar enthalten: Die Eisenmeteorite: Kohlensäure, Kohlenoxyd und Wasserstoff; die beiden letzten bilden den Hauptbestandteil. Die Steinmeteorite: Kohlensäure, Kohlenoxyd, Wasserstoff und Kohlenwasserstoff. Die Steinmeteorite ergeben ein bedeutend grösseres Gasvolumen als die ersteren, Haupibestandteil ist Kohlensäure, mehr als die Hälfte des gesamten Volumens, dann folgt Wasserstoff. Wright betrachtet die Entwicklung so grosser Mengen von Kohlensäure als charakteristisch für die Steinmeteore. Dr. Flight hat in einem frisch gefallenen Me- teorstein auch Stickstoff gefunden. Die von den Meteoriten eingeschlossenen Gase können nach übereinstimmenden Ansichten nicht während der sehr kurzen Zeit des Fallens durch die Erdatmosphäre in dieselben eingedrungen sein. denn ein Hauptbestandteil der eingeschlossenen Gase ist Wasserstoff, der in unserer Atmosphäre nur in sehr geringer Menge vorkommt. Hervorzuheben ist, dass diese Gase der Meteoriten Spektra zeigen, die Mit den drei hellen Banden des Kometenspektrums übereinstimmen. Aus diesen Beobachtungen folgt daher, dass der Kometenkern genau dieselben Gase enthält, welche man in den Meteoriten eingeschlossen gefunden hat, nämlich Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff ind ihre Verbindungen. ; Noch zu erwähnen sind die bei einzelnen Meteoriten entdeckten Charakteristischen, sog. Widmannstättensehen Figuren ; es bestehen diese aus einer Menge sich unter verschiedenen Winkeln kreuzender, Nathematisch-regelmässiger Linien und feiner Adern im Innern des ; *) Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien 1891, 6, und Sy 7% EEE — 10 — Meteoriten, die zuerst im Jahre 1808 von Widmannstätten in Wien entdeckt wurden, als er eine polierte Schnittfläche des Agramer Eisen- meteoriten mit Salpetersäure behandelte; sie werden daher nach ihm benannt. Einige Meteoriten haben sich merkwürdigerweise als kohle- haltig erwiesen. Einer dieser Art ist der am 14. Mai 1864 bei dem Dorfe Orgueil in Frankreich niedergefallene Aörolith. Man fand etwa 20 Bruchstücke desselben; an ihrer schwarzen Rinde kann man deut- lich unterscheiden, dass nicht alle diese Fragmente einem einzigen Körper angehört haben, sondern, dass verschiedene davon selbständige Begleiter der Hauptmasse waren. Der Chemiker Clodz fand in diesem Meteoriten 7,41 Teile Huminsubstanz und zwar in 100 Teilen 63,45 Kohlenstoff, 5,98 Wasserstoff und 30,57 Sauerstoff, und übereinstim- mend damit fand Pisani 13,89 Teile Wasser und organische Substanz in demselben. Im Jahre 1834 fand Berzelius in dem am 15. März 1806 bei St. Etienne de Lolm in der Nähe von Alais gefallenen Meteoriten eine organische, im Wasser lösliche Masse, die beim Erhitzen sich bräunte und etwas schwarze Kohle zurückliess. Rosco® hat bei einer spätern Untersuchung eines Stückes desselben Meteoriten die Resultate von Berzelius bestätigt. Am 13. Oktober 1838 fielen unter grossem Donnergetöse bei Bokkeveld in der Kapkolonie eine Anzahl Meteorsteine, die nach den Untersuchungen von Harris Kohlenstoff und eine bituminöse Masse enthalten. Die leiztere wurde aus dem Meteorslein durch siedenden Alkohol ausgezogen und erwies sich als eine gelbliche, harz- oder wachsähnliche Substanz, die beim Erhitzen in einer Röhre leicht schmilzt und dann unter Abscheidung von schwarzer Kohle und Ent- wicklung eines stark bituminösen Geruches zerselzt wird. Am deutlichsten hat sich der am 15. April 1857 bei Kaba, süd- westlich von Debreczin, gefallene Meteorstein als Träger eines orga- nischen Gebildes verraten. Derselbe besteht seiner Zusammensetzung nach aus Kieselsäure, Eisenoxydul, Magnesia, Thonerde, Magnelkies, Eisen, Nickel und etwas Kupfer. Bei sorgfältiger Untersuchung des Steins fand aber Wöhler noch eine geringe Menge einer farblosen, nicht deutlich krystallinischen Substanz, die beim Erhitzen in einer Röhre schmolz und dann unter Verkohlung sich zersetzte, beim Er- hitzen an der Luft sich aber in weissen Dämpfen verflüchtigte. Auch bei späteren Untersuchungen dieses Meteoriten versicherte sich Wöhler, Bet dass derselbe ausser freier Kohle noch eine kohlenstoffhaltige Substanz enthält, welche sich mit siedendem Alkohol ausziehen lässt, leicht schmilzt und mit sog. Bergwachsarten (Ozokerit, Scheererit) Ähnlichkeit zu haben scheint und ohne Zweifel organischen Ursprungs ist. Viel- leicht ist diese nur ein Rest von ursprünglich in dem Meteoriten ent- haltenen Organismen, die in dem Momente des Glühens beim Durch- gang durch unsere Atmosphäre unter Abscheidung von Kohle sich zer- setzten. Dieses Vorkommen von organischer Substanz in Meteorsteinen gab Anlass zu der von Tyyndall aufgestellten Hypothese, dass die Ur- lebenskeime von höher entwickelten Gestirnen durch Meteoriten auf unsere Erde verpflanzt worden seien. Eine höchst merkwürdige Erscheinung ist das Vorkommen von Diamanten in Meteoriten. Erst seit 1887 hat man in Meteorsteinen Diamanten entdeckt; so fanden Brezina und Weinschenk in dem Me- leoriten von Arva in Ungarn wirklichen Diamantkohlenstoff; ferner fand man in dem am 4. September 1886 bei Nova Urci in Russland gefallenen Meteoriten, welcher vorwiegend aus Nickeleisen und Mag- nesiumsilikaten, darunter viel Olivin, besteht, ungefähr 1°/o eines feinen schwarzen Staubes von der Härte und der chemischen Zusam- mensetzung des Diamanten. Dass aber auch im Meteoreisen Diamanten vorhanden sein könnten, schien völlig ausgeschlossen, jetzt ist aber auch ein solcher Fall bekannt. Im März 1891 glauble man nämlich in Arizona, 16 km. südöstlich von Canon Diablo, auf eine Ader gediegenen Eisens gestossen zu sein und sandte Proben davon an den Geologen Foote. Derselbe erkannte, dass es sich um Meteoreisen handle und sing an Ort und Stelle. Der Fundort liegt am Fusse einer kreisför- Mmigen, aus Sand- und Kalksteinen gebildeten Erhebung, die den Namen Crater mountain führt. Dieser Berg ist 182 m. hoch und hat auf dem Gipfel eine 1—2 km. im Durchmesser haltende, ziemlich steile Ver- tiefung, die 15—20 m. unter das Niveau der umgebenden Ebene ab- Stürzt und einen sehr deutlichen Krater bildet. Von vulkanischen Gesteinen wurde aber trotz eifrigster Nachforschungen keine Spur gefunden. Dagegen entdeckte man, meist an der Basis des Kraters, mehrere grössere und kleinere Massen Meteoreisen, später sogar Stücke von 4'/g bis 5'/a Zentnern Gewicht und ausserdem mehr als 130 andere im Gewicht von 2—3 kgr. Eine Anzahl wurde durch Nachgrabungen aufgefunden, und auch die 3 grössten Stücke waren mit Erde und Gras bedeckt. Diese Schilderung legt den Gedanken nahe, dass diese krater- en förmige Höhlung durch Aufschlagen einer sehr grossen meteorischen Masse auf den Erdboden entstanden sein möchte, also durch einen Vorgang, ähnlich demjenigen, durch welchen verschiedene Forscher die Bildung der grossen Mondkrater erklären wollen. (Jahrbuch der Astronomie und Geophysik, herausgegeben von Dr. H. J. Klein, Jahr- gang 1892). Ein Stück des Meteoreisens wurde von König unter- sucht, der über seine Arbeit der letzten Versammlung amerikanischer Naturforscher einen vorläufigen Bericht vorlegte. Nach demselben er- wies sich das Meteoreisen beim Durchschneiden sehr hart; im Innern fand sich eine Höhle, in welcher sich neben Körnchen von schwarzer, amorpher Kohle, kleine schwarze Diamanten vorfanden, die Korund mit der grössten Leichtigkeit ritzten; durch Behandeln mit Säure kam auch ein farbloser Diamantkrystall von '/s mm. Länge zu Tage. Ausser- dem fand man Troilit und Daubreilit; die Masse enthielt 3/0 Nickel. Auch andere Forscher (Friedel in Paris und Moissan) fanden in dem Meteoriten von Canon Diablo ausser schwarzen auch farblose Diamanten, allerdings nur Partikelchen von mikroskopischer Kleinheit. Es wurde schon längere Zeit vermutet, dass die Entstehung des Diamanten mit vulkanischen Erscheinungen, mit Vorgängen, welche sich bei höherer Temperatur und hohen Drucken in .den tieferen Schichten der Erde abspielten, verknüpft sei; schon vor 18 Jahren hat Mejdenbauer die Behauptung aufgestellt: «Der Diamant kann nur kosmischen Ursprungs sein, und zwar ist er sowohl zugleich mit dem Urgesteine entstanden, wie auch als Meteorit in späteren Perioden der Erdbildung niedergefallen. Eine sachgemässe Untersuchung an den Fundorten würde geeignet sein, ein helles Licht auf diesen dunkeln Punkt zu werfen.» Das Vorhandensein von Diamanten in Meteoriten hat sich nun in den letzten Jahren glänzend bestätigt. In neuester Zeit sind nun von E. Cohen, Winklehner und C. Lewis geologische Untersuchungen angestellt worden über die im Jahre 1867 entdeckten Diamantlagerstätten in Südafrika und diese deuten darauf hin, dass das ursprüngliche Auftreten des Diamanten wirklich an plutonische Erscheinungen geknüpft ist. Auch der fran- zösische Gelehrte Daubree glaubt, dass das an Magnesiasilikaten reiche Mutiergestein des Diamanten in Südafrika eruptiver Natur sei; auch er ist der Ansicht, dass der Diamant, zusammen mit dem ihn ber- genden Eruptivgestein dem Erdinnern entstamme. In der Häufigkeit der Sternschnuppen macht sich eine jähr- liche und eine tägliche oder stündliche Variation bemerkbar. a Schon Brandes (1827) und Herrick (1838 Nord-Amerika) hatten darauf hingewiesen, dass die Häufigkeit der sporadischen Sternschnuppen von Abend gegen Morgen zuzunehmen scheine, aber die wirkliche Existenz einer solchen täglichen Periode oder stündlichen Variation wurde erst durch Coulvier-Gravier (Paris 1847) nachgewiesen und diese wichtige Entdeckung, dass die meisten Sternschnuppen für jeden Beobachtungs- ort, ohne Unterschied in Bezug auf die geographische Länge, um 6 Uhr morgens sichtbar werden, wurde später von Schmidt in Athen, R. Wolf in Zürich u. a. bestätigt. Gestützt auf zwölfjährige, zahlreiche Beobachtungen fand Coulvier-Gravier von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens im Mittel folgende stündliche Häufigkeitszahlen: 8,8:.8,9.8, 124,0 >45.5:0.:5,8:6;4-7,1-.7,6. 8,0,,8;2 Jul. Schmidt fand aus 10jährigen, im ganzen aus 2840 stünd- lichen Beobachtungen (Berlin 1852) der Reihe nach die Häufigkeils- zahlen: 9,3:931657:21:9#9,5:211,6441441416,3..113,2 18,77..149 Auch die von Brandes hervorgehobene Thatsache, dass die Sternschnuppen im Herbst viel häufiger gesehen werden als im Früh- ling, wurde durch diese Zählungen bestätigt. Schmidt hat aus 27jäh- rigen Bestimmungen für die 12 Monate Januar bis Dezember folgende mittlere stündliche Häufigeitszahlen gefunden, ohne Berücksichtigung der Sternschnuppenregen : 19 68° 10,7. 171,0°89700418:9 29,0°141,7°16.1.4.0,0 18,0 Es besteht also auch eine jährliche Variation in der Häufigkeit der Meteore. Auch in Bezug auf die Himmelsrichtungen fand Coulvier-Gravier eine ungleiche Verteilung der Sternschnuppen. Die zahlreichsten Meteore kommen stets aus Ost, die wenigsten aus West, während Süd und Nord eine mittlere Zahl aufweisen, welches Resultat von Schmidt bestätigt wurde. Diesen Beobachtungsresultaten muss sich jede Theorie der Stern- schnuppen anpassen, wenn sie auf Richtigkeit Anspruch machen will, und gerade hier zeigte sich früher die grösste Schwierigkeit für die kosmische Theorie der Meteore. Erst durch die vereinigten Ar- beiten von Herrick und Professor Newton (New Haven) und nament- lich durch die scharfsinnigen Untersuchungen Schiaparellis gelang es, diese tägliche und jährliche Häufigkeitsperiode zu erklären und überhaupt die ganze Erscheinung in ihren Hauptzügen klar zu machen. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1344. u Um den Einfluss der Bewegung der Erde auf die Häufigkeit der Meteore zu untersuchen, denken wir uns die Erde mitten in einem überall gleich dichten Haufen kleiner Körperchen, Meteore, stille stehend; so werden wir von jedem Punkt aus nach jeder Richtung nahezu gleich viele Körperchen zu sehen glauben, und jeder Ort der Erdoberfläche würde gleichmässig von ihnen getroffen. Dasselbe würde auch noch stattfinden, wenn sich die Erde um ihre Axe drehte. Würde aber die Erde mit einer viel grössern Geschwindigkeit durch den Raum fliegen, als dies bei den Meteoren des Schwarmes der Fall ist, so würde offenbar nur die vordere Halbkugel, die in der Richtung liegt, nach welcher sich die Erde bewegt, von Meteoren getroffen werden können. Bezeichnet man nun mit Schiaparelli denjenigen Punkt, in welchem die verlängerte Richtung der Erdbewegung die Himmelskugel trifft, den Apex, so werden unter den eben angenommenen Verhältnissen für jeden Punkt der Erdoberfläche nur dann Sternschnuppen sichtbar sein können, wenn der Apex über dem Horizont dieses Ortes liegt. Ist die Bewegung der Erde durch den Raum nicht viel grösser, gleich oder sogar noch geringer, als jene der Meteore, die sich nach ver- schiedenen Richtungen bewegen, so werden Sternschnuppen zu jeder Zeit sichtbar sein können, aber ihre grösste Häufigkeit wird für jeden Ort doch immer dann eintreten, wenn der Apex am höchsten über dem Horizont steht, wenn er kulminiert. Das Verhältnis der Häufigkeit der Sternschnuppen in den verschiedenen Stunden der Nacht ist nun, wie leicht einzusehen, abhängig von dem Verhältnis der Geschwindig- keit der Erde zur mittleren Geschwindigkeit der Sternschnuppen. Hat man das erstere durch Beobachtung bestimmt, so kann man das letztere be- rechnen. Schiaparelli hat diese Rechnung im Jahre 1866 durchgeführt und ge- funden, dass die mittlere Ge- schwindigkeit der Stern- schnuppen 1,455 mal grösser ist, als diejenige der Erde, also sehr wenig von der pa- rabolischen Bewegung ab- weicht. Weil die Erde sich in einer annähernd kreisförmigenBahn um die Sonne bewegt, so liegt der Ort des Apex für jeden Erdort an- nähernd um 90° westlich von der Sonne auf der Ekliplik, der Ab- stand schwankt während des Jahres zwischen 8902‘ und 90°58°. Daher kommt der Apex gegen Mitternacht über den Horizont, geht auf, er- reicht gegen 6 Uhr morgens für jeden Ort seinen höchsten Stand im Meridian (obere Kulmination), geht gegen Mittag unter und erreicht um 6 Uhr abends seinen tiefsten Stand unter dem Horizonte (untere Kulmination). Im Sommer können daher in unsern Breiten Keine Sternschnuppen beobachtet werden zur Zeit der beiden Kulminationen des Apex, weil es um 6 Uhr morgens und abends hell ist, wohl aber im Winter. Weil der Apex gegen 6 Uhr morgens für jeden Ort kulminiert, so erklärt sich zunächst die durch die Beobachtung entdeckte Erschei- nung, dass die Häufigkeit der Meteore gegen 6 Uhr morgens ein Maximum erreicht. Aber noch mehr, es lässt sich auch die verschie- dene Häufigkeit der Meteore, die aus verschiedenen Himmelsrichtungen kommen, erklären. Von 6 Uhr morgens (obere Kulmination) bis 6 Uhr abends (untere Kulmination) befindet sich der Apex beständig auf der westlichen Hemisphäre des Himmels, daher muss am Tage die vor- herrschende Richtung der Sternschnuppen eine westliche sein. Während der Nacht dagegen befindet sich der Apex stets auf der östlichen Halb- kugel des Himmels, daher müssen nachts die meisten Meteore aus Osten kommen, was mit der Beobachtung übereinstimmt. Weil der Apex auf der Ekliptik immer um 90° westlich von der . Sonne entfernt liegt, so hat derselbe die grösste nördliche Deklination zur Zeit des Herbst- und die grösste südliche Deklination zur Zeit des Frühlingsäquinoktiums, in den beiden Solstitien ist sie Null. Der Apex befindet sich also in der Zeit vom Sommer- bis zum Winter- Solstitium auf der nördlichen Hemisphäre, sein Tagbogen ist also grösser, d. h. er befindet sich länger über dem Horizonte der Erdorte unserer Breiten, als in der übrigen Zeit vom Winter- bis zum Sommer-Sol- stitium, während welcher sich der Apex auf der südlichen Halbkugel des Himmels befindet. Hieraus folgt unmittelbar, dass im ersteren Zeitraum, im Herbst, wenn der Apex sich länger über unserm Horizonte befindet, mehr Meteore sichtbar sein müssen, als im zweiten Zeitraum, im Frühling. Damit ist auch die jährliche Variation der sporadischen Sternschnuppen erklärt. Man kann sonach, sagt Schiaparelli, alle Einzelheiten der perio- dischen Variationen, wenigstens in Bezug auf das Gesetz der Häufig- keit der Meteore erklären, so dass diese Variationen, statt ein Hinder- nis für die kosmische Theorie der Meteore zu bilden, dieselbe viel- mehr auf das glänzendste bestäligen. Wie schon anfangs erwähnt, ist zu gewissen Zeiten während des Jahres, namentlich in den Nächten des 10. August und des 12. und 13. November die Anzahl der aufleuchtenden Meteore so bedeutend, dass sie den Anblick eines feurigen Regens gewähren. Es ergibt sich hieraus, dass diese kleinen kosmischen Körper nicht planlos durch den Raum irren, sondern bestimmten Anordnungen in Ba zug auf ihre Anzahl und Bewegung unterliegen. Im allgemeinen ist die Wieder- kehr der grössern Häufigkeit der Meteore an eine jährliche Periode gebunden und fällt zusammen mit bestimmten Stellungen der Erde in ihrer Bahn. Ein solcher Sternschnuppenregen wird veranlasst von einer sehr grossen Anzahl zu einer kosmischen Wolke vereinigter, kleiner, dunkler Körperchen, die nur lose zusammenhängen und nur das gemeinsam haben, dass sie gemeinschaftlich eine bestimmte Bahn um die Sonne verfolgen; sie bilden einen Meteor- oder Sternschnup- pensehwarm. Die wichtigsten Meteorströme sind der August- und Novemberschwarm ; aber ausser diesen kennt man noch viele andere, die in regelmässigen Perioden wiederkehren. Die Bahnen der Meteorschwärme sind sehr verschieden; sie durch- kreuzen die Ebene der Erdbahn unter den verschiedensten Winkeln und liegen nicht wie die Planetenbahnen nahe in einer Ebene. Die Bewegung der einzelnen Meteore ein und desselben Schwarmes er- folgt in gleicher Richtung, aber diese Richtung ist bei einzelnen Strömen dieselbe, bei andern die der Erde und den übrigen Planeten ent- gegengeseizie, oder wie man sagt, ein Teil der Schwärme ist recht- läufig, ein anderer rückläufig. Wenn die Erde bei ihrem Umlauf um die Sonne sehr nahe an einer solchen kosmischen Wolke vorbeizieht, oder durch sie hindurch geht, so wird ein Teil der in dem Schwarm enthaltenen Meteore von der Erde angezogen, sie dringen in ihre Atmosphäre ein, werden weissglühend und als Sternschnuppen sichtbar. Eine kosmische Wolke kann aber in unserm Sonnensystem unmöglich stille stehen, bis die Erde nach einem Jahr wieder an dieselbe Stelle zurückkommt, sondern sie muss sich zufolge des Newionschen Grav itationsgesetzes, wie die Planeten und Kometen nach den Keplerschen Gesetzen um er die Sonne bewegen; hieraus folgt, dass die Bahn eines periodischen Sternschnuppenschwarmes und die Erdbahn sich kreuzen, und dass die Erde und der Schwarm zu bestimmten, periodisch wiederkehrenden Zeiten im Kreuzungspunkt zusammentreffen und einen Meteorregen erzeugen. Doch zeigen sich in einzelnen Fällen langsame Verspätungen im Eintreffen des Maximums der Häufigkeit. So ist z. B. das Datum des Eintreffens der Novembersternschnuppen in 100 Jahren un drei Tage vorwärts gerückt. In frühern Zeiten fiel das Maximum nach histo- rischen Aufzeichnungen auf Mitte Oktober ; die genauere Untersuchung hat gezeigt, dass die Hälfte dieses Fortrückens von einer Bewegung desjenigen Punktes herrühren muss, in welchem die Erde alljährlich den Sternschnuppenschwarm kreuzt. Auch die Intensität der jährlichen Wiederkehr ist bei gewissen Meteorströmen an eine bestimmte Periode geknüpft, die z. B. für den Novemberschwarm 33 Jahre beträgt. Im Jahre 1833 wurde zum erstenmal eine merkwürdige Er- scheinung, die Ausstrahlung oder Radiation der Meteore eines Schwarmes beobachtet. Die Bahnen nämlich, welche die verschiedenen Meteore ein und desselben Schwarmes durch die Erdatmosphäre be- schreiben, scheinen von einem gemeinsamen Punkt des Himmels, dem sogenannten Ausstrahlungs- oder Radiationspunkt oder Radianten auszugehen. Dieser Punkt erscheint für die gleiche Zeit allen Beob- achtern an der gleichen Stelle des Himmels, der Radiant hat keine Parallaxe, er kann also nicht in der Erdatmosphäre liegen. Es ist damit aber nicht gesagt, dass alle Sternschnuppen aus demselben Punkt des Weltraums herkommen, sondern nur, dass die Flugbahnen der meisten derselben, rückwärts verlängert, sich in ein und demselben Punkt des Himmels treffen. Diese Erscheinung ist aber nur eine Wirkung der Perspektive, indem die einzelnen Meteorbahnen in Wirk- lichkeit nahezu parallel sind, ähnlich wie die Baumreihen einer langen Allee dem Beobachter in der Ferne zusammenzutreffen, oder wie die parallelen Sonnenstrahlen aus einer Wolkenlücke divergent hervorzu- brechen scheinen. Auch in solchen Fällen, wo die Erscheinung der Sternschnuppen weniger auffallend ist, scheinen doch solche Radianten vor- handen zu sein. Die kleinere Anzahl von sporadischen Sternschnuppen dagegen lassen sich nicht auf bestimmte Radiationspunkte zurück- führen. Die Lage der Radianten ist für bestimmte Meteorschauer charak- teristisch. Die Augustmeteore strahlen alle aus einem Punkt des Perseus, jene des 12. und 13. November aus dem Sternbilde des Löwen. daher heissen die erstern auch die Perseiden, die leiziern die Leoniden. a 0 nen m nn nennen nn ai Der Sternschnuppenschwarm, der Perseiden, der August- strom, im Volksmund auch Laurentiusstrom genannt (weil am 10. August der Namenstag des Märtyrers des heiligen Laurentius gefeiert wird) zeigt sich alljährlich und erreicht seine grösste Intensität am 10. August und zwar an den einzelnen aufeinander folgenden Jahren mit verschiedener Stärke. Hieraus folgt, dass die kleinen Körperchen, die diesen Schwarm bilden, in einem geschlossenen elliptischen Ringe die Sonne umlaufen, und die Erde jedes Mal am 10. August an der Stelle sich befindet, wo dieser Ring die Erdbahn kreuzt. Ferner folgt aus der jährlich ungleichen Intensität, dass nicht alle Stellen des Ringes gleich dicht mit Meteoren besetzt sind, dass er diehtere und lockere, vielleicht sogar leere Stellen hat. Die Perseiden werden schon 1762 von Musschenbreek erwähnt, aber es gelang erst Quetelet (eirca 1850), die allgemeine Aufmerksamkeit auf diesen Strom zu lenken. Seither wurde er ziemlich regelmässig beobachtet, und es gelang so- gar, denselben rückwärts bis ins 9. Jahrhundert zu verfolgen. Trotz dieser langen Beobachtungszeit ist es noch nicht gelungen, die Umlaufs- zeit dieses Auguststernschnuppenschwarmes mit Sicherheit zu bestimmen, die einzelnen Angaben weichen stark von einander ab, von 8 (Greg) bis zu 108 Jahren (Schiaparelli), der Hauptradiationspunkt des August- stromes liegt im Mittel in « —= 44° Rectasc. und d — 55° Declination, nahe bei % Persei; derselbe verschiebt sich von Jahr zu Jahr. Die stündliche Häufigkeit schwankt zwischen etwa 30 (1867) und 150 (1863); im Jahre 1893 stieg die stündliche Anzahl sogar auf etwa 200. Nach den Berichten des Pater Denza wurden 1893 an einigen italienischen Stationen in der Nacht des 10. zum 11. August neben aussergewöhnlich zahlreichen Sternschnuppen auch mehrere Feuer- kugeln beobachtet. Der Neigungswinkel der Bahn der Perseiden gegen die Erdbahn beträgt 64° 3°, und die grosse Axe der Bahn- ellipse ist 50 mal so gross als der mittlere Radius der Erdbahn, beträgt also etwa 1000 Millionen Meilen. Die Bewegung der Meteoriten in dieser Bahn ist derjenigen der Erde entgegenge- setzt, der Augustschwarm ist rück- läufig. Der Sternsehnuppensehwarm der Leoniden oder November- strom, der gegenwärtig am 12. und 13. November mit der grössten Intensität in Sicht kommt, ist am längsten und besten bekannt. Er wurde zuerst am 12. November 1799 von Alexander von Humboldt zu Gumana in Venezuela beobachtet. Früh morgens vor Sonnenaufgang sah er 4 Stunden lang Tausende von Sternschnuppen den Himmel durchziehen; sie schossen in ganzen Garben hernieder und boten den Anblick eines feurigen Regens. Sämtliche liessen einen leuchtenden Schweif von 5 bis 10° Länge zurück, die meisten verschwanden ohne Funkensprühen, andere schienen zu bersten und noch andere hatten einen grossen glänzenden Kern, aus dem Funken sprühten. Am 12. November 1833 wiederholte sich dieselbe Erscheinung, die Sternschnuppen fielen so dicht, dass Arago während 3 Stunden ihre Anzahl auf wenigstens 240,000 für seinen Beobachtungsort schätzte. Ebenso grossartig stellte sich die Erscheinung im Jahr 1866 ein und wurde von zahlreichen Beobachtern genau verfolgt. Aber auch rück- wärts können die Meteorschauer der Leoniden in alten Aufzeichnungen bis in das 10. Jahrhundert verfolgt werden. Der Schwarm des 12. und 13. November tritt nach je 33 Jahren mit einem Maximum an Intensität auf und jedesmal 3 Jahre nach ein- ander mit abnehmender Stärke; in der Zwischenzeit ist die Anzahl der Sternschnuppen dieser Epoche unbedeutend. Das Datum rückt, wie schon erwähnt, successive vorwärts, in einem Jahrhundert um 3 Tage. üs ist bereits gelungen, die Hauptverhältnisse dieses Schwarmes ziem- lich sicher fest zu stellen. Die Meteore desselben, die sich ebenfalls in einer langgestreckten Ellipse um die Sonne bewegen, sind nicht — über die ganze Bahn zerstreut, wie die Perseiden ; sie bilden N also keinen geschlossenen “Novemb® Ring, sondern eine dichte, nur wenig in die Länge ge- zogene Meteorwolke, die33'/4 Jahr zu ihrem Umlauf um die Sonne braucht und welche die Erdbahn an derjenigen Stelle durchschneidet, an welcher die Erde gegen den 13. November sich befindet. Die Neigung der Bahnebene der Leoniden gegen die Erdbahn Erdbahn Er A beträgt 17° 44‘, der Strom ist ebenfalls rückläufig, die grosse Axe der Bahnellipse ist etwa 10,34 mal so ‚gross, als der Durchmesser der Erdbahn, also circa 410 Millionen Meilen, die Excentricität & = 0,90. Der Radiationspunkt liegt im Mittel nach den Bestimmungen von Schmidt und Heis in« = 149° und d = 26° im Löwen. Der nächste grosse Sternschnuppenregen der Leoniden wird am 12. und 13. No- vember 1899 eintreten. Bemerkenswert ist, dass gewisse Radianten sich gruppenweise in verschiedenen Himmelsregionen ansammeln und die Zeiten, zu welchen die zu derselben Gruppe gehörigen Meteorschwärme ein Maximum an Sternschnuppen liefern, nur wenig auseinander liegen und sich meist über einige Wochen ausdehnen. Es scheint hiernach, dass gewisse Radianten einem gemeinsamen System von Meteorströmen angehören, da die erwähnte Gleichzeitigkeit wohl nicht zufällig ist. Die wichtigsten Radianten, welche die meisten Meteore liefern, haben nur eine kurze Thätigkeitsdauer. W. Fr. Denning, Astronom in Bristol, hat nach seinen Beobachtungen die folgenden 9, welche die meisten Sternschnuppen liefern, zusammengestellt; sie sind für die Epoche 1890 berechnet und enthalten auch die beiden Hauptströme. Man hat ihnen nach dem Sternbilde, in welchem der Radiant liegt, einen Namen gegeben: I | | | \ Ort des Radianten ; | | | Maximum der | Schwärme | Thätigkeitsdauer en | | Entdecker Thätigkeit | vn | |Rectase. | Deelin. | m | | || Quadrantiden 28. Dez.—4. Jan. ||2. Januar 229,8 | -+52%,5 | Heis Lyriden 16. April—22. April | 20. April 269,7 | -++32,5 | Herrick n Aquariden 80. April—6. Mai | 6. Mai 337,6 | — 2,1 | Tupmann d » 23. Juni—25. Aug. 128. Juli 3394 | —11,6 | Quetelet Perseiden 11. Juli—22. Aug. | 10. August 45,9 | +56,9 || Musschenbrak Orioniden 9.—29. Oktober 18. Oktober || 92,1 | -+15,5 || Schmidt Leoriden 9.—17. November ||13. Novemb.| 150,0 | -H22,9 || Humboldt Andromediden| 25.—830. November | 27. Novemb.|| 25,3 | 443,8 | Brandes Geminiden 1.—14. Dezember |10. Dezemb. || 108,1 | -+82,6 | Greg | | Neulich hat nun derselbe unermüdliche Meteorforscher F. Denning ein Verzeichnis von 918 Radiationspunkten von Sternsehnuppen veröffentlicht. (Monthly Notices 50 Nr. 7 1889). Derselbe hat seit 1866 die Bahnen von beinahe 10,000 Meteoren in Sternkarten ein- getragen und daraus die Radianten bestimmt. Ein bemerkenswertes en tesultat seiner Beobachtungen ist der Nachweis einer verhältnismässig grossen Zahl von Meteorschwärmen aus bestimmten Radianten, welche längere Zeit andauern, als die Theorie anzunehmen gestattet, die Wochen und selbst Monate hindurch Meteore aussenden, während die Erde einen Meteorstrom, selbst wenn derselbe einen Querschnitt von einer Million Meilen hätte, in 3—4 Tagen durchsetzen würde, Einige wenige Radianten bewegen sich rasch unter den Sternen fort, während andere stationär bleiben. Die Perseiden, sagt Denning, beginnen sicher schon am 8. Juli zu fallen aus einem Radianten ma= 3%, 0) — + 49°, und sie setzen erst aus am 22. August, wenn ihr Radiant 78° Rec- tasc. und -- 58° Declination passirt hat; am 10. August zur Zeit des Maximums liegt der Radiant ina« = 46°, d = -- 57°, entsprechend dem des Kometen III 1862. Die Lyriden des April besitzen einen Radianten, der seinen Ort am Himmel während ihrer nur 6 tägigen Dauer ändert, während der Radiant der Örioniden des Oktobers keine Spur einer Wanderung zeigt; derselbe bleibt während der dreiwöchent- lichen Thätigkeitsdauer (9—29. Oktober) unverändert an seiner Stelle ind — Pe a Die Thatsache der langen Thätigkeitsdauer gewisser stationärer Radianten hat Denning zuerst im Dezember 1884 veröffentlicht, und Seither wurde ihm dieses Resultat durch mehr als 5000 Beobachtungen bestätigt. Als einen Beweis für die lange Dauer gewisser stationärer Radiationspunkte gibt Denning ein Verzeichnis von 45 solchen Punkten. Unter diesen befindet sich der Radiant, dessen mittlere Lage « = 47°, Oi, 440 ist, der dem Meteorstrom zwischen « und % Persei ange- hört. Die Thätigkeit desselben erstreckt sich über die Zeit vom 20. Juli bis 12. März, also über volle 234 Tage.*) Diese von Denning gefundene merkwürdige Erscheinung, dass 68 Sternschnuppenschwärme gibt, welche drei Monate und länger aus dem- selben Punkt des Himmels ausstrahlen, wurde erst in neuerer Zeit erklärt. Tisserand hat hierüber eine mathematische Erklärung gegeben,**) zu- Nächst für die Meteore, welche ihren Radianten in der Nähe von Trianguli haben, welche nach Denning vom 16. Juli bis 14. November von dort ausstrahlen, indem er zu dem Ergebnis gelangt, dass die- selben nicht einem und demselben Schwarm angehören können, weil sonst ihre Bewegung bald rechlläufig, bald rückläufig sein müsste. Wahrscheinlich haben verschiedene Meteorschwärme ihre Radiations- *) Jahrbuch der Astronomie und Geophysik von Klein 1890. **) Comptes rendus 109, 1882. Bern, Mitteil. 1894. Nr. 1345. ER RT BE AT Brennen re a we punkte nahe bei % Trianguli, die in der Zeit von Mitte Juli bis Mitte November nacheinander aus denselben Meteore ausstrahlen:; in der Zwischenzeit vermischen sich die einzelnen Erscheinungen und stellen gleichsam stabile Radiationen her. Analog wird es sich in andern Fällen lang dauernder Radianten verhalten. Diese Erklärung wird neuestens von dem schon erwähnten bekannten Meteorforscher Pro- fessor von Niessl durch Untersuchungen über die Bahnen verschiedener Feuerkugeln bestätigt.*) Dr. Neumayer und von Niessl haben die wichtige Thatsache ent- deckt, dass es auch für die Meteoriten und Feuerkugeln feste Radia- tionspunkte gibt, die von Zeit zu Zeit thätig werden, und dass diese Radianten mit gut ermittelten Sternschnuppenradianten fast immer gut übereinstimmen. Obgleich also die Meteoriten und Feuerkugeln nur vereinzelt auftreten, so stimmen sie doch darin mit den Sternschnuppen überein, aus bestimmten Punkten des Himmels herzukommen und zwar aus solchen Radianten, die auch Sternschnuppen liefern. Das nämliche hat Denning auch für die Boliden nachgewiesen. Diese treten häufiger auf, als die eigentlichen Feuermeteore, deshalb konnten für dieselben mehr Radianten festgestellt werden. Aus diesen Tbatsachen folgt wieder der wichtige Schluss, dass zwischen Sternschnuppen, Boliden, Feuer- kugeln und Meteoriten kein unterscheidendes Merkmal vorhanden ist. Seit dem grossartigen Sternschnuppenregen des Jahres 1833 sind schon verschiedenartige Hypothesen aufgestellt worden, um das Wesen der Meteorerscheinungen zu erklären. Schon Chladni, Morstadt (Prag 1838), von Reichenbach, Daniel Kirkwood (Philadelphia) und d’Arrest vermuteten eine gewisse Beziehung zwischen Kometen und Sternschnuppenschwärmen. Aber erst Schiaparelli fasste alle bis da- hin bekannten Erscheinungen zusammen und zeigle, dass zwischen Kometen und Sternschnuppenschwärmen ein inniger Zusammenhang besteht. Dass die absolute Geschwindigkeit, mit welcher die Meteore der Erdatmosphäre begegnen, sehr nahe die einer parabolischen Be- wegung entsprechende ist, hatte Schiaparelli schon früher gefunden, nun zeigte er, dass sowohl die Kometen, als auch die Sternschnuppen- schwärme in gleichartigen, lang gestreckten Kegelschnitten um die Sonne laufen, dass manchmal in einem Teile einer solchen Bahn ein Komet und an einer andern Stelle derselben Bahn ein Sternschnuppen- schwarm sich bewegt, und dass sehr wahrscheinlich die Sternschnuppen das Produkt der Zerstreuung von Kometenmaterie sind. #) Jahrbuch der Astronomie 1891, Il. Jahrgang. an we Um die Übereinstimmung der Bahnen gewisser Sternschnuppen- schwärne mit Komelenbahnen zu finden, hat Schiaparelli die Bahnen einiger Schwärme berechnet und mit bekannten Kometenbahnen ver- glichen. Die erste Berechnung führte er 1866 an dem Augustschwarm, den Perseiden aus, indem er die Bahn, entsprechend ihrer Bewegung, als Parabel voraussetzte. Schiaparelli nahm dabei als Radiationspunkt derselben nach Alex. Herschel den Punkt von 44° Rectasc. und 56° nördlicher Deklin. des Himmels an, und als Augenblick des Durch- gangs der Meteorwolke durch die Ebene der Erdbahn im Jahre 1866 den 11. August morgens 6 Uhr. Die Dauer der Umlaufszeit bestimmte er aus einer Anzahl aussergewöhnlich glänzender Erscheinungen der Augusimeteore. die er den Katalogen von Quetelet und Ed. Biot ent- nahm und fand sie zu 108 Jahren, doch ist dieselbe sehr unsicher. Schiaparelli fand eine grosse Übereinstimmung der Bahnelemente des Augustschwarmes mit denjenigen des von Oppolzer im Sommer 1862 beobachteten Kometen III; die Bahnelemente der Perseiden von Schia- parelli und diejenigen des Kometen III 1862 von Oppolzer berechnet, nebeneinander gestellt, sind nämlich: Für den Augustschwarm Für den Kometen Ill 1862 Durchgang durch das Perihel Juli 23,62 (1866) | Aug. 22,9 (1862) Länge des Perihels 343° 38° 344° 41' Länge des aufsteigenden Knotens 138°. 1:6/ 184,. 24. Neigung der Bahn gegen die Eklipt. 64% 3° 66° 26° Periheldistanz 0,9643 0,9626 Umlaufszeit 108 Jahre 121,5 Jahre Bewegung rückläufig rückläufig. Aus den obigen Bahnelementen ergibt sich die relalive Ge- schwindigkeit, mit welcher die Augustimeteore der Erde begegnen, zu 8 Meilen, ziemlich übereinstimmend mit dem durch Alex. Herschel aus Beobachtungen gefundenen Werte von 7,5 Meilen. Die obigen Elementensysteme zeigen nur eine geringe Abweichung von einander; dieser Unterschied rührt daher, dass sich der Radiationspunkt und der Knoten der Perseiden nur ungenau angeben lässt. Grössere Ab- Weichung zeigen die Umlaufszeiten, weil eben dieses Element sich in beiden Bahnen nur unsicher bestimmen lässt; sie ist deshalb ohne 8rosse Bedeutung. Der Komet III 1862 ist also nichts anderes, als eine dichtere Stelle des seit über 1000 Jahren bekannten Meteorstromes der Perseiden. RD en ree r rer rn ee Ei BEER A NEERAENE TEEN | | | BB Für den Novemberschwarm, die Leoniden, wurde durch die Rechnungen von Schiaparelli, Oppolzer, Peters und Le Verier, der erzeugende Komet ebenfalls gefunden; es ist der Tempelsche Ko- met von 1866 I, der zuerst von Tempel in Marseille beobachtet wurde. Die Elemente des Sternschnuppenschwarmes der Leoniden und diejenigen des Tempelschen Kometen neben einander gestellt sind nämlich : Für die Leoniden Für den Kometen 1866 I, Durchgang durch das Perihel 1866 Nov. 10,092 Jan. »1:1516 Länge des Perihels 569 :26° 60° 28° Länge des aufsteigenden Knotens 231228! 2319.26° Neigung der Bahn gegen die Eklipt. 1709-44 KALB: Periheldistanz 0,9873 0,9765 Excentricität 0,9046 0,9054 Halbe grosse Bahnaxe 10,340 10,324 Umlaufszeit 33,250 Jahre 33,176 Jahre Bewegung rückläufig rückläufig. Es läuft also der Tempelsche Komet 1866 I. in der Bahn des Meteorstroms der Leoniden und ist die dichteste Stelle desselben. Ein frappantes Beispiel, dass Kometen unter gewissen Beding- ungen sich in Sternschnuppenschwärme auflösen können, bildet der im Jahre 1805 von Pons entdeckte und im Jahre 1826 von dem öst- reichischen Hauptmann W. v. Biela wieder entdeckte und berechnete Bielasche Komet. Seine Umlaufszeit wurde zu 6°/ı Jahren befunden. Im Jahre 1832 kam er, wie vorausberechnet, wieder; im Winter 1845/46 teilte er sich unter den Augen der Beobachter in 2 völlig gesonderte Komelen von gleichem Aussehen; im Jahre 1852 kehrte der Doppelkomet wieder zurück, aber der Abstand der beiden einzelnen Kometen war von 34,000 auf 300,000 Meilen gestiegen. In den Jahren 1859 und 1866 konnte, trotz der eifrigsten Nachforschungen, der Doppelkomet nicht aufgefunden werden, und man schloss, dass sich derselbe Leilweise aufgelöst habe. Auch zur Zeit der folgenden Wieder- kehr im Herbst 1872 konnte keiner der Kometen des Paares aufge- funden werden, dagegen trat in der Nacht vom 27. auf den 28. November 1872, zu welcher Zeit die Erde dicht an der Bahn des Bielaschen Kometen vorbeiging, ein grossartiger Sternschnuppenregen ein; an einigen Orten fielen die Sternschnuppen zur Zeit des Maxi- mums so dicht, dass an ein Zählen nicht zu denken war. Der Radia- tionspunkt lag in y Andromed&. Aus der Lage des Radianten und Be der beobachteten Geschwindigkeit der Meteore berechnete Schiaparelli die Bahn des den Sternschnuppenregen erzeugenden Schwarmes und fand dabei eine sehr grosse Übereinstimmung mit derjenigen des Bielaschen Kometen. Hätte der Komet noch als solcher bestanden, so würde die Erde am 27. November gar nicht mit ihm zusammen- ‚getroffen sein, weil derselbe schon einige Monate früher die Erdbahn in diesem Punkte gekreuzt hätte. Die Umlaufszeit des Schwarmes ergah sich zu 6'/e Jahren. Prof. Klinkerfues in Göttingen kam bei Anlass dieses Sternschnuppenregens vom 27. November 1872 zu der Mein- ung, es könnte der Kopf der betreffenden Meteorwolke einige Zeit nach ihrem Durchgang durch die Erdbahn in dem Gegenpunkte des Radiationspunktes, im Centauren, als Komet gesehen werden; dieser konnte aber nur auf der südlichen Halbkugel sichtbar werden, er forderte daher Pogson in Madras telegraphisch auf, in jenem Stern- bilde nach einem Kometen zu suchen. Wirklich fand Pogson an dem angegebenen Orte einen Kometen, konnte denselben aber nur an 2 Abenden beobachten. Da aber 2 Beobachtungen zu einer unabhängigen Bahnberechnung eines Kometen nicht hinreichen, so lässt sich nicht entscheiden, ob jener von Pogson gesehene Komet mit einem der beiden Bielaschen Kometen identisch ist. Der dem Bielaschen Ko- meten entsprechende Schwarm hat sich dann aber auch am 27. No- vember 1885 wieder reichlich eingestellt; nach den Untersuchungen von Prof. Newton betrug um die Zeit des grössten Glanzes die stünd- liche Zahl der aufleuchtenden Meteore 75,000. Der Radiant war der- selbe wie 1872. Auch im Jahr 1892 waren die Biela-Meteore sehr reichlich, und zwar zeigte das Phänomen seine grösste Intensität schon am 23. November, während die beiden früheren Erscheinungen erst am 27. November stattgefunden hatten. Der Kreuzungspunkt des Schwarmes und der Erdbahn hat sich somit um 4 Grade, entgegen der Richtung der Erdbewegung, verschoben. Diese Verschiebung der Bahn der Bieliden hat Bredechin in Pulkowa erklären können durch die störende Wirkung des Jupiter in den Jahren 1889 bis 1891. Es ist somit nicht zu bezweifeln, dass der Bielasche Komet sich wirklich in einen Sternschnuppenschwarm aufgelöst hat, höchst wahrscheinlich hat die Teilung und der vollständige Zerfall des Kometen schon im Jahre 1846 begonnen. Weil der Radiationspunkt des Schwarmes im Sternbild der Andromeda liegt, heissen diese Meteore auch die An- dromeden. Die nächste, mit grossem Sternschnuppenregen verbundene Wiederkehr der Bieliden geschieht Ende November 1898. nt BEE A BENENNEN BEBERTETALSCSTENL ED, ARBEIT NEIN RG Zaenama = Man hat seither die Bahnen vieler Meteorströme berechnet und sie mit den Bahnen bekannter Kometen verglichen. Professor Alb. Herschel gibt zwar in einer Zusammenstellung aller Meteorströme und Kometen 71 Beispiele, die bezüglich ihrer Bahnen eine gewisse Ver- wandischaft verraten, allein im ganzen ist eine sichere Übereinstimmung nur in den folgenden 4 Fällen nachgewiesen: Meteorströme. | Kometen. Lyriden (Aprilschwarm) | Komet d’Arrest I. 1861 Perseiden (Augusischwarm) Komet Ill 1862 Andromeden (Novembermeteore) Bielas Komet Leoniden (Novemberschwarm) Tempels Komet I. 1866. In Anbetracht der grossen Anzahl berechneter Bahnen von Ko- meten und Meteorschwärmen ist diese Zahl der Übereinstimmungen ziemlich klein und die Erwartung, dass sich bald zahlreiche andere Übereinstimmungen finden werden, hat sich als irrig erwiesen. Die Erde und die übrigen Planeten üben in Folge ihrer An- ziehung einen störenden Einfluss aus auf die Bahnen der Stern- schnuppen und die Kenntnis der Grösse desselben ist von grosser Wichtigkeit. Schiaparelli hat diesen Einfluss genau untersucht und findet, dass die Erde als störender Planet die ganz nahe an der Erde vorbeigehenden Novembermeteore in ihrer relativen Bewegung um einen Winkel von 1° 28° im Maximum ablenkt, und dass durch diese Stö- rung in den Grenzfällen die mittlere Umlaufszeit der Leoniden von 33'/4 Jahren bis auf 28,67 Jahre vermindert oder bis auf 49,92 Jahre vergrössert werden kann. Hieraus folgt, dass derjenige Teil der Leo- niden, der sehr nahe an der Erde vorbeigeht, nach und nach seine Umlaufszeit ändert und sich im Laufe der Zeit in einen ringförmigen geschlossenen Strom über die ganze Bahn ausdehnen kann. Die Än- derung im Ausstrahlungspunkt wird aber trotzdem keine bedeutende sein, denn, wie Schiaparelli gezeigt hat, kann ein Meteorsirom mit fast geometrischer Genauigkeit von einem Punkte ausstrahlen, während seine Elemente verschiedene Bahnen im Raume beschreiben. Einen bedeutend grössern störenden Einfluss auf die Meteore als die Erde, haben die grossen Planeten, besonders Jupiter. Durch- schneidet ein solcher grösserer Planet einen Meteorstrom, oder kommt er ihm sogar nur auf einige 100,000 Meilen nahe, so werden die zunächst liegenden Teile des Stromes so. stark abgelenkt, dass für diesen Teil der Strom als zerstört angesehen werden kann. Nach mehreren solchen Bewegungen wird der ursprüngliche Zusammenhang zwischen diesen Meteoren nicht mehr zu erkennen sein; sie werden als sporadische Meteore durch den Raum ziehen. Es drängt sich uns nun die Frage auf, nach dem Ursprung und der Entstehung der Meteorströme. Wie früher erwähnt, haben die Untersuchungen über die Bahnen der Feuerkugeln und Meteoriten, besonders diejenigen von Prof. Niessl, unzweifelhaft auf hyperbolische Bahnen derselben geführt, und weil man die Stern- schnuppen mit den Feuerkugeln und Meteoriten als. Körper derselben Klasse ansieht, so müssen für die Sternschnuppen, neben parabolischen und elliptischen, auch hyperbolische Bahnen zugelassen werden. Schia- parelli hat nun aber gezeigt, dass, wenn ein Himmelskörper aus den Fixsternräumen in den Bereich der Sonnenanziehung tritt und selbst in das Innere unseres Sonnensystems dringt, er eine entschieden hy- perbolische Bahn beschreiben muss, somit umgekehrt eine hyperbo- lische Bahn eines Himmelskörpers seine Herkunft aus den Fixstern- räumen bedingt. Ein aus dem Sternraum kommender Körper kann nur dann eine fast parabolische Bahn beschreiben, wenn die Geschwin- digkeit und Richtung seiner Bewegung fast genau gleich ist der Ge- schwindigkeit und Richtung der Eigenbewegung der Sonne. Da ferner die starken Neigungen der Bahnen und die rückläufigen Bewegungen der Meteorströme und Kometen keine Wahrscheinlichkeit zulassen, ihre Entstehung mit derjenigen der planetarischen Körper des Sonnen- systems nach der Kant-Laplaceschen kosmogonischen Hypothese, in Zusammenhang zu bringen, so drängt sich uns die schon von Halley vermutete Hypothese auf, dass die Sternschnuppen, sowie die Kometen ausserplanetarischen Ursprungs sind, dass sie aus den Fixsternräumen als Fremdlinge in unser Sonnensystem kommen. Da die Sternschnuppen zu Systemen vereinigt zu uns gelangen, so ist die Vorstellung, dass Sie schon ausserhalb des planetarischen Raumes sich zu Systemen ver- einigen und dass sie dort kugelförmige Anhäufungen von äusserst dünner Materie bilden, naturgemäss. Schiaparelli hat nun in sehr scharfsinniger Weise gefunden, dass ein System von kugelförmiger Gestalt, gleichgiltig, ob dasselbe aus kontinuierlicher Materie oder aus diskreten Teilchen bestehe, unter der Voraussetzung, dass seine Dichte sehr gering ist, sich auflösen muss, sobald es sich bis zu einer ge- wissen Grenze der Sonne nähert. Die Grenze, bei welcher die Auf- lösung beginnt, hängt keineswegs von der Grösse des kugelförmgen Systems ab, sondern nur von der Menge der in ihm enthaltenen Ma- terie und von seiner Entfernung von der Sonne. = en Diese auflösende Kraft der Sonne ist nur eine Folge ihrer An- ziehung, denn die der Sonne näher liegenden Massenteilchen des Systems werden von derselben stärker angezogen, als die entfernteren und müssen sich daher an beiden Orten vom Mittelpunkt des ursprüng- lich kugelförmigen Systems in der Richtung ihrer Bahn entfernen, sobald die Anziehung der Sonne die nach dem Mittelpunkt des Systems gerichtete Massenanziehung überwiegt, und denselben Einfluss üben auch die Planeten aus. Ist das der Sonne sich nähernde kosmische System überall gleich dicht, so beginnt die Auflösung desselben, so- bald die Gleichgewichtsgrenze überschritten ist, in allen seinen Schichten gleichzeitig; nimmt die Dichte nach dem Innern zu, so beginnt die Auflösung in den äussern Schichten. Unter dem Einfluss der Sonnen- anziehung wird sich daher die aus einem Schwarm kleiner Körperchen bestehende kosmische Wolke deformieren, indem sie sich längs ihrer Bahn ausdehnt und verlängert und so einen sog. Meteorstrom bildet; ein Planet kann durch seine Störungen zu einer elliptischen Bahn Veranlassung geben. Im Laufe der Zeit wird die ganze Bahn mit Meteorkörperchen besetzt sein, so dass ein geschlossener elliptischer Ring, ein geschlossener Meteorstrom, entsteht. Die Kometen sind nun, nach allem, was wir von ihnen wissen, als eine Anhäufung von kosmischer Materie von sehr geringer Dichte zu betrachten, welche den Bedingungen einer solchen Auflösung entsprechen, wie dies beim Bielaschen Kometen am sichersten beobachtet wurde. Die Kometen werden aus dem Weltraum von der Anziehung der Sonne in unser System eingeführt und zwar ist, wie Prof. Höck bemerkt hat, die Möglichkeit sehr wahrscheinlich, dass sie nicht als isolierte Massen zu uns gelangen, sondern als Glieder von zusammengesetzten Systemen, indem sie ebenfalls Ströme bilden. In Folge der auflösenden Kraft der Sonne und der Einwirkung der Planeten erfahren die Kometen eine fortdauernde Umformung in einen parabolischen oder elliptischen Meteorstrom, in welchem die Materie sehr ungleich verteilt ist. Der Strom ist in eine Menge einzelner Haufen geteilt, eine Art Flocken von ausserordentlicher Leichtigkeit, welche nichts mit einander gemein haben, als die Richtung und Geschwindigkeit ihrer Bewegungen. Wenn aber in einigen Teilen des ursprünglichen Haufens oder des Stromes, welchen er gebildet hat, eine oder mehrere Konzentrationen existieren, so dass infolge der gegenseitigen Anziehung die darin angehäufte Materie der Auflösung in einzelne isolierte Wolken widersteht, so können diese Teile in grosser Entfernung als Kometen gesehen wer- ua den. Ein Sternschnuppen- oder Meteorschwarm kann also bald da, hald dort die physikalischen Bedingungen erlangen, welche ihn als Kometen erscheinen lassen. Wenn nun ein solcher Strom die Erd- bahn alljährlich kreuzt, so wird er zu periodischen Sternschnuppen- fällen von verschiedener Intensität Veranlassung geben, je nach der grösseren oder kleineren Annäherung der wolkigen Flocken. Was die sporadischen Sternschnuppen anbetrifft, welche sich unbestimmt nach allen Richtungen durch den Raum bewegen, so können diese von kosmischen Flocken herrühren, die isoliert aus der Tiefe des Weltraums angekommen, oder von Meteorschwärmen, die durch starke Anziehung der Planeten zerstört und sehr stark zerstreut worden sind. Nach Betrachtung der Beziehungen zwischen den Sternschnuppen und den Kometen wollen wir noch auf die Verwandtschaft zwischen den Sternschnuppen und Meteoriten eintreten. Im Verlaufe dieses Vortrages ist schon mehrfach die von den meisten Astronomen ver- tretene Ansicht begründet worden, dass zwischen Sternschnuppen, Meteoriten und Feuerkugeln kein principieller Unterschied besteht, dass sie alle derselben Klasse von Himmelskörpern angehören. Allein die Thatsache, dass auffallend starke Sternschnuppenschauer, wie sie die Leoniden, Perseiden und die Andromeden des Bielaschen Kometen Schon mehrmals erzeugt haben, trotz vielseitiger Beobachtung des Himmels keine nachweisbaren Meteoritenfälle lieferten, wird von einigen Astronomen als ein grosser Einwurf gegen die Identität der Stern- Schnuppen mit den Meteoriten betrachtet. Vielleicht rührt dies daher, dass die Substanz, aus welcher die Sternschnuppen bestehen, infolge der grossen Geschwindigkeit, mit Welcher sie in die Erdatmosphäre eindringen, immer schon in grosser Höhe aufgelöst wird, wie nachher noch begründet werden soll, oder dass in einem Sternschnuppenschwarm überhaupt keine so grossen Massen vorkommen, wie sie als Meteoriten auf die Erde fallen. Schiaparelli führt zwar einige Fälle an, in welchen Sternschnuppen- Substanz auf den Erdboden gefallen sein soll. Der erste gehört dem Srossen Sternschnuppenregen zur Zeit des Konzils zu Clermont im Jahre 1095 an. Den zweiten Fall berichtet Haidinger von einem am 31. Juli 1859 in Steiermark beobachteten Meteor, und der dritte Fall ereignete sich am 16. November 1859 abends 8'/s Uhr zu Charleston Mm Süd-Carolina. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1346. FEN) 2 In der äusseren Erscheinung zwischen einer still dahinziehenden Sternschnuppe und einer Meteoriten niedersendenden, alles taghell erleuchtenden und mit Donnergetöse explodierenden Feuerkugel be- steht allerdings ein grosser Unterschied. Allein dieser Übergang von den Sternschnuppen zu den Feuermeteoren ist kein sprungweiser, zwischen beiden Erscheinungen gibt es eine Menge den Übergang vermittelnder Formen und jene beiden Meteore bilden nur die End- punkte einer und derselben Skala. Immerhin bleibt die Frage, ob die uns bekannten kometarischen Sternschnuppenströme auch solche grössere Massen, wie solche als Meteorite zur Erde gelangen, mit sich führen, einstweilen eine offene. Einen weitern Einwurf gegen die Identität der Sternschnuppen und der Meteorite haben einige darin zu finden gemeint, dass die Periode der Meteoritenfälle eine ganz andere ist als diejenige der Sternschnuppen. Schon Haidinger fand, dass die Anzahl der Nach- mittagsfälle um 40 °/0 grösser sei als die der Vormitlagsfälle, und Julius Schmidt hat folgende Zusammenstellung für die jährlichen Me- teoritenfälle gegeben: (Dr. F. Klein, Kosmolog. Briefe.) Meteoritenfälle Detonationen Schweife Januar 22 52 2%) Februar 19 44 32 März 27 51 38 April 2a 37 26 Mai 41 40 27 Juni I 35 an Juli 39 44 50 August 25 34 108 September 18 36 59 Oktober 28 50 54 November 20 61 67 Dezember 26 53 44 Die Tabelle zeigt, dass die grösste Anzahl der Meteoritenfälle im Mai stattfindet, in welchem Monat auch die meisten Detonationen, aber die wenigsten Schweife vorkommen. Wie Schmidt bemerkt. will es scheinen, dass der vollständigste Verbrennungsprozess die hänfig- sten Schweife und die seltensten Steinfälle bedingt. Die Ursache der verschiedenen periodischen Häufigkeit der Sternschnuppen und Meteorite lässt sich ziemlich befriedigend erklären. Wie wir früher gesehen, besteht der Grund der täglichen Variation der = 0 Meteorhäufigkeit in der Bewegung der Erde in ihrer Bahn, in Ver- bindung mit ihrer Axenumdrehung; es scheint daher die Umgebung des Apex eine grössere Anzahl von Sternschnuppen auszusenden als die entgegengeseizten Regionen, und zwar tritt das Maximum gegen morgens 6 Uhr ein. Ohne das Vorhandensein der Erdatmosphäre wäre dies ohne Zweifel auch für die auf die Erde stürzenden Meteorite der Fall. Setzen wir aber voraus, dass die Bahnen der Meteorite Parabeln sind, so wird die Fallgeschwindigkeit derselben in der Rich- lung des Apex zur entgegengesetzten sich verhalten wie 4,34 : 1. Aus diesem Grunde wird in einer von der Seite des Apex herab- Stürzenden Masse, weil der Luftwiderstand mit dem Quadrat der Ge- Schwindigkeit des Meteors wächst, (4,34)? oder 19 m al so viel Wärme erzeugt als in einer von der enigegengesetzten Richtung herabstür- zenden, gleich grossen Masse, und daher wirkt auch die Ursache, Welche die Auflösung bedingt, in der Nähe des Apex 19 mal stärker als in der Nähe des Antiapex. Ist nun auch die Anzahl der in der Nähe des Apex fallenden Meteore grösser, so überwiegt doch die Ur- Sache der langsameren Bewegung, welche den weniger zahlreichen von der entgegengesetzten Seite kommenden ein Herabfallen auf die Erde gestattet. Aus diesem Grunde ist die Zahl der Nachmittagsfälle Srösser als die der Vormittagsfälle, weil am Nachmittag der Apex unter dem Horizonte steht, und aus demselben Grunde erklärt sich nun Auch die vorher erwähnte Thatsache, dass bei den grossen Stern- Schnuppenregen der Leoniden und Perseiden nicht mehr Meteore zur Erde kommen als zu andern Zeiten. Ihre Radianten sind 10° und 40° vom Apex entfernt, und die Meteore derselben stürzen sich Mit so grosser Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre, dass, wie Schiaparelli sagt, ihre gänzliche Auflösung in der Atmosphäre keine absurde Annahme ist. Im Falle hyperbolischer Bahnen gilt dasselbe Noch in höherem Maasse. Ist die obige Erklärung richtig, so müssen die Meteorregen von kleiner Geschwindigkeit mehr Meteorite liefern als sonst für dieselbe Periode im Mittel zu erwarten wäre. Ein solcher Fall tritt aber z. B. ein für die alljährlich anfangs Dezember sich zeigenden Sternschnuppen. Wirklich finden auch in den ersten Tagen des Dezember zahlreiche Aörolithenfälle statt, so dass schon d’Arrest auf die Möglichkeit hinge- Wiesen hat, dass diese Meteorite von der Auflösung der Bielaschen Kometen herstammen. Sämtliche bisher betrachtete Thatsachen spre- Chen also mehr oder minder deutlich für die Identität der Stern- Schnuppen mit den Meteoriten. Ten ET nn Tr en RER TEE RETTET DEE LEN RE m nn rn ld Was die Frage nach dem Ursprung der Aörolithen anbelangt, so ist diese im Vorhergehenden schon gelöst, wenigstens so weit überhaupt aus dem vorliegenden Material eine Lösung möglich ist. Weil nämlich, wie schon mehrmals erwähnt, nach der am meisten vertretenen Ansicht die Meteorite von demselben Ursprung sind, wie die Sternschnuppen und Kometen, so wäre die Fixsternwelt ihre ur- sprüngliche Heimat, wie auch der hyperbolische Charakter der Bahn eines Teiles derselben direkt beweist. Allein die Mineralogen wider- setzen sich dieser Ansicht wegen der merkwürdig übereinstimmenden mineralogischen Zusammensetzung und der gleichförmigen innern Struktur der Meteorite, wodurch sie uns fast als Mineralien desselben Bergwerks erscheinen, so dass man beinahe versucht wird, denselben einen irdischen Ursprung beizulegen. Ein Teil der Astronomen, wie Faye, H. J. Klein, nimmt daher die Hypothese Lagrange an, nach wel- cher die Meteorite planetarischen Ursprungs sind, durch Vulkane der Planeten in den Raum geschleudert, die, wenn sie der Erde begegnen, von ihr angezogen werden und unter Umständen auf den Erdboden fallen, nachdem sie mehr oder weniger lange im Raum herumgeirrt sind. Bei der Annahme, die Meteorite seien irdischen Ursprungs, bleibt aber eine grosse Schwierigkeit zu erklären, nämlich die wun- geheure Geschwindigkeit, mit welcher jene Massen fortgeschleudert werden mussten, um sie aus dem Bereich der Anziehung der Erde zu bringen. Man könnte nun diese Schwierigkeit überwinden durch die einigermassen begründete Annahme, dass die vulkanischen Kräfte der Erde in Urzeit bedeutend stärker gewesen seien als gegenwärtig. Welch gewaltige vulkanische Kräfte auch jetzt noch wirken, hat der Ausbruch des Kratakau am 26. August 1883 gezeigt, indem dabei eine Rauchsäule bis zu 30 km. Höhe emporgeschleudert wurde, die noch lange nachher, auch in unsern Gegenden, in den höchsten Luftschichten zu prachtvollen Dämmerungserscheinungen Anlass gab. Die Hypothese des irdischen Ursprungs der Meteorite ist aber neulich von dem amerikanischen Astronomen Newton aus guten Gründen endgiltig zu rückgewiesen worden. Anders verhält es sich aber, nach D. H. J. Klein (Jahrb. der Astr. u. Geophysik. 1890), mit der Herleitung der Meteorite vom Monde, allerdings unter dem Vorbehalte, solange die hyperbolischen Bahnen derselben nicht vollkommen sicher erwiesen sind. «Man kann; sagt er, ziemlich sicher annehmen, dass der Mond dieselbe innere Zusammensetzung hat, wie die Erde, daher können die Aörolithen onen gerade so gut von ihm abstammen wie von der Erde; zudem müssen die innern Kräfte des Mondes viel gewaltiger gewirkt haben als auf der Erde, wegen der 6 mal geringeren Schwere. Betrachtet man die ungeheuren vulkanischen Formationen der Mondoberfläche, jene Krater von 10 — 20 Meilen Durchmesser, so muss man zu der Überzeugung gelangen, dass auf dem Monde einst vulkanische Kräfte gewaltet haben müssen, gegen welche diejenigen unserer Erde verschwindend klein Sind. Der Umstand, dass ein vom Monde fortgeschleuderter Körper, der bei der Erde mit einer Geschwindigkeit von 4—5 Meilen pro Sekunde ankomnıt, selbst eine Anfangsgeschwindigkeit von 33,000 m. gehabt haben muss, ist kein Grund, an dem lunaren Ursprung des- selben zu zweifeln. Wir können uns diese Explosion so denken, dass Sie, minenartig aus der Tiefe gegen die Oberfläche wirkend, ein ge- waltiges Ringgebirge schuf, indem sie die Trümmer aus der Höhlung Mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 4—5 Meilen in den Raum Schleuderte. wofür auch das Fehlen der Lavakegel sprechen würde. Diese Gesteinsbrocken werden dann Bahnen um den Mond beschreiben, die meist Ellipsen sind von verschiedener Lage und Excentricität. In solchen Bahnen können unzählig viele Körperchen viele Jahrtausende hindurch um den Mond oder auch um die Erde kreisen, bis ihre Bahnen infolge der Störungen des Mondes und der Erde so geändert Werden, dass bald dieses, bald jenes auf die Erde fällt». Die sehr übereinstimmende mineralogische Zusammensetzung der Meteorite, der Umstand, dass rückläufige Bahnen bei denselben selten Sind, und dass, wie Prof. Newton gefunden, bei fast allen untersuchten Neteoritenbahnen das Perihel zwischen 10 und 20 Millionen Meilen legt, Jegte auch die Vermutung nahe, mit L. Smidt und S. Meunier “ einen gemeinsamen Mutterkörper der Meteorite zu denken; an- “nehmen, dass die meteoritischen Massen durch explosionsartige Zer- rümmerung eines Körpers unseres Planetensys tems entstanden seien, Welcher sich in rechtläufiger Bahn um die Sonne bewegte. Wie wir hieraus ersehen, ist die Frage nach dem Ursprung der Neteorite noch nicht gelöst, wir müssen die Lösung derselben, sowie liejenige nach der physischen Einheit der Sternschnuppen der Zukunft überlassen und einstweilen durch weitere Beobachtungen jene Lücken auszufü : nr x B; i !Szufüllen suchen, die uns gegenwärtig sichere Schlüsse noch nicht Sestatien, q Gegenüber den Resultaten, welche die direkte Beobachtung über e . 7 n x n Zusammenhang und die Natur der Kometen, Sternschnuppen, TE EEE TOTEN EHRE ee ze Feuerkuügeln und Meteorite geliefert hat, sind die Ergebnisse der Spektralanalyse über dieselben sehr dürfiig. Es rührt dies von der grossen Geschwindigkeit her, mit welcher die feurigen Meteore die Atmosphäre durchfliegen, sodass dieselben bereits erloschen sind, bevor das Speklroskop auf eines derselben gerichtet und eingestellt ist. Die Möglichkeit, die Spektra einiger derselben zu erhalten, besteht aus- schliesslich in denjenign Nächten, in denen ein reichlicher Stern- schnuppenfall erwärtet werden kann; indem man dann ein eigens zu diesem Zwecke (von Herschel und von Browning) konstruiertes - Meteorspektroskop auf den Radiationspunkt des Schwarmes richtet. Nach den Beobachtungen Fe, Browning’s Meteorspektroskop. a Cylinderlinse. b Prismen. Von Alex. Herschel, John Browning, Secchi, v. Konkoly u. a. erwiesen sich die Spektra der Meteorkerne als meist kontinuierlich, in denen alle Farben des Sonnen- spektrums, mit Ausnahme von Violett vorhanden waren. In einzelnen Fällen herrschte Gelb vor, in zwei Fällen bestand es aus homogenem grünem Lichte; v. Konkoli fand sehr Oft auf dem kontinuierlichen Spek- {rum die helle Natriumlinie projiziert, und Secchi sah im Spektrum zweier Sternschnuppen sehr schön die Magnesiumlinie und ausserdem Linien im Rot. Ein auffallender Unterschied zwischen den Spektra der Kerne der August- und November-Meteore zeigte sich nicht. Im Spektrum der Sehweife der August-Meteore blieb, wenn dieselben zu verschwinden anfingen, im allgemeinen nur eine intensiv gelbe Linie, welche auf das Vorhandensein von glühendem Natrium- dampf schliessen lässt. Bei den November-Meteoren waren die Spektra der Schweife vorherrschend kontinuierlich und breit, ohne bestimmte Farben, die gelbe Linie der August-Meteore fehlte vollständig. Nach den neuesten Untersuchungen und Beobachtungen scheinen die im Weltraum zerstreuten Meteormassen und kosmischen Wolken eine viel grössere Rolle zu spielen, als man bisher angenommen hal, eine Reihe von Erscheinungen in unserm Sonnensystem und in der Fixsternwelt lassen sich mit ihrer Hülfe befriedigend erklären, und zu den alten Hypothesen sind neue hinzugetreten. Prof. Seeliger in München hat mit Anwendung theoretischer Formeln den. Einflass untersucht, den das Zusammentreffen von Pla- neten und Kometen mit meteorischen Massen auf die Bewegung del ersteren ausüben muss. (Über Zusammenstösse und Teilungen meteor- EN ischer Massen. Ahh. der bayr. Akademie der Wissenschaften 1891.) Es zeigt sich dabei, dass die Bewegung der ersteren um die Sonne einen Widerstand erfährt, unter der Annahme, dass aus allen möglichen Himmelsrichtungen eine gleich grosse Anzahl Meteore auf den be- treffenden Himmelskörper stürzt. Bei specieller Anwendung jener Formeln auf die Erde und ihren Mond fand Seeliger die schon von Öppolzer erkannte Möglichkeit, die von der Störungstheorie unerklärte säeulare Acceleration des Mondes, die in einem Jahrhundert 6,11 Sekunden beträgt, durch meteorischen Einfluss abzuleiten, ohne Zu- hilfenahme der Hypothese von Delauney, welcher dieselbe durch die Verzögerung der Erdrotation infolge der Flutwirkungen der Meere er- klärt. Die Verzögerungen der Erdrotation durch die Meteore, die Ver- grösserung der Masse des Mondes, die Verlangsamung der tangentialen Bewegung desselben durch den Stoss der auffallenden Meteore müssen nämlich gemeinsam die Umlaufszeit des Mondes so verkürzen, dass sich dies durch eine Beschleunigung der Winkelbewegung des Mondes sehr wohl bemerklich machen könnte. Sie lässt sich auch durch die Annahme erklären. dass die in jedem Jahrhundert sich mit der Erde vereinigende kosmische Staubmenge einer rings die Erde umgebenden Schicht von '/s mm. Dieke und von der mittleren Dichte der Erde $leichkomme. Von grösserer Bedeutung erwiesen sich die Anwendungen der Formeln für den durch Meteore erzeugten Widerstand auf die Kometen, weil auf diese Weise die Abweichungen, welche der Enekesche Komet in seinem Umlauf um die Sonne gezeigt hat, völlig erklärt werden können. Bekanntlich zeigte der Enckesche Komet, dessen Umlaufszeit beinahe 1200 Tage beträgt, eine fortschreitende Abnahme dieser Um- laufszeit, welche Erscheinung zuerst von Encke bemerkt wurde. So ISt yon 1819 bis 1868 die Rückkehr zum Perihel um 12 Tage vor- gerückt, für jeden Umlauf um 6 Stunden. Aber diese bis zum Jahr 1868 regelmässige Abnahme der Umlaufszeit hat sich aus noch un- bekannten Ursachen plötzlich geändert. Die Beschleunigung der Mittlern Bewegung, welche zuerst 0,10’ war, beträgt jetzt nach den Beobachtungen von 1871—1885 nur noch die Hälfte. Encke erklärte die Zunahme jener Geschwindigkeit durch die Wirkung eines im Welt- Allın, verteilien widerstehenden Mittels, das beständig seine Bahn Se krümmen, dieselbe der Sonne nähern und so die Dauer Seiner Umlaufszeit verkürzen sollte, sodass schliesslich der Komet in i i u 1 E N EEE ELNENEE Sn Ser, eh die Sonne stürzen müsste. Encke nahm den Widerstand dieses Mittels proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit des Gestirns, und um- gekehrt proportional dem Quadrat der Entfernung von der Sonne an. Auch von andern Astronomen wurde dieses Mittel angenommen. Seit- her wurden noch einige periodische Kometen von kurzer Umlaufszeit auf die Wirkung des widerstehenden Mittels untersucht, wie der Komet von Faye 1861 durch Möller, der Komet von Winnecke durch Oppolzer in den Jahren 1858—1868; ferner nähern sich nichtperiodische Ko- meten der Sonne noch viel mehr, als der Encke’sche, der grosse Komet von 1882 z. B. streifte im Perihel beinahe die Sonnenober- fläche, so dass, wenn das widerstrebende Mittel in Encke’s Sinne exi- stierle, seine Wirkung hätte beträchtlich sein müssen. Allein in diesen wie in andern Fällen konnten alle Beobachtungen gemacht werden, ohne ein widerstehendes Mittel annehmen zu müssen, der Encke’sche Komet bietet das einzige bis jetzt bekannte Beispiel dieser Anomalie. Dieses Resultat, zusammen mit der unerklärten Änderung von 1868, ist dem Vorhandensein eines widerstehenden Mittels nicht günstig, es wurde auch bereits von Bessel und Faye bekämpft und in neuerer Zeit wendet man sich immer mehr von demselben ab. Seeliger hat nun vermittelst seiner Formeln gezeigt, dass sich die Änderungen in der Umlaufszeit des Encke’ schen Kometen voll- kommen erklären lassen durch den Widerstand von meteorischen Massen, mit denen der Komet in seiner Bahn zusammentraf, sogar die Unregelmässigkeiten in der Veränderung der Umlaufszeit desselben lassen sich erklären, sobald man als Ursache derselben den Zusammen- stoss mit Meteormassen, die nicht ganz gleichförmig im Raum verteilt sein werden, betrachtet. Der Encke’sche Komet kehrt im Frühjahr 1895 zum Perihel zurück und wird wahrscheinlich schon im Spätherbst 1894 gesehen werden. Seeliger macht noch speziell darauf aufmerksam, dass unter dem zur Erklärung der Bewegung des Encke’schen Kometen herangezogenen «widerstehenden Mittel» keineswegs der Lichtäther zu verstehen sei, was jetzt noch vielfach geschieht, denn der Lichtäther kann nicht die fortschreitende Bewegung des Sonnensystems im Raum mitmachen, was vom widerstehenden Mittel verlangt wird, und dann müsste die schon an und für sich unzulässige Annahme einer Dichtigkeitszunahme des Lichtäthers in der Sonnennähe Lichtbrechungen bedingen, welche gewisse, in Wirklichkeit nicht wahrgenoınmene Anomalien in der Be- wegung der innern Planeten zur Folge haben müsste, Be An dieser Stelle mag auch das Zodiakal- oder Tierkreis-Licht erwähnt werden, weil dasselbe nach einer vielfach verbreiteten Ansicht mit den im Raum verteilten meteorischen Massen und kosmischen Staubwolken in enger Beziehung steht. Das Zodiakallicht besteht aus einem matten, dem Glanze der Milchstrasse ähnlichen Lichtschimmer, in Gestalt einer schmalen, leuchtenden Pyramide, deren Basis in der zur Zeit seiner Sichtbarkeit unter dem Horizonte stehenden Sonne liegt. Die Axe der Pyramide liegt in der Ebene der Erdbahn, so dass die ganze Lichterscheinung in den Tierkreisgürtel fällt, aus diesem Grunde wurde sie von D. Cassini mit dem obigen Namen bezeichnet. Man kann diesen Lichtschimmer bei klarem Himmel im Frühling nach Sonnenuntergang im Westen, im Herbst vor Sonnenaufgang am Ost- himmel wahrnehmen, am schönsten in den Tropen, aber auch noch deutlich in den gemässigten Zonen. Ausser dieser leuchtenden Pyra- Mide wird unter günstigen Verhältnissen auch auf der, der Sonne Serade entgegengesetzten Seite stets ein schwächerer Lichtschimmer Sichtbar, der sog. «Gegenschein». Das Spektrum des Zodiakallichtes ist ein kontinuierliches, das Wahrscheinlich von reflektiertem Sonnenlicht herrührt; wegen seiner Liehtschwäche sind die Frauenhofer’schen Linien nicht sichtbar. Die Reflexion des Sonnenlichts denkt man sich durch einen frei um die Sonne rotierenden, über die Erdbahn hinausreichenden, aus kosmi- Schem Staub oder aus sehr kleinen Meteorkörperchen bestehen- den Ring hervorgebracht, damit stimmt auch die Aussage des Po- lariskopes überein; aber man kann sich den Lichtschimmer des lierkreislichtes auch durch einen zwischen der Venus- und Marsbalın (rei schwebenden Gürtel von selbstleuchtender, kosmischer Materie erzeugt denken. Dieser mit kosmischer Materie erfüllte Ring ist von einigen, besonders von Faye, als das Auflösungsprodukt von Kometen betrachtet worden, die sich in engen, elliptischen Bahnen um die Ohne bewegten, deren Ebenen nur wenig von der Erdbahn abwichen. Schiaparelli hat nun aber bestimmt nachgewiesen, dass, wenn 38 Zodiakallicht aus einer Anhäufang von phosphoreszierenden oder selbstleuchtenden Körpern bestände, oder wenn es durch Reflexion des Sonnenlichtes an einer Wolke oder an einem Ring von festen Örpern enistände, alsdann die geringste Helligkeit am Himmel sich Aufder der Sonne diametral gegenüberliegenden Seile zeigen müsste, was en Beobachtungen gerade widerspricht. Genau dasselbe gilt auch, wenn man das Tierkreislicht als aus leuchtender oder erleuchteter Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1347. “ ö Y en Nebelmaterie bestehend ansieht. Es ist daher das Zodiakallicht noch immer eine völlig rätselhafte Erscheinung und über seine physische Natur, sowie über seine kosmische Stellung im Planetensystem herrschen heute noch ebenso unsichere Anschauungen wie vor 50 und mehr Jahren. Die Meteorschwärme und kosmischen Wolken dienen in neuester Zeit auch zur Erklärung eines Teils der sog. neuen und veränder- lichen Sterne, sowie der Nebelflecke.. Prof. Seeliger ist der Ansicht, dass das plötzliche Aufleuchten eines Himmelskörpers, eines neuen Sterns (Nova), hervorgerufen wird durch sein Eindringen in eine kosmische Wolke, die aus sehr verdünnter Materie besteht, wodurch seine Temperatur und Leucht- kraft vorübergehend sehr stark gesteigert wird. Prof. G. Hoffmann, der im letzten Jahre die verschiedenen neuen Sterne, die seit Tycho de Braha’s «neuem Stern in der Cassiopeja» (im Jahr 1572) erschienen sind, und die verschiedenen Theorien zu ihrer Erklärung einer Unter- suchung unterworfen hat, ist geneigt, der Ansicht Seeligers beizu- stimmen. Hoffmann glaubt auch, dass alle neuen Sterne im wesent- lichen zu demselben Typus gehören, wie die veränderlichen Sterne von langer Periode. Unter den veränderlichen Sternen gibt es nämlich eine Klasse von Sternen, deren Lichtwechsel sich in grossen Perioden vollzieht, die nie weniger als 65 Tage, meist aber mehr als 100 Tage und in 41°% aller Fälle 300—400 Tage beträgt. Gewöhnlich beträgt der Wechsel 5—8 Grössenklassen, was einer Aenderung des Glanzes um das 100- bis 1500-fache entspricht. Der allgemeine Verlauf der Licht- änderung ist dabei für fast alle Sterne dieser Klasse derselbe, und fast alle wachsen schneller zu ihrer grössten Helligkeit an, als sie von dieser aus zu ihrem geringsten Glanz herabsinken. Beinahe alle Sterne dieser Klasse sind von roter Farbe und wie bei den andern Klassen der veränderlichen Sterne scheint auch bei diesen das Gesetz zu gelten, dass der Grad der Röte um so höher wird, je länger die Periode ist. Das Spektrum dieser Sterne ist der Farbe entsprechend, vom Spektraltypus II, mit starken Absorptionsbanden. Alle die verschiedenen Theorien, die über die Ursache der Voränderlichkeit aufgestellt wurden, treffen hier nicht zu. Wäre der Stern vom Algoltypıs mit dunklem Begleiter, so müsste das Licht wenigstens während der halben Umlaufszeit konstant sein. Die ver- schiedene Ausstrahlungsfähigkeit verschiedener Teile der Oberfläche 200 bei einer Axendrehung des Sterns kann den eigentümlichen Gang der Anderung ebenfalls nicht erklären. Auch die Hypothese von Klinkerfues, von mächtigen Flutwirkungen eines Trabanten, ist zu verwerfen, da dann der Zwischenranm vom Maximum zum Minimum der Helligkeit ebenso oft kürzer, wie länger sein müsste als das andere; endlich ist auch die Fleckentheorie nicht zur Erklärung zu gebrauchen, da die Differenz der Helligkeit im Maximum und Minimum zu gross ist. Es bleibt schliesslich nur noch die Hypothese von Lockyer übrig, dass diese veränderlichen Sterne gar keine kompakte Körper, keine eigentlichen Sterne sind, sondern aus einer Anhäufung kleiner Körper- chen, aus einem dichten Meteor- schwarm bestehen. Auf Grund dieser Theorie lässt sich die Er- scheinung erklären. Nehmen wir nämlich an, dass um einen sol- chen als Stern erscheinenden Meteorschwarm in einer sehr excentrischen Bahn sich ein zwei- ter herumbewegt, dann kann es Veränderlicher Stern nach Lockyer. vorkommen, dass zu gewissen Zeiten die beiden Schwärme einander nahe genug kommen, um die Zusammenstösse zwischen den einzelnen Meteoren zu vervielfältigen und ein stärkeres Leuchten des Gestirns hervorzubringen, als zu andern Zeiten. Bedenkt man, dass die seit langer Zeit bekannten Meteorschwärme der Leoniden und Andromeden, trotz ihres langen Bestandes, noch nicht in Meteorringe aufgelöst sind, so hat diese Art der Erklärung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, nur die spektralanalytischen Untersuchungen stehen mit derselben noch nicht im Einklang. Auch nach Ritter können die Meteorschwärme als fördernde, wie als störende Ursachen der Leuchtkraft mancher Gestirne auftreten, da die Meteoriten in denselben eine viel höhere Temperatur erreichen können, als man bis jetzt angenommen hat. Was die Nebelflecke anbetriffi, so findet Ritter aus seinen Rechnungen, dass bei dem grossen Volumen und der sehr geringen Dichte derselben ein blosser Verdichtungsprocess nicht genügen würde, m eine bis zum Glühen der Nebel hinreichende Wärmemenge her- Vorbringen zu können, man müsste denn annehmen, dass Nebelllecke existieren, die mehr als das 1000-fache der Sonnenmasse betragen. i ' f N 4 | — 10 — Ritter ist daher geneigt, den Glühzustand der Nebel durch den Zu- sammensloss ausgedehnter kosmischer Wolken zu erklären, welche beim Beginn ihrer gegenseitigen Annäherung bereits eine gewisse interstellare Anfangsgeschwindigkeit gehabt haben. Zu einer wahrhaft universellen Bedeutung will Lockyer die Me- teoriten erheben. Aus einer gewissen Übereinstimmung in den spektralen dunkeln und hellen Banden des Kohlenstoffes und in den Absorptionslinien einiger Metalle (Mangan, Magnesium, Blei) in den Spektra der Kometen, der Nebelflecke, der Fixsterne der Klasse Ill und der Sterne mit hellen Linien, stellte Lockyer die Ansicht auf, dass die Nebelflecke aus kosmischem Staub in möglichst gasförmigem Zustande bestehen, der sich nach und nach zu Meteoriten verdichtet, so dass Meteorschwärme entstehen und dass jene Sterne der Klasse III nicht eigentliche Sterne, sondern dichte Schwärme von Meteormassen sind. Das Leuchten denkt sich Lockyer zu Stande gebracht durch Zusammenstösse der einzelnen Meteoriten, die infolge dessen eine sehr hohe Temperatur erreichen und von glühenden Dämpfen umgeben sind. Durch weitere Condensation dieser Meteorschwärme wächst die Temperatur und es entstehen nach und nach die Sterne von der Klasse I, welches die heissesten Himmelskörper sind. Bei fortgesetzier Con- densation findet zuletzt durch Ausstrahlung Abkühlung zur Klasse Il und nachher Erstarren und Erlöschen statt. Die Hypothese Lockyers befürwortet also den meteoritischen Ursprung aller kosmischen Himmelskörper, vom kosmischen Nebel bis hinauf zu den hellsten und heissesten Sternen der Klasse I und hinunter bis zur dunkeln,, kalten Kugel. Wie schon aus diesem Abschnitt über Meteorastronomie zu er- sehen ist, existieren eine ganze Reihe der verschiedenartigsten Hypo- thesen über Entstehung, Ursprung, physische Beschaffenheit und Zu- sammenhang der unzählbaren Körper aller Grössen, welche den un- ermesslichen Weltraum durchstreifen, und es bleibt noch eine sehr grosse Arbeit zu thun übrig, diese Hypothesen zu sichten und die- jenigen herauszufinden, welche der Wahrheit am nächsten kommen, so dass sich alle beobachteten Erscheinungen vermittelst derselben ungezwungen erklären lassen. Von allen diesen Körpern, vom grössten bis zum kleinsten, wissen wir nur das sicher, dass sie dem Newion’- schen Gravitationsgesetze gehorchen, aber die Natur, die Ursache und die Wirkungsweise der anziehenden Kräfte selbst, mit welchen alle diese Körper aufeinander wirken, sind für uns bis jetzt noch in ein — 11 — ‘undurchdringliches Dunkel gehüllt. Ausserdem deuten uns eine Reihe anderer unerklärter Naturerscheinungen, wie das Nordlicht, die Schwan- kungen der Magnetnadel und der Zusammenhang beider Erscheinungen mit der Sonnenthätigkeit, die Abstossung der Kometenschweife durch die Sonne u. a. an, dass ausser den anziehenden noch andere Kräfte, besonders magnetischer und eektrischer Art, im Weltall thätig sind; vielleicht sind sie im Grunde alle ein und derselben Natur. Es bleibt der Zukunft vorbehalten, diesen Schleier zu lüften, auch jetzt noch, wie vor 1900 Jahren gelten im weitern Sinne die Worte des grossen Römers Seneca: ‚‚Wir müssen uns mit dem begnügen, was bis ‚Jetzt gefunden ist, und es unsern Nachkommen überlassen die Wahrheit näher zu ergründen.“ Neben der im Text angegebenen Litteratur wurde bei der Abfassung dieses Vortrages noch folgende benutzt: Dr. H. J. Klein. Kosmologische Briefe. 3. Auflage. Dr. H. J. Klein. Jahrbuch der Astronomie und Geophysik. I., II. und III, Jahr- gang 1890—1893. Dr. Schellen. Die Spektralanalyse in ihrer Anwendung auf die Stoffe der Erde und die Natur der Himmelskörper. 3. Auflage 1883. R. Wolf. Handbuch der Astronomie. Zürich 1890—1893. Verschiedene Abhandlungen aus naturwissenschaftlichen und astronomischen Zeit- schriften. Bern, im Januar 1894. F. Stähli. Die Cylinderfokalen. Eingereicht im Januar 1894. 1. Fokalen des elliptischen Cylinders. Durch eine Gerade im Raume, deren Richtung normal ist zu derjenigen Hauptebene eines elliptischen Cylinders von den Halbaxen a und b, welche durch die Längsaxe und durch die grosse Axe des- selben geht, legen wir ein Ebenenbüschel. Sämtliche Ebenen des- selben schneiden dann die Gylinderfläche in Ellipsen, von konstanter kleiner und variabler grosser Axe. Die Brennpunkte aller dieser Schnittellipsen liegen in jener Hauptebene; ihr Ort ist daher eine ebene Kurve, welche Cylinderfokale heissen möge. Dieselbe zu untersuchen, ist Aufgabe der vorliegenden Arbeit. — Aufstellung der Gleichung. Zum Zwecke der Ermittlung der Kurvengleichung legen wir ein 3 rechtwinkliges Koordinatensystem zu Grunde. Die Cylinderaxe sei vertikal stehend. Als (xy) Ebene wählen wir diejenige Hauptebene des Cylinders, in der die Fokale liegt; die (yz) Ebene legen wir parallel zu den Erzeugenden des Cylinders durch die Axe des Ebenen- büschels; durch diese Axe gehe auch die 3. Ebene des Systems senk-. recht zur Cylinderaxe. In dem Fall liegt der Koordinatenursprung 0 auf der Büschelkante und diese letziere ist die Axe z. Eine beliebige Ebene E (Fig. 1) des Büschels bilde mit der (xz) Ebene den Winkel 9. Dieselbe schneidet die Cylinderfläche in einer Ellipse mit den Brennpunkten F und F’. Bezeichnen wir ihre Abstände vom Koordinatenursprung mit o und o‘, selzen ferner we il so ergeben sich für o und o‘ die Gleichungen: d . En ee 2 wo e die Excentricität der Schnittellipse bedeutet. | arToror rum Prod En wu _—_ Bing a N BETZ, 24707 N nn a ER it 3 | — 18 — Es ist nun aber, da a und b die Halbaxen des Cylinders sind: die halbe grosse Axe der Schnittellipse: a‘ — » 5 kleine » » somit > er — Diesen Wert für e in den obigen Gleichungen für o und o’ ein- gesetzt, ergibt: d a? ee — a. b? 5a ° cos o Vs (2) Er IE c0S @ ve — b?. (b) Wir bezeichnen nun die rechtwinkligen Koordinaten des ver- änderlichen Brennpunktes F mit x und y; dann ergeben sich zwischen ihnen und den Polarkoordinaten g und g die Beziehungen: x — 0.0080; 7-—-.0,811.0. (e) Aus diesen beiden letzten Gleichungen und Gleichung (a) lassen Sich o und p eliminieren, und wir erhalten dann eine Gleichung in den rechtwinkligen Koordinaten x und y, die uns den Ort des Brenn- Dunktes F darstellt. Aus den Gleichungen (c) ergibt sich: X y Or cosp sing BE yı oders . 2 -E-12)..008: 0 — somit: 608,9 — Setzen wir diesen Wert für cos g in Gleichung (a) ein, nachdem x - Wir noch zuvor o durch Peer ersetzt haben, so lautet dieselbe dann: 059 d en, ER = = x el ER X ee very Verf + y? Ind vereinfacht: X —d4%. +9) —-@ — MM). —-?yP?=0....(). Benützen wir statt des Brennpunktes F den Brennpunkt F’, Welcher in der Ebene E von 0 den Abstand oe‘ hat, so erhalten wir — 114 — unter Anwendung des obigen Ganges genau dieselbe Gleichung; sie stellt uns also den Ort der Brennpunkte aller Schnittellipsen dar. Gleichung (1) ist daher die Gleichung der Gylinder- fokalen, unddieseist mithin eine Kurve 4. Ord- nung. (Fig. 2) Lässt man d, den Abstand der Büschelkante von der Gylinder- axe, positiv von 0 bis oo variieren, so erhält man ein System von unendlich vielen Fokalen. Das ganz gleiche System, nur in sym- metrischer Lage zur Cylinderaxe, ergibt sich für sämtliche Werte von d von 0 bis — ©. Wir betrachten deshalb in der Folge nur positive Werte von d. Lösen wir die Kurvengleichung (1) nach y auf, so wird: (a2 — b2) 8? — (x — d)?.x? nie \/ ee, Be ea (1a). Zu jedem Werte von x gehören also 2 gleiche, dem Vorzeichen nach aber entgegengesetzte Werte von y; die Kurve liegt also symmelrisch zuür XeAxe, Um die Natur der unendlich fernen Kurvenpunkte zu untersuchen, machen wir die Gleichung (1) mit x= — undy= — homogen und Z 7, setzen dann z== 0; dadurch erhalten wir die Gleichung: Rey alda. nee (2), welche uns die Richtungen, die vom Nullpunkt aus nach den Schnitt- punkten der Kurve mit der unendlich fernen Geraden (20) gehen, gibt. — Der 2. Faktor dieser Gleichung: x?-H-y*=0 zeigt an, dass die Cylinderfokale durch die imaginären Kreispunkte im Unendlichen geht. Der 1. Faktor: x?=0 sagl uns, dass die Kurve die unendlich ferne Gerade in der Richtung der y-Axe in 2 zusammenfallenden Punkten schneidet. Um die Art dieses Punktes zu ermitteln, sub- stituieren wir in der allgemeinen Gleichung der Kurve für die Vari- ablen x und y die Werte: Fe ı He: re dann werden für y’_—=0 x und y unendlich gross; es wird der un- endlich ferne Punkt der y-Axe in den Nullpunkt projiciert und um- gekehrt. Dies ausgeführt, gibt: 2 x’ x’2 A x’? A — di) 1 2) 8-9). — = ( v% ) ( ver Fi m = ( ) Ye ys oder X — dy)2. &® +) — (a )xry?—ay?—=0.... (3): In dieser transformierten Gleichung haben wir nun den Nullpunkt > 0, y‘'=0) zu untersuchen, welcher dem unendlich fernen Punkte der ursprünglichen Fokalen entspricht. Für y==20° wird: ar Reel, a 2x. er jEoder X Bürox’ =:0E wird: d’y? -- ?y?—=0; 3150.83. ver 08 Aus der 1. und 3. dieser Gleichungen geht hervor, dass der Nullpunkt &=0,y—0),alsp-aue der unenddich ferne Punkt Doppelpunkt für sämtliche Fokalen ist, Um die Gleichungen der Tangenten in ihm zu erhalten, setzen Wir in der transformierten Gleichung (3) die Glieder 2. Grades gleich 0; also: (& a dy‘)? es Ehe —=( : ind es stellen uns dann also die Gleichungen: ’ d+V@®-@+2 d-+a — — — . (4) X d?— a? d? Tangentenpaar im Nullpunkt der transformierten Kurve dar. Um die beiden Tangenten im unendlich fernen Punkt selbst zu erhalten, transformieren wir rückwärts ins alte System. Wir haben dann in obigen Gleichungen das ‘ x u — Und surex xy = =: 7 ; ; u Setzen, wodurch dieselben die Form annehmen: 1 1. Tangente: Aa lg q e at also. x uU u Io ® en (5). y fi 1 i 2. Tan ae Soma, X U a gente: — RB =. Es sing dies die beiden in der Kurvenebene liegenden Erzeugenden und E‘ der Cylinderfläche, welche Tangenten sind im unendlich fernen Doppelpunkt. Hieraus folgt: Die beiden in der Kurvenebene liegenden Parallelen Erzeugenden des Gylinders sind Symptoten an sämtliche Fokalen, die man bei Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1348. k — 106 — varıablem d erhält. Sie berühren die Kurve im unendlich fernen Doppelpunkt. In der That wird in Gleichung (1a) für x=d-+;a, die Ordinate y unendlich gross. Aus der Form der Kurvengleichung (1) ist ersichtlich, dass der Nullpunkt ©, d.h. der Schnittpunkt der x-Axe mit der Büschel- axe en Doppelpunkt der Kurve ist. Die Tangenten in dem- selben erhalten wir, wenn wir die quadratischen Glieder der Kurven- gleichung (1) gleich O setzen; also aus: (d? — a?) (x®-+y?) + b?x?—=0 und hieraus: Y_..46/E-2®-+b 6 ZEN a? — d? ; (9) Aus dieser Gleichung geht hervor, dass die Tangenten im Ur- die Büschelaxe den Cylinder zwischen dem Berührungspunkt A und dem Brennpunkt Fı der Grundellipse schneidet; OÖ istin diesem Falle Knotenpunkt der Kurve. Für specielle Lagen der Büschelkante und damit des auf ihr liegenden Doppelpunktes O ergeben sich folgende Fälle: 1. Liegt die Büschelkante im Unendlichen, also d= x, 50 werden sämtliche Ebenen des Büschels unter sich parallel und schnei- den die Cylinderfläche normal zu deren Axe; die Schnittkurven sind in diesem Fall kongruente Rllipsen und der Ort ihrer Brennpunkte besteht aus zwei zur Cylinderaxe und den Asymptoten parallelen Geraden im Abstand -- Ve b? von derselben; sie gehen durch die Brennpunkte Fı und Fe der Grundellipse. 2. Die Büschelkante berührt die Cylinderfläche im Punkte A, mit welchem nun der Nullpunkt O zusammenfällt; es wird d=a, und die allgemeine Gleichung (1) nimmt die Form an: (x — 2)*. &® +3?) — (a? — 9) .x?— a?y? = 0 oder 2x’? — 2x7? Hbt—0. Dieses Polynom zerfällt in 2 Faktoren, nämlich: x} . x? — 2ax? 4 xy? — 2ay?-- b>x il Es ist daher: R und x? 2x +) + yP?.a—2ı)=0..... (9. Die 1. Gleichung (x = 0) stellt die y-Axe dar, die Gylinder- erzeugende E; der 2. Faktor aber repräsentiert eine Kurve 3. Ord- nung. Es zerfällt also-in diesem Specialfall die CGylinderfokale in eine Gerade und eine KurV® — IA — 3. Ordnung. Diese letztere besteht aus zwei getrennten Teilen, einem Oval, das in O die Erzeugende E berührt und durch Fı geht, in der Weise, dass die x-Axe dasselbe halbirt, und einem nach beiden Seiten ins Unendliche gehenden Kurvenast durch Fa mit der Erzeugenden E’ als Asymptote. (Fig. 3.) — Die Tangenten im Punkte 0 fallen nach Gleichung (6) für d = a zusammen in die Gerade: y ; = ©9,.d.h..in die von der Fokalen 4. Ordnung sich absondernde Cylindererzeugende E, welche das Oval der Kurve 3. Ordnung berührt. Der Punkt O ist ein einfacher Punkt der Kurve 3. Ordnung. (Fig. 3.) 3. Denken wir uns die Büschelkante parallel nach dem Brenn- Punkt Fı verschoben, wodurch d = Va? — hb?’= e wird, so fallen die beiden Tangenten im Doppelpunkt O von den Gleichungen (6) zu- sammen mit der Geraden: y==0, d.h. mit der x-Axe. Die Gleichung der Kurve nimmt in diesem Fall die Form an: E BEE D IÄE Sn non in Zn an oder 2. -2e)) + a? —-A)=0..... (8) Kür:y —:0,, wird: Sr — 0); IENE- U, » yes 0rden: der Nollpunae 0. 1m Ahstanded —.ce von der Cylinderaxe ist ein Rizek ke hrp unk minder X-Axe als Rückkehrtangente (nach GI. 6). (Fig. 5). 4. Schneidet die Büschelkante die Cylinderaxe, so liegt O auf dieser letzteren; es ist daher d = 0, und die Gleichung der Fo- kalen wird: 2.8 +9) —-@- 9). —-y?=0....(9 > enthält nur gerade Potenzen von xund y; dieKurve St deshalb symmetrisch in Bezug auf beide Koordinatenaxen. Die Tangenten (6) im Doppelpunkt 0 werden: our \/ ee (10) X a sie sind imaginär ; der Punkt ist also ein isolirter Doppelpunkt. Yösh Das obige Polynom ist sowohl nach x als auch nach y ur ‘ar, und zwar entsprechen jedem Werte der einen Variablen zwei Sleiche, dem Vorzeichen nach aber entgegengesetzte Werte der andern. Nach y aufgelöst lautet die Gleichung: m 378 ea a — x? — 18 — Für x erhalten wir: x ee BR TTERIGETESVERTE 2 Diese Gleichung gibt zu jedem y 4 Werte von x, von denen aber stets zwei imginär sind. Die Kurve besteht aus 2 congruenten unendlichen Ästen, bezüglich durch die Brennpunkte Fı und Fe, die symmetrisch liegen zur Cylinderaxe und welche die Erzeugenden E und E’ ebenfalls zu Asymptoten haben. Fassen wir die oben gefundenen Resultate zusammen, so haben wir folgendes: Jedem Werte von d entspricht eine eigene Kurvenform, welche im allgemeinen aus zwei sich nach beiden Seiten ins Unendliche er- streckenden Ästen besteht. Für d = © werden diese Äste zu paral- lelen Geraden zur Cylinderaxe; mit kleiner werdendem d schnürt sich derjenige Ast, der gebildet ist von den Brennpunkten Fı, von oben und unten gegen die x-Axe zusammen, während der andere Zweig sich in seiner Form nicht wesentlich ändert. Ist die Büschelkante zur Cylindertangente geworden, oder fällt OÖ mit A zusammen, so löst sich von dem Kurvenast durch Fı die Erzeugende E ab; der übrig bleibende Teil bildet ein Oval, welches zwischen O und Fı symmetrisch zur x-Axe liegt; die Ordnung der Kurve ist in diesem Specialfalle um 1 gesunken (Fig. 3). Mit noch kleiner werdendem d erhalten wir wiederum eine Kurve 4. Ordnung, deren Ast durch Fı eine Schleife (Fig. £) bildet; für d = Va — b? degeneriert diese Schleife in eine Spitze; (Fig. 5) nimmt d Werte an < Va? —b8, so entstehen wieder- um 2 einfache, unendliche Kurvenäste, (Fig. 6) und wenn d = 0 ist, so besteht die Fokale aus zwei zu den Koordinatenaxen symmetrischen, nach beiden Seiten ins Unendliche gehenden Ästen. Für negative Werte von d gehen diese beschriebenen Kurvenformen mit grösser werdendem d in umgekehrter Reihenfolge ineinander über; sie haben also symmetrische Lage zu denjenigen für positive d. Die Fokale des elliptischen Cylinders be- sitzt 2 Doppelpunkte, den Schnittpunkt der x-Axe mit der Büschelkante und den unendlich fernen Kurvenpunkt. Der erstere ist nur dann ein Knotenpunkt, wenn d < aund> V® ps allen andern Fällen ist er isolierter Doppelpunkt ; denn die Tangenten in ihm sind imaginär, während sie im ersten Falle reell ausfallen. Ist d= e, so liegt das Tangentenpaar in O vereinigt in der x-Ax®; —. 1209 = wächst d, so wächst auch die trigonometrische Tangente des Richtungs- Winkels der beiden Tangenten, den wir mit « bezeichnen wollen; es Wird also auch « selbst grösser und für: is | also je Wird «= + 45°, die Tangenten stehen aufeinander senkrecht. Bei Noch grösser werdendem d wächst auch « stetsfort und erreicht für I — + amit 90° sein Maximum ; das Tangentenpaar fällt zusammen Mit der Erzeugenden E, bezüglich E‘. (y-Axe). Die Tangenten im unendlich fernen Dop- Delpunkte sind für alle Fokalen die in der Kurvenebene liegenden Erzeugenden des Cy- linders, Tangenten der Kurve parallel zur y-Axe. Zum Aufsuchen derselben (ransformieren wir zuerst die allge- Meine Kurvengleichung (1) nach C, dem Schnittpunkt der x-Axe mit der Cylinderaxe, als Ursprung. Wir setzen zu dem Zweck: x=x’-+d; Una yayı Dann wird: ; ; e? N x’2 y —— (x +4). X A N TER da): t Die Gerade: x‘== p schneidet die Kurve in zwei zusammen- allenden Punkten: 1. für Be —d, 0 Doppelpunkt 0, und 2.. » Dee =, fir welche Werte von x‘ beide Werte von y‘=0 werden. IR Diese beiden Parallelen zur Cylinderaxe: x’ = — e sind Tangenten en Fokale in den Punkten Fı und Fa; weil sie von d unabhängig n. so sind sie Tangenten an alle Fokalen, die man für ein ver- "derliches d erhält. Diese beiden Parallelen sind die Fokallinien °s Cylinders, und daraus folgt: Fokalen, die einem veränderlichen d erben, berühren die Fokallinien des Cy- all; ersin den Brennpunkten Fı und Fa der Grund- u. Diese Eokalliniem sind identisch mit Cylinderfokalen: d—= =. - 10 — Wird in Gleichung 11) x= +3, so wird y= +». Dies sind die Koordinaten des unendlich fernen Punktes, der, wie aus der Gleichung hervorgeht, für alle Werte für d, also für sämt- liche Fokalen, ein Doppelpunkt ist. — Gleichungen der Kurve in elliptischen Funktionen. Die Gleichung der Cylinderfokalen, wie sie uns in der allgemeinen Form entgegentritt, ist eine solche 4. Grades. Dieselbe weist zwei Doppelpunkte auf, den Koordinatenursprung O0 und den unendlich fernen Punkt der Kurve; die zugehörige Kurve ist deshalb eine solche vom Geschlecht 1, und es lassen sich demnach die Koordinaten X und y rationaldurch elliptische Funktionen eines Parameters ausdrücken. Wir substituieren zu dem Zweck in Gleichung (1), welche lautet: Be a a ee Re für y den Wert Ax und erhalten: &—42. +29) (a MM) —’?—=0 (12). Dieses Polynom zerfällt in die beiden Faktoren: ea b) x? — 2dx FH d?— 22x? — 2d2?x + d2A? — (a? — b?) — a? —(. Die Gleichung (a) repräsentiert den Koordinatenursprung (x? = 0, y?= 0); seine Koordinaten spalten sich von der allgemeinen Kurven- gleichung ab, weil derselbe, wie schon früher gesehen, ein Doppel- punkt der Kurve ist. Gleichung (b), nach x aufgelöst, gibt: == 414223) + Ya? 2427? 427° (14-73) (42-4272 —a? +-b?—a9) en Lee Dabei zerfällt der Ausdruck unter der Wurzel in die beiden Faktoren: en ta2]. 142) [e+tar2)- {142} e? = ea) pl) wo wieder e? — a? — b? bedeutet. Es ist dann also: are rt an an «) a , a 5 7: Hierin setzen wir: A = —— Zı 1 Je =: d.s +/ = (1— k?z?) oder sed+taıyVi—kz. Wir können nun elliptische Funktionen einführen, indem wir nach Jakoby setzen: Z. — Sinam U — Stu. Dann wird: Vi kt7} ==, 4 am u = din Also ist: — le eheliit | nd en - - (d-F aan) #72. (14). — ctgamu(d-t adınu) | Dividieren wir die untere der obigen Gleichungen durch die Obere, so wird: n: — CD am ee (5): Dies ist die Gleichung eines Leitstrahls durch 0. Jedem Werte des Parameters u entspricht ein solcher Leit- Strahl, auf welchem zwei Punkte Pı und P der Kurve liegen, deren Koordinaten sich dem doppelten Vor- ?eichen entsprechend aus den vorigen Gleichungen ergeben. Be- 2eichnen wir zwei solche Punkte als zugeordnete Punkte, so folgt aus ihren Koordinaten oder auch nach ihrer geometrischen Er- eugungsweise, dass die Mitten der Verbindungslinien Yon je zweien derselben auf der Cylinderaxe lie gen. Ist u der Parameter eines Punktes, der auf dem rechts von der Cylinderaxe liegenden Kurvenast sich befindet, so ist der Parameter Seines zugeordneten Punktes, welcher auf dem andern Kurvenaste liegt: 2iK’—u. Es ist mithin die Summe der Parameter zweier Zugeordneter Punkte immer gleich 2iK’, wobei 4iK‘ die imaginäre eriode der elliptischen Funktionen ist; denn nach den Periodicitäts- 8esetzen der letztern ist: dn (2iK’— u) = — dnu; en (2iK’— u) = — au; sn (2iK’ — u) = — nu; = M2 — Setzen wir also in den für x und y gefundenen Gleichungen (14) für den Parameter u den Parameter 2iK‘— u, so ändert die Deferente ihr Vorzeichen, während die Cotgamplitude gleich bleibt. Man hat daher in diesen Kurvengleichungen für die Deferente nur das einfache Zeichen zu setzen; dieselben lauten dann also: x—=d-+ admu y=(d-adnu).cigamu | Die - reehtiwinkligen Goomdınaten x undey sämtlicher Kurvenpunkte sind daher eindeutig durch elliptische Eunctzronen Aausgedruckiis jedem Werte. des Parameters u enispricht nur eim ganz bestimmter Punkte Kerr Kurve. Für u= 0 und = 2iK’ erhalten wir: “rl ar 4, y=-=H%, die Coordinaten des unendlich fernen Doppelpunktes der Kurve; in diesem Punkte fallen also zwei zugeordnete Punkte zusammen. Wird u=K und = 2iK‘—K, so nimmt die Deferente die Werte an: au=+yVI-R=tk-+— Es wird also: Bee debe & 0%. Dies sind die Coordinaten der Brennpunkte Fr und Fı der Grundellipse: ihre Parameter sind also K bezügl. 2iK'’ — K; sie sind mithin zugeordnete Punkte. Es entspricht, wie bereits erwähnt, jedem Werte von u ein be- stimmter Punkt der Kurve. Umgekehrt aber entspricht nicht jedem Punkte der Fokalen nur ein Wert von u, sondern unendlich viele; denn bekanntlich haben die elliptischen Functionen 2 Perioden, eine reelle, bezeichnet mit 4 K und eine imaginäre: 4iK‘. Wir erhalten deshalb unendlich viele Werte von u, welche einem und demselben Kurvenpunkte entsprechen ; dieselben sind enthalten in der Form: 6. EAmE -iuniK, wo m und n positive ganze Zahlen bedeuten. K und K’, die Perio- dicitätsmoduln werden dargestellt durch die Integrale: Hrn {) und NE h. ELBE. n— [ : en 3 Vi—k*sin?y 2) ö x wobei K? + k? — 1 ist. Aus den in Parameterform erhaltenen Kurvengleichungen lassen Sich zwei Eigenschaften der Radien vectoren zweier zuge- Ördneter Punkte ableiten für den Fall der Fokalen 3. Ordnun DB, d= a. Bezeichnen wir nämlich die Längen dieser Radien vecloren Mit r, bezw. r,, so ist: =? -+y°—=(a+adn u)? + (a-+ adn u)’. ctg am? u 2 (1-+dn w? | sn? u Somit ist: "2 ; | ‘b? et en er,d—dnu er a; (# «sn? ') De b>; d D> also: nn pP esconstane na 2a (18) 4 h.: das Produkt der Abstände je zweier zu- Seordneter Punkte vom Coordinatenursprung “uf dem Oval ist eine Constante gleich dem Quadrat der kleinen Halhase.b des Gylinders. Da ferner: %. all dam) ek u ın2 und BEE. Be ‚S2ak.se u. — = —asköon u, Be sn? u so ij ne : Ost Ku. + y-%„=a®k?. (sn?u--cn?u) U ee (19) = h, es ist die Summe der Producte der Ab- SCissen und Ordinaten -zweier zugeordneter Unkte constant gleich dem Quadrat über der \alben kleinen Axe des Cylinders und gleich m Product ihrer Radien vectoren. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1349. — 114 — Krümmung der Kurve. Wir erhalten die Grösse des Krümmungsradius o eines beliebigen Kurvenpunktes mit den Coordinaten x und y aus der in der Parameter- form gegebenen Kurvengleichung durch Anwendung der Formel: (+ ” 0 = d°y dx 5 d’x dy ie I ds du du? du wo: x=d- a.dnu undy=(d-ta.dnu).cig.amu. Durch Ausführung der obigen Differentiationen ergibt sich: !a?k‘sn°u en?u-I-d?dn?n-+2ad.dn®u-+-2adk?.sn?u.cn?u.dnu--a’dntu 2a k?sn?u.cn?u.dn?u -Ha?. k*sn*u. entu}’% uk die . sntu {d (3sn?u.dn?u — 2dn?u— en?u)-}adn u (sn?u.dn’u— 3en’u)} Indem wir den Zähler etwas vereinfachen und im Nenner alles durch dn u ausdrücken, erhalten wir für o den Wert: {a(1—k?sn‘u).(a-+2d.dnn) —a’k?sntu.dn?’u-t-d?. dn* u)’ o= gun 7 Er x sn’ufa.dn’u+3ddniu-2adn?u— 2dk”.dnu—3ak"?.dnu— dk”) (21) k’ bedeutet hierin den complementären Modul: yı — Kk?. Die Argumente der beiden Brennpunkte der Grundellipse fanden wir: u=K und = 2iK’—K; diese Werte in Gleichung (21) ein- gesetzt, gibt für die Krümmungsradien in denselben: Krümmungsradius von Fi: 8a [221 K2) —ark®k® 1 dk? — 2adk’(l K9)) FT RS Lk — Yak° — 2ak t- Bak® gK® ‘ 2, Herlunee ; Kay k‘ Re ER 2006) z (ak. = Ta Fk Re Krümmungsradius von Fe: [201 — K) — a®k>k® -[- d’k? 4 2adk‘(1—K?) he (22) ak’® + 3dk’*-+ 2ak® -- 2dk‘* - 3ak‘? — dk” KB, R 2K2 z 2 ER 5 ad 9a K% s . ande 2adk‘) —_ — —_ (ak’ 10); k? Bei den verschiedenen Specialfällen ergeben sich für die Krüm- mungsradien gı und g der Brennpunkte der Grundellipse folgende Werte: — 15 — 1. d—=a. In dem Falle geht die Gleichung (21) des Krimmungs- radius über in: 32, (1 — kK2sna)”. (1 4 dan u)? Tu (dntu + 2dn?u — 2k'?dn u — k‘2) Er und hieraus erhalten wir: Für den Krümmungs- a2.(1— k3)". (1—k)? radius in Fı: eG EEE es ar k! (@E ER > en Für den Krümmungs- ad. K2)”.(1-+ BR, (24) radius in Fe: ufOR Te Sk —2K® —K® sek) SORETRI- Nach Multiplication der beiden Gleichungen (24) ergibt sich: 01.02 — ak’? — a76: d. h.: Für den Kal, dass .d — a st, ıst das Producı der Krümmungs ST. ee der beiden Brennpunkte der Grundellipse gleich dem Product der Quadrate aus halber STosser Axe und Excentricität. 2. d=-Y®—-— Krümmungsradius in Fi: Ce —— = (a Ne en — V?—h 7) — K® nern in Fe: 2 BB, af 3 BR . en b iv Var— b? m + Va —p? = Da Fı, derjenige ee in welchem der Coordinatenur- Sprung liegt, in diesem Specialfall zum Rückkehrpunkt wird, wie wir früher gefunden haben, so ist die Richtigkeit des obigen Resultates == 0 damit bestätigt. — 3.d—=0. K a ; ; k‘ ” e k'? Tümmungsradius in Fı: gg = — — .22.k? — a?. —- k? k*? (26) K es ; z 32, kr Tummungsradius in Fe: & = — — Tr Die Krümmungsradien von Fı und Fz sind in diesem Falle ein- ander gleich, weil eben die Fokale symmetrisch liegt zu den Axen. — a Bestimmung der Wendepunkte. = Da unsere Kurve eine solche 4. Ordnung mit 2 Doppelpunkten ‚ ist, so besitzt sie nach Massgabe der diesbezüglichen Plücker’schen Formel 12 Wendepunkte. Zur Auffindung derselben benützen wir die Gleichung (20), welche die Länge des Krümmungsradius eines. beliebigen Kurvenpunktes durch elliptische Functionen des Argumentes u ausdrückt. In einem Wendepunkt wird aber der Krümmungsradius. e unendlich gross; damit das in der obigen Gleichung ein- tritt, muss der Nenner der rechten Seite gleich 0 werden; also: sn‘u!a.dndu-+3d.dntu-FH2a.dn?u—2dk‘?. dn?u—3ak‘*. dn u-dk®| —0.(2:0) Diese Gleichung zerfällt in die folgenden: sn u0 und (28) a.dndu + 3d.dntu + 2a.dn?u — 2dk“. dn?u — 3ak“*dn u — dk = 0 Die erste dieser Gleichungen (28) ist erfüllt für u = 0 und » u=-+ 2iK'‘. \ Dem Argument u=0 entspricht der Punkt mit den Coordinaten: i x—=d-+a; “ und y.==.°°. Dies ist der unendlich ferne Punkt der Asymptoie A». Dem Argument u = + 2iK’ entspricht der Punkt mit den Coor- dinaten: x—=d—3; und „= co | RETTEN ET EEE TEE SO NUENT UTETERERTTEEE NT TEN Dies sind die Coordinaten des unendlich fernen Punktes der Asymp- tote Aı. FR Es liegen also zwei Wendepunkte im un- endlieh fernen Doppelpunkt der Kurve; des F. selbe ist mithin ein doppelter Inflexionsknoten er für alle Fokalen. Fr Die übrigen 10 Wendepunkte liefert uns die zweite der Gleich- ungen (28). Dieselbe ist vom 5. Grade in dn u; sie liefert uns also 5 verschiedene Werte für dnu. Die Deferente ist aber eine gerade Funktion; jedem Werte derselben entsprechen deshalb zwei Argu- mente u, die dem absoluten Werte nach gleich, dem Vorzeichen nach FF aber verschieden sind. Wir erhalten also 10 verschiedene Werte U, [F von denen sich die einen 5 nur durch das Vorzeichen von den ander r 5 unterscheiden. Jedem dieser Werte von u entsprechen nun die + Coordinaten eines Wendepunktes, welche mit Hülfe der Gleichungen — 17 — {16) bestimmt werden Können; alle 10 Wendepunkte lie- sen paarweise symmetrisch zur x-Axe: — Wendepunkte der Specialkurve: d=a Für den Fall, dass d—=a wird, nimmt die Wendepunkts- gleichung (27) die Form an: sntu Jan’u + 3dn*u + 2dn?u — 2k’dn?u — 3k“. dn u — ke —(0 (29) Der 1. Faktor liefert 2 Wendepunkte; der eine derselben ist der unendlich ferne Punkt der Kurve 3. Ordnung, der andere fällt auf die sich von der allgemeinen Kurve absondernde Erzeugende E. Vom 2. Faktor der Wendepunktgleichung (29) spaltet sich die Grösse: dn u + 1 ab; derselbe ist nämlich = (dnu+1).(dnu+2dn?u— 2k*dnu—k”?) — 0 und hieraus: a nu+i1=0 b. dntu+2dn?u— 2k?dnu—k?—0 Aus (a) erhalten wir also: dn u = — 1, somitu= + 2iK‘ und es Werden die Coordinaten von 2 Wendepunkten: x—=0,y=0, d. h., “wei Wendepunkte fallen in den Berührungspunkt der sich absondern- den Asymptote Aı mit dem Oval der Kurve 3. Grades. : Die Gleichung (b) liefert uns die übrigen 8 Wendepunkte; sie ISt eine solche 4. Grades in dn u. Jedem Werte von dn u entsprechen wei gleiche aber entgegengesetzte Argumente u, welche je zwei Zur x-Axe symmetrische Wendepunkte liefern er Wendepunkte der Specialkurve:d— Va? — p? Für diese Kurve lautet die Wendepunktsgleichung: u, (dndu-t-3 kK’dntu+t 2dn?u— 2 k®dn?u— 3k” dn u— KANU (30) nu — 0, liefert uns wiederum die zwei in den unendlich fernen Punkt fallenden Wendepunkte. le Der 2. Teil der Gleichung (30) lässt sich in 2 Faktoren zer- Sen und lautet also: (nu k‘).(dn*u--2k!. dn?u(dnu—k‘) + 2 dn u(dn u—k) — k?)—0 (81) Hieraus ergibt sich: nn a. dnu+k=0, also: nu=—kK mit 5 Ws a (2 iK’ — R). er ist: 3 ne En ner ist: sn @iK K=+1; en 2iK' — K)= 0. nenne Linn ee nee i — 18 — Die Coordinaten der diesem Argument entsprechenden Wendepunkte sind dann: Es fallen also zwei Wendepunkte, den Argumenten + —K + 2iK‘) entsprechend in den Goordinatenur- sprung, welcher Punkt, wie früher gesehen, in diesem Fall eine Spitze ist. Die noch fehlenden 8 Wendepunkte liefert uns der 2. Faktor der Gleichung (31): dntu-+2k‘. dn?u (din u—k)-+-2dn u(dnu— k)—k”=0. (32) Als eine Gleichung 4. Grades in dn u liefert sie uns 4 Werte für dn u, und diesen entsprechen 8 Argumente, die 8 paarweise symmetrisch zur x-Axe gelegene Wendepunkte ergeben. — Wendepunkte der Specialkurve: d= (. Wir erhalten dieselben wiederum aus der allgemeinen Wende- punkisgleichung (27), indem wir dort d = 0 setzen; dann wird: entula. dindut2a.dn® u—8ak?dau)=0.. ... (83) Der 1. Faktor enthält wie bei den vorigen Fällen die beiden ins Unendliche fallenden Wendepunkte. Vom 2. Faktor dieser Gleich- ung (33) spaltet sich die Grösse: dn u ab. Es ist aber dn u = 0 für Berk IE) Die beiden Wendepunkte, welche diesem Argument entsprechen, sind imaginär, dd mn (KtiK) = + = — imaginär. Der übrig bleibende Teil der Gleichung (33): a. u Frau 9a? 0, (34) liefert uns die weitern 8 Wendepunkte. Da diese Gleichung nur 88 rade Potenzen von dn u enthält, so kann sie ohne weiteres aufge löst werden. Es folgt nämlich: nu +14 VIFER na (35) Dem positiven Zeichen der 2. Wurzel entsprechen 2 reelle Werte für dn U » negativen » ».» » » 2 imginäre » »: dA u Diese Gleichung liefert uns also 4 reelle und 4 imaginär® Wendepunkte, die paarweise symmetrisch zu den beiden Cool“ dinatenaxen liegen. — I Zur Bestimmung ihrer rechtwinkligen Coordinaten benützen wir die Gleichungen dieser Fokalen, welche sich aus (16) für d = 0 ergeben als: x. du \ (36) yz=a.dnu.cigamu] Ds dn? u = 1 —.Kk? sn? u, 80 ist: sn U a 2 v: 2 VER R eh und | (224 09) Setzen wir die Werte von sn u, cn u und dn uin den Gleichungen (36) ein, so erhalten wir als Coordinaten der reellen 4 Wendepunkte: =ra vr LH VA —3K?, es \/ ea N rd ae 3 Es liegen somit die 4 reellen Wendepunkte zu je zweien tentralsymmetrisch auf einer durch O gehenden Geraden. Die Gleichung dieser Wendepunktsgeraden lautet: — — clgamu Wo für cnu und snu die Werte aus Gleichungen (37) einzusetzen sind. Dies ausgeführt, gibt: : : - R i BD; Setzen wir endlich für k noch seinen Wert = ein, so erhalten Wir die Gleichung der Wendepunktsgeraden in der Form: Seas V VB ne (38). X 3a Dieselben schliessen, da die rechte Seite absolut < 1 ist, mit der x-Axe einen Winkel <= 459 eın. Die 4 reellen Wendepunkte liegen auf einem Kreis um den Coordinatenursprung vom Radius: ERBE — 120, — II. Fokalen des Kreiseylinders. Modificieren wir die zu Anfang unserer Betrachtungen gemachte Annahme in der Weise, dass wir den elliptischen Cylinder in einen Kreiscylinder übergehen lassen, indem wir b =a setzen, so nehmen die unter den sonst gleichen Bedingungen entstehenden Fokalen wesentlich andere Eigenschaften an. Wir haben auch hier wieder die verschiedenen Fälle zu unler- scheiden, wo die Büschelkante ausserhalb der Cylinderfläche liegt, dieselbe tangirt oder schneidet, und jeder dieser speciellen Annahmen entspricht eine besondere Forın der Kurve. Befindet sich die Büschelaxe ausserhalb dem Cylinder, so er- halten wir die Gleichung der so entstehenden Fokalen aus Gleichung (1) des 1. Abschnittes, indem wir dort einfach b—=a==1 setzen, wo- durch der elliptische Cylinder in einen Kreiscylinder übergeht vom Radius 1. Die Gleichung der allgemeinen Kreiscylinderfokalen lautet also: Kekse teaser (89). Diese Gleichung stellt uns ebenfalls eine Kurve 4 Ordnung dar; einem veränderlichen d entspricht auch hier eine Schar von Fokalen und negative Werte von d liefern Kurven, die identisch sind mit denjenigen, welche sich für gleich grosse positive d ergeben und symmetrisch liegen zur Gylinderaxe. (Fig. 7.) Nach y aufgelöst, lautet die obige Gleichung (39): REN (39%) und hieraus geht hervor, dass die Kurve symmetrisch zur x-Axe liegl. Der Coordinatenursprung ist, wie aus der Kurven- gleichung ersichtlich, en Doppelpunkt der Fokalen. Die Tan- genten in ihm erhalten wir aus der Gleichung: d?. (6 - vs) BR ay- —N. Sie sind also enthalten in der Form: ee Ist d >|], d. h. liegt die Büschelkante ausserhalb dem Cylinder, so werden die Tangenten im Doppelpunkt OÖ imaginär; dieser ist isolirter Doppelpunkt; für alle Werte von d <<] da gegen ist das Tangentenpaar in OÖ reell. — 21 — Ein 2. Doppelpunkt der Fokalen ist, wie sowohl aus der Kurven- gleichung als auch aus der geometrischen Erzeugungsweise erfolgt: x=d, y=0; dies ist der Schnittpunkt@C der Cy- linderaxe mit der Axe der x. — Um die Tangenten in ihm zu erhalten, machen wir ihn zum Ursprung des Coordinaten- systems, indem wir Gleichung (39) linear transformieren. Wir setzen nämlich: x=x’-+d; und ya ya dann erhalten wir als transformierte Gleichung der Kurve: le ee ee (41). Aus derselben ergibt sich als Gleichung des Tangentenpaares in O: Die Tangenten werden also für alle Werte von d, von 0 bis ©, geell; der Punkt’ 6-15 mechen sur-alle Wokalen Doppelpunkt. Der 3. Doppelpunkt der Kreiscylinderfokalen ist der un- endlich ferne Punkt. Die Natur desselben wird, indem wir b = a annehmen, nicht geändert. Die Tangenten in ihm sind des- halb auch hier die in der Kurvenebene liegenden Erzeugenden E und E’ des Cylinders; dieselben sind also Asymptoten für sämt- liche Kreiscylinderfokalen. Wir haben bereits eingangs erwähnt, dass verschiedenen spe- tiellen Lagen der Büschelaxe in Bezug auf den Cylinder auch hier verschiedene Cylinderfokalen entsprechen. 1. Itd= &, so sind sämtliche Schnittebenen des Büschels unter sich parallel und schneiden die Cylinderfläche normal zu deren Axe. Die Schnittfiguren werden in diesem Fall zu congruenten Kreisen; ihre Brennpunkte fallen zusammen im Mittelpunkt und der Ort derselben ist, wie dies geometrisch hieraus hervorgeht, die Cylinderaxe. 2. Fürd=]1 wird die Büschelaxe zur Tangente an die Cylinder- fläche, und die allgemeine Kurvengleichung zerfällt in 2 Faktoren: X). 2° + PHP) —21y)=0 Der 1. Faktor: x—=0 ist die y-Axe, (Erzeugende E) a ker t2.a-2)=0....@) ist eine Gleichun g 3. Grades; dieselbe repräsentiert also eine Kurve 3. Ordnun g. Sie besteht aus einer Schleife, deren Zweige Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1350- Er TEE EEE TEE EI EEEEEEE TEE EEEEE er emine , n hi ie: i — 12 — sich im Punkte C durchsetzen und nach beiden Seiten asymptolisch zu E’ ins Unendliche gehen. Der Coordinatenursprung O ist in diesem, Specialfall ein gewöhnlicher Punkt; denn die Tangenten in ihm fallen zusammen in die Gerade: > = oo, welch’ letztere die Cylinder- erzeugende E ist. Für das Tangentenpaar im Doppelpunkt C lauten die Gleichungen (48): ar ie i muehlin..cnnen- (44) d. h. die Kurve durchsetzt sich im Doppelpunkt Grechtwinklig, und es liegen die beiden Tangenten in ihm symmetrisch zur x- und zur y-Axe. Der unendlich ferne Punkt ist Wendepunkt (Fig. 8) und die Gylindererzeugende E’ ist Wendelangente in demselben. Dieser Specialfall der Kreiscylinderfokalen ist bekannt unter dem Namen der «Logocyclischen Kurve» der «Logocycloide» oder der Strophoide; dieselbe besitzt eine grosse Anzahl interessanter Eigenschaften, welche Gegenstand verschiedener mathematischer Arbeiten geworden sind.*) Ihre geometrische Erzeugungsweise ist eine sehrmannig- faltige; einige Constructionen finden sich erwähnt bei S. Günther in der unten genannten Abhandlung und in Ed. Bartl, «Übungsaufgaben aus der Trigonometrie und analytischen Geometrie der Ebene.» 3. Für Werte vond < laber > 0 besteht die Kurve aus zwei Ästen, die sich in den Punkten F und € durchsetzen; diese beiden Punkte sind Knotenpunkte; denn die Tangentenpaare in ihnen sind reell. (Fig. 9). 4. Verschieben wir endlich die Büschelaxe parallel zu sich selbst nach dem Schnittpunkt G der x-Axe und der Axe der Cylinderfläche, so wird d=0, und wir erhalten als Gleichung dieser Specialkurve: 2. EP LAP Pe... nn (45) Die durch dieses Polynom dargestellte Kurve ist wiederum eine solche 4. Ordnung. Sie besitzt die gleichen symmetrischen Eigen- schaften wie die ihr entsprechende Fokale des elliptischen Cylinders, d. h. sie liegt symmetrisch zu beiden Coordinatenaxen. Bei ihr #) Darunter sind vorzugsweise die 2 folgenden Schriften zu nennen: J. Booth, A treatise on some new geometrical methods containing essays on tangential coordinates, pedal eoordinates, reeiprocal polars, the trigonometry of the parabola, the geometric origin of logarithms, the geometrical properties of elliptic integrals and other kindred subjeets. London 1873. 8. Günther, Parabolische Logarithmen und parabolische Trigonometrie. Leipzig 1882. | + — 1233 — fallen die beiden endlichen Doppelpunkte zu- sammen in G, nämlich: für y +0: wird x a — 0 und or x ad Der NullpunktC ist mithin Selbstberührungs- punkt oder Selbstberührungsknoten; die x-Axe ist Tangente an beide Zweige der Kurve, die sich in ihm berühren. (Fig. 10.) Construktion der Kreiseylinderfokalen. Die auf C als Ursprung bezogene Kurvengleichung lautet: 2.@—- 9) +2’ + dx? — » a oder +) +2 x + =}. 2 re (46) Es ist nun P ein beliebiger Punkt der rn oe sein Radius vector GP und @ der Winkel, welchen o mit der x-Axe einschliesst ; dann erhalten wir aus (46): + 2de.cosp +d?. (os?p + sinpo)=1?.tg?p . (47) und hieraus: e= —d.wsp LYE Roos .1gp;..... (47°) Ist 4>1, so erhalten wir auf den durch C gehenden Strahlen nur l dann reelle Kurvenpunkte, wenn coso < Er Die obige Gleichung (47?) führt nun dazu, Punkte der Cylinder- fokalen zu construieren. Sie liefert uns nämlich folgenden Satz: Senlaet man um GC als Mittelpunkt einen Kreis vom Radius 1, zieht durch O einen vari- ablen Strahl, der dıesen Kreis ın 2 reelten Punkten G und 6‘ schneidet, und fällt von diesen Bunkten Senkrechte auf 0G, so treffen diese das aus C auf den Strahl 06 gefällte Lot CO ın 2 Punkten P und P’ unserer Fokalen. Der Beweis ist der folgende: (Fig. 11.) Rs ist +.GQ.==.d . 008%. Ferner ist: OGP = p; denn die Schenkel stehen senkrecht zu denen von A’CP; somit: QP = 06. ge und 06 = Yaar. 008, also — 124 — p EURER N RUE a = +VPrIZ®. cos? .tgp. Die Radien vectoren genügen also der Relation (47). Da der Punkt Q in der Mitte des Strahles PP‘ liegt, so folgt daraus: Der Ort der Mitten der durch den Doppel- punkt GC gehenden Sehnen unserer Kurve ist derumOGC als Durchmesser beschriebeneKreis. Jeder Lage der Geraden 0G entsprechen 2 Punkte der Kurve, die auf einem Strahl durch den Ursprung G gehen. Bewegt sich da- her der Strahl 0G von der x-Axe aus bis zur Tangentenlage OB‘, so bewegt sich der Kurvenpunkt P vom unendlich fernen Punkte auf der positiven Seite der y-Axe bis zum Punkte B’ und der Punkt P’ vom unendlich fernen Kurvenpunkte auf der negativen Seite der Coordinate y bis zum nämlichen Punkte B. — Die Berührungspunkte der von O an den Kreis um Ü gezogenen Tan- genten, die Punkte B' und B sind also Punkte der Fokalen; in denselben wird dieser Kreis von der Kurve orthogonal geschnitten. Bezeichnen wir ferner den Abstand des Punktes P der Kurve von der Büschelkante mit r, so haben wir folgende Beziehung: Es ist: ®-+2do.csp 4 #—=r, Die linke Seite dieser Gleichung ist aber identisch derjenigen von (47); somit ist: r? en 12 : 1g’o Pe r”? also r=t=1l.igy oder auch 1.99 = AD —= AD’; d.h: Die Entfernung zweier auf einem Strahl durch den Ursprung gelegener Kurvenpunkte P und P’ vom Doppelpunkt O ist dieselbe und gleich den. Abschnitten, welche dieser Leit- strahl auf den Cylindererzeugenden E und E‘ bildet, gemessen von der x-Axe aus. Construktion der Normalen in einem beliebigen Kurvenpunkte P. Diese Aufgabe kann gelöst werden mit Hülfe der auf pag. 123 er- haltenen Construklion eines beliebigen Punktes der Fokalen und wird durch sie zurückgeführt auf die folgende: Es ist ein variables Dreieck PGQ gegeben, dessen eine Seite PQ durch den festen Punkt — 125 C, dessen 2. Seite QG durch einenandernfesten Punkt O geht und dessen 3. Seite sich selbst parallel bleibt; dabei bewegt sich die Ecke G aufeinem Kreiseum und die Ecke Q aufeinem Kreise um. C und die Ecke Q-auf einem solchen vom Dürchmosser &0. Manreonstrulere die Nor- male der Ortskurve der 3. Ecke P. Wir bezeichnen (Fig. 12) die Mitte von OC mit M; M ist dann also der Mittelpunkt des Kreises, auf dem Q liegt, und GG und MQ sind die Normalen der Ecken G und Q. Eine in O errichtete Senk- rechte zu OQG schneide diese Normalen in den Punkten R resp. 5; dann ist QORC ein Rechteck, somit der Punkt R auch Schnittpunkt der Normalen von Q mit der in C auf QP errichteten Senkrechten. PT sei nun die gesuchte Normale von P; sie treffe die in G auf PO errichtete Senkrechte im Punkte T. Eine im unendlich fernen Punkte von GP errichtete Senkrechte treffe endlich die Normalen GS und PT in den Punkten Us resp. Voo. Wenn nun dG, dQ und dP die Kurven- elemente sind, welche in unendlich kleinen Zeiten von diesen Punkten beschrieben werden, so ergibt sich nach einem bekannten Satz aus der kinematischen Geometrie: Es ist: dG GS dQ OR aQ OR (a) ap PT era dG GUso Durch Multiplikation dieser 3 Gleichungen erhalten wir: GS . PVoo 1- a us ® Wenn wir ferner den Schnittpunkt der Geraden GS und PT Mit & bezeichnen, so ist: ua ar c) GUoo aUo Eine in P errichtete Senkrechte auf PG schneide G« im Punkte P und die durch G ı zu PT gezogene Gerade in y; dann ist: a\ oo ap Gy el aß 77 GP (4) — 126 — Dann wird die Gleichung (b): u 68 . 67 oder PT —— 68 BT; 68 Gy GP Indem wir von T aus eine Senkrechte GP ziehen, erhalten wir 2 ähnliche Dreiecke PTz und GPy; in ihnen ist: 1 PT Pz O4, ı@P (69) und wir erhalten daher: Pr 68 GP Fällen wir endlich das Lot Sd, so wird: GS Go cp Pz Go... also GP op () oder es ist: Bz’==G0 (k) oder 02 6 Der Schnittpunkt T von zT mit der in G errichteten Senkrechten auf QP ist zugleich ein Punkt der gesuchten Normalen PT. Da das Viereck GPzT ein Viereck im Kreise ist mit PT als Durchmesser, so gilt der Satz: Der Umkreis des Dreiecks GPz berührt im Punkte P unsere Kurve Indem wir nun die oben gefundenen Resultate anwenden und zugleich diejenigen Elemente, die nur zur Ableitung der vorigen Con- struktion gedient haben, unterdrücken, so ergibt sich folgende Con- struction der Normalen und der Tangente un serer Kreiscylinderfokalen; (Fig. 13) Die Fokale ist der Ort des Schnittpunktes P der Geraden GH und QCG (oder auch der Geraden OP). Es sei ferner S der Schnittpunkt des Lotes in O mit der Ge- raden GG und Öd der Fusspunkt des Perpendikels von S auf GP, endlich machen wir noch dz —= GP. Es berührt dann der um GPz beschriebene Kreis in P die Fo- kale, und die Gerade, welche P mit dem Schnittpunkt der Perpendikel in z und G verbindet, ist die gesuchte Normale der Kurve im Punkte P, oder nehmen wir im Dreieck QPz zu dem durch P gehenden Höhen- perpendikel die Winkelgegenlinie, so ist letztere die Normale der Kreiscylinderfokaälen Im Punkte PB; — ld Diezugehörige Tangenteist die durch P Pa- Tallele zu HU, der Verbindungslinie-der Fuss- punkte der beidenHöhenperpendikelinCund z. Darstellung der Coordinaten eines Punktes der Kreiscylinderfokalen als rationale Functionen eines Parameters.’) Die Fokale des Kreiscylinders besitzt 3 Doppelpunkte; sie ist also eine Kurve vom Geschlecht Null, und es lassen sich somit ihre rechtwinkligen Coordinaten (x, y) darstellen als algebraische Funk- tionen eines variablen Parameters. Zu dieser Darstellung gelangen wir vermittelst der Gleichungen (17) und (18) pag. 113, welche die Coordinaten der Fokalen des ellip- tischen Cylinders in elliptischen Funktionen eines Parameters u aus- drücken. Für den Fall nämlich, dass der elliptische Cylinder in einen 1 & i a Kreiscylinder übergeht, wird der Modulus k = Sen 2sund 6s gehen die elliptischen Funktionen über in hyperbolische; denn für k=4 wird: a ng -! Sn je 78 7.20 hieraus ist: e —e aan re 4 = Ig.hyp. u=tang u; ee Es ist aber auch: z— sn (u, 1), Somit: sn.(u, 1) = tang-u 1 ferner en (u, 1) = — ; cofu } (49) 1 Pr ( ; 1 nn ae dn.(0, U) ige Indem wir diese Werte für sn, cn, dn in den Gleichungen (17) und (18) einsetzen, gehen diese über in: *) Siehe Prof. Dr. G. Huber, Die Kegelfokalen, Bern, 1898. era eu ee — 1283 — oder da wir den Radius des Kreiscylinders mit I bezeichnet haben: x=d-1. fefans u y=d. cofefans u — 21. cofefans 2 u Diese Gleichungen drücken also die rechtwinkligen Coordinaten eines Punktes der Kreiscylinderfokalen in h yperbolischen Funetionen eines Argumentes u aus. Jedem Werte von u entspricht ein und nur ein Kurvenpunkt; die Fokale ist mithin durch diese Gleichungen eindeutig bestimmt. Durch Division der Gleichungen (50) folgt: RER SS R fin u Dies ist die Gleichung eines Strahls durch den Coordinatenursprung 0, der die Fokale in2 zugeordneten Punkten schneidet von den Argumenten u und (ir — u). (50*) 1 : : . i 3 rm stellt in obiger Gleichung (51) den Richtungscoöffizienten des Leitstrahls durch O dar. Setzen wir denselben gleich der trigono- metrischen Tangente eines variablen Winkels «, also: —l2. 0, il fin u so erhalten wir die Coordinaten (x, y) eines Punktes der Kreiscylinder- fokalen ausgedrückt in rationalen Functionen von tri gonomet- rischen Functionen, nämlich: x=d-1sina y=(d-1.sin Has 2 Lassen wir hierin « variieren von 0° bis 360°, so erhalten wir sämtliche Kurvenpunkle. Die Gleichungen (52) gehen für den Fall, dass d = | wird über in: x—=1l(1-+ sin «) (524) y=1!(1-+sinao).iga Rückt O nach € oder wird d = 0, so werden obige Gleichungen: x— 1.51% b y=—=1.50.0.18.0 | 6») und hieraus ergibt sich auf einfache Weise die Polargleichung der Kreiscylinderfokalen d = 0, bezogen auf den Selbst- berührungspunkt als Nullpunkt; nämlich: ?+-yer=?r,snca+!’.sinta.tge oder MET ee (53) Mit Hülfe dieser Polargleichung lassen sich nun Punkte der Fo- kalen construieren; denn aus ihr geht hervor, dass der Radius en AR —- NM — vector eines Kurvenpunktes-direkt proportio- mal ıst der. trıgonometrischen Kandente des Winkels, den derselbe mit der x-Axe bildet. Tragen wir also auf einen beliebigen Leitstrahl durch O seinen Abschnitt auf der Cylindererzeugenden E resp. E‘ ab, so ist dieser Punkt ein Punkt der Fokalen. Die Gleichungen (52) geben uns die rechtwinkligen Coordinaten eines Punktes der Kreiscylinderfokalen bezogen auf O als Ursprung in trigonometrischen Functionen eines variablen Winkels «. o A [64 ; 3 Setzen wir nun in denselben tg a t, wo t einen variablen Parameter bedeutet, so gehen sie über in: 21 ran. u, ald au FI 1— 1: oder alles auf gleichen Nenner gebracht: za+2n +). dw) Et u et (54) ..2(d+ 21-4 di) .t 2 1 — i Es lassen sich also die CGoordinaten sämtlicher Punkte der Kreis- eylinderfokalen darstellen mit Hülfe eines variablen Parameters als rationale algebraische Functionen. Für den Doppelpunkt OÖ ergeben sich die Parameter- werte aus der Gleichung: d+21t +4 di? = 0; nämlich: tw) _ —I+-yVP<@ Se DER d Dieselben sind nur reell fürI>d. Fürl=d, d.h. für den Fall, dass die Büschelaxe den Cylinder tangiert, erhalten wir aus obiger Gleichung nur einen Parameterwert; O ist, was wir schon früher auf andere Weise gefunden haben, unter dieser Voraussetzung ein einfacher Punkt der Fokalen 3. Ordnung. Für die Parameterwerte t, = 0 und ,— > ergeben sich aus Gleichung (54) die Coordinaten des Doppelpunktes C, nd i= +1 entsprechen die unendlich fernen Kurvenpunkte. Durch Division der Gleichungen (54) ergibt sich: Bern. Mitteil, 1894. Nr. 1351: Dies ist die Gleichung eines Leitstrahls durch 0. Derselbe schneidet die Fokale in 2 reellen Punkten, die wir zugeordnete Punkte genannt haben. Jedem dieser Schnitipunkte entspricht ein bestimmter Para- meterwert t. 5 2t Fassen wir in Gleichung (55) den Ausdruck we. als Richtungs- Te coöfflcient des Leitstrahls auf und setzen wir denselben —= m, so er- : ; 2 geben sich aus dieser Gleichung: GT Ebner die Parameterwerte zweier zugeordneter Punkte t, und 1, durch: U ER Mer ii En vi = m? Pr m meproduki: un. Leo — —= constant, stellt eine ellıptische Punkt- oder Strahlınvolutıon “dar von der Potenz — 1. Der Mittelpunkt derselben ist der Parameterwert 0 des Doppelpunktes G; ihm entspricht der Parameterwert © des- selben Punktes. frm=- +/—-i- +1 fallen die sonst verschiedenen Para- melerwerte- zweier zugeordneter Punkte zusammen in -- i resp. — i; y=-tix ist aber die Gleichung der Leitstrahlen durch O nach den imaginären Kreispunkten im Unendlichen; es ist die Gleichung der Strahlen absoluter Richtung; dieselben sind mithin Tangenten der Fokalen in diesen Punkten. Die hier gefundenen Resultate lassen sich kurz in folgendem Satz ausdrücken: 56 zwei zugeordnete Punkte einer Kreis- eylinderfokalen besitzen Parameterwerte, wel- che einer elliptischen Involution-angehören von der Potenz — 1; der Mittelpunkt derselben Est der: Parameter wer:t..02.0%85Do ppelpunktieis2& DieimaginärenDoppelpunkte dieser Involution sind die Parameterwerte derimaginären Kreis- punkte.der Ebene. Wählen wir statt des Doppelpunktes O0, den Punkt C als Ur- sprung des Coordinatensystems, so gehen die Gleichungen (54) über in: ——n CH — 1311 — ie 48 y„—2t.d te) 1— 1! 56 RE) 9 En 1— 1! Es stellt uns dann die Gleichung: En SEE au do) 00 einen Strahl durch GC dar. Jeder solche Strahl schneidet die Kreis- cylinderfokale in 2 Punkten; ihre Parameterwerte ergeben sich aus: d+2K--d=1.m 1 —1); t —1+YVP — (@—? m?) tele: d--Im 5 wo m der Richtungscoöfficient des betreffenden Strahles bedeutet. Diese Schnittpunkte sind jedoch nur reell für 1?(1-+ m?) > d?, also e 1 1) iur m == Ve? — 1’, für den Fall, dass d >|. Wird der Radikant: ?’+?m’—-d=0, so wird , = t,, und der Leitstrahl ist Tangente vom Doppelpunkt C aus an die Fokale. Dies tritt also ein für sie sind: m= + Ye Es können also vom Doppelpunkt GC aus zwei Tangenten an die Kreiscylinderfokale gezogen werden, die symmetrisch liegen zur x-Axe. Diese Tangenten sind jedoch nur reell für d>|, also für den Fall, dass die Büschelkante ausserhalb des Cylinders liegt. Der Ort der Berührungspunkte dieser Tangenten für ein System von Kreiscylinderfokalen, das wir erhalten, indem wir bei constantem Cylinderradius d variieren lassen, ergibt sich aus der auf GC als Ursprung bezogenen Kurvengleichung in rechtwinkligen Coordinaten unter Zuhülfenahme des oben für den Richtungscoöflizi- enten der Tangenten gefundenen Ausdrucks. Es war diese Gleichung der Fokalen in rechtwinkligen Coordi- nalen (pag. 121): x? .(@ ++ y9) —ly?=0. Es sei ferner: y' = mx‘ die Gleichung einer im Coordinaten- ürsprung an die Kurve gezogenen Tangente, deren Richtungscoöffizient gegeben ist durch: — 12 — n—+ . Ve®—7; dann erhalten wir aus obigen Gleichungen die Coordinaten des Be- rührungspunktes der Tangente als: vo —_ . 1--m? 17.089 a a m Führen wir hierin für m die obige Bedingungsgleichung ein und eliminieren den constanten Abstand d, so erhalten wir als Ort der Be- rührungspunkte sämtlicher durch C gehender Tangenten eines Fokal- systems den Kreis; ya]... Dies ist ein Kreis um den Doppelpunkt G mit Radius = 1 = dem Radius des Cylinders; derselbe berührt also die Cylindererzeugenden E und E’ in den Punkten A und A’, Da die beiden von C aus an die Fokale gehenden Tangenten symmetrisch sind zur x-Axe, so liegen ihre Berührungspunkte auch auf einem Kreis um O0, welcher die Kurve in denselben berührt; denn: Ein Kreis mit Radius r um OÖ und unsere Kreiscylinderfokale be- zogen auf O als Ursprung haben die Gleichungen: 221 PieTl, RN. Nr; @ Eliminieren wir aus diesen Gleichungen y?, so erhalten wir eine Gleichung in x?, welche nach x aufgelöst die Abscissen der Schnitt- punkte von Kreis und Fokale liefert. Die Gleichung in x? laulet: (?+29).2—2d.2.x+(®—-%),r 0. (b) Soll nun obiger Kreis die Kurve berrühren, so müssen die beiden Wurzeln dieser Gleichung (b) zusammenfallen, und hiefür ist die Be- dingung: +9). —-9).? — dr=0. Dieses Polynom zerfällt in 2 Faktoren: re (e) und 2. ? +9). —- — dr’=0 Die Lösung r?— 0 bezieht sich auf den isolierten Doppelpunkt 0 und kommt hier nicht in Betracht. T | | — 13 — Aus dem 2. Faktor ergibt sich: er; (A) Aus Gleichung (b) wird die Abcisse der Berührungspunkte: ann m da aber nach (d): ? + 2 = d#, so ist: Deren, (60) Big 8 BED da. Der um O beschriebene Kreis, welcher durch die Berührungspunkte dervonCGandieFokaled>I| gelegten Tangenten geht, schneidet in diesen Punk- ten den Kreis um den Doppelpunkt C mit Radius] orthogonal; dabei berührt er auch die Kurve in diesen Punkten. Für die Specialkurven d = | (Strophoide) und d= 0 gehen die Gleichungen (54) über in die folgenden: 21 F 21.1 +0: 1 20 N irre 4112 (62) 2rgarp Bezeichnen wir auch hier die zwei auf einem Leitstrahl durch den Coordinatenursprung O liegenden Kurvenpunkte als zugeordnet, 50. gelten im Specialfallad —1,. nach Gleichung (61),. für ihre Radien vectoren ‚und. für. ihre rechtwinkligen Coordinaten dieselben Gesetze wie bei der entsprechenden Fokalen des ellip- tischen Cylinders (pag. 113). Transformieren wir die Gleichungen (54), (61) und (62) auf den Doppelpunkt € als Coordinatenursprung, so lauten dieselben: s2alt dr des>-d: = — na (63°) ae 2 td. a Fuer e — 134 — 21 el = —_ ar (639) ee Tas 4 AT) ah ee en, 1-+1 (63°) Re ie ee Diese Gleichungen zeigen, dass de Abcissex für sämt- liche Fokalen eines Systems mit variablem d, aber constantem Parameter t dieselbe ist. Es entsprechen aber jedem Werte von x zwei Werte von ih die sich aus obigen Gleichungen für die Abcisse ergeben als: ba. BENESE, rer x i Diese Parameterwerte sind nur reell für 1>x, d. h. für den Fall, dass die zugehörigen Punkte der Fokalen sich innerhalb den Erzeugenden E und E’ befinden, mithin selber reell sind. Das Produkt der Parameterwerte aus obiger Gleichung ist: h.b=1l= constant, 0..h.: Jede Ordinate zwischen den Cylindererzeugen- den E und E’schneidet sämtliche Fokalen eines Kreiscylinders in Punktepaaren, deren Para- meterwertebezogenaufden Doppelpunkt C die- selben sind, und es bilden diese Parameter- werverrallör Ordinaten ein hyperbolisches Punktsystem von der Potenz = + 1. ‚Der’Mit- telpunkt dieser Involution wird repräsentiert durch den Parameterwertt, = O des Punktes G; diesem entsprichtalsunendlich fernes Element der andere Parameterwert , = © desselben Punktes; die Doppelelemente sind die Para- meter der unendlich fernen Kurvenpunkte, Wendepunkte der Kreiscylinderfokalen. Lassen wir in der Wendepunktsgleichung (27) pag. 116 den Modulus k in 1 übergehen, so erhalten wir eine Gleich- ung inhyperbolischen Functionen, die uns die 6 Wende- punkte der Kreiscylinderfokalen liefert, sn “ — 15 — Es wird also (27) fürk = 1: 1 1 1 4 et Sn en tang Ye rn IT, I cof’u oder taig u. l:eo u+83d.of ul =P0;.... (64) Diese Gleichung zerfällt also in die beiden: Beam u —0 ee ) und 24 er | we) Der 1. Faktor liefert die zwei im unendlich fernen Doppelpunkt der Kurve liegenden Wendepunkte; denn diese Gleichung ist erfüllt für u=0 und u=i, für welche Werte sich aus Gleichung (50) die rechtwinkligen Coordinaten: x d-+-1| und X d— | Er ergeben; der unendlich ferne y=%5 y oo II Doppelpunkt ist mithin auch für die Kreiscylinderfokalen doppelter Inflexionsknoten. Die übrigen 4 Wendepunkte der Kreiscylinderfokalen sind gegeben durch den 2. Faktor der Wendepunktsgleichung (64): 2lcofut3dofutrl=t; Nach cof u aufgelöst, erhalten wir: — 3d + VY94 — 81? 41 Jedem Werte für d entsprechen aus dieser Gleichung im allgemeinen zwei Werte für cojf u und jeder dieser ‘Werte cof u liefert nach Gleichung (50) die rechtwinkligen Coordinaten zweier Wendepunkte, die symmetrisch liegen zur x-Axe, also gleiche Abscisse und entgegen- Cru —— : 1 i & 2 5, gesetzt gleiche Ordinaten besitzen. Nur für den Fall d=-+ 3 1 ‚y2 fallen die beiden Werte von cojfu aus obiger Gleichung zusammen in A ES v2, und wir erhalten nur 2 symmetrisch zur x-Axe gelegene Wendepunkte, deren Coordinaten aber imaginär sind. Die rechtwinkligen Coordinaten der 4 Wendepunkte ergeben Sich aus Gleichungen (50) als: 41? ae ER 2 3d+yV9@®—8] (66) (a4 er = —3d+y9@—8 ;) 4/1830 — 24° 34.90 — 81? SEES? here ee © — 16 — Ist d << 1, d. h., schneidet die Büschelkante den Cylinder, so erhalten wir aus obigen Gleichungen 4 imaginäre Wendepunkte, und zwar werden fürIl>d> = 1./2 die Ordinaten und für d < - ıv2a die Abscissen derselben imaginär. Hat d den speciellen Wert: 5 iv, so fallen, wie schon oben gefunden, die beiden imaginären Wende- punktspaare in eines zusammen mit den Coordinaten: N 2 1 1 er, gut 8 2 Teer a) Für d = 0 sind die Coordinaten der Wendepunkte: 2 he = 1V3 AR 3 y=—liy2; 9 of N AV, und == 1liV2; 9 ; Y=—z1V8 sie liegen also central-symmetrisch zum Ursprung 0 = (. Tangiert die Büschelaxe den Cylinder oder wird d=1, so liegen 2 Wendepunkte im Punkte 0 = A vereinigt, und dieser ist ein ge- wöhnlicher Punkt der Fokale 3. Ordnung. Die beiden andern Wende- punkte sind wieder imaginär und haben die Coordinaten: | N = ki e; Be, Lassen wir endlich d > 1 werden, so wird in der nach cofu aufgelösten Gleichung auf voriger Seite nur für das negative Zeichen der Wurzel cof u absolut > 1; dies ist aber die Bedingung dafür, dass die aus den Gleichungen (50) sich ergebenden Coordinaten (x, y) eines Punktes der Fokalen d > I reell ausfallen. ne —— wo — — — 27 — Es besitzt also die Kreiscylinderfokale d>1 zwei reelle, symmetrisch zur x-Axe gelegene Wendepunkte, deren Coordinaten wir erhalten, indem wir in den Gleichungen (66) nur das negative Zeichen der Wurzel berücksichtigen; also: 2 N En 2 pe 41 _—-d+Y9@—81 sd VIR Er 2 (67) gl eV Hader 87 41 2 +yısa—24°--3ay9d®—eR = + /2 er -3@ + aya@—3R) Die beiden andern Wendepunkte sind imaginär; ihre Coor- dinaten ergeben sich aus den Gleichungen (66) für das positive Wurzelvorzeichen des Ausdrucks für cof u. Beziehen wir in obigen Gleichungen (67) die Coordinaten der reellen Wendepunkte statt auf O auf C als Ursprung, so gehen die- selben über in: RR oa _g2 a an d-+ 9a Ju (68) = y= + /ger 30 Ha /da Bm, Betrachten wir hierin d, den Abstand der Büschelaxe vom Doppelpunkt C, als variabel und eliminieren denselben aus diesen Aus- drücken für x‘ und y‘, so erhalten wir eine Gleichung, welche uns den Ort der im Endlichen liegenden, reellen Wende- punkte eines Systems von Fokalen, für die d > 1 ist, darstellt. Wir erhalten als Ortskurve dieser reellen Wendepunkte eine Ellipse von der Gleichung: x? ir (69) 5 (Blatt IL; Fig. 7;) rg 21 3) Um einen Wert für dn Krümmungsradius der Kreis- tylinderfokalen zu bekommen, können wir die auf pag. 114, Gl. 20 Citierte Formel für g anwenden auf unsere in Parameterform gegebene Kurvengleichung (54). Die in dieser Weise sich ergebenden Aus- drücke werden aber sehr complicierte, und es ist daher vorzuziehen, Bern. Mitteil. 1894. Nr. 18582. — 138 — mit Hülfe der Polargleichung unserer Kurve deren Krüm- mung zu bestimmen.*) Dies ausgeführt, ergibt: [e+@ + 2asnpgd tus) +R.sintp. og)” N l.costo.(21-+83d.sing-+1sin? p) —;(70) Erteilen wir hierin & die Werte 0 und r, so erhalten wir die Krümmungsradien der beiden im Doppelpunkt C sich schneidenden Kurvenäste und zwar wird in beiden Fällen: Ve 2 3/2 Ne Gh 7 ,‚ was aussagt,; dass beide im Doppelpunkt C sich schneidenden Äste in diesem Punkte dieselbe Krümmung haben. Für die Specialkurven d = I und d = 0 nimmt og.) die Werte an: — 1 1. del: oo =1.Y3; 2. deln 2 Quadratur von Segmenten der Kreiscylinderfokalen. Ein durch den Doppelpunkt 0 gehender Strahl (Fig. 14) treffe die Cylindererzeugenden E und E’ in den Punkten U und V und die Fokale in F und G. Dann ist: 1 2 Sector OUG — 77 dd, % Da aber: a Be (Polargleichung), cos @ 5 L so wird: ft | nr ee Eaged D Sector O0G = d--1sin 9)*. Bas 5 (71) en pet 2 ut und secior OGE — fü lsin o)*. 08° Hieraus wird durch Subtraktion; P Segment ra.” | - | 0 *) Siehe Prof. G. Huber, die Kegelfokalen, 8. 49. u | en rer Indem wir die Grenzen einsetzen, bekommen wir: Segment FCG = 2d.] | Ai ie, ER. ZRIR (72) cosp Bezeichnen wir den Schnittpunkt des Leitstrahls OUG mit der Cylinderaxe mit J, sis: 0= = —, Of cos o und [BL — d —d; cos d Da aber nach Gleichung (72): Fläche FÜG = 21 I,- , so können wir den Inhalt derselben angeben durch ein Rechteck, dessen eine Seite = 21 = dem Durchmesser des Cylinders ist und i i d dessen andere Seite uns durch die Strecke CT = 0089 — d dar- gestellt wird. Tragen wir daher diese letztere Entfernung nach unten oder oben von C aus auf die Cylinderaxe ab und ziehen durch den Endpunkt S eine Parallele zur x-Axe, so ist: Eläche PBo@t— AABB, Uell., gleich dem Inhalt des Rechtecks gebildet vonden Cylindererzeugenden E und E’ einerseits und der x-Axe und derzuihrim Abstandelcca — d Paral- ) lelen andrerseits. Für den Fall, dass d den speciellen Wert O0 annimmt, lautet die Polargleichung der Fokalen, wie früher gefunden: r=1.189; r bedeutet dabei die Länge eines Halbstrahls von O=C aus, welcher mit der x-Axe einen Winkel & bildet. Es ergibt sich dann als Inhalt des von diesem Halbstrahl r und der Kurve (d — 0) eingeschlossenen Flächenstücks: Fläche OMP ENT PREREETT TTRR TET — 140 — Da diese Fokale central-symmetrisch ist, so schliesst der nach der negativen Seite verlängerte Strahl r mit der Kurve ein gleich grosses Flächenstück ein, und wir haben daher, wenn wir mit J die Summe der Inhalte der beiden Knrvensegmente bezeichnen: Ferner ist: Segment OMPGA’ = 40A'G — Sektor OMP; 2 da-aber; 70AG = 2 so wird: je > Flächenstück OMPGA’ — _—r— — (pP -)= 5.9; und für o = = erhalten wir, indem wir den Inhalt des unendlich langen Flächenstreifens zwischen der Kurve, der Asymptote A’ und der x-Axe mit S bezeichnen: 7U S=P.—; 4 ’ Die Kurve (d = 0) schliesst aber mit den beiden Erzeugenden E und E’, welche zugleich Asymtoten sind, 4 solcher unendlich langer Flächenstreifen ein, deren Inhalte einander gleich sind. Es beträgt also die Summe aller 4: Sl vordere (43)3d.chg Die von der Kreiscylinderfokalen (d = 0) und den Asymptoten eingeschlossenen unendlich langen Flächenstreifen haben einen endlichen Inhalt; ihre Summe ist gleich dem Inhalt des Kreises mit Radius I des Gyianders. Aus der Figur 14 geht weiter hervor: ri? d— 1% Es ist: Fläche ort er 2 cos“ & 0] Daaäaber: 7 — ER so wird: 08 DR re. —Isinp? — (d—I}" _2d .1.1—sinie) —1?. sin’o cos? @ c08’ 9. , cos? o a I dl si 1-+-sing cos (45°— 2) ; 2 Setzen wir diesen Wert unter dem Integral ein, so ist: . RES : di EEE in. A — 141 — p (45° — 8) Ina von rich arme | I 5 0.2. 2:608° (4° — 8) 2 P X f) P 15 - 0 Nun ist: nt p a o 1—1g E 21g h 2sin h (Ad—1g ner >= = 1418, 141g, sinf |, +oosP), ee vr. sin |2 sin (2° +9) | Also wird dann: x d.1y2 sin”, u Fläche Sale mega EEE wu? (76°) sin (+5°-44,) ı Setzen wir endlich in Gleichung (76) eine trigonometrische Funktion des ganzen Winkels ein, also: % 1— sin tg. [4 9 er s(# 2 cos p so geht sie über in: 5 En 1 1 2 b Lach. AGEU, — NEL — 1) 51 .9 (16°) Diese Formel gibt mit Berücksichtigung der Ausdrücke (71) folgende Construktion des Inhalts des Flächen- SIUCK6S-ACGHU, (Kis: 1.) Es ist also: Fläche ACFU — Rechteck HIKL — Kreissector ACS; Vorteilhafter als diese Gleichung ist die Formel für den Inhalt des Flächenstückes ACFU, welche uns gegeben wird durch Construktion vom Ausdruck (76). (Fig. 16.) Derselbe war: 1: ER 12.20, Fläche AGFU = dl I ig (9) = Dies construiert, ergibt die Gleichung: — 142 — Ynhalt von Fläche AGCGFU = Rechteck DEGH — Kreissectors A'GCS; Die letztere Construction, sowie auch die Gleichungen (76) oder (76°) lassen sich auf den Grenzfallausdehnen, wo —= = wird, und es rückt für diesen Wert von oder Kurvenpunkt F ins Unendliche. TU 9 . als unendlich langer Flächenstreifen Aus den Gleichungen (76) oder (76°) ergibt sich für = 2 FlächeF = dl — zwischen der Kurve, der Erzeugenden E und der x-Axe, und hieraus folgt durch Construction: (Fig. 17.) Unendl. langer Flächenstreifen F = Fläche AOKLM, de Es Wesitzt auch bei der Fo kanken.ld A) der aneondlich: lange Frächenstreiten, hbedrenzit von der Erzeugenden E, der x=-Axe .und-der Kurve einen endlichen: Inhalt gieich en Rjachbenstuck AUREM, Slerch.dem Kechrerck OKLEC vermindert. um den Kreissector GAL. Betrachten wir in Fig. 14 den Flächenstreifen CAVG in analoger Weise, so ergibt sich für ihren Inhalt der Ausdruck : 2 SIND, Inhaltvon CA\NG= [ u ee. vl . dp; : 2 cos? o ) Da nun aber (d ei 1, = (d-+-1. 302) _ 2dl(l — sing) EB: cos? go cos? o cos?o so sehen wir, dass sich dieser Integrant von demjenigen, den wir bei der Quadratur der Fläche ACFU erhielten, nur durch das Vorzeichen des Gliedes 1? unterscheidet, Es ergibt sich also: Inhalt v. Fläche GA/VYG — Inhalt v. Fläche: ACFU— 1% (77) und ferner: Fläche (CAVG) —= dit Be (1 — 9) % Se 9 — —— er Bf A h: | N — 143 — E 7C : Gehen wir zur Grenze über und seizen 2 = 7, 50 wird: Fiat a ‚d.h.: Der von: der »Rrzeugen.den Bi, dersx Axre und dem Kuürvenast@&Ges eingeschlLossene, unend- lich lange Flächenstreifen hat ebenfalls einen endlichen Inhalt, und zwaristderselbe gleich dem auf voriger Seite gezeichneten Rechteck OCLK vermehrt um den Kreissector GLA Addieren wir die Inhalte aller 4 von den Erzeugenden und der Fokalen eingeschlossenen Flächenstücke, so ergibt sich, es ist: N (#15) 02.0. Die Kreiscylinderfokale (d >) schliesst mit ihren -ASymp roten zwei, unendlich lange Filächenstreifen ein.‚derensumme gbeıch ıst lem Inhalt eines Rechtecks von den werten 24.um.de 2; Subtrahieren wir diese beiden zwischen der Fokalen (d > I) und den beiden Cylinderzeugenden E und E’ liegenden unendlich langen Flächenstreifen 2 F’ und 2F, so wird ihre Differenz: De (78°) da diese Differenz von d unabhängig ist, so folgt der Satz: Die Differenz der Flächeninhalte der beiden unendlich langen Streifen zwischen der Fo- kalen und den zugehörigen Asymptoten ist eonstart: ftir Sm Hr Ri Eagle rchüem InhalteinesKreises vomRadius.des Cylinders und gleich dem Inhalt der entsprechenden unendlich, fangen Plachenstrerten der 10 Blend Ist d < 1, also O ein Knotenpunkt, so lautet die Polargleichung der Fokalen ebenfalls: d-+F1.sin® cos Die Tangenten im Doppelpunkt O haben die Richtungswinkel: i Be) ee ne ee De j | - I: u — 144 — or earbasın 1=-r 90 Für Werte von & zwischen — go und - stellt die Gleichung: d-- 1sing n= erg, den rechts von O liegenden Teil des obern Astes c08 d— sin o Fig, : ich = (Fig. 9) dar, der Gleichung r 108 9 aber entspricht der links von O gelegene Teil des obern Astes für y zwischen n: und 7T — 00. Es ist nun der Inhalt des Segmentes OLC, welches begrenzt wird von dem Kurvenbogen OLC und der x-Axe und welches gleich ist der Hälfte des Segmentes OLCKO, eingeschlossen von den beiden zwischen den Doppelpunkten O und € liegenden Kurvenbogen: l) 0 sin. -1 N. a . Fl Ds: -[4 (d ER ta ma FrT = Setzt man die Grenzen 0 und — 9,—= — arcsin ne Si 0, — =: ein, so ergibt sich: S er 1 A —d dl? 12 er 7 F 7 P 1; es wächst also der Inhalt desselben proportional mit d, d. h., mit der Ent- fernung der Büschelkante vom Doppelpunkt C. Für d = 1(Strophoide) wird: 2F=2” +1? - —iu E -I- = ) Für d = 0 wird: 2F = welch letztere Gleichung ibereinstimmt mit der früher gefundenen Gleichung 75. Der Inhalt des links der y-Axe oberhalb der x-Axe gelegenen Sectors ONFO der Kurve wird: 2 p i — | Sector (ONF) ee) = [ Ka, do B— 2: ee Eu a ze do 12 P Se d.i 124 1e =|5; @+19).18@ mas] | E c0s@ 2 ir Die Grenzen eingesetzt, erhalten wir: ; a ya Sector (ONF) = + ee a 7 P +5 ra? -—- 3 arc sin u ne u ee (83) Ferner wird der Inhalt des Flächenstreifens OAUF oberhalb der x-Axe zwischen der Kurve und der Erzeugenden E: Fläche (OAUF) —= Dreieck OAU — Sector ONF 1 d.] 1 = 09 BP 5 ?+0).8y + 0088 + eh d RT: e ee d tg .YVPE—d— 5 arcsin 7 ) ib: d TERERTE a . d = —1ld.tgp+ 2, iz mE A —, arcsing oder 13 da 1 En. Fläche OAUF=1d.1g (z = e) 3975 ve—a? za sin 7 (84) Für = = erhält man den unendlich langen Flächenstreifen oberhalb der x-Axe zwischen Kurve und Asymptote A; es wird also: — MT = US —_ 5 are sin I somit der Inhalt u ganzen ee En sich nach beiden Seiten der Asymptote A zwischen dieser und der Kurve ins Unendliche erstreckt: Dur Zt. yr= SR 1° .aresin © - . (85) welcher Ausdruck sich leicht geometrisch darstellen lässt. Kuga == E wir 9. = 0= und Frd—=0 » 2PF—=1?.-, wie schon gefunden. 2 ’ Aus den Gleichungen (79), (82) und (85) folgt ferner: Sad el HA; 05 eo (86) 0.20 Das zwischen den Doppelpunkten 0 und G liegende Doppelsegment vermehrt um den Unendlıch langen, Rlächenstreiten längs der Erzeugenden E und vermindert um den unend- Pr6ch- Janvgen-KRlächenstreriren Laonos der Br en genden.-.E hal. gleichen. Inhalt: mit: einem Rechteck von den Seiten 2l und 2d undist gleichderSummederbeiden unendlich langen Flächenstreifen 2F' und 2F der Fokalend>]| (Gleichung 78). Ferner folgt aus den auf voriger Seite citirten Gleichungen: 22 Se ze (87) d. h.: Die Summe der beiden zwischen den Asymptoten und den entsprechenden Kurven- ästen liegenden unendlich langen Flächen- Streifen vermindert um das zwischen den Doppelpunkten O und € gelegene Doppelseg- Eren td en 0. db st. 005130 Tur.: ale Fokalen des Systems (d I anwenden auf diesen A Mae age, | ‚ee h | — 148 — Specialfall. Es gibt uns dann dieses so gefundene Resultat eine Kon- trolle für die Richtigkeit obiger Sätze. Wenden wir also die früher gefundenen Flächengleichungen (76) an auf den Specialfall(d = ]); (Strophoide), so wird: (Fig. 8.) Sector: ACF = Ri- ig (4° -3 e)) = 5 lo Fläche: CAY\G=P. 1% (1° — g)) + 5 2 op und diese Resultate lassen sich analog den frühern konstruiren. (Fig. 8.) Eür 0. — 90% wird. ins terel 4 Streifen — 1 + u daher: Ganze Schleife + Streifen F= 41; ..... (88) am. Die Summe der ’mnhamter von. Schleifen und unendlich langem Flächenstreifen, der von der Strophoöide und der Gylindererzeugenden‘‘'E (Asymptote) eingeschlossen wird,ist gleichdem Quadrat uber dem Durchmesser des Gylrindiers.”) Mit Ausnahme der Strophoide führt die Rektifikation unserer Kurven auf elliptische Integrale, und wir erhalten des- halb hier Keine einfachen Beziehungen. Schlussbemerkung. Über die Fokalen des elliptischen Cylinders, sowie über den allgemeinen Falld> 1 und die Specialkurve d = 0 des Kreiscylinders habe ich mit Ausnahme einer jüngst erschienenen Arbeit von Herrn Prof. Huber über «Die Kegelfokalen» in der vorhandenen Litteratur nichts finden können. Dagegen die Strophoide (specielle Kreiscylinder- fokale d = |) ist in zahlreichen Arbeiten behandelt worden, und es dürfte daher der Umstand, dass diese letztere ein Specialfall einer Klasse von Kurven ist, welche in vielen Eigenschaften mit ihr über- #) $. Günther hat in seiner schon früher erwähnten Schrift über «Die logocyklische Kurve» diese Beziehung mit Hülfe ‚von hyperbolischen Funktionen gefunden, — 149 — einstimmen, einiges Interesse bieten. Ob vielleicht die hier behandelten Cylinderfokalen für die Weiterentwicklung der Bessel’schen Funktionen von Wert sind, das muss die Untersuchung lehren. Eigentümlich ist immerhin, dass bei einigen Integralformen dieser Funktionen Wege in Betracht kommen, welche Ähnlichkeit haben mit den hier be- handelten Fokalen des Cylinders. Von der über die Strophoide vorhandenen Litteratur sind neben der bereits in der Arbeit angeführten Schriften noch folgende zu nennen: 1. H. Durege. Über die Kurve 3. Ordnung, welche den geo- metrischen Ort der Brennpunkte einer Kegelschnittschar bildet. Glebsch Annal. V 83—95. 2. St. Gervais. FEiude g&eometrique sur la unoide et de la stro- phoide. Mathesis X 9—14. 3. W. W. Johnson. The strophoids, Sylv. Ann. J. II. 320—355. 4. E. Barnes. A note on the strophoids; J. Hopkins cire. N. 145, 5. P. Mansion. Longueur de la boucle de la logocyclique ou strophoide. Mathesis, VI. 108—110. 6. €. Moser. Über Gebilde, welche durch Fixation einer sphärischen Kurve und Fortbewegimg des Projektionscentrums entstehen ; Inaugural-Dissertation, vorgelegt der phil. Fakultät Bern, 1887. Weitere Litteraturangabe siehe: $S. Günther, Parabolische Loga- rithmen und parabolische Trigonometrie, Seite 58. Bern, 20..Juni 1893. Mit Vergnügen benutze ich die hier sich bietende Gelegenheit, um dem Direktor des physikalischen Instituts, Herrn Prof. Dr. Forster, ebenso wie den Herren Prof. Dr. Huber, Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Sidler und Privatdocent Dr. Moser meinen herzlichsten Dank für das mir während meiner Studienzeit stets entgegengebrachte Wohl- wollen auszusprechen. a. E. Baumberger. Über die geologischen Verhältnisse am linken Ufer des Bielersees. Orographischer Überblick. Das Hauptgewölbe zwischen dem Thal des Bielersees (438 m über Meer) und dem St. Immerthal (St. Immer 800 m) ist der Chasseral (1609 m). Südlich sind demselben drei kleinere Falten vorgelagert: der Spitzenberg (1350 m), die Seekette (Twannberg 874 m, Studmatten 1080 m) und das kleine Kapfgewölbe (670 m). Der Spitzenberg beginnt bei Nods, erreicht schnell eine bedeutende Höhe und verflacht sich östlich in das Thälchen von Orvin (700 m). Die Seekette zieht sich dem See entlang und verliert sich bei Grenchen. Dieser Falte gehören an die Twannbachschlucht und die Taubenloch- schlucht. Das Kleine Kapfgewölbe beginnt bei Twann, nähert sich in einem spitzen Winkel der Seekette, um sich oberhalb Alferm&e mit derselben zu vereinigen. Zwischen dem Kapfgewölbe und der See- kette liegt das fruchtbare Thälchen von Gaicht (650). Von hier ge- langt man durch das enge, steile Crosthälchen in das Rebgelände von Twann. Im Engpass des Jorat treten Seekette und Spitzenberg sehr nahe zusammen. Das Plateau von Diesse (800 m) und östlicher das Thälchen von Orvin, welche durch den Jorat mit einander in Kommu- nikation stehen, trennen die Seekeite vom Spitzenberg und Chasseral. Orientierung über die geologischen Stufen des Gebietes. Die auf dem Rücken und an den Flügeln der früher genannten Gewölbe zu Tage tretenden Gesteine sind hellgefärbte Kalke der Jüngsten Jurastufen. An den Flanken der zwei südlichen Falten, also am Kapfgewölbe und der Seekette, finden wir die Kreide entwickelt. Dem ganzen See entlang fällt die obere Grenze der Rebenkultur fast — 151 — überall zusammen mit der Scheidelinie zwischen Jura- und Kreide- gestein. Durch die untere Süsswassermolasse, welche zwischen Tüsch- erz und Wingreis sich über der Kreide findet, sind auch die Bildungen der Tertiärzeit repräsentiert. In einer späteren Epoche hat der Rhone- gletscher das ganze Gebiet der zwei südlichen Gewölbe reichlich mit Geschiebematerial bedacht. Ein theoretisches Profil bietet folgende Formationen : I. Alluvium I. Diluvium III. Molasse Cenomanien IV. Kreide | Hauterivien | ‚Valangien V. Purbeck VI. Oberer Jura (Portlandien und Kimmeridgien). Wir finden also recente, glaciale, tertiäre, cretaceische und juras- sische Bildungen. Da in der vorliegenden kleinen Arbeit hauptsächlich Kreide und Purbeck berücksichtigt werden, so folgt nur über diese zwei Stufen ein allgemeiner Überblick. Die übrigen Formationen fallen nur insoweit in Betracht, als es sich um Mitteilung von einigen lokalen Beobachtungen handelt. Bemerkungen über alluviale Bildungen. 1) Dazu gehören die sog. Strandböden, welche den untersten Teil des Rebgebietes bilden und ein Aufschwemmungsprodukt des Sees darstellen. Die Erde ist sehr fruchtbar infolge der Anhäufung organischen Materials. Während die Dörfer Alfermee und Tüscherz auf solide Kreidefelsen gebaut sind, ruhen Twann, Bipschal und Liegerz auf angeschwemmtem Boden von unbekannter Mächtigkeit und variabler Komposition. Ohne Zweifel ist derselbe den Schichtenköpfen der steil gegen den See fallenden Neocomsedimente aufgelagert. Auf der Nordseite der obern Häuserreihe in Twann gibt es mehrere Sodbrunnen bis zu einer Tiefe von 10—12 m. Man hat eckige Kalkblöcke und Kies, in eine graue, kalkreiche Masse einge- bettet, ausgehoben bis in genannte Tiefe, ohne die felsige Unterlage zu erreichen. Ks sind dies offenbar Schuttanhäufungen, deren Material den höher gelegenen, durch die Verwitterung stark in Angriff ge- nommenen Partien der Juragewölbe entstammt. Klein-Twann ruht ohne — 152 — Zweifel auf einem alten Geschiebekegel, dessen Material aus der Srosionsrinne des Twannbachs dem See zugeführt und das infolge ein- geiretener Senkung des Seeniveaus trocken gelegt worden ist. Der mittlere Teil des Dorfes (sog. Moos) ruht auf torfigem Untergrunde, in welchem, nach verschiedenen Mitteilungen, bei Erdarbeiten Artefakten, Knochen und Überreste einer Pfahlbaustation zum Vorschein kamen. Bei Bipschal finden sich bis auf eine Tiefe von 2 m abwechslungs- weise Sand- und Kieslager. 2) In die Kategorie der recenten Bildungen gehören die Tropf- stein- uud Tuffgebilde der Twannbachschlucht. Erstere finden sich im Hohliloch ob Twann, im Wasserhohliloch am Eingang zur Schlucht und hier noch in mehreren Höhlen und Kammern, in denen beständig kohlensäurehaltiges Wasser, das den Kalkstein in Solution enthält, niederträufelt. In der Schlucht sind längst vom Wasser verlassene Galerien im Portlandkalk von tuffartigem Material ausgefüllt; leicht erkennt man darin ein Schwemmprodukt, das sich in der Hauptsache als kalkreichen Gletscherlehm, aus dem Moränenschutt des Dessen- berges stammend, erweisen dürfte. Dieses Füllungsmaterial lieferte die Hälfte einer Fimbria, die der Bach dem Nordflügel der Kreide entführt. 3) In der tiefsten Partie der Dessenbergmulde hat die Stagnation des Oberflächenwassers die Bildung eines Torfmoores veranlasst. Die wasserundurchlässige Schicht ist ein grauer Gletscherlehm, der hie und da Gneiss- und Granitblöcke (Mont Blanc-Granit) enthält. Die Bil- dung dieser Unterlage ist jedenfalls durch das Ausschlämmen des auch an den Thalseiten mächtigen Moränenmaterials zu erklären. Das Torf- moor ist ein Wasserreservoir, das in seinem östlichen Teile den Twannbach speist, Glaciale Ablagerungen. Das Material, das der Rhonegletscher bei seinem letzten Vor- rücken und Abschmelzen zurückliess, wird als neoglaciale (jungglaciale) Bildung bezeichnet. Das Gebiet, in dem diese Ablagerungen sich vor- finden, heisst Gebiet oder Zone der inneren Moränen. Nach Du Pas- quier' hat der östliche Arm des Rhonegleischers bei dem letzten Vorrücken die erste Jurakette nicht überstiegen. Die innere Moränen- „one ist in unserem Gebiet nach Norden begrenzt durch den Chasseral. — 13 — Bezeichnend für die jungglacialen Ablagerungen sind die Mont Blane- Granite, die Eklogite, die Euphotide, die Diorite, Serpentine (Rollier?, Mat. Pag. 161). Der Rhonegleischer hat an der Zubereitung der Oberflächen- schicht wesentlich Anteil genommen. Wo das Gletschermaterial nicht eine mächtige Decke bildet, wie in der Mulde von Diesse und Orvin und im Gaichterthälchen, hat es sich wenigstens in hohem Maasse mit dem Untergrund gemischt. So treffen wir im Rebberg die Haute- rivemergel in Mischung mit dem fruchtbaren Gletscherschutt. Auf dem Gewölberücken und an den steilen Flanken sind Gletscherlehm und feineres Geschiebematerial verschwunden; wir finden nur noch grössere Geschiebe und Blöcke (Findlinge); im Rebgebiet haben die- selben zum Bau von Rebmauern Verwendung gefunden, so dass man mancherorts in denselben eine ganze Serie alpiner Gesteine findet und studieren kann. Aber auch mancher schöne erratische Block der Waldzone ist verschwunden und zu Fundamentquadern oder Treppen- stufen verarbeitet worden. Unter die Massengesteine mischen sich hie und da auch interessante alpine Sedimente. Aus der Gegend ob Twann stammt ein Stück Karbonschiefer mit Farnabdrücken; bei Lignieres fand sich ein Gaultblock mit Ammoniten und Bivalven. Nicht selten sind Bergkrystalle, die aber ohne Ausnahme mehr oder weniger zer- drückt und zertrümmert worden sind. Die alpinen Gesteine unserer neoglacialen Ablagerungen treten als eckige Blöcke, mehr aber noch in der Form von Geschieben auf. Auf dem Dessenberg und im Thäl- chen von Orvin mischt sich unter die alpinen Gesteine reichlich ju- rassisches Material, an einzelnen Stellen in solchem Maasse, dass die Jurakalke vorherrschen. Kleine Blöcke mit Nerineen (Kimmeridgien), (Nerinea suprajurensis. Landeron), dann verschiedene Fossilien der obern Jurastufen (Natica athleta, Rhynchonella corallina) sind mit dem Gletschermaterial aus westlichen Gebieten hieher transportiert worden. Auf dem Nordflügel der Seekette kann man deutlich beobachten, dass das neoglaciale Moränenmaterial verschwemmt worden ist. An meh- reren Stellen zeigt sich eine allerdings unregelmässige Schichlung: es wechseln Geschiebezonen mit Schmitzen von sandigem Lehm. Bei Preles und Les Esserts (hinter dem Twannberg) werden Aufschlüsse in diesem Terrain ausgebeutet, um Sand und Kies zu gewinnen. 1) Tüscherz. Auf dem kleinen Plateau oberhalb des Dorfes ist die Purbeck-Depression mit Gletschermaterial ausgefüllt; in der Nähe des Friedhofes hat man Sand und Kies ausgebeutet; unter der etwa Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1854. | | — 14 — 1 m mächtigen Öberflächenschicht, in welcher gar keine Geschiebe auftreten, folgen dicke Sandschmitzen, welche durch dünne Kiesbänke geschieden werden. Die Tiefe der Grube beträgt 3 m. Etwas west- licher, in der obern Partie des Purbeckaufschlusses, findet sich ein Querschnitt durch dieses Terrain (vide Purbeckprofil). Mit den eckigen Blöcken (Mont Blanc-Granit) mischen sich auch Geschiebe (Gabbro, Quarzite). Es treten auch Sandschmitzen auf. Um die Karte nicht mit Details zu überladen, ist diese Ablagerung nicht eingezeichnet worden. 2) Tüscherzbery (Gaichterboden). Das hier auf dem obern Port- landien ruhende Gletschermaterial ist ausgezeichnet durch zahlreiche erratische Blöcke. Grössere Findlinge sind zwischen dem oben er- wähnten Plateau, am Wege gegen den Tüscherzberg. 3) Gaicht. Der einzige Aufschluss der Gaichtermulde ist ober- halb des Dorfes, an der Strasse gegen den Twannberg. In dem gelb- lichen Gletscherlehm finden sich vorherrschend eckige Blöcke (Gneiss, Mont Blanc-Granit). Einzelne Geschiebe sind stark geritzt. Wenig jurassisches Material. Hier finden sich: Quarzit (Fettquarz), Mont Blanc-Granit, Gneisse, Serpentin, Amphibolite, Gabbro, Alpenkalk, Kon- glomerate, sellener Euphotide und Eklogite. Höher gelegen, an der- selben Strasse (Franzen Ried), ist noch ein Überrest der glacialen Ab- lagerungen ; es seien von dieser Lokaliät speciell erwähnt: typischer, grüner Schiefer und Actinolilhschiefer. Die Gaichtermulde ist ausser- ordentlich fruchtbar. 4) Plateau von Diesse. Die Schichten der Jura- und Kreide- sedimente des Nordflügels der Seekette zeigen ein sehr schwaches Fallen nach Norden (10%; darum ist hier die Quarlärdecke bis fast auf den Rücken des Gewölbes erhalten geblieben. Zwischen dem engen Thälchen des Jorat und dem Dorfe Preles sind alle ältern Bildungen (Kreide, event. Molasse) darunter verborgen. Bei den Mühlen von Lamboing einzig ist der Quartär- und Kreidemantel durch die erodie- rende Thätigkeit des Twannbachs quer durchsägt worden. Etwas westlich von Pr6les, an der Strasse nach Lignieres, treffen wir einen Aufschluss in den glacialen Ablagerungen, in welchem Sand und Kies gewonnen werden. Die Lagerung des Materials, sowie die Zusammen- setzung stimmen überein mit den Anschnitten auf Les Esserts hinter dem Twannberg. Hier treten neben den vorherrschenden jurassischen Geschieben auf: Granit, Gneiss, Serpentine, Gabbros, Amphibolite, Quar- zite, Euphotide, Eklogite, alpine Kalke und Konglomerate. - 155 — 5) Sobald sich das enge Thälchen des Jorat erweitert in das liebliche Gelände von Orvin, treffen wir wieder eine mächtige Decke von Gletschermaterial, die auf Kreide, vielleicht sogar auf Molasse ruhen dürfte. Vom Hügel mit Punkt 836 zieht sich eine Depression bis nach dem Dorfe Orvin, begrenzt südlich vom Portlandien der Seekette, nördlich von einem moränenartigen Hügelzug, der in der Hauptsache aus jurassischen Geschieben und Gletscherlehm zu bestehen scheint. Jedenfalls ist diese Depression durch Erosion im abgelagerten Gletscher- material entstanden. Durch Ausschlimmen des Moränen-Materials zu beiden Seiten hat sich in der Depression eine dicke, wasserundurch- lässige Schicht von Gletscherlehm gebildet, infolge deren das ganze Terrain sumpfig geworden ist. Im Sommer und Herbst 1893 hat die Gemeinde Orvin eine Wasserleitung erstellen lassen; die Kanäle von 1!/a m Tiefe beginnen bei la Vauchse und ziehen sich durch die ge- nannte Schicht von Gletscherlehm mitten durch die Depression. Der graue Gleischerlehm enthält neben jurassischen Kalkgeschieben spär- lich auftretende Granitblöcke. Die Grenze zwischen dem Portlandien des Nordflügels der Seekette und dem Erratikum ist sehr scharf. Die alpinen Geschiebe sind identisch mit denen auf dem Plateau von Diesse. Zum Schlusse folge eine Zusammenstellung der erratischen Blöcke unseres Gebietes. Viele derselben nennt der Volksmund «graue Steine», da sie gewöhnlich eine reichliche Flechtenvegetation auf- weisen, die in ihrer Gesamtheit den Blockflächen ein graues, düsteres Aussehen verleiht. Viele Blöcke bieten als erratische Pflanzen ein hübsches Moos Hedwigia ciliata Hedw. und eine prächtige Flechte Rhizocarpon geographicum Khr.: 1) Blöcke in der Twannbachschlucht: 1. Montblanc-Granite Arollagneis Quarzit vide Twannbachschlucht Chloritisches Gestein mit Magneteisenerz 2) Block bei den Mühlen von Lamboing. Montblanc-Granil; In- halt ca. 90 m®. Eigentum des Bernermuseums. 3) Granitblock zwischen dem Gaichtersträsschen und Grosweg. 4) Der «hohle Stein» ob dem Brüggli bei Tüscherz. Montblanc- Granit. Eigentum des Bernermuseums. Kleinere Blöcke auf dem Picardsacker, sowie auf dem w m f=S Rücken der Trämelfluh. — 156 — 5) Zwei grössere Blöcke aus Montblanc-Granit (als graue Steine bekannt) im Junkernholz, nordwestlich von Tüscherz. 6) Zahlreiche kleinere Blöcke (Montblanc-Granit, Gneiss) auf dem Tüscherzberg und dem kleinen Plateau ob Tüscherz. (Block aus Montblanc-Granit beim Scheibenstand 45 m 1,3 mh. und 2,6 m br.) 7) Ein grosser Block aus Montblanc-Granit in den Reben nordöstlich vom Gottstatlerhaus (Längistein). 8) Zu beiden Seiten des Weges, der von Vingelz zum Nidauberg ansteigt, finden sich in der Waldzone eine Menge von Blöcken, meist Montblanc-Granit (beachtenswert namentlich eine grosse Granitiafel in der Nähe der Strassenbiegung). Beobachtungen über die Molasse. In den Brüggli- und Roggetenreben zwischen Wingreis und Tüsch- erz tritt über der Strasse bei lieferem Rigolen (tiefem Umgraben) ein sehr glimmerreicher, grauer, wenig widerslandsfähiger Sandstein auf. Im Brüggli, wo offenbar die untersten Schichten-Lagen zum Vorschein kommen, ist das Material rötlich angehaucht. Die Spaltungsflächen weisen eine Menge von rostroten Blatlabdrücken auf, die aber nicht bestimmt werden können. Hie und da treffen wir Thonknöllchen von schmutzig-bläulicher Färbung. Interessant ist das Auftreten von Knollen, deren Kruste ganz mit Eisen imprägniert ist und die einen Hohlraum aufweisen. Diese Erscheinung erinnert an die sog. Klapper- steine. Es war nicht möglich, die Mächtigkeit der Molasse zu be- stimmen und über die stratigraphischen Verhältnisse sichern Aufschluss zu erhalten. Zwischen den genannten Molasseaufschlüssen (reiten das Hauterivien und das Valangien zu Tage; berücksichtigen wir das Fallen und die Niveauverhältnisse dieser Schichten, so dürfte sich als wahr- scheinlich herausstellen : 1) dass die Molasse infolge präglacialer Erosion bis auf Über- reste von unbedeutender Mächtigkeit verschwunden ist, 2) dass die Molasse direkt auf dem Hauterivien ruht und auf demselben discordant auflagert, 3) dass, falls zwischen Molasse und Hauterivien noch das Ceno- manien sich finden sollte, dasselbe sehr schwach entwickelt oder vor Ablagerung der Molasse zum grossen Teil abgetragen worden ist. I ) ”_ = dot — Die zwischen Wingreis und Tüscherz untersuchten Aufschlüsse gehören nach einer Mitteilung von H. Rollier, der die ihm zugesandten Handstücke zu prüfen die Güte hatte, der sog. Blättermolasse (Molasse alsacienne ; molasse d’Aarwangen) an. Der genannte Autor fügt hinzu: «Ge sont les premiers depöts provenant des Alpes dans le Jura. Cette molasse s’etend A travers tout le Jura bernois, jusqu’ä Mulhouse et plus loin. On la reconnait A ses grandes paillettes de mica blanc, et la presence de feuilles et debris flottös est generale.» (Vergleiche: Rollier, Etude stratigraphique i sur les terrains tertiaires du Jura bernois, partie septentrionale 1893.) Auch aus den Reben nördlich vom Dorfe Twann und westlich von Chavannes sind kleine Molasseüberreste bekannt geworden. Es ist anzunehmen, dass miocene Bildungen auch auf dem Dessenberg und im Gaichterthälchen existieren, aber von einer bedeutenden Quartär- decke überlagert werden. Immerhin mögen dieselben vor der Be- deckung durch die glacialen Bildungen in ihrer vertikalen Ausdehnung stark reduziert worden sein. Der einzige bis jetzt bekannte Molasseaufschluss auf dem Dessen- berg findet sich am Eingang in das enge Tälchen des Jorat, zwischen dem Gehöfte La Praize und der Ziegelhütte. Unter einer Thonschicht, die an verschiedenen Punkten zur Fabrikation von Ziegeln ausgebeutet wird, treten stark sandige Mergel auf mit Molasseblöcken, die an der Luft ausserordentlich hart werden. Die Molasse enthält, wie die von Tüscherz, viele Thonknollen und stellenweise auch grosse Glimmer- blättehen. Blattabdrücke konnten keine beobachtet werden. Es dürfte diese Molasse ebenfalls dem Horizonte der Molasse alsacienne ange- hören. Unmittelbar südlich der Ziegelhütte ist sie von einem mächtigen Walle von Schuttmaterial bedeckt. (Vide Blatt VII der geolog. Karte, ferner Rollier, Mat. Pag. 157.) In der Nähe der Poudeille (Wissenrain), zwischen Neuenstadt und Chavannes, ist die Molasse alsacienne am Ufer des Sees durch Ch. Hisely beobachtet worden (vide Greppin, Mat. Pag. 247). Offenbar ruht der ganze Hügel zwischen Strasse und Seekette, welcher aus Gletscher- Material besteht, auf diesem Sandstein. Über die Cenomanstufe. In einem kompleten stratigraphischen Profil der Kreideformation folgt die Cenomanstufe auf diejenigen Sedimente, die als Gault oder iu ee en 11 it - Hi Albien (mittlere Kreide) bezeichnet werden. Die Untersuchung der ‚zwischen Neuenburg und Biel bisher bekannten CGenomanaufschlüsse macht wahrscheinlich, dass diese Schichten auf verschiedenen Gliedern der untern Kreide, sogar auf dem obern Jura aufruhen können. Die Gaultstufe konnte in obengenanntem Gebiete nirgends nachgewiesen werden. Das Cenomanien ist konstatiert worden: 1) In Souaillon bei St. Blaise, 2) beim Schloss in Cressier, 3) in den Reben ob der Strasse auf der Strecke zwischen ressier und CGombes, 4) im «Ried» ob Biel. Es ist wahrscheinlich, dass die Cenomanbildungen an den 3 erst- genannten Punkten dem Urgonien, im Ried dem Purbeck oder Port- landien auflagern. (Gillieron * pag. 110; Rollier ® pag. 132.) s ist mir gelungen, am Franzosenweg ob Alfermee einen neuen Aufschluss dieser Stufe von 4—5 m Mächtigkeit aufzufinden. Es er- scheinen die charakteristischen rosafarben angehauchten Kalke neben gelblichem bis weissem Gestein und rötlich bis violett gefärbten Mer- geln und Mergelkalken. In den Mergeln treten sehr harte Kalk- konkretionen auf. In den Kalken fanden sich Inoceramus Guvieri d’Orb, Terebratula biplieata Sow. und Fragmente einer Pectenspecies; die Mergel scheinen steril zu sein; in der Schutthalde südlich vom Franzosen- weg wurden Ammonitenfragmente mit stark hervortretenden Rippen gesammelt. Es ruht hier das Genomanien ohne Zweifel auf dem untern Valangien; letzteres tritt am Wege zu beiden Seiten des Aufschlusses zu Tage. Es kann leider nicht untersucht werden, ob discordante Lagerung vorliegt. Ohne Zweifel war das ganze Gebiet einmal von den Sedimenten des Cenomanmeeres bedeckt; es dürften auch an andern Punkten: unter der Molasse oder direkt unter dem Erratikum Überreste dieser Stufe existieren. Gillieron®) erwähnt pag. 112 Ammonitenfunde aus der Umgebung von Twann und schliesst daraus auf die Gegenwart der Genomanstufe. Ich habe im Rebgebiet der genannten Ortschaft trotz genauen Nachforschungen weder Fragmente des charakteristischen &esteins, noch Sedimente an Ort und Stelle auffinden können. Im Quartär von Tüscherz fand sich Inoceramus Cuvieri d’Orb und östlich von Wingreis ebenfalls in den Gletscherablagerungen ein abgeschliffener — .159 — Am. Mantelli Sow. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese seltenen Formen aus westlichen Gebieten stammen und mit dem Gletscher- material hieher transportiert worden sind. Die untere Kreide oder Neocomgruppe. Die Neocomgruppe umfasst drei Stufen: Urgonien, Hauterivien und Valangien. Die mittlere Kreide (Gault, Albien) fehlt im Gebiete unserer Karte. Das Cönomanien, ein Glied der obern Kreide, konnte nur an einer einzigen Stelle nachgewiesen werden. Das Urgonien ist in unserem Gebiet nicht entwickelt. —— — — ————m a —— etrographischer ; ee | Er | Charakter Leitfossilien | Lokalitäten perl 1 Euer ET RE u = | 4 \ Helle, meist kompakte Kaprotinenkalk „a Presta '®ö | | Kalke. Oft mit Asphalt | an ; im | a | imprägniert | (Requienia Ammonia) | Duschen | A 0 nn ® O| 2 rnch. lata, irregularis; Terebr. en | a Gelbliche, mergelige, si Heteraster Couloni, = ») = oolitische Kalke. Be —— I— Im | 80 | | | P =] 2; i i Hauterive EB=] Eudesia semistriata 5 {=} = rat ä 5 =5 Eudesia Marcoui | en I ‚anderon | | 2 Biel ee = Sn en 5 7 0.2 84 | Gelbliche Mergelkalke Am. Astieri, radiatus, Leopoldi | kn) else = E 3 Che SUPIBR. re | Märebı. acuta; Rhynch. multifor- | : R ana. # | Gelbe und graue Mergel!| mis. Nautilus neocomiensis | Cressier °|,8 27 = = | (Letztere mit Kalkkon- Pleurotomaria; Panopxa; Astarte; Landeron © an sehn kretionen) Arca; Toxaster compl.; Pseudodia- S | ASC } dema. Serpula helieiformis | R 5 een “ > Am. Thurmanni; Pterocera Deso- os Ei R a ri; Pleurot. Blancheti; Thracia = n | © 2 Limonit; Cale. roux 'Nicoleti. Terebr. Carteroni. Landeron 8 Od 2 Spongien aıcal bu SER ERS SEIEN Po = Kompakte, gut geschich- R R + eos ST r Fair 8 SCHEN- | Pterocera Jaccardi; Natica Pidan- Tüscherz 8 : tete Kalke oder Marbre R iathan. Nerinee Laube > & bätard: an der Basis: ceti u. Leviathan. N erineen. ‚Laube 5) Alternietende Kalk- und Toxaster granosus; Terebr. bei Alferm6e = Mersels ehfchten valdensis Bipschal = = Be EZ = | Parhack, Graue Mergel und Süsswasserformen Tüscherz klein: ; BEN EORIEN Mergelkalke Planorbis; Physa, Bythinia | Vingelz Von der untern Kreide (Neocomgruppe) finden wir östlich von Landeron nur noch Valangien und Hauterivien entwickelt. Mit Aus- nahme des untern Valangien treten in unserer Gegend die Kreide- bildungen nicht mehr als zusammenhängende Decke auf; es ist im Gegenteil eine weitgehende Zerstückelung der einzelnen lieder zu beobachten. Diese ist eine Folge der starken Erosion, welcher unser — 160 — Gebiet, nachdem es Festland geworden, ausgesetzt war. Die nivellie- rende Thätigkeit des Wassers wurde erheblich gefördert durch das starke Fallen der Schichtenkomplexe; wo die Neigung der Schichten eine geringere ist, wie z. B. bei Landeron, da finden wir auch die Mergel und die darüber liegenden Kalke erhalten. An einigen Stellen mit stark fallenden Schichten hat das Wasser sogar sämtliche Kreidebildungen abgetragen, so dass die Dolomies port- landiennes bis in die Nähe des Sees zu Tage treten. Dies ist der Fall ob der Brunnmühle bei Ligerz, westlich von Tüscherz, zwischen Tüscherz und Alfermee, zwischen Biel und Vingelz (Pavillon). Durch die intensive Erosion mussten auch die orographischen Verhältnisse stark beeinflusst werden. Die Hauterivemergel und Pur- beckmergel erscheinen in Depressionen oder Comben ; die solideren Kalke des untern Valangien und obern Hauterivien hilden Wälle oder auch Gräte. Während westlich von Landeron (z. B. in Hauterive) diese orographischen Erscheinungen in ausgezeichneter Weise zum Ausdruck kommen, sind sie im östlichen Gebiet infolge der starken Erosion zum Teil verwischt worden. Die oben erwähnte Zerstückelung der einzelnen Kreideglieder, die mancherortis so wenig scharf hervortretende orographische Gliede- rung erschweren wesentlich die Untersuchung des Gebietes. Dazu gesellen sich noch zwei andere Umstände. Trotz der intensiven Wasserwirkung findet sich im ganzen Gebiet kein Punkt, der in einem (Querprofil die ganze Serie der Kreideschichten mit den Übergängen von einer Stufe zur andern aufweist. Es wäre interessant und in- struktiv, ein vollständiges stratigraphisches Profil zu besitzen aus einer Gegend, in welcher die Kreidebildungen die Ostgrenze ihrer Entwick- lung erreichen. Ferner ist fast das ganze Gebiet der Kreide mit Reben bepflanzt; der Rebberg ist für geologische Untersuchungen aber nur zugänglich im Frühling und Herbst, wenn die Rigolarbeiten aus- geführt werden. I. Hauterivien. In dieser Stufe können unterschieden werden: I. Pierre jaune de 8 Er e Oberes Hauterivien | = 5 Pet Glied Neuchätel 9,5 etrogr. jederung Sn ; | IL. Mergelkalke Unteres Hauterivien E & | Ill. eine Mergelzone (Hauterivemergel) ) & ® 1) Als Pierre de Neuchätel werden die braungelben, spatreichen, mehr oder weniger oolithischen Kalke bezeichnet, die sich nach unten — sl — an das Urgonien (Urg. jaune) anschliessen. In Hauterive werden die- selben als geschätzte Bausteine ausgebeutet. Die Stadt Neuenburg ist zum grossen Teil aus diesem Material gebaut und erhält dadurch ein eigenartiges Gepräge. Aber auch bis in die Dörfer dem Bielersee entlang haben die Hauterivesteine schon in alter Zeit ihren Weg ge- funden, zu einer Zeit, da die guten Verkehrsstrassen noch nicht exi- stierten, der Transport des Materials einzig per Schiff möglich war (Kirchen in Ligerz und Twann, Fensiereinfassungen der alten Ge- bäude in Twann etc.). Interessant ist das Auftreten von Kieselknollen (rognons siliceux) in gewissen Partien der genannten Kalke (westlich vom Bahnhof in Neuenburg, Hauterive). Dem Bielersee entlang finden sich nur noch die untersten Schichten des Pierre de Neuchätel. 2) Es folgen unter denselben hellgelbe, wenig widerstandsfähige Mergelkalke (Cale. marneux). In Landeron und unter der Besitzung Bellvue bei Cressier sind gute Beobachtungspunkte für diesen Horizont. Am Wege von Cressier nach Combes sehen wir: 1) Pierre de Neuchätel mit Eudesia semistriata Def., Mergel- | 2) hellgelbe Mergelkalke mit Toxaster complanatus Ag., kalk- 3) gelbe Mergel mit Hauterivefossilien, zone lo Mergelkalke mit Toraster complanatus Ag.. 5) gelbe Mergel mit zahlreichen Fossilien, 6) grau-bläuliche Hauterive-Mergel mit den charakteristischen Petrefakten. Dem Bielersee entlang ist der Mergelkalk einzig zu sehen im Brüggli bei Tüscherz. Die nun folgende Mergelzone (Hauterive-Mergel) hat bei Landeron eine Mächligkeit von 12 m. Die untere Partie, welche die Haupt- Masse darstellt, ist von grauer bis bläulicher Farbe. Oben folgen gelbe Mergel, Die grauen Mergel sind ausgezeichnet durch eine massenhafte Anhäufung von Kalkkonkretionen. In der Cros ob Twann und am Waldrand zwischen Alfermee und Vingelz ruhen die gelben Mergel direkt auf dem Limonit. Zwischen Twann und Wingreis kommen bei tiefem Rigolen auch die grauen Mergel mit den Konkretionen zum Vorschein. Die Hauterive-Mergel haben von jeher durch ihren Reichtum an Fossilien die Aufmerksamkeit der Sammler auf sich gezogen. Lei- der sind die Mehrzahl der Petrefakten blosse Steinkerne, die oft eine genaue Bestimmung sehr erschweren (namentlich Acephalen). Rhyncho- nella multiformis Römer und Terebratula acuta Quenst. erscheinen an Bern. Mitteil. 1894. NT, 1908. a — 62. — einzelnen Punkten so massenhaft, dass man füglich von einer Brachio- podenbreceie sprechen dürfte. Als charakteristische Formen seien unter den Cephalopoden genannt: Belemnites latus Blainv., Nautilus neoco- miensis d’Orb, Ammonites radiatus Brug., Leopoldi d’Orb, Astieri dOrb. Unter den Gasteropoden ist es das Genus Pleurotomaria, das in mehreren schönen Formen auftritt: Pl. Pailleti dOrb; Bourgueti de Lor.; neocomiensis d’Orb, saleviana de Lor. Am zahlreichsten in Gat- tungen und Arten erscheinen die Acephalen; es seien erwähnt: Alec- tryonia rectangularis Röm. und Exogyra Couloni d’Orb, Trigonia cari- nata Ag., Arca Gabrielis und securis d’Orb, Astarte Beaumonti Leym.; Panopaea neocomiensis d’Orb; Fimbria corrugata P. et C., Gyprina Des- hayesi de Lor. In Holaster intermedius Ag.. Toxaster complanatus, Ag., Holeciypus macropygus Desor, Pseudodiadema rotulare Ag. haben wir charakteristische Vertreter der Echinodermala. Überall verbreitet ireffen wir die Serpula helieiformis Röm. Paläontologisch stimmen die Mergelkalke mit der Mergelzone überein. Toxaster complanatus Ag. und Panopaea neocomiensis d’Orb. scheinen in unserer Gegend den Horizont der Mergelkalke nieht zu überschreiten. Die Hauterive-Mergel und die darüber liegenden Mergelkalke bilden das untere Hauterivien (Hauterivien marneux de Jaccard®; Haut. I et I de Schardt'®). Im obern Hauterivien (Haut. caleaire de Jaccard®; Haut. IN de Schardt'®) treten die Fossilien im allgemeinen weniger zahlreich auf. Charakteristisch sind Eudesia semistriata Defr. und Marcoui Orb, die sowohl in den Kalken, als besonders in den Mergeln dieses Hori- zontes sich finden. Aus einem untern Niveau des Pierre de Neuchätel von Landeron ist durch Loriol und Gillieron® eine Fauna bekannt geworden, die in einzelnen Repräsentanten an das untere Urgonien erinnert. Die genannten Autoren haben aus paläontologischen Rück- sichten die Stufe des Pierre de Neuchätel dieses Gebietes vom Haute- rivien abgetrennt und dem Urgonien jaune zugewiesen. Unter allen Fossilien, die mir in unserer Gegend aus den über den Mergelkalken liegenden Schichten bekannt geworden sind, findet sich keine Form, die für das untere Urgonien sprechen könnte. Es ist das Urgonien längs des Bielersees nicht mehr vorhanden. 3) In orographischer Beziehung ist die Hauterivestufe in unserel Gegend ohne Bedeutung, da der Pierre de Neuchätel bis auf wenige, unbedeutende Überreste verschwunden ist. Anderorts finden wir die Hauterivemergel in Depressionen und Comben, und der Pierre de Neuchätel bildet mehr oder weniger ausgesprochene Wälle oder Grät®e. — 168 — (Hauterive, ferner ob Cressier, wo in einer Combe die grauen Mergel anstehen.) 1) Gebiet westlich der Twannbachschlucht. Die im Rebgebiet gefundenen Fossilien dürften kleinen Überresten der Hauterivemergel entstammen, die unler der reichlich mit Gletschermaterial vermischten Öberflächenschicht versteckt sind. Aufschlüsse sind keine vorhanden. Wären die Petrefakten nicht so gut erhalten, so dürfte sich das Vor- kommen auch durch den Transport mit Gletscherschutt erklären. Es wurden gesammelt: Rhynehonella multiformis Röm. Venus Robinaldi dOrb. Terebratula acuta Quenst. Venus Galdryna d’Orb. Waldheima pseudojurensis Leym. Gyprina bernensis Leym. Pleurotomaria Bourgueti de Lor. Pecten Robinaldi d’Orb. Venus Dupini d’Orb. In Bezug auf Chavannes schreibt Gillieron * pag. 112: «Les treusages faits pour la construction d’une maison ont mis A jour la base de la Pierre de Neuchätel ainsi que le calcaire neocomien propre- ment dit.» 2) Haslen und Gros ob Twann. An erstgenannter Stelle führt die Dessenbergstrasse durch das untere Valangien; zwischen «Burgweg» und Strasse sind auch Limonit und Hauterivemergel zu beobachten. Letztere haben geliefert: 17 ng D Y »; 5 > Fimbria corrugata P. et C. Exogyra Couloni d’Orb. Cyprina Deshayesi de Lor. Toxaster complanatus Ag. Pholadomya Gillieroni P. et C. Pyrina incisa d’Orb. Die Reben ob dem Dorfe Twann gedeihen auf den Mergeln und Mergelkalken der untern Hauterivestufe, und es dürften die alluvialen Bildungen, auf denen das Dorf erbaut ist, auf den Schichtenköpfen des obern Hauterivien ruhen. In der Cros finden sich gelbe Hauterivemergel direkt über dem Limonit. Sie sind etwas blättrig und enthalten Knollen aus härterem, 8rau gefärbtem Material. Die Aufschlüsse lieferten : Odontaspis gracilis Ag. Terebratula salevensis de Lor. Am. radiatus Brug. Waldheimia pseudojurensis Leym. Am, Leopoldi d’Orb. Pleurotomaria Bourgueti de Lor. Nautilus neocomiensis l’Orb. Cardium Cottaldi d’Orb. Rhymehonella multiformis Römer. Arca Gabrielis d’Orb. Terebratula acuta (Juenst. Arca securis d’Örb. — 164 — Panopaea neocomiensis d’Orb. Alectryonia Boussingaulti d’Orb. Venus Dupini d’Orb. Toxaster complanatus Ag. Janira neocomiensis d’Orb. Pyrina ineisa d’Orb. Pecten Gottaldi d’Orb. Echinobrissus subquadratus Ag. Exoyyra Couloni d’Orb. Serpula heliciformis Roem. 3) Zone zwischen Twann und Wingreis (Frauenkopf, Gaucheten etc.) Mit den Hüttenreben am Eingang ins Grosthälchen beginnend, umgürten die Hauterivemergel den Fuss des Kapfgewölbes (nördl. und südl. vom Gauchetenfussweg) bis Wingreis. Nach den Hackarbeiten hebt sich das hellgelbe Band der Mergel besonders schön ab von dem weiter oben sich hinziehenden des Limonites mil rosigelber Färbung. Die Oberflächenschicht besteht aus einer Mischung der gelben Mergel mit Gletscherschult (zahlreiche alpine Geschiebe). Tiefer finden sich die typischen Hauterivemergel, reich an Fossilien. An mehreren Stellen erscheinen die grau-bläulichen Mergel, die im allgemeinen weniger Petrefakten führen. Die Mergelkalke sind nirgends aufge- schlossen. In diesem Gebiete wurde folgende reiche Ausbeute gemacht: Odontaspis gracilis Ag. Arca Garteroni d’Orb. Am. radiatus Drug. Astarte Beawmonti Leym. Am. Astieri d’Orb. Astarte transversa Leym. Am. castellanensis d’Orb. Pholadomya Gillieroni P. et C. Am. Leopoldi d’Orb. Panopaea neocomiensis d’Orb. Am. eultratus (Fragm.) sehrselten. Panopaea CGarteroni d’Orb. Nerutilus neocomiensis d’Orb. Aviceula Garteroni d’Orb. Belemnites latus Blau. Fimbria corrugata P. ei GC. Belemnites bipartitus Blainv. Cyprina Deshayesi de Lor. Rhynchonella multiformis Röm. GCyprina bernensis Leym. Terehr. acula Quenst. Cardium subhillanum Leym. Terebr. salevensis de Lor. Card. Cottaldi. d’Orb. Waldheimia pseudojurensis Leym. Gardium Voltzi Leym. Pleurotomaria Pailleti d’Orb. Venus Dupimi d’Orb. Pleurotomaria Bourgueti de Lor. Venus sub Brongniarti Leym. » » saleviana de Lor. Venus Robinaldi d’Orb. » » neocomiensis d’Orb. » Galdryna d’Orb. » Greppini P. et C. » Vendoperi d’Orb. Columbellina maxima de Lor. » Thurmanni de Lor. Scalaria erueiana P. et C. » Escheri de Lor. Turbo spec. Mytilus Garteroni d’Orb. Aleetryonia Minos Cog. Mytilus spec. Alectryonia rectangularis Römer Pinna spec. Exogyra Couloni d’Orb. Toraster complanatus Ag. Janira atava d’Orb. Diaster ovulum Desor Janira neocomiensis d’Orb. Holaster intermedius Ay. Pecten Cottaldi d’Orb. Holectypus macropygus Desor Trigonia caudata Ag. Pseudodiadema Bourgueti Desor Trigonia scapha Ag. » » rotulare Ag. » » carinata Ag. Cidaris muricata Röm. » >» longa Ag. Galeolaria neocomiensis de Lor. Area securis d’Orb, Serpula antiquata Sow. » Gabrielis d’Orb. Serpula heliciformis Röm. Pierre de Neuchätel. An der Strasse, östl. vom Schulhaus in Twann, finden sich über einer Mergelschicht dünnplattige, braungelbe, Spatreiche, mehr oder weniger oolithische Kalke mit zahlreichen Bryozoön. In den untersten Schichten bemerkt man Fragmente einer kleinen Auster, wahrscheinlich Aleetryonia tuberculifera Koch et Dunk. In einem höhern Niveau führt der Kalk zahlreiche Fossilien, die aber schwer herauszuarbeiten sind. Es konnten bestimmt werden: Pycenodus eylindrieus Piet. Astarte numismalis d’Orb. Neritopsis Meriani de Lor. Pecten Gottaldi d’Orb. Eudesia semistriata Defr. Reptomulticava mieropora Röm. Cardium subhillanum Leym. Koralle Aleetryonia reetangularis Röm. Zu beiden Seiten des «Dornwegli» zwischen Twann und Wingreis wird bei Rigolarbeiten der typische Pierre de Neuchätel aufgedeckt. Der Strasse entlang findet sich in den Reben die für das obere Haute- Tivien charakterische Terebratula semistriata Defr. Der Pierre de Neuchätel bildet im Rebberg längs der Strasse eine kontinuierliche Zone. 4) Brüggli bei Tüscherz. Hier finden wir in einem Überrest von umbedeutender Ausdehnung I. Pierre de Neuchätel II. Mergelkalke III. Hauterivemergel, Das untere Hauterivien lieferte Am. Leopoldi d’Orb. IIT. Trigonia caudata Ag. I. Nautilus neocomiensis d’Orb. IIT. »..» -longa Ag. IIT. Terehratula salevensis de Lor. IIT. Arca Gabrielis d’Orb. IIT. m. — 16 — Terebr. acuta Queust. III. Astarte transversa Leym. Ill. Rhynchonella multiformis Röm. _ Panopaea neocom. d’Orb. II. Il. Natica spec. III. Venus Dupini d’Orb. III. Pleurotomaria Bourgueti de Lor. Toxaster complanatus Ag. III. II. III. und II. Holectypus macropygus Desor II. Pleurotomaria saleviana deLor. III. Pseudodiadema rotulare Ag. IH. Exogyra Couloni d’Orb. IIT. Serpula heliciformis Röm. LI. Aus dem Pierre de Neuchätel konnten bestimmt werden: Pecten Cottaldi d’Orb. Alectryonia tubereulifera Koch et Cardium peregrinum d’Orb. 2. Dunk. Astarte numismalis d’Orb. Terebratula spec. Astarte Marcowi P. et €. Reptomulticava mieropora Röm. 5) Waldrand ob dem Vogelsang. Über dem Calc. roux des obern Valangien können dem Waldrand entlang kleine Fetzen gelber Mergel konstatiert werden, welche die charakteristischen Hauteriveversleine- rungen führen. Es wurden gesammelt (Brünnlireben): Ammonites radiatus Brug. Venus Galdryna d’Orb. Am. Astieri d’Orb. Pecten Carteroni d’Orb. Nautilus neocomiensis d’Orb. Exogyra Couloni d’Orb. Rhynchonella multiformis Röm. Holaster intermedius Ag. Terebratula acuta (Quenst. Toxaster complanatus Ag. Cyprina Deshayesi de Lor. Serpula heliciformis Röm. II. Valangien. Die Schichten, die unter dem Namen Valangien zusammengefasst werden, repräsentieren die ältesten Niederschläge des Kreidemeeres. Petrographisch und paläontologisch lassen sich dieselben in zwei Ab- teilungen unterbringen. A. Oberes Valangien (Limonit und Oalcaire roux). Die hieher gehörenden Kalke sind regelmässig geschichtet (Landeron), mehr oder weniger oolithisch, von rostroter Färbung ( Cale. rous.) und infolge der unbedeutenden Härte leicht zu bearbeiten. An vielen Punkten ändert sich der petrographische Habitus; das Gestein schliesst eine Menge kleiner linsenförmiger bis unregelmässig ge- rundeter Eisenkörner ein. Diese petrogr. Abänderung heisst Limonit. Im südl. Jura beginnt das obere Valangien mit einer fossilreichen Mergelschicht (Marnes d’Arzier; Jaccard?; Schardt‘); in Landeron ist dieser Horizont durch ein 70 cm. mächtiges Band aus grauen Mergeln repräsentiert mit Rhynchonella valangiensis de Lor., Natica Sautieri — 1617 — Cog. u. Pidanceti P. et C. und Cardium Verveceum de Lor. Auf der Kapfplatte bei Twann findet sich über den hellen, stellenweise rosafarbig angehauchten Bänken des untern Valangien ein rostroter, körniger Mergelkalk, dessen Übergang in den typ. Cale. rowx unter der Kultur- schicht des anstossenden Rebberges versteckt ist. Von den hier ge- sammelten Fossilien konnten sicher bestimmt werden: Tylostoma fallax P. et €. Pholadomya Sanctae Crucis, P. et C., Pholadomya elongata Münst., Terebratula Carteroni d’Orb. Alle andern Aufschlüsse dem See entlang bieten für ein detaillierteres Studium der stratigraphischen Ver- hältnisse keine Anhaltspunkte. Die Fauna des Gale. row. hat ein ganz anderes Gepräge als die der Hauteriveperiode; sie entlehnt verhältnis- mässig wenige Formen dem untern Valangien und leiht wenige dem Hauterivien. Interessant ist die Beobachtung, dass an einzelnen Lokali- täten bestimmte Geschlechter sich zu einer Kolonie zusammenschliessen; an einem Orte sind ausschliesslich Brachiopoden, am andern Acephalen. So finden wir in Landeron fast nur Terebrateln, im Brüggli bei Tüscherz ausschliesslich Acephalen. Als charakteristisch können gelten Ammo- nites Thurmanni, Pygurus rostratus, Terebratula Garteroni, Terebri- rostra neocomiensis, Pterocera Desori, Natica helvetica, Thracia Nicoleti. Interessant ist die reiche Entwicklung der Echiniden. der Spongien und Bryozoön. Auf der Nordflanke der Seekette (Dessenberg und Val d’Orvin) fehlen die Aufschlüsse, und dem See entlang sind Cale. rous, und Limonit nur noch in kleinern Überresten vorhanden. 1) Hasen ob Twann. Westlich der Twannbachschlucht ruht der Rebberg auf dem untern Valangien. Es ist indes möglich, dass hie und da noch unbedeutende Fetzen des Cale. rowr sich erhalten haben, aber unter der Kulturschicht verborgen sind. Aus dem Ligerz- rebberg stammen Pecten Robinaldi d’Orb., Lima dubisiensis P. et G: Östlich der Twannbachschlucht finden wir unter der Dessenbergstrasse (Haslen) den Cale. roux und Limonit mit Ammonites Thurmamni P. et C. in Fragmenten Terebratula Carteroni d’Orb. Terebratula valdensis de Lor. Aporrhais valangiensis P. et C. Astarte Marcowi P. et C. Lima dubisiensis P. et C. Pygurus rostratus Ag. 2) Crosthälchen. Der Limonit steht an in der obern Partie des Thälchens (C) und am Gaichtersträsschen (G), bevor man auf das Feld nn — 168 — hinaustritt. An letztgenannter Stelle ist eine schwache Überschiebung des marbre bätard über den Limonit zu konstatieren. Die Aufschlüsse sind unbedeutend; die Kreide verschwindet unter den glacialen Ab- lagerungen. Die Fossilien finden sich ziemlich zahlreich ; es wurden gesammelt: Polyptychodon? G. Columbellina neocomiensis P. et ©. @. Strophodus spec. @. Cardium spec. @. Pyenodus eylindrieus P. et GC. G. Pholadomya elongata Münst. G. Ammonites Thurmanni P. et C. G. Astarte valangiensis P. et C. @. Rhynchonella valangiensis de Lor.G@. Thracia Nieolen d’Orb. G. @. Terebratella neocomiensis d’Orb. @. Trigonia Sanetae Erueis P. et Q. @. Terebrirostra neocomiensis d’Orb.@. Mytilus spec. @. Terebratula valdensis de Lor. G. Lima dubisiensis P. et C. @. Terebratula Garteromi d’Orb. @. Tosxaster spec. G. Waldheimia collinaria d’Orb. @. C. Pyrina ineisa d’Orb. G. Waldheimia Aubersonensis P.etC.@. Cidaris pretiosa Des. C. @G. Waldheimia Moreana d’Orb. G. Cidaris muricata Röm. @G. Pterocera Desori P. et €. G. Galeolaria neocomiensis de Lor. @. Natica Sautieri Coqg. @. Zahlreiche Spongien @. Aporrhais valangiensis P. et G. @. Bryocoön @. Gillieron * erwähnt noch aus der Cros: Rhynchonella valangiensis deLor. Arca Villersensis P. et C. Terebratula Villersensis de Lor. Pyrina ineisa d’Orb. Columbellina brevis P. et C. Magnosia Lens Desor. Trigonia scapha Ag. Im Museum in Biel finden sich aus dem Limonit der Gros Py- gurus rostratus Ag. und Pygurus Buchi Des., von Hisely gesammelt (Rollier? Pag. 122.) 3) Kapf. Auf der Südflanke des Kapfgewölbes finden wir das obere Valangien entwickelt bis nach Wingreis. Wenn im Frühjahr und Herbst die Rigolarbeiten besorgt sind. so lässt sich das rotgelbe, eisenhaltige Terrain als schmales Band (obere Gaucheten) unterhalb der steil fallenden Schichten des untern Valangien (Lachengrätchen) sehr gut von der Strasse aus verfolgen. Jederzeit zugänglich sind die Aufschlüsse auf der sog. Kapfplatte (Übergang des untern zum obern Valangien) und ferner in dem tiefen Graben etwas unter ge- narinter Lokalität, rechts am Kapfweg. Zwischen Wingreis und Twann wurden in der Limonitzone gesammelt: Pyenodus Couloni Ag. Pycenodus eylindrieus Ag. Gyrodus spec. Strophodus spec. Am. Thurmanni P. et C. Terebrirostra neocomiensis d’Orb. Rhynchonella valangiensis de Lor., Terebr. Carteroni d’Orb. Waldheimia collinaria d’Orb. Waldheimia Aubersonensis P. et C. Pleurotomaria Blancheti P. et C. Natica helwetica P. et €. Natica Sautieri Coq. Natica praelonga Desh. Pterocera Desori P. et C. Tylostoma fallax P. et C. Nerinea Marcowi d’Orb. Derithium Aubersonense P. et (C. Fusus spec. Thracia Nicoleti d’Orb. 169 °— Thracia vulvaria d’Orb. Thracia Robinaldi d’Orb. Cyprina Marcoui de Lor. Pholadomya elongata Münst. Pholad. valangiensis P. et Q. Pholad. Sanctae Grucis P. et C. Lima dubisiensis P. et €. Janira valangiensis P. et C. Pygurus rostratus AQ. Toraster Ricordeaui Cott. Acrosalenia patella Desor Cidaris pretiosa Desor Cidaris muricata Römer Pentacrinus neocomiensis Desor Antedon infracretaceus Oost. Elasmostoma spec. Diseaelia glomerata Fromentel Cupulochonia spec. Nonionina Jaccardi de Lor. *) 4) Brüggli, westlich von Tüscherz. Der unbedeutende Limo- nilfetzen dieser Lokalität ist durch ausgezeichnet. Lima dubisiensis P. et €. Trigonia Sanctae-Crucis P. et ©. Astarte Marcowi P. et (. Astarte Germmi P. et C. Lueina vermieularis P. et C. das Vorherrschen der Acephalen Cardium Germani P. et Ü. Monopleura spec. Pterocera Desori P. et (. Terebratula Carteroni d’Orb. Strophodus spec. 5) Alfermee-Vingelz. Bis zum Waldrand ruht der grösste Teil des Rebberges auf dem obern Valangien. Am s0g. «Längischleipf» ob dem Gottstatterhaus wurden gesammelt: Waldheimia Aubersonensis P. et C. Terebrirostra neocomiensis d’Orb. [72 . 4 Fi Terehratella neocomiensis d’Orb. Y >, . r Terebratula Villersensis de Lor. Terehr ; terebr. valdensis de Lor. Natiea helvetica P. et Ü. Pyrina pygaea Desor =) Anmerkung: Diese hübsche Foraminiferen-Speeies mit einem mitb- leren Durchmesser von 3 mm. und einer Dicke von 1®/a mm. ist sehr häufig im Limonit der Gaucheten. Sie ist von Hrn. Prof. Jaecard im Purbeck von Villers- le-Lae gefunden und von Herrn P. de Loriol beschrieben worden. raturverzeichnis No. 5. Bern. Mitteil. 1894. Vide Litte- Nr. 1806. SR) a Der Scheibenstand ob Vingelz ist auf Limonit gebaut. B. Unteres Valangien. 1) Petrographie und Technologie. In dieser Unterstufe können zwei petrographische Horizonte unterschieden werden. Über dem Pur- beck finden wir zuerst eine Serie alternierender Kalk- und Mergel- schichten, die namentlich westlich von Tüscherz gut beobachtet werden können (vide Purbeckprofil Tafel 1). Die Mergellager sind wenig mächüig, spielen überhaupt in der Zusammensetzung des untern Valangien eine wenig hervorragende Rolle. Sie sind meist von grauer Färbung, stellenweise oolithisch und geschichtet (blättrig). Sie erinnern mancher- orts in ihrem Habitus an einzelne Purbeckschichten (Laube bei Alfer- mee). Die gelblichen Kalke varieren in Härte und Struktur; es gibt Übergänge von mergeligen, oolithischen, leicht verwitterbaren Kalken bis zu solchen aus sehr solidem, feinkörnigem Material. Auf diesen Horizont folgen in bedeutender Mächtigkeit gut geschichtete, compakte Kalkbänke (Bipschal) von heller bis gelblicher Färbung, oft auch etwas rosafarben angehaucht (Kapfplatte ob Twann). Das ist der Horizont des marbre bätard (cale. compacte), welcher einen geschätzlen Bau- stein, fast ausschliesslich das Material zu den Mauern im Rebberg lie- fert. Die Böschungsmauern des Hagneckkanals sind zum grössten Teil aus Steinen aufgeführt, die den Brüchen am linken Seeufer ent- stammen. 2) Paläontologie. Es sind hauptsächlich die Mergel gegen die Basis der Stufe, welche uns über die damalige Tierwelt Aufschluss geben. Im marbre bätard sind die Fossilien wenig zahlreich und schwer herauszuarbeiten; es sind in diesem Horizont kleine Mergel- einlagerungen, welche gut erhaltene Repräsentanten liefern, die näm- lichen, welche im untern Horizont auftreien. Die Gasleropoden be- herrschten die damalige Schöpfung des Meeres. Einzelne Geschlechter liefern ausgezeichnete Leiter: Natica Leviathan P. et C., N. Pidanceti P. et C., Nerinea Etalloni' P. et C., Pterocera Jaccardi P. et C. Leiztere Species erscheint westlich von Tüscherz in der untersten Kalkbank des Valangien, bei der Laube (Alferm&e) und beim Gott- statierhaus in einem höhern Niveau, bei Bipschal in dem knolligen Mergelkalk direkt unter dem marbre bätard, bei Preles in Mergel- lagern des zweiten petrographischen Horizontes. Ebenso verhält sich Na- bica Leviathan in Bezug auf die vertikale Verbreitung. Unter den Brachio- poden ist zahlreich vertreten Terebratula valdensis de Lor; unter den zahlreichen Echiniden seien genannt Toxraster granosus d’Orb. und — Ki — Phyllobrissus Duboisi Desor. Ammoniten und Belemniten, sowie die Acephalen spielen eine untergeordnete Rolle. 3) Orographie. Die kompakten Kalke des untern Valangien ha- ben der Verwitterung siegreich getrotzt und bilden daher einen Wall oder Grat, der von den aufsteigenden Wänden des obern Jura ge- wöhnlich durch eine Purbeekcombe getrennt ist. Eine derartige oro- graphische Erscheinung ist das Lachengrätchen über den Reben zwischen Wingreis und Twann, durch die Lachencombe von der Kreuz- fluh (Portlandien) geschieden. Zwischen Grosthälchen und M. Bijoux bildet der marbre bätard einen ähnlichen Grat. Anderorts, wo das Purbeck nicht zu einer Depression erodiert werden konnte, scheint das untere Valangien auf die hellen Kalke der Portlandstufe aufgeklebt. So sind die Verhältnisse oberhalb Twann und östlich vom sog. Bruch bei Wingreis. Von Tüscherz bis Vingelz, ferner zwischen Kleintwann und Ligerz ist das untere Valangien auf dem Niveau der Strasse zu beobachten (Aufschlüsse zum grossen Teil durch die Strassen- und Eisenbahnanlage entstanden). Bei Bipschal dürfte die Mächtigkeit des marbre bätard noch 11—18 m betragen. Das untere Valangien besitzt von allen Kreidebildungen die grösste horizontale Ausdehnung. Auf dem Nordflügel der Seekette kann einzig diese Unterstufe beobachtet werden. Bei Biel erreicht die Kreide die Ostgrenze ihrer Entwicklung ; östlich vom Goldberg bei Vingelz sind nur noch zwei unbedeutende Überreste des untern Valangien als letzte Zeugen des früheren 'Kreidemantels nachgewiesen. 1) Goldberg bei Vingelz. Bei der Handelsgärtnerei Krebs finden wir die Purbeckschichten aufgeschlossen. Sie sind etwas westlicher von den rostroten, mehr oder weniger oolithischen Kalken und Mergeln des untern Valangien überlagert (vide Profil Pag. 178). Die untersten grauen Mergel können leicht mil gewissen Purbeckschichten verwechselt werden. In der untersten Kalkbank fand sich Pseudomelania Gressiyi P, et C., etwas höher Astarte gigantea Leym. und in den mergeligen Kalken Toxaster granosus d’Orb. und Terebratula valdensis de Lor. Unmittelbar westlich vom Fussweg zu den Goldbergreben lieferte der Mergelkalk Natica Pidanceti, Pterocera Jaccardi, eine Tylostoma spec., nbestimmbare Acephalen und Toxwaster granosus. Letztere Species ir ziemlich häufig in der Goldbergsteingrube. Gillieron * erwähnt von Vingelz Pag. 119 noch folgende Species: Nerinea Marcouwi d’Orb. Trigonia caudata Ag. Nerinea funifera P. et C. Arca Raulini d’Orb. Tylostoma naticoide P. et C. Pygurus Gillieroni Desor. = Pa = Natica praelonga Desh. Y Aporrhais valangiensis P. et Ü. Aporrhais Sanctae Urweis P. et €. Strombus Etalloni P. et Ü. Panopaea eylindrica P. et C. Pholadomya elongata Münst. Pholadomya Sanctae Crucis P. et. Gardium Gillieroni P. et C. Phyllobrissus Duboisi Desor Phyllob. Renaudi Desor Holectypus macropygus Desor Pseudodiadema rotulare Ag. Cyphosoma nobile Gott. Salenia folium-querei Desor Acrosalenia patella Desor Goniopygus decoratus Desor 2) Gottstatterhaus. Zwischen Gottstatterhaus und Bahnübergang ist eine der besten Fundstellen für Petrefakten des untern Valangien. Der Mergelkalk unter dem marbre bätard liefert: Terebratula valdensis de Lor. häufig. Waldheimia pseudojurensis Leym. (forme valangienne) häufig. Natica Leviathan P. ei C. 3 ldensis-D, 0020. » Sautieri Cog. » Pidanceti P. et C. Pterocera Jaccardi P. et €. Alaria spec. Nerineenfragmente Tylostoma Laharpi P. et C. Aporrhais Sanetae Grucis P. et Ü. Trigonia caudata Ag. Pholadomga @Gillieroni P. et Ü. Psammobia valangiensis P. et Q. Janira valangiensis P. et C. Osirea bellaquensis Coq. Pecten Sanctae Crucis P. et C. Pecten arzierensis de Lor. Monopleura cornieulum P. et €. Toxaster granosus (Orb. häufig. Phyllobrissus Duboisi Des. Goniopygus decoratus Des. Holectypus macropygus Des. Aerosalenia patella Des. Pygurus Gillieroni Des. Gyphosoma nobile Gott. 3) Alfermee. Wenige Schritte östlich .der Wirtschaft Laube sind an der Strasse die untern Mergel des Valangien blossgelegt. Wir fin- den 1—1'/ m gelbe, oolithische Mergel (Seeigelfragmente und Terebr. valdensis de Lor. einschliessend) und darunter graue, blättrige Mergel, in welchen namentlich Pterocera Jaccardi P. et C. zahlreich auftritt. Terebrateln und die so charakteristischen Echiniden sind sehr ‚selten. Diese Lokalität bietet: Pterocera Jaccardi P. et C. (ziemlich häufig und in schönen Exemplaren). Natica Leviathan P. et‘ C. Natica valdensis P. et Q. Natica Etallomi P. et C. Aporrhais valangiensis P. et C. Aporrhais Etalloni P. et GC. Tylostoma Laharpi P. et GC. Pseudomelania Gressiyi P. et C. Nerineenfragmente Trigonia caudata Ag. Astarte giganten P. et C. Pecten arzierensis de Loriol. Toraster granosus d’Orb. jel Pygurus Gillieroni Des. lixempl. — 13 — Zwischen Nidauberg und Stiermatt finden wir das untere Valan- gien noch in einer Höhe von ca. 680 m -(Lignieres 803 m). Am Wege, der die genannten Lokalitäten verbindet, ferner an der Strassen- biegung oberhalb Wartenbrunnen steht der marbre bätard an. Am Franzosenweg findet sich die petrographische Abänderung desselben, die von Gillieron* Pag. 118 mit folgenden Worten beschrieben wird: «Calcaire jaune-clair, tendre, tr&s fissure et renfermanl de petiles oolithes.» Von Alfermee verläuft die Grenze des untern Valangien nordwärts zur Biegung der Nidaubergstrasse; links vom « Loschtweg» findet sich an der Waldgrenze ganz isoliert ein kleiner Kreidefetzen. 4. Tüscherz. Unteres Valangien und Purbeck bilden nach einer kleinen Unterbrechung westlich von Alfermee der Strasse entlang ein schmales Plateau. Westlich von Tüscherz bietet eine Stelle den schönsten Überblick über die alternierenden Mergel- und Kalkschichten, die auf das Purbeck nach oben folgen (vide Purbeckprofil Tafel D). In Mergeleinlagerungen der untersten Kalkbank fanden sich: Pterocera Jaccardi P. ei C., Terebratula valdensis de Loriol und Acephalen. Unmittelbar östlich vom Schulhaus in Tüscherz kamen durch die Ar- beiten für die Anlage eines Rebberges zum Vorschein: Natica Levia- than P. et C., Natica Sautieri Cog. und Natica laevigata Desh. 5. Wingreis, Kapf, Grosthälchen. Das untere Valangien (marbre bätard) ist nördlich der Brüggli- und Roggelenreben entwickelt und ist bei Wingreis von den Trümmern eines alten Bergslurzes bedeckt. Westlich vom sog. Bruch beginnt das schon früher genannte Lachen- grätchen ; in der Lachencombe haben graue Mergel mit Konkretionen geliefert : Terebratula valdensis de Lor. Nerineenfragmente. IR . y ' \ Natica Leviathan P. et C. Monopleura corniculum P. et C. Natica Pidanceti P. et C. Toxaster granosus d’Orb. Natica valdensis P. et C. Auf der Kapfplatte wird der marbre bätard (selten finden sich Gasteropoden) ausgebeutet. Mit der Hüttenfiuh westlich vom Kapf- gebäude beginnt ein Grätchen, dessen Schichten steil zum Grosthälchen fallen. In einer Mergelschicht mit Kalkkonkretionen wurden gesammelt: Aporrhais volangiensis P. et C. und Natica Sautieri Cog. 6. Tivann. Die Felswand über den «Roset-Reben», über welche die Dessenbergstrasse sich hinzieht bis zum Kanzel, besteht aus un- terem Valangien, dessen Schichten steil gegen den See fallen (vide Kanzelprofil Tafel I). Interessant ist ein Valangienblock (Ankenballe) en nme nee unnnnnnn unge a nn — 14 — ob Kleintwann, der durch die Erosion von der Felswand abgetrennt wurde. Die Häuser zu beiden Seiten des Baches auf der Nordseite der Strasse stehen auf unterem Valangien; östlich vom Stand von Twann tritt der marbre bätard über die Strasse. An mehreren Punkten längs der Strasse können im Mergelkalk Fossilien beachtet werden: Terebratula valdensis de Lor. Nerineen, Reqwienia Jaccardi P. et C. Auf eine kurze Strecke kann der marbre bätard längs der Gaichter- strasse verfolgt werden. Wie man das Gaichterfeld erreicht, breitet sich die Quartärdecke darüber aus. 7) Bipschal, Ligerz. Zwischen Kleintwann und der Brunnmühle, ferner zwischen Bipschal und Ligerz beachten wir an der Strasse den marbre bätard. Unter demselben tritt bei der «Hohen Fluh» ein knolliger Mergelkalk zu Tage, der dem untern Horizont angehört. Die zahlreichen Fossilien, — besonders treten die Nerineen hervor — sind fast ohne Ausnahme schlecht erhalten. Es konnten bestimmt werden: Nerinea Etalloni P. et C. Actaeonina spec. Cardium Cotteaui d’ Orb, Cardium Gillieroni P. et. Ostrea (Fragmente). Pterocera Jaccardi P. et €. Natica Pidanceti P. et Q. Natica Sautieri Cogq. Tylostoma natieoide P. et G. Im marbre bätard fand sich Pygurus Gillieroni Desor. Westlich von genanntem Aufschluss sehen wir über dem marbre bätard eine 1—1'/s dm dicke Schicht aus gelblichen Mergeln mit fucoidenähnlichen Konkretionen ; darauf ruht in einer Mächtigkeit von 8 dm ein knolli- ger Mergelkalk mit sehr holperiger, ausgewaschener Oberfläche. In demselben wurden gesammelt: Aporrhais valangiensis P. et C. (sehr schön erhalten, mit Flügel) » valdensis P. et C. Natica Sautieri Cogq. » Blancheti P. et C. Natica Leviathan P. et C. Montlwaultia spec. Turritella Jaccardı P. et Q. Beim Bau der Strasse Ligerz-Schernelz (1874) und bei den Ar- beiten für die Anlage der Wasserleitung längs der Hauptstrasse (1885) wurden viele prächtige Fossilien des untern Valangien ausgehoben. Einige dieser schönen Stücke besitzt das Berner Museum (Natica Levia- than P. et C.); andere befinden sich in der Sammlung der Sekundar- schule von Twann. 8) Schernelz. Der Felsenvorsprung, auf dem sich der Schiess- stand von Ligerz befindet, ebenso die ganze Partie zwischen den Ried- Nerinea Etalloni P. et 0. reben und der Strasse Schernelz-Lamboing bestehen aus unterem Va- langien. Hinter dem Scheibenhaus- von Ligerz erblicken wir im marbre bätard ein Band grauer Mergel (spärliche Nerineenfragmente), welche nördlich vom Rondbois wieder erscheinen und schlecht erhaltene Gasteropoden und Acephalen einschliessen. Bei Punkt 614 der Karle geht die Strasse vom Kreideterrain auf das Portlandien über. Von Schernelz bis zur Festi finden wir am Fusse der mächtigen Portland- wand eine bald mehr, bald weniger ausgesprochene Purbeckdepression, an deren Südrand mancherorts die Kreidekalke aus dem Rebland her- vortreten. Die Schlossruine steht auf denselben ; sie sind ferner zu beobachten auf der ganzen Länge des Fussweges (Schybewegli), der von Ligerz zur Fesii aufsteigt. 9. Proles. Der Nordflügel auf dem Dessenberg und weiter öst- lich im Thälchen von Orvin bietet wenige gute Beobachtungspunkte, da die Kreide mit wenig Ausnahmen unter einer mächtigen _Quartär- decke versteckt ist. Der marbre bätard tritt zu Tage in einer schmalen Zone von Preles nach Lignieres. Auf der Pferdeweide westlich von Preles treten zwischen den nach Nord fallenden Bänken (20°) des marbre bätard mergelige Partien auf mit: Terebratula valdensis de Lor. Pterocera Jaccardi P. et C. 10. Mühlen von Lamligen. Durch die erodierende Thätigkeit des Twannbaches wurde hier auf eine kurze Strecke der marbre bätard aufgeschlossen. (Nördl. Fallen etwa 58°.) In dem etwa 1 m mäch- tigen Band aus gelben Mergeln wurden gesammelt: Terebratula valdensis de Lor. Nerinea Etalloni P. et C. Natiea Leviathan P. et C. Reptomulticava spec. Natica Pidanceti P. et €. Spongienstock. Tylostoma Laharpi P. et C. 11. Jorat. Dieses enge Thälchen bietet den östlichsten Aufschluss der Kreidebildungen auf der Nordflanke. Der petrographische und paläontologische Charakter der hier auftretenden Gesteine stimmen für das untere Valangien. Es wurden gesammelt: Terebratula valdensis de Lor. Natica Pidanceti P. et C. Tylostoma Laharpi P. et €. Purbeckien. Die hieher gehörenden Bildungen stellen ein interessantes Binde- glied dar zwischen Kreide- und Juraformation (Portlandien). Die im ganzen etwa 15—20 m mächtige Stufe besteht aus einer Serie von Schichten, die in petrographischer und paläontologischer Beziehung sich scharf von der Kreide unterscheiden. Das Purbeck ist in der Hauptsache eine Süsswasserbildung. Maillard® unterscheidet in seiner interessanten Studie über das Purbeck des Jura zwei Abteilungen ; Jaccard ®%® dagegen spricht in seinen Publikationen von einem oberen, mittleren und unteren Purbeck. Maillard ° \Jaccara?#! ı Kalke u. Mergel des unteren | | Valangien : | Val ® | Natica Leviathan, N. Pidan- Val - anangien | ceti, Pierocera Jaccardi, | N angien Nerineen, Terebratula val- | densis, Toxaster granosus. | | : 5 SIERT we: | = a | chic ; |..8 |: : Brackwasserformen : | | Schichten mit | 2 | Cerithium, Turritella,Cor- | Brackwasserformen | 3 bula, Cyrena, Psammobia, = Gervilia, Lithodomus. | I. Oberes Ausschliesslich terrestre u. | Purbeck Süsswasserformen : | Sehiehten mit Auricula, Carychium, Cy- Si r \ 7 | elostoma. Planorbis, Lym- = Se nea, Physa, Bythinia, ig Hydrobia, Valvata, in Ohara Jaccardi. a u ea R-) | | = | -. . a | Au Caleaire celluleux 3 Es Zelliger Kalk 2 | Ohne Fossilien. = | wi | EI. Rn | ; = | ee re WELUOIOTGR = | Purbeck > Dunkle Mergel ; | Ohne Fossilien; charak- en mit Ir | teristisch sind kleine ı Gypseinlagerungen | Quarzkrystalle mit Doppel- arnäe 40a ramiden. | (Marnes a gypse) | DT: | \ U I ER N ! Kr | Dolomies portlandiennes; bis | jetzt etwa 10 Brackwasser- - formen bekannt. III. Jaccard unterscheidet: 1) Oalec. Unteres äpre 2) Dolomies sacharordes. p i E : urbeck Portlandien 3) Cale. en plaquettes (Krebs- scheerenplatten ). Marine Fauna: Natica Mar- : neigt u Portlandien cousana; Nerineen etc. — 4 Jaccard hat aus paläontologischen Rücksichten die Zone der Do- lomies portlandiennes dem Purbeck zugewiesen; nach dem genannten Autor folgt das eigentliche Portlandien auf den leicht kenntlichen Hori- zont der Calcaires en plaqueties. Dem Bielersee entlang sind die dunkeln Purbeck-Mergel mit Gypseinschlüssen nicht entwickelt. Nach Maillard ist das obere Purbeck viel weiter verbreitet und konstanter als das untere Niveau. Aus den Untersuchungen des schon genannten Autors resultiert, dass das Purbeck des Jura nur eine Facies der Port- landstufe darstellt. Alle Aufschlüsse unseres Gebietes bieten eine ziemlich übereinstim- mende petrographische Zusammensetzung und Aufeinanderfolge der Schichten. Graue Mergel wechseln mit mergeligen, wenig mächtigen Kalkschichten von gleicher Färbung. Dem Einfluss der Almosphärilien ausgeselzt, verwillern diese Mergel und Mergelkalke sehr leicht. In der obern Partie tritt ein fester, grauer bis gelblicher Kalk auf mit vielen dunkeln Geschieben von Sandkorn- bis Nussgrösse (Caleaires a cailloux uoirs). Die Herkunft dieser Einschlüsse ist noch problematisch. In den darüber liegenden, sehr soliden, hellgrauen Mergeln finden sich harte Kalkkonkretionen mit ockerfarbiger, sehr rauher Oberfläche. In Tüscherz nehmen die Mergel gegen die Basis der ganzen Ablagerung Streifenweise eine violette bis dunkle Färbung an, und es (reiten 1— 1'/ mm lange Quarzkrystalle mit Doppelpyramidgn auf. Nach Jaccard? ind Maillard® charakterisieren dieselben die Mergel der unteren Pur- beckstufe und scheinen an den Platz der .Gypseinlagerungen zıı treten. Wenn diese Krystalle wirklich die Stelle von Leitfossilien übernehmen, s0 müssten wir in den bei uns auftretenden Schichten ein Äquivalent erblicken für die bisher nur in der Nordfacies nachgewiesenen Marnes ä gypse. Der Übergang vom Valangien zum Purbeckien ist ziemlich Scharf, wenigstens in paläontologischer Beziehung. In Vingelz und Tüscherz haben die untersten Kreidebänke typische marine Fossilien Seliefert : Terebr. valdensis. Pterocera Jaccardi, Pseudomelania Gresslyi. Im untern Valangien treten graue Mergel auf, die täuschende Ähnlich- keit besitzen mit denen der Purbeckstufe (Vingelz und Laube bei Alfermee). Die Fauna der Purbeckstufe weist neben einigen Brackwasser- formen namentlich Süsswasserrepräsentanten auf. Die Fossilien sind wenig zahlreich und wegen der fast ohne Ausnahme sehr geringen Grösse aur mit Mühe aufzufinden. Indes heben sich die dunkeln Gehäuse auf dem hellen Gestein gut ab. Es ist hauptsächlich der Bern. Mitteil, 1894. Nr. 1357. Horizont unter der Bank mit dunkeln Geschiebeeinschlüssen, welcher bei uns an fast allen beobachteten Punkten Petrefakten führt. Neben Schalenfragmenten von Acephalen finden sich namentlich gut erhalten Valvata helicioides Forbes und 2 Planorben P. Loryi Cog. und P. Co- quandi, de Lor. Die Schalen sind nicht mit Kieselsäure imprägniert; sie werden von Salzsäure sofort zerstört. Orographie. Da die Purbeckstufe in der Hauptsache aus leicht verwilterbarem Material sich zusammensetzt, da ferner über derselben ein viel soliderer Schichtenkomplex folgt, so hat die Erosion dieses Terrain energisch in Angriff genommen ; wir finden das Purbeck daher in Depressionen und Gomben. Das Lachenthälchen ob Wingreis und das Thälchen des Mt. Bijoux sind solche Purbeckcomben. Aufschlüsse gewähren indes weder Depressionen noch Gomben; denn sie sind reichlich mit Gletschermaterial bedacht worden. Sämtliche Aufschlüsse dem See entlang sind dadurch zu stande gekommen, dass durch Spreng- arbeiten in Steingruben oder durch Erosion der Kreidemantel abge- tragen wurde. Tüscherz und Vingelz bieten allein ein ziemlich kom- pletes Profil. 1. Vingelz. Gegenüber der Handelsgärtnerei Krebs ist das Pur- beck auf eine Länge von 50 m aufgeschlossen. Südliches Fallen der Schichten etwa 50°. Ein Profil dieser Lokalität ist von Maillard S publiziert worden. Dasselbe stimmt ziemlich überein mit demjenigen von Tüscherz. Von Interesse ist der Übergang zum Valangien. Valangien. 1. Gelbliche Kalke, oben in regelmässigen, kompakten, nach m innen gebogenen Bänken, unten wenig kompakt mit Terebr. valdensis und Toxaster granosus i 3—4 9, Graue bis gelbliche, kiesige Mergel mit Astarte gigantea 0,1 3. Graue, blätterige Mergel, stellenweise rosafarbig bis rot angehaucht . .. . 0,2 4. Graue, solide Mergel mit nahetıschäriger Ober Mi iche und schlecht erhaltenen Acephalen Be ; ; 1,2 5. Gelbliche Kalkbank mit einer dünnen Decke von oeRöi farbigen, oolithischen Mergeln . . . 1,8 S Dünne Schicht gelblicher Mergel mit grossen, harten Kalkknollen. Gasteropoden: Pseudomelania Gress- meet G: ee 0,05 — 1 = Te Uerbliehe Rah Ne ee 0,8—1 3. Gelblicher Kalk, mit grauverwitterter, rundhöckeriger Oberfläche und Spuren von Petrefakten . . . . 02-03 Purbeckien. 1. Sandige bis knollige Mergel . . . : . 0,2—0,3 2. Graue, sehr solide Mergel mit holperiger Oberfläche ; die unregelmässigen Höhlungen mit‘ zerrissenen Wandungen enthalten kiesige Mergel mit dunkeln Körnern, Schalenfragmenten und sehr harten Kalk- konkretionen mit ockerfarbiger Oberfläche . . . 1,3 Die Schichten 3 und 4 im Valangien erinnern in ihrem petrogr. Habitus an einzelne Mergelschichten des Purbeckien. Unter den dünnen Schichten des Calcaire ä cailloux noirs sind Mergelkalke mit wenig zahl- reichen, aber gut erhaltenen Fossilien. Ich sammelte Valvata heli- eioides F; Planorbis Loryi Coq. und Pl. Coquandi de Lor. und Bythinia Sautieri de Lor. Nicht selten sind Acephalenfragmente. Maillard ® erwähnt von hier noch Chara Jaccardi, Cypris purbeckensis Forbes, Physa wealdiensis Cog. und eine Lucina spec. (Pag. 7 u. 40). 2. Alfermee. Steigt man den «Loschtweg» hinauf, so trifft man überall die Dolomies portlandiennes. Ostwärts dieses Weges finden wir das untere Valangien. Von der Biegung der Nidaubergstrasse bis I den Nidauberg ist die Purberkstufe angedeutet durch eine schwache Depression. Die Purbeckgrenze steigt dann noch höher, um, den Portlandfelsen folgend, wieder zu sinken und in den Goldbergreben die Strasse zu erreichen. Auf dieser Strecke ist nirgends ein Auf- Schluss zu finden; am Fusse der Jurafelsen sind überall Felstrümmer Angehäuft, welche die Mergelzone bedecken. Oberhalb Alfermee finden Wir in den Rebmauern zahlreiche Purbeckgesteine. Unter der schon genannten Biegung der Nidaubergstrasse, im sog. Wartenbrunnen, hat man beim Graben einer Wasserleitung im Schutt ebenfalls Steine aus- sehoben, die der obern Purbeckstufe angehören. Ungefähr in der Mitte zwischen Alfermee und Tüscherz taucht Dach einer kurzen Unterbrechung der Kreidemantel wieder auf und bildet über der Strasse mit dem Purbeck ein kleines Plateau; dasselbe ISt bis zur Portlandsteingrube westl. von Tüscherz zu verfolgen. Tra- Yersieren wir dasselbe in der Süd-Nordrichtung, so finden wir die selblichen Kalke des untern Valangien (Stand von Tüscherz), dann die mit Gletscherschutt gefüllte Purbeckdepression und weiter die Do- — 180 — lomies der Portlandstufe. Unter dem Schützenhaus, an der Strasse, hat die Erosion ein Stück des Kreidemantels enifernt, und es Lreien die obern Schichten der Purbeckstufe zu Tage. Wir bemerken wie- der den Calcaire & coilloux noirs und darunter die Mergelkalke. Der Übergang zum Valangien ist ein sehr scharfer und kann besonders gut an der höchsten Stelle des Aufschlusses beobachtet werden. Von hier besitze ich Valvata helicioides, Planorbis Loryi und Coquandi, eine schlecht erhaltene Physaspecies und Schalenstücke von Acephalen. Maillard ® nennt noch Meyalostoma Loryi und eine Lioplax-species (Pad: 9). 3. Tüscherz. Durch Abbau der Valangienkalke in einer Grube ist westlich der Ortschaft der schönste Aufschluss am ganzen See entstanden. Kurz, nachdem das nachfolgende Profil aufgenommen worden, wurde die Purbeckhalde in einen Rebberg verwandelt, so dass in Zukunft nur noch ein Teil der Stufe der weilern Untersuchung zu- gänglich ist. I. Unteres Valangien (Basis). 1) Gelbliche wenig mächtige Kalkbänke m. 2) Gelbliche Mergel mit Acephalenfragmenten 8) Gelbliche Kalke me Br En ass. 2,0 a Gelhliche bis orauesMergel.. er. nn ei 5) Geibliche Kalke ; .. er 6) Rötliche, streifenweise Eintahhe ‚Mötdel le! 7) .Grate ;Mergel ..,°. a el 8) Blättrige, violette Mörkel: et sn, 9) Gelbl. Kalk mit oolithischen Morgelkerlihiaitenen, welche Fossilien führen: Terebr. valdensis, Pterocera Jaccardı, Prabmenie vonsAtephaleire man m II. Purbeckien. i) Dünkle, Kıesige Mewsel . .: 0 2) Graue, solide Mergel; darin Kakkonkteinnen au oekarzib. Öherlläche ... .... en ae 3) Graue bis gelbliche ee Wergel ee a 4) Wenig mächtige Bänke des Calcaire ä callonke noirs und da- runter alternierende Schichten von grauen Mergelkalken und grauen bis dunkelgefärbten Mergeln. ‚Planorben, Valvata, Acephalenfragmenie ie“... were — 11 — o),Welbliche Morgel Se... me, ne 6) Graue Mergel en) 7) Gelbliche, ein wenig geschichtete Mergel . . . .....083 8) Härtere graue Mergel mit dunkeln Können . . eg ak 9) Dunkle Mergel, stellenweise in Mergelkalk über gehend 04 10) Graue und violett gefärbte Mergel mit Quarzkrystallen . . 0,2 11) Dünne Bank aus Mergelkalk mit Quarzkrystalen . . . . 01 12) Graue bis dunkle Mergel, die unter dem Hammer in kleine prismat. Stücke zerfallen, deren Oberfläche violett oder rötlich gefärbt erscheint . . . 20,9 13) Spatreicher, rostgelber Kalk, dessen Wächtigkeit it‘ von angehäuftem Schutt nicht ermittelt werden kann. me a Pen ze u u III. Portlandien. 1) Calcaire äpre ohne Schichtung 2) Portlandkalk mit Spalten, die roten und grünlichen Bolus und Quarz- sand enthalten (Siderolithique). Auch hier ist der Übergang vom Purbeckien zum Valangien ziemlich scharf; die unterste Kreidebank enthält noch Leiter für die intere Kreide. Die messbare Mächtigkeit der Purbeckstufe mag etwa 8—10 m betragen. Die Mergelkalke führen Fossilien: Planorbis Loryi, PL. Coquandi, Valvata helicioides, Acephalenfragmente. Interessant sind die Quarzkrystalle mit Doppelpyramiden. 4. Lachenweg und Mt. Bijour. Zwischen Tüscherz und Win- Sreis sind es wieder nur die Lagerungsverhältnisse von Portlandien und Valangien, welche die Purbeckgrenze bestimmen. Von hier bis ins Gaichterthälchen finden wir 2 Purbeckcomben; die südlich der Kreuzfiuh gelegene heisst «Lachenweg», die nördlich der Trämelfluh Mt. Bijoux. Beide Comben sind reichlich mit Gleischermaterial ver- Sehen, bestehend aus eckigen Blöcken und Geschieben, mit jurassischem Gesteinsschutt vermischt. Wir finden Euphotide, Eklogite, Serpentine, Gneisse und Granite (interessant ein Block mit gelblichem Feldspat). Vie eine Insel tritt der obere Jura (Trämel-Schloss und Kreuzfluh) ?wischen den beiden Comben aus dem Kreidemantel hervor. Am Schönsten kommen. die orographischen Verhältnisse dieses Gebietes zur a . 5 3 . 5 5 " Geltung in einer Ansicht von der St. Petersinsel aus oder von er Rn Biegung der Dessenbergstrasse. 9. Kanzel ob Twann. (Vide Tafel I.) Der Twannbach hat am Bus $Ang Zur Schlucht Kreide- und Purbeckschichten abgelragen; die Dolomies ne EB treten zu Tage. Zu beiden Seiten der Erosionsrinne sehen wir die untersten Bänke des Valangien; das Purbeck hat eine Mächtligkeit von 12—15 m, ohne einen guten Aufschluss zu bieten. Auf der West- seite, hinter der Mühle, ist die Purbeckhalde mit Vegetation bedeckt; in der schwach ausgesprochenen Depression auf der Ostseite liegt die erste Biegung der Dessenbergstrasse; hier sind die Purbeckschichten unter der Böschungsmauer verborgen. Nur links vom Fussweg, der vom Kanzel nach Kleintwann hinunterführt, kommen in kleinen Parlien graue bis gelbliche Mergel zum Vorschein, die dem obern Purbeck angehören. Vom Kanzel bis ins Gaichterthälchen, wo die Sedimente unter einer jedenfalls mächtigen Decke von Gletscherschutt verschwin- den, sind nur stratigraphische Verhältnisse bei der Bestimmung der Purbeckgrenze massgebend. Ob Twann steigt sie mit dem Valangien über die Dessenbergstrasse, um vom Fusse der Burgfluh sich gegen das Gaichtersträsschen zu wenden. 6. Stand von Ligerz. Zwischen letzterem und der Twannbach- schlucht erscheinen in den Reben die Dolomies portlandiennes. Vom Twannbachfall bis Bipschal finden wir der Strasse entlang einen wenig mächtigen Kreidemantel, der sich auch nur unbedeutend über das Niveau der Strasse erhebt. Derselbe ist bei der Brunnmühle unter- brochen; hier tritt eine Portlandwand zu Tage, an deren Fuss eine ganze Reihe von starken, ziemlich konstanten Quellen zum Vorschein kommen. Die Purbeckstufe ist in diesem Gebiet durch keine. De- pression angedeutet, weil bei dem starken Fallen der Schichten die orographischen Verhältnisse durch spätere Ablagerung von Gletscherma- terial verwischt wurden, vielleicht auch, weil die Steilhalde schon seit alter Zeit zur Rebenkultur dient. Unter der Felswand, worauf der Stand von Ligerz erbaut ist, treten die Purbeckmergel und der Galcaire & cailloux noirs zu Tage; nach langem Suchen fanden sich in letzterem Fossilien, unter anderem eine Megalostoma. Es ist wahrscheinlich, dass alle Reben bis zur Strasse hinunter auf Purbeck ruhen; wenig- stens hat man in benachtbarten Reben in einer Tiefe von ca. 1 m Material ausgehoben, das ohne Zweifel der Purbeckstufe angehört. Die Rebmauern südlich vom Stand enthalten viele Purbeckgesleine. 7. Schernelz und Festi. Nördl. vom Rondbois ist der Verlauf der Purbeckzone wieder durch eine Depression angedeutet (sog. Gum- men), die westlich von Schernelz wieder auftritt und am Fusse der Portlandfluh bis zur Festi verfolgt werden kann. Der Purbeckauf- schluss am Waldrande westl. vom Festigut ist zum grossen Teil von —- 13 — Schutt bedeckt. Es finden sich eine 1 dm. mächtige gelbliche ooli- thische Kalkbank (Oolithen von der Grösse und Form eines Grieskornes), ferner der typische Calcaire A cailloux noirs und darunter graue Mergel. Nördl. von Chavannes trifft man dem Waldrand entlang hie und da Kalkplättchen mit dunkeln Geschiebeeinschlüssen. Es war mir un- möglich, die Purbeckstufe hier anstehend zu finden. Wie anderorts, so ist auch hier die Purbeckzone am Fusse der Felswand mit ‚Juras- sischem Schutt überlagert. Maillard ® schreibt Pag. 9 seiner schon erwähnten Studie: A Chavannes pres Neuveville, on trouve les @er- vılia obtusa Röm. et Cypris purbeckensis Forbes sur la meme pla- quette de roche.» Bemerkungen über die obere Portlandstufe. (Dolomies portlandiennes.) Auf die Mergelzone des Purbecks folgen die obern Schichten der Portlandstufe, die mehr oder weniger dolomitische Ausbildung aufweisen. In ihrer Gesamtheit tragen die Schichten den Namen Do- lomies portlandiennes. In unserer Gegend lassen sich 4 petrographische Horizonte nachweisen: 1) Unter den Purbeckmergeln mit Quarzkrystallen erscheint eine wenig mächtige Decke von aschgrauem, ungeschichtefem Kalk. der eine eLwas zuckerkörnige Struktur aufweist. Wo diese Decke dem Einfluss der Atmosphärilien ausgesetzt ist, da zeigt sich eine holperige Überfläche mit kleinen Höhlungen, mit einem feinen, gelblichen Sande gefüllt. Jaccard hat dieses Gestein unter dem Namen Calcaire äpre beschrieben (Kanzel bei Twann). 2) Unmittelbar darunter findet sich in geringer Mächtigkeit ein dunkelgrauer, dolomitischer Kalk, der sich leicht in Platten von 5—6 cm Dicke spalten lässt. (Kanzel bei Twann). 3) Es folgt darunter ein weisser, spalreicher, kompakter Kalk, der durch das Auftreten von Ganoidenzähnen ausgezeichnet ist (ich be- Silze solche aus einem Block, der dem sog. «Bruch» bei Wingreis entstammt) Burgfluh; Schützenhaus, 4) Darunter erscheint der leicht kenntliche Horizont des Calcaire en plaquettes. Diese Kalke sind charakterisiert durch eine sehr regel- Mässige Schichtung; einzelne Bänke (1 dm mächtig), fast immer mit indulierter Oberfläche, lassen sich mit Leichtigkeit in sehr dünne Blätter — 14 — spalten. Die Schichtflächen und Spaltungsflächen weisen braungelbe Makel auf. Nicht selten sind hübsch ausgebildete Dendriten (hinter der Burgfluh.) S Jaccard bezeichnet diese vier petrographisch leicht kenntlichen Horizonte als unteres Purbeck (vide Pag. 176). Er hat nämlich in der Umgebung von Villers-le-Lac bei Morteau in diesem Schichten- komplex eine Reihe von interessanten Fossilien entdeckt (Corbula inflexa, Cardium villersense), welche sich als Brack wasserformen erwiesen haben und welche auch im Purbeck vorkommen. Diese Einteilung stützt sich also auf paläontologische Merkmale. Nach dem genannten Autor umfasst die Portlandstufe die Schichten zwischen den Krebsscheerenplatten oben und dem Virgulahorizont unten. In Bezug auf den petrographischen Habitus schliessen sich die Dolomies an das ei- gentliche Portlandien an, das eine marine Fauna aufweist (Natica, Neri- nea etc). Bei praktischen Arbeiten (Cartierung, Aufnahme von Pro- filen), die einmal eine Grenzbestimmung notwendig machen, erscheint es vorteilhaft, die Dolomies als oberes Portlandien zu betrachten, Lrotzdem paläontologische Funde für den Anschluss an die Purbeckstufe sprechen (etwa 10 Brackwasserformen bekannt; Maillard ?, Pag. 3). Dieselben sind leicht aufzufinden und zu erkennen, da sie a) petrographisch sich scharf von den Purbeckschichten und der untern Kreide unterscheiden und b) mit dem untern Valangien die Purbeckdepression oder Gombe bilden, also auch orographisch eine Rolle spielen. Hat sich in letz- teren Schutt angehäuft oder sind sie von Vegetation bedeckt, so dass kein Aufschluss vorhanden, so gewähren gerade die Dolomies einen willkommenen Anhaltspunkt, um die Purbeckgrenze mit Sicherheit festzustellen. 1) Schernelz. 7wischen der ersten und zweiten Kurve des Weges nach Pröles werden die Krebsscheerenplatten ausgebeulet. 2) Brunnmiühle. In der obern Partie der Bögine-Reben und hinter der Brunnmühle kommen zum Vorschein der Calcaire äpre und die dolomitischen, spaltbaren Kalkplatten des 22 Horizontes. 3) Eingang zur Tneamnbachschlucht. Hier beobachtet man die obere Partie der Dolomies. 4) Burgfluh. Der so benannle Felskopf besteht aus spatreichem, kompaktem Kalk; hinter demselben folgen die Galcaires en plaquettes, welche ausgebeutet werden. [ ber d.geolog. Verhältnisse am £ilfer d. Dielersees Mittheilungen d. Berner natunf Geselischaft I8Ih. ÄgIld Locale SPouchungen er oder Jura, , Aluvcum i ‚ u Br Oktober |} 2 BUCHE hie A FOR IIIIETERN ne Oberes ıS — /roo0o y a en eh, 0 FR < Unteres Mıvıelv 1 \ cos Terge IR Itmonit od. % Oberes Palangien = Unteres ıS : 4 IE "Pürdech Nee un Niv. des Bielersees 438 m... | 4 ? ee re Hardste e ES > P Val PorHan IR Pur ESS gt “ r [0 Nord Trdmelfluh Hanfgews Übe, m. SBı4010% 230% „Schluchten 2 .. 27 ee E.Frofil BZ X S ı Zachencosmbe ro 000 BP: a See y > v ERSTE 2 % late. rous des odern Valangren 2, /fmollen aus/Hergelkatk. 2. Limon itbloche mutfossi len E2 DennesMenge band. 6, gelbe Haurersi Vermerg el mit Fossilien, : N N /ro BE durch das Stırbeck wesHl vor Ic ger E& I Unteres Vatangier sch enrz, vB Frrbeepien > N = Pf Perffandcen Harsische im unters Valangien, west von ee Socke hiugı a e Tersch erzu "3 JRengeluuf Fossilien. a = DMisloearionsbreccie Gereichnet von EDaumberg . —:. 1 5) Preles. Die Lokalität sur les Moulets bietet in einer Stein- grube die schwach nach Norden fallenden (5° Krebsscheerenplatten. 6) Tüscherz. Unter dem Purbeck westl. der Ortschaft sind sicht- bar der Calcaire äpre und die folgenden zwei Horizonte. Westl. vom Stand stehen bis zum Loschtweg die Dolomies an (II. Horizont.) 7) Tüscherz. (Gaichterboden) dolomilische Plättchen. 8) Nidauberg. Über der Strasse in den Nidauberg, nördl. vom Wartenbrunnen, dolomitische Plättchen. Das Portlandien in der mitilern Partie der Dessenbergstrasse bietet interessante lokale Dislokationserscheinungen. Von Twann her- kommend, beobachten wir zuerst in einem gut geschichteten, leicht in Blätter spaltbaren Kalk mit zahlreichen Kalkspatgeoden (Calcaire geodique) eine hübsche Anticlinale (n) und Synelinale Fig. I (m). Bei der Faltung der Sedimente ist der Kalkkeil F’ von der Bank F abge- Quetscht worden: diese Dislokation hatte die Bildung einer Breccie (0) und die Lagerungsstörungen in den tiefer liegenden Schichten zur Folge. Im Mergelkalk g finden sich Acephalen (Thracia incerta Desh., Eyprina Brongniarti P. et Ren., Psammobia rugosa Röm., Gardium Foucardi de Lor., Pecten suprajurensis Buv.). Es stimmt dieser Horizont Detrographisch und paläontologisch überein mit den durch Hisely be- kannt gewordenen Schichten «Sur les M6es», an der Strasse von Neuen- Stadt nach Preles. Die von genanntem Autor mit m und n bezeichneten Schichten (vergleiche Greppin, Mat. Pag. 123) haben mir geliefert: Thraeia incerta Desh.. Plectomya rugosa de Lor., Cardium dissimile Sow. und Mytilus Icaunensis de Lor. Das oben genannte Geoden führende Gestein tritt auch im Kapfgewölbe auf, aber hier ohne weitere Dis- lokationen (am Fussweg zwischen Kapf und Picardsacker). Etwas Weiter oben an der Strasse ist eine kleine Anticlinale (d in Fig. I) Wagrecht in das übrige Gestein hineingeschoben. Zwei Schritte Weiter ist der eine Schenkel der Fältchen nur noch durch eine Rutschfläche vertreten (‘). Über diesen dislocierten Schichten ver- laufen die Bänke wieder normal. An dritter Stelle (Kimmeridgien, Fig, If, auch am Ligerzsträsschen zu beobachten) ist eine Anticlinale Nach Norden übergelegt. Die Bänke bei a enthalten Nerineen und bei p fanden sich Terebrateln und ein schlecht erhaltener, regulärer Seeigel. Die genannten Erscheinungen beweisen, dass innerhalb eines Schichtensystems, das ein Gewölbe bildet, eine gewisse Parlie der Sedimente durch den Faltungsprozess immerhin noch weitere Dislo- Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1358. ei I : q B ’M vs — 16 — kationen erleiden kann. Dieselben können en miniature alle die Formen wiederholen, wie sie die Tektonik für ganze Sedimentsysteme nachgewiesen. Die Twannbachschlucht. Der Twannbach sammelt die Wasseradern des Dessenbergs. Süd- lich von Lamboing hat die erodierende und transporlierende Thätigkeit des Wassers das Gewölbe der Seekette durchsägt und eine interessante Schlucht geschaffen. Seit Mitte Mai 1892 kann dieselbe bequem be- gangen werden. Von besonderem Interesse sind: 1) Die unter dem Namen der Gürschenen bekannten Transver- salspalten. 2) Die scharf ausgeprägten Erosionserscheinungen. 3) Die zahlreichen Findlinge. 1) Am Eingange zur Schlucht treten im Portlandien Spalten auf, welche, soweit sie verfolgt werden können, die Direktion der Schlucht inne zu halten scheinen. Wenige Schritte weiter, in der schattigen Schlucht selbst, finden wir in der Streichrichtung des Ge- wölbes eine horizontal verlaufende Höhle (Wasserholiloch), die sich durch das Einstürzen der stark gegen den See fallenden Schichten stels vergrösserl. Dieselbe steht mit den oben erwähnten Spalten in Verbindung. Aus der schachtartig sich erweiternden Spalte im Hintergrunde tritt von Zeit zu Zeit eine enorme Masse krystallhellen Wassers hervor, welches durch genannten Kanal und die Gürschenen abgeleitet wird. Gewöhnlich stellen nach Kurzer Zeit Holiloch und Gürschenen ihre Wasserlieferung ein. Nivht selten kommt es vor, dass der Twannbach selbst äusserst wenig Wasser führt, wenn das Spaltensystem in voller Aktion steht. Dies ist ein Beweis, dass das- selbe und die Erosionsrinne der Douanne nicht in- Kommunikation stehen. Es muss für beide ein getrenntes Reservoir angenommen werden. Früher einmal müssen die Gürschenen kontinuierlich Wasser geliefert haben; denn auf dem Felsenvorsprung unter der ersten Brücke finden sich mehrere alte Erosionstöpfe (Trockentöpfe). 2) In der Schlucht treten uns Schritt auf Schritt hübsche Ero- sionserscheinungen vor Augen; da hat das Wasser tiefe Kanäle in das felsige Bett eingegraben; dort stürzt es über eine Felsenbarre und vergrössert am Fusse derselben Erosionstöpfe. Interessant sind die —_ 9 —= zu beiden Seiten an den Felswänden auftretenden, hoch über dem jeizigen Niveau des Baches liegenden Rinnen und Galerien, welche mit den Schichtflächen der Sedimente zusammenfallen. Schön aus- gebildet sind diese Rinnen namentlich an den Felswänden über der Dessenberg- und Ligerzstrasse. In der untern Partie der Schlucht arbeitet das Wasser auf eine lange Strecke an einer Galerie. Ander- orts sind solche Rinnen durch tuffariige Schwemmprodukte wieder ausgefüllt worden. Alle die an den Felswänden sichtbaren Galerien und Nischen hat der Twannbach gebildet zu einer Zeit, da sein Niveau noch auf der Höhe der betreffenden Rinne stand. Es sind dies spre- chende Zeugen seiner frühern erodierenden Thätigkeit. 3) Der Rhonegleischer hat in der Twannbachschlucht, wie über- haupt in der ganzen Gegend, zahlreiche erratische Blöcke (neoglaciale Findlinge) zurückgelassen. Die meisten bestehen aus Mt. Blanc-Granit. Zwei grosse Blöcke aus genanntem Gestein finden sich in der obern Partie der Schlucht; sie füllen fast die ganze Breite des Bachbettes aus, In der Mitte der Schlucht treien die Felsen etwas zurück, und der Tannenwald dringt bis an die Ufer des Baches vor; das ist die sog. Pulverstampfe. Mitten im Bachbett ist ein enormer Quarzit mit einem Umfang von 8,5 m und einem Inhalt von 8—9 m?. Dicht am Fussweg erblicken wir einen gewaltigen Findling aus (ypischem Arolla-Gneiss; die Oberfläche ist ziemlich quadratisch und misst bei 7 m Seitenlänge ca. 50 m? Bis auf 2 m. ist der Block in die Erde eingesenkt; die inessbare Masse beträgt 98 m. Gegen den Ausgang der Schlucht findet sich nahe der Einmündung des Schluchtweges in die Dessen- bergstrasse ein kleiner Block aus Chloritschiefer, der in Masse schön ausgebildete Octaöder von Magneteisen enthält. Faust- bis kopfgrosse Geschiebe alpiner Herkunft finden sich zahlreich im Bachbett und an den Abhängen der Schlucht. Vor Beginn der letzten Galerie führt der Weg durch Glacialschutt, der reichlich mit jurassischem Material vermischt ist. Ein früherer Wasserlauf hal das Material des Schutt- kegels, der an der Felswand ansteigt, direkt vom Abhang über den Felsen in die Tiefe transportiert. Es wurden hier gesammelt (auch im übrigen Teil der Schlucht gefunden): 1) Arolla-Gneiss 6) Amphibolite 2) Mt. Blanc-Granit 7) Gabbrogesteine 3) Euphotide 8) Quarzite 4) Eklogite 9) Garbonischer Sandstein 5) Serpentine — 138 — Die Schlucht gehört zwei geologischen Formationen an: 1. dem Portlandien und 2. dem Kimmeridgien. Nachdem wir, den Fussweg von Kleintwann benutzend, das untere Valangien des Kanzels und die nun folgende Purbeckdepression hinter uns haben, finden wir den Schichtenkomplex der Dolomies portlandiennes; dann folgen die dicken, kompakten Kalkbänke der eigentlichen Portlandstufe. In denselben lässt sich in der Höhe des Schluchtweges ein etwa 8 dm mächtiges Band aus knolligen Mergeln verfolgen, welches Thracia incerta Desh. lieferte. Gegen die Basis der Portlandstufe fand sich Natica Marcoui d’Orb. Hinter der Pulverstampfe sind die Schichten sehr stark aufgerichtet; man Ltraversiert successive folgende fossilienführende Schichten: a. Weissen Kalk mit Gasteropoden b. gelblichen Kalk mit Terebratula suprajurensis Th. c. gelblichen Nerineenkalk d. Bryozoenkalk (in schöner Ausbildung) e. Nerineenkalk Die letztgenannten, stark nach Süden fallenden Schichten ge- hören dem obern Kimmeridgien an; der bekannte Horizont mit Exo- gyra virgula d’Orb., welcher Kimmeridgien und Portlandien verbindet, fehlt. Oben genannte Schichten finden sich am Ligerzsträsschen wieder zwischen Schernelz und Lamboing. Von den hier gesam- melten Nerineen war bestimmbar Nerinea Defrancei d’Orb. Die Terebratelschicht lieferte einen allerdings schlecht erhaltenen regu- lären Seeigel. Beobachtungen über die Hauterivientaschen. An mehreren Stellen längs des Bielersees finden sich im untern Valangien Höhlungen, taschenartige Ausweilungen, die fast ausschliess- lich mit Hauterivemergeln gefüllt sind. Die interessanteste dieser sog. Hauterivientaschen befindet sich hinter der Baume bei Ligerz (Tafel I). Sie ist sichtbar auf eine Länge von 30 m und hat eine mittlere Höhe von 1'/a m. Das einschliessende Gestein ist der marbre bätard, dessen Schichten in einem Winkel von 40° gegen den See fallen. Die gel- ben Mergel enthalten in Menge die charakteristischen Versteinerungen der Hauterivesiufe; diejenigen mit Schalen sind recht gut erhalten. Die Steinkerne dagegen sind ziemlich defekt, meist zerqueischt oder ee sogar nur in Bruchstücken vorhanden. Es wurden gesammelt: Am. radiatus Brug. u. Leopoldi Arca Gabrielis d’Orb. d’Orb. Exogyra Couloni d’Orb. Rhynch. multiformis Röm. Toxaster complanatus Ag. Terebr. acuta Owenst. Pseudodiadema Bourgueti Des. u. Waldheimia pseudojurensis Leym. rotulare Ag. Panopaea neocomiensis d’Orb. Serpula heliciformis Röm. In den Mergeln zerstreut finden sich mehrere eckige Blöcke des Cale. roux, zum Teil sehr eisenreich (Limonit) und mit Fossilien. Es konnten bestimmt werden: Pyenodus eylindricus Pict. Lima dubisiensis P. et €. Terebratula valdensis de Lor. Monopleura corniculum P. et €. Terebratula Carteroni d’Orb. Pygurus rostratus Ay. Waldheimia collinaria d’Orb. Auch der Mergelkalk des untern Hauterivien ist vertreten in grössern und kleinern Knollen, die namentlich in der obern Partie des Füllungsmaterials sich vorfinden. Die Mergel weisen charakteristische Blätterdurchgänge auf, die bald mehr oder weniger parallel verlaufen bald sich kreuzen und so den Eindruck hervorrufen, als ob eine Reihe von Mergelkeilen über einander geschoben wären. Wird so ein Keil blossgelegt, so erweisen sich die Kontaktflächen als mehr oder weniger ausgesprochene Harnische. Diese sind namentlich gut ausgebildet, Wo Mergel und solide Kalke sich berühren. In kleinen Partien scheinen die Mergel etwas gefärbi; man könnte leicht an Beziehungen mit dem terrain siderolithique denken; bei näherer Untersuchung findet man an solchen Stellen steis Limo- nitknollen, deren Eisenkörner in starker Verwitterung sich befinden. Von Gletschermaterial ist keine Spur zu entdecken. Die Untersuchung anderer Taschen hat zu ähnlichen Resultaten geführt; immer bilden die Hauterivemergel die Hauptmasse des Füllungs- materials; Fossilien des Calc. roux oder das Gestein selbst sind bereits immer zugegen. Quartäre und tertiäre Bestandteile konnten nicht nach- gewiesen werden. Es sei noch auf folgende Hauterivienlaschen aufmerksam gemacht: 1) Zwischen Ligerz und der Baume liefern die gelben Mergel: Nautilus neoc. ; Rhynch. multif.; Terebr. acuta; Cyprina Deshayesi, Cardium spec. Lima dubisiensis (letztere aus dem Limonit) und Tox. complanatus. Es ist dies ohne Zweifel die schon von Gillieron ‘ Pag. 114 und 115 beobachtete Tasche. — 1% — 2) Diejenige in der Gros ob Twann lieferte Rh. multif.. Tereb. acuta: Austernfragmente, Exogyra Couloni, Panopaea neoe.; Serpula helieiformis und neben einigen Limonitstücken Thracia Nicoleti und Reptomulticava micropora. Das die Tasche bildende Gestein bietet charakteristische Gasteropoden des untern Valangien (Aporhais valan- giensis). 3) Eine Tasche westl. vom Rusel mit Exogyra Couloni, Terebr. acuta. Serpula helieif. und Limonitfragmenten. 4) Notizen über die Taschen im Rusel finden wir in den Ar- beiten von Gillieron* (Pag. 115) und Rollier? (Pag. 125). 5) Die Tasche beim Bahnübergang östl. vom Rusel liefert na- mentlich Rhyneh. multif. und Terebr. acuta der Hauterivestufe. 6) Bei Vingelz traversiert der Fussweg in die Goldbergreben eine Tasche, in welcher Exrogyra Couloni, Cyprina Deshayesi (sehr zer- drückt), nebst andern Acephalenfragmenten und ein Toxaster compla- natus Ag. (normal) gesammelt wurden. Rollier® nennt noch Am. Astieri und Pterocera Desori (Pag. 166). Auf welche Weise und zu welcher Zeit sind die Hauterivientaschen entstanden und gefüllt worden? 1) Gillieron * (Pag. 115) ist geneigt, die Entstehung der be- kannten crevasses siderolitiques und der Höhlungen im untern Valan- gien ein und derselben Ursache, nämlich der erodierenden Thätigkeit der aus liefern Erdschichten kommenden Thermalquellen zuzuschreiben. Die Entstehung und ebenso die Ausfüllung würden demnach in die Eocänzeit zu verlegen sein. 2) Als die Schweiz. Geolog. Gesellschaft im Jahr 1888 das linke Seeufer besuchte, wurden, die Frage der Hauterivientaschen betreffend, zwei Ansichten geäussert (Rollier®, Pag. 165). a. Nach Rollier sind die Höhlungen Erosionsgebilde des Limonit- meeres; in der darauffolgenden Hauterivezeit hat das Meer auch in diesen Taschen Mergel deponiert. ß. Nach Schardt sind die Hauterivientaschen nicht eine Erosions- erscheinung, sondern ein Produkt des Faltungsprozesses. Die Füllung hat en bloc durch ein Hineinrutschen ganzer Haute- rivienpartien stattgefunden. Die erodierende und transpor- tierende Thätigkeit des Wassers fällt also hier ganz ausser Betracht. 3) In dem Kapitel über das terrain siderolithique schreibt — 191 — Rollier in den Beiträgen zur geolog. Karte des centralen Jura Pag. 144, die Hauterivientaschen betreffend: «II nous semble que ce depöt (lerrain siderolithique) s’est effec- tu& sur une surface horizontale &merg6ee, en parlie simultanement et en partie apres les 6rosions du er6tacique. Il est possible que la limonite valangienne, les marnes hauteriviennes et le calcaire jaune neocomien en aient fourni les materiaux. Les poches de marne haute- tivienne dans le roc valangien du bord du lac de Bienne et du Val de St. Imier peuvent etre considerees comme les points ou ces levi- gations el ces d&compositions lerresires se sont arr&lees.» Bevor ich die namentlich in der Baume auftretenden Rutschflächen und andere später zu erwähnende Dislokationserscheinungen genügend beobachtet hatte und zu würdigen verstand, glaubte ich, die Bildung und Ausfüllung der Hauterivientaschen auf folgende Weise deuten zu können: 1) Die Taschen sind Erosionsgebilde, nicht durch Thermalquellen, sondern durch ursprüngliche Oberflächengewässer geschaffen; das Ge- Stein wurde in der Richtung der Schichtflächen von oben nach unten in Angriff genommen. Die erodierende Thätigkeit des Wassers musste gefördert werden durch das starke Fallen der Schichten, in denen die Taschen auftreten. 2) Die Hauterivientaschen sind wahrscheinlich vor Beginn der Cenomanzeit entstanden. Das Auftreten der Cenomanbildungen auf verschiedenen Unterlagen beweist, dass in unserem Gebiete die schon früher aufgefalteten, ältern Sedimente durch Erosion in ihrer Mächtig- keit stark reduziert oder an andern Punkten ganz abgetragen worden Sind. Hätte die Bildung und Füllung der Taschen nach Ablagerung der Genomansedimente sich vollzogen, so sollte auch diese Stufe durch Fossilien oder Gesteinsfragmente vertreten sein, was eben nicht der Fall ist. 3) Die Füllung hat zu derselben Zeit durch die transportierende Thätigkeit des Wassers stattgefunden. Diese Ansicht stützte sich auf folgende Wahrnehmungen: 1) Blätterdurchgänge der Mergel. 2) Das Anschmiegen derselben an alle Unebenheiten der Wände und Blöcke. 3) Die Lage des Knollenhorizontes. 4) Erhaltungszustand einzelner Fossilien. Die eckigen Blöcke sind in die Taschen hinabgestürzt. Diesen Frühling hatte nun Hr. Dr. Schardt in Montreux die Freundlichkeit, mit mir die wichtigsten Aufschlüsse in unserem Gebiet zu besuchen. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Hauterivientaschen geschenkt. Verschiedene neue Beobachtungen, sowohl das Füllungs- material der Taschen, als auch das einschiessende Gestein betreffend, bestätigen die schon früher von dem genannten Autoren ausgesprochene Ansicht (Pag. 190) über die Entstehung und Ausfüllung dieser interes- santen Höhlungen im untern Valangien. Hr. Dr. Schardt hatte die Güte, in einer Mitteilung die Resultate der Untersuchung zusammen zu fassen; er schreibt mir: «Als ich zufälligerweise bei Gelegenheit Ihres Vortrages an einer Sitzung der naturf. Gesellschaft in Bern Ihre Auffassung über die fraglichen Einlagerungen von Hauterivien-Mergel im untern Valangien hörte und dabei Ihre genau ausgeführten Zeichnungen und Profile mehrerer derselben zu Gesicht bekam, war ich beinahe von der Un- richtigkeit meiner frühern Ansicht überzeugt. Ich beglück wünschte Sie damals, diesem streiligen Punkt eine befriedigende Lösung ge- schaffen zu haben, indem Sie so recht klar darlegten, wie diese Hauterivemergel samt Fossilien, mit Valangien- und Limonitblöcken gemengt, in die Aushöhlungen im untern Valangien hineinge- schwemmt worden seien und zwar zu einer Epoche, welche der Gletscherzeit und wahrscheinlich auch der Molassezeit vorausgeseizi werden müsse, indem weder Gletschergeschiebe, noch Molassegestein darin vorkämen. 50 logisch auch Ihre Auslegung schien, so blieb mir doch ein kleiner Zweifel übrig, besonders da neuerdings Herr Rollier von seiner frühern Annahme zurücktritt und die Entstehung der Hauterivien- taschen mit der Bohnerzbildung in Verbindung bringen will, also eine vierte, von den frühern ganz verschiedene Erklärung. Ich beschloss somit, die wichtigsten von den neuerdings von Ihnen untersuchten Stellen zu besuchen. Sie waren auch so freundlich, mich vergangenen April dahin zu begleiten und zu führen. Die schönste dieser Hauterivientaschen ist unbedingt die Aushöh- lung «La Baume» genannt. Der Hauterivien-Mergel liegt scheinbar parallel zwischen zwei mächtigen Schichten von unterem Valangien, bestehend aus einem hellgelben, fast weissen, dichten Kalk. Der Hauterivien-Mergel ist zum Teil herausgewitiert, zum Teil wohl aus- gehoben worden, so dass das hängende Valangien-Lager einen dach- artigen Vorsprung bildet, weshalb wohl die Stelle «La Baume» ge- nannt wird. — 19 — Der Hauterivien-Mergel ist dem Aussehen nach ganz wie normal eingelagert; die darin enthaltenen Fossilien sind nicht gerollt; sie Sitzen ganz wie im frischen Gestein, so dass man die frühere Aus- legung von Hrn. Rollier, wenn zwar nicht begründet, aber doch begreiflich finden möchte, nämlich diese Einlagerungen seien so entstanden, dass zur Zeit der Entstehung des obern Valangien eine aktive submarine Erosion Höhlungen im untern Valangien erzeugt habe, welche dann später von Hauterivien-Mergel ausgefüllt worden seien. Dagegen sprächen auch nicht einmal die verhandenen Brocken von unterem Valangien-Kalk, von Limonit und Calcaire roux. Diese ganz scharf hervortretende Thatsache, die scheinbar normale Einlagerung dieser Mergel im untern Valangien, das Fehlen von se- kundärer Schichtung, wie sie ja bei aufgewühltem und eingeschwemm- (em Material vorkommen müsste, alles das beweisst, dass wir es hier nicht mit eingeschwemmtem Hauterivien-Material zu thun haben. Die von Ihnen begründete Anschauung, welche mir zuerst so einfach schien, wird somit hinfällig, desgleichen auch der jüngst von Herrn Rollier zur Geltung gebrachte Zusammenhang mit der Entstehung der Bohnerzthone. Die Einlagerung von La Baume bei Bipschal, diejenigen elwas südwestlicher neben einem Steinbruch, dann die Einlagerung in der Cros sind ebensowenig wie die von Vingelz durch Einschwem- men entstanden; es sind normale, nicht aufgewühlte Hauterivien- Mergel! Eine nähere Untersuchung hat uns dann gezeigt, und es hat mich gefreut, diese Beobachtungen mit Ihnen zu verfolgen, dass der Kontakt Mit dem Valangienkalk nirgends einen allmäligen Übergang zeigt, sondern dass derselbe schroff und plötzlich ist, nicht etwa wie bei nor- Mal aufeinander folgenden Schichten. Derselbe ist oft uneben, höckerig; der Valangienkalk dringt zackenartig in den Hauterivien-Mergel hinein, und an diesen Stellen besonders ist zu beachten, wie die Oberfläche des harten Kalkes abgerundet, abgeschliffen und geschrammt ist; Auch einzelne Brocken, besonders im liegenden und im hängenden häufigen Valangienkalke, zeigen diese Abrundungen und Schrammen. Der Kontakt mit dem Valangienkalk zeigt noch eine weitere Eigen- Schaft; gerade wie der letztere zackenartig in die Hauterivien-Mergel hineinragt, so dringt der Mergel oft apophysenartig in die Risse und Vertiefungen des Valangienkalkes hinein, gerade so, als ob derselbe hineingepresst worden sei. In der That ist denn auch die Struktur des Mergels etwas verschieden; er sieht schiefrig und blättrig aus. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1359. Beer — 14 — Schenkt man dem sonst ganz normal aussehenden Mergel etwas mehr Aufmerksankeit, so beobachtet man bald, dass derselbe durchweg von geradlinigen oder mehr oder weniger parallelen, auch schief zu einander stehenden und oft sich kreuzenden Blätterdurchgängen, recht deutliche Rutschflächen darstellend, durchzogen ist. Dieses eingela- gerte Mergelgestein zeigt also, nirgends schöner als in der Baume, überall das Gepräge einer in das untere Valangien hineingepressten Hauterivienmasse. Die Schrammung und Abrutschung am Kontakt mit dem untern Valangien, die dem Kontakt entlang so häufigen und durch Gleiten auch abgerundeten Bruchstücke von oberem und unterem Valangien, sind zu schlagende Beweise, welche dafür sprechen, dass diese Erscheinung auf eine tektonische Einwirkung zurückzuführen sei. Ich komme somit zu dem Schluss, dass die von Herrn Rollier früher angenommene Hypothese einer normalen Einlagerung nicht die wahrscheinlichere und dass vielmehr die von mir ausgesprochene An- sicht die richtige sei, nämlich, dass es sich hier um Fetzen von Haute- rivien-Mergel handle, welche zur Zeit der Gebirgsbildung in Höhlungen des untern Valangien hineingerutscht seien. Unsere gemeinschaftliche Untersuchung erlaubt sogar, diese Auslegung noch genauer auszudrücken: Diese Hauterivienfetzen sind wohl nur zum Teil durch blosses Hinein- rutschen in diese Höhlungen geraten, vielmehr sind sie wahrschein- licherweise auch zur Zeit der Faltung und durch die gebirgsbildende Kraft selbst in diese Lage gebracht worden. Der mechanische Prozess kann entweder durch Verwerfungen und nachherigen Zusammenschub, durch Abgleiten der in jenem Gebiet sehr steil stehenden Schichten und auch durch schwache Überschiebungen dargestellt werden. Für eine dieser letztgenannten Entstehungsweisen spricht besonders die Hauterivientasche beim Steinbruch südwestlich von La Baume, wo auf der Fortsetzung der Einlagerung der Hauterivien - Mergel eine Dis- lokationsbreccie schönster Art im Valangien sich zeigt. Der Hauterivien- mergel selber ist daselbst wie zerrieben.» Weitere Untersuchungen haben mich dazu geführt, die frühere Ansicht fallen zu lassen und Hrn. Dr. Schardt vollständig beizupflichten. Es sei mir an dieser Stelle gestatiet, ihm für seine Freundlichkeit und wertvolle Unterstützung und für das Wohlwollen, das er mir stets entgegenzubringen die Güte hat, den wärmsten Dank auszusprechen. Auf die Dislokationsbreccie westlich der Baume ist von Hrn. Dr. Schardt am Schlusse seiner Mitteilung aufmerksam gemacht worden. Auch anderoris sind Erscheinungen zu beobachten, die beweisen, dass — 195 — im untern Valangien Dislokationen stattgefunden haben. Eine Stelle westlich von Tüscherz bietet schöne Harnische. (Vide Tafel I.) Die Kalke sind gegeneinander verschoben; die Rutschfläche bildet einen bedeutenden Winkel mit den Schichtflächen. Der Mergelkalk m bietet zerdrückte Fossilien (Terebratula valdensis, Natica Sautieri, Nerineen, Cardien, Toxaster granosus, Pygurus Gillieroni). Die äussern Schichten der Hüttenfluh (unteres Valangien) ob Twann stehen senkrecht, während die untern stark nach Süden fallen (bester Überblick von der Dessenbergstrasse aus). Die Kalkbänke klaffen nach oben stark auseinander, und es liegt die Vermutung nahe, es sei die Spalte durch Hauterivien-Mergel gefüllt worden. Eine be- deutende Schuttdecke macht eine Untersuchung der tiefern Partien unmöglich. Über die Bohnerzformation (terrain siderolithique). Die Untersuchung der Bohnerzformalion ist ein sehr schwieri- ges Problem; die Frage nach dem Alter und der Entstehung der Pisolithen, des Bolus, des Huppers und der Quarzsande ist nicht end- gültig entschieden. Die genannten Bildungen werden in das Alttertiär eingereiht (Parisien), weil an verschiedenen Punkten (Mormont bei La-Sarraz, Münster im Bernerjura, Egerkingen) eocäne Säugetierreste ent- deckt worden sind, die durch die transportierende Thätigkeit des Wassers mit dem Siderolithique-Material in die Spalten und Höhlungen der Kreide- und Juraschichten (crevasses siderolithiques de remplissage) gelangt sind. Die dem See entlang vorkommenden Überreste der Bohnerzstufe finden sich in den Kalken der Jura- und Kreideformation und be- stehen: 1) in den sog. Pyriten 2) in Spalten und Höhlungen, die mit rotem oder grünlichem Bolus und Quarzmaterial gefüllt sind. 3) in stark imprägnierten Kalken und Mergelkalken. Die eigentlichen Pisolithen mit konzentrischen Schichten fehlen. Dagegen finden sich ziemlich häufig im Rebgebiet, besonders in den Hauterivienmergeln, die sog. Pyrite von Erbsen- bis Nussgrösse. Aus dem Vorkommen der Pyrite in den Hauterivienmergeln glaubte Gressiy Schliessen zu dürfen, es seien das terrain siderolithique und die untere Kreide gleichaltrig. — 1% — 1) Brunnmühle. Zwischen Kleintwann und der Brunnmühle fand sich in den Reben über der Strasse (Bögine), nachdem die Ober- flichenschicht mit reichlichem Erratikum abgehoben war, eine eiwa 0.8 m- mächtige Bolusschicht, welche auf dem untern Valangien ruhte. Die Kalke, welche eine ziemlich dicke Verwitterungsrinde aufwiesen, wurden gesprengt und es kamen Spalten mit Bolus zum Vorschein. Weder Pisolithen noch Pyrite konnten beobachtet werden. 2) Tiwannbachschlucht. In den Kimmeridgienkalken der obern Partie der Schlucht sind schmale, nach allen Richtungen verlaufende Spalten mit rotem und grünlichem Bolus, ohne Eisenkörner zu beob- achten. 3) Strasse von Schernelz nach Lamligen. Hier treffen wir im Kimmeridgien eine in der Richtung der Schichtflächen verlaufende Tasche von mehreren m. Länge, welche samt den vertikal dazu verlaufenden Spalten mit rötlichgelbem Bolus gefüllt ist, der Lamellen von fest zusammengekitteten Quarzindividuen aufweist. 4) Sur les Moulets zwischen Preles und den Mühlen. In den schwach nach Norden fallenden Krebsscheerenplatten (Portlandien) ist ein senkrechter Kanal zu beobachten, der unter der Humusdecke be- ginnt und sich in eine horizontale Tasche erweitert, welche über einer kompakten Kalkbank sich hinzieht. Länge 3 m.; Höhe 1 dm. Die Tasche weist zwei schräg nach oben verlaufende Aussackungen auf. Die Wände der Tasche und der Aussackungen sind mit seifig anzufühlendem, rotem Bolus ausgekleidet. Die Hauptmasse des Fül- lungsmaterials besteht aus gelblichem Bolus, reichlich mit Quarzkörnern gemischt, auch als Lamellen auftretend. Keine Eisenkörner. 5) Tüscherz. In der Steingrube westl. der Ortschaft sind nach allen Richtungen verlaufende Fissuren und kleine Nester mit rotem, gelblichem, grünlichem Bolus in Mischung mit Quarzkörnern. Keine Eisenkörner. Am «Büntelenschleipf» ob den Reben tritt das terrain siderolithique unter ähnlichen Verhältnissen wieder im obern Portlandien auf. 6) Alfermee. Im Portlandien an der Strasse westl. der Ortschaft ist durch einen kleinen Absturz eine Spalte von 1'/a m. Breite frei- gelegt worden. Sie enthält neben einigen Brocken aus Portlandkalk namentlich viele eckige Gesteinstrümmer des untern Valangien, welche durch ein kalkiges Bindemittel von gelblicher Färbung fest zusammen- gebacken sind. Darin finden sich zahlreiche Eisenkörner von Erbsen- bis Nussgrösse. — 1171 — 7) Gottstatterhaus. Zwischen Gottstatterhaus und Bahnübergang sind die Kalke und Mergelkalke des untern Valangien an mehreren Punkten stark mit Eisen imprägniert, und es treten, wenn auch nicht zahlreich, kleine Pyrite auf. 8) Goldberg. Stark imprägnierte Mergelkalke finden sich westl. vom Fussweg in die Goldbergreben im untern Valangien. In ähnlicher Weise tritt das terrain siderolithique dem ganzen Südfusse des Jura entlang auf. In den Gruben von Hauterive (Hauterivien superieur) ist eine nach oben sich erweiternde Spalte zu beobachten, deren Wände mit grünlichem, seifig anzufühlendem Bolus ausgekleidet sind. Das Füllungsmaterial ist ein roter, quarzreicher Bolus. Die darin auftretenden Gesteinsfragmente sind ebenfalls mit einer Kruste aus grünlichem, seifigem Bolus versehen. Ohne Eisenkörner. In der Taubenlochschlucht ob Bözingen ist es das Kimmöridgien mit Geromya excentrica Ag., das eine Masse von Spalten und Höhlungen mit Bolus aufweist. Lengnau ist schon lange durch seine Huppergruben bekannt. Es ist dies wohl der geeignetste Punkt, um die Erscheinungen des terrain siderolithique, wie sie dem Südfusse des Jura eigen sind, kennen zu lernen. Hauptzüge aus der Entwieklungsgeschichte unseres Geländes. Die Kalk- und Mergelschichten der Jura- und Kreideformation sind Niederschläge früherer Meere; diese Sedimente mit ihren orga- nischen Einschlüssen sind später zu Gewölben aufgefaltet worden. Von der Zeit an, da die Jurafalten als Festlandbildung über dem Meeresspiegel auftauchen, hat die Erosion dieselben energisch in An- griff genommen und eine Modellierarbeit ausgeführt, deren Resultat sich heute in dem feinern Relief des Jura darbietet. Durch die Wirkung der erodierenden Kräfte sind ganze Stufen verschwunden. So ist nachgewiesen, dass das Portlandien östlich einer Linie Pruntrut- Münster - Solothurn nicht mehr entwickelt ist. Die Ostgrenze für Kreide und Purbeck finden wir in der Gegend von Biel. Diese Er- scheinungen haben früher eine Erklärung gefunden in der Annahme, es sei der nordöstliche Jura schon gegen das Ende der Juraepoche durch den Faltungsprozess über den Meeresspiegel gehoben werden. (Greppin? Pag. 222). Sehen wir ab von diesen unsichern Grenzbestim- mungen der alten Meere und lassen wir in erster Linie die Paläon- tologie sprechen! Ha, 18 Er. ji % Ri vi ! Br = TOR — 198 — Im Kimmeridgien und in den untern Portlandschichten finden wir eine ausgesprochene marine Tierwelt (Nerinea, Natica, Pterocera). In den Dolomies portlandiennes treten einige Brackwasserformen auf; in den Purbeckschichten treffen wir neben Bewohnern brakischer Gewässer namentlich Süsswasserrepräsentanten. Dieser Wechsel der Tierwelt spricht für eine Änderung der hydrologischen Verhältnisse. Die Umgestaltung derselben lässt sich durch eine langsam fortschrei- tende Hebung des Meeresgrundes erklären, die zur Bildung einer La- gunenlandschaft führte. Das seichte Purbeckbassin bot jedenfalls eine Menge von kaum über das Wasser hervorragenden Inseln, die zeit- weise wieder überschwemmt wurden. Die Inseln und ihre flachen Ufer haben sich mit einer Reihe von Wasser- und Sumpfpflanzen ge- schmückt. Durch Gewässer, von bestehenden Festlandmassen herkom- mend, wurden diese Lagunen mehr oder weniger ausgesüsst. Unter solchen Verhältnissen dürften sich die Purbeckschichten gebildet haben. Die sandigen Mergel und namentlich die fast nagelfluhartigen Kalke in der obern Partie unserer Purbeckaufschlüsse sind eine Litoralbil- dung. Aber auch die Repräsentanten der Fauna weisen auf die Nähe des Ufers hin. Ihre Verwandten der Jetztzeit leben an Pflanzen der Seeufer oder in langsam fliessenden Bächen. Ähnliche Verhältnisse dürfen wir für ihre Vorläufer der Purbeckzeit voraussetzen. Von Pflanzen kennt man bis jetzt aus dem Purbeck allerdings nur eine Armleuchtersorte Chara Jaccardi. Die Purbeckschnecken haben offen- bar an den Pflanzen in der Nähe der Ufer gelebt; ihre Gehäuse sind da an Ort und Stelle vom Schlamme eingehüllt worden; vom Wasser können diese dünnschaligen Formen nicht auf grössere Strecken trans- portiert worden sein; sie wären zertrümmert worden. Mit den ge- nannten Schnecken finden sich in der nämlichen Schicht Schalenfrag- mente von Acephalen; diese stammen offenbar aus den tiefern Par- tien der Lagunen, wo die Existenzbedingungen für diese Mollusken, mehr oder weniger brackiges Wasser und schlammiger Untergrund, gegeben waren. Unsere Gegend bildete auch einen Teil dieser Pur- becklandschaft. Obgleich in der Nähe von Biel die östlichsten Pur- beckaufschlüsse zu treffen sind, so ist keineswegs sicher, dass das Purbeckbassin sich nur bis dorthin erstreckte. Man kann eben aus der horizontalen Ausdehnung der Stufen, wie sie die Jetztzeit bietet, nicht mit Sicherheit auf die frühere Ausdehnung der Sedimente schliessen. Es ist ja denkbar und sogar wahrscheinlich, dass das Purbeck noch weiter nach Osten deponirt wurde, aber durch die intensive Erosion mit der Kreide abgetragen worden ist. — 19 0 — Wir wissen, dass auf die Purbeckschichten die Kreidebildungen folgen mit miariner Fauna. Es muss also die Purbecklandschaft eine bedeutende Senkung erlitien haben, die eine Rückkehr des tiefen Meeres zur Folge hat. Es bilden vorerst sich die Schichtenkomplexe, die wir unter dem Namen des untern Valangien zusammengefasst haben. Da diese Sedimente dem Bielersee entlang in jeder Beziehung übereinstimmen mit denen der westlichen Gebiete, so muss das Meer gleiche Tiefe, überhaupt ähnliche Verhältnisse aufgewiesen haben wie das in der Westschweiz. Hätte nun in der Gegend östlich von Biel das problematische Jurafestland wirklich existiert, was aus dem voll- ständigen Fehlen der Kreide gefolgert werden könnte, so würden wir nicht bis nach Biel so konstante Verhältnisse im untern Valangien finden, sondern es müssten diese Sedimente in Bezug auf Paläontologie und Petrographie den Charakter von Litoralbildungen tragen. Das Kreidemeer hat jedenfalls auch über Biel hinaus noch Niederschläge gebildet, die jetzt aber verschwunden sind. — Die Gasteropoden der untern Kreide gehören alten Geschlechtern an (Nerinea, Natica, Pte- rocera), die schon das Jurameer bevölkert haben; die Formen aber sind neue. Dagegen treten ganz neue Echinodermatengeschlechter auf, wie z. B. Toxaster. Von den 52 bis jetzt bekannten Echiniden- species der Valangienstufe ist keine aus der Juraformation bekannt. Das Meer scheint den Cephalopoden wenig günstige Existenzbedingungen geboten zu haben. Zur Zeit der Limonitbildung werden die Brachio- poden zahlreicher, und es stellen sich Ammoniten und Acephalen ein. Das tierische Leben zeigt an einzelnen günstigen Punkten eine stau- nenswerte Entfaltung. Die Seeigel sind ebenso zahlreich, wie früher. Die Sedimente der Limonitzeit sind durch ihren grossen Eisengehalt charakterisiert. Auf das Valangien folgen die Hauterivienmergel. Das ruhige, jedenfalls wenig tiefe Meer hat namentlich den Acephalen günstige Existenzbedingungen geboten; denn diese stellen sich in zahlreichen Geschlechtern und grosser Individuenzahl ein. Wir haben gesehen, dass die gelben Mergel östlich von Landeron, namentlich in den höhern Lagen der Gewölbe, wo ihre Mächtigkeit nur noch unbedeu- tend zu sein scheint, direkt auf dem obern Valangien aufruhen. Die grauen Mergel haben ihre Farbe allmälig gegen die hellgelbe ausge- tauscht, wahrscheinlich infolge des bedeutenden Gehaltes an Feuchtig- keit (Oxydationserscheinung). In Landeron sehen wir die gelben apophyenartig in die grauen eindringen, und es lassen sich verschie- | Fr FE | Sa sin — 20 — dene Farbennuancen zwischen grau und gelb unterscheiden. In der Gros bei Twann treten in den gelben Mergeln kleinere und grössere Knollen auf, die noch ihre ursprüngliche graue bis bläuliche Farbe aufweisen. Mit der Bildung des Pierre de Neuchätel tritt das Gelände am Bielersee als Festland aus dem Meere hervor, während das Gebiet des westlichen Jura noch vom Meere in Beschlag genommen ist. Hier bilden sich die Schichtenkomplexe, die als Urgonien bezeichnet wer- den und die dem Bielersee entlang fehlen. Auf dem entstandenen Festland hat die Erosion sofort das Werk der Abtragung begonnen. Dass wirklich eine starke Ablation der untern Kreide stattgefunden, beweist der Umstand, dass die Genomanstulfe auf verschiedenen Unter- lagen konstatiert werden kann. Oberhalb Alfermee ruhen die rosen- roten Genoman-Kalke auf dem untern Valangien. In geringer Entfer- nung (reten das obere Valangien und die Hauterivestufe auf. Der Pierre de Neuchätel, die Hauterivemergel, der Limonit sind auf grosse Strecken abgetragen worden, anderorts sogar sämtliche Kreideglieder. Es musste also vor Beginn der Cenomanepoche unser Gelände längere Zeit als Festland einer intensiven Erosion ausgesetzt sein. Die Mög- lickeit der Rückkehr des Meeres kann durch Annahme einer Senkung des früher gehobenen Kreideareals erklärt werden. In diesem Falle müssten die Genomansedimente mehr oder weniger diskordant auf den verschiedenen Unterlagen ruhen. Leider sind die wenigen Auf- schlüsse so beschaffen, dass die Frage bis jetzt nicht mit Sicherheit enischieden werden kann. In den Sandsteinen zwischen Tüscherz und Wingreis haben wir Sedimente miocänen Alters kennen gelernt. Anderorts finden wir zwischen Kreide und Mitteltertiär noch eine Reihe eocäner Bildungen. Diese fehlen bei uns. Die Molasse scheint auf dem Hauterivien zu ruhen. Die Cenomankalke und vielleicht auch eocäne Bildungen sind verschwunden. Es lässt sich also für die Eocänzeit eine starke Ab- tragung durch Erosion Konstatieren. Die miocänen Sedimente sind die jüngsten Gebilde, die durch den Faltungsprozess eine Störung in ihrer ursprünglichen Lagerung erlitten haben. Das Relief des Jura datiert somit aus der Pliocänzeil. Später hat der gewaltige Rhonegletscher seinen Eismantel über unser Gelände ausgebreitet; sprechende Zeugen hat er hinterlassen in den zahlreichen Findlingen, die in grosser Zahl über unser Gebiet zerstreut sind. Die Mulden sind reichlich mit Geschiebematerial be- — 201 — dacht worden. Jahrhunderte lang hat der Landmann schon seinen Nutzen daraus gezogen. Und heute noch ist der Verwitierungsprozess in diesen glacialen Ablagerungen in vollem Gange; darum ist der so entstandene Boden so produktiv, und es darf der Landwirt mit Bach- mann sagen: «Unter meinem Acker liegt noch ein zweiter!» So hat der Gletscher für eine erfolgreiche Landwirtschaft das richtige Terrain geschaffen. Eine geologische Exkursion in unserem Gebiete. Ein Exkursionstag genügt, um die wichtigsten Beobachtungs- punkte zu besuchen und sich einen Überblick zu verschaffen über die Terrainverhältnisse längs des Bielersees. Eine kurze Orientierung wird dem Beobachter sehr zu statten kommen und dürfte daher willkommen sein. Es ist zweckmässig, die Exkursion in Landeron zu beginnen. 1) Landeron. Ein Bach hat die Kreidebildungen quer durch- sägt, bei der neuen Reservoiranlage his auf das untere Valangien. Wir beobachten bei der Kapelle beginnend: ‚Braungelbe, spatreiche Kalke in | A. ! meist dünnen Bänken mit Fragmenten | Oberes Hauterivien. von Fossilien (Eudesia semistriata) | Am Wege von der Säge nach CGombes und östlich der Kapelle. (Hier interessante Spongienfacies.) 1. Gelbliche Mergelkalke mit To- xaster complanatus. B. 2. Gelbliche Mergel. Unteres Hauterivien. 3. Blaue Mergel mit Kalkkonkre- tionen. Serie B rechts vom Bache, am Eingang in das Erosionstälchen; zahlreiche Petrefakten. “1. Limonit und Calcaire rous längs des Baches mit Terebratula Carteroni und valdensis, Thracia Ni- coleti, Pholadomya elongata, Lima dubisiensis. 2. Graues Mergelband (Marnes d’Arzier) mit Rhynchonella valan- . giensis und Natica Sautieri. Marbre bätard im Bachbeit und D. ; Unteres Valangien. rechts der neuen Weganlage. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1360. \ Oberes Valangien. en ei ie — . 202 — Wir verweisen für die Details auf die schon früher erwähnte Studie von P. de Loriol et Gilli6ron, worin auch ein detailliertes Profil zu finden ist. 2) Ligerz, Bipschal. Hinter der Baume eine schöne Hauterivien- tasche im marbre bätard. Westlich von Bipschal Mergelkalk des un- tern Valangien unter dem marbe bätard; letzterer sehr typisch ent- wickelt; ersterer mit zahlreichen, allerdings nicht sehr gut erhaltenen Petrefakten, besonders Nerinea Etalloni. 3) Twann. Aufstieg von Kleintwann zur Twannbachschlucht. Wir beobachten successive a) Unteres Valangien (isolierter Block: Anken- balle), b) Purbeckdepression, c) Dolomies portlandiennes. In der Schlucht: Portlandien bis zur Pulverstampfe; dann Kimmeridgien mit dem Nerineen- und Bryozoönkalk. Weiteres siehe Twannbachschlucht. Aufstieg bis zur Dessenbergstrasse. Hier an 3 Punkten hübsche Stau- chungen. Hinter der Burgfluh die Krebsscheerenplatten. Gegen das Gaichterfeld ob der Strasse Limonit mit zahlreichen Spongien. Im Cros- thälchen die gelben Hauterivemergel mit Terebratula acuta und Rhynch. multiformis, ferner den marbre bätard (unt. Val.) mit einer Hauterivien- tasche. Abstieg durch den Crosweg gegen die Kirche. An der Haupt- strasse, etwas östl. vom Schulhaus das obere Hauterivien (Pierre de Neuchätel) mit Bryozoön und Eudesia semistriata. 4) Tüscherz. Westl. und östl. der Ortschaft über der Strasse gute Purbeckaufschlüsse. Graue Mergel mit Planorben; Calcaire & cailloux noirs. Übergang vom Purbeck zur untern Kreide. 5) Alfermee. Öst. der Wirtschaft Laube die grauen Mergel des untern Valangien mit Pterocera Jaccardi, Aporrhais valangiensis. 6) Rusel, Gottstatterhaus. Ruselsteinbruch im Valangien; Haute- rivientaschen mit Fossilien. Östl. vom Bahnübergang Mergelkalk mit zahlreichen Fossilien des untern Valangien: Terehbr. valdensis, Wald- heimia pseudojurensis (forme valangienne), Pterocera Jaccardi, Natica Pidanceti, Toxaster yranosus und Phyllobrissus Duboisi. Bis zum Gottstatterhaus zahlreiche Spuren des terrain sidero- lithique. 7) Vingelz. Purbeck mit Fossilien. Östl. dieses Aufschlusses Portlandien. (Siehe Profil von Maillard in seiner Dissertation: Etude sur P’etage Purbeckien dans le Jura, Pag. 7.) Es a Bas STEEL EEE un; Hl A N ’ ° Bi i a en ae EBEN: er Ba a ni nen ee a a u ee ETEELTET TEEN EERRET Mittheilungen der Berner Naturf--Gesellschaft 189%. GEOLOGISCHE KARTE DER UMGEBUNG von TWANN E. BAUMBERGER. be. ne Schutthalde Alluvium Torf Gletschermaterial Molasse Cenoman Oberes Mi } Hauterivien Unteres | Untere ob | Kreide eres R OREN f Valangien Purbeck Oberer Jura Portlandien u. Kimmeridgien Besondere Zeichen. « Siderolithique + Hauterivientaschen 4 Erratische Blöcke * Petrefaetenfundorte > Steinbrüche, gute Aufschlüsse. Druck d. tepogr. Anstalt von. Gebr. Kuümmerly.Bera Maasstab 1:25000. Equidistanz1O Meter . Kid. tpogr.Büreaw. Reproduction. vorbehalten. Veberdruck IEI4. 208 Litteratur -Verzeichnis. Du Pasquier. Sur les limites de l’ancien glacier du Rhöne le long du Jura. Bulletin de la Soeiet& des sciences naturelles de Neuchätel. Tome XX. 1891 — 92, Greppin. Materiaux pour la carte geologique de la Suisse. &me ]i- vraison. 1870. Jaccard. Matsriaux pour la carte g6ologique de la Suisse. 6me ]i- vraison. 1869. Loriol & Gillieron. Monographie paleontologique et stratigraphique de l’&tage Urgonien inferieur du Landeron. 1869. Loriol & Jaccard. Etude geologique et pal6ontologique de la for- mation d’eau douce infracrstacde du Jura et en particulier de Villers-le-Lac. 1865. Maillard. Etude sur l’6tage Purbeckien dans le Jura. Dissertation inaugurale. 1884. Maillard. Quelques mots sur le Purbeckien du Jura. 1885. Rollier. Excursion de la Soci6te geologique suisse au Weissenstein et dans le Jura bernois, du 8—11 Aotıt 1888. Actes de la Societe helvstigue des sciences naturelles. 1888. Rollier. Mat6riaux pour la carte g6ologique de la Suisse. 8m ]i- vraison. Ie supplöment. 1893. Schardt. Etudes g6ologiques sur l’extremit6 meridionale de la pre- miöre chaine du Jura. (Chaine du Reculet-Vuache.) 1891. NB. Die im Text vorkommenden Ziffern bei den Autor-Namen beziehen sich auf die Nummern dieses Litteratur-Verzeichnisses. C. Wagner. Beiträge zur Entwicklung der Bessel'sschen Funktion 1. Art, Vorbemerkung. Die vorliegende Arbeit wurde auf Anregung meines verehrten früheren Lehrers, Herrn Prof. Dr. J. H. Graf in Bern, unternommen. Sie ist im allgemeinen eine Abhandlung historisch-analytischen Inhaltes und will im Zusammenhange kurz die Entwicklung der für Mathema- tiker, wie Physiker und Astronomen gleich wichtigen Bessel’schen Funktion erster Art von ihrer Einführung in die Wissenschaft an bis zum Jahre 1858 darstellen, die Eigenschaften derselben klarlegen und ihre hauptsächlichsten Anwendungen kurz vorführen. Abschnitt I enthält die Resultate der diesbezüglichen Forschungen von Fourier (Darstellung der Bessel’schen Funktion als bestimmtes In- tegral, Fourier’scher Satz) und Poisson (Reihenentwicklung, Konstanten- bestimmung u. s. w.). Im Abschnitt II wird sodann auf die grund- legende, diese Materie betreffende Arbeit von Bessel näher eingegangen, ferner werden die Beziehungen, welche er gefunden hat, abgeleitet und die Anwendung dieser Transcendenten auf die Mittelpunktsgleichung gezeigt. Abschnitt III ist der Schilderung jener interessanten und eleganten Methode gewidmet, welche Jacobi anwandte, um aus 'ganz allgemeinen Betrachtungen die Bessel’sche Funktion herzuleiten. Ab- schnitt IV beleuchtet im näheren die Verdienste von Hansen und Anger, gibt neue Darstellungsarten und Beziehungen der Funktion — 20 — (gebrochener und imaginärer Index) und leitet nochmals in einfachster Weise vollständig die Mittelpunktsgleichung ab. Abschnitt V endlich weist auf die Resultate hin, welche Schlömilch erhalten hat, und ist vorzugsweise der Betrachtung jenes unter dem Namen «Schlömilch’scher Lehrsatz» bekannten Theorems gewidmet. Bei der Bearbeitung dieses Stoffes wurde auf möglichste Kürze und Exaktheit der grösste Wert gelegt; deshalb blieben jegliche histo- rische Notizen. welche anderswoher leicht zu entnehmen sind, von der Aufnahme in vorliegende Arbeit ausgeschlossen. Dafür wurde aber auf genaue, wenn auch oft nur angedeuteie Durchführung der Neben- rechnungen Rücksicht genommen, weilich öfters, namentlich beim Studium der Bessel’schen Arbeiten, fand, wie mühsam und zeitraubend es unter Umständen sein kann, derartige fehlende Zwischenrechnungen zu er- gänzen. Von der Herleitung vieler Gleichungen, von denen ich auszu- gehen gezwungen war, musste indessen, um die Einheit vorliegender Arbeit nicht zu stören, abgesehen werden; ihre Ableitung kann in den am Schlusse angegebenen Schriften eingesehen werden. Um sich leichter auf bereits gefundene Gleichungen beziehen zu können, wurden einige derselben numeriert; eine sonstige engere Zu- sammengehörigkeit soll damit nicht ausgedrückt sein. Die Bessel’sche Funktion erster Art für das Argument x und den Index n sei ausgedrückt durch: n yo; sie ist als partikuläre Lösung der Gleichung: d’y 4 =dy [ 2) EB rege 12 = |y=0 dx? hr x ux Er al} anzusehen, welche die Differentialgleichung oder Definitionsgleichung der Bessel’schen Funktion erster Art genannt wird. Für den Specialfall: n = 0 wird: 0 =) und die entsprechende Differentialgleichung lautet: d’yı 1 dya nn 1 — ll dx? x. 0X ei mug; Fourier war zweifellos der erste, welcher derartige mit den Bessel’schen Transcendenten übereinstimmende Funktionen herleitete, und zwar in seiner: «Theorie analytique de la chaleur», welche 1822 erschien. Im Kapitel VI, das er mit «Du mouvement de la chaleur dans un cylindre solide» überschrieb, findet er derartige Beziehungen, und zwar ausgehend von den Gleichungen: dv K (dv 1 dv h dv 1) ler und De, welche die Wärmebewegung in einem festen Cylinder von unendlicher Länge darstellen. In diesen Gleichungen bezeichnet x den Radius eines cylindri- schen Ringes, dessen Punkte sämtlich den gleichen Abstand von der Axe besitzen; v die Temperatur, welche alle Punkte im Abstande x von der Axe nach einer Zeit i, vom Beginn der Abkühlung an ge- rechnet, besitzen sollen; C, D und K sind Konstanten, und zwar be- zeichnet C die specifische Wärme, D die Dichtigkeit und K die Einheit der Wärmemenge. Es ist demnach v sowohl eine Funktion von t als auch von x. Um vorstehende Gleichungen zu integrieren, gibt Fourier für v fol- genden sehr einfachen Wert. Er setzt analog der gewöhnlichen Auf- lösungsmethode v=e"u, wobei m irgend eine Zahl und u eine Funktion von x ist, Aus Gleichung 1) entsteht alsdann: m d?u 4 du a user K wobei: == k gesetzt ist. CD Als Wert für u, welcher dieser Gleichung 3) Genüge leistet, fin- det Fourier folgenden: 1 1 1 EI a ee - ie. : wobei g = “= ist. \ Gleichung 3) stimmt mit der früher angegebenen Definitions- gleichung für die Bessel’sche Funktion erster Art in der Struktur — 207 — vollkommen überein. Wie leicht zu ersehen ist, ist sie die Differen- 0 En tialgleichung für J (x Ve). Mithin wird: #0 = 1 1 1 EI Java, ei - ti Omar Die Summe dieser Reihe findet Fourier mit Hülfe der nach ihm benannten Reihen und erhält schliesslich folgendes Resultat: 0 gi 7r er 4b) I (xVg) = ı; cos (x /g sin r) dr —U, 0) welcher Wert bekanntlich mit der Normalform Bessels n 1 7T J() = cos (xsinr—nr)dr übereinstimmt, wenn man n = 0 und xV/ g für x substituiert. Dieser Wert genügt also der Differentialgleichung 3) und behält auch einen endlichen Wert für x gleich Null. Die Gleichung 2) geht durch Einsetzen des für v angegebenen Wertes über in: h du Diese Gleichung muss auch erfüllt sein, wenn x=X, gleich dem Radius des Cylinders wird. In diesem Falle erhält man: nn Richt 2 1 2y4 “ 5) ui Fe u mr 1 ee Setzt man nun in Gleichung 2°) für den Quotienten = die Grösse h, so wird mit Berücksichtigung von Gleichung 5): 1 il = Dr 4 % iger t s Te race Setzt man ferner in Gleichung 5): 1 MW 98 & Ne und bezeichnet mit f(9) = y diese Funktion von 3, so wird: 1 1 6 —— =1— 1.02 2,3 20 72:08 is )yergeimht gt zur ef Multipliziert man weiter beide Seiten der Gleichung 2b) mit 5: X So erhält man nach einigen Umformungen: Fa © 4 E 4 4 ee a ET nen EEE Sarnen ae. m ner ge ans Li HANS 93 1 2 2. er 33 ea m 1a — 1 n a den oder schliesslich: 1 5 OHR A ERLES) 7) = hX-+ 9 a wobei f’ (4) — 13 bedeutet. Diese Gleichung gibt nun die verschiedenen Werte von $, und jeder Wert von $ einen für g, wegen der bestehenden Relation 4 er 58 g x, Die einzelnen Werte mögen sein g1, 82, & ...... Da nun schliesslich war: = > Zi so sind auch die Werte von m leicht zu bestimmen. Fourier führt diese hier nur kurz angegebene Rechnung voll- ständig durch und findet als Werte für die einzelnen m schliesslich folgende: u 2 Ki: ir . et. i mı Ba De ma ee a Er De U.-..W; Der Wert für u in Gleichung 4°) wird alsdann: it = Dee (J Zus, ae NG G ” 4) u= g: cos ( x V9 sin e)a 0) mithin En 1. Br Se =e u=-—e. % s m sin r Pr 8) v ® ; cos | 2 X v3 sin ı ) dı 1) Setzt man nun jede der Wurzen 9,9..... ‚so erhält man einen allgemeineren Wert für v, nämlich: „akt (" XI. Ye anei.ed = cos (2 X VHh sinr )Jdr kin ( x +20 m cos 2 V% sinr Jdr [0] kt 2% 34 ai ae" 2 cos ( IV sin r) dr... 0 — 209 — Es bedeuten aı, ag, as u. s. w. willkürliche Koeffizienten, welche noch zu bestimmen sind. Die Gleichung 9) kann man mit Anwendung der Bessel’schen Bezeichnungsweise auch schreiben: Em xy ers N xy N weh Hl — V)tae z7)(2 v9 +: Bei der Bestimmung von aı, a2... . . stellte Fourier den nach ihm benannten Lehrsatz auf, welcher für die Theorie der Bessel’schen Funktionen von grundlegender Bedeutung geworden ist. Derselbe lautet in allgemeiner Fassung: «Bezeichnet man die posi. tiven Wurzelwerte der Gleichung: m 2 ed ihrer Grösse nach geordnet mit %, #4, 9s...sn:.-., So kann jede innerhalb der Grenzen 0 bis I 26- gebene Funktion fß)in eine nach (Yx)" J(9,%) fort- Schreitende Reihe entwickelt werden». Auf den Beweis dieses Satzes will ich hier nicht eingehen, ob- gleich ihn Fourier nur in etwas weilläufiger Form und zwar nur für den Speciellen Fall m = 0 gegeben hat. Den allgemeinen Nachweis für Seine Richtigkeit findet man bei Lommel in seiner Schrift: «Studien über die Bessel’schen Funktionen» (Seite 69). Auf Grund dieses Satzes sind aı, & .. . Ap. . . leicht zu be- Stimmen, und zwar findet Fourier (wenn auch mit anderer Bezeichnungs- Weise) folgenden Wert für das allgemeine Glied a c = —— fs f(x) ) (9, 2). dx, I; 9) | N) S 1 (8, — 2 | (I %) Ist. Diese Werte werden alsdann in Gleichung 9a) eingesetzt, und damit ist v als Funktion der gegebenen Grössen vollständig bestimmt, 0 1 Ind zwar durch die J- und J-Funktion von Bessel. Auch Poisson kommt in seiner Abhandlung: «Sur la distribution de la chaleur dans les corps solides», welche er am 31. Dezember 1821 der Akademie der Wissenschaften zu Paris vortrug und welche Im XIX, Heft des Journal de l’&cole polytechnique publiziert ist, auf derartige Funktionen. wobei: Bern. Mitteil. 1894. NT. 18361, ee: ee sg Sr — 210 — Im dritten Abschnitte des citierien Werkes behandelt er die Wärmeverteilung in einem homogenen Cylinder, der in irgend einer Weise vorher erwärmt wurde und sich nun langsam abkühlt. Mit grossem Scharfsinne entwickelt er dabei diesbezügliche, oft recht kom- plizierte Formeln, und zwar zuerst für den allgemeinen und dann für die beiden speciellen Fälle, wo der Radius des Grundkreises ein Mal sehr klein und das andere Mal unendlich gross ist. Dabei findet er eine Inlegralformel, welche noch die veränderlichen Werte einer Grösse k enthält, die der Gleichung 2 3 4 Veh Age = get garage ’ genügen muss. Aus dieser Gleichung kann man zwar, bei dem kleinsten begin- nend, nach und nach die ersten Werte für k bestimmen; bei den grösseren aber ist dies Verfahren schon schwieriger und unpraklischer, und Poisson gibt aus diesem Grunde eine andere Beslimmungsart an. Er betrachtet k als eine stetige Variabele und setzt: IT 10) vs cos (k c0so) do. « 0 Differenziert man diese Gleichung nach k, so wird: 7T dy A x 7) dk = = sin (K 608 _) c0s w dw, 1) - und durch nochmalige Differentiation folgt: d?y 7 12) ar — c0S (K 608 m) cos? o do. N u folglich d? ZT -- I [ [cos (k cos @) — 608 (k cos w) cos? »| dw x 7T ü cos (K cos ®) sin? o dw. q Durch teilweise Integration nach der bekannten Formel: Ri dv == uv — R du, wobei: u = sin wo, und dv =k cos (k cos w) sin » do zu seizen ist, findet man: — 2ill — 7U 7ı K [os (k cos ») sin? »o do —= (si (k cos w) cos w dw. « u Ö Mithin wird: Br j 1 dy y+ Bl [in (k cos ©) cos » du = — — —, Ö und darum schliesslich: d?y Em Eee era Diese Gleichung kann (wie leicht einzusehen) auch so geschrie- ben werden: d(yyk 2 — 13®) Ey ) + (re 4 ı) y Vk —= |. Das vollständige Integral dieser Differentialgleichung lautet: 1) sVkela 4 4 tt [wsk k I K' +|» I = -H + +] sin K. A und B sind zwei willkürliche Konstanten, A‘, Ar, Au... B, B“, B“, ,,, bezeichnen unabhängige Koeffizienten von k, welche Sich vermittelst A und B bestimmen lassen. Substituiert man nämlich den in Gleichung 14) gefundenen Wert für y Vk in Gleichung 13%) und vergleicht die entsprechenden Terme Mit einander, so erhält man für A’... ‚.B2..... leicht sdie dolgen= den Bestimmungsgleichungen : 4‘ 1 PER 2A + —B=0 2.200 + (1.244) B—0 2.910 +(2.93+1)9r=0 \ 14 2.4104 (3 is 4) B'—0u.sw. und: 1 —2B’—+ wen 1 — 2.2 PB" +(1.2+41)0=0 | % j 4 5 1 in i I ı a eisernen ErEEEELnn _ N — 2l2 — 2.39” 42.844 )07=0 —2,4B®9 + (s .4L + =) AU U Saw. Die Konstanten A und B bekommt man, wenn man in y Vk und ae in KARTE Salzi; k —., Man hat alsdann (nach Gleichung 14): 15) yYk=Acosk +Bsink; ferner: d(yYk) —dy _ Bar Rs 16) Sc = ka = — Asink+ B cos K, woraus folgt: d = A (v cos k — An sin ‘) Vk; B= (v sink + mn cos ‘) Vk. dy Setzt man in diesen Resultaten an. Stelle von y und IL die in Gleichung 10) und 11) angegebenen Werte, so entsteht: TE A =yr | [cos (K cos ®) cos k + sin (K c0S w) cos » sink] do, 10] 17) er BE= Vk [is (k cos ©) sin k — sin (K cos w) cos w cos K] dw. Ö da nun: w r w w 5 102) 5 H- sin? er 1 und cos? as sin? 5 080, cos? so wird: 7 ER 7) {12} As, 2 na A Vk (es ( k sin ) cos > do u () 7T ’ +Vk [® \ 2 k cos? “) sin? — do, e 0 17%) [4 TI m r rl) vl B= vr [in (2 RK sin = cos = do x + Vk sin e k cos? = sin? = do. ” x — la. Durch zweckmässige Umformung dieser Integrale findet Poisson für den Fall: k = » folgende Werte: 7T f Vk (ons (2 k sin? 2.) cos? 2 do = Vz, «U X 7T = ; ; [0) [M) 1 —_. sinl2k sin — }cos? — do = — Vz, 1 ( 2 2 in Ö 7T ni I [cos (: k cos? 2 sin? SE do — 4 Vr, « 0 7T = : f t — V K f (: k cos? = sin? == do — gr Ve. [0] Mithin erhält man für A und B schliesslich die Werte: u L | ” ie demnach > is nu iy/k Ei yVYk= (cos k + sink) Vr; = — (cos k — sin k) Ye. Aus dieser eben betracheten Untersuchung. von Poisson geht nun für die Theorie der Bessel’schen Funktionen folgendes hervor: 1) Da sowohl, wie Fourier gefunden (Gleichung 4b), das Integral: IE fi (k sin ©) dw « (abgesehen vom Faktor =) als auch, wie Poisson zeigte (Gleichung 7E 4 7T (® (k cos w) dw « 10), das Integral: 0) derselben Differentialgleichung: d’y 1 dy Bee BBrEN == 0 te genügt, so folgt hieraus, dass einerseits ist: 1) le Io) — a fi (k sin ©) do, 0 0 1 TU J(k) = — | cos (k cos w) dw, 7% b und andrerseits: — 2l4 — ) dass man also die J-funktion durch zwei von einander verschiedene bestimmte Integrale darstellen kann; auch allgemein gilt dieser Satz n für die J-funktion; Bessel hat dies, wie ich im Abschnitt II zeigen werde, sehr einfach bewiesen. 5 2) Für äusserst grosse Werte von k ist der Wert der Funktion J(k) dargestellt durch die Formel: 0 A a z 4 I Acosk + B sin K n Vk 1 ' = wbeiiA=B=--—;; d.h. die Funktion J (k) verschwindet, so- TE bald man ihr ein reelles Argument zuerteilt und dieses ins Unendliche wachsen lässt. Auf einen Punkt, der vielleicht zu Bedenken Anlass geben könn- te*), will ich hier jedoch noch aufmerksam machen. Poisson fand für die Konstanten A und B den Wert Ur, während oben als Wert 1: ; : —— angegeben wird. Dass beide Wertbestimmungen ganz auf dasselbe 7E hinauskommen, sieht man sofort ein, wenn man berücksichtigt, dass Poisson von der Formel (Gleichung 10): 0 7E Ve — [fe (k cos w) do 5 0 ausging, und man mithin, um die Konstanten für J (k) zu finden, noch a 1 ) durch 7 dividieren muss, wodurch man den Wert —— erhält, den, 7T wie ich zeigen werde, später auch Hansen ünd andere fanden. LU. Sehr eingehend beschäftigte sich Bessel mit den fraglichen Funktionen, welche daher auch nach ihm ihren Namen erhalten haben, und zwar in einer Arbeit, welche den Titel trägt: «Untersuchung des Teils der planetarischen Störungen, welcher aus der Bewegung der Sonne entsteht».**) Dieselbe legte er am 29. Januar 1824 der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin vor. *) Siehe Neumann: «Theorie der Bessel’schen Funktionen» Seite 50, An- merkung. **) Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften 1824. Mathemat . Kl. p. 1 und Abhandlungen von F. W. Bessel I. Bd. 8. 84 u. ff, — 215: — Er untersucht darin den Teil der Störungen des Radius-Vektors, der Länge in der Bahn und der Breite über der mittleren Ebene derselben. Bei der Berechnung dieser Störungen treten noch ver- schiedene Integrationskonstanten auf, welche, um die Aufgabe vollständig zu lösen, genauer zu bestimmen sind. Eine sehr zweckmässige Be- stimmungsmethode hat er in seiner «Analytischen Lösung der Kepler’schen Aufgabe», welche am 2. Juli 1818 der Akademie vorgelegt wurde, angegeben. In den so entstandenen Resultaten spielen nun die zwei folgen- den Integrale [cos El 008°. de u (sin 2 sinne 08 € eine Hauptrolle, wobei u die mittlere, & die excentrische Anomalie und i die Neigung der Bahn bezeichnet. Diese beiden Integrale kann man leicht auf die Form [cos (he — k sin &) de « reduzieren, wobei h eine ganze Zahl bedeutet. Bessel war nun der erste, welcher dieses Integral zweckmässig bezeichnete, und zwar Setzte er: 27 h 18) cos (he — k sin e) de = 2 u J (R). i \) Man hat nämlich, wenn man mit e die Excentricität bezeichnet: an ran ; eG de c0siu.cuse. de — cosiu(1 — [1 — ecosel) — =. : e a 4 « Ö 0 271 2 1 ! 1 ; — — cos ia de — — | SI U du, (5) &e a) 0) v weil bekanntlich die Gleichung gilt: u Ss 280 £, und folglich auch du = (1 — e cos e) de. Berücksichtigt man die Integralionsgrenzen 0 und 2 7, so ver- schwindet das letzte Integral und man erhält: ar N 2rı 19) re: 1.005 &08 — [eos iu de e U U d 0] an fe (le—iesin e) de « 0 I ul 7 (ie) Ferner hat man: PU 27 ar (sn iusinede= | cosiucosede — | cos (et ii u) de « « «/ 0 0 0 oder PZU 1. i+1 20) | sn iusned=2m. „J69)—2zJtie) v 2 an weil: fe a ak — [ers (i+1]le—iesin e) de v : 5 i+1 ==-2r#.J(ie). h Die Reihenentwicklung für J (k) erhält er mittelst der in seiner Abhandlung über die Kepler’sche Aufgabe angewandten Methode und findet: 2), h s | Ti A 1 = | Ra N ee hen ee. ne ICh) ren 41.2 Frame) | a; n.. wo II(h) die von Gauss eingeführte I/-Funktion vorstellt, also ZI adDei1l NIEF.2...; Aus dieser Reihe lassen sich verhältnismässig schnell und leicht die Zahlenwerte für I(k) berechnen. Weil die eben behandelten Integrale in der physischen Astronomie eine grosse Rolle spielen, und sich die meisten Probleme auf der- arlige Entwicklungen zurückführen lassen, so untersucht Bessel am Schlusse seiner citierten Arbeit dieselben noch etwas eingehender auf ihre sonstigen Eigenschaften und findet dabei einige sehr interessante Bezieh- ungen, welche im folgenden kurz angegeben sein mögen. Aus cos[i+1) e—ksin e] + cos[(i—1) & — ksin &]= 2.cos (ie— k sine) cose erhält Bessel, wenn er das Glied auf der rechten Seite schreibt: = a — 2i 2 - ws(ie—ksn)— [cos (ie — k sin e)] (i — K cos e), dasselbe multipliziert mit de und integriert zwischen den Grenzen 0 und 2zz, ar 27 22) ei [ü-+1) e—ksin e]de+ fe G—1)e—ksine] de {7 5 Se u 2 . ey 008 (ie— ksin e) de — E77 (e (ie—k sine) (i—K.cose) de. () 0 Das letzte Integral auf der rechten Seite verschwindet für die Grenzen 0 und 2 zz und man erhält: il 1 DI 222) 2mJk) + 2m Jk)= — 1) oder it el ji 29D) J(k) + J(k) — ah Aus dieser Gleichung geht hervor, dass man durch zwei bekannte J-Funktionen alle übrigen ausdrücken kann; ferner folgt hieraus: 23) a Man braucht also nur J-Funktionen mit positiven ganzen Inkrementen zu betrachten. I 0 Im Weitern gibt Bessel den Wert für J(k) ausgedrückt durch J(k) und Ik) nach der bekannten Eigenschaft der Kettenbrüche.*) (Seite 31 der angeführten Abhandlung.) Die Differentialgleichung für die J-Funktion, welche er bereits ebenfalls abgeleitet hat, findet man folgendermassen: Differenziert man die Gleichung: i BZU 2 u sk) = [ws (i e— ksin &) de 5 Nach k, so erhält man: a *) Wie ich von Prof. Dr. J. H. Graf weiss, hat derselbe bereits den Annali di Matematica einen längern Artikel eingesandt über den Zusammenhang der Kettenausdrücke und der Bessel’schen Funktion I. Art. Derselbe wird demnächst erscheinen. Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1362. | 1 270 I) ) ) [ef 6) EI k 2 kı es folglich: 25) 26) dk? dJ(k) dk oder: 24) STE oder allgemein: « [0] ee — | sin (ie—ksin e) sinede— 2x 1 | i-p1 2 AK) Eines ee \i+1 Dividiert man vorstehende Gleichung durch (—): so entsteht: a a i. 2 RR: d 1) RN Eee kit! dk Ferner ist aber: oil : A ot! i = Z, ai) _ —- | (k) Kr" dk Br lo®o_| RN: I) A; (z ) ® Be 3 [3® nn a" &) vE m = (1). Tran E 8 ai $ der ) Aus ER 24) ar nun durch nochmalige Differentiation d? J Kr i dlck) dJ (k) a — 219 — Wendet man auf die ersten Differentialquotienten von ] (k) und J(k) Gleichung 24) an, so entsteht: 27) BIN. ee Dividiert man ferner Gleichung 24) durch k, so erhält man: 1=.d J (k) Be: De * DER en — — | z RS J k k dk N Addiert ınan diese Gleichung zu Gleichung 27), so folgt: d2] (k) 1 dk) et 2-1, H +2 N a A ee Bu . Ik) 12 Ic); ren m we Als Reduktionsformel gilt nun: ne it+1 i i+2 ST IE, k Mit Benutzung derselben erhält man schliesslich: 2 1 (kN Tk £ BEN Den. yo net dk? k dk F k? (8 2 womit die Differentialgleichung für J (k) hergeleitet ist. Bessel hat sich auch schon mit der Addition der Argumente bei der J-Funktion beschäftigt. Für das Argument (k +- z) gibt er nämlich die J-Funktion in folgender Darstellung: Nach Gleichung 26) ist: f (k + 2) 2 en Ener = = 2 k ..e(#)] oder i ifi a y 293) Jk+D)= (1 + *) I: () en 2 (i = =) Bessel macht die Bemerkung, dass jene Reihe zur Berechnung und Interpolation einer Tafel dieser Funktionen verwendet werden könne, und in der That hat er mit ihrer Hülfe eine seiner Ab- handlung negegebane, von k = 0 bis k = 3,2 mit der Differenz 0,1 1 gehende, J (k) und J (k) enthaltende berechnet. Auf die Funktion J lassen sich, wie Bessel eben- falls schon zeigte, noch andere Integrale zurück- führen; als Beispiel möge folgendes genügen: 27 &i a i [eos « sin &) cos e de = ee a 1) J (k). Mur, 0 jfe: Beweis: Durch teilweise Integration erhält man für das angege- bene Integral folgenden Wert: — DE — 3-1 k &itl an sine.cose..cos (k sine) — 7 7 608 Si si &.cos (k sin &) 34 sein (k.aine)] ar : > i 2i-2 + (2i—1) | cos (k sin e) cos e de 1) 2A k? 2 gir2 = Bi 4. cos €. cos (k sine) de+ 57-1) cos & cos (K sin e) de. 0 0 Berücksichtigt man die angegebenen Grenzen, so verschwinden die beiden ersten Glieder, und man hat: 0 k? f% 2i-F2 — cos &.cos (k sin e) de. 2i-t1, ( ) 8) 27 2.9 any en’ (2i-—-1) fe &.cos(k sin e) de — 21 [ cos &.. cos (K sin e) de $ Führt man nun folgende Grösse ein: AT 9; : Zi ER Erna. ; IE & .cos (k sin e) de = a 2). SO entsteht aus Gleichung 30) 3) Kr) ie FREE + N Diese Gleichung ist identisch mit Gleichung 22b); demnach: 0 d N) I, IE BI Auch das Integral: 2. _—_ I | sine. cos (k cos e) de 276: 0] unktion erster ist eine Darstellung der Bessel’schen F es, wie ich Art; dasselbe ist deshalb bemerkenswert, weil Später zeigen werde, auch Jacobi aus allgem einen Betrach- tun gen und zwar auf eine höchst interessante Weise abgeleitet hat. Von den weiteren Beziehungen, welche Bessel noch . ; 0 . od Angibt, seien hier die wichtigen Reihen für cosk. J(k) und sin k. J(k) Angeführt. Es ist: ne I renine Nomen —_— 22 — de 1 ar I) N cos (k cos &) de, und —— Si (k.cos &) de. Durch Multiplikation Hagen Gleichungen mit cos k resp. sin k und sin k resp. — cos k und geeignete Addition findet man: 6 1 an 1 ar 3 c08.k.J.(k) — fe (k —K cos e) d = Ze sin? 5) de [0] 0 e % sin K. } (k) = —— sin (k —kcose)de== ——- | sin in (ou sin? 5 5) Er oder in Reihen entwickelt: (2k)? sin* m, (2k)* sin’ 5 (2K)® sin £ ee: a ; 116): 13% | 09 ink.) ls a [“ 2k sin? — — (2k)? a a EN TEE (2K)’ sin! £ ee IE) ae Mit Berücksichtigung der Grenzen ergibt sich schliesslich: ; 0 8 3 BU ,4 05 Eee 0) 38) sink.Jlkyuk — a SER a te (1a) (TO)? 9:0. 1.9.11,.19 35 nn m Ähnliche Reihen leitete später auch Anger her. —_ 23 — Im weitern fand Bessel, dass die Funktion } (k) mit den Sinus und Cosinus die merkwürdige Eigenschaft gemein hat, immer, wenn ihr Argument von 2nsz bis zu (2n -H 2). wächst, zweimal zu verschwinden und dann das Vorzeichen zu wechseln. Zum Beweise 0 g 1 zeigt er, dass J (k) vonk = mx bis (m = 3) zc immer positiv ist, wenn m eine gerade Zahl, und immer negativ, wenn m eine un- gerade Zahl ist. Ö Diese Eigenschaft kommt der J-funktion nicht allein zu, sondern alle J-funktionen besitzen eine ähnliche. Man hat nämlich, wenn man 5 Na : i in Gleichung 26) der Kürze wegen J (k) durch | = Er una) durch x bezeichnet: ,(i) PD ae ee, | dz | woraus folgt, dass pH verschwindet, wenn R’' ein Maximum oder i } Minimum ist: allein zwischen zwei Werten von k oder z, für welche 6) ae Sr R” verschwindet, liegt notwendig ein Maximum oder Minimum, also r 1 auch ein verschwindendes R"*”. Es ist daher klar, dass J (k) ebenso = 1 diesen beiden Werten von k, für welche J (k) verschwindet, liegt in 160) ’ 3 . 0 [ . oft Null wird, so oft J(k) ein Maximum oder Minimum ist. Zwischen | ganz gleicher Weise immer ein Maximum oder Minimum von R \ j daher ein verschwindendes J (k) RE Als Anwendung, welche Bessel von der J-funktion machte, | ist diejenige auf die Mittelpunktsgleichung zu erwähnen. | Er war bekanntlich der erste, welcher die E ntwicklung der Mittelpunktsgleichung und des Radius-Vektors m | Reihen, die nach den Sinus und Cosinus der mittleren Anomalie fort- | Schreiten, durch eine Integration angegeben hat, wobei er einen schon von Euler im XI. Bande der «Nova Acta» der Petersburger Akademie veröffentlichten Satz benutzte. In der Zeitschrift für Astronomie und in den Abhandlungen der Berliner Akademie von 1816 und 1817 ist seine Methode zuerst publiziert worden. Später hat er dieselbe Auf- gabe in der cilierten Abhandlung von 1824 nochmals mit Anwendung der J-funktion zu lösen versucht und erhielt dabei ein ganz einfaches \ E: , h hı ® — 24 — Resultat, welches später von Hansen und namentlich von Anger noch verallgemeinert und vereinfacht wurde. Bezeichnet man mit « die mittlere, e die excentrische und » die wahre Anomalie, mit e die Excentricität, und setzt man: v»— u = Aı sin u + As sin 20 + As sin Bu 4» so ist! 2rr A i ; ep cos (ie —iesine Ay= free) f ( Fe ) de, « I 76 1— ecose& weil hekakatich ist: 1— e? w=e— esineund RL be 1— ecose Ferner ist: 1 wi ——— 114 2Acose-t 24? cos2e 1 ecose er gi = Er +24 008884.) wobei: e 1+ yı en Multipliziert man Gleichung 34) auf die beiden Seiten mit cos (ie -— ie sin e) de und integriert von O0 bis 2 , so erhält man die Gleichung: i—1 35) A Id) +1dü9 + la) +2 QKe 6) + Kie)) Id +2 (Mio)-+Jl de))-+ worin die Entwicklung der Mittelpunktsgleichung, wie Bessel sie gibt, enthalten ist. Auf die Entwicklung des Radius-Vektors will ich hier nicht ein- gehen; im Verlaufe der Arbeit bietet sich Gelegenheit, einige Be- merkungen darüber zu machen. I. Dieser Abschnitt sei der Darstellung jener eigentümlichen Methode gewidmet, welche Jacobi anwandte, um die schon früher von Bessel gegebene Form = 5: TT j 2 N Pr — aim ik (k cos &) sin” & de 0) — 25 — aus ganz allgemeinen Betrachtungen, auf einem ganz anderen Wege von neuem herzuleiten. Diese Bestimmungsweise findet sich in seiner Abhandlung «Formula transformationis integralium definitorum», vom Jahre 1835, welche zuerst im XV. Bande des Crelle’schen RR abgedruckt wurde. Sie findet sich auch im VI. Bande der gesammel- ten Werke Jacobis, welche Weierstrass herausgegeben hat. Es ist: En 36) 2n m (2m —3)...1... (2n—1) (2n— m ‚nee are (2m 2n)2m-+2n —2)....2 2 u r 37) ig cos" x cos (2n x)dx = (— 1)" [ini x cos (2n x) dx $ $ 1.2 m@m—1)...mn+% m Be 22 Ga g 4 38) fs: 2n + 1)x cos" xax—(—1)" f at x sin (An -+-1)x.dx $ Ö tr 2m4+1)2m... m +2) nr 1.2: (mW. oder allgemein, wenn p — i eine gerade positive Zahl bedeutet: 7 + j Fr pp - (eb +1 39) ("osx cos ir y nu $ 2 . 2 er e RE PP—1)...m-i4+1) P-i—P—i—3)..1.. (i—1)@i—3).1 1.3..@i-B 2.4.6...p-+i) 2 Durch Vergleichung mit Gleichung 36) folgt: = 39) 1% cos?x cosix dx —= p(p Pi) [si sin xcos”xdx. 7 ie 1) Damit diese Formel auch gilt, wenn p — i eine ungerade Zahl neutet, wählt man als Integrationsgrenzen 0 und 7; in diesem alle verschwinden nämlich, für p—-i gleich einer ungeraden Zahl, eide Integrale. Berältlanin daher i und p irgendwelche ganze Zahlen, °0 wird: Bern. Mitteil, 1894. Nr. 1363. — 26 — 7U Fi 7 : —1)..p—i-+1) | . a sa 40 Pr oosixk— PR sin?! x cosPtx dx. I x CoSIXdX ee sin“ x cos?” x dx 0) Nimmt man nun an, die Funktion f(z) könne nach ganzen, posi- tiven Potenzen von z entwickelt werden, und diese Entwicklung laute: und setzt man: wo: N Q : )-i eh, ie PP—-DP—2)...p—i+-1)A, zZ, so entsteht aus Gleichung 40) folgende Relation: TU TE Er R) a 41) ik (COS X) COS IX dx N Ay [is X COSIX.dX « « 10] % 1 # ei a1 e ; = S . 1)... 0): SPxjd} 135.8 a x > p(p—1)...(p—i-4-1) A, cosPixfdx 0 oder endlich : TU 7 = IL Sr une 14858 = is ). f'” (cos x) sin” x dx. ( ) Diese Formel benutzte nun Jacobi zur Herleitung des angege- benen Wertes von J (k). Bezeichnen nämlich &, u, e bezügl. die excentrische, mittlere Anomalie und die Excentricität, so dass uw=eEe—e sin s, so mögen folgende Reihenentwicklungen gelten: 43) = ne=Pr +27 cos a-L2p c08 2u--2Ppn cs8u-.:' sinne=nsnu— msin2u-g sin3u-:*- wobei: IT TU ; ; n en, PP — — f cosiucusnedu=— |siniusinnede TE, Loc a“ 0 0 7U n i BR in 91% [eos[(i —n)e—iesin 1 cos (i +n)e— ie sin e) ]de « und: — 227 — TE 7E “ a ER 2n nn = — sniusininede =— coslucosnede « Ö Zbr. 17T 7T — An [Tesfe—me—iesine]+-eoslütn)e—iesine]]ae. h) Vorstehende Werte erhält man leicht durch teilweise Integration, wobei die Glieder, für welche die Integration ausgeführt ist, zwischen den angegebenen Grenzen verschwinden. Setzt man nun mit Bessel: ER Aped 3 . cos ie —ksine)de=]|J (k) 7 1) So wird: De Mi ee 2 üo (ie) 3 i-n i+n und = j (ie) + Ge) Je nachdem i eine gerade oder ungerade Zahl bezeichnet, er- hält man: 2i K Ik) — fe (k sin e) cos (2ie) de TC, 0 1) [7 i = — 2. | cos (k cose) cos (Qie)de. ö 7U 44) u I. re Ik) = — jan (k sin e) sin (2i--1)ede [0] AT. ee = sin (k cos &) cos (2i-H-1)ede. ö 7E In gleicher Weise gelten folgende Reihenentwicklungen: 45) ,e0s iu=k®" +2 k® cos e-+2 k® cos2&.-+--- sniu—=|) sine 4 1® sin2c+ P®sin3et--- wobei: \ a | M Se nzezuen Seszbrrün nu no steart ea eernsämtrnun » ern in bonstc _— 28 — fi (DIE (G) : | cosiucosnede 7E 0) TE ' Fi [eos|a—me—ie sine; +cos ji +n)e —iesin ei] de; 9 Te (i u P be [sin iusinnede 7T eu ee er ya: — 1 [[msla—we-iosine] — c08 li +n)e—ie sin e] de. 1) oder: ©, "= [5% (ie) +7] = 24 An; in 0 ZA e) — ie)—= = p® Die Umformung des Integrales für Ik) gestaltet sich demnach folgendermassen. Seizt man f(z) = cos. (kz) ‚oder f(z) = sin (k z), so wird mit Berücksichtigung von Gleichung 42) 76 Une == 4} Fe: (k cos e) cos (Qie)de ERDE TE), [mo sin"ede; und: aä+l. & 7e re J(k)—= (—1)' | sin (k cose) cos Qi-H 1)ede v getl Te ö —- _ cos (k cos e)sin"*? & de; 1.8.5. det F FD, oder allgemein für jedes positive i: i % 2 : 46) zI( = 4 Ben f& (k cos e) sin” ede, Be e i 0 womit die von Bessel angegebene Form wieder hergeleitet ist. IV. P. A. Hansen, Direktor der Sternwarte Seeberg, hat eben- falls die Bessel’schen Funktionen in das Bereich seiner Untersuch- ungen gezogen und zwar im ersten Teile seiner Abhandlung: «Ermit- telung der absoluten Störungen in Ellipsen von beliebiger Excentricität und Neigung», 1843, der als Beispiel «die Berechnung der absoluten vom Saturn erzeugten Störungen des Encke’schen Kometen» enthält. In dem Abschnitte, welcher von der Integration der von ihm ge- fundenen Differentiale handelt, stösst er auf derartige Grössen, und 0 1 i bezeichnet sie mit J(A), JA) ...JI(A)... Hier muss nun be- merkt werden, dass Hansen für diese Funktion eine von der hier angenommenen abweichende Schreib- weise gebraucht. Zwischen der unsrigen und ihr besteht näm- lich folgende einfache Relation: Ik) u (2 2), ) a J & k); 7 oder umgekehrt: ; sie ist also identisch mit der Bessel’schen Transcendenten J(k), wenn man 24 statt k schreibt. 0 Wie schon bemerkt, hat Bessel eine Tafel der Funktionen J(k) und J(k) konstruiert, welche für alle um 0,1 verschiedenen Werte des Argumentes die zugehörigen Funktionswerte zehnstellig angibt und zwar von k—= 0 bis k=3,20. Hansen hat Tafeln von grösserem Umfange be- rechnet; dieselben gehen von A = 0 bis A — 20, d.h. von k = 0 bis k==10, mit einem Inkremente von 0,05 resp. 0,1, und. geben die Funktionswerte bis auf sechs Decimalstellen richtig an. Durch Integration der im Verlaufe jener citierten Abhandlung gefundenen Gleichung: dy o® ; 70 1 RR ey a dx 3 ( x 4) x erhält Hansen folgenden Wert für y: A) ax Rn paz! 3) dx + Konst. Die beiden Reihen: I sen sera denen men nee nm un nme on geben leicht: (A) ra + Im — = w 48) (2) Am = JA) IQ HEIM + N) 1 2 taW+ wobei: 10) —=-1—-%-+ Ey en RR 0upieat Zi 2: ee 1) =1—4- Te RE 2.8 BB, m Bus eg: EL ee I) = 5 UT ER 2 ET er aan) Ba ER Br, il - an me Fe BT we = - ib, u. Ss. W. Substituiert man nun die Reihen 48) in Gleichung 47) und führt die Integration wirklich aus, so entsteht: Ve ( ++ 10) xt — 1a) x3 I) x — 19 Ne a 19 -» 1a) X +0) +} a Le xt home FEB: u nr [0) | PETE .. Io, A) x2-+ . | Konst Um zu zeigen, dass alle hier vorkommenden J-Funktionen mit den betreffenden Bessel’schen identisch sind für k =24A, setzt Hansen: 35 ee ee woraus bekanntlich folgt: 1 | + ZB IE ER. ’ ’ x + = Saer 200832 u. Ss. W. 1 x ——2o5sinz x 8 = 1 x — — —2osin 2% ei 3 1 s E Ki 2osn3zu.s. W., Mober OG— Ve 1- Substituiert man diese Gleichungen in die erste Reihe der Glei- chung 48), so erhält man: ee 14) + 20 1 sinz-+2 12) cos 22 4 20 1a) sindz-+-- Nach bekannten Sätzen ergibt sich nun, wenn i eine ungerade Zahl bedeutet: i ar 49) eI)= - R ein sinizdz. TE g Ist i eine gerade Zahl, so wird: d; i 1 Rat | 50) | argeinz cos iz dz. « 2 sv u Ö | Setzt man jetzt, wenn i eine ungerade Zahl bedeutet: 1 Ve eos iz, ga | So wird: = 1 | T inz & . a DAsnZ > 14 Yo e’resn? [cos G+1D)z+c0s(i—1) ‚\dz 40.7 am iz dZ wen: cost Hl)z+csfi —l)z=2 c08 iz. cos 2. Ist aber i ungerade, so ist sowohl (i + 1) als auch (i — 1) ge- trade; deshalb und weil: Ei: 27 # ik Nr N q 5 . {0} entsteht folgende Gleichung: TEE EUREN TER TI ER = Beben : _— 232 — Ei i—1 i 51) (4 |) + 107 — 1J(@) Es sei ferner, wenn i eine gerade Zahl bedeutet: vo ce: sniz, mithin: VS gr ein lgin G+1)z+sini — 1)2) dz-H ie" R2 eosizdz. In ganz gleicher Weise wie vorher entsteht hieraus die Gleichung: 3-4 i—1 i 5) EL N, welche mit der von Bessel gefundenen 22") identisch ist. Für N - k entsteht nämlich: 1 rt 1/7 | El er —_] — k)+-J[— —iJ[—_—k)= 91°) E Side 4 (Er)! i (3) 0, oder: : iH i-1 i 226) k [Ik) .n IK) — 2iJ(k)=0. Füri=0, wird Gleichung 50) ) 1 je en JA) = — ent dz, oder 2 m F () 277 il 2 IA) sur r [cos (24 sinz) + esin (2% sin 2) dz. Da nun aber: 2 [sn (24 sin z).dz = 0, « v0 so folgt: 0 1 an 32) JA) = Pa [eos (24 sin z) dz, 0) welches der bekannte Ausdruck für diese Transcendente ist, wenn man k für 24 einführt. (conf. Gleichung 18). Im weitern gibt Hansen Ausdrücke zur Be- 1 rechnung von J(A) auch für den Fall A=». Dieselben er- 0 hält er durch Entwicklung der Transcendenten J(A) in eine nach fallen- den Potenzen von A fortschreitende Reihe. a Die Gleichungen 49) und 50) ergeben: 0 1 2 IA)=—_—— cWPArink. d7 A7t ö | 1 1 an | oe. IA) = —— CO PUFSIN 7 dZ 270.) 0 > 1 27 1 M)=— | c?gAsinzeos 27 dz. DI 10) Differenzier( man die erste dieser drei Relationen, so entsteht: v8 P | dJ@) Er liah 1 | RATEN = —_._ 20/)sinz cin 7 ER ) | e _ 66 sinz.dz 2 J(A) | Ö | | 2} (A) rer 2 0 | | RE ee [ c?gAsinz ı — cos 2 .) dz==2 JA) — 2 I (2). | ans i i : ü . . j Diese letzten Gleichungen geben in Verbindung mit der Be- ! dingungsgleichung 2 3; 3 0) Ja — a) +0) = 0 | die folgende lineare Differentialgleichung der J-Funktion: 1) 0 vs 0 Ja) | 1 IM) +4) =. | 5 RE ERLLE BEN | 3 dA? h dA Kür den Ball .2 — co, dı.h. = —=|(, | geht vorstehende Gleichung über in: 10] d? J(A) dA? deren Integral bekanntlich ist: 0) 74W)=0, 0 JA) =kcos2iA-+-ksin2 4, | Wobei k und k‘ zwei dem Integral hinzugefügte Integrationskonstan- i 0 x ten sind. Diesen Wert für J (A) kann man als Näherungswert be- trachten, falls A gleich einer sehr grossen Zahl wird. Substituieren wir denselben nun in Gleichung 53) und sehen dabei und k‘ als veränderliche Grössen an, so entsteht eine identische Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1364. — 234 — Gleichung und die Koeffizienten von sin 2% und cos 24 müssen daher jeder für sich gleich Null werden; mithin muss sein: d’k 1 dk 4dk‘ 2k‘ PER era re GR ;, 87 0K kdk 2 0 di? A dA dA RE Setzt man jetzt: [04 a 42 — Fu | zer 1 | PR Ei ; ß pi Ba i ae Fr Get in pr Te wobei &, a1, » . . 8, ßi,.. . . Konstanten sind, in die vorhergehenden # ; 1 ; I Gleichungen ein, so findet man zuerst a = 7 und nach weitern Um- 1 ' li formungen ergibt sich schliesslich für J (A) folgender Ausdruck: I 0 1 9 3675 N — 6) — —— 4 — ——- — NA — ce) ı Te. Biom H Goa F von (BR “ N t 75 297675 4 ; + eig mm — Bram 7 Tivasoaoan I i SI ER A wobei: @=='6. 008.0, B — cesin 0. Die Konstanten ec und c‘ bestimmen sich nach einem von La- place angegebenen Verfahren (Seite 112 u. ff. der eitierten Ab- handlung), und zwar wird: n ee Naeh b= ——, 6 — —7 | Ver ii Mithin lautet der vollständige Integralausdruck der Gleichung 53): N 0 ei 9 3675 in 54) UN) en — — — - Be en Vr | R 512 A 524288 tr] M ..c08 (a I x) En i ii Eee ie A ia re. (6A. 8192 2% "41948040. A. -r „sin (a4 x) ie 4 Je. grösser nun A ist, desto genauer kann man mit Hilfe dieser 1) al . R L E Gleichung J (A) berechnen. Ist A sehr gross, so reicht man mit dem ersten Gliede der ersten Reihe aus, und in diesem Falle gewährt also vorliegender Ausdruck eine ungemein kurze Rechnung. Aber auch, $ ‘2 wenn 4 nicht sehr gross ist, kann man doch den obigen Ausdruck | v je. (A) mit einer in den weitaus meisten Fällen hinreichenden Genauig- N keit berechnen. Wendet man die eben gefundene Formel auf die früher abgelei- tete Gleichung: 1) 1 1 dJ@) er gina an, so entsteht: Er. 1 15 4725 1 99) IA) — —— I in 9 76.\- a Vr (an + gIaa Tassem + su) ( TB a 105 Be Vr \Iea® 7 19 ar 41943040 4"% + «603 (a 3 x). Da nun allgemein gilt ir rl 140) ae 0 nee ar s0 kann man durch fortgesetzte Differentiation des eben gefundenen Ausdruckes für I (4) alle anderen IA) explicite durch Reihen, welche Nach fallenden Potenzen von A geordnet sind, darstellen. | Als Anwendung der Bessel’schen Funktionen, welche Hansen | Machte, ist, wie schon bemerkt, diejenige auf die Mittelpunktsgleichung | Zu erwähnen. Hansen hat darüber zuerst in den «Comptes rendus» und in den «Astronomischen Nachrichten» eine vorläufige Notiz gege- ben und später in seiner Abhandlung «Entwickelung des Produktes einer Potenz des Radius vecior», welche im Jahre 1853 erschien, eine ausführliche Erörterung des Gegenstandes veröffentlicht. Näher hierauf einzugehen, halte ich nicht für angebracht, zumal ich später co doch noch einmal auf diese Materie zurückkommen muss. Anger, Direktor der naturforschenden Gesellschaft in Danzig, hat in den «Neuesten Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Ä Danzig, vom Jahre 1855 eine Arbeit veröffentlicht, welche den Titel N — 256 — führt: «Untersuchungen über die Funktion ı (k) mit Anwendungen auf das Kepler’sche Problem», worin er zeigl, dass die einfachen Gesetze, denen diese Funktion unterworfen ist, wenn für h eine ganze Zahl genommen wird, sich sehr einfach und im Zusammenhange aus ihrer Erklärung in Verbindung mit dem zuerst von Euler aufge- stellten allgemeinen Theorem, nach welchem eine Funktion in eine nach den Sinus und Cosinus der Vielfachen des Argumentes fortschreitende Reihe entwickelt werden kann, ableiten lassen. Ferner gibt er auf höchst scharfsinnige und elegante Weise die Entwicklung der Funktion für den Fall, ng h eine gebrochene Zahl ist, und teilt für die Ent- wicklung von J (k) in eine nach den absteigenden Potenzen von k fortschreitende Doppelreihe zwei neue Methoden mit, von denen na- mentlich die zweite grösseres Interesse verdient. Die bekannten Ausdrücke für sin®*!& und für sin? & als li- neare Funktionen der Sinus und Cosinus der vielfachen Winkel*), wo i jede ganze Zahl bedeutet, geben leicht die Gleichungen: an : [si ae. sintede—0, 56 { ) ar : [eos (2i‘ +1) e. sin’ede—= 0, ö wo i‘ ebenfalls jede ganze Zahl bedeutet, Da nun keine geraden Polenzen von sine in der Entwicklung von sin (k sin e), und keine ungeraden in der Entwicklung von cos (k sin e) vorkommen, so wird nach Gleichung 56), wenn h eine gerade Zahl bedeutet: *) Es ist nämlich für jedes -ganzzahlige i: 2i--1 Ey at ein AND E— —— sin (d—1)e Sa Ag d)e2,, LEN N 7 = > ee ee GH® sine und ; De (— 1)! AT ging — cos 2ie — 70082 Gi—1)ece-+ Aezn cs? i—2)Ew Y 1 A&i-Yi—9...G-4D, Be 2.3.81 Multipliziert man die erste dieser Gleichungen mit sin 2i‘ e, die zweite mit cos (2i‘ 4 1) e und integriert zwischen den Grenzen (0 und 27, so entstehen die Gleichungen 56). — 237 — (si he.sin (k sin e) de = 0, ‚AM r und für ein ungerades h: ik he. cos (k sine) d= 0. Ist schliesslich h eine ganze Zahl, gleichviel ob gerade oder un- gerade, so ist: 2 [7 7T IE: he.cos (k sin e) de= 0, Ö 7T ik: he.sin (k sine) de=0; 2 1 demnach auch: [sn (he — ksin e) de = 0. | « | 0) 27 Bezeichnet man nun mit Bessel fe (he — ksine) de durch 0 h are J(k), so folgt durch Auflösung des Cosinus: h 1 2 1 It Ik) = — [cos he. cos (k sin e) de -- — | sinhe.sin (K sin e) de, zu, art, . 0) [) Mithin: “h 1 Zt N 2Ic In —__ [os he. cos (ksine) de — — [si he.sin (k sin e) de. | Zuun ® : 20 | Ö 0 | Es wird demnach, wenn h eine gerade Zahl bedeutet: h = 2.1. Men: 3 KK) sin.Bie +- Statt zu differenzieren, kann man auch obige Gleichungen mit k sine multiplizieren, darauf nach den Sinus der Vielfachen ordnen und erhält alsdann: Ö) Er sin (K cos) sine=k 2094 1%) )Isin2Qe—k 40) +0) ]sin4e-+-'" k cos (k cos e)sine=k| IK) -- 19] sine—K at I] singe + *% Durch Vergleichung ergibt sich demnach: 1) 2 E 1 3 2 kIK)-+-IK) = 2.1JIk); k IK) Ik)) =2.2. J(k); 2 4 3 3 5 4 k (J(k) + Ik)) = 2.3); KK) IK) = 2.4.1); u. 5. W d. h. allgemein: h-H 57) KURT I, — 239 — Durch Differentiation der Gleichungen £) nach k erhält man: 1) 2 = d J(k) sr sin (K cos e) cos e = — TER + Br Th 2 € u 210 cos4e+ 2) 1 3 IK d J(k cos (K cos e) cos e = cos e — 2 M: ) cos 3 € ne. +4 5 10) cos Ber. | Es ist aber auch durch Multiplikation der Gleichungen ß) mit eos &, wenn man nach den Cosinus des Vielfachen von e ordnet: 1 & sin (k cos «) cos e—= Ik) F [IR — 309) coS 2: e “ e I) = IR) cos4ce +": cos (k cos e) 008 e —= (CK) — IW)] 008 E — FI) — Iw)leos Bet. also: 0) ; 1 ] k 2 er ee Be J(k Ik) —_ Ko ee EL Lı I: h 1. 10 | KIN) 2- n = I I et, | In Verbindung mit Gleichung 57) ergibt sich aus diesen Glei- i Chungen: a. D3 3 ) c K KK} 2UHE) Ba a HN) -—. er -10 ee 5 f 3 a.3(k) nn... ASK)... a2 Se 5%; Bel) — 2 re J(k) — Ik) — 2 hieraus: ‘ 1 a 1 d J(k eye ade 2 ” KK) = IK) # ee RW; allgemein: h ln sat h h d J(k IK k) == a“ J( k) Be en Als Differentialgleichung für die J-Funktion findet Anger auf be- kannte Weise die folgende: d’y 1 dy ne er 58) ar. Kr N nn h wobei x=k, y=J(k) ist. Für h = 0 wird dieselbe: d’y 2 dy > ren 0 d. h. die Differentialgleichung für die Funktion J (k). Setzt man nun: y=Ä1l—- a” uxt—ax°+--- so ergeben sich zur Bestimmung der Koeffizienten der Glieder auf be- kannte Weise die folgenden Gleichungen: 1 1 a = BE Ko 2 E 5 ) 0) k 2 b) y wi) BET a Die Integration der Differentialgleichung 58) liefert, wenn man setzt a2 = —; 4 MT gg und man erhält: h h-+2 ha 8... y uhı 1:—-— ae. ur in bekannter Weise: a : an a ; ZEhLD 1 RE a1 = 779,8,90h LIFE wo der Koeffizient von x® aus der Gleichung 57) bestimmt werden a =a;, 9% kann. Setzt man nämlich den Koefilzienten von k®=! in der Entwick- Hal h+1 lung von J (k) gleich «ı, den von k"t!in der Entwicklung von J (k) gleich Aı, dann muss sein: h eh A ak ke ek Fir +. Es wird also für h— 7700 2.9, =... =. Mes2r72.4; au 252 il nn 3. u 2.08% 15 u 0 Da aber in der Reihenentwicklung für J(k) der Wert von aı gleich 1 ist, so wird 1... 1 1 7» fur — 2, a = ar 98° a Oder allgemein, für ein beliebiges ganzes h, der Koeffizient von k® für h= 1, Mrs = h in der Reihe für J (k) 1 1 ar 1 un 1.03. und man erhält: EN h TE rl 4 61 ar BR (&) ne Wer! h+1\2 +72 F)hf3) Er Welches die Reihenentwicklung für die J-Funktion ist, wenn h eine $anze Zahl bedeutet, und welche mit der von Bessel gegebenen (Glei- Chung 21) genau übereinstimmt. h Von den Integralen, welche Anger durch die Funktion J (k) darstellt, wollen wir hier nur dasjenige betrachten, welches schon früher Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1869. ee BEER TREE a a —_— 42 — von Bessel, wenn auch auf anderem Wege, auf die J-Funktion zurück- geführt wurde, nämlich: 27T 1 ah : 1.3-.5--@ı —39: Be (k sine) d = je J(k). 0 Da ist 1 ste —cos2he-t - cos (2h — 2) e 2h. —1 (e — cs (&h—4)e-+ 1 Ran DE en tg BER BD so wird, wenn man auf beiden Seiten mit cos (k sin &) multipliziert, von O0 bis 27r integriert und berücksichtigt, dass 2rt 2rc fo (2he—ksin e) de — (@ne+k sin e) de Ö ) ist, 2h-1 ik >h i j = ein gel, | cos" e (cos k sin e) de = 2 | Ik) + — Ik) +: a ed - 0 Eur 2 en =» 2 Da aber, wie durch wiederholte Anwendung der allgemeinen Gleichung h-1 h+1 h kJ(k) + k J(k) = 2 Ik) leicht ae wird, } I en) 4... + 2h (2h - 1 a +1) Im) m re) ‚cn —1) 1), wo h irgend eine ganze Zahl bedeutet, so entsteht: art Font: . cos (k sin e) de = de [n J(k), k Dr Ö womit die Zurückführung beendet ist. — 243 — Hebt man die Voraussetzung, dass h eine ganze Zahl bedeute, auf und setzt statt h die Grösse h V —1=ih, woh eine belie- bige, gleichviel ob ganze oder gebrochene Zahl ist, so erhält man allgemeinere Gleichungen, welche Anger ebenfalls schon aufgestellt hat. Es ist: ar Ir 62) Je (ihe— ksin e) de -( ihe. cos (k sin e) de 0 c ar + (sn ihe.sin (k sin e) de. 5 Da nun nach teilweiser Integration : e"® sin” ech sine —ncos e) ©: sinse de — : = h?-+ n? —1 on + er = Bu 2 und: he n-1 : S h cos e n sine ee En AL Be h?—+n? nnm—1) h? + n? he BR, f ee Dieses Integral geht für e == 0 in — für e = 2rr in = e”"7 über. er® cos"”? ede ist, + Eslolet für n — 0: h h Ferner ist fe des ae -he e ; 1: welches für e=0in — u Ir 2 : 1 San rt e = dr N — =: übergeht. Demnach wird: 27T he he e te 1 Ahr -2hrr\, ar 9 de= BIN (e e ) —_— 244 — Fährt man in gleicher Weise fort, d. h. betrachtet man die ein- zelnen auftretenden Glieder in Bezug. auf die Grenzen 0 und 2sr, so ergibt sich schliesslich aus Gleichung 62), wenn man darin die be- kannten Exponentialgrössen für cosihe und smihe einführt und sie demnach schreibt: Ir art ehe . ae 62%) cos ihe— k sine) de -[ - 5 cos (k sin &) de -he 0 ti Ge Er a (k sin e) de, o folgender Wert: Ir _he „he hrr gan d = e e& u > e 2hrr ey en 208 (k sine) dd — eo k? k4 xl - water Für den imaginären Teil der Gleichung 62°) erhält man fol- gendes: Es ist für & = 0 resp: e = 2x i : k ehr k he Br Ba = IE k sin & de = A resp. — LT 141 k -hE . = ers near, Ash IE ksinsed=|} Nzee j resp. | nel Durch Addition entsteht folglich ein Glied von der Form: K nlpehrt galt A reg Fährt man in derselben Weise wie vorher fort, indem man auf die Integrationsgrenzen Rücksicht nimmt, so wird schliesslich: are he ee ehr _ er ee ers (kSM EA 2 ( ) 2 k k® + Be, < im I: @ 20m 9), — 245 — Durch Zusammenfassen beider Teile entsteht die Gleichung: 2hrr —H6 - 2hrr e b Ri Eee 62) fe (ihe — k sin e) d = 5h K® Ki 2 I -petwroemrnr | ; erh a ehr k = k> 2 ®+1 (h?-F 1) (h?-+33) k? FerDe+Ss mt) F 4 Geht man wieder von den imaginären Grössen zurück, indem man in diese Gleichung für h den Wert — hi einsetzt, SO ergibt sich: h It k? 63) je (h e— ksin €) de —: -+ ade sin2hrr I) kt k® + mw TR ı k k® k® + h It 1) (h? — 32) = (h?—1) (h?— 33) wort er Diese neue Entwicklung für die J-Funktion, welche für alle Werte von h, mögen sie ganze oder gebrochene Zahlen sein, giltig ist, ent- hält als Specialfall die von Bessel gegebene Reihenentwicklung, was ; - : i - 0 leicht zu beweisen ist, wenn man die Werte der die Form 2: anneh- Menden Glieder bestimmt. Versteht man also unter h irgend eine ganze oder gebrochene Zahl, so gibt die ebengefundene neue Entwickelung folgende allgemei- h nere or für I (k): en a 1 ai h?\ h hek:. = Te a + or 1-5) I) + —3 sin 2h x; für ein ganzes h geht dieselbe in die von Bessel gegebene über, da für diesen Fall sin 2h.rr = 0 ist. — 246 — Setzt man in der Differentialgleichung: Y=>X.2.eif, 80. wird: d’y Ei i Ra dz i+2 d’z 2 ae Bde Be x Fre )xz-+2ix er Fe i ip .d X = a7 a dx 2° 0—A di) ze zw —inzi4rt?z + {ai xt „ar dz 72 z Hi u. ode oder, da das erste Klammerglied verschwindet: 0-72 i+ı) rn a dx?’ d’z 2i-+1 d d. h. 0= Fr + = er Die Differentialgleichung hat die einfachste Form, wenn die Funk- h tion J (k) für den Fall, dass h eine ganze Zahl bedeutet, untersucht werden soll. Setzt man nämlich Ik) =k"z, so wird: d’z 2h-+1 dz und es bleibt nun die Untersuchung der Funktion z übrig. Anger gibt im weiteren die Entwicklung der Funktion 7%) in eine Reihe, welche nach fallenden Potenzen von k fortschreitet, und zwar teilt er dafür zwei Methoden mit, von denen die eine die Benutzung der Differentialgleichung fordert, die andere durch An- wendung der ZJ-Funktion leicht zu erhalten ist. — 47 — Die erste Darstellungsmethode ist folgende: Setzt man in der Differentialgleichung 64) statt 2 h + 1 die Grösse — 2i, so geht sie über in: Tr u = 2— 0, wok— (i-1) gt ist. Das vollständige Integral dieser Gleichung ist nach Euler: N es | 1.2.4K? 1.23.1006 (@cosk + £ sink) a v (i a5 ) IE - DE weh I72.,878 1:2,3..4,8.838 woraus folgt, da + ei se 1 Ne N (Bcosk — asin k), Rn 2h -- E DE : 1 nr ER ei k a acosk + £ sin k (1 — 412) (9 — 4h?) x | I1(2) (8 K)® lien a an h®) t.4 65) (x) — II(4) (8 k)* «sin k — ßcosk 1—4n»? Se (9— 4h?) (25 — 4h? en +.+h Vk 8k IL (8) (8 k)® Wo « und £ die beiden Integrationskonstanten sind, und zwar, wie früher gezeigt: 1 a = [62 le IE Für h = 0 entsteht: 66 Hin, _ ar m Var neo) ma)en F SC \k se ee ., 32,52 a — 248 — 0 Die Entwickelung von J(k) in vorstehender Gleichung kann aber auch ohne Benutzung der Differentialgleichung zugleich mit der Be- stimmung der Konstanten leicht direkt gefunden werden. Da nämlich: 0 cosk "(8 080 1.0... (os E53 04 st . J(k) =— SEITZ a ee ee en + )dw. w au ee 2 Kt vn 2.4 at ) ö en ey sino 1 en SInO 21,9. @- = e "ya, War N Re Aa Bat so ist, wenn K eine grosse Zahl bedeutet, näherungsweise, und für k= > genau 0 ns 67) 7.) , er SE ost nos + )do 140] - sink [°° /sino w. — sin @® Far IG .k + 2.4 4K® Nach Re gewöhnlichen Beziehung aber ist: IX) En ap a: 9 und es gelten die bekannten Beziehungen a)=wr *) Diese Gleichung folgt aus der Beziehung: 8 Oo o 0 1 2 I) >|. cos (k cos &) de or sinw-t -- ) do. oder: 0) J 7 1% ; ; i 1 au E Kk cos(2k sin? or :) --sink.. sin (** sin? 2 e) | 0 oder für 2k . sin? 5 su, du 0 2k AL 70, Ik) =>005k 7.605 Po sink | sin« ———, i" 2 Vak a R iR 4 \2k u— u? 0 wenn man in Reihen entwickelt. d: 12375... (em a2] und r(m + 4) — = Vr; Sowie: 7U 1 [HOR) x 2.608 H.X-dxr je IXa), ) 0) si ar oe in x: sın Dx SR 68) J(k) = ie _ u 1 Vkz | II(2) (8k)? II(3) (8 k)® ser sin k 1 32 32, 52 zen EEWCHTTTT Tg 1 a Fe er ee ST un, ee. e \Vkzr | u: II(2) (8 k)? II(3) (8 k)® Er oder (in Übereinstimmung mit Gleichung 66)) N cos k + sin k 3 ale aa, — — 12 er 2 kr | II(2) (8 k)? a: II(4) (8 gt | sink — cosk[1 Be Be + ee ee : + ee (kr 8k II8)(8Kk) II(5) (8 k) | Um die von Bessel gegebene Auflösung der Kepler’schen Aufgabe resp. die Entwickelung der Mittelpunktsgleichung in noch einfachere Formen zu bringen, transformiert Anger im Verlaufe seiner Arbeit die von Bessel bereits gegebene Gleichung 35), welche lautet: i i i-H1 et iH2 i—2 — A = lie) + 1 [ke) + 9) +? Mo + Melt Setzt man hierin: e= sin op, so wird: 2itg i=tg I ie = ae cos’ —- P 1-4 1g° — und man erhält, wenn man der Kürze wegen einführt: ; 3t Dr 11603, Dr woraus folgt: ie — Av, h aus der Reihenentwickelung von J(k) nach Potenzen von n K: — 251 — ifie) 2, 3. ’E ur Ya * ae wit ITS INT 1.278...1$1) .1.2:2,2.3,,0-+2) Ha Aa Dans its ZEREKEFRTTDERHENEN EN EI 00 ; ia ir gite „its zit nr 158, De + 38088 „ir zi+6 ur? gits FIT 0:5 Dos passte 4 Ge) 3 BR ; re ee a m 71.9.3205 077 19.8.1. 338.972 = its zits er? its ... 1.2.8.1.2.8..610) 1 1.2.9.4.1.23.0%5) 3 1 yirz gt I +7.2.8...C+9 irs zite its gits LIEB. 6 Asa an 12 ide) = Ya 35 = ylarz 2 a at = 1:2.2..G0- 23%. 12.8500) 0138 3 yir4 its RE in GER NEERERTRT TE. WE EBEIWE Durch Summation aller entsprechenden Glieder ergibt sich, wenn Man mit Hansen setzt: 2 3 i Be, we no mtr tea P; — P; . = Es 11,9 Bee 5 „er it =P; = = HPFTER 04 us, w. ar = EEE EL SL DEE eg BOB SEE Sn wasseiänaceu samen GREBEBE. _ u ser — 232 — y? Qg =1—», Ber I =(ı = —— us. w. als Wert für > Ag folgender: iH a v i+2 de. seele se ver enihe 4 1 re —Ap=PA P} At 3 | 7 ? „tr? 12 +3 rd m IE) N me v> „ir u Tas Ian mare‘ yt et ES STERBEN PT 3.8.00) its its * 1:28 8...0 9 +9 Diese Koeffizienten der Potenzen von A lassen sich aber auch der Reihe nach in folgender Weise darstellen: PP; v Pu — (Pit — P) = (vr — 1) Piyı + Pi, 2 15 Pr Pit — Pr) Pi Pin) = & + ı) Pir2 —- v Pirı ker: P;H, 2 ER = (Piss — Pi4s)+ v (Piys — Pi+2)— (Pirs — Pi42)= 1.2.3’s „ v? y2 ER 1-9 Een Pie Brei Pi+s u.5.W. —_— 2353 — Mithin: Ay = Pı A + (Qı Pi — P) AT? + (Qe Pipe — Qi Pay) At" + (Os Piys — Qx Pipa) A+® + (Qu Pira — Os Ps) At’ i 2 oder: > AO — P; MA — 9) 4 Qı Pays AL — AN) OP — 9) E., also auch: oO Q i i i 69) ul I I M-4-P4101 07? + Pi42Q2 tt Isinig, 1 weil war: v»— u— Aı sinn + As sin 2u + As sin 3u +") Die Gleichung 69) stellt in dieser Form die von Hansen für die Mit- telpunktsgleichung gegebene Entwickelung dar. Was die Entwickelung des Radius-vector betrifft, so ist, wenn man denselben durch r und die halbe Axe durch a bezeichnet, und setzt: r— Ao + Bı cos u + Ba cos Qu + Ba cos 3u + By = — — IE (ie — ie sin e) sin & de. Man hat aber: | Sin(ie—iesin e) sine—, (cos(ü —1)e — iesine) — cos (+1) —iesineg] - Demnach : i—1 i+l a (ie — ie sin e) sin ede=J(ie) — JÜie) also; i+-1 i—1 ] .Bo = ae |Tüe) — Jlie)). Der Fall i= 0 macht eine Ausnahme. Nach bekannten Sätzen ist Nämlich das erste Glied der Reihenentwickelung, d. h. der Koeffizient von cos 0.u: re RR *) Seite 294. — 254 — \ 1 2rı & In 02 \ A S— rdu=z, dem gtae—alı +2). A I) N y Man hat demnach: | r e? 1 i—1 j e1+.-e > — [Je — de)! 1 und die Entwicklung ergibt (2), i+2 (+ 70) By = —= BE ER E =: ı. 10) we 4. + I s0FDcH + a EEE ET TEE V. j Schlömilch gibt im II. Jahrgang der Zeitschrift für Mathema- h tik und Physik vom Jahre 1857 einen Abriss der Bessel’schen Funk- N tion, worin er ausser den bereits früher abgeleiteien Formeln und Beziehungen neue aufstellt, namentlich andere Integrationswerte für die Funktion. Er bedient sich stets der Hansen’schen Bezeichnungsweise, von welcher man ja, wie früher gezeigt, leicht zu der Bessel’schen übergehen kann. IK Nachdem er die bekannten Formeln: h Beer 1a), ee, I) — RUM +), in sehr einfacher, der Hansen’schen Ableitungsart ähnlicher Weise n . hergeleitet hat, gibt er zuerst eine Entwicklung für J(A). Er multi- pliziert die beiden Reihen A he 9 Dr Ra en a se 2 3 ER Be ws Ca HUMOR FE 2 4 Br 2 1 Zee neue a —_— 25 — Miteinander und vergleicht dieses Produkt mit der bereits von Hansen abgeleiteten Gleichung (48.1) Das Resultat stellt sich in folgender Form dar: 72 7* 28 0 N Sr Da ae 4 R yK 7? ee Tee 2 yE 2% YA 28 ; Were allgemein: n 5, n AB 2 yes a “ U MS mapi era u atm -2 ne m!(n-+m)! m 0 Von der Richtigkeit dieser auf dem Wege der Induktion gefun- denen Formel überzeugt man sich leicht vermittelst des Schlusses von N auf n-- 1, wenn man die nach Gleichung 71) gebildeten Werte n n—1 von J(A) und J(A) in die bekannte Formel substituiert, welche lautet: n nt n+1 n IA) = A[IA) + IR). Eine weitere Eigenschaft erhält Schlömilch durch die Multiplika- tion der beiden von Hansen gegebenen Gleichungen 48). Links ergibt Sn 1 Sich die Einheit und rechts eine nach Potenzen von x und = fort- Schreitende Reihe, deren konstantes Glied der Einheit gleich sein Muss, während die Koeffizienten der verschiedenen Potenzen von x und = verschwinden müssen. Die erste Bemerkung führt zu der X Relation 72) 1= a] +2 a] +2 ia +2 @l +; 0 B . » Woraus hervorgeht, dass die Funktion J(A) die Einheit nicht über- Steigen kann, und dass die übrigen Transcendenten nie grösser als 1 re] . v2 werden können. = i ‘ u 3 h „ K E, j — 256 — Das allgemeine Glied der Gleichung 71) war, vom Vorzeichen abgesehen ate pP! (p+m!’ durch Differentiation dieser Gleichung 71) erhält man eine neue Reihe, deren allgemeines Glied ist (n + 2 p) Atze zarten gta pIa-+p)! " plm-+p—NV! Hr pP —D)!n-+p)! und man hat daher: I ie .. Arme dent art yeah ap Aa a (n-+ sit aa) En n-1 n+1 dA 73) IM) IA). Aus dieser Formel lässt sich in Verbindung mit der bekannten Relation n n-l n+1 n IA) = A (JA) + IA) eine neue Gleichung zwischen zwei aufeinander folgenden Transcen- n—1 denten herleiten; die Elimination von J(A) ergibt nämlich: HH onn 10) Ha) IA) 37 JA) — I, oder n-H 742) s A 0) — 2 JA); durch Differentiation ne u. man vorstehende Gleichung als Re- een benutzt): 9-1 des) nam—1) mE RB = TH W- Id + 4X) n-+2 n und wenn man noch (wie früher ausgeführt wurde) J(A) durch J(A) und n+1 J(A) darstellt: | — 2597 — a). 18 DEE | n(n—1) 72 Au, = A). + — IA). a + 719 In dieser Weise kann man alle Differentialquotienten von Ja) n n+l Successive durch J(A) und J(A) ausdrücken. och - : Multipliziert man die Gleichung 74°) mit Er und addiert sie zu a n-+H1l ; Gleichung 75), so hebt sich J(A), und es bleibt: 76) n n “= da), 1.,.d4) e Er | E Bee n Welches die allgemeinere Form der Differentialgleichung für J (2) ist; ein Specialfall für n — o wurde bereits früher von Hansen behandelt (Gleichung 53). n Die Darstellung der J-funktion durch ein bestimmles Integral Macht sich nach Schlömilch nun folgendermassen : Aus der von Hansen gegebenen etwas anders geschriebenen Y . Gleichung 48.1) en 2 : le (+ -H 1a (x _ 2 ) + 1A) (v = 4) 4... ergibt sich mit Hülfe der Substitution s=oy—1 = 19, nd bei Vergleichung der reellen und imaginären Teile: 0 2 4 cos (2A sin @) = IA) + 2 IA) cos 20-2 IA) oos4w +: 1 83 sin (24 sin ) = 2 J(A) sin o 4 2A) sin3o-t Aus der ersten dieser Gleichungen folgt: »T “ ”) cos (2A sin ) cos n o dw = x. J(A) für gerades n 0 —( » ungerades n; AUS der zweiten: Bern. Mitteil. 1894. Nr. 1367. ESSEN area = 8 — >77 78) sin (2) sin o) sinn odo =». 10) für ungerades n 0) —=H » gerades n; oder allgemeiner für jedes n: A n 79) [is no —2isno)du=n. Kl, 0 was leicht durch Auflösen von cos (no — 24 sin o) und Integrieren der einzelnen Glieder als Zusammenfassung der Gleichungen 77) und 78) zu erkennen ist. Eine andere Zusammenziehung der Gleichungen 77) und 78) zu einer für jedes n gültigen Formel lässt sich durch folgende Umwand- lungen erreichen: Man setzt in 77) es wird alsdann für ein gerades n: nee ns N 7% 7.2) = ws —— | cos (2A cos z) cos n z da. za a L Die Funktion cos (2 A cos z) cos n z hat für negative Werte vol z denselben Wert wie für positive z, daher 7 I Es ; n 7c an 1 MR 2 5 cos (2 A cos z) cos nz dz «/ I) n a . EN ae cos (2 A cos z) cos nz di. v Auf dieses letzte Integral wendet nun Schlömilch die bekannte Jacobi’sche Reduktionsformel I 7L 1 8 J [ (cos 2) os z 02 = 7.3.5... 0m 1” (cos z) sin” z d7. ) 0 an und erhält für gerade n, wenn ist: ES 008 2 4X — 359 — n 77 [« (2 2)" cos sr TE cos (21 c0sz)cosnz da— cos (21.6082) sin?” zd ; s(24,c0sz) cosnzdz 1.8.5. (anZıl), 08 (21.0082) sin“ zdz, 0) mithin: > “ gC 10) == Le IE (2 A c0s’z) sin” z dz. Br )% Transformiert man auf gleiche Weise die Gleichung 78), so erhält n Man für ungerade n ganz denselben Ausdruck wie eben für zr J(2), letzterer gilt daher für alle n. Da die Funktion cos (24 cos z) sin” z von z = a * bis z = . . - 1 1 . ”c die nämlichen Werte besitzt, «we von zo bh. 2 5: TT, SO kann man auch schreiben: 7T r 2 (24° fe er ee ;08 (24 cos 7) sin?” 7 dz. TE Ten ee, Setzt man hierin: c08. 2 —=X SO wird: a 2 (2 2)" : u = 2% unbe - I (1 — x Feos(2Ax)dx #:3,3,.8, Oro [0] Oder: n >) bs h 1 5 81) JA) — N (1 22)78 008 (2 Ax) dx. Tore) Im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung gibt Schlömilch den . °8, wie man den für die J-funktion vorkommenden Integralausdruck N eine zur numerischen Berechnung der Funktion dienende Reihe Rlwickeln kann. Er beschränkt sich dabei auf den Fall n— o, weil ns 0 > IQ) exe... leicht aus J(A) hergeleitet werden kann. Br iR l # 1; 1%: Gleichung 80) ergibt für n = 0 den Wert: 1 e} 2 A lO— ner 2 z ubSe setzt man hierin: xl yund2X u, so wird: 1 {) te I m a EIDE dy. Er Die Auflösung des Cosinus ergibt: O0 lc . a N IN v2 co8 u [ ee = Bu 22 - 76 = und durch Entwickelung von — a a erhält man: 1 — 0 DB 1 8 ? Jh) _v2 — > f rn 4 \ I. ß En WR (#) err: 1a 7 V Z . ‚v2: sin aan sin wy 1 1 5 er 1:3 Y)r...ar ZN 2.4\2, Die Werte der einzelnen hierin vorkommenden Integrale sind aus den ersten beiden 1 say N dy und ey — —— dy e Vy s v2 durch Differentiation nach uw. leicht herzuleiten. Bezeichnet mal ihre Werte nämlich einstweilen mit P und Q, so hat man folgend® Gleichungen: — 261 — ET u f MEN og, Ir Vy [8 Vs ö yoosuy Mo fe ysinuy so... Y En y ‘ Vy "y2 cos uy e "y? sin u y ” Sr — dy=-—P ul -ye— N v ) Ö ) 36 sin u y Eye 08 NER Ye y—=— g Ar a dy a 4 pP” Er USE W;, Wobei die Zeichenwechsel dieselben sind wie bei den Cosinus und \. Sinus der vier Quadranten. Demnach ist also: 0 Penn I == w [p cos u + Q sin u — — (P” cos u +0Q"sinu)+--- 7U 18 123.5 eo; (0° cos u — P‘ sin u) — TEE (9 cosu — P* sin u) +. -) Nach einer bekannten Formel aber ist: "cos uy ed ._.- cos 2 Bi, hi I - cosuy weinen y 0) 0) = ie cos u Y — re u dy. 2 u ” Vy 1 N Das noch übrige Integral kann nun durch fortgesetzie partielle Nlegration leicht in eine halb konvergente Reihe verwandelt werden Ind man erhält: 2 1.355,57 Bes 1 Bere = sin u | Pr 22 „° Ei ) 1 AR a .) .. -+ c08 «| 2 ERAGE uf BIS ; ebenso in ähnlicher Weise en 1.9 ) nn rg + coS u [ 25 92, at J 7.3.95 + sin u 65 ge 2 4 =. — Hieraus sind P‘, P“ ... sowie 0‘, Q” ... leicht herzuleiten, und durch Substitution dieser Werte ergibt sicht nach einigen Um- formungen endlich: cos (2 — — r) 0 | / 2 27 Il AN Iı TA —) “ he ler 073 Dee 1 ee (3) +) ; ; sin ( 2 — — .) / 2 ag 3 \ 4 1% 71 12.82, 52 IE r en ( E ) a an ( & ) Ba .) 4 oder in anderer Form nt 3) ers ie 2,4 / Vr \va 512 Vi) 524288 VA? + Aa ee, I ar 2. 200008 4 Vr 16V” 8192 (VA) 41943040 (VA) + Diese Gleichung stimmt mit der von Hansen gegebenen (Glei- chung 54) vollständig überein; derselbe leitete sie jedoch auf anderem Wege (mit Hilfe der Differentialgleichung) ab. Am Schlusse des angeführten Werkes stellt Schlömilch ein Theorem auf, welches von der Entwicklung einer beliebigen Funk- tion in eine nach Bessel’schen Funktionen fortschreitende Reihe handelt. Dasselbe ist nahe mit dem Fourier’schen Satze verwandt und unter dem Namen Schlömilch’scher Satz allgemein bekannt. Sei- nen Beweis gibt auch Lommel in seinem oben citierten Werkchen: «Studien über die Bessel’schen Funktionen». ($ 20. Seite 73.) Geht man von der bekannten für h > z > o geltenden Ent- wicklung aus 1 22 E(z). = a Ao + Aı cos — —+ Az cos — Zn Er wo FRORIR En Boa din ist, Te Ir h (7 und setzt darin so erhält man die Gleichungen: ER) — > Ao 4 Ar cos 2 Axt As cos4AAxX-h :-- e 7U 4 2 A, Fr [Fi cos 2nudu, 6 welche gültig sind für & 1 RE: Multipliziert man ferner obige Gleichung für F(A x) mit 2 dx 1 9 F(A x) 0) 0. 0 84) E E Tee dx en + Av —-Aı JA)—+ A2 J(24) -H As J(34) -H u. Es ni = Einheit nicht überschritten hat. Nimmt man weiter: und es gilt diese Gleichung von A = 0 bis 4 = 7, weil x die eg Be en er RR Vi ‘= [0] SO ergibt sich durch Differentiation nach A: 2 (Pa di 1) In dieser Gleichung schreibt man mit Schlömilch s statt x, ut Statt 2, multipliziert beiderseits mit dt Moe yıi—t nd integriert nach t zwischen den Grenzen {= 0 und t=1. Man erhält durch diese Operation: 1 1 1 2 u F dt s F’(u st) ze fu) ; — : -ds=u a a N F(o) Fyusiaee ee vi wr nach einem von Abel herrührenden Satze. Den Beweis für dessen Richtigkeit gibt Schlömilch ebenfalls in seiner Abhandlung (siehe Seite 156 und 157). Für A = 0 gibt Gleichung 85) F(o) zn f(0), mithin: 1 86) Bi — = f(0) +; uU a nn di v1 h Wir schreiben nun in Gleichung 84) f(A) für die linke Seite, drücken rechts F(u), welches in A, enthalten ist, vermittelst der vorstehenden Gleichung 86) durch (u) aus, und gelangen somit zu dem Satze, dass die beliebige Funktion f(}) unter der Bedingung = el, in die Reihe : 0 0) 87) I) At AI) + AIaM +: entwickelt werden kann, wenn die Koeffizienten A nach der Formel 1 F3 7T 88), A, = fi 08.2 uf re 3 dt 7U «/ « —1t 0 0) bestimmt werden. Durch Differentialion nach /, wobei die Formel dJ(A) \ —— — —J( anzuwenden ist, und f‘(A) = F(A), sowie — 2n An = (n sein möge, erhält man ein zweites Theorem 89) FG IA) + KR) + GIB) --- wobei die Koeffizienten C nach der Formel: N a Se 1 4 90) m —- — a is cos 2n u du f nn di h 5 1 0 zu bestimmen sind. Lommel zeigte, dass allgemein auch die Entwicklung 91) 10) — Bı JA) + Be joy EB Ian E::- wobei ist: z 77 1 © fu) 2) B=2.—1". ne N cos 2n u du I ie ih 7U vi 2 «/ « (0) 0 unter der Bedingung — >A> o gültig ist. gung —- >> gültig Die vorher angeführte Reihe ist ein Specialfall der Entwicklung 91); nämlich für m = 1 wird aus Gleichung 91) die Gleichung 89) und Gleichung 92) geht unter Berücksichtigung der gemachten Voraus- Setzungen in Gleichung 90) über. Damit möge vorliegender Aufsatz abgeschlossen sein. Wie sich die Bessel’sche Funktion erster Art durch die Untersuchungen von Lommel ‚€. Neumann, Lipschitz und anderen weiter enl- Wickelte, werde ich in einer zweiten Arbeit zu schildern versuchen. Dabei werde ich auf ihr Verhältnis zu den Kugelfunktionen näher ein- Sehen, die Funktion mit negativ-gebrochenem Index untersuchen und Ihre Darstellung als Summenformel nach Hankel geben. Ferner Sind die Bessel’sche Funktion II. Art, ihre Differentialgleichung und Ihre Beziehungen zu derjenigen I. Art zu betrachten, und schliesslich Sind die von Schläfli eingeführten Hülfsfunktionen n n n - Ki), So, TR) U. Ss. W. S berücksichtigen, und darauf die neuesten Arbeiten von Heine, "egenbauer, Graf, Hurwitz und anderen einer Betrachtung Zu unterziehen. Nr. 1368. Bern. Mitteil. 1894. a Benutzte Quellen und Werke. Fourier: Theorie analytique de la chaleur. Seite 369. ff. Paris 1822. Poisson: Sur la distribution de la chaleur dans les corps solides Journal de l’&cole polyt. Cahier 19. Seite 349. Paris 1823. Bessel: Analytische Auflösung der Kepler’schen Aufgabe. Abh. der Berl. Akademie der Wiss. aus dem Jahr 1817. Bessel: Untersuchung des Theils der planetarischen Störungen, welcher aus der Bewegung der Sonne entsteht. Abh. der Berl. Akad. der Wiss. aus dem Jahr 1824. Jacobi: Formula transformationis integralium definitorum. Crelles Jour- nal. Band 15. 1836. Hansen: Ermittelung der absoluten Störungen in Ellipsen von beliebiger Excentrieität und Neigung. 1. Teil. Schriften der Sternwarte Seeberg. Gotha 1843. h Anger: Untersuchungen über die Funktion J(k), mit Anwendungen aul das Kepler’sche Problem. Neueste Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Danzig 1855. Schlömilch: Über die Bessel’sche Funktion. Zeitschrift für Mathematik und Physik. I. Jahrgang. Leipzig 1857. C. Neumann: Theorie der Bessel’schen Funktionen; ein Analogon zur Theorie der Kugelfunktionen. Leipzig 1867. Lommel: Studien über die Bessel’schen Funktionen. Leipzig 1868. Errata. Seite 208: Gleichung 9): ist als untere Grenze des ersten Integrals 0 zu setzen. Seite 209: Zeile 23 und 24: soll es statt a richtig ap heissen. Seite 216: Zeile 14 soll es richtig heissen /X0) = 1. Seite 221:In Gleichung 30: ist auf der rechten Seite = 0 zu setzen. A. Baltzer. Ist das Linththal eine Grabenversenkung? Eingereicht den 18. Dezember 1894. «Das Linththal im Kanton Glarus, zwischen Stachelberg und Glarus, wird von Parallelverwerfungen beiderseits begleitet, zwischen welchen ein breiter Streifen des Gebirges grabenartig in die Tiefe gesunken ist.» So beginnt A. Rothpletz den ersten Abschnitt seines jüngst erschienenen Werkes’), der den Titel führt: «Die Graben- brüche des Linththales» und durch 5 geologische Profile und Text- figuren erläutert wird. Diese Arbeit erregte mein lebhaftes Interesse, da ich vor 21 Jahren diese Gegend ausführlich in einer Erstlingsarbeit?) monographisch behandelt habe. Grabenbrüche hatte ich allerdings damals nicht be- Obachtet, allein ich musste mir sagen, dass Irrthum meinerseits wegen Mangelnder tektonischer Erfahrung nicht ausgeschlossen war. Seither ist mir in der Praxis manche Spalte vorgekommen, und habe ich in’s Besondere die Grabenbrüche des Rheinthals, sowohl auf der Vogesen- Wie auf der Schwarzwaldseite, unter der kundigen Führung von A. Leppla und €. Schmidt kennen gelernt. Die neue und unerwartete Deutung des Linththals, der der Autor grosse theoretische Wichtig- keit beilegt, erweckte daher den lebhaften Wunsch in mir, mich per- Sönlich zu überzeugen, und so ist die nachfolgende Kontrolluntersuchung Zu Stande gekommen. Dass auf beiden Seiten des Linththals die Formationen im All- gemeinen verkehrt liegen, nämlich Eocän unten, darüber Malm und Verrucano selze ich ebenso wie die Beziehungen zur Glarner- Fre RE 1) Geotektonische Probleme, 1894, Stuttgart, E. Schweizerbart’sche Verlags- handlung. 2) Der Glärnisch ete. 1873, Zürich, C. Schmidt. a ne een ne un ee ee zn 1 \ — 268 — doppelfalte als bekannt voraus. Jeder Besucher des Linththales er- innert sich wohl an die etagenförmig ansteigende Kalkmauer zwischen Luchsingen und Schwanden, über welche der Steinigerbach, der Schwe- chetenbach. besonders schön aber der Leuggelbach bei dem gleich- namigen Dörfchen, in Kaskaden herahfallen. Der Malm dieser Wand (Rothpletz fasst sie durchgängig als solchen auf) falle nun nicht kon- kordant den andern Formationen flach in den Berg ein, sondern sei eine durch die «Grabenspalte» abgetrennte, gesunkene und nur cou- lissenartig angelehnte Scholle, wie in 3 reellen Profilen (Einlage 1, Fig. I, Il, II) des Näheren dargestellt ist. An andern Orten wird darauf hingewiesen, wie schon a priori Spalten wahrscheinlich sind, weil die untere Grenz- resp. Überschieb- ungsfläche der Verrucanodecke auf der rechten Thalseite der an der linken in Neigung und Streichen nicht genau entspricht. Da die beiden Deckenstücke indessen hier um circa 4—5 km durch das Linththal getrennt sind, so ist ihre Inkongruenz a priori auch durch Ver- biegung erklärbar, um so eher, als im Übrigen das Gebiet nicht den Typus eines Schollengebirges, sondern den eines Faltengebirges trägt. Zum Verständnis des Folgenden benutze man ausser der Profil- tafel I von Rothpleiz mein geologisches Specialkärtchen des Glärnisch in 1:50000, welches, abgesehen von kleinen Veränderungen, die die 1877 revidierte Topographie nölhig macht, auch heute noch im Ganzen richtig ist; oder man nehme Blatt 14 der geologischen Karle der Schweiz (für die Topographie Blatt Linththal, Nr. 400 des Sieg- friedatlas). Dem Hauptprofil durch das Luchsingerlobel kommt nach Roth- pleiz eine entscheidende Wichtigkeit zu. 1. Profil Luchsingertobel (vergl. bei Rothpletz Taf. I, 3). Von Luchsingen aufwärts steht ein System von Schiefern und kompakten Bänken an, die allseitig als Flysch anerkannt worden sind. Hierauf folgt eine 10 m mächtige Malmbank (vom Typus des Loch- seitenkalks), mit der ich den Malm beginnen lasse. An ihrer Basis kommt das Luchsinger Schwefelwasser hervor. Der dichte, flammig gestreifte und geaderte Kalk ist, wie ich schon vor 20 Jahren -her- vorhob, mechanisch metamorpher Malm. Ich habe damals den Begriff des mechanischen Metamorphismus'!) aus ihm geschöpft, den ich als eine mechanische (nicht chemische) Veränderung definierte, die sich !) Glärnisch pag. 97. ae theils auf die feinste Textur (Marmorisirung, weissliche Flecken und Flammen, weisslicheStreifen, Wachs- , glanz), theils auf das Auftreten | von breceiöser Zertrümmerung , "homboedrischer Zerspältelung, Quet- schlagen etc. bezieht. In Folge davon wechseln kompaktere, 3m» Oft langgestreckte, linsenförmige und schiefrige Partien mit- einander ab oder es sind auch lokal festere Kerne von ganz gelockertem und selbst zersplittiertem Material umgeben (vergl. beistehende Figur). Die über der erwähnten Bank bei der Schwefelquelle folgenden wegen der Metamorphose petrographisch schwankenden Schichlen sehe ich auch als Malm an. Es wechseln hier Kalkschiefer, deren Lamellen oft glänzende Oberfläche zeigen, mit kompakteren, helieren, dichten, oft wachsartig glänzenden Kalken {im folgenden kurz als Wachskalke bezeichnet). Zwei Bänke mit reichlichem Pyritgehalt und daher gelb- licher Verwitterungsrinde, auch mit Ankeritadern, erinnern an Num- mulitenkalk, doch konnte ich Nummuliten nicht genügend sicher konstatiren. Auf die petrographischen Differenzen dieser Kalke, die wie schon erwähnt, hochgradig metamorph sind, lege ich für die Stratigraphie kein grosses Gewicht. 2 Hierauf folgt Sernifit. Röthidolomit und Lias in regelmässiger Überlagerung, solange man längs des Weges beobachtet. Z RD. Re Kataklase im Malmkalk, Luchsingertobel. Der Verrucano tritt theils als gneissig gequetschtes Konglomerat (unterhalb des Pfades), theils in Form von grünlichen, röthlichen und dunkeln Sernftschiefern auf. Der Dolomit ist dicht und grau, zellige Rauhwacke sah ich nicht. Besonders hervorzuheben ist der Umstand, dass der Lias in den untersten Bänken über dem Röthidolomit röthlich gefärbt ist, Weiter oben die gewöhnliche Glärnischfacies zeigt, die im nahen be- lemnitenreichen Bösbächitobel besonders schön entwickelt ist. Ich konstatire, dass meine alte Aufnahme (Glärnisch, Profiltafel Fig. IV) sich im Ganzen als richlig erweist'). !) Unrichtig sind dagegen meine Luftsättel, nachdem Heim die Fortsetzung der Kreidefalten in der Silberen und ihre daselbst umbiegenden Enden Nachwies. Die Sättel müssen sich nach Osten öffnen, statt nach Westen; das ıB N | ih BI Di m TE Die Grabenspalte von Rothpletz auf der linken Seite des Luchsingertobels. Rothpletz sagt «in vollkommen sicherer Weise wird die Existenz dieser Verwerfung in dem nahen Luchsingerthälchen erwiesen, wo dieselbe auf beiden Thalseiten ausstreicht und man wirklich die Hand darauf legen kann...» «Der Kontakt zwischen Kalk und Sernifit ist gut aufgeschlossen und bildet eine längere vielleicht nach Osten etwas überkippte Fläche, die N 25 ° O streicht, also das Thälchen durch- quert und auf seinen beiden Flanken sichtbar wird...» «Übrigens macht sich in den Sernifitbänken eine kleine Umbiegung nahe der Spalte bemerkbar, welche als Schleppung infolge des Absinkens der östlichen Gebirgsscholle aufgefasst werden kann.» (Vergl. Einlage |, Profil II.) Indem Rothpletz diese reelle Verwerfung mit ähnlichen in der Tschingelbach- und Vorbachruns in Verbindung setzt, über deren that- sächliche Existenz er sich schon etwas reservirter ausdrückt, gelangt er zur Konstruktion einer circa 2 Stunden langen Grabenspalte mit Sprunghöhe von mehreren hundert Metern. Dem gegenüber lege ich folgende Thatsachen fest und: fordere zur Prüfung derselben auf: 1. Was Rothpletz als Verrucano an der Verwerfung (Tafel 1, Profil 3) bezeichnet und im Text angiebt, ist nicht Verrucano, sondern etwas röthlich gefärbter Lias. 2. Was er als Schleppung am Malm bezeichnet und sehr aus- giebig darstellt, ist, wie aus dem Wechsel des Materials hervorgeht, nicht Schichtenschleppung, sondern Klüftung. Die wirklichen Schicht- bänke des Lias schneiden diese Schleppung. 3. Eine Verwerfungsspalte auf der linken östlichen Seite des Thäl- chens, wodurch Lias und Malım aneinander stossen, ist vorhanden, aber die nähere Untersuchung lehrt, dass sie ganz lokaler Natur ist. Sie stellt sich als ein durch Reibungsbreccie und rothe Erde ausgefüllter ändert aber nichts daran, dass der Glärnisch ein liegendes Faltensystem mit Wiederholungen in der Kreide ist, wie ich es erwiesen habe. Mein Irrthunt erklärt sich daraus, dass im Glärnischstock selbst keine Umbiegungel sichtbar sind, a priori war ich also eben so gut berechtigt die Oeffnung, der Luftsättel nach Westen anzunehmen. Im Uebrigen haben alle Forscher, die nach mir den Glärnisch wirklich untersuchten, die Realität der liegenden Schichten“ faltung anerkannt, nur Pfaff und Diener (Gebirgsbau der Westalpen pag. 75); die nicht untersuchten, erklären, es brauche «für einzelne dieser Schlingen einen geologischen Wunderglauben». — —— Riss dar. Man kann in ihm etwa 60 m gerade hinaufklettern, bis ein gewaltiger den Absturz drohender Breccienfels sich in den Weg Stellt, und man kann dabei konstatiren, was soeben unter 1, 2 und 3 gesagt wurde. Ich habe mich aber ferner überzeugt. dass weiter oben der Lias ungestört in ungebrochenen Bänken über die Knickstelle herüber- läuft, der Riss sich also nicht nach oben fortsetzt, sondern bald aufhört. [ch habe mich ferner überzeugt, dass der Verrucano, der «um der Knickstelle ausbleibt. sich in kurzer Entfernung östlich des Knicks (in der nächsten östlichen Seitenschlucht) wieder aufthut, sich unge- stört fortsetzt und etwas oberhalb der Hütte Brand durchstreicht. In der Breccie habe ich eckige Malm- und Liaskalkbruchstücke konstatirt: die rothe Erde stellt den in der Kluft ganz vermahlenen Verrucano und rothen Liaskalk dar. Besagter Knick (an dem sich der Malım, wenn ich nicht irre, etwas herunterbiegt) setzt sich auf der Südseite des Luchsingertobels fort, Wo er undeutlich wird und bald aufhört. In Summa: Wir haben hier eine circa 150 Meter lange lokale Stauchung und Knickung, verbunden mit Zerreissung und Verschiebung der Schichten. wie solches im kleinsten Maassstab am Fusse der Flysch- wand des Leuggelbachwasserfalles im Flysch vorkommt. Hierin einen Beweis für eine gewaltige stundenlange Grabenspalte zu finden, blieb der Phantasie von A. Rothpletz vorbehalten. Zum Theil grössere Brüche kenne ich von früher her noch an andern Stellen des Glärnisch, z. B. auf der Westseite oberhalb Alp Werben (vergl. Glärnisch Profiltafel, Fig. IV und VI). Wir wollen nun die «Grabenspalte». immer an der Hand der Profile ihres Autors, weiter gegen Osten verfolgen, wo lief einge- Schnittene Runsen gute Aufschlüsse in die «angelagerle Scholle» ver- Sprechen. Steinigerbachruns. Dort, wo der Pfad in der Gegend von Brand in nordnordöstlicher Riehtung unterhalb der kleinen Verrucanowand durchläuft, wurde in der genannten Runse unter grünlichem Verrucano zunächst Block- Schutt, dann eociäner Schiefer und 2,5 m Nummulitenkalk') (Fall W !) Die Nummuliten sind z. Theil zerquetscht, was ich bemerke, weil Roth- pletz anführt, es kämen in dieser Region keine ausgezogenen Petrefakten vor. ie — 30 ° N) beobachtet. Dann folgt streifiger Wachskalk mit Schiefern wechselnd (Malm) bis zum Absturz. Eine Grabenspalte ist nicht zw sehen. Schwechetenbachruns. (Vorbachruns bei Rothpletz, Tafel I, Fig. 2). Hier folgen sich von oben beginnend: 1. Grünlicher, körniger Sernifit mit pfirsichblüthrothen Feldspath- körnern (dieselbe Varietät auch in der Kiesgrube an der Strasse zwischen Luchsingen und Leuggelbach). 2%. Malm in dicken Bänken, dicht, gestreift, marmorartig. 3. Flysch: Oben ruppige Schiefer, dann dünnschiefrige Kalk- schiefer mit Kalkspathadern ; selzen unterhalb des Pfades fort bis zur unzugänglichen Absturzwand, welche Rothpleiz als Malm betrachtel. Von einer coulissenförmigen Anlehnung einer aus Komplex 2 und 3 bestehenden Scholle an den Verrucano, wie sie Rothpletz (Fig. 2) abbildet, ist nicht die geringste Spur wahrzunehmen. Leuggelbachruns. (vergl. Tafel I, Profil I von Rothpleiz). Von oben nach unten folgen sich: 1. Verrucano grünlich. Sein Kontakt mit 2 ist verdeckt. 2. Flysch : Kalkschiefer mit untergeordneten kompakten Bänken. Nach unten die unzugängliche Absturzwand (Kalkmauer), über die der Leuggelbach als imposanter Wasserfall abstürzt. Rothpletz sieht Malm in ihr; ich nahm sie früher als Flysch. Beobachtet wurde am Fuss: 3. Flysch iypisch: dünnschiefrig, glänzend, wellig mit kleinen Knicken, an denen die dünnen Blätter oft gestaut oder geschleppt sind, bildet dem Augenschein nach den grösseren Teil der Wand. 4. Darunter folgen Birmensdorfschichten und Eisenoolith (oberer Dogger), von mir früher übersehen, von Rothpletz zuerst beobachtet')- 5. Wahrscheinlich Bajocien : dunkelgrauer, zäher, schuppiger Kalk, mit circa 10 m sichtbarer Mächtigkeit. 6. ? Malm, nach Rothpletz ; wegen Bedeckung mit Schutt und grossen Blöcken fraglich. Y) Rothpletz betont, niemand habe vor ihm gewusst, dass die Kalkmauer «auch aus Eocänbänken und Doggerschichten aufgebaut ist»; da muss ich doch bemerken, dass er ersteres schon aus meiner 20 Jahren alten geologischen Glär- nischkarte hätte entnehmen können. —_— 1213 — Hiernach ist die Malm-Kalkmauer von Rothpletz, wenigstens in den untersten zugänglichen Partien, sicher Flysch. Aber selbst, wenn weiter oben die «Kalkmauer» malmisch sein Sollte, so ist doch auch in der zugänglichen Partie unmittelbar dar- über von einer durch die Grabenspalte bewirkten Anlehnung an den rückseitigen Flysch auch nicht das Mindeste zu sehen; vielmehr fallen die Schichten durchaus konkordant flach in den Berg ein. 2. Profil Gilbiberg, Eck, Nitfurn (von Rothpletz im Text erwähnt). Hier folgen sich von oben nach unten: 1. Verrucano. 2. Malm. 3. Eocäne Kalkschiefer, dünn- und dickschiefrig. 4. Malm, vorwiegend Wachskalk mit geringen Schiefereinlage- ungen. Bildet die ausgesprochene Wand unter Eck und Gäülbiberg'). Nachdem wir der linken Thalflanke gefolgt sind, könnte nun in gleicher Weise die rechte westliche Seite untersucht werden, um die korrespondirende westliche Grabenspalte von Rothpletz zu kontroliren. Rothpletz sagt, er habe sie nicht reell konstatiren können, aber, fährt er fort, der grabenartige Einbruch auf der linken Seite «wirft seinen Schein auf die rechte Thalflanke». Da nun aber im Vorhergehenden dieser «Schein» als der eines /rrlichts erkannt worden ist, so darf Ich mir wohl gestatten auf diese Untersuchung zu verzichten. Rothpletz meint nun noch, die Schichtenfolge der «Kalkmauer» sei unvereinbar mit der Doppelfaltenhypothese, speziell mit der Deutung als Mittelschenkel der Nordfalte. Aber wer behauptet denn, dass die normale Schichtenfolge an der Leukelbachwand Mittelschenkel Sei? Ich sehe vielmehr in diesen Vorkommnissen ein untergeordnetes Gefältel an der Basis des Glärnisch, wo jedes Fältchen seinen eigenen Nittelschenkel hat, und welches sich der grossen liegenden Lagerungs- Störung des Kantons Glarus (von der der Glärnisch ein kleiner Theil ist) Sehr wohl einfügt, mag man nun von einer Doppelfalte oder einer liegen- den einheitlichen Falte ausgehen. Dieses Gefältel nahm ich schon vor 20 Jahren als ein unlergeordnetes Beiwerk ünd habe es meinem zu- Sammenfassenden Durchschnitt vom Linththal zum Oberrheinthal (Glär- Qisch » pag. 56) nicht einmal beigefügt. Mir wäre die Doppelfalte, Wenn sie rein in der Natur aufträte, ohne die vielen sekundären Fält- —— ) Vergl. für das Detail «Glärnisch», pag. 76. Bern. Mitteil. 1894, Nr. 1369. — a chen und Zusammenschübe, welche eine Analogie zur Massivfächer- stellung bilden, viel weniger verständlich. Auf Grund der vorliegenden thatsächlichen Detailangaben halte ich mich demnach für berechtigt zu den nachfolgenden Schlussfolge- rungen: 1. Grabenverwerfungen existiren an der westlichen Seite des Linththales auf einer Strecke von 4 Kilometern zwischen Luchsingen und Schwanden nachweislich nicht. 2. Damit fällt die Behauptung von Rothpletz, das Linththal sei eine Grabenversenkung, dahin. 3. Dieses Thal ist kein «geotektonisches Problem», sondern ein Erosionsthal, als welches es bisher von allen Beobachtern (A. Escher v. d. Linth, Baltzer, Heim und Mösch) angesehen worden ist.) ‘) Denjenigen den Kanton Glarus besuchenden Fachgenossen, welche sich von diesen Verhältnissen selbst überzeugen wollen, rathe ich an, von der Station Luchsingen aus das Luchsingertobel zu besuchen (halbe Tagespartie). Hierauf mögen sie von Luchsingen aus mit Führer über Brand in nordnordöstlicher Rich- tung einem kleinen Pfad folgen, der durch Wald sich längere Zeit unterhalb des Verrucanowändchens hinzieht. Man überschreitet dann den Leuggelbach und er- reicht, über Dohlenberg und Gilbiberg, Thon und Schwanden. Nur wenn man diese Richtung einschlägt, kann man jeweilig in den angeführten Runsen die- jenigen Standpunkte aufsuchen, von wo aus die Beurtheilung der tektonischen Frage möglich ist. J. H. Graf. Geschichte der Bibliothek der schweiz. und der bern. Naturforschenden Gesellschaft. a Die Anfänge der Bibliothek der bern. Naturforsch. Gesellschaft und implieite der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft reichen bis ins Jahr 1787 zurück. Am 18. Dez. 1786 war durch J. S. Wyttenbach die bern. Naturforschende Gesellschaft damals „Privatgesellschaft naturforschender reunde in Bern“ gegründet worden. f Am 18. Dezember 1787, dem ersten Jahrestag des jungen Vereins, hielt Wyttenbach die Festrede, worin er die bisherige Thätigkeit Revue Passieren liess; sodann wurde erkannt: dass es freylich einem jeden frey Stehen solle, das Vorgelesene für sich zu behalten; dass es aber der Ge- sellschaft angenehm wäre, dieselbe es auch von der Freundschaft ihrer Mitglieder hoffe, dass sie diese ihre Abhandlungen und Nachrichten schriftlich zurücklassen, damit man sie zu allfälligem Gebrauche in den Archiven der Gesellschaft aufbehalten könne. Wyttenbach anerbietet sich, leses Archiv in seiner Wohnung einzurichten. Es werden deponiert: 1) Wyttenbach, Reden beim ersten Anniversario; 2) Studers Auszug aus Genssane, Hist. Nat. du Languedoc, über das Waschgold; 3) Tralles, Bemerkungen und Versuche über Feldspatarten des Gotthard; 4) Exchaquet, nouveau proc6d6 pour faire les essais par fonte etc. . 80 haben wir hier den Anfang der Gründung des Archivs der Bi- bliothek der Gesellschaft, aus der sich dann allmählig die Bibliothek der Schweiz, Naturforschenden Gesellschaft entwickeln sollte.*) Es ist bekannt, dass die Gesellschaft naturforschender Freunde in Bern im Jahr 1797 an alle schweizerischen Naturforscher einen Aufruf erliess, sich im Oktober in Herzogenbuchsee zu versammeln, um eine Schweizerische Gesellschaft zu gründen. Im Aufruf heisst es auch: ?) «Mittheilung und Bekanntmachung der in irgend einem Theile der- “selben (vaterländischen Naturlehre und Naturgeschichte) entweder schon “vollendeten oder erst noch vorzunehmenden Arbeiten; im erstern Falle “Schörige Schätzung und Würdigung derselben und Niederlage aller neuen, 17 ) Vgl. J. H. Graf, die Naturforsch. Gesellschaft in Bern vom 18. Dez. 36 bis 18. Dez. 1886 pag. 12. ?) Vgl. J. H. Graf, ibidem pag. 24. — 2716 — «besonders der nur einzeln gemachten kleinern Entdeckungen, in die «Archive der Gesellschaft; im andern kräftige Aufmunterung und Beför- «derung derselben, z. B. durch Subskriptionen auf Werke, die ohne dies «sonst nicht zu Stande kommen würden, durch freundschaftliche Anzeige «und Mittheilung aller dazu nöthigen Hülfsmittel u. s. w. und Wegweisung «zu ihrer gehörigen Benutzung u. $. w.» Thatsächlich wurde damals die „Allgemeine helvetische Gesellschaft der Freunde der vaterländischen Physik und Naturgeschichte® gegründet, der Fall der alten Eidgenossenschaft hinderte aber auf Jahre hinaus ihren Fortgang. Ich habe in der citierten Festschrift aktenmässig nachgewiesen, wie Wyttenbach den Gedanken der Gründung einer solchen Gesellschaft "auch von 1802--1814 weg nie aus den Augen verloren und sich mit Ost und West zu diesem Zwecke in Verbindung gesetzt hat. Erst der 6. Oktober 1815 sollte zum Gründungstag der allgemeinen schweizer. Naturforsch. Gesellschaft werden. So waren endlich die Anstrengungen Wyttenbachs und Studers dureh die Aufopferung und Hingebung des Genfers Gosse gekrönt worden. Die bern. Naturforschende Gesellschaft deponierte in ihrem Archiv, das \Wyttenbach verwaltete, Bücher und Abhandlungen aller Art. In der 4. Sitzung der Jahresversammlung in Genf vom 28. Juli heisst es im Protokoll: !) «Da die Anzahl der Bücher, welche die Gesellschaft geschenksweise «erhalten, sich nach und nach vermehrt hat, wodurch es notwendig wird, «einen centralen Ort zu wählen, wo diese Bücher und Schriften aufbewahrt «werden könnten: «So ward die Stadt Bern zum Lokale dieser Bibliothek oder dieses «Centralarchivs bestimmt.» öte Zusammenkunft zu Basel: Juli 25, 1821. Ein von Hrn. Pfr. Wyttenbach entworfenes Regulativ über die Verwahrung und Benützung des in Bern anzuordnenden Archivs der Ge- sellschaft wird mit einigen geringen, vom Komitee zweckmässig erachteten Abänderungen vorgelegt. Mit vielem Dank gegen Hrn. Wyttenbach wird dieses Regulativ ge- nehmigt und soll dasselbe nebst dem Inventar des Archivs gedruckt und den a zugestellt werden. Pag. 53 folgt III. Regulativ für das Gentral-Archiv der allgemeinen schweiz. eeschuik für gesamte Naturwissenschaften. Die wesentlichsten Bestimmungen sind folgende I. Anordnung und Zweck. 1. Alle der Gesellschaft gehörenden Bücher, Schriften, Abhandlungen und andere Gegenstände, welche sie wirklich besitzt und ferner geschenks- weise oder auf andere Art erhalten wird, sollen in einem Central-Archiv aufbewahrt werden. 2. bestimmt den Gebrauch und die Benutzung. 3, Siehe Verzeichnis sämtlicher Mitglieder der allgem. schweiz. Ges. für gesamte Naturwissenschaften. Auszüge aus dem Protokoll der Sitzungen der Gesellschaft ete, pag. 51. Es findet sich dort ein Fehler: es soll heissen 1820, 28. Juli und nicht 1822, 28 Juli. : 3. Für den Ort dieses Archivs ist die Stadt Bern bestimmt, allwo die dortige Naturforsch. Gesellschaft dasselbe einem eigenen Direktorial- Komitee übergibt. Der Bibliotheks-Direktion dieser Stadt verdankt auch die Gesellschaft eine dem Archive angewiesene Stelle im öffentlichen Museum. 4, Das Direktorial-Komitee hat Befugnis, alles das Archiv Betreffende nach bester Einsicht zu besorgen, die Bücher anständig binden zu lassen, und Briefporti und andere nötige Ausgaben der Gesellschaft auf Rech- Qung zu bringen. II. handelt über die Bereicherung der Bibliothek, III. über die Benutzung. Der nämlichen Druckschrift ist beigegeben: 1V. Erstes Inventarium des Archivs. 1821. Es zählt 44 Bücher und Manuskripte und 3 Portraits. Regulativ und Inventar, deutsch und französisch, wurden separat ausgegeben und den Mitgliedern zugestellt. Als Beigabe zur Eröffnungsrede des Präsidenten der 8ten Jahres- versammlung der schweiz. Naturforsch. Gesellschaft Bern ;1823 findet Sich pag. 31: _ Rapport über das Archiv der Gesellschaft im Juli 1822 von J. 8. Wyttenbach, Pfarrer zum heil. Geist. Danach hat die Stadt-Regierung für las Archiv einen sehr schönen, geräumigen und bequemen Schrank ver- fertigen und an einer ehrenvollen und für immer sichern Stelle in einem der Säle des öffentlichen Museums aufstellen lassen. \ Pag. 34 findet sich der Rapport für 1823 vom 26. Juni 1823, der über die bescheidene Vermehrung des Archivs Auskunft gibt. In der ahresversammlung in Aarau 1824 kann wieder von einer bedeutenden Mehrung der Bibliothek berichtet werden; in derjenigen von Solothurn vom 28. Juli 1825 wurde dem Archivar Wyttenbach in Bern zum Be- hufe des Einbindens etc. ein Kredit von L. 25 eröffnet. Dies ist die erste Subvention an Geld von seiten der allgem. schweiz. Gesellschaft. ') Pro 1826 erhielt Wyttenbach schon Fr. 60.— und in der Mitgliederliste Solothurn 1826 figuriert als Archivar und Bibliothekar der Gesellschaft: r, Pfarrer Wyttenbach, zum heil. Geist, in Bern. In den Statuten der Ge- sellschaft von 1826 und 1827 ist vom Archiv und der Bibliothek nichts erwähnt. Wir treffen in den Verhandlungen erst wieder auf eine Notiz im Bericht über die Jahresversammlung in Lausanne vom 30. Juli 1828, Wo unter No. 34 erwähnt wird, wie Dekan Wyttenbach wegen vorge- rückten Alters und Gebrechlichkeit seine Entlassung als Archivar verlangt: «Mr. le president propose & l’assemblee d’exprimer au diene Doyen «Wyttenbach la reconnaissance de la soeiete pour la maniere distingu6e «dont il s’est acquitt6 de la täche qui lui avait &t6 imposee et ses regrets sellschaften erhält, ab; es sind das Doubletten, welche entbehrlich sind da die Bibliothek für die allgemeine schweiz. Gesellschaft mittelst Ver- handlungen, Denkschriften und seit 1880 auch mittelst der Comptes-rendus mit den nämlichen Gesellschaften in Tauschverkehr steht. Ausser dieser nicht unbeträchtlichen Leistung, subventioniert die bern. Gesellschaft die Bibliothek mit den Ausgaben für Porti der Doubletten, die ca. 150 Fr. in aar durchschnittlich per Jahr betragen. Der Bericht pro 1866 erwähnt eine erkleckliche Vermehrung der von Prof. Wolf angelegten Autographensammlung, indem Prof. B. Studer 170 an ihn gerichtete Briefe fremder Naturforscher der Bibliothek über- wies. Das Jahressupplement zählt 18 Seiten. Pro 1869 wird der Kredit auf 550 Fr. erhöht. Nach dem Bericht von 1869 zählt der Bücherbestand 7000 Bände und zwar Mathematik u. Physik . .. . . 1800 Bde. Naturwissenschaft u. Medizin 21002 5 Biographien, Reisen, Technologie 8004 = Gesellschafts- u. Zeitschriften : 2800 „ Das Supplement zählt 25 Seiten. 1871 verliess Dr. Cherbuliez, der als Schuldirector nach Mülhausen zog, sein Amt als Unterbibliothekar, das er seit 9 Jahren inne hatte. Auf ihn folgte Ingenieur A. Benteli, dann 1872 I. T. Schönholzer, beides Lehrer an der Kantonsschule; das Supplement zählte 23 Seiten. 1872 wurden von Hrn. Ingenieur Leuch 54 ände, sodann von anderen Herren weitere 39 Bände geschenkt. 1874 trat als Unterbibliothekar ein Hr. F. Langhans, Lehrer der Kantonsschule. 1876 Wird beschlossen, den Bericht über die Bibliothek nur alle zwei Jahre abzustatten. 1875 zählt dieselbe 8340 Bände und steht mit 198 Akademien und Gesellschaften im Tauschverkehr. 1879 wurde Hr. Th. Steck, Üon- servator, Unterbibliothekar. 1881 regt Koch die Frage der Herausgabe €ines Supplements, das alle nicht im Katalog von 1864 figurierenden Bücher enthalten soll, an, sowie die Versicherung der 10000 Bände gegen Brand- Schaden. Die Jahresversammlung in Aarau beschloss die Herausgabe des üpplements. Dasselbe erschien 1882 und hatte zum Titel: „Supplement zu dem Verzeichniss der Bibliothek der Schweiz. Naturforsch. Gesellschaft vom Jahr 1864. 1864, IX — 1882, I.“ Darnach -ählte die Bibliothek 3450 Nummern mit ca. 10000 Bänden, worunter Sich eine grosse Anzahl von Sammelbänden befindet, von denen die meisten 0 bis 20 verschiedene Abhandlungen enthalten. Unter den Hauptdonatoren Werden genannt: Bachmann, Favre, Fatio, Fischer, Forel, Plantamour, enevier, B. und Th. Studer, Wolf. | Nach demselben stand die Bibliothek mit 254 Akademien und ge- garten Gesellschaften im Tauschverkehr. Der Jahreskredit beträgt 700Fr., er 1888 auf 900 Fr. steigt. Auf Neujahr 1889 trat Herr Dec Koch, nach 5 jähriger musterhafter Geschäftsführung, von der Leitung der Bibliothek “urück; demselben wurde sowohl von: Seite der bernischen, als der all- gemeinen schweizer. Gesellschaft durch ein Ehrengeschenk der Dank Aller Ausgedrückt. Vorher schon war Hr. Th. Steck von der Stelle des Unter- ibliothekars, die er 10 Jahre lang in uneigennützigster Weise versehen satte, zurückgetreten; seine Stelle übernahm Hr. Dr. E. Kissling. Der Stand der Bibliothek bei diesem Personenwechsel war ungefähr folgender: N r “ h ji 1 N N) N r in in — 26 — Der Tauschverkehr wurde unterhalten mit 270 ausländischen und ca. 20 schweizerischen Gesellschaften, die Bändezahl war auf über 12000 gestiegen. Zugleich wurde der Antrag gestellt, den Bibliothekkredit von 900 auf 1200 Franken zu erhöhen, um eine Hülfskraft anzustellen, welche in ca. 3 halben Tagen per Woche die laufenden Geschäfte besorgen könnte und welche zugleich die Möglichkeit zulassen würde, die Bibliothek mehrmals per Woche den Mitgliedern zu öffnen. Dies wurde an der Jahresversamm- lung in Lugano beschlossen und es war auch dringend notwendig. Schon seit 1883 hatte die schweizer. geolog. Gesellschaft mit dem Centralcomite Unterhandlungen angeknüpft, ob nicht die Bücher und Geschenke, welche sie erhielt, in der Bibliothek der schweiz. Naturforsch. Gesellschaft auf- gestellt werden könnten. Auf Antrag des Bibliothekars wurde festgesetzt, dass unter der Bedingung, dass die Bücher mit dem Stempel der schweiz: geolog. Gesellschaft versehen werden und allen Mitgliedern der schweizer. Naturf. Gesellschaft zugänglich sein sollten, dem Begehren entsprochen werden sollte. In gleicher Weise wurde die Bibliothek des schweizer. Apothekervereins übernommen. Ueber diese beiden Separatbibliotheken mussten, sollten sie benutzbar werden, besondere Kataloge angelegt werden. Natürlich genügten in Folge dieses Zuwachses die Räumlichkeiten in der Berner Stadtbibliothek nicht mehr; in derselben selbst konnte aber absolut kein Raum mehr erlangt werden, da die Stadtbibliothek selbst. sehr beengt ist. Es blieb nichts anderes übrig als auf Gesellschaftskosten an der Kram- gasse ein drittes Lokal zu miethen, für das jährlich 200 Fr. Miete bezahlt werden muss. Eine Revision der Bibliothek nebst Neudruck des Katalogs ist ein absolutes Bedürfnis. Frau Kräuter-Lauterburg, welche mehrere Jahre als Bibliothekaushülfe fungirt hat, musste leider zurücktreten; an ihre Stelle trat Frl. Elise Stettler von Bern, die sich rasch in die Arbeit hineingelebt hat. Herr J. R. Koch bekundete seine Anhänglichkeit an das Institut dadurch, dass er seine Bibliothek mathematischen und natur- wissenschaftlichen Inhalts, 400 Bde., bei seinem Tode demselben testa- mentarisch vermachte und ausserdem sowohl der allgemeinen als auch der schweizer. Gesellschaft je Fr. 500 hinterliess, welche Summe als Koch- fundus von jeder Gesellschaft besonders verwaltet wird und deren Zinsen zur Aeuffnung der Bibliothek dienen. Auch dies Jahr erhielten wir besonders aus dem Nachlass des Hrn. v. May von Rued eine stattliche Anzahl von Werken astronomischen Inhalts und es steht die Bibliothek mit ca. 340 ausländischen und 23 schweiz. Gesellschaften in Verbindung. Die Anzahl der Bände schätzen wir auf ca. 18000 in 4277 Nummern, darunter die wertvolle von Prof. Wolf begonnene Autographensammlung, die allein 12 Foliobände ausmacht; und eine stattliche Zahl von Manuskripten. Aus dieser Darlegung geht vor allem das hervor, dass dank des uneigennützigen Wirkens von Mitgliedern, vor allem von solchen der bern. Naturforsch. Gesellschaft, ein Material in dieser Bibliothek zusammen- gebracht worden ist, auf das wir mit Recht stolz sein können. Eine Trennung der Bibliothek in diejenigen Bücher und Schriften, welche der bern. Gesellschaft gehören, und in diejenigen, welche Eigentum der all- gemeinen Gesellschaft sind, lässt sich nicht mehr durchführen. Die bern Naturforsch. Gesellschaft hat eben in ihrer Eigenschaft als Bibliothekarin ihr Alles, was sie in dieser Beziehung ihr eigen nennen durfte, dran gegeben, um die Bibliothek im Interesse der Gesamtheit zu heben. Eine — 2891 — Aenderung des Status quo ist also weder im Interesse der allgemeinen schweiz. Gesellschaft noch derjenigen von Bern. Unsere Anstrengungen müssen vielmehr darauf gerichtet sein, dass wir in der Berner Stadt- bibliothek uns besser und wohnlicher einrichten können, und dazu ist alle Aussicht vorhanden. Die Bibliothekkommission derselben teilt unter dem 24. Mai dieses Jahres mit, dass der Bibliothek der beiden Naturforsch. Gesellschaften weitere Räumlichkeiten gegeben werden, sobald die histori- schen und ethnographischen Sammlungen aus der Stadtbibliothek ins neue historische Museum .dislociert seien. So steht nun die Sache! Möge auch fernerhin ein freundlicher Stern über diesem Institute walten, möge es ferner Wachsen, blühen und gedeihen. — Bern, im Juni 1894. J. H. Graf. Notizen zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Schweiz, J. G. Tralles an D. Huber in Basel. Neuchätel, den 8. November 1803. Hochzuverehrender Herr Professor! Welche Nachlässigkeit der Eile schuld gemessen ist, dass ich Ihnen nicht die Differenz der Barometer mitgetheilt, begreife ich kaum. Hier ist sie: Vor dem Gebrauch stand mein Heberbarometer 0,077 höher als Ihr Reservoirbarometer (bei 26,75), nach der Reise 0,072. Beide Barometer nach ihren respektiven Zahlen abgelesen. Allein es ist zu bemerken, dass Ihres Barometers Skale auf 21 Zoll um 0',018 zu gross ist. Nämlich 21 Zoll Ihres Barometers sind 21,018 wahres französisches Mass, so gut sich dies an einer hölzernen Skale abnehmen lässt. Die Witterung wäh- rend den Beobachtungen, die ich Ihnen übersandt, war sehr schön, kein Wind, keine Wolken. Der Hygrometer bei den Barometerbeobachtungen lehrt nichts, seine Anzeigen sind lokal. Damit will ich, wie sie leicht abnehmen, nicht sagen, es sey überflüssig, den hygrologischen Zustand der Luftsäule zu kennen — allein er lässt sich leider nicht oder doch nur sehr schwerer beobachten. Die durchstrichene Zahl für Thermometer ist recht, wenigstens nach den mitgetheilten Beobachtungen. u“ Die — — — unter den Linien sind meines Bedünkens o'” 61 Ich habe kopirt, was mir mitgetheilt worden, da ich den Beobachter selbst noch nicht hatte fragen können. Die Probe auf dem Molöson werde ich selbst mittheilen. Nur gegenwärtig habe ich andere Geschäfte, die mich abhalten, die Journale durchzugehen. Es ist mir sehr leid, Ihnen nicht bälder haben antworten zu können. Auch konnte ich aus eben diesem Grunde kein Barometer anstellen. Allein nach Empfang dieses Briefes vom Freitag dieser Woche an, werde ich sie machen. Morgens 8, Mittags 12, N.-M. 3 und vielleicht öfter, nach Ihren Angaben. Verzeihen Sie die Eile dieses Briefes, den ich nicht länger verschieben wollte. Empfangen Sie die Versicherung meiner Hochachtung, nebst allen Wünschen für ihr Wohlergehen Von Ihrem Tralles. — 289 — Neuchätel, den 20. May 1804. Hochzuverehrender Herr! Die Beobachtnngen, welche ich hier zu machen versprochen, sind Nicht vergessen worden, nur die Mittheilung ist, durch mannigfaltige Hindernisse verschoben, mir erst gegenwärtig möglich. Hier folgen sie: ® d. 11. Nov. Barom. 16tel "Therm. Temp. d. Luft 8U.12m.Morg. 20”. 0" 4,5 — 1 + 7,5 Westlicher Wind. 0 — 8 +1 9,0 Schwer wolkicht. 2 — = 1,5 — 0,5 9,0 Zuweilen Sonnen- blicke. 80, Ab 2 En 7,6 nn —- . —_ ) 2 7,0 Be: 80°: 70. —15 8,5 hd. 12. Nov. 8 26.2.0200 —ı1i 6,9 Starker West, Luft : klar. 10 9.36 — 0,5 7,3 Allesüberzogen bis gegen den Hori- zont, Westwind stärker. 12 ) — 1 8 Es fängt an zu regnen. 3 Re) 8,2 ide 1 9 3,39 — 15 7,7 id., der Westwind dauert mit glei- cher Stärke fort. 101 Re; id. & d. 13. Nov. 8% 26.4. 15 — 1,8 6,4 Der Westwind hat sich etwas ge- legt. 10 3 — 15 7 . nimmt stark zu, alles über- zogen. 1016 . Regnet heftig. 12 9 = IE 5 Gleichförmig dick überzogen, der West lässt et- was nach. 10 8.0 — 2 5,2 West hat sich ge- legt. € d. 14. Nov. 8 26.6. 2 et 5,5 Alles bewölkt, . Stille. ‚s 4 . 6 2 ’ $) — 0,5 7,5 Stille, es heitert sich auf. 3a 4 N 6,8 1 — 2 5,0 „0 3 —2 5,3 Sternhell. 3ern. Mitteil. 1894. Nr. 1871. j h ed: 195:NOW 10 M. PAAR 12 10 A. 8. d. 16. Nov. 8 10 12 3 Bari 81 26. 26. 26. (7 vem 2,5 Reaum., starker Nebel 31 id. 4, v Kaum sieht man über den See. 5,0 Man sieht die Al- pen, aber der Himmel ist dick überzogen. 4 Schwacher Westw- 4,5 Regen, Stille. 6 Regnerisch, ganz bedeckt, Westw. 2 Der Wind nimmt zu, Regen. 6,0 Westwind stark, Regen. 6,3 Die Wolken sam- meln sich in Mas- sen; es stillet. 9 HS heitert, stille 4,3 Sternhell. 8,0 Rege n, dick t trübe; zi jemlicher "West. 8,3 W.wirdsehr "heftig. 8 5 9,0 id. 6 Stille, bedeckt. 8,9 Stille bedeckt, reg“ net schwach, Berge sichtbar" 5 Etwas Westw. Son“ ne bricht etwa® durch. 9,6 Dick bedeckt, West“ wind, Regen. © d. 20. Nov. 10 ®: d. 22. Noy. 8% 10 12 3 10 DA. 28. Nov. 8 10 10 SE Nov gi, 25. Nov. 10 10 26. 26. 26. 26. m tz 291 — 9,0 Die Sonne tritt her- vor, stille, halb- heiter. 9,6 Es regnet. 7 Sonnenschein, wol- kicht. 6 Regen, wenig Westwind. 5 Theils helle, Berg- wind. 6,4 Ganz helle. Stille. 4,1 Halbhelle, etwas ©-schein, stille, 6,0 Alpen sichtbar, höher bedeckt. 656° dr 7,8 Regen. 8,0 Regen. 8 Es wird helle, mit heftigem Wind aus Westen. 5 5,6 Regen. Viel Wind, aber unterbro- chen. 5,5 Regnerisch Wetter. 5,9 4,0 2,8 Helle. 3,0 Ueberzogen, mittel- mässiger West. 2,0 Fängt an zu reg- nen, Wind stär- ker. 0,5 Schneegestöber. 1,0 0,4 — 292 — Ich habe mich nicht genau an Stunden binden können; das Intervall eines jeden Tages von Morgens 8 bis Abends 10 wird nebst den Zwischen- zeiten hinreichen, Ihren Zweck zu erfüllen, wenn Sie nach unserer Ueber- einkunft die korrespondirenden haben. Die Witterungsumstände sind während der 14 Tage ziemlich gleich bis gegen das Ende. Weiter habe ich diese Beobachtungen nicht fortgesetzt, weil ich Tags darauf von hier für ein paar Monate mich entfernt habe. Bald verlasse ich die Schweiz. Ihren Barometer nimmt Herr von Montmollin in Verwahrung; um mit Gelegenheit Ihnen denselben zukommen zu lassen, die bisher g®- fehlt hat. Die Höhe meines Salons über dem See sollen Sie auch erhalten. Genehmigen Sie, mein hochzuverehrender Herr Professor, die Ver- sicherung der besondern Hochachtung Ihres ergebensten Tralles. Nr. 37. Als eine Fundgrube für Forschungen für die Geschicht® der Mathematik und Naturwissenschaften und verwandte Disciplinen in der Schweiz muss die Festschrift der Gesellschaft ehemaliger Polytechniker (zum 25-jährigen Jubiläum des eidgenössischen Polytechnikums) angesehen werden. Prof. F. Rudio veröffentlichte darin: «Direktoren und ehemalige Professoren der eidgenössischen polytech- nischen Schule. Biographische Skizzen», welche in Zürich 1894 als Separal- abdruck aus der genannten Festschrift erschienen sind. Das Kontingent der Berner ist klein; es sind deren bloss 4, nämlich: 1) Karl Friedrich Geiser, geboren am 26. Februar 1843 in Langenthal, Professor der höhern Mathematik und gegenwärtig zum zweiten M& Direktor der Schule. 2) Eduard Schär, geboren am 7. Dezember 1842 in Bern, 1881 Professor der Pharmacie in Zürich, 1892 Nachfolger Flückigers in Strassburg: 3) Joh. Rudolf Aibert Mousson, geboren am 17. März 1805, gestorbe® den 6. November 1890, Professor der Physik. 4) Franz Xavier Marchand, über welchen nicht viel bekannt war, und wo ich mit Hilfe des Herrn Grossrat Folletöte, Archivar in Pruntrub, folgendes herausfand: : F. X. Marchand, geboren den 11. Praerial VII = 30. Mai 1799 2 Soubey, studierte in Solothurn, Freiburg im Breisgau, Wien, war . zieher der Knaben des Grafen Potocki, ging 1829 mit ihnen nach W wurde 1832 Forstinspektor des Jura. 1833 übersetzte er «Les considera“ tions sur les foröts du Jura bernois et sur la libre exportation du bol® par Kasthofer», ein Werk das er mit Noten versah; dann hielt er Forst“ kurse, wurde 1846 kantonaler Forstinspektor, schrieb 1849 «M&moire sur le d&boisement des montagnes», 1852 «M6&moire sur la production eb, consommation des bois dans le canton de Berne». 1850 wurde seine Stelle aufgehoben; es; folgte seine Ernennung zum Direktor der Domän® St. Urban, zum Professor der Forstwissenschaft in Zürich, wo er 2 1. November 1859 starb. Seine Frau war eine geborene Bittry. Nr. 38. Die Originalplatten zum Panorama vom Sidelhorn, welch® der bekannte, im Dienste J. R. Meyers von Aarau stehende J. H. wer bei Anlass seiner Reisen gezeichnet hat, befinden sich im Besitz un Sektion Bern des 8. A. 0. Mit denselben sind gelungene Neudrucke ver anstaltet worden. jeD, — 293 — Nr. 39. Über F. A. Flückiger sind bemerkenswert die Nekrologe von Professor Dr. Tschirch, im «Bund» vom 12., 13. und 14. Dezember 1894, dann in der «Allgemeinen Schweizer Zeitung» vom 16. Dezember 1894: «Im Hörsaal des pharmaceutischen Institutes in der alten Akademie zu Strassburg fand am 13. Dezember laut «Strassburger Post» eine kurze, aber ergreifende Trauerfeier zu Ehren des in Bern verstorbenen früheren Strassburger Professors F. A. Flückiger statt. Professor Dr. Ed. Schär verkündete den Tod «des um die Pharmacie verdientesten Mannes», Pro- fessor F. A. Flückiger, der in Strassburg von 1873—1892 als würdiger Nachfolger berühmter Vorgänger den Lehrstuhl der Pharmacie inne hatte, F. A. Flückiger wurde geboren den 25. Mai 1828 in Langenthal bei Bern (Schweiz). Er hat sozusagen von der Pike auf gedient. In Solothurn Apothekerlehrling, nahm er, nach bestandenem Gehilfenexamen, in den grössten Städten Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz Stellen an, studierte in Bern, wurde nach seinem summa cum laude bestandenen Staatsexamen Vorstand der Staatsapotheke in Bern, später Ausserordentlicher Professor an der dortigen Universität, promovierte zum oktor in Heidelberg und leistete 1873 als ordentlicher Professor einem ehren- vollen Rufe nach Strassburg Folge an die alte «Ecole superieure des leves en Pharmacie», das jetzige «Pharmaceutische Institut». Er wurde 1892 auf seinen Antrag emeritiert, um sich ganz dem Privatstudium zu Widmen, und wählte als dauernden Aufenthaltsort Bern. Dort wurde er von schmerzvoller Krankheit in der Nacht vom 11. bis 12. Dezember durch einen sanften Tod erlöst. Seine Verdienste um die Pharmaeie her- vorhebend, bezeichnete der genannte Strassburger Professor seinen Schü- ern gegenüber F. A. Flückiger als den Begründer der jetzigen neuen Schule, und seit Scheele, der auch vor 100 Jahren aus dem Apothekerstand ervorgegangen ist, als den grössten Fachgenossen und auf dem ganzen Erdball als die «erste Autorität» in Streitfragen. Zum Schluss bat Redner, das Andenken des so hochverdienten und beliebten «Papa» Flückiger durch Erheben von den Sitzen zu ehren und Schloss zum Zeichen der Trauer die Vorlesung». (Allg. Schweizer Zeitung asel.) Soeben erschien eine grössere Biographie betitelt: «F. A. Flückiger, von A. Tschirchs. 46 8. Sonderabdruck aus den Berichten der pharma- Ceutischen Gesellschaft 1895. R. Gaertner. Berlin. 5 Nr. 40. Dem so tragisch verschwundenen Zoologen Hermann Fol von Genf widmet Professor Bedot-Genf einen Nachruf, dem folgendes zu ntnehmen ist: Herman Fol, am 23. Juli 1845 in dem neuerdings durch die be- Kannten Eisenbahnunfälle bekannten St. Mande bei Paris geboren, absol- Vierte die Schulen seiner eigentlichen Heimat Genf. und studierte dann Auptsächlich unter Häckel in Jena Zoologie, von dem er auch 1866—1867 ' eine ‘wissenschaftliche Reise nach den kanarischen Inseln mitgenom- Men wurde. Daran anschliessend machte Fol mit seinem Freunde Miclucho- “aclay, dem nachmals so berümten Durchforscher von Neu-Guinea, eine Weitere, beschwerliche Reise durch Marocco und promovierte nach seiner \ckkehr in Berlin als Doktor der Medizin. Vorübergehend praktizierte in Genf; nach seiner Verheiratung liess er sich aber in Ville-franche am Mittelmeer nieder und gründete dort eine zoologische Station. Zahl- "eiche Ärbeiten und Studien iiber die Mollusken, Echinodermen und be- sonders die Embryologie legten Zeugnis ab von seiner grossen Befähigung und Arbeitskraft, so dass ihm 1876 Il consiglio superiore dell’instruzion® publica von Italien den Lehrstuhl der Anatomie an der Universität Neapel antrug, den er aber ausschlug, um in Genf die bescheidenere Stel- lung eines Professors der. vergleichenden Embryologie anzunehmen, die er dann nach 9 Jahren wegen eines bedauerlichen Vorfalles an der Uni- versität wieder aufgab. Er hatte seinerzeit sein zoologisches Laborato- rium in Ville-franche der französischen Regierung abgetreten; diese er- nannte ihn nun zum Adjunktan des Direktors des Instituts. Er erhielt sodann von der Regierung die Erlaubnis, eine zoologische Forschungs- reise längs der tunesischen Küsten und im griechischen Archipel vorzu- nehmen. Zu diesem Zweck erwarb er sich eine geeignete Yacht «Aster”, die er für eine solche Reise gehörig ausrüstete. Das wissenschaftliche Ziel sollte eine Monographie über die Schwämme des Mittelmeers sein. Am 13. März 1892 schiffte er sich in Havre ein, um sich durch die Meer- enge von Gibraltar vorerst nach Nizza zu begeben. Die Yacht berührte noch einige Tage später Benodet, und seither ist man leider ohne Nach- richt von ihr und den Insassen geblieben. Alle Nachforschungen waren erfolglos. Wahrscheinlich ist die Yacht in einem der Märzstürme des Jahres 1892 mit Mann und Maus zu Grunde gegangen, denn die Annahme, dass Fol in die Hände maroecanischer oder maurischer Räuber gefallen sei, wäre doch gar zu romanhaft. Fols wissenschaftlicher Nachlass be- ziffert sich auf die stattliche Zahl von 143 Publikationen, ein beredtes Zeugnis der Schaffenskraft des Forschers, der so tragisch enden sollte. Er war Mitglied vieler gelehrter Gesellschaften des In- und Auslandes und Inhaber des Kreuzes der Ehrenlegion. (Der Redaktor in der «Allg. Schw. Zeitg. Basel».) Nr. 41. Zu meiner Biographie Wolf’s (siehe Mitteilungen 1892) sind mir von verschiedenen Seiten kleine verdankenswerte Berichtigungen und Zusätze zugekommen ; so schreibt mir Herr Direktor Billwiller : Auf pag. 16 (Seite 206 des Bandes) sollte es heissen: «Auf der eidgenössischen Sternwarte war seit deren Gründung bis 1880» und nicht ist. Die meteorologische Centralaustalt ist schon längst wegen Platz- mangel ausgezogen und seit 1884 im neuen eidgenössischen Physikgebäude untergebracht. Nicht richtig ist ferner meine Angabe, dass Wolf Präsident der Meteorologischen Commission gewesen sei. An der Spitze dieser Commis- sion steht der Vorsteher des eidgenössischen Departements des Inner, Herr Bundesrat Dr. Schenk, Wolf war Vicepräsident der Commission. — Herr Dr. I. B. Messerschmidt schreibt mir: Wolf gab jeweilen in den «Astronomischen Nachrichten» einen kurzen Auszug aus seinen Mitteilung" Ferner erschien jährlich ein «Jahresbericht» über die Thätigkeit der Sternwarte in der «Vierteljahrsschrift der astronomischen Gesellschaft»: Weitere Nekrologe zu den bereits Seite 24 und 25 des Separat- abzuges (214 und 215 des Hauptbandes 1893) gegebenen sind folgende: Wolfer, A., Astronomische Nachrichten, Bd. 134, Dezember 1893; Nr. 3204. Günther, $., Beilage zur Allgemeinen Zeitung in München Y 26. Januar 1894. Maurer, J., Zeitschrift «Sirius» 1894, Nr. 3. om Messerschmidt, J. B., Zeitschrift «Gaea» 1894, Nr. 4, mit Bild. Weilenmann, A., Vierteljahrsschritt der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft 1894. Herr Prof. A. Wolfer, der Nachfolger Wolfs, schreibt mir bei Ge- legenheit der Zusendung eines Bandes der Autographen - Sammlung der Bibliothek der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft: «Zugleich ist mir, wenigstens teilweise, ein Rätsel gelöst worden, «weshalb sich in Wolfs Nachlass nicht die geringste Spur von Briefen aus «früherer Zeit vorgefunden hat. Ein grosser Teil derselben ist ohne «Zweifel in Ihrer Sammlung enthalten (stimmt); doch glaube ich dennoch, «dass er vieles vernichtet hat; es sei denn, dass auch die Correspondenz «aus den 50er und 70er Jahren an irgend eine Stelle gekommen ist, von «welcher Wolf voraus sah, dass sie einst den richtigen Gebrauch davon machen «würdes. In der That habe ich nicht nur bei meinem Amtsantritt als Bibliothekar stattliche Pakete von Briefen, die Wolf der Bibliothek für die Autographen-Sammlung geschenkt hat, vorgefunden, sondern auch nachher hat derselbe der Bibliothek hie und da weitere Sendungen ge- macht. Diese Briefe sind alle eingeordnet und registriert. Wir können unsere Sammlung nieht genug empfehlen. Man nehme sich doch die ge- wiss nicht grosse Mühe und lege aus seiner Correspondenz die Briefe her- vorragender Gelehrter des In- und Auslandes in ein Paket zusammen. Dieselben werden sofort geordnet der Sammlung einverleibt und so der Nachwelt erhalten. Gerade im letzten Jahr konnten wir zwei mal mit Autographen aushelfen, die ohne den treuen Sammelgeist Wolfs uns eben nicht zur Disposition gestanden wären. Wir sagen auch hier: Vivant sequentes! Nr. 42. Herr Dr. Antonin Favre in Freiburg publizierte in den «Etrennes fribourgeoises pour 1895» eine interessante Notiz «L’astrologie et les calendriers A Fribourg au XVIme sieele», besonders wertvoll auch wegen der Details über die Stadtärzte Hans Ulrich Bidermann und Nicolaus Bidermann. Hans Ulrich Bidermann von Rottweil war Stadtarzt in Freiburg 1540. ! Nicolas Bidermann verfasste 1564: Thesaurus medieinae, Manuseript im Besitz von Professor Gremaud (vergleiche Notiz von Dr. Berchtold da- rüber), und spielte eine bedeutende Rolle als freiburgischer Landvogt und Magistrat, starb 1575 zu St. Die in der Dauphine. Bidermann verfasste auch: Kalender oder Laassbüchlin uff das Jahr MDLXXII. Gerechnet und gestelt uff den Meridianum beder Stetten Bern und Fryburg durch Niclaus Bidermann zu Fryburg. { Es sind noch zwei Exemplare auf dem bernischen Staatsarchiv vor- handen, eines mit dem Bernerwappen, schwarzer Bär in dreifach geteiltem Weissem Feld, eines mit dem doppelten Freiburgerwappen darüber den Reichsadler. : Ich notiere noch aus den sehr interessanten Angaben des Herrn Dr. Favre, dass Bidermann auch 1572 und 1574 Kalender gemacht hat, Afür ist er vom Rat belohnt worden. Nr. 43. Dem sechszehnten Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Sammlung 1893-—1894 in Basel entnehmen wir, dass in einem Wandschrank es dortigen Museums die Originalkarte Gassers vom Allgau vorgefunden Worden ist. Gasser wird unter dem Namen Achilles Gassarus, Doctor der 296 — Arzney von Sebastian Münster in der Vorrede zu seiner Kosmographie unter den 20 Herren genannt, die ihm Beihilfe geleistet haben. Die er- wähnte Karte ist aus unbekannten Gründen nicht zur Verwendung ge- kommen und so orientiert, dass Süd sich oben befindet. Ausdehnung von Schaffhausen bis Füssen, von Memmingen bis zum Arlberg. Massstab: 1 Meile = 7,42 Km., hat hier die Länge von 23,5 mm, also Massstab 1:320000. Die Karte scheint ziemlich genau zu sein. (Vergleiche die Notiz, wohl von Herrn Dr. R. Hotz herrührend). Nr. 44. Im Besitz des Herrn Forstinspektor Frey, des Bruders des Herrn Bundesrat Oberst Frey, befindet sich ein Astrolabium nebst Erdkugel aus dem Jahr 1545, verfertigt von Kaspar Vopellius. Darüber habe ich in der Festschrift der Münchner geographischen Gesellschaft für das Jubiläum ihres 25jährigen Bestandes eine kleine Monographie nebst Karte und Abbildung*) geliefert. Wir entnehmen diesem Bericht folgende Stellen : Der Verfertiger, Kaspar Vopellius, wurde 1511 zu Medenbach in Westfalen geboren, war Professor der Mathematik zu Köln a. Rh. und ist bekannt als Zeichner von Land- und Fluss-Karten, als Verfertiger von Erd- und Himmels-Globen und von Astrolabien. Er ist auch Verfasser eines Opus cosmographicum, das allerdings erst lang nach seinem Tode, im Jahr 1646, in Antwerpen erschienen ist. Die Familie Frey gehörte zu den ältesten Geschlechtern der Stadt Basel, und es ist wohl anzunehmen, dass irgend einer der Vorfahren der genannten Herren von seinen Reisen nach der Handelsstadt am Rhein das Instrument nach Basel gebracht hat, wo es zufälligerweise in der Familie erhalten blieb. Wir können das Instrument nach der astronomischen und der geo- graphischen Seite hin betrachten. Astronomisch unterscheiden wir: A. Die Himmelsachse mit 2 um 90° von einander abstehenden festen Meridianen I und II und einem beweglichen Meridian III. Kreis I. Der Oolur der Aequinoctien enthält folgende Inschriften: 1) Beim Nordpol steht auf dem Bogenstück, das zwischen dem Polarkreis liegt: Periseii ceirculum. Periscii (reoiozıo, bei Strabo und Kleomedes) — ringsumschattet, heissen die Bewohner der beiden Polarzonen, bei wel- chen der Schatten nach allen Seiten hinfallen kann. 2) Zwischen Polar- kreis und Wendekreis des Krebses steht: Heteroscii alterum. Heterosell (Ereoöozıo, bei Strabo und Ptolemäus) nach einer Seite hin Schatten werfend, die Bewohner der beiden gemässigten Zonen. 3) Zwischen Wendekreis des Krebses und dem Wendekreis des Steinbocks: Amphiscii. Amphisel! (&ugtozıoı bei Strabo und Oppian) umschattet oder zweischattige Bewohner. Teilstück 4) = 2); ) =D. Kreis II. Der Colur der Solstitien zeigt, entsprechend den vorigen; folgende Bezeichnungen: 1) Zona frigida (kalte Zone), 2) Zona temperat® (gemässigte Zone), 3) Zona torrida (dürre, heisse Zone), 4) = 2), 5) =). Der um die Weltaxe bewegliche Kreis III zeigt auf der einen Seite: 1) Beim Nordpol:* Polus arcticus* (Nordpol). 2) Meridianus est IM quem cum ineiderit sol supra terras medios efficit dies. —= Der Meridian *) Die photographische Wiedergabe verdanke ich der Güte unseres Herr Prof. Dr. E. Brückner. —_— 27 — ist derjenige (Kreis), welcher, wenn die Sonne auf ihn fällt, über den Ländern den Mittag bewirkt. 8)* Polus antarcticus** infra medias noctes** Südpol gegen Mitternacht. Dann folgt: Nox et amor vinumque nihil moderabile suadent*) (Nacht und Liebe und Wein sind keine Rat- geber zur Mässigkeit, ein Hexameter aus einer Elegie des Ovidius (Amores, Bücher der Liebe, I. 6. 59). Auf der andern Seite findet sich für jeden Quadranten eine Grad- einteilung von 0 bis 90°. B. Der Aequator mit Parallelkreisen. Kreis IV.* Circulus anticus a Polo coeli et zodiaci antico de- Scriptus * Plaustrum. * 5 Der nördliche Kreis beschrieben um den Nordpol des Himmels und des Tierkreises.* Der Wagen* d.h. das Sternbild des grossen Bären. Der Ekliptikpol liegt auf diesem Kreis. Kreis V.* Caspar Vopellius Mathe* Profes* hane sphaerum facie- bat Coloniae 1545 * Tropicus cancri conversio solis aestivalis. * & Kaspar Vopellius, Professor der Mathematik, machte die Kugel zu Köln 1545*, Wendekreis des Krebses, Umkehr der Sonne im Sommer. Kreis VI. Der Aequator, er enthält die bekannten Namen der auf der Ekliptik abgebildeten Zeichen des Tierkreises mit einer Gradeinteilung jedes Zeichens von 0 bis 30°. Kreis VII.* Tropicus capricorni”* Fata regunt orbem certa stant Omnia lege longaque per certos signantur tempora cursus. ; Die Geschicke regieren die Welt, alles steht fest nach sicherem Gesetz und die langen Zeitläufte werden durch sichere Läufe bezeichnet. Kreis VIII. Cireulus antaretieus a Polo coeli et zodiaci antarctico deseriptus. Der südliche Kreis beschrieben um den Südpol des Himmels und den südlichen Pol des Tierkreises. C. Die Ekliptik mit 3 beweglichen Breitenkreisen. Die Ekliptik, ein breites messingenes Band um das Astrolabium herum, enthält die eigentlichen Bilder der 12 Zeichen recht kunstvoll ingraviert, und zwar die Sternstellungen jedes Zeichens selbst, wie auch das bezügliche Kalenderzeichen. Die lateinischen Namen der Zeichen, wie auch eine Gradeinteilung finden sich, wie schon angedeutet, an ent- Sprechender Stelle auf dem Aequator. Ausserdem ist auf diesem Ekleptik- ande selbst noch eine Einteilung in 360° angebracht. Die Inschriften der drei beweglichen Breitenkreise sind von ganz besonderem Interesse, Sie bestehen jeweilen aus zwei Hexametern, denen Astronomische Angaben in Prosa über die Oyklen des Saturns, der Sonne Und des Mondes vorausgestellt sind. Die betreffenden Verse sind nicht Antik, sondern Erzeugnisse der neueren Zeit; sie sind aber gutgemacht, ganz im Geiste des humanistischen Zeitalters. I. Beweglicher Breiten-Kreis durch die Ekliptikpole. i Phaenon * Saturnus celi signiferum * Peragit in annis 29 diebus 162 horis 12,* in Ultima sorte senex loca possidet, Istat frigore terras *. Bern. Mitteil. 1894. ultimus auras Ambit et aeterno Nr. 1372. I Saturn, genannt Daivov (so wird der Planet Saturn bei den Griechen genannt, vergl. Cicero de nat. Deor. II, 20; Auson. idyll. 18, IL: Martia- nus Capella VIII p. 287; Isidori Origines III, 70, 20) durchläuft den Sternenkreis des Himmels in 29 Jahren, 162 Tagen, 12 Stunden. Bezüglich der Hexameter lag hier offenbar Vopellius die Stelle aus Vergil’s Georgica III 278 im Sinne: — — — aut unde nigerrimus Auster Naseitur et pluvio contristat frigore caelum. Professor Dr. H. Hagen, dem ich diese Notizen, wie auch die fol- genden, verdanke, gibt die Hexameter Vopellius’ so wieder: Er, der Alte, beherrscht nach dem Schicksal die äussersten Regio- nen, als der Letzte durchläuft er die Lüfte und mit ewigem Frost betrübt (bescheint mit finsterem Lichte) er die Länder. II. Beweglicher Kreis durch die Ekliptikpole. Helios Sol totum peragrat zodiacum in 365 diebus et fere sex horis ** At medios celi tractus medii aetheris oram Fons lucis sol auricomus EEE Die Sonne, genannt Helios, durchwandert den ganzen Tierkreis in 365 Tagen und ungefähr 6 Stunden und die Hexameter: Aber die mittleren Striche des Himmels, die Gegend des mittleren Aethers (durchläuft) die Quelle des Lichts, die goldhaarige Sonne. Beim zweiten Hexameter fehlt der Schluss, welcher den Begriff des Durchwandelns ausgedrückt haben muss. Es ist dies auch vollständig be- greiflich, wenn man das Instrument ansieht, da gerade diese Partie, "weil durch das breite Ekliptikband verdeckt, .der Hand des Graveurs unzugäng- lich war. III. Beweglicher Kreis durch die Ekliptikpole. Selene * Luna signiferum absolvit in mensis spatio* Prima Deu terras glaciali sidere eircum Luna meat celumque suo terit ultima curru” (Luna) der Mond, genannt ein, vollendet den Sternenkreis iM Verlauf eines Monats und die Hexameter: Zuerst unter den Göttern wandelt der Mond mit eisigem Gestein um die Lande und berührt als der Letzte den Himmel mit seinem Gespann. Von diesen drei beweglichen Kreisen, es hätten auch bloss zwei sein können, wurde der eine auf die Länge irgend eines bekannten Gestirns eingestellt z. B. des Saturns, der Sonne oder des Mondes und so zum Orientieren benutzt; der andere wurde mit irgend einem Breitenkreis zU- sammenfallend gemacht, dann konnte für den betreffenden Stern die Breite wie auch die Länge abgelesen werden. Der bewegliche Meridian er“ leichterte sehr wesentlich den Gebrauch des Instruments an jedem Ort. — — Was aber unser vorliegendes Instrument noch zu einem besonders wert- vollen macht, ist seine Bedeutung für die Kenntnisse in der Geographie zur Zeit der Refor mation. Im Innern des Astrolabiums findet sich ein kleiner Globus, der leider etwas beschädigt ist — mit der Lonpe lässt sich aber noch vieles ablesen. Der Erdglobus ist um die Erdachse drehbar und enthält als Grundlage zu den ge eographischen Koordinaten den Aequator, sowie Meridiane, welche die Oberfläche in ebensoviele Zweiecke von je 30° ein teilen, ; iedes Zweieck enthält am Aequator ausserdem noch eine farbige Teilung vol,d zu 9% Um die Bedeutung des Vopell’schen Erdglobus zu erkennen, folgen wir bezüglichen Stellen der Festschrift Kretschmers und schicken folgendes voraus :*) Es ist bekannt, dass die Form von Sid- und Mittelamerika viel früher kartographisch festgelegt worden ist als diejenige Nordamerikas. Man konnte zwar darüber keinen Zweifel hegen, dass die Wassermasse zwischen Spanien’ und Indien durch eine bedeutende Landmasse, die terra firma, in zwei grosse Teile geschieden sei. So hatte man denn seit der Entdeckung Balboas beim Isthmus von Panama ein Mare de Nort und ein Mare de Sud. Die erstere Bezeichnung hat sich zwar nicht lange mehr aufrecht erhalten, während die letztere fast auf den ganzen stillen Ocean, soweit er damals bekannt war, angewendet wurde. Durch deutsche Kosmographen, hauptsächlich Johannes Schöner,**) hatte sich die Auf- fassung und Ansicht von der Kontinentalität einer Mundus novus sehr be- festigt, leider trat aber durch die Fahrt des Magalhäes eine andere Wen- dung ein, indem man wieder anfing den Vorstellungen sich zu nähern, wie sie Columbus und Vespucci gehabt haben, nämlich, dass die auf dem ‘Westweg erreichten Länder nichts anderes seien als das Ostgebiet von Asien mit den teilweise hypothetischen Landschaften Tomacho, Cathay und Mangi und Indien. Man hielt dafür, Brasilien, das „Presill-landt* sei höchstens 600 Meilen von Malacha entfernt und die Westküste von Südamerika ziehe sich ununterbrochen nach den indischen Halbinseln hin- über, Selbst Schöner verliess seine ursprüngliche, richtige Ansicht, in- dem er, hauptsächlich sich an Columbus und Vespucei anlehnend, wieder mit dem Weltbild der Alten, vorzüglich des Ptolemäus, Fühlung zu be- halten suchte und nur noch drei Weltteile zuliess. Diesen. Kontinental- Zusammenhang zwischen der Neuen Welt und Asien bringt Franeiscus Monachus’***) in seiner Weltkarte 1526 zum erstenmal zur Darstellung, Indem r die Küste von Mexico unmittelbar in diejenige Hinterindiens übergehen lässt. Leider ist hierdurch natürlich in der Kartographie Amerikas eine rückschrittliche Periode eingeleitet worden. Dieser irrigen Auffassung folgen eine Karte in den Sloane-Manuscripten der Bibliothek des British Museums, eine Karte des Orontius Finaeus,y) 1531, und ganz esonders der sogenannte Naney-Globus, 80 geheissen, weil ihn Karl’ V. der Kirche in Nancy geschenkt hat, und der sich nun in der dortigen Stadtbibliothek befindet. Hier ist nun auch das Astrolabium Caspar Vopells mit seinem Erdglobus von 1545 einzureihen. Nun zeigt sich nach einer Text-Notiz im Facsimile-Atlas von A. 8. Nordenskiöld p. 83, dass n = altnordischen Museum zu Kopenhagen noch ein ähnliches Exemplar eiindet,. B Das Kopenhagener Exemplar ist allerdings zwei Jahre älter als das erner Exemplar, immerhin geht so viel hervor, dass unser vorliegendes Astrolabium nichts anderes ist, als ein zweites verbessertes Exemplar der Armillarsphäre, welche sich im altnordischen Museum zu Kopenhagen be- findet. Es zählt einen Kreis mehr — nämlich 12 Messingringe — als das *) Dr. Konrad Kretschmer: Die Entdeckung Amerikas ete., vide pg. 400 u. ff. auf een s. Globus in Kretschmer, Atlas zur Festschrift, Tafel XI. (Original adtbibliothek Nürnberg. ) ===) Vgl, s, Globus in Kretschmer, Atlas zur Festschrift, Tafel XVII, Nr. 2, +) Vel. den A. E. Nordenskiöld Facsimile-Atlas Nr. XLI. 300° — Kopenhagener Exemplar, auch die Autorinschrift ist etwas verändert, indem, statt der Heimat Vopellius’, sein Amt als Professor Mathem. ange- geben ist, im wesentlichen stimmen aber beide Instrumente überein. Dies lässt sich dadurch leichter beurteilen, weil A. E. Nordenskiöld in seinem Atlas, Tafel XL, eine Abbildung des Erdglobus im Kopenhagener Astro- labium gibt, indem er die 12 Zweiecke desselben mit ihrem Inhalt repro- duziert. In den Dimensionen können die beiden Exemplare ganz gut übereinstimmen, da beim Kopenhagener Exemplar der Umfang eines Gross- kreises ca. 22 cm, beim Berner Exemplar ca. 21—22 cm, bei 0,67 —0,68 dm Kugeldurchmesser beträgt. Eine kartographische Vergleichung ergibt in Bezug auf Auffassung durchaus Uebereinstimmung, in Bezug auf die Legende aber einige kleine Abweichungen bald zu Gunsten des einen, wie des andern Exemplars. Wir haben versucht, in Mercator’s Projection den In- halt des Berner Globus möglichst wiederzugeben, indem wir, mit der Loupe bewaffnet, nur diejenigen Namen verzeichneten, die sich noch mit einiger Sicherheit ablesen liessen. Fast jeder Name ist wie beim Kopen- hagener Exemplar im Anfang in roter Farbe geschrieben, während der Schluss mit schwarzer wiedergegeben ist, und beim Aequator scheinen von 5 zu 5° rot und gold abzuwechseln, so dass man fast glauben könnte, das Astrolabium sei noch mit dem Luxus einer gewissen feineren Ausstattung versehen gewesen. Die Wiedergabe des Berner Exemplars ist deshalb leider mit kleinen Schwierigkeiten verbunden gewesen, weil die Zeichnung auf der nördlichen Hemisphäre stark verwischt und zum Teil beschädigt ist, während diejenige auf der südlichen Hemisphäre noch recht gut erhalten ist. Wir können natürlich nicht auf alle Details ein- treten und verweisen in dieser Beziehung auf die in der Festschrift der Münchner geogr. Gesellschaft gegebene Skizze und wollen nur einige Thatsachen hervorheben : 1. Der Kontinentalzusammenhang zwischen der neuen Welt und Asien. 2. Der Name Amerika findet sich infolgedessen nur für Südamerika, dessen Form im grossen und ganzen recht ordentlich wiedergegeben ist. 3. Auch Mittelamerika ist ordentlich wiedergegeben, insbesondere findet sich die Meerenge nicht, welche noch in der Karte von Franeiscus Monachus 1526 beim Isthmus von Panama angegeben ist. 4. Bezüglich der alten Welt steht Vopellius hauptsächlich auf dem Boden der Ptolemäischen Darstellung; das sieht man besonders, um nur einige Belege anzuführen, am Nil und seinen Quellen, an der Lage von Taprobanes und Zanzibar etc. etc. Der nämlichen Auffassung des Kontinentalzusammenhanges huldigen noch Jacopo Gastaldi in seiner Karte der Ptolemäusausgabe von 1548, ferner Battista Agnese in seinem Atlas (1557—1559), der sich in der Universitätsbibliothek befindet, ferner natürlich Vopellius selbst in einer Karte, welche Hieron. Girava in seinen Dos libros de Cosmographia, Milan 1556, gibt, ferner eine Karte von Forlani von 1560 im British Museum, die Karte von Joh. Honterus 1561 in «de Cosmographiae rudimentis?) ferner die Karte des G@eorgio Sideri, genannt Callopago von Candia*) aus dem Jahr 1563, der eiserne Globus des Franeiscus Bassus Mediolanens!? 1570, der sich auf der Universitätsbibliothek Turin befindet. Da die *) Kretschmer Atlas, Tafel XXII. — 9301 — nämliche Anschauung noch durch eine Karte des Joh. Myritius*) 1590 vertreten ist, so sehen wir, dass die Idee des Kontinentalzusammenhanges zwischen der neuen Welt und Asien noch bis ans Ende des XVI. Jahr- hunderts ihre Anhänger aufweist, ja es ist gerade unerklärlich, wie die Karte des Battista Caloiro e Oliva**) im Jahr 1673 noch diesen funda- mentalen Irrtum des Entdeckers Amerikas enthalten konnte. *) Nordenskiölds Facsim.-Atlas, Tafel XLIX. ®*) Kretschmer Atlas, Tafel XVII, Nr. 4. Inhalts-Verzeichnis. Jahresbericht pro 1893/94 . Auszug aus der Jahres- Rechnung ia 0 1893. Mitgliederverzeichnis > Baltzer- A, Brot. Dr, Über die Wüste und den Atlas bei Biskra Ist das Linththal eine Grabenversenkung? (Figur im Text.) ; Baumberger E,, Sekundarlchrer in ann; Jber die geologischen Verhältnisse am linken Ufer des Bielersees. (Mit 1 Karte und 1 Tafel.) Bochicchio, Über eine neue, Blähung der Käse erzeugende Hefeart Brückner E., Prof. Dr, Über das japanische Er dbeben vom 28. Oktober 1891 Einfluss der Schneedecke auf das Klima von Davos Dutoit, Dr. med. und Docent, Höhle von Reeclere v. Fellenberg E., Dr. phil., Demonstration von Meteoriten : 5 Pflanzenabdrücke aus dem Carbon von Rondehamp 1 Fischer E., Prof, Dr., Resultate einiger neuerer Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Rostpilze ‚Escher 1, LXol. Dr, Demonstration von Asteriscus pygmaeus v. Freudenreich E., Dr. phil., Über die Bitterkeit der Käse und Bakterien, welche dieselbe hervorrufen : h i Frey H., Dr. phil., Gymnasiallehrer und Dodakt, Über künstliche Seide (Holzseide) 1Glur J. G,, Dr. pin, Schaf und Ziege in den Pfahlbauten ; ; ; Beiträge zur Fauna der Pfahlbauten. (Mit Tafeln.) . Gran Jr. 4, brot Dr, Nekrolog” von Prof. Rud. Wolf. ß ; Demonstration einiger alter astronomischer Instru- mente, namentlich Sonnenuhren Neue Sonnenuhr Geschichte der Bibliothek der schweiz. und bern. Naturforschenden Gesellschaft Notizen zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Schweiz Sitzungs- berichte XI Xu Xxvml xVvIi x XVIL XII xXVI vIl xXVIl X vu XVQ XVII Seite der 275 288 — 303 — Huber GG, Etor Dr., Über Sternschnuppen und Meteorite . Über Meteorströme und die Bedeutung der Meteore im Weltraume Sternschnuppen und Meteorite. (Mit Figuren im Text.) Kissling E., Dr. phil., Sekundarlehrer und Docent, Das Kohlenlager von Frienisberg Kronecker H., Prof. Dr., Einiges über die Bergkrankheit +Meister hans, Prof. Dr., in Solothurn, Die Entwieklung Solothurns in historischer Zeit Rossel, A,, Prof. Dr., Über Papier und Papierprüfung ; Neue Methoden zur Darstellung des Phosphors aus den Phosphaten der Alkalien und alkalischen Erden mittelst sion als Reduktionsmittel Neue pflanzliche Parasiten der Weinrebe und ihre Bekämpfung Schmidt, F. W., Dr. phil, Assistent und Docent, Die Entwicklungsgeschichte des periodischen Systems Sidler G., Prof. Dr., Demonstr ation eines Stückes eines verkieselten Baum- stammes aus Arizona . Stähli F., Dr. phil, Gymnasiallehrer in Burgdorf, Die Cylinderfokalen. (Mit Tafeln.) . : Steck T’h., Dr. phil., Conservator, Zur Biologie des Moosseedorfsees Demonstration südamerikanischer Schmetterlinge Studer-Steinhäuslin B., Apotheker, Walliser Hymenomy ceten Studer Th., Prof. Dr., Über die Tiefseefauna im pacifischen Ocean Die Renntierstation des Schweizerbild bei Schaffhausen Anpassungserscheinung en der Wüstentiere Hyotherium Meisneri von der Rappenfluh bei Aarber &, von Aarwangen und Brüttelen : N Thiessing, Dr. phil., Einiges über Kohlenlager im Kanton Bern Tschirch A., Prof. Dr., Jahr esbericht 1893/94 Über den Ort der Harzbildung bei der Pflanze‘ Schutzmittel der Wüstenpflanzen gegen zu starke Insolation und Transpiration . Gedächtnisrede auf Prof. F. A. Flückiger Wagner @, Dr. phil, ın Zurich, us äge zur Entwicklung der Bessel’schen Funktion Art : zn der Sitzungs- berichte X XVIl XVol XV xV xVI XVII XVI II xu xvI XVII Abhand- lungen 57 102 204 Verlag von K. J. WYSS in Bern. | Berichte dor Schweizerischen Botanischen Gesellschaft, (Redaktion: Dr. Ed. Fischer, Bern.) Heft I (1891), 176 Seiten 8°, broch., mit 3 lithogr. Tafeln, Fr. 4 — Heft I1 — IV. (1892 — 1894) ' a Fr. 3. — Daraus einzeln: i a Christ, Dr. H., Kleine Beiträge zur Schweizerllora. . . Er —. 60 Cramer, Prof. Dr. C., Ueber das Verhältniss von Chlorodietyon a und Ramalina retieulata N ‚SET. 8% Früh, Dr. J., Der gegenwärtige > a der Morttor ohne Fr. —. 60 Schinz, Dr. Hans, Potamogeton Javanicus Hassk und en r. — Christ, Dr. H., Les differentes formes de Polystichum aculeatum (L. sub Polypodio), leur ee et icun dispersion, y compris les varietes exotiques . . - ae 0) Amann, J., Contributions & la flore oe de la Suisse Fr. —. 60 Jäggi, J., Prof, Der Ranunculus bellidiflorus des Joh. Gessner Fr, 1. — Tv Tavel, Dr. F., Bemerkungen über den Wirthwechsel nn let ge _— Fischer, Dr. Ed., Die Sklerotienkrankheit der Alpenrosen. Ce Rhododendri). Fr. —. 60° Schröter, C., Neue Pflanzenreste aus der Pfahlbaute Robenhausen Wera Buser, R., Zur Kenntniss der schweizerischen Alehimillen. Fr: —. 60 Ammann, J., Woher stammen die Laubmoose der erratischen as . der schweizerischen Hochebene und des Jura? .» Fr. —. 60 Christ, Dr. H., Betula Murithii Gaud, 2. Er. —..’60 ‚Chodat, R. ib J. Huber, Recherches ee sur le Denskeniin Boryanum. Er BI 60 “ Leist, K., Ueber den Kinfluds da alpinen Standortes auf die Aus- bildung der Laubblätter. Mit 2 lithographischen Tafeln Fr. 1. Studer, B. jun., Beiträge zur Kenntniss der schweizerischen Pilze. N Wallis. Mit einem N von Dr. Ed. Fischer und 2 litho- graphischen Tafeln . ... wo Mn. oe iR ; Kissling, Dr. E., Die order Thier- end Plänzenreste der Um- il 'gebung von Bern. Excursionsbüchlein für Studirende. Fr. 4. = Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern 1888-1893, I: De per Jahr. Sr, Br. en nz Durch jede Buchhandlung zu beziehen. an .R ® Geschichte der Mathematik und der Nat in an aaden vom en der Wisse® Das Baba und Wirken des Physikers und Geodäte Jacques: Barthelmy Micheli du Crest aus Genf, Staats gefangener des alten Bern, 1746 — 1766. Mit den Portrait Micheli’s, einer Ansicht seines Gefängnisse in Aarburg und dem Facsimile seines Panorama de Alpen. Das Leben und Wirken des Physikers und Astronome ‚Joh. Jak. ner aus Basel, 1138: — 1798. mung darstellend. — — Professor Dr. Rudolf Wolf. 1816 — 1893. Huber, G. Prof. Dr, Bean auf dem Gebiete der Spektra Analyse, Baltzer, A., Prof. Dr., Vom Rande der Wüste, Mit 3 a Tateln, vielen Angaben und An en Cart. en Lauterburg, Robert, Ueber den Einfluss der Wälder auf die Quell und Stromverhältnisse der Schweiz. Fr. Die schweizerischen Wasserkräfte, eingethe grössere und kleinere Stromsektionen und ‚rechnet nach der durchschnittlichen Wass menge. der Klein- u Mittel-Wasserstä d Er. Benteli, 2 Die Bat infeneingn di der dreizehn grössern Schwo a im Ben a“ 20 Jahre 1867 bie und mit, 1886 606 2 zu beziehen durch alle Bachhandlungen. u