ittheilungen der | in Bern aus dem Jahre 1889. BERN. Druck und Verlag von K. J. Wyss. 1890. A; ahres - Bericht über die Thätigkeit der bernischen Naturforschenden Gesellschaft während des Amtsjahres vom 1. Mai 1888 bis 1. Mai 1889. Die Zahl der Mitglieder des Vereins hat sich während dieses Amts- jahres wenig verändert. Durch den Tod verlor die Gesellschaft ihr lang- jähriges. Mitglied: Herrn R. von Fellenberg,- Spitaleinzieher zu Bern, sowie Herrn Dr. Ad. Marti. Ausgetreten sind 2 Mitglieder, aufgenommen 9 Mitglieder. Demnach ist die Mitgliederzahl auf 158 gestiegen. Die Gesellschaft hat sich zu 13 wissenschaftlichen Sitzungen ver- sammelt. Es wurden 27 Vorträge gehalten, davon 13 mit Experimenten oder Demonstrationen, und 10 kleinere Mittheilungen mit Vorweisungen interes- santer Gegenstände gemacht. Hieran betheiligten sich folgende 23 Herren: Dr. Badertscher, 1 Vortrag. Prof. Dr. Kroneeker, 2 Vorträge, Dr. Berlinerblau, 1 Vortrag. 1 Demonstration. Prof. Dr. Brückner, 2 Vorträge. Dr. Lindt, 1 Vortrag. Prof. Dr. Demme, 2 Vorträge. Dr. Marckwald, 1 Vortrag. Dr.v.Fellenberg,1 Vortrag, 4Demon- Dr. Ü. Moser, 1 Vortrag. strationen. Dr. Schaffer, 1 Vortrag. Prof.Dr.Fischer,1 Vortrag,2Demon- Dr. ©. Schmidt (Gast), 2 Vorträge. strationen. Dr. S. Schwab, 1 Vortrag. Dr. Ed. Fischer, 2 Demonstrationen. Prof. Dr. Strasser, 1 Vortrag. Dr. Graf, 1 Vortrag. Prof. Dr. Th: Studer, 1 Vortrag, Dr. Hamel (Gast), 1 Vortrag. 1 Demonstration. Dr. 'G.„Hasler, 1 Vortrag: Apotheker B. Studer, 2 Vorträge. Dr. G. Jonquiere, 1 Vortrag. Dr. Tavel (Gast), 1 Vortrag. Dr. Vinassa, 1 Vortrag. Von diesen Vorträgen und Demonstrationen gehörten 7 in das Gebiet der Mineralogie und Geologie, ebensoviele in das der Botanik; 5 behandelten physiologische Themata; 4 Toxikologisches und Bakteriologisches; 2 Vor- träge waren geographischen, 2 historischen Inhalts; je 1 Vortrag war aus folgenden Disciplinen gewählt: Astronomie, Physik, Chemie, Anatomie, Pathologie, Pharmakognosie, Hygiene. Den meisten Vorträgen folgten anregende Diskussionen. Auf Antrag von Herrn Sekundarlehrer Steck hat die Gesellschaft einen Lesezirkel einzurichten beschlossen, ‘für welchen folgende 10 Zeit- schriften allgemein interessanten Inhalts abonnirt worden sind: Py Naturwissenschaftliche Rundschau, Revue scientifique, T’he Nature, Die Natur, La Nature, American Naturalist, Humboldt, Feuille du jeune Naturaliste, Biologisches Öentralblatt, Le Naturaliste. Durch den Geschäftsführer dieses Lesezirkels, Herrn Steck, wird den 25 Mitgliedern unserer Gesellschaft, welche bisher Herrn Steck in Belp schriftlich den Wunsch ausgesprochen haben, an dem Lesezirkel Theil zu nehmen, von jetzt ab jede Woche direkt oder indirekt Lesestoff zugehen. Die auf dem Lande wohnenden Mitglieder der Gesellschaft erhalten die Zeitschriften vor den Bernern. Es ist hierdurch zumal den ausserhalb Berns wohnenden Mitgliedern der Gesellschaft ein werthvoller Ersatz für die mündlichen Unterhaltungen bei den Sitzungen geboten. Der Erfolg wird hoffentlich das finanzielle Opfer, welches durch das Abonnement der Gesellschaftkasse auferlegt worden ist, lohnen. Am 26. Januar d. J. theilte Herr J. R. Koch der Gesellschaft brieflich mit, dass er aus Gesundheitsrücksichten sein Amt des Oberbibliothekars der bernischen naturforschenden Gesellschaft niederlege. Die Gesellschaft beschloss, Herrn Koch in Anerkennung seiner 33 Jahre langen, gewissenhaften Amtsführung, die ihn auch zur Verwaltung der Bibliothek der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft ver- pfliehtete, eine Dankadresse zu widmen und diese ihm bei Gelegenheit eines Festmahls in der Aprilschlusssitzung zu überreichen. Der Gefeierte entzog sich, in übergrosser Bescheidenheit, der geplanten Ovation. Dessen- ungeachtet fand am 13. April das Mahl statt. Herr Dr. Graf brachte das Hoch aus auf den verdienstvollen Mann, dessen Oberbibliothekar-Amt durch einstimmige Wahl auf Herrn Dr. Graf übertragen worden ist. In dem geschäftlichen Theile derselben Sitzung wurde Herr Dr. Dubois (bisher Vicepräsident) zum Präsidenten bis 30. April 1890 gewählt, Hr. Prof. Brückner‘ zum Vicepräsidenten. Störend wirkt auf den Besuch der Sitzungen der Mangel eines ständigen, würdigen Versammlungslocals. Mit Beginn des Winters hat sich die Gesellschaft genöthigt gesehen, aus dem Gasthaus zum Bären in das Caf6 Metropole überzusiedeln. Von dort trieb uns die Kälte in das Caf6 Weibel. Dieses ansprechende Weinhaus war aber keines- wegs an allen programmmässigen Gesellschaftsabenden zur Verfügung, so dass Sitzungen um deswillen verschoben werden mussten. Hoffentlich wird unserer altwürdigen Gesellschaft eine von der Gunst der Gastwirthe unabhängige Stätte in einem öffentlichen Gebäude bereitet werden und damit eine neue Blüthezeit des Vereins anheben. BERN, 11. Mai 1889. Der Berichterstatter : Dr. H. Kronecker. Sitzungs - Berichte. 803. Sitzung vom 26. Januar 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr. Dubois. Anwesend 22 Mitglieder und 1 Gast. in Es liegt ein Schreiben vor, in welchem Herr J. R. Koch sein Amt als Oberbibliothekar der bernischen und schweizerischen naturfor- schenden Gesellschaft niederlegt, nachdem er seit mehr als 30 Jahren erst als Unterbibliothekar und seit 1864 als Oberbibliothekar thätig gewesen ist. Die Gesellschaft beschliesst, in Anerkennung der ihr während dieser langen Zeit geleisteten Dienste, Herrn Koch eine Dankesadresse zu überreichen. Zum Oberbibliothekar wird hierauf gewählt Herr Dr. J. H. Graf. Hr. Prof. Dr. Th. Studer spricht über ein neues Verzeichniss schwei- zerischer Vögel, welches im Auftrage des schweizerischen Depar- tements für Industrie und Landwirthschaft vom Vortragenden und Dr. V. Fatio in Genf unter Mitwirkung zahlreicher Beobachter an allen Punkten der Schweiz zusammengestellt wird. Dasselbe soll 350 Vogelarten mit Angaben über deren Vorkommen, Lebensweise ete. enthalten. Der erste Theil, 100 Seiten stark, mit 7 Ueber- sichtskarten, umfasst die Tag-Raubvögel; der Vortragende weist denselben vor und theilt daraus eine Anzahl interessanter Einzel- heiten mit. Herr Dr. C. Moser hält einen Vortrag über die Hypothese HE. Dubois’ über die Marsmonde: Er legt zuerst die Gründe dar, welche die bisherige Mondhypothese als ungenügend erscheinen lassen, und be- spricht hierauf die Vermuthung Dubois’, es möchten die Marsmonde Glieder der Planetoiden-Gruppe gewesen sein; schliesslich schildert er die merkwürdige Bewegung der Marsmonde, so wie dieselbe sich einem Beobachter auf dem Mars präsentiren würde. Sso04. Sitzung vom 9. Februar 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Professor Dr. Kronecker. Anwesend 23 Mitglieder. ie In der letzten Sitzung hatte Herr Th. Steck die Gründung eines Lesezirkels angeregt in dem Sinne, dass eine Anzahl naturwissen- schaftlicher Journale abonnirt und diese bei den Mitgliedern, welche es wünschen, in Circulation gesetzt würden. In der Diskussion erklären sich alle Votanten mit der Errich- tung eines solchen Lesezirkels in der naturforschenden Gesellschaft VI einverstanden. Es wird hierauf der Vorstand mit der Einleitung der nöthigen Schritte beauftragt und derselbe ermächtigt, sich zu diesem Zwecke nach Bedürfuiss zu erweitern. Herr Dr. G. Hasler spricht über Zuggeschwindigkeitsmesser für Eisenbahnen. Der Vortragende demonstrirt unter Vorweisung der Apparate zwei Systeme von Zuggeschwindigkeitsmessern, welche im Bahndienst Anwendung finden. System: Der Controllapparat ist auf der Bahnstation aufgestellt. Längs der Bahn sind in Intervallen von 1 Kilometer Radtaster angebracht, welche durch die Räder des Zuges niedergedrückt werden. Ueber jedem dieser Pedale ist ein Contactwerk aufgestellt, welches den Strom einer Batterie beim Vorüberfahren des Zuges schliessen soll. Die Batterie und der Controllapparat sind auf der Station plaeirt. Letzterer besteht aus einer Pendeluhr, welche einen Papier- streifen per Minute 30 Millimeter vorwärts bewegt und diese Zeiten mechanisch markirt. Durch einen Elektromagnet mit Farbsehrift- vorrichtung werden die durch die Radtaster hervorgebrachten Sig- nale auf dem Streifen markirt, und daraus die kilometrische Ge- schwindigkeit auf der ganzen Strecke bestimmt. Solche Apparate, von der Telegraphen - Werkstätte ausgeführt, sind auf 90 Kilometer Bergstrecken der Gotthardbahn in Anwen- dung. Sie sind sehr genau und zuverlässig, haben jedoch den Uebel- stand, dass der Locomotivführer selber nicht weiss, mit welcher Geschwindigkeit er fährt. System: Der Controllapparat ist direct auf der Locomotive angebracht. Es sind eine grosse Anzahl solcher Geschwindigkeitsmesser der verschiedensten Oonstruction ausgeführt worden. Viele wurden nach kurzem Gebrauch ausser Thätigkeit gesetzt. Andere leisten gute Dienste, jedoch ist es selten, dass man ein in allen Theilen gün- stiges Urtheil darüber fällt. Es wird daher jede solche neue Er- findung von Eisenbahntechnikern mit Misstrauen betrachtet. Der vorliegende Apparat neuester Construction, von den Gebr. Hausshälter in Dresden erfunden, wird laut Vertrag in der Telegr.- Werkstätte angefertigt und den schweizerischen Eisenbahnen ge- liefert. Dieser Apparat wirkt zwangläufig, d.h. die Geschwindigkeit wird direet durch ein Rad der Locomotive übertragen. Er bietet folgende Vortheile: a) Die Geschwindigkeit des Zuges wird continwirlich auf einem Zifferblatt angezeigt. b) Bei Ueberschreitung der erlaubten Geschwindigkeit ertönt eine Alarmglocke, c) Die Geschwindigkeiten der Fahrten, sowie die Pausen werden auf einem endlosen Papierstreifen registrirt. In der Discussion macht Herr Dr. Dubois auf ein einfaches Ver- fahren aufmerksam, durch welches auch der Laie, im Eisenbahnzug sitzend, die Geschwindigkeit des letztern taxiren kann: in den mei- sten Fällen findet man nämlich aus dem Lärm des Zuges auch rhyth- mische Schläge heraus, die vom Ueberspringen der Räder von einer Schiene auf die andere herrühren. Da nun die Schienenlänge ge- wöhnlich 6 Meter beträgt, so lässt sich aus der Zahl der Schläge, vil welche in bestimmter Zeit erfolgen, leicht die Zuggeschwindigkeit ausrechnen. Herr Dr. Ed. Fischer macht einige Demonstrationen, welche sich auf die Sigillarien beziehen, und begleitet dieselben mit allgemeinen Bemerkungen über Organisation und systematische Stellung dieser (rewächse. Derselbe weist hierauf die neue Mikroskopirlampe von Kochs und Wolz vor, ein sehr einfacher Apparat, der für das Mikroskopiren bei Nacht wesentliche Vortheile bietet. - Diesen Anlass benützt der Vortragende, um eine der Möller’schen Diatomeentypenplatten zu zeigen. 805. Sitzung vom 16. Februar 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. { Vorsitzender: Herr Professor Dr. Kronecker. Anwesend 19 Mitglieder. Herr Prof. Dr. Ed. Brückner hält einen Vortrag über Grundwasser und Typhus mit besonderer Berücksichtigung der Hamburger Ver- hältnisse. Er schildert die Resultate, welche Soyka bezüglich des Zusammenhanges der Grundwasserschwankungen mit den Schwan- kungen der Typhusfrequenz für eine Reihe von Städten (Berlin, Frankfurt a.M., München, Bremen, Salzburg) sowohl für die Jahres- periode, als für die Aenderung von Jahr zu Jahr erhalten hat und welche durchaus das Gesetz von Pettenkofer bestätigen: bei sinkendem Grundwasserspiegel wächst die Typhusfrequenz, bei stei- gendem nimmt sie ab. Beobachtungen in Michigan stimmen damit völlig überein. Auch für Hamburg gilt das Gesetz, wie die völlig statistischen Zusammenstellungen des Redners ergaben, jedoch nur bis zum Jahre 1883, Immer stellt die Kurve der Typhushäufigkeit ungefähr ein Spiegelbild der Kurve der Schwankungen des Grund- wassers dar. Dä Grundwasserbeobachtungen für Hamburg nur ‚aus den letzten 9 Jahren vorliegen, so benutzte der Redner als Repräsentanten der Grundwasserschwankungen von Jahr zu Jahr die Schwankungen des Elbspiegels, nachdem er gezeigt, dass in Berlin, Bremen und München jeweilen Flussspiegel und Grundwasser- spiegel in gleichem Sinne von Jahr zu Jahr sich ändern, sind doch beide von denselben Faktoren abhängig, dem Regenfall und der Verdunstung. Hierdurch vermochte er den Vergleich beider Ele- ınente bis zum Jahr 1840 zurückzuverfolgen. Dass die letzten Jahre 1884 bis 1887, die durch eine ganz ausserordentliche Typhus- epidemie ausgezeichnet sind, eine Ausnahme von der Regel machen, offenbart sich in der Jahresperiode. Während dieser Epidemie er- scheint der Typhus als Winterkrankheit statt als Sommerkrankheit wie früher, und das Maximum seiner Frequenz fällt fast genau mit dem höchsten Stand des Grundwassers zusammen. Redner sieht daher die Ursache der letzten Epidemie nicht in dem Grundwasser, sondern vielmehr in den gigantischen. Erdarbeiten, welche in den kritischen Jahren zum Zweck des Zollanschlusses der Stadt Ham- burg im Hafen vorgenommen wurden und deren Beginn und Ende such mit dem Beginn und Ende der Rpidemie zusammenfällt. Wenn nun auch im Grossen Pettenkofers Gesetz zu Recht besteht, so 2. 3. VII sind es eben doch in jedem Fall der Faktoren mebrere, welche ein epidemisches Auftreten des Typhus veranlassen können. Herr Dr. E. v. Fellenberg spricht über den Flussspath von Oltschen- alp und seine Verwendung (siehe die Abhandlungen). Derselbe bespricht ferner ein neues Nephritoid aus dem Bergell. (8. d. Abhandlungen). 806. Sitzung vom 2. März 1889. Abends 7'/2 Uhr Im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Professor Dr. Kronecker. Anwesend 14 Mitglieder. ih Betreffs des Lesezirkels beschliesst die Gesellschaft auf Antrag des Vorstandes: a) Es sei ein Lesezirkel vorläufig für ein Jahr einzurichten; b) den Theilnehmern an demselben werden keine Extrakosten berechnet; c) die Zahl der in Circulation zu bringenden Zeitschriften richtet sich nach den verfügbaren Geldmitteln der Kasse. Ausser- dem kommen die in der Bibliothek der Gesellschaft enthal- tenen Zeitschriften allgemein naturwissenschaftlichen Inhaltes zur Circulation; d) an der Circulation können sich die auf dem Lande und die in der Stadt wohnenden Mitglieder betheiligen, erstere er- halten jedoch den Vorzug dadurch, dass sie die Zeitschriften zuerst bekommen; e) sämmtliche Mitglieder werden durch Circular zur Betheiligung am Lesezirkel eingeladen ; P als Zeitschriften werden vor der Hand in Aussicht ge- nommen: The Nature, Le naturaliste, La Nature, Revue seientifique, Die Natur, Feuille du jeune Naturaliste, Humboldt, Biologisches Centralblatt, Naturwissenschaftliche American Naturalist. Rundschau. Ausserdem genehmigt die Gesellschaft das vom Vorstand aus- gearbeitete Reglement und wählt als Geschäftsführer für den Lese- zirkel Herrn 'Th. Steck, Sekundarlehrer in Belp. Herr Prof. Dr. L. Fischer spricht über die Algengruppe der Sipho- neen, indem er die hauptsächlichsten Ergebnisse der neueren Unter- suchungen über Bau und Reproduction derselben in vergleichender Uebersicht einer Anzahl Gattungen erläutert und bezügliche Objecte vorweist. Herr Prof. Dr. Kronecker hält einen Vortrag über den Zeitverlust bei Sinneswahrnehmungen und gibt darin einen Bericht über die allgemeinen Ergebnisse der Beobachtungen der Reactionszeit, Unter- scheidungszeit und Wahrnehmungszeit. Nach Schluss der Sitzung liess der Vortragende einige Herren der Gesellschaft ihre Reaction auf verschiedene Sinnesreize eleetromagnetisch an rotirender Trom- mel notiren. IX 4. Herr Dr. E. v. Fellenberg weist Blätter der neuesten geologischen Uebersichtskarte von Japan im Massstab von 1 : 400,000, sowie der neuen geologischen Karten von Rumänien vor. so07. Sitzung am 9. März 1889. j Abends 7'!/a Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Prof. Dr. Kronecker. Anwesend 18 Mitglieder und 2 Gäste. 1. Herr Dr. ©. Schmidt, Docent in Basel, der als Gast anwesend ist, spricht: a) Ueber einen neuen Mineralfund aus dem Oberwallis: Im sogen. Steinbruchgraben unweit Visp fanden sich in einem Block von glim- merreichem Röthidolomit eine Reihe Drusenmineralien: Öaleit- und Dolomitrhomboöder, Adular, Albit, Flussspath, Zinkblende, Bleiglanz, Anatas etc. Besonderes Interesse beansprucht ein Mineral, welches sich bei der quantitativen Analyse als ein Strontiumsulfat erwies. Durch die mangelnde prismatische Spaltbarkeit, sowie die optische Orientirung unterscheidet sich dasselbe vom Coelestin einerseits und zeigt andererseits Eigenschaften des Anhydrites (Ca SO*) in der aus- gezeichneten Spaltbarkeit nach dem Brachypinakoid und im der optischen Orientirung (Axenebene parallel Makropinakoid). Diese eigenthümliche Zwischenform zwischen Coelestin und Anhydrit glaubt der Vortragende als neue Mineralspecies bezeichnen zu müssen und wählte den Namen Fellenbergit. b) Ueber die Granitmassen in den Gebirgssystemen der Bretagne, der Pyrenäen und der Alpen: Es wurde erst die Charakteristik des Granites als plutonisches Tiefengestein gegeben, dann die Öontact- wirkungen, das geologische Alter und die Stellung der Granite in Gebirgen besprochen. Ein Vergleich der drei genannten Gebirge, welche sehr verschieden alt sind, zeigt, dass die typische Lagerung | der Granitmassen und ihrer Contacthöfe in Folge der Gebirgsbildung | verwischt ist und zwar natürlich am meisten in den Jüngsten ; Kettengebirgen. Der Vortragende glaubt, dass dieser Gesichtspunkt bei Beurtheilung der alpinen Protogine ganz scharf hervorgehoben werden müsse. 1. 8SOS. Sitzung vom 23. März 1889. Abends 7'/2 Uhr im Caf& du Pont. Vorsitzender: Herr Prof. Dr. Kronecker. Anwesend 22 Mitglieder und 1 Gast. \ > 1. Herr Prof. Dr. Demme spricht über einen neuen Sprosspilz, der eine E : Rothfärbung des Käses hervorbringt, und begleitet den Vortrag mit Demonstrationen von Culturen und mikroskopischen Präparaten dieses Sprosspilzes. Einleitend spricht Herr Dr. Schaffer über die Provenienz dieses Pilzes. Wir lassen hier ein Rösum6 der hauptsächlichsten in der Mittheilung von Herrn Prof. Demme enthaltenen Punkte folgen: Im Monat Juli des Jahres 1888 wurde dem pharmakologischen Institut in Bern (Vorstand Prof. Demme) durch Herrn Kantonschemiker X Dr. Schaffer ein Stück rothen Quarks') übergeben, welches von der Käsemasse stammte, welche zur Bereitung des in den «Bern. Blät- tern für Landwirthschaft» erwähnten ?) rothen Käses gedient hatte. Es handelte sich um die Isolirung, Reinzüchtung und Bestimmung der in den rothen Farbstoffmassen von Herrn Schaffer mittelst des Mikroskopes wahrgenommenen Mikroorganismen. Es gelang Prof. Demme mit Hülfe des Koch’schen Plattenver- fahrens, aus diesen rothen Farbstoffmassen einen Sprosspilz zu isoliren, dessen Öulturen die nämliche orangerothe Färbung wie die zur Unter- suchung übergebene Quarkmasse darboten. Die Golonien dieses Sprosspilzes entwickelten sich auf den Gelatine- platten nach 18 bis 36 Stunden in der Form hirsekorn-grosser, gelb- lichweisser Tropfen. Dieselben umgaben sich in den nächsten Tagen nit einer helleren Zone, von welcher aus das Wachsthum der Cul- tur in vollkommen gleichmässiger "Weise nach der Peripherie zu seinen Fortgang nahm. Zwischen dem 8. bis 12. Tage bot das Centrum der -Öulturfläche eine nach der Peripherie zu schwächer werdende röthliche Färbung dar. Zwischen dem 14. bis 20. Tage erschien die gesammte Cultur gleichmässig himbeerroth tingirt, und bot schliesslich im Verlaufe von 4 bis 6 Wochen die zu einem dichten Rasen angewachsene Cultur einen gesättigt orange - himbeerrothen Farbenton dar. Bei der mimwroskopischen Betrachtung ergab es sich, dass diese Culturen aus kuglichen und ovalären Zellen bestanden. Von den kuglichen Zellen hatten die meisten einen Durchmesser von 4,5 u, viele einen solchen von 5,5 «, vereinzelte einen Durchmesser von 3,8 « oder aber von 6.8 « und darüber. Das Wachsthum dieses Sprosspilzes erfolgte auf Fleischinfuspepton- Gelatine und Agar, auf Kartoffeln, Bouillon, Milch und Käse, am besten bei einer Zimmertemperatur von 15 bis 20° 0. Es lag selbstverständlich der Gedanke nahe, dass es sich bei dem eben beschriebenen Sprosspilz um die von Cohn, Hansen, Koch und Anderen beschriebene Rosahefe handle, und wurden desshalb mit einer aus dem bakteriologisch - chemischen Institute von Prof. Dr. v. Nencki stammenden und uns von Letzterem freundlichst über- lassenen Cultur von Rosahefe vergleichende Untersuchungen über das Verhalten beider Mikroorganismen angestellt. Bezüglich der Grössenverhältnisse der einzelnen Zellen derselben lieferten die zahlreichen, auch mit Herrn v. Nencki vorgenommenen Messungen folgende Ergebnisse: Rosahefe rother Käsesprosspilz Durchmesser der meisten Zellen 4,4 u 4,5 bis 4,7 u » vieler wasDa u 5,8 u » vereinzelter .» . 5.5.4 3,5 bis 6,8 u Der Durchmesser der Zellen des von dem rothen Käse stammen- den Sprosspilzes stellte sich somit, unter sorgfältiger Vergleichung der verschiedenen Mengenverhältnisse der einzelnen Zellen bezw. Zellgrössen mit den entsprechenden der Rosahefe, entschieden grösser als bei der letzteren dar. !) Der von der Molke möglichst befreite Käsestoff. ENT, 09,18. Auk: 1888, xI Von ferneren Unterschieden ergab sich, dass bei dem von dem rothen Käse stammenden Sprosspilze das Zellprotoplasma aller Zellen körnig, bei den Zellen der Rosahefe dagegen homogen, dass die Fär- bung der Culturen des rothen Käse - Sprosspilzes orange - himbeer- roth, bei der Rosahefe mehr ziegel- oder zinnoberroth ist. Bezüglich des Wachsthums der Culturen beider resultirte, dass dasselbe bei dem rothen Käse-Sprosspilz rascher als bei der Rosahefe vor sich geht, dass ferner bei Sticheultüren auf Agar seitens des rothen Käse-Sprosspilzes eine leicht convexe Erhebung, seitens der Rosa- 8 hefe ein dellenförmiges Einsinken: der Cultur während der ersten Tage ihrer Entwicklung beobachtet wird. . Mit Rücksicht auf die hier erwähnten Eigenthümlichkeiten des aus den rothen Farbstoffmassen des betreffenden Käses isolirten rothen Sprosspilzes hielt es der Vortragende für zweckmässig, dem- selben vorläufig, ohne die Ergebnisse späterer Untersuchungen präju- i dieiren zu wollen, die Bezeichnung Saccharomyces(?)ruber beizulegen. | Es sei hier noch beigefügt, dass Saccharomyces (?) ruber, wie die Rosahefe weder an der Luft noch in Wasserstoffatmosphäre Zucker vergährt. An Thieren vorgenommene Fütterungsversuche mit Reineulturen von Saccharoınyces (?)ruber erwiesen denselben als nicht im eigent- lichen Sinne des Wortes pathogen, obschon grössere Quantitäten desselben (bei Hunden) eine zu chronischem Darmeatarrhe Veran- lassung gebende Reizung der Darmschleimhaut hervorrufen können. Die Beobachtungen und Untersuchungen des Vortragenden über die Biologie von Saccharomyces(?) ruber, namentlich über seine Wachs- 2 thums- und Fortpflanzungs - Verhältnisse, seine ausserordentliche e Widerstandskraft gegen die Einflüsse höherer Wärme- und Kälte- Grade, sowie andererseits über die Einwirkung desinfieirender Sub- stanzen!) auf seine Lebens- und Fortpflanzungs - Fähigkeit u. s. w. werden demnächst an anderer Stelie veröffentlicht werden. 2. Herr Prof. Dr. Strasser demonstrirt die Vorgänge bei der Orts- bewegung der Schnecken und erläutert den Mechanismus, welcher derselben zu Grunde liegt. 3. Herr Prof. Dr. L. Fischer legt einen zweiten Nachtrag zu seinem 1875 publieirten Verzeichniss der Gefässpflanzen des Berner Ober- landes vor (s. die Abhandlungen). 4. Herr Dr. E. v. Fellenberg zeigt einen Metallbalken mit eigenthüm- licher Graduirung vor, der ihm übersandt worden ist, und welcher die Jahreszahl 1655 trägt. ‚Wozu er gedient, das bleibt einstweilen ganz zweifelhaft. S09. Sitzung vom 13. April 1889. Abends 7'/a Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Prof, Dr. Kronecker, Anwesend 23 Mitglieder und 2 Gäste, 1. Wahlen. Zum Präsidenten für das Vereinsjahr 1889/90 wird er- nannt Herr Dr. P. Dubois, bisheriger Vicepräsident, zum Vicepräsi- denten Herr Prof. Dr. Ed. Brückner. \ ') Herr Arzt Paul Gygax hat im pharmakologischen. Institut eine hierauf bezügliche Arbeit soeben beendigt und wird dieselbe als Ductordissertalion ver- öffentlichen. Xu 2. Monsieur le Dr. S. Schwab presente une communication sur Thur- mann, geologue et botaniste du Jura. 3. Herr Prof. Dr. Kronecker spricht über die Protoplasmabewegungen und speciell die neuern Erklärungsversuche derselben durch Gad und Quincke. Er demonstrirt unter dem Mikroskope die Bewegungs- erscheinungen bei Elodea, Vallisneria, Nitella und durch Projection mittelst Skioptikon die von Gad beschriebenen Erscheinungen beim Verseifungsprocesse. Nach Schluss des ersten Actes vereinigt sich die Gesellschaft zu einem zu Ehren des von seinem Amte zurücktretenden Oberbibliothekars » Herrn J. R. Koch veranstalteten Souper. 810. Sitzung vom il, Mai 1889, Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr. Dubois. Anwesend 24 Mitglieder und 1 Gast. 1. Herr Professor Dr. Kronecker verliest den Jahres-Bericht über das Vereinsjahr 1888/89. 2. Herr Prof. Dr. Baltzer legt der Gesellschaft zwei von Demonstra- tionen begleitete Mittheilungen vor: a) Ueber sogenannte Sandeier aus dem Dinotheriensande von Tramelan. b) Ueber einen Rochenrest aus der marinen Molasse von Mägen- wyl im Kanton Aargau (s. d. Abhandlungen). 3. Herr K. Leist spricht über‘ den Einfluss des alpinen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter (s. d. Abhandlungen). Ss11. Sitzung vom 22. Juni 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr. Dubois. Anwesend 13 Mitglieder und 1 Gast. 1. Herr Prof. Dr. Guillebeau legt folgende zwei Mittheilungen vor: a) Zur Histologie des ımultiloculären Echinococeus. b) Ueber einen Fall von Öysticercus der Taenia saginata (siehe Abhandlungen des nächsten Jahres). 2. Herr Prof. Dr. Kronecker spricht über die Reduction des Haemo- globins im Froschherzen. 3. Herr Prof. Dr. Th. Studer weist die von Dr. Wright und ihm ver- fasste Bearbeitung der Aleyonarien der Challenger-Expedition nebst Supplement vor und gibt eine kurze Uebersicht über Plan und In- halt des Werkes. Den Schluss der Sitzung bilden mikroskopische Demonstrationen zu den Mittheilungen der Herren Prof. Dr. Guillebeau und Prof. Dr. Kronecker, 812. Sitzung vom 9. November 1889. Abends 7'/s Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr, Dubois. Anwesend 31 Mitglieder und 3 Gäste. 1. Herr Prof. Dr. A. Baltzer hält einen Vortrag über die neueren Theorien der Gebirgsbildung. 2. 8 | \ | | 3. ih XII Herr Professor Dr. Ed. Brückner berichtet über die Resultate seiner Untersuchungen über Klimaschwankungen in historischer Zeit, in- dem er dieselben durch grosse graphische Darstellungen erläutert. Forel, Richter und Lang zeigten, dass die Gletscherschwankungen in den Alpen sich auf säkulare Schwankungen des Niederschlags und der Temperatur zurückführen. Diese Schwankungen der wich- tigsten klimatischen Elemente sind nun aber nicht auf die Alpen beschränkt, sondern kehren fast in sämmtlichen Ländern der Erd- oberfläche wieder. Ueberall fallen im laufenden Jahrhundert um die Jahre 1815, 1850 und 1880 feuchte und kühle Perioden, um die Jahre 1830 und 1860 trockene und warme. Die Schwankungen der Regenfälle treten im Innern der Kontinente (Asien und Amerika) relativ stark verschärft auf; an einigen Punkten der oceanischen Küsten scheinen sie dafür zu fehlen. Sie sind sowohl den Land- massen der Nordhemisphäre, als auch denen der Südhemisphäre, den Tropen, wie den gemässigten Zonen eigen. Diese Schwankungen des Klimas liessen sich an der Hand von Aufzeichnungen über das Gefrieren und Aufgehen der russischen Flüsse, über den Wasserstand des Kaspischen Meeres und vor Allem über den Termin der Weinernte in den Weingesenden Mitteleuropas mehrere Jahrhunderte zurück verfolgen. Es ergiebt sich eine mitt- lere Dauer der Periode von 36—37 Jahren. Diese Klimaschwankungen besitzen entschieden eine praktische Bedeutung. Sie beeinflussen die Wassertiefe und die Dauer der Navigationsperiode der Flüsse besonders in kontinentalen Gebieten (Russland, auch Deutschland). Sie äussern auch einen erheblichen Einfluss auf die Ernten. Es zeigt sich sogar in den kontinentalen, regenarmen Gebieten des innern Nordamerika, Sibiriens und Aegyp- tens, dass direkt das Areal des anbaufähigen Landes in Folge der Klimaschwankungen in seiner Grösse Schwankungen erleidet. Herr v. Jenner weist einen langen, 4 Öentimeter dicken, eylindrischen Körper vor, welcher oben am Aargaustalden im Innern eines mor- schen Wegweisers gefunden worden war und aus einem compacten Pilzmycel besteht. 813. Sitzung vom 23. November 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr. Dubois. Anwesend 31 Mitglieder. Es liegt ein Circular vor, in welchem ein Initiativcomite unter Vor- sitz von Herrn Regierungs-Rath Dr. Gobat die Anregung macht zur Herstellung einer Bibliographie für schweizerische Landeskunde. In diesem Circulare, das an die naturforschenden, historischen, geo- graphischen u. a. Gesellschaften der Schweiz gesandt worden ist, werden die letzteren eingeladen, ihre Zustimmung zu diesem Unter- nehmen bekunden zu wollen. Es soll dann diesen Winter eine Dele- girtenversammlung der betheiligten Vereine — sofern dieselben Delegirte senden wollen — einberufen werden. Nachdem der Vorstand der Gesellschaft bereits im Juli in einem Schreiben dem Initiativcomit6 seine Zustimmung erklärt hat, bean- tragt er bei der Gesellschaft, Delegirte für die genannte Delegirten- 2 &% DR XIV versammlung zu. bezeichnen. Es werden als solche gewählt die Herren Prof. Dr. Brückner, Prof. Dr. Th. Studer und Dr.’ Graf. Herr J. Fankhauser legt geologische Mittheilungen aus dem Emmen- thale vor, welche sich auf die Verhältnisse der marinen und Süss- wassermolasse in der Gegend von Langnau beziehen (s. d. Abhand- lungen des nächsten Jahres). Herr Dr. J. H. Graf spricht über den sogenannten Mathematiker Niklaus Blauner, ein Original aus dem vorigen Jahrhundert. 814. Sitzung vom 7. Dezember 1889. Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Dr. Dubois. Anwesend 19 Mitglieder und 2 Gäste. 1: 9 4 3. 4. Dem Rector der Hochschule wurde der Vorschlag gemacht, er möchte sich mit den verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften der Stadt in Verbindung setzen behufs Veranstaltung öffentlicher wissenschaftlicher Vorträge, deren Abhaltung nieht nur von akade- mischen Docenten, sondern auch von andern wissenschaftlich thä- tigen Männern übernommen würde. Zur Besprechung dieser Frage berief derselbe die Präsidenten der naturforschenden und der andern in Frage kommenden Gesellschaften ein und diese erklärten sich mit der Anregung einverstanden. — Die naturforschende Gesell- schaft wird nun um die Ermächtigung angegangen, sie in der Anzeige dieser Vorträge unter den mitwirkenden Gesellschaften zu nennen, und wird eingeladen, ihren Vorsitzenden in das Comite, welches die Sache an die Hand nimmt, zu delegiren. -- In der. Abstimmung erklärt sich die Gesellschaft mit diesen Vorschlägen einverstanden. Ks wird beschlossen mit dem Lesezirkel (s. d. Sitzung v. 2. März) bis auf Weiteres fortzufahren. Herr Apotheker B. Studer-Steinhäuslin spricht über eine Pilzexeur- sion in’s Unterwallis. Die Ergebnisse dieser, sowie der letzjährigen (s. Sitzungsberichte 1888 p. XVII) Exeursion sollen in den Abhand- lungen des nächsten Jahres veröffentlicht werden. Herr Dr. T'hiessing macht der Gesellschaft Mittheilungen über den Lias von Lyme-Regis (s. d. Abhandlungen des nächsten Jahres). 815. Sitzung vom 21. Dezember 1889, Abends 7'/2 Uhr im Restaurant Weibel. Vorsitzender: Herr Professor Dr. Brückner. - Anwesend 20 Mitglieder I: Der Vorsitzende theilt der Gesellschaft mit, dass der in letzter Sitzung besprochene Öyclus öffentlicher Vorträge nunmehr zu Stande gekommen ist, es betheiligen sich an demselben auch Mitglieder der naturforschenden Gesellschaft, freilich gleichzeitig in ihrer Bigen- schaft als Docenten an der Hochschule. Herr J. Fankhauser spricht über die erratischen Blöcke im Emmen- thal (s. d. Abhandlungen des nächsten Jahres). Herr Prof. Dr. Strasser berichtet über eine von ihm beobachtete Anomalie in der Lagerung der Fleischfasern des Zwerchfelles und XV in der Lage der Carotis communis, bedingt durch eine Verkrümmung der Wirbelsäule (s. d. Abhandlungen des nächsten Jahres). Herr ÜGustos v. Jenner wendet für die photographische Dunkelkammer mit Vortheil eine Combination von rothem und grünem Glase an. Herr Prof. Dr. Brückner referirt über zwei neuere Arbeiten von Neumayr und Nathorst über die Klimate der Vorzeit. Herr Dr. Graf hatte letztes Jahr ein Rechenbüchlein: Praktik der Feldmesskunst von Ozanam vorgewiesen, er fand nun seitdem, dass dasselbe eine Reproduction eines 1668 von Sebastian Leclerc pub- licirten Buches ist. — Ferner macht Herr Dr. Graf auf die neuen interessanten Funde von Kalendern und anderen Drucken, auch mathematischen Inhalts, im Staatsarchiv aufmerksam. Herr Dr. Dutoit beobachtete am Engstligengrate bei Adelboden von der Höhe von 2200 Meter an eine auffallende Vertretung von Viola calcarata, Geum montanum und Saxifraga oppositifolia durch Viola cenisia, Geum reptans und Saxifraga Kochii. Herr Dr. Vinassa fand bei einer Erkrankung eines Obstweines, be- stehend in Bräunung desselben einen kurzen Bacillus, der bei ge- eignetem Luftzutritt den Gerbstoff des Obstweines zersetzt. Herr Dr. Schwab erwähnt, dass auf der topographischen Karte der Schweiz in der Bezeichnung des kleinen Ochsen (Stockhornkette) eine Unrichtigkeit sich eingeschlichen habe. Verzeichniss der Mitglieder der Bernischen naturforschenden Gesellschaft. (Am 31. Dezember 1889.) Die mit * bezeichneten Mitglieder wurden im Jahre 1889 neu aufgenommen, Vorstand. Dr. P. Dubois, Präsident vom 1. Mai 1889 bis 30. April 1890. Prof. Dr. Ed. Brückner, Vice-Präsident. B. Studer, jun., Apotheker, Kassier seit 1875. Dr. Ed. Fischer, Sekretär seit 1886. Dr. J. H. Graf, Redaktor der Mittheilungen seit 1883 und Oberbiblio- thekar seit 1889. Dr. E. Kissling, Unterbibliothekar seit 1888, Mitglieder. ae 1. Andree, Philipp, Apotheker 2 A ; : : ; 1883 2. Badertscher, Dr. A., Sekundarlehrer . i : ; : 1888 3. Balmer, Dr. Hans, Privatdocent ; : 1886 Ä 4. Baltzer, Dr. A., Professor der Mineralogie "und Geologie : 1884 | 5. Beck, Dr. Gottl., Lehrer an der Lerberschule . 1876 | (er Benoit, Dr. jur., (6% . : : : : ; 1872 7. Benteli, A., Rektor und Docent 5 : ; i - 1869 8. Berdez, H. Professor an der Thierarzneischule . : 1879 9. Berlinerblau, Dr. J., Fabrikdirekt. in Sosnowice (Russ.Polen) 1887 10. Bigler, Dr. phil. %, in Frutigen ' : : . ; 1880 11. v. Bonstetten, Dr. phil. August . 2 : . i ; 1859 12. Bourgeo:s, Dr. med, 5, Arzt . : : ; i 1872 13. Brückner, Dr. Ed., Prof. der Geographie : : & } 1888 14, Brunner, Alb., Apotheker h . ; i ; 1866 15. Brunner, C., Telegraphendirektor in Wien. i ; a 1846 16. Büchi, Fr., Optiker s i i : 1874 iv. Büren, Eug., alli& von Salis, Sachwalter A : ; 1877 18. Cherbuliez, Dr. Director, Mühlhausen i ; : ; 1861 19. Christeller, Dr. med. in Bordighera . ; L : : 1870 20. * Christen, Förster in Bern : i . i ; 1889 21. Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor ; ; 5 i 1875 22. Conrad, Dr. Kr., Arzt : i v : ; ’ ; 1872 23. Cramer, Gottl., "Arzt in Biel 2 . ; . 1854 24. Demme, Dr. R, Professor, Arzt am Kinderspital ; ; 1863 25. Dick, Dr. Rud,, Arzt 3 1876 XVIl 26. Dmitrenko, Frl. E., stud. phil. 27. Dubois, Dr. med,, Ärzt, Privatdocent . : 28, Dutoit, Dr.med., Arzt 2 i 29. Emmert, Dr. C., Professor der 'Staats-Mediein 30. Engelmann, Dr., Apotheker in Basel. 3l. Fankhauser, J., Gymnasial-Lehrer und Privatdocent . 32. v. Fellenberg, Dr. phil. E., Bergingenieur 33. Fischer, Dr. phil. Ed., Privatdocent 34. Fischer, Dr. L., Professor der Botanik 35. Frey, Aug., Telegraphendirektor 36. * Frey, H., Lehrer am städtischen Gymnasium 87. Frey, Dr. Rob, Arzt in Rubigen 38. v». Freudenreich, Dr. E., Rentier ; - 39. Geering, Dr. T., Chef der eidg. Handelsstatistik 40. * de Giacomi, Dr. med. J., Arzt und Privatdocent 41. Girard, Dr. med., Arzt : ; ; ; 5 42. Graf, Dr. phil. J. H., Gymnasial-Lehrer und Docent 43. Gosset, Philipp, Ingenieur i 44. Gressly, Alb., Oberst, Maschinen- Ingenieur. 45. Grimm, J., Präparator 46. Guillebean, Professor Dr. 47. Haaf, C., Droguist 48. Hammer, Bundesrath . 49. Hasler, Dr. phil, G,, Dir, d. Telegraphen-Werkstätte 50. Held, Leon, Ingenieur 51, Heller, J. H., Kaufmann 92, Hermann, F., Mechaniker i 53. Hess, En Professor an der Thierarzneischule 54 Hopf, J 32.0.5 Arzı ; i ; , bb: Huber, Dr, G,, Privatdocent ; 56. Jenner, E., Entomolog, Stadtbibl. 97. Jongwiere, Dr. Professor der Medizin, 58. Jongwiere, Dr. med. Georg, Arzt : ; 59. Jongwiere, Dr. phil. Alf. . ; i ; : 60, Käch, je Sekundarlehrer i ; : : 61. Kaufmann, Dr., Adjunkt . a : 62. Kaufmann, Dr. Alt, Lehrer in der Grtnau 63. Kesselring, H., Lehrer an der Sekundarschule 64. Kissling, Dr. E. ., Sekundarlehrer 65. Kobi, Dr., Lehrer an der Kantonsschule Pruntrut 66. Koch, Lehrer der Mathematik , 67. Kocher, Dr. Professor der Chirurgie . 68. Koller, G., Ingenieur . : : : ; J 69. König, Dr. Emil, Arzt ; : ; 3 ; 10% Körber, H., Buchhändler i 21; Kroft, Alex., Besitzer des Bernerhofs 12: Krebs, N, Seminarlehrer 13. Kronecker, Dr. H., Professor der Physiologie 74. Kuhn, Fr, Pfarrer in Affoltern . 75. Langhans, Fr., Lehrer am städt,. Pı rogymnasium X6, Lanz, Dr. Em., Arzt in Biel... . 2 ; + 77, Lonz, J., Dr. med. in Biel. . < & ” Eintritts- Jahr. 1887 1884 1867 1870 1874 1873 1861 1885 1852 1876 1872 1889 1885 1888 1889 1876 1874 1865 1872 1876 1878 1857 1878 1861 1879 1872 1861 1883 1864 1888 1870 1853 1884 1884 1880 1881 1886 1870 1888 1878 1853 1872 1872 1872 1872 1872 1888 1884 1841 1872 1876 1856 XVIll , Lauterburg, R., Ingenieur . Leist, K., Lehrer Leuch, Dr. A., Privatdocent Eins, Franz, "Ingenieur „ Lindt, R,, Apotheker : 3, Lindt, Dr. med. Wilh., Arzt Lindt, Dr. med. W., jun. i i i * Lory, Adolf, De an der Lerberschule. . Lütschg, J., Waisenvater * Marckwald, Dr. Max. * Markusen, Professor Dr. Johann * Marti, Christian Sekundarlehrer in Nidau Moser, Dr. phil. Ch., Sekundarlehrer und P rivatdocent Moser, Friedrich, Schreinermeister Müller, Emil, Apotheker Müller, Professor Dr. P. 94. ». Mutach, Alf., von Riedburg Mützenberg, Dr. med. Ernst, Spiez Neuhaus, Dr. med. Carl, in Biel. Niehans-Bovet, Dr. ımed., Arzt Niehans, Dr. med. Paul, Inselarzt Pfister, J. H., Mechaniker * Pflüger, Professor Dr. Pulver, Friedrich, Apotheker ; ; 2. Ris, Lehrer der Physik am städt. Gymnasium . Rothen, Dr. phil., Adjunkt der Tel.-Direktion 4. Rothenbach, Alf., Gasdirektor 5. Sahli, Professor Dr. H. v. Salis, eidg. Oberbauinspektor „Se hädler, Dr. med. E. i * Schällibaum, Dr. H., Arzt in W attenwyl 9. Schärer, Dr. med. Ernst . Schärer, Professor, Rud., Direktor der Waldau . Sehärtlin, Dr., Chef im eidg. Versicherungsamt . Schaffer, Dr., Kantonschemiker und Docent 3, Schenk, Dr. Karl, Bundesrath . Schlachter, Dr., Lehrer an der Lerberschule . Schmid, J. G., Direktor der Sekundarschule 3. Schnell, Dr. Alb., Lochbach bei Burgdorf . Schnyder, J., Oberförster . i ; - . Schuppli, M., Direktor der N. Mädchenschule 9. Schwab, Alf., Banquier 20. Schwab, Dr. med. Sam. . Schwarz- Wälly, Commandant 22. Schwarzenbach, Dr., Professor der Ohemie . Sidler, Dr., Professor der Astronomie 5. Stämpfli, K.., Buchdrucker . Stauffer, B., Ingenieur in Aedermannsdorf (Kt. Solotl urn) # Steck, IM, 'Sekundarlehrer in Bel Ds, ; Stooss, Dr. med. Max . . . Strasser, Dr. Hans, Professor der Anatomie Studer, Bernhard, sen. . : , . Eintritts- Jahr. 1851 1588 1857 1870 1849 1854 1885 1889 1872 1889 1589 1389 1884 1877 1882 1883 1865 1885 1854 1870 1875 1871 185) 1876 1569 1872 1872 1875 1881 1865 1889 1885 1867 1885 1878 1872 1884 1877 1872 1872 1870 1875 1885 1872 1862 1872 1870 1365 1878 1883 1872 1844 XIX a Ar Studer, Bernhard, Apotheker s - ; Studer, Dr. Theophil, Professor der Zoologie Studer, Wilhelm, Apotheker 2 ; \ Tanner, G. H., Apotheker . : i T'hiessing, Dr., Redaktor . 5 ; v. Tscharner, Dr. phil. L., Stabsmajor vr. Tscharner, Oberstlieutenant . . Valentin, Professor Dr. med. Ad., Arzt Vinassa, Dr. phil., Privatdocent Volz, Wilhelm, Apotheker Wäber-Lindt, A. . i ; i Wander, Dr. phil, Chemiker i 5 Wanzenried, Sekundarlehrer in Zäziwyl v. Wattenwyl-Fischer, Rentier . 3 Hans ». Wattenwyl-v. Wattenwyl, Rentier Weber, Dr. Hans, Arzt : . Weber, Dr. phil., Apotheker Weingart, J. Sekundarlehrer ; ; : £ Werder, D., Sekr. der eidg. 'Telegraphen-Direktion v. Werdt, von Toffen, Grossrath . Wolf, Dr. R., Professor in Zürich IVyss, Dr. G., Buchdrucker : ; * Wyss, R., Sekundarlehrer in Basel .. Wyttenbach-Fischer, Dr., Arzt . a . de Zehnder, Margq., Ingenieur . Ziegler, Dr. med, = eidg. Oberfeldarzt Zumstein, Dr. med. J. J. in Marburg Zwicky, Lehrer am Saale Gymnasium 8 [> co Br IV o u ers) RS TER He Ha Ne) oO o SU ge) oO oO 1 | I 1 1: te l 1 | | | 1 l | 1 | 1 | | 1 1 | | | | l | 1 TUCH oO [0 Es Wer} . Im Jahre 1889 ausgetreten: Füeter, Paul, Apotheker in Burgdorf i ; Haller, R. Friedrich, Buchdrucker Seiler, F., Apotheker . ; i Im Jahre 1889 verstorben: Curchod, internationaler Telegraphen-Direktor . Marti, Dr. med. Ad., Arzt : ; Perrenoud, Professor Dr. P., Staatsaj Yotlieker Scherz, Oberst J., Verwalter des Faseleprlals Trächsel, Protessor Dr. Zgraggen, Dr., Arzt in Köniz Correspondirende Mitglieder: Biermer, Dr., Professor in Breslau . .„ Guster, DE, ın. Aarau . : i 3. Flesch, Dr. M., Arzt in Frankfurt Flückiger, = Professor, Strassburg . Gasser, Dr. E., Professor der Sue in Marburg Eintritts- Jahr. 1871 1568 1877 1882 1867 1874 1378 1872 1884 1887 1364 1365 1867 1548 1877 1872 1888 1875 1576 1887 1559 1887 1889 1872 1854 1859 1885 1856 1878 1872 1878 1575 1357 1868 xX Eintritts- Jahr. . Gelpke, Otto, Ingenieur in Luzern . : , ; i 1867 =.Grdf, Lehrer in St. Gallen . , ; i : y 1858 . Grützner, Dr. A., Professor in Tübingen : : ; ; 1881 9. Hiepe, Dr. Wilhelm, in Birmingham . ; : ; : 1874 Imfeld, Xaver, Topograph in Hottingen ; : : ; 1880 Krebs, Gymnasiallehrer in Winterthur i : : - 1864 Landaolf, Dr..ın Chili , ; ; : 3 . : i 1881 Lang, Dr. & Professor, Zürich . f i j ; ; 1876 Leonhard, Dr., Veterinär in Frankfurt i ; ; ; 1570 Liehtheim, Professor in Königsberg . . ; i i 1881 Lindt, Dr. Otto, Apotheker in Aarau . . : : ; 1366 Metzdorf, Dr. Professor der Vet.-Sch. in Proskau \ i 1870 . Mousson, Dr., Professor der Physik in Zürich . ; i 1529 . Petri, Dr. Ed., Professor der Geographie in St. Petersburg 1853 . Pütz, Dr. H., Professor der Vet. Med., Halle a. Sn : 1870 . Regelsperger, "Gust., in la Rochelle ; ; : , . 1885 2, Rothenbach, aın Lehrerseminar in Küssnacht i ; i 1871 93. Rütimeyer, Dr. L., Professor in Basel . ? 3 : ; 1853 . Schiff, Dr. M., Professor in Genf ; J ; 3 i 1856 5. Wälehli, Dr. med. D. J., Buenos Ayres : : i 1875 Wild, Dr., Professor in St. Petersburg e . . k 1859 a Auszug aus der ahres-Rechnung der bernischen naturforschenden Gesellschaft —ze+ Pro 1888. ei x Einnahmen, An Jahresbeiträgen . ? \ i i { ‘ Era 1,202, > » Eintrittsgeldern . ; ; ; : . > DD. » verkauften Mittheilungen : ; ; i » 32. ! » Zinsen . ; ; i ; ; ; ; ; » 29, Beitrag der Regierung an die Kropfkarte . ; : » 450. Er, 1,835: Ausgaben. Passiv-Saldo letzter Rechnung . i : - - Fr. 90..& Mittheilungen . ; } ; . , : . ». 1,399. Sitzungen . 4 i i + : i ; » 245. Bibliothek . ; : : ; ; > i : » 6. 2 Verschiedenes . ; - . 3 ? i , » 31. Reservefond, I. Einlage . : i : 5 ; » 27. Fr. 1,335. eu,’ Dr. Albert Leuch. Erzeugung und Untersuchung einiger ebenen Curven höherer Ordnung. (Vorgetragen in der Sitzung vom 14. Januar 1888.) Ein in Bezug auf das Fundamentaldreieck Aı Az As*) in dessen Ebene beliebig gelegener Kegelschnitt p wird durch Anwendung der allgemeinsten birationalen quadratischen Transformation (Inversion, im weitern Sinne aufgefasst) **) zu einer Curve vierter Ordnung p’ mit drei Doppelpunkten in den Fundamentalpunkten. Den Tangenten von p entsprechen Kegelschnilte, welche dem Fundamentaldreieck umschrieben sind und die Curve p’ berühren. Bringt man nun alle diese Kegelschnilte mit ihren zugehörigen, den Kegelschnitt p um- hüllenden Geraden zum Schnitt, so wird eine höhere ebene Curve erzeugt als Ort der Schnittpunkte der Tangenten von p mit ihren correspondirenden Kegelschnitten. Die vorliegende Arbeit soll sich mit der Untersuchung dieser surve beschäftigen. +) 4 Jede Tangente des Kegelschnittes p liefert zwei Curvenpunkte, die zu einander invers sind oder einander entsprechen ; daraus geht hervor, dass einem beliebigen Punkte der Curve stets wieder ein Punkt derselben ent- 4, spricht. Die Curve muss sich daher selbst rs ®) Aı, As, As sind die Fundamentalpunkte, AıA2, AıAs, AsAs die Funda- mentallinien oder Axen eines ebenen Coordinatensystems; sein Einheitpunkt E werde in den Mittelpunkt des dem Fundamentaldreieck Aı As As eingeschriebenen Kreises gelegt, so dass unter den trimetrischen Coordinaten xı, xe, xs eines Punktes der Ebene speziell Dreilinien-Coordinaten zu verstehen sind. ##) Vergl. Salmon-Fiedler, Höhere ebene Curven. Art. 284. ) In anderer Ausdrucksform lautet das zu behandelnde Problem: Eine bewegliche Gerade g berühre einen festen Kegelschnitt p, man bestimme und unter- suche den Ort der Schnittpunkte der beweglichen Geraden mit ihrem entsprechenden (inversen) Kegelschnitt g'. 1 Bea entsprechen und zwar in der Weise, dass je zwei entsprechende Punkte auf einer Tangente des Kegelschnittes p liegen; die Inverse oder Transformirte unserer Curve ist also identisch mit der Original- Curve. — Die durch die Fundamentalpunkte gehenden Tangenten von p, denen Kegelschnitte entsprechen, welche in Linienpaare zerfallen, liefern ebenfalls je zwei Curvenpunkte. Von Aı aus gehen an den Kegelschnitt p die beiden Tangenten tı und tı*; der Geraden tı ent- spricht ein Kegelschnitt, welcher in das Linienpaar Az As, tı zerfällt, wobei (1' denjenigen durch Aı gehenden Strahl bedeutet, der mit Aı As denselben Winkel bildet wie tı mit Aı As, oder es ist tı? der soge- nannte inverse Strahl zu tı. Die Schnittpunkte Aı und Qı von tı mit lı" respective Aa As gehören daher der Curve an. Die Tangente tı* gibt die Curvenpunkte Aı und Qı* als Schnittpunkte von tı* mit seinem inversen Strahle tı*® und der Fundamentallinie Asa As oder Xı = 0. Der Fundamentalpunkt Aı zählt also für zwei Punkte, die Gurve geht zwei Mal durch ihn hindurch oder Aı ist ein Doppelpunkt der Curve. Analog verhält es sich mit den Fundamentalpunkten Az und As. Die Fundamentallinie Az As oder xı —= 0 kann nur die Doppel- punkte Aa, As, welche vier Punkte repräsentiren und die beiden Punkte Qı und Qı* mit der Curve gemein haben; denn angenommen, es existirte ein weiterer Schnittpunkt R, so müsste sein entsprechender Punkt R’ auf einer p- Tangente aus R liegen, auf tr oder {r*, welche reell wären, daR, wie alle Curvenpunkte, nicht im Innern von p sich gr befinden könnte, Nun entspricht aber dem Punkte R, wie jedem Punkte der Fundamentallinie xı = 0, der Fundamentalpunkt Aı, folg- lich kann RR’ keine p-Tangente sein und somit R unmöglich der Curve angehören. Die Curve lässt also mit xı = 0 höchstens sechs Schnittpunkte zu; ebenso schneidet jede der Fundamentallinien xa — x3 —= 0 die Curve in sechs Punkten, worin allfällige imaginäre Schnitt- punkte inbegriffen sind. Unsere Curve wird daher von der sechsten Ordnung sein müssen, was auch durch die folgende Betrachtung be- stäligt wird. Wenn u die Ordnungszahl einer Original-Curve ist, dann ist die Ördnungszahl ihrer Transformirten im Allgemeinen 2 u. Geht aber die Original-Curve, wie unsere zu untersuchende Curve, zwei Mal durch jeden der Fundamentalpunkte, so wird die Transformirte oder Inverse von der Ordnung 2 u — 6, weil sich die Fundamentallinien, jede doppelt gezählt, absondern und daher nicht zur Inversen gerechnet werden können. Nun soll die Inverse identisch sein mit der Original Curve, somit ist 2 u — 6 = u, woraus folgt: B—6, Die Tangenten der Curve sechster Ordnung (Cs (wie sie im Folgenden stets bezeichnet werden soll) im Doppelpunkt Aı sind die Inversen von tı und tı*, also tı" und t1*. Dem Schnittpunkt Qı der Cs mit A» As entspricht nämlich ein dem Punkte Aı unendlich naher Punkt Qı’ in bestimmter Richtung von Aı aus, nämlich so, dass wie im Allgemeinen die Strahlen Aı Qi, Aı Qı’ mit Aı As resp. Aı As gleiche Winkel einschliessen, d. h. einander entsprechen; es ist somit Aı Q1’ oder tı eine Tangente der Cs in Aı. Analog ist tı*’ die Tangente eines zweiten durch Aı gehenden Astes der Cs in Aı. Die Tangenten im Doppelpunkt Aı sind gleichzeitig Tangenten der Curve vierter Ordnung p und zwar ausser den Tangenten in Aı die einzigen, welche von Aı aus an p’ gehen; sie berühren die (4 in den Punkten Vı’ und Vı*, welche beziehungsweise den Berührungs- punkten Vı und Vı* von tı und tı* mit p entsprechen. Die Tangenten von p’ im Doppelpunkt Aı sind bekanntlich die Inversen der Geraden, welche von Aı nach den Schnittpunkten Pı, Pı* der Curve p mit Ag As gehen; würden Pı und Pı* beziehungs- weise mit Qı und Qı* zusammenfallen, so hätten p’ und Cs im gemein- schaftlichen Doppelpunkt Aı die nämlichen Tangenten. In diesem Falle fielen aber auch die Berührungspunkte Vı und Vı* resp. mit Qı und a 0ı* und daher Vi’ und Vı* mit Aı zusammen, so dass die Tangenten der Cs in Aı die einzigen von Aı aus an p’ gehenden Tangenten wären.*) Im Falle der Realität der Tangenten tı und tı*, also wenn Aı : ausserhalb des Kegelschnittes p liegt, ist Aı ein Knotenpunkt der (Cs. ;- Liegt Aı im Innern von p, so sind die Tangenten im Doppelpunkt Aı ; imaginär, d. h. Aı ist ein isolirter Punkt. Befindet sich Aı auf dem Kegelschnitt p, dann fallen die Tangenten in. Aı zusammen, d. h. Aı wird zur Spitze; die zugehörige Rückkehrtangente tı" ist die Inverse der Tangente tı des Kegelschnittes p in Aı. Im Schnittpunkte der letztern mit xı = 0 fallen Qı und Qı* zusammen und in diesem Punkte wird daher die Gs von der Fundamentallinie xı = (0 berührt. — Ana- loges gilt für die übrigen Doppelpunkte Aa und As; die Tangenten der @ in denselben sind die Inversen der respectiven Tangenten, welche von A» und As aus an den Kegelschnitt p gelegt werden können. Da die Cs sich selbst entspricht, so muss sie auch durch die vier sich selbst entsprechenden Punkte der Ebene, die Gentra E,Eı, Es, Es der dem Fundamentaldreiseit eingeschriebenen Kreise, hindurchgehen. Es seien tz und tz* die beiden von E aus an p gehenden Tangenten, dann entspricht der Geraden tr ein durch Aı, Asa, As gehender Kegel- schnitt, welcher tg in E berührt; die beiden Punkte der Cs, welche in liefert, fallen also in E zusammen, woraus folgt, dass tn eine Tan- gente der Cs in E ist. Ebenso ist tz* eine Tangente der Cs im sich selbst entsprechenden Punkte E; letzterer ist daher ein Punkt, durch welchen zwei verschiedene Aeste der Curve gehen, d. h. ein Doppel- punkt der Cs, und die Tangenten in demselben sind die von E aus an den Kegelschnitt p gehenden Tangenten ix und ip*. E ist ein Knotenpunkt oder ein isolirter Punkt der Cs, je nachdem er ausser- halb oder innerhalb des Kegelschnittes p liegt. Geht p durch E, dann wird E ein Berührungsknoten der Cs, d. h. durch E gehen zwei Aeste der Gurve, welche sich in E berühren ; die gemeinschaftliche Tangente hat, wie später für einige spezielle Gurven auch analytisch nachgewiesen wird, in E vier zusammenfallende Punkte mit der Cs gemein. Der Punkt E vertritt die Stelle von zwei Durchschnittspunkten der beiden „ sich in ihm berührenden Aeste, d. h. von zwei Doppelpunkten der (se; derselbe kann als Vereinigung zweier Knotenpunkte angesehen. werden. Im Berührungsknoten berühren sich die vier Curven p, p', Cs und der Kegelschnitt tm. *) Weiteres hierüber folgt im zweiten, spezielleren Theile dieser Schrift. Se Dasselbe gilt für die Punkte Eı, Ee und Es. — Die Cs kann nicht mehr als die sieben Doppelpunkte Aı, Az, As, E, Eı, Ee, Es besitzen, denn gesetzt, es würde noch irgend ein Doppelpunkt D existiren, so müsste sein inverser Punkt D’ ebenfalls ein Doppelpunkt der Cs sein und die Gerade DD’ hätte alsdann mehr als sechs Punkte mit der Cs gemein. Im allgemeinsten Falle (bei der allgemeinsten Lage von p gegen- über dem Fundamentaldreieck) besitzt daher die Cs sieben Doppel- punkte und keine Spitzen und hat somit die folgenden Plücker’schen Charaktere: Ördnungszahl u = 6, Zahl der Doppelpunkte d = 17, Zahl der Spilzen x = (0, Klassenzahll »—= u (u -— N) — 206 — 3x —=A1b, Zahl der Inflexionstangenten = 3 u (u — 2) — 656 — Sx—= 30. 1 B a « _« Doppeltangenten = — gi [ — u) vu — 9) -+2 | — 0, Enthält p einen der Punkte E, dann ist für de & d — 8. 8 « zwei « « « « « « « « Ö se 9, « « drei « « « « « « « « Ö ng 10. « « sämmtliche vier « « Ürerney.e ae, = Tl. Da 10 die Maximalzahl der Doppelpunkte einer Curve sechster Ordnung ist, so müsste letztere nothwendigerweise zerfallen, wenn p durch alle vier Punkte E ginge. Da die Cs zu sich selbst invers ist, so entspricht einem gemein- samen Punkte von p und Cs ein gemeinsamer Punkt von p und Cs. p’ und Cs schneiden sich in 4 X 6 = 2% Punkten, unter denen sich die Fundamentalpunkte, und zwar jeder vierfach gezählt, befinden. Sieht man daher von den zwölf letzteren ab, so bleiben zwölf gemeinsame Punkte von p’ und (, übrig, welche die Inversen zu den zwölf gemein- samen Punkten von p und Cs repräsentiren. Nun können niemals Punkte der Cs innerhalb p liegen; ist daher S ein gemeinsamer Punkt von p und Ce, so kann in S die Cs den Kegelschnitt p nicht schneiden, muss ihn also berühren und in Folge dessen berührt Cs die Curve p’ in S’, dem Inversen zu $S. Von den zwölf gemeinsamen Punkten der *s und p müssen also je zwei zusammenfallen, so dass demnach p von der Cs sechs Mal und ebenso oft p’ von der Cs berührt wird. Die Gerade SS’ ist die Tangente an p in S, ihr correspondirender Kegel- schnitt Ca* geht durch $ und $’ und berührt die Curve p in S'; (* 6. —= und p haben also in $’ die nämliche Tangente, welche im Allgemeinen nicht mit SS’ zusammen- fallen wird. Da eine Gerade g nur dann ihren entsprechenden Kegelschnitt g’ berühren kann, wenn g und folglich auch g’ durch E; (i=0,1,2,3) gehen, so wird auch SS’ nur dann ihren ent- sprechenden Kegelschnitt (e* berühren, wenn S und mithin auch $ mit E; zusammenfallen; in letzterem Falle ist dann SS’ eine gemeinschaft- liche Tangente von p und p’ (auch von (e* und (%) mit dem gemeinschaftlichen Berührungspunkt E;. Im Allgemeinen wird demnach SS’ keine gemein- schaftliche Tangente sein. Es gibt nun sechs Punkte S und, da jeder einen einzigen ent- sprechenden S’ auf Cs hat, auch sechs Linien SS’. Diese Linien sind solche Tangenten von p, deren entsprechende Kegelschnitte sie in ihren Berührungspunkten S schneiden und gleichzeitig p’ und Ce in den Punkten $’ berühren. Den zwölf gemeinschaftlichen Tangenten von p und p }) ent- sprechen Kegelschnitte, welche p’ und p gleichzeitig berühren. Die Cs schneidet den dem Fundamentaldreieck umschriebenen Kreis K in zwölf Punkten, unter denen die Fundamentalpunkte sich befinden, und zwar jeder zwei Schnittpunkte repräsentirend. Ausser Aı, Ag, As existiren also noch sechs Schnittpunkte von K und Ges; ihre Inversen, welche auch der Cs angehören, sind unendlich fern, sie stellen daher die sechs unendlich fernen Punkte der Cs vor. Ist X ein solcher Schnittpunkt von Cs und K, so gibt diejenige von X aus an p gehende Tangente, welche parallel zur Inversen von AıX *) ist, die Richtung xx nach dem unendlich fernen Punkt x an. X ist eine D-" Tangente, welche ihren ontsprechenden Kegelschnitt, inXu. X schneidet; der Kegelschnitt wird also eine Hyperbel und die Gerade xx eine Parallele zu einer ihrer Asymptoten sein, oder er ist eine Parabel und XX’ eine Parallele zu ihrer Axe; dieser letztere Fall tritt nur dann an ein, wenn XX’ zugleich eine Tangente des Kreises K und zwar die- jenige im Punkte X ist. Der unendlich ferne Punkt X’ der Ce ist 7) p ist von der zweiten, p’ von der sechsten Klasse. #) oder AsX, oder AsX. an ein unendlich ferner Punkt der Hyperbel, respective der unendlich ferne Punkt der Parabel, welche der Geraden XX’ entspricht. Die Tangente der Cs in X’, also eine Asymptote der Cs, ist parallel XX', also parallel der zu X’ gehörigen Asymptote der Hyperbel, respective parallel zur Axe der Parabel, welche XX’ entspricht. Würde XX zugleich die Cs in X berühren, so hätten die Hyperbel und Cs eine gemeinschaftliche Asymptote; im andern Falle, in welchem die Inverse von XX’ eine Parabel ist, würden die Parabel und die Cs sich im gemeinschaftlichen unendlich fernen Punkt X” berühren, d. h. die ® unendlich ferne Gerade wäre die Tangente der Cs in X. on Wenn der Inverse X’ eines Schnittpunktes X einer p-Tangente on {x mit dem Kreise K auf tx liegt, dann ist X’ ein unendlich ferner n A, N Punkt der Cs und tx gibt die Richtung nach demselben an. Es gibt sechs x solche Tangenten ix, von denen je zwei imaginär sein können. Jedes Mal, wenn der Kegel- schnitt p eine der sechs Seiten des vollständigen Vierecks E Eı E2 E3 berührt, vermindert sich die Ord- nungszahl der Cs um eine Einheit; denn ist z. B. die Linie Ea Es oder Y x2 + X —= 0 eine Tangente von D, 4 dann gehören alle Punkte dieser Linie, da sie sich selbst entspricht, der Ce an, es sondert sich daher \2 + x3 = 0 als Theil ab und der Rest ist eine Curve fünfter Ordnung. Es können höchstens vier der Linien E;Ex, von denen keine drei durch einen Punkt gehen, von p berührt werden; tritt dieser Fall ein, so reduzirt sich die Cs auf eine Ce, welche in ein Linienpaar zerfällt. Ist beispielsweise p eine Ellipse, welche die Linien x2 + x; —= 0 und xı = xs = 0 zu Tangenten hat, dann zerfällt Cs in diese vier Linien und eine (2 mit dem Doppelpunkt As, also ein Linienpaar durch As und zwar ist es das Paar der von As aus an die Ellipse p gehenden Tangenten ; letztere sind zu einander invers. Bezeichnen Is und 1s’ diese beiden Tangenten, so bilden die übrigen Tangenten des Kegelschnittes p auf {3 und 13° zwei projektivische Punktreihen, deren Erzeugniss, d. h. die Enveloppe der Verbindungslinien entsprechender Punkte beider Reihen, der Kegelschnitt p ist. en Die Konstruktion der Cs ist sehr einfach, man hat nur mehr- mals die Schnittpunkte einer Geraden mit einem durch fünf Elemente bestimmten Kegelschnitt zu bestimmen. Von jedem einer p- Tangente entsprechenden Kegelschnitt kennt man die Tangenten in den Funda- mentalpunkten. Bezeichnen nämlich Bi, Be, Bs die Schnittpunkte irgend einer p-Tangente t mit den Fundamentallinien xı = 0, x2 = (0, .X5 = 0, So sind die Inversen zu Aı Bi, A2eB2, AsBs die respectiven Tangenten des Kegelschnittes ( in den Fundamental- punkten Aı, Ag, As. Zur Konstruktion der gemeinsamen Punkte von t und l genügen für Ü die Punkte Aı, As, As und die Tangenten in zwei derselben. Unter den den p- Tangenten entsprechenden Kegelschnitlen gibt es im Allgemeinen sechs Linienpaare, dieselben sind reell, wenn p die Fundamentalpunkte ausschliesst, — Ellipsen und Hyperbeln, erstere entsprechen den p-Tangenten, welche den Kreis K nicht schneiden, letztere sind die Inversen der den Kreis K schneidenden p-Tangenten, — vier Parabeln, dieselben entsprechen den gemeinschaftlichen Tangenten von p und K, — zwei gleichseitige Hyperbeln, wenn der Mittelpunkt M des Kreises K ausserhalb p liegt ®) — endlich auch einen Kreis, wenn p eine Parabel ist; in diesem Falle ist die unendlich ferne Gerade eine p- Tangente, ihr entsprechender Kegelschniti der Kreis K und die Cs enthält in Folge dessen die unendlich fernen imaginären Kreispunkte. Es ergibt sich hieraus, dass die Zahl der reellen urn- endlich fernen Punkte der Gs von der Lage des Kegelschniltes p in Bezug auf den Kreis K abhängig ist. So wird z. B. die Ge keine reellen unendlich fernen Punkte haben, wenn p den Kreis K ein- schliesst, weil in diesem Falle den p-Tangenten nur Ellipsen**) ent- sprechen können. Um zur Gleichung der Curve sechster Ordnung in Punkteovor- dinaten zu gelangen, ermitteln wir zunächst die Goordinaten (besser gesagt: die Verhältnisse der Coordinaten) eines beliebigen Punktes P;, welcher dem Kegelschnitt p angehört; dieselben werden Funktionen *) Dem Strahlenbüschel mit dem Scheitel M entspricht das Kegelschnitt- büschel mit den Grundpunkten Aı, As, As, H, wo H den Höhenschnittpunkt des Dreiecks Aı Ar As bezeichnet. Die Kegelschnitte dieses Büschels sind sämmtlich gleichseitige Hyperbeln. Durch Anwendung der Inversion (im weiteren Sinne) ist daher der Beweis des Satzes, dass jede einem Dreieck umschriebene gleichseitige Hyperbel durch den Höhenpunkt desselben geht, ausserordentlich einfach. ##) Unter diesen befindet sich auch der Kreis K, wenn p eine Parabel ist. ge eines variablen Parameters A sein. Alsdann stellt man die Gleichung der p-Tangente ti im Punkte Pr auf und ersetzt hierin die Variablen x1,x2,Xs durch ihre reciproken Werthe, um die Gleichung des Kegel- schnittes t2’ zu erhalten, welcher der Tangente (2 entspricht. Eliminirt man nun zwischen den beiden Gleichungen für tz und t2’ den in den Coöfficienten derselben auftretenden Parameter A, so ergibt sich eine Gleichung, welcher die Coordinaten der Schnittpunkte sämmtlicher p-Tangenten mit ihren entsprechenden Kegelschnitten genügen, also die Gleichung unserer (se. *) Nach diesen allgemeinen Betrachtungen gehen wir nun über zur Untersuchung einiger Curven sechster Ordnung, die sich ergeben, wenn der Kegelschnitt p spezielle Lagen gegenüber dem Fundamentaldreieck annimmt. I. Der feste Kegelschnitt p sei ein Kegelschnitt, für welchen das Fundamentaldreieck ein Tripel harmonischer Pole ist, Ein Kegelschnitt, bezogen auf ein Tripel harmonischer Pole, hat die Gleichung Mer ax? tax? — a’ —l. Bezeichnen aı, ag, as positive Zahlen, dann liegt der Fundamental- punkt As innerhalb, Aı und Aa dagegen liegen ausserhalb des Kegel- schnittes p. Die Fundamentallinien sind die Polaren der Gegenecken in Bezug auf p. Die Inverse p’ von p hat die Gleichung p) eu aı Xa? x3? -- aa X = u ga; sie ist eine Curve vierter Ordnung und sechster Klasse, welche in Aı und As doppelte Inflexionsknoten besitzt und für welche As ein isolirter Punkt ist. Da die von Aı aus an den Kegelschnitt p gehenden Tan- *) Da zwei zu einander inverse Punkte der Ebene die Brennpunkte eines Kegelschnittes sind, welcher die Fundamentallinieu berührt, so kann die nach- gewiesene Curve sechster Ordnung auch betrachtet werden als Ort der Brennpunkte derjenigen die Fundamentallinien berührenden Kegelschnitte, deren Axen eine feste Curve zweiten Grades umhüllen. RAmenDen! Pete ee En EEE RENTNER TE RETTET IE nei le genten denselben in seinen Schnittpunkten mit xı — 0 berühren, so sind die Inversen dieser Tangenten, d. h. die Tangenten der Cı (p)) im Doppelpunkt Aı zugleich Inflexionstangenten und somit Aı ein doppelter Inflexionsknoten. Diess wird durch Rechnung bestätigt, indem man zeigt, dass jede dieser Tangenten mit der C4 in Aı vier zusammenfallende Punkte (drei mit dem einen Aste, einen mit dem andern) gemein hat. Analoges findet für As statt. p’ hat zwei reelle, unendlich ferne Punkte, dieselben entsprechen den zwei Schnittpunkten von p mit dem Kreise K. Die Asymptoten der (4 lassen sich, wie überhaupt sämmtliche Tangenten derselben, leicht konstruiren; be- zeichnet X einen gemeinsamen Punkt von. p und K, so hat man nur zu berücksichtigen, dass der Tangente im Punkte X’ oder einer e Asymptote der C4 derjenige Kegelschnitt entspricht, welcher durch Aı, Ag, As, X geht und den Kegelschnitt p in X berührt. Um nun die Gleichung der (Cs, welche im vorliegenden Falle entsteht, abzuleiten, suchen wir zunächst die Coordinaten eines be- liebigen Punktes von p und bestimmen die sleichung der Tangente von p in diesem Punkt. Wir legen zu diesem Zwecke durch Aı einen beliebigen Strahl X2 X3 derselbe schneidet p in zwei Punkten, für welche man hat: 5 / o MN Karıe: X2 a -- a a UV ondd ee X3 X3 X3 eh: Berücksichtigen wir nur das pos. Zeichen der Wurzel, so haben wir für die Coordinaten eines Punktes Pı auf p: Bu re Bezeichnet F die linke Seite der Gleichung von p, so haben die ersten partiellen Differentialquotienten von F in Bezug auf xı, xe, xs die Werthe: Bi — 2a 5 Bb == 9; BE —- — Dass demnach lautet die Gleichung der Tangente von p in Pr: (Fila. xı + (Fa. x + (Fa. x = 0 oder DW); V aı (aa — a2 A?) . Xı -H Aelxe — Ask — (0 ’ ee Der Tangente t, entspricht der Kegelschnitt u) V aı (aa — a2 A?) . Xaxs + adlıyz — au = 0. Betrachtet man A als einen variablen Parameter, so repräsentirt die Gleichung für t2 sämmtliche geraden Linien, welche p umhüllen und die Gleichung von 1 sämmtliche Kegelschnitte, welche dem Fundamentaldreieck umschrieben sind und die Curve p berühren. Eliminirt man endlich zwischen diesen beiden Gleichungen den Para- meter A, so erhält man die Gleichung des Ortes der Schnittpunkte aller Geraden t2 mit ihren inversen Kegelschnitten. Durch Elimination der Anfangsglieder folgt zunächst: has(Xı?.— 22?) ıx3 = asxe (Xı? — X?) asxa(Xı? — X5?) agxg(Xı? — X2?) Setzt man diesen Werth von A in die quadrirte Gleichung von t4 "ar(a3 — a2A?) . xı? = (A3X5 — ashxe)” ein, so ergibt sich: a3?x2?(xı? Ns) & asxa?(xı? — x ı]° BE ne re —- |. X17 = | a3X3 — = 5 a2X3(Xı" - ee | oder nach gehöriger Reduktion Cs) 1.) a2asxı? . (X? — xs?)? + azaıx2?(x3?-— X1?)?— Aa2X3?(Xı’— N, welche Gleichung unsere Cs repräsentirt. Zur Untersuchung der Cs übergehend, bestimmen wir zuerst ihre Sehnittpunkte mit den Coordinatenaxen. Substituiren wir in (I) xı = 0, so kommt x2?x3? (a3X3? — 22 x2?) = 0, woraus folgt X Eee 0, Vaz.xe + Va. — 0,Va. en Va. Bel), d.h. die Schnittpunkte der Fundamentallinie xı = 0 mit der (es sind die Doppelpunkte A» und As und die Punkte, in denen xı = 0 den Kegelschnitt p schneidet; die letztern fallen zusammen mit den Punkten Qı und Qı*, in welchen die von Aı aus an den Kegelschnitt p gehenden Tangenten die Fundamentallinie xı = 0 schneiden. Die zwei letzten sleichungen stellen die p-Tangenten AıQı und AıQı* vor. (Tafel I.) le Analog ergiebt sich, dass Aı \ ı) ein Doppelpunkt und x 0 ) ol .xı —- \as u .) 02% m x — Va. a ,) wu Sl ln xı-H Var. u = 5 „05° (m X — iVas oe s a, einfache Punkte der Cs sind. Qe, Q»* sind die Schnittpunkte von \2 == (0 mit p oder mit den von As ausgehenden p-Tangenten, und Qs, Q5*, welche imaginär sind, stellen die Schnittpunkte von x3 — 0 mit p oder mit den von As ausgehenden p-Tangenten vor. Die Gleichung (I) ist ferner erfüllt für die Coordinaten der Punkte E, Eı, Es, Es; diese Punkte ergeben sich als Schnittpunkte der Cs mit den sechs Geraden ve bve=-l,uts-l, uno. Substituiren wir in (I) x + xs = 0, so folgt: asX3?(X3? — X1?)? — a2xXs?(xı? — x?) —= 0 oder x3? (Xi? — 89) = 0 und daraus s—=0, (u +8)? —=0,(Xı — %)? —= (0. Diese Gleichungen drücken aus, dass die Schnittpunkte Aı, E, Eı, Es, Es der Linien x2 — X3=0 , x2 -+x3 = 0 mit der Cs Doppelpunkte der letztern sind. Um die Tangenten der Gs in den bekannten Punkten zu bestim- men resp. ihre Gleichungen aufzustellen, sind die Differentialquotienten der Funktion u *) nach xı, xe, xs3 erforderlich. Es ist 1 = 2a793X1 (X2? — X3?)” — Aasaıx2?(x3? — Xı?)xı — MasaaXıX3?(X1? — Xa?) U2 — hagasXı?xa(X2? — x3?) -H 2asaıXa(X3? — Xı?)? + haraaxax?s (x? — x2?) Us —= — 4a2a3X1”X3(X2? — X3?) | kasaıx2?xs(X8?—Xı ?) — 2a1a2x3(Xı— xa?)? un = 2a2a3(x2? — X3?)? — Yasaıxa?(x3? — 3x1?) — karaaxs?(3xı? — x2?) 2 = 8agasxıX2(X2? — 3”) — 8asaıxıXa(X3? — X1?) 4 Baraaxaxa? Us = — 84293X1%3 (X2? — x3?) — Basar xıX2?xs — 8araexıxs(xı? — xa?) use — lazasxı?(3x2? — x3?) +- 2asaı(xs? — xı?)? 4 Karaexs?(xı? — 3x2?) 123 = — 8a2asxı?x3 —- 8asarxexs(xs? — Xı?) 4 Baraexexs(Xı? — xe?) Us3 — — Aazasxı?(X2? — 3x3?) -H- kasaıx2?(3x3? — xı?) — Qaraz(Xı?— xa?)? Das Tangentenpaar in einem Doppelpunkte der Curve u = 0 wird nun repräsentirt durch die Gleichung WıXı? + UneXa? + UssX5? -F Zuesxexs + 2nsxıxs + YQuioxıxe = 0, wenn X1,X2, X3 die laufenden Coordinaten bedeuten und in die Ausdrücke für u, ue2, Uss, Ues, Us, U die Coordinaten des Doppelpunktes substituirt werden. Für den Doppelpunkt Aı B 7 0) ist el a: Hi — 0 9 u ==U „o.. U18 II #») u = 0 bedeutet die Gleichung der C;. u: eg U — 23aıXı? , 0, us = — 2aıaxı? ; *) somit lautet die Gleichung des Tangentenpaares in A: asX27 — 3X == (0: oder (Vas . xa + Va x). (Vas. x — Va x) = 0. Hieraus sieht man, dass die Tangenten im Doppelpunkt Aı die resp. Inversen der p - Tangenten aus Aı sind. Ganz dieselben Tangenten hat die Curve p’ im Doppelpunkt Aı, was auch schon aus dem Um- stande folgt, dass AıQı und AıQı* den Kegelschnitt p in Qı resp. Qı* berühren. — Um zu untersuchen, von welcher Art der Doppelpunkt Aı ist, bestimmen wir die Schnittpunkte der Tangenten asx2? — agxs?— 0) ; be . r mit. der Ge. xa° = zen (I) substituirt, gibt: d3 S 2 2 2 9 a2 P 9 9 a2 a2asXı 2 (w — w) -Faı ans mr “:) FE nat ist) ==() a3 a3 ae oder st. + a2 — 38) xı? en ; | —U: 3 xt —= 0 sagt aus, dass in Aı vier Schnittpunkte zusammenfallen ; jede der Tangenten in Aı hat also in Aı vier zusammenfallende Punkte mit der (s gemein (mit einem Aste drei, mit dem andern einen), ist daher Inflexionstangente und der Punkt Aı ein doppelter Inflexions- knoten, wie bei der Curve p‘. Für Aa & = ” ist un = 2900 us = 0; us =0 0 ‚us — 0; Us — 2 aa. Die Tangenten der Cs im Doppelpunkt Aa haben daher die Gleichungen u22 IX? — axsı ei oder Vas . su + Va.n—=0, Vas . xı ur Ru N); dieselben stimmen überein mit den Gleichungen der Inversen der p-Tangenten aus Aa. Die Tangenten der Cs in A2 sind also identisch mit den Tangenten der C«4 in As; sie sind für beide Curven Inflexions- tangenten und As ist somit auch, wie Aı, ein doppelter Inflexions- knoten für p und Cs. *) Hier bedeutet xı eine Constante, nämlich die erste Coordinate von Aı, also das zu AsAs gehörige Höhenperpendikel des Dreiecks AıA»As, wenn der Radius des dem letztern eingeschriebenen Kreises gleich der Einheit ist. a Endlich erhält man für die Tangenten der Gs im: Doppelpunkt As: a2xı? — aixe? — 0 oder Vas .xı + iya.x — 0 ‚Va .xı ia .z6 — N: As ist also ein Doppelpunkt mit imaginären Tangenten, d.h. ein isolirter Punkt der Ce. Die Punkte E, Eı, E2, Es sind, wie schon gezeigt worden, eben- falls Doppelpunkte der Cs; diess wird dadurch bestätigt, dass für dieselben die Ausdrücke un, us, us verschwinden. Ferner ist für a E ==1): we um —= 84(d3 — 22) ;-Uıe = 8aıa2 ; Us — — 8a1as we — 8a2(a — a) ; ss = — 823 ; us3 —= 8a5(aı 4 ae). Das Tangentenpaar im Doppelpunkt E hat demnach die Gleichung au(aa — a2). Xı? + 32(8 — ar). Xe? + aslaı + ae). xs? —- 2a1a2Xıxa — 2aıasXıXa — 2a2asX2xs — 0. Dasselbe stimmt überein mit dem von E aus an den Kegelschnitt p gehenden Tangentenpaare, denn die Gleichung desselben lautet: (aıxı? + a2xa? — a3X5?) (at 4 a2 — 35) — (aXı 4 2x2 — AsXs)” oder aı (a3 — a2)Xı? —- a2(as — Ar) X2? -F- as(aı -F a2)xs? —+- 2a1a2Xıxa — 2Qa1asXıxa — 2a2asXaXs — |. Je nachdem E ausserhalb oder innerhalb des Kegelschnittes p liegt, sind die Tangenten in E reell oder imaginär und E ist daher ein Knotenpunkt oder ein isolirter Punkt der Cs. Analog verhält es sich mit den Punkten Eı, Es, Es. Enthält der Kegelschnitt p einen der vier Punkte E, Eı, Ee, E,, dann muss er alle enthalten, weil für sämmtliche vier Punkte aı -- aa — a = 0 sein muss; in diesem Falle ist p eine gleichseitige Hyperbel. Die Punkte E, Eı, Es, Es liegen sämmtlich entweder ausserhalb oder inner- halb des Kegelschnittes p oder alle auf demselben und zwar ausserhalb, wenn aa < aı + ag innerhalb, wenn a > aı + & auf p, ven a —=a- 3. Een eo Für die Punkte Qı und Q1* ist x = 0, xe? — 7, 9%, daher un = 2 as a3 5 a3 m. == 23541 Vena) 8) = — zum. x3? a2 a2 a2 2 2 2 A1a3 R A1az e PARTIEN: X? — 2 .X8? = —— x’, a2 a2 a2 us —4 Die Tangenten in diesen Punkten haben daher die Gleichungen a3 a3 +/ 2 — — ul oder a2 a2 Var . xa A Va. —=0, also Gleichung von tq : as x + Va. — 0 « Cetge Var.xe — Vas.xs öl Die Tangenten der Cs in Qı und Qı* sind also identisch mit den p- Tangenten in jenen Punkten. +) Ebenso findet man, dass die von As resp. As ausgehenden p-Tangenten A202, A2Q2*; AsQs, AsQs* die Tangenten der Cs in Q2, Q2*; Qs, Qs* sind; die zwei letzteren Tan- genten sind natürlich, sowie ihre Berührungspunkte Qs, Qs*, imaginär. Die Ge und der Kegelschnitt p berühren sich in den sechs Punkten Q (wovon zwei imaginär sind), und da sie im Allgemeinen nur zwölf gemeinsame Punkte haben können, so existiren keine weiteren gemeinsamen Punkte. Demnach werden auch die Cs und p’ nur die Fundamentalpunkte Aı, A», As gemein haben; in der That liefert in A; jeder Ast der C4 mit den beiden Aesten der Cs 1 +3=4 Schnittpunkte, es zählt also jeder Fundamentalpunkt für acht Schnitt- punkte, sämmtliche Schnittpunkte von p’ und Cs liegen daher in den Fundamentalpunkten. Da AıQı, AıQı*; A2Q2, A2Q>* die Cs in den resp. Punkten Qı, Qı*; 02, Q2* berühren, so folgt, dass ihre Inversen, d. h. die Tangenten der Cs in den Doppelpunkten Aı und As Inflexionstangenten sein müssen ; dasselbe Resultat hat früher schon die Rechnung ergeben. Die Cs hat sechs unendlich ferne Punkte, von denen entweder vier reell und zwei imaginär oder gar keine reell sind. Die Curve besitzt vier reelle unendlich ferne Punkte und besteht daher aus vier ins Unendliche gehenden Zweigen (siehe Tafel 1, Fig. 1), wenn a3 < aı —- a2, also sämmtliche E; Knotenpunkte sind. Die Cs schneidet den dem Fundamentaldreieck umschriebenen Kreis K ausser Aı, Aa, As in vier Punkten Xı, Yı, Zi, Wı, denen die unendlich fernen Punkte der Cs entsprechen. Die p-Tangenten XıXı', YıYı', ZuZr, WıWı geben die Richtungen an, nach welchen die Cs ins Unendliche geht, und die zu ihnen parallelen Tangenten der Cs in Xı’, Yı', Zu’, Wi’ 7) Dieses Resultat liess sich erwarten, denn wenn die Cs diejenigen Punkte enthält, in welchen xı = 0 den Kegelschnitt p schneidet, so muss in jenen Punkten p von Cs berührt werden, da keine Punkte der Cs im Innern von p liegen können. Zur ll sind die Asymptoten der Curve. XıXı , YıYı , ZZ, WıWı sind die von Xı, Yı, Z1, Wı aus an den Kegelschnitt p gehenden Tangenten, welche parallel zu den resp. Inversen von AıXı, AıYı, Aızı, AıWı sind; sie stellen diejenigen p-Tangenten vor, welche sich mit ihren > inversen Hyperbeln in je einem unendlich fernen Punkte schneiden, welche also parallel sind zu je einer Asymptote der ihnen entsprechen- den Hyperbeln. — Die Cs entspricht in der Weise sich selbst, dass dem Stück EAıZı’Eı das Stück EQ1*ZıEı ® = & « « EAsWı Es « « EQs*WiEs2 oo « « EıiAaYıEs « « EıQeYı Es und oo « « BeAıkıEs « « EsQıXı’Es entspricht. Jeder der vier Zweige entspricht sich also selbst. Von der Cs liegen gar keine Punkte im Unendlichen, wenn a3 > &aı + a2, also sämmtliche E isolirte Punkte sind (Tafel II, Fig. 1). Die Cs besteht in diesem Falle aus zwei geschlossenen, mit doppeltem Inflexionsknoten versehenen Curven, von denen die eine in Qı und Qı*, die andere in Q2 und Q>* den Kegelschnitt p berührt. Dem Curven- stück QıPAsRQı* entspricht das Stück AıP’QzR’Aı der andern Curve und dem Stück Qı1*TA2Qı entspricht Aı T'Qs*A:. In beiden Fällen sind die Plücker’schen Charaktere der (s, wie im allgemeinsten Falle: a, N N N ur, Wenn a2 —= as, dann wird der Kegelschnitt p (eine Hyperbel) von den Linien xx — xs = 0 und xe + xs = 0 in ihren Schnitt- punkten mit xı = 0 berührt, es müssen daher AıEı und Aılka der Cs als Theile angehören. Die Gleichungen von p und Cs lauten: Di. ea Pa neh Cs) . asXı?(X2? — x3?)” + arXa?(Xs? — X1?)? — aıxs?(xı? — X)? —= 0. Letztere kann umgeformt werden, wie folgt: asXı"(X2? — X8°)” —- aı | xı%.(xe® — xX3?) — X2?x3?(x2? — x?) | = UV oder (X? — x3?) .[asxı?(xe* — x3?) -- au(xıt — x2?xa?) | et, ae Es sondern sich also in der That die Faktoren xe + xs und x2 — xs ab, die Cs zerfällt somit in x — x = 0, x + x = 0 und die Curve vierter Ordnung: : | AıXı* — ArXa?xs? — asXı?xa? —- a3X1?x2? — 0 oder ” | xı"(A1Xı” — 28x32) 4 X2?(asXı? — a1x3?) — 0. ‚Die Cs enthält die Punkte Ag, As, E, Eı, E>, Es, jedoch sind nur A» und As Doppelpunkte der Cı. Ferner geht sie durch die Schnitt- punkte Qe, Q2* und Qs, Qs* (die zwei letzteren sind imaginär) der Hyperbel p mit xe =0 resp. xs = 0) und wird, wie die Hyperbel, von A202 und A2Q2* in Q2 resp. Qe* berührt. Die Tangenten der Cu in Aa sind die Inversen von As0> und A20s*, ihre Gleichungen lauten: Va. xa + Va. xl; Vai. X — Vas .Xx = 0; da jede von ihnen mit der C« in Ag vier Punkte gemein hat, so sind sie zugleich Inflexionstangenten und As ist ein doppelter Inflexionsknoten. Der Fundamentalpunkt As ist ein isolirter Punkt der Ca. (Tafel II, Fig. 2) Für das Tangentenpaar der Cs in E ergibt sich: (x2 — x3) 5 [2axı + (as — 1) .X2 — (a3 — au)xs | =; 0, daher repräsentirt die Gleichung 21x + (de Ee (a3 + De) die Tangente der Cs in E, dieselbe stimmt überein mit der von E aus an die Hyperbel p gehenden Tangente, welche nicht mit AıEı zusammenfällt. Ebenso sind die Tangenten der C4 in Eı, Ea, Es die von diesen Punkten ausgehenden Hyperbeltangenten, welche nicht mit AıEı oder AıE2 zusammenfallen. — Die Cs hat zwei reelle unendlich ferne Punkte und besteht daher aus zwei ins Unendliche gehenden Zweigen. Die Plücker’schen Charaktere der Ci lauten : Mel — Kl 8 ı - 9 SS ’ Wenn aı = a2 — as, dann ist p die Hyperbel Kir m ed, mddaxe w=0undxı + —= 0 die Tangenten derselben KK — 282) + X (m? — 9) — 0..0der Ru? -— 2). (+ 222). — 90. Die im vorliegenden Falle entstehende Cs lautet daher: (Kar X) (a X) > = He sie besteht aus den Linien AıEı, AıEa; AsEı, AgE2 und den imaginären Geraden, welche As mit den (imaginären) Schnittpunkten von p mit Sieht man von den erstern ab, so reducirt sich x: — 0 verbinden. die Cs auf das Linienpaar x + ie = 0, u — a 05 da dasselbe imaginär ist, so werden die Hyperbeltangenten die ihnen entsprechenden Kegelschnitte niemals reell schneiden. Es bleibt nun noch der besonders interessante Fall zu behandeln übrig, in welchem eine durch E, Eı, Es, Es gehende gleichseitige ’ ’ ’ ’ = — a + 3 ist. Hyperbel vorstellt ; derselbe tritt ein, wenn a3 —= Die Gleichung der gleichseitigen Hyperbel p lautet: BR: a aka er + 2). — I. Ihr entspricht die Curve vierter Ordnung: De ee nn asxı?x3? — (aı + a)xı?z2? — 0 und die (Cs hat die Gleichung: 6) a2(aı 4 a2) . xı?(z2” — x3?)’ + aa + aa)xa?(xs” — )® Bee se — Alle drei Curven p, p’ und Ce gehen durch E, Eı, Es, Es und haben in jedem dieser Punkte die nämliche Tangente. Die Gleichungen der vier gemeinschaftlichen Tangenten lauten: 0) aıXı -- 2» (a -H pe tr.) a1ıXı — daxe 4 (aı # 2) — 0 tm.) 4X — are — (a4 2) = 0 tr) axı — aax2 -- (aı + 2»)x; = 0 Die Cs berührt also p nicht nur in 01, 017, 08, 0s*, Qs, Qs*, sondern auch noch in E, Eı, Es, Es. (Tafel 11.) Wenn aber Cs und so ınüssen sämmtliche p mehr als zwölf gemeinsame Punkte haben, Hyperbelpunkte der Cs angehören, d. h. die Hyperbel p bildet einen Theil der Cs, welche zerfällt. Enthält aber die Cs sämmtliche Punkte d.h. die Punkte von p’ nothwendiger- weise ebenfalls der Cs angehören; es bildet also auch die Curve p’ Im vorliegenden Falle zerfällt demnach die Curve von p, so müssen ihre Inversen einen Theil der (s. sechster Ordnung in die gleichseitige Hyperbel p und die ihr ent- sprechende Curve vierter Ordnung p. Diess zeigt auch die Gleichung der Cs, dieselbe kann nämlich in folgender Form geschrieben werden: [axı?-Ha2x2’—(aı -H-a2)xs? |- | AıXa?x 3” | -AaX1 RB — (a1 -+as)xı’xe? |—0. 0 Während im allgemeinsten Falle die Verbindungslinie ent- sprechender Punkte der Cs den Kegelschnitt p umhüllen, so liegen hier zwei entsprechende Punkte der Ce, von denen der eine stets der Hyperbel p, der andere der Curve p’ angehören muss, auf der p- Tangente im ersten der beiden Punkte. Der entsprechende Kegel- schnitt einer jeden Hyperbel-Tangente schneidet die letztere in ihrem Berührungspunkte und der Ort des zweiten Schnittpunktes ist die Ca, welche zur Hyperbel invers ist. Der inverse Punkt P’ eines Hyperbel- punktes P liegt auf der zu P gehörigen Hyperbel-' Tangente. Die Cs hat vier reelle unendlich ferne Punkte, da die Hyperbel und die C4 (p’) je zwei besitzen; sie entsprechen den Punkten, in denen der Kreis K die Curven p und p trifft. Die unendlich fernen Punkte der Cs sind die Inversen der Schnittpunkie X und Y von K mit p, und die unendlich fernen Punkte der Hyperbel p entsprechen den gemeinsamen Punkten Z und W von K und p’ (siehe Tafel un. Nun muss nach Vorigem XXX die Tangente der Hyperbel in X Yy N . « « « « « y r oo VNRER: « « « « A [07 WW « « « R « w sein, {vo} es sind daher IL und W se diie Asymptoten der Hy perbel. Der Tangente der C4 in x (Asymalaie der (4) entspricht ein Kegelschnitt, welcher durch Aı, Ag, As, X geht und die Hyperbel in X berührt (XX ist die en Hesselban in X). CGonstruirt man von demselben die T angente z.B. in Aı und zu derselben die Inverse, so geht durch den Schnitt- punkt der letztern mit AgAs, zu XX’ parallel, die erwähnte Asymptote der Cs. Analog kann die andere Asymptote der C4, die Tangente den C; in Y’, construirt werden, & Man kann die Cs ae a eine aus den vier Zweigen: XAEAY a. EıWAs EsAıZEsX LE: XBYELW’ ; W 'Qe 21077 & Zusammengesetzte Curve. Der erste "Zweig berührt den dritten in E, der zweite Zweig "berührt den dritten in Eı und Es und der vierten in Es. Die Punkte E, Eı ‚Es, Es sind dann also als Berührungsknoten der Cs anzusehen. Die Tangente tr hat in E vier zusammenfallende Punkte mit der Cs gemein, nämlich zwei mit Hyperbel und der zwei ide mit der C4, welche beide Curven sich in E berühren. Analoges gilt für die Tangenten in Eı, Es und Es. *) Die Cs kann aber auch angesehen werden als Curve, welche aus den vier Zweigen besteht: Y'AıEQı*YEıY’ x AsEQs"XEaX ZQıEsA1ZEEZ w Q2EsAa WEI ıW’ Diese Auffassung entspricht ganz derjenigen bei der Gurve Cs in Fig. 1, Tafel I, wo je zwei inverse Punkte auf demselben Zweige der Cs liegen und also jeder einzelne Zweig sich selbst entspricht. Bei der hier vorliegenden Cs entspricht dem Curvenstück BAY Eı das Stück EQı*YEı; beide bilden den CurvenzweigY “ArEQı*YEıY! EAsNX’Es «0 Bosrkbai ce « « « N'AsBOrNERK EsAıZEa « « EsQıiZ’Es,; « « « « L’Q1EaAıZBaZı EsA2WEI « « Es02W’Eı; « « « « w "QsEsAsWEı W- Daraus geht hervor, dass in E die Tangente (te) der Cs für beide durch E hindurchgehende Aeste der Cs Inflexionstangente ist, sie repräsentirt also zwei zusammenfallende Inflexionstangenten,; man kann daher E als einen doppelten Inflexionsknoten ansehen, bei welchem die beiden Tangenten im Knoten zusammenfallen. Die beiden durch E gehenden Zweige der Cs berühren und durchsetzen sich in E, oder es findet zwischen den beiden Aesten in E eine Osculation statt; einen solchen Punkt nennt man einen Osculationsknoten. Derselbe kann als Vereinigung von drei Knotenpunkten betrachtet werden, d.h. er ver- tritt die Stelle von drei Doppelpunkten der Cs. Ebenso sind Eı, Ee, Es Osculationsknoten der Curve sechster Ordnung. ”*) Aus den Gleichungen der Tangenten tr, tx, Im, im in den Os- eulationsknoten ist noch folgendes Erwähnenswerthe ersichtlich : {ge und tg, schneiden sich auf xı = 0 im Punkte F {r, und t£; « « « « « «.,-Fı (Tafel IN, Fig. 2.) und F, Fı sind harmonisch conjugirt in Bezug auf Ag, As. {fg und tr, schneiden sich auf x? = 0 im Punkte G tg, und Im, « eo « « e a ung 6, Gı sind harmonisch conjugirte Punkte in Bezug auf Aı, A *) Die Cs ist zweitheilig; jeder Theil (Ca und Cs) besteht aus zwei unend- lichen Aesten, die eine zusammenhängende Öurve bilden. »#) Nach der zweiten Auffassung besteht die Os aus vier unendlichen Aesten, die nicht zusammenhängen ; sie ist also eine viertheilige Curve. tg und iz, schneiden sich uf ss = (0 mH tEı und tn, « « « « « Hı und H, Hı sind harmonisch conjugirte Punkte in Bezug auf Aı, As. Auf ip liegen die Punkte FF G H e im « « 200, Hi « te. « « « Fi, G, Hı Cenli « « Ei, @,.H Die vier Tangenten bilden also ein vollständiges Vierseit, für welches die sechs Punkte F, G, H, Fı, Gi, Hı die Ecken, die Funda- mentallinien die Diagonalen und Aı, As, As die Diagonalpunkte sind. Das vollständige Viereck EEı EsEs besitzt das nämliche Diagonal-Dreieck. Sobald eine der vier Tangenten gegeben ist, ergeben sich die übrigen sofort mit Hülfe der Punkte F, G, H. Umgekehrt folgt: Sind vier Tangenten einer gleichseiligen Hyperbel gegeben, so findet man ihre Berührungspunkte, indem man das Dreieck der Diagonalpunkte und für dieses die Punkte E, Eı, Ee, Es construirt. Der Kegelschnitt p, dessen Gleichung in Punktcoordinaten xı, x2, Xs lautet: aıxı? 4 a2x2? — asxs? = 0, hat in Liniencoordinaten &, &, & die Gleichung: azasfı? — A193? — aaa? — (. Für seinen Mittelpunkt 0 erhält man die Gleichung: a2assinAı . &ı + aıassinAe . && — arassinAz . & — 0, d. h. für die Coordinaten von 0 ist xX1:X2 !X3 — a2assinAı : A3aısinAg : — A1aasinAs. Wenn nun p eine gleichseitige Hyperbel, also aı 4 ag — a3 — 0 ist, dann liegt 0 auf dem Kreise K und zwar auf der Geraden xXı :X2 = 38iNAı : aısinAe. Im speziellen Falle aı = a2 liegt 0 auf der Inversen der Schwer- Iinie AsS *) des Fundamentaldreiecks. Für alle unendlich vielen gleichseitigen Hyperbeln, welche durch E, Eı, E2, Es gehen, befindet sich das Centrum 0 auf K. Die Geraden 0Z und OW sind die Asymptoten der gleichseitigen Hyperbel, und da dieselben aufeinander senkrecht stehen, so muss ZW ein Durchmesser von K sein. 2 *) 8 bezeichnet den Schwerpunkt des Dreiecks Aı As As. Il, Der Kegelschnitt p sei dem Fundamentaldreieck eingeschrieben, Ein dem Fundamentaldreieck eingeschriebener Kegelschnitt hat die Gleichung: 2 + Vasxs U oder 1: p) 1x1? -- a2’xa? + aBeXe: —- A dıdaxıXa — 29195X1%8 — AasasxaXs — 0. Y Die correspondirende Curve p’ ist die Curve vierten Gerades: [ Vaıxexs -- Vaexıxa —- Vassıxa ) oder » D 9 © D D D D 9 2.D) ardxa?xs? 1 aa’xı?zs? — as’xı?xa? — 2aıaaXs’xıxa — Aaıasxa?xızs — 2A2a3Xı ayoxg —(. Diese Cs besitzt drei A Spitzen in den Fundamental- N Punkten; die zugehörigen IN 7 Rückkehr-Tangenten sind die = Inversen zu den resp. Ver- 2 bindungslinien der Fundamen- talpunkte Aı, Asa, As mit den Berührungspunkten des Kegel- schnittes auf den Gegenseiten. 4 R) 54 Die betreffenden Gleichungen * yet, 5 lauten : Für die Tangente in der Spitze Aı: asxa -— a2xs — 0 « « Wi « « « Aa: aıX3 — 33Xı — 0 Gl « “.., « As: aaXı — ax = 0 Die drei Tangenten gehen durch einen und denselben Punkt, den Inversen des gemeinsamen Punktes von AıBı, AsBa2, AsBs, wobei Bı, Be, Bs die Berührungspunkte von p mit A2As, ArAs, Ar Az be- zeichnen. *) Um die Gleichung der Curve sechster Ordnung Cs zu erhalten, setzen wir wieder für einen Punkt Pı auf p — 7, dann ‚gibt x3 Gleichung (1): #) Unter dem eingeschriebenen Kegelschnitt wurde, wie gewöhnlich, derjenige verstanden, für welchen die Berührungspunkte Bı, Be, Bs zwischen den Ecken des Fundamentaldreiecks liegen; es liegen dann auch keine Punkte von p und p’ ausser- halb des Dreiecks Aı AaAs und p’ kann somit keine unendlich fernen Punkte besitzen. Diess ist der Fall, wenn die Coeffieienten aı, a2, as positive W'erthe haben. 2 \Vası. a Vs» = 0 oder x3 aı Für die Coordinaten des Punktes P, ist daher Sn (Vas + Va21)? Kan at Bedeutet f die linke Seite der Gleichung (1), so sind : Yaı Va: Vas vn ee, fo = — —, I, 2 ii ayxı 2x QVxs die ersten Differentialquotienten von f nach xı, x2, Xs; durch Substi- tution der Coordinaten von Pı gehen dieselben über in et ne 2 (Va + Var) Var ya wobei ein gemeinschaftlicher constanter Faktor weggelassen worden ist.*) Nun erhält man für die Tangente {1 des Kegelschnittes p im Punkte Pr die Gleichung: len ae et ra Vat+\ V \ und für ihren entsprechenden (inversen) Kegelschnitt: kt) ade .Xaxs va u Xıxs + V ee) Vas + \asA aık ai Multiplizirt man (3) mit — xaxs, (4) mit xı und addirt beide Gleichungen, so kommt: a2 9 9 a3 / ; — . 33(X1? — X) = / — x? — zu’); va : v ai \ );5 a2 Vas ..x2(x8° — 21") aaxs°(Xı" — x2°)° ee - und „A —— ee a ; EEE x3 (Xi? — X2°) asx2”(X5” Setzt man den gefundenen Werth von A in (3) ein, so ergibt e sich als Resultat der Elimination des Parameters A zwischen (3) und (#) die folgende Gleichung: Sr *) Anmerkung. Vxı ist positiv oder negativ, je nachdem Vx» und Vxs beide negativ oder positiv sind. Wenn Yx» und Vxs positiv angenommen werden, wie hier geschehen ist, so muss Va negativ sein, da die Werthe von Vxı, Vx, Vxs der Gleichung yeer + Varxe -| + Vaxs = 0 genügen müssen. a fa. sen, Vi a2X3(X1? — Xa?) a (1 2?) a a3. x2(x3? Se 6) oder aıXıXa(X3? Irae: x1?) asX2(X5? re xı?) -H a2x3(Xı? x2?) oder — aıXıXax3(x3? — Xı?).. (X1ı? — xe?) + x? —xı?). | 25x2(&® — xXı?) + AaxXs(Xı? — x:®)] + x3?(x1? — 2x2?) . | asx2(xs® — Xx1?) + aaxs(Xı? — x2?) ] —l oder — AıXıXaxs(X8? — Xı?).. (Xı? — Xa?) [ ax2(&° — xı?) + 2x3(x1? — x) ] .xXı? (X2? — xs?) = (0 oder Ma. u, asXıX2(x2? — X3?) (X3? — Xı?) + aaXKıXa(X2? — x3?) (x ir xe?) + aıXaxs(X3? ger x) (zı? — x2?) el, Diese Gleichung repräsentirt die (s. Nehmen wir speziell aı =: a2 = as an, d. h. stellt p den Kegel- schnitt vor, welcher die Fundamentallinien in den Punkten el) Kr Sl) ( Se) 2— s—=l) ’\nu— sl) Sen 0 berührt, dann sn x — ss =0, un —_—s—=0, uü— x=J{ die Rückkehrtiangenten der C« (p‘) und die bezüglichen Gleichungen lauten: für p: Yxı Ye + Yo — 0 en no « Cs: XıxXa(X2? — X3?) (X?:— Xı?) + XıXs(Xxe? — x?) (X? — x2?) + x2Xs(Xs? — u?) (u? — x?) = I. Die Untersuchung der Curve (Il) zeigt zunächst, dass die Funda- mentalpunkte Aı, Ag, As Knotenpunkte derselben sind. Die Funda- mentallinie xı = 0 schneidet die Cs in sechs Punkten. für welche 2”.8°—=0, also xe’—=0, x?—=0, d.h. As und As sind Doppel- punkte, die Fundamentallinie Ag As ist Tangente der Cs sowohl in As als in As, und die Punkte Qı und Qı* fallen mit As resp. As zusammen. (Tafel IV, Fig. 1.) Ferner folgt aus Gleichung (I) fürg=0:nd.s®=0 odr S—0,w—0 und ii 5 0: 8.90 0der rel ml: demnach ist xe = 0 Tangente in den Knotenpunkten As, Aı und ns — 0 Tangente in Aı, As; 0x fällt mit As, Qe* mit Aı, Qs mit Aı und Q3* mit Asa zusammen. Die Fundamentallinien repräsentiren also die sechs Tangenten in den Knotenpunkten Aı, As, As, jede ist somit eine Doppeltangente der Cs. Weitere Doppelpunkte der Cs sind E, Eı, Es, Es. Substituirt man in (Il) x2 = xs = (, so folgt: + 282. (xs? — x?) en — Rh) ed oder ee ee wrus 90, 8 u” =0, (ws -— an’ =(, d. h. die Punkte Aı, Bi DR üa, Es gehören der Cs an und sind Doppel- punkte derselben. E wird, weil innerhalb des Kegelschnittes p gelegen, zu einem isolirten Punkt der (Cs; Eı, Es, Es dagegen sind Knoten- punkte, die Tangenten in denselben stimmen überein mit den von Eı, Ee, Es aus an den Kegelschnitt p gehenden Tangenten. Für das Tangentenpaar in Ei (— 1,1, 1) z. B. erhält man: X? — X? + X1X2 -I- Xı1X3 -H IX2Xs — 0), *) woraus sich die Gleichungen der einzelnen Tangenten in Eı ergeben: u + +) tl yo 2x1 + (1 U ‘2 -F (1 ey B IE X U: Die Cs hat sechs unendlich ferne Punkte, welche sämmtlich reell sind; dieselben sind die Inversen der Schnittpunkte der Cs mit dem Kreise K. Bezeichnen X, Y, Z, V, W, T diese Schnittpunkte, dann repräsentiren X, Y', Z, V, W', T' die unendlich fernen Punkte der Curve und die Geraden XX', YY’, ZZ, VV’, WW’, TT/, welche die Richtungen angeben, nach welchen die Curve ins Unendliche geht, müssen Tangenten des Kegelschnittes p sein. Von den sechs Punkten X, Y etc. gehen an den Kegelschnitt p je zwei Tangenten, allein nur eine derselben gibt jeweilen die Richtung nach einem unendlich fernen Punkt der Cs an und zwar diejenige, welche parallel ist zum Inversen des Strahles, der einen Punkt X, Y etc. mit einem Fundamentalpunkt verbindet. Die Cs besteht aus sechs ins Unendliche gehenden Aesten, von denen je zwei eine zusammenhängende Theilcurve bilden. Dem Curvenstück Aı WE» entspricht QıW’Ea « « AY'Eı « OL YEı. Die beiden Aeste Y A WB2W' und w "QrY Ei), welche in der angegebenen Weise einander entsprechen, haboli grosse Aehnlichkeit *) Vorausgesetzt, dass aa = a2 = as Sei. en mit den Aesten der Hyperbel x3? -+- xıxa = 0. Letztere hat mit der Cs gemein die Punkte Aı, As sammt Tangenten und die Punkte Eı und Es, dagegen sind die Tangenten der Hyperbel in Eı und Es ver- schieden von den Tangenten der Cs in diesen Punkten. Ferner ® entspricht dem Stück AıYEs das Stück Qı*V Es « @. AıiX Bis“ © QLFXEL: Die aus diesen Curvenstücken zusammengesetzten Aeste XAıVEsV , VOLFXEIX & oo © welche in der angeführten Weise zu einander invers sind, haben Aehnlichkeit mit der Hyperbel x2? —- xıxs —= 0, welche durch Aı, Aa, Ei, Es geht und AıAs in Aı und AsAs in As berührt, wie die Ce. Endlich entspricht dem Stück AsZEs das Stück Q2Z7’Es « «e AsTEs « « OsTE». eo Die aus diesen Stücken bestehenden Aeste TAsZEsZ , ZQ2TE2T & & & ua oo der Ce, welche in der soeben angegebenen Weise einander entsprechen, bilden eine hyperbelähnliche Curve; dieselbe hat mit der Hyperbel xı? -} x2xs = 0 gemein die Punkte As, As, Ee, Es und die Tangenten in A» und As. Die Plücker’schen Charaktere der vorliegenden Cs sind die näm- lichen wie bei der Ce, welche im allgemeinsten Falle resultirt. ®) Sind die Werthe von aı, a2, as respective proportional zu 0 Aı „ Aa 2 Ag ; ; : ; i ri ee dann gibt Gleichung (II) die spezielle Ge, r) welche entsteht, wenn p der dem Dreieck AıA2As eingeschrie- benen Kreis (mit dem Centrum E) ist, dessen Gleichung lautet: A . Aue a 085 Su + C0s.g a8 + 0085 —l Setzt man nun voraus, dass aı, a2, aa sowohl negative als positive Grössen sein können, so stellt die Gleichung ®) Anmerkung. In Uebereinstimmung mit der Note auf Seite 22 wurde die Gleichung (Il) discutirt unter der Voraussetzung, dass aı, as, as positiv seien und in Fig. 1, Tafel IV ist speziell a — a» — as angenommen worden. 7) Der Unterschied zwischen dieser Curve und der in Bio. 1, Lafel IV. skizzirten ist unwesentlich. oe artxı? aa?xe? + as?xs? — 2a2asxaXs — 2asaıXkaXı — 2a1aeXıXa — 0 allgemein einen Kegelschnitt vor, welcher die Fundamentallinien berührt. Ausser dem betrachteten Falle, in welchem aı, a2, as positiv sind, ri können folgende Fälle vorkommen: “ aı negativ, a2 und as positiv a2 « ai 47...48 « a3 « ai “r, a8 « d. h. entweder können in der Kegelschnittsgleichung alle drei Doppel- produkte negativ sein oder es sind zwei der Doppelprodukte positiv, während das dritte negativ ist. Bedeuten z. B. aı, a2 positive Zahlen und ist 3 — — as, so ergeben sich für die Curven p, p und Cs folgende Gleichungen : pP) a1ı?xı? + aotxe? + as?x5? + 2azasxaXs -- 2usaıXaXı — 2A1a2XıX2 — 0 P) auxa?ss? + aa’xı?ns? + as?xı?x2? 4 2asasxı?xaxs + 2asaıXa?XsXı — 2a1a2X3”XıX2 — 0 Cs) aıXaxs(as? — X?) (Ki? — 82?) + asXıXa(Xa? — 85”) (X? — X”) ; — asXıXa(xa? — X?) (X? — u?) = 0.*) Der Kegelschnitt p berührt die Fundamentaldreiecksseite AıAa und die Verlängerungen der Seiten AıAs, AsAs, so dass sämmtliche Punkte von p ausserhalb des Fundamentaldreiecks liegen. Die ihm entsprechende Curve vierter Ordnung p’ liegt in Folge dessen eben- falls ganz ausserhalb des Dreiecks AıA2As und besitzt zwei reelle un- endlich ferne Punkte, da p den Kreis K zwei Mal schneidet. Die Cs hat in diesem Falle nur zwei reelle unendlich ferne Punkte und besteht aus einer hyperbelähnlichen Curve (zwei unendlichen Aesten) und zwei Ovalen, von denen das eine mit der Ellipse x?” — Xıxs = (0 die Punkte Aı, As, E, Ez und die Tangenten in Aı und As, das andere mit der Ellipse xı? — xexs — 0 die Punkte As, As, E, Eı und die . Tangenten in Aa und As gemein hat. (Vergl. Fig. 2 in Tafel IV, wo p den die Fundamentallinien berührenden Kreis bedeutet, dessen Mittel- punkt Es ist.) **) *) Diese Gleiehungen erhält man aus den früheren auch dadurch, dass man xs durch — xs ersetzt. #*) Dieser Kreis hat die Gleichung —; Vxa 1 cos = V-s»=0 2 on »Yxı -# cos und die Gleichung der Cs lautet: Be xexs(x3? — xı?) (Xi? — x2?) -- cos? En xıxa(x2? — x3?) (xı? — x2?) 2 2 = xıx2(x2? — x3?) (83? — 1?) = (. a III, Der Kegelschnitt p sei die Ellipse, welche die Punkte A., A.,E,E; enthält und die Fundamentallinien A.A, und AA, in A, resp. A, berührt, Die Gleichung von p lautet: 1. pP) %? — xıxe = 0; die Curve p ist mit p identisch. Wir schreiben die Gleichung: K1 X ; x2 i ; —:— =—=( und setzen wieder — —=4; diess gibt: 8X xX3 a 1—1).— =, woraus folgt: es 9 AB an Für einen Punkt P,) auf p ist daher a a Da für die Ellipse p (f = 0) ee so hat die Tangente der Ellipse in Pı die Gleichung: 2. 11) Axı + X — 2/5 = 0; der ihr correspondirende Kegel- schnitt heisst: 3.1) Mass + XıXs — Wxıxa Aus (2) und (8) folet. A — EIER, = und durch Sub- stitution dieses Werthes in Gl. (2) erhält man: XıX3?(x1? — xa?)? x3?(X1? — x2?) h%9?(Xı? — x5?)° Gau IH.) x32(x1° —_. X2?)? . AXıXa(Xe” - x3?) (X8? er 27) se), Diess ist die Gleichung der im Falle (III) erzeugten Curve sechster Ordnung. Aus der Erzeugungsweise der Cs geht zunächst hervor, dass Aı und Aa, weil auf p gelegen, Spitzen der Cs werden und für beide ist x: = (0 Rückkehriangente ; diess bestätiget auch die Rechnung. Für die Schnittpunkte der Curve mit x3 = 0 hat man nämlich gg u oder Axı?za?. — U, woraus IBldt: &° — 0 und X’ —='0, d. h. xs = 0 hat in Aı und As mit der Cs je drei zusammenfallende Punkte gemein. Ferner ergibt die Rechnung, dass das Tangentenpaar in jedem der Doppelpunkte Aı und As die Gleichung x3? = 0 hat, dass also Aı und As Spitzen der (s sein müssen, deren Tangenten mit AıA2 zusammenfallen. — Wenn u = 0 die Gleichung (Ill) bedeutet, so ist N — Yxıxs?(xı? — x2?) — Uxe(xe? — x3?) (X — 3x1?) — Uxaxs?(Xı? — x2?) — Axı(X? — X?) (382? — X8”) 2xs(Xı? — X2?)? — Bxixaxs. (X? + X? — 283°) Wx32(3x1? — Xx2?) + 2huxaxı(xe® — xs?) — 8xıXax3? — Alxs? — 3x1?) (3x2? — 8?) Bxıxs(xı? — 2?) — 8xaxs(3xı? -H X? — 2x8?) — NXar(Xı? = 3x82) — -DARıNa (X — X) — 8xaxs(Xı? — 2?) — 8XıXs(xı? + 3x2? — 2x8”) 2x1? — X2?)? — 8xıXa(tı? -— a? — 68°). den Doppelpunkt As wird un = (0, ur —= Axt, us =), use —= (0, us = 0, ws —= 0, daher hat sein Tangentenpaar die Gleichung xı . xx = 0. Der Fundamentalpunkt As ist also ein Knoten- punkt der Cs und die Tangenten in demselben sind AzA; und AıAs; sie sind die respectiven Inversen der Tangenten As0s und As0s* (Os fällt mit Aı, Q5* mit As zusammen), welche von As aus an die Ellipse gehen. (Siehe Fig. 1, Tafel V.) Aus dem Umstande, dass AsQs, AsQs5* die Cs in Qs resp. Q5* berühren, folgt, dass die Tangenten im Knoten As Inflexionstangenten sind (vergl. Fall I); diess stimmt mit der Thatsache überein, dass xı = 0 und x2 = 0 die Tangenten der Cs in den Punkten Qı und Qe, welche mit As zusammenfallen, vorstellen. Die folgende Rechnung liefert den einfachsten Nachweis hiefür. Substituirt man in (ID) xı = 0, so kommt x? .xe* = (, woraus folgt: xs? = 0, x2* = 0, d. h. xı = 0 schneidet die Ce in Aa zwei Mal, in As vier Mal. Ferner ist für 2 = 0: x%?. xı?= 0, oder xs®—= 0 und u*=N, was besagt, dass x» —= 0 mit der (@ in Aı zwei, in As vier Punkte gemein hat. As ist also ein doppelter Inflexionsknoten. u-—l dl Die Punkte Eı (»=1 ) und Es er =) sind Doppel- x == punkte mit reellen und von einander verschiedenen Tangenten, also Knotenpunkte der Cs. Die Tangenten in denselben stimmen überein mit den von Eı resp. Ex aus an die Ellipse gehenden Tangenten. Die bezüglichen Gleichungen lauten: Für das Tangentenpaar in Eı: xı? 4 x2? — luxe? + 6xıxa — Axıxa 4 AxaXs und für dasjenige in Es: xı? 4x9? — Axs? 4 6x1X2 4 ARıXa — IXaXs ee Was die Punkte Es (1, 4,— 1) und E (1, 1, 1) betrifft, so sind dieselben zunächst als Doppelpunkte der Cs anzusehen, weil für diese Punkte u1, us, us verschwinden. Als Gleichung des Tangentenpaares in Es erhält man: (Xı + ee 2X3)° U und diejenige für das Tangentenpaar in E lautet: (xı + ans 2x3) — 0, d. h. die beiden Tangenten der Gs im Doppelpunkt Es fallen zusammen mit der Ellipsentangente xı + xe - 2xs = 0 im Punkte Es und die Tangenten im Doppelpunkt E sind vereinigt in der zu E gehörigen Ellipsentangenle xı + x2 — 2x3 = 0. *) Allein diese Punkte sind nicht etwa Spitzen, wie die nachfolgende Betrachtung zeigt. Für die Schnittpunkte der Cs mit der Tangente xı -— x2 - 2x3 = 0 ? ; ; L 1.12.82 ergibt sich, wenn man in der Gurvengleichung x3 = — Valmer setzt: ad Ki — x). (xı? + 3Xı%8 + xe?) = I. Im Doppelpunkt Es hat also die Tangente mit der Curve vier ppeil 8 vereinigte Punkte gemein und schneidet sie noch in den zwei Punkten ( si = en v5») x3 Xi ar X2 — = — [1 =. ) En a 1 ® 5 en v3), x3 BR, vs) Der Punkt Es muss daher ein Berührungsknoten sein, d. h. durch is gehen zwei Aeste der (es, welche sich in ihm zweipunktig berühren. Die beiden Curvenzweige sind aber nicht reell, denn setzt man im Bereiche des ‚Punktes BE y= u + x 4 28, zen. om, Wwy und z sehr klein sind, in die Gleichung der Cs ein, so wird annähernd 16x3?y? —- 8xsyz? -H 5z* —= 0; diese Gleichung repräsentirt zwei imaginäre Curvenzweige, die einander in Es berühren, ihre gemein- schaftliche Tangente y = 0 ist reell. In Uebereinstimmung damit findet man auch, dass die Schnittpunkte der Cs mit der Geraden xı — kxg = 0 mit Ausnahme der zwei sich in Es befindenden ima- ginär sind, so lange k zwischen 0 und -H © liegt. Weil die Curve nicht reell durch Es hindurch geht, so ist Es ein isolirter Punkt der Cs, allein er muss als imaginärer Berührungsknoten angesehen werden. Da im Punkte Es zwei Durchschnitispunkte der beiden sich in ihm *) Die beiden Tangenten in Es und E gehen durch den Punkt ( — 0 in =0) a berührenden Curvenzweige vereinigt sind, so repräsentirt derselbe zwei vereinigte Knotenpunkte. Ebenso ist E ein imaginärer Berührungs- knoten mit reeller Tangente. Die gemeinsamen Punkte der Ellipse und der Cs sind Aı, As, Es, E; die Cs berührt die Ellipse in Aı und Aa zweipunktig, in Es und E vierpunktig. Die Cs hat die folgenden Plücker’schen Charaktere: ie 6,9881, ve 132 vw, elk —=2l. Wenn die Hyperbel x3? -— Xıxe —= 0 den festen Kegelschnitt p vorstellt, dann ergibt sich die Ce: 392(xı? = xa°)? UXıXa(xe? — 2?) (X? — sel Die Hyperbel geht durch Aı, As, Eı, E» und berührt in Aı, Aa die respectiven Fundamentallinien AıAs, AsAs. Die Cs hat zwei Spitzen in Aı und As, für welche wieder x» — 0 die Rückkehrtangente ist; ferner besitzt sie drei Knotenpunkte, den doppelten Inflexionsknoten As und die Knotenpunkte E und Es. Die Punkte Eı und Es sind isolirte Punkte der (Cs und zwar imaginäre Berührungsknoten, die Tangenten in denselben sind reell und zwar die zu Eı und Es gehörigen Hyperbeltangenten, also die den Punkt (X3 = 0, —x—=0) mit Eı resp. Es verbindenden Geraden. (Fig. 9: Tafel N.) IV, Es sei p ein dem Fundamentaldreieck umschriebener Kegelschnitt, Ein Kegelschnitt, welcher durch die Fundamentalpunkte geht, hat allgemein die Gleichung: 20 De 002 Ameise —- a2XıXa -H asxıxaı 0; ihm entsprieht alsdann die gerade Linie 20. ad + Aa2Xa + 43% — Für die Coordinaten eines beliebigen Punktes Pı von p ist 1: %.2X%— Ar 4 Ada) : (A — Mas) : — Aa. Bezeichnet F = 0 die Gleichung von p, so haben die ersten Differentialquotienten von F nach Xı, X, x» die Werthe Fı = a2xs + uxX2, Fa = aıX + asXı, Ps = aıXe -H asXı; dieselben gehen, wenn man die Coordinaten von Pz substituirt, abge- sehen von einem constanten Faktor, über in (Fi) = aa, (Fa). = asasl?, (Fs)ı = (Aı + sA)?. Demnach lautet die Gleichung der Tangente t2 von p im Punkte Pı: 3. mM)... aaszı -F aaasA’Xe + (A + ask)’xs — 0 und diejenige des der Geraden t entsprechenden Kegelschnittes 127 B: WTA a2asA’Xıxa 4 (aı + asd)’xıxa — 0. Betrachtet man A als variablen Parameter, so repräsentirt Gleichung (2) sämmtliche dem Fundamentaldreieck umschriebene Kegelschnitte, welche die feste Gerade p berühren. Durch Elimination von ), zwischen (3) und (%) folgt: BF) ua er Astxad(xs? — xı2)? 4 as’x3?(Xı? — Xe)” N , — x32) (X? — Xı?) — 2A1AsXıX3(X2? — Xs” 2)(K’— X°) — Ya2AsXaXs(Xs? — Xı?) (Xi? — X?) —(. Die erhaltene Gleichung (IV), welche im Allgemeinen eine Gurve sechster Ordnung repräsentirt, ist die Gleichung des Ortes der Schnitt- punkte aller Tangenten {2 mit ihren entsprechenden Kegelschnitten. Diese Cs hat drei Spitzen in Aı, As, As; die zugehörigen Rückkehr- tangenten sind die resp. Inversen der Tangenten von p in Aı, As, As, also bezw. die Geraden AıBı, AaBe, AsBs, wobei Bı, Be, Bs die Schnitt- punkte der Geraden p mit den F indamentaliiien AaAs, AıAs, AıAa bezeichnen. Bedeutet u = 0 die Gleichung (IV), so ergibt sich für Ar: ud), wet w—=l 0, UN, Ws, 13 — Qaa’xıt, Ug—2A24sXı*, Uss = 945°, 7) das Tangentenpaar im Doppelpunkt Aı wird daher ausgedrückt durch die Gleichung : As?xa? -L 2asasxexs — as’? = 0 oder (a2Xa -+ a8)’ = 0, . h. die Tangenten im betrachteten Doppelpunkt fallen zusammen, E ist eine Spitze der (Cs und die zugehörige Rückkehrtangente ist AsXe + AsXs — 0, also AıBı. Letztere hat mit der Cs in Aı drei re, Punkte gemein. Analee findet man, dass AıXı + aXs = 0, AıXı —+ a2X2 = 0 die Tangenten in den resp. Rückkehr punkten As, As vorstellen. (Tafel VI.) *) Unter xı ist hier die erste Coordinate von Aı zu verstehen. Die Punkte E, Eı, Es, Es sind Doppelpunkte mit je zwei von einander verschiedenen reellen oder imaginären Tangenten, also Knotenpunkte oder isolirte Punkte, je nachdem sie ausserhalb oder innerhalb des Kegelschnittes p liegen; die Tangenten in denselben werden nämlich angegeben durch die resp. von E, Eı, Es, Es aus- gehenden Kegelschnitistangenten. Das Tangentenpaar im Doppelpunkt Es z. B. hat die Gleichung: (A2 — Aus)’Xı? + (ar — aas)’X2? + (Aıs + a23)’xs? + 2| ars(ass = Ma) + aıs(A23 -- are) ] « X1X2 2 [ars(aıs — Are) Aas(Aıs au)]- XıXa + 2] a2s(a2 — 2) + Aıs(ass 4 aue)| Nox Dh. Enthält der Kegelschnitt p einen der Punkte E, Eı, Ea, Es (mehr als einen kann p nicht enthalten, wenn er nicht in ein Linienpaar zerfallen soll), dann wird derselbe zu einem Berührungsknoten der Ce und die gemeinschaftliche Tangente der beiden sich in ihm berühren- den Aeste ist die Tangente von p in diesem Punkte. *) ‚Die’Ge mit drei Spitzen kann höchstens einen Berührungsknoten besitzen. Für die Schnittpunkte der Cs mit xı = 0 hat man Au’Xa’xs‘ Aastxs?xo‘ 1 2gegsxadxs? — 0 oder Xa’xs’(AeXs -I- Asxa)? — 0, d.h. xı = 0 schneidet die Cs in den Spitzen As, As und berührt sie in Qı(xiı = 0, ax: + ax — ), dem Schnittpunkte der p- Tangente in Aı mit xı = 0. x X2 a2 Da für Qı e —=(, ren a le = (0 und us — 0, während uı von 0 verschieden ist, so ergibt sich, in Uebereinstimmung mit dem Vorigen, als Gleichung der Tangente der Cs im Punkte Q: X =0. Analog findet man, dass xe = 0 und x3 — 0 die resp. Tan- senten der Cs in den Punkten , x aı ur -I), -—— =) x8 a3 / X ai » sl X3 — 0) Be an sind. 0x ae > a nu *) Geht z. B. p durch Es, dann ist p‘ die Tangente von p in Es, also gleichzeitig die Tangente im Berührungsknoten der Ce. 3 Die Cs und der Kegelschnitt p haben zwölf gemeinsame Punkte, unter denen sich die doppelten Fundamentalpunkte befinden; sehen wir von den letztern ab, so bleiben noch sechs gemeinsame Punkte, welche die Inversen der sechs gemeinsamen Punkte von Ge und der Geraden p’ sein müssen. Ist S ein von Aı, As, As verschiedener gemeinsamer Punkt von p und Cs, so müssen sich in diesem Punkte die beiden Curven berühren ; S repräsentirt also zwei gemeinsame Punkte. Im entsprechenden Punkte S' berühren sich alsdann (s und die Gerade p. Die Cs berührt daher in drei Punkten den Kegel- schnitt p und in ihren Inversen die Gerade p. Der Geraden SS’, welche p in S berührt, entspricht ein Kegelschnitt C2*, welcher durch S und $ geht und sowohl p’ als 6 in $° berührt. Es gibt drei Tangenten von p, deren entsprechende Kegelschnitte (Ge) sie in ihren Berührungspunkten schneiden; diese Punkte sind gleichzeitig die Berührungspunkte der beiden Curven Cs und p, und in ihren Inversen berühren sich Cs, p und die bezüglichen Kegelschnitte (e*. Die Gerade p ist somit eme dreifache Tangente der Cs, ihre Berührungs- punkte sind entweder reell und (im Allgemeinen) von einander ver- sehieden oder es ist nur einer derselben reell. Um die CGoordinaten der Berührungspunkte der dreifachen Tangente p' zu erhalten, hat man die Gleichungen (2) und (IV) in Bezug auf = und aulzulösen. Die Cs hat sechs unendlich ferne Punkte, welche paarweise imaginär sein können. In dem in Tafel VI skizzirten Falle, in welchem E und Eı isolirte Punkte sind, liegen gar keine Punkte der (es im Unendlichen und nur ein Berührungspunkt der dreifachen Tangente p ist reell. Die Plücker’schen Charaktere der Curve IV sind im allgemeinsten Falle (bei der allgemeinsten Lage des dem. Dreieck AıA2As umschrie- benen Kegelschnittes p): u = == v= Spezialfälle. a) Der dem Fundamentaldreieck umschriebene Kegelschnitt p gehe durch Es; dieser Fall tritt ein, wenn a3 = aı -- ae. Der feste Kegelschnitt hat die Gleichung 5..P) .. . AuXexs — aexıxs + (aı -- az)xıxe — 0. Die ihm entsprechende Gerade 6. P). . . .aXı + axe + (aı + ae)xs — 0 enthält Es ebenfalls und berührt p in Es. Die hier entstehende Cs IV.) aıxı?(x2? — X3?)? + a2?x2?(xs? — Sr —+- (aı + a2)?x3?(x1? — x2?)? a xıxX2(X2? — X3?) (X3? — X”) — Yaılaı Fe 12)XıXa(xe” — x3?) (Xi? — x?) »(aı + a2)XexXs(x3? — X?) (N? — x?) = 0 unterscheidet a von = a IV wesentlich nur dadurch, dass Es ein Berührungsknoten ist, seine Tangente ist identisch mit der Geraden p‘. Dieselbe ist eine dreifache Tangente, bei welcher zwei ihrer Berührungspunkte in Es zusammenfallen, und der dritte Berührungs- punkt muss dann nothwendigerweise auch reell sein. Da Es zwei Doppelpunkte repräsentirt, so sind die Plücker’schen Charaktere der Curve: Me ee ae een In dem speziellen Falle (siehe Tafel VII) y Re BI „2.1220 2.580 He rure 9ue — 0 G).Xi2lxet —ı gl)? + Axe?(x3? — X”)? + 9x3?(xı? — xe?)? — Axıxa(X9? — Xs?) (8? — x?) — 6x1x3(x2? — 13?) (x1ı? — x2?) — 12x2x3(x3? — X?) (Xi? — x?) = 0 ist E ein isolirter Punkt, Es ein Berührungsknoten und Eı, Es sind Knotenpunkte der (s. Die Tangente in Es schneidet die Curve in sechs Punkten, für welche man en (X — xe)?.. (Axı — 5x2)? = 0, d.h. p hat in Es mit der Cs vier zusammenfallende Punkte gemein und berührt sie ausserdem im Punkte Die beiden sich in Es berührenden Gurvenzweige sind imaginär. Berührt der Kegelschnitt p (Gleichung 5) eine der Seiten des Dreiecks EıEsEs, z. B. EıE2 in As, *) dann sondert sich von der Curve IVa die Gerade xı — xe — 0 ab und es bleibt eine Curve fünfter Ordnung, welche zwei Spitzen (Aı, Az), einen Doppelpunkt (der isolirte Punkt E) und einen Berührungsknoten (Es) besitzt, welch’ letzterer ein isolirter Punkt der Gs ist, da die beiden sich in ihm berührenden Curvenzweige imaginär sind. Für die (5 ist EıE2 die Tangente im einfachen Punkte As und die Gerade p eine Doppel- tangente, deren Berührungspunkte in Es zusammenfallen ; der fünfte Schnittpunkt von p’ mit der Cs ist der Punkt (x —=0, xı + xe—=0). Die Cs hat die folgenden Plücker’schen Charaktere: b) Es sei p die dem Fundamentaldreieck umschriebene Ellipse, welche die Linien E2Es, Eı Es, EıE2 beziehungsweise in Aı, As, A; berührt. In diesem Falle hat p die Gleichung 1. re Ku nr Re ED; Die dieser Ellipse entsprechende Gerade p’ ist BHDyu ae Se 95 sie ist die auf allen Seiten und an allen Ecken des Fundamentaldreiecks vom Punkte E harmonisch getrennte Einheitgerade e des mit AıAaAs identisch gedachten Liniencoordinatensystems A2As, AıAs, AıA2. Die- selbe schneidet die Fundamentallinien in den respectiven Punkten U x“ —0 0 nee, Be („, +8 ) N | Für die sich hier ergebende Cs erhält man nach (IV) die Gleichung XielX3- en Xen). -- x2?(x3? Kurse %.)® + Xsi(xı? xa?)? — 2xıXa(xa? — X3?) (X? — Xı?) — 2xıxs(Xe? — X3?) (Xi? — xe?) — 2xex3(x3? — X?) (X? — x?) = 0. *) p ist die den Punkt BE einschliessende Ellipse xexs + xıxs 4 2xıxz — 0 und p’ die Gerade xı + x2 -H 2x = 0. ae Diese Cs muss zerfallen. Weil EsEs eine Tangente von p ist, so müssen ihre sämmtlichen Punkte der Cs angehören, die Gerade x2 + x = 0 ist daher ein Theil der Cs. Ebenso sondern sich von der Cs die geradlinigen Theile x +x—=0, xı +x2—=0 ab und es bleibt somit übrig eine Gs. In der That kann man auf der linken Seite obiger Gurvengleichung die Faktoren xe + x3, xı 4 xs, \ı + xa abtrennen und bekommt als Gleichung der Cs: (2 + %) Kı 4%) (xı 4 x). [x + xx I x2’28 T- XıX3? 4 Kin? 4 Xoxs? — 6xixexs | m Sieht man von den Geraden x + sw —=0, ı + ss = 0, Xı -— xe = 0 ab, so ist im vorliegenden Falle das Erzeugniss die Curve dritter Ordnung: Xı?X2 4 Xı?xs + Xa?xs + XıX2? + XıX3? + Xoxs? — 6XıX2Xs — 0 IV;) oder xı?(Xe 4 %s) + xXe?(xXs + Xı) + x3?(xı 4 x2) — 6XıXaxs — 0. Diese Cs wird von den Fundamentallinien in je drei Punkten geschnitten und zwar ne N WB —— el) von Xı = 0m ul a ) ; al“ ) chi Pe ee 0) 0 0 0 0 nn x—=( =) 0 vonxe =0in u(% ar ') ; N N % ; »(, Ei e) 0 0 0 0 — N ll, = MS ) . Die Fundamentalpunkte sind also einfache Punkte der Cs und die Tangenten in denselben stimmmen überein mit den Ellipsentan- genten in Aı, As, As. *) Bezeichnet u— 0 die Gleichung (IVy) so ist 5 No “ Na vonas 0 ın a Ur —= QxıXa + 2xıXa + X2? + X3? — 6XeXs Ua — Xı? + 2xaxs 4 2XıXa I X? — 6X1Xs Us —= Xı? + X2? + 2xıxs + 2xaXs — 6XıX2 Un — 2x3 + 2x3, Ur —=2xı 4 2x2 — 685, Urs = 2xı + 2x3 — 6x2 U22 — 2x3 + 2xı, Ugs = 2x2 + 2x3 — 681, Uss = 2xı + 2xa.. ”) Da die Cs sich selbst entspricht, so entspricht dem Punkte Bı ein mit Aı zusammenfallender Punkt Bı in der Richtung AıEs, d.h. es ist E2Es die Tangente der Curve in Aı. Es ergeben sich nun folgende Gleichungen : für die Tangente in Ar: Ka X 0 ar « «. As: ee N) or ‘ « As X XV Ve ‘ © Bi 2: 8x1. x 4X = 0 ‘ ‘ « « Ba xı — 8 4-8 — 0 er « « Bs! xı + x — 8x — |. Von den Punkten E, Eı, E2, Es gehört einzig E der (Gs an, derselbe ist ein Doppelpunkt mit imaginären Tangenten, also ein isolirter Punkt der Curve. Das Tangentenpaar in E hat die Gleichung xı? + x? 4 5? — zıXe — XiXs — IX — |. Die einzelnen Tangenten sind die von E nach den imaginären Schnittpunkten von p’ mit p gehenden Geraden, da xı -} x2 -F xs = 0 (oder e) die Polare des Punktes E in Bezug auf die Ellipse p ist. Ihre Gleichungen lauten : (1 — iy3)xı + (1 + iV3)xe — 2x — 0 (1 + iV3)uı + (1 — iy3)x2 — 2x5 — 0. Die Tangente ; sa D X U) ni el) in Bı enthält die Punkte Dı (8: en, Bi(gr, IS: 4) Y N) Ä Se) r 8x — nl) N, Pol x, — 8X = N ; . Na) N Da( ee AıDs und AıDs sind inverse Strahlen ADı « Ads « « « Abi « Al « « « os) wenn daher eine der drei Tangenten in Bi, B2, Bs bekannt ist, so lassen sich die übrigen durch einfache Construction finden. (Tafel VII, Fig. 1). Für die Schnittpunkte der G3 mit ihrer Tangente in Bı er- x2 + xXs 8 — gibt sich, wenn man in der Gleichung der Curve xı = setzt: (x2 + xs)? = 0, d.h. alle drei Schnittpunkte fallen im Berührungs- #) AıD2, AıDs, AıBı, AıE bilden ein harmonisches Büschel und De, Ds, Bi, ıEı sind vier harmonische Punkte. Ebenso bilden je eine harmonische Gruppe Dı, Fs, Be, ?E2 und Fr, Fı, Bs, °E;. punkte Bı zusammen. Die betrachtete Tangente hat also in Bı mit der Cs drei vereinigte Punkte gemein, sie ist daher eine Inflexions- tangente und Bı ein Inflexionspunkt der Cs. Ebenso besitzt die Curve Inflexionen in B2 und Ba. Die Curve dritter Ordnung hat einen Doppelpunkt (isolirten Punkt), keine Spitzen, ist daher von der vierten Klasse und. besitzt drei Inflexionstangenten und keine Doppeltangenten. Die drei Inflexions- punkte sind die Schnittpunkte der Geraden e (p’) mit der (s. Der dem Fundamentaldreieck umschriebene Kreis K schneidet die Ca in sechs Punkten, worunter Aı, Aa, As sich befinden; ausser den letztern gibt es also noch drei Schnittpunkte X, Y, Z von K mit Cs, ihre Inversen X’, Y’, Z sind die unendlich fernen Punkte der Curve, welche alle reell sein müssen. XX’, YY’, ZZ’, welche die Rich- tungen nach den unendlich fernen Punkten angeben, sind die resp. von X, Y,Z ausgehenden, zu den resp. Inversen von AıX, AıY, AıZ =) parallel laufenden Ellipsentangenten. Die Cs zerfällt in drei unendliche Aesie, von denen der eine. (eine einfache Hyperbel genannt) keinen Inflexionspunkt hat und seine Asymptoten nicht durchschneidet, während der zweite (eine einfach inflektirte Hyperbel genannt) einen Inflexionspunkt hat und somit eine Asymptote durchsetzt, und der dritte (eine zweifach inflektirte Hyperbel) zwei Inflexionen hat und daher beide Asymptoten durchsetzt. Alle drei Theile bilden eine continuirliche Curve; der Theil eines Astes, welcher die Asymptote an ihrem einen Ende berührt, hängt zusammen mit dem Theil des zweiten Astes, welcher dieselbe Asymptote an ihrem andern Ende berührt. (Tafel VII, Fig. 1.) Wenn das Fundamentaldreieck gleichseitig ist, dann wird e (p‘) zur unendlich fernen Geraden und die Ellipse p zum Kreise, welcher dem Dreieck AıAgAs umschrieben ist. Die Punkte X, Y, Z der Curve’ dritter Ordnung fallen resp. mit Aı, Ar, As und daher ihre entsprechen- den X’, Y’, Z mit den unendlich fernen Punkten der Fundamental- © linien, a. hi resp. mit Bı, Be, B; zusammen. Die unendlich fernen > * Punkte der Cs sind daher identisch mit den im Unendlichen (auf den Fundamentallinien) liegenden Inflexionspunkten derselben. Die zuge- hörigen Tangenten oder die Asymptoten der Cs sind die drei zu den Seiten des Fundamentaldreiecks und gleich weit von denselben ab- stehenden Parallelen *) Aı bedeutet Aı oder Aa oder As. AO —- 8 He +8 —0, u - 8 Es —=0, xı 4x2 — 8 — 0; dieselben bilden ein zu AıA2As ähnliches Dreieck mit dem nämlichen Mittelpunkt E. Die Tangenten der Cs im isolirten Punkt E sind die von E nach den unendlich fernen imaginären Kreispunkten gehenden Geraden. Da die C3 im Endlichen keine Inflexionen haben kann, so wird sie von ihren Asyıptoten nirgends geschnitten und besteht daher aus drei sogenannten einfachen Hyperbeln. Die drei hyperbolischen Zweige sind symmetrisch in Bezug auf die Symmetrieaxen des gleichseitigen Fundamentaldreiecks und unter sich congruent. (Tafel VII, Fig. 2.) Wenn die Coordinatenaxen, wie gewöhnlich, ein beliebiges Drei- eck bilden, so ergibt sich für die Ecken des von den Inflexionstan- genten der Cs gebildeten Dreiecks Folgendes : Bezeichnet Aı* den Schnittpunkt der beiden Inflexionstangenten BeDe, BsDs (vergl. Fig. 1, Tafel VII), so genügen seine Coordinaten den beiden Gleichungen : 0 0. Durch Subtraklion folgt: 9xe oder x — 8 —=(, d.h Aı* liegt auf AıE. Ferner hat man für As*, dem Schnittpunkt von BıDı und BsD3 : — &ıxı x + x x1 + x — 8x — und für die dritte Ecke As*: — 8xı 4 xe Xi — 8$xX2 + X 0 d.h. As* liegt auf AeE und As* auf AsE. Nun sind (vergl. die Note auf Seite 38) EAs, EAs, EBı, E'Eı vier harmonische Strahlen, daher auch EAs*, EAs*, EBı, ERı*, und die Punkte As*, As*, Bı, Eı* bilden eine harmonische Gruppe. Analog sind Aı*, As*, Be, E2* vier harmonische Punkte, ebenso Aı*, Aa*, Bs, Es*. Die Gerade p’ ist somit auch auf allen Seiten und an allen Ecken des Dreiecks Aı"As*As* vom Punkte E harmonisch getrennt, oder der isolirte Punkt der Cs ist der Pol der Verbindungslinie der Inflexions- punkte in Bezug auf das von den Inflexionstangenten gebildete Dreieck. *) } ,‚ woraus folgt! xı — Xxs = 0 ,‚ woraus folgt: ıı — x —=0(0; ) Vergl. Salmon-Fiedler, Höhere ebene Curven. Art. 216, pag. 239. ee c) Der feste Kegelschnitt p sei der dem Fundamentaldreieck umschriebene Kreis K. Die Gleichung des Kreises K heisst: P) . . sind. XeXs + SinA2.xıxs + sinAs .XıXa — Die Inverse von K ist die unendlich ferne Gerade der Ebene, ihre Gleichung lautet: P) : »... sindı.Xı -F sinds .Xs 4 sinds .xs— 0. *) Im vorliegenden Falle geht Gleichung (IV) über in IV.) Sin>Ar. Xı”(xa? — X0°)? 4 Sin?As, Xod(xeR — xi?)? I + sin?As . x5?(x1? — x3?)? — 2sinAısinAz . xıxa(xa? — xs?) (xs? — xı?) 1 — 2sinAısinAs . XıXs(X2? — X3?) (Xı? — xX2?) — 2sinAasinAs . Xaxs(Xs? — Xı?) (Xi? — xe?) = 0. | Die durch diese Gleichung repräsentirte Cs besitzt drei Spitzen in Aı, Aa, As, drei Knotenpunkte in Eı, Es, Es und einen isolirten Punkt in E. Die Punkte Bı, Bs, Bs sind unendlich fern, Qi, Qe, Qs h die Schnittipunkte der resp. Kreistangenten in Aı, As, As mit den gegenüberliegenden Fundamentallinien. Die Rückkehrtangenten sind die Geraden AuBı, AsBa», AsBs, deren Gleichungen lauten: SinAe . X siNAs.X: = 0, sinAı.Xı + sinds .Xs = 0, s sinAı . Xı -+ sınAa .x2 —= (0): Die Tangenten der (es in Qı, Qs, Qs sind, wie im allgemeinen Falle IV, bezw. die Fundamentallinien vn =0,e =0,x8—=0. Da den Kreistangenten lauter Parabeln entsprechen, mit Ausnahme der drei Paare paralleler Geraden AzAs, AıBı ; Aıks, AsBs; AıA2, AsBs, so stellt die Cs den Ort der Schnitt- punkte der Kreistangenten mit ihren entsprechenden Parabeln vor. (T. IX.) Die unendlich ferne Gerade ist X eine dreifache Tangente der Cs, ihre Berührungspunkte sind reell und von einander verschisden, wie sich in der Folge zeigen wird. Ist X’ ein a A a *) Unter Aı, As, As sind hier die Winkel des Fundamentaldreiecks zu verstehen. Ad Berührungspunkt, so liegt der Inverse X auf dem Kreise K (fällt mit keinem Fundamentalpunkt zusammen, so lange das Fundamentaldreieck ein beliebiges ist) und repräsentirt einen Berührungspunkt von Cs und K. Die Gerade XX’ muss die Kreistangente in X sein und ihr ao entspricht die durch Aı, Ag, As, X, X’ gehende Parabel, deren Axe no parallel XX’ ist und welche die unendlich ferne Gerade, also auch die {> Cs, in X’ berührt. X Wenn xa + Axs = 0 die Gleichung des Strahles AıX bedeutet, dann hat man für die Coordinaten von X: Xı ! X2 ! Xs = AsinAı : — A(sinAg — AsinAs) : (simAg — AsinAs), für diejenigen von X: © Xi ıXg 2x3 — (SinAg — AsinAs) : — sinAı : AsinAı und die Gleichung der Kreistangente in X lautet: (sinAg — AsinAs)? . xı + SinAısinAz . xe -H A? .. sinAısinAs . xs = 0. Diese Gleichung muss auch für die Coordinaten von x erfüllt sein, setzt man daher x; an Stelle von X;, So erhält man zur Bestim- mung von 4 die cubische Gleichung: Msin(Ai — As) + 34®sinAs — 3AsinAa — sin(Aı — A) — (0. Ihre Wurzeln sind reell und von einander verschieden, woraus folgt, dass es auf dem Kreise K drei Punkte X, Y, Z gibt, in denen die Tangenten der (, zugleich Kreistangenten sind. *) Die Tangenten XX', YY’, ZZ geben gleichzeitig die Richtungen nach den unendlich , fernen Punkten X’, Y’, 7 der Cs an. Von den im allgemeinen Falle an [60] Kr) IV auftretenden sechs unendlich fernen Punkten fallen also je zwei zusammen und bilden einen Berührungspunkt der Ge mit der unendlich fernen Geraden. Die Cs hat also keine im Kndlichen liegenden Asymptoten und sie besteht aus drei Theilen, wovon der eine, mit zwei Spitzen und einem Knotenpunkt versehen, ganz im Endlichen liegt, — der zweite, eine Spitze und einen Knoten besitzend, ein unendlicher Ast ist, der, ähnlich wie die Parabel, die unendlich ferne Gerade berührt, und der dritte, einen Knoten enthaltend, die unendlich =») X, Y, Z bilden ein gleichseitiges Dreieck, was planimetrisch leicht be- wiesen werden kann; daher Kreistangente XX’ || YZ, YY' || XZ und zo I XY. Die Richtungen nach den unendlich fernen Phnkten X Y,z werden also angegeben durch die respectiven Dreiecksseiten YZ, XZ, XY. Ne Be ferne Gerade zwei Mal berührt. Jeder dieser Theile bildet einen zusammenhängenden Curvenzweig. *) Ist im Fundamentaldreieck X As = Z[ As, so geht die cubische Gleichung für A über in 18 3sinAe 2.32 3sinAe sin(Aı — As) sin(Aı — As) Hiervon ist A—=1 eine Wurzel, ein Berührungspunkt X fällt also in den Schnittpunkt von x2 + Xs = 0 mit K, d.h. fällt mit Aı zusam- men. Der entsprechende unendlich ferne Punkt X” ist dann der -ı—1—_0. Schnittpunkt der Fundamentallinie xı = 0 mit der zu ihr parallelen Kreistangente in Aı (x2 -- xXs — 0). Die beiden andern Wurzeln ergeben sich aus 32 -—H | r sin(Aı — A2) + 3sinAs sin(Aı — As) Pe —|sin(Aı — As) 3sinA2]| 2sin(Aı — As) sie sind beide negativ oder beide positiv, je nachdem Aı > As ist, und die eine ist der reciproke Werth der andern. Denselben gehören die Punkte Y und Z zu, welche auf einer Parallelen zu As2As liegen und zwar beide unter oder über AsAs; die Tangenten in Y und Z sind symmetrisch zu AıM. #) — Da xe + x: = 0 eine Tangente von K ist, so redueirt sich die Cs auf eine (5; ihre Gleichung lautet: sin?A: . Xı?(X2 —xX3) (X8 — x3)” + sin?Aa . (xa + X5) (Xı? — xexs)? —+ 2sinAısinAa . Xi(X2 — Xs)? (Xı? 4 Xex3) = 0. *) Die durch die Gleichung 1Ve ausgedrückte Cs ist der Ort der Brenn- punkte derjenigen die Fundamentallinien berührenden Kegelschnitte, deren Axen den dem Fundamentaldreieck umschriebenen Kreis K umhüllen. +) Berücksichtigt man, dass sin(Aı — As) = sinöAs, so wird — (3 — 2sin?As) + 2sinAscosAs . V3 1 oder 3 — 4sin?Ao a — (3 — 2sin?A2) + V3 . sin2As in 3 — 4sin?As *) X, Y, Z bilden ein gleichseitiges Dreieck, ebenso die Tangenten XX’, x Zu 7 = » / [sin(Aı — Ag) +-3sinAe |’ —Asin?(Aı — As) » ’ ee Diese Cs besitzt zwei Spitzen (in A» und As), zwei Doppelpunkte (den isolirten Punkt E und den Knotenpunkt Eı), ist daher von der zehnten Klasse, hat 47 Inflexionstangenten und 17 Doppeltangenten. (Tafel X.) Sie berührt die Gerade x2 + ss —= 0 ‚in Aı und die unendlich X ferne Gerade in I und Z', den Inversen von Y [er und Z, welche Berüh- rungspunkte von 65 und K sind. Die unendlich ferne Gerade ist eine Doppeltangente der (5 und schneidet die Curve in X. Die einzige im End- lichen liegende Asymp- tote der G5 ist die Tan- gente in X, dieselbe ist di eine zu AsAs parallele oo Gerade, welche die Gleichung hat: — 8sinAı .Xı -+ sinAge.. xa + sinAaxs — 0. Die Asymptote hat mit der Curve in X’ drei zusammenfallende Punkte gemein, ist daher Inflexionstangente und X’ ein Inflexionspunkt der Curve; letztere wird im Endlichen von der Asymptote nicht geschnitten. Die Gs ist vollständig symmetrisch in Bezug auf die Halbirungs- linie des Winkels Aı. Wenn ZAı = Z{A2 = ZA: ist, so fälll X mit Aı, Y mit As, Z mit As zusammen und es ergibt sich genau dieselbe Curve dritter Ordnung, die wir unter IV, in dem speziellen Falle erhielten, in welchem ein gleichseitiges Fundamentaldreieck angenommen wurde. (Siehe pag. 40 und Tafel VII, Fig. 2.) a Das behandelte Problem kann in der Weise verallgemeinert werden, dass der feste Kegelschnitt p ersetzt wird durch eine Curve m.) Ordnung n.) Klasse; ihre Inverse oder Transformirte ist eine Curve von der Ordnung 2m, für welche die Fundamentalpunkte mfache Punkte sind. Als Ort der Schnittpunkte aller Tangenten der festen Curve (Ca) mit ihren entsprechenden Kegelschnitten ergibt sich eine Curve von der Ordnung 3n, für welche sowohl die Fundamentalpunkte als die sich selbst entsprechenden Punkte E, Eı, E2, Es nfache Punkte sind. Die Tangenten der C,„ im Fundamentalpunkt A; sind die In- versen der von A; aus an die feste Curve p gehenden n Tangenten, in A; schneiden sich also (im Allgemeinen) n Curvenzweige, welche natürlich paarweise imaginär sein können. Gehört A; als einfacher Punkt der Curve p an, dann vereinigen sich zwei von den n Curven- tangenten, und zwei der durch A; gehenden Aeste der C,. bilden daher eine Spitze. Im Schnittpunkt der zu A; gehörigen Tangente von p mit der Fundamentallinie x; = 0 berührt die leiztere die Curve Gen und schneidet sie ausser in den Fundamentalpunkten Ax und Aı noch inn — 2 einfachen Punkten. ee Die Tangenten der C,n in einem der nfachen Punkte E sind die von E aus an die feste Curve p gehenden Tangenten. Ist. E ein ein- facher Punkt der Curve p, so gehen durch denselben n.Zweige der Curve C„, von denen sich zwei in ihm berühren, Wenn die feste Curve eine der Seiten des vollständigen Vierecks EEı E2 Es $ Mal berührt, so hat die erzeugte Curve die Ordnungs- zahl 3n — ß. *) Eine eingehende Untersuchung einzelner besonders interessanter Fälle, in welchen die feste Curve p von höherem als dem zweiten Grade ist, soll demnächst an anderer Stelle erfolgen. *) Die On ist der Ort der Brennpunkte derjenigen die Fundamentallinien berührenden Kegelschnitte, deren Axen eine feste Curve Ch umhüllen. Zum Schlusse verdient noch besondere Beachtung der Spezialfall, in welchem der feste Kegelschnitt p zu einem Punkt P zusammen- schrumpft. Die Gesammtheit der beweglichen Geraden d. h. der Tan- genten von p geht über in das Strahlenbüschel mit dem Scheitel P pP und die den beweglichen Geraden entsprechenden Kegelschnitte bilden das zum Strahlenbüschel projekti- vische Kegelschnittbüschel mit den Grundpunkten Aı, As, As, P’, wobei P’° den entsprechenden (inversen) Punkt von P bedeutet. Der Ort der Schnittpunkte der beweglichen Geraden mit ihrem entsprechenden Kegelschnitt ist das Erzeugniss der beiden projektivischen Büschel. Um das Strahlenbüschel durch eine Gleichung auszudrücken, müssen die Coordinaten seines Scheitels P oder aber die Gleichungen von zwei durch P gehenden (und P bestimmenden) Strahlen gegeben sein. Die einfachste Gleichungsform haben im Büschel P die Strahlen PAı, PA» und PAs. Wenn PA: und PAz durch die Gleichungen ee ee) 2 Ba N a as 0) repräsentirt werden, so ist für die Coordinaten von P: Xi x8 ar X. X2. X — 949 : 8% 2: d1da und für die Coordinaten des entsprechenden Punktes P’: SL UoXI N No 9a: 13. Der Strahl PAs hat die aus (1) und (2) durch Subtraktion sich ergebende Gleichung : 3 PAS) su... ger Das Strahlenbüschel wird nun repräsentirt durch: (aexe + asxs) + Alaıxı 4 asxs) = 0 oder AaıXı + ax —A-9). a8 = 0. Wenn der variable Parameter die Werthe 0, ©, — 4 annimmt, so gibt (4) respektive die Gleichungen der Strahlen PAı, PAs, PA». Das entsprechende Kegelschnittbüschel erhält alsdann die Gleichung: #) ar, a2, as bedeuten positive oder negative constante Zahlen. ie | axıx — asXıxa 4 A(aıXeXs — asXıxe = 0 oder | Aaıxexs En A2XıX3 1 A - A) = 2X — In diesem Büschel gibt es stets drei in Linienpaare zerfallende Kegelschnitte, nämlich die Gegenseitenpaare des Vierecks AıA2AsP’: AıP,, Ass; AsP', AıAs; AsP', AıAs; dieselben entsprechen den resp. Strahlen AP, Asp: Asp: Da einer Geraden eine Ellipse, Parabel oder Hyperbel entspricht, je nachdem sie den Kreis K nicht schneidet, berührt oder schneidet, so wird das Kegelschnittbüschel bei jeder beliebigen Lage des Punktes P Hyperbeln enthalten, darunter eine gleichseitige, die Inverse des Strahles PM. Dagegen können Ellipsen und zwei Parabeln nur dann vorkommen, wenn P ausserhalb des Kreises K liegt; die zwei Parabeln entsprechen den von P ausgehenden Kreistangenten. Befindet sich P auf dem Kreise, so existirt nur eine Parabel, sie ist die Inverse der zu P gehörigen Kreistangente; in diesem Falle liegt der vierte Grund- punkt P’ im Unendlichen. Endlich kann das Kegelschnittbüschel einen Kreis und zwar K selbst enthalten, wenn P ein Punkt der unendlich fernen Geraden ist und demzufolge P’ auf K liegt. Das Strahlenbüschel mit dem Scheitel P und das Kegelschnitt- büschel mit den Grundpunkten Aı, As, As, P sind nun offenbar projek- tivisch und erzeugen demnach eine ebene Curve. Das Erzeugniss dieser beiden projektivischen Gebilde ist der geometrische Ort der Schnittpunkte entsprechender Elemente; seine Gleichung ergibt sich durch Elimination von A zwischen den Gleichungen (%) und (5). Aus (A) old A — ee diess in (5) einge- : ; aıXı —- Aa3xX3 we setzt gibt: (a2x2 -}- a3x3) (aıXex3 —- axıx2) — (aıxı + a3x3)(a2xXıx3 +4 Asxıx2) — 0 oder AıXı(asXa -H AaX3) — AaX2”(AsXı -H a1ıX3) + a3X3?(aexı — ax) —0 oder 6. S aLXaXx3(A2X2 -F a3X3) — a2XıX3(AıXı + A3X3) — AsXıXa(A1Xı — a2x2 — 0 oder a2a3X1(X2? — X3?) + a1asx2(X3? — Xı?) — A1aexs(Xı? — x2?) —(. Das Erzeugniss ist daher eine Curve dritter Ordnung. Diese Cs enthält sowohl die Grundpunkte des Kegelschnittbüschels als den Scheitel des Strahlenbüschels, ferner die Punkte sel u=—1l il - Elxz=1), Hixe=1 ‚.Ee x —1l) Bao» 1 el w—l SER se —l und die Punkte Qı, Q2, Qs, in denen die Strahlen PAı, PA», PAs die resp. Fundamentallinien A2As, AıAs, AıA2 schneiden. (Tafel XI.) Diese zwölf ausgezeichneten Punkte der Cs Aı und Qi, As und Qe, As und Qs, E, Eı, Ee, Es, P und P’ sind die Durchschnittspunkte der acht Strahlen PAı, PAs, PAs, PE, PEı, PEs, PEs, PP’ mit ihren entsprechenden Kegelschnitten. (Dem Strahl PP entspricht der durch Aı, Aa, As, P, P’ bestimmte Kegelschnitt.) Die Punkte Qı, Q2, 05, welche zu den Schnittpunkten der Cs mit den resp. Funda- mentallinien xı = 0, x = 0, xs = 0 gehören, haben folgende Coordinaten : i 01) ee eb 02) OS a Re 05) DER ll. Die Cs entspricht sich selbst und zwar in der Weise, dass ent- sprechende Punkte auf Strahlen durch P liegen. *) Jeder durch P gehende Strahl hat mit der Cs ausser P noch zwei Punkte Sı und $> gemein, die zu einander invers sind und welche reell und verschieden oder zusammenfallend oder imaginär sein können. **) Sie fallen zusammen für die vier Strahlen PE, PEı, PEs», PEs. Bei dem Strahl PP’ fällt einer der Punkte Sı, S> mit P, der andere mit P’ zusammen. Nach dem Vorhergehenden ist es nun leicht, für einige der bereits bekannten Punkte der Cs die Tangenten anzugeben. Die Tan- gente in Aı ist die Gerade P’Aı, denn da die Curve sich selbst ent- spricht, so entspricht dem Punkte Q: ein dem Punkte Aı unendlich naher Punkt in der Richtung von AıP’, demnach muss AıP‘ die Cs in Aı berühren. Ebenso sind P’Ag, P’As die resp. Tangenten der Cs #*) Diess ergibt sich ohne Weiteres aus der Erzeugungsweise der Os und wird direkt nachgewiesen, wenn man ihre Gleichung transformirt. =#) Sı und Se sind die Brennpunkte eines Kegelschnittes, welcher dem Fundamentaldreiseit eingeschrieben ist; es liegen daher die Brennpunkte sämmt- licher die Fundamentallinien berührenden Kegelschnitte, deren Axen das Strahlen- büschel mit dem Scheitel P bilden, auf der Os. Add in A» und As. Dem Strahl PE entspricht ein ihn in E berührender Kegelschnitt, PE hat daher mit der G in E zwei zusammenfällende Punkte gemein, d. h. ist die Tangente der Curve in E. Aus analogen \ Gründen wird die Cs von den Strahlen PEı, PEs, PEs bezw. in Eı, Ee, Es berührt. Der Strahl PP‘ hat mit der Cs in P zwei vereinigte Punkte gemein, ist daher die zu P gehörige Tangente der Curve. In Folge dessen (und des Umstandes, dass dem Curvenelement bei P dasjenige bei P’ entspricht) muss der dem Strahle PP’ correspondirende Kegelschnitt die Cs in P’ berühren; die Tangente des durch die fünf Punkte Aı, Az, As, P, P’ bestimmten Kegelschnittes in P’ stellt somit die Gurventangente in letzterem Punkte vor. Vorstehendes wird analytisch am einfachsten bestätiget durch die Aufstellung der Gleichungen der Tangenten. Wir schreiben die Gleichung der Cs in der Form: + = A1asXı "Na —- A1AaXı?X3 ._—_ A1A2X2?X3 — 4243X1Xa? + A2A3XıX3? — 4193X2\3? — 0 und bilden Au A E Hi == er — Aalıxa — 2A1A2NıXa AI Nar - a2a3X3” ON 3 Au a e i 1 = —— — al" — ZaıaaXaX\3 — Qa29sXıXa — A193X3? Oxa cu 4 B 13 = —— = A1aaXı"? — A1daX2? —H 2a2asXıxa: — Qa1dsXexs. Oxs In diesen Ausdrücken sind nun an Stelle der x; die Coordinaten der Berührungspunkte der betreffenden Tangenten zu setzen. Für Aılaı — Mi, a2 0, %8 0) Tolgt: u >=0, Ww— aahı, u = aahı?; somit lautet die Gleichung der Tangente in Aı: asxe -H- aaxs — 0. Diess ist aber die Gleichung des zu PAı inversen Strahles P’A,. u = — azah”, w=0, w—= — aaehe?: die Tangente der Ca in As hat daher die Gleichung aXı 4 aıXs = 0, welche identisch ist mit der Gleichung von P’As. Aa 0,22 0, 5 — Dayoılı: u = ash’, w = — ash, w— 0; die Tangente in As wird also ausgedrückt durch aaxı — aıxa — (0 d.h. sie ist identisch mit dem Strahl P’As. . 2 Bern. Mittheil. 1889. Nr.-122], Bevor wir die Gleichungen der Tangenten der Cs in den Punkten E, Eı, Ea, Es, P, P‘ ermitteln, suchen wir die Gleichungen der Strahlen PE, PEı, PEs, PEs, PP’ und der zu P’ gehörigen Tangente des dem Strahl PP’ entsprechenden Kegelschnittes. Für die Goordinaten von E(1, 1,1) geht die Gleichung (4) über in a2 -- 3 + Alaı -H 33) = 0, woraus folgt: a2 -- a3 u aı | a3 Der Strahl PE erhält somit die Gleichung: k a2 -H a3 a2X2 -H AR gs | = (aıXı + a8) — 0 oder PE) ... ala + as)xı — a2la3 4 A)xe — al — 2).xs —= 0. Analog ergeben sich für PEı, PEs, PEs, PP’ die Gleichungen: PEı) aulaa -- as)xı — ae(aa — Aı)xe + as(aı 4 a2)Xs = 0 PEe) aıfaa — a3)xı - ae(as 4 Aaı)xe -H a(aı + a)ss — 0 PE;) aıl Be. A a2 — 35)Xı + a2(a3 — A)X2 — aslaı — e)xs — 0 (a2? — as?)xı - a2(43? — A”)xe — 35(a1? — a2)xs — 0. Der dem Strahl PP’ entsprechende Kegelschnitt hat die Gleichung au (aa? — A3”)xaxa -H a2(a3? — A1)xıXa — A3(aı? — A2’)XıXe — 0 und seine Tangente in P” ist agas(a2? — 33°). Xı + a1as(a3? — aı?).. X2 — aaa(aı? — 2?) .. xa — 0. Da nun uı, us, us für die Goordinaten von E, Ei, Es, Es, P, P’ die Werthe annehmen: | il 2a1(a2 -H- 5) u = — 2a1(ae: 1 &s) (E) ! w = — 22%(a + aı) (Bi) BE — 2a2(a3 — A) | Us —= — 2as(aı — 3) | — — 23(aı 4 8%) | U = 2aı(aa — As) | lı = — 2a1(aa — 35) da) a — 2a2(as -|- au) (Es)? ua —= — 222(a3 — Aaı) | il 2as(aı -- a2) if, 2351 — 33) | Un = — a1?a2as(a2” — 23°) | u = — 2a293(a2? — 35°) (PD) Us mal? — a?) (PP)! mn = — a1aslas? — ar’) | u aıa2as?(a1? — a2?) | u araz(aı? — ae?) *) *) Bei jeder dieser sechs Werthegruppen ist ein constanter Faktor weg- gelassen worden, so lauten die Gleichungen der Tangenten der Cs in E. %1, Er, Es, P, P’ folgendermassen : IE) Aula + a)Xı — alas + aı)xe — aslaı — a2). — 0 ip.) aulaa 4 a3)Xı — a2(a3 — Au)xe - as(aı -- a2)X8 — 0 tm). aılaa —— B)xı + au(as —- aı)xe + aslaı -H a2)%3 — 0 tm) Aula — 35)Xı + alas. — Aı)Xe — aslaı — as)xs — 0 ip) ala? — ad)ıı + a2(d3” — Ar”) — as(aı? — aa?)xs — 0 ip) a2as(ae” — a3*)Xı —- a1a5(25? — aı?)xe — araalaı? — aBt)xs — 0. Die Tangenten iz, Im, I., {£;, {p stimmen also vollständig mit den resp. Strahlen PE, PEı, PEe, PEs, PP’ und tp- mit der Tangente des zu PP’ inversen Kegelschnittes in P’ überein. Endlich erhält man für die Tangenten der Cs in Q1, 0, Qs fol- gende Gleichungen: iq.) ee + aıaaX2 -- alas == 0) tg.) ee aa le aı?)xe -I- aaaX8 . = U 9) - . .- AasXı — A2asX2 — (A? — aad)xs — (. Für diese Tangenten lassen sich auch sehr einfache Construc- tionen herleiten. Zu diesem Zwecke stellen wir die Gleichungen der Geraden QıP’‘, QeP’ und QsP’ auf und vergleichen dieselben mit den- jenigen von tq,, iq, und 1Q2: Die Verbindungslinie der Punkte UV 2.98: 2.0.29), Par 2.08: 9) hat die Gleichung: | Xi X2 X3 | %, 0 |2.0 oder dl. 00 0 dB | NP) =... ..kaa® —- a”) — AiaaXe — ua 0. Die vier Strahlen QıAı( = AıP), QiAs, QrP*, iq, bilden, wie aus ihren Gleichungen ersichtlich ist, ein harmonisches Büschel und zwar ist iq, der harmonisch conjugirte Strahl von QıP’ in Bezug auf QıAı und QıiAs. Um daher die Tangente der Cs in Oı zu erhalten. hat man im Büschel Qı . AıAsP’ den vierten harmonischen, zu Qı1P’ con- Jugirten Strahl zu construiren. Für Q2P’ und QsP’ ergeben sich die Gleichungen : RL RD, X3 Al, 2; “| 23, 0, — a 2,03 a, il) a, m, — 3 1, a, — 3 oder A QeP}) . . Aaexı -H (a3? — aı”)x2 -H Aasasxs — QsP‘) . . aasXı — Aeasxe 4 (aı? — a’)xs — (0. Die Gleichungen le) a ee) u N ee ae Q2P’) aıaexı + (a3? — aı?)xe -H aRasıs — 0) fg.) AragXı — (a3? — A”)x2 + azasxs — 0 zeigen, dass Q2A2, Q2Aı, QeP‘, iq, vier harmonische Strahlen sind, und zwar ist die Tangente {q, der harmonisch conjugirte zu Q>P’ in Bezug auf Q2Ae und QeAı. Endlich bilden die durch die Gleichungen (Bas Ss nu Be aa (a ea QsP}) . . A1daXı — AzäsXa - (a1? — 2’) — 0 In) - +, Adskı — Bst — (1? — 2’) — 0) repräsenlirten Strahlen Q3As, QsAı, Q3P’, tg, ein harmonisches Büschel, in welchem die Tangente iq, der zu QsP‘ conjugirte Strahl ist. Unsere Curve dritter Ordnung Kann keine Doppelpunkte besitzen. weil auf jedem durch P gehenden Strahl neben P nur noch zwei Curven- punkte liegen können; wäre num ein Doppelpunkt D vorhanden, so hätte, da dem Punkte D im Allgemeinen wieder ein Doppelpunkt ent- sprechen müsste, PD mit der Curve fünf Punkte gemein. (Aı, As, As, E, Eı, Ez, Es können nicht Doppelpunkte sein, weil in jedem dieser Punkte eine einzige Gurventangente existirt, wie nachgewiesen worden ist.)*) Aus dem gleichen Grunde enthält die Cs keine Rückkehr- punkte. Auch die folgende Betrachtung zeigt deutlich, dass die Cs weder Doppelpunkte noch Spitzen hat. Die erste Polare des Punktes P in Bezug auf die Cs ist ein Kegelschnitt, welcher durch E, Es, Es, Es, P geht und die Curve in P berührt und hat somit keine weitern als. diese sechs Punkte mit der C3 gemein. Wären nun Doppelpunkte und Spitzen vorhanden, so müssten dieselben auf der ersten Polaren liegen, und die letztere hätte alsdann mit der C3 mehr als sechs Punkte gemein, was unmöglich ist. (Die erste Polare von P’ in Bezug auf die C3 geht durch Aı, As, As. P, P’ und berührt die Cs in P*, sie ist also gerade derjenige Kegelschnitt, welcher dem Strahl PP’ entspricht.) *) Läge D in Ai oder Ei, so hätte PD vier Punkte mit der Cs gemein (im Falle D in Ei könnten PD und die Cs auch fünf gemeinsame Punkte haben, dann müsste aber E; ein Berührungsknoten der Cs sein). ER RE OR OHREN Ze Da die (Cs keine Doppel- und Rückkehrpunkte enthält, so ist ihre Klassenzahl » = u(u — 1) =6, die Zahl der Wendetangenten = 3u(u — 2) = 9 und die Zahl der Doppeltangenten ( : u(u — 2 (u — 3) (u +3) oder = —- b— (bt u— )—I. Die vorliegende Cs ist daher die allgemeinste Curve dritter Ordnung. Die G; hat im Allgemeinen drei unendlich ferne Punkte U‘, \’, W’, oo 02) die Goordinaten derselben ergeben sich durch Auflösung der Gleichungen 3 e n Xi der unendlich fernen Geraden und der Cs nach —— N: Inversen sind die im Allgemeinen von Aı, As, As verschied\nen Schnitt- punkte U, V, W des Kreises K mit der G, und. die Strahlen uv‘, YY, WW‘ gehen durch P. Um zu untersuchen, welche Strahlen des Büse hels die im Unendlichen liegenden Punkte der 63 liefern, bestimmen wir den Schnittpunkt des Strahles Da. 0 Ada are 1 1 a A)auss. — 0 mit der unendlich fernen Geraden 85) > #002 8inAiXı +: SinAexe -H sinAsxs — 0. Aus den vorstehenden Gleichungen folgt: Ne assinAs — (1 + A)assinAe x2_ (1 -HA)assinAı — AaısinAs U‘ )— — r „»—ı - : ER on’ X3 AaısinAg — AssinAı \3 AaısinAge — assinAı Soll nun U’ der Cs angehören, so muss sein entsprechender ao Punkt U, der die Goordinaten | Se ol A + A)assindı — Aausinds | |aısinAe _ aesinAı | U o| 3sinA; — (+ »)assinAe | [Aasina: — assinAı | 3 o| 3sinA; — (1-+ A)assinAe | [a1 A)assinAı — AaısinAs | hat, auf g,, K und Cs liegen. Setzt man seine Coordinaten in die Gleichung von g, ein (die Gleichung von K ist identisch erfüllt), so vesultirt die cubische Gleichung: aa] dı - ))assinAı — AaısinAs ] | Aaısina: _ assindı | -+H en — (1-4 7JassinAs | ne —_ assinA | | + a(1-+4, )|assinas—( 1-4 Jassinde | [a- A)assinAı — sinds |=0, ehe deren Wurzeln Aı, A2, As diejenigen Werthe von A liefern, welche den die Richtungen nach den unendlich fernen Punkten UV, Weder on © no (a angebenden Strahlen des Büschels zugehören. Die Gleichungen der Strahlen PU’, PV’, PW’ gehen aus der Gleichung von g, hervor, n ao [> +) . 2 wenn man in derselben A successive durch Ai, As, As ersetzt. Von den drei unendlich fernen Punkten der Cs ist stets mindestens einer reell. Bezeichnet U’ den letztern, dann entspricht dem Strahl PU’ eine on ao Hyperbel, die durch Aı, As, As, U, U’ geht und deren eine Asymptote also parallel zu PU sein muss. Zu PU parallel verläuft auch die Tan- gente der (3 in U’, d. h. eine Asymptote der letztern. Dieser Asymp- X tote entspricht ein Kegelschnitt, welcher durch Aı, As, As, U geht und die Cs in U berührt. Derselbe könnte zur Construction der Asyınptote D benutzt werden, wenn man seine Tangente, mithin auch diejenige der Cs, in U kennen würde. Die beiden erwähnten Asymptoten (der Hyperbel und der C3) können nur dann IB zusammenfallen, wenn P auf dem Kreise K liegt; in diesem Falle ist dann P mit U \\ \ } und P’ mit U identisch, und da die Hyper- 4; bel und die Gs sich in U‘ berühren müssen, no 4 K ae ” rm a s so ist PU’ die Tangente der Cs in U, und IR u es kann daher die Asymptote der (3 leicht eonstruirt werden, entweder nach dem Pascal’schen Satze oder mit Hülfe des der Asymptote entsprechenden Kegelschnittes, der die Cs (also auch PU‘) in U berührt. | pt Fällt speziell P(U) mit einem der Punkte = X, Y, Z (vergl. pag. 42) zusammen, so be- rührt PP’ und in Folge dessen auch die G3 den Kreis K in P, und die unendlich ferne Gerade ist die Tangente in P’ sowohl für die dem n Strahl PP’ entsprechende Parabel als für die (3 (die vorige Asymptole ist ins Unendliche gerückt). In P’ sind zwei unendlich ferne Punkte U‘ und Y der (3 vereinigt, und ös existirt ausser diesen ein dritter W, welcher reell sein muss. Die Tangenten der Cs in U und Ü können auch in dem Falle durch einfache Construction gefunden werden, in welchem P im Un- Ba endlichen liegt, also P und P’ resp. mit U’ und U zusammenfallen. Rn Alsdann ist PU die Asymptote der Cs, und daher müssen die Cs und die zu PU inverse Hyperbel in U die nämliche Tangente haben. Je nach der Lage von P hat die (3 drei reelle und von einander verschiedene unendlich ferne Punkte, —- oder zwei imaginäre und einen reellen, — oder drei reelle, wovon zwei zusammenfallen. Im ersten Falle ist unsere Curve eine zweitheilige Curve dritter Ordnung, sie besteht aus einer sogen. Serpentine (welche in die con- choidale Form übergehen kann) *) und einem sogen. hyperbolischen Paar, d.h. zwei unendlichen (hyperbolischen) Aesten, die als eine stetig zusammenhängende Curve zu betrachten sind. Bei speziellerer Lage von P kann die Serpentine zur geraden Linie werden, und der übrige Theil geht in eine Hyperbel über (welche auch gleichseilig sein und im speziellsten Falle in ein Linienpaar zerfallen kann). Bei drei unendlich fernen Punkten kann die Ga aber auch bestehen aus einem Oval und drei unendlichen Aesten, die eine zusammenhängende Curve bilden. Wenn die unendlich fernen Punkte gewöhnliche Punkte sind, so hat einer der Aeste keinen Inflexionspunkt, der zweite einen und der dritte zwei Inflexionspunkte. Liegt dagegen ein Inflexions- punkt im Unendlichen, so können entweder zwei Aeste mil keinen und ein Ast mit zwei Inflexionsstellen oder zwei Aeste mit je einem und ein Ast mit keinem Inflexionspunkt vorkommen. Im zweiten Falle, in welchem nur ein unendlich ferner Punkt, also auch nur eine Asymptote existirt, setzt sich die Cs zusammen aus einem Oval und einer Serpenline. Leiztere kann in eine gerade Linie und das Oval in eine Ellipse, speziell einen Kreis übergehen. Im dritten Falle kann die Cs bestehen aus einer Serpentine und einem Oval, welches parabolische Form hat, d. h. die unendlich ferne Gerade berührt; die Serpentine kann speziell zur Geraden und das Oval zur Parabel werden. Oder die beiden Theile der (s sind ein Oval und eine Curve, welche eine Asymptote hat und die unendlich ferne Gerade berührt, d. h. eine Curve, welche in parabolischer Form auseinander geht. Ein Zweig der letztern hat zwei Inflexionspunkte, der andere einen oder, wenn ein Inflexionspunkt im Unendlichen liegt. so haben beide Zweige je eine Inflexionsstelle. Die viel Interessantes bietende Untersuchung aller möglichen Spezialfälle, welche ich vollständig durchgeführt habe, soll den Gegen- stand einer besondern Abhandlung bilden, die demnächst veröffent- licht wird. #) Vergl. Salmon-Fiedler, Art. 205. dieselben durch ihre reciproken Werthe, d.h. wendet die durch die Relationen &ı' = A&eSs, &' —Aı&, &3' — ASı&e ausgedrückte birationale quadratische Transformation (Methode der Inversion) an, wobei einer Geraden & eine einzige, bestimmte Gerade & —= -.- und umgekehrt Legt man Liniencoordinaten ($ı, &, &) zu Grunde und ersetzt un entspricht, so entsprechen sich oder sind zu einander invers: Punkt und Curve zweiter Klasse (welche dem Fundamentaldreiseit eingeschrieben ist), Gerade und Gerade, . Curve zweiter Klasse und Gurve vierter Klasse (mit drei Doppel- tangenten in den Coordinatenaxen ; für dieselbe ist im All- genetenn u. 0 du 5% — 60 Gurve n. Klasse und Curve von der Klasse 2n (letztere hat die Fundamentallinien zu nfachen Tangenten). Zu dem behandelten Problem, als dessen Lösung sich die Curve sechster Ordnung mit sieben Doppelpunkten und keinen Spitzen ergab, gibt es nun das folgende dualistisch entsprechende: Ein Punkt S bewege sich auf einem festen Kegelschnitt, man bestimme die ae der durch S gehenden Tangenten der Curve zweiter Klasse, welche als Inverse dem Punkte S entspricht. Die Untersuchung, von welcher ich an dieser Stelle nur die Resultate mittheilen will, ergibt als gesuchte Enveloppe im allgemeinsten Falle eine Curve sechster Klasse mit sieben Doppeltangenten und keinen stationären Tangenten. Die Doppeltangenten sind die drei Fundamental- Inien 0 0der 3 0, 23220; == oder Ei 0, 85.0 s0oerai—(: ) und die vier sich selbst entsprechenden Geraden e, ei, e2, es, deren Ne Salz (el 2 1 > ae), (ar Ns 5), Seh, 5 & — — 1) oder deren Punktcoordinatengleichungen lauten (e ) Xi + X2 -H el) (4) -_ u -H + ss — 0 (e2) x —\-- x = 0 (e3) Xi —- 2— gs —=(. Da» ==6,7—=7,ı= 0, so sind die übrigen Plücker’schen Charaktere der Curve u — 161872 = 30,00 2.12, d. h. sie hat 30 Spitzen, 72 Doppelpunkte und ist von der 16. Ordnung. Schneidet der feste Kegelschnitt p die Fundamentallinie ArAs in zwei Punkten Bi, Bı*, so sind die Schaittpunkte By‘, Bi’ der resp. Inversen von AıBı. AıBı* (AıBı und AıBı* sind Tangenten der CP) mit AgeAs die Berührungspunkte der Doppeltangenle A2As (letztere sind imaginär, wenn A2As den Kegelschnitt p nicht schneidet). Fallen Bı und Bı* zusammen. d. h. wird AsAs von p’herührt, dann vereinigen sich Bı“ und Bı®, d. h. die Doppeltangente AsA; geht in eine In- flexionstangente über. Es fallen auch die beiden Tangenten AıBı und AıBı* zusammen, und die C° geht daher durch Aı hindurch (Aı wird Berührungspunkt der Curventangente AıBı). Analoges gilt für die übrigen Fundamentallinien. Die Berührungs- pnnkte der Doppeltangenten e, ei, @2, es sind die resp. Schnittpunkte dieser Linien mit dem festen Kegelschnitt p. Berührt p eine der Linien & (i==0, 1, 2, 3), dann sind im Berührungspunkt &, die beiden Berührungspunkte der Doppeltangente e; vereinigt, von &, aus gehen an die C® sechs Tangenten, von denen vier mit e; zusammenfallen ; es sind daher in e; vier Curventangenten vereinigt oder die Tangente e; zählt als Doppeltangente zweifach, ist also keine Inflexionstangente. Die sechs Ecken des vollständigen Vierseits eeı eees sind Punkte, die sich selbst entsprechen: geht demnach der feste Kegelschnitt p durch einen derselben. so sondert sich dieser (resp. das Strahlen- büschel. dessen Scheitel er ist) als ein Theil der Enveloppe ab, und der Rest derselben ist eine Curve fünfter Klasse. Enthält p vier (die höchste Zahl) sich selbst entsprechende Punkte, so reduzirt sich die C% auf eine C?, welche in ein Punktepaar zerfällt. Die Cıs® ist zu sich selbst invers (in Bezug auf die Tangenten) und zwar in der Weise, dass je zwei entsprechende Tangenten der Curve sich in einem Punkte des festen Kegelschnittes schneiden. Von jeder einem Punkte S entsprechenden Curve zweiter Klasse kennt man drei Tangenten (die Fundamentallinien) und die Berührungs- ern. Mittheil. 1889. Nr. 1222. nr len punkte derselben (der Berührungspunkt auf der Fundamentallinie AxAı ist der Schnittpunkt von A;S’ mit AyAı, wobei A;S’ den zu A;S inversen Strahl bedeutet). Es können daher sämmtliche Tan- genten der Cıs® leicht construirt werden. ‚Spezialfall. Bewegt sich der Punkt S auf einer geraden Linie g, dann resultirt als Enveloppe der Tangenten, die von S aus an seine inverse Gurve zweiter Klasse möglich sind, eine Curve dritter Klasse, welche keine Doppeltangenten und Inflexionstangenten hat, demnach neun Spitzen und keine Doppelpunkte besitzt und von der sechsten Ordnung ist. Diese Gurve ist die dualistisch entsprechende zu der ausführlich behandelten 03° und repräsentirt das Erzeugniss der auf & befindlichen Punktreihe mit der zu letzterer projektivischen Kegelschnittschaar, deren Grundtangenten die Fundamentallinien und die zu g inverse Gerade g° sind. Dr. Max Marckwald. Werden die Athembewegungen vom Rückenmarke beherrscht ? (Vorgetragen in der Sitzung vom 15. Dezember 1888.) Die Lehre, wonach im Rückenmarke besondere Centra für die Athmung gelegen sind, ist eine neue. Bis vor wenigen Jahren galt allgemein noch der alte Grundsatz Galen’s, dass die Athmung lediglich vom Gehirne abhängig sei. «Durchschneidung des Markes am ersten oder zweiten Halswirbel» — lehrte Galen im zweiten Jahrhundert unserer Zeil- rechnung — «tödtet Säugethiere sogleich». In der Folge hat sich eine grosse Reihe berühmter Forscher mit der Lage des Athemeentrum be- schäftigt. So schrieb der bekannte französische Physiologe Lorry im Jahre 1760 in seiner Abhandlung «Über die Bewegungen des Gehirns» und zwar, wiees scheint, ohne die Versuche Galen’s über diesen Gegen- stand zu kennen: «Sticht man ein Messer oder Stilet zwischen zweilem und drittem Wirbel in das Rückenmark ein, so erhält ınan keine Krämpfe, sondern das Thier stirbt auf der Stelle und Puls und Athmung hören für immer auf». Ähnliche Versuche mit denselben Ergebnissen wieder- holte im Jahre 1796 Cruikshank. Legallois aber war der Erste, welcher die Stelle, von der die Athmung abhängt, in das verlängerte Mark verlegte. Im Jahre 1811 theilte er Sachverständigen des In- stitut de France seine Erfahrungen in Bezug auf den Ursprung der Athembewegungen mit und veröffentlichte diese im folgenden Jahre in einer Abhandlung unter dem Titel «Exp6riences sur le principe de la vie». Hiernach fand er die Atlhmung nicht vom ganzen Gehirne beherrscht, sondern von einer ziemlich umschriebenen Stelle des verlängerten Markes (von Steiner jetzt Nackenmark genannt). Diese Stelle sollte in geringer öntfernung vom Hinterhauptsloche liegen und sich gegen den Ursprung der Lungenmagennerven hin erstrecken. Legallois‘ Lehre bestätigten Budge und Volkmann (1841), welche fanden, dass ein Schnitt in der Gegend des calamus scriptorius die Alhmung aufhebt. In einer grösseren Reihe von Aufsätzen, welche in die Jahre 1842—1862 fallen, suchte dann Flourens die Lage des Athemcentrum noch näher zu umgrenzen. Von — 0. “ ihm rührte der Name: Lebensknoten, na@ud vital oder point vital her, welcher dauernd im Gedächtnisse der Nachwelt geblieben ist und die Verdienste Legallois’ ungerechterweise fast in Vergessenheit gebracht hatte. Ich will mich darauf beschränken anzudeuten, dass Flourens zuerst den Sitz des Athemcentrum in die Gegend der Ursprungsstelle der Nn. Vagi setzte, sich aber besonders dagegen verwahrte, als ob diese Ursprünge selbst das Athemcentrum vorstellen könnten, da man doch, wie er naiv ausführte, die Vagi am Halse durchtrennen dürfe und trotzdem die Athmung forldaure. Später verlegte Flourens den Haupt- sitz der Athmung an die Spitze des Winkels der grauen Substanz und verglich seine Ausdehnung mit der Grösse eines Stecknadelkopfes, da- her die Bezeichnung «point vital», und schliesslich änderte er seine Ansicht dahin, dass der Lebensknoten etwas höher und zu beiden Seiten der Mittellinie anzunehmen wäre; seinen Durchmesser berechnete er auf 5 Millimeter. Inzwischen hatte bereits im Jahre 1847 Longet gefunden, dass der von Flourens als Sitz des Athemcentrum angesprochenen Stelle nicht in ihrer ganzen Dicke die Eigenschaft zufalle, die Alhmung sofort zu vernichten, sondern nur den in derselben Höhe gelegenen Zwischenbündeln, welche, reich an grauer Substanz, Ganglienkugeln und Gefässen, sehr wohl geeignet seien, im Mittelpunkte des Nackenmarkes einen besonderen Heerd der Erregung zu bilden. Dieses Bündel wurde später von Milne-Edwards «Athmungsbündel» genannt. In die Seiten- stränge des verlängerten Markes verlegte auch Schiff nach eigenen Versuchen den Sitz des Athmungscentrum. Im Jahre 1873 erschien dann die Untersuchung von Gierke, welche ein neues Licht in die betreffende Frage zu werfen schien und sozusagen die anatomische Grundlage einer Reihe späterer physiologischer Arbeiten geworden ist. In dieser Untersuchung wird zuerst die Einheit des Athemcentrum im Sinne der vorangehenden Forscher geleugnet, Erneute vielfache Durch- (rennungen des Nackenmarkes und mikroskopische Musterung der abgetrennten Theile führten Gierke zu der Ansicht: es gäbe keine be- stimmte Zellengruppe in der vierten Hirnhöhle, deren alleinige Ver- nichtung den Stillstand der Athembewegungen und den Tod des Thieres zur Folge hätte. Gesonderte Zerstörung der Hypoglossus-Kerne oder der Vagus-Kerne wäre wirkungslos, oder erzeugte doch nur ganz vor- übergehende Änderungen der Athmung. Die Athmung würde dagegen vernichtet, wenn man die Längsbündel feiner Nervenfasern zerstörte, welche von den vorhingenannten Kernen herrührten, sich von diesen abzweigten. Nach Krause sollen diese Bündel die Verbindungsbahnen Ba zwischen Vagus und Phrenicus bilden, nach Schwalbe stellen sie ent- wickelungsgeschichtlich aufsteigende Wurzeln der Vagus-Gruppe dar, welche in der Höhe dieser Gruppe angelangt, den drei Nerven derselben : dem Accessorius vagi, dem Vagus und Glossopharyngeus, oberflächlich Faserbündel abgeben und sich besonders an der Bildung der Wurzel- bündel des Vagus betheiligen. Diese Bündel sind also nach Gierke die Hauptleiter der Athemarbeit und erhalten ihre Erregungen von verschiedenen Zellengruppen, mit denen sie in mehr oder weniger nachweisbarer anatomischer Verbindung stehen. Da es Gierke nun nicht gelang, diese Zellengruppen einzeln auszuscheiden, so betrachtete er Zellengruppen und Längsbündel als gleichwerthig beigeordnete Theile eines Ganzen, das noch immer den Namen Athemcentrum verdiente, wenn es sich auch sehr von dem Flourens’schen unterschiede. Zwölf Jahre beherrschte diese Anschauung die physiologische Lehre, bis im Jahre 1885 Mislawsky, ebenfalls auf Grund sowohl physiologischer, als ana- tomischer Untersuchungen die Ergebnisse Gierke’s verwarf. Nach Mis- lawsky haben die Gierke’schen Bündel keine Beziehungen zu den Athembewegungen. Das Centrum der Athmung bilden diejenigen Zellen- gruppen, welche in Longet's Zwischen- oder Längsbündeln der Seiten- stränge eingelagert sind. In einer späteren Mittheilung, der letzten vor seinem Tode, suchte Gierke an seiner Auffassung gegen Mislawsky festzuhalten, fand nım aber auch in seinen Athembündeln «Nerven- zellen oder besser gesagt graue Masse», welche somit den Hauptheerd der Athmung bilden sollte. Hiernach war auch von Gierke die Lehre von der Einheit des Athemcentrum wieder hergestellt. Alle die bisher erörterten Arbeiten trugen, so verschieden auch die Antworten auf wichtige Einzelfragen sich dabei gestalteten, den einen gemeinsamen Grundgedanken, dass der einheitliche Sitz des Athmungs- centrum sich im Nackenmarke befände und zwar in der Nähe der Vagus- Ursprünge. Diese, von der weitaus grossen Mehrheit der Physiologen und Ärzte angenommene Lehre bestand aber durchaus nicht ohne Wider- sprüche. Brown-Sequard, dem wir eine weitaus reichliche Litteratur über die Beziehung der Athmung zu den nervösen Central-Organen verdanken, ‚hatte bereits im Jahre 1855 behauptet, dass ein Thier auch nach Ent- fernung des ganzen Nackenmarkes noch atlhmen könne, und später (1858), dass die Athmung auch ohne Lebensknoten kräftig und regelmässig andauern könne. «Unter gewissen Umständen und bei gewissen Thieren», sagt er wiederum 1860, «kann man auch nach Abtragung des ver- längerten Markes Athembewegungen sich vollziehen sehen. Dr. Bennett — 62 — Dowler aus New-Orleans hatte dieses Fortbestehen bei Krokodilen beob- achtet, ich habe es bei den Vögeln festgestellt und habe es häufig in meinen Vorlesungen gezeigt. Ferner haben Dr. Richardson aus London und ich selbst es bei neugeborenen Säugelhieren angetroffen». Auch Rokitansky und v. Schroff hatten 1874 bei Kaninchen mit durch- {renntem Halsmarke, welche mit Strychnin vergiftet waren, noch einige wenige Athembewegungen während der Strychnin-Krämpfe gesehen und daraus geschlossen, dass es im Rückenmarke ein Centrum für rhythmi- sche Bewegungen gäbe, welches im Leben nur während des Zusammen- hanges mit dem Gehirne (hätig wäre, durch Strychnin aber für kurze Zeit, selbst nach Aufhebung dieses Zusammenhanges, zu arbeiten ver- möchte. Andererseits fanden Martin und Booker und besonders Chr istiani, dass auch im 3. Ventrikel, in den Vierhügeln, in der Brücke Gentra der Athmung sich fänden und zwar gesonderte für Einalhmung und Aus- athmung. Ja, Christiani verstieg sich einmal so weit, dıese höher ge- legenen Centra als den Herrst hersitz der Athmung aufzufassen, während die in der Brücke und im Nackenmarke befindlichen Gentra nur als die Ausläufer der drei oberen in Seh- und Vierhügel gelagerten Athemsitze zu betrachten wären. Die grösste Umwälzung jn den bisherigen An- schauungen brachten aber die zahlreichen, planvollen Arbeiten Langen- dorffs und die beiden Aufsätze Wertheimer’s über die Rückenmarks- athmung. Warm und geschickt vertheidigen diese Verfasser ihre Lehre: wonach die eigentlichen Gentra der Athmung im Rückenmarke liegen sollen. So sagt Wertheimer, und drückt dabei gleichzeitig Langendorff’s Ansicht aus: Das Rückenmark ist das unmittelbare Gentrum der Athem- bewegungen des Rumpfes; getrennt von dem Nackenmarke fährt es fort, den Brust- und Bauchmuskeln rhythmische Antriebe zu senden ; sein Tonus und seine Reflexthätigkeit bestehen weiter. Ja die Abtragung der höheren Gentra solle die rhythmische Thätigkeit des Rückenmarkes noch deutlicher werden lassen. , Die Wirkung des. Nackenmarkes auf die Athmung sei nur ordnender Natur. Wegen der Neuheit und Wichtigkeit dieser Schlüsse für die eanze Lehre der Athmung sind wir gezwungen, die Arbeiten Langen- dorff’s und Wertheimer’s etwas genauer durchzugehen. Langendorff benutzte zu seinen Versuchen über Rückenmarksathmung hauptsächlich neugeborene Thiere, meist Kaninchen, doch auch Kätzchen nnd junge Hunde. Das Nackenmark wurde dicht unterhalb der Spitze des calamus seriptorius vom Halsmarke abgetrennt und die Thiere wurden ganz leicht init Strychnin vergiftet; sie atlhmeten dann, von Zeit zu Zeit durch künstliche Athmung erholt, längere Zeit wie gesunde Thiere. Wert- heimer verwendete dagegen nur ältere Thiere und zwar ausschliess- lich Hunde: am günstigsten erwies sich ein Alter von 3 bis 6. Mo- naten und wenig darüber; doch gelangen die Versuche auch an vollständig entwickelten Thieren. Keines derselben erhielt Strychnin, noch sonst ein Gift. Nach Abtrennung des Nackenmarkes genügte eine sofort eingeleitete künstliche Athmung von '/s bis 5 Stunden, um die Rückenmarksathmung in den Gang zu bringen: dann alhımeten die Thiere, auch nach Aussetzen der künstlichen Lüftung, selbständig 25-30 -—-40 Minuten lang. Wurde die künstliche Athmung zeit- weise erneut, so sah Wertheimer seine Hunde ganze Stunden lang die Athembewegungen aufschreiben. Noch günstiger waren die Er- gebnisse, welche er in seiner zweiten Arbeit auseinandersetzie, wenn die Thiere vor Abtrennung des Nackenmarkes vom Halsmarke künstlich abgekühlt wurden. Auf einer Holzplatte befestigt, waren sie einem stetig laufenden Wasserstrome ausgesetzt, welcher sie so lange überspülte, bis die Mastdarm-Temperatur auf 28 — 25—22—20 und selbst auf 18°! herabgedrückt worden war. Schnitt man dann das Nackenmark ab, so stellte sich die Rückenmarksathmung schon 5 bis 15 Minuten, ja selbst unmittelbar nach der Operalion ein; ebenso traten die Re- flexbewegungen viel früher auf, als bei nicht abgekühlten Thieren. Verlauf und Form der Athembewegungen zeigten bei den verschieden behandelten Thieren im Grossen und Ganzen keinen Unterschied. Als sehr bemerkenswerth ist nun aber hervorzuheben, dass die Athem- bewegungen der Thiere ohne Nackenmark, welche Langendorff be- obachtete, gänzlich verschieden sind von denen, welche Wertheimer beschrieben hal und zwar sowohl in ihrer Form, als in ihrem Verlaufe, sowohl in ihrer Entstehungs-Ursache, als in den Bedingungen ihrer dauernden Thätigkeit. Nach Langendorffs Befund ist die Rückenmarksath- mung tief, langsam und unregelmässig, wie eine Atmung nach Vagus-Aus- fall: in Wertheimer’s Versuchen dagegen oberflächlich, häufig und un- regelmässig «une vraie anhelation du {ronc» bis 130 Athmungen in { Minute und nie unter 50! Während Langendorff eine Betheiligung des Aus- athmungscentrum nur dann sah, wenn das Einathmungscentrum erschöpft war, oder der Sauerstoff-Mangel des Blutes sehr gross wurde, war in Wert- heimer’s Versuchen das Ausathmungscentrum stets das erste, welches in Thätigkeit trat, viel früher als das Einathmungscentrum. Erst allmählich stellte sich das rhythmische Spiel des Zwerchfells und der anderen Ein- athmungs-Muskeln ein. Eine dazwischen fallende Blutung dagegen konnte re ; die Einathmungscentra wieder ausser Thätigkeit setzen, während die Gentra der Ausathmung noch weiter arbeiteten. Langendorff fand, dass das Erstickungsblut die Ursache für Erregung der Athemcentra des Rückenmarkes abgibt, Wertheimer dagegen, dass das Blut für das Zustandekommen der Athmung überhaupt ohne Einfluss ist. Die Thätig- keit der Rückenmarks-Alhemcentra begann ja nach Wertheimer bereits während der künstlichen Athmung ; auch wuchs während der Dauer der Erstickung weder die Tiefe noch die Zahl der Rückenmarksathmungen, wie es bei gewöhnlicher Atlhmung zu geschehen pflegt, vielmehr blieb die Häufigkeit der Athmung stets dieselbe, bis sie erlosch. Durch fortgesetzte künstliche Atlhmung vermochte Langendorff die Rücken- markscentra apnoisch zu machen, Wertheimer nicht. Langendorff be- obachtete bei den enthaupteten Thieren eine vollkommene Überein- stimmung der Bewegungen an Kopf und Rumpf, weil nach seiner Meinung beide Centra gleichzeitig vom venösen Blute gereizt werden. Wertheimer dagegen findet bei seinen Versuchsthieren, dass die Be- wegungen des Kopfes und des Rumpfes durchaus nicht gleichzeitig ver- laufen. Während, wie erwähnt, der Rumpf 50-130 zuckende Be- wegungen machte, athmete der Kopf nur 8—10 Mal in 1 Minute und mit zunehmender Erstickung noch langsamer und dyspnoischer. Während Langendorff meint, dass das Kaltblütigwerden der Säugethiere immer mit einer bedeutenden Herabsetzung der centralen Nervenleistung ein- hergehe, daher ein solcher Zustand sehr ungünstig für die Ent-, stehung und Fortdauer der Rückenmarksathmung sei, findet Wertheimer, dass hochgradige Abkühlung der Thiere besonders günstig auf diese Athmung wirke, ja dass sie sogar den hemmenden Einfluss des Rücken- mark-Schnittes aufhebe. Diese tiefgehenden Unterschiede in den Beobachtungen sind sicher- lich nieht dadurch zu erklären, dass Langendorff neugeborene oder ganz junge Thiere, vorzüglich Kaninchen, doch auch Katzen und Hunde, zu seinen Versuchen benutzte, Wertheimer nur ältere Hunde verwandte. Und wenn Langendorff dann in der 7. Mittheilung der «Studien über die Innervation der Athembewegungen» sagt: «Die Übereinstimmung mit Wertheimer in den hauptsächlichsten Versuchsergehnissen und, was mir besonders werthvoll erscheint, die Übereinstimmung auch in den aus den Versuchsergebnissen abgeleiteten Schlussfolgerungen ist so gross, dass ihr gegenüber kleine, auf unbedeutende Einzelheiten be- zügliche Differenzen nicht in Betracht kommen», so werden vorurtheils- freie Leser diesem Ausspruche nicht beistimmen können. Aus den so durchaus verschiedenen Ergebnissen von Versuchen, wird man mit viel grösserer Berechtignng schliessen dürfen, dass die Verfasser ganz verschiedene Erscheinungen gesehen haben, aus denen man die Fähigkeit des Rückenmarks die Athmung zu beherrschen nicht folgern kann. Seit Galen ist es bekannt, dass ein Schnitt unterhalb des Nackenmarkes die Athmung sofort aufhebt. Wenn die Centra der Athmung unterhalb des Schnittes lägen und ihre Verbindung mit den Athemmuskelnerven nicht unterbrochen wäre, weshalb athmen die Thiere nicht ?_ Brown - Sequard meinte: der Schnitt reize die be- nachbarten Theile des verlängerten Markes und hemme so den Herzschlag, demzufolge dann auch die Athmung aufhöre. Wenn man zuvor die Vagi abgelrennt habe, so tödte die hohe Rückenmarks- durchschneidung nicht. Dies hat sich als unrichtig erwiesen. Langen- dorff erklärt den Fortfall der Athmung nach Abtrennung des Nackenmarkes einerseits als eine Folge der durch den Schnitt gesetzten Reizung der Trigeminus- und Vaguswurzeln, welche hemmend auf die Athmung wirke; andererseits sollen in den der Verletzung nahegelegenen Stellen des Rückenmarkes Lähmungen zumal der Reflexe erzeugt werden: eine sogenannte Shockwirkung eintreten. Ebenso macht Wertheimer den Wund-Shock für den Stillstand der Athmung verantwortlich. Für die Vertheidiger der Rückenmarksathmung hat das klassische Athem- centrum am Boden der Rautengrube höchstens die Bedeutung eines Ord- ners der Atlhmung. Am deutlichsten erklärt uns wieder Wertheimer den Einfluss und die Thätigkeit dieses Centrum. Es bringt nach ihm Mässi- gung und Regelmässigkeit in die ungezügelten Athmungen des Rücken- markes, es verstärkt ihre Tiefe, es vermindert ihre Häufigkeit, es zwingt das Ausathmungscentrum zur Unthätigkeit, es bewirkt, je nach dem Blute, von welchem es umspült wird. geordnete Athmung, Athemnoth, Apnoe u. s. w. Langendorff dagegen, bei seinen langsamen Rücken- marksathmungen, muss den ordnenden Einfluss des Nackenmark-Athem- centrum fast entgegengesetzt auffassen. Sie werden mich nun mit Recht fragen, wo denn eigentlich das Athemcentrum seinen Sitz habe, und je nach Ihren allgemeinen physio- logischen Anschauungen oder auf Autoritätsglauben hin sich entscheiden, ob die dritte Hirnhöhle und die Vierhügel, ob die vierte Hirnhöhle oder das Halsmark den Vorzug verdienen, oder Sie werden mit einer grossen Reihe von anerkannten Physiologen der Anschauung liuldigen, dass es gar kein einheitliches Athemcentrum im Sinne der früheren Bern. Mittheil. 1889. ; Nr. 1223. — 66 — Gelehrten gebe, sondern dass eine grössere Zahl von Regierungs- sitzen für die Alhmungsinnervation bestehe, welche entweder einander gleichwertig oder die einen den anderen über- oder untergeordnet seien. Solchen Meinungen bin ich in einer grösseren Versuchsreihe gegenübergetreten, welche ich auf Anregung und grossentheils in Ge- meinschaft mit Professor Kronecker unternommen und dann im Jahre 1886 in der Zeitschrift für Biologie unter der Überschrift «die Athem- bewegungen und deren Innervation beim Kaninchen» veröffentlicht habe. Zahlreiche Versuche nach den verschiedensten Richtungen hin, haben mir den Beweis geliefert, dass der Sitz des klassischen Athemcentrum nicht verschoben zu werden braucht, dass es weder in höher ge- legenen Hirntheilen, noch im Rückenmarke Gentra der Athmung gibt. Für die höher gelegenen Theile war der Beweis nicht so schwierig zu erbringen. Erstens blieb, nachdem ein Querschnitt das Nackenmark in der Höhe der tubercula acustica durchtrennt hatte, die Athmung regelmässig, maschinenarlig, und zweitens entstand Kopfdyspnoe nur dann, wenn der Trennungsschnitt unterhalb der Vaguskerne fiel. Deshalb aber leugnete ich keineswegs den grossen Einfluss, welcher von höher gelegenen Hirntheilen auf die Athmung ausgeübt werden kann; ich habe vielmehr gerade diesen Einfluss betont und seine Be- deutung geschildert und jetzt schon eine ganze Reihe von Anhaltspunkten gewonnen, um zu entscheiden, von woher und auf welchen Bahnen sich dieser Einfluss geltend macht. Döch davon ein anderes Mal. Was die Rückenmarksathmung betrifft, so zeigte ich, dass sowohl die auf directe elektrische Reizung des Rückenmarks erhaltenen, als bei strych- nisirten jungen Thieren beobachteten reflectorischen und selbständigen Zusammenziehungen der Athemmuskulatur, nach Abtragung des Nacken- markes, keine gewöhnlichen Athembewegungen, sondern Athemmuskel- krämpfe waren. Bei künstlich gesteigerter Erregbarkeit des Rücken- marks genügen leise Erregungen, sei es von der Haut, sei es von der Schnittfläche aus, um allmählich, durch Anhäufung der Reize, krampf- artige Zusammenziehungen, sowohl des Zwerchfells, wie auch anderer Athem- und Körpermuskeln zu erzielen, gerade so, wie man sie künst- lich durch unmittelbare elektrische Reizung des Rückenmarks erhält, Wollte man aber auch annehmen, dass die natürlichen Reize von der Schnittfläche, oder von der Haut aus nicht unterbrochen, sondern fort- während und in gleicher Stärke einwirkten, so liessen sich trotzdem die rhythmischen Bewegungen des Zwerchfells, wie sie Langendorff und ich beobachtet hatten, leicht erklären. Es gibt genug Beispiele rg \ı in der Physiologie, welche zeigen, wie fortwährend fliessende Erregungen rhythmische Auslösungen bedingen. Ja man kann sogar den Beweis liefern, dass nicht nur organische, sondern auch willkürliche Muskeln, von ihren Nervencentren losgelöst, fortfahren rhythmische Bewegungen auszuführen. Beim Zwerchfellmuskel ist ein solches Verhalten schon recht frühzeitig und unter den verschiedensten Bedingungen beobachtet worden. Rhythmische Bewegungen und besonders Krämpfe der Athem- muskulatur sind also durchaus kein Beweis für das Bestehen von Gentra der Athmung. Alle meine Erfahrungen sprechen gegen das Vorhandensein solcher Centra im Rückenmarke und die von Langendorff beobachteten Erscheinungen lassen sich alle leicht aus längst bekannten Thatsachen erklären. Während nun die Lehre von höher gelegenen Centra keine weiteren Verfechter gefunden hat, wurde diejenige der Rückenmarksathmung durch die besprochenen Aufsätze von Wertheimer und durch neuere Mittheilungen Langendorff’s weiter ausgebaut. Um einen klaren Einblick in die von Wertheimer geschilderten Erscheinungen zu erlangen, musste ich vor allen Dingen seine Versuche wiederholen. Bei 3—6 Monate alten Hunden und bei Katzen wurde mit einem glatten Schnitte das freigelegte Nackenmark, dicht unterhalb der Spitze des calamus scriptorius, vollständig quer abge- trennt. Sodann unterhielt ich bei den nicht mehr selbständig athmenden Rückenmarksthieren mittels des Kronecker’schen Respirationsapparates 2—4 Stunden lang künstliche Athmung und zwar meist der Art, dass die Luft durch einen über dem Gasleuchter aufgehängten Kupferkasten erwärmt zum Thiere gelangte. Trotzdem sank die Mastdarm-Temperatur der Versuchsthiere nach mehreren Stunden bis auf 27°C. So behandelte Thiere zeigten ein ganz eigenthümliches Verhalten. Allmählich begannen sie mässig schnelle, rhythmische Bewegungen zu machen. Vorder- und Hinterpfoten beugten und streckten sich gleichzeitig, krampfartig. Die Wirbelsäule folgte diesen Bewegungen, krümmte und streckte sich ab- wechselnd. Hals und Nackenmuskeln zogen den Kopf nach vorn gegen die Brust, oder nach hinten gegen das Rückgrat. In gleichem Rhythmus wie die Glieder wurde der Brustkasten nach ein- und abwärts bewegt, und zwar mit scheinbar grosser Gewalt. Dann schnellte er in seine Ruhe- lage zurück, ganz in derselben Art, wie man bei nicht mehr athmenden. Menschen nach demArmand-Sylvester’schenVerfahren, durch rhythmischen Druck auf den Brustkasten künstliche Athmung herstellt. Ferner zogen Sich die Bauchmuskeln heftig zusammen und die Luft entwich mit hör- barem Geräusche aus der Luftröhre. Ein wirkliches Heben der Rippen rl konnte ich nie bemerken; nie ging der Brustkasten im Sinne der Ein- athmung über die Gleichgewichtslage hinaus. Diese rhy(hmischen Krampf- bewegungen des Thieres zeigten an Zahl keine Übereinstimmung mit dem Rhythmus des athmenden Wassertrommel-Gebläses. Nachdem die künst- liche Athmung unterbrochen ist, sieht man diese Zusammenziehungen noch lange Zeit, wohl bis zu einer Stunde und darüber fortgehen, dann werden sie schwächer und langsamer, bis ‚sie ganz aufhören. Oeffnet man zur Zeit der vollen Bewegungen die Bauchhöhle, so sieht und fühlt man, wie das Zwerchfell sich mit jedem Stoss des Brustkastens mitbewegt, wie es, mit dem Ausathmungskrampfe nach unten in die Einathmungsstellung gedrängt, bei dem Nachlassen des Krampfes wieder hinaufsteigt. Hält man die unteren Rippen fest und so auseinander, dass weder sie, noch die Lungen auf das Zwerchfell drücken können, so hören diese Bewegungen auf; sie sind somit passiv. Von Zeit zu Zeit tritt aber neben diesen passiven Zwerchfellbewegungen, ungefähr alle '/—1 Minute, ein wirklicher, sehr langsamer, in deutlichen Ab- sätzen verlaufender Einatlhmungskrampf auf, bei welchem das Zwerch- fell herabsteigt, sich abflacht und selbst nach abwärts wölbt. Während der Zeit der Erschlaffung des Zwerchfells sieht und fühlt man ganz kleine rhythmische, zitternde Bewegungen des letzteren, welche gleich- zeitig verlaufen mit dem sehr kräftigen und schnellenden Schlage des kalthlütig gewordenen Herzens, an welches sich das Zwerchfell, das 4 seinen Tonus eingebüsst hat, dicht anschmiegt. Schneidet man Stücke des Zwerchfells aus, so sieht man noch während längerer Zeit rhyth- mische Zuckungen seiner Muskelfasern, ‘ganz so, wie sie schon Budge (im Jahre 1842), Valentin, Volkmann, Remak, Brown-Söquard, Vulpian, Richet und Andere beschrieben haben. Richet z. B. sah bei einem Hunde nach dem Tode spontane Muskelbewegungen, welche ungefähr 55 Minuten andauerten, während der Blutkreislauf gänzlich aufgehoben war, indem das Herz entfernt worden. «Diese bemerkenswerthen Zu- ” sammenziehungen der Muskeln», sagt Richet, «waren rhythmisch; es waren Zuckungen in den Vordergliedern und im Zwerchfell, im Zwischen- raume von ungefähr 4—-10 Sec. aufeinanderfolgend». Bei den Krämpfen des Zwerchfells, der Rumpf- und Glieder- muskulatur, überwiegen die Muskeln der Ausathmung und die Strecker, wie dies bei krampfartigen Zuständen gewöhnlich ist. War nach der Durchtrennung des Nackenmarkes, unterhalb des - calamus scriptorius, däs Athemcentrum in der vierten Hirnhöhle nicht ab- getödtet worden, so konnte man unter günstigen "Bedingungen noch nach Stunden bei solchen Thieren die stärkste Kopfdyspnoe fortbestehen sehen. Die Nasenflügel hoben und senkten sich, die Kiefer öffneten und schlossen sich mit grosser Gewalt. Die Be- wegungen des Kopfes aber waren ganz unabhängig von denen des Rumpfes, sie folgten einem ganz anderen Rhythmus. Man glaubte zwei verschiedene, selbständige Thiere vor sich zu haben. Dieses Bild, welches man nach mehrstündiger künstlicher Athmung an jungen Hunden und Katzen beobachtete, denen das Nackenmark vorher abgetrennt worden, war fast immer das gleiche ; nur in der Stärke, in der Zahl und in der Verbreitung, nicht im Charakter der Bewegüngen, fand bei den verschiedenen Thieren ein Unterschied statt. Muskelkrämpfe und Muskelzuckungen zeugen von einem aussergewöhnlichen Grade von Erregbarkeitserhöhung, sowohl im centralen Nervensysteme, als in den peripheren Gebilden. Wodurch dies entsteht, wie weit chemische Zer- setzung des Blutes, Abkühlung, Absterbungserscheinungen hier von Ein- fluss sind: ob alle diese Ursachen gemeinsam wirken, das vermag ich nicht zu sagen, die Frage wäre aber wohl einer Untersuchung werth. Diese Erscheinungen aber als Athembewegungen aufzufassen, sie gar die natürliche Atlhmung zu nennen, ‚dazu gehört eine grosse Vorstellungs- kraft. Dass übrigens bei Verletzungen des Rückenmarkes nicht nur der Thiere, sondern auch der Menschen die Reflexerregbarkeit sich bis zu allgemeinen Krämpfen steigern kann, ist eine allen Pathologen wohlbekannte Thatsache. Wertheimer selbst sagt in Bezug auf die rhythmische Bewegung der Glieder ganz richtig: «die Neigung des Rückenmarkes, nachdem es durchschnitten, d. h. von den Gehirncentra abgetrennt ist, periodische Zusammenziehungen auszulösen, findet sich, selbst wenn diese Bewegungen normalerweise nicht vorhanden sind». Warum soll die Athemmuskulatur nicht denselben Gesetzen unterworfen sein ?! Dass die Athmung nach Abtrennung des Nackenmarkes unter- brochen wird, haben Langendorff und Wertheimer, wie ich erwähnt habe, als Shock-Wirkung erklärt. Es galt nun Bedingungen zu finden, welche diese Shock-Wirkung unschädlich machten, oder sie aufhoben ; dann durfte die Rückenmarksathmung nach querer Durchtrennung des Halsmarkes nicht aufhören, sondern sie musste fortbestehen. Stand aber die Atmung trotzdem still, so musste man naturgemäss schliessen, dass es im Rückenmarke keine Athemcentra geben könne. Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung ist auch von Langendorff und Wertheimer an- erkannt worden und beide haben nach dieser Richtung hin Versuche ie gemacht. Wertheiner unterband die beiden Carotiden und Aa. ver- tebrales aın Halse und gedachte so, Gehirn mit Nackenmark blutleer zu machen und seine Thätigkeit zu unterbrechen. Er erhielt, was seit Kuss- maul-Tenner bekannt ist, grosse Athemnoth und allgemeine Krämpfe, an denen das Thier schnell zu Grunde ging. Auch die von Fredericq und von mir versuchte Art, das Nackenmark durch unmittelbare Er- frierung auszuschalten, gab ihm nicht die gewünschten Erfolge. Dagegen glaubte er in der hochgradigen allgemeinen Herabsetzung der Körpertemperatur der Versuchsthiere ein Mittel gefunden zu haben, die Hemmungswirkung des Trennungsschnittes auszuschalten, während Rückenmarksathmung und Reflexe nicht unter der Abkühlung litten, sondern im Gegentheil nur noch lebhafter wurden und sich sehr bald oder sogar unmittelbar nach der Operation einstellten. Es muss also, nach Wertheimer, die allgemeine Abkühlung gleichzeitig lähmen und erregen. Bei einer Blut!emperatur von 18° C. sollen die Athemcentra des Rückenmarkes mit grosser Schnelligkeit und Zähigkeit arbeiten ! Die Annahmen, welche Wertheimer zur Erklärung dieser Erscheinung machen muss, sind so gezwungen, dass sie allein genügen, die Un- haltbarkeit seiner Athmungslehre zu zeigen. Dieser Abkühlungsversuch beweist weder für die reizlose Ausschaltung des Nackenmarkes, noch für das Bestehen einer Rückenmarksathmung irgend etwas, doch muss ich mir versagen, hier näher darauf einzugehen. AufdieLangendorff’schen Ergebnisse nach dieser Richtung komme ich später zurück. Tief schlafende Murmelthiere verhalten sich, wie ich schon früher einmal geschildert habe, in vieler Beziehung wie Reflex-Thiere. Kneift man den Schwanz, so bewegen sie bald diese, bald jene Hinterpfote ; reizt man eine Hinterpfote, so hebt sich diejenige der anderen Seite, ebenso verhält es sich mit den Vorderpfoten. Zugleich aber wird jedesmal die Athmung verändert. Die gewöhnliche Athmung der winter- schlafenden Thiere ist eine äusserst träge: jede '/a —1 Minute sieht man einen Athemzug, der so oberflächlich ist, dass man ihn überhaupt nur bei aufmerksamer Beobachtung bemerkt. Wenn man den Schwanz und die Pfoten kneift, so kann man jedesmal einen Athemzug auslösen, oder den eben ablaufenden vertiefen. Nur darf man die Reize nicht zu schnell wiederholen, da sich sonst die Reflexe, wie bekannt, -bald abstumpfen. Legt man bei diesen Thieren das Nackenmark bloss, wobei sie ruhig und tief weiter schlafen, durchtrennt dann dasselbe unterhalb des calamus scriptorius mit einem schnellen, scharfen Schnitte, so sieht man keine einzige Zuckung auftreten. Sofort hört die Athmung a unwiderruflich auf. Die Reflexe dagegen, mit Ausnahme derjenigen auf die Athmung, bestehen fort, sie werden sogar nach kurzer Zeit ‚auffallend stark, so dass beim Kneifen der Hinterpfoten sich häufig die Bewegung auch den vorderen Gliedern mittheiltl. Wie viele und wie starke Reize man aber auch anwenden mag, eine Athembewegung ver- mögen sie nicht mehr auszulösen. Das Herz jedoch schlägt auch ohne künstliche Athmung wohl noch länger als eine Stunde. Bei den schlafenden Murmelthieren kann daher von einem Shock nach Ab- trennung des Nackenmarkes nicht die Rede sein. So müssen wir aus diesem Versuche schliessen, dass der Schnitt unterhalb des Nacken- markes die Athmung deshalb unterbricht, weil er die Leitung zwischen Centrum und Athemmuskulatur aufhebt. Vom Rückenmarke wird die Athmung nicht beherrscht. Einen weiteren, durchaus vollgiltigen Beweis gegen die Shock- Annahme bieten die theilweisen Rückenmarksdurchtrennungen, welche schon Schiff und Vulpian gegen Brown-Söquard mit Erfolg geltend ge- macht hatten. Schiff zeigte bei Gelegenheit eines medicinischen Con- gresses im Jahre 1871 einen Windhund vor, bei dem es ihm, wie schon früher einmal, gelungen war, einen Seitenstrang des verlängerten Markes am unteren Rande des Hinterhauptloches zu durchschneiden, wonach die Bewegung aller vier Glieder binnen weniger Tage sich wieder herstellte. Das Thier lief behend im Zimmer umher und konnte alle Bewegungen ausführen. Die Atmung aber blieb während sechs Wochen auf eine Seite beschränkt, und als das Thier darauf durch tiefen Aether- rausch getödtet und der Bauch vor völliger Erlöschung der Ath- mung geöffnet wurde, konnte auch die durchaus einseitige Athem- bewegung des Zwerchfells nachgewiesen werden. Ferner zeigte Schiff bei Kaninchen, dass nach Durchschneidung entweder einer Hälfte des Markes, oder bloss des Seitenstranges das vorher geathmete Luft- volum in der Zeiteinheit um Ys vermindert war. Am 21. März 1887 eröffnete ich bei einem morphinisirten, aus- gewachsenen, noch ziemlich jungen und kräftigen Hauskater die Hinter- hauptsmembran unter streng antiseptischen Massnahmen und durch- trennte mit schnellem, scharfen Schnitte eines feinen Staarmessers die ganze rechte Hälfte des Halsmarkes vom Mediankanal aus vollkommen unblutig. Auf der linken Seite ging die Alhmung ohne Unterbrechung weiter, rechts stand sie still. Die rechte Körperhälfte war vollkommen gelähmt. Nachdem die Wunde sorgsam vernäht und das Thier. in seinen Käfig gebracht war, legte es sich sofort auf dıe rechte Seite, um den Brustkasten auf der linken Seite frei ausdehnen zu können. Umgelegt halte es die grösste Mühe zu athmen und wälzte sich sofort wieder auf die rechte Seile zurück. Nach 6—8 Tagen stellten sich in der ge- lähmten Körperhälfte Gefühl und Bewegung in geringem Grade wieder ein; die Alhmung blieb unverändert. Beim Anschauen des Brusikastens fiel vom ersten Tage an die Ungleichmässigkeit der beiderseitigen Be- wegungen auf. Während die linke Brustseite sich kräftig hob und aus- dehnte, zog sich die rechte nach einwärts; und, während die linke in Ruhelage überging, oder, wie dies häufig geschah, in thälige Ausathmung, kehrte die rechte Seite wieder in die ursprüngliche Gleichgewichtslage zurück. Niemals beobachtete ich auf der gelähmten Seite eine thätige %in- oder Ausathmung. Am Bauche war die Ungleichmässigkeit der Be- wegungen beider Seiten wegen der gefüllten Därme, welche die Bauch- decken auf beiden Seiten in gleicher Spannung hielten, nicht zu bemerken. Die Ungleichmässigkeit der Bewegungen am Brustkasten blieb die ganze Beohachtungszeit hindurch unverändert bestehen und konnte aufge- schrieben werden: mittels zwei an einem gebogenen Stahlbügel be- festigten, gleich grossen Marey’schen Luftkapseln, welche die Bewegungen mittels gleich langer und gleich weiter Gummischläuche auf Schreibkapseln übertrugen. Es war schwierig, die Aufnahme-Kapseln auf gleichnamigen Stellen des Brustkasiens unbeweglich zu befestigen, ohne dass sie letzteren dabei drückten, sie verschoben sich leicht und dann schrieben die Federn nicht mehr von derselben Ordinate aus. Während nun die Schreibfeder der linken Seite eine Einathmung aufzeichnete, schrieb die der rechten Seile eine Ausathmung auf und umgekehrt. Links schoben sich zuweilen noch kleine Einathmungen (willkürliche) da- zwischen, welchen rechts keine Bewegung des Brustkorbes entsprach. Zehn Tage nach der Operation wurde dem sonst wieder munteren Kater die Wunde geöffnet. Nur dicht unter der Haut war ein wenig Biter zurückgeblieben. Muskeln und Bindegewebe waren schon so fest verwachsen, dass sie mit dem Messer getrennt werden mussten. Als der obere Theil’ des Halsmarkes frei gelegt war, sah man die feine linienförmige Narbe auf der rechten Seile sehr deutlich. Die Rücken- marksmasse sah an dieser Stelle wie eingeschnürt aus. Ich durch- trennte nun in gleicher Weise wie das erste Mal, ein bis zwei Linien oberhalb des vorigen Schniltes, die linke Hälfte des Halsmarkes, wieder- um, ohne dass ein Tropfen Blut floss. Sofort stand die Athmung auf beiden Seiten des Körpers still, während die Kopfathmung sich ‚mit starker Athemnoth einstellte. Es musste sehr bald künstliche Athmung er a eingeleitet werden, doch zeigte sich im Verlaufe der ersten Stunde keine Spur einer Athembewegung des Rumpfes. Das blosgelegte Zwerch- fell war ganz bewegungslos. Der Kopf aber athmete so lange weiter, bis das Athemcentrum am Boden der vierten Hirnhöhle zerstört worden, dann hörte auch die Kopfathmung auf. Dieser Versuch scheint mir für den Sitz des Athemcentrum in dem Nackenmarke unwiderleglich zu sprechen. Zehn Tage nach der ersten Operation, während sich Gefühl und Bewegung auf der verletzten Körperseite theilweise wieder hergestellt hatten, konnte von einer Shock - Wirkung nicht mehr die Rede sein. Trotzdem kehrte die Athmung auf der rechten Seite nicht wieder und als nun die linke Seite ebenfalls durchtrennt worden und dennoch die rechte ruhig geblieben, war an eine Rückenmarksathmung nicht mehr zu denken. Der Einwurf, dass die zweite Abtrennung eine doppelseilige Hemmung verursacht und somit die vielleicht doch noch vorhandenen, nur äusserlich nicht sichtbaren Rückenmarksathmungen unterbrochen hätte, ist unmöglich, nachdem der erste Halbschnitt ohne Shock geblieben. Langendorff selbst gibt zu, dass, je geübter man ist, desto seltener länger dauernde doppelseitige Athmungsstillstände nach einseitiger Durchtrennung des Halsmarkes statthaben, und Wertheimer hat aus seinen Versuchen geradezu geschlossen, dass, wenn nach unvollkommener Durchtrennung des Rückenmarkes selbständige Athmung wieder auf- tritt, dieselbe nicht aufgehoben wird, wenn man den Schnitt vervoll- ständigt. Zur Vorsorge war ich mit dem zweiten Schnitte ein wenig höher hinaufgegangen, um ja jede Zerrung und Quetschung zu ver- meiden. Die zweite Operation verlief ebenso glatt wie die erste, nach welcher ein doppelseiliger Athmungsstillstand nicht eingetreten war. Also auch dieser Versuch, wie derjenige von Schiff, lehrte überzeugend, dass die Athmung nach Abtrennung des Nackenmarkes nicht deshalb unterbrochen wird, weil dieser Schnitt hemmend und lähmend auf die Thätigkeit der Rückenmarkscentra wirkt, sondern weil durch den- selben die Verbindung des Athemcentrum in der vierten Hirnhöhle mit den auslaufenden Bahnen zu den Ganglien der Atlhemmuskelnerven geirennt worden ist. — Als ich denselben Kater nun nach dem Vor- gange Wertheimers mehrere Stunden lang künstlich hatte athmen lassen, verhielt er sich durchaus so, wie alle diese Thiere und wie ich es Ihnen vorhin geschildert habe. Bemerkenswerth ist, dass jetzt beide Seiten : sowohl die seit 10 Tagen gelähmte, als die zuletzt abgetödtete sich in ganz gleicher Weise bewegten. Es ist demnach wohl unzweifelhaft, Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1224. BEN dass die von Wertheimer sogenannten Rückenmarksathmungen weiter nichts als postmortale Erregungsfolgen sind und nicht der Ausdruck lebendiger physiologischer Vorgänge. Aber auch Langendorff hat halbseitige Durchtrennungen des Hals- markes unternommen und kommt auf Grund derselben zu einem dem meinen entgegengesetzten Urtheile. Er sah bei Kaninchen nach einigen Stunden auf der verletzten Seite «spärliche, aber unzweifelhafte Athem- bewegungen» sich einstellen. Das ist das Einzige, was wir über die Art derselben erfahren und was so ganz verschieden von dem lautet, was uns Wertheimer über die Rückenmarksathmung berichtet. Kaninchen sind ausserdem, ihrer eigenthümlichen Athemweise wegen, zu diesen Versuchen recht ungeeignet, und Langendorff hat denn auch, um sich vor Täuschungen durch Mitbewegung der gesunden Seite zu bewahren, nicht allein den Zwerchfellnerv der sicher athmenden Seite, sondern auch den Brustkasten theilweise, und zwar vorn und hinten, reseciren müssen. Aber auch dann ist der Entscheid nicht sicher. Den einzigen sichern Beweis für die Fortdauer der Athmung nach halbseitiger Mark- durchtrennung, der auch so viel einfacher gewesen wäre, nämlich: später die andere Hälfte durchzuschneiden, hat Langendorff nicht geführt. Die Ihnen hier geschilderten Versuche, in Gemeinschaft mit meinen frühern Untersuchungen, genügen, glaube ich, die Unhaltbar- keit der Lehre von der Rückenmarksathmung darzuthun. So dürfen wir getrost zur Lehre Galen’s zurückkehren und anerkennen, dass die Athmung lediglich vom Gehirn abhängig sei. Die Regierung der Athmung wird ihren klassischen Sitz behalten. G. A. Badertscher. Ueber den Einfluss der Temperatur auf Phosphorescenzerscheinungen. Vorgetragen in der Sitzung vom 17. November 1888. I. Wirkung der Wärme auf bei gewöhnlicher Temperatur abgeklungene phosphoreseirende Substanzen. Während zahlreiche Untersuchungen sich mit der Lichtausstrahlung phosphorescirender Körper nach der Beleuchtung beschäftigten, ist über das Verhalten dieser Substanzen nach dem Abklingen sehr wenig bekannt. Becquerel *) teilt mit, dass phosphorescirende Körper, welche nach der Belichtung aufgehört haben zu leuchten, beim Erwärmen im Dunkeln wiederum Licht ausstrahlen ; dass sie diese Fähigkeit jedoch nach drei- bis viertägigem Liegen im Dunkeln verlieren. Damit im Widerspruch steht eine von A. Forster **) publizirte Beobachtung folgenden Inhalts: Der Autor exponirte am 29. Mai 1866 drei Röhren, gefüllt mit hellgrün leuchtendem Strontijan-Phosphor 7), dem diffusen Tageslicht und verpackte dieselben darauf sorgfältig in schwarze Tücher, welche in hermetisch verschlossenen Kästchen aufbewahrt wurden. Die eine der Röhren wurde am Abend des 31. Mai bei völliger Dunkelheit ge- öffnet; sie zeigte sich vollkommen dunkel. Nun wurde die Röhre in ein bereit gehaltenes Gefäss mit siedendem Wasser geworfen ; nach wenigen Augenblicken begann die Substanz wieder mit dem ihr eigen- tümlichen, grünlichen Licht zu leuchten. Das Leuchten dauerte min- destens eine Viertelstunde. Die zweite Röhre wurde am 29. Mai 1867 ebenfalls in völliger Dunkelheit ihrer Hüllen entledigt und in siedendes Wasser geworfen. Nach etwa 1—2 Minuten liess sich ein sehr schwacher Lichtschimmer bemerken, der eben hinreichte, die Röhre sichtbar zu machen. Dieses Leuchten war ausnehmend schwächer, als das der nach blos zwei- *) Becquerel: La Lumiere. Tome I p. 52. #=#=) Poggend. Annalen 1868. +) Wir bezeichnen in Zukunft phosphoreseirende Substanzen mit dem kürzeren Namen «Phosphore». Be tägigem Liegen untersuchten Röhre; namentlich war von einem be- stimmten Farbenton nichts mehr zı bemerken. Nach zwei Jahren wurde die dritte Röhre in gleicher Weise behandelt, wobei nicht der leiseste Lichtschimmer mehr bemerklich wurde. Dass die Substanz nicht merklich verändert sein konnte, bewies der Umstand, dass dieselbe nach kurzem Beleuchten sehr lebhaft grün phosphorescirte, ; Es scheint sich aus diesem Versuche zu ergeben, dass zwar im Dunkeln liegende, abgeklungene Phosphore die Fähigkeit, beim Er- wärmen wieder zu leuchten, mit der Zeit verlieren. dass sie aber dieses Vermögen viel länger bewahren, als dies nach der Bemerkung Becquerel's angenommen werden sollte. In der folgenden Untersuchung stellte ich mir die Aufgabe, das Verhalten der bei gewöhnlicher Temperatur abgeklungenen Pbosphore bei Temperaturerhöhung im Dunkeln zu prüfen. Es dienten zu dieser Arbeit 16 von Schuchardt in Görlitz her- gestellte Phosphore. Bekanntlich bestehen die am schönsten leuch- tenden, phosphorescirenden Substanzen aus den Schwefelverbindungen der alkalischen Erden Proben der 16 genannten Schuchardt’schen Phosphore wurden in Salzsäure gelöst und spektralanalytisch untersucht. %s ergab sich dabei, dass dieselben bestehen: N | Bezeichnung nach Schuchardt | bestehend aus: L; | Ik | Schwefelcaleium 2.» Dunkelorange .. . .. “ 3 Orande so. ta... s 4. Oeneepell en “ lelbuellune re Schwefelstrontium 6. Hellorun. ...:. .. % 7. | Grün i 5 und Schwefelcaleium 8 3 BIANDLM 02 m Schwefelcaleium y. BIAUSTON 0: ne na „ und Schwefelstrontium 10, | Grunblal 00.2.0... r .. il |. Hellblau ..... | i. s 12. | Himmelblau . . 2... Sehwefelcalecium 13. Kornblat 2222, R 14, | indieonlau..:..:. ... . 19... |sHellsiolel 3.0... 5 R 16. | Dunkelviolet ... 0... ;; * Ze Zunächst constatirte ich, dass diese Körper noch nach 2!/e Monaten die Fähigkeit, beim Erwärmen im Dunkeln zu leuchten, nicht verlieren; auf längere Zeit erstreckten sich meine Versuche nicht. Schon Becquerel hat gefunden, dass ein und dieselbe Substanz beim, Erwärmen successive verschiedenfarbiges Licht ausstrahlt. Im Allge- meinen traten zuerst weniger brechbare, gegen Ende des Leuchtens brechbarere Strahlen auf. Ich suchte nun zu bestimmen : 1) Bei welcher Temperatur beginnt bei verschiedenen, im Dunkeln abgeklungenen Phosphoren das Leuchten ? 2) Wie verändert sich bei zunehmender Temperatur die Brechbar- keit der ausgestrahlten Farbe ? » 3) Bei welcher Temperatur hört die Lichtausstrahlung definitiv auf? 4) Wie verändern sich die Erscheinungen mit der Dauer des Liegens im Dunkeln ? Zu diesem Zwecke wurden je drei Proben der verschiedenen Phosphore gleichzeitig mit Magnesium-Licht beleuchtet, worauf man dieselben im absoluten Dunkel abklingen liess. Die erste Probe wurde 24 Stunden nach der Beleuchtung, die zweite einen Monat und die dritte 2/2 Monate nach der Belichtung untersucht. Die Untersuchung geschah des Nachts in einem dunkeln Raum mit Hilfe des von H.F. Weber *) in Zürich zur Bestimmung der Temperatur. bei welcher die Lichtemission fester Körper beginnt, construirten Apparates. Der betreffende Apparat ist wie folgt construirt: Auf einen Cylinder von Eisenblech, der die Flamme eines Bunsenbrenners umgibt, ist ein Blechtrichter gestülpt, dessen obere, vier Centimeter weite Oeffnung mit einer dünnen, in einen Messingring eingespannten Lamelle von Platin verschlossen is. Ein unter der Lamelle seitlich angebrachtes Rohr lässt die Verbrennungsgase entweichen. Auf die Platinlamelle wird ein zweiter, gleich grosser, inwendig geschwärzter Trichter in umgekehrter Stellung so aufgesetzt, dass die Lamelle den Boden- verschluss dieses Trichters bildet. Der Trichter erweitert sich nach oben genügend, dass sich das Gesicht des Beobachters hineinbeugen kann, um im Dunkelzimmer bei Nacht ein vollständig dunkles Gesichtsfeld vor sich zu haben. In die Mitte der Platinlamelle von ca. 0,1 mm. Dicke wurde die eine Lötstelle eines Thermoelements aus 0,14 mm. Ra ee *) Sitzungsberichte der königl. preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Bd. XXVII. 1887. SE ra a dicken Neusilber- und Kupferdrähten mittelst Silber so eingelötet, dass die Dicke der Lamelle dabei nicht verändert wurde, während die andere Lötstelle der Temperatur von 0° ausgesetzt war. Das Thermoelement wird unter Einschaltung eines grössern Rheostatwider- standes in Verbindung mit einem im hellen Nebenzimmer befindlichen Galvanometer gebracht. Auf die Platinlamelle wurde nun bei dem schwachen Lichte einer durch eine dunkelrote Glasplatte abgeschlossenen kleinen Laterne die zu untersuchende Substanz in der Menge von ca. 0,5 gr. gebracht. Hierauf steigerte man ganz allmälig die unter der La- melle befindliche kleine Bunsen’sche Gasflamme, bis das erste Leuchten auftrat. Während nun der eine Beobachter im Dunkelzimmer über die Lichterscheinungen laut referirte, worüber eine im Nebenzimmer befindliche Person Protokoll führte, diktirte gleichzeitig der Beobachter am Galvanometer die Ausschläge in die nämliche Feder. Indem nun ganz langsam die Temperatur der Lamelle durch Vergrössern der Flamme gesteigert wurde, konnten die Veränderungen des Leuchtens in Bezug auf Helligkeit und Lichtfarbe bequem beobachtet werden. Der Versuch wurde jeweilen bis zum Erlöschen des Leuchtens fort- gesetzt. ’ Zur Bestimmung der Temperaturdifferenz der erwärmten und der im Eis befindlichen Lötstelle wurde das Platinblech abgeschraubt und in ein Oelbad gesenkt, dessen Temperatur durch ein genau jüstirtes Quecksilberthermometer bestimmt wurde. Man beobachtete nun bei verschiedenen Temperaturen und unter Einschaltung verschiedener Widerstände die Ausschläge des gut aperiodischen Spiegelgalvanometers. Bezeichnet man mit t und tı = zwei verschiedene Temperaturdifferenzen beider Lötstellen, n und nı = die zugehörigen Scalenteilausschläge des Gal- vanometers, ß und y = zwei Üonstante, so hat man die Beziehung n = ft — yt? nı = ßtı + yl’, woraus a a ld iin a nn Um bei den spätern Versuchen nicht jeden einzelnen Scalen- ausschlag in die entsprechende Temperatur nach der Gleichung l 2y umwandeln zu müssen, construirte ich für die Widerstände 200,500 und 1000 Ohm die zugehörigen Curven, indem ich als Abscissen die nach der Formel *) [n = Anzahl der Scalenteile, A = Abstand der Scala vom Spiegel, ausgedrückt in Scalenteilen] reducirten Galvanometerausschläge, als Ordinaten die am hundert- teiligen Thermometer abgelesenen Temperaturen abtrug. 1. Phosphorescenzerscheinungen der 24 Stunden im Dunkeln gelegenen Phosphore. Nr. 1. Rot leuchtet nicht mehr beim Herausnehmen aus dem Dunkelkasten. t=Zeit, T= Temperatur. 9 59m 0° 90° sehr schwaches, unbestimmtes Leuchten. > .:108 » kaum wahrnehmbarer Lichtschimmer. > 30: > fast nichts mehr zu bemerken. » 32° 149° Helligkeit nimmt zu, Farbe nimmt einen Stich in’s Grünlichblaue an. 40° 144° Helligkeit nimmt ab. 9% 59m _ 179° Jeuchtet etwas heller, Farbe mehr bläulich. Do 20 >» Abnahme der Helligkeit. » 40° 225° wird momentan heller, Farbe bläulich, nimmt aber rasch einen unbestimmten Ton an. 108 — _ 262° es leuchten nur noch einzelne Punkte in bläulichem Lichte. 10% 0m 30° 3730 einzelne Punkte erscheinen ziemlich gut bläulich; Helligkeit nimmt rasch ab. 10° 1m 30% 383° kurzes Aufleuchten und unmittelbares Erlöschen. Dauer des Versuchs: 3'/a Minuten. *) F. Kohlrausch: Leitfaden der praktischen Physik. . 10% 300 58 30m 208 30m 408 30m 508 3jm 58 39m 308 32m 508 33m 158 33m 458 33m 508 33m 558 408 34m — ie 22 300 4am 58 43m 308 55° 44m 108 44m 408 115 4m 558 45m 10° 63° 82,50 104,50 140° 146° 175° 180° 281° 2840 373° 400° ge Nr. 2. Dunkelorange ist erloschen. leuchtet nicht. schwaches Leuchten in unbest. Farbe. Farbe wird gelblich. beinahe erloschen. sehr schwaches, gelbliches Leuchten. fast gänzlich erloschen. kurzes Aufleuchten in unbest. Farbe. beinahe erloschen. etwas heller, Farbe grünlichgelb. Farbe gelblich, an Helligkeit rasch abnehmend. schwaches Leuchten in unbest. Farbe. sehr schwaches Aufleuchten mit darauffolgendem Erlöschen. Dauer des Versuchs: 3% 558. Nr. 4. Orangegelb. Die Substanz leuchtet auch nicht mehr. sah 161° 160° 232° 36.12 373° 388° 62 75 140° sehr schwaches Leuchten in unbest. Farbe. fast gänzlich erloschen. schwache Vermehrung der Helligkeit, Farbe grün- gelb, rasch an Intensität abnehmend. es leuchten nur noch einzelne Punkte am Rande in grüngelber Nüance. die Mitte beinahe gänzlich erloschen. kaum wahrnehmbarer Lichtschimmer. schwache Steigerung der Intensität. geringe Zunahme der Helligkeit, rasch abnehmend. nur noch einzelne Punkte am Rande leuchtend. kaum merkliche Steigerung der Helligkeit, rasch erlöschend. Dauer des Versuchs: 3% 408, Nr. 6. Hellgrün zeigt schwachen Lichtschimmer, der bei Handwärme etwas zunimmt. 112 292 20° 290 35° 55° 30m 10° schönes Leuchten von grünlicher Färbung. Helligkeit nimmt ab. Helligkeit nimmt wesentlich ab. sehr schönes, grünes, nur 2 Sekunden andauerndes Aufleuchten, sehr raschan Helligkeit abnehmend. 11%,300. 30% sg” 508 3,2158 139? 230° 373° a fast gänzlich erloschen mit Ausnahme von ein- zelnen Punkten am Rande. die Punkte am Rande leuchten etwas stärker, die Mitte ist gänzlich dunkel. schwache Steigerung der Helligkeit und rasches Erlöschen. Dauer des Versuchs: 1m 5ö5s, Nr. 7. Grün leuchtet beim Herausnehmen ganz schwach, bei Handwärme grünliche 105 ms : u gm — 100 2 10% 308 10m 455 11m — 112.308 > 2 30° 12m 458 13m — 14m — 150 — I 2gm 508 24m 55 24m 558 25m —_ 25u 108 25m 408 26% 108 Bern, Mittheil. 1889, 88° 88° 88° 87° 152° 152. 154° 154° 205° 205° 352° 400° Nüance annehmend. Leuchten in grünblauer Farbe. Helligkeit nimmt ab. Helligkeit nimmt noch mehr ab. Farbe wird unbestimmt. Zunahme der Helligkeit, Farbe schön blau. Abnahme der Helligkeit. Farbe wird bläulich. Farbe wird unbestimmt, schönes Aufleuchten in hellblauer Farbe, nach wenig Sekunden abnehmend. Helligkeit bedeutend abgenommen, Farbe schwach grünlich. kurzes Aufleuchten, rasche Abnahme der Helligkeit. es leuchten nur noch wenige Punkte. fast gänzlich erloschen. schwaches Aufleuchten und rasches Erlöschen. Dauer des Versuchs : 7!/a Minuten. eh 109) 152° 160° 1992 189° 241° Nr. 10. Grünblau leuchtet nicht mehr. leuchtet mit unbest. Farbe und mässiger Intensität. Helligkeit steigt merklich; Farbe unbestimmt mit einem leichten Stich in’s Bläuliche. Helligkeit nimmt zu; Ton besser bläulich. Helligkeit nimmt ab. Zunahme der Helligkeit; einzelne Punkte leuchten gut blau. Intensität nimmt ab. Helligkeit mehrt sich; Farbenton wird bläulich. Nr. 1225. me 9h 96m 155 240° Abnahme der Helligkeit und Farbe. 26m 205.274° der Ton wird wieder besser bläulich, 26m 355 340° Intensität und Farbenton nehmen noch mehr zu, fallen aber rasch ab. 270 105 343° beinahe erloschen. 97m 308 400° es leuchten nur noch einzelne Punkte hell auf, klingen dann rasch bläulichgrün ab und er- löschen. Dauer des Versuchs: 3” 40%, Nr. 11. Hellblau ist bei Handwärme eben noch sichtbar. gh g5m 55 87° Jeuchtet mit schwach bläulichem Schimmer. 35m 20° 112° Helligkeit nimmt etwas zu, einzelne Punkte treien hellblau hervor. 35m 305 136° der Ton wird besser bläulich. 36m — 141° einzelne Punkte leuchten ziemlich gut blau. 36m 155 158° Helligkeit nimmt zu. 30° 160° Helligkeit nimmt ab. 40° 160° Helligkeit nimmt bedeutend ab. 37m 155 199° einzelne Punkte erscheinen besonders schön hell- blau, nehmen aber rasch an Intensität ab. 37m 350° 241° Helligkeit nimmt ab. 405 240° Helligkeit nimmt bedeutend ab, Farbe nicht mehr so bestimmt. 37m 45° 297° Helligkeit nimmt momentan zu, Farbe wird besser blau. 3gm 58 297° rasche Abnahme der Helligkeit. ggm {55 380° schön hellblaues Aufleuchten, beim Erlöschen grünblau abklingend. Dauer des Versuchs: 3% 10°. Nr. 12. Himmelblau leuchtet noch mit schwachem Lichtschimmer ; bei Handwärme geringe : Verstärkung wahrnehmbar. | 10b 54m 555 830 sehr schwacher, leicht hellblauer Lichtschimmer. 55m 955 83° Helligkeit nimmt ab, Farbe unbestimmt. 30° 83° Helligkeit und Farbe nehmen stetsfort ab. 50° 83° id. ae En 30° 455 57m — 20° 30° 408 55° 58m — 103 35° 55° ah) 30° 55° er 308 11h 14m 30s 458 15m 105 308 55» 16m 158 305 ) 408 iu. 255 508 18m 158 107° 1110 113° 113° 128,50 128,50 166° 166,5° 168° 169° 184° 184° 303° 3072 3392 342° 400° 77° 770 779 110° 109° 136° 137,50 146° 158° 2440 240° 2420 ne helleres Leuchten, Farbe bläulich. Helligkeit nimmt ab, Farbe unbestimmt. Farbe wenig bestimmt. wesentlich schwächer. heller, Farbe bläulich. Abnahme von Helligkeit und Farbe. beginnt hellblau zu leuchten. Farbe wieder unbestimmt. Helligkeit nimmt merklich ab. id. s hellblaues Aufleuchten, rasch abklingend. Farbe mehr grünlichblau. hellblaues Aufleuchten ; einzelne Punkte besonders schön dunkelblau. sehr rasche Abnahme der Intensität. einzelne Punkte erscheinen noch bläulich; die Hauptmasse ist erloschen. nur noch einzelne Punkte am Rande besonders schön leuchtend. sehr schönes Aufleuchten und rasches Erlöschen. Dauer des Versuchs: 5m 358 Nr. 13. Kornblau leuchtet noch mit sehr schwachem Schimmer, dessen Lichtstärke bei Handwärme etwas gesteigert wird, ohne eine bestimmte Farbe anzunehmen. leuchtet schwach bläulich. Helligkeit nimmt ab. Helligkeit .nimmt merklich ab. Helligkeit nimmt zu, Farbe blauviolett. Helligkeit nimmt ab, Farbe bläulich. schön hellblaues Aufleuchten. Abnahme der Intensität. Farbe wird unbestimmt bläulich. schön hellblau. Abnahme der Helligkeit, Farbe noch bläulich. Farbennüance noch entschieden bläulich. Helligkeit nimmt mehr und mehr ab; Farbe nur noch am Rande bläulich. 318.190 30297 45° 356° DR Helligkeit nimmt rasch ab. sehr schönes Aufleuchten, worauf rasches Erlöschen erfolgt. Dauer des Versuchs: 4” 15° Nr. 14. Indigoblau leuchtet noch schwach mit unbestimmiem Schimmer. 95,5° leuchtet entschieden hellblau, Intensität ziemlich gut. BT al) 9h fi 19. 112°20° 25° 35° 222,08 ae 18%. 19° 13% 55° 142 5° 30° 408 50° 1902. 20% 10,0 0° 162 30° 45° Li 1 25° LP A08 44m 40° 45m 5° 408 94,5° Helligkeit nimmt ab; Farbe wird etwas unbestimmt. 109° all 111° 125° E88. 146° 148° 181° 1uoka 181° 196° 200° 219° 250° 299° 314° 348° 3992 8L? 19. 104° Helligkeit steigt, Farbe nimmt einen Stich in’s Violette an. Helligkeit nimmt ab; einzelne Punkte am Rande leuchten mehr grünlich. Helligkeit nimmt merklich ab; Farbe wird unbe- stimmter. die Farbe wird wieder bläulich. Helligkeit nimmt ab. : Helligkeit nimmt zu; Farbe bläulich. Farbe ist unbestimmt. Aufleuchten in mehr dunkelblauer Farbennüance, Helligkeit hat etwas abgenommen; Farbe erscheint mehr hellblau. Helligkeit hat wesentlich abgenommen. schönes Aufleuchten, rasche Abnahme der Helligkeit, Helligkeit hat stark abgenommen. Farbe wird bläulich mit einem leichten Stich in’s Grünliche. intensiv himmelblaues Leuchten. Intensität wird geringer ; Farbe spielt in's Grünliche, himmelblaues Aufleuchten. Helligkeit nimmt rasch ab. die Substanz klingt in blaugrün ab und erlischt. Dauer des Versuchs: 5% 30° Nr. 16. Dunkelviolett bei Handwärme kaum merklicher Lichtschimmer. deutlich bläulicherSchimmer von mässigerIntensität. Helligkeit nimmt ab; Farbe unbestimmter. Helligkeit nimmt zu; Farbe hellblauviolett. 9h 45m 45s 104° Abnahme der Helligkeit. 50° 141° Zunahme der Helligkeit; Farbenton unverändert. 46m 105 146° Abnahme der Helligkeit; Farbenton mehr hellblau. 40° 196° grössere Helligkeit; Farbenton mehr hellblau. 45° 200° Helligkeit nimmt merklich ab. 478 — 214° kurz dauernde Steigerung der Helligkeit. 30° 220° Helligkeit hat etwas abgenommen, Farbe unbe- stimmter bläulich. 40° 281° Zunahme der Helligkeit; Farbe hellblau. 48m — 372° Zunahme der Helligkeit; Farbe hellblau. 10° 400° hellblaues Aufleuchten, beim Erlöschen in’s Grün- liche abklingend. Dauer des Versuchs: 3% 30° Aus dieser ersten Versuchsreihe ergeben sich folgende Schlüsse: 1. Von den 11 untersuchten Proben leuchteten nach 24-stündigem Liegen noch die Nummern 6 (Hellgrün-Schwefelcaleium und Schwefel- strontium), 7 (Grün-Schwefelcaleium), 12 (Himmelblau-Schwefelcaleium), 13 (Kornblau-Schwefelcalcium) und 14 (Indigoblau-Schwefelcalcium). Es resultirt hieraus, dass die Phosphore, welche nach der Be- lichtung die weniger brechbaren Strahlen emittiren, rascher abklingen, als diejenigen, welche brechbarere Strahlen aussenden. Handwärme war nötig, um das Leuchten auszulösen bei No. 11 (Hellblau-Schwefelcaleium und Schwefelstrontium). Die übrigen ab- geklungenen Phosphore begannen bei Temperaturen zwischen 73° und 90° zu leuchten. 2. Bei Beginn des Leuchtens strahlten alle untersuchten Phos- Phore ein in Bezug auf Farben-Nüance unbestimmtes, sehr schwaches bis schwaches Licht aus. Bei Steigerung der Temperatur nahm das Licht an Helligkeit zu, während gleichzeitig eine bestimmte Nüance auftrat. Die Temperatur, bei welcher dies erfolgte, variirte zwischen 76° und 152°, Die Mitteltemperatur, bei welcher die Proben, welche 24 Stunden im Dunkeln gelegen hatten, eine bestimmte Nüance zu zeigen begannen, war 100° €. Wurde die Temperatur kurze Zeit onstant erhalten, so nahmen sowol die Intensität als die Sättigung der Farben ab; eine weitere Steigerung der Temperatur stellte dann sowol Helligkeit als Sättigung auf kurze Zeit wieder her. In dieser Weise konnten verschiedene Phasen erhalten werden bis zu dem Temperatur- grad, bei welchem auf ein kurzes Aufleuchten ein gänzliches und definitives Erlöschen erfolgte. Nicht immer leuchteten beim Erwärmen die Phosphore mit der Farbe, welche sie unmittelbar nach dem Belichten ausstrahlten. No. 2 (nach dem Belichten rot leuchtend) zeigte bei der Tem- peratur von 149° ein grünlichblaues Licht; bei 179° wird die Farbe mehr bläulich, um bei 383° in derselben Nüance rasch zu erlöschen. No. 2 (n. d. B. dunkelorange 1.) zeigt bei 104° ein gelbliches, bei 281° ein grünlichgelbes Licht. Bei höheren Temperaturen wird die Farbe wieder unbestimmt und erlischt vollkommen bei 400°. No. £ (n. d. B. orangegelb 1.). Bei 161° ist das Licht schwach grüngelb, erlangt bei höheren Temperaturen keine bestimmte Nüance und klingt bei 388° gänzlich ab. In diesen drei Fällen von mit wenig brechbaren Strahlen leuch- tenden Phosphoren zeigte sich bei Temperaturerhöhung stets eine brechbarere Farbe, als die nach der Belichtung erscheine.de. Bei No. 7 (n. d. B. grün 1.) und No. 10 (n. d. B. grünblau 1.) zeigte sich das Verhalten, dass mit steigender Temperatur die Brechbar- keit des ausgestrahlten Lichtes zunahm. Anders dagegen war das Verhalten der drei folgenden Proben. No. 13 (in. d. B. kornblau 1.). Bei 110° war das ausgestrahlte Licht blauvioleit, bei 136° hellblau, in welcher Farbe die Probe auch bei 356° erlosch. No. 14 (n. d. B. indigoblau 1.). Die Farbe ging aus hellblau (95,5°) durch eine kurze Zwischenphase in violett (109°), dann wieder in bläulich (bei ca. 200°) über. Bei 213° zeigte das Licht einen Stich in’s Grünliche, wurde bei 255° intensiv hiınmelblau, bei 259° wieder grünlich, bei 314° himmelblau, um bei 395° in Blaugrün zu erlöschen. No. 16 (n. d. B. dunkelviolett 1.). Die Substanz, welche bei 104° hellblauviolett erschien, war bei 146° mehr hellblau. Dieser Farbenton erhielt sich durch die verschiedenen vorhin erwähnten Phasen bei steigender Erwärmung; bei 400° erfolgte hellblaues Aufleuchten, darauf sofort Erlöschen in grünlichem Farbenton. Bei diesen drei Proben erfolgte also das Erlöschen in einem Lichte von geringerer Brechbarkeit. Keine merkliche Veränderung im Farbenton beim Erwärmen zeigte No. 6 (n. d. B. hellgrün 1.), welche von Anfang bis zu Ende mit mehr oder minder hellem, rein grünem Lichte leuchtete. Ebenso ver- hielten sich No. 21 (n. d. B. hellblau 1.) und No. 12 (n. d. B. himmel- blau 1.). = Eine allgemeine Regel für die Veränderung der Wellenlänge des beim Erwärmen ausgestrahlten Lichtes lässt sich nach diesen Versuchen also nicht aufstellen. 3, Das definitive Erlöschen erfolgte bei allen Proben bei Tem- peraturen zwischen 356—400°. Die mittlere Temperatur, bei welcher das definitive Erlöschen eintrat, betrug 388° C. 2. Phosphorescenzerscheinungen von Substanzen, welche 33 Tage im Dunkeln gelegen. Nr. 1. Both keine Spur von Lichtschimmer wahrnehmbar. = 2e 1 — Temperatur Hu jnme ı3790% nichts zusehen. 355 96° beginnt äusserst schwach in “unbestimmtem Lichte zu leuchten. 16m 55 192° Farbe wird gelblich, immerhin noch äusserst schwach. j7m — 126° Helligkeit nimmt unbedeutend zu, Farbe unbe- stimmt gelblich. 50° 212° ziemlich heller, grünlich bläulicher Ton. 18m 355 265° einzelne Partien leuchten etwas heller bläulich. 19=2 20° 373° Helligkeit nimmt sehr rasch ab. 30° 381° Hauptmasse erloschen; es leuchten nur noch ein- zelne Punkte. 20m 255 393° die leuchtenden Punkte klingen rasch in gelb- licher Farbennüance ab und erlöschen. Dauer des Versuchs : 5% 25° Nr. 2. Dunkelorange. 10h 16® 3085 81° nichts zu bemerken. 50° 93° kaum merklicher Schimmer in ganz unbestimmter 2 Farbe sichtbar. 17m 455 103° Farbennüance erscheint schlecht gelblich. 18m 155 148° helles Aufleuchten in unbestimmt gelblichem Ton. 30° 179°. Helligkeit nimmt merklich zu, Farbe bleibt un- bestimmt. 192 — 206° es nehmen nur noch einige Punkte an Helligkeit zu. 20m 58 30° 50° 21m719° ai 33m 34m L0® 20° 25° 4.08 10° 20° 35° 408 35m 10%.19m:30* 253° 295% 384° 384° 400° 85° 103° Alayan 120° 193 134° 149° 179° 180,5° 189,5° 230. 340° uns, Helligkeit ist nur noch gering; Nüance unbe- stimmt gelblich. schwaches Leuchten in unbestimmter Farbe. Helligkeit nimmt rasch ab. beinahe erloschen. kaum merkliche Zunahme rasches Erlöschen. Dauer des Versuchs: der Helligkeit und qm 458 Nr. 4. Orangegelb bei Handwärme erloschen. noch nichts wahrnehmbar. ganz schwaches Leuchten in unbestimmter Farbe. Helligkeit nimmt etwas zu, namentlich am Rande, Farbe bleibt unbestimmt. Helligkeit nimmt etwas zu, Nüance etwas gelb, Nüance ist schwer zu bestimmen. Helligkeit etwas vermehrt, Nüance ist schlecht zu erkennen. Helligkeit nimmt am Rande etwas zu. Helligkeit nimmt merklich ab. Farbenton schwer zu bestimmen. leuchtet anfangs heller, rasch abnehmend. die Substanz erlischt. NB. Während der ganzen Dauer des Versuchs war eine bestimmte Farbennüance schwer zu erkennen. Yu 4m m 45° 15% 408 16m — 15° 30° 18,0% 839 1142 140° 145,5° Dauer, 30,308. Nr. 6. Hellgrün bei Handwärme dunkel, keine Lichterscheinung. beginnt sehr schwach zu leuchten mit unbestimmter Färbung. Helligkeit wächst, Farbe wird grünlich. Helligkeit nimmt etwas zu. Farbe nicht besonders ausgeprägt. 145,5° Intensität und Farbennüance haben beträchtlich abgenommen. ee 9b 16m 50° 202° Zunahme der Helligkeit; der Rand zeigt noch grünliche Nüance. 17m 305 208° beinahe erloschen. 35° 313° schwaches Aufleuchten in unbestimmter Farbe mit darauffolgendem Erlöschen. Dauer des Versuchs: 3m 30°. NB. Auch hier Konnte keine ganz bestimmt ausgeprägte Farben- nüance unterschieden werden. Nr. 7. Grün bei Handwärme erloschen. 10h 32m 255 81° schönes Leuchten in schwach grünlicher Farbe, 35m 205 78,5° Helligkeit nimmt ab, Farbe unbestimmt. 40° 140° Farbe wird heller bläulich. i 50° 140° Farbe wird blass-bläulich. 34m 205 149° Farbe wird unbestimmt. 40° 149° Intensität ziemlich stark abgenommen. 35m — 168° Helligkeit nimmt wieder zu; Farbe besser bläulich. 20° 190° Zunahme der Helligkeit: Farbe blass-bläulich. 455 205° Farbe immer noch bläulich, 36% 15° 246° Helligkeit nimmt ab; Farbe weniger gut gesättigt. 35° 330° helles, schön himmelblaues Aufleuchten. 455° 356° Intensität nimmt rasch ab; das Himmelblau Klingt blaugrün ab. 55° 868° fast ganz erloschen. 372 10° 373° leichtes Aufleuchten und rasche Abnahme der Helligkeit. 25° 400° erlischt. Dauer des Versuchs: 5 Minuten. Nr. 10. Grünblav. Sr giman 87,5° leuchtet sehr schwach in unbestimmter Farbe. 20° 129° Zunahme der Helligkeit; Nüance noch unbestimmbar, 32% 5° 163,5° Helligkeit steigt merklich; Farbenton unbestimmt bläulich. 25° 185° keine wesentliche Veränderung, 40° 242° Helligkeit nimmt etwas zu, Nüance wird besser grünlich. Bern. Mittheil. 1889, Nr. 1226. 5h 9h 54m 30° 54m 10° He a 2530 277° 291° 400° 87,5° 88,50 145,5° 197° 196° 2950 2930 354° 400° 83° 899 82° 95° 105° 105° 122° 134° 138° 139° 178° 180° — 90 — Farbe ist wenig gesätligt. Helligkeit steigt nicht wesentlich; einzelne Punkte leuchten etwas stärker hervor. Helligkeit ist wesentlicı geringer ; Farbe unbe- stimmt grünlich. Helligkeit steigt momentan; schön grünlichblaues Aufleuchten und äusserst rasches Erlöschen. Dauer des Versuchs: 3% 35°. Nr. 11. Hellblau. sehr schwaches, unbestimmtes Licht. beinahe erloschen. Helligkeit nimmt zu, Farbe bleibt unbestimmt. Intensität wächst, Farbe noch wenig bestimmt. Intensität hat bedeutend abgenommen. Helligkeit steigt, Farbe bläulich. Helligkeit hat wesentlich abgenommen. Helligkeit nimmt wieder zu; Farbe grünlich hläu- lich; ein Punkt in der Mitte leuchtet besonders schön. kein merklicher Einfluss auf Farbe und Helligkeit; rapides Erlöschen. Dauer des Versuchs: 24 558. - Nr. 12. Himmelblau bei Handwärme erloschen. Leuchten in unbestimmter Farbennüance. Helligkeit nimmt ab. Farbe wird unbestimmt. Helligkeit hat zugenommen. der Rand nimmt einen bläulichen Ton an. Farbe wird intensiv bläulich. Helligkeit und Nüance werden bestimmter. Helligkeit hat bedeutend zugenommen, Nüance blass-himmelblau. Helligkeit nimmt ab. Helligkeit nimmt ab; Nüance unbestimmter. Helligkeit nimmt zu; Farbe ziemlich gut himmelblau. Helligkeit nimmt rasch ab. — ee — gu 58m 205 212,50 neues Aufleuchten; einzelne Partien erscheinen ziemlich schön himmelblau. 45° 238,5° einzelne Punkte nehmen grünliche Färbung an. 50° 238 59m 15° 260° 25°:325 50° 353° 10%. 02 35: 393° 1” 20° 400° 102 dom 292 02 302 162 472 303 95° 55° 113° ds [9 1198 35°.129° 50° 140° 49m d55 142° 50° 174° b5° 1.19% Dur 2102 25° 265° 30° 283 Helligkeit nimmt ab; Nüance wird unbestimmter. einzelne Punkte blaugrün. Helligkeit nimmt zu;, Farbe entschieden grünblau. Helligkeit nimmt ab. ; Helligkeit hat sehr stark abgenommen; nur noch einzelne Punkte mit unbestimmtem Lichte sichtbar. erloschen. Dauer des Versuchs: 7= 10°. Nr. 13. Kornblau hübsches blaues Aufleuchten. Helligkeit und Sättigung nehmen ziemlich rasch ab. schön blaues Aufleuchten einzelner Punkte. Helligkeit etwas zugenommen. Nüance wird blassblau, einzelne Punkte mehr grünblau. hellt etwas auf. schön blaues Aufleuchten; einzelne Partien mehr grünblau. Abnahme von Helligkeit und Sättigung. die ganze Masse leuchtet entschieden blaugrün. Abnahme der Helligkeit. blaugrünes Aufleuchten. in der Mitte erloschen. gänzlich erloschen. Dauer des Versuchs: 4” 5°. NB. Bei dieser Nummer war die Farbenveränderung von hellblau in blaugrün besonders auffallend. 5h 49m 5 gg0 30° 120° 43m 208 1750 44m — 1760 Nr. 14. Indigoblau. schwaches Leuchten mit unbestimmter Nüance. Helligkeit nimmt etwas zu; Nüance bläulich. Zunahme der Helligkeit; Farbe schön hellblau. einzelne zerstreute Punkte nehmen mehr gelblich- grünen Ton an. 5h 44m 25% 211° Helligkeit bedeutend vermehrt; die am Rande leuchtenden Partien mehr grünlichgelb. 30° 211° Helligkeit nimmt merklich ab. 5085 313° sehr schönes, glänzend hellblaues Aufleuchten. 45m 15° 380° es leuchten nur noch einzelne zerstreute Punkte grünlichblau; Helligkeit nimmt sehr rasch ab. 35° 400° erloschen. Dauer des Versuchs: 3% 30°. Die zweite Versuchsreihe erlaubt, folgende Schlüsse zu ziehen: 1. Nach 33 tägigem Liegen im Dunkeln zeigten sich alle Proben völlig erloschen. Handwärme genügte bei keiner Probe, um das Leuchten auszulösen. 2. Die Lichtausstrahlung begann zwischen 76° C. (No. 18, n. d. B. kornblau 1.) und 103° (No. 4, n. d. B, orangegelb 1.), also etwas später als bei den Proben, welche nur 24 Stunden im Dunkeln gelegen hatten. Im Allgemeinen waren sowohl die Intensität des Leuchtens als die Sättigung der Farbe wesentlich geringer als in der ersten Versuchs- reihe. Gar keine bestimmte Farbennüance zeigten während der ganzen Dauer des Erhitzens No. 2 (n. d. B. dunkelorange 1.) und No. 4 (n, d. B, orangegelb 1.). Bei den übrigen Nummern war eine Farbennüance zuerst er- kennbar zwischen den Temperaturen von 76° C. (No. 13, n. d. B. kornblau 1.) und 295° C. (No. 11, n. d. B. hellblau 1.). Die mittlere Temperatur, bei welcher eine bestimmte Nüance aufzutreten begann, war 149° G., während die entsprechende Temperatur in der ersten Versuchsreihe nur 100° C. betrug. Die Veränderungen in der Wellenlänge des ausgestrahlten Lichtes waren weniger ausgeprägt, als in der ersten Versuchsreihe; keine wesentliche Veränderung der Farbe während des Erhitzens zeigte No. 11 (n. d. B. hellblau 1.); bei No. 7 (n. d. B. grün 1.) und No. 10 (n. d. B. grünblau 1.) zeigte sich folgendes Verhalten: Bei steigender Temperatur nahm zunächst die Brechbarkeit des ausgestrahlten Lichtes zu, um dann bei noch höherer Temperatur in einer Farbe von geringerer Brechbarkeit abzuklingen. Die Nummern 12 (n. d. B. himmelblau 1.), 13 (n. d. B. korn- blau 1.) und 14 (n. d. B. indigoblau 1.) klangen ebenfalls in Farben ii geringerer Brechbarkeit ab, ohne aber während einer Zwischenphase brechbareres Licht ausgestrahlt zu haben. 3. Das definitive Erlöschen erfolgte bei Temperaturen zwischen 313°—-400° C. gegenüber 356°--400° C. in der ersten Versuchsreihe. Im Mittel fand das definitive Erlöschen bei einer Temperatur von 383° gegenüber 388° C. in der ersten Versuchsreihe statt. 3. Phosphoresceuzerscheinungen von Substanzen, welche 2!/, Monate im Dunkeln gelegen. Nr. 1. Bot. = Zei. 1 — Temperauur. 8b 47m 55 69° nichts wahrnehmbar. 20° 85° noch nichts zu sehen. 30: 322 id. 508 109° ausserordentlich schwacher Schimmer von unbe- stimmier Farbe. 48m 455 136° Helligkeit nimmt etwas zu; Farbe gelblich. 49m 58 139° Farbe wird unbestimmt gelblich. 15° 150° geringe Zunahme der Helligkeit. 45° 175° Helligkeit nimmt wieder etwas zu. 50” 10° 178° Helligkeit nimmt ab. 20° 180° Helligkeit nimmt sehr stark ab. 35° 205° Helligkeit nimmt zu; leichter Stich in’s Grünliche. 51= 108 210° Helligkeit abgenommen. -405 294° bläulicher Farbenton, Helligkeit nicht sehr be- deutend. 52m 955 3480 Helligkeit nimmt stark ab; schwach bläulicher Lichtschimmer. 55s 400° Helligkeit zugenommen: klingt rasch in bläulich ab und erlischt. Dauer des Versuchs: 5° 508, Nr. 10. Grünblau. 10h 4gm 105 81° äusserst schwacher Liehtschimmer von unbe- stimmter Farbe. 45° 129° geringe Zunahme der Helligkeit; Farbenton unbe- stimmt gelblich. 55° 135° Helligkeit nimmt ab. 10° 49m 205:2429 50° 220° 50m 15° 243° 30° 306° 45m 309° 51” 20° 400° 2 200 18 78° 202,898 5022 99% au 5 9 302 20° 1208 458 137° 31” 10° 167° 40° 200° 00) 281° 332.10 255° 40° 288° 3 50° 294° 34m 25° 300° 35215° 3912 45° 117,5° 922 152.201°° Helligkeit nimmt zu; Farbe nimmt einen leichten bläulichen Schimmer an. Lichtschimmer bleibt unbestimmt bläulich. Helligkeit nimmt etwas zu; Farbe bleibt unbe- stimmt. Zunahme der Helligkeit; Nüance wird besser bläulich. Lichtschimmer bleibt bläulich. Helligkeit nimmt schwach zu; Farbe hellblau, nimmt rasch an Intensität ab und erlischt. Dauer des Versuchs: 3” 108. NB. Der Farbenton war niemals vollständig gesättligt, die In- tensilät stetsfort gering. Nr. 11. Grünblau. nichts zu sehen. beginnt sehr schwach in unbestimmter Farbe zu leuchten. Helligkeit nimmt etwas zu, immerhin noch sehr gering. Helligkeit ganz minim. Helligkeit steigt etwas, Farbe unbestimmt gelblich, Helligkeit gering; Farbe unbestimmt. leicht grünlicher Schimmer wahrnehmbar. Helligkeit wächst; der Rand zeigt einen schwach bläulichen Schimmer. Helligkeit nimmt etwas zu; einzelne Partien er- scheinen besser blau. Helligkeit und Farbennüance nehmen ab. Farbe unbestimmt bläulich. Helligkeit nimmt etwas zu; einzelne Punkte nehmen wiederum einen blauen Ton an. Intensität gering, Schimmer bläulich. Intensitäl nimmt immer mehr ab; Farbe wird unbestimmter. beinahe ganz abgeklungen. Farbe wird momentan wieder bläulich; erlischt rasch. Dauer des Versuchs: 8 Minuten. NB. Der Farbenton wurde niemals schön blau. gh 10% 132 9° 30° 14m 10° 35° 150 —- 169208 17m — 25° 35° 18m 308 1920, 30° 35° 40° 20m 25° 142.15° 20° 159: 158 45° 16m 308 172.19: 35° 50° Een 10° 455 100° 116° 127° 134% 160° 183% 181° 213° 213° 223° 240° 240° 298° 300° 390. dor 81° 121° 129° 130° 180° 180° 198° 200° 258° a0 Nr. 14. Indigoblau. schwaches, unbestimmtes Leuchten. Helligkeit nimmt etwas zu; Farbe grünlichgelb. Helligkeit unbedeutend, Farbe grünlichgelb. Helligkeit nimmt wenig zu, Farbe unverändert. Zunahme der Helligkeit, Farbe weniger gelblich. Zunahme der Helligkeit; Farbe nimmt einen bläulichen Stich an. fahles Licht mit bläulichem Schimmer, Helligkeit nimmt ziemlich rasch ab. Helligkeit steigt; Farbe wird besser blau. Intensität nimmt ab; Farbe wird unbestimmt. fahles blaues Aufleuchten. Helligkeit nimmt wenig zu, Ton unbestimmt bläulich. Helligkeit nimmt mehr und mehr ab. hellblaues Aufleuchten. Intensität nimmt rasch ab; Farbe zeigt einen Stich in’s Grünliche. hellblaues Aufleuchten mit einem grünlichen Ton; erlischt rasch. Dauer des Versuchs: 7” 20°. Nr. 16. Dunkelviolett. nichts wahrnehmbar. äusserst schwacher Lichtschimmer in unbestimmter Farbe. Intensität wird etwas stärker, Farbe bleibt unbe- stimmt. ganz schwacher fahler Ton. schwaches Leuchten in unbestimmter Farbe. fahler grünlicher Schimmer. sehr geringe Intensität. Ton wird mehr bläulich; einzelne Partien erscheinen hellviolettblau. Helligkeit bedeutend abgenommen, Ton unbe- stimmt bläulich. Helligkeit nimmt zu; einzelne Partien zeigen einen Stich in’s Grünliche. ug 10 19m 55 272° Intensität nimmt wenig zu; Farbe wird unbe- stimmter. 30° 321° leuchtet etwas besser bläulich auf, 40° 324° Intensität nimmt sehr rasch ab, Farbe weniger gesältigt. 45° 400° Farbe wird auf kurze Zeit besser blau und erlischt rasch mit einem leichten Stich in’s Grünliche. Dauer des Versuchs :* 5® 308. Die Resultate dieser letzten Versuchsreihe zusammenfassend, ge- langte ich zu folgenden Schlüssen: 1. Die Lichtausstrahlung begann bei diesen Proben wiederum etwas später, als bei den früher beobachteten und zwar zwischen den Temperaturen 81°—109° C. 2. No. 1 (n. d. B. rot 1.) zeigte ähnliche Farbenerscheinungen, wie früher, Die Substanz leuchtet: bei 136° in gelhlicher Farbe, nimmt dann bei 205° einen Stich ins Grünliche an; bei 294° ist die Nüance mehr bläulich, in welcher Farbe die Substanz auch bei 400° abklingt. Die Sättigung war niemals so ausgeprägt, wie bei der ersten und zweiten Untersuchung. No. 10 (n. d. B. grünblau 1.) nimmt bei steigender Temperatur wieder eine bläuliche Farbe an, deren Brechbarkeit bei 400° zunimmt, um in hellblau zu erlöschen. No. 11 (n. d. B. hellblau 1.) zeigte auch bei dieser Untersuchung niemals einen bestimmt ausgeprägten Farbenton. No. 14 (n. d. B. indigoblau 1.). Bei dieser Probe war das Ab- klingen von hellblau bei einer Temperatur von 395° in eine mehr grünliche Farbe wiederum besonders auffallend und ausgeprägt. Ebenso verhielt sich No. 16 (n. d. B. dunkelviolett 1.), die aus einem wenig gesätligten bläulichen Farbenton in’s Grünliche abklingt bei einer Temperatur von 400°. 3. Das Erlöschen erfolgte bei No. 11 bei 379° C., bei den übrigen Proben bei ca, 400° GC. Die folgende Uebersicht des Verhaltens von fünf mit verschiedenen Farben leuchtenden Proben gibt ein Bild der Veränderungen, welche dieselben beim Liegen im Dunkeln erfahren: a = 0 Nach 24 stündigem Nach 33tägigem | Nach 21/2monatlichem Liegen im Dunkeln Liegen im Dunkeln Liegen im Dunkeln Lichtausstrahlung nach y : Eas stral Pe Es leuchtet nur „alle Proben alle Proben dem Herausnehmen aus ; ne, Nez el dunkel dunkel dem Dunkelkasten Lichtausstrahlung bei | Nr. 11 leuchtet keine Probe keine Probe Handwärme sehr schwach leuchtet leuchtet Mittlere Temperatur, bei welcher. die Lichtaus- 5926: 907. C. IHC. strahlung beginnt Mittlere Temperatur, bei Nr.11zeigtkeinen welcher eine bestimmte 120.6 198% C. bestimmten Far- Nüance auftritt benton mehr Mittlere Temperatur, bei welcher das definitive 389° C. 398%.0. 398%:6; Erlöschen erfolgt Da in den bisherigen Versuchen eine Temperätursteigerung das erloschene Leuchten wieder hervorrief, so war zu vermuten, dass eine Temperaturabkühlung im entgegengesetzten Sinne wirken würde. Um diese Vermutung zu verifieiren, wurden fünf Proben mit verschiedener Farbe leuchtender Phosphore an einem Abend mit Mag- nesiumlicht beleuchtet, darauf sorgfältig in schwarze Tücher verpackt. In einem Dunkelkasten liess man die Proben 24 Stunden lang liegen. Nach dieser Zeit wurden dieselben in einem 'verdunkelten Zimmer aus der Umhüllung herausgenommen. Einzelne derselben zeigten ein schwaches Leuchten. Nun wurden die Proben in einem Reagensgläschen über einer nicht leuchtenden Bunsen’schen Flamme bis zum schönen Leuchten erhitzt, darauf in eine Platinschale geschüttet, die ihrerseits in ein Gemisch von fester Kohlen- Saure und Aether eingetaucht war. Es zeigte sich dabei, dass unter dem Einfluss der tiefen Tem- Peratur das Leuchten innerhalb einer bis weniger Secunden vollkommen erlosch. Bern. Mittheil. 1889, NT. 1227: — 98 .— Das Protokoll der einzelnen Versuche ist das folgende: No. 6 (n. d. B. hellgrün 1.) war nach dem Herausnehmen aus dem Dunkelkasten erloschen; bei Handwärme war ein schwacher Licht- schimmer bemerkbar. Die Probe wurde hierauf über einer Gasflamme bis zum kräftigen Leuchten erwärmt und dann in eine auf — 80° C. abgekühlte Platinschale geschüttet, worauf sie nach etwa einer Secunde erlosch. Beim Erwärmen der Schale auf der Hand erschien das Licht wieder. No. 7 (n. d. B. grün 1.) zeigte beim Herausnehmeu noch einen ganz schwachen Lichtschimmer, der bei Handwärme etwas gesteigert wurde, aber ohne bestimmte Nüance. Die Probe wurde über der Gas- flamme erhitzt bis zu schönem hellblauen Leuchten, darauf in die ab- gekühlte Platinschale geschüttet, wo sie nach wenigen Secunden voll- ständig erlosch. No. 12 (n. d. B, himmelblau 1.) leuchtet beim Herausnehmen mit schwachem Lichtschimmer, der beij Handwärme etwas verstärkt erscheint. Nachdem sie über der Flamme eine schöne himmelblaue Farbe angenommen, wurde sie ebenfalls in die abgekühlte Schale geschüttet, worauf sie nach wenig Secunden erlosch. No. 13 (n. d. B, kornblau 1.) strahlt nach dem Herausnehmen noch einen schwachen Lichtschimmer aus, erscheint nach dem Erhitzen kornblau und erlischt in der abgekühlten Platinschale ebenfalls nach wenig Secunden. No. 14 (n. d. B. indigoblau 1.) zeigt bei Herausnahme einen äusserst schwachen Lichtschimmer, wurde dann bis zu schön blauem Leuchten erhitzt, in die abgekühlte Schale gegossen, wo die Substanz momentan erlosch. I. Beziehung zwischen der Temperatur der im Dunkeln erhitzten Phosphore zu ihrer Leuchtdauer, Dass stärkeres oder schwächeres Erhitzen der erregen phos- phorescirenden Substanzen ein rascheres «oder langsameres Abklingen derselben bewirkt, wurde schon früher erwähnt. Ich. stellte mir nunmehr die Aufgabe, zu untersuchen, ob längere Erhitzung bei niederer Temperatur ebenso wie stärkere Erhitzung 0 während kurzer Zeit auf das Abklingen der erregten Substanzen wirke oder ob das Produkt: Temperaturerhöhung mal Erhitzungsdauer in Bezug auf die Leuchtdauer der Schuchardt’schen Phosphore constant sei und ob sich bestimmte mathematische Formeln hierüber aufstellen lassen. Es wurden zu dem Zwecke vier Reihen von Beobachtungs- versuchen mit sämmtlichen 16 Proben angestellt: 1. bei Zimmertemperatur (14°) 2. bei 97° (Wasserbad) 3. bei 150° (Oelbad) 4. bei 245° (Oelhad). 1. Bei Zimmertemperatur. Alle 16 Substanzen wurden mehrere Sekunden lang dem Mag- nesiumlicht ausgesetzt und zwar in 4 Reihen geordnet nach den auf den Etiquetten angegebenen Farbennüancen von rot — dunkelviolett. Die angegebenen Farbentöne stimmen überein mit Ausnahme von No. 2, das bei geringer Lichtintensität einen schwachen Ton in's Grünliche aufweist. No. 6, hellgrün bezeichnet, leuchtet mehr grün- gelb, No. 11 lässt auch viele grüne Strahlen unterscheiden ; zwischen No. 15 und 16 ist kein grosser Unterschied zu constatiren ; No, 9 leuchtet mit dunklerer Farbe als No. 8. Nach wenig Sekunden geht No. 2 und hierauf No. 4 in ein dunkles, unbestimmtes Orange über; hierauf beginnt auch No. 3 einen unbestimmten Ton anzunehmen. Nach Verlauf von einer Viertelstunde beginnen auch die übrigen Proben an Helligkeit und Farbensättigung abzunehmen. No. 7, Grün, leuchtet am hellsten und gleichmässigsten. Während die Farben von geringerer Bfechbarkeit ziemlich rasch an Helligkeit und Farbennüance verlieren, leuchten die Proben No. 11—16 (hell- bin dunkelviolett) ziemlich hell in ihren ursprünglichen Farben. Nach 20 Minuten erscheint No. 7 blassgrün ; die No. 12 und 13 weisen in ihrer Farbennüance keine Verschiedenheit mehr auf; ebenso zeigen die No. 14, 15 und 16 einen gleichmässigen, blass- Violetten Ton; No. 2 und 4 leuchten nur noch äusserst schwach, ebenso No. 9; No. 6 erscheint gelblichgrün. .Nach 45 Minuten sind No. 2 und 4 erloschen; ihnen folgen No. 9, 3 und 10 ; am hellsten leuchten No. 7, 12 und 13. — 10 — Nach 4 Stunden, während welcher Zeit die Substanzen stets im Dunkelzimmer beobachtet wurden, weisen dieselben im allgemeinen keine grosse Veränderung mehr auf; am hellsten erscheint nunmehr No. 13; ihr folgen No. 12 und 7, dann 14 und 15, hierauf No. 6, 16 und 1; sehr schwach leuchtend sind No. 3 und 5, und mit nur noch äusserst schwachem Lichtschimmer phosphorescirt No. 9. Nach 15 Stunden leuchtet No. 13 noch verhältnissmässig am hellsten, No. 7 und 12 haben ungefähr nämliche Intensität; ihnen folgen No. 14 nnd 15; am schwächsten leuchtet No. 16. Die übrigen Proben Können als erloschen betrachtet werden, Nach 24 Stunden weisen nur noch No. 13, 7 und 12 einen äusserst schwachen Lichtschimmer von unbestimmter Farbe auf, Nach 30 Stunden konnte vollständiges Erlöschen auch dieser letzten Proben constatirt werden. i 2. Untersuchungen im Wasser- und Oelbad. Es wurden hierauf sämmtliche Proben, nachdem sie jeweilen mit Magnesiumlicht beleuchtet worden waren, in ein Wasserbad von durchschnittlich 97°, dann in ein Oelbad von 150° und schliesslich in ein solches von 245° gelegt. Die Erscheinungen in Bezug auf Abnahme der Helligkeit und Farbennüance blisben sich ungefähr gleich. In Bezug auf Leucht- dauer wurde constatirt, dass die Substanzen mit gelben Lichtstrahlen am raschesten abklangen; ihnen folgten diejenigen mit den roten Farbentönen, während die grün — blau — dunkelviolett phosphores- cirenden Substanzen bedeutend längere Zeit zum Abklingen erforderten. Die folgende Tabelle enthält eine Uebersicht über die Temperatur und die Leuchtdauer der verschiedenen Proben. Nr Dauer des Leuchtens bei ” 2 97? 2004 2450 Behr 2.0 zer en sah = 262.957 Dun 9° Dimkelorange:.. 2. sehn 1 — 0755 SP OLBB e 14 — 132 302 02 398 #..Orangegelb 8: 5% 2 500 02.23 02208 Do. Gelb sa 2... 00% 2 200 12.102 0 108 6: .Hollstiin. „20.02, ; 4h 45m own Meet Dauer des Leuchtens bei Nr. 1: 7 3,978 her 245° 1. @un unbestimmt Ton 1» 15% 8. Blaugrün 34 — 26208 2h 45m 9. Blaugrün 102 20m Me Vi sllks 10. Grünblau 1 9b 95m 0b 30m 11. Hellblau ou 168 = jE 150 12. Himmelblau unbestimmt 10 1. 30m 13. Kornblau 19 50m 0b 55m 14. Indigoblau . = 10% Ob 45m 15. Hellviolett . DIN = 29h Ihm A 16. Dunkelviolett . unbestimmt 35h 20m Oh 50m Man ersieht daraus, dass eine lineare Funktion zwischen Tem- peratur und Leuchtdauer nicht besteht ; auch eine empirische Gleichung mit zwei Constanten gibt keine Uebereinstimmung für die 8. beob- achtete Temperatur. Im Allgemeinen lässt sich also nur sagen, dass das Abklingen um so rascher erfolgt, je höher die Temperatur gewählt wird. Ill, Veränderung der Farbe des ausgestrahlten Phosphorescenzlichtes durch tiefe Temperaturen, Schon Becquerel hat gefunden, dass die Farben, mit welchen Dhosphorescirende Substanzen nach der Belichtung leuchten, abhängig Sind von der Temperatur ; so fand er beispielsweise für ein Schwefel- Strontium : ®) Temperatur | Farbe des ausgestrahlten Lichtes — 20°C. | dunkelviolett, lebhafte Phosphorescenz. + 20°,, | violett, mehr blau. — 40°, | hellblau. + 70°,, | leicht grünliche Färbung. - 90°, | grüngelh. 100° , gelb mit einem Stich in’s Grünliche. 200° „ca| orange; das ausgestrahlte Licht von sehr geringer Intensität. *) Beequerel: La Lumiere. T. I. p. 386. Fe Aehnlich, wenn auch weniger auffallend, -verhielten sich eine Anzahl anderer phosphoreseirender Substanzen. Unseres Wissens wurden diese Veränderungen des ausgestrahlten Lichtes niemals innerhalb weiter Temperaturgrenzen untersucht. Angesichts der Leichtigkeit, mit welcher man heutzutage sehr tiefe Temperaturen herstellen kann, erschien es mir von Interesse, die Beobachtungen von Becquerel auszudehnen. Die Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt: Je drei Proben der zu untersuchenden phosphorescirenden Substanz wurden im verdunkelten Zimmer a. bei Lufttemperatur, b. in einem Oelbad bei 200—210° C., c. in einer durch eine Kältemischung von fester Kohlensäure und Aether auf ca. — 80° C. abgekühlten Platinschale mit elektrischem Bogenlicht kurze Zeit beleuchtet. Das ausgestrahlte Licht wurde durch eine dritte Person, welche während der Beleuchtung mit elektrischem Licht die Augen durch Vor- halten eines schwarzen Tuches verhüllte und so empfindlich erhielt sofort nach Unterbrechen des Stromes beurteilt. Ich erhielt die folgenden Resultate: No. 1. Rot. 1. Sofort nach der Belichtung erschien das auf 210° erhitzte Präparat ziemlich schwach kornblau. 2. Das daneben bei Zimmertemperatur belichtete Präparat leuchtete hellviolettrosa von mässiger Intensität. 3. In einer Platinschale wurde etwa ein halbes Gramm der phos- phoresceirenden Substanz auf das Gemisch von fester Kohlensäure und Aether gelegt. Nun wurde die Probe einige Secunden dem Licht einer elektrischen Bogenlampe in der Entfernung von ca. 10 cm, aus- gesetzt. Unmittelbar nach dem Unterbrechen des Stromes leuchtete die Probe ziemlich schwach gelblich. Beim allmäligen Erwärmen der Schale in der Hand wurde zunächst das Gelb merklich intensiver; bei einer gewissen Temperatur, die noch unter Handwärme war, strahlte die Probe ein schön intensives Goldgelb aus, welches sich noch auf der Hand in violettrosa verwandelte. Als die Schale auf das Oelbad gesetzt wurde, leuchtete die Hauptinasse einen kurzen Moment intensiv gelb auf, worauf sich die Farbe sehr rasch in dunkelblau verwandelte; einzelne Punkte leuchteten sehr kurze Zeit grün. — 18 — No. 2. Dunkelorange. 1. Leuchtet bei Lufttemperatur hellgelhb von unbedeutender In- tensität. 2. Die Probe bei 210° nimmt einen schwachen, unbestimmt blau- violetten Ton an. 3. Die Probe in der Kältemischung erscheint dunkelgoldgelb mit einem Stich ins Rötliche. Beim Erwärmen auf der Handfläche geht der Ton in ein helleres Goldgelb über mit gleichzeitiger Steigerung der Intensität. Nachdem die Schale Handtemperatur angenommen hatte, er- schien das Licht hellgelb von schwacher Intensität. Beim Aufsetzen auf das Oelbad kurz dauerndes hellgelbes Auf- leuchten, worauf Abklingen in sehr schwachem und etwas unbestimmtem Blauviolett erfolgte. No. 3. Orange. 1. Lufttemperatur: hellrosa mit einem Stich in’s Violette ; mässige Intensität. 2. 200°: Nüance himmelblau; Lichtstärke ziemlich gering. 3. Kältemischung: Farbe hellgoldgelb von geringerer Intensität als bei Lufttemperatur. Beim Erwärmen intensives Aufleuchten in hell- gelber Farbe. Bei Handwärme nimmt die Probe schon nach 1—2 Minuten dieselbe Nüance an, wie in der Lufttemperatur. Beim Aufsetzen auf das Oelbad momentanes Aufleuchten in Gelb, worauf rasche Ver- Minderung der Intensität in blauem Licht erfolgt. No. 4. Orangegelb. 1. Lufttemperatur: sehr schönes, helles Orangegelb von geringer Intensität. 2. 200°: sehr schwaches unbestimmtes Leuchten. 3. Dieselbe Probe zeigte in der Kältemischung nach dem Be- lichten ein ganz schwaches Leuchten mit unbestimmt orangegelbem Ton. Nachdem die Platinschale aus der Kältemischung herausgenommen und auf den Tisch gesetzt wurde, begann die Substanz schön hellgelb ?u leuchten. Die Intensität war grösser als diejenige der inzwischen abgeklungenen Probe bei Lufttemperatur, Auf dem Oelbad erfolgte sofort ein schön hellgelbes Aufleuchten, das rasch abklang nach der selben, brechbareren Seite hin. % — 14 — No. 5. Gelb. 1. Lufttemperatur: Unmittelbar nach dem Belichten grünlich- gelber Farbenton, schon nach wenig Sekunden in Hellgelb übergehend, 2, 200°: unbestimmter Farbenton von schwacher Intensität. 3. Kältemischung: Intensität gering, zuerst grünlich leuchtend. rasch in’s Bläuliche übergehend. Beim Erwärmen gelbes Aufleuchten, zuerst mit einem Stich in's Grünliche. Auf dem Oelbad kurz dauerndes Aufleuchten, einen Moment grünlichgelb, dann in unbestimmtem Farbenton abklingend. No. 6. Hellgrün. 1. Lufttemperatur; hell gelbgrünes Leuchten von starker Intensität. 2. 200°: Intensität sehr gering; Farbe grünlich, rasch in un- bestimmtem Farbenton abklingend. 3. Kältemischnng: Lichtstärke gering; Farbe grünlich, ent- schieden weniger gelbgrün, als bei Lufttemperatur. Beim Erwärmen auf der Tischplatte Aufleuchten in gelbgrüner Farbe und ebenso guter Intensität wie bei Lufttemperatur. Schon bei Handwärme klang die Farbe ziemlich rasch in Grün ab von geringer Intensität. Auf dem Oelbad kurzdauerndes, gelbgrünes Aufleuchten und ziemlich rasches Abklingen ohne merkliche Farbenveränderung. No. 7. Grün. 1) Bei Lufttemperatur erschien das Präparat grün mit einem Stich in’s Bläuliche. 2) Bei 210° leuchtete dasselbe hellblau mit einem Stich in’s Violette, klang dann sehr rasch innerhalb weniger Sekunden ab, ohne zu erlöschen ; dabei wurde die Farbe entschieden violelter. 3) Die abgekühlte Probe leuchtele in einem anfangs mehr grün- gelben Ton, der schon nach wenig Sekunden nach dem Gelb zu ver. klang; nach ca. 10 Secunden war der Farbenton unbestimmt. Nach- dem die Platinschale auf die Tischplatte gelegt worden, fing die nur noch sehr schwach leuchtende Subslanz an heller zu werden; der Farbenton wurde schön grün und intensiver als derjenige der daneben liegenden Probe von Lufttemperatur. Die Intensilät nahm auch hier ziemlich rasch ab, sobald die Platinschale Lufttemperatur angenommen hatte. Auf dem danebenstehenden Oelbad leuchtete die Substanz rasch grün auf; dieses Grün verwandelte sich nach wenig Sekunden in ein schönes, dunkles Violelt, hierauf erfolgte Erlöschen. — .ıiı09 — No. 8. Blaugrün. 1) Bei Lufttemperatur schön blaugrün leuchtend. 2) Bei 200° schön blau von mässiger Intensität, ziemlich rasch abklingend. 3) In der Kältemischung erfolgte ein blaugrünliches Leuchten, welches rasch durch Gelbgrün in Grüngelb überging ; beim Erwärmen auf dem Tisch zuerst schön smaragdgrünes Aufleuchten mit einem leichten Stich in’s Blaue, ziemlich rasch abklingend ; auf dem Oelbad erneutes, grünes Aufleuchten, rasch in Dunkelblau übergehend und ebenso abklingend. No. 9. Blaugrün. 1) Lufttemperatur: rein grünes Phosphoreseiren. 2) Bei 200°: blauer Farbenton, rasch abklingend. 3) Auf der Kältemischung erscheint das Präparat mehr grüngelb von imässiger Intensität. Beim Erwärmen auf der Tischplatte Auf- leuchten in Gelbgrün ; Farbe wird allmälig dunkler ; einzelne zerstreute Punkte leuchten blau. Beim Aufsetzen auf das Oelbad momentanes gelbgrünes Aufleuchten, dann in Dunkelblau abklingend. No. 10. Grünblau. 1) Bei Lufttemperatur : blaugrün leuchtend. 2) Bei 200°: kornblau. 3) In der Kältemischung : grüngelb von mässiger Intensität; beim Erwärmen auf der Handfläche grüngelbes Aufleuchten, welches durch Grün in Grünblau überging. Auf dem Oelbad sehr kurzes, gelb- grünes Aufleuchten und rasches Uebergehen in Dunkelblau, ziemlich bald abklingend. No. 11. Hellblau. 1) Lufttemperatur ; hellblau leuchtend. 2) Bei 200°: etwas dunklere Nüance; geringere Intensität. 3) Kältemischung:: gelblich mit einem leichten Stich in’s Grün- liche von geringer Intensität; beim Erwärmen auf der Handfläche geht dasselbe mit bedeutender Steigerung der Intensität in Gelbgrün, rein Grün, Blaugrün und Blau über. Schon bei Handwärme leuchtet diese Probe dunkler blau, als diejenige bei Lufttemperatur. Beim Aufseizen auf das Oelbad leuchten einige Punkte smaragdgrün; die Haupt- Masse geht rasch in Dunkelblau über und erlischt. Bern. Mittheil. 1889. NT 1993, = — 106 — No. 12. Himmelblau. 1) Bei Lufttemperatur erschien die Probe nach dem Beleuchten schön hellblau, mit einem Stich in’s Grünliche. 2) Im Oelbad leuchtete die zweite Probe entschieden violettblau. 3) In der Kohlensäuremischung phosphorescirte die Substanz nach dem Beleuchten in einem grünlichen Farbenton von geringer Lichtstärke. Nach dem Herausnehmen und Erwärmen der Platinschale auf der Hand fand ein schönes, entschieden reingrünes Aufleuchten statt. Die Farbe klang aber ziemlich rasch schon bei Handwärme in’s Blaue über, wobei sich die Intensität bedeutend verminderte. Als die bei Handwärme stark abgeklungene, noch schwach leuchtende Substanz auf das Oelbad gesetzt wurde, leuchtete dieselbe einen Moment entschieden grün auf, worauf der Farbenton in’s Blaue überging, um in Violettblau abzuklingen. No. 13. Kornblau. 1) Bei Luftemperatur: schön hell kornblau. 2) Bei 200°: dunkelblau, blassviolelt abklingend. 3) Die abgekühlte Substanz zeigte nach der Belichtung ein un- bestimmtes, fahles Licht von geringer Intensität. Nach dem Erwärmen der Schale auf der Tischplatte leuchtete die Substanz allmälig auch kornblau auf von ungefähr gleicher Intensität, wie die Controllprobe bei Lufttemperatur. Die Platinschale wurde wiederum auf das Oelbad gesetzt, wobei ein helles blaues Aufleuchten erfolgte, welches ziemlich rasch einen dunkleren blauen Farbenton annahm, um hierauf langsam abzuklingen. No. 14. Indigo. 1) Lufttemperatur: schön hell violettblau. 2) Bei 200°: ziemlich hell reinblau, nach dem Grün- abklingend. 3) Kältemischung: gelb mit einem Stich in’s Rötliche. Beim Erwärmen wurde die Probe hellviolett. In dem Masse, als sie sich auf dem Tische mehr erwärmte, nahm das Violett einen Ton an,- der mehr nach Rosa ging, von beträchtlicher Intensität. Auf den Hand- teller gesetzt, ging das Hellviolett rasch in Kornblau über, mit immer noch guter Intensität. Auf dem Oelbad leuchtete die Probe intensiv blau auf und klang dann langsam in reinem Kornblumenblau ah. = IV — No. 15. Hellviolett. 1) Lufttemperatur : hellblauviolett. 2) Bei 200°: reinblau, die Farbe beim Abklingen wenig ver- ändernd. 3) Kältemischung: hellgelb, in Dunkelgelb abklingend ohne grosse Abnahme der Intensität. Beim Erwärmen auf der Tischplatte merk- liche Steigerung der Lichtstärke; dabei nahm das Gelb einen Rosa- schimmer an und ging in’s Hellviolett über; auf dem Handteller ver- wandelte sich das Hellviolett in ein dunkleres Violett mit einem Stich in’s Blaue. Auf das Oelbad gesetzt, leuchtete die Substanz einen Moment hellviolett auf, um dann einen rein blauen Farbenton anzu- nehmen; das Abklingen erfolgte nicht sehr rasch. No. 16. Dunkelviolett. 1. Lufttemperatur: hellviolett mit einem Stich ins Rötliche. 2. 200° : rein blau, ziemlich rasch abklingend. 3. Kältemischung:: orangegelb von mässiger Intensität. Beim Er- wärmen auf der Tischplatte geht das Orange zuerst in Hellgelb mit bedeutend grösserer Intensität über; das Hellgelb nimmt hierauf einen Rosaton an und verwandelt sich in Hellviolett. Auf dem Handteller geht das Hellviolett in ein mehr Blauvioleit über. Im Oelbad verwandelt sich die Farbe momentan in Hellviolett; einzelne Partien leuchten sekundenlang orange. Die ganze Färbung geht aber bald in ein schönes, reines Kornblau über, dessen Intensität beim Abklingen mässig rasch abnimmt. Der grössern Uebersichtlichkeit wegen möge zum Schlusse noch eine kurze Zusammenstellung der Lichterscheinungen bei diesen drei Temperaturen folgen. Lufttemperatur | Kältemischung T x si Ir 200--210° €. ? = Nr. 20° C. | = Be m nn 1. Rot schwach kornblau | hell violett-rosa; | schwach gelblich mässige Intens. 2. Dunkelorange | schwach blauviolett | hellgelb, geringe | dunkelgoldgelb mit Intensität einem Stich in’s Rötliche 3. Orange himmelblau, Intens. | hellrosa mit einem | hellgoldgelb zieml. gering Stich in’s Violette — 18 — Nr. 2002109 C. RINDE: ratur re me 20°C. — 80° C. 4. Orangegelh schwaches unbest. | helles orangegelb | schwach orange- Leuchten von geringer Int. gelber Ton 5. Gelb unbest. Farbenton, | grünlichgelb grünlich, rasch in’s schwache Intens. Bläuliche überg. 6. Hellgrün grünlich, Intensität | hellgelbgrün,starke | grünlich, geringe gering Intensität Lichtstärke 7. Grün hellblau mit einem | grün mit einem | grüngelb,rasch nach Stichin’s Violette Stich in’s Bläul. gelb abklingend 8. Blaugrün blau von mässiger | schön blaugrün blaugrünlich, rasch Intensität durchGelbgrün in Grüngelb überg. 9, Blaugrün blau, rasch abkl. reingrün grüngelb, mässige Intensität. 10. Grünblau kornblau blaugrün grüngelb, mässige ; Intensität 11. Hellblau blau, geringe In- | hellblau gelblich mit einem tensität Stich in’s Grünl. 12, Himmelblau entschieden violett- | hellblau mit einem | grünlich, Intensität blau Stich in’s Grünl. gering 13. Kornblau dunkelblau schön hell kornblau | unbest. fahles Licht von geringer Int. 14, Indigoblau ziemlich hell rein- | schön hell violett- | gelb mit einem Stich blau blau in’s Rötliche 15. Hellviolett rein blau hell blauviolett hellgelb, in dunkel- gelb abklingend 16. Dunkelviolett | rein blau, ziemlich | hellviolett m. einem | orangegelb, mässige rasch abklingend re Stich in’s Rötl. Intensität Prof. Dr. L. Fischer. Zweiter Nachtrag zum Verzeichniss der Gefässpflanzen des Berner Oberlandes mit Berücksichtigung der Standortsverhältnisse, der horizontalen und vertikalen Verbreitung. (Eingereicht den 11. Mai 1889.) er Wie im ersten Nachtrag (Mitth. 1882) sind die für das Gebiet neu aufgefundenen Arten durch fetten Druck bezeichnet. Es sind den- selben noch eine Anzahl Arten angereiht, für welche den früheren Angaben wesentliche Ergänzungen beigefügt werden konnten. Mit- theilungen für diesen zweiten Nachtrag verdanke ich nächst ınehreren schon genannten Beobachtern noch den Herren: Ascherson, Professor in Berlin; F. Bratschi, Lehrer in Lenk ; Pfarrer Th. A. Bruhin, der Zeit in Wegenstetten, Ct. Aargau; J. G. Christen Std. phil.; A. Gaille, Pharmaceut; Pfarrer Joss in Herzogenbuchsee ; Dr. Thomas in Ohrdruf (Notizen zur Flora von Engstlenalp in Mitth. des bot. Vereins für Thüringen 1886). Anemone Hepatica L. (Verzeichniss S. 10). Auch im Gadmenthal (mit blauen, röthlichen und weissen Blüthen) (Pf. Schneider); Mettlenalp bis 1700=! Mürren (Ed. Fischer). Ranuneulus aconitifolius L. (S. 12), Var. platanifolius. Sulwald ob Isenfluh | Delphinium elatum L. (S. 14 und Nachtrag 1, S. 5). Zwischen der Boltigenklus und Wallopalp bei 1550” und am nördlichen Ab- sturz des Grates zwischen den «sonnigen Ryprechten» und Alpiglen (Maurer). — 10 — Berberis vulgaris L. (S. 15). Am Bäderhorn bei Boltigen bis c. 1900" (Maurer). Papaver dubium L. (8. 16), Var. Lecogui. Thun, Eichbühl, Stocken- thal (Bruhin). Anmerkung. Papaver somniferum L. Bei Gunten und Spiez eultivirt (Bruhin). Arabis hirsuta Scop. (S. 17). An der Thunerseestrasse zwischen Merligen und Leerau! Hondrichberg bei Spiez (Bruhin); Reidigalp bei Boltigen bis 1470” (Maurer). Anmerkung. Arabis albida Steven. Hin und wieder als Zierpflanze eultivirt und stellenweise verwildert z. B. Thun, Oberhofen, Blumenstein (Bruhin). Cardamine amara L. (S. 19). Engsten bei c. 1790” (Dr. Thomas). Sisymbrium Sophia L. (S. 19 und Nachtrag 1, S. 5). An der Thuner- seestrasse zwischen Merligen und Leerau (selten)! Erucastrum obtusangulum Rehb. (5. 20). Zwischen Wilderswyl und Zweilütschenen ! Schiltwald bei Lauterbrunnen c. 1250! Auf dem Kies der Kander bei Wimmis (Maurer). Alyssum ealyeinum L. (S. 20). Auch an der Aare bei Interlaken (Bruhin). Lunaria rediviva L. (S. 21). Abendberg bei Interlaken, bei c. 1100” (Dr. Dutoit). Sochlearia offieinalis L. ($S. 22 und Nachtrag 1, 8. 5). An einer Quelle am N. W. Fuss des Widdersgrind (Stockhornkette) (Maurer). Thlaspi rotundifolium Gaud. (5. 23). Auf Gneissgeröll unterhalb der Wendenalp bei Gadmen bis c. 1450” herab! Lepidium Draba L. An der Strasse bei Boltigen, 1883 zuerst be- obachtet (Maurer); in neuerer Zeit auch zwischen Weissenburg und Erlenbach gefunden (Christen). Anmerkung. Lepidium ruderale L. Auf dem Kies der Eisen- bahnlinie unweit der Station Scherzligen (Bruhin 1885). — Iberis amara L. (Nachtrag 1, S. 5). Vereinzelt auch zwischen Thun und Hilterfingen und bei Pohleren (Bruhin). — Diplotaxis muralis D.G. Merligen (Bruhin). Viola cenisia L. (S. 26). Unter dem Tellistock zwischen Bäregg und Sätteli (Genthal) (Dr. Thomas); Sägisthal und Faulhorn (Dr. Dutoit); Fuss des Ammertengrats bei Adelboden c. 1850” (Ed. Fischer), — ME — Drosera longifolia Hayne (S. 27). Sumpfwiesen am Fuss des Abend- berges bei Interlaken! Hasleberg im Hohschwandseeli, mit D. rotundi- folia L. (J. Fankhauser). Malva Alcea L. (S. 34). Wimmis (Christen); zwischen Oberried und Ebligen (Bruhin). Geranium lueidum L. Auf Schutt «im Gorpeli» bei Schwarzenmatt im Simmenthal (Christen). Anmerkung. Impatiens parviflora DC. (S. 38). Auch bei Thun am linken Aarufer unterhalb Scherzligen (Howald 1876), auch in neuerer Zeit beobachtet. Trifolium hybridum L. Auf Grasplätzen, an Wegen, hin und wieder, in neuerer Zeit an mehreren Orten beobachtet: Heiligenschwendi bei Thun, bei der Kandermündung, Spiez und Spiezberg (Bruhin); auch an mehreren Stellen des nördlich angrenzenden Gebietes. Lotus uliginosus Schkuhr. (S. 42). Spiez ünd Reutigenmoos (Bruhin), Lenk (Dr. Fankhauser). Astragalus glycyphyllus L. (S$. 43 und Nachtrag 1, S. 7). Am Weg vom Justisthal nach Sigriswyl und an der Krattigenhalde (Bruhin) ; Giesshach ! Astragalus depressus L. (Nachtrag 1, S. 7). Auch über dem vorderen Wallopsee bei c. 1700” (Maurer). Coronilla varia L. (S. 44). Thun (Bruhin); am Fallbach bei Blumen- stein (Howald). Vieia sativa L. (S. 45). In den Umgebungen des Thunersees stellen- weise häufig; auch im Simmenthal bei Weissenbach (Maurer). Vieia hirsuta Koch. ($. 45). Auch zwischen Thun und Hilterfingen (Bruhin) und im Simmenthal bei Weissenbach (Maurer). Vieia dumetorum L. In Gebüschen und Wäldern, selten. Zwischen Spiez und Spiezwyler (Bruhin) ; im Buchenwald oberhalb Gsteigwyler (Dr. Dutoit). [Prunus Laurocerasus L.]. (8.47). Auch bei Spiez, Interlaken, an mehreren Orten am Brienzersee, in höherer Lage bei Sigriswyl, und beim Pfarrhaus Beatenberg bei 1148 ®! Agrimonia odorata Mill. Im Mühlethalwald oberhalb Innertkirchen am Weg nach der Engstlenalp (Ascherson). Rosa abietina Grenier. (S. 53). Brienzwyler (Rhiner); zwischen Mei- ringen und Innertkirchen, und bei Oberweissenburg (Apoth. Schneider); Schwarzenmatt (Maurer); Boltigen und Reichenstein (Rhiner). Rosa corüfolia Fries. (S. 54). Auch im Simmenthal bei Schwarzen- matt (Maurer). Sorbus aucuparia L. (S. 55). In der höheren Region auf den Hahnen- mösern zwischen Adelboden und Lenk, mit Alnus viridis bei c. 1850 =! Scharmadalp bei Engstlen 1870 ® (Dr. Thomas). Eryngium alpinum L. (S. 66). Wurde 1881 am Niesen wieder aufgefunden (A. Gaille). Anmerkung. Pastinaca sativa L. (S. 69). Zwischen Scherzligen und Allmendingen ausserhalb des Gebietes (Bruhin). Dipsacus silvestris Mill. (S. 76). Auch im Spiezmoos ! Häufig zwischen Oberried und Ebligen (Bruhin). Dipsacus pilosus L. (S. 76). Wimmis! Am Brienzersee bei Nieder- ried! und zwischen Oberried und Ebligen (Bruhin). Stenactis bellidiflora A. Br. (S. annua Nees). In einer Wald- lichtung zwischen Spiezwyler und. Lattigen ; zwischen Spiezwyler und Spiez und auf dem Spiezberg (Maurer). Mulgedium Plumieri D.C. Aebialp am Fuss des Schafarnisch bei Boltigen (Maurer); über Unterpäust bei Saanen (Pittier, nach Rhiner). Hieracium suecieum Fr. (S. 94). Auch an der Stockhornkette auf dem Mettenberg zwischen dem Neuenberg nnd Alpligen bei Oberwil (Maurer). Hieracium jurassicum Griseb. An der Stockhornkette im «Nessli » zwischen Klus und Wallopalp, und in der «Kratzern» auf Alpligen am Weg nach dem Neuenberg (bei Oberwil) (Maurer). Hieracium strietum Fr. Kratzern auf Alpligen mit der vorigen Spec. (Maurer). Hieracium perfoliatum Fröl. (S. 98). Stockhornkeite «im Nessli» zwischen Klus und Wallopalp 1600 ® (Maurer). Anmerkung. Von hybriden Hieracien werden angegeben: H. Pilosella X sabinum Reidigalp bei Boltigen (v. Rütte nach Gremli Neue Beiträge. zur Flora der Schweiz 3, 8. 21) H. ouran- tiacum X Pilosella Schiltalp bei Mürren (Schneider nach Gremii, N. B. 3, 21). H. cesium X Gaudini Ganterisch (Dr. Dutoit nach Gremli N. B. 3, S. 36). H. Gaudini x Traehselianum (Wie vorige). Pirola chlorantha Sw. (S. 104). In Ufergebüschen der Kander und Simme bei Wimmis (Christen). a4 ww a Pirola media Sw. (S. 104). Am Brienzersee zwischen Bönigen und Iseltwald (A. Gaille); am nördlichen Abhang des Männlichen am Weg von der Spätenenalp nach Wengen bei ce. 1600 =, mit Uebergangs- formen zu P. rotundifolia L.! Pirola seeunda L. (S. 104). Selten bis in die höhere Region: Ober- halb des Engstlensees bei 1880 ® (Dr. Thomas). Linaria Cymbalaria L. (S. 114). Auch Hünibach, Hilterfingen, Ober- hofen, Wimmis bei der Kirche (Bruhin) und im nördlich angrenzenden Gebiet an der Aare zwischen Thun und Uttligen! Tozzia alpina L. (S. 117 und Nachtrag 1, 5.13). Zwischen Urbach- sattel und Augstkummalp bei c. 2100 ?—2200 ® (Ed. Fischer), Laub- horn bei Lenk (F. Bratschi). Pedicularis recutita L. (S. 118). Am Engstlensee bei c. 1870 ® und am Seeabfluss bei ec. 1750 ® (Dr. Thomas); Ifigen bei Lenk (Dr. Fankhauser). Rhinanthus major Ehrh. Var. hirsutus. (S. 119). Auch in der mittleren und höheren Region beobachtet: Zwischen Schönegg und Schynige Platte c. 1550”! Engstlenalp noch bei c. 1960” (Dr. Thomas). Orobanche Salviae F. Schultz. Lauterbrunnenthal am Weg nach Isenfluh, auf Salvia glutinosa L. (Dr. Dutoit). Anmerkung. Salvia verticillata L. Zwischen Därligen und Inter- laken an der Eisenbahn (Christen), am Aarufer unterhalb Thun etwas ausserhalb des Gebiets (Bruhin). Galeopsis Ladanum L. (8. 123). Var. intermedia (G. intermedia Vill.). An der Brünigstrasse oberhalb Brienzwyler (Rhiner). Seutellaria galericulata L. ıS. 124). Tiefenrohren bei Lenk (Fr. Bratschi). Etwas ausserhalb des Gebietes bei Scherzligen (Bruhin) und an der Aare unterhalb Thun (Brown). ; Primula integrifolia L. (S. 129). Engstlen, bei den Schründen der Scharmadalp und am Weg zum Sätteli (Dr. Thomas). Anmerkung. Amarantus retrofleeus L. Thun bei der Kaserne und längs der Eisenbahnlinie bis Scherzligen etwas ausserhalb des Gebiets (Bruhin). Salix repens L. Var. fusca. (S. 141). Auch bei Entschwil im Diem- ligthal! Potamogeton perfoliatus L. ($. 144). Auch in der mittleren Region, im hinteren Wallopsee (bei Boltigen) bei 1620 ” (Maurer). Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1229. — 114 — Orchis incarnata L. (S. 146). Zwischen Zweisimmen und Saanen und zwischen Saanen und Gsteig (Rhiner). Anacamptis pyramidalis Rich. (S. 146). Am Fuss des Abendberges; auch an der Stockhornketie: Bonfal bei Waldried am Fuss des Schafarnisch (Maurer). Epipactis mierophylla Sw. An der Burgfluh und Simmenfluh bei Wimmis und zwischen Oberwyl und 'Alpligen (Christen). Streptopus amplexifolius D.C. (S. 153 und Nachtrag 1, 5. 15). Im Lauenenthal (Joss). Anmerkung. Asparagus offieinalis L. Kultivirt zwischen Eich- bühl und Hünegg bei Thun und am Spiezberg (Bruhin) und verwildert an der Aare oberhalb Uttigen (ausserhalb des Gebiets). Allium sphaerocephalum L. (S. 157). Auch in der mittleren Region: Zwischen Aebialp und Schafarnisch (bei Boltigen) 1550 "— 1700 % (Maurer). Muscari botryoides D.C. (8. 158). Häufig aufeiner Wiese in Goldi- wyl bei Thun (Bruhin). Elyna spieata Schrad. (S. 163). Auch am Susten (Passhöhe)! und am Männlichen (Howald). Alopecurus pratensis L. Im Glockenthal am Fusse des Brändlis- berges bei Thun und im Teuffenthal (Bruhin). Calamagrostis tenella Host. (S. 171). Spätenenalp am Männlichen bei c. 1600 ®! Poa hybrida Gaud. Brünig (Rhiner), Grimsel (Koch Synopsis). Anmerkung. Eragrostis minor Host. In der Nähe der nördlichen Gebietsgrenze bei Scherzligen, auf Kiesboden der Eisenbahn- station, 1885 zuerst beobachtet! Elymus europweus L. (S. 180). Am Niesen oberhalb Wimmis (V. Tavel) und oberhalb Heustrich (Howald), Saxetenthal bei c. 1000 "! Giess- bach (Howald). Juniperus Sabina L. (S. 183). Auch an anderen Stellen der Stock- hornkette: Widdersgrind bei Oberwyl, am Schafarnisch und an der Rockschwartenfluh auf Wallop (Maurer). Equisetum Telmateia Ehrh. (S. 186). Var. frondescens A. Braun Guntenschlucht hinter Sigriswyl (Bruhin). Var. serotinum A. Braun bei Habkeren und an der Suld bei Mühlenen (Bruhin). Dr. Fr. Jenny. Ueber Löss und lössähnliche Bildungen in der Schweiz. (Eingereicht im Januar 1889.) Kinleitung. Mit dem Namen Löss bezeichnet man bekanntlich eine continentale nie marine Ablagerung, welche aus einer sehr feinen, staubartigen, leicht zerreibbaren, mergeligen, schmutziggelben bis bräunlichen Masse besteht, welche sich durch gleichmässige Grösse der feinen Partikel, nicht: selten durch Lösskindel und gewöhnlich durch das Fehlen jeg- licher Schichtung auszeichnet. Die chemische Analyse zeigt neben der Kieselsäure, welche meistens den Hauptbestandteil bildet, haupt- sächlich Thonerde und einen sehr schwankenden Gehalt von kohlen- saurem Kalk. Petrographisch besteht der Löss aus vorwaltenden feinen Quarzkörnchen, Thon und wechselnden Kalkmengen. Auf schweizerischem Gebiet ist der Löss zuerst in der Nähe von Basel beobachtet worden, was sehr begreiflich ist, da derselbe mit dem eigentlichen Rheinlöss unmittelbar zusammenhängt. Die ältesten, mir bekannten Abhandlungen, die sich mit den baslerischen Vor- kommnissen beschäftigen, sind diejenigen von Rathsherr Peter Merian'). Er bemerkt, dass die Hügel in der Umgebung von Basel meistens mit mächtigen Lehmablagerungen, welche bis 400° über das jetzige Niveau des Rheines hinaufgehen, bedeckt seien. Shuttleworth?), der eine: Lössstelle nicht weit von der Ruine Reichenstein bei Arlesheim beobachtet, führt 7 im Löss häufig vor- kommende Schnecken an. 1) Beiträge zur Geognosie von P. Merian, pag. 121, und VI. Berieht über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel 1844, pag. 44. ?) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1844, pag. 196 — 199. 116 In der von Peter Merian gehaltenen Eröffnungsrede bei der 41. Versammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft), wird der Löss der Umgebung von Basel wieder erwähnt. «Die Schal- thierfauna des Lösses ist bekanntermassen in den Gegenden des Mittel- rheins näher untersucht worden durch Alexander Braun. Sie besitzt in unsern Umgebungen ganz dieselbe Beschaffenheit». Die Entstehung des Lösses betreffend, äussert sich der Verfasser dahin, dass derselbe mit seinen Landconchylien nur von einem fliessenden Wasser hat ab- gesetzt werden können. Einige Anmerkungen über den baslerischen Löss finden sich ferner in der Arbeit von Köchlin-Schlumberger?). Er gliedert den Löss, den er mit dem Namen «Lehm» bezeichnet, in 3 Unterab- theilungen: lehm brun, lehm gris und lehm jaune. Der lehm brun liegt immer an der Oberfläche und besitzt nur ganz geringe Mengen von kohlensaurem Kalk. Der lehm gris ist der eigentliche Löss mit Konkretionen und Schnecken, die in den beiden andern Lehmsorten fast gänzlich fehlen. Der lehm jaune besitzt fast ganz die gleichen Eigenschaften wie der lehm brun; ein grösserer Gehalt an kohlensaurem Kalk und die tiefere Lage zeichnen den erstern aus. Köchlin kommt am Schlusse seiner Arbeit zu der Ansicht, dass alle 3 Lehmvarietäten ursprünglich als lehm gris abgelagert worden sind und dass die 2 andern Lehmsorten sich unter dem Einfluss von kohlensäurehaltigem Wasser gebildet haben. Einige Bemerkungen über den baslerischen Löss finden sich auch in den Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz von Prof. Müller?). Nachdem die baslerischen Lösslokalitäten schon in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts bekannt geworden waren, ist dann im Jahre 1856 im st. gallischen Rheinthal v. Arnold Escher von der Linth) eine Ablagerung beobachtet worden, die er Löss genannt hat. «Diese Bildung gleicht petrographisch ganz dem wahren Löss des untern Rheinthales; sie besteht theils aus feinem, gelblichem t) Darstellung der geologischen Verhältnisse des Rheinthals bei Basel 1856. 2) Bulletin de la Soci6t6 geologique de France, Band 16, pag. 297. Com- paraison chronologique des terrains quaternaires de l’Alsace avec ceux de la vall&e du Rhöne dans le Dauphine. 3) Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz; I. Lieferung 1862, pag. 31 — 33. #) Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1856, pag. 242. er: Sande, in dem sich sehr kleine, weisse Glimmerschüppchen erkennen lassen, theils aus noch feinerem, gelblichem Schlamm». Die Schnecken sind ungleichmässig vertheilt, oft in grösserer Zahl beisammen. Prof. Mousson hat ein reichhaltiges Verzeichniss von Schnecken, die A. Escher von der Linth dort gesammelt, aufgestellt, wonach 23 Arten gefunden worden sind. Der Verfasser bringt die Entstehung dieses Lösses in engen Zusammenhang mit den Glacialerscheinungen; er sagt, dass sich diese Ablagerung gebildet habe zu einer Zeit, in welcher sich der Gletscher hinter Sargans zurückgezogen hatte. Nachdem nun im Rheinthal in verschiedenen Gegenden der Löss bekannt geworden war, ist dann derselbe auch im Thal der Aare bei Aarau durch Mösch!) und Mühlberg?) nachgewiesen worden. Von Letzterem findet man weitere Ergänzungen und neuere Beachtungen im Programm der aargauischen Kantonsschule °). Nach ihm ruht der Löss auf den beiden höchsten Flussterrassen und höher; auf tiefer liegenden Terrassen sind nur2 kleine Vorkommnisse bekannt. Die Ablagerung, in welcher Schnecken in grosser Anzahl vorhanden sind, hat eine Mächtigkeit von zirka 6 m. und zeigt keine Spur von Schichtung. Mühlberg versetzt die Bildung des Lösses in eine Zeit, in welcher die obern Flussterrassen bereits gebildet waren. Er hält es für eine Unmöglichkeit, dass. ein Fluss zu jener Zeit das obere Niveau des Lösses (468 m.) hätte erreichen können; deshalb, und weil keine Schichtung vorhanden ist, betrachtet er den Löss als eine aörische Bildung. Vor wenigen Jahren sind dann auch im Kanton Bern einzelne Lösslokalitäten durch Prof. Baltzer und Dr, Ed. von Fellenberg be- kannt geworden. Zuerst fand Letzterer‘) in der Nähe von Kost- hofen eine Ablagerung, die er mit dem Namen «Löss» bezeichnete. Es ist ein weicher, sandiger Thon von hellgelber Farbe, mit ausser- ordentlich feiner Schichtung. Lössschnecken sind hier bis jetzt nicht beobachtet worden. Die zweite bernische Lokalität wurde durch Prof. Baltzer ’) aufgefunden in der Nähe von Wyl. Die Ablagerung, an einer Stelle !) Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, IV. Lieferung, pag. 250. ?) Ueber die erratischen Bildungen im Aargau 1869, pag. 527. ®) 1885, pag. 32 und 43. “ *) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1885, I. Heft, Pag. 34. 5) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1885, I. Heft, Pag. 36. Le mit ein wenig Erraticum bedeckt, ist ein grauer, (honig - sandiger Löss, mit Tufflagen, Lössmännchen und vielen Schnecken. Diese letztern verweisen uns nach Moussons Bestimmungen unbedingt in die Gletscher- zeit, weshalb Prof. Baltzer die Ablagerung als Gletscherschlamm ge- deutet hat. Im gleichen Jahre sind auch wieder durch Prof. Baltzer ') noch verschiedene Lössstellen bekannt geworden. Die 3. Lössstelle befindet sich in der Nähe von Gross-Höchstetten und weist ganz entsprechende Verhältnisse auf wie bei Wyl. Die 4. Lösslokalität liegt bei Kehrsatz. Der Löss bildet eine deutlich ausgeprägte Terrasse und stimmt petrographisch mit demjenigen von Wyl überein; nur enthält er grössere Tufllagen. Die. vier übrigen Stellen, Thal, Gummersloch, Toffen und München- buchsee zeichnen sich durch reichliche Tufflagen aus. «Der bernische Löss ist somit ein {heils grauer, t{heils weiss- licher, theils lichtgelber Lehm von bemerkenswerthem Kalk-, mehr oder weniger Sandgehalt und von lockerem Gefüge». Die Entstehung des Lösses betreffend, kommt Prof. Baltzer zu der Ansicht, dass ein Theil dieser Ablagerung als ein Abschwemmungsgebilde der mit Moränen- schutt bedeckten Areale durch diluviale Regengüsse und rinnendes Wasser zu betrachten sei. (Toffen, Gummersloch und Thal). Der Löss der übrigen Lokalitäten wäre als Hochfluthschlamm, dem sich durch Quellenthätigkeit Tuffeinlagerungen beigemischt haben, anzusehen. Wie aus diesen einleitenden Bemerkungen zu ersehen ist, finden wir in der Schweiz den Löss in der Umgebung von Basel, bei Aarau, im st. gallischen Rheinthal und im Kanton Bern. Ich muss nun gleich am Anfang darauf hinweisen, dass der schweizerische Löss nicht überall das gleiche Aussehen und die gleichen Eigenschaften besitzt, weshalb ich folgende 2 Gruppen unterscheiden werde: I. Typische schweizerische Lössvorkommnisse : 1. Basel und Umgebung. 2. Umgebung von Aarau. 3. St. gallisches Rheinthal. II. Lössähnliche Bildungen im Kanton Bern. Die nähere Begründung dieser Abtheilungen wird sich im Verlauf der Arbeit ergeben. %) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1885, II. Heft, Pag. Iil. - N) I. Typische schweizerische Lössvorkommnisse. 1. Der Löss in der Umgebung von Basel. In der Umgebung von Basel ist der Löss eine sehr häufige Er- scheinung. Im Stadtgebet selber findet man ihn an verschiedenen Stellen; die Hauptlokalitäten befinden sich aber in Baselland. Alle kleinen Hügel, welche zwischen dem Rhein und den Jurahöhen liegen, sind ganz oder theilweise mit einer dicken Lössschicht bedeckt. Im Thal des Birsig ist der Löss eine so gewöhnliche Erscheinung, dass man das Thal danach Leimenthal genannt hat. Betrachten wir nun zunächst die Lössvorkommnisse auf der linken Seite des Birsigthales. Dieses Gebiet zeichnet sich durch eine Anzahl sanfter Hügel aus, die sich gegen Norden allmälig senken. Wie sich aus den verschiedenen guten Aufschlüssen ergibt, bildet der Löss überall die Decke der älteren Ablagerungen. Die besten Aul- schlüsse finden sich an dem Strässchen, welches, von der Allschwyler- strasse abzweigend, direkt nach Neuwiler führt. Der Löss ist hier theilweise durch das Strässchen, theilweise durch regelmässigen Abbau aufgeschlossen und besitzt eine Mächtigkeit von 12 m. Die Ablagerung besteht aus einer sehr feinen, leicht zerreib- baren, mergeligen, schmutzig gelben Masse. Die einzelnen Theilchen sind aber immerhin noch so fest mit einander verbunden, dass der Löss etwa 10 m. hohe, senkrechte Wände zu bilden im Stande ist. Weisse fadenartige Gebilde, welche den Löss nach allen Richtungen durchsetzen, sind hier nicht selten. Die absonderlich gestalteten Kalkkonkretionen, die man Lösskindchen nennt, sind häufig und in verschiedener Grösse vorhanden (2 cm. bis 15 cm.) Ausser diesem Aufschluss sind ganz in der Nähe noch drei andere vorhanden, die die gleichen Erscheinungen zeigen. Alle vier Lokalitäten fasse ich unter dem Namen «Neubad» zusammen, weil diese so benannte Stelle nicht weit davon entfernt liegt. An diesen verschiedenen Stellen habe ich folgende Schnecken gefunden. j , I | l 5 i — 120 — Helix arbustorum Lin. (3') sericea Müll. var. glabella St. (3) plebeja Drap. (3) „. Pulchella Müll. (3) Hyalina nitidula Drap. (2) „. mva Mur (Ch) Succinea oblonga Drap. (3) - oblonga var. elongala (2) Pupa muscorum Lin. (3) „ secale Drap. GL Zua lubrica Müll. (2) In allen Gruben wird der Löss regelmässig abgebaut und zur Backsteinfabrikation verwendet. Die Lösskindchen, die dazu nicht ge- braucht werden können, liegen gewöhnlich massenhaft umher. Auf der rechten Seite des Leimenthales liegt das Bruderholz, ein sanfter Hügelzug, der auch verschiedene Lössaufschlüsse aufzu- weisen hat. Wie man am östlichen Abhang an .einer Stelle beob- achten kann, lagert der Löss auf diluvialer Nagelfluh. Diese diluviale Nagelfluh ist es auch, welche an einzelnen Stellen ziemlich steile Ab- hänge bedingt. Der Löss bildet auch hier die Decke der ältern Ab- lagerungen und bedingt die grosse Fruchtbarkeit des Bruderholzes. Eine sehr interessante Stelle findet sich bei Punkt 353 der Karte von Basel und Umgebung (1: 25,000), welche Stelle den Namen «Ob dem Gemeindeholz» trägt. Der Aufschluss hat eine absolute “Höhe von 353 m. Der Löss wurde hier früher abgebaut, es ist dess- halb jetzt noch ein etwa 5 m. hoher Anschnitt vorhanden. Das Profil von oben nach unten ist foigendes: 1 m. fetter rothbrauner Lehm, der beim Trocknen sehr hart wird. 3: m. ächter. lsöss. In dem zuoberst gelegenen Lem sind keine Konkretionen und keine Schneckenschalen vorhanden. Wir haben ihn als einen, in loco, durch Sickerwasser ausgelaugten Löss zu betrachten. Die Grenze zwischem Lehm und Löss ist auffallend scharf. Letzterer hat hier EB] ') Die Zahlen, welche die numerische Verbreitung angeben, haben folgende Bedeutung: 1. bedeutet: seltenere Arten. 2. » verbreitete, wenn auch nicht häufige Arten. BL » häufige bis ganz gemeine Arten. BEE EEE EEE ER ne a erehnEneer weine — 12, — dieselben Eigenschaften, wie an den vorher erwähnten Stellen. Löss- kindchen und Schnecken, unter welchen die Suceinea oblonga Drap. bedeutend vorherrscht, sind nicht selten, wie folgende Liste zeigt: Helix arbustorum Lin. (3) „ plebeja Drap. (3) „ sericea Müll. var. glabella St. (2) villosa Drap. (2) ai pulchella Müll. (2) Hyalina fulva Müll. (2) erystallina Müll. (2) Pupa muscorum Lin. (3) „ „secale Drap. (2) Suceinea oblonga Drap. (3) e oblonga var. elongata (3) Chondrula quadridens Drap. (1) Auf dem Bruderholz hat man noch an verschiedenen Stellen Gelegenheit, Löss zu sehen. Steigt man z. B. von Gundoldingen gegen die Batterie hinauf, so findet man in verschiedenen kleinen Hohlwegen Löss entblösst; allein diese Aufschlüsse erlauben eben nicht viel anderes, als die Ablagerung mit ihren Schnecken zu constatiren.. Etwas besser sind zwei Aufschlüsse in der Nähe der Kloster-Fiechten. Eine recht interessante Stelle ist an dem Strässchen vorhanden, das vom Punkt 288, von der nach Reinach führenden Strasse ab- zweigend, nach dem Reservoir hinaufführt. Hier sieht man, so viel mir bekannt, die Ueberlagerung der diluvialen Nagelfluh durch den Löss am besten. Auf der linken Seite des Strässchens bildet die feste Nagelfluh einen sehr steilen Abhang. Unmittelbar darüber lagert der Löss, dessen Existenz man von weitem an der abnehmenden Böschung erkennen kann. Einige Schritte davon entfernt musste auf der rechten Seite der Strasse Löss abgetragen werden, weil sonst die Böschung zu steil geworden wäre. Mitten in der Böschung wurde ein thurmförmiger Theil stehen gelassen, an welchem man jetzt noch alle Eigenthüm- lichkeiten des Lösses beobachten kann. Bei dieser Strassenanlage kamen hier sehr grosse Lösskindchen (70—80 cm. lang und 25—30 “m. breit) und einige Knochen (Bos, Cervus, Equus scabellus, Ele- Phas primegenius) zum Vorschein !). m u X) Mittheilung von Hr. Ed. Greppin. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1230. Der sichtbare obere Rand dieser verschiedenen Lössvorkomm- nisse weist folgende absolute Höhenzahlen auf: 1. Ob dem Gemeindeholz 358 m. 2. Am Weg nach der Batterie 350 m. 3. Hinter den Kloster-Fiechten 340 m. 4. An der Strasse uach dem Reservoir 332 m. Ganz kleine Anschürfungen zeigen aber, dass der Löss noch höher hinaufgeht; so habe ich denselben noch in einer Höhe von 390 m. getroffen. Wahrscheinlich ist das ganze Bruderholz (höchster Punkt 395 m.) mit Löss bedeckt. Zwischen der Birs und dem Dorfe Muttenz liegt eine Erhebung, die man mit dem Namen «Rütihard» bezeichnet. Nicht weit von ge- nanntem Dorfe findet sich auf der Anhöhe eine Lössstelle (345 m.). Die Unterlage bildet ein blauer Lehm, der genetisch mit dem Löss in keine Beziehung zu bringen ist. Petrographisch ist der Löss mit demjenigen auf dem Bruderholz identisch und auch hier bedeckt er den Hügel theilweise. Unter den Schnecken, die häufig sind, ist es wieder die Succinea oblonga Drap., welche bedeutend vorherrscht. Helix sericea Müll. var. glabella St. (2) „.. pulchella Müll. (3) Hyalina crystallina Müll. (2) Pupa muscorum Lin. (3) Suceinea oblonga Drap. (3) Limnea peregra Müll. (3) Planorbis spirorbis Müll. (3) a vortex Müll. (2) Clausilia spec. ? (2) Pisidium spec. ? (1) Etwas tiefer liegt der Löss im Birsig- oder Leimenthal. Es sind an verschiedenen :Orten kleinere Anschürfungen vorhanden, wo- durch der Löss entblösst wird. Ein grösserer Aufschluss befindet sich in der Nähe von Binningen (300 m.) Die Ablagerung, die auch hier zur Backsteinfabrikalion verwendet wird, hat die gleichen Eigen- schaften wie der Löss der besprochenen Lokalitäten. In diesem Ab- schnitt finden wir zu oberst Ackererde und darunter den Löss in einer wechselnden Mächtigkeit von 3—4 m. Auch Lösskindehen und Schneckenschalen sind in der gewohnten Häufigkeit vorhanden. Helix arbustorum Lin. (3) „. sillosa: Drap, (2) sericea Müll. var. glabella (3) ” — 13 — Hyalina fulva Müll. (1) „ nitidula Drap. (1) „ erystallina Müll, (2) Pupa muscorum Lin. (3) Clausilia triplicata Hartm. (2)? Auffallend ist das Fehlen von Suceinea oblonga Drap. Im Dorfe Binningen selbst ist der Löss durch ein Strässchen aufgeschlossen. Einen ähnlichen Aufschluss findet man auch noch am Strässchen, das von Botimingen nach der Batterie hinaufführt. In der Umgebung von Basel sind ferner noch einige Lössauf- schlüsse vorhanden, die den ausgesprochenen Flussterrassen ein- oder aufgelagert sind, und gerade dieser Umstand dürfte für diese Stellen von besonderem Interesse sein. Einen solchen Aufschluss findet man in der Erdbeergrube, ausser- halb des Steinenthors, bei Basel. An diesem Ort ist ein Anschnitt in den gut geschwemmten Kies, der die sehr schöne St. Margarethen- terrasse bildet, gemacht worden. Die Grube ist rechtwinklig ange- legt, und ich habe vom obern Theil der südlichen und der östlichen Wand eine Zeichnung angefertigt. (Siehe Tafel). Betrachten wir nun zunächst den südlichen Absturz der Grube, so bemerken wir zuoberst (282 m.) eine "Ye m. dicke Schicht Acker- erde. Darunter liegt eine 1 m. mächtige dunkle Lehmschicht, die beim Trocknen sehr hart wird. Unter diesem Lehm folgt in einer wechselnden Mächtigkeit von 0—60 cm. eigentlicher Löss. Die Grenze zwischen Löss und Lehm ist unbestimmt. An einzelnen Orten sind, wie leicht begreiflich, ziemlich viele kleine Gerölle vorhanden. Im Uebrigen hat der Löss die gleichen Eigenschaften wie an den be- schriebenen Lokalitäten, nur wird er hier oft etwas sandiger. Löss- kindehen habe ich nicht gefunden, dagegen sind Schneckenschalen, worunter auch wieder Succinea oblonga Drap. die häufigste ist, nicht selten. Succinea oblonga Drap. Pupa muscorum Lin. Helix sericea Müll. var. glabella St. Helix pulchella Müll. Glausilia spec ? Das Liegende des Lösses wird gebildet durch gut geschwemmten Kies, Der östliche Absturz zeigt ungefähr die gleichen Verhältnisse, wie aus dem zweiten Profil leicht zu ersehen ist. Die Lagerung des — 11 — Lösses ist an beiden Stellen derart, dass dieselbe über die Ent- stehung der Ablagerung einigen Aufschluss zu geben im Stande ist, Nicht weniger Interesse bietet in dieser Beziehung eine Kies- grube auf dem «Ruchfeld» bei Basel. Ein Profil (siehe Tafel) durch den obern Theil der Grube gibt die nöthigen Einzelheiten. Zuoberst (287 m.) befindet sich eine ganz dünne Schicht Ackererde. Darunter folgt gut geschichteter Kies. In demselben finden wir etwa 1 m. unterhalb der Oberfläche eine Anzahl wagrecht angeordneter Löss- linsen. Die Länge dieser Lösslinsen wechselt zwischen '/s m. und » 1 m.; die Mächtigkeit beträgt 20—40 cm. Petrographisch stimmt dieser Löss mit demjenigen der andern Lokalitäten überein, nur ist er etwas sandiger. Trotzdem diese Linsen so klein sind und im Löss noch hie und da kleine Gerölle vorkommen, so finden sich dennoch Schneckenschalen in ziemlicher Menge darin. Allerdings sind die grössern Exemplare nicht mehr gut erhalten. In den verschiedenen Linsen habe ich folgende Arten gefunden: Helix arbustorum Lin. (3) „ pulchella Müll. (3) „. . villosa Drap.: (2) „ sericea Müll. var. glabella St. (3) Suceinea oblonga Drap. (2) ionella acicula Kob. (2) Pupa muscorum Lin. (2) „ secale Drap. (2) Zua lubrica Müll. (1) Aus diesem Verzeichniss ergibt sich, dass in den kleinen Linsen die wirklich charakteristischen Lössschnecken vorkommen. Die einzige Art, die in der Schweiz bis jetzt an keiner andern Lokalität gefunden worden, ist die Cionella acicula Kob. Dagegen ist diese Art aus dem Löss von Heidelberg bekannt). Von Dr. Greppin?) werden noch verschiedene Stellen cilirt, an welchen lössartiger Lehm in dünnen Streifen zwischen Geröllbänken abgelagert ist. Die bekannteste ist diejenige von St. Jakob. 1) Geogn. Beschreibung der Umgegend von Heidelberg v. Beneke u. Cohen 1881, pag. 561. 2) Observations geologiques, historiques et eritiques, pag. 7—9. une ri mei plans Fisch —: 125 — 0. Heer’) bezeichnet die Ablagerung von St. Jakob, gestützt auf dort gefundene Blätter und Versteinerungen, als interglacial. Aus stratigraphischen, paläontologischen und petrographischen Gründen bin ich aber der Ansicht, dass dieser lössartige Lehm den ähnlichen Vorkommnissen auf dem Ruchfeld und. in der Erdbeergrube nicht entspricht und deshalb nicht zum ächten Löss zu rechnen ist. In der Nähe von Liestal befindet sich auch noch ein kleiner Lössaufschluss in einer absoluten Höhe von 330 m., welcher zeigt, dass auch etwas abseits vom Rhein, in Thal der Ergolz, Löss zum Absatz gelangt ist. Ein eigentliches Lösscentrum findet sich endlich noch in der Nähe von Riehen. Ein Blick auf die Karte von Basel und Umgebung (1 : 25,000) zeigt uns, dass in unmittelbarer Nähe des genannten Dorfes ziemlich viele Hohlwege vorhanden sind, durch welche der- Löss meistens aufgeschlossen ist. Derselbe zeigt hier in jeder Be- ziehung die gleichen Eigenschaften wie im Neubad oder auf dem Bruderholz, Die Lössschnecken sind überall häufig und, wie das nach- folgende Verzeichniss zeigt, stimmen diese Lokalitäten auch in dieser Beziehung mit den übrigen baslerischen Vorkommnissen überein. In den verschiedenen Hohlwegen habe ich folgende Arten gefunden: Helix arbustorum Lin. (3) villosa Drap. (2) sericea Müll. var. glabella St. (3) „ Pulchella Müll. (2) Suceinea oblonga Drap. (3) S ; var. elongata (3) Pupa muscorum Lin. (3) „...secale Drap. (2) Zua lubrica Müll. (2) Clausilia spec. ? (2) Zwischen Riehen und Hörnli, am Wege nach Bettingen, ist der Löss auch wieder mehrmals blosgelegt. Alle Aufschlüsse in der Um- gebung von Riehen besitzen eine absolute Höhe von 300—330 ın. Allerdings geht der Löss noch höher hinauf, so habe ich ihn noch in Höhen von 370 und 380 m. getroffen. Dabei habe ich aber be- merkt, dass die Mächtigkeit nach obenzu abnimmt. ” ” !) Urwald der Schweiz, 2. Ausgabe, pag. 532. —. 126 — Nachdem die wichtigern, mir bekannten Aufschlüsse in der Um- gehung von Basel erwähnt worden sind, sollen nun die hauptsächlichsten Resultate zusammengestellt werden, die sich bei der Vergleichung aller Lokalitäten ergeben. In der Umgebung von Basel ist der Löss eine sehr häufige Er- scheinung. Die absolute Höhe der verschiedenen Lössstellen ist von be- sonderer Wichtigkeit. Der höchstgelegene bessere Aufschluss befindet sich auf dem Bruderholz in einer Höhe von 390 m.; es ergibt sich hieraus, dass das obere Niveau des Lösses etwa 400 m. beträgt, während die absolute Höhe des Rheins bei Basel sich auf 253 m. beläuft. Die Mächtigkeit ist sehr verschieden. Die grösste Mächtigkeit (12, m.) beobachtete ich zwischen Neubad und Allschwil. Im Elsass soll die Mächtigkeit 18 m. und darüber betragen '). Petrographisch ist der baslerische mit dem deutschen Rheinlöss, sozusagen identisch. Er ist überall die gleiche, sehr feine, zwischen den Fingern staubartig zerreibbare Masse von schmutziggelber Farbe, Vom Lehm unterscheidet er sich dadurch, dass er einen viel geringern rad von Zähigkeit und Plastizität besitzt und dass er auch getrocknet noch zerreibbar, während der getrocknete Lehm sehr hart ist. Schich- tung fehlt dem Löss durchweg. Die vorhin erwähnte, staubarlige Zusammensetzung ist für den Löss kennzeichnend. Ueber die Korngrösse des Lösses hat Jentsch‘?) Messungen angestellt und dabei herausgefunden, dass die Körner 0,02 bis 0,04 mm. Durchmesser besitzen. Vom Rheinlöss bei Strassburg?) haben Messungen zum gleichen Resultat geführt. Nach makroskopi- scher Betrachtung zu urtheilen, stimmt der baslerische Löss auch in dieser Beziehung mit demjenigen bei Strassburg überein. Ein weiteres Merkmal des Lösses bilden die Lösskindchen. Diese eigenthümlich geformten Kalkkonkretionen finden sich an fast allen Fundstellen in verschiedener Grösse. Das Vorkommen dieser Konkretionen gehört nicht zu den wesentlichen Merkmalen des Lösses, da sie auch manchmal fehlen. Ueber das Entstehen der Lösskindchen ") Bulletin de la Soci6te geol. de France, Band 16, pag. 335. 2) Zeitschrift des naturwissenschaftl. Vereins in Halle, 1872, pag. 51. °) Schumacher, Erläuterungen zur geol. Karte der Umgegend von Strass- burg, 1883. — 127 — sind von verschiedenen Geologen auch verschiedene Ansichten ge- äussert worden. Jentsch') ist der Ansicht, dass weitaus der grösste Theil der Konkretionen als gleichzeitig mit dem Löss gebildet anzusehen sei. Nach Köchlin-Schlumberger?) sind die Lösskindchen nicht gleich- zeilig mit dem Löss abgelagert worden, sondern erst nachher dadurch entstanden, dass der Kalk in den obern Schichten durch Sickerwasser ausgelaugt und nach unten geführt worden ist, wo er dann mit anderem Lössmaterial diese Konkretionen gebildet hat. Diese Ansicht wird haupt- sächlich durch folgende Thatsache begründet. Die gewöhnlichen Schnecken finden sich auch in den Lösskindchen und zwar manchmal so, dass dieselben zur Hälfte hinausragen. Wären nun diese Konkre- tionen durch einen diluvialen Strom auch nur eine ganz kleine Strecke (ransportirt worden, so müssten diese Schneckenschalen zerstört worden sein. Wir sehen somit, dass die Lösskindcehen erst nach statige- [undenem Absatz im Löss sich gebildet haben, welche Ansicht auch Herr Wahnschaffe ?) bestätigt. Ein weiterer Beweis für die sekundäre Bildung dieser Konkretionen scheint mir in dem unregelmässigen Vor- kommen derselben zuliegen. Wären sie von einem Fluss eingeschwemmt worden, so müsste irgend welche lineare Anordnung derselben wahr- zunehmen sein. Es soll zwar nach Andreae hin und wieder lineare Anordnung vorkommen, dann aber spricht die Form der Konkretionen dagegen, dass dieselben eingeschwemmt worden sind. Als ein durchgehendes Merkmal des Lösses wurde von Jentsch das Zerfallen desselben im Wasser angegeben. Der baslerische Löss zeigt diese Erscheinung ebenfalls. Ein ferneres, wenn auch nicht ganz durchgehendes Kennzeichen des Lösses liegt in dem Vorkommen von Schneckenschalen. Es sind war an einzelnen Orten Ablagerungen als Löss bezeichnet worden, in welchen sich keine Schnecken gefunden haben. Da aber, wo Ver- steinerungen vorhanden sind, bieten dieselben bei der Vergleichung der einzelnen Lokalitäten sehr gute Anhaltspunkte ; ferner liefern sie ns nicht zu unterschätzende Winke, die wir bei der schwierigen Frage nach der Entstehung verwerthen können. Ich lasse nun das Verzeichniss aller in der Umgebung von Basel gefundenen Arten folgen : ne on ‘) Zeitschrift des naturwissenschaftl. Vereins in Halle, 1872, pag. 89. °) Bulletin de la Soei6t6 g6ol. de France, Band 16, pag. 330. °) Zeitschrift der deutschen geol. Gesellschaft 1886, pag. 856. — 1228 — Helix arbustorum Lin. „ . plebeja Drap. sericea Müll. var. glabella St. villosa Drap. cireinnata Stud. „ pulchella Müll, Hyalina nitidula Drap. fulva Müll. 5 erystallina Müll. Pupa muscorum Lin. Y secale Drap. Zua lubrica Müll. Cionella acicula Koh. Suceinea oblonga Drap. 3 » var. elongata. Chondrula quadridens Drap. Glausilia triplicata Hartm. Limnaea peregra Müll. Planorbis spirorbis Müll. vortex Müll. ” ” Wie aus diesem Verzeichniss zu ersehen ist, sind meistens Landschnecken vorhanden, nur an einzelnen Orten sind Süsswasser- schnecken zu finden. Ferner ist zu bemerken, dass jetzt noch alle Spezies lebend vorkommen; das numerische Auftreten der einzelnen Arten aber ist jetzt ein ganz anderes geworden. Die Zusammensetzung des Lösses betreffend, ist zu erwähnen, dass der Quarz den Hauptbestandtheil bilde. Aus den 2 Analysen ergibt sich ein Kieselsäuregehalt von 70—78 °/o. Vergleicht man den baslerischen Löss mit den elsässischen Vorkommnissen, so sieht man, dass demselben ein verhällnissmässig hoher Thon- und ein niederer Kalkgehalt eigen ist. Auffallend ist, dass der Kalk an einer Stelle vollständig fehlt. Aehnliche Fälle werden von Köchlin- Schlumberger und Schumacher auch citirt, und es hat Letzterer heraus- gefunden, dass dieser kalkfreie oder kalkarme Löss nicht als solcher abgelagert worden ist. Vielmehr ist der Kalk erst nachher durch das durchsickernde Wasser weggeführt worden, und zwar hängt die geringere oder weiter fortgeschrittene Entkalkung mit der Neigung der Oberfläche zusammen. a ON) ® Da der Löss fast überall die diluvialen Bildungen bedeckt, so haben wir ihn als die jüngste Ablagerung der Diäuvialzeit zu be_ trachten. Dass aber der Löss noch mit der Diluvialzeit zusammen- hängt und nicht etwa viel später abgesetzt wurde, ergibt sich daraus, dass er in den obersten Lagen des Terrassenkieses in Einlagerungen bereits vorhanden ist. Ueber die Entstehung des baslerischen Lösses hat sich, wie am Anfang dieser Arbeit bereits bemerkt wurde, schon Peter Merian!) dahin ausgesprochen, dass derselbe nur fluviatilen Ursprungs sein könne. Die Deutung des Lösses als Ablagerung in einem Süsswasser- see musste wegen der vielen Landschnecken bald aufgegeben werden. ss wurde in Folge dessen der Löss als Hochfluthschlamm angesehen. Das feine Material betrachtete man als Aus- und Abschwemmungsprodukt der Gletschermoränen. Dieser Ansicht haben sich bald viele Geologen angeschlossen, und es ist dieselbe im Laufe der Zeit noch besser begründet worden. So hat Sandberger?) den Hochfluthschlamm des Maines untersucht und gefunden, dass unter den Schneckenschalen die- jenigen von Landeonchylien viel häufiger sind als diejenigen von Süss- wasserschnecken. Von 52 Spezies waren 38 Land- und 18 Siüsswasser- mollusken und zwar 10,747 Exemplare Land- und 69 Exemplare Süss- wasserschnecken. Beim Rheinlöss ist ungefähr das gleiche Verhältniss vorhanden, ein Grund mehr, denselben als Hochfluthschlamm zu deuten. Als ein Beweis gegen die fluviatile Entstehung des Lösses ist schon oft der Mangel an Schichtung hervorgehoben worden. «Da- gegen muss aber nach Wahnschaffe?) eingewendet werden, dass eine Schichtung von Sedimenten nur dann eintreten kann, wenn ein Stetiger Wechsel in der Stromgeschwindigkeit des Wassers statt- lindet, von welchem sie fortgeführt werden.» «In einem ruhigen Land- see müssen sich die Sedimente stets schichtenweise absetzen. weil Sich sowohl ihre Beschaffenheit als auch ihre Menge in den ver- schiedenen Jahreszeiten, ja schon bei jedem starken Regengusse stetig ändert. Anders jedoch gestalten sich die Erscheinungen in Cinem Wasser, welches wenigstens zeitweise eine annähernde kon- en ‘) Bericht über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel 1844, VI. Band, pag. 56, Darstellung der «eol. Verhältnisse des Rhein- thales bei Basel 1856. °) Fr. Sandberger, Ueber Ablagerungen der Glaeialzeit und ihre Fauna bei Würzbure. °) Wahnschaffe, Zeitschrift der deutschen geol. Gesellschaft 1886 pag. 368. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1281. — u stante Stromgeschwindigkeit besitzt oder wo das fortgeführte Material durch dieselbe bereits einen bestimmten Schlämmprozess erfahren hat, so dass seine Korngrösse nur zwischen engen Grenzen sich bewegt. In einem solchen Fall wird beim Absatz keine Schichtung eintreten». Einen weitern Beweis für den fiuviatilen Ursprung des bas- lerischen Lösses bieten die früher beschriebenen Lösslinsen im obersten Theil des Terrassenkieses. Bezüglich der Verbreitung des Lösses ist die Thalsache auf- fallend, dass er an den Thalhängen manchmal ziemlich hoch hinauf- geht. Die am höchsten gelegene Lössstelle bei Basel befindet sich auf dem Bruderholz bei 390 m., während das Niveau des Rheins 253 m. beträgt. Es ergibt sich somit eine Niveaudifferenz von 137 ın., während dieselbe bei Strassburg 170 ın. beträgt‘). Nun kann man sich wohl kaum vorstellen, dass ein Fluss, in Folge von Hoch- wasser, so mächtig werden konnte, um vom jeizigen Niveau in solcher Höhe Absätze zu bewerkstelligen. Wir müssen vielmehr mit Sandberger annehmen, dass das damalige Bett des Rheins noch nicht so tief erodirt war und dass dann die grossen Wassermassen, die beim Abschmelzen der Gletscher sich bilden mussten, im Stande waren, Löss in solcher Höhe abzusetzen. Gerade der Umstand, dass der Löss in der oberrheinischen Tiefebene überall hoch hinaufgeht, deutet doch darauf hin, dass der Rhein bei der Bildung dieser Ablagerung thätig gewesen ist. Aus dem Gesaglten geht hervor, dass wir den baslerischen Löss als Hochfluthschlamm anzusehen haben. Das feine Lössmaterial baben wir als Aus- und Abschwemmungsprodukt der vielen Moränen zu be- trächten, die am Ende der Glacialzeit noch unbedeckt und vegetations- los waren. Durch die kleinen Gewässer wurde der Schlamm dem Hauptfluss zugeführt und durch diesen bei Ueberschwemmungen ab- gesetzt. Fine Bigenthümlichkeit des Lösses, seine immer gleich bleibende, staubartige Zusammensetzung erklärt sich hiedurch sehr leicht. Das Material, das durch die kleinen Bäche dem Hauptfluss zu- geführt wurde, war von verschiedener Korngrösse. Allein im Haupt- fluss vermochten sich nur die kleinsten und feinsten Partikelchen schwimmend zu erhalten, die grössern Körner sanken auf den Boden und wurden dort weiter geführt. Durch den Hauptfluss wurde somit 2) Schumacher, die Bildung und der geologische Aufbau des oberrhein. Tieflandes, = 183, = eine Trennung des zugeführten Materials in eine ganz feine, staub- artige Masse und in eigentlichen Sand und Kies vorgenommen. Bei Ueberschwemmungen gelangte eben nur das feine, im Wasser schwim- mende Material auf dem überschwemmten Gebiete zum Absatz, während die gröbern Theile (Sand und Geröll) sich im Flussbett absetzten. 2. Der Löss im st. gallischen Rheinthal. Wie bereits in der historischen Einleitung dieser Arbeit erwähnt wurde, ist auch im st. gallischen Rheinthal Löss beobachtet worden, von dem Escher!) sagt, dass derselbe petrographisch ganz mit dem wahren Löss des untern Rheinthals übereinstimme. Diese Lössstellen befinden sich in der Umgebung von Atzmoos, Wartau und Trübbach. Die oberste Lokalität ist in der Nähe von Trübbach am Scholl- berg. Der Löss lagert hier auf einem dunklen Kalkstein, der in einem grossen Steinbruch ausgebeutet wird. Dadurch ist der Löss zwischen der alten und neuen Schollbergstrasse aufgeschlossen worden. Die ab- solute Höhe der neuen Scholibergstrasse beträgt ungefähr 480 m. während die alte Strasse 40—50 m. höher liegt. Im Niveau der alten Strasse ist durch Escher noch Löss beobachtet worden, so dass derselbe hier 50 m. über das jetzige Niveau des Rheins hinaufgeht. Der Löss besteht aus einem feinen, staubartigen, schmutziggelben Material, in dem viele weisse Glimmerschüppchen zu sehen sind. Feine Röhrchen, nach allen Richtungen verlaufend, sind mit einer weissen Masse ausgefüllt. Schichtung ist nicht wahrzunehmen. Die Mächtig- keit beträgt etwa 10 m. Lösskindchen fanden sich hier keine, da- gegen sind Schneckenschalen nicht selten. Folgende Arten haben sich hier gefunden ?). Helix arbustorum Lin. (3). „ Villosa Drap. (3). „ obvoluta Müll. (2). „ eircinnata Stud. (2) *, „ plebeja Drap. (1)°*. pulchella Müll. (2). !) Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1856, Pag. 2471. ?) *Sind Arten, die von Escher nicht gefunden worden sind, die ich aber dort gesammelt habe. — 132 — Patula ruderata Stud. (3). „. rotundata Müll. (2) *. Hyalina nitens Mich. (2) *. „..fulva Müll. (2). „ . nitidosa Fer. (2). Bulimus montanus Drap. (2). Zua lubrica Müll. (3). & „var. pulchella St. (1). Clausilia dubia Drap. (1). Pupa dolium Dr. bigranata Rssm. „ secale Drap. Weitaus die häufigste unter allen Arten ist die Patula ruderata ” Stud. «Vom Schollberg an den Bergfuss rheinabwärts verfolgend, er- wartet man in der nahen Bucht von Atzmoos die Fortsetzung dieses Lösses zu finden; es ist in ihr jedoch noch keiner bekannt», schreibt Escher von der Linth‘'). Es ist mir nun gelungen, den hier erwarteten Löss, im nördlichen Theile der Bucht, am Abhang gegen die Ebene von Atzmoos, an verschiedenen Stellen ‚aufzufinden. Eine Stelle, an welcher der Löss durch einen Hohlweg aufgeschlossen ist, erinnert auffallend an ähnliche Vorkommnisse im baslersichen und elsässischen Löss. Die Ablagerung besteht aus der gleichen, feinen, staubartigen, lichtgelben Masse, welche so fest ist, dass einige Meter hohe, senk- rechte Wände gebildet werden können. Schichtung ist nicht wahrzu- nehmen; ferner sind, wie am Schollberg, viele kleine, weisse Glimmer- schüppchen vorhanden. Auch die Schneckenschalen finden sich in der gewohnten Häufigkeit, wie das nachfolgende Verzeichniss zeigt. Helix arbustorum Lin. (3). villosa Drap. (3). strigella Drap. (2). sericea var. glabella St. (3). plebeja Drap. (2). „ Ppulchella Müll. (2). Patula ruderata Stud. (3). t) Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1856, pag. 249. 198 — Hyalina nitidula Drap. (2). „ fuva Müll. ®). Zua lubrica Müll. (2). Bulimus montanus Drap. (1). Pupa secale Drap. (1). Clausilia spec. ? (2). Steigen wir nun von diesen Lokalitäten in die Ebene von Atz- moos hinunter, um die Strasse, welche von Trübbach nach Norden führt, zu erreichen, so gelangen wir dann auf derselben bald in die fruchtbare Ebene von Murris. Es ist diese buchtartige Ebene gegen Süden zu offen und gegen Norden durch den Major- und Minorberg abgeschlossen. Escher hat im Norden von dieser Bucht zwischen den beiden vorhingenannten Bergen 2 Lössstellen beobachtet. Wie sich nun aber aus dem Folgenden ergeben wird, hat der Löss in dieser Bucht eine allgemeine Verbreitung. Es ist auch ganz begreiflich, dass der Löss in dieser Bucht wie in derjenigen von Atzmoos fast überall zum Absatz gelangt ist. Es stellen diese Ebenen wirklich etwas vom Hauptstrom entfernte, geschützte Buchten dar, in welchen das Wasser langsam die Ufer bespülte und so den Löss leicht absetzen Konnte. Wenn man den westlichen Abhang, welcher sich zur Ebene von Murris hinabsenkt, etwas genauer ansieht, so bemerkt man, dass der- selbe schön terrassirt ist. Es lassen sich 3 besonders hervortretende Terrassen sehr deutlich unterscheiden. An diesem westlichen Abhang sind mehrere Lössaufschlüsse vor- handen. Einen solchen triffi man ganz nahe bei Murris an der Strasse nach Fontenas. Verfolgt man die Strasse weiter bergaufwärts, so hat man Gelegenheit noch einige kleinere Aufschlüsse zu beobachten. Die höchst gelegene Lössstelle liegt dicht unterhalb dem Dorfe Fontenas, etwa 60—70 m. über der Thalsohle. Eine weitere, nicht gerade leicht zugängliche Stelle findet sich am Südende dieser Bucht von Murris. Durch anstehende Felsen, auf welchen der Löss ruht, wird ein fast senkrechter Steilabsturz gebildet; in Folge dessen konnte ich nur die obern Partieen etwas genauer ansehen. Immerhin war leicht zu constatiren, dass hier wieder typischer Löss vorhanden ist, der eine ziemlich bedeutende Mächtigkeit erlangt (6—8 m.). ; Die zwei Lössstellen, welche von Escher beobachtet worden sind, liegen im nördlichen Theil der Bucht von Murris, am Fusse des Minor- berges (Hohlweg) und zwischen dem Major- und Minorberg. Besonderes — 14 — Interesse bietet die letztgenannte Stelle, weil der Löss hier auf er- ratischem Material aufliegt. Diese Lagerung beweist uns, dass der Löss erst nach der Ablagerung des Erraticums abgesetzt worden und somit jünger ist. Die Stelle liegt etwa 15—20 m. höher als die Thalebene, die hier theilweise tiefer liegt als das Bett des Rheins. Zum ersten Mal triffi man hier eigentliche Lösskindchen, die aber immer etwas klein bleiben. Petrographisch gleicht hier der Löss dem der andern Stellen, nur besitzt er etwas weniger Festigkeit. Ueber die einzelnen Bestandtheile, aus denen sich diese Ab- lagerung zusammensetzt, gibt die chemische Analyse!) die nöthigen Auf- schlüsse. Den Hauptbestandtheil bildet auch hier wieder die Kiesel- säure, wenn auch die Procentzahl nicht so hoch ist, wie beim basle- rischen Löss. Der Thongehalt ist so ziemlich gleich, während. sich der st. gallische Löss durch einen grössern Kalkgehalt auszeichnet. In diesem Einschnitt zwischen Major- und Minorberg haben sich folgende Schnecken gefunden: Helix arbustorum Lin. (3). hortensis Müll. (1) ? villosa Drap. (3). sericea Müll. var. glabella St. (3). „ Pulchella Müll. (2). Helix obvoluta Müll. (2). Patula ruderata Stud. (3). „ rotundata Müll. (8). Hyalina fulva Müll. (2). *. ,„.. erystallina Müll: (2). "m 2 Conaid MUN. 2), „ nitens Mich. (2). n nitidula Drap. (2). *. ,,..depressa Sterki (1). Pupa muscorum Lin. (2). „ secale Drap. (3). Chondrula quadridens Drap. (1). Zua lubrica Müll. (3). Bulimus montanus Drap. (2). “ ; obscurus Drap. (1). DE) ” 77 * * * 1) Siehe pag. 154. —_ 18 — Suceinea oblonga Drap. (1). Glausilia spec. ? Steigt man nun von diesem Einschnitt auf den Majorberg hinauf, so bemerkt man, dass der östliche Abhang dieses Berges sehr schöh terrassirt ist. Vom Gipfel bis zum Einschnitt hinunter kann man deutlich 8. Stufen unterscheiden. Die Abstürze von einer Terrasse zur andern sind gewöhnlich sehr steil und betragen 2—15 m. An einer Stelle, mitten in einem Steilabsturz kommt der anstehende Fels zum Vor- schein, während sonst der ganze Abhang mit Gras bewachsen ist. Auf der obersten Terrasse, die etwa 80 m. höher liegt als die Thalebene, habe ich zwei kleine Anschürfungen gefunden, welche mir mit aller Bestimmtheit zeigten, dass hier Löss vorhanden ist. Etwa 10 m. Liefer war auch noch ein kleiner Lössaufschluss zu sehen. Der Löss in diesen Anschürfungen stimmt mit demjenigen im darunterliegenden Einschnitt vollständig überein. Trotzdem diese Aufschlüsse klein sind, habe ich doch 7 Arten, meistens charakteristische Lössschnecken, gefunden. Es sind die kleinen Aufschlüsse besonders erwähnt worden, weil in der dortigen Gegend der Löss sonst nirgends so hoch hinaufgeht, und weil ihr Vorkommen auf den Terrassen einigen Aufschluss über die Entstehung der Ablagerung zu geben im Stande ist. Wohl eine der besten Lössstellen des st. gallischen Rheinthales befindet sich am nordöstlichen Fusse des Minorberges. Von der Haupt- strasse aus, die von Trübbach nach Sevelen führt, ist die Stelle leicht sichtbar und von derselben nur etwa 200° m. entfernt. Ich habe des- halb diese Lokalitäten «Hauptstrasse» genannt. Der Löss, mit einer sichtbaren Mächtigkeit von 5 m., ruht direkt auf dem anstehenden Gestein. Die petrographischen Eigenschaften sind dieselben wie an den andern Orten. Besonders zu erwähnen ist die Thatsache, dass Lösskindchen sehr häufig sind. Auf den etwas ebenen Felsentheilen liegen halb verwitterte Konkretionen in grosser Menge umher, aber auch hier werden dieselben nicht so gross wie im baslerischen Löss. Im ersten Augenblick glaubt man etwelche Schichtung wahrzunehmen. Dies rührt aber nur von der verschiedenen Färbung her; eigentliche Schiehtung ist auch hier nicht vorhanden. Bedeckt ist der Löss, wie an allen andern Orten des st. gallischen Rheinthales, mit Ackererde, von der er sich durch seinen eigenthümlichen Habitus sehr deutlich *) Sind Arten, die von Escher nicht gefunden worden sind, die ich aber dort gesammelt habe. — 136 — abhebt. Die Schnecken sind, wie das nachfolgende Verzeichniss zeigt, recht häufig; ausserdem habe ich hier noch einige verkohlte Stengel- stücke gefunden. ? Helix arbustorum Lin. (2). „ »cireinnafa Stüd. (2). ss, „villosde Drap: 2): „ sericea Müll. var. glabella St. (3). „» Dulchella Müll. (8). Hyalina crystallina Müll. (1). ji nitidula Drap. (3). & 2 nitens Mich. (1). e fulva Müll. (8). Patula ruderala Stud. (3). Pupa muscorum Lin. (3). „. secale Drap. (2). Zua lubrica Müll. (3). Bulimus montanus Drap. (1). Glausilia spec. ? (2). Die letzte, mir bekannte und bereits von Escher!) beob- achtete Lössstelle liegt bei der Ziegelhütle von Sevelen. Der Löss, der sich hier in ähnlichen Verhältnissen wie am Schollberg vorfindet, muss früher die Spalten des anstehenden Gesteins ausgefüllt haben. Jetzt ist das nur noch in beschränktem Maass der Fall, indem nur noch äusserst geringe Ueberreste von Löss vorhanden sind. Immer- hin haben sich auch hier wieder die iypischen Schneckenschalen ge- funden, allerdings nicht in so grosser Menge, wie in den nun be- sprochenen Aufschlüssen des st. gallischen Rheinthales?). Zählt man nun die verschiedenen kleinern und grössern Auf- schlüsse zusammen, so ergibt sich, dass der Löss im st. gall. Rhein- thal an 15 Orten beobachtet werden kann. Die meisten Stellen ge- hören entweder zur Bucht von Murris oder zu derjenigen von Atzmoos. Der höchst gelegene Aufschluss findet sich auf der obersten Terrasse des Majorberges eiwa 80 m. über der Thalebene. Die Mächtigkeit ist ziemlich verschieden, sie beträgt wohl kaum mehr als 5—8 m. t) Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1856, pag. 250. ?) Vierteljahrssehrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1856, pag. 252. — 137 0 — Petrographisch ist der Löss überall gleich. Er besteht aus einer sehr feinen, staubartigen, schmutziggelben Masse. Besonders kenn- zeichnend sind die kleinen, weissen Glimmerblättchen, die hier zahl- reich vorhanden sind. Wurzelartige, nach allen Richtungen sich ver- zweigende, dünne Röhrchen, die mit einer weissen Masse angefüllt sind, finden sich sehr oft. Schichtung fehlt durchweg. Der Löss ist hier eben so feinkörnig wie bei Basel und im Elsass. Lösskindchen sind nicht überall vorhanden, und da, wo sie sich finden, sind sie gewöhnlich etwas kleiner als im übrigen Rheinlöss. Es hängt dies wahrscheinlich mit dem Umstande zusammen, dass der Löss hier weniger ausgelaugt worden ist. Wie sich aus den verschiedenen Verzeichnissen ergibt, sind die Schnecken, welche alle zu den Landmollusken gehören, in bedeutender Anzahl vorhanden. Die Schnecken zeigen uns sehr deutlich, dass zu der Zeit, als der Löss abgelagert wurde, ein kälteres Klima geherrscht haben muss, da gerade einzelne recht typische Arten jetzt dem Ge- birge angehören und nur in Höhen von 1500 m. und darüber vorkommen. Weitaus die häufigste von allen Arten ist die Patula ruderata ‚Stud., die ganz entschieden auf ein kälteres Klima hinweist. Die Bedeckung des Lösses besteht durchweg in Ackererde, während die Unterlage nicht überall die gleiche ist. Vielerorts ruht der Löss auf anstehendem Gestein und an einer Stelle auf erratischem Material. Diese letztere Stelle gibt uns einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Altersbestimmung. Es ergibt sich hieraus, dass der Löss erst Nach Ablagerung des erratischen Schuttes, also erst nach Rückzug des Rheingletschers, hat abgesetzt werden können. Und zwar hat der Absatz.des Lösses bald nach dem Rückzug des Rheingletschers statt- finden müssen, da ja die Schnecken mit aller Bestimmtheit auf ein Klima, wie es sich am Ende der Glacialzeit gestaltet haben mag, hin- Weisen. Die Entstehung des st. gallischen Lösses ist jedenfalls in gleicher Art und Weise vor sich gegangen, wie diejenige des Rheinlösses über- haupt. Auch hier betrachte ich die Ablagerung als Hochfluthschlamm nd diesen als Aus- und Abschwemmungsprodukt der vielen Moränen. Die Gründe für die fuviatile Entstehung des Lösses, die für den bas- lerischen Löss angeführt worden sind, gelten auch für diese Lokali- läten. Ich will deshalb nur einzelne Erscheinungen erwähnen, die Mir den fluviatilen Ursprung dieser Ablagerung besonders zu beweisen Scheinen. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1232 — 1383 — Weitaus die meisten Lösstellen befinden sich in zwei ausge- sprochenen Buchten, in welchen das Hochwasser, abseits vom Haupt- strom, langsam umherfloss und so den Löss leicht absetzen konnte. Ferner treffen wir sehr viele Aufschlüsse auf ausgesprochenen Terrassen, welche wohl kaum anders als durch die Thätigkeit des Wassers entstanden sein können. Es ist daher leicht erklärlich, dass der Fluss, der das Thal immer tiefer erodirte, bei Hochwasser höher gelegene Terrassen überschwemmte und auf denselben Löss ablagerte. Die Erhebung der höchsten Lössstellen über das jetzige Niveau des Rheins ist ja viel geringer als bei Basel und im Elsass. 3. Der Löss bei Aarau. Wie sich aus der Karte in: der schon früher erwähnten Arbeit von Mühlberg!) ergibt, findet sich der Löss hauptsächlich auf den beiden obersten Terrassen und noch höher im Oberholz. Ausserdem {rifft man eine Lössstelle am Abhang des Oberholzes in der Nähe der Strasse, welche von Aarau nach Schönenwerd führt. Zwei fernere Aufschlüsse sind in der Gegend der Wöschnau und von Schönenwerd bekannt. Die vertikale Verbreitung des Lösses betreffend, ist zu be- merken, dass die höchstgelegene- Stelle sich im Oberholz vorfindet. (468). Es soll zwar auch noch der Nebenberg (485 m.) mit Löss be- deckt sein?). Es ist mir aber nirgends gelungen, den Löss dort mit Sicherheit nachzuweisen. Die andern Stellen sind Liefer, auf alten Flussterrassen gelegen. Am besten ist der Löss im Öberholz durch einen Steinbruch aufgeschlossen worden, wo er in einer Mächtigkeit von 6 m. dem anstehenden Gestein aufgelagert erscheint. Wie im Rheinlöss fehlt auch hier jegliche Schichtung. Die Festigkeit dieser Ablagerung und damit zusammenhängend auch die Fähigkeit, senkrechte Wände zu bilden, stimmt mit den baslerischen Vorkommnissen überein. Auch die vielen feinen, wurzelähnlichen Röhrchen sind hier in der gewohnten Art und Weise vorhanden. Soviel sich durch makroskopische Beob- 1) Programm der aargauischen Kantonsschule 1885. 2) Mündliche Mitheilung von Prof. Mühlberg. — 139 — achtung erkennen lässt, stimmt auch die Korngrösse dieser Ablagerung mit derjenigen des Rheinlösses überein. Der aargauische Löss besteht auch wieder aus einer sehr feinen, staubartigen, leicht zerreibbaren röthlichbraun gefärbten Masse. Die nähere Zusammensetzung ergibt sich aus der Analyse (siehe pag. 154). Es zeigt dieselbe, dass der Löss bei Aarau mit dem Rheinlöss fast vollständig übereinstimmt. Kiesel- säure, Thonerde und kohlensaurer Kalk bilden auch hier wieder die Hauptbestandtheile. Lössschnecken sind an dieser Stelle recht häufig. Folgende Arten habe ich hier gesammelt: Helix arbustorum Lin. (2) „ sericea Müll. var. glabella St. (3) „ Vvillosa Drap. (3) Hyalina nitidula Drap. (1) „ Julva Müll. (2) „. erystallina Müll. (2) Suceinea oblonga Drap. (3) : ® var. elongata (3) Pupa muscorum Lin. (8) Zua lubrica Müll. (2) Clausilia spec? (2) Wie sich aus diesem Verzeichniss ergibt, stimmt die Fauna des Lösses bei Aarau mit derjenigen bei Basel vollständig überein. Weit- aus die häufigsten Spezies sind an beiden Orten: Suceinea oblonga Drap., Suce. oblonga Drap. var. elongata, Pupa muscorum Lin., Helix Sericea Müll. var. glabella St. Der Erhaltungszustand ist wie an den andern Orten ein sehr guter. Die Bedeckung des Lösses besteht in Ackererde, die aus den öbern Theilen dieser Ablagerung hervorgegangen ist. Es ist eigen- (hünlich, dass sich auf dem Löss im Oberholz und bei Schönenwerd viele Alpenerlen befinden, während dieselben sonst in der Umgebung fehlen), Die Unterlage des Lösses ist verschieden, im Oberholz ruht er auf anstehendem Gestein und anderwärts auf Terrassenkies. Der Löss ist somit auch hier die Jüngste Ablagerung, die, wie die ent- ®prechenden im Rheinthal, am Ende der Glacialzeit abgesetzt worden ist. Prof. Mühlberg schreibt dem Löss aörische Bildung zu, weil die Ablagerung ungeschichtet ist, und weil er es als eine Unmöglichkeit a 1 . . mn: . 0 ) Ueber die erratischen Bildungen im Aargau, von Professor Mühlberg, 1869, pag. 257, — 140 — erachtet, dass zu jener Zeit ein Fluss so mächtig gewesen sei, dass derselbe von der Suhrfeldterrasse aus (395 m.) das obere Ende des Lösses im Oberholz (468 m.) hätte erreichen können. In erster Linie ist demgegenüber zu bemerken, dass das Fehlen von Schichtung nicht als ein Beweis gegen die .. Entstehung des Lösses angesehen werden kann. Jentsch') führt den Mangel an Schichtung auf die Eigenschaft des Lösses, im Wasser zu zerfallen, zurück. «Denn wenn heute eine neue Schicht von Löss über den schon bestehenden abgelagert würde, so müssten doch durch das im Wasser eintretende Zerfallen des Lösses die Grenzen beider Schichten vollständig verwischt werden. Sie können nur dann scharf erhalten und überhaupt kenntlich gemacht werden, wenn beide Schichten eine wesentlich verschiedene Korngrösse besitzen». Da nun der Löss gerade durch seine immer gleichbleibende Korngrösse sich auszeichnet, ist es sehr begreiflich, wenn keine Schichtung wahr- zunehmen ist. Auch Wahnschaffe ?) bemerkt, wie ich in dieser Arbeit (siehe pag. 129) schon früher angegeben habe, dass man das Fehlen jeglicher Schichtung nicht als einen Beweis gegen den fluviatilen Ursprung an- sehen könne. Der zweite Einwand, der von Prof. Mühlberg gegen die fluviatile Entstehung des Lösses gemacht wird, besteht in dem Höhenunter- schied zwischen dem jetzigen Aareniveau und den höchstgelegenen Lössstellen. Das Niveau der Aare bei Aarau beträgt 370 m., während die höchsten Lössvorkommnisse im Oberholz (#68 m.) gelegen sind. Wie sich nun aus diesen Zahlen ergibt, sind die Höhenunterschiede nicht so gross wie bei Basel (137 m.) und im Elsass (170 m.). Wenn es dort dem Rhein möglich gewesen ist, Löss in solchen Höhen abzusetzen, so sollte doch auch ein Gleiches von der Aare erwartet werden können. Audem ist ja der Löss bei Aarau hauptsächlich auf Flusster- rassen abgelagert. Gerade diese Lagerung deutet doch darauf hin, dass der Löss durch einen Fluss hier abgesetzt worden ist, und dass wir denselben auch hier als Hochfluthschlamm zu deuten haben. Der Ursprung des feinen Lössmateriales ist in der erratischen Schutt- bedeckung des Hügellandes und in den vielen Moränen zu suchen, die damals noch vegetationslos und den Atmosphärilien ausgesetzt waren. 1) Zeitschrift von dem naturwissenschaftl. Verein in Hall, 1872, pag. 54. ?) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, 1886, pag. 363. — 141 — Wenn wir die Ablagerungen bei Basel, bei Aarau und im st.- gallischen Rheinthal mit einander vergleichen, so sehen wir, dass die- selben gut mit einander übereinstimmen, wenn sie auch in einzelnen unbedeutenden Punkten von einander abweichen. Der Löss zeigt sich überall als dieselbe sehr feine, staubartige, gelbliche bis gelblichbraune Masse. Im st.-gallischen Löss sind die Glimmerschüppchen, in etwas grösserer Menge vorhanden. Die Zusammensetzung betreffend, ersehen wir aus den Analysen, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Lokalitäten gering sind. Der st.-gall. Löss enthält etwas mehr kohlensauren Kalk, dafür weniger Kieselsäure. Es ist aber begreiflich, dass bei Ablagerungen, die so weit von einander entfernt sind, die Zusammensetzung sich etwas ändert. Ausserdem ist der kohlensaure Kalk Veränderungen besonders ausgesetzt. Die geringe Korngrösse, das damit zusammenhängende homogene Aussehen, das Fehlen jeglicher Schichtung ist überall zu beobachten. Conchylien sind an allen Lokalitäten häufig und verweisen oft auf ein kälteres Klima. Die Ablagerungen bei Basel und bei Aarau stimmen in dieser Be- ziehung vollständig überein; der st.-gallische Löss hingegen enthält nicht ganz dieselben Arten. Die häufigsten Arten bei Basel und Aarau sind: Helix arbustorum Lin. „» Villosa Drap. » sericea Müll. var. glabella St, » Pulchella Müll. Zua lubrica Müll. Pupa muscorum Lin. Succinea oblonga Drap. 5 3 var. elongata. Im st.-gall. Rheinthal sind folgende Arten allgemein häufig: Helix arbustorum Lin, „ Villosa Drap. „ sericea Müll. var. glabella St. » . pulchella Müll. Hyalina nitidula Drap. 5 fulva Müll. Patula ruderata Stud. Zua lubrica Müll. Pupa muscorum Lin. — 142 — Aus dieser Zusammenstellung und aus der auf Seite 153 be- findlichen Tabelle ist ersichtlich, dass die Unterschiede hauptsächlich darin bestehen, dass die bei Basel und Aarau so häufigen Suceinea oblonga Drap. und elongata im st.-gall. Löss selten sind, während die ’atula ruderata Stud., die im st.-gall. Löss sehr häufig ist, bei Basel und Aarau gänzlich fehlt. Diese Thatsache darf uns nicht so sehr auffallen, indem zu der Zeit, als diese Ablagerungen sich bildeten, ganz gut solche klimatische Unterschiede vorhanden gewesen sein konnten, um in der angegebenen Weise die Fauna zu verändern. Den Uebergang finden wir in den bernischen Lokalitäten, die nicht so weit von den Hochalpen entfernt sind und die Patula ruderata Stud. und Suce. oblonga Drap. in ungefähr gleicher Häufigkeit enthalten. Das Alter des hier in Betracht kommenden Lösses ist überall dasselbe; es ist der Löss am Ende der Gletscherzeit abgelagert worden, worauf Stratifikation und Fossilien hinweisen. Den Löss haben wir überall als Hochfluthschlamm anzusehen, der ausgeschwemmt worden ist aus den Moränen und aus der: erra- tischen Schuttbedeckung des Landes. Aus dieser Zusammenstellung ersehen wir, dass der baslerische und aargauische Löss vollständig mit einander übereinstimmen, während der st.-gall. Löss in Bezug auf die Fossilien etwas abweicht; dessen ungeachtet ist er gerade so gut wie die Ablagerungen bei Basel und Aarau zum ächten Rheinlöss zu rechnen. II. Lössähnliche Bildungen im Kanton Bern. Wie in der Einleitung erwähnt worden, ist der Löss im Kanton Bern erst vor einigen Jahren beobachtet worden. Die Ablagerungen bei Basel, bei Aarau und im st.-gallischen Rheinthal stimmen unter sich und mit dem elsässischen Löss recht gut überein. Gleich von Anfang will ich nun aber bemerken, dass das beim bernischen Löss nicht der Fall ist, wesshalb man die bernischen Vorkommnisse besser als lössähnliche Bildungen bezeichnet. Es haben dieselben in Folge von Tuffeinlagerungen einen wesentlich andern Habitus. Nur eine einzige Lössstelle macht davon eine Ausnahme, und diese soll nun zuerst betrachtet werden. Dieser Aufschluss findet sich in der Nähe u — 133 — von Kosthofen. ') Der Löss besteht hier aus einem sehr feinen, mehr sandigen Material von lichtgelber Farbe. Das Sediment zeigt äusserst feine Schichtung, ist zwischen den Fingern noch zerreibbar, besitzt aber doch eine grössere Festigkeit als der Rheinlöss. Löss- kindchen sind häufig, allein Gestalt und Vorkommen sind eigen- thümlich. Diese Konkretionen sind meistens flachgedrückt und zeigen einfachere Formen als diejenigen des Rheinlösses. Ferner finden sie sich nicht im Löss zerstreut, sondern lagenweise angeordnet. Es ist eine 10— 15 cm. mächtige Schicht vorhanden, welche nur aus solchen Konkretionen besteht; daraus ist wohl zu ersehen, dass diese Lösskindchen nicht, wie beim Rheinlöss, erst nach Absatz dieser Ab- lagerung sich gebildet haben, sondern in dieser Form in den Löss eingeschwemmt worden sind. Diese lössähnlichen Gebilde sind jeden- falls durch Wasser abgesetzt worden, wie dies ja die feine Schichtung deutlich genug zeigt. Ich glaube aber nicht, dass wir diese Ab- lagerung wie den Rheinlöss als Hochfluthschlamm aufzufassen haben. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass der Löss von Kosthofen, ähnlich wie Sand und Kies, sich in einem Flusse gebildet hat. Das schichten- weise Vorkommen der Konkretionen und die feine Schichtung der Ablagerung überhaupt beweisen uns, dass hier die gleichen Faktoren thätig gewesen sind, wie bei der Bildung von Sand- und Kiesbänken. Die andern bernischen lössähnlichen Ablagerungen sind durch Hrn. Prof. Baltzer ?) beschrieben worden. Die Verzeichnisse der Schneckenschalen sind bis jetzt nur von 3 Stellen veröffentlicht worden. In den Listen, die nachher folgen werden, sind nicht nur die von mir gesammelten Schnecken, sondern auch diejenigen, welche Hr. Prof. Baltzer gefunden, enthalten. Lössähnliche Ablagerung bei Wyl. Diese Stelle befindet sich am sanften Abhang eines bedeutenden Moränenzuges in der Nähe vom Dorfe Wyl. Der Aufschluss ist ziemlich gross, weil der Löss, in Formen gebracht und getrocknet, wie Backsteine verwendet wird. Die Ablagerung zeigt sich hier als eine grau bis weiss gefärbte Masse mit bedeutenden Tufflagen. Tuff und Löss sind eng unter einander ver- bunden, indem die verschiedenen Höhlen, welche der Tuff offen lässt, mit Löss angefüllt sind. Die Korngrösse ist sehr ungleich. Ueber die 9) Dr. v. Fellenberg, Mittheilungen der bernischen naturforschenden Gesell- schaft, 1885, I. Heft pag. 34. ?) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft 1885. I. Heft, pag. 26 und II. Heft, pag. 111. — 14 — Zusammensetzung geben die Analysen (siehe pag. 154) nähern Auf- schluss. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Analysen des Rhein- lösses, so sieht man, dass in der Zusammensetzung sich grosse Unter- schiede zeigen. Besonders auffallend ist der geringe Gehalt an Kiesel- säure gegenüber dem bedeutenden Gehalt an kohlensaurem Kalk. Konkretionen sind ziemlich häufig, werden aber nie so gross wie die- jenigen des Rheinlösses. Die Schnecken sind recht häufig; ich führe aber hier nur die Arten an, welche in dem bereits publizirten Ver- zeichniss noch nicht vorhanden sind: Helix plebeja Drap. (2). „.. edentula Drap. (1). „ Ppulchella Müll. (2). Patula rotundata Müll (2). Hyalina erystallina Müll. (2). ” cellaria Müll. (2). ». Aulva Müll. :@. „ hitens (Mich). (2). Suceinea putris Lin. (2). Vitrina diaphana Drap. (2). Zua lubrica Müll. (3). Bulimus montanus Drap. (2). Limnaea truncatula Müll. (1). Glausilia spec.? Pisidium spec. ? Nach Mousson sind alle Arten jetzt noch in der Schweiz lebend, sie weichen jedoch von den Formen des Tieflandes ab. Sie weisen auf ein Klima, wie wir es jetzt bei 5—7000° antreffen und sind daher unbedingt in die Gletscherzeit zu verweisen. Wenn wir diese Fauna mit den Schnecken des Rheinlösses vergleichen, so bemerken wir so- fort, dass auch hier die Landschnecken bedeutend vorherrschen, da- gegen stimmen die einzelnen Arten nicht so gut mit einander überein. Die zwei im Rheinlöss so häufigen Arten, Succ. oblonga Drap. und Pupa muscorum Lin. sind hier nur spärlich oder gar nicht vorhanden. Lössähnliche Ablagerung bei Höchstetten. Eine zweite Stelle in ganz ähnlichen Verhältnissen findet sich in der Nähe von Höch- stetten (730 m.). Die Ablagerung liegt hier auf einer sanft geneigten Fläche. Diese Neigung ist auch in der lössähnlichen Bildung selbst zu sehen, indem einige 4 cm. dicke, durch organische Substanzen schwarz gefärbte Bändchen mit der Oberfläche parallel laufen. Die sichtbare Mächtigkeit beträgt 11/.—2 m. Im Uebrigen stimmt diese Lokalität mit derjenigen | SEE EIER SI 3 ER AR SV SV — 15 — bei Wyl überein, nur sind die Tufflagen nicht so reichlich vorhanden. Die Schnecken verweisen nach Mousson ebenfalls in die Gletscherzeit. Lössähnliche Ablagerung bei Walkringen. In der Nähe dieses Dorfes ist ein dritter lössähnlicher Aufschluss zu sehen (750 m.). Der petrographische Habitus ist hier der gleiche wie bei den beiden andern Lokalitäten, es ist dieselbe weisslich graue Masse mit vielen Tufflagen, die, weil sie sehr mächtig sind, hier ausgebeutet werden. Die sicht- bare Mächtigkeit von Tuff und lössähnlichem Material beträgt 10 m. Die Korngrösse ist auch hier wieder sehr ungleich. Konkretionen von geringer Grösse sind nicht selten. Auch die Schnecken finden sich in der gewöhnlichen Häufigkeit (siehe hinten Tabelle pag. 43). Lössähnliche Ablagerung bei Kehrsatz. Da wo die Strasse nach Zimmerwald und nach dem Gurtenthälchen das Dorf Kehrsatz ver- lässt, befindet sich ein lössähnlicher Aufschluss in einer Mächtigkeit von etwa 9 m. Die Tufflagen sind hier etwas mächtiger als bei Wyl, sie sind aber doch nicht so bedeutend entwickelt wie bei Walkringen. Schichtung fehlt. Die Korngrösse ist ebenfalls sehr ungleich. Kon- kretionen finden sich reichlich. Unter den zahlreich vorkommenden Schnecken führt Prof. Baltzer 19 Arten an, denen nun noch 7 neue Spezies hinzugefügt werden können: Helix sericea Müll. var. glabella (2). „ Pulchella Müll. (1). Hyalina erystallina Müll. (2). Zua lubrica Müll. (1). Vitrina diaphana Drap. (1). Suceinea Pfeifferi Rossm. (2). Limnaea peregra Müll. (1). Vergleicht man die gesammte Fauna von Kehrsatz mit derjenigen von Wyl und Höchstetten, so ergibt sich nach Hr. Mousson, dass diejenige, von Kehrsatz jünger ist. Lössähnliche Ablagerung bei Gummersloch. Grössere Aufschlüsse finden wir in einem Seitenthälchen des Gurtenthales, oberhalb Gummersloch (720—770 m.). Es sind verschiedene Entblössungen vor- handen, weil die meisten Aufschlüsse zur Tuffgewinnung dienen. Es gibt einzelne, wenig mächtige P: kieen, die nur aus einer weisslichgrauen, lehmigen Masse bestehen, aber weit mächtiger sind die Tuffbänke. Im Uebrigen stimmt diese Ablagerung mit derjenigen von Wyl, Kehrsatz etc. überein. Der lössartige Lehm ist hier lappenartig an die ziemlich steile Bergflanke angeklebt und scheint direkt auf der Meeresmolasse zu Bern. Mittheil. 1889. NT. 1208. — 146 — ruhen. An einer Stelle ist er mit ein wenig Erratikum bedeckt, während sonst die Ackererde die Bedeckung bildet. Im Ganzen haben sich hier 20 verschiedene Schneckenarten gefunden, die mit den- jenigen von Wyl und Kehrsatz nicht ganz übereinstimmen, sondern zwischen denselben die Mitte halten (siehe Tabelle hinten pag. 43). Lössähnliche Ablagerung bei Toffen. Diese Stelle ist sehr bekannt durch die mächtigen Tufflagen, die schon seit vielen Jahren ausgebeutet worden sind. Die Mächtigkeit dieser Tufflagen, die parallel zum Abhang gelagert sind, beträgt mindestens 20 m. In der grossen Grube ist lössartiges Material selten. zu sehen, dagegen ist dasselbe ziemlich weiter oben, am Wege nach Obertoffen, in grösserer Mächtig- keit vorhanden. An dieser Stelle sind dem gelblichsandigen Lehm verschiedene grössere und kleinere erralische Blöcke eingelagert, die, wie der Lehm selber, aus den -Moränen stammen, die bei Ober-Toffen sehr schön entwickelt sind. Die höchstgelegene Stelle liegt bei 710 m., während der Steinbruch eine absolute Höhe von circa 600 m. besitzt. Es findet sich somit das lössähnliche Material auch hier wie im Gummersloch lappenarlig am Berg angeklebt. Die Schnecken, von welchen ich hier 20 Arten gefunden habe, stimmen sozusagen voll- ständig mit denjenigen von Kehrsatz überein (siehe Tabelle pag. 43). Lössähnliche Ablagerung bei Münchenbuchsee. End- lich ist noch ein kleiner, lössähnlicher Aufschluss bei Münchenbuchsee beobachtet worden. Die Ablagerung findet sich hier ähnlich wie bei Wyl am Abhang eines Hügels. Nach: unten zu werden die Tuffeinlagerungen so mächtig, dass auch hier der Tuff früher ausgebeutet wurde. Prof. Baltzer gibt von dieser Stelle folgendes Profil: Use‘ Ackererde. 4° lichtgelber Löss. 1‘ grauer Löss. 3. Lu. Lösskindehen in typischer Form (6—8 cn) sind ziemlich häufig, während die Schnecken eher etwas seltener sind. Immerhin sind auch hier 17 Arten gefunden worden, die am besten mit denjenigen von Kehrsatz und Toffen übereinstimmen (siehe Zahl pag. 43). Wenn man nun die verschiedenen lössähnlichen bernischen Ablagerungen mit einander vergleicht, so bemerkt man, dass dieselben mit einander sehr gut übereinstimmen. Eine Ausnahme davon macht nur die lössähnliche Bildung von Kosthofen, wesshalb dieselbe auch ganz für sich behandelt worden ist, Die Ablagerungen der übrigen - - 4 — Lokalitäten zeigen sich immer als weisslichgraue Lehmmassen mit wenig Sand-, aber mit sehr starkem Kalkgehalt. Wie sich aus den Analysen ergibt, ist der kohlensaure Kalk der Hauptbestandtheil; die Kieselsäure tritt ganz bedeutend zurück. Das mag theilweise auch daher kommen, dass der bernische Löss immer Tufflagen in sich schliesst, so dass es wohl unmöglich ist, Löss und Tuff ganz von einander zu trennen. Diese Tufflagen sind es auch, die den bernischen Vorkommnissen einen ganz andern Habitus verleihen. Die äusserst geringe, gleichmässige Korngrösse, welche dem Löss das homogene Aussehen gibt, ist bei den bernischen Ablager- ungen nicht zu finden; dieselbe ist im Gegentheil sehr ungleich. Schichtung fehlt durchweg, immerhin ist dieselbe an manchen Stellen etwas angedeutet durch Wechsellagerung von etwas verschieden gefärbten Schichten. Konkretionen kommen fast überall zerstreut vor und deuten in keiner Weise auf Schichtung (Ausnahme Kosthofen). Sie sind aber gewöhnlich klein und sind jedenfalls auch hier, ähnlich wie im Rheinlöss, erst nach Ablagerung des Lösses entstanden. Conchylien sind häufig und verweisen an manchen Stellen ganz entschieden auf die Gletscherzeit. Die Landschnecken herrschen gegen- über den Süsswasserschnecken bedeutend vor. Für die bernischen Vorkommnisse sind besonders folgende Schnecken häufig und kenn- zeichnend : Helix arbustorum Lin. fruticum Müll. pulchella Müll. villosa Drap. „ sericea Müll. var. glabella St. Hyalina nitidula Drap. nitens Mich. n erystallina Müll. Patula rotundata Müll. Zua lubrica Müll. Bulimus montanus Drap. Die Mächtigkeit ist wegen den vielen Tuffsteinlagerungen schwer zu bestimmen; immerhin ist dieselbe geringer als beim übrigen schweizerischen Löss. Das Zerfallen des Lösses im Wasser bestätigt sich auch bei den bernischen Vorkommnissen. — 148 — Weil an einigen Orten (Wyl, Gummersloch) der lössähnliche Lehm theilweise mit ein wenig Erratikum bedeckt ist, schreibt Hr. Prof. Baltzer demselben interglaciales Alter (im Sinne einer Schwankung während der Glacialzeit) zu, während er den Löss von Kehrsatz als postglacial betrachtet. Dass die Ablagerung dieses Gebildes mit der Gletscherzeit zusammenhängt, das beweisen uns die Gonchylien. Ich glaube aber nicht, dass ein wesentlicher Altersunterschied zwischen den verschiedenen bernischen Lokalitäten vorhanden sei, ich halte vielmehr dafür, dass alle bernischen Ablagerungen am Ende der Glacialzeit sich gebildet haben. Wenn nun auch bei Wyl und Gummers- loch einzelne erratische Blöcke auf dem Lehm liegen, so können die- selben nachher von höher gelegenen Orten herabgeruischt sein. Zur Frage der Entstehung übergehend, will ich zuerst bemerken, dass die bernischen Ablagerungen sich nicht an den Haupifluss, die Aare, halten. Auch die absolute Höhe der verschiedenen Aufschlüsse zeigt keine Uebereinstimmung. Diese beiden Thatsachen scheinen mir schon genügend darauf hinzuweisen, dass der Löss ohne Mithülfe der Aare entstanden ist. Es ist jedenfalls ausser allem Zweifel, dass die bernischen lössähnlichen Gebilde unter Mitwirkung von rinnendem Wasser sich gebildet haben ; hingegen ist in der Bildungsweise doch ein bedeutender Unterschied vorhanden zwischen diesen Vorkomm- nissen und denjenigen im Rheinthal und bei Aarau. Den Rheinlöss hat man schon lang als Hochfluthschlamm gedeutet, und ich habe auch dem Aargauerlöss eine gleiche Entstehung zugeschrieben. Durch diese Annahme kann man sich die gleichmässige Korngrösse und andere Eigenschaften des Lösses leicht erklären. Nun aber fehlt der bernischen Ablagerung diese gleichmässige Korngrösse; es hat somit hier Kein Schlämmprozess, wie ich ihn früher beschrieben habe, stattgefunden. Ein weiterer Grund, den bernischen Löss nicht als Hochfluth- schlamm anzusehen, liegt in der lokalen Verbreitung desselben. Wäre dieses Gebilde wirklich durch Hochfluthen abgelagert worden, so müssten grössere Gebiete mit Löss bedeckt sein. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass die Entstehung der lössähn- lichen Ablagerung aller bernischen Lokalitäten, mit Ausnahme von Kost- hofen, sich. so vollzogen, wie es Prof. Baltzer!) für viele Lokalitäten ge- schildert hat. Hienach ist der lössähnliche Lehm nichts anderes als ein ) Mittheilungen der bernischen naturforschenden Gesellschaft 1885, Il. Heft, pag, 124. u. z: — 149 — direktes Ab- und Ausschwemmungsprodukt der vielen Moränen, welche sich in unmittelbarer Nähe der verschiedenen Aufschlüsse nachweisen lassen. Alle Lokalitäten befinden sich nicht weit von bedeutenden Moränenwällen entfernt, so dass die Abstammung des Materials nicht schwer nachzuweisen ist. Diese Entstehungsweise erklärt auch sehr leicht alle Eigenschaften der bernischen Ablagerung. In erster Linie ist begreiflich, dass die einzelnen Lokalitäten sich gar nicht an den Hauptflusslauf halten und dass dieselben in gar verschiedenen Höhen übgr der jetzigen Thalsohle auftreten können. Die horizontale und vertikale Verbreitung ist hiedurch sehr leicht zu erklären. ; Ebenfalls leicht begreiflich ist bei dieser Entstehungsweise das lokale Auftreten und die geringe Ausdehnung der Aufschlüsse. Die ungleiche Korngrösse ist die nothwendige Folge dieser Ent- stehungsweise. Weil die Abschwemmungsprodukte nicht weit Lrans- portirt wurden, konnte begreiflicher Weise keine Scheidung in feineres und gröberes Material statifinden, in Folge dessen ist die Korngrösse ziemlich verschieden. Auch die Tuffablagerungen lassen sich bei dieser Entstehungs- weise sehr leicht erklären, indem Abschwemmung und Auslaugung nicht ohne einander gedacht werden können. „Mit der Regenwirkung combinirte sich häufig Quellenthätigkeit, wodurch Kalkabsätze in Form von Tuffeinlagerungen und Tuffnestern entstanden‘). Es ist ferner sehr leicht zu begreifen, dass bei dieser Aus- und Abschwemmung der Moränen auch Schneckenschalen mitgerissen und in der lössähnlichen Bildung abgelagert wurden und dass diese ver- schiedenen Arten fast ausschliesslich Landschnecken angehören. Wir kommen daher zu dem Schlusse, dass wir die bernischen lössähnlichen Ablagerungen, mit Ausnahme von Kosthofen, als direkte Aus- und Abschwemmungsprodukte der Moränen zu deuten haben. Wenn wir nun die bernischen lössähnlichen Vorkommnisse mit dem Löss bei Basel, bei Aarau und im st. gallischen Rheinthal ver- gleichen, so bemerken wir bald, dass die Unterschiede zwischen diesen Ablagerungen ziemlich gross sind. 1) Mittheilungen der bernischen naturforschenden Gesellschaft 1885, IL. Heft, pag. 127. — 10 — In erster Linie erhalten die bernischen Vorkommnisse durch Einlagerung von Tuffbänken einen ganz andern Habitus. Dem Um- stande, dass man Tuff und Löss-Lehm nicht scharf zu trennen vermag, ist es jedenfalls auch zuzuschreiben, dass der Gehalt an kohlensaurem Kalk so gross ist. Diese Tuffiagen geben der bernerischen Ablagerung auch das lichtgelbe Aussehen. Die gleichmässige, äusserst geringe Korngrösse, welche den schweizerischen Löss kennzeichnet, fehlt dem bernischen Lösslehm. Schichtung fehlt überall. = Konkretionen finden sich auch in der bernischen Ablagerung, wenn dieselben auch etwas kleiner sind als diejenigen von Basel etc. Gonchylien sind mit Ausnahme von Kosthofen häufig, dagegen sind es nicht immer die gleichen Arten, die vorherrschen. Folgende Arten haben an allen schweizerischen Lokaliläten eine allgemeine Verbreitung : Helix arbustorum Lin. villosa Drap. „ sericea Müll. var. glabella St. Helix pulchella Müll. Hyalina nitidula Drap. „ erystallina Müll. Zua lubrica Müll. Pupa muscorum Lin. Dagegen habe ich schon früher angeführt, dass die Fauna von Basel nur mit derjenigen von Aarau vollständig übereinstimmt, während die st. gallische Ablagerung sich durch das sehr häufige Erscheinen der Patula ruderata Stud. und durch das fast vollständige Fehlen der Succ. oblonga Drap. auszeichnet. Die bernische Ablagerung schliesst sich in der Beziehung mehr an den st. gallischen Löss an. Das Alter des Lösses betreffend, ist zu bemerken, dass er überall am Ende der Glacialzeit abgelagert worden ist. Der Löss bildet überall die Decke der andern Ablagerungen, er ist somit die jüngste Bildung. Dass die Ablagerung des Lösses und der lössähnlichen Bildungen im Kt. Bern mit der Gletscherzeit zusammenhängt, das beweisen uns die Conchylien. Dem schweizerischen Löss ist von Prof. Brückner ') interglaciales Alter zugeschrieben worden, weil er auf den soge- ” !) Die Vergletscherung des Salzachgebietes nebst Beobachtungen über die Eiszeit in der Schweiz, pag. 142—149. un 4 Br 4 » nannten inneren Moränen fehle, und weil der Löss im Salzachgebiet, der auch auf den inneren Moränen fehlt, nachweislich interglacial ist. Dem ist entgegen zu halten, dass die Ansicht. es fehle der Löss im Gebiete der inneren Morünen in der Schweiz, nicht richtig ist, da alle st. gallischen Lössvorkommnisse im Gebiet der innern Moränen sich befinden. Es ist somit auch der Schluss, "es sei der schweizerische Löss interglacial, nicht richtig. Den ächten schweizerischen Löss haben wir überall als Hoch- fluthschlamm anzusehen, welcher aus der erratischen Schuttbedeckung des Landes und aus den Moränen herstammt. Die lössähnlichen Ge- bilde im Kt. Bern sind hingegen direkte Aus- und Abschwemmungs- produkte der Morünen. Wenn man nun schliesslich unsere schweizerischen Ablagerungen mit dem deutschen Löss, speziell mit dem Rheinlöss, vergleicht, so stimmen natürlich nicht alle schweizerischen Lokalitäten in gleichem Masse mit den deutschen Vorkommnissen überein. Der Löss bei Basel, bei Aarau und im st. gallischen Rheinthal besitzt dieselben Eigen- schaften wie derjenige im Elsass. Die bernerischen Vorkommnisse weichen hingegen durch die früher angegebenen Eigenthümlichkeiten nicht unwesentlich davon ab. Bei der nachfolgenden Vergleichung lasse ich daher die bernerische Bildung ausser Betracht. Petrographisch ist der deutsche Löss mit dem schweizerischen Löss identisch ; in der chemischen Zusammensetzung sind nur ganz unbedeutende Unterschiede vorhanden. Die äusserst feine Korngrösse, das damit zusammenhängende homogene Aussehen, das Fehlen jeg- licher Schichtung besitzt der schweizerische Löss in gleichem Maass wie der deutsche Rheinlöss. Lösskindehen und Schnecken sind auch im schweizerischen Löss in ganz gleicher Weise eingelagert. Auch in den Arten der Schnecken zeigt der schweizerische Löss eine grosse Uebereinstimmung mit den deutschen Vorkommnissen. Der einzige in der Beziehung nennens- werthe Unterschied besteht darin, dass die im schweizerichen Löss so häufigen Helix sericea Müll. var. glabella St. und Helix plebeja Drap. im deutschen Löss nicht häufig sind und dass umgekehrt die im deutschen Löss so häufige Helix hispida Müll. in der Schweiz selten ist. Der deutsche Löss wird ebenfalls wie der schweizerische Löss von der Mehrzahl der Geologen als Hochfluthschlamm angesehen, der sich am Ende der Glacialzeit abgesetzt hat. — 12 — Fassen wir die wichtigsten Resultate zusammen, zu denen wir gekommen sind, so ergibt sich folgendes : il, Oo Die Ablagerungen, die man in der Schweiz als Löss bezeichnet hat, sind zu trennen in zwei Gruppen: a. In ächten, typischen Löss (Basel, Aarau und st. gallisches Rheinthal) ; b. In lössähnliche Bildungen im Kanton Bern. Der ächte, schweizerische Löss besitzt überall dieselben petro- graphischen Eigenschaften und ungefähr dieselbe chemische Zu- sammenselzung. Die Gonchylienfauna der verschiedenen Lokalitäten stimmt, ganz wenige Arten ausgenommen, gut mit einander überein. Der schweizerische Löss ist überall glacial. Den typischen, schweizerischen Löss haben wir als Hochfluth- schlamm anzusehen, der aus der erratischen Schuttbedeckung des Landes und aus den Moränen herstamnt, Der typische, schweizerische Löss stimmt mit dem deutschen Rheinlöss in jeder Beziehung überein. Die bernischen Ablagerungen weichen in petrographischer und chemischer Beziehung und in ihrer Entstehungsweise stark vom typischen, schweizerischen Löss ab, so dass dieselben als löss- ähnliche Bildungen zu bezeichnen sind. Trotzdem sind letztere mit dem typischen Löss in Zusammen- hang zu bringen, indem sie sich zu gleicher Zeit gebildet haben, aber unter andern Bedingungen, welche alle Eigenthümlichkeiten der bernischen Vorkommnisse zu erklären vermögen. ses Bann nun nn mus nr nen nn ini ns ae 2 en ran En Er Re . a || Ir 4 | 2 Sie 8 E ss |. /esee2| 28 3 | 2|Ss 22252 823835 _5 ses23323338_28228€5|° s2.2.:35557=s8:3°e>82835=>55 aa [ I ie Helix arbustorum, Lin. . . 18/3183 —12/318/3|2/2|3|12/3|3|3|313 „. Aatuhcum Müll =... Eamem- ——|- 212 312312 sshortensis, Müll 00.00 2 2199 eee „ sylvanca, Drap.: . 02 ee 19 090903102 ». -Bomaue, Bin. 0. de — =) 2 |) 2 — » obvoluta, Müll. . . „1 -———[21—2——|2|—11/3|2/2|2 „> personal Lam: =. ; RE erezeeıt „ wllosa, Dop 21 -—-|3|3/3|3/2|2]2|2\3/3|2|2 3 „ sericea Müll. var. gla- | | | | | belle, St... :*: . 2|813/1|3/—|3131312 21. 2 —— 2 » plebeja, Drap. . . . 1-13 |—|3 |— —ı1') 21-1 — 222 -—-21 „ polckella Müll - . „1215181811212 92.8|2|213/2|1 1 „ Incamata, Müll... „| | ee „ ereinnata, Stud... „(11-1212 1-12 11 — o siroela rap . . 2 em —— 11-1. „.. edentula, Drap. . . . 1-1. 11 11-111 —— Hyalina nitidula, Drap. . . ——|1/2|-/1/212/2/3|12|3/3|13!3|/3| 213 » zütens, Mich. . . „| —--1-1-8%12|1/-2/2/2]2|2|2|2 acer Mill. ee ee] 5 tulva, MM ... 253/111 — — erystallına; Müll. 1717 — 2122/92112 Patula ruderata, Stud. . '. . 31313/11111 — 1 —— „. rotundata, Müll. . 31—1—12/2[2|212|312 Bulimus montanus, Drap. . . 2112/1132122 % obseurus, Drap. . . 1 l—— ||) Zua lubaica, Mil, , - 313129101911 0111 Vitrina diaphana, Drap. . . 1 — 2/2 12 Püpa muscomim, Lin... . 27,3 0 9 2 » > secal& Dfap- sa De 2 Chondrula quadridens, Drap. De Suceinea oblonga, Drap. Ü Br 1217011 er „ var. elongata Bu u u u u a a a a „ Pfeifferi,‘ Rossm. . —-/-12 8-83 |1|- 5: poles, Im... — 223 - —. —_ Clausilia plicatula, Drap. 1 — —— 1 _ 5 triplicata, Hartm. 12-1 a SDeLt 2[2|—-]2|—-|2 2 |2|— Limnaea peregra, Müll. . . lee 2 Eee en ;, truncatula, Müll. . — ed al) je lg Planorbis vortex, Müll. ee 5 spirorbis, Müll.. . ee Se wre rer Die Zahlen, welche die numerische Verbreitung angeben, haben folgende Bedeutung: 1 bedeutet: seltenere Arten, 2 » verbreitete, wenn auch nicht häufige Arten. 3 N: häufige bis ganz gemeine Arten. * Sind Arten, die von Escher nicht gefunden worden sind, die ich aber an den betreffenden Orten gesammelt habe. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1234. Cad | C02 Ale0s —- Fe20s Si0a P205 Org. Subst. H20 K20 Na20 Mg 154 Löss-Analysen Neubad 1,81% | 0,50 9/o | 16,78 °/o 11:09 | 0.11 2/6 | 2,87 | 1,96% | 1,30 °/o | 1,230 von Bruderholz fehlt fehlt 18,42 °/o 78,68 %/o Aarau 5,98 °/o 5,67 °o 18.11 2/0 61,86 °/o 9,07 °% 4,56 °/o 0,93 %o wurde überall qualitativ nachgewiesen. St, gall. Rheinthal 13,79 %/o 9,10 %o 16,66 °/a 54,42 9/0 0.122.279 3.09.20 0,20 °/o } wurden qualitativ nachgewiesen. Analysen der lössähnlichen Ablagerung von Wyl (Kt. Bern). I 50,17% ca 0 C 08 39,67 %/o Ale Os 1.2920 Fca O3 0.50 °/o 308: | - 6,39% P2 05 0,04 °/o Org. Subst. 0,42 °/o Ha 0 1,06 %o Ka 0 Spur Na2 0 0,05 %% M»0 | ..0,16.°% Die Resultate aller Analysen beziehen sich auf bei 110° getrocknete Substanz. Die Analysen vom Löss bei Basel, bei Aarau und im st. gallischen Rheinthal wurden theils im analytischen Laboratorium sischen Polytechnikums unter Leitung von Hrn. Assistent M. Böniger, theils durch mich ausgeführt, während die Analysen von Wyl, auf Ver- anlassung von Prof. Baltzer, in der schweizerischen agrikulturchemischen Versuchstation in Zürich (Vorstand Dr. Grete) ausgeführt und mir zur 198 51,20 °/0 40,25 °/o Benützuug überlassen worden sind. IIL*®) 54,03 do 41,60 °/o 0,35 %o | 1,84 %o —_ III. *) Material von verschiedenen Stellen derselben Lokalität. des eidgenös- $ | | | | h Prof. A. Baltzer. Ueber den Hautschild eines Rochen aus der marinen Molasse. (Mit einer Tafel in Lichtdruck.) (Eingereicht im April 1889.) Reste von Rochen waren bis jetzt meines Wissens in der schwei- zerischen Molasse nicht vorgekommen und gehören auch anderwärts zu den Seltenheiten.”) Es war daher ein Stück von Interesse, welches Hr. J. Fankhauser in einem Steinbruch westlich von Mägenwyl (Ctn. Aargau) erwarb und mir für das hiesige naturhistorische Museum über- gab. Dass hier Schuppen und nicht Zähne vorlagen, ergab sich aus der Form und der mangelnden Abnutzung. Um nun eine möglichst genaue Bestimmung zu erzielen, liess ich Dünnschliff und Photogra- phien anfertigen und theilte dieselben einigen Kennern fossiler Fische mit, die, auf ein reiches Vergleichsmaterial gestützt, eher in der Lage waren eine Entscheidung zu treffen. Ich gebe im Folgenden die Mittheilungen dieser Herren, denen ich für Ihre Bereitwilligkeit bestens danke. 2 Hr. Prof, Andrew in Heidelberg gab mir folgenden Bericht: «Die aus der Molasse vorliegenden Reste dürften wohl jeden- falls dicke Placoid-Schuppen eines Fisches sein. 4 Schuppen liegen hinter einander und ihre bilateral symmetrische Gestalt deutet an, dass sie der Medianebene des Körpers, also wohl dem Rücken angehörten. Die einzelnen Schuppen greifen am Rande etwas über einander, so dass der vorderste Theil einer Schuppe allemal von der vorhergehenden *) Vergl. Zittel: Paläontologie, Bd. II. 1. Lig. pag. 104. — Probst: Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische aus der Molasse’ von Baltringen in Würtemberg, naturw. Jahreshefte 1882, pag. 121. Am chesten sind zu ver- gleichen, wiewohl verschieden genug, Accipenser molassieus, Taf. II, Fig. 3 und Acanthobatis tubereulosus Probst, früher Aceip. tubereulosus, Taf. II Fig. 6 u. 7. — Larrazet: Piöces de la peau de Selaciens, Bull. soe. &£ol. France, 3 Ser. vol, XIV., pag. 265, Taf. XIII, XV. — 156 — bedeckt wird ganz wie beim Stör ; ein derartiges dichtes Zusammen- stossen und Uebergreifen der Placoidschuppen kommt meines Wissens nicht bei Selachiern vor. Die ganze Gestalt der Schuppen erinnert am meisten an die mediane Schuppenreihe der Störe, namentlich er- innert auch die kleine dreieckige Schmelzparthie auf dem hinteren Theil der Schuppe an das aus Schmelzsubstanz bestehende, an der gleichen Stelle auftretende zahnartige Höckerchen der Störschuppe. Beim Vergleich mit den gewöhnlichsten lebenden Störarten zeigle sich ausser der Abweichung in der Gestalt, dass die Ober- fläche der lebenden Störschuppen eine andere mehr grubige Skulptur besitzt und dass namentlich bei grossen und alten Stören die Schuppen viel flacher sind. Am meisten glichen noch junge Exemplare von Accipenser ruthenus dadurch, dass sie an den Seiten steiler abfallen, mehr übereinander greifen und auch in der Skulptur weniger ab- weichen. Ein weiterer, jedoch nicht sehr wichtiger Unterschied von den Störschuppen liegt in der viel bedeutenderen Dicke unserer Schuppen. Während so die äussere Gestalt eine gewisse Aehnlichkeit mit den Stören zeigt, weicht der mikroskopische Befund in viel höherem Grade ab. Die Struktur ist eine viel gröbere und vor Allem fallen die grossen, von oben nach unten verlaufenden*) mit dunkeln Eisen- erzen erfüllten Dentinkanäle auf, von welchen zahlreiche feine Dentin- röhrchen ausstrahlen, welche durchaus in ihrer Gesammtheit an die Vasodentinmasse der Selachierzähne (Lamna, Zygobates etc.) erinnern. Die Schliffe von recenten Störschuppen zeigen ein recht abweichendes Bild.» Herr A.Smith Woodward vom Kensingtonmuseum in London schreibt mir: «lch glaube, es liegt höchst wahrscheinlich der Hautschild eines Rochen vor, welcher sich an die schon beschriebenen Genera Acan- thobatis und Dynatobatis anschliesst. » Endlich hatte Herr R. H. Traquair in Edinburg die Güte mir mitzutheilen: «Es scheint mir nicht, dass der vorliegende Rest irgend etwas mit Stör zu thun hat. Es ist derselbe vielmehr der Hautschild eines Selachiers und die mikroskopische Struktur, soweit sie aus der Photographie erkannt werden kann, bestätigt dies.» Fig. II gibt die Photographie des Dünnschliffes in Lichtdruck reproducir. Man sieht die je nach der Schnittebene mehr oder *) Beim Stör stehen sie quer. — 1 = weniger langgestreckten Dentinkanäle, welche sich manchmal auch gabeln. Die Schmelzschicht ist beim Schleifen abgefallen. Fig. IV stellt einen einfacheren derartigen, mit Hülfe der camera lucida ge- zeichneten Kanal dar, mit den von ihm ausstrahlenden feinen Dentin- röhrchen und dem gelblich gefärbten Fasergewebe. Das Fehlen von Knochenkörpern und Haversischen Kanälen schliesst höhere Wirbel- thiere aus, an die Knochenschilde des Schwanzes von Süsswasserschild- kröten (Chelydra) kann daher nicht gedacht werden. Nach dem Mit- getheilten ist es am wahrscheinlichsten, dass unsere Schuppen einem Repräsentanten der Familie der Rochen angehören. Indessen stimmt keiner der bisher beschriebenen betreffenden fossilen Hautschilde ganz mit dem unsrigen in der Form überein und über die innere Struktur scheint kaum etwas bekannt zu sein. Die Gattung Acanthobatis (Acan- thobatis eximia, Larr.)*) aus der Molasse von Sagries, Gard, betrifft grosse Hautschilder mit radial gestreiften Spitzen, allein dieselben sind anders geformt, steiler und nicht linear angeordnet wie bei unserem Exemplar. Dynatobatis paranensis, Larrazet**) aus dem Pliocän von Rio Parana unterscheidet sich von unserer Form durch eine Einsenkung um die Stacheln herum und bei ähnlichen wiewohl etwas stärkeren Radialfurchen durch ein oder mehrere concentrische Furchen. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Hautschilde an ver- schiedenen Theilen des Rochenkörpers oft verschiedene Grösse und Gestalt besitzen.***) Aus diesem Grunde und weil das Stück bis jetzt ein Unicum zu sein scheint, mag die Entscheidung, ob hier eine neue Galtung oder Art der Rochen vorliegt, weiteren Funden überlassen bleiben.r) *) Larrazet loc. eit. Taf. XV, 3, pag. 265. *=) 1106. cil. *2#) Zittel 10c. cit. 7) Noch ein Wort über das Gestein in mikroskopischer Beziehung: Das- selbe ist Muschelsandstein mit kalkigem, fein vertheiltem Bindemittel, Glauconit- gehalt und voll von Muschelfragmenten, auch Bruchstücken von Bryocoen, Ko- rallen, Hydrozoen und Foraminiferen. Der Glauconit tritt in grünen kugelrunden. oder länglichrunden doppelt brechenden Aggregaten auf. Zum Theil füllt er die Kammern von Foraminiferen aus. Zahlreich treten grössere Krystalle oder Kry- stalloide von Ortho- und Plagioklas, Quarz, ferner Glimmerblättehen und Kalk- Spath auf. Nachtrag. Kürzlich hatte ich das Vergnügen Hrn. Dr. Jekel von Strassburg, dem auf seinen Wunsch das Original des oben beschriebenen Haut- schildes zugeschickt worden war, hier zu sehen. Er zieht unsere Form bestimmt zu Trygon (Stechrochen), sie schliesst sich an eine neue Art aus der Molasse von Baltringen in Würtemberg an, die Hr. Jakel nächstens zu beschreiben gedenkt. Es ist ihm auch gelungen ein Stachelfragment von Trygon, von Mägenwyl stammend, nachzu- weisen. Als wir die hiesige Sammlung durchmusterten, fand sich ein weiterer Hautschild vor. Derselbe hat eiförmigen Umriss, ist 31/g cm. lang und 2/2 (am schmälern Ende nur 2 cm.) breit. Es besteht aus 3 nicht linear angeordneten und ganz flachen Schuppen, von deren mittlerem Knöpfchen radiale Ausstrahlungen ausgehen. Das Stück wurde seiner Zeit von Hrn. Dr. Fischer in der Molasse des Marchbachgrabens Belpberg und zwar im sogenannten Cardienlager gefunden, wo auch (vielleicht zu Halitherium gehörige) Wirbel vorgekommen sind. Es ist der bei Probst beschriebenen Raja ornata Münster ähnlich, Hr. Dr. Juwkel zieht es ebenfalls zu Trygon. Endlich fand sich noch ein von Mägenwy] stammendes Zähnchen, welches Hr. Jakel als Trygon (Raja) rugosa Probst bestimmte. Somit sind nunmehr Rochenreste in der Schweiz sowohl von Mägenwyl (Gin. Aargau) als vom Belpberg bei Bern bekannt und dient vielleicht diese Notiz dazu, sie noch an andern Punkten unserer Molasse zu constatiren. K. Leist. Ueber den Einfluss des alpınen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter. (Mit zwei lithographischen Tafeln.) Vorgetragen in der Sitzung vom 11. Mai 1889. Kinleitung. Die Beziehungen der Pflanzen zu dem umgebenden Medium sind in neuerer Zeit vielfach Gegenstand eingehender anatomisch physio- logischer Studien gewesen. Durch verschiedene Untersuchungen wurde nachgewiesen, wie namentlich einige histologische Charaktere des Blattes sehr wenig constant sind und in hohem Grade von Standortseinflüssen und klimatischen Verhältnissen abhängen. So wissen wir namentlich durch Stahl*), dass die Struktur der Laubblätter vieler Pflanzen, je nach dem sonnigen oder schattigen Standorte, welchem sie entnommen sind, sehr erhebliche Verschiedenheiten aufweist. Ausser durch ihre Grösse zeichnen sich die Schattenblätter aus durch zartere Textur, die Dicke des Blattes beträgt häufig kaum "/s derjenigen des Sonnenblattes. Auch die relative Mächtigkeit des Pallisaden- und Schwammparenchyms wird vom Standorte verändert. Während beim Sonnenblatte eine oder mehrere Schichten äusserst enger und gestreckter Pallisaden an die obere Epidermis grenzen, zeigen beim Schattenblatt einzig die Zellen der obersten an die Epi- dermis grenzenden Zellschicht eine sich an die Pallisaden annähernde Form; Stahl bezeichnet sie als Trichterzellen. Auch die nachfolgende Arbeit soll einen Beitrag liefern zu den Untersuchungen über Einfluss des Klimas und Standortes, indem sie sich zur Aufgabe gesetzt hat, nachzuweisen, ob und was für einen Ein- Muss der alpine Standort auf die Anatomie des Laubblattes ausübt. *) Stahl. Ueber den Einfluss des sonnigen und schattigen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften XVI, 1883. 2. EN — 10 Die Alpen sind ja in ihren klimatologischen Verhältnissen sehr verschieden sowohl von den angrenzenden nördlichen, als südlichen Gebieten, und die in der Alpenregion vorkommenden Pflanzen, welche man meist unter dem Namen Alpenpflanzen zusammenfasst, bilden, wenn auch nicht geographisch oder systematisch, so doch habituell eine scharf begrenzte Gruppe von Pflanzen. Die Eigenthümlichkeiten, welche den besondern, physiognomischen Ausdruck der alpinen Flora veranlassen, sind schon öfter ziemlich einlässlich beschrieben und die Merkmale, durch welche jener eigenartige Typus der gesammten alpinen Pflanzen- welt bedingt wird, in ihren Beziehungen zu Klima etc. dargestellt worden. Dagegen fehlen bis jetzt, so viel ich weiss, genaue anatomische Untersuchungen, welche uns Aufschluss geben darüber, ob auch der anatomische Bau der Alpenpflanzen, speziell ihrer Blätter charakteristische Veränderungen erleide. Einzig in Christ*) ist eine Notiz, nach welcher das Gewebe der alpinen Pflanzen aus viel kleinern Zellen besteht, als dasjenige der Pflanzen der Tiefregion. Zu meinen Untersuchungen wählte ich für’s Erste nur solche Blätter, deren Assimilationsparenchym aus den zwei verschiedenen Zelltypen Pallisaden und Schwammzellen zusammengesetzt ist, dies hatte zur Folge, dass neben andern eine Reihe von Pflanzen aus der Klasse der Monocotyledonen ausgeschlossen werden musste. Von dieser Be- schränkung abgesehen, wurden Pflanzen aus den verschiedensten Familien und von möglichst ungleichem Habitus untersucht und mit den gleich- namigen der Ebene verglichen: Bäume, Sträucher, perennirende wie einjährige Kräuter, Kulturpflanzen. Für eine ziemliche Zahl von Pflanzen war das Material zur Ver- gleichung unschwer zu finden, indem diese von der Ebene bis auf die höchsten Gipfel der Alpenkette hinansteigen. Andere spezifische Alpen- pflanzen finden sich in der Ebene in vereinzelten Ansiedlungen im Flusskies, auf Steinblöcken etc., und endlich stand mir ziemlich Material zu Gebot theils aus Privatanlagen, theils aus dem botanischen Garten in Bern und namentlich auch aus dem Jardin d’acelimatation in Genf. Für’s Erste wurde an einer Reihe alpiner Pflanzen nachgewiesen, dass dieselben «plastisch» sind und verschiedenen Bau aufweisen je nach dem sonnigen oder schattigen Standorte, dem sie entnommen sind. Es ist dies eigentlich selbstverständlich. Warum sollte es anders sein? Das Klima der Alpen unterscheidet sich von dem der Ebene dadurch, *) Ohrist H. Pflanzenleben der Schweiz, 1879, Zürich. — 161 — dass einige neue Faktoren hinzukommen; aber der gleiche Faktor wird an beiden Orten auch in gleicher oder höchstens modifizirter Weise wirken. Wenn man nun nicht zu ganz unrichtigen Resultaten gelangen wollte, so musste strenge darauf gehalten werden, dass jeweilen nur Sonnenblätter mit Sonnenblättern und Schattenblätter mit Schatten- blättern verglichen wurden. Es war deswegen weniger leicht, als es den Anschein hatte, entsprechendes Material zur Vergleichung zu finden. Es mussten oft Blätter ganzer Alpenthäler ausgeschlossen werden, weil sie, wenn das Thal auch sonnig, aber ziemlich eng, doch inihrem Bau sich den Schattenblättern näherten. Grössere und kleinere Erdwälle, Steinblöcke, ja auch kleinere Steine, unter deren Schutz eine kleine Pflanze vegelirt, genügen, um den anatomischen Bau zu influenziren. Die zur Untersuchung verwendeten alpinen Blätter wurden darum haupt- sächlich von ganz sonnigen weiten Abhängen, grössern Ebenen oder von freistehenden Gipfeln gewählt. Die alpinen Blätter wurden meist an Ort und Stelle untersucht und mit der Camera lueida gezeichnet, der übrige Teil der Unter- suchung wurde im botanischen Laboratorium in Bern ausgeführt. Herrn Dr. Ed. Fischer, Dozent der Botanik, der an dem Fort- gang dieser Untersuchung das grösste Interesse genommen, sage ich hiemit für den vielfachen Rath und die Unterstützung, die er mir gewährt hat, meinen herzlichsten Dank. I. Theil. Anatomischer Bau der Blätter in der Ebene und an alpinen Standorten. Eine eingehende Vergleichung mehrerer Querschnitte von extremen Standorten zeigte bald, dass die Arbeit nicht ohne Resultate sein werde, sondern dass zwischen Blättern alpiner Pflanzen und der Ebene be- stimmle Unterschiede vorhanden sind. Diese betreffen namentlich Bau und Anordnung des Assimilationsparenchyms, machen sich aber auch in andern Strukturverhältnissen des Blattes geltend. Es soll vorerst meine Aufgabe sein, die anatomischen Verhältnisse der untersuchten Pflanzen in zwangloser Reihenfolge, wie sie sich bei der Untersuchung ergab, an mehreren auffallenderen Objekten zu be- sprechen, um allgemeine Folgerungen erst später folgen zu lassen. Selbstverständlich wurden die hier beschriebenen Pflanzen jeweilen Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1235. se. 489, — an mehreren Exemplaren untersucht, um nicht etwa individuelle Ab- weichungen für spezifische Charaktere zu halten. Aus der Galtung Saxifraga wurden verschiedene Vertreter unter- sucht. Saxifraga cuneifolia ist eine Pflanze, welche sich zwar vorwiegend an feuchten, schattigen Standorten findet. Doch gedeiht sie seit Jahren im botanischen Garten in Bern an einer sonnigen und trockenen Stelle ganz gut, und an einer entsprechenden Stelle fand ich sie auch am Spicherberg ob Innertkirchen in einer Höhe von 1550 m. Die Blätter der verschiedenen Standorte unterscheiden sich schon äusserlich, in- dem die in der Höhe gewachsenen die andern an Grösse übertreffen. Dagegen beträgt die Dicke der erstern nur etwa °/s der leiztern. Die Querschnitte bieten wesentlich verschiedene Bilder. Im Blatt von Bern (Figur 1) nimmt das Pallisadengewebe ?/s des Querschnittes ein. Unter der obern Epidermis liegen drei Schichten Pallisaden, die Zellen der obern zwei Schichten sind englumig und langgestreckt, wohl fünf mal so lang, als weit und liegen enggeschlossen neben einander, ohne La- cunen zwischen sich zu lassen. Die dritte Schicht ist weniger mächtig. Das darunter liegende Schwammgewebe entbehrt grösserer Intercellular- räume vollständig, die Arme oder Aussackungen der Zellen sind sehr kurz und darum die Verbindung nicht sehr locker. Die Zellen der obern Epidermis sind auf der Flächenansicht polyedrisch und von ganz geradlinigen Wänden begrenzt. Papillen fehlen vollständig. Das Blatt der nämlichen Pflanze aus dem Jardin d’acclimatation in Genf, eben- falls ganz sonnig gewachsen, stimmt mit dem beschriebenen ziemlich überein. (Figur 2.) Blätter, die am Monte Cordano ob Nervi gewachsen und mir von Herrn Fayod in Nervi gütigst zugeschickt wurden, übertreffen die Blätter von Bern und Genf an Dieke nicht unbedeutend. Das Blatt weist ebenfalls drei Pallisadenschichten auf. (Figur 3.) Die einzelnen Zellen derselben sind eng und langgestreckt, viel mehr, als dies bei den Blättern aus Genf der Fall ist. Nach Fayod sind die Pflänzchen unter einem überhängenden Felsen gewachsen, wo sie nur am Morgen kurze Zeit direktes Sonnenlicht erhielten. Das alpine Blatt hat nur eine Schicht Pallisaden, und die Zellen derselben sind nicht nur bedeutend kürzer und weiter, als die vorhin beschriebenen, sondern auch ihre Verbindung ist weniger fest und innig, indem kleinere Intercellularräume zwischen ihnen auftreten. (Figur 4.) Das Schwammgewebe ist nicht weniger mächtig, hat aber ein viel lockeres Gefüge, indem sich die Zahl und. Grösse der Inter- — 198 — cellularräume vermehrt hat. Die Epidermiszellen sind in der Längs- richtung des Blattes gestreckt und ihre Wände etwas gewunden. Einige von ihnen sind in wohl ausgebildete Papillen ausgewachsen, zwischen welchen die andern in Vertiefungen liegen. Saxifraga rotundifolia verhält sich ganz ähnlich. Das Sonnen- blatt aus dem botanischen Garten in Bern ist fast noch einmal so dick, als das entsprechende vom Susten (1840 m) oder vomStockhorn (1920 m), steht dafür dem letzteren an Flächenentwickelung nach. Mit der ver- schiedenen Dicke im Zusammenhang ist der verschiedene anatomische Bau. Das Blatt von Bern weist zwei Schichten Pallisaden auf; die einzelnen Zellen derselben sind langgestreckt und englumig, und ihre Verbindung ist eine sehr innige, indem keine Zwischenräume zwischen ihnen vorhanden sind. Im Gegensatz dazu hat das alpine Blatt nur eine Schicht Pallisaden, welche dazu an Mächtigkeit den andern nach- steht. Dagegen sind ihre Zellen weiter und lassen häufig grössere oder kleinere Zwischenräume zwischen sich. Das Schwammgewebe bietet weniger Verschiedenheiten, weder in Bezug auf Mächtigkeit, noch auf Bau. Saxifraga aizoon mit ihren dicken, immergrünen, Rosetten bil- denden Blättern ist sowohl in der Ebene als in der Höhe sehr ver- schieden je nach dem sonnigen oder schattigen Standorte. Das Sonnenblatt vom botanischen Garten in Bern hat 4, das- jenige aus dem Jardin d’acelimatation in Genf 6 Schichten Pallisaden. Die Zellen liegen in lückenloser Verbindung neben einander, sind jedoch weniger langgestreckt, als die der oben beschriebenen Spezies, etwa 2'/s mal so lang als breit. Bei dieser Pflanze, die von der Ebene bis in bedeutende Höhe sehr verbreitet ist, ist nicht schwer nachzu- weisen, dass die Pallisaden nach oben kürzer und weiter werden, zur vollständigen Abrundung neigen und darum auch lockerer mit ein- ander verbunden sind. An den höchst gelegenen Standorten, meist über 2100 m. erhält man ein Blatt, dessen ganzes Mesophyli aus weiten, isodiametrischen Zellen besteht. Die obern Schichten wnterscheiden sich von den untern nur durch grössern Chlorophyligehalt. Während im Allgemeinen die Dicke des Blattes nach oben geringer wird, nimmt die Epidermisaussenwand zu. Exemplare dieser Pflanze, die auf Engstlen, in einer Höhe von 2500 m. gewachsen, weichen von dem zuletzt be- schriebenen Bau wieder ab. Das Blatt ist sehr dünn, aber auch wenig ausgedehnt. Zwar besteht auch hier das ganze Blattmesophyli aus tundlichen Zellen; diese sind aber ganz klein und englumig. Auch die Epidermiszellen sind klein und wenig gestreckt. — 164 — Saxifraga Cotyledon verhält sich ganz ähnlich wie Saxifraga aizoon. Das Sonnenblatt vom Susten 1800 m. stimmt in Bezug auf Zahl und Weite der Pallisaden ganz überein mit dem,im botanischen Garten in Bern gewachsenen Schattenblatt. Saxifraga aspera var. bryoides ist hochalpin und wächst_an Felsen und steinigen Orten. Das ganze Blatimesophyli besteht aus rundlich polyedrischen oder kugeligen Zellen, denen die Aus- sackungen ganz fehlen, die jedoch ziemlich locker mit einander ver- bunden sind. Der grössere Chlorophyligehalt ist das einzige Merkmal, das die obern Schichten unterscheidet. Zur Vergleichung stand mir nur ein einziges cultivirtes Exemplar derselben Pflanze aus dem Jardin d’acclimatation in Genf zu Gebot. Hier sind die Blätter etwas dicker, und die Zellen der obersten Schicht sind schlauchförmig gestreckt und besitzen ausgeprägten Pallisadentypus. Gnaphalium Leontopodium. Blätter dieser Pflanze, die in einem sonnigen Garten in Bern gewachsen waren, erweisen sich ziemlich dicker als die untersuchten in der Alpenregion, meist auf Engstlen in einer Höhe von über 2000 m. gesammelten, stehen aber den letz- teren an Flächenentwickelung nach. Die Dicke der alpinen beträgt höchstens °/; der erstern, Im Blatt von Bern besteht das spezifische Assimilationsgewebe aus einer Schicht langgestreckter und enger Pal- lisaden; diese sind wohl sechsmal so lang als weit und nehmen etwa die Hälfte der Blatidicke ein. Bei einigen alpinen Blättern sind ebenfalls deutliche Pallisaden vorhanden ; dieselben sind Jedoch sehr kurz. Ihre Länge beträgt höchstens '/s der Pallisaden im Blatt der Ebene, während sie diese an Weite bedeutend übertreffen. Bei andern alpinen Blättern verdient die oberste Schicht den Namen Pallisaden kaum mehr, da sie aus Zellen besteht, die weit und nur ganz unbe- deutend senkrecht zur Oberfläche gestreckt sind. Das Schwammge- webe ist weniger verschieden gebaut, bei den alpinen Blättern sind seine Zellen etwas kleiner. Die Cuticula ist weder in der Tiefregion noch in den Alpen besonders entwickelt. Soldanella alpina. Die Blätter dieser Pflanze aus dem hotani- schen “arten in Bern sind bedeutend dicker als die von alpinen Standorten, werden aber von den meisten der letztern in Bezug auf Flächenentwickelung übertroffen. Die Berner Blätter besitzen drei Schichten Pallisadenzellen, diese sind ziemlich eng. Die Epidermis- zellen besitzen geradlinige Wände und sind nicht oder nur wenig in der Längsrichtung des Blattes gestreckt. In den Blättern derselben = 0 Pflanze von der Wahlalp 1700 m. lassen sich zwar diese beiden Palli- sadenschichten ebenfalls nachweisen, doch sind dieselben viel kürzer geworden und ihre Zellen weiter; ihre Verbindung ist eine sehr lockere, indem zwischen ihnen kleinere und grössere Lacunen auf- ireten, so dass häufig eine Pallisadenzelle ihrer ganzen Länge nach an Intercellularräume grenzt und nur an der Querwand mit andern Zellen in Verbindung ist. Die Zellen des Schwammparenchyms sind im Allgemeinen etwas kleiner als in der Ebene, und auch hier haben sich die Intercellularräume erweitert und vermehrt. Die Epidermis- zellen sind grösser und in der Längsrichtung des Blattes gestreckt. Bei Blättern aus noch höheren Lagen fehlt die Pallisadenform ganz; das ganze Blattmesophyli besteht aus kugeligen Zellen, die ziemlich locker verbunden sind. Die Zellen der zwei obersten Schichten, welche den Pallisaden der andern Blätter entsprechen, unterscheiden sich von den untern durch weiteres Lumen, grössern Chlorophyligehalt und durch ihre Anordnung in Reihen (Tafel IT, Fig. 6). Die Epidermis- aussenwand ist ziemlich dick, die Epidermiszellen jedoch sind nur wenig langential gestreckt. Es ist wohl selbstverständlich, dass diese typi- schen Formen durch Uebergänge verbunden sind. So findet man oft, dass die Zellen der obersten Schicht ganz wenig von der Kugelform abweichen, und, indem sie etwas senkrecht zur Oberfläche gestreckt sind, sich mehr der schlauchförmigen Gestalt nähern. Blätter von "xemplaren, die vereinzelt in bedeutender Höhe, meist über 2400 m. vorkommen, stehen den beschriebenen in Bezug auf Dicke und Flächen- entwickelung nach, und das ganze Blattmesophyll besteht aus kleinen rundlichen Zellen von gleicher Grösse, .die dazu nur locker mit ein- ander verbunden sind. Arabis alpina findet sich von der Ebene, wo sie sich im Fluss- kies angesiedelt, bis in die höhere Region häufig, und je nach ihrem Standorte haben wir einerseits ein ziemlich dickes Blatt mit zwei Schichten Pallisaden, anderseits ein etwas grösseres, aber weniger dickes Blatt, dessen Mesophyli aus locker verbundenen, isodiametri- schen Zellen besteht, von denen die beiden obern Reihen sich durch Weitlumigkeit vor den untern auszeichnen. Das Schwammgewebe unterliegt, was seine Mächtigkeit anbetrifft, weniger Schwankungen, dagegen ist sein Gefüge beim alpinen Blatt ein sehr lockeres, da kleinere und grössere Intercellularäume darin: auftreten. Erinus alpinus. Die Blätter aus dem botanischen Garten in Bern unterscheiden sich sofort von den alpinen durch ihre Dicke. — 166 — Alle untersuchten Blätter stimmen überein in der Zahl der Zelllagen, alle haben zwei Schichten Pallisaden, welche jedoch nach dem Stand- orte sehr verschiedene Struktur zeigen. Die alpinen Blätter stehen den andern in Bezug auf Mächtigkeit derselben nach, dazu sind die einzelnen Pallisaden viel weiter und weniger fest und innig ver- bunden, indem zwischen ihnen viele kleinere Intercellularräume auf- treten, welche man im Blatt der Ebene vergeblich sucht. Im Schwamm- gewebe fehlen scharf ausgeprägte Unterschiede, dagegen ist die Epi- dermisaussenwand des alpinen Blattes besser entwickelt. Globularia nudicaulis. Die Blätter eines sonnig gewachsenen üxemplars aus dem botanischen Garten in Bern unterscheiden sich von verschiedenen alpinen Standorten entnommenen durch geringere Flächenausdehnung, aber bedeutendere Dicke. Während die ersteren drei Schichten langgestreckter und enger Pallisaden haben, welche ge- schlossen neben einander liegen, haben beim alpinen Blatt nur die Zellen der beiden obersten Lagen Pallisadentypus ; dazu sind dieselben noch kürzer nd weiter. Der dritten Pallisadenschicht des Blattes von Bern entspricht eine Schicht rundlich polyedrischer Zellen, die sich von den darunter liegenden Schwammgewebezellen durch grössern Ghlorophyligehalt und namentlich dnrch ihre Anordnung in eine gerade Reihe unterscheiden. Das Schwammgewebe scheint weniger zu diffe- riren, beim alpinen Blatt sind seine Zellen jedoch etwas kleiner. Bei letzterem sind auch die Zellen der obern Epidermis mehr in der Längsrichtung des Blattes gestreckt. Globularia cordifolia. Das Blatt dieser Pflanze ist centrisch oder nach der von Heinricher eingeführten Bezeichnung isolateral gebaut. Das Mesophyli besteht dem Haupttheile nach aus Pallisadenzellen, wo- von zwei Schichten auf die Ober-, zwei auf die Unterseite fallen. Die letzieren sind etwas kürzer und weiter. Zwischen den Pallisaden- schichten sind zwei Lagen chlorophyllarıner, rundlich polyedrischer Zellen eingeschoben. Dies ist der Bau des Sonnenblattes von Meyringen, (Tafel II, Fig. 7), von welchem das alpine Blatt in mehr als einer Be- ziehung abweicht. (Tafel II, Fig. 8). Zwar ist die Zahl der Lagen dieselbe, aber diese haben verschiedene Ausbildung erfahren. Beim Blatt von Meyringen sind die Pallisadenschichten sehr mächtig, die Zellen der- selben sind sehr eng und langgestreckt, wohl sechs mal so lang als weit. Ihre Verbindung ist eine sehr innige, Intercellularräume fehlen ganz zwischen ihnen. Die beiden untern Schichten bestehen aus etwas kürzeren und weiteren Zellen, welche aber immer noch ausge- sprochenen Pallisadentiypus haben. Beim Blatt von der Engstlen (1900 m.) sind vor allem diese an die untere Epidermis grenzenden Zellschichten anders gebaut, sie verdienen den Namen Pallisaden nicht mehr, denn sie sind von rundlich polyedrischer Form und unterscheiden sich kaum von den beiden darüber liegenden mittleren Lagen. Das alpine Blatt hat nicht mehr centrischen, sondern einen ausgesprochen bifacialen Bau. Aber auch die obern Schichten haben an Mächtigkeit verloren, ihre Zellen sind viel weiter geworden, und es treten kleinere Intercellularräume zwischen ihnen auf, wodurch das Gefüge sehr ge- jockert erscheint. Obere und untere Epidermis zeichnen sich aus durch bedeutend entwickelte Guticula. Wieder einen elwas abweichenden Bau weist das Blatt dieser Pflanze auf an noch höhern Standorten. Ganz sonnig gewachsene Blätter von der Engstlenalp aus einer Höhe von 2300. ın. fallen sofort durch ihre Kleinheit und geringe Dicke auf. Das ganze Blattmesophyli besteht aus sehr kleinen, polyedrischen Zellen, die durchaus keine Aehnlichkeit mit Pallisaden zeigen. Echium vulgare ist keine alpine Pflanze, sie geht nicht in die höhere Region. Sie findet sich jedoch am Hasleberg ob Meyringen in einer Höhe von 1400 m. an einem sehr sonnigen Standorte. Die Blätter sind, verglichen mit den in Meyringen gewachsenen etwas grösser, dagegen beträgt die Dicke nur ?/s his °/ı der Meyringer Blätter, Die Abnahme der Dicke geschieht auf Kosten der Pallisaden ; denn das Schwammgewebe ist bei beiden Formen gleich mächtig und auch gleich gebaut, bei den höher gelegenen etwas lockerer. Das Blatt von Mey- ringen hat zwei Schichten von Pallisaden, von denen die obere sehr mächtig ist. Ihre Zellen sind fünfmal so lang als weit. Darunter liegt eine zweite etwa halb so lange Schicht. Beim Blatt von Hasle- berg fehlt die untere Pallisadenschicht und wird ersetzt durch eine Reihe isodiametrischer Zellen. Die obere Pallisadenschicht hingegen ist ausgebildet, steht aber der entsprechenden beim Meyringer Blatt an Mächtigkeit nach. Die Zellen sind elwa 2'/e mal so lang als weit und weniger dicht an einander gefügt, indem einzelne Intercellular- räume bemerkbar sind. ‚ynanchum vincetoxiecum ist ebenfalls mehr eine Pflanze der unteren Region; doch findet sie sich im Gadmenthäle in einer Höhe von 1300 m. an einer ganz sonnigen Stelle noch häufig. Grössere Flächenentwickelung und geringere Dicke unterscheiden sie schon äusserlich von den in Meyringen gewachsenen. Eine genaue Unter- suchung der Blätter zeigt an beiden Standorten eine Pallisadenschicht, — 168 — diese ist jedoch beim Blatt von Meyringen fast doppelt so mächtig, als die heim Gadmer Blatt. Bei letzterem sind die Zellen des Schwamm- gewebes kleiner und das ganze Gefüge viel lockerer. Die Epidermis- zellen sind in der Längsrichtung des Blattes gestreckt. Urtiea dioica steigt von der Ebene bis auf die höchsten Punkte der Alpenweide und siedelt sich dort namentlich in den Düngstätten um die Sennhütten und an Ruheplätzen des Viehs auf der Weide an. Den extrem gelegenen Standorten entsprechend haben wir einerseits unten ein verhältnissmässig dickes Blatt mit einer Schicht sehr langer und englumiger Pallisaden, welche in inniger, vollständig lückenloser Verbindung neben einander liegen, wobei die einzelne Zelle 6 mal so ang als weit ist, anderseits ein dünnes Blatt, kaum halb so dick als das erstere, unter der obern Epidermis mit einer Schicht Zellen, die kaum auf den Namen Pallisaden Anspruch machen können. Diese sind nach keiner Richtung vorzüglich ausgedehnt, erscheinen auf dem Quer- schnitt quadratisch oder halbkreisförmig. Hie und da findet man auch Blätter, bei denen einzelne Epidermiszellen papillenartig erhöht sind. Von dieser Pflanze habe ich zahlreiche Blätter, die auf der Höhe des Gotthardes in der Umgebung des Hospizes gewachsen sind, mit entsprechenden aus Bern verglichen mit spezieller Berücksichtigung des Schwammparenchyms. Dieses scheint in Bezug auf Mächtigkeit sehr wenig zu differiren; bei den Blättern vom Gotthard ist es etwas, wenn auch wenig grösser, besteht dort aber aus kleineren Zellen. Auch haben sich beim alpinen Blatt die Intercellularräume erweitert und vermehrt. Zwischen den beiden extrem gebauten Pallisaden lassen sich unschwer eine Reihe Verbindungsglieder auffinden. Die Blätter von Engstlen (1860 m) zeigen in Bezug auf Länge und Weite der Pallisaden ein intermediäres Verhalten zwischen den Blättern vom Golt- hard und von Bern und stimmen in dieser Beziehung so ziemlich mit den Schattenblättern Berns überein. Alchemilla vulgaris. Diese Pflanze verhält sich ähnlich wie die vorhergehende. Auch sie gehört von der Ebene bis in bedeutende Höhe zu den wenig seltenen Pflanzen, und der anatomische Bau des Blattes hat Aehnlichkeit mit dem der Nessel. Das Sonnenblatt vom botanischen Garten in Bern ist fast noch einmal so dick, als das auf der Höhe des Gotthard gewachsene. An beiden der genannten Stand- orte hat das Blatt eine Schicht Pallisaden. Bei demjenigen aus Bern ist dieselbe sehr mächtig, nimmt mehr als die Hälfte der Blattdicke ein und besteht aus Zellen, welche wohl achtmal so lang als breit ans ones nn m wi See \ \ h ! ENT 1 ie u ng —. 169% = sind und in lückenloser Verbindung neben einander liegen. Auch bei den alpinen Blättern fehlt die Pallisadenschicht niemals, dieselbe ist jedoch absolut und relativ viel weniger mächtig, denn sie nimmt kaum !/ı der Dicke des viel dünneren Blattes ein. Die einzelne Zelle ist etwa zweimal so lang als breit. Zwischen ihnen finden sich kleinere Lacunen, und Pallisadenzellen sind nicht selten, die nur an den Quer- wänden mit andern in Verbindung sind, und die an den Längswänden an Intercellularräume grenzen. Das Schwammgewebe ist auch bei dieser Pflanze ziemlich konstant, höchstens unterscheidet sich das alpine Blatt durch sein viel weniger festes Gefüge. Acer Pseudoplatanus. Dieser Baum ist in der untern und mittlern Region sehr häufig. Vereinzelte Exemplare finden sich ver- pflanzt in Höhen über 1800 m., so auf der Engstlenalp (1860 m.). Die Dicke des alpinen Blattes von Engstlen beträgt eirca ®/; von der des in Bern gewachsenen Sonnenblattes. (Tafel II, Figur 9.) In letzterem besteht das spezifische Assimilationsparenchym aus einer Schicht sehr hoher und enger Pallisadenzellen. Das Schwammgewebe besteht aus zwei Lagen. Im Blatt von der Engstlenalp sind die Pallisaden nur '/2 mal so hoch, dafür aber etwas weiter. Das Schwammparenchym besteht gleichfalls aus zwei Lagen. (Figur 10.) Zwischen diesen beiden extrem gelegenen und extrem gebauten Blättern lassen sich je nach dem Stand- orte eine Reihe Bindeglieder nachweisen. Auch hier stimmt das Sonnen- blatt von Engstlen in Bezug auf Blattdicke und inneren Bau des Blattes ganz überein mit dem Schattenblatt von Bern; die Pallisaden- schicht ist bei beiden Blättern gleich mächtig, und auch die Weite der einzelnen Zellen stimmt überein. Die beiden Querschnitte wären zum Verwechseln ähnlich, wenn nicht die dickere Epidermisaussenwand sofort das alpine Blatt erkennen liesse. Fagus silvatica. Stahl®) führt die Buche an als Beispiel einer Pflanze von sehr weitgehendem Anpassungsvermögen, indem die Sonnen- und Schattenblätter von einander so verschieden sind, dass man sie für Blätter verschiedener Pflanzen halten könnte. Es ist darum in- teressant zu sehen, ob auch der Höhenstandort Einfluss auf den Bau der Blätter ausübe. Leider steigt die Buche nicht in die eigentliche alpine Region. Der höchst gelegene Standort in der Schweiz ist nach Christ im Gentthal, 1550 m., wo sie noch als geschlossener, kleiner Wald auftritt. Sonnenblätter von diesem Standorte unterscheiden sich ganz deutlich von den Sonnenblättern in Bern, schon äusserlich durch *) Stahl (f. c.) pag. 6—8. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1236. nn grössere Flächenentwickelung und geringere Dicke, dann aber vor allem durch Bau und Mächtigkeit des Pallisadenparenchyms. Es sind zwar an beiden Orten zwei Schichten Lypischer Pallisadenzellen vorhanden, aber während diese beim Sonnenblalt von Bern sehr lang und eng sind und zusammen ?/s3 der Blattdicke einnehmen, sind dieselben beim Blatt aus dem Gentthal erheblich kürzer und nehmen zusammen nicht die Hälfte der Blattdicke ein. Die einzelne Pallisade ist bedeutend weiter als beim Sonnenblatt von Bern. Das Söonnenblatt vom Gent- (hal entspricht in Bezug auf Grösse und Bau einem halbschattig ge- wachsenen von Bern. Das Schwammgewebe ist bei beiden Blättern von gleicher Mächtigkeit, dagegen sind im alpinen Blatt die Inter- cellularräume grösser, als beim halbschattigen von Bern und so die Verbindung der Schwammzellen eine sehr lockere. Dianthus silvestris. Diese Pflanze hat centrisch gebaute Blätter. Auf die mit mächtig verdickter Aussenwaud versehenen Epidermen folgen jederseits drei Lagen von Pallisaden. Die Blatimitte nimmt ein vorwiegend aus rundlichen, zum Theil auch etwas parallel der Blatt- fläche gestreckten Zellen bestehendes Schwammparenchym ein. Die Pallisaden der Oberseite sind sehr eng und länger als die der Unter- seite, Blätter von alpinen Standorten weichen in einigen Beziehungen von dem beschriebenen Bau ab. Vor allem ist die Dicke des Blattes viel geringer; dann hat das Blatt nicht mehr einen so ausgesprochen centrischen Bau, indem die an die untere Epidermis grenzenden Zell- schichten durch Verkürzung ihres Längen- und Verlängerung des Quer- durchmessers die cylindrische Form verloren und rundlich polyedrische Form angenommen haben. Sie unterscheiden sich von den mittlerenLagen nur durch weiteres Lumen. Dieselbe Veränderung ist mit der dritten der obern Pallisadenschichten vor sich gegangen. Ihre Zellen sind von den der darunter liegenden mittleren Lagen nicht zu unterscheiden. Diese Zellen der zwei obersten Schichten zeigen zwar immer noch deutlichen Pallisadentypus, sind jedoch kürzer und weiter geworden. So ist auch hier das Blatt aus einem isolateralen zu einem bifacialen geworden. An den höchsten Stellen ihres Vorkommens weicht der Bau von dem beschriebenen wieder ab. Bei Blättern aus einer Höhe von 2300 m. (Engstlenalp) haben die obern Zellschichten ihre schlauch- förmig gestreckte Form aufgegeben. Das ganze Blalimesophyli besteht hier aus einem (Gewebe gleichgestalteter, kleiner, isodiametrischer Zellen, und die Epidermiszellen sind in kleine Papillen ausgewachsen. Silene inflata. Diese Pflanze ist in der Ebene gemein und steigt bis in die höhere Region, sie findet sich z. B. auf dem Gipfel um des Faulhorn und in der Umgebung des Gotthardhospizes nicht selten, In der Ebene ist der Bau der Blätter vollkommen isolateral, das ganze Blattmesophyli besteht aus 4 Pallisadenschichten, von denen zwei der obern, zwei der untern Epidermis anliegen, und dazwischen in der Blatt- mitte stehenden, kugeligen oder parallel der Blatloberlläche gestreckten Zellen. Sehr oft sind einzelne der Pallisadenzellen durch eine Quer- scheidewand getrennt, so dass an einzelnen Stellen drei Pallisaden- schichten auftreten. An vielen Exemplaren habe ich nachgewiesen, dass mit der Höhe das Blatt an Flächenausdehnung gewinnt, dafür an Dicke abnimmt. Die Pallisaden werden kürzer und weiter, und zwar sind es weder die an die untere Epidermis grenzenden, welche zuerst ihre schlauchförmige Gestalt aufgeben und aus der langeylindrischen in die kugelige Form übergehen. Aber auch die obern Pallisadenschichten er- leiden eine Veränderung, indem sie kürzer und weiter werden; schliess- lich nehmen auch sie kugelige Gestalt an, unterscheiden sich jedoch von den unter ihnen liegenden Zellen durch weiteres Lumen. Blätter dieser Pflanze, die am Susten in einer Höhe von 1890 m. ganz sonnig gewachsen sind, stimmen sowohl äusserlich wie im anatomischen Bau ganz überein mit Schattenblättern derselben Pflanze aus dem botani- schen Garten in Bern. An beiden Orten haben wir unter der obern Epidermis eine Schicht grosser kugeliger Zellen und darunter ein aus kleinen, rundlichen Zellen bestehendes, lockeres Schwammparenchym; das alpine Blatt unterscheidet sich jedoch leicht durch stärkere Epi- dermisaussenwand, welche der des Sonnenblattes der Ebene nicht nachsteht. An den höchsten Stellen ihres Vorkommens, z. B. auf dem Gotthard fehlt auch diese Schicht grösserer halbkugeliger Zellen unter der obern Epidermis, und das ganze Blatimesophyli besteht aus sehr kleinen, gleichmässigen Zellen. Gentiana acaulis. Das Sonnenblatt aus dem botanischen Garten hat zwei Pallisadenschichten, deren Zellen langgestreckt und englumig und ohne Zwischenräume aneinandergefügt sind. Das Schwammparen- chym nimmt etwa den dritten Theil der Blattdicke ein, die Zellen desselben sind meistens rundlich polyedrisch, einzelne sind parallel der Epidermis gestreckt. Alpine Blätter dieser Pflanze von den ver- schiedensten Standorten sind viel weniger dick, und eine genaue Untersuchung zeigt, dass die Pallisaden vollständig fehlen. An Stelle derselben finden sich unter der obern Epidermis zwei Lagen weil- lumiger Zellen, die durchaus keinen Anspruch auf den Namen Palli- saden erheben können, da ihr Querdurchmesser dem Längendurch- — 112 — messer durchaus nicht nachsteht. Das Schwammparenchym scheint weniger zu differiren, doch sind seine Zellen kleiner und alle mehr oder weniger rundlich polyedrisch; parallel der Oberfläche gestreckte scheinen zu fehlen. Das ganze Blatt hat ein sehr lockeres Gefüge, indem sich die Intercellularräume erweitert und vermehrt haben. Die Epidermisaussenwand des alpinen Blattes ist mehr entwickelt. Biseutella levigata. Beim Sonnenblatt aus dem botanischen Garten in Bern nehmen die zwei Pallisadenschichten °/s der Blattdicke ein. Die einzelnen Zellen sind langgestreckte und enge Schläuche, deren Verbindung eine sehr feste ist, da Lacunen zwischen ihnen ganz fehlen. Die Zellen des Schwammgewebes sind rundlich polyedrisch oder radial gestreckt. Beim Blatt von Engstlen sind zwar ebenfalls zwei Schichten Pallisaden vorhanden, dieselben nehmen jedoch kaum die Hälfte der Blattdicke des viel dünnern Blattes ein. Namentlich ist die obere Schicht sehr kurz geblieben, dafür sind die einzelnen Zellen bedeutend weiter; zwischen ihnen haben sich kleinere und grössere Zwischenräume aufgethan, welche nicht selten die benachbarten Zellen so von einander trennen, dass dieselben nur an den Querwänden ihre Verbindung mit andern Zellen herstellen. Auch im Schwamm- gewebe haben sich die Intercellularräume erweitert und vermehrt. Die Epidermiszellen sind grösser als in der Ebene und tangential ge- streckt. Ranuneulus aeris. Auch diese Pflanze steigt von der Ebene bis in bedeutende Höhe, sie findet sich z. B. in der Nähe des Gotthard- hospizes.nicht selten. Das Blatt der Ebene hat eine Schicht Pallisaden, die jedoch sehr mächtig ist. Beim Blatt vom Gotthard ist die oberste Zellschicht des Blattimesophylis auch scharf vom darunter liegenden (Gewebe differenzirt, aber ihre Zellen sind sehr klein und wenig länger als breit. Zwischen diesen beiden Formen finden sich auch hier viele Uebergänge, die Blätter von Andermatt halten ungefähr die Mitte in Bezug auf Länge der Pallisaden, an Weite übertreffen sie die andern beiden. Chenopodium bonus Henrieus. Alle untersuchten Blätter be- sitzen zwei Schichten Pallisaden, diese differiren jedoch sehr in Bezug auf Länge, Weite und Verbindung, so nämlich, dass Blätter höherer Standorte kürzere und weitere Pallisaden und ein sehr lockeres Ge- füge haben. Bei den Blättern vom Gotthard stehen die meisten Palli- saden nur vermittelst der Querwände mit andern in Verbindung, während ihre Längswände rings an Intercellularräume grenzen. ren. 4 v —- 13 — Gypsophila repens hat an sonnigen Standorten der Ebene zwei Schichten langer und enger Pallisaden. Das darunter liegende Schwamm- gewebe besteht aus vier Lagen rundlich polyedrischer oder radial ge- streckter Zellen. Das ganze Blatt hat ein sehr festes Gefüge. Bei den Blättern aus der alpinen Region fehlen Zellen von der schlauch- förmig gestreckten Form der Pallisaden vollständig. An ihrer Stelle finden sich unter der obern Epidermis zwei Schichten halbkugeliger Zellen, die sich durch weites Lumen und durch ihre Anordnung in gerade Reihen leicht von den darunter liegenden Zellen des Schwamm- parenchyms unterscheiden. Die Zellen des letzteren sind kleiner und von lockerer Verbindung. Arnica montana. Ein Blatt aus einem sonnigen Garten Berns hat zwei Schichten langer, enger Pallisaden. Das Schwammgewebe be- steht aus mehreren Lagen rundlicher, mit Aussackungen versehener oder parallel der Oberfläche gestreckter Zellen. Blätter von der Melch- alp (1890 m.) unterscheiden sich schon äusserlich durch grössere Flächenausdehnung, aber geringere Dicke. An Stelle der Pallisaden finden wir eine Schicht, deren Zellen nicht länger, als weit sind. Das darunter liegende Schwammgewebe ist ausserordentlich locker, indem es zahlreiche Intercellularräume von bedeutender Grösse enthält. Auch die Epidermiszellen sind grösser und tangential gestreckt mit ge- wundenen Seitenwänden. Die Epidermisaussenwand ist stark ver- dickt. Linaria alpina ist eine alpine Pflanze, welche sich herahge- schwemmt in der Ebene, z. B. im Flusskies, nicht selten findet. Die Blätter der Ebene haben einen centrischen Bau, das ganze Blatt- mesophyll besteht aus einer Zellenform, aus langgestreckten cylindrischen Zellen. Beim alpinen Blatt ist der Bau des Blattes insofern ein ander er als diese cylindrischen Zellen kürzer und weiter geworden sind: das ganze Mesophyll besteht aus isodiametrischen Zellen, und nur in einzelnen Fällen hat die obere subepidermale Zellschicht den Charakter einer Pallisadenschicht beibehalten. Lotus eornieulatus. Der Bau dieses Blattes ist centrisch. Beim Sonnenblatt der Ebene sind die beiden obersten, wie die beiden untersten Schichten des Blattmesophylis zu Pallisaden ausgebildet. Zwischen denselben ist ein aus vier Lagen bestehendes Gewebe, deren Zellen meist isodiametrisch, aber auch radial gestreckt sind. Die Pallisaden- zellen der obern Schichten sind sehr lang, englumig und liegen lücken- los neben einander. Die Zellen der unteren Schichten sind kürzer — 14 — und weiter. Mit zunehmender Höhe des Standortes verändert sich der Blattbau in der mehrmals beschriebenen Weise, die Weite der Pallisaden nimmt zu auf Kosten der Länge. Die Intercellularräume werden grösser, und ihre Zahl vermehrt sich. Die Epidermiszellen sind etwas papillenartig erhöht und haben stark entwickelte Gutieular- schichten. Taraxacum offieinale ist von der Ebene bis in die höhere Region gemein. Das Sonnenblatt der Ebene hat zwei Schichten nicht gerade langer, aber enger Pallisaden und darunter ein aus vier Lagen be- stehendes Schwammgewebe. Auch hier tritt mit der Höhe eine Aenderung in der Blattstruktur ein, indem die Pallisaden kürzer und weiter werden. An besonders hoch gelegenen Standorten besteht das ganze Blalimeso- phyli aus kleinen, rundlichen Zellen, Sorbus aucuparia hat in der Ebene zwei Schichten langer und enger Pallisaden; die der obern Schicht sind länger, als die untern, wohl achtmal so lang als weit. Beim Blatt von Engstlen ist nur noch eine Schicht Pallisaden vorhanden; ihre Zellen sind dazu kürzer und weiter geworden. Das Schwammgewebe zeigt keine scharf ausgeprägten Unterschiede. Als einjährige Kulturpflanzen standen mir zur Untersuchung und Vergleichung zu Gebot Kartoffel, Salat und weisse Rübe. Kartoffeln fand ich auf der Nordseite der Alpen an ihrem höchsten Standorte in Andermatt und Hasleberg (1400 m.), weisse Rüben und Salat gehen so weit in die Höhe als menschliche Wohnungen. Belege dafür sind die Gärtchen beim Gotthardhospiz und beim Hötel Stein am Susten, Solanum tuberosum, Kartoffel.*) Die Blätter dieser Pflanze machen in einer Beziehung eine Ausnahme von den bisher beschriebenen Pflanzen, Sonnenblätter vom Hasleberg, von Gadmen und Andermatt sind zwar alle etwas grösser, als Sonnenblätter von Bern und Meyringen, Aber diese grössere Flächenausdehnung findet hier nicht statt auf Kosten der Dicke; denn letztere ist bei Blättern von alpinen oder subalpinen Standorten nicht geringer, sondern in den meisten Fällen gleich, in einzelnen sogar mächtiger als bei den Berner und Meyringer Blättern, Bei allen Blättern haben wir eine Pallisadenschicht, die ungefähr die Hälfte der Blattdicke einnimmt, aber diese Pallisaden sind *) Nach Fischer, Gefässpflanzen des Berner Oberlandes ist der höchste Standort für die Kartoffel im Berner Oberlande Mürren (1630 m). Von diesem Standorte standen mir jedoch keine Exemplare zur Untersuchung zu Gebot. sehr verschieden von einander. Beim Blatt von Bern sind dieselben sehr eng, sechsmal so lang als weit, und ihre Anordnung ist eine sehr innige: Lücken oder Intercellularräume finden sich keine zwischen ihnen. Bei den Blättern der oben genannten Höhenstandorte sind die Pallisaden nicht weniger lang, aber wohl noch einmal so weit. Sie sind ferner häufig nicht alle gleich lang und auch sonst verschieden gebaut, indem einzelne etwas von der gewöhnlichen cylindrischen Form abweichen und in ihrem untern Theile keulenförmig sich erweitern oder sogar kleinere Aussackungen zeigen. Dies ist desshalb möglich, weil das Gefüge ein sehr lockeres ist und grosse Intercellularräume zwischen den Pallisaden auftreten. Die Zwischenräume sind nicht selten so gross, dass Pallisaden an ihren Längswänden nur an solche grenzen und nur vermittelst der Querwände mit andern Zellen Verbindung her- stellen. Auch die Anordnung der Schwammparenchymzellen ist eine sehr lockere. Die Epidermiszellen sind etwas grösser und mehr gestreckt, als dies bei den Blättern der Ebene der Fall ist. Lactuca sativa. Diese Pflanze stand mir, wie schon angedeutet, zur Vergleichung zu Gebot aus den kleinen Gemüsegärten von Hotel Stein am Susten, Engstlen, Andermatt und demjenigen beim Gotthard- hospiz. An den genannten Orten gedeiht der Salat noch gut, wenn auch nicht mit der Ueppigkeit, wie in der Ebene. Mit etwa sechs Blättern schliesst er sein Wachstum ab, ohne dass es zur «Kopfbildung» kommt. Zur Vergleichung mit diesen habe ich nur die ersten, frei- stehenden Blätter junger Exemplare der Tiefregion benutzt, weil die Blätter des Kopfsalates, namentlich die innern, meist aus einem ziem- lich gleichmässigen, kleinzelligen Gewebe bestehen. Mit Ausnahine der Blätter von Andermatt sind die alpinen Blätter kleiner, als die der Ebene. Ueber die Dicke lässt sich nichts Bestimmtes sagen. Die untersuchten alpinen Blätter differiren in dieser Beziehung selbst be- deutend und zwar oft Blätter desselben Standortes, indem einzelne von ihnen die Blätter von Bern und Meyringen an Dicke übertreffen, die Mehrzahl ihnen jedoch nachsteht. Das Sonnenblatt der Tiefregion hat eine Schicht Pallisaden, die etwas mehr als den dritten Theil der Blattdicke einnehmen, Sie sind nicht gerade eng, wohl aber ist ihre Verbindung eine sehr innige, indem Intercellularräume zwischen ihnen ganz fehlen. Der untere Theil der Blattdicke wird von einem kleinzelligen, aber wenig lockern Gewebe eingenommen. Das alpine Blatt unter- scheidet sich sofort durch die auffallend lockere Anordnung und Ver- bindung seiner Zellen und durch den Mangel an Pallisaden. Die unter — 116 — der obern Epidermis gelegene Zellschicht besteht aus sehr weitlumigen Zellen von der verschiedensten Form. Rundlich polyedrische und pris- malische, parallel oder senkrecht zur Oberfläche gestreckte Zellen mit kleineren oder grösseren Aussackungen finden sich in der gleichen Zellschicht. Dazu ist die Verbindung derselben eine möglichst lockere, indem sich zwischen den einzelnen Zellen grosse Zwischenräume aus- bilden, nicht minder gross, als die sie begrenzenden Zellen. Auch das Schwammgewebe hat ein sehr lockeres Gefüge, indem zahlreiche und grosse Intercellularräume zwischen seinen Zellen auftreten. Die Blätter vom Gotthard weichen insofern von dem beschriebenen Baue ab, als die oberste, den Pallisaden entsprechende Schicht aus gleich- mässigen, rundlichen Zellen besteht. Brassica Rapa, weisse Rübe. Die Blätter aus dem Gärtchen am Stein sind weniger dick als die von Meyringen. Während jedoch bei den letzteren deutlich 3 Schichten von Pallisaden vorhanden sind, welche zusammen ?/s der Blattdicke einnehmen, besteht bei jenen die ganze obere Hälfte des Blattes aus grossen, kugeligen oder nur wenig senkrecht zur Oberfläche gestreckten Zellen von sehr lockerer Ver- bindung. Nachdem ich bereits im Sommer 1887 an verschiedenen Pflanzen den abweichenden Bau der Blätter aus alpinen Standorten nachgewiesen, war ich bemüht, die Unterschiede im Blattbau auch auf experimentellem Wege zu erhalten. Ich säete darum zu gleicher Zeit im botanischen (Garten in Bern und bei dem mehrmals genannten Hotel Stein am Susten (1860 m.) verschiedene Saxifragaarlen aus, bei denen die Stand- ortsunterschiede besonders ausgeprägt waren. Die Kulturen wurden Anfangs April angelegt und für die am Susten die nöthige Erde einem Garten in Meyringen entnommen. Leider gingen die jungen Saxifraga- pflänzchen bald nach ihrer Keimung zu Grunde. Dagegen entwickelten sich in den Töpfen aus in der Erde enthaltenen Samen verschiedene andere Pflanzen, wie Atriplex patula, Stellaria media, Lamium purpureum elc. Diese kamen bis zum Blühen und boten mir nun. ebenfalls geeignetes Material zur Untersuchung der Frage, was für einen Ein- fiuss der Höhenstandort auf die Anatomie des Blattes ausübe. Schon eine oberflächliche Vergleichung ergab, dass diese Pflänzchen am Susten nicht weniger üppig waren, als andere Exemplare derselben Arten in dem Garten von Meyringen, aus welchem die Erde kam. Die Blätter zeigten so ziemlich gleiche Flächenentwickelung, dagegen waren die Blätter am Susten durchgehends weniger dick. — 11 — Atriplex patula hat in der Ebene zwei Schichten Pallisaden, die zusammen ungefähr ?/s der Blattdicke einnehmen; die einzelnen Zellen sind englumig und ihre Verbindung eine innige, lückenlose. Das Schwammgewebe besteht aus vier Schichten rundlicher Zellen. Beim Blatt vom Susten*) sind die zwei Pallisadenschichten ebenfalls vor- handen, sie nehmen jedoch kaum die Hälfte des viel dünneren Blattes ein. Aber in viel grösserem Masse, als die Länge der Zellen ab- genommen, hat die Weite derselben zugenommen, so dass sie oft sich der Kugelgestalt sehr nähern und an Weite die Pallisaden der Meyringer Blätter weit übertreffen. Mit der Neigung zur Abrundung, die die Zellen an den Tag legen, treten grössere und kleinere Zwischen- räume zwischen ihnen auf, die sich oft längs der ganzen Pallisade er- strecken, so dass auch hier einzelne Zellen nur durch Querwände mit andern in Verbindung sind. Das Schwammparenchym besteht auch aus vier Lagen, unterscheidet sich aber durch sein lockeres Gefüge. Die Epidermiszellen verhalten sich gleich, dagegen ist die Cutieula des alpinen Blattes etwas mehr entwickelt. Stellaria media verhält sich ähnlich. Das Blatt von Meyringen hat eine Schicht langer und enger Pallisaden, deren Verbindung eine sehr innige ist. Beim alpinen Blatt ist diese Schicht ebenfalls vor- handen, ihre Zellen haben sich jedoch bedeutend erweitert und meist auch verkürzt. Im übrigen verhalten sich die Zellen dieser Schicht sehr verschieden; während einige bei grosser Weite doch noch deutlich cylindrische Form haben, sind andere von rundlicher, mehr kugeliger Gestalt und hie und da mit kleineren Aussackungen versehen, wie sie sonst nur den Zellen des Schwammgewebes eigen sind. Letzteres ist nur möglich, weil die Verbindung der Zellen eine sehr lockere ist. Benachbarte Zellen sind nicht selten der ganzen Länge nach durch grössere Intercellularräume getrennt. Auch im Schwammgewebe ist die Anordnung der Zellen eine gelockerte, mehr als dies beim Blatt der Tiefregion der Fall ist. Lamium purpureum. Das Mesophyli besteht an beiden Stand- orten aus vier Lagen. Beim Blatt von Meyringen sind die beiden obern zu typischen Pallisaden ausgebildet, unter welchen das aus rundlichen Zellen bestehende Schwammparenchym liegt. Das ganze Blatt hat ein sehr festes Gefüge, namentlich sucht man zwischen den ®) Den Herren J. Tännler, Gastwirth zum Hotel Stein am Susten, und B. Tännler, Lehrer in Innertkirchen, welche die Gulturen unter ihren besondern Schutz ge- nommen, sage ich hiemit für gute Besorgung derselben meinen besten Dank, Bern. Mittheil. 1889. N 1284, — 18 — Pallisaden vergebens nach Intercellularräumen. Beim alpinen Blatt haben die beiden obern Schichten ihre schlauchförmig gestreckte Form verloren, sie sind Kugelig und unterscheiden sich von den darunter liegenden Zellen des Schwammgewebes durch weites Lumen. Es t{reien ferner im ganzen Blatt grössere und kleinere Zwischenräume auf, welche die Verbindung der Zellen zu einer sehr lockeren gestalten. Zusammenfassung der gefundenen anatomischen Thatsachen. Die angeführten und beschriebenen Beispiele, denen sich un- schwer viele andere beifügen liessen, mögen genügen, um die Ab- weichungen im anatomischen Bau der Alpenblätter zu illustriren. Fassen wir die im Vorangehenden descriptiv dargestellten Fälle zusammen, so Kommen wir zu dem Resultat, dass, abgesehen von den Einflüssen des sonnigen oder schattigen Standortes, die sich in den Alpen in gleicher Weise geltend machen, wie in der Tiefregion, die Blätter von alpinen Standorten in ihrer Struktur nicht unwesentlich differiren von denjenigen der Ebene. Eine oberflächliche Untersuchung zeigt, dass die alpinen Blätter den in der Ebene gewachsenen an Dicke nachstehen. Es wird zwar als eine charakteristische Eigenthümlichkeit der alpinen Vegetation Dickblättrigkeit angegeben, und es ist wohl auch richtig, dass unter den alpinen Pflanzen solche mit dicken, fleischigen Blättern weniger selten sind, als in der Ebene. Die nämliche Pflanze bildet jedoch unter sonst gleichen Verhältnissen in der Ebene dickere Blätter aus, als in der Alpenregion. Dieser Satz gilt nicht etwa nur für die ge- wöhnlichen breiten Blätter, sondern nicht weniger für die eigentlichen Dickblätter, welche sich der Cylinderform nähern. So stehen alle untersuchten Blätter der Saxifraga aizoides aus alpinen Standorten den im Belpmoos bei Bern oder in Genf gewachsenen an Dicke nach. Von allen untersuchten Pflanzen macht in dieser Hinsicht einzig die Kartoffel eine Ausnahme, deren Blätter an höheren Standorten durchgehends ebenso dick oder dicker sind, als die in der Ebene, während andere, wie Anthyllis, Lactuca saliva etc. wohl in einzelnen Fällen sich ab- weichend verhalten, im Ganzen aber doch die obige Regel bestätigen. Mit der Abnahme der Dicke Hand in Hand geht sehr oft eine Zunahme der Flächenentwickelung. Die Blätter werden nach oben dünner, dafür aber von grösserem Umfang. Dicke und Blattgrösse es, Pd Urea 19 sind bis auf einen gewissen Grad umgekehrt proportional. Dieser Unterschied, grössere Flächenausdehnung der alpinen Blätter, ist je- doch weniger allgemein, als Abnahme der Dicke. Bei einer Reihe von Pflanzen war in dieser Beziehung. keine wesentliche Aenderung zu constatiren, wie dies im descriptiven Theile jedesmal angegeben, war. Ändere hingegen entwickeln in der Höhe ihre Blätter mit einer Ueppigkeit und mit solchem Umfange, wie dies nur im Waldesschatten der Tiefregion der Fall ist. So bildet, um ein Beispiel anzuführen, Saxifraga cuneifolia am Spicherberg (1550 m.) ob Innertkirchen Blätter aus, die an Grösse die im botanischen Garten in Bern gewachsenen weit hinter sich lassen. Auch bei den Blättern der Buche im Gentthal, dem höchsten Standorte in der Schweiz, ist eine Zunahme der Blattgrösse nachzu- weisen, sie entsprechen etwa den halbschattig gewachsenen Blättern in Bern. Aehnliche Beobachtungen hat schon Kerner gemacht. Er schreibt darüber folgendes*): «Auf den sonnigen Halden des Monte Baldo in Venetien, weit über der Holzgrenze, grünt ein Lerchensporn (Corydalis fabacea) mit derselben Ueppigkeit wie im schattigen Wald- grunde des niedern Hügellandes, und an einer Stelle der Solsteinkette in Tirol erheben sich über das Gerölle in einer Seehöhe von 1800 m. Bingelkraut und gelbe Taubnessel, Baldrianarten, Seidelbast und Farne mit demselben Umfange ihrer Blätter, wie im Waldesschatten der Tiefregion». Zu diesen genannten Unterschieden, welche mehr die äussere Gestalt des Blattes betreffen, kommen noch solche in dem Gewebe des Blattes, namentlich im Bau des typischen Assimilationsparenchyms, der Pallisaden. Die Gesammtzahl der Zellenlagen im Blattmesophyll scheint zwar meist konstant zu sein, abweichend hingegen ist die Ausbildung, die sie erfahren. Es lassen sich zwei Fälle unterscheiden. 1. Die Zahl der als Pallisaden ausgebildeten Zelllagen differirt nicht; sie ist im alpinen Blatt nicht geringer, als bei dem der Ebene. Das ist namentlich dann der Fall, wenn nur wenig solcher sind, eine oder zwei. Dann unterscheiden sich diejenigen des alpinen Blattes durch geringere Mächtigkeit. Die einzelnen Pallisadenzellen sind viel weniger langgestreckt, absolut und relativ kürzer. Während *) Kerner A. von Marilaun. Das Pflanzenleben. I. Band: Gestalt und Leben der Pflanze. Leipzig, Bibliographisches Institut. 1887, pag. 264. nern nn nn pn ei cn — 180 .— sie beim Blatt der Tiefregion beispielsweise ?/s oder !/a der Blattdicke einnehmen, sind sie bei alpinen Blättern auf einen viel kleineren Bruchtheil der Dicke des ohnehin dünnern Blattes reduzirt. In den allermeisten Fällen geht Hand in Hand mit der Abnahme der Länge eine fernere Veränderung, der Durchmesser der Zelle wird weiter, una diese entfernt sich so noch mehr von der schlauchförmig ge- streckten Gestalt. Pallisadenzellen in der Tiefregion, die sehr lang- gestreckt und englumig, 6 bis 8 mal so lang als weit sind, entsprechen in der Alpenregion solche, die mehr als noch einmal so weit, aber höchstens halb so lang sind. Als besonderer Fall, der theilweise von dem genannten abweicht, wäre hier zu nennen das Verhalten der Kartoffel und einiger anderer Pflanzen, welche ein intermediäres Verhalten zeigen, indem die Palli- saden ihrer Blätter an alpinen Standorten kaum weniger lang, aber mehr als noch einmal so weit sind, als in der Tiefregion. 2. Die Zahl der als Pallisaden ausgebildeten Zeilschiehten wird mit der Höhe eine geringere. Hat das Blatt in der Ebene mehrere Schichten, so sind nicht selten. beim alpinen Blatt eine oder mehr als eine Schicht weniger, wozu dann noch kommt, dass meistens mit der Zahl auch die Mächtigkeit der restirenden Schichten geringer geworden ist. Sind beim Blatt der Tiefregion nur wenig Lagen, eine oder höchstens zwei, zu Pallisaden ausgebildet, so fehlen die letztern beim alpinen Blatt nicht selten ganz. Der Unterschied kann also so weit gehen, dass Blätter einer Pflanze in der Ebene mit, in der Höhe ohne Pallisaden vorkommen, wofür Soldanella alpina und pusilla ein Beispiel bieten. Isolaterale Blätter, die also Pallisaden auf der Ober- und Unter- seite besitzen, zeigen in der Höhe nicht selten bifacialen Bau, indem die Pallisaden der Unterseite durch Abnahme des Längendurchmessers ihre typische gestreckte Form eingebüsst haben. Auch in dem Falle, in welchem Blätter alpiner Standorte sich unterscheiden durch kleinere Zahl der Pallisadenschichten, die noch dazu weniger mächtig sind, kommt der fernere Unterschied hinzu, dass die einzelne Zelle mit der Abnahme der Längenausdehnung zugleich weiter wird, wenigstens in der Mehrzahl der Fälle. So sind bei Arabis alpina, Globularia cordifolia und vielen andern die beiden obersten, unter der obern Epidermis gelegenen Zellschichten nicht nur kürzer, sondern auch bedeutend weiter, als die entsprechenden der Ebene. — 131 — In dem Masse, als die Ausdehnung senkrecht zur Blattfläche ab- nimmt, nimmt diejenige parallel derselben zu. Dies kann so weit gehen, bis ihre Werthe sich gleichkommen und die Zelle aus der langgestreckten, schlauchförmigen in die kugelige oder rundlich polyedrische über- gegangen ist. Zu den genannten Unterschieden im Bau der Assimilationszellen kommt ein fernerer, der mehr ihre Verbindung betrifft. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Blätter alpiner Standorte sich durch lockere Struktur auszeichnen. Zahl und Grösse der Intercellularräume nehmen mit der Höhe zu. Dies ist nicht nur der Fall bei den Blättern, deren Pallisadenzellen an alpinen Standorten durch weite, kugelige Zellen er- setzt werden, welche selbstverständlich in weniger innige Verbindung treten können, als enge, schlauchförmig gestreckte Zellen, die sich parallel aneinander legen, sondern nicht weniger bei denjenigen, welche auch in der Alpenregion typische Pallisaden beibehalten. Die Ver- bindung derselben ist meist eine viel weniger feste und innige, indem zwischen ihnen häufig Intercellularräume auftreten. Diese können sich bis zu bedeutender Grösse erweitern; sie erstrecken sich nicht selten längs der ganzen Pallisade und sind oft auf dem Querschnitt nicht weniger breit, als die anliegenden Zellen. Bilder kommen häufig vor, in denen Pallisaden nur an ihren Querwänden Verbindung mit andern Zellen herstellen, während sie an den Längswänden rings von Inter- cellularräumen umgeben sind. Dieser Unterschied, weniger feste Ver- bindung der Pallisadenzellen, verursacht durch mehr und grössere Inter- cellularäume, scheint allgemeiner zu sein, als die oben genannten im Bau der einzelnen Zellen. Das Schwammgewebe scheint weniger zu differiren mit dem Stand- orte. Die Zahl der Lagen bleibt sich in den meisten Fällen gleich. Häufig sind seine Zellen an höhern Standorten etwas kleiner, doch ist diese Thatsache nicht so allgemein, dass man sie als charakte- ristisches Merkmal des alpinen Blattes hinstellen könnte. Es fehlt auch nicht an Beispielen, bei denen das Umgekehrte der Fall ist. Wohl aber gilt voll und ganz auch für das Schwammgewehe, was über die Verbindung der Pallisadenzellen gesagt wurde. Sein Gefüge ist an höhern Standorten ein weniger festes, indem sich auch hier die Zahl und Grösse der Intercellularräume in den Blättern der alpinen Region vermehrt hat. Aus dem Mitgetheilten ergibt sich, dass das Laubblatt unter dem Einfluss des alpinen Standortes verschiedene Veränderungen erleidet, — 12 — die es von dem der Ebene unterscheiden. Die Unterschiede sind theils äussere und offenbaren sich in der geringeren Dicke, welche oft von einer grössern Flächenentwickelung des Blattes begleitet ist, theils betreffen sie den inneren Bau und die Struktur des Blattes. An alpinen Blättern ist das typische Assimilationssystem, das Pallisadengewebe, weniger stark entwickelt, das ganze Blatimesophyli hat ein sehr lockeres Gefüge, indem die lufterfüllten Intercellularräume mit der Höhe an Zahl und Grösse zunehmen. In der Einleitung wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Blätter von schattigen Standorten nicht unwesentlich differiren von den in direktem Sonnenlichte gewachsenen. Nach Stahl unterscheiden sich die Schattenblätter schon äusserlich durch grössere Flächenentwickelung und geringere Dicke, sind aber ganz besonders charakterisirt durch die Unterschiede im anatomischen Bau, indem das Pallisadengewebe viel weniger stark ausgebildet ist, während die Inlercellularräume an Grösse zunehmen. Vergleichen wir mit diesen die Schattenblätter kennzeichnenden Eigenthümlichkeiten die Abweichungen im Bau des Blattes an alpinen Standorten, so fällt sofort die grosse Uebereinstimmung zwischen alpinen Blättern und Schattenblättern auf. Wir kommen zu dem überraschenden Resultat, dass die in den Alpen am freien, sonnigen Standorten gewachsenen Blätter in Bezug auf ihre Form und Struktur des Mesophylis mit den. Schattenblättern der Ebene übereinstimmen, indem sie die für die Schattenformen charakteristischen Veränderungen erleiden. Diese Regel erleidet jedoch Modifikationen. Aus der Vergleichung sehr vieler Fälle aus den verschiedensten Standorten ergibt sich, dass wir es hier nicht mit einem unumstösslichen Gesetze, sondern mit einer Regel zu thun haben, die einzelne Ausnahmen zulässt. Ich will nur auf zwei Ausnahmen besonders aufmerksam machen, auf den abweichenden Blattbau der Pflanzen an besonders hoch ge- legenen Standorten und auf das regelwidrige Verhalten der Pflanzen auf der Moräne des Stein- und Steinlimmigletschers am Susten. Wir werden sehen, dass die erste Ausnahme nur eine scheinbare ist, während die andere von Wichtigkeit ist für die Beantwortung der Frage, warum die Alpenblätter Schattenblätter sind. Im ersten Falle besteht nämlich die scheinbare Abweichung von der Regel darin, dass die Blätter der Pflanzen an besonders hoch ge- legenen Standorten, meist in Höhen über 2000 m, wo die Vegetation — 13 — nicht mehr ein geschlossenes Vorkommen zeigt, sondern nur ver- einzelte Exemplare ein kümmerliches Dasein fristen, sehr klein werden und neben sehr geringer Dicke auch eine bedeutende Abnahme der Flächenausdehnung zeigen. Die Zellen der unter der obern Epidermis gelegenen Schichten unterscheiden sich weder durch Grösse noch Form von den darunter liegenden, sondern das ganze Blattmesophyli besteht aus gleichen, kleinen, isodiametrischen Zellen. Diese Ausnahme ist, wie schon gesagt, nur eine scheinbare, denn wir wissen, dass die Schattenblätter nur bis zur Erreichung eines bestimmten Maximums an Grösse zunehmen, von welchem ab die Grösse wieder abnimmt, wobei das Gewebe des Blattes ein kleinzelliges wird. Diese Blätter, die an besonders hoch gelegenen Standorten gewachsen, würden, wenn man die Vergleichung zwischen Alpenblättern und Schattenblättern weiter ausführen will, den etiolirien oder doch Spuren des Etiolements zeigenden Blättern entsprechen. Die auf der Moräne am Rande des Stein- und Steinlimmigletschers am Susten gewachsenen Blätter zeigen ein intermediäres Verhalten zwischen den typischen Alpenblättern und den Sonnenblättern der Tiefregion. Das Blatt von Saxifraga aizoides, welche Pflanze daselbst sehr häufig ist, übertrifft an Dicke alle anderwärts in gleicher Höhe ge- wachsenen Sonnenblätter und stellt sich in dieser Beziehung den Sonnen- blättern der Ebene gleich. Der Bau des Blattes hält so ziemlich die Mitte zwischen dem Blatt von Meyringen und dem typischen alpinen Blatte. Das Assimilationssystem besteht aus drei Schichten Pallisaden, die an Länge denjenigen in den Blättern der Tiefregion fast gleich- kommen, an Weite sie jedoch bedeutend übertreffen und sich in dieser Beziehung den andern alpinen Blättern gleichstellen. Auch in Bezug auf die Verbindung der Pallisaden hält das Blatt die Mitte zwischen den genannten Extremen, indem die Pallisaden nicht so geschlossen und lückenlos neben einander liegen, wie beim Blatt von Meyringen, aber doch weniger und kleinere Intercellularräume aufweisen, als das Blatt an den meisten andern alpinen Standorten. Dagegen ist die Cutieula ganz auffallend entwickelt und dadurch unterscheidet sich das Blatt der Moräne vor allen andern sehr. Ein ähnliches, intermediäres Verhalten zeigen die am gleichen Standorte gewachsenen andern Arten, Saxifraga aizoon, Linaria alpina, Arabis alpina, Erinus alpinus, Gypso- phila repens und andere. — 14 — Die Blätter der genannten Pflanzen stehen in Bezug auf Dicke denen der Ebene gleich und übertreffen die in gleicher Höhe nicht weniger sonnig gewachsenen Blätter bedeutend. Die Pallisaden halten ungefähr die Mitte zwischen den typischen alpinen Blältern und denen der Ebene, indem sie in Bezug auf Länge derselben den letztgenannten nicht nachstehen, dagegen weiter sind als diese und sich in dieser Beziehung mehr den alpinen Blättern nähern. Von allen andern Blättern derselben Art unterscheiden sich die auf der Moräne gewachsenen durch eine aussergewöhnlich dicke Guticula. Im Bisherigen haben wir nur die Blattform und das Mesophyll berücksichtigt. Fassen wir noch die Epidermis in’s Auge, so zeigt sich da ein etwas abweichendes Verhalten. Wenn auch oft Alpenblätter und Schattenblätter in Bezug auf Umfang und inneren Bau conform er- scheinen, oft zum Verwechseln ähnlich sind, so sind die alpinen Blätter meist durch ein Merkmal deutlich charakterisirt und von den Schatten- blättern unterschieden, durch die stärker entwickelte Epidermisaussen- wand. Es ist bekannt, dass die Zellwände, namentlich aber die Guticula, bei Schattenpflanzen viel weniger entwickelt sind, als bei Sonnen- pflanzen. In dieser Beziehung ist die Parallele zwischen alpinen Blättern und Schattenblättern eine unvollständige; denn die Cuticula der ersten stellt sich zum mindesten derjenigen der Sonnenblätter der Tiefregion gleich, in vielen Fällen übertrifft sie diese sogar an Dicke. Es mag ferner das interessante Verhalten einiger Pflanzen erwähnt werden, welche an alpinen Standorten auf der Oberseite des Laubblattes deutlich Papillen ausbilden, während bei den Blättern der Tiefregion davon nichts wahrzunehmen ist. Bemerkt muss hier noch werden, dass es sich bei allen den beschriebenen Abweichungen der Alpenblätter nicht eiwa um Eigen- schaften handelt, die im Laufe längerer Zeit erworben und vererbt wurden. Dass die Blätter der einjährigen Pflanzen, wie Salat, etc. deren Samen in der Tiefregion gezogen wurde, keine Ausnahme machen von der allgemeinen Regel, beweist, dass es sich hier, wie bei den Schatten- blättern um einen direkten Einfluss handelt, der sich sofort geltend macht. Es wird sich nun fragen, durch was für Faktoren das abweichende Verhalten der alpinen Blätter bewirkt wird. Eine Antwort auf diese Frage zu geben, soll im zweiten Theile unserer Arbeit versucht werden. ” — 189 II. Theil. Warum sind die Alpenblätter Schattenblätter? Der Ausdruck « alpiner Standort» umfasst einen Complex von Faktoren, da ja das Klima der Alpen sich durch eine Reihe von Eigenthümlich- keiten von dem der umliegenden Niederungen unterscheidet. Es wird darum sehr schwer oder geradezu unmöglich sein, eine direkte Er- klärung zu geben für die nachgewiesene Thatsache, dass die Alpen- blätter Schattenblätter sind. Da jedoch anzunehmen ist, dass die über- einstimmende Abweichung im Bau der alpinen und Schattenblätter durch denselben, höchstens etwas modifizirten Faktor bewirkt wird, so ver- suchen wir dies aufindirektem Wege, indem wir zuerst nachzuweisen suchen, durch welche Faktoren das Schattenblatt verursacht wird, und diese Erklärung dann auf die alpinen Blätter übertragen. Wir stehen darum in erster Linie vor der Frage: Wodureh wird das Schattenblatt verursacht? Mit dieser Frage haben sich schon verschiedene Forscher befasst, zunächst aber Stahl und Haberlandt. Beide waren bemüht, zwischen der Ursache der Pallisadenbildung und deren physiologischer Bedeutung eine Causal- verbindung nachzuweisen. Ihre Meinungen stehen sich jedoch diametral gegenüber, und weitere Schriften haben sich der Erklärungsweise des einen oder des andern der genannten Forscher angeschlossen. Bekanntlich macht Stahl*) Form und Stellung der assimilirenden Zellen von den Beleuchtungsverhältnissen abhängig, Haberlandt**) da- gegen erblickt in der Stoffableitung auf möglichst kurzem Wege die- jenigen Principien, von welchen der anatomische Bau des assimilatorischen Gewebesystems und Form und Stellung seiner Zellen abhängig sind. Nach Stahl bedecken in den Pallisadenzellen die Chlorophyll- körner die zur Blattfläche senkrechten Wandpartien, befinden sich also den senkrecht auf die Blattfläche fallenden Sonnenstrahlen gegenüber in Profilstellung. In den Schwammparenchymzellen, welche in der Blattfläche ihre grösste Ausdehnung aufweisen, können die Chlorophyll- körner senkrecht einfallendem Licht gegenüber die Flächenstellung einnehmen, welche geringeren Lichtintensitäten entspricht. Das Licht *) Stahl (. c.). **) Haberlandt. Vergleichende Anatomie des assimilatorischen Gewebe- systems der Pflanzen. Pringsheims Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Band 13. Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1238. — ist demzufolge nach Stahl derjenige Faktor, welcher die Profilstellung der Körner bewirkt. Dagegen ist nach Haberlandt die Stellung der Körner nicht durch das Licht bestimmt, sondern die parallel mit der Blattoberfläche gehenden Zellwände des Pallisadenparenchyms sind des- halb von Ghlorophylikörnern entblösst, weil durch sie sich der Strom der auswandernden Assimilate bewegt und ein regelmässiger Stoff- verkehr stattfindet. Vesque*) kommt durch viele vergleichende Versuche zu der An- sicht, dass zwischen der Ursache der Pallisadenbildung und deren physiologischer Bedeutung keine Causalverbindung bestehe, und dass das Licht auf die Entwickelung der Pallisadenzellen nicht vermittelst der Kohlenstoffassimilation, sondern vermittelst der Transpiration wirke. Nach ihm kann eine feuchte Atmosphäre auch im Lichte die Pallisaden- bildung beeinträchtigen, respective verhindern. Zum gleichen Resultat kommt Eberdi**). Er hat nämlich einige Pflanzen, darunter namentlich Tropsolum majus gezogen in trockenem Boden und in trockener Atmosphäre, dann in feuchtem Boden und in feuchter Atmosphäre. Im ersten Falle bildeten die Blätter eine mächtige Schicht sehr enger Pallisaden. Die einzelnen Zellen dieser Schicht waren ohne jeden Zwischenraum dicht aneinandergefügt. Die Blätter, die in feuchtem Boden und in feuchter Atmosphäre gewachsen waren, zeiglen eine sehr lockere Verbindung der Pallisaden- zellen, indem grössere Intercellularräume zwischen ihnen auftraten. Ebenso hatten sich die Intercellularräume des Schwammparenchyms erweitert und vermehrt. Zwischen die beiden genannten Versuche hat Eberdt einen dritten eingeschaltet, indem er mehrere Exemplare seiner Versuchspflanze in ganz trockener Atmosphäre, aber in feuchtem Boden zog. Diese Blätter hielten in ihrem Bau ungefähr die Mitte zwischen den beiden vorher- genannten. Sie zeigten ebenfalls eine Reihe Pallisadenzellen, wie die ganz trocken gezogenen Blätter. Doch waren hier schon die Zellen weniger dicht aneinander gefügt und viele grössere und kleinere Inter- cellularräume vorhanden. Sehr feuchter Boden ist also ebenfalls von Einfluss auf den Bau des Blattes. Er ist für sich allein, auch bei ganz trockener Atmosphäre, im Stande, den Bau des Blattes zu verändern. *) Vesque J. Sur les causes et sur les limites des variations de structure des vög6taux. Bot. CGentralblatt, Jahrgang V, Nr. 22. ##) Eberdt O. Ueber das Pallisadenparenehym. Bericht der deutschen botanischen Gesellschaft. Jahrgang 1888. Heft 8. — 187 — Auch von mir wurde eine Reihe von Experimenten eingeleitet, in denen versucht wurde, den einen oder andern Faktor zu eliminiren und nachzuweisen, durch was für Faktoren das Schattenblatt bewirkt werde. Die Versuche wurden gemacht mit Saxifraga cuneifolia, welche besonders grosse Standortsunterschiede zeigte, und zwar wurden zu jeder Reihe Exemplare von zwei verschiedenen Standorten gewählt. Die einen kamen vom Monte Cordano ob Nervi, die andern vom Kirchet ob Meyringen. Den verschiedenen Standorten entsprach ein ziemlich verschiedener Bau im Blattparenchym. Die Blätter von Nervi waren wohl anderthalbmal so dick als die von Meyringen und viel kleiner. Sie hatten drei Schichten langer, enger Pallisaden, zwischen welchen auch die kleinsten Intercellular- räume ganz fehlten. Das Blatt von Meyringen zeigle nur eine Palli- sadenschicht, die einzelnen Zellen derselben waren dazu kürzer und weiter als im erstgenannten Blatt. Das Schwammgewebe verhielt sich in beiden Fällen ziemlich gleich. Die Versuche wurden am 18. April 1888 eingeleitet, zu einer Zeit, als die jungen Blätter in den Knospen schon angelegt waren. Die ganz jungen, vom Vegetationspunkt weggenommenen Blätter be- standen zwar noch aus einem meristematischen Gewebe, stimmten jedoch in der Zahl der Schichten mit dem ausgewachsenen Blatte überein. Obschon also von einer Differenzirung in Pallisaden und Schwammgewebe noch nichts zu bemerken war, so wurden doch, um nicht riskiren zu müssen, dass infolge einer allfälligen Nachwirkung die neugebildeten Blätter mit den frühern übereinstimmen und die Experimente also resultatlos seien, die jungen Triebe überall abgeschnitten und die Zweige, welche unter normalen Verhältnissen erst im Jahr 1889 hervorgebrochen wären, ein Jahr früher zur Entwickelung gebracht. Eine Anzahl Exemplare wurden an einer sehr sonnigen Stelle des botanischen Gartens in Bern in direktem Lichte gezogen, während neben ihnen eine Anzahl anderer von einem dünnen Tuche beschattet waren. Den verschiedenen Wachsthumsbedingungen entsprach ein ganz verschiedener Habitus der Pflanzen. Die vom Tuche bedeckten Pflanzen wuchsen üppig heran und bildeten sehr grosse, dünne Blätter aus. Der Wuchs der in direktem Sonnenlichte gezogenen Pflänzchen blieb gedrungen, die Blätter waren ganz klein, aber sehr dick und standen in kurzen Rosetten beisammen. Die Pflanzen erinnerten in ihrem Habitus ganz an die Saxifragaarten vom Typus Euaizonia. Nicht — 18 = weniger gross als der habituelle war der Unterschied im anatomischen Bau, indem bei den einen das Pallisadengewebe viel mächtiger entwickelt war als bei den andern. Zur Untersuchung der Frage, was für einen Einfluss grössere oder geringere Transpiration auf die Gestaltung gewisser Gewebepartien habe, wurden Exemplare von Saxifraga cuneifolia an freier Luft ge- zogen an einer Stelle, wo sie nur Vormittags eine Zeit lang direktes Sonnenlicht erhielten, und neben ihnen andere ganz unter den nämlichen Beleuchtungsverhältnissen, aber unter einer Glasglocke, in feuchter Kammer, in feuchter Atmosphäre und ganz feuchtem Boden. Schon eine oberflächliche Prüfung zeigte, dass die in feuchter Kammer gewachsenen Blätter weniger dick waren, als die an freier Luft gezogenen, und eine genauere Untersuchung ergab bei diesen zwei Schichten Pallisadenzellen. Die der obern Schicht waren etwa dreimal so lang als weit und schlossen fest an einander, ohne merk- liche Intercellularräume zwischen sich zu lassen, Die Zellen der zweiten Schicht waren weniger lang, aber immer noch deutlich senkrecht zur Blattoberfläche gestreckt. Das darunter liegende Schwammgewebe hatte ebenfalls ein ziemlich festes Gefüge, indem zwischen seinen Zellen grössere Intercellularräume ganz fehlten. Der Bau des in feuchter Atmosphäre und in feuchter Luft ge- wachsenen Blattes wich in mehr als einer Beziehung von dem be- schriebenen ab. Die Blätter bildeten zwar ebenfalls Pallisaden aus, aber nur eine Schicht, die dazu weniger mächtig war, als die obere Schicht des in trockener Atmosphäre gewachsenen Blattes. Zwischen den einzelnen Pallisadenzellen machten sich Kleinere und grössere mit Luft erfüllte Intercellularräume geltend, wodurch das Gefüge ein sehr lockeres wurde, Auch im Schwammgewebe traten einige Unterschiede hervor, indem sich auch da die Intercellularräume erweitert und ver- mehrt hatten. Dieses Experiment bestätigt nur, was Vesque und Eberdt bereits nachgewiesen haben, dass die Transpiration einen grossen Einfluss auf die Gestaltung des Blattgewebes ausüht. Wir kommen also zu dem Resultat, dass die Verlängerung der Pallisadenzellen und die Vermehrung ihrer Lagen durch starke Trans- piration herbeigeführt wird. Umgekehrt werden bei verminderter Transpiration die Pallisadenzellen kürzer und weiter und die Zahl der Pallisadenschichten eine geringere. NEST — 189 — Mit der verminderten Transpiration wegen grosser Luftfeuchtigkeit Hand in Hand geht meist ein anderer Faktor, der in ähnlicher Weise, wie diese auf den Bau des Blattes einwirkt, grosse Feuchtigkeit des Bodens. Diese ist nach dem angegebenen Experiment von Eberdt für sich allein, auch bei ganz trockener Luft im Stande, auf den Bau des Blattes zu influenziren und namentlich Zunahme der Grösse und Zahl der Intercellularräume herbeizuführen. Die Unterschiede‘ im Blattbau müssen offenbar grösser und deutlicher werden, wenn die beiden Faktoren, herabgesetzte Transpiration infolge grosser Luftfeuchtigkeit und grosse Bodenfeuchtigkeit vereinigt auf das Blatt einwirken, wie dies wohl sehr oft der Fall ist. Aus den angeführten Versuchen ergibt sich, dass der abweichende Bau des Schattenblattes bewirkt wird durch herabgesetzte Transpiration und grössere Luftfeuchtigkeit. Auch hier geht aus den angestellten Versuchen deutlich hervor, dass es sich nicht etwa um Eigenschaften handelt, die im Laufe längerer Zeit erworben und vererbt wurden; die beschriebenen Abweichungen im Bau der Blätter sind unbedingt zurückzuführen auf eine direkte Einwirkung der äussern Faktoren auf jedes einzelne Blatt*). Uebertragen wir nun das erhaltene Resultat auf die Alpenblätter, so sagen wir: Der Bau der Alpenblätter wird bedingt: 1. Durch herabgesetzte Transpiration. 2. Durch grössere Bodenfeuchtigkeit. *) Eine kleine Modification erleidet dieser Ausspruch durch die Nach- wirkung. Zu verschiedenen Experimenten, die mit Saxifraga cuneifolia ge- macht wurden, wurden jeweilen Pflänzchen von Nervi und Meyringen benutzt, die, wie oben angegeben wurde, an ihren ursprünglichen Standorten einen verschiedenen Bau zeigten. Trotzdem die jungen Knospen abgeschnitten und die Zweige zum Treiben gebracht wurden, welche unter normalen Verhältnissen erst ein Jahr später hervorgebrochen wären, so waren doch bei allen Versuchs- reihen die unter ganz denselben Bedingungen gewachsenen Blätter ganz deutlich von einander zu unterscheiden, je nachdem die Pflänzchen von Nervi oder Mey- ringen stammten; in direktem Sonnenlichte bildeten die Blätter der erstern eine Schieht Pallisaden mehr aus als die letztern und hatten auch im Schatten eine Schieht ziemlich langer Pallisaden, während solche in dem daneben unter ganz denselben Bedingungen gewachsenen Blatte der aus Meyringen bezogenen Pflänzehen ganz fehlten. Es lässt sich dies nieht anders erklären, als indem man annimmt, dass die Anlage zur Ausbildung der Pallisaden infolge von Nachwirkung oder Vererbung in vielen Fällen schon vorhanden ist. — 1% — Sehen wir nun zu, ob wirklich die klimatischen Verhältnisse so liegen, dass dies angenommen werden darf. a. Sind in den Alpen die klimatischen Verhältnisse so beschaffen, dass die Transpiration herabgesetzt wird? Die Behauptung, dass die Alpenblätter weniger transpiriren, scheint auf den ersten Blick paradox und im Widerspruch zu sein mit den bekannten Thatsachen. Man weiss ja, dass in der Höhe alles viel leichter trocknet, und dass infolge des verminderten Luftdruckes unter sonst gleichen Verhältnissen die Verdunstung viel stärker ist, als in der Niederung, und sie wird noch begünstigt durch die lange Insolation der Bergspitzen und Rücken *). Wenn ich trotz dieser unbestrittenen Thatsache den abweichenden Bau gewisser Gewebepartien des alpinen Blattes dem Einfluss ver- minderter Transpiration zuschreiben möchte, so geschieht es, indem ich der Evaporationskraft des Hochgebirges einige schwer wiegende Momente entgegenhalte, die wohl im Stande sind, dieselbe für das Laubblatt mehr oder weniger aufzuheben **). Für unsere Frage kommen offenbar nur die Sommermonate, in welchen das Wachsthum der Pflanzen stattfindet, April bis August, in Betracht. Nun haben wir leider von hochgelegenen Gebirgs- stationen nur wenige verlässliche und richtig berechnete Feuchtigkeits- beohachtungen, da es nicht möglich ist, auf hochgelegenen Stationen die Psychrometer resp. Hygrometer in regelmässiger, ordentlicher Funktion zu erhalten. Doch wissen wir***), dass in einer bestimmten Zone die Luft fast constant mit Wasserdampf gesättigt ist. Im Winter liegt dieses dampfgesätligte Luftstratum in geringer Höhe, oft tage- und wochenlang auf dem Boden selbst aufruhend, während es im ‘Sommer in viel grössere Höhe steigt. Der jährliche Gang der relativen Feuchtigkeit ist also auf den Höhen der umgekehrte von dem in der *) Mit der Höhe nimmt bekanntlich auch die Intensität der Insolation zu, was jedem Besucher grosser Höhenpunkte bekannt ist. Da mit der Erhebung über das Meeresniveau die Luftschichten, welche die Sonnenstrahlen absorbiren, weniger mächtig werden, so muss auch die Absorption geringer werden d. h. die Intensität der Sonnenstrahlung zunehmen. Grosse Intensität der Sonnen- strahlung und damit im Zusammenhang eine relativ hohe Bodenwärme ist eine Haupteigenthümlichkeit des alpinen Klimas. #*) Den Herren Professoren Dr. Brückner und Dr. Forster in Bern, sowie F. 4A. Forel in Morges, die mich hiebei mit Rath und Literatur unterstützten, sage ich hiemit meinen ehrerbietigsten Dank. »=##) Hann J., Handbuch der Klimatologie. Stuttgart 1883. — 191 — Niederung: im Winter grössere Trockenheit, im Frühling und Sommer die grösste Feuchtigkeit, während die Niederungen im Allgemeinen die grösste Sättigung der Luft mit Wasserdampf im Winter haben, die kleinste im Sommer. Christ?) schreibt den Alpen-Pflanzen das Bedürfniss nach fort- währender und höchst gesteigerter Feuchtigkeit zu. «Die austrocknende Wirkung der verdünnten Alpenluft wird durch einen starken Sättigungsgrad der Luft mit Feuchtigkeit in soweit aus- geglichen, dass die Alpenregion im Vergleich zur Ebene der Vegetation eine weit stärkere Luft- und Bodenfeuchtigkeit bietet. Es ist bekannt, dass über den tiefen Regionen, welche im Sommer nebelfrei sind, an unserem Gebirge als normale Erscheinung ein Wolkengürtel schwebt, der mit dem schmelzenden Schnee allmälig ansteigt und im Hoch- sommer auf die Alpenregion beschränkt bleibt, wo er haftet, auch an schönen Tagen die Gipfel umwallt und mit kräftigen Sonnenblicken abwechselt. So bedeutend ist der Unterschied der Ebene mit der Alpenregion in dieser Beziehung, dass Mühry für Bern 66 Nebeltage, wovon 16 auf den Sommer fallen, für den Gotthard über 278 Nebeltage anführt, wovon nicht weniger als 79 den Sommermonaten angehören, so dass in 2100 m Höhe nur 13 Sommertage ohne Nebel verlaufen. Dieses charakteristische Element im Klima unserer Alpen, welches jedem Be- sucher des Gebirges oft nur als Störung, oft aber als magische Er- höhung seiner landschaftlichen Genüsse entgegentritt, ‚bildet nun ein unentbehrliches Lebenselement der Pflanzen». Ueber den gleichen Punkt schreibt A. v. Kerner von Marilaun folgendes**): «Dort wo diese Pflanzen auf den lichtumflossenen Höhen in der Alpenregion gedeihen, ist die Luft gerade so feucht, wie im Grunde des Waldes um 1000 m tiefer im Thale. Wochenlang wallen .dort Nebel um die Gehänge, und die Luft ist daselbst gewiss nicht trockener als im Walde des Thales». Im nämlichen citirien Werke von Kerner heisst es an anderer Stelle (pag. 279): «Während der Zeit der kalten, alles durchnässenden und benetzenden Nebel hängen an jedem Blatte Wassertröpfchen, welche so lange nicht abdampfen, als die Luft so überreich mit Wasserdampf erfüllt ist. Hellt das Wetter sich auf, so verflüchtigt sich allerdings das an der Pflanze hängende Wasser. Aber schon in der darauffolgenden *)..Christ-D. dl ©): =#) Kerner A. von Marilaun (l. e.), pag. 264. — 12 — hellen Nacht beschlagen sich alle Pfianzen infolge starker Ausstrahlung wieder mit sehr reichlichem Thaue, der sich nicht selten bis in die Mittagsstunden des nächsten Tages erhält. So setzen im Sommer Regen und Nebel bei trübem und Thau ‘bei hellem Wetter grosse Mengen von Wasser auf den Boden ab und durchfeuchten ihn». Zur Bestätigung des Gesagten folgt eine genaue Angabe der Zahl der Nebeltage in den Sommermonaten der Jahre 1886 und 1887 an den Beobachtungsstationen Genf, Bern, Gotthard und Rigikulm. Die Zahlen sind den Annalen der schweizerischen meteorologischen Centralanstalt in Zürich entnommen. Zahl der Tage mit Nebel. = elle | o- Fa zrke na ae ee 3 ee are April 0 31 2% 1ield 1... 1-1): 208)220 Mai 0) 1 192,42 0) 13)#19 19 1386 | Juni 035 1.100: 28 11885%..0 | 1 |. 4.|:10 Juli 0 2.2.19. 14 0 2 3.\»14 August | 0 % 528 |:12 0 2 6.510 April 0 2 10 Mai 0 4 21 1887 | Juni a2 8 Juli 0 B) 16 « August) 0 2 IT Sachlich zu eben demselben Resultate kommt man, wenn man sehr hoch gelegene Beobachtungsstationen mit solchen der Ebene ver- gleicht in Bezug auf die Summen der Sonnenscheindauer in den Sommer- monaten. Nach Bilhviller*) ist allerdings die Gesammtsonnenscheindauer *) Billwiller R. Vergleichende Resultate der durch Schätzung erhaltenen Daten über den mittleren Bewölkungsgrad des Himmels und der Aufzeichnungen des Sonnenscheinautographen. Separatabdruck aus der Vierteljahrsschrift der Zürcher naturforschenden Gesellschaft. Jahrgang 1888. u u nn des Jahres auf dem Säntis um circa 300 Stunden grösser, als diejenige in Zürich und Basel, aber dieses Mehrbetreffniss fällt nur auf die Monate September bis April, während umgekehrt in den Monaten Mai bis August auf dem Säntis weniger Sonnenschein registrirt wurde. «In der warmen Jahreszeit geben die obern Regionen der Gebirge leicht Anlass zu lokalen Gondensationen des Wasserdampfs, während umgekehrt im Winter die Nebelbildung hauptsächlich in den untersten Luftschichten eintritt. Im Januar und Dezember weist Zürich nicht den dritten Thei! der Sonnenscheindauer des Säntis au. Monatssumme der Sonnenscheindauer in Stunden. Nach Billwiller 1. c. | | | April | Mai | Juni Juli August ” Br rl et A | | Zürich | 105,6 | 282,4 | 214,3. | 251,5 | 204,4 | nn Basel? 20, | 12,8 | 262,4 206,4 162,5 108,1 | | | Sun 2 ee gugg | 292,6 | 1831 | 90,5 | 159,9 Dass die Intensität der Sonnenstrahlung an heitern Tagen im Gebirge eine sehr grosse ist, wurde oben bereits hervorgehoben. Das Wachsthum der Alpenpflanzen findet also unter Beleuchtungsverhältnissen statt, die ziemlich verschieden sind von denjenigen der Ebene. Wir haben in der Höhe eine sehr intensive, aber nur kürzere Zeit an- dauernde Insolation, während umgekehrt in den Niederungen die Sonnen- scheindauer in den Sommermonaten viel grösser, dafür aber die Sonnen- strahlung viel weniger intensiv ist. Um die Frage zu untersuchen, was für einen Einfluss eine sehr intensive, aber nur kurze Zeit andauernde Insolation auf den Bau des Blattes ausübe, wurden mehrere Exemplare unserer Versuchspflanze, Saxifraga cuneifolia, im Mai, Juni und Juli 1888 jeweilen nur über die Mittagszeit 2'/s Stunden, von 11 Uhr Vormittags bis 1'/s Uhr Nach- mittags, also zu der Zeit, da die Insolation am intensivsten ist, an einer sehr sonnigen Stelle des hotanischen Gartens in Bern dem direkten Bern, Mittheil, 1889. Nr. 1239. — 194 — Sonnenlichte ausgesetzt. In der übrigen Zeit waren sie von einem innen schwarz ausgeschlagenen Holzkasten bedeckt. Die Pflänzchen gediehen alle ganz gut und wurden schön grün. Die Blätter blieben jedoch klein und sehr dünn, und zur Pallisaden- bildung kam es gar nicht. Die Zellen der unter der obern Epidermis gelegenen Schicht waren von rundlich polyedrischer oder kugeliger Gestalt, von einer Streckung senkrecht zur Blattoberfläche war gar nichts wahrzunehmen. Dagegen waren sie viel grösser und weitlumiger als die darunter liegenden Zellen. Ganz schatlig gezogene Blätter der nämlichen Pflanze näherten sich in ihrem Bau viel mehr dem Sonnen- typus, indem sie doch eine Schicht deutlicher, wenn auch nicht sehr langer Pallisaden ausbilden. Es geht daraus deutlich hervor, dass wenn es zur Bildung von Pallisaden kommen soll, auch eine bestimmte In- solationsdauer nolhwendig ist, die nicht durch sehr grosse Intensität der Insolation ersetzt werden kann. Ein Faktor, der in sehr wesentlicher Weise die Wasserverdunstung beeinflusst, ist das Sätligungsdefizit der Luft, indem Zunahme des Sältigungsdefizites die Transpiration erhöht. Unsere Beobachtungen verlangen demnach für die Höhenslandorle ein geringeres Sättigungs- defizit als für die Ebene, und es war daher von Interesse, das Defizit für verschiedene Höhen zu vergleichen. Es berechnet sich dasselbe aus der relativen Feuchtigkeit (r) und der absoluten (a) nach der Formel Wir lassen nun einige Zahlen für / folgen, welche wir zum Theil aus den uns von der schweizerischen meteorologischen Central- station güligst mitgetheilten, wie zum Theil aus dem Bericht der An- stalt entnommenen Monalsmitteln für a und r berechnet. Diese Zahlen sind jedoch nur approximativ, da die Formel eigentlich nur für die einzelnen Beobachtungen gilt”). Sättigungsdefizite in mm. Dunstdruck. 1887 1888 Aprı Maı Juni Juli R Aprı Meı Juni Jul Gene... 2,09:.200 9»00 0.7 1,90 4,70 4,80 4,29 BeR 90 214 Do 205 a0 Bee alttanmen 161 1,89. 249 9228 1.00. 205.218 166 morKum 096 0.1 355 221 06096 Lo: 109 094 *) Weihrauch. Ueber das Sättigungsdefizit. Met. Zeitschrift II, 1885, p. 260. — 195 —= Auch hier ergibt sich also in Uebereinstimmung mit den übrigen Thatsachen für die beim Wachtsthum der Pflanzen in Frage kommenden Monate und die beiden Jahre, auf die sich unsere Untersuchungen er- strecken, ein geringeres Sättigungsdefizit für die höhern Lagen. Nun ist aber für die Transpiration an verschiedenen Höhen- standorten nicht nur das Sättigungsdefizit wassgeblich, sondern es muss auch der Luftdruck berücksichtigt werden, dessen Abnahme nach oben in umgekehrtem Sinne beeinflusst, und ferner die Temperatur. Weilen- mann hat nun versucht*), die Evaporationskraft aus den übrigen mete- orologischen Elementen zu berechnen und stellt für die Verdunstungs- höhe h eine Formel auf, welcher Hugo Meyer**) folgende Gestalt gibt: 4 AN bh u (3 ; y23 e J «@ + 0,0067 b «@ -+ 0,0067 b Es bezeichnet in derselben „7 das Sättigungsdefizit, « die Aenderung der Sättigungsspannkraft bei der herschenden Lufttemperatur für 1° Temperaturänderung, b den Barometerstand, « und y sind constant. Da nun Weilenmanns Tabelle (l. c., pag. 270) zeigt, dass der zweite, die Windgeschwindigkeit enthaltende Theil der Formel ohne bedeutenden Einfluss ist, so vernachlässigen wir ihn, d. h. setzen y = 0 4A a -+- 0,0067 b Vergleichung der Verdunstungsmenge verschiedener Höhenlagen zu- lassen. Es sind dies die folgenden (wie oben unter Zugrundelegung der Monatsmittel). und es ergibt die Berechnung von Zahlen, die eine 1887 1888 April Mai duni Juli De April Mai Juni duli Genf :..:... 0,51... 0,47... 0,95 ..0.98 2 Da 0 083 94 Börh:: .. 0,50 ‚0,39: 0,98... 082 0,27: 0,72...0,58. .0,56 Guttannen 0,83 0,26 0,47 0,41 0,21 0,57. 2 0,42 20,32 Rigi-Kulm 0,21 0,17 0,70 0,45 046 037 0,35 0.20 Es ist dies ein Resultat, welches wie die übrigen Thatsachen für geringere Transpiration in grössern Höhenlagen spricht. Die Differenz zwischen den verschiedenen Standorten ist dabei so bedeutend, dass jedenfalls die Berücksichtigung der Windgeschwindigkeit zwar die Quantiläten derselben, aber gewiss nicht ihren Sinn beeinflussen kann. ®) Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, Bd. VI, 1877, pag. 268. ##) Meteorologische Zeitschrift 1885, pag. 154. — 1% — Auch das Verhalten der Saxifraga cuneifolia von Nervi, deren Blätter, obschon dieselben unter einem überhängenden Felsen ganz schattig gewachsen, doch in ihrem Bau viel ausgesprocheneren Sonnen- (ypus zeigen, als die ganz sonnig gewachsenen Blätter von Genf und Bern, erklärt sich auf diese Weise leicht, da für Nervi und Umgebung ein sehr hohes Sättigungsdefizit und eine grosse Verdunstungshöhe vorliegt. Nur dann, wenn man geringere Transpiration als Ursache an- nimmt für den anders gestalteten Bau der Blätter, lässt sich die Aus- nahme erklären, auf welche im ersten, descriptiven Theile aufmerksam gemacht wurde, dass nämlich die Blätter von der Moräne am Stein- und Steinlimmigletscher am Susten erheblich von dem Typus der Alpen- blätter abweichen in der Weise, dass hier die Pallisaden viel länger sind und viel inniger und geschlossener neben einander liegen, und dass namentlich die Zahl und Grösse der Intercellularräume abgenommen hat, mit andern Worten, dass die Blätter des Gletscherrandes mehr Sonnentypus zeigen als die andern. Gh. Dufour und F. A. Forel*) haben nachgewiesen, dass die Oberfläche des Gletschers die Wasserdämpfe der Luft condensirt, und dass deswegen die Luft auf der Oberfläche und in der unmittelbaren Nähe des Gletschers viel trockener ist, als an Orten, die um geringe Distanz vom Gletscher entfernt sind. So ist nach ihren Versuchen die Luft auf der Oberfläche und am Rande des Rhonegletschers viel trockener, als bei dem um 900 m entfernten Hötel. «Nous exprimons donc bien la realite en attribuant au glacier une puissante action de dessechement de l’air. Les glaciers et les neiges eiernelles agissent par rapport ä T’humidit® de l’air des r&gions avoisinantes comme pourraient le faire d’immenses &ponges imbib6es d’acide sulfurique ou des montagnes de chaux vive». b. Ist in den Alpen die Bodenfeuchtigkeit grösser? Nicht nur feuchte Atmosphäre, sondern auch sehr feuchter Boden ist für sich allein, bei ganz trockener Atmosphäre, im Stande, den Bau des Blattes zu verändern, #) Oh. Dufour et F. A. Forel. Recherches sur la condensation de la vapeur aqueuse de l’air au contaet de la glace et sur l’&vaporation. Tire du Bulletin No. 64 de la Soeiät6 vaudoise des seiences naturelles, vol. X, “ —- 91 —- Für den vorliegenden Fall ist diese Thatsache von grosser Wichtig- keit. Denn eine sehr grosse Feuchtigkeit wird man dem Boden in den Alpen, wenigstens für die Zeit, in der die meisten Blätter zur Entwickelung kommen, nicht abstreiten können. In bedeutenderen Höhen ist die ganze vegetative Entwickelung in einem kürzern Zeitraum zusammengedrängt. In den unteren Regionen*) beginnt das Grünen der Wiese nicht unmittelbar nach der Schnee- schmelze. Die Erde erscheint einige Zeit gelb, fast wie im Herbst und harrt so der wärmern Tage. Anders in der Höhe. Unmittelbar nach dem Schwinden des Schnees, ja oft unter demselben fangen die Blätter zu treiben an, zu einer Zeit, da der Boden noch ganz trieft vom Schneewasser und sich kneten und formen lässt. Auch später hält der Boden, in welchem alle diese Pflanzen wurzeln und dem sie ihre Nahrung entnehmen, nicht nur von dem Schneewasser der dicken Schneedecke und den aus den Schneelagern niederrieselnden Wasser- quellen, sondern auch von reichlichen atmosphärischen Niederschlägen des Sommers, die bekanntlich mit der Höhe sehr zunehmen, wie nebenstehende Tabelle zeigt, grosse Mengen zurück. Monats-Summen der Niederschlagsmenge nach den Annalen der schweizerischen meteorologischen Centralanstalt. = = = > = = z = E = a er oO = EB ee) at Apr, 67,0 14,0 89,8 | 398,5 | 103,5 Mal. ; 18.2 119,0 145,6 154,2 215,6 ESEHh 2 Juni... 522.1, 464 1596 1408 87 ul 20,2 39,5 61,1 163,2 197,4 August . 64,0 94,4 99,0 | 256,8 | 1970 April; 55 56 119 15.0 172 Mai... 80 12 125 259 87 1887 Juni, . 39 108 161 90 366 Jul. & 23) 90 178 138 263 August . 63 130 137 96 306 *) Siehe Schwendener, die periodischen Erscheinungen der Natur, insbesondere der Pflanzenwelt. Zürich 1856. N) Mit diesen Angaben stimmt überein die Thatsache, welche Christ in seinem mehrmals citirien Werke angibt und welche allen denen, die sich mit der Kultur von Alpenpflanzen in der Ebene abgeben, be- kannt ist, die Thatsache nämlich, dass die Alpenpflanzen das Bedürfniss nach fortwährender und höchst gesteigerter Feuchtigkeit der Luft und des Bodens haben. Sie müssen, um nicht auszutrocknen, sehr oft und reichlich begossen werden und gehen oft unerbittlich zu Grunde, wenn man dies nur ein einziges Mal zu thun unterlässt, wenn ihre Wurzel- fasern auch nur einmal trocknen. Mit den geschilderten Thatsachen steht auch im Einklang die Erscheinung, dass Pflanzen, welche in der Niederung nur an sehr nassen Orten gedeihen, in der Höhe ziemlich allgemein verbreitet sind, wie Parnassia palustris, und dass ardere, welche in der Tiefe nie sich aus dem Schatten des Waldes hinauswagen, in der alpinen Region an freien, sonnigen Stellen mit dem gleichen Umfang ihrer Blätter und ganz gleichem Bau des Assimilationsgewebes vorkommen. Ja, man könnte dies als einen Beweis dafür ansehen, dass die Blätter im Schatten in der Tiefregion nicht wegen des Lichtmangels, sondern wegen der geringeren Transpiration und grössern Bodenfeuchtigkeit einen andern Bau erhalten. Die genannten Faktoren, Feuchtigkeit der Luft wegen der vielen Nebel und sehr grosse Feuchtigkeit des Bodens, namentlich zu der Zeit, da die Pflanzen ihre Blätter treiben, sind schwer wiegende Momente, welche wohl im Stande sind, wenn vielleicht auch nicht einzeln für sich, doch im Verein mit einander den für die alpinen Blätter charakteristischen, abweichenden Bau herbeizuführen. Als andere Faktoren, an die bei der Erklärung der Alpenblätter noch gedacht werden könnte, nennne ich die dicke Guticula der Alpen- blätter, die stärkere Wärmeausstrahlung bei Nacht und die Schnee- bedeckung. Zu einer gewissen Zeit ist vielleicht die meist stark entwickelte Cuticula nicht ohne Einfluss auf die Herabsetzung der Transpiration. Infolge der Zunahme ihrer Dicke und ihrerer chemischen Umwandlung verliert die Zellwand mehr und mehr die Fähigkeit, Flüssigkeiten durchzulassen, und schliesslich kann sie für Wasser und Wasserdampf nahezu undurchlässig werden. Allzu hoch darf jedoch die Cuticula schon deshalb nicht in Rechnung gebracht werden, weil ich an einigen Pflanzen beobachtet, dass die Cuticula erst lange nachher, nachdem das = 19 = Blatt sowohl in Bezug auf Grösse und Gestalt, als inneren Bau, namentlich Ausbildung des Assimilationsgewebes, seine definitive Ausbildung er- langt hat, anfängt, sich umzubilden und zu verdicken. Das Gleiche ist wohl bei allen den Blättern der Fall, welche wellige Seitenwände und starke Cutieularschichten besitzen. Die Verdünnung der Luft mit der Höhe bedingt neben der intensiveren Insolation bei Tag auch eine stärkere Wärmeausstrahlung bei Nacht. Da jedoch bei einem in Bern angestellten Versuche mehrere Exemplare der sehr empfindlichen Saxifraga cuneifolia, die während ihrer ganzen Wachsthumszeit jede Nacht bedeckt waren, damit die nächtliche Wärmestrahlung verhindert werde, keine Abweichung im Bau zeigten von andern, bei welchen die Ausstrahlung ungehindert stattfinden konnte, so erlaube ich mir diesen Faktor für unsere Frage ausser Acht zu lassen. Dagegen ist es wohl möglich, dass das Fehlen von Pallisaden. namentlich bei kleineren Pflanzen, zum Theil wenigstens daher rührt, dass die Blätter unter dem Schnee sich entwickeln. Was nun die Blätter besonders hoher Standorte betrifft, so müssen wir annehmen, dass sie ihre kleinzellige Struktur einem Extrem von Herabsetzung der Transpiration verdanken, vielleicht unter Mitwirkung noch anderer Faktoren. Aus den etiolirten Blättern, die wir oben mit ihnen verglichen, lässt sich ein Schluss auf die Alpenblätter nicht ziehen, weil dazu vorher festgestellt sein müsste, dass die kleinzellige Struktur auch durch herabgesetzte Transpiration bewirkt wird. Ein Versuch von Vesqwe könnte zwar auch zu Gunsten letzterer Annahme angesehen werden. Im Bisherigen wurde der Bau des Blatimesophylis berücksichtigt. Nun aber unterscheidet sich das alpine Blatt vom Schattenblatt durch diekere Guticula und Papillen, und es fragt sich, wie diese Abweichungen zu erklären seien. Dass die alpinen Blätter eine wohl entwickelte Cuticula besitzen, scheint auf den ersten Blick nicht recht vereinbar mit der angenommenen Luftfeuchtigkeit. Denn an feuchten und schattigen Standorten der Tiefregion erscheint in den Blättern die Aussenwand der Epidermis- zellen nur wenig dicker als die Innenwand, und es bildet die Guticula nur eine dünne Schicht. Das Verhalten der Cutieula bedarf allerdings noch näherer Untersuchung; da sich, wie oben angegeben, in vielen Fällen die Cuticula erst ausbildet, wenn das Blatt im Uebrigen seine — 200 — definitive Ausbildung erlangt hat, so glaube ich, dass das Verhalten der Cuticula eher auf Assimilationsverhältnisse zurückzuführen sei, Für die fernere Thatsache, dass eine Anzahl von Pflanzen in der Höhe Papillen besitzen, während sie derselben in der Tiefe vollständig entbehren, bin ich gegenwärtig nicht im Falle, eine Erklärung zu geben, um so weniger, da verschiedene angestellte Experimente unconstante Resultate ergaben. Nach Kerner*) kommt es nicht selten bei an feuchten Orten. an Bächen, Flüssen und Sümpfen wachsenden Pflanzen vor, dass ein Theil der Epidermiszellen papillen- oder zapfenförmig vorgewölbt. sind, zwischen welchen ebenso viele Vertiefungen liegen, in denen die Spalt- Öffnungen sich befinden. Das übereinstimmende Verhalten einiger Alpenpflanzen mit Pflanzen feuchter Standorte der Tiefe dürfte wohl auch für die oben angeführten Ursachen des abweichenden Baues der alpinen Blätter sprechen. Fassen wir das Ergebniss obiger Untersuchungen noch einmal kurz zusammen, so wurde vorerst nachgewiesen, dass die in den Alpen an freien, sonnigen Standorten gewachsenen Blätter in Bezuy auf Form und Struktur mit den Schattenblättern der Tiefregion überein- stimmen. Dieses abweichende Verhalten der Alpenblätter haben wir, ge- stützt auf die bekannten Thatsachen, zu erklären gesucht ie 1. mit herabgesetzter Transpiration infolge grosser Luftfeuchtig- keit und 2. mit sehr grosser Bodenfeuchtigkeit. Wir glauben zwar gegenwärtig nicht, dass eine andere Erklärung für das Verhalten der alpinen Blätter möglich sei; gleichwohl ist die Arbeit nicht als abschliessend anzusehen. Es ist nämlich, in Bezug auf die oben angegebenen Werthe für die Sättigungsdefizite und die Verdunstungshöhe hervorzuheben, dass die Blattentwickelung in der Höhe und in der Tiefregion nicht ganz zur nämlichen Zeit erfolgt, sondern sich um eine gewisse Zeil gegeneinander verschiebt in dem Sinne, dass die Entwicklung unten früher erfolgt. Es können daher nicht ohne weiteres die in den Tabellen über Sättigungsdefizite und Verdunstungshöhe einander entsprechenden Zahlen mit einander ver- glichen werden, sondern diejenigen, welche oben und unten auch für die Blattentwickelungszeit gelten, Zu dem Ende müssten aber genauere Untersuchungen über die Blattentwickelungszeit vorliegen, welche uns *) Kerner A. von Marilaun. (I. e.). _ a zur Stunde nicht zur Verfügung stehen, sondern durch genaue und weitläufige Untersuchungen erst noch gewonnen werden müssen. Dies ist eine Aufgabe für spätere Untersuchungen, durch die vielleicht unser hier gegebener Erklärungsversuch eine Modification erleiden wird. Ebenso bedarf auch das Verhalten der Cuticula noch einer eingehenden Unter- suchung. Erklärung der Figuren. Die Bilder sind mit der Camera lucida gezeichnet; das Verhältniss der Pallisaden unter sich und zur Blattdicke ist also ganz genau. Im Übrigen sind sie etwas schematisch gehalten. Figur 1. Querschnitt durch das Blatt von Saxifraga cuneifolia aus Bern. nah » > wo) » > von Genf. 2 » » » » » » » » Nervi. » 24, » » Be, » > »Spicherberg (1550m). N) » > ) » >» Soldanella alpina von Bern. RE » » » » » » » » Engstlen (2000 m). Enz » > » >»... » Globularia cordifolia von Meyringen. er » » » » » » » » Sätteli (1900 m). >, > » » .»...» Acer Pseudoplatanus von Bern. » 10. > > wi » » Engstlen(1560m). Bern. Mittheil. 1889. Dr. Edmund v. Fellenberg. Ueber den Flussspath von Oltschenalp und dessen technische Verwerthung. Ein historisch-naturwissenschaftliches Memorandum für spätere Zeiten. Vorgetragen in der Sitzung vom 16. Februar 1889. In unsern Alpen ist der Flussspath oder Fluorit keine Selten- heit und tritt im Gebiete des Protogins (Gneissgranits), der verschie- denen Gneisse und krystallinen Schiefer nicht selten und mitunter in vorzüglicher Färbung und interessanten Krystallformen auf. Er findet sich als Begleiter anderer Mineralien, wie namentlich des Berg- krystalls, des Rauchquarzes, Adulars, Calcits etc.,in Adern und Klüften als Ausfüllung und namentlich in Hohlräumen und Drusen auskrystallisirt vor. Eines der kostbarsten Vorkommnisse dieses namentlich auf Erz- gängen So sehr verbreiteten Minerales ist der im Gebiete des Pro- togins des Oberhaslithales und Triftgebietes vorkommende rosenrothe Flussspath in octaödrischen Krystallen. Wohl der merkwürdigste und schönste war der Anfangs der 70er Jahre angeblich im Gebiete des Bächligleischers gefundene Flussspath in ganz wasserhellen Krystallen des Guboctaöders, mit einer innern bläulichen oder violetten Zone, welche einen rosenrolhen Kern umhüllte. Nicht weniger interessant, jedoch räthselhafter in ihrer Entstehung und Bildungsweise, sind zahlreiche Vorkommnisse von Flussspalh im Gebiete der Kalkalpen und des Jura, in durchaus sedimenlären und nicht im Geringsten veränderten Ablagerungen der verschiedenen Etagen der Kreide- und Juraformation. Unter diesen hat ein Vor- kommen eine aussergewöhnliche Bedeutung erlangt durch sein Auf- treten in grösseren Quantitäten und seine technische Verwendbarkeit, von welchem in Folgendem die Rede sein soll. Die älteste Nachricht über das Vorkommen von Flussspath in den Voralpen, im Gebiete der sedimentären Kalkbildungen, aus welchen die Voralpen der Stockhorn- und Faulhornkette zusammengesetzt sind, findet sich bei G. S, Gruner in seinen «Mineralien des Schweizerlandes». Gott- lieb Sigmund Gruner führt in seinem «Versuch eines Verzeichnisses der Mineralien des Schweizerlandes» ‚Bern 1775, offenbar den Flussspath vom Raun beim Giessbach unter folgender Bezeichnung an: ug In der Klasse II. Steine. Unter den Kalksteinen: «Lapides calcarei, «pag. 32. g. Durchscheinender Gyps, Gypsum solidum pellucidum, Gypse «transparent et solide. g. Bern, in der inneren Weid bei Brienz». Noch deutlicher ist die Beschreibung des hellgrauen Vorkom- mens, woraus erhellt, dass nichts anderes als Flussspath gemeint sein kann: «h. Scheinender Gyps. Gypsum irregulare, lamellosum, calcinatum «in tenebris lucens. Phosphorus Boloniensis. Gypse phosphorique ou «Pierre de Bologne. Bern, in der inneren Weid bei Brienz. Ist «grünlich, auch schön smaragdgrün und hart wie Krystall». Ferner: pag. 37 wieder unter Klasse II. Steine. «O. Kalksteine, Lapides calcarei. ch. Glasspath. Spathium solidum plus minus pellucidum, particulis «non distinguibilibus. Muria lapidea phosphorens. Spathium vitreum. «Spat vitreux. Bern, im Raum und innere Weid am Brienzersee». Vergleiche ferner eine Beschreibung in Höpfners: Magazin für die Naturkunde Helvetiens. 4. Band, 1789; in dem Bericht des Herrn Ober- bergrath Ferber aus Berlin über eine in einem Theil der Bernischen Alpen unternommene Reise, die Untersuchung der dorligen Blei- und Eisenwerke betreffend: In einem Schreiben an den Herausgeber von Herrn General- “ommissarius Manuel, Mitglied des Grossen Raths, heisst es pag. 103: «Montag, den 2. August Morgens, fuhren wir auf Tracht, von da «schifften wir gerade über den See, um am Brienzerberg den Ort zu «untersuchen, wo man den Ihnen bekannten, schönen, grünen Flussspath «gefunden hat; als wir etwan eine gute Viertelstunde den Berg hinauf «gestiegen waren, fanden wir in einem niedrigen, in einer Weid liegen- «den, aus weissgrauen Kalksteinen bestehenden Felsen, eine Kluft, in «welcher sich ein Trum von weissem und grauem Kalkspalh in grossen «rhomboidalischen Krystallen bricht ; dieser Ort heisst im Katzenfadt. «Anderthalb Stunden obenher hinter einer Weid, «m Raum» genannt, «in einem Tannenwald befindet sich ebenfalls ein Kalkfels, wo in einer «Kluft bemeldter Flussspath lage; dennoch fanden wir nicht mehr als «ein Trum von einem dem vorigen ähnlichen Kalkspath; der Fluss- «spath hatte da nicht gangweise gebrochen, er lage nur in blossen «Stücken in einer zu Tage offenen, mit Letten angefüllten Kluft, die nun ganz erschöpft war, so dass, obschon wir einige Tage vorher einen «Bergmann dahin geschickt hatten, um dieser Kluft nachzugraben und «dieselbe mit Sprengen noch mehr zu eröffnen, gar keiner mehr zu «finden war. Wie mögen nun so viele Centner Flussspath, die hier — 204 — «oft in ziemlich grossen, losen, meist würfligen Krysiallisirten Stücken «ausgegegraben worden sind, dahin versetzt worden sein, da in der «Nähe kein Gang davon bekannt ist?» So weit Herr Manuel. Im Berner Museum ist noch eine schöne Stufe würfelförmigen krystiallisirten Flussspathes aufgestellt von lauchgrüner Farbe mit auf- geklebter Etiquelte «Flussspath, grüner, von Raun gegenüber Brienz». Diese Localilät «Raun» ist, so viel mir letzten Herbst ein beim Abstieg von der Axalp begegnender Küherjunge auf Befragen sofort erklärte, ein Wald, der sich westlich von der Alpterrasse der soge- nannten Giessbachgüter, einer Weide mit Hütten am Weg nach dem Faulhorn, erstreckt. Dieser Wald wird von einer vielleicht stellen- weise bis 30 Meter hohen Felswand von weisslichem Alpenkalk (Hoch- gebirgskalk des oberen Jura) durchzogen, in welcher, der Beschreibung Manuels an Dr. Höpfner nach, die Flussspath führende Leltenkluft ge- legen haben muss. i Ebenfalls im Berner Museum lag früher eine gleichartige Stufe grünen Flussspaths mit der Etiquette Brienzergrat. Ich vermuthe, es sei hier derselbe Fundort gemeint, indem dieses den «Raum» oder «Raun» beherrschende Gebirge im Briefe Manuels an Höpfner den Namen Brienzerberg wägt (siehe oben), was leicht später aus Verwechslung in Brienzergrat abgeändert worden sein mag. Ich glaube nicht, dass irgendwo am Brienzergrat nördlich des Brienzersee’s, der aus Flysch besteht, möchte Flussspath vorgekommen sein. Ein weiteres Exemplar des grünen Flussspathes im Berner Museum trägt die Etiquette «Unterwalden». Ueber die dortige Fundstätte habe ich nichts in Erfahrung bringen können. Diesen Lagerstätlen von grünem Flussspath in Kalksteinen der alpinen Juraformation entspricht ein ganz analoges Vorkommen grünen Flussspathes in Würfeln von der Vorderdürrschrennenalp am Süntis, daselbst jedoch in einer Etage der Kreideformation auftretend. Kleine, gelblich braune und weinfarbige Krystalle von Flussspath kommen auch in Klüften des Kalkfelsens am Saleve bei Genf vor, dessen Schichten ebenfalls oberjurassisch sind. Weitaus das wichtigste Vorkommen von Flussspath jedoch, das uns hier näher beschäftigen soll, und leider zu spät eine so hohe Bedeutung für die Technik, genauer für die Optik erlangen sollte, ist dasjenige auf Oltscheren oder Oltschialp, genauer am Oltschikopf, südlich des Dorfes Brienzwyler im Berner Oberland. Im Jahre 1830 entdeckten einige Aelpler am Fuss des Oltschi- kopfs (2235 m.) auf Oltscheren in einer Schutthalde Bruchstücke eines = 0 glänzenden, späthigen Minerales von ausgezeichneter Durchsichtigkeit, welches sie natürlich für Strahlen, d. h. Bergkrystall hielten. Hoch oben I an der beinahe senkrechten Felswand, die aus glatt und jäh aufsteigenden 5 Kalkplatten besteht, war ein Loch im Felsen sichtbar. Die Leute schlossen sofort, es möchte dort die Fundstelle der durchsichtigen «Strahlen» liegen und nach Ueberwindung grosser Schwierigkeiten und unter Lebensgefahr und Anbringung mehrerer Sprossenleitern gelang es den kühnen «Strahlern», das Loch zu erreichen. Sie hatten sich nicht getäuscht, Sie fanden eine senkrecht aufsteigende Höhlung (Schlotte) mit Lehm gefüllt und in diesem Loch kamen grosse Massen weissen d.h. durchsichtigen, grauen, jedoch auch grünen Flussspaths vor, der nun wie eine Goldgrube ausgebeutet wurde, in der Meinung der Leute, sie hätten einen riesigen Schatz entdeckt. Eine Original- Etiquette im Berner Museum von der Hand des Herrn Berghauptmann Beckh sel. in Thun, die bei einer schönen Gruppe wasserhellen Flussspathes liegt, lautet: «Flussspath, Spaltungsoctaöder aus einer Lettenkluft der Burg auf der Alp Oltscheren vis-a-vis Brienzwyler. 1830 von Hans Fischer und Mithaften von Brienzwyler circa 200 Centner ausgebeutet, wobei Krystallmassen von 2 Gentner dabei waren. G. S. Beckh, Bergbau-Verwalter». Die Strahler H. Fischer und Mithaften scheinen damals mit ihrem Fund grössere Reisen gemacht zu haben. So erinnere ich mich ganz gut aus dem Kolleg des Herrn Prof. B. Studer sel., dass er uns bei der Behandlung des Flussspathes die schönen, wasserhellen Krystalle von der Öltschen -Alp vorwies und uns erzählte, es seien im Jahr 1830 einmal ein paar ÖOberländer mit einem Karren bei ihm vorge- fahren und hätten ihm Flussspath zum Verkauf angeboten und zwar einen ganzen grossen Karren voll,in welchem neben einzelnen, apart eingepackten, besseren krystallisirten Exemplaren Blöcke von mehr als einem Fuss Durchmesser gelegen seien, von denen die einen durchsichtig wie Wasser, und ausgesehen hätten wie Eisblöcke, die meisten jedoch trüb, grau und grünlich von Farbe waren. Professor B. Studer Kauftle den Leuten einige hübsch kKrystallisirte Stücke ab und wies sie für das Uebrige an Chemiker und chemische Fabriken. Es scheint jedoch, dass sie nicht viel in Bern verkauft haben, denn, wie alte Leute in Brienzwyler versicherten, sei einer von den «Mit- haften» mit dem Zeug weit herum, sogar nach Italien gereist, sei aber über nichts gekommen, sondern verlumpt und hätte noch Klumpen —_. 2006 = von dem Minerale zurückgebracht nach Brienzwyler, welche Klumpen erst im vorigen Jahre eifrigst und zu schönen Preisen zusammen- gekauft wurden. Seit dem Jahre 1830 nun ruhte die Flussspathhöhle ob Oltscheren vollständig; einzelne schöne Krystalle und grössere Massen waren in vielen Schweizer Sammlungen sichtbar und die Er- innerung an den Fund war so weit verloren gegangen, dass der wirkliche Fundort unbekannt blieb und nie von einem Geologen. ist besucht worden. Auch Prof. B. Studer, den dieses Vorkommen nur mässig interessiren mochte, hat die Fundstelle nie besucht. Im Sommer 1886 sollte die Oltschener Waare wieder der Ver- gessenheit entrissen werden. Herr Dr. Abbe, Professor der Physik an der Universität Jena, hatte auf der Nachsuche nach wasserhellem Flussspath bei Herrn Mineralienfactor B. Wappler in Freiberg (Sachsen) Stücke von solchem gesehen, die Herr Wappler viele Jahre vorher im Austausch gegen sächsische Mineralien von mir erhalten hatte. Wappler gab an, die Stücke von mir erhalten zu haben, und gab ganz richtig als Fundort das untere Haslithal im Kanton Bern an. Nach dieser Auskunft reiste Herr Professor Abbe sofort nach. der Schweiz und suchte mich auf. Er zeigte mir ein Spaltungsstück durch- sichligen Flussspathes vor mit dem Befragen, ob ich ihm angeben könne, wo dieses Mineral in der Schweiz zu finden sei. Ich erkannte es sofort als Oltschener und zeigle Herrn Abbe die aufgestellten Exem- plare im Berner Museum und konnte ihm unverzüglich zu sehr schönen Preisen alle Douhletien dieses Vorkommens sowie einige sehr schöne Massen aus dem Bürki-Nachlass verkaufen und wies ihn als Jemand, der vielleicht noch die Lokalität kennen möchte, an den Direktor des pyrotechnischen Laboratoriums in Oberried bei Brienz, den früheren Gymnasiallehrer Herrn Hamberger, sowie an die Wildhüter und Jäger Caspar Blatier und seine Brüder, Strahler und Pflanzensammler in Meyringen, die ihm am ehesten über die Fundstätte des Flussspathes auf Oltscheren Auskunft geben könnten. Professor Abbe kam nicht unverrichteter Sache zurück, sondern halte sich mit Gutlanner- und Meyringer-Krystallsammlern in Verbindung gesetzt, und es wurde die Umgebung der Öltscheren-Alp neuerdings nach Flussspath abgesucht, ja es gelang schon im Herbst 1886, die alte Fundstelle oder Höhle an der Burg (siehe Beckh’s Etiquette) wieder zu entdecken und neuerdings zugänglich zu machen. Jedoch erwies sie sich als voll- ständig ausgebeutet. Ueber die weiteren Untersuchungen hatte Herr Prof. Abbe die Güte mir zu berichten wie folgt, mit der Erlaubniss. von seinem Bericht Gebrauch zu machen. — 200 — Er schreibt unter dem Datum des 25. October 1886 unter anderem folgendes, da ich nur dasjenige anführe, was in Bezug auf die Geschichte der Flussspathfunde im Oltscheren-Gebiet von Wichtigkeit ist, de dato Jena: «Ich habe nun alsbald, nachdem ich in Bern (August 1886) war, «die durch Ihre Güte erhaltenen Notizen über den Ursprung des «wasserhellen Fluorits, so weit ich konnte, weiter verfolgt, um wo- «möglich die Quelle selbst wieder zu erschliessen — denn davon hängt zunächst Alles ab. Die ganze Sache bleibt ein blosses Experiment, «ohne praktische Folgen, wenn es nicht gelingt, eine Fundstelle auf- «zufinden, welche wenigstens etliche CGentner guten Fluorits liefern «kann». «Bis jetzt bin ich damit freilich nicht glücklich gewesen. Herr «Hamberger (Vater, Pyrotechniker in Oberried, früher Lehrer an der «Realschule in Bern), dessen Adresse Sie mir gaben, hatte noch ein «paar Kilo Flussspath, die er mir abtrat — leider fast völlig unbrauchbar, «wie sich jelzt bei genauerer Untersuchung herausstellt. Ueber die «Fundstelle selbst wusste er aber auch Genaueres nicht anzugeben ; «er war selbst nicht dort gewesen. Ich habe nachher ein paar Hasli- «thaler Krystallsucher beauftragt, auf der Oltscheren-Alp nach Fluorit «zu suchen, indem ich Ihnen die durch Sie erhaltene Notiz (über den «Fund von 1830) als Richtschnur und Stücke wasserhellen Fluorits «als Proben milgab. Da diese Leute aber im September viel mit ihren «Wirthschaftsangelegenheiten zu ihun haben, so haben sie zwar die «Gegend vorläufig einmal inspicirt, ein genaueres Untersuchen aber er- «klärten sie erst im nächsten Sommer für thunlich. Die bestimmteren «Angaben von Beckh (gewesenem Berghauptmann in Thun, siehe oben) «welche Ihr heutiger Brief mir mittheilt, namentlich die Notiz: «Letten- ckluft der Burg» und «vis-d-vis Brienziwyler» können vielleicht für «die Sache im nächsten Sommer werthvolle Anhaltspunkte darbieten. «Im nächsten Jahre werde ich, so bald ich kann, wieder nach der «betreffenden Gegend gehen, um die Leute zu weiteren Nachforschungeı «zu animiren», Im Spätherbst 1886 oder im Frühjahr 1887 wurde die Durchforschung des Gebietes der Oltscheren-Alp, der Burg, des Oltschikopfs u. s. w. von den Krystallsuchern M. Ott und €. Streich von Guttannen, sowie von Wildhüter Caspar Blatter und seinem Sohn Melchior (Menk) energisch [ortgesetzt und es gelang den Betreffenden, nicht nur die alte Höhle, respeetiwe die ausgeräumte Lettenkluft vom Jahr 1830 wieder aufzu- — 208 — finden und unter Anwendung von Leitern wieder zugänglich zu machen, sondern eine neue Localität zu entdecken, die in Betreff der Schönheit grüngefärbter Krystallgruppen und wohl ausgebildeter Einzelkrystalle von Flussspath wohl bis jetzt unübertroffen dasteht. Es kamen nämlich im Laufe des Frühsommers 1887 die erstgenannten «Strahler» nach Bern und boten dem Naturhistorischen Mnseum eine Reihe ganz pracht- voller Krystallgruppen zum Kaufe an. In den zartesten Farbentönen von lichteisbläulichen und zartapfelgrünen bis zu tiefdunkelgrünen waren alle Nüancen des Grünen in theilweise prachtvoll ausgebildeten Individuen von 1 Centimeter Durchmesser bis zu einem Riesenkrystall von über 20 Gentimeter Kantenlänge vertreten. Die Flussspathkrystalle dieses neuen Vorkommens zeigten alle eine rauhe Oberfläche, einzelne wie marmorirt oder wie chagrin und moire aussehend, die meisten zeigen Eindrücke auf den Flächen, andere sind mit unregelmässigen Löchern bedeckt, die stellenweise so zunehmen, dass aus den Krystallen völlig zerfressene, löcherige, wie gehackt aussehende Krystallmassen werden. Manche der helleren Stücke sehen aus wie Eis, welches an der Sonne zu schmelzen anfängt. Die meisten Krystalle zeigen den Würfel, einige combinirt mit dem Rhombendodecaöder, dessen Flächen dann immer matt sind, und einzelne Krystalle zeigen noch die Eckenabstumpfung des Acht- undvierzigflächners. Jedoch nicht nur die Krystallsucher Ott und Streich brachten grünen Flussspath in den Handel, sondern auch die Blatter von Meyringen, Vater und Sohn hatten ganz vorzügliche Stufen zum Verkauf ausgeboten und zwar einzelne Gruppen und Einzelkrystalle von absolut reinstem Wasser und vollkommener Farblosigkeit. Da ich nun wusste, dass Herr Professor Dr. Abbe unter vielen pecuniären Opfern und Vorschüssen bedeutender Gelder die Durch- forschung des Öltschener Gebietes angeregi hatte, war-ich erstaunt, das Material anderswohin als an den eigentlichen Urheber der Aus- beutung verkauft zu sehen. Auf mein Befragen antworteten mir die beiden Strahler M. Ott und Streich, sie hätten keinen verbindlichen Accord mit Herrn Prof. Abbe, sie hätten ihm bloss versprochen, den farblosen Flussspath abzuliefern, mit dem gefärbten dürften sie an- fangen, was sie wollten, übrigens hätten sie jetzt die rechte Lager- stätte gefunden und es solle Jemand wagen, sie davon zu vertreiben, es käme Einer schlecht weg: u. s. w. Ich hielt es denn doch für meine Pflicht, Herrn Prof. Dr. Abbe von den neuen Funden in Kenntniss zu setzen, zumal allmählig überall, im Ober-Wallis, im Gadmenthal und an der Gotthardstrasse grüner Fluss- spath von Oltscheren zum Verkauf angeboten wurde. Allein das Berner — 209 — Museum hatte aus einer ganzen Sendung eine Suite Krystalle gekauft und zu einer Gruppe unter Glasglocke vereinigt, im Ankaufspreis von Fr. 350, welche jetzt eine der schönsten Zierden der an Prachtstücken so reichen Mineralien-Sammlung dieses Institutes bildet. Professor Abbe schrieb von Jena am 26. Juni 1887 als Antwort auf meine Meldung folgendes: «Von besonderem Interesse ist es mir, aus Ihrem geschätzten «Schreiben zu erfahren, dass meine Bemühungen um die Wiederauffindung «der alten Fundstelle wenigstens den Erfolg gehabt haben, mineralogisch «interessante und werthvolle Specimina von Flussspath zu Tage zu «bringen. Die beiden Krystallsucher Ott und Streich aus Guttannen «und Boden, welche Ihre Lieferanten ohne Zweifel gewesen sind, haben «in der That ihre Nachforschungen auf meinen Antrieb und auch ganz «auf meine Kosten unternommen, und diese Nachforschungen, nachdem «sie (angeblich) festgestellt hatten, dass an der alten Stelle auf der «Oltschen-Alp nichts mehr zu finden sei — auf andere Berge am «Brienzersee ausgedehnt». «Mir haben die Genannten einmal im vorigen November und «dann wieder vor Kurzem je ein beträchtliches Quantum Fluorit ge- «sandt, in Form von unregelmässigen Brocken, stark durch Wasser «oder Eis corrodirt, meist ohne Andeutung von Krystallform — augen- «scheinlich aus Lehmgrund zusammengelesen (nicht abgebrochen). «Leider aber war davon so gut wie nichts brauchbar — alles ganz «dicht durchsetzt von nebligen Schichten, gebildet durch feine Luft- «blasen, so dass nur mit vieler Mühe hie und da ein ganz kleines, «klares Stückchen herauszuspalten war. Ich warte aber zur Zeit noch «darauf, dass sich bei weiterem Suchen solcher Flussspath finden «werde, der in der durchschnittlichen Reinheit dem alten Fund wenigstens «einigermassen gleich kommt; andernfalls müsste die beabsichtigte «Anwendung für optische Zwecke wieder aufgegeben werden, da das- «jenige, was ich — durch Ihre freundliche Beihülfe von den Ueber- «resten jenes früheren Fundes erhalten habe, für die Versuche ziemlich «aufgegangen ist. Den genannten beiden Krystallsammlern gegenüber «habe ich mich von Beginn an auf den Standpunkt gestellt, das ganze «Risico etwaigen vergeblichen Suchens meinerseits zu tragen und sie «durch eine liberale Bezahlung für ihre, ohne Zweifel mühsame Arbeit «zu eifrigem Nachsuchen anzuspornen. Auf diese Weise hat mich das «Unternehmen der Beiden bis jetzt über 900 Franes gekostet, die «sie theils als Vorzahlung für das hieher gesandte, Lhatsächlich fast «werthlose Material von mir erhalten haben — auf ihre ausdrückliche Bern. Mittheil. 1889. Nr. 1241. _ 10 — «Versicherung hin, dass sie bei ihren vielfachen, beschwerlichen Ex- epeditionen durchaus nichts Anderes, für sie Verwerthbares, gefunden «hätten. In diesem letzteren Punkte haben mich die Beiden augenscheinlich chinter's Licht geführt: ich bin aber damit zufrieden, dass diese ver- «heimlichten Funde wenigstens an diejenige Stelle gekommen sind, «wohin sie nalurgemäss gehören und wohin ich selbst sie sofort ver- «wiesen haben würde, wenn ich darüber Kenntiniss erhalten hätte». «Bis zum Herbst wird es sich nun wohl entscheiden, ob in der «betreffenden Gegend Fluorit zu finden ist, der eine regelmässige Ver- «wendung für optische Zwecke zulässt — oder nicht». So weit Prof. Abbe. Für ums ist das Faeit mit wenig Worten folgendes: Prof. Abbe gibt gegen Tausend Franken den Strahlern in die Hände, meist als Vorschuss zum Suchen und als Aufmunterung zu gefährlichen (2) Espeditionen und als Bezahlung für werthlosen, zerbrochenen Schund und Abraum und dieselben löblichen beiden Strahler finden endlich eine mit den herrlichsten Kabinetstücken erfüllte, neue Lehmkluft, leichter zugänglich als jede andere, beuten dieselbe fröhlich aus, ver- kaufen für mehr als tausend Franken(?) der herrlichsten Kabinetstücke in alle Welt, aber derjenige, der sie zu der Untersuchung angeregt hat, in dessen Sold sie gleichsam stehen, dem sie, wenn abgerechnet werden sollte, noch mehrere Hundert Franken schuldig wären, der gute Herr hat das Nachsehen, vernimmt erst später vom Funde, nach- dem unter der Hand die geheime Beute längst lachend vertheilt ist! Dies ein neues, nelles Müsterchen von der sogenannten Biederkeit der Alpensöhne! Doch es hat alles sein Ende, so auch die Raub- wirthschaft und das Flibustierthum ! Nachdem allerorts von den Blattern, von den Guttannern und anderen im Laufe des Sommers 1887 immer mehr schöner Flussspath in den Handel gelangt war, kam es endlich der Gemeinde Brienzwyler. auf deren Gebiet die Oltschiburg und die Alp Oltscheren liegt, in den Sinn, dass der Klussspath da oben eigentlich ihr Eigenthum sei, so gut wie das dort wachsende Gras und dass sie aus der Verpachtung der Aus- beutung des Flussspathes etwas ziehen könnte, und liess ein amtlich genehmigtes Verbot gegen Ausbeutung oder Suchen nach nutzbaren Mineralien auf ihrem gesammten Territorium anschlagen und in den Localblättern, sowie im Amtsblatt des Kantons Bern publieiren, und es wurde der Senne der nächstliegenden Alp (Oberfeld) mit der Beauf- sichtigung des Oltschikopfs, der Burg und Umgebung betraut. Anfangs wurde, wie es scheint, noch im Geheimen hie und da gegraben; nachdem aber einer der Flibustier in flagranti abgefasst _ a worden war und sich durch eine ziemlich hohe Summe von der Strafe hatte loskaufen müssen, ruhle eine Zeit lang die Ausbeutung, während welcher dagegen zwischen der Gemeinde Brienzwyler und Herın Prof. E. Abbe und Consorten Unterhandlungen gepflogen wurden. wegen Verpachtung der Ausbeutung des Flussspathes oder gemeinsamer Aus- beutung. Dem Vernehmen nach hatte nun ein Consortium von CGapila- listen, an deren Spitze die Firma Carl Zeiss, Optisches Institut in Jena, und Herr Professor Abbe ebendaselbst, stehen, mit der Gemeinde Brienz- wyler einen Pachtvertrag auf 5 Jahre abgeschlossen, wonach dem Gon- sortium „„Zeiss, Abbe & Co.“ die Ausbeutung sämmtlicher auf dem Gebiete der Gemeinde Brienzwyler liegender Flussspathlagerstätten aus- schliesslich eingeräumt wird. Die Gemeinde Brienzwyler behält sich vor, jeweilen bei der Ausbeutung durch Männer aus ihrem Bezirk vertreten zu sein, vorzüglich durch einen oder zwei Gemeinderäthe, welche dlarüber zu wachen haben, dass das gewonnene Material vor Zeugen sortirt werde, damit die Gemeinde nicht zu kurz komme. Es hat sich nämlich die Gemeinde Brienzwyler als ihren Antheil, quasi als Theil ihres Pachtzinses, vorbehalten: das Behündigen. allen Flussspathes, der von dem leitenden Ingenieur der Grube als zu optischen Zwecken un- tauglich erkannt werde. Nun ist einleuchtend, dass das Gonsorlium, um den zu optischen Zwecken brauchbaren Flussspath auszuklauben, das Recht hatte, allen gewonnenen sorgfältig zu untersuchen und natürlich in kleine Stücke zu zerschlagen, um die klaren zu Linsen gebräuch- lichen Splitter auszusuchen. Dadurch erhielt natürlich der andere Partner, die Gemeinde Brienzwyler, allerdings eine Menge Flussspath, dem Volumen nach weit aus den grössern Theil, aber in welchem Zustand? — als zerschlagenes Haufwerk —, seltener in grösseren, undurchsichtigen Klumpen und in den wenigsten Fällen in Form brauchbarer Kabinetstücke, so dass allem Anschein nach der Gemeinde Brienzwyler viel besser würde geholfen sein, wenn sie gegen Entrichtung eines fixen Pachtschillings dem deutschen Consortium die Ausbeutung frank und frei aushinge- geben hätte. Das Consortium nun fing die Arbeit auf Oltscheren im Früh- sommer 1888 an und stellte als Grubendirector Herrn Bergingenieur Kahle aus Jena an, der sich in einer comfortablen Hütte der schönen Alp Bühlen 1620 m häuslich einrichtete und von dort aus die Arbeiten leitete. Nachdem die Ausbeutung eingeleitet und die Durchforschung des ganzen Öltscherengebieles grösstentheils beendigt war, schrieb mir Herr — 212 — Prof. Dr. Abbe vom Hötel Reichenbach bei Meiringen de dato 3. Juli 1888 folgenden Bericht, der über den Gang der ganzen Flussspath - Unter- suchung und dessen technische Verwendung allen wünschbaren Aufs schluss gibt und zur Vervollständigung, wenn auch schon theilweise früher Erwähntes wiederholend, in extenso wiedergegeben wird. Prof, Abbe schreibt: «Wie ich Ihnen früher schrieb, haben die Gutlanner Strahler, «die ich mit der Suche beauftragt hatte, den von Ihnen erhaltenen «Winken folgend, schon im Herbst 1886 die alte Fundstelle auf der «Oltscheren-Alp (oder, wie sich jetzt herausgestellt hat, eine von «diesen alten Fundstellen) wieder aufgefunden. Sie haben damals am «Oltschikopf und bei weiterer Fortsetzung des Suchens im Sommer «(1887) angeblich auch an anderen Stellen in der Nachbarschaft mehr- «fach Flussspath gesammelt, theils in krystallinischen, theils in späthigen «Stücken. Einiges wenige davon war für meine Zwecke nothdürftig «brauchbar, nichts aber mit dem Material des alten Fundes (von 1830) «vergleichbar, weder in Reinheit noch in Farblosigkeit». «Weitern Nachforschungen stellte sich im vorigen Sommer das «Hinderniss entgegen, dass Seitens der Gemeinde Brienzwyler das «Suchen und Sammeln auf der Oltschi-Alp unter Verbot gestellt. wurde. «Um nun noch einen letzten Versuch machen zu können, womöglich «besseres Material zu finden, habe ich bei Gelegenheit meines letzten. «Besuches in der Schweiz mit obiger Gemeinde mich verständigt und «nunmehr gegen eine Art Pachtgeld und das Versprechen einer Ab- «gabe von dem Gefundenen die Erlaubniss erhalten, am Oltschikopf «(der sogen. Burg) regelrecht suchen lassen zu dürfen. Seit voriger «Woche sind denn, soweit das sehr veränderliche Wetter es ge- «stattet hat, mehrere Sammler, mit Leitern und Sprengzeug ausge- «rüstet, oben beschäftigt. Ich selbst bin ebenfalls einige Tage auf «der Alp gewesen und gedenke nochmals hinauf zu gehen, sobald «besseres Wetter eintritt.» «Bisher hat sich nur soviel feststellen lassen, dass der alte «Fund von 1830 aus zwei Höhlen am Südost-Abhang der „‚Burg‘* «stammt. Die tiefer unten liegende ist unschwer zugänglich; die «andere aber, hoch oben an einer steilen Felswand, hat nur mit einer «72 Fuss langen Leiter, von einem schmalen Felsvorsprung aus, EI- «reicht werden können. Nach den im Schutt gefundenen Resten zu «schliessen, ist hier der ganz wasserhelle Flussspath, der für den «alten Fund so charakteristisch ist, gesammelt worden. Beide Höhlen «haben sich leider als vollständig ausgebeutet herausgestellt». —. 213 — «Ich lasse nunmehr den Berg an andern Stellen absuchen, wo «ich sonst Spuren von Flussspath oder Anzeichen von Höhlen gefunden «habe. Ueber das Ergebniss dieser fortgesetzten Nachforschung werde «ich mir erlauben, seiner Zeit Ihnen zu berichten. Inzwischen komme «ich meinem früher gegebenen Versprechen nach, Ihnen über die «Verwendung des Flussspathes. um welche es sich bei der Sache handelt, Näheres mitzutheilen. » «Die von mir in’s Auge gefasste und durchgeführte Anwendung «findet statt bei der Construction von Mikroskop-Objectiven feinerer «Art, wie solche die Werkstätte von €. Zeiss in Jena seit dem Jahre «1886 herstellt; und sie beruht auf den besonderen optischen Eigen- «schaften, welche das Mineral auszeichnen. Diese sind: ein unge- «wöhnlich niedriger Brechungse.rponent (1,435 für die Frauenhofer’sche «Linie D oder das Natronlicht) und eine ungewöhnlich geringe Farben- «zerstreuung ‘(die nur etwa halb so gross ist wie die Farbenzer- «streuung des gewöhnlichen Crownglases). Dazu kommt noch drittens «ein besonders günstiges Verhältniss der partiellen Dispersion für «die verschiedenen Abschnitte des Spectrums, durch welches eine «sehr vollkommene Achromatisirung (durch compensirendes Flintglas) «ermöglicht wird.» «Die angeführten optischen Eigenschaften des Flussspathes (die «auf dem specifischen optischen Verhalten des Fluors beruhen) sind «seit lange bekannt — übrigens wohl auch an dem Oltschener Spath “zuerst genauer festgestellt worden. Früher hat man indess damit «nichts anfangen können, weil den Optikern geeignete Glasarten zur «Kombination mit dem Flussspath fehlten. Seit dem Jahre 1881 habe “ich nun aber, in Verbindung mit einem befreundeten Chemiker, Dr. «O. Schott in Jena, systematische Versuche ausgeführt zur Herstellung «neuer Arten optischen (Glases, speziell durch Benutzung von Borsäure «und Phosphorsäure an Stelle der früher allein angewandten Kiesel- «säure, und diese Versuche haben, nachdem der preussische Staat “uns eine namhafte Subvention zur Weiterführung derselben auf fa- «brikatorischem Wege geleistet hat, seit dem Jahre 1886 der praktischen «Optik eine Anzahl neuer Glasflüsse (speziell Borat- und Phosphat- «gläser) zur Verfügung gestellt, welche unter Anderem auch eine vor- «theilhafte Ausnutzung der oben angeführten Eigenschaften des Fluorits, «im Besonderen bei der Construction von verbesserten Mikroskop- «Linsen, gestatten. Durch Anwendung des Fluorits für einzelne Linsen «in diesen sehr zusammengesetzten Linsensystemen erreicht man ge- 944 «wisse Verbesserungen in der optischen Leistung des Mikroskopes, «die man zwar auch mit Hilfe jener neueren Glasarten allein gewinnen «könnte, jedoch nur wesentlich schwieriger und umständlicher. Aus diesem Grunde bin ich auf die Verwendung jenes Minerales für «Mikroskop-Objeetive verfallen, nachdem unsere Versuche, in künst- liche Glasflüsse das Fluor in grösseren Mengen einzuführen, auf all- «zugrosse Lechnische Schwierigkeiten gestossen waren. Zu ihrer «weiteren Information sende Ihnen anbei die Geschäftsanzeige der «Leiss’schen Werkstätte über die betreffenden Mikroskop-Constructionen «(in französischer Sprache) und einen Abdruck des Aufsatzes, in «welchem ich die optischen Gesichtspunkte, die dieser Construction «zu Grunde liegen, dargelegt habe.*) In dem Einen wie in dem «Anderen ist die Verwendung des Fluorits noch nicht erwähnt. Es «war hierzu kein direclter Anlass, weil das Entscheidende und Wesent- «liche bei den neuen Objectiv -Gonstructionen nicht darauf beruht, «diese Anwendung vielmehr nur ein allerdings sehr werthvolles — krleichterungsmittel — für die praktische Durchführung der darge- «Jegten optischen Gesichtspunkte ist; und es musste (wie ich Ihnen «[rüher schon angab) rathsam erscheinen, dieses Auskunftsmittel nicht «an die grosse Glocke zu hängen; bevor wir uns nicht selbst einiges «Material gesichert hatten. Gegenwärtig ist diese Rücksicht auf das «geschäftliche Interesse der Firma Zeiss gegenstandslos geworden und «ich werde nächstens selbst genatere Mittheilungen über die Modali- «täten der Anwendung des Fluorits für die betreffenden Zwecke ver- «öffentlichen. — Ob diese Verwendung auf die Dauer aufrecht zw «erhalten sein wird, muss freilich davon abhängen, ob sich nahezu «farbloser und lauterer Flworit irgendwo in ausreichender Menge auf- «finden lässt. Was jetzt davon vorliegt, würde in einigen Jahren «verbraucht sein. Daher mein Eifer um Entdeckung neuer Fund- «stellen ! » Es lag ınir schon seit Beginn der Correspondenz mit Herrn Professor Abbe, und namentlich seit dem prächtigen Funde des Jahres *) 1. Noweaus Objectifs et Oculaires powr Microscopes, vonstruils avec les verres sp6elaux de la Verrerie seientifique (Schott & Comp.) par. Carl Zeiss, Atelier d’optique A Jena. 8%. 14 pag. 2. Ueber Verbesserungen des Mikroskops mit Hilfe neuer Arten optischen Glases. Von Dr. E. Abbe. 8°. 24 pag. (Separal-Abdruck aus den Sitzungs- Berichten der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Sitzung vom 9, Juni 1886.) 1837, natürlich sehr viel ‘daran, die altberühmte Fundstelle auf Olt- scheren selbst einmal zu besuchen, und so nahm ich um so lieber eine freundliche Einladung Professor Abhbe’s an, der Flussspathgrube einen Besuch abzustalten. als ich in Herrn Ingeneur P. Kahle einen {reff- lichen Führer für die Fundstätten des Flussspalhs und den besten Kenner der ganzen Umgegend daselbst zu (reffen hoffen durfte. Es wurde jedoch die dritte Woche September 1888, ehe ich dazu kam, meinen Plan auszuführen. Endlich traf ich den 22. September Mittags in Meyringen ein und suchte den Wildhüter Kaspar Blatter auf, der mir noch eine prächtige Suite theils wasserhellen, theils grünen, theils schön krystallisirten, (heils wie zerfressen aussehenden Flussspathes zeigen konnte. Pr hatte dieses prächtige Material ebenfalls im Jahre 1887 in der neuen von M. Ott und (. Streich entdeckten Kluft oder Schlotle am Oltschikopf gewonnen. Jedoch wurden bereits von den Händlern solche exorbitante Preise gefordert, dass die wasserhellen selbst Herrn Prof. Abbe zu optischen Zwecken zu theuer geworden waren! Nichtsdestoweniger acquirirte ich einige kleinere wasserhelle Krystalle für das Berner Museum, ‚wahre Unica in ihrer Art und mit keinem anderen Fluss- spathvorkommen vergleichbar. Am folgenden Morgen sliegen wir nach Ueberschreitung der Aarebene bei der Station Meyringen hinauf zur Alp Bühlen. wo Herr Ingenieur Kahle sein Quartier aufgeschlagen hatte. Ein angenehmer, nirgends sehr steil ansteigender Fusspfad, viel Abwechslung von Wald, Weide und hübschen Felspartien bietend, führt über Prasti, Schüttelboden, Lauwi-Vorsass und Platten nach Bühlen. Für Botaniker mag von Interesse sein, dass im alten, dicht bemoosten Tannenwald ob Prasti dicht am Wege die seltene Orchidee, Corallor- chiza innata, häufig ist. Ganz am Anfange unseres Aufstieges begegnete uns Herr Kahle, der in’s Hotel Reichenbach, wo er ein eigentliches Bureau hatte, sich begeben wollte. Sobald jedoch Herr Kahle von unserem Vorhaben, die Oltscherengrube zu besuchen, gehört, kehrte er sogleich mit uns um und sandte €. Blatter nach dem Hotel Reichen- bach mit dem Auftrag zur Bestellung von Proviant in fester und Nüssiger Form. Auf Bühlen waren wir nicht wenig erstaunt, ein recht gut gebautes Bauernhaus oder Sommerchalet zu finden mit einigen kleinen Zimmerchen, Küche und geräumigem Stallraum. Hier hatte Herr Ingenieur Kahle sich seit zwei Monaten installirt und bei dem regnerischen und stürmischen Sommer, der mehrere Schnee- fälle bis in die Nähe der Hütte brachte, einen gerade nicht sehr com- fortabeln Aufenthalt durchgemacht, während dieser Zeit jedoch die — 216 — ganze Umgegend der Öltschen Alp, der Burg, des Axalphorns, ja bis nach dem Wildgerst und Schwarzhorn hinauf alle Berge nach Flussspath durchsucht: und zugleich eine genaue Karte des Oltschikopfes sowie geologische Profile aufgenommen. Nach der baldigen Rückkehr C. Blatters mit Proviant und eineın luxuriösen, von Herrn Kahle präpa- rirten «Lunch» stiegen wir um 2 Uhr Nachmittags durch den flachen Thalboden von Oltscheren zur oberen Alp Oberfeld (1823 m.) empor, von wo wir nun die südliche Abdachung des Oltschikopfes, worin alle Flussspathanbrüche liegen, übersahen. Die Südwand des Oltschikopfes wird gebildet von steil (65—70°) südfallenden Schichten von hellgrauem Malm, sog. Hochgebirgskalk (oberen Jura), während im Thalboden am Oberfeld die grauschwarzen Oxfordschiefer anstehen. “Diese Schichten von Hochgebirgskalk bieten uns ihre Schichtflächen dar und bilden eine wohl 150 Meter hohe, gerade, plattlige Wand, die nur von zahlreichen schmalen Bändern oder Gesimsen L(reppenförmig unterbrochen wird, welche ‘die Schichtköpfe der schalenförmig übereinander liegenden Schichten darstellen. Diese ganze Wand des Südabfalles des Oltschi- kopfes bildet den Südschenkel eines stehenden Gewölbes von Schichten, das gegen Norden zu wunderbar zusammengequeischten Falten zu- sammengestaut wird, welches Profil vom Grätli zwischen Axalphorn und Oltschikopf sehr schön sichtbar ist. (Vergleiche Dr. Th. Studer Geologische Beobachtungen im Gebiete des Schwarzhorn-Massivs, mit drei Profilen. Separat-Abdruck aus den Mittheilungen der bernischen Naturforschenden Gesellschaft. 1882. Bern, B. F. Haller.) Hier zeigte uns jetzt Herr Kahle hoch oben in der Mitte der Platienwand, wohl über 100 Meter über dem Fuss der Felsen ein weithin sichtbares, senkrechtes, schwarzes Loch; es ist die Fundstelle resp. die ausgeräumte Kluft, die im Jahre 1830 die herrlichen wasser- hellen Flussspathe geliefert hat. Schon um an den Fuss der eigent- lichen Wand, worin die Kluft liegt, zu gelangen, muss man über schmale Bändchen (Schichtköpfe) sich emporarbeiten, um aber zum Loch selbst vorzudringen, hat es der Hülfe von Seilen von oben oder von Leitern von unten bedurft. Etwas tiefer und weiter westlich ist ein anderes, ebenfalls kluftartiges, senkrechtes Loch sichtbar, wo auch in früherer Zeit Flussspath gewonnen wurde; es wurde nun dieses wieder in Angriff genommen, scheint aber vollständig ausgeräumt zu sein. Unterhalb dieser Höhlen steht noch eine Leiter an den Felsen angelehnt. Nach der Aussage von Herrn Kahle, der beide Höhlen selbst besucht hat, misst die obere Höhle (vom Jahre 1830) bei 5 — 217 -- bis 6 Metern Höhe unten eine Weite von 1Ys-—-2 Metern und hat ganz die Form eines grossen glattwandigen Kamins. Auch sonst zeigte uns Herr Kahle an verschiedenen Stellen der Felswände des Oltschi- kopfes Klüfte und Spalten ähnlicher Art. Doch werden wir durch den wiederholten Krach der Schüsse in der neuen «Mine» daran erinnert, dass wir hauptsächlich wegen letzterer, noch im Betrieb stehenden, herge- kommen sind. Wir steigen von den Hütten «zum Oberfeld» eine Viertel- stunde sehr steil an Grashalden empor, dann folgt eine Trümmerhalde und frischer Schutt und über diesem grinsen uns zwei misstrauische Gesichter alter Bauern entgegen mit dem Ausdruck grössten Unbehagens und unverhohlenen Widerwillens gegen diesen ungebetenen Besuch. Wenn Herr Kahle nicht bei uns wäre, würden wir kurzer Hand weggewiesen, ja sie hätten uns wahrscheinlich gar nicht über die letzte Schutthalde emporsteigen lassen. Diese biederen Eidgenossen sind die beiden Gemeinderäthe von Brienzwyler, die Gontrolleure des Herrn Kahle, welche mit Argusaugen die Theilung des Flussspaths zu überwachen haben. Wir stehen vor der Höhle oder vielmehr vor einer neuen Schlotte, welche mit Lehm erfüllt war und jetzt geräumt ist. Wir finden hier noch M. Ott und C. Streich als Arbeiter und noch zwei andere, mit den «Gemeinderäthen» in toto sechs Mann. Wie alle übrigen, in diesem Kalkgebirge auftretenden Flussspathvorkommnisse ist auch dieses hier in einer Schlotte entstanden d. h. in einer sich senkrecht, kamin- artig zwischen den Schichten des Kalksteins hinunterziehenden alten Erosionsspalte. Die nun 'in Betrieb stehende Höhle wurde circa 15—18 Meter weiter oben im Jahr 1887 von M. Ott und Streich ent- deckt und später auch von C. Blatter und Sohn ausgebeutet. Sie hat in der oberen Partie, theilweise lose und nach allen Seiten ausgebildet, im gelben, zähen Lehm und Schlamm liegend, theils aber seltener an den Wänden ansitzend, die herrlichsten, grünen und wasserhellen Flussspathe geliefert. Auch fanden sich in der Schlotte Trümmer des Nebengesteins, durch Kalkspath verkitiet, und ausser dem Flussspath kamen hier centnerweise schöne, graue, aber auch weisse oder farb- lose rhomboidale Kalkspathkrystalle vor. Ja es sind plattenförmige Partien wasserhellen, durchaus klaren Kalkspaths vorgekommen, die dem isländischen Doppelspath an Durchsichtigkeit wenig nachstehen. Gegenwärtig wird in der unteren Partie der Schlotte gesprengt und ein zähes Gemenge von Kalkblöcken, sowie Lehm mit einigen Brocken miss- farbigen Flussspathes zu Tage gefördert. Die Schlotte ist jetzt in ihrer ganzen Erstreckung von unten, wo sie durch Sprengung erreicht wurde, Bern. Mittheil. 1889. Nr, 1242, ee bis zu ihrem natürlichen Ausgang geräumt. Die Wände zeigen stellen- weise Abrundung wie von Wasserwirkung durch Erosion. Im All- gemeinen war das Aussehen dieser Lagerstätte bei unserem Besuche Ende September letzten Jahres wenig versprechend. Herr Kahle hat uns in Bühlen seine herausgeklaubten Vorräthe gezeigt, das Resultat der Sommercampagne. Ks war nicht gerade hoffnungsvoll für Fort- selzung der Arbeiten und das wirklich gute und brauchbare Material hatte in einer kleinen Kiste Platz, immerhin Stoff genug. für manche Linsen. Jedoch gestand Herr Kahle unumwunden, das Consortium habe dieser Unternehmung zu lieb grosse pecuniäre Opfer gebracht und werde, wenn nicht neue, reiche Funde gemacht werden, lange nicht auf seine Kosten kommen. Immerhin sei das Consortium entschlossen, nächstes Jahr noch einmal auf Oltscheren sein Glück zu versuchen. Nach eingehender Besichtigung der Mine folgten wir der Oltschikopf- felswand auf schmalen Grasbänken bis zum Sätteli 1947 m, unterwegs viel Edelweiss sehend, und leerten noch mit Herrn Kahle, angesichts der wundervollen Biegungen des Kalks im Profil des Oltschikopfs unsere letzte Flasche auf das (edeihen und Glücken der Flussspathausbeutung im Interesse der Wissenschaft und nahmen unter herzlichem Glück- auf! Abschied von unserem liebenswürdigen Wirth und Führer. Vom Sätteli stieg ich mit den beiden Blatter über das Urserli und die Krautmatten hinunter nach dem Hötel Axalp. wo wir mit einbrechender Nacht eintrafen und, obgleich das Hotel eigentlich schon geschlossen war, doch noch Aufnahme fanden, weil noch eine Anzahl Zimmerleute mit Baureparaluren beschäftigt waren. Die liebenswürdige Wirthin endlich bot noch alles auf, um auf den angenehmen und lehrreichen einen freundlichen Abend und ruhsame Nacht folgen zu lassen. Den 24. stiegen wir zum Giessbach hinunter und beim Abstieg über die steilen Zickzackwege nach den Giessbachgütern zeigte uns ein Geissbub auf Befragen, wo hier herum der «Raun» oder «Raum» sei, sofort auf eine r lag noch gegenüberliegende aus dem Walde westlich der Giessbachgüter aufragende Felswand als den «Ruwun» (siehe oben). Ich constatire, dass diese also noch jetzt gebräuchliche Localbezeichnung auf dem Siegfriedkärtchen «Brienz» fehlt, was bei einer Revision der Karte einzutragen wäre, gerade weil sich an diese Localbezeichnung der alte Fundort eines interessanten Minerales knüpft. welcher von Gruner, Wyttenbach und Höpfner erwähnt wird. Es sollte jedoch der Name wie er ausgesprochen wird, «im Kuun» geschrieben werden und nicht «Raum» oder «Raum» — eine Verhochdeutschung, die in der Gegend Niemand versteht. 2 Wenn ich zum Schlusse noch die Länge dieses Aufsalzes ent- schuldigen soll, so geschieht es ausser mit dem speciell wissenschaft- lichen Interesse, welches das hier beschriebene mineralogische Vor- kommen beanspruchen darf, doch noch mehr in der Erwägung, dass es nicht uninteressant sein dürfte, in späteren Zeiten Genaueres ver- zeichnet zu wissen über die technische Ausbeutung eines für die Optik so wichtigen Minerales, wie es der wasserhelle Flussspath von Oltschenalp in unserem Lande geworden ist. + a Dr. Edmund v. Fellenberg. Ueber ein neues Nephritoid aus dem Bergell (Ut. Graubünden). Vorgetragen in der Sitzung vom 16. Februar 1889. Im Jahre 1887 erschienen sowohl in den Berichten ‚der anthro- pologischen Gesellschaft in Berlin als auch im Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. vedigirt von M. Bauer, W. Dames und Th. Liebisch, kurze Notizen über ein neues Vorkommen von Jadeit hei Borgonovo im Bergell (Ct. Graubünden). Das grosse Interesse, welches ein solcher Fund für die Praehistorie und Anthropologie beanspruchen durfte, indem, wenn sich dieses Vorkommen von anstehendem Jadeit in den Alpen bewahrheiten sollte, ein weiterer Schritt in der soge- nannten Nephritfrage gethan wäre und der fremde Ursprung der in Form von zahlreichen Steinbeilen in den Pfahlbauten und einzelnen praehistorischen Gräbern sieh vorfindenden sogenannten Nephritoide. d.h. des Nephrites. Jadeites und Chloromelanites zweifelhaft, und, — an einer Localität der Alpen einmal anstehend gefunden, die Wahr- scheinlichkeit, weitere Fundstätten zu entdecken, ausserordentlich ge- steigert würde —, veranlasste mich, im Laufe des Monats August 1888 —..220°. — die Fundstätte des sogenannten Jadeites im Bergell selbst zu besich- tigen, um mich durch eigene Anschauung von der Richtigkeit oder dem Gegentheil der Angaben persönlich zu überzeugen. In Begleitung des Herrn Oberlehrer G. Stampa von Borgonovo wurden die Fundstellen des Minerales genau abgesucht und con- statirt, dass die Lagerstätte des sogenannten Jadeites im Bergell hoch oben an den Felswänden des Südabsturzes des Piz Longhin (Pizzo Lunghino, früher auch Piz Greila genannt) liegt, in circa 2450 —2500 Meter Meereshöhe. Zählreiche Blöcke dieses Minerales liegen in den von den Felswänden des Longhin ausgehenden Runsen und Tobeln ; namentlich, und bis jetzt beinahe ausschliesslich, im Tobel der soge- nannten Canaleltarunse, welche bei der Ruine der alten Kirche von San Gaudenzio in die Ordlegna ausmündet. Von hier kamen auch die ersten Proben in den Handel. Ich habe im letzten Hefte des Neuen Jahrbuches für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie aus- führlich über dieses interessante Mineralvorkommen berichtet und, mich auf die Bestimmung von Dr. Fritz Berwerth in Wien stülzend, das Mineral in den Blöcken der Canaletta und Ordlegna als Jadeit be- zeichnet, obschon ich ausdrücklich betonte, man könne das Mineral so lange nicht sicher als Jadeit bezeichnen, bis man eine vollständige quantitative Analyse besitze, da dieses derbe und dichte Mineral doch etwas anderes sein könnte. Und allerdings, kurz nach Erscheinen einer geologischen Beschreibung des Vorkommens am Piz Longhin, erhielt ich von Dr. Berwerth einen Brief aus Wien, worin derselbe unter vielen Entschuldigungen, dass ich, gestützt auf seine vorläufigen Unter- suchungen und Bestimmung als Jadeit die ganze geologische Be- arbeitung unternommen habe, erklärt, eine genauere mikroskopisch- petrographische und chemisch-mineralogische Untersuchung des Mine- rales führe ihn zur Ueberzeugung, dass letzteres dichter Vesuvian oder /docras sei, theilweise innig gemengt mit einem noch näher zu bestimmenden Pyrozxeniten. Später schrieb mir Hofrath A. B. Meyer in Dresden, Director des königlich ethnographischen Museums daselbst, er habe gleich von Anfang an das Mineral nicht als Jadeit erkannt ebenfalls auf Grund mikro- skopischer Untersuchung; gleicherweise habe Professor Frenzel in Frei- berg von Anfang der Untersuchung an, sich gegen die Jadeitnatur des Minerales ausgesprochen. Hofrath Meyer in Dresden wartete mit der Publication der Resultate seiner Untersuchungen ab, bis die Tdentität des von mir geologisch in seinem üusseren Vorkommen beschriebenen — 21 — Minerales mit dem von Dr. Berwerth untersuchten absolut sicher er- wiesen sei, was allerdings in unbestritiener Weise geschah durch Zu- sendung des von mir gesammelten Minerales und den Vergleich mit den von Berwerth beschriebenen Originalstücken, welche von Dr. Schuchardt in Görlitz eingesandt und alle ursprünglich von Oberlehrer G. Stampa in Borgonovo waren gesammelt worden. Später hat auch Dr. GC. Schmidt in Freiburg i/Breisgau durch qualitative Analyse das Longhiner Mineral als dichten und derben Vesuvian oder Idocras bestimmt, und endlich erhielt ich von Herrn Geheimrath Prof. Dr. Rammelsberg in Berlin freundlichst das Resultat einer quantitativen chemischen Analyse des Pseudojadeits vom Piz Longhin mitgetheilt, welche das Mineral als dichten Vesuvian oder Idocras bestimmt und als ein Vorkommen vollkommen ähnlich dem- jenigen vom Monzoniberge in Süd-Tyrol charakterisirt. Rammelsberg fand: Oo Kieselsäure: 39,00 Thonerde: 16,40 Eisenoxyd: 3,03 Summa 100,24 3 Eisenoxydul: — Kalkerde: 34,83 Magnesia: 4,80 Wasser: 2,18 Specifisches Gewicht 3,320. Schon früher war jedoch dasselbe Mineral auf Veranlassung von Herrn Oberbergrath Dr. Gümbel in München analysirt worden. Dr. Killias in Chur hatte nämlich den mineralogischen Nachlass des ersten Auffinders des Minerales, des Scheerenschleifers Dionisio Tisi im Unterengadin, zu Handen der Kantonsschulsammlung gekauft. In diesem Nachlass fand sich das grüne Mineral ohne nähere Bezeichnung. Da Tisi vorzüglich im Unterengadin gesammelt hatte, nahm Dr. Killias an, das Mineral stamme ebendaher und erst nach meiner Publication des Vorkommens von Piz Longhin wünschte Dr. Killias von dem von mir gesammelten Minerale Proben zu erhalten. Die eingesandten Stücke er- wiesen nun ebenfalls die Identität des von mir am Longhin gesammelten Minerales mit dem im Nachlass Tisi’s vorgefundenen und daher die über alle Zweifel gestellte Thatsache, dass Tisi das Mineral, wie es übrigens auch Lehrer Stampa behauplete, in der Canaletta oder Ord- legna zuerst entdeckt hat. Dieses Mineral war nun von Herrn Ober- bergrath Gümbel schon als Vesuvian oder Idoeras bestimmt worden. Er theilte Herrn Dr. Killias folgende Analyse des Minerales mit, die nicht übel zur Rammelsbergerschen stimmt, nämlich: Kieselsäure: 39,82 Thonerde: 16,98 ; = Tag ne Speeifisches Gewicht Summa 100,47 Eisenoxydul: 1,09 3.390 Kalkerde: 36,34 ne Magnesia ! 2,07 Wasser: 2,01 (@ümbel gibt noch folgende physikalische Charakteristik des Mine- rales: Härte 6,5; Schmelzbarkeit 3,5; unter Anschwellen zu einer fast schwarzen Perle. In Salzsäure schwer zerselzbar, nach dem Schmelzen jedoch unter Gallertbildung ziemlich leicht löslich. >o viel über das neue Vorkommniss an dieser Stelle; das Nähere über die geologischen Verhältnisse siehe: Neues Jahrbuch für Minera- logie, Geoloyie und Palaeontologie 1889. (1. Band, I. Heft, pag. 103 ff.) Ist nun das Mineral vom Piz Longhin auch nicht Jadeit. so können wir doch hier mit vollem Recht von einem neuen Nephritoid in archäologischer Beziehung oder in praehistorischem Sinn sprechen. denn sowohl in Bezug auf Härte, Diehtigkeit. specifisches Gewicht und Farbe lässt sich das Mineral von gewissen Nephrit- oder Jadeitwarietäten nicht unterscheiden und Artefaeten. aus dem Longhiner Minerale ver- ierligt, wie z. B. Weile, Beile, Pfeilspitzen ete. würden wohl von jedem Archäologen und Geologen ohne nähere Untersuchung für als aus einem der bis jetzt bekannten Nephritoide verfertigt angesehen werden, so dass man hier in Wahrheit von einem neuen Nephritoid sprechen kann, quod erat demonstrandum. — dc» Dr. J. H. Graf. Notizen zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Schweiz. Bekanntlich ist eine «Geschichte der Mathematik und der Natur- wissenschaften in bernischen Landen», herausgegeben vom Redaktor dieser «Mittheilungen», im Erscheinen begriffen; Heft I—III, Druck und Verlag bei X. J. Wyss, sind bereits publizirt. Diese Arbeit ist aber keineswegs eine abgeschlossene, sondern muss fortwährend ergänzt werden wie es die Natur der Sache eben mit sich bringt. Wir haben uns daher entschlossen, in zwangloser Weise, und so weit es der Raum unseres Jahresbandes gestattet, in ähnlicher Reihenfolge, wie es seit Jahren Herr Prof. Dr. R. Wolf in Zürich in der «Vierteljahrschrift der Zürcher Naturf. Gesellschaft» thut, Notizen und Mittheilungen als kleine Bau- steine für eine umfassende Geschichte der exakten Wissenschaften in der Schweiz überhaupt herauszugeben. Möchte bald auch in andern Cultur- centren der Schweiz und bei unsern Schwestergesellschaften in analoger Weise vorgegangen werden. 1. Ergänzend zu Graf I®), pay. 24, Bernisches Schulwesen: 10. Juni 1547 werden «/smael Buchser und Samuel Schnemely gen Zürich» zu studiren geschickt: siche Ördnungsbuch des bern. Schulraths. 1564 waren 4 Stipendiaten nach Heidelberg gegangen. 2. Graf I, pag. 61, und Studer, Gesch. der phys. Geogr. in der Schweiz, pag. 124, wird bei Anlass der Besprechung von Thomas Schöpf ein Kaspar Vopellius genannt, der die Länge von Bern zu 29° 10° angiebt. Derselbe wurde 1511 zu Medenbach in Westfalen geboren, zeichnete Land- und Flusskarten, verfertigte ein Astrolabium, Erd- und Himmelsgloben und verfasste ein opus cosmographiae. Antw. 1646. 3) Der Graf I, pag. 68, genannte Jean Tagut, 1558 Professor der Philosophie in Lausanne, heisst eigentlich Jean Tagaut = Tagaltius. Blaise Marcuard, 1564 Prof. der Philosophie in Lausanne, wurde 1576 als Prof. theol. nach Bern berufen, wo er 1578 starb. Claude Aulbery ist nicht 1570, sondern erst 1576 nach Lan- sanne berufen worden. Er hatte zwar schon vor seinem Pro- fessorate daselbst gewohnt, wurde aber 1576 von Basel, wo er sich in unbekannter Eigenschaft aufgehalten hatte, nach Lau- sanne als Prof. philos. ernannt. Den Zunamen « Triuncuranus» gab er sich nach seinem Heimathort: Triancourt (Meuse), Frank- reich. — Mittheiluneen von Herrn Prof. H. Vuilleumier in Lausanne. x *) Diese abkürzende Angabe bezieht sich auf: Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in bern. Landen, von Dr. I. H. Graf, Bern und Basel, Verlag von K. J. Wyss. 4. [> — 24 — Graf I, pag. 70, wird von zwei Olaude Boucard gesprochen ; das ist irrthümlich, es existirte nur ein Claude Boucard, Der- selbe ging 1608 nach Thonon, wurde katholisch und kehrte 1610 nach Lausanne zurück, wo er wieder reformirt wurde. Da aber die Pfarrer und Professoren in Lausanne ihm mit Recht miss- trauten, so erhielt er nicht sofort ein Amt. Im Jahre 1613 wurde er auf Empfehlung von Johannes Steck (s. Graf IL, 85, 88) auf’s Neue mit dem Unterricht in Physik und Mathematik betraut, während Francois Blondet (s. Graf II, 82 u. ff.) für die andern Diseiplinen der Philosophie ernannt war. Indessen gab Boucard von 1616 an Anlass zu neuen Klagen und über seine Verbindungen mit dem Bischof von Annecy wurde eine Untersuchung angehoben, worauf er offenbar demissionirte. Von da an verliert sich seine Spur. — (Mittheilungen von Professor H. Vuilleumier nach dem II. Band der Kirchen- und Akademie- geschäfte im Kantons-Archiv in Lausanne.) Die Graf I, pag. 76, angegebene Besoldung in Lausanne bezieht sich auf ©. See. Curio, den ersten Direktor des Collegiums des Douze und lecteur-es-arts, für welchen eine so hohe Besoldung angesetzt worden ist. Ueber die auf der Stadtbibliothek Bern aufbewahrte, in den Mittheilungen der Bern. Naturf. Gesellschaft von 1885, I. Heft, pag. 43, beschriebene Schweizerkarte von Aegidius Tschudi, schrieb mir Professor 5, YVögelin nter’'m 5. Juli 1885 von Zürich aus: «Die freundliche Zusendung Ihrer Abhandlung über das Berner Exemplar der Tschudi’schen Karte hat mich ansserordentlich erfreut, theils als Zeichen Ihres gütigen Andenkens (Vögelin hat den Herausgeber dieser Notizen in Zürich im Jahre 1873 ge- prüft), theils weil ich Alles auf T'schudi Bezügliche sammle. Ich hatte während der Junisitzung des Nationalraths die Berner- karte mir angesehen und, soweit man bei der exemplarisch schlechten Plaeirung derselben sich überhaupt ein Urtheil bilden kann, stimme ich Ihren Ausführungen in der Hauptsache durch- aus bei, es ist ein Neudruck von 1614. Sache der genauen Untersuchung wird es sein zu constatiren, ob dieser Neudruck complet vorliegt oder ob er nicht spätere Einsätze und Flicke an defekten Stellen enthält. Die von Ihnen reproduzirte Ge- schichte von der Publikation der «Rhätia» und der sie begleiten- den Karte ist die Darstellung, welche Tschudi 1565 und 1570 in Briefen an Simmler und 1571 in der Vorrede zur Gallia Comata II, also nach Glareans und Münsters Tod von der Sache gegeben hat. Diese Darstellung wird aber durch die Briefe, die zwischen Tschudi, Glarean und Münster 1533—1538 gewechselt wurden, sehr modifizirt, wenn nicht ausgeschlossen. T'schudi fand für an- gemessen, die zum Theil sehr starken Böcke der 1538er Ausgabe auf diese Weise von sich abzuladen. Das Fragezeichen (?) Seite 4 (des Separatabzugs, pag. 44 der Mittheilungen, Anmerkung unten), erledigt sich dahin, dass Isengrimm der Nachfolger des Verlegers Bebel (Bebelius) war, dessen Name das Buchdrucker- signet der deutschen Ausgabe von 1538 abgekürzt enthält — 225 oder Isengrimm war der Verleger, Bebel der Drucker. Indem ich Ihnen Ihre werthvolle Zusendung nochmals angelegentlich verdanke, darf ich Sie wohl bitten, mich von den weitern Ver- handlungen über diese Schweizerkarte gef. in Kenntniss zu setzen und auf dem Laufenden zu erhalten». In Bezug auf unsern Landsmann B. Aretius (s. Graf I) schreibt mir Herr Oberbibliothekar Dr. L. Sieber in Basel unter’m 22. März 1889: «In einem Briefband des hiesigen Kirchen- Archivs fand ich jüngst unter Briefen an Sebastian Castellio ein Schreiben Ihres Freundes Bened. Aretius. Ich lege eine Copie desselben hier bei und bedaure nur, dass ich davon noch keine Kunde hatte, als Sie das erste Heft Ihrer verdienstlichen Geschichte der Mathematik Benedietus Aretius an Sebastianus Castellio. Bern, 28. Jan. 1559. Optimo viro D. Sebastiano Casta- lioni, graecae linguae professori | doctissimo. | Basileae | S. Tarde gratias tibi ago, vir eruditissime, tardius etiam memo- riam beneficii acceptideclaro. Etenim cum superiori septembri essem apud vos, tua sum usus familiaritate, dein etiam litteris tuis aditum mihi faciebas ad d. Wolffium Augustae; pro his tibi immortales ago gratias et quod hactenus id non fecerim, tribues vel negotiis, vel occasioni qua ad te scripturus idonea sum destitutus haetenus, vel etiam, si placet, negligentiae, habebis enim etiam hac in parte confitentem reum. Tantum istud iam abs te peto, ut me ‚inter tuos retineas, vel aliqua parte herentem. Nam ut elegans est bonorum amieitia, ita arbitror eam hodie raram esse. Nostri Lau- sannenses varia ut audio spargunt etiam apud ceteras ecelesias. Qua parte iniuriam sane faeiunt clemen- tissimo magistratui. Velim igitur al me perscribas quae indieia sint vestrorum hominum de ea contro- versia. #) Der Brief ist zwar nicht sehr die von diesem Theologen und Naturforscher vorhanden sind, Bern. Mittheil. 1889. herausgaben. Der Brief lautet: *) Benedict Aretius an Sebastian Castellio. Bern, 28. Jan. 1559. Dem trefflichen Manne Herrn Se- bastian Castalio, dem hochgelehrten Professor der griechischen Sprache zu Basel. Sei gegrüsst! Spät sage ich Dir Dank, wohlgelehrter Mann, noch später beweise ich meine Erinnerung an empfangene Wohlthat. Denn als ich im vergangenen September bei euch war, genoss ich Deine Freund- schaft ; dann eröffnetest Du mir durch Deinen Brief den Zugang zu Herrn Folff in Augsburg; dafür sage ich Dir ewigen Dank; wenn ich diess bis dahin nicht gethan habe, so wirst Du es meinen Geschäften, oder der passenden Gelegenheit, an der es mir, wenn ich an Dich schreiben wollte, fehlte, oder auch, wenn’s Dir beliebt, meiner Nachlässigkeit zuschreiben, denn auch in diesem Stück wirst Du einen geständigen Schuldigen an mir haben. Wenn ich auch zu den Säumigen gehöre, so bitte ich Dich jetzt nur darum, dass Du mich unter der Zahl der Deinigen be- lässest. Denn wie die Freundschaft der Edeln etwas Feines ist, so ist sie auch, wie, ich glaube, heutzutage wichtig, aber doch einer der wenigen, Nr. 1243, 226 Qui has tibi reddit litteras, biblio- | etwas Seltenes. Unsere Lausanner pola est apud nos, empturus aliquos | streuen, wie ich höre, Verschiedenes libros apud vestrates. Ego promeemi | aus, auch bei den auswärtigen cupiebam Biblia ex ultima editione, Kirchen. Darin thun sie wahrlich tuae versionis. Quod si grave non | dem sehr gnädigen Magistrat un- sit, velim ea in re mihi gratum fa- recht.”) Bitte, schreibe mir daher, ceres: emes tu mihi viliori pretio was das Urtheil eurer Leute über apud hominem tibi amieissimum, | diesen Handel ist, Huie igitur impone et mihi pretium Der Dir diesen Brief überbringt, significes. ist Buchhändler bei uns und will - . Vale. Bernae, 1559. 28. Jan. | beiden Eurigen einige Bücher kaufen. Ich wünschte, dass für mich -eine Bibel von der letzten Ausgabe Deiner Uebersetzung gekauft würde. Wenn s Dir nicht lästig ist, so möchte ich, dass Du mir hierin einen Ge- fallen thätest; Du wirst sie bei dem Dir so befreundeten Manne um billigern Preis kaufen. Gieb”’) sie also diesem mit (?) und theile mir den Preis mit. | Lebe wohl. Bern, 1559. 28. Jan. | Aus Es CE) Benediet Arelius, Professor der griechischen Sprache zu Bern. 7. T. | Bened. Aretius, graecae Jinguae prolessor Bernae, (irchen) A (rchiy) GC. T.. 2. Epistolac | erudilorum saceuli XY1. Ton. 2, OL 919: 8. In der Zeitschrift für „Vergleichende Litteraturgeschichte und Renaissance-Litteratur“, herausgegeben von Prof. Dr. M. Koch 4 in Marburg und Prof. Dr. L. Geiger in Berlin, Jahrgang 1889, Bd. II, veröffentlicht Dr. Karl Sudhof in Hochdahl bei Düssel- dorf eine sehr interessante Notiz über Denediet Aretius. An- knüpfend an das Graf I, pag. 33, 34 erwähnte mediein. Opus erwähnt er: De Medic: amentor um simplieium Gradibus et Com- positionibus opus novum, Physicum partim et Medicum, partim etiam Chymieum in quinque Libros digestum, authoris incerti. Accesserunt ex Euchopedii colleetaneis in singulos libros Ar- gumenta. [8°%, 6-- 34-2 Bl]. Der eigentliche Verfasser dieser Schrift. war dem Herausgeber Aretius unbekannt und A. v. Haller**) erkennt schon die Beziehungen derselben zur paracels. Medizin und nennt sie „ein Alchemisticum opusceulum hominis Paracelsi.* Gmelin,T) Sprengelt+) sehen darin den Versuch, ‘die galenische Theorie mit der paracelsischen zu vereinigen und Sprengel führt einen „gewissen Benediet Aretius“ unter den Paracelsisten auf. Dr. E. Schubertyyr) hält die Schrift für das #) Der Magistrat hatte die Einmischung der Glasse von Lausanne in die Geschäfte der Akademie und in ihre Leitung energisch zurückgewiesen. =) Der Sinn von «impone» ist zweifelhaft. a Bibl. medie. practicae, II, 8. 187. +) Geschichte der Cbemie, I, 8. 343 ) Versuch einer Gese hichte der Arzneikunde, : 3. Antl,, Hl. Bd., ».. 010. ) Schubert und Sudhof, Paracelsusforsehungen, Heft I, 8. 58 u. 59. ar aE Yu ah u Kollegienheft eines. Basler Studenten, der 1527 bei Professor Theophrastus Paracelsus ab Hohenheim gehört hat. Es sind die 5 ersten Bücher von Paracelsus’ wichtiger Schrift: „de Gradibus et Compositionibus Receptorum et Naturalium.* Ob Euchopedius der Name des Basler Zuhörers ist, lässt Sudhof dahingestellt. Nach der Vorrede hat Aretius die Schrift von einem Marburger Freund als Abschiedsgeschenk erhalten; woher der Letztere die Schrift erhalten habe, sei unbestimmt, jedoch sei sie „theophrastisch.“ Die Widmung ist an den Marburger Professor Weigandus Happelius gerichtet und Bernae, Calend. Martii 1572 datirt. Aretius erzählt, wie er nach dem Rathe des Paulus Fagius sich dem Happelius als Schüler angeschlossen habe und sem Freund geworden sei. Als der schmalkaldische Krieg (1546-47) ausbrach, blieb Aretius auf den Rath seines Lehrers in Marburg. Viele Studenten gingen zum Waffenhandwerk über, andere änderten aus Furcht vor dem siegreich vordringenden kaiserlichen Heer die Studienrichtung, und noch andern, z. B. Aretius, blieben die Subsistenzmittel aus, so dass er sich von der Theologie weg zu der Philosophie und den Künsten wandte, um einigermassen sichere Aussichten für die Zukunft zu haben. In gleicher Lage befand sich sein Hausgenosse Magister Joh. Stockius, Kandidat der Mediein, der sich sehr mit Pflanzenkunde abgab. Unter Stockius’ Leitung warf sich Aretius auf die Bo- tanik, ein Studium, das mehr Anregung und Abwechslung brachte als die durch den Kriee gestörten theologischen Fachstudien. Herbarien wurden durchmustert, Excursionen unternommen, da Stockius ein eifriger Wanderer war. Die ganze Umgebung Mar- burgs wurde von den fleissigen Pflanzensammlern abgesucht. Nach Wetter, Siegen und Köln wurden Ausflüge gemacht, um bei Freunden neue Belehrung zu holen; in Siegen namentlich fand Aretius n D. Aemilius, dem Schulrector, einen eifrigen Bota- niker und Freund. Als Stockius Marburg verliess, um behufs Vollendung seiner medieinischen Studien nach Frankreich zu gehen, schenkte er seinem Freund Aretius das Manuscript der obgenannten paracelsischen Schrift. Stockius lebte später als Arzt in Frankfurt a. M. Diesem Manne hat unser bernischer Theolog seine lebenslange Liebe zur Naturkunde, namentlich zur Botanik, zu verdanken. Soweit Herr Sudhof. Prof. H. Vulleumier fand kürzlich bei Bernus, le ministre An- toine de Chaudieu (Paris 1889), pag. 70, Note 1 eine Notiz, die Bezug hat auf die Graf I, page. 72 gegebene Vermuthung über den Verfasser des dort erwähnten Cometentractats. Herr Pfarrer Bernus vermuthet mit ziemlicher Sicherheit, dass der Verfasser des „Discours de la comöte apparue A Lausanne“ etc. par J. R. de Digne en France, Lausanne 1578, sei Jean Ricaud dit de Londes de Digne en Provence, früher Pfarrer in Lyon, der An- fangs 1573 nach dem Lausanner Stadtrathsmanual in Lausanne als französischer Flüchtling gelebt und mehrere Jahre daselbst gewohnt hat. Inhalts-Verzeichniss LIT Jahresbericht e ; i : i : i ; Verzeichniss der Mitglieder : : A : 5 i Rechnung pro 1888 . a : Badertscher, G. A., Dr. phil. und Sekundar lchrer, Ueber den Einfluss der Temperatur auf Phosphor eSCenZ- Erscheinungen ; ‘ , : P : s ; Baltzer, A,, Prof. Dr., Ueber den Hautschild eines Rochen aus der marinen Molasse (mit Tafel) ' : ; { s Ueber sogenannte Sandeier aus dem Dinotheriensande von Tramelan . ; . ’ 3 , : ; ? Ueber die neueren Theorien der Gebirgsbildung . ; Brückner, E., Prof. Dr., Ueber Grundwasser und 'Typhus a x ; x Untersuchungen über Klimaschwankungen : i ; Ueber die Arbeiten von Neumayr und Nathorst . Demme, R., 2r03. Dr, Ueber einen neuen Sprosspilz ; ; e ä s i Dutoit, :E., Dr. med., Botanische Beobachtungen ; ; . , Fankhauser, J., Gymnasiallehrer und Docent Geologische Mittheilungen aus dem Emmenthal die erratischen Blöcke im Emmenthal . £ , Fellenberg, E., Dr. phil., Bergingenieur, Demonsinalien. der geolog. Uebersie ‚htskarte von Japan . Demonstration eines alten Massstabes mit eigenthümlicher Graduirung . ; Ueber den Flussspath der Oltschenalp und dessen tech- nische Verwendung ; ’ ; . : ; ; Ueber ein neues Nephritoid . ; : ; ‘ Fischer, L., Prof. Dr., Ueber die Algengruppe der Siphoneen . ; Zweiter Nachtrag zum Verzeichniss der Gef ässpflanzen des Berner Oberlandes . : 5 ; ; Fischer, E., Dr. phil. und Docent, Demonstr; ation über Sigillarien Ueber die Mikroskopirlampe von Koch & Wolz - Graf, J. H., Dr. phil., Gymnasiallehrer nnd Docent Ueber den Mathematiker Niklaus Blauner , : , Ueber einige mathematisch-geschichtliche Funde . Notizen zur Geschichte der Mathematik und der Natur- wissenschaften in der Schweiz . 5 . k ; Guillebeau, I, A., Prof. Dr. Zur Histologie des multiloeulären Echinoeoceus Ueber einen Fall von Oysticereus der Taenia saginata je = © itzungs- berichte si HI je XX VII vl xIv XV Xu Xu lungen 202 219 109 | Fi } | | Hasler, @., Dr. phil., Direktor der Telegraphen-Werkstätte, Ueber Zugsgeschwinligkeitsmesser bei Eisenbahnen v. Jenner, E., Custos, Demonstration eines Pilzmycels i Anwendung von grünem und rothem Licht, bei de ar Camera obscura Jenny, F., Dr. phil. und Sekutldarlehrer in "Basel, Ueber Löss und lössähnliche Bildungen in der Schweiz (mit Tafel) : i : ; i A Kronecker, H., Prof. Dr., Ueber den Zeitverlust bei Sinneswahrnehmungen Ueber Pr otoplasmabewegungen Reduktion des Haemoglobins im Froschherzen Leist, K., Sekundarlehrer, Ueber den Einfluss des alpinen Standorts auf die Aus- bildung der Laubblätter (mit 2 Tafeln) Leuch, A., Dr. phil. und Docent, Erzeugung und Untersue hung einiger ebenen Curven höhe- rer Ordnung (mit Tafeln) Markwald, Max, Dr. med., Werden die Athembewegungen vom Rückenmarke be- herrscht ? : ; Moser, Ch., Dr. phil., Docent und Sekundarlehrer, Ueber die von E. Dubois über die Marsmonde Schmidt, C., Dr. phil. und Docent in Basel, Ueber einen neuen Mineralfund aus dem Ober-Wallis Ueber die Granitmassen in den Gebirgssystemen der Bre- tagne, der Pyrenäen und der Alpen Schwab, S., Dr. med., Communication sur Thurmann, g6ologue et botaniste du Jura Jeber einen Fehler der topographischen Karte der Schweiz Strassen, H., Prof. Dr., Ueber die Ortsbewegung der Schnecken . : : : Ueber eine Anomalie in der Lagerung der Fleischfasern des Zwerchfells, bedingt durch eine Krümmung der Wirbelsäule . . : i : i ; - Studer, Th., Prof. Dr., Ueber ein Verzeichniss schweizerischer Vögel . ; . Demonstration und Mittheilungen über einen Band der Challenger-Expedition . : : . : Studer- Steinhäuslin, B., Apotheker, Pilzexceursion in’s Unter-Wallis x . ; Thiessing, Th., Dr., Ueber den Lias von Lyme-Regis . . Vinassa, E., Dr. phil. und Docent, Ueber eine Erkrankung des Obstweins durch einen Bacillus Seite der Sitzungs- berichte XHo Abhand- lungen 115 59 Auf 4.Erb Bern. YEIBB Fig.2. d; 43 Autog.H.Erb, Bern. Jaf. IE. Aut, H.Erb, Bern. JALEN. Autog. H,Er& Bern. Zaf.V. Audog. H.ErbBern. Taf. II. I Autog. H.Erb,Berre. Taf UN. fig.2. I IN Autog.H.Er& Ba Auzag. R.Erb,Bern. era man: Autag. H.Erb Berr. Jar.XT. Jz mL %; Fiß. 1. 2 ol Y : U Ida ,Is sin die Inflexionsstelen. In nl j Autog.H Erb Bern. Autog.H'Er&,Bern. Fig. 1 Profil durch den obem Theil d.krdbeergrube b. Basel. (Südseite) Fig.2 Profil durch den obern Theil d.Erdbeergrube b Basel. (Ostseite) 4 | m Ackererde Be „Kofi lies Löss Sand. h £ 100: 1 Hautschild eines Rochen aus der marinen Molasse, von der Seite (T) und von oben (II) gesehen. — III. Querschnitt (Dünnschliff). — IV. Ein einzelner Dentinkanal mit zahlreichen davon ausstrahlenden Dentinröhrchen. Tafel 1. LEIST Einfluss des alpinen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter. Lig. 1. DRSSSSBSSE =jalajalala[afeYafaep en ey > Y \ — Fig.6. Zalealen) LEIST Einfluss des alpinen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter. Fig. 5. DEIITIDD Fig 6. Fig. 7. Be = => > See e ( wleleT: 000 a Fig 10. Fig. 9 Bor farafanfee[enjenfee) EI