Library of tbe Museum ıCOMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, nf Frl & N VFEOX The gift of Chr \ { Sy | No. 12,3 u agb /817- U ERLERS N | Kaiser X N ae MASS, Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1888. Nr. 1195—1214. Redaktion: Dr. phil. J. BERN. Druck und Verlag von K. J. Wyss. "1889, Jahres - Bericht über die Thätigkeit der bernischen Naturforschenden Gesellschaft für die Periode vom 1. Mai 1887 bis 1. Mai 1888. Die Zahl der Mitglieder betrug auf den ersten Mai dieses Jahres 155, blieb also stationär. Ausgetreten sind 5, neu eingetreten 8. Durch den Tod verlor die Gesellschaft zwei hervorragende Mitglieder: Herrn Prof. Bernhard Studer, seit 1819 eine Zierde unseres Vereins, und Herrn Regierungsrath Rud. Rohr, Sitzungen wurden 13 abgehalten. Folgende Herren brachten Vorträge oder Mittheilungen : Prof. Baltzer, Dr. Huber, Hr. Albert Benteli, Hr. Jenner, Dr. Berlinerblau, Hr. Jonquiere, Oberforstinspektor Coaz, Prof. Kocher, Dr. Dubois, Prof. Kronecker, Dr. Dutoit, Dr. Leüch, Dr. Fischer, Prof. Lichtheim, Prof. Flesch, Hr. Thierarzt Rubeli, Dr. E. v. Fellenberg, Prof. Theophil Studer, Dr. Graf, Dr. ©. Schmidt von Freiburg (Nicht- mitglied). Im Dezember 1887 musste der Präsident der Gesellschaft, Hr. Prot. Flesch, das Präsidium in Folge Wegzugs von Bern niederlegen. Die Anerkennung für seine dem Verein gewidmete wissenschaftliche Thätig- keit, besonders auch für seine Bemühungen um die Reorganisation unserer Mittheilungen, wurde ihm durch ein Abschiedsbankett kundgegeben. Es übernahm darauf der Vizepräsident, Prof. Baltzer, die Stellvertretung für die sieben letzten Sitzungen. Von besonderen Vorkommnissen und Arbeiten sei noch erwähnt der Bericht der Blitzableiterkommission, eine Gratulationsadresse an Prof. v. Kölliker in Würzburg, geborenen Schweizer, zum 70. Geburtstag. Ferner schloss sich unsere Gesellschaft dem Protest gegen die projektirte Turbinenanlage am Rheinfall an, welche die malerischen Reize des Failes ‚gründlich zu schädigen drohte. IV Erwähnt sei noch der Lokalwechsel, indem wir am 2. Decem- her 1887 von Webern in den Bären übersiedelten, eine Aenderung, die sich als günstig herausstellte. Nachdem schon anno 1885 sich ein kleines Deficit ergab, welches im folgenden Jahre auf 55 Fr. anwuchs, wurden Massregeln getroffen, um die Finanzen in’s Gleichgewicht zu bringen. Es wird ein Budget jeweilig in der ersten Woche des Kalenderjahres vorgelegt, ferner en Fonds für besondere Zwecke creirt, in welchen die Eintrittsgelder, 5°/o der Jahres- beiträge, Stiftungen, Schenkungen etc. fallen sollen; endlich wurde das Annoneiren reduzirt. Die wichtigste Aenderung aber betraf den Publicationsmodus unserer Mittheilungen. Dieselben wurden dem bisherigen Ver- leger entzogen und Herrn Buchdrucker und Verleger K. J.Wyss übertragen. Der Vertrag mit dieser rührigen Firma ist vom ersten Januar 1888 ab vorläufig auf zwei Jahre abgeschlossen worden. Dadurch soll sich die Gesellschaft von nun ab finanziell relativ besser stehen und insbesondere werden Ausstattung der Mittheilungen und buchhändlerischer Vertrieb in Zukunft gewinnen. Die Abhandlungen sollen nun auch einzeln vertrieben werden und es wird fürderhin möglich sein, die Budgetirung präziser vorzunehmen. Diese umfassende Reorganisation unseres Publikations- organes hatte einige Statutenveränderungen im Gefolge. Weiter sei angeführt, dass die Hohe Regierung ihr Interesse für unsern Verein durch einen Beitrag von 450 Fr. an die Kosten einer Publikation bethätigte, welche die Kräfte unserer Kasse überstieg. Zu verschiedenen Malen wurde die Frage angeregt, wie man die Mitgliederzahl vermehren könne. Gegenüber der Meinung, man müsse durch direkte Aufforderung, Zirkulare etc. eine Art moralischer Pression ausüben, gewann die Ansicht die Oberhand, dass solche Mittel nicht anzuwenden und nur die Werbung durch die einzelnen Mitglieder im Freundeskreise zulässig sei. Hauptsache ist, dass die vorhandenen Mitglieder in reger Theilnahme und stetem Eifer nicht erlahmen, dass neben selbstständigen Arbeiten zusammenfassende Referate und kleinere Mittheilungen aller Art erfolgen und Jedermann nach Kräften sich be- thätigt. Dann wird der Verein qualitativ und an innerm Leben ersetzen, was ihm etwa an Zahl und äussern Hülfsmitteln abgeht. BERN, Juni 1888. Der Berichterstatter : A. BÄLTZER. und Sitzungs - Berichte. Redaktion: Dr. phil. E. Fischer. 790. Sitzung vom 14. Januar 1888. Abends 7'/ Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Hr. Prof. A. Baltzer. Anwesend 21 Mitglieder und 1 (rast. % 2 .e Herr Seminarlehrer Fr. Schneider in M.-Buchsee erklärt seinen Austritt aus der Gesellschaft. Neu aufgenommen wird Herr Dr. 6. Huber PD, Herr Prof. Th. Studer spricht über die Reste von Säugethieren, welche in den diluvialen Ablagerungen des Kantons Bern gefunden wurden, insbesondere über Rennthierreste aus einer Kiesgrube bei Rapperswyl; ferner theilt er die Resultate seiner Unter- suchungen über die Koralle Coelogorgia palmosa Val. mit. (Beide Mittheilungen erscheinen in den Abhandlungen). . Herr A. Leuch P. D. spricht über Erzeugung und Untersuchung einiger ebenen Curven 6. Ordnung. 791. Sitzung vom 21. Januar 1888. Abends 7'/s Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Hr. Dr. E. v. Fellenberg. Anwesend 21 Mitglieder bi) iS Gäste. Der Vorsitzende theilt der Gesellschaft den Hinscheid ihres Mit- gliedes Herrn Regierungsrath Rohr mit. Neu aufgenommen werden die Herrn: Dr. T. Geering und A. Krebs. . Herr Dr. Graf hält einen Vortrag: Beiträge zur Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaft in Bern, in welchem er specieller das Unterrichtswesen und die Vertreter der mathematisch-natur- wissenschaftlichen Arbeit bis und mit dem 16. Jahrhundert bespricht. Herr Öberforstinspector Coaz spricht über das Vorkommen des grauen Lärchenwicklers (Tortrix oder Steganoptycha pinicolana ZU.) in den Jahren 1886 und 1987 in Graubünden und Wallis. Er erinnert zunächst an seinen in der allgemeinen Sitzung vom 27. Dezember 1879 über das gleiche Insekt gehaltenen Vortrag, der in den Mittheilungen der Gesellschaft erschien, und gibt hierauf eine kurze Beschreibung des Insects, seiner Metamorphose und Lebensweise. Auf das jüngste Auftreten des Lärchenwicklers übergehend, berichtet der Vortragende, dass derselbe sich zuerst im Ober- engadin in den Lärchwaldungen der Insel Chaste am Silsersee, VI an den dortigen Südhängen und unmittelbar ob Sils Maria, wieder gezeigt und von dort aus sich 1887 über sämmtliche Lärch- waldungen des Oberengadins und bis hinunter nach Zernez ver- breitet habe mit einziger Ausnahme eines Streifens an der Wald- vegetationsgrenze. Während sämmtliche Waldungen eine braun- rothe, düstere Färbung zeigten, hatte nur dieser Streifen seine frischgrüne Farbe behalten. Im Puschlav trat das Insekt merkwürdigerweise in gerade umgekehrter Verbreitung auf, indem ein oberster Waldgürtel von demselben befallen war, die tiefergelegenen Waldungen aber unberührt blieben. Die vorletzte Verbreitung des Insekts im Jahre 1879 erstreckte sich auf die ganz gleichen Waldungen und auch die damaligen Herde waren so ziemlich dieselben, nämlich die Lärchbestände am Silser- und Silvaplanersee, wozu sich 1878 ferner noch die Waldungen zwischen St. Moritz und Samaden, ob Pontresina und einige Stellen im Puschlav gesellten. Sowohl der Frass im Jahre 1879 als derjenige des Jahres 1887 erstreckte sich auch aufs Unterengadin und Münsterthal und ersterer ging im Jahre 1880 auch aufs Tyrol über, ja er machte sich in einem vereinzelten Vorposten diesseits der Alpen im obersten Waldsaum am Calanda bei Chur bemerkbar. Aus der bisherigen Verbreitung des grauen Lärchenwicklers geht hervor: : 1. Er tritt annähernd je nach Verlauf von 10 Jahren in der- selben Gegend wieder massenhaft auf und zwar das erste Jahr in kleineren, zerstreuten Herden, an sonnigen, trockenen Lagen in einer Höhe von 1800-2000 Meter ü. M. — Das darauffolgende Jahr hat der Wickler seine weiteste Verbreitung und ist in Folge dessen auch der Schaden in den Lärchwaldungen am grössten. Im dritten Jahre findet er sich nur noch an wenigen Stellen der- selben Gegend. 2. Die Verbreitung des Insects findet. im grossen Ganzen von den obern von ihm befallenen Lärchenwaldungen nach den tiefern statt. Seine allgemeine geographische Verbreitung geht von Süden nach Norden, unzweifelhaft vermittelst Lauftströmungen gleicher Riehtung. Der Schaden, der durch den Frass des Lärchenwieklers den Waldungen zugefügt wird, besteht in einem Zuwachsverlust und im Eingehen einer grösseren oder geringern Anzahl alter und schwächlicher Stämme, wodurch die Lärchenwaldungen hie und da nicht unbedeutend gelichtet werden. Ebenso unerklärt wie das periodische Erscheimen des Insekts ist auch sein Verschwinden, denn wenn atıch die insektenfressenden Vögel demselben in jedem Zustande der Metamorphose zusetzen und die Ichneumoniden durch Ablegen ihrer Eier in die Raupen zur Verminderung desselben viel beitragen, so ist dadurch allein ein so rasches Verschwinden doch nicht erklärt. : Ausser Schonung und Pflege der erwähnten Vogelarten ist uns kein Mittel gegen diese Insektenplage in die Hand gegeben. Der Vortragende ist indess der Ansicht, dass dem Insekte im Zustande vIl der Raupe und namentlich in dem der Chrysalide möglicherweise beizukommen wäre und sollten die betreffenden Forstbeamten zu diesem Zweck über das Insekt belehrt und denselben eine spezielle Instruetion ertheilt werden. Der verderbliche Wickler ist in seinen- Herden, welche den Ausgangspunkt zu seinem massenhaften Auftreten bilden, anzugreifen, denn später stehen wir der Gross- artigkeit der Erscheinung rath- und hülflos gegenüber. 792, Sitzung vom 4. Februar 1888. Abends 7'/2 Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Herr Prof. A. Baltzer. Anwesend 13 Mitglieder und 1 Gast. {. Herr Ed. v. Sinner theilt schriftlich seinen Austritt aus der Gesellschaft mit. >, Herr Dr. G. Huber spricht über Cassinische Curven und ihr Auf- treten in der Physik. (Der Vortrag erscheint seinem mathema- tischen Theile nach in den Abhandlungen.) Herr v. Jenner. weist Photographien vor, die mit dem neuen Eastmann-Papier angefertigt sind und beschreibt das Copirverfahren mit diesem Papier. 4. Herr Dr. Graf erwähnt, dass der Rhombenwinkel der Basalflächen der Bienenzellen, welcher thatsächlich 109° 28° beträgt, vom jüngern König und von Mac Laurin nur zu 109° 26° gefunden wurde. Es scheint nun, dass diese Abweichung von einem Fehler in der von diesen beiden Mathematikern benutzten Logarithmentafel herrührt. = 793. Sitzung vom 18. Februar 1888. Abends 7!/a Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Herr Prof. A. Baltzer. Anwesend 20 Mitglieder und 1 Gast. t. Es liegt eine Austrittserklärung vor von Herm Lehrer Schwab in Tiwann. Neun aufgenommen wird dagegen Herr K. Leist, Lehrer an der Breitenrainschule. 2. Herr Alb. Benteli sprieht über die Niveauschwankungen der Sehweizerischen Seen. (8. d. Abhandlungen.) 3, Herr Prof. A: Baltzer macht der Gesellschaft Mittheilungen über die Maare der Eifel, die Flimser Einsturzseen und die Felsbecken (Gelmersee) und weist diesbezügliche Photographien und An- siehten vor, & 794. Sitzung vom 3. März 1888. Abends 7'/2 Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Herr Prof. A. Baltzer. Anwesend 24 Mitglieder und 5 Gäste. 1. In die Gesellschaft werden aufgenommen die Herren Dr. Schärtlin und Sekundarlehrer A. Badertscher. — Dagegen liegt eine Aus- trittserklärung vor von Herrn F. Jäggi, Notar. VII 2. Herr Dr. €. Schmidt aus Freiburg i. B. hält einen Vortrag: Geographische und geologische Skizzen aus den Pyrenäen. I. 11 Ill. Geographische Gliederung der Pyrenäen. Die Pyrenäen bestehen aus drei Theilen. Der mittlere Theil, */ des ganzen Gebirges bildend, besitzt eine scharf ausgesprochene Wasser- scheide, deren Richtung 09°S ist. Die einzelnen unter sich paral- lelen Ketten streichen hingegen 050°8. Die Pyrenäen verbreitern sich gegen Spanien und fallen ab gegen Frankreich. Die Entwässerung findet durch Querthäler statt. In den obern . 5 * = De ® Theilen dieser Thäler namentlich ist ein treppenförmiges Ansteigen der Thalsohle ausgeprägt. Wir finden hier Seeenreihen. Orographie und geologischer Bau der Maladetta. Die Maladetta ist dem Pyrenäenkamm südlich vorgelagert, da wo derselbe die höchsten Erhebungen trägt. An ihrem Nordabhang erkennen wir drei scharf charakterisirte Zonen. Die 'Thalsohle wird durch schwarze, glimmerreiche Grauwacken der Carbonzeit gebildet, am Abhang steigen steilstehende Kalkbänke des Silurs empor, die Hauptmasse des Berges besteht aus massigem Granit. Jede dieser Zonen bedingt eine ganz bestimmte Form der äussern Gliederung. Der Kamm der ganzen Bergmasse hat südöstliche Richtung und trägt drei nur wenig über seine mittlere Höhe emporragende Spitzen. Die höchste derselben, der Nethon, erreicht die Höhe von 3404 m. Vom Kamme gehen nach Norden und Süden eigenthümlich gewundene Querrippen ab, welche den Abhang in regelmässige Vierecke zer- theilen. Auf der Nordseite liegen in diesen Vierecken die Hänge- gletscher der Maladetta, die durch steiles Gefälle (ca. 22°), Quer- spalten und rasche Bewegung (100 m. pro Jahr) charakterisirt sind. %eologischer Bau der Pyrenäen im Vergleich mit den Alpen. Die Pyrenäen sind wie die Alpen ein Kettengebirge, mit sogenannten krystallinischen Centralmassen. Wie orographisch die Südseite der Pyrenäen dem Nordabfall der Alpen entspricht, so finden wir auch im geologischen Baue dieselbe Parallele je zwischen Süd- und Nord- abhang der beiden Gebirge, Die Sedimente steigen in den Pyrenäen von Süden her an den Öentralmassen empor und bilden nach Süden umgelegte Falten. Auf der Nordseite finden wir eine Zerlegung der Erdschichten in Schollen, welche längs Verwerfungslinien an einander verschoben sind. Die Erhebung von Alpen und Pyrenäen begann wahrscheinlich gleichzeitig, die gebirgsbildenden Kräfte hörten aber in den Pyrenäen zu Ende der Eocaenzeit auf zu wirken, während in den Alpen auch die mioeaene Molasse noch stark dislocirt wurde. Wenn wir die Bildung der meisten alpinen Randseeen als eine Folge dieser Molasse- dislocationen ansehen, so ist es leicht erklärlich, dass solche Seeen den Pyrenäen fehlen, wo eben die Molasse am Nordrand des Gebirges horizontal liegt. IX 95. Sitzung vom 24. März 1888. Abends 7'/e Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Herr Professor A. Baltzer. Anwesend, 20 Mitglieder 1. und 1 Gast. Herr Professor Lichtheim theilt der Gesellschaft die Resultate von Untersuchungen über intermittirenden Diabetes mit. Dieselben nahmen ihren Ausgang von einem Krankheitsfall, bei welchem im Harn zeitweilig geringe Zuckermengen gefunden wurden, während derselbe zu andern Zeiten völlig zuckerfrei war. Die genauere Beobachtung stellte fest, dass der Zuckergehalt im Harn aus- schliesslich von der Nahrung beeinflusst wurde, dass nach jeder Stärke oder Zucker enthaltenden Mahlzeit der Harn einige Stunden reich an Zucker sei. Nach wenigen Stunden war die Zuckerab- scheidung vollendet. Die Erscheinungen hatten keine Beziehung zu der Erkrankung, welche die Patientin in’s Spital geführt hatte, die Störung der Zuckerassimilation machte ihr keine Beschwerden, sie hatte weder Polyurie- noch anderweitige Diabetessymptome. Weitere Untersuchungen zeigten nun, dass derartige Störungen der Zuckerassimilation keineswegs selten sind. Unter 26 Patienten, welche an den verschiedensten Uebeln litten, zeigten noch 3 be- trächtliche Zuckerabscheidung nach Verabfolgung grösserer Trauben- zuckermengen (bis zu 10° der eingeführten Menge). Während jedoch bei der‘ ersten Kranken auch die stärkehaltige Nahrung Melliturie erzeugte, assimilirten die drei erwähnten Patienten grössere Stärkemengen vollkommen. Bei einer dieser Kranken erzeugte Rohrzuckerzufuhr eine starke Abscheidung von Trauben- zucker. Die Auffassung des Vortragenden ist die, dass in allen diesen Abweichungen Vorstufen des eigentlichen Diabetes zu sehen sind. Die erste Stufe ist die des Traubenzuckerdiabetes, bei dem alle Kohlenhydrate bis auf Traubenzucker assimilirt werden, nur letz- terer bedingt Glycosurie. Dann folgen nacheinander der Rohr- zuckerdiabetes, der Amylumdiabetes und der Fleischdiabetes. Jede dieser Formen kann, wenn grössere Mengen der nicht assimilir- baren Substanzen gewohnheitsmässig zugeführt werden, in die schwerere übergehen. Von den beiden letzteren ist dies schon lange bekannt. Die intermittirenden Formen des Amylumdiabetes sind von den gewöhnlichen continuirlichen Diabetikern nur quantitativ unter- schieden. Im Verlauf weniger Monate beobachtete der Vortragende auf seiner Spitalsabtheilung noch drei weitere Fälle von intermittiren- dem Amylumdiabetes. In dem einen derselben zeigte sich, dass, während Stärke, Rohrzucker und Traubenzucker reichliche Glyeosurie erzeugten, Milchzucker völlig assimilirt wurde. In einem zweiten waren die Verhältnisse noch komplizirter. Nach Genuss von Traubenzucker, Rohrzucker und Milchzucker trat eine reichliche Glycosurie ein. Eine noch reichlichere Abscheidung von Traubenzucker erhielt man, wenn man dem Patienten in der- selben Weise, wie dies in den andern Fällen geschehen war, Stärkemehl theils als Mehlsuppe von gebranntem Mehl, theils als x Brot darreichte. Hingegen erzeugt weder Brot allein, noch unge- 4 branntes Mehl, noch Stärke, direkt gegeben, Glycosurie, nur wenn i gebranntes Mehl als Mehlsuppe gereicht wur de, trat Zucker im Harn auf. 2. Herr Dr. Berlinerblau spricht über die Fr: age der Zerlegbarkeit der Elemente. 796. Sitzung vom 14. April 1888. Abends 7!/s Uhr im Hötel Bären. 5 Vorsitzender: Herr Professor A. Baltzer. Anwesend 16 Mitglieder. {. Herr Dr. Graf hält einen Vortrag über die Errichtung. des ersten mathematischen Lehrstuhls in Bern. 3. Herr Alfred Jonquiere macht einige Bemerkungen zu Faraday’s ’ elektrolytischem Gesetz (s. d. Abhandlungen). a 3, Der Vorsitzende theilt der Gesellschaft mit, dass der Regierungs- ' 'ath an die Kosten der Publikation der Arbeit von Herrn Prof. Kocher «Ueber die Verbreitung des Kropfes» einen Staatsbeitrag von Fr. 450 bewilligt habe. Wahlen: Herr Prof. Baltzer erklärt eine allfällige Wahl zum >risidenten nicht annehmen zu können, Hierauf wird Herr Prof. 4 H. Kronecker zum Präsidenten, Herr Dr. Dubois zum Vize- ; ’räsidenten gewählt. A 797. Sitzung vom 5. Mai 18SS8. Abends 7'/» Uhr im Hötel Bären. Vorsitzender: Herr Professor H. Kronecker. Anwesend 28 Mitglieder : und 6 Gäste. * 1. Der Präsident theilt der Gesellschaft den Hinscheid ihres Mitgliedes Herrn R. v. Fellenberg, Spitaleinzieher, mit. 2, Als Mitglieder werden aufgenommen die Herren Prof. Dr. Eduard Brückner; E. Kissling, Sekundarlehrer in Bern; Dr. Wilh. Lindt, Assistent an der medizinischen Klinik Bern; "Dr. Weber, Apo- theker in Bern. i 3. Herr Professor Kronecker demonstrirt einen Hund von 10,000 g. Gewicht, dem 650 Cubem. Blut (d.h. jr seines p BOMBEN TER Blut- eh altes) entzogen und durch Salzwasser von 0, 6°%0 ersetzt worden, und welcher sich dennoch gesund befindet. 4. Die Herren Dr. Jonquiere, Apotheker B. Studer, Prof. Demme, Dr. Berlinerblau sprechen übe r eine Vergiftung durch Helvella es- eulenta (8. d. ie 5. Herr Professor Th. Studer bespricht das im letzten Winter so besonders häufig beobachtete Abfallen von Tannenästchen, welches er mit den Gallen von Öhermes Abietis in Zusammenhang bringt. | ei 798. Sitzung vom 16. Juni 1888. Abends 7 '/ Uhr im Auditorium des tellurischen Observatoriums. Vorsitzender: Herr Professor Kronecker. Anwesend 24 Mitglieder ; und 2 Gäste. : Herr Professor A. Baltzer verliest den ‚Jahresbericht ‘über das Vereinsjahr 1887/88. - 24 a Herr Dr. E. Vinassa spricht über Fortschritte auf dem Gebiete der botanisch-pharmakognostischen Mikroskopie (Mikrotomie, Tinc- tion, Projektion) und demonstrirt eine Anzahl von Schnitten mittelst Projektion durch elektrisches Licht. Herr Dr. W. Lindt jun. legt die Resultate seiner Untersuchungen über einen neuen pathogenen Schimmelpilz aus dem menschlichen Gehörgang vor. Der Pilz, als Krankheitserreger auf dem Trommelfell eines seiner Patienten gefunden, wurde von Herrn Prof. Valentin dem Vor- tragenden zur Bestimmung und nähern Untersuchung übergeben. Anfangs hielt er ihn für Aspergillus fumigatus weil er demselben sehr ähnlich sah; die Verschiedenheit des neuen Pilzes von jenem bekannten wurde erst ganz deutlich, als er anfing eigenthümliche Eurotinm-ähnliche Fruchtkörper zu zeitigen; eine nähere mikrosko- pische Untersuchung ergab nun eine Reihe characteristischer U nter- scheidungsmerkmale gegenüber Aspergillus fumigatus. Seine Farbe ist blaugrün, Conidienträger sehr kurz, unverzweigt; Sterigmen un- verzweigt; Öonidienketten nicht ganz "eompact, sondern etwas aus- einander gebogen; Sporen sehr klein 3—4 u. Perithecien weiss, von einem feinen, dichten Mycelgeflecht umgeben. Sporidien linsen- förmig 6—-8 «. Am besten gedeiht der Pilz bei Körpertemperatur; die Perithecien bilden sich nicht bei Zimmertemperatur. Beim Studium der Entwicklung der Fruchtkörper suchte Vortragender nachzuweisen, dass dieselbe identisch sei mit der Entwicklung der von De Bary beschriebenen Eurotiumfrüchte, und fand auch, dass im Grossen und Ganzen dies der Fall ist. Einige nicht principielle Verschiedenheiten hält der Vortragende nicht für genügend, um den Pilz als etwas von Eurotium Verschiedenes hinzustellen. Er sieht den Pilz als nova species an und benennt ihn Kurotium malignum, weil er das erste pathogene Eurotium ist. Der Vortragende bespricht auch die Methode, nach welcher er die Entwicklung der Fruchtkörper studirte, es geschah dies zum Theil an Zupfpräparaten, zum Theil an feinen Schnitten, die er durch die in Agar Gallerte eingebetteten Perithecien anlegte. Durch Einbringung der Conidien des Pilzes in die Blutbahn eines Kaninchens wurde eine zum Tode führende, ziemlich allge- meine Mykose erzeugt, die er dem gewöhnlichen bekannten Bild der Aspergillusmykose entsprach. In den Organen liessen sich die Mycelien schön durch Anilin-G entianaviolett färben. Die Malignität der Ascosporen konnte durch einen Versuch nicht sicher festge- stellt werden, sie erscheint nicht self wahrscheinlich, weil die Ascosporen des Aspergillus nidulans, dessen Conidien auch pathogen sind, keine Erkrankung erzeugen. Bei spätern Thierversuchen mit Eurotium malignum und Asper- eillus nidulans, sah Vortragender nicht mehr eine rasch, acut tödt- liche en ie sondern eine chronisch verlaufende, schliesslich auch zum Tode führende, hochgradige Abmagerung auftreten. Eine Er- klärung für diese sonder bare Erscheinung vermag der Vortragende nicht zu geben. Zum Schluss bringt er noch eine Aufzählung der 5 bis jetzt bekannten pathogenen Aspergillen, die zugleich alle als Schmarotzer im menschlichen Ohr gefunden wurden: XI Aspergillus fumigatus, niger, flavescens, nidulans und Eurotium malignum. 799. Sitzung vom 3. November 1888. Abends 7 '/2 Uhr im Caf& Metropole. Vorsitzender: Herr Professor Kronecker. Anwesend 31 Mitglieder und 3 Gäste. . Es liegt eine Austritts- Erklärung von Herrn G. Eschbacher, Lehrer, vor. 2. Herr Professor Dr. P. Müller wird in die Gesellschaft aufge- nommen. 3. Herr E. Kissling wird an Stelle des zurücktretenden Herrn Th. Steck als Unter-Bibliothekar gewählt. 4. Herr Dr. J. H. Graf hält einen Vortrag über Jakob Rosius und die bernischen Kalender, begleitet von Demonstrationen verschie- dener Kalenderausgaben. 5. Herr Professor L. Fischer weist ein Exemplar des «Riesenbovist» (Lycoperdon Bovista) vor, welches im Fraubrunnenmoos gewachsen ist, und schliesst einige Bemerkungen an über diese und ver- wandte Formen. 6. Herr Dr. E. von Fellenberg weist eine Suite von Mineralien aus dem Baltschiederthale vor und erläutert die Lagerungsverhältnisse des dortigen Mineralfundortes. 800. Sitzung vom 17. November 1888. Abends 7'/2 Uhr im Caf& Meötropole. Vorsitzender: Herr Professor Kronecker. Anwesend 24 Mitglieder > und 2 Gäste. Herr Dr. Badertscher spricht über Phosphorescenzerscheinungen (s. d. Abhandlungen des nächsten Jahres). 2. Herr Dr. G. Hamel aus Hamburg hält als Gast einen Vortrag über „die Bedeutung des Pulses für den Blutstrom‘“. In der Arbeit «über die Ermüdung und Erholung der quer- gestreiften Muskeln» hat Kronecker bemerkt, dass Blut, welches man durch die Blutgefässe von Froschmuskeln leitet, unter gleichem Drucke nicht gleiche Geschwindigkeit behält. «Will man den Strom constant erhalten, so muss man den Druck schnell wachsen lassen und erhält bald Oedem (was auch C. Ludwig und Alexander Schmidt 1868 bemerkt haben). Viel besser vertragen die Gefässe der Froschmuskeln ganz kurz dauernde periodische Druckerhöhung en selbst bis auf 100 mm Hz. — Kochsalzlösung rein, wie. mit ge- ringen Mengen übermangansauren Kalis vermengt, scheint schneller als Blut die Gefässe zu verengen. Zu manchen Zeiten - bewirken keine Quantitäten von Kali hypermangan. obliterirenden Gefäss-. krampf». Viele Beobachter haben aber nach Kühne die Erfahrung gemacht, dass Kochsalzlösung, welche Fröschen durch die Bauch- vene in’s Herz geleitet wurde, viele Stunden lang durch das Blut- gefässsystem des’ Frosches eireulirt, indem es alles Blut auswäscht. — Muss in diesem Falle das Herz mit stetig wachsender Kraft arbeiten, XIII um die beständig wachsenden Widerstände des tonisch contrahirten Gefässgebietes zu überwinden? Es ist dies nicht wahrscheinlich, denn wir wissen aus Kronecker und Stirlings Versuchen, dass der mit indifferenter Kochsalzlösung ausgewaschene Herzmuskel leistungsunfähig wird. Dieser Vergleich legte die Annahme nahe, dass rhythmisch wirkender Druck die Blutgefässwände nicht alterirt, während eontinuirliche intravasculäre Spannung schadet. Diese Annahme habe ich auf Vorschlag und unter Leitung von Herrn Prof. Kronecker im hiesigen physiologischen Institut experi- mentell geprüft. Die Versuche waren sehr einfach: Durch den Hintertheil von Fröschen und Kröten wurde ein künstlicher Kreislauf vorbereitet, indem eine Canüle in die Aorta descendens, eine andere in die Vena abdominalis eingebunden wurde, nachdem die Bauchein- geweide entfernt und deren Zufuhrgefässe abgebunden worden. Hierauf wurde aus einer Mariotte’schen Flasche (unter constantem Drucke) Kochsalzlösung 0,6°% oder verdünntes Kalbsblut oder Kalbserum durch das Präparat geleitet und die Geschwindigkeit des Ausflusses gemessen. 1) Es ergab sich, dass nur in seltenen Fällen der Strom von Salzwasser während eines mehrstündigen Experimentes constant bleibe. In den meisten Versuchen nahm schon nach 10—15 Min. die Stromgeschwindigkeit ab; zuweilen ging dem eine kurze Strom- beschleunigung voraus. Wenn man den Einflussdruck wachsen liess, so konnte man nicht in entsprechendem Masse die Strom- geschwindigkeit vermehren. 2) Verdünntes Blut fliesst viel langsamer durch die Blutgefässe; zuweilen stockt die Circulation gänzlich. Es sind aber nicht etwa die Blutkörperchen mechanische Hindernisse. 3) Frisches (1 Tag altes) Kalbserum kann, wenige Minuten nach- dem es in das Blutgefässsystem eingeströmt ist, dasselbe völlig verschliessen. Hierbei kann nicht an Embolie gedacht werden, sondern es muss sich hier um Gefässkrampf handeln, ähnlich wie bei Durchleitung von Kali hypermanganicum oder wie bei Mosso’s Durchleitung von arteriellem Blute durch zuvor asphyktisch ge- machte Nierengefässe. 4) Durch Hitze (56°) sterilisirtes Kalbserum erregt die Gefäss- muskulatur nicht. Nachdem sichergestellt war, dass die Art der Flüssigkeit sehr wesentlich die Cireulation modifieirt, fast stets aber allmählich er- schwert, wurde nun untersucht, wie ein discontinuirlich wirkender Druck die Gefässe beeinflusst. Hierzu diente ein «elektrischer Pendelhahn». Ein sehr leicht drehbarer Glashahn wurde durch ein sehr schweres Seeundenpendel geöffnet und geschlossen, sobald ein Elektromagnet das Pendel frei- gelassen hatte. Um den Magneten in willkürlich wechselnden Inter- vallen wirksam zu machen, diente eine Bowditch-Baltzar’sche Uhr. Der Apparat wurde derart graduirt, dass wir die Zeit maassen, in welcher ein halber Liter Wasser unter constantem Drucke durch den continuirlich geöffneten Glashahn des Pendelapparates ausfloss, und hierauf die Zeit bestimmt, während welcher die XIV gleiche Wassermenge durch den Hahn floss, wenn derselbe alle 3“ durch‘ das Pendel rhythmisch geöffnet und geschlossen wurde. Es ergab sich, dass Y» Liter Wasser bei continuirlichem Strome während 4 Minuten durch den Hahn floss und dass für den Ausfluss in diseontinuirlichem Strome nicht ganz 17. Minuten erforderlich waren. Der Durchfluss war also nur etwa '« der Zeit offen. Aus den Versuchen welche angestellt wurden, indem dieses künstliche Herz dem Blutgefässsystnm vorgelegt wurde, ergab sich, dass die rhythmisch gespeisten Gefässe bei weitem mehr Flüssigkeit (durchtreten lassen, als die continwirlich durchströmten. Es kann die Stromgeschwindigkeit selbst bis auf das vierfache wachsen, so dass trotz der überwiegend langen Stromschlüsse bei rhythmischem Zuflusse in absolut gleichen Zeiten ebensoviel durch das Gefäss- system fliesst wie bei beständig geöffnetem. Wir verglichen nunmehr die Wirkung der künstlichen Herzen mit derjenigen der natürlichen, indem wir eine Zeit lang Salz- wasser durch die Bauchvene in das schlagende Herz lebender Frösche oder Kröten leiteten, sodann durch Vermittelung des Pendel- hahnes, mit Umgehung des Herzens, rhythmisch unterbrochen, direct in die Aorta. Es wurde der künstliche Druck dem Herzdrucke ungefähr gleich gemacht, ebenso der Rhythmus des Hahnschlusses. Wir fanden, dass ziemlich gleiche Mengen durch das natürliche Herz wie durch den Pendelhahn (künstliches Herz) gefördert wurden. Andererseits zeigte sich eontinuirlicher Durchfluss durch das ge- lähmte Herz oder durch die Aorta ebenso langsam wie in den früheren Versuchen am Hintertheile der Batrachier. Von ebenso praktischem wie theoretischem Interesse scheint uns aber eine pathologische Folge der continuirlichen Durchleitung: das Oedem. Wenn die Kochsalzlösung unter normalem Druck (10 — 25 em Wasserhöhe) 6 Stunden continuirlich durch das Froschhintertheil geströmt war, so stieg durch Transsudat von Flüssigkeit aus den Blutgefässen in die Gewebe das Gewicht des Präparates um 209—-50°/o. Bei rhythmischen Durchflusse entstand gar kein oder sehr ge- vinges (bis 3% Präparatgewicht) Oedem. Wurde aber das schon verwendete Präparat am nächsten Tage nochmals perfundirt, so entstand auch bei rhythmischem Durchflusse Oedem. 14—22% Präparatgewicht. Hierdurch ist bewiesen, dass normale Gefässe unter continuir- lichem Drucke zur starken tonischen Contraction angeregt und end- lich pathologisch durchlassig werden. Schlecht ernährte oder ab- sterbende Gefässe lassen auch rhythmisch getriebene Flüssigkeit transsudiren. 801. Sitzung vom 1. Dezember 1888. Abends 7'/2 Uhr im Caf6 Mätropole. Vorsitzender: Herr Prof. Kronecker. Anwesend 30 Mitglieder und 6 Gäste. 1. Herr Dr. Tavel, der als Gast anwesend ist, spricht über die Asepsis in der Chirurgie und die Dampfsterilisation: Die Asepsis in der Chirurgie ist von Lister eingeführt worden. Sie hat den Zweck, bei einer Operation den Zutritt aller lebendigen Keime und hauptsächlich aller pathogenen Keime zu verhindern. RAN Die Asepsis sollte überall da ausgeführt werden, wo der Chirurg selbst - eine Wunde schafft; wo aber schon vorher eine Wunde bestand, ist keine vollkommene Asepsis mehr möglich und genügend, in diesem Falle ist eine Antisepsis nöthig, die darin besteht, dass die sich in der Wunde befindenden Keime mechanisch-physikalisch oder chemisch durch momentane oder andauernde Einwirkung ent- fernt oder zerstört werden. Zur Ausführung der Asepsis gehört, dass Alles, was mit der \Wunde in Berührung kommt, absolut steril ist. Blut des Patienten, Luft, Instrumente, Hände, Schwämme,. Unterbindungsmaterial sind unsere Hauptinfectionsquellen. Die Autoinfection ist die seltenste, die Luftinfection ist ebenfalls selten, die Contactinfection schon viel häufiger, die Implantationsinfection ist die gefährliehste. Die Mittel, die uns zu Gebote stehen, um alle diese Infections- quellen durch Sterilisation unschädlich zu machen, sind chemischer und physikalischer Art. Zur chemischen Sterilisation können nur in Wasser lösliche Substanzen verwendet werden; die Pulver dagegen können keine wirkliche Keimabtödtung, sondern nur eine Entwicklungshemmung bewirken. Unter den physikalischen Desinfectionsmitteln sind zu nennen: die trockene Hitze, das heisse Oel-, Glycerin- oder Parafftinbad, der Wasserdampf. Letzterer ist durch seine Vortheile bedeutungsvoll und in folgender Weise gebraucht worden : als gespannter Dampf, als strömender Dampf, als strömender, überhitzter, reiner Dampf, als strömender, mit heisser Luft überhitzter Dampf. Der gespannte Dampf ist das sicherste Mittel, er muss aber init der Vorsicht gebraucht werden, dass keine Luft im Apparat zurückbleibt. Unter Einhaltung dieser Bedingung ist durch die momentane Einwirkung des auf 130° gebrachten Dampfes eine absolute Sterilisation möglich. Dampf von 125° muss 5 Minuten, von 122° 10 Minuten, von 115° eine halbe Stunde, von 110° eine ganze Stunde, strömender Dampf von 100° 6 Stunden einwirken um eine absolute Sterilisation zu erreichen, Der strömende, überhitzte, reine Dampf ist die Grundlage des inodifizirten Henneberg’schen Desinfeetors. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass der überhitzte Dampf entschieden schlechter wirkt als der einfach strömende Dampf zu 100°, weil unter diesen _ Umständen der Dampf einfach als trockene Hitze wirkt und erst in der Tiefe der zu desinfieirenden Objekte durch Abkühlung und Condensation als feuchte Wärme wieder wirksam wird. Noch schlechter ist die Wirkung des strömenden, mit heisser Luft überhitzten Dampfes, so dass man aus den bis jetzt ge- inachten Untersuchungen über den Dampf als Desinfeetionsmittel. schliessen muss, dass er rein sein muss, dass er gesättigt d. h. nahe an seinem Öondensationspunkt sein muss, dass unter Bei- behaltung dieser Bedingungen je höher die Temperatur und Span- nung ist, desto schneller die Sterilisation bewirkt wird. Bei der Construction der Desinfections- und Sterilisations- mittelst des Dampfes, speziell zu chirurgischen Zwecken, Apparate diesen Bedingungen Rechnung zu tragen. ist es erforderlich, xVI 2. Herr Professor Brückner hält einen Vortrag über die Eiszeit im deutschen und österreichischen Alpenvorlande und in der Schweiz. Er weist zunächst auf den Unterschied hin, den der geologische Bau und die Geschichte des Schweizer Vorlandes einerseits und der süddeutschen Hochebene andererseits erkennen lassen. Das erstere tritt uns als ein schmales Band entgegen, eingekeilt zwischen Jura und Alpen, welche bis in die jüngste Zeit bewegte und sich wohl noch bewegende Massen darstellen; es hat sich hier die Be- wegung der Randgebirge mehr oder weniger den ganzen Vorland mitgetheilt. Das deutsche Alpenvorland erscheint als ein sehr breiter, neutraler Streifen zwischen dem in Ruhe befindlichen böhmischen Massiv und dem schwäbischen Jura im Norden und den in der jüngsten geologischen Vergangenheit in nur wenig intensiver Bewegung begriffenen Ketten der Alpen im Süden, zu breit, als dass sich die Bewegung der letzteren mehr als einem ganz schmalen Saum unmittelbar am Gebirge hätte mittheilen können. Hierdurch erklärt es sich, dass das Schweizer Vorland von tief in die Molasse eingeschnittenen Thälern durchfurcht wird, während auf deutschem Boden die gleichaltrigen Tertiärablagerungen nur in seltenen Fällen durch Thäler angeschnitten sind. So fanden die Gletscher der Eiszeit beim Betreten des Vorlandes in der Schweiz ein ausser- ordentlich coupiertes Terrain vor, auf dem sie die Diluvialbildungen als mehr oder weniger mächtigen Ueberzug ablagerten, ohne jedoch den Charakter der Molasselandschaft vernichten zu können. Auf deutschem Boden legten sich die Gletscher aus dem Gebirge auf ein auffallend ebenes, nur sanft gewelltes Gebiet auf, das sie voll- kommen mit Diluvialablagerungen überdeckten; hier dominirt daher völlig die Diluviallandschaft, sei es in der Form der Moränen- landschaft, sei es in Form der Terrassenlandschaft der Glacial- schotter vor den Moränen. Daher sind hier die Lagerungsverhält- nisse des Diluviums viel einfacher und es gelang zum Theil eine detaillirtere Gliederung des Diluviums als in der Schweiz. Ueber Penck’s und seine eigenen Untersuchungen referirend, schilderte der Vortragende, wie gegenwärtig zwei verschiedenaltrige Moränen- zonen und drei verschiedenaltrige Schottersysteme vom Charakter der Glacialschotter nachgewiesen sind. Eine zweimalige Ver- gletscherung des Vorlandes ist sichergestellt. In der Interglacial- zeit hatten die Gletscher sich jedenfalls tief in das Gebirge zu- rückgezogen, wie die geographische Verbreitung der interglacialen Profile lehrt. In diese Zeit fällt die Ablagerung des Lösses, der im Salzachgebiet zwischen den ältern und jüngern Moränen lagernd . gefunden wurde. Die Interglacialzeit ist zugleich durch eine in- tensive Thalbildung im Alpenvorland ausgezeichnet; die damals gebildeten Thäler sind sehr viel tiefer eingeschnitten, als die seit dem Schwinden der letzten Vergletscherung entstandenen. Hier- aus schliesst der Vortragende, dass die Postglacialzeit erheblich kürzer ist als die Interglacialzeit. XVII 802. Sitzung vom 15. Dezember 1888. Abends 7 '/2 Uhr im Caf& Metropole. Vorsitzender: Herr Professor Kronecker. Anwesend 15 Mitglieder 1: und 2 Gäste. Herr Dr. Marckwald aus Kreuznach, der als Gast anwesend ist, hält einen Vortrag über die Frage, ob die Athmung vom Rücken- marke aus beherrscht werden kann (s. d. Abhandlungen des nächsten Jahres). . Herr Apotheker B. Studer-Steinhäuslin berichtet über die Ergeb- nisse einer Pilz-Excursion in die südlichen Seitenthäler des Ober- wallis im September 1838. Die Exeursion erstreckte sich auf das Binnenthal, das Thal des Simplon und das Eifischthal. An der Hand von 40 an Ort und Stelle nach der Natur gemalten Bildern bespricht der Vortragende eine Anzahl Pilze, von denen mehrere bisher in der Schweiz nicht gefunden worden sind. Zu den interessantesten gehören: Boletus cavipes Opatow, Limacium lucorum Kalchbr., Dermocybe malicoria Fr., Phlegmacium pachypus Schum., Flammula abrupta Fr., Tricholoma maluvium Fr., Tricholoma elytroides Scop. Neu, d. h. noch nicht beschrieben, war ein einziger Pilz aus dem genus Flammula. Aus der Uebereinstimmung der Pilzvege- sation der drei Thäler trotz beträchtlicher Differenzen ihrer geo- logischen Grundlage zieht der Vortragende den Schluss, dass für das Vorkommen oder Nichtvorkommen von. Pilzarten in einer Gegend weniger die geologische Bodenbeschaffenheit in’s Gewicht fällt als vielmehr die phanerogamische Pflanzendecke, auf deren Detritus der- Pilz zu seiner Ernährung angewiesen ist. «Hier scheinen wir eine typische Pilzvegetation des Lärchen- waldes -vor uns zu haben und daraus erklärt sich die vielfache Uebereinstimmung zwischen den Walliser - Pilzen mit denjenigen Ungarn’s>. gg 11 Verzeichniss der Mitglieder der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft. (Am 31. Dezember 1888.) Vorstand. Dubois, Vize-Prä sident. B. dor jun., Apotheker, Kassier seit 1875. Dr. Ed. Fischer, Sekretär seit April 1886. J. H. Graf, Redaktor der Mittheilungen seit 1883. 4 . Koch, Obsrbibliothekar, Correspond. seit 1864. . Kissling, Unterbibliothekar seit 1888. Mitglieder. . Andree, Philipp, Apotheker ‚ Badertscher, Dr. A., Sekundarlehrer 3. Balmer, Dr. Hans, Privatdocent : 4. Baltzer, Dr. A., Prof. der Mineralogie und Geologie. Beck, ‚Dr: Gottl., Lehrer an der Lerberschule j. v. Benoit, Dr. jür., 6 : . Benteli, A Gymmasiallehrer und Dozent . Berdez, H., Prof. an der 'T'hierarzneischule : . Berliner blau, Dr. 5 ‚ Fabrikdirekt. in Sosnowice (Russ. Polen) : a Dr. phil. U., in Frutigen A Bonstetten, Dr, "hi. August ; Bien, Dr. med. E., Arzt . Brückner, Dr. Ed., Prof. der Geographie 14. Brunner, ee Apotheker 15. Brunner, C., Telegr aphendirektor in Wien 3. Fe Br. , Optiker Bilven, Eug. allie von Salis, Sachwalter 18. Os buliez, Dr., Direktor, Mühlhausen 19, Christeller, Dr. med. in Bordighera 20. Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor . Conrad, Dr. Fr., Arzt ; ; Öramer, Gottl., Arzt in Biel ; . Qurchod, internationaler Telegraphen-Director 24. Demme, Dr. R., Prof., Arzt am nn B.. Dich, Dr. Rud., Arzt . ; ; Dimitrenko, Frl. E., stud. phil. in Zürich . Dubois, Dr. med., Arzt, Privatdocent Ba DR H. Kronecker, Präsident vom 1. Mai 1888 bis 30. April 1889. Eintritts- Jahr 1883 1888 1886 1884 1876 1872 1869 1879 1887 1880 1859 1872 1888 1866 1846 1874 1877 1861 1870 1875 1872 1854 1878 1863 1876 1887 1884 XIX Eintritts- Jahr 28. Dutoit, Dr. med., Arzt : 5 : . ; : i 1867 29. Emmert, Dr. C., Prof. d. Staats-Mediein . . i : 1870 30. Engelmann, Dr., Apotheker in Basel . i - : - 1874 31. Fankhauser, J., Gym.-Lehrer und Privatdozent . : > 1873 32. v. Fellenberg, Dr. phil. E., Bergingenieur . ; i ; 1861 33. Fischer, Dr. phil. Ed., Privatdozent. . ; i : i 1885 34. Fischer, Dr. L., Professor der Botanik R . i ; 1852 35. Frey, Dr. Rob., Arzt in Rubigen ; ; i : i 1876 36. Frey, Aug., Telegraphendirektor i ; ; ; ; 1872 37. v. Freudenreich, Dr. E., Rentier 3 i : & ; 1885 38. Fueter, Paul, ae in Burgdorf i : ; : 1885 39. Geering, Dr. T., Chef des eidg. Handelsstatist. Dept. ; 1888 40. Grrasd, Dr. med., Arzt i ; ; ; : 1876 41. Gras, Dr. phik J. H, Gymn.-Lehrer u.>D02.2 5 : 1874 42. Gosset, Philipp, Ingenieur e : i i 5 : 1865 43. Gressiy, Alb., Maschinen- Ingenieur ; i i ; : 1872 44. Grimm, J., Präparator i 5 ; ; i A i 1876 +5. Gun Hobean, Professor Dr: \ 2 ; ; : ä 1878 46. Haaf, C., Droguist . ; : 3 i i ; . 1857 47, Haller, R. Friedrich, Buchdrucker _. , h ; { 1871 48. Hammer, Bundesrath . 2 ; i : ; - 1878 49. Hasler, Dr. phil. @., Dir. d. Telegraphen-Werkstätte : 1861 50. Held, Leon, Ingenieur h ; . 1 i : i 1879 o. Heller, J. H., Kaufmann : i ; i i : i 1872 92. Hermann, F., Mechaniker . i : : : : i 1861 53. Hess, E., Professor an der Thierarzneischule . i - 1883 d4. Hopf, J. Se: ‚Arzt ; ; ; i ; i i 1864 55. Huber, Dr. Privatdocent i \ i ; i ; 1888 56. Jenner, E., es Stadtbibl. ’ ; : i i 1870 57. Jonquiere, Dr. Prof. der Medizin ; ; : : - 185: ! 58. Jongwiöre, Dr. med. Georg, Arzt ; S . : . 1884 1 59. ae Dr. ph. Ak, ..; i : : ; i k 1884 ; 60. Käch, J., Sekundarlehrer . ; ; ; ; - i 1880, 61. Kaufmann, Dr., Adjunkt . : i i ; i : 1851 62. Kaufmann, Dr. Alfr., Lehrer in der Grünau . ; i 1586 63. Kesselring, H., Lehrer an der Sekundarschule . i i 1870 64. Kissling, B., Sekundarlehrer : ; ® 1888 4 65. Kobi, Dr., Lehrer an der Kantonsschule Pruntrut : i 1878 i 66. Koch, Lehrer der Mathematik . 5 . ; ; s 1853 67. Kocher, Dr., Prof. der Chirurgie : i ; x i 1872 68. Koller, G., Ingenieur . : : . ; i i i 1872 69. König, Dr., Emil, Arzt i i i : : 1872 10. Körber, H., Buchhändler . : : ; : ; 1872 41. Kraft, Alex., Besitzer des Bernerhofs R > s ; 1872 12. Krebs, A., en er. : ; \ : 1838 13. Kronecker, Dr. Prof. der Physiologie . . i ‘ 1884 74. Kuhn, Fr., Be in Affoltern i ; : 1841 0. Langhans, Fr., Lehrer am städt. Progymnasium ; ; 1872 16. Lanz, Dr. Em., Arzt in Biel : > : & ; \ 1876 17. Lanz, J., Med. Dr. in Biel . ; ; ü ; : 1856 78. Lauterburg, R., Ingenieur . . . . i - i 1851 19. Leist, K., Lehrer . x . ri Ä . a 1888 30. Leuch, Dr. A., Privatdocent , Lindt, Franz, Ingenieur . Lindt, R., Apotheker . ; . Lindt, Dr. med. Wilh., Arzt . Lindt, Dr. med. W. jun. . Lütschg, J., Waisenvater Marti, Dr. "med. Ad., Arzt , Moser, Dr. phil. Ch., Sekundarlehrer und Privatdocent i Moser, ‘Friedrich, Schreinermeister . *. . Müller, Emil, re . Müller, Prof. Dr. + ; : : ; : Ed, Mutach, AIf., von Riedburg ; i ; i \ . Mützenberg, Dr. med. Ernst, Spiez ‚ Neuhaus, Dr. med. Carl, in Biel . Niehans-Bovet, Dr. med., Arzt ‚ Niehans, Dr. med. Paul, Inselarzt Perrenoud, Prof. Dr. P., Staatsapotheker . Pfister, J. H., Mechaniker ‚ Pulver, Friedrich, Apotheker . ‚ Ris, Lehrer der Physik am städt. Gymnasium ; 5 Rothen, Dr. phil., Adjunkt d. Tel.-Direktion , Rothenbach, Alf., Gasdirektor i . Sahli, Prof. Dr. 2 ; „%. Salıs, eide. Öberbauinspektor . Schädler, Dr. med. E. i Schaffer, Dr, Kantonschemiker und Docent ;,. Schärer, Dr. med. Ernst ; Schürer, Prof. Rud., Direktor der Waldau ; Schärtlin, Dr, Chef im eidg. Versicherungsdepartement 9, Schenk, Dr. Karl, Bundesrath . ; ‚Scherz, J., Oberst, Verwalt. d. Inselkrankenhauses . Sehlachter, Dr., Lehrer an der Lerberschule Schmid, JG, "Direktor der Sekundarschule 3. Schnell, Dr. Alb, Lochbach bei Burgdorf . . Schnyder, J., Oberförster . . Schuppli, M., Direktor der N. Mädchenschule . Schwab, Alf., Banquier ? ; 2 . Schwab, Dr. med. Sam. . Schwarz- Wälly, Commandant . . Sehwarzenbach, Dr., Prof. der Chemie “neler, P. , Apotheker . . Sidler, Dr., Prof. der Astronomie : Stämpfli, = Buchdrucker . . Stauffer, B., Ingenieur . Steck, 'Th., Sekundarlehrer in Belp " Stooss, Dr. med. Max . Strasser, Dr. Hans, Prof. der Anatomie . Studer, Bernhard, sen. : . Studer, Bernhard, Apotheker ; Studer, Dr. Theophil., Prof. der Zoologie . Studer, Wilhelm, Apotheker i Tanner, G. H., Apotheker . Eintritts- Jahr 1887 1870 1849 1854 1888 1872 1872 1884 1877 1882 1888 1865 1885 1854 1870 1873 1873 1871 1876 1869 1872 1872 1875 1881 1863 1878 1885 1867 1888 1872 1873 1884 1877 1872 1872 1870 1873 1885 1872 1862 1887 1872 1870 1865 1878 1883 1872 1844 1871 1868 1877 1882. XXI Thiessing, Dr., Redaktor Trächsel, Prof., Dr. . v. Tscharner, Dr. ph: 2, Stabsmajor 35. v. Tscharner, Oberstlieut. 36. Valentin, Dr. med. Ad., Arzt, Prof. Vinassa, Dr. phil., Privatdocent Volz, Wilhelm, Apotheker ; Wäber A Lehrer der Naturgeschichte Wander, Dr. phil., Chemiker Wanz enried, Sekundarlehrer in Zäziwyl . v©. Wattemwyl-Fischer, Rentier . 3. Hans v. Wattenwyl-v. Wattemwyl, Rentier Weber, Dy. Hans, Arzt... Weber, Dr. phil., Apotheker Weingart, J., Sekundarlehrer i ; ; Werder, D., Sekr. der eidg. Telegraphen-Direktion ‚nv. Werdt, von Toften . Wolf, Dr. R., Prof. in Zürich Wyss, Dr. @., Buchdrucker Wyttenbach-Fischer, Dr., Arzt . de Zehnder, er Ingenieur ; 3. Ziegler, Dr. med. A., eidg. Oberfeldarzt . Zgraggen, Dr., ve in Köniz . Zumstein, Dr. med, Ji J. in Mar burg 3. Zwicky, Lehrer am städtischen Gymnasium Eintritts- Jahr 1867 1857 1874 1878 1872 1884 1887 1864 1865 1867 1848 1877 1872 1888 1875 1876 1887 1839 1887 1872 1884 1859 1868 1885 1856 - Se man 10 Correspondirende Mitglieder. . Biermer, Dr., Prof. in Breslau . Custer, Dr., in Aarau ; : . Flesch, Dr. M., Arzt in Frankfurt. . Flückiger, Dr. "Pr ofessor, Strassburg . ; _ Gasser, Dr, 1. krorn. der Anatomie in Marburg . Gelpke, Otto, Ingenieur in Luzern Graf, Lehrer in St. Gallen . Grützner, A., Professer in Tübingen . . Hiepe, Dr. Wilhelm, in Birmingham . Imfeld, Xaver, Topograph in Hottingen . Krebs, Gymnasiallehrer in Winterthur . Landolf, Dr., in Chili . Lang, Dr. A., Professor, Jena ; . Leonhard, Dr. Veterinär in Frankfurt . Lichtheim, Professor in Königsberg . Lindt, Dr. Otto, Apotheker in Aarau Metzdorf, Dr., Prof. der Vet.-Sch. in Proskau . Mousson, Dr., Prof. der Physik in Zürich . Petri, Dr. Ed., Prof. der Geographie in St. Peter sburg ‚Pütz Dr. H., Prot. der Ver. Med, Hallea i . Regelsperger, Gust., in la Rochelle : . Rothenbach, a. Lehrerseminar in Küsnacht . Rütimeyer, Dr. L., Prof. in Basel « schöff, Dr. M., Prof. in Genf Wälehli, Dr. med. D. J., Buenos Ayres Wild, Dr., Prof. in Petersburg . Bintritts- Jahr 1861 1850 1882 1853 1554 1867 1858 1881 1874 1880 1864 1881 1876 1870 1851 1566 1370 1829 1883 1870 1885 1871 1853 1856 1875 1859 Auszug aus der Jahres-Rechnung der bernischen Naturforschenden Gesellschaft Einnahmen. Jahres - Beiträge von 162 Mitgliedern Fr. 1,296. — Eintrittsgelder 35. — Zinse : . r £ 29. 10 Verkauf von Mittheilungen i 35. 15 Fr. 1,395. 25 Ausgaben. Passiv - Saldo letzter Rechnung Fr. 1. 9 Mittheilungen 1,009. 60 Sitzungen £ 196. 10 Bibliothek 150. 07 Verschiedenes 93. 08 Fr. 1,450. 82 Bilanz. Br Die Ausgaben betragen Fr. 1,450. 82 Die Einnahmen betragen « 1,395. 25 Der Rechnungsgeber hat zu gut Fr. 55. 57 Vergleich mit dem Budget. Budget Rechnung Einnahmen Fr. 1,200. — Fr. 1,895. 25 Ausgaben: Mittheilungen 800. — «1,009. 60 Sitzungen 200. ©. 196.10 3ibliothek & 100. — «& 150. 07 Verschiedenes i . R 100. — «& 93. 08 Passiv-Saldo letzter Rechnung « I. 9% Fr. 1,200. — Fr. 1,450. 82 + pro 1887. + 7 x si ö = y N i le x EN EEE Dr. med. Dubois. Untersuchungen über die physiologische Wirkung der Condensatorenentladungen. (Vorgetragen in der Sitzung vom 19. November 1887.) Die vorliegenden Untersuchungen wurden nicht in der Absicht unternommen, vom rein practischen Standpunkte aus die Gondensatoren zu studiren und die etwaige Verwerthbarkeit dieser Instrumente für die Electrotherapie nachzuweisen. Sie verdanken vielmehr ihre Entstehung rein theoretischen Erwägungen über die Factoren,. welche den elec- trischen Strömen und Entladungen ihre physiologische Wirksamkeit verleihen. Man wird die Resultate dieser Versuche am besten be- urtheilen können, wenn ich meinen Gedankengang vorlege, wenn ich sage, was mich veranlasst hat, diese Experimente anzustellen, Es gibt nämlich in der Electrieitätslehre verschiedene Fragen, und zwar nicht Detailfragen, sondern Grundfragen, über welche die Lehr- bücher nicht genügenden Aufschluss geben. So scheinen mir nament- lich die Angaben über die Ursache der verschiedenen Wirkung der galvanischen und der Inductionsströme sehr dürftig. Man stösst dabei auf gewisse Widersprüche, auf Unklarheiten, und ich hoffte, mir durch diese Versuche Klarheit über diese Punkte zu verschaffen. Treten wir auf den Gegenstand näher ein. — Jeder, mit der Electrisation des menschlichen Körpers vertraute Arzt weiss, dass wir mit einer relativ geringen Anzahl galvanischer Elemente im Stande sind, eine Muskelzuckung auszulösen. Wenn wir, ü as ne 2 beispielsweise, die Anode einer galvanischen Batterie auf den Nacken der Versuchsperson fixiren, die Kathode, in Form einer knopfförmigen Electrode auf den Nervus medianus, am Handgelenk, aufsetzen und nun den Strom im metallischen Theil der Kette schliessen, so können wir allenfalls schon eine Zuckung der Daumenmuskeln erzielen mit fünf Leclanche’schen Elementen, also mit einer electromotorischen Kraft von circa 7 Volts. — Dabei zeigt das Edelmann’sche Galvanometer z.B. eine Stromstärke von 0,5 Millıampere an. Wir können darnach den Widerstand nach der Ohm’schen Formel I= — img Rh — rn 7 Volts . ungefähr berechnen. Er beträgt in diesem Falle — circa 14000 ’ - Ohms. Nehmen wir nun 10 Elemente statt 5, also 14 Volts statt 7. Dadurch wird die Stromstärke keineswegs verdoppelt. Der galvanische Strom hat bekanntlich die Eigenschaft, vermöge seiner electrolytischen, cataphorischen und gefässerweiternden Wirkung, den Leitungswiderstand der Haut herabzusetzen.*) Mit 10 Elementen kann die Stromstärke schon eine 4 fache sein, d. h. 2,0 Milliamperes, entsprechend einem Widerstand von am — 7000 Ohms betragen. Die erzielle Muskelzuckung ist #) Die Arbeiten von Gärtner, Jolly, Stintzing und Graeber und Anderer haben diese Wirkung galvanischer Ströme nachgewiesen. Ich habe selbst längere Zeit die Leitungswiderstände der Haut bestimmt und genaue Versuche darüber angestellt. Da inzwischen die erwähnten Arbeiten erschienen sind und den Gegenstand nahezu erschöpften, verzichtete ich auf eine weitere Publication meiner Versuche und begnügte mich, meine Resultate in einer Mittheilung an der schweizerischen Naturforschenden Versammlung in Genf kurz zu resümiren und zwar an Hand eines einzigen practischen Versuches, der die Thatsache genügend illustrirt. Da die Resultate für unsere heutige Frage von Wichtigkeit sind, gebe ich hier die betref- fende Tabelle. Der Versuch wurde in folgender Weise gemacht: Die Anode lag auf dem Nacken, die Kathode auf der Vorderfläche des Vorderarms und nun liess ich successive 1—-20 Leclanches einwirken und zwar für jede Elementenzahl. während 1 Minute. Auf 20 Elemente angelangt, ging ich nun wieder zurück, die Elementen- zahl von 20 auf 1 reducirend. Die dritte Colonne entspricht diesem Versuch mit abnehmender Elementenzahl. Der herabgesetzte Widerstand wächst wieder mit abnehmender Voltspannung, bleibt aber hochgradig vermindert. Die Tabelle gibt die Elementenzahl, die Voltspannung, die galvanometrisch bestimmte Stromstärke am Anfang und am Ende jeder Minute. Die entsprechenden Widerstände sind A E . 6 berechnet nach R= T- Wir sehen in diesem Versuch den Widerstand sinken von 30000 auf 690 Ohms. 3] Be schon dabei eine ziemlich starke. Mit 15 Elem. resp. 94 Volts ist die Stromstärke nicht 3 fach, sondern vielleicht 12 fach. Die Strom- stärke kann schon 6 Milliamperes betragen und eine heftige, während der Stromdauer tetanisch andauernde Zuckung auslösen. Mit 20 Ele- menten ist die Zuckung höchst schmerzhaft und kaum erträglich. — Auch in den Fällen wo, wegen Dicke der Epidermis und kleinen Quer- schnitts der Eleetrode der Leitungswiderstand ein grösserer ist, kann man mit einer Batterie von 40 bis 50 Leclanchös, d. h. Spannungen von 56—70 Volts, die unangenehmsten, unerträglichsten Zuckungen bewirken. Es versteht sich von selbst, dass solche starke Ströme, die an den Extremitäten kaum ertragen werden, auf das Gehirn eine viel grössere Wirkung entfalten würden. Heftiger Schwindel, Er- brechen, ja Ohnmacht könnten die Folge einer solchen Application am Kopfe sein. Diese Wirkung des galvanischen Stromes ist also eine ganz intensive. Sie findet um so energischer und um so rascher statt, je grösser die Voltspannung, resp. die Intensität ist. — Die Electrotherapeuten kennen diese Wirkung galva- nischer Ströme zur Genüge, der Physiker aber weniger, wesshalb wir hier diese Tabelle als Beispiel wiedergeben. Elem.-Volts. Stromstärke in Milliamperes. Widerstand in Ohms. 1 1,5 0 20 0,45 on, 3333 2 ®) 0.0 90 1,65 30000 — 30000 1818 3 4,5 0,20. — 0,25 3 22500 — 18000 1500 4 6 0,385 — 0,40 ») 17140 — 15000 1200 5 7,5 0,50 .— 0,60 7 15000 — 12500 1071 6 $) 0,72 — 0,85 9 12500 — 10590 1000 Ü 10,5 1,05 — 125 11 10000 — 8400 954 8 12 1,55 — 2,00 13 7640 — 7000 923 9 13,5 2,40 — 3,0 15 5625 — 4500 899 10 15 >60. 30 18 4166 — 3330 833 ı1 16,5 54 — 65 20,5 3055 — 2530 804 12 18 0. 930 23 2400 — 2000 782 13 195 100 - 1235 26 1950 — 1550 750 14 21 14,0 — 16,35 28 1500 — .1270 750 15 22,5 180 — 2020 31 1250 — 1100 125 16 24 22,0 — 25,0 33,5 1090 — 960 716 itre 255 270. — 30,0 36 940° — 850 708 18 21 32,0 — 345 39 840 °— 780 697 19 28,5 37,0 — 39,0 42 70 — 730 678 20 30 41,0 — 43,5_—7 730 — 690. a fi Erfahrungen über die Wirkung grösserer Batterien besitzen wir nicht, da solche meist nicht in Gebrauch sind. Dagegen kennen wir seit der Einführung der Dynamomaschinen in der Technik die ver- derbliche Wirkung hochgespannter Ströme. Diese Maschinen liefern allerdings Inductionsströme; dieselben sind aber bei der jetzt üblichen Yonstruction gleichgerichtet und üben die gleiche Wirkung aus wie die galvanischen Ströme. Sie lenken die Galvanometernadel in gleicher Weise ab, sie verrichten die gleiche chemische Arbeit, so dass sie in der galvanoplastischen Technik an Stelle der Elemente gebraucht werden. Auch physiologisch wirken sie in gleicher Weise: bei Schluss des Stromes entsteht eine Muskelzuckung, die natürlich mit der In- tensität des Stromes immer stärker wird. Erreicht die Voltspannung einer Dynamomaschine den Werth von mehreren Hundert Volts, so ist ein solcher Strom nicht mehr als unangenehm zu bezeichnen; er ist direct lebensgefährlich. Es ist schon öfters vorgekommen, dass Menschen durch den Strom einer Dynamomaschine von 500, 800, 1000 Voltsspannung, wie durch den Blitzstrahl getödtet wurden. Noch sicherer wird diese Wirkung eintreten bei den höheren Spannungen von 5—6000 Volts, wie sie von Marcel Deprez bei seinen Versuchen über Kraftübertragung angewendet wurden. In all diesen Thatsachen liegt wohl nichts Befremdendes. Wenn 7 Volts schon genügen, um eine Muskelzuckung auszulösen, so ist es wohl begreiflich, dass 1000 Volts den Tod herbeiführen können. Wir begreifen dies noch besser, wenn wir die erwähnte Thatsache berück- sichtigen, dass der Leitungswiderstand der Haut unter dem Einflusse des Stromes selbst erheblich abnimmt, so dass bei steigender Volt- spannung die Stromstärke viel rascher zunimmt als der Vermehrung der Elementenzahl entsprechen würde. Die Verhältnisse sind also bei Besprechung solcher Ströme sehr klar. Wenn wir uns nun über die. Voltspannung anderer Rlectricitäts- quellen, anderer Blectromotoren erkundigen, so erfahren wir, dass die Spannung eines kleinen medicinischen Inductionsapparates mehrere Hundert, ja über Tausend Volts betragen kann. Enorm viel grösser ist die Spannung einer Influenzmaschine oder eines Rumkorf’schen Inductoriums. 100 — 300 Tausend Volts Spannung sind die Zahlen- angaben, die wir in den Lehrbüchern darüber finden. Die Funken- länge eines Inductoriums oder einer Blectrisirmaschine gibt einen un- gefähren Maasstab für ihre Voltspannung. Von- technisch competenter Seite wurden mir darüber folgende Angaben gemacht: 5] 5 — Einer Funkenlänge von 0,18 mm entspricht eine Spannung von 1000 Volts ” „ OT ” „ ” 2000 5 ” » wo „ ” „ 90002, ” ” „ I22. „ „ „ ».s000. 3 ” „ 2.100 2, ” „ „ „2000, ” ” „ 165 „ ” „ » 10000 ,, b) „ nl 5 „ „ „ ». 14000: 4 ” „ glei, 2) „ „ „ 1000025 Und doch ist, so viel ich weiss, durch eine solche Entladung noch kein Mensch getödtet worden. Wohl sind zuweilen Experimenta- toren zu Boden geworfen worden, haben sogar während einigen Minuten Lähmungserscheinungen empfunden, doch kamen Alle davon. Ich ver- suchte mit einer Condensatorentladung von 5000 Volts ein Hühnchen zu tödten. Obgleich ich die Electroden zu beiden Seiten des Kopfes ansetzte, war die Gefahr für das Thier keine grosse. Es wurde nicht einmal betäubt; höchstens konnte man von unangenehmer Ueber- raschung reden. Der Blitzstrahl sogar, dessen Spannung mehrere Millionen Volts betragen muss, tödtet nicht immer die Betroffenen ; ich habe zwei Mal Gelegenheit gehabt, Patienten zu untersuchen, die vom Blitze getroffen wurden und nichts davon trugen als Hautverbren- nungen und localisirke Lähmungen. Woran liegt es nun, dass eine Dynamomaschine von 800 Volts den Tod eines Menschen bewirken kann, während eine Entladung von vielen Tausend Volts Spannung gefahrlos bleibt? Darüber finden wir in den Lehrbüchern wohl Andeutungen, ja sogar positive Angaben, jedoch keine auf exacte Versuche und Zahlen gestützte Antwort. Wir lesen z. B., dass Inductionsströme oder Gondensatorent- ladungen eine geringe Quantität haben. Dieses Wort wird aber so oft gebraucht, wo es keinen Sinn hat, dass ich berechtigt bin, die Antwort als ungenügend zu betrachten. Der Physiker von Fach wird sich zwar mit dieser Erklärung zufrieden geben; der Begriff der Quantität ist ihm ein geläufiger. Fragen Sie aber physikalisch gebildete Aerzte, sogar Techniker, so werden Sie sehen, dass dieser Begriff kein klarer ist, oder, besser gesagt, dass dieser, an sich sonnenklare Begriff nicht viel gebraucht wird, dass wir nicht gewohnt sind, ihn in Einheiten auszudrücken, dass es mit einem Worte kein geläufiger Begriff ist, wie etwa der der Voltspannung oder der Intensität in Amperes. Es ist wahr, Inductionsströme, Entladungen von Electrisirmaschinen und Condensatoren haben eine geringe Quantität, und dies erklärt ihre im Verhältniss zur Voltspannung geringe Wirkung, aber so lange wir über den Werth dieser Quantität keine Zahlenangaben haben, so kann uns die Erklärung nicht ganz befriedigen. Schon klarer ist der häufig ausgesprochene Satz, dass Inductions- ströme und Entladungen kurzdauernde Ströme sind. In dieser Form ist die Erklärung verständlicher; sie befriedigt nicht nur den Fach- mann, sondern ist auch für den Laien leicht fassbar. Es stimmt diese Auffassung mit anderen Erfahrungen im Gebiete der Physiologie und Physik. — Gestatten Sie mir einige Beispiele: Eine ruhende Flintenkugel ist gross genug, um bei genügender Beleuchtung gesehen zu werden, d. h. die Intensität des von ihr zum Auge kommenden Lichtstrahles ist genügend, um auf die Retina einzuwirken. Wird nun die Flinte abgefeuert, so sehen Sie das Geschoss in seinem Fluge durch die Luft nicht. Die Lichtstrahlen, die von ihm zum Auge gehen, haben noch immer die gleiche Inten- sität. Die Dauer der Einwirkung ist aber zu kurz. Die Retina ant- wortet auf zu kurz dauernde Reize nicht, so stark sie auch sein mögen. Auch im Gebiete der Electricität finden wir analoge Erscheinungen. Gibt man nur einen kurzen, aber kräftigen Schlag auf den Knopf einer electrischen Läutvorrichtung, so antwortet die Glocke nicht. Der Contact wurde dadurch geschlossen, der Strom konnte auch während dieser kurzen Zeit seine volle Intensität erreichen, aber der Vorgang war zu kurzdauernd, um die Anker genügend anzuziehen. Ebenso antwortet ein mässig empfindliches Galvanometer auf ganz kurze Berührung der Leitungsdrähte nicht. Den ganz gleichen Gedankengang entwickelt Mousson in seinem Lehrbuche der Physik bei der Besprechung der auseinandertreibenden Kraft der Electrieität. «Im electrischen Mörser, einer kleinen Elfen- beinkugel, die genau in eine Höhlung aus gleichem Stoffe passt und unter welcher die Entladungsstelle liegt, wirkt der Schlag zur Fort- bewegung der Kugel. Freilich steht die kleine Wurfhöhe von wenigen Decimetern in keinem Verhältniss zu der Stärke der Entladung; doch erklärt sie sich aus der ungemein kurzen Dauer des Schlages. Die Kraft, welche in einer Secunde (Dauer eines Funkens nach 1 1152000 Wheatstone) die Geschwindigkeit zu 1 Decim. Wurfhöhe mittheilt, nämlich 14 Decim., vermöchte, eine Secunde gleich fortwirkend, eine Beschleunigung von 1% . 1,152,000 Decim. oder 161,200 M, hervör- zubringen, eine ungeheure Zahl», oem nme een Emmen eg una near 7) a Sie sehen, dass dieser Begriff der Dauer ein sehr klarer ist, klarer als der der Quantität. Es ist im Grunde dasselbe in anderen Worten, aber in einer für jeden Kopf fassbaren Form. Noch viel befriedigender wäre diese Erklärung, wenn wir die Dauer des Stromes in Bruchtheilen einer Secunde ausdrücken könnten, wenn wir sagen könnten: Jener galvanische Strom von relativ niederer Spannung hat eine grosse Wirkung entfaltet, weil er !/ıoo einer Secunde andauerte; dieser Inductionsstrom von enorm viel grösserer Spannung hat im Vergleich weniger gewirkt, weil seine Dauer nur einige Milliontel einer Secunde betrug. Zu einer solchen Bestimmung wollte ich nun kommen und sagte mir: Wenn Ströme von vielen Hundert, ja vielen Tausend Volts, durch die kurze Dauer ihrer Entladung, in ihrer Wirkung wesentlich beein- trächtigt werden, so wird es ein Leichtes sein, galvanische Ströme von relativ niederer Spannung durch kurze Dauer des Schliessungszeit abzuschwächen, ja vielleicht unwirksam zu machen. Um die theoretische Richtigkeit dieses Planes zu begründen, muss ich einiges über die galvanischen Ströme vorausschicken. Betrachten wir eine Batterie von X Elementen (Fig. 1), in der Ko. d Er a a Ruhe, d. h. die offene Keite. So lange der Schliessungs- H H H H H H H kreis der Batterie nicht ge- 7 schlossen wird, ist an der Batterie nichts nachweisbar. Und doch lehrt die Prüfung mit dem Quadrantelectro- meter oder mit einem Con- densator nebst Galvanometer, dass, an den Endpolen der Batterie eine electrische Spannung herrscht. An diesen Polen ist eine Kraft aufgespeichert, welche die Tendenz hat, sich zu entspannen, 0 bald die sie bändigenden Widerstände gehoben sind. Je nachdem man diesen oder jenen Gedanken hervorheben will, spricht man von Spannung, von Potential, von electromotorischer Kraft. Es ist hier nicht am Platze, auf die Präcisirung dieser Begriffe einzugehen. In diesem speziellen Falle sind diese Ausdrücke gleich- werthig. Ich werde im Fernern meist das Wort Spannung gebrauchen. Schliessen wir nun den Kreis durch Druck auf den Contact A, so fliesst nun die angesammelte Electricitätsmenge längs des Gonductors, mit einer Geschwindigkeit die, einerseits von der Spannung E, ander- 8 — [8 seits vom Widerstand der Schliessung abhängig ist. Diese Geschwindig- keit des Stromes ist, was wir als die Intensität, die Stromstärke, bezeichnen.*) Die Ohm’sche Formel lehrt uns, dass die Stromstärke der Spannung direct, dem Gesammtwiderstand des Stromkreises umgekehrt proportional ist. IT = wobei R den ausserwesentlichen, r den E Re Batteriewiderstand bezeichnet. Im speziellen Falle der Electrotherapie, wo der Strom auf den mehrere Tausend Ohms messenden Körperwiderstand geschlossen wird, kommt der innere Widerstand, weil verschwindend klein, meist nicht in Betracht. Die Stromstärke hängt nur von der Spannung und vom ausserwesentlichen Widerstande ab, I = n Wenn wir, wie üblich, die electrischen Erscheinungen mit den hydraulischen vergleichen, so ist die Analogie eine auffallende Ein galvanisches Element, eine galvanische Batterie ist vergleichbar mit einer Quelle im eigentlichen Sinne des Wortes, mit einer unversieg- baren Quelle, die einen constanten, gleichmässigen Strom liefert. Das galvanische Element ist auch vergleichbar mit einem mit Flüssigkeit gefüllten Gefäss, bei welchem durch eine passende Zufluss- vorrichtung das Flüssigkeitsniveau constant erhalten bleibt. Fig. 2 *) Wenn ich hier die Intensität als eine Geschwindigkeit bezeichne, so ist dies nicht ganz richtig. Im eleetrodynamischen Maasssystem hat die Intensität nicht die Dimension einer Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit ist aber der Intensität proportional, bei Annahme eines constanten Querschnitts der Leitung; wie die Intensität ist auch in diesem Falle die Geschwindigkeit der treibenden Kraft direct, dem Widerstand umgekehrt proportional. Man kann sich über die Intensität übrigens verschiedene Vorstellungen machen. Bei der Intensität 1 Ampere fliesst in der Secunde 1 Coulomb Electrieitätsmenge ab. Hat der Strom die Stärke von 2 Ampöres, so kann man ebenso gut sagen: bei gleichbleibender Geschwindigkeit floss eine doppelte Menge ab oder eine gleiche Menge floss mit doppelter Geschwindigkeit ab. In beiden Fällen ist die abgelieferte Menge 2 Coulombs. Auf diese Frage kann ich nicht näher eintreten. Der Vergleich der Intensität mit einer Geschwindigkeit muss hier bildlich verstanden werden. nm namen men m anna. nn 4 9] — I — So lange der Hahn A geschlossen ist (offene Kette), bleibt die, durch die Höhe der Wassersäule ausdrückbare Kraft in Ruhe. Wird nun der Hahn geöffnet, so fliesst das Wasser mit einer Geschwindig- keit (Intensität) ab, die von der Druckhöhe und vom Widerstand abhängt. So wie das Galvanometer uns die Intensität des Stromes anzeigt, So können wir uns auch eine Vorrichtung denken, die ebenfalls durch ihre Ablenkung die Stärke des Stromes anzeigt. (Big. 2.) Bei Wasserläufen kann die Stärke des Stromes durch die in der Zeiteinheit ausgeflossene Wassermenge ausgedrückt werden. In gleicher Weise können wir aber auch die Intensität des galvanischen Stromes messen. Ein Strom von der Intensität = 1 Ampere, ist ein Strom, bei welchem in der Secunde eine Electricitätsmenge von 1 Coulomb abfliesst. Diese Verhältnisse lassen sich auch schematisch darstellen. Wenn ein galvanischer Strom auf einen gewissen Widerstand ge- schlossen wird, so erreicht er theoretisch nicht sofort seine der VEN. entsprechende Intensität. Es vergeht eine äusserst kurze Widerstand Zeit, die Zeit des sog. variablen Zustandes, bis der Strom von 0 auf die maximale Höhe steigt. — Nach dieser sehr kurzen Zeit hat der Strom seine maximale Intensität erreicht und behält sie, so lange der Strom geschlossen bleibt, weil durch die Arbeit im Element die Spannung erhalten bleibt. Es fliesst also ein constanter Strom von der I= = Die Quantität dieses Stromes hängt namentlich ab von der Schliessungszeit. So lange Zink. noch vorhanden ist, so lange der Strom geschlossen bleibt, wird in der Secunde A Coulomb Rlectri- citätsmenge geliefert, wenn die Intensität 1 Ampere beträgt. Fig. 3 Coulombs “u a N o& 4 2 3 72 T in Secunden In der Fig. 3 ist die Intensität des Stromes I als Ordinate, die Dauer T. als Abscisse aufgetragen. Die Quantität Q ist das Product aus der Intensität und Zeit, Q = IT. Die Quantität eines constanten Stromes ist also nur abhängig von seiner Intensität und von der Schliessungsdauer, Sie lässt sich v | " rn [10 immer in Einheiten der Quantität, in Coulombs, ausdrücken. Fliesst der Strom von der Intensität 1 Ampere während einer Secunde, so ist die Quantität 1 Coulomb, fliesst er 10 Secunden, so beträgt sie 10 Coulombs; dauert der Strom nur ein Milliontel einer Secunde, so beträgt die Quantität A Milliontel eines Coulombs oder 2 Micro- coulomb. Kurz oder lang dauernd hat der Strom die Intensität 1 Yolt ‚ : Ampere. Im Ausdruck des Ampere = — fehlt der Begriff der Zeit. ım Nun dachte ich: Wenn es gelingt, die Schliessungszeit eines galvanischen Stromes auf ein gewisses Minimum zu verkürzen, so wird dessen Wirkung abnehmen, und vielleicht gelingt es, ihn dadurch so abzuschwächen, dass keine Wirkung mehr eintritt. Andererseits lehrt eine oberflächliche Erfahrung, dass es, wenig- stens für schwache Ströme, eine maximale Schliessungszeit gibt, bei welcher der Strom seine volle, Nerv und Muskel erregende Wirkung hat. Wenn man mit einem Strom von 2% Milliamperes eine Muskel- contraction auslöst, so ist es vollkommen gleichgiltig, ob der Strom 0,1 Sec. oder 1,0 Sec. dauert. Die Zuckung bleibt die gleiche, sie wird nicht ausgiebiger, nicht effectvoller. Ich setze also voraus: Hat ein Strom die genügende Intensität, um überhaupt eine Zuckung aus- zulösen, so gibt es eine minimale Stromdauer, unter welcher keine Wirkung eintritt, und eine maximale Stromdauer (wenigstens für schwache, nicht telanuserregende Ströme), bei welcher die maximale Wirkung voll erreicht wird. Dieses Minimum und Maximum der wirksamen Stromdauer zu bestimmen, war das Ziel meiner Arbeit. Ich suchte nun die kurzen Schliessungszeiten durch mechanische Vorrichtungen zu erzielen, rotirendes Rad, Pendel eic., bei welchen durch Schleifcontacte der Strom kurz geschlossen wurde. Ich sah aber bald ein, dass es unmöglich sei, eine Vorrichtung zu construiren, die für kleinere Zeiten als '/ıooo Secunde einen sichern Contact gegeben hätten. Das Resultat. meiner Versuche bestätigte dies auch und ich musste auf diese Versuchsanordnung verzichten. In der Verlegenheit griff ich nun zu den Condensatoren. Die Quantität eines Stromes ist, haben wir gesagt, das Product aus der Intensität und Stromdauer, Q =1IT. — Bei gleichbleibendem I, T verkürzen, heisst die Quantität Q verkleinern. Nun gibt es Instrumente, die gegenwärtig technisch verwerthet werden und welche erlauben, ganz bestimmte, abgewogene Blectricitätsmengen zu sammeln 11] — 1 — und auf einen Leiter zu entladen. Diese Condensatoren bestehen aus abwechselnden Lagen von Stanniol und Parafinpapier (oder auch Mica- platten), welche in grosser Zahl aufeinander geschichtet werden. Sie repräsentiren eine sehr grosse, zusammengefaltete Franklin’sche Tafel. Die Stanniolplatten gerader Zahl sind mit einander verbunden und bilden eine der Belegungen. Die ungeraden sind ebenfalls unter ein- ander in Verbindung und bilden die andere Belegung des Condensators. Fig. 4 Mittelst passender Klemmschrauben kann der Condensator mit der Ladungsquelle in Ver- bindung gebracht werden. (Fig. 4.) Die Menge Electrieität, die Quantität, die ein solcher Ansammlungsapparat aufnehmen kann, hängt einerseits von seiner Capaecität, d.h. nament- lich von seiner Oberlläche, andrerseits von der Spannung der ladenden Batterie ab. Wenn wir den Vergleich mit der Hydrostatik fortsetzen, so sind Condensatoren vergleichbar mit Gefässen verschiedener Capacität, welche abgemessene Flüssigkeitsmengen enthalten können. Wie der Druck einer Wassersäule nur von ihrer Höhe, nicht von der Grösse der Gefässe und Menge des Wassers abhängt, so ist die Spannung eines Condensators nur von der Spannung der ladenden Stromquelle ab- hängig. Wird er auf 10 Volts geladen, so bleibt die Spannung 10 Volts, sei der Condensator klein oder gross. Dagegen ist dann die Fig. 5 I Quantität eine verschiedene und diese beeinflusst die mögliche Dauer der Entladung. Ist ein Wassergefäss klein, so kann es nur einen kurzdauernden Strom liefern. Enthält es viel Wasser, so kann es, bei gleichbleibender Intensität einen dauernden Strom geben. (Fig. 5.) Ebenso wird, bei gleicher Spannung, ein Condensator von kleiner Capacität nur eine kurze Entladungszeit haben, während ein sehr grosser längere Zeit Blectricität liefern kann. Nur in einem Punkte ist der Vergleich mit der Hydrostatik nicht vollkommen zutreffend. Ein Gefäss von der Capacität 1 Liter kann unter allen Umständen nur 1 Liter Wasser enthalten, weil das -— 2 — 112 Wasser incompressibel ist. 41 Microfarad (practische Einheit der Capacität) kann. aber 4, 2, 3, 100 Microcoulombs enthalten, je nach- dem er mit.4, 2, 3, 100 Volts geladen wird. Der Vergleich mit den Gasen ist hier am Platze. Ein Gefäss von 1 Liter kann eben- falls mehr oder weniger Gas enthalten, wenn dasselbe unter Druck gehalten wird. Bei den CGondensatoren ist folglich die Quantität das Product aus der Capacität und der Spannung, Q = CV. Das ist die Formel der statischen Quantität. während Q = IT die Formel der dynamischen (Quantität darstellt. — Es war für mich zuerst ein verlockender Gedanke, von der statischen auf die dynamische Quantität überzugehen und die ge- PR rn 1 rn ( 44 suchte Zeit T zu bestimmen nach der Formel T = 7% Q ist be- kannt, resp. lässt sich berechnen durch Multiplication von Capacität in Microfarads mit Spannung in Volts. I kann bestimmt werden, da ich die Spannung und den Widerstand kenne, resp. letzteren messen kann. Der Quotient, aus Quantität in Microcoulombs dividirt durch die Inten- sität in Amperes, gibt die Zeit T in Milliontel einer Secunde. Die Einfachheit dieser Berechnung kam mir jedoch verdächtig vor. Herr Prof. Dr. Forster, sowie Herr Dr. Rothen waren mir bei dieser An- gelegenheit behülflich. Sie machten mich darauf aufmerksam, dass es nicht möglich sei, diese Formel der dynamischen Quantität hier an- zuwenden, weil die Curve einer Condensatorentladung eine andere ist wie die eines galvanischen Stromes. Beide Herren waren auch so freundlich, mir werthvolle Instrumente auzuvertrauen und mir mit Rath und That beizustehen. Ich benutze die Gelegenheit, ihnen meinen besten Dank auszusprechen. Ich liess daher die Frage der Zeitberechnung momentan bei Seite und machte mich an’s Experimentiren mittelst der Condensatoren. Dr. Boudet de Päris in Paris hat vor Jahren schon die Conden- satoren in der Electrotherapie angewendet und eine Unterbrechungs- vorrichtung, einen Neef’schen Hammer, construirt, der rasch hinter- einander den Condensator ladet und auf den Körper entlädt. Ich zog vor, isolirte Entladungen zu benutzen, und wendete dabei folgende Vorrichtung an. (Fig. 6.) Der positive Pol der Batterie steht in Verbindung mit einer der Belegungen des CGondensators und ferner mit dem Körper. Der negative 13] re Fig. 6 + 2 Pol führt zum Gon- H H H H H H H H H tact A, welcher bei Ruhelage der Feder F geschlos- Ä sen ist. Somit ist der Gondensator ne et auf die Spannung B batterie gebracht. Durch Druck auf den Knopf G wird der Contact A ge- öffnet, der Gontact : B geschlossen. ee Die. Batterie ist ausgeschaltet und der Condensator entlädt sich auf den Körper. Der Körper wird nun von einem kurzdauernden Strom durchllossen. Die Batterie von 50 Leclanches erlaubt, die Spannung beliebig von 4,% Volts bis auf 70 Volts*) zu verändern. Der Gondensator, den ich der Güte des Herrn Dr. Rothen, Adjunkt der eidgenössischen Tele- graphendirection, verdanke, ist ein Instrument von Elliott in London und ist in Tausendstel eines Microfarads getheilt. Ich kann somit die Quantität genau dosiren zwischen 1,4 Volt X 0,001 Microfarad = 0,001% Microcoulomb und 70 Volts X 1,000 = 70 Microcoulombs. Vom physikalischen Cabinet der Hochschule bekam ich noch einen Conden- salor von 1 Microfarad und von Herrn Dr. Borel in Cortaillod (Fabrik von Gabeln und Condensatoren) 3 Condensatoren zu je 2 Microfarads; ich verfügte somit über Quantitäten von 0,001% Microcoulomb bis 560 Microcoulombs. nn] der Ladungs- Sr Die Versuche wurden nun in folgender Weise angestellt: Die Anode als breite Platte von 6%°* oder 100°* wurde als sog. indifferente Electrode auf Nacken, Sternum oder Bauch fixirt. Die Kathode (meist die normale Kathode von Stintzing mit 3°* Oberfläche) wurde auf den zu prüfenden Nerv fixirt und der Condensator nun mit wechselnder Spannung, resp. Quantität auf den Nerv entladen. Die, an verschie- *) Eine genaue Messung der eleetromotorischen Kraft jedes Elementes vor jedem Versuch vorzunehmen wäre viel zu zeitraubend gewesen. Ich prüfte nur einige Elemente und fand ihre eleetromotorische Kraft im Mittel = 1,40 Volts. ee [14 denen Tagen, auf den gleichen Nerv derselben Versuchsperson erhaltenen Resultate zeigen namhafte Verschiedenheiten, die jedem Eleetrothera- peuten begreiflich sein werden. Es ist nicht immer möglich, den Nerv gleich zu treffen, die Dichtigkeit des Stromes in demselben gleich- mässig herzustellen. Es sind diess Unregelmässigkeiten, die bei jeder diagnostischen und therapeutischen Application der Ströme vorkommen und welche die Resultate jedes einzelnen Versuches in keiner Weise trüben. Ich gebe hier die detaillirte Schilderung des ersten Versuches, der mit einer Batterie von 50 Leclanches vorgenommen wurde. Versuch 1. Anode 100°* auf Nacken. Normale Kathode 3° auf den linken Medianus am Handgelenk. Ungefähre Bestimmung des Leitungswider- stand durch Beobachtung des Nadelausschlages (grosser Edelmann’scher Einheitsgalvanometer) bei der Annahme einer electromotorischen Kraft von 1,4 Volts per Element. 5 Elemente, resp. 7 Volts geben eine Stromstärke von 0,0016 Ampöre, folglich ist der berechnete Wider- and a — %375 Ohms. Galvanisch erreicht man in diesem 0,0016 Versuch die erste Kathodenschliessungszuckung (KSZ) mit 6 Elementen. resp. 8,4 Volts und I = 1,9 Milliampere. Unter solchen Versuchs- bedingungen gibt der Condensator von 1 Microfarad, geladen mit 56 Volts, eine sehr starke Zuckung. Ich suche nun durch Verminderung der Gapacität die Wirkung allmählig abzuschwächen, bis die minimale Zuckung eintritt. Es zeigt sich nun, dass die Entladung von 56 Volts die minimale Zuckung bei einer Capacität von 0,007 Microfarad gibt. Die Bestim- mung ist eine sehr genaue, da jede weitere Verminderung der Capa- eität die Zuckung zum Verschwinden bringt. Bei 56 Volts und 0,006 Microfarad ist absolut keine Zuckung sichtbar, auch keine fühlbar. Diese Entladung bleibt vollkommen erfolglos. Sofort tritt aber eine deutliche, regelmässige Zuckung ein, sobald die Capacität 0,007 Micro- farad beträgt. Ich vermindere nun die Elementenzahl um 5 Elemente, resp. die electromotorische Kraft um 7 Volts und bestimme wieder die zur Auslösung der minimalen Zuckung erforderliche Capacität.' Sie beträgt nun für 49 Volts 0,009 Microfarad. 15] _— 5 —- In gleicher Weise verfahre ich bei 42, 35, 28, 21, 14 und 9,8 i Volts. Bei jeder Spannung erhielt ich somit die gleiche minimale Zuckung. Folgende Tabelle stellt die Resultate dieses Versuchs zusammen. Auf den Widerstand von circa 4375 Ohms gibt: die Entladung von 56 Volts die minim. Zuckung mit 0,007 Microfarad ” ” ” 49 b) ” ” ” ” 0 ’ 009 ” » » » 42 » ” ” » » 0 ‚0 11 ” ” n ” 35 ” ” » » ” 0 ’ 014 ” » ” » 28 » » » » » 0 ‚0 18 » ” » » 21 ” » » » D) 0 b) 027 ” ” » » 14 ” ” » ” 9 0,070 » » » ” 9,8 „ (d Blemente); „ “0,290 „ Das Resultat dieses Versuchs ist in keiner Weise befremdend. Wenn bei kleinerer Voltspannung die Wirkung die gleiche bleiben soll, so ist dies nur erreichbar, wenn die Capacität grösser wird. Da constant die gleiche minimale Zuckung auftrat, so war zu erwarten, dass in den physikalischen Eigenschaften der Entladung etwas constant sein werde. Bei Betrachtung obiger Zahlen, wo die Volt- Spannung allmählig abnimmt, die Capacität dagegen zunimmt, schien es wahrscheinlich, dass das Product, die Quantität, constant bleibe. Die Berechnung bestätigt dies nicht. Bestimmen wir die Quantität nach der Formel Q —= CV, so finden wir dass: 56 Volts die minim. Zuckung geben bei circa Q — 0,392 Microcoulomb. 23 B) D) ” „ D) D) ee Ve D) #2 » » D) D) » D) „ 0 0402 » 3 » D) » D) D) D) ee D) 28 ” ” ” ” » ” » Q St 0,504 » . ” D) D) D) D) D) er re 0,567 D) 14 » » D) D) ” D) ,» DEI B) 98 „ (7 Elem.) ; „oe. 0 5 Interessant ist in diesem Versuch schon die Thatsache, dass 56 Volts die minimale Zuckung bei einer Quantität von 0,392 Microcoulomb auslösen. Wie ungeheuer klein diese physiologisch wirksame Quantität ist, lässt sich bestimmen, wenn wir ausrechnen, welche chemische Wirkung eine solche Entladung verrichten würde. Bekanntlich hängt die chemische Wirkung nur von der Quantität, nicht von der Form der Entladung ab. Die Wirkung bleibt die gleiche, ob ein schwacher Strom lang dauert oder ob ein starker Strom nur kurze Zeit einwirkt. | ! — 16 — [16 Ein Strom .von 1 Ampere. während 1 Secunde fortwirkend, hat eine Quantität von A Coulomb. Diese Quantität schlägt im Silber- voltameter ein Gewicht von circa 1 Milligramm (genau 1,1183) Silber nieder. Unsere Entladung würde nicht einmal t/a Milliontel Milligramm niederschlagen, genau 0,000000392 mg, circa eines Milli- 1 2500000 gramms. Wir haben somit durch diese einfache Berechnung einen Begriff von der ungeheuer kleinen Electricitätsmenge, welche genügt, um bei 56 Volts und 4375 Ohms eine zwar schwache, jedoch deutliche Zuckung zu geben. Aus obigem Versuch geht auch die Thatsache hervor, dass das Product aus Voltspannung und Capaeität kein constantes bleibt. Bei sinkender Spannung muss die Quantität steigen, wenn die Wirkung die gleiche bleiben soll. Die "Zahlen zeigen diess in unverkennbarer Weise. Während die Entladung von 56 Volts schon mit einer Quantität von 0,392 Microcoulomb die minimale Zuckung gibt, so ist eine Quantität von 0,504 erforderlich, wenn die Voltspannung 28 Volts beträgt. — A priori scheint das Resultat begreiflich. Wir wissen z. B., dass der Schliessungsinductionsstrom physiologisch eine viel geringere Wirkung entfaltet als der Oeffnungsstrom. Beide Ströme haben, wie Voltameter und Galvanometer lehren, ‘die gleiche Quantität. — Wir ziehen daraus den Schluss, dass es für die physiologische Wirkung nicht auf die Quantität ankommt. Von diesen Erfahrungen ausgehend, kann man sich vorstellen was eben der Versuch zeigt, dass sinkende Voltspannung durch steigende Quantität compensirt werden muss, Wenn wir uns vorläufig an die Formel der dynamischen Quantität Q0 = IT halten, so ist das Resultat wohl begreiflich. — Sinkt, bei gleichbleibendem Widerstand, die Voltspannung, so wird I kleiner, Soll dennoch die gleiche minimale Zuckung erzielt werden, so muss die verminderte Intensität durch längere Dauer T compensirt, resp- übercompensirt werden. Es scheint nicht zu genügen, wenn das Product 0 = IT gleich bleibt. Aehnliches muss sich herausstellen, wenn die berechnete Intensität auf andere Weise vermindert wird, z. B. durch Einschaltung von Wider- ständen. Das Experiment bestätigt diess. 17) Se Als ich, nach Vornahme des Versuchs 1, den Widerstand approxi- mativ bestimmte, ergab das Galvanometer bei 5 EI., resp. 7 Volts eine Stromstärke von 1,8 Milliampere, einem Widerstand von circa 3888 Volts entsprechend. Ich schaltete nun mittelst eines Flüssig- keitsrheostaten (den ich den Drahtwiderständen zur Vermeidung etwaiger Extracourants vorzog) so viel Widerstand ein, bis 7 Volts eine Stromstärke von 0,9 Milliampöre (statt 1,8) ergaben. Der Widerstand war dadurch approximativ verdoppelt, betrug nun circa 3888. x 2 —= 7776 Ohms. Der Versuch wurde nun unter diesen, nur hinsichtlich Widerstand, veränderten Bedingungen in gleicher Weise angestellt und ergab nun folgendes Resultat. — Versuch 1a. Die Entladung von 56 Volts ist wirksam bei € — 0,010 Microfarad A ke ir, ee h 8 : a ee en ae hi R . ae, ae x : . a, en 0 ; 5 : ab, ge DON a ; : a ee . Ich musste also bei doppelten Widerstand ebenfalls die Capacität vergrössern. Die Berechnung der Quantität ergibt, dass: 56 Volts die Zuckung geben bei Q — 0,560 Microcoulomb. 40... 5 5 „ a = 0.088 ’ Aa, : 5 x — 0,672 5 Br, s een r 2,0, . 4 i : — 1,120 } al = 5 5 = 2,100 h 168 „ (19 Bl), 5 # — 16,800 ; Als ich die I durch Verminderung der Voltspannung von 56 auf 28 Volts herabsetzte*), war eine grössere Quantität nothwendig, nämlich 0,50% statt 0,392. Diese Quantitäten verhalten sich wie 1 : 1,285 Bewirkte ich die Verminderung der Intensität durch ungefähre Ver- doppelung des Widerstandes, so war das Verhältniss 0,392 : 0,560 — 1 :1,429. Wenn man bedenkt, dass bei solchen Versuchen die Bestim- mungen ‚nur approximativ gemacht werden können, so ist die Ueberein- siimmung genügend. Es ist unmöglich, vor jedem Versuch die Batterie auf ihre eleciromotorische Kraft zu prüfen, unmöglich, den variablen en *) Versuch 1. _ 18. — [18 Körperwiderstand zu bestimmen; der Versuch kann daher nicht die Exactheit eines physikalischen Experimentes haben. Das Resultat muss immerhin nur als ein approximatives gelten. — Uebereinstimmende Resultate gaben nun die folgenden Versuche, die ich in Kürze beschreibe. Versuch 2. 2 Anodenplatten von je 400° auf Rücken und Bauch zur Ver- minderung des Leitungswiderstandes. Kathode 3° auf den linken Medianus am Handgelenk. — Gal- vanisch erreicht man die erste KSZ mit 5 El., resp. 7 Volts und eine Stromstärke von 1,4% Milliampere, woraus sich ein Widerstand von eirca 5000 Ohms ergibt. — Die minimale Zuckung tritt auf bei: Spannung. Capaeität. Quantität. 70 Volts 0,007 Microfarad 0,490 Microcoulomb e. 0,008 5 0,504 ; BB, 0,009 u 0,504 n AU 0,011 4 0,539 e., 0,013 n 0,546 5 gb, 0,016 ; 0,560 5 28 n 0,021 „ 0,588 » 10 0,031 ; 0,651 R Be; 0,077 . 1,078 4 DE, 1,000 ; 9,800 h Versuch 2a. Nach Vollendung des Versuchs 2, geben 5 EI, resp. 7 Volts einen Ausschlag von 1,6 Milliampere. Der Widerstand scheint somit etwas gesunken zu sein, auf circa 4375. — Ich schalte Widerstand ein, bis 7 Volts eine Ablenkung von 0,8 M.A. geben, somit ist der Widerstand annähernd verdoppelt und beträgt circa 8750 Ohms, Bei diesem Widerstand erreicht man galvanisch die erste KSZ mit 13 El. resp. 48,2 Volts und eine abgelesene Stromstärke von 2 Milliamperes. 2 9 * nt — 9100 Ohms.) Unter diesen neuen Bedingungen ergibt der Versuch folgende Zahlen. (Momentaner Widerstand = 19] — Die erste Zuckung tritt ein bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,009 Microfarad 0,630 Mierocoulomb 63 s 0,011 ’ 0,693 „ 56 s 0,013 0,728 en 49 » 0,016 > 0,784 „ u, 0,023 x 0,966 = 5 0,040 A 1,400 = a, 0,110 s; 3,080 r 21 0,950 ‘ 19,950 „ 19,6 (14 Elem.) 1,000 7 19,600 Auch in diesem Versuch zeigt sich dieselbe Erscheinung, die zunehmende Quantität bei abnehmender Voltspannung. In Versuch 2 war das Verhältniss der Quantität bei 70 und 35 Volts 0,490 : 0,560 —1: 1,142. In Versuch 2a (Verdoppelung des Widerstandes) war das Verhältniss 0,490 : 0,630 —1 : 1,230, ebenfalls eine genügende Uebereinstimmung. Versuch 2b. Nach Beendigung der Versuche 2 und 2a geben 7 Volts 0,7 Milliampere. Der Widerstand beträgt also circa 10000 Ohms. Ich bringe ihn auf circa 20000 Ohms. Die erste KSZ tritt ein bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,026 Microfarad 1,820 Microcoulomb 63 j 0,032 5; 2,016 „ 56 s, 0,058 ss 3,248 1 49 “ 0,106 s 5,194 5 42 5 Ola 30,030 s BI 1,000 5; 39,200 ” In Versuch 2a, bei Verminderung der Voltspannung auf die Hälfte ihres Werthes, sind die erforderlichen Quantitäten 0,630 : 1,400 1. 3,398. Im Versuch 2b, bei Verdoppelung des Widerstandes, ist das Verhältniss 0,630 : 4,820 — 1: 2,888. Versuch 3. Anode 100°* auf Nacken. Kathode 3°” auf den linken Medianus am Handgelenk. Versuchsperson 23 J. Mann. Grosser Leitungs- Widerstand. 7 Volts ergaben am Galvanometer nur 0,25 Milliampöre. u ee [20 R somit circa 28000 Ohms. Erste KSZ, galvanisch bei 41 Elementen resp. 15,4 Volts. Bei dieser Elementenzahl ist der anfängliche Wider- stand schon gesunken, die Stromstärke ist 1,3 Milliampere, R = 11846. Bei diesem grossem Widerstand tritt die minimale KSZ ein bei: Spannung. Capacität. ° Quantität. 70 Volts 0,012 Microfarad 0,840 Mierocoulomb 6, 0,014 S 0,882 : BE 0,017 n 0,952 “ 49 2 0,022 “ 1.108 5 4, 0,026 . 1,092 n 35 0,032 ; 1,120 5 28 7 0,087 ” 2,436 ” al. 0,180 “ 3,780 5 18,2, 5 0,990 " 18,180 „ Nach dem Versuch geben 7 Volts 0,4 Milliampere, R= 17500. Die Beobachtung war in diesem Versuch etwas schwierig, die Muskelcontraction war nicht so deutlich, nicht so leicht auf das Mini- mum zu reduciren. Daher zeigen die Zahlen Unregelmässigkeiten. Doch tritt auch hier die Thatsache heran, dass bei sinkender Span- nung die Quantität erheblich zunehmen muss. Zugleich erhellt aus diesem Versuch recht deutlich die Schwierigkeit, über den Widerstand sichere Angaben zu machen. Derselbe lässt sich am besten galvanisch bestimmen. Galvanische Ströme vermindern aber, wie erwähnt, den Leitungswiderstand. So war bei 5 Elementen der Widerstand eirca 28000, während er bei 11 Elem. nur noch 11846 betrug! “onden- satorenentladungen wirken auch im gleichen Sinne, aber in viel geringerem Grade. Versuch 4. Anode 100°* auf Nacken. Normale Kathode auf meinem linken Me- dianus am Handgelenk. Galvanometerausschlag bei 7 Volls — 0,6 Milliam - pere. R == 11666 Ohms. Galvanisch 1 KSZ mit 9 Blem. — 12,6 Volt. Die Condensatorentladung gibt nun die 11% KSZ bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,007 Microfarad 0,490 Mierocoulomb De 0,008 „y 0,504 „ Bo say, 0.009 = 0,504 3 19, 0,011 5 0,539 s aan 0,013 „‚ 0,546 „ ., 0,017 ;7 0,595 n a8 2 0,024 ch 0,672 „ 21 5 0,040 7 0,840 ; I 0,180 % 2,520 5 12,0 5 0,480 „ 6,048 \ Nach dem Versuch geben 7 Volts 0,7 M. A. R circa 10,000 Ohms. BENENNEN RE RR NE 21] mel Versuch 4a. Alle Bedingungen gleich, nur R== 20000 Ohms. Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,011 Mierofarad 0,770 Mierocoulomb BI 0,013 S 0,819 5 Be: 0,016 R 0,896 5 au 0,021 = 1,029 s Aa, 0,032 ’ 1,344 a 85, 0,074 n 2,590 5 Die Quantitäten verhalten sich bei R= 10000 (Versuch 4) und R — 20000 (Versuch 4a) bei 70 Volt wiel : 1,571 Be 69 ee 0, Ahr Es A ia =... 1. 3,568 Bei Versuch 4 war das Verhältniss bei Verminderung der Volt- spannung auf 35 wie 4 : 1,214. Bei Verdoppelung des Widerstands wie 1:1,571. Versuch 5. Doppelte Anode auf Brust und Bauch. 800°. Kathode auf Medianus. 5 El. = 1,4% MA., R = 5000 Ohms. Die Entladung gibt die 1° KSZ bei: Spannung. Capacltät. Quantität. 70 Volts 0,007 MF 0,490 MC 63 0,008 0,504 56 0,009 0,504 49 0,011 0,539 42 0,010 0,546 35 0,017 0,595 28 0,025 0,700 21 0,045 0,945 14 0,122 1,708 12,6 (9 EI.) 0,990 12,470 — 2 — 22 Versuch 5a. R = 10000 Ohms. Sonst alles gleich geblieben. Spannung. Capacität. Quantität. — 70 Volts 0,010 MF 0,700 MC 63 0,013 0,819 56 0,017 0,950 49 0,021 1,029 42 0,030 1,260 35 0,057 1,995 28 0,140 3,920 23,8 (17El.) 0,990 23,562 Versuch 5b. R = 20000 Ohms. Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,022 MF 1,540 MC 63 0,031 1,953 56 0,057 3,192 49 0,101 4,949 42 0,671 28,182 40,6 (29 El.) 0,990 40,194 Verhältniss der erforderlichen Quantitäten bei: 5000 10000 20000 Ohms für 70 Volts 1’ ::1423..: 3,142 63 1 1,625. ,.:: 8,805 56 1 1,884 : 6,333 49 E 1,909 : 9,181 42 ıl 2,307 : 51,615 Versuch 6. Anode 100°” an Nacken. Normale Kathode auf dem motorischen Punkte des Ulnaris oberhalb des Ellenbogens, At KSZ galvanisch bei 7 Volts und 4,6 MA. R = 4*4370. Ich bringe ihn durch Rheostat auf 5000, so dass nun 6 El. resp. 8,4 Volts die Zuckung geben. Die Condensatorentladung gibt die minimale KSZ bei: 23] A Spannung. Capaeität. Quantität. — 70 Volts 0,008 MF 0,560 MC 63 0,009 0,567 56 > 0,010 <0,011 > 0,560 <0,616 49 0,012 0,588 42 0,015 0,630 35 0,019 0,665 28 0,026 0,728 21 0,042 0,882 14 0,113 1,582 9,8 0,990 9,702 Nach dem Versuch ist R == 3888 Ohms. Ich bringe ihn auf 7776 Ohms. Nun wirkt der Condensator bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,011 MFU 0,770 MC 63 0,013 0,819 56 0,016 0,896 49 \ 0,020 0,980 42 0,025 1,050 35 0,038 1,330 28 0,074 1,924 21 0,174 3,696 16,8 0,990 16,632 Ich bringe den Widerstand auf circa 15552 Ohms. Spannung. Capacität. Quantität. — — 70 Volts 0,021 MF 1,470 MC 63 0,026 1,638 56 0,036 2,016 49 0,056 ‚2,744 42 0,095 3,990 35 0,255 8,925 30,8 0,990 30,492 Bei diesem Versuch, wo anfangs der Widerstand nur 5000 Ohms beträgt, erweist sich die Graduation des Condensators in Tausendstel als ungenügend. Wenn bei der Spannung 56 Volts die Gapacität 0,010 beträgt, so tritt die Zuckung wohl hie und da ein, aber selten, nicht bei jeder Schliessung. Da wir nur die bei jedem Schluss auftretende Zuckung als die minimale anerkennen, so ist die Capaecität 0,040 MF zu klein. Bei der Capacität 0,0141 ist aber die Zuckung sofort stark. Ein in '/ıo000 eines Microfarad getheilter Condensator wäre zur genauen Graduation erforderlich. — 14 — [24 Versuch "7. Anode 100°° auf Nacken. Kathode am Ulnaris oberhalb des Ellen- bogens. Nerv wird sehr gut getroffen, so dass die erste KSZ galva- nisch mit 6 Elem. resp. 8,4 Volts und 0,65 MA eintritt. Doch ist der Widerstand erheblich. 7 Volts geben 0,5 MA. R = 14000 Ohms. Die Zuckung tritt ein bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,006 MF 0,420 MC 63 0,007 0,431 56 0,008 0,448 49 0,009 0,441 42 0,010 0,420 2) 0,013 0,455 28 0,019 0,532 21 0,035 0,735 14 0,081 1,134 9,8 0,990 9,702 In diesem Versuch ist die regelmässige Zunahme der Quantität nicht deutlich ; die Berechnung ergibt sogar Verminderung der Quantität bei Sinken der Voltspannung von 56 auf 49 und 42. Sicherlich sind diese Unregelmässigkeiten nur die Folge der ungenügenden Theilung des Condensators. Die Thatsache fiel der Versuchsperson (cand. med.) sofort auf. Bei allen Capacitäten von 0,006 bis 0,010 war dieser Mangel fühlbar. Bei 0,006 und 70 Volts war die Contraction ziemlich stark, bei 0,005 blieb sie aus; hätte man bis auf "/io000 graduiren können, so wäre die wirksame Capacität zwischen 0,005 und 0,006 gewesen u. S. w. Die Theilung in "/sooo Microfarad zeigt sich namentlich da un- genügend, wo der Nerv sehr gut getroffen wird, wo geringe Strom- stärke, resp. geringe Quantität zur Erregung genügt. Nach dem Versuch geben 7 Volts 0,7 Milliampöre. Der Widerstand beträgt nun 10000. Ich bringe ihn auf 20000. Die Zuckung tritt nun ein bei: Spannung. Capacität. Quantität, 70 Volts 0,011 MF 0,770 MC 63 0,013 0,819 56 0,018 1,008 49 0,022 1,078 42 0,025 1,050 35 0,037 1,195 28 0,085 2,380 91, 0,350 7,350 18,2 (13 Elem.) 0,990 18.018 25] — 2). — | Die Nothwendigkeit einer noch feineren Eintheilung des CGonden- | sators ergibt sich auch im Versuch 8, wo der Nerv ebenfalls sehr gut \ getroffen wurde und auf sehr kleine Quantitäten reagirte. Desshalb \ gibt auch die Berechnung der Quantitäten für 56—28 Volts annähernd M gleiche Zahlen. In folgendem Versuch 8 ist auch im Vergleich die Wirkung der Anode geprüft. Es zeigt sich, dass die Anodenschlies- j sungszuckung erst bei grösseren Quantitäten eintritt als die Kathoden- schliessungszuckung. | Versuch 8. 4 Anode 100% am Nacken. Kathode am Ulnaris am Ellenbogen. Y Die erste KSZ, resp. ASZ tritt ein bei My KSZ ASZ KSZ ASZ M 70 Volts 0,004 MF De 0,280 MC h 63 0,005 _ 0,315 . 56 0,006 0,008 0,336 0,448 | 49 0,007 0,009 0,343 0,441 MY 42 0,008 0,010 0,336 0,420 | 35 0,010 0,012 0,350 0,420 N 28 0,012 0,016 0,336 0,448 n 21 0,019 0,028 0,399 0,588 I 14 0,039 0,084 0,546 1,176 4 8,4 0,990 8,316 # Wie leicht ersichtlich, wirkt die Anode schwächer. Bei gleicher \ Voltspannung muss für die Anode die Capacität, resp. Quantität grösser \ sein. Die Verhältnisse sind für 56 Volts 0,336 : 0,448 = 1: 1,333 Ss „49 .„ .0,848: 0,441 = 1:-1,285 n a) ; „35 „0,850 : 0,420 — 1 :°1,200 3 „28 „0,836: 0,448 — 1: 1,833 nn „21, 0,899: 0,588 = 1 1,016 = dv. 0846 : 2176 = 1:2,153 Versuch 9. Anode 400% auf Nacken. Kathode auf motorischen Punkt des Facialis, 7 Volts = 1,6 MA. R—= 4666 Ohms. Die erste KSZ tritt ein bei: — [26 Spannung. Capaeität. Quantität. 70 Volts 0,013 MF 0,910 MC 63 0,014 0,882 56 0,016 0,896 49 0,018 0,882 42 0,022 0,924 35 0,028 0,980 28 0,045 1,260 21 0,085 1,785 14 0,500 7,000 Der Versuch 9 ist als ein nicht ganz gelungener zu bezeichnen, Es ist am Facialis der Versuchsperson schwer die minimale Zuckung zu beobachten, sichere Zahlen zu bekommen. Versuch 10. Hysterie ohne Veränderungen der electrischen Erregbarkeit, Anode 400° zwischen den Schulterblättern. Stintzing’s normale Kathode an N. peroneus links. Die Gondensatorentladung wirkt bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 0,010 MF 0,700 MC 63 0,011 0,693 56 0,013 0,728 49 0,015 0,735 42 0,017 0,714 38 0,023 0,805 28 0,032 0,896 21 0,059 1,239 14 0,240 3,360 Versuch 11. Doppelte Anode auf Brust und Bauch. 800°”, Kathode auf Medianus. 7 Volts = 0,5 MA. R = 14,000 Ohms. 1!° KSZ resp. ASZ bei Ks ASZ KSZ ASZ m — —— — 56 Volts 0,009 MF 0,014 MF 0,504 MC 0,784 MC 49 0,010 0,015 0,490 0,785 42 0,012 0,019 0,504 0,798 35 0,014 0,025 0,490 0,875 28 0,019 0,050 0,532 1,400 21 0,050 0,085 1,050 1,785 14 0,095 0,440 1,330 6,160 27) ern Mit 5 El. — 7 Volts tritt keine Zuckung ein, weder mit 7 Micro- farads, noch galvanisch. Die erste KSZ tritt galvanisch auf bei 7 EL — 9,8 Volts. Die Anode wirkt deutlich schwächer. Bei Capacität —= 0,050 muss die Spannung 28 Volts für die Anode betragen, während die Kathode schon bei 21 Volts die Zuckung gibt. Die Quantitäten müssen für die Anode grösser sein. Die Verhältnisse sind für 56 Volts 0,504: 0,784 — 1: 1,484 „49 „0,490: 0,735 = 1: 1,500 „42 „0,504: 0,798 = 1: 1,583 „35 „0,490: 0,875 = 1: 1,785 ia .. 0,582.1:1,400 —.1 ı 2,698 „2A. n 1050:1,785 = 1: 1,700 „12, 1880::6,160 = 1: 4,631 Ich verzichte darauf, alle zahlreichen, in dieser Weise angestellten Versuche zu beschreiben. Sie geben alle, abgesehen von einigen Versuchsfehlern, ganz analoge Resultate. Es lassen sich aus diesen Versuchen folgende Schlüsse ziehen. 1. Der Nerv, resp. Muskel des Menschen, reagirt auf sehr geringe Quantitäten, die bei Voltspannungen von 35 bis 70 kaum einen !/a Microcoulomb übersteigen. 2. Die gleiche minimale Zuckung kann auch mit geringer Volt- spannung erreicht werden, wenn die Capacität resp. Quantität eine grössere wird. Soll das Sinken der Spannung compensirt werden und die gleiche minimale Zuckung erzielt werden, so muss der Gondensator mit grösseren Quantitäten geladen werden. Diese Zunahme der Quan- tität ist in allen Versuchen unverkennbar, sie ist aber für höhere Voltspannung gering, so dass in Folge kleiner Versuchsfehler, bei unge- nügend feiner Theilung des Condensators, annähernd gleiche Zahlen herauskommen. Doch sind diese Unregelmässigkeiten nicht gross und namentlich bei niederer Voltspannung tritt die Nothwendigkeit deutlich hervor, die Quantität erheblich zu vermehren, wenn die minimale Zuckung erreicht werden soll. Darüber lassen die Versuche keinen Zweifel. — Deutlich: ist auch das Vorwiegen der Kathode. Die Anode wirkt gewöhnlich erst bei einer höheren Quantität, die sich zur Quantität für die Kathode, ungefähr wie 1,5 zu 1 verhält. Wenn wir, das Re- sultat in der Weise ausdrücken, dass Sinken der Voltspannung durch Steigen der Quantität compensirl ist. so berücksichtigen wir dabei den u ern [28 Widerstand nicht. Die Versuche zeigen aber, was auch a priori sicher war, dass Einschaltung von Widerständen in gleicher Weise wirkt wie Sinken der Voltspannung. Bei doppeltem Widerstand muss auch die Quantität steigen, soll die Wirkung constant bleiben. ich suchte nun die Thalsache allgemeiner auszudrücken und sagte: Wenn die Intensität der Entladung sinkt, so kann dieses Sinken durch längere Dauer der Entladung compensirt werden und die Wirkung bleibt die gleiche. Ich benutze hei dieser Erklärung die Formel der dynamischen Quantität Q = IT. Physikalisch ist dies nicht statthaft, weil eine Condensatorentladung eine ganz andere Curve hat wie ein kurzdauernder constanler Strom. Ein galvanischer Strom von der Spannung E, auf einen Wider- stand R geschlossen, erreicht nach der kurzen Zeit des variablen Zu- in) : E : an standes die 1 = e und bleibt auf dieser Intensität während der ganzen r Schliessungszeit. Wird der Strom im metallischen Theil der Ketie unterbrochen, so fällt die Intensität plötzlich auf 0. Fig. 7. Die Curve eines solchen kurz dauernden galvanischen Stromes ist, wie Fig. 7 zeigt, bei welcher die Ordinate die Intensität I, die Abseisse die Zeit T, repräsenlirt. — f Die Quantität ist genau das Product aus IX T. Nur auf diesen Fall eines wirklich constanten Stromes, nach Ablauf der Periode des variablen Zustandes, passt die Formel der dynamischen Quantität Q = IT. z Ganz anders gestaltet sich aber die Curve einer Gon- densatorentladung. Wir haben es hier mit einer abgemessenen Electri- eitätsmenge zu thun, welche, bei der Entladung sich selbst überlassen ist, sich unter ihrem eigenen Druck entlädt. Hier ist nicht, wie beim galvanischen Strom, dafür gesorgt, dass die Spannung erhalten bleibt, dass die abgelaufene Menge sofort ersetzt werde. Der Gondensator ist vergleichbar mit einem, Wassergefäss, welches eine bestimmte Menge Flüssigkeit enthält. Vergegenwärtigen wir uns, was bei einer solchen Vorrichtung geschieht, wenn durch Oeffnen des Hahnes A, Fig. 5, der Flüssigkeit freien Lauf gelassen wird. Im ersten Augenblick fliesst das Wasser unter dem hohen Druck der ganzen Wassersäule sehr rasch ab. Sobald ein Theil davon abgelaufen ist, so ist der Druck geringer. Die Geschwindigkeit des Stromes nimmt ab, es fliesst in der Zeiteinheit weniger ab. Je mehr Wasser abfliesst, desto geringer ist der Druck; der Strom wird von Moment zu Moment langsamer, seine Intensität nimmt ab. 29] 9 Vollkommen gleich sind die Verhältnisse bei der Entladung eines Condensators. Er enthält eine bestimmte Menge Electricität Q, von bestimmter Spannung E. Bei der Entladung wird folglich die Intensität die der un entsprechende Höhe erreichen, wie bei einem Widerstand galvanischen Strom der gleichen Spannung. Unter diesem Druck fliesst eine gewisse Menge Electricität ab. Die Spannung ist nun eine geringere, und während in der ersien Zeiteinheit z. B. die Hälfte der Ladung abfloss, fliesst jetzt nur circa "/s heraus, später '/a etc. Die Curve einer Condensatorentladung ist eine Differenzialcurve. Der Gipfel derselben ist auf gleicher Höhe, wie beim galvanischen Strome der- selben Spannung auf den gleichen Widerstand fliessend. Während aber beim letztern die Intensität constant bleibt, sinkt sie bei der Gonden- satorenladung mit jedem Augenblick und zwar immer langsamer. Die Curve fällt asymptolisch zur Abscisse wie Fig. 8 zeigt. Fig. 8. Für diese Curve passt die Formel der dynamischen Quantität 0 = IT nicht. Die Quantität einer Ent- j ladung ist Q = [IdT. Von Intensität im eigent- lichen Sinne wird bei Entladungen nicht gesprochen, weil dieselbe mit jedem Augenblicke abnimmt. Doch können wir von einer initialen Intensität reden, \ De : E welche nach der Ohm’schen Formel I = Be werden kann. Aus diesem Werth Q = [ Id T lässt sich nun T nicht in ein- facher Weise wie aus Q — IT berechnen, und doch war mir sehr viel daran gelegen, nicht nur die Quantität in Mierocoulombs zu kennen, sondern auch zu einer annähernden Bestimmung der Dauer der Ent- ladung in Bruchtheilen der Secunde zu kommen. Eine Methode, die Dauer der Entladung T zu berechnen, fand ich, nach längerem Suchen, in dem ausgezeichneten Werke von Kempe (französische Vebersetzung: Trait& el&mentaire des mesures 6lectriques. Paris 1885.) Es ist die Siemens’sche Methode für die Bestimmung der eleetrostatischen CGapacität von Condensatoren und Kabeln. Wir übersetzen aus dem Werke von Kempe: „Das Prinzip dieser Methode ist, die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit welcher ein Condensator von unbekannter Capacilät sich durch einen bekannten Widerstand entlädt; die Capacität lässt sich dann durch die weiter zu entwickelnde Formel bestimmen. a [30 Ausgedrückt wird bei diesem Problem : die Gapacität in Farads, resp. Microfarads, der Widerstand in Ohms, die Quantität in Coulombs, resp. Microcoulombs, die Zeit in Secunden, das Potential in Volts. Setzen wir voraus, der Gondensator habe eine Capacität von F Farads und sei geladen auf das Potential V Volts; er enthält Q = VF Einheiten der Elektrieitätsmenge, d. h. Q Coulombs. Nehmen wir an, dass er sich, während 1 Secunde, auf einen Widerstand von R Ohms entlade. Die im Anfang im Condensator enthaltene Electricitätsmenge ist Q Einheiten. Denken wir uns eine sehr kurze Zeit 1; wir können an- nehmen, dass während dieser kurzen Zeit der Strom ein constanter sei. Dies ist nicht mathematisch richtig, denn die Intensität sinkt beständig, je kleiner aber der Werth 1 ist, desto richtiger sind die Resultate. Man weiss, dass die Menge Electricität, welche aus dem Con- densator abfliesst, dem treibenden Potential und der Dauer der Strömung direct proportional ist; sie ist auch dem Widerstand um- gekehrt proportional. Diese Quantität kann also ausgedrückt werden durch a ee R wo K eine zu bestimmende Constante ist. Nun sind die elektrischen Einheiten so gewählt, dass ein Con- densator von der Capacität A Farad, geladen auf das Potential A Volt, d. h. mit einer Quantität von 1 Coulomb sich in 1 Secunde durch einen Widerstand von 4 Ohm entlädt. Wenn wir in die Formel setzen: g=A4,V=4,t=41 und R = 1, so erhält man für die Constante den Werth K=1, Die in der kleinen Zeit t ausgeflossene Elektricitätsmenge ist also dargestellt durch: Vt = Die Quantität, welche nach der Zeit t noch im Condensator zurückbleibt, wird sein: 31] re Um also die Menge zu bestimmen, welche nach dem Zeittheil im Condensator bleibt, müssen wir die Anfangsquantität durch den Factor 1 — a multiplieiren. FR Die Regel ist eine allgemeine. Am Ende des zweiten Zeittheiles t ist die im Condensator bleibende Quantität: Be-Ale- tn) Am Ende des ntex Zeıtintervalles ist die noch bleibende Quantität: ih n > Non, e o( nd Wir setzen voraus, dass die Summe dieser n Zeitintervalle sei —- 1, somit nt > 1; Man kann nun schreiben: u n (a) a le) ° nFR Wir haben aber gesehen, dass, je kleiner die Zeit t ist, desto exacler unsere Resultate sind. Wenn wir also t unendlich klein setzen, indem wir n unendlich gross nehmen, so dass das Produkt nt constant und — T bleibe, so ist der Werth der im Gondensator nach der Zeit T bleibenden Menge gegeben durch die Formel (1), won =, Um q zu berechnen, setzen wir: a 1 nFR x | Das ergibt x = © fürn = —. i T - ı “R Man zieht daraus n = — = und indem wir in (1) substituiren, ; SO bekommt man: Di IS © FR =el(! a | x N WO X == oe, : Was aber in Klammern steht, hat als Grenzwerth die Basis e der natürlichen Logarithmen. Wir erhalten somit: ( FR in Q m nn ra [82 Man zieht daraus durch Einsetzen der natürlichen Logarithmen der zwei Glieder: T Ü 1 =, 08, a woraus FR q R logo q Wenn wir aber mit v das der Quantität q entsprechende Po- tential bezeichnen, so haben wir: DA aR, 8 ee Die Kormel ist nun: (2) Pal. Bir E,, R logo 2 2,303 R log a v v in welcher 2,303 das constante Verhältniss der natürlichen zu den gemeinen Logarithmen darstellt. Die Formel (2) kann natürlich ver- schiedene Formen annehmen, je nach der zu bestimmenden Unbe- kannten.“ In unserm speziellen Falle ist T unbekannt. Unsere Formel ist also: 2,809 >< HE x A loß 2, v Einer allfälligen Einwendung möchte ich hier begegnen. Der Techniker, der die Kempe’sche Formel, zur Bestimmung der Capacität eines Condensators oder Kabels anwendet, entlädt denselben auf ganz enorme Widerstände, z. B. auf 500 Megohms — 500 Millionen Ohms. In Folge dessen ist die Dauer der Entladung eine ganz enorme, sie dauert Minuten. Die Curve ist eine langgestreckte, wie Fig. 9 zeigt. Eig, 9; Man könnte sich nun fragen: Hat die Formel, die für diese lang- gezogene Curve passt, noch ihre Berechtigung bei der viel steileren Curve der Fig. 8. Es wäre dies unbedingt nicht der Fall, wenn wir die Zeit der Entladung nur in sehr viele, sehr kleine Zeitintervalle getheilt hätten, z. B. in 1000000 Zeittheilchen. Möglicherweise er- hielten wir noch bei diesem Verfahren approximaltive Werthe für die 38] — 33 — langgezogene Curve, die einem constanten Strom ähnlich ist, Dagegen wäre das Resultat für die steile Curve absolut unrichtig. Wir haben aber die Zeit der Entladung in unendlich kleine Zeitintervalle getheilt. Der Begriff ist in der Formel aufgenommen. Somit gilt die Formel sowohl für die steile Curve wie für die langgezogene. Wir können somit die Dauer einer Condensatorentladung be- rechnen durch die Formel: T— 2303 x FxX R log \ . Da die Capacität in Microfarads, resp. !/ıooo Microfarad, der Wider- stand in Ohms ausgedrückt ist, so ergibt sich die Dauer in Millionteln einer Seeunde. Wenn wir nun miltelst dieser Formel die ganze Dauer T der Entladung bestimmen wollen, d. h. die Zeit, die vergeht, bis das Potential auf 0 gesunken ist, so erhalten wir, wenn wir v — 0 setzen, den Quotientien — = ©. Folclich ist 12 —= 2,808. BD 0 0) log on me 09, T ist unendlich; die Dauer der Entladung ist unendlich ; ein Condensator kann sich nicht vollständig entladen. Dieses, durch die Formel gegebene Resultat ist auch a priori zu erwarten. Wir haben Ja schon gesagt, dass die Curve einer Condensatorentladung asympto- tisch zur Abseisse fällt. Ein Condensator, der einmal geladen wurde, kann sich nie ganz entladen, ebenso wenig wie ein Wassergefäss sich unter dem Drucke der Wassersäule ganz entleeren kann. Anfangs fliesst unter hohem Druck eine grosse Menge ab, z.B. die Ya, später Y/s, "Ja, /s etc. Es ist ein Theilungsprocess, welcher bis in’s Unendliche geführt werden kann. Die Berechnung der Gesammtdauer einer Gondensatorentladung ergibt mathematisch, dass diese Dauer in allen Fällen, bei grosser oder kleiner Capacität, enorm grossem oder verschwindend kleinem Wider- stand unendlich ist. — Und doch sagt der Fig. 10. Physiker, der einen Condensator miteinem Galvanometer in Ver- bindung bringt und keinen Anschlag wahr- nimmt, dass der Con- densator entladen sei- 3 — Bd — [34 Die in demselben noch zurückgebliebene Electricitätsmenge ist so klein, hat so geringes Potential, dass sie keine Wirkung mehr ausübt, Ohne es wörtlich auszudrücken, betrachtet also der Fachmann einen Theil der Curve, den Schwanz, möchte ich sagen, als unwirk- sam. In der Fig, 10 ist dieser unwirksame Theil schwarz aufgetragen, Wenn der Physiker stillschweigend die Curve der Entladung, factisch in 2 Abschnitte, einen wirksamen, der im Stande ist, die Gal- vanometernadel abzulenken, und einen unwirksamen (heilt, so sind wir wohl berechtigt, in gleicher Weise zu verfahren. Da aber der mensch- liche Nerv, trotz seiner grossen Reizbarkeit, immerhin viel träger ist als ein Thomson’sches Galvanometer,, so wird der unwirksame Theil unserer Curve weit grösser ausfallen. Zeigen wir dies an einem practischen Beispiel, nach Versuch 2. Bei einem Totalwiderstand von circa 5000 Ohms gelang es mir an jenem Tage, durch Reizung meines Nervus medianus am Hand- gelenk die erste deutliche Kathodenschliessungszuckung zu erreichen mit einer Stromstärke von 1,4 Milliamperes und 5 Leclanch6s, d. h. circa 7 Volts. Jede Verminderung der Elementenzahl, jede Vermeh- rung des Widerstandes brachte die Zuckung zum Verschwinden. Sicher ist, dass an jenem Tage, unter den erwähnten Bedingungen 5,6 Volts der Nerv auf den Strom von 4 Leclanches, d. h. ——— — 5000 Ohms MA in keiner Weise reagirte. Fig. 11. Fig. 12. BRRZZEZ2 “ Ba 5 & 2 x 5,6 Volts Zeichnen wir die Curve dieses constanten Stromes von— 5000 Ohms indem wir die Voltspannung resp. Intensität als Ordinate, die Zeit als Abseisse auftragen. Fig. 11. Dieser Strom, dessen Quantität ich beliebig durch längere Schlies- sungsdauer vergrössern kann, wirkt trotzdem nicht, weil er nicht die nöthige Geschwindigkeit, die erforderliche Intensität hat. In diesem Falle fliesst also eine relativ grosse Menge Bleetricität unter dem an- sehnlichen Druck von eirca 6 Volts ab, ohme irgend eine Wirkung auf den Nerv auszwüben. Diese Quantität geht physiologisch verloren. 35] — 8 — Wenn, wie nachgewiesen, 6 Volts bei galvanischem Verlauf des Stromes, d. h. mit sozusagen unbegrenzter ‚Quantität, nicht wirken, so wird auch die Gondensatorentladung bei 6 Volts und rasch sinken- der Intensität auch nichts bewirken. Fig. 19, Wir sind berechtigt, die Entladung eines beliebigen Condensators als unwirksam zu betrachten, vom Momente an,. wo die Spannung nur 6 Volts beträgt. Unter diesem Potential entlädt sich die noch zurückgebliebene Electricitätsmenge mil zu geringer Intensität, sie übt auf den Nerv keine Reizwirkung mehr. In der folgenden, nach Formel T —= 2308 x FXR log — ” berechneten Entladungsdauer nehme ich als untere Grenze des wirk- samen Potentials 5 Volts: v = 5 Volts. Die Dauer der Entladung ist die Zeit, welche vergeht bis das Potential von der Anfangshöhe auf das unwirksame Potential 5 Volts gesunken ist. Wählen wir zu dieser Berechnung den Versuch 2 bei einem Widerstand von 5000 Ohms. Die Entladung des Condensators von der Capacität 0,007 Microfarad, geladen auf 70 Volts gab die minimale Zuckung. Setzen wir diese bekannten Grössen in der Formel ein, so haben. wir: T — 2,303 X 0,007 x 5000 log -® 5. Die Berechnung ergibt für die Entladung eine Dauer von 92 Milliontel einer Secunde. Wir können auch nach dieser Formel die ganze Curve genau Construiren,, indem wir berechnen, welche Zeit vergeht, bis das Po- lential successive 65, 60, 55 etc. Volts beträgt. Wir finden nun, dass das Potential von 10° Secunden. 70 auf 65 Voits fällt in 2,594 65 ” 60 ” ” 79 2,501 ” ” ” 3,045 55 ” 50 ” ” ” 3,336 ”» 45 ” ” ” 3,688 ” ”„ ” 4,123 40 ” 35 ” ” ” 4,674 ” ” ” 5,396 30 20 ı 6,382 ” ” ” 7,811 20 035 ..15 „ I 10,070 15,10 n a 14,193 10 „ 5 ” ” ” 24,102 92,215 N [36 Wir können also sagen, dass, bei einem R von 5000 Ohms und Capaecität von 0,007 Microfarad eines auf 70 Volts geladenen Big, 18. ondensators, das Potential in der 4 Volts Ampere kurzen Zeit von 92 Milliontel Secunden ö 70 | 0.014 auf das unwirksame Potential 5 Volts fällt. — Wenn wir die Dauer als 65. 0,013 Abscisse, die Potentiale resp. bei Be- rücksichtigung des Widerstandes die sol 0972 Intensitäten als Ordinate auftragen, So bekommen wir folgende Curve der Ent- ll ladung Fig. 13. — Die Curve ist in Wirklichkeit noch viel steiler. “ll0 In der Abscisse entspricht die Milliontel Secunde dem '/ıo Millimeter. ; Sollte die Intensität in gleichem Mass- 7 stabe aufgetragen werden, so würde die Curve eine Höhe von 1 m. 40 a u erreichen. Nehmen wir 5 Volts als unwirksames Potential, so ist die Dauer 35 It 0.007 92 Milliontel Secunde. Setzen wir | v— 10 Volts, so ist die Dauer 66 30 U 0,006 Milliontel. | Berechnen wir bis auf A Volt, 26 KH 0.008 so ist die Dauer 148 Milliontel Secunde. Für jeden Versuch muss der 20 ieh 0.004 Werth des unwirksamen Potentials ex- perimentell bestimmt werden, Es kann 25 | 0,003 vorkommen, dass bei einem Versuch, sei es in Folge grösseren Widerstandes, o\\\\ || 0002 sei os wegen Mangel an Dichtigkeit, . die Zuckung noch nicht auftritt bei ; viel höherer Voltspannung, z. B. bei 14 .21 Volts. In diesem Falle muss 4 die Dauer nur bis auf dieses Potential berechnet werden, 10" 0Sec, 37] — 391 — Berechnen wir die Dauer für jede Voltspannung des Versuchs 2, so bekommen wir folgende Tabelle: Elem. Volts. Microfarads. Microcoulombs. Dauer der Entladung. Er Are Sees 50 70 0,007 0,490 92 10% Secunden 45 63 0,008 0,504 101 s\ 40 56 0,009 0,504 109 s 35 49 0,011 0,539 125 5 30 42 0,013 0,546 138 n 25 35 0,016 0,560 156 r 20 28 0,021 0,588 180 n 15 21 0,031 0,651 222 = 10 14 0,077 1,078 396 s 7 9,8 1,000 9,800 3360 7 Beim ersten Blick scheinen diese Zahlen befriedigend. Bei sinkender Voltspannung muss die Quantität zunehmen, d. h. bei sinkender initialer Intensität muss die Dauer der wirksamen Ent- ladung grösser werden. Doch mit einem Punkte konnte ich mich nicht zufrieden geben, Ich habe schon mehrmals betont, dass bei den verschiedenen Volt- Spannungen die minimale Zuckung immer dieselbe war. Sie war con- stant. Ich erreichte dieses Resultat einfach durch grössere Capacitäten. Wo aber die Wirkung constant ist, muss auch in den physikalischen Eigenschaften des Stromes, der Entladung etwas constant sein. Ich suchte zunächst diese Gonstante in der Quantität, aber wir haben in allen Versuchen gesehen, dass dieselbe nicht constant bleibt, sondern steigen muss, wenn die Spannung abnimmt. — Was ist aber die Quantität Q, die wir durch GX \ bestimmen und in der Tabelle in Microcoulombs ausdrücken ? Es ist die Ladungs- quantilät, es ist die Electricitätsmenge, die wir in dem URLS HAIDE, aufgespeichert haben. Wird aber diese ganze Quantität zur Hervorrufung der Zuckung verwendet? Offenbar nicht, denn wir wissen, dass auch der galvanische Strom, mit so zu sagen unbegrenzter Quantität nicht wirkt, wenn seine Intensität eine zu geringe ist. Ebenso muss die Entladung physiologisch unwirksam werden, wenn das Potential ungenügend ist, wenn die Entladung unter zu geringem Druck stattfindet. Wir haben 5 Volts als die unwirksame Spannung angenommen; folglich müssen wir überall die wirksame Quantität berechnen, indem wir die unwirk- same von der Ladungsquantität subtrahiren. — 38 — 3 Bei 70 Volts und 0,007 Microfarad ist die Ladungsqwantität 0,290 Microcoulomb. Die unwirksame Menge, die unter zu geringem Druck wirkungslos abfliesst, ist 5 Volts X 0,007 Microfarad — 0,035 Microcoulomb. Folglich ist die wirklich benutzte Menge 0,490 — 0,035 = 0,455. — Die wirksamen Quantitüten können wir berechnen, wenn wir von der initialen Voltspannung überall 5 Volts subtrahbiren. Wir erhalten dann folgende Zahlen: 70 Volts und 0,007 Microfarad wirken bei einem wirksamen Q = 0,455 63 0,008 Q — 0,464 ” ” „ “1 ” ” ” 96... „ 0,009 „ ) “s % „ Q = 0,459 49 ”„ ” 0,011 ”„ ”„ ” ”„ ” Q ve 0,440 42, „» 0,013 ” ” ” ”» » = 0,481 2.,..3,.0016 “ ey vs 2 = 0,480 a 7 sa » 0 = 0,483 21 ” ” 0,031 ”„ ” ” „ ” = 0,496 14 5, 00 ” ee % Q = 0,698 1 9,8, „ 4,000 ” „ ” „ » Q = 4,8001 Wenn wir von den 2 untern Zahlen absehen, so ist hier die gesuchte Constante nicht zu verkennen. Die Zahlen differiren weniger, als man bei einem am Menschen vorgenommenen Versuch hätte er- warten können, Wir finden im Mittel der 8 ersten Zahlen einen Werth von 0,4697 Microcoulomb oder rund 0,470. Es fragt sich nun, warum stimmen die 2 untern Zahlen nicht überein? Sie sind eben nicht richtig, wie folgende Ueberlegung zeigt. Zur Berechnung der Dauer, resp. der wirksamen Quantität, bin ich genöthigt, den gewiss ganz berechtigten Begriff der unwirksamen Quantität einzuführen. Wenn ich die Entladung von einem gewissen Potential an als wirkungslos bezeichne, so ist dies keineswegs rein hypothetisch, — Ich habe vorher nachgewiesen , dass der constante Strom erst wirksam wird bei einem Potential von 7 Volts, dass 6 Volts ungenügend sind. Ist etwa die Curve des galvanischen Stroms, sein Verlauf ungünstiger zur Erzielung einer Contraction, als die der Entladung von gleicher Voltspannung? Im Gegentheil, bei einer ge- gebenen. Volispannung kann kein Strom eine grössere Wirkung geben, wie der galvanische. Vorausgesetzt, dass die Schliessung im metalli- schen Theil, nicht einschleichend , stattfindet, so ist der Anstieg der Intensität ebenso steil wie beim Condensator. — Während aber bei 39] a der Entladung die initiale Intensität nicht andauert und nur durch den mathematischen Punkt des Gipfels dargestellt ist, bewährt der gal- vanische seine volle Intensität während der ganzen Schliessungszeit. Der Vergleich der beiden Curven in Fig, 11 und 12 zeigt dies auf's Deutlichste. Eine Condensatorentladung kann niemals eine grössere Wirk- samkeit entfalten, als der galvanische Strom derselben Voltspannung. Er kann höchstens, wie wir sehen werden, die gleiche haben. Einem allfälligen Einwande möchten wir hier begegnen. Man könnte sich vorstellen, dass bei der Condensatorentladung auch das Aufhören des Stromes, die plötzliche Dichtigkeitsschwankung wirksam ist. ‘Wir können dies in keiner Weise annehmen. Wir sind der An- Sicht, dass Aufhören eines Reizes an sich nicht als Reiz wirken kann. Wir sind geneigt, mit Grützner und Tigersted die Oeffnungszuckung galvanischer Ströme als Polarisationserscheinung aufzufassen. Sehen wir aber von jeder Theorie ab. Jeder Electrotherapeut weiss, dass Veffnungszuckung nur bei einer verhältnissmässig hohen Stromstärke eintritt, dass dieselbe an der Anode eintritt, dass sie eher eintritt, wenn der Strom’ vorher längere Zeit geschlossen war. Die Oeffnungs- zuckung tritt nur ein bei länger dauernden Strömen. Sie fällt bei allen Strömen, die den Verlauf einer Entladung haben, Inductions- strömen, Entladungen von Condensatoren und Electrisirmaschinen, weg*). Vebrigens haben wir bei unsern Versuchen die polare Methode an- gewendet. Die Anode war als indifferente Electrode auf dem Nacken; hätte allenfalls bei einer Condensatorentladung auch eine sogenannte Deffnungszuckung stattgefunden, so wäre dieselbe an der Anode auf- getreten, nicht aber an der differenten Kathode, Die weitern Ver- Suche zeigen, dass eine Entladung niemals stärker wirken kann, als der galvanische Strom derselben Spannung. Ist, wie nachgewiesen, der Strom von % Leclanch6s galvanisch unwirksam, so ist auch jeder CGondensator, geladen mit % El., unwirksam. Der im metallischen Theil der Kette plötzlich geschlossene galvanische Strom hat den deykbar günstigsten Verlauf, um die Zuckung auszulösen, Ehenso berechtigt ist es, anzunehmen, dass auch eine höher ge- spannte Entladung, von z. B. 70 Volts, jede Wirksamkeit verliert, #) Polarisationserscheinungen haben die Physiologen auch bei kurzdauernden aber hochgespannten Strömen beobachtet. Beim Menschen, wo die Nervenreizungen percutan stattfinden, ist dies nicht nachgewiesen. Alle Erfahrungen weisen darauf hin, dass, je kürzer der Strom ist, desto geringer die Polarisation und die allfällig auf Polarisation zurückzuführende Zuckung ausfällt. — 40 — [40 wenn das Potential auf ein gewisses Minimum gesunken ist. Die Schwie- rigkeit liegt aber in der exwacten Bestimmung dieses unwirksamen Po- tentials. Im Versuch 2 habe ich am Anfang des Versuches sicher nach- gewiesen, dass beim gegebenen Widerstand, bei der momentanen Lage der Electrode auf den Nerv, der_galvanische Strom die erste Zuckung bei 7 Volts gab. Es ist dies ein reines Versuchsresultat, gegen wel- ches nichts einzuwenden ist. Ich :begann nun die ganze Versuchs- reihe mit dem Condensator in der Annahme, dass der auf 4375 Ohms berechnete Widerstand immer constant bleibe. Ganz richtig ist dies je- denfalls nicht. Galvanische Ströme vermindern den Widerstand ganz er- heblich, Entladungen beeinflussen ihn viel weniger. Es ist also ganz gut möglich, dass sich der Widerstand während des immerhin 20 Minuten dauernden Versuchs geändert habe. Namentlich kann ich an- nehmen, dass bei der Entladung von 9,8 Volts der Widerstand grösser war als für einen Strom von 9,8 Volts; letzterer würde nämlich schon in der Zeit, die nöthig ist, um die Ablenkung abzulesen, den Wider- stand vermindert haben. Vielleicht war in diesem Moment das un- wirksame Potential nicht mehr 7, sondern 9 oder noch mehr. In meiner Berechnung bezeichnete ich willkürlich das Potential 5 Volts als unwirksam. Dadurch habe ich die Fehler enorm vergrössert, und die Fehler beeinflussen namentlich die leizten Zahlen. Es ist noth- wendig, auf diesen Punkt näher einzugehen, Für die Entladung von 70 Volts und geringer Gapacität von 0,007 MF ist es nahezu gleich- gültig, ob ich 5, 6, 7 oder 9 Volt als unwirksames Potential, als 0 bezeichne. Die wirksame Quantität ist dann 0,455, 0,448, 0,444 und 0,427 Microcoulomb. Für die Entladung von 9,8 Volts ist es aber nicht mehr gleichgültig. Wenn ich 5 Volts als unwirksames Potential annehme, so ist die Quantität 9,8 — 5 = 48 X 1,000 = 4,8 Microcoulombs. Bei der Annahme von 6 Volts ist sie 9,8 — 6 = 3,8 „ ”„ ”„ ”„ 7 ” ” 9,8 le 2,8 ” » » a) „ „98 —-9)= 0,800 Die Unsicherheit in der Bestimmung des unwirksamen Potentials übt auf dieBerechnung der wirksamen Quantität der hochgespannten Entladung keinen grossen Einfluss, dagegen gibt sie ganz verschiedene Zahlen. 0,800 und 4,8 bei Berechnung der wenig gespannten Entladungen. Aber auch bei der Annahme, dass 9 Volts nicht mehr, wirken, ist die berechnete Quantität 0,800 noch zu gross gegenüber der Constante von a] at 0,470. Wir müssten annehmen, dass etwa 9,3 das unwirksame Poten- tial sei. — Diese Annahme kann vielleicht als eine sehr willkürliche angesehen werden. Ich habe aber bestimmte Gründe anzunehmen. dass sie nicht weit von der Wahrheit bringt und schliesse dies aus folgenden Versuchen. Ich war mir bewusst, dass die unteren Zahlen meiner 11 be- schriebenen Versuche keinen Anspruch auf Genauigkeit machen können. Zunächst ist die Bestimmung der erforderlichen Capacität nicht sehr exact. Bei den hohen Spannungen und geringen Capaciläten genügt es, 0,001 Microfarad auszuschalten, um die Zuckung zum Verschwin- den zu bringen. Bei niederer Spannung und grossen Capacitäten von nahezu 1,0 MF ist es nicht möglich, die Grenze so genau zu finden. Die Wirkung bleibt oft die gleiche, ob © 0,900, 0,950 oder 1,000 be- trage. Zur Bestimmung des unwirksamen Potentials wäre es von Vor- theil, wenn ich die electromotorische Kralt um wenig, z. B. um 0,1 Volt reduciren könnte, Mit meiner Batterie von Leclanches ist der Sprung aber immer 1,4#Volts. — 5 El. resp. 7 Volts wirken noch als galvanischer Strom, 4 El. resp. 5,6 Volts wirken nicht mehr. Möglicherweise und, sagen wir auch, wahrscheinlicherweise, hätten auch 6,5 nicht mehr gewirkt, wenn ich die eleetromotorische Kraft um einen halben Volt hätte reduciren können. Es wäre dies durch Einschaltung von Wider- ständen annähernd möglich, aber auch nie genau, wegen der Wirkung der Ströme auf den Hautwiderstand. Ich müsste immerhin eine Revision für die untern Zahlen vor- nehmen und dabei die Frage berücksichtigen: Bei welcher Gapaeität gibt ein Condensator die gleiche Zuckung wie der galvanische Strom derselben Spannung? oder in anderer Form: Bei welcher Dauer erreicht die Entladung die volle Wirkung, welche durch weitere Dauer nicht mehr gesteigert werden kann ? Zu diesem Zwecke versah ich meine Kathode mit einer Vor- richtung, welche es erlaubte, ohne die Electrode zu verschieben, bald den Condensator bald die Batterie bei gleicher Voltspannung- anzu- wenden. Versuch 12. Anode 100% auf Nacken. Normale Kathode auf den linken Me- dianus am Handgelenk. 5 El. resp. 7 Volts geben am Galvanometer Anfangs 0,8, so- gleich aber 0,9 und endlich 1,0 Milliampere, Während dieser kurzen ee [42 Application hat sich der Widerstand verändert und war successive 8750, 7666 und 7000 Ohms. Unter diesen Bedingungen suche ich die erste KSZ galvanisch zu erreichen. Sie tritt auf bei 6 El., resp, 8,4 Volts. Der Gondensator von 6 Microfarads, geladen mit 8,4 Volts, gibt die gleiche Contraction wie der galvanische Strom. Ob nun die Gapacilät 6 oder 2 Microfarads betrage, das ist gleichgültig. Die Con- traction ist augenscheinlich die gleiche. Ich versuche nun wieder mit dem galvanischen Strom und erreiche ebenfalls die minimale Zuckung mit 8,4 Volts, Schliesse ich genügend lang, um das gut gedämpfte Galvanometer abzulesen, so ist die Stromstärke 1,5 MA. Dies entspricht einem Widerstand von circa 5600. Nun schaltete ich Widerstand ein, bis die Zuckung wirklich als die minimale angesehen werden kann, d. h. bis jede weitere Widerstandseinschaltung sie aufhebt, Ich ver- lange auch von der sog. minimalen Contraction, dass sie bei jedem Stromschluss eintrete. Dieselbe augenscheinlich gleich starke Con- iraction erreiche ich aber auch wieder mit dem CGondensator von 1 Microfarad geladen auf 8,£ Volts. In diesem Versuch gibt also der Condensator von 1 MF, geladen mit 8,4 V., d.h. mit einer Quan- tität von 8,4 Microcoulombs die gleiche Zuckung, wie der galvanische Strom von 8,% Voltspannung. Vielleicht ist diese Quantität“ nicht ganz gross genug, indem hie und da die Gontraction bei der Con- densatorentladung ausbleibt, d. h, auf 10 Schliessungen 8 Mal auftritt. Wenn wir bedenken, dass der galvanische Strom sich den Weg so- zusagen bahnt, indem er den Widerstand vermindert, so ist diese Ueberlegenheit des Stromes gegenüber der Entladung begreiflich. je Versuch 13. Wiederholung des Versuchs 142. Der Nerv wurde aber besser erreicht, so dass ich trotz grösserem Widerstand die Zuckung bei weit geringerer Stromstärke erreichte. 1' KSZ galvanisch mit 7 Volts und 0,6 MA. R — circa 11,666 Ohms, Die gleiche Contraction erreicht man auch mit dem Condensator von 1 Microfarad, geladen auf 7 Volts. — In beiden Fällen tritt die Contraction nicht immer auf; 9 Mal auf 20 Schliessungen. Durch Einschaltung von Flüssigkeitswiderständen kommt man zu einem Punkte, wo der galvanische Strom 5 Contractionen auf 20 Schliessungen gibt, während der Condensator 2 auf 20 gibt.‘ 43] u 4 Versuch 14. Versuchsbedingung gleich. 7 Volts —= 0,75 MA. Ich schalte Wider- stand ein, bis 7 Volts = 0.70, R also = 10,000 Ohms. 1!° KSZ galvanisch bei 6 El. resp. 8,4 Volts 1° KSZ per Condensator „ 6 » » 8% „ u.1 Microfarad. Versuch 15. Versuchsbedingungen gleich. 7 Volts = 0,85 MA. R — 8235 Ohms. 1te KSZ galvanisch bei 7 Volts. 1° KSZ per Condensator bei 7 Volts und 0,800 Microfarad. Mit 4 El. resp. 5,6 Volts ist keine Zuckung zu erzielen, weder galvanisch, noch mit dem Condensator von der grossen Capacität von 7 Microfarad. Mit 7 Volts gibt der Gondensator vollkommen die gleiche Zuckung, wie der Strom. Die Sensation ist aber eine andere. Während die Condensatorentladung eine reine Muskelzuckung gibt, hat man beim galvanischen Strom eine stärkere Empfindung, Wärmegefühl und excen- trische Empfindung in den Fingern. In der Annahme, dass ein Condensator von 4 Microfarad genügend Quantität liefert, um der Entladung seine volle Wirksamkeit zu geben, wird nun bei gleichbleibender Capaecität, also mit 1 Microfarad, die Voltspannung erhöht. Die Wirkung der Entladung bleibt die gleiche, wie die des ent- sprechenden galvanischen Stromes. so lange die Voltspannung nicht 28 Volts übersteigt. Von da an wirkt aber der galvanische Strom stärker als die entsprechende Entladung, weil er schon tetanisirend wirkt. Versuch 16. Anode wie in allen übrigen Versuchen auf dem Nacken. Kathode auf dem Medianus am Handgelenk, Widerstand gross. 7 Volts geben nur 0,3 und. 0, MA, entsprechend Widerständen von 23,333 und 17,500 Ohms. Durch Einwirkung von 6 El. bringe ich ihn auf 15,274 Ohms ” ” ” 7 ” ” ” „ 2, 14,000 Bei diesem R von circa 14,000 Ohms geben 7 El. resp. 9,8 Volts die te KSZ, die minimale Contraction, an [44 Dieselbe wird auch regelmässig erreicht mit dem Condensator von 0,950 Microfarad, geladen mit 9,8 Volts. Nach Verlauf einiger Minuten ist augenscheinlich der Widerstand wieder gestiegen, Die galvanische KSZ tritt seltener auf, nur 2 Mal auf 10 Schliessungen. Die CGondensatorentladung gibt ebenfalls 2 Zuckungen auf 10 Ent- ladungen. Vermehrt man nun bei gleichbleibender Capaeität von 1 Microfarad, die Voltspannung, so bleiben galvanische und CGondensatorzuckungen ganz gleich bei 9, 8, bis 25,2 Volts. Die Sensation ist aber hier auch, beim constanten Strom, eine andere, Der Condensator gibt die reine Muskelzuckung. Der galvanische Strom gibt die gleiche Zuckung, be- gleitet aber von Wärmegefühl, von excentrischen Sensationen, von Lichtempfindungen (Wirkung der Nackenanode). Mit 18 El, resp, 25,2 Volts wirkt aber der galvanische Strom entschieden stärker wie die Gondensatorentladung. Diese Elementenzahl gibt auch eine Inten- siläl von 7 Milliamperes, der Muskel bleibt in tetanischer Contraction (Kathodenschliessungstetanus). Versuch 17. Gleiche Versuchsbedingungen. Widerstand circa 4666 Ohms, 4° KSZ galvanisch mit 9,8 Volts, 4‘ Condensatorzuckung „ 9,8 ,„ und 0,990, also bei einer Quan- tität von 9,702 Microcoulombs, Versuch 18. Anode auf Nacken. Normale Kathode auf die Thenarmuskeln, Widerstand sehr gross, so dass 16 El., resp. 22.4 Volts nur eine Stromstärke von 0,7 MA. ergeben. R — circa 32,000 Ohms. Der mit 22,4 Volts geladene Condensator von 0,990 Microfarad gibt anfangs die Zuckung nicht. Finige Entladungen bewirken aber eine Verminderung des LW und nun gibt diese Entladung die Zuckung allerdings etwas seltener wie der galvanische Strom von derselben Spannung. Versuch 19. Anode Nacken. Kathode Medianus. Versuch bei Einschaltung von Widerständen. Widerstand, Galvanischer Strom. Condensatorentladung. "R= 6333 0hms 1'KSZ mit 7 Volts. 1'cKSZ bei 7 Volts u.0,990MF. R=- 18971 KOKSZ „ 02,2, IKB „ 322 „..0,990 ,, ” R=25600 „ AtKSZ „ 448 „ AKSZ „ AS „ „0.990 , 45] — 45 = Versuch 20. Anode 6%* auf Nacken. Kathode auf Medianus. Beginn der Ver- suche mit Condensatorentladungen, um den Widerstand nicht künstlich herabzusetzen. 1! KSZ mit 1 Microfarad und 9,8 Volts, also bei 0 = 9,8 MC. 1 KSZ mit dem galvanischen Strom von 9,8 Volts, obgleich das Galvanometer nur 0.2 MA angibt, was eimem enormen Widerstand von 749,000 Ohms entspricht. Mit 0,900 Microfarad keine Zuckung. Die Capacität muss 1 MF betragen, wenn die Zuckung ein- treten soll. Versuch 21. Anode 64°? am Nacken. Kathode auf Medianus. 4te KSZ mit 1 Microfarad und 8,4 Volts, bei Q = 8,4 MC. 1te KSZ galvanisch ebenfalls mit 8,& und I —= 0,35 MA, wo- raus sich der Widerstand auf circa 24,000 Ohms berechnet. Mit 7 Volts Wirkung = 0, sowohl galvanisch als per Gondensator. Versuch 22. Unter gleichen Bedingungen. 1te KSZ mit 1 Microfarad und 8,4 V. 0 = 8,4 MC. 1t° KSZ galvanisch ebenfalls mit 8,4 V. r Aus diesen Versuchen erhellt die Thatsache, dass ein Gonden- sator von 1 Microfarad die gleiche minimale Zuckung gibt, wie der galvanische Strom von gleicher Spannung. Die Wirkung der Ent- ladung ist die gleiche wie die des Stromes, sobald die Ladungsquan- tität des erstern so viel Microcowlombs beträgt, als die Spannung Volts ZUnd. Wenn ich nun mittelst des Elementenzählers die Voltspannung um 4,% Volt vermindere, so verschwinden beide Zuckungen. Es ist aber sicher, dass schon bei geringerer Verminderung der Voltspannung die Zuckung ausbleiben würde, wenn ich im Stande wäre, die Spannung feiner abzustufen. Ich kann aber mit dem Elementenzähler die Spannung nur um 1,4 Volt vermindern, indem ich 1 Element ausschalte. So- bad ich wenig Widerstand einschalte, tritt die Zuckung unregel- mässig auf, zuerst vielleicht nur 5 Mal auf 10 Schliessungen, später nur 2 Mal und endlich gar nicht mehr. Wo 9,8 Volts noch die minimale Zuckung gibt, bin ich ebenso berechtigt, 9,3 als unwirksames Potential zu bestimmen wie 9. — 46 — [46 Ich Kann es leider nicht experimentell nachweisen. Es bleibt aber klar, dass die untern Zahlen der Tabelle (pag. 38) 0,693 und 4,800 nur deshalb aus der Constante schlagen, weil ich dabei zu unvermeid- lichen Berechnungsfehlern geführt wurde. Die 8 ersten Zahlen sind constant genug, um die 2 untern zu corrigiren. Die Versuche zwin- gen mich anzunehmen, dass die Voltspannung, welche mit 1 Micro- farad die minimale Zuckung gibt, auch die galvanisch letztwirkende ist und dass das unwirksame Potential nur wenig davon entfernt liegt. Die Tabelle (pag. 38) gibt für die 8 ersten Zahlen das Mittel 0,470 Mierocoulomb. Ich bin berechtigt, diese Constante auch für die zwei untern Zahlen anzunehmen, Die Quantität musste also berechnet werden bis auf das unwirksame Potential von circa 9,3. Wir er- halten bei dieser Correctur nun folgende Tabelle an Stelle der Tabelle pag. 38. 70 V. und 0,007 MF geben die minimale Zuckung bei 0,425 MC 63 5 „0,008 ” ” ” ” ” „ 0,445 ” 56 ».» 0,009 2) ” ” ” » 0,420 ) 49 nn 9011 ” ” ” ” ” » 0,426 ” 42 5, 0,013 ” ” ” ” ” » 0,425 ” 55 0,016 „ ” ” ” ” „ 0,411 ”» 28 5, „0,021 „ ” ” b2) ” „» 0,393 „ 21 „ „ 0,031 ” ” ” ” „ „» 0,363 PD) Mn y 0,077 „ „ ” ” ” „» 0,8362 „ 9,8 „ 1,000 ” ” ” „ ” „0,500 ” Die Gonstante ist keine sehr glänzende und könnte vielleicht bei rein physikalischen Versuchen als eine ungenügende betrachtet wer- den. Für physiologische Versuche ist sie gewiss merkwürdig con- stant. Dehnen wir diese Berechnung auf andere Versuche aus. Bei Versuch 3, bei Annahme ‘des unwirksamen Potentials 47,7 Volts ist die Constante (wirksame Quantität). 0,627 0,634 0,651 0,688 Mittel circa 0,647. 0.631 0,553 0,896 0,495 5,175 Ar) un In Versuch 4. — Unwirksames Potential — 12 Volts. Wirksame Quantität: 0,406 0,408 0,396 0,407 0,390 0,391 0,384 0,360 0,360 0,288 3,790 Mittel = 0,379. In Versuch 5 ebenfalls bei Annahme des unwirksamen Potentials = 12 Volts, 0,406 0,408 0,396 0,407 0,390 0,391 0,400 0,405 0,214 Mittel 0,401. In Versuch 8. — Unwirksames Potential 7,9 Volts. 0,284 0,275 0,288 0,287 0,272 0,271 0,241 0,248 0,237 0,495 2,900 Mittel 0,290. 48 = [48 In Versuch 11. — Unwirksames Potential 9,3 Volts. 0,420 0,397 0,392 0,349 Mittel 0,413. 0,355 0,585 0,446 0,359 3,302 Ich verzichte auf die Wiedergabe anderer Berechnungen. In allen Versuchen lässt sich diese wirksame Gonstante herausrechnen, In sämmtlichen gibt es Zahlen, die nicht ganz passen. Es sind dies Unregelmässigkeiten, die in Versuchsfehlern ihren Grund haben, Sie sind sogar geringer, als man bei physiologischen Versuchen erwarten könnte. Jeder, mit der electrischen Untersuchung von Patienten irgend- wie vertraute Arzt, wird begreifen, dass die Versuchsresultaäte an ver- schiedenen Tagen auch verschieden sind, dass es einmal gelingt, den Nerv zu reizen mil einer Elementenzahl, die am anderen Tage nicht genügt, auch wenn das Galvanometer die gleiche Ablenkung zeigt. Es ist nicht immer möglich, den Nerv genau zu treffen. Berück- sichtigt man alle Fehlerquellen, die unsichere Bestimmung der Spannung, des Widerstandes, der CGapacität ete., so fällt die gefundene Constante eben durch ihre Constanz auf. Die Resultate dieser Versuche lassen sich in Kürze dahin re- sumiren: Condensatorenentladungen lassen sich zur Reizung von motorischen Nerven und Muskeln mit Vortheil gebrauchen. Sie geben, Dank ihrer kurzen Dauer, die reine Muskelzuckung, ohme Schmerz, ohne Brennen, ohme electrolytische Wirkungen, Bei hoher Voltspannung und nicht zu grossem Widerstand, bis etwa 10000 Ohms, genügt eine ungeheuer kleine Blectricitätsmenge, um die minimale Zuckung zu erzielen, 0,280 bis 0,560 Miecrocoulomb. Ge- ringere Spannung kann durch grössere Ladungsquantität genau com- pensirt werden. Dass bei sinkenden Spannungen der Condensator mit immer grösseren Quantitäten geladen werden muss, hat seinen Grund in der eigenthümlichen Form der Entladung, bei welcher die Intensität continuirlich sinkt. Die Quantität, welche zu geringes Potential hat, reizt den Nerv nicht, sie fliesst wirkungslos ab. Es ist desshalb 49] ne nothwendig, die Ladungsquantität von der wirksamen Quantität zu unterscheiden. Berechnet man letztere, indem man von der Ladungsquantität die unter zu geringem Potential abfliessende Menge subtrahirt, so ergibt sich eine constante wirksame Quantität, von welcher die physiologische Wirkung abhängt. — Der Nerv reagirt somit auf die Quantität. Es ist gleichgültig, ob der Strom grosse Spannung und geringe Dauer, oder geringe Spannung und lange Dauer habe. Auf die Form der Curve kommt es nicht an, sobald die wirksame Quantität dieselbe bleibt. Es sei mir gestattet, hier auf die Analogie zwischen Nerv und Galvanometer einzugehen. Wird das Galvanomeler zu Messungen kurz- dauernder Ströme, z. B. der Condensatorenentladungen benutzt, so reagirt dasselbe auch auf Quantitäten. Aber das Galvanometer, wenn es die zu solchen Messungen genügende Empfindlichkeit hat, reagirt auf ungeheuer geringe Voltspannungen resp. Intensitäten. Der unwirksame Theil der Entladung ist verschwindend klein, die wirksame Quantität ist die ganze Ladungsquantität. Darum sind die Ausschläge des Galvanometers genau der Ladungsquantität proportional. Darum ist es auch für das Galvano- ineter gleichgültig, ob kleine oder grosse Widerstände im Entladungs- kreis eingeschaltet sind. Letztere Folgerung leitete ich von theoretischen Betrachtungen über die Reactionsweise des Galvanometers ab. Wenn, wie die Physik lehrt, das Galvanometer die Quantität der Entladung misst, s0 muss es gleichgültig sein, ob letztere auf grosse oder kleine Wider- Stände stattfindet. Bei grossen Widerständen muss die Intensität I nach der Ohm- schen Formel I — — abnehmen. R Die Dauer T ist dagegen eine längere. Das Produkt aber 0 = IT, oder genauer, für die Entladung 0 — ‚fldT bleibt dasselbe. Bei kleinem Widerstand ist die Intensität gross, die Dauer aber kurz, bei grossem Widerstand ist im Gegentheil die Intensität Klein, die Dauer aber I länger. Q bleibt jedoch constant. Der Versuch bestätigte diese theoretische Voraussetzung. Auf einem modifieirten, aperiodischen eh Galvanometer ent- lud ich verschiedene Condensatoren von 1, a 4,5, 6 und 7 Micro- farads bei gleichbleibendem Potential von 1,16 Volt. Nun schaltete ich Widerstände ein und bekam folgende Zahlen: 4 a. [50 1 Leclanch6 von 1,46 Volt. Capacitäten in Microfarads. Widerstand in Ohms. il 2 3 4 5 6 7 3,024 18 35 52 64 84 101,5 119 14,024 18 35 52 64 84 101,0 118,5 21,024 18 35 52 64 83,5 100 116,0 42,024 18 35 52 64 81 96 111,0 117,024 =2]8 33,5 47 56,5 69 80 90 596,024 14,5 28,3 28 31 35 38,5 41 960,024 13,0%. 19,0 28,5, 24 26 28,5 30 2,273,024 85 110 120 12307128 13,8 14 Dieser Versuch beweist, dass das betreffende Galvanometer nur dann die Quantiläten anzeigt, wenn: 1) der Widerstand nicht zu gross ist; 2) die Capacität nicht zu gross ist, Beides, Vermehrung des Widerstandes oder der Gapacität, ver- längert die Dauer der Entladung. Ist nun die Dauer so gross, dass sie, gegenüber der Schwingungsdauer des Galvanometers, nicht mehr als sehr klein betrachtet werden kann, so fängt das Galvanometer an nicht mehr Quantitäten, sondern Intensitäten anzuzeigen. Berücksichtigen wir nur die ersten Zahlen, so haben wir: Widerstand in Ohms. Capacitäten in Microfarad. 1 2 3 4 3024 18 35 52 64 14024 18 35 52 64 21024 18 35 52 64 42024 18 45 51 64 117024 19 33,5 47 56,5 So lange der Widerstand nicht 100,000 Ohms übersteigt, d. h. so lange die Dauer des Stromes, gegenüber der Schwingungsdauer des Galvanometers, verschwindend klein bleibt, so ist die Einschaltung des Widerstandes gleichgültig. Geringere Intensität wird genau com- pensirt durch längere Dauer. Auch der Nerv reagirt auf Quantitäten, aber die Intensität darf nicht unter ein gewisses Niveau sinken. Die wirksame Quantität ist nur ein Bruchtheil der Ladungsquantität. Dieser Begriff der wirksamen Quantität, welcher der Physiker bei seinen Versuchen nicht begegnet, ; lässt sich an einem Beispiel leicht illustriren. Denken wir uns ein Mühlrad, von einem Bach getrieben. So lange das Gefälle ungenügend ist, bleibt es ruhig, wie der Nerv, 51] ee, der auf ungenügende Stromstärke nicht reagirt. Ist das Gefälle stark, so bewegt sich nun das Rad mit einer Geschwindigkeit, die constant bleibt, so lange der Strom constant ist. — Es sind dies Verhältnisse, wie sie beim galvanischen Strom vorkommen, mit dem Unterschied, dass der Nerv auf verschiedene Weise reagirt, Je nachdem die Stromstärke gross oder klein ist. — Bei Stromstärke von etwa 0,5 bis 5 MA. reagirt er mit einer einfachen Schliessungs- zuckung, allenfalls mit einer Oeffnungszuckung. Bei Stromstärken über 5 MA reagirt er mit einer dauernden Contraction, mit Tetanus. Nehmen wir nun an, dass im Bächlein plötzlich eine Schleuse geschlossen werde. Es bleibt nun zwischen Rad und Schleuse eine gewisse Menge Wasser. Die Verhältnisse sind die gleichen wie bei einem Con- densator. Anfangs wird sich diese abgemessene Wassermenge mit gleicher Geschwindigkeit bewegen wie vor Schliessung der Schleuse ; die Menge nimmt aber rasch ab und mit ihr das Potential. Das Rad wird allmälig sich langsamer drehen und wird zum Stillstand kommen, lange bevor alles Wasser abgelaufen ist. Die Menge Wasser, die zuletzt wirkungslos abfloss, ist, was ich beim Condensator als unwirksame Quantität bezeichne. Die Menge, welche genügendes Potential hatte, ist, was ich als die wirksame Quantität dargestellt habe. Wir sehen, dass dieser Begriff nicht aus der Luft gegriffen ist, dass er den that- sächlichen Verhältnissen vollkommen entspricht. Schwierig ist nur die Cxacte Bestimmung dieses unwirksamen Potentials, schwierig desshalb auch die Berechnung der wirksamen Quantität. In der Tabelle pag. 37 haben wir für jedes Potential die Dauer nlladung berechnet und zwar bei der Annahme eines unwirk- Samen Potentials von nur 5 Volts. — Wir haben gesehen, dass letztere Annahme unrichtig war, Die Dauer muss nur bis auf das Potential 9,3 Volts berechnet werden. Wir finden dann: Die Entladung von der E " V. gibt d. minimale Contraction bei e. wirks. Dauer von 70 10-6 See. 3 56 ” „ ” ” „ 2129 ” ” ” 76 ” 49 ” ” „ ” „ 292,99. ” „ ” 50 ” 49 I DE ”» » 229) „ ”» ”„ 91 ” 35 ” 99199 ” ” ah) „ » „ 97 ” 98 ” „ „ ”„ ” ”» „ ” „ 106 „ ” „ ’ 115 ” ”„ „ er) „ ” ”„ 5 ” 21 5% 41 ” N) ” ” 39.99 ” ” ” 126 ” 98 ” be ”» ”» ee) ” ” ” 157 „ l ” ” ” ” ” 21279 ” ” ” 261 nd, [52 Letztere Zahl 261 Milliontel Secunden ist auch die masımale Dauer. d. h. die Dauer, die genügt, um die volle Wirkung zu geben. Der laugdauernde galvanische Strom von gleicher Spannung 9.8 hat keine grössere Wirkung. Es lohnt sich nicht der Mühe, diese Entladungsdauer in jedem Versuch auszurechnen. Obiges Beispiel genügt, um zu zeigen, wie kurz die Entladungen sind, welche eine Zuckung auslösen; es zeigt, wie eine kleine Vermehrung der Dauer genügt, um den wenig ge- spannten Strom gleich wirksam zu machen wie den hochgespannten. Endlich muss ich bemerken, dass, je geringer die Spannung und je grösser die Gapacität, desto mehr die Entladung einem constanten Strom ähnlich ist. Die Intensität nimmt dann nur sehr langsam ab, wie folgende Curve zeigt, welche im gleichen Massstab gehalten ist wie die Curve der Seite 36. © wo D GH Wirksame _ nn alntat Die Vergleichung dieser beiden Gurven genügt, um den Verlauf dieser Entladungen ad oculos zu demonstriren. Die Entladung von 70 Volts sinkt in 70 Milliontel Secunden, die Entladung von 9,8 erst in 261 Milliontel Secunden auf das unwirksame Potential 9,3. An diese Berechnungen können wir einen Vergleich mit kurz- dauernden galvanischen Strömen anreihen. Die physiologische Wir- kung ist nach den oben beschriebenen Versuchen proportional. der wirksamen Quamtität. Letztere beträgt ungefähr 0,470 Microcoulomb. Nun ist bei einem galvanischen Strom, der genügendes Potential hat, die ganze Quantität wirksam, und diese Q —= IT. Die Dauer eines galvanischen Stromes, welche genügt, um die minimale Zuckung hervorzurufen, lässt sich einfach berechnen nach l = ee wobei Q die berechnete wirksame Quantität einer Entladung darstellt. Die Rechnung ergibt nun, dass die minimale Zuckung er- reicht wird, wenn ein Strom von 53] en 10:6 Sec. 70 Volts, resp. 14 Milliamperes eine Dauer hat von 33,5 69,2, se 2.1256 \ n „ rs) 37,3 20, ee 3 „ 2 en 41,9 A 5 9,8 on 5 "N sr 47,9 aa K 8,4 n er . es) 55,9 BB re u u Sr 67,1 2 N 5,6 s 1% „ ee 83,9 2, rE 4,2 ” „ » , 111,9 Mo, de : y „ en 167,8 9,8 ” ”„ 1,96 » » ” „ ” 239,7 Letztere Zahl ist auch die maximale Dauer. Bei dieser Dauer tritt die volle Wirkung des Stromes ein; eine längere Dauer macht die Zuckung nicht grösser, nicht effectvoller. Dies gilt auch für die Zahlen 167,8 und 111,9 Milliontel. Weiter aber ist die Stromstärke genügend, um bei: Menschen die Dauercontraction. den KSTet zu bewirken. Der Condensator kann diese tetanisirende Wirkung nicht haben. Diese Berechnung hat natürlich nur theoretisches Interesse. Es gibt keine Unterbrechungsvorrichtung, welche einen galvanischen Strom so kurz schliessen kann, dass die Dauer nur circa 240 Mil- liontel Secunden, d. h. circa Y/sooo Secunde betrage. — Bei allen be- kannten Vorrichtungen zur Schliessung des galvanischen Stromes ist die Dauer des Contacts jedenfalls genügend, um dem Strom seine volle Nerv und Muskel erregende Wirkung zu lassen. — Bei dieser Berechnung der zur Hervorrufung der Zuckung er- forderlichen Dauer galvanischer Ströme kommen wir dennoch zur Benutzung der Formel T — ie was wir (pag. 12) als nicht statthaft I bezeichneten. Der Werth Q ist aber jetzt nicht mehr die Ladungs- gwantıtät — NC, sondern die wirksame Quantität. die Electricitäts- menge, welche, wie die Versuche mit Gondensatoren lehren, die phy- Stologische Wirkung bedingt. Zur Auslösung der Zuckung ist eine Quantität, eine Eleetricitäismenge, nöthig, die gewöhnlich bei nicht ZU grossem Widerstande 0,280 bis 0,560 Microcoulomb beträgt. Diese Menge muss sich aber mit einer genügenden Intensität entladen, sie muss Sich in einer gewissen, nicht zu langen Zeit entladen. Es ist für den menschlichen Nerv und Muskel gleichgültig, ob eine Entladung von 70 Volts 70 Milliontel Secunden dauert, oder ob eine Entladung von nur 9,8 Volts sich in 264 Milliontel Secunden vollziehe. In beiden Fällen ist die berechnete wirksame Quantität eirca 0,470 Micro- coulomb und auf das kommt es an. Nur innerhalb dieser Grenzen lüsst sich aber geringes Potential durch lingere Dauer compensiren. Ist in dem besprochenen Versuch 2 die Spannung geringer als 9,8, 7. B. 9, so wirkt diese Entladung nicht, wenn auch durch Ver- grösserung der Capacität auf 7 und 8 Microfarads die Quantität viel grösser wird als 0,470 Microcoulomb. Sogar galvanisch, also bei unbegrenzter, nur von der Dauer der Schliessungszeit abhängigen Quantität, bleibt der Strom unwirksam. Die ganze Menge fliesst unter zu geringem Potential ab und bleibt trotz längerer Dauer voll- kommen unwirksam. Nachdem ich die Wirkung der Condensatorenentladungen auf den motorischen Nerv studirt hatte, tauchte mir die Frage auf: Wie ver- halten sich gegenüber den Entladungen die Organe, von welchen wir annehmen, dass sie leichter auf langdauernde Ströme reagiren? Wie verhält sich namentlich die Retina ? Die Untersuchungen sind über diesen Punkt nicht zu einem Ab- schlusse gekommen. Es ist leicht nachzuweisen, bei welcher Capacität jede Wirkung einer Entladung verschwindet; es ist aber höchst schwierig zu sagen, ob es eine Lichtempfindung ist. Der Versuch wird in folgender Weise angestellt. Versuch 23. Anode 100°? auf Nacken. Frontalelectrode von 12° Länge und 5,9° Breite. 7 Volts = 3 MA. R —= circa 2333 Ohms. Die erste Empfindung tritt auf bei Spannung. Capacität. Quantität. KS AS KS AS un udn, 70 Volts 0,008 Microfarad 0,560 Microcoulomb 63 0,009 0,567 56 0,010 0,015 0,560 0,840 49 0,011 0,016 0,439 0,784 42 0,013 0,019 0,546 0,798 35 0,016 0,022 0,560 0,770 28 0,019 0,028 0,582 0,784 21 0,025 0,087*) 0,595 0,747 14 0.045 0,069 0,630 0,966 7 0,115 0,124 0,805 0,868 5,6 0,165 0,260 0,924 1,456 42 0,310 0,345 1,302 1,449 2,8 0,460 0,500 1,288 1,400 *) Erste unzweifelhafte Lichtempfindung, bei der Anode 21 Volts, 0,037 Ca- paeität, somit 0,777 Mierocoulomb. 55] — 5 — Es zeigt sich, dass bei dieser Versuchsanordnung die erste Em- pfindung ungefähr bei gleichen Capacitäten resp. Quantitäten eintritt, wie die Contraction eines Muskels. Aber die Natur dieser Empfindung ist schwer zu definiren. Bei der Entladung von 70 Volts mit einer Capacität von 0,007 empfand ich nichts; ich konnte nicht sagen, ob die Entladung statt- gefunden habe. Bei 0,008 dagegen verspüre ich bei jedem Strom- schluss etwas, kann aber entschieden nicht unterscheiden, ob es eine kurze, leichte Contraction der Frontalmusculatur, eine Lichtempfindung oder eine Reizung der sensiblen Nerven ist. Im gleichen Zweifel bleibe ich während der ganzen Versuchsreihe; ich kann nur sagen, ich em- pfinde etwas oder nichts. — Erst bei 21 Volts und bei 0,037 Micro- farad, resp. 0,777 Microcoulomb gibt die Anodenschliessung (auf Stirne) eine wahre Lichtempfindung, das Wetterleuchten, aber ohne dass ich im Stande wäre, etwa die Farbe zu unterscheiden. Dieselbe undeutliche Licht- empfindung geben auch die niederen Spannungen bei zunehmender Quantität. Ich kann hier auch die Spannung mehr verringern als beim motorischen Nerv. Die Empfindung tritt noch auf bei 2 Leclanches, also bei 2,8 Volts und 0,460— 0,500 Microcoulomb. — Die Zahlen der Quantität sind hier auch viel unsicherere als beim motorischen Nerv, weil die Controlle eine subjective ist, weil es sich um Sensationen, um äusserst schwache Eindrücke handelt, bei welchen man sich oft [ragen muss, ob man etwas verspürt habe oder nicht. Ganz analoge Ergebnisse gibt der folgende Versuch. Die Ver- suchsperson war ein 23 J. alter cand. med. Sie empfand die gleichen Schwierigkeiten wie ich, um die Sensation zu definiren. Versuch 24. : Anode 100° auf Nacken. Kathode an der Stirne. 7 Volts = 5,5 MA, also R— circa 1272 Ohms. 1 El. resp. 1,4 Volts gibt, bei 0,5 Stromstärke, eine starke Lichtempfindung mit Brennen an der Haut. Erste Wahrnehmung der Condensatorentladung bei ne [56 Spannung. Capaeität. Quantität. KS AS KS AS 70 Volts 0,005 MF 0,359 MC 0,680 63 0,005 0,315 0,567 56 0,006 0,090 0,336 0,504 40 0,007 0,010 0,348 0,490 42 0,008 0,013 0,836 0,546 35 0,009 0,015 0,815 0,525 28 0,011 0,018 0,308 0,521 21 0,018 0,0297 0,878 0,567 14 0,024 0,034 0,336 0,486 7 0,055 0,108 0,385 0,721 5,6 0,078 0,127 0,436 0,711 3,2 0,138 0,212*) 0,579 0,890 2,8 0,314 0,579 0,879 1,681: Hier ist die Constante sozusagen = der Ladungsquantität. Die Reaction ist die eines Galvanometers. Die Retina (oder die sensiblen Nerven des Kopfes?) reagirt auf sehr niedrige Spannungen (2,8), ja galvanisch auf 1,4 Volt. Der Fall tritt hier ein, dass die unwirk- same Quantität eine minimale wird, darum genügt es, die Capa- cität so weit zu vergrössern, dass das Sinken der Voltspannung com- pensirt werde, d. h. dass die Quantität die gleiche bleihe. Der Begriff der wirksamen Quantität, den wir beim motorischen Nerv aufstellen mussten, fällt hier sozusagen weg. ähnlich wie beim Galvanometer, Diese Sensationen sind aber undeutliche und man kann nicht sicher sagen, ob die Retina dabei im Spiele ist. Vielleicht hat die Sensation ihren Sitz in den Trigeminusendigungen. Immerhin ist das Resultat interessant, dass es für diesen Versuch nahezu rein auf die Ladungs- quantilät ankommt, wie beim Galvanometer. Ich machte noch darüber einige Versuche mit grösseren Conden- satoren, aber auch ohne Erfolg, wie aus folgendem Beispiel ersichtlich. Versuch 25. Anode Nacken. Rundliche Kathode auf das rechte Auge. Mit 4 El. = 1,4 Volts galvanisch geschlossen, gibt die KS eine undeutliche Lichtempfindung mit leichten zickzackförmigen Linien an der Peripherie, sofort nachher Verdunkelung des Gesichtsfeldes, *) Erste sichere Lichtem pfindung. 57] et Die AS gibt eine mehr diffuse Lichtempfindung. Der Gonden- salor von 7 Microfarads und 1,4 Volt gibt eine weit schwächere Em- pfindung ohne Unterschied zwischen Kathode und Anode. Mit 2 El., resp. 2,8 Volts galvanisch, habe ich eine stärkere Lichtempfindung, ebenfalls mit ziekzackförmigen Linien bei KS und diffuses Licht bei AS. Der Condensator gibt ebenfalls schwächere Empfindung ohne Unterschied zwischen K und A. Mit 3 El. resp. %,2 Volts galvanisch. Starke Lichtempfindung mit geschlängelten Linien für die Kathode und einfache Lichtempfin- dung für die Anode. Der Condensator mit 7 Microfarads gibt ebenfalls schwächere Empfindung, die für Kathode und’ Anode verschieden ist, ohne dass Man den Unterschied recht beschreiben könnte. Mit 4 El. resp. 5,6 Volts gibt die Kathode galvanisch starke Lichtempfindung mit geschlängelten Linien, Verdunkelung des Gesichts- feldes. Die Anode gibt eine deutlich blaue Lichtempfindung. Der Gon- densator gibt noch immer schwächere Empfindung ohne sicheren, de- finirbaren Unterschied zwischen beiden Polen. Die Dauer einer Condensalorentlladung ist auch bei geringer Voltspannung und grosser Gapacität von 7 Microfarads nicht lang genug, um die blaue Farbe bei Anodenschliessung zu geben. Ueberhaupt ist die Wirkung der Entladung auf die Retina viel schwächer, undeutlicher als die Wirkung des galvanischen Stromes. Weit interessanter und practisch wichtiger war für mich die Frage: Wie verhalten sich. gegenüber Condensatorenentladungen, die Musken im. Zustande der Entartungsreaction? Es war mir leider nicht möglich, in letzter Zeit eine grössere Anzahl von Lähmungen aufzutreiben, wo die Reaction in oplima forma vorhanden gewesen wäre. Ich wage es daher nicht, die Resultate, die ich namentlich bei Untersuchung eines Falles von traumatischer Lähmung erhielt, zu verallgemeinern. Ich darf nicht behaupten, dass ähnliche Reactionen bei allen Füllen von EAR vorkommen, obgleich ich geneigt bin, es anzunehmen. — Ich gebe hier die abgekürzte Krankenge- schichte dieses Falles mit eingehender Beschreibung der electrischen Reactionen. Der 41 Jahre alte Zimmermann 8. wurde mir zur elektrischen Untersuchung zugeschickt, 9 Wochen nach Luxation der linken Schulter. bl — [58 Die Reduction halte ohne erhebliche Gewaltanwendung stattfinden können. Es blieb aber eine Lähmung aller 3 Armnerven zurück. Bei der 9 Wochen nach der Verletzung vorgenommenen Unter- suchung zeigte sich eine ausgesprochene Atrophie fast sämmtlicher Muskeln der linken öberen Kixtremität. Der Umfang des Oberarms beträgt in der Mitte 23,5 °, rechts 25 ®e. Der Vorderarm misst im grössten Umfang links 24, rechts 27. Der Deltoideus ist hochgradig atrophisch, ebenso Triceps und die ganze Muskulatur des Vorderarms. Verschont blieben nur die vom Musculo-cutaneus versorgten Muskeln, Goraco-brachialis, Biceps und Brachialis internus. In allen 3 Armnerven, Medianus, Ulnaris und Ra- dialis war die willkürliche Bewegung aufgehoben. Verschieden waren aber die electrischen Reactionen der Muskeln. Der atrophische Deltoideus reagirt in keiner Weise auf den maxi- malen faradischen Strom meines sehr kräftigen Inductionsapparates (Secundäre Spule von 10,000 Windungen, getrieben durch 2 Zinkkohlen- Elemente). Er reagirt galvanisch mit unzweifelhaft träger Contraction, KSZ 8 Volts und 1,2 MA. ASZ 11,2 Volts und 5,5 MA. Es besteht also EAR, aber ohne Umkehrung der Zuckungsformel ASZ < KSZ. Derselbe Muskel reagirt aber auch auf die KS des Condensators, aber bei viel höheren Gapacitüten wie der normale Muskel. Die erste KSZ tritt auf bei: Versuch 26. Spannung. Capaeität. Quantität. —— TEE ART ETTERTTREET 70 Volts 0,125 Microfarads 7,350 Microcoulombs 63 0,120 7,560 56 0,190 10,640 49 0,290 14,210 42 0,600 25,200 35 2,000 70,000 28 3,500 98,000 21 5,000 105,000 14 ohne Wirkung 8,000 112,000 Vergleichen wir mit den Reactionen den rechten Deltoideus, Hier tritt die 1° KSZ ein bei 59] ee, Spannung. Capacität. Quantität. wunenı a 60 Volts 0,005 Microfarads 0,350 Microcoulombs 63 0,006 0,378 56 0,007 0,392 49 0,008 0,392 42 0,009 0,378 35 0,011 0,385 28 0,014 0,392 21 0,014 0,441 14 0,040 0,560 12,6 0,047 0,592 11,2 0,055 0,616 9,8 3 0,074 0,725 3,4 0,150 1,260 7,0 0,500 3,500 5,6 0,700 3,900 Beim rechten Deltoideus tritt die galvanische KSZ hei 5,6 Volts und 0,9 MA ein. Vergleichen wir diese Resultate, so ist der Unterschied ein ganz auffallender. Die galvanische Erregbarkeit dieses Muskels in Entartungsreaction ran ist nur etwas herabgesetzt, KSZ links 1,2, rechts 0,9. Dagegen wirken Condensatorenentladungen nur bei enorm viel grösseren Capacitäten, resp. Quantitäten, auf den kranken Deltoideus. Auf der. gesunden Seite genügen Quantitäten von 0,350 bis 3,920 Microcoulombs und zwar letztere Zahl bei der sehr geringen Spannung von 5,6 Volts! Auf der kranken Seite sind aber Quantitäten von 7,350 bis 105 Mierocoulombs erforderlich! Bei 8 Mierofarads und 44 Volts resp. bei 112 Microcoulombs tritt keine Reaction ein, während der $alvanische Strom schon mit 7 Volts wirkt. Ein Condensator von 3 Microfarads genügt hier nicht, um durch Entladung die Zuckung bei gleicher Voltspannung zu erreichen, wie beim galvanischen Strom. Der Widerstand auf der kranken Seite war circa 5000 Ohms. Das letzte galvanisch wirksame Potential 7 Volts. Wir besitzen alle ur Berechnung der Entladungsdauer nöthigen Zahlen. Die Entladung von 70 Volts hatte eine Dauer von 1209 Mil- liontel Secunde, etwas mehr als Y/ıooo Secunde. Die Entladung von 21 Volts erreicht die Dauer von 27279 Milliontel, resp. nahezu °/ıoo Secunde. BO [60 Die Entladung von 11 Volts erreicht eine Dauer von 27730, also auch ®/ıoo einer Secunde und hat keine Wirkung, obgleich der galvanische Strom schon bei 7 Volts wirkt. Beim gesunden Muskel genügt eine Entladungsdauer von 70 bis 261 Milliontel Secunden. Der Kranke Deltoideus, welcher also auf die schnellen Unter- brechungen (etwa 40 in der Secunde) des Inductionsapparates in keiner Weise antwortet, reagirt auf galvanische Ströme nahezu wie ein nor- maler Muskel. Er reagirt auch auf grosse Capacitäten des Condensators, d. h. auf Entladungen, deren Dauer "/ıooo bis ®/ıoo Secunden beträgt. Derselbe Muskel reagirt aber auch sehr deutlich auf langsame Unterbrechungen des Inductionsstromes (circa 30 in der Minute). Die Contraction ist zwar schwach, tritt erst bei 7 Cent. Rollenabsiand ein und mil einem Apparat von grosser Voltspannung. Die Zuchung bleibt eine träge. sowohl bei der galwanischen Zuck- ung, wie bei den durch Condensatorenentladungen oder Inductions- strom hervorgerufenen Contractionen. Ebenso reagirt der kranke Del- toideus sehr energisch auf die Ströme eines Telephoninductors (Läut- vorrichtung der schweizerischen Telephonanlagen). Bei diesem Magnet- induchionsapparat finden keine Stromunterbrechungen statt, kein Exira- courant, sondern nur alternirende Ströme von relativ geringer Spannung, aber entsprechend längerer Dauer. Uebereinstimmende Resultate geben andere Versuche auf dem gleichen kranken Deltoideus. Versuch 2%. Anode auf Nacken. Kathode auf Deltoideus. A! KSZ galvanisch bei 4 El, resp, 5,6 Volts und 1,1 MA. Widerstand —= circa 5000 Ohms. Die Entladung wirkt bei Spannung. Capaeität. Quantität. 70 Volts 0,110 Mierofarads 7,700 Microcoulombs, 63 0,200 12,600 56 0,300 16,800 15,4 8,000 124,200 Aehnliche Resultate gibt die Prüfung der Fxtensoren am Vor- derarm. Versuch 28. Anode auf Nacken. Kathode auf Extensoren. 5 Elemente resp. 7 Volts geben 0,7 MA, also R= circa 10,000 Ohms. 6 ” „ 84 5 ehe ee ” 1,636 2) 7 ” ” I „ 1,5 „ er) 6,533 „ 8 2% ”» 11,2 ” ” 1,8 ” „ v == ” 6,222 ” 61] ee Diese 8 Elemente geben auch eine deutliche träge Zuckung, sie tritt aber auch ein bei 7 Elementen. 1° KSZ, also bei 9,8 Volts und 1,5 MA. Die Gondensatorentladung von 8 Microfarads bringt die minimale Zuckung mit 19 Elementen resp. 26,6 Volts, also bei einer (Quantität von 212,8 Microcoulombs. Bei der Annahme des unwirksamen Po- tentials = 9 Volts gibt die Berechnung der Entladungsdauer (Wider- stand 6500 Ohms) 56361 Milliontel Secunde, resp. circa ?/ıoo Secunde. Versuch 29. Anode auf die. Vorderfläche des Handgelenks, um Stromschleifen im nicht gelähmten Biceps zu vermeiden. Kathode auf die Exten- soren, speciell auf den Ulnaris externus. {te KSZ bei 8 Microfarads und 22 Elementen, resp. 30,8 Volts, also bei einer Quantität von 246,’ Microcoulombs. Die 22 Elemente geben eine Intensität von 11 MA, folglich ist der Widerstand für diese Stromstärke circa 2800 Ohms. Die erste galvanische KSZ tritt aber schon ein bei 140 Elementen, resp. 14 Volts ünd 2,1 MA. R—= 6666 Ohms. Bei diesem Widerstand und Annahme des unwirksamen Potentials 13,5 Volts, ergibt die Berechnung der Dauer der Entladung 56 Milliontel Secunden. Die Extensoren sind übrigens nicht sehr krank ; sie reagiren noch auf den faradischen Strom mit schnellen Unterbrechungen bei 80mm Rollenabstand, noch besser aber auf die langsamen Unterbrechungen. Hier tritt die Zuckung auf den Oeffnungs- Inductionsstrom schon bei 99mm RA ein. Bei 48mm RA ist die Contraction . doppelte. (Schliessungs- und Oeffnungsinductionsschlag.) Bei KA) gibt die langsame Unterbrechung eine so starke Gontraction, dass die Hand bis zur Horizontale gehoben wird. Mit raschen Unterbrechungen (Neef’scher Hammer) ist bei RA— 0 die Wirkung erheblich geringer. Interessanter sind die electrischen Reactionen bei den am stärk- an befallenen Thenarmuskeln. Der Medianus am Handgelenk reagirt In keiner Weise, weder auf Inductionsstrom , noch auf galvanischen Strom. Die Erregbarkeit von Nerven aus ist aufgehoben. a Lnmiisohn T an auch au den engen mit a n erbrechungen, hei RA —.0 nicht. bie: faradische Erreg- en m Muskel aus ist ebenfalls erloschen (für schnelle Unter- gen). ee a die Kathode des Oeifnungsinductionsstrotas bei lang- ed Hi rechung und hei KA —— 0 eine deutliche: Contraction. st aber schwach und tritt nur bei den ersten Schlägen auf. Die ee [62 Erregbarkeit sinkt aber sofort und nach etwa 3—5 Schlägen bleibt jede Wirkung aus. Weit besser wirkt aber die Anode des Oeffnungs- inductionsstromes: Die Zuckung ist nicht mehr eine fihrilläre, sie bringt den Daumen in Adduction und Opposition, und die Zuckung ist deutlich träge. Die faradische Erregbarkeit vom Muskel aus ist also für langsame Unterbrechungen erhalten, wenn auch abgeschwächt. Sehr deutlich ist dabei das Vorwiegen der Anodenzuckung; sie wirkt schon bei 35Wm RA ; bei eingeschobenen Rollen ist sie doppelt (Schlies- sungsinductionsstrom). Endlich ist sie träge. Ebenso reagiren die Thenarmuskeln im Zustande der completen EAR auf Condensatorent- ladungen, aber erst bei sehr grossen Capacitäten. So ergibt: Versuch 30. 4te KSZ bei: Spannung. Capacität. Quantität. 70 Volts 6,0 Microfarads 420,0 Microcoulombs 63 8,0 504,0 Auch hier ist Vorwiegen der Anode bemerkbar. Die ASZ tritt ein bei: 56 Volts 7,5 Microfarads 4%8 Microcoulombs. Auf der gesunden Seite tritt die Contraction ein bei: 70 Volts 0,009 Microfarad 0,630 Microcoulomb. Versuch 31. KSZ bei 70 Volts, 7 Microfarads und 490 Microcoulombs Asia 10, 0 „ „350 y Versuch 32. KSZ bei 70 Volts, 6 Microfarads und 420 Microcoulombs BE „280 > Versuch 33. KSZ bei 70 Volts, 8 Microfarads und 560 Microcoulombs ASZ 10 8 „ „380 „ Die Versuche habe ich noch öfters wiederholt. Sie ergaben an verschiedenen Tagen etwas verschiedene Zahlen, wie dies bei täglich wiederholten Versuchen unvermeidlich ist. Ueberall erhellt aber die gleiche Thatsache : 33] — 63 — Die Thenarmuskeln im Zustand der completen EAR. reagiren mit träger Zuckung und mit bedeutendem Vorwiegen der Anoden- zuckung, sowohl auf einzelne Schläge des Inductionsapparates (Schliess- ungs- und Oeffnungsstrom). als auf Gondensatorenentladungen von grosser Quantität. Die Quantität muss circa 1000 mal grösser sein als bei normalem Muskel. Ebenso reagiren diese Muskeln auf den Strom des Telephoninduetors und zwar mit effecwollem Tetanus. Versuch 34. Traumatische Lähmung des Radialis am Oberarm. — Leichtere Form der completen EAR in Heilung begriffen. Untersuchung 2 Monate nach der Laesion. Der Radialis reagirt auf Inductionsströme (mit schnellen oder langsamen Unterbrechungen) nicht sicher ; die Beobachtung ist aber ge- stört durch die starken Contractionen der gesunden Muskeln. Dagegen reagirt der Radialis auf galvanische Ströme von 2 Milliamperes. Die noch vollkommen gelähmten Extensoren reagiren ! 1. Auf die raschen Unterbrechungen des Inductionsstromes bei on einem Rollenabstand von 11,5 c. ASZ ganz wenig > KSZ. | 2. Auf die langsamen Unterbrechungen des Inductionsstromes | Schon bei 12,2 c RA. ASZ ebenfalls leicht > KSZ bei gleichem RA. | 3. Auf galvanische Ströme, KSZ bei 1,8 MA und 7 Volts. ASZ..0 ED 510,00, ". Auf Condensatorenentladungen bei Spannung. Capacität. Quantität. | 70 Volts 0,190 MF 13,300 MC : 42 0,900 41,580 28 7,000 196,000 Anodenschliessungszuckung ebenfalls ganz leicht > KSZ. Der Widerstand ist in diesem Falle circa #000 Ohms. Galvanisch | wirken noch 4 El. resp. 5,6 Volts und doch genügt die grosse Capacität | von 7 Microfarads nicht, um die Entladung von 5,6 Volts (galvanisch wirksame) wirksam zu machen. — 64 — [64 Die Hauptergebnisse dieser Untersuchungen lassen sich in folgender Weise resumiren: 1. Die Condensatorenentladungen eignen sich sehr gut zur Reizung der Nerven und Muskeln. Dank ihrer kurzen Dauer geben die Entladungen die reine Zuckung ohne Schmerz, ohne electrolytische Wirkungen. 2. Ein Condensator von der Capacität 1 Microfarad gibt die minimale Zuckung bei gleicher Elementenzahl, wie der galvanische Strom.*) Die Wirkung der Entladung ist also die gleiche, wie die des galvanischen Stromes, wenn der Con- densator die gleiche Spannung hat, wie der Strom, d. h. wenn die Ladungsquantität so viel Microcoulombs beträgt, als der Strom Volts zählt. 3. Doch gilt dies nur für geringe Voltspannungen, nament- lich für die niederste Voltspannung, welche galvanisch die minimale Zuckung gibt. Bei grösserer Voltspannung tritt die Ueberlegenheit des Stromes gegenüber der Entladung wieder hervor, indem der Strom nicht nur bei der Schliessung, son- dern auch während seiner Dauer wirkt (Kathodenschliessungs- tetanus). Die Entladung dagegen ist immer kurzdauernd und kann nicht tetanisiren. 4. Bei geringerer Capacität als 1 Microfarad wird die Wirkung einer Entladung beeinträchtigt. Sinkt sie auf 0,004 Microfarad, so bleibt jede Wirkung aus, auch wenn die La- dungsbatterie eine Spannung von 70 Volts hat. 5. Die Minimal-Zuckung kann bei jeder (galvanisch wirk- samen) Spannung eintreten, sowohl bei 7 als bei 70 Volts. Ist die Spannung gross, so darf die Capacität resp. Quantität sehr klein sein. Ist die Spannung geringer, so muss der Condensator mehr Capacität haben, d. h. mit grösseren Quan- titäten geladen werden. 6. Die Nothwendigkeit, bei abnehmender Voltspannung die Ladungsquantität zu vermehren, hat ihren Grund in der eigenthümlichen Form der Entladung. Der Verlauf der Ent- *) Der Vorschlag von Bondet in der Bleetrotherapie einen Condensator von 1 Microfarad zu benutzen, erweist sich somit als ganz zweckmässig. ee ladung bringt es mit sich, dass ein guter Theil der Electri- eitätsmenge unter zu geringem Potential abfliesst. Je geringer die Voltspannung ist, desto grösser ist die Menge, die physio- logisch unverwerthet bleibt. 7. Berechnet man die wirksame Quantität, so zeigt sich, dass der Nerv, resp. Muskel auf eine Quantität von 0,280 bis 0,560 Microcoulomb reagirt. 8. Die Dauer der Entladung ist eine sehr kurze. Bei 70 Volts ist die Dauer 70, bei 9,8 Volts 261 Milliontel Se- cunden. Die Verlängerung der Dauer von 70 auf 261 genügt, um die Entladung von 9,8 Volts ebenso wirksam zu machen, wie die Entladung von 70 Volts. Beide Entladungen geben die gleiche minimale Muskelzuckung. . 9. Kranke Muskeln im Zustande der Entartungsreaction teagiren ebenfalls auf Condensatorenentladungen (mit Vor- wiegen der Anodenschliessungszuckung, wenn diese Erschei- nung für den galvanischen Strom eintritt). Die Quantität muss aber eine viel grössere sein, als beim normalen Muskel, eirca 1000 Mal grösser. 10. Während gesunde Muskeln auf Entladungen reagiren, deren Dauer etwa "/ıoooo Secunde beträgt, bedarf der kranke Muskel einer Entladungsdauer von circa 1/ıooo bis 5/1oo. Es versteht sich von selbst, dass diese Zahlen nur auf unsere Versuche passen und keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit machen können. Diese Versuche müssen wiederholt und vervollkommnet werden. Ich glaube aber, dass sie geeignet sind, verschiedene für die Physiologie und Electrotherapie wichtige Fragen ihrer Lösung nahe zu bringen. Mein Zweck ist erreicht, wenn es mir gelingt, die Aufmerksamkeit der Collegen auf die Condensatoren zu lenken. —— | 5 Th. Studer. Ueber Säugethierreste glacialen Ablagerungen des bernischen Mittellandes. (Vorgetragen in der Sitzung vom 14. Januar 1888.) Die Geröll- und Lehmablagerungen, welche die Gletscher de Diluvialzeit in unserm Mittellande zurückgelassen haben, sind bekannt- lich sehr arm an Thierresten. Es mag dieser Umstand zum Theil damit zusammenhängen, dass sich das Material, welches die Ablagerungen bildet, sehr schlecht zur Gonservirung von Knochen und anderen thie- rischen Hartgebilden eignet, andrerseits damit, dass zur Zeit der grossen Ausdehnung der Gletscher am Nordfusse der Alpen, die Thiere mehr oder weniger verdrängt wurden und sich auf die über das Eismeer hervorragenden Felseninseln oder den eisfreien Rand der Gletscher beschränken mussten. Und doch müssen uns Funde von Thierresten der Diluvialzeit ungemein wichtig sein, da dieselben uns allein den massgebenden Anhaltspunkt verschaffen, in welche Zeit wir die Ablagerung zu verlegen haben ; ist doch ein bedeutender Unter- schied in der faunistischen Zusammensetzung, namentlich der Säuge- thiere, zwischen der älteren Glacialzeit und der jüngern wahrzunehmen. Die Funde, welche bis dahin in unsrem Mittellande gemacht wurden, sind folgende: Reste von Murmelthieren und zwar der noch heute die Alpen bewohnenden Arctomys marmotta L. fanden sich im Glacial- ey Kies von Niederwangen, der Felsenau bei Bern, von Gümligen, Zimmer- wald, Sinneringen, Schüpfen, Fraubrunnen, Grafenried, Niederwangen, Burgdorf (S. Rütimeyer, Ueber die Herkunft unserer Thierwelt, eine zoo- geographische Skizze. Basel und Genf. 1867, pag. 50, und Bachmann, Murmelthierreste im Gletscherschutt. Mittheilungen d. naturf. Ges. in Bern. 1883, 2, Heft, pag. 27.), von Dachs, Meles taxus L. im Gletscher- Schutt vom Längenberg bei Bern. Reste von Elephanten sind in unsrer Gegend hin und wieder angeiroffen worden; über den Fund eines Stosszahnes am Ramis- berg bei Sumiswald berichtete unlängst Herr Professor Dr. Baltzer, (S. Mittheilungen d. Bern. Naturf. Ges. 1885. pg. 189), ein Backzahn, welcher unzweifelhaft dem Elephas primigenius gehört, fand sich in einer Gletscherablagerung, bei der Bundesgasse in Bern, ein Stosszahn in einer Kiesgrube bei Rapperswyl, bei Affoltern, ein stark gerollter Radius in einer Kiesgrube bei der Neubrücke. (S. Bachmann, Ueber die in der Umgebung von Bern vorkommenden versteinerten Thier- "este. Bern. 4867.) Bei keinem der Elephantenreste, mit Ausnahme des in Bern gefundenen Backzahnes, lässt sich mit Sicherheit be- Stimmen, ob er von dem älteren Elephas antiquus oder dem jüngeren E. Primigenius herstamme, so dass dieselben für Bestimmung des Alters der Ablagerung weniger Werth haben. In neuerer Zeit haben Nun zwei Kiesgruben der Umgebung Säugethierreste geliefert, welche zunächst das Verzeichniss unsrer Diluvialfauna um drei Arten vermehren, zugleich auch das Alter der betreffenden Glacialablagerung mit einiger Sicherheit kennzeichnen. Die erste liegt in der Nähe des Dorfes Rapperswyl im Amte Aarberg, links von der nach Büren führenden Strasse zwischen dem genannten Orte und dem Dorfe Wengi. Die sehr Ausgedehnte Grube ist in einem mächtigen Lager von fluvioglacialem, Verwaschenen Kies angelegt, der aus faustgrossen und kleineren Ge- Schieben mit dazwischen liegenden Sandlagern besteht, Schon in früherer Zeit wurde hier das Fragment eines Stoss- zahnes vom Elephanten gefunden, das in die Sammlung von Herrn Dr. Uhlmann in Münchenbuchsee kam und gegenwärlig dem Museum - Bern gehört. Ferner übermachte mir Herr Dr. Uhlmann vor einigen Jahren eine Anzahl Pferdezähne, welche dieser Kiesgrube entstämmten. H Sind vier Backzähne aus dem Unterkiefer eines ziemlich Kleinen Pferdes, der Form des Equus caballus angehörend, die in der Grösse Mt denen des Pferdes aus der Höhle von Thayngen übereinstimmen, dagegen solchen des Pferdes von Solutr& an Grösse nachstehen. Herr BE eh Dr. Uhlmann theilte mir zur Erläuterung der Fundstelle eine Profil- zeichnung mit, wonach die Zähne 34° tief im Kies und 51’ tief unter der Oberfläche begraben lagen. Am 14. Februar 1885 fand während der Arbeiten in der Grube der Grubenmeister Johann Ruchti in 30 Fuss Tiefe -den Unterkiefer eines jungen Rhinoceros tichorhinus. Die Leute waren über den Fund so verwundert, dass sich der glückliche Finder von den Augenzeugen die Sache bescheinigen liess. Die Bescheinigung lautet: «Den 14. Februar 1885 waren die Unterzeichneten Augenzeugen, dass der Grubenmeister Johann Ruchti in der Kiesgrube zu Rappers- wyl circa 30 Fuss tief unter Grien in einer Sandschicht den Unter- kiefer eines grossen Thieres gefunden, in welchem sich noch eigen- (hümliche Backenzähne befinden». Dies bescheinigen folgende damals gewesene Grubenarbeiter von Wengi. Datum der Unterschriften, den A. März 1885. Johannes Kämpfer. Jakob Beer. Bendicht Hofer. Gotifried Bangerter, Joh. Hauert.» Herr Joh. Hauert aus Rapperswyl brachte den Kiefer nebst Zeug- 4 niss nach Bern und stellte beides in verdankenswerther Weise dem Museum zur Verfügung. Der Kiefer stellte sich heraus als die rechte Unterkieferhälfte eines jungen Rhinoceros tichorhinus. (S. darüber Studer, Sitzungsber. d, naturf. Ges, Bern. 1885. pag. IX.) Der Kiefer ist vom Winkel bis zum Incisivrand 35 cm. lang. In dem wenig verbreiterten, ganz erhaltenen Incisivlöffel bemerkt man zwei fast verstrichene Alveolen.*) Von den Backzähnen sind vier voll- kommen aus den Alveolen getreten und zeigen Abnutzung. Der vordere kleine Praemolar ist noch vorhanden. Der fünfte Backzahn hatte noch nicht das Zahnfleisch durchbrochen, seine Krone ragt nur wenig über den Alveolenrand hervor und zeigt noch keine Spur von Abnutzung, vom sechsten Molar ist nur die aufgebrochene Alveole zu erkennen. In letzter Zeit brachte nun Herr Joh. Hauert einen zweiten Fund aus dieser Kiesgrube, in einer Tiefe von 50 Fuss in einem Lager *) Das Vorhandensein von kleinen hinfälligen Schneidezähnen im Milch- gebiss von Rhinoceros tichorhinus wurde zuerst von Giebel, Bronns Jahrb. 1848 pag. 28, und von Brandt, Bullet. Acad. St. Petersb. VII. p. 305 constatirt. on von Kies und Sand entdeckt. Es ist dieses der untere Theil der Ge- weihstange eines Rennthieres. Trotzdem, dass nur die schwach ent- wickelte Rose, die Augen- und Eissprosse in ihren Ursprüngen er- u halten sind, lässt sich doch die Art daran leicht erkennen. Der Augen- Spross ist schwächer als der Eisspross, entspringt unmittelbar über der Rose und biegt sich nach vorn und unten. Die Basis des Eissprosses ist breit, abgeplattet und in ihrem erhaltenen Theil viel stärker als der Augen- spross, ferner nach aussen sich ansetzend gegenüber dem Augenspross. Die Stange ist von der Basis an stark nach hinten und aussen ge- bogen und 11 cm. über dem Eisspross abgebrochen. Beim Edelhirsch {ritt bekanntlich der cylindrische Eisspross erst bei dem Zehnender auf und dann ist der Augenspross viel stärker und namentlich die Rose kräftiger entwickelt, als es hier der Fall ist. Unser Museum be- sitzt ein Rennthiergeweih aus Lappland, welches in seinem Anfangs- iheil ganz die Verhältnisse unsres Fossiles zeigt. Das ganze Stangen- Stück hat eine Länge von 26,5 cm,, der Durchmesser der perlenlosen Rose 42 mm., der Stange über dem Augensprosse 36 mm. Am Ursprung des Eissprosses plattet sich die Stange etwas ab und liefert eine platte Basis des Sprosses, dessen Höhendurchmesser 29 nım. und dessen Breiten- durchmesser 15 mm. beträgt. Von den Rennthiergeweihen des Berner- Museums, 3 Paare und eine Einzelstange, zeigt die rechte Stange eines lappländischen Rennthieres ganz analoge Verhältnisse. Im Mai 1885 erhielt ich durch Herrn Pfarrer Kasser in Huttwyl, gegenwärtig Pfarrer In Könitz, eine grosse Säugethierpatella, welche 48° tief in einer Kies- grube von Glacialschutt bei Huttwyl gefunden worden war. Die ge- Nauere Untersuchung zeigte, dass wir es auch hier mit einem Knochen von Rhinoceros, wahrscheinlich R. tichorhinus zu thun haben und diese Vermuthung wird dadurch bekräftigt, dass kurz darauf in der- selben Schicht die Hufphalange eines Rennthieres gefunden wurde, Welche mir ebenfalls von Herrn Pfarrer Kasser gütigst mitgetheilt Wurde. Ueber dem Glacialschutt kommt bei Huttwyl eine lössartige Lehmbildung vor, in welcher platte Concretionen ähnlich den bekannten Lösskindchen lagen, von denen Herr Pfarrer Rasser Proben mitge- {heilt hat, Diese Funde verlegen nun die Ablagerung bei Rapperswyl, so- 11 wie den Gletscherschutt von Huttwyl in die spätere Glacialzeit. Das Auftreten des Rhinoceros tichorhinus, des Mammuths, des Rennthieres und des Equus caballus findet in Mitteleuropa in der späteren Glacial- zeit statt, alle drei haben die Glacialperiode noch überschritten. Renn- BE USESEMBTERUNETDERBETSERTRRE ER HTNTEE a) thier, Rhinoceros und Mammuth nebst Pferd, Moschusochse und grossen Katzen- und Bärenarten waren in Mitteldeutschland, Belgien und Frank- reich Zeitgenossen des Menschen. Innerhalb der Grenzen unseres Vater- landes finden wir in der Höhle von Thayngen neben menschlichen Artefakten die Knochen des Rennthieres, Rhinocerosses und Mammuthes, neben Pferd, Moschusochsen, Höhlenlöwen, Eisfuchs und Schneehasen (5. Rütimeyer, Veränderungen der Thierwelt in der Schweiz, Basel, 1875), und es ist sehr wohl möglich, dass, während bei Schaffhausen und in Schwaben der Mensch schon in Felsklüften seine Wohnstätte aufschlug und die flüchtigen Pferde und Rennthierheerden verfolgte, noch Gletscher unsre heimischen Thäler durchfurchten und ihre Mo- ränen über Bern vorschoben. Das Rennthier scheint übrigens noch länger bei uns ausgehalten zu haben, als die schwerfälligen Elephanten und Rhinocerosse. Die Höhlen des Saleve, die Felskluft der Grotte du Sc& über Villeneuve enthalten noch seine Reste in Gemeinschaft mit denen heutiger Alpen- thiere, so von Bär, Fuchs, Schneehasen und Schneehuhn; am Saleve mit denen von Steinbock, Gemse, Hirsch, Pferd, Murmelthier, Luchs, Dachs, Bär und den obengenannten. (S. Rütimeyer, Archiv f. Anthro- pologie. Bd. VI., Heft 4, pg. 59. H. de Saussure, Archives des Sciences de la Bibliothöque universelle 1870.) Das Rennthier scheint sich daher mit anderen arktischen Thieren. wie Schneehasen, Schneehuhn, mit dem allmählig zurückweichenden Gletscher in die Höhen der Alpen zurückgezogen zu haben, wo es aber, wohl wegen zu geringer Ausdehnung seines Nahrungsgebietes, das es noch mit Gemse und Steinbock und vielleicht auch mit dem Wildpferd (nach Strabo kamen Wildpferde noch zur Römerzeit in den Alpen vor) theilen musste, frühe verschwand. Es wäre daher wohl zu erwarten, dass in Höhlen der Alpen noch einmal seine Ueberreste zum Vorschein kommen werden. sa Th. Studer. Ueber die Arctomysreste aus dem Diluvium der Umgegend von Bern. (Theilweise vorgelegt in der Sitzung vom 21. Januar 1888.) “ Kurz nachdem das Vorige in Druck gegeben, erhielt ich durch Herrn Schnorf, Wirth im Restaurant der Station Zollikofen, die Nach- | richt, dass derselbe in einer Kiesgrube bei seinem Hause in 5 Meter Tiefe das Skelett eines kleineren Thieres gefunden habe. An Ort, und Stelle fand ich, dass es sich um das fast vollständige Skelett eines Murmelthieres handle, das in einer im Glacialschutt angelegten Kiesgrube, in gelblichem Sand eingebettet, gefunden worden war. Das Skelett wurde mir von Herrn Schnorf in verdankenswerther Weise x für das Museum überlassen, Die Fundstelle verhielt sich kurz folgender- massen. Beim Dorfe Zollikofen erhebt sich ein niederer Moränenwall, der einen waldbewachsenen Rücken darstellt. Er zieht sich bogen- förmig von Südwest nach Ost, um endlich im Südost zu verstreichen. Derseibe wurde für die von Bern nach Schönbühl führende Strasse, Sowie für das Eisenbahntrac& und das Stationsgebäude durchstochen, = den westlichen Abhang des Durchstiches lehnt sich die Restauration, hinter welcher der Besitzer eine kleine Kiesgrube angelegt hat. Hier zeigt sich, dass der der südlichen, concaven Seite des Wales entsprechende Theil hauptsächlich aus Blocklehm besteht. Bckige Blöcke und kleinere Geschiebe von hellem und dunklem Kalk, Niesensandstein, Gneiss, Nagelfluhgraniten liegen unregelmässig in einer Masse von grobem Sand und Lehm eingebettet. Die meisten Kalke zeigen zahlreiche unregelmässig sich kreuzende Gletscher- schrammen, am nördlichen, convexen Abhang sind die Geschiebe Kleiner und zeigen Spuren von geschichteter Lagerung und nesterarlige iD 0. Sandeinlagerungen. In einer solchen, von gelbem Sande umhüllt, in einer Tiefe von 5 Metern von der Oberfläche des Walles, lagen die Knochen beisammen, meist ganz, nur der Schädel war bis auf einen Unterkiefer und einen Oberkiefer gänzlich zertrümmert, einige Skelett- theile wurden auch beim Herausgraben zerbrochen. Die Knochen sind gelblich, spröde und kleben an der Zunge. Der Moränenwall scheint dem alten Rhonegletscher seinen Ursprung zu verdanken; auf demselben fand sich im Walde ein grosser Saussurit-Block. Nach Aussage von Herrn Schnorf lässt sich der Kies his 1 Meter unter das Niveau der Strasse verfolgen, von da stösst man auf Nagelfluh. Möglicher Weise ist es. die diluviale Nagelfluh, welche weiter südlich am Ufer der Aare und noch an der Strasse von der Tiefenau nach Zollikofen ansteht und dann bei Zolli- kofen von dem Moränenschutt überlagert wird. Was bei den gefundenen Murmelthierknochen vor Allem auffällt, sind die bedeutenden Dimensionen derselben gegenüber denen recenter Alpenthiere, Dasselbe gilt auch für die Schädel, welche an anderen Stellen des Landes im Diluvialkies gefunden wurden. Es liegt daher nahe, die Frage zu untersuchen, ob die diluvialen Murmelthierreste der schweizerischen Ebene dem Alpenmurmelthier, Arclomys mar- motta, oder einer anderen Art angehören. Nachdem zuerst Nehring (Zeitschr. f. d. ges. Naturw. ‘1876, Bd. 48, pag..: 231-—236) nachgewiesen, dass die Reste diluvialer Murmelthiere von Westeregeln dem Arctomys bobac Schreb., welches gegenwärtig noch die central-asiatischen und russischen Steppen be- wohnt, angehören, hat Hensel (Arch. für Naturg. 1879, 25. Jahrgang, 2. H., pag. 198 u. f.) die Frage über die Art der diluvialen Murmel- Lhiere Deutschlands auf’s Neue geprüft und vor Allem die osteologischen Unterschiede zwischen Bobac und Marmotta festgestellt. Er bestätigt, dass die Murmelthierreste von Westeregeln dem Bobac angehören und vermuthet, dass die von Liebe (Zool. Garten 1878) beschriebenen Murmelthierreste aus Gera in Ostlhüringen ebenfalls diese Art re- präsentiren. In neuerer Zeit untersuchte E. Schaeff (Arch. f. Naturg., 53. Jahrg., I. Bd., 1. H., pag. 118) Murmelthierreste aus dem Löss bei Aachen und von Unkelstein bei Remagen. Nach den von Hensel aufgestellten Skeletiunterschieden rechnet er diese zu Arctomys mar- motta, es zeichnen sich dieselben, wie die unsrigen, durch eine be- deutende Grösse aus. ae Die Hauptunterschiede, welche der Schädel des Bobac gegenüber dem von Marmotta zeigt, sind nach Hensel : grössere Breite zwischen den Jochbogen wie des Hinterhauptes; die Nasenbeine sind breiter, dagegen etwas kürzer. Der Stirnbeinfortsatz des Zwischenkiefers überragt beim Bobac nach hinten denjenigen des Oberkiefers, bei Marmotta erstrecken sich beide gleich weit nach hinten zu. Die Incisura supraorbitalis ist beim Bobac tiefer als bei Mar- motta. Die Processus postorbitales sind beim Bobac mehr abstehend, länger und schmäler, sich nach ihren Enden langsam und gleichmässig verschmälernd. Die Schläfenlinien gehen nach vorn in den hintern Rand des processus postorbitalis über, bei Marmotta steigen sie zunächst auf seine Oberseite, um dann erst, nach aussen zurückbiegend, in dem Rande zu verlaufen. Der obere Rand der Schläfenbeinschuppe verläuft, sich deutlich vom Schläfenbein abhebend, über dasselbe nach hinten zu. In der Tiefe des Thales, welches die Oberfläche des Schädels vor der Er- hebung der Crista oceipitalis etwa im Meridian der äusseren Grehör- öffnung bildet, nähern sich die Ränder der beiden Schuppen einander bis auf 16'/'; mm. Bei dem Bobac entfernen sie sich darauf wieder von einander, bis sie in einem gegenseitigen Abstande von 23 mm. auf der Höhe der Crista oceipitalis enden. Bei Marmotia entfernen Sich jene Ränder hinter der Stelle der grössten Annäherung nicht, oder fast gar nicht von einander. Das Foramen magnum ist beim Bohac viel breiter als hoch, bei Marmotta nur wenig breiter als hoch. Dazu fügt Schaeff (. c.) noch das Merkmal, dass die oberen Ränder der Augenhöhlen beim Bobac nach vorn convergiren, bei Marmotta annähernd parallel sind. Auf einen durchgreifenden und leicht zu eruirenden Charakter hat schon Nehring (1. c.) aufmerksam gemacht, nämlich, dass bei Bobac der vordere. Praemolar des Unterkiefers zweiwurzelig, bei Marmotta dreiwurzelig ist und dass bei letzterem an der Vorderseite des vor- dersten Praemolaren ein kleiner Höcker vorhanden ist, welcher dem Bobac fehlt. Diese letzteren Kennzeichen werden von den spätern Beob- achtern bestätigt. Endlich berichtigte Hensel den von Blasius (Naturg. d. Säugethiere Deutschlands, Bd. 1) durch ungenügendes Material ver- anlassten Irrthum, der von Brehm (Thierleben) wiederholt wurde, un wonach der Bobac kleiner als die Marmotla sein sollte und weisse Schneidezähne habe. Der Bobac hat, wie Marmotta, gelbe Schneide- zähne und erreicht durchschnittlich eine bedeulendere Körpergrösse als das Alpenmurmelthier. Es liegen mir vom diluvialen Murmelthiere des bernischen Mittel- landes folgende Reste vor: 1. Ein vollkommener Schädel mit Unterkiefer aus einer Kies- grube bei Schüpfen, Amt Aarberg, eben daher Schädeltheile und Extremitätenknochen. 2, Ein Schädel aus Grafenried, Amt Fraubrunnen, daneben Unter- kiefer, eine Ulna und zwei Femur. 3. Schädelfragmente und Extremitätenknochen eines jungen Thieres aus Gletscherschutt in der Felsenau bei Bern. 4. Zwei Schädel aus dem Gletscherschutt bei Zimmerwald, einer von einem alten Thiere und einer von einem jungen. 5, Ein Schädel von einem alten Murmelthier aus einer Kiesgrube im Steinhof bei Burgdorf, 6. Schädel ohne Unterkiefer aus einer Kiesgrube bei Gümligen. 7. Extremitätenknochen und Wirbel aus dem Glacialschutt von Niederwangen. 8. Fast sämmtiliche Skeleittheile und ein Unterkiefer aus Glacial- schutt bei Zollikofen. Im Ganzen 5 Schädel mit abgebrochenen Jochbogen, ausser einem, welcher vollständig erhalten ist; 3 Schädelfragmente und 6 Unterkiefer. Zur Vergleichung mit recenten Murmelthieren liegen mir vor: % Schädel von Murmelthieren aus Graubünden, 2 Schädel aus Glarus, % aus den Berneralpen, 1 Skelett aus dem Berner- oberland, Extremitätenknochen von % Murmelthieren aus Bern und Graubünden, 3 Skelette von erwachsenen Alpenmurmel- thieren und 3 Schädel aus der anatomischen Sammlung, zwei Schädel von Arctomys monax, bezeichnet als Arctomys empetra, ebenfalls aus der anatomischen Sammlung, Der grösste Schädel der recenten Murmelthiere stammt von einem Exemplar aus den Berneralpen mit einer Basilarlänge von 86 mm., bei andern ist die durchschnittliche Basilarlänge 82-—-85 mm. Bei den 5 fossilen Schädeln beträgt die Basilarlänge 87—92 mm. Vergleichen wir nun an der Hand von Hensels Angaben über den Schädel des Bobac und an dem recenten Material unsere fossilen Murmelthiere, so fallen zunächst äusserlich an denselben gewisse = Merkmale auf, welche ihre Schädel von allen mir zu Gebote stehenden unterscheiden. Abgesehen von der Grösse, in welcher sie die recenten Marmottaschädel übertreffen, fällt die breite, in der Mitte concave Stirn auf, welche sich nach vorn kaum verschmälert, so dass die Oberaugenränder nahezu parallel sind und nicht nach vorn conver- giren, die Gegend der Nasenwurzel erscheint erheblich breiter, als beim Alpenmurmelthier, ebenso erscheinen die Nasenbeine schon an der Wurzel breiter. Dieselben verbreitern sich dann nach vorn all- mählig, so dass die äusseren Ränder zwei gerade divergirende Linien bilden, während bei recenten Marmotlas dieselben sich gegen das Ende plötzlich mehr verbreitern und ihre Aussenränder dadurch nach aussen schwach concave Linien bilden. Die Nasenbeine krümmen sich gegen das Ende auch stärker abwärts und die Schnauze erscheint am Ende dicker. Bei den grössten recenten Murmelthieren hat die Schnauze in der Gegend des vorderen Randes der Nasenbeine eine Dicke von 20 mm., bei den fossilen: bei dem kleinsten Schädel 21 mm., bei einem grossen Schädel von Grafenried 25 mm. Ferner erscheint bei allen die Hinterhaupterista sehr stark entwickelt, ebenso die Scheitelerista und der hintere Parietaltheil des Schädels stark ver- tieft. Diese Charaktere geben dem Schädel, von oben betrachtet, eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Bobacschädel. Was nun die speciellen Charaktere betrifft, auf welche Hensel bei Vergleichung beider Arten Gewicht legt, so verhalten sich unsere diluvialen Murmelthiere folgendermassen. Bei dem einzigen Schädel, welcher noch Jochbogen besitzt, verhalten sich dieselben wie bei Marmotta. Der Stirnfortsatz des Zwischenkiefers überragt denjenigen des Oberkiefers um etwas bei den Schädeln von Grafenried, Schüpfen und Gümligen, bei zwei anderen sind beide Fortsätze gleich ent- wickelt. Bei recenten Schädeln von Marmotta ist der von Hensel angegebene Charakter, dass sich beide Fortsätze gleich weit nach hinten erstrecken, ebenfalls nicht constant. An 16 Schädeln zeigen 7 ein weiteres Vordringen der Zwischenkiefernath nach hinten wie beim Bobac, so dass dieser Charakter nicht mehr als unterscheidender betrachtet werden darf. Die Ineisura supraorbitalis verhält sich bei den fossilen Schädeln verschieden, bei vieren sind es tiefe schmale Einschnitte, bei dem Gümligerschädel nur seichte dreieckige Ausschnitte, wie bei den meisten recenten Schädeln von Marmotta, doch trifft man auch dort Solche, bei denen sie schmal, spaltförmig und seicht sind, so bei en einem aus der anatomischen Sammlung. Die Processus postorbitales entspringen mit breiter Basis an dem erhabenen oberen Augenrand und spitzen sich relativ rasch und gleichmässig zu, wie beim Bobac. Die Schläfenlinie geht bei allen, wie bei Marmotta, zuerst auf die obere Fläche des Hinterrandes des Processus postorbitalis. Das Verhalten der Schläfenlinien ist bei den fossilen Schädeln ganz das von Marmotta. Die obern Ränder der Schläfenbeine diver- giren nach hinten nicht, wie beim Bobac, sondern zeigen, wie bei Marmotta, eine Tendenz gegen einander nach der Crista oceipitalis zu convergiren. Das Hinterhaupt ist nicht mehr verbreitert als bei Marmotta und das Foramen occipitale nicht quer verlängert, sondern fast kreisrund. Das-Gebiss des Oberkiefers zeigt keinerlei Abweichung von dem der Marmotta, nur divergiren die Zahnreihen etwas mehr nach vorn und erscheint der harte Gaumen vor der Zahnreihe breiter und flacher. An allen Unterkiefern, 6 Individuen angehörend, besitzt der vorderste Praemolar 3 Wurzeln, zeigt also das Verhalten von Arciomys Marmotta: dagegen zeigt der entsprechende Milchzahn nur 2 Wurzeln. Unter allen mir vorliegenden Schädeln zeigt davon kein Unterkiefer eine Abweichung. Dagegen ist bei den fossilen Schädeln der vordere Höcker des Praemolars etwas schwächer entwickelt als bei recenten Thieren. Ueber die näheren Verhältnisse des Schädels gibt die nach- stehende Maasstabelle Auskunft. Die Maasse sind nach der von Hensel gegebenen Tabelle aufgenommen, nur habe ich zu den von ihm gewählten Maassen noch das der Stirnbreite vor dem Processus postorbitalis hinzugefügt. Dasselbe ist genommen in der Mitte zwischen Hinterrand von Processus postorbitalis und Incisura supraorbitalis. ! 2 j 2 : \ : : Aach 5 kelslai Recent. | Recent. Schädel | Fossil. Fossil. | Fossil. | Fossil. = x = an | A.marotta | A marotta nr z Tarrı | Grafenrisd , Burgdorf | Schüpfen |Zimmerwald| Gümligen R op a ” 3 (Maasse nach Hensel) | | 5 p 6 Schaeff Schaeft! pärnen Glarıs | Sehaeff & Hensel Basilarlänge . . . | 92 91 87 90 92 91—91,5 94 86 83 161 926 Scheitellänge . . - ı 102 99 98,5 | 100 103 205 104,5 98 94 |79,5— 104,4 Grösste Breite an den dochhogen . ..ı = == 60 = == —_ — 60 62 59—67 | Grösste Breite vor dem = Ansatz d. proc,postorb. 34 33 32 37 30 — — 32 30 = SI GrössteBreite d.Hinter- | Ban . . . 44 40 43 44 44 45 45,75| 483 48 50—67 Höhe des Hinterhauptes 28 28 25 29 26 — —_ 25 25 |25,5—29,8 Höhe des foramen : = Mann . 2. 31 11 10 it ri 10,6 -11 10 10 9 8—9,5 Breite des foramen mann ; 2. 1298| 411,51 1151 125) 12.11%,5-12%5., 12,0 12 ıt 12—13 Zöllikofen Länge des Unterkiefers | 73 72 66 en — 169,64 65,64 | 66 62 wong Was die übrigen Skelettknochen, von denen eine grosse Zahl vorliegen, betrifft, so fehlt mir leider das Material, hier das Bobac- skelett zur Vergleichung beizuziehen. Vorläufig kann ich nur con- staliren, dass im Allgemeinen die Knochen in ihrem Baue keine merk- liche Abweichung von Arctomys marmotta zeigen, nur sind sie, wie auch die Schädel, bedeutend grösser, an den langen Knochen die Knochenvorsprünge und die Muskelleisten sehr stark ausgebildet. In neuerer Zeit hat Nehring (Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde, Berlin, Jan. 1887, pag. 1—7) darauf aufmerksam gemacht, dass bei diluvialen Murmelthieren Deutschlands häufig die Knochenbrücke am Condylus internus des Humerus fehlt, während sie beim Bobac und recenten Alpenmurmelthier regelmässig vorhanden ist. Von den mir vorliegenden 8 Humeri fossiler Murmelthiere, welche 5 Individuen angehören, ent- behrt keiner der charakteristischen Knochenbrücke, so wenig als an den vier Skeletten recenter Alpenmurmelthiere und den isolirten Humeri, welche ich vergleichen konnte. Im Kreuzbein sollen nach Hensel beim Alpenmurmelthier vier Wirbel in Verbindung treten, beim Bobac drei. An Skeletten von alten Murmelthieren besteht das Kreuzbein aus % Wirbeln, doch bleibt eine Naht zwischen dem letzten und vorletzten lange sichtbar und bei solchen mittlerer Grösse hat die Verwachsung überhaupt noch nicht stattgefunden, so dass bei Zerfall des Skeleites der letzte Wirbel leicht abfällt. Von drei Kreuzbeinen fossiler Murmelthiere zeigen zwei, welche alten Thieren angehören, vier Wirbel, der letzte ist aber deutlich durch eine Naht getrennt; der dritte, welcher einem jüngeren Thiere an- gehörte, hat drei Wirbel. Zur Beurtheilung der Grössenverhältnisse fossiler und resenter Murmelthiere folgen hier noch die Maasse einiger Knochen. | | || - ie 2 Millimeter ‚= E37 == 2S|ne a3: =& Kreuzbein. Länge £ 53 — ee Humerus. Länge Be 82 74 82 a 80 19 74 Breite der untern Epi- (jung) eondylen =. vu... 34.1029 25.17. 98.,02 1020 Radius. Wuen ey Ulna. Länge et 94 80 -_ 84 2 82 _ Femur. dung) Range... en. 2 ala |) 90:90 18 82 Breite an Epicondylen — ee 36 Tibia. : 100 Grösst, Sagittaldurchm. | — | — — | Ze 21] 10 Aus dieser Untersuchung ergeben sich folgende Resultate. Die Murmelthiere der diluvialen Ablagerungen unseres Mittellandes stimmen in den wesentlichen Charakteren ihres Skelettbaues mit dem Alpen- Murmelthier Arctomys marmotta überein, zeigen aber daneben gewisse allen gemeinsame Eigenthümlichkeiten, welche sie als Varietät unsrer gegenwärtig in den Alpen lebenden Art unterscheiden lassen. Die Schnauze erscheint mehr verdickt und abgerundet, die Nasenwurzel breiter, die Körperdimensionen übertreffen diejenigen der recenten Art um ein erhebliches, In diesem Charakter stimmen sie mit den von Schäff beschriebenen diluvialen Murmelthieren des unteren Rhein- Ihales überein. Wir dürfen daher die diluviale Form des Alpen- Murmelthieres wohl als Varietät, Arctomys marmotta L. var. primi- gemia Kaup., bezeichnen, welche wohl der direkte Vorfahr der gegen- Wärtig lebenden Marmotta ist. Die Erscheinung, dass Arten der Diluvialzeit, welche sich bis in die Gegenwart erhielten, an Körpergrösse abgenommen haben, lässt Sich auch bei andern Thieren verfolgen, so bei dem Steinbock, Edelhirsch u. a. Edelhirsch und Wildschwein erreichten noch zur Zeit der Pfahlbauten eine bedeutendere Grösse als gegenwärtig. Die Ursachen davon mögen denen analog sein, welche veranlassen, dass io viele Säugethiere, welche aus grösseren Landkomplexen auf kleine Inselgebiete versetzt werden, allmählig eine Zwergform annehmen. Bekannt ist, dass das Hauspferd, auf Inseln versetzt, nach wenigen Generationen zu einer kleinen Rasse sich umgestaltet. So sind die Pferde auf den Shetlandsinseln, auf Corsica, Sardinien, den Cap Verden, auf den kleinern Inseln des malayischen Archipels, Timor, Bali u. a., auf Japan, durch kleine Rassen repräsentirt; die aus Australien auf den Südseeinseln eingeführten grossen englischen Pferde werden schon nach wenigen Generationen klein. Dasselbe findet auch bei wilden Thieren statt. Der Cervus russa Müll., (hippelaphus Cuv.), welcher auf Java und Borneo eine stattliche Grösse erreicht, ist auf den mo- lukkischen Inseln zu der kleinen Rasse des Gervus moluccensis Quoy. geworden. Das Vorkommen von kleinen Flusspferden und zwergartigen Elephantenarten von nur 1—2 Meter Höhe im Diluvium von Malta, wird von vielen Geologen geradezu als Beweis betrachtet, dass die Insel sich in der Diluvialzeit vom Festlande isolirle und dadurch die dort lebenden grossen Dickhäuter degenerirten. Die Ursache einer derartigen Degeneration scheint weniger mit veränderten oder verschlechterten Nahrungsverhältnissen als vielmehr damit zusammenzuhängen, dass mit der Beschränkung einer Thierart auf einen kleineren Raum die Gefahr einer Inzucht viel grösser ist, als bei einer solchen, die auf einem weiten, zusammenhängenden Terrain lebt. Die Thiere unserer Alpen sind aber durch die Ver- änderung des Klimas nach der Diluvialzeit und dem Rückzug der Gletscher vollständig in die Verhältnisse von inselbewohnenden Thieren gedrängt worden. Während zur Glacialzeit Murmelthier und Steinbock, als Felsen und steinige Flächen bewohnende Thiere, ein Areal inne hatten, das sich über die Schweiz und einen Theil Süd- und West- deutschlands ausdehnte, fanden sie später, durch die Entwicklung des Waldes verdrängt, bald nur noch in den Höhen der Alpen passende Stätten und diese durch tiefe, bewaldete Thäler oder unübersteigliche Felskämme von einander getrennt, so dass ihre zerstreuten Colonieen ebenso isolirt von einander sind, wie wenn sie durch Meeresarme von einander gesonderte Inseln bewohnten. Unter diesen Verhältnissen muss aber, auch wenn die Individuen noch so zahlreich sind, zuletzt Inzucht und mit ihr eine Verkümmerung der Rasse eintreten, bis zuletzt, wie der Steinbock in unsern Alpen, die Art überhaupt von der Erde verschwindet, A. Benteli. Die Niveau-Schwankungen der 13 grösseren Schweizer - See’n im Zeitraume der 20 Jahre, 1867 bis und mit 1886. (Mit einer graphischen Tafel.) Vorgetragen in der Sitzung vom 18. Februar 1888. Seit 1867 werden die Wasserstands-Beobachtungen der grösseren schweizerischen Flüsse und See’n gesammelt und die Resultate in graphischen Tabellen, in sogen. Jahres-Bulletins, veröffentlicht. Diese Zusammenstellung hydrometrischer Beobachtungen wurde s. Z. durch die hydrometrische Commission der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft ins Leben gerufen, zunächst zur Verfolgung wissenschaft- licher Zwecke, wie zur Erforschung der Abflussverhältnisse der ver- schiedenen schweizerischen Flussgebiete, der Verdunstungsverhältnisse, des Einflusses der verschiedenen Culturarten etc. Da die Registrirung hydrometrischer Beobachtungen aber nicht nur wissenschaftlichen, sondern auch praktischen Werth hat — bekommt man doch dadurch die absolut nothwendigen Grundlagen für das Studium von Fluss- und See-Correctionen — so hat nur wenige Jahre später der Bund diese Arbeit an sich gezogen und dieselbe dem eidgen. Ober-Bauinspectorat übertragen. Das Beobachtungsmaterial hat sich im Lauf der Jahre so angehäuft, dass nun die Hydrometrie als eine besondere Abtheilung des eidgen. Bauwesens ein eigenes Bureau beschäftigt. Zwanzig Jahre sind nun schon seit dem Erscheinen des ersten Jahres-Bulletins verflossen. Gewiss sind diese Bulletins schon oft benutzt worden beim Studium hydrotechnischer Projeete in den ver- Schiedenen Flussgebieten. Nach dieser Richtung hin ist der Nutzen ar Wasserstands-Beobachtungen in die Augen springend, aber auch bei Vergleichung der Wasserstands-Beobachtungen der verschiedenen Gewässer mit einander zeigen sich ganz interessante Dinge. Wir Ä 6 ee möchten in Folgendem die Aufmerksamkeit auf die Wasserstands- Differenzen der grösseren schweizerischen See’'n lenken, erstaunliche Verschiedenheiten treten da an den Tag. Für die 13 grösseren See’n der Schweiz sind aus sämmtlichen bis jetzt erschienenen hydrometrischen Jahres - Bulletins Steigen und Fallen der Seeoberflächen addirt worden. Die Resultate sind, nach den Jahren geordnet, in Tafel I zusammengestellt und dazu die Summen von Steigen und Fallen während der ganzen Beobachtungszeit und die mittleren jährlichen Schwankungsgrössen h, sowie die Amplituden der Jahressummen beigeschrieben. Die Summen von Steigen und Fallen der 13 See’n gehen sehr weit auseinander. Das niedrigste Mittel pro Jahr weist der Zugersee auf, 3,5 m und das grösste der Wallenstattersee und Lago Maggiore, beide mit 14,8 m. Die grösste vorgekommene jährliche Summe der Wasserstands-Differenzen hatte Lago Maggiore im Jahre 1872, nämlich 31,2 m. Durch die Reihe der 20 Jahre (1867—1886) hindurch zeigen die See’n in Bezug auf die jährlichen Summen von Steigen und Fallen auch sehr verschiedenes Verhalten. Aus der Columne der Amplituden der Jahressummen ist zu entnehmen, dass die Wasserstands-Differenzen am gleichmässigsten sich einstellen bei Bodensee, Neuenburgersee, Zugersee und Genfersee, während bei Bielersee, Wallenslattersee, Lago di Lugano und ganz besonders bei Lago Maggiore durch die Jahre hindurch sich ein sehr ungleichmässiges Steigen und Fallen zeigt. — Auf Steigen und Fallen eines See’s haben viele Dinge Einfluss. Vor Allem führen wir wohl als wichtigsten Factor an das Verhältniss der Grösse f der Seefläche zur Oberfläche F des ganzen See-Einzug- gebietes. h Je grösser das Verhältniss ——- für einen See, desto geringer F 9 8 8 wird natürlich das Mass der Niveau-Schwankungen ausfallen. Ferner sind von nicht geringem Einfluss, die Lage des See’s zum Einzugs- gebiet, die Form des letzteren (mehr oder weniger langgestreckt), die Beschaffenheit der Einzugsgebiete (Fels, Firn und Gletscher, Thäler mit mehr oder weniger steilen Ablaufrinnen, verschiedene Gultur- arten etc.), die Verdunstung und endlich von bedeutendem Einfluss die Niederschlagsintensität im Einzugsgebiet und die Abflussverhält- nisse. Alle diese Factoren sind nun für die 13 See’n ausserordentlich verschieden, desshalb darf nicht verwundern, dass die Angaben über Steigen und Fallen so weit auseinander gehen. 2,0 Vergleichen wir zunächst die mittleren jährlichen Summen der Wasserstands-Differenzen der verschiedenen See’n und zwar in erster Linie derjenigen See’n, die ihre Gewässer direct erhalten, Bodensee, Brienzersee, Murtensee, Vierwaldstättersee, Zugersee, Wallenstatiersee, Genfersee und Lago di Lugano. Wir rechnen zu diesen See’n auch den Zugersee, obgleich sein Zufluss durch den Aegerisee (7 km?), dessen Einzugsgebiet aber sehr klein ist, schon einigermassen regulirt wird. — Ungefähr gleiches Mass von Steigen und Fallen haben (siehe Tafel II) Bodensee, 700 em, Vierwaldstättersee, 730 cm, Murten- see, 710 cm, und Lago di Lugano, 710 cm. Bei Bodensee und Vier- waldstättersee ist das Verhältniss der Seefläche zur Einzuggebietsfläche beinahe gleich. 0.0497 für den Bodensee und 0.0503 für den Vier- waldstättersee. Dass der Letztere ein im Mittel um 30 cm grösseres Mass von Steigen und Fallen pro Jahr hat, mag seinen Grund wohl hauptsächlich in rascherem Zufluss der Gewässer und in durchschnitt- lich grösseren Niederschlagsmengen haben. Für den Murtensee ist f/F — 0.0352, also ziemlich geringer, man hätle demnach eher bedeutendere Niveau-Schwankungen erwarten sollen. Das Gebiet der Broye ist ziemlich lang gestreckt, von unbedeutendem Gefäll und enthält viel sumpfiges Terrain, zudem befindet es sich so ziemlich nur in der Hochebene, wo die Niederschläge unbedeutender sind als im Gebirge; es ist also leicht denkbar, dass dem Murtensee verhält- nissmässig geringere Wassermassen zufliessen und diese auch nur langsam. Für den Lago di Lugano ist f/F = 0.0843, also bedeutend grösser als bei Bodensee und Vierwaldstättersee, trotzdem ist die Summe der Schwankungen durchschnittlich beinahe gleich gross. Der See ist zum steilen und ziemlich kahlen Einzugsgebiete wenig excen- trisch gelegen, bekömmt daher seinen Zufluss sehr rasch, zudem sind die Niederschläge auf der Südseite der Alpen bedeutender als auf der Nordseite und zwar an Menge und Intensität. Geringer: als bei den % besprochenen See’n ist die mittlere Jährliche Schwankungssumme bei Zugersee, 350 cm, und Genfersee, 540 cm, dagegen grösser bei Brienzersee, 970 cm, und Wallenstatler- see, 1480 cm. Für den Zugersee haben wir weitaus das grösste f/F, nämlich 0.1516, dabei ist auch die theilweise Regulirung des Zuflusses durch den Aegerisee nicht zu vergessen. Man könnte sich eher darüber verwundern, dass die Schwankungen noch so erheblich sind bei so grosser Seefläche zu so kleinem Einzugsgebiet, Beim Genfer- see ist f/F — 0.0723, also bedeutend grösser als beim Bodensee les und Vierwaldstättersee. Der See liegt gegenüber dem Einzugsgebiet, dessen Thalrinne durchschnittlich kein starkes Gefälle hat, sehr excen- trisch:; ca. 13°/ der ganzen Fläche des Einzugsgebiets fallen auf Firn und Gletscher; die Niederschlagsmenge in dem interalpinen Gebiet der Bhone ist bekanntlich sehr gering. Diess sind alles Verhältnisse. welche ein geringes Schwanken des Genfersee - Niveau’s erklärlich machen. Für den Brienzersee ist f/F = 0.0262, sehr klein. Die Anschwellungen der bedeutendsten Zuflüsse, Aare und Lütschine, kommen von beiden Seiten wohl gewöhnlich beinahe gleichzeitig und gleich stark, die 970 cm betragende jährliche Summe von Steigen und Fallen erscheint daher eher gering als gross. Der Wallenstatter- see hat f/F = 0.0222, also noch etwas geringer, hat ganz ähnliche Zuflussverhältnisse, die Summe der Schwankungen ist freilich auch durehschnittlich sehr gross, 1480 cm pro Jahr. Schon etwas leichter wird ein Vergleich der mittleren jährlichen Summen von Steigen und Fallen für die verschiedenen See’n, wenn man die jährliche Schwankungssumme h eines See’s auf dessen ganzes ; { ae ir = Einzugsgebiet reducirt, das heisst h. ee für jeden See berechnet. Fol- x 1 gende einfache Ueberlegung führt zu dieser Reduction. Würde ein Seebecken von der Oberfläche f in einem gewissen Einzugsgebiet plötzlich doppelt so gross, SO würden die zufliessenden Gewässer sich auf eine doppelte Fläche vertheilen, also Steigen und Fallen auch nur halb so gross ausfallen. Man hätte also h: h=f:f.. Würde: nun umgekehrt für denselben See f das Einzugsgebiet F doppelt so gross, so würde, wenn der Zufluss ebenso schnell käme, die Seesteigung auch ungefähr doppelt so gross, man hätte demnach h:h" = F:F’. Fassen or wir zusammen, so bekommen wir h : h = ——.-— F ! Für alle See’n, die ihre Gewässer direct erhalten, sollte also der Aus- JitaE : ; ; E : : i druck ——, also gleichsam die auf das ganze See-Einzugsgebiel reducirte F jährliche Summe von Steigen und Fallen gleich ausfallen. Natürlich ist das nicht genau zu erwarten, da eben bei grösseren Einzugsgebieten die Gewässer weniger rasch dem See zufliessen und weil auch die anderen Verhältnisse, Niederschläge, Abfluss, Verdunstung, Gebiels- beschaffenheit etc. bei allen See’n mehr oder weniger verschieden ar ee n h.f sind. Berechnen wir immerhin für die Seen die Grössen ——-, so kann p >50 ke a nn ee engmenertnng & man doch bei Vergleichung der Ergebnisse sich einigermassen ein Urtheil bilden über die übrigen auf das Schwanken eines See-Niveau's Einfluss habenden Verhältnisse. Tafel II enthält für die 8 oben besprochenen See’n die Grössen na Mn in der letzten Columne. Unter dem Mittel 38,3 cm sehen wir die Angaben für Bodensee, Brienzersee, Murtensee, Vierwaldstätlersee und Wallenstattersee, darüber diejenigen von Genfersee, Zugersee und Lago di Lugano. Sehr gering sind die Grössen = bei Brienzersee \ ' und Murtensee, aber wohl aus verschiedenen Gründen. Der Brienzer- see hat in seinem allerdings ziemlich niederschlagsreichen Einzugs- 2 gebiet volle 19 °/ Firn- und Gletscherfläche, dadurch wird aber der Zufluss meist etwas regulirt, übrigens ist auch das Abflussverhältniss nicht ungünstig. Der Murtensee bekommt, wie schon oben näher ausgeführt, seine Gewässer sehr langsam. Der Wallenstatlersee, mit ea i mit —— — 32.9, zeigt jetzt, trotz der absolut grossen Schwankungs- zahl 1480 cm, eher ein günstiges Verhältniss. Da die Niederschlags- verhältnisse, Beschaffenheit des Einzugsgebiets und Lage des See’s zum Einzugsgebiet eher ungünstig sind, so lässt diess auf ziemlich günstige Abflussverhältnisse schliessen. Bodensee und Vierwaldstätter- , h.f see haben ziemlich gleiches ER nahe beim Mittel. Für den Genfer- ) see ist — — 39.0 cm. Hier sind beinahe alle Einfluss habenden F Factoren einem geringen Schwanken des See-Niveau’s günstig, . dem- nach muss man wohl auf ungünstige Abflussverhältnisse schliessen. Bekanntlich wurde ja auch immer darüber geklagt. Sehr gross ist Id: FR für den Zugersee, 53,1 cm, und für den Lago di Lugano, 59.9. Beim Zugersee ist eben f/F ganz besonders gross, desshalb werden. die Gewässeranschwellungen, die der beträchtlichen Niederschläge in diesem Einzugsgebiet wegen jedenfalls bedeutend sind, sehr rasch dem See zuströmen, wenn auch ein Theil der zufliessenden Gewässer durch den Aegerisee regulirt wird. Vielleicht mag ausserdem ein etwas ungünstiger Abfluss Schuld sein an den allerdings nur verhältniss- mässig erheblichen Schwankungen des Zugersee’s. Beim Luganersee hei verwundern wir uns weniger über die hohe Zahl - I. BU an Zuflussrinnen sehr steil sind und die Regenfälle im Gebiete sehr in- . E . . r . .. : . . h. f . . tensiv. Begreiflicher Weise fällt die Grösse F viel verschiedener aus für diejenigen See’n, die ihre Gewässer zum grossen Theil regulirt erhalten, nämlich für Thunersee, Neuenburgersce, Bielersee, Zürichsee jaor und Lago Maggiore. Man sollte da wesentlich kleinere ”, erwarten. | Tafel II zeigt auch für Thunersee 18,8 cm, Bielersee 5,7 cm (vor der Correction), Zürichsee 30,9, also Grössen, die ziemlich, unter dem ht Mittel der Werthe R der ersten Seegruppe stehen. Beim Bielersee haben sich natürlich die Schwankungsverhältnisse ganz bedeutend ver- ändert, seitdem die Aare zum grösseren Theile durch den Hageneck- Kanal dem Bielersee zufliesst. Während die Schwankungs - Summe früher #10 em im Mittel betrug, ist sie im Mittel für die 10 Jahre (1877 — 86) auf 1080 cm gestiegen. Da immer noch ein Theil der Aaregewässer, 54 bis 108 m?, durch das alte Aarebett abfliessen soll, so war es selbstverständlich nicht möglich, das Einzugsgebiet für den Bielersee für die gegenwärtigen Zuströmungs-Verhältnisse genau zu une bestimmen. Die Grösse u, ist uns nur für den Zustand vor der orrection bekannt, nämlich 5,7 cın, jetzt ist sie viel bedeutender, wohl auf das Doppelte gestiegen. — Für den Neuenburgersee ist . =. — 37,5, somit beinahe gleich dem Mittel für die See’n, die alle 7 Gewässer direct erhalten. Das hat jedenfalls seinen Hauptgrund in dem oft sehr gehemmten Abfluss, es kommt ja jetzt sogar vor, dass bei sehr grossen Anschwellungen des Bielersee’s die Gewässer nach dem Neuenburgersee abfliessen. Den 4%. September 1881 z. B. hatte der Bielersee die Höhe 432.99 über Meer, zu gleicher Zeit hatte der Neuenburgersee die Höhe 432.33, der Bielersee stand also höher als ‘der Neuenhurgersee um 0.66 m. ; hl n Für den Lago Maggiore ist wo 48.%, über dem Mittel 38,3 der ersteren Seegruppe, aber doch kleiner als für den Lago di Lugano. Die Schwankungs-Verhältnisse sind eben für die beiden südalpinen See’n viel ungünstiger als für die See’n nördlich von den Alpen. Beide See’n scheinen auch ziemlich trägen Abfluss zu haben, wie aus folgenden Angaben über die grössten täglichen Seesteigungen hervorgeht. a Datum 1, auf 19: Jun 48 Bodensee... 0.3 m 0.015 m|| 12 = z ae Klaas, 5 2. Brienzersee. . . 0.45 0.012 29. Nov. — 30. Nov. 1885 | 3. Thunersee . ... . 0.60 0.012 dito „.Murtenseel......., 0.40 0.014 11. Febr. — 12. Febr. 1879 | . Neuenburgersee . 0.15 0.014 10. Nov. — 11. Nov. 1875 - bielersee 2... . 0.60 — 2. Sept. — 3. Sept. 1881 7, Vierwaldstättersee 0.45 0.023 30. Juli — 31. Juli 1874 a : ; 11/12. u. 12/13. Juni 1876 s ZugErSBB5 in en, 0.22 0.033 | 12 „2/3. Sept. 1881 . Wallenstattersee . 1.14 0.025 30. — 31. Juli 1874 ZUfIchsee 2.32% 0.36 0.017 11. — 12. Juni 1876 . Genferse. . . . 0.12 0.009 zu verschiedenen Zeiten . Lago di Lugano . 0.54 0.045 30. Nov. — 1. Dez. 1872 3. Lago Maggiore . 1.10 0.056 27. — 28. Sept. 1868 Die beiden süd-alpinen See’n Lago di Lugano und Lago Maggiore zeigen weitaus die bedeutendsten momentanen Anschwellungen. Diess einzig ungünstigen Abflussverhältnissen zuzuschreiben, wäre nun frei lich gewagt, denn bekanntlich sind die Niederschläge auf der Südseite ‚ der Alpen weit intensiver und überhaupt bedeutend reicher als auf der Nordseite; auch begünstigen die den Einzugsgebieten gegenüber ziemlich centralen See-Lagen und die tief eingeschnittenen Thäler der Zuflüsse mit den vielerorts sehr kahlen Abhängen ein momentan Tasches Anschwellen der See’n wesentlich. Ganz besonders auffallend ist die enorme Steigung des Lago Maggiore um 1.7 m vom 27. auf den 28. September 1868. Das war das intensivste Steigen des See’s während der bekannten Hochwasser - Periode vom 16. September bis 4. Oktober 1868, die von so entsetzlich viel Unglück im Tessin- und Rheingebiet begleitet war. Das Niveau des Lago Maggiore ist während dieser ganzen Periode um volle 6?/s m gestiegen. Die Seefläche beträgt 214.3 Quadratkilometer, es sind somit vom 27. September auf den 28. September 1868 dem Seebecken (inelusive Niederschlag auf den 214.300000 X 1.7 86400 — ca. 1217 Cubikmeter See selbst) per Sekunde mehr zugeströmt als abgeflossen. Diess ist aber eine Wassermasse, die der Rhein erst bei ziemlich hohem Wasserstande an Basel vorbei- führt. Welche Verheerungen wären wohl in den Gebieten unterhalb des Lago Maggiore eingetreten, wenn nicht der See die enormen Wassermassen einige Zeit zurückgehalten hätte. Freilich, die See- Anwohner werden auch empfindlich getroffen durch so ungewöhnliche See-Anschwellungen, aber das kommt doch kaum in Betracht gegen- über dem unermesslichen Schaden, den so furchtbar hoch angeschwol- lene fliessende Gewässer anzurichten im Stande sind. Wir können uns in der Schweiz nicht glücklich genug schätzen, so viel See’n zu besitzen, deren Retentionsvermögen unsägliches Unheil abzuwenden vermag. Folgendes Tableau zeigt die Differenzen zwischen dem tiefsten und höchsten Wasserstande der See’n während der ganzen Beobach- tungsperiode und ausserdem die mittleren Differenzen der tiefsten und höchsten Wasserstlände eines Jahres, also die mittleren Jährlichen Schwankungs-Amplituden. — Die 3 Jurasee’n sind hier nicht berück- sichtigt, da die entsprechenden Angaben der durch die Correetion total veränderten Verhältnisse wegen doch keinen Werth hätten. — Differenz Mittlere zwischen höchstem] Differenz | Hefetam Wosser- Se Beobachtungs- | | stande während der, tiefstem Wasser- Periode. ganzen Beobach- | stande während | | tungs-Periode, | eines Jahres, | | A. B. | 1. Bodensee . . . 3.16 m 2.04m | 20 Jahre (1867—86) | 2. Brienzersee . . 2.17 1.58 15 Jahre (1872—86) | , 3. Thunersee... ... 2.01 1.21 15 Jahre (1872—86) | 4. Vierwaldstättersee IH 1.06 20 Jahre (1867 —86) | 5. Zugersee ... 1.14 0.62 dito | 6. Wallenstattersee . 3.19 2.62 dito | 12 Zürichsee ..; 2.18 1.27 dito | 8: Genfereee . . . 2.02 1742 dito \ 9. Lago di Lugano . 2.60 1.41 19 Jahre (1868-86) | 10. Lago Maggiore . 7.81 2,91 19 Jahre (1868-86) Hiebei ist bemerkenswerth, dass das Verhälfniss A/B beinahe für alle See’n ungefähr gleich gross ausfällt, es schwankt nur zwischen 1,4 und 1,8. Natürlich, Lago Maggiore macht auch hier wieder eine markante Ausnahme, indem für diesen See A/B =: 2.7 wird. Einiges Interesse bieten schliesslich noch die Gurven der jähr- lichen Mittel-Wasserstände, Während für Brienzersee, Thunersee, Vierwaldstättersee, Zugersee und Zürichsee diese Gurven sehr ruhig verlaufen, sehr geringe Differenzen aufweisen, zeigen die Curven von Genfersee, Bodensee, Wallenstattersee, Lago di Lugano und besonders von Lago Maggiore viel unruhigeren Verlauf. Der Mittel-Wasserstand des letzteren See’s war z. B. 1870 bei 0.216 m und zwei Jahre später, 1872, hei 1.250 m, 1871 war er bei 0.345 m. Ueberhaupt übertreffen die Schwankungen des Lago Maggiore nach jeder Richtung hin bedeu- tend diejenigen der anderen See’n. Die See-Anwohner haben damit zu rechnen. Bei Dampfschiffstationen sahen wir Landungsbrücken, die für 3 verschiedene Höhenstufen eingerichtet waren. Von besonderem Interesse sind die Gurven der Jahres-Mittel. der 3 Jurasee'n, da ja in den Zeitraum der 20 Jahre (1867— 86) die Aus- führung der .Juragewässer-Gorrection fällt. Man sieht da, wie zuerst, von 1870 an, das Niveau des Bielersee’s und dann, von 1876 an, auch die Niveaux des Neuenburger- uud Murlensee’s heruntergezogen worden sind, bis die 3 See’n von 1880 an ungefähr den neuen Be- harrungszustand zu zeigen scheinen. Man sieht sich jetzt im glücklichen Falle, constatiren zu können, dass die projectirte Seespiegel-Senkung des Bielersee’s, dann auch diejenige des Neuenburger- und Murten- see’s durch die Correction voll erzielt worden ist. Die Quote des projectirten Niederwassers des Bielersee’s beträgt 431.62 m (nach den Mittheilungen über die Gorrection der Juragewässer von C. Culmann. — Nullpunkt des Pegels in Murgenthal bei 40&.17.) und im Jahre 1886 beobachtete man den niedrigsten Wasserstand bei 431.12 über Meer. Das projectirte Niederwasser des Neuenburgersee’s war angegeben zu 433.0 m, das Niederwasser von 1886 stellte sich ein bei 432.08 m. Die Hochwasser können noch nicht so recht verglichen werden, da in der kurzen Zeit des neuen Beharrungszustandes noch keine sehr bedeutenden Aare - Hochwasser gleichzeitig mit Zihl - Hochwasser zu- sammengetroffen sind. 1831 im September trat ein beträchtliches Aare- Hochwasser ein, in Folge dessen der Seespiegel des Bielersee’s sich über das Niveau des Neuenburgersee’s erhob, ohne jedoch die Höhe des früher projectirten Hochwasserstandes für den Bielersee zu erreichen. Hoffen wir, dass nun auch der technisch vollkommen gelungenen Correction nach und nach der Segen für das umliegende Land folgen möchte, der auch anderwärts in ähnlichen Fällen — wenn auch sehr langsam eingetroffen — doch nicht ausgeblieben ist. 90 Summa der Wasser- — 9 stands- Differenzen. Tafel I Fluss- Gebiet. 1874 1875 Rhein Aare Limmat Rhone Tessin Bodensee (Constanz) Brienzersee . | (Ringgenberg) Thunersee . . . (Därligen) Murtensee (Murten, von 1884 an Sugiez) Neuenburgersee . (Neuenburg) Bielersee (Nidau) a Vierwaldstättersee (Seeburg) Zugersee (Zug) . | Woallenstattersee . (Weesen) | Zürichsee a (Schmerikon) Genfersee (Genf) Lago di Lugano a (Lugano) | Lago Maggiore .| (Locarno) 4.4 19.7 ‚8.4 Meter 8.2 3.6 9.5 3.6 4.2 ae 6.4 4.9 8.6 6.4 4.4 5.8 Meter 6.4 Meter 7.0 Meter A Meter Meter 6.5 Meter 1.6 12.4 11.0 1878 1879 1880 7 7, Amplituden Mittel der Jahres- h | Summen, Meter 8.6 Lo. Meter N) Meter 6.8 9.8 Meter 15 Meter ‚Meter 6.5 Meter Meter Meter 6.8 8.5 9.8 1.6 9.4 Meter 5.7 1.9 81 (144.8) (144.3), (134.2), 32.9, 160.6 | 146.5 | 295.9 | | 128.3 | 108.7 (135.6) (282.1) Meter || Meter 8.0 10. | 7:31:50 1.8 14.8| 95 6.4 54 | Tafel II. 99 Mittlere jährliche Summa der Wasserstands - Differenzen, re dueirt auf die Oberflächen der See -Einzugsgebiete. SEEN BREEEEER See I. See’n, die das zu- fliessende Wasser ihres Gebietes direct erhalten Bodensee Brienzersee . Murtensee Zugersee . Wallenstattersee . Genfersee Lago di Lugano Il. See’n, die ihre Gewässer zum Theil re- gulirt erhalten Thunersee Neuenburgersee Bielersee a) 1867—1871 bh) 1877—1886 Zürichsee . Lago Maggiore | Vierwaldstättersee Ses- Oberfläche 539.1 30.0 27.4 113.4 38.5 23.3 77,8 50.5 47.9 239.6 42.2 42.2 87.8 214.3 Oberfläche des Seg-Einzug- gebietes in km? jet 1051 7995 599 Verhältniss 0.0497 0.0262 0.0352 0.0503 0.1516 0.0222 0.0723 0.0843 0.0196 0.0914 0.0138 *) 0.0483 0.0327 Mittlere jährliche Summe stands- h £/ ii Ctm. 960 410 410 1080 640 1480 Es fliessen nun aber 54 bis ‚so dass wir einstweilen wenigstens germassen genaue Angabe über das Einzugsgebiet Reducirte \ Wasser- \ stands- Id.Wassor-ı der Beobach- Diffgrenzen- | Summe | 1867-1886) 20 Jahre | 1872-1886 1867-79 u 81-86 1867-1886, 1867-1886, 20 Jahre | 1867-1886. 20 Jahre | 1867 - 1886| 20 Jahre | 1868 - 1886| 19 Jahre ) | Mittel *) Das ganze Einzugsgebiet des Bielersee’s würde 8160 km? betragen, wenn das ganze Aaregewässer dem Bielersee zuströmen würde. 108 m? sekundlich durch das alte Aarebett hinunter noch nicht im Stande sind, eine eini Bielersee’s zu machen. Dr. G. Huber. Die Cassinischen Kurven. Vorgetragen in der Sitzung vom 4. Februar 1888. Eine Cassinische Kurve ist der Ort aller Punkte, für welche das Produkt der Abstände von zwei feste Punkten, den Brennpunklten, gleich einer constanten, positiven Grösse k ist. Liegen die beiden Brennpunkte auf der x Axe im Abstand x—= +1 vom Coordinatenanfangspunkt, so ist ihre Gleichung: + 7?’ - wW=K. 1) Lässt man k von 0 bis co variiren, so erhält man unendlich viele solche Kurven, die alle die imaginären unendlich fernen Kreis- punkte zu Doppelpunkten haben. Da sie sonst keinen Doppelpunkt mehr besitzen, so ist ihr Geschlecht p = 1, die Coordinaten x, y eines Punktes der Kurve lassen sich daher durch elliptische Funktionen eines Paramelers ausdrücken. Zu dieser Darstellung gelangt man folgenderweise: Setzt man in der Gleichung 1) x? + y? = v; so erhält man: evtl -kber + i+B yo - det rev. 0 { ; Hiernv= (Ak me geseizt, ergieht: Set und? = (d- Damit x und y reell werden, muss immer i <_K sein. — 94 Es sind nun 3 Fälle zu unterscheiden: Is Ike 1 If. k = 1 (Lemniskate). b Diese 3 Fälle sollen der Reihe nach behandelt werden. EEK Sr In diesem Fall kann man setzen: = k sn? u, wo k der Modulus der elliptischen Funktion sei. Dann werden die Coordinaten eines Punktes der Kurve: ) we dn u — snumu a Evi 1-+-ksn? u Eiyı + x, 1 -+-ksnu Zu jedem Werthe von u gehören 4 zu den Coordinatenaxen symmetrisch liegende Punkte. Rüry 0; 1), su 0, u=- 0m x = Vık, Schnittpunkte A und A’. 2% mumeli=Kk „ze+Vi-k ö Br. Die letzteren Schnittpunkte auf der x Axe sind nur reell, wenn RK 1 kur x —0 wird: ndu=lQ,u=K-+L,udy=-+ Vksest = imaginär. Dabei sind K und L die reelle und die imaginäre Periode der elliptischen Funktionen. Die Kurve schneidet die y Axe nicht, sie besteht aus 2 getrennten Ovalen, symmetrisch zur y Axe, um die Brennpunkte Fı und Fe herum, denn für alle Werthe von u zwischen 0 und K erhält man reelle, endliche Werthe für x und y. Für k = 0 erhält man die Brennpunkte selber. Es sollen nun die Doppeltangenten der Kurve untersucht werden. Die Parameter der Schnittpunkte der Parallelen y = + qzur x Axe bestimmen sich aus der Gleichung: en =, sn üsch.U ge kV ER a woraus folgt: kA+N—- 2? +A+hYR— ag 2k (1 Er: 2) k Die Schnittpunkte werden nur reell, wenn qg < < u ag k Fürq—= +7 fallen je 2 der 4 Schnittpunkte der Geraden mit r s * k der Kurve zusammen, die beiden Geraden y—= + 5 werden zu ai Doppeltangenten der Kurve. Für die Berührungspunkte derselben wird Sn u>=—, , ,> und ihre Goordmaten ee 1, ren k een Brennen 3) . Durch Elimination des k ergiebt sich: +41, 4) d. h. die Berührungspunkte der Doppeltangenton parallel der x Axe liegen auf dem Einheitskreis um 0. Die Parameter der Schnittpunkte der Geraden Y——18 0. x em x erhält man aus der Gleichung kb + m) +/k® dA + m)? — 4m? 2K = Ist k? (1 + md)? — im? = 0, so fallen von den & Schnitt- punkten je 2 zusammen, die Gerade wird zur Doppeltangente. Es B sn’ u = geschieht dies für die A Werthe: m —= + ( ee gesetzt ist. Von diesen % Werthen ergeben aber nur die zwei, 1:41 1 Hl — er Er ) reelle Lösungen ; für dieselben wird sh u= —— NER es K also u 2 : Es giebt also 2 reelle Doppeltangenten CC’ und DD’ durch 0, . so lange k < 1 ist. Die Coordinaten der Berührungspunkte sind a je) . Für. k = 1 werden diese zu x = 0, y = 0. Die Berührungs- punkte auf der Doppeltangente fallen in O0 zusammen, es ist dies ein Doppelpunkt der Kurve, die Doppeltangenten gehen in Wende- tangenten in demselben über. Für dieselben irdm=ge=-+t1 «@ = 4: 45°. Die Kurve ist die Lemniskate. Durch Elimination des Il aus den obigen Gleichungen ergiebt sich: a ee ee d. h. die Berührungspunkte der innern Doppeltangenten liegen auf einer Lemniskate mit Doppelpunkt in O0 und den Brennpunkten 1 a PaRR v2 ai der Gassinischen Kurven. Der Bogen s der Kurve ist ausgedrückt durch das Integral ; — ksn’ u s—=kyi4 = |yE — k® sn! u “r Um dasselbe auszuführen, rn man ek ee k E formt den Zähler etwas um und erhält +1 t-d- 1—(4- s— as P ( Jsn u er ur en au ne kn u (nn I Seizt man im ersten Integral: - eek y= 0. Sie geht durch die Brennpunkte. x — am m geht dasselbe über in: [ ni an 0: Ebenso geht das zweite Integral durch die Substitution: m { über in: dn u K f at’ 2 De 4-1 u vi —_ ) 1 e= Er, or) somit wird: ee (6 = de ar N Ve) Der Bogen der Cassinischen Kurve ist also durch 2 elliptische Normalintegrale erster Art dargestellt. Um den halben Umfang eines Ovales zu erhalten, muss man von u = obis u=K integriren, also tür tvont =ibst ——=1 „ % „ v en! er 04, Die Grenzen des zweiten Integrals sind also einander gleich, es verschwindet und es wird Der Werth dieses vollständigen Normalintegrals ist gleich K für Yar1 et den Modul en werde mil K 5 } bezeichnet. Der Umfang eines Ovals wird also 1 — 2 eig, I (7 KK (vr Far Für k = 1, 1 0 erhält man den Umfang einer Lemniskaten- Schleife S= 4K (Yin) ee Fe Der Inhalt eines Sektors OAP der Kurve von der x Axe aus ge- rechnet, bestimmt sich aus dem Integral: . v = [r dv. 2 U o Im vorliegenden Falle ist: 2 r-r4r-(- 1 — 2m u somit —. 2 miu -ik’ 8 BE + k sn? u)? Setzt man 1 -+ k sn? u = p und berücksichtigt die Formel: d? KARTE ER dur Lg +k SIE) me I — -+2kp, so folgt: de = An: Lg A +ksn?wW—2kp-F2k(l--k) | du oder u ’ l . & o ” u 1 Iksnuenudnu ur ler Bam | o Sr: } 2, 1-+ksnu Dieser Sektor OAP ist von O aus bis zur äussern Begrenzung der Kurve gerechnet. Der Sektor APP'B, welcher der Kurve ange- hört, st: S — Sektor OAP — Sektor. OBP’ —= Sı — 3. In den Schnittpunkten A und B der Kurve mit der x Axe hat u die Werthe 0 und K, der Berührungspunkt G der äussersien K Tangente hat, wie gefunden, den Parameter u — r% Das Argument hat daher auf den Bögen AC und BC, in Punkten, die auf demselben Strahl durch O liegen, die Werthe u und K — u, Der Sektor Sı wird durch Formel 8 bestimmt, und S2 erhält man, wenn in derselben u durch K — u ersetzt wird u S 1 [ksnucnudnu (k ) In, Ne BR - Bamuı, 2 1— ksn?u > 1 » y ; ° wo E das vollständige Normalintegral zweiter Art ist. Der Kurvensektor APP'B wird nun: k? sndu cn udn u Sl — u — : : > am u lu Rare (9 Fürru=,: erhält man den Inhalt eines halben Ovals: 0 1 weg BArK), somit der Inhalt eines Ovals: O=E—- TEL, (10 y2A annähernd — rY k®? für kleine k, mit Vernachlässigung der vierten und höhern Potenzen von k. Für k = I erhält man den Inhalt einer Lemniskatenschleife L=1ı% iE & -L In diesem Falle gelten die vorigen Formeln nicht mehr. Man 1 {ransformirt zu einem Modul k’ — k < 1 durch Transformation x des ursprünglichen Periodenverhältnisses z zu einem neuen z durch Z Substitution Z = —. > v 1 CH ö Im transformirten System werden alle Grössen durch Accente bezeichnet. Dann gelten die Gleichungen: ’ 2 1 | Ei em) = ae I k k' ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ nukanu,auede u,au- ma. Die Gleichungen der Cassinischen Kurve werden nun: en u We \/ AK snwWdnwW (di 1 a X sn’? u. Y Dr X 1 en K sn’? no —. 100. Die Schnittpunkte mit den Axen werden: Ve ’ = Ik Bury -0A)su u —0,w 0, go Ey _ 22) hv=paueKk +L,x=+ a imaginär. ” ‚ rr DR WE x—0 ch 0,uU ck a ee k—1. K Die Kurve besteht aus nur einem Zweig, symmetrisch zu den Axen. k Die Geraden y — + ey sind wieder Doppeltangenten der Kurve; die Coordinaten der Berührungspunkte sind: Red lo k =t N) — + Vi By- +4 od 2 k 2 2k 2 Sie werden durch dieselben Gleichungen bestimmt wie diejenigen für die Cassinischen Kurven aus zwei Övalen bestehend, die Be- rührungspunkte liegen also auf demselben Kreis rel, der durch die Brennpunkteggeht. Die Doppeltangenten sind nur reell, so lange k 2 ist. Kür k=2 fallen die Berührungspunkte auf jeder derselben zusammen in lationstangenten. Die Cassinische Kurve k — 2 hat daher 2 Undulations- punkten x 0, y +4. Für die Parameter der Inflewionspunkte muss die Bedingung erfüllt sein: du” du’? du’ du’? %s ist diese Bedingung erfüllt, wenn aa use ee Ak ’ k@k-+i) Von den 8 Wendepunkten, die sich hieraus ergeben, sind aber nur % reell, denn das positive Vorzeichen der Wurzel liefert imaginäre Werthe für u‘. Fürrk=k— 4, die Lemniskate, wird V—-A,uU—=K und x = 0, y = 0; die 4 Wendepunkte fallen im Doppelpunkt zu- sammen. — 11 — Das negative Vorzeichen der Wurzel liefert einen reellen Werth für u‘, also 4 reelle Wendepunkte, so lange 1 > K > !a oder I 1, also u’ imaginär. Für die Grenze selber k = 2 wird snW = 1, W—=K und die Coordinaten der Wendepunkte werden: x 0 d. h, in diesen beiden Punkten, die wir bereits als Undulationspunkte der Kurve k—= 2 gefunden haben, fallen je 2 Wendepunkte zusammen. Die Cassinischen Kurven mit % reellen Wendepunkten erhält inan, wenn K zwischen 1 und 2 liegt; die untere Grenze k =1 ist die Lemniskate mit Doppelpunkt, die obere Grenze k — 2 ein Oval mit 2 Undulationspunkten. Für k > 2 haben die Curven keine Doppeltangenten und keine Inflexionspunkte mehr, es sind Ovale; ein Kreis mit unendlich grossem Radius bildet die Grenze. Die Coordinaten der Wendepunkte N 1 = —- —— (PRIV) u Pr = ——(lt HR VB). 2 6K> DK Durch Elimination von K’ und Y ergiebt sich: +0 (13 d. h. die Wendepunkte sämmtlicher Cassinischen Kurven liegen auf einer Lemniskate mit Doppelpunkt in 0, und den Brennpunkten auf der y Axe im Abstand y = akt ee Dieselbe geht durch die Un- 2 dulationspunkte x — lv > +1 und ist congruent mit der vorher gefundenen Lemniskate, auf welcher die Berührungspunkte der innern Doppeltangenten liegen, nur ist sie um 90° gedreht. Für den Bogen s der Kurve erhält man: 1— Ks? = —- ar an VI Vom Faktor nz abgesehen, ist das Integral dasselbe wie das im Fall I behandelte; es wird daher: 1 sa — ayr 28 dt’ 5 ker: Se) Ian ae - .,192.— Man erhält den Quadranten der Kurve, wenn man nach uw von W — o bis W = K integrirt, und man erhält wie dort: a Ve - PR (V 4 somit der ganze Umfang der Kurve: 1%) U=4VkkK (v a Frk=kK=141, ! = o erhät man den Umfang der Lem- niskate:: U=AR(V'%) Den Kurvensektor erhält man durch Transformation der Gleichung 8 auf das neue Periodenverhältniss: 1. TK sn u cn’ u du’ W 2K’ 1 + Kk sn?®u u‘ -+ E’am | 15) gi Da die Kurve eintheilig ist, wird der Sektor vom Ursprung aus gerechnet. Der Inhalt eines Quadranten wird erhalten, wenn man von U — 0 bis u” = K’ integrirt, somit ( ; ; E' KR, e = A kn 2. fi. [A 2k 2k 2 Der Inhalt der ganzen Kurve wird also: 16) > oh Für kleine Werthe von k’ oder grosse Werthe von k wird an- nähernd j ka (2 kk nach Vernachlässigung der vierten und höhern Potenzen von K: Für k’ = k == I erhält man den Inhalt der Lemniskate: B-—2 IM. k = 1. Die Lemniskate mit Doppelpunkt. In diesem Falle wird bei Einführung von hyperbolischen Funktionen; A ug fin u 1 a ee togd.yau=dnhu= ——. e + e cof u cof u Die Coordinaten eines Punktes der Lemniskate werden nun, so- wohl nach den Gleichungen 2 als auch nach den Gleichungen 11: cof u finu 17 a ya \ co] au : ze V coj2 u i TE ; Für cof2u=(,u= ti wiridxe to, y=hi% + und die Richtung dieser unendlich fernen, imaginären Punkte ist: I -+ i, d. h. die unendlich fernen, imaginären Kreispunkte ge- x hören der Lemniskate als Doppelpunkte an. Für u = ® fallen je zwei enlgegengeselzie Werthe von x und y im Ursprung zusammen. derselbe ist ein Doppelpunkt der Kurve. Der Bogen der Lemniskate wird dargestellt durch das Integral: > (6. ss v2 un (18 Veoj2u Um den halben Umfang einer Schleife zu erhalten, muss man N v2 bis x == 0. oder von u=0 bs u— © integriren, so dass U eg = du m) er 9% V i Veoi2u 1 Setzt. mail co. 2u 3 .,80 wird: U er — — 2K (V'R)- (19 Der Kurvensektor wird: EB: Ver ri I ang. 2u. (20 cof? 2u 2 Den Inhalt einer halben Schleife erhält man durch Integration von u = ( bs u = 00 Also: Der Inhalt einer Schleife wird daher a ı wie bereits früher gefunden. Vergiftung durch die Speiselorchel in Folge von Ppomasın bıldund. (Vorgetragen in der Sitzung vom 5. Mai 1888.) G. Jonquiere. I. Kranken - Geschichte. (Persönlicher Bericht des Opfers.) Ich hatte innerhalb der Monate November und Dezember 1887 dreimal nach Genuss desselben Schwammes mehr oder weniger starke Vergiftungs-Erscheinungen. Dieselben waren jedesmal im Wesentlichen dieselben, doch erst beim dritten Mal so prägnant aufgetreten, dass sie den Verdacht auf diese Schwämme genügend stark befestigten. Das Corpus delicti war unter dem Namen «Morcheln» in einem hiesigen Kaufladen in getrocknetem Zustande gekauft worden. Die Schwämme wurden alle drei Male in einer Rleischdunke gekocht, nach- dem sie vorher von der Köchin drei- bis sechsmal in sehr heissem Wasser ausgewaschen worden waren. Es wurden nach Aussage der Magd jedesmal nur vier oder fünf Stücke verwendet. Ich fand den Geschmack fade und hatte das Gefühl, ich beisse auf feinen Sand, ohne aber Sandkörner wahrzunehmen. Die übrigen Familienglieder assen nicht davon. Das ungekochte Object wurde von mir erst nach der dritten Intoxication untersucht. Es stellte sich dabei heraus, dass es nicht die hier zu Lande gewöhnlich gegessene Spitzmorchel, sondern wahr- scheinlich die Lorchel (Helvella esculenfa) war, die jedoch einen moderigen, sehr unangenehmen Geruch verbreitete. Es fehlten an dem gekauften halben Kilo nur 50 Gramm. ER TEE TERN PERS r r hal — 105° — Die Vergiftungs -Symptome begannen das erste Mal 8 Stunden, das zweite und dritte Mal 5 — 6 Stunden nach dem Genuss deutlich zu werden. Einfache Bauchschmerzen waren die erste Erscheinung. Jedesmal folgte denselben ein geringer Stuhlgang und nachher herrschte vollständiger Tenesmus, der selbst von zwei Esslöffeln Rieinus nicht unterbrochen wurde. Nach etwa einer halben Stunde trat jedesmal Uebelkeit ein, dem bei der ersten und dritten Vergiftung heftiges Erbrechen folgte. Das zweite Mal, wo ich die Schwämme beim Abendessen in einer sauren Sauce verzehrt hatte, blieb das Erbrechen aus und waren die Erscheinungen überhaupt schwächer und kürzer. Bei der dritten Vergiftung trank ich eine Stunde nach Beginn der Symptome zwei Tassen Milch, worauf hin noch fünf heftige Brech- anfälle folgten. Dieses letztere Mal waren auch die Bauchschmerzen von ausserordentlicher Vehemenz. Dieselben localisirten sich stets hauptsächlich in der Gegend des Querdarms. Sie waren von einem rein physischen Angstgefühl und Beklemmung begleitet. Der Puls war nie über 80—96 Schläge beschleunigt. Die Pupillen reagirten leicht und ihre Weite schien normal zu sein. Die Untersuchung des Blutes auf Hämoglobin wurde unter den erschwerenden Umständen von mir unterlassen, und der Urin, der übrigens durch Genuss vielen Kamillen- thee’s verdünnt war, zeigte nichts Auffallendes. Spastische Erscheinungen oder vermehrte Thränenabsonderung waren nicht bemerkbar geworden. Das Nachspiel wies nur eine bemerkenswerthe Erscheinung auf. Der geformte und etwas träge Stuhl war nämlich in den zwei ersten Tagen fast weiss, gelblich weiss, dann einige Tage lang hellgelb und bekam erst nach acht Tagen seine normale Farbe. Ich erholte mich jedesmal von der Vergiftung sehr rasch. Einige Stunden später konnte ich meine ärztliche Thätigkeit wieder voll aufnehmen. Nur der Appetit blieb während mehreren Tagen geschwächt und es scheint mir, der Magen und Darm seien seither für Manches empfindlicher und weniger verdauungsfähig. B. Studer jun. Il. Botanischer Theil. Von den durch Herrn Dr. Jonquiere zur botanischen Untersuchung übergebenen Pilzen wurde ein Theil in kaltem Wasser aufgeweicht und auf Fliesspapier leicht abgetrocknet. Jetzt konnte man deutlich Hut und Strunk unterscheiden. Die Hüte bildeten schwarze oder schwarz- braune Köpfchen von unregelmässig eckiger Form, an denen sich mehrere unregelmässig zurückgeschlagene Lappen wahrnehmen lassen. Die Oberfläche ist wellig grubig, tief gefurcht. Die Aussenseite des Stieles ist der ganzen Länge nach mit ge- drängten, sich wurmförmig verschlingenden, öfters verästelten Rippen bedeckt, die bei den aufgeweichten Exemplaren ocher- bis rhabarber- gelbe Farbe besitzen. Das Innere des Strunkes ist zum Theil hohl, zum Theil mit lockerem Zellgewebe ausgefüllt. Die Sporen sind elliptisch bis eiförmig. Die unregelmässige, wellig gelappte Form des Hutes musste auf den ersten Blick als eine Helvella erkannt werden, aber welche species ? Leider sind die drei gegenwärtig im Erscheinen begriffenen, grossen systematischen Pilzwerke von Winter, ') Schröter?) und Saccardo?) alle noch nicht bis zu der Gattung Helvella herausgekommen und konnten desshalb nicht benutzt werden. Man musste bei ältern Autoren Rath suchen. Es waren diess Krombholz,*) Lenz’) und Wünsche,®) alles Werke, die, wenn auch nicht neuesten Datums, doch immer noch ihren grossen Werth besitzen, und die um der Zuverlässigkeit ihrer Angaben willen noch heute von den Mykologen hoch geschätzt und gern benutzt werden. 1) Dr. G. Winter, Pilze (Rabenhorst’s Kryptogamenflora). Leipzig 1884—88. 2) Dr. J. Schröter, Pilze (Kryptogamenflora von Schlesien). Breslau 1885—88. ®) Saccardo, Sylloge fungorum. Padua 1887. *, Krombholz, Die essbaren, schädlichen und verdächtigen Schwämme. Prag 5) Dr. H. Lenz, Schwämme ed. V. Gotha 1874. 6) Dr. OÖ. Wünsche, Die Pilze. Leipzig 1877. — 117 — Nach denselben konnten zwei Arten in Frage kommen, deren Unterscheidung durchgeführt werden musste, nämlich Helvella esculenta Pers. und Helvella suspeeta Krombh. Vergleichen wir die Diagnosen der beiden Arten nach Krombholz und Lenz, so ergibt sich als Hauptunterschied die Beschaffenheit des Strunks. Nach Lenz ist derselbe bei Helvella esculenta unregelmässig höckerıg, flach. orubip, bildet aber keine schmalen Rippen. Die neueste Ausgabe von Lenz, bearbeitet von Dr. 0. Wünsche (ed. VI. Gotha 1879) bringt Helvella suspecta nicht mehr ohne einen Grund dafür anzugeben. Die Beschreibung von Helvella esculenta ist aber wörtlich gleich geblieben wie in der fünften Auflage. Ueber Helvella suspecta sagt Krombholz: Die äusserst ge- drängten, geschlängelten und vielfach verästelten Rip- pen ertheilen dieser Art ein ganz eigenartiges krauses Aussehen. Nach Wünsche ist bei Helvella esculenta der Stiel weisslich oder blassröthlich, ungleich dick, zusammengedrückt oder kantig. Helvella suspecta der Stiel schmutzig, fleischfarbig, seltener düster violett oder fast hlauschwarz, etwas flach gedrückt, grubig gefurcht. Die Abbildungen der Flora danica geben keinen weitern Anhalts- punkt, indem dort bloss Helvella esculenta aufgeführt ist und zwar mit ganz glaltem Stiel. Nach den Angaben von Lenz und Krombholz (die Diagnosen von Wünsche liefern für getrocknetes und wieder aufge- weichtes Material keine sichern Anhaltspunkte) musste dieser Pilz als Helvella suspecta Krombholz bestimmt werden. Herr Prof. Demme hatte die Güte, die Ausführung der physio- logischen Experimente zu übernehmen und wird die erzielten Resultate mittheilen. Ich gestatte mir nur vorläufig anzuzeigen, dass die unter- suchten Pilze entschieden giftige Wirkung hatten. Um die Frage zu prüfen, ob die von Hrn. Dr. Jonquiere beob- achtete schädliche Wirkung vielleicht der von Böhm und Kütz?) aus Helvella esculenta isolirten Helvellasäure zuzuschreiben seien, erkundigte ich mich in Berlin über den Zeitpunkt der Einsammlung des betreffenden Pilzes und erfuhr, dass die letzte Ernte aus dem Monat Mai 1887 herrühre. ”, Böhm & Kütz, Archiv für experiment. Pathologie und Pharmakologie, vol. 19, pag. 403. — 108 — Da nach Prof. Ponfick®) in Breslau getrocknete Lorcheln ihre deletären Eigenschaften nach vier Monaten verlieren, so schien die- Helvellasäure in diesem speciellen Fall vom Monat Dezember nicht mehr in Frage zu kommen. Mein Bestreben gieng nun dahin, authentisches Vergleichungs- material zu beschaffen. Da in der Umgegend von Bern Helvella escu- lenta noch gar nicht gefunden worden und ein in letzter Zeit in Gesellschaft von Hrn. Dr. Fischer unternommener Ausflug in die Wälder bei Biel auch resultatlos geblieben, so musste ich mich mit trockenem Material begnügen. Schon im Januar war ich so glücklich von dem nämlichen Lieferanten in Berlin eine Probesendung unzweifelhaft ächter | Speiselorchel zu erhalten. Botanisch war zwischen dieser Mustersendung und den wegen ihrer Schädlichkeit hier confiscirten Lorchein durchaus kein Unter- schied zu finden. Der Hut ist genau der nämliche wie bei der ersten Probe und der Stiel nicht unregelmässig höckerig, flach grubig, sondern deutlich gerippt. Das physiologische Experiment wurde analog dem ersten Versuch ausgeführt und es zeigte sich, dass der Pilz nicht giftig war. Hier haben wir den Gonfliet! Zwei Pilze ohne botanischen Unter- schied, von denen der eine giftig, der andere total unschuldig ist. Daraus geht hervor, dass der Unterschied zwischen dem flach grubigen und dem gerippten Strunk doch nicht so massgebend sein kann, wie nach den oben eitirten Autoren angenommen werden müsste. Da, wie bereits erwähnt, die neueren Pilzwerke hierüber nicht Aufschluss geben, so suchte ich auf dem Wege der Correspondenz mir Gewissheit zu verschaffen, und ich benutze gerne die Gelegenheit den geehrten Herren meinen Dank auszusprechen für die Bereitwilligkeit, mit welcher sie meine Anfragen beantwortet haben. Ein erfahrener Pilzkenner, Hr. Th. Voigt-Meyer in Frankfurt a/M., schreibt mir: «Helvella esculenta und Helvella suspecta sind ein und dasselbe Product. Esculenta ist auf trockenem Boden gewachsen. suspecta auf feuchtem Boden. Das Characteristische an Helvella suspecta ist die eigenthümliche Feuchtigkeit in allen Theilen, so dass sie beim Zerdrücken einen weichen Brei bilden. während Helwella esculenta sich beim Zer- °) Prof. Ponfick, Ueber die Gemeingefährlichkeit der essbaren Morchel. Deutsche med. Zeitung No. 30. — 109 — drücken in der Hand verkrümmelt wie ein altes Brödchen. Wenn es nun richtig ist, dass suspecta stets feuchter als esculenta ist, so ist es erklärlich, dass suspecta leichter schimmelt und zwar, wie es oft geschieht, durch Aufbewahren vor dem Trocknen». Herr Dr. Rehm in Regensburg, welcher seit dem Tode Winters die Fortsetzung des grossen Winter'schen Pilzwerkes übernommen hat, war so gütig, mir auf meine diesbezügliche Anfrage folgendes zu antworten: 2 «Anlangend die Helvella suspecta Lenz und Krombholz, so existirt eine solche nach allgemeiner Anschauung nicht und Niemand hat sie seitdem beobachtet. Dagegen hat Helvella esculenta nicht immer bloss oberflächlich grubigen Fruchtkörper, vielmehr wechselt derselbe nach Standort, Feuchtigkeit und Licht. Diess tritt beim Trocknen um so deutlicher hervor. Gibt es nun keinen Unterschied zwischen esculenta und suspecta in systematischer Beziehung. so ist eben derselbe aufgestellt in pathologischer Richtung. Nachdem Vergiftungsfälle durch Lorcheln vorgekommen, suchte man nach Unterschieden zwischen schädlichen und unschädlichen und erachtete Lenz die von Ihnen geschilderte Form als solche». Mittlerweile hatte die hiesige Sanitäts-Commission die Berliner Polizeibehörde officiell von dem Fall in Kenntniss gesetzt und in Folge traf im Februar ein sehr ausführliches Gutachten von Hrn. Dr. C. Bischoff in Berlin ein, welches ich der Kürze der Zeit halber nur auszugsweise mittheile. Hr. Dr. Bischoff sagt: «Die genannte Pilzart, Helvella suspecta, ist nach Ansicht der heutigen Pilzkenner nichts weiter als ein altes faules Exemplar der Helvella esculenta Pers. und keine eigenthümliche Art. Dasselbe ist im Wesentlichen schon 1862 von Phoebus in Rosenthals Synopsis plantar. diaphoricar. gesagt. Wünsche führt in seinem Werke. Die Pilze. 1877, die Helvella suspecta Krombholz noch an. Die Diagnose derselben stützt sich lediglich auf das Vorhandensein eines dunkel bis schwarz gefürbten Stieles. während die guten Helvella-Arten weisse Stiele haben.) Beim Altern und Faulen werden jedoch auch die Stiele der essbaren Helvella-Arten dunkel. Ich bemerke, dass nach Krombholz die verdächtige Helwella Suspecta noch nicht wieder gefunden ist. °) Wünsche, Die Pilze. Leipzig 1877, pag. 254. Helvella esculenta: Stiel weisslich oder blassröthlich. Helvella suspecta: Stiel schmutzig, fleischfarbig, seltener düsterviolett oder fast blauschwarz. (Ref.) — 10 Giftig ist unter Umständen jedoch auch die ächte Speisemorchel, Morchella eseulenta. wie im vorigen oder vorvorigen Jahr Prof. Ponfick'?) in Breslau dwrch Thierversuche festgestellt hat. Das leichtlösliche Gift der Pilze wird dureh die übliche Behand- lung derselben mit Wasser erfahrungsgemüss entfernt. Die getrockneten Pilze sind übrigens in der Regel weniger giftig als die frischen Pilze. Was num die vorliegenden Morcheln anbelangt. so ist nach Unter- suchung derselben in einem Quantum von "Ja % getrockneter Morcheln — mindestens 1 ® frischer Morcheln entsprechend — irgend ein Individuum, das auch nur der unbekannten Helvella suspecta ähnlich sehe, nicht aufzufinden. Dagegen konstatire ich, 1. dass kein Exemplar von Morchella, vielmehr nur Helvella- Arten vorliegen, 2. dass ein Gemisch von Helvella esculenta, H. Gigas, H. Infula, sümmtlich essbar, vorliegt, 3. dass unter denselben einzelne sichtlich faule und beim Ein- sammeln schmierig gewesene Exemplare vorhanden sind, welche "als verdächtig gelten müssen. Dieselben sind in trockenem Zustand, zum Theil durch die eigenthümliche Art des Ein- trocknens mit kleinrunzeliger Oberfläche kenntlich. In den aufgekochten Exemplaren sind dieselben beim Auslesen nicht schwierig zw entdecken und dürften beim Auslesen der auf- gekochten Waare jeder Hausfrau. die gesunde Pilze kennt, auffallen. In frischem, d.h. ungetrocknetem Zustand haben faule Morcheln einen äusserst unangenehmen Geruch. Ich halte es daher für unmöglich, dass derartige Waare hier auf die Märkte kommt und gekauft werden kann. Im trockenem Zustand verliert sich der Geruch (Trimethylamin). Es können daher faule Pilze beim Sammeln im Grossen mit unterlaufen und mit getrocknet werden. Wenn sie übrigens gehörig gewässert und aufgekocht sind. bezweifle ich deren Schädlichkeit. 10%) Die Arbeit von Ponfick bezieht sich auf Helvella, nicht Morchella (P. Magnus, Verhandl. des botan. Vereins der Provinz Brandenburg XXV). Wozu diese ewige Verwechslung! Morchella kann nur im Stadium eintretender Fäulniss giftig werden wie jeder andere Pilz auch. Frische Morcheln (Morchella esculenta und conica) sind sowohl gekocht als roh total unschuldig. Zur Illustration dieses Satzes habe ich heute Morgen um 8'/a Uhr 40 grmm. frische Morcheln (Morch. escul.) roh verzehrt ohne sie zu waschen und habe seit den 12 Stunden keine Spur von Vergiftungserscheinungen wahrnehmen können. (Ref.) Ausser einigen Mittheilungen von giftigen Wirkungen der Morcheln, welche im Jahre 1886 oder 1887. gelegentlich der Mittheilungen von Prof. Ponfick in Breslau, durch die Berliner Zeitungen giengen, die ich in der Vossischen Zeitung gelesen, sind mir schädliche Wirkungen der Morcheln nicht bekannt geworden». Vergleichen wir die Resultate der botanischen Untersuchung mit den physiologischen Experimenten einerseits und mit den überein- stimmenden brieflichen ‘Gutachten, die ich Ihnen vorzulegen die Ehre hatte, anderseits, so geht daraus hervor, dass die Angaben von Kromb- holz. Lenz und Wünsche über Helvella suspecta und esculenta der Rerichtigung bedürfen, insofern als I. Helvella suspecta nicht mehr als Species zu betrachten ist und 2. Helvella esculenta sowohl mit flachgrubig höckerigem, als längsru nzlige geripptem Stiel vorkommit. Selbstverständlich kann eine auf obgenannte unrichtige Angaben gestützte Bestimmung nicht aufrecht erhalten werden und wir können uns der Ueberzeugung nicht entziehen, dass der in Frage stehende Piz Helvella esculenta ist. Wie es nun kommt, dass dieser essbare und besonders in trockenem Zustande ganz unschuldige Pilz dennoch giftige Wirkungen hervorrufen konnte, darüber werden Ihnen die Herren Prof. Demme und Dr. Berlinerblau Mittheilungen machen. III. Pharmakologisch - toxikologischer Theil. Pharmakologisch-toxikologische Untersuchung der dem pharmakologisehen Institut in Bern von Herrn Apotheker Studer und Herrn Dr. Berlinerblau übergebenen, mit den Vergiftungserscheinungen bei Herrn Dr. Jonquiere in Beziehung stehenden Präparate von Helvella esculenta. Am 23. Dezember 1887 überlieferte Herr Apotheker Studer dem pharmakologischen Institut 1. ein Decoct der betreffenden Pilze (von dem Reste der von Hrn. Dr. Jonquiere bezogenen Sendung stammend), in der Concentration von °°/a5o (50,0 gr. der getrockneten Exemplare von Helvella esculenta mit 500,0 gr. Wasser aus- gekocht, eingedampft und unter Zusatz von Glycerin auf 250,0 ergänzt), den scharf getrockneten und pulverisirten Decoctrück- stand. Das Decoct hatte eine intensiv dunkelbraune Farbe, einen bitteren widerlichen Geschmack und alkalische Reaction. Dasselbe wurde bei der mikroskopischen Prüfung und der Ueberimpfung auf Fleisch- infuspepton-Gelatine und Agar frei von bacteriellen Elementen gefunden. Der scharf getrocknete, fein pulverisirte Decoctrückstand war von silbergrauer Farbe und hatte einen widerlich faden Geruch. lid. > Versuche mit dem unter No. 1 erwähnten Decoct. Die zunächst hiermit bei Kalt- und Warmblütern ange- stellten allgemeinen Orientirungsversuche wiesen die intensive Giftigkeit des Präparatesin verhältnissmässig kleinen Gaben und zwar den Eintritt des Todes unter Stillstand des Herzens in Diastole nach. ss wurden hierauf methodische Untersuchungen bezüglich der Einwirkung des Präparates auf die verschiedenen Organsysteme des Kalt- und Warmblüters vorgenommen und dabei die zur toxischen Wirkung nöthige Grösse der Gabe, sowie die Zeitdauer ihrer Wirkung besonders berücksichtigt. Diese Versuche lassen sich als solche lang- samer und schneller Vergiftung bezeichnen. #. Versuche beim Kalthlüter. Die Einverleibung des Präparates fand in der Form von Ein- spritzungen in den Rückenlymphsack der Frösche statt. Langsame Vergiftung: sSiner kräftigen Esculenta werden am 23. Dezember 1887 um % Uhr 15, 20 und 25 Min. je 0,1 des Decoctes injieirt. 4 Uhr 30 Min., nach einer Gesammtabgabe von 0,3, Auftreten kleinster fibrillärer, auf sämmtliche Skelettmuskeln ausgedehnter Zuckungen, der Guanidinwirkung ähnlich. Schaum- secretion auf der gesammten Körperoberfläche. 4 Uhr 35 Min. 0,1 des Decoctes nachgespritzt. Fortwährendes Muskel- flimmern neben den fibrillären Muskelcontractionen. Reflexer- regbarkeit gesteiger. Krampfhaftes, dyspnoötisches Athmen. % Uhr 40 Min. Vorder- und Hinterbeine in Extensionsstellung. Voll- ständige Lähmung der Extremitäten bei noch an- dauerndem Muskelflimmern. Reflexerregbarkeit fast erloschen. Die Prüfung der elektrischen Erregbarkeit der Muskeln weist das Fortbestehen derselben nach, dagegen vermag die elektrische Reizung der isolirten motorischen Nerven keine Muskelzuckung auszulösen. Herz blosgelegt. Es finden noch 46 bis 20 regel- mässige und vollständige Kammercontractionen in der Minute statt. 8 ld 4 Uhr 43 Min. 8 bis 10 unregelmässige, peristaltische Kammer- contractionen in der Minute. Rasche Abnahme der Frequenz. 4 Uhr 47 Min. Stillstand des Herzens in Diastole. Auf mechanische und elektrische Reize erfolgt nach dem ersten, während 2 bis 3 Minuten abgewarteten Stillstande, die Wiederbelebung der Ventrikelcontractionen. Diese Reizwirkung stumpft sich jedoch rasch ab. Dagegen gelingt es durch subcutane Einspritzung einer einprozentigen Atropinlösung und Aufträufeln einiger Tropfen derselben auf das Herz, nach % bis 5 Minuten dauerndem Herzstill- stande, die Herzaction von Neuem anzufachen. Nach schliesslichem Versagen auch der Atropinwirkung bleibt das Herz dauernd in Diastole stehen. Noch während den nächsten 10 bis 15 Minuten lässt sich an der Muskulatur des Vorhofes, sowie der Extremitäten blitzähnlich auftretendes Muskelflimmern wahrnehmen (Andauern der direkten Reizung der Muskelsubstanz). Zur Entscheidung der Frage, ob es sich bei der eben beschriebenen Lähmung der Extremitäten um eine Lähmung aus centraler oder peripherer Ursache handelte, wurde bei einem Frosche eine hintere Extremität durch Unterbindung der Gefässe von der Blutzufuhr abge- schnitten. Nach hierauf vorgenommener Injection der dem vorigen Versuche gleichwerthigen Gabe des Decoctes in den Rückenlymphsack wurde bei den’ Nerven der unterbundenen Extremität noch normales Verhalten auf elektrische Reizung konstatirt, während die Nerven der Extremitäten mit freier Bluteireulation ihre elektrische Erregbarkeit verloren hatten. Es handelte sich bei unserer Giftwirkung somit um eine der Curarewirkung analoge, primäre Lähmung der peripheren Endorgane der moto rischen Nerven. Zahlreiche Parallelversuche, zum Theil noch protrahirterer Ver- giftung bei Fröschen, mit denselben Gaben des Decoctes, lieferten voll- kommen übereinstimmende Resultate. Rasche Vergiftung: Auf eine einmalige Einspritzung von 0,5 des Decoctes erfolgte bei kräftigen Fröschen schon nach 2 bis 3 Minuten das oben beschriebene, der Guanidinwirkung ähnliche, über sämmtliche Skelettmuskeln verbreitete Muskelflimmern, mit vorüber- gehend stärkeren fibrillären Muskelzuckungen. Nach weiteren 5 bis 7 Minuten, somit 7 bis 10 Minuten nach der Einverleibung des Giftes traten die der CGurarewirkung analogen Lähmungser- scheinungen im Gebiete der motorischen peripheren Nervenendigungen ein. Nach ferneren 2 bis 3 Minuten liess sich -—..19 -- am blosgelegten Herzen die rasche Abnahme der Frequenz der Ventrikel- contractionen, hierauf die Peristaltik derselben und etwa 412 bis 14 Minuten nach Beginn des Versuches Stillstand des Herzens in Diastole konstatiren. Während elektrische und mechanische Reize ihre Einwirkung auf die Wiederbelebung der Herzthätigkeit bald erschöpften, gelang es durch die oben erwähnte Anwendung der Atropin- lösung noch während der nächsten dem minutenlang abgewarteten Herz- stillstande folgenden 5 bis 10 Minuten die regelmässige Schlagfolge des Herzens von Neuem herzustellen. Sowohl aus den Versuchen langsamer als, schneller Vergiftung ergiebt sich somit bezüglich der Giftwirkung auf das Herz des Kaltblüters die Thatsache, dass es sich um einen durch Ein- wirkung auf die Herzhemmungscentren hervorgerufenen Reizungs- stillstand handelt. Kleinere einmalige Gaben als 0,5 des Decoctes vermochten diesen promptern Verlauf der Vergiftungserscheinungen nicht hervor- zurufen ; auf grössere einmalige Gaben von 1,0 und darüber stellten sich vor dem Eintritt jener der Gurarewirkung ähnlichen Lähmungs- erscheinungen ganz kurz dauernde allgemeine tetanise he Krämpfe und bereits % bis 5 Minuten nach der Einspritzung der Stillstand des Herzens in Diastole ein. 9 Versuche beim warmbluter. Dieselben wurden an Meerschweinchen, Kaninchen, Hunden und ‘ Katzen vorgenommen.*) Am empfindlichsten gegen die Gift- wirkung zeigten sich Katzen und Kaninchen. Hunde liessen eine bei weitem geringere Empfänglichkeit wahrnehmen. Während beispielsweise 0,5 des Decoctes auf 1 Kgr. Katze und Kaninchen be- rechnet, schon schwere Vergiftungserscheinungen hervorriefen, ver- änderte dagegen dieselbe Gabe auf 1 Kgr. Hund das Befinden desselben nicht in merklicher Weise. Bei Katzen traten einzelne Symptome wie die bald zu erwähnende Brechwirkung, der Speichelfluss, die Schweiss- secretion an den Pfoten besonders prägnant hervor. Bei Meer- schweinchen erfolgte eine Störung des physiologischen Gleichgewichtes erst nach verhältnissmässig bedeutend grösseren Gaben und erwies Sich diese Thierspeeies überhaupt als für unsere Versuche ungeeignet. . #) Die Vergiftungserscheinungen verliefen hier in einer vom Kaltblüter in mancher Beziehung verschiedenen, jedoch ebenfalls typischen Reihenfolge. a N Zur Erleichterung der Uebersicht über das uns beschäftigende Vergiftungsbild beim Warmblüter lasse ich auch hier das Protokoll eines Versuches beim Kaninchen folgen. Ein kräftiges, gesundes Kaninchen von 2 Kgr. erhält am 27. Dez. % Uhr 10 Min. 1,0 des Decoctes in Einspritzung unter die Rückenhaut. % Uhr 27 Min. Starke Dyspnoe, ängstliches Hin- und Herwerfen des Kopfes, Pupillen deutlich verengert, anfallsweises Erzittern des ganzen Körpers, fibrilläre Zuckungen in der gesammten Skelett- muskulatur. % Uhr 30 Min. Ausfliessen eines zähen, an Menge fortwährend zunehmenden Speichels aus beiden Mundwinkeln. Con- junctiva bulbi und Nasenschleimhaut reichlich mit Schleim bedeckt. Stürmische, anfangs kleinknollige, feste, später dünnflüssigere Darmentleerungen. Zwischen denselben Tenesmus. Wieder- holte spastische Urinentleerung. 4% Uhr 35 Min. Es folgen sich mehrere 10 bis 30 Sekunden dauernde allgemeine tetanische Krampfanfälle. Dazwischen fibrilläres Muskelzittern. Reflexerregbarkeit sehr gesteigert. #4 Uhr 38 Min. Das Thier fällt, bei ausgespreitzten Extremitäten, auf den Bauch. Die Extremitäten sind vollständig ge- lähmt. Die direkte elektrische Reizung der Extremitätenmuskeln löst lebhafte Muskelcontractionen aus, dagegen ist die elektrische Erregbarkeit der isolirten peripheren motorischen Nervenzweige erloschen. Reflexerregbarkeit abnehmend. 4 Uhr 40 Min. Zunehmende Dyspnoe. Unter äusserst heftigen, durch die Bauchdecke sicht- und fühlbaren Darmcontractionen wird noch blutiger Darmschleim ausgestossen. Die zu Beginn des Versuches 88 bis 96 in der Minute betragenden Ventrikelcon- tractionen sinken rasch auf 36 bis 40 Schläge. Die Myosis hat einer mässigen Dilatation der Pupillen Platz gemacht. Reflex- erregbarkeit erloschen. %# Uhr 43 Min.. Herz blosgelegt. Zunehmende Peri- staltik der Kammercontractionen bei rasch ab- nehmender Zahl derselben. % Uhr 45 Min. Beinahe gleichzeitig Sistirung der Athmung und Still- stand des Herzens in Diastole. Während die mechanische und elektrische Reizung des Herz- muskels nur vorübergehende Ventrikelcontractionen auszulösen vermag, tritt dagegen beim Aufträufeln der einprozentigen Atropinlösung auf das Herz schon nach '/a bis 2 Minuten wieder eine regelmässige, obschon sehr langsame Folge der Herzcontractionen ein. Nach einer Dauer von 5 bis 8 Minuten erweist sich auch die Anwendung des inzwischen eben- falls subeutan injieirten Atropins als wirkungslos und ist der diasto- lische Herzstillstand nicht mehr aufzuheben, die Herzthätigkeit voll- kommen erloschen. Bei der Autopsie liess sich noch leichtes Flimmern des Herzmuskely/ sowie lebhafte tetanische Zusammenziehung einzelner ‘Darmabschnitte konstatiren. Ausserdem bestand eine ausgesprochene Hyperaemie der Magen- und Dünndarmschleimhaut. Wurden Kaninchen grössere Gaben des Decoctes, d. h. 1,0 bis 1,5 desselben pro Kgr. unter die Haut gespritzt, so erfolgte dieselbe Reihe von Erscheinungen, nur in stürmischerer Weise. Der Tod mit Stillstand des Herzens in Diastole trat alsdann schon nach 8 bis 12 Minuten ein. Kleinere Gaben des Decoetes von 0,25 bis 0,5 in subeutaner Einspritzung riefen Myosis, sowie eine sichtliche Zunahme der Speichel- secrelion hervor. Es giengen jedoch diese Erscheinungen nach 10 bis 15 Minuten ohne intensivere Störungen des Allgemeinbefindens vorüber. Bei Hunden veranlassten einmalige subeutane Einspritzungen des Decoctes von 2,0 bis 2,5 per Kgr. besonders heftige Darmbewegungen, Namentlich auch mehrfaches Würgen und Erbrechen. Auftreten von Icterus oder von Haemoglobinurie wurde nicht beobachtet. Bei Katzen trat auf Einzelgaben des Decoctes von 1,5 bis 1.8 in subcutaner Einspritzung schon nach 8 bis 10 Minuten Myosis, Erbrechen, Dyspnoe, sowie Schwitzen an den Pfoten ein. Die übrigen auf die Lähmung der Extremitäten, sowie den Stillstand des Herzens bezüglichen Erscheinungen verliefen bei Katzen und Hunden in analoger Weise wie beim Kaninchen. Bei innerlicher Darreichung, d. h. Einführung des Decoctes durch die Schlundsonde in den Magen, war bei Warmblütern, bezw. Kaninchen, die 3 pis % Mal grössere Gabe, pro Kgr. berechnet, nothwendig, um Nach einem bedeutend länger dauernden Zeitraum als nach subcutaner Einspritzung, zuweilen erst nach 30 bis 45 Minuten, die eben beschriebe- nen Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Umgekehrt bewirkte die \ntravenöse Injection von 0,5 des Decoctes bei Kaninchen den Eintritt und stürmischen Verlauf der geschilderten Intoxication Schon nach 2 bis 5 Minuten. — 18 — Die Versuche, welche mit dem unter No. 2, Eingangs erwähnten getrockneten und fein pulverisirten Decoctrückstande bei Warmblütern vorgenommen wurden, führten zu keinem irgendwie verwerthbaren Resultate. Bei Kaltblütern wurden dieselben unterlassen. Fassen wir zunächst die Ergebnisse der mit dem uns über- gebenen Decoctum Helvellae angestellten pharmakologis ch-toxi- kologischen Untersuchungsreihe zusammen, 50 zeigen die hier beobachteten Vergiftungserscheinungen keine Aehnlich- keit mit dem von Bostroem,*) Ponfick **) und Anderen für das sogenannte Lorchelgift nachgewiesenen und bekannten Vergiftungsbilde. Es ist mit Rücksicht hierauf namentlich der Umstand zu betonen, dass bei unseren Hunde-Versuchen weder Icterus noch Haemoglobinurie nachgewiesen werden konnten. Das bei unseren Versuchen konstant beobachtete Symptomenbild zeigte einerseits in seiner beim Kaltblüter besonders deutlich ausgesprochenen Lähmung der Endorgane der motorischen Nerven eine auffallende Uebereinstiimmung mit der Curarewirkung, während andererseits die beim Warmblüter prägnant hervortretende Zunahme der Speichelsecretion, Pupillenverengerung und Dyspnoe, die zum Erbrechen und stürmischen Darmausleerungen führenden tetani- schen Contractionen des Magens und Darmrohres (besonders deutlich bei Hunden und Katzen), ferner die allgemeinen tetanischen Muskel- krämpfe, sowie endlich der beim Kalt- und Warmblüter durch Reizung der Herzhemmungs-Vorrichtungen her- vorgerufene Herz-Stillstand in Diastole und die Aufhebung desselben durch Einwirkung des Atro- pins, eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit der Muscarin- wirkung ergaben. Boehm+) hat in seinen Beiträgen zur Kenntniss der Hutpilze den Nachweis geführt, dass Boletus luridus und Amanita pantherina reichliche Mengen von Cholin enthalten. Er fand ferner bei einer mit Külz unternommenen Arbeit}}) ebenfalls in Helvella esculenta eine zwar noch nicht endgültig analysirte, jedoch im Wesentlichen mit *) Ueber die Intoxieationen durch die essbare Lorchel. Leipzig, Hirsch- feld 1882. *#) Virchow’s Archiv, vol. 88, H.3, p. 445. +) Archiv für experim. Pathologie und Pharmakologie, Bd. 19, p. 60 u. ft. ++) Ueber das Vorkommen und die Wirkungen des Cholins u. s. w. Bd. 19, pag. 87 u. ff. ug dem Cholin übereinstimmende Base. Nach den Untersuchungen von Gaehtgens,*) welche durch die Arbeiten von Boehm eine Bestätigung erfuhren, hat das Cholin eine curareähnliche Wirkung und bietet zudem unverkennbare Analogieen mit der Muscarinwirkung dar. Auch die von Boehm aus dem Cholin durch Oxydation mittelst Salpetersäure nach der Methode von Schmiedberg und Harnack künstlich dargestellten Muscarine lassen neben der charakteristischen Muscarinwirkung aus- gesprochene curareähnliche Wirkungen erkennen. Die Vermuthung lag somit nabs, dass die bei unseren Versuchen ınit dem genannten Helvella-Decoete beobachteten toxischen Erscheinungen vielleicht durch einen reichlicheren Cholingehalt hervorgerufen sein möchten. Einer solchen Annahme widersprach jedoch die Angabe von Boehm,**) dass bei seinen Versuchen mit Cholinchlorid Kaninchen fast keine Vergiftungserscheinungen, Katzen dagegen dieselben in ausgesprochener Weise darboten. Unsere Experimente hatten dagegen eine ziemlich gleichwerthige und zwar hochgradige Empfindlichkeit der Katzen und Kaninchen für die uns beschäftigende toxische Substanz nachgewiesen. Bei weiterer Umschau in der hier einschlagenden Literatur schien mir das bei unseren Experimenten, auch mit Rücksicht auf die verschiedenen Thierspecies konstatirte Vergiftungsbild, eine grössere Uebereinstimmung mit der Wirkung des von Briegery) aus faulem Fleisch dargestellten Neurin zu haben. Seine Angaben über die lähmende Einwirkung des salzsauren Salzes dieser Base bei Fröschen und die der Muscarinwirkung analogen toxischen Einwirkungen desselben au Säugethiere stimmen im Wesentlichen mit unseren eben mitgetheilten Beobachtungsresultaten überein. Sie betonen zudem, wie die unsrigen, das prompte Auftreten der toxischen ‚Erscheinungen auch bei Kaninchen, obschon die letzteren für den Eintritt der Intoxication allerdings einer viel grösseren Gabe als _ Katzen bedurften. So drängte sich denn bezüglich der Deutung der bei unseren Untersuchungen erhaltenen Resultate die Ansicht auf, dass es sich hier um die Wirkung eines in den betreffenden Exemplaren von Helvella esculenta, unter entsprechend günstigen Ver- a ae? *) Dorpat. medic. Zeitschrift. Bd. 1. 1870. == Ope eit.-9, page. You. T. +) Ueber Ptomaine. Berlin, Hirschwald 1885, pag. 26 u. fl. A hältnissen zur Entwicklung gekommenen Fäulnissalkaloides (Ptomaines) und zwar wahrscheinlich des Neurins*) gehandelt habe. Unterstützt wurde diese Anschauung durch die Ergebnisse der experimentellen Prüfung eines von Hrn. Dr. Berliner- blau aus den betreffenden Lorcheln als Platinverbindung dargestellten Alkaloides. Eine 0,1 prozenlige Lösung desselben, welche am 10. Februar 41888 dem pharmakologischen Institute übergeben worden war, erwies sich sowohl auf den Kalt- als Warmblüter eminent toxisch und stimmte in ihrer Wirkung mit derjenigen des oben besprochenen Decoctes in den wesentlichsten Punkten überein. Auf eine subeutane Einspritzung von 0,001 des Alkaloides stellte sich bei Fröschen, unter sehr lebhaften Muskelflimmern, nach 2 bis 3 Minuten schon die der Gurarewirkung analoge Lähmung der Extremi- täten und 3 bis 5 Minuten später der durch Atropin aufhehbare Reiz- stillstand des Herzens in Diastole ein. Auf die subeutane Einverleibung von 0,005 bis 0,007 des Alka- loides auf 4 Kgr. Kaninchen und Katze trat schon nach 3 bis 8 Minuten die vorwiegend muscarinähnliche Wirkung, d.h. bei Katzen heftiges Erbrechen und Schwitzen der Pfoten, bei beiden Thier- species Myosis, Speichelfluss, stürmische Darmperistaltik mit Ahgang wässeriger Ausleerungen, Harnträufeln, Dyspnoe, kurz dauernde klonische und tetanische Krampfanfälle, und 42 bis 15 Minuten nach der Ein- spritzung Stillstand des Herzens in Diastole, mit vorübergehender Auf- hebung desselben durch Atropinwirkung, ein. Auch auf die vermehrte Speichelsecretion erwiesen sich nach- geschickte subeutane Einspritzungen von 0,0041 Atropin pro 1 Kgr. des Thieres beschränkend. Dagegen traten, wie diess auch von Brieger für seine Experimente mit Neurin hervorgehoben wird, bei atropini- sirten Kaninchen und Katzen trotzdem die Wirkungen des uns beschäf- tigenden Alkaloides hervor. Allerdings brauchte dasselbe hier zu seiner toxischen Beeinflussung des Organismus einen 4 bis 6 Mal längeren Zeitraum. Für mehrfache Blutdruckversuche reichte die Quantität der über- gebenen Lösung leider nicht aus. Aus den wenigen Blutdruckversuchen am Kaninchen ging jedoch so viel hervor, dass eiwa 4 bis 5 Minuten nach einer subcutanen Einspritzung von 0,005 des Alkaloides am curari- *) Ueber die Bildung des Neurins aus Cholin durch Wasser- abspaltung finden sich die betreffenden Angaben in dem von Hrn. Dr. Berliner- blaw bearbeiteten chemischen Abschnitt dieser Mittheilungen. na sirten, künstlich atlhmenden Thiere eine auf Reizung des vasomotorischen Hauptcentrums beruhende (nach Halsmarkdurchschneidung wegfallende) Blutdrucksteigerung um etwa 40 bis 60 Min. Hg. eintrat. Schon 2 bis 3 Minuten später stellte sich conslantes Sinken des Blutdruckes (Lähmung des vasomotorischen Centrums) bis zum Stillstand des Herzens ein, Um Gewissheit darüber zu erhalten, ob das in Rede stehende Ptomain sich auch in normalen, d. h. den hygienischen Anforderungen entsprechenden Exemplaren von Helvella esculenta durch Fäulniss derselben entwickeln könne, setzte Hr. Dr. Berlimerblau eine Quantität solcher Exemplare bei feuchter Wärme der künstlichen Fäulniss “aus. Das nach genügend erscheinender Entwicklung des Fäulniss- Prozesses von den so behandelten Pilzen dargestellte, Helvellasäurefreie, bezüglich seiner Concentration übrigens nicht genau bestimmte Decoct wurde dem pharmakologischen Institute am 30. April 1885 übergeben. Das Resultat der hierauf bezüglichen Untersuchungen lässt sich vorläufig dahin zusammenfassen, dass dieses Decoct sowohl auf Kalt- als Warmblüter eine zwar schwächere Wirkung als die oben besprochenen Helvella-Präparate entfaltete, dass dagegen die Qualität dieser Wirkung zunächst mit Rücksicht auf das Auftreten jener der Curarewirkung ähnlichen Lähmungserscheinungen besonders beim Kalt- blüter, sowie des durch Atropineinwirkung aufzuhebenden Reizungs- stillstandes des Herzens beim Kalt- und Warmblüter, mit der für die erstgenannten Helvella-Präparate (Decoct No. 1 und Alkaloid von Hrn. Dr. Berlinerblau) beschriebenen Wirkungsweise Ueberein- Stimmung zeigte. Diese Untersuchungen werden übrigens zur Zeit noch eingehender fortgesetzt und sollen später den Gegenstand einer besonderen Veröffentlichung bilden. Es sei mir zum Schlusse noch gestattet, bezüglich jener Differenzen, welche sich bei Vergleichung des von Dr. Jonquwiere an sich selbst beobachteten Vergiftungsbildes und der mit den genannten Präparaten experimentell an Thieren erzielten Symptomenreihe ergeben, darauf sufmerksam zu machen, dass bei der sogenannten Muscarinwirkung auf den menschlichen Organismus die toxischen Erscheinungen namentlich in Ekel und Erbrechen, in reichlichem Abgang von Schleimigem, häufig mit Blut vermischtem Darminhalte, in erschwerter Athmung, sowie, bei Einverleibung grösserer Gaben der toxischen Substanz, in einem rauschähnlichen Zustand bestehen, dass dagegen vermehrte Speichel- und Schweissabsonderung, sowie die Reizung der Hemmungsapparate des Herzens (welche Erscheinungen ebenfalls im \ Vergiftungsbilde des Hrn. Dr. Jonquiere fehlen) bei der Intexication des Menschen durch kleinere und mittlere Gaben natürlicher und künstlicher Muscarine meist in den Hintergrund zu treten oder auszubleiben scheinen.*) In ähnlicher Weise verhalten sich bezüglich ihrer toxischen Wirkung sehr wahrscheinlich ebenfalls die Muscarin- wirkung entfallenden Ptomaine, so auch das Neurin. Die hier mitgetheilten experimentellen Untersuchungen haben, abgesehen von dem theoretischen Interesse, noch eine höher anzuschlagende praktische Bedeutung. Sie weisen unzweifelhaft nach, dass sich in unschädlichen und somit essbaren Pilzen, durch unzweckmässige Behandlung derselben beim Sammeln und Trocknen, Fäulnıssalkaloide entwickem können, welche selbst durch das der Zubereitung der Pilze vorhergehende, vorschriftsmässige, mehr- fache Abbrühen mit kochendem Wasser (und Abgiessen des letzteren) weder zerstört noch entfernt werden und somit beim Genusse dieser Pilze ihre toxische Wirkung auf den Menschen zu äussern vermögen. *) Die einfach erregende, belebende Einwirkung verhältnissmässig kleiner Gaben von Abkochungen des Fliegenschwammes (Agarieus muscarius) hat in neuerer Zeit zur versuchsweisen therapeutischen Verwendung derselben (bei nervösen Depres- sionszuständen ?) Veranlassung gegeben. Vergl. Grassö: Il nostro Agarico Moscario sperimentato come alimento nervoso. Gazzetta degli Ospitali, Anno 1, No. 21. J. Berlinerblau, IV. Chemischer Theil. Ueber P!omaine aus Helvella esculenta (Lorchel, Steinmorchel). Die. Vergiftungen durch essbare Pilze haben schon ziemlich häufig die Vermuthung aufkommen lassen, dass gefaulte Exemplare giftige Sigenschaften erlangen können, indess ist der Beweis hierfür weder auf chemischem Wege, durch Isolirung der toxischen Prinzipien, noch auf toxikologischem, durch Ermittelung der physiologischen Wirkung derselben, erbracht worden. Es war mir daher besonders angenehm, die Schwämme, deren schädliche Wirkung Herr Dr. Jongquiere unwill- kürlich an sich erprobt, Herr Apotheker Studer botanisch und Herr Prof. Demme toxikologisch geprüft hatten, durch die Freundlichkeit der genannten Herren zur chemischen Untersuchung zu erhalten. — Die Quantität der getrockneten Schwämme betrug im Ganzen circ: 700 gr., wovon ich 600 gr. zur Untersuchung genommen habe. Mein Augenmerk war von vornherein auf basische Verbindungen gerichtet, denn nur durch diese Concentration der Untersuchung konnte ich auf Erfolg rechnen. Die Pilze, ganz klein zerschnitten, habe ich in einer Retorte mit 2 Liter Wasser übergossen und im Wasserdampfstrom ausgekocht, wobei aber das Destillat aufgefangen wurde. Nach dem Auspressen des wässerigen Decoctes habe ich die Presslinge noch mit starkem Weingeist mehrere Stunden am Rückflusskühler extrahirt und mir somit im Ganzen drei Flüssigkeiten : I. ein wässriges Destillat Il. eine wässrige Auskochung und II. eine alkoholische Auskochung zur weiteren Untersuchung hergestellt. Von Reagentien habe ich nur vier angewandt: Bleiessig, Quecksilberchlorid, Schwefelwasserstoff und Platinchlorid. Das Eindampfen ist meist im CO>-Strom auf dem Wasserbade bei circa 90°, aber niemals bis zur Trockne getrieben worden; zum vollständigen Verdunsten habe ich die eingeengte Flüs- — 124 — sigkeit im evacuirten Exsiccator über Natronkalk und Schwefelsäure stehen lassen. Auch wandle ich die drei Reagentien : Bleiessig, Queck- silberchlorid und Schwefelwasserstoff mit grosser Vorsicht an, und ge- stattete mir beim Zusetzen derselben nur einen sehr geringen Ueber- schuss. Durch diese Sorgfalt glaubte ich etwaigen Zersetzungen der präoformirten Substanzen vorzubeugen. Der Gang der Untersuchung war folgender : I. Das wässrige Destillat, welches eine alkalische Reaction zeigte und etwas von dem eigenthümlichen Pilzgeruch hatte, versetzte ich sofort mit HCl und PtCl, dampfte zunächst auf dem Wasserbade bis zur gewissen Concentration ein, filtrirte von einigen amorphen Flocken ab, und stellte es in einen Exsiccator, den ich von Zeit zu Zeit eva- euiren konnte. Es krystallisirte nach und nach eine ziemlich grosse Quantität von Platinsalmiak; nach Umkrystallisiren desselben ergab die Platinbestimmung : Pt = 44,2 °/o. Eine später auskrystallisirte Partie enthielt 43,9 %% Pt. Die Ge- sammiquantilät des Platinsalmiakes betrug 3—4 gr. Die zuletzt auskrystallisirte Partie ergab einen niedrigeren Pla- lingehalt, nämlich 39,5°/o. Nach Umkrystallisiren mit heissem Wasser er- hielt ich eine geringe Menge octaödrischer Krystalle, die nicht genügte, um eine Bestimmung zu machen ; nach Zusatz von NaOH konnte ich jedoch deutlich den Geruch nach Trimethylamin wahrnehmen. Schliesslich fand ich noch in dem Filtrat von der letzten Kry- stallpartie, nach vollständigem Verdunsten der Flüssigkeit, ein in zucker- hutförmigen Krystallen ausgeschiedenes Platinsalz, dessen Menge jedoch so gering war, dass damit nichts angefangen werden konnte. Il. Den wässrigen Auszug, welcher schwach alkalisch reagirle, habe ich successive drei Mal mit Quecksilberchlorid versetzt, so dass die Menge desselben jedes Mal nur für theilweise Ausfällung genügte. ‘s war schwer, die erste Ausfällung durch Papier zu filtriren, ich habe daher Flanellfilter angewandt. Jeder der drei Niederschläge wurde für sich mit Schwefelwasser- stoff zerlegt; die Filtrate, nachdem sie einem raschen (O2-Strom aus- gesetzt waren, versetzte ich mit etwas Bleiessig, filtrirte wiederum und fällte in den Filtraten überschüssiges Blei mit HsS aus. Die drei hiervon restirenden Filtrate wurden im GOs-Strom auf dem Wasser- bade eingeengt und in Exsiceatoren über Natronkalk und Schwefel- säure gestellt. Es resultirien nun dunkelgefärbte, zerfliessliche Massen, die unter dem Microscop meist feine Krystallnadeln aufwiesen. Am meisten war davon in der Partie von der dritten Ausfällung, am wenig- sten in der ersten. Ich hielt es nun für zweckmässig, die drei Partien zusammen in wenig, Wasser zu lösen und mit Thierkohle in der Siedehitze zu reinigen. Die filtrirte Lösung wurde wiederum im Exsiccaltor einge- trocknet und die restirende Masse in gew. Alkohol aufgenommen. Aus dieser Lösung fiel auf Zusatz von PiCl ein orangegelber Niederschlag. Beim Umkrystallisiren aus heissem Wasser blieb ein kleiner Theil (A) ungelöst zurück, während sich aus dem Filtrat octaödrische Krystalle ausschieden. ‘Auf Zusatz von etwas NaOH zu letzteren trat wiederum deutlich der Geruch von Trimethylamin auf und die Platinbe- stimmungen des mehrmals umkrystallisirten Salzes ergaben: [Theorie für ([CH3]»NHON)»PLCl Pt = 37,32 %o und 37,08% — | 37,28 %)o. Der in heissem Wasser unlösliche Niederschlag (A) wurde, in wenig Wasser suspendirt, mit Schwefelwasserstoff zerlegt, das Filtrat hiervon eingedampft, mit Thierkohle und Alkohol gereinigt und wie- derum mit PtCl versetzt, wobei ein, nach einmaligem Umkrystallisiren undeutliche Octaöder (unter Microscop) liefernder Niederschlag sich bildete. Der Platingehalt desselben war 3%.4 °%. Diese Zahl und die Krystallform machten mich auf die Vinyltrimethylammoniumbase oder das Neurin aufmerksam, dessen Platindoppelsalz 33,96 %/o Pt verlangt. Ich hoffte nun, noch in zwei Flüssigkeiten, nämlich in dem von der letzten Sublimatausfällung restirenden Filtrat (Nro. A) und in dem dritten alkoholischen Auszug (Nr. 2.) mehr von dieser Base zu finden. Nachdem das Quecksilber, welches in geringer Menge sich noch in der Flüssigkeit Nr. A befand, mit HsS entfernt worden war, habe ich beide Theile Nr. 4 und 2 vereinigt, mit Bleiessig versetzt, aus dem Filtrat wiederum in üblicher Weise das Blei eliminirt und schliesslich mit der schon erwähnten Sorgfalt zur Trockene verdunstet. Den Rück- stand habe ich in. Alkohol aufgenommen, von dem ungelösten filtrirt, den Alkohol verdunstet, dann in Wasser gelöst und mit HgCle aus- gefällt. Zur vollständigen Ausfällung wurde das Ganze mehrere Tage hindurch sich selbst überlassen. Den gebildeten Niederschlag habe ich wiederum mit H2S zerlegt, das Filtrat verdunstet und schliess- lich in alkoholischer Lösung mit PtGl versetzt. Der Niederschlag war verhältnissmässig beträchtlich und den Platingehalt fand ich zu 34,8%. Ich glaubte annehmen zu dürfen, dass auch dieser für — 126 — Neurin zu hoch gefundene Platingehalt durch Beimischung des Platin- salzes einer andern Base (wahrscheinlich Trimethylamin) zuzuschreiben sei und zerlegte daher das Platinsalz nochmals mit HeS. Jetzt unter- nahm ich abermals eine Ausfällung des Filtrates, aber in grösserer Ver- dünnung, mit PtCl und krystallisirte den hellgelben Niederschlag aus vielem heissen Wasser um. Schliesslich habe ich schöne orangegelbe Octaöder in der Quantität von etwa 0,4 gr. erhalten. Zwei Platinbestim- mungen ergaben: [ Theorie für [G5HıeNCl]sPiCla Pt — 33,87 jo und 33,85 YolBt == 383,90.8/0. Für eine Elementaranai,se war die Quantität nicht ausreichend, Um nun ausser, der Platinbestimmung noch irgend einen chemischen Beleg zu geben, dass die Neurinbase vorlag, habe ich die von Brieger für dieselbe angegebenen Alkaloidreactionen durchgeführt und hebe hervor, dass ich mit Gerbsäure eine Ausfällung erhielt: es ist dies nämlich eine Differentialreaction für zwei Basen: Cholin und Neurin. Die Resultate der chemischen Untersuchung sind also folgende : In dem wässrigen Destillat fand ich neben Spuren von Trimethyl- amin reichliche Quantiläten Ammoniak (ca. 0,3 gr.) vor. Dann aus den wässrigen und alkoholischen Auszügen habe ich zwei Basen isoliren können: 1. Trimethylamin, das ich durch Platinbestimmmung, Kry- stallform des Platindoppelsalzes und Geruch auf Zusatz von NaOH con- statiren konnte und 3. eine Base, aus deren Reactionen, Krystallform des Platindoppel- salzes und Platingehaltes, neben den toxischen Eigenschaften, ich auf Neurin oder die Vinyltrimethylammoniumverbindung schliessen musste. Ich bezweifle nun nicht, dass neben diesen noch andere organische Basen in den betreffenden Pilzen enthalten waren, deren Auftreten ich wenigstens zum Theil durch ‘die nadel- und zuckerhutförmigen Krystalle der Platindoppelsalze unter Microscop constaliren konnte ; die Quantität war aber zu gering, als dass ich sie hätte isoliren können. Ich prüfte bei dem Gang meiner chemischen Untersuchung die einzelnen Reinigungspartien auch auf die giftige Wirkung und fand unter anderm, dass selbst nach dem Auskochen mit Wasser der aus- gepresste Rückstand noch immer von der toxisch wirksamen Sub- stanz an Alkohol abgegeben hatte und die Wirkung des alkoholischen a DD ee Rückstandes bei Fröschen eine neurinartige war. Da nun das Neurin selbst ausserordentlich leicht in Wasser löslich ist, so kann man diese Thatsache vielleicht dadurch erklären, dass diese Base, theilweise in Verbindung mit einem andern Körper (etwa dem Leeithin ähnlich zu- sammengesetzt), in Alkohol leichter als in Wasser löslich sein könnte, oder, dass dieselbe, in fettartige Substanzen eingebettet, etwas schwer für Wasser zugänglich gewesen. Jedenfalls aber ersieht man aus jener Thatsache, dass das Weggiessen selbst des siedenden Abspülwassers nicht genügt hätte, um die rückständigen Pilze für den Genuss un- schädlich zu machen. An der Hand dieser chemischen Resultate war es auch ziemlich naheliegend, die Ursache der giftigen Wirkung der fraglichen Lorcheln anzugeben. Aus der botanischen Untersuchung des Herrn Apoth. Studer er- gibt sich zunächst mit Sicherheit, dass keine giftige und überhaupt keine andere Art unter diese an und für sich essbare Pilzart geralhen war. Allerdings kann die Lorchel oder Steinmorchel im frischen Zustand unter Umständen sehr gefährlich sein. Es haben zuerst Bostroem*) und Ponfick**) dargethan, dass die frischen Lorcheln eine eigen- thümliche Giftwirkung auf Menschen und Säugethiere ausüben. Später haben Boehm und Külz+) die Trägerin dieser Wirkung in Form einer stickstofffreien Säure isolirt und sie Helvellasäure benannt. Dieselbe ist sehr giftig, indem sie, in geringer Quantität eingegeben Hämoglobinurie erzeugt und ziemlich schnell zum Tode führt; sie ist aber auch leicht zersetzlich und flüchtig und daher im Allgemeinen doch nicht so gefährlich, weil sie aus den frischen Pilzen durch Weggiessen des heissen Ausspülwassers entfernt werden kann und auch beim Trocknen derselben sich verflüchtigt. In unserm Falle war es unwahr- scheinlich, dass die Helvellasäure.an der Vergiftung schuld ge- wesen, da die Pilze in getrocknetem Zustand im Winter gekauft wurden; ausserdem hat Herr Dr. Jonquiere nichts besonderes in seinem Urin bemerkt, während doch ein blutiger Harn dem sachkundigen Patienten bei seinem schlechten Befinden gewiss auffallen würde, Um aber in dieser Hinsicht durch eigene Ueberzeugung verge- wissert zu sein, habe ich ein wässriges Decoct der betreffenden Lorcheln einem Kaninchen nach und nach während eines Tages injicirt, =) Deutsch. Archiv f. Klin. Med. XXXIL Bd. :=#) Virchow’s Archiv. Bd. LXXXVIL +) Arch. f. Exp. Path..u. Pharmak. Bd. XIX. u en konnte aber trotz dem am nächsten Tage erfolgten Tode kein Hämo- globin im Harn nachweisen. Somit war die Helvellasäure als Ursache der Giftwirkung in unserm Falle vollständig ausgeschlossen. Die Substanzen, welche ich aus den Lorcheln isolirte, sind aus- gesprochene Fäulnissbasen oder, um den modernen Ausdruck zu ge- gebrauchen, Ptomaine. Die nachtheilige Wirkung von verfaulten oder in Zersetzung be- griffenen Nahrungsstoffen hat man wohl seit jeher gekannt, diejenigen chemischen Körper jedoch, welche als Träger der verschiedenen gif- tigen Eigenschaften auftreten, wie auch die verschiedenen Zersetzungs- formen, denen eine fäulnissfähiye Substanz unter gewissen Bedingungen unterliegen kann, sind erst seit nicht geraumer Zeit entdeckt und untersucht worden. Nencki war der erste, der eine Fäulnissbase, ein Ptomain, im J. 1876 isolirte und ihre chemische Zusammensetzung feststellle. Schon vorher beschäftigte sich zwar Selmi und nach ihm andre, namentlich italienische und französische Gelehrte*) mit der Iso- lirung von Cadaveralkaloiden; bei allen diesen Untersuchungen ist je- doch kein bestimmter chemischer Körper mit Sicherheit isolirt worden, sondern man begnügte sich mit syrupösen Flüssigkeiten, Auszügen, die man einerseits ausführlich auf ‘das toxicologische Verhalten unter- suchte, andrerseits durch gewisse Alkaloidreactionen in Parallele mit bereits bekannten Verbindungen stellte. Erst die Arbeit von Nencki über die Fäulniss von Eiweiss- substanzen war für dieses Gebiet grundlegend. Nachdem Nencki Gelatine hatte verfaulen lassen, isolirte er aus den Fäulnissprodukten eine Base, das erste chemisch rein dargestellte Ptomain von der Zusammensetzung GsHiıN — das Collidin. Sodann folgen vereinzelte ähnliche Arbeiten ; so haben Gauthier und Etard aus gefaultem Fischfleische zwei Ptomaine isolirt; das eine davon war das Nencki’'sche Collidin, während das andre, ein homologes davon, die Zusammensetzung CsHısN hatte. ‚ Bei weitem aber die hervorragendsten Resultate sind auf diesem Gebiete von Brieger erzielt worden, und seine diesbezüglichen Publi- cationen bilden seit dem J. 1885 schon jetzt ein verhältnissmässig umfangreiches Werk, in welchem aber das Hauptgewicht zunächst auf die chemischen Data gelegt wird, als Grundlage für alle weiteren Consequenzen. *) Die bezügliche historische Uebersicht findet sich in den Brieger’schen Monographien über Ptomaine, Berlin 1885—1886, Verl. v. Hirschwald, dd Uebersehen wir die Reihe der von Brieger untersuchten ver- faulten Stoffe, so sind sie bis auf die Hefe alle thierischen Ur- sprungs. Eiweisshallige pflanzliche Substanzen, welche ähnlichen Fäulnissprocessen anheimfallen können, sind nach der Brieger’schen Tendenz noch gar nicht untersucht worden, und in der Literatur habe ich nur über einen einzigen Gegenstand, der in dieses Gebiet einschlägt, grössere Arbeiten gefunden — ich meine die Unter- suchungen über gefaulten Mais. Mehrere italienische Gelehrte und Aerzte, Lombroso und Brugna- telli voran, und später Husemann und seine Schüler in Deutschland haben sich Mitte der 70er Jahre mit der Wirkung der verschiedenen Producte aus gefaultem Mais beschäftigt. Die Gifligkeit des gefaulten Mais hat nämlich schon Ballardini im J. 1845 experimentell dar- gethan. Auch soll mit dem Maisgenuss eine gewisse Hautkrankheit mit nervösen Erscheinungen — die sog. Pellagra — im Zusammen- hang stehen. Als Ursache derselben hat man eine durch die Ent- wickelung von gewissen Schimmelpilzen bedingte Erkrankung des Mais erkannt. Lombroso hat speciell nachgewiesen, dass der Genuss von Mais, welcher von einer speecif. Schimmelart — Penicilium Maydis — befallen war, bei Hühnern Diarrhe, Ausfallen der Federn und schliesslich den Tod herbeiführte. Es sind da aber wiederum nur verschiedene Extracte auf ihre physiologische Wirkung geprüft worden, ein chemisches Individuum wurde hierbei nicht isolirt; wenigstens konnte ich in der Literatur nichts diesbezügliches finden. Die Schwämme, welche durch ihren Gehalt an fäulnissfähigen Substanzen ein geeignetes Material zur Erzeugung von Ptomainen bieten, blieben in dieser Hinsicht bis jetzt ebenfalls noch unberücksichtigt. Wenn Vergiftungen durch Schwämme vorkommen, so wird man mit der Vermuthung wohl gar zu leicht bei der Hand sein, dass dem Consumenten an und für sich gifige oder nicht essbare Exemplare dargereicht worden seien. Indess finden sich schon hie und da An- 8aben in der Literatur, dass Vergiftungen nach dem Genuss von sonst Notorisch essbaren Pilzen stattgefunden haben. Husemann gibt in dem von ihm aus dem Französischen übersetzten Boudier’schen Buch «Ueber Pilze» mehrere Fälle an, die sich auf das Giftigwerden von Species beziehen, welche allgemein gegessen werden; so wird da z. B. die Bemerkung von Christison über den gewöhnlichen Cham- p ignon eitirt, «dass der Schwamm gegen Ende des Sommers nich \inmer unschädlich sei, vorzüglich im alternden Zustande». = — 10 — Ferner sagt Bayle vom Gantharellus cibarius Fries (Eierschwamm), dass er im alten Zustande gefährlich werde. Nament- lich sind aber viele Fälle von Intoxicationen mit Morcheln (Morchella) und Lorcheln (Helvella) angegeben. Husemann führt in dem genannten Buche die diesbezüglichen Beobachtungen mehrerer Autoren an, von welchen namentlich eine vom J. 1844 datirte hervor- zuheben ist, «wo choleraähnliche Erscheinungen, die erst am 6. Tage sich völlig verloren, bei drei Erwachsenen nach dem Genusse von Morcheln hervortraten, die nicht gehörig abgewaschen, einige Tage bei warmer Luft hingestellt und mit vielem Felt zubereitet waren. Es liesße sichdenken, dass durch dasStehen Zerseizungsproducte entstanden seien». Fodore und Christison bezeichnen starken Regen vor dem Sammeln als Ursache des Giftigwerdens der gemeinen Morchel; Baiham gibt auch an, dass man diese Pilze nie nach dem Regen sammeln solle, da sie dann sehr unschmackhaft seien und rasch verdürben. Husemann citirt ferner einige Fälle, die sich speziell auf Ver- giftung mit Helvella beziehen, so v. Keber «dem 6 Fälle, deren Hauptsymptom Erbrechen war, vorkamen, und von denen einer, mit Coma verbunden, in drei Tagen lethal endete.....; auch im letztern Falle waren Regentage vorangegangen.» Im Mai des Jahres 1885 starben nach dem Genusse von Lorcheln in Galizien in 4 Orten 16 Personen von 30 Erkrankten in Zeit von 24—48 Stunden und in Ungarn 22 Personen. Die Morcheln und Lorcheln gehören zwar zu den nahrhaftesten Pilzen, indem .sie viel stickstoffhaltige Substanzen (Proteingehalt in der Trocken-Substanz von Morchella esculenta 35 °/o und von Hel- vella esc. 26 °/o), Fett (ca. 2,4 °/o) und Zucker (Mannit, bis zu 10 °/o) enthalten ; im frischen Zustand enthält aber namentlich Helvella esc. sehr viel Wasser (wohl über 90%), und somit sind die Beding- ungen für die schnelle Zersetzung bei geeigneter Temperatur gegeben. Husemann bemerkt (schon im Jahre 1867) daher sehr treffend: «Der grosse Reichthum an Proteinsubstanzen und Felt kann vielleicht als Erklärung der leichten Zersetzbarkeit dieser Pilze dienen, so dass gerade ihr Werth auch gleichzeitig ihren Unwerth bestimmt, » Die Vermuthung, dass unsere fragl. Lorcheln durch Fäulniss gifiig wurden, wird durch die Resultate der chemischen Untersuchung zur Sicherheit, So stellt das Trimethylamin ein geradezu typisches Ptomain dar, welches ein fast niemals fehlender Bestandtheil der von — 131 — Brieger untersuchten verfaulten Substanzen ist. Auch das Neurin hat Brieger in faulem Fleisch vorgefunden und seine Eigenschaften genauer festgestellt. Nicht ohne Bedeutung ist schliesslich, als Beleg für Fäulniss, die verhältnissmässig grosse Quantität (0,3—0,5 °/o) von präoformirtem Ammoniak (offenbar als kohlensaures Salz), das ich im Pilzdestillat vorgefunden habe. Zur Kontrole habe ich nicht giftige Pilze derselben Art — Helvella esc. — ebenfalls im Wasser- dampfstrom destillirt und nur eine etwa 10 Mal geringere Quantität Ammoniak vorgefunden. Unter den Ptomainen, welche Brieger aus verschiedenen Sub- stanzen dargestellt hatte, sind bei weitem nicht alle toxisch und er bezeichnet diejenigen, welche in minimer Quantität deutlich giftige Wirkung zeigen, mit dem Namen — Toxine. Somit wäre das Neurin das einzige Toxin unter den drei von uns aus den betreffenden Lorcheln isolirten Basen, und ich ver- weise hier auf den Bericht des Herrn Prof. Demme, wo die genauere Wirkung derselben angegeben ist. Das Präparat, welches ich zu dieser Untersuchung geliefert: habe, stammte aus jener Partie, welche, un- mittelbar mit Platinchlorid ausgefällt, das nach einigem Umkrystalli- siren reine Platindoppelsalz des Neurins ergab. Die Abstammung dieser stark giftigen Base ist in unserm Falle nicht schwer zu finden. Das Neurin oder die Vinyltrimethy]- ammonium-Base steht in naher Beziehung zu einer Base, die sowohl im Thier- als auch im Pflanzenreich sehr verbreitet ist, näm- lich zu dm Cholin, indem es aus dieser durch Wasserabspaltung entstehen kann: „—CHa.CH20H —CH = GHa (CHs)s N_0H = (CH3)s NAH -+ H20 Cholin Neurin Ausserdem geht das Cholin durch Oxydation in die stark giftige Base Muscarin über, welche nicht nur als Alkaloid in dem Fliegen- schwamm vorkommt, sondern auch von Brieger in faulem Fisch als Ptomain vorgefunden worden ist. Dieser Uebergang findet in folgender Gleichung seinen Ausdruck: n —CHe.CH2OH = — CH2.CH(ON): (CHs)s N gy +0 = (Gb) NZ gp Cholin Neurin Das Cholin ist an und für sich nur in grössern Dosen giflig; so erzeugt es nach Behm*) erst in der Quantität von 0,05—0,1 gr. bei *) Arch. für Path. Pharmak., Bd. XIX., 8. 91. = 132 — Fröschen Paralyse, aber keinen diastolischen Herzstillstand und auch Brieger*) gibt an, dass es erst in der zehnfachen Dosis des Neurins ähnlich giftig wirke. Dieses also nicht sehr gefährliche Cholin kann nun aber unter Umständen das stark giftige Neurin oder auch das Muscarin liefern, und dieser Fall einer einfachen chemischen Ver- änderung, vereint mit starker Veränderung der toxischen Eigenschaften einer Substanz, steht nicht vereinzelt da; so entsteht z. B. aus dem wenig giftigen Gonydrin CsHıs NO durch Wasserverlust das stark giftige Coniin CsHı-N u. drgl. mehr.**) Das Cholin ist, wie gesagt, eine sehr verbreitete Substanz und soll nach Behm und Külz normaler Weiseinder Lorchel (Helvellaesc.) vor- kommen. Da nun auch das Trimethylamin als ein weiteres Spaltungsproduct aus dem Cholin entstehen kann, so ist wohl die An- nahme gerechtferligt, dass in unserem Fall die beiden organischen Basen aus einer und derselben Substanz, aus dem präoformirten Cholin, abstammen. Diese Umsetzung findet aber wahrscheinlich nicht durch einen rein chemischen Vorgang statt, sondern sie ist eher die Folge physiologischer Prozesse. Brieger hat gezeigt, dass gewisse pathogene Bacterien spe- cifische Gifte in Nährlösungen, in welchen sie gedeihen, produciren ; so bilden z. B. die auf Rindfleisch cultivirten, Tetanus erzeugenden Bacterien ein spezifisches Gift, das Tetanin, welches bei Thieren, durch subcutane Injection, den typischen Tetanus erzeugen soll. Anderseits hat auch Lombroso noch früher nachgewiesen, dass die spezielle Zersetz- ung des Mais, welche die Pellagrakrankheit bedingen soll, durch eine spezielle Schimmelart — Penicilium Maydis — bewirkt wird. Die Schwämme werden wohl bei ihrem relativ grossen Reich- thum an stickstoffhaltigen Substanzen, Fett und Zucker einen ganz guten Nährboden für niedere Pilze und Bacterien repräsentiren.+) Auch gehen bekanntlich verschiedene Insekten gern an die Schwämme, und ob nun diese gefährlichen Zersetzungen durch irgendwelche spezielle Schimmel- oder Spaltpilzarten hervorgerufen werden, oder ob sie viel- *) Ueber Ptomaine, **) An und für sich ungiftige Substanzen, welche unter geeigneten Beding- ungen, obwohl chemisch nur wenig verändert, dennoch stark giftige Eigenschaften erlangen, wie z. B. das Cholin, möchte ich mit dem Namen Toxinogene be- zeichnen. +) Ein wässriges Schwammdecoet wäre vielleicht als Nährlösung für die Bacteriologen versuchswerth, — 133 — leicht Stoffwechselprodukte der höher organisirten Insekten sind — diese und dergleichen Fragen muss ich den Spezialisten zur Beant- wortung überlassen. Um aber kategorisch die Frage zu beantworten, ob durch Fäulniss essbare Schwämme giftig werden können, habe ich etwa 100 gr. trockener, nicht giftig wirkender Helvella esculenta mit 1 Liter Wasser angerührt und 4 Tage bei Bruttemperatur stehen gelassen. Daraufhin stellte ich ein wässriges Decoct her und fand, dass eine Quantität desselben, welche etwa 0,3 gr. trockener Pilz- subsianz entspricht, bei Fröschen, nach subeutaner Injection, zunächst Paralyse der Vorder-, dann der Hinterbeine und nach wenigen Augen- blicken einen diastolischen Herzstillstand hervorrief. Nach Atropin- injection fing das Herz von neuem an zu pulsiren. Genau wird die Wirkung auch dieser künstlich gefaulten Lorcheln von Herrn Prof. Demme ermittelt werden. Ich habe mit diesem Versuch nur. den allgemeinen Beweis liefern wollen, dass auch durch künstliche, oder besser gesagt, absichtlich angestellte Fäulniss die Lorcheln giftig werden können, und behalte es mir für eine weitere Untersuchung vor, die giftigen Prinzipien, welche auf diesem Wege entstehen, als che- mische Individua zu isoliren. Immerhin kann ich aber schon jetzt dies hervorheben, dass die Bedingungen, unter denen die Fäulniss stattfindet, von grossem Einfluss auf die Resultate werden können, und man wird daher nicht immer dieselben Ptomaine aus denselben Sub- Stanzen zu erwarten haben. Die Reaction während der Fäulniss (ob sauer alkalisch oder künstlich neutralisirt), die Temperatur und die Dauer sind von grossem Einfluss auf das Resultat. — Vor mehreren Jahren hat Nencki in seiner ausführlichen Arbeit über physiologische Oxy- dation auf experimentellem Wege festgestellt, dass viele organische Substanzen, so namentlich Traubenzucker und Eiweissstoffe, in alkalischer Lösung Sauerstoffabsorbiren, indem sie zugleich Spaltungsprodukte liefern; und diese Sauerstoff-Absorption ist nach ihm unter anderm abhängig: 1. von dem relativen Alkaligehalt der Lösung, 2. « der Concentration « « und 3. « der Dauer der Einwirkung. Brieger hat ebenfalls dargethan, dass je nach der Dauer der Fäulniss verschiedene Ptomaine entstehen und gerade z. B. bei zu langem Faulen keine Toxine mehr vorhanden sind, so dass dieselben gewissermassen nur als Zwischenstufen auftreten. — 14 — Jedenfalls halte ich es für lohnenswerth, die verschiedenen Schwämme in Bezug auf Ptomainbildung genauer zu untersuchen, denn durch solche Arbeiten könnte man viele räthselhafte Vergiftungen durch Pilzgenuss aufklären und zu einer präciseren Form des Ausdruckes gelangen, inwiefern Gefahr bei Pilzgenuss vorhanden ist. Die Meinung, dass beim Genuss der Schwämme nicht nur die hie und da normaler Weise in denselben vorkommenden Gifte, wie z. B. Mus- carin, sondern auch die Fäulnissbasen in Betracht zu nehmen sind, hat Sahli in seinem toxicolgischen Beitrag zur Schwammvergiftnng, die hier in Bern vor etwa drei Jahren mit Amanita Phalloides ‚stattgefunden, aus- drücklich hervorgehoben. Unsere vorliegende Untersuchung bestätigt experimentell diese Aeusserung, so dass die Gefahr bei Genuss nament- lich von getrockneten Schwämmen eine doppelte sein kann: die eine rührt von der Verwechslung der essbaren mit den giftigen her, die andre aber von den Zersetzungsproducten der an und für sich essbaren Schwammarten. | A. Jonguiere. Kinioe Bemerkungen zur galvanischen Polarisation. (Mitgetheilt in der Sitzung vom 14. April 1888.) ige Die nachfolgende Note war ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern sollte nur als kleinere Mittheilung im Schoosse der Naturforschenden Gesellschaft vorgetragen werden. Wenn nun trotz- dem unter den Abhandlungen der Gesellschaft jene Mittheilung nahezu vollinhaltlich abgedruckt wird, so geschieht es weniger aus eigenem Antriebe des Verfassers, als auf mehrfach geäusserten Wunsch einiger kompetenter Gesellschaftsmitglieder hin. Die Publikation bedarf insofern einer Rechtfertigung, als, wie eine Durchsicht der sachbezüglichen Litteratur nachträglich ergab, der Grundgedanke nicht völlig neu ist, sondern in etwas anderer, möglicher- weise weniger heslimmter Form, schon ausgesprochen wurde. Immerhin scheint dieser Gedanke noch keineswegs allgemein bekannt zu sein und es ist befremdlich, denselben selbst in neueren physikalischen Werken völlig unberücksichtigt zu sehen. Es mag daher eine neue Publikation über diesen Gegenstand wenigstens entschuldbär sein, zumal wenn der Standpunkt, von welchem aus derselbe betrachtet wird, ein etwas abweichender ist. Es sei ein beliebiger Stromkreis gegeben, in welchem ein Strom von der Intensität J zirkulire. Betrachten wir ein beliebiges Stück des Stromkreises, welches begrenzt ist von zwei Punkten A und B, oder, schärfer ausgedrückt, von den beiden durch die Punkte A und — 16 — B gehenden Potentialniveau-Flächen, so ist die Arbeit, welche in diesem Leiterstücke in der Einheit der Zeit geleistet wird, bekanntlich aus- gedrückt durch die Gleichung: Wella N\e)d, wenn Vı der Werth der Potentialfunktion im Punkte A, Vp der Werth derselben im Punkte B ist. Wir bemerken, dass die Arbeit W abhängt von zwei von einander unabhängigen variablen Grössen: der Potentialdifferenz Va — Vp und der Stromstärke J. Nun denken wir uns, zwischen A und B sei irgend eine Zer- setzungszelle, z. B. ein Knallgasvoltameter, eingeschaltet; A und B seien die beiden Elektroden des Voltameters. Nach Faraday wird nun be- kanntlich in der Zersetzungszelle in der Zeiteinheit eine Menge des Elektrolyten zersetzt, welche nur abhängt von der Stromstärke J und zwar derselben direkt proportional ist. Zu dieser Zersetzung wird eine gewisse Arbeit verbraucht, welche in den Zersetzungsprodukten in Form von potentieller Energie enthalten ist und durch Wiederver- einigung der ausgeschiedenen Ionen wieder gewonnen werden kann. Diese Arbeit ist der Menge des zersetzten Elektrolyten und folglich der Stromstärke direkt proportional. Die im Leiterstücke AB geleistete Arbeit, soweit sie zur Zersetzung des Elektrolyten verwendet wurde, ist also: We —K wo K eine von der Beschaffenheit des Elektrolyten abhängige Kon- stante bedeutet. Wir bemerken hier, dass die Arbeit Wı nur von einer variablen Grösse, der Stromstärke J, abhängig ist. Nun liegt auf der Hand, dass Wı wenigstens nicht grösser sein kann als W. Und doch ist es sehr wohl denkbar, dass bei unver- änderter Stromstärke J durch Verminderung der Potentialdifferenz Va — Vp die von zwei Faktoren abhängige Arbeit W kleiner gemacht werden kann als die nur von der Stromstärke abhängende Arbeit Wı. Zu diesem Zwecke brauchte man nur die elektromotorische Kraft der angewandten Balterie klein genug zu nehmen und allenfalls durch Ausschalten von Widerständen dafür zu sorgen, dass die Stromintensität J nicht merklich abnimmt. Wir stehen also, wenigstens scheinbar, vor einem Widerspruche. Aus der Bedingung W Pr Wı folgt, dass Va — VB z K sein muss, — 137° — oder da Va — V jedenfalls kleiner ist als die elektromotorische Kraft E der angewandten Batterie: E>K Wie gestaltet sich nun aber die Sache, wenn die elektromotorische Kraft E kleiner ist als K? Wenn wir an der Richtigkeit des Faraday’schen Proportionalitäts- satzes festhalten, so müssen wir, wenn wir nicht in unlösbaren Wider- spruch mit dem Grundprinzipe der Physik, dem Satze von der Er- haltung der Energie, gerathen sollen, nothwendig den Schluss ziehen: dass kein Strom entsteht, sobald E kleiner als K ist. Denn dann ist ww — 0 und Wi: Die Konstante K ist natürlich für jeden Elektrolyten eine andere. Für jeden Elektrolyten gibt es eine Grenze der elektromotorischen Kraft, unterhalb welcher die Entstehung eines Stromes unmöglich ist. Damit sind wir nun auch auf einfache und nalurgemässe Weise zur Einsicht der Nothwendigkeit der galvanischen Polarisation gekom- men. Denn damit die Entstehung eines Stromes unmöglich wird, muss nothwendig eine elektromotorische Gegenkraft auftreten, welche so lange gleich und entgegengesetzt der elektromotorischen Kraft der angewandten Batterie ist, als die obenerwähnte Grenze K nicht über- Schritten wird. Diese elektromotorische Gegenkraft ist eben das, was man als «galvanische Polarisation» zu bezeichnen pflegt. Die galvanische Polarisation ist also eine noth- wendige Folge des Prinzips von der Erhaltung der Energie. Es handelt sich nun darum zu zeigen, wie im speziellen Falle die Konstante K zu berechnen ist. Wir bedienen uns des absoluten elektrischen Mass-Systems und drücken elektromotorische Kraft und Stromstärke in den gebräuchlichen Einheiten Volt und Ampere aus. Ein Strom von der Intensität J Amperes,. der hervorgerufen wird durch eine elektromotorische Kraft von E Volts, leistet in der Zeit von 7 Sekunden die Arbeit er 2 2 5 Se 8 2 2 2 2 WE 40 : cm Ber Be cm = el 7 2.2 R: u) nad.| gr cm se | 40.8.3 Z Eros — 133 — Die absolute Arbeitseinheit oder das Erg ist in Kilogrammmetern 54 ausgedrückt = 10 981 Kgm. Ein Kilogrammmeter ist äquivalent a: einer Wärmemenge er Galorie. In Wärmeeinheiten ausgedrückt ist FAR also 1 Erg = 10 ji han oder — 10 = 2,4 Galorien. Y81 . 424 Der in Wärmeeinheiten ausgedrückte Arbeilswerth eines Stromes von J Amperes Stromstärke, der hervorgerufen wird durch eine elektro- motorische Kraft von E Volts und eine Zeit von Z Sekunden andauert, ist also gleich 10.24 B.J.7 Gloren. Nehmen wir als Elektrolyten das Wasser. Ein Sirom von der —8 Intensität 1 Ampere zersetzt in A Sekunde 10 . 9416 Er H2 0 (nach F. Kohlrausch). Der neunte Theil dieser Menge, also 10. 1046 gr., ist reiner Wasserstoff. Bei der Verbindung von 1 gr. Wasserstoff mit der äquivalenten Menge Sauerstoff wird eine Wärmemenge von 34,741 Kilogramm - en entwickelt (nach Thomson). Die Verbrennungs- —4 wärme von 10. 10%6 gr. H ist also — 10 . 3,6 Gal.. Dien.dieser Wärmemenge äquivalente Arbeit musste aufgewendet werden, um die —8 10 . 9416 gr. Wasser zu zersetzen. Geht also ein Strom von der Stärke J Amperes während Z Sekunden durch ein Knallgasvoltameter, so wird zu der ee des Wassers eine Arbeit verbraucht, welche äquivalent ist 105; 3.6. I.27 Galörien. Diese letztere Wärmemenge darf nun jedenfalls nicht grösser sein, als der in Wärmeeinheiten ausgedrückte Arbeitswerth des Stromes; d.. h...e8 ist =. —4 10.24 BI. 7- W:80.J22 oder BE = 109 vol Die elektromotorische Kraft der anzuwendenden Batterie muss also grösser sein als 1,5 Volt, wenn eine Zersetzung des Wassers stattfinden soll. In ähnlicher Weise lässt sich das Minimum der anzuwendenden elektromotorischen Kraft für jeden Elektrolyten berechnen, für welchen der Vorgang der Elektrolyse und der Wärmewerth der sich dabei ab- spielenden chemischen Prozesse genau bekannt ist. ie Fi — 139 — Das vorliegende Beispiel möge für unsern Zweck genügen. In den Sitzungsberichten der Wiener Akademie vom Jahre 1878 finden sich drei höchst interessante Arbeiten von F. Exner über Elektrolyse und galvanische Polarisation. *) — Wie Exner angibt, wurde die Thatsache, dass die elektromotorische Kraft eines Daniell-Elementes (1 Daniell = 1,106 Volt) nicht genügt um Wasser zu zersetzen, schon von Thomson und Helmholtz erklärt. Die Schlussweise dieser Physiker ist ungefähr die folgende: Während des Verbrauches von einem Aequivalent Zink (auf das Gramm als Einheit bezogen) liefert das Daniell-Element eine Wärme- menge von ungefähr 25000 Grammcalorien. Nach Faraday’s Satz von der Aequivalenz der ausgeschiedenen Ionen muss im Voltameter in derselben Zeit ein Aequivalent, d. h. 1 Gramm, Wasserstoff ausge- schieden werden, dessen Verbrennungswärme 34000 Grammcalorien beträgt. Es ist aber nicht möglich, dass durch eine Wärmemenge von 25000 Cal. eine Arbeit geleistet wird, welche 37000 Cal. äquivalent ist. Ein Daniell-Element kann also nicht genügen zur Wasserzerselzung, wor —4,36 Daniell oder 1,5 Volt. 25000 Diese Schlussweise stützt sich auf den Faraday’schen Aequivalenz- Satz. Mit Recht macht daher Exner die Bemerkung, dass diese Er- klärung nicht auf alle Fälle anwendbar sei. Denn wenn statt eines Daniell-Elementes eine Thermosäule von derselben elektromotorischen Kraft angewendet wird, so tritt ebenfalls keine Wasserzersetzung ein. Hier findet nun aber Faraday’s Aequivalenzsatz keine Anwendung mehr, denn von einer der entwickelten Wasserstoffmenge äquivalenten Menge Zn kann ja hier nicht die Rede sein. Exner ist also gezwungen, sich nach einer andern Erklärung umzusehen. Hier kommt nun Exner auf die Polarisation zu sprechen. Er sagt, dass der Grund des Nichtein- tretens einer Zersetzung offenbar nur in dem Auftreten der Polarisation an den Elektroden liegen könne. In Uebereinstimmung mit dem, was hier entwickelt wurde, erklärt er dann die Polarisation als nothwendige Folge der bei der Zersetzung des Elektrolyten geleisteten Arbeit und berechnet die elektromotorische Kraft des Polarisationsstroms für eine grosse Zahl von Körpern, ‘indem er den Wärmewerth der bei der Wiedervereinigung der ausgeschiedenen Ionen sich abspielenden che- mischen Prozesse, bezogen auf 1 Aequivalent, bestimmt. Durch Division sondern es braucht dazu wenigstens *) Ueber die galvanische Polarisation des Platins in Wasser. Band 77. Ueber die Elektrolyse des Wassers. Band 77. Ueber die Natur der galvanischen Polarisation. Band 78. — 20 — dieser Grösse mit dem ebenfalls auf 4 Aequivalent bezogenen Wärme- werthe der im Daniell - Elemente vorgehenden chemischen Prozesse erhält er dann die elektromotorische Kraft der Polarisation, ausgedrückt in Daniell, und findet Resultate, welche mit seinen äusserst sorgfältig ausgeführten Versuchen sehr schön übereinstimmen. — Es ist hier nicht der Ort, auf die höchst interessanten Original-Abhandlungen Exner’s näher einzutreten. In einem Punkte unterscheidet sich Exner’s Auffassung von der Polarisation von der hier entwickelten. Während Exner aus der mit der Elektrolyse verbundenen Arbeitsleistung den Polarisationsstrom, und aus diesem das Nichteintreten einer Zersetzung unterhalb einer gewissen Grenze folgert, ist hier der umgekehrte Weg eingeschlagen. Aus Faraday’s Satz von der Proportionalität der Stromstärke mit der Menge der ausgeschiedenen Ionen folgt in Verbindung mit dem Satze von der Erhaltung der Energie, dass unterhalb einer gewissen Grenze der elektromotorischen Kraft die Entstehung eines Stromes unmöglich ist. Um das Zustandekommen des Stromes zu verhindern, muss ein Gegenstrom, der Polarisationsstrom, eintreten. Wie man sieht, führen die beiden Auffassungen zu demselben Resultate. Beide haben den wesentlichen Punkt gemeinsam, dass die galvanische Polarisation als nothwendige Folge des Prinzips von der Erhaltung der Energie dargestellt wird. Prof. Dr. Kocher. Vorkommen und Vertheilung des Kropfes im Kanton Bern. (Vorgetragen in der Sitzung vom 5. November 1887.) Es ist eine auffällige Erscheinung, dass trotz den zahlreichen Untersuchungen und Herstellung von Karten über die geographische Verbreitung des Kropfes man bislang nicht über die Thatsache hinaus- gekommen ist, dass das Auftreten des Kropfes an gewisse begrenztere Gebiete der Erdoberfläche gebunden ist, aber noch nicht hat feststellen können, was an den betreffenden Orten der bestimmende Faktor für die Entstehung des Kropfes ist. A. Hirsch*) kommt nach eingehender Würdigung aller Theorien über Kropfgenese zu dem Schlusse, dass alle auf Feststellung der Bedeutung der Bodenbeschaffenheit gerichteten Untersuchungen resultatlos geblieben seien und sich kein einziger Faktor als constant erwiesen habe. Lücke dagegen ist in seiner Monographie über den Kropf im Jahre 1875 noch geneigt, dem Magnesiagehalt des Trinkwassers eine Rolle zuzuweisen, und Bircher im Jahre 1883, in seiner wichtigen Arbeit über den endemischen Kropf, glaubt sich aus eigenen und fremden Untersuchungen zu den ganz bestimmten Schlüssen berechtigt, dass 1. der Kropf nur auf marinen Ablagerungen vorkomme und zwar auf den Sedimenten des palaeologischen, triasischen und tertiären Zeitalters; 2. frei von Kropf die Eruptivgebilde, das archäische krystal- linische Gestein, die Sedimente der Jura-Kreide und des quater- nären Meeres sein müssen, sowie alle Süsswasser-Ablagerungen. Bei diesen Widersprüchen glaubten wir, durch eine möglichst vollständige gründliche Untersuchung eines kleineren Gebietes, sobald a *) Historisch-geographiscbe Pathologie, Stuttgart. — 142 — dasselbe auch geologisch gehörig erforscht sei, möglicherweise doch bestimmtere Antwort auf die Frage nach dem Einfluss der Boden- beschaffenheit auf die Bildung des Kropfes zu erhalten. : Die Untersuchungen, welche der beiliegenden Kropfkarte zu Grunde liegen, beziehen sich auf Inspection von 76,606 Schulkindern zwischen 7 und 16 Jahren im Kanton Bern. Dieselben wurden in den Jahren 1883 und 188% nach einheitlicher Methode ausgeführt, theils von Studirenden der Medizin, theils von mir selbst und meinen Assistenten. Durch gemeinsame Untersuchung einer Reihe von Kropf- patienten war eine bestimmte Vereinbarung über die gebrauchten Bezeichnungen für die verschiedenen Grade der Schilddrüsenvergrös- serung und für die verschiedenen Formen von Kröpfen getroffen worden. Für die Verwerthung des Materials zur kartographischen Darstellung in Bezug auf die letztgenannten Unterschiede stellte es sich schliesslich als das Beste heraus, nur zwei Kategorien festzuhalten: Die Fälle von mässiger Vergrösserung der Schilddrüse, bei denen die Grenze gegen die physiologischen Schwankungen noch einigermassen unsicher erschien, und die andern Fälle von bedeutender Vergrösserung der Schilddrüse nebst Bildung von Kropfknoten, bei denen über das Vorhandensein einer pathologischen Veränderung der Schilddrüse kein Zweifel mehr walten konnte. Eine Trennung der diffusen bedeutenderen Anschwellungen der Schilddrüse von denjenigen Fällen vorzunehmen, wo deutliche Knoten- bildung durch Palpation oder Inspection festzustellen war, erwies sich als nicht zweckmässig, da ohnehin in allen beträchtlichen diffusen Anschwel- lungen der Schilddrüse von längerm Bestand grössere und kleinere sog. Colloidknoten anatomisch zu Tage treten, auch wo sie klinisch nicht zu erkennen waren. Der dunkelbraune Antheil der Kreise auf der Karte gibt daher die verschiedenen Formen stark ausgebildeter Kröpfe an, während die heller schraffirte centrale Partie der Kreise die geringeren Grade von immerhin palhologischer Anschwellung der Schilddrüse ausdrückt.*) An der Untersuchung betheiligten sich folgende Herren, welche zum Theil an die mühevolle Arbeit eine bedeutende Zeit und viele andere Opfer gewandt haben: Dr. Kummer, Dr. Collon, Dr. Schuler, Dr. Zumstein, Dr. Dick, Dr. Landis, Dr. Steinhäuslin, Dr. Burger, Dr. Born, Dr. Lindt, Dr. Schärer, Dr. Sulser, Dr. Nussbaumer, Dr. Juillard, *) Die Karte ist nach den Prozentberechnungen durch meinen Vater, Herrn Ober-Ingenieur Kocher, und unter dessen Kontrolle in sehr exaeter Weise von Herrn (©, v. Hoven ausgeführt worden. — 143 — Dr. Möri, Dr. Kühni, Dr. Max Müller, Dr. Gehrig, Dr. Landolt, Dr. Gugliel- minetti, Dr. Schätzel, Dr. Schmidt, Dr. Lerch, Dr. Rohr, Dr. Mürset. Wir dürfen annehmen, dass durch diese Untersuchungen ein ziemlich sicheres Urtheil über die Vertheilung der Kröpfe im Kanton Bern gewonnen worden ist. Eine Ergänzung bedürfen dieselben für die Stadt Bern. Dr. Marthe hat seiner Zeit auf unsere Anregung und zum Theil unter unserer Mithülfe die Schulen Bern’s untersucht und von 29% bis 78°/o Kröpfe in den verschiedenen Klassen gefunden, resp. im 1012 Jahre, wo das Maximum erreicht wird, 56°/o für die Knaben und 6%°/o für die Mädchen. In toto beträgt die Prozent- zahl der Kröpfe in Bern circa 5%°/o, also den in der Karte eingezeich- neten umliegenden Ortschaften entsprechend. Die Marthe’schen Zahlen sind desshalb nicht aufgenommen worden, weil zwischen den ausge- bildeten, starken Kröpfen und den leichten Anschwellungen der Schild- drüse nicht unterschieden wurde. Indess ist sicher, dass Marthe wesentlich bloss diejenigen Fälle in Rechnung brachte, wo man sich berechtigt glaubte, die Veränderung der Schilddrüse als eigentlichen Kropf zu bezeichnen. Die Mehrzahl ausgedehnter Kropfstatistiken, welche wir besitzen, beruht nicht auf der Untersuchung von Schulkindern, sondern auf Zählungen von Erwachsenen, ganz besonders auf Rekruten-Unter- suchungen. Letztern gegenüber hat die Untersuchung der Kinder verschiedene Vortheile: Einmal repräsentiren die Kinder einen viel grösseren Prozentsatz der Bevölkerung überhaupt und schliessen zweitens ganz besonders auch den weiblichen Theil der Bevölkerung ein. Da das weibliche Geschlecht mehr mit Kropf behaftet ist als das männ- liche, so ist es von Wichtigkeit, dass die Mädchen mituntersucht werden, was im schulpflichtigen Alter noch ausführbar, später aber nicht mehr thunlich ist. In dritter Linie ist zu berücksichtigen, dass bei Kindern im Alter von 10 — 14 Jahren die Frequenz des Kropfes die höchste Höhe erreicht. *) Es fragt sich, wie viel von dieser überwiegenden Häufigkeit in der spätern Zeit des schulpflichtigen Alters der Schule als Schuld beizumessen ist. An dem Auftreten des Kropfes ist dieselbe zweifellos unschuldig, da es genug Kröpfe gibt schon vor dem schulpflichtigen Alter; immerhin ist es sehr wahrscheinlich, dass das viele Sitzen mit gebeugtem Kopf beim Schreiben, Lesen etc. zur ®) Wenn wir Kröpfe schon bei kleinen Kindern, wie nicht selten im 6. und 7. Jahre fanden, so liess sich oft Heredität nachweisen. — 14 — stärkern Entwicklung von Kröpfen Anlass gibt, dass es also einen Schulkropf gibt. Jedenfalls erhält man erst bei Untersuchung von Kindern und speziell der Mädchen in den spätern Jahren der Schulzeit den vollen Prozentsatz von Kröpfen bei einer Bevölkerung. Dazu kommt noch ein anderer wichtiger Umstand. In je spätern Jahren man untersucht, um so mehr erhält man die Kröpfe mit secundären Veränderungen zu sehen, sei es mit Ausbildung zu grossen Cysten in Folge von Hämor- rhagien, sei es mit regressiven Metamorphosen der verschiedensten Art und dabei kommt es gar zu leicht vor, dass man sich durch die hesondere Grösse, Consistenz- und Formveränderung der Schilddrüse so sehr imponiren lässt, dass man geringern Anschwellungen der Schild- drüse gar nicht Rechnung trägt und doch haben diese geringern Grade für die Aetiologie der Struma überhaupt Anspruch auf ebenso grosse Berücksichtigung, wie die durch allerlei Zufälligkeiten besonders auffälligen Kröpfe. In dieser Weise können bei einer geringen Zahl von Rekruten aus wenig bevölkerten Landstrichen ganz falsche Schlüsse auf das Vorkommen oder Fehlen der Kropfendemie daselbst gezogen werden. Ueberhaupt kann man sich bei der Verwerthung von Kropfkarten nicht genug in Acht nehmen, dass man sich nicht durch die Masse imponiren lässt. Wo die Bevölkerung dünn gesäet ist, wo z. B. in bergigen Gegenden nur wenige Schulhäuser die Kinder rings herum von den Bergen her versammeln, da erscheint eine Gegend auf den ersten Blick viel weniger belastet, als da, wo ein Schulhaus an das andere sich reiht bei grosser Dichtigkeit der Bevölkerung. Und doch ist den 80—90°/o Kropf in den Thälern des Berner Oberlandes eben so viel Werth beizumessen für die Schlussfolgerung, dass die betreffende Gegend Kropfterrain ist, wie den sich halbdutzend- und dutzendweise häufenden Kreisen mit 80—90°/o in den stark bevölkerten, mit Schulen gesegneten Strichen des Mittellandes. Professor Baltzer in Bern hatte die grosse Güte, den Vergleich unserer Kropfkarte mit der geologischen Beschaffenheit des Kantons Bern selber an die Hand zu nehmen, was doppelt zu begrüssen war, da Professor Baltzer gerade in den letzten Jahren als Mitarbeiter für die neue geologische Karte der Schweiz einen Antheil des Kantons Bern selbst zu bearbeiten hatte, also bis ins Detail mit den in Betracht kommenden Verhältnissen vertraut sein musste. Ebenso hatten wir uns des sachverständigen Rathes des Hrn. Dr. von Fellenberg zu erfreuen 145 und sprechen den beiden Herren hier unsern besten Dank für ihre freundliche Unterstützung aus. Die beigegebene geologische Karte ist von Hrn. Sekundarlehrer Kissliny unter Prof. Baltzer’s fortwährender Beaufsichtieung und Unter- Y gung stülzung ausgearbeitet nach Vorlage des grossen geologischen Karten- werkes der Schweiz, aber unter Weglassung unnülz komplizirender Einzelheiten. *) Denn wollte ınan für ganz beschränkte Bezirke die geologische Bodenbeschaffenheit bis in’s Detail zu bestimmten Schlüssen benutzen. so müsste man für den betreffenden Bezirk noch viel genauer aus- gearbeitete Karten besitzen und ganz besonders auch das Quellengebiet kennen, von welchem die Ortschaft ihr Trinkwasser bezieht. Letzteres ist nım allerdings für eine Reihe der untersuchten Orte und Bezirke von uns ermittelt worden. Aber da die Schüler, welche an einem bestimmten Schulorte zusammenströmen, doch auch von verschiedenen Seiten und aus verschiedenen Entfernungen kommen, so wird man immerhin Schlüsse nur durch den Vergleich zu ziehen sich erlauben dürfen, d. h. nur diejenigen Ergebnisse für gesichert annehmen dürfen, welche durch öftere Wiederholung Fehlerquellen zu beseiligen gestatten. Betrachten wir nun unsere Karle, so zeigt sich in Ueberein- stimmung mit frühern Auffassungen, wie sie schon Lücke geäussert und Bircher ganz bestimmt formulirt hat, auf den ersten Blick eine relative Immunität des Jura. im Gegensatz zum übrigen Kanton, ebenso ganz endstrechend den Bircher’schen Schlussfolgerungen eine sehr auffällige Belastung des Molassegebietes. Aber bei näherem Zusehen ergiht sich doch ein ganz anderes Resultat, als dasjenige. zu welchem Bircher gelangt ist. Zunächst ist der Jura durchaus nicht völlig frei. Die Stellen. Wo er belastet ist. sind zwar vorzugsweise die eingeschnittenen Fluss- (häler, in welchen Ablagerungen abweichender Beschaffenheit zu Tage treten. Vorzüglich erscheinen hier alle die Ortschaften belastet, welche uf unterer Süsswassermolasse liegen und auch die wenigen Orte auf oberer Süsswassermolasse sind behaftet. So sehen wir im St. Immerthal bis 90 % mit Vergrösserung der Schilddrüse und 40 %/ mit ausge- sprochenen Kröpfen. Hier handelt es sich um untere Süsswassermolasse. Dasselbe ist der Fall mit den stark hehafteten Tramelan und Tavannes. *) Der Tit. Verlagsbuchhandlung Schmid, Francke & Cie. in Bern verdanken Wir unsrerseits bestens die gütige Erlaubniss, ihre Karte des Kantons Bern, ge- Stochen von R, Leuzinger, für die vorliegende Arbeit verwenden zu dürfen. 10 146° — Der west-östliche Strich, der anstösst und von Chaindon bis Gourt reicht, mit oberer Süsswassermolasse, erscheint viel weniger belastet. Souboz, auf u. S. M., ist stark behaflet; Moutier, auf ob. S.M. bis Grandval schwächer; Soulce-Undervelier trotz u. S. M. nicht stark ; Courchapoix-Corban, Mervelier auf ob. S. M., wenig; Chatillon auf u. S. M.. sehr stark; Courfaivre an ob. S. M. anstossend, weniger stark; Courgenay und Courtemautruy, wo u. S. M. anstösst, sind noch ziemlich belastet; Wahlen und Brislach, obschon hier noch eine Insel von u. S. M., zeigen sehr wenig Kröpfe. Stark behaftet erscheinen Vauffelin, Orvin ete., obschon auf Dilu- vium mitten im Jura. Ob deren Wasser noch vom St. Immerthal aus den Molasseschichten kommt? Die weiter abgelegenen Ortschaften auf Dilu- vum mitten im Jura sind ganz wenig behaftet, so Nods, Diesse, Lamboing. Mitten im Jura, wenn auch mässig, doch immerhin deutlich behaftet sind die Orte von LaFerriere bis im Norden Pommerats, bei Bonfol (ziemlich stark) und dann bis Gourtemaiche. Mitten im Jura sind noch mässig behaftet Ocourt bis östlich zu St-Ursanne und Pleujouse, von da nördlieh. Endlich zeigt sich das Allwoium behaftet. Dass im Jura die eingeschnittenen Flussthäler behaftet sind, resp. die Orte, wo obere, aber vorzüglich untere Süsswassermolasse lagert, kann nach der Karte keinem Zweifel unterliegen. Bircher erklärt nun diese Formation für frei und nur da behaftet, wo die Quellen resp. Wasserläufe aus anstossenden oder tiefen Schichten stammen. Von mariner Molasse kann nach Prof. Baltzer und von Fellenberg hier keine Rede sein. Rother Mergel ist ein Charakteristikum von Aquitan d.h. reiner Süsswassermolasse. Dagegen sind die Lagen von Süsswassermolasse im Jura um- geben von einem gelben Saum von Flysch, der die Annahme nahe legt, dass eine Schicht von Flysch sich unter der ganzen Lage von Süsswassermolasse hinzieht, und man könnte desshalb hier die Möglich- keit zugeben, dass die Kropfbildung mit dem Flyschuntergrund und nicht nit der darauf gelagerten Süsswassermolasse in Beziehung zu bringen sei. Der dem Eocen zugehörige Flysch ist ein thoniger Kalkschiefer, als marines Sediment in sehr grosser Tiefe und Kolossaler Mächtigkeit ge- bildet, Da man in ihm als alleinige Verstemerung die Fucoiden kennt, so ist der Name ein Sammelsurium für alles mögliche Undefinirbare in der Petrographie. Wir kommen auf diese Frage bei Besprechung der schweren Kropfendemie im. östlichen Theil des Kantons zurück. 147 Indess ist doch hier schon hervorzuheben, dass im St. Immerthal ler gelbe Saum von Fiysch fehlt, der die Berechtigung gibt, eine Schicht desselben als Unterlage für die Molasse anzunehmen und doch sind im St. Immerthale die Kröpfe keineswegs seltener als auf den Flysch- heränderten Molassegebieten, im Gegentheil stärker. Des Ferneren ist zu bemerken. dass da, wo Flysch zu Tage liegt, wie bei Delemont, Courroux. Courcelon und auch zum Theil bei Pruntrut nichts von besonderer Behaftung zu Tage tritt, im Gegentheil weniger als stellen- weise aul reinem Jura. Im Gegensatz zur relativen Freiheit des Jurakalkes im welschen Kantonstheil ist in hohem Masse auffällig, dass die Juraformation im Berner Oberlamd nach unserer Karte nıcht nur behaftet, sondern sogar sehr vorwiegend stark belastet ist. So ist die Gegend von Gimmelwald nordwärts, das Lauterbrunnen- (hal herunter bis Gsteig, ebenso nach derselben Richtung die Gegend von Saxeten. von Grindelwald, Burglauenen, das Lütschenthal abwärts ganz ausserordentlich stark mit Kropf behaftet. Dasselbe ist der Fall mit Meiringen, abwärts bis Brienz, wobei freilich die letzteren Ort- schaften zum grössern Theil auf Alluvialboden stehen, der aber zum Theil von beiden Seiten von der Juraformation begrenzt ist. Entschieden weniger behaftet erscheinen das Kander-, Frutig- und Simmenthal. sowie die Nebenthäler da, wo Jura zurücktritt und sich Flysch an der Oberfläche zeigt, wo also nach gewissen Annahmen die Endemie stärker sein sollte. Professor Baltzer machte mich nun aufmerksam, dass zwischen dem Jurakalk und diesem Alpenkalk ein Faciesunterschied bestehe. Zunächst ist es hauptsächlich der Doggerschiefer, der belastet ist. Der Dogger ist Eisenstein, ein thonig-glimmeriger Sandstein mit Quarzit- kalk, sehr viel Kiesel, Feuersteinknauer. Der Alpenkalk zeigt eine dunkle Farbe (woher auch die Färbung der schwarzen Lütschine rühren soll) im Gegensatz zu dem hellen Jurakalk. Dieselbe soil auf viel stärkere chemische Verunreinigung mit Sand, Kohle, Kiesel, nament- . | lich aber auch auf Gehalt an organischen Stoffen zurückzubeziehen sein. | Wir hätten darin einen vorzüglichen Anhaltspunkt für die Theorie, | | | dass nicht sowohl die mineralische Bodenbeschaffenheit an und für sich für das Vorkommen von Kropfendemie entscheidend ist, sondern dass ® die Beimischung gewisser organischer oder organisirter Bestandtheile 'st, welche entscheidend wirkt. Der (blaue) Jurakalk des Berner Oberlandes ist Tiefmeerniederschlag und schon desshalb in demselben 148 dem mehr littoral eine andere Fauna und Flora zu erwarten, als in oder oberflächlich niedergelagerten Kalk des Jura. Dieser aus unsern Aufnahmen mit aller Evidenz sich aufdrängende Unterschied des Jura- kalkes im Jura und im Oberland in Bezug auf Vorkommen von Kropf ist eines der wichtigsten Ergebnisse unserer Kropfkarte, auf welches wir zurückkommen werden. Analoges wie für den Jura wiederholt sieh nach unserer Karte für die Kreideformation. was nieht zu verwundern ist, da ja die Kreide von der Juraformation ohne Versteinerung petrographisch nicht zu unterscheiden ist; es ist eine marine Bildung analoger Art wie der Jura. Nach Bircher ist die Kreide frei, während St. Lager dieselbe behaftet findet. Nun zeigt sieh im Oberland, z. B. bei Ringgenberg, Niederried die Kreide behaftet, ebenso ist Därligen und Leissigen exquisiter Kropl- boden, während gegen den Jura zu, bei Twann-Tüscherz, - die Kreide sehr wenig Kröpfe aufweist. Auch hier lässt sich hervorheben, dass sowohl petrographisch als in Bezug auf organische Beimischungen zwischen der alpinen und nicht alpinen Kreideformation ein Unterschied ist; die alpine zeigt viel mehr Beimengungen und ist mehr verworfen, als die des Mittellandes resp. Juragebiets. Bircher gibt die Erklärung, dass Kreide bloss da Kropf trage, wo sie nit dem schwer zu {rennenden Eocen zusammen vorkomme. Was das Vorkommen von Lias in den Alpen anbelangt, der nach Bircher bloss behaftet. ist an Orten, wo er fälschlieh so gedeutet wird. in Wirklichkeit aber dem Trias angehört, so Kommt derselbe für das Oberland nicht in Betracht, wie dies etwa südlich der Rhone der Fall ist; wir brauchen uns desshalb mit dieser Frage nicht zu beschäftigen. Die kleinen Züge von Lias bis Blumenstein, im Gadmen- thal, können nicht verwerthet werden. Dasselbe gilt vom Keuper, der nach Bireher frei sein soll. Das Wenige, was davon vorkommt, z.B. bei Spiez, fällt nicht in Betracht. Anders ist es mit dem krystallinischen Gestein. Dasselbe wird z.B. von St. Lager als belastet angegeben und J. Kratter *) kommt für den Cretinismus in Steiermark zu dem Schluss, dass derselbe in aul- fallender Weise die Urgebirgsformation und das Diluvium jener Flüsse bevorzuge, deren Quellengebiet im Urgestein liege. Es ist dies eine sehr wichtige Frage, wenn man Werth darauf legt, dass es vol- züglich organische Beimengungen seien, welche das Vorkommen von #) Der alpine Öretinismus, Graz 1884. 149 Kropf bedingen. Bircher stellt Kropf auf Krystallinischem Gestein in Abrede. Im Berner Oberland sind auf der Karte die ächten alten (neisse dunkelroth angegeben. Leider kommen hier keine Ortschaften mehr in Frage. so dass über das Vorkommen von Kropf auf diesem Terrain sich nichts aussagen lässt. Dagegen sind die jüngeren (sneisse exquisit behaftet (siehe die Gegend von Innertkirchen aufwärts, hellrothe Parthien), gerade so sehr wie die stärkst belasteten Gegenden irgendwo im Kanton. Nun bestehen diese jüngeren Gneisse ebenfalls aus Feldspath. Quarz und Glimmer, allein sie sind gegenüber den alten Gneissen stark zersetzt, so dass dieses ursprünglich aus altem Sandstein und Schiefer bestehende Gestein doch als metamorphosirter Meeresniederschlag aufgefasst werden Kann, also palaeozoischen Ursprunges ist. eine Auffassung, welche mit den Bircher’schen Behauptungen in Einklang zu bringen ist. Denn Devon und Silur. zu welchen diese Gneisse gehören, werden auch von Bircher als. behaftet angegeben. Für die sedimentäre Bildung, d. h. nach v. Fellenberg vielleicht die Umwandlung eines Sandsteins in ein Trün- mergestein spricht auch, dass hier bei Guttannen ein Pflanzenstamm, ein Coelomit gefunden wurde. Hauptsächlich die grünen Schiefer müssen als von ursprünglich sedimentärer Bildung angesehen werden. Aber ächt krystallinisches Gestein ist es trotzdem. Am intensiesten mit der Kropfendemie behaftet zeigen sich auf unserer Karte (die Gegenden der Molasse, ganz speziell der Nagelfluh, aber im Gegensatz zu Bircher ist marine Molasse keineswegs die einzige oder auch nur vorwiegend behaftete, vielmehr ist die Süsswassermolasse ganz hochgradig Sitz der Endemie. Von Lotzwyl als nördlichem Pımkt, bis Schangnau als südlichem, Bolligen als obern westlichem und Diessbach als ımtern westlichem ist ein Landestheil begrenzt. wo die Zahl der Kröpfe als Regel zwischen 90 bis 100% schwankt. Allerdines sind die Grenzen nichts weniger als scharf, vielmehr Sind, zumal’ im Norden. die den erwähnten Bezirken anstossenden Parthien von unterer Süsswassermolasse bei Langenthal, Aarwangen, Ersigen,Wynigen, Kirchberg ganz intensiv befallen und nicht weniger im Norden der ganze anstossende Bezirk mit Diluvialboden. Die Gegend von Rüschegg. Rüeggisberg ist ziemlich behaftet. wenn auch nicht so stark wie die marine Molasse im Osten des Kantons, allein es ist auch nicht ganz sichergestellt, ob an jenen Orten aller Untergrund marine Molasse ist. 150 Sehr bemerkenswerth ist, dass die marine Molasse um Bellmund und St. Niklaus südlich vom Bielersee nur mässig behaftet ist, wie auch die Süsswassermolasse im Jura weniger zahlreiche Kröpfe auf- weist, als dieselbe Formation im Mittelland. Es bestehen also auch hier ähnliche Verhältnisse wie für die Jura-Kreideformation und scheint das kropferzeugende Agens auch nicht an «der Molasse als solcher zu haften, sondern an Beimengungen. welche an verschiedenen Stellen verschieden erheblich sein können. Auch bei Wengi, Büren, Rapperswyl. Aarberg ist die untere Süss- wassermolasse etwas weniger behaftet als im Mittelland. Das Alluwwium ist da frei. wo das Trinkwasser aus dem Jurakalk stammt (nach v. Fellenberg), nämlich von Pruntrut nordwärts. Ebenso ist es frei von Gampelen bis Meienried, südlich vom Bielersee. Hier ist alter Seegrund,. Torf, darunter Seekreide und Grundsehlamm und nur wenige Zuflüsse kommen ins grosse Moos aus der Molasse. Aber ausserdem scheint allerdings die Filtration, welche das Wasser durch aufgelagerten Schutt erfährt, sobald letztere Quaternär- bildung nicht ein Abkömmling von Kropfgestein ist, die kropferzeugende Wirkung zu beeinträchtigen. Das Diluwwium ist überall behaftet. Es schliesst sich aber auch überall im Kanton an kropfbehafteten Boden an, speziell an Flysch und Alpenkalk, am ausgiebigsten an Molasse. Fast durchweg erscheint die Belastung desselben doch etwas weniger intensiv, als auf dem anstossenden Gestein. Wenn wir die kurz skizzirten Ergebnisse zusammenfassen, welche die Kropfkarte des Kantons Bern uns an die Hand gibt, so werden wir mit Bestimmtheit darauf hingewiessen, dass eine gewisse Boden- heschaffenheit eine Bedeutung hat für die Entwicklung des Kropfes. es wird also die unbestrittenste Thatsache der Kropfaetiologie bestätigt: allein ebenso bestimmt ergibt sich, dass es nicht die mineralogische Bodenbeschaffenheit ist, nicht die grohehemische Beschaffenheit der Gesteine, welche den Ausschlag gibt, sondern dass es Beimengungen, Verunreinigungen des Gesteins sind. welche die Hauptbedeutung haben. Da sich diese Thatsache für verschiedene Gesteinsarten wieder- holt, für Jurakalk, Kreide, ja sogar theilweise für die Molasse, so dürfen wir wohl den Sehluss ziehen, dass es organische oder organisirte Beimengungen sind. welche für die Entstehung des Kropfes auf gewissem Boden entscheidend wirken. Wir wissen nicht, dass vor unseren Unter- suchungen der exakte Nachweis des völlig verschiedenen Verhaltens slesselhen Gesteins bei grösserer oder geringerer Reinheit desselben geliefert worden wäre, und heben desshalb diesen Punkt speziell hervor. umsomehr, als das Studium des Vorkommens von Kropf in den einzelnen Landesgegenden in auffälliger Weise darauf hinweist, dass es das Trinkwasser ist, an welches der Boden die kKropl- erzeugenden Stoffe abgibt, und dass dasjenige Wasser, welches Kropf macht. mit organischen Beimengungen viel reichlicher geschwänger! ist. als Trinkwasser von Orten, wo kein Kropf entsteht. Es soll in Folgendem gezeigt werden, dass derartige Unterschiede in Bezug auf Einwirkung des Bodens resp. Trink wassers sich nicht bloss bei Ver- gleich ganzer Landesgegenden, sondern in unmittelbarer Nähe neben einander vorfinden, wie es übrigens auch von [früheren Beobachtern betont ist. dass kropfreiche und kropffreie Gegenden oft bloss durch ein Thal. ein Flussbett getrennt sind. Wir haben kropffreie Oasen beschränktester Art mitten in kropfreicher Gegend gefunden. Es ist von frühern Untersuchungen her zur Genüge bekannt, dass die Bevölkerung von Kropfgegenden gewisse Brumnen ganz be- sonders beschuldigt als Ursache des Kropfes. 50 haben auch wir im Kanton Bern eine erhebliche Zahl von sogenannten Kropfbrunnen zu- sammen stellen Können, nicht nur etwa in dem Sinn, dass uns von mehr oder weniger competenten Bewohnern der Gegend gewisse Brunnen als besonders schädlich bezeichnet wurden, sondern so, dass diejenigen Kinder, welche auf das verdächtige Wasser angewiesen waren, sich aus- nahmslos durch besonders starke Kröpfe auszeichneten, Aber auch. das Umgekehrte fand sich recht häufig, dass inmitten einer reichlich mit Kröpfen gesegneten Gegend eine Anzahl von Kindern normale Ver- hältnisse darboten und dass sich als Grund für diese Ausnahmen der Genuss eines eigenen Brunnenwassers nachweisen liess. Wir kommen unten darauf zurück. In unsern Untersuchungen haben wir soweit thunlich ausein- andergehalten, welche Kinder auf den Genuss von Grundwasser, Bach- wasser oder Flusswasser angewiesen waren, und welchen dagegen inehr oder weniger gutes Quellwasser zur Verfügung stand. Im Fernern wurde darauf geachtet, ob eine kürzere oder längere oder gar keine Leitung des Wassers stattfand und ob die Leitung gut gefasst oder offen und den Verunreinigungen von der Nachbarschaft ausgeselzt war. Bei diesen Beobachtungen hat sich nun des Bestimmntesten herausgestelll, dass unter übrigens gleichen Verhältnissen diejenigen Kinder, welche Grundwasser, also Sodbrunnen oder Cisternen benutzten oder welche ihren Bedarf aus einem vorüberfliessenden Bache oder Flusse enl- —. 152 nahmen, in erheblicherem Masse mit Kröpfen belastet waren als die andern. Ebenso übten lange und offene Leitungen einen schlechten Einfluss aus. Dieser Thatsache gegenüber muss allerdings ausdrück- lich hervorgehoben werden, dass auch anscheinend sehr schönes und reines Quellwasser gelegentlich stark kKropferzeugend wirkte, selbst dann, wenn es an Ort und Stelle, wo es zu Tage Lrat, gefasst und benutzt wurde. Diess ist beispielsweise der Fall an einer Stelle des Grindel- valdthales mit einem sehr frischen und kalten Quellwasser, welches als Abfluss eines hoch gelegenen Sees von den Bewohnern des Ortes aufgefasst wird. Unter den Fällen, wo inmitten einer sehr stark mil kröpfen behafteten Gegend eine Reihe von Kindern völlig normale Hälse darboten, ergaben sich für diese ausnahmsweisen Verhältnisse folgende Erklärungen: Einmal waren, wie erwähnt, die betreffenden Kinder oder ihre Familie mit ihren eigenen Hausbrunnen versehen. Zweitens fehlten Kröpfe bei Individuen, welehe vor nicht langer Zeit aus kropffreien Gegenden zugewandert waren. Beiläufig fand sich auch das Umgekehrte gar nicht selten, «dass in Kropffreien Gegenden diejenigen Individuen, die sich durch stärkere Kröpfe auszeichneten, als Zugewanderte nach- gewiesen werden konnten oder Familien angehörten, in welchen der Kropf erblich war. Bine Kategorie von kropffreien Individuen in Kropf- gegenden stellten Kinder von Wirthsleuten dar und dass hierbei der Wegfall reichlichen Wassertrinkens eine Rolle spielte, ergab sich aus den Parallelbeobachtungen vom Fehlen von Kröpfen bei den Kindern von Schnapsern und bei solehen Kindern, welche ausdrücklich erklärten, nur Kaffee und Milch, aber nieht Wasser zu trinken. Letztere Erklärung wurde besonders von Kindern aus bessern Verhältnissen angegeben, welche sich auch sonst durch gesundes Aussehen auszeichneten. Die Nachkommen von Schnapseltern zeichneten sich zum grössten Theil dureh höchst mangelhafte Ernährung, ausgesprochene Blutarmuth und mangelhafte körperliche Entwicklung aus, wozu hie und da auch geistige Beschränktheit hinzutritt. Dr. Kummer macht in den Erläuterungen zu seinen Untersuch- ungen die Mittheilung, dass ihm von Lehrern, welchen er die Ergeb- nisse zu Protokoll dietirte, gesagt wurde, dass er bei denjenigen Kindern, welche quartierweise zusammengehörten, häufig denselben Grad von Kropfbildung notiren liess, und es fiel ihnen auf und ebenso Herrn Dr. Kummer, dass ab und zu Kinder aus vereinzelten Häusercomplexen als kropffrei oder andrerseits als sehr stark kropfbehaftet heraus gefunden wurden, ohne dass der Untersuchende vorher eine Ahnung haben konnte, dass sie zusammen gehörten. In ganz gleicher Weise ist es mir ergangen in einer mit Kröpfen ausserordentlich stark behafteten Gegend des Berner Oberlandes. Als ich die wenigen Fälle zusammenstellte, welche daselbst ausnahmsweise weder einen kleinen noch grossen Kropf, sondern wirklich schlanke Hälse zeigten, ergab sieh bei den Nachfragen nach der Wasserversorgung, dass diese normalen Individuen sämmtlich ihr Wasser von einer ganz kleinen Quelle bezogen. welche in einer Wiese entsprang. Die übrigen Bewohner des Ortes halten .die verschiedensten Quellen und Brunnen zu ihrer Verfügung und bezogen zum Theil ihr Wasser aus vorüber- fliessenden Bächlein oder Bächen. Auf Grund der erwähnten Erfahrung mil den Schulkindern nahm ieh nun Gelegenheit, auch die übrigen Bewohner des kleinen Häusercomplexes zu untersuchen, welche auf die erwähnte kleine Wiesenquelle angewiesen waren. Der Erfolg dieser Untersuchung war folgender: Eine erste Familie wohnte an dem betreffenden Orte seit zwei Jahren, vorher eine halbe Stunde weiter hinten im Thale, in einer mit Kröpfen behafteten Gegend. Der Vater zeigt einen beidseitigen kleinen Kropf, die Mutter einen rechtseitigen geringen, knolligen Kropf. Ein 1 Jahr, ein 2 Jahre und ein 3 Jahre altes Mädchen zeigen durchaus nichts von einer Anschwellung der Schilddrüse, ebensowenig ein 19-jähriger Schusterjunge, der seit einem Jahr in der Familie arbeitet. Ziveite Familie. Vater und Mutter haben früher ebenfalls anderswo gewohnt: beide zeigen kleine knollige Kröpfe. Die sechs Kinder sind alle an dem neuen Wohnorte geboren. Ihr Alter ist 12, 9, 6, 2%/s. 3%/2 Jahre und 7 Monat;. 3. Mädchen. und; 3 Knaben. Kein einziges der Kinder zeigt eine Vergrösserung der Schilddrüse. Dritte Familie. Bine alte Frau macht die Angabe, dass sie vor ihrer Verheirathung an einem andern Theil des Ortes gewohnt habe, damals einen dieken Hals gehabt habe und viel Kropftropfen brauchen musste. Sie wohnt jetzt %0 Jahre hier. hat 10 Kinder geboren und hat mit ihrem Halse niemals etwas zu schaffen gehabt. Auch zur Zeit der Schwangerschaft hat sie. obgleich ihre Mutter ihr brophezeit hatte, sie werde zu dieser Zeit mit ihrem Halse zu schaffen haben, nichts Anderes gespürt. Die Fran gibt an. dass einer ihrer Söhne einen dieken Hals bekam, als er zu schustern anfieng. Er gieng dabei anderswohin in die Lehre und kam nur zum Essen nach Hause urück. Ein 7-jähriges Grosskind der betreffenden Frau, das über 3 Jahre bei ihr wohnt, hat einen normalen Hals. Ein Verdingkind, welches PSU seit einem Jahre hier ist, hat eine kleine, knollige Vergrösserung der Schilddrüse. Eine Schwester der alten Frau hat einen Kropf: sie 154 hat ihn schon zu ihrer ledigen Zeit gehabt, wo sie anderswo gewohnt hat. Ein Knabe derselben dagegen, welcher an diesem neuen Wohnort geboren ist, zeigt keine Spur von Kropf; er ist jetzt vier Jahre alt. Ringsherum um diese kleine Oase befinden sich Individuen mit Kröpfen. So zeigt eine Familie mit 3 Kindern, die bloss ein Haus höher oben wohnt, ausnahmslos Kröpfe und zwar schon «ein Bube von 3 ‚Jahren und ein Mädchen von % Jahren. Der Präsident der betreffenden Gemeinde, der mit den ein- schlägigen Verhältnissen ungemein gut vertraut war, (heilte mir mil, dass man auch für das Vieh die Beobachtung gemacht habe. dass es aus einem ähnlich gelegenen Brunnen, dessen Quellwasser direkt in ein Becken geleitet werde, lieber trinke, als aus einem andern Brunnen, mehr Milch gebe und fetter und schöner werde. Das Wasser habe eine gleiehmässige Temperatur und dämpfe im Winter. Die Leute, welche von dem kropffreien Wasser trinken, sind durchaus nieht elwa in guten Verhältnissen, sondern sogar sehr arın, Wir hatten somit neben den zahlreichen Kropfbrunnen auch eine Antikropfquelle exquisiter Art entdeckt und es ist begreiflich, dass wir Werth darauf legen mussten, nachzusehen, wodureh sich das betreffende Wasser von dem Wasser der anstossenden Brunnen unterschied. Zu- nächst wurde eine chemische Untersuchung vorgenommen zum Theil von Herrn Dr. Schaffer in Bern, zum Theil von Herrn Professor v. Nencki in Bern. Das Ergebniss der Untersuchung ist in den nachfolgenden Berichten wieder gegeben. A. Ergebnisse der Analyse des mir am 3. Mai 1884 durch Herrn Prof. Dr. von Nencki übergebenen Brunnenwassers («kropferzeugend», grosse Flasche): Speeifisches Gewicht . » .. 1,000316 Pester Ruckstand .. ... .. .. 01813 . 2. per Liter Kalk, (Cal) 0.0 0 0. 0 Magnesia er 0,0054 Kohlensäure (frei und halbgebunden) 0,1162 Gyps (Ca S04) . : : \ : 0,00901 Gleis le a 2 000 Kteselnaure 2 men. nn nn, 200088 Eisen und Rhonerde .. :. 2 :.. Spuren, Organische Substanz. . . . .. nicht nachweisbar. *) =) Verhält sich gegen Chamäleonlösung wie destillirtes Wasser. Salpetersäure. Salpetrige Säure Ammoniak Jod und Brom & lichen Nahrungsmittel II, p. 516) mittheilen will: Abdampfrückstand a Organische Substanz (d. h. 0,25 Acq. in Milligr. = Mgr. Sauerstoff = 8 Mgr. Chamäleon; 1 Theil 2 ” Chamäleon = 5 Theile organische Substanz) Salpetersäure 0,005 Chlor : 0,020 Schwefelsäure (SOs) 2 0,080 Kalk (Ca0) . Magnesia (Mg O0) Das fragliche («kropferzeugende») Brunnen was muss demnach entschieden als ein verhältnissmässig sehr reines Trink- wasser bezeichnet werden. Dr. Schaffer, amtl. Cher B. Ergebnisse der Analyse des mir als «Kropf nicht erzeugend» zugeschickten Wassers: { Specifisches Gewicht bei 17°C. Fester Rückstand Kalk = Ca0 Magnesia = Mg 0 Kohlensäure frei und halbgebu Gyps (SO4la) Chlor (Ole) Kieselsäure (SiO,) Eisen — Thonerde Organische Substanz Salpetersäure Salpetrige Säure Ammoniak im Lite « & . » & < nden *) Verhält sich gegen Chamäleonlösung wie reines Spuren (kaum nachweisbar). nicht vorhanden. in 1 Liter des Wassers keine Spur nachweisbar. Das Wasser bildet absolut keinen Bodensatz. Menge der festen Bestandtheile eines brauchbaren Trinkwassers haben nun u.A. Tiemann & Kübel folgende Normzahlen aufgestellt, die ich zur Vergleichung mit den hier gefundenen Daten nach . & Ueber die zulässige J. König (Die mensch- Oo > 0,500 g. per Liter 0,050 0,015 0,030 0,100 0,112 0,040 ser von Lauterbrunnen niker des Kts. Bern. 1,00041 0,2460 0,0807 0,0109 0,1433 0,0361 0,0070 g 0,0045 nicht bestimmb. Spuren > r RR R RN m o 8. 12 & & minime Spuren. keine Spuren. & destillirtes Wasser. 156 — Das Wasser ist demnach als gutes Quellwasser zu bezeichnen, ebenso wie dasjenige von Dr. Schaffer analysirte, als «kropferzeugend» bezeich- nete. — Die beiden Muster unterscheiden sich zunächst durch den Gehalt an festem Rückstand und in erster Linie im Gehalte an Gyps (504 Ca), welches Salz in viermal grösserer Menge in dem kropffreien Quellwasser enthalten ist. Bern, 21. Mai 1884. Professor Nencki. Es ist aus den mitgetheilten Analysen ersichtlich, dass der chemische Unterschied zwischen den kropffreien und kropferzeugenden Quellen ein sehr geringer ist. Es handelt sich in beiden Fällen um ein vorzüglich gutes und reines Trinkwasser, über welches man in jeder Stadt entzückt wäre. Dasselbe ist vollständig krystallhell, frisch und angenehm. Der einzige wesentliche Unterschied ist der Gehalt an Gyps. Das kropffreie Wasser zeigt dieses Salz in vierfach stärkeren Grade als das Kropfwasser. Es ist demgemäss wohl zweifellos, dass das erste durch andere Bodenschichten durchfliessen resp. andere Gesteine auslaugen muss, und man könnte versucht sein, darin eine Erklärung zu finden für seine guten BKigenschaften. Allein es ist durch so zahlreiche Analysen dargethan worden, dass auch ein an schwefel- saurem Kalk sehr reiches Wasser kropferzeugend wirken kann, dass es unmöglich ist, auf den erwähnten Befund einen Werth zu legen. Bemerkenswerth ist auch, dass das kropffreie Wasser das doppelte Quantum Magnesiagehalt aufweist. wie das kropferzeugende Wasser. is blieb desshalb noch übrig, die bacteriologische Untersuchung des Wassers vorzunehmen. Dieselbe wurde gemeinsam mit Herrn Dr. Tavel ausgeführt. Da Herr Dr. Tavel sich im Laboratorium von Koch in Berlin mit den exakten Methoden bacteriologischer Unter- suchungen vertraut gemacht hal, so brauche ich nur hierauf hinzu- weisen, um zu konstatiren, dass sämmitliche Untersuchungen in voll- ständig exakter und fehlerfreier Weise in Angriff genommen worden sind und demgemäss bestimmte Schlussfolgerungen zulassen. Das erste interessante Ergebniss der Untersuchung ist das, dass das kropffreie Wusser einen ganz erheblich geringeren absoluten Gehalt an Mikro- organismen aufweist als das kKropferzeugende Wasser. Während in dem ersteren bei wiederholten Untersuchungen die Zahl der verschiedenen Formen kleinster Organismen auf 9 festgestellt wurde, wurden in dem Kropfwasser nicht weniger als 33 verschiedene. Arten von Kokken, Bacterien und Pilzen gefunden. Des Ferneren konnte bis jetzt unter Vergleichung der mikroskopischen Kulturen nur für je einen der Organismen der beiden Brunnen die Identität festgestellt werden. Die übrigen scheinen verschieden zu sein. In letzter Linie haben wir es nun unternommen, mit den sämmt- lichen Mikroorganismen des Kropfwassers Injectionen zunächst bei Kaninchen zu machen und haben auch bei mehreren Thieren Schwel- lungen der Schilddrüse zu Wege gebracht. Dagegen haben wir bei Hunden zur Stunde noch keme bleibende Schwellung der Schilddrüse durch die bei Kaninchen als wirksam erwiesenen Organismen erzeugen können. Da aber bloss bei grösseren Thieren, speziell Hunden, bei Wieder- holung der Versuche während längerer Zeit und Variation in der Art der Einbringung des krankmachenden Agens ein Erfolg zu erwarten ist, so ist zunächst ein baldiger Abschluss dieser Versuche nicht abzu- sehen. Dieselben sollen so lange fortgesetzt werden, bis sich ein bestimmtes Urtheil gewinnen lässt. Nur das möchten wir schon als eine bemerkenswerthe Thatsache hervorheben, dass wir in dem anscheinend reinsten und klarsten Quellwasser noch eine bedeutende Anzahl ver- schiedener Mikroorganismen nachweisen konnten. Es geht daraus hervor, wie wenig es bedeuten will, wenn man in einem Brunnenwasser bewohn- terer Gegenden den einen oder andern Kokkus oder das eine oder andere Bacterium auffindet. Es ist absolut unzulässig, daraus für die Ursachen des Kropfes den allergeringsten Schluss zu ziehen. Inhalts-Verzeichniss. ‚Jahresbericht pro 1. Mai 1887 bis 1. Mai 1888 Mitglieder- Verzeichniss . Rechnungs- Auszug pro 18987 Badertscher, A., Dr. phil. und Sekundarlehrer, Ueber Phosphorescenzerscheinungen . Böitzer;; As, Bföt. Dr, Ueber die Maare der Eifel, die Flimser Einsturzbecken und die Kelsbecken ..... a er Benteli, A., Gymnasiallehrer und Doc ent, Die Niveau - Schwankungen der 13 grössern Schweizer- See’n im Zeitraum der 20 Jahre, von 1867 bis und mit 1836. (mit. einer: graph. Tafel)... . : ‚Derlinerblau, J., Dr. phil., Ueber die Zerlegbarkeit der Elemente Brückner, 2, Prof. DE, Ueber die Eiszeit im deutschen und östreichischen Alpen- vorlande und ın der Schweiz „. . .. .. (oaz, J., eidgenöss. Oberforstinspektor, Vorkommen des’ grauen Lärchenwicklers (Tortrix oder Steganoptycha pinicola ZI.) in den Jahren 1886 und 1881 ın Graubunden und m ven . ı . Dubois, Dr. med., U Inter suchung über die physiologische Wirkung der Öonden- satorenentladungen tea v. Fellenberg, Edm., Dr. phil., Demonstration einer Suite von Mineralien aus dem Balt- schtedenthäl 0 2.2.0. Fischer, L,, Prof. Dr., Demonstration eines Exemplars des Riesenbovists Graf, J. H., Dr. phil., Conrektor und. Docent, Beiträge zur Geschichte der Mathematik und der Natur- wissenschaften Im XVL-Jahrhünder . 2... Ueber den Rhombenwinkel der Basalflächen der Bienen- Zellen. 22.20.00 2a Ueber die Errichtung des ersten mathematischen Lehr- stuhls in Bern Ueber Jakob Rosius und "die "ber ‚nischen Kalender Hamel, G., Dr. med., Die Bedeutung des Pulses für den Blutstrom Huber, @., Dr. phil., Docent Die cassinischen Curven . ® u Sitzungs- Berichte XVII XXI XI je Sitzungs- Berichte Jenner, E., Custos, Vorweisung von Photographien Jongquwiere, Alfred, Dr. phil., Einige Bemerkungen zur galvanischen Polarisation kkocher, Lh.,; brot. Dr,, Vorkommen und Vertheilung des Kropfes im Kanton Bern miisemer Rare)... . 0.20.20 ee Kronecker, Prof. Dr., Demonstration eines Versuchsthieres Leuch, A., Dr. phil. und Docent, Ueber Curven sechster Ordnung Liehtheim, Prof. Dr., Untersuchungen über intermittirenden Diabetes Lihdt, W., jun., Dr. ined., Ueber einen neuen pathogenen Schimmelpilz aus dem menschlichen Gehörgang Marckwald, Dr. med., Wird die Athmung vom Rückenmark aus beherrscht ? Schmidt, C., Dr. phil. Geographische und geologische Skizzen aus den Pyrenäen SLER, Lh., PRor.. DT, Ueber Säugethierreste aus glacialen Ablagerungen des bernischen Mittellandes . . a en Ueber die Arctomysreste aus dem Diuviom der Umgegend vonBem's),.. a ie Ueber das Abfallen der Tannästchen . Studer-Steinhäuslin, B., Apotheker, Eine Pilz - Exeursion in die südlichen Seitenthäler des OÖberwallis ee j eh Favel, Dr. med., Ueber die Asepsis in der Chirurgie und die Dampfsterili- Ballon a Finassa, E., Dr. phil., Ueber die Fortschritte auf dem Gebiet der botanisch- pharmakognostischen Mikrosköpe . . 2. ..% Vergiftung durch die Speiselorchel in Folge von Ptomain- bildung, und zwar: Jongquiere, @., Dr. med., Krankengeschichte Studer, B., jun., Botanischer Theil e Demme, R., Prof, Dr., Pharmakologisch- koxikologischer m heil Berliner bin, Js,30R, "phil, Chemischer Thel . ... _ x Abhand- lungen { ® Ze) = = an = [ab) u N = > = &. rn o u) = ee co ea) 7 10 69 68 1867 Meter 435.: über Meer Murtensee Neuenbursersee un. bielersee un Dre Bye un 27 — or . ee rn ET Te TER TEE TEST TEEN ET en en REEL TEL EEE en SEN \ “ % M TER X E ’ IR . Y ’ 5A a .L Eogrcei A Alluvium Dıluvium Molasse ‚Eocan Kreide Jura Trıas Sericitische Öneisse bneiss Granit-Öneiss-/one Antıclinale derMolasse oncon \ M | sch; a eien NIS ; : ersel, dandstein etc) Inischenbildungen Hornblendeschiefer Topfstein. N 3 Beurnen Bergstürzeu.Schutthalden. ; Bun = amphreux \ 5° 5°30 L- : onG A Ba = ss Obe: dar, . Prefl i Ba 2.2 = Cfaremai Coeuv | > | el Wols ler, t Blauen 08 a are 1 en 2, | 5 ecknau N { Morı Y 2 y, FR iffis ° Rd Zwi x “7 ER nn r oF?G i E \ DIN Br72 0 Kakl Dittinge wi j ‚Babe ort ; 7 S -. ER ) ‚rellin. > ewen Teniken!L, . | aaa : A - 2 : es Ar er ‘ @ h ö 2 ® 6 moille N eu a Schneemauı "AT Wytinsbu Oltiggen 5 Br \ O x i fen } Rumli > ars h 858 S FR \ 2 w i ; immelsrie e “or ällstein Y a Kirch ee 5 \ E Breitenbach Hi N | os: ; egle h aa r X Rohre | 7 \ r J* N Be | wi “er = {3 awyl PN in N Wysenberg r R S N ek. P AN 2 5 n re ) säufel iger“ % IR Rebtah RS \ 0 Teer Te Hasel r RR ° . Büsbera = Nunningen Farce N UN Lost: schwyldez © a N vyl f x Se BREN Bi e Er » ” a ker “ Valdenbürgn en Roktuog N d es rschwyl \ ; Tassro Ast u07 _.. Wenthal _ - 7 } Wi » h oa Binnen. 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Kocher ah ee Be: ausgeführten Untersuchungen der Schuljugend > hetock Lomiswyl er Wahg | d J h 83 1884 5 Er opmslng! ae iR : | ın den Jahren & : ” | x 3 \ Z L 7 Deitingen & 2, Betdal h 'Selzac .——_ = r dl : I 2 ae N F Ü Ö | A uch n Au ingen r en [oJj chenf) A O ö 2 Lüsslin: 4s1lr nb n As Ri Re .. - “ 0. ° ze Fefizkeren YJBibe Er Erklärung: Das Verhältniss der kropfbehafteten Individuen . es ‘ . . . . . Zehn PR; piegareien zur Gesammtzahl der Untersuchten ist durch die eingezeichneten Kreise = ol z Er s in der Weise ausgedrückt, dass jeder Millimeter Durchmesser = 10%%,. en - 0 _—— s er F nyehwuhe Winisdort Yo] VER Beispielsweise bedeutet also ein Kreis von 90 Millimeter Durchmesser, f x ft \ e ; en # " r ar dass von je 100 untersuchten Individuen 90, resp. von 500: 450 u. s. w. — \ Gotts S 5 ’ S . S or JR u mit Kropf behaftet waren. > oo > I — . [2 * [2 * . Kor NOT r torf n Der innere helle Theil des Kreises gibt die Zahl der geringeren, 7) Er L ee N NR S: RER P ASS * A \ gleichmässigen, der äussere schraffirte Antheil die Zahl der knoten- m B: > GL / » N m s . | f b DT Yang x förmigen, starken Kröpfe an. e Hrn! [IK )..\ Neem es —Ä / } z = ut N fi e B ’ -. e 1 3 “ S Spithor 3, ar ER e rn J ‚to! ll z L x“ Oo iselen 7 N IN ae a, \ N N / DIN 5 unh, v ER . x 7 > Kallna A SER cher i X 5 w N N @ber- r ab a R - Grauhptix ü 2, ’ “ ev ' EA o r i & “nr Ei lo B “ \ B ; 2 ‚Luebei o er er Rn 2? /# er BZ << ° ’ N \ = >40 “ ERDE \ 2 - x . Ä - \ N \ h IR) ® ne 6 be ler 5 Gh onhatyr y n + er Wünne wyid 2 ZA } (an — |] _ 9 N / N Sea NCBurt AR. ” LA 4 Byl 14 Gele “r. Mettlen 4 LAS 5 y 5 « \ EI Momdidierl - Coubtion - ei 7 700} ano 3 a 2 Atze bgrechä Solert' Uebe \ F Da IerTT { \ Pe er) eu 0 Galmus < im I Garda deckenr, v V. 2 N N "YFiss ) O ser ) lie N : Beh, \ / x | \ " N h \ \ / ‘ (Ole ef % u. „ N SDüdi gen, N Albli N $ n FERNE EN .. 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