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MONATSBERICHTE

FUR UROLOGIE, ÜBER DIE

GESAMTLEISTUNGEN

AUF DEM GEBIETE DER KRANKHEITEN

HARN- UND SEXUAL-APPARATES

HERAUSGEGEBEN

VON

Dr. L. CASPER, Dr. H. LOHNSTEIN,

Privatdocent a. d. Universität prakt. Arzt

IN BERLIN.

DRITTER BAND.

BERLIN W. ss. VERLAG VON OSCAR COBLENTZ. 1898.

e

Haupt Register des III. Bandes.

Sach-Register.

A.

Absceß: der Nebenniere 439; para- nephritischer mit Perforation in's Duodenum 255; spontaner Durch- bruch eines perinephritischen 632.

Abdominaltyphus, Pvelitis bei 242.

Acetonurie in der Schwangerschaft und im Puerperium 467.

.Acidität des Harns 278.

Acromegalie, complicirt mit Diabetes 596.

Addison’sche Krankheit 439, 503, 440.

Adenosarcom des Hodens 419.

Aderlaß mit nachfolgenden Koch- salz-Infusionen bei acuter Urämie 248.

Aerzte, Syphilis gravis bei denselben 472.

Albuminurie: Allgemeines über 369; und Harnevlinder bei Obstipation 628; und XNierendurchgängirkeit 629: bei Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen 563; Prognose der transitorischen 188.

Albumosen, deren Nachweis im Harn 209.

Albumosurie: mit spontaner Fällung der Albumosen 279; bei Myxödem 336.

Alkaptonuria 149, 208.

ETH

Allgemeinerkrankungen, deren Ein- fub auf Testikel und Spermato- wenese 416.

Allxemeininfection. gonorrhoisch. 151.

Amylhydrat bei Diabetes insip. 541.

Analgegend, vener A ffectionen der 680.

Anilinfarben: zur Färbung des gonor- rhoischen Secrets 470; -Proben des Harns bei Diabetes 250.

Antinosin bei Harn- une Geschlechts- krankheiten 592.

Anuria: ealeulosa 306; hysterica 189.

Appendicitis und Wanderniere 692.

Aphasie als Einleitung eines urämıi- schen Anfalles 246.

Argentum nitricum: Ersatzmittel für 213: dessen Wirkung in der Harn- blase und Harnröhre 697.

Arthropathieen gonorrhoischen Ur- sprungs 151.

Atresia urethralis 166.

Atlas der Syphilis und syphilisähn- lichen Hautkrankheiten 217.

Atmungsstörungen infolge umge- nürender Entleerung der Harn- blase 618.

Augen, Syphilis der 609.

Augenhider, syphilitischer alfeet der 106.

Autokatheterismus. vereinfacht. Tech- nik des antiseptischen 128.

Primär-

Bacterium coli commune: im Harn 238; als Ursache von pseudomem- branöser Samenblasenentzündungg 112.

Balneotherapie, deren Einfluß auf die Diurese 245.

Basedow’sche Krankheit bei Dia- betes mellitus 17.

Benzolderivate, Vergiftungen mit den- selben 624.

Betula alba als Diureticum 430.

Bierhefe bei Diabetes mellitus 150.

Blennorrhazie, Behandlung der 608.

Blut: dessen abnorme Färbung bei Diabetes mellitus und Glykosurie 99; dessen Fettgehalt bei Nieren- krankheiten 57; dessen Verände-

rungen bei Syphilitikern unter Mercurialbehandlung 550; dessen

Wasser- und Alkaligehalt bei Ne- phritis und Urämie 371.

Bottini- Freudenberg'scher Prostata- incisor 4l4.

Bottini’sche Methode der Prostata- hypertrophiebehandlung 615, 634. Brightiker, Pericarditis bei einem 497. Brom, dessen Nachweis im Harn 210. Bubonen, Abortivbehandlung der 487.

O.

Carbaminsäure bei Eelampsie 498.

Carbondioxide im Harn 405.

Careinom: der Clitoris 167; der Harn- röhre 167; der Niere 64, 254, 438.

Castration: mit Evulsion des Vas deferens 254; bei Hodentubereulose 420; bei Prostatahypertroplie 171.

Centrifugalfilter neuer 312.

Chylurie, Fall von 16.

Circumcision: Ueberimpfung v. Tuber- culose bei der rituellen 165; neues Verfahren der 165.

Clitoris, Carcinom der 167.

Coffein, dessen diuretische Wirkung 244.

Colles’sches Gesetz und Choc en retour 28, 356.

Coma diabetieum, Kochsalztransfu- sionen bei 670.

Congreß der Deutschen dermatolo- gischen Gesellschaft 326.

Cystinuria 208.

Cystitis: und Blasensteine 42: Dia- gnose und Therapie der 238; em- physematöse 617; pseudomembra- nöse b.einem Prostatiker 290; tuber- eulosa, deren Behandlung durch intravesicale Injeetionen von steri- lisirter Luft 44.

Cystoskop zur rechtzeitigen Differen- tialdiagnose bei Blasen- und Nieren- Erkrankungen 199.

Cystoskopie: bei blutigem Harn 48; bei Frauen 184, 620; Handbuch der 402; bei Prostatahypertrophie 232; und Ureterkatheterismus 367.

Cvstotomia suprapubica: Allgemeines über 365: bei Prostatahrpertrophie 616; bei Tuberculose der Harnblase 120.

D.

Darmgeschwüre, urämische 496.

Dermatitis exfohlativa durch Queck- silbergebrauch 160.

Dermoideyste am Präputium 164.

Deutsche dermatologische Gesell- schaft, Programm des 6. Congresses derselben zu Strabburg 190.

Diabetes: Anilinfarbenproben des Harns bei 280; Extractum Glauci fluidum gegen 212; insipidus:

und Paraldehyd 541, bei Kindern 467; mellitus: ab- norme Blutfärbung bei 99, Allge- meines über 18, bei Eheleuten 150, bei Kindern 608, Bierhefe bei 1%, complieirt mit "Acromegalie 596, Diät bei 598, Fall von acutem 596, (ehirmveränderungen bei 468, Me- thvlenblau bei 100, Pathologie und Ther rapie des 98, statische Electri- eität bei 541, Stoffwechsel bei 18, und Lebererkrankungen 19, und M. Basedowii 17, und Pancreas 20, Zunahme des 597.

Diabetisches Coma, geheilt Kochsulztranstusionen 670.

Diät, deren Wirkung bei Diabetes mellitus 598.

Diazoreaction bei Malaria 467.

Dilatator für Harnröhrenstrieturen 104.

Diurese, deren Beemflussung durch veschialene balneotherapeutische Verfahren 245.

Amvlhvedrat

durch

Diureticum: Folia betulae albae als 430; Harnstoff als 430.

Doppelniere, Präparat von linksseiti- ger 187.

Ductus spermaticus, Neuralgien des 36.

Duodenum, Perforation eines para- nephritischen Abscesses in das 255.

Dyvsurie, gonorrhoische 673.

E.

Echinococcus der Niere 439., 632.

Eelampsie, Carbaminsäure bei 498.

Eichelhypospadie, neue Operation der 165.

Eis bei Epididymitis gonorrhoica 545.

Eisen bei M. Brightii 559.

Eiweibbestimmung im Harn 666.

Eleetrieität: statische bei Diabetes mellitus 541; gegen Incontinentia urinae 363.

Electrolvse: bei Harnröhrenstrieturen 102, 103; bei Urethritis chronica onorrhoica 549.

Electrolytische Behebung 283.

Elephantiasis: der äußeren @enitalien 227; der Glans penis 227; Hoden- vergrößerung bei 419.

Endocarditis gonorrhoica 350.

Endoskopische Bilder 281.

Epididymectomie, totale 489.

Epididymitis gonorrhoica: Behand- lung der 214, 545; Pathogenese der 104.

Erythema exsudativum bei Syphilis 605.

Extractum Glauci fluidum gegen Dia- betes 212.

multiforme

F.

Fachzeitschrift, neue urologische in Buenos Aires 464. Febris biliosa haemoglobinurica 690.

Festschrift, gewidinet Ph. J. Pick 400. Fibrome, subcutane am Präputio 227.

Fisteln: vesico-intestinale 292; vesico- vaginale 306.

Florence’sche Methode der Samen- entdeckung 489, 551.

Französischer Urologen-Congreß zu Paris, 21.—24. October 1897 7, 77.

G.

Galenabfluß und Harnstoff 466.

Gallenfarbstoffe, deren Nachweis im Harn 15, 206, 278.

Galvanocauterisation,endovesicale bei Blasenscheidenfisteln 179.

Gastritis syphilitica 677.

Gaumensegel, syphilitische ation am 158.

Gelatinelösungen bei vesicaler Häma- turie 621.

Geruchsorgan, dessen Beziehungen zu den Geschlechtsorgauen beim Manne 205.

Geschlechtsorgane: deren Beziehun- gen zu dein Geruchsorgan beim Manne 205; Elephantiasis der äuße- ren 227; Hemmungsbildung der weiblichen 411; Operationen an denselben bei Prostatahyper trophie 170.

Geschlechtskrankheiten, Keroform bei 91.

Gewerbeekzem, combinirt mit syphi- litischen Papeln 354.

Glanduläre Prostatitis 282.

Glans penis, Elephantiasis der 227.

Glvcosurie: abnorme Blutfärbung bei 99; Verringerung der bei Gallen- steincolik 469: nach Somatose 408.

Gonecvstitis 600.

Perfo-

Gonokokken: deren Differenzirung durch mikroskop. Untersuchung 213; als Erreger diphtheritischer

Entzündungen der Augenbindehaut 8339; Färbung der 337; Einfluß deren Localisation auf den Verlauf der Qonorrhoe 469; im Genitalserret der Prostituirten 542, 671; Studien über 100, 338, 339, 340.

Gonorrhoe:deren Beeinflussung durch die Körpertemperatur 671; als Hei- rathshindernis 344: bei Kindern 21, 598; deren Verlauf in Abhängigkeit von der Localisation der Gono- kokken 469; innere Metastasen bei 258. 314; EE des Nerven- systems bei 352; des Rectum 152, 216, 408.

Gonorr hoebehandlung: Allgem. über 154, 155; Ersatzmittel des Argen- tum nitricum in der 213; mit Itrol

344, 602; nach Janet 152, 471; Protest gegen die moderne 472;

nit Picrinsäure 344; mit Protar-

gol 23, 342, 343, Sulbenstäbchen 603. Gonorrhoische: Allgemeiminfeetion 151; Arthropathien 151; Dysurie 673; Endocarditis 350; Epididy- mitis: Behandlungdurch Guajacol- application 214, deren Pathogenese 101; Haruröhrenstrieturen 346; Or- chitis 216; Periarthritis 351, 352; Phlebitis 675; Polyneuritis 599; Prostatitis 673; Pyehtis und Pyelo- nephritis 547; Rheumatismus 25, 102, 281, 546; Spermatoev stitis 600, 674; Secret, dessen Färbung mit Anilinfarbenmischungen 470. Guajacol bei gonorrhoischer Epidi- dymitis 214. Gummikatheter für große Prostata 255. Gynäkologie, Lehrbuch der 409.

544, 602; mit

Hämatocele, ealeifieirte 234.

Hämatom ineinerhydronephrotischen Niere 314.

Hämatoporphyrinurie 666.

Hämaturie: symptomatische Behand- lung 661; Gelatinelösungen bei vesi- ler 621: Pathogenese der 504; merkwürdige Ur sache derselben 45.

Hämoglobinurie: Fall vou 432; pa- roxvsmale 431, 560.

Hämolum hydrargvro- -jodatum bei Syphilis 357.

Hämotherapie bei Syphilis 223.

Harn: dessen Acidität 278; Albu- mosen im 209; Bacterium coli com- mune im 288; dessen Beschaffen-

heit bei Nierenkrankheiten 8378; Brom im 210: Eiweiß im 6695; Gallenfarbstoffe im 978: dessen

Geruch 336; dessen Giftigrkeit 407, 667; volumetrische Harnsäure-Be- stimmung im 97; Kohlensäure im 405; Mikroskopie schleimig. schwer absetzbaren 96; Pyramimdon im 211; Quecksilber im 466: nach Spargel- eenuß 407; Traubenzucker im 311, 539; Tuberkelbacillen im 250, 407, 594.

Harnacidität, deren Einfluß auf die Cystitiserreger 361.

Harnanalvse, Praxis der 277.

Harnapparat, dessen Veränderungen beim Hungernden 689.

Hamblase: Anatomie und Phvsiolorte der 39, 40; Wirkung von Argent. nitricum in der 697: Bruch der 685; deren Contraetibilität bei Prostatitis 681; Ectopie der 492; Entleerungder 554; deren ungenügende Entlee- rung als Ursache von Atimungs- störungen 618: totale Exstirpation der 294: Exstrophie der362; Fremidl- körper der 239, 421; in einer Ingui- nalhermie 117; Leucoplacie der 65; bullöses Oedem der bei Carcinom 238: Öperationenander: wegen Blutungen 293. bei Knaben 177; Prolaps der bei Frauen 555, Ruptur der 119, 241, 356, 494, 654; Ab- gang einer Seidenligatur durch die- selbe 556; Tuberculose der 120, 362; Uebertritt von festen Körpern und Luft aus derselben in die Nieren und in entferntere Körperorgane 174; Verletzung der: eigenartige 176, extra- und intraperitoneale dureh Pfählung 176, Ursache von Blasensteimbildung 118; Verschluß der 116, 360.

Harnblaseneervixfisteln, 178.

Harnblasen- Darmfisteln, erworbene beim Manne 180.

2 Fälle von

Harnblasen - Erkrankungen, recht- zeitige Ditferentialdiagnose durch

das Čystoscop bei 199. Harnblasenfisteln, Heilung durch di-

recte Harnblase nnaht 686. Harnblasenhernie, Fall von 240.

Harublaseninfection, Sectio hypo- gastrica bei 623, Harnblasenlähmung: diphtherische

von Incontinentia Strychninbehandlung

als Ursache urinae 175; der 366. Harnblasenmusceulatur, Untersuchun- gen über 87. Harnblasenscheidenfisteln: Heilung durch endovesicale Galvanoenute- risation 179: Operation der 421. Harnsteinbildung: um Fragmente eines Nelatonkatheters s 365; um eine Haurnadel 685: um eine versenkte Nilkwormnaht 685; infolge von Ver- letzung der Harnblase 118. Harnblasensteine: Allxemeines über 493, 620, 621; in einem evstischen Blasentumor 118; und Cystitis 42; Zertrümmerung eingewachsen. 621.

Harnblasensteinoperationen, Bericht über 100, 364.

Harnblasenstörungen bei Carcinom des Rectums und des Uterus 182.

Harnblasentumor: 2 Blasensteine in einem evstischen 118; zwei Fälle von eystoskopisch di: agnostieirt. 240.

Harnblasenwand, plastischer Ver- schluß der 421.

Harnentleerung, deren Störungen bei Kindern 363.

Harnfieber 89.

Harukrankheiten, Therapie der (Pos- ner) 591.

Harnleiden, instrumentelle Behand- lung der 536. Harnorgane: chirurgische Krank-

heiten der (Güterbock) 86; Er- krankungen der (Desnos) 87; in- fectiöse Erkrankungen der (Rov- sing) 87.

Harnretention: Allgemeines über 147; behandelt mittelst hypogastrischer Punetion und Cystodrainage 232; der Prostatiker 167; infolge von Ureterenstenose 188.

Häarnröhre: Wirkung von Argentum nitricum in der 697; neue Canüle zur Ausspülung der 193; Bildung von künstlicher bei Prostatahypertro- phie 228; Carcinom der 167; Diver- tikel der vorderen 614; Fall von Doppelbildung der 285; plastischer Ersatz der im perine: alen Abschnitte 288; Fremdkörper der 359; Neu- bildung der 495; Operationen an der bei Knaben 177; Querleiste der und Prostatitis acuta 470; deren partielle Resection bei Strictur 215; Vorfall der 359.

Harnröhrendarmfisteln 292

Härnröhrendivertikel, Coneremente um 108.

Haruröhrenfieber, Fall v. tötlichem 90.

Harnröhreninjeetionen, Technik der DÄ.

Harnröhrenstrieturen: Behandlung der 348, 349; neuer Dilatator für

104; Electrolvse bei 102. 103: go- norrhoische 346; Ben Resec- tion der Harnröhre bei 215.

Harnsäure: neue Bestimmungs-Me- thode 205; deren volumetrische Be- stimmung im Harn 97.

Harnsäurediathese, deren therapeuti- sche Behandlung 95.

Harnsäurekrystalle, „Schatten“ der 538,

Harnsecretion beim Fötus 243.

Harnsteine, experimentelle 16.

Harnstoff: Ausscheidung durch die äußere Haut 56; als Diureticum 430; und Gallenabfluß 466.

Hurntractus, 52 Fälle von infectiöser Erkrankung des 584.

Harnwege: Erkrankungen der 292; Salosantal bei Erkrankungen der 844; septische Infeetionen der 505; deren Verletzung bei Laparotomie 501; heibes Wasser bei Erkrankun- gen der 622.

Haut- und Geschlechtskrankheiten, therapeutisches Vademecum der 204.

Haut, Harnstoflausscheidung durch die 56.

Hautkrankheiten, Xeroform bei 91.

Hemiparaplegia syphilitica 676.

Hermaphroditismus: beim Menschen 404; Studium über 465.

Herpes genitalis, complicirt mit Herpes urethralis u. Urethritisherpetica 109.

Hiatus vesicae, Fall von 289.

Hoden: Adenosarcom der 419; deren Beeinflussung durch Allgemein-Er- krankungen 416; Dislocation des einen 485; Hernie der 22; Retention der 418; Teratom der 172, 234; Torsion desselben 419; Tuberculose der als Veranlassung zur Castration 420; deren Vergrößerung bei Ele- phantiasis 419.

Hodensack: Pruritus desselben 420; Teratom am 111.

Hufeisenniere, vortäuschend eine bös- artige Abdominalgeschwulst 249. Hydrocele ‚behandlung: radicale 172;

radicale unter Localanästhesie 418; mittelst Injecetionen von Sublimat- lösung 172; mittelst Umstülpung

der Tunica vaginalis 35.

Hydronephrose: bei Kindern 123; bei Leukämie 695; als Folge vonWantler- niere 434.

Hydronephrose - Behindlung: Allise- meines über 61; chirurgische 695; durch Umstülpung des Sackes 68.

Hydrotherapie bei Syphilis 33.

Hypoazoturie, klinische Bedeutung der 598.

Hyvpospadiebehandlung 108, 165, 287, 413.

Hysterische Anurie 189.

I.

Ichthvosis bei hereditärsyphilitischen Patienten 224.

Icterus im Frühstadium der Syphilis 603.

Illustrirte Rundschau dermedieinisch- chirurgischen Technik 190.

Jneisorium zur Behandlung der Ischu- rie bei Prostatahy pertrophie 256.

Incontinentia urinae: Actiologie der 116; deren Behandlung mit Rhus aromatica 493; m Folge diphthe- ritischer Blasenlähmung 175; Elec- trieität bei 863; bei Prolaps 683; und Trauma 47.

Tndieanurie beiKinderkrankheiten 59%.

Inguinalcanal, dessen Exploration 110.

Inguinaldri üsen, deren Pathologie und 'heraphie 613.

Inguinalhernie mit der Harnblase im Bruchsuck 117.

Iritis, Behandlung syphilitischer 483.

Irrig: ationsbehandlung der frischen Gonorrhoe 23.

Ischurie bei einer Hysterischen 684.

Itrol bei Gonorrhoe 344, 602.

J.

Janet'’sche Irrigationen bei Gonor- rhoebehandlung 159.

Jod, metallisches bei Syphilis 107.

Jodometrische Zucker- Bestimmung nach Lehmann 595.

Jodtheraphie der Syphilis 679.

K.

Katheter bei Erkrankungen der Pro- stata 414.

Katheterismus: Technik des 536; der Ureteren 48, 54.

Kelly -Pawlik' sche Methode der La stoskopie und des Uretenkäthe- terismus 184.

Kinder: Gonorrhoe bei denselben 598; parasvphilitische Erscheinungen bei denselben 610.

Kinderkrankheiten, 544.

Knochenmark bei phritis 495.

Indieanurie bei

Ne-

chronischer

e

Kochsalzlösungen, subeutan bei T’rä- mie 629,

Kochsalztransfusionen bei Coma dia- beticum 670.

Körperform und Lage der N

L.

Erfahrungen mit 943.

Leber: evstise he’ Degeneration der bei einem Kinde 122: deren Er- krankungen und Diabetes mellitus 19; deren Veränderungen bel Nypi- lis congenitalis 611.

Leberkranke, Me thylenblauproben bei denselben 426.

Lehmann'sche jedometr bestimmung 595.

Leucoplacia vesieae 69.

Lipome des Ssunenstranges 420,

Lithiasis. Wasser statt alkalischer Quellen bei 431.

Lirhopl: ıxien, Casuistik der 44.

Lithotritie bei Frauen 620.

M.

Marendarmeanal, dessen Verände- rungen bei Syphilis congenitalis61 1.

Malaria: Diazoreaction bei 467: hä- morrhagische Nephritis bei 627; als Ursache von Nephritis 428.

Massage des Unterleibs als harntrei- bendes Mittel 565.

Mastedarın, syphilitische Strieturen im 678.

Meningitis syphililica, Rückenmarks- erweichung bei 609.

Metastasen bei Gonorrhoe des Mannes 258.

Methylenblan: bei Diabetes mellitus 100: als Probe bei Leberkranken 426; Durchlässigkeit der Nieren für 627: dessen Umwandlung in Me- —B meiweib 303.

Mikroskopie schleimiger, schwer ab- setzbarer Harne 96.

Mißbildungen, hereditär-syphilitische 479.

Morbus Brightii, Behandlung des 557, DON.

Musculus sphincter internus vesicae, Untersuchungen über den 173. Myxödem, complieirt mit Albumosurie

336.

ieren 625.

Largin,

Zucker-

N.

Naftalan in der dermatologisch-syphi- lilologischen Praxis 537.

Nasenschleimhaut, syplülitischer Pri- märafleet an der 105.

Nebenhoden: accessorische nieren im Bereich der 440; sche Tumoren der 159.

Nebennieren: Absceß der 439; accees- sorische: im Ligam. latum 312, im Bereich der Nebenhoden 440; Blutung der 503; eitrige Entzün- dung der 696; Folgen der einseiti- gen "Exstirpation der 125; Hyper- trophie der 503; im Ligam. suspen- sor. ovarii H0; Syphilis der 677; Tumoren der 632.

Nebenmierenextract: dessen Einfluß auf die Bluteireulation 310: dessen physiologische Wirkung 502.

Nephrectomie: bei Pyelonephritis suppurativa 59; und Schwanger- schaft 254; in Folge von Strictur des Ureters und Tuberculose der Niere 253.

Nephritis: Blutbeschaffenheit bei 371; chronieca und Herzthrombose 500; nach Erkältung 244; haemorrha- gica: Behandlung der 369, im An- schluß an Malarıa 697; Interstitialis acuta 428; in Folge von Malaria 428; obstructive 303: Organothera- pie bei infantiler 629; parenchy- matosa chronica mit langem und günstigem Verlauf 428.

Nephrolithiasis, Nephrotomie bei dop- pelseitiger 434.

Nephrolithotomie: doppelseitige 434; Nierenblutung nach 500.

Nephropexie bei beweglicher Niere 694.

Nephrorhaphie während der Schwan- werschaft 63,

Nephrotomie: Beitrag zur Frage der 352; doppelseitige 502; bei doppel- seitiger Nephrolithiasis 434; bei Uro-Hämatonephrose 373, 374.

Nephro-Ureterectomie 124.

Nervensystem, dessen Erkrankungen bei Gonorrhoe 352.

Neuralgien des Ductus spermaticus 36.

Neurosen, deren Beziehungen zu eini- gen Localerkrankungen 592.

Nieren: Bau der 688; deren Beein- tlussung durch subeutan injieirte

Neben- lueti-

Peptone und Albumosen 304; be- wegliche 629, 694; Blutungen: aus anatomisch unveränderten 432

Diagnose der 433; nach Nephro- lithotomie 500: Careinom der 64, 122, 254, 438; "Chirurgie der 231. 435; Degeneration: eystische bei einem Kinde 192, nach Verschluß des Rectum 248; vollkommene Doppelbildung der 54; Durchlässisr- keit der 121, 627; Echinococcus der 439, 63l; Exstirpation der 308; Hä- matom in einer hy dronephrotischen 374; Beziehungen zwischen deren Lage und Körperform 625; embrvo-

nale Muskelgeschwulst der 437; deren Erkrankungen bei Obsti-

Pitio 305; 153 Operationen an den 259; deren Permeabilität 243, 303, 360, 426, 629; Rliabdomvo- Sarcom der 438; Sarcom der 437; Syphilis der 676; congenitale Verlagerung der 249, 302, 374, 566; deren Ver- letzung durch Geschoss 375; sub- eutane Zerquetschung der durch Pferdehufschlag 8309; subcutane Zerreibungen der 310.

Nierenbecken, Zottengeschwulst im 186.

Nierenkrankheiten: chronisehe 538; rechtzeitige DiHferentialdiagnose durch das Cystoskop 199: Dia-

gnostik und operative Behand- lung 249; Fettgehalt des Blutes

bei 57: Harnbeschatfenheit bei 372; Krankheiten der: maligne 438; deren Behandlung im Verlauf der Schwangersehatt 429: Wasser statt alkaliseher Quellen bei infectiöser 431.

Nier enpathologie, Beiträge zu der 504.

Nierenstein: entdeckt durch X-Strah- len 307; drei Fälle von 307; fest- gestellt dureh die Probenadel 307; Tubereulose vortäuschend 566.

Nierentubereulose: ascendirende 597; geheilt durch totale, fibröse Trans- formation 567.

Nosophen bei Harn- und Geschlechts- krankheiten 592.

©.

Obstipation: Albinninnrie und Harn- eylinder bei 625; Nierenerkrankun- gen bei 300.

Oligophosphaturie 667.

Operations - Oystoskop, Leopold Casper 137.

Opium bei M. Brightii 559.

Orchitis, gonorrhoische 216.

Örganotherapie bei infantiler Nephri- tis 629.

Oriticium externum urethrae, Veren- gerung des 358.

Orthoform, über das 291.

Ovarien, tertiäre Syphilis der 549.

neues von

P.

Pancreas und Diabetes mellitus 20.

Parachlorphenol bei vener. Krank- heiten 297.

Paraldehyd bei Diabetes insipid. 541.

Paralyse, progressive als einziges Symptom hereditärer Syphilis IC

Paranephritischer AbsceB mit Perfo- ration in’s Duodenum 255.

Parasyphilifische Erscheinungen im Kindesalter 610.

Pars bulbosa urethrae, Ruptur der bei einem rittlings erfolgten Fall 166.

Penis: congenitales Fehlen des 227; Hemmungsbildung am bei einem 3V/,monatlichen Knaben 413; an- geborene Verwachsung des 551.

Peptone, deren Bestimmung im Harn 406.

Pericarditis: bei einem Brightiker 497; gonorrhoica 351, 352.

Perinephritische Abscesse,derenspon- taner Durchbruch 632.

Periostitis syphilitica 224, 676.

Pessar-Urmal 376.

Pllastersuspensionsbinde, elastische als Suspensoriumersatz 126.

Phlebitis: gonorrhoica 675; gichtische am Scrotum 359.

Phosphaturie, Definition des Wortes 211.

Phosphorwolframsänre zur Pepton- bestimmung im Harn 401.

Pierinsäure bei Gonorrhoe 344.

Placenta, Syphilis der 610.

Pollakiuria urica 235.

Polvneuritis, gonorrhoische 599.

Präputium: Dermoideyste am 164; subeutane Fibrome am 297; Talg- drüseneyste am 164.

10

Prostata: Fall von multiplen Steinen in der 415: Totalexstirpation der 11D.

Prostataerkrankungen: Katheter bei 414: zur Klinik der 114.

Prostatahvpertrophie: Cvstoskopie bei 232; Bildung von künstlicher Harn- röhre bei 228: bei einem Jünglin« 228: Operationen an den Sexual- organen bei 170, 414: und Prostata- neubildungen 490; senile 233.

Prostatahypertrophie-Behandl.: nach Bottini 229, 490, 634: mittelst Cystotomia suprapubica 616; neuere 36; mit Prostata- und Samenblasen- substanz 491; radicale 169, 171, 553, 615; mittelst doppelseitiger Reseetion des Vas deferens 113.

Prostataineisor von Bottini und Freudenberg 414.

Prostatasubstanz gegen hypertrophie 491.

Prostatiker: Chirurgische Eingriffe bei denselben 112, 289; pseudomempbra- nöse Cystitis bei einem 290; chirur- gische Behandlung der Harnreten- tion bei denselben 167.

Prostatitis: acuta und Querleiste der Harnröhre 470; Bacteriologie der 341; glanduläre 282, 673; Puls- spannung und Bh wencontractilität bei 681.

Prostatomegalie 233.

Prostituirte, Wert des Gonokokken- nachweises bei denselben 542, 671.

Protargol: bei Gonorrhoe 23, 342, 343, DH, 602; Untersuchungen über 24, 129.

Pruritus des Hodensackes, Behand- lung des 420.

Pseudohermaphroditismus 275, 276, 660.

Pseudomembranöse Cystitis bei einem Prostatiker 290.

Purpura mercurialis 483.

Pvelitis: bei Abdominaltyphus 242 Behandlung der 301; Diagnose T 562; und Py elonephritis 547.

Pvelonephritis: einseitige beim Rind- vieh 248; suppurativa, drei Fälle von erfolgreicher Nephreetomie bei 59.

Pyonephrosis: Allgemeines über 374; und Hvdronephrose 6l; Fall von erfolgreich operirter 24.

Pyramidon, dessen Nachweis im Harn 211.

Prostata-

Q.

im Harn 466; salicyl- intramusculären Injec-

Quecksilber: saures zu tionen 481.

Quecksilberbehandlung der Syphilis, deren Nebenwirkungen 679.

Quecksilbersalben: Anwendung der 107; Wirkung der verschiedenen 30.

R.

Rectalgonorrhoe 152, 216, 408.

Retinitis albuminurica: Lebensdauer der Patienten mit 58; Rückbildung von 9.

Retroejaculationen des Samens, deren Beziehung zu den nächtlichen Epi- lepsieattaken 614.

Rhabdomyo-Sarcoma der Niere 438.

Rheumatismus, gonorrhoischer 102, 281, 540.

Rhus aromatica bei urinae 493.

Rückenmarkserweichung bei Menin- gitis syphilitica 605.

Rupia syphilitica und recidivirende Sclerose 354.

Incontinentia

S,

Salieylsäure, diuretische Wirkung der SLL

Salosantal bei Krankheiten der Harn- were 344.

Salbenstäbehen bei chronischer Go- norrhoe 602.

Samen: Beziehung zwischen Retro- ejaculation desselben zu den nächt- lichen Epilepsieattaken 614; in ver- dächtigen Flecken 489.

Samenblasenentzündung: Allzemeines über 681; pseudomembranöse durch Bacterium coli 112.

Samenblasensubstanz gegen Prostata- hypertrophie 491.

Samencyste 234.

Samenstrang: Lipome am 420; lucti- sche Tumoren im 159.

Sarcom der Niere 43%.

Sattelnase, hereditärsyphilitische 479.

„Schatten“ d. Harnsäure-Krystalle538.

Schw angerschaft: Nephroraphie wäh-

rend der63; Behandlung von Nieren-

krankheiten im Verlaufe von 429.

11

Sclerose, recidivirende syphilitica 354.

Selerosenreste und ihre Beziehungen zu Syphilisreeidiven 220.

Scrotum: gichtische Phlebitis am 359; angeborene Verwachsung des 5öl.

Sectio alta, Technik der 685.

Serotherapie bei Syphilis 223.

Smegmabacillus 413.

Somatose: als Ursache von @lykosurie 405; bei Syphilis 32.

Spargel, Harngeruch nach Genuß von 407.

Speichelfluß bei Urämie 429

Sperinatoceystitis gonorrhoica 600, 674.

Spermatogenese, deren Bee influssung durch Allgemeinerkrankungen 416.

Steinkranklieit, Lehre von der 175.

Sublimatinjeetionen: bei Behandlung von Hydrocele 172; bei gonorrhoi- sehem Rheumatismus 25; intra- museuläre bei Syphilis 612.

Suspensoriumersatz durch die elasti- sche Pflastersuspensionsbinde 126.

Symphyse, Aufnahme von Röntgen- photoggrammen derselben durch die Vagina 587.

Symposthion 358.

Syphilid: mit wenig characteristischen Erscheinungen 605; spiites erythe- matöses 157; hypertrophisches 284; lichenartiges 283; pixmentäres 355; tubereulöses an Impfstellen 549.

Syphilis: Alter der 216; Atlas der 217; der Augen 609; zur Austilgung der 161; gle ichzeitiges Auftreten des eondvlomatösen und gummösen Stadiums 475; eongenitalis, Ver- halten der Leber und des Magen- darmeanals bei 611; Ditferenrial- diagnostik der 477; Erythema exsu- dativam multiforme bei 605; -Epi- demie in einer Familie 607; gravis bei Aerzten 472: als Heilmittel 106; hereditaria: Colles’sches Gesetz und choc en retour bei 28, Ichthy- osis bei 224, Incontinentia urmae bei 224, Mibbildung bei 284, 479, Erkrankung des N. opticus bei 284, progressive Paralyse als einziges Zeichen der 478, Sattelnase bei 419, Spätform von 285, mit ungewöhnl. Symptomen 550, tarda 157, 355; histologische Untersuchungen im Primärst: dium der 218; Icterus im Frühstadium der 608; extragenitale

und Rupia

Infeetion an 105; Infeetiosität deren tertiärer Produkte 26: latente 105, 675; maligna: ohne Adenopathie 604, mit geringer Adenopathie bei

einer Schwangeren 604, Allge- meines über 475, Verhalten der

Drüsen bei 604, Präcisirung der- selben 27; chinesisches Manuseript über 25; der Nebenniere 677; Ver- änderungen der Nervenganglien des Herzens bei 675; der Niere 676;

Pathologie der 217: der Placı mta 610; seltener Primäraffeet 412:

Prophylaxe der 34} recidivirte 158; Somatose bei 32; spinale 549; KEE der Ovarien 549, der Scheide 356; deren Uebertragung auf die II. Generation 225, "480: des Uterus 284; Virus der 105.

Syphilisbe handlung: Allgemeines über die 159, 222, 482: mit Ol. cinereum 223: in den Findelhäusern 485: mit Haemolum hydrargvrojodatum 357; mittelst Hydrotherapie 33, 223; mittelst Jodtherapie 107. 679; Be- ginnpunkt der mercurialen 29; neuere 412: operative34: mit Queck- silber 484, 679: mit Serum 161, 223, 483; mit intramusculären Su- blimat-Injectionen 612.

Syphilisrecidive und Selerosenreste 220.

Syphilitiker, Blutveränderungen bei denselben unter Mereurialbehand- lung 550.

Syphilitische: Perforationdes@aunien- segels 158; Gastritis 677; Hemi- paraplegie 676; Iritis 483: Mast- darm - Strieturen 678; Meningitis, Rtückenmarkserweichung bei 605; durch Krätze hervorgerufene Misch- eruption 221; Papeln neben Ge- werbeekzem 854; Periostitis 224, 676:Rückenmarkerscheimungen 479.

SyphilitischerPPrimäraffeet: derAuge n- lider 156; dessen seltene Localisation 105; an der Vaginalportion 220.

T.

Talgdrüsenceyste am Präputium 164.

Tannopin, therapeutische Verwen- dung des 622.

Technische Verbesserungen 395.

Teratom: des Hodens 172, 234; Hodensackes 111.

des

Tetanus, Harngiftigkeit beim 407. Therapeutisches Vademeeum d. Hant- und Geschlechtskrankheiten 204.

Thvreoidin und Impotenz 360.

Transitorische Albuminurie, Prognose der 188.

Traubenzucker, dessen Nachweis im Harn 211, 539.

Trauma und Incontinentia vesicae 47.

Tuberkelbacillen im Harn 250, 407, 594.

Tuberculose: der Harnblase, behandelt mit Cystotomia suprapubica und Curettage 120; der Hoden als Ver- anlassung zur Castration 420: deren Ueberimpfung bei der rituellen Cir- cumeision 165.

Tyson’sche Drüsen 286.

beim Menschen

U.

Uleus molle: dessen Unüberträgrbar- keit auf Tiere 613: Xeroform bei 486. |

Urachus, Otfenbleiben des 660.

Uri ` Aderlaßb mit nachfolgenden Kochsalzinfusionen bei 248; Blut- beschaffenheit bei 371: Forschung der 121. 377. 411; intravenöse In- fusion bei 639: Kochsalzinjeetionen bei 629: Speicheltlub bei 429.

Urämische Darmgeschwüre 496.

Urämischer Anfall, eingeleitet durch Aphasie 246.

Ureter, Fall von congenitalem Klap- venverschluß desselben 285; Stein m 423; Zottengeschwulst der 186.

Ureteren: Ectomie der 124; sack- förmige Erweiterung deren Blasen- enden 298; Katheterismus der 152, IS4, 2096: Obstruction der durch Tumor 301: Stenose der als Ursache von Härnretention 186; seltener Verlauf der 657; Verletzungen der 423, 687.

Ureterftistel, spontane Heilung einer 185. Ureteritis: eystica 561; membranacea

422, Ureterkatheterismus und Cystoscopie 36T. Ureterolithotomie , 187, 367. Ureterstein, spontane Entleerung 368. Urethreetomie und Ur “lhröolomie 350.

retroperitoneale

Se DEE en

Urethritis: Bacteriologie der 341; cehronica: glandularis 547, gonor- rhoische 150; herpetica bei Herpes genitalis 109; ; Injectionsbehandlung der 344.

Urethrotomie: externe 350; neues Instrument für die externe 349; und Urethrectomien 110, 350.

Urogenitalapparat: Mißbildung am 659; Nosophen und Antinosin bei Erkr ankungen des 592; Wechsel- beziehungen zu den anderen Organ- systemen 523, 569.

Urohäınatone hrose, behandelt durch Nephrotomıe 373, 374.

Urohäimatoporphyrin, über das 206.

Urolithiasis, therapeutische Behand- lung der 95.

Urologen- -Congreß, II. französischer zu Pari is 7, 77.

Urologisches vom nordischen chirur- gischen Verein 26.

Urotropin: experimentelle u. klinische Beobachtungen über 1; therap. Er- fahrungen über 45.

Uterus, Syphilis des 284.

V.

Vaginalportion, syphilitischer Primär- atfeet an der 220.

Varicocele, Behandlung der 552.

Vas deferens: Chirurgie des bei Urin- atřectionen 232; Evulsion des bei Castration 234; dessen Permeabi- lität nach seiner Resection und Naht

420; dessen doppelseitige Besection

bei Prostatahypertrophie 113; End-

resultat der Vereinigung des 419. Venerisehe Erkrankungen: Parachlor-

phenol bei 227; deren Statistik und

Prophylaxe 92; Xeroform bei 226. Virus der Syphilis 105.

Vulva, Verletzung der 488.

W.

Wanderniere: Allgemeines über 63, 305, 498; und Appendicitis 692; Exstirpation einer tuberculösen 499; als Ursache von Hydronephrose 431.

Wasser: heißes bei Behandlung von Krankheiten der Harnwege 022; statt alkalischer Quellen bei Lithiasis und infeetiösen Nierenkrankheiten 431.

A.

Xeroform: bei Haut- und Geschlechts- krankheiten 91; bei Ulceus molle 486; bei venerischen Erkrankungen 226.

2.

Zottengeschwulst des Nierenbeckens und des Ureters 186.

Zucker:diuretische Eigenschaften des- selben 564; dessen jodometrische Bestimmung nach Lehmann 595; quantitative Bestimmung 97.

* bedeutet nur citirten Autor.

*Ahelous 125.

Abutkow 671.

Achard *243, #427, 564.

Addinsell 489.

*Addison 632.

Adenot 375.

Agrikow 810.

Alapy 177.

Albarran 7, 9, 10, 11, *61, 78, 85, #208, 292, #367, *427, 433, 490, *509, *520, 567, 620, *656.

Alberti 421.

Albertin 306.

Alexander 415, #613.

Allard 599.

Allen 22.

Allıson 695.

* Almenar 481.

Alpers 666.

Alsberg 176.

Anderson 554.

Andrewes 508.

Apert 566.

Aprinni 419.

Ardin-Delteil 676.

Arnheim, Alfred 608.

Arning 3383.

Ashmed 25.

Assmuth 554.

* Atkinson 428.

Audebert 610.

Audry 110, 350.

D’Aulnav 105.

Aurard 403.

Ayres 681.

Bacaloglu 438. Bechtold 624. Badano 502.

Namen-Register.

Baer *101, 152, *408, #409, #580.

Baginsky 18, 55.

Balvay 290.

*Balzer 214.

Bandler 680,

Bandorf 166.

Bang 209.

Bangs 414.

Bar 284, *284, 627.

Barbe 158.

Bard 121. #244.

Barjon 303, #426, #427,

Barlow 23, *130, #121.

*Barreswill 359, 443.

*Bartels 882, 387.

Barthélemy #157, *475.

*Batko 279

Battle 307, #362.

Baudoin 224.

"Baumann 149, 209.

Baumgarten 215.

*Bavlac 244.

Bazv *10, 171, #232, 359.

Becher, Wolf 635.

Beck, Carl 165

Beck, Gustav 190.

Begouin 79.

Behägel 344.

Behrend #132, 327, 330, 3:31, 342, #542.

Benario 24, #131, #132, #342.

Benjamin, Richard 59.

Bender 331, 400.

Benoit 301.

Berard 124.

Berg 116.

Bernard 80, #443.

223,

Die Zahlen deuten die Seiten an.

Bernoud 64.

*Bertillon 597.

*Besnier 158.

*Bestana 407.

Beurnier 420.

Bevlot 150.

*Bickerton 370.

*Biedert 594.

Bielka 187.

*Bigelow 45.

*Blanqguingue 180.

Blaschko 330, *709.

Bloch #134, 172, 273, 342, 472.

*Blumenthal 407.

* Blumer 317.

*Boas 63I.

*Bobrof? 49.

Boeckel 8.

Böhm 59%.

Boisseau du Rocher 307.

Boleslaw 613.

*Bolters 481.

*Bombin 197.

*Bordoni-Ullreducei 861.

*Borelius 270, 271, *5036.

* Bornemann 205.

*Borst 315, 316.

Bosio 24x.

Boston 344.

*Bottini 169, 229, 591, 638, 642, 647, 648.

Bouchacourt 597.

*Bouchard 387, 619.

*Bouloumier 367.

Boursier 79, 80.

Bouvevron 107.

*Bozeman 61.

Bradshaw 278, 279.

*Brandes 223, 313.

Brandis 472. *Brandt 631. *Braun 617. Braslawskı 675. Braun von Fernwald 185. Bremer *99, 280. *Brenner 367. van Brero 551. *Brisht 381, 383, 389, 392. *Brik 66, 67. Brinaud 83. Brissaud 549. *Broco 217, 234. *Brocq 158. *Bröse 132. Brousse 676. Bruni 199. Bruner 871. *Bryson 637. Zu Buc 367. *Buchner 81. *Budge 579, 581. Büret 480. *Buhl 443. *Burcı 261. *Buttler 102, 349.

*Cabot 66.

Cadéac 248.

Capriati 363.

Carles 407.

Carlier 9, 10, 13, 77, 78,80. Carter 244.

Casciani 667.

Casper, Leopold 1, 48, 137, 402, 573, 697. *Casper, Leopold 50, 5l,

54, 73, 74, 76, 183, 185, 207, 203, 229, 253, 296, 297, 367, 520, 521, 621, 622, 642, 668. Caspary 675. Cassaet 150. Castaigne #243, 426. Du Castel 158, 216, 227, 283. Cautru 565. Chadbourne 596. *Charlton 636. Chairman 280. *Chalot 194, 296. *Champneys 179. *Chantemesse 16. *Charrier 320. Charrin 426.

15

Chaschtschinski 227.

Chauffard *324, 426.

Chavannaz 83, 180, 292.

Cheron 484.

Cherot 660.

Chevalier 8, 13, 79.

Chevassu 234.

Cheyne 34.

Chotgen 217.

*Christison 889, 392.

Cima 431, 467.

Citron 73.

Claisse 151.

Clark *229, 276.

*Classen 214.

Clerissetti 34.

Clevason 172.

Clowes 541.

Cnopf 598.

Coelho 59.

Cohn 45, *73, #74, 154, 341, *622.

Concetti, Luigi 594, 629.

*Cohnheim 388.

*Colasantı 446.

Colclough 113.

Collan 101.

*Colombini 251, 324.

*Comhaire 383, 389.

Commandeur 285.

Comte 234, 239.

*Conheim 708.

Cook 205.

*Coppez 339.

Cordes 416.

Corillon 150.

Cottet 567.

Cotton 22.

*Coulies 570.

Councilman #266, 428.

Cottwell 120.

Courmont 407, 439.

*Courten 378.

Coutts 225.

Cragin 374.

*v. Crippa 829.

Cookie 186.

*Czerny 229, 637.

Danlos 158. *Dauber 315, 316. Davies 307. *Delamotte 255. Delbet 285, 502. Delefosse 620. Delore 35, 228, 489.

*Delorme 376. Demelin 659. Denecke 500.

Le Dentu *60, 419, *376. Desnos 11, 13, 14, 84, 85, 87, *173, *313, 544.

Deutsch 281, 858. *Deutschmann 262. *Dickinson 558, 667. *Diday 543. *Dieflenbach 378. Dieulafoy 677. *Dittel 66, 67, 214, 234, 350. Djakonow 251. Dobrovits 21. Dohrowolsky 563. Dömeny 286. *Dolbeau 108. Domino 36. Doutrelepont 330, *481. Dowd 547. *Doyen 16. Dreyer 129, 326, 333. Dreyfuss 369. Drobny 469. Dubrandy 232. *Dubuc 604. Duchastelet 85. *Duckworth 558. *"Dufaux 134. *Dufonr 320, 321, 322. Dujarier 294, 556. *Dumas 383, 389. Dundore 592. *Duplay 108. Duret 79.

*Ebstein 16, 95, 538.

Eckert 242.

Edebohls 255, #631, 692,

*Edinger 132.

*Edwards 864.

*Ehrlich 668.

Ehrmann 159, 220, 354.

*Eichengrün 129, 130.

Eichner 99.

Einhorn 629.

*Eisenlohr 319.

*Embden 149, 209.

Emery 227, *263, 281, "283, 351, 475, 604.

*Engel-Reimers 320.

Englisch 86, 175, 298, 552.

Mc Enroe 558.

Eraud 80, *101.

von Erlach 365.

Estay 100.

Etienne 478.

Eurich 438.

*Ewald 296, 405.

*Mac Ewan 635, 637, 638, 639.

Ewart 557.

*Fabry 258.

Federer 400.

v. Fedorotf 48.

*Fehling 595, 596.

*Feleki 267, 600.

*Feltz 8379, 380, 445.

Fenger-Just 184.

Fenwick 54, *203, *253. 367, *563.

Finger 356, 673.

*Finger 258, 259, 261, 262, 265, 268, 316, 318, 324, 401, 569.

*Firet 267.

Fischer 413, 482, “581.

Fitz 336.

*Fleischer 382, 390, 442, 607.

Flensburg 188.

*Florence 459.

Fölkel 99.

*Forchheimer 428.

Forlanini 121.

*Le Fort 103.

*Fouquet 217.

Fournier 157, *158, *224, sun, #207, #281, *319. 355, 472, #480, 483, 549, *570, 602. |

Fränkel339.-419, 426,7599.

Frank 45, *102, *132, *136, 329, 332. |

*Frankl-Hochwart 360.

Fredet 434.

*Frerichs 379, 385, 391, 392, 441, 442, 4-45.

*Freudenberg 229, 642, 643, 647, 655.

Freyberger 493.

Freyer 118, *362, 364.

Friedrich 92.

Fripp 307.

Frisch 256, *408, *659.

*Fritsch 254.

Froelich 211.

Froussard 659.

Fuchs 632, 674.

230,

16

Füht 423.

*Fürbringer 434.

*Piirst 134.

*Fürstenheim 599. Fuller #229, 232.

Funk 339.

le Fur 109. Fuster 503.

Futeher 149. Futran 450.

*ž*@abbet 594. Gabryeewski 420.

Gaertner 312.

Galewski 328. *Galippe 16. Gallois 443.

Gagzow lob. Gardner 93.

*ltaspard 378.

Gastou 224, 60%.

*(sauraimeourt 692.

Gavet 63.

Gemy 355.

Genonville 681.

Gerbert 673.

*(terhardt 57, 545.

Gerota 40.

Gerson 126.

žGescheidlen 447.

*lıhıka 324.

Ghon 316, 318, #261, #262, 2365, #908,

Giarier 683.

Gilbert #59, 469.

Gillet 629.

žGliser 265.

Glantenax 227,

Glax 245.

#Gléenard 629, 630.

(Gluck 605.

Gluzinski 15, #279.

281, 283.

Goldberg ¥214, 346, 470,

*570. roldenberg 155. Goldenhorn 632. Golding-Bird 415.

=Gollinann 207.

*Goledschnidt 174, 175 231.

Gottheil 607.

Gottheiner 377, 441.

Gottschalk 440.

7

*Goulev 640.

Gowan 103.

* (ram 213.

Graubner 504

Grawitz 496.

Gredineer 685.

Greene 670.

Gritton 1064, 216.

Gross 338.

Grossglik 432.

*ırosz 102.

*Grünféeld 202. 203.

*Gndendag 224.

žGueliot 600.

Gucpin 233. 852, 366.

Güterbock 86.

Guiard 9,80, 82.128, #195, *655.

Guisx 189, 684.

Guiteras 238.

Krull 322.

Gumprecht 551.

Guvon 7, 42.

*Usuvon 199, 200, 201.215. 360, 366, 427, 433, 508, 525, 520, 537, 543, 571, 600, 610, 620. 621, 624, 6:33.

*Habel 367.

Hähnle 58.

*Hahn 631.

Halle *66, 151, 292, *509, *510. *624.

Hallopeau 550.

*Hamernik 443.

Hamilton 614.

* Hammond 443.

Hamonic 14.

Hand 44, 147, 239, 490.

Harris 206, 227.

Harrison 232, 347.

Hartmann °59, 83.

Harttung 328.

*Haskovee 17.

Haury 355.

*Haushalter 263, 267, 320.

Havas 331.

*"Havem 320.

* lecker 408.

*Hetelmann 97.

Hexvele 176.

*Heidenhain 447.

Heiman 100, 339.

Heiner 414.

Helferich 169.

*Henle 441.

Henry 16.

D’Herbeeourt 429,

490,

Herczel 685. Heresco 621. *Herxheimer 30, 9. *Heubner 670. *Heydenreich 234. *Hilbert 323.

Hildes 612.

Hillier 117. Hinshelwood 59. Hirschberg 411. Hochsinger 28.

*von Hoeck 260, 262. Hoelscher 182. Hofmann 498. Hofmokl 293.

Hogge 82, 84, *585. Holländer 48, *306. Holmes, Bernhard 632. *Hoppe 510.

Horay 365. Koster i 9. Horwitz *261, 484. Hotchkis 666, Hottinger 358, 376. Howland 102.

Huber 408, *631. *Huchard 121. *Hugouneng 101.

*Ihl 211.

Imbert 296.

Inguianni 349, 419, 420. *Israel 86, 254.

*Jaboulay 35, 234, 254.

Jacobi 105.

*Jacoby 267.

Jackson 104, *370.

Jacquet 676.

Jadassohn *27, *258, *262, 330, 401.

Jahnel 56.

Jakowlew 161.

*Jaksch 57.

Janet 82, 84, 85, *195, *471.

Janowski 503, 696.

* Jaquet 324.

*Jervell 269, 270, 271.

Johnson 553.

Jolles 210, 211, 278.

Jolly 438.

"Jones 278, 370.

*Jonnesco 696.

Jordan 857.

Joseph 330.

*193,

= 17 =

Jottkowitz 47.

Judell 267.

Juler 609.

Jullien 77, *153, 223, *408, *680.

*Kämmerer 260. Kahane 352. *Karthalas 407. Katzenstein 610. Kaufmann 342. Kedrowski 617. Keersmaecker 150, 614. Keith 488.

Keller 305.

*Kelly 185, 520, 521. *Kelsey 637. *Keppler 631. *Kiefer 195. *Kirmisson 173. Kissel 224.

*Kjeldahl 56. Klemperer *95, *430, 434. Klien 178.

Klotz 679.

*Knaak 136.

*Kobert 708.

Kobler 305, 628. Kohlhardt 186. Kolischer 179. *Kollmann 538. Konstantinow 690. Kopp 330. Kopytowski 671. Kornfeld 114, 543. Korsunski 489. Koslowskı 111. *Kossel 95.

Kramer 369.

*Kraske 678.

Kraus 85, 235. Krauss 338. *Kretschy 597. *Krösing 333. Krokiewiez 206, *279. Kromayer 161, 330, 344. *Kruse 445, 447. Krutowskı 475. *Krysinski 706. Krzystatowitz 155. *Kühne 445.

*Külz 669.

Kümmel *229, 413. Kutner *51, 363, 536, *630. Kutz 275.

Kuznitzky 332, 335.

Laccetti 365. *Lacour 214. Laidlaw 211, 666. Lalande 412. Lambkin 222. Lammers 418. *Lancerau 217. *Lancereaux 613. *Landau 434, 631. Landouzy *475, 604. Lang 349. *Langzlois 125. *Langton 418. Lannois *10, *14, 17. Lanz 470. *Lapruche 217. *Laquer 9. *Larrey 581. Lassar-Cohn 277. *Lauenstein 235. *Lawrowski 242. *Lebbin 2, 3. Ledermann *31, 204. Leduc 597. Legendre 359. *Legler 76. Legrain 479. "Lehmann 595, 596. Leistikow 420, *Lejars 113. *Lenhartz 317. Lenhoft, Rudolf 625. *Lennander 270. Lenne 18, 19. Lenz 214. Lepine *99, *100, 243, 372, 597. Legueu 12, 78, 79, 84, 122, *632. Lesser 333, *482. Levy 25, 332. Lewin 174, *231, *238, *508, *589, *708. Lewis *631, 694. Lewkowicz 439. *Leyden 315, 820, 322. *Liebenow 65. *Lindemann 260, *Lindner 630. Lindstroem 550. Link 108, 309. Linossier 303, *427. *Linoyer 426. *Liscıa 254. *Litten 324, 626. Littlewood 366.

Lintwarew 468.

Lochte 542.

Lockwood 110, 118.

*Löbisch 2, 46, 73, 74.

*Löfller 339.

*Löwenhardt 423.

*Löwensohn 65.

Lohnstein, H. 65, *343, *367, 395, *596, 633.

Lohnstein, Th. 539.

Loir 597.

Lop 675.

*Lore 339.

*Lossen 446.

Loumeau 13, 14, 77, 84.

Lovrich 167.

Lowson 555.

Loyson 374.

Loze 352.

*Lubarsch 417.

*Lucas 262.

Ludwig *365, 487.

*Lundsgaard 270.

*Lustgarten 341, 613.

*Lydston 637.

*Lyonnet 99.

*Lyonnier 100.

*Lyons 406.

Macaigne *267, 419, 567.

Mackenzie 205.

Me Mahon 106.

Maidlow 808.

*Mainzer 367.

*Makower 361.

Malherbe 84.

*Mallez 102.

Mankiewicz 331.

*Marchand 389, 565.

Marckwald 561.

Marer 430.

Marey 546.

Mariachess 83.

Marpmann 212.

Martin *313, 366, 374, 440, 560.

*de la Martinière 260.

*Marinesco 319.

*Marty 313.

Massy 541.

Matzenauer 412.

Mauclaire 79.

*Maurel 510.

Meige 599.

*Mcisels 95.

*Meissuer 444, 447.

ig

Melchior *89, 269, *510, 584.

*Mendelsohn 95, 622.

Menu 407, 627.

Mercier 467, 627.

Merkel 63.

Messaglia 34.

Metall 32, 226.

Metzger 680.

Mever 229, *232,+253,312, *40, 612.

*Michaelis 316.

Michallow 255.

Michel 86.

Milian 160, 365.

Miller 172, 413.

Millitzer 333.

*Minkowski 668, 669.

Mitchell 684.

Monin 336.

Monteux 675.

*Moore 371.

*Morin 405.

*Moritz 95, 539.

Morris 124, *562, 563.

Morot 248.

Morton 437, *639, 648.

Mosse, M. 508.

Motz 10, 11, 13, 14, *656.

Moullin 89, 362, 510, 511, #537.

Mrha 288.

Müller 30, 332.

Müllerheim 302.

Münchheimer 105.

*Multanowskı 5092.

Mundortl 547.

*Munk 386, 387, 388, 389.

*Mac Munn 206.

Alunter 33.

Murray 222.

292,

*Naegeli 592.

Mamiack 248.

Nathan 238,

Neisser 3926,

*Neisser 23, 27, 64, 130, 154, 156, 201, 262, 266, 3.46, 542, 543, 602.

Nelaton 421.

Neuberger 329, *680.

Neugebauer 465.

Neumann 29, 220, *675, *708.

*Nessler 445.

Newman *102, 249, 349, 661.

Nevsser 332.

Nichols 405.

*Nicolaier 16, 45, 46, 73, 622.

Nicolich 14, 83, 84.

Niessen 213.

*Nimier 554.

*Niss] 468.

*Nitze 9, 54, 151, 185, 202, 203, 229, 367, 402, 415, 434, 520.

Noble *264, *267, 495.

*Noffke 603.

Noguès 81, 112, 291, 544, 615, 622,

*Nolen 252.

*v. Noorden 57, 95.

Nove-Josseraud 287, 289.

*van Nuys 408.

*Nysten 383.

*Oberländer 547.

v. Oefele 20.

Oertel 390, *447. Orttinger 479. *Ogden 209.

*Ogilvie 480.

Oliver 249, 670. *Olshausen 306. *Oppenheim 580, 607. *Oppler 444, 445, 447. *Oppolzer 385. Oraison 491. *O)sborne 385.

*Otis 178.

Owen 123, 289. Ozenne 549.

Palleroni 63. *Paltauf 261. *Pare 168. *Parmentier 3920. Parques 432, *Pavy 669. Pasehkis 94. *Paschutin 668. *Passigli 254. Pasteau 429, 620, 68]. Patoir 105. Pavy 98. Pawinski 618. Pawlik 61. *Pawlinoff 390. Pawlow 217.

Peraire 164. *Peres 244. Peroni 602. Perrin 227. *Pescione 101. *Peter 320, *Petersen 624. Petit Raymond 119. *Petroff 442, 444, 445. *Petrone 260. *Pettenkofer 446. *Pflüger 40. Phelip 255. Picard 282. Piccardı 602. Pick *258, 400. Picque 84, 172, 623. *Pjdoux 820. Pinner 434, 435. *Piorry 391. Plante 598. Platt 234. *Plauer 405. *Pölchen 496. *Poirier 564. Poljenow 494. *Polloson 208. Poncet *254, 616. Popow 668. *Porok 286. Poroschin 501. *Porten 370, 371. Posner *46, *65, *238, *508, *589, 591. Poteenko 6%. *Potherat 565. Pousson 8, 9, 77, 80, 561. *Prevost 383, 389. Preston 6600. *Priessnitz 606. *Pucci 214. *Purdy 405.

Rabe 560. Rabinowitsch 495. *Ramm 270. Ramond 44. "Raymond 352. *Rebland 83 Rebreyend 169. *Redon 669. *Rees 385, 391, 392. ‘Regnier 232, 565. #Rehn 624.

Reid 90. *Reignault 446.

*Reiset 448.

Renault 354.

Rendu 102, 151.

Rénon 408, 429.

*Reuling 444.

Reymond 82, 83.

*Rhespighi 261.

*Richeraud 383, 389.

*Richter 361.

*Ricord 320.

Rieder 218.

*Riegler 599.

*Riemer 707, 708.

Riviere 360.

*Ritter 379, 380, 445.

"Robert 324.

*Roberts 278, 596.

Robinson 187.

Roche 631.

Rochet 112, 167, *636, *637, *638.

Rodendorf 483.

Rörig 621.

Rohleder 537.

*Rokitansky 65.

*Rommelaere 594.

Rona *267, 401.

Roschdestwenski 467.

Rose 246, 374.

Rosenheim 97.

* Rosenstein 379, 383, 386, 390, 442, 443, 445, 447.

Rosenthal 343.

*Rosinski 258.

Rostoski 361.

*Routier 10, 102, 200, 565.

de Rouville 16.

Roux 477.

Rovsing 87, *185, 272, 273, *292, *341, 431, 505, *589.

*Ruggles 132, 1833, 136.

Rühl 687.

Saalfeld 335. Sänger 359. *Salkowski 209, 210, 406. *Samelsohn 156. *Sandmeyer 670. Sapuppo 613. *Saundby 804. Sauvineau 284. Savor 238. Scarenzio 550. *Schafler 286. *Schede 235.

*Scheel 378. Scheschminzew 466. *Schlangenhaufer 261, 255, 316, 318. *Schleich 58, 230. Schlesinger 39. . *Schlosser 539. Schlossmann: 97. Schloth 303. *Schlilfka 535. Schottin 441, 442. *Schramm 254. Schreiber 538. *Schröder 390. Schtschastny 689. Schuller 243. von Schultén 269. *Schultz 101. Schumpert 685. Schuster 334. *Schwerin 134, 135. Sedlmayr 328. Seelig 257, 313, 523, 569. *Segalas 378, 379,389,430. Ségall 164. *Segoue 363. *Seitfert 267. *Senator 57, 260, 434. Serapine 694, Serenin 252. Sibut 77, 221. Siegenbeck von Heuke- lom 404. Siegert 244. Siegheim 300. Simon *199, 615, 632. Simmonds 503. *Singer 261. Smith 208. Smyth 662. *Sobieranski 244. *Sobotha 26l. Sokoloff *426, *433, 678. Sorel 80, 660. Sottas 60%. *Soulier 254. *Sourdille 339. *Spiegelberg 447. *Spillmann 320. Ssadowen 406. Ssletow 103. Ssuchow 486. Ssukow 483. *Stanley 322. Staukiewiez 686. Stark 343, *625.

Steiner 170. ` Steinschneider 213. *Stephan 603.

Stern *371, 422, *669. Sternberg 592.

Stier 208. .

Still 122.

*Stilling 125. Storkmann 64.

*Stokvis 445.

Stouven 481.

*Strauch 445.

Strauss *95, *101, *133,

428.

Strettow 228.

*Strochbe 604.

Suarez de Mendoza 193. *Sulzer 631. . Surmont 105. Swentizki 695. Symonds 369. Szalárdi 485. Tailhefer 83, 182. Tanago 95. Tandler 286. Tarnowsky 161. *Tuavitaın 214, Taylor 807.. Tedenat 9. Teissier 477. Témoin 362. Terrio 248.

Test 498.

Texo 464. Thayer *317, 428. *Thierry 266. *Thiersch 108. *Thiry 445. Thomas 240. Thompson *199,

240, 304, *537. *Thudichum 405. Thümmel 499. *Thure 631. Tipzew 688. Török 92. *Tommasoli 224. Traube *313, 385, 386. *Tretz 443. *Tridondani 254. *Tripier 102, *Tripold 246..

*202,

=. 9)

*Trousseau 313. Waltier 603. Trzebinski 697. Ware 105. Tscherning 273. Wassermann 340. Tuttier 16, *203, 252, 294, Watjot! 57.

373, *376. 556. *Watson 229. Tinmiclifte 97. Webb 407. Turner 418. *Weckerle 313. Tuszkai 488. *Wegeli 669. Tweedy 708. *Weichselbaum 314. 315. Twynam 254, 316. Tyson *286, 559. Weil 469, 564. Wemrich 337. *Weintraud 95. Weir 234. Welander *30, *32, 107.

402. Wendling 492. Werler 344. *Werthhein 258.259.401. Werschbitzki 471. White 348, 437. Whittield 285. *Widal 16. Wies] 440. e Williamson *211, 59. *Willis 668. *Wilins 315. *“\Windell 5. Winogradow 611, 677. Winslaw 687. Winter 493. *Winternitz 430. *Withemore 581. Witte 175. Wittern 475. Wladislawlew 241. *Wohl 211. Wolff Gu. Wojewodski 368. *Wolkow 149, 209. \Wossutllo 331. *Wunder 211. Wullenweber 605. Wwedenski 249. Wyschemirski 460.

*Qllınann 320. Unna 545.

Vaauxheem 267.

*Valerio 215.

*Valleix 632.

Vaudrev 301.

Vaughan 54.

*Vauquelin 378, 389, 430. -

Vauverts 419, 567.

Velich 125, 310.

Verhäsche 497.

Verhoogen 115, 150.

*Verienon 267.

Versarı 37, 173.

*Vesal 389.

Viannay 856.

Viertel 414, 421, *422, 423, *646, *648.

*Vidal 8324.

*Vignardon 263.

*Vignier 867.

Vineberg 253, 566.

*Virchow 444, 613, 675, 707.

Vladicas 166.

*Vogel 95, 444.

Voit 379, 389, 390, 444, 446, 447.

*Volkmann 266.

Voron 254.

*Wackerhagen 178. Waelsch 487. Wagapow 109. *Wagner 272. *Wah 25. *Waldever 16. Walter 600.

Zaleskvy 889, 444.

Zambaco-Pascha 216.

von Zeissl 26, 116, 159, 300.

*Zinsser 135.

Zuckerkandl 350, 369.

Zuelzer *387, 679.

Druck von Carl Marschner, Berlin SW.

Experimentelle und klinische Beobachtungen über

Urotropin.

Von

Leopold Casper.

Nachdem ich in der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1897, No. 45, meine Erfahrungen über Urotropin mitgeteilt habe, will ich hier die Versuche beschreiben, die ich mit dem Mittel unternommen

habe

und einige markante Krankengeschichten anfügen.

Was zunächst die Frage der harnsäurelösenden Wirkung des Uro- tropins betrifft, so wurde folgendes Verfahren eingeschlagen:

a.

a.

b.

a.

b.

I. 1,0 & Harnsäure wurde in ein Gefäß mit 300 & Wasser gebracht, fünf Tage bei Zimmertemperatur gehalten, darauf die restirenden Harn- säurerückstände abfiltrirt und gewogen. Das Gewicht betrug 0,927.

. Dieselben Verhältnisse; nur statt Zimmertemperatur wurde die

Beobachtung bei 37°C. angestellt. Das Gewicht der festen Stoffe betrug 1,265.

II. 1,0 & Harnsäure wurde in ein Gefäb mit 150,0 & Wasser gebracht, in welchem 2,0 & Urotropin gelöst waren, und fünf Taxe bei Zimmertemperatur gehalten. Der Rückstand wog 0,139. Dieselben Verhältnisse, nur statt Zimmertemperatur wurde die Beobachtung bei 37° C. angestellt. Gewicht des Rückstandes 0,976.

Ill. Zu 200,0 œ Harn eines Menschen, welcher vier Stunden zuvor 2,0 g Urotropin in Dosen von 1,0 g in kurzen Zwischenräumen eingenommen hatte, wurde 1,0 x Harnsäure gesetzt, und dies Gemisch blieb fünf Tage bei Zimmertemperatur stehen. Gewicht des Harnsäurerückstandes 0,945. Dieselben Verhältnisse, nur wurden statt der Zimmertemperatur 37° C. gewählt. Harnsäurerückstand 0,705.

l

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß Urotropinlösung ebenso schlecht wie Wasser Harnsäure löst, daß ferner auch Harn eines Menschen, der Urotropin eingenommen hat, Harnsäure sowohl bei Zimmer- als bei Körpertemperatur gar nicht oder schlecht zu lösen im Stande ist. Die geringen Deficite, welche die einzelnen Zahlen ergeben, können nicht als Folgen der Lösung von Harnsäure durch die Flüssigkeit aufgefasst werden, weil das inner- halb der Grenzen der Fehlerquellen liest, welche bei dem Abgießen der Flüssigkeit und dem Filtriren unvermeidlich sind. In dem einen Falle, Ib, wo der Rückstand ein Plus zeigte, mubte außer dem Harn- säurerückstand ein Niederschlag mitgewosen werden, der von jenem nicht zu trennen war.

Um zu einer Aufklärung über die bactericide Wirkung des Uro- tropins zu gelangen, versuchten wir nachzuweisen, ob sich im Blute oder Harn von dem eingenommenen Urotropin Formaldehyd abspaltet, was nach den Mitteilungen von Loebisch nahe lag.

Der Nachweis von Urotropin geschieht durch Bromwasser. Wenn man Bromwasser zu einer urotropinhaltigen Flüssigkeit zusetzt, so entsteht ein Niederschlag, vom Dibromid des Urotropins, der sich so- gleich wieder löst. Der Niederschlag bleibt erst beim Ueberschuß von Brom bestehen.

Der Nachweis des Urotropins im Harn geschieht ohne Weiteres durch Zusatz von Bromwasser zu dem Harn. Um es im Blute nach- zuweisen, ist es nötig, das Blut zu destilliren. In dem klaren, durch- sichtigen Destillat giebt Bromwasser dann den sichtbaren Niederschlag.

Der Nachweis von Formaldehyd geschieht nach der Methode von Lebbin. Man bereitet sich eine Natronresorcinlauxre, indem man 40 bis 50,0 g Natrıumhydroxyd in einer kleinen Menge Wassers löst, dazu 50 g in Wasser gelöstes Resorcin setzt und zu 100,0 & auffüllt. Wenn “man gleiche Mengen dieses Gemisches mit der formaldehydhaltigen Flüssigkeit versetzt, zum Sieden erhitzt und kurze Zeit, bis zu einer halben Minute, siedend erhält, so tritt eine deutliche Rotfärbung ein.

Für den Nachweis des Formaldehyd im Harn empfiehlt es sich, entweder den Harn durch Tierkohle zu filtriren, um ihm so die Farbe zu nehmen, oder was noch sicherer ist man destillirt, damit die Reaction nicht durch. andere im Harn befindliche Substanzen getrübt werde, den zu untersuchenden Harn mit verdünnter Schwefelsäure und prüft dann wie vorgeschrieben. Ebenso destillirt man das zu prüfende Blut und untersucht das klare Destillat. Die Reaction nach Lebbin ist um so deutlicher, je mehr Formalin gegenwärtig ist. Sind nur Spuren Formaldehyd vorhanden, so ist es zweckmäßig, nach unseren

Erfahrungen, etwas länger, etwa eine Minute, zu kochen. Das Rot ist um so stärker, je stärker der Formalingehalt ist.

Wir haben nun folgende Versuche angestellt:

1) Urotropinlösung wurde mit der Natronresoreinlauge versetzt und gekocht. Es trat keine Formaldehydreaction ein. Dieser Ver- such war nötig, um zu entscheiden, ob nicht etwa durch das bloße Kochen mit der Lauge das Urotropin zersetzt werde.

2) Urotropinharn, d. h. Harn eines Menschen, der Urotropin ein- genommen hatte und dessen Urotropingehalt durch Bromwasser nach- gewiesen war, wurde mit der Natronresoreinlauge versetzt und gekocht. In der Mehrzahl der Fälle zeigte sich deutliche Formaldehyd- reaction, öfter blieb sie aus.

3) Urotropinfreier Harn wurde mit Urotropinlösung versetzt und dieses Gemisch nach Lebbin geprüft. Es zeigte keine Formaldehyd- reaction. Dieser Versuch hatte den Zweck, nachzuweisen, daß nicht etwa die Beimischung von Harn eine Zersetzung des Urotropin bewirkt.

4) Zwei Kaninchen wurde Urotropin subcutan eingespritzt und zwei Stunden darauf der Harn und das Blut der Tiere untersucht. Das eine Mal zeigte der Harn Urotropin und eine Formaldehydreaction, das Blut weder Urotropin noch Formaldehydgehalt; das andere Mal wurde im Harn wiederum Urotropin, aber kein Formaldehyd, wohl aber im Blute Formaldehyd nachgewiesen.

Bei Menschen, die Urotropin zuvor eingenommen hatten, konnte in dem gelegentlich einer Operation aufgefangenen Blut kein Formal- dehyd, wohl aber Urotropin nachgewiesen werden. In einem anderen Falle fehlte beides im Blut. In beiden Fällen war aber Formalin und - Urotropin im Harn nachweisbar.

Aus diesen Versuchen ergiebt sich, daß die Verhältnisse wechselnd sind, daß sich Urotropin nach der Einnahme immer im Harn, zuweilen im Blut, daß sich Formalin zuweilen im Blut und meistens im Harn findet. Worauf diese Differenzen zurückzuführen sind, ist vorerst nicht klar, doch ist es wahrscheinlich, daß es öfter zu einer Verbindung des Formaldehyds mit den Eiweißstoften sowohl "des Blutes als des Harns kommt, so daß dieser Stoff nicht mehr nach-

zuweisen ist.

Des Weiteren interessirten die Fragen, wie schnell das Urotropin und Formaldehyd sich nach der Einnahme zeigen und wie lange sie nachweisbar bleiben. Was das Erstere betrifft, so fanden wir Urotropin und Formaldehyd meist schon nach 10 Minuten. Der Harn eines Patienten, der 14 Tage nachdem er zuletzt Urotropin eingenommen hatte, gelassen wurde, zeigte noch Urotropin und Formalin. Meist aber waren

diese Körper schneller aus dem Organismus verschwunden. lfarn eines Kranken, der Urotropin genommen hatte und aufbewahrt wurde, zeigte noch nach 14 Tagen Urotropin- und Formalinreaction.

Ich füse hier einige die günstige Wirkung des Urotropin zeigende Krankengeschichten an.

Fall 1. Derscelbe betrifft einen Hauptmann von 40 Jahren, «der vor sechs Jahren zu mir in Behandlung kam. Er litt an einer schweren Phosphaturie, die allen therapeutischen Versuchen wetrotzt hatte. Der Harn war stets trüb, milchig und reagirte alkalisch. Essigsäure-Zusatz ließ die Trübung verschwinden. Lieb man den Kranken in zwei Gläser harnen, so zeigten beide Trübung, das zweite war aber trüber als das erste und enthielt oft rotzartixr zähe Fetzen, die sich hier und da zu Klumpen an einander ballten.

Das Passiren dieser Massen, die unter dem Mikroskop als aus amorphen Phosphaten und phosphorsauren Magnesia-Krystalleu zu- sammengesetzt sich erwiesen, verursachte ein starkes Brennen im Penis, das noch einige Zeit nach dem Harnen anhielt. Das Harnbedürfnis war westeiwert.

Zudem bestanden neurasthenische Beschwerden, Mattigkeit und Müdigkeit bei körperlicher Thätigkeit, Verstimmung, ausstrahlende ‚Schmerzen nach den Beinen und dem Rücken zu; geschwächte Potenz. Das Leiden hat sich an eime langdauernde Gonorrhoe angeschlossen.

Da mir die Nutzlosigkeit unserer Medicamente gegenüber Phos- phaturien bekannt war, beschränkte ieh mich darauf, dem Kranken allgemein diätetisch hygienische Maßregeln anzuraten, ihm reichliches Trinken von Flüssigkeit behufs Verdünnung des Harnes und gelegentlich Mineralsäure-Mecdicin zu empfehlen.

Der Erfolg war stets nur ein vorübergehender. Zeitweise wurde der Harn etwas klarer, um bald wieder Phosphatklumpen mit sieh zu führen. So ging es Jahre lang fort, während dessen ich den Kranken von Zeit zu Zeit sah. Die localen Störungen lieben auch eine Besse- rung seines Allgzemeinbefindens nicht zu.

Da geschah es, daß ich ich möchte sagen ohne logische Indi- cation dem Kranken 1,5 x Urotropin pro die verordnete. Die Phos-

phaturie schien wie fortgeblasen, der Harn war klar und blieb es.

Was aber am auffallendsten war, er war micht nur klar während der acht Tage, während welcher Patient Urotropin nahm, sondern er blieb es auch lange Zeit nachher. Hand in Hand ging damit eine Besserung des Allgemeinzustandes. Ich sah den Kranken noch vor zwei Monaten, er war aber kein Kranker mehr und sprach mit Be- geisterung von dem Nicolayer’schen Urotropin.

Aelinliche, wenn auch nicht so eclatante Fälle habe ich noch nach- dem imit gutem Erfolge mit Urotropin behandelt. Daß es in einzelnen dennoch versagte, thut der ebenso guten wie mir bislang unerklärlichen Wirkung des Urotropin keinen Abbruch.

Eine Bestätigung der von mir gemachten Beobachtung gicbt J. T. Windell im American Practitioner and News 1896, No. 12, der auch einen Fall von hartnäckiger Phosphaturie durch Urotropin zur Heilung brachte.

Fall 2 betrifit eine schwere ammoniakalische Uvstitis bei einem alten Prostatiker. Patient, 67 Jahre alt, hat eine sehr grobe, im allen Teilen geschwollene Prostata. Er entleert den Harn unvoll- kommen, so daß stets 3860 x in der Blase zurückbleiben.

Der Harn ist dick, trübeitrig, frei von Blut. Harnbedürfiis bei Tax und Nacht alle zwei Stunden.

Cystoskopisch erkennt man außer dem vorspringenden Prostata- Lappen eine trabeculäre Hypertrophie der Wand. Es erfordert wrobße und ausgedehnte Spülungen, ehe man die Blase einigermaßen sauber bekommt. i

Die Behandlung bestand in regelmäbigem Katheterismus und Spülungen mit Borsäure, Kal. per. und Argentum-Lösungen. Zwar wurde Besserung erzielt, doch blieb der Harn immer noch eitnig genug, und nahm die Eiterung überhand, wenn mal mit der Spülung ausgesetzt wurde. l

Urotropingaben 2,0 g pro die, besserten den Catarrh sichtlich, der Harn wurde neutral und weniger trüb, die Eiterung verminderte sieh. Ja es kamen Zeiten, in denen der Harn ganz klar aussah. [aeb man das Urotropin fort, so nahm der Urin schr bald wieder seine sehlechte Beschaffenheit an. Auf diese Weise gelang cs, den Kranken durch zeitweilig unterbrochene Gaben von Urotropin in einem leidlich be- friedigenden Zustand zu erhalten. |

Ich führe die übrigen Fälle nicht an, weil sie den oben beschriebenen gleichen. Es genüge zu sagen, daB ich das Urotropin als ein wertvolles Unterstützungsmittel der Ausspülungen bei re- bellischen Cystitiden dieser Art schätzen gelernt habe.

Fall 3 hat eine prineipielle Bedeutung. Es handelt sich um eine alte schwere Pyelitis eines Greises von 75 Jahren, bei der von einer Ausheilung keine Rede sein konnte. Das Leiden bestand über em Jahrzehnt un! zeigte sich in stark eitrigem, zeitweise blutigem Harn, mut bald stärker bald geringer auftretenden Schmerzen in der rechten Nierengegend. Die Palpation ließ deutlich eine vergrößerte, harte, gegen Druck empfindliche Niere erkennen. Die mikroskopische Unter-

gë. 6, 2

suchung des Sedimentes ergab keinen Anhaltspunkt Jdafür, ob es sich um einen Tumor oder Stein haudele.

Blutungen und Schmerzen ließen gelegentlich nach, und dann er- holte sich der alte Herr schnell.

Einmal aber hielt die Blutung über zwei Monate an, der Kranke wurde hochgradig anämisch. Obschon die einzelnen Harnmengen nicht gerade viel Blut mit sich führten, so gab doch dire Dauer des Blut- verlustes eine Erklärung für die Anämie ab.

Mehr aber als dies schien mir der Umstand bedenklich, dab der Kranke allmählich deutliche Zeichen der Harnvergiftung zu zeigen begann. Er wurde schwächer, teilnahmslos, war ohne jeden Appetit, die Zunge wurde trocken, borkig und rissig, die Harusecretion verminderte sich, der Harn selbst schien dicker und eitriger. Die Temperaturen waren des Abends leicht erhöht.

Bei dem Alter und dem anzunehmenden Grundleiden ein maligner Tumor der rechten Niere hatte mehr Walırscheinlichkeit als ein Stein des Kranken glaubte ich eine Prognosis mala stellen zu dürfen. Es wurde neben Anregung der Diurese, Excitantien, 3,0 g Urotropin pro die gegeben, und ich möchte sagen vom Tage dieser Medi- cation an besserte sich der Kranke. Mit einer Besserung des Harnes, wennschon die Blutung noch einige Zeit fortbestand, hielt die Abnahme der allgemeinen Intoxicationserscheinungren Schritt. Nachdem Patient vier Wochen lang Urotropin genommen’ hat, ist sein Zustand so be- friedigend, daß er schmerzfrei im Ziinmer herumspaziert, ißt und trinkt wie in „seinen gesunden Taxen“ und sich für genesen hält. Er geht jetzt auch aus und begegnet mir zu meiner Freude des Oefteren.

Seitdem habe ich das Urotropin in ähnlichen Fällen versucht, wobei ich besonders die Casus von Jahre lang bestehender Hypertrophie der Prostata mit mehr oder weniger starker Harnretention, Cystitis und Pyelitis im Auge habe. Sie sind einer Heilung unzugänglich; unsere Aufgabe besteht hier darin, sie in einen erträglichen Zustande zu erhalten. Und dazu hilft uns das Urotropin in erfreulichem Maße mit.

II. französischer Urologen-Congress zu Paris, 21.—24. October 1897.

Vorsitzender: Prof. F. Guyon. I. Sitzung.

Guyon und Albarran: Pathologische Physiologie der Reten- tionsniere. |

Bei completer und geschlossener Retention des Nierenbeckens in den Fällen von Uronephrose, Uropyonephrose und Pyonephrose bewirkt die Druckerhöhung im Harnleiter gleich von Anbeginn an Congestion und Oedeni der Niere, Verringerung der Urinmenge und des abgeschiedenen Harnstofl- quantums, bei längerem Bestehen der Harnstauung atrophische Veränderungen der Nierenepithelien und weitere Einschränkung der Secretion bis zur völligen Einstellung derselben. Nach Fortfall des Hindernisses in den Harnwegen kann die Wiederherstellung der Nierenfunction eime mehr oder weniger vollkommene, bis zum Normalen gehende sein; sie ist ganz abhängig von der Dauer der Retention wnd edem Grade der Parenchymveränderungen, doch in der Weise, dab selbst in Fällen von Pyonephrose nur selten die Fähigkeit der Harnsecretion vollständig verloren geht.

Bei unvollständiger, offener Retention herrschen pu Allgemeinen äln- liche Abhängigkeitsverhältnisse wie bei completer Retention mit der be- merkenswerten Besonderheit, daß Eitersäcke mit dünner Wandung eine bessere und reichlichere Urinsecretion aufweisen als diekwandige Pvo- nephrosen. Die Anwendung des Ureterenkatheterisnus und zwar des Ver- weilkatlieters im Hürnleiter ist zum vergleichenden Studium der Sseretions- verhältnisse der gesunden und der kranken Niere benutzt worden und hat über den hohen, funcetionellen Wert einer scheinbar wanz zerstörten Niere überraschende Aufschlüsse gegeben. Nur bei Pronephrose war die 24 stündige Harnmenge auf der erkrankten Seite stets beträchtlich geringer als auf der gesunden, bei den übrigen Formen wurde dort fast ebenso viel und oft mehr abgeschieden als hier. Die Zusammensetzung des Urms bei offener Uronephrose und Uropyonephrose wurde bei zwei Patienten an 16 resp.

as ët ët

4S aufeinanderfolgenden Tagen bestimmt und ergab bezüglich des Harn- Stoffes, der Phosphate und der Alkalien ein Herabgehen bis auf ein Drittel und weniger von der Gesamtmenge auf Seiten der erkrankten Niere, welche indeß zeitweise für die etwas nachlassende Production der gesunden Seite in geringem Grade compensatorisch einzutreten vermochte. Die Ausschei- dung der Chloride blieb dagegen nur wenig unter der Hälfte der Gesiunt- menge., Der toxische Wert des dureh Chamberla ne sche Filter geschiekten Urins der erkrankten Niere war bedeutend erhöht. Von emgegebenen Metdi- eamenten kam Jodkali fast ebenso schnell. basisch-kohlensaures Eisen weniger schnell zur Ausscheidung als auf der gesunden Seite: Methvlenblau wurle in einem Falle von Uronephrose gar nicht. in einem anderen nur m sehr weringzer. allein durch Chloroformzusatz nachweisbarer Menge ausgeschieden.

Als practisches Resultat der Untersuchungen ergiebt sich für die Dia- enose der Retentionsniere die entscheidende Bedeutung der Feststellung, ob Beide Nieren gleichen Harn liefern oder nicht. und für die Indications- stellung bezüglich der Operation die wertvolle Möglichkeit, auf demselben Were gleichzeitig den Grad der pathologischen Veränderungen und den funetionellen Wert der erkrankten Niere abzuschätzen.

Boeckel (Strabburgs berichtet über eine transperitoneale Nephreetomie bei Hyedronephrose, welche zur Entfernung einer eystischen, dünnwandigen, kindskopfgroßen Geschwulst und des durch fihröse Adhäsionen obliterirten Ureters führte. Eine Ursache der primären Pvelitis hieß sich bei der Patientin, die einige Monate nachher an der gleichen Erkrankung der anderen Niere starb, nicht feststellen.

Pousson (Bordeauxi: Recidive naeh Blasensteinoperationen.

P. wendet sich gegen den der Lithotripsie gemachten Vorwurf der häufigen Steinrecidive. welche letzteren nicht so sehr der unvollständigen Entfernung der Steimtrümmer als dem Fortbestehen der allgemeimen resp. localen Ursachen für die Stembildung zu danken seien. Unter 35 Litho- lapaxien hat er 11 Recidive, davon fünf Uratsteine bei gesunder und sechs Phosphatsteine in inficirter Blase. und unter fünf Steinschnitten zwei Reeidive zu verzeichnen, die beiden letzteren als Folge emer unbeemtlubbaren, ın- fectiösen Cystitis. Bei zwei Patienten mit Cystitis und Balkenblase hat er die Jathotripste sechs bezw. sieben Mal innerhalb fünf bezw. vier Jahren wiederholen müssen; zwei Mal hat er nach der Sectio alta Recidive von Phosphatsteinen bei infieirter Blase mittelst Litholapaxie entfernen müssen. so dab aueh hier die blutige Operation keinen Schutz gegen neue Stem- bildung zu gewähren scheint. Noch häufiger als die Infection der Blase bilden bestimmte anatomische Veränderungen als Vorbedingungen für Stein- recidive die Jndication zum hohen Steinschnitt, an welchen bei Vergrößerung des Mittellappens der Prostata die Abtragung desselben und bei Blasen- divertikeln die Vernähung des Divertikelhalses angeschlossen werden kann.

Chevalier (Parisi: Sectio alta und Lithotripsie.

Ch. führt den Vergleich zwischen Steinschmitt und Lirholapaxie in demselben, Sinne weiter und kommt auf den Lehrsatz Guyon’s zurück,

9

daß die Steinrecidive, ganz unabhängig von der Art der Operation, allein von der Prädisposition des Organismus, bei harn- und oxalsauren Steinen, oder des Organs, d. h. von der eitrigen Entzündung der Blase resp. der Niere bedingt sind.

In der folgenden Discussion rät Albarran, in jedem Falle von Litholapaxie eine Nachuntersuchung mit dem Cystoskop vorzunehmen, und zwar ungefähr acht Tage nach der Operation, im Gegensatz zu dem bei Blasenblutung nicht zum Ziele führenden Vorschlag von Nitze, unmittelbar nach Entfernung der Steintrümmer ein Cystoskop in die Aspiratorsonde ein- zuschieben. Der Vernähung eines Blasendivertikels sei dringend zu wider- raten mit Rücksicht auf die Gefahr des Durchbruchs der nicht desinficir- baren, geschlossenen Eiterhöhle nach der Blase oder nach dem Peritoneum.

Tedenat (Montpellier) empfiehlt zur Nachuntersuchung die Anwendung eines kleinen Lithotriptors unmittelbar und einige Tage nach der Operation.

Guiard: Zur Vermeidung von Steinreeidiven kann nicht die Bevor- zugung der einen Operation vor der anderen, sondern allein die sorgfältigste, spätere Controle führen, welche in wiederholten Sitzungen mit Lithotriptor und besonders auch mittelst Aspirator bis zur vollständigen Sanirung der Blase zu geschehen hat. So sind bei einem Patienten mit schwerer Cystitis,’ der fünf Lithotripsien überstanden hatte, im Verlauf von acht Jahren fast allmonatlich reichliche Auswaschungen der Blase mittelst starken Metall- katheters nötig gewesen, welche stets kleine Phosphatconeremente zu Tage Toperten, mut dem schließlichen Resultat andauernden Wohlbefindens olıne weitere Steinoperationen. Die Aspiration ist für die Controle nach der Operation überhaupt brauchbarer als die von Albarran empfohlene An- wendung des Cystoskops, welches letztere in den Wandvertiefungen ver- steckte Steine ebenso wenig entdecken wird, als dies der Lithotriptor oder der Aspirator trotz der genauen Absuchung der Blase und der Erschütterung der Wände durch den Flüssigkeitsstrom in manchen Fällen thun können. Der Vorschlag Pousson’s, Blasendivertikel durch Vernähung zu schließen, ist schon deshalb abzulehnen, weil die Catgutfäden zu neuer Steinhildung Anlaß geben könnten.

Albarran bestreitet, dab das Cystoskop dem Aspirator bei der Auf- suchung von Steinfragmenten irgend nachstehe und weist auf die Un- zulänglichkeit der Aspiration gegenüber Phosphateonerementen hin.

Carlier (Lille) sieht in der beträchtlichen Ausscheidung von Harn- säure und harnsaurem Gries, welche man nach dem Blasensehnitt sowohl wie nach der Litholapaxie einige Tage hindurch verfolgen kann, und in der Formveränderung der Blase, besonders bei Prostatahypertrophie, zwei wichtige Ursachen für die Neubildung von Blasensteinen. Im Allgemeinen würden Recidive fast ausschließlich bei Prostatikern beobachtet, während Kinder nach jeder beliebigen Steinoperation reeidivfrei blieben.

Im Schlußwort tritt Pousson nochmals für seine Operation der Blasendivertikel ein, welche er der Vernähung des Defectes nach Abtragung von Blasengeschwülsten an die Seite stellt, wo gleichfalls trotz Iufection

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e

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der Blase Heilung per primam eintrete. Steinbildung an den Nähten will er nie beobachtet haben. II. Sitzung.

Carlier: Castration und Prostatahypertrophie.

Wenn auch die bei Einführung der Castration in die Therapie voraus gesetzte Analogie zwischen Prostatahypertrophie und dem durch Ovario- tomie günstig beeinflußbaren Uterusmyon durch klinische und experi- mentelle Erfahrungen nicht bestätigt wurde, hießen sich doch bald gewisse, erst mit der Pubertät eintretende enge Beziehungen zwischen Prostata und Hoden feststellen, welche zwar nicht so weit gehen, daß die Größe der Prostata in jedem Falle der Größe der Hoden entspricht, aber doch be- dingen, daß die Vorsteherdrüse nach der Castration zu einem rudimentären Organ wird. Beim castrirten Hunde haben alle Untersucher die Schrumpfung des Organs, welche allein mikroskopisch als Atrophie der Drüsenelemente zum Ausdruck kommt, constatiren können; beim Menschen hat man bei vor der Pubertät ausgeführter doppelseitiger Castration, z.B. bei Eunuchen, ein Zurückbleiben des Organs in der Entwicklung, nach der Pubertät in den meisten Fällen Atrophie der Drüsen, nach einseitiger Castration dagegen, beim Erwachsenen wenigstens, zweifelhafte Resultate erhalten. so daß nach Bazy zur Erhaltung der Prostata ein Testikel genügt, während nach Lannois, Routier und Carlier die Fortnahme eines Hodens zur Atrophie des Prostatalappens derselben Seite führt.

Die auf Grund dieser Beobachtungen operirten Fälle, mehr als 500 an Zahl, haben sehr wechselnde Ausgänge gehabt: unzweifelhafte Radical- heilungen mit vollständiger Wiederherstellung der Blasenfunction, Ver- kleinerung der Prostata und sogar Beseitigung von Complieationen, dam Erleichterung oder geringe Verbesserung des Harnlassens bei unbedeuten- der Verkleinerung der Prostata und schließlich zahlreiche vollständige Mib- erfolge, denen überdies eine beträchtliche Mortalität (ca. 19 pCt.) zur Seite steht, vielleicht die Folge allzugeringer Berücksichtigung des schlechten Allgemeinzustandes dieser Patienten.

Die Einwirkung der Operation scheint in einer Verminderung der Con- gestion der Drüse, sehr wahrscheinlich aber auch in einer ebenfalls durch Beseitigung von Congestionszuständen bedingten Verbesserung der Con- tractilität und Arbeitskraft der Blase zu bestehen: wenigstens mub das an- genommen werden zur Erklärung der oft augenblicklich, einige Stunden nach der Operation wiederkehrenden Fähigkeit, den Urin spontan zu ent- leeren, der sonst Jahre hindurch fast ausschließlich mittelst Katheter ab- genommen werden mußte.

Albarran und Motz: Experimentelle Erzeugung von Atrophie ler Prostata. =

Vortr. berichten über ungefähr 40 Operationen an Tieren mit folgen- der histologischer Untersuchung. Beim Pferde haben sie mehrere Jahre nach der Castration zwar noch keine vollkommene Schrumpfung der Prostata zu einem fibrösen Bindegewebsknoten, wohl aber eine mikroskopisch deut-

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lich erkennbare Atrophie der z. T. cystisch veränderten, blindsackartigen, ohne die bekannten Verästelungen mit niedrigem Epithel ausgekleideten Drüsengänge gesehen. Bei der Prostata des Ochsen ist ein Unterschied von derjenigen des Stieres makroskopisch wenig oder gar nicht aus- gesprochen; unter dem Mikroskop sieht man dort eine sehr deutliche Atrophie des glandulären, weniger des fibromusculären Anteils. Beim Hunde bedarf es zur Verhütung von Täuschungen in der Beurteilung der mikro- skopischen Befunde einer genauen Berücksichtigung des Alters des Tieres und der Unterscheidung von zwei sehr verschiedenen Typen der Prostata: der jugendlichen, drüsenarmen Prostata mit zum Teil lichtungslosen, von Epithelzellen erfüllten Drüsenugängen und der mit über das fibro- musculäre Stroma weit überwiegenden wohl entwickelten Drüsenräumen versehenen Vorsteherdrüse des erwachsenen Hundes. Niemals ist bei doppelter Castration neben der Atrophie der Drüsenelemente eine Proh- feration des Bindegewebes beobachtet worden; nach einseitiger Castration ist bei 2 von 5 Hunden die Wirkung auf das Drüsengewebe ausgeblieben, bei den übrigen 8 war 83—4 Monate nach der Operation eine Gröben-Ver- schiedenheit zwischen den beiden Prostatalappen nicht zu bemerken; mikro- skopisch fand sich eine bedeutend geringere Atrophie des Drüsengewebes gleichmäßig verteilt auf beide Hälften der Prostata, aber deutlicher aus- gesprochen in den centralen, um die Harnröhre liegenden Partien. Nach doppelseitiger Resection der Vasa deferentia, wonach eine Atrophie der Hoden übrigens ausblieb, trat auch nach vier Monaten eine nennenswerte Schrumpfung der Prostata noch nicht ein, während die einseitige Resection ohne jeden Einfluß blieb. Nach Injecetionen von Chlorzink und Jodtinetur in die Hoden entsprachen die atrophischen Veränderungen innerhalb der: Prostata dem Grade der Zerstörung des Hodengewebes.

Angioneurectomie des Samenstranges.

Mit dieser Bezeichnung ist eine an Tieren und auch am Menschen von Albarran ausgeführte Operation gemeint, welche sich darauf beschränkt, in kurzer Ausdehnung alle Gewebsbestandteile des Funiculus spermaticus mit Ausnahme des Vas deferens, seiner Arterie und einer seiner Venen zu reseciren. Drei Monate nach dieser Operation tritt regelmäßig eine voll- ständige Atrophie der Hoden und damit Hand in Hand gehend eine aus- gedehnte Schrumpfung innerhalb der Prostata ein.

Desnos (Paris) berichtet über eine der von Albarran eben be- schriebenen ähnliche Operation, die er kürzlich vier Mal am Menschen mit ausgezeichnetem Resultat in Bezug auf die Verkleinerung der Prostata und die Wiederherstellung der Blasenfunction ausgeführt hat. Sie bestand nach Art der Varicocelenoperation Horteloup’s in einer ausgedehnten Resection der venösen Gefäße des Samenstranges nit Einschluß eines Teiles Scrotalgewebe.

Albarran: Castration und Angioneureetomie des Samen- stranges als Behandlungsmethoden der Prostatahypertrophie.

A. berichtet über sechs doppelseitige Castrationen wegen lange be- stehender, vollkommener oder unvollkommener Retention in Folge von

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Prostatahrpertrophte, nach denen er in allen Fällen eine beträchtliche. fort- schreitende Verkleinerung der Drüsengeschwulst und zwei Mal eine aus- . gesprochene Atrophie der Prostata bis zum völligen Verschwinden des Organs klimsch constatirt hat. In der Hälfte der Fälle trat eine vollständige Sanirung der Blasenfunetton. bei der anderen Hälfte bedeutende Besserung der Hamentleerung ein, und zwar zum Teil fast unmittelbar nach der Ope- ratlon einsetzend. in emem anderen Teile der Fälle erst nach fünf bis sechs Monaten beginnend und dann weiter zunehmend. Unter drei ausführlicher mitgeteilten Krankengeschiechten ist bemerkenswert bei einem 53 jährigen Prostatiker die Complication des Leidens mit fortwährend anhaltenden. sehr reichlichen urethralen Austluß und bestänchgen. unabweisbaren erotischen Wahnvorstellungen. welche beiden Zustände ungefähr sechs Monate nach der Operation mit Eintritt der völligen Atrophie der Prostata verschwanden. Die Resection der Vasa deferentia. welehe von Albarran bisher nieht an- gewendet worden ist. scheint einen decongestionirenden Einflub auszuüben, ohne eine Atrophie des Organs zu veranlassen. Größere Vorteile als sie und einen vollständigen Ersatz für die Castration bietet die ebenso einfache und ungefährliche, unter Coeainmmtiltration schmerzlos auszuführende Angio- neureetonne des Samenstranges, welche keine Gangrän der Hoden zur Folge hat, sondern die 'Testikel, wenn auch atrophisch, im Hodensack erhält und gleichzeitig die Wiederkehr von Hodenentzündungen verhindert. Die Ope- ration ist bisher in einem Falle erst vor so kurzer Zeit ausgeführt worden. dab sieh ihr Bintluß auf das Prostataleiden noch nicht übersehen hieß. und bestand in der Freilegung des Suinenstranges durch einen 4 cm kangen Ein- schnitt in Haut und Tumea tibrosa conmnmums, Isolirung des Vas deferens. der Art. deferenttalils und einer oder zweier klemer Venen, darauf Unter- bindung der auf einer Hohlsonde legenden, übrigen Bestandteile des Samen- stranges mit zwei ca. H Cut von einander entfernten Catgutmassenligaturen und Resection des zwischenliegenden Gewebes. in welchem der centrale Stumpf der Art. spermäatica zur Vorsicht nochmals gefaßt und besonders unterbunden wurde.

Motz: Histolowisches Bild der hypertrophischen Prostata nach Operationen an Hoden resp. Vas deferens.

M. berichtet über Untersuchungen an Prostatikern, bei denen sich SR Tage nach der vollständigen Castration noch keine Spur von Atrophie der Vorsteheredrüse auftinden leb, über deren Eintreten und Wesen man sich auch nach den übngen, bisher vorliegenden Beobachtungen kein Bild machen könne. Seine eigenen Untersuchungen, auf die er hier nicht näher eingeht, sind schon deswegen interessant, weil sie beweisen. dab auch ohue Atrophie der Prostata eine vollständige functionele Heilung eintreten kann.

Legueu (Parisı: Indicationen der Operationen an Hoden und Vas deferens.

L. betont, dab das Verhalten der normalen Vorsteherdrüse nach der Castration noch keinen Schluß gestatte auf eine Reaction der hypertrophirten Prostata. Die Prostatahrpertrophie ist in ihrem Wesen bedingt durch drei

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Momente: die Congestion, die Wucherung des Drüsengewebes und die Sclerose, von denen mur die beiden erstgenannten, die eongestiven Zustände und die Drüsenhypertrophie, auf die Castration hin, die ersten schnell, die andere langsamer weichen, während die selerotische Umformung des Binde- gewebes unverändert bestehen bleibt. Klinisch kann mit Hilfe der Rectal-, patpation nur mit einiger Wahrschemlichkeit bestimmt werden, ob die Hypertrophie im emzelnen Falle auf Reelmung des Drüsengewebes oder des Stromas zu setzen sei. Schließlich hängt der Erfolg der Operation noch ganz vom Zustande der Blase ab, so daß nur bei weniger schwerer Beein- trächtigung der Contractionsfühigkeit die Castration angezeigt bleibt. Bei acuter Retention, wo sie sonst unzulässig ist, könnte sie vielleicht als Präventivmittel gegen spätere Complieationen, neu eintretende Congestiv- zustände und stärkeres Wachstum der Geschwulst dienen, wie dies eine Beobachtung bei einem 60 jährigen Prostatiker mit erstinaliger, completer Retention und schwerer Blasenblutung zu zeigen scheint, bei welchem die Castration nicht nur unmittelbare Beseitigung dieser Gefahren, sondern auch noch bis jetzt nach zwei Jahren ein Fortbestehen der normalen Verhältnisse, übrigens ohne bedeutende Verkleinerung der Prostata, zur Folge hatte. In den späteren Stadien des Leidens bleibt die Castration contraindicirt, wie mehrere Mißerfolge beweisen, wenn die Prostata sich hart und selerotisch anfühlt, also mehr einer Wucherung des Bindegewebes ihre Vergrößerung verdankt. Die Resection der Vasa deferentia scheint von langsamerer Wirkung als die Castration zu sein, ist aber keineswegs vollständig zurück- zuweisen.

Chevalier verliest in Vervollständigung seiner vorjährigen Mitteilun- gen emige hierher gehörige Krankengeschichten mit einem vollen und an- haltenden Erfolg der Castration und einem Miberfolg trotz günstigster Ver- hältnisse.

Loumeau hat nach einer seiner Castrationen eine Besserung der voll- kommenen Retention zur unvollkommenen, nach einer zweiten ein voll- ständiges Zurückgehen der completen Harnverhaltung, bei beiden einen totalen Schwund der Prostata erreicht. `

Carlier hat neun Mal die Resection der Vasa deferentia und zwei Mal die Castration ohne jeden Erfolg gemacht.

Desnos schliebt sieh dem ungünstigen Urteil der Vorredner über die Deferensresection an. Er hat unmittelbar nach dieser Operation einmal ein andauerndes Versagen der vorher wenig gestörten Harnentleerung gesehen.

` Motz berichtet. aus dem Hospital Neeker über sechs Fälle von doppel- seltiger Castration mit drei vollständigen und drei unvollständigen Heilungen und über drei Fälle von Vas deferens- Resection mit einer vollständigen Heilung, einer Besserung im zweiten Falle und einem Todesfalle 17 Tage nach der Operation. Da «ie Mortalität der Prostatiker der Klinik 31 auf 220 Fälle, also 14 pCt. beträgt. kann die Mortalitätszitfer der an Hoden oder Samenstrang operirten Prostatiker, circa 19 pCt, nicht allein der Operation zur Last fallen.

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Desnos: Beziehungen zwischen Größe der Prostataund Grad der Urinretention.

D hat, um die Bedeutung der Prostatavergröberung für die Harm- verhaltung festzulegen, eine Statistik von 296 Untersuchungen alter Leute mit Störungen der Häarnentleerung zusammengestellt. Von 220 mit ver- größerter Prostata hatten 112 Urinretention, 108 nicht. Der Eintritt der Störung schien von dem Lebensalter etwas abhängig zu sein, Insofern als von dem Alter von 65 Jahren ab der Procentsatz der Retentionen über- wiegt. Bei 76 Patienten mit Harnverhaltung, aber ohne bedeutende Ver- größerung der Prostata stellte sich dasselbe Verhältnis der Verschlimmerung des Leidens mit zunehmendem Alter heraus, so dab man zu dem vielleicht zu weit gehenden, aber auch nieht zu unterschätzenden Schluß kommen könnte, die Hypertrophie der Prostata habe auf den Eintritt der Harn- verhaltung keinen Einfluß. Für die Indieationsstellung der Castration ist die Untersuchung per rectum weniger ausschlaggebend als die Feststellung von Vorsprüngen der Prostata nach dem Blaseninnern, die wohl immer Retention bedingen uud durch die Castration, wenigstens nach D.’s Beobachtungen, nicht beeinflußt werden, auch wenn sonst eine Atrophie des Organs eintritt.

Motz stellt auf Grund von histologischen und klinischen Befunden eine Reihe von Thesen über Wesen und Ursachen der Prostatahypertrophie auf. Ausgehend von dem Satze, daß die durch Arteriosklerose der großen Gefüßstämme bedingte Congestion der Harnwege als wichtigstes Moment die Harnstörungen bei alten Leuten veranlasse, betrachtet er die Vergröße- rung der Prostata im eigentlichen Sinne als ein normales, allein von der Lebenskraft des genito-prostatischen Organs abhängiges Wachstumsergebnis. von dem aus durch Einwirkung gesteigerten, lange anhaltenden Blutzuflusses in Folge allgemeiner Gefäßstörungen die pathologische Form und die ex- cessiven Größen der Prostatahypertrophie sich entwickeln, so daß also nicht eme an den Harmwegen selbst localisirte Arteriosklerose mit Lannois als Ursache der Prostatahypertrophie angenommen werden dürfe. Das mecha- nische Hindernis in Folge der Vergrößerung der Vorsteherdrüse komme schließlich nur als secundäres Moment neben der primär bestehenden Schwäche der Blasenmusculatur in Rechnung.

Loumeau: Resection der Vasa deferentia zur Behandlung der Prostatahypertrophie.

L. hat unter 21 Resectionen niemals einen Einfluß auf die Funetion der Harmentleerung oder den Zustand der Prostata gesehen.

Nicolich (Triest) hat von 27 Operationen 8 Heilungen bei Patienten ohne chronische Retention. 14 Besserungen, 5 Mißerfolge zu verzeichnen.

Hamonie (Paris) will von 11 operirten Fällen bei 7 eine Besserung der Congestion oder der zur Hypertrophie hinzugetretenen entzündlichen Zustände gesehen haben, während bei 4 anderen, weniger oder gar nicht von Congestionszuständen betroffenen Patienten das Resultat weniger positiv oder ganz negativ blieb. Julius Jacobsohn (Berlin).

(Schluss folgt.)

Referate.

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I. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Prof. Anton Gluzinski: Eine neue Reaction auf Gallenfarb- stoffe. (Wiener klin. Wochenschr. 1897, No. 52.)

Verf. fand, daß Formalin ein gutes Reagens auf reine Galle von Menschen, Ochsen, Schwein und Hund bildet. Nach Zusatz von Formalin nimmt die Galle, wenn man sie durch einige Minuten aufkocht, eine smaragdgrüne Farbe an, die sich auf Zusatz von einigen Tropfen HCl in eine amethyst- violette verwandelt. Lösungen von Bilirubin, Biliverdin, Bilifuscin und Bilifein verhalten sich gerade so wie reine Galle.

Verf. hat nun auch den Urin in entsprechenden Krankheitsfällen unter- ‚sucht, und auch da entsprach diese Probe (den an sie gestellten Forderungen.

Die Probe auf Gallenfarbstoffe im Urin führt G. in folgender Weise aus: In zwei Reagensgläschen (I und II) schüttet er je einige Cubikcenti- meter des zu untersuchenden Urins; in die Eprouvette II giebt er den dritten Teil Formalin und kocht durch einige (3—5) Minuten; im Falle des Vor- handenseins von Gallenfarbstofien nimmt das Gemisch eine, je nach der Menge der Gallenfarbstoffe mehr oder weniger starke, jedenfalls aber be- sonders bei Vergleich mit. der ursprünglichen Farbe des Urins (in Eprouvettel) ausgesprochene smaragdgrüne Färbung an. Nachher schüttet Verf. die Hälfte der grünlichen Flüssigkeit aus Eprouvette II in eine andere Eprouvette (ITI). setzt einige Tropfen einer concentrirten HCI-Lösung hinzu, und sogleich tritt eine stärkere oder schwächere amethystviolette Färbung ein. Hält man nun alle drei (I, II, III) Eprouvetten gegen einander, so hat man

im Reagensgläschen I die ursprüngliche Farbe des Urins, DI eine grünliche Färbung, III eine amethystviolette Färbung.

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Daß diese Probe auf Gallenfarbstoffe im Urin sehr empfindlich ist zeigt folgendes Beispiel: Ein ieterischer Urm, hei welchem die Gmelin- sche und Verf.’s Probe deutliche Reaction gaben, hörte auf bei einer Ver- dünnung von 1:10 Wasser bei Anwendung der Gmelin'schen Probe irgend eine positive Reaction zu geben, während G.'s Probe noch bei einer Ver- dünnung des Urims von 1:100—140 ein positives Resultat gab. Kr.

Gervais de Rouville: Ueber experimentelle Harnsteine. (Nouveau Montpellier medical, No. 49.)

Verf. berichtet über eine Reihe von Versuchen. welche beweisen, dab es nach Belieben mögslieh ist, bei Hunden Nierensteine durch Oxamid hervor- zurufen. Die Idee, artificiell Harnsteme zu erzeugen, ging 1888 von Tuffier aus, welcher Tieren Harnsäure, harnsaures Natron und oxalsauren Kalk em- führte, doch führten seine Versuche nicht zu positiven Resultaten. Auf dem Congreß in Wiesbaden 1889 demonstrirten Ebstein und Nicolaier Harnsteine von verschiedenen Tieren, welche sie durch Einführung ver- schiedener Dosen von Oxanıid, emem der Oxalsäure nahestehenden Körper, welcher durch Erwärmen von Ammoniumoxalat entsteht, hervorgebracht hatten. Tuffieg erlangte niit derselben Substanz gute Resultate und konnte bei Hunden Harnsteine in der Blase, im Nierenbecken, den Ureteren und der Harnröhre erzeugen.

Rouville hat gleiche Resultate erzielt nicht nur mit großen Dosen von 4—6 x pro die Oxamid, sondern schon mit Dosen von 2g. Ein Monat der Darreichung genügte zur Bildung von Steinen von der Größe einer Erbse, wobei das Allgemeinbefinden der Tiere nicht gestört wurde,

Die Pathogenie der primitiven Steine der Nieren und der Blase er- scheint danach unter einem neuen Lichte, die parasitäre Theorie schemit sich überlebt zu haben, und die Abwesenheit jedes Mikroorganismus wurde von Chantemesse und Widal bei den artifieiellen Steinen nachgewiesen. Klinisch wurde dieselbe bewiesen von Ebstein und Doyen im Gegensatz zu den Behauptungen von Waldeyer und Galippe. Es erscheint danach die physikalisch- chemische Theorie von Ebstein, welche auch den klini- schen Erscheinungen am meisten entsprieht, die richtigste zu sein.

Drews (Hamburg).

Henry: Ein Fall von Chylurie. (St. Louis Med. and Surg. Journ., December 1895.) |

Ein 4ñjähriger Mann giebt an, seit einigen Monaten einen milchigen Urin abzusondern. Obgleich sein Appetit und sonstiges Befinden gut ist, will er während dieser Zeit doch 50 Pfund an Gewicht abgenommen haben. Der Urin ist milehig-weiß (Galacturie) und zeigt viel Achnlichkeit mit einer Croolinlösung. Die Filarıa sanguinis, die bei derartigen Personen im Blut und Urin gewöhnlich gefunden wird, konnte Verf. in seinem Falle nicht entdecken. Doch ist er überzeugt, dab bei wiederholten Untersuchungen

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der Parasit doch noch gefunden werden wird. Allerdings giebt es auch nichtparasitäre Formen von Chylurie, die durch eine Obstruction von Lymph- gefäßen, durch Tumoren oder andere Ursachen veranlaßt werden. Doch sind das seltene Fälle. Chemisch zeigte der Urin in diesem Falle sich so- wohl fett- wie zuckerhaltig. Es ist das ein Beweis dafür, daß die milchige Trübung des Urins thatsächlich durch eine Beimengung von Lymphe (die außer Fett stets auch Zucker enthält) hervorgerufen ist, was von manchen Autoren für die Chylurie geleugnet wird. (Es müßte indessen doch noch das Vorhandensein von Diabetes mellitus, worauf in Anbetracht des enormen Gewichtsverlustes der Verdacht besteht, ausgeschlossen werden

können. D. Ref.) Löwenthal.

M. Lannois: Diabète sucre compliquent le goitre exophtal- mique. (Lyon medical 1897, No. 46, pas. 327.)

Verf. liefert einen casuistischen Beitrag zur Complication von Diabetes mellitus mit Basedow’scher Krankheit. Die 52Jjährige Frau hatte seit früher Jugend eine kleine Struma, die vor zehn Jahren zu wachsen begann; vor sechs Jahren gesellte sich Protrusio bulbi hinzu. Im Anschluß an einen lebhaften Schreck und großen Kummer begannen vor vier Jahren diabetische Symptome. Neuer Kummer verschlechterte ihr Befinden und führte sie in’s Krankenhaus: große Strumä, starke Protrusio bulbi, Gräfe’sches Symptom, Tremor der gespreizten Finger, leichte linksseitige Parese, Tachycardie (120—140), Dyspoe (36), Albuminurie, Chloroformgeruch des Atems, Gly- cosurie (2,7—4,5 pCt.), Polyurie (3—5 l), Polydipsie, Eisenchloridreaetion. Die Section der nach kurzer Zeit im diabetischen Coma gestorbenen Patientin ergab außer der Schilddrüsenerkrankung Lungenemphysem, geringe Verände- rungen an Herz und Gefäßen, Gallensteine, große Niereninfarcte, Gehirn- ödem, eimen nußgroßen Erweichungsherd im vorderen Teil des rechten Corpus striatum und des Linsenkerns, keine Anomalien im vierten Ventrikel und auf Schnitten der Medulla oblongata.

Aus der Litteratur sind 27 Fälle dieser Complication bekannt, in der überwiegenden Mehrzahl Frauen; nur in einem Falle war der Diabetes die primäre Erkrankung. Mehrfach sind Familien beschrieben, in denen die Söhne an Diabetes, die Töchter an Base«dlow'scher Krankheit litten. Mehr noch spricht für einen Zusammenhang beider Krankheiten der beiden ge- meinsame anatomische Sitz im verlängerten Mark. Für die nervöse Form des Diabetes hat, diese Localisation seit der Cl. Bernard’schen Pigüre durch viele Beobachtungen an Wahrscheinlichkeit gewonnen, für die Base- dow’sche Krankheit ist sie eine Hypothese, welche durch neuere von Haskovec auf dem Moskauer Congreb vorgetragene Experimente eine wesentliche Stütze gefunden hat. Durch einen häufigeren Befund von Glycosurie beim Morbus Basedowi würde die bulbäre Theorie desselben eine weitere Bestätigung erfahren. Verf. empfiehlt daher, bei diesen Fällen nie die Zuckerprobe zu versäumen. R. Rosenthal (Berlin).

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A. Baginsky: Stoffwechsel bei einem an Diabetes mellitus leidenden Kinde. (Archiv für Kinderheilkunde, Band XXI,

Heft 3—6.)

?jähriger Knabe, im Anschluß an Diphtherie, Masern und Scharlach an Diabetes erkrankt. Urimmenge zwischen 1760 und 3130 bei T—98 pCt. Zucker. Beschränkung von Zuckerausscheidung und Harnmenge im Ver- lauf der Beobachtung während intereurrenter Typhuserkrankung. Nahrungs- und Ausscheidungswerte sind durch ausgedehnte Analysen gesichert. N-Aus- nützung 96,6 pCt., Fettausnützung zwischen 96.2 und 94.8 pCt. N-Bilanz

innerhalb der fünf Tage + 21,84, Kohlehydrate 415.92 während des fünftägigen Stoffwechselversuches. NH, in normalen Mengen; auch Be- stimmungen des Alloxurbasen liegen vor. Finkelstein.

Lenne (Neuenahr): Practisches und Theoretisches über Dia- betes mellitus. (Deutsche med. Wochenschr. 1897, No. 32.)

Verf. berichtet über zehn Fälle von Diabetes mellitus. in denen sieh die Krankheit in kürzerer oder lüngerer Zeit an ein Trauma anschloß. D Mal unter diesen Fällen hat das Trauma den Hinterkopf betroflen. Ganz einwandfrei sind besonders zwei Fälle, in welchen schon kurze Zeit nach dem Unfall auffallender Durst, Abgeschlagenheit_ und Abspannung auftraten, welche Beschwerden die Constatirung des Zuckers bereits sehr bald nach dem Trauma veranlaßten. Der erste Fall, den L. längere Zeit beobachtete. ist auch dadurch lehrreich, daß er die Einteilung des Diabetes mellitus in die gutartige und schwere Form als unhaltbar erkennen läßt. Im Anfang des Leidens schied der Kranke 5—6 pCt. Zucker aus: bei geregelter Diät schwand derselbe völlig. Die erste Kur in der Anstalt des Verf.’s endete mit einer fast normalen Assimilationsfähigkeit des Pat. für Kohlehvdrate. Als er im Winter darauf viel Bier trank und obenein noch eine heftige Bronchitis durehmachte, trat die Glvcosurie verstärkt auf. Pat. wurde im Sommer unter der Behandlung L’s zwar wieder zuckerfrei. seine Assimila- tionsfähigkeit für Kohlehrdrate war aber gegen das Vorjahr gesunken. Da er im folgenden Winter trotz dringender Ermahnung wieder reichlich dein Biergenusse fröhute und überdies zum zweiten Male eine auf Influenza beruhende Bronchitis durchmachte, stellte sich wieder erhebliche Glveosurie ein, die L. diesmal auch durch absolute Entziehung der Kohlehydrate nicht ganz zu beseitigen vermochte. Der Fall, den L. weiter nicht beobachtet hat, zeigt, wie leicht ein sogenannter „gutartiger“ Diabetes in die „schwere“ Form übergehen kann. Der zweite Fall betritt einen Arzt, der bei einem Krankenbesuche einen heftigen Stoß mit dem Kopfe gegen den Balken einer niedrigen Zimmerdecke erlitt; vier Wochen blieb ein dumpfer Koptschmerz zurück, während verinehrter Durst und entsprechend vermehrte Diurese sofort auffielen und zur Entdeckung des Zuckers führten. Der College war vordem kerngesund und auch erblich nicht belastet. i

Ein weiterer Punkt, den L. bespricht, ist die Frage wegen der Ueber-

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tragbarkeit des Diabetes mellitus. Wegen des Vorkommens von Diabetes bei Ehegatten haben bekamntlich französische Forscher eine solche ange- nommen, während sich die deutschen Forscher in Bezug hierauf durchaus ablehnend verhalten. Durchschnittlich kommt auf 90 Diabetiker ein diabe- tisches Ehepaar. L. hat bis jetzt drei diabetische Ehepaare beobachtet: er schreibt die Coincidenz des Leidens dem Zufall zu, und hebt hervor, daß seine drei diesbezüglichen Beobachtungen in vorgerücktem Alter befindliche, fettleibige und in guten Verhältnissen lebende Personen betrafen, die sämmt- lich an der leichten Form des Diabetes litten. Handelte es sich um Conta- giosität, so müßte die schwere Form des Diabetes doch eher übertragbar sein. Bekanntlich giebt es Fälle von Zuckerharnruhr, in welchen die Urin- menge nicht vermehrt ist. Das beruht darauf, daß bei solchen Kranken das Durstgefühl nicht gesteigert ist. Sie machen nach L. etwa 20—25 pCt. aller Diabetiker aus. Sobald sich die „Durstneurose* in diesen Fällen ein- stellt, steigt naturgemäß die Harnmenge und die Fälle hören auf, zur Kate- gorie des Diabetes decipiens zu gehören. R. L.

Dr. Lenné (Neuenahr): Ueber die Beziehungen zwischen Dia- betes mellitus und Lebererkrankungen. (Archiv fúr Ver- dauungs-Krankheiten.)

Verf. resümirt auf Grund von Beobachtungen von 100 Kranken, welche mit den verschiedensten krankhaften Aftfectionen der Leber behaftet und von denen gleichzeitig 21 Diabetiker waren, folgendermaßen. Es lag in keinem einzigen Falle irgend ein Anhaltspunkt. vor, wonach man berechtigt wäre, die Abhängigkeit der diabetischen von der Lebererkrankung anzu- nehmen. Im Gegenteil sprach alles dagegen, so der Umstand, daß die schwersten Lebererkranukungen ohne oder mit geringfügigen diabetischen Erscheinungen einhergehen, daß bei anscheinend gleichartiger pathologiseher Veränderung der Leber das diabetische Leiden einmal in der schwersten, das andere Mal in ganz leichter Form auftritt, ferner, daß die Leber- erkrankung Jahre und Jahrzehnte bestanden hat, ehe es zur Entwicklung des Diabetes kam und umgekehrt, daß Diabetes mellitus schon aufgetreten war, ehe auch nur die geringste krankhafte Veränderung an der Leber fest- zustellen war. Unter solchen Verhältnissen schwinden die Gründe, welche für einen Causaleonnex der beiden Erkrankungen angesehen werden können, doch vollständig und «das um so mehr, als eine Reihe ätiologischer Momente vorliegt, welche unstreitig für die Entstehung der diabetischen Erkrankung herangezogen werden können und müssen: nervöse Alterationen und Teber- anstrengungen, Fettleibigkeit, Erblichkeit und endlich der Abusus spiri- tuosorum. Besonders dem Alkohol, in zu großer Dosis aufgenommen, muß eine schädigende Wirkung auf die Zuckerökonomie des Organismus zu- gesprochen werden. Er prädisponirt das gesamte Zellensystem, indem er es schwächt; vielleicht setzt er speciell die Fähigkeit der Körperzellen herab, den Zucker in normaler Weise zu verwerten (Strümpell,.

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Jedenfalls gehört aber auch in diesen Fällen eine besondere Disposition dazu, denn die größere Zahl der Potatoren ist trotz der Leberaffeetion nicht diabetisch. M. Rosenthal.

v. Oefele (Bad Neuenahr): Diabetes als Symptom von Pancrea- titis catarrhalis chronica und anderen Pancreaserkran- kungen. (Aerztliche Rundschau 1897, No. 21.)

Derselbe: Nochmals die Pancreatitis eatarrhalis chronica als Grundleiden von Diabetesfällen. (Ibid., No. 24.)

Da sehr häufig zwischen Panereasaffeetionen und Diabetes ein ur- sächlicher Zusammenhang besteht, so ist es von grober Bedeutung, zu entscheiden, ob das Pancreas (bei Diabetes) krank oder gesund ist. Um zu einer Diagnose zu gelangen, untersucht O. local.

Das Pancreas liegt in einer horizontalen Linie dem unteren Rippen- rande entsprechend, und zwar in der linken Axillarlime die Cauda, rechts oben vom Nabel am unteren Leberrande das Caput. Diese beiden Teile sind, weil freier gelegen, häufig druckempfindliceh, weit weniger dagegen, weil von Milz und Magen überlagert, das dazwischen liegende Corpus.

Drückt man nun gleichmäßig beiderseits auf der hinteren Axillarlinie am unteren Rippenrand den entblößten Leib in aufrechter Haltung. so deutet ein Schmerz in der linken Axillarlinie auf acute oder chronische Pancreatitis: in ihrer ganzen Ausdehnung ist die Drüse afficirt, wenn ferner auf Druck in der totalen Länge des Pancreas, nämlich von links bis zum unteren Rande des Ueberganges von Pylorus und Duodenum, Schmerz ausgelöst werden kann; ein ätiologisches Hilfsmoment bietet die Anamnese: z. B. Verdauungs- störungen, die nach heftiger Gemütsbewegung mit den ersten erinnerlichen Symptomen von Diabetes auftraten; denn Gemütserregungen erzeugen wahr- schemlich nicht blos Magencatarrh, sondern auch eine Pancreatitis catarrhalis.

Was die Therapie der Pancreatitis catarrhalis chronica anulangt, so be- steht sie I) in Begünstigung der Entleerung der Secrete des kranken Organes in den Darm; 2) ableitenden Applicationen auf die bedeckenden Hautpartien; 3) interner, allgemeiner, anticatarrhalischer Behandlung. Dem letzteren ent- spricht eine Neuenahrer Trinkkur. Die Entleerung der Pancreassecrete wird durch Massage begünstigt; für das Panereas kommt eine manuelle geradlinige Massage von links nach rechts, oder eine rotirende maschinelle in rück- läufiger Bewegung in Anwendung; durch Streichen oder Rollen soll das kranke Organ sozusagen ausgemolken werden. Als ableitende Mittel empfehlen sich Ameisensäure, Senfpapier und besonders Jod in Tinetur und Salbe; um aus einer chronischen eine subacute, mehr der Ableitung zugängliche Pancrea- titis zu machen, reibt O. eine 10proc. Thiosinaminsalbe drei Tage zu je 10 g über der Cauda pancreatis ein. Die Folge ist eine artificielle Exacerbation in Form spontanen Schmerzes. Mode.

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II. Gonorrhoe und Complicationen.

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Dobrovits: Die Gonorrhoe bei Kindern. (Ung. med. Pr. 1897, No. 10.)

Das pathogene Bacterium der Gonorrhoe ist der Neisser’sche Gono- coccus. Derselbe bleibt, wenn die inficirte Schleimhaut Plattenepithel hat, auf der Oberfläche. Ist die Schleimhaut mit Cylinderepithel versehen, so dringt er in das submucöse Bindegewebe ein und vermag hier Eiterung zu erzeugen. Auch in die Blut- und Lymphgefäße kann er einwandern und ruft. durch die Circulation fortgetragen, die verschiedensten arthritischen, periarthritischen und perichondritischen Metastasen hervor. Er vermag per continuitatem zum Bauchfelle zu dringen und hier Peritonitis zu erzeugen, oder der Blutstrom befördert ihn zum Herzen und die Folge ist eine Endo- carditis. Für diese Vorgänge führt der Verf. drei von ihm beobachtete instructive Beispiele an: Ein vierjähriger Knabe zeigte ein geschwollenes und gerötetes Präputium. Aus der Harnröhre wird Eiter secernirt, in dem sich Gonokokken finden. Das Uriniren ist erschwert und schmerzhaft. Es besteht Fieber von 38 bis 39,5%. Am folgenden Tage schwillt der rechte Hoden an. Am zwölften Tage der Erkrankung klagt der kleine Patient über Schmerzen im linken, rechtwinklig flectirten Kniegelenk. Delirien. Aetiologisch konnte eruirt werden, daß das Dienstmädchen der Familie seit Wochen an Fluor albus litt. Unter dem Gebrauch von lauen Bädern heilte die Kniegelenksentzündung in einigen Tagen. In einem zweiten Falle er- krankte ein 2'/,jähriges Mädchen, das bereits seit einigen Tagen an eitrigem Scheidenausfluß litt, nach einem Spaziergange an hochgradigem Fieber und Leibschmerzen. Es bestehen Urinbeschwerden, die Bauchwand ist sehr empfindlich und obwohl auf dem Hemde große Eiterflecken zu sehen sind, ist kein EiterausflußB aus der Scheide bemerkbar. Nach lauen Priessnitz- umschlägen fließt Urin ab, der sauer reagirt und ein großes Quantum von Sedimenten aufweist. Gonokokken sind Urin nicht auffindbar. Erst am vierten Tage dringt aus der Scheide gonokokkenhaltiger Eiter hervor. Ichthyol und Zine. sulf. earbol-Injectionen bringen den Ausfluß nach acht Wochen zum Stillstand. Die Infection stammte von einem an Gonorrhoe erkrankten Hausgenossen, mit dessen Wäsche das Kind abgewischt worden war. Im dritten Falle endlich handelte es sich um ein sechsjähriges Mädchen, dessen seit Wochen bestehender eitriger Ausflußb auf Oxyuriswanderungen geschoben wurde. Dasselbe erkrankte an schmerzhafter Entzündung des rechten Fersengelenkes und der Inguinaldrüsen der rechten Seite mit einem Fieber von 40°. Ueber der Herzspitze hörte man ein systolisches Geräusch. Unter Anwendung von Natr. salicyl., kalten Umschlägen und einer Eisblase auf die Herzgegend bildeten sich alle Erscheinungen, bis auf das Herz- geräusch, innerhalb zehn Tagen zurück.. Nun erst machte die Mutter auf

den Fluor aufmerksam. dessen Untersuchung das Vorhandensein von Gono- kokken ergab. Diese Fälle beweisen, daß die Gonorrhoe keineswegs local zu bleiben braucht, sondern eine Reihe höchst beunruhigender und gefähr- licher Allgemeinerscheinungen hervorzurufen vermag. Deshalb mub jede Gonorrhoe, zumal beim Kinde, mit größter Energie und Ausdauer behandelt werden. Da die Gonorrhoe der Kinder durch Erwachsene übertragen wird. so handelt es sich zunächst darum, diese vor der Erkrankung zu bewahren. Und nun macht der Verf. eine Reihe zwar ganz wohlgemeinter, aber zum Teil recht naiver prophvlaetischer Vorschläge. Man müsse nicht nur die Prostituirten regelmäßig, und zwar sowohl an bestimmten Tagen als auch in unerwarteter Weise untersuchen, sondern auch ihre Gäste. Die freie Prostitution solle gänzlich verboten und jedes Individuum, das andere in bewußter Weise intieirt, bestraft werden. Jede Dienstmagd, die drei Tage nach ihrer Entlassung keinen neuen Dienst gefunden habe. solle nach ihrem Zuständigkeitsorte abgeschoben werden. In allen Fällen, in denen Bonnen, Kindermädcehen oder Gouvernanten die Urheber der gonorrhoischen Infeetion sind, solle der Arzt der Pflicht der Verschwiegenheit enthoben sein. Ja aber Bonnen, Dienstmädchen und Gouvernanten sind doch so zu sagen auch Menschen. Ref.) Was die Behandlung der Gonorrhoe bei Erwachsenen betrifft, so besitzen wir leider, trotz aller neuen Mittel, noch immer kein Specificum. Die Fälle endigen gewöhnlich damit, dab der Patient der lang- wierigen Behandlung überdrüssig wird und seinen Zustand völlig ignorirt. Günstiger steht es mit der Gonorrhoe der Kinder. Wenn wir die natürlichen Schutzimittel, die offenbar der kindliche Organismus gegen die Noxe besitzt, durch richtig gewählte Diät und passende Arzneimittel unterstützen, so ge- lingt es gewöhnlich, eime Vulvovaginitis, Urethritis oder Conjunctivitis gonorrhoica binnen drei Monaten zu heilen. Man müsse sich an dem Augen- arzte ein Exempel nehmen und den gonorrhoischen Patienten so lange be- handeln, bis das Secret keme Gonokokken mehr aufweist und der Krank- heitsproceb abgelaufen ist. Ritterband.

Gardner W. Allen and Frederick J. Cotton (Boston): A Case of Hernia Testis. (Journal of Cutaneous and Genito-Urinary Diseases. New-York, November 1897.)

Als Patient, ein 20jähriger junger Mann, in Beobachtung trat, handelte es sich bei ihm anscheinend nur um eine gewöhnliche, drei Wochen alte Epididyimitis dextra. Nach vier Tagen jedoch bildete sich am Hoden eine haselnußgroße prominirende Sehwellung, die Haut «darüber war dünn und gespannt. Das Ganze machte jetzt den Eindruck eines tubereulösen Abscesses des Nebenhodens. Auf einen Einschnitt entleerten sich 1—-2 Tropfen dünnen Eiters, und hervor trat ein weiches gelbgraues schwammiges Gewebe, welches offenbar dem Hoden angehörte. Während der nächsten Tage wurden größere Mengen necrotischen Gewebes abgestoßen, Schmerzen waren nicht vorhanden. Nach etwa vier Wochen füllte sich die entstandene Höhle mit Granulationen; um dieselbe Zeit wurde bei dem Patienten ein Ulcus durum am Präputium

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constatirt, welches indessen höchstens eine Woche alt war; nach Verlauf weiterer 4—5 Wochen stellte sich auch eine allgemeine Roseola ein, und eine speceifische Behandlung wurde eingeleitet. Die Heilung der Hoden- affection hatte inzwischen weitere Fortschritte gemacht und war, gut ein Vierteljahr, nachdem Patient in Behandlung getreten war, beendet. Cotton legte mikroskopische Schnitte von den ausgestoßenen Massen an und fand necrotisches Hodengewebe; Zeichen von Syphilis oder Tuberculose fehlten darin, auch bestand keine locale Absceßbildung. Durch bacteriologische Untersuchung wurde ein Mikroorganismus aufgefunden. welcher in seinem Verhalten sehr große Aehnlichkeit mit dem Staphylococcus pyogenes albus aufwies. C. hat aber genau denselben Coccus schon früher einmal bei einem anderen Kranken, welcher an einer alten Urethritis litt, aufgefunden. Nach alledem ist C. der Ansicht, daß es sich auch bei dem hier mit- geteilten Falle um eine im Anschluß an eine ’alte Urethritis entstandene Epididymitis und Orchitis gehandelt hat, welche ihren Ausgang in teilweiser Necrose nahm. Ob die ursprüngliche Infection des Hodens und Nebenhodens gonorrhoischer Natur war, heß sich nicht entscheiden; allem Anschein nach war aber der acute Proceß, welcher zur Necrose führte, durch den auf- gefundenen Mikrococcus bedingt. Ernst Samter.

R. Barlow (München): Zur Behandlung der acuten Gonor- rhoe mit Protargol nebst einer Besprechung der Irri- gationsbehandlung beim frischen Tripper. (Münch. meld. Wochenschr. 1897, No. 45,46.)

B. kann auf Grund seiner eigenen Erfahrungen das günstige Urteil, welches Neisser über die Anwendung des Protrargol bei acuter Gonorrhoe abgegeben hat, nur bestätigen. Er hat nach «lem von N. angegebenen Verfahren eine größere Anzahl von Fällen acuter Gonorrhoe der vorderen Harnröhre behandelt; die Lösungen wurden vorzüglich vertragen, die Gounokokken verschwanden sehr schnell und der Proceß blieb wesentlich häufiger auf die vordere Harnröhre allein beschränkt, als dies gewöhnlich bei Injectionen mit. anderen Mitteln der Fall ist. Selbstverständlich muß die Behandlung lange genug fortgeführt werden. Was die ursprüngliche Janet’sche Methode betrifft, so hat B. mit derselben ein wirkliches abortives Aufhören eines acuten Trippers niemals constatiren können, und zwar weder bei der Urethritis anterior noch bei der Urethritis posterior; allerdings traten die Patienten im Allgemeinen erst im purulenten Stadium in Behandlung, da sie selbst von ihrer Erkrankung vorher nichts gemerkt hatten. B. schließt sich völlig dem Urteil Neisser’s an, daß bei dem acuten Tripper der Pars anterior die Irrigationsbehandlung keme besseren Resultate giebt als die einfachen In- jeetionen. Bei der Behandlung des Trippers bei Miterkrankung der hinteren Harnröhre dagegen tritt B. warm für die Anwendung der Irrigationen ein, welchen er vor allen sonst noch gebräuchlichen Mitteln den Vorzug giebt. Die Irrigationen werden von den Kranken gut vertragen, ihre Ausführung

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ist eine leichte, sie bedeuten e'ne wesentliche Ersparnis an Instrumenten, und Infectionen sind so gut wie vollkommen ausgeschlossen. B. empfiehlt die Anwendung derselben ganz besonders auch für die poliklinischen Kranken und läßt in seiner Poliklinik die Kranken die Spülungen sogar selbst aus- führen. Nachteile irgend welch’ besonderer Art sind von ihm bis jetzt nach Application von Tausenden von Irrigationen der hinteren Harnröhre und Blase durch Irrigatordruck nicht beobachtet worden. Bezüglich des Protargols betont B., dab Spülungen der hinteren Harnröhre mittelst Irri- gatordruckes mit Protargol in ";,—!/,proec. Lösungen auch bei acuter Gonor- rhoe der hinteren Harnröhre stets sehr gut vertragen werden, die Reizwirkung war immer nur eme geringe und jedenfalls unbedeutender als bei einer Spülung mit Kaliumpermanganat: Spülungen von Protargol 1:2000 bis 1:1000 erwiesen sich als nahezu reizlos und ebenfalls von guter Wirkung. Das

Kaliumpermanganat wird von RB durehaus nicht verworfen: er hat es. bis.

das Protargol aufkam. stets viel verwendet, giebt jetzt aber dem letzteren den Vorzug, auch in acuten Fällen. Ernst Samter.

Dr. Benario (Frankfurt a. M.): Bacteriologische und klinische Untersuchung des Protargol. (Deutsche med. Wochenschr. 1897, No. 49.)

Das Protargol enthält § pCt. Argentum. Die bacteriologische Prüfung des Mittels erstreckte sich auf die Untersuchung der entwicklungshemmenden und bacterieiden Kraft, welche an Diphtheriebacillen. Milzbrand, Typhus, Bac- terium coli, Staphylococcus pyogenes aureus und albus vorgenommen wurde. Der Zusatz von 1 cem einer 0.5proe. Protargollösung zu 9 cem Agar erwies sich als die unterste Grenze, bei welcher eine Bacterienentwicklung nicht mehr eintritt. Bei Zusatz von l cem einer O,lproc. Lösung war auch keine Ent- "wicklungsheinmung mehr zu beobachten. Auch die Tiefenwirkung des Protargol lieb sich an erstarrten. mit Keimen beschickten Agarröhrchen demonstriren Was die bactericide Wirkung anbetrifft, so wurden selbst Milzbrandsporen binnen einer Stunde durch 2proe. Protargollösung abgetötet. Durch den Tierversuch wurde ferner die Wirkung auf die Schleimhäute ge- prüft, ein Kaninchen, welches 24 Stunden gehungert hatte, erhielt 12 ccm einer 1Oproe. Protargollösung per os; das Tier zeigte im Laufe der nächsten vier Tage keinerlei Krankheitserscheinungen und wurde dann getötet. Weder der Oesophagus, noch die Magenschleimhaut zeigten irgend welche Spuren von Aetzung oder Reizerscheinung. Dann wurde die Wirkung auf die Con- Junetiva untersucht. 5—10proe. Lösungen blieben ohne jeden Eintluß aut das Auge, 20proc. Lösungen riefen vermehrte Thräuensecretion und etwas Chemosis hervor. Als einem Kaninchen das Pulver direct in reichlicher Menge in den Conjunetivalsack gebracht wurde, zeigte sich nach 10 Minuten eine totale Trübung der Hornhaut; am nächsten Tage war das Auge voll- ständig verklebt, die Erscheinungen ließen in den nächsten drei Tagen nach, und am fünften Tage war das Auge wieder vollkommen normal, während der ganzen Zeit war das Tier munter. Bei Gonorrhoe wurden 0,3—1,5 proc.

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Protargollösungen mit sehr gutem Erfolge angewandt. Die Eitersecretion war oft schon noch 8 Tagen auf ein Minimum herabgesunken, die Gono- kokken nach 10—14 Tagen aus der Urethra verschwunden. Mit ebenso gutem Erfolge hat Verf. Protargollösungen bei der feuchten und Protargol- pulver bei der trockenen Wundbehandlung von Quetsch-Ribwunden ete. in über 10 Filllen angewandt. Eine andere Applieationsform war die der Salbe, die in zwei Fällen von ausgedehntem Ulcus cruris in 5--10proe. Stärke mit gutem Erfolg zur Anwendung kam.

Levy (Genua): Intravenöse Sublimatinjectionen bei Tripper- rheumatismus. (La semaine medicale 1897, No. 48.)

In einem Falle von Tripperrheumatismus hat L. intravenöse Sublimat- injectionen bis zur Einzellosis von 5 mg pro die gemacht. Er sah völlige Heilung eintreten. Hirschfeld.

II. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

Dr. A.S. Ashmead (New-York): Ein chinesisches Geheimbuch. Manuscript über Syphilis, in Japan 1724 gedruckt; Orl- ginalarbeit von Chin-Shi-Sei, der unter der Dynastie

.„ Ming lebte (1388-1844). (Univ. Med. Mag., Mai.)

Die Syphilis ist nach dem Buch eine sehr alte Krankheit: schon vor Confucius lehrte ein gewisser Wah, daß diese Krankheit einem Baume gleicht, der durch einen innen sitzenden Parasiten zerstört wird; während andere Uebel nach chinesischer Anschauung durch böse Geister oder eine unregelmäßige Lebensweise erzeugt werden, ist das Weib allein für die Syphilis verantwortlich zu machen. Die Krankheit stammt aus Südehina und verbreitete sich dann nach Norden. Der Autor des Buches war 20 Jahre lang Specialist für Krankheiten der Kinder und Greise, dann wandte er sich dem Studium der Lues zu; er repräsentirt den achten Arzt in seinem Ge- schlecht. Er nimmt an, daß im Süden Feuchtigkeit und Hitze vereint in den Weibern einen schädlichen Stoff erzeugen. Das Buch besteht aus Fragen und Antworten. Z.B. Warum giebt es so verschiedene Namen für Syphilis, obgleich das Gift dasselbe ist? Das beruht auf der verschiedenen Wider- standsfähigkeit des Individuums und der Eingangspforte des Giftes. Aus dem heißen sumpfigen Boden des Südens entwickelt sich „Ki“, ein böser Geist, Specialist für Syphilis und hauptsächlich in Weibern wohnend; greift er Männer an, so entstehen Ausschläge und Wunden. Nach dem Aussehen der sypluilitischen Ausschläge heißt die Krankheit in China Yo-bai-so.

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Warum giebt es Fälle von extragenitaler Syphilis? Diese Fälle sind als ererbt anzusehen. Warum ziehen sich gewisse Leute die Krankheit trotz aller Unvorsichtigkeit nicht zu? Weil sie körperliche Immunität be- sitzen. Warum giebt es schwere und leichte Fälle? Weil bei kräftigen Leuten der kräftige Kreislauf dem Gifte nicht Gelegenheit giebt, sich fest- zusetzen und umgekehrt.

Wann kann man die Krankheit am besten bekämpfen? Wenn das Gift in der Haut erscheint. Warum ist der Patient, wenn er das Gift durch Medicamente und Diät vertrieben hat, noch durch tertiäre Syphilis ge- führdet? Weil er einen Narren zum Arzt hatte.

In welcher Zeit eine Heilung zu erzielen ist. voraus zu bestimmen, ist das Geheimnis des Autors. welches er Niemandem überlassen wird. Er verspricht Schanker in 13, Suppuration des Penis in 25, Bubonen in 13. offenen Bubo in 25, Ausschlag des Penis tfingernagelgroßb! ın 45, kleinen Ausschlag (sandkorngrob) in 25 Tagen zu heilen, und zwar mit positiver Bestimmtheit: die Berechnungen bestimmt er aus der Zusammensetzung seines Heilmittels (Holz, Feuer, Metall, Erde, Wasser‘.

Ein Weib eines Syphilittischen kann nicht vor Ansteckung geschützt werden.

Zum Schluß werden 18 Krankengeschichten angeführt, in denen sich immer des Autors Kunst bewährte. Interessant sind diese Berichte nicht an sich, wohl aber dadurch, dab ihr Verfasser vor 300 —400 Jahren lebte.

Mode.

Privatdocent Dr. M. v. Zeissl (Wien): Sind die tertiären Pro- ducte der Syphilis infectiös oder nicht und was hat man unter maligner und galoppirender Syphilis zu ver- stehen? (Wiener klin. Rundschau 1897, No. 29.)

Verf. hat in emer früheren Arbeit die Frage betreffs der TUebertrag- barkeit der Syphilis von einem syphilitischen Individuum auf ein gesundes dahin erörtert, daß für die Uebertragbarkeit nicht die Form des Svyphilides entscheidend sei, sondern vielmehr die Möglichkeit, dab die Syphilis von einem svphilitischen Individuum auf ein gesundes übertragen werde, davon abhänge, wie lange Zeit nach der Infection die betreffenden Syphilisproducte an einem Individuum entstanden sind. Treten Papeln z. B. 20—30 Jahre nach der Infection mit Syphilis als Recidivform auf, dann ist es möglich, daß man durch die Ueberimpfung ihres Secretes an einem gesunden Indi- viduum keine Syphilis mehr erzeugt, weil das Gift im Individuum allerdings noch im Stande. ist, Syphilisproduete zu erzeugen, aber seine Virulenz schon so abgeschwächt ist, daß dem Gifte von einem gesunden Organismus ein solcher Widerstand entgegengesetzt wird, dab das betreffende Individuum gesund bleibt. Treten aber gummöse Erscheinungen der Syphilis wenige Monate nach der erfolgten syphilitischen Infeetion auf, so können wir mit Sicherheit annehmen, daß das Seeret derartiger gummöser Producte, auf gesunde Individuen übertragen, an denselben Syphilis erzeugen wird.

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Dieser Auffassung stimmen, wie Verf. constatirt. die hervorragendsten Syphilidologen bei.

Im Vorliegenden. erörtert Verf. nun weiter die Frage der sogenannten Umstimmung des Organismus, welche zur Entwicklung der Spätformen der Syphilis notwendig sein soll. Wenn eine Umstimmung des Organismus stattfinden soll, so müssen wir annehmen, dab dieselbe durch die von den Syphilismikroorganismen hervorgerufenen Toxine berlingt werde und mübten supponiren, dab durch diese Toxine den Zellen des Organismus eine größere Widerstandskraft gegen die Syphilisbacillen verliehen werde. Gegen eine derartige Hypothese von der Umstimmung des Organismus, erschlossen aus dem verschiedenartigen Verlaufe des syphilitischen Primäraffeetes, der Er- schemungen des papulösen Stadiums der Syphilis (seeundäre Syphilis) und des gummösen Stadiums der Syphilis (tertiäre Syphilis), läßt sich nichts einwenden. Die Frage ist mur, ob wir einer solchen Hypothese überhaupt bedürfen. Verf. glaubt, daß, wenn man dem natürlichen Verlaufe der Syphilis ohne Eingriff! der Behandlung mit scharf beobachtendem Auge folgt. man zur Schlubfolgerung kommen wird, dab man emer derartigen Hypothese überhaupt nicht bedarf. Es wird sich viehnehr darum handeln, einmal genau festzustellen: Welches sind die klinischen Erscheinungen des syphilitischen Primäräatlectes, welches sind die Erscheinungen und der Verlauf der Produete, welche im papulösen Stadium der Syphilis (seeundäre Syphilis’ an den einzelnen Individuen hervorgerufen werden und endlich, was verstehen wir unter gummöser Syphilis (tertiäre Syphilis)?

Die genaue Beobachtung des klinischen Verlaufes der syphilitischen Eftloreseenzen ergiebt nun, dab der eigentliche wesentliche Unterschied zwischen den Producten des papulösen und des gunimösen Stadiums der Syphilis und des syphilitischen Primärafleetes nur darin Hegt, dab die letzteren Erscheinungen eine gröbere Neigung zur fettigen Degeneration oder zum eitrigen Zerfall darbieten, als der syphilitische Primäraffeet. Gemeinsam mit den Erscheinungen der Recidivformen des papulösen Stadiums haben aber die Formen des gummösen Stadiums wieder das regionäre Auftreten. Während also den Spätformen der Syphilis der Zerfall mit dem syphilitischen Primäratfleet gemeinsam ist, ist denselben mit den recidivirenden, papulösen Formen das regionäre Auftreten gemein.

Alles dieses zeigt den innigen Zusammenhang, welcher zwischen den Producten der Frühftormen der Syphilis und der Spätformen derselben be- steht, und daB wir einzig und allein berechtigt sind, so lange wir den Mikro- organismus der Syphilis nicht kennen, aus unseren bisherigen klinischen Erfahrungen anzunehmen, daß, wenn Producte der Syphilis lange Zeit nach der Infection auftreten, dieselben, wie Neisser und Jadassohn meinen, durch eine geringere Anzahl von im Organismus vorhandenen Syphilis- mikroorganismen erklärt werden können. Die Annahme, dab es noch einer Umstimmung des Organismus bedürfe, hält Verf. nach dem Gesagten nicht für notwendig. `

Malignen Character gewinnt die Syphilis dadurch, dab sie die Gesund-

heit des Kranken schwer bedroht oder dadurch, daß außerordentlich intensive Zerstörungen an sichtbaren Haut- und Schleimhautpartien gesetzt werden und die Abheilung des betreffenden Syphilides auberordentlich langsam er- folgt. Diese Form der Malignität kann in allen Stadien der Syphilis vor- kommen. Derartige hartmäckige. durch das Auftreten immer neuer Efflo- rescenzen, während die alten eine geringe oder gar keine Tendenz zur Heilung zeigen, characterisirte Syphilide bilden sich namentlich bei schwäch- lichen, anämischen, m der Ernährung herabgekommenen Individuen; ob die schlechte Ernährung durch Abusus in Baccho et Venere oder durch irgend eme andere vorausgegangene Erkrankung., wie Tubereulose etc. veranlabt ist, spielt eine geringe Rolle. Maligne Syphilis kann sich auch bei solchen Individuen entwickeln, welche durch unvernünftige Quecksilberbehandlung in ihrer Ernährung herabgesetzt wurden.

Unter galoppirender Syphilis versteht man das Auftreten von gummoösen Erscheinungen sehr kurze Zeit nach erfolgter Infection. Eine galoppirende Syphilis braucht noch durchaus keine maligne Syphilis zu sein. Es kann aber vorkommen, dab gleichzeitig die galoppirende eine maligne Syphilis wird. Kr.

Dr. Carl Hochsinger in Wien: Ueber das Colles’sche Gesetz und den Choc en retour bei der hereditären Syphilis. (Wiener med. Wochenschr. 1897, No. 43—52.)

Der Standpunkt des Verfassers den vorliegenden Fragen gegenüber

ist folgender: Gesunde Frauen, welche von syphilitischen Männern ge-

schwängert worden sind, können syphilitische Kinder zur Welt bringen. dabei aber zeitlebens frei von Syphilis bleiben. Frauen, welche mit a patre syphilitischen Früchten schwanger gingen, selbst aber einer Contactinfection seitens des Zeugers entgangen sind, gewinnen durch die Gravidität mit

solchen Früchten einen gewissen, allerdings sehr variablen Grad von Im-

munität gegen Syphilis, welcher die Grundlage für die Aufstellung des sog.

Colles’schen Gesetzes geliefert hat. Die Colles’sche Immunität der Mütter

ist die Folge des Uebertrittes immunisirender Substanzen vom spermatisch

inficirten Fötus auf die gesunde Mutter und darum keine absolute.

Die Ausnahmen von der Colles’schen Regel betreffen Frauen, welchen, aus nicht immer klar zu übersehenden Gründen, eine nur ungenügende Menge von Inmunstoffen während der Gravidität einverleibt wurde, oder bei welchen die zum Zustandekommen der Immunität notwendige biologische Gewebsthätigkeit ausgeblieben ist.

Eine Retroimfeetion der Mutter seitens eines spermatisch inficirten Fötus, der sog. Choe en retour, ist, in welcher Form immer er auch an- genommen wurde (Syphilis par conception, Tertiarisme d’emblee), klinisch unbewiesen und unbeweisbar, des Weiteren aber auch theoretisch nur schwer zu begründen.

Die Finger’sche Hypothese von der Toxinnatur der Tertiärsyphilis und dem kryptogenetischen Tertiarismus der Mütter ist unvereinbar mit den

Grundlagen der Colles’schen Immunität und steht im Widerspruch mit der pathologischen Anatomie und Klinik der congenitalen Frühsyphilis. Hereditär-syphilitische Kinder syphilisfreier Erstentbundener sollen, wenn nur halbwegs genügende Garantien für ihre Erhaltung bei künstlicher Ernährung vorliegen, nicht von den eigenen Müttern gestillt, sondern künstlich ernährt werden; handelt es sich um spermatisch inficirte Früchte Mehr- entbundener, dann kann man getrost zur Ernährung an der Mutterbrust schreiten. | Kr.

Isid. Neumann (Wien): Wann hat man mit der Mercurial- behandlung der Syphilis zu beginnen? (Wiener klinische Rundschau 1897, No. 47/48.)

Es giebt zur Zeit kein Mittel und kein Heilverfahren, durch welches nach einer zweifellosen Syphilisinfeetion die constitutionelle syphilitische Erkrankung verhindert werden könnte. Das radicalste zu diesem Zwecke “empfohlene Verfahren, die Exeision des Primärafleetes, hat sich als erfolg- los bewiesen. Die ganze Syphilistherapie ist in Wirklichkeit nur eine sym- ptomatische; weder das Quecksilber noch irgend ein anderes Mittel oder Heilverfahren ist nach unseren jetzigen Kenntnissen im Stande, den Er- reger der Syphilis zu vernichten; keine Kur von irgend welcher Qualität und Dauer, weder Hydrargyrose noch Jodismus, vermag eme Sicherheit gegen den Eintritt von Recidiven bezw. tertiärer Syphilis zu geben. Wenn auch Quecksilber und Jod als Specifica gegen die Lues gelten können, so ist dies doch uur in dem Sinne zu verstehen, daß unter ihrer lege artis durchgeführten Anwendung die Syphilisproduete beseitigt werden. Aber auch nach der gründlichen Beseitigung der vorhandenen Syphilisproduete sind in den ersten Jahren Recidive sogar wahrscheinlicher als völlige Ge- nesung. Es soll daher mit der Anwendung des gegen die coustitutionellen Erscheinungen wirksamen Quecksilbers in der Regel auch erst dann be- gonnen werden, wenn diese Erscheinungen wirklich auftreten. Die prüven- tive Mercurialkur vor Eintritt der constitutionellen Erscheinungen hat zwar rasche Heilung des Primäraffeetes zur Folge, rasche kuvolution der intu- mescirten und mäßige Anschwellung der noch nieht gesehwollenen Lymph- drüsen, Protrahirung des Exanthems in variabler Dauer, Abschwächung des- selben in Bezug auf Zahl und Dimensionen der Efllorescenzen, aber noch in keinem Fall hat sie die constitutionelle Erkrankung verhindern können; die Entstehung und Persistenz schwerer Schleimhautaffeetionen der Mund- und Rachenhöhle sind sogar zweifellos durch dieselbe begünstigt; dazu kommt nun noch die durch die präventive Mercurialkur herbeigeführte Schwächung der Wirkung, mitunter sogar Wirkungslosigkeit des Queck- silbers.

Nach alledem muß die präventive Mercurialcur als therapeutische Regel für unzulänglich erklärt werden. Aber es kommen allerdings Aus- nahmefälle vor, in denen die Localisation oder die Qualität des Primär- uffectes oder auch beides zugleich die allgemeine Mereurialbehandlung er-

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fordern: so beim Sitz desselben an exponirten Stellen, wo leicht Ueber- tragung stattfinden kann; gröbere Defecte, die in Folge *der Entstellung, welche sie verursachen, hintangehalten werden müssen; sehr lästige und auf den Gesamtorganismus nachteilig wirkende Funetionsstörungen bestehen: ferner bei einem präputinlen Primäraffeet mit hochgradigem, umfangreichen. indurativen Oedem des Präputiums, starker Drüsenschwellung, Gangrän und Phagedänismus.

Was die Dauer der Mereurtalbehandlung betrifft, so muß dieselbe nicht nur bis zur gründlichen Beseitigung der vorhandenen Syphilissyimptome erfolgen, sondern sie muß der klinischen Erfahrung entsprechend noch eine gewisse Zeit über das Verschwinden der manifesten Erscheinungen hinaus fortgeführt werden. Dem Character einer symptomatischen Behandlung entsprechend soll die Mercurialbehandlung im Allgemeinen auch immer nur dann eingeleitet werden, wenn Krankheitssymptome aufgetreten sind. Die chronisch - intermittirende Behandlungsmethode (Fournier) liefert keine besseren Resultate als die symptomatische; die Behauptung, daB von den chronisch-intermittirend Behandelten ein geringerer Procentsatz von tertiärer Syphilis befallen werde, als von den lege artis symptomatisch Behandelten, ist emwandsfrei nicht erwiesen. Dagegen steht es fest, dab selbst eine die allgemein giltigen Regeln einhaltende Queeksilberkur nachteilig ist, wenn sie, wie bei der chronisch-intermittirenden Methode, zur Unzeit durchgeführt wird; bei solchen unzeitgemäßen und übermäßigen Mercurialkuren stellt sich eine auffällige Vulnerabilität der Schleimhaut der Mundhöhle und der obersten Partien der Atemwege ein, nicht selten auch des Verdauungstractus, Anämie ete. Eim antisvphilitische Behandlung von Syphilissyvmptomen völlig freier Individuen ist deshalb nur in Ausnahmefällen zulässig, so vor dem Eintritt in die Ehe. In diesem Falle ist die Inunetionskur als mildestes und am bestes bewährtes Heilverfahren anzuwenden. Ernst Samter.

Dr. Hugo Müller (Mainz): Untersuchungen über die Einver- leibung verschiedener Quecksilbersalben in die Haut. (Therapeutische Monatshefte 1896, No. 11.)

Verf. hat als Assistenzarzt an der von Herxheimer geleiteten derma- tologischen Abteilung des Krankenhauses in Frankfurt a. M. Untersuchungen über die Vorzüge der neuen Salbengrundlagen im endermatischer Syphilis- behandlung gegenüber der aus Schweimeschmalz und Hammeltalg zusammen- gesetzten grauen Salbe gemacht. In Betracht kamen Resorbin, Mollin und Vasogen, sie sollten nach der Angabe anderer Autoren die Uebelstände der gewöhnlichen Schmierkur beseitigen oder mildern, besonders das anstrengende Hineinreiben in die Haut, die Verunreinigung der Leibwäsche und das Auf- treten der Mercurialekzeme. Gleichzeitig suchte er die verschiedenen Me- thoden der endermatischen Einverleibung, die Einreibung, die von Herx- heimer empfohlene Emklatschung. wie die Teberstreichung nach Welaunder in ihrem Wert zu vergleichen, und zwar alles dies durch mikroskopische Untersuchung. Erschwert wurde die Untersuchung dureh den Umstand,

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daß die Haut verschiedener Individuen verschieden aufnahmefähig ist. Zuerst versuchte er die Methoden an einem Kaninchen, dessen Rückenhaut rasirt war, doch ließen sich die Einklatschungen auf der kleinen Fläche schlecht ausführen, man konnte also die Methoden nicht vergleichen, nur erkennen, wie das Quecksilber in der Haut deponirt wurde. Es wurden eine Woche hindurch nach der Inunetion Hautstückchen exeidirt und mit dem Gefriermikrotom geschnitten. Die Quecksilberkügelchen ließen sich deutlich von Pigmentkörnchen unterscheiden, sie waren abgelagert in den obersten Lamellen der Hornschicht, in den faltenförmigen Einsenkungen des Epithels, dann drangen sie den Haarschäften entlang nach außen von der Cutieula in die Tiefe und hafteten in den Mündungen der Talgdrüsen. Letzteres fand sich noch nach acht Tagen, das Quecksilber haftet also sehr fest und wird andererseits langsam resorbirt. Die Vergleichungen wurden an Menschen angestellt, die mit einem der vier angeführten Mittel einge- rieben, eingeklatscht oder überstrichen wurden. Die Excision der Hamut- stückchen fand nach 12 Stunden statt. "Ueber die Hautreizung möchte Verf. kein eigenes Urteil abgeben, das Quecksilberresorbin übertrifft nach Ledermann die offieinelle Salbe, ebenso soll sich in Bezug auf Reizlosig- keit das Mollin verhalten. Makroskopisch wurde Folgendes beobachtet: Resorbinquecksilber (331, pCt.) wurde in Mengen von 4,0 & eingerieben, nach drei Minuten ist nur noch ein grauer Spiegel vorhanden, die Haut ist noch etwas fett; reibt man weiter, so wird sie oft wieder schwarzgrau. Einklatschungen wirken in drei Minuten ebenso gut. Nach 12 Stunden ist die Haut trocken, die Wäsche sauber. Mollnum Hydrargyri (331/, pCt.) verreibt sich unter starkem Druck in 10 Minuten und ist dann die Haut trocken, weil das Hautfett durch das Präparat verseift wird. Einklatschun- gen sind nicht auszuführen. Nach 12 Stunden ist die Wäsche schwarz. Vasogenquecksilber (33!/, pCt.) läßt sich in fünf bis acht Minuten verreiben, der Druck muß etwas größer sein, als beim Resorbin. Einklatschungen gelingen in fünf Minuten. Nach 12 Stunden ist die Wäsche etwas fett, aber nicht schmutzig. Unmguentum Hydrargyri einereum (331;, pCt.) wird in 10—15 Minuten eingerieben, die Einklatschung dauert 5—8 Minuten. Bei der Einreibung bleibt die Haut stahlgrau, bei den Einklatschungen ver- schwindet der graue Farbenton. Die Wäsche bleibt nach den Einklatschun- gen sauberer als bei der Einreibung. Um einen möglichst genauen Ver- gleich zwischen den verschiedenen Salben zusammenzustellen,. wurden die— selben erst mikroskopisch untersucht, am feinsten waren Mollin und Vasogen emulgirt, Resorbin und die officinelle Salbe enthielten gröbere Kügelchen. Trotzdem drang aber die Resorbinsalbe viel schneller in die Haut als das Mollinquecksilber. Bei der mikroskopischen Untersuchung der vier Präparate ergab sich, daß bei allen Präparaten der Befund ziemlich gleich war, das Sualbenfett befand sich in den Einsenkungen der Epidermis, die Quecksilber- kügelehen in den obersten Lamellen der Hornschicht, den Einsenkungen, den Haarschäften entlang, aber nie in der äußeren Wurzelscheide. Es war ganz wie beim Thierversuch. Verglich man nun vier Patienten miteinander,

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die eine von den Salben besonders leicht aufgenommen hatten, so lagen die Quecksilberkügelehen am dichtesten in dem Epithel bei dem mit Resorbin- quecksilber eingeriebenen Patienten, Bei nòtiger Ausdauer erzielt man aller- dings mit allen Präparaten dasselbe, doch gelingt es beim Resorbin ent- schieden anı schnellsten. und das ist für beide Teile, den Einreibenden wie den Patienten, vorzuziehen, Ueber das Vasogen müssen noch weitere Er- fahrungen gesammelt werden. Es ist vorher erwähnt worden, dab beim unvorsichtigen Reiben mit dem Resorbin die Haut schließhieh wieder schwarz- grau wird, es ergab sich aber mikroskopisch, dab das Quecksilber nur aus den Einsenkungen herausgerieben war, nicht aus der Tiefe der Haarschätfte. Was nun die verschiedenen Methoden der Einverleibung betrifft, so läbt das Mollin nur die Einreibung zu, weil es zu trocken ist. Umgekehrt ist das Vasogenquecksilber zu feucht: so ist auch hier die Inunction das Beste, unter Umständen kann man noch die Einklatschung anwenden, Bei der offieinellen Salbe und dem Resorbin sind dagegen die Klatschungen sehr gut anzuwenden, sie ersparen Zeit und Schmerzen und verhüten die Be- schmutzung der Wäsche. Bei diesen Präparaten läbt auch die einfache Ueberstreichung nach Welander reiehheh Quecksilber in der Haut zurück.

J.

Dr. Hermann Metall: Notiz über die Anwendung der Soma- tose bei Syphilis. (Wiener klin. RnunIschau 1897, No. 36.)

Die schweren Schädigungen, welche der Organismus mitunter durch die Iuetische Durchseuchung erfährt, finden zumeist in Momenten ihre Ur- sache, welche sich auf die Körperbeschaffenheit des erkrankten Individuums beziehen. Unter den Alterationen des Körpers, bei deren Gegenwart die Syphilis schon in ihrer ersten Allgemeimeruption für das Individuum ver- hängnisvoll werden kann, spielen Ernährungsstörungen, wie Chlorose, Sero- phulose, Tuberculose und Folgezustände des chronischen Alkoholismus, die hervorragendste Rolle. Unter solehen Umständen leistet die mereurielle Behandlung oft genug dem Processe Vorschub, anstatt ihn zu bekämpfen. Um nun nicht von vornberem auf die wohlthuende Einwirkung des Mercurs verzichten zu müssen, hat Verf. seit mehreren Monaten bei herabgekommenen anämischen und kachecetischen Individuen, teils gleich nach dem Auftreten der Initiahmanifestation, teils erst beim Erscheinen des Exanthems (papulo- erustöse, ulceröse, ruplaähnliche Eruptionen) in ausgiebiger Weise von der Somätoseverabreichung Gebrauch gemacht. Dieser roborirenden Medication glaubt Verf. es vorwiegend zuschreiben zu können, dab er in keinem der behandelten Fälle der specitischen Behandlung mit hochdosirten Sublimat- injeetionen -5proe.) entraten mubte und auch Kein Fall wegen fortschreitenden Zerfalls der Infiltrate ein Sistiren der bereits eingeleiteten mereuriellen Kur indicirt erscheinen heb.

Die Assimilation der im Milch suspendirten Somatose ging stets in günstigster Weise vor sich, so dab die Hebung des Allxemembefindens für sich schon zur Abschwächung der Invasion beizusteuern vermochte. Bei

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der Natur des Krankheitsprocesses ist es einleuchtend, daß nur die pro- trahirte Anwendung des exquisiten Nährmittels für die Dauer den Erfolg garantiren kann. | Kr.

Dr. S. Munter (Berlin): Was leistet die Hydrotherapie bei Behandlung der Syphilis. (Deutsche Med.-Ztg. 1897, No. 54.)

Verf. ist ein Anhänger der Hydrotherapie bei der Behandlung syphi- litischer Krankheitserscheinungen, allerdings nicht etwa in dem Maße, dab die Hydrotherapie an sich ohne Anwendung von Quecksilber und Jod die Syphilis beeinflussen könne, aber er glaubt, daß eine vernünftig geleitete Wasserkur eine wertvolle Unterstützung der medicamentösen Behandlung sei. Verf. wendet die Wasserkur schon nach dem Auftreten des Initial- affeetes an, er betont aber ausdrücklich, daß die Wasserbehandlung an sich niemals das Auftreten der Erscheinungen der Allgemeininfection verhüten könne; er glaubt nur, daß eine solche Behandlung auf den Patienten psychisch gut wirke. Der Hauptwert der Hydrotherapie tritt nach seiner Meinung hervor in der Zeit der Quecksilberanwendung, gleichgiltig, welche Methode dabei gebraucht wurde. Die Vorteile während dieser Periode sind .nach ihm die, daß das Quecksilber leichter resorbirt wird; bei der endermatischen Einführung erkläre sich das schon durch den größeren Blutreichtum der Haut, ebenso sei aus diesem Grunde der Einfluß auf die localen Erscheinungen in der Haut besonders groß, wie überhaupt ein schnelleres Schwinden der secundären Erscheinungen zu constatiren wäre. Es seien geringere Dosen Quecksilber nötig und Intoxicationen kämen weniger leicht vor, weil das Quecksilber schneller durch Haut und Harn ausgeschieden würde, wie sich durch objectiven Nachweis feststellen läßt. Wichtig ist außerdem der Schutz, den hydriatische Proceduren gegen Erkältungen gewähren, die bei der Quecksilberbehandlung besonders häufig vorkommen. Vier Ansprüchen soll nach Verfasser die Wasserbehandlung genügen, Toxine und Quecksilber sollen schnell ausgeschieden, das Gefäßsystem soll tonisirt, es soll eine höhere Oxydation der Syphilistoxine angeregt und endlich eine leichtere Ein- wirkung des Quecksilbers auf die Noxe bewirkt. werden. Die vergrößerte Ausscheidung sucht Verf. durch Schwitzproceduren zu erreichen, die größere Tonisirung des Gefäßsystems dadurch, daß er jeder heißen Procedur eine kühle folgen läßt. Der dritten Indication will er durch ein besonderes Ver- fahren genügen, dessen Theorie allerdings etwas hypothetisch ist. Er will durch Wärmestauung ein künstliches Fieber erzielen, damit die N-haltigen Toxine schneller zersetzt werden. Das erreicht er dureh ein heißes oder Dampfkastenbad von 20 Minuten Dauer, darauf bewirkt er eine reichliche Schweißsecretion durch trockene Packung 1—1"/, Stunden lang, es folgen zur Tonisirung kühlere Proceduren. Auch zur Behandlung von Erschei- nungen, wie sie durch reichlichen Quecksilbergebrauch bedingt werden, der ja auch Erscheinungen an Haut und Schleimhäuten erzeugt, soll diese Therapie nützlich sein. Endlich soll sie bei Jodkaligebrauch geringere Dosen erforderlich machen und Jodismus verhüten. J.

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W.Watson Cheyne: On Operation in Some Cases of Tertiary Syphilis. (The British Medical Journal, 27. November 1897.)

Es kommen öfters Fälle von sehwerer tertiärer Syphilis vor, welche jeder Behandlung mit Quecksilber und Jodpräparaten, auch wenn sie in großen Dosen angewendet werden, hartnäckig trotzen. Solche Fälle können unter günstigen Umständen durch einen operativen Eingriff geheilt werden. C. führt hierfür zwei Beispiele aus seiner Praxis an: Einen jährigen Mann mit einer syphilitischen Ulceration auf der Wange, bei welchem die sorg- fältigste innere Behandlung erfolglos geblieben war; die Excision des er- krankten Gewebes mit nachfolgender plastischer Deckung der Lücke führte zu vollkommener Heilung, welche sich auch bei einer späteren Untersuchungg. mehrere Jahre danach, als von Bestand erwies. Der zweite Fall ähnlicher Art betraf eine 44jährige Frau mit symmetrischen Uleerationen an der Streckseite beider Vorderarme, welche auf dieselbe Weise geheilt wurde. C. weist darauf, hin, dab, ebenso wie die Syphilis der Haut auch die Syphilis der Knochen im den schwereren Fällen, welche anders nicht zur Heilung kommen wollen, sich für die chirurgische Behandlung eigne, indem die localen Erkrankungsherde, gerade wie dies auch bei der Behandlung der Tuberculose geschehe, auf operativem Wege entfernt werden.

Ernst Sanmter.

Clerisetti: Beitrag zur Prophylaxe der Syphilis. (Giornale della Reale Società d’Igiene 1897, VII.)

Die Erwägung, daß syphilitische Infection auf extragenitalem Wege leicht möglich ist, indem viele Syphilitiker Berufsarten angehören, die uns

mit Bedürfnissen des täglichen Lebens versorgen, und so bei Außeracht-

lassen der nötigen Vorsicht leicht das Virus übertragen können, führt Verf. zu folgenden Forderungen: Das Publikum ist über die Krankheit besser zu informiren, damit der geheimnisvolle Schleier, der über der Atleetion schwebt, gelüftet werde, insbesondere ist über die verschiedenen Wege der Infections- möglichkeit Kenntnis zu verbreiten, damit das Publikum durch eigene Vor- sicht. sich zu schützen lernt. s k

Eine obligatorische Anzeigepflicht ist vor der Hand, trotz ihrer Vor- züge, nicht möglich, doch sollte eine regelmäßige ärztliche Visitation mit möglichster Berücksichtigung der persönlichen Freiheit bei denjenigen Berufs- klassen eingeführt werden, die mit Nahrungsmitteln zu thun haben oder mit Gegenständen, die in häufige Berührung mit Hand oder Mund kommen. : L. Pulvermacher.

Messaglia: Prophylaxis gegen Infection beim Barbier. (Giornale della Reale Società Italiana d’Igiene 1897, III.)

Die Frage, wie man den Infectionen, denen man beim Barbier aus- gesetzt ist, vorbeugen kann, ist eine auch in ärztlichen Kreisen schon viel- fach erwogene; denn solche Infectionen gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten. In erster Linie führt Verf. Favus und Herpes tonsurans an,

——

denen sich Sycosis parasitaria zugesellt. Auch gewisse Fälle von Alopecie sind hier in Betracht zu ziehen, ebenso wie Herpes circinatus, Impetigo contagiosa ete. Hingewiesen sei auch auf Fälle von Uebertragung des Acarus scabiei, A. follieul. und der verschiedenen Formen von Pediculosis. Als einer der bedeutendsten, diese Frage tangirenden Factoren tritt aber das Moment der specifischen Infection auf diesem Wege hervor.

Diesen Möglichkeiten zur Infection stellt M. entgegen, was er an pro- phvlactischen Maßregeln bisher in der Praxis beobachtet hat. In einzelnen Läden war Subhlimatlösung vorrätig, wohl mehr zur Schau, als zum wirk- lichen Gebrauch, wegen der Schädlichkeit des Mittels für die Instrumente; bei anderen fanden sich alte Carbollösungen in Flaschen, die aus Scheu vor dem Geruch des Antisepticums wohl nie geöffnet wurden.

Diesen mangelnden Befunden gegenüber stellt Verf. folgende Forde- rungen auf:

Die Messer sollen in einer Lösung von Liqu. kal. caust. (Kal. caustic. tus.) 8: 1000 gewaschen, dann abgetrocknet und mit Watte, die mit 60proc. Alkohollösung getränkt ist, abgerieben werden. In jedem Barbierladen sollten zwei Flaschen mit diesbezüglichen Lösungen stehen.

Die Scheeren sind ebenso zu desinfieiren, müssen aber nach Art der chirurgischen Instrumente leicht auseinandernehmbar sein; die anderen Gebrauchsgegenstände können 10 Minuten lang in einem Spiritus- oder Gas- kocher ausgekocht werden, m dem man 50,0 Soda zu 3 1 Wasser setzt.

S Bürsten und Kämme müßten zu diesem Zwecke aus Metall her- gestellt sein.

Die Hände sind mit Wasser und Sublimatlösung zu waschen. Für Reinheit der Wäsche ist zu sorgen.

Zur sorgfältigen Durchführung dieser Bestimmungen müßte obrigkeit- liche Aufsicht stattfinden, und die Barbiere wären gewissermaßen durch von Aerzten abzuhaltende Curse über die Grundlagen der Antisepsis und Asepsis zu instruiren.

Wir können dem Verfasser beistimmen, wenn er die vorgeschlagenen Maßregeln zur Abwehr der Infection für ausreichend hält; über ihre Aus- führbarkeit auf der Basis der heutigen Verhältnisse dürfte man hingegen geteilter Meinung sein. L. Pulvermacher.

IV. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc.

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Delore: Operation de Uhvdroceële par l’eversion de la vaginale. (Lyon medical, 28. November 1897, pax. 385.) Erst durch Jaboulay’s Empfehlung hat die schon vor ihm hier und da mit Erfolg ausgeführte Operation, die Hydrocele durch Umstülpung der Tunica vaginalis radical zu heilen, sich Geltung verschafft.

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Die einfache und vorzügliche Velpeau’sche Methode Verf. zieht reine Jodtinetur oder eime Mischung mit Kampherspiritus aa. die im Hydro- eelensack zurückbleiben, allen anderen Moditicationen vor -— hat eine lange Heilungsdauer und Jäbt bisweilen im Stich. Die Incision oder partielle Excision giebt keine sicheren Radicalerfolge. Der von Bergmann'schen Operation macht Verf. den Vorwurf, dab sie schwierig In der Ausführung ist, viele Ligaturen erfordert und die Gefahr der Nachblutung setzt, welche eine Prima imtentio verhindert. Er giebt der Jaboulay’sehen Methode vor allen anderen den Vorzug: er rühmt ihre leichte und schnelle Aus- führbarkeit. die Geringfügigkeit des chirurgischen Eingriffs, die Unmöglich- keit eines Recidivs und die Schnelligkeit der Hetlung. Er beschreibt den Gang der Operation an einem Fall: Incision und Freilegung des Hydrocelen- sackes, Incision der Tunica vaginalis, Excision eines Drittels derselben, Um- stülpung des restlichen Teiles, der durch drei Catgutsuturen in der neuen Lage fixirt wird, Schluß der Serotalwunde, Jodoformdochtdrainage. Der Patient war nach 14 Tagen arbeitsfühig. R. Rosenthal (Berlin).

Domino: Ueber Neuralgien des Ductus spermaticus. (Semaine médicale 1897, No. 45.)

D. empfiehlt, die Neuralgien des Ductus spermaticus mit Methrlenblau in den üblichen Dosen zu behandeln. In einem Falle, in welchem schon wegen der überaus heftigen Schmerzen an Castration gedacht wurde, trat völlige Heilung nach Anwendung dieses Mittels ein.

Prof. Dr. Josef Englisch ın Wien: Ueber die neueren Behand- lungsmethoden der Prostatahypertrophie (Castration. Ligatur des Samenstranges, Organotherapie). (Wiener med. Wochenschr. 1897, No. 49—51.)

Für die Behandlung der vergrößerten Vorsteherdrüse lassen sich aus den Darlegungen des Verfassers folgende Grundsätze ableiten:

D In alen leichten Fällen können wir die palliative Behandlung in Anwendung bringen und selbe durch die Organotherapie unterstützen, welche letztere auch bei den übrigen Behandlungsmethoden angezeigt erscheint. Es gilt dies insbesondere bei furchtsamen Individuen.

2) Hieran schließen sich die Operationen am Samenstrange, von denen jedoch nur die Resection eines 3—4 cm langen Stückes neben Erhaltung des Hodens von Erfolg begleitet sein wird.

3) Die doppelseitige Castration hat emen rascheren Erfolg, wirkt aber meist deprimirend auf die geistige Funetion, wenn auch die von Einzelnen hervorgehobenen schweren psychischen Erscheinungen nicht der Operation in die Schuhe geschoben werden können.

4) Bleibt der Erfolg der genannten Verfahren aus, so hat die Anlegung einer Blasenfistel (Cvstostomatomie) den Vorzug vor den eingreifenderen

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Prostatomien, Prostatectomien, da gerade die Erfahrungen’ bei letzteren ungünstig lauten.

5) Mit der operativen Behandlung ist die Behandlung noch nicht ab- geschlossen, sondern sie muß palliativ noch lange Zeit fortgesetzt werden, um die Aufsaugung der Drüsensubstanz zu fördern. - Kr.

V. Blase.

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Dr. R. Versarı (Rom): Untersuchungen über die Musculatur der Blase. (Ann. des mal. genito-urinaires, October 1897.)

Der Erste, der eine Beschreibung der Harnblase gegeben hat, ist Galen; Fallopia erkannte zuerst die musculöse Natur der Fasern der Blasenwand; Spiegel benannte die longitudinalen Fasern als Detrusor urinae Cooper erklärte 1698 die Blase für eine Erweiterung der Ureteren. Zur Zeit sind die Gelehrten wegen der Frage, ob die Blasenmusculatur aus zwei oder drei Schichten besteht, in zwei Lager gespalten. Die Gründe für diese verschiedenen Ansichten beruhen großenteils darauf, daß das Untersuchungs- inaterial verschiedenartig ist. Es giebt Blasen mit einem leichten Grad von Hvpertrophie, ja die Anordnung der Fasern ist verschieden, Je nachdem der Tod bei gefüllter oder leerer und contrahirter Blase erfolgte.

V. benutzte daher nur normale Harnblasen; er blies sie mit Luft auf, ohne die normale Capacität zu überschreiten; einige Blasen ließ er im Beckensitus. um die Beziehungen der Musculatur zu den Nachbarorganen zu studiren.

V. unterscheidet wie die Mehrheit der Autoren am Corpus vesicae eine Vorder-, eine hintere und zwei Seitenwände und teilt die Tunieamuseulatur in drei Schichten: eine äußere mit longitudinalen, eine mittlere mit circulär verlaufenden und eine innere mit longitudinalen oder Netze bildenden Fasern; an der Vorderwand besteht die äußere Schicht aus längslaufenden glatten Fasern, die sich zu runden Bündeln vereinigen und sich durch ihre rosige Farbe und ihren Verlauf auszeichnen: sie bedecken (die Äußere Blasenfläche nicht vollständig; besonders an den Seitenwänden sieht man zwischen ihnen die tieferen Muskelschichten hindurch.

An einem mikroskopischen Schnitt dureh diese Schichten erkennt man, laß die Beckenaponeurose sich in der Höhe ihres Ansatzes an das Scham- bein verdickt und die Ligamenta pubovesicalia bildet. Diese Bänder dienen als Ursprung für zahlreiche äußere longitudinale Fasern, während die tiefen Fasern unterhalb der Bänder durchtreten und sich auf dem Knochen ver- mittelst einer Art Sehne anheften; die letztere kann als ein Teil der Ligg. pubo-vesicalia gelten, denn sie hat ihre Structur, ohne die histologischen Eigenschaften des Selmengewebes zu besitzen.

Bei manchen Blasen verlaufen die Muskelfasern, die aus dem Ligg. pubo-vesicale entspringen, von rechts nach links über die vordere Wand und umgekehrt und bilden Kreuzungen: bei anderen finden sich keine Kreuzungen, sondern die Faserzüge laufen beiderseits bis zur Mittellinie: hierbei gehen die Fasern, die sich in der Mittellinie finden, von der breiten Aponeurose aus, die-sich zwischen den beiden Ligg. pubo-vesicalia aus- dehnt. Die Bündel der Längsfasern der Vorderwand nehmen, je mehr sie sich von ihrem Ursprunge entfernen, an Dicke zu und bedecken fast die ganze Vorderwand der Blase: sie heben sich häufig scharf von denen der Seitenwände ab: manchmal verläuft ein Bündel quer über die Seitenwand und anastomosirt mit Bündeln der obertlächlichen Schicht der Hinterwand. Beim Weibe zweigen sich ab und zu die Muskelbündel. statt im unteren Drittel der Vorderfläche vereinigt zu bleiben, plötzlich ab und verlaufen nach den Seitenwandungen, wo sie mit den circulären Fasern der mittleren Muskelschicht, sowie mit Längsfasern der äußeren Schicht anastomosiren. Am Fundus der Blase couvergiren zahlreiche Fasern, besonders die der Mittellinie zum Urachus, während andere ihn schleifenförmig umgeben.

Die Längsbündel der Aubenschicht der Seitenwände sind nicht so reichlich entwickelt wie die der anderen Wände, sondern lassen grobe Lücken zwischen sich; sie entspringen größtenteils von der Seiten- und oberen Fläche der Prostata; doch giebt es auch Fasern. welche von der Oberfläche oder der peritonealen Seite der Beekenaponeurose entspringen; manche Fasern wiederum gehen von der seitlichen Aponeurose der Prostata, indem sie durch den seitlichen Venenplexus der Blase hindurehtreten. Manche Bündel in der Nähe der Harnleiter weichen von ihrer Richtung ab und umkreisen den Ureter, da wo er die Muskelschichten durchbohrt, bald in 8- Touren bald in Knotenform; andere verlaufen auf dem Ureter weiter, ganz nach Art der äußeren Längsfasern des letzteren.

Die Längsfasern der hinteren Blasenwand kommen, entgegen der herrschenden Ansicht, nur zum Teil vom oberen und hinteren Rande der Prostata her; ein anderer Teil dringt in die Gegend des Blasenhalses ein und steht mit dem Sphincter internus vesicae in Verbindung.

Die Schicht, welche die äußeren Bündel der hinteren Blasenwand bilden, hat eme mittlere Breite von 2", cn und ist bei allen untersuchten Blasen gleichmäßig entwickelt; im mittleren Drittel der Wand verlaufen einige Bündel nach den Seitenflächen. andere laufen nach dem Blasenscheitel und verschmelzen mit analog verlaufenden Fasern der Vorderwand: kleine mecdian stehende Bündel bilden in der Höhe des Blasenscheitels Ringe, welche den Urachus umgeben: auch sie anastomosiren mit analogen Fasern der Vorder- wand; im Centrum des so entstehenden breiten Faserringes scheinen die longitudinalen Fasern zu fehlen.

Was die übrigen Muskelschichten anlangt, so wurden sie an einem Einschnitt auf der Höhe des Blasenscheitels studirt: an der Vorderwand und auch den Seitenwänden der umgestülpten Blase finden sich von innen gesehen längsverlaufende Muskelbündel, die vom Blaseuscheitel nach dem

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Orific. int. urethrae und in die Harnröhre hinein verlaufen: sie bilden keine in sich geschlossene Schicht, sondern lassen zwischen sich große Lücken, durch die hindurch die Muskelfasern der circulären oder mittleren Schicht sichtbar werden; sie bilden eine netzartige Verzweigung: daher auch ihre Bezeichnung „plexiform“ stammt; nur in der Höhe der inneren Harnröhren- öffnung bilden sie eine mehr zusammenhängende Schicht; dagegen ver- schwinden sie schon in der mittleren Partie der Hinterwand; sie verschmelzen dort mit den tieferliegenden cireulären Fasern; in der Gegend des Trigonum fehlen die Fasern der inneren Schicht vollständig. Zwischen den Längs- fasem der inneren und äußeren Schicht verlaufen die Ringfasern der mittleren Schicht: sie sind stets gut entwickelt und berühren sich bei mittlerer Füllung der Blase. Sie bilden breite Bänder, die jedoch nicht immer parallel laufen, sondern auch Schleifen und Anastomosen bilden; außerdem giebt es Anuastomosen mit vielen Längsfasern der Aubßenschicht der Seitenwände wie auch mit den Längsfasern der Innenschicht; am Blasenscheitel bilden diese Fasern einen dieken Knäuel, in dem die einzelnen Schichten schwer von einander zu scheiden sind: namentlich an der Hinterwand ist dies der Fall. Dichtere Muskelbündel von Ringfasern giebt es in dem Trigonum. Da, wo der Ureter einmündet, bilden die Ringfasern ein besonderes stern- förmiges Geflecht.

Beim Weibe verlaufen die Muskelbündel der Blase noch unregelmäbiger als beim Manne; es beruht dies auf den verschiedenen physiologischen Phasen, welche die Urogenmitalorgane des Weibes durchmachen; daher sind auch die Blasen von Jungfrauen, Nulliparae, Multiparae deutlich von ein- ander zu unterscheiden. Mode.

Privatdocent Dr. Hermann Schlesinger, Assistent der III. mel. Klinik des Hofrathes Prof. v. Schrötter in Wien: Zur Physio- logie der Harnblase. (Wiener klin. Wochenschr. 1897, No. 47.)

Die an Tierexperimenten gewonnenen Resultate über die Localisation der Innervationscentren für die Blasenfunetionen können keinen genügenden Aufschluß für die Verhältnisse beim Menschen geben, weil gerade bei Säuge- tieren der Aufbau resp. die physiologischen Funetionen des unteren Rücken- markendes wesentlich andere sind als bein Menschen, Daher sind Fälle von umschriebener pathologischer Veränderung der Medulla spinalis, com- binirt mit isolirter Functionsstörung der Blase, von erheblicher theoretischer Wichtigkeit.

Verf. hat zwei hierher gehörige Fälle beobachtet.

In dem ersten Falle (61 jährige Frau) waren lange Zeit hindurch nur vage Krankheitserscheinungen vorhanden, die Patientin klagte Monate hin- durch über heftige Kreuzschmerzen und hielt die Wirbelsäule auffallend steif. Allmählich entwickelte sich nun em Symptomencomplex, welcher im Wesentlichen bestand aus: Lähmung des Detrusor vesicae, Lähmung des Sphincter vesicae, fortwährendem Abträufeln des Harnes, vollständiger Anästhesie der Blasenschleimhaut, Verlust des Gefühls für den Füllungs-

zustand der Blase. Nachdem dieser Zustand durch mehrere Wochen per- sistirt hatte, trat noch eine Parese des Sphincter ani mit Incontinentia alvi auf; Stuhl- und Harnabgang wurden nicht gefühlt, die Haut um den Anus, am Perineum, am äußeren Genitale war anästhetisch. Bei der Nekroskopie fand sich ein Carcinom des ersten Lendenw rbels und des zwölften Brust- wirbels vor, welches am unteren Ende des ersten Lendenwirbels imm den Wirbelcanal vorsprang und eine isolirte Quetschung des untersten Rücken- marksabschnittes herbeigeführt hatte. Die Quetschung betraf, wie die genaue histologische Untersuchung lehrte, das vierte Sacralsegment, und waren im Bereiche desselben die dorsalen Abschnitte des Rückenmarks vollständig destruirt.

Es waren also bei isolirter Läsion des vierten Sacralsegmentes des Rückenmarkes die Erscheinungen vorhanden, welche wir als characteristisch für Läsionen des Blasencentrums ansprechen müssen; wir müssen dem zu- folge das Blasencentrum in die Höhe des vierten Sacralsegmentes des Rückenmarkes localisiren.

Die Beobachtung wird in merkwürdiger Weise durch einen zweiten Fall ergänzt, der einen 50Jährigen Tagelöhner betraf. Hier war bei vor- handener, wenn auch verlangsamter Reflexthätigkeit der Blase eine halbh- seitige Destruction des Rückenmarkes in jener Höhe gesetzt worden, in welcher oben die Retlexcentren localisirt wurden. Es läßt sich dies nur dadurch erklären, daß eine Rückenmarkshälfte den Ablauf der Reflexactionen übernehmen kann, i. et, daß das unpaarige Organ, die Harnblase, ein paariges Reflexcentrum in der Höhe des dritten und vierten Sacralsegmentes besitzt.

Kr.

Dr. D. Gerota: Ueber die Anatomie und Physiologie der Harnblase. (Archiv für Anatomie und Physiologie, physiologische Abteilung 1897, pag. 428—472.)

Verf. hat die alte Frage: Besitzt die Harnblase Lymphgefüäbe und hat sie Absorptionsvermögen? zum Gegenstand einer erneuten Untersuchung im ersten anatomischen Institut zu Berlin und im physiologischen Labo- ratorium der tierärztlichen Hochschule zu Berlin gemacht und legt in der Arbeit die Ergebnisse, zu denen er gelangt ist, vor. Im ersten anatomischen Teil studirt er eingehend die Verteilung der Lymphbalmen in der Harn- blase. Nach einer Uebersicht über die verschiedenen Result te der früheren Autoren, die mehr oder weniger von einander abwichen, formulirt er sein eigenes Ergebnis folgendermaßen: Die Muscularis der Harnblase des Menschen und der Tiere besitzt eigene Lymphgefäße, während die Schleimhaut ihrer ganz und gar ermangelt. Die dieht unter der Mucosa des Trigonum vesicale befindlichen Lymphgefäbe gehören nur der Muscularıs an. Darauf beschreibt Verf. die von ihm angewandten Injectionsmethoden und giebt unter Beifügung der erforder- lichen Abbildungen den Verlauf der Lymphgefäße in der Blasenwand. In Bezug auf die Einzelheiten muß auf die Arbeit selbst verwiesen werden,

Wi Gesi: 4]. ze

Der zweite Teil der Arbeit ist der physiologischen Untersuchung der Absorptionsfähigkeit der Harnblase gewidmet. Die von den zahlreichen früheren Untersuchern in dieser Hinsicht gewonnenen Resultate wider- sprachen einander in weitem Maße: die eine Gruppe von Untersuchern fand, daß die Blasenwand vollkommen undurchlässig ist und brachte das Fehlen von Lymphgefäßen und die Anordnung der Epithelien in Beziehung zu der Undurchlässigkeit der Blasenwand. Die zweite Gruppe fand, daß die Blasen- wand ein gewisses Absorptionsvermögen besitzt, dabei nahmen einige der Untersucher das Vorhandensein von Lymphgefäbßen in der Blasenschleimhaut an, während andere dies in Abrede stellten und die Absorption durch Ver- mittelung des Venensystems vor sich gehen ließen. Verf. giebt eine historisch- kritische Uebersicht der einschlägigen Untersuchungen der früheren Forscher mit besonderer Berücksichtigung der von ihnen angewendeten Methoden. Sodann geht er zu einer detaillirten Beschreibung seiner eigenen Versuche über. Folgende Substanzen untersuchte er in Bezug auf ihre Absorption durch die Harnblase: Ferrocyannatrıum, Glukose, Harnstoff, Jodkalium und Blausäure; von Alkaloiden Stryohninum nitricum und sulfuricum, Cocain und Atropin. Die Tiere wurden narcotisirt; weibliche Hunde und Katzen boten die günstigsten Objecte, denn es gelingt bei ihnen leicht, das Collum vesicae zu unterbinden. Die Blase wurde stets durch die Laparotomie frei- gelegt, die Ureteren wurden unterbunden. In einzelnen Fällen wurde eine Canüle in einen Ureter eingeführt, um den während des Versuches secer- nirten Urin aufzufangen. Von Wichtigkeit für den Zweck der Untersuchung war vor Allem die Art der Einbringung der Versuchsflüssigkeit in die Blase. Der am häufigsten von den Experimentatoren beschrittene Weg war die Einspritzung der Lösung mit Hilfe eines in die Urethra eingeführten Katheters. Verf. ermittelte jedoch durch besondere Versuche, daß hierbei in Folge reflectorischer kräftiger Contraction der Musculatur der Blase Blaseninhalt in die Urethra eintreten kann. Ferner können durch’ Ein- führung eines Katheters sehr leicht Läsionen des Epithels der Blasen- schleimhaut eintreten. Verf. injieirte daher die Lösungen entweder durch eine in einen Ureter eingelegte Canüle oder durch Punetion der Blase. Bei letzterem Verfahren wird die Punctionsstelle mit einem Seidenfaden ab- gebunden, um die punetirte Stelle der Schleimhaut vor der Berührung mit der injieirten Lösung zu schützen. Was nun den Nachweis der Resorption der injieirten Flüssigkeit anbetrifft, so war die Methode je nach der Natur der Lösung verschieden. Bei der Ferroeyannatnumlösung z. B. wurde der von der Niere secernirte und direct aufgefangene Urm auf die Berlinerblau- Reaction untersucht, bei Glukoselösungen ebenso auf Zucker. Bei Injection von Harnstotllösungen wurde der Blaseninhalt selbst, indem durch Punection von Zeit zu Zeit Proben entnommen wurden, auf seinen Harnstotlsschalt (Kjeldahl’sche N-Bestimmung) geprüft. Bei Einbringung von Strychnin wurden die Tiere auf Intoxicationserschemungen beobachtet; nach Tötung der betreffenden Tiere wurde der in Niere und Ureter gefundene Harn Fröschen imjieirt, um ihn auf seinen Stryehningehalt zu prüfen ete. Auch

direct konnte Verf. die Diffusion durch die Blasenwand für Ferroevannatrium- lösungen nachweisen. Nach Injection der Lösung in die Blase in der oben angegebenen Weise wurde 4-5 Stunden später die Aorta abdominalis unter- bunden, im peripherischen Teile so kimge mittelst einer Canüle Wasser durchzgespült. bis die Blase blutleer war, darauf durch die Canüle Liq. ferri sesquichlorati 1: 1000 durchizespült. In den Gefäben der Blasenschleimhaut wurde mikroskopisch und makroskopisch durch die Blaufärbung die An- wesenheit des Ferroeyannatriums in den Capillaren constatirt. Ferner war die Berlinerblau-Reaction in der Intereellularsubstanz | Kittsubstanz ) vor- handen, während die Zellen selbst ungefärbt waren. Was Jodkalum an- langt, so gelingt es bei verdünnteren Lösungen nicht, Jod im Blut nachzu- weisen, dagegen bei concentrirten, welche stark reizend auf die Blasen- schleimhaut wirken, die Epithelzellen auseinanderdrängen, Ulcerationen der Schleimhaut hervorrufen. Verf. faßt alle seine Ergebnisse mit folgenden Sätzen zusammen:

(D Die Blasenschleimhaut stimmt mit den übrigen tierischen Membranen darin überein, dab sie Substanzen aus dem Hohlraum der Blase difundiren läßt.

2) Diese Diffusion vollzieht sich aber in Folge der besonderen An- ordnung und Dicke des Blasenepithels so langsam, dab man von einer physiologischen intravesiealen Absorption nicht wohl reden kann.

3) Dieselbe ist nur für Körper mit kleinen Moleeülen nachweisbar und dann auch nur nach langer Zeit und bei sehr concentrirten Lösungen. Die Alkaloide diffundiren wegen ihrer großen Molecüle nicht.

4) Wo die Diffusion stattfindet, vollzieht sie sich wahrscheinlich ganz besonders durch die Intercellularsubstanz.

5) Das Venensystem nimmt die Substanzen auf, welche die Blase durchdringen.

6) Die Ergebnisse früherer Forscher, die eine physiologische Resorp- tion der Blasenschleimhaut vertreten, sind durch technische Versuchsfehler herbeigeführt worden.

7) Bei der Urinverhaltung findet eine Diffusion zwischen dem Inhalt der Blase und dem der Blutgefäße statt. aber sie ist so schwach, dab sie für kein Symptom, welches man bei der Harnverhaltung bemerkt, verant- wortlich gemacht werden kann. R. L.

Guyon: Cystitis und Blasensteine. (\Wiener med. Bl. 1807, No. 15 und 16.)

Das gleichzeitige Erscheimen der Cystitis und der Blasensteine ist häufig, doch besteht zwischen beiden Krankheiten keine notwendige Wechsel- beziehung. Sie kann aber vorhanden sein und hat dann ihre Bedeutung für die Diagnose und die Art der Behandlung. Zunächst ist festzuhalten, dab Blasensteine keineswegs eine prädisponirende oder bestimmende Ursacho der Cystitis simd. Ein Blasenstein kann also sehr lange in einer gesunden Blase sem, ohne Cystitis hervorzurufen. Wo in einem solchen Falle Cystitis entsteht, entwickelt sie sich stets durch Katheterisiren oder nach Exploration

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mit septischen Instrumenten. Dagegen kann Cystitis Steinbildung hervor- rufen. Es sind drei Momente, welche dieselbe begünstigen, nämlich un- vollständige Blasenentleerung, alte und tiefgehende Blaseninfectionen und alkalische Harnreaction, und zwar ist der letzte Punkt der wichtigste. Alkalische Harnreaction begünstigt nämlich die Präcipitation der alkalischen Erden, welche im normalen und sauren Harn in Lösung bleiben. Bei Gegen- wart von kohlensaurem Ammonium, welches aus dem durch gewisse Blasen- fermente zersetzten Harnstoff entsteht, bilden die Kalkphosphate eine un- lösliche Verbindung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia. Dieses Prä- eipitat findet in der kranken Blase fernere günstige Umstände, die unaufhör- liche Epitheldesquamation, den Eiter und die Fermente; die Retention begünstigt die ammonlakalische Harnzersetzung. So entsteht der Stein. Diese Momente muß auch die Behandlung in's Auge fassen, um Recidive zu vermeiden. Ihre Hauptprincipien bestehen daher in Entleerung und Desinficiırung der Blase, sowie in der Bekämpfung der alkalischen Harn- reaction. Die Natur der Cystitis bei Blasensteinkranken ist genau dieselbe wie bei allen anderen Cystitiden. Man findet bei ihnen dieselben Mikroben wie sonst. Nur der Verlauf ist teilweise ein anderer. Zwar nicht derjenige der primären Cystitis, die mit secundiren Blasensteinen complicirt ist. Sie verschlechtert sich eben so sehr, wie jede andere Cystitis, wenn sie nicht behandelt wird. Dagegen heilt die secundäre Cystitis bei einem primären Steine (die, wie erwähnt, die Folge einer septischen Untersuchung ist) sehr leicht. Ruhe, die gewöhnlichen Infuse, eine allgemeine und locale Behand- lung führt da schnell zum Ziele. Die Steinkrankheit an sich ist eine schmerz- lose Affection, wie überhaupt die normale Blase gegen Berührungen äußerst tolerant ist. Tritt aber Cystitis hinzu, so wächst ihre Empfindlichkeit gegen Spannung und bei Berührungen und es entstehen partielle Contractionen der Blase, wodurch die Steine häufig eingeklemmt werden und sich so dem untersuchenden Instrumente entziehen. Die Gegenwart von Steinen contra- indicirt nie die gewöhnliche Behandlung der Cystitis. Im Gegenteil. Bei primären Steinen sind in der Therapie der Cystitis laue Getränke und cal- mirende Ausspülungen am Platze. Widersteht sie diesen Mitteln, oder handelt es sich um secundäre Steine, so muß man die locale Behandlung einleiten. Blasenspülungen sind hierbei absolut verboten, weil sie die Sensibilität und Contractilität der Blase erregen. Indicirt sind hier die In- stillationen mit 2—4 proc. Silbernitrat. Unter dieser Behandlung verschwinden sehr bald die Schmerzen und die partiellen Contractionen, und man kann dann zur Zertrümmerung der Steine übergehen. Ist die Blasenentleerung mangelhaft und droht die Harminfection, oder ist sie bereits eingetreten, so ist augenblickliche Sundirung am Platze. Wie schon aus Obigem hervor- geht, bildet die Cystitis auch keine Contraindication gegen die Behandlung der Steine, insbesondere nicht gegen die Lithotripsie. Wenn auch bei gewissen Fällen alter, hartnäckiger Blaseninfectionen der hypogastrische Schnitt in- dieirt ist, so wendet man doch behufs Entfernung der Steine in der groben Majorität der Fälle die Lithotripsie an. Sie ist einfach auszuführen und

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ohne bedenkliche Folgen. Die Operirten braucht man nicht länger als zwei bis drei Tage im Bette zu halten und es gelingt stets, bei Kranken mit Cystitis freilich erst nach der oben beschriebenen vorbereitenden Behandlung, die Blase völlig von Steinen zu befreien. Stets hat die Wegschatfung der Steine aus der Blase einen günstigen Einfluß auf die Cystitis. Man beob- achtet häufig, dab Steinleidende, die ihre Blase schlecht entleeren und Hamı- zersetzung zeigten, durch die Lithotripsie auch von «diesen Beschwerden befreit wurden. Und auch die Schmerzen und Contractionen der Blase bessern sich nach der Entfernung der Steine. Ritterband.

Alfons Hand (Wien): Zur Casuistik der Litholapaxien. (Wiener med. Presse 1897, No. 48.)

H. berichtet als Fortsetzung zu seinen früher mitgeteilten 18 Fällen über sieben weitere Fälle von Steinzertrümmerung. Dieselben verliefen sämtlich glatt, die Operation betrug gewöhnlich ca. %/, Stunde: die Patienten konnten am zweiten Tage das Bett und meist am vierten Tage mit klarem Harn die Anstalt verlassen. Bei einem Kranken traten am sechsten Tage, nachdem die Tage zuvor vollkommenes Wohlbefinden bestanden hatte und der Patient daher schon am vierten Tage entlassen worden war, plötzlich heftige Schmerzen in der Gegend der linken Niere und des linken Ureters mit Schüttelfrost auf; H. fand nun bei der Untersuchung im unteren Ab- schnitt des Ureters einen Fremdkörper, offenbar einen eingekeilten Nieren- stein. Unter symptomatischer Behandlung trat in drei Tagen Besserung ein; der im Ureter vorher feststeckende Stein war nun nicht mehr aut- findbar, er war offenbar abgegangen, wurde aber nicht vorgefunden. Seit- dem (ca. !, Jahr) ist das Befinden zufriedenstellend. Ernst Samter.

F. Ramond: Ueber eine neue Behandlung der tuberculösen Cystitis durch intravesicale Injection von sterilisirter Luft. (Bull. med. 1897, 3. Februar.)

Diese Behandlung ergab bei drei Fällen sehr gute Resultate und ist in folgender Weise leicht austführbar mit weichen sterilisirten Sonden und einer Hydrocelenspritze von 100 cem Inhalt. Ein kleiner Wattetampon innen am Ausgang der Spritze filtrirt die Luft vnd läßt dieselbe ohne Keime in die Blase gelangen. Man katheterisirt die Blase, entleert sie und injieirt dann 100 cem Luft in die Blase, welche nach dem Zurückziehen der Canüle leicht wieder aus der Blase entweicht. Dann injieirt man sofort 250 bis 8300 cem Luft und hält die Sonde zu, so dab die Luft ca. fünf Minuten mit der Blasenschleimhaut in Berührung bleibt. Die Sonde wird sodann rasch zurückgezogen und die Luft entweicht. Die Operation ist nicht schmerzhaft und wird bis zur vollständigen Besserung alle 2—3 Tage wiederholt. .

Die Versuche sind erst bei zu wenigen Fällen gemacht, um ein voll- ständiges Urteil über die Methode zu fällen, aber, wenn man auch nach drei Fällen die Indication noeh nicht sicher stellen kann, so ist doch die

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Methode einfach, unschädlich und hat gute Resultate ergeben. Sie kann daher vor jeder anderen Methode angewandt werden, besonders bei cachec- tischen Kranken, bei denen ein blutiger Eingriff unmöglich ist.

Verf. hatte noch keine Gelegenheit, seine Methode bei nicht tuber- culöser Cystitis anzuwenden.

Die injicirte Luft wirkt wahrscheinlich in derselben Weise wie bei tuberculöser Peritonitis. Es kommt aber noch als etwas Besonderes hinzu, die mechanische Ausdehnung der Blase und des Sphincter durch die unter Druck injicirte Luft, welche auf den Sphincter vielleicht ebenso wirkt wie die forcirte Dilatation desselben auf die Fissura ani.

Drews (Hamburg).

Jacob Frank (Chicago): Ein Fall von Hämaturie und eine merkwürdige Ursache derselben. (Wiener klinische Rund- schau 1897, No. 48.)

Es handelte sich um eine 42jährige Frau, welche seit sechs Monaten Blut im Urin bemerkte. Die Blutungen waren sehr profus, es schien, als ob im Urin mehr Blut als Urin zugegen wäre. Es bestand starker Harn- drang, Schmerzen waren nur in mäßigem Grade vorhanden. Unter Bett- ruhe, interner Behandlung und Auswaschungen der Blase trat innerhalb drei Wochen keine Besserung ein, und die Patientin wurde immer anämischer. F. kam auf die Vermutung, daß eine Ulceration der Blase vorliege, welche zy einer Arrosion der Gefäße und dadurch zur Blutung Anlaß gab. Die nunmehr vorgenommene Untersuchung mit dem Grünfeld’schen Cystoskop ergab aber, daß die Schleimhaut der Blase mit zahlreichen Harnsäure- krystallen bedeckt war, deren scharfe Kanten und Spitzen in das Blasen- innere hineinragten. Die zwischen den festhaftenden Krystallen freiliegende Blasenschleimhaut war ziemlich gerötet.

Zur Heilung der Krankheit wählte F. das Verfahren wie bei der Litho- tripsie ohne die vorhergehende Zertrümmerung. Er führte der Kranken unter Narcose den Evacuator nach Bigelow’s Methode ein und entfernte nun die an der Blasenschleimhaut festhaftenden scharfkantigen Krystalle; dieselben erschienen mit jeder Aspiration, als nichts mehr kam, wurde mit Waschen aufgehört. Es trat nach diesem Eingriff keine Blutung mehr auf, die Patientin erholte sich vollkommen und war auch zwei Jahre danach vollständig wohl. Ernst Sanitter.

Dr. J. Cohn: Therapeutische Erfahrungen über Urotropin. (Berliner klin. Wochenschrift 1897, No. 42.)

Prof. Nicolaier fand, daß unter dem Einfluß von Urotropm Harn- säure- bezw. Uratsedimente, die vorher in reichlicher Menge aus dem Urin ausfielen, nicht mehr zur Ausscheidung kommen, und daß das Verschwinden dieser Sedimente als Wirkung dieses Mittels auf die Harnsäure bezw. auf

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ihre Salze gedeutet werden muß. Gewissermaßen als Nebenbefund zeigte sich dabei. daß der chronische, auf Baecterieninvasion beruhende Catarrh der Blase günstig beinflußt wurde. Diese Wirkung konnte natürlich mit der harnsäurelösenden Eigenschaft in keinem directen Zusammenhang stehen, vielmehr lag es nahe, sie als innere Asepsis zu deuten.

Bei dem Fehlen einer genauen Indieationsstellung in Nicolatier's erster hierauf bezüglicher Mitteilung nahm Verf. an der Poliklinik des Prof. Dr. Posner an einer größeren Zahl von Cystitiden verschiedener Art und verschiedener Aetiologie eine Nachprüfung dieser Augaben vor. Er richtete sich dabei nach den von Nieolaier gegebenen Vorschriften. indem er das Mittel (bei Erwachsenen) in der Dosirung von 0.5 g in Pulverform drei Mal täglich anwenden lieb.

Das Urotropin (Schering) geht auberordentlich schnell in den Harn über; schon nach kurzer Zeit ist es mittelst der von Nicolaler angegebenen Reaction mit Bromwasser als orangefarbener Niederschlag im Harn nach- weisbar, der um so geringer ist. je später man nach der letzten Dosis unter- sucht. Nach 21 Stunden ist das Urotropin niemals mehr nachzuweisen.

Eigentlich ungünstige Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Die von Nicolaier und Löbiseh angegebene Steigerung der Diurese hat Verf. nicht beobachten können. Bei längerem Gebrauch entstand ab und zu leichte Magenverstimmung, die nach Aussetzen des Mittels sofort wieder verschwand.

Verf. bestätigt, dab in einer Anzahl von Fällen der Effect der Uro- tropindarreichung mit geradezu frappanter Schnelligkeit und Deutlichkeir eintrat. Es scheinen ganz besonders für das Urotropin empfänglich zu sein die gewöhnlichen chronischen Blasencatarrhe, wie sie nach Prostatahyper- trophie und Strietur auftreten. Die tubereulöse und acut gonorrhoische Form erwiesen sich als gänzlich refractär. Aber auch bei den günstigsten Fällen war meist zu constatiren, daß die Wirkung des Mittels zunächst nur so lange anhielt, als es gereicht wurde, beziehungsweise noch im Urin nach- weisbar war.

Daraus folgert Verf. in Uebereinstimmung mit Nieolaier’s zweiter Arbeit, daß es sich jedenfalls nicht um direete Ahtötung von Mikroorganismen, sondern höchstens um eine Entwicklungshemmung derselben handeln kann. so dab im späteren Verlauf der Krankheit keine Entwicklung neuer Gene- rationen von Mikroorganismen folgt. Vielleicht aber kommt überhaupt nur eine adstringirende Wirkung auf die Schleimhaut und keine antiseptische in Betracht. Hierüber müssen weitere Untersuchungen noch Aufschluß geben, die namentlich auch zu entscheiden habeu werden, ob das Mittel in der That, wie Löbisch es annimmt, als Formaldehyd die Blase passirt. Verf. ist der Formaldehydnachweis niemals gelungen. Erst wenn diese Frage völlig gelöst sein wird, wird es möglich sein, die Indicationen für die Anwendung des Urotropinms schärfer zu gruppiren, namentlich auch in Bezug auf (die Arten von Mikroorganismen, gegen die es sich wirksam erweist. Kr.

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Dr. P. Jottkowitz (Oppeln): Trauma und Incontinentia vesicae. (Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897, No. 10.)

J. berichtet über den seltenen Fall, daß ein Unfallverletzter eine In- continenz simulirt. Ein 34jähriger Arbeiter stürzte mit gespreizten Beinen auf einen eisernen Träger auf und erlitt eine starke Quetschung des Hoden- sackes und der Dammgegend. Die Folge war neben Schwellung des Hoden- sackes und Schmerzen starker Urindrang und Harnverhaltung. Doch konnte der Urin nach 24 Stunden schon spontan entleert werden. Es blieb nur ein beiderseitiger Wasserbruch zurück. der operativ entfernt wurde. Nach acht Monaten war das Heilverfahren beendet und wegen der noch bestehenden Schmerzen und Schwellung beider Hoden die Erwerbsfähigkeit als um 25 pCt. vermindert erachtet. Sieben Monate später klagte er zum ersten Male, daß sich seit seiner Entlassung aus ärztlicher Behandlung ein völliges Unvermögen, den Urin zu halten, ausgebildet habe; daneben beständen ziehende Schmerzen in den Hoden. Die Untersuchung ergab nun: Pat. ist ein gut genährter, kräftiger Mann, hat beiderseits Narben am Hodensack, von der Operation herrührend. Die Scheidenhaut des Hodens ist links stark verdickt, mit der Narbe verwachsen, so daß der Hoden selbst nicht durch- zufühlen ist; der Nebenhoden ist mäßig vergrößert, aber nicht abnorm druckempfindlich; dieselben Verhältnisse bestehen rechts, aber in geringerem Grade. Die Druckempfindlichkeit beider Hoden ist nicht abnorm; an den Narben bestehen keine Entzündungserscheinungen. Diese Veränderungen beruhen teils auf dem entzündlichen Proceß im Anschluß an die Verletzung, teils auf der seiner Zeit notwendigen Operation. Es handelt sich um bleibende Producte eines abgelaufenen Processes, nicht aber um noch bestehende Reste des Processes; sie bieten keine Grundlage für die vom Pat. ange- gebenen Beschwerden; möglich wäre nur, dab bei besonders heftigen An- strengungen durch Zerrung au der linken Narbe zeitweise Schmerzen aus- gelöst werden. Die Klage über unwillkürlichen Harnabfluß ist aber nicht erklärlich: denn entweder müßte bei directer Verletzung des Schließmuskels sofort nach der Verletzung das Leiden aufgetreten sein oder aber, wenn es sich um eine Zerreißung des hier verlaufenden Teiles der Harnröhre handelte, welche die Function des Sphincter vesicae beeinträchtigte, so müßte infolge narbiger Schrumpfung des Gewebes eine Verengerung der Harnröhre eingetreten sein. Diese würde ihrerseits zur Ueberfüllung des Blasenlumens, zur Ueberdehnung der Blasenwandung wie auch des Blasen- schliebmuskels führen, die Folge wäre die Leistungsunfähigskeit des letzteren, so dab aus der übervollen Blase nun der Urin andauernd abtropft. Beides trifft bei dem Pat. nicht zu. Er erscheint zwar stets mit nassem Hemd zur Untersuchung, doch fand ein dauernder Harnabfluß nicht statt; ferner ist eine Verengerung der Harmrölre absolut ausgeschlossen und der Schließ- muskel functionirt beim Katheterismus normal, auch die Blase ist nicht überfüllt und 300 ccm steriles eingeführtes Wasser vermag er in kräftigem Strahl zu entleeren, nachdem er sie vorher stehend fünf Minuten ohne Be- schwerden hatte zurückhalten können. Mode.

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VI. Ureter, Niere ete.

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1) S. v. Fedoroff, Privatdocent und I. Assist. an der chirurgischen Facultät von Prof. Bobroff (Moskau): Zur Cystoskopie bei blutigem Harn nebst einigen Betrachtungen über den Katheterismus der Ureteren. (Berliner klin. Wochenschrift 1897, No. 33.)

2) Dr. E. Holländer (Berlin); Ueber den diagnostischen Wert des Ureterenkatheterismus für die Nierenchirurgie. (Ibid. No. 34.)

3) Dr. Leopold Casper: Ueber den diagnostischen Wert des Ureterenkatheterismus für die Nierenchirurgie. Ent- xcenung auf den gleichnamigen Aufsatz des Herrn Dr. Holländer in No. 34 der Berliner klinischen Wochenschrift. (Berliner klinische Wochenschrift 1897, No. 38.)

v. Fedoroff berichtet zunächst über einige Fälle von Blutungen aus dem Urogenitaltractus, deren Sitz sich weder klinisch, noch chemisch und mikroskopisch feststellen ließ, schnell und sicher aber durch die Cystoskopie bestimmt werden konnte.

Der erste Fall betritt emen jährigen Mann, der mit der Klage über blutigen Harn in die chirurgische Klinik kam. Er erkrankte etwa vor zwei Jahren und sieben Monaten. Ganz unerwartet traten Schmerzen in der rechten Seite auf, so daß der Kranke ein Krankenhans aufsuchen mußte, wo er eine Wasser- (Vichy-) und Milchkur durchmachte. Nach etwa zwef Wochen waren die Schmerzen vorüber, so daß der Kranke das Krankenhaus als geheilt verließ. Nach sechs Monaten traten aber wieder Schmerzen auf, die nicht so heftig und langdauernd waren und sich vorwiegend in der linken Seite und Lendengegend localisirten. Vor etwa 19 Monaten trat beim Kranken plötzlich die Unmöglichkeit zu uriniren ein; er ging zum Arzt, der einen. Blasenstein diagnostieirte und dem Kranken ein warmes Sitzbad und ruhiges Liegen auf der Seite vorschrieb. 12 Stunden später konnte der Kranke schon von selbst harnen und bemerkte dabei zum ersten Male Blut im Harn. Bald darauf stellten sich wieder Schmerzen in der rechten Lendengegend ein, und der Kranke wurde in eine Privatklinik aufgenommen. wo man ihm sieben Tage nacheinander Blasenspülungen verordnete. Der Kranke verließ die Privatklinik in vollkonnmenem Wohlsein. Im Januar 18% fing das Blutharnen wieder an, und dazu gesellte sich schwieriges Hamen. Der Kranke wurde in die urologische Klinik aufgenommen, wo er während 1!/, Monaten mehrmals bougirt wurde. Das Blutharnen hörte jedoch nicht auf. Im Mai 1896 kam 13 Tage ununterbrochen blutiger Harn. Die Blutungen traten nun immer häufiger ein. der Kranke verlor mehr und mehr

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an Kräften und wandte sich im Februar 1897 an die chirurgische Klinik. Die Cystoskopie ergab, daß sich aus dem rechten Ureter reines Blut ergoß. In Folge dieses cystoskopischen Befundes und der klinischen Erscheinungen von Schmerzen in der rechten Nierengegend wurde «die Diagnose eines Tumors (Sarcom) der rechten Niere gestellt. Die Operation bestätigte die Diagnose.

Dieser Fall beweist nach Verf. die große Wichtigkeit der Cystoskopie für die Frühdiagnose der Nierenleiden. Auch hat jetzt, Dank der Cysto- skopie, die Diagnose der ziemlich häufigen und zuweilen auch Jahre lang dauernden Blasenblutungen aus kleinen (etwa stecknadelkopfgroßen) Papil- lomen am Sphincter und an der Blasenschleimhaut viel an Schwierigkeit verloren. Unter einigen anderen Fällen kam v. F. in diesem Jahre auch folgender interessanter Fall zur Beobachtung:

Frau G., 58 Jahre alt, kommt in die Klinik mit Klagen über blutigen Harn schon seit 12 Jahren. Zum ersten Male bemerkte die Kranke blutigen Harn während einer, damals unbestimmt gebliebenen Erkrankung, die mit hoher Temperatursteigerung verfloß. Nach vier Tagen hörte die Blutung auf, um nach einem halben Jahr, nach einer langen Fahrt im Wagen, wieder anzufangen. Seitdem traten immer fast jedes zweite Jahr Blutungen auf, die sich an eine Erkältung oder irgend welche stärkere Aufregung au- knüpften. In der letzten Zeit wurden die Blutungen immer häufiger, und ‘vom April 189% an hatte die Kranke fast ununterbrochen blutigen Harn. Blutcoagula im Harn kamen nicht vor. Der Harn, von saurer Reaction, enthält Spuren von Eiweiß und wenige Leukocyten, viele rote Blutkörperchen. Die Stelle der Blutung (Blase oder Nieren) bheb immer unbestimmt. Bei der Cystoskopie konnte Verf. an der unteren Peripherie des Sphineters eine Menge kleiner Papillome sehen, vou «denen mehrere gestielt aussahen. Außerdem konnte man noch zwei ganz kleine Papillome auf der linken Blasenwand auffinden, von denen eimes ganz deutlich blutete. Die beiden Ureterenmündungen sahen normal aus, und es spritzte immer ganz klarer Hirn heraus.

Als Beweis dafür, daß der Katheterismus der Ureteren uns außer der Beschaffenheit des Harnes einer jeden Niere auch über ein Hindernis im Ureter Auskunft geben kann, führt v. F. folgenden Fall au:

Der Kranke, ein 24 Jahre alter Kellner, wurde m emem Krankenhause vor 13 Monaten wegen linksseitiger Hydronephrose so operirt, daß der per laparotomiam eröffnete Hydronephrosensack in die Bauehwunde eingenäht wurde. Es entstand eine Harmfistel, die am Ende des 13. Monats nach der Operation, als der Kranke die Klinik aufsuchte, zwischen 500 600 cem Harn secernirte. Bei der Cystoskopie erwies sich die Inke Ureterenmündung normal. Der in den linken Ureter eingeführte Katheter stieß aber jedes Mal auf einer Höhe von 5 cm auf ein Hindernis, das er nicht passiren kounte; Harn floß auch nicht aus dem Katheter heraus. Diagnose: Hinder- nis im unteren Teil des linken Ureters, etwa 5 cm von der Blase entfernt. Eine von Prof. Bobroff ausgeführte Laparotomie bestätigte die Diagnose:

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es wurde aus dem linken Treter ein Stein entfernt, der eben etwa 5 cm weit von der Blasenmündung entfernt lag.

Die zweite Arbeit, von Dr. E. Holländer, hat den Zweck. vor einer kritiklosen Ueberschätzung und Verallgemeinerung des Ureterenkathete- rismus zu warnen, welcher einerseits keinen indifferenten Eingriff darstellt, andererseits neben der Möglichkeit eines Nutzens in vereinzelten Fällen aber auch zu folgenschweren Irrtümern in Diagnose und Therapie Veranlassung geben kann.

Was zunächst die Gefährlichkeit des Eingriffes betrifft, so wird die- selbe von Niemand geleugmet. Es ist theoretisch gar nicht von der Hand zu weisen, dab ein Instrument, welches in 50 pCt. der Fälle schon bei ge- sundem Harnleiter eine Blutung hervorruft, nicht ungefährlich sein kann. namentlich wenn man berücksichtigt, dab der Ureterkatheter wegen seines Materials und wegen seines capillaren Lumens der Desinfection die größten Schwierigkeiten entgegensetzt und bei selbst steril eingeführtem Instrument dasselbe vor seiner Einführung in einer erkrankten Blase leicht infticirt werden kann. Man muß gewib zugeben, daß in einer Reihe von Fällen der Eimgriff schadlos ertragen wird; aber es entzieht sich unserer Beur- teilung, wie oft er schädigend wirkt. Wenn Casper angiebt, daß er, ab- gesehen von einer stärkeren Blutung, keine Schädlichkeit gesehen hat, so ist damit kein Beweis für die Ungefährlichkeit geliefert; denn das zeitliche Intervall zwischen dem gesetzten Trauma und dem Manifestwerden der Infeetionsfolgen kann recht groß sein. Wenn bei einer einseitigen Blasen- und Nierentubereulose der bislang gesunde Ureter der anderen Seite durch den Katheterisinus inficirt wird, so kann bei dem schleichenden Gang der Tuberculose vielleicht erst nach Monaten der bisher elandestin verlaufende Proceßb in die Erscheinung treten, so daß die Beziehung des Ureterkathete- rismus zur später auftretenden Erkrankung nieht nachweisbar in die Er- scheinung tritt.

Trotzem könnte man nach Verf. die Gewißheit, in dem einen oder anderen Falle einmal eine Schädlichkeit in den Organismus zu bringen, mit in den Kauf nehmen, wenn die Methode practisch die Thesen wirklich er- füllte, welche Casper in seiner Monographie als bewiesen aufstellt:

1) „Der Harnleiterkatheterismus gestattet die Unterscheidung, ob die Blase oder die Niere oder ob beide Sitz der Erkrankung sind.“

2; „Wenn eme Nierenaffeetion als sicher vorhanden angenommen wird, vermag der Ureterenkatheterismus in vielen Fällen, in denen lediglich die Freilegung einer Niere zur Klarheit in der Diagnose führen würde, ohne diese Aufschluß zu geben, in welcher Niere die Krankheit besteht, oder ob sie doppelseitig ist.“

3) „Wenn eine Niere als,krank erkannt ist, so giebt der Ureteren- katheterismus in der Mehrzahl der Fälle Aufschluß über das Vorhandensein der Gesundheit bezw. Leistungsfähigkeit der anderen Niere.“

4) „Der Harnleiterkatheterismus läßt uns ein Hindernis im Ureter mit Sicherheit dkugmostieiren.®

In der That aber werden, wie Verf. nun eingehend darzuthun versucht, diese Thesen durch die Methode practisch nicht erfüllt.

Verf. kommt also zu dem Schluß, daß die Nierenchirurgie in ihrer Indicationsstellung bisher keinen wesentlichen Nutzen aus dieser Methode zu ziehen vermocht hat. Dennoch ist H. weit davon entfernt, der Methode jeden Wert abzusprechen. Es kommt ihm principiell darauf an, zu zeigen, daß man in der weitaus größten Zahl der Fälle ohne die gesonderte Harn- aufsaugung auskommt und daß dem Katheterismus der Ureteren nicht die souveräne Rolle zukommt, die ihm von specialistischer Seite beige- messen wird. |

Dr. Holländer wendet sich gegen die Anwendung des Katheterismus resp. der Sondirung des Harnleiters einmal, weil ihn die Methode zu ge- fährlich erscheint, zweitens, weil er ihren Wert für die Diagnose nicht au- erkennen kann. Dabei richtet sich sein Angriff ausschließlich gegen die diesbezügliche Arbeit Dr. Casper’s. Was den ersten Punkt betrifft, so gründet sich Holländer's Ansicht auf eine Angabe Kutner's, der zufolge die Ureterenkatheter schwer zu sterilisiren seien, ferner darauf, daß die beim Katheterismus vorkommenden Läsionen die Infection begünstigen, daß endlich Casper’s Beobachtung, wonach er bei zahlreichen Fällen keine Infection gesehen habe, nicht beweisend sei, da das zeitliche Intervall zwischen dem gesetzten Trauma und dem Manifestwerden der Infectionsfolgen recht grob sein kann.

Darauf erwidert C., dab Kutner zwar die Ansicht ausgesprochen habe, die Ureterenkatheter seien schwer zu sterilisiren, aber keinen experimentellen - Beweis dafür geliefert habe. C. dagegen hat sich durch bacteriologische Versuche überzeugt, daß die Ureterenkatheter recht gut zu sterilisiren sind. Das ist aber nicht die Kernfrage, weil ja thatsächlich der Ureterenkatheter in der Blase durch ein nicht immer steriles Medium geht. Deshalb ist die Möglichkeit der Infection gegeben. Diese hat C., wie er hervorhebt, scharf betont und ausdrücklich die dem Katheterismus anzuschließende prophy- lactische Höllensteinspülung empfohlen. Ob nun bei der gegebenen Infec- tionsmöglichkeit unter den wünschenswerten Cautelen dennoch öfter eine Infection stattfindet, darüber kann nur die Erfahrung entscheiden. C. hat den Ureterenkatheterismus über 200 Mal ausgeübt, ohne auch nur ein Mal eine [Infection gesehen zu haben. Auch andere Autoren haben davon nicht berichtet.

Bezüglich der von C. ausgesprochenen Ansicht, daß der Ureteren- katheterismus eine Differentialdiagnose zwischen Cystitis und Pyelitis in besonders schwierigen Fällen gestätte, glaubt Dr. Holländer diese Diagnose auch ohne Ureterenkatheterismus stellen zu können und verstattet ihm nur eine Bedeutung in „kaum 1 pCt. der Fälle“ Er sagt: „Characteristisch ist die Complication mit Pyelitis durch den körperlichen Befund, die Urin- untersuchung, event. atypische Fieberbewegung, die Cystoskopie“.

C. giebt das für viele, keineswegs aber für alle Fälle zu, indem er hervorhebt, dab alle diese Zeichen fehlen können. Beweisender für das Be-

stehen einer Pyelitis als alle jene bekannten Symptome, die Dr. Holländer aufzählt, ist das Auffangen eiterhaltigen Harns direct aus der Niere. Oft wird man dessen entraten können, weil andere Syinptome genügend characte- ristisch sind; in anderen Fällen aber giebt allein der Ureterenkatheterismus die Möglichkeit der Diagnose.

Weiter glaubt Dr. Holländer, daß der Katheterismus der Ureteren auch zur Entscheidung der Frage, in welcher Niere bei emer als sicher vorhanden angenommenen XNierenaffeetion die Krankheit bestehe, wenig practischen Wert habe,

C. giebt zu, daß man für die Mehrzahl der Nierensteinfälle den Kathete- rismus entbehren kann. Es erübrigen nur jene Fälle, in welchen diese Entscheidung weder durch Palpation, noch durch die subjective Empfindung des Kranken, noch durch andere Umstände erschlossen werden kann, in denen nichts weiter als einige rote Blutschatten im Harn nachweisbar sind. Hier nun soll der TUreterkatheterismus zur Entscheidung der Frage. von welcher Seite jene Blutschatten stammen, nach Holländer im Stich lassen, da nach Cs eigenen Untersuchungen die Methode an sich in 50 pCt. der Fälle Blutung hervorruft.

Hier hat Dr. Holländer zwei Momente auber Acht gelassen. auf die Casper mit großem Nachdruck aufmerksam gemacht hat. Man kann nämlich schon, wie C. bemerkt, den Blutkörperchen ansehen, ob sie durch den Katheterismus verursacht worden sind, oder ob sie aus der Niere stammen. Von den letzteren sehen emige öfter frisch aus, immer aber findet man ältere, ausgelaugte, sogenannte Blutschatten dabei. Die durch den Katheter bedingten Blutkörperchen sehen stets frisch aus, kenntlich durch ihre Gestalt und rote Farbe.

Dann hat C. ausgeführt, daB das Verhalten der Blutung emen Rück- schluß über die m Zweifel stehende Frage gestattet: „Kommt der Harn (durch den Harnleiterkatheter) zunächst blutig, aber nach dem Weiter- aufwärtsschieben des Katheters wieder blutfrei zum Vorscheim, so handelt es sich um eine artificielle Blutung; ist er durchgehends blutig und die Blutmenge auch nach dem Verschieben des Katheters sich ungefähr gleich- bleibend, so kann man die Blutung als eine genuine ansehen.“

Mit diesen beiden Hilfsmitteln kann man nach C. ausnahmslos eine genuine von einer künstlichen Blutung unterscheiden. Wenn aber Bacillen im Harn vorhanden sind, so werden sie leichter im Nierenharn, d. h. in dem durch den Uretherkatheter aufgefangenen Harn der kranken Seite ge- funden, als im Blasenharn. Demn sie sind in jenem in relativ größerer Menge vorhanden, als in dem Blasenharn, der durch den Hinzutritt des gesunden Harms der anderen Seite verdünnt worden ist.

Auch das will Dr. Holländer nicht gelten lassen, daß, „wenn eine

Niere als krank erkannt ist, der Ureterkatheterisinus in der Mehrzahl der Fälle Aufschluß über das Vorhandensein, die Gesundheit, bezw. Leistungs- fäbigkeit der anderen Niere giebt“, wie Cs These lautet. Findet man, meint H., bei feststehender Krankheit der einen Niere durch den Treter-

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katheterismus auch Eiter und Albumen in der anderen. so beweist das letztere keine Nephritis, so wird der Eiterbefund den Chirurgen nicht ab- halten, einer dringenden Indication zu genügen. Findet man aber albumen- freien Harn, so kann darum doch die Niere nephritisch oder amyloid er- krankt sein.

Was zunächst die Würdigung des gefundenen Albumens betrifft. so giebt Dr. Casper zu, dab das Schwierigkeiten machen kann. Es gelingt aber dem geübten Diagnostiker meist, die von Dr. Holländer in's Auge sefaßten toxischen Fälle von wahren Nephritiden zu unterscheiden. Sie zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus. dab die characteristischen körper- lichen Bestandteile der Niere. die verschiedenen Arten von Cylinder, im Ham fehlen; auch ist die Albumenmenge geringer als bei der eigentlichen Nephritis. Demnach liegt es gerade umgekehrt, wie Dr. Holländer sagt. Haben wir dureh den Ureterkatheterismus eine geringe. auf eine toxische Nephritis hindeutende Albuminurie der als gesund vorausgesetzten Seite festgestellt, so wird die an der anderen Niere vorzunehmende Operation um so dringender erscheinen. Wir haben also dem Ureterkatheterismus die Eruirung einer Thatsache zu verdanken, die auf andere Weise aufzu- decken unmöglich ist und deren richtige Deutung unser Handeln zum Heile des Kranken bestimmt.

C. hatte in seiner Monographie behauptet: „Der Harnleiterkatheterismus läbt uns ein Hindernis im Ureter mit Sicherheit erkennen.“ Demgegenüber sagt Dr. Holländer: Das entspricht nicht ganz den Thatsachen. Das Stecken- bleiben der Sonde im Ureter brauche nicht dem Incarcerationssitz zu ent- sprechen. Er begründet das damit, dab oft mehrere Steine im Ureter liegen und nicht immer der unterste der obturirende ist oder ein Stein eine unge- wöhnliche Ausdehnung hat, oder daß Strieturen oder ein Spasimus unterhalb eines höhersitzenden Concerementes das Hindernis abgeben könnten.

Hier handelt es sich, wie C. hervorhebt, um allerhand Ausnahmen und Seltenheiten, auf die einzugehen eigentlich keinen Zweck hat. Was die Strieturen des Ureters betrifft, so wird nach C. derjenige, der die Methode versteht. die Resultate derselben so zu würdigen verstehen, dab jene Ver- wechselungen auszuschließen sind. Strieturen im Ureter unterscheiden sich von Steineinklemmung dadurch, daß die ersteren zwar das Vordringen des Katheters hemmen, ebenso wie die incarcerirten Steine, aber dab sie den Ausfluß von Harn durch den Katheter im Gegensatz zu jenen nicht ver- hindern.

Daß nun der Sitz des einklemmenden Steines von Bedeutung sei, meint. auch H.. aber er sagt, ob er in der Pars intermedia oder höher sitzt, das kann man dureh bimanuelle Palpation fühlen. Das trifft jedoch nach C. nur für das Weib zu. Einen Stein im untersten Teil des Ureters beim Manne mag man zuweilen fühlen können, öfter Jedoch wird das mibglücken.

Kr.

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E. Hurry Fenwick (London): Clinical remarks on catheteri- sation of the male ureters under electric light. (British medical Journal, 15. Januar 1898.)

Der Ureterenkatheterismus ist zweifellos von grobem diagnostischen Werte. Wer sich mit Aussehen und Lage der Ureterenmündungen im cystoskopischen Bilde vertraut gemacht hat und emige manuelle Geschick- lichkeit besitzt. wird im Stande sein, die meisten Ureteren in wenigen Minuten zu katheterisiren.

Voraussetzung ist die Benutzung eines geeigneten Instrumentes. Als solche bezeichnet Verf. die Ureteren-Cystoskope von Nitze und Casper. Er selbst giebt dem Casper’schen Instrument den Vorzug, weil es die Möglichkeit gewährt, durch Verschieben des am hinteren Ende des Katheter- canals gelegenen Ringes mit der Katheterspitze Exeursionen in großem Winkel zu beschreiben. Mit Vorteil wendet er Coceain an; zur allgememen Narcose zieht er das Chloroform dem Aether vor. Eine Stunde vor der Untersuchung läßt er reichliche Flüssigkeitsmengen genieben. Er warnt davor, die Untersuchungen in der Spreehstunde vorzunehmen; mehrstündige Bettruhe ist nach solchem Eingrifl geboten.

Schwierigkeiten, die sich aus verschiedenen Gründen der Auttindung der Harnleitermündungen entgegenstellen, lassen sich häufig durch Färbung des Harns vermöge interner Darreichung von Fuchsin tin Pillenform eine Stunde vor der Untersuchung) überwinden: doch wird nicht in allen Fällen der Farbstofl durch die Nieren ausgeschieden.

Mit gutem Erfolge benutzt F. bei Frauen für die Diagnose von Harn- leitersteinen, die viel häufiger, als man es annimmt, die Ursache von Nieren- schmerzen und -Coliken sind, mit Metallspitze versehene Harnleiterkatheter; diese Untersuchungen ergeben beim Manne wegen der vielen Biegungen

des Katheters wenig Resultate, sind aber jedenfalls verbesserungsfähig, vielleicht durch Benutzung des Mikrophons. R. Rosenthal (Berlin).

G. T. Vaughan (Washington): A case of single fused kidney. (New York Medical Journal 1897, Vol. 66, No. 20, pag. 659.)

Ungleich seltener als die Hufeisenniere oder gänzliches Fehlen einer Niere ist vollkommene Doppelbildung (ren duplicatus). Verf. fand diese seltene Mibbildung bei der Section eines 38jährigen, an eitriger Peritonitis nach Dünndarmresection gestorbenen Mannes. Niemals hatten im Leben Beschwerden von Seiten der Niere bestanden. Die Harnuntersuchung hatte keine Anomalien ergeben.

Beide Nebennieren sind gut entwickelt und in normaler Lage. Die linke Niere fehlt, an Stelle der rechten Tut eine 18 cm lange Masse, die aus einem verticalen und einem etwa im rechten Winkel dazu liegenden horizontalen Teil besteht; die hintere Fläche ist flach und glatt, die Vorder- tläche zeigt eine Abgrenzung in fünf Lobuli durch vier dem horizontalen Teil angehörende Furchen. Der rechte Treter, 32 cm lang, entspringt aus

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dem an der Innenseite des verticalen Teiles gelegenen Hilus; der linke, 27 cm lang, nimmt aus dem an der Vorderfläche des horizontalen Teiles gelegenen Hilus semen Ursprung, kreuzt die rechten Tliacalgefäbe,. um längs der linken V. iliaca com. nach abwärts zu verlaufen. Zwei Nierenarterien und ein oberer Ast der dritten gehen zum Hilus des verticalen, der untere Ast der dritten und die vierte von der linken Aortenseite entspringende Nierenarterie zum horizontalen Nierenteil: sie teilen sich in der Niere m zwei resp. drei Aeste. Die Nierenstructur ist normal, das Gewicht der Nierenmasse incl. Nebenniere, Ureteren, Blase und entsprechendem Aorten- teil beträgt 525 w.

Eine Zeichnung und zwei Photographien sind der interessanten Be- schreibung beigefügt. R. Rosenthal (Berlin).

Baginsky: Weitere Beiträge zur Pathologie der Nieren- erkrankungen im Kindesalter. (Arch. f. Kinderheilkunde, Band XXI, Heft 3—6.)

I. Pyelonephritis im Kindesalter. Vier Fälle, alle bei Mädchen bis zum fünften Jahr, characterisirt 1) dureh das Auftreten schwerer, gastrisch-dvs- peptischer Symptome, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Schmerzhaftigkeit der Nierengegend und die langwierige Dauer dieser Erscheinungen. 2) Durch die bestehende Obstipation, in dem einen Falle unter gleichzeitiger Ab- sonderung membranöser Massen mit den harten, ballenartigen Fäces. 3) Durch die eigentümliche, wechselnde Beschaffenheit des Harnes, der von der vollen Norm absoluter Klarheit bis zu schweren Eiter- und Schleimbeimischungen varirt. 4) Durch einen ausgesprochenen, wenngleich nicht regelinäbig inter- mitfirenden Fiebertypus. 5) Durch das Vorhandensein von reichlichen Mengen von B. coli (Reincultur) im Harn.

Der Verlauf ist gutartig. Ther. alkalische Wässer, leichte Laxantien. ln einem Fall erfolgte schnelle Heilung bei Gebrauch von Creosot 0,5:50 Vin. Xerense, 2 Mal täglich ein Theelötfel.

II. Lymphomatose der Niere (Leukämie, Tubereulose, Pyelonephritis‘.

Amonatl. Mädchen, seit 10 Tagen mit Fieber, Unruhe, brennendem Urin erkrankt. Linke Niere palpabel, schmerzhaft, Urin eiweibhaltig, ent- hält Nierenepithelien, Leukoevten, rote Blutkörper, Tuberkelbacillen. Ver- lauf unter Fieber, Dyspnoe bis zum Tode am 17. Krankheitstage.

Section: Linke Niere weich, matsch, vergrößert, schmutzig graugelb. Rindenzeiehnung sehr undeutlich. Stellenweise hat die Rinde eine käsige Beschaffenheit und auf der Oberfläche dieser Stellen sieht man vereinzelte iniliare graue Knötchen, ebenso im der Marksubstanz Ureter und Nieren- becken dilatirt, ohne Knötchen oder Ulcerationen.

Rechte Niere ebenso, Tuberkelbaclllen im Ausstrich. In der Blase erbsengroße, hämorrhagische Stelle, keine Tuberculose.

Mikroskopisch zeigt sich die Niere durchsetzt mit enormen Haufen von zu ausgedehnten, geschwulstartigen Gebilden zusammengepreßten Lymph- körperchen, so dab echte Iymphomartige Gebilde zu Stande konnen. Tuberkel-

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hacillen nicht zu finden, stellenweise Kokkenhaufen. In der Leber im An- schluß an die Pfortaderstämmehen kleinzellige Infiltration. keine Knötchen-

bildung. Der Fall ist schwierig zu deuten. Main kann an secundäre eitrige Infection einer schön tubereulösen Niere denken doch ist keine eigent-

liche eitrige Einschmelzung vorhanden. Immerhin ist jedenfalls ein ascen- dirender bacterieller Proceb mit im Spiel. Auch die Deutung als acut tuber- eulöser und septischer Proceß ist von der Hand zu weisen, da die Knötchen nichts von der Structur der Tuberkel zeigten. Solehe Lymphomknötchen sind nur der Leukämie eigen. Ein definitiver Entscheid kann mangels der Untersuchung von Blut und Knochenmark nicht gegeben werden.

IIT. Nierensarcom bei einem 11, Jahr alten Kinde. Sarcomatöser Tumor vom Character des Spindelzellensareoms mit groben Massen Ivmphomatöser Einlagerungen. ausgehend von Hilus der rechten Niere, der von hinten her nach oben und vorn vordringend, in die Leber hineingewachsen war. Klinisch bestanden diagnostische Schwierigkeiten wegen zeitweiser Fieberanfälle und tluctuirender Stellen, die, zusammengehalten mit einer Kurz vorhergegangenen Omphalitis auch an Nierenabeeß, andererseits an Echinococcus denken lieben, sowie wegen der Unmöglichkeit. den Entscheid zwisehen Leber- und Nieren- tumor zu geben. Der Harnbefund bot nichts Characteristisches. Im Uebrigen nur mäßige tubereulöse Veränderungen der Bronchialdrüsen und ein eigen- tümlicher, makroskopisch wie eine sarcomatöse Metastase erscheinender Knoten in der Lunge, der sich mikroskopisch als echt tuberculös erwies.

. Finkelstein.

W.Jahnel: Zur Casuistik der Harnstoilfausscheidung durch die äussere Haut. (Wiener med. Presse 1897, No. 46.) Phyvsiologisches Vorkommen des Harnstoffs im Schweiße wurde zuerst aus der Krvstallisation des NaCl in Form von Octaedern vermutet, bald darauf durch Landerer’s Analysen bestätigt. Bei dem Wechselspiel zwischen Harn- und Schweißbabsonderung kann eine pathologisch vermehrte Harnstoflausscheidung durch die Haut bei Urämie und Cholera-Asphyxie nieht befremden. Die durch vermehrte Schweißseeretion hervorgerufene Mace- ration der Epidermis, die Bildung von Zersetzungsprodueten des Harnstofis, wie Ammoniumearbonat, die vermehrten flüchtigen Fettsäuren bedingen den bekannten urmösen Geruch solcher Schweibe. Bisweilen fand man eine derartige Vermehrung des Harnstofls, daß er nach Verdunsten des Schweibes an Barthaaren, Gesicht, Hals und oberen Brustpartien auskrvstallisirte. | Verf. liefert einen casuistischen Beitrag zu so excessiver Hamstof- ausscheidung, die sich bei chronischer Nephritis acht Tage vor dem au Uränmme erfolgten Tode durch reichlichen Niederschlag von weiblichen Krystallen und kystallimnischen Schüppehen im Gesicht und besonders an der Haargrenze bemerkbar machte. Durch zahlreiche mikrochemische Unter- suchungen und Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl wurde der Beweis er- bracht, daß es sich um reinen Harnstoff handelte. R. Rosenthal (Berlin).

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S. Watjoff (Berlin): Ueber den Fettgehalt des Blutes bei Nierenkrankheiten. (Deutsche medicin. Wochenschrift 1897, No. 35.)

Nach v. Jaksch und v. Noorden tritt eine pathologische Lipämie auf bei chronischem Alkoholismus, Nephritis, schweren Fällen von Diabetes mellitus und bei Verletzungen des Rückenmarks; nach Gumprecht ferner bei Phthisis, Dyspnoe, CO -Vergiftung, Suppressio mensium, Graviditas, Fett- sucht, Icterus, hohem Fieber, Typhus, Malaria, Milzentzündung und Cholera; nach Senator bedürfen alle diese Angaben noch der Bestätigung. Für die Nierenkrankheiten hat W. auf Anregung von Gerhardt auf der 2. medi- cinischen Universitätsklinik zu Berlin jene Angaben nachgeprüft. Zur Be- stimmung des Fettgehalts bediente sich Verf. im Anschluß an Gumprecht des mikroskopischen Verfahrens. Mit dem sorgfältig gereinigten Scalpell wird ein Einstich in ein Ohrläppchen des Patienten gemacht, das heraus- quellende Blut auf zwei Deckgläschen ausgestrichen, und diese werden auf dem Objectträger in einen Tropfen 5proc. Osmiumsäure gebracht. Ein auf diese Weise hergestelltes Präparat wird sofort naß und später trocken unter dem Mikroskop mit Objectiv No. 7 untersucht. Die Fetttropfen färben sich mit Osmiumsäure schwarz; die im Blute des Menschen vorkommenden Tropfen erweisen sich auf diese Weise als sehr klein, etwa wie die kleinsten in Milch und Butter vorkommenden; sie sind alle von etwa gleicher Gröbe, rund, und erscheinen hell oder dunkel, je nach der Einstellung des Mikro- skops. Von beiden Deckgläsern wurden nun im Ganzen in 15 Gesichts- feldern die Fetttropfen gezählt, die Mittelzahl davon genommen und diese Zahl als Grundwert für die Vergleichung der Blutbefunde unter einander henutzt. Diese Methode giebt zwar keine absoluten Werte für den Fett- gehalt des Blutes, liefert jedoch relative Werte und kann deshalb zur Ent- scheidung der in Rede stehenden Frage benutzt werden. Es wurde das Blut von 6 gesunden und 30 kranken Personen untersucht. Unter den Kranken waren 14 Frauen und 16 Männer, die entweder an chronischen Nierenkrankheiten litten oder Veränderungen der Nieren im Gefolge chroni- scher und acuter Krankheiten aufwiesen. Eine Frau litt auder an Diabetes mit 3 pCt. Zuckergehalt ohne Eiweib im Harn an hochgradiger Polysarcie. Ihr Blut hatte die höchste Zahl von Fetttropfen, 8 Mal soviel wie das der Gesunden. Ein Fall von Nephritis interstitialis chronica, zeitweise ohne Albumen im Harn. zeigte nächst dem vorigen Fall die höchste Zahl der Fetttropfen, fast 5 Mal soviel wie die Gesunden. 8 Kranke mit geringem Eiweißgehalt des Harms hatten im Mittel 177, Mal soviel Tropfen wie die Gesunden. 20 Kranke, die reichlich Eiweiß im Urim hatten, zeigten 2 Mal soviel Fetttropfen wie die Gesunden. Klassificirte man die Nephritiden nach den Complicationen, so ergab sich, daß bei den Fällen uneomplieirter Nephritis der Fettgehalt relativ größer gefunden wurde. als bei den im Gefolge oder als Complication anderer Krankheiten auftretenden Nieren- affectionen. Die Vermehrung des Fettgehaltes in diesen Fillen stieg bis

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auf das Dreifache des bei Gesunden gefundenen Wertes, Jet also noch innerhalb der physiologischen Schwankungen und ist wohl in erster Linie durch die fettreiche Kost der Kranken zu erklären.

Hähnle: Ueber die Lebensdauer der an Retinitis albu- minurica Erkrankten. Aus der Tübinger Universitäts-Aussen- klinik. (Med. Corresp.-Bl. d. Württemb. ärztl. L.-V. 1897, No. 25.)

Bei der geringen Anzahl von Veröffentlichungen über den in Rede stehenden Gegenstand unterzog sich der Verfasser der Aufgabe, das Material der Tübinger Universitäts-Augenklinik und der Privatpraxis des Professors Schleich nach dieser Richtung zu bearbeiten. Er stellte diejenigen Patienten zusammen, bei denen durch den Augenspiegel eine Retinitis albuminurica festgestellt worden war und bei denen die Urinuntersuchung mit Sicherheit ein der Netzhautaflection zu Grunde biegendes Nierenleiden nachwies. Aus- geschlossen wurden Fälle von Retinitis albuminurica gravidarum und von nachweislich acuter Nephritis (nach acuten Infectionskrankheiten). Es er- gaben sich im Ganzen 101 Fälle. von denen 98 verwertet werden konnten. Die Mehrzahl der Patienten befand sich m höheren Lebensjahren (nach dem 30. Jahre). Von den 98 Fällen waren 81 Personen gestorben, und zwar von 60 Männern 54, von 38 Frauen 27. Von diesen starben mmerhalb des ersten Jahres 55 = 07,9 pCt., innerhalb der ersten 2 Jahre 67= 82,7 pCt. Nach mehr als 2 und bis zu 9 Jahren starben 14 Personen, und zwar 7 Männer = 13,2 pCt. und 7 Frauen = 26 pCt. Zur Zeit der Umfrage lebten von den 98 noch 17 Personen, und zwar 1 bis 7 Jahre nach Feststellung der Retinitis albumimuriea, darunter 6 Männer = 10 pCt. und 11 Frauen = 29 pCt. Ueberall tritt ein auffallender Unterschied zwischen Männern und Frauen zu Gunsten der letzteren hervor. Eine Zusammenstellung der bisher ver-

öffentlichten Statistiken zeigt, dal in den ersten zwei Jahren nach gestellter

Diagnose gestorben sind:

nach Stedlmann Bull von 109 Fällen 5 = 73 pCt.

s Miles Miley = Sb = öl = 100

Trousseau ir E, e 28 = 622

G. Possauer s ee 50 69.4,

»„ Verf.s Untersuch. „81. 67 = 827, Im Ganzen von 352 Fällen 271 = 76,9 pCt.

Hieraus schließt der Verf, qab die Prognose für die Lebensdauer der an Retinitis albuminuriea Erkrankten nicht so ungünstig ist, als bisher meistens angenommen wurde, dab sie für das weibliche Geschlecht um ein Bemerkenswertes günstiger ist, als für das männliche, und daß eine sach- gemäße Behandlung des zu Grunde Itegenden Nierenleidens nicht ganz so aussichtslos ist, wie vielfach angenommen wird.

Ritterband.

=. 50,

Hinshelwood (Glasgow): Ein Fall von vollständiger Rück- bildung einer Retinitis albuminurica nebst Bemerkun-

gen betreffs der Prognose derselben. (Brit. med. Journ., 8. Mai 1897.)

Ein 65jähriger Mann war an einem schweren, acuten, mit urämischen Erscheinungen verbundenen Morbus Brightii erkrankt, dessen Symptome sich allmählich zurückbildeten. Vier Monate später stellten sich Schstörungen ein, die innerhalb weniger Wochen derartig zunahmen, daß Pat. nur noch große Objecte unterscheiden konnte. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab das Vorhandensein einer typischen, ausgedehnten Retinitis Brightiü in beiden Augen. Urin blab, spec. Gewicht 1008, stark eiweißhaltig. Herz- hypertrophie oder Zunahme der arteriellen Spannung nicht vorhanden. Man verordnete absolute Milchdiät und milde salinische Diuretica, die später durch Stryehnin und Eisen ersetzt wurden. Schon nach zwei Monaten war das Sehvermögen erheblich verbessert, und auch die Eiweißmenge im Urin hatte sich sehr vermindert. Beide Symptome verringerten sich nun all- mwählich immer mehr. Nach einem Jahre war der Urin völlig eiweißfrei und das Sehvermögen normal, die Retinitis hatte sich bis auf einige kleine Pigmentflecke und eine schwache Sprenkelung rings um die Macula zurück- gebildet. Noch zwei Jahre später befand sich Patient in ausgezeichneter Gesundheit. |

Die Prognose einer Retinitis Brightii wird allgemein für absolut schlecht gehalten. Es wird angegeben, daß der Exitus letalis durchschnittlich 18 Monate nach dem Auftreten der Retinitis erfolgt. Hiermit stimmen auch die Erfahrungen des Vert To überein. Indessen bezieht sich das nur auf die chronische interstitielle Nephritis. Bei den acuten parenchymatösen Formen, zu denen z. B. die Schwangerschaftsnephritis zu zählen ist und zu denen offenbar auch der vorliegende Fall gehört, ebenso auch bei den gleichen subacuten Formen, ist die Prognose durchaus nicht hoffnungslos. Vielmehr gelingt es unter günstigen hygienischen Verhältnissen und durch eine geeignete Behandlung häufig, nicht nur die Nephritis, sondern auch die Retinitis zu beseitigen und das Schvermögen erheblich zu bessern oder auch ganz normal zu gestalten. Bevor man daher ein definitives prognostisches Urteil abgiebt, soll man sich allemal erst über den Character der vorliegen- den Nephritis genau informiren. Lw.

Sabino Coelho (Lissabon): Trois cas de nephrectomie dans les pyélonéphrites suppurées, suivis de guérison. (Revue de Chirurgie 1897, No. 11, pag. 891.)

Die Operation, welche bei der eitrigen Pyelonephritis vorwiegend in Betracht kommt, ist die Nephrotomie. Die Punetion ist nur ein diagnostisches Hilfsmittel, die Nephrectomie ist in Folge häufiger Erkrankung der zweiten Niere auf seltene Fälle beschränkt. Nach Hartmann ist ein chirurgischer

Eingri! dringend indieirt. wenn es zu Anurie kommt: notwendige. wenn bei unvollkommener Entleerung des Nierenbeckens Resorptionssyvmptoine auf- treten; discutabel m allen übrigen Fällen. Le Dentu unterscheidet 4 Formen, von denen die erste der inneren Therapie zugänglich ist: I) dauernde Pvurie, fieberloser Verlauf ohne Verdauungsstörungen und ohne Kräfte- verdall; 2) intermittirende Pyurie, Resorption mit fortschreitendem Kräfte- verfall: 33 dauernde Pvurie. Fortbestehen der Geschwulst und Seprieämie: 4) Aufhören der Pvurie, Vergrößerung der Geschwulst, Septicämie und Kräfteverfall. Die Größe der Geschwulst darf nicht mabgebend sein, da sie durch Fettmassen bedingt sein kann. Guyon betont. dab die Therapie nicht immer die Niere selbst in Angriff zu nehmen hat: oft genügt die Behandlung der Cystitis, event. die Cvstotomie, bisweilen die Beseitigung auberhalb der Niere hegender Krankheitsursachen. wie Ovanal- und Uterus- tumoren, im Harnleiter engeklemmter Steine, Prostatahypertrophie, Harn- röhrenstrietur.

Verf. giebt eime detaillirte Beschreibung von 3 glücklich verlaufenen Nephreetomien:

1) 39jährigge Frau, die vor 17 Jahren am dritten Wochenbettstage einen heftigen Fußtritt gegen die rechte Lumbalgegend erhielt. Dauernde Prurie, unveränderte Geschwulst, Fieber, Abmagerung, Schmerzen, Drspnoe. Zahl- reiche Adhäsionen erschweren die Operation, die dureh einen kleitien Darmrib bei Lösung der Verwachsungen complicirt wird. Die große Geschwulst be- steht aus 18 teils communieirenden. teils isolirten Taschen, die mit Eiter und 22 Phosphatsteinen gefüllt sind. Normales Nierengewebe ist nicht vor- handen.

2) Patientin bekam vor I} Jahren im Änschlub an die Application eines Cantharidenpflasters eine acute Cystitis nit Hämaturie. Mannigfache hysterische Symptome. Intermittirende Pyurie, intermittirendes Fieber, schwere Allgemeinsyimptome und fortschreitender Kräfteverfall führen zur Operation.

3) 3äjühriger Patient, der mehrmals eine Cystitis und vor drei Jahren eine chronisehe Urethritis acquirirte. Anfälle von Nierencoliken mit Tempe- rYaturstelgerung leiteten eine danernde Prurie ein. die Jahre lang mit internen Mitteln, Bädern und Blasenspülungen behandelt wurde. Fieber, Kräfte- verfall und schwere Allgemeinsyimptome indieiren die Operation. Die Niere wird stückweise entwickelt, das Operationsfeld mit stinkendem Eiter be- schmutzt.

Die Heilung verlief bei den ersten beiden Patienten fieberlos und glatt, bei dem dritten wuter anfünglichem hohen Fieber und Bestehen einer Kot- fistel, «die sich nach drei Wochen spontan schloß. In den ersten 24 Stunden wurden 400, 450 und 800 cem Urin mit dem Katheter entleert. Zwei Patienten sind seit vier Jahren, der dritte seit zwei Jahren gesund und bei gutem Kräftezustand.

Abbildungen der gewonnenen Präparate sind der Arbeit beigefügt.

R. Rosenthal (Berlin).

Ch. Pawlik: Pyonephroses et hydron&phroses. (Revue de gynécologie et de chirurgie abdominale, October 1897, No. 5.)

Verf., der schon wiederholt in der Litteratur den diagnostisehen Wert des Ureteren-Katheterismus betont hat, hat sich denselben für die Therapie der bei Frauen speciell im Anschlub an Wanderniere entstehenden Pvo- und Hydronephrosen mit bestem Erfolge nutzbar gemacht. Die Trias Harn- leiterkatheterismus mit Nierenbeckenspülungen, Nierenmassage und Nieren- bandage ist im Stande, selbst alte vorgeschrittene Fälle, die bisher der operativen Therapie anheimfielen, zu heilen. Nicht zu unterschätzen ist die Möglichkeit ambulatorischer Behandlung. von wesentlichem Werte für die Entleerung des Sackes die Massage, welche die Patienten selbst erlernen können. Eine Bandage nach Art eines gewöhnlichen Bruchbandes mit einer durch ein biegsames Kupferstück verstellbaren Pelotte, vom Instrumenten- macher Leiter angefertigt, wird empfoblen und an Abbildungen illustrirt; nur in einem der beschriebenen Fälle mußte eine kleinere Pelotte hinzuge- fügt werden. Spontan kommt eine Verkleinerung des Sackes bei Verhin- derung abermaliger Retention nur sehr langsam zu Stande, besonders wenn das Nierenbecken, lange über einen gewissen Grad hinaus gedehnt, seinen Tonus verloren hat; in wie weit Massage und die in einem Falle geübte directe Faradisation des Nierenbeckens zur Retraction Veranlassung geben können, läßt sich nach des Vert Ta Erfahrungen noch nicht bestimmt sagen; zweifellos wirken in dieser Beziehung sehr günstig Spülungen mit starken Silbernitrat- lösungen. Bei Anwendung von 0,3—05%o Lösungen gingen reichliche Epithelfetzen in blutig tingirter Spülflüssigkeit ab; der Harn blieb mehrere Stunden lang trübe, was durch Nachspülen mit indifferenten Flüssigkeiten verhindert wurde. 1% Lösungen hatten daneben oft unangenehme Nach- wirkungen, wie Frösteln, Nierenschmerzen, heftigen Harmdrang.

Eine weit größere Rolle als bei Hydronephrose spielen Nierenbecken- -waschungen bei Pyonephrosen. Bozeman, welcher sie zuerst bei Blasen- scheidenfisteln ausführte, benutzte die fast unwirksame Borsäure. Sublimat in Lösungen von 1:20000 und Argonin verursacht Schmerzen und wird schlecht vertragen; auch hier ist das souveraine Mittel Argentum nitricum in Lösungen von 1:3000 bis 1: 1000.

Verf. bricht eine Lanze für den von un angegebenen. freihändigen Ureteren-Katheterismus, dem nach seiner Meinung lange nicht die gebührende Beachtung geschenkt ist. Er geht so weit, zu behaupten, daß seine Methode, die nur eine genaue Kenntnis über die Beziehungen der Ureterenmündungen zur Blasenwand, etwas manuelle Geschicklichkeit und Uebung erfordert, eine weit größere Verbreitung gefunden hätte, wenn sie erst nach Ausbildung der complicirteren eystoskopischen Methode erfunden worden wäre Die letztere soll nur da zu Recht bestehen, wo. der freihändige Harnleiter- katheterismus in Folge abnormer Lage oder Beschaffenheit der Ureter- mündungen versagt. In diesen Fällen wendet P. sein Cystoskop, ein Simon- sches Speculum mit Handgriff, an, welches nach Dilatation der Urethra in

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Knieellenbogenlage der Patientin bei heller Tagesbeleuchtung einen guten Ueberblick über das leere Blaseninnere giebt. Bei mangelhaften Tageslicht benutzt er dasselbe Cystoskop. mit einem eleetrischen Beleuchtungs- und einem denselben ständig abkühlenden Irrigationsapparat versehen. Natürlich unterläßt er es nicht, bei dieser Gelegenheit von neuem seine Prioritäts- rechte gegenüber Howard A. Kelly ganz energisch zu wahren. Verf.» Versuche, einen Verweilkatheter im Ureter liegen zu lassen, mißglückten stets. Die Entfernung der von ihm angewandten englischen Katheter war schwierig und hatte recht unangenehme Folgen: er will in Zukunft fran- zösische Katheter benutzen, die Albarran ohne Schaden bis zu 33 Tagen im Ureter liegen lieb. |

Viele interessante Einzelheiten bieten die beschriebenen fünf Fälle, speciell die Krankengeschichte einer 47 Jähr. Frau, die seit einigen 20 Jahren an den Folgeerscheinungen einer nicht diagnostieirten Wanderniere litt und und im Jahre 1892 in einem trostlosen Allgemeinzustand in Behandlung kam. Besonders ungünstige Verhältnisse bot der Fall durch ein Divertikel des Pvonephrosensackes, das erst spät als solches erkannt wurde und nur schwer der Behandlung zugänglich war; viel Zeit wurde durch Versuche init Spülflüssigkeiten vergeudet, bis Verf. es wagte, die allem wirksamen Silbernitratlösungen anzuwenden: unvernünftiges Verhalten der Patientin kam hinzu. Aus allen diesen Gründen dauerte die Behandlung fast zwei Jahre, in deren Verlauf der rechte Ureter einige 70 Male freihändig kathete- risirt wurde; durchschnittlich wurden jedes Mal 6—10 Spülungen ausgeführt. Bemerkenswert ist, dab Argentum nitricum rasch die Streptokokken und Proteusarten im Urin zum Verschwinden brachte, dagegen die Staphylo- kokken nur in ihrer Virulenz schwächte. Pat. fühlt sich seit drei Jahren gesund.

Fall2. Cystitis, Ureteritis et Periureteritis bilateralis, Pyelitis dextra. Pyelonephritis sinistra. Die anormale Beschaffenheit der Ureterenmündungen machte den eystoskopischen Katheterisinus nötig. Argentum-Spülungen führten eine rasche Besserung der rechtsseitigen Erkrankung herbei. Ver- schlechterung der linksseitigen, Verschlimmerung des Allgemeinzustandes und Hinzutreten einer tubereulösen Fußgelenkserkranukung machten trotz des negativen Bactllenbefundes eine tubereulöse Aetiologie der Iinksseitigen Pvelonephritis wahrscheinlich.

Drei weitere Fälle betrafen Hydronephrosen. Em 22 Jjähriges Mädchen wurde lediglich durch Massage und Bandage von ihrem Leiden befreit, das jedoch bei Ablegen der letzteren sofort recidivirte; die Bandage hat seit einem Jahre neue Retention verhindert. Bei einer 37jährigen Frau mußten die eine Retraction des Sackes bezweckenden Argentumspülungen im vierten Schwangerschaftsinonat unterbrochen werden, weil der vergrößerte Uterus die Emführung des Katheters in den rechten Ureter nicht mehr zuließ. Bei einem 19jährigen Mädchen führte der freihändige Katheterismus zu

einer Infection mit Kokken, Proteus- und Coli-Bacterien, die durch Argentum- ? 3

Spülungen wieder beseitigt wurde, Immerhin em Beweis dafür, daß die

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Methode nicht frei von den Mängeln ist, die man den modernen eystoskopi-

schen Methoden zum Vorwurf macht. R. Rosenthal (Berlin).

Gayet: Traitement de I’hydronephrose par le retourne- ment de la poche à l'extérieur; résultat éloigné. (Lyon médical 1897, No. 51.)

Verf. berichtete im Lyon medical 1897, No. 16 über Jaboulay’s neue Operationsmethode umfangreicher Hydronephrosen durch Umstülpung des Sackes, der außerhalb der Wunde der Atrophie anheimfiel. Nach 11/, Jahren sah er die Patientin wieder, welche von ihren Beschwerden vollkommen befreit war. Urin klar, ohne Eiweiß; tägliche Menge ca. 1800 ccm. Im Verlauf der eingezogenen Narbe eine kleine granulirende Stelle. Die Lumbal- wand wird beim Husten durch eine eigroße, adhärente Geschwulst den Rest der atrophischen Niere hervorgewölbt.

R. Rosenthal (Berlin).

Joh. Merkel (Nürnberg): Nephroraphie während der Schwan- gerschaft. (Münchener med. Wochenschr. 1897, No. 81.)

Die 29jährige Patientin hat vor zwei Jahren bei einer Feldarbeit plötzlich einen äußerst heftigen Schmerz im linken Hypochondrium unweit der Milzgegend bekommen. Nach zweitägigen qualvollen Schmerzen ver- gingen sie allmählich bis auf ein kleines Residuum. In den folgenden zwei Jahren hat sich die Attacke zwei Mal wiederholt und hat zwei Mal fast drei Tage gedauert. Die letzte war vor 14 Tagen und mit Erbrechen, Auf- treibung des Leibes und Verstopfung verbunden. Die Untersuchung ergab im linken Hypochondrium eine palpable bewegliche Geschwulst, die sich leicht in die leere linke Nierengegend schieben hieß. Es lag also eine links- seitige Wanderniere vor, die drei Mal eine Torsion resp. Zerrung am Ureter erlitten hatte. Trotzdem die Patientin im vierten Monat gravide war, wurde die Nephroraphie beschlossen, weil von dem wachsenden Uterus eine Ein- klemmung der Gefäße der dislocirten Niere zu befürchten stand. Ferner lag die Gefahr der Hydronephrosenbildung durch Abknickung des Treters nahe. Die Methode der Operation war die extraperitoneale nach Simon. In den ersten Tagen nach der Operation stellten sich bedrohliche Er- scheimungen ein, die aber wieder verschwanden; 21, Monate nach der Ope- ration konnte Pat. als geheilt entlassen werden.

Palleroni (Palermo): Ein Fall von doppelseitiger Wander- niere. (Gaz. hebdom. 1897, No. 65.)

Die 37jährige Patientin, eine Krankenwärterin, empfand vor drei Jahren, als sie einen Patienten trug, plötzlich einen heftigen Schmerz in der Leudengegend, namentlich links. Von da an trat derselbe Schmerz vach jeder Anstrengung auf. Nor Ui: Jahren trat dann plötzlich ein über-

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REN.

aus heftiger Schmerz in der Lendengegend ein, und Patientin, die ihren Leib betastete, fühlte einen beweglichen Körper im Abdomen. Nach jeden Schmerzanfall stieg die Temperatur und die Urinmenge sank. Man stellte die Diagnose linksseitige Wanderniere und nähte dieselbe dann an.

Die Kranke wurde geheilt, kam aber nach einem Monat mit denselben Beschwerden zurück. Nun constatirte man auch eine rechte Wanderniere. die nun ebenso wie die linke behandelt wurde. Seitdem ist die Patientin

gesund. Hans Hirschfeld.

Bernoud: Ein Nierencarcinom. (Société des sciences médicales de Lyon, Sitzung vom Juni 1897.) Bernoud zeigte ein Nierencareinom, welches das stattliche Gewicht von 13 Kilogramm hatte. Es bestanden zahlreiche Metastasen in Milz. Leber und Lungen. Hirschfeld.

VII. Technisches.

F. Stockmann (Königsberg i. Pr.): Zur Technik der Harnröhren- injectionen. (Allg. med. Central-Zeitung 1897, No. 101.)

Die Wirkungslosigkeit der üblichen Injeetionstherapie bei Gonorrhoe beruht einesteils darauf, daß viele Patienten aus Ungeschicklichkeit den größten Teil des Spritzeninhalts daneben laufen lassen, anderenteils darauf, daß sie nicht die Energie besitzen, die injieirte Flüssigkeit durch Zuhalten des Orificium externum genügend lange in der Urethra zu belassen. Letzterer Umstand ist besonders zu betonen, hat doch Neisser erst jüngst empfohlen, die Protargollösungen ein Mal täglich 30 Minuten auf die Harnröhre wirken zu lassen. Um letzteres zu ermöglichen, hat Verf. nın eine Klemme, ähnlich den bekannten Quetschhähnen der chemischen Laboratorien gestaltet, con- struirt, welche nach erfolgter Injection und Compression der Eichel ent- weder im Sulcus coronarius oder in der Mitte der Eichel oder ganz in der Nähe des Orifictum angelegt wird; für letzteren Zweck eignet sich eine etwas kleinere Form der Klemme. Natürlich darf man sie nicht zu brüsk zusammenschnellen lassen, da dadurch Schmerz entstehen würde. (Das Instrument ist erhältlich bei Heldt & Wien, Königsberg ı. Pr., Steindamm, zum Preise von 0,75 Mk.)

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von NMuıschner & Stephun, Berlin SW., Kitterstr. 41.

-e M D e S ` mme, T. AE A.

—— —— —— —— N E —— a Eege

Ueber Leucoplacia vesicae.

Von

Dr. H. Lohnstein, Berlin.

Obwohl das Vorkommen von Leukoplacie im Gebiete des Urogenital- tractus nicht so extrem selten ist, wie es noch vor wenigen Jahren an- genommen wurde, ist dennoch unsere Kenntnis über diese Erkrankung so lückenhaft, daß deswegen schon die Berichterstattung über jede neue diesbezügliche Beobachtung gerechtfertigt erscheint. Die Leuko- placie der Blasenschleimhaut insbesondere bietet sowohl in diagnostischer wie prognostischer Hinsicht ein besonderes Interesse dar, weil sie selbst geübteren Beobachtern relativ häufig Anlaß zu Irrtümern auf Grund mangelhafter Erfahrungen über diese Atfection gegeben hat.

Von den bisher studirten und veröffentlichten Fällen von Blasenleuko- placie sind die meisten post mortem, oder doch, wenn intra vitam diagnosti- cirt, erst gelegentlich eines operativen Eingriffes als solche erkannt worden und haben nichtselten Anlaß zueingehenden anatomischen Untersuchungen dieser eigenartigen Schleimhautveränderung wegeben. Diesbezüglich ist auf die Mitteilungen von Rokitansky'), Löwensohn?) und Liebe- now), ferner auf die interessanten Untersuehungen von Posner!) über

3) Rokitansky: Lehrbuch der pathologischen Anatomie. Wien 1861, pag. 353, 354, 363.

2) Löwensohn: Ueber einen besonderen Folgezustand der epidermot- dalen Umwandlung des Harmblasenepithels. St. Petersburger med. Zeitschr. 1862, Teil II, pag. 225.

8) Fr. Liebenow: Ueber ausgedehnte Epidermisbekleidung der Schleim- haut der Harnwege, mit Bildung eines metastatischen Cholesteatoms am Zwerchfell, Marburg 1881.

9 Posner: Untersuchungen über Schleimhautverhornung (Pachydermia mucosae). Virchow's Archiv 1889, Heft NI, pag. 391.

diesen Gegenstand zu verweisen. Selbst Halle°), der alle ihm zugäng- lichen Fälle der Guyon’schen Klinik (7 Beobachtungen) in größter Sorgfalt studirt hat und sie ausführlich veröttentlichte, berichtet über keinen einzigen Fall, in welchem die Diagnose Leukoplacie intra vitam vor dem ersten operativen Eingriff gestellt wurde. Fast stets handelte es sich um gelegentliche Befunde bei der Autopsie von Kranken, die unter den Symptomen schwerer Uystopyelitis zu Grunde gegangen waren. Intra vitam, jedoch erst nach Eröffnung der Blase wurde das Leiden zum ersten Male von Cabot"), 1891 eonstatirt und als Pachydermia vesicae beschrieben.

Der Fall betraf einen 40jährigen Mann. der im Jahre 1870 mittelst Perinealschnittes von einem Blasenstein befreit worden war, Jedoch auch später an Hammdrang litt. Im Jahre 1889 wiederum spontaner Abgang eines Phosphateonerementes. Trotzdem Fortdauer der Schmerzen vor, währened und nach der Mietion. In dem Sediment des schleimig-eitrigen Urms fand man zahlreiche. teilweise in zusammenliegenden Haufen angeordnere Platten- epithelien. Bei der darauf in Narcose vorgenommenen Evacuirung des Blaseninhalts erfolgte Ausstoßung klemer papillomatöser. mit Kalksalzen untermischter Massen. Gelegentlich der in Folge dessen vorgenommenen Sectio alta fand man die Schleimhaut in der Gegend des Blasenhalses ver- diekt. von gelbweißer Farbe. in ihren oberflächlichen Schichten leicht von der Unterlage ablösbar. Das abgelöste Häutchen bestand aus Epithelial- zellen, welche ähnlich wie auf der Hautoberfläche angeordnet waren.

Abgesehen von diesem Fall, auf dessen Bedeutung Cabot selbst hingewiesen hat, finden sich in der Litteratur noch zwei Fülle von Halle und eine Beobachtung von Brik-Dittel, in welchen das Leiden wohl intra vitam, jedoch erst nach stattwehabtem operativen Eingriff erkannt wurde.

In den beiden Beobachtungen Halle’s handelt es sich um Patienten weiblichen Geschlechts. Der erste Fall (Beobachtung 6) betrifft eine 30 Jjähr. Frau, welche nach einem in Folge puerperaler Harnretention erfolgten Kathe- terismus fast beständig an Cystitis litt. Letztere verschlimmerte sich trotz localer Behandlung so, daß Patientin zur Zeit ihrer Aufnahme in die Guyon’sche Klinik 56 Mal pro die die Blase zu entleeren gezwungen war. Im Harn keine Tuberkelbacillen. Auskratzung der Blase ohne Erfolg. Die Untersuchung der hierbei entleerten Fetzen ergab nach Halle’s Ausführungen Wuücherung der oberflächlichen Schichten der Schleimhaut, insbesondere des Epithels, jedoch nicht die für Leukoplacie characteristische Keratinisation

5) Halle: Leucoplasies et eancroides dans l’appareil urinaire. Annales des maladies des organes genito-urinaires, Jum/juillet 1896.

6) Cabot: A case of eystitis with the formation of a thik epidermoidal sheet in the bladder (pachydermia vesicae) Americ. Journal of Med. Sciences,

Philadelphia 1891.

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der obersten Schichten des Epithels; wenigstens ist nirgends von einer Nichtfärbbarkeit des Kerns die Rede. Erst die später in Folge der fälsch- lichen Annahme eines Tumors ausgeführte Sectio alta führte zur Constatirung undurehsichtiger weißlicher Flecken im Gebiete des Blasenhalses (abgesehen von Ulcerationen im Bereich des Iinken Ureters). Aehnlich verhielt es sich in einem zweiten Falle (Beobachtung 7 Halle’s). Auch hier war in Folge der eystoskopischen Untersuchung die Diagnose Tumor der rechten Hälfte des Blasenhalses gestellt worden, während sich bei der in Folge dessen ausgeführten Sectio alta das Vorhandensein einer weiblichen, perlmutter- glänzenden, opaken Partie herausgestellt hatte, die inmitten entzündlich veränderter Schleimhaut sich befand.

In dem dritten von Brik’) mitgeteilten, von ihm und Dittel be- handelten Falle endlich wurde die Diagnose weder vor der Cystoskopie, noch gelegentlich der nach der Sectio alta ermöglichten Inspection der Blase, sondern (von Brik) nur auf Grund der im Sediment gefundenen verhornten Plattenepithelien gestellt. Die erst in Narcose mögliche Uystoskopie des an schweren Blasenbeschwerden seit längerer Zeit leidenden Patienten hatte außer einer entzündlichen Rötung der Blasen- schleimhaut die Anwesenheit zottiger, flottirender Geschwülste vor- getäuscht, welch’ letztere sich bei der Sectio alta als seichte, unebene Rasen herausstellten. Ob hier die Diagnose Leukoplacie überhaupt berechtigt war, möchte ich dahingestellt sein lassen, zum mindesten müßte sie doch, abgesehen von dem mikroskopischen Sedimentbefund, auch die makroskopischen Veränderungen der Schleimhaut zur Voraus- setzung haben.

Cystoskopisch (diagnosticirt ist, wenn man von zwei nur kurz er- wähnten Fällen Brik’s absieht, die Leukoplacie der Blase nur in den zwei ersten Beobachtungen, die Brik®) in seiner Arbeit mitteilt.

In dem ersten Falle handelt es sich um einen 37jährigen Patienten. Mehrmals früher an Gonorrhoe, mit Cystitis complicirt, erkrankt. In Folge einer hartnäckigen Cystitis, die in ihrer Acme den Patienten alle 20 Minuten zur Blasenentleerung zwang, wurde er von Brik mittelst Blasenirrigationen behandelt und soweit gebessert, dab eine Cvstoskopie möglich wurde. Letztere ergab: Vorhandensein unbeweglicher, in der Gegend des Blasen- grundes bis zu den Ureterenmündungen sich hinziehenden weiben Flecken, die, wie spätere Untersuchungen ergaben, allmählich au Größe zunahmen.

Auch in dem zweiten Falle handelte es sich klinisch um eine äußerst heftige, hartnäckige, im Anschluß an mehrfach durchgemachte Gonorrhoen entstandene Cystitis. Die Capacität der Blase war hier so gering, daß die

1) Brik: Ueber Leucoplacin vestcae. (Wiener medieinische Presse 1896, No. 36/37. 8) Brik: L. e.

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Cystoskopie in Narcose des Patienten vorgenommen werden mußte. Sie ergab das Vorhandensein weiber Flecken an der hinteren Blasenwand. sowie papilläre Excrescenzen am Blasenhalse.

An diese Beobachtungen schließt sich nun ein seit längerer Zeit in meiner Beobachtung bezw. Behandlung befindlicher Fall, dessen

Krankengeschichte ich folgen lasse:

56jähriger Drechsler. Im Jahre 1872 hat Pat. zum ersten Male einen Tripper acquirirt. Pat. ließ sich denselben zunächst von einem Kurpfuscher behandeln. Letzterer verordnete Injecetionen von Carbolseifenlösung, mit deneu zwei Mal täglich die Harnröhre behandelt wurde. Nach drei- bis vierwöchentlicher Fortsetzung dieser Kur trat Harnverhaltung und Stuhl- verhaltung ein, so daß Pat. die Hilfe eines Krankenhauses aufsuchen mubte. Hierselbst wurde mittelst Katheter unter starker Blutung die Blase entleert. Da auch an den nächsten beiden Tagen Patient spontan nicht zu uriniren vermochte, mußte er sich mehrere Tage in das Hospital aufnehmen lassen, wo ein Dauerkatheter eingelegt wurde; letzterer blieb 72 Stunden in der Harnröhre. Nach Beseitigung der Harnretention Tripperbehandlung mittelst

Injectionen sieben Wochen hindurch. Hierauf auf eigenen Wunsch ungeheilt °

entlassen, begab sich Pat. in die Behandlung seines Kassenarztes, von welchem er allmählich (wie er selbst angiebt, erst nach vier Jahren! von seinem Tripper befreit wurde. Von Complieationen hat Pat. im Verlaufe des ersten Trippers an einer rechtsseitigen Hodenentzündung gelitten. Außerdem im Jahre 1873 einen Schanker acquirirt, welcher olıne Hinterlassung emer sichtbaren Narbe durch örtliche Behandlung angeblich ausgeheilt ist. Vom Jahre 1876 ab hat Pat. noch an mehreren Trippern gelitten, die aber sämtlich ausgeheilt sein sollen. Sein jetziges Blasenleiden datirt Pat. von 1859 her. Nach seiner Meinung ist letzteres durch Erkältung m Folge zu leichter Bettdecke ent- standen. Pat. empfand zunächst Schmerzen während der Blasenentleerung, zumal im Beginn der Miction. Vermehrter Harndraug (5—6 Mal; während des Tages, 2—3 Mal während der Nacht. Allmählich wurde der damals im Bureau beschäftigte Patient durch sein Leiden so belästigt, dab er im Jahre 1892 einen Specialarzt consultirte. Dieser diagnosticirte Vorsteherdrüsenent- zündung und Blasencatarrh und ordnete eine Bougiekur an. Da trotz sechs- monatlicher Behandlung keine Linderung eintrat, wandte sich Patient an einen anderen Specjalarzt, von dem. gleichfalls ohne Erfolg, die Blasengegend drei Monate hindurch faradisirt wurde. Ein dritter Arzt versuchte, nach Angabe des Patienten, mittelst einer Schlinge eine Geschwulst, die er mittelst Cystoskop am Blasenhals entdeckt, hatte, ohne Erfolg zu beseitigen. Außer- dem wurden von letzterem längere Zeit medieamentöse Blasenspülungen gemacht. Da jedoch trotz zweijähriger Behandlung Pat. keine Linderung seiner Schmerzen erfuhr, so trat er m meine Behandlung ein (Juni 1896).

Statuspraesens. Pat., mäßig abgeinagert, zeigt, abgesehen von seinem Urogenitalleiden, keinerlei Krankheitserscheinungen. Es bestehen am Anfange und gegen Ende der Miction ziemlich starke Schmerzen. Am Tage 6 bis 7 Mal Harudrang, Nachts 3—4 Mal Bedürfuis zum Uriniren. Harnröhre

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nirgends verengert, für Cystoskope von 25 Charriere leicht durchgängig. Die Endoskopie der Harnröhre zeigt, abgesehen von einigen seichten, narbigen Einsenkungen in der Gegend des Bulbus urethrae, keinerlei pathologische Veränderungen. Die Falten überall gut erhalten. Prostata vom Rectum aus gleichmäbig wenig vergrößert, etwas härter als normal, schmerz- haft auf Berührung. Blase faßt etwa 150 cem Flüssigkeit. Das Spülwasser, zunächst getrübt, klärt sich bereits nach 2—-3maliger Durchspülung voll- kommen auf. Die Oberfläche der Blase zeigt in der Nähe des Blasenhalses

Die Abbildung stellt die Reproduction einer Photographie Jdes Blasenionern, und zwar der Gegend des linken Ureters und der angrenzen.en l’artien des Trigonum dar. Man erkennt die Ureteröffnung, sowie die hellen leukoplastischen Flecken. Leider ist es trotz mehrfacher Aufnahmen nicht gelungen, die kleinen, bei -ystoskopischer Beobachtung sehr deutlichen und von mir mehrfach verschiedenen Collegen, u. A. Horrn Collegen Casper, demonstrirten varicellenartigen Gebilde auf der Platte zu fixiren.

l) netzartig angeordnete Muskelbalken, ähnlich wie bei Balkenblase. 2) In der Nähe der rechten, nicht dilatirten Urethralöffnung mehrere kleine, von Muskelbalken überbrückte, schwarz aussehende Divertikelöffnungen, ebenso in der Nähe des linken, trichterartig erweiterten Ureterausganges. 3) In der Umgebung des rechten, in weit größerer Ausdehnung und Menge um die linke normale Uretermündung sieht man («lie Blasenschleimhaut bedeckt mit einer Anzahl von varicellenartigen Gebilden. Dieselben haben die scheinbare Größe eines Stecknadelkopfes bis zu der einer Linse. Ihre centrale Delle ist hellgelb, der scheinbar aufgeworfene Rand hochrot, scharf gegen die blasse Umgebung

abgegrenzt. In der Gegend des Trigonum selbst beobachtet man teils fleck- förmige, teils strichförmige. meist quer verlaufende Flecken von weiber Farbe. 4) Bei Einstellung des die Pars prostatico-vesicalis überziehenden Abschnitres der Blase lieb sich eine starke Emporwölbung der Prostata constatiren. Dieselbe ist unregelmäßig und zeigt an mehreren Abschnitten einen polypösen Character, so daß beispielswe'se das in einer Position vollständig von Prostara- . masse versperrte Gesichtsfell durch eine geringe Drehung des Cystoskops um die Längsachse völlig frei wird. Die Cystoskopie wird von dem Patienten gut vertragen.

Die Behandlung bestand zunächst in Spülunggen inittelst 0.59%, Höllenstein- Lösungen zuerst täglich, später 2--3 Mal wöchentlich. Anordnung von stricter Diät. Indessen ohne jeden Erfolg. Weder der häufige Harndrang. noch die Schmerzen vor und nach jeder Miction lieben nach. Andererseits wurde auch keine Verschlimmerung der subjeetiven Erscheinungen beobachtet. während objectiv gelegentlich später wiederholter Cystoskopirungen zu- nächst eine Vermehrung der oben beschriebenen varıcellenartigen Gebilde constatirt wurde. Die warme Empfehlung der örtlichen Caustik bei Prostata- bypertrophie veranlaßte mich, obwohl es sich in diesem Falle um keine typische Erkrankungsform handelte, und insbesondere die Vergröberung der Prostatalappen offenbar nicht das alleinige ätiologische Moment der sub- jectiven Klagen des Patienten war, bei der Erfolglosigkeit aller anderen therapeutischen Maßnahmen mittelst des Bottini’schen Incisors am 22. Oc- tober 1897 die Prostata rechts und links von der Mittellime zu inenliren. Der Eingriff wurde ohne jede Reaction vertragen und hatte zu meiner gröten Betrieliguug den Erfolg, dab die Schmerzen im Anfang und am Schlusse der Miction von da ab verschwanden, während der Harndrang unverändert weiter fortdauerte. Bald darauf angestellte eystoskopische Untersuchungen ergaben, dab in der That eime deutliche Schrumpfung des nach dem Rectum zu gelegenen Absehnittes der Prostata stattgefunden hatte. Die Schleimhaut der Harnblase selbst war umverändert geblieben. Auf Wunsch des Patienten wurde am 22. November zum zweiten Mile die Bottini’sche Incision der Prostata ausgeführt. Diesmal wurde die Gegend des linken und des Mittellappens cauterisirt. Die Reaetion war diesmal wesentlich stärker. Es bestand zunächst drei Tage nach der Operation heftiger Harndrang und zeitweiliges Harnträufeln. Auch klagte Pat. die ersten Tage nach dem Ein- griff über Schmerzen nach der Mietion. Die qu. Reizerscheinungen heben freilich nach wenigen Tagen nach. der Harndrang jedoch hat sieh auch nach dem letzten Eingriffe nicht gelegt. Eine am 30. Januar 1898 vor- genommene Cystoskopie ergab ziemlich unverändertes Verhalten der Blasen- schleimhaut, die dem Mittellappen und dem linken Prostatalappen ent- sprechenden polypösen Wucherungen waren fast völlig verschwunden. Die Contouren des in das Prisma des Cystoskops hineinragenden Abschnittes des Blasenhalses bilden hier eine gerade Linie, während bei der nach dem Bauch zu gerichteten Stellung des Prismas die entsprechenden Contouren noch unregelmäßig erscheinen. Cauterisation dieser Gegend mittelst des Bottini-

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schen Incisors an demselben Tage. Geringe Reaction. Der vier Tage später entleerte Urin ist fast klar, enthält mehrere schüppchenartige Flocken, die bei mikroskopischer Untersuchung sich als Plattenepithelienhaufen, teils auch als Conglomerate von Leukoeythen herausstellen. Die Miction des Patienten ist zuweilen völlig schmerzfrei, zuweilen leichtes Brennen am. Schlusse der Miction. Der Harndrang hat sich gegen früher etwas ver- mindert (5--6 Mal am Tage, 2 Mal im Verlaufe der Nacht).

Der Fall ist, abgesehen von der relativen Seltenheit der in Frage stehenden Aflection, in mehr als einer Hinsicht von Interesse. Aetio- logisch bestätigt er die Ansicht Halle’s und Brik’s, dal für das Zustandekommen der Leukoplacie das Bestehen eines langlauernden, mehr oder weniger intensiven entzündlichen Reizes der Blasenschleim- haut genügt. Das gleichzeitige Vorkommen anderer Irritamente, besonders C oncretionen, ist fr das qu. Leiden nur insofern von Bedeutung, als dieselben die Reihe der Factoren, welche zur Verschlimmerung der Affection beitragen, wesentlich vermehren und den Verlauf desselben, zuweilen aber auch die Diagnose beschleunigen helfen. Was die Symptomatologie anlangt, so steht der Fall insofern einzig da, als bei ihn allein beide Formen der Erkrankung, in welchen die Leukoplasie bisher beobachtet worden ist, gleichzeitig beobachtet worden sind, nämlich flächenhafte, mehr diffuse Ausbreitung in der Gegend des Planum interureterale und papelfürmige, circumscripte, im Cystoskop in Form von varicellenartigen Gebilden sich darstellende Verände- rungen der Schleimhaut. Er lehrt ferner, dab die subjectiven Er- scheinungen, die gewöhnlich beobachtet werden, besonders der schmerz- hafte Harndrang, nur teilweise auf die Schleimhautveränderungen als solche zurückzuführen sind. In dem von ınir beobachteten Falle sind die Schmerzen zu Beginn und am Schlusse der Miction, über welche Patient klagte, sicher auf die Veränderungen der Vorsteherdrüse zu beziehen. Nur so läßt sich der Rückgang derselben nach der Bottini- schen Cauterisation erklären, während der Harndranug trotz aller Spülungen und Cauterisationen der Prostata eine nur unwesentliche Verminderung erfahren hat. Was die Prognose anlangt, so möchte ich dieselbe nach den zweijährigen Erfahrungen, die ich an meinen Patienten gemacht habe, doch nicht ganz so ungünstig stellen, wie dies bisher von fast allen Autoren geschehen ist. Kann man selbstver- ständlich auch nicht eine Sanatio completa erwarten, so läßt sich doch durch rationelle Behandlung der fast stets gleichzeitig beob- achteten accidentellen Leiden (Prostatitis, Prostatahypertrophie, Lithia- sis ete.) auf eine erhebliche Linderung der subjeetiven Beschwerden rechnen. Auch die locale Schleimhautaffection ist keineswegs so wider-

standsfähig gegenüber den angewandten Spülungen und Instillationen, wie dies vielfach angegeben wird. Nur darf man allerdings nicht nach wenigen Ausspülungen auf erhebliche Besserung rechnen. Vielmehr bedarf es einer langdauernden, mindestens über mehrere Monate sich hinziehenden Behandlung, um bemerkbare Erfolze zu erzielen. Immer- hin konnte ich dureh die zuerst tärrlich, später alle zwei bis drei Tage fortgesetzten Spülungen von Höllenstein (122000) alle anderen Medi- camente, sowohl Caustica wie Adstringentien, versagten wegen der “starken Reizbarkeit der Blasenschlemmhaut nieht nur das weitere Umsichgreifen des Leidens hintanhalten, sondern auch einen thera- peutischen Erfolg insofern erzielen, als in den letzten Monaten der vorher trübe, oft stark eiterhaltige Urin sich wesentlich aufzehellt, ja zuweilen ganz klar geworden ist, während sieh der Harndrang, wenn auch nicht sehr erheblich, vermindert hat.

Ueber Formaldehyd im Harn nach Urotropingebrauch. Von Dr. Albert Citron, Berlin.

Das Urotropin ist ein bei Erkrankungen der Harnwege in neuerer Zeit vielgebrauchtes und vielversprechendes Heilmittel geworden. Nicolaier°?) schrieb ihm mit Bestimmtheit die Eigenschaft zu, harn- saure Concremente zu lösen, auch Löbisch'®) hatte Erfolge mit dem Mittel bei „Pyelitis caleulosa“, wiebt aber an, daß der Versuch in vitro, mit Urotropin Harnsäure zu lösen, zu Ungunsten des Präparates austiel. Die anderen Autoren leugnen meist eine harnsäurelösende Wirkung gänzlich. So konnte Casper") sich von dieser Eigenschaft des Uro- tropins durchaus nicht überzeugen, berichtet aber, daß sieh dasselbe bei den verschiedensten Formen der Cystitis, speciell bei derjenigen, die man als Harnvergiftung zu bezeichnen pflegt, als vortreffliches Heilmittel bewährt habe. Auch Cohn???) rühmt den günstigen Einfluß des Urotropins auf Cystitiden. Alle Untersucher sind einig darin, daß der Harn nach Urotropingenuß in auffallender Weise klar wird und später als andere Urine der Fäulnis anheimfällt; nach Nicolaier®) widersteht er auch dann noch einige Tage der Zersetzung, wein man ihn mit ammoniakalısch-vergährendem Urin versetzt. Es ist also klar, daß das Mittel dem Urin antiseptische Eigenschaften verleiht, und da liegt angesichts seiner chemischen Zusammensetzung nichts näher, als die Annahme, daß diese antiseptischen Wirkungen von Formaldehyd

®», Nicolaier: Deutsche med. Wochenschr. 1895, No. 34.

10) Löbisch: Wiener klin. Wochenschr. 1897, No. 12.

11) Casper: Deutsche med. Wochenschr. 1897, No. 45, und dieses Archiv 1898, No. 1.

12) Cohn: Berliner klin. Wochenschr. 1897, No. 42.

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herrühren. Das Urotropin hat bekanntlich die Formel C,H,,N, (Hexa- methylentetramin) und entsteht sehr leicht durch Einwirkung von Amınoniak auf Formaldehrd'%). Die antiseptischen Eigenschaften des Urins nach Urotropingebrauch sind leicht erklärt, wenn man annimmt, daß im Körper durch irgend ein Agens, welches das Ammoniak wieder bindet, Formaldehyd freigemacht wird. Während nun alle Untersucher in solehen Urinen Urotropin unverändert wiederfanden, besteht in der Frage des Formaldehydnachweises keine Uebereinstimmung. Löbisch®"®; machte darauf aufmerksam, dab Formaldehyd sich leicht in Urotropin- lösungen bilden könne, besonders in sauren unter Einwirkung des eleetrischen. Stromes. Cohn’ ist der Nachweis von Formaldehyd im Harn niemals gelungen. Casper”) hingegen fand in der Mehrzahl der Fälle bei Gesunden und Kranken Formaldehyd im Harn. Auf seine Anregung und nach gütiger Ueberlassung seiner Versuchsergebuisse vor ihrer Drucklegung in diesem Archiv bin ich in eine specielle chemische Prüfung dieses Verhaltens eingetreten.

Das Urotropin wurde einem Gesunden in Gaben von 0,5--2,0 g gereicht und danach der Urin nach Ablauf von einer halben bis 24 Stunden untersucht. Nebenwirkungen traten nicht ein bis auf die geringe, schon von Löbisch beschriebene Steigerung der Diurese. Es gelang regelmäßig, Urotropin nachzuweisen, und zwar um so deut- licher, je mehr Urotropin eingenommen wurde und je concentrirter der Urin war. Am sichersten fand man es im Morgenurin, wenn das Mittel Abends zuvor gereicht wurde, jedoch gelang der Nachweis auch schon nach einer halben Stunde und noch nach 24 Stunden, wenn der Urin durch Abdampfen genügend eingeengt wurde Als Reagens diente gesättistes Bromwasser, welches mit Urotropin einen gelblichen Nieder- schlag bildet, der sich sofort wieder im Ueberschuß von Harn auflöst. Diese Reaction ist sehr subtil; man wird einen positiven Ausfall der- selben oft erst dann erzielen, wenn man den zu untersuchenden Urin langsam in ein festgespanntes Gläsehen mit Bromwasser eintropfen lilt. Man kum nun das Urotropin auch auf folgende Weise bestimmen. Man setzt zu der fraglichen Lösung einige Tropfen einer verdünnten Säure und kocht kurz auf. Dabei wird das Ammoniak des Urotropins gebunden, und Formaldehyd wird frei, was sich bei wässeriven Lösungen schon durch den Geruch feststellen läßt. Bei Urotropinharnen tritt

14) Beilstein: Handbuch der org. Chemie 1886, J, S. 745. wr e ELE €: kk, ve

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Gbrigens dieser Geruch nicht auf. Nach dem Kochen setzt man der Flüssigkeit einige Tropfen der als Formaldeliydreagens bekannten Resorcinnatronlauge zu und erhitzt. Dabei wird dag Formaldehyd in Ameisensäure und Methylalkohol zerlegt, und erstere bildet mit Resorcin einen roten Farbstoff. Am schönsten erhält man die Reaction, wenn man die Resoreinnatronlauge nicht der Flüssigkeit zusetzt, sondern einen Wattebausch damit tränkt, mit dem man das Reagenzelas be- deckt. Die Watte färbt sich schön rot, während sonst die Reaction oft durch Eigrentfarbe der Versuchstlüssiskeit getrübt wird. Bei Gegen- wart freien Formaldehyds oder, richtiger gesagt, desjenigen Körpers, der die Resorcinreaction ohne vorheriges Kochen mit Säuren ergiebt, ist diese Reaction für Urotropin natürlich nieht beweisend.

Während nun Urotropin stets noch nach 24 Stunden im Harn we- funden wurde, fiel die Formaldehydreaction nicht immer positiv aus. Die einzige hier in Betracht kommende Reaction ist die schon erwähnte Probe mit Resorcinnatronlauge. Um sie mit Erfolg anzustellen, ist es erforderlich, den Harn nach Möglichkeit zu entfärben, was durch Tier- kohle in ziemlich ausreichender Weise geschieht; wie Versuche lehrten, hält die Tierkohle auch keine formaldehydhaltigen Körper zurück. Den Harn «durch Ausfällen mit Bleiacetat zu entfärben, kann ich für diesen Zweck nicht empfehlen. Nachdem man die Probe angestellt hat, mup man lange Zeit erhitzen, bisweilen tritt die Rotfärbung erst nach halb- stündirem Kochen im Wasserbade deutlich hervor. Die Probe fiel constant positiv aus bei sauren Urinen, schwankend war sie bei schwach sauren und neutralen, negativ fand ich sie bei alkalischen Urinen. (Letztere wurden hervorgebracht durch reichliche Einnahme von Natron bicarbonicum.) Diese deutlichen Beziehungen der Form- allehydreaction zur Acidität des Harns wurden durch die folgenden Versuche bestätigt. Ein ganz normaler, stark saurer Urin wurde künstlich mit Urotropin versetzt. Um das störende Ueberschäumen beim Kochen zu verhüten, wurde er durch Tierkohle filtrirt. Sodann wurde er auf dem Sandbade durch einen Kühler destillirt und das Destillat unter Resoreinnatronlauge aufgefangen. Die Vorlage gab beim Erhitzen Rot- färbung. Dasselbe Resultat ergab die Destillation eines sauren, durch Einnehmen des Mittels urotropinhaltigen Harns, in diesem wird beim Kochen schließlich alles Urotropin unter Forinaldehydbildung zerstört, so dab es sich im Rückstande nicht mehr nachweisen läßt. Wässerige Urotropinlösungen, sowie alkalische Urotropinharne ergeben dieses Resultat nicht. Ich nehme an, daß die Umsetzung bewirkt wird durch las einbasische saure phosphorsaure Natron (NaH,PO,), welches haupt- sächlich die Acidität des Harns bedingt. In der That gelingt sie,

sobald man einer alkalischen oder neutralen Urotropinlösung diesen Körper zusetzt, freilich viel langsamer und weniger intensiv, als bei Zusatz verdünnter Mineralsäuren.

Nach alledem muß man annehmen, daß nach Urotropingenuß ein Körper, der die chemischen und antiseptischen Eigenschaften des Form- allehyds besitzt, durch Säurewirkung in den Nieren oder m der Blase von dem ausgeschiedenen Urotropin abgespalten wird. Casper™®™ be- richtet, dab er im Blute eines mit Urotropin injieirten Kaninchens nur Urotropin, im Harn dagegen neben dem Urotropin auch Formaldehyd nachweisen konnte.

Ob nun der fragliche Körper freies Formaldehyd ist, erscheint recht unsicher. Niemals, bei noch so deutlicher Reaction, war etwas vou dem aufdrimglichen und bezeichnenden Formaldehydgeruch walhrzu- nehmen. Auch spricht dagegen die Eigenschaft wässeriger Aldehyd- lösungen, schon in geringer Concentration mit Harnstoff einen dicken Niederschla:s zu geben, der sorrar zur quantitativen Harnstoffbestimmung vorgeschlagen worden ist!®. Solche unlöslichen Niederschläge wurden nie beobachtet. Der fragliche Körper ıst also wahrscheinlich dem Formaldehyd nahe verwandt, vielleicht eine Natronverbindung des- selben, besitzt aber seine vollen chemischen und antiseptischen Eigen- schaften.

Sein quantitativer Nachweis, den ich, gestützt auf die von Legler angegebene Titrationsmethode, versuchte, ist mir bisher noch nicht ge- lungen, da das Ergebnis durch das gleichzeitig anwesende Urotropin stets getrübt wird.

Meine Resultate scheinen auf die Notwendigkeit hinzuweisen, in Fällen, bei denen antiseptische Urine erzielt werden sollen, die Uro- tropinwirkung dadurch sicherzustellen, daß man durch Diät, sowie innere und äußere Mittel für möglichst stark sauren Urin sorgt; denu nur ein solcher ist in Stande, Formaldehyd abzuspalten.

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18) ]. c.

19) Schiff, Annalen der Chemie u. Pharm., Bd.’151, S. 186. Citron, Inaugural-Diss. 1894.

20) Legler, Chem. Ber., Bd. 16, S. 1333.

II. französischer Urologen-Congress zu Paris, 21.—24. October 1897. (Schluss.)

III Sitzung. |

Carlier: Chirurgische Eingriffe bei Nierentuberculose.

Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf Täuschungen, denen man bezüglich der Mitbeteiligung der Blase bei Nierentuberceulose mitunter durch schwere, fälschlich auf Tuberculose der Blase bezogene Symptome, wie Häufigkeit und Schmerzhaftigkeit des Urinlassens, ausgesetzt ist, und die dann stets als Contraindication für das chirurgische Vorgehen aufgefasst werden. Eine genauere Untersuchung weist in solchen Fällen nach, daß die Sensibilität der Blase nicht besonders groß ist, wenigstens nicht im Verhältnis zu der hohen Frequenz der Micction steht, und die Nephrotomie beseitigt mit dem Eitergehalt des Urius auch die Blasensymptome, wie zwei operirte Fälle beweisen.

Pousson hat bei Nierentumoren im Verlaufe des Leidens häufig Blasensymptome auftreten sehen, welche die Fehldiagnose Cystitis ver- anlassten. Sie sind für die Operation keine Gegenindication.

Jullien und Sibut (Paris): Die Blennorrhoe alsAllgemeinleiden.

Die Verff. berichten über zwei Fälle von schwerer gonorrhoischer All- gemeininfection bei Frauen, wo an eine acute Vaginalblennorrhoe sich einmal Entzündungen von Sehnenscheiden und Gelenken, Myositis und Meningitis anschloß, während im zweiten Falle neben Gelenkschwellungen eine Endo- carditis zu Mitralinsufficienz und dauernder Cachexie führte. Im letzteren Falle gelang es, im Blute selbst Gonokokken aufzufinden.

Loumeau: Pyonephrose oder Congestion der Niere.

L. war bei einer an langdauernder purulenter Cystitis und Uretero- Pyelitis leidenden Frau, welcher er mittelst Vaginalschnittes einen enormen Blasenstein entfernt hatte, auf Grund des schweren, fieberhaften Allgemein- zustandes und der deutlichen Vergrößerung beider Nieren, welche trotz Ofienhalten der Steinschnittfistel bestehen blieb, zu der Annahme einer beiderseitigen Pvonephrose gekommen. Die Unrichtigkeit dieser Diagnose

wurde durch die Nephrotomie erwiesen, welche weder Dilatation noch Ver- eiterung des Nierenbeckens, sondern nur eine vergrößerte, purpurrot verfärbte Niere auffinden- ließ. Nach Reposition des Organs und glatter Verheilung der Wunde gingen die Erscheinungen im Verlaufe von einigen Wochen auch auf der nicht operirten Seite zurück.

Albarran: Neue Beobachtungen mit Hilfe des eystoskopi- schen Katheterismus der Ureteren.

In Ergänzung der ersten Mitteilung auf dem Congreß zu Moskau über die physiologischen, diagnostischen und therapeutischen Resultate seiner Methode der Harnleitersondirung berichtet A. über drei neue, klinisch inter- essante Fälle:

D) Riehtigstellung der klinischen Diagnose: Hydronephrose durch den Ureterenkatheterismus. Bei einer 42jähr. Frau, welche mit ziemlich schnell sich entwickelnder Auftreibung des Leibes, Verdaunngsstörungen, Mattigkeit, Verringerung der Urinmenge bis auf 300 g pro die und zwei, übrigens schimerzlosen Antällen von Polyurie erkrankt war, ergab die Untersuchung einen umfänglichen, die ganze rechte Seite ausfüllenden, glatten, regelmäßig geformten Tumor, der von der Lumbalgegend aus palpirbar und in seinem Dämpfungsgebiet von der Leber nicht abzugrenzen war. Die gesonderte Aufsammlung des Harns beider Nieren, welche auf der kranken Seite direct mittelst des leicht eingeführten und 48 Stunden liegen bleibenden Katheters im Ureter, auf der gesunden von der Blase aus bewirkt wurde, zeigte bezüglich der Nierenfunction auf beiden Seiten gleiche Verhältnisse und wies damit auf Grund der früher festgestellten Thatsache der Ver- schiedenheit der beiderseitigen Secretion bei einseitiger Hydronephrose diese Diagnose zurück. Die Laparotomie entfernte eine große, multiloeuläre Ovarialeyste, welche mit der Leber und der Bauchwand verwachsen war.

2) Ein Nierenstein konnte bei einem an doppelseitiger Nephrolithiasis leidenden Patienten mit der im’s Nierenbecken eingeführten Uretersonde direct gefühlt werden. Beim Zurückziehen der Sonde hatte man das deut- liche Gefühl des Anstreifens eines Steines gegen das Instrument, genau so wie man in der Blase einen Stein mit einem weichem Bougie fühlt.

3) Bei einer einseitigen Nierentuberculose wurde durch Untersuchung heider Nieren einmal die Mitbeteiligung und Verengerung des Ureters, in welchem sich nur ein Katheter von kleinem Caliber einschieben hieß, weiter- hin die absolute Finetionsunfähirrkeit der erkrankten und die Intaetheit der anderen Niere festgestellt.

Carlier berichtet über einen Fall von großer Nierengeschwaulst, welche, nachdem Guyon trotz anfänglich bestehender Hämaturie eine Opera- tion abgeraten, jetzt schon zehn Jahre ohne besondere Störung besteht.

Legueu: Bedeutung der Varicocele bei Nierengeschwülsten für die Prognose.

L. hatte auf Grund klinischer und pathologisch -anatomischer Beoh- achtungen die These aufgestellt, daß die Compression der Vena spermatica, welche das bisher allein für die Diagnose in Anspruch genommene Sym-

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ptom der Varicocele bei Nierentumoren veraulaßt, nicht durch die Haupt- geschwulst selbst, sondern durch metastatische Lymphdrüsen bewirkt werde, und hat diese Ansicht, welche zu wichtigen Consequenzen bezüglich der Prognose und der in solchen Fällen auch auf die Drüsenpackete auszu- dehnenden Operation führt, in einem nach ergebnisloser Explorativlaparotomie zur Section gekommenen Falle von versteckt liegendem Carcinom der Niere bestätigt gefunden,

Chevalier und Mauclaire (Paris) referiren über eine Nephrotomie wegen Anurie an der einzigen Niere einer Frau, welcher die rechte Niere früher wegen Pyonephrose exstirpirt worden war. Bei der m aller Eile mit gutem Erfolge ausgeführten Operation, von welcher Patientin die den Gesamtharn herausbefördernde Fistel bis an ihr Lebensende zurück- behalten muß, nahmen sie von einem vorgängigen Katheterismus des Ureters Abstand.

Begouin (Bordeaux): Zwei Fälle von Anuria caleulosa; Not- wendigkeit einer frühzeitigen Operation.

Im Anschluß an zwei tötlich verlaufene Fälle von Anurie in Folge von Steineinklemmung, einen ohne Operation und einen am fünften Tage der Anurie operirten, erörtert B. ausführlich die Verhältnisse, welche bei zu langem Abwarten den schlechten Ausgang selbst der in scheinbar noch gutem Zustande ohne Zeichen urämischer Intoxication operirten Fälle be- dingen, und verlangt, dab man einer absoluten Anuria caleulosa gegenüber, die länger als 48 Stunden besteht, wie bei einer eingeklemmten Hernie mit dem Eingriff keinen Augenblick zögern soll. Ein Erfolg der unblutigen Therapie (Morphium, Electrisation und Massage der Ureteren, elastische Compression der unteren Extremitäten) darf nicht länger als einige Stunden abgewartet werden.

Legueu glaubt bei der Verschiedenheit der Reaction der einzelnen Patienten gegen die urämische Intoxication einen bestimmten Zeitpunkt für die Operation nicht festhalten zu sollen. Er empfiehlt die Nephrotomie, welcher die Sondirung des Ureters, die Aufsuchung und, wenn möglich, Entfernung des obturirenden Steines anzuschließen sei.

Boursier hält die Anurie an und für sich für keine genügende Indi- cation zur Operation, da sie mehrere Tage ohne Allgemeinerscheinungen bestehen und mit der Herausbeförderung von Gries oder kleinen Stemen von selbst enden kaun.

Duret (Lile): Behandlung der Exstrophia vesicae.

D. will von den schwereren Fällen der Mißbildung, bei denen die Exstirpation des atrophischen Blasenrestes oder schwierigere plastische Ope- rationen erforderlich werden, die häufigeren weniger ausgedehnten Fissuren mit oder ohne Beteiligung des Schambeins und die einfachen Teilungen der vorderen Blasenwand geschieden wissen, bei denen die Blasenhöhlung irn Ganzen erhalten und durch Zurücklagerung der Wände wiederherstell- bar ist. Für diese Fälle empfiehlt er die möglichst frühzeitige Vornahme der Operation, welche bestehen soll in Ablösung der Blase von der Nachbar-

sain, EE: Ae

schaft, Zurückstülpung des Organs und Vernähung der angefrischten Ränder der Spalte, Anfrischung und Vernähung der epispadischen Harnröhre und plastischen Operationen der Bauchwand und des Penis.

Pousson schlägt die Bildung eines Haut-Muskellappens aus der ganzen Dicke der Bauchwand vor, die bis in die Peritonealhöhle ge- spalten wird.

Sorel (Havre) hat einen Fall von Neurasthenie der Harnwege mit Anfällen von Urinretention bei einem an chronischer Gonorrhoe leidenden, im Uebrigen stets klaren Urin und keine weiteren Störungen aufweisenden Patienten beobachtet, bei welchem die acut auftretenden Retentionen jedes Mal durch den in der sehr empfindlichen Pars mem- branacea Widerstand findenden Katheterismus beseitigt wurden.

Boursier empfiehlt Bäder zur Beseitigung dieser nervösen Spasmen.

Guiard: Technik der Circumcision.

Verf. entwickelt im Einzelnen die Anforderungen an eine tadellose Operation, die eine lineare, glatte Narbe ohne Vorstülpungen und einen den Grund der Eichel noch deckenden Vorhautrest liefern müsse, und verlangt zur Erreichung einer schnellen Heilung ohne Secretion der Wunde die Bevorzugung der Chloroformnarcose vor der Cocaininfiltration, eines mehr aseptischen Verfahrens vor der Desinfeetion mit Carbolsäure und Aehn- lichem, sparsame Schnittführung, Versorgung der Wunde mit eigens von ihm construirten, kleinen Serre-fines, Fortlassen jedes der Wunde anliegen- den Gazeverbandes und Bedeckung der Nahtlinie mit einer dieken Lage von Salol.

Carlier empfiehlt die Injection von Cocain am Grunde des Gliedes, welche bis auf die Gegend des Frenulum eine vollständige Anästhesie hervorruft. |

Leon Bernard (Paris): Die Hydronephrosen der ersten Lebens- monate.

B. hat gelegentlich der Seetionen von an Magen-Darmeatarrh ver- storbenen Säuglingen vier Beobachtungen von Hydronephrosen machen können, von denen drei vollständig aseptische teilweise Dilatationen des Nierenbeckens oder des Ureters betrafen. Mangels einer anderen auffind- baren Ursache nimmt er den in allen Fällen im Harn suspendirten, feinen harnsauren Sand, der sich an den normaler Weise verengten Stellen der Harnwege ansammeln und Stromverlangsamung und Ausdehnung der rück- wärts gelegenen Abschnitte bewirken könne, für die Aetiologie in Anspruch. Das Leiden verläuft in der Kindheit latent, kann aber wohl als erster An- fang der in ihren Ursachen so dunklen, in ihrer Häufigkeit unterschätzten Hydronephrosen des späteren Lebens betrachtet werden.

IV. Sitzung.

Eraud: Nicht Gonokokken haltende Urethritiden. Als Berichterstatter geht E. von der Geschichte der Frage nach der Aetiologie der eitrigen Harnröhrenentzündungen aus. übergeht das dunkle

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Gebiet. der sogenannten diathesischen Urethritiden und stellt das wenn auch seltene Vorkommen von primären, acuten, eitrigen Entzündungen der bis dahin intacten Harnröhre fest, deren Erreger andere Organismen als die Gonokokken sind. Unsicherer bleibt die Möglichkeit einer rein chemischen Reizung, da man alle aseptischen Fälle als vorübergehende Stadien einer früher auf Bacterien zu beziehenden Eiterung auffassen, auf Toxalbumine zurückführen oder für den negativen Befund die Unvollkommenheit unserer heutigen Färbemethoden verantwortlich machen kann.

Die Arten der bei septischen Urethritiden aufgefundenen Bacterien sind sehr verschiedene, meist mehrfach in demselben Falle, mit der Besonder- heit, daß in der vorderen Harnröhre die Kokken und Diplokokken vor- zuherrschen, die Baeillen und darunter der B. coli communis dagegen hier auch normaler Weise nur selten fortzukommen scheinen. Eine Beziehung zwischen den Saprophyten der normalen Harnröhre und den Mikroben der entzündeten scheint nicht zu bestehen; sicher ist nur die Abwesenheit der gewöhnlichen pyogenen Staphylokokken in beiden Zuständen. E. hofft von der Anwendung der neuen Forschungsmethoden, der Serumreaction Widal's für die colibacillären Formen, weitere Aufklärung und glaubt, daß au die Stelle der Bacterienspecies, deren Rolle ausgespielt zu sein scheint, die Bacteriengiftwirkung treten und daB man auch für den Gonococeus zu der Auffassung kommen werde, er sei nichts anderes als ein Saprophyt, der durch eine besondere Diastase, wie es Buchner gezeigt hat, pathogen verändert wird.

Die secundären, nicht gonokokkenhaltenden Urethritiden, an und für sich viel häufiger als die primären, zerfallen in die eitrigen und die Formen mit schleimig-eiweißartigem Secret. Sie sind von sehr verschiedenem Cha- racter, meistens Recidive oder chronische Formen acuter Entzündungen. Bezüglich ihrer Aetiologie steht nichts Sicheres fest, ebenso läßt sich die wichtige Frage, ob sie infectiös sind, zur Zeit nicht entscheiden. Auch hier ist die Giftwirkung, die Frage nach den Toxalbuminen noch näher zu studiren.

Noques (Paris) beschränkt sich als Correferent auf die Verlesung eines kurzen Auszuges seines später zu veröffentlichenden Berichtes. Nach ihm existiren Pseudogonokokken mit dem morphologischen und färberischen Verhalten der echten Gonokokken als harmlose Saprophyten der Harnröhre nicht, wie sich leicht durch die Cultur erweisen lasse. Die septischen, primären Urethritiden sind selten, bisher in 26 Beobachtungen gesammelt, die secundären dagegen sehr häufig und allein nach ihrer Ausdehnung, auf die Fossa navicularis beschränkt oder über die ganze Harnröhre verbreitet, zu classificiren. Die aseptischen, primären Urethritiden sind vollends als Ausnahmefälle zu betrachten, da sie in den meisten Fällen vor der doppelten Controle der mikroskopischen und ceulturellen Untersuchung nicht bestehen können. Häufig sind sie dagegen als postgonorrhoische Entzündungen ab- hängig von gewissen Reizerscheinungen und anatomischen Läsionen, wie die histologische Untersuchung noch nachzuweisen hat. Die Therapie ist

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auch gegenüber diesen. chronischen Entzündungen der Harnröhre nicht machtlos.

Janet: Einige Fälle von primitiver. aseptischer und infec- tiöser Urethritis.

Unter vier Fällen von aseptischen Entzündungen verdanken zwei einem Herpes urethralis ihren Ursprung, zwei andere sind zwar unmittelbar resp. 14 Tage nach dem Coitus entstanden, in ihren Ursachen aber trotz des in- fectiösen Characters unaufgeklärt geblieben. Von vier Fällen bacillärer Urethritis entstand einer durch Ausbreitung einer Balanoposthitis, die übrigen waren auf verschiedene Formen von Diplobaecillen zu beziehen.

Revmond hält die Infeetionsfähigkeit einer nicht gonorrhoischen Ent- zündung für ausgeschlossen nach seinen Untersuchungen. wohl aber fürchtet er den infeetiösen Character mancher postgonorrhoischen, den Gonococeus nicht mehr aufweisenden Ausflüsse. Er hat Gonokokken oft in der Cultur aufgefunden. wo die mikroskopische Untersuchung fehlschlug.

Hogge (Liege) macht auf die Beteiligung der Prostata an sogenannten aseptischen Harnröhrenentzündungen aufmerksam. Er hat 12 Fälle von eitriger, glandulärer Prostatitis in Begleitung von aseptischer Urethritis beobachtet, 9 davon bei bisher vollständig intacten, 3 bei sehr lange Zeit von gonorrhoischen Erscheinungen freigebliebenen Patienten. In jedem Falle primärer Harnröhrenentzündung, die durch ihre Ineubationszeit, ihr subacutes Auftreten und ihren Verlauf ungewöhnlich ist, muß eine auf- merksame Untersuchung der Prostata erfolgen, die zu Entzündungen sehr geneigt ist.

Guiard hält Complicationen bei nieht gonorrhoischen Entzündungen für nieht häufig. Sie sind fast immer abhängig von einem Trauma, einem schwierigen Katheterismus oder schlecht ausgeführten Injeetionen. Nur einmal hat er bei einem übrigens schon früher an gonorrlioischer Gelenk- entzündung erkrankt gewesenen, jetzt an aseptischer Urethritis leidenden Patienten eine Kniegelenkentzündung und eine Iridochorioiditis entstehen sehen. Die Vergesellschaftung der Gonokokken mit anderen Mikroorganis- men ist zwar ausgeschlossen zu Beginn einer Gonorrhoe, dagegen nicht gegen Ende derselben; im Verlaufe von einigen Wochen siedeln sich die Anfangs wie mit einem Schlage verdrängten Spaltpilze als Seceundärinfeetion wieder an. Die Infectionsfähigkeit will er nicht zu pessimistisch beurteilt. wissen, sondern den Eheconsens von der Reichlichkeit der Eiterung und den übrigen klinischen Erscheinungen abhängig machen.

Therapeutisch sind bei nieht. gonorrhoischen, Mikroorganismen halteu- den Urethritiden nicht allein Sublimatspülungen, sondern daneben auch Instillationen oder Ausspülungen mit Argentumlösungen anzuwenden. Die Vulvovaginitiden jung verheirateter Frauen sind nicht allein auf Infection von der männlichen Harnröhre aus, sondern viel häufiger auf die in diese Zeit fallenden Traumen und congestiven Reizungen zu beziehen, welche einer Art Selhstinfection von Seiten der sonst so harmlosen Saprophrten der Vagina den Weg ebnen.

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V. Sitzung.

Tailhefer (Toulouse) berichtet über eine Sectio alta und Resec- tion der Vasa deferentia bei einem Prostatiker, die er in einem Zwischen- raum von 14 Tagen wegen completer Retention mit dem Erfolg ausgeführt hat, daß der Patient von seinen Harnbeschwerden befreit und die Prostata sehr verkleinert und härter wurde.

Brinaud und Chavannez (Bordeaux) schildern eine seltene Form von Carcinom der Harnröhre. Bei einem ö4jährigen Mann hatte eine, wie die Section ergab, carcinomatöse, die hinteren zwei Drittel des Penis einnehmende, bis zur Prostata hinaufreichende Induration der Harnröhre eine Abknickung des schlaffen, unveränderten, vorderen Teiles des Gliedes gegen das in Erectionsstellung aufgerichtete hintere Stück bewirkt. Die frühzeitig auftretende, der Fistel- resp. Strieturenbildung vorausgehende Rigidität der Harnröhre hätte auf die Diagnose hinlenken müssen.

Mariachess (Odessa) hat wegen eines Sarcoms der Urethra, welches sich bei einem 22jährigen Menschen innerhalb des Penis ent- wickelte, bald das Scrotum befiel und zu Urinretention führte, zunächst die interne Urethrotomie, dann die totale Emasculation mit Entfernung des Penis, der Hoden und der Leistendrüsen und die perineale Urethro- stomie vorgenommen, ohne bisher, drei Monate danach, ein Recidiv zu er- halten.

Hartmann und Reymond schildern einen Fall von retrovesicaler, von einer Appendicitis ausgehender Absceßbildung, welche zum Eindringen von Bacterium coli commune durch die Blasenwand geführt hatte. Bei einem 16jährigen Menschen mit vollkommen intacten Harnwegen hatte sich zwischen Rectum und Blase, die hintere Wand der letzteren iu Mitleidenschaft ziehend, eine Eiteransammlung gebildet, welche von einem Medianschnitt unterhalb des Nabels aus eröffnet wurde. Der Harn enthielt, bis er sechs Tage nach der Entleerung des Abscesses wieder steril wurde, das B. coli in Reincultur, während der Absceßeiter daneben noch reichliche, andere Mikroben aufwies.

Die Frage Rebland’s, warum allein das Bact. coli hätte einwandern können und weshalb man dem gegenüber nicht lieber den Blutweg durch die Nieren für die Einwanderung in Anspruch nehme, beantwortet Reymond mit dem Hinweis auf die bekannte, auch bei anderen Organen, wie z. B. beim Perineum gelegentlich einer eingeklemmten Hemie zur Geltung kommende Eigenschaft gerade dieses Bacillus, das Gewebe leicht zu durch- dringen. Die Hypothese der Ausscheidung durch das Blut würde zudem nicht den zeitlichen Zusammenfall der Blaseninfection mit dem Bestehen des Abscesses erklären.

Nicolich (Triest) hat gelegentlich einer Section eines 72jährigen Mannes einen eingekapselten Blasenstein gefunden, der zu zwei Dritteln in einem Divertikel hinter der Prostata unablöslich fest einge- schlossen war.

Se GE Ee

Loumeau: Behandlung der Vesico-vaginal-Fistel miìittelst der Methode des „Dédoublement.“

L. spaltet die Ränder der Fistel in zwei Lagen, vernäht die gegen die Blase eingestülpten Lappen an deren blutigen Aubentächen mit Catgut, die Vaginallappen . ebenso mit Silber und läßt bis zur Verheilung der Wunde einen Verweilkatheter acht bis zehn Tage lang in der Blase.

Malherbe (Nantes) hat vier Fälle von Blasentumoren beobachtet, von denen drei Papillome mit reichlichen Blutungen fast schmerzlos, einer wegen ventilartiger Lagerung des gestielten Tumors vor dem Oritietum internum mit Retentionserschemungen emhergingen. Die vierte, sehr be- merkenswerte Beobachtung betraf eme zwisehen Os pubis und Blasenhals gelegene, die vordere Blasenwand vorwölbende, lappige Gesehwulst, welche, trotzdem die Blasenwand selbst intact geblieben war, zu Blutungen geführt hatte. Die histologische Untersuchung der von der eröffneten Blase aus mit dem Finger ausgeschälten Tumormasse ergab das Bild eines an das Schilddrüsengewebe erinnernden Schleimhautadenoms, dessen Ursprung nicht erkennbar, jedenfalls nicht in der Blasenwand zu suchen ist.

Desnos: Spontane Zerstücklung und Ausstoßung vonBlasen- geschwülsten.

D. hat den oft von langdauernden, eine Heilung vortäuschenden Re- missionen unterbrochenen Verlauf von Blasentumoren in vier Fällen eysto- skopisch verfolgen können und dabei die wiederholte Abstoßung von Bruch- stücken constatirt, welche selbst den Stiel der Geschwülste umfaßten, so daß die letzteren völlig verschwunden zu sein schienen. Bei alten Leuten sah er die Geschwulstmassen sich auflösen, ohne irgend welche Trümmer zu hinterlassen. Diese Erscheinung lief nur selten während einer Cystitis, sondern meist während emer aseptischen Periode der Blase ab, vielleicht unter dem Einfluß des als Antisepticum, besonders gegen die Infeetion der Blase wirksamen Methvlenblan.

Nicolich hat bei der Section emes 72 jährigen Strieturkranken in der dilatirten Blase mit dieken Wänden und uleerirter Schleimhaut eine 2 cm im Durchmesser haltende Oeflnung rechts neben dem Ureter gefunden, welche in ein sehr geräumiges Blasendivertikel führte, in dessen Innern sich ein umfänglicher villöser Tumor entwickelt hatte. `

Picqué (Paris) berichtet über zwei Beobachtungen von Fremd- körpern der Blase, emer davon eine Leitsonde eines Urethrotoms, von einer früheren Urethrotomie m der Blase zurückgeblieben.

Legueu: Subsymphysäre Methode für chirurgische Eingriffe an der weiblichen Harnröhre.

X Während bisher an der weiblichen Urethra für die externe Urethro-

tomie wegen Strietur- oder Polypenbildung die Unterwand, die Spaltung

der urethrovaginalen Scheidewand allein in Betracht kam, an welcher meist

später schwor zu schließende Fisteln zurückblieben, bevorzugt L. die obere

Wand für ähnliche chirurgische Eingriffe: Er trennt die Urethra von der

Symphyse durch einen, der oberen Umrandung des Orifieium folgenden. e

MER e

seitlich bis in das Vestibulum verlängerten Bogenschnitt ab, löst sie, soweit nötig, los und hat damit bis zur Blase freien Zugang zur oberen Harn- röhrenwand. Der Verschluß der Wunde ist sehr leicht; es kommt nie zur Fistelbildung.

Janet berichtet über fünf Fälle von Urethralpolypen, die er endoskopisch diagnosticirt, z. T. als Ursachen der chronischen Urethritis auf- gefaßt und mittelst Schlingenträger, Curette oder Galvanocauter entfernt hat.

Hogge erläutert die Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Harnröhre wnter Vorlegung einer Reihe mikroskopischer Präparate vom Neugeborenen, der erwachsenen Prostata und vom Fötus. Nach seinen Beobachtungen kann man die am Tier bezüglich der genitalen, eine Atrophie der Prostata erzeugenden Operationsresultate nieht ohne Weiteres auf das menschliche Organ übertragen, welches letztere entwieklungsgeschischtlich und physiologisch eine ganz andere Stellung einnimmt. als beim Tier.

Albarran hat seit zwei Jahren ähnliche Untersuchungen über Ent- wicklung und Structur der Prostata angestellt, die zwar noch unbeendet sind, aber die Resultate Hogge’s im Allgemeinen zu bestätigen scheinen. Er beschreibt die Verteilung der Prostatadrüsenmassen beim Erwachsenen und ihre wichtige Beziehung zum Blasensphineter, ohne vorläufig irgend welche Folgerungen bezüglich der Physiologie der Secretentleerung u. s. w. zu zichen. |

Vorstellung von Instrumenten.

Janet: Cystophantome, endoskopisches Urethroton.

Albarran: Cystoskop zum Ureterenkatheterismus.

Desnos: Sterilisirapparat für Katheter.

Kraus (Carlsbad): Desgl.

Duchastelet: Neue Aspiratoren für Harngries: antiseptisches Urinal für den Verweilkatheter.

Julius Jacobsohn (Berlin).

Referate.

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I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

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Prof. Dr. Paul Güterbock: Die chirurgischen Krankheiten der Harnorgane. IV. Teil: Die chirurgischen Krankheiten der Niere. Mit 50 Holzschnitten. Preis 10 M. Franz Deuticke, Leipzig und Wien.

Das Erscheinen dieses letzten Teiles seines groben Werkes „Die chirurgi- schen Krankheiten der Harnorgane“ hat der Verfasser leider nicht. mehr erlebt. James Israel hat die ihin „durch Freundespflicht gebotene Aufgabe“ über- nommen, die hinterlassenen Manuscripte zu ordnen und die Drucklegung zu überwachen.

Auch in diesem Bande spricht sich der Character dieses emsigen Forschers, den Alle schätzen lernten. die mit ihm in nähere Berührung kamen, mit Deutlichkeit aus: mit Bienenfleiß hat er Alles gesammelt, was in der Weltlitteratur auf diesem Gebiete erschienen war, um es gesichtet und mit kritischeim Geist beleuchtet an passendem Platze zu verwerten.

So reiht sich dieser Band würdig den voraufgegangenen dreien an; wir besitzen damit ein Werk, das derjenige mit Gewinn studiren wird, der sich die darin gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen zu Nutze machen will.

G. widmet eine ausführliche Besprechung der Anatomie und Physio- logie der Niere, den physikalischen Untersuchungsmethoden der Nieren (Inspection, Percussion, Palpationd, den neueren Verfahren, wie Harnleiter- kathetertsmus und Cystoskopie, um sich dann zur Beschreibung der chirurgi- schen Krankheiten der Niere, ihrer Diagnostik und Therapie zu wenden.

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Einzelheiten zu berichten, ist hier nicht der Ort, es handelt sich um ein Werk ersten Ranges, das man nur kennen und schätzen lernen kann, wenn man es studirt. Es bleibt uns ein liebes Andenken, das uns den reichen Wissensschatz und den unermüdlichen Fleiß des Verblichenen vor Augen führt. Casper.

Desnos: Traité élémentaire des maladies des voies urinaires. Avec une Préface du Professeur F. Guyon et figures dans Je texte. (Deuxième édition revne et corrigée. Octave Doin, Paris 1898.)

Der gewaltige Fortschritt, der sich auf dem Gebiete der Uropathologie in den letzten Jahren geltend machte und übrigens sich auch gegenwärtig in ungeschwächtem Tempo geltend macht. hat es bewirkt, dab Desnos, einer der erfolgreichsten Schüler Guyon’s, sein erst vor einigen Jahren unter dem obigen Titel erschienenes Werk fast durchweg umarbeiten und in zweiter Auflage erscheinen lassen mußte. Wie die erste, so stellt auch lie zweite Auflage des Werkes eine ziemlich erschöpfende Abhandlung über die Krankheiten der Harnwege dar, der zum größten Teil die For- schungen Guyon’s und seiner Schüler, teils aber auch die eigenen Er- fahrungen des Verf.'s zu Grunde liegen. Seinem vorgesteckten Ziele getreu, dem practischen Arzt einen stets zu gebrauchenden Ratgeber in die Hand zu geben, behandelt Verf. mit besonderer Ausführlichkeit die Diagnose und Behandlung der Harnkrankheiten, ohne jedoch die Aetiologie und patholo- gische Anatomie zu vernachlässigen. Aetiologie und pathologische Anatomie werden stets eingehend besprochen, sobald dies zum besseren Verständnis der Krarkheitserscheinungen und der zu erwartenden Wirkung der thera- peutischen Maßnahmen erforderlich wird.

Von den verschiedenen Behandlungsmethoden giebt Verf. denjenigen den Vorzug, die im Höpital Necker zu Paris, bekanntlich der Wirkungs- stätte Guyon’s, zur Anwendung kommen und nach Ueberzeugung des Verf.s die besten Resultate geben. Besonders ausführlich werden die Urethrotomie, die Sectio alta und die Lithotripsie geschildert.

Das 966 Seiten umfassende Buch zerfällt in fünf Abschnitte. von denen der erste, zweite und dritte die Krankheiten der Urethra, der Prostata und der Harnblase behandeln. Den vierten Abschnitt bilden die chirurgischen Krankheiten der Niere und des Ureters, während im fünften von bei den verschiedenen Aflectionen der Harnwege auftretenden Allgemeinerkrankungen die Rede ist. Casper.

Thorkild Rovsing: Klinische und experimentelle Unter- suchungen über die infectiösen Erkrankungen der Harn- organe. (Uebersetzung aus dem Dänischen. Berlin 1898, Verlag von Oscar Coblentz.)

Die Bacteriologie der Hamorgane, sowie ihre ätiologische Bedeutung für die Krankheiten derselben ist ein Gebiet, das m unseren Nachbarländern weit mehr Bearbeitungen gefunden hat, als in Deutschland selbst. Nicht

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zum wenigsten ist Rovsing auf ihm thätig gewesen: wir verdanken ihm schon seit dem Jahre 1889 eine Reihe wertvoller Ermittelungen zur Aetio- logie und Pathogenese der Cystitis.

Das vorliegende Werk, das die zahlreichen bacteriologischen und klinischen Erfahrungen des Verf.’s zusammenfaßt, characterisirt sich als em im Wesentlichen polemisches, gegen die Anschauungen Guyon’s und seiner Schule gerichtetes. Im Gegensatz zu der Guyon’schen Schule, welche in dem Allerweltsbacterium, dem Bacterium coli, die Ursache aller infectiösen Harnleiden sieht. kommt Verf. zu dem Schluß, das Bacterium coli würde zwar sehr häufig bei den Erkrankungen der Harnorgane angetroffen, aber es veranlasse nur leichtere Leiden, in der Regel einfache Bacteriurie, in einer ansehnlichen Zahl von Fällen Pyelitis und selten Cystitis. Während die Guyon’sche Schule im Bacterium coli den gefährlichsten Feind der Harnorgane erblickt, ist nach Rovsing die Coliinfection eine durchaus gut- artige, ebenso wie ja auch der normalweise im Darm vorhandene Cohbacıllua nicht nachweisbar pathogen ist.

Viel wichtiger, als das Bacteriumm coli, sind für die Pathogenese der Er- krankungen der Harnwege andere pvogene und harnstoflzersetzende Mikroben. Durch sie wird die große Mehrzahl der suppurativen Cystitisfälle verursacht: sie besitzen die Fähigkeit, eine bis dahin gesunde Schleimhaut anzugreifen. was das Bacterium coli nicht kann.

Die Differenz zwischen seinen Befunden und denen anderer Beobachter erklärt Verfasser emmal durch die zur Anwendung kommenden Unter- suchungsmethoden nur die der Blase direct zum Zweck bacteriologischer Prüfung eutnommenen Urinportionen können nach ihm exacte Resultate ergeben —, dann durch ungenaue klinische Diagnostik seitens der meisten Autoren; er selbst verificirt den mikroskopischen Befund immer noch durch die Cystoskopie, ehe er die Diagnose Cystitis stellt.

Das reiche Material ist vom Verf. in sechs Capiteln verarbeitet, deren erstes die Bacteriurie, das zweite und dritte die Pvelitis mit und ohne Cystitis umfassen. Das vierte beschäftigt sich mit der Cystitis, das fünfte enthält experimentelle Untersuchungen und im sechsten bespricht Verf. kritisch die Resultate anderer Forscher. Zahlreiche Krankengeschichten sind beigegeben.

Auch wenn man nicht m Allem nut Verf. übereinstimmt, wird man duch aus dem Büchlein reiche Anregung und Belehrung schöpfen; eine weite Verbreitung gerade unter deutschen Aerzten wäre ihm schon aus dem Grunde zu wünschen, damit bei uns das Interesse für dies vielfach der experimentellen Forschung bedürftige Gebiet, auf dem noch manches Dunkel aufzuhellen ist, größer würde, als es bis Jetzt der Fall zu sein scheint.

Die Uchersetzung ist im Ganzen tließend, wenngleich mauche Uneben- heiten des Ausdruckes besser vermieden worden wiren (z. B. gleich im Inhaltsverzeichnis: „Verhandlung“ über die Vereinbarkeit meiner Resul- tate ete); die Ausstattung seitens der Verlagsbuchhandlung eine gefällige.

Paul Friedrich Richter (Berlin).

SSES NEE ENEE

Moullin (London): Das Urinfieber. (The Laucet, 18. und 25. De- cember 1897.)

Nach Operationen au den Harnorganen Nephrotomie, Urethrotomie, Katheterisation ete. treten zuweilen Zustände auf, die ganz das Bild einer septischen Infection darbieten. Die schwereren dieser Fälle zeigen die Erscheinungen einer acuten eitrigen Osteomyelitis und endigen schnell letal, noch bevor sich irgend welche secundäre pyämische Symptome ent- wickeln konnten. Diese Folgen werden besonders nach Operationen an den Nieren beobachtet. Sie werden höchstwahrschemlich verursacht durch eine Infection der Wunde mit dem aus dem Nierenbecken ausfließenden Urin, der hier in solchen Fällen zahlreiche Mikroorganismen -—- meist Staphylococcus und Bacillus coli - enthält und dann auch gewöhnlich einen deutlich fäcalen Geruch aufweist. Während der Operation gelangen nun die toxischen Producte dieser Mikroben sehr leicht in die geöflneten Gefäbe. Den virulenten Character dieser Organismen haben aber Melchior, Gilbert u. A. durch ihre Tierversuche bewiesen.

In anderen Fällen und das sind die häufigsten tritt, z. B. nach einer internen Urethrotomie, ein heftiger Schüttelfrost, gefolgt von Hitze und Schweißausbruch, auf, wonach indessen bald wieder normales Befinden sich einstellt. Auch dieser Zustand ist nicht, wie man vielfach annimmt, durch eine reflectorische Nervenirritation oder durch eine Resorption von normalem Urin, sondern durch die Aufnahme toxischer Producte von Mikro- organismen, speciell des Bacillus coli, verursacht. Solche Organismen sind in derartigen Fällen in der Urethra stets anwesend, da bei Strieturen ge- wöhnlich auch eine Urethritis oder Cystitis vorhanden ist. Gänzlich zurück- zuweisen ist aber die Annahme verschiedener Autoren, daß derartige Schüttel- fröste die Folgen einer Nierencongestion sind, die durch die Einführung von Instrumenten in den tieferen Teil der Urethra erzeugt wird; es fehlt jeder Beweis, daß eine solche Nierencongestion Schüttelfröste hervorzurufen vermag, abgesehen davon, daß nicht einzusehen ist, warum in dem einen Falle derartige Erscheinungen auftreten, in dem anderen aber nicht. Die Resorption toxischer Mikrobenproduete von der Urethra aus vermag aber solche und ähnliche Symptome sehr wohl zu erklären. Man findet in diesen Füllen auch stets Mikroben in der Urethra vor, und außerdem ist die Schwere der Folgeerscheinungen stets proportional der Leichtigkeit, mit der die localen Verhältnisse die Resorption dieser taxischen Producte gestatten. Daher sind diese Folgezustände häufiger und schwerer nach der Operation von frischen, als nach der von alten Strieturen, und viel seltener nach der externen, wie nach der internen Urethrotomie oder der Catheterisation oder der Dilatation der Urethra, wobei eben die toxischen Producte direet in die Gewebe hinein- gebracht bezw. hineingepresst werden. Daher sind ferner auch diese Folge- zustände viel seltener nach der suprapubischen als nach der perinealen Cystotomie. Alle diese Umstände beweisen, daß die gesamten Folgezustände thatsächlich durch eine septische Tifeetion und nicht durch eine Reflex- irritation etc. hervorgerufen werden. Der schlagendste Beweis hierfür ist

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aber der, daB man jene durch eme strenge Antisepsis zu verhüten vermag. Diese Antisepsis muß sich, da der Bacillus coli vom Darm herkommt, auch auf diesen erstrecken. Man soll also mehrere Tage lang vor der Operation Salol, Benzonaphtol oder dergl. intern verabfolgen und schließlich den Darm mittelst Calomel entleeren. Instrumente und Operationsfeld müssen sorg- fältigst. sterilisirt bezw. desinficirt werden. Auch soll man nach der Operation das Uriniren so lange wie möglich hinausschieben lassen.

Der Bacillus coli ist meist auch die Ursache einer anderen Varietät des sogenannten Urinfiebers. die sich in zahlreichen geringen Frostanfällen in. Verbindung mit schwachem, schnellem Puls, rother. trockner Zunge, Anorexie, Delirien und späterem Halbeoma äußert. Dieser Zustand tritt häufig bei chronischer interstitieller Nephritis und Atonie der Blase auf, wenn dauernd der Catheter gebraucht werden muß. Nach 10—14 Tagen erfolgt meist Exitus und findet man alsdann bei der Autopsie eine eitrige Cystitis mit ascendirender Pyelonephritis; auberdem ist in Blase und Niere fast stets der Bacillus coli, zuweilen mit anderen Mikroben assoctirt, an- wesend. Das klinische Bild ähnelt ganz dem einer gewöhnlichen septischen Infection und ist auch als solche, und zwar durch den Bacillus coli ver- ursacht, aufzufassen. Dieser wird in solchen Fällen durch den Katheter eingeführt, was durch die strengste Desinfection desselben vermieden werden kann.

Eine vierte Varietät des sogenannten Urintiebers ist characterisirt durch unregelmäßige, in Intervallen auftretende Schüttelfröste mit Fiebererschei- nungen und anderen constitutionellen Infeetionssyimptomen auch in der Zwischenzeit. Diese Form ist selten. Verursacht wird sie ebenfalls dureh eme Infection mit dem Bacillus coli gelegentlich cines operativen Eingriffes an den Harnorganen, und man findet diesen Bacillus in solchen Fällen auch in großen Mengen vor.

Alle Fälle von sogenannten Urmfieber lassen sich unter eme der vier genannten Varietäten rubrieiren. Das Urmfieber ist demnach nichts weiter als ein Zustand von septischer Infection und sollte jene Bezeichnung am besten ganz verlassen werden. Der einzige Unterschied von der gewöhn- lichen septischen Infection ist der, dab diese durch Staphylokokken und Streptokokken, jene aber durch den Bacillus coli verursacht wird. Das „Urinfieber* läßt sich in allen Fällen durch eine strenge Antisepsis ver- meiden. Loewenthal.

Reid (London): Ein Fall von tötlich verlaufenem Urethral- fieber. (The Lancet, 13. November 1897.)

Das nach der Katheterisation auftretende Fieber wird gewöhnlich auf zwei ganz verschiedene Ursachen zurückgeführt. Nach der einen Annahme ist es bedingt durch eime Reflexreizung der Nieren, nach der anderen durch eine Resorption von Mikroorganismen von der Urethra aus. Letztere Ur- suche dürfte die bedeutend häufigere sein, und sie allem erklärt auch den rapiden letalen Ausgang, der zuweilen bei diesem Fieber eintritt. Einen

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derartigen Fall hat nun auch R. beobachtet. Es handelte sich um einen 4ijährigen Mann, der seit etwa zehn Jahren an einer Urethralstrictur litt. Dieselbe war vor zwei Jahren mittelst allmählicher Dilatation beseitigt worden, aber wieder recidivirt. Bei der Aufnahme gelang es trotz wieder- holter Versuche nicht, einen metallenen oder elastischen Katheter in die Blase einzuführen. Blutungen aus der Urethra wurden durch diese Versuche nicht herbeigeführt. Zwei Stunden nach Beginn der Katheterisirungsversughe stellte sich plötzlich Schüttelfrost und Erbrechen ein. 15 Minuten später betrug die Temperatur 40%. Das Erbrechen wiederholte sich öfters, es er- folgte unfreiwilliger Abgang von Urin und Fäces, der Puls wurde schwächer, die Temperatur noch mehr erhöht, und es stellte sich Bewußtlosigkeit ein. Trotz kräftiger Excitation erfolgte nach 20 Stunden der Exitus letalis. Der kurze Zeit nachher aus der Blase entnommene Urin zeigte grobe Mengen Eiweiß und 0,5 pCt. Harnstoff. Bei der Autopsie constatirte man eine aus- gedehnte Strictur in der Pars spongiosa und membranacea der Urethra mit Dilatation und Hypertrophie des hinter der Strictur gelegenen Teiles der Urethra, sowie der Blase. Eine Verletzung der Urethralschleimhaut war aber nirgends vorhanden. Die anderen Organe wiesen keine Abnormitäten auf, ausgenommen eine geringe Congestion der Nieren, Blässe und Schlafl'heit des Herzmuskels, eine geringe Congestion der Lungenbasis beiderseits, sowie einige Petechien auf dem visceralen Blatt der Pleura. Wenn auch Schleim- hautverletzungen der Urethra nicht nachweisbar waren, so muß man doch solche minimaler Natur annehmen, durch welche dann eine Infection er- folgt ist. Loewenthal.

Dr. Heinrich Paschkis: Die Verwendung des Xeroforms bei Haut- und Geschlechtskrankheiten. (Wiener klin. Rundschau 1897, No. 42.)

P. hat das Xeroform in über 100 Fällen verschiedenster Art verwendet, und zwar kam es zunächst wahllos bei allen Arten von Geschwürsformen, dann auch bei Eczem und verschiedenen anderen Hautkrankheiten zur An- wendung.

Die Application war eine sehr einfache: nach Reinigung der Geschwürs- fläche mit einem trockenen Wattetampon wurde das Xeroform mittelst Pinsels auf dieselbe ausgestäubt, eine zwei- bis vierfache Lage hydrophiler Gaze darüber gelegt und diese im Notfalle mit Watte und Calicobinde fixirt. Bei Geschwüren an der Eichel, an dem inneren Blatte der Vorhaut, oder in der Eichelfurche unterblieb diese Befestigung. In derselben Weise wird der Verband bei Brandwunden angelegt; bei Ekzem und anderen Haut- krankheiten wurden die excorürten Stellen entweder ebenso behandelt, oder dieselben wurden zuerst emgestäubt und dann mit einer indiflerenten Salbe oder mit Lassar’scher Paste bedeckt.

Die Wirkung war durchwegs eine sehr gute. Nicht zu unreine venerische Geschwüre, auch Fußgeschwüre reinigten sich sehr rasch: selbst bei tiefen Substanzverlusten entstanden schnell gesunde Granulationen, und die Ver-

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narbung machte rasche Fortschritte. Erosionen und oberflächliche Geschwüre heilten unglaublich schnell, innerhalb weniger Tage, auch geschwürige Sclerosen. Daß letztere nach ihrer Ausfüllung und Reinigung manchmal noch immer erodirt: und immer hart blieben. ist selbstverständlich. Als besonders wertvoll muß es bezeichnet werden, daß das Xeroform nicht ätzend wirkt und keinen eine Eiterverhaltung begünstigenden Schorf bildet. Dieser letzteren Eigenschaft ist es auch zuzuschreiben. daß es sehr selten zu einer Adenitis kam. Ob das Xeroform antiseptische Eigenschaften in sensu stricto hat, läßt sich aus diesen Versuchen nicht erschließen. Verf. kan nur sagen, daß es ein sehr zweckmäbßiges Wundverbandsmittel ist. welches die Geschwürsflächen zum Eintrocknen bringt. gesunde Granulations- und Narbenbildung begünstigt und, ohne dem Kranken Beschwerden zu verursachen, leicht applicirt werden kann. Kr.

Friedrich und Török: Die Statistik der venerischen Krank- heiten in geschlossenen Kreisen und ihre Prophylaxe. (Pester med.-chirurg. Presse 1897, No. 25, 26 und 27.)

Der Hauptzweck der Statistik venerischer Krankheiten, nämlich ein zutreffendes Bild der Ausbreitung der Venerie in der Bevölkerung zu geben. oder wenigstens eimen einigermaben richtigen Schluß auf die thatsächlichen Verhältnisse zuzulassen, wird durch viele der bisherigen Forschunzsmethoden nicht erreicht. So sind Statistiken ohne Wert, die die venerischen Krank- heiten in ambulatorischen und Spitälern zusammenfassen, die Anzahl der Kranken mit der Einwohnerzahl vergleichen und so einen Schluß auf die Ausbreitung resp. die Zu- oder Abnahme der venerischen Erkrankungen ziehen. Auch aus der Zahl der Infectionen einer Garnison kann man kein zutrelendes Bild über die Ausbreitung der Geschlechtskrankheiten einer Bevölkerung gewinnen. Die objectivsten Resultate giebt nach Ansicht der Verti. diejenige Methode, die mit den nötigen Cautelen die Verbreitung der ‘venerischen Krankheiten in gewissen geschlossenen Kreisen erforscht und die Resultate mit der erforderlichen Vorsicht auf die übrige Bevölkerung überträgt. In Anwendung dieses Grundsatzes haben die Verff. ihre Unter- suchungen auf die Venerischen der beiden größten Pester Krankenkassen. mit zusammen nahezu 100000 Mitgliedern, was einem Fünftel der betreffenden Altersklassen (von ’12—70 Jahren) in der Pester Gesamtbevölkerung ent- spricht, ausdelmen können. Sie haben nur die recenten Infectionen registrirt. Um auszuschließen, dab derselbe Patient wiederholt in die Register auf- xenonimen werde, sind am Jahresschlusse die einzelnen Namen und Daten in der angelegten Liste verglichen worden. Da eine Anzahl Kassenpatienten die Fürsorge der Kassen nicht m Anspruch nahmen, leichtere Fälle ihre Erkrankung wohl überhaupt nieht behandeln ließen, so läßt sich jedenfalls sagen, daß die Statistik die Minimalzahl der Erkrankungen angiebt. Nach Schätzung der Verft. bleibt dieselbe aber wohl um nicht mehr als um 20 bis 25 pCt. hinter der Wirklichkeit zurück. Um dem Einwande zu begegnen, daß eine Uebertragung der so gefundenen Zahlen auf die Gesamt-Bevölke-

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rung unstatthaft sei, weil es sich um eine unter ganz anderen Verhältnissen lebende Volksschicht handelt, wie z. B. die Angehörigen der besser situirten Klassen, haben die Verft. auch Beobachtungen im kaufmännischen Spital und unter den Universitätshörern angestellt und auch hier im Wesentlichen die- selben Resultate erhalten, wie bei den der Arbeiterklasse angehörigen Kassen- mitgliedern. Wir teilen nun die wichtigsten Zahlen und Folgerungen mit, zu denen die Verft. auf Grund ihrer Untersuchungen gelangten. Danach acquirirten im Jahre 1896 von 96449 Arbeitern in Budapest 1636 venerische Krankheiten, d. i. 1 pCt. (genau 1,7 pCt., d. Ref... Von diesen erkrankten an Gonorrhoe 881 (0,91 pCt.)?), an Uleus molle 532 (0,55 pCt.), an Syphilis 323 10,29 pCt... Auf die Gesamtzahl der venerisch Erkrankten bezogen, litten an Gonorrhoe 53,9 pCt., an Uleus molle 30,5 pCt., mit Syphilis 13,6 pCt

Die Intfeetion stammte von einzeln wohnenden Prostituirten in 27,9 pCt. der Gesamtfälle, aus öffentlichen Häusern in 30,0 pCt., von Geliebten in 17.1 pCt., von Kellnerinnen, Kassirerinnen u. s. w. in 4,3 pCt, von Ehe- gattinnen in 7 pCt. der Erkrankungsfälle, Nicht eruirbar war die Infeetions- quelle in 13 pCt. Von den unter behördlicher Aufsicht stehenden Frauen rührte also die Infection m nicht weniger als 57,9 pCt. der Fälle her. Auch das ist mu eine Minimalzahl, da gewiß zuhlreiche Frauen unter der Rubrik Geliebte“ und „Kellnerinnen“ figuriren, die eigentlich Prostituirte sind, oder zu den sogenannten „ambulanten Prostituirten“ gehören, deren sich Pest erfreut. Es sind das Prostituirte, die diesen Beruf auf Grund polizeilich ausgestellter provisorischer, sogenannter Laufscheine als eine Art Neben- geschäft betreiben, eine Einrichtung, die die Polizei „aus sanitären und Moralitätsrücksichten“ getroffen hat. Diese Mädchen müssen zwei Mal wöchentlich zur Untersuchung erscheinen, und nur die Polizei weiß etwas von ihrem Beruf. Den Grund für den so auffällig hohen procentualen An- teil, den gerade die regelmäßig ärztlich untersuchten Prostituirten an der Verbreitung der Venerie haben, sehen die Vert!. einmal in den ungünstigen Umständen, unter denen die Untersuchungen erfolgen. Besonders hervor- zuheben ist dabei die ungenügende Anzahl der damit betrauten Aerzte und der Umstand, daB die Untersuchung in der Wohnung der Prostiwirten stattfindet. Die polizeiliche Untersuchung an sich finden die Vertf. nützlich. Durch sie werde wenigstens ein Teil der erkrankten Mädchen der Möglich- keit beraubt, die geschlechtliche Infection in die Bevölkerung zu tragen. Die Verff. sind aber andererseits der Memung, daß in einem Teil der Fille die Prostituirte nicht ihre eigene Krankheit weiter verbreitet, sondern als Vermittlerin figurire zwischen einem vorherigen Gaste., der bei ihr seinen Ansteckungsstofl! deponirt und eimem folgenden, den sie infieirt, während sie selbst gesund bleibt. Die Verfl. wollen deshalb neben den Trägerinnen der geheimen Prostitution, den Kellnerinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen etc.

21, Die eingeklammerten Ziffern stellen das procentuale Verhältnis der einzelnen Erkrankungen zur Gesamtzahl der überhaupt observirten Ar- beiter dar.

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auch die Männer, die öffentliche Häuser und Privatprostituirte besuchen, obligatorisch untersucht wissen. Sie empfehlen ferner Aufklärung besonders der Angehörigen der Arbeiterklasse über das Wesen und die Folgen der venerischen Krankheiten, die periodische ärztliche Untersuchung zumal solcher Arbeiterkategorien, die m Folge der Eigenartigkeit ihrer Berufs- thätigkeit die Syphilis leicht übertragen (Instrumentenmacher, Glasbläser, Cigarreumacher), aber auch von Arbeitern, die dieht zusammenwohnen. Da sich aber die Verft. selbst keine großen Illusionen über die Wirksamkeit resp. Durchführbarkeit der vorgeschlagenen Mittel machen, so raten sie, die Prostituirten selbst in der Untersuchung der Männer zu unterweisen, damit sie sich vor dem Coitus überzeugen können, ob ihre Besucher gesund oder venerisch seien. Im Uebrigen sind die Verff. der Meinung, daß die wichtigste prophylactische Maßnahme in der Behandlung und raschen Heilung der geschlechtlichen Erkrankungen bestehe. Hierfür teilen sie sehr überzeugende Daten aus einer statistischen Uebersicht über Syphiliserkrankungen in der Allgemeinen Pester Arbeiterkraukenkasse mit. Diese Kasse hat in den letzten Jahren durch Anstellung einer angemessenen Zahl von Specinlärzten für eine gründliche Behandlung Sorge getragen. Das Resultat ist aus der folgenden Statistik zu ersehen.

Im Jahre kamen auf Syphiliskranke 1892 30000 Mitglieder 148 = 0,49 pCt. 1893 44700 5 170=030 1894 46314 ý 132 = 0,29 1895 49532 e 100 = 0,22 1896 49485 os 85 = 0,21

Das ist eine ganz enorme, sowohl relative als auch absolute Abnahme der Syphiliskranken. Von großem Interesse ist auch der Einfluß, den die Art der Beschäftigung und die Lohnhöhe auf die Häufigkeit der geschlecht- lichen Infection hat. Bei Arbeitern mit wenig anstrengender Beschäftigung (hierfür ist wohl die Beurteilung mehr oder minder subjeetiv) und dabei größerem Verdienst, aber auch bei solehen, die sehr lange „am Abend und die halbe Nacht“ arbeiten, oder bei denen, die eine geistige Beschäftigung haben, tritt Venerie bedeutend häufiger auf, als bei Tagelöhnern mit schwerer Arbeit und geringem Lohn. (Der Gegensatz erscheint uns nieht sehr scharf. Ref.). Es treten Geschlechtskrankheiten auf

bei Müllern . . 2.222.202... O8 pCt, Kutschen . . 2... 2.2.2209. 1 resp. 2 plt..

Schmieden . . . 2202202016 ptt., Metallarbeittem 5 228

a Sch a SE y Handlungsgehilfen . . . . . „p 35 » Kelnem. .. 2 2 2 2m 44 y » Bildhauem . . 2 2 an DÄI y,

Schriftsetzern . 5 6.,9 y, Nachtbäckern . . . 2 22. 100 ,

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bei Maschinenmeistenm . . . . . in 13,8 pCt.,

Sängern und Sängerinnen . . 183

vw Beamten. . . 2 2 2 20209 205 y, Ritterband.

Gonzales Tanago (Madrid); Ueber die therapeutische Be- handlung der Harnsäurediathese und der Urolithiasis. (Sieglo Medico, Juni/Juli 1897.)

Verf. setzt die Theorien von Horbaczewski,Kossel, Weintraud etc. über die Bildung von Harnsäure auf Kosten der Nucleine und ihrer Derivate, der Alloxurkörper, auseinander und bespricht sodann die neuen Theorien von Laquer, Weintraud, v. Noorden und Vogel über die wahrschein- lichste Localisation der Harnsäurebildung im Organismus. Er ist in Ueber- einstimmung mit Mendelsohn und Moritz der Meinung, daß die Bildung von Harnsteinen keine specifische Krankheit ist, wie es Ehstein behauptet; er giebt aber zu, daß kleine Hämorrhagien und Schleimabsonderungen die Ursache von Steiubildung werden können. Verf. hat nämlich bei der Auf- lösung von Harnsteinen sehr oft im Centrum derselben Blut- oder Schleim- hautcoagula gefunden.

Was die Behandlung der Hamsäurediathese betrifft, so ist vor Allem eine Verminderung der Harnsäurebildung anzustreben. Dann ist dafür Sorge zu tragen, daß die Löslichkeit der Harnsäure im Harn möglichst erhöht werde. Der ersten Forderung wird durch Verordnung einer nucleinarmen Diät genügt, der zweiten durch eine mögliche Beschränkung der Acidität des Harns (Verf. bespricht auch die Zieblein’sche Methode der Aciditäts- bestimmung des Harns), sowie überhaupt durch Vermehrung seiner Gesamt- . quantität. Die Erhöhung der Löslichkeit der Harnsäure kann durch eine specielle medicamentöse Behandlung herbeigeführt werden, ebenso die Er- höhung des Lösungsvermögens des Harns. Vun den verschiedenen Mitteln kommen hierbei die Alkalien und vor Allem das Lithion in Betracht, welches zur gleichen Zeit auch diuretisch wirkt. Beim Gebrauch der Alkalien ist aber darauf zu achten, daß der Harn nicht zu alkalisch gemacht werde.

In mehreren Fällen hat Verf. das von Meisels und Ebstein empfohlene Piperazin angewendet; er hat sich jedoch dabei überzeugt, daß dasselbe keineswegs die ihm nachgerühmten lösenden Eigenschaften besitze. Aller- dings hat er die Beobachtung gemacht, daß die von mit Piperazin behandelten Patienten herrührenden Harnsteine lockerer sind, wie sonst.

Das Urocedin hat nach den Erfahrungen des Vert ja gleichfalls keine, wenigstens keine hervorragenden lösenden Eigenschaften, ebenso wenig die Kalksalze, mit denen Strauss ımd Herxheimer gute Resultate erzielt haben wollen.

An Versuchen mit dem von Klemperer empfohlenen Harnstoff hat es Verf. gleichfalls nicht fehlen lassen. Im Allgemeinen konnte er mit dem Mittel zufrieden sein, wenn er auch die von Klemperer betonte constante Wirkung nicht ohne Weiteres zugeben kann.

Schließlich berichtet Verf. über seine Versuche mit dem Lysidin und Urotropin von Schering. Das letztere hat er in Dosen von 0,5—4,0 g pro die verabreicht, ohne, bis auf Blasentenesmus und Gefühl von Brennen in der Urethra und Blase, ernste Nebenwirkungen beobachtet zu haben. Die diuretische Wirkung des Urotropins war in manchen Fällen sehr bedeutend. Es konnte z. B. bei manchen Patienten durch tägliche Gaben von 8,0 g Harnstoff nicht diejenige diuretische Wirkung erzielt werden, die sich nach dem Gebrauch von Urotropin in den oben angegebenen Dosen einzustellen pflegte. Von emmer constanten Wirkung kanuu jedoch auch bei dem Uro- tropin nicht die Rede sein.

Um das Lösungsvermögen des durch den Harn zur Ausscheidung ge- langenden Urotropins zu prüfen, lieb Verf. die Kranken des Nachts 0,5 --1,0g Urotropin nehmen, sammelte dann den Morgenharn und brachte in ihn Steinchen, deren Gewicht und Durchmesser bekannt war. Vorher wurde der Haru mittelst Bromwasser auf Vorhandensein von Urotropin geprüft; auch wurde dessen Harnsäuregehalt, Acidität, specifisches Gewicht und in einigen Fällen auch dessen Harnstoßfgehalt bestimmt. In sechs Fällen lösten sich nun die Steinchen in wenigen Tagen bei 37%, während gleiche Stemehen im normalen oder Piperazinurin sich nicht gelöst haben.

Auf Grund seiner in der angegebenen Richtung ausgeführten experi- mentellen Untersuchungen gelangt Verfasser zu dem Schlusse, daß die wirksamste therapeutische Behandlung der Harnsäurediathese in nuclein- armer Diät und im Gebrauch von Mmeralwässern als Diureticum und von Urotropin als Lösungsmittel bestehe. Auch an den Harnstoff, der diuretisch wirkt und die Acidität des Harns neutralisirt, wäre zu denken.

Casper.

II, Harn und Stoffwechsel Diabetes.

G. Michel (Belgrad): Mikroskopie schleimiger, schwer ab- setzbarer Harne. (Pharm. Post 1897, 607. Wiener Medicin. Blätter 1898, No. 1.)

Um einen eiweißhaltigen, schleimigen, schwer absetzbaren Harn schnell und bequem auf organisirte Gebilde untersuchen zu können, schlägt M. vor, man solle 590 cm? Harn in einem 100 em3 fassenden Glascylinder mit 20 cm? Aethyläther Anfangs langsam, später etwas kräftiger durchschütteln, die Mischung sodann einige Zeit der Ruhe überlassen. Mittelst einer Pipette hebt man die abgesonderte obere, ätherische Schicht, die jetzt alle Harn- cylinder ete. enthält, ab, verteilt sie auf Uhrgläser, läßt den Aether ab- dunsten, bringt den Rückstand mit Hilfe eines zugespitzten kleinen Haar- pinsels auf die Objeetträger und bedeckt nach dem Abtrocknen mit dem Deckglas. Immerwalır (Berlin).

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F. W. Tunnicliffe und Otto Rosenheim: A new volumetrie

method of estimating uric acid in urine. (British medical Journal, 5. Februar 1898.)

Die Methode basirt auf der Fähigkeit der Harnsäure, mit Piperidin eine in Wasser lösliche Verbindung einzugehen, und besteht in Titrirung der aus dem Harn gewonnenen Harnsäure mit einer Piperidinlösung von bekannter Stärke. Die Verf. erhalten die Harnsäure nach der Hopkins- schen Methode durch Zusatz von Ammoniumchlorid und Salzsäure, Filtriren und Auswaschen des Filtrats mit Wasser bis zu negativer Congorot-Reaction. Die aus 100 cem Urin so gewonnene reine Harnsäure wird mit 20—30 cem heißen Wassers vom Filter in ein Becherglas gespült; der in dem Wasser suspendirten Harusäure werden einige Tropfen alkoholischer Phenolphthalein- lösung zugesetzt; die zum Titriren bemutzte !/,, Normalpiperidinlösung wird, obwohl sich harnsaures Piperidin bereits bei 15° C. bis zu 5,3 pCt. in Wasser löst, zum Zweck einer resht scharfen Endreaction auf den Siedepunkt gebracht. Rotfärbung, die auch beim Schütteln bestehen bleibt, zeigt die vollständige Sättigung «der Harnsäure an. 1 ccm der Normalpiperidinlösung entspricht. 0,00425 g Piperidin und bindet 0,0084 g Hamsäure. Die Menge der für die Reaction notwendigen Titrirflüssigkeit, multiplieirt mit 0,0084, giebt den Harnsäure -Procentsatz des Urins. 14 vergleichsweise mit der Wäge- und Titrirmethode ausgeführte Harnsäurebestimmungen ergaben bei

der letzteren durchschnittlich eine Differenz von 2/,, mg. Eine kleine Fehlerquelle bei der Wägemethode das Mitwiegen der Harnfarbstofle fällt beim Titriren fort. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. med. Arthur Schlossmann, Specialarzt für Kinderkrankheiten in Dresden: Zur Methodik der quantitativen Zuckerbe- stimmung. (Wiener klin. Rundschau 1897, No. 45.)

S. tritt enthusiastisch für die von R. Hefelmann (Pharmac. Central- halle 1895, No. 45— 48) aufgefundene Methode der Zuckerbestimmung ein und giebt dabei der Ueberzeugung Ausdruck, daß Niemand, der Zucker- bestimmungen auf diese Art ausgeführt hat, je zu einer der früher benutzten Bestimmungsmethoden zurückkehren werde. | Die Methode, vom Verf. in geringem Maße modifieirt, ist folgende: ‘Man nimmt einen geradwandigen conischen Platintiegel, dessen Boden fein durchsiebt ist. Dieser Siebboden ist durch einen genau adaptirten, leicht abnehmbaren, 13mm hohen Schuh von nicht perforirtem Platin verschließbar. Der Platintiegel ohne Schuh wird nunmehr zur Vornahme der Zuckerbe- stimmung auf einer Saugflasche luftdicht befestigt. Die Saugflasche wird mit der Luftpumpe verbunden, ohne daß diese zunächst in Gang gesetzt wird. Um nun die feinen Oeflnungen des Siebbodens, die mit Leichtigkeit den feinkörnigen Niederschlag des Kupferoxyduls durchlassen würden, dichter zu verschließen, bedeckt man denselben mit einem Asbestpolster. Zu diesem Zweck wird langfaseriger Asbest in inöglichst kleine Stückchen zerschnitten,

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in. der üblichen Weise durch Kochen mit 10proe. Natronlauge, gründlichem Waschen und wiederholtem Deecantiren, abermaligem Kochen mit Wasser und häufigem Waschen und Decantiren gereinigt und mit Wasser aufge- schwemmt. Von dieser Asbestaufschwemmung gießt man so lange in den Gooch'schen Tiegel. bis alle Poren genügend verstopft sind, durch lang- sames Ansaugen kam man die Dichtigkeit dieses Polsters leicht so weit. erhöhen, daß das Wasser nur tropfenweise durchgelassen wird. Nunmehr entfernt man den Tiegel, armirt ihn mit dem Platinschuh und glüht über einem Gebläse, läßt über H, SO, erkalten und wiegt. Jetzt ist der Tiegel zur Bestimmung vorbereitet, man entfernt wieder den Platinschuh, setzt den Tiegel in den Gummiring auf die Saugflasche und filtrirt die in üblicher Weise festgestellte Kupferoxydullösung durch, zunächst ohne die Saugpumpe in Gang zu setzen. später unter leichtem Ansaugen. Es wird alsdann. nachdem man alles Kupferoxvdul mit heißem Wasser in den Tiegel hinein-

gespült hat, mit etwa einem Liter siedenden Wassers nachgewaschen, darauf

der Tiegel wieder wie vorher mit dem Platinschuh arımirt, geglüht. über H,SO, abgekühlt und gewogen. Die Differenz zwischen beiden Wägungen ergiebt, wie viel von dem Kupfersulfat zunächst reducirt und alsdann wieder oxydirt worden ist; das Endproduet ist also nicht metallisches Kupfer, sondern Kupferoxyd. Um nun aus den Tabellen, die meist angeben, wie viel einer bestimmten Zuckerart metallisches Kupfer entspricht, das Resultat zu ermitteln, hat man die gefundene Menge Kupferoxyd mit 0,798 zu multi- pliciren. Auf diese Weise ermittelt man aus dem gefundenen Kupferoxvid die Menge metallischen Kupfers, die von einer gewissen Zuckermenge aus dem überschüssig zugesetzten Cu SO, reducirt worden war, und bestimmt mit Leichtigkeit aus den Tabellen den Zuckergehalt. Nach der erfolgten Wigung wird der Tiegel über Schwefelsäure im Exsiccator aufbewahrt und kann ohne Reinigung oder irgend welche andere Manipulation direet eme andere neue Bestimmung vorgenommen werden.

Die Vorteile dieser Methode sind in Kürze: 1) Nachdem man sich die Asbestaufschwemmung einmal zubereitet und den Apparat zusammengesetzt hat, kurze Dauer der Vorbereitung. 2) Sicheres und rasches Filtriren. 3) Glühen einfach in Gebläslamme ohne Wäasserstofistrom. 4) Die Möglich- keit, imnier eine Bestimmung an die andere anzuschließen, ohne den Gooch- schen Tiegel erst von neuem vorbereiten zu müssen. 5) Nur eine Wägung bei jeder Bestimmung. Dabei 6) gegenüber allen anderen Methoden Genauig- keit der Resultate und Zeitersparnis. Kr.

Pavy (London): Zur Pathologie und Therapie des Diabetes. (The Lancet, 20. und 27. November 1897.)

Der Diabetes mellitus besteht kurz ausgedrückt in einer mangelhaften Ausnutzung der Kohlehydrate, die, anstatt in die Gewebe aufgenommen zu werden, zum Teil in Form von Zucker ausgeschieden werden. Zur Er- klärung dieser mangelhaften Resorption der Kohlehydrate und der Ansamnı- lung von Zucker im Blut sind verschiedene Hypothesen aufgestellt worden.

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die, wie P. nachzuweisen versucht, sehr wenig Wahrseheinlichkeit für sich haben. Er hält daher nach wie vor an seiner bekannten Theorie fest, nach welcher der Ueberschuß von Zucker im Blut bedingt ist durch eine mangel- hafte Function des Darmes und der Leber. Wie früher, so haben ihm auch neuere Versuche gezeigt, daß die Kohlehydrate bereits in den Darmzotten verändert, und zwar in Fett umgewandelt werden. Dasselbe geschieht auch durch die Leber. Beim Diabetes ist nun diese fettbildende Eigenschaft des Darmes und der Leber verringert, in Folge dessen kommt es zu einer An- häufung von Glycogen in der Leber, das nun nicht mehr in Fett umgewandelt wird, sondern in’s Blut gelangt und hier sich in Zucker verwandelt. Eine Verhinderung der Zufuhr von Kohlehyıraten vermag «demnach zwar die Zuckerausscheidung zu beseitigen, aber nicht die Grundkrankheit zu heilen. Dieses kann nur durch eine Wiederherstellung der fettbildenden Fähigkeit von Darm und Leber und damit der normalen Resorption der Kohlehydrate geschehen. Hierbei spielt allerdings die Anpassung der Resorptionsfähig- keit der Kohlehydrate an die emzuführende Menge von Kohlehydraten die Hauptrolle. Und zwar muß diese Fähigkeit geübt werden. Man soll dem- nach die Kohlehydrate nicht gänzlich von der Diät ausschhließen, sondern (in Form von Brot) so viel verabfolgen, wie gerade ohne Zucker zu bilden aufgenommen werden kann. Hierbei beginnt man mit kleinen Dosen und steigt ganz allmählich an, indem man die Dosis sofort wieder verringert, sobald Zucker im Urin erscheint. Allmählich wird die Resorptionsfähigkeit so gesteigert, daß schließlich normale Mengen Kohlehydrate ohne Schaden aufgenommen werden können. Unterstützt wird nach der Erfahrung von P. diese Behandlung sehr wesentlich durch die Verabfolgung von Opium oder seinen Derivaten. Auf-diese Weise kann der gewöhnliche, alimentäre Diabetes vollkommen zur Heilung geführt werden, und auch bei der schweren, progressiven Form vermag man Stillstände und Besserungen zu erzielen. Loewenthal.

Regimentsarzt Dr. Eichner und Dr. Fölkel: Ueber abnorme Blutfärbung bei Diabetes mellitus und Gilykosurien. (Wiener klin. Wochenschrift 1897, No. 46.)

Vor einigen Jahren hat Bremer in St. Louis zuerst die Aufmerksam- keit auf ein vom normalen angeblich differirendes Verhalten des diabetischen Blutes bei Färbungen mit Eosin, Congorot, Methylblau ete. gelenkt. Diese Mitteilungen wurden von Lepine und Lyonnet in Lyon bestätigt, welche jedoch hervorhoben, daß sie auch in einem Falle von Leukämie ein gleiches Färberesultat erhalten hätten.

Verfasser vorliegender Arbeit bestätigt ebenfalls die Beobachtungen Bremer's, doch hat eine Reihe oft wiederholter Blutuntersuchungen auch ihm ergeben, daß bei anderen Krankheitsprocessen genau dieselbe Reaction eintreten kann. In ebenso präciser Weise hat Verf. sie in einem Falle von Pseudoleukämie mit Vergrößerung der Milz, Leber und Lymphdrüsen, sowie anämischem Blutbefunde beobachtet. Mit diesem übereinstimmend verhielt

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sich ferner ein typischer Morbus Basedowii. Ein analoges Färbeverhalten zeigte endlich auch ein Fall von Leukämie.

Auch Verf. kann daher in der genannten Färbungsdifferenz kein für das Diabetesblut characteristisches Moment sehen. Es scheint vielmehr, was schon Lépine und Lyonnier ausgesprochen, daß in Fällen, in denen die Alkaleseenz des Blutes eine Verminderung erfahren hat, ähnliche Tinetions- resultate auftreten. Dafür spräche nach Verf. auch, dab viele Fälle von Kachexie, wenn auch nicht direct eine Inversion des normalen Typus. so doch eine wesentliche Abschwächung der Tingibilität zeigen. Kr.

Estay: Ueber die Wirkung des Methylenblaus bei Diabetes. (Bulletin général de thérapeutique, 15. Januar 1898.)

Fal I. Em 53jähriger Kaufmann klagt über neuralgische Beschwerden und starken Durst. Der Urin enthielt Albumen und O4 g Zucker pro Liter. Patient mub täglich 0,5 & Methrlenblau nehmen. Sehr bald verschwindet das Eiweiß, und anch die Menge des Zuckers hat sich nach achttägiger Behandlung um em Drittel verringert. Nach fünf Wochen ist Zucker im Urin nicht mehr nachzuweisen. Die täglich ausgeschiedene Urinmenge ist 1500 g. der Durst nur noch in Dipen Grade vorhanden.

Fall II betrifft einen 57Jährigen Capitän, der 1870 einen Schuß in die Leber und rechte Niere bekommen hat: die Kugel ist nicht entfernt worden. Schon 1872 hatte er Zucker im Urin. Seitdem ist er in, Behandlung, scheidet aber jetzt 28—30 g Saccharum pro Liter Urin aus. Er hat an den Fingern beider Hände mehrere gangränöse Stellen. Während letztere antiseptisch behandelt wurden, bekam Patient innerlich Methylenblau in Dosen von 0.1 bis 0,5 g pro die. Nach vier Wochen wurden pro Liter Urin nur noch 5 g Zucker gefunden.

Die völlige Unschädlichkeit des Methylenblaus und der eclatante Erfolg in den beiden eitirten Fällen bestimmen den Verf., dies Mittel auf’s Wärmste bei der Behandlung des Diabetes zu empfehlen. Hirschfeld.

HI. Gonorrhoe und Gomplicationen.

mer mn

Henry Heiman: Further studies on the gonococcus (Neisser). (Medical Record. New-York, 15. Januar 1898.)

Verf. gelang es, noch nach 82 Tagen den Gonococeus aus flüssigen Nährböden auf Serumagar zu übertragen. Eine Uebertragung von Nähr- hoden zu Nährboden, jeden fünften bis sechsten Tag ausgeführt, glückte ihm 25 Mal; die Möglichkeit. derselben ist wahrscheinlich unbegrenzt. Zur Erklärung von 15 Fällen nach Gonorrhoe entstandener chronischer Urethritis, bei denen Deckglas- und Culturverfahren negatıve Resultate ergaben, dient dem Verf. die Toxin- Theorie Wassermann’s. Die Behanptungen von

Fr a © mie. * Se (ii a T a a i

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Strauss, Pescione und Erand über Gonococcenfunde in der normalen Urethra hält er für nicht genügend bewiesen, da sich die genannten Autoren weder der Gram’schen Färbung noch des Culturverfahrens bedienten. Rectal-Gonorrhoe kommt häufiger vor als man glaubt; die Berichte von Baer und Schultz geben neuerdings eine Bestätigung dafür. Unter vier Rectal-Gonorrhoen und vier gonorrhoischen Gelenkentzündungen gelang dem Verf. je zwei Mal die bacteriologische Diagnose mittelst Deckglas- und Culturverfahren. Hier war die Erkrankung nach einem Coitus per anum und nach Durchbruch eines Abscesses der Bertholin’schen Drüse in's Rectum entstanden, dort handelte es sich um die Entzündung eines Finger-, Hand- und Zehengelenks 24, Wochen nach Auftreten einer Blennorrhoea neonatorum und um die Entzündung des linken Sternoclaviculargelenks bei einer 3 Monate bestehenden Gonorrhoe eines 28jährigen Mannes.

Zur Erzeugung einer experimentellen Blennorrhoe benutzte Verf. nach “dem Vorgang Heller's neugeborene Katzen und Kaninchen, hatte jedoch stets negative Resultate, obwohl er Gonokokken-Reineulturen nicht nur auf die normale, sondern auch auf die nach chemischer Reizung entzündete Conjunctiva übertrug. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Walter Collan, Assistent der dermatol. Klinik in Helsingfors:

Zur Frage der Pathogenese der gonorrhoischen Epidi- dymitis. (Wiener klin. Wochenschr. 1897, No. 48.)

In der Frage der Pathogenese der gonorrhoischen Epididvmitis sind mehrere Theorien aufgestellt worden, doch ist wohl diejenige die natürlichste, welche die Nebenhodenanschwellung bei einer acuten Urethritis von den die Schleimhäute entlang propagirten Gonokokken hervorgerufen hält. Dieser Theorie, von vielen Seiten angenommen und von anderen wieder kategorisch bestritten, mangelt bis jetzt ein tlirecter Beweis. Bestritten ist dieselbe z. B. von Erand und Hugouneng, welche durch Punction der Tunica vaginalis einen Diplococeus, den sie Orchiococeus nennen, erhalten haben. Dieser Diplococcus hat. fast dieselbe Größe wie der Gonococeuns, entfärbt sich ebenfalls nach Gram, unterscheidet sich aber von dem Gonococcus darin, daB er sich auf verschiedenen Nährböden, wie Amar, Gelatine, Bouillon ete. kräftig entwickelt, ein Unterschied, der auch von d’Arlhac hervorgehoben wird. Diesen selben Diploeoceus haben die genannten Autoren auch in der nie erkrankten Trethra nachweisen können, und ziehen sie die folgenden Conchusionen aus ihren Untersuchungen: 1) Sobald der Orchio- coccus in der gonorrhoisch erkrankten Urethra dureh Cultur auf Agar nach- gewiesen werden kann, entsteht fast immer eine Orchitis; 2) ist der Orchio- coceus nicht nachweisbar, so entsteht nie eine Orchitis und 3) ist der Orchiococceus nachweisbar, entsteht doch nicht immer eine Orchitis.

Die Ansichten Erand’s und Hugouneng's wurden dann durch andere Forscher bestätigt und angenommen, während wieder andere auch eine Mischinfection von Gonokokken, Orchiokokken und Eiterkokken als Erreger der Epididymitis annehmen.

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Der erste Fall. welcher als Beweis für den rein gonorrhoischen Ur: sprung der Epididymitis gelten kann, ist die von Routier angeführte Beoh- achtung. In diesem Falle entstand ein Absceß im Nebenhoden in Folge einer Epididymitis, und in dem daraus entleerten Eiter konnte Routier Gonokokken eulturell nachweisen. Ueber einen ähnlichen Fall, in dem der Nachweis von Gonokokken culturell und in Gewebspartikeln gelang, be- richtete jüngst Grosz. In dem Vorliegenden berichtet nun C. über einen weiteren, von ihm beobachteten Fall, m welchem er einen positiven Beweis dafür zu erbringen vermag, daB die Gonokokken in den Nebenhoden ein- wandern und so die Anschwellung desselben hervorrufen, ohne daß dabei andere Bacterien thätig wären. Kr.

Rendu (Paris): Die Behandlung des Tripperrheumatismus. (La medecine moderne 1896, No. 102.)

Die interne Behandlung des Tripperrheumatismus ist fast immer un- wirksam, weder Natr. salicyl., noch Antipyrin, noch Salol helfen hierbei. Das Salophen hat bei manchen Fällen eine günstige Wirkung. Rendu ist daher der Meinung, daß die Behandlung des Tripperrheumatismus in der Behandlung des Trippers, besteht. Man muß die Gonokokken an ihrem Herde vernichten, wo sie sich immer wieder vermehren, und von wo aus sie den Organismus inficiren. Das beste Mittel hierfür ist die große Aus- spülung der Urethra mit übermangansaurem Kalı; dann verändert sich die Gelenkaffection rasch, schon nach zwei bis drei Tagen tritt eine deutliche Besserung ein, die Schwellung, Oedem und Schmerzen verschwinden rasch, und es tritt rasch Heilung ein. Die Injectionen sind um so wirksamer, je früher sie im Beginn der Krankheit gemacht werden, wenn aber die Gelenk- affectionen lange bestehen, sind sie nicht so wirksam, und man muß andere Mittel anwenden. Bei solchen hartnäckigen Fällen hat Rendu öfter mit Erfolg Punetion des Gelenks gemacht mit nachfolgender Injection von 1—2 Spritzen einer 1:4000 Sublimatlösung. Bei sehr schweren, eitrigen Fällen ist die Arthrotomie das beste Heilverfahren und kann ohne Gefahr ausgeführt werden. Wenn man das Gelenk für nicht lange Zeit immobilisirt, braucht man keine Ankvlose zu befürchten, aber es tritt oft Steifheit und Atrophie auf, die man durch Ableitungsmittel, besonders Pointes de feu, Massage, Bewegung und Faradisation bekämpfen muß.

Drews (Hamburg).

Howland (Washington): Treatment of Stricture of the Urethra by Electrolysis. (Journal of Cutaneous and Genito- Urinary Diseases 1897, September.)

In der historischen Uebersicht der Entwicekelung der electrolytischen Behandlung der Harnröhrenstricturen macht Verf. darauf aufmerksam, daß die ersten practischen Experimente mit mehr oder minder positivem Resultat aus Frankreich, und zwar von Mallez und Tripier herrühren. Newman, Frank, Prince und Buttler waren in Amerika die Ersten, die sich mit

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der electrolytischen Methode beschäftigt haben, namentlich Newman, der die Methode durchgreifend modifieirt hatte. Die Newman’sche Modification ist gegenwärtig gleich der von Le Fort-Paris am meisten im Gebrauch. Im Großen und Ganzen stimmen die Verfahren der beiden letztgenannten Autoren überein; der Unterschied besteht nur darin, dab Newman seine Sonde nur bis an die Strietur führt und letztere in der Richtung von vorn nach hinten zu zerstören sucht, während Le Fort mittelst eines am oberen Ende der Sonde angebrachten Schneideinstrumentes in das narbige Gewebe der Strictur eindringt und letztere sozusagen centrifugal zerstört. Verf. be- diente sich in seinen Fällen, es waren deren sechs, der Methode von Le Fort und erzielte in drei Fällen ein positives Resultat. Allerdings bedurfte es nach der Operation noch der systematischen Sondirung. Li.

Mac Gowan (San Francisco): A Report of the Value of Le Fort's Method of Electrolysis in the Treatment of Severe Strictures of the Deep Urethra. with the Presentation of a New Instrument for its Application. (Journal of Cutaneous and Genito-Urinary Diseases, September 1897.)

An der Hand von zehn Fällen eirener Beobachtung empfiehlt Verf. auf’s Wärmste. Strieturen im Gebiete der Urethra posterior statt mittelst interner Incision, die mit. unverkennbaren Gefahren (Blutung) verbunden ist, mittelst der zuerst von Le Fort empfohlenen eleetrolytischen Methode zu be- handeln. Indem Verf. die Le Fort’ sche Methode in toto acceptirt hatte, hat er an dem von Le Fort zum Zwecke der Electrolyse construirten Instrument jedoch einige Verbesserungen vorgenommen. Die Stromstärke betrug 3 bis 15 M.-A., die Sitzungsdauer 1/,—45 Minuten. Von sämtlichen Patieuten, unter denen sich Personen verschiedener Stände und verschiedenen Alters befanden. klagte keiner über Schmerzen. Der Erfolg war in allen Fällen, wie es aus den beiliegenden Krankengeschichten zu ersehen ist, ein durch- aus günstiger. Li.

Wagapow und Ssletow (Moskau): Ueber die Anwendung der Electrolyse bei Strieturen der Harnröhre. (Medieinskoc Obosrenie 1897, Bd. XLVII, Heft 6.)

Die Schlüsse, zu denen die Verl. auf Grund ihrer Beobachtungen gelangt sind, sind folgende:

1) Bei electrolvtischer Behandlung von Harnröhrenstrieturen ist die Anwesenheit zweier Aerzte erforderlich: eines Specialisten für Harnkrank- heiten und eines Arztes, der nur mit der Maschme sich zu beschäftigen hätte.

2) Von den transportablen Batterien ist die Spamer’ sehe absolut un- brauchbar. Von den deutschen Batterien ist die Glauert'sche, von den französischen die Chardin’sche zu empfehlen.

3 Ein empfindliches Galvanometer ist unbedingt nötig. Man kann sich auf das Gefühl der Patienten schon daher nicht verlassen, da die

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Empfindlichkeit der Harnröhren ebenso verschieden ist. wie die Erkrankungen derselben.

4) Um eme Verbrennung sicher zu vermeiden. darf man die Strom- stärke nicht über 10 M.-A. und die Sitzungseauer nicht über 5 Minuten bringen.

5) Falls obige Bedingungen erfüllt sind. ist die Electrolyse der Harn- röhrenstricturen vollständig gefahrlos, und sie ist nicht nur für Fälle, im denen bereits alle sonstigen Behandlungsmethoden erprobt sind, zu empfehlen, sondern auch für frische. nicht vernachlässigte Fälle.

6) Der Vorzug der Electrolvse der systematischen Bougirung gegen- über besteht m der Schnelligkeit ihrer Wirkung und m Folge dessen im Fortfall der psychischen Depression, welche mit jeder langdauernden Be- handlung der Erkrankungen des Urogenitalsystems unvermeidlich ver- bunden ist.

1) Die lineäre Electrolyse, die ohne Complicationen zu wirken pflegt. müßte die einzig zulässige Operation sein bei Personen, bei denen außer den Harnröhrenstrieturen noch andere tiefe Atfectionen des Genitalapparates oder Diabetes vorhanden sind.

8) Außer ihrer größeren Gefahrlosigkeit der Urerhrotomie gegenüber bietet die Electrolvse noch den Vorteil, weniger Recidive zu geben.

Li.

ThomasJackson (Edinbursh,: Ein neuerDilatator fürUrethral- strieturen. (The Lancet, 25. September 1897.)

Das Instrument besteht aus einer Sonde, einer Schraube und 12 eiförmig gestalteten Kügelchen verschiedener Größe. Die Sonde ist von Metall, hiegsam, alle halbe Zoll mit eimer Marke versehen, und endigt in einen kleinen Knopf. Die Schraube, die dazu dient, die Kügelchen längs der Sonde zu verschieben, besteht aus einem langen, dünnen, mit einem Hand- griff versehenen, knopfförmig endigenden Metallstab. auf dem sich ein ver- schiebbarer metallener Ring befindet, der oben eine kleine Schraube zu seinem Festschrauben enthält. Die Kügelchen sind gleichfalls von Metall und repräsentiren die verschiedene Dicke verschiedener Katheter. Beim Gebrauch wird zuerst die Sonde eingeführt. Dann werden auf dieselbe mehrere Kügelchen (die in der Mitte perforirt sind) gebracht, und zwar in der Art, dab sie nach hinten zu an Größe zunehmen. Darauf werden die Küzrelchen mit dem Metallstab, der längs der Sonde eingeführt wird, vor- gestoßen, über das hintere Ende der letzteren wird der Ring geschoben, und dann werden Sonde und Metallstab durch Anziehen der Schraube an einander fixirt. Nunmehr wird das Instrument vorgestoben und zurück- gezogen. Die Anwendung dieses Verfahrens ist, wie Verf. angieht, viel weniger schmerzhaft und für den Arzt viel bequemer, als die der gewöhn- lichen Katheter. (Das Instrument ist zu beziehen von der Firma Arnold and Sons, West Smithfield, London.) Loewenthal.

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IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

erf

1) Dr. F. Münchheimer: Ueber extragenitale Syphilisinfec- tion. (Sep.-Abdr. a. d. Archiv f. Dermatol. u. Syphilis, XL. Band, 2. u. 3. Heft.)

2) Dr. Jacobi: Seltene Localisationen von luetischem Primär- affect der Nasenschleimhaut. (Scp.-Abdr. a. d. Dermatolog. Zeitschrift 1897.) `

3) H. Surmont et J. Patoir: Syphilis ignorée chez deux frères. (Extrait de Echo medical du nord, 11. Juli 1897.)

Die extragenitale Syphilisinfeetion kormnit. viel häufiger vor, als man früher angenommen hatte. M. (1), der die vorhandenen statistischen An- gaben zusammenstellt, findet, daß die extragenitalen 6—7 pCt. aller Syphilis- infectionen ausmachen. Die Kenntnis dieser Infection, die auf den ver- schiedensten Wegen erfolgen kann, ist einmal für Therapie und Prophylaxe von grober Bedeutung, sie ist aber auch geeignet, die heute noch geltenden allgemeinen Anschauungen und gesetzlichen Bestimmungen zu bekämpfen. welehe den Syphilitischen vervehmen und so zur Verbreitung der Krankheit beitragen.

Die Prognose der extragenitalen Infection ist nicht schlechter, als die der genitalen.

Der von J. (2) beschriebene Prinärafleet an der Nasenschleimhaut zeichnete sich durch einen ungewöhnlich hohen Sitz in der Nasenhöhle aus. Der mittlere Abschnitt der rechten Concha media war uleerirt und mit schmierigem Belage bedeckt. Aın Kieferwinkel fand sich ein indurirtes Drüsenpacket.

S. und P. (3) bekamen zwei Brüder in Behandlung, welche beide tertiäre Syphilis hatten, ohne irgend etwas von einer Ansteckung zu wissen. In der Familie war keine Syphilis nachzuweisen. Der eine dieser Patienten hatte hohes continuirliches Fieber nit täglichen Exacerbationen und machte einen kachectischen Eindruck. Es wurde anfangs die Diagnose auf Sepsis gestellt und Pat. mit Salievl behandelt. Erst nach speeitischer Behandlung besserten sich die Erscheinungen. Im Blute fand sich Staphylococcus albus, der seeundär durch die Hautulcerationen eingedrungen war.

Edmund Saalfeld (Berlin).

G. Riehard-A’Aulnay, Ancien interne de Saint-Lazare: Des carac- teres et du processus du syphili-virus et de l’exe&rese du syphilöme.

R.-W’A. setzt zunächst seine Ansichten über das syphilitische Virus auseinander. Dasselbe hat die Haupteigenschaft, zu „sclerosiren“, was sich

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gleich beim Primäraflfeet („primärem Syphilom“) zeigt. Der Primärafleet tritt durchschnittlich nach einer 15—20tägigen Incubationszeit auf. Der Primärafleet kann aber auch völlig fehlen, trotzdem die Syphilis ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt.

Das Virus verbreitet. sich gewöhnlich durch die Lymphbahnen weiter, manchmal aber auch durch die Blutbahnen, was eine schnellere Allgemein- erkrankung zur Folge hat. Je mehr Lymphdrüsen sich auf dem Wege des Virus befinden, desto mehr wird seine Wirkung abgeschwächt (Phagocvtose).

Wenn «der Primäraffeet sichtbar wird, ist das Virus schon ziemlich weit vorgedrungen.

Hieraus leitet R.-d’A. die Ansicht ab, daß die Excision des Primär- affectes nutzlos ist. Auch ein Fehlen der Roseola beweist nicht den Erfolg der Excision.

Alle gut beobachteten Fälle, in denen der Primäraflect excidirt wurde. siud wie gewöhnlich weiter verlaufen.

Rechtfertigen läßt. sich die Excision nur dann, wenn man den Primär- affect als einen Herd ansieht, in welchem sich das Syphilisgitft. vervielfältigt. Man würde dann eine Abschwächung der Infection erwarten können.

Edmund Saalfeld (Berlin).

Me Mahon (Aberdeen): Die Syphilis als Heilmittel. (The Lancet, 27. November 1897.)

Der Fall, über den Verf. berichtet, besitzt zwar nur academisches Interesse (da man sich wohl kaum der syphiltischen Infection als thera- peutisches Agens wird bedienen wollen), er ist Jedoch wahrscheinlich einzig in seiner Art und daher wohl wert, dab man von ihm Notiz nimmt. Es handelte sich um einen 30jährigen Mann. der seit semem 18. Lebensjahre an nichtulcerirtem Lupus vulgaris litt, gegen den sich bisher eine jede Therapie als erfolglos erwiesen hatte. In seinem 27. Lebensjahre acquirirte der Mann eine Lues, gegen die eme zweimonatliche Inunetionskur an- gewandt worden war. Die Erscheinungen ulceröse Angina, Roseola etc. waren danach vollkommen geschwunden. Neuerdings nun stellte Pat. sich dem Verf. vor mit der Angabe, daß sich auf seinem Gesicht eime Ulceration entwickelt habe. M. constatirte auf der Mitte der linken Wange eine ovale, unregelmäßig gestaltete, parallel dem horizontalen Ast des Unterkieters ver- laufende, 21, Zoll lange und 1%, Zoll breite Hautaflfeetion. die alle Er- scheinungen eines alten Lupus vulgaris aufwies. Zum Teil bedeckt wurde der Lupus durch ein tiefes, serpiginöses syphilitisches Geschwür, das, wie es schien, oberhalb der lupösen Affection begonnen und sich über diese nach dem Halse zu ausgebreitet hatte. Die ganze Stelle wurde mit Mercurial- pflaster bedeckt. Nach zehn Tagen hatte das Geschwür an Tiefe und Fläche zugenommen, war bis zur linken Nasenöffnung vorgedrungen und hatte fast die ganze lupöse Affection in eine Ulceration verwandelt. Es wurde nun- mehr Jodoform äußerlich -applieirt und Hg intern verabfolgt, später statt des letzteren Jodkali. Unter dieser Behandlung begann die Ulceration rapide

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zu heilen, es erschienen gesunde Granmulationen, und nach neun Wochen war vollkommene Vernarbung eingetreten. Mit dem Syphilid war aber auch zugleich der Lupus verschwunden bis auf einige kleine Stellen an den beiderseitigen Endpunkten, die von der syphilitischen Ulceration nicht er- reicht worden waren, und die durch Galvanocauterisation und Application einer milden Hg-Salbe noch nachträglich beseitigt wurden. Nach drei Monaten war von der ganzen Affection nur eine große Hautnarbe sichtbar. | Loewenthal.

Bouveyron: Syphilis graves traitées par l'jode métallique. (Société des sciences médicales de Lyon, December 1897. Lyon medical 1898, 2.)

Bouveyron eıinpfiehlt bei schwerer Lues die Anwendung des metalli- schen Jods in folgender Formel: Metall. Jod 1,0, Jodkali q. s. zur Erleichterung der Lösung, Glycerini neutralis 5,0—10,0, Acid. citrice. 15,0, Syrup. simpl 1000; von der Lösung 1—9 Eßlöffel täglich zu nehmen.

Man sol die Medicin eine halbe Stunde vor dem Essen genießen und höchstens bei Gastralgie etwas Zuckerwasser nachtrinken. Nur in 6—7 pCt. der Fälle kommt es zu Jodismus. Ganz besonders wirksam erwies sich diese Art der Jodverordnung in drei schweren Syphilisfällen tertiärer Natur, wo weder Hg, noch Jodkali, noch eine Combination der beiden Medicamente zu einer Heilung geführt hatten. Mankiewicz. `

Prof. Edvard Welander (Stockholm): Ueber eine einfache, therapeutisch kräftige Methode der Anwendung von Unguentum Hydrargyri. (Sep.-Abdr. aus dein Archiv für Dermatologie u. Syphilis, XI. Band, 2. u. 3. Heft.)

W. hat schon früher vorgeschlagen, die graue Salbe nur auf die Haut zu streichen, nicht einzureiben, da es sich zeigte, daB die Wirkung haupt- sächlich durch das vertdunstende Hg zu Stande kommt. Nunmehr hat W. eine Methode gefunden, bei der die Salbe mit der Haut nicht in Berührung kommt: die Salbe wird auf der Innenseite eines kleinen Sackes ausgebreitet, der auf der Brust getragen wird. 6 g genügen. Der Sack braucht nur in der Bettwärme getragen zu werden. Gegen einen neuen wird er nur um- getauscht, wenn er zu schmutzig wird, sonst kann er ruhig dreißig Tage lang getragen werden.

W. führt verschiedene Fälle an, die nach dieser Methode gebessert wurden. Edmund Saalfeld (Berlin).

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V. Penis etc.

Nichtimfectiöse Krankheiten der Urethra.

Dr. Iguaz W. Link (Lemberg): Kleine casuistische Beitrăge zur operativen Chirurgie. (Wiener medicinische Wochen- schrift 1897, No. 51.)

1) Eine Modification zur Operation der Hypospadie.

Wenn auch die Operation der Hypospadie von Chirurgen wie Dolbeau. Duplay und Thiersch m genialer Weise ausgebildet ist, so sieht man doch bisweilen infolge kleiner Mängel, die ihr noch anhaften, unangenehme Folgezustände entstehen, wie eine Strietur oder eine Fistel. Deshalb wählte Verf. anläßlich einer Consultation ein modificirtes Verfahren, mit dem er eimen vollständigen Erfolg erzielte: auch die Immpotentia generandi des Patienten wurde beseitigt. Der Harmröhrendefect reichte bis zur Mitte der Pars pendula. Es wurde nun zur Deckung desselben ein Lappen aus der Penishaut gebildet, welcher von der Harnötfnung bis zum Serotun reichte: derselbe wurde dann mit der Epidermisseite nach innen über den Defect beiderseits augenäht, nachdem die Ränder der Penisrime angefrischt waren. Dann wurden zwei seitliche Lappen gebildet, indem die Penishaut zu beiden Seiten der Harnröhre in ihrer ganzen Länge bis zum Serotum und in der Breite von je einem Centimeter unterminirt wurde. Diese beiden Lappen wurden über dem mittleren zusammengezogen und eme breite Flächen- verwachsung durch Bäuschchennähte gesichert. Unter antiseptischem Ver- band war die Wundheilung eine prompte.

2) Coneremente im Harnröhrendivertikel Es handelt sich um einen seltenen Fall von Divertikelsteinen der Harnröhre, die dem 22Jjährigen Patienten keine Beschwerden verursachten und ihn nur veranlaßten, das Krankenhaus aufzusuchen, weil er mußte: er war nämlich Soldat und war auf die venerische Abteilung des Garnisons- spitales mit der Diagnose „Harnröhrentripper“ gekommen. Der geringe, milchig-trübe Ausfluß enthielt keine Gonvcoceen; hingegen fand man an der Rückentläche des Penis eine kugelige Geschwulst, die bet Betastung das Gefühl wahrnehmen hieß, welches,man beim Drücken eines Sackes mit Nüssen hat: dabei entleerte sich zugleich aus der äußern Harnröhrenmüntlung einige Tropfen obigen Secrets. Durch die Operation. welche in Excision des Sackes bestand, würde der Patient von seinem Leiden befreit. Der Balg enthielt 37 kleine Steinchen von Hirse- bis Mandelkerngröße, die sich als reine Kanthome erwiesen: bisher sind solche in der Litteratur nicht

beschrieben worden. Blanck.

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R. le Fur (Paris): Herpes genitalis, complicirt mit Herpes urethralis und Urethritis herpetica. (Ann. des mal. génito- urin., October 1897.)

Ein sexuell gesunder 38jähriger Arthritiker bemerkte am Morgen nach einem Beischlaf, den er mit seiner an inenstrmellem Herpes leidenden Frau ausgeübt hatte, lebhaften Schmerz beim Uriniren; derselbe nimmt am folgen- den Tage noch zu. Es fanden sich zwei kleine Bläschen von Stecknadel- koptgröße im Innern der Harnröhre, 2 mm von der Oeffnung derartig sitzend, dab sich die weißen Spitzen berühren; am dritten Tage graugelber spärlicher Ausfluß; am vierten Tage typischer Herpes auf der ganzen Unterfläche des Penis; Glans, Vorhaut und Suleus glandis bleiben frei. Die Herpesbläschen entwickeln sich in drei bis vier Tagen und hinterlassen ein rötliches Ge- schwür: manche verschmelzen mit einander; die Folge sind polycyclische Geschwüre; bevor die alten verschwinden, treten immer wieder neue auf. Diese Nachschübe dauerten vier Wochen an, ohne Schmerzen zu ver- ursachen; während dieser Zeit dauert der Ausfluß aus der Harnröhre fort. Die Schmerzen beim Urimiren sind stets so stark, daß die Harnröhre cocainisirt wird. Daneben bestanden beiderseits Inguinalbubonen, die schmerzhaft waren und Neigung zur Phlegmone zeigten; auch die Drüsen im rechten Trigonum Scarpae sind geschwollen; gleichzeitig litt Pat. an Schmerzen in beiden Knie- gelenken, in beiden Ellenbögen- und Schultergelenken; auch die Musculatur der Waden ist schmerzhaft.

Allgemeinbefinden gut, aber große Mattigkeit. Die drei Wochen nach Beginn des Herpes die Urethritis dauerte noch an vorgenommene Untersuchung. des Harnröhrensecrets ergab nur große Mikrokokken. Nach einer Harnröhreneinspritzung von lproc. Argent. nitr.- Lösung trat einen Monat nach Beginn subjective Erleichterung ein; der Ausflub nahm zu. Bald nach einer zweiten Ausspülung traten heftige Urinbeschwerden auf; Abends 40° Fieber. Urethritis, Adenitis, Arthralgien, sämtlich gesteigert. Schlechtes Allgemeinbefinden. Glans und Vorhaut leicht ödematös, leichter Grad von acuter Prostatitis. Die bacterielle Untersuchung war wieder negativ.

Der Kranke bekam Milchdiät, diuretische Getränke, Cataplasmen und mit Opium versetzte Einspritzungen, Suppositorien mit Belladonna und Quecksilber. Das Fieber wich bald; nach drei Tagen konnte er ohne Cocain uriniren, was in den letzten vier Wochen nicht möglich gewesen. Die Urethroskopie konnte leider nicht ausgeführt werden.

Völlige Heilung fünf Wochen nach Begim der Erkrankung. Vier Wochen später tritt ein zweiter Anfall von Herpes genitalis auf, der diesmal nur Eichel, Vorhaut und Suleus glaudis befällt; zuerst zeigen sich in letzteren zwei Bläschen, nach acht Tagen 10 oder 12 Eruptionen, «ie immer in drei bis vier Bläschen bestehen. Dieser Anfall verschwand sehr bald, als Pat. in ärztliche Behandlung trat (Spülungen in abgekochtem Wasser, Salbe aus Zinkoxyd und Talcum). i

Der zweite Anfall entwickelte sich ohne Schmerzen, ohne Urethritis und ohne Bubonen sowie Arthralgie. Mode.

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Audry (Toulose): Ur&ethrotomies et Urethrectomies. (Progres medical 1898, No. 1 und 3.)

Verf. giebt eine Generalübersicht über alle im Gebiet der männlichen Urethra vorkommenden Operationen; er bespricht ausführlich die Indication zur Operation, die Vorbereitung, das Instrumentarium, die Technik und die Nachbehandlung derselben. Im Einzelnen verbreitet er sich über die ver- schiedenen Arten der einzelnen Operationen, über die von den verschieden- sten Autoren erfundenen Modificationen ete. Er bespricht folgende Ope- rationen: 1) die Urethrotomie, und zwar a. die interna, b. die interna pen-. nealis, c. die externa; 2) die Urethrostomie; 3) die Trethrectomie: a. die partielle, b. die totale; ferner die Operationen wegen Ruptur der Urethra und die wegen Urininfiltration; 4) die Urethroplastik: a. die longitudinale, b. die bei Mangel an deckender Substanz sowohl bei Hypospadie, als auch bei Epispadie, e. die Restauration der Urethra bei Substanzverlusten bei Fistelbildungen, im Penis selbst, bei serotalen, perinealen und urethrorectalen Fisteln. Immerwahr (Berlin).

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc.

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Lockwood (Nottingham): Die Exploration des Inguinalcanals mit Bezug auf Lipome des Samenstranges, inguinale Varicen, congenitale Hydrocelen und retinirte Testikel. (The Lancet, 13. November 1897.)

Bei Erötlnuug des Inguinalcanals trifft man nicht selten unerwartete Verhältnisse an. Auch dem Verf. ist das bei seinen 180 derartigen Opera- tionen häufig passirt. Zu den gewöhnlichen Vorkommunissen hierbei gehört, daß man ein Lipom des Samenstranges anstatt der vermuteten incarcerirten Hernie vorfindet; nach Exstirpation des Tumors sind dann auch alle Er- scheinungen geschwunden. Häufig sind in solchen Fällen alle Symptome einer Hernie vorhanden gewesen und ist auch lange Zeit ein Bruchband getragen worden. In manchen Fällen bestehen neben dem Lipom auch noch varieös erweiterte Venen des Samenstranges. Zuweilen sind letztere allein und m beträchtlicher Größe vorhanden, so daß sie vollkommen das Bild einer Inguinalhernie vortäuschen können. Eine solche inguinale Varico- cele giebt zuweilen zur Entstehung einer wirklichen Hernie Veranlassung, weshalb man gut thut, die radicale Excision derselben vorzunehmen. Bei Frauen kommen ebenfalls an den runden Uterusligamenten solche varicöse Erweiterungen vor, ‘die dann gleichfalls Inguinalhernien vortäuschen können. Jedenfalls soll man in Fällen, wo in der Inguinalgegend ein Tumor vor- handen ist, der bein Husten und Stehen sich vergrößert. beim Liegen aber

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zurückgeht, sich nicht mit der Verordnung eines Bruchbandes begnügen, sondern die Differentialdiagnose zwischen Hernie und Lipom bezw. Varicocele zu stellen suchen und bei letzteren beiden die Exstirpation ausführen. Eine andere Affeetion, die man zuweilen durch Zufall antrifft, ist eine congenitale Hydrocele des Samenstranges innerhalb des Inguinalcanals. Man entdeckt diesen Zustand gewöhnlich bei Knaben während der Operation einer gewöhnlichen Hydrocele. Derartige encystirte Hydrocelen müssen mittelst freier Incision behandelt werden. Viel häufiger als alle bisher ge- nammten Formen trifft man im Inguinalcanal einen retinirten Testikel an. Unter den von L. operirten Fällen von Inguinalhernie zeigten etwa 15 pCt. diese Complication. Der Testikel soll in solchen Fällen stets m das Serotum transplantirt werden, da es erwiesen ist, daß nichtdeseendirte Testikel in der Entwicklung zurückbleiben. Zuweilen ist der Testikel auf beiden Seiten retinirt. Auch andere Unregelmäßigkeiten kommen im Inguinalcanal vor, z. B. eine kleine Hernie hinter dem retinirten Testikel, die Communication des Scerotums mit der Bauchhöhle durch einen sehr engen und schwer auf- findbaren Canal ete. Man soll daher bei allen Operationen am Inguinalcanal eine sorgfältige Untersuchung desselben nicht verabsäumen. Loewenthal.

Koslowski (Smjela): Ein Fall von Hodensack-Teratom. (Vir- chow’s Archiv, Bd. 148, Heft I.)

Da Hodensack-Teratome zu den seltensten Geschwülsten gehören, teilt Verf. einen von ihm operirten Fall mit. Die aus dem Hodensacke eines 1 Jahr 9 Monate alten Knaben entfernte Geschwulst von der Größe und Gestalt einer Pflaume befand sich in emer fibrösen Kapsel und stand in keinem Zusammenhang mit dem Hoden. Sie bestand aus zahlreichen Cysten mit gallertartigem und serösem Inhalt, zwischen welchen Knorpelkörper sichtbar waren. Wie die mikroskopische Untersuchung ergab, hatten die Cysten ein mannigfaches Aussehen. Die Wandung der einen zeigte das Bild der Reetumschleimhaut mit schönen tubereulösen Drüsen. Die Wandung der Cysten ging allmählich in das fibröse Stroma der Geschwulst über; eine andere Cyste zeigte auf ihrer inneren Oberfläche Papillen und ist mit Flimmer- epithel ausgekleidet. Den Inhalt der Cysten bilden Zellmassen, wie sie im embryonalen Bindegewebe vorkommen, und kömige Massen. Eine dritte Art von Cysten besitzt eine Membrana propria mit einschichtigem Platten- epithel. Eine vierte Cystenform hat Wandungen, welche die Structur der äußeren Haut nachahmen. Sie haben Schweiß- und Talgdrüsen und aus- gebildete Haare. Eine Cyste erinnerte ihrer Stmetur nach sehr an einen Graaf’schen Follikel. Oft begegnet man auch Querschnitten durch die Geschwulst, von musculösen Wänden umgeben, so daB man an die An- deutung eines embryonalen Herzens denken muß. Verf. führt noch fünf ähnliche Fälle aus der Litteratur an. Engel.

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Paul Nogues: Vesiculite pseudo-membraneuseä coli-bacille; epididymite et vaginalite consécutives. (Annal. génito- urin. 1897, No. 6.)

Bei einem jungen Manne, der vor fünf Jahren und vor zwei Jahren an Gonorrhoe gelitten hatte, deren spontane Ausheilung je drei bis vier Monate gedauert hatte, traten plötzlich unter Schüttelfrost, Fieber, grober Schmerzhaftigkeit ein leichtes Oedem und Volumsvermehrung des rechten Hodensackes auf. In der Tunica vaginalis konnte eine geringe Menge Flüssigkeit nachgewiesen werden. Die Epididvmis war vergrößert, und zwar Kopf und Schwanz derselben gleichmäßig. Hervorragungen an der- selben waren nicht vorhanden. Die Schmerzhaftigkeit ist an den ver- schiedenen Stellen die gleiche. Das Vas deferens war gleichmäbig ver- dickt, die Prostata normal, nur das Collum des Samenbläschens ein wenig empfindlich. Unter antiphlogistischer Behandlung trat nach 14 Tagen bei- nahe vollständige Heilung ein.

Im Urin fand man bei der Zweigläserprobe im ersten Glase einige ziemlich dicke und feste Fäden, durch Massage der Prostata und der Samen- bläschen wurde eine ziemlich beträchtliche Menge von Filamenten erhalten. Alle waren von einer großen Dichtigkeit und fielen schnell zu Boden, einige waren unförmlich und bestanden aus einer weißen Masse, andere hatten das Aussehen wahrer Cylinder bei einer Länge von 8-15 mm. Die mikro- skopischen und Culturversuche zeigten keine Gonokokken, dagegen Bac- terium coli in Reineultur.

Die Frage, wie diese Infection der Samenbläschen mit Bacterium coli zu Stande gekommen ist, bleibt, da weder ein Katheterismus der Urethra vorher vorgenommen war, noch eine Krankheit der Blase oder der Niere beobachtet worden ist, eine offene. Gauer.

Rochet: Interventions chirurgicales chez les prostatiques. (Société de chirurgie de Lyon, December 1897. Lyon melical 1898, 1.)

Rochet beginnt mit dem Satz, daß der Katheter das Wesentlichste in der Behandlung der Prostatiker mit Rückstandsharm bleiben werde. Eine Operation wird erforderlich 1) wenn der Katheterisinus schlecht vertragen wird oder schwierig ist; 2) wenn der Patient trotz leichten Katheterismus immer mehr herunterkomnit. Die Operationen versuchen entweder das Hindernis zu beseitigen oder leiten nur den Ham ab. Die Punction ist uns eilt Verlegenheitsmittel. aber keine Behandlungsmethode. Direct gegen das Hindernis richtet sich die Bottini'sche Galvanocaustik (em Mal vom Autor mit Erfolg, ein anderes Mal ohne Erfolg angewandt); die besonders in England und Amerika angewandte Prostateetomia suprapubica (nur bei gestieltem und abgeteiltem Lappen von Nutzen); die Prostatomia perinealis. welche eine Drainage nach dem Damm mit Dilitation der Pars prost. urethrae vorstellt. R. hat mit einem eigens construirten ostrument, welches, ge-

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schlossen eingeführt, durch geeigneten Mechanismus geöffnet, die Pars prostatica und die Cervix vesicae stark und regelmäßig dehnt, zeitweilig Besserungen erzielt, wenn auch mit Incontinenz m 30 Fällen. Er bedarf zu seiner unter Anästhesie vorgenommenen Dehnung keiner Dammoperation. Die Castration ist eine barbarısche Methode; die einfache oder doppelte Resection des Samenstranges soll erst noch ihre Wirksamkeit zeigen. Den Harn ableiten vermögen folgende Operationen: die Poncet’sche (von Dittel seit 30 Jahren geübt) Cystostomie, besonders geeignet für alte inficirte Blasen, welche man wie einen Absceß öffnet, oft mit vorzüg- lichem Resultat; sie soll aber nur im Notfall angewandt werden, da wir leider nicht immer einen continenten Meatus hypogastricus erreichen können (Witzel’sche Methode!). Die von Lejars vorgeschlagene Blasendrainage reicht in ihrem Effeet nicht im Entferntesten an die Cystostomie heran, kann aber als Ersatz für wiederholte Punctionen die Verminderung der Congestion der Prostata und die erleichterte Katheterisation ohne großen Eingriff abwarten lassen. | F Mankiewicz.

Colclough (Oporto): Ein Fall von doppelseitiger Resection des Vas deferens wegen Prostatahypertrophie mit Sectionsbefund. (The Lancet, 11. September 1897.)

Ein 70jähriger Mann litt seit drei Jahren an Prostatabeschwerden, die neuerdings erheblich zugenommeu hatten. Es bestanden häufig starke Schmerzanfälle am Perineum und in der linken Nierengegend. ferner erheb- liche cystitische Erscheinungen; der Urin konnte nur durch den Katheter entleert werden, und auch das Allgemeinbefinden verschlechterte sich mehr und mehr. Man constatirte eine erhebliche Vergrößerung beider seitlichen Prostatalappen, doch gelangte der Katheter leicht in die Blase, auch erwies sich der Urin als eiweißfrei. Da der Zustand sich immer mehr verschlimmerte, so wurde die Resection beider Vasa deferentia ausgeführt, und zwar excidirte man ?°, Zoll auf jeder Seite. Die Heilung erfolgte ohne Zwischenfälle. 16 Stunden nach der Operation vermochte Patient zum ersten Male wieder seit längerer Zeit spontan Urin zu entleeren. Doch wurde wegen der be- deutenden Menge Restdualharn auch noch weiter der Katheter in bestimmten Zwischenräumen angewandt. Vom fünften Tage ab begann die Einführung des Katheters schwierig zu werden, auch wies der Urin die Kennzeichen der ammoniakalischen Zersetzung auf, weshalb Auswaschungen der Blase vorgenommen wurden. Am achten Tage nach der Operation constatirte man, dab der rechte Prostatalappen sich um die Hälfte verkleinert hatte; der linke war weicher geworden, aber in der Größe unverändert geblieben. Fünf Wochen nach der Operation trat unter Delirien und Coma der Exitus ein.

Bei der Autopsie fand man die Blase in dem Zustande einer acuten Entzündung und an der vorderen Bauchwand adhärirend. Ebenso bestanden feste Adhäsionen rings um die linke Niere. Die unteren zwei Drittel der Blase waren erheblich hypertrophirt und verdickt. In der Gegend des linken Ureters befand sich eine Gesehwulstmasse, in die der Ureter blind-

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sackartig einmündete, so daß seine Oeflnung nach der Blase hin vollständig verlegt war. Diese Geschwulstmasse, die man Anfangs für eine maligne Neubildung hielt, erwies sich bei der späteren Untersuchung als aus hyper- trophirtem Blasengewebe bestehend. Der ganze Iimke Ureter war erheblich hypertrophirt und die linke Niere fast vollkommen vereitert. In der Blase befanden sich verschiedene sackförnige Ausbuchtungen, die ebenfalls mit Eiter angefüllt waren. Ebenso befanden sich in beiden Seitenlappen der Prostata Eiterherde: der mittlere Lappen war in Folge einer frischen Ent- zündung vergrößert und pendelartig geworden. «Daher wohl auch die Schwierigkeit der Katheterisation vom fünften Tage ab.) Aus dem ganzen Befund ist ersichtlich, dab der Kranke so lange gelebt hat, wie dies in Folge der pathologischen Veränderungen nur irgend möglich war. Loewenthal.

Dr. Ferdinand Kornfeld (Wien): Zur Klinik der Prostata- erkrankungen. (Wiener med. Wochenschr. 1897, No. 52.)

Die klinischen Symptome der Prostataerkrankungen sind zum Teil für dieselben so wenig characteristisch, dab sie leicht auf andere Erkrankungen der Harnwege bezogen resp. falsch gedeutet werden können. Der gesteigerte Harmdrang ist ein Zeichen, dab Veränderungen im Harnapparat bestehen können; so findet er sich bei chronischer Gonorrhoe, die mit einer Erkran- kung der Vorsteherdrüse combinirt ist, und ohne letztere. Man muß aber wissen, daß eine gesteigerte Harnfrequenz auch lediglich durch dyspeptische Störungen bedingt sein kann. Eine beginnende Prostahypertrophie deutet sich oft nur durch gesteigerten Harndrang an; wie schwer kann deshalb die Differentialdiagnose sein, wenn bei einem Individuum von ea. 50 Jahren sich auch Reizerscheinungen gestörter Darmthätigkeit finden und dasselbe über obige Harnbeschwerden klagt. Weiter sind acute fieberhafte Erkran- kungen oft von günstigem Einfluß auf hartnäckige Harnleiden. Ein Patient, der an Cystospasmus als Residuum einer chronischen Gonorrhoe und chroni- scher Prostatitis litt, wurde schließlich nach langdauernden therapeutischen Maßnahmen durch einen schweren fieberhaften Gelenkrheumatismus geheilt. Wir wissen weiter, daß der Sommer häufig die Symptome der Prostata- hypertrophie lindert; m einem Falle von Prostatavergrößerung war die Harn- frequenz Monate lang in Folge intercurrirender Influenza und Broncho- pneumonie stark gesunken. Andererseits führt der Eintritt eines compli- eirenden Fiebers bei Prostatikern in der Mehrzahl der Fälle eine Ver- schlimmerung der Symptome herbei; in Folge dessen werden solche Kranken erst dann auf ihr Prostataleiden aufmerksam oder führen es auf die com- plicirende Erkrankung zurück. Auch hierfür bringt Verf. eine Kranken- geschichte bei. Die acute Harnverhaltung bei Prostatahypertrophie kommt häufig vor, auch mitunter bei acuter Prostatitis. Selten dürfte das Vor- kommen einer acuten eitrigen Prostatitis im Verlaufe einer Prostatahyper- trophie und eine durch jene veranlaßte andauernde Harnverhaltung sein; über einen solchen Fall, der in Heilung auslief, berichtet der Verfasser: ein

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anderer analoger Fall verlief tötlich; in beiden Fällen war die acute Pro- statitis durch Verletzung und Infection der Harnröhre bei der Katheter- einführung entstanden. Im dem letzten Falle, den der Verf. mitteilt, hatte eine eystische Veränderung in der Prostata Erschwerung des Harnlassens und gelegentlich complete Harnverhaltung zur Folge; bei der rectalen Pal- pation entlerte sich per urethram ein Quantum dünntlüssigen Serums; darnach waren die Harnbeschwerden dauernd geschwunden. Blanck.

Dr. J. Verhoogen (Brüssel): Ueber einen Fall von Totalex- stirpation der Prostata wegen maligner Neubildung. (Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1898, No. 1.)

Verf. wurde im November 1895 von einem 53jährigen Schlosser wegen emer Anschwellung am After consultirt, die dem Kranken weder Schmerzen noch Harn- und Stuhlbeschwerden verursachte, sondern nur beim Sitzen hinderlich war. Er constatirte einen halbkugelig an der rechten Seite des Afters sich vorwölbenden Tumor, der sehr hart war, sich überall gut ab- grenzen ließ und ohne Unterbrechung in die Vorsteherdrüse überging und entfernte diesen Tumor am 16. November 1895 durch eine Operation in der Weise, daß er sich durch einen bogenförmigen Schnitt zur rechten Seite des Afters Eingang in die Beckenhöhle verschaffte, den Tumor bis zur Vorsteherdrüse aus der Umgebung herausschälte, dann die Vorsteherdrüse selbst durch Scheerenschnitt einerseits vom Blasenhals, andererseits von der Pars membranacea der Harnröhre lostrennte und samt dem Tumor heraus- nahm. Darauf vereinigte er noch den Blasenstumpf mit dem Rest der Harn- röhre durch Catgutnähte, führte einen Verweilkatheter durch die Harnröhre in die Blase und tamponirte die Perinealwunde. Der Heilerfolg war der, dab sich ein neuer Canal zwischen Harnröhre und Blase entwickelte, ob- gleich die bei der Operation gemachte Naht nicht hielt und der Urin in der ersten Zeit zum größten Teil durch die Perinealwunde abflob. Auch konnte der Kranke, als die Perinealwunde vernarbt war, was nach ca. zwei Monaten der Fall war, den Urin zwei bis drei Stunden ohne Beschwerden in der Blase halten. Er wurde daher am 15. Januar 1896 geheilt entlassen. Leider ist er neun Monate später gestorben, ohne daß die nähere Todes- ursache hat festgestellt werden können. Verf. nimmt nach den ihm ge- wordenen Mitteilungen au, dab sich ein Recidiv des Tumors in der Narbe gebildet hatte. Der operirte Tumor war ein Myxosarcom der Vorsteherdrüse, das zum großen Teil durch Kalkconeretionen sehr hart geworden war.

Der ganze Fall bietet dadurch besonderes Interesse dar, daß erstens die Symptomatologie eigentümlich war (Fehlen von Schmerzen, sowie Blasen- und Mastdarmstörungen) und zweitens nach der Operation Schlußfähigkeit der Blase sich eiuistellte, obgleich die Schließbmuskeln des Blasenhalses mit der Prostata total entfernt waren. Aust.

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VII. Blase.

v. Zeissl (Wien): Ueber den Blasenverschluss. (Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1897, Heft VIII.)

Leider sind die anatomischen Ausführungen ces Verf.’s nicht dazu ge- eignet, in ein kurzes Referat gedrängt zu werden. und wir müssen in diesem Punkte auf das Original verweisen. Das für die Praxis wichtigste Ergebnis der vom Verf. angestellten Untersuchungen lautet, dab die Trichterbildung der Blase. die theoretisch ersonnen wurde, um das Regurgitiren von Eiter aus der Harnröhre in die Blase, sowie den zeitweiligen Wechsel zwischen klarem und trübem Harn zu erklären, thatsächlich nicht existirt. Danach ist es also klar, daß man. wenn die zweite Hälfte des Harms bei bestehender Gonorrhoe getrübt erscheint, nach wie vor die Diagnose mit Recht auf Cystitis acuta stellen und danach das therapeutische Verhalten einrichten muls. , Casper.

Georg Berg (Frankfurt a. M.): Zur Aetiologie der Incontinentia urinae. (Wiener med. Wochenschr. 1898, No. 2.)

Eine 37 Jährige Gastwirtsfrau. seit 12 Jahren verheiratet, kinderlos. die

vor 15 Jahren mit Syphilis infieirt worden war und damals eine Schmierkur gebraucht. hatte, sonst aber immer gesund gewesen war, klagte., dab ihr der Urin seit einem Jahre von selbst. ohne jegliche Empfindung, abginge. Bei der localen Untersuchung waren an Stelle der großen Labien zwei knollig verdickte, kleine formlose Hautfetzen zu erblieken, auf denen sich narbige äinziehungen befanden: aueh die Labia minora waren nur andeutundsweise vorhanden. Die Schleimhautwände der triehterförmigen Harnröhrenmündung waren iwfiltrirt, zum Teil fast sclerotisch und standen bis zu einer Tiefe von etwa 2 em prall auseinander. Aus der Oetlnung sickerte beständig Urin. der nicht übelriechend war und in Folge der peinlichen Sauberkeit der -Kranken, welehe mehrmals täglich die Wäsche wechselte, keine stärkeren Irritatiopserscheinungen hervorgerufen hatte. Durch Katheter wurden etw: 15 & leicht getrübten Harns entleert, der Eiterkörperehen und Epithelien in mäßiger Menge enthielt; Gonokokken und Tuberkelbachllen wurden nicht gefunden. Die Genitalorgane zeigten keine weiteren Abnormitäten.

Der Anblick der so hochgradig degenerirten äußeren Genitallen und besonders auch der Befund an der Urethra erweckten alsbald den Verdacht. daß es sich hier um schwere destructive luetische Processe tertiären Stadiums handele. Die Inspection der Urethra mit dem Grünfeld’schen kurzen Endo- skop No. 20 ließ eine gewisse Rigidität der Schleimhautwände erkennen, namentlich auch in der Gegend des Orificium internum; bier zeigte sich auch keme durch die Schleimhautwände geschlossene Centralfigur, sondern dieselben erschienen unregelmäßig verzogen und einen Spalt zwischen sich

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lassend. Weder Drüsenausführungsgänge. noch Skene’sche Lacunen waren sichtbar, die Faltung der Schleinhaut war fast völlig verstrichen. Die Cystoskopie ließ eine Schleimhautfalte oben nur andeutungsweise, unten fast gar nicht sehen; von hier razte eine Exerescenz etwa 2 em weit in das Blasenlumen hinein. Die Blasenschleimhaut selbst bot mit Ausnahme einer eatarrhalischen Verfärbung in der Trigonumgegend nichts Abnormes. Dieser Befund nun schien die Vermutung zu rechtfertigen, dab luetische Processe in der Urethralschleimhaut und speciell in der Gegend des Sphineter internus eine partielle Zerstörung des Muskels oder doch durch die der Ulceration folgende Narbenbildung eine Verziehung seiner Wände bis zur Schlub- unfähigkeit hervorgerufen hatten.

Die eingeleitete Jodkaliuntersuchung mußte leider bald abgebrochen werden, weil sich jedes Mal äuberst starke Erscheinungen von Jodisinus einstellten. Die leichte Cystitis wurde dureh Bor- und Argentwnspülungen gebessert; auBerdem wurde der Kranken ein Urinar aus Gummi verordnet. mit dem sie sich schließlich so gut zurecht fand, dab sie jede weitere Be- handlung aufgab. Eine Operation war von ihr abgelehnt worden.

E. Samter.

Hillier (Worcester): Ein Inguinalhernie mit der Harnblase am Bruchsack. (The Lancet, 9. October 1897.)

Ein 64jähriger Mann litt seit einiger Zeit an Urinretention, die den Gebrauch des Katheters erforderlich machte. Außerdem war eine rechts- seitige kleine Inguinalhernie vorhanden, die sich bisher stets hatte leicht reponiren lassen. Seit einiger Zeit jedoch war dies schwieriger geworden. Seit drei bis vier Tagen bestand sogar Stuhlverstopfung. auch war öfters Erhrechen emgetreten. Eine Prostataerkrankung war nicht vorhanden, auch zeigte der Urin normale Beschaffenheit. Da die Hermie schnell an Umfang zunahm und die Reposition gar nicht mehr gelang, der Urin außerdem blut- haltig wurde und die Incarcerattionserscheinungen zunahmen, so schritt nıam zur Hernmiotomie. Der Bruchsack wurde geöffnet, aber leer befunden. Man unterband thn am Halse, schnitt ihn ab und versenkte den Stumpf in das Abdomen. Während dieser Manipulation entdeckte man neben dem Bruch- sick, etwas hinter ihm gelegen und mit thin adbärirend, einen zweiten. etwas diekeren Sack, der an seiner vorderen Fläche einige große Fettklumpen aufwies. Da man glaubte, einen zweiten Bruchsack vor sich zu haben, so öffnete man denselben ebenfalls. Sofort wurde aber erkannt, dab man die Blase incidirt hatte, und es wurde auch ein dureh die Urethra eingeführter Katheter in der Wunde sichtbar: die Flüssigkeit, die sich bei der Incision entleert hatte, und die man für Peritonealserum gehalten hatte, erwies sieh als Urin. Die Blasenwunde wurde sorgfältig dureh Nähte vereinigt, die an der Blase adhärirenden Fettklinnpen wurden unterbunden und abgeschnitten. die Hautwunde wurde vernäht und ein Dramazrerohr eingelegt. Es trat vollständige Genesung, auch betrefis der Incareerationserschemmungen, ein. Der in der Hernie befindliche Teil der Blase machte sich fernerhin durch

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einen geringen Impuls der Haut beim Husten bemerkbar, ohne jedoch weitere Beschwerden zu verursachen: die Urinretention war ebenfalls vollständig geschwunden.

In der Litteratur hat Verf. 36 ähnliche Fälle erwähnt gefunden: die meisten hiervon, nämlich 26, waren Serotalhernien. Als Ursache des Herein- ‚ziehens der Blase durch den Hermienring werden von einigen Autoren Adhäsionen zwischen Blase und Bruchsack angegeben: andere glauben, ditb die Blase durch prävesicale Fettklunpen herabgezogen werde. Im vor- liegenden Falle waren beide Umstände vorhanden, so dab man nicht be- stimmen kann, welchem «ie größere Wirkung zukommt. Da jedoch an- gegeben wird, daß die prävesicalen Fertklumpen vorzugsweise bei fettleibigen Individuen vorkommen, und auch im vorliegenden Falle Fettleibigkeit vor- handen war, so ist anzunehmen, dab hier ebenfalls beim Zustandekommen der Blasenhermie die prävesicalen Fettklumpen die Hauptrolle gespielt haben.

Lorwenuthal.

Lockwood (London): Eine dureh Verletzung der Blase wäh- rend der Radicaloperation einer Inguinalhernie ver- ursachte Blasensteinbildung. (Clinical Society of London, Sitzung vom 10. December 1897. The Lancet, 18. December 1897.)

Der Fall betraf einen jungen Mann, bei dem vor 21, Jahren eine rechtsseitige und vor 2 Jahren eine linksseitige Tnguinalhernie durch Radical- operation beseitigt worden war. Bald darauf stellten sich Urinbeschwerden mit Eiter im Urin ein. Die eystoskopische Untersuchung ergab die An-

“wesenheit von zwei Phosphatsteinen in der Blase. Dieselben wurden durch Lithotritie entfernt, worauf vollkommene Genesung emtrat. Als Ursache dieser Blasensteinbildung sieht L. eine bei der ersten Operation vorgekommene Blasenverletzung an. Es war nämlich eine in der Nähe des Bruchsackhalses befindliche Fettmasse fortgeschnitten worden, die. wie sich später ergab. eine Ausstülpung der Blase enthielt: die so entstandene Blasenöffnung hatte man mittelst Seidennähte geschlossen. Offenbar haben sich die Steinconcre- tionen im Anschluß an diese Verletzung gebildet. Lagaturreste konnten allerdings in den Steintrümmern nicht aufgefunden werden. Der Sicherheit halber empfiehlt L. jedoch, in allen ähnlichen Fällen die verletzte Blase mittelst sterilisirten Catgut und unter Anwendung der Lembert'schen Methode zu vernähen. Loewenthal.

Freyer (London): Ein zwei Blasensteine enthaltender cysti- scher Blasentumor. (Royal Medical and Chirurgical Society, Sitzung vom 9. Novenber 1897. The Lancet, 13. November 1897.)

Der Fall betraf einen 56 jährigen Mann, der seit etwa 10 Jahren an

Urinbeschwerden litt. Letztere datirt er von einer Contusion der Hüfte

her, die er sich durch einen Fall zugezogen hatte. Im Anschluß an diesen

waren Schmerzen in der rechten Nierengegend, intermittirende Hämaturie,

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Fieber und Cystitis aufgetreten. Einige Zeit darauf entwickelten sich Be- schwerden derart, dab Pat. nur eine geringe Menge Urin und unter grober Anstrengung entleeren konnte, den Rest aber mittelst Katheter entfernen müßte. Außerdem zeigten sich zeitweise in Begleitung von hohem Fieber bedeutende Mengen Eiter im Urin. Ein Blasenstein konnte bisher nicht festgestellt werden. Auch F. vermochte einen solchen nicht aufzufinden. Er vermutete daher einen gestielten Blasentumor, der nach teilweiser Ent- leerung der Blase gegen den Blasenhals vorfällt und die Oeflnung der Urethra plötzlich verlegt. Bei der evstoscopischen Untersuchung constatirte man thatsächlich einen wallnußgroßen Tumor, der mit einem kurzen dicken Stiel in der Nähe der rechten Ureterenöffnung aufsab. Es wurde die Cystotomia suprapubica ausgeführt und der Tumor mittelst einer Kornzange emporgezogen. Er erwies sich als eine Cyste, deren Inhalt aus Urin und zwei Harnsäuresteinen bestand, die zusammen gegen 3 g wogen. Die Cyste wurde unter doppelter Uuterbindung des Stieles exstirpirt. Die Ligaturen des letzteren kamen am 10. bezw. 12. Tage heraus und die Wunde war nach einem Monat verheilt. Seit der Zeit sind «die Harnbeschwerden voll- kommen geschwunden und besteht gegenwärtig, 12 Monate nach der Operation, absolutes Wohlbefinden.

Von Interesse ist die Frage, in welcher Weise sich eine solche Cyste mit einem derartigen Inhalt gebildet hat. Mikroskopisch erwies sich die Cyste als aus einer einfachen, aus fibrösem Gewebe gebildeten Wandung bestehend, die innen und außen mit einem Epithel bedeckt war, das mit dem der Blase und der Ureteren übereinstimmte. Wahrscheinlich ist nun die Cyste in der Weise entstanden, daß die beiden aus der Niere herkommen- den Steine zunächst «die schief in die Blase ausmündende Ureterenöffnung verstopft haben, dann aber durch den Andrang des Urins die Schleimhaut an dieser Stelle vorgedrängt haben, bis sich schließlich ein vollkommener Sack ausgebildet hatte, der mittelst einer kleinen Oeffnung mit dem Ureter communicirte (daher der Urin in der Cyste) und die beiden ursächlichen Fremdkörper beherbergte. F. empfiehlt noch besonders. in allen Fällen von gestielten Blasentumoren den Stiel abzubinden, wodurch Hämorrhagien etc. viel sicherer vermieden werden. Nur «arf man die Ligaturen nicht kurz abschneiden, weil sich leicht um dieselben nach ihrem Abfällen phosphatische Coneretionen bilden können. Man, soll vielmehr die Ligaturenden durch die Wunde herausführen und außen befestigen, worauf die abgefallenen Ligaturen leicht entfernt werden können. Loewenthal.

Petit Raymond: Large rupture extra-peritoneale de la vessie. Guérison. (Annales des maladies genito-urinaires 1897, No. 6.)

Bei einem 30jährigen Patienten, der aus dem Wagen gestürzt war, traten sehr bald nach der Verletzung Urinbeschwerden und peritonitische Erscheinungen auf. Bei der Laparotomie, die ohne Eröffnung des Peri- toneums vorgenommen wurde, fand man in der Gegend der Symphyse eine

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Höhle, «die mit zwei Litern blutig tingirten Urins angefüllt war. Das Peri- toneum war von der vorderen Blasenwand abgehoben und in die Höhe ge- schlagen. Die Seiten der Höhle wurden von dem Becken gebildet, der untersuchende Finger gelangt leicht zur Aponeurose des M. oblig. int. beider- seits. In der Tiefe befand sich die Blase, die von ihrem Scheitel bis zum Collum eingerissen war. Die Höhle wurde entleert. die Blasenränder mit den Rändern der Bauchdecke vernäht, der Raum zwischen Blase und Beckenwand mit Jodoformzaze tamponirt. ein Drain in (die Blase eingelegt und der obere Teil der Bauchwunde mit tiefen Seirdennähten geschlossen. Die sofortige Naht der Blase war unmöglich wegen der tiefen und unzu- gänglichen Lage und wegen Zerreiblichkeit und Tufiltration der Blasen- wandung.

Nach zwei Tagen wird noch ein Verweilkatheter dureh die Urethra hinzugefügt und die Höhle mit Borsäurelösung ausgewaschen. Die Jodo- formtamponade wird gewechselt. i

Patient machte noch eine doppelseitige Bronchopneumonie und ein Delirium durch, in welchem er Verweilkatheter und Drainage herausrib. Nichtsdestoweniger trat, ohne daß die Blasenwunde besonders genäht werden brauchte, in Verlauf von S Monaten Heilung ein.

Bei der Cystoskopie war eine vesicale Narbe nicht zu finden.

Gauer.

Cottwell (London): Ein mit Cystotomia suprapubica und Curetiage erfolgreich behandelter Fall von Tuberculose der Harnblase. (The Lancet, 9. October 1897.)

Ein 32jähriger Mann litt seit etwa 12 Monaten an großer Reizbarkeit der Blase (Schmerzen in der Blasengerend, am Perineum und im Penis während und nach dem Uriniren) mit zelegentlichem Abgang von Blut- klümpehen nach dem Urinlassen. Diese Symptome hatten allmählich an Intensität zugenommen, und zugleich war auch das Allzemeinbetinden immer schlechter geworden. Cystoskopisch entleckte man eine trabekelartise Be- schaflenheit der Blasenwand und unterhalb der rechten Ureterenmündunsg ein kleines, unregelmäßig gestaltetes Geschwür. Der Urin war zwar stark eiterhaltig, wies aber keine Tuberkelbneillen auf. Auch in der Prostata, in den Testikeln etc. war keine Afleetion zu constatiren, die man für eine tuberculöse hätte halten können. Ofenbar lag eine auf die Blase beschränkte Tuberculose vor. Es wurde die Cystotomia suprapubica ausgeführt, das Geschwür energisch eurettirt und alsdann mit dem Paquelin eauterisirt. Die Wunde war nach einem Monat geheilt. Der Urin nahm allmählich eine normale Beschaffenheit an, die Reizbarkeit der Blase schwand nach und nach ebenfalls gänzlich. und das Allgeemeimbefinden besserte sich schnell. Acht Monate nach der Operation zeigte Pat. einen vollkommen normalen Gesundheitszustandd. | Loewenthal.

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_ VII. Ureter, Niere ete.

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Bard: Sur la perméabilité rénale. (Soriete des sciences meuli- cales de Lyon, December 1897. Lyon médical 1898, 1.)

Bard hat die Durchlässigkeit der Niere sowohl hei verschiedenen Erkran- kungsformen derselben, als auch bei gesundem Organ durch subcutane Injec- tionen von Methylenblau und Jodkali untersucht. Der Harn wurde halbstündlich untersucht. Bei gesunden Menschen beginnt die Ausscheidung des Methylen- blaus nach ca. Y/, Stunde und dauert 36--48 Stunden. Bei Erkrankung der Nierenepithelien und event. consecutiver interstitieller Nephritis beginnt die Ausscheidung früher, hört aber auch früher auf. Bei der primären inter- stitiellen Nephritis erfolgt die Ausscheidung langsam, unregelmäßig, ver- zögert. Man darf sich beim einzelnen Fall nicht etwa durch die Bildung nicht. farbiger Methylenblauderivate täuschen lassen. Jodkalı (0,04/2,0 Wasser) kann wegen des Jolismus nur in geringen Mengen subeutan injieirt werden; es erscheint, gleichgiltig wie der Zustand der Niere ist, fast sofort im Harn und wird sehr rasch ausgeschieden, bei parenchymatöser Nephritis anscheinend noch rascher als bei der interstitiellen Form. Mankiewicz.

Forlanini: Contributo clinico allo studio della uremia. (Gazzetta Medica di Torino 1898, 1.)

F. teilt drei Fälle mit. 1) Eine starke Hyperthrophie des Herzens ıl. Ventrikel) mit enorm hohem Blutdruck bis 350 mm Hg und -- wie er meint secundärer chronischer Nephritis. Dauer sieben Jahre. Tod im urämischen Anfall. 2) Bei einem 13jährigen Mädchen mit Myxödem stellte sich bei der Behandlung mit Schilddrüse eine starke Herzhypertrophie und Erweiterung nit hohem Arteriendruck ein; der Urin enthielt 05 —0,8— 3.0 "/oo Albumen; Stauungsleber. Nach Ucberführung in Höhenklima rasches Zu- grundegehen im urämischen Coma. Auch hier soll die Herzerkrankung das Primäre gewesen sein. 3) Eine 67 jährige Frau, welche seit 30 Jahren an Exophthalmus und Angina pectoris (Basedow?) leidet, bekommt durch psychische Erregung einseitige Parese des VH. Hirnnerven und den hohen Arterienpuls von 280 mm Hg: das Herz ist stark verbreitert und arbeitet unregelmäßig. Relative Genesung. Verf. hält die drei ganz ungleichartigen Fälle wegen des gemeinsamen Symptons des hohen Arteriendrucks für das von Huchard beschriebene Krankheitsbild der Artertenverengerung; be- sonders scheint ihm dafür zu sprechen, «daß ausgiebige Aderlässe den hohen Blutdruck nur auf wenige Stunden herunterdrückten und derselbe alsbald wieder rapide stieg. F. wirft noch die Frage auf, ob neuropathologische oder toxische Einflüsse die Arterienverengerung, welche die urämischen Anfälle verursacht, hervorrufen. Er glaubt einige neue Daten für den

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toxischen Einfluß, der aber mit Nierenretention und Nephritis nichts zu thun habe, zu besitzen, verschweigt dieselben aber, da sie noch zu spärlich seien. Mankiewicz.

Legueu, F.: Le cancer du rein mobile. (Annales wenito-urin. 1897, Heft 6.)

Die 54jährige Patientin hatte in letzterer Zeit zu verschiedenen Malen an Hämaturie gelitten. Die Blutung hatte jedes Mal einen Tag gedauert, am Tage darauf war der Urin wieder klar gewesen. Patientin ist in den letzten zwei Jahren sehr abzemagert, dabei ist ger Bauch sehr stark. Schmerzen hatten mie bestanden. Bei der Untersuchung findet man einen Tumor von der Größe eines Neugeborenen rechts von der Mittellinie. Seine Oberfläche ist glatt, ohne Hervorragungen, nur am oberen Ende läbt sich eine Hervorragung abgrenzen. Die Consistenz ist überall dieselbe, beinahe fluetuirend. Der Tumor ist nach jeder Richtung hin beweglich, läbBt sich nach oben bis unter die falschen Rippen nach der Lumbalgegend hin. nach unten bis in’s Becken hinein verschieben. Uterus ist normal. Adnexe sind gleichfalls normal. Die Ditferentialdiagnose schwankt zwischen Mesenterial- eyste und Nierentumor. Mehr für letztere spricht die Möglichkeit, ihn in die Lumbalgegend zu verschieben. und vorübergehende Hämaturien, für die weder Harnröhre noch Blase einen Anhalt geben. Das Alter der Patientin. die schnelle Entwicklung des Tumors lassen an ein malignes Neoplasma denken. Demgemäb wird die Diagnose auf evstisches Careinom einer rechtsseitigen Wanderniere gestellt. Im Urin wurden einige Epithelzellen, sehr wenig Leukocyten, keine Blutkörperchen, keine Cylinder gefunden.

Die Operation war leicht. Transperitoneale Nephreetomie. Es wurde ein volummöser eystischer Tumor, der sich auf Kosten der unteren zwei Drittel der Niere entwickelt hatte (das obere Drittel war intact), entfernt. In der Nähe der Vena cava und Aorta waren Lymphdrüsen zu fühlen. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein tubulöses Epithellom. Recidiv wegen der Lymphdrüsen zu erwarten. Gauer.

Still (London): Cystische Degeneration der Nieren und der Leber bei einem Kinde. (Pathological Society of London, Sitzung vom 21. December 1897. The Lancet, 1. Januar 1898.)

Der Full betraf ein 8 Wochen altes Kind, dessen Abdomen 14 Tage nach der Geburt an Umfang zuzunehmen begonnen hatte. Als’ Ursache hierfür konnten die vergrößerten Nieren deutlich palpirt werden. Der Urin war stark eriweißhaltig, doch bestand niemals Icterus. Es trat Exitus unter den Erscheinungen der Urämie ein. Bei der Autopsie fand man beide Nieren erheblich vergrößert (sie wogen zusammen 450 g gegenüber dem Normal- gewicht von 30 œ in diesem Alten. Auf dem Durchschnitt zeigten sich beide Nieren durehsetzt von kleinen Cysten, die von einander durch dünne Septa getrennt waren. Nierenbecken und Ureteren waren normal. Die Leber war

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nieht vergrößert und schien makroskopisch normal zu sein. Bei der mikro- skopischen Untersuchung constatirte man jedoch den gleichen Zustand, wie in den Nieren. Die anderen Organe waren normal. Im Gegensatz zu anderen Autoren, die als Ursache solcher evstischer Degenerationen einen fötalen Entzündungsproceß annehinen, ist S. der Ansicht, daß ihnen ein Entwicklungs- fehler zu Grunde liegt. Und zwar handelt es sich um ein übermäßiges Wachstum der mesoblastischen Elemente in den betreffenden Organen, wo- durch eine eystische Dilatation der Nierentubuli bezw. der Gallengänge herbeigeführt wird. Loewentbal.

Owen (London): Zwei Fälle von Hydronephrose bei Kindern. (The Lancet, 4. December 1897.)

Diese Fälle sind von Interesse, einmal wegen des durch den operativen Eingriff herbeigeführten günstigen Ausganges, und dann wegen der Ursache, die in dem einem Falle wahrscheinlich eine congenitale Mibbildung, in dem andern ein Trauma war; sonst wird bei Kindern eine Hydronephrose meist durch eine Verstopfung des Ureters mittelst eines Steines herbeigeführt.

Der erste Fall betraf ein 13 jähriges Mädchen, welches seit zwei Wochen einen grossen Tumor in der linken Hälfte des Abdomens aufwies. Es waren vorher schon häufige Anfälle von Erbrechen, aber keine Coliken oder Häma- turie aufgetreten. Da die anfänglich mäßigen Schmerzen an Intensität zu- nahmen, so vermutete man eine durch Verstopfung des Ureters verursachte Hydronephrose und führte die Laparatomie aus. Man fand den Ureter normal durchgängig, an Stelle der linken Niere jedoch einen groben hydro- nephrotischen Sack, der exstirpirt wurde. Die exstirpirte Cyste zeigte die Größe des Kopfes eines Neugeborenen: das Nierengewebe war stark gedehnt, im Uebrigen jedoch von normaler Beschaffenheit. Es trat vollständige Ge- nesung ein. Wahrscheinlich handelte es sich hier um eine congenitale eystische Dilatation der Niere; wenigstens konnte eine andere Ursache der Hydronephrose nicht aufgefunden werden.

Im zweiten Falle handelte es sich um eimen 7jährigen Knaben, der einen Schlag mit dem Pferdehuf gegen die Iinke Seite des Abdumens er- halten hatte. Es stellten sich häufige Anfälle von Erbrechen und öfterer Abgang von blutigem Urin ein, nach einigen Tagen waren indessen diese Erscheinungen geschwunden. Am 15. Tage nach dem Trauma traten plötzlich heftige Schmerzen in der linken Lumbargegend und erneutes Erbrechen auf. Man constatirte nunmehr in der linken Lumbargegend einen circumscripten, nicht schmerzhaften, apfelsinengroßen Tumor, der an Größe rapide zunahmı, aber auber gelegentlichen Anfällen von Erbrechen und Lumbarschmerzen weiter keine Erschemungen verursachte. Nach zehn Tagen wurde der Tumor punctirt und aspirirt, wobei man etwa einen Liter bluthaltigen Urin entleerte. Unmittelbar nach der Entleerung war der Tumor verschwunden, auch hörten Erbrechen und Schmerzen auf. Nach drei Tagen begann m- dessen der Tumor, und mit ihm Erbrechen und Schmerzen, wieder zu er-

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scheinen, und er hatte bald wieder seine frühere Größe von den falschen Rippen bis zur Crista ilei erreicht. Es wurde nun wiederum die Aspi- ration mit dem gleich günstigen Erfolg ausgeführt. Bei einem abermaligen Recidiv wurde jedoeh die Incision mit Drainage ausgeführt. worauf voll- kommene und dauernde Genesung eintrat. Bei der Operation constatirte man als die Ursache der Hydronephrose eine Ruptur der Niere, die indessen später anscheinend vollkommen verheilt ist. Loewenthal.

Bérard (Lyon): Rechtsseitige Pyonephrose. Operation. Heilung. (Société des sciences médicales de Lyon, Sitzung vom 12. Januar 1898.)

Bérard stellt eine 4Đjährige Frau vor, die im Anschluß an eine puer- perale Gemtalerkrankung eine rechtsseitige Pyonephrose bekommen hatte. B. machte eine subeapsulare Nephrectomie. Nach fünf Wochen war die Kranke völlig geheilt. ; Hirschfeld.

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Morris (London): Partielle und complete Ureterectomie und Nephro-Ureterectomie. (The Lancet, 1. Januar 1898.)

Wenn bei der Nephreetomie der Ureter dilatirt oder in eitriger Ent- zündung angetroffen wird, wie das häufig bei ealeulösen oder tuberculösen Affeetionen der Fall ist, so muß er teilweise oder ganz mit entfernt werden. Im anderen Falle entsteht nach der Nephreetomie eine Fistel, durch die sich das pathologische Secret des Ureter nach außen entleert. Ist eine solche Fistel bereits vorhanden, so mub die Ureterectomte als secundäre Operation ausgeführt werden. Stets soll auch bei der partiellen Exstirpation der größere Teil des Treter entfernt werden, weil sonst nicht der beabsichtigte Zweck erreicht wird. Im Allgemeinen ist die Ausführung der Operation bei männ- lichen Personen leichter als bei weiblichen, indem sie bei letzteren durch die Anwesenheit der Ovarten- und Uterus-Ärterien, sowie der breiten Liga- mente erschwert wird. Am empfehlenswertesten ist es, die Uretereetomie zugleich mit der Nephreetomie auszuführen. Nur wenn der Ureter sich nicht leicht isoliren läßt, soll man erstere Operation in emmer zweiten Sitzung vornehmen.

Alsdann berichtet M. ausführlich über drei Fälle, in denen er die Uretereetomie ausgeführt hat. Der erste Fall war eine Nierentubereulose bei einer 4J4jährigen Frau. Es wurde die linke Niere 3 Zoll vom Ureter in einer Sitzung entfernt. Doch trat zwei Tage darauf Exitus iu Folge acuter Bronchitis und hypostatischer Pneumonie ein. Der zweite Fall war ebenfalls eine Nierentubereulose bei einer 33 jährigen Frau. Es wurde zuerst ie (linksseitige) intracapsuläre Nephreetomie ausgeführt. Vier Wochen darauf mußte auch die Nierenkapsel und der größte Teil des Ureter. die sich eben- falls als hochgradig tubereulös aftieirt erwiesen, entfernt werden. Es trat vollständige Genesung ein. Die Nierenkapsel mußte bei der ersten Operation

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wegen ihrer festen Adhäsionen zwückgelassen werden. Im dritten Falle endlich handelte es sich um eine eircumscripte Tubereulose der linken Niere bei einem 24jährigen Manne. Es wurde zunächst das obere Drittel der Niere entfernt. Im Anschluß hieran hatte sich jedoch eine eiternde Urin- fistel gebildet, daher acht Monate nach der ersten Operation die totale Nephro - Ureterectomie ausgeführt wurde. Auch hier trat vollständige Ge- nesung em. Niere und Ureter waren ebenfalls tubereulös erkrankt. Im Allgemeinen ist M. dafür, bei partieller Nierentubereulose sich auf die Ent- fernung des tubereulösen Herdes zu beschränken, obgleich der letztgenannte Fall eigentlich gegen ein solches conservatives Verhalten spricht und auch viele Autoren in solchen Fällen die complete Nephrectomie empfehlen, wenn die andere Niere gesund ist. Loewenthal.

Dr. Alois Velich, Assistent am Institut für experimentelle Pathologie des Prof. Spina in Prag: Ueber die Folgen der einseitigen Exstirpation der Nebennieren. (Wiener klin. Rundschau 1897, No. 51.)

Eine große Reihe von Autoren hat das häufige Vorkommen von accessorischen Nebemnieren bei verschiedenen Tieren constatirt. So wurden aecessorische Nebennieren bei Kaninchen von Stilling, bei Ratten von Abelous und Langlois beobachtet. Auch bei Hunden sind diese Organe constatirt worden. Desgleichen sind dieselben auch beim Menschen ein ziemlich gewöhnlicher Befund. Dagegen wird von einigen Autoren hin- sichtlich der Meerschweinchen behauptet, daß sie sich dureh völligen Mangel accessorischer Nebemnieren auszeichnen. Diese Behauptung hat den Verf. vorliegender Arbeit veranlaßt, an 100 Meerschwemchen nach accessorischen Nebennieren zu fahnden. Er fand sie dabei in vier Fällen an der rechten und m einem Falle an der linken Seite der Vena eava bei der Vena renalis. Dieselben besaßen eimen Durchmessser von etwa 1.5 mm. Daraus ist zu ersehen, daB die oben angeführte Behauptung, daß bei Meerschweinchen überhaupt keine accessorischen Nebennieren vorkommen, zwar keine absolute Giltigkeit besitzt, daß aber dennoch diese Organe bei dem Meerschweinchen verhältnismäßig selten sind. Um sieh nun zu überzeugen, daß dieselben sich vielleicht ihrer Kleinheit wegen der Beobachtung entziehen. trachtete Verf. danach, die supponirten Keime zur Wucherung zu bringen une somit dem Auge bemerkbar zu machen. Er versuchte, das vorgesetzte Ziel da- durch zu erreichen, dab er die Nebemnieren exstirpirte, indem er erwarten durfte, hierdurch eine compensatorische Wucherung der unsichtbaren Neben- nieren zu veranlassen. Verf. nahm «die Versuche an zwölf 14 Tage alten Meerschweinchen vor, und zwar exstirpirte er die Iinken Nebennieren. Drei Monate nach der Operation wurden die Meerschweinchen getötet. Bei allen wurden accessorische Nebennieren eonstatirt. Dieselben hatten eine kugelige Gestalt, die Gröbe eines Steeknatdelkopfes und saßen auf der rechten Seite der Vena eava in der Höhe des Nierenhilus anf.

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Auch bei den übrigen fünf bis sieben Monate nach der Operation ge- töteten Meerschweinchen wurden auf der rechten Seite unterhalb der un- verletzten Nebenniere in der Nähe der Einmündung der Vena renalis in die Vena cava ascendens accessorische Nebennieren im Durchmesser von 2 bis 3 mm vorgefunden. Nur bei einem einzigen Meerschweinchen befand sich die accessorische Nebenniere auf der linken Seite des Versuchstieres. Diese accessorischen Nebennieren boten dieselbe Farbe wie die Hauptorgane dar.

Durch mikroskopische Untersuchung wurde ferner constatirt, daß die Structur derselben mit der Corticalschichte der Nebennieren übereinstimmt, wie dies auch bei anderen Tieren und dem Menschen der Fall ist. Nur ausnahmsweise wurden beim Menschen accessorische Nebennieren be- schrieben, in welchen alle Schichten deutlich entwickelt waren. Auch das Factum, daß fast in allen Versuchen die accessorischen Nebennieren auf der rechten Seite gefunden wurden, steht mit den Angaben der Autoren in Uebereinstimmung; denn diesen zufolge kommen accessorische Nebennieren hei Menschen und Tieren auf der rechten Seite viel häufiger vor als auf der linken.

Bei den Control-Meerschweinchen, welche in den meisten Fällen von demselben Weibchen wie die operirten Meerschweinchen abstammten, hat Verf. in keinem Fall accessorische Nebennieren gefunden.

Neben der Wucherung der accessorischen Nebennieren kommt bei den operirten Tieren gleichzeitig auch eine compensatorische Hypertrophie des intact gebliebenen Organes vor. Die Hypertrophie bezog sich auf die Cortical- sowie die Medullarschichte in gleichmäßiger Weise.

Bei diesen vergleichenden Untersuchungen beobachtete Verf. daß trächtige Meerschweinchen größere und schwerere Nebennieren be- sitzen; ebeuso erfulr Verf., daß Meerschweinchen, bei welchen eine mehrere Tage dauernde Eiterung eintrat, gleichfalls größere Nebemnieren haben als gesunde Controltiere.

weiter,

Schließlich fand Verf., daß ein bei der Exstirpation im Zusammenhang `

mit dem Organismus zurückgebliebener Rest der Nebenniere Anlaß zur partiellen Regeneration dieses Organes giebt. Kr.

IX. Technisches.

Dr. Karl Gerson (Berlin): Die elastische Pflastersuspensions- Dinde, ein Suspensorlumersatz. (Vortrag, gehalten in der Dermatologischen Gesellschaft am 2. November 1897. Allg. med. Central-Zeitung 1897, No. 57.)

Seit der ersten Mitterllung über diesen Gegenstand m der „Allgem. med. Central-Zeitung“ No. 57 haben weitere Versuche eine Vereinfachung und somit Verbesserung des Verfahrens gezeitigt. Die elastische Pflaster-

mmer TE

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suspensionsbinde läßt sich vermöge ihrer Weichheit viel leichter als das früher angewandte Zinkkautschukpflaster um die Scrotalhaut spannen und kann daher auch vom Patienten selbst an- und abgelegt werden. Dieser Umstand ist insofern von Bedeutung, als die erste, vom Arzt besorgte An- legung der Binde leicht etwas zu straff ausfüllt, so daß Patient nach 1 bis 2 Stunden die Binde abnehmen und etwas loser anlegen muß. Vermöge ihrer Elasticität erscheint diese Binde geeignet, durch steten, gleichmäßigen Druck auf die Hodengebilde die Resorption der entzündlichen Schwellung zu beschleunigen. Die Suspensionsbinde wird folgendermaßen angelegt: Nach sorgfältiger Rasur des Scrotum, ohne vorherige Eimseifung oder Kurz- schneiden der Haare in liegender Position des Patienten, wird das Scrotum durch Abwischen mit Schwefeläther entfettet, wobei Patient ein leichtes, schnell vorübergehendes Brennen verspürt. Entfettung der Haut vor An- legung der Binde ist notwendig, weil letztere durch die Berührung mit Fett ihre Klebkraft einbüßen würde. Das Einseifen des Scrotum vor dem Rasiren ist zu vermeiden, da die Haut durch nachfolgendes Abwischen mit Aether zu sehr irritirt würde. Ist das Scrotum rasirt und mit Aether ent- fettet, so erfaßt die linke Hand des Arztes den unteren Teil der Scerotalhaut, während er mit der rechten die elastische Pflasterbinde, ihren Franzenrand nach oben gerichtet, unter den Testikeln in mäßiger Spannung um das leere Scrotum circulär herumlegt. Die leinenen Bänder am Ende der Binde werden um letztere gebunden und verhindern so ein Abstehen des Binden- endes durch Reibung an Hemd oder Hose. Der Arzt soll den Patienten auffordern, das Anlegen «der Binde genau zu verfolgen, damit er dieselbe, falls ihre Application zu straff geriet, selbst abnehmen und etwas lockerer anlegen kann. Bei acuten, schmerzhaften Epididymitiden soll nun die Binde 0—8 Tage liegen bleiben und wird dann, der fortschreitenden Schwellung entsprechend, nach trocknem Abwischen der Haut vom Patienten selbst etwas höher angelegt. Nach weiteren acht Tagen wird die Binde wiederum abgenommen, die Haut trocken abgewischt und die Binde alle vier Tage neuangelegt, so lange noch eine Schwellung der Epididymis nachweisbar ist. Sind Adhärenzen der Scrotalhaut mit der Unterlage vorhanden, so legt man die letzten Touren der Binde in aufsteigender Windung um die adhärente Stelle und bewirkt so durch den steten, elastischen Druck mit rückgehender Entzündung auch eine Lockerung der Adhärenz. Bei chronischen Leiden der Hodengebilde, die eine ständige Suspension derselben indieiren, wie hochgradiger Varicocele, Tumoren tubereulöser, luetischer, sarcomatöser etc. Natur, wird die Binde Morgens an- und Abends abgelegt. Ein Patient, der wegen hochgradiger Varicocele bisher ein Suspensorium ständig tragen mußte, jedoch wegen eines, durch stetes Reiben der Schenkelriemen an Öberschenkeln und Inguinalfalten entstandenen Eczems längeres Gehen ver- mied, trägt jetzt schon seit vier Wochen eine elastische Suspensionsbinde, die ihm die längsten Märsche ohne Unbequemlichkeit gestattet. Er legt die Binde vor dem Schlafengehen ab und Morgens wieder an. Die mit der Suspensionsbinde gemachten zahlreichen Versuche zeigten eine ausnahmslos

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gute und, wie es scheint, den Suspensorien an Schnelligkeit überlegene Wirkung. Die hervortretendsten Vorzüge der elastischen Pflastersuspensions- binden vor den Suspensorien sind kurz die folgenden: 1) Höhere Suspension der Testikel: 3) größere Ruhigstelllung derselben; 3) eleiellmäßiger Druck auf den Testikel und seine Häute, welcher erstere der höheren Anlegung der Binde entsprechend steigt: doi Verhinderung von Dermatitis und Eezem an Oberschenkeln und Inguinalfalten: 51) größere Billigkeit, da eine Binde (1,00 Mk.ı für vier Wochen ausreicht. Diesen Vorteilen gegenüber fällt wohl die Mühe der Serotumrasur kaum in's Gewicht, zumal dieselbe wegen des langsamen Wachstums der Serotalbaare bei jedem Patienten nur em Mal zu geschehen braucht.

F. P. Guiard: Technique simplifiée de l'auto-cathétérisme antiseptique. (Ann. génito-urin. 1897, Heft 6.)

In Anbetracht dessen, daß Patienten, die sich wiederholt selbst katheteri- siren müssen, sich aus Mangel an Antisepsis leicht inficiren, dab dieser Umstand besonders dadurch herbeigeführt wird, dab die Instrumente nicht genügend vor Staub geschützt werden und dab es mit mancherlei Unbe- quemlichkeit verknüpft ist, alle zum Selbstkatheterisiren nötigen Utensilien mach den Regeln der Antisepsis aufzubewahren, hat Verf. ein Instrumentarium. un table à sondage speciale, in einem kleinen Schränkchen zusammengestellt. m dem alle nötigen Instrumente aufbewahrt und vor Verunreinigung ge- schützt werden können. Zur Sterilisation der Katheter wird eine Höllen- steinlösung von 1:1000 oder 1:500 benutzt. Nach der Reinigung darin wird der Katheter trocken in einem Glasgefäß aufbewahrt. Auf die genauere Beschreibung des Instrumentenschrankes und seiner Einrichtung kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Gauer.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Marschner & Stephan, Berlin SW., Ritterstr. 41.

Ueber Protargol.') Von Dr. Dreyer (Köln).

Auf der vorjährigen Versammlung in Braunschweig lernten die Dermatologen außerhalb ihrer Sitzungen zwei sie interessirende Neu. ` heiten kennen, ein neues Fachblatt, das „Dermatologische Centralblatt“, und durch dasselbe ein neues Antigonorrhoicum, das Protargol.

Protargol wird von den Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld in den Handel gebracht und ist von dem Chemiker Eichengrün?) dargestellt. Es ist eine Silberverbindung, die mit - Hilfe eines Proteinstoffes gewonnen wird. Das Silber ist nicht nur in maskirter Form, sondern auch in organischer Bindung darin ent- halten, d. h. nicht in Form eines Salzes oder Doppelsalzes, sondern in fester Verbindung; mit dem Proteinmolekül selbst. Daher wird es weder durch Alkalien oder Schwefelalkalien noch durch Säuren gespalten, und seine physiologische Wirkung ist von keinem chemischen Einfluß abhängig. Protargol ist ein staubfeines, hellgelbes Pulver, welches sich im Gegensatz zum Argonin ohne jegliche Kautelen leicht in Wasser löst, besonders wenn man es zunächst anfeuchtet und dann erst die Hauptmenge des kalten oder lauwarmen Wassers unter Umrühren zu- giebt. Die völlig klaren, hellbraunen Lösungen, die sich bis zu einem Gehalte von 50 pCt. darstellen lassen, reagiren vollkommen neutral, verändern sich nicht beim Erwärmen, sondern werden nur bei längerem Erhitzen oder andauernder Belichtung dunkel gefärbt. Auch in Blut- serum, Eiweißlösungen und Glycerin löst sich Protargol leicht, und Benario hat die Beobachtung gemacht, daß es sich sogar in eiweib- haltigen Medien, z. B. in Bouillon, leichter und noch rascher löst als in Wasser, und er führt einen Teil der therapeutischen Wirkung

!) Nach einem Vortrag im Aerztlichen Verein in Köln. 2) Ueber Protargol. Von Dr. A. Eichengrün. Pharmaceut. Central- halle 1897, No. 89.

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auf diese Eigenschaft zurück. Der Gehalt des Protargols an Silber beträgt 8,3 pCt., und es ist dem Argonin mit 4,2 pCt. und dem Argentamin mit 6,35 pCt. Silbergehalt daher überlegen. Eichengrün teilt mit, ohne auf die angestellten Versuche näher einzugehen, daß es dem Argonin und Argentamin auch an bactericider Wirkung überlegen ist. Concentrirte Salzsäure giebt zwar in Protargollösungen einen Niederschlag, doch besteht dieser aus unverändertem Protarzol, welches sich beim Verdünnen wieder klar löst. Schwefelammonium färbt die Protargollösung dunkler.

Das sind die objectiven Eigenschaften des Mittels, das von keinem Geringeren als Neisser?) zur Behandlung der acuten Gonorrhoe in Lösungen von !’, bis 1 pCt. warm empfohlen wurde. Neisser rūhmt dem Präparat nach, dab es fast vollkommen reizlos sei. Deshalb ver- wendet er Protargol zu dreimaligen Injectionen am Tage, wobei der Patient die Flüssigkeit zwei Mal fünf Minuten und ein Mal dreißig Minuten in der Harnröhre behalten soll. Sehr bald, oft schon nach wenigen Tagen, beschränkt Neisser die Behandlung auf die einmalige prolongirte Injection und läßt event. die anderen Injectionen mit Adstringentien vornehmen. Die einmalige prolongirte Injection setzt Neisser noch Wochen lang fort. Er selbst sagt, daß in der ungemeinen Bequemlichkeit der Behandlungsmethode die hauptsächlichste Ursache für, die guten mit ihr erzielten Erfolge liest. Auch bei chronischen Fällen soll die Tiefenwirkung des Protargols scheinbar von besonderem Vorteil sein, um die als Ursache der Infiltration und Secretion nach- gewiesenen Gonokokken zu erreichen. Neisser faßt sein Urteil dahin zusammen, daß er den Eindruck habe, nie so gleichbleibend gute und sichere, auch schnell eintretende Erfolge gesehen zu haben wie seit der Benutzung des Protargols.

Dem Meister folgten gar bald die Jünger auf dem vielversprechenden Were und im Laufe eines Vierteljahres hat sich bereits eine kleine Litteratur über Protargol angesammelt.

Zuerst bestätigte Barlow!) in München sowohl die fast voll- kommene Reizlosigkeit des Mittels, selbst bei Spülungen der hinteren Harnröhre mit Lösungen von 1/,—!/, pCt. mittelst Irrigatordruckes bei acuter Gonorrhoe der hinteren Harnröhre wie auch das schnelle Ver-

®) Zur Behandlung der acuten Gonorrhoe. Ein neues Silberpräparat. Protargol. Prolongirte Injectionen. Prof. Neisser, Breslau. Dermatolog. Centralblatt I, 1.

H) R. Barlow, Zur Behandlung der acuten Gonorrhoe mit Protargol nebst einer Besprechung der Irrigationsbehandlung beim frischen Tripper. Münchener med. Wochenschrift 1897, No.45 u. 46. |

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schwinden der Gonokokken, ohne genauere Angaben über die Anzahl der behandelten Fälle und die Endresultate zu machen. Auch schreibt Barlow, daß die Gonorrhoe bei Protargolbehandlung wesentlich häufiger auf die vordere Harnröhre allein beschränkt bleibt, als man dies bei Injectionen mit sonstigen Mitteln zu sehen pflegt. Die zahlenmäßigen Belege für diese Angabe fehlen aber wiederum. Bald wurde auch von anderer Seite dem neuen Mittel der übliche Laboratoriumsmantel um- gehängt. Benario in Frankfurt?) zeigte, dal der Zusatz von 1 ccm einer O,5proc. Protargollösung zu 9 ccm Agar das Wachstum von Bacterien auf dem Agar nicht mehr gestattet. Mit dieser entwicklungs- hemmenden Kraft steht das Protargol in der Mitte zwischen dem Argentum nitricum und dem Argonin. Dem letzteren ist es überlegen, dem ersteren steht es weit nach, wie ein Vergleich mit den Unter- suchungen Schäffer’s ergielt. Wurde der Versuch so angestellt, daß horizontal erstarrte Agar- oder Gelatineröhrchen mit Mikroben im Stich geimpft und alsdann mit !/,proc. Protargollösung überschichtet wurden, dann trat erst 12—14 mm von der Oberfläche gerechnet ein Wachstum ein. So weit dringt also das Protargol in das Nähr- medium ein.

Für interessanter für die practische Verwertbarkeit des Protargols hält Benario mit Recht die Prüfung der bactericiden Kraft desselben. Er bediente sich auch hier des Schäffer’schen Verfahrens. Dabei ergab sich, daß frisch gezüchtete Culturen durch 2proc. Lösungen erst nach 20 Minuten abgetötet wurden. Typhusbacillen, Bacterium coli, der Siegel’sche Bacillus, dessen pathogenetische Rolle bei Maul- und Klauenseuche übrigens jetzt einstimmig abgethan ist, und der Pneumo- kokkus erwicsen sich weniger widerstandsfähig als der Staphylococcus pyogenes. Milzbrandbacillen und -Sporen wurden durch 2proc. Pro- targollösung nach einer Stunde getötet, nach 45 Minuten wuchsen sie noch spärlich.

Auch die toxischen Eigenschaften des Protargols hat Benario studirt und gefunden, dab 2 ccm einer 1Oproc. Protargollösung einer groben Ratte injicirt werden konnten, ohne dieselbe in sieben Tagen zu töten, d. h. 0,2 g Protargol vermag eine Ratte nicht zu vergiften. Wichtiger ist, daß etwa 2 ccm einer 1Oproc. Protargollösung, einem Kaninchen innerlich verabreicht, weder im Oesophagus noch im Magen Aetzwirkung ausübten. Das Tier wurde nach vier Tagen getötet. Im Conjunctivalsack von Kaninchen riefen erst 20proc. Lösungen Reiz- erscheinungen (vermehrte Thränensecretion und etwas Chemosis) hervor.

56) Benario, Ein neues Antigonorrhoicum und Antisepticum. Deutsche ned. Wochenschrift 1897, Ther. Beilage No. 11, Seite 82.

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Schließlich berichtet Benario auch über klinische eigene und fremde Erfahrungen. Bei Urethralgonorrhoe benutzte er 0,3—1,5proc. Lösun- gen. Nur letztere verursachten manchmal geringes, leicht zu ertragen- des Brennen. Die Eitersecretion war nach acht Tagen auf ein „ge- ringstes Maß“ herabsesunken, die Gonokokken nach 10—14 Tagen aus der Urethra verschwunden. Nur bei einem mit einer Hypospadie be- hafteten Patienten ließ das Mittel im Stich. In der gynäkologischen Praxis wurden 1Oproc., glycerinige Tampons in die Vagina gebracht und lproc. intrauterine Ausspülungen ohne jede Nebenwirknng aus- geführt. In der Augenpraxis wurden bei Blennorhoe 6proc. Lösungen benutzt, die keine Reizwirkung hervorriefen. Bei Panaritien, Quetsch- und Ribwunden u. s. w. hat Benario Protargol in Form von 5proc. Lösungen zu feuchtwarmen Verbänden und als Streupulver benutzt. Bei Ulcus cruris erzielte er zwei Mal gute Erfolge mit 5—1Oproc. Protargolsalben. Bei anginösen Processen drückte er 3—4 Mal am Tage 5proc. Lösungen in Wattebäuschchen auf die entzündeten Mandeln. Gelangen einige Tropfen auf die Zunge, so beklagen sich die Patienten über den bitteren Geschmack.

Prof. Edinger prüfte das Silberpräparat auf seine Verwendbar- keit bei der Golgifärbung. Es erwies sich hier als unbrauchbar.

Was Ruggles®) aus der Poliklinik von E. R. W. Frank und A. Lewin in Berlin über die Wirkung des Protargols bei der Gonor- rhoe berichtet, übertrifft alles Bisherige. In 15 Fällen verschwanden die Gonokokken definitiv 6 Mal nach einem Tage, 5 Mal nach 2 Tagen, 2 Mal nach 3 Tagen und in je 2 Fällen nach 4 Tagen. Nur 2 Mal sah Ruggles diese Erfolge getrübt, indem die Gonokokken zurück- kehrten, eine Thatsache, die er auf die Complication einer Prostatitis gonorrhoica zurückführt. Reizerscheinungen wurden niemals beobachtet.

Frank’) selbst hat diese Erfolge später in einer Discussion in der „Berliner medicinischen Gesellschaft“ nach einem größeren Material (von 100 Fällen) bestätigt. Seine Erfahrungen haben durch Bröse und Behrend eine helle Beleuchtung erhalten.®)

Was den antiseptischen Wert des Mittels anlangt, so ist die Be-

6) Protargol, ein neues Antigonorrhoicum. Von Dr. E. Wood Ruggles, Syracuse (Vereinigte Staaten) Centralblatt für die Krankheiten der Haru- und Sexualorgane, Band VIH, Ergänzungsheft.

1) Berliner klinische Wochenschrift 1898, No. 9. Vergl. auch Ernst R. W. Frank: Ueber den heutigen Stand der Gonorrhoetherapie. Medicin der Gegenwart 1898, No. 1, pag. 1.

8) DerVortrag vonBehrend über Protargol in der „Berl. med. Gesellschaft“ am 9. März liegt bei der Correctur dieses Aufsatzes noch nicht im Druck vor.

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merkung Ruggles’, daß zur Heilung der secundären Infectionen bei der Gonorrhoe das Mittel nicht ausreicht, sondern eine Sublimat- behandlung nötig wurde, um so bemerkenswerter, als man dem Autor gewiß nicht vorwerfen darf, daß er seine therapeutischen Resultate durch eine pessimistische Brille ansieht.

Auch Strauss”) in Barmen, der mit seinem Urteil über die Wirkung des Protargols beim chronischen Tripper noch zurückhält, hat 30 Fälle von acuter Blennorrhoe noch vor Ablauf des acuten Stadiums mit Protargol geheilt. Unter Heilung versteht er das endgiltige Ver- schwinden der Gonokokken auf Grund mehrmaliger Untersuchungen in Zwischenräumen von mehreren Tagen und ein fast vollständiges Versiegen des Ausflusses. Sehr lehrreich sind die 10 Kranken-Ge- schichten, die er anführt. Sie stimmen durchaus mit den Erfahrungen überein, die nachher berichtet werden, und widersprechen den Resul- taten Ruggles’ in Bezug auf das zeitliche Verschwinden der Gono- kokken auf das Schärfste, da Strauss sie durchschnittlich erst nach 20 Tagen vermißte und selbst bei tadelloser Durchführung der Therapie seitens der Patienten ein Verschwinden derselben erst nach 10 bis 14 Tagen erwartet. Bei der erwähnten Auffassung von der Heilung eines Trippers würde es nun freilich kaum noch cinen ungeheilten geben. Strauss selbst kommt zu dem Schluß, daß man mchrere Wochen streng die Einspritzungen durchführen lassen muß und durch den negativen Gonokokkenbefund sich nicht bestimmen lassen soll, zu früh auszusetzen.

Die Reizlosigkeit des Mittels betont auch Strauss. Er hat nur leichtes Brennen feststellen können und konnte bei der Instillation bis zu 1Oproc. Lösungen steigen.

Strauss hat Jas Protargol auch bei allen möglichen Wunden als Streupulver gebraucht und bezeichnet es als vorzügliches Antiseptiecum. Besonders führt er einen Fall von Unterschenkelgeschwüren an, bei dem er mit Protargol bedeutend bessere Resultate als ınit Jodoform- salicylpulver erreichte. Das Protargol löst sich auf Wunden im Wund- secret auf und bildet dort eine braune Lösung.

Allen diesen günstigen Berichten gegenüber kommen die schlechten Erfahrungen Bloch’s!®, die er zwar nur an sieben Fällen gemacht hat,

9) Ueber das Protargol als Antiblennorrhoteum und Antiseptieum. Von Dr. Arthur Strauss, Specialarzt für Haut- und Harııkrankheiten in Barmen. Monatshefte für practische Dermatologie 1898, No. 3.

1%, Zur Behandlung der blennorrhoischen Harnröhrenentzündung. Von Dr. Iwan Bloch, Berlin. Monatshefte für pract. Dermatologie 1808, No. 3.

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doch in Betracht. Bei allen verschlimmerten sieh die Symptome (stärkerer, hartnäckiger, eitriger Ausfluß, schmerzhafte Erectionen, Schmerzen beim Uriniren), und bei drei Patienten trat eine Urethritis posterior hinzu. Bei einem Studenten der Medicin im achten Semester, der 14proc. Protargollösung anwandte, steigerte sich der bis dahin spärliche, schleimig-eitrige Ausfluß sofort zu enormer eitriger Secretion mit Vermehrung der Gonokokken, starkem Oedem des Penis und schmerzhaften Erectionen. Bloch wird auch von Dufaux zu der Er- klärung ermächtigt, daß das Protargol nach seinen bisherigen Er- fahrungen keinerlei Vorzüge vor dem Argonin hat.

In günstirem Sinne hat wieder Fürst!!) in Berlin über die Ver- wendung von Protargol bei Blennorrhoe der Augen berichtet. 8 Mal wandte er dasselbe in 1Oproc. Jauen Lösungen an, die aus einem Watte- bausch auf das «geschlossene Auge geträufelt wurden. Vater oder Mutter oder beide waren vorher an Gonorrhoe behandelt. Gleichzeitig waren präparatorische Sublimatspülungen der Vagina ausgeführt. Niemals ergab sich eine Blennorrhoe oder eine Reizung der Augen. Hieraus einen Schluß in Bezug auf den Wert des Protargols für die Prophr- laxe der Ophtlialmoblennorrhoe zu ziehen, halte ich nicht für erlaubt.

Therapeutisch verwandte Fürst das Protargol bei Ophthalmo- blennorrhoe in 16 Fällen. 2 Mal bestand Keratitis außer der Con- junctivitis. Bei sämtlichen Kindern wurden 3 Mal täglich am ersten und zweiten Tage 1Oproc. Lösungen, vom dritten Tage ab proc. zu Waschungen verwandt und von denselben Lösungen 2 Mal täglich eiun Tropfen eingeträufelt. Die Fälle sind sämtlich in 5—10 Tagen je nach der Dauer des Bestehens die Erkrankungen kamen 7 Mal in der ersten Lebenswoche, 6 Mal in der zweiten, 2 Mal in der dritten und 1 Mal in der fünften Woche in Behandlung glatt geheilt. Auch bei zwei Müttern wurde Ophthalmogonorrhoe in ähnlicher Weise be- handelt.

Schließlich bestätigt Schwerin?) aus der Poliklinik von Wossidlo die guten Erfolge, die dort bei der Behandlung der Gonorrhoe mit Protargol erzielt wurden. Die Janet’sche Ausspülung mit einer 1°; igen Protargollösung wlückte ein Mal, während sie in drei anderen Fällen von Mißerfolg begleitet war. Der eine geheilte Fall war vorher nach dem ursprünglichen Janet’schen Verfahren mit Kalium hyper- manganicum vergeblich behandelt worden.

11) Zur Prophylaxe und Behandlung der Ophthalmogonorrhoea neonatorum. S.-R. Dr. L. Fürst, Berlin. Fortschritte der Medicin 1898, Heft IV.

1?) Zur Protargolbehandlung der Harnwege. Von Dr. Schwerin in Charlottenburg. Deutsche med. Wochenschr. 1898, Ther. Beilage No. 3.

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Bei der Behandlung von chronischer Gonorrhoe mit wöchentlich drei Mal zwischen den Dehnungen ausgeführten Spülungen wurden bei 23 Patienten fünf Erfolge in zwei Monaten erzielt, wobei eine wesent- liche Besserung auch als Erfolg mit aufgeführt ist.

Von zwei acuten gonorrhoischen Cystitiden wurde eine durch vier Protargolspülungen seheilt, eine wesentlich gebessert. Deshalb’empfichlt Schwerin das Mittel für die Fälle von Blasencatarrh, bei denen Argentum nitricum nicht vertragen wird.

Diesen Litteraturangaben habe ich drei Bemerkungen hinzuzufügen.

Ich habe die bactericide Wirkung einer 1proc. Protargollösung geprüft, indem ich mit Staphylococcus pyogenes und mit Milzbrand beschickte Seidenfüäden in dieselbe hineinlegte. Die Staplıylokokken sind nach einstündigem Aufenthalt in der Protargollösung noch ge- wachsen: längere Zeit ließ ich sie nicht liegen. Von den Milzbranl- fäden ging noch nach viertäzixem Aufenthalt in der Lösung Wachstum von Milzbrandbacillen aus. Ueber eine weitere Zeit wurde auch dieser Versuch nicht ausgedehnt. Als später die Arbeit von Benario er- schien, habe ich auch die Schäffer’sche Methode angewandt und habe die Angabe Benario’s, daß Milzbrandbacillen nach einstündigem Aufenthalt in einer 2proc. Protargollösung nicht mehr wachsen, bestätigt gefunden. Wenn ich dagegen eine 4proc. Protargollösung eine Stunde lang auf Milzbrandfäden einwirken ließ, so sing von diesen Fäden schon nach einem Tage Aufenthalt auf Glycerinagar im Brutschrank Wachstum von Milzbrandbacillen aus.

Hieraus glaube ich zwei Schlüsse ziehen zu dürfen: 1) die bactericide Kraft der üblichen Protargollösungen ist durchaus nicht so groß, wie angexeben wurde, und 2) die von Schäffer mit so unendlichem Fleibe ausgearbeitete Methode ergiebt wahrscheinlich in Folge der Ueber- tragung von Desinficiens auf den Nährboden keine zuverlässisren Resultate.

Wenn ich auch einige klinische Erfahrungen über die Wirkung des Protargols bei der Gonorrhoe hinzufügen kann, so verdanke ich das Herrn Collegen Zinsser, der mir die Ergebnisse seiner Erfahrungen in der allgemeinen Poliklinik zur Verfügung gestellt hat, und dem ich hierfür meinen Dank ausspreche.

Herr College Zinsser hatte bis Mitte Januar im Ganzen 26 Gonor- rhoiker mit Protargol behandelt. Von diesen konnten 12 genügend lange und genau beobachtet werden, um hier verwertet werden zu können. Es handelt sich um Gonorrhoen, die 8 Tage bis 4 Monate gedauert hatten. In diesen 12 Fällen waren noch nach 6, 5, 7, 1, 3, 3, 1, 3, 5, 4, 3, 2 Behandlungswochen Gonokokken vorhanden. Das sind die ersten zahlenmäßigen Belege über die Beobachtung an den

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Gonokokken während der Protargolbehandlung, und sie stehen im Widerspruch zu den allgemeinen Angaben von Ruggles und Frank. Im Allgemeinen wurde die Iproc. Lösung gut vertragen, doch trat auch manchmal sehr reichliche Secretion plötzlich nach dem Spritzen ein. Auch ich bin der.Meinung, daß man keine definitiven Schlüsse über die Brauchbarkeit des Protargols aus dieser Beobachtungsreihe ziehen darf. Wohl aber ist der Schluß nunmehr berechtigt, daß die ganz besondere, Gonokokken tötende Kraft, die namentlich Frank dem Protargol zugeschrieben hat, keineswegs ein Characteristicum des- selben ist.

In einer Beziehung hat sich eine 1proc. Protargollösung als brauch- bar erwiesen, nämlich zur Differenzirung von Bacterien in Präparaten. Wenn man ein Trockenpräparat von mikroorganismenhaltigem Eiter mit Löffler’schem Methylenblau wie üblich kurz fürbt, mit Wasser ab- spült, 4 Minuten mit der Protargollösung entfärbt, wieder abspült und alsdann °/, Minute mit einer Fuchsinlösung, die durch Eintröpfeln von 10 Tropfen Ziehl’scher Lösung in ein Uhrschälchen Wasser hergestellt ist, nachfärbt, so erhält man sehr brauchbare Färbungen, die die Orientirung erleichtern und das Präparat übersichtlicher machen. Die Bacterien sind blau, die Gewebszellen einschließlich ihrer Kerne rot gefärbt, und man erkennt z. B. leichter, ob Gonokokken innerhalb einer Zelle liegen oder daneben. Auch Argentum nitricum und Argonin sollen sich nach Knaak!®) in ähnlicher Weise zum Differenziren ver- werten lassen. Ersteres hat mir aber nicht so gute Resultate ergeben wie Protargol, und die Argoninlösung muß nach Angabe Knaak’'s selbst immer frisch sein, was ich bei der Verwendung des Protargols nicht notwendig fand.

Um uoch einmal zu resumiren: Protargol ist zweifellos eine Silber- verbindung mit einer Anzahl interessanter Eigenschaften, aber ein Beweis für die Ueberlegenheit der Protargolbehandlung der Gonorrhoe ist bisher nicht erbracht. Seine bactericide Wirkung ist übertrieben. Diejenigen, welche mit den alten Methoden und Mitteln bisher gerade in den Fällen, für welche das neue Präparat lediglich empfohlen wurde, befriedigende Erfolge erzielten, haben keine Veranlassung, sich dem Protargol gegenüber anders als exspectativ zu verhalten.

13) Deutsche med. Wochenschrift 1897, No. 42. Knaak: Ueber Gegen- färbungen bei Bacterienuntersuchungen.

Ein neues Operations-Cystoskop. Von

Leopold Casper, Berlin.

Nachdem ich einige für intravesicale Operationen bestimmte cysto- skopische Instrumente in der Hufeland’schen Gesellschaft (siehe Berl. klin. Wochenschrift 1898, No. 7) demonstrirt und Erfahrungen mit den- selben gesammelt habe und nachdem mehrfache erwünschte Verbesse- rungen erreicht worden sind, gebe ich in Folgendem eine genaue Be- schreibung der einzelnen Teile des Instrumentariums mit Abbildungen.

Das Operationscystoskop setzt sich aus mehreren katheterförmigen Instrumenten, von denen das eine als galvanokaustischer Brenner, das zweite als kalte oder galvanokaustische Schlinge, das dritte als Litho- triptor und das vierte als Zange benutzt werden soll, zusammen. Diese katheterförmigen Teile des Instrumentariums sind derartig eingerichtet, daß sie einen Cystoskopapparat, d. h. Glühlampe, Prisma und optischen Apparat, aufnehmen können. Die Cystoskope (siehe Fig. 1) sind so construirt, daß, ähnlich wie beim Güterbock’schen Cystoskop, die Lampe L nicht in Winkelstellung der Achse des Instrumentes steht, sondern in der Verlängerung der Achse des optischen Apparates sich befindet, so daß das Cystoskop demnach geradlinig wird (siche Fig. 1).

Die Einführung in die verschiedenen für operative Zwecke be- stimmten Katheter geschieht in der Weise, daß man das Cystoskop durch das Katheterrohr hindurchführt, worauf die Lampe frei in die Blase hineinragt und das Prisma sich so einstellt, daß es die für die operativen Eingriffe bestimmten Brenner, Schlingen, Zangen u. s. w. in’s Gesichtsfeld hineinbringt, und zwar derartig, daß die Größe des- selben durch diese Teile keinen nennenswerten Verlust erleidet.

Die Form der Katheter entspricht hinsichtlich des Schnabels un- gefähr dem Mercier’schen Instrument, so daß bezüglich der Einführung

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des Instrumentariums besondere Vorschriften nicht gemacht zu werden brauchen und besondere Schwierigkeiten nicht vorhanden sind.

a. Der Brenner.

Der galvanokaustische Brenner (siehe Fig. 2) wird gebildet durch einen an der Spitze des Instruments befindlichen Porcellanknopf B, über den hinüber der zum Glühen zu bringende Platindraht geführt wird. Diese Brenner sind abschraubbar, so daß sie nach Bedarf er- neuert werden können. Als Stromleiter für den Brenner ist der Auben- mantel des Katheters und cine in einem geschlossenen Canal, der seitlich von dem Katheterrohr verläuft, gelegene isolirte Leitung vor- gesehen. Am unteren Ende des Instruments werden die galvano- kaustischen Kabel angesetzt; sie sind derartig befestigt, daß sie bei Bewegung des Instruments eine störende Belastung nicht verursachen. Neben dem Canal für die isolirte Stromleitung befindet sich ein zweiter schwächerer Canal, der anı vesicalen Ende des Katheters geöffnet ist und am unteren Ende des Instruments mit einem Hahn Z in Verbin- lung steht, um nach der Einführung des Instruments die Blase beliebig stark zu füllen oder entleeren zu können. Durch das Anbringen dieser Canäle wird die Form des Katheters oval. Es ist das für alle diese zu operativen Eingriften bestimmten Instrumente die übliche Form.

b. Die Schlingen.

Der Katlıeter, welcher in Verbindung gebracht ist mit der kalten und galvanokaustischen Schlinge (siehe Fig. 3), besitzt zwei zum Durch- führen der die Schlinge bildenden Drähte bestimmte Röhren und zwischen diesen ebenfalls wieder ein Leitungsrohr zur Durchführung von Wasser. Auch dieser Canal ist durch Hahn Z verschließbar. Der eine der beiden Canäle muß ziemlich weit sein, um ein isolirtes Rohr aufnehmen zu können, wodurch die zur Schlinge führende Rückleitung ermöglicht ist. Die Zuleitung bewirkt wie bei dem galvanokaustischen Brenner der Aussenmantel des Katheters. Die Befestigung des Kabels geschieht in der gleichen Weise wie beim walvanokaustischen Brenner. Man bemutzt Platin-Iridium-Draht sowohl für die kalte als die glühende Schlinge. Anfänglich hatten wir für beide Zwecks getrennte Katheter anfertigen lassen, doch nehme ich jetzt der Einfachheit halber auch bei Anwendung der kalten Schlinge dieselben Instrumente, die bei Bedarf mit einer galvanokaustischen Batterie in Verbindung gebracht werden können.

Die Hauptaufgabe für die Verwendung der schlingenförmigen ‘Instrumente besteht in der Herstellung einer Schlingenform innerhalb ler Blase, welche eine genügende Sicherheit bietet, Tumoren fassen

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zu können; es ist diese Form dann erreicht, wenn die Schlinge selbst möglichst kreisförmig ıst. Da innerhalb des Katheters, der die Schlingen- drähte aufnimmt, die beiden Drähte dicht neben einander verlaufen müssen, 80 genügt ein einfaches Vorschieben beider Drähte nicht, um eine Schlinge zu erhalten, weil durch das verhältnismäßig feste Zu- sammengedrücktsein der beiden Drähte die Elasticität des in Anwendung kommenden Drahtes überwunden ist und eine, wenn auch nicht voll- kommene, so doch die selbstthätire Ausbreitung der Schlinge ver- hindernde Knickung entsteht. Es würde sich beim Vorwärtsbewegen der beiden innerhalb der Canäle verlaufenden Drähte eine Schlingen- form ergeben, welche der Figur 4 entspricht.

Figur 4. Figur. Figur 6. Unbrauchbare Schlingenform. Gute Schlingenform. Mangelbafte Schlingenform.

Es entsteht nunmehr die Aufgabe, die Knickung, welche die Bildung einer kreisförmigen Schlinge verhindert, zu beseitigen, und zwar selbst- verständlich innerhalb der Blase, nachdem das Instrument eingeführt ist. Es ist für diesen Zweck eine Vorrichtung construirt worden, welche unabhängig vom Instrument ist und nach der Einführung des Cysto- skops auf den unteren Teil (Fig. 3, 4) hinaufgebracht wird.

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c. Der Schlingenbilder.

Dieses Instrument (Fig. T) hat den Zweck, das eine Ende der durch die Canäle verlaufenden Drähte festzuhalten, während das zweite Ende durch einen zu beschreibenden Mechanismus nach vorn geschoben werden kann. Der Zweck dieser Bewegung ist, eine Strecke des elasti- schen Drahtes in die Blase hinein zu transportiren, der in Folge sciner Elastieität die Bildung einer guten Schlinge gestattet. Das fixirte Ende des Drahtes wird mittelst der Fixirungsvorrichtung selbst aus der Blase herausgezogen und damit auch die innerhalb der Blase liegende Strecke des Drahtes, die vorher die Knickung zeigte, durch welche die Bildung der Schlinge verhindert wurde. Ist die eine Strecke

141 2

des Drahtes weit genug in den Canal hineingezogen und das andere Ende des Drahtes weit genug nach vorn transportirt, so hat sich die Schlinge entwickelt und die günstigste Form erreicht, die in Figur 5 dargestellt ist. Wenn der Draht nicht mittelst der Fixirungsvorrichtung zurückgezogen wird, würde sich eine Schlingenform Figur 6 ergeben, die besser als die erste, aber immer noch mangelhaft zu nennen wäre.

Erreicht wird diese Beweglichkeit des Schlingendrahtes durch eine verhältnismäßig sehr einfache Vorrichtung. Ein Schieber (siehe Fig. 7) ist mit dem unteren Teil des Instruments verbunden und besitzt zwei Canäle, die die Verlängerung der innerhalb des Katheterrohres ver- laufenden Röhre bilden, so daß also die beiden Drähte innerhalb dieser

Figur 7.

Röhre verlaufen können. Der eine der Drähte wird durch eine winden- förmige Vorrichtung (W) gefasst und festgehalten. Durch Drehung dieser Winde mittelst der Scheibe (K) wickelt sich der innerhalb des Canals verlaufende Draht auf und kann somit aus dem Rohr heraus- gezogen werden. Die zweite Seite des Schiebers besitzt eine zangen- förmige Vorrichtung (P), die einen Draht bei Æ fassen kann und ihn durch Bewegen der Zange nach vorn schiebt. Die Zange wird nur nach einer bestimmten Richtung hin, nämlich vorwärts schiebend bewegt, so daB bei jedem Fassen des Drahtes der Draht selbst etwa 4 mm nach vorn geschoben und mit jeder Bewegung des Drahtes 4 mm weiter in die Blase hinein gebracht wird. Es läßt sich daher ohne Weiteres durch einfaches Zählen ermessen, wie groß die Schlinge sein muß, die innerhalb der Blase liegt. Ist demnach bei der Entwicklung der Schlinge der Draht durch achtmaliges Anspannen und Vorwärtsbewegen der Zange, das ohne irgend welche Kraftaufwendung und Zeitverlust vor sich geht, 32 mm in die Blase hineintransportirt worden, so kann man durch die windenförmige Vorrichtung durch einige Umdrehungen

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schon eine Strecke des Drahtes wieder aus der Blase herausziehen, um die Knickung, welche noch innerhalb der Blase liegen muß, heraus zu befördern. Weiteres Vorwärtsschieben des Drahtes um vielleicht 20 mm gestattet dann ein abermaliges Zurückziehen einer kürzeren Strecke des Drahtes, so daß man dann eine absolut gleichmäßige Drahtstrecke, welche die Schlingen gebildet hat, in der Blase besitzt. Die Mani- pulation selbst geht sehr leicht vor sich, das Formiren der Schlinge gelingt mit absoluter Sicherheit.

Die Armirung des Katheters mit dem Schlingendraht erfolgt ın der Weise, dab man den Schlingendraht zuerst, bevor das Instrument ein- geführt wird, ohne besondere Hilfmittel in das genügend weite Rohr des Katheters hineinführt. Ist er durch das Rohr hindurchgegangen und an dem vesicalen Ende des Cystoskops herausgetreten, so zieht man ihn weit genug durch, um ihn durch das andere Rohr wieder zurückzuschieben. Es ist für diesen Vorgang kein weiteres Instrument nötig. Man kann den Draht mit den Fingern genügend fest halten. Will man das nicht, so genügt es, den Draht mit einem kleinen Stückchen ganz feinen Schmirgelpapiers zu fassen, was besonders bei etwas feuchten Händen die Vorwärtsbewegung des Drahtes erleichtert; oder aber man kann den Draht mittelst einer flachen Zange fassen und auch so durch die Röhre hindurchschieben. Ist der Draht aus dem zweiten Rohr herausgetreten und überragt er dasselbe um ungefähr 3—4 cm, so bringt. man den Schlingenformer auf das Cystoskop hinauf. Derselbe gleitet in der Hülle («, Fig. 7) auf einen viereckigen Stab, der fest mit dem unteren Teil des Cystoskops in Verbindung steht (siehe Fig. 3, A). So wird das lange Ende des Drahtes, aus dem rechten Rohr heraustretend, in die rechte Oeffnung des Schlingenformers hineingebracht und durch- gezogen, wobei es auch gleichzeitig durch die Oeffnung der Zange bei E, Figur 7 geht. Dann wird der Schieber auf einen Führungsstal hinaufgebracht, der ihn fest hält und an den er durch eine Fixirungs- schraube befestirt wird. Das kurze Ende des Drahtes geht in die andere Oeffnung des Schlingenformers hinein und wird durch die Winde gefasst. Einige Umdrehungen derselben ziehen dann die Schlinge voll- ständig fest, so daß sie am vorderen Ende des Katheters nicht mehr fühlbar ist und somit die Einführung nicht erschwert.

Die einzelnen Handgriffe, welche diese Formation der Schlinge er- möglichen, sind langsamer beschrieben als ın Wirklichkeit ausgeführt. Es ist selbstverständlich, daß bei der Benutzung eines derartigen Instrumentariums der Operateur sich vorher erst an die Handhabung etwas gewöhnen muß. Jedenfalls ist sie nicht schwer zu erlernen und ergeben sich die einzelnen Griffe leicht durch Uebung, wenn man den

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Zweck ım Auge behält, den die ganze Vorrichtung haben soll, nämlich nur eine einfache Schlinge in günstigster Form innerhalb der Blase zu formiren.

Die Principien, nach denen bei diesen Instrumenten verfahren wurde, bestimmte die Absicht, die Operationsinstrumente unabhängig von dem Cystoskop einführen, sie liegen lassen und das Oystoskop für sich herausnehmen zu können, um den Störungen zu entgehen, welche durch Trübung des Blaseninhalts, Beschmutzung des Prismas und Durchbrennen der Lampe gegeben werden können. Es wurde des- wegen das Uystoskopinstrument gradlinig gewählt, so daß ein freier Durchgang durch den Kathetercanal möglich ist.

Liegt demnach der zu den operativen Eingriffen bestimmte katheter- förmige Teil des Instrumentariums in der Blase, so kann vor der Ent- fernung des Cystoskops ohne Weiteres eine ausgiebige Spülung vor- genommen werden. Wenn auch an dem Üystoskop selbst noch ein Canal für Wasserzuleitung und -Ableitung vorhanden ist, so würde jedoch für eine ausgedehnte Spülung eine zu grosse Zeit verloren gehen; auch sonst gestattet ein so enger Canal nicht eine Reinigung der Blase, wie sie für unsere Zwecke wünschenswert ist. Bestimmt sind derartige Canäle eigentlich nur dazu, den Inhalt der Blase be- liebig verringern, eventuell vergrössern zu können.

Die Einführung der verschiedenen ÖOperationskatheter geschieht mittelst Mandrins, durch welchen die am vesicalen Ende befindliche, den Durchtritt ermöglichende Oeffnung geschlossen wird.

Die galvanokaustischen Brenner, welche abschraubbar sind, be- sitzen verschiedene Längen, so daß man im Stande ist, je nach Be- dürfniß die längere und kürzere Form in Anwendung zu bringen. Für die Fälle, in welchen es wünschenswert ist, ohne das Instrument zu entfernen, dem Instrument näherliegende Flächen galvanokaustisch zu behandeln, genügt es, um die Gesamtform des in der Blase liegenden Teiles für diesen Fall günstig zu verändern, das Cystoskop selbst etwas zurückzuziehen, so dab es weniger weit aus dem ÖOperationskatheter herausragt. Es rückt dann selbstverständlich der Brenner mehr in das Gesichtsfeld hinein. Jedoch ist das weniger störend, nachdem einmal das Operationsfeld übersehen und der erstrebte zu ätzende Punkt localisirt worden ist.

Ebenso hat es sich als zweckmäßig herausgestellt, auch Schlingen- träger in verschiedener Länge zu benutzen; wir haben deren drei an- fertigen lassen: einen ganz kurzen für Tumoren nahe dem Blasenhals, einen mittleren und einen mit langem Schnabel, der besonders für die an der hinteren Wand sitzenden Neoplasmen geeignet ist (siehe Fig. 8).

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d. Der Lithotriptor.

Der cystoskopische Lithotriptor ist in Fig. 9 dargestellt. Er ist so gearbeitet, daß durch den Schaft das eigentliche Cystoskop durch- geschoben wird. Dann liegen die Arme des Lithotriptors ON derart, daß der weibliche (N) in das Gesichtsfeld des Prismas fällt und von der Lampe erleuchtet wird. Die Zusammenführung der beiden Arme geschieht durch die am äußeren Ende des Instruments befindliche Schraube (R).

Dieser Lithotriptor hat eine ziemliche Kraft, er soll dazu dienen, kleine Steintrümmerchen, die bei der Litholapaxie der Zer- trümmerung entgangen und schwer zu fassen sind, wenn man im Dunklen arbeitet und auf das Gefühl angewiesen ist, zu zerdrücken.

Figur 8.

Der Vorwurf, den man der Litholapaxie stets gemacht hat, daß leicht kleine Stückchen zurückbleiben und dadurch zu Recidiven Ver- anlassung geben, dürfte aus der Welt geschafft sein, wenn man mit diesem cystoskopischen Lithotriptor zu arbeiten gelernt hat.

Die Lithotriptorarme sind löffelartig gearbeitet, immerhin könnten aber doch Schwierigkeiten für das Fassen eines kleinen Concrementes entstehen, weil man nur den einen Arm sieht, während der zweite durch den ersten verdeckt wird.

e. Die Zange.

In den vorher genannten Fällen kann mit Vorteil die cystoskopische Zange verwendet werden, die in Fig. 10 dargestellt ist. Es erübrigt sich eine Beschreibung, da das Instrument nach dem Vorangegangenen aus der Zeichnung vollkommen verständlich ist.

Man sieht, dab die Branchen der Zange seitlich aus einander gehen, so daß sie beide beim Auseinandergehen dem beobachtenden Auge sichtbar bleiben. Das Zusammenschrauben geschieht durch die am äuberen Rande des Instruments befindliche Schraube.

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Auch die Kraft dieses Instruments ist eine ziemlich beträchtliche, und es gelingt leicht, damit nicht allzu feste Concremente zu zerdrücken.

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Figur 9. Figur 10.

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Ebenso eignet sie sich zum Fassen von kleinen Fremdkörpern, z. B. von Seidenligaturen.

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Was nun die mit diesem gesamten Öperationsinstrumentarium ge- wonnenen Resultate betrifft, so sind meine Erfahrungen noch gering, aber immerhin ausreichend, um es den Fachgenossen empfehlen zu können. Ich habe bis jetzt vier Fälle mit demselben erfolgreich operirt und behalte mir vor, darüber ausführlich im Zusammenhang zu berichten.

Ich will nur noch hervorheben, daß mein Instrumentarium, welches principielle und, wie ich glaube, wesentliche Vorzüge vor dem seit einiger Zeit zugänglichen Nitze’schen Operationscystoskop besitzt, von der bekannten Firma W. A. Hirschmann”) angefertigt wird. Herr Georg Hirschmann hat mit Ausdauer, Fleiß und bewährtem Geschick an der Vervollkommnuug der Instrumente gearbeitet.

Zum Ueben empfehle ich ein Phantom, das oben offen ist und in welchem man tumorartige Gebilde nach Belieben anbringen kann. Auch dieses ist von der Firma Hirschmann verfertirt worden.

14) Berlin, Johannisstr. 14.

Referate.

I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates. Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

nun

Dr. Alfons Hant (Wien): Ueber Harnverhaltung. (Wiener medicinische Blätter 1898, No. 5, 6 und 7.)

Reicht die Expulsionskraft der Harnblase nicht aus, um ein mechani- sches Hindernis der Harnentleerung zu überwinden, so kommt es zur Harm- verhaltung. Das mechanische Hindernis kann gegeben sein durch eine Strietur, durch Hypertrophie der Prostata, durch blennorrhoische Processe mit acuter Prostatitis, durch Neoplasmen, Blasen- und Harnröhrensteine, durch Perinealabscesse, durch brüsk ausgeführte locale Eingriffe und Ver- letzungen anderer Art. Harnverhaltung kann zu Stande kommen bei mangel- hafter Functionstüchtigkeit der Blase, dabei braucht das mechanische Hinder- nis kein hochgradiges zu sein; oder «ie Blase ist vollkommen functions- tüchtig, ihre Musculatur ist normal, und es liegt ein hochgradiges Hindernis vor, welches sie nicht überwinden kann. Harnverhaltung tritt im Allge- meinen selten plötzlich auf. In der Regel wird dieselbe während einer langen Reihe von Jahren vorbereitet. Selbstverständlich wird dann der übrige Harnapparat in Mitleidenschaft gezogen. Die Blase wird allmählich insufficient, sie dehnt sich aus, weil ihre Wandungen einer regressiven Metamorphose anheimfallen. Die daraus resultirende mangelhafte Con-

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tractionsfähigkeit der Blase bringt es mit sich, daß sie sich nicht mehr voll- ständig entleert, es bleibt nach jedesmaligem Harnen eine größere oder ge- ringere Menge Harnes in derselben zurück. Dieser Residualharn wird eine Zeit lang in bestimmter Menge in der Blase zurückgehalten, bis eines Tages durch weitere pathologische Veränderung des Muskelapparates sich ein un- freiwilliges Abfließen eines Teiles des Blaseninhalts einstellt. Daß Harn- verhaltung zu Cystitiden führt, ist nichts Seltenes; besonders häufig kommen dieselben bei Stricturkranken und bei Prostatikern vor. Bei letzteren findet man auch häufiger eine Erkrankung der oberen Harnwege. Diese Folge- zustände entwickeln sich schleichend und haben daher einen chronischen Character. Eines der ersten Symptome der chronischen Harnverhaltung ist das häufigere Hamen; in anderen Fällen, wo bereits eine bedeutende Ausdehnung der Blasenwandungen Platz gegritfen hat, entfällt dieser Harn- drang, es kommt aber dann zur Incontinenz. Ein weiteres Symptom der chronischen Harnverhaltung ist die Polyurie. Die Harnmenge beträgt in 24 Stunden 2—3 1. Die subjectiveu Beschwerden bei Harmverhaltung sind je nach deren Ursachen und entsprechend der jeweiligen Beschatflenheit des Harnapparates verschieden. In acuten Fällen gehen dieselben oft mit heftigen Schmerzen und Erregungszuständen der Kranken einher. Ist dagegen die Harnverhaltung langsam entstanden, so sind die Erscheinungen viel gelinder. Die Prognose bei Harnverhaltung hängt von den ursächlichen Momenten, von dem Alter des Kranken, von der jeweiligen Beschaffenheit des Harn- apparates und schließlich von den therapeutischen Maßnahmen, insbesondere von dem im gegebenen Falle stattfindenden localen Eingriff ab. Die Be- handlung der Harnverhaltung richtet sich nach dem ursächlichen Moment. Bei geringen Erscheinungen kann man ein lauwarmes Bad versuchen, bei heftigen Symptomen und qualvollen Schmerzen soll man grundsätzlich dem Kranken so rasch als möglich Erleichterung schaften. Hier tritt der Kathe- terismus in seine Rechte. Ist die Harnverhaltung eine vollständige, hat sie mehrere Stunden angedauert, und ist die Blase stark ausgedehnt, so soll dieselbe grundsätzlich nicht ganz entleert werden; die Entleerung muß viel- mehr langsam, in Pausen vor sich gehen, weil durch allzurasche Entlastung der Blasenwandungen unter Umständen heftige Blutungen, Cystitiden und Pyelitiden entstehen können. Ja selbst plötzlicher Tod durch Shock ist in solchen Fällen beobachtet worden. Iaegt eine Hypertrophie der Prostata der Harnverhaltung zu Grunde, so empfiehlt sich in vielen Fällen die Ein- führung des Mercier’schen Prostatakatheters. Eine sinnreiche Erfindung jst auch der mit einem knopfförmigen, vesicalen Endstück versehene Pezzer. Das Endstück trägt zwei kreisrunde Oefluungen, und ist das Instrument wegen des leichten Befestigungsmodus sehr gut zu verwenden. Das aus vulcanisirtem Kautschuk bestehende Instrument schmiegt sieh nämlich durch Entfaltung seines vesiealen Endes an das Orificium internum so an, daß es vollkommen fixirt ist. Dabei übt der Katheter an der Blase keinen nennens- werten Reiz aus und kann Tage lang in derselben belassen werden. Ist der Katheterismus unausführbar, so muB man zu anderen operativen Ein-

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griffen übergehen, wie Incision der Urethra in oder hinter der Strictur, Aspiration der Blase, oder Puncetion der Blase, oder die Epicystotomie mit eventuellem Katheterismus posterior. Schließlich wäre noch die Bottini’sche Operation der Prostatahypertrophie zu erwähnen.

| Immerwahr (Berlin).

II. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Thomas B. Futcher: Alkaptonurla. (The New York Medical Journal, 15. Januar 1898.)

Verf. bespricht kurz die in der Litteratur veröffentlichten Arbeiten über „Alkaptonurie“ und fügt ihnen einen selbst beobachteten Fall hinzu. Es sind bisher nur wenige (25) Fälle dieser seltenen Erscheinung mitgeteilt; die characteristischen Merkmale derselben sind nach F. folgende: Der Urin ist gewöhnlich von strohgelber Farbe, die an der Luft allmählich in rot- braun übergeht in Fölge der Absorption von Sauerstoff; specifisches Gewicht 1010—1014, bei Fleischdiät bis 1020; Tagesmenge 1?/,—2 1. Setzt man einige Tropfen eines Alkalis hinzu, so nimmt der Urin beim Umschütteln sofort eine rotbraune Farbe an. In der Hitze wird Fehling’sche Kupferlösung redueirt; die übrigen Zuckerproben (Wismut-, Gährungs-, Phenylhydrazine- und Polarisationsprobe) ergeben ein negatives Resultat; ammoniakalische Silbernitratlösung wird in der Kälte redueirt, Ferrichloridlösung bewirkt beim Zusetzen blaugrüne Färbung. Die Alkaptonuria kann nicht als Krank- heit aufgefasst werden, sie kann bei verschiedenen Aflectionen auftreten. In einem Fall (Geyger) war sie mit Glykosurie vergesellschaftet. Sie kommt in jedem Lebensalter vor, oft besteht sie von Kindheit an. Sehr häufig sind mehrere Familienmitglieder betroffen. Die Reactionen verdankt die Alkaptonurie nach Kraus entweder der Trioxyphenylpropionsäure

OH OH Ce Ha OH C,H, COOH oder der Dioxyphenylessigsäure OH C,H, OH CH, COOH, die sich beide vom Tyrosin ableiten HO Ce He CH, CHNH, COOH;

nach Baumann und Wolkow soll sich die Dioxyphenylessigsäure vom Tyrosin durch Einwirkung von Hefepilzen im Darmtractus abspalten; Embden widerspricht dieser Ansicht. Eines therapeutischen Eingriffs

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bedarf die Affection nicht; ihre Bedeutung beruht auf der Möglichkeit einer Verwechselung mit Glykosurie. Eine solche ist des Oefteren ‘bei der Unter- suchung zwecks Aufnahme in eine Lebensversicherung) vorgekommen: die Kenntnis der chemischen Unterschiede, wie sie oben angegeben sind, läbt einen solchen Irrtum vermeiden. Blanck.

J. Corillon: Quelques remarques sur le diabete conjugal. (Le progres medical 1898, No. 8.)

Der Diabetes ist zwischen Ehegatten wechselseitig übertragbar. Diese Uebertragung geht langsam vor sich; sie ist nicht sehr häufig, und vorzugs- weise werden dicke Diabetiker in vorgerückterem Alter davon betroffen.

Immerwahr (Berlin).

Dr. Cassaäöt und Dr. Marc Beylot (Bordeaux): Bierhefe bei Zuckerkrankheit. (Wiener med. Blätter 1898, No.5 und 6.)

Nachdem die Verff. festgestellt hatten, dab die Magensäure die Gährung nicht immer verhindert, sondern sie im Gegenteil begünstigt, wenn sie nicht 10/90 überschreitet, daB es sogar ein Säureoptimum giebt zwischen 0,5 und 19%, studirten sie die Wirkung der Bierhefe auf alimentäre Glykosurie beim Hunde. Diese Versuche ergaben, daß bei gleicher Zuckermenge die Glykosurie viel schwächer ist, wenn das Tier gleichzeitig Bierhefe genommen hat; daB ferner die Glykosurie dabei abnimmt und daß man mit wachsender Menge Zuckers nicht auch wachsende Glykosurie hat, wenn man zunehmende Dosen Bierhefe verabreicht. Durch diese Resultate ermutigt, gaben sie bei Zuckerkranken bei normal bleibender Diät täglich 30 g Bierhefe in Weißwein oder Bier aufgelöst zu den Mahlzeiten. Die Wirkungen waren folgende: Manchmal nahm die Glykosurie sofort und merklich ab; das Allgemein- befinden besserte sich immer, die Kräfte und das Gewicht nahmen stets zu. Die einzigen Nachteile, und selbst diese waren nicht beständig, waren die Entwicklung vieler übelriechender Gase im Magen, häufiges Aufstoben und Diarrhoe. Der große Vorteil der Behandlungsweise mit Bierhefe war der, daß man die Patienten mit gemischter Nahrung ernähren konnte.

Immerwahr (Berlin).

I. Gonorrhoe und Gomplicationen.

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J. de Keersmaecker et J. Vertoogen: Urethrite chronique d’origine gonococceique Préface de F. M. Oberländer. (Bruxelles, H. Lamertin. 8°.)

Das vorliegende Werk bildet eine eingehende Darstellung der Pathologie und Therapie des chronischen Trippers. Verfl. haben sich bereits in früheren

Abhandlungen als überzeugte Anhänger Oberländer’s erwiesen, und es

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ist daher nicht überraschend, daß sie sowohl auf seinen Segensspruch ent- scheidenden Wert gelegt, als auch die Darstellung sowohl der Pathologie als auch der Therapie des Trippers ganz im Sinne der Dresdener Schule gehalten haben. Demjenigen, der Gelegenheit hat, sich genauer mit den einschlägigen Verhältnissen zu beschäftigen, muß eine gewisse Einseitigkeit Oberländer’s in der Schätzung der Urethroskopie im Allgemeinen, sowie des Wertes der durch Oberländer’s Modificationen erst bekannter ge- wordenen Nitze’schen Urethroskopie mit directem Lichte im Besonderen auf- fallen, welcher Nitze selbst, soweit mir bekannt, characterischer Weise einen nur relativ geringen Wert. beimißt. Dieselbe Einseitigkeit findet sich nun auch in dem Lehrbuche der Verf. Was bei einem für seine Ideen ein- tretenden Forscher begreiflich und verzeihlich ist, das erscheint ungerecht- fertigt bei Autoren, die sich die Darstellung des gegenwärtigen Standes der Pathologie und Therapie zur Aufgabe gemacht haben, über welche, wie kaum anderswo, die divergentesten Anschauungen im Schwunge sind und bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Eifer verfochten werden. Von diesen Gesichtspunkten aus ist es nicht zu loben, daß bei der Dar- stellung der Endoskopie nur die Nitze-Oberländer’sche Methode, diese aber um so eingehender beschrieben worden ist, daß bei der Erörterung der diagnostischen Methoden manche Modificationen völlig unerwähnt ge= blieben sind, daß endlich auch der Abschnitt über Therapie der Urethritis ganz und gar im Sinne der durchaus nicht einwandsfreien Oberländer- schen Anschauungen gehalten ist. Sieht man von diesen Ausstellungen ab, so muß anerkannt werden, daß das, was geboten wird, in klarer und sachlicher Weise abgehandelt wird. Die äußere Ausstattnng des Buches, dessen Wert durch zahlreiche farbige und schwarze Abbildungen erhöht wird, ist eine elegante. H. L.

Claisse: Arthropathies blennorrhagiques. (Soc. med. des hôpit. de Paris. Séance du 5. Nov. 1897. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 2.)

Bei einem 19jährigen Mädchen traten bei Gelegenheit einer Blennor- rhagie Schmerzen am Peritoneum und rosenkranzförmige Anschwellungen an den Rippenknorpeln auf, gleichzeitig mit ähnlichen Erscheinungen an der Vereinigung von Diaphyse und Epiphyse beider Tibiae. An der Syno- vialis der Sehnen und der Gelenke fand sich keine Veränderung.

Dreyer (Köln).

Rendu et Hallé: Infection gonococcique généralisée. (Soc. med. des höpit. de Paris. Seance du 12. Nov. 1897. Ann. de derm.

et de syph. 1898, No. 2.) Bei einer 30jährigen Frau mit Metritis haemorrhagica treten unklare Symptome einer Allgemeininfection auf, später ein phlegmonöses Oedem am linken Ellbogen, sowie Endo- und Pericarditis. Tod sechs Wochen nach

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dem Beginn der Allgemeinsymptome. Bei der Section findet man Vegeta- tionen an den Aortenklappen ohne Infarete der Organe, dagegen degene- rative Veränderungen an Nieren, Leber und Milz. Kulturen aus dem Secrete der Uterushöhle ergaben noch während des Lebens der Frau Gonokokken und sehr feine Bacillen, die sich häufig in den weiblichen Genitalien finden. Besonders virulente Gonokokken, die Mäuse in wenigen Stunden töteten, wurden in Reinkultur aus dem phlegmonösen Oedem gezüchtet. Die Auf- lagerungen auf den Aortenklappen zeigten mikroskopisch, kulturell und auf Schnitten nur Gonokokken. Selbst auf dem Perikard konnte dieser Mikrobe nachgewiesen werden. Dreyer (Köln).

Dr. Theodor Baer (Frankfurt a. M.): Weltere Beiträge zur Lehre von der weiblichen Rectalgonorrhoe. (Deutsche med. Wochenschrift 1897, No. 51 u. 52.)

Verf., der vor einiger Zeit Untersuchungen über die Rectalgonorrhoe der Frauen veröffentlicht hat, teilt in der vorliegenden Arbeit weitere Er- fahrungen über den Gegenstand mit und benutzt gleichzeitig die Gelegen- heit, seine Ergebnisse m eimigen Punkten mit denen Jullien’s, welcher ebenfalls das Thema bearbeitet hatte, zu vergleichen. Zunächst bewegen sich die Mitteilungen des Verf. auf statistischem Gebiete, sie betreffen alle venerischen weiblichen Individuen, welche in der Zeit vom 15. Juni 1895 bis zum 1. December 1896 auf der dermatologischen Abteilung des städti- schen Krankenhauses in Frankfurt a. M. Aufnahme gefunden hatten. Sämt- liche dieser Personen wurden im Rectum wie in den anderen Ostien mindestens drei Mal auf Gonokokken untersucht. Es betrug die Zahl sämtlicher venerischer Patientinnen 770, hiervon ohne Gonorrhoe 341, gonor- rhoisch erkrankt 429, unter letzteren hatten 163 (= 38,2 pCt.) Rectalgonorrhoe. In ätiologischer Beziehung kommen für die Entstehung der Rectalgonorrhoe zwei Momente in Betracht: ]) das Teberfließen von infeetiösem Secret aus anderen gonorrhoisch erkrankten Organen nach dem Rectum; 2) der wider- natürliche Coitus. Welches dieser beiden Momente vorzugsweise anzunehmen ist, könnte außer dem Geständnis der Patientinnen selbst auf dem Wege der Statistik ermittelt werden, indeß führten die Ermittelungen des Verf.'s in dieser Beziehung (Vergleichung der procentualen Häufigkeit der Rectal- gonorrhoe unter den erkrankten gewerbsmäßigen Prostituirten und Nicht- prostituirten) zu keinem ausgesprochenen Ergebnis. Gegen die beiden er-

"ähnten ätiologischen Momente treten alle anderen Möglichkeiten, so das Durchbrechen von gonorrhoisch erkrankten Organen, besonders der Bartho- lini’schen Drüsen, nach dem Rectum weit zurück. Verf. selbst fand nur einen Fall von Rectovaginalfistel mit Rectalgonorrhoe. Daß bei der Rectal- gonorrhoe zugleich auch die übrigen Ostien sämtlich oder zum Teil gonor- rhoisch erkrankt sind, steht a priori zu erwarten und wurde auch durch die statistischen Ergebnisse des Verf.s bestätigt; Erwähnung jedoch ver- dient, daß er auch eine ganze Anzahl isolirter Rectalgonorrhöen constatirte, und zwar bei den erkraukten Nichtprostituirten (Dienstmädchen etc.) 30 pCt.

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sämtlicher Rectalgonorrhöen, bei den Prostituirten 10,4 pCt. Die Rectal- gonorrhoe verläuft fast immer ohne subjective Erscheinungen; der objective Befund besteht in Rötung der Schleimhaut, vielleicht einigen Erosionen und einem mehr oder minder reichlichen, zähen, gonokokkenhaltigen Secret, welches oft in Form eines characteristischen Eiterpfropfs sich präsentirt. Nach den neuesten Befunden des Verf.’s kann aber auch das makroskopisch sichtbare Secret vollständig fehlen, es gelang ihm, nach Abkratzung der Rectalschleimhaut unter Leitung des Speculums mittelst eines langen, stumpfen Löffels in dem Secret noch typische Gonokokken nachzuweisen. Verf. wendet sich alsdann zu der Erörterung einiger Complicationen, nämlich der Ulcera recti, die als Begleiterscheinungen der Rectalgonorrhoe auftreten können. Es treten zwei Arten von Ulcera auf: einfache Ulcera und auf Schleimhautfalten sich befindende (sog. Condylome Jullien's). Verf. hat in einigen Fällen diese Ulcera excidirt und auf Schnitten mikroskopisch untersucht; er konnte mit der zur Färbung der Gonokokken im Gewebe als brauchbar bewährten Sahli’schen Methode nie Gonokokken nachweisen. Daraus schließt er, daß nicht die Gonokokken die Ursache dieser Ulcera sind, sondern daB es sich hierbei um secundäre Vorgänge handelt, veranlaßt durch Circulationsstörungen. Mischinfectionen der genannten Ulcera mit Ulcus molle oder Syphilis, wie sie Jullien beschreibt, beobachtete Verf. trotz des großen Materials nicht. Dagegen trat in einem Falle als Com- plication der Rectalgonorrhoe eine nach einem geheilten periproctitischen Absceß sich entwickelnde Mastdarmfistel auf. Die mikroskopische Unter- suchung ergab in dem Absceßeiter keine Gonokokken, in dem Fisteleiter auch keine Tuberkelbacillen; die exceidirte Fistel wurde auf Schnitten mikro- skopisch untersucht; es wurden hier nur im Bereich der Mastdarmschleim- haut Gonokokken im Bindegewebe nachgewiesen. Es war nach diesen Ergebnissen nicht zu entscheiden, ob der periproctitische Absceß primär durch die Gonokokken entstanden war. In sechs Fällen bildete sich während des Verlaufes der Rectalgonorrhoe ein paranales Infiltrat, das in vier Fällen nach Application von heißen Umschlägen zurück ging, in zwei Fällen ver- eiterte und incidirt werden mußte; es wurden jedoch in dem teils mit der Pravaz’schen Spritze aspirirten, teils bei der Incision aufgefangenen Eiter niemals Gonokokken gefunden. In einem einzigen Fall fand sich eine Rectalstrietur. Trotzdem es sich hierbei um Combination mit secun- därer Lues handelte, glaubt Verf., die syphilitische Natur der Strietur aus- schließen zu können einerseits durch die Anamnese der Patientin, anderer- seits durch die Wirkungslosigkeit der antiluetischen Kur auf die Strietur, bei Rückgang der anderen syphilitischen Processe. Allerdings ließ sich auch die gonorrhoische Aetiologie der Strietur nicht nachweisen, da es aus äußeren Gründen nicht möglich war, zur mikroskopischen Untersuchung etwas aus der erkrankten Schleimhaut zu excidiren. Die antigonorrhoische Therapie erwies sich gegen den Proceß als wirkungslos. Zum Schluß be- spricht Verf. seine Erfahrungen bezüglich der Therapie. Bei der relativen Symptomlosigkeit der uncomplicirten Rectalgonorrhoe wurde als Maßstab

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des therapeutischen Erfolges das Verschwinden der Gonokokken aus dem Secret genommen. Zwei Fälle, die oben erwähnten mit Rectalftistel und Rectalstrictur complicirten, ftrotzten jeder Therapie, die erstere Patientin wurde nach achtmonatlicher Behandlung ungeheilt entlassen, die andere wurde erst nach Monate langer Behandlung als gonokokkenfrei befunden. In den übrigen Fällen hat man zu unterscheiden zwischen uncomplicirten Rectalgonorrhoen (Rötung der Schleimhaut, Erosionen ete.) und solchen, die mit Fissuren oder Ulcera complieirt sind. In ersteren Fällen hält Verf. eine intensive mechanische Behandlung des Recetums für angezeigt; selbstredend muß für Regelung des Stuhlgangs gesorgt werden, «die Behandlung hat möglichst nach stattgehabter Defäcation zu geschehen. Im Speculum wird die Schleimhaut zuerst mit 2—-5proc. Arg. nitr. oder Argentaminlösung aus- gewischt, teils um das Secret zu entfernen, teils um direct auf etwa vor- handene Erosionen einzuwirken. Verf. benutzt hierzu 1 cm breite, 30 cm lange, mit, Watte umwickelte Holzstäbe. Darauf wird das Reetum möglichst hoch mit erwärmter Flüssigkeit durchgespült; als Spülflüssigkeit dient NO, oder Argentamin 1:4000 bis 1:20C0, Argonin in Lösung 7,5:3000 bis 2000 oder Kal. hypermang. 1:5000 bis 1,3000. Bei den mit Ulcera etc. com- plicirten Rectalgonorrhoen muß eine derartig intensive Behandlung des Rectums unterbleiben, da durch die tägliche Einführung des Speculuns die Fissuren leicht ulcerös werden und die Ulcera noch weiter zerfallen. Hier muB man hauptsächlich den Rectaleingang behandeln, und zwar mit möglichst milden Mitteln, wie Jotdoform, Aethylendiaminereosol (1:5000 bis 1:1000,, l proc. Arg. nitr.-Salbe und Traumatol. Kommt man hiermit nicht zum Ziele, so empfiehlt es sich, das Uleus in Narcose zu excidiren. Nebenbei kann man die Schleimhaut in milder Weise (ohne Einführung des Speculums mittelst geeigneter Spritzen) antigonorrhoisch behandeln, z. B. durch Ein- spritzen von 30—100 g einer 3—7,5proc. Argoninlösung. R. L.

Paul Cohn (Berlin): Zur Frage der Gonorrhoebehandlung. (Dermatologisches Centralblatt 1898, I, No. 5.)

Nach einem Hinweis auf die Wichtigkeit einer frühzeitigen Heilung der acuten Gonorrhoe vor Eintritt des so schwer zu behandelnden, chroni- schen Stadiums erkennt C. die vorzügliche Wirkung der von Neisser und seiner Schule so vielfach empfohlenen Silbersalze an und sucht den Grund für das nicht allzu seltene Fehlschlagen dieser Mittel in der nicht zu- reichenden Art der Anwendung mittelst der vom Patienten ausgeführten Injection, welche die gonokokkentötenden Medicamente gar nicht an den Aufenthaltsort der Gonokokken gelangen läßt, der schon frühzeitig im sub- mucösen Gewebe zy suchen sei. Ueberhaupt scheint es unmöglich, dab ein Antisepticum in das Gewebe eindringt und die Gonokokken in ihren Schlupfwinkeln abtötet, ohne gleichzeitig die Schleimhaut in schwerster Weise zu schädigen. Demgegenüber stellt die Massendurchspülung der Harnröhre, wie sie Janet nach dem Vorgange französischer und deutscher Autoren empfohlen hat, die ideale Methode für die Einbringung von Medi-

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camenten in die erkrankte Harnröhre dar. Sie hat auch trotz mancher Un- bequemlichkeiten im Wesentlichen übereinstimmende Billigung gefunden und wird sowohl für das acute wie für das chronische Stadium der Ent- zündung ziemlich allgemein empfohlen. C. selbst hat eine abortive Wirkung der Spülungen mit übermangansaurem Kali in mehreren Fällen ganz frischer, noch im Stadium schleimiger Secretion befindlicher Gonokokkeninfection gesehen und giebt dieser Behandlung hier ohne Weiteres den Vorzug vor der schmerzhaften Anwendung 2proc. Argentumlösungen. Bei den weiter vorgeschrittenen Fällen, wie sie gewöhnlich in Behandlung kommen, sind die Spülungen contraindieirt im Stadium der höchsten Reizerscheinungen, wo sie trotz vorsichtigster Anwendung leicht zu einer Schwellung der Schleimhaut mit folgender Harnverhaltung führen können; anzuwenden sind sie erst wieder, wenn die Miction vollständig schmerzlos geworden ist und keine acuten Entzündungen der Blase, Prostata und der übrigen Anhangs- gebilde vorliegen, während mehr chronische entzündliche Vorgänge nicht mehr schädlich beeinflußt werden. Mit täglich ein Mal vorgenommenen Ausspülungen der ganzen Harnröhre mit warmen Kalilösungen von 1:4000 bis steigend zu 1:1000 kann man dann in kurzer Zeit (ca. 10 Tage) die Gonokokken aus dem Secret zu entfernen hoffen und durch weitere Fort- setzung der BehandInng (noch drei Spülungen) eine dauernde Heilung er- zielen. Die Wirkung der Janet-Methode ist der Verf. auf das mechanische Moment der gründlichen Abspülung und Reinigung der Harnröhre und auf die durch den gesetzten Reiz erzeugte Saftströmung im Gewebe, welche die Gonokokken herausschwemmt, zurückzuführen geneigt, während er der von Janet in den Vordergrund gestellten serösen Durchtränkung des Ge- webes eher einem das Wachstum der Pilze befördernden Einfluß beimißt. Julius Jacobsohn (Berlin).

Krzystatowicz: Janet’s Irrigationen in der Therapie der Gonorrhoe. (Archiv für Dermatologie und Syphilis 1898.)

Ohne wesentlich Neues zu bringen, bespricht Verf. die Janet'sche Methode und die Erfolge, welche die einzelnen Autoren mit derselben gehabt haben. Er hat dieselbe in 60 Fällen von Gonorrhoe, in verschiedenen Stadien, angewendet und ist mit derselben durchaus zufrieden. Am besten wirken die Irrigationen im subacuten Stadium, wie es auch Andere beobachtet haben. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Hermann Goldenberg: A contribution to the treatment of Gonorrhoea. (New York Medical Journal, 22. Januar 1898.)

Verf. empfiehlt warm das Protargol, das er in mehr als-60 Fällen er- probte; er giebt ihm den Vorzug vor allen antigonorrhoischen Mitteln. Bei der Urethritis ant. läßt er eine Iproc. Lösung mittels einer 10 g fassenden Tripperspritze drei Mal täglich injiciren und sie 10—15 Minuten zurück- halten; bei der Urethritis posterior macht er selbst die Injectionen mit einer 150 ccm fassenden Spritze oder mit dem Guyon’schen Instillator, die

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Lösung ist !}—l] proc. Die Behandlung ist absolut schmerzlos und reizlos und wird bis zum vollständigen Verschwinden der Gonokokken fortgesetzt; ein etwa restirender Catarrh verschwindet unter adstringirenden Injeetionen. In zwei acuten Fällen versuchte G. eine Abortivbehandlung: er führte ein Endoskop bis zum Bulbus (!) und brachte das Protargol pur auf die erkrankte Schleimhaut; die Gonokokken verschwanden rasch, und in ein paar Tagen war die Gonorrhoe geheilt. Desgleichen erzielte er glänzende Resultate mit dieser Behandlung in vier chronischen Fällen von Urethritis ant. gonorrh. In einigen subacuten und chronischen Fällen bewährte sich auch vorzüglich eine 10Oproc. Protargolsalbe, die, auf einer Metallsonde applicirt, 15 Minuten auf die Harnröhre einwirkte. Verf. will weitere Versuche mit Protargol- Urethralbougies (Gelatine) anstellen. Er bestätigt zum Schluß die Ansicht Neisser's, daß kein anderes Mittel so gute, sichere und schnelle Resultate giebt wie das Portargol. Blanck.

IN, Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

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Dr. R. Gagzow: Eln Fall von luetischem Primäraffect der Augenlider. (Deutsche med. Wochenschr. 1898, No. 6.)

In der Einleitung stellt Verf. aus der Litteratur statistische Angaben über die Häufigkeit der extragenitalen Primäraffeete zusammen. Speciell die Augenlider werden sehr selten befallen; z. B. beobachtete Pospelow unter 198 extragenitalen Primäraffeeten nur 3 an den Augenlidern, Bloch fand unter 65 derartigen Fällen 2 Mal die Augen betroffen etc. Häufig war die Conjunetiva Sitz der Erkrankung; in den Fällen, wo die Lider afficirt sind, scheinen der freie Rand des unteren Lides und die beiden Lidwinkel die Prädilectionsstellen zu sein. Der von Verf. in vorliegender Arbeit be- schriebene Fall kam in der Kölner Augenheilanstalt für Arme, die unter Leitung von Samelsohn steht, zur Beobachtung. Unter den bislang an dieser Anstalt behandelten 107000 Augenkrauken war früher nur noch ein ein einziger Fall beobachtet worden, in dem der Affect im inneren Lid- winkel saß, außerdem noch ein Ulcus molle am unteren Lidrande bei einem secundär syphilitischen Manne. In dem neuen Fall handelt es sich um ein 15 Monate altes Kind, das bis dahin gesund gewesen sein soll. Das Geschwür hatte seinen Sitz am inneren Augenwinkel und den zunächst ge- legenen Partien beider Lider, maB etwa 1 cm im Durchmesser, nahm etwa das innere Drittel des oberen freien Lidrandes und vom unteren Lid etwas weniger ein. Die Ränder des Geschwürs waren ziemlich scharf und wenig über das Niveau des Grundes erhaben, sie fühlen sich nicht sehr hart an. Das eigentliche Auge ist normal. Vor dem rechten Ohre Drüsenschwellun-

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gen, kleine infiltrirte Unterkieferdrüsen rechts, Nacken-, Aclısel- und In- guinaldrüsen beiderseits. Im übrigen Körper keine Veränderungen. Die Behandlung bestand in Jodoformverband und Schmierkur, zunächst mit Unguentum cinereum 0,5 pro die. Im Ganzen wurden 8,0 g eingerieben. Im Laufe der Behandlung stellte sich auch Angina syphilitica ein. Das Ulcus selbst verheilte innerhalb 2!), Wochen, ohne eine Stellungsanomalie der Lider oder eine Induration zurückzulassen. Bezüglich der Aetiologie wurde durch Untersuchung des Vaters ermittelt, daß dieser etwa °/, Jahr vorher sich infieirt hatte, er wies außer einer Narbe am Präputium secun- däre papulöse Syphilide an der rechten Wangenschleimhaut und der Zunge auf. Er hielt sich selbst für völlig gesund und gab die Möglichkeit zu, daß er sein Kind auf die Augen geküßt habe. R. L.

Fournier: Deux frères affectés de syphilis héréditaire tardive. Sur l'afîné hystérie hérédo - syphilitique et surabondance de stigmates d’heredo-syphilis. Sur le cadet, lésions cutanées et osseuses, avecabsence presque

absolue de stigmates héréditaires. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 2.)

Die in der Februarsitzung der „Société de derm. et de syph.“ von Fournier [vorgestellten Hereditärsyphilitischen beanspruchen durch ihren in der Ueberschrift erwähnten Symptomencomplex ein gewisses Interesse, mehr noch durch die Discussion, die sich in jener Gesellschaft an F.’s Vortrag knüpfte. Man unterschied allgemein scharf zwischen den eigentlichen syphi- litischen Symptomen der Hereditärsyphilitischen und den Degenerations- zeichen derselben. Letztere haben im Allgemeinen nichts Specifisches an sich; sie können auch von tuberculösen und alkoholistischen Eltern vererbt werden. Indes hält Fournier den Hutchinson’schen Zahn und den nati- formen Schädeltypus für absolut characteristisch. Sind blos Degenerations- zeichen vorhanden, so können «diese Individuen später auch Syphilis auf eigene Faust erwerben, d. h. sie sind nicht immun. Barthelemy weist darauf hin, daß man in diesen letzteren Fällen, die nur Degenerationszeichen bieten, nur mit kleinen, aber lange fortgesetzten oder oft wiederholten Dosen specifischer Mittel vorgehen soll, und dab man auch so bisher keine Erfolge erzielt hat. Ferner macht er darauf aufmerksam, daß zuweilen die Heredo- syphilis aus einem Symptom erschlossen werden muß.

Durch Morel-Lavallee wird festgestellt, daß die syphilitische inter- stitielle Keratitis noch im 22. Lebensjahre auftreten kann

Dreyer (Köln).

1) Fournier: Syphilide tuberculeuse attenude comme type, de modalité papuleuse ou même quasi-érythémateuse. (Soc. de derm. et de syph., séance du 10. février 1898. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 2.)

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2) Danlos: Perforation syphilitique précoce de la voüte palatine. (Loc. eod.)

3) Barbe: Plaques muqueuses tardives. (Loc. eod.)

Die Syphilis der von Fournier (1) vorgestellten Frau liegt 18 Jahre zurück. Trotzdem ist das bei ihr vorgefundene knotige Syphilid so wenig erhaben und ahmt den Character der papulösen und selbst maculösen secun- dären Syphilide so sehr nach, daB es von F. als erythematöses Spätsyphilid bezeichnet wird.

Auch die von Barbe (3) vorgestellten Fälle zeigen ein spätes Auf- treten secundärer Erscheinungen der Syphilis, das noch dadurch an Inter- esse gewinnt, daß es sich um infectiöse Erscheinungen handelt, um hyper- trophische Papeln am Anus bei einem Kranken, der vor 20 Jahren einen Schanker hatte, und in dem anderen Fall um Plaques muqueuses der Zunge bei einer Frau, die vor 17 Jahren Syphilis erworben hatte.

Waren Fournier’s und Barbe’s Fälle Beispiele von Secundär-Er- scheinungen im Spätstadium der Syphilis, so stellte umgekehrt Danlos (2) einen Kranken vor, der schon zehn Monate nach erworbener Syphilis an einer Perforation des Gaumens litt. Der Kranke war schon vor dem Aus- bruch der Secundärsymptome und ohne Unterbrechung mit Hydrargyr. protojodur.-Pillen (0,1 täglich) behandelt. Besnier weist darauf hin, dab man nicht nur individuell die Quecksilberdosen zu variiren habe, sondern auch bei demselben Individuum je nach dem Verlauf der Symptome.

Dreyer (Köln).

Du Castel: Syphilis recidivee. (Soc. de derm. et de syphil., séance du 10. févr. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 2.)

Das bedeutende Interesse erhält der gleich zu erwähnende Fall dadurch, daß bisher die Pariser dermatologische Schule das Vorkommen einer Rein- fectio syphilitica leugnete.

Der Kranke wurde 1892 von Du Castel wegen eines harten Schankers, auf den Plaques muqueuses und nach seinem Austritt aus dem Hospital ein Exanthem folgten, das kleine, weiße, glatte Narben hinterlassen hat, mit Pillen von Hydrargyrum protojoduretum behandelt. Im März 1896 trat er wieder in Du Castel’s Behandlung, weil er an heftigen Kopfschmerzen, die Nachts auftraten, und einer Conjunctivitis und lIritis des linken Auges litt. Es wurde wieder die Diagnose Lues gestellt und eine Schmierkur ein- geleitet. Mitte December 1897 bemerkte er zuerst eine Excoriation im Sulcus balano-praeputialis, die bei seinem Eintritt in’s Hospital am 22. Januar 1898 von Du Castel als Ulcus durum erkannt wurde Drüsenschwellungea in der linken Leistenbeuge. Roseola syphilitica. Die Diagnose wird von Fournier bestätigt. Auch Brocgq erwähnt in der Discussion einen Fall von Reinfection, den er mit Sicherheit feststellen konnte.

Dreyer (Köln).

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Dr. Ehrmann: Ein Fall von luetischen Tumoren der Neben- hoden und des Samenstranges. (Wiener med. Blätter 1898, No. 7.)

In der K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wien führte Ehrmann am ll. Februar 1898 einen jungen Mann mit luetischen Tumoren der Neben- hoden und des Samenstranges vor. Patient acquirirte vor zwei Jahren Syphilis und wurde antiluetisch behandelt. An den Nebenhoden sind Tumoren von Wallnuß- und Erbsengröße zu fühlen, ebensolche auch an einem Samenstrange; nach Jodkaligebrauch vergrößerten sich die Tumoren. An der linken Schulter sitzt ein nummuläres Syphilid. Bemerkenswert sind hier das frühzeitige Auftreten von Gummen, welche mit Tuberculose ver- wechselt werden könnten, das gleichzeitige Vorhandensein der secundären und tertiären Form der Lues, sowie die Form der Nebenhodensyphilis. Dieselbe tritt gewöhnlich als diffuse Infiltration aller Hüllen in Form einer birnenförmigen, mit dem Stiel gegen den Samenstrang gerichteten An- schwellung der Epididymis auf. Immerwahr (Berlin).

Privatdocent Dr. M. v. Zeiss] (Wien): Zur Therapie der Syphilis. (Wiener med. Presse 1897, No. 47.)

Hinsichtlich der Therapie der Syphilis gehen die Meinungen wesentlich in drei Punkten auseinander: 1) Wann soll die Behandlung mit Mercur be- gonnen werden? 2) Wie lange muB man die Behandlung fortsetzen? 3) Soll man die Syphilis auch dann, wenn keine Symptome an den Kranken zu sehen sind, einer antiluetischen Behandlung unterziehen?

Was die erste Frage betrifft, so ist Verf. der Ansicht, daß die Mercurial- behandlung erst dann beginnen soll, wenn Allgemeinerscheinungen der Syphilis zu Tage getreten sind. Statistische Daten lehren, daß, wenn man bei solchen Kranken, welche kurze Zeit nach der Infection mit Syphilis in unsere Beobachtung treten, und welche nur eine syphilitische Primäraffeetion tragen, eine Allgemeinbehandlung mit Quecksilber durchführt, man bei den- selben das Auftreten der syphilitischen Allgemeinerscheinungen nur um wenige Tage hinausschiebt. Für diese geringe Verzögerung in dem Aus- bruche der Allgemeinerscheinungen an Haut und Schleimhäuten werden aber für die Kranken Nachteile eingetauscht. Durch eine derartige Prä- ventiv-Allgemeinbehandlung gerät, so zu sagen, die Reihenfolge der syphi- litischen Erscheinungen in Unordnung. Man beobachtet an präventiv all- gemein behandelten Individuen nicht selten, daß die ersten Syplulide gruppirt auftreten. Das weist darauf hin, daß durch diese Präventiv-Allgemein- behandlung Veränderungen im Organismus des Krauken hervorgerufen wurden, welche sonst nur nach längerem Bestehen der Syphilisvergiftung beobachtet werden. Des Weiteren haben Verf. seine eigenen, sowie die Beobachtungen anderer Syphilidologen gelehrt, daB Recidive und gummöse Erscheinungen der Syphilis bei solchen Individuen, die, bevor Allgemein- erscheinungen bei ihnen auftraten, mit Mercur behandelt wurden, häufiger

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zu Stande kommen, als bei solchen Kranken, bei denen die Mercurialisation erst begann, wenn Allgemeinerscheinungen der Lues an ihnen aufgetreten waren.

Die zweite Frage ist: wie lange soll man die Syphilis behandeln?

Diese Frage läßt sich nach Verf.’s Meinung nur von einem Gesichts- punkte aus beurteilen, nämlich von dem Gesichtspunkte, ob die Erscheinungen der Syphilis vollständig getilgt sind. Die Anwendung des Mercurs läßt Verf. also an seinen Kranken so lange fortsetzen, bis alle Spuren des Exanthens vollständig getilgt sind und bis die syphilitische Initialsklerose dem tastenden Finger keine Resistenz mehr darbietet.

Sind an dem Kranken keinerlei Symptome der Syphilis mehr wahr- zunehmen, so hat es auch keinen Zweck, ihn einer antiluetischen Behand- lung zu unterziehen.

Nur dann, wenn Symptome der Syphilis sich am Körper zeigen, unter- ziehe man den Kranken einer Behandlung. Zu den Symptomen der Syphilis gehört es auch, daß die betreffenden Kranken luetische Kinder zeugen, resp. gebären. Kranke, die syphilitische Kinder gebären, resp. zeugen, werden ` selbstredend einer Kur unterzogen, wenn an ihnen selbst auch keinerlei Erscheinungen des papulösen oder gummösen Stadiums zu sehen sind. Eine derartige Behandlung, welche sich darauf beschränkt, die Syphilis nur dann zu behandeln, wenn wirklich Symptome derselben vorhanden sind, liefert in Bezug auf die dauernde Heilung sicher keine weniger günstigen Resultate, als die von manchen Aerzten jetzt beliebte chronisch intermittirende Be- handlung der Syphilis, bei welcher ganz sicher unnötiger Weise einer Reihe von Kranken größere Quantitäten Quecksilbers in den Organismus eingeführt werden, als zur Heilung notwendig ist. Kr.

Milian: Dermatite exfoliatrice généralisée par intoxication mercurielle d'origine digestive. Intégrité de la per- méabilité rénale. Épreuve de la glycosurie alimentaire négative. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 2.)

M. berichtet der „Soc. de derm. et de syph.“ über eine Frau, die im November 1897 an einem Ulcus durum erkrankte. Von Ende December bis Ende Januar wurde sie mit zwei Dupuytren’schen Pillen täglich be- handelt, die sie schlecht vertrug, indem sie an einer leichten Stomatitis litt. Dann kam sie auf Fournier’s Abteilung und erhielt irrtümlich zwei Mal eine Pille von Hydrarg. protojodur. à 0,05 g.

Nach vier Tagen erkrankte sie unter auhaltendem Fieber mit einer äußerst fötiden Stomatitis und einer sich über den ganzen Körper ver- breitenden exfoliirenden Dermatitis. Um die Durchgängigkeit der Nieren zu prüfen der Urin war frei von Zucker und Eiweiß injicirte man am Oberschenkel 0,05 g Methylenblau. Nach einer halben Stunde konnte man beim Kochen mit Essigsäure Chromogen im Urin nachweisen. Methylen- blau erschien nur ein Mal vorübergehend nach 12 Stunden etwa. Nach 25 Stunden wurde zuletzt Chromogen constatirt, nach 27 Stunden nicht mehr.

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Ein Versuch, alimentäre Glykosurie zu erzeugen, schlug fehl.

Die Beobachtung lehrt,

1) daß eine Dermatitis exfoliativa von Quecksilber- Gebrauch ab- hängen kann,

2) dab die besondere Idiosynkrasie gegen Quecksilber weder von Nieren-, noch Leberfunetion abhängt,

3) daß die Dupuytren'schen Pillen weniger Quecksilber in den üblichen Dosen enthalten, als in der gewöhnlichen Gabe von Hydr. protojodur. ent- halten ist. (Die Dupuytren’sche Pille enthält 0,01 g Sublimat, was dem Quecksilbergehalt von vier Dupuytren’schen Pillen entspricht.)

Dreyer (Köln).

Prof. B. Tarnowsky und Dr. J. Jacoobeff (St. Petersburg): Be- handlung der Syphilis mit Serum von mit Quecksilber behandelten Tieren. (Wiener med. Blätter 1898, No. 7.)

Die definitiven Schlüsse, welche die Autoren aus ihrer Arbeit ziehen, sind: 1) Die Injectionen mit Serum von mereurinlisirten Füllen haben gar keine therapeutische Wirkung auf den Verlauf der Syphilis. 2) Das dem Organismus durch die Injeetionen zugeführte Mereurialserum erregt Fieber bei den Patienten. Dieses Fieber ist in den meisten Fällen von einem Purpuraausschlag, von Schmerzen in den Gliedern und Muskeln begleitet. Auftreten von Eiweiß im Harn, Adenitis der Maxillardrüsen und Abnahme des Körpergewichtes bei den Patienten. 3) Die Injectionen mit Mereurial- serum haben bei Syphilitikern Verschlechterung des Blutes zur Folge; Ver- minderung der Anzahl der roten und weißen Blutkörperchen, Abnahme des Hämoglobins und des speeifischen Gewichts des Blutes. Aus den gemachten Untersuchungen ergiebt sich, daB Injeetionen mit Serum merecurtalisirter Tiere sich nicht für die Behandlung Syphilitischer eignen, vielmehr diesen noch schaden können. Immerwahr (Berlin).

Dr. med. Ernst Kromayer, Privatdocent der Dermatologie u. Syphilis an der Universität Halle a. S.: Zur Austilgung der Syphilis. Abolitionistische Betrachtungen über Prostitution, Geschlechtskrank- heiten und Volksgesundheit nebst Vorschlägen zu einem Syphilis- gesetz. (Mit sieben Curventafeln. Berlin 1898. Verlag von Gebr. Bornträger.)

Die vorliegende Schrift muß als ein höchst bedeutsamer Beitrag zu einer der wichtigsten Fragen der Hygiene bezeichnet werden, welche für die Großstädte der Culturnationen nachgerade brennend zu werden beginnt. Verf. beschränkt seine Darlegungen auf Gonorrhoe und Syphilis, weil nur diese Geschlechtskrankheiten bei dem gegenwärtigen Stande uuseres Wissens für die öffentliche Hygiene von Bedeutung sind; das Ulcus molle ist als ein verhältnismäßig harmloses Leiden zu betrachten, soweit es nicht in. praxi als verdächtige Lues in seinen Anfangsstadien einer ernsteren Aufmerksam-

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keit gewürdigt wird, und die Krätze und die Filzläuse, welche früher auch Gegenstände des Schreckens waren, haben heutzutage vom hygienischen Standpunkt aus glücklicher Weise keine Bedeutung mehr, einesteils, weil sie relativ selten geworden sind, andererseits, weil gegen sie in der kürzesten Zeit mit den einfachsten Mitteln wirksam vorgegangen werden kann. Verf. unterzieht nun das vorliegende statistische Material über den Einfluß der polizeilichen Controle auf die Verbreitung der Gonorrhoe und Syphilis einer eingehenden Discussion; er berücksichtigt dabei in überaus gewissenhafter Weise die Fehlerquellen der einzelnen Statistiken und vermeidet so den gerade von medicinischen Statistikern tagtäglich begangenen Fehler, nur die Zahlen sprechen zu lassen, ohne die begleitenden äuberen Verhältnisse in Erwägung zu ziehen. Er kommt zu dem Resultat, daß die Reglementirung auf die Verbreitung der Gonorrhoe gar nicht, auf die der Syphilis in ganz geringem Maße einschränkend gewirkt hat. Alsdann giebt er eine Kritik

der jetzt üblichen Controle der Prostituirten, die für die Gonorrhoe wieder `

vernichtend ausfällt; aber auch für die Syphilis ist der der Gesamtheit von ihr erwachsende Nutzen nur ein geringer, weil die reglementirte Prostitution nur einen geringen Bruchteil der gesamten Prostitution bildet und in der claudestinen die Geschlechtskrankheiten ebenfalls sehr verbreitet sind. Auf Grund weiterer sehr scharfsinniger Erörterungen, die im Einzelnen natürlich im Original nachgelesen werden müssen, kommt Verf. ferner zu dem Re- sultat, daß es theoretisch überhaupt nicht denkbar ist, die Verbreitung der Gonorrhoe einzuschränken, da wir „weder alle Gonorrhoen in der Controle sistiren, noch die sistirten alle heilen, noch die scheinbar geheilten vor Reci- diven, noch die wirklich geheilten vor Neuerkrankungen bewahren können“. Dagegen ist es theoretisch sehr wohl möglich, die Syphilis zu ver- - nichten.

Auf Grund dieser seiner Ergebnisse tritt Verf. nun mit folgenden Reformvorschlägen hervor: Die Untersuchung auf Gonorrhoe ist, weil völlig nutzlos, ganz zu beseitigen; die dadurch gewonnene Zeit und Arbeitskraft der Aerzte ist mit um so größerem Nachdruck zur Bekämpfung der Syphilis zu verwerten. Die Controle der Prostituirten, die gegenwärtig durch die Polizei ausgeübt wird, ist einer gründlichen Reorganisation zu unterwerfen; sie muß so gestaltet werden, daß die Dirnen den Arzt von selbst aufsuchen, ein ihnen vom Arzt ausgestellter Controlschein sollte ihnen dann als eine Art Legitimation dienen, durch welche sie vor willkürlichen Eingriffen und Belästigungen der niederen Polizei geschützt wären. Nur solche Prosti- tuirte oder der Prostitution verdächtige Mädchen, die ohne Controlschein betroffen würden, wären zwangsweise der Controle zu unterziehen, welche in diesem Falle natürlich durch Polizeiorgane ausgeübt werden würde. Hier- durch werde bewirkt werden, daß die betreffenden Mädchen freiwillig die Aerzte aufsuchen, zumal da sie nicht mehr zu befürchten brauchten, wegen ihrer beständig recidivirenden Gonorrhoe alle Augenblicke in’s Hospital ge- schickt zu werden. Ein weiterer Vorteil dieser Art der Controle sei, daß durch sie die gesamte Prostitution getroffen würde; der Unterschied zwischen

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reglementirter und claudestiner Prostitution würde also verschwinden. Die Prostituirten sind aber nur ein Factor der Syphilisverbreitung; der andere sind die Männer, welche von ihnen Gebrauch machen. Um die Syphilis wirksam zu bekämpfen, müßten auch für die Männer Maßnahmen getroffen werden, die darauf abzielen, daB 1) Erkrankungen schnell und sicher zur Kenntnis des Arztes gelangen, 2) die Weiterverbreitung der Krankheit möglichst verhindert wird. Alles dies läßt sich natürlich nur durch ein Gesetz erreichen, und ein diesbezüglicher Vorschlag, falls er überhaupt auf Annahme rechnen soll, muB so beschaffen sein, daß er die individuelle Freiheit des Einzelnen nieht oder doch in geringem Maße einschränkt; dab andererseits aber dennoch nicht so leicht ein Syphilisfall verborgen bleiben kann. Verf. hat sich nun der Mühe unterzogen, einen solchen Gesetzes- vorschlag, dessen einzelne Paragraphen er ausführlich motivirt, auszuarbeiten, und wenngleich derselbe vorläufig ein blos theoretisches Interesse hat, so sollen die Vorschläge des Verf.'s dennoch hier in extenso wiedergegeben werden.

1) Niemand außer den staatlich approbirten Aerzten darf Syphilis er- werbsmäßig behandeln. Unkenntnis und Nichterkennen der Syphilis seitens des Kurpfuschers schützt nicht vor Strafe. 2) Jede Person, die eine Ge- schlechtskrankheit erwirbt, hat einem staatlich approbirten Arzte, dessen Wahl ihr freisteht, sofort persönlich zur Feststellung der Krankheit Anzeige zu machen. Liegt Syphilis oder der Verdacht auf Syphilis vor, so treten die nachfolgenden Bestimmungen in ihr Recht ($ 5), im anderen Falle kaun die Person nach Belieben sich behandeln lassen oder nicht. 3) Jede Person, die Kenntnis von einer geschlechtlichen Erkrankung einer anderen erhält, hat diese aufzufordern, einem Arzte persönlich Anzeige zu machen, und falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wird, selbst Anzeige zu erstatten. 4) Jedermann hat den Anspruch auf unentgeltliche Untersuchung daraufhin, ob er geschlechtskrank ist, seitens der eigens hierzu beamteten Aerzte, und desgleichen den Anspruch auf unentgeltliche Behandlung, wenn er an Syphilis erkrankt ist oder seine Erkrankung den Verdacht auf Syphilis erweckt. Es steht jedoch Jedermann frei, sich vom Arzte seiner Wahl untersuchen zu lassen. 5) Kein approbirter Arzt ist verpflichtet, geschlechts- kranke Personen zur Untersuchung auf Syphilis anzunehmen, oder Syphilis- kranke zu behandeln. Uebernimmt aber ein Arzt diese Untersuchung oder Behandlung, so hat er auch den dafür geltenden Bestimmungen pünktlich Folge zu leisten, widrigenfalls er in Strafe verfällt. 6) Jede syphilitische’ oder im ärztlichen Verdacht der Syphilis stehende Person hat den ärztlichen Anordnungen, soweit sie die Behandlung der Krankheit betreffen, unbedingt Folge zu leisten. Ist sie mit den Anordnungen nicht einverstanden, so kann sie den Arzt wechseln; jedoch darf dieser Wechsel, falls sie am selben Orte bleibt, nicht öfter als drei Mal im Jahre erfolgen. 7) Jede syphilitisch kranke Person hat im Besonderen die Pflicht, sich während der ersten Jahre nach erfolgter Infection regelmäßig wiederkehrenden ärztlichen Unter- suchungen zu unterwerfen. 8) Kommt eine syphilitische Person den An-

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ordnungen des Arztes nicht nach, so hat der Arzt das Recht, sofort der Polizei Anzeige zu machen, um eine zwangsweise Behandlung oder Unter- suchung einzuleiten. Er darf indessen, wenn eine unmittelbare Ansteckungs- gefahr unwahrscheinlich ist, die Person an ihre Pflicht erinnern. Erst wenn diese Erinnerung fruchtlos geblieben ist, oder wenn der Arzt von dieser Erinnerung keinen Gebrauch machen will, hat er die Pflicht. der Polizei Anzeige zu machen. 9 Die Polizei hat das Recht, Personen, welche der Syphilis verdächtig sind, oder dureh ihren Lebenswandel besonders ge- eignet erscheinen, Syphilis zu verbreiten, der zwangsweisen Untersuchung zuzuführen, falls diese nicht ein ärztliches Attest über ihren Gesundheits- zustand aufzuweisen haben. Im Anschluß hieran führt Verf. aus, wie er sich die Durchführung des von ihm projeetirten Gesetzes im Einzelnen denkt. Natürlich lassen sich gegen manche der vom Verf. vorgeschlagenen Bestimmungen Einwürfe erheben, es ist aber unnötig, hierauf näher ein- zugehen, da auch Verf. selbst wohl gar nicht mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß zur Zeit überhaupt von den mabgebenden Factoren an den Erlaß eines solchen Gesetzes gedacht wird. Zweifellos erscheint, dab auf dem vom Verf. vorgeschlagenen Wege die Syphilis ausrottbar wäre, und seine Vorschläge haben überdies das Gute, daß sie das Ziel ohne erhebliche Be- lastung des Staatssäckels erreichen würden. Wie aber auch das Urteil über die Ideen des Verf.'s ausfallen möge, seine Schrift bleibt unter allen Um- ständen em mit Sorgfalt gearbeiteter Beitrag zur Prostitutionsfrage, an dem Niemand vorbeigehen darf, den Beruf oder Neigung zur Beschäftigung mit diesem Gegenstande führen. Th. L.

V. Penis ete. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

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1) Peraire: Kyste sébacé du prépuce. (Soc. anatomique de Paris. Séance du 14. Mai 1897. Ann. de derm. et de syphil. 1898, No. 2.

2) Griffon et Ségall: Kyste du prépuce. (Soc. anatomique de Paris. Seance du 18. juin 1897. Loco eod.)

1) Ein an der wuteren Fläche des Präputiums gelegener, nubgrober, harter und glatter Tumor wird exstirpirt und erweist sich als Talgdrüsen- eyste. Sein Ursprung ist wahrscheinlich auf einen traumatischen Epithel- einschluß zurückzuführen.

2: Eine gleichgrobe Cyste aus dem äußeren Blätte des Präputiums ihr Sitz war die Mittellime mußte als Dermoideyste gelten trotz des Mangels von Haaren in derselben, Die Wand bestand aus einem abschuppen- den Plattenepithel und enthielt braunes Pigment (kein Eleidin).

Dreyer (Köln).

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Rebreyend: Un nouveau procédé de circumcision. (Annal. des malad. 1898, No. 1.)

Verf. beschreibt ein neues Verfahren der Circumcision, da die älteren oft zu MiDstaltungen Anlab geben. Nach gehöriger Antisepsis werden die Seiten der Vorhautöffnung mit zwei Pincetten gefaßt und angezogen. Nun- inchr wird durch einen Schnitt 4—6 mm nach hinten ein kranzförmiges Stück abgetrennt, die äußere Hautlamelle stark nach hinten bis über die Corona glandis gezogen, die innere Lamelle in der Mittellinie gespalten, und nunmehr, nachdem «die Schleimhaut der äußeren Haut adaptirt ist, über- flüssige Stücke entfernt sind, wird genügend mit Catgut genäht.

Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Martin W. Waro (New-York): A case of inoculation tuber- culosis after circumcision. (New-York Medical Journal 1898, 26. II.)

Den bisher veröffentlichten 21 Fällen, die aus der Litteratur zusammen- gestellt sind, fügt Verf. einen neuen hinzu, wo nach Vornahme der rituellen Cireumeision Tubereulose auf die Wunde überimpft wurde; der Modus der Infection ist erklärlich bei der Unsitte, die Blutstillung durch Aussaugen der Wunde seitens des ÖOperateurs zu bewerkstelligen. Bald nach der Operation entwickelte sich in dem betreffenden Falle ein Uleus auf der Wunde mit Schwellung der Ingninaldrüsen; wie in den meisten Fällen hielt man auch hier die Affection für eine luetische und unterwarf das Kind einer antisyvphilitischen Behandlung. Der weitere Verlauf zeigte, daß die Diagnose falsch war; durch die mikroskopische Untersuchung wurde die tubereulöse Natur des Leidens sicher gestellt: in den Inguinaldrüsen fanden sich miliare Tuberkel mit Riesenzellen, Tuberkelbacillen waren nicht nachweisbar. Bei der Schwierigkeit der Diagnose rät Verf. in etwaigen zweifelhaften Fällen zur mikroskopischen Untersuchung; ist Tuberculose festgestellt, so mub das primäre Ulcus mit dem Rest der Vorhaut excidirt und die Drüsen exstirpirt werden. Blanck.

Carl Beck (New-York): A new operation for balanic hypo- spadias. (New York Medical Journal, 29. Januar 1898.)

Den bisher geübten Methoden, die eine Heilung der Eichelhypospadie bezweckten, haften verschiedene Mängel an, welche des Oefteren zu Mib- erfolgen Veranlassung geben und eine Wiederholung der Operation nötig machen. Diese sucht Verf. durch ein neues Operationsverfahren zu beseitigen ; er bildet keine neue Harnröhre, die dureh einen Tubus erst Bestand erhalten muß: er präparirt die Harnröhre frei, dehnt ste bis zur normalen Länge und näht sie an's vordere Ende der durch Längsschnitt gebildeten medianen Penisrinne an. In zwei Fällen erzielte B. ein gutes Heilresultat und fordert zur Nachahmung seines leichten und sicheren Verfahrens auf. Blanck.

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Dr.Vladicas (Constantinopel): Ruptur der Pars bulbosa urethrae bei einem rittlings erfolgten Fall. Urethrotomia externa. Heilung. (Ann. des mal. genito-urinaires, November 1897.)

Ein 42jähriger Mann stolperte und kam rittlings zu Fall auf eine Holz- planke. Die sofortige Folge waren heftiger Schmerz am Damme und ein enormer Bluterguß aus der Harnröhre. Nach fünf Stunden kommt Harn- drang und schmerzhafte Urinentleerung hinzu. Der erste Harnstrahl enthält nur reines Blut, das übrige ist eine Mischung von Urin und Blut. Am vierten Tage völlige Harnverhaltung. Es fand sich eine kindskopfprobe Geschwulst an Stelle des Hodensackes. Das Oedem reicht nach hinten bis zum After. Große Eechymosen auf Serotum und Penis bis zum Hypogastrium reichend. Aus der Harnröhre fließt beständig Blut ab, mit Urin vermischt. Die Blase reicht bis Nabelhöhe. Der vorsichtig eingeführte Katheter gerät. ohne Widerstand zu finden, in eine große Tasche, aus der Blut mit Urin vermengt abläuft.

Der Damm wird 8 cm lang gespalten; in einer Tiefe von 5—6 cm trifft das Messer auf eine große Höhle, aus der Blut emporspritzt. Nach sorg- fältiger Reinigung der Tasche findet sich, daß das hintere Ende der Harn- röhre durch die M. transversi bulbi stark nach oben und hinten verzogen ist. Die Ruptur hat das unterste Drittel des Bulbus urethrae getrotfen. Die Wundränder waren gequetscht und bildeten mit der Achse der Harnröhre einen rechten Winkel; die Wunde klaffte etwa 3 cm. Aus der Blase wurde 1!/, 1 klaren Urins entleert. Wegen der starken Quetschung der Teile wurde von einer Naht der Harnröhre Abstand genommen und statt dessen ein Verweilkatheter in die Harnröhre emgeführt. Jodoformgazetamponade, Blasenspülung.

Am folgenden Tage war die Dammgeschwulst um die Hälfte kleiner; der Verletzte fühlte sich erheblich wohler. Temperatur nie höher als 37,5: Puls 95. Fünf Tage nach der Operation wurde der Katheter entfernt und Patient seitdem vier Mal täglich katheterisirt. Nach 25 Tagen war die Dammwunde vollständig geheilt, ohne eine Fistel zu hinterlassen. Der Kranke urinirte selbstständig. Im Beginn des Katheterismus konnte man deutlich zwei etwa IL em entfernte Widerstände in dem Harnröhrencanal abtasten; es waren dies offenbar die aufgeschwollenen Wundränder der Ruptur; doch gelang es sehr bald mit Benique No. 5l zu sondiren. Der Harnstrahl ist jetzt ebenso stark wie früher. Auch jetzt nach einem Jahre hat sich keine Strietur eingestellt. Mode.

Bandorf: Ein Fall von Atresia urethralis. (Demonstrirt im ärztlichen Bezirksverein Ansbach und Umgegend.)

Diese Anomalie betraf emen bald nach der Geburt verstorbenen Knaben. Das Abdomen war enorm ausgedehnt und hatte ein Geburtshindernis ge- bildet, das nur durch ärztliche Hilfe überwunden werden konnte. Der Penis zeigte keine Oclinung. Die Blase war enorm gefüllt, ihre Musculatur hyper-

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trophisch, fast 1 cm dick. Die in der Blase befindliche Flüssigkeit war gelblich und klar. An deu Stellen der Ureterenmündungen war die Blase beiderseits divertikelartig ausgezogen. Beide Nieren zeigten zahlreiche Cysten an der Oberfläche. Hirschfeld.

Lovrich: Fall einesClitoris-und einesHarnröhrencareinoms. (Centralblatt für Gynäkologie 1897, No. 3. Bericht aus der gynäko- logischen Section des Kgl. Ungarischen Aerztevereins zu Budapest.)

Das Clitoriscareinom wurde bei einer 36jährigen VIlIpara gefunden. Seit einem Jahre Anschwellen und Härterwerden der großen Lippen. Exstirpation eines exulcerirten Clitoriscaremoms. Die Geschwulst ist circa hühnereigroß; dieselbe erwies sich mikroskopisch als Plattenepithelkrebs mit zahlreichen verhornten Epithelperlen. Für die Bösartigkeit des ziemlich seltenen Clitoriscaremoms sprechen das rasche Uebergreifen auf die Nachbar- schaft, plötzlicher Zerfall, Metastasen und Kachexie.

Das Urethracarcinon wurde von einer 40jährigen VII para entfernt; es war zwei Thaler groß und griff auf die vordere Scheidenwand über. Das mikroskopische Bild war ähnlich dem obigen; doch wurden keine Epithelperlen gefunden. Beide Krauke wurden geheilt entlassen.

Immerwahr (Berlin).

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

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Rochet: Traitement chirurgical des prostatiques reten- tionistes. (Guyon, Annal. des malad. 1898, No. 1.)

R. bespricht in seiner Arbeit genau die üblichen Operationsverfahren excl. Katheterismus, welche bei Behandlung der Harnretention der Pro- statiker in Frage kommen können resp. müssen und stellt präcise die Indi- cationen für die einzelnen fest. Er unterscheidet zwei Hauptgruppen, eine solche, welche das Hindernis direct in Angriff nimmt und es durch Zer- störung, Excision etc. zu beseitigen trachtet, und eine solche, welche mit Hintansetzung des Hindernisses lediglich danach strebt, dem Urin eimen neuen Abflubweg herzustellen. Zur ersten Gruppe gehören 1) die Galvano- caustik, 2) die Prostatectomia suprapubica, 3) die perineale Drainage und 4) die doppelseitige Castration resp. Gefäßunterbindung. Verf. redet be- sonders der perinealen Drainage das Wort, sie ist das Verfahren par ex- cellence, sie stellt das erkrankte Organ, die Blase, ruhig, sorgt für aus- giebigen Urinabfluß und wirkt sofort schmerzstillend, indem sie die so über- aus schmerzhaften Spasmen am Blasenhals beseitigt. Sie wirkt ähnlich wie die Operation bei Fissura ani. Nötig ist aber vor Allem, daß eine genügend große Ocflnung angelegt wird, so daß man bequem mit dem Finger bezw. Daumen hindurchkann. Verf. bedient sich zu diesem Zwecke des Anal-

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speculums von Pare. Ein Drain braucht nicht gerade eingelegt zu werden. zumal selbiges noch das Unangenehme hat. öfter herauszugleiten. In geeigneten Fällen kann man mit dieser Operation auch die Exstirpation vor- springender resp. gestielter Lappen von der Prostata verbinden. Rationeller ist ja die Prostateetomie; allein sie ist nur in der Minderzahl der Fälle aun- wendbar, nämlich dort. wo es sich um Klappenbildung. Zäpfchen etc. handelt. Ganz energisch aber tritt R. gegen die doppelseitige Castration auf. welche er eine barbarische und antichirurgische Operation nennt. Die doppelseitige Gefäßunterbindung hat er ein Mal. ohne sonderlichen Erfolg. gemacht. Die Bottini’sche Methode ist nach Verf. leicht ausführbar und ungefährlich: er glaubt. aber, dab sie nicht genügenden Urimabllußb gewährleistet.

Zur zweiten Gruppe, welche sich zum Ziel setzt. den Urin auf anderem. als dem natürlichen Wege, abzuleiten, gehören die Blasendrainage oberhalb der Symphyse, sogenannte Merv’sche oder Lejars’sche Operation und die Cystotomia suprapubica (Poncet. Die erstere ist leicht und jeder Zeit ausführbar, besonders. wenn man sich des von Rochet construirten In- struments bedient. Selbiges hat den Zweck, mit der Punetion sofort die Drainage zu verbinden, es ist ein Trocart porte-draim. Das Instrument besteht aus einer starken Hohlnadel; nach erfolgter Punetion wird in diese Hohlnadel eme Hülse und in letztere wiederum ein Drain hineingeschoben. welches mit seinem äuberen Ende an einer den Schwanmträgern ähnlichen. mehrbranchigen Duve befestigt ist. Nach genügend weitem Vorschieben des Drams wird der gesamte Apparat, Nadel, Hülse und Pince heraus- gezogen und der Drain losgemacht. So bequem auch die Handhabung ist. so haften dem Apparat dennoch gewisse Unebenheiten an. Einmal kann der Dram, der Anfangs vollständig fixirt in dem Gewebe liegt, nur eine gewisse Zeit lang liegen bleiben; er lockert sich, es drmgt Urin dazwischen und es droht die Urininfiltration. Sodann garantirt er durchaus nicht immer. er mag noch so dick genommen werden, genügenden Urinabtlub, z. B. bei sehr visciden Harnen, bei stark phosphathaltigen etc. und weiterhin kann die ganze Punetion absolut resultatlos verlaufen, z. B. bei sogenannter mem- branöser Cystitis. In solchen Fällen, namentlich bei schwer infectiösen, tritt nun die Sectio alta, die Uystotonna suprapubica in ihre vollen Rechte. Sie ist dann so recht eine Operation der Notwendigkeit, die noch unverhoftte Resultate bringen kann, wenn alle anderen Methoden bereits machtlos sind.

Zum Schluß formulirt Verf. die Indieationen für die einzelnen Operations- verfahren dahin:

1} Der wiederholte Katheterismus, wenn er leicht ist und seine Wieder- holung nicht zu oft stattfinden darf, ist die Basis in der Behandlung der Harnretentionen der Prostatiker. Ist er schwierig oder muß er zu oft wieder- holt werden, so soll er durch den Verweilkatheter zeitweise unterstützt werden. Wird der Katheterismus dagegen zu schwierig, garantirt er nicht genügenden AbHuß, ist von Fiebererscheinungen begleitet, so soll 2) die wiederholte Punction resp. Cystodramage gemacht werden, in der Hotluung, dab sich die Congestion dann legt und entweder der normale Harnabllub

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wieder einstellt resp. der gewöhnliche Katheterismus möglich wird. Bei denjenigen Kranken, die an das sogenannte Katheterleben gewöhnt sind, die schon die verschiedensten Zufälle durchgemacht haben, bei denen die wiederholten Punctionen und Cystodrainage keinen sonderlichen Erfolg ge- bracht haben, ist dann 3) die perineale Drainage mit Dilatation am Platze, im gegebenen Fall in Verbindung mit perinealer Prostatectomie. Für alle übrigen, schwer infectiösen, eitrigen etc. darf 4) nur von der hypogastrischen Cystotomie die Rede sein. Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Prof. Helferich (Greifswald): Die operative Behandlung der Prostata-Hypertrophie. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 55, Heft 3.)

Die schnelle Einführung der sexualen Operationen bei Prostata-Hyper- trophie könnte den Eindruck hervorrufen, als ob es bisher mit den Be- handlungsmethoden bei diesem Leiden ganz auberordentlich schlecht ge- standen hätte; diese Anschauung ist jedoch unrichtig. Wir verfügen seit längerer Zeit über verschiedene mehr oder weniger eingreifende Methoden, welche sich in der Hauptsache gegen die Harnretention und ihre Folgen wenden. So ist es ganz zweifellos, daß in vielen und sogar in schweren Fällen von Prostata-Hypertrophie durch ein regehnäbiges aseptisches, kunst- gerechtes Katheterisiren dem Kranken große Erleichterung gewährt wird, und die Fortschritte des Leidens häufig auf Jahre, ja sogar auf Jahrzehnte verzögert werden. Ein sehr verschieden beurteiltes Mittel, um die acute erstmalige oder wiederholt auftretende Harnretention bei Prostatikern zu heben, ist die Capillar-Punction der Blase mit Aspiration des Harns. Dieses Mittel kommt natürlich nur in Frage, wenn der Katheterismus nicht ge- lingt. Um die oft äußerst qualvollen Leiden des Patienten rasch zu lindern, -lazu ist die Capillar-Punetion auch nach der Erfahrung des Verf. ein durch- aus berechtigtes und bei geschickter Ausführung harmloses Mittel. Anders liegt es, wenn die Blase durch einen Schnitt oberhalb der Symphyse oder am Damm von der Urethra aus im Sinne einer Urethrotomia externa er- öffnet wird. Einer dieser Eingriffe, wohl stets in Nurcose ausgeführt, ist unbedingt indicirt, wenn in Folge von falschen Wegen oder wegen Strictur oder aus anderen Gründen längere Zeit der Katheterismus nicht gelingt, ferner bei heftiger Blutung aus der Harnröhre oder aus der Blase, endlich bei schwerer Cystitis mit fauliger Zersetzung des Urins. Diesen palliativen Eingriffen gegenüber sind nun ferner die directen Eingriffe an der Prostata zu registriren. Ein sehr beachtenswertes Hilfsmittel bei der Behandlung der Prostatiker ist die galvanocaustische Canalbillung und Zerstörung an der Prostata, wie sie von Bottini seit zwei Jahrzehnten geübt und empfohlen wird. Andere direete Eingriffe an der Prostata sind zum Teil von der Blase aus, teils von außen vollzogen worden, und zwar entweder auf dem Wege der Urethrotomia externa oder nach Vorausschickung der Sectio alta. Ferner verdient, wenigstens vom theoretischen Standpunkte aus, ein neueres Verfahren Beachtung, welches darauf ausgeht, durch

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Ligatur der die Prostata versorgenden Arterien die hypertrophische Prostara zur Verkleinerung zu bringen (Bier). Wie steht es nun mit dem Werte der Sexualoperationen, d.h. der doppelseitigen Castration und deren wichtigster Ersatzoperation, der Resection eimes Stückes aus dem Vas deferens und mit ihrer Berechtigung gegenüber den anderen, bis jetzt geübten, oben erwähnten Methoden? Vorausgeschickt sei, dab nach des Verf.’s Ansicht die Ductus- resection (Resection der Vas deferens) das Gleiche leistet wie die Castration. Der Verf. ist geneigt, diesen Sexualoperationen einen gewissen Wert zuzu- erkennen. Allerdings sollte man nicht allzu leicht an die Ausführung dieser mehr oder weniger verstümmelnden Operationen herangehen. Die Unsicher- heit des Erfolges und die zuweilen beobachtete psychische Störung muß Schranken auferlegen. Beginnende und leichtere Fälle von Prostata-Hyper- trophie sollten durch gehörige Pflege und Katheterismus vor Verschlimme- rung möglichst bewahrt werden. An Stelle der kleinen Eingriffe und Hilfen, welche bei der Harnretention wirksam sind und zugleich wohl eine Ver- minderung der Blutfülle der Prostata und ihrer Umgebung herbeiführen. ist eine sexuale Operation nicht gestattet, bei schweren und complieirten Fällen von Prostata-Hypertrophie hält Verf. eine sexuale Operation für er- laubt, aber nur im Sinne eines Versuches, über dessen Ausgang eine sichere Angabe nicht gemacht werden kann. In Fällen, in welchen regelmäbisre Pflege und correcter Katheterismus nicht durchführbar sind, wird die Aus- führung dieses Versuches näher liegen. Die Eingriffe an den Sexualorganen völlig zu verwerfen, hält Verf. für übertrieben; denn unter den Erfolgen, die durch diese Operationen in der Hand zahlreicher Chirurgen erreicht wurden, sind viele mit mehr oder minder günstigem Ausgang geschildert, wie sie sonst bei dem schweren und in einer gewissen stetigen Zunahme befindlichen Leiden der Prostatiker mit anderen Methoden bis jetzt nicht erreicht worden sind. M. Rosenthal.

V. Steiner: Ueber die Operationen an den Sexualorganen bel Prostatahypertrophle. (Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, Band IX, 1 und 2.) |

Verf. teilt die Krankengeschichten von acht Kranken mit, bei denen in den letzten Jahren im Krankenhaus der jüdischen Gemeinde Berlin wegen Prostatahypertrophie mit Urmverhaltung bezw. Blasencatarıh die doppel- seitige Castration (sieben Mal), bezw. die Resection der Vasa deferentia (ein Mal) vorgenommen ist. Es wurde in allen Fällen erst zur Operation ge- schritten, nachdem die übrigen Behandlungsmethoden zur Beseitigung der Urinbeschwerden erfolglos geblieben waren. Die Operationsresultate er- wiesen sich als recht wenig günstige, insofern nur in einem Fall eine be- deutende Besserung der Blasenfunetion und ein deutlicher Schwund des Mittellappens der hypertrophirten Prostata eintrat, während in allen übrigen Fällen der Zustand der Kranken in Bezug auf Function der Blase und Gröbe der Prostata unverändert blieb, nur daß in einigen Fällen der Katheterismus nach der Operation leichter wurde. Aust (Königsberg i. Pr.)

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P. Bazy, J. Escat et Chailloux: De la castration dans l’hyper- trophie de la prostate. (Arch. des sciences med. 1896, No. 5 und 6; 1897, No. 1.)

Die Verff. haben ihre Untersuchungen über den Einfluß der Castration und der dieselbe ersetzenden Operationen auf die Prostatahypertrophie in der fleißigen und ausführlichen Arbeit niedergelegt, deren Studium Jedem, der sich mit dieser Frage beschäftigt, empfohlen werden kann. Embryo- logische, anatomische, vergleichend-anatomische und histologische Forschun- gen nehmen einen großen Raum ein; weiterhin wird die Frage vom experi- mentellen und klinischen Standpunkte an der Hand eigener Experimente und Operationsfälle und unter eingehender Berücksichtigung der Litteratur ventilirt.

Die Prostatahypertrophie ist eine fast allein dem Menschen eigentüm- liche Krankheit; im Uebrigen wird sie nur noch beim Hunde in geringerem Grade beobachtet. Es ist absolut nicht gesagt, daß die Castration ebenso auf die kranke, wie auf die gesunde Prostata wirkt. Es lassen sich daher aus Tierexperimenten und Beobachtungen über die Beziehungen zwischen Hoden und gesunder Prostata beim Menschen nur mit Vorsicht Schlüsse ziehen.

Die Prostatahypertrophie kann durch Operationen an den Hoden beein- flußt werden. Anatomische Veränderungen sind sehr zweifelhaft; die hier und da gemachten Angaben über Verkleinerung der Prostata wenige Tage nach der Operation sind im Hinblick auf die Schwierigkeit, durch die digitale Mastdarmuntersuchung ein sicheres Urteil zu gewinnen, mit Mißtrauen auf- zunehmen. In allen Fällen, wo Veränderungen eintreten, sind dieselben symptomatischer Natur, d. h. sie bestehen in Erleichterung der Harn-Ent- leerung, Verringerung des Residualharns, demzufolge Linderung derSchmerzen und Besserung der Cystitis. In sehr seltenen Fällen hat die Besserung so lange angehalten, daß sie als Heilung betrachtet werden kann. "Das Resultat der Operation ist unabhängig von der Dauer der Krankheit, da oft schwere, alte Fälle günstig, leichte, frische Fälle gar nicht beeinflußt werden.

Die Castration muß doppelseitig sein, da die einseitige Operation nicht einmal functionelle Veränderungen herbeiführt. Die Castration kann ersetzt werden durch die Ligatur mit Resection der Samenstränge oder durch Ab- tragung der Hoden ohne Entfernung der Nebenhoden oder durch eine Ligatur zwischen Hoden und Nebenhoden. Letztere Operation hat bei Hunden die- selben Resultate, wie die Castration. Die Resection der Vasa deferentia führt nicht zu Hodenatrophie und ist erfolglos.

Die Durchsicht der Litteratur zeigt, daß auf den ursprünglichen Enthu- siasmus bald bei den Chirurgen eine starke Ernüchterung folgte. Die ana- tomischen und symptomatischen Operationsresultate sind meist recht ungenau angegeben. Auch in den gebesserten Fällen ist in Erwägung zu ziehen, daß viele andere Ursachen die Besserung hervorgerufen haben können. Die Verff. kommen zu dem Schluß, daß eine problematische Besserung oder

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Heilung durch eine Verstümmelung zu teuer erkauft ist, selbst wenn das Organ unnütz ist. R. Rosenthal (Berlin).

M. Piquė et Clevason: Tératome du testicule gauche. íPro- gres medical 1898, No. 7.)

Verf. berichtet in der Société de chirurgie in Paris über die Exstir- pation eines Teratoms des linken Hodens. Bei der Palpation hatte man den Eindruck, als ob drei Tumoren vorhanden waren, ein unterer der Hoden. ein mittlerer eystischer Tumor und ein oberer harter, unebener. Das Tera- tom lag innerhalb der Albugzinea, ließ sich leicht vom Hoden abschälen und exstirpiren, so daB die Wunde per primam heilte. Das Teratom bestand aus den verschiedensten Geweben: es wurden Rudimente von Organen, Muskel- fasern, Schleimgewebe, acinöse Drüsen, Knorpelgewebe, ein vollständiger Knochen und Blutgefäße darin gefunden. Immerwahr (Berlini.

Oscar Bloch (Copenhagen): Quelques remarques sur le trai- tement radical de l'hydrocèle de la tunique vaginale du testicule. (Revue de chirurgie, février 1898.)

Des Verf.'s an 40 Fällen geübte radicale Hydrocelenbehandlung beruht in der Hauptsache auf energischem Frottiren der serösen Fläche der Tunica vaginalis und des Hodens mit 3proe. Carbolsäure, nachdem diese Teile durch einen hinreichend großen Schnitt vollständig freigelegt sind. Jodoformgaze- tamponade. Nach 3—4 Tagen Entfernung des Tampons und ohne Ver- schlub der Tuniea Seeundärnaht der Scerotalwunde mit Catgut. Die durch das energische Reiben der Hodenobertläche bedingte Schmerzhaftigkeit ver- langt die allgemeine Narcose.

Wegen der Schmerzlosigkeit, der kurzen Hellungsdauer und sicheren Radicalheilung giebt Verf. seiner Methode den Vorzug vor den schmerz- haften Jodinjeetionen und der Volkmann’schen Incision. Der v. Berg- mann’schen Operation wird mit keinem Wort Erwähnung gethan.

R. Rosenthal (Berlin).

James Miller (London): Die Behandlung der Hydrocele mit- telst Injection einer Sublimatlösung. (The Lancet, 4. Sep- tember 1897.)

Dieser Methode bedient sich Verf. seit einer Reihe von Jahren mit gutem Erfolg. Er verfügt über acht eigene und neun Fälle anderer Autoren, die gleichfalls dieses Verfahren angewandt haben. In allan Fällen ist durch die Sublimatinjectionen vollständige und recidivfreie Heilung erzielt worden. M. verwendet eine Lösung von 0.06 Sublimat:30 Aqua, von der er, nach Ablassen der Hydroceleflüssigkeit, 15 Tropfen in die Tunica vaginalis in- peirt. Schmerzen treten hiernach gewöhnlich nicht auf, und wo das dennoch der Fall ist, da werden sie durch Application eines Belladonnaliniments auf das Scrotum leicht beseitigt. Im Verlauf von zwei Tagen sammelt sich die

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Flüssigkeit wieder an, alsdann aber beginnt die Resorption, und nach einigen Tagen ist gewöhnlich das ganze Fluidum verschwunden. Der Kranke braucht während dieser Zeit seine Berufsbeschäftigung nicht zu unter- brechen. Hat man aus Versehen mehr Sublimat injieirt, so entwickelt sich eine Entzündung des Serotums mit entsprechender Störung des Allgemein- hbefindens, wodurch eine mehrtägige Bettruhe erforderlich wird. Im Uebrigen ist das Verfahren für jedes Lebensalter und für jede Art von Hydrocele, frischer, wie alter mit verdiekten Wänden, anwendbar. Loewenthal.

VII. Blase. |

Dr. R. Versari (Rom): Untersuchungen über den M. sphincter internus vesicae. (Annales des maladies genito-urinaires, No- vember 1897.)

Die Ergebnisse der ausführlichen Studie sind folgende:

Der M. sphineter internus Henle besteht und ist gut entwickelt nicht nur bei den Erwachsenen beider Geschlechter, sondern schon bei den Kindern und Neugeborenen; er findet sich auch bei anderen Säugetieren; so haben Desnos und Kirmisson ihn bei der Katze und dem Hunde, Verf. selbst beim Kaninchen und Affen nachgewiesen.

Obwohl verschiedene Autoren das Vorhandensein des Sphineter internus in der Blase behauptet haben, hatte keiner eine genane Beschreibung ge- geben; er unterscheidet sich von der Tunica muscularis der Blase durch die besondere Anordnung seiner Fasern, die Dichtigkeit seiner Bündel, durch ihre geringere Größe, sowie durch die geringe Menge eingeschobenen Binde- gewehes.

Der Muskel ist nicht in semem ganzen Verlauf gleichmäßig entwickelt; beim Manne ist der hintere Teil desselben besser ausgebildet, wo er wegen der Prostata eine geringe Lageverschiebung nach oben erleidet; bei den anderen bisher untersuchten Geschöpfen, besonders beim Kaninchen, ist da- gegen der vordere Teil mehr entwickelt. Beim Manne wie beim Weibe, wie bei den anderen Säugern, läßt sich nachweisen, dab ein Blasenhals be- steht, der sich von dem oberen bis zum unteren Rande des Muskels erstreckt. Der Blasenhals ist nicht nur durch cireuläre, glatte Muskelfasern gekenn- zeichnet, welche dem Sphincter internus angehören, sondern auch durch glatte, radiär und schräg verlaufende Fasern, welche in die Bündel des Sphincter eindringen, und die Verf. als M. dilatator colli vesicae bezeichnet.

Beim Weibe ist in Folge des Fehlens der Prostata die Gestaltung des Sphincter internus als die ursprünglichere zu betrachten.

An den unteren und äuberen Tei des Muskels schließt sich direet ein anderer, sehr mächtiger Muskel an, der aus gestreiften Fasern besteht: der M. sphineter externus Henle. . Mode.

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Prof. L. Lewin (Berlin: Der Uebertritt von festen Körpern und Luft aus der Blase in die Nieren und in entferntere Körperorgane. (Deutsche med. Wochenschr. 1897, No. 52.)

Von Lewin und Goldschmidt war früher der Nachweis geführt worden, daß bei contractionsfähiger Blase sowohl bald nach Injection von Flüssigkeiten in dieselbe, als auch durch künstliche Retention der Aufstieg von Blaseninhalt oft experimentell direct zur Anschauung zu bringen ist. Die Druckverhältnisse in der Blase selbst sind für das Phänomen nicht allein maßgebend; bei weniger als mittlerer Blasenfüllung kann die Rücktlut er- folgen, und andererseits kann sie bei maximalem Binnendruck ausbleiben. Welche Ursachen den Uretermund zum ÖOetlnen bringen, warum dies in manchen Versuchen sehr schnell, in anderen langsamer geschieht, ist bisher nicht feststellbar gewesen. In den erwähnten Versuchen wurden gefärbte Lösungen (Methylenblau) zur Einspritzung benutzt. Das weitere Schicksal derselben im Nierenbecken ist nicht verfolgt worden. Verf. suchte daher in weiteren Versuchen folgende Fragen zur Entscheidung zu bringen: 1) Können auch feste Körper nach Einbringung in die Blase in die Nieren gelangen, und zwar bald nach der Einspritzung und unter verschiedenem Binnendruck der Blase, resp. nach Retention? 2) Welche Wege der Ver- breitung nehmen event. diese Körper in der Niere? 3) Gehen unter ver- schiedenen Versuchsbedingungen fremder Inhalt des Nierenbeckens, resp. feste, in ihm verteilte Körper in das Blut und von dort in entfernte Körper- teile über? Als Injecetionsmasse gebrauchte Verf. grünes oder blaues, mit Wasser und Gummi arabicum verriebenes Ultramarin, das alleu Manipula- tionen, denen die Niere für die mikroskopische Untersuchung ausgesetzt wird, vorzüglich widersteht. In einigen Versuchen wurde auch eine Dia- tomee, Melosira nummulans, in wässeriger Aufschwemmung, in die Blase eingespritzt. Die Ergebnisse der Versuche waren folgende: 1) Wie die Versuchsanordnung auch getroffen wurde, fanden sich Farbstoff und event. Diatomeen im Nierenbecken. Auch bei diesen Versuchen wieder schien nicht ein hoher Blasendruck für die Eröffnung der vesicalen Ureteren- mündungen wesentlich zu sein, sondern der durch den Blaseninhalt aus- gelöste abnorme Reiz, der das dicht mit Ganglien besäte untere Ureteren- ende trifft, scheint die Oeflnung der Ureterenlippen und rückläufige peri- staltische Bewegungen der Ureteren zu veranlassen. 2) Den Ort der Niere anlangend, wo die Farbstofipartikelchen, resp. die Diatomeen gefunden wurden, so waren sie sowohl in den Harncanälchen, den Lymphräumen und den Blutgefäßen nachweisbar. Primär scheinen sie allerdings nur in die Harncanäle und die Lymphwege einzutreten, die letzteren enthalten am meisten davon. 3) Das Vorhandensein von Farbstoff in den Nierengefäüßen ließ erwarten, daß man ihn auch ın entfernteren Körperabschnitten finden würde. Es gelingt zunächst, aus der durchschnittenen, centralwärts ab- gebundenen Nierenvene die unter einem höheren Druck in die Blase injicirte, Ultramaringrün enthaltende Flüssigkeit heraustreten zu sehen. In einigen

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Versuchen gelang es ferner Verf., Ultramarin und die Diatomee im Herzen, in den Lungengefüßen und der Leber nachzuweisen. Alle diese Versuche beweisen, daß eine natürliche Communication zwischen Blase und Herz be- Steht, wodurch gelöste und ungelöste Stoffe in den Kreislauf geraten können, wodurch selbst der acute Tod durch Embolie erfolgen kann, wenn, wie Lewin und Goldschmidt kürzlich nachwiesen, Luft in die Blase ge- bracht wird. R. L.

Joseph Englisch (Wien): Incontinentia urinae in Folge diph- theritischer Blasenlähmung. (Wiener medic. Presse 1898, No. 9.)

Der 25 Jahre alte Patient hatte in seinem zehnten Lebensjahre eine Diphtherie durchgemacht; während der sieben Wochen dauernden Krankheit war Bettnässen aufgetreten, welches vorher niemals bestanden hatte; es besserte sich dieses nach drei Wochen für kurze Zeit, kehrte dann aber wieder und hat bis jetzt ununterbrochen angehalten. Ob damals irgend welche andere Lähmungen bestanden hatten, war jetzt nicht mehr fest- zustellen. Der Harn, der immer trübe gewesen war, ist alkalisch, schmutzig- gelb, mit spärlichem Sediment; er träufelt fortwährend, Tag und Nacht, ab, so daß Patient stets die Flasche oder seinen Recipienten haben muß. Schmerzen bestehen nicht. Es handelt sich also um eine vollständige Lähmung der Blase, welche im Anschluß an eine Diphtherie des Rachens zuerst unter der Form der Enuresis nocturna einsetzte, um dann später in eine vollständige Incontinenz überzugehen. Der Schilderung dieses Falles ist eine Uebersicht der bisherigen Litteratur beigefügt. E. Samter.

Witte (Moskau): Beitrag zur Lehre von der Steinkrankheit. (Chirurgia, Medicinskoe Obosrenie 1897, Bd. XLVIII, Heft 7.)

Die Erfahrungen des Verf.’s umfassen 52 Fälle von Steinkrankheit, die sich auf den Zeitraum von sechs Jahren verteilen. Die Behandlung bestand in Erweiterung der Harnröhre (4 Fälle), in äußerer Urethrotomie (9 Fälle), in 1 Fall wurde die laterale, in 6 die mediane Section, in 36 Fällen die Sectio alta ausgeführt. Die Sectio alta wurde gemacht: in 5 Fällen ohne Anlegung einer Harnblasennaht, in 11 Fällen mit Blasennaht und Einführung von Katheter nach der Operation, in 16 Fällen mit Naht, aber ohne Katheter- einführung. Von den 52 Patienten wurden 47 vollständig geheilt, 4 starben (3 an Pyelonephritis, 1 an hinzugetretener Scarlatina), bei einem stellte sich ein Recidiv ein.

Verf. gelangt auf Grund seiner Erfahrungen zu der Ansicht, dab die Sectio alta ohne vorherige Befestigung der Blase und ohne nachträgliche Kathetereinführung eine durchaus ideale Operation bei Steinkrankheit dar- stelle. Bezüglich der Entstehung der Steinkrankheit ist Verf. der Meinung, daß die Steine sich in den Nieren bilden und aus denselben in die Harn- blase gelangen. Lubowski.

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Dr. Hegele (Schwenningen): Eine eigenartige Verletzung der Blase. (Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897, No. 5.)

Ein 20jähriger Dienstknecht war in der Scheune angeblich von einem Heustock herabgerutscht, auf das Gesäß gefallen und hatte sofort einen heftigen Stich im Hinterteil gefühlt; er nahm an, dab ihm ein Nagel m die Blase gedrungen sei, der ihm jetzt heftige Schmerzen und Beschwerden beim Urinlassen verursache. In der That gelang es durch den linken Seiten- steinschnitt mit der Steinzange den schräg gestellten, eingebohrten Fremd- körper, einen reichlich fingerlangen, etwa 4 mm dieken Eisennagel mit einem 6 mm breiten, runden Kopf und stumpfer, dreikantiger Spitze zu extrahiren; Concremente hatten sich in der kurzen Zwischenzeit (8 Tage) noch nicht bilden können.

Damm und After waren nirgends verletzt. Patient gestand nunmehr ein, er habe mit dem Nagel, voran das Köpfchen, in der Harnröhre gespielt, der Nagel rutschte immer tiefer hinein; als er ihn nieht mehr nach vorn herausbringen konnte, stieß er ihn nach eimnwärts und so „muß er wohl in die Blase gekommen sem“. Mode.

Dr. A. Alsberg (Hamburg): Extra- und intraperitoneale Blasen- verletzung durch Pfählung. Operation. Heilung. (Münch. med. Wochenschr. 1898, No. 3.)

Ein 9jähriger Knabe hatte auf einem eisernen Gitter gesessen, war ausgeglitten und hatte sich auf einen der eisernen, conisch mit etwas stumpfer Spitze zulaufenden Gitterstäbe aufgespießt. Nachdem der Knabe von Nachbarn mit Mühe losgemacht worden war, constatirte der hinzu- gerufene Arzt eime Weichteilwunde an der Innenseite des rechten Ober- schenkels, die er lege artis verband. Im weiteren Verlauf stellte sich Harn- drang ein, ohne daß der Knabe uriniren konnte. Gegen Abend traten Fieber, Erbrechen und starke Leibschmerzen auf, am nächsten Morgen wurde eine reichliche Menge blutig tingirten Urins entleert. Der Zustand des Kranken hatte sich jetzt so verschlechtert, daB der Arzt ihn nunmehr in’s (israelitische) Krankenhaus überführen ließ. Der Knabe hatte bei der Aufnahme einen Puls von 140, Temperatur 38,0. Durch die 2 em lange, querverlaufende Wunde an der Innenseite des rechten Oberschenkels, 10 em unterhalb der Ingumalfalte, drang die Sonde ohne Hindernis bis weit über das Poupart'sche Band vor. Abdomen stark aufgetrieben und überall druckempfindlich. Hieraus und aus dem übrigen Befund mn Hypogastrium wurde eine extra- und intra- peritoneale Blasenverletzung diagnosticirt und 25 Stunden nach dem Unfall zur Operation geschritten, die in Chloroformnareose und Beckenhochlagerung vorgenommen wurde. Vorher Katheterisirung. Ausgiebiger Schnitt gleieh oberhalb des Poupart’schen Bandes und parallel demselben. Durehtrennung der Bauchdecken, der rechte Reetus wird zum größten Teil von der Sym- physe abgelöst. Das mtraperitoneale Gewebe stark blutig suflundirt. Im rechten horizontalen Schambeinast ein querer Spalt, dessen Ränder schwarz

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verfärbt sind. Beim weiteren Vordringen durch das intraperitoneale Ge- webe, das mit Urin durchtränkt ist, findet sich an der rechten Seite der vorderen Blasenwand eine unregelmäßige, gequetschte, perforirende Wunde mit geschwärzten Rändern. Es wird nun ein Katheter in die Blase ein- geführt, und es gelingt leicht, dureh die zweite Blasenwunde in die Bauch- höhle zu gelangen, aus der sich große Mengen trüben Urins entleeren. Jetzt Bauchschnitt in der Linea alba von der Symphyse bis zum Nabel. Nach Eröffnung der Bauchhöhle entleeren sich große Mengen trüben Urins, das Peritoneum parietale und viscerale zeigt sich gerötet und vielfach mit Fibrin- auflagerungen versehen, die Därme sind stark ausgedehnt. Die Flüssigkeit wird mit sterilen Compressen möglichst entfernt, dabei finden sich überall zwischen den Därmen und im kleinen Becken große Klumpen glasig ge- quollenen Fibrins. An der hinteren Blasenwand dicht neben dem Scheitel findet sich eine rundliche Wunde mit unregelmäßigen Rändern, die oben die Kuppe des Zeigefingers durchläßt. Die Wunde wird durch vier Knopf- nähte durch Serosa und Museularis geschlossen und darüber noch eine fort- laufende Serosanaht gelegt. Dann wird in den untersten Wundwinkel ein mit Jodoformdocht ausgefülltes dickes Gummidrain eingelegt und die Bauch- wunde durch die Naht geschlossen. Die Wunde über dem Poupart’schen Bande wird locker mit Jodoformgaze tamponirt, nachdem in die Blase ein Drainrohr eingelegt und durch eine Naht befestigt worden ist. Verweil- katheter durch die Harnröhre in die Blase eingelegt. Der weitere Verlauf war sehr günstig. Nach 6 Tagen wurde der Verweilkatheter fortgelassen, nachdem die Drains am 3. und 4. Tage entfernt worden waren. 18 Tage nach der Operation verließ Patient das Bett, vom 20. Tage ab entleerte sich aller Urin durch die Urethra. Nach weiteren 6 Tagen wurde Patient mit bis auf einen schmalen Granulationsstreiten geheilter Wunde nach Hause entlassen. Er hatte keine Beschwerden, der Urin war normal; bald war die Wunde völlig geheilt. Patient bekaın eine Pelotte mit Leibbinde. Irgend welche Beschwerden hat er nicht mehr gehabt. Das Merkwürdige an dem vorliegenden Fall besteht darin, daß, obwohl es sich nicht um einen Fall aus großer Höhe oder besonders große Gewalt handelt, der an seinem Ende abgestumpfte Eisenstab den schmalen Schambeinast durchbohrt hat und nicht von demselben abgeslitten ist. Durch den guten Erfolg wurde die Richtigkeit des eingeschlagenen operativen Verfahrens erwiesen. R. L.

Alapy (Budapest): Fünf Operationen an Blase und Harn- röhre von Knaben. (Centralbl. für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane IX, 2.)

Verf. berichtet über fünf Operationen, die er an Knaben von 10 bis

12 Jahren wegen Erkrankungen der Harnorgane vorgenommen hat, und

die ihm die Ueberzeugung verschafft haben, dab das Caliber der kindlichen

Harnröhre größer ist, als man gewöhnlich annimmt, und ebenso wie beim

Erwachsenen im directen Verhältnis zum Umfange des Gliedes steht

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So konnte er in zwei Fällen Blasensteine von 11, bezw. 21/, cm Durch- messer ohne Schwierigkeit durch Litholapaxie entfernen, weil die Harnröhren für Instrumente 22 bezw. 23 Charriere’scher Scala leicht durchgängig waren, und brachte die Kranken so mit weniger Leiden und in kürzerer Zeit zur Genesung, als es durch Lithotomie hätte geschehen können. In einem dritten Falle brachte er eine 4 cm hinter dem Orifictum gelegene gonorrhoische Strietur bei emem 10jährigen Knaben nach vergeblichen Ver- suchen periodischer Dilatation durch die Innere Urethrotomie mittelst des von Wackerhagen modificirten Urethrotoms von Otis zur Heilung. Die Harnröhre war in diesem Falle nach Beseitigung der Strietur in ihrem ganzen Verlauf für eine Sonde No. 22 bequem durchgängig.

In dem vierten der mitgeteilten Fälle handelt es sich um einen durch weite Stricturen bedingten periurethralen AbsceßB am Damm, im fünften um Harninfiltration und Urinfisteln, hervorgerufen durch enge Strieturen und einen hinter denselben eingekeilten Stein. Bei beiden Fällen bestand die Operation in einer Combination von äußerem und innerem Harnröhrenschnitt. Es wurde zunächst die Harnröhre von außen im bulbösen bezw. membranösen Teil ca. 2 cm weit eröffnet und darauf eime Durchschneidung sämtlicher vor der eröffneten Stelle gelegenen Strieturen mittelst des Urethrotoms vor- genommen, im letzten Fall, nachdem zuvor der erwähnte Stein von der äußeren Wunde aus mit einer Kornzange entfernt war. Die Nachbehandlung geschah nach der Reginald-Harrison’schen Methode in der Weise, dab für den Harnabfluß ein dickes Drainrohr von der Wunde in die Blase ge- führt und durch die vordere Harnröhre ein vielfach durchlöcherter Nelaton- Katheter gezogen wurde, durch welchen täglich mehrmals Ausspülungen der Harnröhre gemacht wurden. Beide Röhren wurden nach vier Tagen entfernt und die Harnröhre mit eimer Steinsonde No. 23 täglich sondirt.

In beiden Fällen trat bei völlig fieberfreiem, gutartigem Wundverlanf schnelle Heilung ein. Aust (Königsberg ı. Pr.).

Dr. Klien (Frauenklinik München): Zwei. Fälle von Blasen- cervixfistel nebst Bemerkngen über die Operation dieser Fisteln. (Monatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie.)

In dem einen Fall wurde anfänglich nur eine Blasenschetdenfistel dia- enostieirt. Als nach zweimaliger Operation der Zustand sich nicht besserte, wurde durch Füllung der Blase mit 1, 1 Milch ermittelt, daB noch eine

Blasenceervixfistel bestand. Letztere wird häufig übersehen, daher kommt

es denn, daß nach Operation der Blasenscheidenfistel der unwillkürliche

Harmabgang, der kurze Zeit wahrscheinlich in Folge Schwellung des Gewebes

in der ganzen Nachbarschaft der operirten Blasenfistel sistirt, sich wieder

einstellt. Die Operation der Blasencervixfistel wurde in «diesem Falle in folgender Weise ausgeführt: Nachdem ein Schnitt in der Mecdianlinie der vorderen Scheidewand bis zu dem etwa 1!/⁄ cm weit vom äußeren Mutter- mund aufwärts sich erstreckenden Schlitz in der vorderen Cervixwand gemacht war, wurde die Vaginalwand seitlich von der Blase abpräparirt

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und ebenso die Blase bis zur oberen Grenze ihres Defectes vom Uterus abgelöst. Trotz aller Bemühungen gelang es jedoch nicht, den obersten resp. hintersten Teil des ungefähr 11, cm langen Blasenschlitzes, «der sich nicht herabziehen ließ, zu schließen; alle Nadeln schnitten durch das Narben- gewebe durch. Nach Vereinigung des sagittalen Vaginalschnittes durch Catgut wurde nunmehr der Raum zwischen hinterer Blasenwand und defecter vorderer Uterus- bezw. Cervixwand mit Gaze ausgestopft und ein Verweil- katheter in die Blase eingeführt. Der Gazestreifen erwies sich in der That als kräftiger Granulationserreger, so dab in kurzer Zeit die Schließung des Blasendefectes durch Granulationsbildung zu Stande kam. Bereits acht Tage nach der Operation ging kein Urin mehr durch die Vagina ab, nachdem der Verweilkatheter entfernt worden war. Dieses günstige Resultat konnte auch constatirt werden, als sich Patientin vier Wochen später wieder vor- stellte. Dieses Operationsverfahren, das im Wesentlichen bereits von Champneys 1888 beschrieben wurde, ist für diejenigen Fälle zu empfehlen, wo es wegen des hohen Sitzes oder wegen zu geringer Herabziehbarkeit des Uterus nicht gelingt, an die Fistel heranzukommen bezw. sie zu schließen. Im zweiten Falle bestand neben einer Harnröhrenscheidenfistel eine Blasenscheidenfistel und als dritte eine Blasencervixfistel. Letztere wurde nach der älteren, vielfach angewandten Methode operirt. Nach Spaltung der seitlichen Commissuren wurde die Fistel in der vorderen Wand des Cervix im Abstand von etwa 2 mm vom Rande trichterförmig umschnitten, der Wundtrichter mit feinem Catgut geschlossen und die Commissuren wieder vereinigt. Ob ein dauernder Erfolg durch die Operation erzielt wurde, ließ sich nicht ermitteln, da Patientin der Aufforderung, in einiger Zeit wiederzukommen, nicht Folge leistete. H. M.

Dr. Gustav Kolischer in Wien: Heilung einer Blasenscheiden- fistel durch endovesicale Galvanocauterisation. (Wiener med. Presse 1897, No. 52.)

Wenn auch gegenwärtig die blutige Therapie der Blasenfisteln un- bestritten im Vordergrunde steht, so kommen immerhin noch vereinzelte Fälle zur Beobachtung, bei denen die Cauterisation, vielleicht nur als aus- sichtsvoller Versuch, in ihr Recht tritt, wie nachfolgende Krankheits- und Operationsgeschichte beweist.

Ein mittelst Forceps erstmalig entbundenes 22jähriges Mädchen þe- merkte 14 Tage post partum, daß der Harn fortwährend, und zwar durch die Vagina abgehe. Bei der Untersuchung zeigte sich in der rechten, vorderen Scheidenwand eine gegen den Fornix ziehende, nach oben zu trichterförmig eingezogene Narbe, an deren oberstem Ende eine eben für eine dicke Sonde passirbare, im «die Blase führende Fistel sab. Die Fistel- umrandung war weich, beweglich. Der Austritt von Harn aus der Fistel geschah nur tropfenweise.

Bei der eystoskopischen Untersuchung ergab sich, dab das vesicale

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Ende des Fistelcanals kaum einen Centiineter entfernt von der rechten Ureterenöffnung lag.

Es war nun diese immerhin nicht gleichgiltige, eine blutige Operation event. sehr complicirende Nähe des Ureters, welche zunächst gegen einen Nahtverschluß der Fistel sprach. Ferner war die Fistel sehr eng, so dab man mit Recht annehmen konnte, ein Versuch des Fistelverschlusses durch Cauterisation sei nicht aussichtslos.

Es wurde daher mit dem einfachen Galvanocauter des Operations- eystoskopes der ganze Fisteleanal einschließlich der vesicalen und vaginalen Oeflnung nach Einführung eines Tampons in die Scheide vorsichtig ver- glüht (17. November 1897). Unmittelbar nach erfolgtem Eingriffe, der ohne jede Narcose oder Localanästhesie vorgenommen wurde und auch der Patientin keinen nennenswerten Schmerz verursachte, konnte die Kranke den Urin vollständig halten; es war dies sofortige Resultat wohl eine Folge einerseits der Schorfbildung, andererseits der reactiven Schwellung der Umgebung.

Von diesem Zeitpunkte an wurde Patientin kein einziges Mal mehr durch spontan abgehenden Urin benäßt, sondern entleerte ihren Harıı regel- mäßig und ohne Anstand durch die Harnröhre.

Am 22. November wurde Patientin auf eigenes Ansuchen aus der Klinik entlassen, stellte sich Jedoch regelinäbig in der Ambulanz vor.

Die letzte Untersuchung fand am 7. December 1897 statt.

Das als Einziehung noch zu erkennende vesicale Fistelende ist cysto- skopisch noch recht gut neben der rechten Treteröffnung zu sehen, für eine Sonde jedoch absolut nicht mehr entrirbar; die Schorfe sind abgefallen, die Narbe glatt; trotz ad maximum mit Wasser gefüllter Blase tritt kein Tropfen in die Vagina aus; auch vermag man in das vaginale Fistelende durchaus nicht mehr einzudringen.

Patientin giebt an, keinerlei Störung in der Harnentleerung bemerken zu können oder je durch spontan abfliebenden Urin benäbt zu werden.

Es ist also aus subjectiven und objectiven Gründen Heilung zu con- statiren. Kr.

Dr. G. Chavannaz (Bordeaux): Erworbene Blasendarmfisteln beim Manne. (Ann. des malad. genito-urinaires, Nov. 1897.)

Die zuerst 1870 von Blanquinque genauer beschriebenen Blasendarm- fisteln zerfallen in angeborene und erworbene; die letzteren zerfallen in traumatische und spontan entstandene. Traumatische Fisteln entstehen bei Gelegenheit chirurgischer Eingriffe sehr selten, häufiger in Folge von Ver- letzungen durch Schuß- oder spitze Stichwaflfen; recht häufig sind die Schub- wunden; in zweiter Linie stehen die Aufspießungen durch einen unglück- lichen Sturz. Es kann nun hierbei zur Bildung einer direeten Communication zwischen Rectum und Blase kommen; diese Communication wird zur Fistel, oder die Communication entsteht später nach Abfall eines Wundschorfes, eines necrotisch gewordenen Gewebsstückes, oder ein eingedrungener Fremd-

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körper, Tuchfetzen etc. erzeugt in der Umgebung eine eitrige Entzündung, die zur Bildung der Fistel führt.

Die Schußverletzungen, welche zur Communication der Blase mit Dick- und Dünndarm führen, führen sehr rasch den Tod herbei. C. fand unter 95 Fällen nur 13 traumatische Fisteln im Ganzen, d. h. 13,68 pCt.; eine ent- stand nach einer Sectio perinei, fünf nach Schußverletzungen, sieben nach anderen gelegentlichen Traumen.

Die nicht traumatisch entstehenden Fisteln sind carcinomatösen (20 pCt.), tuberculösen (vom Darm oder von der Prostata, selten von der Blase oder den Samenbläschen ausgehend) (7,36 pCt.) und entzündlichen Ursprungs (30 pCt.): hier bilden den Ausgangspunkt der Darm (Stenosen, Typhus, dysenterische Geschwüre, Invaginationen, Ascariden), Blase (Steine selten), Urethra (selten in Folge von Strieturen), Prostata (Eiterungen) und Phleg- mone der Fossa iliaca, welche gleichzeitig nach Darm und Blase durch- brechen. Meist handelt es sich um Erwachsene und besonders alte Leute; die Männer haben mit 70 pCt. der Fälle den Vorzug. Der Sitz der Fistel- mündungen wechselt außerordentlich, sowohl an der Blase wie am Darm. Die Perforation der Blase war meist einfach, nur in füuf Fällen mehrfach; meist sitzt sie an der Basis der Blase, «doch findet sie sich auch im Scheitel und im Blasenhals. Die Darmmündung der Fistel saß in der Mehrzahl der Fälle im Mastdarm; in der Minderzahl handelte es sich um multiple Perfo- rationen, die sowohl an einem Darmabschnitt wie auch an verschiedenen saßen. Manchmal liegen die Perforationen der Blase und des Darms dicht neben einander, manchmal liegt dagegen in der Mitte ein zuweilen bis Mannsfaust großer Eiterherd; im Inneren desselben findet sich meist ein Gemisch von Kot, Eiter und Urin, zuweilen fanden sich schon Frosch- und Rebhuhnknochen etc. Die Dicke der Absceßwandung ist bald außerordent- lich gering, bald 2,5 cm; ein solcher Herd fand sich in 22,1 pCt. sämtlicher Fälle. Außerdem finden sich Verwachsungen, welche Darm an Blase heften und bald leicht, bald schwer zu lösen sind.. Die Fistelmündung in der Blase ist meist klein, am Darme von schwankender Größe bis zum Umfang mehrerer Finger; zuweilen findet sich an der Fistelmündung eine Klappe, die den Durchtritt von Kot bezw. Urin zu hindern vermag. Selten finden sich ausgedehnte Verwachsungen der Darmschlingen unter sich oder mit den Unterleibsorganen. Der Darm bietet in der Umgebung der Fistel- mündung die characteristischen Zeichen des ursächlichen Processes (Tuber- culose, Sarcom etc.) dar, kann aber im Uebrigen verschiedene Zustände zeigen; das Lumen kann normal sein oder oberhalb des Sitzes der Fistel erweitert; der Darm kann auch in der Narcose begriffen sein und beträcht- liche Harnmengen enthalten. Die Blase erscheint bei der Section meist in ihrern Volumen verringert; die Blasenwandungen sind vertdickt, die Innen- fläche bald glatt, bald unregelmäßig (säulentörmig) angeordnet; in der Blase finden sich als Ursache oft Phosphatsteine oder als Product Kotmassen mit. Phosphaten umhüllt.

Die Symptome bestehen vor Allem in dem Uebertritt von Kot in die

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Blase, sowie von Harn in den Darm; die anderen Symptome sind sehr wechselvoll; sehr häufig ist der Austritt von Gasblasen aus der Harnröhre das erste Zeichen; ihr Geruch ist im Allgemeinen aashaft; selten sind sie geruchlos. Der Kot, der in die Blase eindringt, setzt sich als Sediment im Urin ab oder färbt den Harn dunkelbraun; in einem Falle wurde durch die Untersuchung des Urins vollständig das Menu des Kranken reconstruirt; sehr selten treten Lumbricoiden oder Tänienstücke durch. Der Urin kann schaumig, eiweißhaltig sein; im vorgerückten Stadium ist er meist alkalisch; ferner enthält er oft Eiter und riecht ammoniakalisch: ein Symptom der Cystitis und der Pyelonephritis. Ebenso kann sich Blut aus verschiedenen Ursachen im Urin finden. Die Menge des entleerten Urins ist bald normal, bald vermindert oder gesteigert; häufig ist Harmverhaltuug in Folge von Verstopfung der Harmröhre mit Kotbröckeln ete. Sehr häufig ist das Harn- lassen schmerzhaft, aber durchaus nicht regelmäßig, so mn den Fällen, wo Gasblasen durch die Harnröhre durchtreten; schmerzhaft ist es besonders, wenn die Blase und die Harnröhre durch den Darminhalt gereizt werden oder sich bereits Cystitis eingestellt hat. Oft überdauert der Schmerz die Urinentleerung. Von geringerer Bedeutung sind die Darmerscheinungen. Der Durchtritt von Ham in den Darm stellt sich meist erst im späteren Verlauf des Leidens ein und kann dann während des ganzen Verlaufes an- halten, so zwar, daß die größere Menge durch den Darm, nur wenige Tropfen durch die Harnröhre entleert werden; in anderen Fällen tritt nur bei voller Blase Urin über. Im Darm vermag der Sphincter den Urin zurückzuhalten. Die Stühle verhalten sich dementsprechend verschieden, die Defäcation ist bald leicht, bald schmerzhaft, mit Tenesmus verbunden. Selbst Proctitis findet sich. Mode.

Tailheffer: Pathogénie des troubles vesicaux observés dans le cours du cancer rectal et du cancer utérin. (Annal. des malad. 1898, No. 1.)

Verf. hat 16 Fälle von Rectumkrebs beobachtet, unter denen es in drei Fällen zu Störungen von Seiten der Blase kam, bestehend in Harnverhaltung resp. Schmerzhaftigkeit bei der Harnentleerung. Gleichartige Beschwerden beobachtete er auch bei Kranken mit Gebärmuttercarcinom. Die Aetiologie für diese Erscheinung ist noch nicht aufgeklärt.

Stockmann (Königsberg i. Pr.)

VILI. Ureter, Niere etc.

Richard Hoelscher (Kiel): Ueber Katheterisation der Ure- teren. (Münchener med. Wochenschr. 1897, No. 50.)

Verf. berichtet über die Erfahrungen, die bisher mit dem Ureteren-

katheterismus auf der Kieler chirurgischen Universitätsklinik gemacht wurden.

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183

Nachdem schon seit mehreren Jahren Versuche mit der Methode angestellt waren, gelingt sie seit etwa einem Jahre regelmäßig, und zwar sowohl mit dem Nitze’schen, als auch Casper’schen Instrument. Letzteres bietet ja theoretisch mehrere Vorzüge, indes kommt man in der Praxis mit dem ersteren, besonders in seiner neueren verbesserten Gestalt, auch ganz gut zum Ziel. Wenn man beide Ureteren in einer Sitzung katheterisiren will, ist es am einfachsten, erst den Urin aus dem einen Ureter abzufangen, als- dann den Ureterenkatheter aus der betreffenden Uretermündung herauszu- ziehen und ihn entweder gleich direet nach der nötigen Drehung und Neu- einstellung des Cystoskops in die andere Uretermündung einzuführen, oder ihn aus dem Instrument herauszuziehen und einen anderen Ureterenkatheter durch den Canal des Cystoskops einzubringen und mit diesem den zweiten Ureter zu katheterisiren. Das Eintreten des Katheters in die Uretermündung, sowie das weitere Vorschieben ist in der Regel schmerzlos; meist genügt. es, den Katheter mehrere Centimeter in den Ureter vorzuschieben. Infection oder sonstige dem Ureterenkatheterismus zuzuschreibende Folgen hat Verf. nicht beobachtet. Kleine Verletzungen der Ureterwand, die sich in Blut- beimengungen des Urins zeigen, kamen mit beiden Instrumenten vor; sie sind wohl meist durch nicht mehr genügende Beschaffenheit der Ureteren- katheter veranlabt und durch deren sorgfältige Controle vor dem Gebrauch folglich zu vermeiden. In dem Urin war nach dem Ureterenkatheterismus in sämtlichen Fällen des Vert "a der abnorm reiche Gehalt an Epithel- zellen, die manchmal sogar in Membranen angeordnet waren und zweifellos von dem Ureterenkatheter bei dein Hinaufschieben abgestreift waren, auf- fallend. Eine diagnostische Bedeutung spricht in Uebereinstimmung mit Casper Verf. diesem Vorkommnis nicht zu.

Zur Beleuchtung der Indicationen, aus denen in der Kieler chirurgi- schen Klinik der Ureterenkatheterismus ausgeführt wurde, teilt Verf. einige Fälle mit. Im ersten Falle handelt es sich um einen rechtsseitigen, ohne den Ureterenkatheterismus mit völliger Sicherheit constatirten Nierentumor; hier sollte der Ureterenkatheterismus vorwiegend die Beschaffenheit der linken Niere feststellen. Da diese sich als gesund herausstellte, wurde die rechtsseitige Nephrectomie ausgeführt, welche ein von der Nebenniere aus- gegangenes Nierensarcom ergab. Im zweiten Falle handelte es sich um einen Studenten, dem vor einem halben Jahre wegen einer gonorrhoischen Pyelitis eine Iimksseitige Nierenbeckenfistel angelegt war, die fortwährend Eiter und wenig Urin secernirte. Es sollte hier ermittelt werden, ob die andere Niere vorhanden und, was allerdings die Beschaffenheit des Blasen- urins erwarten ließ, gesund war, und ob die erkrankte Niere nicht doch teilweise Urin durch den Ureter in die Blase abführte. Das Ergebnis der zwei Mal ausgeführten Untersuchung war übereinstimmend, daß die rechte Niere vorhanden und gesund war, während in dem Ureter der anderen der Katheter jedes Mal 15 cm aufwärts von der Uretermündung stecken blieb und natürlich auch keinen Urin zu Tage förderte, wonach also eine Strietur auf dieser Seite wahrscheinlich war. Es wurde dem Patienten die Exstir-

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pation der linken Niere angeraten. In dem dritten Falle handelte es sich um eine Frau, bei der schon seit ihrer Jugend anfallsweise nicht sehr starke Schmerzen in der Leistenbeuge eintraten. die während der Menses etwas exacerbirten. Seit fünf Jahren waren dazu noch Erscheinungen von Seiten der Blase getreten. Die Untersuchung ergab nur vermehrte Druckemptind- lichkeit der rechten Niere und stark eiterhaltigen Urin. Der Ureteren- katheterismus ergab, daß der trübe Urin der rechten Niere entstammte, aus der linken kam normaler Urin; aber der Ureterenkatheter ließ sich hier nur 4 cm vorschieben, während er rechts 21 em weit vorgeschoben werden konute. In's Nierenbecken vermochte man also auf keiner Seite zu gelangen. Es wurde die Diagnose auf rechtsseitige Nephrolitinasis gestellt und dem- gemäß auf dieser Seite die Nephrotomie vorgenommen. welche in der That einen Stein im Nierenbecken ergab. Leider ging die Patientin an Pvämie, wahrscheinlich durch Infeetion des Nierenschnittes von Seiten des eiter- haltigen Nierenbeckens, zu Grunde. Bei der Section wurden an beiden Ureteren, entsprechend den Stellen, wo die Katheter stecken geblieben waren. Strieturen mit Abknickungen gefunden.

Ein weiterer Fall betraf eine Frau mit rechtsseitiger intermittirender Pvonephrose; der Katheter gelangte in diesem Falle leicht bis in's Nieren- becken, nunmehr wurde der Eiter mit einer Spritze aspirirt und im Anschluß daran das Nierenbecken ausgespült und im Anschluß hieran mehrmals 10 proc. Jodoformglycerin injieirt. Dies wurde im Ganzen sieben Mal teilweise ambu- latorisch wiederholt. Während die ersten Male jedes Mal 250—300 cem stark eiterhaltiger Urin aspirirt werden konnte, nahm dann die Menge ab, und die letzten Male konnte überhaupt nicht mehr aspirirt werden, sondern es foB nur noch leicht getrübter Urin tropfenweise ab. Die Frau hatte sich auch in ihrem Allgemeinbefinden recht erholt, so daB man, wenn die völlige Heilung auch nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, Jedenfalls von einem schönen therapeutischen Erfolge sprechen darf. In einem letzten Fall, in welchem rechtsseitige Wanderniere vorlag, vorübergehend ein etwa kindskopfgroßer Tumor in der rechten Nierengegend constatirt war und einzelne Symptome die Complication der Wanderniere mit Nierensteinen als möglich hatten erscheinen lassen, ergab der drei Mal ausgeführte doppel- seitige Ureterenkatheterismus keinen Aufschluß, und die Operation (Nephror- raphie) auch nur Wanderungen eines normal großen Organs, so dab der Fall unklar blieb. Nach den bisherigen Erfahrungen steht Verf. nicht an, den Ureterenkatheterismus als ein dem Chirurgen vor eingreifenden Nieren- operationen unentbehrliches diagnostisches Hilfsmittel zu bezeichnen.

Fenger-Just (Copenhagen): Ueber Cystoskopie und Ureter- katheterismus bel Weibern nach derKelly-Pawlik’schen Methode. (Ugeskr. f. Laeger. 1897, 47.)

Mit voller Anerkennung der anderen eystoskopischen Methoden vertritt

Verf. die Verwendung der Kellyv-Pawlik’schen bei Weibern, indem er

die Einwände widerlegt, welche auf dem Chirurgencongreß zu Helsingfors

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gegen dieselbe aufgestellt wurden, besonders von Rovsing, der oft ring- förmige, blutende Läsionen der Blasenschleimhaut beobachtete. Man darf das Ende des Speculums nicht gegen die Schleimhaut drücken; nur der unterste Rand braucht dieselbe zu berühren. Auf Grundlage zahlreicher Versuche an Leichen und an Patienten wird die Methode mit denen von Nitze und Casper verglichen, indem die technischen Schwierigkeiten er- wähnt werden.

Die Hauptschwierigkeit bei Kelly-Pawlik ist, die Luft eindringen zu lassen, um die Blase auszudehnen. Dies ist der Kern der Methode, und wo dieses nicht gelingt, hat die Untersuchung keinen Wert. Um den not- wendigen negativen Druck in der Unterleibshöhle hervorzubringen, muB Patientin in Beckenhochlage, oder noch besser in Knie-Ellenbogen-Lage, ge- bracht werden. Kelly hat in einem Privatbrief an Verf. eingeräumt, dab er sich jetzt immer dieser Lage, außer bei sehr mageren Individuen, bedient.

Nur geringe Dilatation der Harnröhre (bis zu 10 mm Diameter) ist notwendig; der Schmerz ist dann unbedentend und Anästhesie, sowohl all- gemein als local, überflüssig. Die Beleuchtung muß intensiv sein, mit electrischer Stirnlampe oder Casper’s Endoskop am Spiegel festgeschraubt. Die Methode ist leicht ausführbar und bedarf nur eines sehr einfachen Instrumentariums; sie gestattet directe Inspeetion, Desinfection der Ureter- mündung vor dem Einführen des Katheters, was die Infectionsgefahr ver- ringert. Locale Behandlung und kleine Operationen können m derselben Sitzung durch den Spiegel ausgeführt werden. Diese Eigenschaften machen die Methode für Nichtspecialisten besonders brauchbar, aber auch Cysto- skopiker vom Fach können sie nicht entbehren, da’ sie bisweilen zum Ziele führt, wo die anderen Methoden versagen, z. B. wo es unmöglich ist, emmen klaren Blaseninhalt hervorzubringen. Max Melchior (Copenhagen).

R. Braun von Fernwald: Spontanheilung einer Ureterfistel. (Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 1.)

In der Geburtshilflich-gynäkologischen Gesellschaft in Wien berichtete Vortr. über eine Frau, bei der die Totalexstirpation ausgeführt worden war. Drei Wochen nach der Operation begann Patientin incontinent zu werden. Bei der Untersuchung fand sich eine quergestellte Narbe, zu beiden Seiten tiefe Einziehungen und Reste der Seidenligatur. Diese wurden entfernt. und die Stelle mit dem Lapisstift wiederholt touchirt. Es wurde wiederholt cystoskopirt, aber nicht sondirt, da jedoch die Harnmenge ziemlich constant war, wurde eine Ureterenfistel anugenommeu. Am zweiten Tage traten Zeichen von Harnstauung auf, die sich bis zum vierten Tage steigerten. An diesem Tage zeigte sich in der Regio hypogastrica eine schmerzhafte, wurstförmige Geschwulst. Nach Application von heißen Bädern mit Morphium- injectionen vermehrte sich die Harnmenge zusehends. Die Beschwerden gingen zurück und die Frau blieb gesund. Es ist dies ein interessanter Fall von spontaner Heilung einer Ureterenfistel. Immerwahr (Berlin).

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Kohlhardt (Berlin): Ueber eine Zottengeschwulst des Nieren- 'beckens und des Ureters. (Virchow’s Archiv, Band 148, Heft 3.)

Bei einer 60 jährigen Frau trat im Anschluß an eine Influenza Blut im Urin auf. Die Blutungen wurden schließlich dauernde und stärkere, so dab die Patientin blasser und elender wurde. Schon ohne Narcose füllte mau am unteren Pol der linken Niere eine kleine, apfelgrobe, weiche Geschwulst. Da die Diagnose Nierentumor feststand, wurde zur Exstirpation der linken Niere geschritten. Dieselbe zeigt einen mäßigen Grad von Ausweitung des Beckens, das eine zottige, sehr gefäßreiche weiche Geschwulst enthält, die den Ureterabgang teilweise verlegt. Die Wunde heilte per primam inten- tionem. Auf der Schnittfläche durch die linke Niere erschien die Nieren- substanz im Ganzen stark verschmälert, die Rinde unregehnäßig breit, die Markstrahlen nur hier und da noch erkennbar, die Papillen kurz, zum Teil verstrichen. Die Höhle des Nierenbeckens entspricht etwa der Größe eines Hühnereies. In ihrer unteren Hälfte dicht oberhalb des Ureterabganges erhebt. sich von der medianen Wandung eine kaum taubeneigroße Geschwulst- masse, die aus 2—15 mm langen, graurötlichen, «dünn gestielten Zotten besteht. Ganz ähnliche, nur kleinere Geschwulstmassen finden sich fast über die ganze Schleimhaut des Nierenbeckens verbreitet. Der Haupt- bestandteil der Zotten sind Gefäße, die von Bindegewebszügen umgeben sind. Das Epithel besteht aus eylindrisch-spindelförmigen Zellen. Es handelte sich also um keine bösartige Geschwulst. Engel.

Crookshank (London): Ein Fall von Suppressio urinae durch Stenose der Ureteren. (The Laucet, 18. September 1897.)

Ein 11jähriges Mädchen war plötzlich unter anhaltendem Erbrechen und Collapserscheinungen erkrankt. Der Zustand machte ganz den Ein- druck eimer acuten Darmstenose, doch konnte bei der Palpation des Abdomens ein Tumor oder dergleichen nicht constatirt werden. Vor drei Jahren ist uach Angabe der Angehörigen ein Absceß in der rechten Nierengegend ineldirt worden. Die gegenwärtige Erkrankung begann vor zehn Tagen. Seit fünf Tagen soll kein Urin mehr entleert worden sein. Auch schon während der letzten Monate soll die Entleerung des Urins nur m größeren Zwischenräumen (24 Stunden und länger) stattgefunden haben. Hiermit in Uebereinstimmung wies der Atem einen deutlich urinösen Geruch auf. In der Nacht nach der Aufnahme wurden etwa 230 & Urin entleert. Derselbe war sauer, mit specifischem Gewieht von 1020, und enthielt Eiweiß, sowie Eiterzellen, aber kein Blut oder Cylinder. Eine weitere Urinentleerung erfolgte bis zum Exitus nicht, auch wurde die Blase bei der Autopsie völlig leer gefunden: Unter Zunahme des Collapses und Auftreten von dyspnoeti- schen Erscheinungen trat nach 48 Stunden der Exitus eiu.

Bei der Autopsie fand man zunächst eine doppelseitige acute Pleuritis. Die rechte Niere war in ein. zum Teil fettig degenerirtes, fibröses Gewebe

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verwandelt, das im Inneren verschieden große, mit eimer braunen Flüssig- keit angefüllte Höhlen zeigte. Der rechte Ureter war an seinem oberen Ende durch fibröses Gewebe vollkommen ausgefüllt. Die linke Niere war vergrößert und das Nierenbecken erheblich dilatirt. Dilatirt waren auch die oberen ?2/, des linken Ureter, und der ganze dilatirte Raum war mit klarem Urin angefüllt. Unterhalb der Dilatation war der linke Ureter verengt. An der Grenze zwischen dem dilatirten und dem verengten Teil bildete die Schleimhaut eine Art Klappe, die das Lumen vollständig verschlob. Durch diesen Befund waren auch die langen Intermissionen der Urmentleerung erklärt. Offenbar konnte der Urin, der nur noch von der linken Niere secernirt wurde, nur dann den Widerstand der Klappe überwinden, wenn er in solcher Menge oberhalb der Klappe angesammelt war, daß der Flüssig- keitsdruck über der Klappe einen erheblichen Grad erreicht hatte. Das fünftägige Intervall vor dem Exitus war dann dadurch bedingt, daß die Secretion der Niere, wie das in solchen Fällen gewöhnlich der Fall ist, all- mählich gänzlich versiegte und daher zur Erreichung des erforderlichen Flüssigkeitsdruckes ein größerer Zeitraum notwendig wurde. Die Blasen- wandung war erheblich hypertrophirt, aber nicht dilatirt, die Schleimhaut zeigte starke Congestionserscheinungen. Der Zustand der Nieren ist wohl durch eine chronische Nephritis, vielleicht auch durch Nierensteine ver- ursacht worden. Loewenthal.

H. Robinson: Retroperitoneal Uretero-Lithotomy. (British medical Journal, 19. Februar 1898.)

Analog einem in derselben Zeitschrift im September 1897 beschriebenen Falle entfernte Verf. bei einem l6jährigen Mädchen, das seit zehn Jahren an Nierenkoliken litt und eine linksseitige Hydronephrose hatte, einen 25 g wiegenden Oxalatstein auf retroperitonealem Wege aus dem unteren Teil des Ureters. 14 cm langer Schnitt vom inneren Leistenring nach außen und oben verlaufend, vorsichtiges Zurückschieben des Peritoneum bis zur Freilegung des Ureters, 21/, cm lange Incision an der Außenwand desselben, Entwicklung des eingeklemmten Steines mit Hilfe des in die Scheide ein- geführten Fingers, Ureterennaht mit feiner Seide, schichtweiser Verschluß der Bauchdecken und Hinausleiten eines Gazedrains von der Nahtstelle des Ureters zum unteren Wundwinkel. Glatte Heilung in 14 Tagen.

Wegen der Lage des Steines gab Verf. dieser Operation den Vorzug vor der vesicalen und vaginalen Methode. R. Rosenthal (Berlin).

Bielka: Ein anatomischesPräparatvon linksseitigerDoppel- niere. Demonstrirt in der K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wien am 18. Februar 1898. (Wiener med. Blätter 1898, No. 8.)

In der Litteratur sind bisher wenig derartige Fälle bekannt. Hier liegen beide Nieren links, die obere horizontal mit der Convexität nach oben und dem Hilus nach unten, die untere ist normal gelagert; der obere Pol

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der unteren Niere ist mit der Hilusgegend der oberen verwachsen (Ren fungiformis). Rechts fehlt die Niere. Nebennieren sind beiderseits vor- handen, die rechte ist drei Mal so groß als die linke. Die Blutversorgung der Doppelniere, welche vom 11, Brustwirbel bis zum 5. Lendenwirbel reicht, geschieht dureh eine starke Art. renalis sinistra, welche sich 1 em von ihrer Ursprungsstelle aus der Aorta in einen oberen und unteren Zweig für die beiden Nieren teilt und em kleines ÄAestchen an die linke Nebenniere ab- giebt. Der Ureter der oberen Niere zieht entlang der unteren Niere, über dem M. psoas, der Harnleiter der unteren Niere geht über der linken Arteria und V. iliaca communis und dann Kings der V. tliaca dextra; die Mündungs- stellen der Ureteren in die Blase liegen an normalem Orte. Immerwahr (Berlin).

Carl Flensburg (Stockholm): Untersuchungen über die Pro- gnose der transitorischen Albuminurie. (Skandinavisches Archiv für Physiologie 1896, Bd. 7.)

Im Sommer 1894 wurden vom Verf. Untersuchungen über das Vor- kommen von Albuminurie bei im Uebrigen gesunden Soldaten wiederholt, die zwei Jahre früher bei denselben Personen vom Verf. angestellt worden waren. Diese Versuche sollten besonders zu ermitteln suchen, ob dieselben Personen, die bei den vorigen Untersuchungen häufig eiweißhaltigen Urin gezeigt hatten, auch bei dieser letzteren Serie ein gleiches Resultat liefern würden, oder ob sich jetzt Albuminurie regellos über die ganze Anzahl zerstreut vorfinden würde, oder ob die früher Gesunden sich jetzt mit Albuminurie behaftet zeigen würden, oder ob das Gegenteil der Fall sein würde. Dabei war es klar, daß, wenn sich nach so langer Zeit eine deut- liche Uebereinstimmung zwischen den beiden Umnmtersuchungsserien nach- weisen lassen konnte, eine derartige, Jahre lang andauernde Albuminurie, wenigstens bei den mehr ausgeprägten Fällen, unmöglich als ein vorüber- gehender Reizungszustand der Nieren angesehen werden konnte, sondern ihren Grund in fortwährend bestehenden Abnormitäten der Harnsecretion haben mußte. Trotz der sich natürlich ergebenden vielen Schwierigkeiten konnte Verf. diese interessanten Untersuchungen vollkommen ausführen. Aus denselben ging hervor, erstens, daß Albuminurie bei einer sehr großen Zahl der Untersuchten nicht hat wiedergefunden werden können, ferner, daß bei keinem von denen, welche vor zwei Jahren sich mit Albuminurie behaftet gezeigt hatten, weder constant auftretende Albuminurie, noch irgend ein anderes Zeichen eimes sicheren Nierenleidens im Laufe der Zeit sich ausgebildet hat. Die Prognose bei der transitorischen Albuminurie muB also im Allgemeinen sehr gut gestellt werden, wenigstens bei den gelinderen Fällen, bei denen man das Auftreten von Albumin im Harne am richtigsten als eine zufällige Steigerung der in jedem Harn, wenn auch in minimaler Menge, vorkommenden Albuminmenge auffassen darf.

Was diejenigen Fälle betrifft, welche sich mehr dem eyklischen Typus nähern, so muß bei diesen die Prognose mit etwas größerer Reservation

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gestellt werden. Eine derartige, Jahre hindurch sich fortsetzende, oft täglich auftretende und zuweilen sehr bedeutende Absonderung von Albumin und Cylindern im Harn kann, wenigstens so lange man das in der Niere selbst secernirte Albumin nicht chemisch von den Eiweißkörpern scheiden kann, welche möglicherweise von dem Epithel der Harnwege oder der Prostata- drüse herstammen, unmöglich für eine ganz und gar bedeutungslose Er- scheinung gehalten werden, sondern man muß dieselbe bis auf Weiteres als Symptom einer krankhaften Schwäche der Nierengewebe auffassen, die einer weiteren aufmerksamen Beobachtung wert ist. Daß die Prognose auch bei diesen etwas mehr ausgeprägten Fällen oftmals gut gestellt werden kann, dafür sprechen mehrere Fälle von eyklischer Albuminurie, welche nach längerer oder kürzerer Zeit zu vollkommen normalem Verhältnis zurück- gegangen sind. Am Schlusse seiner Arbeit ventilirt der Verf. die Frage: Wie soll sich ein Militärarzt und ein Lebensversicherungsarzt stellen, wenn derartige Fälle für seine Entscheidung vorliegen? Er beantwortet dieselbe so: Zeigt es sich, nachdem die fragliche Person einer emgehenden Unter- suchungsserie unterworfen worden ist, daB das Vorkommen von Eiweiß im Urin rein zufällig gewesen ist, so dürfte kaum eine Gefahr darin liegen, dieselbe, sei es zum Militärdienst oder zur Lebensversicherung, zuzulassen. Zeigt dagegen die Albuminurie «die Tendenz, sich öfter zu wiederholen, besonders mit ausgeprägtem ceyklischen Typus, so hält es Verf. für das Richtigste, die Erteilung der Lebensversicherung zu verschieben, bis der Gesuchsteller durch eine längere Untersuchungsserie beweisen kann, dab er frei von Albuminurie ist. Was die Tauglichkeit derartiger Personen für den Militärdienst betrifft, so herrschen darüber verschiedene Auffassungen; das Vorsichtigste wäre ohne Zweifel, dieselben bis auf Weiteres zurück- zustellen, oder sie im schlimmsten Fall auf ihr eigenes Risico und mit der Verpflichtung anzunehmen, den Dienst wieder verlassen zu müssen, wenn nicht die Albuminurie sich bessert und nach einigen Jahren aufhört. M. Rosenthal.

Dr. Barthélemy Guisy (Athen): Un cas d’anurie hystérique avec élimination supplémentaire de l'urée, qui a duré pendant douze jours chez une femme hystérique, guérie complètement. (Progres medical 1898, No. 6.)

Verf. wurde zu einer Frau gerufen, welche in Folge einer heftigen Gemütsbeweguug einen hysterischen Anfall bekommen hatte. Derselbe ging einher mit Lähpungserscheinungen und totaler Anurie. Bemerkenswert war dabei, daß die Anurie 12 volle Tage dauerte und daß dieselbe von un- stillbarem Erbrechen begleitet war. Am merkwürtdigsten war jedoch dabei der Umstand, daß sich während der Periode der Anurie aus der Nase, den Augen, den Ohren und der Vagina eine stinkende seröse Flüssigkeit ent- leerte, welche Harnstoff enthielt. Auch das Erbrochene enthielt Harnstoft. Die Frau befand sich trotzdem in leidlichem Zustande und genas unter geeigneter Therapie vollständig. Immerwahr (Berlin).

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IX. Technisches.

Iliustrirte Rundschau der medicinisch-chirurgischen Tech- nik. Internationale Vierteljahresschrift, herausgegeben von Dr. Gustav Beck; Bern 1898, Jahrg. I, 1. Quartalshft. Abonnements- preis 10 Mk. pro Jahr.

Die neue Vierteljahresschrift, deren erstes Heft, 92 Seiten stark, jetzt vorliegt, setzt in erweiterter Form die vor 19 Jahren begründete „Illustrirte

Monatsschrift für ärztliche Polvtechnik* desselben Herausgebers fort. Ste soll nicht nur. wie diese letztere bezweckt haste, sich mit der Con- struction der zur Ausübung der technischen Fertigkeit dienenden Hilfs- mittel, Instrumente und Apparate befassen, sondern hauptsächlich die all- Jährlich auftretenden Neuerungen und Verbesserungen berücksichtigen, welche sich auf die ganze nichtpharmaceutische Beschäftigung des Arztes beziehen. Sie will dieses Ziel erreichen durch illustrirte Origzinalaufsätze und Referate, welche letzteren besonders auch die ausländische Litteratur umfassen sollen, sowie durch ein continuirlich fortgeführtes Litteraturregister. Der Urologie ist in dieser Zeitschrift, welche sieh über das ganze Gebiet der internen und externen Medicin erstreckt. naturgemäß nur ein kurzer Raum gewidmet; das vorliegende Heft enthält vier Referate (von Lardy, Genf) über vier im Juli 1897 in englisch-amerikanischen Blättern erschienene Arbeiten, sowie eine Litteraturübersicht. '

Wir wünschen der Zeitschrift auch in ihrer neuen Form eine gedeih- liche Weiterentwicklung, zumal sie jedenfalls dieselbe Existenzberechtigung für sich in Anspruch nehmen kann, wie so manches andere der in letzter Zeit neu erschienenen Blätter. Ernst Samter.

Deutsche dermatologische Gesellschaft. Sechster Congress, Strassburg 1898

am 31. Mai, 1. und 2. Juni. Provisorisches Programm.

Hauptthema: Acne: Pathologie und Therapie.

Referenten: Touton ı Wiesbaden) und Veiel (Cannstatt). Zur Discussion haben sich gemeldet: Isaac Berlin), Petersen (St. Petersburg), Ullmann (Wien, W. A. Freund (Straßburg), Wolft (Strabburg). Angemeldete Vorträge und Demonstrationen:

Dermatologie. Buschke (Berlin: Ueber Erkrankungen hervorgerufen durch Hefe und andere Sproßpilze (Blastoinycosis) mit Demonstrationen.

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Caspary (Königsberg): Ueber Dermatitis exfoliativa universalis. Wolff (Straßburg): Demonstration eines Falles von Acanthosis nigricans.

e zweier Fälle von Lepra.

z eines Falles von Pemphigus.

5 eines Falles von Porokeratosis.

s trophoneurotischen Ekzems.

j eines Falles von Lichen planus im Ver-

lauf des Radialis, u. A. Madelung (Straßburg): Behandlung der Karbunkel mit Demonstration. Isaak (Berlin): Thema vorbehalten. Kromayer (Halle): Einige neue reducirende Heilmittel. Neumann (Wien): Ueber idiopathische Atrophie der Haut. Joseph (Berlin): Ueber Hautsarcomatose (mit Demonstrationen unter dem Mikroskop und mit dem Projectionsapparat.). Heller (Charlottenburg): 1) Zur pathologischen Anatomie einiger Nagel- erkrankungen. 2) Die Pathologie der Nägel (mit Projectionen). Carl Herxheimer (Frankfurt a. M.): Ueber die Structur des Protoplasimas der menschlichen Epidermiszelle. v. Zeiss] (Wien): Thema vorbehalten. Tauffer (Budapest): 1) Ueber Prurigo Hebrae.

2) Vergleichende histologische Untersuchungen über Lymphdrüsenschwellungen bei einigen Derma- tosen.

Lassar (Berlin): Die Behandlung der Acne (mit Projectionen).

Brandt (Magdeburg): Demonstration eines dermatologischen Falles.

Rona (Budapest): Thema vorbehalten.

W. H. Freund (Straßburg): Die Haut bei Schwangeren und genitalkranken Frauen.

Eichhoff (Elberfeld): Thema vorbehalten.

Rille (Wien): Ueber Psoriasisbehandlung.

Chotzen (Breslau): Thema vorbehalten.

Touton (Wiesbaden): Ueber Darier’s Tubereulide ‚mit Demonstrationen.

Fabry (Dortmund): Demonstration eines Falles von Purpura haemorrhagica nodulosa.

Blaschko (Berlin): Ueber Jodacne. |

Arning (Hamburg): Eine eigentümliche Veränderung an den Nerven- stämmen bei einzelnen Fällen von Lepra.

Jakobi (Freiburg): Krankendemonstration.

Kulisch (Halle): Zur Frage der medieamentösen Dermatitiden.

Krösing (Stettin): Thema vorbehalten.

Scharff (Stettin): Ueber die’ Behandlung der Psoriasis.

Jadassohn (Bern): 1) Demonstration zur Histologie der Lepra.

2) Krankendemonstration zur Behandlung der Tuber- culide.

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Heuss (Zürich): 1) Ueber abnorme Formen von Ichthyosis (mit Demonstra- tionen). 2) Demonstration von Xeroderma pigmentosum.

Reichel (Strabburg): 1) Zur Therapie des Lupus erythematodes.

2) Demonstration von Ichthyosisfällen mit abnormer Localisation.

Adrian (Straßburg): Krankenvorstellungen: Dermatolysis bullosa. Lichen ruber. Xanthelasma, Folliculitis nuchae selerotisans. Scleroderma unilateralis.

Friedheim (Leipzig): Mikroskopische Demonstrationen.

v. Marschalko (Klausenburg): Zur Histologie der Hautnerven.

Neuberger (Nürnberg): Zur Symptomatologie und Diagnose des Lichen ruber.

Wolff (Straßburg): Demonstration einer neuen Vaceinationslancette.

Syphilidologie.

Kromayer (Halle): Vorschläge zu einem Syphilisgesetz.

Neumann (Wien): Ueber syphilitische Primäraffecte der Vaginalportion (mit mikroskopischen Demonstrationen).

Blaschko (Berlin): Verbreitung der Syphilis in Deutschland.

Venereologie.

Neisser (Breslau): Weitere Mitteilungen über die Protargolverwendung.

Schuster (Aachen): Zur Behandlung des gonorrhoischen Rheumatismus.

Millitzer (Erfurt): Demonstration einer Einrichtung, die leicht an jedem Casper’schen Endoskop angebracht werden kann, wodurch eine wesentlich erhöhte Leuchtkraft erzielt wird.

Sedlmayr (Straßburg): Fortschritte der Gonorrhoebehandlung seit dem Prager Congreb.

Kutznitzky (Köln): Plattenmodell der Urethralschleimhaut eines 6 Monate alten Foetus.

Blaschko (Berlin): Solen die Prostituirten auf Gonorrhoe untersucht und

behandelt werden?

Harttung (Breslau): Gonorrhoische Epididymitis.

Arning (Hamburg‘: Zur Therapie des Ulcus molle.

Lesser (Berlin): Ischias gonorrhoica.

Kulisch (Halle): Protargolbehandlung der Gonorrhve.

Saalfeld (Berlin): Ueber die Tyson’schen Drüsen.

Westberg (Hamburg): Ueber.Behandlung der Prostatahypertrophie.

Neuberger (Nürnberg): Ueber Filamentuntersuchungen bei chronischer Gonorrhoe.

Wolff (Strabburg): Demonstration eines neuen Irrigators zu Blasenspülungen.

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Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck vun Carl Marschner, berlin SW., Ritterstrasse 41.

Ueber eine neue Canüle zur Ausspülung der Urethra anterior. Von

Dr. A. Suarez de Mendoza, Professor der Uropathologie an der medicinischen Facultät in Madrid.

Die Behandlung der Urethritiden mittelst der Methode der großen Ausspülungen, deren Wirksamkeit von Tag zu Tag mehr und mehr bestätigt wird, und der Janet seinen Namen verliehen hat, hat nach meiner Ansicht einen bedeutenden Fortschritt in der Therapie der ent- zündlichen Erkrankungen der Harnröhre, ganz besonders in der Therapie der blennorrhoischen Urethritis gezeitigt.

Seitdem ich diese Methode kennen gelernt habe, habe ich dieselbe als Prädilectionsbehandlung so oft, als es die Umstände gestatteten, angewendet, und zwar mit einem Resultat, das den Erwartungen voll- kommen entsprach. Schließlich aber ging es mir dabei genau so, wie jedem anderen Forscher, der sich dieser Methode zuwandte: ich lernte mit der Zeit mehrere mehr oder minder schwere Schädlichkeiten kennen, die dazu angethan waren, meinen Enthusiasmus für die Methode, die mir von Anfang an manche Unzuträglichkeit, um nicht zu sagen manche Gefahr, in sich zu bergen schien, abzuschwächen. In der That habe ich mir niemals zurechtlegen können und kann es noch jetzt schwer verstehen, aus welchem Grunde man sich erlaubt, in eine gesunde Harnblase 200—300 g Flüssigkeit zu injieiren, um eine Erkrankung der Urethra anterior, wie die Blennorrlioe, zu behandeln, um so mehr, als die den erkrankten Teil der Urethra passirende Flüssigkeit Infections- keime nach der Urethra posterior und in die Blase verschleppen kann.

Wohl würde man mir darauf erwidern können, daß eine gesunde, d. h. eine in ihrer Widerstandsfähigkeit nicht beeinträchtigte Harnblase

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sich schnell der eingedrungenen Mikroorganismen entledige, ich würde aber dem ebenso gut gegenüberstellen können, dab wir gegenwärtig noch kein Mittel besitzen, das uns ermöglichte, über den jeweiligen Grad der Empfänglichkeit der Harnblase für Infection zu urteilen.

Uebrigens war die Klinik bemüht, die Methode näher zu analysiren, um deren Unzulänglichkeit von ihren unverkennbaren Vorteilen aus- einanderzuhalten. Die Ausspülungen der Urethra anterior verursachen cine Verwundung des Meatus und der anlierenden Urethralwände; die Bewegungen des Stempels, die verschiedenen unvermeidlichen Mani- pulationen bei der Zurückhaltung der Flüssigkeit im Canal oder beim Ablassen derselben sind vor Allem schmerzhaft und nebenbei unangenehm, sowohl für den Arzt wie den Patienten, indem die beiden von der Flüssigkeit leicht beschmutzt werden können.

Was die urethro-vesicalen Ausspülungen betrifft, so sind diese, wie es aus den Mitteilungen vieler competenter und unparteiischer Forscher hervorgeht, mit noch schwereren Schädlichkeiten verknüpft, ganz ab- gesehen von der möglichen und oft beobachteten Verschleppung von Infectionskeimen nach der Urethra posterior und der Blase und deren von verschiedener Seite gemeldeten schlimmen Consequenzen.

Als eine besonders schwere Ingredienz ist die Ruptur der Harn- blase zu bezeichnen, die mehrmals beobachtet und sogar von Aerzten herbeigeführt wurde, die in der Ausführung der Ausspülungen eine sehr große Fertigkeit besaßen. Erst neulich veröffentlichte Professor Chalot aus Toulouse zwei sehr interessante Fälle von Harnblasen- ruptur aus seiner Abteilung. In beiden Fällen war Hilfe gleich zur Stelle, trotzdem starb einer der Patienten, bei dem die Ruptur intra- peritoneal war, an den Folgen der Verletzung.

Es wäre zweckmäßig, alle derartige Fälle zu sammeln, leider ist es sehr wahrscheinlich, daß bei weitem nicht alle Fälle veröffentlicht worden sind.

Von den übrigen üblen Zufällen bei den Ausspülungen der Harn- röhre kommen Prostatitis, Cystitis und Retention in Betracht, die ebenso wie viele andere Zufälle von geringerer Bedeutung viel häufiger vor- kommen, als angenommen wird, und sämtlich auf mangelhafte Technik der Ausspülungen zurückgeführt werden müssen. Zieht man nun in Betracht, daß die in Rede stehenden Ausspülungen nur von einem sehr geübten Arzte gemacht werden können, der, ebenso wie der Patient, zum Sclaven der Behandlung werden und derselben seine ganze Zeit opfern muss, so wird man mir beistimmen, dal es noch vieler Mühe bedarf, um die Methode zu vervollkommnen und practisch verwendbar

zu machen.

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Angeregt durch obige Thatsachen, suchte Guiard den Luftdruck durch den Gebrauch der Spritze zu ersetzen. Aus demselben Grunde construirte Kiefer einen Spülapparat für die Harnröhre, der den Vor- zug haben soll, das lästige Hin- und Herschieben der Canüle im Meatus zu beseitigen, aber der Umstand, daß der Operateur die Ausflußöffnung mit den Fingern abwechselnd schließen und öffnen muß, sowie die Druck- und Spannungsschwankungen in der Urethra während der In- jection, machen den Kiefer’schen Apparat wenig handlich und un- practisch. Als überzeugter Anhänger der Janet’schen Methode und eingedenk der Nützlichkeit der großen Ausspülungen bei der Behand- lung von Urethritiden, habe ich nach einem Modus gesucht, der bei Beibehaltung der Vorteile der Methode deren Nachteile beseitigte.

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Von den Principien ausgehend, die in Deutschland von den Ohren- ärzten bei Construction mancher Canülen befolgt werden, habe ich eine Canüle construirt, die die Ausspülung der Urethra anterior in der denkbar günstigsten Weise gestattet, indem sie sämtliche, der Methode anhaftenden Unzulänglichkeiten beseitigt.

Diese Canüle, der eine cylindrische (Fig. 1) oder eine birnenförmige (Fig. 2), sowie auch jede andere Form beigegeben werden kann, setzt sich im Wesentlichen aus zwei concentrischen Röhren zusammen, von denen das innere für die Irrigation bestimmt ist, während der Abfluß durch das äußere Rohr geschieht. Letzteres hat eine Oeffnung, durch welche die Flüssigkeit, die die Harnröhre bereits bespült hat, zurück- fließt; an der gerade gegenüberliegenden Wand des Röhrchens befindet

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sich der vorerwähnten Oeffnung gegenüber ein Knopf aus farbiger Emaille, der nur den Zweck hat, den Operateur auf die unten befind- liche Ausflußöffnung stets aufmerksam zu machen, damit er sich selbst bezw. den Patienten vor Beschmutzung durch die abfließende Spül- flüssigkeit schützen kann.

Es giebt nichts Leichteres, als eine Ausspülung mit diesem Instru- ment auszuführen, sei es zu prophylactischen Zwecken bei den ver- schiedenen urethralen und vesicalen Interventionen, sei es zu thera- peutischen Zwecken, wie z. B. bei Urethritis. Der Irrigator wird in der Höhe von 1 m oberhalb des Bettes oder des Stuhles des Kranken, falls Letzterer die Ausspülung selbst vornimmt, aufgehängt, die Canüle wird in die Harnröhre gebracht, nachdem man das in der Tube event. befindliche kalte Wasser zuvor hat abfließen lassen, der Hahn wird geöffnet, worauf sich augenblicklich eine Circulation der Flüssigkeit einstellt, die die Urethra anterior allein und in vollkommener Weise ausspült,

Canülen mit conischer Spitze schienen mir besonders geeignet zu sein und sind von mir als Modell endgiltig gewählt worden; sie lassen sich leichter in die Harnröhre einführen, deren vordere Partien der Wirkung der Flüssigkeit dabei auch besser zugänglich sind.

Es ist durchaus notwendig, dass die centrale bezw. die Irrigations- tube 1!/, mm länger ist als die äußere; denn es kann sich sonst er- eignen, daß die Harnröhrenschleimhaut die äußere Tube verlegt und daß sich eine Circulation im Innern der fest verschlossenen Tube ein- stellt, eine regelmäßig vor sich gehende Ausspülung vortäuschend, während in Wirklichkeit nicht ein Tropfen von der Flüssigkeit in die Harnröhre gelangt. Durch die oben angegebene Anordnung der con- centrischen Tubcn wird letzteres unmöglich gemacht: die Harnröhren- schleimhaut kann die äußere Tube nicht mehr verlegen, weil die viel längere innere (centrale) Tube dies verhindert; wird aber letztere von der Schleimhaut verstopft, so hört die Circulation der Flüssigkeit sofort auf und der Operateur merkt gleich, daß der Apparat nicht functionirt.

Ich sagte, dab man mit meiner Canüle die Urethra anterior allein und in vollkommenster Weise ausspülen kann, Ein einschlägiger Ver- such läßt sich leicht anstellen. Wenn wir mittelst dieser Canüle unter den oben geschilderten Bedingungen eine Ausspülung der Urethra anterior vornehmen, nachdem in dieselbe eine 2proc. Ferrocyankalium- lösung injieirt wurde, so giebt Jie erste aus der Ausflußöffnung heraus- tretende Flüssigkeit bei Zusatz von einigen Tropfen Eisenchlorür die characteristische Berliner Blau-Reaction. Letztere tritt aber nicht mehr

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auf, nachdem wir durch die Urethra einen Liter Wasser haben fließen lassen. Dieser Versuch beweist somit in sehr evidenter Weise, daß die Ausspülung der Urethra anterior eine vollkommene war.

Um festzustellen, wie weit die Flüssigkeit bei Ausspülung der Urethra anterior vordringt, verfährt man folgendermaßen: zunächst wird eine Ausspülung mit einer 1proc. Ferrocyankaliumlösung (1 Liter) ge- macht; unmittelbar darauf wird eine neue Ausspülung mit destillirtem Wasser gemacht, und zwar so lange, bis letzteres keine Reaction mit Eisenchlorür mehr giebt, was bei der bekannten großen Empfindlichkeit ‚dieses Reactivs bedeuten würde, daß in der Urethra anterior keine Spuren von Ferrocyankalium mehr vorhanden sind. Darauf läßt man den Patienten uriniren in ein reines Glas; setzen wir nun zu dem Harn einige Tropfen des Reactivs hinzu, so überzeugen wir uns, dab dieser Harn, der soeben die Urethra posterior passirt ist, keine Berliner Blau- Reaction giebt, ein evidenter Beweis, daß die Ausspülungsflüssigkeit die Pars membıanacea nicht passirt hatte.

Wenn letzteres auch als allgemeine Regel gelten kann, so begegnet man doch bisweilen Patienten, deren Harnröhrensphincter schwach ist und einen Teil der Injectionsflüssigkeit in die Harnblase passiren läßt. Dieses Vorkommnis ist jedoch äußerst selten, und wir können es in gegebenem Falle erkennen nach der Verringerung des Strahles der abfließenden Flüssigkeit. Es genügt, die Höhe des Irrigators zu ver- ringern, um in solchem Falle Abhilfe zu schaffen.

Die Vorteile dieser Canüle sind also: ausschließliche Ausspülung der Urethra anterior, Beseitigung jeglicher Eventualität einer Compli- cation von Seiten der Harnblase, sowie jeglicher Möglichkeit einer In- fection der Urethra posterior und der benachbarten Organe, außer- ordentliche Leichtigkeit des Verfahrens, die den Patienten in den Stand setzt, die Ausspülungen selbst, so oft es die Umstände erfordern, ohne jede Gefahr vorzunehmen.

Bereits seit zehn Monaten habe ich diese Canüle in meiner Klinik in ausschließlichem Gebrauch und bin mit den Resultaten höchst zu- frieden. Ich habe dieselbe sowohl bei meinen klinischen wie auch bei meinen Privatpatienten angewendet, ohne daß sich irgend welche Ver- anlassung zur Vornahme von Abänderungen an der Canüle geltend machte.

Ich bat Prof. Sanz Bombin, dirigirenden Arzt am Krankenhaus San Juan de Dios (Krankenhaus für Veneriker), die Canüle zu prüfen ünd sich über dieselbe zu äußern. Daraufhin hat er innerhalb vier Monate sowohl bei seinen Privatpatienten wie auch in der Klinik aus- schließlich die Canüle verwendet, und in Nachfolgendem bringe ich

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die letzten Zeilen einer langen Mitteilung, die er an mich in Bezug auf die Resultate seiner Experimente gerichtet hatte:

. „Seitdem Sie mich mit Ihrer Canüle vertraut gemacht haben, die ich als bedeutenden Fortschritt in der Behandlung der Krankheiten der Urethra anterior betrachte, wende ich keine andere mehr an, da die Resultate, die ich mit derselben sowohl im Krankenhause wie auch in meiner Privatpraxis erzielt habe, nichts mehr zu wünschen übrig lassen.“

Diese Canüle kann auch zu diagnostischen Zwecken verwendet werden, nämlich wenn es sich um die Feststellung handelt, ob die im Harn constatirten Fäden aus der Urethra anterior oder posterior her- rühren: Ich mache dem Patienten eine Ausspülung der Harnröhre mit einem Liter Wasser und lasse ihn hernach uriniren; enthält der Harn Fäden, so rühren dieselben ganz bestimmt von der Urethra posterior her. Sammelt man die ersten 100 g des Spülwassers, so wird man in denselben Fäden finden, falls sie in der Urethra anterior vorhanden waren. Jedoch halte ich die diagnostische Verwendung der Canüle für ganz nebensächlich und nur der Standpunct ihrer therapeutischen Verwendung ist es, der mich veranlaßt, die Canüle bekannt zu geben, glücklich, wenn es mir gelungen sein sollte, den Unzulänglichkeiten einer Behandlungsmethode abzuhelfen, die ich für sehr nützlich halte.

Ueber die rechtzeitige Differentialdiagnose durch das Cystoskop bei Blasen- und Nierenerkrankungen.

Von Dr. Carmelo Bruni von der Universität Neapel.

Die sichere Diagnose des Krankheitssitzes bei den chirurgischen Krankheiten der Niere und der Blase ist nicht immer möglich. Die oft unüberwindlichen Schwierigkeiten, die sie bietet, rechtfertigen daher die explorativen Operationen, die in Vorschlag gekommen sind. So führte Simon die rapide Dilatation der weiblichen Urethra als Methode ein, um mittelst des Fingers die Blase untersuchen zu können. Thompson schlug zu demselben Zweck den Mitteldammschnitt vor. Guyon und seiner Schule fällt das Verdienst zu, gezeigt zu haben, dass man bei richtiger Bewertung der klinischen und functionellen Symptome zu einer Diagnose gelangen kann. Wenn also die klinischen Mittel in der Mehrzahl der Fälle zureichend sind, eine Differential- diagnose zwischen Blasentumoren und Nierentumoren aufzustellen, so giebt es doch Fälle, in denen auch der erfahrenste Kliniker dem Irrtum anheimfallen kann. Sogar das Grundsymptom dieser Erkrankungen, die Blasenblutungen, können zu Trugschlüssen verleiten. Bei Eiter- ausfluß kann uns die Untersuchung des Urins wohl sagen, ob der Eiter aus der Niere oder aus der Blase kommt, aber sie kann uns niemals Auskunft geben, ob der Eiter aus der rechten oder der linken Niere oder aus beiden zugleich kommt. Ferner sammelt sich der von den Ureteren abfließende Urin in der Blase, wo er sich mit den patho- logischen Absonderungen derselben mischen kann. Außerdem können wir bei malignen Tumoren dem Kranken nur unter der einen Be- dingung nutzen, daß die Diagnose rechtzeitig erfolgt. Die Gründe hierfür sind klar; denn oft kommt es vor, daß der maligne Blasen- und Nierentumor nicht mehr operirt werden kanı, wenn er für unsere

gewöhnlichen Untersuchungsmittel nachweisbar ist. Daher steht der Chirurg vor der Notwendigkeit, über eine Untersuchungsmethode zu entscheiden, die nicht nur den Sitz des Leidens feststellt, sondern die auch bei Zeiten zu einer sicheren Diagnose führt. Dieses Problem hat das Cystoskop in der besten Weise gelöst. Die Fälle, in denen im Hospital Necker jeden Tag sich diese höchst wichtige Untersuchungs- methode von allergrößtem Vorteil zeigte, sind nicht zu zählen. Wenn ich die beiden folgenden Beobachtungen veröffentliche, so geschieht es, weil sie mir von allergrüßtem practischen Interesse erscheinen und beweisen, vor welchen Irrtümern das Cystoskop uns bewahren kann.

1) E—d., Goldschmied aus Paris, 32 Jahre, stammt aus gesunder Familie, nur eine Schwester wurde wegen Gebärmutterkrebs operirt. Patient hatte im Alter von 16 Jahren Typhus, litt wiederholt an Blennor- rhagie, zuletzt zwei Jahre vor seiner unten erwähnten Aufnahme in’s Hospital Necker. Im September 1894 bemerkt der Kranke eines Abends, daß er Blut urinirt. Diese Hämaturie folgt einem längeren Velocipedausflug. Patient giebt an, daß der Urin während der ganzen Zeit der Harnentleerung ausgesprochen blutig war und daß die Färbung

gegen das Ende derselben intensiver wurde. Die Hämaturie dauerte _

längere Zeit mit abwechselnden Besserungen und Verschlimmerungen an, bis der Kranke in der Abteilung des Herrn Dr. Routier im Hospital Necker Aufnahme fand und dort von einem Epithelioma vesicale operirt wurde. Aus dem Hospital als geheilt entlassen, hat er seither d. i. bis zum December 1895 nicht wieder über Schmerzen in den Urogenitalorganen zu klagen gehabt. Im Januar 1896 wurde der Kranke in Folge von Excessen in venere wieder von Hämaturie be- troffen. Da diese in der Nacht auftrat, so vermochte er nicht zu sagen, ob sie total oder terminal war. Die Blutungen dauerten mehrere Tage an und verschwanden nach Ruhe und einer antiphlogistischen Behand- lung, traten aber ohne erkennbaren directen Anlaß bald wieder auf, so daß Patient das Hospital Necker wieder aufsuchte. In den ersten Tagen blieb der Urin blutig und mit einzelnen Klümpchen versetzt während der ganzen Zeit der Entleerung; hierauf nahm die Hämaturie einen mehr terminalen Character an, der durch die Dreigläserprobe nach Guyon noch besonders festgestellt wurde. Die Klümpchen blieben vereinzelt und zeigten nie eine characteristische Form; zuweilen erschien der Urin bereits blutfrei. Status praesens: Das Harnlassen ist häufig, aber nicht schmerzhaft. Nach 8—10 Tagen hören die Blutungen auf, erscheinen aber wieder in den letzten Tagen des Februar mit denselben Symptomen, nur stärker und in Verbindung mit einer leichten Cystitis. Nie klagt der Patient über Nierenkolik, empfindet

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nur leichte Schmerzen in der Nierengegend, besonders linksseitig. Die Blutungen scheinen nicht im Zusammenhang mit Anstrengung zu stehen. Harnröhre normal. Blasencapacität 280 g. Rückstand 10 g. In Prostata und Niere nichts Abnormes. Die weiche Sonde begegnet nichts Be- merkenswertem, ebenso wenig die einfache und bimanuelle Palpation, Die chemische Prüfung des Urins ergiebt ein negatives Resultat. Die mikroskopische Untersuchung zeigt eine große Menge von roten Körper- chen, einzelne Eiterklümpchen und zahlreiche Bacterien, besonders Mikrokokken und große Diplokokken. Tuberkelbacillen nicht vor- handen. Das Allgemeinbefinden des Kranken verschlechtert sich be- deutend; er ist anämisch und neurasthenisch; seine Gesundheit er- scheint ernstlich erschüttert und seine Krankheit beängstigt ihn.

Wenn wir nun die einzelnen Symptome der Krankheit und be- sonders die Form der Hämaturie in Betracht ziehen, so war eine Dia- gnose auf Blasentumor das Nächstliegende, mit dem auch die terminale Hämaturie, die unbestimmte Form der Coagula, das Fehlen der Nieren- koliken übereinstimmte. Nur die Unterbrechungen in den Harn-Ent- leerungen stehen nicht damit in Uebereinstimmung; doch ist der Wert dieses Symptoms nicht absolut pathognomonisch. Auch die zuletzt hinzu- getretene Cystitis bestätigt die Diagnose. Guyon sagt: „Die Blasen- tumoren sind in der ersten Zeit fast niemals von Cystitis begleitet; erst später disponiren sie die Blase zu einer größeren Empfänglichkeit gegenüber den kleinsten Krankheitserregern.“

Aber wenn auch alle diese Symptome noch einen Zweifel zuließen, so wäre die alleinige Notion der häufigen Rückfälle nach der Operation des Blasenepithelioms auch für den erfahrensten Kliniker genügend gewesen, um zu einer Operation zu schreiten.

Der cystoskopische Befund, den ich hier mitteile, enthebt mich jeder Bemerkung über den Fall und zeigt, wie durch das Cystoskop allen diagnostischen Fehlern vorgebeugt werden kann. Urethra normal. Blase nicht reizbar, tolerirt 150 g. Die Blase, leicht vascularisirt, zeigt sich in ihrer Gesamtheit gesund, und die Narbe, von der Form einer rötlichen Linie, ragt etwas hervor zwischen den beiden Ureteren. Keine Spur eines Rückfalles. Der rechte Ureter entsendet bei jedem Ausfluß Blut. Der Urin aus dem linken Ureter ist leicht eitrig.

Der Kranke wird nach einiger Zeit aus dem Hospital entlassen, und ich habe trotz wiederholter Nachforschungen nichts wieder von ihm hören können.

2) Die Geschichte des zweiten Falles ist SE doch nicht minder lehrreich.

Es handelt sich um ein junges Mädchen von H Jahren, die bisher

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keine Beschwerden im Harnapparat gehabt hatte. Da wurde sie im letzten August von Hämaturie befallen, begleitet von heftigen Blasen- schmerzen, die mit den Anstrengungen bei den häuslichen Verrichtun- gen zunahmen, so daß sie den Arzt aufsuchen musste. Dieser fand einen großen Stein in der Blase. Nach ihrer Aufnahme im Hospital Necker bestätigt sich die Diagnose. Da alle Symptome fehlen, so denkt man an alles Andere eher, als an eine Nierenaffection. Die spärliche, aber andauernde Hämaturie war nicht vollständig erklärlich. Der vorgenommeneVersuch einer cystoskopischen Untersuchung scheitert an der Empfindlichkeit der Kranken. Als aber diese Untersuchung später unter Zuhilfenahme des Chloroformschlafes vorgenommen wird, bestätigt das Cystoskop das Vorhandensein eines großen Steines, stellt aber außerdem fest, daß aus dem rechten Ureter mit jedem Ausfluß Blut dringt, wenn ein leichter Druck auf die Nierengegend ausgeübt wird. Der linke Ureter ist in Bezug auf Sitz uud Function normal.

Nach der Beseitigung des Steines schreitet man zur Oeffnung und Exstirpation der kranken Niere, welche sich von zahlreichen Miliar- tuberkeln erfüllt zeigt.

Nach einiger Zeit wird die Kranke als völlig geheilt entlassen.

Die immer fortschreitende Vervollkommnung des Cystoskops, be- sonders die Arbeiten von Nitze, Grünfeld, Casper etc., haben dieser wichtigen Untersuchungsmethode immer mehr Gönner gewonnen, 80 dass sie sich immer mehr verbreitet. „Wenn alle von der Klinik methodisch angewandten Mittel fehlschlagen, wird die explorative Ope- ration zu einer Notwendigkeit, um zu einer klaren Diagnose zu ge- langen“, schrieb Thompson!). Für den gewissenhaften Chirurgen gilt dieser Satz heute in folgender Moldification: „Wenn die cystoskopische Untersuchung nicht angezeigt ist oder unüberwindlichen Schwierig- keiten begegnet, ist die explorative Operation nötig“. Wenn bei Nephrectomie Zweifel über den functionellen Zustand der anderen Niere bestehen, so erscheint mir eine operative Exploration derselben, wie sie von einigen Autoren?) empfohlen wird, nicht als besonders glücklicher Griff; denn eine solche kann zu Irrtümern führen. Wenn man nämlich die Fettschicht stellenweise entfernt, so kann der makro- skopische Befund der Nierenoberfläche noch keinen Aufschluß über die Functionsfähigkeit der Niere geben. Eine Operation der Blase oder der Niere, selbst in völliger Antisepsis, behält immer die ungewisse

!) Thompson: Leçons cliniques. Trad. de Jamin 1885. 2) Tausini: Nuova operazione esplorativa. Riforma medica, Vol. I, No. 4 (Januar 1896), pag. 48.

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Chance eines zweifelhaften Ausganges. Allein das Cystoskop vermag uns sichere Daten an die Hand zu geben. Es klärt uns zunächst durch die Zahl der Ureterenorificien darüber auf, ob eine oder zwei Nieren vorhanden sind, und ob der aus der Niere fließende Urin klar, blutig oder eitrig ist. Welchen Einfluß die Cystoskopie auf die Reduction der Sterblichkeitsziffer bei Nephrectomie besitzt, besagt am deutlichsten die Mitteilung Sir Fenwick’s?) in der Medicinischen Gesellschaft von London: Auf 100 Nephrectomieoperationen kamen nur vier Todesfälle. Erwägen wir nun, daß die mittlere Sterblichkeitsziffer bei Nephrectomie nach Tuffier*) 36,8 pCt. beträgt, und daß vielfach der anatomische Befund als Todesursache den pathologischen Zustand der anderen Niere nachwies, so sehen wir klar, um wieviel günstiger sich diese statistische Ziffer stellen müßte, wenn die Patienten systematisch einem cystoskopi- schen Examen unterworfen würden.

Die Fortschritte des Ureterenkatheterismus, die wir Casper?), Nitze6) und Grünfeld verdanken, beseitigen immer mehr die Schwierig- keiten, die sich bislang boten, und machen die Application immer leichter.

Die Fälle. dieser Autoren und die letzte. Mitteilung des Prof. Albarran®) in der Biologischen Gesellschaft zu Paris liefern dafür den Beweis. Neue Horizonte eröffnet der Katheterismus der Ureteren der Therapie der chirurgischen Affectionen der oberen Harnwege.

®) Hurry Fenwick: Medicin. Gesellschaft v. London, 22. Februar 1897.

4) Tuffier: Traité de chirurgie, Tome VII.

5) L. Casper: Die diagnostische Bedeutung des Katheterismus der Ureteren, Mai 1896.

e) Nitze: Ueber cystoskopische Diagnostik chirurgischer Nierenerkran- kungen mit besonderer Berücksichtigung des Harnleiterkatheterismus. Berl. klin. Wochenschr. 1895, No. 15.

1) M. Albarran: Catheterisme cystoscopique des ureteres. Societe de chirurgie, seance du 19. Mai 1897.

Referate. I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten | des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

Dr. Reinhold Ledermann (Berlin): Therapeutisches Vade- mecum der Haut- und Geschlechts-Krankheiten. (Verlag von Oscar Coblentz, Berlin 1898.) ,

In compendiöser Form giebt uns der Verfasser ein nützliches Aach: schlagebuch für die Behandlung der Haut- und Geschlechts- Krankheiten. Besonders der practische Arzt, für den es in erster Linie bestimmt ist, dürfte darin eine Fülle praktischer Winke finden. Bei der in’s Ungemessene anwachsenden Menge von Arbeiten auf diesem Specialgebiet wird es dem allgemeinen Practiker immer schwerer, sich über die Brauchbarkeit der empfohlenen Behandlungsmethoden am Krankenbette selbst zu informiren. Wir müssen daher dem Verfasser Dank wissen, daß er in knapper und klarer Form die Behandlung der betreffenden Krankheiten schildert, wie sie sich ihm in seiner Praxis am besten bewährt hat. Trotz des engen Rahmens der Arbeit sind alle neueren Mittel erwähnt, ist ihre Brauchbarkeit und Art der Anwendung besprochen, dabei aber jede Weitschweifiskeit vermieden. Die Behandlung der Geschlechtskrankheiten nimmt ungefähr den dritten Teil des Büchleins ein. Die Ausstattung ist eine würdige, der Preis dabei ein mässiger (3 Mark). Wir können dem Buche daher eine gute Prognose mit auf den Weg geben; einer weiteren Empfehlung bedarf es nicht: das Gute spricht für sich selbst. Blanck.

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Mackenzie: On the physiological and pathological relations between the nose and the sexualapparatus of man. (Brit. med. journ. 1897.)

Daß ein inniger physiologischer Zusammenhang zwischen Geruchs- und Geschlechtsorganen besteht, ist bekannt, daher mögen hier nur M.’s Beob- achtungen über diesbezügliche pathologische Verhältnisse Mitteilung finden. 1) Bei einer großen Anzahl von Frauen, die an Nasenaffectionen erkrankt sind, ist das Leiden während der Menstruation oder unter dem Einflusse geschlechtlicher Erregung gesteigert. 2) Es giebt Fälle, bei denen congestive oder entzündliche Processe der nasalen Wege nur während der Menses auftreten, oder wenigstens dann erst so heftig werden, daß sie zur ärzt- lichen Behandlung gelangen. 3) In vielen Fällen von Catarrh der Nase und in manchen von Ozäna ist der üble Geruch des-Secrets während der Menses besonders stark und wird erst geringer beim.Aufhören letzterer. 4) Excesse in Venere scheinen Catarrhe der Nasenschleimhaut zu steigern. 5) Hochgradige Masturbanten leiden fast constant am Nasenbluten, wässrigen und schleimigen Absonderungen der Nasenschleimhaut und perversen Riech- empfindungen. 6) Die Coexistenz von Uterin- und Ovarienleiden hat bis- weilen einen wichtigen Einfluß auf den klinischen Verlaufder Nasenerkrankung. Häufig trotzt letztere der Behandlung, bis das gleichzeitige Leiden der Sexualorgane erkannt und beseitigt ist.

Der Zusammenhang der beiden Organe beruht entweder auf einfacher Reflexaction oder auf einer Beziehung der vasculären Centren der erectilen Organe der Nase und der Geschlechtsorgane zueinander.

Mankiewicz.

-= I. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Harvey Cook: A new, rapid and accurate method of esti- mating uric acid. (Medical Record, 12. März 1898.)

Alle bisherigen quantitativen Harnsäurebestimmungen durch die Waage oder durch Titration nehmen zu viel Zeit in Anspruch oder erfordern einen zu kostspieligen Apparat und eine zu große Technik, um Allgemeingut der Aerzte zu werden. Cook’s Methode, die mit der Haycraft’schen die Fällung der Harnsäure als Silberurat gemeinsam hat, ist schnell ausführbar und exact; sie erfordert eine Centrifuge, vier genau graduirte Centrifugen- gläser von 15 cem und eine Pipette von 1 cem Inhalt. Erstere befindet sich nach Verf.’s Ansicht im Besitz fast aller Aerzte.

Aus einer Menge von 10 cem Urin werden die Erdphosphate durch Zusatz von 0,5—1,0 ccm Natriumcarbonat und 1—2 cem Ammoniumhydrat gefällt und durch die Centrifuge vom Harn getrennt. Dem phosphatfreien

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Harn werden 2 ccm Ammoniumhydrat und 2 ccm einer Ammonium-Silber- verbindung zugesetzt, welche aus einer öproc. Silbernitratlösung durch Hinzufügen von Ammoniak bis zum Klarwerden der Lösung hergestellt wird. Die als Silberurat gefällte Harnsäure, eine durchsichtige, schleimige Substanz, wird durch die Centrifuge vom Harn getrennt, der Harn abgegossen und das Präcipitat mit 5 ccm Ammoniumhydrat gemischt, um etwa mit- gefällte Chloride wieder zu lösen. Die Menge des reinen Silberurats kann dann am graduirten Glas abgelesen werden, 1 em entspricht 000116 g Harnsäure; daraus läßt sich leicht der Procentsatz resp. die 24stündige Harnsäuremenge berechnen. Zwei Proben können zu gleicher Zeit aus-

geführt werden. R. Rosenthal (Berlin.

David Fraser Harris (Glasgow): On the red ally of urohae- matoporphyrin: a retrospect of twelve cases. (British medical Journal, 5. Februar 1898.)

Urohämatoporphyrin, ein Orange-Farbstoff, der bei zahlreichen Krank- heiten im Harn gefunden wurde, zeigt spectroskopisch 4 Streifen, je einen links von D im Roth und in der Nähe von F und zwei zwischen D und E. Im Jahre 1890 fand Mac Munn zum ersten Male in einem Harn ein bur- gunderrotes Pigment, das er als eine Zwischenstufe zwischen Hämatopor- phyrin und Urohämatoporphyrin bezeichnete. Es hat große spectroskopische Aehnlichkeit mit dem letzteren; sein Spectrum zeigt je einen Streifen im Roth, Orange, Grün und Grün-Blau und verwandelt sich nach Zusatz von Schwefelsäure in das zweistreifige des sauren Hämatoporphyrins.

Den aus der Literatur gesammelten 10 Fällen fügt Verf. zwei eigene bei zwei Brüdern beobachtete Fälle hinzu. Er schlägt für das rote und das orangefarbene Pigment die Namen « und $ Hämatoporphyrin vor.

Sieben unter den 12 Fällen betrafen Frauen; alle sieben hatten ernste nervöse Störungen, vier hatten Sulfonal genommen; fünf Fälle endeten letal.

« Hämatoporphyrin ist sehr beständig und im Stande, Harngährung hintanzuhalten. Es wird aus dem Blutpigment wahrscheinlich in der Leber gebildet. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Anton Krokiewicz, Primararzt des allgem. St. Lazarus-Landes- spitals in Krakau und Dr. Josef Batko, pract. Arzt daselbst: Eine sehr empfindliche Reaction auf Gallenfarbstoffe im Harne als Modification der Ehrlich’schen Methode mit Diazobenzolsulphosäure. (Wiener klin. Wochenschr. 1898, No. 8.)

Die Reactionen auf Gallenfarbstofle im Harne, welche bisher angegeben wurden, zeichnen sich durch keine besondere Empfindlichkeit aus. In An- betracht dieses veröffentlichen die Verff. eine sehr empfindliche Reaction auf Gallenfarbstoffe, auf welche sie bei Ausführung der Ehrlich’schen Diazoreaction kamen.

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Gießt man in eine Eprouvette 8 cm? des gallenfarbstofl'haltigen Harnes und dann das gleiche Quantum des zur Diazoreaction Ehrlich’s ange- wendeten Reagens (Acidum sulfanilie. 0,50, Acidum hydrochl. conc. p. 5,00, Aqua dest. 100,0), schüttelt durch, gießt hierauf vorsichtig längs der Eprou- vettenwand circa 4 cm? einer lproct. Natriumnitritlösung hinzu, so sieht man in kurzer Zeit in der Flüssigkeit ein Farbenspiel, und zwar im oberen Teile des Probireylinders eine smaragdgrüne breite Zone, darunter einen violetten Saum, der sich allmählich auf die übrige Flüssigkeit bis zum Boden der Eprouvette verbreitet. Wenn man nachher in diese Eprouvette langsam längs der Wand 2 cm3 Ammoniak (Ammon. pur. liquid.) hinzufügt, so bietet sich ein schönes Farbenspiel dar, dem vorherigen völlig ähnlich, aber unter Hinzutritt einer orangeroten Färbung in der oberen Schicht ober- halb der smaragdgrünen Zone. Der Farbenton hängt von der Menge der Gallenfarbstoffe im Harne ab; auf jeden Fall benötigt man ein größeres Quantum Harn und etwas reichlicheren Gehalt desselben an Gallenfarb- stoffen, um diese Reaction hervorzurufen.

Dieser Umstand veranlaßte die Verff. zu einer genaueren Analyse der Details der ganzen Erscheinung. Dabei gelangten sie zu Methoden, mit Hilfe deren man kleine Mengen Gallenfarbstoffe iin Harne nachweisen, ja in gewissen Fällen sogar schon nach einigen Tropfen Harn auf die An- wesenheit von Gallenfarbstoffen schließen kann.

Zur Ausführung sind drei Reagentien nothwendig: a) lproc. wässerige Lösung von Acidum sulfanilic., b) 1proc. wässerige Lösung von Natrium- nitrit, ec) concentrirte reine Salzsäure (Acidum hydrochl. cone. pur.). Der Kürze halber bezeichnen die Verff. die ersten zwei Reagentien, welche in vor Licht geschützten Gefäßen aufzubewahren sind, mit A und B.

Nachstehend die Methoden:

I. Methode (Krokiewicz): In eine Eprouvette gießt man je 2 em? der Reagentien A und B, hierauf 2—5 Tropfen des gallenfarbstoffhaltigen Harnes und schüttelt durch einige Secunden; die Flüssigkeit nimmt eine rubinrote Färbung an, teils stärker, teils schwächer, abhängig von der Menge der Farbstoffe, und geht nach dem Zusatze von 1—2 Tropfen Salz- säure in Amethystviolett über. Diese Erscheinung dauert kurz und es tritt dann vollständige Entfärbung der Flüssigkeit ein.

II. Methode (Krokiewiez): Man gießt in eine Eprouvette je einige Tropfen der Reagentien A und B (circa 1/, cm3) und ebensoviel Harn (1—1 cm3), dann einen Tropfen HCl, schüttelt hierauf kurze Zeit durch, wodurch eine tiefviolette Färbung der Flüssigkeit entsteht, welche K. nun sofort mit destillirtem Wasser bis zur amethystvioletten Färbung verdünnt. In Fällen von sehr geringen Quantitäten der Gallenfarbstoffe tritt die amethystviolette Färbung nach einigen Minuten deutlich hervor.

III. Methode (Batko): In eine Eprouvette gießt man je mehrere Tropfen der Reagentien A und B und gießt sie hierauf heraus, so daß kaum Spuren davon im Probirröhrehen zurückbleiben; hernach bringt man in die Eprouvette 5 cm®3 des icterischen Harnes hinein. Die Flüssigkeit nimmt

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in dem Röhrchen eine rubinrote Färbung an, welche nach Zusatz von 1—2 Tropfen Salzsäure in Violett übergeht. Im Falle eines reichlicheren Gehaltes an Gallenfarbstoffen ist zu dieser Reaction ein mehrfach (bis zehn- fach) verdünnter Harn zu verwenden (Krokiewicz).

Anstatt der Salzsäure können auch andere mineralische Säuren ange- wendet werden, doch gelingt diese Reaction am besten mit Salzsäure.

Von diesen Methoden ist die zweite am empfindlichsten.

Zu den Versuchen ist frischer Harn zu verwenden, oder höchstens ein solcher, der vor 2 oder 3 Stunden gelassen wurde. Kr.

Walter Smith: Cystinuria. (British Medical Journal, 9. April 1898.)

S. konnte etwa 75 Fälle aus der Litteratur sammeln und beobachtete dieses ungewöhnliche Vorkommnis selbst zwei Mal, bei einem 8jährigen, sonst gesunden Knaben und einer 50jährigen, an rheumatischen Beschwerden leidenden Dame. Die hexagonalen Cystinkrystalle sind unlöslich in Essig- säure, löslich in Ammoniak. Das Cystin entsteht aus dem löslichen Cystein im Körper und hat keine Beziehungen zur Harnsäure. Cystinurie ist oft mit Diaminurie, d. h. dem Auftreten von Cadaverin und Putresein im Urin vergesellschaftet, und beide verdanken ihre Entstehung wahrscheinlich der- selben Ursache, einer intestinalen Mykose. Die Therapie besteht daher in Darmdesinfection. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Ewald Stier, Unterarzt im Kgl. Charitekrankenhause zu Berlin: Ein neuer Fall von Alkaptonurie. (Berl. klin. Wochenschr. 1898, No. 9.)

Der Fall von Alkaptonurie, über den Verf. berichtet, betrifft einen achtjährigen Knaben. Entdeckt wurde derselbe, wie alle früheren, durch Zufall bei Gelegenheit einer Krankheit. Der Knabe ist verhältnismäßig klein, blaßB, von schwachem Knochenbau und schwacher Musculatur, der, wenn auch nicht eigentlich krank, so doch stets anstößig mit seiner Gesund- heit und trotz aller sehr sorgfältigen Pflege nicht so ist, wie man es von einem Knaben seines Alters erwarten sollte. Es läßt sich mit ziemlicher Sicherheit behaupten, daß die Alkaptonurie im vorliegenden Falle nicht erst im Laufe des Lebens erworben, sondern angeboren ist. Die Mutter ver- sichert mit Bestimmtheit, daß ihr schon in der allerersten Lebenszeit des Knaben eine dunklere Färbung des Harns und vor Allem die für die Alkaptonurie so characteristische Eigenschaft aufgefallen sei, daB der Harn in der Wäsche Flecken hinterlassen habe, die schwer oder gar nicht durch Waschen zu beseitigen gewesen seien, eine Eigenschaft, die der Harn noch heute in fast derselben Weise zeige.

Die genaue Untersuchung des Harns ergiebt Folgendes: Frisch gelassen unterscheidet er sich so gut wie gar nicht in seiner Farbe vom normalen, nimmt aber beim Stehen an der Luft allmählich eine dunklere, im Laufe von Wochen und Monaten tief braune Farbe an. Beim Schütteln mit Alkalien tritt diese Dunkelfärbung schnell ein. Ferner zeigt er die Fähig-

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keit, Fehling’sche Lösung beim Erhitzen und ammoniakalische Silberlösung schon in der Kälte zu redueiren, während alkalische Wismuthlösung nicht reducirt wird. Daß dieses Reducetionsvermögen nicht auf der Anwesenheit von Zucker beruht, wird dadurch bewiesen, daß der Harn optisch inactiv und durch Hefe nicht vergährbar ist. Um die Substanz, die dem Harn diese Eigenschaft verleiht, zu isoliren, verfuhr Verf. genau nach den Angaben von Wolkow und Baumann, nur daß er statt des neutralen Bleiacetats, entsprechend den Angaben Ogden’s, basisches verwandte. Das Verfahren lieferte Krystalle, welche alle von Baumann angegebenen Eigenschaften der Homogentisinsäure zeigten. Was die Quantität der ausgeschiedenen Homogentisinsäure betrifft, so betrug sie durchschnittlich täglich 2,7 g, also eine verhältnismäßig große Menge. Diese Menge schwankt ziemlich be- deutend und ist deutlich abhängig von der Ernährung.

Hinsichtlich des Harnsäuregehalts des Alkaptonharns ergab sich das neue und interessante Resultat, daß eine Verminderung derselben nicht vorliegt, diese Verminderung also nicht mehr als eine characteristische, von der Alkaptonurie untrennbare Eigenschaft des betreffenden Harms angesehen werden kann.

Das Verhalten der Homogentisinsäure im normalen Organismus be- treffend, so übt dieselbe, innerlich genommen, nach Versuchen, die Verf. an sich anstellte, einen bemerkbaren Einfluß auf die Harnsäureausscheidung oder -Abscheidung nicht aus.

Was den Ort der Entstehung angeht, so war schon durch Embden’s Untersuchungen die TheorieBaumann’s über die Entstehung durch Bacterien im Harn mindestens zweifelhaft geworden. Auch die von S. erhaltenen Resultate sprechen gegen dieselbe. Es muB also wohl die verhältnismäßig einfache Anschauung, daß die Homogentisinsäure im Darm durch specifische Bacterien gebildet werde, aufgegeben und angenommen werden, daß sie in den Geweben entsteht. Zweifellos gewinnt die Alkaptonurie durch diese Anschauung wesentlich an allgemeiner Bedeutung und beansprucht ein größeres Interesse, als wenn sie nur als ein Product specifischer Bacterien angesehen werden müßte.

Von Interesse war auch bei dem Knaben eine bisher bei Alkaptonurie noch nicht beobachtete Erscheinung, nämlich die tiefe Braunfärbung des sehr reichlich abgesonderten Ohrenschmalzes. Es lag nahe, daran zu denken, dab es sich hier, analog der Ausscheidung des Harnstoffs, der Aetherschwefel- säuren und anderer Harnbestandtheile im Schweiß um eine Absonderung von Homogentisimsäure aus den CGeruminaldrüsen handelte. Die Unter- suchungen, die Verf. in dieser Beziehung anstellte, ergaben kein entschiedenes Resultat. Kr.

Ivar Bang (Upsala): Eine neue Methode zum Nachwels der Albumosen im Harn. (Deutsche med. Wochenschr. 1898, No. 2.) Die von Salkowski angegebene Methode zum Nachweis der Albu- mosen im Harn ist, wie Salkowski kürzlich selbst gezeigt hat (Berliner

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klin. Wochenschrift 1897, No. 17), „mit einer erheblichen Fehlerquelle be- haftet“; diese stammt von dem Urobilin her, welches mit Kupfersulfat und Natronlauge eine der Biuretreaction sehr ähnliche Farbe giebt. Salkowskı hat zwar mehrere Modificationen seiner Methode vorgeschlagen, um die genannte Fehlerquelle herabzumindern, indes ganz ist es ihm nicht gelungen. Verf. hat darum eine neue Methode ausgearbeitet, die auf folgendem Princip beruht. Der mit Ammoniumsulfat gesättigte Harn wird centrifugirt. Die durch das (NH,),SO, gefällten Albumosen nebst dem Eiweiß, Urobilin und etwas Harnsäure setzen sich sehr rasch am Boden des Centrifugenrohres ab. Die Salzlösung wird abgegossen und der Bodensatz mit 97 proc. Alkohol zerrieben. Urobilin geht in die alkoholische Lösung, zurück bleiben Albu- mosen, Eiweiß, Salze und Harnsäure. Man löst den Rückstand in wenig Wasser und filtrirt. Auf dem Filter bleiben Eiweiß, Harnsäure und unlös- liche Salze, das Filtrat enthält die Albumosen, die mittelst der Biuretreaction nachgewiesen werden. Bei sehr hohem Urobilingehalt im Harn kann es vorkommen, daß man trotz mehrmaligen Ausziehens mit Alkohol das Uro- bilin nicht vollständig entfernt. Man hat dann nach Verf. so zu verfahren, daB man nach dem Alkoholauszug den Rückstand im Wasser löst und mit Chloroform und einigen Tropfen Schwefelsäure ausschüttelt. Die Chloroform- lösung wird abpipettirt (oder abgehebert) und die wässerige Lösung ist zur Biuretreaction fertig. Die Methode kann mit beliebigen Mengen Harn aus- geführt werden, sie ist um so empfindlicher, je mehr Harn man benutzt. In 200 ccm Urin kann man die Albumosen in einer Verdünnung von 1:20000 bis 1:30000 nachweisen. Zu klinischen Zwecken genügen 10 ccm Harı, die mit 8g (NH,)SO, in einem Reagensglas erhitzt werden. Alsdann wird im Wesentlichen nach obiger Vorschrift verfahren. Das Alkoholextract kann man zum Nachweis des Urobilins benutzen. Man setzt dann einige Tropfen einer ZnC],-Lösung hinzu; bei Gegenwart von Urobilin bekommt man eine prachtvolle Fluorescenz. Diese Probe ist sehr fein. Von anderen normalen und pathologischen Harnbestandteilen giebt nach den Ermittelungen des Vert jo nur das Hämatoporphyrin eine sehr ähnliche Reaction und kann, wenn es sehr reichlich vorhanden ist und dann nicht vollständig ın die alkoholische Lösung geht, zu Irrtümern Veranlassung geben. Deshalb empfiehlt Verf., wenn man nach der Fällung mit (NH,),SO, ein rotes Alkoholextract mit den Spectralstreifen des Hämatoporphyrin bekommt, zuerst den Harn mit BaC], zu fällen, Urobilin und Albumosen werden nicht gefällt, aber das Hämatoporphyrin so vollständig, daß es zur Täuschung nicht führen kann. R. L.

Adolf Jolles: Bine einfache sehr empfindliche Probe zum Nachweise von Brom im Harne. (Wiener Medicin. Blätter 1898, No. 11.)

100 ccm des Harnes werden in einem enghalsigen Kölbchen mit

Schwefelsäure angesäuert und Kaliumpermanganat im Ueberschuß, also bis

zur bleibenden Rotfärbung zugesetzt. In den Hals des Kölbchens wird ein

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angefeuchteter Papierstreifen von p. Dimethylphenylendiamin gebracht und das Kölbchen auf dem Wasserbade erwärmt. Bei Anwesenheit, selbst von Spuren von Brom entsteht auf dem Papier der characteristische Farbring, der innen violett, an den Rändern durch blau in grün bis braun übergeht. Außer dem p. Dimethylphenylendiaminpapier ist zum Nachweise von Brom im Hare nach dem angegebenen Verfahren auch das von Bauloigny empfohlene Fluoresceinpapier sehr geeignet. Bei Anwesenheit von sehr geringen Brommengen im Harne ist eine Rosafürbung des Fluorescein- papieres erkennbar. Immerwahr (Berlin).

Adolf Jolles: Ueber den Nachweis des Pyramidons (Dime- thylamidoantipyrin) im Harne. (Wiener Medicin. Blätter 1898, No. 11.)

Beim Ueberschichten des Harnes mit einer sehr verdünnten alcoholi- schen Jodlösung (eine 1Oproc. alcoholische Jodlösung wird auf das Zehn- fache mit Wasser verdünnt) entsteht ein scharfer Ring, der nach einigem Stehen in’s Rotbraune übergeht. Diese Reaction ist characteristisch und für den Nachweis des Pyramidons im Harne zu empfehlen.

Immerwahr (Berlin).

G. F. Laidlaw: The meaning of the word phosphaturia. (Medical Record, 12. März 1898.)

Verf. macht gegen den Mißbrauch Front, der mit dem Wort „Phos- phaturie* getrieben wird und der zu einer heillosen Verwirrung zweier ganz verschiedener Zustände unter den Aerzten und in den meisten Lehrbüchern geführt hat. Von der seltenen, echten Phosphaturie, die nur durch quan- titative Analyse aus dem gesammelten Harn von 24 Stunden, am besten durch Titrirung mit Uraniumnitrat, diagnosticirt werden kaun und von der Verf. unter 2000 Harnanalysen nur einen Fall bvi saurem Harn mit ge- lösten Phosphaten beobachtete, ist wohl zu unterscheiden der Zustand, bei dem es sich nur um Trübung des Harns durch Phosphatfällung handelt und den Fenwick sehr unzutreflend als „vorübergehend phosphatischen Urin“ oder „functionelle Phosphaturie“ bezeichnet; denn phosphathaltig ist jeder Harn, und dieser Zustand durchaus nicht immer vorübergehend; Vermehrung der Phosphate liegt nicht vor und der wahren Phosphaturie liegt keine organische Läsion zu Grunde. Verf. schlägt zur Unterscheidung den Namen „Phosphaturoptosis“ vor. Dieselbe kann primär entstehen oder secundär im alkalischen Gährungsharn und ist nicht immer bedeutungslos, da sie die Grundlage für Phosphatsteinbildung werden kann.

` R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Alfr. Froehlich: Ueber den Nachweis von Traubenzucker im Harn mittelst Methylenblau. (Centralbl. für innere Med. 1898, 4.)

F. benutzt nach dem Vorgang von Williamson (Brit. med. Journal

1896, pag. 730), Ihl, Wohl und Wunder die Reduction des Methylenblaus

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zu Methylenweiß durch Traubenzucker in alkalischer Lösung für den Nach- weis des Traubenzuckers iin menschlichen Harn. Seine Methode ist die folgende: Es wurden 10 eem des zu untersuchenden Harns znnächst mit etwa 5 ccm einer concentrirten Lösung von neutralem essigsauren Blei (Pl. acet. neutr. 300 : 1000 Wasser), dann nach kurzem Umschütteln mit etwa 5 ccm concentrirtem Bleiessig (Pl. acet. basic. solut.; 200 g Bleizucker gelöst in 1000 Th. Wasser, darin 100 g Plumb. oxyd. pur. gelöst) versetzt. Dann filtrirt man durch e'n trockenes doppeltes Filter und erhält dadurch fast immer ein wasserklares, farbloses, höchstens einen leisen Stich in’s Gelbliche aufweisendes Filtrat. Man giebt daun in zwei Eprouvetten je gleiche Mengen des Filtrats und einer concentrirten wässerigen Methylenblau- lösung (1 g reinstes Methylenblau in 300 g Wasser), macht letztere stark alkalisch (für 5 com Methylenblau ca. 1 ccm 1Oproc. KaOH), erhitzt die alkalische Methylenblaulösung an offener Flamme und gießt das Filtrat des Harns in dieselbe hinein, erhitzt neuerlich bis zum Sieden und entfernt dann die Eprouvette von der Flamme. Enthält der zu untersuchende Harn Traubenzucker, so erfolgt ein Hellerwerden der vorher schwarz-blauen Flüssigkeit, dieselbe wird weißlich, endlich klar und durchsichtig und nımmt einen blaßgelblichen Farbenton an. Ueberschüssiges Blei fällt als weiber Niederschlag an den Boden der Eprouvette. Nach 20—25 Secunden erfolgt meist die Reaction, es empfiehlt sich, die Eprouvette möglichst ruhig zu halten. Bei sehr stark gefärbten Harnen soll man den Harn zur Hälfte mit Wasser verdünnen. 0,04—0,05 pCt. Traubenzucker wurden durch diese Probe noch nachgewiesen. Phenylhydrazin und Worm Müller-Fehling wurden zur Controle benutzt. Alle die Stoffe im Harn, welche in alkalischer Lösung die Entfärbung des Methylenblau bewirken: normale und pathologische Harnfarbstoffe, die gepaarten Glycuronsäuren, werden durch das Blei aus- gefällt; nur der Traubenzucker bleibt als reducirende Substanz im Filtrat. Wir besitzen also im Methylenblau ein Reagens, das gestattet, Trauben- zucker im Harn schon in kleinen Quantitäten nachzuweisen. Mankiewicz.

M. Marpmann (Leipzig): Extractum Glaucii fluidum gegen Diabetes. (Wiener Medicin. Blätter 1898, No. 10.)

Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf die Anwendung von Glaucium luteum, einer in Deutschland heimischen Papaveracee, als Mittel gegen Diabetes. Das Fluidextract von Glaucium luteum wurde mit gutem Erfolge in Mengen von einem halben Theelöffel voll, dreimal täglich vor den Mahl- zeiten gegeben. (Südd. Apoth.-Ztg. 1898, No. 36.)

Ä | | Immerwahr (Berlin).

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UL Gonorrhoe und Complieationen.

Steinschneider: Ueber den forensischen Wert der Gono- kokken-Differenzirung durch mikroskopische Unter- suchung, besonders bei Vulvovaginitis kleiner Mädchen. (Aerztliche Sachverständigen-Zeitung, 1898, No. 6.)

Es ist von gerichtsärztlicher Seite wiederholt behauptet worden, die mikroskopische Untersuchung allein genüge nicht zur bestimmten Diffe- renzirung der Gonokokken, es müsse vielmehr noch das Culturverfahren zu Hilfe genommen werden. Dem gegenüber behauptet Verf. auf Grund zahl- reicher Untersuchungen mit Bestimmtheit, daß in Zellen eingeschlossene Haufen sich nach Gram entfärbender, die Katffeebohnenform zeigender Diplokokken in einem Genitalsecret mit Sicherheit als Gonokokken ange- sprochen werden können. Zu demselben Resultate kam er auch bei der- Untersuchung von 16 kleinen an Vulvovaginitis leidenden Mädchen, sodaß nach seiner Ansicht auch in forensischen Fällen, in denen es sich um Ditferenzirung der Gonokokken in aus dem Genitale stammenden Präparaten

handelt, die mikroskopische Untersuchung genügt. Dr. Schmey (Beuthen O.-8.).

Dr. Niessen, Stabsarzt (München): Versuche mit einigen neue- ren Ersatzmitteln des Argentum nitricum in der Tripper- behandlung. (Münch. med. Wochenschrift 1898, No. 12.)

Das Argentum nitricum ist bei seiner gonokokkentötenden Kraft mit einigen Nachteilen behaftet; diese sind hauptsächlich die Unmöglichkeit der Verwendung in stärkerer Lösung, die höchst oberflächliche Wirkung, in- dem das Mittel auf der Schleimhaut sofort unwirksame Verbindungen ein- geht, seine auch in geeigneter Verdünnung noch reizenden Eigenschaften. Daraus erklärt sich, daß man sich bestrebt hat, andere geeignete Mittel zur Behandlung des Trippers ausfindig zu machen. Von den hierfür empfohlenen Mitteln hat Verf. an dem Material des Garnisonlazarets München folgende versucht: das Argonin, Airol, Antinosin und Dextroform. Der Er- folg wurde sowohl nach der Schnelligkeit, mit welcher die Gonokokken aus dem Secret verschwanden, wie nach den übrigen klinischen Er- scheinungen beurteilt. Das gonokokkenwidrige Mittel wurde sofort ange- wandt, falls nicht eine starke Acme der Entzündung zwang, einige Tage nur Eis oder Bleiwasser und Bettruhe zu verordnen. Das Mittel wurde dann so lange angewandt, bis keine intracellulären Gonokokken, womöglich auch keine einzige extracelluläre Doppelkugel im Secret sich fand. Event. wurden auch die Fäden auf Gonokokken untersucht. Nach dem Schwinden derselben wurde zu Adstringentien gegriffen, dabei aber das Secret fort- dauernd untersucht, um beim Wiedererscheinen der Gonokokken wieder zu einem Antigonorrhoicum zu greifen. Verf. verwandte zu seinen Versuchen

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fast ausschließlich solche Fälle, welche nach Angabe und Befund uncompli- cirte Erkrankungen mit kurzzurückliegender Infection darstellten. Chronische Fälle sind dagegen zur Erprobung eines Mittels wenig dienlich. Ueber Argonin kam Verf. nun zu folgenden Ergebnissen. Argoninlösungen richtig zubereitet, sind reizlos; man hat kalt anzurühren und im Wasserbad unter stetem Umrühren so lange zu erwärmen, bis völlige Lösung eingetreten ist. Dann werden sogar mehr als 2proc. Lösungen reactionslos ertragen. Ar- gonin besitzt eine zweifellose gonokokkentötende Kraft, vielleicht etwas geringer als das Argent. nitr. und ist deshalb bei seiner absoluten Reiz- losigkeit eines der empfehlenswertesten Ersatzmittel für Argent. nitr. Das Airol (Wismuthoxyjodidgallat) ist ein graugrünes, feines Pulver, welches in Schüttelmixtur zur Verwendung kommt. Verf. wandte es nach folgender Vorschrift an: Airol 10,0, Glycerin 70,0, Ag. destill. 30,0. Hiervon wurden, ohne den Ablauf der Entzündungsacme abzuwarten, vom ersten Behandlungs- tage an 10 cem in 2 Abteilungen zu je ō ccm mit kurzer Pause und nach vorgängiger Spülung mit Borsäurelösung injieirt, ein Mal am Tage. Verf. hat folgenden Eindruck gewonnen. Das Ajrol wirkt antibacteriell, doch steht es an gonokokkentötender Kraft dem Argent. nitric. nach; es erschwert in den meisten Fällen durch allerdings belanglose Trübung die Uebersicht des Urins, in manchen Fällen erzeugt es auch Reizerscheinungen. Das Anti- nosin ist das Natronsalz des Tetrajodphenolphthaleins. Verf. hat es in wenigen Fällen in lproe. Lösung zu Injectionen in die Pars anterior, in Stäbchenform zur Einführung mittelst des Porte remede nach Dittel in die Pars posterior verwendet. Obwohl die geringe Zahl der Fälle kein abschließendes Urteil gestattet, glaubt Verf. nicht, daß das Antinosin dem Arg. nitr. an gonokokkentötender Wirkung gleichkommt; jedenfalls ist es nicht frei von Reizwirkung. Endlich hat Verf. noch Versuche mit dem Dextroform angestellt; dieses von Prof. Classen in Aachen hergestellte Präparat ist bekamntlich eine Verbindung des Formaldehyds mit Dextrin. Verf. wandte das Mittel in 1'/,proc., später in 2proc. wässriger Lösung ar, für die Behandlung der Pars posterior lieB er Cacaostäbehen anfertigen, die etwa 25 pCt. Dextroform enthielten. Es wurde am ersten Tage eine Spritze, am zweiten zwei Spritzen, bis zu vier Spritzen am vierten Tage injicirt. Zu einem endgiltigen Urteil genügten die wenig zur Behandlung gekomme- nen Fälle nicht, indes erwies sich das Mittel als völlig reizlos, und führte in einigen Fällen schnell zur Heilung; in andern, wo es aus Mangel an Material ausgesetzt werden mußte, zeigte es sich ebenfalls als wirksam. Daher empfiehlt Verf. es dringend weiterer Prüfung. R. L.

Dr. Jaroslav Lenz, Secundararzt der Klinik des Prof. Dr. V.Janovsky in Prag: Ueber die Behandlung der gonorrhoischen Epi- didymitis durch Guajacolapplication. (Wiener klinische Rundschau 1898, No. 4, 5 und 6.)

Die Erfahrungen des Verfassers stimmen im Ganzen mit den Angaben von Balzer, Lacour, Tavitain, Pucci und Goldberg überein, bis auf

das Vorhandensein von Erythemen und Ekzemen, die er nicht bemerkte; sie widersprechen ferner der Behauptung Valerio'’s, der vom Guajacol im acuten Stadium der Epididymitis keinen, dafür aber einen großen Erfolg im subacuten Stadium sah.

Die bei 50 Kranken gewonnenen Erfahrungen lassen sich in folgender Weise zusammenfassen:

1) Das Guajacol zwei Mal täglich in einer 1Oproc. Vaselinsalbe auf den entzündeten Nebenhoden applicirt, ist ein vorteilhaftes Ersatzmittel der bisherigen Behandlungsmethoden, weil es Schmerzen, Fieber, Schlaflosig- keit und Anschwellung längstens in 3—5 Tagen beseitigt.

2) Die analgetische und antipyretische Wirkung kommt am besten im acuten Stadium der gonorrhoischen Epididymitis zur Geltung, bei eitrigen, traumatischen und anderen Nebeuhodenentzündungen; im subacuten Stadium der gonorrhoischen ist dieselbe geringer und im chronischen ganz un- bedeutend. Behufs Resorption der Infiltrate ist das Guajacol durch die Salbe Zeissl’s zu ersetzen.

3) Diese Methode kann ganz ohne Gefahr, event. auch ohne Störung der Berufsthätigkeit angewendet werden und verursacht außer dem erträg- lichen Gefühle des Brennens bei der ersten Application keine unangenehmen Nebenerscheinungen. Kr.

Baumgarten (Budapest): Partielle Resection der Harnröhre bei Strictur, Combination mit Cystotomia perinealis. (Centralbl. f. die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, IX, 3.)

Verf. bekam im Februar 1896 einen 33jährigen Kaufmann in Behand- lung, der an einer nur für ein Bougie filiforme durchgängigen Strietur der Harnröhre in der Pars bulbo-membranacea und an Blasencatarrh litt. Er versuchte durch methodische Dilatation die Strietur zu erweitern, um dann auch den Blasencatarrh in Angriff zu nehmen, kam aber im Verlauf eines Monats nur bis zur Weite von 13 Ch., da die Strietur sich zwischen zwei Sondenringen immer stark verengte. Da er nun noch bei Einführung einer dünnen Metallsonde einen Stein in der Blase entdeckte, entschloß er sich, von weiteren Dilatationsversuchen abzustehen und operativ vorzugehen. Er eröffnete durch einen ca. 4 cm langen Schnitt in der Medianlinie die Harn- röhre im Bereich der Pars membranacea, verlängerte den Schnitt dann bis zur Prostata, so daß er mit einem Finger in die Blase eindringen, den Stein mit einer Kornzange fassen und herausziehen konnte, schnitt darauf die die Strietur verursachende Narbe aus, führte einen Guyon’schen Seiden- katheter als Verweilkatheter durch die Harnröhre in die Blase, vereinigte um den Katheter die Schleimhaut der resecirten Harnröhre durch Catrut- fäden und vernähte zum Schluß noch den größten Teil der äußeren Haut- wunde. Der Heilungsverlauf war ein sehr guter. Die Wunde heilte reactions- los; auch der Blasencatarrh verschwand unter Anwendung von Ausspülungen, die täglich zwei Mal, Anfangs durch den Verweilkatheter, später mit Hilfe eines Nelatons vorgenommen wurden. Sechs Wochen nach der Operation

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konnte Patient aus der Behandlung entlassen werden. Bei einer Nachrevision, 20 Monate später, erwies sich die Harnröhre für die dickste Sonde bequem durchgängig. Verf. empfiehlt die Excision der eine Strietur verursachenden Narbe für alle Fälle, wo die Urethrotomia externa indieirt und die Aus- dehnung der Narbe nicht gar zu groß ist. Aust (Königsberg ı. P.).

Ducastel: Orchite blennorrhagique et son traitement. (Lyon medical 1898, 6.)

D. empfehlt zur Heilung der gonorrhoischen Orchitis eine mit Kälte- wirkung combinirte Wattecompression des geschwollenen Organs. Mit dem Watteverband comprimirt und immobilisirt er das Scrotum; täglich oder jeden zweiten Tag soll man mit Arsonval’s Apparat oder Pinsel Chlor- methyl einpulvern oder Chlormethyl- oder Chloräthylwatte in das Suspen- sorium einlegen. (Langlebert, Casper, Neisser’s feuchter Compressions- verband mit passendem Suspensorium ist viel einfacher.) Mankiewicz.

Griffon: Gonorrhoe des Rectums. (La Presse med. 1897, No. 13.)

G. teilt einen Fall mit, in dem es sich nur um eine Gonorrhoe des Mastdarms handelte. Es waren als Symptome Tenesmus und ein dauerndes lästiges Gefühl im Mastdarm zu constatiren. Der Tenesmus trat nur bei der Defäcation ein, bei der sich Schleim vor dem Stuhlgang entleerte. Objectiv war nichts zu sehen. Die Behandlung bestand in Lavements mit Kali hypermangan. 1:4000—2000. Es trat vollständige Heilung ein.

Holz.

IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

fg N

Zambaco-Pascha: Das Alter der Syphilis. (La France medic. 1897, No. 52.)

Allgemein wird von Aerzten und gebildeten Laien geglaubt, daß die Syphilis von Columbus bei seiner Rückkehr aus der neuen Welt nach Europa gebracht worden sei. Diese Ansicht hält Verf. für einen Irrtum, der dadurch entstanden ist, daß die Rückkehr Columbus’ nach Europa im Jahre 1402 mit einer rapiden Verbreitung der Syphilis von dem im Jahre 1494 belagerten Neapel aus zeitlich ungefähr zusammenfiel. Verf. geht nun, um einen Anhalts- punkt für das wirkliche Alter der Syphilis zu finden, die alte und neue Litteratur durch und sucht es wahrscheinlich zu machen, daß die Krankheit im grauen Altertum schon bei den Juden, Griechen, Römern und Aegyptern, Ja auch bei den Chinesen, Japanern und Assyrern bekannt gewesen und teilweise sogar mit Mercurialien behandelt worden sei. Es gelang ihm

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ferner, durch Vermittelung des Dr. Fouquet menschliche Knochen aus den alten ägyptischen Nekropolen zu erhalten, die deutliche Zeichen von Syphilis aufwiesen. Darunter befand sich ein Schädel, der an der Sutura biparietalis einen runden, becherförmigen Substanzverlust von der Größe eines Frankstückes zeigte, dessen Grund von der Tabula interna gebildet wurde und dessen Ränder glatt und elfenbeinartig waren, ein Beweis, dab hier während des Lebens Processe stattgefunden hatten, die die Rauhig- keiten, welche das Auslösen eines Sequesters zur Folge hatten, wieder aus- glichen. Der Schädel zeigte außerdem am unteren Teil der Stirn über dem Os nasale, dann etwas nach links davon und endlich am oberen Rand der Augenhöhle je einen weiteren Substanzverlust mit rauhem, porösem Grunde. An einer Anzahl Röhrenknochen wurden Hyper- und Exostosen und Knochen- stalaktiten gefunden. Diese Knochen stammten aus der Nekropole von Abydos, deren Alter die Aegyptyologen auf mehr als 3600 Jahre schätzen. Danach hält es Verf. nicht mehr für zweifelhaft, daß im grauen Altertum in Aegypten unter den Pharaonen die Syphilis herrschte. Syphilitische Zeichen der verschiedensten Art fand der Verf. ferner an Knochen aus der Sammlung des Anthropologen Lapruche, die von einem Kirchhof der alten Leproserie in Montpellier stammten. Dieser Kirchhof und einige andere, auf denen Broca und Lancereau ebenfalls syphilitische Knochen gefunden haben, sind vor der Entdeckung Amerikas angelegt worden und dienten ausschließlich für die Bestattung Lepröser. Das alles beweist nicht nur, daß die Anschauung irrig ist, als ob die Syphilis erst von Amerika nach Europa importirt worden sei, sondern es zeigt auch, wie häufig Verwechs- lungen zwischen Lepra und Syphilis vorkamen. Ritterband.

Martin Chotzen (Breslau): Atlas der Syphilis und syphilis- ähnlichen Hautkrankheiten. Heft I bis VIII. (Hamburg und Leipzig 1897. Verlag von Leopold Voss.)

Das bisher in 8 Heften mit zusammen 43 Tafeln uns vorliegende Werk des bekannten Breslauer Specialisten erfüllt seine Aufgabe, die Diagnostik des schwierigen Gebietes der Hautsvyphilis zu erleichtern, in bester Weise. Die Auswahl der einzelnen Krankheitsbilder, denen eine kurz orientirende Krankengeschichte beigegeben wird, ist mit Umsicht und Sachkenntnis ge- troffen und scheint das ganze Gebiet der für die Ditferentialdiagnose irgend in Betracht kommenden Hautkrankheiten mit umfassen zu sollen. Die Abbildungen sind sauber ausgeführt und geben die Hauptcharactere der einzelnen Affeetionen genügend verständlich wieder. Nur einzelne Tafeln lassen an Plastik und Deutlichkeit der Darstellung zu wünschen übrig.

Julius Jacobsohn (Berlin).

Pawlow (Petersburg): Materialien zur Pathologie der Syphilis. (Bolnitschnaja geseta Botkina. St. Petersburger medic. Wochen- schrift 1898, No. 6.) |

Bei genauer mikroskopischer Untersuchung der Organe eines im gummösen Stadium verstorbenen Syphilitikers konnte Verf. feststellen, dass

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die Hauptveränderungen in von den Gefässen ausgehenden interstitiellen Processen bestehen, was ja allgemein bekannt ist. Um nun zu erfahren, ob diese Veränderungen auch in anderen Stadien und bei Syphilitikern ohne jede Nebenerkrankung vorkommen, excidirte Verf. mehreren Patienten, die im zweiten Stadium standen, anscheinend normale Hautstückchen und unter- suchte dieselben mikroskopisch. Auch hier konnte herdweise Anhäufung von Rundzellen im Stratum papillare und darunter nachgewiesen werden. Die Endothelzellen der Intima waren im condylomatösen Stadium gequollen, die Adventitia kleinzellig infiltrirt, im gummösen Stadium die Adventitia ver- dickt, bindegewebig verändert. Bei Section eines zweiten Syphilitikers konnten ähnliche Befunde wie im ersten Fall erhoben werden. Zur Con- trole untersuchte Verf. drei an Tuberculose Verstorbene und fand bei ihnen neben specifisch tubereulösen Affeetionen ähnliche Veränderungen der Ge- fäße in Form von Endo- und Periarteriitis verschiedenen Grades, wie oben. Daher hält er diese nicht characteristisch für Lues, sondern nimmt an, dab sie neben Tuberculose auch bei anderen chronischen Erkrankungen vor- kommen dürften. Li.

Privatdocent Dr. Rieder (Bonn): Histologische Untersuchungen im Primärstadium der Syphilis. (Deutsche med. Wochen- schrift 1898, No. 9.)

Verf. hatte bei der histologischen Untersuchung der syphilitischen Mastdarmgeschwüre vor Allem hochgradige Veränderungen der Gefäße, besonders der Venen gefunden. Im Verfolg dieser Fragen wandte er sich dem histologischen Studium der syphilitischen Processe überhaupt zu. Der Grund, daß Verf. bei seiner ersten Untersuchung eine Reihe von früheren Forschern übersehener Befunde erhoben hatte, lag darin, daB er die neue Färbungsmethode Weigert'’s benutzte, die in geradezu vollkommener Weise das elastische Gewebe zur Anschauung bringt. Sie ist ausgezeichnet beim Nachweisen und Aufsuchen pathologisch veränderter Gefäße; in Folge ihrer groben Widerstandsfähigkeit zeigen die elastischen Fasern, durch Färbung sichtbar gemacht, noch das ehemalige Gefäß an, wenn dessen Wandung in seinem Gefüge zerstört oder gar aufgelöst ist. Auch die Lymphgefübße kann man mittelst der Methode unter normalen und pathologischen Verhältnissen zur Anschauung bringen und von den Blutgefäßen unterscheiden, wozu kommt, daß auch die Musculatur der Lymphgefäße sich anders als die der Blutgefäße verhält. Was nun zunächst das Ulcus durum anbetrifft, so findet Verf., daß die meisten der hochgradig erkrankten Gefäße Venen und Lymphgefäße, nicht Arterien sind. In einem Schnitt senkrecht und mitten durch die Sclerose sieht man, dab an der Peripherie die Lymph- gefäße und Arterien intact, aber schon kleinere und größerer Venen erkrankt sind. Die Venenwand ist verdickt; das Stratum subendotheliale intimae ist in eine oft schon ganz breite Bindegewebsschicht umgewandelt, die neu- gebildete Bindegewebsschicht enthält bei älteren Schankern neugebildetes elastisches Gewebe. Dadurch haben die kleinen Venen eine Structur er-

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halten, wie sie normaler Weise sich nur bei den großen Venen findet. Je mehr man sich der Mitte des Schnittes nähert, um so mehr hochgradig erkrankte Venen trifft man, infiltrirende Zellhaufen, die das ganze Lumen der Gefäße erfüllen, die Gefäßwandungen selbst infiltrirt, die Muskelfasern zum größten Teil untergegangen. Auch größere Venen sind befallen. Endlich konnte Verf., besonders im Stratum papillare, doch auch im Stratum reticulare zahlreiche Zellanhäufungen constatiren, die nur von einem einzigen zarten Ring elastischer Fasern eingefaßt sind, die er auf Grund seiner Unter- suchungen normaler Lymphgefäße für erkrankte Lymphgefäße der Cutis anspricht. An einem Präparat von einem Fall von Ulcus durum des Sulcus coronarius mit hochgradiger Sclerose des Präputium, das amputirt wurde, constatirte Verf., daß der syphilitische InfiltrationsproceßB sich gerade in den Lymphgefäßen zuerst eingenistet hat. Es besteht, auch wenn es nicht zu einer Peri- oder Mesolymphangoitis gekommen ist, eine Endovasculitis. Viele Arterien sind im Gegensatz zu Venen und Lymphgefäßen intact. Bei anderen, besonders kleineren Arterien sind Adventitia und Muscularis zwar von dem Entzündungsproceß ergriffen, aber die Intima ist ganz intact. Bei den Venen und Lymphgefäßen beginnt die Erkrankung dagegen immer am Endothel. Genau in derselben Weise wie die Lymphgefäße der Cutis sind auch die größeren Gefäße des subcutanen Gewebes erkrankt. Analoges ergab die Untersuchung des dorsalen Lymphstranges des Penis. Die Lymphgefäße sind hier erkrankt; ihr Inneres ist erfüllt von Zellhaufen, sämtliche Wandungen sind infiltrirt, das periadventitielle Gewebe zeigt häufig eine massige Bindegewebsneubildung in Gestalt von dicht gelagerten, breiten Fasern rings um das verstopfte Lymphgefüß herum. Ebenso findet sich im,indolenten Bubo ein chronisch-entzündliches Infiltrat mit Epitheloid-, Lymphoid- und auch Riesenzellen, der normale bindegewebige Ueberzug der Drüse ist um das Vier- bis Achtfache verdickt; überall in dem ent- zündeten Bindegewebe findet sich hochgradige Venenerkrankung. Abgesehen von der auch hier bestehenden Sclerose der Venenwand in Folge Erkrankung des Stratum subendotheliale findet sich hier eine wirkliche Endophlebitis; die Venenlumina sind durch neugebildetes Gewebe völlig oder nahezu völlig verschlossen, dieses endophlebitische Gewebe zeigt exquisit reticulären Bau. In dem die Drüsen umgebenden subeutanen Fettgewebe herrscht hochgradige Venensclerose, die Intima zeigt dabei selten Wucherungen; die Arterien sind ganz intact. Die Lymphgefäße sind in ähnlicher Weise wie die Venen erkrankt. Außerdem ist die Musculatur der Lymphgefäße verdickt, hyper- plastisch. Diese Befunde zeichnen nach Verf. deutlich den Weg, welchen das sypbilitische Virus einschlägt. Von der Eintrittsstelle in die Haut werden zuerst die Lymphgefäße und Venen der Cutis ergriffen. Eine Endarteriitis tritt im Allgemeinen erst als Folge des local lange genug bestehenden Processes auf. Von der Eintrittsstelle geht der Proceß unter Einhaltung der anatomischen Wege im subeutanen Gewebe weiter bis in die Inguinal- gegend. Das secundäre Stadium tritt ein, wenn eine genügende Menge Virus in den allgemeinen Kreislauf gekommen ist. R. L.

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Hofrat J. Neumann: Der sypbilitische Primäraffecet an der Vaginalportion. (Wiener med. Blätter 1898, No. 14, Sitzungs- bericht der k. k. Ges. der Aerzte in Wien.)

Der syphilitische Primäraffeet an der Vaginalportion ist viel häufiger. als allgemein und insbesondere von den Gynäkologen angenommen wird: er ist relativ am häufigsten bei Prostituirten und erreicht dort, wo diese ein großes Contingent liefern, die Höhe von 15 pCt. der Gesamtsumme der syphilitischen Primäraffecte. Der syphiltische Primäratřect an der Portio ist zumeist über beide Lippen verbreitet, mit größerer Beteiligung der Vorderlippe, was darauf hinweist, daß diese vorwiegend den Ausgangs- punkt oder die originäre Stelle des Primäratřectes bildet. Der Grund ist in der durch die häufige Anteflexionsstellung des Uterus bedingten stärkeren Exponirung der Vorderlippe zu suchen. Der Primäratfeet an der Porto heilt häufig ohne bleibende Spuren, in vielen Fällen jedoch mit Narbenbildung. Auf der Narbe entwickeln sich häufig Erosionen, die in den Grenzen des Primäraffectes verbleiben. Ausgebreitete und tiefgehende Primäratřecte können zur Stenose des Ostiums führen. Als Recidive in situ sind auber der Erosion auch constatirt Geschwüre und Gummata.

Die Diagnose des typischen Primäraffeetes an der Portio bietet dem geübten Auge keine Schwierigkeit, auch bei Abwesenheit contemporärer anderweitiger Primäratfeete. Beim Primäraffeet an der Portio bei Abwesen- heit eines contemporären Initialatfectes am äuberen Genitale schwellen die Leistendrüsen nicht an. An der allgemeinen späteren Drüsenschwellung sind die Leistendrüsen allerdings mit beteiligt. Immerwahr (Berlin).

Dr.S. Ehrmann: Ueber Scelerosenreste und ihre Beziehungen zum Syphilisrecidive. (Wiener med. Blätter 1898, No. 14.)

Es ist selbstverständlich, daß bei einem ersten Exanthem die anti- syphilitische Kur so lange durchgeführt wird, bis dasselbe vollständig ge- schwunden ist; wenn man jedoch eine Reihe von Fällen darauf untersucht, ob zu dieser Zeit auch alle Reste der Sclerose resorbirt sind, so findet man, daß dies durchaus nicht der Fall ist; Ja man findet solche, bei welchen das Exanthem längst geschwunden ist und die antisyphilitische Kur darüber hinaus angewendet wurde, und trotzdem ist die Sclerose nicht resorbirt. Wenn man nun diese Fälle genau verfolgt, so findet man, daß sie nahezu ausnahmslos baldige und häufige Recidive zeigen; Verf. hat es sich daher zur Regel gemacht, die antisyphilitische Therapie, wenn es möglich ist, gleich von vornherein so lange mit den nötigen Cautelen und Intermissionen fortzusetzen, bis auch der geringste Rest der Sclerose vollständig geschwunden ist. Da wir nämlich wissen, daß der Initialatlect, so lange er besteht, inficiren kann, so liegt es nahe, anzunehmen, daß in etwaigen Resten der Sclerose auch noch Virus vorhanden ist. Wenn diese Reste sich durch unbekannte Ursachen wieder vergrößern, so muß man annehmen, daß das in denselben zurückgebliebene Virus sich vermehrt hat. Immerwalır (Berlin).

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Sibut: Eine syphilitische, durch Krätze hervorgerufene Mischeruption. (La France medic. 1898, No. 48.)

Verf. teilt acht Fälle von Scabies bei syphilitischen Frauen mit, in denen sich die Eruptionen der Syphilis und Scabies gegenseitig in ganz eigenartiger Weise beeinflußten. Er beobachtete sehr oft bei Syphilitischen, die Krätze bekamen, offenbar unter dem Einfluß der Toxine des Acarus scabiei, den Ausbruch eines Exanthems in bestimmten Körperregionen, be- sonders an den Seitenflächen des Körpers und in den Achselhöhlen, zuweilen selbst auf der ganzen Körperoberfläche, das einen ekzemartigen Character zeigte, sich durch starke Pigmentation und heftiges Jucken auszeichnete, das von den üblichen sonst gegen Krätze und Ekzem erfolgreichen Mitteln unbeeinflußt blieb, dagegen unter einer specifischen Behandlung zur Heilung kam. Auf der anderen Seite machte er die Erfahrung, daß secundäre syphilitische Exantheme durch die Invasion der Krätze eine so tiefe Ver- änderung erfahren, daß selbst eine langdauernde und energische Mercurial- behandlung nicht im Stande war, sie vollkommen fortzuschaften. Die be- sagte Eruption tritt in zwei verschiedenen Formen auf:

l) in ausgedehnten Feldern (placards), die aus kleinen, spitzen und dicht zusammenstehenden Papeln (papules acuminees et agminees) bestehen, welche mit einer Schuppe und in seltenen Fällen mit einem winzigen Schorf bedeckt sind, zuerst eine dunkel-weinrote Farbe haben, die nach und nach in schwärzliches Braun übergeht, an der Basis ein wenig indurirt sind und vorzugsweise am Bauch, über den Schamleisten und bisweilen an den Beugeflächen der Extremitäten sitzen, wobei aber die Beugefalten ver- schont bleiben;

2) in einer diffusen, maculösen Eruption, die aus zahlreichen ellipsoiden Flecken besteht, von gelbbrauner Färbung, die nicht über die Haut hervor- ragen und in ungleichmäbiger Weise auf dem Körper verbreitet sind, wobei aber das Gesicht und die Extremitäten ebenso wie der Hals verschont bleiben. Der Gürtel, der Rücken (besonders die Scapularregion), die Scham- leisten (les aines) und der vordere Teil des Rumpfes sind diejenigen Stellen, an denen die Eruption ihre Hauptausbreitung findet. Dabei bildet sie am Gürtel eine Art Netz oder Tuch (nappe), das rund um den Körper geht und vorn etwas stärker ausgebildet ist als hinten, während die Eruption am Rumpf die Gestalt eines Mieders oder Corsets hat. Während die erste Form ein intensives Jucken zeigt, ist die fleckige Form vollkommen indolent.

Der Verf. faBt seine Erfahrungen über dieses Exanthem folgender- maßen zusammen:

1) Die Eruptionen, die durch die Krätze hervorgerufen werden, sind bei gesunden Individuen gutartig, schr viel hartnäckiger aber bei syphiliti- schen Personen.

2) Die beschriebene Mischeruption tritt in zwei Formen auf:

a. in lichenartigen, papulosquamösen Feldern, b. in diffuser, Heckenförmiger Ausbreitung, die vorwiegend bestimmte Stellen einnimmt.

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3) Die Dermatose wird durch Toxine hervorgerufen und weicht nur einer intensiven mercuriellen Behandlung.

4) Die Hauterscheinungen derselben können die Syphilis verdecken. Die Diagnose ergiebt sich aus ihren morphologischen Eigentümlichkeiten und aus der Wirkungslosigkeit der gewöhnlichen therapeutischen Mittel.

5) Da Krätzkranke demnach juckende specifische Ausschläge zeigen. so ist es nicht erlaubt, bei Vorhandensein von juckenden Exanthemen in allen Fällen die Syphilis auszuschließen.

6) Jeder Syphilitische, der die Krätze bekommt, ist auf die Gefährdung seiner Hautdecke hinzuweisen. Ritterband.

Lambkin: The treatment of Syphilis in the army by intra- muscular injections of mercury. (British medical Journal, 19. Februar 1898.)

Die Injectionsbehandlung hat dem Verf. in vieljähriger Praxis in der indischen Armee bei allen Formen primärer und secundärer Lues die besten Resultate gegeben. Sie ist der cutanen und interner Quecksilberdarreichung an Wirksamkeit überlegen, ıst aber vor allen Dingen die einzig rationelle Methode, um eine über Monate prolongirte Behandlung durchzuführen, wie sie dem Verf. für eine Aussicht auf Radikalheilung notwendig erschemt. Für die Armee bietet sie darum ganz unschätzbare Vorteile: Die Kranken können zum Teil außerhalb des Spitals behandelt werden, ohne daß sie dem Dienst entzogen sind, und trotzdem bleibt die Behandlung in den Händen und unter der Controle des Arztes. Durch die Abkürzung des Lazaretaufenthalts und die vermehrten Chancen der Radicalheilung erwächst dem Staat ein wesentlicher öconomischer Nutzen. Die Injectionen finden in einwöchentlichen Intervallen statt. Die Anfangs benutzten Lösungen von Sublimat und Ammoniumquecksilberchlorid erwiesen sich als zu schmerz- haft; eine wäßrige Lösung von Natrium jodatum mit Hydrargyrum sozo- jJodolieum war recht brauchbar; mit Vorliebe benutzte Verf. einen „Mercu- rial cream“: aus Hydrargyrum, Lanolin und 2proc. Carbolöl, dessen An- wendung allerdings viel Sorgfalt und Uebung erforderte. Unter 6000 In- jectionen gab es niemals einen Abscess; ebenso blieben Diarrhöen und Indigestion aus. Die Kranken wurden nach Verschwinden der floriden Erscheinungen durchschnittlich am 20. Tage aus dem Hospital zum Dienst entlassen und für fernere fünf Monate wöchentlich einmal dem Arzt zur Injection vorgeführt. Die beste Indication dafür, ob die Kur zu unter- brechen oder fortzusetzen ist, giebt das Gewicht des Patienten.

R. Rosenthal (Berlin).

Murray (London): Zur Behandlung der Syphilis. (The Lancet, 5. März 1898.)

Verf. protestirt energisch gegen die schablonenhafte Anwendung von

Hg oder Jodpräparaten bei secundärer oder tertiärer Syphilis, wodurch viel

mehr Schaden wie Nutzen verursacht wird. Besonders ist eine prolongirte

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Verabfolgung großer Dosen Hg zu bekämpfen. Denn nachdem dieses Mittel die supponirten Syphilismicroben oder die von ihnen producirten Toxine vernichtet hat, was sehr bald geschehen ist, beginnt es, eine üble Wirkung auf den Körper auszuüben und erzeugt Symptome, die denen einer schweren Syphilis ähnlich sind. Hält man nun diesen Zustand für eine Verschlimme- rung bezw. ein Rediciv der Syphilis und wendet abermals Hg an, so wird das Uebel nur noch vergrössert. Man soll solche Zustände der Naturheil- kraft überlassen. Doch ist überhaupt von vorne herein eine milde Hg- Behandlung zweckmässiger. Der einzige unerwünschte Nebenumstand wäre hierbei, daß ein mäßiges Recidiv auftritt, doch kann man gegen dieses dann wiederum mit Hg, mit und ohne Jod, vorgehen. Es ist auch zu berück- sichtigen, daß nicht selten gegenüber Hg oder Jod eine Idiosyncrasie besteht. Unter solchen Umständen, wie überhaupt, bildet nun nach den Erfahrungen von M. das Chinin ein vorzügliches Gegenmittel gegenüber den üblen Nebenwirkungen des Hg und des Jod. Drei Mal täglich 0,3 dieses Mittels genügen, daB Hg und Jod viel besser vertragen werden. Zuweilen können alle specifischen Mittel die syphilitischen Erscheinungen nicht zum Schwinden bringen. In solchen Fällen werden häufig durch ständigen Aufenthalt in guter Luft und kräftige Ernährung die besten Erfolge erzielt. Es ist das eın Beweis, daß das syphilitische Virus längst vernichtet und die vorhandenen Erscheinungen Arznei-Intoxicationssymptome sind. Man soll daher in jedem Falle die specifische Behandlung einstellen oder für einige Zeit unterbrechen und hygienische Maßnahmen an deren Stelle setzen, so bald der Zustand stationär wird oder sich gar verschlimmert. Später kann man eventuell die specifische Behandlung wieder aufnehmen. Letztere soll man überhaupt auch dann einstellen, wenn durch sie nicht eine deutliche Besserung erzielt wird. Man soll alsdann mit den Mitteln wechseln oder Hg und Jod, stets in Verbindung mit Chinin, combinirt anwenden. Es ist ferner zu berück- sichtigen, daß die Syphilis unabhängig von jeder Behandlung in Cyclen oder betreffs der Recidive in wellenförmiger Gestalt, mit abwechselnd milden und schweren Formen, aufzutreten die Neigung besitzt. Jedenfalls aber sollen die hygienischen Maßnahmen in allen Fällen einen wichtigen Factor bei der Behandlung der Syphilis bilden. Loewenthal.

1) Jullien: Quelques essais d’h&emothe6rapie. et de séro- thérapie dans la syphilis. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 3. Soc. franç., de derm. et de syph., séance 10 mars 1898.)

2) Barthélemy: Nouvelle note sur la pratique des injections d'huile grise. (Ibidem.)

Jullien (1), welcher bereits im Jahre 1896 einen Versuch einer Blut- therapie bei Syphilis gemacht hatte mit dem Blut, weches er aus dem Collum uteri einer Tertiär-Syphilitischen gewonnen hatte, hat jetzt in gleichem Sinne sich der Ascitesflüssigkeit bedient, die er von einem Syphilitiker mit Lebereirrhose erhielt. Vorher war die Keimfreiheit der Flüssigkeit durch

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eine Aussaat derselben und ihre Unschädlichkeit durch Injection bei Meer- schweinchen festgestellt. Beide Male traten unangenehme Erscheinungen nicht auf. Von den zwei injieirten Personen wurde nur ein Erfolg erzielt: diese 19 Jahre alte Kranke erhielt Dosen von 5, 10, 15 und 20 bis 40 er, im Ganzen 526 gr in 17 Injectionen. Sämtliche Erscheinungen verschwanden wie bei Merkurialkur. Nach 1!/, Monaten traten Plaques muqueuses im Hals auf, die örtlich behandelt wurden. Jetzt ist Patientin seit etwa einem halben Jahr symptomfrei, ohne daß sie je Quecksilber genommen hätte. Dieser Erfolg steht im Gegensatz zu den Resultaten Tommasoli’'s, Barthélemy (2) dagegen versucht, die alte Therapie der Injecetionen von Ol. cinereum dadurch populärer zu machen, dab er sie durch eine neue (von Gudendag, Paris, construirte) Spritze bequemer und sicherer macht. Sieben Teilstriche dieser Spritze enthalten die bei Frauen angewandte Dosis (von 31/, Tropfen). Kinder und männliche Erwachsene erhalten entsprechend einen und zehn Teilstriche.. Dreyer (Köln).

Kissel (Petersburg): Ein Fall von multipler Periostitis acuta syphilitica bei einem sechsjährigen Mädchen. (Djetskaja Medicina. St. Petersburger med. Wochenschrift 1898, No. 6.)

Das sechsjährige Mädchen erkrankte an recidivirenden Anschwellungen des Periostes einiger Röhrenknochen, welche nach längerem Gebrauch von

Jodnatrium innerlich verschwanden, höckerige Unebenheiten der Knochen

zurücklassend. Während des acuten Stadiums waren vorübergehend lan-

einirende Schmerzen vorhanden. Im Läufe der Behandlung zeigte sich einmal am weichen Gaumen ein tiefes Geschwür mit unebenen, unter- minirten Rändern und schmutzigem Belag, welches nach 21/, Wochen zur

Verheilung kam. Ungeachtet dessen konnte anamnestisch Lues nicht eruirt

werden. Li.

1) Gaston u. Emery: Deux cas d’ichtyose pilaire familiale héréditaire, avec microsphygmie, chez des syphilitiques héréditaires. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 3. Soc. franç. de derm. et de syph., séance du 10. mars 1898.)

2) Baudouin: Syphilis héréditaire, incontinence d'urines. (Ibidem.) |

Die von Fournier’s Abteilung vorgestellten 10 und 12 Jahre alten

Kinder (1), deren Vater zur Zeit an Syphilis gelitten hatte, zeigen beide

das Bild der Ichthyosis, die in geringerem Grade auch bei dem Vater vor-

handen ist. Außerdem weisen beide, besonders das jüngere Kind die Zeichen der Mikrosphygmie auf. Auch die Ichthyosis wird von den Vorstellenden als dystrophisches Zeichen aufgefabt, das die Folge einer syphilitischen

Arteriitis darstellt, die in der Mikrosphygmie fadenförmiger, kaum fühl-

barer Puls andererseits hervortritt.

Auch B.!'s (2) 20 Jahre alte Kranke stammt aus der Klinik Fournier’s.

Sie trägt an den Zähnen und dem Knochengerüst der Nase die Zeichen der

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hereditären Lues. Außerdem leidet sie an Enuresis noctuma. Da Inconti- nenz ein bei Degenerirten häufiges Symptom ist, so betrachtet Fournier sie auch hier als die Folge der luetischen Degeneration.

Dreyer (Köln).

Coutts (London): Ein Fall von vermutlicher Uebertragung der Syphilis auf die dritte Generation. (The Lancet, 22. Januar 1898.)

Die Frage betreffs der Vererbung der Syplillis von den Großeltern auf die Enkel besitzt mehr theoretisches als practisches Interesse. Die Möglichkeit eines solchen Vorkommnisses wird von vielen Autoren ange- zweifelt und die betreffenden Mitteilungen werden als nicht beweiskräftig angesehen. Auch der vom Verf. beobachtete Fall hält vielleicht nicht der strengsten Kritik Stand, bietet aber doch mancherlei interessante Momente dar, die seine Veröffentlichung wohl rechtfertigen dürften. Es handelt sich um die sieben Kinder eines anscheinend gesunden und aus gesunder Familie stammenden Ehepaars, die selbst oder deren Nachkommen eigen- . artige Affectionen aufwiesen, die man zum Teil für syphilitische Manifesta- tionen ansehen muß. Der älteste Sohn, der ein Sonderling war, starb im Alter von 50 Jahren an einem dunkeln Abdominaltumor; seine beiden Kinder starben frühzeitig, das eine an Epilepsie, das andere an einer Herzaflection. Der zweite Sohn hat lange Jahre an einer periostalen Erkrankung gelitten und sein Sohn zeigte im 28. Lebensjahre ausgesprochene Gummata am Sternum und an drei Rippen; weder Vater noch Sohn hatten jemals primäre oder secundäre syphilitische Symptome aufgewiesen. Der dritte Sohn war gesund, sein Sohn indessen wies im 25. Lebensjahre auffallender Weise Gummata an genau denselben Stellen auf, wie sein vorher erwähnter Vetter; auch bei diesen beiden waren niemals syphilitische Symptome vorausgegangen. Der vierte Sohn, ein mißgestalteter Epileptiker, starb im Alter von 45 Jahren. Der fünfte Sohn ist ein mißgestalteter Zwerg. Die beid Töchter sind halbe Idioten. Ob diese Familiengeschichte thatsächlich einen zwingenden Beweis für die Uebertragung einer Syphilis auf die dritte Generation dar- stellt, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehlt der Nachweis von der Syphilis des Großvaters. Möglicherweise ist speciell bei den beiden mit Gummata behafteten Vettern doch eine directe syphilitische Infection er- folgt; es ist Ja nichts Ungewöhnliches, daß primäre und secundäre Symptome fehlen und die Syphilis sich erst durch tertiäre Erscheinungen manifestirt. Auch der Umstand, daß die Gummata bei beiden Personen in gleicher Weise localisirt sind, kann nicht so auffallend sein, da es bekannt ist, daß gewisse, in denselben Familien gehäuft vorkommende Erkrankungen die Neigung haben, dieselben Organe zu befallen, in einigen Familien die Haut, in anderen die Knochen, die visceralen Organe etc.; die Möglichkeit über- haupt einer derartigen Uebertragung der Syphilis auf die dritte Generation ist indessen nicht in Abrede zu stellen. Loewenthal.

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Dr. H. Metall (Wien): Zur Xeroformtherapie venerischer Erkrankungen. (Wiener medicinische Presse 1897, No. 39.)

Das Xeroform (Tribromphenolwismuth C, H, Br,-O-Bi-O) ist seit mehreren Monaten auf der Grünfeld’schen Abteilung für Syphilis und Krankheiten der Haruorgane der Wiener allgemeinen Poliklinik bei allen venerischen Erkrankungen benutzt worden; das sehr feine, gelbe, fast geruch- lose Pulver wird mittelst Wattepinsels auf die vorher mit einer schwachen Lysollösung gereimigte Geschwürsfläche aufgetragen und darüber Gaze oder Watte gedeckt. Was die venerische Helkose anlangt, so kann man schon in den allernächsten Tagen eine auffällige Abnahme der Secretion wahr- nehmen; die Ulcerationen zeigen keine Tendenz zur Ausbreitung, und der Grund derselben bietet in kurzer Zeit eine der normalen Granulationsbildung entsprechende, lebhaft rote, gereinigte Oberfläche. Die Benarbung ist als- bald vom Rande her durch sich rasch vorschiebende, weißliche Epithelsäume angedeutet und die Reparation geht ohne üble Zufälle sicher von Statten. Ein Vorzug des Xeroforms gegenüber den meisten gebräuchlichen Anti- septicis ist die milde und reizlose Einwirkung des Mittels; daher kommt es fast nie zu einer Pseudoirritation des Geschwürsgrundes. In mehr als 80 Fällen erforderte die entzündliche und suppurative Adenitis nur in einem einzigen Falle einen ärztlichen Eingriff, obwohl die Geschwüre meist auf der Corona glandis und dem Sulcus coronarius saben; es sind das Gegenden, die erfahrungsgemäß in Folge der Dichte des sie umspinnenden Saugader- netzes besonders häufig zu Lymphdrüsenentzündung führen. Dieses günstige Resultat ist zweifellos der Einwirkung des Xeroforms zuzuschreiben; ver- mutlich löst es sich in seine Componenten Tribromphenol und Wismuth- oxyd auf; diese wirken dann paralysirend auf die Stoffwechselproducte des Ducrey-Unna’schen Streptobacillus ulceris ein. Gleich wirksam tritt das Mittel auch den pyogenen Mikroorganismen bei den auf Misch- und Secundär- atfeetionen beruhenden Ulcerationen entgegen, sei es, daß es sich um exul- cerirte Initialmgnifestationen, zerfallene oder diphtheritisch belegte, papulöse Infiltrate, sei es, daß es sich um erweichte Gummiknoten handelt; sie alle zeigten in kürzester Zeit ein Abstoßen der destruirten Gewebsschichte und ein rasches Fortschreiten der Epidermisation; hierher gehören auch die nicht über den Papillarkörper hinausreichenden Läsionen: Herpes urogenitalis, Balanoposthitis und Verbrennungen zweiten Grades; niemals, selbst bei protrahirter Application, sei es in Pulver- oder Gazeverbandform, stellten sich entzündliche Reizerscheinungen der Haut, wie Ecezem, Folliculitis oder Dermatitis ein. Bei operativen Eingriffen wurde nach erfolgter Wund- vereinigung eine dicke Xeroformschicht aufgestreut und imprägnirte Gaze als Deckschicht verwendet. Nicht selten vereinte sich die dieke Pulverlage mit dem aussickernden Gewebssaft zu einer festen Decke. Dies Zusammen- backen des Pulvers mit Secreten ist bei ulcerösen Processen wegen Gefahr der Eiterretention durch Auftragen des Pulvers in dünner Schicht zu ver- hüten. Bei radicaler Exstirpation blennorrhoisch erkrankter Bartholin- scher Drüsen, nach Circumcision uncomplicirter Phimosen und nach Spaltung

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227

enger Urethralmündungen wurde dies Streupulver mit Vorteil angewendet; dasselbe war bei interner Verabfolgung (3 Mal täglich 0,5) bei Urticaria der Fall. Mode.

Dr. Chaschtschinski (Tiflis): Beitrag zur Frage von der Be- handlung der venerischen Geschwüre mit Parachlor- phenol. (S.-A. aus den Protocollen der kaiserlichen kaukasischen medicinischen Gesellschaft.)

Die Beobachtungen des Verf.’s über die Wirkung des Parachlorphenols auf schankröse und teilweise syphilitische Geschwüre erstrecken sich auf 40 Fälle aus der venerischen Abteilung des Militärhospitals zu Tiflis und auf einige characteristische Fälle aus der Privatpraxis des Verte Das Mittel wurde in folgender Weise angewendet: Je nach der Schwere des Falles wurde eine 25—50proc. Glycerinlösung des Parachlorphenols mittelst eines an einem Metallstäbchen befestigten Wattebausches auf das Geschwür so lange aufgetragen, bis ein graugelber Belag an der Applicationsstelle entstand; darauf wurde die letztere mit einer desinficirten Watteschicht bedeckt. Diese Procedur wurde ein bis zwei Mal täglich wiederholt. Mit dem Erfolg dieser Behandlung ist Verf. im Allgemeinen zufrieden. Die Geschwüre zeigten nach einigen Applicationen des Parachlorphenols eine gleichmäßigen Granulationsoberfläche und gingen bald in Heilung über, jedenfalls rascher wie bei den sonstigen Behandlungsmethoden.

Lubowski.

V. Penis ete. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

Robert T. Harris: Congenital absence of penis. (Philadelphia medical Journal, 8. Januar 1898.)

Verf. beschreibt zwei in Amerika beobachtete Fälle von angeborenem totalen Mangel des männlichen Gliedes, in denen die Entleerung des Urins durch den After erfolgte. Vier weitere Fälle sind in der Litteratur be- schrieben, je einer in England, Frankreich, Deutschland und Oesterreich.

R. Rosenthal (Berlin).

1) Perrin: Fibromes sous-cutanés du prépuce. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 3. Soc. de derm. et de syph., séance du 10. mars 1898.)

2) Du Castel: Éléphantiasis de la verge. (Ibidem.)

3) Emery u. Glantenay: Élephantiasis des organes génitaux externes. (Ibidem.)

Die runden, gleichmäßig harten, indolenten Tumoren Perrin’s (1) bei einem 49 Jahre alten, nicht diabetischen Manne haben sich im Laufe von

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drei Jahren entwickelt. Sie erschweren den Coitus und werden deshalb abgetragen. Die Untersuchung bestätigt die Diagnose Fibrom.

Der Patient Du Castel's (2) leidet an einer ebenfalls erworbenen Geschwulst der Glans penis, an Elephantiasis. Derselbe ist 21 Jahre alt und war bis vor drei Jahren gesund. Damals fing nach einem Coitus die Glans unter der phimotischen Vorhaut zu schwellen an. Auch das Scrotum ist etwas verdickt. Du Castel trägt Bedenken, die Circumcision zu machen, weil er bei einer fortschreitenden Elephantiasis eine Einschnürung durch die Narbe befürchtet.

Weniger dunkel ist die Ursache der Elephantiasis in dem Falle Emery’s und Glantenay’s (3). Auch hier sind Eichel und Präputium verdickt. Der Elephantiasis war ein Oedem vorausgegangen. Außerdem litt der Patient an Syphilis, und mit Fournier halten die Vorstellenden die Diagnose eines hypertrophischen Syphiloms aufrecht. Eine specifische Kur führt sehr schwer Besserungen, selten Heilungen herbei.

Dreyer (Köln).

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

Strettow (Kidderminster): Prostatahypertrophie bei einem Jüngling. (The Lancet, 19. Februar 1898.)

Ein 19jähriger junger Mann mit neurasthenischen Symptomen klagte über Schmerzen im Perineum. Bei der Rectaluntersuchung constatirte man eine vergrößerte Prostata. Dieselbe zeigte den Umfang eines kleinen Hühnereies. Masturbation wurde geleugnet. Da durch äußere Mittel eine Verkleinerung der Prostata nicht erzielt werden konnte, so erhielt Pat. drei Mal täglich eine Schilddrüsentablette. Hiernach verschwand nicht nur die Prostatavergrößerung vollständig, sondern es wurde auch die Neurasthenie erheblich gebessert. Loewenthal.

Xavier Delore: De la fonction du nouvel urèthre (urèthre hypogastrique) chez les prostatiques anciennement cystotomisés. Thèse. (Nach Lyon medical 1898, 6.)

Ein Bericht über 34 Fälle von Prostatahypertrophie, bei denen eine neue dauernde Harnröhre mittelst Sectio alta geschaffen worden war, und welche 6 Monate bis 7 Jahre nach der Operation beobachtet wurden. 6 Monate nach der Operation hält D. die anatomischen und functionellen Veränderungen der suprapubischen Harnröhre für abgeschlossen. Man findet meist ein wirklich künstliches Harnrohr mit vesicalem und cutanem Ende, umgeben von einem oft sehr festen fibroelastischen Ring und mit Schleim- haut ausgekleidet; 3—6 cm lang verläuft das Rohr gewöhnlich schräg von oben nach unten und von vorn nach hinten. Der Fortbestand der neuen

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Harnröhre ist verursacht durch die Verlegung der normalen Harnröhre durch einen Prostatatumor. Verschwindet diese Verlegung (18 Mal temporär bei 34 Operirten), so heilt die suprapubische Urethra zu. Von 34 Operirten mit definitiver Bauchharnröhre hatten 14 Continenz, 7 partielle Continenz, 13 Incontinenz. Bei den Continenten konnte man unterscheiden: a. Con- tinente mit Entleerung durch den Penis und offener Blasenfistel, welche letztere gleichsam ein Sicherheitsventil war. b. Continente, welche teils durch den Penis, teils durch die neue Harnröhre entleerten. c. Continente mit alleiniger Entleerung durch die Fistel, teils spontan, teils durch Katheter. Die Continenz ist von vielen Umständen abhängig, von denen wir die wichtigsten nennen: Länge und Caliber der neuen Harnröhre; Vorhanden- sein eines fibrösen Ringes um dieselbe, besonders am Meatus externus; Widerstand der Mm. recti; Klappen im Canal. Drei Mal fanden sich Blasen- steine, d. h. ziemlich selten für Prostatiker. Die Operation soll so einfach und so schnell wie möglich bei den alten Leuten vorgenommen werden. Den Incontinenten muß man ein Urinal geben (Beschreibung verschiedener Modelle), und selbst diese Patienten sollen sich wohler fühlen und den An- forderungen des täglichen Lebens widerstandsfähiger gegenüberstehen, als die auf den dauernden Gebrauch des Katheters mit all’ seinen Mibhellig- keiten Angewiesenen. Mankiewicz.

Willy Meyer (New-York): Bottini’s galvanocaustic radical treatment for hypertrophy of the prostate. (Medical Record, 5. März 1898.)

Alle internen und chirurgischen, symptomatischen und radicalen Be- handlungsmethoden der Prostatahypertrophie werden in Kürze besprochen. Eines Falles von 10 Jahre laug vorzüglich functionirender Blasenfistel wird Erwähnung gethan, im übrigen diese Operation abfällig beurteilt. An der Hand von zwei Abbildungen werden der Bottini’sche Incisor, die dem Instrument anhaftenden Fehler und Freudenberg’s ganz wesentliche Verbesserungen ausführlich beschrieben. Großes Gewicht legt M. auf eine der Operation vorausgehende cystoscopische Untersuchung zur Feststellung der Configuration der Prostata. Fuller gegenüber betont er mit Nachdruck, daB man durch seitliche Verschiebung des Cystoskops oft deutlich einen geschwollenen Mittellappen sichtbar machen könne; er hat seine in dieser Hinsicht gemachten Beobachtungen bei einer späteren suprapubischen Prostatectomie controlliren können. Die Operation wurde seit 1875 von Bottini 80 Mal, und in den letzten acht Jahren von Bruce Clark, Kümmell; Czerny, Watson, Casper und Freudenberg einige 30 Mal ausgeführt. Letzterer sah nur einmal, Bottini nie emstliche Blutungen; er warnt vor dem permanenten Catheter. Beide hatten je zwei Todesfälle. Bottini sah nie die Symptome der Prostatahypertrophie recidiviren. Nitze’s Einwurf, dab die getrennten Teile sich wiedervereinigen können, ist hinfällig; der Harnstrahl, vielleicht auch der Tonus des M. sphincter externus, dessen centrale Fasern durchschnitten sind, verhindern eine Wiederverwachsung.

230

Außer der Blutung sind zu fürchten Harnträufeln, Infection und Embolie. Die Operation ist einfach, dauert nur 2-5 Minuten, aber sie hat ihre Technik, die zum Teil erst durch practische Erfahrung erlernt werden kann. Die Beobachtung einer grossen Anzahl von Details ist notwendig. Von wesent- lichstem Einfiuß ist eine genügend kräftige und absolut verlässliche Batterie (Hirschmann, Kiss), die Batterie muß vor der Operation wiederholt geprüft, die notwendige Stromstärke mit dem Rheostaten festgestellt, das Messer an einem feuchten, sterilen Gazestück erprobt werden. Gänzliche Entleerung der Blase ist erforderlich. Beckenerhöhung durch ein Kissen erleichtert die Einführung des Instruments und hält das Operationsfeld von herabtretendem Nierenharn trocken. Injection von 5—6 gr einer 1—2proc. Cocainlösung in die Urethra bewirkt nach fünf Minuten locale Anästhesie, welche die Operation so gut wie schmerzlos macht. Nur bei Prostatikern, die nach Entleerung der Blase unter sehr schmerzhaften Krämpfen des Detrusor leiden, zieht Verf. die allgemeine Anästhesie mit Schleich’s Narkosengemisch vor. Sorgfüältige Asepsis ist selbstverständlich, Freuden- berg’s Incisor hat den grossen Vorzug, daß er durch Kochen sterilisirt werden kann. Irrigation der vordern, hintern Urethra und der Blase gehen voraus, der Kühlapparat ist aufs Sorgfültigste zu überwachen. 2—3 Inci- sionen sind nöthig; die hintere, gegen den Blasenboden gerichtete ist die wichtigste, die vordere gegen die Symphyse sehende ist von geringer Be- deutung. Ausdehnung der Schnitte bis in die Pars membranacea muß ver- mieden werden, da dies Harnträufeln zur Folge haben kann. Dauernde Incontinenz ist nie beobachtet. Der zu grosse oder zu geringe Widerstand beim Schneiden giebt einen Maßstab dafür ab, den Strom leicht zu ver- stärken oder abzuschwächen; beim Zurückschrauben muß eine leichte Strom- verstärkung stattfinden. Beim ersten Harnact tritt ein leicht brennendes Gefühl ein. M. läßt seine Kranken am zweiten Tage aufstehen.

Verf. operirte vier Mal an drei Patienten, dreimal mit dem Freuden- berg’schen Incisor.

‚1) 58 jähriger Mann wurde zuerst wegen ungenügender Batterie und Technik mit geringem Erfolge, nach 2'/, Monaten zum zweiten Male mit gutem Erfolge, beide Male unter allgemeiner Schleich’scher Narkose ohne alle üblen Nachwirkungen mit drei Schnitten von 2!/,, 2'/} und 1 cm operirt. Die digitale Untersuchung ergab eine kleine weiche, die Cystoskopie eine starke in die Blase vorspringende Prostata. Der Kranke urinirte Tag und Nacht alle 20—30 Minuten höchstens 25 ccm unter starken Schmerzen. Pyelitis und Cystitis purulenta. Residualharn 300 ccm. Nach der zweiten Operation zwei Wochen lang Harnträufeln. Nach zwei Monaten urinirte Patient 3—4 Mal am Tage, zwei Mal des Nachts je 200 cem und war schmerzlos, ohne daß er sich einer weiteren localen Behandlung unter- zogen hätte.

2) 73 jähriger sehr decrepider Mann mit genau denselben Beschwerden, demselben digitalen und eystoskopischen Befund. Starke Trabekelblase, Divertikel im Fundus, Cystitis purulenta, Pyelitis. Unter Cocain drei Schnitte

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von 3,3 und 1,5 cm. Keine Blutung, kein Fieber. Patient starb bald darauf ohne Besserung seiner Beschwerden.

3) G4jähriger abgemagerter Mann, der eine doppelseitige Nebenhoden- entzündung und mehrfach erhebliche Hämaturie in den letzten Jahren hatte und Y,—1stündlich unter Qualen urinirte. Residualharn 450 cem. Im Harn viel Eiter, AL, pCt. Albumen, Hyalincylinder, Blasen- und Nierenbecken- epithelien, wenig Harnstoff und Chloride Weiche, sehr grosse Prostata. Beide Nierengegenden druckempfindlich, häufiges Erbrechen. Nach längerer localer Blasenbehandlung unter Schleich’scher Allgemeinnarcose drei Schnitte von 31/,, 3'% und Ui em, Keine Blutung. Nach sieben Stunden urinirte Patient leicht in Rückenlage 90 ccm, zum ersten Male seit einem Jahre. Nach neun Stunden heftiger Schüttelfrost, nach 36 Stunden Tod unter hohen Temperaturen, Bewußtlosigkeit und Herzschwäche. Section verweigert.

Verf. sieht die Todesursache in foudroyanter Sepsis.. Die Infection von den gesetzten Wunden aus ist möglich, aber unwahrscheinlich, da der kaum vor 4—5 Tagen abfallende Schorf und das sich bildende Granulations- gewebe einen wirksamen Schutz abgeben. Prostatiker mit Pyelitis befinden sich oft im Zustand chronischer Sepsis, d. h. schwachvirulente Streptococcen eirculiren in ihrem Blut; möglicherweise geben die in den prostatischen Venen durch Cauterisation entstehenden Thromben Veranlassung zu Er- höhung der Virulenz und Vermehrung der Kokken. Am wahrscheinlichsten geht der Infectionsweg durch die Nieren; die Untersuchungen von Lewin und Goldschmidt beweisen es für normale Verhältnisse, um wieviel mehr wenn sich Harnleiter und Nierenbecken im Zustande pathologischer Aus- dehnung befinden, wie oft bei Prostatikern. Infeetionsstoff ist selbst bei größter Sorgfalt meist vorhanden. Die Blase fast aller Prostatiker läßt sich nur unvollkommen desinficiren, kleine entzündete Herde mit besonders viru- lenten Bacterien können durch die Operation geöffnet werden. Möglicher- weise kann die frühe Entleerung der ersten paar hundert cem Urin und eine aseptische Spülung einige Stunden nach der Operation die Gefahr von dieser Seite vermindern. Kranke mit vollständiger Retention, andauernde Sklaven ihres Catheters, laufen wahrscheinlich weniger Gefahr, da sie eine gewisse Immunität gegen acute septische Infection erworben haben.

Verf. glaubt, daß es besser ist, bei Pyelitis, weicher, leicht blutender Prostata, schlechtem Allgemeinzustand, mangelnder Gewöhnung der Urethra an Instrumente es zuerst mit einer Resection der Vasa deferentia oder der Albarran’schen Angioneurectomie zu versuchen und erst bei ausbleibenden Effect die nicht ganz gefahrlose Bottini-Operation anzuschliessen. In jedem Falle werden jene Operationen, die eine Contraction der erweiterten Venen- plexus von Prostata und Blase herbeiführen, eine wesentliche Gefahr der Bottini-Operation die Lungenembolie vermindern.

' Verf. kommt zu dem Schluß, dab die Bottini’sche Operation einen wesentlichen Fortschritt in der Behandlung der Prostatahypertrophie dar- stellt, daß aber noch weitere Erfahrungen uns lehren müssen, die für die- selben geeigneten Fälle auszuwählen. R. Rosenthal (Berlin).

Eugene Fuller: Cystoskopy in connection with prostatic hypertrophy a reply to Dr. W. Meyer. (Medical Record 12. März 1898.)

Die von Meyer gerügte Bemerkung von der Unbrauchbarkeit des Cystoskops für die Diagnose der Prostatahypertrophie hat Verf. im Hinblick auf einen Fall von malignem, auf die Blase übergreifendem Netztumor ge- macht, in dem von anderer Seite auf Grund eystoskopischer Untersuchung irrtümlich eine Prostatahvpertrophie diagmosticirt war. Er bezweifelt nicht, daB M. einen in die Blase vorspringenden Mittellappen von der Grösse einer Nagelphalanx des fünften Fingers cystoskopisch feststellen konnte, er protestirt aber, wohl mit Recht, gegen die allgemeine Behauptung M.'s, daß man mit Hilfe des Cystoskops die Configuration der Prostata diagnosticiren könne: zweifellos giebt es Prostatahypertrophien mit schwersten Symptomen, in denen das cystoskopische Bild ganz im Stich läßt.

R. Rosenthal (Berlin).

Dubrandy: De la rétention d'urine chez les prostatiques et les rétrécis, traitée par la ponction hypogastrique et le cystodrainage. (Revue de chirurgie, März 1898.)

Verf. legte bei einem 75jährigen Manne, der eine impermeable Strictur mit Harnverhaltung, angeblich infolge eines vor 40 Jahren erlittenen Traumas der Harnröhre, hatte, eine Blasenfistel an. Die Blasendrainage functionirte so vollkommen, daß der Patient jede weitere Behandlung verweigerte und den Blasendrain trotz Wiederherstellung der natürlichen Harnentleerung 4!/, Jahre lang behielt. Aus diesem einen Fall zieht Verf. den Schluß, dab die Blasenpunetion mit dem dicken, gekrümmten Trocart der Aspiration durch den Capillartrocart vorzuziehen und eine leichte, gefahrlose Operation ist, daB durch die Metallkanüle sofort ein elastischer Katheter eingeführt werden muß, der von der Blase unbegrenzte Zeit vorzüglich vertragen wird und daß die leicht auszuführende Blasendrainage ebenso gute Resultate wie die Cystotomie giebt.

In der Discussion in der Societe de chirurgie legt Bazy Verwahrung gegen diese übertriebenen Schlußfolgerungen ein und weist auf die Gefahr einer peritonealen Verletzung und einer Infection des Cavum Retzii hin. Mit Recht will Regnier Blasenoperationen bei Strieturen nur im äußersten Notfalle zulassen und verlangt, daß unter allen Umständen der natürliche Harnweg wiederhergestellt wird. R. Rosenthal (Berlin).

Harrison (London): Zur Chirurgie des Vas deferens bei ge- wissen Urinaffectionen. (The Lancet, 8. Januar 1898.) Die partielle Resection der Vasa deferentia bei Vergrößerungen der Prostata, so gute Erfolge sie auch aufzuweisen haben mag, wirkt doch nicht bei allen Formen dieser Affection im gleichmäßiger Weise. Bei der fibrösen

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Degeneration der Prostata (und der Hoden) z. B., wie sie häufig 'als Alters- erscheinung auftritt, bleibt die Vasectomie gänzlich wirkungslos. Hier muß dann dasselbe Verfahren Platz greifen, wie bei fibrösen Tumoren an anderen Stellen des Körpers, nämlich die Exstirpation Prostatectomie (bezw. Castration). Dasselbe gilt für die carcinomatöse Erkrankung der Prostata. In allen diesen Fällen bleibt dann auch die Castration erfolglos. Bei der reinen Prostatahypertrophie jedoch bildet die Vasectomie ein sehr wert- volles Verfahren und wo es fehlschlägt, pflegt auch die Castration keinen Erfolg herbeizuführen, obgleich dann immerhin ein Versuch auch noch mit dieser Operation nicht zu verwerfen ist. Im übrigen aber stellt die Castration gegenüber der Vasectomie einen sehr schweren Eingriff dar, zumal bei alten und geschwächten Personen. Die Vasectomie dagegen ist, bei Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln, gänzlich gefahrlos. Zu diesen gehört in erster Reihe, daß man die Operation niemals in einer Sitzung auf beiden Seiten ausführt, sondern einen mehrtägigen Zwischenraum läßt. Nach der simul- tanen doppelseitigen Vasectomie hat man analog, wie nach der Strumectomie, nicht selten cerebrale Störungen, ja selbst geistigen Verfall eintreten ge- sehen, was man jedoch nach der zweizeitigen Operation nie beobachtet hat. Ein weiteres Erfordernis für den guten Erfolg ist die technisch vollkommene Ausführung der genannten Operation. Unter diesen Voraussetzungen wirkt die Vasectomie fast in allen Fällen mit prompter Sicherheit. Allerdings stellt sich der Erfolg nicht immer zu gleicher Zeit ein. Häufig schließt er sich unmittelbar an die Operation, in anderen Fällen vergehen Wochen, bis er sich bemerkbar macht, und Monate, bis er die volle Höhe erreicht hat. In manchen Fällen genügt auch zur Erzielung eines Erfolges die unilaterale Vasectomie, die besonders bei solchen Personen in Betracht kommt, welche noch zeugungsfähig sind. Einen secundären Erfolg weist die Vasectomie auch noch in jenen Fällen von Prostatahypertrophie auf, die mit encystirten Blasensteinen complieirt sind. Eine solche Eneystirung wird häufig durch die vergrößerte Prostata verursacht. Durch die Atrophie der letzteren wird dann der Stein frei und kann nunmehr mittelst Lithotripsie mit Leichtigkeit entfernt werden. Loewenthal.

A. Gue&pin: Hypertrophie sénile de la prostate ef prostato- megalie. (Le progres medical 1898, No. 12.)

Man darf die Prostatomegalie, ein Symptom, nicht mit der Hypertrophie, d. h. mit der Krankheit selbst, verwechseln. Die hypertrophirte Prostata ist umfangreich; aber viele grosse Prostatadrüsen sind nicht hypertrophirt. So begleitet die Prostatamegalie häufig das prostatische Oedem und die Congestion bei alten Leuten. Man trifft sie auch an bei der Hypersecretion mit glandulärer Stagnation, bei den chronischen Prostatitiden, und bei den Neubildungen. In solchen Fällen von Prostatomegalie genügen einfache therapeutische Maßnahmen, um die Harnsecretion wieder normal zu machen. Operationen sind dabei überflüssig. Immerwahr (Berlin).

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Comte: Kyste spermatique. (Société des sciences mėdicales de Lyon 1898. Lyon médical 1898, 8.)

C. zeigt eine von Jaboulay entfernte Samencyste; dieselbe bestand seit sieben Jahren, Jaboulay stellte ihre Unabhängigkeit vom Hoden fest; sie wurde durch einen Stiel am Nebenhodenschwanz abgebunden und ent- hielt trotz der Durchsichtigkeit des Inhalts Spermatozoen.

Mankiewicz.

Chevasser: Tératome du testicule gauche; ablation de la tumeur incluse dans l’albuginée, en conservant le testi- cule. (Revue de chirurgie, März 1898.)

Die bald nach der Geburt constatirte Geschwulst, die langsam wuchs und nie Beschwerden verursachte, wurde als Teratom diagnosticirt und ließ sich, da sie vollkommen in die Albuginea eingeschlossen war, ohne Ver- letzung des Hodens herausschälen. Sie enthielt glattes und quergestreiftes Muskelgewebe, Schleimhauteysten mit Cylinder- und Flimmerepithel, Drüsen, Knorpel mit Perichondruim, einen vollständigen Knochen mit Periost und ein Gefäßsystem. Gleiche Fälle wurden neuerdings von Brocaund Heyden- reich veröffentlicht. R. Rosenthal (Berlin).

Platt (Manchester): Eine calcificirte Hämatocele. (Pathological Society of Manchester, Sitzung vom 9. Februar 1898. The Lancet, 19. Februar 1898.)

Ein 65jähriger Mann datirte sein Serotalleiden von einem Schlag her, den er vor etwa 20 Jahren gegen das Scrotum erhalten haben will. Der exstirpirte Tumor erwies sich als eine stark diekwandige Cyste, deren innere Fläche rauh und zerfetzt aussah und fast ganz mit großen Kalk- platten bedeckt war. Die Wandung der Cyste erwies sich mikroskopisch als aus fibrösem Gewebe ohne Epitheldecke bestehend. Die Cyste hatte fast das ganze Scrotum eingenommen und ist offenbar von der Tunica vaginalis ausgegangen. Der ganzen Sachlage nach glaubt P. die Cyste für eine alte Hämatocele halten zu müssen, die in kalkige Degeneration über- gegangen ist. Loewenthal.

Robert F. Weir: Castration with avulsion of the cord. (New York medical Record, 26. März 1898.)

Die Castration bei ascendirender Hodentuberculose hat nur Aussicht auf Radicalheilung, wenn es gelingt, ganz im Gesunden zu operiren. Zeigt sich das Vas deferens bei der Operation bis über den inneren Leistenring hinaus erkrankt, so kann man nach dem Villeneuve’schen Verfahren die Bauchwunde bis zum Peritoneum erweitern und den Samenstrang durch Zurückstreifen des Peritoneum bis zu den Samenbläschen freilegen oder bis zu denselben vom Damm aus nach Dittel vordringen, das Vas deferens daselbst durchschneiden und aus der obern Wunde herausziehen. In An-

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betracht der Größe dieser Eingriffe begrüßte Verf. mit großer Freude die v. Büngner’sche Castration mit Evulsion des Vas deferens. Er führte dieselbe neunmal bei sechs Patienten mit einer kleinen Modification aus, indem er die Evulsion nicht am äußern, sondern nach Spaltung der vordern Wand des Inguinalkanals am innern Leistenring vornahm. Da die Operation nie nachteilige Folgen hatte und von vier über ein Jahr beobachteten Fällen nur einmal ein Recidiv eintrat, ist Verf. von dem Verfahren vollauf befriedigt und empfiehlt dasselbe. Diese optimistische Anschauung W.'s hält einer genaueren Analyse seiner Fälle kaum Stand. Bei zwei Fällen zeigte sich das abgerissene Ende des Vas deferens tuberculös erkrankt, im dritten Falle ergab die pathologisch-anatomische Untersuchung Syphilis, im vierten kam es zu einer Stumpfblutung, die eine Wiedereröffnung der Wunde notwendig machte, im fünften scheint das zwei Zoll hinter dem innern Leistenring abgerissene Vas deferens in toto gesund gewesen zu sein, sodaß nur ein Fall übrig bleibt, der für die Güte der Methode vollgiltig verwertbar ist. Gamicht erwähnt werden die wesentlichen Bedenken, die Schede und Lauenstein dem Verfahren der hohen Castration gegenüberstellen, die große Gefahr des Abreißens des Samenleiters an einer tuberculös ulcerirten Stelle, was eine Peritonitis zur Folge haben kann, da das Bauchfell an der Rißstelle leicht verletzt wird, und die große Gefahr der Stumpfblutungen, die zu beträchtlichen, tiefliegenden und infolge der Darmnähe leicht ver- eiternden Hämatomen führen können.

Verf. hat in 11 Fällen von Castration wegen tuberculöser oder anders- artiger Erkrankung zur Erzielung einer psychischen Wirkung die exstir- pirten Hoden durch Celluloidnachbildungen ersetzt, die meistens per prim. int, einheilten, nie Reizerscheinungen verursachten und viermal über 11/, Jahre lang ohne alle Beschwerden getragen wurden. In zwei Fällen blieb die Potenz längere Zeit erhalten. W. macht darauf aufmerksam, daß kurze Zeit nach der Castration sogar noch Befruchtung durch das in den Samen- blasen deponirte Sperma erfolgen kann. R. Rosenthal (Berlin).

VII. Blase.

Dr. O. Kraus (Carlsbad): Pollakiuria urica. (Allg. Wiener med. Zeitung 1898, No. 7—9.) |

Pollakiurie (Dieulafoy) ist ein Zustand, bei dem das Bedürfnis zu uriniren öfter auftritt und auch öfter befriedigt wird als de norma. Dieser pathologische Zustand ist einer Reihe von Affectionen des Digestionstractus, sowie des Nervensystems, zumal im Beginn eigentümlich. Die Harn- entleerung geschieht physiologisch derart, daß auf einen Reiz hin der Detrusor sich contrahirt, daß nach einiger Zeit, unabhängig von dieser Contraction, der Sphincter sich selbstthätig Öffnet und der Detrusor den

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Harn durch die Harnröhre nach außen treibt. Erst wenn der ganze Harn aus der Blase abgeflossen ist, wird die Harnsäule zwischen Sphincter internus und Orificium der Harnröhre durch die Contraction der willkürlichen Muskeln der tiefen Harnröhre, selbst des ganzen Beckenbodens ausgestoßen (Coup de piston, Stempelstoß); dieser Stempelstoß fehlt bei gewissen nervösen Störungen, sowie bei den Frauen mit ihrer kurzen Harnröhre. Das Bedürfnis zu uriniren wird durch den Reiz der Ansammlung einer gewissen Menge auf die Blasenschleimhaut, aber auch durch Berührung der hinteren Harn- röhre, entzündliche, ulcerative Processe derselben auch bei leerer Blase er- zeugt; auch die Blase selbst, besonders ihr Fundus ist durchaus nicht un- empfindlich. Harndrang kann aber auch reflectorisch z. B. durch Kitzeln der Harnröhrenmündung, am Perineum, in den Lenden, an den Fußsohlen, durch starke Gehörs- und Gesichtseindrücke, psychische Erregungen (Angst), Circulationsstörungen (kalte Füße) ausgelöst werden. Der urethrale Harn- drang spielt namentlich unter pathologischen Verhältnissen eine Rolle, unter physiologischen dann, wenn der Sphincter sich bereits öffnet und einige Tropfen in die Harnröhre dringen, diese Tropfen werden dann gewiß noch obendrein urethralen Drang auslösen und den Harndrang noch steigern. Die Völle der Blase fühlen wir als eine Art unbestimmter Spannung; hier- von klinisch und physiologisch verschieden ist der urethrale Harndrang. Bei verschiedenen Individuen liegt die Reizschwelle verschieden hoch, d. h. das Bedürfnis zum Uriniren macht sich bei ihnen in verschiedenen Füllungsgraden bemerkbar. Gewisse Zustände physiologischer und patho- logischer Natur erhöhen die Reizempfindlichkeit, so wird durch vorüber- gehende Hyperämie der Blasenschleimhaut ex contiguo nach Tische der Harndrang erhöht. Aber auch psychische Zustände, der Gedanke an das Uriniren, an alle Dinge, die mit der Hamentleerung zusammenhängen, das Lesen der Worte „Harn“ u.s. w. erzeugen Blasencontraction und letztere Harndraug; alle Sinneseindrücke, die uns an das Uriniren erinnern, rufen Harndrang hervor. Besonders heftige Reize vermögen den Sphincter auch unwillkürlich, reflectorisch zu öffnen, z. B. plötzlicher Schreck bei Frauen und Kindern; es kann sich aber der Sphincter vesicae auch durch Reizung der hinteren Harnröhre öffnen. So oft wir Harndrang verspüren, pflegen wir zu uriniren; Ausnahmen hiervon machen schlechte Gewöhnung und pathologische Behinderung der Harnentleerung. Erst wenn der vermehrte Harndrang befriedigt wird, kann man von Pollakiurie sprechen Der patho- logische Harndrang kann von jedem Punkte des Hamapparates wie indirect von sen Nachbarorganen ausgelöst werden; ist die Blase nicht selbst. er- krankt, so wird der Harndrang reflectorisch ausgelöst; hierher gehören ab- norme Reizung der normalen Endapparate (Diabetes insipidus, Fremdkörper in der gesunden Blase), ferner Urethritis, acute Nephritis, Pyelitis (ohne Polyurie), ein Stein oder Gerinnsel im Ureter, chronische Obstipation, Bauch- tumoren, Gravidität, Hämorrhois (mechanischer Reiz der Sceybala, des ver- größerten Uterus, der Tumor im Verein mit der Circulationsstörung), Dys- pepsie, weiterhin abnorm gesteigerte Reizempfindlichkeit der Blase die

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sogen. Reizblase beruht (bei Frauen) meist auf Hyperämie der Blasen- schleimhaut (nach den Menses, Coitus, Gravidität). Daß andererseits Polla- kiurie fast nie zur Entdeckung des Diabetes führt, beruht darauf, daß die Capacität der Blase Gewohnheitssache ist. In jenen Fällen von Diabetes, wo K. gesteigerte Harnfrequenz constatirte, urinirten die Kranken, weil sie an Agrypnie infolge von Pruritus, Eczem litten oder Prostatiker waren. Pollakiurie kann aber auch bei Polyurie auftreten, wenn sich zu letzterer starker Harndrang gesellt. Allerdings ist hier die Polyurie nur Begleit- erscheinung eines Grundleidens, das an und für sich schon Pollakiurie er- zeugt (Blasentuberculose). Nur eine Kategorie von Kranken giebt es, die scheinbar an rein nervöser, essentieller Pollakiurie leiden; diese ist dann aber nur facultativ und eine neurasthenische Unart. - Die Entstehung der „reizbaren Blase“ nach Genuß jungen Bieres ist wohl meist auf eine Reflex- reizung vom Magen her zurückzuführen. Die pathologische Pollakiurie ist eine Teilerscheinung der Urethritis, der Cystitis, geradezu typisch aber für die Prostatitis: in diesem einen Symptom Pollakiurie liegt oft das sociale Elend einer ganzen Familie; die Kranken machen sich nicht nur, sondern auch ihre Umgebung neurasthenisch; besonders Nachts wird durch die Bett- wärme die Congestion der Prostata noch erhöht und die Kranken nacht- wandeln im wahrsten Sinne des Wortes; ähnlich ist das Krankheitsbild der psychopathischen Pollakiurie; viele von diesen Leuten werden erst zu Neu- rasthenikern, sobald sie zum ersten Mal gonorrhoisch erkranken. Beginnender Morbus Brightii kündigt sich mitunter durch eine Art prämonitorischer Pollakiurie an. In drei genauer beschriebenen Fällen bestand Pollakiurie zugleich mit vermehrter Harnsäureausscheidung; es ließ sich keine andere Erklärung für die Pollakiurie finden als die chemische oder mechanisch- chemische Reizung durch den zahlreiche Harnsäurekrystalle enthaltenden Urin; bei einem 70jährigen Manne fand K. jedesmal nach dem Gebrauch der Carlsbader Cur, wenn die Harnsäure aus dem Sedimente geschwunden war, auch ein Sistiren der Pollakiurie. Vermehrte Harnsäureausscheidung allein erzeugt noch keine Pollakiurie. Es muß erst durch die abgelaufene Cystitis eine besondere Reizempfindlichkeit geschaffen werden. Aehnliches faud sich bei einem frischen Diabetiker; da er seine Zuckerdiät noch stricte innehielt, hatte er enorme Harnsäureausscheidung und klagte über furchtbar lästigen Harndrang; hier bestand außerdem Congestion der Blase infolge Prostatahypertrophie.

Im Ganzen ist die Zahl der Patienten mit Pollakiuria urica recht gering; unter 500—600 Fällen von Diathesis urica fanden sich kaum 10 Fälle von Pollakiurie, deren Gesamtbild auf eine innige Beziehung zu der ver- mehrten Harnsäureausscheidung hingedeutet hätte. Wird diese Harnsäure- ausscheidung erfolgreich bekämpft (durch den Gebrauch alkalischer Mineral- wässer), so schwindet auch die Pollakiurie, um mit dem Wiederauftreten der Harnsäure im Sedimente wieder zu erscheinen. Acute, passagere Pol- lakiurie, die sich bei Leuten einstellte, die große Mengen kohlensaurer Mineral- wässer zu sich genommen hatten, erwies sich als unbedeutend. Mode.

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P. W. Nathan (San Francisco): Bacterium coli commune (Escherich) in the urine and its significance. Medical Record, 15. Januar 1898.)

Casuistische Beiträge, um die ätiologische Bedeutung des Bacterium

coli für die Cystitis und die verschiedenen Wege der Infection durch die Urethra, durch das Blut und durch directe Ueberwanderung aus dem Darm darzuthun. Im ersten Fall stellte Verf. die Diagnose „harnsaure

Diathese und Autointoxication durch mangelhafte Oxydation von Xanthin- körpern“. Cystitis trat secundär durch den in Folge Harnretention not- wendig gewordenen Catheterismus hinzu und verbesserte sich rasch nach Verschwinden des Bacterium coli aus dem Harn. Im Vaginalschleim Rein- kultur von Colonbacillen.

Im zweiten Falle kam die Cystitis nach Analogie der Experimente von Posner und Lewin durch die Blutbahn zu Stande. In Folge eines Vol- vulus Allgemeininfection. Im Erbrochenen, im Eiter von Zungen- und Lippenpusteln und im Urin reichliche Colonbacillen, die in Vagina und Vulva nie gefunden wurden. Kein Catheterismus. Die Bacillen schwanden gleichzeitig mit der Besserung der Allgemeininfection aus dem Harn.

Im dritten Falle nahmen die Bacillen den directen Weg in die Blase aus dem durch Ascariden gereizten Darm analog den Wreden’schen Ex- perimenten. Auch im vierten Fall war das Bacterium coli die Ursache der Cystitis, doch blieb der Infectionsweg zweifelhaft.

R. Rosenthal (Berlin).

Ramon Guiteras: The diagnosis and treatment of cystitis. (The New York Medical Journal, 19. März 1898.)

In knapper und klarer Form sucht Verfasser eine Uebersicht zu geben über die verschiedenen Arten der Cystitis, ihre Aetiologie, Symptomatologie und Therapie. Der Aufsatz bringt nichts Neues; es werden bei der Be- sprechung der Symptome, wie auch der Therapie, viele practischen Winke gegeben. Am ausführlichsten ist die letztere besprochen, besonders die Behandlung der Cystitis chronica bei Prostatahypertrophie und die der letzteren im besonderen. Nicht erwähnt ist die cystoskopische Therapie der gutartigen Blasentumoren. Eine ausführliche Besprechung der Arbeit würde nur eine Wiederholung bekannter Thatsachen liefern und unterbleibt daher besser. Blanck.

Savor: Demonstration eines Präparates von bullösem Oedem der Harnblase bei Carcinom. (Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 14.)

In der geburtshilflich-gynäkologischen Gesellschaft in Wien demon- strirte Savor am 18. Januar 1898 die Blase einer 52jährigen Frau, bei welcher wegen Carcinoma uteri die Totalexstirpation des Uterus gemacht worden war; die Patientin bekam dann ein Recidiv und starb. Die Blasen-

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schleimhaut der hinteren Wand erscheint übersäet mit dünnstieligen, bis kleinerbsengroßen, wasserhellen, besonders gegen die Mitte zu dicht gedrängt stehenden Blasen. Gegen die Peripherie erscheinen sie breitstieliger, dann mit breiter Basis aufsitzend, die äußersten nur mehr rundliche Wulstungen der Schleimhaut darstellend, welche so wie die übrige Blasenschleimhaut lebhaft gerötet sind. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, daß die Blasen einen intacten Epithelmantel zeigen; die Hauptmasse der Blasen besteht aus durch enorm starkes Oedem auseinandergeworfenem Binde- gewebe. Dieses bullöse Oedem der Harnblase ist durch das von außen auf die Blase übergreifende Neoplasma und die dadurch bedingte Circulations- störung entstanden. Immerwahr (Berlin).

Comte: Eine Haarnadel in der Blase. (Société des sciences medicales de Lyon, Januar 1898.)

Redner demonstrirt eine Haarnadel, welche Jaboulay aus der Blase eines 19jährigen Mädchens entfernt hat. Dieselbe hatte zwei Tage in der Blase gelegen und eine Cystitis verursacht. Mit Hilfe einer Pincette gelang es, diesen unter den in der weiblichen Blase angetroffenen Fremdkörpern am häufigsten gefundenen Gegenstand durch die dilatirte Urethra hindurch zu entfernen. Hirschfeld.

Alfons Hani (Wien): Ein Knopflochstecher in der Harn- blase eines i5jährigen Mädchens. (Wiener Medie, Presse 1898, No. 15.)

Das 1löjährige Mädchen hatte sich in die Blase einen 8 cm langen Knopflochstecher eingeschoben, der aus einem Elfenbeingriff und einem scharf zugespitzten Ansatzstück aus Stahl bestand, beide je ca. 4 cm lang. Das Instrument, mit dem stumpfen Ende in die Blase geschoben, hatte sich in schiefer Richtung in der Blasenwand festgekeilt, das stumpfe Ende gegen den Fundus gerichtet. Es bestanden nur sehr unwesentliche subjective Beschwerden; dagegen war der Harn leicht blutig tingirt und am vierten Tage nach der Einführung des Fremdkörpers trübe, ammoniakalisch. Mit der Steinsonde war der letztere leicht auffindbar.

Zur Entfernung des Fremdkörpers wurden zunächst reichliche Spülungen der Blase mit Borsäurelösung vorgenommen, 200 g derselben darin belassen und dann Extractionsversuche mit einem Kinderlithotrib angestellt; sie blieben erfolglos, indem das Instrument infolge der Glätte des Fremdkörpers wiederholt abrutschte. Nun wurde eine Erweiterung der Urethra angestrebt, zunächst unter Cocainanästhesie mit Sonden, was aber der Schmerzhaftig- keit wegen nicht ausführbar war. Die Versuche wurden daher ein anderes Mal in Narcose wieder aufgenommen, wobei die Harnröhre mittelst Simon- scher Stifte bis auf No. 16 erweitert wurde, sodaß gerade die Einführung des kleinen Fingers der linken Hand möglich war. Es gelang nun nach einiger Mühe, den Knopflochstecher aus seiner Lage zu bringen, ihn zu wenden und mittelst eines stumpfen Hakens zu extrahiren; er zeigte im

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Bereiche der unteren (centralen) Hälfte des Eisenstückes eine phospbatische Incrustation. Die Heilung blieb eine vollkommene, ohne jeden Zwischenfall; die Cystitis wurde durch einige Höllenstein- und Borsäurespülungen ziem- lich rasch beseitigt. Ernst Samter.

Thomas (Liverpool): Zwei Fälle von cystoskopisch diagnosti- cirten Blasentumoren. (Liverpool Med. Institution, Sitzung vom 6. Januar 1898. The Lancet, 15. Januar 1898.)

Der erste Fall betraf einen 38jährigen Mann, der seit sechs Monaten an Hämaturie litt. Man diagnosticirte mittelst des Cystoskops ein gestieltes Papillom, das an der rechten Seite der Mündung des rechten Ureter saß. Der Tumor wurde durch die suprapubische Cystotomie entfernt. Im zweiten Falle handelte es sich um eine 42jährige Frau, die seit sechs Monaten an Hämaturie und heftigen Schmerzen in der Blasengegend litt. Man sah durch das Cystoskop links von der Mündung des linken Ureter ein Ulcus, das von einem Kranz von kleinen Papillomen umgeben war. Die Urethra wurde dilatirt und die ganze Tumorenmasse mit der Scheere fortgeschnitten, alsdann die Blase mit warmem Borwasser ausgewaschen. Am nächsten Tage bestand Urinretention. Doch trat hier schließlich ebenso wie im ersten Falle vollständige und dauernde Genesung ein. T. empfiehlt in allen Fällen von Hämaturie die Blase sofort cystoskopisch zu untersuchen.

Loewenthal.

Thompson (Hull): Ein Fall von Bilasenhernie. (The Lancet, 22. Januar 1898.)

Ein 48jähriger Mann leidet seit Jahren an einer rechtsseitigen Femoral- und linksseitigen Inguinalhernie, die bisher durch ein Bruchband zurück- gehalten wurden. Seit einiger Zeit ist die linke Hernie irreponirbar geworden, auch stellte sich vermehrter Urindrang ein. Pat. wünschte eine doppel- seitige Radicaloperation. Letztere war rechts ohne Schwierigkeiten aus- führbar. Links fand man im Bruchsack, wie man auch auf Grund des vermehrten Urindrangs vermutet hatte, eine Ausbuchtung der Harnblase vor, die als solche auch mittelst des durch die Urethra eingeführten Ka- theters erkannt wurde. Der Blasenrecessus war mit dem Bruchsack fest verwachsen, und bei den Versuchen, ersteren loszulösen und zu reponiren, trat ein Riß in der Blasenwandung ein. Es wurde nunmehr die ganze projicirte Parthie der Blase mit dem Bruchsack abgeschnitten und die Blasenöffnung durch Nähte geschlossen. Anfangs floB Urin auch durch die Wunde aus, das hörte jedoch allmählich nach Einlegen eines Verweil- katheters auf. Sieben Wochen nach der Operation konnte Pat. als geheilt entlassen werden.

Verletzungen der Blase bei Bruchoperationen sind in neuerer Zeit recht häufig vorgekommen. Der Grund ist einmal der, daB man jetzt bei incarcerirten Hernien gewöhnlich die Radicaloperation ausführt, und dann der, daß bei Blasenhernien die Wandung des Blasenrecessus meist so stark

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verdünnt und verändert ist, daß sie als Blasenwand nur sehr schwer er- kannt werden kann. In vorliegendem Falle waren allerdings die diagnosti- schen und operativen Schwierigkeiten durch den entgegengesetzten Umstand bedingt, nämlich durch eine abnorme Verdickung der vorgestülpten Blasenwand, die bis zu einem halbem Zoll betrug. Aus diesem Grunde entschloß sich Verf. auch, den Recessus vollkommen wegzuschneiden.

Eine Blasenhernie kann auf dreierlei verschiedene Weise zu Stande kommen. Der gewöhnlichste Weg ist der, daß ein vollkommen extraperi- tonealer Teil der Blase, mit oder ohne Darmschlinge, prolabirt. ?/, aller Fälle gehören zu dieser Varietät. Bei etwa !/, der Fälle ist ein intraperi- toneales Stück der Blase prolabirt und bei !/, der Fälle ist die Blasenhernie zugleich extra- und intraperitoneal. "e aller Falle betreffen Femoralhernien. Betretfs der Ursachen der Blasenhernien sind wenig Besonderheiten bekannt; es kommen wohl hier dieselben Ursachen, wie bei allen Hernien in Betracht. Auffallend häufig sind Blasenhernien nach der Radicaloperation von anderen Hernien beobachtet worden. Der Grund ist wohl der, daß man, um die Operation möglichst radical auszuführen, den Bruchsack stark hervorgezogen hat, wodurch eine Prädisposition zu einem Recidiv der Hernie und zu einer Blasenhernie geschaffen worden ist.

Die Diagnose einer Blasenhernie ist vor der Operation selten mit Sicherheit zu stellen möglich, daher auch die häufigen Verletzungen der Blase bei der Herniotomie. Vermuten kann man die Affection, wenn Harn- beschwerden vorhanden sind. Bei einer incarcerirten Blasenhernie sind jedoch die klinischen Symptome von denen einer gewöhnlichen incarcerirten Hernie meist nicht verschieden. Wird bei der Herniotomie die Blase als solche, bevor sie verletzt ist, erkannt, so soll der Recessus, wenn irgend angängig, frei gemacht und reponirt werden. Ist das nicht ausführbar, so soll man den Recessus nach innen einstülpen. Wenn die Blase verletzt worden ist, so kann man drei Methoden anwenden, die offene, die Ligatur- und die Sutur-Methode. Von den vom Verf. otfen behandelten acht Fällen starben drei, von den elf mit der Ligatur behandelten ebenfalls drei und ebenso viele von den 18 mit Suturen behandelten Fällen; von letzteren je- doch trat bei 12 prima intentio ein, zwei heilten per secundam und nur in einem Falle blieb eine permanente Fistel zurück. In drei von den neun

letal geendeten Fällen hing der letale Ausgang nicht mit der Verletzung

der Blase zusammen. Loewenthal.

Dr. Wladislawlew (Petersburg): Ein Fall von traumatischer extraperitonealer Ruptur der Harnblase, complicirt mit Peritonitis. (Wratsch 1898, No. 10.)

Der 36jährige Patient, Rollkutscher vom Beruf, starker Potator, sonst aber stets gesund, verunglückte in der Nacht zum 11. August 1897 in der Weise, daß er beim Versuch, eine schwere Last vom Wagen herunter- zunehmen, zu Fall kam, wobei die Last auf ihn herunterfiel. Sofort ver- spürte der Patient starke Schmerzen im Unterleib; es stellte sich Harn-

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drang ein, dem er nur mit großer Mühe nachgehen konnte; der entleerte spärliche Urin soll aber nach der bestimmten Angabe des Patienten nicht blutig gewesen sein. Die Schmerzen im Unterleib, der Harndrang nahmen immerfort zu, das Uriniren wurde schwerer, so daß der Patient bei Tages- anbruch ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Er wurde katheterisirt, wobei jedoch nur wenig und jetzt bereits blutigen Harns entleert werden konnte. Der Zustand des Patienten besserte sich aber in keiner Weise. Am 13. August ließ sich der Kranke in das Obuchow'sche Krankenhaus zu Petersburg aufnehmen. Status praesens: stark gespanntes, äußerst schmerz- haftes Abdomen, ganz besonders der untere Teil desselben; gedämpft- tympanitischer Pereussionsschall; in den tiefer gelegenen Partien Ansammlung von Flüssigkeit. Seit zwei Tagen kein Stuhl; Erbrechen. Temperatur 36°, Puls 120. Starke Unruhe. Man vermutete Ruptur der Harnblase oder des Darms, oder sogar der beiden Organe. Laparotomie. Vorher wurde der Patient am Operationstisch katheterisirt, wobei 150 ccm reinen klaren Harns in starkem bogenförmigen Strahl abgegangen waren. In der Peri- tonealhöhle fand sich reichliches, seröses, geruchloses Exsudat vor. Hyper- ämie der Gefäße an der Serosa des Darıns und am parietalen Blatt des Peritoneums. Weder am Darm, noch am vom Peritoneum bedeckten Teil der Harnblase konnte die vermutete Ruptur gefunden werden. Dieselbe befand sich auf der vorderen, vom Peritoneum nicht bedeckten Wand der Harnblase und wurde erst entdeckt, nachdem die Wunde bis zur Symphyse erweitert und das infiltrirte antevesiculäre Zellgewebe auf stumpfem Wege geteilt wurde. Die Ruptur verlief unregelmäßig, in obliquer Längsrichtung, war 3,5 cm lang und hatte unebene zackige Ränder, zwischen denen stellen- weise die Blasenschleimhaut hervorragte. Etagennaht auf die Harnblase, Drainagetampon an der Nahtstelle. Offenlassen der Hautwunde an dieser Stelle. Katheter à demeure wurde nicht eingeführt in der Absicht, syste- matisch zu katheterisiren, falls keine spontane Harnentleerung erfolgen sollte. Trockner Verband aus aseptischem Material. Glatte Wundheilung. Vom zweiten Tage nach der Operation spontane schmerzlose Urinentleerung. In den ersten Tagen enthielt der Harn deformirte rote Blutkörperchen, Blasen- epithel, einige weiße Blutkörperchen und etwas Schleim. Vollkommene Genesung. Lubowski.

VIII. Ureter, Niere ete.

Dr. Eckert (Petersburg): Ueber Pyelitis bei Abdominaltyphus. (Wratsch 1898, No. 10.) Verf. hat in verhältnismäßig kurzer Zeit drei Fälle von Abdominal- typhus beobachtet, in dessen Verlauf sich eitrige Pyelitis eingestellt hatte. Zu seinen Fällen fügt Verf. noch einen von Lawrowski beobachteten Fall

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hinzu. In Anbetracht dessen, daß die fieberhaften Temperaturerhöhungen, welche die gesagte Complication begleiten, größtenteils sehr kurz waren, steckte sich Verf. zum Ziel, den eventuellen Zusammenhang zwischen den Temperaturschwankungen und der Harnbeschaffenheit festzustellen. Zu diesem Zwecke nahm Verf. innerhalb des Tages sechs Mal eine Temperatur- messung vor und ebenso oft ließ er den Pat. uriniren. Jede Urinportion wurde in ein besonderes Gefäß aufgefangen und untersucht. Es stellte sich heraus, daß mit jedesmaliger Temperaturerhöhung Veränderung des Eiter- gehalts im Harn Hand in Hand ging, und zwar so, daß der Eitergehalt des Harns sich bei Beginn der Temperatursteigerung auffallend vergrößerte, falls der Harn kein Eiter oder nur Spuren von Eiter enthielt. Bei Ab- fall der Temperatur verringerte sich rasch die Eiterausscheidung und hörte bald vollkommen auf oder umgekehrt: mit Abgang des größten Teils des Eiters aus dem Nierenbecken sank die Temperatur.

Die eitrige Pyelitis dürfte nach Ansicht des Verf. eine der Ursachen bilden, welche im Verlaufe des Abdominaltyphus sowohl, wie auch im Stadium der Reconvalescenz nach demselben plötzliche Temperatursteigerung herbeiführen. Letztere wird, da die Pyelitis leicht übersehen werden kann, größtenteils auf andere Ursachen, wie Unregelmäßigkeit des Stuhles, Diät- fehler, zu frühes Aufstehen etc. zurückgeführt. Lubowski.

Dr. L. Schuller: Zur Frage der Harnsecretion des Fötus. (Gentralblatt für Gynäkologie 1898, No. 13.)

Um die Frage der regelmäßigen Secretion der fötalen Niere zu lösen, hat Verf. Schwangeren innerlich Phloridzin gegeben und hat dadurch bei diesen Diabetes erzeugt. Sodann untersuchte er das Fruchtwasser bei der Geburt auf Zucker, denn der Gehalt des Fruchtwassers an Zucker müßte innerhalb gewisser Grenzen den directen Maßstab für die Nierenseeretion des Fötus abgeben. Die Resultate der bisherigen Untersuchungen waren folgende: In den ersten Schwangerschaftsmonaten bis zum sechsten Monat ließ sich nach Phloridzinfütterung im Fruchtwasser kein Zucker nachweisen. Bei Darreichung des Phloridzins bis zum Eintritt der Wehenthätigkeit fanden sich unter 20 Versuchen 14 Mal kein Zucker, 6 Mal mäßige Zuckermengen. Im Urin des Neugeborenen fand sich stets Zucker, falls die letzte Phloridzin- darreichung an die Mutter vor nicht mehr als 32 Stunden stattgefunden hatte. Bei Tierversuchen mit hochträchtigen Hunden wurde in keinem Fall eine Spur von Zucker im Fruchtwasser gefunden. Diese Untersuchungen sollen noch fortgesetzt werden. Immerwahr (Berlin).

R. Lépine: Sur la perméabilité rénale. (Lyon médical 1898, No. 8.)

L. erinnert zunächst daran, daß die Durchlässigkeit der Nieren ver- mindert ist bei entzündlichen Processen im Organ; ganz besonders Medi- camente (Jod) werden dann langsam ausgeschieden; da man aber keinen sicheren unschädlichen Prüfstein hatte, konnte diese Erfahrung klinisch nicht verwertet werden; erst Achard und Castaigne (Arch. de médecine

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1898, fevr.) haben uns in der subeutanen Injection von 0,05 Methyleublau und in der Beobachtung der Ausscheidung durch den Harn diesen Prüfstein gebracht. L. bedient sich zu dieser Prüfung des unschädlichen intensiv roten „Rosaniline-trisulfonate de soude*; bei Kranken mit Morbus Brightii findet er nach Injection von 0,01 nur 0.003 im Harn. Nicht nur verlang- samt ist die Ausscheidung dieser Farbstoffe, sondern L. konnte immer ein deutliches Deficit in der Ausscheidung ceonstatiren. Um so überraschender sei die Mitteilung Bard’s (Gaz. hebd. 1897, 27. Mai), daß er in mehreren Füllen epithelialer Nephritis (parenchymatöser?) eine raschere und kürzer dauernde Ausscheidung des Methylenblau, also eine erhöhte Durchgängig- keit der Niere beobachtet habe; dasselbe berichten Baylac und Peres. L. glaubt nun nicht, dies Symptom einer erhöhten Permeabilität der Niere zuschreiben zu sollen, sondern meint, gestützt auf Arbeiten Sobieranski’s (Arch. f. exper. Path. 1895), daß bei den epithelialen Nephritiden das Nieren- filter nicht durchgängiger, sondern weniger electif sei, d.h. daß die Zellen der gewundenen Harnkanälchen nicht mehr im Stande sind, die mit dem Strom aus den Glomeruli kommenden nicht excerementiellen Stoffe zu resor- biren; daß diese Farbstoffe bei Gesunden sonst teilweise resorbirt werden, beweist die Thatsache, daß man nie die ganze injicirte Menge der Farbe auch bei Gesunden nachweisen kann. Gegen die erhöhte Permeabilität der Nieren bei epithelialer Erkrankung spricht auch die Wasserretention im Körper, sowie die verschiedenen Störungen im, Befinden der Kranken, welche offenbar einer mangelnden Reinigung des Blutes zuzuschreiben sind. L. glaubt vielmehr, daß jeder Substanz, auch dem Wasser, ein eigener Coefficient zugehöre für die Passage des Nierenfilters, und daß man des- halb nicht von einem Körper auf den anderen schließen darf. Mankiewicz.

Carter (Liverpool): Zwei Fälle von schwerer acuter Ne- phritis nach Erkältung. (Liverpool Med. Institution, Sitzung vom 6. Januar 1898. The Lancet, 15. Januar 1898.)

Bei einem Mädchen traten nach einer Durchnässung Convulsionen, Coma, starke Gesichtscongestion und stertoröses Atlımen auf. Der Urin enthielt 1/, pCt. Eiweiß und war quantitativ erheblich verringert. Unter Sauerstoff-Inhalationen gingen die Erscheinungen ein wenig zurück und verschwand auch das Eiweiß aus dem Urin. Es trat vollständige Genesung ein. In dem zweiten Falle entwickelten sich aus gleicher Veranlassung allgemeines Ocdem und Kopfschmerzen, aber keine Convulsicnen. Der Urin zeigte YY, pCt. Eiweiß. Die Genesung wurde hier durch Jaborandi herbeigeführt. Loewenthal.

Siegert: Ueber die diuretische Wirkung der Salicylsäure und des Coffeins. (Münch. med. Wochenschr. 1897, 20/21.)

Bei einem Patienten mit chronischer Peritonitis, dessen Ascites bereits

90 Mal punctirt war, ergab Natr. sal. in kleiner wie großer Dosis immer

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Verminderung der Diurese unter Erhöhung des speeifischen Gewichtes; Coffeinum purum immer starke Diurese, in Verbindung mit Natr. sal. wurde die Coffeindiurese unterdrückt; wurde zuerst Natr. sal. in kleinen Dosen gegeben und dann Coffein. purum, so kam es zur stärksten Diurese. Zur Erzielung starker Diurese ist also die Combination von Coflein mit Natr. sal. nur in der letzten Form statthaft. Um Oedeme bei intacten Nieren und venöser Stauung durch Diurese zu bessern, ist Coffein mit Digitalis geeignet (Cotten. pur. 0,1, Fol. digit. pulv. 0,02; zweistündlich. Mankiewicz.

Prof. Dr. J. Glax (Abbazia): Ueber den Einfluss verschiedener balneotherapeutischer Verfahren auf die Diurese. (Vor- trag, gehalten am 13. März 1898 zu Wien in der XIX. Versammlung der Deutschen Balneolog. Gesellsch. Wiener med. Wochenschr. 1898, 12.)

Zu den Mitteln, welche uns zur Verfügung stehen, um eine ungenügende Diurese zu heben oder eine bestehende Polyurie zu beschränken, gehört in erster Reihe die genaue Regelung der Flüssigkeitszufuhr. Wie bekannt, bringt das Trinken kalten Wassers bei Gesunden eine diuretische Wirkung hervor, indem die Ausscheidung die Wassereinfuhr übersteigt. Indessen ist es irrig, zu glauben, daß etwa eine vermehrte Flüssigkeitszufuhr an und für sich diuretisch wirke. Es kommt dabei wesentlich auf die Temperatur an; heißes Wasser nämlich erhöht die Diurese nur so lange, als die Herz- thätigkeit durch den Wärmereiz gesteigert wird, bei längerem Gebrauche hingegen drückt es die Harnausscheidung unter die Norm herab. So gelingt es bei pathologischen Processen, welche mit einer Polyurie einhergehen, z. B. beim Diabetes, durch fortgesetztes Trinkenlassen heißen Wassers die Diurese unter gleichzeitiger Anregung der Diaphorese herabzusetzen.

Diuretisch wirkt dagegen nur die vermehrte Zufuhr kalten Wassers. Indessen erleidet diese Regel unter pathologischen Verhältnissen wieder eine Einschränkung. Im Fieber nämlich findet eine Wasserreduction in den Geweben statt, und diese wird durch vermehrte Flüssigkeitszufuhr nicht behoben, sondern gesteigert. Ebenso gelingt es bei Kreislaufsstörungen, welche zu hydropischen Ansammlungen im Körper geführt haben, nicht, durch eine vermehrte Flüssigkeitszufuhr die Diurese anzuregen, sondern nur Getränksentziehung führt zu einer Steigerung der Harnausscheidung.

Wenn zur Beeinflussung der Diurese statt des gewöhnlichen Wassers Mineralquellen gereicht werden, so muß hierbei noch die Wirkung der Kohlensäure und der Salze in Betracht gezogen werden, welche beide die Diurese steigern. Jedoch ist es nicht richtig, dab man bei einer Insufficienz des Herzmuskels, bei Exsudaten im Pleuraraum oder im Pericardium durch eine reichliche Verabreichung von Mineralwässern eine Steigerung der Harn- ausscheidung erzielen könne. Möglich ist es dagegen, bei beschränkter Flüssigkeitsaufnahme durch Verabreichung eines Mineralwassers als Sub- stituens für andere Getränke das Blut zu übersalzen und hierdurch eine

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Aufsaugung seröser Exsudate herbeizuführen, das Herz zu entlasten und so die Diurese zu steigern.

Die äußere Anwendung des Wassers vermag als kaltes Bad die Harn- ausscheidung zu steigern, als warnes sie herabzusetzen; das kalte Bad ist bei fieberhaften Processen das beste Diureticum. Ebenso vermindert trockene, heiße Luft die Harnausscheidung, während kühle und feuchte Luft die entgegengesetzte Wirkung hat. Schließlich streift G. noch kurz Unter- suchungen seines Schwiegersohnes Dr. Tripold, nach welchen mit dem Sinken der Luftfeuchtigkeit auch ein Sinken der Diurese Hand m Hand geht.

Ernst Samter.

Dr. Ulrich Rose, Assistenzarzt des Krankenhauses Bethanien (Berlin):

Aphasie als Einleitung eines urämischen Anfalles. (Berl. klin. Wochenschrift 1898, No. 9.)

In dem vielgestaltigen Bilde der Urämie treten die Lähmungen den unendlich häufigeren Convulsionen gegenüber sehr in den Hintergrund, so sehr!, dab man früher ihr Vorkommen überhaupt leugnete und, wenn eine Lähmung vorlag, dies als Beweis für Apoplexie und gegen Urämie ansah. Eine Reihe von Arbeiten aus den achtziger Jahren haben unsere Anschauungen über diesen Punkt zwar geändert. Immerhin muß aber betont werden, daB urämische Lähmungen nicht häufig sind. In der weitaus größten Zahl der Fälle sind es Hemiplegien nach Art der bekannten Hemiplegien bei der Hirnblutung. Seltener sind Monoplegien, Augenmuskellähmungen, bulbär- paralytische Symptome. Aphasie tritt gelegentlich im Verein mit rechts- seitiger Hemiplegie auf. Isolirt dagegen ist sie außerordentlich selten, und Verf. hat in der Litteratur nur einen einzigen Fall von isolirter, zweifellos urämischer Aphasie finden können. In Anbetracht dieser Seltenheit berichtet er ‚über einen weiteren Fall, der einen 32 Jahre alten Maler betrifft. Anamnestisch ist zu erwähnen, daß er im Jahre 1893 an Bleikolik litt. Zu Neujahr 1897 traten Oedeme an den Beinen, Ascites, Harndrang, sowie aber- mals kolikartige Leibschmerzen auf, die den Kranken veranlabten, sich in Bethanien aufnehmen zu lassen. Neben dem Hydrops bestand leichtes Fieber, verminderte Harnmenge, Albuminurie mit Befund zahlreicher Epithelial- eylinder, ohne nachweisliche Veränderungen am Herzen. Ohne weitere Zwischenfälle schwand Hydrops und Eiweiß völlig, so daß Patient nach zweimonatlicher Behandlung entlassen werden konnte (17. April).

Er arbeitete wieder, bis die Füße von Neuem schwollen. Zwei Wochen, nachdem er abermals einige Tage Kolikschmerzen mit Erbrechen gehabt, ließ er sich am 5. August v. J. wieder in Bethanien aufnehmen. Beträcht- licher Ascites. Herzaction regelmäßig, frequent, 104—116. Erster Ton, be- sonders an der Basis, etwas verlängert und dumpf. Zweiter Aortenton klappend. Puls von mittlerer Spannung. Radialis und Temporalis ge- schlängelt. Rechts hinten 2 Hand breit, links 1!/⁄ Hand breit Hydrothorax. Leber nach unten gedrängt. Leichte Bronchitis. Nierengegend ein wenig

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druckempfindlich. Kein Fieber. 24stündige Urinmenge 900 ccm mit 3 pro Mille Eiweiß, Fetttröpfchenzellen, granulirten und hyalinen Cylindern. Keine Netzhautblutungen, Patient hat keine Abnahme seiner Sehkraft bemerkt. Ordination: Milchdiät, Digitalis. Die Pulsfrequenz sank auf 84, die Wasser- sucht ging völlig zurück, die Diurese stieg und hielt sich dauernd auf 2 bis 23/, 1 pro die. Dabei stieg der Eiweißgehalt auf 5 pro Mille, und bei sonst vorzüglichem Allgemeinbefinden stellten sich mit einer gewissen Regel- mäßigkeit immer in den frühen Nachmittagsstunden Kopfschmerzen von wechselnder Intensität ein. Ohne daß die Harnmenge sich vorher vermindert hätte, trat am 14. September zum ersten Mal ein urämischer Anfall auf. Der Kranke erwachte mit Kopfschmerzen, die Augen thränten ihm, sonst verhielt er sich wie gewöhnlich, sprach, frühstückte, war fieberfrei und lag ruhig in seinem Bett. Als Verf. bei der Morgenvisite gegen 9 Uhr an ihn herantrat, antwortete er zum Erstaunen seiner ganzen Umgebung auf alle an ihn gerichteten Fragen mit dem Worte „Ja“, dem sich eine kurze Reihe unverständlicher Silben, doch stets dieselben, anfügten, wobei das „Ja“ immer den Ton hatte, die anderen Silben aber in einem undeutlichen Murmeln erstarben. Er ist dabei ganz bei Besinnung und kommt mit promptem Verständnis allen Aufforderungen nach, die an ihn übrigens nur in Worten, nicht in Zeichensprache gerichtet wurden. Aber auf Alles, was man ihn fragte und auch, wenn er etwas spontan mitteilen wollte, äußerte er sich stets mittelst des erwähnten, eigentümlichen, etwas hastig hervor- gestoßenen Silbencomplexes. Eine Schwäche oder Lähmung der Extremi- täten, des Facialis, der Augenmuskeln, der Zunge oder Schluckmusculatur war trotz genauester Untersuchung nicht zu entdecken. Ebenso wenig be- standen sensible oder sensorische Störungen. Die Pupillen waren gleich und reagirten gut. Atmung ruhig, regelmäßig. Puls regelmäßig, ein wenig beschleunigt, von mittlerer Spannung. Lungen frei. Mehrmals Erbrechen. Nachdem dieser Zustand etwas über eine halbe Stunde gedauert, tritt Bewußtlosigkeit ein. Der Körper streckt sich einige Male opisthotonisch, in den Extremitäten treten beiderseitsgleichmäßigklonisch-tonische Zuckungen auf. Mehrere derartige Anfälle folgten schnell aufeinander. Nachmittags trat noch einmal ein ähnlicher Anfall auf, nach dem Patient etwas zu sich kam, trotzdem aber noch benommen war. Er antwortet sinngemäß „Ja“ oder „Nein“ auf einfache Fragen. Die am Morgen beobachtete Sprach- störung ist verschwunden. Weder Amaurose noch Hemianopsie. Patient sieht Gegenstände in allen Teilen des Gesichtsfeldes und greift richtig danach. Katheterismus: 100 cem Urin. Puls von mittlerer Frequenz und Spannung. Ordination: Bad von 33° R. Danach schwitzt Patient mäßig stark. Abends 11?/, Uhr erfolgt, während der Patient im Bett sitzt, wieder ein Anfall, be- ginnend mit klonischen Zuckungen im rechten Arm, die schnell auf beide Seiten des Körpers gleichmäßig übergingen. Am 15. Morgens 4 Uhr wieder ein kurzer Krampfanfall. Patient liegt den Tag über benommen da, antwortet mit „Ja“ und „Nein“. Keine Krämpfe mehr, keine Parese, keine Amaurose. Puls mäßig gespannt, 100—108. (Morgens und Abends je ein Bad wie

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gestern.) Abends tritt plötzlich Harnflut ein: vom 15. Abends 6 Uhr bis zum 16. Abends 6 Uhr 5100 ccm mit ] pro Mille Eiweiß. Temperatur Morgens 38,9%, Abends 384°. Am 16. ist Patient wieder ganz munter, spricht normal; es ist, als ob er aus tiefem Schlaf erwacht wäre. Keine Sehstörung, keine Lähmung, keine Kopfschmerzen. Normale Temperaturen. Der Puls ging in der nächsten Zeit bis auf 80—84 herunter, die Harnmenge schwankte zwischen 1800 ccm mit 4 pro Mille Eiweiß und 4200 ccm mit 2 pro Mille. Das Allgemeinbefinden war befriedigend, doch stellten sich bald wieder leichte Kopfschmerzen und hydropische Erscheinungen ein. Das Sprachvermögen war nicht im Geringsten beemträchtigt. Am 2. October verließ der Kranke aus äußeren Gründen das Spital. Kr.

Charles E. Nammack: Washing the blood in acute uraemia. (New York Medical Record, 26. Februar 1898.)

Verf. tritt im Hinblick auf eigene vorzügliche Resultate und unter Mitteilung zahlreicher Urteile aus der neueren Literatur für die Therapie des Aderlasses mit nachfolgenden intravenösen oder subeutanen Kochsalz- infusionen bei der acuten Urämie aufs Wärmste ein und hält sie allen andern Maßnahmen für überlegen. Ihre prompte Wirkung entfaltet sie vor Allem bei der im Gefolge der chronischen Nephritis auftretenden Urämie, contraindicirt ist sie nur bei alten, sehr geschwächten Leuten im End- stadium der chronischen Nephritis. Da die Prognose von der leichten und schnellen Elimination der toxischen Substanzen aus dem Blute abhängig ist, so warnt Verf. vor der Fehldiagnose: Epilepsie.

R. Rosenthal (Berlin).

L. Terrio ed E. Bosio: Alterazioni renali nell occlusione intestinale. (Lo Sperimentale 1897. Nach dem Centralblatt für klinische Medicin.)

Die Autoren haben nach artificiellem Verschluß des Rectum bei Meer- schweinchen stets eine Degeneration der secernirenden Nierenepithelien ge- funden, während die Glomeruli intact blieben. Die beobachteten Verände- rungen werden auf die Resorption von Toxinen vom Darmcanal aus zurück- geführt, und es wird im Anschluß an die Mitteilung eines in der Klinik Bozzolo’s beobachteten Falles auf die Beziehungen zwischen Darmstörung und Nierenreiz hingewiesen. Mankiewicz.

Cadéac et Morot: Pyélonéphrite unilaterale de la vache par l'infection pyocyanique. (Societe nationale de medecine de Lyon, 31. Januar 1898. Lyon medical 1898, 7.)

Die Autoren berichten über interessante, exact geprüfte Befunde von einseitiger Nierenbeckenerkrankung beim Rindvieh. Sie bestreiten, daß alle diese Fälle durch einen bisher für pathognomonisch gehaltenen, leicht färbbaren und bei Luftzutritt auch leicht zu züchtenden Bacillus ent- stehen. Zweifelsolme kann dieser im Mist vorhandene Bacillus (coli?) nach

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Infection der Schleimhäute Cystitis, Ureteritis mit Stricturen oder entzünd- licher Verlegung des Canals und schließlich eine ascendirende Pyelonephritis mit dem Endzustand der Hydro(?)Nephrose herbeiführen. Drei Mal haben die Autoren in solchen cystischen Nieren nur Staphylokokken gefunden. In einem anderen, genau untersuchten Falle nur den Pyocyaneus; die Niere wog 6, kg, der Ureter war kindsarmdick, obliterirt; der abgeblaßte Pilz zeigte nach einigen Culturgenerationen seine Farbe wieder. Die Autoren glauben, daß, ebenso wie man von einem Specialbacillus der Pyelonephritis beim Rindvieh nicht sprechen kann, auch die behauptete immer tuberculöse Erkrankung der Zitzen und Brüste der Kühe nicht zu Recht besteht, sondern, da dieselben denselben Infectionsmöglichkeiten wie die Harnorgane aus- gesetzt sind, auch da andere Krankheitskeime mitwirken. Für die Ein- seitigkeit der Pyonephrose-Erkrankung des Rindviehs wissen auch sie keine Erklärung. Mankiewicz.

Newman (Glasgow): Malformations of the kidney and dis- placements without mobility. (British medical Journal, 19. März 1898.)

An der Hand von zahlreichen, in 20jähriger Praxis beobachteten Fällen classificirt Verf. die im Titel angegebenen Nierenveränderungen in folgender Weise: A. Fixirte Verlagerungen, 1) congenitale Verlagerung ohne Defor- mität, 2) congenitale Verlagerung mit Deformität, 3) erworbene Verlagerung. B. Mißbildungen, I. Variationen in der Zahl, 1) überzählige Niere, 2) ein- fache Niere, a. congenitaler Mangel einer Niere, b. Atrophie einer Niere, 3) Fehlen beider Nieren; II. Variationen in Form und Größe, 1) allgemeine Verschiedenheiten in Form und Lappung, 2) Hypertrophie einer Niere, 3) Verschmelzung beider Nieren, a. in Hufeisen-, b. in Sigma-, c. in Discus- form. C. Variationen der Nierenbecken, Harnleiter und Blutgefäße.

R. Rosenthal (Berlin).

Thomas Oliver: Remarks on a case of horseshoe kidney simulating malignant disease of the abdomen. (British medical Journal, 26. Februar 1898.)

Andauernde Dyspepsie, heftige Schmerzen, ein circumscripter, solider, mit der Respiration verschieblicher Tumor in der Mittellinie des Abdomens, Alter und Abmagerung führten zu der Annahme einer bösartigen Geschwulst. Die Laparotomie ergab die Aufklärung, daß es sich um eine Hufeisenniere handelte. Der Patient wurde gesund und von allen Beschwerden befreit, die Verf. auf eine Lockerung in der Fixation der Niere infolge anstrengender Arbeit zurückführt. R. Rosenthal (Berlin).

Prof. Wwedenski (Tomsk): Beitrag zur Diagnostik und ope- rativen Behandlung einiger Nierenerkrankungen. (Medi- cinskoe Obosrenie 1898, Heft 1.)

Verf. giebt in seiner umfangreichen Arbeit ein übersichtliches Bild von dem gewaltigen Umschwung, welcher sich in den letzten 15 Jahren in der

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Nierenchirurgie vollzogen hatte, und weist auf die sich in der allerletzten Zeit geltend machende conservative Richtung in derselben hin. Er ist der Meinung, daß man in dieser Richtung zu weit gehe, daß viele Patienten, die an ihrem Nierenleiden zu Grunde gehen oder von der zu spät vor- genommenen Operation mit einer bleibenden Harnfistel davonkommen, bei rechtzeitigem operativen Eingriff hätten gerettet bezw. mit besserem Erfolg geheilt werden können. Als Ursache der sich immer mehr und mehr in der Nierenchirurgie geltend machenden conservativen Richtung wird die Schwierigkeit einer positiven Diagnose des Nierenleitens angesehen, und dieserhalb richtet Verf. in der vorliegenden Arbeit sein Hauptaugenmerk auf die Frage der besseren Diagnostik einiger Nierenkrankheiten, haupt- sächlich der Nierensteinkrankheit und der Pyonephrose, die bekannt- lich die häufigste Veranlassung zu einem operativen Eingriff an der Niere sind, und bei denen eine Heilung durch etwas Anderes als Operation kaum möglich ist. In dieser Frage, sowie auch in der der Behandlung der vor- erwähnten Erkrankungen, welche beide er auf Grund genauester Erforschung der einschlägigen Litteratur sowie eigener Erfahrung zu lösen suchte, stellt nun Verf. folgende Thesen auf:

1) Eine absolut sichere Diagnose der Nierensteinkrankheit kann vor der Operation nicht gestellt werden. l

2) Es ist möglich, daß die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Zukunft die sichere Diagnosticirung des Nierensteins ermöglichen würde.

3) Der Ausfluß von Eiter oder trüben Harns aus dem einen Harnleiter und normalen Harns aus dem anderen, mittelst des Cystoskops festgestellt, spricht mit Wahrscheinlichkeit für Einseitigkeit der Erkrankung.

4) Die Diagnose des Nierenabscesses kann nur mit gewisser Wahr- scheinlichkeit gestellt werden.

5) Die Pyonephrose kann auf Grund der Analyse der klinischen Sym- ptome und Studiums der Harnschwankungen in Bezug auf Quantität und physikalische Eigenschaften mit absoluter Sicherheit diagnosticirt werden.

6) Pyurie und mikroskopische Hämaturie, die auf einen in der Niere sich abspielenden destructiven Proceß hinweisen, bilden eine positive Indi- cation zur Explorationsoperation.

7) Besichtigung der Niere, Betastung derselben liefern weniger Anhalts- punkte für die Diagnose als die Acupunctur und namentlich die Incision der Niere.

8) Die Explorationsincision der Niere muß an deren convexem Rande verlaufen; denn nur in diesem Fall wird dieselbe, indem sie im Zwischen- raum zwischen den zwei Blutgefäßsystemen der beiden Nierenhälften ver- läuft, wenig Blutgefäße verletzen und dadurch die secundäre Degeneration des Nierenparenchyms auf das Minimum zurückführen.

9) Dieser Operation, die eine feste anatomische, physiologische und pathologische Grundlage hat, muß das Recht auf die ausgedehnteste An- wendung zugesprochen werden, um so mehr als sie nicht nur eine die- gnostische, sondern auch eine therapeutische Bedeutung hat.

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10) Eine Incision des Nierenbeckens zum Zweck der Untersuchung und Entfernung von Steinen ist zu meiden.

11) Die primäre Nephrectomie wegen Stein-Nierenabsceß und Pyone-. phrose muß auf exclusive Fälle beschränkt bleiben.

12) Indem man auf die Incision der Niere, Untersuchung derselben und Entfernung der Krankheitsursache unmittelbar die Naht folgen läßt, macht man die Nephrotomie zur idealen Operation.

13) Die Nephrotomie muß der abschließende Act bei jeder Operation sein. bei der die topographischen Verhältnisse der Niere in hoher Weise gestört sind.

14) Die Nephrotomie kann sowohl eine Wahl-, wie auch eine Not- operation sein. Bei Anurie und starken Nierenblutungen führt der Aufschub der Operation den letalen Ausgang herbei. Lubowski.

Prof. Djakonow: Beitrag zur Nierenchirurgie. (Chirurgia, Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 1.)

Verf. berichtet über je drei Nephrectomien und Nephropexien, die er ausgeführt hatte und über seine dabei gemachten Erfahrungen. Bei der ersten Nephrectomie handelte es sich um traumatische subcutane Verletzung der Niere, die zur Eiterbildung in der Niere sowohl wie in deren Umgebung geführt hatte. Leider konnte hier die Diagnose längere Zeit nicht mit ge- nügender Sicherheit gestellt werden, so daß die Operation nicht rechtzeitig genug vorgenommen wurde. Auf diesen Umstand führt Verf. den Mißerfolg der Operation zurück: der Patient starb nämlich einen Monat nach der Operation unter Erscheinungen von Pyämie. Dieser Fall veranlaßt den Verf. zu dem Mahnruf, bei Kranken mit Nierenverletzungen möglichst früh zum Cystoskop zu greifen, mit dessen Hilfe der Zustand der kranken Niere und auch der der gesunden bestimmt werden und somit wertvolle Hinweise auf die vorzunehmende Operation rechtzeitig erlangt werden können.

In den beiden übrigen Fällen von Nephreetomie handelte es sich um Tuberculose bezw. um Careinom der Niere. Die Operation selbst verlief in beiden Fällen günstig, nur trat bei dem Patienten mit Nierencarcinom bald ein Recidiv im Gebiete der Operationsnarbe ein. Bei malignen Neu- bildungen der Niere soll nach Verf. nicht der Lumbalschnitt, sondern die Laparotomie gemacht werden. Das Operationsfeld ist im letzteren Falle geräumiger, man kann hier leicht die benachbarten Lymphdrüsen, das nahe- liegende Zellgewebe mit entfernen, falls auch diese von der Neubildung bereits ergriffen sind. Auch ist eine eventuelle Blutung in diesem Falle leichter zu stillen, schließlich kann man dabei die andere Niere zum Teil untersuchen.

Die Nephropexie ergab m sämtlichen drei Fällen ein gutes Resultat. Den Schnitt führt Verf. bei dieser Operation nicht am äußeren Rande des M. erector trunci, sondern in obliquer Richtung, von oben innen nach unten auben von der 12. Rippe zur Crista ossis ilei, da dabei bei geringerer Ver- letzung der Weichteile mehr Raum gewonnen wird. Die Durchnähung des Nierenparenchyms hält Verf. für unschädlich. Die Niere ist an die Muskeln

der inneren hinteren Bauchwand, nicht aber an die XII. Rippe zu nähen. Im letzteren Falle erzielt man nach Verf. gar keine Vorteile, läuft dagegen Gefahr, die Pleura zu verletzen. Drainage und Tamponade nach der Ope- ration hält Verf. nicht nur für übertlüssig, sondern sogar für schädlich: die Heilung wird durch sie verzögert, und in der hinteren Bauchwand ent- stehen überflüssige Narben. Lubowski.

Serenin (Moskau): Beitrag zur Frage der Nephrotomie. (Medicinskoe Obosrenie 1897, Bd. XLVIII, Heft 7.)

Verf. ist zwar Anhänger der gegenwärtigen conservativen Richtung in der Nierenchirurgie, jedoch nur in dem Sinne, daß er die Niere, soweit es angeht, zu erhalten sucht und deshalb sich in den meisten Fällen auf die Nephrotomie beschränkt und sich nicht so leicht zu einer primären Nephrectomie entschließt. Soweit nach dem publicirten Material zu urteilen ist, ist bisweilen die Schwierigkeit einer richtigen Diagnose daran schuld, daß die Nephrectomie in Fällen vorgenommen wird, in denen man mit einer Nephrotomie hätte guten Erfolg erreichen können. Dieser Umstand läßt die Notwendigkeit einer genaueren, eingehenderen Untersuchung der Kranken hervortreten unter Heranziehung aller zu Gebote stehenden Mittel. wie der Cystoskopie und des Ureterkatheterismus. Auch eine Probepunction, gegen welche sich manche Autoren auflehnen, soll nach Verf. in zweitel- haften Fällen in Betracht gezogen werden. Ueberhaupt ist gerade in Fällen mit zweifelhafter Diagnose die Nephrotomie der Nephrecetomie vorzuziehen.

Bezüglich der Frage, ob bei festgestellter Pyonephrose mit starker Zerstörung des Organs die Nephrotomie oder die Nephrecetomie angebracht sei, bemerkt Verf., daB man dieselbe einer endgiltigen Lösung wird zuführen können, wenn man nach den Nephrotomien die Absonderungen der operirten Nieren sorgfältig untersuchen wird, was bei Cystoskopie und gleichzeitigem Ureterkatheterismus durchaus möglich ist. Auch die bei den Sectionen von nephrotomirten Patienten gemachten pathologisch-anatomischen Erfahrungen können uns über die Leistungsfähigkeit der Niere nach der Nephrotomie Aufschluß geben. Vorläufig aber muß es höchst erwünscht sein, daß man in möglichst großer Zahl von Fällen die Nephrotomie anwende, die weniger gefährlich und nicht mit solchen Consequenzen verbunden ist, wie die Nephrectomie, namentlich die transperitoneale, um so mehr, als man doch immer noch die seeundäre Nephrectomie vornehmen kann. Lubowski.

Prof. Tuffier (Paris); Die Ergebnisse von 153 Nierenopera- tionen. Vortrag gehalten auf dem XII. internationalen Congreb zu Moskau, in’s Deutsche übertragen von Dr. Ernst Frank, Berlin. (Centralbl. für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane IX, 1 u.2.)

Ueber diesen Vortrag ist bereits im 10. Heft des II. Bandes der Monats- berichte, S. 610—613, unter dem Sammelthema: Urologisches vom XI. inter- nationalen medicinischen Congreß zu Moskau referirt worden und kann über den Inhalt dort nachgelesen werden. Aust (Königsberg i. Pr.).

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Vineberg: Report of a case of nephrectomy for stricture ofthe right ureter and early Tuberculosis ofthe kidney. (Medical Record, 5. Februar 1898.)

Die 48 jährige Patientin litt seit '/; Jahr an rechtsseitigen Nierenkoliken, Eiterharn und Harndrang. Die cystoscopische Untersuchung ergab eine Cystitis und ein unregelmäßiges, warzenähnlich vorgebuchtetes, von einem roten Hofe umgebenes, rechtes Harnleiter-Orificium; 21/, cm über demselben stiess der Harnleiterkatheter auf Widerstand; die linke Niere erwies sich als gesund. Nach Heilung der Cystitis zeigte sich das cystoscopische Bild des Harnleiter-Orificium unverändert. Getrenntes Auffangen des linken Nierenharns und des Blasenharns nach sorgfältiger Blasenspülung bewies zur Evidenz die Herkunft des Eiters aus der rechten Niere. Tuberkel- bacillen und Oxalatkrystalle wurden im centrifugirten Harn nie gefunden. Gegen Ende eines heftigen Kolikanfalls stellte sich Hämaturie ein.

Kelly’s Diagnose schwankte zwischen calculöser Pyelitis und Ureteren- strictur in Folge Trauma oder Ulceration. Er riet die Nephrotomie zu machen, von oben den Ureter zu sondiren, mit Hilfe der vaginalen Unter- suchung die Länge der Strictur zu bestimmen, je nachdem den Harnleiter von der Blase aus zu schlitzen oder oberhalb der Strictur in die Blase zu implantiren, eventuell bei zu ausgedehnter Strietur die Nephrectomie an- zuschließen.

Des Verf.’s Diagnose „Nierentuberculose“ wurde durch die Nephrec- tomie bestätigt. Die Niere enthielt zwei kleine Abscesse mit reichlichen Tuberkelbacillen und 12 Miliartuberkel. Die Patientin genas vollkommen.

Verf. erhofft von der Verallgemeinerung der Cystoskopie viel für die Frühdiagnose der Nierentuberculose und dem zufolge die Besserung der operativen Resultate. Mit Fenwick und Willy Meyer hält er bemerkens- werte Veränderungen am Orifictum ureterale für eins der wertvollsten Symptome, obwohl er des letzteren Behauptung, daß starke Rötung am Orificium ohne sonstige Blasenveränderungen für Nierentuberculose be- weisend sei, nicht unterschreiben kann. Seine Erfahrungen erstrecken sich nur auf das weibliche Geschlecht.

Der negative Befund von Tuberkelbacillen, ‚Gewichtszunahme und ein gutes Allgemeinbefinden schliessen eine Nierentuberculose nicht aus, wie es dieser Fall von Neuem beweist. Bemerkenswert ist die anfängliche Besserung der Symptome durch Methylenblau.

An die Erwähnung einer durch den Ureterenkatheter gesetzten trauma- tischen Blutung, die ohne schädliche Folgen blieb, knüpft Verf. die Be- merkung, daß dieses Ereignis nach Casper in 50 pCt. aller Fälle von Harn- leiterkatheterismus vorkomme. Um einem Mißverständnis vorzubeugen, betont Ref., daß Casper diesen hohen Procentsatz nur durch Hinzurechnung aller Fälle erhält, in denen ein Trauma nur mikroskopisch durch den Befund von roten Blutkörperchen im Harn bemerkbar wird.

R. Rosenthal (Berlin).

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Voron: Cancer du Rein. (Societe des sciences medicales de Lyon, Januar 1898. Lyon medical 1898, 8.)

V. demonstrirt einen vor drei Monaten auf transperitonealem Wege von Jaboulay entfernten Nierentumor, welcher nie Blutungen verursacht hatte. Viele Verwachsungen mit dem Darm; mehrere Stiele schlossen die Nierengefäße ein oder stellten Verbindungen mit dem Mesenterium her. Den Tag nach der Operation urinirte die Patientin allein, nach drei Wochen verließ sie geheilt die Klinik. In der Debatte behauptet Soulier, dab die Meinung Poncet’s, in ungefähr 50 pCt. der Nierentumoren gebe es Blurun- gen, falsch sei, nach seinen Erfahrungen gehörten Blutungen bei Nieren- geschwülsten zu den Ausnahmen. Mankiewicz.

G. E. Twynam (Sidney): Nephrectomy and its relation to pregnancy. (British medical Journal, 12. Februar 1898.)

Schramm, Fritsch, Israel und Tridoudani beschrieben sechs Geburten bei vier nephrectomirten Frauen. Verf. vermehrt die Casuistik durch drei in vielfacher Hinsicht interessante Fülle.

I. Nephrotomie wegen calculöser Pyelitis, Nephreetomie wegen Reeidivs. Conception 7 Monate später zum 4. Male.

Il. Nephrectomie wegen Periureteritis und Pyonephrose. Conception 14 Monate später zum 7., 23’, Jahre nach der Operation zum 8. Male. Alle drei Schwangerschaften, Geburten und Wochenbetten verliefen ohne Störung.

III. Nephrectomie in Folge einer schwere Symptome machenden Pyo- nephrose im 3. Monat der Schwangerschaft. Drei Aborte und vier normale Geburten waren vorangegangen; seit mehreren Jahren hatten Erscheinungen intermittirender Hydronephrose bestanden. Die entfernte Niere zeigte eine der Harnleiter - Blasenmündung analoge Einmündung des Ureters in die Nierenbeekenwand. Zur Abwendung jeglicher Gefahr für die schwächliche Patientin wurde der künstliche Abort eingeleitet. Nach zwei Monaten leichter urämischer Anfall mit Albuminurie, nach 15 Monaten vollkommene Ge- sundheit.

Eine Uebersicht aller Fälle ergiebt, daB sieben Frauen 10 gesunde Kinder geboren und normale Schwangerschaften, Geburten und Wochen- betten hatten. Leichte Albuminurie kam zweimal, stärkeres Erbrechen und Tendenz zur Ventralhernie einmal, Hydramnion, erhebliche Oedeme, Eclampsie oder Urämie niemals zur Beobachtung; alle Frauen nährten ihre Kinder selbst.

Allmonatliche Untersuchungen des Harnstoffgehalts im zweiten Falle des Vert "a ergaben eine merkliche Abnahme bis zu 0,55 pCt. im siebenten Monat, ein Ansteigen bis zur Norm nach der Geburt. Im Ganzen blieb die Harnstoflausscheidung der einen Niere während der ganzen Schwanger- schaft hinter den Zahlen zurück, die Liscia und Passigli bei 37 gesunden, graviden Frauen fanden. Nicht nur durch die Hvpertrophie des Herzens und der zweiten Niere, sondern vor allen Dingen durch die gesteigerte Thätigkeit der übrigen excretorischen Organe Lungen, Darm, Haut werden gravide Frauen nach der Nephrectomie vor Schaden bewahrt. Verf.

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kommt zu dem Schluß, daß solche Frauen ohne Gefahr für ihre Gesundheit Kinder austragen können, vorausgesetzt, daß die zurückbleibende Niere und die übrigen Organe gesund sind. R. Rosenthal (Berlin).

George M. Edebohls (New-York): The other kidney in con- templated nephrectomy. (Medical Record, 29. Januar 1898.) Zur persönlichen Kenntnis des Verf.’s kamen drei Fälle, in denen die einzig vorhandene Niere operativ entfernt wurde. Um sich vor einer Ne- phrectomie über die Anwesenheit und Beschaffenheit der zweiten Niere zu orientiren, liefern nach seiner Meinung Cystoskopie und Ureterenkathete- rismus nicht immer einwandfreie Resultate und bedingen, speciell bai Pyurie und Tuberculose, eine große Infectionsgefahr. Er schlägt daher die explo- ratorische Lumbarincision mit Freilegung und Entwicklung der Niere vor. Das hieße, selbst wenn man die Gefährlichkeit des Harnleiterkatheterismus, die außerordentlich übertrieben wird, zugeben wollte, den Teufel mit Beelzebub austreiben. E. nennt sein Verfahren original, es dürfte wohl kaum Nach- ahmer finden. R. Rosenthal (Berlin).

Michailow (Petersburg): Ein paranephritischer Abscess mit Perforation in’s Duodenum. (St. Petersburger medicinische Wochenschrift 1898, No. 6.)

Ein siebenjähriger Knabe erkrankte mit Schmerzen im Abdomen und abendlichen Temperatursteigerungen, nach drei Wochen wurde er mit der Diagnose eines subdiaphragmalen Abscesses in’s Hospital aufgenommen. Operation bestand in Eröffnung eines Eiterherdes auf der rechten Seite des Ahbdomens. Es entleerte sich füäculent riechender Eiter. Am neunten Tage post operationem Exitus letalis. Bei der Section fand man neben der rechten Niere einen Eitersack, der nach oben bis zum Zwerchfell reichte. Dieser Sack communicirte mit der hinteren Fläche des Duodenums. Zwischen der Gallenblase, Duodenum und dem Querdickdarm Verklebungen. Li.

IX. Technisches.

Phélip: Sondes en gomme à courbure forcée pour grosses prostates. (Lyon medical 1898, No. 8.)

Ph. hat sich seit Jahren damit beschäftigt, Gummikatheter mit für große Prostata geeigneter Krümmung, Elastieität und einem großen, gut hergestellten Auge zu construiren. Mit Hilfe der Fabrikanten Gaillard und Delamotte ist ihm dies gelungen. Er stellt folgende Anforderungen an diese Instrumente: 1) Gleichmäßige Länge von 35 cm, damit man immer beurteilen kann, wie weit das Instrument eingedrungen, wo die Spitze des Instruments sitzt; wie weit entfernt die Schwierigkeiten, die Widerstände vom Meatus liegen; damit man beim Wiedereinlegen eines Dauerkatheters sofort Bescheid weiß, wann das Katheterauge in die Blase eingetreten ist.

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2) Die vorzüglichste Elastieität in Verbindung mit einer Gestalt, welche s günstig wie denkbar, sowohl für das Eindringen des Instruments als für den Druck der Spitze an die obere Wand ist; nicht die Hand soll die Spitze an die obere chirurgische Wand pressen, sondern das wie eine Sonde à be- quülle benutzte Instrument muß dies durch seine Elastieität selbst besorgen: deshalb hat Ph. Instrumente mit viel stärkerer Knickung und Krümmung. als bisher angefertigt worden sind, arbeiten lassen, mit so starker Kniekung und Krümmung, daB man dieselben ohne vorherige Wiederaufriehtung gar- nicht einführen kann. Diese Katheter mit starker Krümmung suchen, wenn man sie aufrichtet, vermöge ihrer Elastieität die ihnen vom Fabrikanten gegebene Gestalt wiedereinzunehmen und in der Harnröhre drängen sie ihre Spitze um so kräftiger an die obere Wand, je ausgesprochener ihre Krümmung und je besser ihre Elastieität. Man soll diese Instrumente nur soweit aufrichten als unbedingt zur Passage der Pars anterior et membra- nacea erforderlich, sonst vernichtet man die elastische Kraft des Instruments: man soll deshalb bei Beginn des Katheterismus den Penis tief zwischen den Schenkeln und den Pavillon event. gegen die Anusfalte gerichtet halten.

Die abgebildeten Instrumente zeigen: 1) einen Mercierkatheter mit starker halb offener Krümmung (6—7 cm Durchmesser); 2) einen Mercier- katheter mit voller geschlossener kreisrunder Krümmung (6—7 cm Durch- messer); 3) und 4) zwei etwas stärker als üblich geknickte Katheter bicoudes et tricoudes.

Ph. glaubt in seinen Modellen die Vorteile der weichen und harten Instrumente, verbunden mit leichter Handhabung, vereinigt zu haben; die- selben sollen den Gebrauch der Katheter mit Mandrin und der Metallinstru- mente mit ihren eventuellen Folgen zurückdrängen und eine Erleichterung des Katheterismus der Prostatiker mit Rückstandsharn herbeiführen.

Mankiewicz.

Frisch: Ineisorium zur Behandlung der Ischurie bei Prostatahypertrophie. (Wiener medic. Blätter 1898, No. 14, Sitzungsbericht der k. k. Ges. der Aerzte in Wien.)

F. demonstrirt ein’ von ihm modifieirtes Bottini’sches Incisorium. Dasselbe hat die Form eines Lithotriptors; der männliche Teil trägt eine galvanocaustische Schlinge, welche in eine Rinne vorgeschoben werden kann. Das Instrument wird durch eine einfache Contaetvorrichtung mit dem Accumulator verbunden und durch Wasserspülung gekühlt. Die Operation wird bei entleerter Blase unter Cocainanästhesie vorgenonmen, wobei es vorteilhaft ist, sich vorher mittelst Cystoskops über die Promi- nenzen der Prostata zu orientiren. Nach Einführung des Instruments werden 1—4 Rinnen in die hypertrophische Prostata eingeschnitten; die Schlinge soll dabei rotzlühend sein. Die Operation ist schmerzlos und wirkt mechanisch, indem für den Harn eine rinnenförmige Passage geschaffen wird, welche sich später selbst noch erweitert. Immerwahr (Berlin).

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner, Berlin SW., Ritterstrasse 41,

Ueber innere Metastasen bei Gonorrhoe des Mannes. Von Dr. Albert Seelig, Königsberg i. Pr.

Lange Zeit galt die Gonorrhoe für eine harmlose Krankheit, bis durch den Warnungsruf Noeggerath’s die Aufmerksamkeit der ärzt- lichen Welt auf die schweren Folgen dieser Infection besonders bei dem weiblichen Geschlecht gerichtet wurde; seitdem hat sich das Inter- esse der Aerzte dieser Krankheit in außergewöhnlichem Maße zugewandt, und über ihre Infectiosität, Complicationen und Nachkrankheiten sind, da nach der Entdeckung des Gonococcus eine sichere bacteriologische Controle gegeben war, zahlreiche wichtige Befunde erhoben worden. So zweifellos nun durch diese neueren Forschungen erwiesen ist, daß früher die Gefahren der Gonorrhoe unterschätzt sind, so zweifellos ist auch andererseits von einzelnen Autoren die Bedeutung dieser Krank- heit übertrieben worden. So haben besonders französische Aerzte, denen sich freilich neuerdings auch verschiedene deutsche angeschlossen haben, den Versuch unternommen, die Gonorrhoe ihres localen Cha- racters völlig zu entkleiden und als Allgemeinerkrankung hinzustellen, ein Versuch, der übrigens schon im Anfange des Jahrhunderts von Eisenmann gemacht wurde. Diese Auffassung stützt sich einerseits auf die zuweilen bei Gonorrhoe beobachteten Allgemeinerscheinungen, andererseits auf das Auftreten metastatischer Processe, deren gonor- rhoische Natur neuerdings zweifellos festgestellt ist. Fraglos ist das Vorkommen einer Allgemeininfection zugesreben, jedoch ist dieselbe nicht die Regel, und wir müssen deshalb im Allgemeinen der Auf- fassung beistimmen, die noch neuerdings Neisser und Bumm ver- treten haben, indem dieselben die Gonorrhoe als eine Localerkrankung characterisirten, die nur in relativ seltenen Fällen zu Allgemeinerschei- nungen oder Metastasen in innere Organe führt.

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Trotz dieser relativen Seltenheit sind die inneren Metastasen von hohem wissenschaftlichen und auch practischem Interesse, und die- selben sind auch in den letzten Jahrzehnten außerordentlich häufig der Gegenstand von Veröffentlichungen gewesen, so daß bereits über die- selben eine ausgebreitete Litteratur vorliegt; wir wollen nun im Fol- genden versuchen, ein Bild des augenblicklichen Standes dieser Frage zu entwerfen.

Um zu einem richtigen Verständnisse unseres Gegenstandes zu gelangen, müssen wir zuerst in Kürze die wichtigsten Punkte der Ver- breitungsart des Gonococcus besprechen. Lange Zeit hat die Forschung über die Entstehung gonorrhoischer Complicationen unter dem Banne der Anschauungen gestanden, dab Gonokokken erstens nur Cylinder- epithelien zu durchwuchern vermögen, zweitens daß der gonorrhoische Proceß sich nur in der obersten Schicht des subepithelialen Gewebes flächenhaft ausbreiten kann. So lange diese Anschauungen geltend waren, mußte jede Complication, die sich in der Tiefe als Eiterung kundgab, als nicht rein gonorrhoischen Ursprungs gedeutet werden, d. h. man mußte zu ihrer Erklärung auf die sog. Misch- resp. Secundär- affection zurückgreifen. Den ersten Stoß erhielt die Lehre von der Undurchgängigkeit des Plattenepithels durch Touton, der nachwies, daß der Gonococcus auch auf Plattenepithel zu wachsen vermöge. Seine Untersuchungen an einem zwischen beiden Präputialblättern ver- laufenden inficirten Drüsengange stellten diese Thatsache zuerst fest, eine Bestätigung brachten Jadassohn, Pick, Fabry nnd Finger. Ein Gleiches konnte auch Rosinski an dem Plattenepithel der Mund- schleimhaut Neugeborener feststellen, auch er sah die Gonokokken in die intraepithelialen Räume vordringen. Jedoch scheint bei dem Platten- epithel der Gonococcus nicht so leicht vorwärts zu kommen, wie auf Cylinderepithel. Alle Autoren berichten, daß die erstere Epithelform dem Coccus einen größeren Widerstand entgegenstellt, als die letztere. Auch die zweite oben erwähnte Behauptung, daß der Gonococcus sich nur in den obersten Schichten des subepithelialen Bindegewebes zu entwickeln vermag, darf jetzt als sicher widerlegt gelten. Der Erste, der diese Behauptung zu nichte machte, war Werthheim, indem er zeigte, daB der Coccus auch das Bindegewebe durchdringen und hier selbstständig Eiterung und Entzündung hervorrufen kann. W. wies zuerst nach, daß die Gonokokken die ganze Wand der Tube bis zum peritonealen Ueberzug durchwachsen können und constatirte experi- mentell bei Kaninchen, daß nach Einimpfung von Gonokokken in das Peritoneum schon nach 24 Stunden eine reichliche Einwanderung der- selben in das Bindegewebe statthat. Fügen wir hier noch die neuesten

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Untersuchungen Werthheim’s an: der Autor excidirte einem kleinen an gonorrhoischer Cystitis leidenden Mädchen in der Narcose ein Stück Schleimhaut aus der hinteren oberen Blasenwand und fand im Epithel, tief im Bindegewebe, in den Gefäßcapillaren, den kleinsten venösen Gefäßen massenhaft Gonokokken liegen. Durch diese berichteten Be- funde ist das Verständnis für die Thatsache, daß einerseits alle Com- plicationen der Gonorrhoe, die per continuitatem entstehen, durch den Gonococcus hervorgerufen werden können, und daß andererseits auch die eine Gonorrhoe begleitenden Complicationen in entfernteren Organen gonorrhoischen Ursprungs sein können, erschlossen, um so mehr, da in allerjüngster Zeit der Gonococcus kreisend im Blute culturell und durch Ueberimpfung nachgewiesen ist (Aehmanın).

Ist somit festgestellt, daß der Gonococcus sich auf gleiche Weise wie andere, besonders die Eiterkokken, verbreiten kann, so unterscheidet er sich doch in Vielem so sehr von denselben, daß es zum vollen Ver- ständnis seiner Wirksamkeit notwendig erscheint, die Differenzen zwischen ihm und den Eiterkokken hervorzuheben. Wir folgen hier den Auseinandersetzungen Finger’s. Drei Punkte sind hier von be- sonderer Wichtigkeit: Erstens sind die Gonokokken in ihrem Verhalten gegen die Gewebe viel weniger activ als die Eiterkokken, indem sie einerseits sich viel spärlicher entwickeln und sich außerdem mehr an die gebahnten Wege Epithellücken, Bindegewebsspalten halten, während die Eiterkokken bekanntlich das Gewebe direct durchwuchern können, andererseits ist das Verhalten des Gewebes gegen die beiden Kokkenarten ein verschiedenes; denn während die Eiterkokken rasch zu Eiterung und Einschmelzung des Gewebes führen, haben die Gono- kokken sehr frühzeitig die Neigung, Granulationsgewebe und Binde- gewebsbildung anzuregen. Der dritte Punkt betrifft das Verhalten gegen die Temperatur; während bekanntlich Eiterkokken bei Zimmer- temperatur wachsen und noch bei 70° entwicklungsfähig bleiben, ist der Gonococcus ausserordentlich empfindlich und in seiner Temperatur- grenze sehr beschränkt; dieselbe liegt zwischen 25—39°, ein Verhalten, auf das wir später noch zurückkommen werden.

Nachdem durch die vorhergehenden Auseinandersetzungen die haupt- sächlichsten Bedingungen zum Verständnis der Metastasenbildung dar- gelegt sind, wollen wir jetzt die wichtigsten derselben ausführlich be- sprechen. Der Stoff teilt sich am bequemsten in die metastatischen Erkrankungen

1) der Gelenke, Sehnen und Muskeln, 2) des Herzens, 3) des Nervensystems

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und anhangsweise die weniger erforschten und weniger wichtigen 4) der Haut, 5) des Auges.

Die Arthritis gonorrhoica ist diejenige Metastase, die am längsten bekannt ist. Schon mm 17. Jahrhundert war dieselbe von de la Mar- tiniere genau beschrieben und als zum Krankheitsbilde der Gonorrhoe gehörig erkannt. Auch die spätere Zeit brachte ein reiches casuisti- sches Material, jedoch wurde man über die Specificität der Erkrankung allmählich geteilter Meinung, und es gab und giebt noch heute eine Reihe von Autoren, die diese Erkrankung nur für eine zufällige Com- plication betrachten, indem sie sagen, daß der Rheumatismus nicht m genetischem Zusammenhange mit der Gonorrhoe stehe, sondern dal nur unter dem schwächenden Einfluß der Infection die bis dahin schlummernde Krankheit in die Erscheinung gerufen wird. Jedoch dürfte jetzt nach den unwiderleglichen Nachweisen der Gonokokken in den Gelenken die Gegnerschaft allmählich schwinden.

Ueber die Entstehung der Arthritis gab es eine grosse Reihe von Theorien. Schon in früher Zeit (Selle) sprach man diese Gelenk- entzündung als eine gonorrhoische Metastase an, ohne natürlich das betreffende Virus zu kennen. Später glaubte man die Arthritis durch eine von der Harnröhre ausgelöste Reflexwirkung erklären zu können, entsprechend den Arthropathien; andere wieder, z. B. Senator, meinten, daß der Entzündungsreiz ganz allmählich von der Harnröhre aus auf den Plexus sacralis und das Rückenmark sich ausbreitet und hier vasomotorische oder trophische Nerven affıcirt, und daß dann die sog. Arthritis myelitico-neurotica entstehe (1879). Alle diese Theorien, deren bekannteste ich hier nur genannt habe, konnten mit Ausnahme der Metastasentheorie nach den bacteriologischen Befunden leicht widerlegt werden.

Nach der Entdeckung des Gonococcus wurde eifrig die verdächtige Gelenkentzündung durchforscht, aber es hat relativ lange Zeit gedauert, bis die ersten positiven Befunde erhoben werden konnten. Die ersten, die Gonokokken tinctoriell im Gelenke nachweisen konnten, waren Kämmerer und Petrone (1884), einen Schritt weiter kam Deutsch- mann, der bei einer eine Blennorrhoea neonatorum complicirenden Arthritis im Gelenk die specifischen Kokken fand und zugleich eruirte, daß dieselben sich auf gewöhnlichen Nährböden nicht fortpflanzten. Der Versuch einer Cultur der Pilze aus dem Gelenk scheint Linde- mann zuerst gelungen zu sein, freilich konnte er dieselbe nicht völlig rein darstellen. Absolut einwandsfrei sind die Refunde von Hoeck, der als Erster Reinculturen aus dem Kniegelenk gewonnen hat. Zu

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gleichen Resultaten kamen dann Horwitz, Paltauf, E. Neisser, Bordoni-Uffreducci, der die Specificität durch Weiterimpfung auf eine menschliche Urethra feststellte. Dasselbe Experiment gelang auch Colombini, jedoch scheinen dessen Resultate nicht so eindeutig, da er auch bei Ueberimpfung auf Hund und Kaninchen positive Resultate erhalten haben will. Später ist der Gonokokkennachweis noch sehr häufig bei Gelenkerkrankungen erhoben und culturell bestätigt, so von Rhespighi und Burci, Ghon, Schlagenhaufer und Finger, Singer und Anderen. Sind die berichteten Thatsachen als sichere Beweise anzusehen, daß der Gonococcus allein, denn andere Kokken werden meist in dem Exsudat vermißt, im Stande ist, eine Arthritis gonorrhoica hervorzurufen, so erfordern die Befunde anderer, durchaus verlässiger Autoren eine andere Erklärung. Einige Forscher nämlich (Nobl und neuerdings Koenig) sahen in den Gelenken nur Eiterkokken, andere wieder (Kroenig, Jaquet, Stanziale, Jadassohn) fanden die Gelenkflüssigkeit völlig keimfrei, was die beiden letzteren Autoren noch dadurch sicherstellten, daß sie mit der Flüssigkeit Impfversuche an der menschlichen Urethra machten, ohne eine Infection erzeugen zu können. Wie erklären sich diese Befunde? |

Die Gegenwart von Eiterkokken in den afficirten Gelenken läßt sich auf zwei Arten deuten; entweder nimmt man eine Misch- oder eine Secundärinfection an. In ersterem Falle kann die entzündete resp. verwundete Urethra leicht die Eintrittspforte für die Eiterkokken . geben, die dann durch den Blutstrom weiter getragen schließlich im Gelenk deponirt werden; im anderen Falle kann die Arthritis durch den Gonococcus primär hervorgerufen sein und sich später erst der Staphylococcus resp. Streptococcus dazugesellt und die Gonokokken allmählich verdrängt resp. zum Absterben gebracht haben. Für diese Möglichkeit spricht der Fall von Sobotha und besonders der aus- führlich von Finger, Ghon und Schlagenhaufer publicirte.

Es handelte sich hier um ein zehntägiges Kind, das im Anschluß an eine Ophthalmoblennorrhoe eine Arthritis des Knie- und Sprung- gelenkes acquirirte. In der Gelenkflüssigkeit fanden sich culturell nachweisbare Gonokokken als alleinige Erreger, später gesellte sich zu den genannten Affectionen noch eine solche des Schleimbeutels unter dem Quadriceps des linken Oberschenkels und des linken Kiefergelenkes. Bei letzterem wurde eine Punction gemacht, die jedoch mißlang und wohl zu einer Infection führte, denn sehr bald entwickelte sich Schwellung der Parotis und der ganzen linken Hals- region, schließlich eine Mediastinitis, der das Kind erlag. Das wichtigste des bacteriologischen Befundes war folgendes: Während in dem Kiefer-

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gelenk nur Streptokokken gefunden wurden, waren in dem Kniegelenk überwiegend Gonokokken und nur spärliche Streptokokken. Letztere hatten somit bereits im Kiefergelenk die Gonokokken verdrängt und auch im Kniegelenk sich schon festgesetzt. Entsprechend diesen bacterio- logischen Befunden waren auch die anatomischen, denn im Kiefergelenk war es bereits zur Zerstörung des Gelenkknorpels und einer Stelle des Processus condyloideus gekommen, während in dem überwiegend gonor- rhoisch afficirten Gelenk nur Schwellung der Synovia gefunden wurde, während Knorpel und Knochen intact waren.

Außer der Misch- resp. Secundärinfection wird von einer kleinen Gruppe von Autoren eine andere Erklärung dahingehend versucht, daß durch Aufnahme von Toxinen eine leichte seröse Transsudation erzeugt wird, die durch späteren Hinzutritt von Eiterkokken allmählich in Eiterung übergeleitet wird. Diese Auffassung führt schon zu derjenigen hinüber, die manche Autoren für die Gruppe von Arthritiden aus- gesprochen haben, bei denen überhaupt keine Kokken aufgefunden wurden. Dieselben halten diese Form für eine einfache Ptomainwirkung (Guyon, Fürbringer), andere wieder und hierfür sprechen Befunde von E. Neisser, Ghon, Schlagenhaufer und Finger gläuben, daß die Gonokokken sich in der Synovia resp. im Bindegewebe auf- halten und durch ihren Reiz eine Exsudation in das Gelenk bewirken, eine Vermutung, die übrigens auch schon Jadassohn ausgesprochen hat. Schließlich sei noch der Möglichkeit gedacht, daß die Gonokokken einfach im Exsudat zu Grunde gegangen sind, ein Fall, der, wie Finger accentuirt, eintreten kann, wenn der Proceb unter hohen Fiebertempe- raturen verläuft. Die genannten Auffassungen haben alle etwas für sich, am plausibelsten jedoch erscheint diejenige, welche glaubt, dab die Exsudation bewirkt wird durch Gonokokken, die in der Synovia resp. im Bindegewebe sich aufhalten, zumal ja neuerdings Wasser- mann nachgewiesen hat, daß die Gonokokken entzündungserregende Toxine zu erzeugen vermögen.

Wir kommen jetzt zur Symptomatologie. Was die Zeit des Auf- tretens der Arthritis anbetrifft, so fällt dieselbe natürlich in die Lebens- alter am häufigsten, in denen die gonorrhoischen Affectionen vorzüglich vorkommen, d. h. in das Kindesalter im Anschluß an die Blennorrhoea neonatorum und in das Jünglings- resp. frühe Mannesalter. Auf die Gelenkerkrankungen im Kindesalter hat man in jüngster Zeit besonders sein Augenmerk gerichtet, und es liegt darüber eine reichliche Casuistik vor. Ich nenne nur die Fälle von Hoeck, Deutschmann, Lucas u. A., die zu der Augenblennorrhoe Arthritis hinzutreten sahen, und die zahl- reichen Berichte über diese Complication bei der Vulvovaginitis kleiner

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Mädchen. Vignardon hat 23 Fälle darunter 12 nach Blennorrlioe und 11 nach Vulvovaginitis, und neuerdings hat Haushalter 12 Beob- achtungen, in deren einer auch culturell der Nachweis von Gonokokken geführt ist, zusammengestellt.

Die Complication der Arthritis pflegt nicht vor der dritten Woche nach Beginn der Gonorrhoe aufzutreten, so daß manche Autoren glaubten, daß dieselbe immer an eine Miterkrankung der Pars posterior gebunden sei; diese Auffassung ist in gewissen Grenzen richtig, jedoch stimmt dieselbe nicht ausnahmslos, indem Arthritis zuweilen schon viel frühzeitiger auftritt, ja in sehr seltenen Fällen sogar als Vorläufer der sich entwickelnden Gonorrhoe beobachtet ist.

Was die Localisation anbetrifft, so scheint bei Männern das Knie- gelenk, bei Frauen dagegen das Handgelenk besonders bevorzugt zu sein; jedoch auch die übrigen Gelenke werden wenn auch seltener ergriffen.

Eine Statistik von Nolen ergiebt:

86 Mal das Kniegelenk,

52 Fußgelenk,

29 Handgelenk,

15 Hüftgelenk,

16 Metatarsophalangealgelenk,

13 Ellenbogengelenk,

12 , Interphalangealgelenk der Hand,

Pe F des Fußes, » » Kiefergelenk, Sternoclaviculargelenk, Tarsometatarsalgelenk, » n Wirbelgelenk, Sternocostalgelenk, l Articulat. sacroiliaca.

Was den Verlauf der Krankheit anbetrifft, so pflegt im Beginn nur ein Gelenk befallen zu sein und erst allmählich, wenn der Proceß in diesem nachläßt, erkranken andere, so daß nur ausnahmsweise gleich- zeitig eine größere Zahl von Gelenken gleichmäßig heftig ergriffen ist.

Das Krankheitbild präsentirt sich unter den verschiedensten Formen, die schwer scharf von einander zu trennen sind, da dieselben große Neigung haben, in einander überzugehen.

Man unterscheidet am besten die folgenden Typen: den einfachen Gelenkhydrops mit rein serösem oder schwach trübem Erguß ohne bemerkenswerte Erkrankung der Gelenkkapsel oder des periarticulären Gewebes. Der Lieblingssitz sind die Kniegelenke. Der Hydrops kann

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ganz plötzlich auftreten, in anderen Fällen braucht er eine längere Zeit zur Entwicklung. Schmerz fehlt oder ist nur in mäßigem Grade vor- handen. Ebenso wechselnd ist auch der Verlauf; denn während der Erguß einmal überraschend schnell verschwinden kann, ist er ein anderes Mal wieder äußerst hartnäckig und geht leicht in einen Hydrops chronicus über; im Uebrigen hat diese Form eine außerordentliche Neigung zu Recidiven bei jeder Neuinfection resp. Auftlammen eines alten schlummernden Processes.

Sehr viel bedenklicher sind die Arthritiden, bei denen Kapsel wie Bandapparat an dem Proceß beteiligt sind. Diese Erkrankung pflegt mit sehr heftigen Schmerzen verbunden zu sein und sehr acut einzu- setzen, wobei dann auch ein meist kurzdauerndes hohes Fieber eintritt; seltener entwickelt sich der Proceß subacut mit geringeren Allsemein- erkrankungen. Man unterscheidet hier am besten zwei Unterabteilungen, die sich besonders prognostisch sehr verschieden verhalten. Bei der einen steht der Erguß im Vordergrunde, während bei der zweiten der- selbe nur sehr gering entwickelt ist resp. völlig fehlt. Während die

erstere wenn auch unter heftigen Allgemein- und Localerschei- nungen ähnlich dem acuten Hydrops verläuft, pflegt die zweite fast immer eine üble Prognose zu geben. Diese Form von den Fran-

zosen Arthritis pseudomembranacea ankylotica (Ollier) genannt ist äußerst schmerzhaft und die Schwellung kann sich bis zur Mitte des Oberschenkels und nach unten weit über den Unterschenkel er- strecken. Es entwickelt sich so oft ein den tuberculösen Gelenk-Ent- zündungen ähnliches Bild. Gerade dieser Process hat eine außerordent- liche Neigung zu sehr frühzeitiger Ankylosirung oder es kommt zu fehlerhaften Stellungen, Subluxationen und Contracturen. In den günstigsten Fällen kann es wohl zur Heilung und Beweglichkeit des Gelenkes kommen, aber es bleibt eine grosse Neigung zu chronisch deformirenden Processen übrig.

Die seltenste Form ist das Gelenkempyem, das entweder acut auf- tritt oder sich plötzlich zu einer schon bestehenden Arthritis zugesellt. Der Verlauf und die Prognose entspricht völlig der pyämischen Gelenk- entzündung.

Aus dieser Uebersicht über die verschiedenen Formen, die zum Teil in einander übergehen können, bald acut, bald subacut, ja in einzelnen Fällen sogar chronisch auftreten können, ersieht man schon, wie schwierig es ist, ein scharf umschriebenes Krankheitsbild zu entwerfen, und es sind die sehr zahlreichen in diesem Sinne unternommenen Versuche als gescheitert zu betrachten; jedoch berechtigt dieser Umstand nicht, wie es verschiedene Autoren, z. B. Nobl, thun, dem sich in letzter Zeit

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G läser angeschlossen hat, die specifische Natur der Arthritis zu leugnen. Man kann nun aus dem ganzen Verlauf unter Berücksichtigung einiger noch besonders zu erwähnender Punkte zu einer einwandsfreien Dia- gnose gelangen. Am bemerkenswertesten ist der intime Anschluß der Arthritis an eine Gonorrhoe, der geradezu characteristisch ist, wenn er sich bei einer neuen Infection resp. dem Aufflackern eines alten Processes wiederholt; ferner giebt auch der Verlauf des Fiebers in gewissen Grenzen einen diagnostischen Fingerzeig, indem dasselbe, wenn überhaupt, sehr heftig rasch abfällt und jedenfalls im Gegensatz zu dem Verhalten bei dem gewöhnlichen Gelenkrheumatismus nicht proportional der Stärke und Schwere der Entzündung verläuft; drittens kann auch die Art, wie die Gelenke befallen werden, verwertet werden, da, wie wir bereits oben erwähnt haben, dieselben nicht oder wenigstens nur ausnahmsweise mit einem Male in größerer Zahl befallen werden, sondern vielmehr nur allmählich und schubweise; nicht minder wichtig ist auch der Verlauf der Entzündung selbst, da bei derselben im Gegen- satz zum Gelenkrheumatismus häufig die Tendenz zu überraschend schnell sich ausbildenden Difformitäten und Ankylosenbildungen vor- herrscht. Berichtet doch Bornemann, daß er unter 300 Fällen 196 Mal eine mehr minder starke Ankylose auftreten sah. Als nicht unwichtig möge noch hinzugefügt werden, daß sich die gonorrhoische Arthritis zuweilen mit äußerst characteristischen Augenerkrankungen complicirt, die besonders nach französischen Statistiken nicht gerade selten sind. Erwähnen wir schließlich noch, daß auch die Erfolge resp. das Fehl- schlagen der eingeschlagenen Therapie da ja das Salicyl, das bei dem gewöhnlichen Gelenkrheuma fast specifisch wirkt, hier völlig ver- sagt etwas Characteristisches haben, so dürften wohl die wichtigsten Punkte zur Unterstützung der Diagnose erwähnt sein.

Wir kommen jetzt zur pathologischen Anatomie der Gelenk- erkrankungen, dieselbe liegt noch sehr im Argen, da ja aus äußeren Gründen eine genaue Untersuchung des Anfangsstadiums und des Verlaufs nur selten möglich sein wird. Ueber die Art der Gelenk- ergüsse, wie dieselbe bei Punctionen. resp. Autopsien festgestellt ist, haben wir bereits gesprochen. Wichtiger sind die anatomischen und histologischen Befunde. Hier liegen nur wenige Beobachtungen vor, deren wichtigste, die von Finger, Ghon und Schlagenhaufer, wir hier berichten wollen. Es handelte sich um eine Arthritis gonorrhoica des Kniegelenks, dessen specifische Natur durch Reincultur von Gono- kokken nachgewiesen war. Die Höhle des Kniegelenks war mit gelblich grünem, klumpigen Eiter gefüllt, die Synovialis hellrot oder rötlich grau und geschwellt, die Grelenkknorpel unverändert, Die histologi-

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schen Befunde waren folgende: „Schnitte durch die Gelenkkapsel zeigen diese zu innerst von Eiterzellen bedeckt, die teils frei aufliegen, teils eingelagert sind in ein Gerinnsel von fädig geronnener Grundsubstanz, die Fibrin sehr ähnlich, aber doch kein Fibrin ist. Unter diesen findet sich eine Schicht einer homogenen oder leicht granulirten Grund- substanz, die wenig intacte Eiterkörperchen, dafür aber viele Kerne und kleine Körnchen verschiedenster Größe aufweist, die wohl vom Zerfall von Eiterkörperchen herrühren. Unter diesen findet sich eine breite Schicht Granulationsgewebe, die aus dicht gedrängten, ein- kernigen, spindelförmigen und polygonalen Zellen besteht, die in ver- schiedenen Zügen angeordnet sind und zahlreiche Blutgefäßcapillaren halten. Zwischen den Zellen finden sich spärliche Eiterkörperchen. Nach außen geht das Granulationsgewebe ziemlich unvermittelt in nor- males welliges, periarticuläres Bindegewebe über“. Das Wichtigste und Charakteristische an diesem Befunde ist das Granulationsgewebe, das übrigens schon sehr früh auftritt, denn Thierry konnte dasselbe bereits am 18. Tage nach Beginn der Affection reichlich entwickelt nach- weisen. Aehnliche Befunde berichten Councilmann und E. Neisser. Auf dieses Granulationsgewebe wird die außerordentlich ausgesprochene Neigung zur Ankylosenbildung zurückgeführt. Nicht so gut erforscht wie die beschriebene Form der Arthritis ist die Arthritis ankylotica pseudomembranacea. Hier handelt es sich wahrscheinlich um sich schnell bildendes tibrinöses Exsudat, das sich auf und in der Synovialis bildet und sich zwischen den Gelenkknorpeln ablagert, wodurch es dann zu Verklebungen der Gelenkflächen und durch allmähliche Organi- sation dieser Fibrinmasse zu Ankylosenbildungen kommen soll. Jedoch sind diese Erklärungen anatomisch nicht völlig sichergestellt, obgleich ja der klinische Verlauf durchaus für ihre Richtigkeit zu sprechen scheint.

Was die Prognose anbetrifft, so ist dieselbe meist zweifelhaft. Immer ist die Gefahr des chronischen Hydrarthros und der zurück- bleibenden Bewegungsstörungen bezw. Ankylosen in Betracht zu ziehen. Am schlechtesten quoad vitam ist das Gelenkempyem, da dasselbe sich ähnlich den pyämischen Processen verhält. Von grosser Bedeutung für die Prognose ist die Thatsache der großen Neigung zu Recidiven bei jeder neuen Infection resp. dem Aufflackern eines alten Processes, zumal sich an die Rückfälle häufig deformirende, sehr chronisch ver- laufende Processe anschließen, die allmählich zu Verdickungen und Stellungsanomalien der Gelenke führen, die mehr minder starke Be- wegungsstörungen hervorrufen. Wie groß die Recidivfähigkeit dieser Processe ist, geht daraus hervor, daß Volkmann bei demselben Patienten

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7 Recidive und Emery bei einem anderen sogar 19 beobachten konnte. |

Eine besondere Stellung nehmen nach den bisherigen Berichten die Arthritiden bei Kindern ein, da hier eine Ankylosenbildung recht selten zu sein scheint. So berichtet Verignon, daß er unter 23 Fällen nur 1 Mal Ankylose gesehen, Haushalter hat 12 Fälle bei Neugeborenen, Vaauxheem 28 bei jungen Kindern mitgeteilt, sämtliche Fälle sind glatt und rasch geheilt.

Im Zusammenhange mit Arthritiden stehen wie bereits er- wähnt Erkrankungen des Periostes der Sehnen und Schleimbeutel.

Die Periostitis gonorrhoica war bereits Verneuil bekannt, und Fournier hat schon ein relativ reiches casuistisches Material zusammen- gestellt. Später ist die Krankheit häufiger beschrieben und durch Gonokokkennachweis und Reincultur (Jaquet, Finger) ihre specifische Natur festgestellt.

Die Periostititis tritt meist in Form einer umschriebenen, promi- nenten, druckempfindlichen Schwellung auf, die wenig Neigung zur Vereiterung hat, jedoch oft Residuen zurückläßt. Derartige Periosti- tiden finden sich im Zusammenhang mit erkrankten Gelenken und können dann zu gichtartigen Verbildurgen führen, oder sie treten isolirt auf mit Bevorzugung der Finger, Zehen und des Schlüsselbeins. Eine besondere Form ist die sogen. Achillodynie, pied blennorrhagique der Franzosen, hier handelt es sich nach mancher Autoren Auffassung auch um einen periostitischen Proceß und zwar des Calcaneus; andere Forscher sind neuerdings freilich zu der Auffassung gelangt, daß hier meist eine Schleimbeutelerkrankung der Bursa achillea vorliegt (Rössler).

Ebenso wie die Periostitis schließt sich die Tendovaginitis und Bursitis häufig an Arthritiden an. Die Sehnenscheidenentzündung be- vorzugt besonders Hand und Fuß, und zwar den Extensor digitor communis, Flexor pollicis und die Dorsalflexoren der Zehen. Die Casuistik ist auch hier schon relativ reichlich, besonders sind die Fälle von Feleki, Rona, Goldmann und Jacoby, Tollemer, Macaigne, Seiffert a. A. (bei einem Kinde) zu nennen. Letztere Autoren haben auch den Gonococcus tinctoriell nachgewiesen, während die ersten Rein- culturen von Macaigne und Firet und Judell stammen.

Die Erkrankung pflegt ziemlich acut unter lebhaften Schmerzen und Rötung zu beginnen, um nach ein paar Tagen in ein subacutes Stadium überzugehen. In einigen Wochen kann der Proceß völlig ab- heilen. Was die Bursitis betrifft, so beschreibt Nobl einen Fall von Bursitis intertubercularis, Feleki einen solchen der Bursa praepa- tellaris (Rona und Duplay) und Finger, Ghon und Schlagen-

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haufer die Erkrankung des unter dem M. quadriceps gelegenen Schleim- beutels, deren gonorrhoische Natur durch Reincultur der Gonokokken bestätigt wurde. Schließlich seien noch die schon erwähnten Erkran- kungen der Schleimbeutel unter der Achillessehne und an dem dor- salen Teile des Calcaneus angefügt.

Die Bursitis äussert sich zuweilen unter der Form einer acuten, lebhaften Entzündung, die recht schmerzhaft ist; in anderen Fällen war ein Erguß vorhanden, dessen Punction schleimig-seröse Flüssigkeit ergab. Im Allgemeinen pflegen die Processe sich völlig zurückzubilden, jedoch sind auch Beobachtungen mitgeteilt, in denen es zu chronischen Processen mit lebhaften Schmerzen kam.

Noch seltener sind die Muskelerkrankungen im Anschluß an Gonor- rhoe. Hierher gehören die Fälle von Rona: Myositis des M. rectus cruris; Lang: Myositis des M. sternocleido mastoideus und Trapezius. Die Erkrankung markirte sich nur durch eine gewisse Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit der befallenen Teile. Ein bacteriologischer Nachweis steht aus. Jedoch hat diesen Bujwid für wirkliche Muskelabscesse sowohl mikroskopisch als culturell geliefert. Es handelt sich hier um einen an chronischer Gonorrhoe behandelten Patienten, bei dem sich nach einer Katheterisation vier typisch gonorrhoische Muskelabscesse entwickelten. Bujwid hält diesen Fall für besonders beweisend für die eitererregende Wirkung des Gonococcus.

Die pathologisch-anatomischen Untersuchungen sind für diese selteneren Formen der gonorrhoischen Metastasen noch spärlicher als bei der Arthritis. Die besten Untersuchungen stammen auch hier wieder von Finger, Ghon und Schlagenhaufer. Die histologischen Befunde an Schleimbeuteln und periarticulären Abscessen hatten mit denjenigen am Kniegelenk viel Aehnlichkeit, da auch hier als besonders characteristisch eine starke Schicht Granulationsgewebe gefunden wurde. Betreffs der Sehnenscheidenentzündung sei hier an die Untersuchungen von Polloson, Jacoby und Goldmann, die neben diffuser Infiltra- tion der Scheide die Bildung fungöser Granulationen hervorheben, er- innert.

(Schluss folgt.)

Urologisches von der dritten Sitzung des nordischen chirurgischen Vereins.

Helsingfors, 12.—14. August 1897. (Referirt nach „Hygiea“ und „Hospitalstidende*.) Von Max Melchior (Kopenhagen).

von Schulten (Helsingfors) und Jervell (Christiania): Castration und Vasectomie bei Prostatahypertrophie.

Die Referenten hatten die Arbeit so unter sich verteilt, daß S. die anatomische und physiologische Begründung der Castration und Resection des Vas deferens behandelte, während J. über die klinischen Erfahrungen, welche durch diese Operationen gewonnen waren, Bericht erstattete.

S. erwähnte genauer die embryologischen und anatomischen Unter- suchungen, welche, um diese Frage zu erklären, unternommen waren, so wie die verschiedenen Beobachtungen an Menschen, nebst den Tierversuchen. Die Resultate konnten in diesen Schlußfolgerungen zusammengefaßt werden:

Die von Ramm angenommene anatomische und physiologische Analogie zwischen Prostata und Uterus besteht nicht, weshalb man auch nicht die Annahme hierauf basiren kann, daß eine Ablatio testis dieselbe Wirkung auf die hypertrophisch veränderte Prostata als eine Castratio muliebris auf den myomatösen Uterus haben solle. Dagegen unterlag es keinem Zweifel, daß eine enge embryologische, physiologische und anatomische Verbindung zwischen Testes und Vas def. sammt Prostata bestand. Dies wird durch folgende Thatsachen bestätigt, welche für sicher constatirt angesehen werden müssen: 1) Angeborenes Fehlen oder Atrophie der beiden Testes sowohl als doppelseitige Castration bewirkt beim Kinde ein Ausbleiben der Ent- wickelung von Prostata. Ebenso verursacht doppelseitige Atrophie oder Castration bei erwachsenen Individuen als allgemeine Regel Atrophie der Prostata 2) Einseitige Castration oder Atrophie der einen Testis hat

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dagegen weder bei Kindern noch bei Erwachsenen eine constante Einwirkung auf die Prostata gehabt. 3) Doppelseitiges Durchschneiden oder Resection des Vas def. führt eine mehr oder weniger ausgesprochene Atrophie der Prostata mit.

Aller Wahrscheinlichkeit nach giebt es daher zwischen Testes und Prostata reflectorische Nervenverbindungen, durch die reichen Nervenplexus hervorgebracht, die in dem Samenstrang verlaufen und besonders in das Binde- gewebe um Vas deferens. Wenn diese Verbindungen auf irgend eine Weise durch die erwähnten Operationen unterbrochen werden, hört mutmaßlich zuvörderst die active Congestion auf, welche an die Secretion der Drüse angeknüpft ist. Schon dadurch wird das Volumen der Prostata gewissermaßen ver- kleinert und darauf folgt, aller Wahrscheinlichkeit nach, secundär eine Atrophie des Organs.

Diese Thatsachen, welche man rücksichtlich der normalen Prostata für völlig bestätigt halten mag, können unterdessen nicht ohne weiteres auf das hypertrophisch veränderte Organ überführt werden. Es ist kaum wahrscheinlich und auch nicht durch die spätesten Untersuchungen von Borelius u. a. bestätigt, daß die erheblichen pathologischen Veränderungen, welche die hypertrophische Prostata characterisiren, eine rückgängige Meta- morphose durch die erwähnten Eingriffe eingehen sollten.

Es muß somit, aller Wahrscheinlichkeit nach, die bedeutende Symptom- verbesserung, die in zahlreichen Fällen nach diesen Operationen folgte, vielmehr nervösen und vasomotorischen Einflüssen mit Verringerung der Blutmenge der Prostata als anatomischen Veränderungen zugeschrieben werden. Freieres Harnlassen trat oft so schnell ein in einem Falle des Redners sogar auf dem Operationstisch —, daß anatomische Veränderungen nicht hätten eintreten können.

Jervell (Christiania): Eine Zusammenstellung der Statistik von Ramm (Norsk Magasin f. Lægevidenskaben 1897), Lundsgaard (Prostatahyper- trophiens operative Radicalbehandling. Kopenhagen 1897), Borelius (Hygiea 1897) und Lennander (Upsala Läkareförenings Förhandlingar 1897) weist 294 Castrationen und 114 Vasectomien auf. Ungeachtet dieses reichhaltigen Materials war es doch nicht dem Redner möglich gewesen, ebenso wenig als den angeführten Verff., positive Schlüsse daraus zu ziehen. Sowohl doppelseitige Castration als Vasecetomie haben in den meisten Fällen eine Volumenverringerung der Prostata mitgeführt, bald mehr acut während der Operation oder in unmittelbarem Anschluß an dieselbe, bald mehr chronisch, 2, 3 ja bis 6 Monate danach. Verbesserung der Symptome, freieres Harn- lassen und leichterer Katheterismus trat in nicht wenigen Fällen ohne Ver- kleinerung der Prostata ein, in der Regel doch gleichzeitig mit einer solchen. Die Statistik giebt keinen Anhalt zum Beurteilen: welche Form der Prostata- hypertrophie, die glandulo-musculäre oder die harte, fibröse Form, am günstigsten von Castration, resp. Vasectomie beeinflußt wird; man kann überhaupt nie mit Bestimmtheit voraussagen, ob eine Prostatahypertrophie sich durch diese Eingriffe beeinflussen läßt.

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Redner erwähnte danach die Einwirkung beider Operationen auf die am meisten hervortretenden Symptome: Retention und Cystitis. Es ist eine Ausnahme, daß die Harnverhaltung völlig beseitigt wird, in der Regel bleibt eine größere oder geringere Menge Residualharns zurück, und noch öfters ist es zweifelhaft, wie weit die Besserung der Operation selbst zuzu- schreiben sei, oder einer Nachbehandlung mit Katheter, die in vielen Fällen stattgefunden hat. Als Hauptregel darf man sagen, daß eine Retention, welche lange Zeit gedauert, nicht durch die erwähnten Eingriffe beseitigt werden mag.

Eine bestehende Cystitis pflegt sich mit der Retention zu bessern; Dysurie und Harndrang sind im Ganzen die Symptome, welche am sichersten nach der Operation verschwinden; auch hier kann aber nichts Gewisses vorausgesagt werden. Da die ‘Unsicherheit betreffend die Wirkung der Operationen im Ganzen so groB war, und das Material keinen deutlichen Unterschied zwischen den Resultaten beider aufwies, hielt Redner Castration für unberechtigt bei Prostatahypertrophie. Man müsse die Vasectomie ver- wenden und sich speciell darum bemühen, die Vas def. umgebenden Nerven- plexus durchzuschneiden, so wie von Lennander consequent durchgeführt worden ist.

Auf Grundlage des vorliegenden Materials wollte Redner die Indi- cationen in diesen Schlußfolgerungen zusammenfassen:

Für jetzt ist man berechtigt, älteren Prostatikern eine doppelseitige Resection des Vas def. vorzuschlagen, 1) wenn jede andere Behandlung sich ohne Wirkung gezeigt, oder wenn systematische Katheterbehandlung nicht “durchgeführt werden kann, 2) wenn die Katheterbehandlung Complicationen verursacht (Blutung, Epididymitis, mechanische Hindernisse) oder heftige Schmerzen hervorruft oder endlich aus anderen Gründen schwierig ist.

In der Discusion äußerte Borelius (Karlskrona), auf seinem persön- lichen Material gestützt, daß die Castration vorläufig aufgegeben und durch doppelseitige Resection des Vas def. ersetzt werden müßte. Die Castration ist eine verstümmelnde Operation, welche ernste physische und psychische Störungen mitführen mag, und es ist nicht bewiesen, daß dieselbe besseren oder sichreren Erfolg als die Operation des Vas deferens giebt.

Es wurde beschlossen, Aufschlüsse sowohl über die guten als die schlechten Resultate für die nächste Sitzung einzuholen, so daß auf Grund- lage reichlicheres Materials genauere Indicationen aufgestellt werden konnten.

Jervell: Ureterkatheterismus bei Weibern nach Kelly’s Methode.

J. durchgeht die Geschichte des Ureterkatheterismus und beschreibt die Methoden Simon’s, Pawlik’s und Kelly’s, die Vorteile der letztgenannten hervorhebend. Narcose war nicht notwendig; nach Einpinseln mit 10pCt, Cocainlösung hatte Redner die Harnröhre zu ganz unerwarteten Dimensionen erweitern können; gewöhnlich ging er doch nur zum Speculum No. 16. Diese Methode bot erhebliche Vorteile vor den anderen dar, sowie die Füllung der Blase mit Luft und das Einwerfen des Lichts durch Reflector von außen.

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Weiter konnte man ziemlich lange Zeit den Harn abgesondert von jeder Niere auffangen, und man kann den Katheter therapeutisch zu täglichen Spülungen des Nierenbeckens bei Pyelitis und zur Erweiterung von Stricturen verwenden. Schließlich referirte Redner seine eigene Kasuistik.

Rovsing (Kopenhagen) war mit der erwähnten Methode nicht zu- frieden, da die Specula Kelly’s so scharfgerändert waren, daß sie häufige ringförmige blutende Läsionen beim Drücken gegen die Blasenschleimhaut hervorriefen. Auch sah er die Erweiterung der Harnröhre nicht für ganz ungefährlich an, besonders wenn dieselbe täglich oder häufig vorgenommen werden sollte, und er fürchtete Cocainlösungen in den Harnwegen zu ver- wenden, da viele Mitteilungen über tötliche Vergiftungen dieser Art vor- lagen. R. wollte im Ganzen gegen eine so allgemeine Verwendung des Ureter- katheterismus, wie von Kelly und Jervell vorgeschlagen, warnen. Der Ureterkatheterismus war immer ein ernster Eingriff, dessen Indicationen außerordenthich begrenzt waren. R. glaubte, daB man im allgemeinen durch reichliches Wassertrinken, besser als durch locale Behandlung, Pyeliten heilte.

Th. Rovsing: Mitteilung über 10 Fälle von maligner Nieren- geschwulst.

Redner referirte kurz die Krankengeschichten. Das Resultat der 9 mit Nephrectomie behandelten Fälle war im Kurzen folgendes: 2 starben den Tag danach (1 an Urämie, 1 an Embolie?); 7 konnten entlassen werden, von welchem 3 starben bzw. 2,4 und 9 Monate nach der Operation, während d am Leben sind (1 lebt 4°, Jahr, 2 leben 12, Jahr, und 1 lebt 31/, Monate nach der Operation). Redner meinte, daB die Resultate, sowohl die direkten als die ferneren, im Ganzen recht ermutigend, im Vergleich mit anderen Statistiken, waren. In 1 Fall kam Recidiv 4 Jahre nach der Operation. Zwei Jahre ohne Recidiv war also keineswegs mit Heilung eindeutig, so wie mehrmals von Wagner hervorgehoben.

Obgleich die Nierensarcome, von einem pathologisch - anatomischen

Standpunkte, für relativ gutartig gerechnet werden müßten da sie selten und spät Metastasen in den anderen Organen verursachten waren die

Operationsresultate rücksichtlich localen Reeidivs am ehesten schlechter als bei Operationen für Sarcome in anderen Organen. Dieses ist vermeintlich einer mangelhaften Operationstechnik zuzuschreiben, besonders Implantation der Geschwulstmasse in die Weichteilswunde und in das retroperitoneale Binde- gewebe. Daher löse man Tumor ganz intact ohne Punktion oder Incision aus. Ureter mußte doppelt unterbunden und zwischen den Ligaturen durch- geschnitten werden; der Ureterstumpf wird an die Haut fixirt, daß ein eventuelles Recidiv oberflächlich und zu rechter Zeit wahrgenommen werden mag. Endlich mußte man die Aufinerksamkeit auf Thromben in den Nieren- gefäßen und Drüsengeschwülste als Ursache eines Recidivs lenken. Zu- letzt berührte Redner die Bedeutung der Hämaturie und der mikroskopi- schen Harnuntersuchung für die Diagnose, welche oft sehr schwierig sein konnte.

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Th. Rovsing (Kopenhagen): Resection der Urethra bei gonor- rhoischer Strictur., |

R. empfiehlt diese Methode von Guyon, welche er mit vorzüglichem Erfolg in 20 Fällen verwendet hatte. Genauere Beschreibung der Operation mit ihren Einzelheiten. Da die obere Wand der Urethra, die fast immer gesund ist, stehen bleibt, bildet sich auf der früheren Stricturstelle eine Erweiterung, was nach der Meinung des Redners erklärt, daß die Resultate so gut und dauernd sind. Nach der Operation: Katheter a demeure während 12 bis 14 Tage und reichliches Wassertrinken. Eine Resection der Urethra ist der internen Urethrotomie bei weitem vorzuziehen, da man bei derselben au:- wärts schneidet und den einzigen gesunden Teil der Harnröhrenschleimhaut in Narbengewebe verwandelt. Die Indieationen müßten umfassen: 1) Im- permeable Stricturen, 2) Elastische Strieturen, 3) Strieturen von eigentüm- licher Form (Diaphragmabildung, Klappenform u. dergl.), 4) Fülle, wo heftige Schmerzen oder Blutung die Bougiebekandlung hindern, und endlich 5) Fälle, wo Fisteln oder periurethrale Abscesse sich hinter der Strictur hart- näckig offen halten.

Tscherning (Kopenhagen) glaubte nicht, dab diese Operation als allgemeine Behandlung empfohlen werden darf. Die Erfahrung zeigt, dab die gonorrhoischen Strieturen gewöhnlich multipel sind, durch die ganze Urethra zerstreut, und daher wird Resection nicht verwendbar. T. meinte somit, daß Bougiebehandlung und Urethrotomia interna (mit Schnitt abwärts) vorzuziehen wären; durch Resection wird die Strietur von Narbengewebe ersetzt.

Rovsing replicirte und vertrat die Methode.

O. Bloch (Kopenhagen): Ueber Lagenveränderungen der Harn- blase bei Ovariengeschwülsten und Fibromyomen, sowie über Läsion der Harnblase bei Operation der genannten Leiden.

Bei etwa 100 Laparotomien wegen Unterleibsgeschwülste hatte Redner 5 Mal abnorme Lage der Harnblase beobachtet, welche in 8 genauer be- schriebenen Fällen, trotz aller Vorsicht, lädirt geworden. In der Litteratur waren 33 Fälle referirt, wo die Blase sich auf abnormer Stelle befand und lädirt wurde; es geschieht gewiß weit häufiger.

Mit den eigenen Fällen des Redners sind es im Ganzen 38 (27 Ovarien- cysten, 11 Fibromyome); 36 Mal war die Blase geötlnet, (2 Mal von B. ver- mieden); 14 Todesfälle. Doch darf man nicht alle diese Todesfälle auf die Rechnung der Blasenläsion schreiben, denn die Abnormität bedingt an und für sich eine ungünstige Prognose.

Was die Anatomie betrifft, findet man die Blase von sehr verschiedenem Aussehen: oval, dreieckig, kegel-, evlinder- oder stundenglasförmig, die Spitze nach der einen Seite hinaufgezogen, doch gewöhnlich in der Mittel- linie unter dem Nabel gelegen. Die Blasenwand mag rücksichtlich der Structur sehr verschieden sein, bald dünn und blutarm, dem Bauchfell ähnlich sehend, bald sehr diek und blutendz dies macht, daß die Harnblase außerordentlich schwierig zu erkennen sein kann. Oft finden sich Adhärenzen

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an der Bauchwand und an Tumor, was aller Wahrscheinlichkeit. nach eine wichtige Ursache der Dislocation ist. In einzelnen Fällen hat man einen persistirenden Urachus als Ursache gefunden. ;

Die Diagnose der abnormen Lage der Harnblase ist vor der Operation schwierig, oft unmöglich. Die Dysurie leistet keinen sicheren Anhalt, und Untersuchung mit Katheter kann, wie im Fall des Redners, irreleitend oder nicht befriedigend sein, indem eine Deviation nicht immer eine abnorme Lage voraussetzt. Selbst nach Oeflnuung der Bauchwand kann die Diagnose Schwierigkeiten darbieten, ja, sogar nachdem die Harnblase incidirt ist, kann die Situation miBgedeutet werden.

In mehreren der referirten Fälle wurde die Blasenläsion nach der Entfernung des Tumors entdeckt; in anderen Fällen war es sogar erst eine während der Nachbehandlung entstandene Harnfistel, welche die Natur der Läsion zeigte. Man muß daher bei dergleichen Operationen immer mit der größten Vorsicht verfahren und sich erinnern, daß es ganz unmöglich sein kann, eine abnorme Lage der Harnblase zu diagnostieiren. Olshausen’s Rat: immer bei gefüllter Blase zu operiren, schien folgenswert. Die Be- handlung der Blasenläsion ist dieselbe als bei Sectio alta. Die Prognose der Fälle verschlimmert sich kaum bei Oeffnung der Harnblase.

Referate. I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates, Affecetionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

Kutz: Ueber einen Fall von Pseudohermaphroditismus masculinus mit Feststellung des Geschlechts durch Exstirpation eines Leistenhodens. (Centralbl f. Gynäkologie 1898, No. 15, Bericht aus der Ges. f. Geburtshilfe zu Leipzig.)

Patientin, 23 Jahre alt, „Dienstmädchen“, wurde der Sänger’schen Poliklinik von ihrem Arzt zugeschickt mit der Angabe, daß sie noch nie menstruirt und seit einem Jahre alle vier Wochen einige Tage lang heftige Schmerzen im Leib in den Leistengegenden und Brüsten habe, welche sich in letzter Zeit gesteigert hätten und sie arbeitsunfähig machten. Die Person zeigt ausgesprochen weiblichen Habitus, hat frische, rosige Gesichtsfarbe und trägt zwei lange, kräftige Zöpfe. Die Mammae sind nicht besonders stark entwickelt, doch von weiblich virginaler Form mit wohl tastbarem Drüsenkörper. In der Achselhöhle ziemlich reichliche rötlich-blonde Haare. Die Pubes und Nates zeigen dagegen nur geringe Behaarung; sie sind infantil, aber sonst regelrecht feminin gebaut. Clitoris nicht vergrößert. Das schmale, ringförmige Hymen ist sehr dehnbar, weist keine Einrisse auf. Die geradezu geräumige und normal lange Scheide endet blindsack- formig; oberhalb derselben ist von Uterus und Ovarien nichts zu tasten, auch nicht vom Mastdarm her. Die rechte Leistengegend birgt ein fast

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hühnereigroßes, ovales, glattes und derbes, verschiebliches, doch nicht reponibles, etwas druckempfindliches Gebilde, das als Ovarialhernie an- gesprochen wird. In der linken Leiste sitzt eine kleinere, diffuse, weiche. etwas reponible Bruchgeschwulst, hinter welcher in der Tiefe undeutlich noch eine festere Masse gefühlt wird. Auf Befragen giebt Patientin an. daß der rechte Bruch seit ihrer frühesten Kindheit bestehe, der linke jedoch erst nach Beendigung ihrer Schulzeit bemerkt worden sei. Bei der Operation ergab sich, daß die vermeintliche Bruchsackwand rechts die Tunica vaginalis communis testis und die eine frei vorliegende Keimdrüse ein Hoden war. Der Processus vaginalis peritonei war obliterirt. es lag also auch gar kein Bruch vor. Links handelte es sich um eine extraperitoneale inguinale Blasenhernie. Auch hier konnte man weder in die Bruchhöhle eindringen. noch einen deutlichen Bruchring fühlen. Ebensowenig war trotz allen Vor- drängens in der Richtung der Bauchhöhle etwas von einer Keimtdrüse wahrzunehmen. Die entfernte Keimdrüse, deren feinerer Bau vollkommen dem eines Hodens entsprach, barg genau in der Mitte eine etwa haselnub- große, derbe Geschwulst, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung als Fibroadenom erwies. Höchstwahrscheinlich ist auch die Iinke Keimdrüse, und zwar als Hoden vorhanden (Cryptorchismus abdominalis).. Um eimen Hermaphroditismus verus lateralis kann es sich keinesfalls handeln, vielmehr lediglich um einen Pseudohermaphroditismus masculinus, einen männlichen Scheinzwitter mit weiblichem Habitus. Immerwahr (Berlin).

Andrew Clark (London): Ein Fall von Hermaphroditismus spurius. (The Lancet, 12. März 1898.)

Unter falschem Hermaphroditismus versteht man einen Zustand von Hypospadie mit retinirten Testikeln. Aeußerlich können die Genitalien voll- kommen den äußeren weiblichen Genitalien gleichen, weshalb derartige Per- sonen auch vielfach für Weiber gehalten werden. Fälle von falschem Herm- aphroditismus sind nicht so selten, als gewöhnlich angenommen wird. Nach einer von dein französischen Militärarzt Lagneau veröffentlichten Statistik wiesen 0,5 pCt. von den als unbrauchbar zurückgewiesenen Mannschaften diese Mibhildung auf. Auch Verf. hat einen derartigen Fall zu beobachten Gelegen- heit gehabt, der auch sonst noch aus verschiedenen Gründen bemerkenswert ist. Es handelte sich um eine „Frau“ von 42 Jahren, die seit 14 Tagen au einer in Folge von Heben schwerer Möbelstücke eingetretenen schmerzhaften Anschwellung der linken Inguinalgegend litt. Der Körper der Person zeigte einen durchaus männlichen Habitus, besonders war der Schildknorpel stark prominent. Doch fehlten im Gesicht Haare, und auch an den Pubes waren solche nur schwach entwickelt. Im linken Inguinaleanal konnte ein eiförmiger, harter Tumor palpirt werden, der schmerzhaft war und ganz den Eindruck eines vergrößerten Testikels machte. Er war nieht redueirbar und ver- größerte sich auch nicht bei Hustenstößen. Ein ähnlicher, nur kleinerer und nicht schimerzhafter Tumor befand sieh auch im rechten Inguinaleanal. Die Genitalien glichen äuberlich denen eines Weibes, auch war die Vagina

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von normaler Länge und Weite, sie endigte jedoch blindsackartig; es war keine Spur eines Uterus vorhanden. Die Person ist seit 16 Jahren ver- heiratet und ist ihr Mann vor einem Jahre gestorben. Der Coitus ist in regulärer Weise ausgeübt worden und hatten Beide nie eine Ahnung von dieser Mißhildung gehabt. Die Person gab ferner an, vom 15.—38. Lebens- Jahre regelmäßig menstruirt gewesen zu sein; doch hielt der Blutfluß nie länger als 24 Stunden an. Besondere hereditäre Antecedentien waren nicht vorhanden. Die Diagnose schwankte zwischen Ovarialhernien und retinirten Testikeln. Da die linksseitigen Schmerzen nicht nachließen, so wurde eine 21/3 Zoll lange Incision angelegt. Es präsentirte sich hierauf ein am Samen- strang hängender gewöhnlicher Testikel, der entfernt wurde, worauf man den Samenstrangstumpf an den äußeren Inguinalring annähte und diesen dann mittelst Suturen schloß. Aus prophylaetischen Gründen wurde ganz die gleiche Operation auch auf der rechten Seite ausgeführt. Nach vier Wochen konnte Patientin als geheilt entlassen werden. Die mikroskopische Untersuchung der exstirpirten Tumoren bewies, dab es sich thatsächlich um Testikel handelte; Spermatozoen wurden jedoch nicht vorgefunden. Verf. hielt es für zweckmäßig, die Person über ihren Zustand nicht aufzuklären, indem er sie in dem Glauben ließ, daß es sich um die Operation von in- carcerirten Hernien gehandelt habe. Er vertritt übrigens die Meinung, dab diese Person in Wirklichkeit ein männliches Individuum mit einem sehr schwach entwickelten Penis und einer hochgradigen Hypospadie ist. Die Angaben betreffs der Menstruation faßt er sehr skeptisch auf, zumal sich im „Vagimalcanal“ absolut keine Oetlnung constatiren heb. (Es handelte sich hier offenbar um einen gewöhnlichen Fall von Pseudohermaphroditismus masculinus externus. Von Interesse wären nähere Angaben über die Richtung der sexuellen Neigungen gewesen. D. Ref.) Loewenthal.

Il. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

—Nee

Professor Lassar-Cohn: Praxis der Harnanalyse. (2. Auflage. Leopold Voss, Hamburg.)

In zweiter Auflage erscheint bereits nach einem halben Jahre das kleine Büchlein und beweist damit, daß für compendiöse Darstellungen der Harn- analyse noch ein Bedürfnis besteht. Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die Analyse des Harnes und des Mageninhaltes nach Art der chemischen Untersuchung eines beliebigen anderen Materials zu behandeln und will vor Allem Aerzte, Apotheker und Chemiker anweisen, ihre Untersuchungen immer nach ein und derselben, für gut anerkannten Methode auszuführen, statt zum Nachweis eines Körpers im Harn, wie dies gewöhnlich üblich ist, eine Reihe von Reactionen anzustellen.

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Leider ist dies aber nicht immer durchführbar. So ist die Trommer- sche Probe, die Verf. als ausreichend für den qualitativen Zuckernachweis empfiehlt, das durchaus nicht und kann zu schweren Irrtümern Veranlassung geben. Auch sonst wird man einige Bedenken nicht unterdrücken können: Wenn für den Nachweis von Gallenfarbstoffen nur eine Probe angestellt werden soll, ist die mit Jodtinetur entschieden der Gmelın’schen vorzu- ziehen. Wer nach Verf. eine „kanariengelbe“ Farbe bei der Eisenchlorid- reaction für den Nachweis von Milchsäure für genügend hält, wird sich manchmal täuschen; richtiger wird die Farbennüance als „gelbgrün“ be- zeichnet.

Im Großen und Ganzen kann aber das Büchlein durchaus empfohlen werden. P. F. Richter (Berlin).

Bradshaw: The acidity of the urine. (British medical Journal, 7. Mai 1898.)

Lakmus ist ungeeignet für die Säurebestimmung im Harn, weil Flüssig- keiten, die phosphorsaure Salze enthalten, wenn sie nicht deutlich sauer oder alkalisch sind, mit Lakmus amphoter, nie neutral reagiren. Verf. empfiehlt Phenolphthalein. Die Acidität des Harns verringert sich nicht, wie Jones und Roberts behaupten, nach den Mahlzeiten, sondern folgt beim Gesunden einer fast regelmäßigen Curve, die während des Schlafes hoch ist, nach dem Aufstehen rapide fällt, um 12 Uhr Mittags ihr Minimum und allmählich ansteigend um 9 Uhr Abends ihr Maximum erreicht. Die absolute Menge der ausgeschiedenen Säure variirt fast in denselben Grenzen wie die relative Acidität und im umgekehrten Verhältnis zur Harnmenge. Damit stimmt die Wirkung der Alkalien auf die Diurese überein.

R. Rosenthal (Berlin).

A dolf Jolles (Wien): Ueber den Nachweis von Gallenfarb- stoff im Harne. (Wiener med. Wochenschr. 1898, No. 17.)

Jolles berichtet über eine bereits im Jahre 1894 publicirte Methode für den Nachweis von Gallenfarbstoff im Harne, die er später noch einer kleinen Modification unterworfen und die sich ihm jetzt nach vielfacher mehrjähriger Anwendung als eine sehr empfindliche und verläßliche Probe erwiesen hat, als zuverlässiger noch wie die Huppert’sche Probe, welche bis dahin als die empfindlichste gelten konnte.

J. beschreibt die Ausführung folgendermaßen: Circa 30—50 ccm Harn ‚werden in einem mit einem Glasstöpsel versehenen Glaseylinder mit 3—5 ccm 1Oproc. Chlorbaryum und 5 ccm Chloroform versetzt und das Ganze mehrere Minuten kräftig geschüttelt. Alsdann läßt man den Cylinder etwa 10 Minuten stehen, wobei sich das Chloroform und der Niederschlag am Boden setzen. Statt des ursprünglich vorgeschlagenen Abpipettirens von Chloroform und Niederschlag verwendet man mit Vorteil einen Schütteleylinder von 15 mm lichter Weite und circa 300 mm Höhe; unten ist der Cylinder conisch ver- jJüngt, an welche Verjüngung eine birnförmige, circa 10 ccm fassende Aus-

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bauchung sich anschließt, die in ein mit seitlich eingeschliffenem Glasstöpsel versehenes enges Rohr endigt. Die unten angebrachte conische Verjüngung trägt wesentlich dazu bei, daß der Niederschlag nicht an’den Wandungen haften bleibt, sondern sich im unteren Teile, bezw. in der birnförmigen Ausbauchung mit dem Chloroform gemeinsam absetzt, wobei beim Oeflnen des Hahnes Niederschlag und Chloroform leicht von der darüberstehenden Harnflüssigkeit getrennt werden können. Hierauf bringt man Chloroform und Niederschlag statt in ein Reagenzglas besser in eine kleine Porzellan- schale, welche dann für einige Minuten auf ein kochendes Wasserbad gesetzt wird. Nach etwa 5—10 Minuten ist das Chloroform verdunstet, alsdann läßt. man die Schale erkalten und läßt längs der Wandung 1—2 Tropfen einer concentrirten Salpetersäure, die etwa zu ein Drittel rauchende Salpeter- säure enthält, herunterflieben. Bei Gegenwart der geringsten Gallenfarb- stoffmengen beobachtet man das Auftreten des charakteristischen grünen und blauen Ringes.

J. ist der Ansicht, daß diese Probe, wenn ihr auch hinsichtlich der Ausführung nicht jene Einfachheit zukommt, wie sie beispielsweise die von

Rosin vorgeschlagene Modification der Marechal’schen Probe welche sich für practische Aerzte ganz gut eignet besitzt, doch in allen jenen

Fällen, wo es sich darum handelt, geringe Gallenfarbstoffmengen ìm Harne sicher und einwandsfrei nachzuweisen, als die alleinige in Betracht kommen dürfte.

Es werden im Anschluß daran die beiden neuerdings von Gluzinsky (Wiener klin. Wochenschr. 1897, No. 52) und Krokiewicz und Batko (Wiener klin. Wochenschr. 1898, S. 173) angegebenen Methoden für den Nachweis von Gallenfarbstoffen im Harne eingehend besprochen, aber auf Grund zahlreicher Versuche von J. als absolut ungeeignet und für den gedachten Zweck in keiner Weise empfehlenswert zurückgewiesen.

Ernst Samter.

Bradshaw: A case of albumosurie, in which the albumose was spontaneously precipitated. (British medical Journal, 30. April 1898.)

Ein 70jähriger Mann zeigte seit einem Jahre 2—3 Mal in der Woche trüben, milchigen Harn mit einem reichlichen, weiben, amorphen Sediment. Der sonst klare Harn enthielt einen Eiweißkörper in Lösung, der mit dem im trüben Harn spontan gefällten Körper identisch war. Seine Reactionen: Coagulation bei 56 60° (teilweise Wiederlösung beim Kochen), bei niedrigerer Temperatur auf Säurezusatz, Coagulation mit Salpetersäure (das Coagulum löst sich beim Erhitzen, tritt wieder auf beim Erkalten), Salz- und Schwefel- säure. Der trübe Harn war stets saurer als der klare; im klaren Harn trat hei Säurezusatz bereits unter Körpertemperatur Fällung ein. Die spontane Füllung war also durch den hohen Säuregrad des Harms verursacht. Es handelte sich um die zuerst von Bence Jones 1848 beschriebene Form von Albumose, die seitdem in fünf Fällen im Harn gefunden wurde; in jenen

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sechs Fällen waren maligne Knochenafleetionen, meist multiple Myeloid-

sarcome, vorhanden. Auch hier traten später Symptome von Knochen-

erkrankung in Erscheinung, die Robert Jones als senile Cares bezeichnete.

Der Fall steht durch die zeitweise spontane Fällung der Albumose einzig da. R. Rosenthal (Berlin).

Chairman: The detection of Tubercle bacilli in urine. (British medical Journal, 7. Mai 1898.)

Bei tubereulösen Atfectionen des Harnapparates kann der Harn klar, leicht getrübt, stark eitrig oder blutig sein; häufig varırt seine Beschatlen- heit. Die Intervalle, in denen er verhältnismäßig klar ist, eignen sich am besten zur Bacillenuntersuchung. Die unterste Schicht des vorher mehrere Stunden lang stehenden Harns soll centrifugirt werden. Bei stark eiterhaltigem Ham sind die Schwierigkeiten bedeutend gröber, bei stark blutigem ist die Untersuchung fast nutzlos. Im ersteren Falle empfiehlt Verf., nach Zusatz von Carbolsäure im Verhältnis 1:20 und fünf Minuten langem, kräftigen Schütteln den Harn im, Spitzglas sedimentiren zu lassen, im zweiten Falle recht zahlreiche Präparate mit 24 stündiger Anilinwasserfuchsinfärbung bei Brutofentemperatur anzufertigen, während sonst bei sorgfältiger Reinigung der Deckgläschen mit Chloroform die übliche Carbolfuchsinlösung genügt.

R. Rosenthal (Berlin).

Bremer: Anilinfarbenproben des Harns bei Diabetes. (Central- blatt für innere Medicin 1898, 13.)

Anilinviolettfarben zeigen normalem und diabetischem Harn gegenüber ditferentes Verhalten: Wirft man z. B. bei Körpertemperatur eine kleine Messerspitze = 0,0005 g Gentianaviolett B Merck so in mit Harn (10 ccm) beschickte saubere Eprouvetten, daß der Farbstoff in der Mitte der Flüssig- keit schwimmt, so bleibt bei normalem Harn der Farbstoff auf der Ober- fläche, giebt nur leicht violette Wölkchen und Strähnen, welche bei Schütteln verschwinden, an die Flüssigkeit ab, manche Körnchen fallen auch zu Boden, aber der Harn färbt sich beinahe nicht; diabetischer Harn färbt sich dagegen in wenigen Secunden mehr weniger tief blau bis blauviolett. Beim Schütteln wird die Färbung der ganzen Flüssigkeitssäule mitgeteilt; je schwerer der Diabetes, desto rascher und intensiver die Färbung.

Bei Methylviolett 5 B Merck tritt auch bei niedriger Temperatur der Unterschied stark hervor: normaler Ham wird schwach rötlich violett, Diabetesharn blau bis blauviolett.

Säure, Alkalı und Zuckerzusatz ändern an diesem Verhalten nichts. Normale Harne mit sehr geringem speeifischen Gewicht nähern sich in ihrem Verhalten Anilinfarben gegenüber den diabetischen Harnen.

Mankiewicz.

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HI. Gonorrhoe und Complicationen.

Emery et Glantenay: Rhumatisme blennorrhagique poly- articulaire de la main. NRadiographie. Integrite du système osseux, périostique et cartilagineux. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 4. Soc. de derm. et de syph. Séance du 18. avril 1898.)

Der vorgestellte Kranke hat zwei Monate nach dem Beginn einer sehr acut, aber sonst uncomplicirt verlaufenden Gonorrhoe einen Gelenkrheuma- tismus sämtlicher distaler Interphalangealgelenke mit Ausnahme der Daumen- gelenke erworben. Auch das rechte Schultergelenk ist befallen, allerdings ohne Schwellung. Fournier hat diese für den gonorrhoischen Rheuma- tismus von ihm für characteristisch gehaltene Schwellung als Radieschen- oder Spindelfinger (doigts en radies, doigts en fuseau) bezeichnet. Das Inter- esse des Falles liegt in einer Röntgenaufnahme, aus der Emery und Glan- tenay günstige prognostische Schlüsse ziehen, da das Bild keine Ver- dickungen am Knochen, Periost und Knorpel zeigt. Mit Recht widersprechen Jacquet, Balzer und Moty diesem Schluß. Letzterer weist darauf hin, daß bei einer Fractur, die keinen Callus im Röntgenbild zeigte, der Kranke doch das gebrochene Bein bewegen konnte, daß also junges Knochengewebe für die X-Strahlen durchlässig ist. Dreyer (Köln).

Eduard Deutsch (Wien): Endoskopische Bilder. Aus „Mit- teilungen aus der Abteilung des Prof. E. Lang im k. k. allgemeinen Krankenhause“. (Wiener med. Presse 1898, No. 18.)

1) 44jähriger Mann; seit Jahren wegen Stricturen und periurethraler Infiltrate wiederholt in ärztlicher Behandlung gewesen. In der vorderen Harnröhre eine Strietur, welche von Metallsonde No. 9 gerade passirt werden kann. Nach electrolytischer Erweiterung dieser Strietur gelingt es, einen Metallkatheter No. 19 einzuführen und mit diesem bis in die Blase zu kommen; aber bei seinem Durchtritt durch die Pars prostatica veranlaßte er ein Ge- fühl, wie es weder das Passiren einer Strictur, noch auch das der normalen Urethra ergiebt. Das endoskopische Bild dieser Stelle zeigte die Schleim- haut teilweise dicht besäet mit einer Unzahl von halbstecknadelkopfgroßen, lebhaft roten Knöpfchen, zum Teil auch besetzt mit mehr eireumscripten, einzeln stehenden, bis hanfkorngroßen Knöpfen, welche weniger rot und weniger succulent als die vorigen erschienen und anscheinend von einer Epitheldecke überkleidet waren. Die Ausdehnung der erkrankten Strecke betrug 2 cm. Es handelte sich bei diesen warzen- und knöpfehenförmigen Wucherungen nicht um Papillome, sondern um bindegewebige Knoten, die aus Granulationen hervorgegangen waren und sich zum größten Teile mit Epithel überkleidet hatten. Eine Pinselung der erkrankten Partie mit Tinctura

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jodi erwies sich nicht als sonderlich wirksam; weiterer Behandlung entzog sich der Patient, da schon durch die Behebung der Strietur seine wesent- lichsten Beschwerden beseitigt waren. 8 z

2) 22jährige Patientin mit Gonorrhora urethrae und Lues. An der Urethralmündung eme deutlich gestielte, blaßrötliche Exerescenz mit papil- lärem, blumenkohlähnlichem Bau, ausgehend vom rech en unteren Urethral- rand; ähnliche Bildungen neben der Urethralmündung, zwischen den Hymenal- resten, hinter der Analöffnung. Endoskopisch: ca. 2 cm hinter der Urethral- mündung ein doppelhanfkorngroßes Papillom von blumenkohlähnlichem Aufbau und von der dunkelrot injieirten Schleimhaut matt rosafarben sich abhebend; ein ähnliches Gebilde !/, cm hinter dem Orificium, letzteres von der unteren, ersteres von der oberen Wand ausgehend. Entfernung des ersteren mittelst der im Lumen des Tubus eingeführten Polypenschlinge, des letzteren mit Scheere und Pincette nach Spaltung der Urethra nach unten, mit nachfolgender Naht. Die äußeren Papillome werden, wie ge- wöhnlich, mit Scheere und Pincette abgetragen, die Abtragungsstellen cauterisirt.

3) 23jährige Prostituirte mit Ulceration an der Innenseite des rechten kleinen Labiums und Urethrocystitis gonorrhoica. Ein in die Urethra ein- geführter Nelatonkatheter stieß auf ein Hindernis, an welchem man erst nach einigem Manöveriren vorbeikommen konnte. Endoskopisch zeigte sich ungefähr 2'/, cm hinter der Urethralmündung ein sich ın das Lumen des Tubus emlegendes und dasselbe ganz ausfüllendes Gebilde, das in seinem Aussehen vollständig der Urethralschleimhaut entsprach. Beim Zurückziehen des Tubus stellte sich dasselbe als eine in zwei Hälften gespaltene und mit dieken Zipfeln in das Lumen vorspringende Geschwulst dar. Als Ausgangs- punkt dieser polypösen Masse konnte die rechte untere Urethralwand an- gesehen werden. Nach Erweiterung der Harnröhre in Narcose mittelst Hegar’scher Stifte bis über die Dicke des Mittelfingers wurde das Gebilde entfernt, der zurückgebliebene Rest durch die Glühschlinge beseitigt.

Ernst Samter.

Picard: Prostatite glandulaire probable, uréthrite à gono- coque tenace. (Ann. d. mal. gén.-ur. 1898, Heft 4.)

P. teilt die Krankengeschichte eines 23jährigen, kräftig gebauten Mannes mit, welcher, nachdem er bereits zwei Jahre an Tripper gelitten, in seine Behandlung trat. Ausgedehnte Ausspülungen der Harnröhre mit Kalium- permanganat 0,025:1000 drei Mal täglich einen ganzen Monat fortgesetzt, blieben absolut erfolglos. Die Untersuchung per rectum ergab eine enorm vergrößerte, auf Druck nirgends schmerzhafte Prostata; keine Eiterabsonde- rung. Beim Exprimiren fließt weder Eiter, noch Prostatasaft ab. Die Blase ist leer, wie der Katheterismus beweist; letzterer leicht und schmerzlos. Verf. schickte den Kranken an’s Meer, verordnete ihm tägliche, kurzdauernde Seebäder, nicht ermüdende Spaziergänge, kräftige Nahrung, Enthaltung von Kaffee, Thee, Liqueuren, Bier, reinem Wein, gewürzten Speisen; ferner drei

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Mal tägliche, reichliche Ausspülung von Harnröhre und Blase mit Kalium- permanganat, 0,02:1000. Die Ausspülungen sollten alle acht Tage auf drei Tage unterbrochen werden, einmal, um den Organen Ruhe zu gönnen, sodann zum Zweck der Beurteilung. Drei Monate später Heilung; kein Harnröhrenausfluß, die Prostata aber in demselben Zustand. Heilung fort- dauernd nach zwei Jahren. P. glaubt diesen Fall als sog. glanduläre Prosta- titis (Guyon) registriren zu müssen. Stockmann (Königsberg i. P.).

Strictura urethrae. Electrolytische Behebung. Aus den Wiener Krankenanstalten. III. Abteilung für Syphilis des All- gemeinen Krankenhauses (Prof. E. Lang). (Wiener med. Presse 1898, No. 16.) i

Der 35jährige Patient litt an einer Strietur der Pars pendula auf gonorrhoischer Basis. Da bei der zunächst eingeleiteten Sondenbehandlung sich jedes Mal Schüttelfrost und Fieber einstellten, wurde die electrolytische

Behandlung vorgenommen.

Befund vor der Operation: Bleibougie No. 9 bleibt 4 cm hinter dem

Orificium externum stecken; Charriere No. 8 passirt diese verengte Stelle,

und es erweist sich nun die Urethra von der Mitte der Pars pendula bis

zur Pars prostatica strieturirt; Bleibougie No. 8 ist fest engagirt. `

Es wurden nun nach Vorausschickung der Meatotomie und nach einer mehrtägigen Vorkur, bestehend in der Verabreichung von 2 g Natrium salicylicum pro die, 10 ccm einer 5proc. Cocainlösung in die Urethra injicirt und für 3 Minuten darin belassen. Dann wurde unter Führung einer Leit- sonde die Stricturenelectrode eingeführt, indem man die Stromstärke all- mählich von !/, bis 4\/, Milliampere ansteigen ließ, und so unter langsamem

Vorschieben der Electrode die Strictur im Laufe von 15 Minuten behoben.

Unmittelbar nach der Operation passirt Sonde No. 21, und Patient entleert

blutig gefärbten Harn in mäßig breitem Strahle, während vorher der Harn-

strahl nur dünn gewesen war. Nach 8 Tagen wurde Patient als geheilt entlassen, die Sonde wurde jetzt ohne Fieberreaction vertragen, der Harn schmerzlos in vollem Strahle entleert. , E. Samter.

IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten,

ur

1) Du Castel: Syphilide lichenoide. (Ann. de derm. et de syph.

1898, No. 4, Séance du 18 avril de la soc. franç. de derm. et de syph.)

2) Emery et Glanutenay: Syphilides hypertrophiques géantes de la face. (Ibidem.)

Die von Du Castel (1) vorgestellte 18jährige Kranke, die vor einem

Vierteljahr wegen Condylomata lata an der Vulva mit vier Injectionen von

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grauem Oel behandelt war, bietet jetzt am hinteren Teil des Halses. an Lenden und Vulva ein dem Lichen planus äuberst ähnliches Exanthem dar. Indes entdeckt man mit der Lupe, daß die Papeln mehr rund als polygonal sind, daB ein kleines Schüppchen die centrale Vertiefung bedeckt, und dab die Mitte der Papeln teilweise spitz und weiblich zuläuft und von einem epidermalen Kranz wie bei chronischer Follieulitis umgeben ist. Wickham macht auch auf den Mangel der von ihm beim Lichen planus beschriebenen grauen Striae auf den Eftiorescenzen für die Differentialdiagnose aufmerksam, während Renault auf die Hartnäckigkeit und die Neigung zu Reecldiven dieses namentlich bei Frauen vorkommenden Exanthems hinweist.

Seltener ist «die syphilitische Exanthemform, die Emery und Glan- teney (2) bei einem 39jährigen Kranken zeigen, der vor 3%, Jahren erkrankt ist. Es handelt sich um zwei hypertrophische Vegetationen, von denen eine zwischen Nase und Lippenrot, die. andere rechts am Kinn localısirt ist. Diese hypertrophischen Papeln, die auf besondere Reizungen (Coryza, Kratzen) zurückgeführt werden, sind gewöhnlich am Anus und an der Vulva localisirt. Dreyer (Köln).

Legrain: Contribution à l'étude de la syphilis de l'utérus. (Ann. d. mal. gén.-ur. 1898, Heft 4.)

Die Syphilis des Uterus selbst ist eine sehr seltene Erscheinung. Primär-, Secundär- ‘und Tertiäraffeete des Collum werden häufiger beobachtet. Verf. teilt. uns drei Fälle von wirklicher Syphilis les Corpus uteri selbst mit. Zwei entstammen der Beobachtung anderer Autoren, einer der eigenen. Die ersten beiden wurden mit Sublimat- bezw. Jodürausspülungen behandelt, der letztere init Calomelölinjectionen (2 cg pro die), späterhin mit Protojoduretpillen und Jodürausspülungen. Alle drei wurden geheilt.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

1) Paul Bar: Enfant d'une mère syphilitique et présentant à l'avant-bras une malformation qui semble être une amputation congénitale. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 4. Soc. fr. de derm. et de syph., séance du 14. avril.)

2) Sauvineau: Lésions du nerf optique dans lhérédo- syphilis. (Ibidem.)

Die hereditäre Syphilis wird bekanntlich namentlich von den Franzosen auch für die Ursache vieler MiBbildungen gehalten, die in anderen Fällen in ganz gleicher Weise auf tubereulöse oder alkoholistische Ascendenten zurückgeführt werden müssen. Das von Bar (1) vorgestellte Kind stammt von einer syphilitischen Mutter, die bereits von einem svphilitischen Mann zwei syphilitische und verstorbene Kinder geboren hat. Dieses sieben Jahre nach dem Beginn der mütterlichen Syphilis geborene und von einem ge- sunden Mann gezeugte Kind hat unterhalb des linken Ellbogens nur eine polypöse, als Rest eines Gliedes aufzufassende Masse. Die Abwesenheit

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amniotischer Furchen, der Mangel von Narbengewebe und das Fehlen von wirklichem Knochen (im Röntgenbild nachweisbar) zeigen, daß es sich nicht um eine congenitale Amputation, sondern um eine genuine Mißbildung handelt. -

Als ein einfaches Degenerationszeichen betrachtet Sauvineau (2) an der Hand von drei Fällen, in denen übrigens hereditäre Lues vorlag, auch die Pigmentanomalien der Aderhaut, während eine wirkliche Neuritis optica als directes hereditärsyphilitisches Symptom auftreten kann.

Dreyer (Köln).

Whitfield: Late lesions in congenital syphilis. (The Brit. Journ. of Dermatol. 1898, No. 5.)

Der von W. der Soe. Intellig. vorgestellte Fall einer hereditären Spät- syphilis bei einem 9jährigen Mädchen zeichnet sich durch Gummigeschwülste an der Stirn und an den Tibiae aus, eine Erscheinungsform, die bei con- genitaler Syphilis ungewöhnlich selten ist. Dreyer (Köln).

V. Penis etc. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

Delbet: Un cas d’ur&thre double avec quelques considera- tions pathogeniques et cliniques. (Ann. d. mal. gen.-urin. 1898, Heft 3.)

D. beschreibt einen Fall von Doppelbildung der männlichen Harnröhre bei einem 20jährigen Mann, welcher ihn wegen einer linksseitigen Inguinal- hernie und Varicocele consultirte. Oberhalb der normalen Harnröhrenöffnung befand sich eine zweite, deren Lippen und Inneres mit derselben Schleim- haut ausgekleidet waren. Weder Urin noch Sperma sind jemals durch diese Oeffnung ausgeflossen. Bine filiforme Bougie dringt bis auf eine Entfernung von 14 em bis unterhalb der Symphyse ein. Eine Communication zwisehen normaler und anormaler Harnröhre besteht nicht, wie die Injection von Farbtlüssigkeit beweist. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Commandeur: Dilatation de l'appareil urinaire chez le foetus par rétrécissement valvulaire congénital de l'urèthre. (Lyon médical 1898, No. 11.)

Es handelt sich um einen dem bisher einzig dastehenden Porok’schen Falle analogen Fall von Verengerung der Harnröhre durch eine zwischen Pars prostatica und membranacea urethrae sitzende Klappe, welehe sich der Passage des Harns von der Blase in die Harnröhre entgegenstellte. Bei der Section eines nur einige Minuten gelebt habenden, sonst anscheinend nor-

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malen männlichen Kindes findet sich: die Blase ohne Bauchfellbedeckung groß, weiß, birnenförmig; Druck auf dieselbe entleert keinen Tropfen Harn aus der Harnröhre; 50 g gelblichen Inhalts mit 1031 spec. Gewicht; Spur Eiweiß und Harnstoff; die Blasenwand, bis auf 3 mm verdickt, zeigt im Innern das Bild der Balkenblase en miniature. Die beiden Ureteren auf Darmdicke erweitert und stark gewunden; die um’s Doppelte vergrößerten Nieren sind völlig eystisch entartet, das Nierengewebe auf ganz schmale die Cysten umziehende Leisten redueirt. Eine Sondirung der Harnröhre gelingt weder von der Blase noch vom Meatus aus, die Harnröhre scheint in der Pars prostatica verschlossen. Die genauere Untersuchung ergiebt in einer Schleimhautfalte an der oberen Wand ein wenig vor dem Bulbus eine Oetfnung, durch welche von der Peripherie nach der Blase zu eine Sonde passirt. Die an der unteren Seite des Hahnenkamms gelegene Oeffnung wird durch eine halbmondförmige Klappe gebildet, deren concave Fläche nach der Blase zu sieht; die Seiten derselben gehen in den Hahnenkamm über, sie selbst ist 1'/, mm lang, fein und durchsichtig; zieht man die Sonde zurück, so legt sich der freie Rand der Klappe auf die untere Wand der Harnröhre, so daß bei grober Untersuchung die Harnröhre in einer Sack- gasse zu enden seheint. Das Caliber der Regio membranacea ist ein normales.

Bemerkenswert ist die Hypertrophie der Blasenwand mit der Dilatation der Blase; diese Blasendilatation ist aber gering im Vergleich zu den starken Veränderungen der Nieren; trotzdem haben die Nieren (wahrscheinlich in einer früheren Zeit, wo sie noch nicht so zerstört und dabei gereizt waren) Albumen secernirt, wie es sich im Blaseninhalt fand. Diese und Porok’s Beobachtung beweisen, dass eine streng auf einen Punkt der Harnröhre beschränkte Mißbildung für den Fötus tödtlich sein kann.

Mankiewicz.

Tandler und Dömeny: Ueber das Vorkommen von Tyson- schen Drüsen beim Menschen. (Wiener med. Blätter 1898, No. 19.)

Verf. haben in 60 Fällen das Frenulum samt seiner Umgebung an der Glans und am Präputium keilförmig ausgeschnitten, in Schnitte zerlegt und dieselben mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt. Es fand sich in einem einzigen Fall eine Talgdrüse vor; m der Litteratur erwähnt Schaffer den Befund einer Talgdrüse an der Glans. Das Vorkommen von Talgdrüsen an derselben und am inneren Blatte des Präputiums gehört also zu seltenen Abnormitäten. Da die Ausbildung von Talgdrüsen an das Vorkommen von Haaren oder wenigstens Lanugo gebunden ist, haben Verff. menschliche Embryonen untersucht, dabei aber niemals eine Anlage von Lanugo in der bezeichneten Gegend gefunden. Ebenso erwies sich die Oberfläche der Glans bei Afen und Halbaffen vollkommen drüsenlos. Die von Tyson gefundenen Gebilde sind als Krypten, Einstülpungen der Oberfläche anzusehen, welche zu den regelmäßigen Befunden gehören. Das Smegma ist als necrotisirtes Epithel anzusehen. Immerwahr (Berlin).

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Nové-Josseraud (Lyon): Sur une nouvelle méthode de restau- ration urétrale dans l'hypospadias. (Revue de chirurgie, 10. April 1898.) |

Der zweite Act der Hypospadie-Operation, die Bildung der neuen Harn- röhre, weist am häufigsten Mißerfolge auf und erfordert am meisten Nach- operationen. Duplay und Routier bilden die neue Harnröhre auf ver- schiedene Weise aus der Penishaut, Landerer und Bidder zweizeitig, Rochet einzeitig aus der Scrotalhaut. Diese Methoden werden genauer beschrieben. Wo die Scylla der Lappengangrän vermieden wird, droht die Charybdis der in Folge zu großer Spannung durchschneidenden Nähte.

Verf. erreicht sein Ziel ohne Lappenbildung und Nähte durch Schaffung eines subceutanen Ganges, der mit Hauttransplantationen ausgekleidet wird. Von einem vor dem Orif. ext. angelegten, 2 cm langen, transversalen Schnitt bohrt er mit einem weichen Instrument vorsichtig im Zellgewebe einen sub- ceutanen Gang; es ist ratsam, die vordere Oeflnung desselben an der Basis der Glans anzulegen und die Bildung des Eichelcanals ev. für spätere Zeit aufzuschieben. Ein 4 cm breiter Hautlappen, etwas länger als der zu bildende Canal, von mittlerer Dicke mehr als die Epidermis, weniger als die ganze Cutis wird der Innenfläche des Oberschenkels entnommen, um ein ebenso langes Stück eines Harnröhrenbougies No. 21 oder 22 mit der Hautseite nach innen aufgerollt und an beiden Enden durch Ligatur be- festigt. Das vorsichtig in den subeutanen Gang eingeführte Bougiestück wird mit einer Metallsutur an der Glans befestigt. Anlegen eines Verbandes, Einführen eines weichen Verweilkatheters in die Blase. Nach zehn Tagen werden vordere Metallsutur und beide Befestigungsligaturen durchschnitten und das Bougie vorsichtig entfernt, was in Folge der Desquamation der oberflächlichen Epithellagen des Transplantationslappens leicht gelingt. Kathe- terismus mit einem sehr weichen Instrument No. 19 beginnt nach 4—5 Tagen und wird 4—6 Wochen lang täglich, dann in größeren Intervallen fortgesetzt.

Beim ersten Fall war das als Träger für den Hautlappen benutzte Bougie No. 15 zu dünn, Verf. katheterisirte zu früh, zu energisch und mit zu harten Instrumenten. Der Hautlappen heilte zwar an, aber Erosionen führten zu einer Retraction, welche nach einem Monat nur ein Bougie No. 11 passiren ließ. Beim zweiten Fall war der Erfolg durch Vermeidung dieser Fehler ein vollständiger. Die Verbindung der beiden Harnröhren gelang ebenfalls, und die ganze Urethra functionirt seit sechs Monaten normal, ist für Bougie 19 durchgängig.

Wenn der Träger des Lappens gut fixirt ist, so verhindern die Be- wegungen des Penis und die Erectionen nicht das Haften des Lappenus. Die Retraction der Transplantationslappen ist von der des Narbengewebes verschieden, nur geringfügig und vorübergehend; immerhin muß sie durch Bildung eines genügend groben Canals berücksichtigt werden. Nach 3 bis 4 Wochen behält der Lappen seine Dimensionen. Erosionen, die eine stärkere Retraction berbeiführen. müssen sorgfältig vermieden werden.

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Da keine Narben zurückbleiben und Transplantationsmaterial in Fülle vorhanden ist, können die Versuche im Falle des Mißlingens wiederholt werden. R. Rosenthal (Berlin).

Emil Mrha (Wien): Plastischer Ersatz der Harnröhre im perinealen Abschnitte. (Aus dem Rudolfinerhause in Wien. Wiener med. Wochenschrift 1898, No. 17.)

M. bespricht eingehend die bisher bekannt gegebenen Methoden für den plastischen Ersatz der Harnröhre im perinealen Abschnitte und berichtet ausführlicher über zwei hierher gehörige, von Gersuny operirte Fälle.

1. Fall. 46jähriger Beamter mit Fistula urethrae. Am Perineum, an der Wurzel des Penis, dicht neben der Raphe links eine von narbiger Haut umgebene, etwa 5 mm breite Fistelöffnung; 2 em vor dieser eine zweite, feinere; diese letztere endet nach 4 mm blind; durch die erstere gelangt man mittelst einer Knopfsonde in die Blase. Aller Harn entleert sich im Strahle durch die hintere größere Fistel. Steinsonde No 12 (Charriereı stößt am Perineum in der Entfernung von 12 em auf ein Hindernis, das auch mit den feinsten Sonden nicht passirt werden kann. In die Urethra eingespritzte Flüssigkeiten kommen bei keiner der Fistelöffnungen heraus.

Operation: Incision auf die Urethra nach Einführung von Steinsonde No. 20; die Urethra, in einer Tiefe von 2 cm angetroffen, endet blind: thr Ende wird quer angefrischt. Darauf wird die hintere Fistel freipräparirt und die Urethra hier ebenfalls quer angefrischt. Der Abstand der beiden Urethralstümpfe beträgt 4 cm. Nun werden behufs Plastik aus der Haut der Schnittränder, welche enthaart und sehr verschieblich war, durch einen 4 cm langen Parallelschnitt und zwei Querschnitte, vorn und hinten, zwei je 11/, em breite, rechteckige Lappen gebildet, die, nur durch das lockere subcutane Gewebe mit der Umgebung in Zusammenhang, sehr beweglich waren; der eme, ohne Spannung bis in die Tiefe des ersten Schnittes ver- schoben und mit seinen Enden an die Urethralstümpfe angenäht, bildete die obere und linke Wand des neu zu schattfenden Stückes der Urethra. Der zweite Lappen wurde umgeschlagen, d. h. mit der Epidermisseite dem Lumen zugewendet, und über einen eingelegten Nelatonkatheter fixirt, so- dann an die Urethrastümpfe und mit den langen Seitenrändern an die ent- sprechenden Ränder des ersteren angenäht. Fortlaufende Catgutnaht der Wunde. Nelaton-Dauerkatheter. Nach acht Wochen war die Heilung voll- endet, die auch nach weiteren acht Monaten noch Bestand hatte, zu welcher Zeit Patient sich noch wöchentlich ein Mal Sonde No. 22 einführte.

2. Fall. 47jähriger Mann mit Strietura urethrae. Metallbougies stoßen sämtlich auf 14 cm Entfernung in der Pars perinealis auf ein Hindernis. das nicht passirt werden kann; nur Bougie No. 1 und 2 gehen hindurch. später auch 3 und 4. Darüber kommt man nicht hinaus.

Operation: Steinsonde No. 20 wird bis zur Strietur eingeführt, die Urethra freigelegt und vor der Strietur eröffnet. Die Strietur wird sondirt und durchtrennt, sie ist 31%, cm lang; Exstirpation init nachfolgender Naht

p i e En

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bei der Länge derselben und der schwieligen, derben Beschaffenheit der Umgebung nicht ausführbar. |

Plastik: Nachdem ein Nelatonkatheter No. 22 von der Wunde aus central in die Blase, dann peripher zum Orificium herausgeleitet ist, werden von der unbehaarten Innenseite des linken Oberschenkels zwei 4 cm lange, 2 cm breite Epidermislappen entnommen und zu beiden Seiten des Katheters auf die Wundflächen aufgelegt, und zwar so, daß sie im Grunde der Wunde an den erhaltenen Streifen der Urethralschleimhaut, nach vorn und hinten an die normale Schleimhaut grenzen. Naht. Verweilkatheter für 12 Tage. Heilung nach vier Wochen. Urethra für Metallkatheter No. 24 durchgängig. 3'!/, Monate nach der Operation ist Patient vollkommen beschwerdefrei; er führt sich wöchentlich ein Mal den Metallkatheter ein.

Ernst Samter.

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

Nove Josseraud: Interventions chirurgicales chez les pro- statiques. (Societe de chirurgie de Lyon. Lyon medical 1898, No. X.)

Bericht über fünf Fälle von Resection des Vas deferens bei Prostatismus; nur geringe Besserung; Hinweis auf die Unsicherheit der Methode. | Mankiewicz.

VIl. Blase.

Owen (London): Ein Fall von Hiatus vesicae; Operation. (The Lancet, 2. April 1898.)

Bei dem 10jährigen Knaben fehlte die ganze vordere Bauchwand vom Nabel bis zu den Pubes und ebenso die ganze vordere Wand der Blase, während die hintere und untere Fläche derselben mit den deutlich sicht- baren Ureterenöffnungen als eine hellrote Gesch wulst vorgestülpt war. Ferner bestand eine weite Spalte zwischen den Ossa pubis und eine Epispadie die die ganze Urethra bis zur Glans penis einnahm. Die Schleimhaut der extravertirten Blase war äußerst empfindlich. Der ständig abträufelnde Urin hatte eine hochgradige Excoriation der Umgebung verursacht. Der Knabe war im Uebrigen körperlich und geistig gut entwickelt. Es wurde aus der Regio epigastrica ein großer Lappen von Haut und subcutanem Gewebe, ausgeschnitten, nach abwärts gedreht und über die Blase gebracht. Alsdanı wurde das Scrotum incidirt, und es wurden die noch etwas nach den Hüften

2%

zu verlängerten Lappen, nach Entfernung beider Testikel, nach oben über den Penis und das untere Segment der extravertirten Blase geschlagen und mit dem oberen Lappen vereinigt. Auf diese Weise wurde eine sehr voll- kommene Bedeckung des Defectes herbeigeführt, und der Urin konnte durch die Oeffnung, die zwischen dem Scrotallappen und der Harnröhrenrinne ge- lassen wurde, nach außen abflieBben. Nach einigen Tagen wurde auch diese Oeflnung geschlossen und dem Urin der Austritt nur durch eine schmale, an der linken Seite hergestellte Spalte gestattet, vor der man später ein Urinreservoir anzubringen hoffte. Es setzten sich hier jedoch bald Phosphate ab, die allmählich eine dicke Kruste bildeten und von Zeit zu Zeit durch Aufweichen in einem Heißwasserbade entfernt werden mußten. Das Re- sultat der plastischen Operation ist im Uebrigen ein befriedigendes. Doch hält Verf. trotzdem die Prognose für zweifelhaft, weil der Urin nicht frei abfließt, sondern zum Teil unter der neugebildeten Decke zurückgehalten wird (daher auch die Phosphatniederschläge). Wahrscheinlich wird es über lang oder kurz zu einer septischen Zersetzung des Urins mit nachfolgender Entzündung der Gewebe kommen, die sich dann durch die Ureteren weiter verbreiten und eine eitrige Nephritis erzeugen wird. Verf. hält übrigens keineswegs das in diesem Falle angewandte Öperationsverfahren für ein ideales. Doch auch die Methode der Exstirpation einer Niere oder Insertion des anderen Ureter in den Wundwinkel ist nicht frei von Uebelständen. Ein für derartige Fälle wirklich zweckmäßiges Verfahren müßte noch ge- funden werden. Loewenthal.

Balvay: Cystite pseudo-membraneuse chez un prostatique. (Lyon medical 1898, No. 9.)

Ein bis dahin gesunder 65jähriger Mann leidet seit einem Jahre an langsam zunehmenden Harnbeschwerden. Seit 14 Tagen hat er besonders Nachts dauernd Harndrang mit schmerzhafter Miction. Vor acht Tagen Retention, durch Katheterismus gehoben; vor zwei Tagen neue Retention, die Entleerung gelingt nicht. Große Schwäche, Schmerzen im Unterleib, die Blase steht fingerbreit über dem Nabel, die Prostata ist sehr groß; die Punction entleert 1400 ccm dunklen Harn mit viel Phosphnaten. Ein endlich mit Mühe eingeführter Gummikatheter mit großer Krümmung entleert Harn mit viel Eiter; der liegengelassene Katheter ist alle Augenblicke verstopft und functionirt nicht, ohne daß man die Ursache dafür findet; derselbe ist stark macerirt und so weich, daß man von demselben Stücke abziehen kann. Sehr schlechter Allgemeinzustand, hohes Fieber, Schmerzen, trockene Zunge. Die Einlegung eines suprapubischen Drains mißlingt, deshalb sofort Sectio alta;} man findet eine chronische Pericystitis fibrolipomatosa, eine rote hyperämische Blase, stinkenden Harn, stark entwickelte Balkenblase und mehrere große Pseudomembranen. Im Verlaufe der langsamen Genesung kommt es unter hohem Fieber zu starkem Geruch, Entzündung der Wund- ränder und Abstoßung gangränöser Gewebsstücke. Blasendrainage während drei Wochen. Einige Membranen sind handtellergroß; sie sind ungleichmäbig

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dick, von Durchsichtigkeit bis 2 cm Stärke; die Ränder unregelmäßig; die Consistenz ist ungleichmäßig, sie sehen wie ein Abklatsch der Balkenblase aus, die Farbe ist grau bis rötlich; ohne Structur bestehen sie nur aus Fibrin mit Lymph- und Eiterzellen, selten rote Blutkörperchen. Viele Bacillen in ihnen, besonders Bacterium coli. Also entzündliche Pseudo- membranen wie bei Diphtherie.

Es giebt eine Cystitis exfoliativa und C. pseudomembranacea; zur Entstehung letzterer muB die Blasenschleimhaut mit eitrigem alkalischen Harn in Berührung kommen. Alkalisch können nach Rovsiug viele Microben den Harn machen, besonders wenn Retention mit Hyperämie und Trauma (Katheterismus) dazu kommen. Zur Diagnose kann besonders die hart- näckige, dauernde und schnelle Verlegung des Katheters helfen; außerdem die rasche Maceration des Katheters (Silberinstrumente werden schwarz). Nur Blutgerinnsel und Nephritis pseudomembranacea kommen bei der Ditierentialdiagnose in Betracht; ist der Allgemeinzustand ein schlechter, so ist bei ihnen, wie bei der Cystitis pseudomembranacea, die Sectio alta die einzige Hilfe. Mankiewicz.

Nogues: L’orthoforme, son röle dans la therapeutique des affections douloureuses de la vessie. (Ann. d. mal. gen.- urin. 1898, Heft 4.) ;

Durch die Versuche von Einhorn, Heinz u. A., welche die schmerz- lindernde Wirkung des Orthoforms bei schmerzhaften Hautaffectionen, Brand- wunden, Epitheliomen, Rhagaden, Analfissuren, Wunden der Brustwarze, Gastralgien etc. betonten, wurde Verf. veranlaßt, dasselbe auch bei schmerz- haften Blasenerkrankungen in Anwendung zu bringen. In zwei Fällen von Blennorrhagie war es ebenfalls von Heinz und Einhorn mit bestem Erfolg verwendet worden. N. machte seine Experimente nur an Blasenkranken, und zwar in 12 Fällen. Da nun das Orthoform sich nicht oder nur sehr schwer in Wasser löst, es aber als Pulver nicht in die Blase gebracht werden konnte, da ja die schwer löslichen Krystalle leicht Anlaß zur Concrement- bildung hätten geben können, so wurde das Glycerin zu Hilfe genommen und die Kranken täglich zwei Mal mit Instillationen behandelt. Die 12 Fälle von Cystitis, welche dieser Behandlungsform unterzogen wurden, zerfallen in 3 Fälle, wo die Cystitis auf Stein beruhte, 5 mit Tuberculose und 4 aus anderen Ursachen. Die Erfolge waren sehr wenig befriedigende. Die eine Gruppe vertrug das Orthoform überhaupt nicht (2 Kranke, 1 mit Pyonephrose und Cystitis, 1 mit schwerer Cystitis und sehr kleiner Blase, welcher bereits die perineale Drainage durchgemacht hatte). Die zweite Gruppe hatte unter dem Mittel nicht zu leiden, aber auch keinen Nutzen von selbigem (1 in- ficirter Prostatiker und 2 Frauen mit tubereulöser Cystitis). Die dritte Gruppe, 5 Patienten umfassend, wurde Anfangs gebessert, es kehrten jedoch bald die alten Schmerzattacken wieder. Die vierte Gruppe endlich, 2 Kranke, wurden gebessert. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

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1) M. Melchior: A propos des études cliniques et expéri- mentales sur les affeetions des voies urinaires de Rovsing. (Ann. des mal. gen.-urin. 1898, Heft 4.)

2) Albarran et Hallé: Note sur les études cliniques et expérimentales sur les affections infectieuses des voies urinaires. (Ann. des mal. gen.-urin. 1898, Heft 4.)

Bei aller Anerkennung der vortrefflichen, überaus inhaltsreichen und vieles Neue bringenden Arbeit Rovsing’s, die sie „presque un livre“ nennen, glauben die oben genannten Autoren dennoch gegen denselben auftreten zu müssen, indem sie seine Rückschlüsse anfechten bezüglich der Häufigkeit des Bacterium coli. Nach ihnen ist in bei Weitem der größten Mehrzahl der Fälle dieser Mikrobe die Ursache der imfeetiösen Harnkrankheiten, während Rovsing geneigt ist, dieses Bacterium für nicht so gefährlich zu halten und sein Erscheinen oft genug als ein secundäres zu erklären. Ebenso wenden sie sich gegen seine Klassification. M. sagt, daß er, gestützt auf eine Untersuchungsreihe von 87 Cystitisfüällen (gegenüber von 126 Fällen Rovsing’s) seine früheren Behauptungen und Schlüsse aufrecht erhalten müsse:

1) Das Bacterium coli ist derjenige Mikrobe, welcher sich am häufigsten bei der Cystitis findet. Er tritt dort häufiger wie jeder andere auf, im Ganzen unter 37 Fällen 13 Mal, davon 12 Mal in Reincultur.

2) Die sehr häufige ammoniakalische Harngährung ist nur ein secun- däres Phänomen bei der Cystitis. Unter 37 Cystitiden war der Harn nicht weniger als 22 Mal sauer.

3) Der Harn kann während des ganzen Krankheitsverlaufes sauer bleiben, selbst wenn die Cystitis ausschließlich auf Rechnung harnzersetzender Mikroben zu setzen ist.

4) Bei jeder wirklichen Cystitis enthält der Harn immer Eiterkörperchen, manchmal allerdings in sehr geringer Menge.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

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Chavannaz: Des fistules vesico-intestinales. (Ann. d. mal. gen.-urin. 1897, Heft 12; 1898 1 und 2. Vergl. Monatsberichte

1898, p. 180.)

Entsprechend der Mannigfaltigkeit der Symptome der vesico-intestinalen Fisteln ist die Diagnose natürlich eine schwierige; am leichtesten ist sie in den Fällen, wo Urin aus dem Rectum abfließt. Zur Erleichterung sind verschiedene Metlioden ersonnen: Injection gefärbter Flüssigkeit, Einblasen von Wasserstofigas, Einnehmen von Bismuth. subnitr. ete. Sehr unter- stützend wirkt natürlich die Cystoskopie. Daneben reihen sich die Explora- tionen vom Rectum und der Blase mit oder ohne Sonden. Die Prognose ergiebt sich aus dem Gesagten. Verf. schließt hieran eine Beobachtungs- reihe von 45 Fällen. Was nun die Behandlung anlangt, so kann selbige eine medicinische oder eine chirurgische sein. Strenge Diät, kleine Nahrungs-

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quantitäten, Vermeiden von Obstkernen, kleinen Knochenstückchen, welche, in die Blase gelangend, Anlaß zur Steinbildung werden könnten. Regel- mäßiger Stuhlgang, Verhütung von Diarrhoe, Hebung des Allgemeinbefindens, regelrechte Entleerung der Blase etc.

Das chirurgische Verfahren kann ein palliatives oder ein heilendes sein. Letzteres wird wiederum ein verschiedenes sein, je nachdem es sich um vesico-rectale und vesico-intestinale Fisteln im engeren Sinne handelt. Das palliative Verfahren erfordert die Anlegung eines künstlichen Afters, das curative sucht seinen Weg entweder transvesical oder transperitoneal zu finden. Der erstere Eingriff zerfällt in mehrere Zeiten: 1) Incision der Bauch- wand und Eröffnung der Blase; 2) Aufsuchen und Anfrischung der Fistel; 3) Naht; 4) Schluß der Bauchwand. Das transperitoneale Verfahren besteht aus folgenden Acten: 1) Incision der Bauchwand; 2) Aufsuchen des Sitzes der anormalen Communication; 3) Behandlung der Einmündungsstellen; 4) Schluß der Bauchwand. Für die einfachen recto-vesicalen Fisteln kommen außer der Anlegung eines künstlichen Afters folgende Operationswege in Betracht: 1) der rectale; 2) der transvesicale; 3) der perineale; 4) vom Kreuzbein; 5) vorn über der Symphyse; 6) vorn transperitoneal.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

J. Hofmokl (Wien): Operationen an der Harnblase wegen Blutungen. (Aus „Chirurgische Mitteilungen“, Wiener medicin. Wochenschrift 1898, No. 16.)

1) 66jähriger Mann, Potator, mit mehrtägiger sehr heftiger Blutung in die Harnblase, die trotz aller angewandten Mittel nicht gestillt werden konnte. Bei der Sectio alta fanden sich in der Blase sehr viele alte und frische Blut- gerinnsel, kein Neoplasma, kein Stein, nur etwas ectatische Venen. Gründ- liche Spülung der Blase mit kaltem Wasser; die Blutung stand, die blutende Stelle war nicht aufzufinden. Patient starb in der dritten Woche an Bron- chitis, Myocarditis und Lebercirrhose; auch bei der Section war die Stelle der Blutung in die Blase nicht auffindbar.

2) 28jähriger junger Mann mit einer nach einem schweren Typhus aufgetretenen unstillbaren Blasenblutung, die den Patienten bereits sehr anämisch gemacht hatte. Bei der Eröffnung der Blase zeigte sich dieselbe beinahe vollständig mit alten und frischen, zum Teil der Blasenwand innig anstehenden Blutcoagulis ausgefüllt; die älteren Coagula waren übelriechend. Ausräumung und Spülung, worauf die Blutung stand. Leichte Jodoform- gaze-Tamponade, Drainage nach außen mittelst eines Glasknierohres, Ein- legen eines Verweilkatheters. Vollständige Heilung in sechs Wochen.

Die beiden Fälle zeigten, daß nicht jede Blasenblutung durch Ruhe, Eisbeutel, kalte Wasserausspülungen oder Spülungen mit leichter Argentum nitricum-Lösung und subeutane Ergotin-Injectionen zum Stillstand gebracht werden kann. In derartig schweren Fällen, wie den mitgeteilten, tritt in Folge der raschen Ausfüllung der ganzen Harnblase mit geronnenem Blut, welche einerseits die Urinentleerung wesentlich behindert und durch die

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Ausdehnung und Spannung der Blasenwand schon mechanisch verhindert. daß die offenen, blutenden Gefäbe sich genügend contrahiren können. leicht das Bild der Harnverhaltung em. Der eingeführte Katheter verstopft sich sehr bald, die Einspritzung von Flüssigkeiten bewirkt eine noch stärkere Spannung der Blase, und jede Manipulation mit festen Instrumenten kann die Blutung vermehren. Wartet man ab, so wird der Kranke anämisch und beginnt durch den Zerfall des Blutes in der Blase zu fierbern. Es bleibt daher nur der operative Eingriff übrig. Ernst Samter.

Tuffier et Dujarier: De l’exstirpation totale de la vessie pour neoplasmes. (Revue de chirurgie, 10. April 1898.)

Die Arbeit bringt außer einem eigenen, bereits an anderer Stelle ver- öffentlichten Falle eine Zusammenstellung der noch spärlichen Litteratur. Die ersten Versuche an Hunden wurden 1881 von Gluck und Zeller, teilweise mit Erfolg, ausgeführt. Neun Mal wurde die Operation am Menschen vorgenommen, zuerst 1887 von Bardenheuer, drei Mal am Mann von Bardenheuer, Küster und Tuffier, sechs Mal an der Frau von Pavlik, Kümmel, Kossinsky, Trendelenburg, Vassilieff und Albarran. Im Trendelenburg’schen Fall handelte es sich um Tuberculose, sonst stets um maligne Tumoren. Geheilt wurden die von Pavlik, Kossinskv und Trendelenburg operirten Frauen und der von Tuffier operirte Mann. Sämtliche Wege der Ureterenimplantation (Scheide, Bauchwand, Urethra, Reetum, Flexura) wurden eingeschlagen. Zwei Bardenheuer’sche und drei Gussenbauer’sche Fälle sehr ausgedehnter Blasenresection werden kurz erwähnt; die schr interessanten Fälle von Pavlik, Albarran, Küster und Bardenheuer sind ausführlich besprochen.

Bei dem seit drei Jahren an schwersten Blasenerscheinungen erkrankten, 40jährigen Patienten Tuffier’s hatte die Cystotomia suprapubica ergeben, daß die ganze Blasenwandung von diffusen Geschwulstmassen infiltrirt war, doch hatte die Geschwulst die Grenzen der Blasenwandung nirgend über- schritten und eine Drüsenaffeetion war nicht nachweisbar. Totale Blasen- exstirpation unter Aethernarcose in Trendelenburg’scher Lage. __ förmiger Hautschnitt, stumpfe Ablösung der Blase ohne Bauchfellverletzung. In die Harnleiter werden Katheter geschoben und mittelst Naht fixirt. Durch ein auf jeder Seite des Rectum gemachtes Knopfloch werden die Harnleiter mit Kathetern gezogen, die letzteren zum After herausgeleitet. Jodoform- gaze-Tamponade. Naht der Wunde bis auf den unteren Wundwinkel. Nach einigen Tagen Urinabgang durch die Bauchwunde. Drainage. Heilung mit Urinbauchfistel. Der Kranke trägt in der Fistel eine Röhre, davor ein Kautschukreservoir und kann wieder seiner Beschäftigung nachgehen. Tod circa 7 Monate nach der Operation. Details über die Ursache desselben fehlen. Pathologisch-anatomische Diagnose: alvevläres Epitheliom.

Die Indicationen für die totale Cystectomie sind sehr selten. Der Kranke muß einerseits kräftig genug sein, um einen so schweren Eingriff überstehen zu können, die Neubildlung muß andererseits die ganze Blase,

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aber nur die Blase ergriffen haben. Rasche Ausführung der Operation und Schonung des Peritoneum natürlich nicht auf Kosten einer unvollkommenen Operation stehen an Wichtigkeit obenan. Die Schwierigkeiten und Ge- fahren sind sehr verschieden, je nachdem eine Cystectomie vorangegangen oder die Blase noch geschlossen ist. Im ersteren Falle erfordern die Ad- häsionen eine minutiöse Trennung und das Operationsfeld ist stark inficirt, im letzteren Falle muß eine exploratorische Blasenineision vorangehen, die jedoch zum großen Vorteil für die Asepsis zweckmäßig durch die Cysto- skopie ersetzt wird. Ein | förmiger Bauchschnitt legt mit geringster Zer- störung das Öperationsfeld am weitesten frei; der horizontale Schenkel reicht vom linken bis zum rechten äußeren Leistenring und durchtrennt die Musc. recti. Die schwierigste Aufgabe ist die Ablösung des Peritoneum, die an der vorderen Wand ebenso leicht, wie sie am Blasenscheitel schwer ist. Man muß langsam vorangehen und sich fast in der Muskelschicht der Blase einen Weg bahnen. Hinten, im Niveau der Prostata, ist die Lösung leicht. In schwierigen Fällen ist es ratsam, mit der Durchschneidung der Harnleiter und des Blasenhalses zu beginnen. In dem Maße, in dem die Blasenwandungen gelöst sind, werden sie unter Leitung von Auge und Finger mit Pincen allmählich und vorsichtig aus der Wunde hervorgezogen, wie der Uterus bei der vaginalen Hysterectomie. Die Ureteren werden gemeinsam mit den unteren Blasengefüßen in einer gebogenen Klammer gefaßt und ohne vorangegangenen Katheterismus durchschnitten; auch der Blasenhals wird wegen der stets beträchtlichen venösen Blutung über einer Klammer durchtrennt. Nach Exstirpation der Blase werden die Gefäße der Ureterenstumpfe und des Blasenhalses versorgt, die Blutung am Blasenhals event. mit dem Thermocauter gestillt, das centrale Ende der Urethral- schleimhaut zum Zweck der Ausschaltung dieser Infectionsquelle zerstört und die Ureteren katheterisirt. Verff. raten, wenn der Kräftezustand des Patienten zu wünschen übrig läßt, die Katheter zur Bauchwunde heraus- zuleiten und die Ureterenversorgung auf eine zweite Operation zu verschieben.

Bei Frauen ist unbestreitbar die Implantation der Harnleiter in die Scheide und Bildung einer neuen Blase aus der Scheide nach Pavlik die beste Methode, im jugendlichen Alter event. nach vorausgegangener Castration.

Beim Manne bleibt die Wahl zwischen Implantation in die Bauchwand, die Harnröhre und den Darm.

Der erstere Weg ist in vielen Thierexperimenten mit Glück ausgeführt worden. Pozzi und le Dentu operirten in dieser Weise am Menschen, ohne daß die Niere in beiden allerdings nur kurz beobachteten Fällen Schaden litt, doch kann die Operation aus leicht begreiflichen Gründen nur ein Not- behelf sein.

Für die Implantation in die Urethra sind die Experimente von Schwarz sehr lehrreich, welche die Möglichkeit der Entstehung einer neuen Blase aus der Harnröhrenwand und die Funetionstüchtigkeit des unteren Sphincter- teils darthaten. Gelingt es, ein Stückchen der Blasenwand, am besten das

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Trigonum, zu erhalten, so ist die Operation wie im Albarran'schen Falle gut ausführbar.

Die Implantation in den Darm ist in zahlreichen Tierexperimenten, Anfangs mit schlechtem Erfolg, ausgeführt worden. Die Tiere gingen an Peritonitis in Folge Ruptur der Nähte, oder häufiger an Hydronephrose in Folge Verengung des recto-ureteralen Orificituns und an Niereninfection vom Darminhalt aus zu Grunde; erst neuerdings wurden durch Anastomosen- knöpfe (Boari), präliminare Ureterenunterbindung (Morestin), Transplan- tation des Meatus ureteralis (Tuffier, Maydl), und andere Implantations- methoden (Novaro) Erfolge erzielt. Glückliche klinische Erfolge von teil- weise langer Dauer hatten Chaput, Trendelenburg, Boari, Chalot, Maydl, Ewald, Krynski bei Ureterenverletzungen und Blasenectopie zu verzeichnen.

In diesen Fällen war die Continenz zufriedenstellend (3—8 Mal am Tage flüssige Entleerungen), die Darmschleimhaut blieb gesund, die Anal- region frei von Erythem. Verff. raten, die Implantation nicht in’s Rectum vorzunehmen, das tief gelegen und in der Kreuzbeinaushöhlung fixirt ist, sondern in die Flexura sigmoidea, die durch eine kurze Peritonealincision leicht in der Wunde zugänglich gemacht werden kann. Bei einiger Sorgfalt kann eine Verengerung der Ureterenmündung vermieden werden, sei es, daß man die Implantation mit den Knöpfen von Boari oder Chalot, von denen der letztere genauer beschrieben wird, oder mittelst Naht vornimmt. Im letzteren Falle wird am besten noch Krynski’s Methode vorgegangen: Bildung eines spitzwinkligen musculo-serösen Lappens an der vorderen, inneren Rectalfläche dicht unter der Flexur, Vereinigung der nunmehr vor- liegenden Rectalschleimhaut mit der Schleimhaut des V förmig zugeschnittenen Ureters, Fixirung des in seine alte Lage zurückgebrachten musculo-serösen

Lappens. R. Rosenthal (Berlin).

VIII, Ureter, Niere ete.

Imbert: Le catheterisme des ureteres par les voies natu- relles. (Paris, Librairie J. B. Bailliere et fils, 1898.)

Eine auf Grund reicher eigener Erfahrungen, die Verf. meist an der Guyon’schen Klinik sammeln konnte, und umfassender Kenntnis der Litte- ratur abgefaßte Monographie über Aufgaben und Wert des Ureterenkathete- rismus, die im Wesentlichen zu den gleichen Resultaten kommt, wie Casper in seiner Schrift über denselben Gegenstand.

Die Arbeit gliedert sich in einen technisch -experimentellen und in einen klinischen Teil. Im ersteren wird die Geschichte des Ureteren- katheterismus besprochen und eine genauere Beschreibung der practisch

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297

hauptsächlich brauchbaren Instrumente, des Nitze’schen, des Casper’schen und des Albarran’schen gegeben. Letzterem vindicirt Verf. eine Reihe von Vorzügen gegenüber den anderen. Es wird die Frage erörtert, ob die Methode des Ureterenkatheterismus eine genügend gefahrlose und schonende ist, um in der Praxis verwendbar zu sein und wie weit sie an und für sich schon Veränderungen des damit gewonnenen Nierensecretes herbeiführt, die natürlich für eine eventuelle diagnostische Würdigung in Betracht ge- zogen werden müssen.

Zu dem klinischen Teile leitet die Besprechung der Contraindicationen der Methode über. Es folgt die Schilderung ihrer Indicationen und des diagnostischen Wertes. Verf. findet denselben erstens in der genauen Diagnostik topischer Nierenveränderungen, Erkrankungen des Ureters (Steine, Strieturen); zweitens in der mit Leichtigkeit zu gewinnenden Erkenntnis, ob bei einer, die Herausnahme indicirenden Erkrankung der einen Niere die andere gesund ist, und endlich in der Möglichkeit, sich von der Durch- gängigkeit der Nieren resp. dem Vorhandensein einer „Nierenretention“ zu überzeugen. Zu letzterem Punkte möchte Ref. bemerken, daß die in Frank- reich augenblicklich sehr beliebte Art und Weise, aus dem Grade der Durch- gängigkeit der Nieren für Methylenblau auf ihre Sufficienz oder Insufficienz zu schließen, doch noch sehr der Nachprüfung bedarf und dieser Teil der Diagnostik mittelst Ureterenkatheterismus ihm noch etwas problematischer Natur zu sein scheint.

Therapeutisch kommt der Nierenkatheterismus in Frage erstens bei Pyonephrosen, indem an die Nephrotomie bei denselben, da wo sich Ver- änderungen im Ureter ergeben, eine Ureterostomie angeschlossen werden kann, Ferner ist er ein wertvolles therapeutisches Mittel bei Behandlung der Nierenfisteln. Hier sollte zuerst immer ein Versuch damit gemacht werden, ehe man zu dem Ultimum refugium der Nephrectomie schreitet. Verengerungen des Ureters kann man nach Art der Harnröhrenstricturen durch allmähliche Erweiterung zur Heilung zu bringen suchen. Endlich bildet der Ureterenkatheterismus ein nicht zu unterschätzendes Heilmittel bei der Entleerung hydronephrotischer Säcke auf natürlichem Wege. Der Behandlung der Pyelonephritiden und Pyonephrosen mittelst antiseptischer Einspritzungen durch den Ureterkatheter, wie sie von Casper inaugurirt ist, steht: Verf. skeptisch gegenüber.

Den Wert des Buches erhöhen die von Verf. angeführten Kranken- geschichten, 60 an der Zahl, darunter eine ganze Reihe eigener, bisher noch nicht publieirter Beobachtungen. Unter ihnen sei ein Fall hervorgehoben, wo Verf. an die Entleerung eines hydronephrotischen Sackes mittelst Ureter- katheter Ausspülungen desselben mit Höllensteinlösung anschloß und damit Heilung erzielt zu haben glaubt. Diagnostisch von Interesse ist ferner eine Beobachtung, wo bei einer Hämaturie die für krank gehaltene Niere nach- weislich ein normales Secret gab. Der Curiosität halber sei ferner erwähnt, daß in einem Fall von Nierenkolik bei wiederholten Attaken das Einlegen des Ureterkatheters schmerzstillend wirkte.

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Aus der Lecture der fleißigen Arbeit wird Jeder, der sich für diese Bereicherung unseres diagnostischen und therapeutischen Könnens inter- essirt, reiche Belehrung schöpfen. P. F. Richter (Berlin).

Prof. Dr. Englisch: Ueber die sackförmige Erweiterung des Blasenendes der Harnleiter. (Autoreferat. Vortrag, gehalten in der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, Sitzung vom

29. April 1898. !)

Gegenüber dem häufigen Vorkommen der Erweiterungen der Harnleiter oberhalb der Blase sind die Fälle, in welchen gleichzeitig das Blasenende derselben sack- oder cystenartig erweitert ist, sehr selten. In der zugäng- lichen Literatur konnte der Vortragende nur folgende Fälle finden: Lechler, Lilienfeld, Wrany, Weigert, Bostroem (drei Fälle), Neelsen, Tangl, Burkhard, Freyver, Klein, Boyer, Grosse, Noel, Streubel, Caille. Diesen Fällen kann eine eigene Beobachtung hinzugefügt werden.

M., 76 Jahre alt. hitt seit seinem 30. Lebensjahre an häufigem Ham- drang, bei Tag 6—8 Mal, Nachts regelmäßig 2—3 Mal, wozu sich mit dem 50. Jahre erschwertes Harnlassen und im 70. Jahre Abnahme des Harn- strahles gesellte. Unvollständige Entleerung der Blase.

Status. Doppelseitiger innerer Leistenbruch. Keine Vorwölbnng der Blase. Beiderseits große Hydrocele. Harnröhre für 8 mm durchgängig. Vorsteherdrüse stark vergrößert, rundlich gelappt, weich, grober, wallartiger mittlerer Lappen deutlich nachweisbar, Blase an der rechten Seite infiltrirt. Blasengrund nicht vorgewölbt, Innenfläche stark trabeculär, Residualharn 400 ccm, Harn 2000 ccm, sauer, 1024, schmutzig gelb, trübe. Nucleoalbumin leicht vermehrt, ebenso Indoxvl, Albumen 0.05 pCt., Pepton reichlich, Trobilin in Spuren, Zucker fehlt. Sediment reichlich, aus zahlreichen Leukocyten, Schleimfäden, Blasenepithel spärlich, Nierenelemente fehlen.

Täglich zweimaliger Katheterismus und Ausspülungen der Blase mit 4 pCt. Borlösung.

Auffallende Veränderungen des Harnsedimentes in seiner Menge und seinem Aussehen, bald schleimig, bald rein eitrig. Bei Druck auf die rechte Blasenhälfte entleert sich plötzlich eine große Menge Eiters bei vollständig gereinigter Blase, daher die Diagnose: Hypertrophie der Vorstehertdrüse, Blasentasche rechts mit sehr enger Oeflnung. Eine endoskopische Unter- suchung konnte wegen Schwäche des Kranken nicht vorgenommen werden.

Tod. Leichenbefund: Die linke Niere nicht vergrößert, die Medullarsubstanz verringert, die Pyramiden abgeflacht. Das Nierenbecken und der Harnleiter mäßig erweitert, nicht geschlängelt, nicht dickwandig. Mündung des linken Harnleiters an normaler Stelle. Die Blase etwas aus- gedehnt, in ihrer Wand verdickt (11,—2 cm), innen stark trabeculär mit zahlreichen Zellen der Schleimhaut. Die innere Harnröhrenöflnung von

1) Der Vortrag erscheint ausführlich in Oberländer’s „Centralblatt für Krankheiten der Harn- und Sexualorgane“, Bd. 9.

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einem in der Mitte 2cm hohen, nach vorne abnehmenden, gefurchten Walle als mittlerer Lappen der Vorsteherdrüse umgeben. Die rechte Niere ver- größert, in ihrer Substanz stark atrophirt. Das Nierenbecken kindskopfgroß ausgedehnt, diekwandig, die Fascia perirenalis stark verdickt, so daß sie als eine dicke, fibröse Membran abgelöst werden kann, die Nierengefäße, be- sonders die Venen, stark ausgedehnt, diekwandig. Der Hamleiter darm- ähnlich ausgedehnt, verlängert, geschlängelt; unterhalb des Nierenbeckens eine bedeutende Einschränkung, im weiteren Verlaufe ähnliche geringere Ein- schnürungen wie ein embryonaler Harnleiter, Durchmesser an den breitesten Stellen 2—2'!/, cm. Unmittelbar an der Durchtrittsstelle durch die Blasen- wand verengert sich der Harnleiter trichterförmig, um als federkieldicker Canal die Blasenwand zu durchbohren, der Muskelhaut fest anliegend, so daß eine Loslösung nicht möglich. Die Gegend der Mündung des rechten Harnleiters von einer zapfenartigen, frei in die Blase ragenden Geschwulst eingenommen, deren elliptische Basis schief von oben außen nach innen unten verläuft und einen Durchmesser von 2 cm besitzt. Die Geschwulst, seitlich etwas abgetlacht, hat eine Länge von 3,4 cm, einen Querdurchmesser von 11/, cm, ragt in gefülltem Zustande gerade nach vorne, so daß die Spitze sich auf den mittleren Lappen der Vorsteherdrüse lagert, ohne jedoch in die innere Harmröhreuöffnung zu reichen; daher sie nicht zur Verengerung derselben beitragen kann. Die Wand ist 3 mm dick, starr, außen mit der Blasenschleimhaut überzogen, innen von der Schleimhaut des Harnleiters, die Zwischenschicht ist eine derbe fibröse Masse. An der Innenseite der Geschwulst, 1 cm von dem TUebergange in die Blasenschleimhaut findet sich eine ovale, mit dünnen Rändern versehene Oeflnung, die eigentliche Harnleitermündung, von 2 oder 11, nm Durchmesser.

Dieses Gebilde entspricht einer sackartigen Erweiterung des Blasen- teiles des Harnleiters.

Nach den vorliegenden Beobachtungen kommt dieses Leiden bei tot- geborenen Früchten, wie bis in das höchste Alter vor. Es müssen jene Fälle unterschieden werden, wo die Oeffnung des Harnleiters geschlossen (Lilienfeld, Weigert, Bostroem drei Fälle, Geerdts, Tang]), oder offen (Lechler, Wrany, Neelsen, Burkhardt, Englisch) ist. Im ersteren Falle erklären sich die Erscheinungen leicht; nicht so im zweiten. Bei einfachem Harnleiter fand sich die Erweiterung (Weigert, Bostroem zwei Fälle, Neelsen, Tangl, Burkhardt, Englisch); bei doppeltem (Lechler, Lilienfeld, Wrany, Geerits), und zwar ist es immer der- jenige Harnleiter, der dem oberen Anteil der Niere entspricht. Das Geschlecht scheint von Einfluß zu sein, da die Erweiterung häufiger bei Weibern ge- funden wird.

Die Form der Erweiterung ist die einer Papille, eines quer oder schief gestellten Wulstes, eines Trichters, birnförmig oder rundlich. Die Größe ist verschieden, haselnußgroß bis 6 cm messend; es erstreckt sich die Ge- schwulst nur über einen Teil des Trigonums, reicht bis zur inneren Harn- röhrenöffnung, noch bis in diese hinein oder bei Mädchen bis zur äußeren

Harmröhrenöffnung, daselbst als eine Geschwulst sichtbar. Je weiter die Geschwulst in die Harnröhre reicht und je fester sich die Wände aneinander legen, um so stärker werden die Harnbeschwerden sein; im entgegengesetzten Falle kann sogar Incontinenz eintreten. Störungen in den oberen Harnwegen der anderen Seite treten nur ein, wenn die andere Harnleitermündung von der Geschwulst zusammengedrückt wird, oder andere Erkrankungen, z. B. Vergrößerung der Vorsteherdrüse, bestehen.

Die Oberfläche des Sackes ist glatt, mit Einschnürungen versehen; die Spannung gleichmäßig, stärker im Stehen oder Emporheben der Niere: die Wand verdickt (gleichmäßig oder ungleichmäbig) oder verdünnt, durch- scheinend. Die Wand besteht entweder nur aus der Schleimhaut der Blase, des Harnleiters und zwischenliegendem, fibrösem Gewebe oder auch in diesem eingelagerten Muskelfasern, was von der Zusammensetzung des Blasenteiles des Harnleiters abhängt.

Die Erscheinungen sind: Heftiger Harndrang, wenn der Sack als fremder Körper wirkt oder entzündliche Processe bestehen; erschwertes Harnlassen bei Beengung der inneren Harnröhrenöffnung oder der Ham- röhre weiter außen; Incontinenz bei ungleichmäßiger Anlagerung an die Wand der Harnröhre. Häufigeren Harndrang können die Erweiterungen der höher gelegenen Harnorgane allein bedingen oder die Complicationen. Die Zeit des Auftretens der Harnbeschwerden ist eine verschiedene, bald nach der Geburt, bald in späterer Zeit. Die Ursache der Entwicklung der sackartigen Erweiterung wird verschieden angenommen: 1) primäre Mib- bildung, weil gleichzeitig andere Mibbildungen gefunden wurden: 2) Defeect der Blasenmuskulatur in der Umgebung der Durchtrittsstelle des Harnleiters (Burkhardt); 3) gerade Durchbohrung der Blasenwand infolge geringeren Widerstandes des Blasenteiles (Bostroem, Tangl); 4) abnorme Insertion des Harnleiters (Neelsen). Gegen erstere Anschauung sprechen die Mehr- zahl der Fälle, ebenso findet sich der Defect der Muskelfasern selten; gegen die zweite Annahme der oft vorhandene schiefe Verlauf. Alle Erschei- nungen lassen sich, abgesehen von der abnormen Mündung der Harnleiter, durch die im Embryonalleben vorkommenden Verklebungen der Aus- mündungen und im Verlauf der Canäle erklären, wie selbe z. B. beim Kehl- kopfe, der Harnröhre bekannt, für den Uterus maseculinus, die Ausführungs- gänge der Cowper’schen Drüsen von dem Vortragenden nachgewiesen wurden. Bei dauernder Verklebung und Verwachsung ist die Erklärung sehr einfach. Aber auch für die später offen gefundene Harnleiteröffnung liegen ähnliche Verhältnisse vor, da die obigen erweiterten Höhlen und Gänge nach später Eröffnung gleichmäßig wachsen; abgesehen davon, daß die Harnleitermündung immer kleiner als normal bleibt, daher die Stauung unterhält.

Die Erscheinungen sind verschieden bei Mädchen und Knaben, be- ziehungsweise Männern. Lagert sich der Sack bei Mädchen in oder vor die äußere Harnröhrenöffnung, so findet sich eine mit Schleimhaut bedeckte, je nach der Lage des Individuums oder bei Druck auf die Blase schlaffe

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oder gespannte, elastische, leicht reponirbare, allseitig zu umgehende Ge- schwulst, deren Befestigung in der Gegend des Trigonums liegt. Je nach der Anlagerung der Geschwulst an die Wand der Harnröhre Incontinenz, häufiger Harnandrang, erschwertes Harnlassen, Harnverhaltung, ähnlich wie in allen anderen Fällen, wenn der Sack sich vor oder in die innere Harn- röhrenöffnung legt. Erreicht der Sack die andere Harnleiteröffnung, so kann durch Verschluß derselben der andere Harnleiter ebenfalls erweitert werden. Fließt der Harn aus, so kann sich bald nach Entleerung der Blase ein neuer Harndrang einstellen oder durch Druck auf den erweiterten Harnleiter hervor- gerufen werden und entleert sich trüber Harn oder Eiter. Die sichere Diagnose wird durch das Endoskop oder die Digitaluntersuchung gegeben.

Die Behandlung besteht in der endoskopischen Eröffnung oder dem Abtragen des Sackes oder das Gleiche nach dem hohen Blasenschnitte, worauf sich der Sack entleert. Ist die Erweiterung des Harnleiters eine totale, so wird es lange brauchen, bis sich derselbe und der hydronephrotische Sack verkleinert. Es kann eventuell zur vollständigen Heilung eine Nephrec- tomie nötig werden.

Aehnlich dem Falle von Freyer mit Nierensteinen findet sich ein Fall bei Morgagni und in Folge von Narbenverkleinerung der Mündung bei Heller.

Vaudrey: Hydatid ofliverand pelvis, obstruction ofureters, cardiac hypertrophy, uraemia, necropsy.

Das Wesentlichste des Falles ist-in der Ueberschrift enthalten. Pat. zeigte außer einem großen Abdominaltumor, über dessen Natur und Zu- gehörigkeit zu irgend einem Organ man zu keiner klaren Diagnose kam, Anasarca und Oedem um die Augen, verringerte Harnmenge und Albu- minurie, Obstipation und Darmblutungen, Herzhypertrophie und Urämie. Wie die Section ergab, waren sämtliche Symptome die Folgen der Compression von Seiten des Tumors. Der 7 Zoll lange und 4 Zoll breite Tumor, der mit der Blase und dem Rectum verwachsen war, erwies sich als Echino- kokkencyste. Daneben bestand ein Leberechinococceus und eine kleine Cyste im Becken. Starke Dilatation beider Ureteren und der Flexura sigmoidea. Beiderseits vorgeschrittene Hydronephrose. Die Verlagerung der beiden Ureteren hatte nicht nur Urämie, sondern auch Herzhypertrophie und Oedem der Augenlider zur Folge. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Benoit: Traitement médical des pyélites par les bains de vapeurs résineuses sèches, de copeaux frais de pin Mugho. (Le Progrès medical 1898, No. 17.)

Der Ursprung der Behandlung durch die harzigen Dämpfe der Mugho- fichte ist ein sehr alter und die Entdeckung des heilsamen Einflusses ihrer Dämpfe verdankt man Köhlern, welche die Mughofichte zur Gewinnung von Pechharz bearbeiteten. Früher behandelte man mit diesen Dämpfen nur rheumatische Erkrankungsn, Gicht, Arthritiden, Neuralgien ete. In den

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letzten Jahren behandelte Verf. auch chronische Nephritiden und Pyelo- Nephritiden. Wieso die harzigen Dümpfe wirken, läßt sich vorläufig noch nicht sicher feststellen, aber die Wirkungen waren sehr befriedigende. Die Resultate der Behandlung sind folgende: 1) Eine Vermehrung der Aus- scheidung der Harnsäure; 2) die Eiweißausscheidung verringert sich oder verschwindet ganz; 3) entsprechend diesen Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des Urins treten auch Veränderungen im Allgemeinbetinden ein, welche die Rückkehr zum normalen Zustand der Urinseeretion und der Niere anzeigen. Wahrscheinlich kommen diese Wirkungen dadurch zu Stande, daß die Dämpfe auf die Function der Haut anregend wirken und dab in das Blut balsamische Substanzen aufgenommen werden, welche auf die

Nieren selbst einen heilsamen Einfluß haben. Immerwahr (Berlin).

Müllerheim: Fall von angeborenem völligen Mangel der Scheide, Gebärmutter und Anhänge, sowie rechts- seitiger, congenital verlagerter Niere im kleinenBecken. (Centralbl. für Gynäkologie 1898, No. 15, Bericht aus der Ges. für Geburtshilfe und Gynäkologie zu Berlin.)

Der Fall betrifft ein 20jähriges Mädchen, welches nie Periode, nie Molimina menstrualia gehabt hat. Sonstiger Körperbau gut entwickelt. Mammae, Pubes, Vulva normal. Bei der Blasen-Mastdarmuntersuchung findet sich das Septum zwischen letzteren Organen so dünn, daß ein Rudi- ment der Scheide nicht zu entdecken ist. Auch Uterus und Anhänge sind nicht aufzufinden. Der Tumor, welchen man bei der rectalen Untersuchung fühlt, liegt fingerbreit rechts vom Promontorium, in der Richtung von oben innen nach unten außen. Der untere Pol steigt bis zur Ebene der Becken- weite hinab, der obere Pol überragt die Linea arcuata. Er liegt der rechten Beckenwand breit und platt an, ist fast unbeweglich und retroperitoneal gelegen. Form und Consistenz sind wie die einer Niere. Die Palpation und Percussion der rechten Lendengegend lassen keine Niere auffinden; dies Zeichen hält M. für unsicher gegenüber der Untersuchung durch den Ureteren- katheterismus. Er geht von der Erfahrung aus, dab der Urin, so lange der Katheter im Ureter steckt, discontinuirlich abläuft, sobald aber der Katheter bis in’s Nierenbecken vorgeschoben ist, eontinuirlich Biet. Nach Einführung des Katheters m den Ureterenschlitz mißt man die Strecke des Katheters, die noch außerhalb der Blase liegt. Dann schiebt man den Katheter vor, bis der Urin anfängt, continuirlich zu fließen, d. i. bis in’s Nierenbecken. In diesem Augenblick mißt man wieder das nunmehr aus dem Cystoskop hervorragende Ende des Katheters. Die Differenz beider Maße ergiebt die Länge des Ureters. Im vorliegenden Fall mißt der rechte Ureter 10 cm weniger als der linke. Diese bisher nicht geübte Art der Untersuchung kann in schwierigen Fällen die Diflerentialdiagnose zwischen einem vermeint- lichen Tumor im kleinen Becken und einer congenital verlagerten Niere ermöglichen. Immerwahr (Berlin).

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Linossier et Barjon: L’&limination du bleu de méthylène à l’état de chromogène incolore par les urines. (Le progrès médical 1898, No. 13.)

In der Sitzung der Société de Biologie am 19. März 1898 teilten die Verff. mit, daß die Umwandlung des Methylenblaus in Methylenweiß im Körper, wie sie bei Kranken festgestellt hätten, sehr begünstigt wurde durch die Alkalinität des Urins und der Harnwege selbst. Denn sie haben diese Reduction bei Kranken gefunden, deren Urin durch Sättigung des Organismus mit Vichywasser alkalisch gemacht worden war

Immerwahr (Berlin).

Chauffard: La perméabilité rénale au cours des icteres infectieux. (Presse méd. 1898, 3, nach Gazzeta medica di Torino 1898, 3.)

Nach Ch. sind Leber und Nieren die zur Reinigung des Organismus von Schlacken bestimmten Organe; die Leber zersetzt und verändert die Stoffwechselproducte, die Niere scheidet sie aus; ja die beiden Organe können sich gewissermaßen ergänzen und ersetzen. Bei kranker insufficienter Leber werden erst dann Vergiftungserscheinungen auftreten, wenn die Niere auch afficirt und unfähig geworden ist, die von der kranken Leber nicht ver- änderten und zersetzten Producte auszuscheiden; d. h. so lange die mittlere Durchgängigkeit der Niere erhalten ist, wird es nicht zur Vergiftung und zum cholämischen (?) Fieber kommen. Hieraus folgert Ch., daß man bei in- fectiösem Icterus gut thue, Menge des Harns und des Harnstoffs in 24 Stunden (800 ccm 14—156 g normales Mittel) zu überwachen; bei Veränderung dieser normalen Werte werde die Prognose schlechter, bei Gleichbleiben dieses Verhältnisses sei sie gut, bei starker Harnvermehrung recht gut. Zwei Fälle von infectiösem Icterus mit nach obiger Darlegung gestellter guter Prognose wurden gesund, ein Fall mit sechstägiger Anurie und 200 bis 260 mm Hg Arteriendruck (Potain) starb im eclamptischen Anfall; die Section ergab keine Nierenerkrankung, besonders keine chronische Nephritis, welche den starken Arteriendruck in vivo erklären konnte. So einfach, wie Chauffard will, ist das Verhältnis von Leber zu Niere nicht; als prognostisches Cri- terium mag man sich das Besprochene aber merken. Mankiewicz.

Schloth (Brückenau): Ueber obstructive Nephritis. (Münchener medicinische Wochenschrift 1898, No. 17, S. 523.)

Als Beitrag zur ätiologisch-klinischen Erforschung der chronischen Nierenentzündung veröffentlicht der Verf. eine Reihe von interessanten Beobachtungen, welche zu beweisen scheinen, dab Verengerungen der unteren Harnwege, ohne Harnstauung zu machen, doch die Ursache einer chronischen Nephritis abgeben können. In den sechs während seiner Thätig- keit als Badearzt in Brückenau gesammelten Fällen handelt es sich um ältere Patienten mit weit zurückliegenden gonorrhoischen Infectionen, welche

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zur Zeit keine erheblichen Complicationen von Seiten der Prostata und nur in zwei Fällen Gries- und Stembildung in den Harnwegen und gleichzeitig trüben Urin aufwiesen, keinen Resitualharn hatten, aber mit dem Urin beträchtliche Mengen von Eiweiß und Niereneylinder aller Arten ausschieden. Die Sondenuntersuchung der Harnröhre wies durchweg alte gonorrhoische Strieturen im Bereich der Pars posterior nach, welche Bougie No. 14 oder 15 Charr. noch passiren ließen. In allen Fällen trat unter dem Einfluß der Trinkkur von Wernarzer Wasser eine Vermehrung des Niereneiweißes und der Cylinder auf, wahrscheinlich bedingt durch die im Gefolge der stärkeren Diurese vermehrte Congestion der Nieren. Sch. entschloß sich nun zur mechanischen Erweiterung der gefundenen Strieturen, die mit weichen Bougies und Metallsonden in der üblichen Weise bis auf 13—25 Charrière gedehnt wurden, und sah im Verlauf dieser Behandlung ausnahmslos einen deutlichen Abfall des Eiweißgehaltes und der Cylindermenge bis zum völligen Verschwinden in einzelnen Fällen, daneben Besserung des Allgemeinbefindens und Hebung des Körpergewichts. In der hier offenbar vorliegenden Besse- rung einer schweren Nephritis durch Beseitigung eines mäßigen Hindernisses bei der Harnentleerung sieht Verf. die Berechtigung, trotz fehlenden Residual- harns die gonorrhoischen Stricturen ätiologisch in Zusammenhang mit der chronischen Nephritis zu bringen und seine Fälle als obstructive Nephritis aufzufassen. Zwar hat Saundby diesen Begriff auf die Fälle mit grob mechanischer Harnstauung und schwerer bacterieller Entzündung, also auf Fälle von schwerer, ascendirender Pyelonephritis beschränken wollen, die in ihren einfachsten Formen mit der Nephritis identisch sind, welche experi- mentell durch Ligatur des Ureters erzeugt werden kann, und Verf. ist sich wohl bewußt, daß seine Beobachtungen weit außerhalb dieses Rahmens fallen. Er sieht aber in dem Sitz der Strieturen am Anfang der hinteren Harnröhre im Bereich des für den Blasenverschluß wichtigen M. compressor urethrae und damit im pathologischen Gebiet der Blase cin für seine Begriffs- bestimmung günstiges Moment und glaubt in den neueren Ansichten über die Möglichkeit einer rückläufigen Ureterwelle und in der Lehre von der Harngiftigkeit wichtige Stützen seiner Auffassung zu finden, ohne den Zusammenhang zwischen diesen Lehren und seinen klinischen Beobachtun- gen näher darzulegen. Julius Jacobsohn (Berlin).

Thompson (Dublin): Der Einfluss der subcutan injicirten Peptone und Albumosen auf die Nieren. (Royal Academy of Medicine in Ireland, Sitzung vom 4. Februar 1898. The Lancet, 12. März 1898.)

Redner faßt die Resultate seiner Untersuchungen in folgenden Schluß- sätzen zusammen: 1) Subcutan injieirte Peptone und Albumosen üben auf die Gefäße der Nieren einen geringeren Einfluß aus als auf die der anderen Abdominalorgane. 2) Sie verursachen eine deutliche Zunahme der Harn- secretion, und zwar tritt das Maximum in der zweiten Stunde nach der Injection ein. 3) Der hierbei secernirte Urin ist diluirt und der Harn-

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stoff, sowie die Gesamtmenge der N-haltigen Substanzen in ihm ist ver- mindert. 4) Die Gesamtmenge des überhaupt ausgeschiedenen Harnstoffes und der N-haltigen Substanzen ist beträchtlich vermehrt. 5) Ein Teil der injicirten Peptone bezw. Albumosen wird während der ersten Stunde nach der Injection wieder ausgeschieden; der größere Teil wird jedoch zurück- behalten; doch beträgt dieser weit weniger als die Menge des ausgeschie- denen Harnstoffes und der anderen N-haltigen Substanzen. Loewenthal.

Kobler: Ueber die Nierenerkrankungen bei Obstipation. (Wiener med. Blätter 1898, No. 18.)

Störungen der Nierenfunctionen wurden. bei Affectionen des Darm- tractus nicht nur bei gefährlichen, sondern auch bei bedeutungslosen Er- krankungen beobachtet. Verf. hat bei Obstipationen bei verschiedenen Krankheiten Albuminurie gefunden. Cylinder treten im Harn häufiger avf als Eiweißausscheidung. Dieses Verhalten ist differentialdiagnostisch gegen- über der Nephritis wichtig, da bei letzterer Darmaffectionen (Durchfälle, Obstipation) vorkommen; in-einem Drittel der Fälle fand sich Obstipation, vielleicht ist diese. ein noch häufigeres Begleitsymptom. Es könnte also die Nephritis das Primäre und die Darmaffeetion das Secundäre sein; umgekehrt kann auch die Obstipation zur Albuminurie führen und so eine primäre Nierenerkrankung vortäuschen. Die Nierenaffection ist vielleicht auf die Wirkung von Toxinen zurückzuführen, welche aus dem stagnirenden Darm- inhalt aufgenommen werden; nach Aufhören der Obstipation verschwinden bald die Nierensynmiptome. Es ist zweifellos, daß zwischen dem Darm und der Niere reflectorische und vasomotorische Wechselbeziehungen bestehen.

Immerwahr (Berlin). '

Keller: Wanderniere. Discussion über den Vortrag, gehalten in der Gesellschaft für Geburtshilfe u. Gynäkologie zu Berlin, 9. Juli 1897. (Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie 1897, I.)

Schaeffer kann nicht erkennen, wieso auf den Leib von Wöchne- rinnen aufgelegte Laken, Sandsäcke etc. zu Wanderniere führen sollen, zumal man in der arbeitenden Bevölkerung die allerdings besser ihren Zweck er- füllenden eireulären Leibbinden wegen ihres Preises nicht verschreiben kann. Sch. weist darauf hin, daß die Beschwerden der Wanderniere direct nach dem Essen, besonders bei Arbeiten mit vollem Magen auftreten; blähende Speisen verschärfen sie noch; er empfiehlt deshalb möglichst Ruhe nach dem Essen und trockene Kost (Fleisch, Eier, keine Suppen, keine Hülsen- früchte, keinen Käse etc.) bei Wanderniere. Bei der Differentialdiagnose muß man noch die Möglichkeit eines abgeschnürten linken Leberlappens berücksichtigen. Sch. warnt vor zu großem Vertrauen zur Operation, empfiehlt längere, absolute Ruhelage und die Anlegung einer Beely’schen Bandage mit herzförmiger, fester Bauchplatte ohne Nierenpelotte zur Ver- engerung des Raumes im Bauch und zur Ruhigstellung der Organe.

g = 06

Holländer lehnt mit Keller die Vergrößerung der Niere an Masse und Gewicht und den Zug am Ureter als ätiologisches Moment für die Wanderniere ab, hebt aber als directe Ursache der Wanderniere die Sco- liose mobile sowohl als habituelle Form hervor; die Nische, in welcher die Niere liegt, wird durch die Scoliose verkleinert und die Niere heruntergepreßt. Adnextumoren mit langen Stielen können Wandernieren vortäuschen; man muß daher durch Palpation festzustellen suchen, ob beide Nieren sich an ihrer Stelle befinden. Auch Tumoren der Flex. coli dextr. und sin. können leicht für Wandernieren gehalten werden.

Olshausen meint, daß die voraufgegangenen Schwangerschaften und die mangelhafte Musculatur in der Mehrzahl der Fälle zur Entstehung der Wanderniere nicht nur beitragen, sondern allein maßgebend sind; daß die Wanderniere meist rechts auftrete, erkläre sich aus dem Herunterziehen der Niere durch die schwere Leber, welche bei der acuten Veränderung des intraabdominellen Druckes wie nach der Entbindung (besonders von Zwillingen) herabsinkt. Nach O. haben nur schmale Binden im oberen Bauchabschnitt mit passenden Nierenpelotten günstige Wirkung bei Wander- nieren; allerdings muß die Niere vorher gut reponirt werden.

Mankiewicz.

Albertin: Anurie calculeuse et rein unique. (Ann. des mal. gen.-ur. 1898, Heft 4.)

Verf. beschreibt des Genaueren einen Fall von vollständiger Anurie, die bedingt war durch Verstopfung des Nierenbeckens und Ureters durch einen großen Stein bei gleichzeitigem Fehlen der anderen Niere. Er schließt sich in Folge seiner Beobachtung der Ansicht Legueu’s an, welcher be- hauptet, eine Anurie kommt nur bei Individuen vor, welche mit einer Niere leben. Im vorliegenden Fall wurde die Nephrotomie erst einige Tage nach der Aufnahme gemacht, da man in der Diagnose schwankte. Der Stein konnte nicht entfernt werden. Drainage, Offenlassen der Wunde. Anfangs etwas Urimabgang auf natürlichem Wege und durch die Wunde. Dann absolute Anurie. Tod zwei Tage nach der Operation. Die Section ergab eine stark vergrößerte linke Niere mit erweitertem Nierenbecken, übelriechendem, eitrigem Urin und einem das Nierenbecken ausfüllenden Stein von 5 cm Länge und 3 cm Breite. Ureter und Uretermündung stark er- weitert. Cystitis purulenta. Die rechte Harnleiteröffnung sehr klein. Rechter Ureter stark verdünnt, kaum für eine sehr feine Sonde durchgängig. Die rechte Niere war bis auf die Größe einer Mandel zusammengeschrumpft und gleichsam schalenförmig um drei kleine Steine herumgegossen. Aus dieser Beobachtung schließt er, ebenso wie Legueu: Die Anurie bei einer Stein- niere wird nicht reflectorisch, sondern durch die Verstopfung selbst bedingt. Dazu kommt noch die Allgemeininfeetion. Ein Eingriff ist sofort angezeigt und so früh wie möglich vorzunehmen.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

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Taylor and Fripp: Renal calculus detected by X-rays and successfully removed. (British med. Journal, 30. April 1898.)

Der 26jährige Patient bot die klassischen Symptome rechtsseitiger Nephrolithiasis, doch gelang es bei der Lumbarincision nicht, die Niere zu finden. Das Röntgenbild ermöglichte die Localisation des Nierensteines ober- halb der 12. Rippe, und nach partieller Resection der letzteren, die zum Teil von Pleura bedeckt war, wurde ein Stein von 15 g Gewicht samt der vollkommen atrophischen Niere entfernt. Glatte Heilung.

In der Discussion der Londoner klinischen Gesellschaft wurde von mehreren Seiten die geringe Verwertbarkeit der X-Strahlen für die Dia- gnostik der Nierensteine betont. Langton hebt hervor, daß die Schärfe ~ der Bilder je nach der Zusammensetzung der Steine variire und in folgender Weise abnehme: Oxalat-, Urat-, Phosphat-, Gallensteine.

R. Rosenthal (Berlin).

Battle: Three unusual cases of renal calculus. (British medical Journal, 30. April 1898.)

Fall I. 44jährige Frau mit einem Mitralfehler. Sieben Monate dauernde Hämaturie, die selbst bei ruhiger Bettlage nicht aufhörte. Vollkommenes Fehlen irgend welcher localisirender Erscheinungen. Die exploratorische Laparotomie ergab eine vergrößerte rechte Niere, eine harte Masse im rechten Nierenbecken. Durch rechtsseitige Lumbarincision wurde ein Oxalatstein von ca. 2'4, Zoll Umfang entfernt. Heilung,

Fall II. 21jähriges Mädchen, die vor zehn Jahren Hämaturie hatte, klagte über einen constanten, dumpfen Schmerz in der Seite. Nichts palpabel. Harn sauer, 1020, enthielt Oxalatkrystalle, einige Eiterzellen, eine Spur Albumen. Im Röntgenbild undeutlicher Schatten in der rechten oberen Hälfte des Abdomen. Lumbarschnitt. Nur mit Schwierigkeiten konnte aus der Nierensubstanz selbst ein rauher Stein gleichsam herausgegraben werden. Heilung.

Fall III. 17 jähriges Mädchen. Heftige Schmerzen in der rechten Seite, starke Schwellung und Druckempfindlichkeit daselbst. Fieber. Harn neutral, 1030, spärlich, urathaltig. Die Diagnose lautete: Obstruction des rechten Ureter durch einen Calculus. Pyonephrose. Durch Lumbarincision wurde der Eiter und aus der Eiterhöhle ein Stein entfernt. Ein Hindernis im Ureter konnte auch bei späterem Freilegen desselben nicht gefunden werden. Rasche Wiedergenesung. R. Rosenthal (Berlin).

Davies (London): Entfernung eines Nierensteins mittelst Nephrotomie nach vorheriger Feststellung desselben durch die Probenadel. (The Lancet, 26. März 1898.)

Der Fall betraf einen 23jährigen Mann, der seit zwei Jahren an heftigen, lancinirenden Schmerzanfällen der linken Nierengessend litt. Die Schmerzen, die nach der Mitte des Abdomens, aber nicht nach dem Hüftgelenk oder

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den Testikeln ausstrahlten, stellten sich stets ganz plötzlich ein und hörten ebenso plötzlich wieder auf. Eine Veränderung des Urins in Farbe oder Menge will Patient während oder nach den Anfällen nicht beobachtet haben. Biergenuß vermehrt die Neigung zum Eintritt der Schmerzen. Der Vater des Kranken soll an Blasensteinen gelitten haben. Bei letzterem selbst war während emes Anfalls die linke Niere gegen tiefen Druck nicht empfindlich; der Urin zeigte mäßige Mengen Eiweiß, Blutkörperchen, Granularevlinder, Krystalle von oxalsaurem Kalk und zahlreiche Eiterzellen. Da die Diagnose eines Nierensteins nicht gesichert erschien, so wurde die Probeexploration beschlossen. Man legte die linke Niere bloß (die sich äußerlich als voll- kommen normal erwies) und führte eine Hasenschartennadel in das Nieren- becken ein, wobei man sofort auf einen harten Körper stieß. Es wurde nunmehr längs der Nadel mittelst eines Tenotoms ineidirt, wonach der ein- geführte Finger einen Stein constatirte, der mit einem Spatel herausbefördert wurde. Der Stein zeigte eine unregelmäßig pyramidenförmige Gestalt, wog etwa 3 g und bestand aus oxalsaurem Kalk und Harnsäure. Patient genas vollständig.

D. ist der Ansicht, daB die Schmerzen bei Nierensteinen nicht immer dadurch verursacht sind, daß der Stein durch den Ureter zu dringen ver- sucht, sondern auch häufig durch Reizung der in den Nieren zahlreich vor- handenen Nervenfasern. Im letzteren Falle strahlen die Schmerzen nach dem Abdomen, im ersteren nach dem Hüftgelenk und den Testikeln aus. Der vorliegende Fall gehörte offenbar zur ersteren Categorie. Auch bei Gallensteinen sind diese beiden Arten von Schmerzen vorhanden, je nachdem die Steine in der Gallenblase verbleiben oder in den Ductus cysticus vor- dringen. Uebrigens ist die Feststellung eines Nierensteines mittelst der Probeexploration nicht immer so leicht, wie im vorliegenden Falle; es sind selbst viel größere Steine auf diesem Wege nicht entdeckt worden.

Loewenthal.

Maidlow: A case of extirpation ofthe kidney for sarcoma. (British medical Journal, 12. Februar 1898.)

Bei einer 25jährigen Frau exstirpirte Verf. 3 Wochen nach dem ersten Partus eine höckrige, harte, sehr bewegliche Nierengeschwulst von 7 Pfund Gewicht und 61/, Zoll Durchmesser, die sehr wenig Beschwerden, nie Hä- ‚maturie oder sonstige Harnanomalien verursacht hatte, auf transperitonealem Wege mit glücklichem Erfolge. Die Geschwulst war abgekapselt, ihre teil- weise adhärente Kapsel setzte sich in die fibröse Kapsel der gesunden Niere fort. Eine Ausschälung der Geschwulst scheiterte an einer pro- fusen Blutung. Die histologische Untersuchung ergab ein gemischt-zelliges Sarcom mit zum Teil myxomatöser Entartung. Trotz Fehlens irgend wel- cher Nebennierenelemente nimmt Verf. accessorische oder versprengte Neben- nierenkeime als Ausgang für den Tumor an. Bemerkenswert ist eine über- zählige Brustwarze in der Achselhöhle. R. Rosentbal (Berlin).

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Ignaz Link (Lemberg): Subeutane Zerquetschung der rechten Niere durch einenPferdehufschlag. Secundäre Nephrec- tomie. Genesung.. (Wiener med. Wochenschrift 1898, No. 11.)

Der 29jährige Patient hatte von einem Pferde einen Hufschlag in die rechte Lendengegend erhalten; er mußte sich wegen der sehr heftigen Schmerzen, die sich in der rechten Bauch- und Nierengegend, sowie im rechten Hoden einstellten, sofort niederlegen. Ein bald darauf eintretender Harndrang lieferte blutigen Urin; zugleich stellten sich alle Zeichen des Collapses ein. Es wurde die Diagnose auf subcutane Verletzung der rechten Niere gestellt. Nachdem zunächst die Gefahr des Collapses beseitigt war, wurde die strengste Ruhe und Application von Eisbeuteln angeordnet. Das Allgemeinbefinden des Patienten blieb Anfangs ziemlich zufriedenstellend; der in reichlicher Menge entleerte Harn war in den ersten Tagen stark bluthaltig, dann wurden die Blutbeimengungen geringer. Drei Wochen nach dem Unfall trat plötzliche Temperatursteigerung mit Husten und Stechen in der rechten Brusthälfte ein; es fand sich bei der Untersuchung eine acute Pleuritis. Durch eine nach einigen Tagen vorgenommene Punction ‚wurde ein Liter blutig-serösen Exsudates aus dem rechten Brustfellraum entleert. Patient besserte sich Anfangs; nach 14 Tagen aber war er wieder stark abgefallen und fieberte continuirlich; es ließ sich Jetzt das Vorhanden- sein einer Gasphlegmone in der rechten Seite des Unterleibes feststellen, und ein operativer Eingriff, zu dem der Kranke bis dahin immer seine Ein- willigung versagt hatte, war nun nicht mehr aufzuschieben.

In Narcose wurde der große Absceß eröffnet; er enthielt zersetzten Urin, Jauche und Teile der Fettkapsel der Niere. Durch Eingehen mit der halben Hand ließ sich die Niere und ihre Umgebung genau abtasten: ein tiefer RiB halbirte die ganze Niere in querer Richtung, beide Hälften hingen am Nierenbecken; die untere Hälfte war noch wieder durch einen senkrechten Riß in zwei Teile getrennt. Nach dem Herandrängen der ganzen Niere gegen die äußere Wunde zeigte sich, daß die obere Hälfte ein normales Aussehen hatte, während die untere vollkommen necrotisch war. Es wurde daher zunächst nur die untere Hälfte resecirt. Jodoform- gazetamponade und genaue Vereinigung der Wundränder bis auf den unteren Wundwinkel. Nach der Operation besserte sich das Allgemeinbefinden wieder, doch zeigte sich der Verband häufig von Urin durchtränkt, und nach etwa zchn Tagen begann der Patient wieder zu fiebern und zu ver- fallen. Daher wurde nun, wieder in Narcose, die inzwischen per primam geheilte Wunde wieder aufgetrennt und auch die obere Nierenhälfte ex- stirpirt. Seit dieser zweiten Operation, die also sieben Wochen nach der Verletzung ausgeführt worden war, hat der Kranke kein einziges Mal mehr xefiebert und sich von einem Tag zum andern zusehends erholt. Nach drei Wochen war die Operationswunde definitiv vernarbt, die Narbe tief ein- gezogen, nicht schmerzhaft. Patient gewann sein früheres gutes Aussehen und seine Körperfülle wieder, entleerte täglich etwa 1500 ccm normalen Urins und wurde bald darauf als geheilt entlassen. Ernst Samter.

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Dr. Agrıkow (Petersburg): Beitrag zur Frage der subcutanen Nierenzerreissungen. (Wratsch 1898, No. 10.)

Der 24 jährige Patient wurde am 30. Juli 1897 in die Klinik Ratimow's aufgenommen, nachdem er eine Stunde zuvor eine schwere Contusion der rechten Lumbalgegend erlitten hatte. Status praesens: Der mittelgroße Patient ist gut gebaut und genährt. Er ist noch etwas betäubt und klagt über Schmerzen in der rechten Lumbalgegend und in der rechten Seite des Abdomens. Die Hautdecken sind unverändert, die Muskeln gespannt; Percussionsschall gedämpft-tympanitisch. Häufiger Harndrang, Patient vermag jedoch keinen Tropfen Urin zu lassen. Im mittelst Katheter entleerten Urin fand sich viel flüssiges und auch geronnenes Blut vor. Die Diagnose lautete auf Ruptur der rechten Niere. Es wurde verordnet: Ruhe, Eis, Opium, Secale. In den ersten drei Tagen war der Allgemeinzustand befriedigend; die Schmerzen linderten sich, der Blutgehalt des Harns wurde geringer; es stellte sich spontane Urinentleerung ein. Am vierten Tage stieg die Tempe- ratur auf 38,2° und bald darauf auf 39,1%; im Gebiete des Blinddarms und oberhalb des Poupart’schen Bandes wurde eine walzenförmige schmerz- hafte Geschwulst constatirt mit ebenfalls gedämpft-tympanitischem Schall. Am fünften Tage stellte sich in der Nacht ein heftiger Schmerz im Abdomen ein. Die Geschwulst hatte sich inzwischen bedeutend vergrößert; die Con- junctiven zeigten icterische Verfärbung. Laparotomie. Der 12 cm lange laterale Schnitt wurde in einer Entfernung von zwei Fingerbreiten nach innen vom Tub. ossis ilei anterior superior geführt. Aus der Peritoneal- höhle entleerten sich ca. vier Unzen Blut ohne Harngeruch. Da hier augen- scheinlich nichts Abnormes vorlag, wurde diese Wunde taımponirt und ein Lumbalschnitt gemacht. Im perirenalen Gewebe fand man viel Blutgerinnsel mit scharfem Ammoniakgeruch. Die diffuse parenchymatöse Blutung wurde mittelst Tamponade gestillt. In der nächstfolgenden Zeit sank die Tempe- ratur, und die Schmerzen verringerten sich; aus der Lumbalwunde ging reichlicher blutiger Harn ab. Am sechsten Tage wurde der Tampon aus der Peritonealhöhle entfernt und die Bauchwunde genäht. Am neunten Tage ging aus der Lumbalwunde ein 4 cm großes Nierenstück ab; ein zweites Stück, das bereits ganz zerfallen war, wurde am zwölften Tage entfernt. Darauf begann die Wunde schnell zu heilen. Der Harn zeigte keine Abnormitäten. Auf Grund dieser Beobachtung, sowie Bezug nehmend auf zehn ähnliche Fälle aus der Litteratur zieht Verf. den Lumbalschnitt mit darauf folgender Tamponade der primären Nierenexstirpation vor.

Lubowski.

Velich: Ueber die Veränderung in der Bluteirculation nach Einwirkung des Nebennieren-Extracts. -- Aus dem experi- mental-pathol. Instit. des Prof. Dr. A. Spina in Prag. (Allgem. Wiener med. Zeitung 1897, No. 27, 28, 29.)

Intravenöse Injeetionen des Nebennieren-Extracts von Säugetieren rufen bei Hunden und Kaninchen Steigerung des Blutdrucks, Reizung des Vagus-

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centrums und nach Durchtrennung der Vagi oder nach Zerstörung des verlängerten Marks bedeutende Pulsacceleration hervor (Oliver und Schäfer). Verf. hat seinerseits nachgewiesen, daß diese Blutdrucksteige- rung durch periphere Einwirkung des Extracts auf die Gefäße bedingt ist. Bisher wurde ausschließlich mit den Extracten der Nebennieren von warm- blütigen Tieren oder Menschen exper’mentirt. Verf. unternahm es nun, das Extract von Froschnebennieren auf seine Wirkung zu untersuchen. Dies erschien auch deshalb wichtig, weil von Kölliker bestritten worden ist, daß die Nebennieren des Frosches den Nebennieren der Säugetiere ent- sprechen, und die Feststellung der Art, wie ihr Extract wirkt, daher geeignet schien, zur Entscheidung auch dieser Frage beizutragen. Erwies sich die Wirkung identisch mit der des Extracts warmblütiger Tiere, so durfte man auch die zahlreichen Experimente, die mit Nebennieren der Frösche (Abelous, Langlois, Albanese) gemacht worden waren und zu dem Schlusse führten, daß diese Drüsen die Function hätten, ein im Organismus vorhandenes Gift, das bei der Arbeit der Muskeln (Abelous und Langlois) entsteht und mit dem Neurin (Albanese) identisch sein sollte, zu zerstören, so durfte man auch die Resultate dieser an Fröschen gemachten Experimente generalisiren. Die Versuche des Verfasser’s wurden meistens. an jungen Hunden und in zwei Fällen auch an Kaninchen aus- geführt. Dazu wurden Nebennieren-Extracte von Rana esculenta und Rana temporaria benutzt. Dieselben führten den Verfasser zu folgenden Er- gebnissen:

1) Das Extract aus den Nebennieren von Rana esculenta und tempo- raria bewirkt bei Hunden und Kaninchen eine Blutdrucksteigerung und Reizung der Centra der Nervi vagi.

2) Nach Durchtrennung der Vagi hat die Injection des Extracts neben der Blutdrucksteigerung eine Acceleration des Pulses zur Folge.

3) Dieselbe Wirkung wie bei Vagusdurchtrennung wird auch bei starker Curarevergiftung beobachtet.

4) Die Blutdrucksteigerung nach der Injection des Froschnebennieren- Extractes ist von dem verlängerten Mark unabhängig, denn sie tritt auch nach der Zerstörung desselben ein. Dabei macht sich gleichzeitig, wie bei dem Extracte der Säugetiernebennieren, eine Pulsacceleration geltend.

Es erwies sich somit die Einführung des Extracts aus den Frosch- nebennieren als gleichgeartet mit der Einwirkung der Extracte aus den Nebennieren der Säugetiere. Es ist demgemäß auf Grund der Versuche zu folgern, daß die Froschnebennieren Substanzen enthalten, die auf die Bluteirculation in gleicher Weise einwirken, wie die entsprechenden Sub- stanzen aus den Nebennieren der Säugetiere.

Daraus würde sich dann weiter ergeben, daß auch die Nebennieren der Frösche den gleichnamigen Organen der Säugetiere entsprechen, und dab sie demgemäßb auch dieselben Functionen haben, wie diese.

Ritterband.

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Rob. Meyer: Accessorische Nebennieren im Ligamentum latum. Verh. d. Ges. f. Geb. u. Gyn. zu Berlin, 11. Febr. 1898. (Zeitschrift f. Geb. u. Gyn. 1898, II.)

Bisher sind nur 15 Fälle von accessorischen Nebennieren im Ligamentum latum bekannt. M. kann acht Fälle demonstriren; 6 Proc. aller untersuchten Fälle zeigten diese Abnormität. Der Sitz der kleinen Knötchen ist meist intraperitoneal am freien Rande des Lig. lat. in der Nähe des Ovariuns; nur in zwei Fällen lag es an anderen Stellen. Die Knötchen sind klein, bis 3 mm Durchmesser, kugelig oder linsenförmig. Marchand und Rossa geben genauere Beschreibungen. Meyer glaubt, Mark und Rindenschicht gut unterscheiden zu können. Einige Mal waren sie beiderseitig vorhanden. Tumoren im Ligamentum latum in der Nähe des Ovariums können aus versprengten Nebennierenkeimen entstehen. Mankiewicz.

IX. Technisches.

Gustav Gaertner (Wien): Ueber ein neues Centrifugalfilter und seine Anwendung in der Urologie. (Wiener med. Wochenschr. 1898, No. 13.)

Eine Eprouvette wird in halber Höhe quer durchschnitten; die Schnitt- flächen werden eben geschliffen und können durch Messingfassungen und Schraube wieder vereint werden; ein kleines Scheibehen aus gehärtetem Filtrirpapier, welches zwischen die Schliffllächen eingeklemmt wird, scheidet die obere Abteilung von der unteren. Nachdem die obere Abteilung mit dem zu prüfenden Harn gefüllt ist, wird die Eprouvette in die Centrifuge eingelegt. Unter der Einwirkung der Centrifugalkraft filtrirt die Flüssigkeit in 5, spätestens 10 Minuten rasch und vollständig durch die Papierscheibe hindurch, während das Sediment auf der Oberfläche derselben zurückbleibt. Zur Untersuchung fertigt man nun ein Klatschpräparat an, dem man ein Tröpfehen Harn zusetzt. Die mehr oder weniger zahlreichen Leinen- oder Baumwollfasern aus dem Filter geben zu Verwechselungen keinen Anlaß.

Damit die kleine Filterscheibe durch den hohen Druck, unter dem die Flüssigkeit beim Centrifugiren steht, nicht zerrissen wird, kann entweder ein aus Leinwand gefertigtes Scheibchen unter das Filter gelegt werden, oder es wird die obere Mündung der Eprouvette mit Hilfe eines Korkes verschlossen, in welchem ein capillares Glasröhrchen steckt, durch welche Vorrichtung der Centrifugaldruck wesentlich vermindert wird.

Der Apparat ist bei Hugershoff, Leipzig, Albertgasse, und bei Schulmeister, Wien, IX, Spitalgasse, erhältlich. E. Samter.

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Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner, berlin SW., Ritterstrasse 41.

Ueber innere Metastasen bei Gonorrhoe des Mannes. Von Dr. Albert Seelig, Königsberg i. Pr. (Schluss.)

Die zweite große Gruppe der inneren Metastasen bei Gonorrhoe bilden die Herzaffectionen. Ihre Beziehungen zu Gonorrhoe sind erst viel später erkannt als diejenigen der Arthritis. Ricord hat zwar schon die Vermutung ausgesprochen, daß die Herzkrankheiten sich unter Vermittelung der Gelenkaffectionen an Gonorrhoe anschließen könnten; der Erste aber, der mit Bestimmtheit den Zusammenhang be- tonte und diesbezügliche Fälle mitteilte, war Brandes, während noch Trousseau gerade als eine specifische Eigentümlichkeit der gonor- rhoischen Arthritis ihren Mangel an Herzcomplicationen im Gegensatz zum gewöhnlichen Gelenkrheumatismus hervorhob. Nach Brandes’ Ver-, öffentlichungen brachten besonders die Franzosen eine reiche Casuistik. Ich hebe als besonders wichtig die Arbeit von Marty hervor, der zuerst eine Endocarditis gonorrh. ohne complicirende Gelenkerkrankung be- schrieb; wichtig ist ferner die Publication von Desnos, in der der erste genauere Sectionsbefund eines solchen Falles mitgeteilt wird. Die deutschen Forscher haben erst Ende der 70er Jahre bis auf eine vereinzelte, hierher gehörige Beobachtung, die sich schon früher bei Traube findet diesem Gegenstand größeres Interesse zugewendet und seitdem zahlreiche, gut beobachtete Krankengeschichten ver- öffentlicht.

Die erste bacterielle Untersuchung stammt von Martin, der bei einem offenbar pyämischen Proceß, der von einem Prostataabsceß aus- ging, in allen Krankheitsherden zahlreiche Kokken fand, deren gonor- rhoische Natur der Autor für wahrscheinlich hält, jedoch nicht erhärten kann. Ein zweiter bacteriologischer Befund ist von Weckerle er-

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hoben es handelt sich hier übrigens um eine Frau —; der Autor fand in den endocarditischen Vegetationen eine Masse von teils in Haufen, teils in Ketten liegenden Kokken, deren Identificirung mit Gonokokken jedoch nicht unternommen ist. Ungleich exacter sind die bekannten Mitteilungen von Weichselbaum, der zuerst nachwies, „daß die gonorrhoische Endocarditis das Product einer Misch- resp. Secundärinfection sein könne“. W. gelang es nämlich, aus den Vege- tationen an den Herzklappen Reinculturen von Streptococcus pyogenes zu erhalten. In den Schnitten fanden sich sehr viele Kokken, die z. T. intracellulär lagen, sich jedoch nach der Gram’schen Methode nicht entfärbten, also nicht als Gonokokken angesprochen werden konnten, abgesehen davon, daß ihre Lagerung gegen einander nicht dem ge- wöhnlichen Bilde entsprach. W. schließt aus diesen Befunden, dab die Gonorrhoe nur insofern das disponirende Moment gewesen, als die entzündete Urethra als Eingangspforte für die Streptokokken gedient hat. Zu einem gleichen Resultat wie W. kommt Ely bei Untersuchung der Klappenvegetationen. Sehr genau ist ferner der Fall von His durchforscht. Es handelt sich um eine schwere Endocarditis mit Haut- blutungen, Venenthrombosen im Plex. pubicus und Milz- und Nieren- infarkten. Verf. konnte in den Klappenvegetationen Kokken nach- weisen, die ihrer Gestalt nach und tinctoriell dem Gonococcus ent- sprachen, während in den Infarkten weder mikroskopisch noch auch durch die Cultur Mikroorganismen zu finden waren. Trotz dieser Be- funde hält His diesen Fall für eine im Anschluß an Gonorrhoe ent- standene pyämische Erkrankung. Eine genauere Betrachtung läßt jedoch diesen Schluß nicht als völlig berechtigt erscheinen, da ja in diesem Falle, sei es mikroskopisch, sei es culturell, einer der gewöhnlichen Erreger der Pyämie hätte nachgewiesen werden müssen. Viel wahr- scheinlicher ist hier die Erklärung, daß es sich um eine rein gonor- rhoische Metastase gehandelt hat, die zu den schweren Erscheinungen geführt; denn dab Gonorrhoe solche Erscheinungen mit Thrombosen- bildung und Infarkten machen kann, ist außer Zweifel.

Der Erste, der einen bacteriologisch sicheren Nachweis einer gonor- rhoischen Endocarditis beigebracht haben will, ist Leyden im Jahre 1893. Es handelte sich um eine in Anschluß an eine mit Epididymitis und Arthritis complicirte Gonorrhoe unter schweren Fiebererschei- nungen entstandene acute Endocarditis der Aorta und Mitralis, die bald zum Tode führte. L. hatte schon während des Lebens aus dem Blute Culturen anzulegen versucht, jedoch mit negativem Resultat, ebenso waren die post mortem aus dem Herzblut beschickten Röhrchen steril geblieben; dagegen konnten aus den Auflagerungen an den

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Klappen ‘zahlreiche, zum Teil in Leukocythen, zum Teil frei in kleinen Haufen liegende Diplokokken, die sich sowohl ihrer Gestalt als ihrem tinctoriellen Verhalten nach genau wie Gonokokken verhielten, nach- gewiesen werden. Eine Reincultur gelang jedoch nicht, trozdem nimmt L. keinen Anstand, diese Diplokokken als sichere Gonokokken anzu- sprechen und er hält den Beweis ihrer Identität trotz der mißglückten Reincultur für erbracht, indem er die folgenden festgestellten Merk- male als genügend beweiskräftig erachtet:

1) die Form,

2) die Lagerung in Zellen,

3) die Entfärbung nach Gram,

4) die leichte Entfärbbarkeit gegen Alkohol,

5) den Umstand, daß die mit Herzblut beschickten gewöhn- lichen Nährböden steril blieben, während bei gewöhnlicher septischer Endocarditis Strepto- und Staphylokokken mit Leichtigkeit gezüchtet werden können.

Daß eine Reincultur der Gonokokken nicht gelang, wird auf ihre außerordentliche Empfindlichkeit gegen Temperaturunterschiede zurück- geführt, sei es, daß die Lebensfähigkeit der Pilze durch die hohe Fieber- temperatur in vivo, sei es, daß dieselbe durch die starke Abkühlung der Leiche bei der Aufbewahrung auf Eis resp. in Kellern gelitten hat (Michaelis). Für den ersteren Umstand sprächen auch die Ver- suche von Finger, der 21 Impfungen mit Gonokokken an Menschen vorgenommen, und zwar 10 an gesunden und 11 an hoch fiebernden; während nun die ersten zehn Fälle positiv reagirten, mißlang bei den Fiebernden der Versuch ausnahmslos.

Schließlich wäre zu Gunsten dieser Annahme auch noch das häufige plötzliche Versiegen des Ausflusses selbst einer floriden Gonorrhoe bei Eintritt hoher Fiebertemperaturen zu erwähnen.

Nach dieser grundlegenden Beobachtung Leyden’s ist noch eine . Reihe von Fällen beschrieben, von denen einige ganz mit dem Leyden- schen, andere mit dem Weichselbaum’schen übereinstimmen. Es lohnt sich, einige dieser Veröffentlichungen genauer zu betrachten, da die Deutung der Autoren in einzelnen Punkten eine Kritik heraus- fordert. Das gilt besonders von den Beobachtungen von Wilms und Dauber und Borst. Wilms teilt einen Fall mit, bei dem sich im Anschluß an eine mit Gonitis complicirte Gonorrhoe eine Aorten- insufficienz herausbildete, die bald zum Tode führte. Die bacteriologische Untersuchung der Excrescenzen ergiebt fast ausnahmslos Diplokokken, die allen Kriterien des Gonococcus entsprechen. Culturen sind leider nicht versucht. Trotzdem hält W. diesen Fall nicht für beweisend,

316

sondern erklärt das Krankheitsbild entsprechend Weichselbaum durch Secundärinfection bedingt. Noch mehr für gonorrhoische Endocarditis sprechend als der eben berichtete Fall, ist der von Dauber und Borst, trotzdem die Autoren diese Deutung nicht zulassen wollen. Es handelt sich auch hier um eine nach Gonorrhoe auftretende ulce- röse Endocarditis aortae, die bald zum Tode führte. Während des Lebens wurden verschiedentlich Blutuntersuchungen mit negativem Resultat ausgeführt. Post mortem zeigte die Durchmusterung der Excrescenzen an den Aortenklappen zahlreiche Diplokokken, die sowohl der Gestalt als ihrem tinctoriellen Verhalten nach Gonokokken glichen und vorzüglich innerhalb von Zellen lagen. Die Züchtungsversuche fielen auf den verschiedensten Nährböden negativ aus, und ein Röhrchen mit Blutserumagar zeigte vereinzelte kleine Colonien, die aus Diplo- kokken bestanden, welche den in den Auflagerungen gefundenen so- wohl der Gestalt als den Reactionen nach völlig .glichen, dagegen iu ihrem makroskopischen Aussehen mit den Colonien von Gonokokken nicht gänzlich übereinstimmten. Auf Grund dieses zuletzt erwähnten Unterschiedes glauben die Autoren sich gegen die gonorrhoische Natur der Endocarditis aussprechen zu müssen, jedoch, wie Michaelis nach unserer Meinung völlig richtig hervorhebt, mit Unrecht. Denn erstens sind keinerlei pathogene Bacterien bekannt, die sowohl in Form und Lagerung als in ihren Reactionen mit dem Gonococcus übereinstimmen, zweitens kann das makroskopische Aussehen der Cultur nicht von aus- schlaggebender Bedeutung sein, da dasselbe durch äußere Einflüsse leicht verändert werden kann. Ganz in Uebereinstimmung mit dem Leyden’schen Falle betr. der Beobachtung und Deutung sind die von Michaelis und Finger, Ghon und Schlagenhaufer mitgeteilten, besonders der letztere ist für die Auffassung der ganzen Frage von großer Bedeutung, da die klinische und bacteriologische Untersuchung auf das exacteste durchgeführt ist. Die Autoren konnten in den Klappen- auflagerungen eines an Aorteninsufficienz im Anschluß an Gonorrhoe zu Grunde gegangenen Mannes mikroskopisch zahlreiche Diplokokken, ‘die alle Eigenschaften des Gonococcus hatten, nachweisen, ein Teil derselben lag in Leukocythen eingelagert, ein anderer frei in großen Haufen, die das Aussehen von Klatschpräparaten hatten. Culturen wurden sowohl aus den Vegetationen an den Klappen als aus dem Blute des linken Ventrikels und der Vena cava angelegt, sämmtliche beschickten Nährböden blieben steril. Zur Controle wurden noch mehrere Schalen des verwandten Nährbodens mit dem Secret einer acuten Gonorrhoe, Reinculturen von Staphylococcus, Streptococcus und Diplococcus pneumoniae geimpft, überall zeigte sich üppiges Wachstum.

317

Die Autoren schließen aus diesen Befunden, daß die gewöhnlichen Eitererreger, die ja auch mikroskopisch nicht nachweisbar waren, in diesem Fall fehlen, die Gonokokken aber, deren Vorhandensein mikro- skopisch festgestellt war, in ihrer Vitalität bereits so geschwächt waren, dab sie auf einem sonst geeigneten Nährboden nicht mehr angehen konnten ein Verhalten, dessen Erklärung wir bereits oben versucht haben. Auf Grund des völligen Fehlens :der Eiterkokken und des mikroskopischen Nachweises der Diplokokken, deren Identität mit Gonokokken die Verff. erstens durch die bereits von Leyden betonten Characteristiken und ferner durch ihr eigentümliches Verhalten gegen- über dem Gewebe, indem nämlich die Gonokokken sich in Hohlräumen, die ihrer Ausbreitung kein Hindernis entgegenstellen, in Ballen und Haufen präsentiren, die völlig Klatschpräparaten von Reinculturen gleichen, während sie in engen Spalträumen in einreihiger Marschlinie vorrücken auf Grund dieser Beobachtungen halten die Verff. die onorrhoische Natur der Endocarditis für erwiesen, trotz Mißlingens der Reincultur; ja diese Autoren halten das Beibringen dieses letzten Schlußsteines des Beweises, nämlich der Reincultur, für unmöglich wegen der durch das stets vorhandene Fieber geschwächten Lebens- fähigkeit der Gonokokken eine Anschauung, die jedoch bereits widerlegt zu sein scheint, da Thayer und Blumer über einen Fall berichten, in denen sie aus Klappenvegetationen eine Reincultur erhalten haben wollen und der Nachweis im Blute in vivo ja, wie bereits er- wähnt, auch sicherlich geglückt ıst. Ueber jeden Zweifel ist die neueste Mitteilung von Lenhartz, der bei einer im Anschluß an Gonorrhoe aufgetretenen ulcerösen Endocarditis der Arteria pulmo- nalis Gonokokken post mortem culturell nachweisen und den Befund durch erfolgreiche Ueberimpfung auf eine normale Urethra bestätigen konnte.

Was nun die Symptomatologie anbetrifft, so hat man zwei Formen zu unterscheiden, die gutartige Endocarditis (benigna) und die bösartige (maligna). Die erste markirt sich durch leichte Herzstörungen, Be- klemmungen, verläuft meist fieberlos oder nur mit seringen Temperatur- steigerungen. Der Ausgang ist entweder völlige Heilung, oder es bleibt ein Klappenfehler zurück, der dieselben Symptome wie gewöhn- liche Klappenerkrankungen macht. Ganz anders die maligne Form. Dieselbe setzt mit Schüttelfrösten oder hohem Fieber ein, das mit mehr minder großen Remissionen während der ganzen Krankheit bleibt, dementsprechend sind auch die übrigen Erscheinungen, Dyspnoe, Herz- palpitationen, Beängstigungen sehr hochgradige. Es können alle Com- plicationen einer bösartigen Endocarditis eintreten, Hautblutungen,

318

embolische Infarcte etc., Myocarditis, Pericarditis, häufig gesellt sich noch eine Nephritis hinzu. Der Verlauf ist oft durch Remissionen unterbrochen, führt aber meist zum Tode. Jedoch scheint die Zahl der geheilten malignen Fälle im Gegensatz zu denen bei infectiöser Endocarditis anderer Provenienz etwas größer zu sein, da von 21 malignen gonorrhoischen Endocarditiden 9 in Heilung mit Hinterlassung eines Klappenfehlers übergingen.

Was die Localisation anbetrifft, so bleibt keine Klappe verschont, jedoch scheint besonders die Aortenklappe bevorzugt zu sein, dann folgt der Zahl nach die Mitralklappe und am seltensten das Pulmonal- ostium, letzteres ist, soweit ich die Litteratur kenne, fünf Mal beob- achtet (Weckerle, Golz, Hale White, Keller, Lenhartz). Daß Myocarditis und Pericarditis als Complication der Endocarditis hinzu- treten kann, ist bereits erwähnt; hinzuzufügen wäre noch, daß letztere auch als selbstständiger Ausdruck der Infection beobachtet ist, jedoch bacteriologisch nicht völlig sichergestellt ist (Councilmann), während die gonorrhoische Myocarditis durch Finger, Ghon und Schlagen- haufer erwiesen ist. Die Herzcomplicationen treten meist im Anschluß an Gelenkerkrankungen auf, jedoch ist eine Reihe von Fällen, in denen Endocarditis ohne Arthritis sich direct der Gonorrhoe anschloß, be- richtet (Marly, His, Winternitz, Flügge).

Die pathologisch-anatomischen Befunde sind bei den bisher secirten Fällen im Ganzen übereinstimmend. Es handelt sich um mehr minder grobe Auflagerungen von graurötlicher Farbe und ziemlich weicher Consistenz auf den betroffenen Klappen. Häufig greift der Proceß auch auf das Myocard über, um tief bis in die Muskelschicht ein- dringende Substanzverluste zu erzeugen. Die histologische Unter- suchung der Excrescenzen ergiebt, daB dieselben aus Blutplättchen bestehen, die von fibrinähnlichen oder fibrinösen Fäden zusammen- gehalten werden. In den Spalten finden sich zum Teil zahlreiche Leukocythen, zum Teil Detritus eingelagert, die den Vegetatienen an- liegenden Klappenteile sind oberflächlich necrotisirt, während die darunter liegende Schicht infiltrirt ist.

Die Prognose der leichten Fälle ist quoad vitam gut, quoad sanationem zweifelhaft, da auch bei anscheinend leichten Fällen ein Herzfehler zurückbleibt, während die malignen Formen, trotzdem, wie wir bereits erwähnten, ıhr Verlauf etwas günstiger sein kann, als der der Endocarditis mycotica anderer Provenienz, als sehr ernste zu beurteilen sind, da ein grober Teil derselben durch embolische Pro- cesse oder complicirende Nephritis in mehr minder langer Zeit zu Grunde geht.

319

Die dritte Gruppe innerer Metastasen sind diejenigen in das Nerven-

system. Man muß auch hier drei Möglichkeiten annehmen: a. die Infection durch Gonokokken, b. durch Secundär- resp. Mischinfection, e durch Toxine.

Für eine directe Infection mit Gonokokken liegt kein positiver Befund vor, jedoch ist sowohl nach dem klinischen Bilde als nach Analogieschlüssen bei anderen Infectionskrankheiten diese Art der Er- krankung nicht zu leugnen, sind doch bei anderen parasitären Krank- heiten bereits die pathogenen Mikroorganismen im Rückenmark nach- gewiesen, so bei Typhus abdominalis (Curschmann), bei Milzbrand (Baumgarten) und bei Lepra. Was die Misch- resp. Secundäraffection anbetrifft, so liegen die Dinge bei Gonorrhoe klarer, indem neuerdings Barrie den Staphylococcus in dem erkrankten Rückenmark durch Reincultur feststellen konnte, entsprechende Befunde bei anderen In- fectionen sind von Eisenlohr bei Typhus, von Marinesco bei Landry’scher Paralyse im Anschluß an Blattern beschrieben.

Die dritte Möglichkeit ist die Erzeugung der Krankheit durch Toxine der Gonokokken, für die sich namhafte Autoren ausgesprochen haben, und es ist jetzt, da man nach den Untersuchungen Wasser- mann’s die Toxine und ihre entzündungserregende Eigenschaften kennt, die Möglichkeit dieser Aetiologie nicht von der Hand zu weisen. Die sogenannten gonorrhoischen Nervenaffectionen treten in drei Formen auf:

1) als Neuritis resp. Polyneuritis, 2) als Erkrankungen der Nervenwurzeln, 3) als Meningo-Myelitis,

a. acuta,

b. chronica.

Die Neuritis ist schon längere Zeit bekannt und auch ihrer Aetio- logie nach gewürdigt; so beschreibt schon 1852 Gutherz eine Neu- ralxie der N. pudendus, die gleichzeitig mit der Heilung der Grund- krankheit gehoben wurde; auch Fournier hat diese Affection besonders am Ischiadicus beobachtet. Diese Ischias hat wegenūüber der gewöhn- lichen insofern etwas Characteristisches, als meist nur der dem Ober- schenkel angehörige Teil der Nerven ergriffen wird, während die Aeste an dem Unterschenkel freibleiben; außerdem ist diese Ischias genau an den Verlauf der Gonorrhoe gebunden und pflegt mit letzterer gleich- zeitig zu verschwinden. Uecbrigens treten bei der gonorrhoischen Ischias ebenso wie bei der gewöhnlichen Muskelatrophien auf. Außer an den beiden genannten Nerven ist «diese specifische Affection noch. am

EE

N. obturatorius, cruralis intercostalis laryngeus infer. und ulnaris beob- achtet.

Seltener ist die Polyneuritis gonorrhoica. Zwei typische Fälle be- schreibt Engel-Reimers (ein Mann und cine Frau), und man kann hierher wohl auch zwei Fälle von Spillmann und Haushalter rechnen, die die Autoren zwar als Spinalmeningitis auffassen, deren Verlauf und Krankheitsbild jedoch mehr für eine Polyneuritis sprechen. Der Verlauf der Krankheit ist meist gutartir, und Heilung tritt im relativ kurzer Zeit ein.

Von der zweiten Gruppe, den Erkrankungen der Nervenwurzeln, habe ich nur einen Fall (Engel-Reimers) auffinden können. Bei dem Patienten ist zuerst das Hüftxelenk, dann die Wirbelgelenke aftıcırt, dazu gesellen sich dann als Ausdruck der Entzündung der Nerven- wurzeln typisches Gürtelgefühl und heftige in die Unterbauchgregend ausstrahlende Schmerzen. Der Verlauf war hier auch durchaus günstig.

Viel reichlicher ist die Casuistik der Myelo-Meningitis blennor- rhagica. Das Krankheitsbild dieser Form ist nicht neu, denn wenn man die Fälle von Paraplegia urinaria betrachtet, die früher in Er- mangelung genauer mikroskopischer Untersuchungen der Rückenmarks- resp. der Nervenstämme als einfache Reflexläihmungen aufgefaßt wurden, so wird man wohl Leyden zustimmen können, der glaubt, daß ein großer Teil derselben als meningomyelitische Processe aufzu- fassen sind, die mit gonorrhoischer Infection zusammenhängen, zumal L. schon in einer Arbeit aus dem Jahre 1833 in 33 pCt. der be- richteten Fälle ceine Gonorrhoe diesen Lähmungen vorausgehend con- statiren konnte. L. hat später in seiner Habilitationsschrift über drei Fälle von Meningomyelitis berichtet, die sich an Blasenleiden anschlossen und hat auch Veränderungen im Rückenmark nachweisen können. Sicher sind unter diese Gruppe z. B. Fälle von Stanley zu rechnen, von denen einer besonders dadurch bemerkenswert ist, daß die spinalen Symptome zugleich mit der recidivirenden Gonorrhoe wieder hervor- kamen. Die Betonung des Zusammenhanges dieser Spinalerscheinungen mit Gonorrhoe ist zuerst von Pidoux, Ricord und Peter ausgesprochen, jedoch scheint diese Lehre rasch in Vergessenheit geraten zu sein, denn erst aus dem Jahre 1888 und später stammten die ersten sicheren Mit- teilungen von Parmentier und Hayem, Charrier und Fevrier, Dufour, Raynaud, Vulpian, Leyden, Engel-Reimers, Ull- mann u. A.

Man unterscheidet am besten zwei Formen (nach Barrié), die sich ziemlich scharf sowohl in ihren klinischen Erscheinungen als auch pro- gnostisch trennen lassen, nämlich eine acute und chronische Meningo-

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myelitis. Die acute Form tritt meist in der dritten bis vierten Woche seltener im Anschluß an eine chronische Gonorrhoe —, sei es com- plicirt mit Arthritis, sei es ohne dieselbe, auf. Der Beginn der Krank- heit ist verschieden; entweder wird dieselbe durch lebhafte Schmerzen, die in die unteren Extremitäten ausstrahlen und denen sich allmählich mehr minder starke Bewegungsstörungen zugesellen, eingeleitet, oder der Proceß setzt plötzlich mit Schüttelfrost und acuter Urinverhaltung:- ein, daneben kommen dann spastische Erscheinungen oder zuweilen der Tabes ähnliche Krisen zur Beobachtung. Die Sensibilitätsanomalien wechseln von leichten Parästhesien bis zu totalen Anästhesien, ebenso sind die Befunde an den Reflexen nicht constant, jedoch scheint im Allgemeinen Steigerung der Reflexe vorzuherrschen.

Schr characteristisch sind die häufig auftretenden trophischen Störungen, die sich besonders als Decubitus am Os sacrum und Oedemen an den befallenen Extremitäten zeigen. Die Prognose ist nicht immer günstig. Während ein Teil der Fälle ın kurzer Zeit heilt, kommt es bei einem anderen zu langdauernden Störungen, und in einer geringen Zahl sind sogar Todesfälle, durch eintretende Allgemeininfection oder in selteneren Fällen durch eine accendirende Myelitis bewirkt, beob- achtet. Dufour berichtet über einen Patienten, der unter bulbären Symptomen zu Grunde ging.

Prognostisch günstiger ist die subacute resp. chronische Form; jedoch dürften bei ihr wohl manche nicht gonorrhoischen Processe in die Casuistik aufgenommen sein, da ja hier der Nachweis des Zusammen- hanges noch schwieriger zu erbringen ist, weil die Proccesse sich eincr- seits nicht so direct an die Gonorrhoe anschließen und autoptische Be- funde mit bacteriologischen Untersuchungen bisher nicht vorliegen. Diese Fälle zeichnen sich im Gegensatz zu der ersten Gruppe dadurch aus, daß weder die Sphincteren an dem Proceß teilnehmen noch schwerer Decubitus auftritt. Die chronischen Erkrankungen des Nervensystems entwickeln sich nur mm Anschluß an Arthritiden und zeigen zwei freilich häufig in einander übergehende Typen. Der eine zeichnet sich dadurch aus, daB es zu Schmerzen in den Lenden kommt, denen sich allmäh- lich Atrophien in den unteren Extremitäten zugesellen. Später ent- wickelt sich eine Parese, die jedoch nur dem Grade der Atrophie der entsprechenden Muskeln zu entsprechen pflegt. Die Atrophie hat vorzüglich ihren Sitz in den Extensoren. Daneben bestehen häufig Reizerscheinungen, die ihren Ausdruck in schmerzhaften Spasmen und in erhöhten Sehnenreflexen finden. Bei dem zweiten Typus beherrscht die Muskelatrophie völlig das Krankheitsbild. Hier bleibt dieselbe nicht auf die untere Extremität beschränkt, sondern ergreift die Schulter-,

Arm- und Handmusculatur, ja in einem Falle von Rendu waren gerade die oberen Extremitäten mehr befallen. Interessant ist auch noch die Beobachtung Vulpian’s, in dem die Atrophie nur unilateral rechts auftrat. Die electrische Erregbarkeit war ın beiden Fällen nicht besonders alterirt, jedenfalls bestand keine Entartungsreaction. Ob gerade in diese Gruppe nicht manche Fälle genuiner Muskelatrophie gerechnet sind, scheint mir nicht ausgeschlossen.

Was die pathologische Anatomie betrifft, so ist in den meningo- myelitischen Processen in mehreren Fällen ein anatomisches Substrat gefunden. So sind von Gull, Leyden, Dufour, Barbie u. A. typische Entzündung der Meningen sowohl als des Rückenmarkes selbst beob- achtet; dagegen hat, wie bereits betont, die bacteriologische Forschung nur sehr spärliche Resultate gezeitigt, indem nur der Fall von Barbie genügend untersucht ist und nur der Staphylococcus albus gefunden wurde.

Die Diagnose dieser gonorrhoischen Nervenkrankheiten ist schwierig und es können leicht Verwechselungen mit zufälligen Complicationen vorkommen, falls man nicht dadurch, daß die spinalen Symptome gleich- zeitig mit einer Gonorrhoe recidiviren, auf den richtigen Weg geführt wird. Jedoch scheint die Analyse der bisher beobachteten Fälle gewisse Anhaltspunkte für die Diagnose der gonorrhoischen Nerven- affectionen zu geben. Die Ischias gonorrhoica z. B. tritt ganz plötzlich Nachts auf, beschränkt sich in ihrer Ausbreitung meist nur auf die Oberschenkeläste und unterscheidet sich auch durch ihren raschen Verlauf von der genuinen Ischias. Ebenso haben die spinalen, gonorrhoischen Affectionen gewisse characteristische Merkmale gegenüber den anderen Spinaluntersuchungen. Besonders wichtig scheint es mir, daß das ganze Ensemble nicht scharf umschrieben ist, sondern ähnlich den lueti- schen Rückenmarksprocessen besonders im Anfange nicht recht in ein Schema passen will; bald ist es das Verhalten der Sehnenreflexe, bald das der Sensibilitäts- oder trophischen Störungen, die von dem Typus abweichen. Ausschlaggebender ist jedoch der Verlauf, indem die gonorrhoischen Processe trotz ihrer häufig sehr beängstigenden Symptome in einer überraschend großen Zahl zu völliger Heilung führen, und zwar in den acut einsetzenden oft sogar in sehr kurzer Zeit. Eine ganz sichere Diagnose ist freilich erst dann möglich, wenn wir es mit einem bei einer neuen Gonorrhoe sich wiederholenden spinalen Sym- ptomencomplex zu thun haben, wie in einem Falle von Stanley, wo sich Schmerzen und Schwäche in den Beinen einstellten, denen sich zuerst eine Retentio, dann eine Incontinentia urinae anschloß. Schließ- lich kam es zu hochgradiger Parese der unteren Extremitäten. Der

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Proceß ging nach zwei Wochen allmählich zurück, ein Jahr später bei einer neuen gonorrhoischen Infection trat dasselbe Krankheitsbild wieder auf. Vielleicht führt auch hier die Lumbalpunction zu exacteren dia- gnostischen Resultaten.

Im Anschluß an die Erkrankungen des Nervensystems sei noch kurz: erwähnt, daß Litten Fälle von postgonorrhoischer Chorea bei Leuten, die sowohl familiär als persönlich durchaus unbelastet waren, beschrieben hat. Ja sogar auch schwere Psychosen werden der Gonorrhoe zur Last gelegt, so berichtet Sylvio Venturi über 12 Patienten, die nach Gonorrhoe an ausgesprochener Hebephrenie litten, und der Verf. spricht die Vermutung aus, daß die Erkrankung auf eine durch Gonokokken- invasion verursachte Arachnoitis cerebri zurückzuführen wäre eine Vermutung, für die er jedoch keinerlei Beweise beizubringen vermag.

Von geringerer Wichtigkeit als die bisher beschriebenen Metastasen nach Gonorrhoe sind die gonorrhoischen Ophthalmien. Dieselben sind den Autoren schon im Anfang der 50er Jahre bekannt gewesen und in ihrem Zusammenhange richtig gedeutet. Brandes (1852) beschreibt schon eine bei einem Gonorrhoiker auftretende Augenentzündung, die bei jeder Neu- resp. Reinfection recidivirte. Seit dieser Zeit ist ein großes casuistisches Material beigebracht, dessen Ergebnisse wir kurz mitteilen wollen. Die häufigste Erkrankung sind Conjunctivitiden, die sich ohne directe Uebertragung der Secrete meist in Verbindung mit Gelenkaffectionen entwickeln. Dieselben treten entweder unter der Form einer leichten Entzündung mit wenig Secret auf oder als Con- Junctivite sero-vasculaire, die besonders von Fournier studirt ist. Es handelt sich hier um eine außerordentliche Schwellung der Conjunctiva mit chemotischem Wall um die Cornea. Fournier findet in dem Gegen- satz der ganzen Beschwerden zu den objectiv hochgradigen Verände- rungen etwas für die gonorrhoische Conjunctivitis Characteristisches. Weniger häufig sind die Cornea und Iris befallen. Bei ersterer finden sich entzündliche Processe und Ulcerationen (Coloman, Haslund), während die Erkrankungen der letzteren sich unter dem Bilde einer Iritis simplex, I. serosa (v. Galiszewski) oder I. plastica darstellen. Auch die Iritiden sind fast ausnahmslos im Anschluß an Arthritiden beobachtet. Als außerordentlich selten sind wohl die Fälle zu be- zeichnen, in denen auch der Ciliarkörper oder gar die Netzhaut mit- ergriffen sind, wie in einem Falle von Burckhardt, wo die Retina stark geschwellt war und die Papillargrenzen verwischt waren. Hilbert beobachtete eine Form von Retinitis gonorrh., deren Zusammenhang mit der Gonorrhoe dadurch zweifellos wurde, dab dieselbe bei einer neuen Infection wieder in die Erscheinung trat. Schließlich sei noch

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ein Fall von Panas erwähnt, der nach Gonorrhoe Blindheit beobachtete und dieselbe dadurch erklärt wissen will, daß eine gonorrhoische Basal- meningitis nach ihrer Abheilung zur Amaurose geführt haben soll eine Erklärung, die wohl auf lebhaften Widerstand stoßen dürfte. Was die Häufigkeit der Erkrankung anbetrifft, so giebt die Statistik sehr verschiedene Resultate; so konnte Jaquet unter 12 Fällen von Arthritis gonorrh. 6 Mal Conjunctivitiden beobachten, während Nolen unter 180 nur 15 Mal Augenaffectionen constatirte, Fournier stellte bei IL. seiner Patienten Augenaffectionen fest.

Die Prognose dieser Metastase ist als durchaus günstig zu be- zeichnen, da dieselbe fast ausnahmslos mit der Gonorrhoe ausheilt; freilich ist bei Neuinfectionen resp. Recidiven mit großer Sicherheit auf eine erneute Erkrankung der Augen zu rechnen.

Die seltenste Metastase der Gonorrhoen sind die blennorrhagischen Exantheme. Ueber ihre Beziehungen zu Gonorrhoe sind die Auffassungen durchaus geteilt; während die Einen dieselben als Zeichen einer All- gemein-Infection auffassen, glauben Andere wieder die bekannten Ex- perimente Lewin’s, dem es durch Reizung der Urethra Erythema exsudativ. multiforme zu erzeugen gelang, zur Erklärung heranziehen zu können und fassen dementsprechend alle Exantheme als auf reflec- torischem Wege entstanden auf. Flesch wiederum meint, daß durch die mit der Gonorrhoe häufig verbundenen Verdauungsstörungen der Boden für die Entstehung der Exantheme gegeben ist. Schließlich seien noch Vidal und Besnier erwähnt, die die Exantheme als trophische Toxicodermien interpretiren. |

Die blennorrhoischen Exantheme zeigen keinen bestimmten Typus, es kommen die verschiedenartigsten Formen zur Beobachtung, so be- richten Finger, Raynaud, Litten über Purpura im Anschluß an Rheumatismus, andere über scarlatiforme, rubeoliforme (Ferren, Raynaud), herpetiforme Exantheme, in anderen Fällen traten dieselben in Form von Erythema multiforme, nodosum Herpes iris als Urticaria auf. Sehr eigentümlich und besonders erwähnenswert ist ein Fall von Vidal, hier traten symmetrische Krustenbildungen mit Verlust der Nägel an den Extremitäten auf.

An den Fall von Vidal schließen sich eine Reihe ähnlicher Beob- achtungen von Chauffard, Jaquet und Ghika, Robert, die eigen- tümliche Verhornungen an verschiedenen Körperstellen beschreiben, dieselben beruhen auf papillärer Dermatitis mit Hyperkeratosen.

Die pathologisch-anatomischen Untersuchungen haben bisher nichts Characteristisches zu Tage gefördert, ebenso wenig die einzige bacterio- logische Durchforschung einer Herpes iris durch Colombini, der

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325

Autor konnte weder im Blut noch in den Bläschen Gonokokken oder anderes bacterielles Gebilde nachweisen. Symptome und Verlauf dieser Exantheme unterscheiden sich in Nichts von den entsprechenden nicht gonorrhoischen.

Resumiren wir kurz das Resultat unserer bisherigen Ausführungen, so ist es jetzt über jeden Zweifel erhaben, daß die Gonorrhoe wirkliche Metastasen allein bedingt durch den Gonococcus erzeugen kann, bacterio- logisch sichergestellt ist diese Thatsache für die Arthritis, Synoyitis, Tendovaginitis, Pereostitis, Pleuritis und Endocarditis, sowie für gewisse Haut- und Muskelabscesse, während bacteriologische Nachweise für die Affectionen des Nervensystems der Augen und Haut noch aus- stehen, jedoch spricht .der klinische Verlauf, speciell der directe An- schluß der letztgenannten Affectionen an die Urethralerkrankung und insbesondere das mit einem frischen Schube resp. einer Neuinfection so überaus häufige Recidiviren der betr. metastatischen Processe mit Sicherheit für ihren Zusammenhang mit der gonorrhoischen Local- affection.

Vom 6. Congress der „Deutschen dermatologischen Gesellschaft“ am 31. Mai, 1. u. 2. Juni 1898 in Strassburg i. E. Bericht von Dr. Dreyer (Köln).

A. Neisser: Gonorrhoetherapie und Protargol. |

Die theoretische Anschauung, daß eine Bacterienkrankheit um so besser bekämpft und um so schneller beseitigt werde, je frühzeitiger die die Krank- heitsursache darstellenden Bacterien unschädlich gemacht und vernichtet werden, hat auch bei der Gonorrhoe zur Einführung einer antibacteriellen, möglichst bald nach der Infection einsetzenden Localbehandlung der in- fieirten Schleimhaut geführt.

Bei der männlichen Gonorrhoe hält er den Beweis, daß dieser Weg der richtige sei, durch die klinischen Erfahrungen für voll erbracht.

Auch bei der weiblichen Gonorrhoe hat er keinen Zweifel, daß es trotz der hier obwaltenden größeren Schwierigkeiten für Diagnose und Therapie gelingen wird, das Princip der möglichst frühzeitigen, auf Gonokokken- beseitigung ausgehenden Therapie mit Erfolg durchzuführen. Fritsch hat sich ebenfalls in der letzten Auflage seines Lehrbuches dieser Anschauung mehr angeschlossen. Die Schwierigkeit liegt darin, daB die Durchführung der Urethralspritzungen von Seiten der Frau nicht leicht ist und der Arzt sich bei der Behandlung der Cerviealgonorrhoe fürchtet, dieselbe weiter zu verschleppen.

Unter den für die ätiologische Gonorrhoetherapie brauchbaren Medi- camenten sind nach den bisherigen Erfahrungen die Silbersalze die besten; denn sie erfüllen die Anforderung starker antibacterieller Wirkung bei ge- ringer oder fehlender Schleimhautirritation. Außer den Silbersalzen sind zu nennen das Ichthyol und das Hydrargyrum oxycyanatum.

Die einzelnen Silbersalze sind in ihren Eigenschaften verschieden und daher dem Stadium der Erkrankung entsprechend auszuwählen.

Die geringste Reizwirkung haben Argonin und besonders das Protargol (über Actol, Itrol und Largin hat Redner keine eigenen Erfahrungen). Sie eignen sich daher besonders für die acutesten Stadien.

327

Das Argentamin wirkt zwar stärker reizend, entzündungserregend und eiterungsunterhaltend, dafür hat es die stärkste antibacterielle Kraft und die größte Tiefenwirkung. Es eignet sich daher am besten für verschleppte, chronisch werdende Fälle.

Das Argentum nitricum hat auch adstringirende Eigenschaften und wirkt auch durch die in den obersten Epithellagen verweilenden Nieder- schläge von Chlorsilber und Silberalbuminat. Es ist daher besonders als Nachbehandlungsmittel brauchbar.

Das Princip der ätiologischen (antibacteriellen) Frühbehandlung schließt die Verwendung von Adstringentien (in späteren Stadien) und alle all- gemeinen Behandlungsmaßregeln, sowie die innere Therapie nicht aus; meist aber ist diese letztere, die gegen manche Beschwerden brauchbar ist, entbehrlich.

Für das Gros der Gonorrhoefälle- geschieht die Behandlung der acuten männlichen Gonorrhoe am besten durch die Injectionsmethode, und zwar:

1) mit großen, mindestens 10 ccm fassenden Spritzen,

2) in der Form prolongirter Injectionen (zwei Mal täglich eine halbe Stunde).

Gerade für diese Zwecke eignet sich das Protargol in hervorragender Weise.

Bei der weiblichen gonorrhoischen Urethritis ist das Princip der pro- longirten Behandlung sicherer mit Ichthyol und Einlegung von Urethral- stäbchen zu verwirklichen.

Schnelle und sichere Heilung der acuten Stadien muß das Hauptziel aller Gonorrhoebehandlung sein, um die vom Standpunkte der Infectiosität gefährlichsten und durch die gesetztan Gewebsveränderungen äußerst schwer heilbaren chronischen Formen zu verhüten. Auch werden wir das Auf- treten gonorrhoischer Complicationen und Metastasen so am sichersten ver- hindern. Würde es gelingen, die der Crede&'schen Methode analogen Blokusewski’schen Einträufelungen zu verallgemeinern, so würde damit der wesentlichste Schritt zur Verminderung der Gonorrhoe gethan sein. Das Verfahren Blokusewski'’s ist absolut reizlos. Der Erfolg ist statistisch nicht zu erweisen. Die Behauptungen der Patienten sprechen aber für die Wirksamkeit der Einträufelung. Der Versuch einer Infection ist von Neisser nicht gemacht.

Behrend: B. hat 45 Kranke der Männerstation teils (16) mit Adstrin- gentien (Alaun), teils mit antibacterieller Methode (Protargol) behandelt. Von ersteren wurden 13 geheilt, von letzteren (29) wurden nur 3 geheilt. Drei Wochen später wurden von den 29 mit Protargol Behandelten noch 13 mit Alaun behandelt und 3 geheilt.

Die Untersuchung auf Gonokokken fand täglich um 6 Uhr vor dem Uriniren statt, was wegen des schwankenden Gonokokkenbefundes an den einzelnen Tagen notwendig ist.

Die Auswahl der Fälle war so getroffen, daß die frischeren mit Proe targol, die älteren mit Alaun behandelt waren.

328

Bei der Protargolbehandlung wurden zuweilen noch in der vierten bis fünften Woche Gonokokken beobachtet.

B. sagt, daß seine Zahlen zur Entscheidung der principiellen Frage nicht ausreichen.

Frauen hat er zwölf Monate lang behandelt und noch Gonokokken gefunden. Diese Fälle sind unheilbar.

Wenn Neisser, und zwar auf dem Wiener Congreß, behauptet hat, daß die Adstringentien schädlich sind, weil sie den Infectionsstoff in die hintere Harnröhre verschleppen, so muß dem entgegengehalten werden, daB durch das vorhergehende Uriniren der Infectionsstoff herausgespült wird.

Die inneren Mittel sind nutzlos. Die sogenannte Bierprobe ist nicht anzuerkennen.

B. hält den AusflußB auch nach Verschwinden der Gonokokken noch für infectiös.

Er weist nach, daß ein saures und ein alkalisches Protargol in den Handel gebracht sind. Ersteres enthält Salpetersäure oder ein Salz der- selben, wahrscheinlich freien Höllenstein. Bedauerlich ist, daß die Zu- sammensetzung des Protargols nicht bekannt ist.

Sedlmayr: Der Wert der Behandlung mit antibacteriellen Mitteln, mit Adstringentien und mit Janet’s Methode wird nicht bestritten. Aber da sich das Verschwinden des letzten Gonococceus nicht sicher feststellen Lißt, so muß in dem supponirten Zeitpunkt die Behandlung noch fortgesetzt werden, wie auch das aus dem Wasser gezogene Kind untergeht, wenn nicht Wiederbelebungsversuche gemacht werden. S. empfiehlt die Ober- länder’sche Dilatationsbehandlung, mit der er einen verzweifelten Fall von Gonorrhoe geheilt hat, der 5/, Jahre dauerte, und an dem Finger’s Lehr- buch practisch durchgearbeitet war.

Harttung: Die weibliche Gonorrhoe ist nicht unheilbar, wenn es auch Fälle giebt, die jeder Therapie widerstehen. Nach längerer Beobachtung an dem Prostituirtenmaterial im Allerheiligenhospital in Breslau konnte H. vielfache Heilungen sehen, ohne dab noch Eiterung vorhanden war, auch nach den Menses nicht. Daß Neisser schon vor 16 Jahren die Behandlung mit Adstringentien empfohlen hat, kann H. bestätigen.

Galewski: Das Protargol, mit dem G. 153 Fälle behandelt hat, ist wegen seiner gonokokkentötenden, fast reizlosen Wirkung als eine wesentliche Bereicherung unseres Arzneischatzes für die Frühbehandlung der Gonorrhoe anzusehen. Die prolongirten Injectionen werden fast immer gut vertragen und scheinen beschleunigend auf den Verlauf der Gonorrhoe einzuwirken.

Die schuellsten Resultate haben ılım zwei Mal tägliche Spülung der Urethra (nach Janet) mit Protargol (!/;proc. bis 1/,proc.), verbunden mit gleichzeitiger Injectionsbehandlung, ergeben.

Am langsamsten heilten unter Protargolbehandlung einige Fälle von Pseudogonorrhoe.

- Eine große Anzahl Patienten konnte die prolongirte Injection nicht machen. An der Verschiedenheit des Materials liegen auch die Differenzen

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in den Erfolgen. G. hat in Dresden in neun Monaten 120 Ehemänner an venerischen Krankheiten behandelt. Diese haben ein besonderes Bestreben, eine schnelle Heilung herbeizuführen. G. bemängelt das MaterialBehrend’s, das aus [Louis u. s. w. bestehe. Die besten Resultate hat er selbst bei Collegen erzielt.

. Bei chronischer Gonorrhoe wirkt Protargol schlechter als Argentum nitricum. Bei Cystitis ist es nicht reizlos und hält die Mitte zwischen dem Argentum nitricum und Kalium hypermanganicum. Nach !/,proc. Protargol- ausspülung der Blase kam stärkeres Brennen vor.

Behrend’s Fälle sind teilweise subacute gewesen.

E. R. W. Frank: F. bestätigt seine früher mitgeteilten Erfolge. Die von Bloch und Kaufmann aufgestellte Behauptung, daß die Protargol- proben, die im Lichte standen, sauer wurden, kann er nicht bestätigen. Indes ist ein a priori saures, kleines Protargolquantum in den Handel ge- kommen, das jetzt ganz zurückgezogen ist. Das Mittel ist zum Patent an- gemeldet und darf deshalb nicht als ein Geheimmittel bezeichnet werden. F. giebt eine Darstellung der seit dem Anfang dieses Jahrhunderts publi- cirten Verfahren zur Prophylaxe der Gonorrhoe. Das Verfahren von Bloku- sewski kann Reizungen zur Folge haben. Ein Herr, der allerdings drei bis vier Tropfen gebrauchte, bekam eitrigen Ausfluß und zwar zwei Mal. Das zweite Mal dauerte die Secretion fünf Wochen, als er zur Behandlung kam. Das Secret enthielt keine Gonokokken, die auch durch das Provo- cationsverfahren nicht nachgewiesen werden konnten. Der AusfluB wurde durch Adstringentien beseitigt.

Einen Aufschluß über die Wirksamkeit Wee Blokusewski’schen Ver- fahrens durch die Statistik zu erhalten, ist nicht gelungen.

F. hat 12 Individuen mit Trippereiter in die Harnröhre geimpft. Darauf wurde sechs derselben eine 20proc. ganz reizlose Protargolglycerinemulsion in Tropfen in die Harnröhre gebracht. Diese blieben gesund, während die anderen eine Gonorrhoe bekamen.

Neuberger: Bei der Untersuchung von Filamenten findet man zu- weilen schwammartige, alveoläre Gebilde, die offenbar aus den Drüsen stammen und von Wichtigkeit sind, weil sie Gonokokken einschließen können in Fällen, in denen diese sonst nicht mehr im Secret gefunden werden.

Die Fäden sind zuweilen von anderen Fäden nicht zu unterscheiden, zuweilen aber sind sie kommaförmig gebogen und tragen an einem Ende eine kolbenförmige Verdiekung. Da die aus der Prostata ausgedrückten Fäden sich anders verhalten, können diese schwammigen Gebilde dorther nicht stammen. v. Crippa hat unabhängig von N. dieselben Fäden, die er mit dem Bougie à boule aus den Drüsen exprimirte, beschrieben.

Da auf dem Wege der Cultur es bei chronischer Gonorrhoe nur selten gelingt, Gonokokken nachzuweisen, und selbst die Reizungsprobe versagen kann, so sind diese Fäden sehr wichtig. Sie werden dazu bei- tragen, das Gebiet der Pseudogonorrhoe einzuschränken, ebenso das aseptische Stadium der Gonorrhoe.

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Aehnliche Untersuchungen bei Frauen sind erwünscht und führen vielleicht weiter.

Joseph: J. verweist auf die aus seiner Poliklinik hervorgegangene Dissertation über Protargol. Wichtiger sind die Zahlen, die er aus der Privatpraxis berichten kann. Er hat 36 Patienten so früh, daß er noch keine Gonokokken nachweisen konnte, mit Protargol zu behandeln begonnen. Er kennt keine bessere Behandlung der Gonorrhoe, als die möglichst frühzeitige mit Protargol. Wenn auch die Gonokokken zuweilen schon nach 3—4 Tagen verschwunden sind, so soll die Therapie doch, die mit Adstringentien ab- wechseln muß, nicht aufhören.

Kopp: Patienten wurden bis drei Monate lang ohne Erfolg mit Pro- targol behandelt. Er führt diese Miberfolge mit Wahrscheinlichkeit auf das Präparat zurück. Der Eheconsens ist nur dann, wenn alle Erscheinungen der Gonorrhoe, also auch Fäden und Eiterkörperchen fehlen, zu erteilen.

Die prophylactische Methode ist auch von K. schon angegeben und als Abortivmethode bezeichnet worden.

Die Mißerfolge bei der Behandlung der weiblichen Gonorrhoe sind dadurch zu erklären, daß wir fast immer zu spät kommen. Gerade bei Prostituirten lassen sich deshalb am ehesten Erfolge erzielen.

Benario: Um die Reizfähigkeit der Silberverbindungen zu prüfen, hat B. Lösungen mit gleichem Silbergehalt von den einzelnen Mitteln dargestellt, in die er Fische hineinbrachte. Letztere gehen um so rascher zu Grunde, je stärker das betreffende Silbersalz reizt. Es ergab sich, daß Arg. nitricum und Argentamin stärker reizen als Protargol und Largin.

Doutrelepont betont, daß selbst 20 proc. Argoninlösung gut vertragen wurde.

Jadassohn: Die Statistik Behrend’s ist zwar nicht ausreichend, aber doch zu begrüßen, da nur auf vergleichendem Wege zu einem Ziele zu gelangen ist.

Behrend hat die antibacterielle Behandlung, zu der sich auch J. be- kennt, bei Prostituirten nie angewandt und darf deshalb nicht darüber ab- urteilen.

J. hat noch nie erfahren, daß ein Mann, dem er den Eheconsens erteilt auch trotz Vorhandenseins von Secret oder Fäden, seine Frau inficirt hat.

Kromayer kennt solche Fälle Jadassohn’s.

Blaschko betont die Schwierigkeit in der Beurteilung der Heilung bei Gonorrhoe der Prostituirten. Ausschlaggebend sind Statistiken, wie sie Jadassohn und namentlich Hammer aufgestellt haben.

Die Silbersalze, wenigstens Argentum nitricum wirken auch adstrin- girend; es ist seit dem Anfang dieses Jahrhunderts im Gebrauch. Es gilt auch heute noch als das beste Silbersalz bei der Behandlung der Gonorrhoe.

Was die Prophylaxe betrifft, so hält B. mit Kopp den Condom für das Beste, da er auch die Lues verhindert. Verweigert der Client den Ge- brauch desselben, so rät er das Einträufeln eines Tropfeus einer 1%/„igen Sublimatlösung an.

Meise nn 5 ee ö - EEE, o e E, AO ——

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Barlow vertritt den Standpunkt Neisser’s.

Zwischen Kromayer und Jadassohn entsteht eine Debatte über eine Bemerkung in Kromayer’s Buch, daß er Fälle kennt, in denen Schüler Neisser’s die Ehe gestattet haben, die Männer dann aber ihre Fraueu inficirten.

Havas: H. ist ein Anhänger der antibacteriellen Behandlung und namentlich auch der Silbersalze. Aber bei ihrer Anwendung dürfen Autori- täts-Principien nicht maßgebend sein. Denn die Individuen sind verschieden. Die Resultate mit Argonin waren besser als die mit Protargol, das er indes nicht bekämpfen will, obwohl die Erscheinungen zuweilen derartig waren, daB er Brand befürchten mußte. Adnexerkrankungen treten zuweilen schon einige Monate nach der Defloration auf. Darum halten die Gynäko- logen, die den Beginn der Gonorrhoe weniger sehen, die Prognose der weiblichen Gonorrhoe für so ungünstig.

Mankiewicz: M. befürwortet zwar die antibacterielle Therapie, hat aber mit Protargol sehr schlechte Resultate gehabt. In keinem von 11 Fällen von erster Infection gelang es mit Protargol trotz über dreiwöchentlicher Behandlung, die Gonokokken zu beseitigen.

Im Gegensatz zu Frank hat M. bei einer großen Anzahl Patienten 6—10 Wochen nach der Gonorrhoe, nach der Beseitigung aller Erscheinun- gen, eine vollständig normale vordere Harnröhre gesehen. Die Versuche Frank’s erkennt M. nicht als beweiskräftig an, da die nach dem Coitus vorhandene Auflockerung der Schleimhaut und der Blutreichtum der Harn- röhre fehlen.

Wossidlo: Die Untersuchungen Neuberger’s würden sich auch durch endoskopische Untersuchungen ersetzen lassen. W. hat wie Kromayer erlebt, daß Männer, denen auf Grund mikroskopischer Secretuntersuchungen der Eheconsens erteilt war, ihre Frauen inficirten.

Ueber Protargol kann W. nach seinen späteren Erfahrungen nur Ent- täuschungen berichten. Er sah in einigen Fällen noch nach acht Wochen Gonokokken. Er bittet deshalb, piano vorzugehen und glaubt, daß die Musikanten auch lauter gespielt haben, als der Kapellmeister (Neisser) wünschte.

Bender: Prophylactische Maßregeln können auch die Dirmen an- wenden. Dieselben sollen vor und nach jedem Coitus Argentum nitricum in die Urethra spritzen.

Bismuth. subn. ist direet schädlich bei der Behandlung der Gonorrhoe, da es die Drüsenmündungen verstopfen kann.

Behrend hat viele Gonorrhoen bei Frauen geheilt. Sein Material ist ebenso gut zu verwerten wie dasjenige Galewski’s, da Assistenten und Wärter bei ihm die Injectionen ausführen. Lohnstein hat mit Kalium hypermanganicum-Spülungen dieselben Resultate erzielt wie Galewski mit Protargolspülungen.

B. greift alsdann die Untersuchungsmethoden Benario’s an, worauf Letzterer antwortet.

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Nach kurzen Bemerkungen von Blaschko, Schuster und Frank erhält das SchlußBwort

Neisser: Das Protargol ist kein Geheimmittel. Die Laboratoriuns- versuche sind nicht ganz wertlos, besonders wenn sie den Verhältnissen des Organismus ähnlich sind. Anzuerkennen ist, dab das Versehen der Fabrik bedauerlich ist.

N. will stärker betont wissen, dab die prolongirte Injection einen Fort- schritt in der Therapie darstellt. Denn es ist nicht möglich, so sehr häufige Injectionen täglich vornehmen zu lassen.

Das Verfahren Blokusewski’s ist nicht neu. B. hat aber das Ver- dienst, den handlichen Apparat für dasselbe angegeben zu haben.

Das Janet’sche Verfahren hat N. keine Resultate ergeben außer in den Fällen, in denen die Patienten noch vor Beginn der Eiterung in Be- handlung kommen.

Kuznitzky: Plattenmodell der Urethralschleimhaut eines sechs Monate alten männlichen Fötus.

Die Urethralschleimhaut ist von dem umliegenden Gewebe nebst sämt- lichen Gängen abgelöst. Der ganze Canal ist ausgezogen und dann in situ so hingelegt, wie er normal liegt. Im Ganzen sind fünf Modelle hergestellt. Die Prostata eines hingerichteten Erwachsenen zeigte vollkommene Identität mit dem ausgestellten Modell. Deshalb ist der Schluß berechtigt, dab das Modell auch ganz der Harnröhre des Erwachsenen entspricht.

Georg Müller demonstrirt folgende Gegenstände:

1) einen Dampfsterilisator, der sowohl zum Sterilisiren, wie auch zum Aufbewahren der Katheter dient und einfacher als der Kuttner’sche ist, indem er aus einem einfachen Dampfmantel und einem auseinandernehmbaren inneren Teil, der einen Grlas- cylinder hält, besteht;

2) ein Prostatamassage-Instrument, das sich durch seine Fingerform von dem Instrument Feleki’s unterscheidet;

3) einen elastischen Schlauch zur aseptischen Aufbewahrung von Kathetern für Prostatiker;

4) eine doppelläufige Spülcanüle für diagnostische und therapeutische Spülungen der Urethra und Blase;

5) einen modificirten Glyceringieber.

Die Instrumente sind bei Schulze, Berlin, Ziegelstrasse 13, käuflich.

Levy (Straßburg): Ueber einen Fall von syphilitischer Lungen- infiltration.

Namentlich die unteren Lungenpartien waren befallen. Das Allgemein- befinden war gut. Erwähnenswert ist der Beginn mit starker Atemnot. Die Symptome begannen unter Jodkalibehandlung zu verschwinden und wurden durch Suceinimidinjeetionen vollends beseitigt.

E. Frank (Berlin) zeigt eine von Kallmeyer & Co. in Berlin her- gestellte auskochbare Tripperspritze ohne Stempel und Kolben.

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Millitzer (Erfurt): Demonstration einer Einrichtung, die leicht an jedem Casper’schen Endoskop. angebracht werden kann, wodurch eine wesentliche Erhöhung der Leuchtkraft erzielt wird.

Die Verbesserung des Endoskops besteht darin, daß die Lampe so an- gebracht ist, daß der Faden quer liegt. Außerdem ist die Linse drehbar gemacht. Dadurch wird erreicht, daß der quer gerichtete Faden auch dann noch in ziemlicher Größe wirksam ist, wenn der Beobachtungskreis ein sehr großer ist. Außerdem ist die Hülse, welche über die Lampe geschoben wird, verläugert worden, so daß die Glühlampe annähernd in den Brenn- punkt der Linse zu hegen kommt. In Folge dessen werden die Strahlen annähernd parallel gerichtet. Der Tubus ist unmittelbar auf das Prisma aufgesetzt und beginnt mit derselben Weite, mit der er endet. Die Ver- bindung zwischen Ansatzstück und Tubus beruht anf Bajonettverschluß. Die Umänderung geschieht durch die Firma Zeiss, und der Preis beträgt etwa 5 Mark.

Dreyer (Köln) zeigt einen Behälter zur antiseptischen Aufbewahrung von Subcutanspritzen. Der Glascylinder trägt zwei Ringe, die die Spritze halten. Der untere Teil wird mit einem Antisepticum (1/;—1proc. Solveol- lösung) gefüllt, das die Canüle deckt und die Spritze füllt. Der Cylinder wird von Leybold Nachf. in Köln angefertigt.

Arning (Hamburg): Zur Therapie des Ulcus molle.

A. gebraucht eine „ige 55° heiße Lösung von Kalium hyperman- ganicum, mit der die Geschwüre eine halbe Stunde lang überrieselt werden. Die Methode ist auch dann anzuwenden, wenn bei phimotischer Vorhaut die Geschwüre am Rande derselben oder unter derselben sitzen. Sie ist nicht wesentlich schmerzhaft. Wenn noch nicht fluctuirende Bubonen bereits vorhanden sind, so gehen dieselben zurück.

Krösing (Stettin): Die Abtötung des Ulcus molle-Bacteriums nach der Audry’schen Methode mittelst strahlender Hitze ist eine so sichere, daß Vergrößerung bezw. Vermehrung der Geschwüre, sowie Entstehung von Bubonen, falls die Behandlung zeitig genug beginnt, so gut wie aus- geschlossen ist.

Lesser (Berlin): Ischias gonorrhoica.

Ein 20jähriger Mann wurde mit Epididymitis eingeliefert. Nachdem diese abgelaufen war, trat unter hohem Fieber eine rechtsseitige Ischias auf. Nach vier Wochen war dieselbe geheilt.

Beweisend für den Zusammenhang zwischen Ischias und Gonorrhoe ist das Wiederauftreten der letzteren bei wiederholter Gonorrhoe. Die Schmerzen treten bei der gonorrhoischen Ischias foudroyant auf. Die Heilung tritt schnell ein. Recidive erfolgen nur im Anschluß an eine er- neute Infection. Das Alter der Patienten mit gonorrhoischer Ischias ist ein durchschnittlich geringeres als das bei Patienten mit Ischias aus anderen Ursachen.

Die gewöhnliche Ischias verläuft fast immer ohne Fieber, die gonor- rhoische mit hohem, intermittirendem Fieber. Die Abendtemperaturen

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pflegen zwischen 39,5% und 40° zu liegen. Intermittirender Fiebertypus ist auch bei anderen gonorrhoischen Erkrankungen, namentlich bei Endocarditis beobachtet. Vielleicht wird derselbe durch eine Schädigung der Gonokokken durch die hohen Temperaturen, gegen die sie bekanntlich empfindlich sind, herbeigeführt.

Der Ischias analoge Neuralgien kommen im N. cruralis, ileo-inguinalis, obturatorius und pudendus internus bei Gonorrhoe vor. Bemerkenswert ist, daß alle diese Nerven in der Nähe der Genitalien verlaufen.

Paralysen sind im Facialis, Recurrens, Opticeus (Neuritis optiea) und Acusticus (Taubheit) bei Gonorrhoe vorgekommen.

Diesen Affectionen steht die Polyneuritis gonorrhoica gegenüber.

Schuster (Aachen): Zur Behandlung des Rheumatismus xgonor- rhoicus.

Unter Rheumatismus gonorrhoicus verstehen wir heute eine im Ver- lauf der Gonorrhoe sich einstellende Folgeerkrankung, die nicht nur grobe, sondern auch viele kleine Gelenke, aber auch gleichzeitig Muskeln, Sehnen und Nervenscheiden, Bänder, Herz befallen kann.

In Folge des Nachweises des Gonococeus in den angegebenen Teilen und im eirculirenden Blute können wir sagen, diese Metastasen der Gonor- rhoe sind der Ausdruck einer Allgemeinerkrankung, die man als „Gonor- rhoismus“ bezeichnen kann.

Die Möglichkeit einer örtlichen Weiterleitung des Gonococcus bis in’s Rückenmark ist nicht abzuweisen.

Der Gonorrhoismus kann Jahre lang bestehen und bleibende Störungen bedingen.

Fast immer sind bei dem Gonorrhoismus noch urethrale Reste der Gonorrhoe nachzuweisen.

Zuweilen ist die Differentialdiagnose zwischen Syphilis und Gonorrhois- mus (der Gelenke, des Rückenmarks) auch heute noch schwer.

Syphilis und Gonorrhoismus können, wie in ihren örtlichen Anfängen, so auch in ihren secundären Folgen unabhängig von und neben einander wie geschwisterlich bestehen. Die Entwicklung des Gonorrhoismus_ bei früher Syphilitischen verläuft in derselben Weise wie bei Nichtsyphilitischen.

In beiden Fällen kann die mercurielle Behandlung heilend wirken.

Bei dem Gonorrhoismus wirken da, wo die Kräfte nicht geschwächt sind, keine Herzcomplication besteht, sehr warme Bäder neben dem Merkur sehr günstig.

Die Beseitigung der gonorrhoischen Urethral- (resp. Vagino-Cervikal-) Absonderungen ist der Heilung des Gonorrhoismus förderlich, vielleicht für sie miterforderlich.

Die Verhütung des Gonorrhoismus besteht in der möglichst frühen Beseitigung der Gonorrhoe als der veraulassenden Ursache. Zwecks dieses erscheint die Janet’sche Irrigationsbehandlung im erster Reihe neben der diätetischen empfehlenswert.

Die Möglichkeit der Weiterverbreitung des Gonococeus als Krankheits-

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ursache mittelst durch ihn beschmutzter Wäsche bedarf der besonderen Berücksichtigung. |

Saalfeld (Berlin): Ueber die Tyson’schen Drüsen.

An verschiedenen Stellen der Glans penis und der Lamina interna praeputii finden sich die sogenannten Tyson’schen Drüsen, die als echte Talgdrüsen anzusehen sind, da sie secerniren. Gegenteilige Behauptungen beruhen wahrscheinlich auf einer nicht genügenden Anzahl von Schnitten.

An der Glans clitoridis hat S. die Drüsen nicht gefunden.

Kutznitzky (Köln) zeigt eine nach seinen Angaben von der Firma R. Detert in Berlin hergestellte Canüle mit neuer Verschlußvorrichtung.

I. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

E. Monin: Der Geruch des Urins.

Aus der von Dreyer (Köln) übersetzten, preisgekrönten Monographie Monin’s über die Gerüche des menschlichen Körpers in gesunden und kranken Tagen sei hier nur des Capitels über den Urin Erwähnung gethan. Der Geruch des normalen Harns ist benzoeartig, aromatisch, dieses Aroma wird bei allgememen acuten Entzündungen stark und durchdringend. Bei einigen schweren fieberhaften Krankheiten und einigen Erkrankungen der Urogenitalorgane riecht der Harn ammoniakalisch; Schwefelwasserstoffgeruch bekommt der Harn bei Chylurie, bisweilen bei schweren Dyspepsien und besonders stark beim acuten Prostataabsceb; einen putriden und gangränösen Geruch bei ulceröser Cystitis, ausgedehnten localen Eiterungsprocessen und speciell beim Blasencarcinom. Einen fötiden Geruch verleiht dem Urin in der Schwangerschaft die Vermengung mit dem Genitalaustluß, einen un- erträglich faden Geruch die Beimengung von Lochien im Wochenbett. Bei Albuminurie riecht der Harn fade, bouillonartig, bei Diabetes strömt er bis- weilen schon bei gewöhnlicher Temperatur Honig- oder CaramsIgeruch aus. Zahlreiche Nahrungsmittel und Medicamente teilen dem Urin ihren mehr oder weniger modificirten Eigengeruch mit, so Copaivbalsam und Cubeben einen Harzgeruch, Phosphor einen Knoblauchgeruch, Terpentin einen an- genehmen Veilchenduft, Kohlarten und besonders Spargel einen eigentümlich fötiden Geruch u. s. w. Bei Erkrankungen des Nierengewebes fehlt der Geruch der Ingesta zuweilen im Urin, was prognostisch verwertbar sein soll.

R. Rosenthal (Berlin).

Fitz (Boston): A case of myxoedema and albumosurie. (Medical Record, New-York, 14. Mai 1898.)

Die spärliche Casuistik hochgradiger Albumosurien bereichert Verf.

um einen Fall, in welchem diese Anomalie bei Myxödem beobachtet wurde.

Salpetersäure schlägt die Albumose nieder, der Niederschlag verschwindet

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beim Erhitzen und kehrt beim Erkalten zurück. F. hält es für wünschens- wert, bei Myxödem den Harn stets sorgfältig auf Albumose zu prüfen, die bei oberflächlicher Untersuchung leicht mit Albumin verwechselt werden kann. Albuminurie ist bei Myxödem häufig beschrieben. Schilddrüsenextract brachte in dem mitgeteilten Falle nur eine vorübergehende Besserung.

R. Rosenthal (Berlin).

II. Gonorrhoe und Gomplicationen.

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M. Weinrich: Recherches sur la coloration du gonocoque. (Ann. d. mal. gen.-urin. 1898, No. 5.)

Da die Gram’sche Methode bei der Gonokokkenfärbung bei den einzelnen Autoren nicht durchweg zu einwandsfreien Resultaten geführt hat, ja sogar öfters die Gefahr bestanden hat, dieselbe bezüglich ihrer diagmostischen Bedeutung in Mißceredit zu bringen, hat es sich W. angelegen sein lassen, die Gründe für das häufige Mißlingen ete. zu erforschen und zu untersuchen. Will man zu guten Resultaten gelangen, die keine Zwei- deutigkeit zulassen, so muß man streng schablonenhaft verfahren. Nachdem er die verschiedensten Methoden durchgeprüft, ist W. zu folgendem Resume gekommen:

1) Die Gram’sche Methode, angewendet wie vom Autor beschrieben, hat in differentialdiagnostischer Himsicht einen absoluten Wert und muB allen anderen vorgeschlagenen Methoden vorgezogen werden, unter der Bedingung, dab allein der absolute Alkohol zur Entfärbung angewendet und streng der Gebrauch von Wasser vermieden wird.

2) Der Grad der Concentration und die Anwesenheit von Anilin in der Ehrlich’schen Gentianaviolettlösung sind nicht die Ursachen der Unsicher- heit der Resultate bei der Entfärbung; der Gebrauch des Wassers, um die Präparate abzuwaschen, oder der Zusatz desselben zur Jodjodkaliumlösung resp. zum absoluten Alkohol sind die alleinige Ursache des Mibßerfolges.

3) Die Carbolgentianaviolettlösung Fränkel’s aus Hamburg hat die- selbe Wirkung wie die Ehrlich’sche, außerdem hat sie den Vorteil, sich leichter zu conserviren.

4) Die Nachfärbung derjenigen Präparate, welche mit Acetonalkohol Nicolles, oder mit Salzsäure- resp. Salpetersäurealkohol entfärbt sind, giebt oft zu diagnostischen Irrtümern Anlab, so daß man gut thut, so energische Entfärbungsmittel zu vermeiden.

5) Das Bismarckbraun von bestimmter Concentration (warmes destillirtes Wasser 70, Bismarckbraun 3, Alkohol 30), kalt angewendet, eignet sich am besten zur Nachfürbung. Zu concentrirte oder zu heiße Lösungen führen zu einer Farbenübersättigung derjenigen Microben, welche nach Gram’scher

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Färbung violett geblieben sind. Dies führt zu Irrtümern. Methylenblau und Fuchsin geben keinen so hübschen Contrast.

Der Vorgang bei der Anfertigung der Präparate ist folgender: dieselben werden getrocknet, fixirt und kommen nun 1—3 Minuten in Ehrlich’sche Anilingentianaviolett- oder in Fränkel’sche Carbolgentianaviolettlösung. Darauf werden sie olıne vorheriges Abwaschen mit Wasser in die Jodjod- kaliumlösung und dann wiederum ohne Abwaschen zur Entfärbung in wirklich absoluten’Alkohol gebracht. Der letzte Act erfordert 1—1'/, Minuten. Nunmehr kann behufs Entfernung des Alkohols das Präparat abgewaschen werden, und es folgt jetzt die Nachfärbung mit Bismarckbraun.

Die Fränkellösung besteht aus:

gesättigtem alkohol. Gentianaviolett 108g, 21/ proc. Carbolwasser . . . . . 90g. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Gross u. Krauss: Sur le gonocoque. (La Presse med., 21. IV. 1898.)

Impft man auf die Bindehaut des Kaninchenauges Gonokokkeneiter oder Gonokokkeneultur, vernäht man darauf die Augenlider, so entsteht in der Regel eine äußerst intensive Eiterung. Impft man nun mit diesem Eiter auf Nährboden, so erhält man niemals Gonokokkeneculturen. Andererseits genügt es, die Augenlider zu vernähen, um profuse Eiterung zu erzielen, ohne daß eine Tripperinfection des Auges vorangegangen zu sein braucht. Aehnliche Erscheinungen vollziehen sich auch nach Infecetionen mit anderen Mikroben (Bacillus coli, Staphylococcus aureus u. A.); durch intraperitoneale Injectionen von Gonokokken werden Ratten und Kaninchen getötet. Bei der Autopsie sind keine sichtbaren Veränderungen nachweisbar. Ebenso bleiben Nährböden, welche mit einem von dem Peritoneum stammenden Secret geimpft werden, steril. Hieraus läßt sich schließen, daß der Tod durch Toxine erfolgt, welche an dem Bacillenkörper haften. In ähnlicher Weise gelang es, den Tod von Meerschweinchen und weißen Mäusen herbei- zuführen. Es ergab sich ferner aus den Versuchen, die Verff. mit filtrirten Gonokokkenculturen gemacht haben, daß letztere für Menschen und Tiere unschädlich sind, dagegen entsteht durch subeutane Injection von abgetöteten Gonokokken selbst ein fieberhafter Zustand beim Menschen. ` buert man ferner in die Harnröhre andere Mikroorganismenculturen, wie Bacillus pyocya- neus, Bacillus communis, Pyococcus aureus, so entstehen vorübergehende eitrige Harnröhrenentzündungen, gleichzeitig mit dem Verschwinden des Secrets verschwinden auch die Bacterien. Ebenso kann man auch mit ab- getöteten Bacteriencolonien, d. h. mit den Toxinen und den Mikroben- cadavern derartige Entzündungen erzeugen. Der Bacillus pyocyaneus hemmt nicht die Entwicklung des Gonococcus. Um letzteres zu erreichen, muß man Toxine in Anwendung bringen, die von mindestens acht Tage alten Gonokokkenculturen stammen. Denselben Zweck erfüllen Culturen, welche in Bouillon gesät sind, von zwei Tagen, indessen muß man diese längere Zeit einer Temperatur von 100° C. aussetzen, thut man dies nicht, so sind

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die Resultate sehr inconstant. Nimmt man statt des Bacillus pyocyaneus den Bacillus typhi, der Cholera oder den Staphylococcus aureus, so erhält man sehr constante Resultate. H. L.

Henry Heiman: Further studies on the Gonococcus (third series). (Journal of cutaneous and urinary diseases, März 1898.)

Folgende Schlüsse zieht Verf. aus seinen bisherigen Arbeiten über den Gonococeus: 1) Die Lebensfähigkeit des Gonococcus in gewissen Nährböden beträgt bis 22 Tage. 2) Der Mikrobe kann beliebige Male, unbeschadet seiner Fortpflanzungsfähigkeit, überimpft werden (Verf. hat dies bis 25 Mal gethan). 3) In 15 Fällen chronischer Urethritis konnte man mit Sicherheit keine Gonokokken nachweisen. 4) In normaler Urethra sind keine Gonokokken nachweisbar (trotz gegenteiliger Schlüsse von Eraud, Pescione und Strauss). 5) Uecbertragungsversuche der Gonokokken auf die Augenbindehaut von neugeborenen Kaninchen oder Meerschweinchen waren erfolglos. (Die sub 4 erhaltenen Resultate hat Verf. durch neuere Untersuchungen stets bestätigt gefunden.)

Gegenteilige Mitteilungen von Strauss, Pescione und Eraud sind darauf zurückzuführen, daß letztere Autoren in zweifelhaften Fällen nicht alle notwendigen Differenzirmethoden anwandten. H. L.

C. Fränkel: Der Gonococcus als Erreger diphtheritischer

Entzündungen der Augenbindehaut. (Hygienische Rund- schau, 1. April 1898.)

Die bisher noch nicht genügend bekannte Thatsache, daß der Gono- coccus auch diphtherieähnliche Affeetionen der Bindehaut veranlassen könnte, beleuchtet Verf. unter Bekanntgebung folgender beider Fälle:

Fall I. Einjähriger Knabe, am 11. Februar 1897 wegen starker Con- jJunetivitis des linken Auges aufgenommen, die diphtherischen Character hatte. Ueberimpfungen auf Löffler’sches Serum hatten zunächst das Er- gebnis, daB letzteres steril blieb, aber besonders im ersten Röhrchen „kleine geschwürsähnliche Löcher im Nährboden“. Da Gonokokken sich unter

gleichen Verhältnissen ähnlich verhalten, wurde daraufhin und zwar mit positivem Erfolge untersucht. Diphtheriebacillen nicht nachweisbar.

Der Fall selbst heilte, nachdem wegen Cornealruptur noch die Irideetomie nötig war, nach zwei Monaten aus.

Fall II Zweijähriges Kind. Gleichfalls starke membranöse Conjunc- tivitis des unteren Augenlides. Auch hier ein ganz ähnliches Ergebnis.

Von besonderem Interesse scheinen die geschwürsähnlichen Löcher zu sein, deren Entstehen auf peptisch wirkende, im Eiter vorgebildete Stoffe zurückzuführen sein dürfte, da sie auch bei Trachomeiter sich finden.

Auf ähnliche, von Löffler, sowie von Coppez, Funk, Sourdille, Lore u. A. gemachte Beobachtungen weist Verf. besonders hin und betont, daß in allen früheren Fällen nur die mikroskopische, nicht aber eulturelle Identificirung stattgefunden hat. Von besonderem Wert sind diese Beob-

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achtungen, 1) weil sie eine besondere Disposition der kindlichen Schleim- haut für diphtherische Gonokokkeninfection zeigen, 2) weil sie beweisen, daß die pathologisch-anatomiseh einheitliche Diphtherie ätiologisch durchaus verschieden sein und deshalb zu verschiedener Prognose und Therapie Ver- anlassung geben kann. H. L.

A. Wassermann: Weitere Mitteilungen über Gonokokken- cultur und Gonokokkengift. (Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten, 21. April 1898.)

Seit Wertheim ist bekannt, daß der Gonococeus nur überall da sicher wächst, wo er uncoagulirtes Serumalbumin und Pepton antrifft. Da letzteres besonders außerhalb des Hospitals schwer verschaflbar ist, hat Verf. nach langen Versuchen, den Nährboden zu vereinfachen, gefunden, daß nach Zusatz der Nutrose (Caseinnatriumphosphat) zum Serum, eine Flüssigkeit entsteht, die auf 100° C. erhitzt werden kann ohne zu gerinnen. Statt Menschenserum kann man mit gleichem Erfolge Schweineserum anwenden. Die Darstellung ist folgendermaßen: In ein Erlenmeyer’sches Kölbehen Giele man 15 cem hämoglobinfreies Schweimeserum, verdünne mit 30—35 ccm H,O, füge 2-3 cem Glycerin und 0,8—0,9 g (also 2 pCt.) Nutrose hinzu, man schüttele um und erhitze über der freien Flamme unter stetem Umschütteln zum Kochen 20 Minuten lang. Mit dieser lange steril bleibenden Flüssigkeit mische man 6—8 verflüssigte 2 pCt. peptonhaltige Agarröhren bei 50°C. zu gleichen Teilen, gieße in Petri'sche Schalen aus und lasse erstarren. Dies der Nährboden. (Bezügrlich einzelner hierbei anzuwendender Vorsiehtsmaßregeln ef. die Originalarbeit.) Zuweilen schon nach 24 Stunden wachsen auf diesem Nährboden Kokken des frischen Trippers zu den thau- tropfenartigen Colonien aus. Bei Impfungen von alteın Tripper bleiben die Colonien innerhalb des Impfstriches, sie liegen hier dicht bei einander wie Mosaiksteine ohne zu contluiren, die Kokken haben sehr Kleine Gestalt und wachsen erst 48 Stunden nach der Impfung, auch versiegt schon in der dritten Generation das Wachstum vollständig. Für die Beurteilung der Gonokokkentötung ist dies sehr wichtig! (cf. Erstinfection!) Negativer Aus- fall der Cultur, besonders beim Weibe, nicht beweisend!!

Weiter berichtet Verf. über das Gonokokkengift. Auch hier ist schon von Anderen darauf hingewiesen, daB die Kokken zwar keinen Tripper, wohl aber Peritonitis beim Tiere erzeugen können. Verf. selbst sah bei weißen Mäusen keine Pathogenität nach Injection von lebenden, auf Serum- agar befindlicher Kochsalzlösung aufgeschwemmten, zuweilen tötliche Peri- tonitiserscheinungen durch Injection von Serumbouillonculturen. Gono- kokken waren nur bei den acut zu Grunde gegangenen Tieren nachweisbar. Die Gonokokken vermehren sich also nur vorübergehend, so lange der Orga- nismus die Rolle des Brutschrankes spielt, werden aber dann sofort ver- nichtet. Da gleichwohl Exitus eintritt, so beweist dies nach W., daB ein Toxin vorhanden sein muß. Erwiesen wurde dies durch Erzielung des- selben Eftectes nach Injection von abgetöteten Bouillonculturen. Das Gift

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ist in den Körpern der Gonokokken selbst enthalten, wie Versuche mit durch Thonfilter filtrirten Culturen aus deren Rückstand ergab. Verf. weist in der Herstellung von Culturen zu diesem Zwecke noch auf gewisse zu beobachtende Vorsichtsmaßregeln hin. Die Toxicität des Toxins ist eine sehr variable, dasselbe ist sehr resistent, verträgt die Fällung durch absoluten Alcohol und längeres Erhitzen auf 100° C. Das Toxin ist bei Kaninchen und Meerschweinchen in relativ geringem Grade entzündungserregend, am meisten noch am Kaninchenauge (Hornhauttrübungen, Hypopyon, Augen- verlust), Tauben sind refractär. An sich selbst bat Verf. einen Versuch gemacht, indem er sich 0,1 cem subeutan injieirte: Es trat locale Entzün- dung und leichter, etwa einen Tag lang bestehender Fieberzustand auf. Versuche an zwei Patienten und an Tieren ergaben, daß weder hier wie dort eine Immunität gegen das Gift der Gonokokken durch Injection des Toxins erzielt werden konnte. Durch die Wirkung dieses Gonotoxins sucht Verf. die vielen oft anscheinend ohne Gonokokken führendes Secret ver- laufenden Entzündungen zu erklären, besonders wenn, wie beim Weibe, der Proceß in abgekapselten Höhlen verläuft. H. L.

J. Cohn: Ueber bacteriologische Untersuchungen bei chro- nischer Urethritis posterior und Prostatitis. (Centralbl. der Harn- und Sexualorgane 1898, No. 5.)

Von den verschiedensten Forschern, Rovsing, Lustgarten und Mannaberg, Mełchior, Petit und Wassermann u. A. ist nachgewiesen worden, daß in der vorderen normalen Harnröhre stets Bacterien in großer Anzahl, sowohl pyogene wie nieht pyogene vorhanden sind. Es ist des Weiteren bewiesen, daB durch das Eindringen derselben in die Blase, namentlich bei Benutzung von Instrumenten, eine Cystitis erzeugt werden kann. Wie. steht es dagegen mit dem Keimgehalt der hinteren Urethra? A priori ist nach C.'s Ansicht anzunehmen, daß selbige keimfrei ist. Denn anderenfalls müßten, bei absichtlicher oder unabsichtlicher Retention, wo der Harn ja bis zum Compressor urethrae steht, Mikroorganismen in die Blase eindringen und so Blasenentzündung erzeugen können. Da nun aber der Compressor urethrae nicht von allen Autoren als die Scheidegrenze zwischen vorderer und hinterer Harnröhre angesehen, demnach auch nicht als Blasenschließmuskel anerkannt wird, ließ es sich Verf. angelegen sein, in directer Weise den Keimgehalt der hinteren Harnröhre zu prüfen, um so einen Schluß auf die Dualität der Harnröhre ziehen zu können. Vor Allem handelte es sich dabei, in wirklich einwandsfreier Weise Secret aus dem hinteren Urethralabschnitt aufzufangen. Zu dem Zweck wurde die vordere Harnröhre zuerst gehörig mit Borwasser ausgespült; dann ein steriler Endoskoptubus bis zum Musc. compressor eingeführt, selbiger gründlich mit sterilen Tupfern ausgewischt, und nunmehr wurde, während von einem Gehilfen der Tubus fixirt wurde, vom Mastdarm her die hintere Harnröhre und Prostata ausgeprebt. Das Secret wurde mit einer Platinöse oder sterilen Wattetupfern aufgefangen und auf die geeigneten Nährböden

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verpflanzt. Wegen Mangel an geeignetem Material es konnten natürlich nur solche Personen benutzt werden, die niemals gonorrhoisch krank ge- wesen waren wurden nur drei Männer untersucht. Bei allen konnte Keimfreiheit der hinteren Harnröhre constatirt werden.

Des Weiteren untersuchte C. das Secret bei chronischer Urethritis post. und Prostatitis: Zur bacteriologischen Untersuchung wurde der Wasser- mann’sche Nährboden, Ascites und Hydrocelenagar benutzt. Die Unter- suchung erstreckte sich auf 12 Fälle: „In allen 12 Fällen war der Gono- coceus weder mikroskopisch noch bacteriologisch vorhanden.“ Dagegen fand sich 11 mal der Staphylococeus alb., und zwar 7 mal allein, 4 mal in Be- gleitung anderer Bacterienarten; 3 mal der Streptococcus, 1 mal Bact. coli, l mal eine Stäbchenart, 2 mal Diplococcen, die sich aber nach Gram färben ließen und auch sonst nichts für den Gonococeus Characteristisches auf- zuweisen hatten. Die Dauer der Krankheit erstreckte sich bei den einzelnen Individuen auf einen Zeitraum von 83, —5 Jahren.

Die Resultate C "a bestätigen demnach, „dab ım Anschluß an Gonorrhoe Jahre lang Affectionen der hinteren Harnröhre und der Prostata bestehen können, die auf Misch- bezw. Secundärinfection beruhen.“

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

G.Behrend: Vorläufige Mitteilung über dieWirkung des Pro- targols bei Gonorrhoe. (Berl. klin. Wochenschr., 4. April 1898.)

Verf. kritisirt zunächst die Art und Weise, wie man bisher das Protargol ohne genügende Unterlage empfohlen habe und berichtet im Anschluß daran über 14 Fälle, welche genau nach den Neisser’schen Vorschriften be- hanmylelt worden sind. Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich: 1) In einem Fall traten stürmische Entzündungserschemungen in Folge (oder trotz?) der Protargolbehandlung auf; 2) die Gonokokken verschwanden dauernd nicht aus dem Secret, tauchten vielmehr bald wieder auf. Letzteres ließ sich be- sonders gut nachweisen, wenn man täglich und früh nach langer Harnpause untersuchte. Aehnliche Erscheinungen lassen sich auch durch Janet's Spülungen, durch Alaun u. A. erzielen und sind überdies nicht beweisend für die dauernde Desinfectionskraft. Weiterhin hält Behrend an seiner Behauptung fest, daß durch Bettruhe und systematische Antiphlogose die beste Heilung zu erzielen sei, besser noch als selbst. durch Protargol- Be- handlung im Krankenhause. Reagenzglasversuche seien in dieser Beziehung ohne Belang. Den Rest des Aufsatzes bilden polemische Ausführungen über die Heilbarkeit der weiblichen Gonorrhoe, sowie über die rechtliche Stellung des Prostitutionsarztes gegenüber der Polizei. H. L.

R. Kaufmann und J. Bloch: Ueber Protargol. Kritische Be- merkungen zu Benario’s Mitteilungen. (Deutsche med. Wochen- schrift, 7. April 1898.)

Verff. publieiren eine gegen Benario gerichtete polemische Studie:

Das Protargol ist liehtempfindlich, es zersetzt sich, wird dunkler und reagirt

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sauer, im frischen Zustande hingegen neutral. Daß das Protargol nur eine schwache und langsam wirkende Desinfectionsfühigkeit besitzt, ergebe sich aus Benario’s eigenen Versuchen, ebenso wenig ist die entwicklungs- hemmende Kraft des Protargol- Agar- Nährbodens gegenüber Bacterien be- weisend für die bactericide Wirkung des Mittels als solche; denn dieselbe Erscheinung beobachtet man bei Zusatz von gewöhnlichen, indifferenten Salzen zu sonst wirksamen Nährböden. Die Erscheinungen der fälschlich constatirten Tiefenwirkung lassen sich auch mit Fuchsinlösung demonstriren und beweisen außerdem nur, daß sich totes Gewebe anders verhält als

lebendes. H. L.

Stark: Zur Behandlung des Trippers mit Protargol. (Unna’s Monatshefte, 1. April 1898.)

Von 19 Fällen von acutem Tripper, die Verf. mit Protargol behandelt hat, versagte ein Fall gänzlich, während in den anderen Fällen die Heilung angeblich nach 2—3 Wochen erzielt wurde, insbesondere trat niemals im Gegensatz zur Behandlung mit anderen Mitteln Urethritis posterior auf, so daß Verf. sich für berechtigt hält, das Protargol für ein vorzügliches Anti- blennorrhoicum zu erklären. H. L.

Rosenthal: Ueber Protargol. (Deutsche med. Zeitung, 23. Mai 1898.)

Nach R. kann die rein antiphlogistische, von Behrend verteidigte Be- handlung bei Tripper wohl die Heilung befördern, schützt aber nicht vor Chronieität oder Complicationen. Im Gegenteil ist eine möglichst frühzeitige topische Behandlung auf’s Dringendste zu empfehlen, und zwar ist hier die Anwendung von Antisepticis (Beeinflussung des Virus) mit derjenigen der Adstringentien (Beeinflussung des Nährbodens) zu combiniren. Verf. hat das Protargol in 68 Fällen (53 acuten, 15 chronischen Fällen, 15 Erstinfee- tionen) angewandt. Das Resultat war ebenso wie bei Lohnstein, also gut, jedoch nicht exceptionell. Dem Verschwindem der Gonokokken als solchem ist auch nach Verf. zunächst eine besondere Bedeutung nicht beizumessen. Bemerkenswert war aber jedenfalls die gute Wirkung der Adstringentien bei profuser, durch Protargol gonokokkenfrei gemachter Trippereiterung. Die Behandlung durch den Arzt selbst hat Rosenthal nicht empfohlen, da ihr Nutzen nicht im Verhältnis zu den erzielten Heilerfolgen stehe (? Ref.). Im Allgemeinen empfiehlt es sich, mit ganz schwachen Lösungen zu be- ginnen (!/,—"/,proc.) und erst, wenn diese vertragen werden, zu stärkeren Concentrationen überzugehen; im Allgemeinen ist dies Jedoch überflüssige Vorsicht, da in der Regel das Protargol sich durch besondere Reizlosigkeit auszeichnet. Verf. glaubt daher, daß das Protargol, wenn auch kein Speci- ficum, so doch als gutes Antigonorrhoicum zu betrachten sei.

H. L.

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O. Werler: Ueber practisch wichtige Verbesserungen der Injectionstechnik bei der Heilung des acuten Harn- röhrentrippers mit Lösungen von Silbercitrat (Itrol). (Berliner klin. Wochenschrift, 15. Mai 1898.)

Die in der Arbeit niedergelegten Vorschriften genauere Angaben über die Wirkung selbst sind überhaupt nicht gemacht gipfeln in folgenden Verbesserungen der Injectionstechmik: 1) Die Itrolimjeetionen sind so früh wie möglich zu beginnen. 2) Sie werden 4—5 Mal täglich vorgenommen. 3) Bei Gonorrhoe der vorderen Harnröhre mit einer Spritze von 6—8 ccm Inhalt. 4) Sie verbleiben 10 Minuten in der Urethra nach voraufgegangener Reinigung mit einer halben Spritze der Injectionsflüssigkeit. 5) Sie müssen anfänglich sehr schwach (0,02 :200), sodann beim Nachlassen der Entzündung alhnählich stärker verschrieben werden bis zur höchsten Concentration von 1:3809. 6) Sie sind Jauwarm zu appliciren. H. L.

O. Werler: Ueber Anwendungsweise des Ol. Salosantali (Salosantal) bei der internen Application der Krank- heiten der Harnwege. (Therap. Monatshefte, Mai 1898.)

Verf. giebt eine genaue Zusammenstellung der Indieationen für die Anwendung balsamisch-aromatischer Stoffe bei Harnleiden verschiedenster Provenienz und zwar teils allein, teils zusammen mit. Antisepticis (Salol) und berichtet über seine Erfahrungen mit dem Salosantal, einem in Ol. Santalı gelösten Salolpräparate. Es ergiebt sich aus denselben, daB dasselbe ebenso wirkt wie reines Sandelholzöl und unter denselben Bedingungen auzu- wenden ist. H. L.

Behägel: Ueber die Ausspülungen in der Behandlung der Urethritis. (Monatshefte für Dermatologie, Bd. XXVI, No. 8.) Verf. rät statt der Janet’schen Irrigationsmethode mittelst Irrigators Anwendung emer 125 ccm fassenden Spritze, die gestattet, unter Anwendung einer sehr vorsichtigen Druckregulirung den Sphineter zu überwinden. Unseres Erachtens hat die Methode vor dem Janet’schen Verfahren nur den Vorzug der Bequemlichkeit. H. L.

Boston: Picrinsäure bei chronischer Gonorrhoe. (Med. mol. 1898, No. 1.)

Verf. empfiehlt Pierinsäure gegen chronische Gonorrhoe. Heilung an- geblich nach 4—10 Injeetionen. Bei Abwesenheit von Gonokokken im Eiter empfiehlt Verf. I proc. Lösung. Sind viel Formelemente im Eiter, 1:200, ab- wechselnd mit Instillationen von Argentu mnitrieum 1:50—1: 30. H.L.

Kromayer (Halle): Was antwortet der Arzt dem heirats- willigen Gonorrhoiker? (Münchener med. Wochenschr. 1898, No. 24, S. 741.)

Die Veranlassung zu den Ausführungen des verdienten Dermatologen über die im Titel gekennzeichnete schwierige Frage gaben im Eingang des

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Artikels citirte briefliche Aeußerungen Neisser’s, welche die Stellung- nahme K.’s in seiner kürzlich erschienenen Schrift „Zur Austilgung der Syphilis“ auf’s Schärfste verurteilen. Der Lehrsatz Neisser’s, der negative Ausfall einer wiederholten, sorgfältigen Secretuntersuchung beweise mit Sicherheit, daß eine noch vorhandene Schleimhautseceretion nicht mehr in- fectiös, also thatsächlich gonokokkenfrei sei, wird als wissenschaftlich falsch gekennzeichnet, wenn auch zugestanden wird, daB für die Praxis nicht dieser absolut sichere Beweis erforderlich, sondern ein gewisses Maß von Wahr- scheinlichkeit, das sich je nach der Anzahl der vorgenommenen Unter- suchungen genauer berechnen läßt, genügend ist. Der wichtigen Feststellung, wie groß die Wahrschemlichkeit bei einer einzelnen Untersuchung mit negativem Resultat dafür ist, daB thatsächlich keine Gonokokken vorhanden sind, sucht der Verf. nach eingehender Berechnung der einzelnen Wahr- scheinlichkeitszahlen auf Grund von Erfahrungen aus der Praxis näher zu treten, Erfahrungen, welche zum überwiegenden Teile gegen und nur zum kleinsten Teile für eine schnelle Ausheilung des latenten infectiösen Processes sprechen. Bei dem sorgfältigsten Gegeneinanderabwägen der schlechten und guten Erfahrungen mit dem negativen Gonokokkenbefund kommt er nur zu dem Resultat, den Wahrscheinlichkeitswert des negativen Gonokokken- befundes auf höchstens 1:3 zu schätzen und damit einen Heiratsconsens, der sich auf diesen negativen Befund stützt, in Anbetracht der selbst durch wiederholte Untersuchungen erreichten geringen Wahrscheinlichkeitszahl vollständig zurückzuweisen.

Trotzdem behält der negative Gonokokkenbefund seinen Wert für die Beantwortung der Frage nach einer Heirat, da sicher eine Harmnröhren- entzündung ohne nachweisbare Gonokokken weniger infectiös und schwerer übertragbar ist, als ein Tripper mit leicht nachweisbaren Gonokokken. Auch bei negativem Befund darf der Arzt nach Ansicht des Verf.’s in keinem Falle die Verantwortung dafür auf. sich nehmen, daß der Tripper infectiös ist. Für die Beurteilung des einzelnen Falles sind außer dem Gonokokken- befund die mikroskopische Beschaffenheit des Secrets, eventuelle Complica- tionen, Alter des Trippers, Häufigkeit der Infection und der Recidive von Bedeutung. Hauptsächlich sind aber bei der Antwort auf die Heiratsfrage drei Punkte zu berücksichtigen: 1) Der Patient ist verpflichtet, die chronische Entzündung der Harnröhre durch sachgemäße Behandlung beseitigen zu lassen, auch für den Fall, daB dauernd keine Gonokokken gefunden werden. 2) Ist es nicht gelungen, den Tripper zu beseitigen, so ist dem Patienten der Sachverhalt zu schildern und ihm selbst die Entscheidung zu überlassen. 3) Entscheidet sich der Patient für die Heirat, so ist ihm einzuschärfen, daß er sich als infectionsfähig zu betrachten und geeignete Vorsichtsmaß- regeln beim Beischlaf zu beobachten hat. Als solche werden empfohlen: Uriniren vor jeder Cohabitation, Vermeidung des zu häufigen und besonders des unmittelbar hintereinander wiederholten Beischlafes, Scheidenausspülung, falls der Coitus in kürzerer Zeit als einem Tage wiederholt wird. Verf. will bei Befolgung dieser Vorschriften sogar die Infection der Ehefrau verhütet

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gesehen haben, wenn der Ehemann sich außerehelich infieirt und trotzdem den ehelichen Verkehr fortgesetzt hatte.

Zur Kritik des Neisser’schen Gonokokkenstandpunuktes bemerkt Kr. weiter, daß, falls Neisser wirklich sich bei negativem Befund in seiner Diagnose nie getäuscht habe, wie er dies brieflich versicherte, dieser Um- stand auf die hervorragende und unvergleichliche Fähigkeit Neisser’s in der „Producirung* und Auffindung der Gonokokken zurückzuführen sei. und daß er selbst und die Mehrzahl der Aerzte und Specialisten eingestehen müsse und eingestehen könne, daß sie in diesen Fähigkeiten hinter einer solchen Autorität wie Neisser zurückständen. Ueberaus wichtig sei es, öffentlich zu constatiren, daB für das Gros aller Aerzte der negative Gono- kokkenbefund nicht das sein könne, was er für einen Neisser ist. Das Dogma vom beweisenden Werte dieses Befundes, das jetzt nicht nur Gemein- gut der Aerzte, sondern auch des Publikums geworden sei, veraulaßt die Patienten zu falscher, sich oft böse rächender Zuversicht, die Aerzte zu allzu frühzeitiger Einstellung der Behandlung. Es verhindert damit direct die Heilung des Trippers. Auf die weiteren Ausführungen des Verf.'s, welche den von Neisser erhobenen Vorwurf des Persönliehen betreffen, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Hervorhebung verdienen noch manche Nebenbemerkungen, wie die, daB es noch unsicher ist, ob nicht auch die nicht gonokokkenhaltige, postgonorrhoische Harnröhren- entzündung des Mannes für die Frau infeetiös sein könne, und besonders das wichtige Zugeständnis, daß die Behandlung sich nicht nur gegen die Gonokokken, sondern auch gegen den pathologischen Proceß als solchen richten solle. Julius Jacobsohn (Berlin).

B. Goldberg: Zur Behandlung schwerer gonorrhoischer Strieturen der Harnröhre. (Deutsche Med.-Zeitung, 24. März 1898.)

‚Verf. hat in den letzten Jahren 20 schwere (d. h. sehr enge und mit Complicationen einhergehende) Strieturen behandelt. War Gonorrhoe die Ursache, so handelte es sich stets um multiple Verengerungen. Wichtig für den Erfolg ist, daB jeder Reiz, also sowohl der chemische, wie der bacterielle eliminirt wird. Ersteres läßt sich am besten durch Anwendung sterilisirten Olivenöls, letzteres durch strengste Asepsis in der von Kutner, Frank, Alapy und Schimmelbusch proclamirten Methode durchführen. Bezüglich der Asepsis der Kranken ergeben sich mehrere Möglichkeiten, die zu ver- schiedenem Vorgehen veranlassen. 1) Ist der Harn steril, Harnröhre nicht infieirt und besteht keine Retention, so läßt man den Patienten einen Teil des Harns entleeren, spült die vordere Harnröhre mit 200 ccm 3proc. Bor- säure aus und dilatirt. Bei Retention katheterisirt man, füllt die Blase mit 200 cem Borsäure und dilatirt. 2) Ist der Harn steril, Urethra inficirt (2 Fälle), so dilatire man nach Ausspülung der Harnröhre mit einem Anti- gonorrhoicum. 3) Ist die Blase inficirt, die Harnröhre dagegen nicht und Katheterismus möglich, so spüle man die Harnröhre mit Borsäure aus,

—r— mee EEN ` eege, ` emm, e, A ten EE nmel er ss, Fee run mme, mg

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katheterisire, spüle die Blase mit 3proc. Borsäure- und 1°/o Höllenstein- lösung, fülle die Blase mit 100 ccm einer 3proc. Borsäurelösung und dilatire. 4) Ist Blase und Harnröhre inficirt und der Katheterismus möglich, so spüle man die Harnröhre mit 3proc. Borsäurelösung, katheterisire, spüle die Blase wie sub 3, spüle dann mit dünner Höllensteinlösung die Urethra und ver- falıre weiter wie sub 3. 5) Ist die Blase inficirt, Urethra rein, Katheterismus unmöglich, so ist zunächst interne Antisepsis (Salol 3—4 g, Chinin 1g, Urotropin 3 g pro die), dann Einlegen einer Verweilbougie indicirt, später wie sub 3. 6) Ist Blase und Harnröhre inficirt und Katheterismus unmöglich, so interne Antisepsis und Ausspülung der Urethra ohne Katheter. Besteht complete Retention, so ist Eröffnung der Blase indieirt; wo nicht, so mache man dann die Urethrotomia interna oder die graduelle Dilatation. Bei Durch- führung dieses Verfahrens werden nicht nur bestehende Haminfectionen geheilt, sondern auch Verweilkatheter gut vertragen, ohne daß Infection eintritt. Auch der Reiz ist bei dieser Behandlungsmethode em vergleichs- weise geringer. HL

Reginald Harrison: Clinical remarks on Stricture of the Urethra. (The Lancet, 23. April 1898.)

Verf. teilt sämtliche Urethralstrieturen ein in 1) Strieturen, in welchen durch Dilatation irgend welcher Art behandelt wird; 2) solche, in denen andere Maßnahmen nötig sind, und 3) solche, die durchaus impermeabel sind. Bei der Feststellung der ersten Categorie, die in der Regel leicht zu behandeln sind, ist zu achten a. auf die Lage, b. auf den Grad der Strietur. Für «diesen Zweck empfiehlt Verf. die von ihn vor 15 Jahren angegebenen oben engen und weiterhin dicker werdenden Sonden. Was die zweite Categorie anlangt, so kann hier, zumal nach traumatischen Strieturen, wegen enormer Entwicklung von Narbengewebe die Dilatation, der Art des Un- falles resp. der vorangegangenen Zerreibung, sowie gewisser constitutioneller Reize, die sich selbst bei dem leichtesten Eingriffe äußern, wegen contra- indicirt erscheinen. Verf. führt folgende typische Fälle an:

Fall 1. 42jähriger Mann. 1890 erste Consultation. Nach einer in Folge früheren Trippers erworbenen Strictur Harnverhaltung, welche durch Metall- bougies beseitigt wurde. Seitdem katheterisirte er sich zuweilen mit, zu- weilen ohne Ergebnis. Urin wurde im schwachen Strahle gelassen, sonst aber befand sich Pat. völlig gesund. Die Untersuchung ergab einen Blind- sack neben der Harnröhre, wahrscheinlich einen falschen Weg. Durch interne Urethrotomie wurde die zum Blindsack führende Leiste zerschnitten seitdem ist dem Pat. die Bougirung stets gelungen.

Fall 2. 30jähriger Mann. 1893 Quetschung der hinteren Harnröhre durch Aufstoßen auf den Sattelknopf. Dilatation der consecutiven Strietur wurde regelmäßig mit Harnretention beantwortet. Interne Urethrotomie. Seitdem gelingt die Bougirung, ohne daß die frühere Reaction eintritt.

Full 3. 50jähriger Afrikaner. Mehrfache Malaria durchgemacht. Außer- dem bestand eine leicht dilatable Strietur. Nach jeder Bougirung erlitt Pat.

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einen schweren Malaria-(Urethral-)Fieberanfall trotz prophvlactischer Chinin- verabreichung. Nach Ausführung der internen Urethrotomie gelangen spätere Bougirungen ohne die übliche Fieberreaction.

Verf. empfiehlt für derartige Fälle die interne Urethrotomie mittelst Maisouneuve’s Urethrotom nach vorheriger interner Verabreichung von Boracit behufs Sterilisirung des Urins. Sorgfältg ist darauf zu achten, dab das Messer nur die hindernden Stränge und nicht etwa den Blasenhals an- schneidet; in letzterem Falle können lebhafte Blutungen eintreten. Die gründliche Durehschneidung ist durch sofortige Durehführung dieker Metall- bougies, am besten mit Olivenende, zu controliren. Nach der Operation Auswaschung der Blase mit Sublimat 1:6000, hiervon bleibe eine Unze behufs Sterilisirung des Urins in der Blase. Die Instrumente werden mit 3proc. Carbolvaseline bestrichen. Bei Blasenatonie rät H. in den ersten Tagen Einlegung eines Dauerkatheters. Die Erfolge der unter diesen Cautelen ausgeführten Operation sind sehr günstig. Impermeable Strieturen im eigent- lichsten Sinne können nur dureh grobe Verletzungen der Harnröhre mit Fistelbildung entstehen; die sogenannten impermeablen Strieturen sind fast stets zu entriren, erfordern allerdings sehr viel Geduld und Geschicklichkeit. Nur in ganz seltenen Fällen mub man auf die externe Urethrotomie reeurriren.

H. L.

Blake White: The treatment of the urethral strictures. (Journal of cutaneous and urinary diseases, April 1898.)

Verf. warnt vor einseitiger Untersuchung der Strieturen, wodurch schwere Mißgriffe und Fehldiagnosen herbeigeführt seien. Oft wird durch die erste Untersuchung mehr geschadet, und insbesondere strieturirende Schwellungen, welche die Harnentleerung behindern, dadurch veranlaßt. Strengste Diät in bekannter Weise ist den Patienten anzuempfehlen. Von den alten Methoden hat man die Cauterisation und foreirte Divulsion als auf die Dauer eher schädlich als nützlich verlassen und verwendet gegen- wärtig D) unterbrochene allmähliche Dilatation, 2) continuirliche allmähliche Dilatation, 3) interne, 4) externe Incision, 5) Electrolyse der Harnröhre. Was die letztere anlangt, so glaubt Verf., daB sie nur einen, den Spasmus des die Strietur der Harnröhre umgebenden Teiles beruhigenden Eintlub, nicht eine wirkliche Transformation des Gewebes veranlasse. Bezüglich der internen Urethrotomie rät Verf. mit Keyes, dieselbe weniger bei ganz engen, als vielmehr unelastischen Strieturen auszuführen, und zeigt an einem Beispiel, daß scheimbar impermeable Strieturen binnen wenigen Tagen ohne Blutung zur stärksten Weite gebracht werden können. Hieraus ist zu schlieben, dab in derartigen Fällen der Spasmus einen nicht geringen Anteil an dem Zustandekommen der Impermeabilität der Urethra besitzt. Es er- giebt sich hieraus die Lehre, niemals ohne Cocam zu untersuchen, da der Spasmus seinerseits häufig eine Folge der besonders in den erkrankten Partien erhöhten Schmerzhaftigkeit der Harnröhre sei. Bestehen wirkliche impermeable Strieturen. so mache man interne Urethrotomie; bei sogenannten weiten Strieturen empfiehlt sich die Anwendung des Otis’schen Urethro-

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toms, ohne daß solche Dehnungen nötig sind, wie sie O. anrät. Den Be- schluß des Aufsatzes bildet die Reproduction eines von Verf. früher an- gegebenen, dem Lüer’schen Urethrotom ähnlichen Instruments. H. L.

Inguianni: Ueber die Anwendung eines neuen Instruments für die externe Urethrotomie bei Perinealabscess nach chronischer Urethritis und veralteter Strictur. (Central- blatt für Chirurgie, 16. April 1898.)

Verf. empfiehlt ein bei externer Urethrotomie anzuwendendes Instru- ment zur Erweiterung von Strieturen. Dasselbe ist bestimmt, bei dem Perinealschnitt die Oeffnung der Urethra in der Wunde zu finden und einen Katheter über dieselbe in die Blase zu führen. Es besteht 1) aus einer 11 cm langen, am Ende etwas gebogenen Stahlsonde No. 8, an der Convexität leicht gerieft, 8) einem dünnen 18 cm langen Metallstift, der am perinealen und distalen Ende ausgebohrt ist, am perinealen, um eine später zu ent- fernende schützende Metallhülse zu tragen, am distalen, um 3) einen dünnen gleichkalibrigen Metallstift von der Länge eines gewöhnlichen Katheters aufzunehmen. Die drei Teile werden zusammengeschraubt und darüber ein auf beiden Seiten offener Katheter geleitet, Der Vorteil des Instruments soll darin bestehen. daß man von allen Oeffnungen gesondert sondiren kann, so daß, ohne irgend welche Verletzung der Harnröhre, von der Perineal- wunde aus der Weg zur Blase gefunden wird. H. L.

Robert Newman: Results of chemical electrolysis versus Divulsion or cutting in the treatment of urethral stric- tures. (Thei-I-kwai-Medical journal, 20. Februar 1898.)

Verf. empfiehlt seine Methode, die er seit 30 Jahren ausführt, gegen- über anderen ähnlichen Verfahren. Gleichzeitig weist er darauf hin, dab die J. A. Fort'sche Linear-Electrolvse nichts ist, als eine Modification der von John Butler 1874 angegebenen Methode. Für Strieturen verschiedenen Kalibers ist das Fort’sche Instrument schon deshalb unbrauchbar, weil sein Platinstück stets den gleichen Umfang besitzt. Die Wirkung des Fort- schen Instrumentes beruht, wie Verf. durch zwei Experimente nachweist, nicht auf Electrolyse, sondern auf Divulsion der Sehleimhaut. Verf.’s eigene Methode beruht nicht auf Cauterisation oder Divulsion der Urethralschleim- haut. sondern auf „Erweichung durch einen schwachen electrisehen Strom“. Ueber den günstigen Erfolg existiren Mitteilungen von 300 Krankengeschichten, die Verf. in mehreren Serien publieirt hat. Reeidive werden bei sorgfältiger Durchführung der Behandlung nicht beobachtet. H. L.

Lang: Strictura urethrae. Electrolytische Behandlung. (Wiener med. Presse, 17. April 1898.)

Verf. berichtet über folgenden Fall: 35Jähriger Patient. Seit neun

Jahren Tripper, Strictur der Pars pendula, bei Erectionen starke Verbiegung

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des Gliedes. Urethra für No. 9 permeabel. Nach Sondirungen stellten sich Schüttelfröste ein, so daß Patient sich der Behandlung entzog und erst nach Exacerbation der Beschwerden sich wieder in Behandlung begab. Harnröhre an den engsten Stellenmaßen mit 1/—4 M.-A. Strom mittelst der Lang'schen Sonde behandelt. Nach einem Urethralfieber von wenigen Tagen wurde die Urethra, nunmehr für Sonde No. 19 durchgängig, bougirt und Patient als gebessert entlassen. Leider hat er sich der weiteren ambu- latorischen Behandlung entzogen. H. L.

Audry: Urethrectomies und Ureihrotomies. (Progres ıned. 1898, No. 4 und 5.)

Verf. empfiehlt für alle permeablen Strieturen zunächst die Urethro- tomia interna; bei impermeablen oder mit Eiterung complieirten Strieturen versucht man zunächst das Otis’sche Verfahren. Ist dieses erfolglos, so gehe man zur Urethrotomia externa über. Nach derselben lasse man den Verweilkatheter zehn Tage liegen. Handelt es sich um alte Narben, so schließe man die Harnröhre primär durch Etagennaht. Nach der Heilung ist eine mehrmonatliche Behandlung indicirt. Resection größerer erkrankter Partien der Harnröhre. Geringe Defecte empfiehlt Verf. durch Transversal- naht zu vereinigen, bei Wundinfiltration dagegen die Wunde offen zu lassen. Bei ausgedehnten Stricturen empfiehlt sich Ausführung der Urethrotomie.

H. L.

Zuckerkandl: Eine modificirte Urethrotomia externa wegen gonorrhoischer Strictur. (Wiener med. Blätter 1898, No. 21.)

Einen solchen Patienten stelte Z. in der K. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien vor. Die Entrirung tief gelegener Strieturen der Harnröhre bereitet oft große Schwierigkeiten, ja sie kann ganz unausführbar sein. Die ge- wöhnliche Urethrotomia externa zur Beseitigung solcher Verengerungen ist mit starker Blutung aus dem Corpus cavernosum urethrae complitirt und das Eindringen in die Strictur gelingt oft auch von rückwärts nicht. Verf. hat eine modificirte Operationsmethode angegeben, wobei er von der Er- fahrung ausging, daß gonorrhoische Stricturen den Compressor urethrae nicht überschreiten. Die Operation besteht in Kurzem in der Ablösung des Mastdarmes nach Dittel, Eröffnung der Pars membranacea und retrograder Durchtrennung der Strictur. Bei dem vorgestellten Patienten handelte es sich um eine Strietur im bulbo-perinealen Anteile, welche für keine Sonde durchgängig war. Immerwahr (Berlin).

Siegheim: Ueber Endocarditis gonorrhoica. (Zeitschrift für klin. Medicin, Bd. 34, Heft 5 und 6.) Im Anschluß an die bekannten Fälle von Leyden, Finger u. A. be- richtet Verf. über folgenden Fall: Pat. klagt seit 14 Tagen fiber Schmerzen im Leibe, Erbrechen, seit 14 Tagen täglich Mittags Sehüttelfrost. Untersuchung

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ergab systolisches Geräusch an der Trienspidalis. Ehemann hatte vor 21/, Monat Tripper acquirirt, vor dessen Ausheilung er den Coitus mit seiner Frau aus- geübt hatte. Die weitere Beobachtung dieser ergab systolisches Geräusch an der Mitralis und diastolisches über der Aorta. Das Fieber nahm in den folgenden Wochen zu, es wurden besonders viele erratische Schüttelfröste beobachtet. Nach Entwicklung von Dyspnoe, Hämaturie und Lungenödem, Vaginitis purulenta. Tod sechs Wochen nach Beginn der Erkrankung. Die Section ergab folgende Diagnose: Endocarditis proliferans ulcerosa valv. aort., Myocarditis, Oedema pulmonum, Nephritis, Hepatitis parenchymatosa, Endo- metritis, Cystitis purulenta. Präparate aus intra vitam entnommenem Venen- blute auf Kiefer’schen Nährboden, Agar-Agar und Peptonbouillon gemacht, blieben steril, ebenso aus dem post mortem entnommenen Blute der Ven- trikel und durch Abstrich aus der Mitte der endocarditischen Auflagerungen. Mikroskopisch konnte man dagegen aus den betreffenden Präparaten Diplo- kokken mit allen Reactionen des Gonococcus nachweisen. Trotz des negativ ausgefallenen Culturversuches, der durch die Empfindlichkeit des Gonococcus gegenüber jeder unter oder über 38—390 C. liegenden Temperatur erklärt ist die Section wurde erst 15 Stunden p. m. gemacht —, glaubt Verf. die mikroskopischen Befunde als Beweis dafür ansehen zu müssen, daß es sich hier um Endocarditis gonorrhoica gehandelt habe. Aus diesem, sowie aus anderen vom Verf. referirten Fällen ergiebt sich, daß die Endocarditis gonorrhoica auch olime Gelenkerkrankung, was früher bestritten wurde, vor- kommen kann; bemerkenswert und für die Diagnose wichtig ist ferner das Versiegen des Ausflusses bei Beginn der Erkrankung; letzterer erscheint erst auf der Höhe derselben wieder. Die Localisation betrifft in der Mehr- zahl der Fälle die linke Herzhälfte. Fieberhaft verlaufen nur die schweren Formen der Erkrankung, im Allgemeinen sind jedoch alle Uebergänge vom leichtesten bis zum schwersten Fieber vorhanden. Von Complicationen werden besonders Pericarditis und Purpura haemorrhagica beschrieben. Die Prognose ist um so ungünstiger, je höher das Fieber und je schlechter das Allgemeinbefinden sich gestaltet, die Therapie ist wesentlich prophylactisch.

H. L.

Emery: Periarthritis der Handgelenke in Folge von Blen- norrhoe. (Societe de dermatologie et de syphiligraphie zu Paris, April 1898. Semaine méd., 23. April 1898.)

Verf. stellte der Societe de dermatologie zu Paris einen Patienten vor, welcher an Periarthritis der Handgelenke in Folge von Blennorrhoe litt. Die Röntgenphotographie der Läsionen zeigte, dab die Schwellung nur auf Schwellung des Bindegewebes und des fibrösen, periartieularen Gewebes zurückzuführen ist. Die Epiphysen der Knochen selbst waren völlig un- . versehrt. In der sich an die Demonstration anschließenden Diseussion be- zweifelt Herr Jaquet, dab man aus den Röntgenphotographien diese letztere Erklärung entnehmen könne. In einer Beobachtung, welche er selbst ge- macht und in welcher es zur Autopsie gekommen ist, fand sich starke

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Hyperostose des Calcaneus nach einer Arthritis blennorrhoica. In einem späteren Falle, in welchem Röntgenaufnahmen der erkrankten Gelenke ge- macht wurden, schien gleichwohl hervorzugehen, daß der Calcaneus intact war. Auf Grund dieser von einander abweichenden eigenen Beobachtungen glaubt Verf., daß in einigen Fällen Knochenerkrankungen jüngeren Datums vielleicht nicht so undurchsichtig für Röntgenstrahlen seien, wie dies be- kanntlich bei älterer Periostitis und Östitis der Fall ist. H.L.

Guépin et Lozė: De la nécessité du traitement étiologique des arthrites urétrales. (La France médicale, 18. März 1898.)

Verff. raten in Fällen von Arthritis blennorrhoica nicht allein diese zu behandeln, sondern vor Allem, selbst dann, wenn es sich um keine manifesten Erscheinungen in der Urethra handelt, auf die eventuelle Behandlung des Trippers, als des ätiologischen Momentes, sein Augenmerk zu richten. Diese Ansicht wird durch folgenden Fall illustrirt: 25jähriger Patient, März 1897 zum ersten Male infieirt. Der Tripper nahm zunächst einen normalen, mäßig milden Verlauf; in Folge von Diätfehlern später mehrere Recidive und am 2. Juni Epididymitis dextra. Bettruhe. Während derselben beginnt sich eine Gonitis dextra zu entwickeln. Trotz vierwöchentlicher Bettruhe, und obwohl die Harnröhre scheinbar inzwischen normal geworden war, Persistenz der Gonitis und Epididymitis. Da die Leiden nicht nach- ließen, wurde G. consultirt, der eine Strietur fand. Nach Behandlung dieser letzteren schnelle Heilung der Arthritis und des sehr verschlechterten All- gemeinbefindens. H. L.

Kahane: Die Erkrankungen des Nervensystems bei Gonor- rhoe. (Wiener med. Wochenschrift 1896.)

Verf. hat die Erkrankungen des Nervensystems bei Gonorrhoe zum Gegenstand einer sehr sorgfältigen Studie gemacht, auf die ausführlich ein- zugehen es sich wohl lohnt:

Compliceationen des Trippers entstehen 1) per contiguitatem, 2) durch äußere Infection (Gonorrhoe anderer Schleimhäute), 3) auf dem Wege der Blutbahn, eigentliche Metastasen. Die Kenntnis von dem Wesen der Nerven- erkrankungen bei Gonorrhoe ist noch ziemlich jung, etwa 30 Jahre. Die erste zusaimmenfassende Darstellung rührt von Raymond her (1891). Im Anschluß an diese referirt K. in sorgfältiger Weise über die Beobachtungen des letzten Jahrzehntes, und zwar über die Erkrankung des Gehirns, seiner Hüllen und der Hirnnerven, des Rückenmarkes, seiner Hüllen und der spinalen Nervenwurzeln, der peripheren Nerven bei Gonorrhoe, endlich die trophischen Störungen und funetionellen Neurosen. Was die Deutung des relativ geringen und unvollständigen Beobachtungsmaterials anlangt, so handelt es sich am häufigsten um Erkrankung der peripheren Nerven und des Rückenmarks und seiner Hüllen, ganz selten um Erkrankungen des Gehirns und der Meningen. Sehr schwierig ist die Beantwortung der Frage,

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ob die betreffende Krankheit des Nervensystems wirklich mit der Gonorrhoe in ursächlichem Zusammenhange steht, zumal da in den Fällen, in welchen anatomisch untersucht wurde, niemals der Gonococcus gefunden worden ist. Die anatomischen Läsionen boten bei Gehirnkrankheiten und Rückenmarks- leiden nichts Specifisches dar. Indessen ist, da der Gonococcus ja auch in die Tiefe des Gewebes dringt, dies keineswegs ausgeschlossen; ebenso ist die Möglichkeit des Entstehens einer Trombophlebitis (z. B. der A. foss. Sylvii) nach Wertheim’s Untersuchungen nicht zu bestreiten; sehr dunkel dagegen ist die Pathogenese eventueller Rückenmarksleiden, da hier nie Thromben etc. nachweisbar waren. Ebenso dunkel ist die Aetiologie der peripherischen Nervenerkrankungen, mag man sie sich nun (da der Gono- coccus selbst noch nicht nachgewiesen ist) als Folge einer Mischinfection oder als in Folge von Reizerscheinungen durch Toxinwirkung entstanden vorstellen. Die Frage, die Verf. weiterhin zu beantworten sucht, wie die Erkrankungen zu Stande kommen, ob per contiguitatem oper per metastasin, ist eine rein academische. Die Pathogenese der Nervenläsionen ist möglicher Weise auf Mischinfeetion begründet. Symptomatologisch. bieten die Gehirn-, Gehirnnerven- und Geisteskrankheiten nichts besonders Characteristisches. Die Rückenmarksaffeetionen sind besonders häufig bei Männern, besonders häufig in Zusammenhang mit Arthropathie. Symptome und Verlauf haben nichts Specifisches. Motilitätsstörungen sind bald vorhanden, bald fehlen sie, die Patellarrellexe dagegen in der Regel gesteigert.

Was die trophischen Störungen, bei denen man Spinalaffection an- nehmen könnte, anlangt, so kommen dieselben in der Regel zugleich mit selenkentzündungen anderer Pathogenese vor; bei letzteren fehlt indes Sphincterenlähmung, ebenso ist die Sensibilität intact. In Betracht kommen also erstens diese letzteren, sowie jene Fälle, in welchen es sich überhaupt um keine Gelenksentzündungen handelt. Auch die Neuritiden bei Gonorrhoe sind ihrem Wesen nach noch sehr unklar. Ob die gelegentlich vorkommen- den Exantheme Angioneurosen oder Mischinfeetionen darstellen, ist noch völlig dunkel. Die Prognose ist gewöhnlich dubiös, fatale Ausgänge nicht selten.

Verf. resumirt:

1) Gonorrhoeische Nervenleiden sind nicht häufig, jedoch nicht ganz selten.

2) Pathogenese ist noch völlig dunkel.

3) Existenz jedoch möglich, da sie ja bei Pyämie vorkommen und es auch eine Gonokokkenpyämie giebt.

4) Letztere ist erklärt durch die Fähigkeit der Gonokokken, eine Thrombophlebitis zu erzeugen.

5) Specifisches haben alle diese Nervenerkrankungen nicht.

6) Gewisse Spinalsymptome sind nicht nur als Folgen von Gelenk- erscheinungen zu betrachten, da sie auch ohne diese auftreten. H. L.

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Ill. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

-oe

Ehrmann: Fall von recidivirender Sclerose und Rupia syphilitica. (Wiener med. Blätter 1898, No. 20.)

E. stellte einen solchen Patienten am 11. Mai im Wiener medic. Club vor. Patient hatte Anfang Januar 1898 eine Sclerose an der Lamina interna praeputii, nach vier Wochen war neben der Sclerose ein typisches maculöses Exanthen neben Rupia syphilitica an versehiedenen Körperstellen vorhanden. Patient hatte Kopfschmerzen, indolente Inguinaldrüsenschwellungen, am Scrotum eine nässende, nicht besonders derbe Erosion. Nach 20 Einreibungen verschwanden die Erscheinungen. Anfang Mai traten wieder Rupiaeftlo- rescenzen auf dem Sternum, in den Deltoidesgegenden, am Unterschenkel und an der Penishaut neben einem maculösen Syphilid, Papeln der Kopfhaut und characteristischer Alopecia syphilitica auf. An der Stelle der früher am Scrotum bestehenden Erosion befand sich eine typische, plattenförmige, an der Oberfläche uleerirte Selerose. Dieser Fall ist deshalb von Wichtigkeit, weil gleichzeitig mit den Syphiliden ulceröse Formen aufgetreten sind, und weil jetzt bei dem zweiten Auftreten des Fxanthems an einer Stelle, wo früher vielleicht ein Analogon einer Sclerose, aber gewiß keine typische Sclerose bestand, eine typische große Sclerose aufgetreten ist. In gewissen Fällen recidivirt die Sclerose an denselben Stellen, wo früher der Primär- affect sab, namentlich in solchen, wo die Selerosirung nicht vollständig verschwand. Häufig kommen mit dieser neuerlichen Induration frische Recidive des Exanthems vor. Die Constatirung dieser Thatsache ist deshalh von Wichtigkeit, weil solche Fälle unter Umständen entweder als neue Infeetionen, also als Reinfeetionen angesehen werden können, wenn in- zwischen eine längere symptomfreie Zeit verstrichen ist, oder aber wenn die ersten Secundärerscheinungen noch nicht geschwunden waren, als so- genannte postinitiale Infeetion angesehen werden. Ehrmann leitet diesen Fall, sowie alle Fälle von Reinduration darauf zurück, daß an Ort und Stelle Reste des syphilitischen Virus vorhanden waren, die dann aber unter ge- eigneten Umständen wieder zur Wucherung gelangten und Sclerosen oder sclerosenähnliche Formen erzeugen. Immerwahr (Berlin).

Alex. Renault: Dermatite professionnelle et syphilide psoriasiforme. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 5. Soc. de derm. et de syph.)

Die Combination von Dermatosen mit Syphiliden giebt zu diagnosti- schen Irrtümern sehr leicht Veranlassung. R. erinnert an die Combination von Pityriasis rosen mit secundären Syphilisexanthemen und von Lichen planus Wilson mit tertiären specifischen Ausschlägen.

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In dem von ihm vorgestellten Fall eombiniren sich ein Gewerbeekzem der Hände und syphilitische Papeln, die auf eine zehn Jahre zurückliegende, ungenügend behandelte Lues zu beziehen sind. Dreyer (Köln.)

Fournier et Haury: Syphilide achromique du cou. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 5. Soc. de derm. et de syph.)

Die 18 Jahre alte Kranke hat vor acht Monaten Syphilis erworben. Die vor etwa sechs Monaten aufgetretenen Hauterscheinungen bestanden in Papeln, die zum groben Teile spurlos verschwanden, teilweise aber braune Flecke an Stirn, Hals, Schultergürtel, Armen und an der Innenseite der Oberschenkel zurückließen.

Auffallend ist indes ein Pigmentsyphilid, das vom Nacken sich auf die seitlichen und vorderen Halspartien ausbreitet und sich am oberen Teil von Rücken und Brust verliert. Die Flecke des Pigmentsyphilids sind von breiten pigmentfreien Zonen, die die Größe eines Franesstückes erreichen, umgeben. Auch die Pigmentflecke an den anderen Stellen tragen einen, aber mäßiger ausgebildeten pigmentfreien Saum. Einzelne Flecke sind voll- kommen pigmentfrei. Für die Genese des gewöhnlichen syphilitischen Leukoderma ist dieses Exanthem von großem Interesse.

Dreyer (Köln).

1) G. Milian: Un cas de syphilis héréditaire tardive. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 5, Soc. de derm. et de syph.) 2) Gemy: Syphilide pigmentaire de forme rare, premiere manifestation d'une syphilis héréditaire tardive. (Ibid.) Der von Milian (l) vorgestellte, 11 Jahre alte Knabe leidet an here- ditärer Syphilis, die vor einem Jahre mit gummösen Geschwüren am rechten Unterschenkel zum ersten Male manifest wurde. Da sonstige Zeichen, die auf Lues einen sicheren Schluß gestatten, nicht vorhanden sind, so sind die Veränderungen der Zähne von besonderer Wichtigkeit: die oberen mittleren Schneidezähne sind schraubenzieherartig geformt, der linke seitliche Schneide- zahn steht zurück, links persistiren der Schneidezahn und Eckzahn des Milch- gebisses noch, der rechte Eckzalın fehlt, und der letzte Molarzahn ist auf beiden Seiten atrophisch. Die Veränderungen der Zähne des Unterkiefers sind unbedeutender. Noch schwieriger gestaltete sich die Diagnose in dem Falle Gemy’s (2). Als das neun Jahre alte Kind in’s Hospital aufgenommen wurde, war weder anamnestisch noch symptomatisch eme Lues festzustellen. Hornhaut-Ge- schwüre wurden auf eine überstandene Variola bezogen. Eigentümliche Pigmenttlecke, die namentlich an den Extremitäten localisirt und von einem breiten pigmentfreien Wall umgeben waren, erlaubten keine bestimmte Dia- gnose. Im Laufe von zwei Jahren, in denen das Kind unterdes ein Auge verlor, entwickelten sich Gummata der unteren Extremitäten, papulöse Syphi- lide des Gesichts u. s. w. Jetzt wurde eine Calomelinjectionskur gemacht, die sämtliche Symptome, auch die Pigmentflecke zum Rüekgang brachte.

Dreyer (Köln).

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Charles Viannay: Syphilis tertiaire du vagin. (Lyon medical 1898, No. 20.)

Nach Mitteilung von sechs Fällen und unter Berücksichtigung der sehr spärlichen Litteratur (Spillmann, Remy, Fournier, Verchère, Barthé- lemy) kommt V. zu folgenden Schlüssen:

1) Die tertiäre Scheidensyphilis ist häufiger, als man bisher annimmt.

2) Dieselbe kann sowohl primär als seeundär das Organ befallen; in letzterem ist der primäre Erkrankungsort die Vulva, nur ausnahmsweise der Uterus (Barthelemy). .

3) Dieselbe tritt auf in Gestalt mehr minder tiefer Geschwüre der Scheidenhaut mit steilen Rändern, ähnlich dem weichen Schanker, sich aber von ihm durch ihre absolute Schmerzlosigkeit und das negative Resultat der Impfung unterscheidend.

4) Sie komnit vorzugsweise bei alten Prostituirten vor, heilt rasch unter Jodkali und bedingt meist keine Missbildung oder Atresie der Scheide.

5) Die Syphilis des vulvo-vaginalen Ringes verursacht in manchen Fällen Narbenschrumpfungen an dieser Stelle. Mankiewicz.

E. Finger (Wien): Ueber das Colles’sche Gesetz und den Choc en retour. (Wiener med. Wochenschr. 1898, No. 20 u. 21.) Finger stellt in seiner Arbeit über das Colles’sche Gesetz und den Choc en retour eine größere Reihe von Thesen auf, welche auch als Grund- lagen für das auf der Naturforscherversammlung zu Braunschweig erstattete Referat dienten.

Es giebt danach zweifellos sowohl eine rein paterne als auch eine rein materne Syphilisvererbung. Die rein materne Syphilis kann sich auf den Fötus sowohl ovulär (nicht erwiesen, nur durch Analogie mit der spermati- schen Vererbung zuzugeben) als auch posteonceptionell, per placentam, über- tragen (letzteres durch eine Reihe exacter klinischer Beobachtungen erhärtet). Die Syphilis der Mutter, selbst im letzten Graviditätsmonate acqwirirt, ver- mag auf den von gesunden Eltern gezeugten Fötus in utero noch überzu- gehen. Der Aufenthalt eines ex patre syphilitischen Fötus im Uterus einer gesunden Mutter kann sich bei dieser in verschiedener Weise äußern.

Entweder die Mutter wird syphilitisch conceptionelle Syphilis Choc en retour. Die Möglichkeit des Choc en retour, die Retroimfection der Mutter von dem ex patre syphilitischen Fötus ist theoretisch nach Analogie mit der posteonceptionellen fötalen Infection gegeben, die That- sache aber bisher nieht erwiesen und ein exacter Beweis wahrscheinlich überhaupt nicht zu erbringen. Es gilt dieses nicht nur für die frühzeitige conceptionelle Syphilis (Auftreten unvermittelter, von Primäraffeet nicht eingeleiteter secundärer Erscheinungen während der Gravidität), sondern auch für die tardive conceptionelle Syphilis (Auftreten unvermittelter, weder von Primär- noch Seceundärsymptomen eingeleiteter tertiärer Syphilis).

Oder aber die Mutter wird nicht syphilitisch, sondern, wie in der Mehrzahl der gesund bleibenden Mütter ex patre syphilitischer Kinder, sie

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erwirbt während und durch diese Gravtdität eine Immunität gegen Syphilis- infection (Colles’ Gesetz). Oder endlich, in einer kleinen Zahl einwands- freier Fälle, die Mutter bleibt völlig gesund und durch die Syphilis des Fötus im Uterus so wenig beeinflußt, daß sie nach der Geburt des syphiliti- schen Kindes von diesem oder auf anderem Wege syphilitisch inficirt zu werden vermag. In analoger Weise, wie die Mütter von ihren ex patre syphilitischen Kindern, erwerben auch von syphilitischen Eltern gezeugte Kinder, die der Syphilis entgehen, Immunität gegen Syphilisinfeetion (Profeta’s Gesetz).

Es ist wohl zweifellos, daß diese Immunität als etwas von der Syphilis Verschiedenes, als Wirkung per placentam diffundirter Toxine von dem kranken zu dem gesunden Teil anzusehen ist. Die Placenta ist in einer Gruppe von Fällen durchlässig für das Virus, und zwar sicher in der Richtung von Mutter zu Kind; wahrscheinlich, jedoch unerwiesen, in der Richtung vom Kind zur Mutter. In anderen Fällen ist die Placenta für das Virus undurchlässig, durchlässig aber für die immunisirenden Toxine, sowohl in der Richtung von Mutter zu Kind, als auch umgekehrt. Wieder in einer anderen kleinen Gruppe von Fällen läßt die Placenta weder Virus noch immunisirende Toxine durch, der gesunde Organismus bleibt vom kranken unbeeinflußt. Unter welchen Bedindungen nun bald der eine, bald der andere Fall eintritt, entzieht sich bisher unserer Einsicht.

Uebrigens ist eine Reihe von Ausnahmen sowohl von dem Colles- schen (21 Fälle) als von dem Profeta’schen Gesetz (15 Fälle) bekannt ge- worden. Es erscheint daher auch fraglich, ob das Stillen der ex patre syphilitischen Kinder durch ihre gesunden Mütter noch fernerhin als völlig gefahrlos empfohlen werden darf.

Nach alledem muß man zu der Erkenntnis kommen, daß die Vererbung der Syphilis an keine unumstößlichen Gesetze gebunden ist. Wohl können wir, auf Grund großer gleichartiger Beobachtungsreihen, gewisse in der Mehrzahl giltige Regeln ableiten, aber diese Regeln sind alle nicht unwesent- lichen Ausnahmen unterworfen, für die die letzte Ursache aufzudecken, uns bisher nicht vergönnt gewesen ist. Ernst Samter.

Jordan (Moskau): Ueber den Wert des Haemolum hydrar- gyrojodatum als antisyphilitisches Mittel. (St. Peters- burger med. Wochenschrift 1898, No. 20.)

Verf. teilt sieben Krankengeschichten mit, in denen das Jodquecksilber- hämol in der Dosirung von 80 auf 50 Pillen (in allmählich steigender Dosis 6—10 Pillen täglich) dargereicht wurde; in einem Falle mußte das Mittel wegen Speichelflusses sehr bald aufgegeben werden. J. hat den Eindruck bekommen, daß es bei Leuten mit gutem Verdauungsapparat verhältnismäßig wenig unangenehme Nebenerscheinungen macht, den Allgemeinzustand in trefflicher Weise hebt, aber nur bei sehr leichter Syphilis allein genügend ist, diese zum Schwinden zu bringen. Bei anämischen Patienten ist die Verabfolgung des Hämol für sich allein neben den üblichen antiluetischen Mitteln empfehlenswert. R. Rosenthal (Berlin).

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IV. Penis ete.

Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

nm ——

Eduard Deutsch (Wien): Ueber Symposthion. (Aus „Mitteilun- gen aus der Abteilung des Prof. E. Lang im k. k. allgemeinen Krankenhause“. Wiener med. Presse 1898, No. 19.)

Die Verwachsungen des inneren Präputialblattes mit der Glans, für welche Lang den Ausdruck „Symposthion“ gewählt hat, haben für den Syphilidologen ein bedeutendes Interesse, insofern als sie selten totale, sondern sehr oft nur partielle sind und in Folge dessen zu Nischen- und Recessusbildungen Anlaß geben, in welche venerisches und blennorrhagisches Secret eindringen und hier eine neue Infection veranlassen kann.

Zwei in letzter Zeit zur Beobachtung gelangte Fälle dieser Art gaben Gelegenheit zu einem operativen Eingrifl. Bei dem einen 16 Jährigen Patienten mit Gonorrhoe war die Glans nur in einem Unikreise von ungefähr 5 mm um das Orificium herum frei. Dem Frenulumansatz entsprechend fand sich jederseits ein Recessus, in welchen die Sonde tief eindringen konnte, und aus dem sich auch gonorrhoischer Eiter entleerte. Der zweite Fall betraf einen 2öjährigen Patienten mit ulcerirtem Infiltrat am Frenulum und Ver- wachsung der Glans mit dem Präputium, bei dem gleichzeitig eine Bubo- Operation vorgenommen werden mußte.

Es handelte sich bei Ausführung der Operation darum, das innere Blatt des Präputiums von der Glans abzupräpariren, was so weit fortgesetzt wurde, bis die Vorhaut bis über den Suleus retrahirt werden konnte. Dann wurde der freie Rand des Präputiums mittelst fortlaufender Naht mit der frisch blutenden Fläche hinter dem Sulcus ringsum vernäht und der frei bleibende Teil der Heilung per granulationem überlassen. In dem ersteren der beiden Fälle kam es doch wieder zu Verwachsungen; dieselben wurden abermals gelöst, der freie Rand des Präputiums in die blutende Fläche hinter dem Sulcus fortlaufend eingenäht und nun die frisch blutende Fläche mit Thiersch’schen Läppchen belegt, die zum größten Teile haften blieben. Im zweiten Falle wurde, um eine neuerliche Verwachsung zu verhüten, in gleicher Weise vorgegangen und die Wundtläche der Glans gleichfalls mit günstigem Erfolge transplantirt. Die weitere Nachbehandlung bestand in dreitägiger Fixirung der Läppchen mit sterilen Gazestreifen, dann Bepinseln der Lamellen mit Iproc, Argentumlösung mit nachfolgendem Dermatol- oder Jodoformsalbenverband. Ernst Samter.

Hottinger: Ueber erworbene Verengerung des Orif. ext. ureihrae und des vorderen Teils der Harnröhre. (Central- blatt für die Krankh. der Harn- u. Sexualorgane, Bd. VIII, Heft 10.)

Verf. berichtet über eine Form der Verengerung der Urethra, für die eine gleichzeitige Erkrankung der Eichel und ihrer Bedeckung, sowie eine Beteili-

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gung des Anfangsteils der Harnröhre das Characteristische ist. Die Krankheit geht mit einer Verwachsung des Präputiums mit der Eichel oder einer Retraction derselben einher. Es besteht eine sclerotische Verdickung der Haut der Eichel und in Folge dessen ein lederartige, schwartige Beschaffen- aeit derselben. eichzeitig ist de angsteil de arnröhre verdickt. heit derselben. Gleichzeitig ist der Anfangsteil der Harnröhre verdickt etztere er Strang hindurch zu fühlen. sache soll Balanoposthitis Letzterer als harter Str hindurch zu fühlen. Ursache soll Balanoposthit sein. Therapeutisch empfiehlt Verf. in leichteren Fällen Behandlung des Grundleidens, Circumeision ete., in schwereren Fällen blutige oder unblutige Erweiterung des Orificium externum. H. L.

Bazy: Corps étrangers de l'urèthre. (Société de chirurgie zu Paris, 16. März 1898.)

Ein 30jähriger Patient, der an Harnverhaltung litt, hatte sich eine Hut- nadel mit dem glatten Kopf zuerst in die Harnröhre gebracht, dieselbe zu tief hinein gestoßen, so daß sich das spitze Ende, das nach außen lag, in die Pars navicularis einbohrte. Die Extraction gelang leicht durch Frei- machen des spitzen Endes und Ueberschieben einer hohlen Sonde über die Nadel, die mit Ehr entfernt wurde. In einem anderen Fall, in welchem es sich um chronischen Tripper mit Strictur der Pars membranacea handelte, war dem Arzt gelegentlich einer Einspritzung die Spitze der defecten Glas- spritze in die Harnröhre neben der Strictur eingedrungen, ohne daß Patient hiervon etwas ahnte. Urinbeschwerden führten ihn zum Verf., der nach Erweiterung der Strictur und Endoskopirung den Thatbestand feststellte und das Glasfragment entfernte. H. L.

Sänger: Prolapsus urethrae feminalis. (Centralbl. f. Gynäkol., 23. April 1898.)

Der vom Verf. mitgeteilte Fall betrifft eine 71/,jährige Patientin mit Urethralprolaps. Der Prolaps wurde durch circulaire Abtragung der prola- birten Partie mit Nahtumsäumung ohne Kathetereinführung geheilt. Verf. ist gegen Thermocauterisation und macht schließlich auf die Häufigkeit des Prolapses bei Kindern aufmerksam. | H. L.

V. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc.

M. Legendre: Phlébite goutteuse du scrotum. (Le progrès medical 1898, No, 21.)

Ein seit vielen Jahren gichtkranker Mann bekam eines Tages Schmerzen . in der Wurzel des Scrotums. Früher hatte Patient au Leber- und Nieren- koliken, an Trigeminusneuralgie etc. gelitten, welche Leiden alle gichtischen Ursprungs waren. Verf. stellte jetzt die Diagnose auf eine gichtische Phlebitis am Scrotum. Zwei Chirurgen stellten andere Diagnosen und schlugen eine

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Operation vor. In dieser Zeit bekam Patient einen typischen Gichtanfall, während dessen die Anschwellung am Serotum schnell verschwand. Verf. betrachtet diese Phlebitis als eine Periphlebitis ohne Coagulation im Innern der Vene. Immerwahr (Berlin).

A. Rivière: Thyreoidine et impuissance génésique. (Société des sciences médicales de Lyon, April 1898. Lyon médical 1898, No. 21.)

Zwei Patienten R.’s nahmen zur Bekämpfung ihrer Obesitas 3—4 Monate lang täglich 3—4 Thyreoidinpastillen; beide verloren an 15 kg an Gewicht, wurden aber für Monate impotent; später stellte sich die Potentia coeundi wieder ein. Man hat auf der Abteilung Poncet’s dies durch Eingeben von Jodothyrin nachprüfen wollen, doch keinen Erfolg gehabt, vielleicht weil das Menschenmaterial ein anderes war. Bei der jetzigen Hochflut der Organ- therapie verdient dieser Eintluß des Thyreoidins auf die Geschlechtsorgane notirt zu werden; übrigens sei an die lange anerkannten Beziehungen der Schilddrüse zu den (besonders weiblichen) Generationsorganen erinnert. Diese Art therapeutischer Castration erklärt vielleicht die Erfolge mit Thyreoidiu bei Uterusmyomen, besonders solehen mit Blutungen; vielleicht versucht man das Thyreoidin auch gegen die Congestion der Genitalorgane bei Prosta- tikern. Die geringe Menge Jod im Thyreoidin dürfte die obigen Wirkungen wohl kaum hervorgebracht haben. Mankiewicz.

VI. Blase.

Prof. Maximilian von Zeissl (Wien): Die gegenwärtigen An- schauungen über den Blasenverschluss, mit besonderer Berücksichtigung der beiden Arbeiten von Eugen Reh- fisch und von L. v. Frankl-Hochwart und O. Zucker- kandl. (Wiener med. Presse 1898, No. 22.)

Z. bespricht eingehend die Arbeiten von Rehfisch (Ueber den Mechanismus des Harnblasenverschlusses und der Harnentlee- rung) und Frankl-Hochwart und Zuckerkandl (Die nervösen Er- krankungen der Blase). Z. selbst hatte sich schon vor 12 Jahren gegen die Anschauungen Guyon’s und Ultzmann’s gewendet, welche be- haupteten, daß der wirksamere Verschluß der Blase der Sphincter externus und der Compressor urethrae sei, und daß dieser bewirke, daß Secret aus der hinteren Harnröhre nicht in die Urethra anterior abflieben könne, son-

dern daß dasselbe nach der Blase hin den Sphincter internus über- windend regurgitiren müsse. Schon damals ist Z. durch klinische Er-

wägungen dazu gelangt, an der hohen Bedeutung des Compressor urethrae und Sphineter externus für den Blasenverschluß zu zweifeln und das Regur-

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gitiren von Eiter aus der hinteren Harnröhre in die Blase vollständig zu verwerfen; durch Tierversuche konnte er sich ferner davon überzeugen, daß der Sphincter vesicae internus einen sicheren Verschluß der Blase bilde, und daß durch Erschlaffung desselben die Blase eröffnet wird, ohne dab der Detrusor durch seine Contraction die Eröffnung des genannten Muskels herbeiführte.

Z, begrüßt nun die beiden erwähnten Arbeiten mit ganz besonderer Befriedigung, weil in ihnen die von ihm seit Langem vertretenen An- schauungen nicht nur vollinhaltlich acceptirt, sondern auch durch eine Reihe von experimentellen und klinischen Thatsachen ergänzt, erweitert und ver- vollständigt werden. Ernst Samter.

Roslowski: Ueber den bactericiden Einfluss der Acidität des Harns auf die Cystitiserreger. (Deutsche med. Wochen- schrift, 14. April 1898.)

Im Gegensatz zu früheren Auffassungen weiß man seit Rovsing, daß der Harn in den meisten Fällen von Cystitis sauer reagirt, und daß Cystitis mit ammoniakalischem Harn Product der Wirkung des Bacterium vulgare sei, während der bei saurer Cystitis am häufigsten gefundene Mikrobe Bacterium coli commune ist. Diese Erkenntnis hat zu Versuchen geführt, mit Bacterium coli-Heilserum diese Formen von Cystitis zu behandeln. Verf. seinerseits benutzte die bactericide, von Richter und Makower nach- gewiesene Wirkung des sauren Harns zur Abtötung des Bacterium coli commune. Zu dem Zweck wurde unter aseptischen Cautelen saurer Harn in sterilen Gläsern aufgefangen. Letztere wurden mit Bouillonculturen der zu untersuchenden Bacterien geimpft, und endlich Agar oder Glycerinagar- platten mit je 0,1 ccm dieser infieirten Bouillon begossen. Platten und Harn- gemenge, letzteres unter einer Oelschicht, wurden mehrere Tage im Brut- ofen gelassen und schließlich auf ihren Coloniengehalt nach Wolffhügel untersucht, der Harn durch Verabreichung einer bestimmten Kost möglichst sauer gemacht.

Aus Verf.’s Untersuchungen ergab sich nun, daß saurer Harn den Cystitiserregern gegenüber weniger bactericid wirkt als gegenüber dem Bacillus Anthracis oder dem Vibrio cholerae. Ganz besonders stark ent- wickelten sich die Cystitiserreger, sowohl Bacterium coli, wie Bacterium vulgare, wenn der Harn durch Fleischgenuß ete. stark sauer gemacht worden war. Dagegen erwies sich der Harn von Patienten, der durch Darreichung von Kamphersäure (bis 6 g pro Tag) stark sauer gemacht war, entschieden bactericid gegenüber den qu. Bacterien, und zwar beruht nach Verf.’s Ver- suchen diese Wirkung nur auf der starken Ansäuerung des Harns in Folge der Kamphersäure, nicht auf einer specifischen Wirkung dieser letzteren. Verf. empfielt daher, bei chronischer Cystitis Versuche mit der Darreichung dieses Präparats zu machen.

Daß thatsächlich durch Behandlung der Cystitis nach diesen Grund- sätzen, wenigstens bei alkalischem Harn, Erfolge zu erzielen sind, lehrt

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folgende Beobachtung!): In einem Falle von Sectio alta wegen Stein blieb nach der Operation trotz aller Irrigation der Urin trübe und alkalisch; in Folge dessen verschrieb Verf. 20 Tage nach der Operation 10 g Acid. borac. und 3 g Salol drei Mal täglich mit dem Erfolge, daB zwei Tage darauf der Urin sauer, die Bacterien und das Albumin verschwunden waren. H. ÅL.

C. Mansell Moullin: Treatment of tuberculous disease of the bladder. (British medical Journal, 14. Mai 1898.)

Blasendrainage ist im besten Falle nur ein Palliativmittel und ver- schlechtert häufig den Zustand. Neben der constitutionellen Behandlung ist die einzig aussichtsvolle Therapie die Cystotomia suprapubica, welche eine direete Inangrifinahme der tubereulös erkrankten Stellen gestattet, vor- ausgesetzt, daß die Diagnose nicht zu spät gestellt wird. Erstes Erfordernis ist daher eine Frühdiagnose, welche durch die schon im Beginn auftretenden Symptome der Reizbarkeit der Blase und der Hämaturie, durch das Cysto- skop und die Centrifuge erleichtert ist. Die Blase wird fast stets durch die Blutbahn und die Lymphwege inficirt; ein intactes Epithel bildet einen genügenden Schutz gegen directe Infection. Die Erkrankung kann von der Niere auf die Blase übergehen, ohne den Ureter zu inficiren und localisirt sich dann gewöhnlich am oder in der Nähe des Harnleiterorifieiums; ein an dieser Stelle gelegenes Ulcus macht die Diagnose einer tuberculösen Pyelitis wahrscheinlich. In den übrigen Fällen ist. meistenteils das Trigonum afficirt. Primäre Blasentuberculose ist selten, doch mehren sich die Fälle in der letzten Zeit, seitdem man der Erkrankung mehr Aufmerksamkeit zu- wendet. M. selbst hat drei Fälle mit zufriedenstellendem Erfolge operirt. In der Discussion über dieses Thema in der Londoner medieimischen Ge- sellschaft spricht sich Freyer zu Ungunsten eines chirurgischen Eingrittes aus. Er selbst hat die Cystotomie sieben Mal ausgeführt, doch nimmt die Erkrankung gewöhnlich nach der Operation zu, gleichgiltig, welche Behand- lung man einleite, und die Operationswunde heilt oft sehr langsam. DaB die Cystotomia suprapubica nicht gefahrlos ist, beweist Barlıng’s Statistik, der von ca. 50 lithotomirten Kindern 20 verlor. Freyer ist der Ansicht, daß die Blasentubereulose fast stets seeundär ist und die primäre Erkrankung im Nebenhoden, Hoden, der Prostata, «len Samenbläschen und nicht zuletzt in den Nieren zu suchen ist.

Battle hat sechs Mal bei Blasentuberculose eystotomirt; wo die An- nahme einer primären Blasenerkrankung wahrscheinlich ist, hält er die Operation für indicirt. R. Rosenthal (Berlin).

Daniel Témoin: Traitement chirurgical de l’exstrophie de la vessie. (Gaz. med. de Paris 1898, No. 17.) |

Kurze Besprechung der Anatomie und der verschiedenen Methoden der Behandlung der Missbildung. Einpflanzung der Harnleiter in’s Rectum,

) Arthur Buck: Boracic acid and Salol in Cystitis. Lancet, 14. Mai 1898.

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Fistelbildung zwischen Blase und Mastdarm, Ableitung des Harns durch Einpflanzung der Ureteren in die Bauchwand unter gleichzeitiger Resection der Blase, Bildung einer geschlossenen Blase unter Verwendung von Haut- lappen vom Scrotum, Präputium, Bauchwand mit möglichstem Schluß der Epispadie und Annäherung oder Schließung der Schambeine, welche in der Empfehlung der von dem Verfasser Segou& zugeschriebenen Methode gipfelt: circuläre Umschneidung der Blase und Abtrennung derselben von der Unter- lage, so daß man dieselbe über die Penisrinne hinüberziehen und ihre Ränder mit den angefrischten Rändern der Penisrinne durch Naht vereinen kann, danach geeignete Trennung der Vorhaut, durch welche man mittelst einer Incision die Glans schiebt, und Bedeckung der ganzen blutenden Fläche mit dem ausreichenden Präputium. Bei Frauen soll das fehlende Haut- material den großen Schamlippen entnommen werden. Mankiewicz.

Rob.Kutner: Beitrag zu den Störungen der Harnentleerung bei Kindern und ihre Behandlung. (Berliner klin. Wochen- schrift, 9. Mai 1898.)

Verf. teilt folgende Beobachtungen mit:

Fall 1: Patient, 6jähriger Knabe, leidet seit einigen Jahren an einem immer stärker werdenden Tenesmus vesicae, wie bei Lithiasis; die Unter- suchung ergab Spasmus sphinct. ext. vesicae, der durch allmähliche Dila- tation durch Sonden gehoben wurde.

Fall 2: Tjähriges Mädchen leidet seit Geburt an unfreiwilligem Harn- träufeln. Auch hier stellte die Untersuchung Spasmus des Sphincter mit consecutiver Dilatation der Blase (collosal viel Residualharn) fest. Hier trat durch gleichfalls angeordnete Dilatation der Urethra und Anordnung an das Kind, alle drei Stunden zu uriniren, schnelle Heilung em.

In beiden Fällen bestand also functionelle Anomalie der Schließmuscu- latur mit consecutiven Störungen der Blasenentleerung. Diagnostisch von Bedeutung war in beiden Fällen, abgesehen davon, daß Strietur oder ein- geklemmter Stein auszuschließen war, die Feststellung des Residualharns.

H. L.

Capriati: Electricität gegen Incontinentia urinae.

In dem vom Verf. mitgeteilten Fall bewährte sieh die Anwendung der Electricität als vorteilhaft. Patient, welcher an einer Incontinentia urinae spinalen Ursprungs litt, hatte bereits längere Zeit hindurch den constanten Strom vergeblich angewandt. Durch Application des Franklin'schen Stromes, wobei jedoch Pat. nicht isolirt, sondern mit einer Leydener Flasche einerseits, mit der Erde andererseits verbunden war, gelang es fast unmittel- bar Heilung zu erzielen. Die ganze Kur dauerte, bis zur vollständigen Wiederherstellung, zwei Monate. Der eine Pol, in Gestalt einer Sonde, endete bei dieser Behandlung am Blasenhals, der andere an der Lenden- wirbelsäule. H. L.

364

Freyer: A recent series of 100 operations for stone in the bladder with some practical remarks thereon. (Lancet, 14. Mai 1898.)

Verf., der bereits 912 Steinoperationen ausführte (darunter 652 Litho- lapaxien), hat gegenwärtig im Allgemeinen auf alle schneidenden Operationen bei Lithiasis zu Gunsten der Litholapaxie verzichtet. Unter den letzten 100 Operationen figuriren nur zwei Lithotomien. Letztere betreffen einen Fall von Steinbildung im Anschluß an eine Cyste, die Verf. für ein Fibro- papillom ansah, und einen Fall von Conerement, complicirt durch schwere, resiliente Strietur, die beide durch die Sectio mediana beseitigt wurden. Der Rest betrifft 94 Männer und 4 Frauen (68 Erwachsene und 30 Kinder). Aus- geführt wurden die Operationen sämtlich nach Bigelow in einer Sitzung mit dem vom Verf. modifieirten Lithotryptor mit diekem Handgriff und ohne Narcose mit consecutiver Aspiration. Die für einen Evacuator nötigen Erfordernisse: [1) Handlichkeit, 2) möglichst kurze Entfernung zwischen Ballon und Blase, 3) möglichste Saugkraft des Ballons, 4) Unmöglichkeit für die Fragmente, wieder in die Blase zurückgezogen zu werden], erfüllt der Evacuator Verf.’s auf’s Vollkommenste. Mehrere vom Verf. mitgeteilte Beob- achtungen (Operation eines 110 g schweren Kalkoxalatsteines in 24 Minuten, eines 9 g schweren Kalkoxalatsteines bei einem 1'/, jährigen Kinde in 6 Minuten) illustriren die Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit der Methode. Der älteste so behandelte Patient war 85 Jahre alt. Bei Frauen wird die einzige Unannehmlichkeit während der Lithotrypsie, das Nebenlaufen von Wasser neben dem Instrument, dadurch teilweise paralysirt, daß ein Assistent von der Vagina aus die Harnröhre gegen das Instrument preßt. Nach der Operation ist Harnincontinenz nicht selten, indessen bei Weitem nicht so intensiv wie nach der schnellen Harnröhrenerweiterung zum Zweck der Ent- fernung des Steines. Die Behandlungsdauer währte 2—20 Tage, war also relativ weit kürzer .als bei Lithotomie. Was eine vergleichsweise Ueber- sicht über das Alter der Patienten in Indien, dem früheren Wirkungskreise Verf.'s, und England anlangt, so war es dort 11 Jahre niedriger (45 bis 56 Jahre), ferner wogen die Concremente der Indier Säit Mal ao viel als die der Engländer, drittens beobachtete Verf. in England einen viel größeren Procentsatz von Prostatikern.

In der sich an den Freyer’schen Vortrag anschließenden Discussion in der Harveian Society am 28. April 1898 glaubt Edwards, daß sich die Wahl der Operation je nach dem Maße der Uebung der Operateure für jede Operationsart richten müsse. Bursell glaubt, daB nur in sehr wenigen Fällen, entweder wegen Härte des Concrements oder ungeeigneter Form eines den Kern des Concrements bildenden Fremdkörpers, die Sectio alta nicht zu umgehen sei. Zum Schluß weist Freyer noch einmal auf die Ungefährlichkeit der Litholapaxie hin, falls sie von geübten Aerzten ausge- führt werde, ferner auf die Seltenheit von für die Litholapaxie ungeeigneten Conerementen, endlich auf die Sicherheit, mit welcher, im Gegensatz zu der Auffassung Edwards, die Blase von Fragmenten befreit werden könne.

H. L.

365

Laccetti: Ueber puprapubische Cystotomie, (Riforma medica, December 1897.)

Verf. führt aus, daß von allen schneidenden Operationen die Sectio alta bei Vesico-Lithiasis am empfehlenswerthesten sei. Den Hautschnitt rät Verf. longitudinal anzulegen und zwar 6—12 cm lang. Das prävesicale Fett- gewebe soll möglichst geschont, die Blase post operationem nicht genäht, sondern drainirt werden. H. L.

Horay: A case of vesical calculi caused by the fragments of Nélatoncatheter and its removal. (The Sei-I-Kwei Med. Journ., 20. Januar 1898.)

23jähriger Patient, November 1895 acute Gonorrhoe. Im Verlauf der- selben wegen acuter Harnverhaltung mittelst Nélatonkatheters katheterisirt. Später mehrfach Harnretention. Im Verlauf eines dieser Anfälle wurde ein 2 cm langes Fragment eines Nelatonkatheters spontan ausgestoben. Sep- tember 1896 Symptome chronischer Cystitis und Steinsymptome. Die Unter- suchung mittelst Sonde ergab das Vorhandensein eines Conerementes. Die Lithotrypsie förderte Folgendes zu Tage: 1) kleine Fragmente eines Nelaton- katheters in Summa von 2 cm Länge, zum Teil mit Kalksalzen bedeckt; 2) einen aus harnsauren Salzen bestehenden evlindrischen Stein. Trotzdem nach der Operation noch Symptome von Blasencatarrh zurückgeblieben waren, wurde Pat. auf seinen Wunsch als gebessert entlassen, jedoch nach zehn Tagen wieder aufgenommen, wobei sich ergab, daB noch Fragmente des Nelatonkatheters und Steinfragmente in der Blase zurückgeblieben waren. Auch diese wurden entfernt. Heilung. Verf. rät in derartigen Fällen, in welchen verengte oder geschwollene Partien in der Urethra sich befinden, stets sich Metallkatheter zu bedienen. | H. L.

v. Erlach: Ueber die weiteren Schicksale zweier operirter Frauen. (Centralblatt für Gynäkologie, 9. April 1898.)

Fall I: 47jähriges Fräulein. Carcinom der Port. vaginalis, Infiltration des rechten Parametrium. Operation nach sacraler Methode, rechter Ureter mußte herauspräparirt werden, geheilt Ende Mai entlassen. Mitte October Abgang von Urin durch die Scheide. Untersuchung ergab erst eine, später zwei Blasenscheidenfisteln im Narbengewebe. Sectio alta ergab die Ent- stehung der Fistel durch einen perforirten, paravesicalen Absceb im Narben- gewebe. Exstirpation desselben. Heberdrainage, von der Scheide aus später Exstirpation der zweiten Fistel. Heilung. I. Fall: 37jährige Patientin. März 1897 Entfernung eines kindskopfgroßen Myoms. Im Anschluß daran Parametritis, später zunehmende Blasenbeschwerden. Die Cystoskopie ergab Blasenstein. Kern des Steines ein comprimirter Gazestreifen, der wahr- scheinlich gelegentlich der Eröffnung des secundären parametritischen Infil- trates neben der Blase stecken geblieben und in diese eingewandert war. Im Anschluß daran berichtet Ludwig über einen Fall von ausgedehnter

366

Steinbildung bei einer Frau, die sich wegen Incontinentia urinae Watte- bäusche vor die Urethralmündung zu legen pflegte, und von denen einer, in die Blase gerutscht, Ursache der Steinbildung war. H. L.

Martin: Traitement des fistules vesico-vaginales. (Presse médicale, 20. April 1894.)

Jede Vesico-Vaginaltistel ist wegen der damit verbundenen Unzu- träglichkeiten zu operiren, und zwar Entbindungsfisteln am besten zwei bis drei Wochen, Fisteln in Folge gynäkologischer Operation zwei bis drei Monate nach dem Auftreten derselben. Vor der Operation ist die Scheide möglichst zu dilatiren, sowie entzündliche Neben-Erscheinungen (Geschwüre, Erythem, Cystitis) möglichst zu beseitigen. Die Operation selbst erfolgt in der Regel von der Vagina aus. Man ziehe zunächst mittelst kurzer, spitzer Kugelzangen die Fistel möglichst an’s Tageslicht, löse hierauf die Vaginalschleimhaut möglichst von der Blasenschleimhaut, von der zuvor erweiterten Fistel aus je 1—3 em nach jeder Richtung ab, bis beiderseits vollkommen entspannte’ Lappen erzielt sind. Hierauf erfolgt zunächst die Naht der Submucosa der Blase mittelst Catgut, hierauf die Scheidennaht mittelst Silberdraht oder Crin de Florence. Die Naht muß so tief sein, dab die Wundränder sich wie ein First in die Scheide hineinrollen. Hierauf Controle der Blasenwunde durch Injection von Borwassr und Tamponade der Scheide mittelst Jodoformgaze. In den nächsten Tagen Rückenlagge, Tamponadenwechsel, häufige Ausspülung der Blase mit Borsäure. Bezüglich der Fisteln, die von der Scheide aus nicht erreichbar sind, ist in den meisten Fällen das dreizeitige Trendelenburg’sche Verfahren indicirt. 1) Supra- pubische Eröffnung der Blase nach den üblichen Regeln. 2) Anfrischung und Naht (Zwei-Etagen-Naht der Blase‘. 3) Teilweiser Schluß und Drainage der Blase, am besten nach Guyon (Heberdrainage). Verf. hatte nach diesem Verfahren unter 14 Beobachtungen 2 Mißerfolge, 1 teilweisen Erfolg, 11 Heilungen keinen Todesfall. H. L.

Littlewood: Intraperitoneal rupture ofthe bladder. (Lancet, 23. April 1898.)

Der Leeds medico-chirurgical Society berichtete Littlewood über folgenden Fall: 28jähriger Patient. Die Ruptur war in Folge Unglücksfalls entstanden. Operation 386 Stunden später. Das Abdomen wurde eröffnet und Urin aus der Bauchhöhle entleert. Die Blasenruptur war 7 cm lang, hatte die Umstülpungsstelle des Peritoneum überschritten. Nach Remigung der Bauchhöhle sorgfältige Vernähung des Risses und Drainage. Sechs Stunden später spontane Miction. Heilung nach drei Wochen. H. L.

Guépin: Ueber Nachteile der Strychninbehandlung in ge- e Wissen Fällen von Blasenlähmung.

Verf. hat bereits früher darauf hingewiesen, daB es beim Strychnin

oder seinen Salzen, die häufig bei Harnverhaltungen gebraucht worden sind,

367

kein einziges essentielles Moment giebt, welches auf den wirklich günstigen Einfluß dieses Medicaments auf Harnentleerung hinweist. Dagegen spricht Verschiedenes dafür, daB das Strychnin unter gewissen Verhältnissen un- günstige Nebenwirkungen auf das Urogenitalsystem ausübt, so daß die An- wendung desselben bei Harnretention contraindieirt ist; denn ohne die letztere zu beseitigen kann sie im Gegenteil der Harnentleerung entgegen- wirken und eine vollkommene und schmerzhafte Retention zur Folge haben und zwar wirkt diese ungünstige Nebenwirkung um so stärker, je mehr die Sphineteren in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Ansicht Verf.'s wird durch Auslassungen anderer Autoren, wie Du Bue und Bouloumier bestätigt; indes glaubte Vignier, daß die Idee des günstigen Einflusses des Strychnins auf die Blasenmusculatur so in Fleisch und Blut übergegangen ist, daß trotz aller Abmahnungen das Medicament wegen seiner angeblich guten Wirkung weiter gebraucht werden würde. In jüngster Zeit hat sich Habel unter Mitteilung einer diesbezüglichen Beobachtung, in welcher em in Folge von Chloralhydratvergiftung an Blasenretention leidender Patient ohne Erfolg Strychnin bekam, gegen die Anwendung dieses Medicaments ausgesprochen. H. L.

VII. Ureter, Niere etc.

Boisseau du Rocher: Cystoscopie et cathétérisme des ure- tères. Cystoscopes pour opérations. (Ann. des mal. gen.- urin. 1898, No. 5.)

Im vorliegenden Artikel vergleicht B. sein Cystoskop, bezw. Irrigations-, Ureter- und Operationscystoskop mit denen von Nitze, Casper, Lohn- stein, Brenner, Mainzer und Albarran, bespricht die Vorzüge und Nachteile der einzelnen und beschreibt zum Schluß eine Batterie, die ein ganz besonders gutes Licht geben soll. Bezüglich der Einzelheiten sei auf das Original verwiesen. Stockmann (Königsberg i. Pr.)

E. Hurry Fenwick: The operative treatment ofcalculi which - have been lodged for long periods in the lower third of the ureter. (Edinburgh med. Journal, März 1898.)

In den Fällen, in welchen Uretersteine oberhalb der Beckenenge ein- geklemmt sind, ist die Laparotomie (Hautschnitt wie zur Unterbindung der A. iliaca communis) entschieden vorzuziehen. In Fällen, wo das Concrement vom Mastdarm resp. von der Scheide aus gefühlt werden kann, ist die Sectio perinealis beim Manne, die Incision des Scheidengewölbes bei der Frau im- dieirt (Vaginal-Uretero-Lithotomie). Entstehung von Fisteln hat Verf. nach

368

sechs auf diese Weise ausgeführten Operationen nicht beobachtet. Wahr- scheinlich hängt die Entstehung der Fisteln mehr von der Art und Be- schaffenheit des Harnes, als von der Schnittführung ab. Zwei von den sechs beobachteten Fällen werden mitgeteilt.

Fall I. 18jähriger Patient. Seit 18 Monaten Schmerzen nach der Miction, Blut im letzten Urinabschnitte. Keinerlei Sexualleiden. Spuren von Albumin. Die Cystoskopie ergab Prolaps des rechten Ureters. Auf der Oberfläche der evertirten Schleimhaut ein „zottiges Büschel“. Sectio alta bestätigte die Diagnose. Entfernung des Papilloms. Mit Rücksicht auf frühere Beobachtungen sondirte F. den Ureter und fand ein Concrement im unteren Drittel des Ureters. Nach Ausheilung der Wunde Sectio peri- nealis transversalis. Durch Ablösung der vorderen Rectalwand unter sorg- fältigster Blutstillung drang Verf. bis zum Ureter vor. Hierauf wurde der Stein zwischen die vom Abdomen her drückende Hand des Assistenten und dem tastenden Finger Verf.’s gefaßt, unter Controle des Fingers ein Ein- schnitt gemacht und der 2!/, Drachmen wiegende, einem Pfirsichkern an Größe und Form ähnelnde Stein herausbefördert. Letzterer lag in einer dilatirten Partie des Ureters. Drainage des Ureters durch Einführung eines ungefensterten Katheters in den Ureter durch die Perinealwvunde. Am achten Tage Beseitigung des Drains. Heilung.

Fall II. 48jähriger Patient. Bis vor zehn Jahren gesund, damals Renalkolik; in den letzten drei Jahren häufige Anfälle von Nierenkolik, in der Zwischenzeit dumpfer, drückender Schmerz in der rechten Lumbal- gegend. Starker, jedoch schmerzloser Harndrang. Die Untersuchung des rechten Ureters ergab einen beweglichen Stein von der Größe einer kleinen Kastanie rechts vom Ureter. Prolaps der Ureteralwand bestand nicht. In- cision der rechten Vaginalwand. Nach Erreichung des Ureters Fixation des Steines mittelst eines scharfen sehr kleinen Hakens, Incision des Ureters und Entbindung des Concrementes. Dasselbe war glatt, von Form und Größe einer Muskatnuß. Nachbehandlung wie in Fall I. Heilung.

H. L.

Wojewodski: Spontane Entleerung eines Uretersteines. (Gazeta lekarska 1898, No. 2.)

Bei einem 30jährigen, sonst gesunden Manne beobachtete Verf. plötz- liches Auftreten von Kreuzschmerzen am Morgen nach gut durchschlafener Nacht. Bei Druck und Bewegung keine Schmerzen. Der Schmerz dauerte zeitweise auch zwei Tage an und verbreitete sich von der Kreuzbein- bis in die Inguinalgegend. Bei der Miction traten Schmerzen in der Blase und im rechten Hoden auf; Urin braun mit starkem Geruch. Am dritten Tage Temperatur 38,8; Puls und Respiration beschleunigt, Kopfschmerzen und Schwindel. Während der dritten Nacht verspürte Pat. heftigen Schmerz in der Blase und im rechten Hoden, worauf bei der Miction ein fester Körper aus der Urethra zum Vorschein kam. Der Stein von Kirschkern- größe, von harter Consistenz und brauner Farbe wiegt 0,10 g. Li.

369

M. S. Dreyfuss: Sur la perméabilité rénale. Lyon medical 1898, No. 19. |

Auf Grund von 16 sorgsamen Experimenten an gesunden Menschen, Nieren- und Herzleidenden kommt D. zu dem Resultat, daß das Wort „Durchgängigkeit der Niere“ schlecht gewählt oder schlecht verstanden ist. Wir wollen wissen, ob die Niere die Toxine des Organismus in mehr minder großer Menge in dem und jenem Falle ausscheidet, kurz die Art der Reini- gung des Organismus durch die Niere. Man ist aber keineswegs berechtigt daraus, weil die Niere mehr oder weniger schnell das Rosanilin oder Methylenblau, welches vorher unter die Haut gespritzt ist, ausscheidet, auf die Schnelligkeit und Möglichkeit der Ausscheidung der Toxine Schlüsse zu ziehen. Ob dabei die Methode des Rosanilin einfacher und sicherer ist oder die des Methylenblau, wo man noch die Leucoderivate zu berück- sichtigen hat, ist gleichgiltig. Die Methode zeigt nur, daß bei einem Nieren- leidenden das Rot oder Blau die Niere weniger gut passirt als bei einem Gesunden; man hat aber nicht das Recht aus dieser einzigen Thatsache auf die Art der Läsion oder den Mechanismus der Durchgängigkeit des Organs zu schließen. Mankiewicz.

Kramer (Dorpat): Zur Therapie der Nephritis haemorrhagica. (St. Petersburger med. Wochenschr. 1898, No. 20.)

Durch eine Fehldiagnose auf Nierencarcinom wurde Verf. zu der Methylenblau-Therapie bei chronischer hämorrhagischer Nephritis geleitet. Dieselbe hatte in vier Fällen ein schnelles und absolutes Verschwinden des Blutgehaltes, eine Verminderung des Eiweißgehaltes und einen bedeutend gehobenen allgemeinen Gesundheitszustand zur Folge. Die Verordnung geschah in folgender Weise: Salol 0,5, Pyoktanini caerulei 0,1, drei Mal täglich eine Oblate. Das Mittel wurde ausnahmslos gut vertragen.

R. Rosenthal (Berlin).

Symonds: The significance of albuminuria in otherwise apparently healthy persons. (Medical Record, 29. Jan. 1898.)

Meistens bilden die Nieren die Quelle einer Albuminurie, doch ist die Quantität des Eiweiß nicht direct prognostisch verwertbar, da manche Formen chronischer Nephritis wenig oder gar keine, viele leichte und heil- bare Fälle von Albuminurie große Mengen Eiweiß aufweisen. S. warnt vor einer Verwechselung des Albumins mit dem Nucleo- Protein, das häufig in kleinen Mengen im Harn vorhanden ist; je delicater die Probe ist, desto weniger verläßlich ist sie in dieser Beziehung; am besten erwies sich ihm die Heller’sche Probe, welche nach mehrstündigem Stehen auch sehr kleine Quantitäten Albumin anzeigt. Die transitorische Albuminurie beruht am häufigsten auf einer organischen Nierenveränderung (acute Nephritis), seltener auf functionellen Störungen. Diese letzteren Formen, für Lebensversiche- rungs-Candidaten von großer Wichtigkeit, zeigen mehrere Varietäten:

370

1) Die psychische Abuminurie, meistens bei dyspeptischen oder anämi- schen Personen, mit Tagesschwankungen in der Eiweibausscheidung. wie sie auch beim Morbus Brirhtii vorkommen (wenig oder gar kein Eiweib im Morgenharn, Zunahme gegen Mittag, Abnahme gegen Abend\. 2) Die ddiätetische Albuminurie, durch ein Uebermaß stiekstoffhaltiger Nahrung hervorgerufen. 3) Die musculäre Albuminurie, auf übermäßirer Muskel- anstrengung beruhend und in unserer Zeit des Radfahr- und anderen Sports häufiger beobachtet. 4) Die Albuminurie der Pubertätszeit, bei anämischen wie auch ganz gesunden Menschen im Alter von 15—23 Jahren, oft von jahrelanger Dauer bei gänzlichem Mangel sonstiger Störungen; der Harn ist entweder, abgesehen vom Eiweißgehalt, normal oder sehr concentrirt und mit Uraten überladen. 5) Die Albuminurie als Folge von Glvkosurie und von sehr starker Concentration des Harns. 6) Die Albuminurie bei Influenza und gewöhnlichen Erkältungen, die einige Tage nach dem Aufhören der fieberhaften Störung wieder verschwindet.

Die transitorische Albuminurie ist stets als pathologisch anzusehen; denn so lange, als sie besteht, existirt auch die Möglichkeit der Entwicklung einer ernsteren organischen Erkrankung; mit ihrer Dauer wächst die Wahr- scheinlichkeit eines organischen Leidens, bei mehr als einjähriger Dauer ist die Prognose dubia. Eine continuirliche Albuminurie ist ernster als eine intermittirende. Niereneylinder sollen nach der Behauptung einiger Autoren auch bei functionellen Störungen vorkommen. Eine sichere Unterscheidung von Nieren- und Blasenepithelien hält S. für unmöglich. Mit zunehmendem Alter wird die Wahrscheimlichkeit einer functionellen Albuminurie geringer, alle Fälle über 40 Jahre sind verbächtig. Ungünstig prognostische Zeichen sind ein dauerndes specifisches Gewicht unter 1,015, ein harter Puls mit einem verstärkten zweiten Aortenton, häufige und heftige Kopfschmerzen, ein übermäßig niedriges Körpergewicht bei Jungen und noch mehr ein über- mäßig hohes bei älteren Personen. Besonders ungünstig ist die Combination von Albuminurie- und Alkoholismus. Bei den beschriebenen Fällen, die in keine der obigen Categorien gehören und bei sonst intacter Gesundheit dauernd Spuren von Eiweiß zeigen, liegt wahrscheinlich eine Verwechselung mit Nucleo-Protein vor.

In einer Discussion über dieses Thema in der New York Academy of medecine weist Jones auf den Antagonismus hin, der zwischen dem practi- schen Arzt und dem Lebensversicherungsarzt besteht, welch’ Letzterer oft Leute wegen Albuminurie zurückweist, die der Erstere mit Recht für gesund erklärt. Die Anwendung zu delicater Proben und die Verwechselung mit der durch Spermatorrhoe und Reizung des Genitaltractus (z. B. durch Masturbation) hervorgerufenen Albuminurie führen zu diesen Irrtümern. Jones wie auch Jackson sind der Ansicht, daß die Lebensversicherungs- irzte nicht jede geringfügige Albuminurie zurückweisen dürften und bei der Beurteilung einer solchen viel mehr den allgemeinen Körperzustand und die Lebensgewohnheiten in Rechnung ziehen müßten.

Evelyn Porter und Bickerton verteidigen die Lebensversicherungs-

s B7 a

Gesellschaften, die zur Aufstellung bestimmter Normen gezwungen wären, und deren Vertrauensärzte meist nicht in der Lage der Hausärzte wären, die fraglichen Personen und ihre Gewohnheiten in jahrelanger Beobachtung zu kennen. Der Letztere bezweifelt das Vorkommen einer physiologischen Albuminurie; auch bei dem Mangel einer organischen Nierenläsion ist die Albuminurie stets als pathologisch anzusehen. Bei längerer Dauer und häufigem Recidiviren sind die Nieren stets erkrankt. Er konnte 114 Fälle von leichter, sogenannter physiologischer Albuminurie verfolgen; innerhalb acht Jahren waren 30 davon gestorben.

Moore weist auf die Strieturen als auf eine gewöhnliche Ursache leichter Albuminurie hin, welche mit der Heilung der Strietur wieder ver- schwindet, und betont die Verwertbarkeit der quantitativen Harnstofl- bestimmung für die Prognose der Albuminnrie; ein dauernd normaler Pro- centsatz des Harnstoffes gestattet eine gute Prognose.

Stern sieht als Ursache für das Auftreten von Serum-Albumin eine Zersetzung des Blutplasmas an und führt darauf die häufigen Albuminurien nach Chloroform- und Aethernarcosen zurück.

William Porter’s Erfahrung geht dahin, daß es eine physiologische Albuminurie in gewissem Sinne giebt, nämlich bei Leuten, die mehr Eiweiß- nahrung aufzunehmen gewöhnt sind, als sie zu oxydiren vermögen. Ein hypertrophischer Zustand der Nierenzellen bildet sich in diesen Fällen aus und wird die Ursache der Albuminausscheilung, ohne daß er notwendiger Weise der Vorläufer einer Nierenerkrankung ist. Auch bei vielen nervösen Leuten kommt es in Folge ungenügender Oxydation des Eiweiß zu Albu- minurie. Bei einer Aenderung der Lebensweise tritt oft vollkommene Heilung ein. Die Harneylinder sind für die Prognose nicht stets verwertbar. Bei Vielessern mit einer Ueberproduetion von Harnsäure und nach prolongirten Aethernarcosen finden sich häutig reiehliche Hyalineylinder. ja selbst Epithel- cylinder, ohne daß eine dauernde organische Nierenveränderung vorliegt. Die sicherste Prognose ergiebt sich aus den Lebensgewohnheiten. Starke Fleischesser werden oft durch eine diätetische Therapie geheilt; eine bei vorwiegend vegetabilischer Nahrung entstandene Albuminurie giebt meistens eine schlechte Prognose. R. Rosenthal (Berlin).

W. Bruner: Ueber den Wasser- und Alkaligehalt des Blutes bei Nephritis und Urämie. (Centralbl. f. innere Med. 1898, No. 18.)

Bei Blutuntersuchungen in 33 Fällen von längere Zeit bestehender Nephritis (meist chronisch parenchymatöser Form) konnte B. feststellen, daB die festen Bestandteile des Blutes vermindert waren, so dab das Blut durchschnittlich 3-5 pCt. mehr Wasser als in der Norm enthielt; 21,5— 22,5 pCt. sind die Norm für die festen Bestandteile des Blutes; 13 bis 20 pCt. wurden in den Nephritisfällen gefunden. Die Blutverdünnung kam entweder zu Stande durch die Abnahme der Menge des roten Niederschlags (statt 50 pCt. nur 25—40 pCt. der gesammten Blutmasse) oder durch Ver-

3172

dünnung der roten Substanz oder durch die Verdünnung des Serums. Die Verdünnung des Serums ist bei der Nephritis regelmäßig zu consta- tiren und fehlt nur ausnahmsweise. Bei großen Oedemen und Oligurie kann die Blutverwässerung nur unbedeutend sein, während bei grossen Harnmengen und geringen Oedemen die Blutverdünnung oft erheblicher ist. Bei acuter Nephritis ist die Verdünnung des Blutes gering. Die Trämie ist immer von bedeutender Blutverdünnung begleitet, welche durch die Zunahme der Serummenge bedingt zu sein scheint: Zahl und Volumen der roten Blutkörperchen nahmen auch dabei ab; die Verarmung des Serums an festen Bestandteilen, welche bei Nephritis die Blutverdünnung veranlaßt, war bei Urämie kaum zu constatiren, hier war die Serum- vermehrung das blutverdünnende Moment. Im Verlauf der Nephritis kann es aber auch ohne Urämie zu starker Blutverdünnung durch Beeinträchti- gung der Function der blutbildenden Organe kommen.

Nach obigen Untersuchungen stellen sich die Oedeme als eine Aus- gleichserscheinung im nephritischen Organismus dar. Das von den Nieren nicht ausgeschiedene Wasser tritt, um eine Blutverwässerung hintanzuhalten, in die Gewebe; die Kranken fühlen sich auch beim Auftreten und Bestehen der Oedeme trotz der Oligurie relativ wohl; da bei Urämie sich immer Polyplasmie zeigt, kommt man zwingender Weise zu dem Schluß, daß das Oedem des Blutes eine mit der Trämie im ursäch- lichen Zusammenhang stehende Erscheinung ist; wenn das Wasser aus irgend welchen Ursachen nicht mehr als Lymphe in das Gewebe tritt, kommt es zu dieser für Urämie characteristischen Polyaemia serosa.

Bei Untersuchungen über den Alkaligehalt des Nephritikerblutes erwies sich der Kaligehalt bei der Hydrämie constant erniedrigt; dagegen konnte nie (auch bei Urämie mit vergrößertem Plasmavolumen) eine deutliche Zu- nahme des Natriumgehaltes festgestellt werden, wie man bei dem hohen Natriumgehalt des normalen Plasmas hätte erwarten sollen. Deshalb glaubt B., daß das Nephritisblut sich durch eine deutliche Tendenz zur Abnahme des Natriumgehalts characterisirt; Na ist für die organi- schen Oxydationsprocesse so wichtig, daß die Abnahme desselben im Blut nicht ohne Folgen für dieses bleiben kann; deshalb wäre es bei Bestätigung dieser Natriumabnahme im Blute der Nephritiker richtig, solchen Kranken dauernd Natriumsalze zu verabreichen. Die Schwankungen des Wasser- gehaltes des Blutes kann man für die Prognose der Nephritis heranziehen. Die Behandlung der Urämie durch Abführmittel, um wässerige Entleerungen zu bewirken, scheint nach der gefundenen Thatsache der Plasmavermehrung des Blutes bei Urämie eine rationelle zu sein. Mankiewicz.

R. Lepine: Modifications de la composition de l’urine sous l'influence de troubles dans le fonctionnement du rein. (Lyon médical 1898, No. 17.)

Die relative Vermehrung oder Verminderung der verschiedenen Stoffe

im Harn kommt nicht alein durch die Vermehrung oder Verminderung

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dieser Stoffe im Blut zu Stande; Einfluß darauf haben sicher Veränderungen in der Function der Niere; bei der Bright’schen Krankheit kann man z. B. immer eine Verminderung der Phosphate constatiren, wahrscheinlich bedingt durch eine Retention der Phosphate in Folge schwierigerer Passirbarkeit der entzündeten Epithelien. Zur Klärung dieser Frage hat L. Experimente von dreierlei Art angestellt: 1) Er hat die Nierennerven durchschnitten; dabei kam es fast immer beim Vergleich mit der normalen Seite zur Ver- minderung der Harnmenge (trotzdem die meisten Nierennerven als Vaso- constrictoren gelten); zur procentualen Vermehrung, aber absoluten Ver- minderung des Harnstoffs; zur procentualen Vermehrung, zur geringen absoluten Verminderung der Harnsalze im Allgemeinen; zur häufigen pro- centualen und absoluten Vermehrung der Chloride. 2) Er hat auf das Innere der Harncanälchen einen Gegendruck durch Einführung von sterilisirtem Salzwasser in die Ureteren ausgeübt (mehr als 50 Experimente, Versuchs- anordnung wie bei der Harnretention des Menschen): Harnmenge vermindert sehr starke procentuale Vermehrung, absolute Verminderung des Harnstoffs; etwas procentual vermehrte Salze, absolute Menge mehr weniger vermindert; Chloride procentual vermindert, absolut stark vermindert. Hebt man den Gegendruck auf und läßt die in ihrer Function bisher durch den Gegendruck gestörten Organe arbeiten, so erhält man Bedingungen, wie bei dem durch Katheterismus von der Harnretention befreiten Menschen wiederum im Vergleich zur gesunden Seite, folgende Resultate: Harnmenge vermehrt, wenn der Gegendruck nicht zu stark war, sonst vermindert. Harnstoft procentual sehr vermindert, absolut mehr weniger vermindert; Salze pro- centual gewöhnlich vermindert, absolut schwankend, Chloride procentual und absolut vermehrt. Folgerungen: Das Verhältnis der verschiede- nen Stoffe des Harns zu einander wird erheblich verändert, wenn die Function der Niere gestört wird; dabei besteht ein Gegen- satz zwischen Harnstoff und Salzen, insbesondere Harnstoff und Chloriden, aber auch zwischen Chloriden und Phosphaten. 3) Er hat die Durchgängig- keit der Niere vielfach durch toxische und medicamentöse Substanzen ver- ändert und ist zu gleichen Schlüssen wie unter 1 und 2 gelangt. Nach L.’s Meinung hat jede Substanz ihren besonderen Coefficienten für die Passage der Niere und dieser Coefficient variire erheblich nach den Bedingungen, unter denen sich die Niere befinde. Mankiewicz.

M. T. Tuffier: Uro-hématonephrose traitée par la nephro- tomie. (Le progrès médical 1898, No. 21.)

Ein junger Soldat hatte in der rechten Weiche einen großen indolenten Tumor, der zufällig bei der Untersuchung des an Bronchitis leidenden Patienten entdeckt wurde. Eine Punction des Tumors ergab eine bräunliche Flüssigkeit, die als Urin erkannt wurde. Nach dieser Punction bekam Patient schwere peritonitische Erscheinungen; bis dahin war im Urin nie etwas Abnormes zu finden, bis eines Tages derselbe dunkelbraunrot wurde. Daraufhin wurde die Nephrotomie und im Anschluß daran die Nephrectomie

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gemacht. Es handelte sich hier um eine Uro-Hämatonephrose. Wahr- scheinlich bestand in diesem Falle eine congenitale Hydronephrose, wodurch die Hämatonephrose entstanden ist, ließ sich nicht eruiren.

Immerwahr (Berlin).

Bradford Rose: Haematome in a hydronephrotic kidney. (British Medical Journal, 7. Mai 1898.)

In der Sitzung vom 3. Mai der Pathological Society of London be- richtete Verf. über folgenden Fall: 44jähriger, an Hämaturie und Delirium tremens leidender Patient. Nach der Hämaturie Harnverhaltung wegen größerer Gerinnsel, keine Nierenkolik. Tod nach drei Tagen. Die Autopsie ergab Hydronephrose der linken Niere, der Sack mit Blut gefüllt, Ureter dilatirt; in ihm ein Stein. Durch den Reiz desselben und die consecutive villöse Degeneration der Schleimhaut war die tötliche Blutung entstanden. Die Vena renalis war normal. H. L.

Christopher Martin: Pyonephrosis. (British Medical Journal, 30. April 1898.)

Verf. bespricht ein Präparat von Pyonephrose. Letztere hatte sich im Anschluß an Wanderniere entwickelt. Hieraus war intermittirende Hydro- nephrose und im Anschluß daran Pyonephrose entstanden. Der Sack ent- hielt einen Liter Eiter, aber kein Conerement. Extraperitoneale Exstirpation. Heilung. H. L.

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Loyson: Urohaematonephrose droite; Nephrotomie trans- periton&ale; Nephrectomie lombaire. Guerison. (Presse med., 4. Mai 1898.)

Ein 21jähriger Soldat bemerkte nach einem Sturze auf die rechte Lumbargegend einen Tumor unterhalb der falschen Rippen, der schließlich Kindskopfgröße erreichte. Die Punction ergab eine rotbraun gefärbte Flüssig- keit. Bei der Nephrotomie entleerten sich 3 | dieser Flüssigkeit. Vier Monate später nach einem Recidiv Nephrotomie und Heilung. Bemerkenswert ist, dab der Ureter der qu. Niere eine Verengerung in der Gegend des Nieren- beckens aufwies. H. L.

Edwin B. Cragin (New-York): Congenital pelvie kidneys ob- structing the parturient canal; report of a case of va- ginal nephrectomy. (Medical Record, New-York, 4. Juni 1898.)

Die congenitale Verlagerung der Niere in’s Becken ist eine seltene

Anomalie, ist meist einseitig und betrifft in der Regel die linke Niere.

C. fand in der Litteratur nur fünf Fälle, in denen die verlagerte Niere em

Geburtshindernis bildete. In dem von ihm mitgeteilten Fall verengerte die

linke hydronephrotische Niere die Conjugata intema bis auf 7 cm; die übrigen

Beckenmabe waren normal. Mit Rücksicht auf den großen hydronephroti-

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schen Sack stand er von der künstlichen Frühgeburt ab, im Hinblick auf den tiefen Abgang der Nierengefäße, die Kürze des Ureters und die mangelnde Beweglichkeit der Niere gab er auch den ursprünglichen Plan einer Sectio caesarea mit gleichzeitiger Zurücklagerung der Niere auf. Da der in quanti- tativer und qualitativer Beziehung normale Harn auf eine gesunde rechte Niere schließen ließ, zog er die Nephrectomie vor und führte dieselbe in rascher und leichter Weise auf vaginalem Wege aus. Das Peritoneum wurde zurückgestreift, die Niere mit der Kapsel nach Abklemmen der Gefäße ent- fernt, zum Schluß Ligatur der Gefäße und feste Tamponade gegen den Stiel ausgeführt. 12 Stunden nach der Operation begannen die Wehen, und nach 5 Stunden wurde ein lebendes Kind geboren. R. Rosenthal (Berlin).

E. Adenot: Plaie du rein gauche par coup de feu. (Lyon médical 1898, 24.)

Ein junger Mann von 17 Jahren wird gegen Mittag von einem 9 mm- Revolvergeschoß V. L. in der Höhe der vorletzten Rippe getroffen; keine Ausschußöffnung; das Geschoß soll auf ca. 20 m gesandt, schräg von vorn nach hinten, von außen nach innen eingedrungen sein. Lebhafte Schmerzen in der linken Bauchgegend mit Ausstrahlung in Bauch und linke Fossa iliaca. Erst nach 6-7 Stunden verschlimmert sich der Zustand: Aussehen eines Ausgebluteten, 150 schwache Pulse, Erbrechen, Unruhe, zwei Mal Hämaturie; Schwäche. Laparotomie in Aethernarcose; die elfte Rippe ist durchschossen ; alles von Blut infiltrirt; das verletzte parietale Peritoneum ist durch einen mit Blut imbibirten Fettanhang verschlossen; beim Eröffnen des Peritoneums kommt aus der Gegend der Niere viel schwarzes Blut hervorgeschossen; Tamponade; das hintere Peritoneum ist auch durchtrennt; das Nierengewebe ist zerquetscht, hat viele Einrisse; der Finger gelangt in eine große retro- renale Höhle mit Blutgerinnseln, ohne das Geschoß zu finden. Auf Tam- ponade steht die Blutung; der collubirte Patient erholt sich. Bei den Ver- bänden entleert sich noch viel schwarzes Blut. Nach 14 Tagen zeigte der Röntgenstrahl das GeschoßB ziemlich noch unter der Rückenhaut in der linken Nierengegend, 8 cm von der Mittellinie, beinahe am Ort der Wahl für die Nephrectomie; die Incision läßt das nicht deformirte Bleigeschoß direct unter der dem M. sacrolumbalis nach innen aufliegenden Aponeurose finden. Secundäre Infection, Eiterretention und Fieber zwingen zu aus- giebiger Drainage nach vorn und hinten; später zur großen Erweiterung der hinteren Wunde wobei es zu einer starken Blutung kommt behufs Ausräumung der großen Höhle von Blutgerinnseln und Eiter; kein deutlicher Uringeruch. Noch ein Mal kommt es nach einem Verbande zu einer schweren Hämaturie; trotz einer gefährlichen Bronchitis ist der Kranke nach sieben Wochen geheilt.

Die schwere Hämorrhagie am Beginn konnte eine Verletzung großer Gefäße vortäuschen; dies war aber nicht der Fall. Bemerkenswert ist die schwere Quetschung der Niere, welche breite Risse aufwies; es beweist dieser Fall, daß sich das lebendige Organ anders verhält, als das zu den

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bekannten Schußexperimenten Delorme’s verwandte tote Organ. Für die günstige Prognose sprach die Integrität des Darmes. Ausfluß von Harn ist nicht beobachtet worden; Tuffier meint, daß derselbe nur bei Ver- letzungen des Ureters und des Nierenbeckens event. großer Kelche vor- kommt. Le Dentu erinnert daran, daß der Harnabfluß bei Nierenparenchym- wunden große Tendenz habe, schnell zu versiegen; zur Feststellung von Urinausfluß kann Lakmuspapier oder dem Patienten eingegebene JKa (Probe mit Stärkepapier) dienen. Trotz der peinlichsten Sauberkeit kam es zu einer Infection, deren Herkunft nicht erkennbar ist; allerdings gab die Höhle mit den Gerinnseln und dem schwarzen flüssigen Blut den besten Boden für eine Infection ab. Die Operation war bei dem Patienten wegen der schweren Blutung erforderlich; doch bestand von vornherein die Absicht, die Drüse zu schonen, weil jede Nierenexstirpation selbst beim Gelingen für das künftige Leben gefährlich ist; große Gefäße waren ferner nicht verletzt, ebenso fehlte jeder HarnabflußB aus der Nierenwunde; deshalb wurde die Niere erhalten und auch nach der Infection die secundäre Nephrectomie nicht vorgenommen.

Die Exstirpation der Niere soll nur im höchsten Notfall unternommen werden; selbst unter den ungünstigsten Umständen kann man, wie obiger Fall beweist, das Organ erhalten. Mankiewicz.

VIII. Technisches.

R. Hottinger: Ueber ein Pessar-Urinal. (Centralbl. f. Harn- u. Sexualorg. 1898, Heft 5.) e

Bei einer Patientin, die in der heftigsten Weise an einer chronischen Cystitis dolorosa litt, und bei der die Harnröhrendrainage und später die Sectio alta ohne Erfolg in Anwendung gebracht waren, sah sich H. ge- zwungen, eine Vesicovaginalfistel anzulegen. Um nun die Unzuträglichkeiten eines solchen Zustandes aus dem Wege zu schaffen, kam selbiger auf den Gedanken, da die sonstigen Urinale bei Frauen nur mangelhaft functioniren, das sog. Occlusivpessar hierzu zu benutzen. Selbiges wurde mit einem Ableitungsrohr versehen, welches seinerseits in ein am Oberschenkel ge- tragenes Reservoir einmündete. Der Erfolg war ein durchaus befriedigender. Der Urin wurde in allen Stellungen gut zurückgehalten und floß nur des Nachts bei heftigen Bewegungen in geringem Maße vorbei. Das Instrument ist vom Kautschukfabrikanten Bertschingen in Zürich-Fluntern angefertigt und für 2 Frcs. 20 Cts. erhältlich. Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner Berlin SW., Ritterstrasse 41.

Ueber die Urämie-Forschung.

Von Dr. A. Gottheiner, Berlin.

So unsicher noch heut unsere Kenntnisse vom inneren Wesen der Harnvergiftung sind, so giebt es doch in der Pathologie innerer Krank-. heiten nur wenige Gebiete, wie etwa den Diabetes oder die Epilepsie, auf denen ein so umfangreiches litterarisches Material hervorgebracht worden ist wie gerade über die Urämie. Es liegt eben im Character dieses noch heut vielfach dunklen Phänomens, dass die Forscher immer von Neuem an die Arbeit gehen mußten, und es liegt an den gewaltigen Schwierigkeiten der Methodik, daß weder die klinische noch die experi- mentelle Untersuchungsweise die letzte Ursache der Urämie hat auf- klären können, wenn man auch seit Frerichs’ bekannter Arbeit meist daran festhielt, daB die Urämie eine Vergiftung darstelle. Da es nun nur eine Harnvergiftung sein konnte, eine Intoxication mit Stoffen, welche im Harn ausgeschieden werden sollten und krankhafter Weise im Organismus zurückgehalten werden, so kam man bald auf die Idee von der Giftigkeit des Harns, und es entstand die Lehre von den Harn- giften. So wenig nun die unendliche Mühe, welche auf die Aufklärung der Urämie verwandt worden ist, zu einem einwandsfreien, endgiltigen Urteil und Ergebnis geführt hat, so ist doch das Studium der älteren Arbeiten von hohem Interesse und von Notwendigkeit für Jeden, der . mit Vorteil an diese schwierige Forschungsaufgabe heutzutage heran- treten will, weil sich der richtige Weg nur in Erkenntnis und rechter Würdigung der zahlreichen Schwächen sowie auch der Vorzüge all’ der älteren Methoden und Hypothesen und Irrlehren, wie ich glaube, finden lassen wird. Ich will deshalb eine zusammenfassende Darstellung der älteren Untersuchungen über die Pathogenese der Urämie im Folgen- den geben und cine kurze Uebersicht über die ältesten, zur Urämie-

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forschung selbst hinleitenden Experimente über die Harngiftigkeit voranschicken.

Von den der Vergangenheit angehörenden, rein historisches Inter- esse beanspruchenden Thatsachen glaube ich eine Anzahl älterer Beob- achtungen über die physiologische Wirksamkeit des Harns hier an- führen zu müssen. Ein im Jahre 1802 von Scheel!) heraussegebenes, im Jahre 1828 von Dieffenbach ergänztes Werk enthält eine grobe Menge von mit Bienenfleiß zusammengetragenen Mitteilungen über Infusionsversuche. Schon am Ende des 17. Jahrhunderts übte man diese Art der medicamentösen Einverleibung nach Scheel, der über eine Anzahl von dadurch erzielten Wunderheilungen kritiklos berichtet. Man begann aber auch bereits experimentell die tierischen Flüssig- keiten, darunter den Ham, auf ihre Wirksamkeit mittelst Injection zu prüfen. William Courten, ein Engländer, injicirte 1678 einem Hunde eine Unze (30 g) Harn, ohne mehr als Unruhe des Tieres zu beob- achten. Wie wir später sehen werden, war diese Menge zu germg, um Intoxicationserscheinungen zu machen. Dagegen erzeugten 15 Gran Urinsalz (?), in 1 Unze Wasser gelöst, vorübergehende, heftige Con- vulsionen.

Die von Landois?) citirten älteren Experimentatoren, wie Friend 1700 in England, Petit 1710, van Aalsem 1771 in Holland, Fontana 1781 in Florenz, dessen Buch über das Viperngift noch heute ge- lesen wird, Seybert 1793 in Philadelphia, Bichat 1800, Viborg, Orfila um 1820 u. A., die zahlreiche Chemikalien, aber auch tierische Flüssigkeiten, wie frisches und faules Blut, Abscebeiter und selbst Wasser und Luft intravenös injieirten, um die dadurch erzielten Er- scheinungen zu studiren, haben unsere Kenntnisse von der physiologi- schen Wirkung dieser in die Circulation gebrachten Substanzen und unser Urteil über die Zulässigkeit der Infusionen wesentlich gefördert. Hier aber will ich hauptsächlich die Resultate der Harninfusionen wieder- geben. Mit diesen hat sich Gaspard, ein französischer Arzt im An- fange des Jahrhunderts, beschäftigt. Seine Urininjectionen beim Hunde riefen Betäubung, Dyspnoe, Kot- und Harnabgang hervor, liessen aber Genesung eintreten. Durch Injection von Speichel sowie von Galle erzielte er ähnliche Symptome, deren Intensität vom Alter des Tieres, sowie von der Herkunft der Galle abhingen. Ochsengalle erwies sich als gefährlicher wie Kalbsgalle, die der Fleischfresser giftiger als die der Pflanzenfresser, ein empirischer Fund, für den erst Bouchard die Erklärung zu geben vermochte. Viel besprochen werden in der Litteratur ferner die Beobachtungen von Vauquelin und Segalas?) 1822, welche ihre Erfahrungen im Journal de physiol. von

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Magendie niedergelegt haben, sowie in einem Aufsatz des Letzteren im Arch. gener. de med. 1826. Daselbst teilt Segalas, oder wie er bei Dieffenbach!) heisst, Segales d’Etchepare seine Erfahrungen mit, die reges Interesse beanspruchen, weil sie, worauf auch Feltz und Ritter hinweisen, in der That in der Litteratur als der Ausgangs- punkt der zahllosen experimentellen Arbeiten über die Pathogenese der Urämie angesehen werden dürfen. Das Hauptresultat der Harninjectionen in die Cruralvene ist wohl die Erregung heftisen Durstes und stark vermehrte Harnexcretion. Die nachfolgende chemische Untersuchung fand das Blut immer frei von Harnstoff, dessen rasche Ausscheidung und diuretische Wirkung sich für Segalas somit zu ergeben schien. Infusionsversuche mit wahrscheinlich unfiltrirtem Urin verursachten einmal unter den Erscheinungen der größten Angst den Tod des Tieres nach 10 Minuten, im anderen Falle durch langsames Hinsiechen nach 14 Tagen, während beim Versuch selbst ängstliche und unregelmäßige Atmung, Herzklopfen und Kot- und Harnabgang beobachtet worden waren.

Die Section des ersten ergab große Gerinnungen im Herzen und den großen Gefäßen, die des zweiten erwies eine intensive Pneumonie und eitrige Pleuritis, daneben auch Gerinnungen. Die Autoren fabten die letztere als Primärwirkung des: injicirten Harns, die tötlichen Ent- zündungsvorgänge aber als in deren Gefolge entstanden auf. Diese geringen Erfahrungen genügten auch, sie zu der Ansicht zu stimmen, daß der Tod nephrotomirter Tiere durch die Anhäufung nicht des Harnstoffes, sondern der verschiedenen constituirenden Stoffe des Harns herbeigeführt werde.

Da die gleichen Versuche Frerichs’!), der mit frischem und filtrirtem Urin arbeitete, und die alten von Courten und Bichat völlig negativ ausfielen, so glaubte Frerichs und auch Voit’) und Rosenstein) in einer Verstopfung der Lungencapillaren der Ver- suchstiere durch die Epithelien des Harns und in der dadurch gesetzten Asphyxie die Ursache der Krankheitserscheinungen und des Todes erblicken zu müssen. Die übrigen Autoren scheinen meist ihre An- sicht zu billigen. Feltz und Ritter dagegen halten die eventuell im injicirten Harn enthaltene Menge von Epithelien für viel zu gering, um eine solche brüske Unterbrechung der Function des Blutes zu erklären, zumal sic selbst bei Versuchen mit filtrirtem Harn zwei Mal die gleichen Erfahrungen bei völligem Ausschluß von Capillarembolien der Lunge gesehen zu haben angeben. Freilich bedurften sie hierzu viel größerer Mengen Harns, und es kann auch nicht Wunder nehmen, dab Frerichs, der die beiden alten Physiologen der Academie zu

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widerlegen versuchte, negative Resultate erhielt, da er sich bei seinen Versuchen unter der experimentell normirten giftigen Minimallose hielt. Von hohem Einfluß ist auch die Concentration des injicirten Harns; über das specifische Gewicht des von ihnen benutzten Harns verlieren aber die alten Gelehrten kein Wort, und endlich sind ihre Hunde vielleicht sehr jung und deshalb Schädlichkeiten gegenüber weniger resistent gewesen (vergl. Feltz und Ritter S. 85). Es ist somit der späteren Kritik nicht gelungen, die in jenen Fällen durch die abnorm geringe injieirte Harnmenge angeblich hervorgerufenen Störungen mit den einschlägigen Versuchen der folgenden Vivisertoren in Einklang zu bringen, wenn auch die Irrtümer, zu denen jene die Veranlassung gaben, durch die zahllosen experimentellen Nachprüfungen längst zerstreut, und in die Willkür der Anschauungen gerade auf diesem an Widersprüchen reichen Gebiete einige Gesetzmäßirkeit gebracht worden ist.

Die späteren, sogleich anzuführenden Beobachter und Forscher haben zunächst keine Harneinspritzungen mehr gemacht, das geschah erst wieder in den letzten Jahrzehnten, als man im Anschluß an die Untersuchungen von Feltz und Ritter®®) und Bouchard®®) die Lehre von den „Harngiften“ aufgebaut hatte. Jetzt kommt eine lange Reihe von Arbeiten, in denen mit den verschiedensten Methoden an Mensch und Tier ausschließlich das Wesen der Urämie studirt und aufgeklärt werden sollte. Ihnen widmen wir ihres geschichtlichen Interesses wegen die folgenden Ausführungen.

Der Name Urämie, 1847 von Piorry‘) zuerst gebraucht, seit Frerichs’ epochemachender Bearbeitung der Brigth’schen Nieren- krankheit von den Aerzten aufgenommen, bezeichnet bekanntlich einen Symptomencomplex, welcher bei Functionshinderung der Nieren auf- zutreten pflegt und in Störungen des Nervensystems und der Ver- dauungsorgane besteht. Die ersteren stellen sich dar als Reiz- und Lähmungserscheinungen, welche die Nerven mit specifischer Energie, und zwar die nervösen Üentren treffen, so zwar, dab die sensible Sphäre Lähmung darzubieten pflegt (Coma, Sopor), selten Reizerschei- nungen (Delirien, maniakalische Anfälle), die motorische dagegen Reiz- erscheinungen zeigt (tonische, clonische oder tonisch-clonische Con- vulsionen), wozu noch vereinzelt Functionsstörungen der sensoriellen Thätigkeit des Hirns (Amaurose, Taubheit) sich gesellen können. Da nun alle diese Erscheinungen in den mannigfachsten Combinationen auftreten und an Intensität und Dauer so verschieden wie möglich sein können, da von der leichten chronischen Verdauungsstörung, dem transitorischen Schwindelanfall bis zum schwersten, tötlichen eclampti-

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schen Anfall in allen Abstufungen die Krankheit schleichend oder stürmisch hereinbrechen kann, so ergiebt sich ein so außerordentlich wechselvolles Bild, daß die Klinik lange Zeit gebraucht hat, ehe sie dasselbe in der heute giltigen Form hat fixiren können.

Es ist das Verdienst R. Brisht’s®), des berühmten Arztes vom Londoner Guy-Hospital, in dem im Jahre 1827 herausgegebenen Berichte über die behandelten Fälle als Erster auf den Zusammenhang zwischen den nervösen Störungen und den Affectionen der Nieren hingewiesen zu haben. Er gab bereits damals, und ferner neun Jahre später, ein gutes klinisches Bild der Nephritis, deren Häufigkeit in England er auf Erkältung und Unmäßigkeit im Alkoholgenuß zurückführte, eine Aetiologie, an deren Richtigkeit auch heute Niemand mehr zweifelt. Auf seine chemischen Befunde, besonders den Harnstoff betreffend, wird später eingegangen werden.

Die klinische Forschung bestätigte allmählich diesen von Bright zunächst noch ohne Erklärungsversuch betonten causalen Connex der beiden Krankheiten oder wenigstens den Hinweis auf das gleichzeitige Vorkommen der durch Albuminurie sich kundgebenden Nierenaffection und jenen Nervenstörungen, die Brisht schon sorgfältig genug be- schreibt. Es gehört zu den Verdiensten eines der Gründer der heutigen Klinik, Friedrich Theodor Frerichs'), zuerst eine sorgfältig detaillirte Schilderung der Bright’schen Nierenkrankheit, wie sie nunmehr ge- nannt ward, mit allen complicirenden Nebenerkrankungen vom klinischen ‚Standpunkt gegeben und die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die vorher zu wenig beachtete, überaus häufige Erkrankung gelenkt zu haben. Bei der Darstellung der epochemachenden Theorie der Urämie, die jener scharfsinnige Kliniker in seiner Monographie als einer der Ersten aufstellte, werde ich darauf zurückkommen müssen. Hier will ich nur hervorheben, daß die Frerichs’sche Arbeit einen geradezu außerordentlichen Forschungseifer entfacht hat, und daß als dessen Frucht die Flut von Arbeiten anzusehen ist, die in den zwei folgenden Decennien über die angeschnittene Frage erschienen, und die uns noch zu beschäftigen haben.

Eine chronologische Uebersicht über die in Rede stehenden Publi- cationen zeigt nämlich, dab die 50er und 60er Jahre am fruchtbarsten daran gewesen sind, während in den darauffolgenden Decennien der Eifer sichtlich nachgelassen zu haben scheint, bis die im verflossenen Jahrzehnt auftauchenden, die Frage von einem neuen Gesichtspunkt angreifenden Untersuchungen der französischen Forscher und Kliniker das Interesse für den Gegenstand wieder mächtig wachriefen. Aber noch ein anderes Moment, welches auf die Methodik der einschlägigen

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Forschung Bezug hat, ist meines Erachtens als Ergebnis der berühmten Frerichs’schen Arbeit anzusehen: die allxemeiner werdende Anwen- dung des Tierversuches für die Beweisführung und für die Prüfung der als suspect geltenden chemischen Substanzen auf ihre physiologische Wirksamkeit. Man kann allerdings Angesichts der Enderfolge, so wie sie 20 Jahre danach vorlagen, die Nützlichkeit dieser Methode stark anzweifeln, wie es Bartels und Fleischer thun. Es ist hier am Platze, einiges über die Methoden zu sagen.

Zwar wiesen die Unmöglichkeit, am lebenden Menschen zu experi- mentiren, und die Aussichtslosigkeit, post mortem bei der notorisch rasch eintretenden Zersetzung der Brightiker einwandsfreie Befunde zu erlangen, direct auf das Tierexperiment hin. Allein man ist hier in der Würdigung der dadurch erlangten Feststellungen zu weit ge- gangen. Man hat aus einem nützlichen Hilfsfactor der experimentellen Forschung ein universelles Untersuchungsobject gemacht, so dab eine völlige Verschiebung des Angrifispunktes der ganzen Frage daraus resultirte.e Denn nun discutirte man nur noch über die Urämie der Tiere. Man übersah, ganz abgesehen von der individuellen Verschieden- heit der Tiere Reizen gegenüber, daß die einzelnen Species ja ver- schieden auf die ihnen injieirten Substanzen reagiren konnten, daß sich der Jahre lang nierenleidende Mensch allmählich an mangelhaft aus- geschiedene Gifte gewöhnen konnte, während es noch nie gelungen ist, ein Tier durch chronische Nephritis urämisch zu machen und so das Tertium comparationis, die gemeinsame Ursache, in die Vergleichuns einzuführen. Wer weiB endlich, welche unentbehrlichen secretorischen Fähigkeiten der Niere, wie etwa der Schilddrüse, zukommen? Indem man also einmal die Urämie des Menschen, das Endresultat oft Jahre langer chronischer Blut- und Körpersubstanzveränderungen im Verein mit den hartnäckigen Stoffwechselstörungen der Brightiker, mit den in Folge Nephrotomie oder Ureterunterbindung, also Gewalteingriffe schwerer Art, in kurzer Zeit hereinbrechenden tötlichen Veränderungen der Tiere verglich, und andererseits die als Urämie gedeuteten, sich ganz different äubernden Erscheinungen von Katzen, Hunden und Kaninchen untereinander und mit der Urämie des Menschen in Parallele setzte, begab man sich völlig des einheitlichen, Vergleiche gestattenden Maßstabes.

Und man ist auch gar nicht berechtigt, von einer Substanz, deren Injection beim Kaninchen Coma denn Convulsionen pflegen bei diesem Tier zu fehlen (nach Rosenstein) —, beim Hunde Muskel- krämpfe hervorruft, vorauszusetzen, daß sie, im menschlichen Blute retinirt, dieselben Erscheinungen hervorrufe, resp. deren Vorhandensein

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in der Urämie erkläre. Es ist eben noch nie geglückt, den Wechsel im urämischen Bilde, welches beim Menschen einmal Coma, ein anderes Mal Coma und Convulsionen, in zwei verbürgten Fällen von Bright (1836) °) und Rosenstein (1872)!°) sogar nur Convulsionen, denen erst nachher Coma folgte, in einer vierten Gruppe als einziges urämisches Symptom Amaurose darbietet, beim Tiere in gleicher Weise und Combinations- möglichkeit hervorzurufen! Hier ist es vielmehr ein typisches, mono- tones Krankheitsbild, das ceben den Vergleich mit der Urämie des Menschen, so wie sie Rosenstein characterisirt, nicht aushält. Daß darüber die Klinik nicht eben gefördert worden ist, zeigt die Resultat- losigkeit der früheren Erklärungsversuche, und daran solluach Bartels’ Ansicht die tadelnswerte Vernachlässigung der klinischen Studien zu Gunsten der Ausbeutung des Tierversuches die Schuld tragen.

Aus geschichtlichem (pathologischem) Interesse will ich kurz über die Entwicklung, die dieses wichtige Hilfsmittel der experimentellen Pathologie genommen hat, an dieser Stelle berichten. In seinem im Jahre 1811 erschienenen Werke stellte Nysten!!), somit einer der Ersten, welche die Sache litterarisch bearbeitet haben, die Leser vor die Frage, wo bei den „Harnversetzungen“ Versetzungen auf ein anderes Organ oder Metastasen spielten ja in der alten Pathologie eine wichtige Rolle, wie noch heute im Volksglauben und dem alkalischen Erbrechen eigentlich der Ort der Bildung der Harnbestand- teile zu suchen sei, ob in den Nieren oder im ganzen Körper oder in den für die ausfallenden Nieren functionell eintretenden Organen. Die Wichtigkeit seines Vorschlages, die Sache experimentell zu entscheiden, ergiebt sich aus der historischen Thatsache, daß nunmehr Vesal eine Ausschneidung der Nieren und daran sich schliebende Untersuchung der Säfte vornahm, nebenbei bemerkt, ohne im Blut und Erbrochenen Harnbestandteile zu finden, ebenso wenig wie Comhaire, der etwa um die gleiche Zeit arbeitete.

Im folgenden Jahrzehnt, 1823, publieirte Richerand!?) seine Er- fahrungen. Er beobachtete nach der Unterbindung der Ureteren ein Leiden, das er Fievre urineuse, Harnfieber, nannte, welches sicher den Tod im Gefolge habe. Auch constatirte er experimentell die Möglich- keit, mit einer Niere, und die Unmöglichkeit, nach Exstirpation beider Organe weiter zu leben. In der stärker gefüllten und vergrößerten Gallenblase sah R. den Beweis einer vicarlirenden Leberausscheidung. Von epochemachender Bedeutung ist die Arbeit von Prevost und Dumas?), welche im gleichen Jahre eine sorgfältige Schilderung des nach Nierenexstirpation, wofür sie den Namen Nephrotomie cein- führten, auftretenden Kraukheitsbildes, sowie brauchbare Daten über

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die dabei beobachteten chemischen Blutbefunde mitteilten. Während die einseitige Nephrotomie keine Erscheinungen mache, veranlaßte die doppelseitige nach meist zweitägiger Euphorie heftige (braune) Diarrhoen und Erbrechen, erhöhte die Temperatur bis 43° C., beschleunigte die Herzthätigkeit bis 200 Schläge in der Minute, desgleichen die Respi- ration bis zur heftigen Dyspnoe und führte schließlich am vierten bis . fünften Tage „durch die darauf folgende Entzündung“, worunter sie wohl eine Peritonitis verstehen, zu tötlichem Ausgang.

Wenn ich noch hinzufüge, daß man hin und wieder das Blut urämischer Kranker (Spiegelberg!), Eclampsie) und ihren Harn untersucht hat, meist aber Blut, Harn und Körpersubstanzen urämi- scher Tiere auf die für die Erreger der Krankheit gehaltenen chemischen Giftkörper geprüft und deren Darstellung daraus versucht hat, und wenn ich noch J. F. Marchand’s gedenke, der in einem Falle die Nierennerven eines Hammels „mortificirte“ und so wahrscheinlich den FiltrationsproceßB von dem activen SecretionsproceB der Epithelien (cf. Senator, „Albuminurie“, Cap. I u. II) getrennt hat, so sind die in Betracht kommenden Methoden der Forschung im Allgemeinen er- schöpft. Wer die Schwierigkeit des physiologisch-chemischen Arbeitens, zumal in den früheren Jahrzehnten, in Betracht zieht, der wird darin die Ursache der endlosen Widersprüche zwischen den Resultaten der einzelnen Forscher, von denen immer einer die Arbeit des anderen illusorisch gemacht hat, und die Fruchtlosigkeit der großen Zahl von Erklärungsversuchen, von denen auch nicht einer einwandsfrei se- blieben ist, erblicken dürfen.

Anfangs injieirte man die verdächtigen Substanzen in’s Blut der Tiere. Allein der überall zu erhebende Einwand einer zu raschen Aus- scheidung, wofür auch bei den Versuchen mit Harnstoff die Polyurie nach der Operation zu sprechen schien, machte die Ergebnisse solcher Versuche wertlos. Als man später die Nephrotomie vor der Injection anwandte, wurde es wahrscheinlich, dass andere Organe, vor Allem der Magendarmcanal vicariirend die Ausscheidung für die Nieren über- nähme, und wo dies nicht einzutreten schien, da blieb der Versuch oft aus anderen Ursachen nicht exact beweisend, besonders wenn man durch Injectionen so differenter Stoffe wie des kohlensauren Ammoniaks schwere Reizerscheinungen hervorrief. Diese allgemeine Zusammen- stellung der auf diesem Gebiet der Forschung geübten Methoden und der gewichtigen gegen sie erhobenen Einwände wird es mir gestatten, bei der speciellen Darstellung der auf dieselben basirten Theorien kürzer darauf hinzuweisen.

Wir beginnen jetzt mit der Entwicklung der Anschauungen, die

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man über die Pathogenese der Urämie gehegt hat. Frühzeitig zog man begreiflicher Weise die pathologische Anatomie heran, die es ja ge- stattete, Jdie verdächtigen Befunde ad oculos zu demonstriren. So hat John Osborne®’) in seinem im Jahre 1837 erschienenen Werke die Arachnitis für die Ursache des Coma und der Convulsionen gehalten, indem er diese Symptome also als meningitische zu deuten gedachte.‘ Man begesnete in der That vielfach einer weißlichen Verdickung der Arachnoides bei den Urümieleichen. Es war aber ganz verfehlt, diese chronischen Entzündungsvorgänge für die Ursachen so schwerer Störun- gen zu halten; denn es stellte sich einmal die Inconstanz dieses Befundes bei wirklicher Urämie, andererseits aber ihr häufiges Vorhandensein bei älteren Individuen, die im Leben keinerlei urämische Erscheinungen je gezeigt hatten, heraus. So kam man allmählich von den rein ana- tomischen Veränderungen zurück und warf sich nunmehr, wie es schien, mit Glück, auf die Anschuldigung eines anderen, mehr physikalischen, oder wenn man will, mehr mechanischen Moments für die Erklärung der inzwischen durch Frerichs’ Studien der Aufmerksamkeit weiter Kreise empfohlenen Erkrankung. Vorerst benötigte man auch hier der Unterstützung der Autopsiebefunde. Schon im Jahre 1850 hatte wiederum ein englischer Arzt, Owen Rees!®), eine Arbeit publicirt, in welcher er der so oft ausgesprochenen Hydrämie, der starken Verdünnung des Blutes der Nephritiker in Folge des Eiweißverlustes, die Schuld für die Nervenerscheinungen der Nierenkranken durch Hinweis auf den Hirnhydrops beimißt. Vor Allem weist schon Rees dieTheorieWilson’s, welcher bekanntlich im Harnstoff den Erreger der Urämie sah, zurück, indem er einen Fall beschreibt, in welchem die eine Niere fehlte, der Ureter der anderen durch einen Stein verstopft war, und wo bei völliger Suppressio urinae, trotzdem die im Blut nachgewiesene Harnstoffmenge die Maximalmenge aller früheren Befunde weit überstieg, kein Zeichen von Urämie eintrat. Durch die Aufsehen erregende Theorie Traube’s ist dann die ältere Anschauung von Rees von Neuem in die Discussion gezogen worden. Im Jahre 1861 unternahm Ludwig Traube") den vielbesprochenen und stark bekämpften Versuch, die Urämie durch mechanische Ursachen zu erklären. Von der Erfahrung ausgehend, dab die von Rees betonte Verdünnung des Blutes der Brightiker eine Dis- position zu ödematösen Ausschwitzungen, zu Transsudaten bei diesen Kranken schaffe, deducirte dieser Forscher, daß die urämischen Sym- ptome, welche seit Frerichs als Zeichen einer Intoxication galten, nur den Ausdruck der Beteilivung des Gehirns an dieser krankhaften Wassersucht des Körpers bedeuten und modificirte so die schon zwei Jahre früher von Oppolzer!) ausgesprochene Ansicht, die Urämie sei

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auf Hydrops der Hirnventrikel zurückzuführen. Indem die kleinen Gefäße das verdünnte Serum austreten lassen, entstehe ein abnormer Druck in der Schädelhöhle, welcher nun seinerseits zur Compression der Capillaren führe, so daß in der Zeiteinheit erheblich weniger Blut das verengte Lumen passire und somit die Hirnsubstanz anämisch mache. Da aber kein Organ so prompt auf Störungen der Circulation mit Functionsausfall antworte, wie das Gehirn, so seien die nervösen Erscheinungen der Urämie lediglich durch in Folge des Oedems se- cundär bedingte Hirnanämie verursacht zu denken. Es kommt hinzu, daß die in Folge der Nierenschrumpfung meist eintretende compensa- torische Herzhypertrophie den Druck im Aortensystem ohnedies erhöht halte, so daß eine den Blutdruck gelegentlich steigernde Veran- lassung den plötzlichen Eintritt der Erscheinungen herbeiführen könne. Die Unkenntnis der Localisation der einzelnen Hirnfunctionen in den seit Fritsch’s und Hitzig’s Arbeiten bekannten Centren (psycho- motorische Centren, Landois) ließ Traube das Coma zwar auf Anämie der Großhirnrinde, die Convulsionen aber auf Reizung des Mittelhirns zurückführen. Damit hatte der Autor allerdings am meisten dem freilich erst nachträglich aufgestellten Rosenstein’schen Postulat, bei der Begründung einer Hypothese dem individuellen Wechsel in der Er- scheinungsform der Urämie und der Willkür in dem Auftreten der einzelnen Symptome Rechnung zu tragen, entsprochen. Die Folge davon ist, dab Rosenstein®)‘) der Traube'schen Auffassung noch jetzt größere Concessionen macht, als irgend ein anderer der Nieren- pathologen. Die heftigen und leidenschaftlichen Angriffe, welche Traube von allen anderen Seiten erfuhr, veranlaßten einen überzeugten An- hänger, Ph. Munk'!®), seine, die Traube’sche Hypothese angeblich stützenden Experimente mitzuteilen. M. berichtet über drei Versuchs- reihen. In der ersten studirte er lediglich die Erscheinungen nach der Nephrotomie und verglich sie mit den Ergebnissen der Nierenarterien- und der Ureterenligatur bezüglich der Intensität und Qualität, ohne daß ihn die chemischen Untersuchungen zur Bestätigung der land- läufigen Intoxicationshypothese geführt hätten. In der zweiten Serie unterband M. dem Hunde die Ureteren, ferner die Venae jugulares der einen Seite und injicirte in die Carotis der anderen teils Wasser, teils defibrinirtes Blut. Die Beobachtung ergab stets Coma und Convulsionen, die Section immer Hirnanämie und -Dedem. Dann mußte die dritte Serie logischer Weise. umgekehrt bei Herabsetzung des Druckes durch Carotidenunterbindung nach der Ureterenligatur eine Ver- zögerung des Eintritts der Urämie ergeben; und auch das war angeblich der Fall. Bei der Section zeigte sich zwar Anämie des Mittel- und

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Vorderhirns, und es bestand Hyperämie der Medulla oblongata, welche im Versuch auf diesen Reiz prompt mit Erbrechen, Herz- und Atmungs- stürungen reagirt hatte: es fehlte aber das Hirnödem. Nebenbei be- merkt stehen die therapeutischen Indicationen, welche Munk ableitete, den Vorschlägen anderer Autoren wieder einmal direct entgegen. In der Litteratur ward durch diese Publicationen Traube’s und seines Anhängers eine leidenschaftliche Fehde herbeigeführt. Allein trotzdem bald nach dem Bekanntwerden der in der Berliner med. Gesellschaft gehaltenen Vorträge M.'s, wie gesagt, eine heftige Polemik entbrannt war, an welcher sich als Gegner Traube’s hauptsächlich Zuelzer beteiligte, gelangte doch erst Bartels?) im Jahre 1875 zu einer die Theorie endgiltig abthuenden, wissenschaftlichen Begründung all’ der stichhaltigen Einwände, durch welche die Opposition die Traube’sche Hypothese vom Gehirnödem zu widerlegen suchte. Vor Allem sollte der Hinweis auf die acute Nephritis und besonders die Choleranephritis, welche fast regelmäßig zur Urämie führe, das Fundament der Hypothese, die Wässerigkeit des Blutes erschüttern, weil nachweislich in diesen Fällen die Urämie am häufigsten eintrete, und bei der Schnelligkeit, mit welcher der Krankheitsproceß vorschreite, eine Verdünnung des Blutserums einzutreten nicht Zeit habe, ebenso wenig wie die für das Verständnis der Theorie unerläßliche Blutdrucksteigerung durch Herz- hypertrophie bei der Kürze des Krankheitsverlaufs zur Ausbildung ge- langen könne. Auch war die Prüfung des Blutserums auf sein specifisches Gewicht in einigen Fällen geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der Annahme, als sei die Hydrämie die innere Ursache, aufkommen zu lassen. Zwar fand Bartels in mehreren Fällen chroni- scher Nephritis statt der normalen Ziffern von 1030 die erheblich niedrigeren Zahlen von 1017—1024, allein in einem sehr schweren Fall von Urämie, fünf Stunden ante exit., 1030 und ferner 1015 bei einem Patienten, der von urämischen Erscheinungen gänzlich frei blieb. Auch der fernere Cardinalpunkt, die Herzhypertrophie, ist skeptisch durch- geprüft worden. Nun wissen die Kliniker und Bouchard begründet es —, dab Herzschwäche weit eher zum Ausbruche urämischer Er- scheinungen disponirt, als die kräftige Herzthätigkeit bei compensatori- scher Hypertrophie, welche übrigens nach Bartels’ casuistischen Mit- teilungen nicht in allen Fällen von chronischer Nephritis mit Urämie p. m. nachweisbar ist. Hirnödem fehlte aber schr oft, z. B. in dem Falle Cohnheim’s (cit. nach Bartels), und wenn zuweilen Anämie in der That eine Rolle zu spielen scheint, so sprechen, scheint mir, doch diese Ergebnisse durchaus gegen die Annahme des Hirnödems als Voraussetzung für diese Anämie. Und warum sollte endlich, könnte

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man einwerfen, gerade das Gehirn von solchen Urämikern, deren Körper keinerlei hydropische Ausschwitzungen je gezeigt hat, gleichsam als Prädilectionsstelle ödematös werden? Fehlen doch ferner beim Hydrops der Hirnhöhlen selbst die Convulsionen in dem Krankheitsbille, und ist doch die Agonie selbst auch nur ein langsam zunehmendes Coma, ohne auf Ausbildung von Hirnanämie und -Oedem zurückgeführt werden zu müssen. Auch der Vergleich mit der als Neurose geltenden Epilepsie bietet weitere Anhaltspunkte für neue Einwände, welche ich ebenso wie die Picot’sche (Feltz und Ritter, S. 36) Berechnung, nach welcher zehn Tage Anurie nötig wären, übergehen muß. Hatte Traube ’s Publication die Gegner einer physikalisch-mechanischen Erklärungsweise des von den Meisten als Intoxication aufgefabten Symptomencomplexes der Urämie zu einer wissenschaftlichen Widerlesurg seiner Anschauungrs- weise veranlaßt, so forderte die etwas wewagte Art, mit welcher Munk nochmals die verschmähte Lehre zu retten gedachte, die Gesmer heraus. Nun erklärten sich fast alle Forscher gegen die Competenz der von Munk ceitirten Versuche. „Wenn man wie Munk verfährt,“ äuberte sich Cohnheim, „d. h. wenn man einem Hunde nach Unterbindung der Ureteren und Venae jugulares Wasser durch die Carotis gegen das Hirn spritzt, so werden Sie es nicht sonderlich merkwürdig finden, dab das Hirn des Tieres ödematös wird.“ Ebenso legt Voit) den Munk- schen Versuchen keine allsemein giltige Bedeutung bei, wenn er schon die Möglichkeit, daß hier und da Hirnödem durch Ueberdruck in Folge Nierenunterbindung entstehe, zuläßt. Auch Rommelaire°°), der sich der Mühe unterzog, alle bis 1867 mitgeteilten Versuche kritisch durch- zuprüfen, schließt sich nach seinen experimentellen Ergebnissen den Traube-Munk'schen Schlußfolgerungen nicht an. Eine leidenschaft- liche Abwehr läßt Landois (l. c.) der Traube’schen Theorie zu teil werden; ich habe aber den von ihm in’s Feld geführten stichhaltigen Einwendungen mit den Bartels’schen zusammen bereits Rechnung getragen, und ich weise endlich besonders darauf hin, daß auch Senator (Die Erkrankungen der Nieren 1896) den Gewalteingriften, welche Munk ausgeführt, die Berechtigung, Schlüsse zu gestatten, abspricht und höchstens als die Ursache umschriebener Herdaffeetionen, wie der Amaurose, die Annahme eines localen Hirnödems zulassen würde.

Es ist somit durch die Kritik der Traube-Munk’schen Hypothese als einer allgemein giltigen, d. h. alle oder auch nur die Mehrzahl der Urämiefälle erklärenden der Boden entzogen worden; es gab aber Forscher, welche eine vermittelnde Stellung einnehmen in dem Sinne, daß sie den im Schwange stehenden Erklärungsversuchen eine bedingte Richtigkeit, d. h. eine Anwendbarkeit auf gewisse, durch gemeinsame

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Characteristica (Schrumpfniere, puerperale Eclampsie) sich manifestirende Fälle zugestehen und dann gerade unserer in Rede stehenden Theorie diese Berechtigung nicht verkümmern wollten.

Die Mehrzahl der späteren Autoren erblickt in der Urämie eine Vergiftung. Man hat schon sehr früh die Excretstoffe des Harnes an- geschuldigt, die Erreger der Urämie zu sein, und man kam naturgemäß zuerst auf den Harnstoff, der ja als ein Hauptexeret und Harnbestand- teil von jeher die Aufmerksamkeit der Physiologen auf sich zog. Bei historischer Betrachtungsweise ist somit der Harnstoff ein exquisites „Harngift“, weil sehr zahlreiche Forscher seine vermeintliche Giftigkeit nachweisen zu können glaubten. Heute ordinirt man ihn als ein harm- loses Diureticum.

Die älteste Kunde von dem Harnstoff in Beziehung zur Urämie kommt uns von Bright), in dessen oft citirten Berichten vom Jahre 1827 und 1836 sich die Mitteilung über die von Boston und Babington ausgeführten Harnstoffbestimmungen im Blute, resp. Harne Nieren- kranker findet. 1829 wies Christison, auch einer der ältesten engli- schen Nierenpathologen, den Harnstoff „sicher“ nach. Was den Ort seiner Bildung betrifft, so verlegte man die normale Production der Excretstoffe in die Nieren, weil Vesal, Comhaire und Richeraud nach ihren oben erwähnten Nierenexstirpationen die Harnbestandteile im Blute nicht nachweisen konnten. Erst die berühmte Arbeit von Prevost und Dumas (l. c.), welche zum ersten Male nach Nephro- tomie im Alkoholextracte des Blutes durch Salpetersäurezusatz den Harnstoffniederschlag erhielten, sowie die analogen Mitteilungen von Vauquelin und Segalas, Mitscherlich, Tiedemann?**) und Gmelin, sowie von J. F. Marchand, welche Alle im urämischen Blut Harnstoff sicher nachwiesen, ebenso wie es bei Stannius’ und Scheven’s°°) Untersuchungen der Fall war, ließen nach einem anderen Orte der Harnstoffbereitung suchen. Claude Bernard und Barreswill?®), welche nur in der ersten Zeit nach der Nephrotomie Harnstoff im Blute fanden, späterhin nicht mehr, wiesen ebenso wie Hammond?) auf die Ausscheidung und Entleerung durch den Magen-Darmcanal hin.

Man kam aber wieder auf die Nieren als den Sitz der Harnstoff- bildung zurück, weil im Gegensatz zu den obigen Autoren und zu Voit°) eine Anzahl Untersucher der 50er und 60er Jahre, Oppler®®), Perls?®), vor Allen Zalesky°®) übereinstimmend angaben, nach der Ausschneidung der Nieren ganz erheblich geringere Harnstoffmengen („Spuren“, Zalesky) gefunden zu haben, als nach Unterbindung der Ureteren. Die entgegengesetzte Ansicht vertreten auf Grund ihrer Befunde Voit und Munk (l. c.), welche im urämischen Tierblute,

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gleichviel ob nach Nephrotomie oder Ureterenligatur, stets ansehnliche Mengen von Harnstoff nachzuweisen vermochten. Die Unzuverlässigkeit der früheren Methoden, die großen Schwankungen, welche zwischen den Befunden zweier verschiedenen, den gleichen Körper analy- sirenden Verfahren oft constatirt wurden, mögen die Schuld an diesen Widersprüchen tragen. Sorgfältige Nachprüfungen von Meissner’, Gscheidlen, Pawlinoff und Voit's Schüler Oertel haben auch nicht den geringsten Anhaltspunkt für die obige Schlußfolgerung er- geben, man konnte den angeblich constatirten quantitativen Unterschied des Harnstoffbefundes je nach der Anwendung der einen oder der anderen zur Urämie führenden Operation nicht bestätigen. Abweichend von allen anderen Methoden war das Verfahren Rosenstein’s, welcher den Nieren die Fähigkeit, den Harnstoff activ zu bilden, deshalb ab- sprach, weil nach einseitiger Nierenausschneidung die andere Niere völlig compensirend wirke und so viel Hanıstoff ausscheide, als vorher beide zusammen. Fleischer erhebt gegen diese anscheinend glückliche Beweisführung den Einwand, daß die Hunde Rosenstein’s nicht auf das Maximum der Harnstoflausscheidung (180 g pro die bei Fleisch- überernährung) gebracht worden seien, und daß die in den erheblichen physiologischen Schwankungen der Harnstoftausscheidung des Hundes liegende Fehlerquelle von Rosenstein nicht ausgeschlossen worden sei.

So lange man von der für den heutigen Standpunkt völlig ver- alteten Fragestellung aus, ob die Nierenepithelien activ den Harnstoff produciren oder nicht, darüber discutirte, woraus dieser wichtigste Excretstoff sich bilde, hatte man nur an Stofte wie Kreatin und Kreatinin zu denken. Bald constatirte man in der That einen Unterschied ın der Kreatinmenge des Blutes je nach Nephrotomie oder Ligatur der Ureteren (Zalesky), bald bestritt man die Beweiskraft dieser Ver- suche (Voit), bald fand man Kreatin über die Nierenbarriere hinaus im dilatirten Ureter [Herrmann ®), Go113%)] und mochte deshalb nicht an die Fähigkeit der Niere, aus Kreatin den Harnstoff zu bereiten, glauben. Es war also im Jahre 1881, als Fleischer arbeitete, und noch viel mehr 1868, als Voit seine interessanten Studien veröftent- lichte, durchaus verfehlt, an eine Harnstoffbildung aus Kreatin in der Niere zu denken.

In den 80er Jahren ist das Problem endlich gelöst worden. Es ist bekannt, daß die großen experimentellen ÖOrganuntersuchungen v. Schröder’s, der die Eck’sche Venenfistel anlegte (V. portae mit V. cava verbunden) und so die Leber aus dem Kreislauf ausschaltete, gelehrt haben, die Leber als den hauptsächlichsten Sitz der Harnstofl- entstehung anzusehen. Seine Injections- und Durchströmungsversuche

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nach Anlegung der Fistel, sowie die Experimente von Schmiedeberg weisen darauf hin, daß es die Ammoniakverbindungen seien, welche diesen Stoff liefern. Neuerdings läßt man das carbaminsaure Ammoniak (NH,,CO,-H,0 in dieser Beziehung eine Rolle spielen (Nencki, Pawloff, Zalesky). Auch manche klinischen, bei schwerer Leber- insufficienz beobachteten Thatsachen sprechen für die Annahme, daß die Leber der hauptsächlichste Sitz der Harnstoffbildung sei; einen kleinen Rest läßt man im Blute oder sonst wo als hydrolytisches, nicht oxydatives Spaltungsproduct des Eiweiß entstehen. Bezüglich der Niere lehrten v. Schröder’s und Salomon’s „Durchblutungsversuche“ das Unvermögen des Organs, Harnstoff zu bereiten. Wie dachte man sich die deletäre Wirkung des im Körper zurückgehaltenen Harnstofts?

Den ersten Versuch, die Urämie oder, wie dies Krankheitsbild vor Frerichs und Piorry hieß, das Coma der Wassersüchtigen wissen- schaftlich zu erklären, unternahm Arthur Wilson®*) im Jahre 1833, indem er die beiden einzigen damals nachweisbaren pathologischen Ver- änderungen des Blutes der Kranken, die Verminderung des Albumins und die Vermehrung des Harnstoffs, naturgemäß die nächstlierenden und in die Augen springenden Punkte, für die Production der nervösen Symptome verantwortlich machte. Gregory, Wilks, Richardson, die bekannten englischen Nierenpathologen, vertraten seinen Stand- punkt. Es verging eine lange Zeit, ehe man in Deutschland zu einer genaueren Prüfung der von den Engländern veröffentlichten Arbeiten schritt. Den ersten Anlaß hierzu gab erst das klassische Werk und die in demselben gelieferte Theorie von Frerichs‘)®). Genial ent- worfen, geistreich geschildert, klinisch äußerst einleuchtend, unverständ- liche Symptome plausibel erklärend, experimentell nach damaligen Be- griffen gut gestützt, schien die Hypothese Frerichs’ in der That das schwierige Problem in glücklichster Weise gelöst zu haben. Die an- genehme Schreibärt, die schöne, belebte und an manchen Stellen, z. B. in der Schilderung der chronischen Urämie packende Art der Darstellung, kurz die Form, sowie die Schärfe der klinischen Beob- achtung und die Fülle neuer symptomatologischer und diagnostischer Momente, die Casuistik und noch Vorzüge mancher Art haben die Monographie des vielseitigen Meisters und gewandten Schriftstellers weit über ihre Zeit hinaus populär erhalten und gestalten sie noch heute zu einer anregenden, lesenswerten Lecture.

Die Thatsache, daß öfter Fälle, wie der von O. Rees!) mitgeteilte beobachtet worden waren, Fälle, in welchen ein Parallelismus zwischen dem Eintritt und der Intensität der nervösen Symptome und der im Blut nachgewiesenen Quantität des Harnstoffes «durchaus nicht con-

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statirbar war, gaben den Anhängern der von Wilson begründeten Lehre zu denken. Nun ergab das Experiment die Harmlosigkeit der damals bekannten „excerementitiellen* Stoffe. Fr. injıcirte Katzen und Hunden, teils unverletzten, teils ihrer Niere beraubten Tieren, 2—3 g Harnstoff (eine viel zu geringe Menge), sowie gesättigte, warme Lösung von harnsaurem Natron und von Ammoniak, ohne den Tieren erheblich zu schaden. Indem er dergestalt per exclusionem aller in Betracht kommender Substanzen den Nachweis der Unschädlichkeit der isolirten Ausfuhrstoffe erbrachte, andererseits das giftige Agens auf Grund seiner reichen klinischen Erfahrung durch die Harnretention in den Körper eingeschleppt glaubte und im Hinblick auf die Scharlachnephritis die Hydrämie als eine passende Erklärung ebenfalls nicht gutheiben konnte, hat er an einen normalen Zerfallstoff, den Harnstoff, anknüpfend, in der pathologischen Zersetzung dieses Körpers in kohleusaures Ammoniak den Schlüssel zur Klarlegung aller Rätsel der Urämie zu finden gemeint! Auf Grund der ım Jahre 1849 im Göttinger physiologischen Institut angestellten Tierstudien kam Frerichs zu folgenden Ergebnissen; lassen wir ihn selbst schildern:

„Die Erscheinungen der urämischen Intoxication werden weder durch den Harnstoff, noch durch irgend einen anderen Bestandteil des Harns, noch -durch die sämtlichen Excretionsstoffe dieser Flüssigkeit als solche veranlabt, sondern sie entstehen lediglich dadurch, daß der im Blut angesammelte Harnstoff innerhalb des Gefäßsystems sich unter Einwirkung eines geeigneten Fermentkörpers ın kohlensaures Ammoniak umwandelt. Das Ammoniakcarbonat ist die schädliche Potenz, welche jene Functionsstörungen zu Wege bringt. Injection desselben in’s Blut ruft alle Symptome hervor, welche wir als urämische kennen. Zum Eintreten der urämischen Intoxication sind also zwei Factoren erforder- lich: 1) die Ansammlung von Harnstoff im Blut, 2) die Gegenwart eines Fermentkörpers, welcher die Zerlegung des Harnstoffes vermittelt. Fehlt der letztere, so kann das Blut lange mit Harnstoff geschwängert sein, ohne daß nachteilirre Folgen eintreten.“

Die experimentirenden Physiolosen hatten nicht beachtet, daß sich beim Patienten mit chron. Morb. Bright. Harnsto® in erheblicher Menge ım Blut anhäufen könne, ohne auf das Nervensystem schädigend einzuwirken. Bright, Christison, Rees (l. e.) und Frerichs be- schreiben einschlägige Fälle, in denen die Blutuntersuchung eine er- hebliche Vermehrung des Harnstoffes ergab. Es kommt hinzu, daß die Harnstoffinjeetion ein nephrotomirtes Tier anfänglich kaum genirt, was doch mit der Annahme einer toxischen Qualität dieses Körpers nicht vereinbar wäre. Allein in den Tierversuchen, so wie Frerichs sie

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wiedergiebt, trat nach einiger Zeit, nach 1—8 Stunden, eine Wirkung ein, die der Autor als eine urämische Vergiftung characterisirte.

Mit dem Ferment müssen wir uns noch etwas sorgfältiger be- schäftigen. Genau genommen liegt in der Annahme dieses rein hypo- thetischen Fermentkörpers das Plausible, Einleuchtende der Theorie. Wurden doch zahlreiche klinische Erfahrungen hierdurch verständlich. Die Thatsache, das Scarlatina, Cholera mit Vorliebe zur Ausbildung des urämischen Krankheitsbildes disponirten, da man es in der Hand hatte, die Genese des völlig problematischen, in der Luft schwebenden Fermentkörpers an die Existenz oder Ausbildung beliebiger, selbst leichter Modificationen des Blutchemismus des acuten M. B. zu knüpfen. In den seltener Urämie veranlassenden fieberlosen Erkrankungen, dem chronischen M. B. mit seinen notorischen starken Veränderungen der Blutmischung mußte die dauernde Anwesenheit des Ferments dazu herhalten, die chronische Urämie zu erklären, da es hier erfahrungs- gemäß nicht zu einer hochgradigen Harnstoffretention zu kommen pflegt, wie bei der acuten, zur Anurie führenden Nierenentzündung. Meist bilde sich das Ferment allmählich, zuweilen aber in den Fällen von blitzschnell eintretender Urämie (Guy Hospital 1843) überaus plötzlich. Ueber die Ursache dieses interessanten Fermentes giebt Frerichs keine Auskunft; er deutet nur an, daB kleine Modificationen des „chemischen Metamorphosencomplexes“ im Blute, veranlaßt durch ge- ringe Fieberbewegungen, durch die häufigen secundären Entzündungen der Brightiker, vor Allem durch Infectionskrankheiten, besonders den die Constitution aufwühlenden Typhus abdominalis, also durch alle diese prädisponirenden Momente, die Entstehung des rätselhaften Erregers zu beeinflussen scheinen. Hierher gehöre auch die Eclampsia puerperalis, zu deren Ausbruch die die Circulations- und Ernährungsverhältnisse so eingreifend verändernde Entbindung oft den Anlaß geben soll. Die weitere Auseinandersetzung des theoretischen Raisonnements des Autors würde hier zu weit führen. Der zweite Hauptpunkt im Frerichs’schen Calcül ist die experimentelle Grund- . lage der Theorie. Als „stringente“ Beweise führt der Forscher an:

1) ist darzuthun, daß bei Urämie ein Zerfall des Harnstoffes in kohlensaures Ammoniak stattfindet;

2) daß Injection von kohlensaurem Ammoniak in’s Blut künstlich Urämie hervorrufe.

Zu diesem Zwecke injicirte er Hunden nach der Nephrotomie 2—3 g Harnstoff; der Eftect wurde angeblich erst nach 5/,—8 Stunden bemerkbar. Nach 21/,—10 Stunden trat der Tod oder der Uebergang zur Wiederherstellung ein. In der Ausatmungsluft war intra vitam,

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im Blute p. m. NH, nachzuweisen, ebenso im Mageninhalte und der Galle (NH,),CO,. Die zweite Versuchsreihe, Injectionen von (NH), CO, führten alsbald zum Ausbruch stürmischer „urämischer“ Symptome, die nach mehreren Stunden zugleich mit dem im Atem nachweisbaren NH, schwanden.

Somit befand sich also das Ergebnis der experimentellen Prüfung in trefflicher Harmonie mit den theoretischen Voraussetzungen.

(Schluss fulgt.)

Mitteilungen über technische Verbesserungen. Von Dr. H. Lohnstein.

1. Eine Instrumententasche für die urologische Praxis.

Nicht so selten kommt es vor, daß der Arzt, besonders auf dem Lande, wegen plötzlicher Harnverhaltung zu einem Patienten gerufen wird, ohne daß er aus dem von den Angehörigen desselben erstatteten Berichte in der Lage ist, auf die Ursache der Harnverhaltung einen Wahrscheinlichkeitsschluß zu ziehen. Die Wahl der von ihm zur Be- seitigung der Retention voraussichtlich anzuwendenden Instrumente fällt nun aber sehr verschieden aus, je nachdem es sich um Prostata- hypertrophie, Strictur oder eingeklemmten Fremdkörper, bekanntlich die Hauptursachen der Harnverhaltung, handelt. Während in dem ersten Falle zuweilen die Einführung eines einfachen Nélatonkatheters in die Blase genügt, braucht man bei impermeabler Strictur oder bei ein- geklemmtem Fremdkörper nicht selten ein ziemlich complicirtes Instru- mentarium, um zunächst durch die Strictur zu gelangen und dann die Blase zu entleeren. Doch auch bei acuter Harnretention in Folge von Prostatahypertrophie, besonders wenn in Folge bereits vorher- gegangener fruchtloser Versuche Schwellung oder Blutung in der Urethra besteht, kann man nicht genug Katheter von jeglicher Form zur Verfügung haben, um die Entleerung der Blase zu erzwingen. Hierzu kommt noch ein weiterer Mißstand, der besonders auf dem Lande sich recht unangenehm bemerkbar machen muß, das Fehlen von geeigneten Gefäßen, in welchen man ohne unnötige Raum- und Materialverschwendung die für die Einführung bestimmten Instru- mente zu sterilisiren oder desinficiren vermag. Jeder Arzt, der ein- mal die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten kennen gelernt und vor Allem den für «die Patienten so häufig geradezu verhängnisvollen

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Zeitverlust erleben mußte, wird dies bestätigen können. Noch un- angenehmer gestalten sich diese Verhältnisse zur Nachtzeit, besonders dann, wenn man nicht die Möglichkeit hat, sich in absehbarer Zeit in der nächsten Apotheke oder Instrumentenhandlung etwa nötige Gegenstände zu ergänzen. Je häufiger derartiges einem beschäftigten Practiker vorkommt ich brauche hier nur an die vielen Fälle von acuter Harnretention bei Prostatahypertrophie, sowie an die allerdings weniger häufige Gelegenheit zu erinnern, in welcher der Arzt bei

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Fig. 1. Tasche und Desinfectionsgefäss, fertig zum Gebrauch ausgebreitet.

Harnverhaltung in Folge von acuter Prostatitis oder von secundärer Schwellung bei Strietur der Urethra eingreifen muß um so mehr hat es mich stets verwundert, dab für derartige Fälle nicht eine Instru- mententasche existirt, in welcher der Arzt alle für derartige Fälle etwa in Betracht kommenden Geräte und Medicamente übersichtlich zusammen mitführen kann. Auf meine Veranlassung und nach meinen Angaben hat nun die Medieinisch - Polytechnische Union Ernst Lentz & Co. Berlin N., die folgende Instrumententasche angefertigt, in welcher

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wohl alle für die obengenannten Fälle in Betracht kommenden Instru- mente in compendiösester und doch übersichtlicher Form zusammen vereinigt sind, und die ich im Folgenden beschreiben werde. Die Tasche zerfällt in drei Abschnitte, zwei Seitenteile und einen Mittel- teil. In dem ersten Seitenabschnitt befinden sich Fächer für 5 pCt. Höllen- stein-Lösung, Paraffin zum Befetten der Instrumente, 1 pCt. Cocain- lösung und Lysol. Jede dieser Substanzen ist, um Raum zu ersparen, in einem möglichst engcalibrigen, mit Marken versehenen, etwa 30 ccm fassenden Glascylinder eingeschlossen, der zwecks größerer Haltbarkeit von Nickelincylindern umgeben ist: Außerdem haben hier zwei größere, aus Celluloid gefertigte Katheterbehälter Platz gefunden. In dem größeren befinden sich mehrere Nelaton-, ferner seidene Katheter mit Olivenende und Mercierkatheter, in dem kleineren filiforme Führungssonden, die Leitsonde für den Le Fort’schen Strieturendilatator und Fischbein- bougies für den Gouley’schen Stricturenkatheter. Endlich hat hier

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Fig. 2. Tasche zusammengelegt.

Seife und Nagelbürste Platz gefunden. In dem anderen Seitenbehälter befinden sich mehrere Metallkatheter von verschiedener Krümmung für die Entleerung der Blase bei Prostatahypertrophie, und zwar je ein Katheter mit langem Schnabel, ein Katheter mit Bicoude-Schnabel, ein Katheter mit großer, weit ausgedehnter Krümmung, der Gouley’sche Stricturenkatheter, ein hier in Deutschland viel zu wenig bekanntes Instrument zur Entrirung der Strictur und consecutiver Entleerung der Blase, sowie endlich ein von mir angegebenes Universalinstrument zur Behandlung der recidivirenden Harnverhaltung bei Prostatahypertrophie und Strietur. Endlich enthält diese Seitentasche zwei von schützender Metallhülse umgebene Glasspritzen: eine von 6 ccm Inhalt für die Urethra (zur event. Cocainisirung vor einem Eingriff) und eine größere, 30—40 ccm fassende Spritze zur Ausführung von Blasenspülungen. In dem Mittelfache, welches gleichzeitig dazu bestimmt ist, zu verhindern, daß die in den Seitentaschen aufbewahrten Geräte sich gegenseitig drücken, befindet sich ein aus weichem Gummi angefertigtes, 40 cm

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langes, je 6cm hohes und breites Gefäß, in welchem die zur Desinfection bestimmte Lysollösung bereitet wird und welches dazu dient, die In- strumente vor dem Gebrauch aufzunehmen. Weiterhin enthält die Mittel- tasche einen schmalen Leinwandbehälter, in welchem die gebrauchten Instrumente nach dem nötigen Eingriff bis zur Reinigung aufbewahrt werden. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, daß statt der angeführten Instrumente, die sich mir selbst auf Grund meiner langjährigen, ausgedehnten Erfahrung als die für obengenannte Zwecke notwendigsten und geeignetsten erwiesen haben, je nach dem Geschmack und der Gewohnheit des Arztes andere gewählt werden können. Die Tasche selbst ist aus waschbarem Zeug angefertigt, welches auf Segel- tuch abknöpfbar befestigt ist. Zusammengelegt nimmt dieselbe nicht mehr Raum weg, wie eine mäßig große Actentasche und läßt sich bequem in der großen Innentasche eines Ueberrocks unterbringen. Selbst- verständlich ist dieselbe nicht nur für die angedeuteten Fälle zu ver- wenden, sondern auch dann, wenn man Blasenausspülungen auber der Sprechstunde und dergl. auszuführen hat.

2. Ein Universal-Instrument zur Behandlung der Harn- retention bei Strieturen und Prostatahypertrophie.

Der Vorzug dieses Katheters besteht darin, daß er mittelst einer kleinen Vorrichtung sich sowohl zur Beseitigung der Harnretention bei Stricetur wie bei Prostatahypertrophie anwenden läßt. Er besteht aus einem Katheter (a) von mäßiger Stärke mit relativ großem in der Con- cavität befindlichen Fenster. Distal von demselben befindet sich ein Schraubengang, auf den man entweder einen stumpf-cylindrischen, flach gebogenen Ansatz (b) von 2 cm Länge oder ein conisch zulaufendes, seinerseits in einem Schraubengange endendes Schaltstück (c) aufschrauben kann. Handelt es sich beispielsweise um complete Harvretention in Folge von Prostatahypertrophie, so braucht man das Instrument mit aufge- schraubtem cylindrischen Ansatz, führt dasselbe in die Blase und entleert den Harn. Hat man nun Grund zu befürchten, daß die Harnretention (z. B. wegen bestehender Schwellung, Blutung, falscher Wege etc.) in den nächsten Stunden sich wieder einstellen werde, während man selbst vielleicht nicht in der Lage sein wird, Hilfe zu leisten, so braucht man nur durch den festen Katheter einen dünneren Nelatonkatheter (d) hindurch und zum Katheterfenster hinaus in das Blaseninnere zu leiten, dann über den durch einen eingeschobenen Draht (e) fixirten Nelaton den Metallkatheter zurückzuziehen. Der Nelaton bleibt dann, ohne irgend- wie zu reizen, in der Blase liesen, kann mittelst einer von Porges in Paris angegebenen einfachen Vorrichtung am Penis befestigt, durch

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eine zweite Vorrichtung je nach Bedarf geschlossen und geöffnet werden. In dieser Weise vertragen ihn die Patienten unter Umständen Tage, ja Wochen lang. Ich verdanke Herrn Sanitätsrat Fürstenheim die ersten Mitteilungen über diese Vorrichtung, die sich in etwas moldificirter Form mir seit Jahren in geeigneten Fällen als sehr nützlich erwiesen hat. Handelt es sich nun darum, den Katheter bei einer Strietur mit Harnverhaltung in entsprechender Weise anzuwenden, so hat man nur nötig, das konische, in einen Schraubengang endende Schaltstück (ec) an len Katheterstumpf aufzuschrauben. Nachdem nunmehr eine Leitsonde durch die Verengerung in die Blase gebracht worden ist, wird dieselbe genau wie beim Le Fort-Katheter (welchem ja das Instrument in dieser Form entspricht) an denselben angeschraubt und nunmehr der

Fig. 3.

Metallkatheter in die Blase geschoben, was meistens gelingt, wenn man die Leitsonde (f) zuvor 1—2 Stunden hat liegen lassen. Hier ist der Zweck nicht etwa, die sofortige Harnentleerung zu erzwingen, denn diese erfolgt meist schon spontan, nachdem die Leitsonde einige Zeit lang gelegen hat, neben derselben, sondern den Patienten gegen eine voraussichtliche, in Form secundärer Schwellungen erfolgende, spätere acute Retention zu schützen. Zu dem Zweck verfährt man, nachdem die Metallsonde vorsichtig bis in die Blase geschoben, genau in der oben angedeuteten Weise. Auch dies Instrument ist keineswegs original. Neu ist jedoch die Vereinigung beider Instrumente zu einem Apparat mittelst der beschriebenen einfachen Vorrichtung.)

) Die Tusche sowohl wie das oben beschriebene Instrument ist von der Medieinisch-Polytechnischen Union Ernst Lentz & Co., Berlin N., zu beziehen.

Referate.

N A N O

I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

——

Festschrift, gewidmet Ph. J. Pick in Prag von Collegen und Schülern. (Archiv für Dermatologie und Syphilis, Bd. 43 und 44.)

In zwei stattlichen Bänden ist die Festschrift erschienen, ein Beweis der hohen Verehrung sowohl, welcher sich der Jubilar erfreut, als auch des regen Arbeitseifers, der auf dem Gebiete der Haut- und Harnleiden augen- blicklich herrscht. Für die Leser dieses Blattes mögen folgende Arbeiten daraus Erwähnung finden: >

I. Dr. Bender (Düsseldorf): Ueber neuere Antigonorrhoica. S. 31—87.

Verf. hat besonders das Argonin und das Protargol geprüft. Besonders das letztere erscheint ihm als das Antigonorrhoieum par excelence. Nach Verbrauch von drei Flaschen 200 g) waren in 60 Fällen die Gonokokken verschwunden und blieben es dauernd.

II. Federer (Teplitz): Beitrag zur Endoskopie der Strieturen der männlichen Harnröhre. PB 201-209.

Verf. teilt einen Fall von Schleimhauterkrankung der Harnröhre mit, der eine Combination von artificieller Urethritis, durch fortgesetzte Cauteri- sationen, mit der stärksten Infiltrationsform der chronischen Gonorrhoe

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° bildet. Die genaue Beschreibung der Veränderungen, die durch Abbildungen illustrirt wird, muß im Original eingesehen werden.

III. Jadassohn: Ueber Immunität und Superinfection bei chronischer Gonorrhoe. S. 319—337.

In der sehr lesenswerten Arbeit geht Verf. von folgenden That- sachen aus:

1) Wir wissen nichts von einem Verlust oder einer Abschwächung der Infectiosität eines gonorrhoischen Processes, so lange noch Gonokokken nachzuweisen sind. |

2) Wir wissen nichts von einer angeborenen Immunität derjenigen Organe, welche im Allgemeinen leicht gonorrhoisch erkranken.

3) Die nicht besonders disponirten Organe haben teils in verschiedenem Alter, teils auch bei verschiedenen Individuen eine sehr verschiedene Empfänglichkeit gegenüber dem gonorrhoischen Virus.

4) Wir wissen nichts von einer Immunisirung des Organismus durch das Bestehen einer Gonorrhoe.

5) Eine Immunität eines Organs, welches die Krankheit bei Gonorrhoe auch nur einigermaßen überdauert, giebt es nicht.

Während diese Thatsachen feststehen, ist bei der chronischen Gonorrhoe noch mancherlei ungeklärt. Wir wissen nicht, ob und wie die Gewöhnung eines an Gonorrhoe erkrankten Organs an die in ihm vegetirenden Gono- kokken erfolgt und ob dieselbe so weit geht, daß dieselben zu reinen Saprophyten werden. Noch wichtiger ist die Frage: Wie reagiren chronisch- gonorrhoische Schleimhäute auf fremde Gonococcen? Nach Versuchen von Wertheim und Finger mit acuter Entzündung; ob aber der in wenig Fällen erhobene Befund verallgemeinert werden dürfte, wollte Verf. durch Inoculationsversuche untersuchen. Verf. hat das in sechs Fällen gethan; zweimal trat 3—4 Tage nach der Inoculation eine beträchtliche Vermehrung der Gonokokken und Steigerung der entzündlichen Erscheinungen auf. In vier Fällen dagegen brachte die Inoculation keine Veränderung in dem chronischen Krankheitsbilde hervor. Das Material ist noch zu klein, um sichere Schlüsse daraus zu ziehen; immerhin genügt es, um zu erkennen, daß man bei der Art und Weise, wie die chronisch-gonorrhoische Schleim- haut auf Gonokokken reagirt, mit folgenden Möglichkeiten rechnen muß:

1) Dieselbe reagirt durch eine Steigerung der Entzündung sowohl auf eine Vermehrung der eigenen Gonokokken, als auf Inoculation mit fremden.

2) Sie reagirt auf die eigenen Gonokokken nicht mehr mit acuter Ent- zündung, wohl aber auf fremde.

3) Sie reagirt weder auf die eigenen, noch auf fremde Gonokokken; sie ist immun gegen acute Gonorrhoe.

IV. Rona: Ueber Symptome der Urethritis totalis. Band II, S. 141—150.

Verf. hat 160 Fälle acuter Urethritis untersucht und ist dabei zu fol- genden Schlüssen gekommen:

1) Von diesen Fällen war nur ein Sechstel Urethritis anterior.

402

2) Häufiger Harndrang ist auch bei Urethritis anterior kein seltenes Symptom.

3) In den Fällen von Urethritis posterior, in welchen die zweite Harn- portion klar war (Urethritis prostatica), wurde Harndrang etwa in einem Drittel, häufige Pollutionen etwa in der Hälfte der Fälle beobachtet.

4) Die totalen Urethritiden, ja selbst die durch Vesiculitis, Prostatitis. Epididymitis complieirten, zeigen durchaus nicht immer, ja sogar nicht einmal in der Mehrzahl, vermehrten Harndrang, häufige Pollutionen und Schmerzen in der hinteren Harnröhre. Terminale Blutung ist bei ihnen ein seltenes Symptom.

5) Die terminale Blutung ist immer ein Zeichen der intensiven Er- krankung des Orificium internum vesicae und ihr Sitz, wie evstoskopische Untersuchungen ergaben, die Falte des Oritieium vesico-urethrale.

V. Welander: Ueber die Behandlung der Gonorrhoe mit Protargol. 8. 377—3%6.

Verf. kommt auf Grund seiner klinischen Erfahrungen und experi- menteller Studien zu dem Schlusse, daß das Protargol ein besonders kräftig gonokokkentötendes Mittel ist. Wenigstens besitzen wir kein Mittel, welches ihm bei gleich intensiver Wirkung an Reizlosigkeit gleichsteht. Das Pro- targol ist ein beinahe unfehlbares Präservativmittel und besonders bei einer Abortivbehandlung, sowie im Allgemeinen bei jeder vorderen Gonorrhoe sehr wirksam; weniger sicher ist seine Application bei Urethritis posterior. Gegen die Gonorrhoe der Frauen versagt es häufig.

Bezüglich der Art seiner Anwendung sei erwähnt, daß Verf. bei Abortivbehandlung wenigstens 3 pCt. Protargollösung empfiehlt; die Ein- spritzung ist Anfangs zweimal täglich zu machen und die Lösung zehn Minuten in der Hamröhre zu behalten. Wenn sich 3—4 Tage lang keine Gonokokken zeigen, genügt eme Spritze; ist dies 7—8 Tage der Fall, kann man aufhören. :

Bei der Gonorrh. post. hat Verf. täglich etwa 200 g einer 1/,proc. Protargollösung in Form Janet’scher Spülungen verwandt und glaubt, daß es dem Kali hypermanganicum überlegen sei.

P. F. Richter (Berlin).

Privatdocent Dr. Leopold Casper: Handbuch der Cystoskopie. (Verlag von G. Thieme, Leipzig 1898.)

Schwerer als andere diagnostische Methoden und mancher Anfeindung ausgesetzt, hat sich die Cystoskopie die hohe Stellung erkämpft, die sie heut einnimmt. Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß, nachdem seit dem grundlegenden Werke ihres Erfinders Nitze fast ein Decennium verflossen ist, in welchem sie von deutscher Seite eine monographische Bearbeitung nicht gefunden hat, der auf diesem Gebiete so erfahrene Autor es unter- nommen hat, der mannigfach erweiterten und ausgedehnten Methode eine neue Darstellung zu widmen.

4035

Das Buch beginnt mit einer Geschichte der Cystoskopie, der eine klare, eingehend kritisch gehaltene Uebersicht des Instrumentariums folgt. Dem Capitel über Technik der Cystoskopie geht zweckmäßiger Weise eine Be- sprechung der Anatomie und Physiologie der Harnröhre und Harnblase voraus, soweit dieselbe für Einführung von Instrumenten und Betrachtung der Blase in Betracht kommen. Es folgt eine anschauliche Schilderung der Bilder, welche die normale Blase bietet, sowie eine Darstellung häufigerer und seltenerer Abnormitäten. Die Erweiterung ihres Gebietes, die die Cystoskopie dank der Ausbildung des Ureterenkatheterismus erfahren hat, ‚kommt in dem ausführlichen Capitel zum Ausdruck, welches letzterem ge- widmet ist und in welchem Verf. zahlreiche eigene interessante Erfahrungen mitteilt. Eine gesonderte Darstellung finden einige Bilder der weiblichen Blase. Eingehend werden dann die Fortschritte abgehandelt, die Cystoskopie und Ureterenkatheterismus neben der Diagnostik für die Therapie gehabt haben, und au denen Verf. selbst ja wesentlichen Anteil genommen hat. Eine Darstellung der Blasenphotographie sowie der Verwertung der Röntgen- strahlen für die Diagnostik der Krankheiten der Harnorgane beschließt das Buch, das von der Verlagsbuchhandlung in ganz hervorragender Weise aus- gestattet ist und das neben zahlreichen Abbildungen im Text durch sieben Tafeln, auf denen teils Photographien des Blasenbildes, teils farbige Re- productionen derselben dargestellt sind, den Bedürfnissen der Lernenden in vorzüglicher Weise entgegenkommt.

Die klare Darstellung macht das Buch zu einer für Anfänger auf dem Gebiete der Cystoskopie sehr wertvollen Lectüre; aber auch der Geübtere wird reiche Anregung daraus schöpfen. Des Verf.’s Wunsch, „die Kenntnis der Cystoskopie in weiteren Kreisen zu verbreiten“, wird sicherlich in Er- füllung gehen. P. F. Richter (Berlin).

Prof. Dr. A. Auvard (Paris): Pracetisches Lehrbuch der Gynä- kologie. (Autorisirte deutsche Ausgabe nach der zweiten Auflage

des Originals von Dr. R. Löwenhaupt, Hamburg.) Leipzig, Verlag von Barsdorf, 1897.

Das in drei Abteilungen erschienene Werk unterscheidet sich von unseren gebräuchlichen deutschen Lehrbüchern in mehrfacher Hinsicht, sowohl was den Inhalt als die Form der Darstellung anlangt. Der Verfasser teilt seinen Stoff in 15 größere Capitel und geht dabei sehr oft näher auf Dinge ein, die man in den Lehrbüchern der Gynäkologie abgehandelt zu finden nicht gewöhnt ist, obwohl der Frauenarzt in seiner practischen Thätigkeit sehr häufig mit ihnen zu thun hat und ihre Kenntnis daher für ihn unerläßlich ist. So ist z.B. in dem ziemlich erschöpfend behandelten Capitel „Sterilität“ eine eingehende Schilderung auch den durch den Mann bedingten Ursachen dieses Zustandes gewidmet, in dem Capitel über Pathologie der Harnwege findet man auch eine kurze Darstellung der Erkrankungen des Nierenbeckens und der Ureteren. Ein besonderes Capitel weist der Verfasser den sog.

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„pseudo-genitalen Umterleibserkrankungen“ zu, worunter er solche Erkran- kungen der Unterleibsorgane und ihrer schützenden Decken versteht, die durch ihre Analogie und ihren benachbarten Sitz mit Genitalleiden erfahrung gemäß oft verwechselt werden; Unterleibsneuralgien, Dyspepsien und nicht von den Sexualorganen ausgehende Tumoren der Bauchhöhle und ihrer Wandungen finden hier ihre Besprechung. In dem das Werk abschließenden Capitel „Diagnose der Genitopathien“ behandelt Verf. in besonders ein- gehender Weise die durch Erkraukungen des Genitalapparates bedingten secundären Veränderungen in den übrigen Körpersystemen der Frau. Mit ‚diesem Eingehen auf Gebiete, die man im Allgemeinen anderen medieinischen Disciplinen zuzuweisen pflegt, deren genauere Kenntnis aber gerade für den Gynäkologen von practischer Wichtigkeit ist, wollte wohl der Verf. den Titel „Practisches Lehrbuch der G.“ begründen.

Die Darstellung ist lebhaft und anregend, öfters von kürzeren und längeren Citaten unterbrochen. Treffende Vergleiche, sowie zahlreiche größtenteils sehr gute Abbildungen unterstützen das Verständnis. Mit be- sonderer Liebe sind die modernen gynäkologischen Operationen behandelt, und ihrer Darstellung ist eine fast überreiche Anzahl instructiver Abbildungen gewidmet.

Auf die Besprechung der klinischen Erscheinungen und der Therapie ist im Allgemeinen mehr Wert gelegt worden, als auf die rein wissen- schaftlicher Fragen von mehr theoretischem Interesse. Auch in diesem Sinne kann das Werk mit Recht als „practisches Lehrbuch der G.* be- zeichnet werden. R. Gutmann (Stuttgart).

Siegenbeck v. Heukelom: Ueber den tubulären und glandu- lären Hermaphroditismus beim Menschen. (Ziegler, Bei- träge zur pathologischen Anatomie etc., Bd. 23.)

Unter tubulärem Hermaphroditismus versteht Verf. das gleichzeitige Vorkommen von weiblichen und männlichen Geschlechtsgängen, unter glandu- läirem Hermaphroditismus gleichzeitiges Vorkommen von weiblichen und männlichen Keimdrüsen. Bei einem erwachsenen Manne bestand, bei einer Hernie, im Processus vaginalis eine Geschwulst, die folgendes ergab: Neben einem gut entwickelten männlichen existirte ein vollkommen entwickelter weiblicher Geschlechtsschlauch. Es muß in solchen Fällen in Folge der Verbindung der männlichen Geschlechtsdrüsen durch einen relativ kurzen Strang zum Kryptorchismus bilateralis oder Kryptorchismus unilateralis mit Hernia inguinalis congenita kommen. Constatirt wurde ferner, dab die Morgagni’sche Hydatide das persistirende laterale Ende des Müller’schen Ganges vorstellt. Es ist dies der erste Fall von glandulärem Herma- phroditismus bei Menschen. H. L.

405

II. Harn und Stoffwechsel Diabetes,

J. B. Nichols (Washington): Carbon dioxide in the urine. (Medical Record, New York, 14. Mai 1898.)

Ein Vol. Harn absorbirt bei 33° C. 0,6, bei 19° C. 0,9 Vol. freie CO,. Dieselbe kann durch Erhitzen, Schütteln, Hindurchleiten von Luft oder Gasen und unter der Luftpumpe ausgetrieben werden, entweicht auch bei ruhigem Stehen. Der CO, verdankt der Harn zum großen Teil seine Acidität, durch Austreiben der CO, wird dieselbe verringert; schwach saure Harne werden bisweilen nach dem Kochen alkalisch. Die Erdphosphate werden zum Teil durch CO, in Lösung gehalten, die Austreibung der CO, durch Kochen ist, wenn auch nicht die einzige, so doch eine wesentliche Ursache für die Füllung der Phosphate. Aus ihren Verbindungen wird die CO, leicht durch andere Säuren ausgetrieben. Carbonate kommen im Harn als normale oder saure Salze vor, und zwar als Salze des Natrium, Kalium —- häufig im alkalischen Harn —, des Calcium, Magmesium nur unter un- gewöhnlichen Umständen —, des Ammonium bei paralytischen und ent- zündlichen Zuständen als Folge der ammoniakalischen Gährung des Harn- stofls. Alle tragen zur Alkalescenz des Harns bei. Kohlensaures Ammoniak ist flüchtig, die übrigen Carbonate sind fixe Alkalien. Man erkennt die An- wesenheit der Carbonate durch das Aufbrausen beim Zusatz einer starken Säure.

Zahlreich sind die Methoden der quantitativen CO,-Bestimmung. Morin, Pflüger, Ewald, Thudichum messen das Volumen der gesamten mit der Luftpumpe aus dem Harn ausgetriebenen Gase und bestimmen die CO, nach ihrer Absorption durch Natriumhydrat vermöge des Volumenverlustes. Plauer und Purdy benutzen die Hitze zur Austreibung der CO,, der letztere leitet sie durch Aetzbarytlösungen und bestimmt sie durch das Gewicht des gefällten Baryumcarbonats. Da durch die Hitze der Harnstoff in Ammoniak und CO, zerlegt wird, so entsteht eine erhebliche Fehlerquelle. Reale, Wurster, Schmidt und Neubauer leiten einen Luftstrom durch den Harn. Nichols bedient sich dieser Methode als der besten. Um einen Gasverlust durch Stehen an der Luft oder Schütteln zu vermeiden, muB der Harn direct in das zur Probe benutzte und gut verschlossene Gefäß aufgefangen werden. Die Luft wird zuvor zwecks Befreiung von CO, durch NaOH-Lösung geleitet und aus dem Harn durch 3—4 Flaschen mit Baryum- oder Caleiumhydratlösung gepumpt. Um die Kohlensäure aus den Carbonaten zu erhalten, wird eine starke Säure zugesetzt und der obige Proceß noch einmal wiederholt. Salpetersäure eignet sich dazu nicht, da sie Harnstoff zersetzt und so eine Fehlerquelle schafft. Die Kohlensäuremenge wird durch das Gewicht des gefällten Baryumcarbonats 1 Teil entspricht 0,2211 Teilen CO, oder durch die volumetrische Pettenkofer’sche Methode gefunden, welche die Menge der verwandten Baryumhydratlösung und ihre durch

406

Titrirung vor und nach dem Durchleiten der CO, bestimmte Alkalescenz voraussetzt. Bei der CO,-Bestimmung nach Scharling gelangt der Luft- strom aus dem Harn in Schwefelsäure, welche den Wasserdampf absorbirt. um dann in NaAOH-Lösung und zum Schluß wieder in Schwefelsäure ge- leitet zu werden. Der Gewichtszuwachs der beiden letzteren Flüssigkeiten entspricht der CO,-Menge.

CO, ist stets in frischem, normalem, saurem Harn vorhanden, doch schwankt die Menge je nach Diät, aufgenommener Flüssigkeitsmenge, Harn- concentration, Lebensweise u. s. w. zwischen 2 und 12 Volum- oder 0.004 und 0,025 Gewichtsprocenten. Van Nuys und Lyons fanden bei gemischter Diät durchschnittlich 0,588 g, Ewald bei Reconvalescenten 0.34 g pro die. Im normalen sauren Harn kommt fast alle CO, in freier Form vor, höchstens Spuren existiren als Carbonate; die gegenteiligen Plauer’schen Befunde sind unrichtig. In schwach saurem, neutralem und alkalischem Harn ist die Menge der freien CO, wie der Carbonate vermehrt. Je concentrirter der Harn, desto größer die CO,-Menge. Eine Vermehrung haben zur Folge die Zufuhr vegetabilischer Nahrung und kohlensäurehaltiger Wässer, an- gestrengte Thätigkeit, Fieber und ganz besonders die Zufuhr von eitronen-, essig- und weinsteinsaurem Alkalı.

Zwischen der CO, und der Harnstoffausscheidung besteht ein constantes Verhältnis. Große Mengen Ammoniumcarbonat kommen im Harn nach ammoniakalischer Gährung vor oder werden durch den von Schow be- schriebenen Bacillus erzeugt.

Die Kohlensäure des Harns stammt aus drei Quellen, aus den Stoff- wechselproducten der Gewebe, der dem Körper einverleibten Nahrung und der Zersetzung des Harnstoffs.

Verf. hat eine umfangreiche Litteratur in eingehender Weise verwertet und zahlreiche eigene Analysen begleiten seine Ausführungen.

R. Rosenthal (Berlin).

Ssadowen: Eine Modification zur Bestimmung von Peptonen im Urin mittelst Phosphor-Wolframsäure. (St. Petersb. med. Wochenschrift 1898, No. 24.)

In urobilinhaltigem Harn können Peptone durch die von Salkowski modificirtte Hofmeister’sche Methode vorgetäuscht werden, da Urobilin in alkalischem Urin mit schwefelsaurem Kupfer die dem Pepton eigentüm- liche Farbenreaction giebt. Spectroskopische Unterscheidung ist zwar möglich, aber umständlich. Verf. zerstörte die Pigmente durch übermangan- saures Kali und überzeugte sich davon, daß die dazu notwendigen Mengen die Peptone garnicht angreifen. Er erhitzte 25—50 cem eiweißfreien Harn bis nahe an den Siedepunkt, fügte zuerst 2,5—5,0 ccm Salzsäure, sodann eine 3—5 proc. Kali-permanganieumlösung hinzu; von letzterer je nach der Farbe des Harns zuerst 2—10 ccm auf einmal, dann vorsichtiger, bis der Harn hellgelb oder ganz farblos wird. Gelangt dureh Unvorsichtigkeit zu viel von der Lösung in den Harn, der sich dann nicht entfärbt, so kann

407

der Ueberschuß durch Hinzufügen einiger Oxalsäurekrystalle entfernt werden. Nach dieser Procedur wird die übliche Salkowski’sche Methode aus- geführt, Fällung mit Phosphorwolframsäure, Lösung des Niederschlags in 8 ccm 1proc. Natronlauge, Biuretreaction. R. Rosenthal (Berlin).

P. Carles: L’urine de digestion d’asperges. (Le progres med. 1898, No. 27.)

Manchen Leuten ist der Geruch des Urins nach Spargelgenuß so un- angenehm, daß sie gar keinen Spargel essen mögen. Verf. giebt ein ein- faches Mittel an, um diesen Geruch zu vermeiden. Man thut in den Nacht- topf einige Centigramm Sublimat, oder eines anderen löslichen Quecksilber- salzes, oder einen Krystall Kupfersulfat. Der Spargelgeruch tritt dann nicht im Urin auf, ebenso wenig ein anderer unangenehmer Geruch. Blei- und Wismuthsalze geben keine so guten Resultate. Es handelt sich hier wahr- scheinlich um eine schwefelige Substanz oder um eine durch eine Diastase hervorgerufene Zerlegung, denn die angeführten Metallsalze wirken ebenso auf die Maceration des Senfpulvers; in ihrer Gegenwart entsteht die Substanz nicht, und die schon gebildete wird schnell zerstört.

Immerwahr (Berlin).

Jules Courmont: Ueber die Giftigkeit von Urin Tetanischer. (Presse med., Mai 1898, 4. franz. Congreß für innere Medicin.)

Bekanntlich haben bereits Bouchard und Soest beobachtet, daß der Urin Tetanischer äußerst giftig ist, und daß man durch Injection bei Tieren Convulsionen erzeugen kann. Ausden Untersuchungen von Bestana, Kar- thalas, Blumenthal u. A. ergiebt sich, daß diese Toxine nicht durch die Nieren ausgeschieden werden, und vom Verf. wird dies bestätigt. Er in- jicirte den Harn tetanischer Hunde und Kaninchen anderen Versuchstieren. Es ergab sich, daß schon vom Eintritt der Incubationsperiode ab die Urne toxische Wirkung ausüben. Diese Toxicität ist dann sogar größer, als wenn es sich um Hame handelt, die von Tieren genommen sind, welche sich auf dem Höhepunkt der tetanischen Erkrankung befinden; es ist dies ein Beweis dafür, daß die krankheitserregende Substanz die Ursache und nicht die Folge der Contracturen ist. H. L.

Webb: Detection of Tubercle bacilli in Urine. (British Med. Journal, 7. Mai 1898.)

Tuberkelbacillen im Harn können nach Verf. aus der Nierensubstanz, dem Nierenbecken, den Ureteren, der Blase, den Samenblasen und der Prostata stammen. Sie erscheinen erst, wenn es sich um ulceröse, in die abführenden Teile durchbrechende Processe handelt, können also in Früh- stadien fehlen. Der Harn kann daher klar, leicht gefärbt oder opalescirend, eiter- oder bluthaltig sein, selbstverständlich können die Charactere des Urins je nach dem Verlauf des Processes wechseln. Die Bacillen werden am leichtesten aufgefunden, wenn der Harn relativ sedimentarm ist. Die

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Färbung geschieht nach den üblichen Regeln. Handelt es sich um dicken Eiter, so ist die van Ketel’sche Methode am besten. Von 20 Teilen mit einem Teil Acid. carbolie. versetzten, fünf Minuten durchgeschüttelten und dann im Spitzglase sedimentirten Harns werden Deckgzlaspräparate angefertigt, dann das Deckgrdlas in Chloroform oder einer Mischung von Alkohol-Aether zu gleichen Teilen aufgehellt und dann mit Carbolfuchsin wie üblich gefärbt. Die Conturen der Eiterzellen verschwinden dann, die Bacillen treten hingegen scharf hervor. Bluthäaltiges Sediment wird am besten ununtersucht gelassen, oder wenn sich die Möglichkeit, ein blutfreies Sediment zu erhalten, nicht bietet, eine große Anzahl von Präparaten untersucht, nachdem sie 24 Stunden in Fuchsin- Anilin-Wasserlösung gefärbt worden sind. H. L.

Rénon: Glycosurie passagère après l'emploi de la soma- tose chez une nourrice. (Le progrès médical 1898, No. 26.)

Renon gab einer neurasthenischen Amme von 40 Jahren, welche nach überstandener Influenza eine beträchtliche Verminderung der Milchsecretion hatte, um letztere zu steigern, Somatose. Die Milchmenge nahm zu, aber Pat. bekam Glycosurie, welche erst mit dem Aussetzen der Somatose schwantd.

Immerwahr (Berlin).

II. Gonorrhoe und Complicationen.

e

Alfred Huber (Budapest): Ueber Gonorrhoea recti. (Aus der Abteilung für venerische Krankheiten des Primär-Arztes Docent Dr. S. Róna im St. Rochus-Spital zu Budapest. Wiener medic. Wochenschrift 1898, No. 23—28.)

H. referirt in sehr ausführlicher Weise über die Ergebnisse, welche ihm ein sehr eingehendes Studium über die Rectalgonorrhoe an dem Kranken- material des St. Rochus-Spitals zu Budapest geliefert hat. Seine Beob- achtungen erstrecken sich auf einen Zeitraum von 9'/, Monaten und beziehen sich auf 566 Kranke, ausschließlich Prostituirte.

Vorausgeschickt ist zunächst eine geschichtliche Skizze, in welcher H. daran erinnert, dab die Rectalgonorrhoe zuerst von dem französischen Arzt Hecker im Jahre 1789 beschrieben worden ist. Bumm war derjenige, welcher als erster im Jahre 1881 den zwei Jahre zuvor entdeckten Gono- coccus im eitrigen Rectalsecret einer Frau aufgefunden hat. Einzelne Fälle sind von einer Reihe von Autoren berichtet worden; eingehende Arbeiten über das Thema sind von Jullien, von Frisch und von Baer ver- öffentlicht. Besonders mit den Arbeiten des letzteren (1896— 1897) beschäftigt sich H. ausführlicher. Dieselben umfaßten die Summe anderthalbjährirer Beobachtungen und betrafen 770 Kranke, davon drei Viertel Prostituirte,

409

ein Viertel Dieustmädchen. Baer fand die Rectalgonorrhoe bei 38,2 pCt. sämtlicher beobachteten Gonorrhoiker, Huber in 24,5 pCt.; während Baer von sämtlichen venerischen Kranken in jedem fünften und von sämtlichen Gonorrhoikern in jedem dritten Fall eine Rectalgonorrhoe beobachtete, sah Huber dieselbe bei venerischen Kranken in jedem siebenten und bei Gonorrhoikern in jedem vierten Fall.

H. erwähnt noch als selbstverständlich, daß nur jene Rectalerkrankung als Rectalgonorrhoe zu betrachten ist, bei der sich bei mikroskopischer Untersuchung des Rectalsecrets Neisser’sche Gonokokken auffinden lassen; des Weiteren geht er auf die Untersuchungs- und Färbemethoden genauer ein.

Drei Wege unterscheidet H., auf welchen der Gonococcus in das Rectum gelangen kann: 1) Der Coitus peno-analis, 2) der mechanische Weg, 3) der physikalische Weg. Die beiden letzteren gehören eigentlich eng zu- sammen; die mechanische Uebertragung kann durch Autoinfection geschehen, auch durch Mittelspersonen, durch ein mit Cervical- oder Urethralsecret verunreinigtes Irrigatorenstück und andere Instrumente. Die Uebertragung auf physikalischem Wege kommt zu Stande, indem das Secret einer an Urethral- oder Cervicalgonorrhoe leidenden Frau aus der Scheide den physi- kalischen Gesetzen nach hinunter zum Anus rinnt.

H. selbst erwähnt aber hierbei schon, daß es nicht wahrscheinlich sei, daß das infectiöse Secret, wenn es zum normalen, d. h. nicht ausgedehnten Anus gelangt, von selbst über diesen natürlichen Widerstand hinübergelangen könne, sondern daß notwendiger Weise auch eine der im zweiten Punkte angeführten mechanischen Ursachen vorhanden sein müsse, um die Infection zu vermitteln. Es zeigte sich auch, daß eine isolirte Rectalgonorrhoe bei dem Krankenmaterial Huber’s nur in 17,9 pCt. constatirt werden konnte; Baer hatte sie sogar nur in 10 pCt. bei den Prostituirten beobachtet, bei den Dienstmädchen dagegen in 30 pCt.; es ist jedoch, worauf H. noch be- sonders hinweist, durehaus nicht ausgeschlossen, daß auch in diesen Fällen die isolirte Rectalgonorrhoe nur mehr als Residuum einer längst verflossenen Cervical- oder anderen Gonorrhoe bestanden habe. H. stellte ferner fest, daß die Rectalgonorrhoe in den allermeisten Fällen bei solchen Prostituirten vorkomme, die sich mit diesem Gewerbe erst seit kurzer Zeit befaßten.

Was die Symptome der Krankeit betrifft, so entwickelt sich dieselbe in der Mehrzalıl der Fälle schleichend; nur in sehr acuten Fällen bemerken die Kranken einen eitrigen oder blutig-eitrigen Ausfluß aus der Analöffnung und klagen über Jucken im Enddarm und leichten Tenesmus; nur in ver- einzelten Fällen bestanden sehr heftige subjective Erscheinungen. Besteht reichlicher eitriger Ausfluß, so findet sich bei Personen, die sich nicht sehr sauber halten, an der Innenfiäche der Hinterbacken und den Schenkeln eine Intertrigo und selbst Eczem. Die objectiven Veränderungen der Rectal- schleimhaut, deren Untersuchung mit Hilfe eines von Röna nach dem Muster des Cervixspeculums gefertigten Rectalspeculums erfolgte, waren in den meisten Fällen nur sehr gering; manchmal fehlten sie ganz, oft zeigten sie ein ähnliches Bild. wie es auch bei Controluntersuchungen solcher

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Individuen gesehen wurde, die keine Rectalgonorrhoe hatten. In acuten Fällen war die Schleimhaut rot und mit reichlichem Eiter bedeckt; in diesen Fällen wurden auch bei Einführung des Speculums geringe Schmerzen ver- spürt; in subacuten und in chronischen Fällen war die Schleimhaut mehr oder weniger diffus gerötet. Außerdem sah H. öfters das schon von Jullien beobachtete, von ihm als „goutte* bezeichnete und als für die Reetalgonorrhoe characteristisch angesehene Symptom, jenen Eiterpfropfen, der in den Follikel- mündungen der Rectalschleimhaut vorhanden ist, also jenen Fall, wo sich der Eiter auf der Schleimhaut nicht gleichmäßig verbreitet; auch H. ist ge- neigt, dieses Symptom für ein beständiges und characteristisches zu halten. In einzelnen Fällen wurden oberflächliche Erosionen der Schleimhaut be- merkt, dagegen kommen Ulcera sehr selten vor und finden sich überdies auch bei Individuen, die nie eine Rectalgonorrhoe hatten. Auch das von Baer als „kahnförmiges Ulcus“ bezeichnete Geschwür auf der Uebergangs- stelle von der Haut zur Schleimhaut im Anus hat H. gesehen und ist mit ihm der gleichen Ansicht, daß es mit der Gonorrhoe als solcher in keinem organischen Zusammenhang stehe.

Im Anschluß an eine gonorrhoische Rectalerkrankung können sich ebensolche locale und universale Complicationen einstellen, welche in Folge des „Trippers“ auch sonst bekannt sind. Im Einzelnen greift H. die als Folge der Rectalerkrankung auftretenden Fisteln, Periproctitiden und Strieturen heraus, wofür er eine Reihe von Krankengeschichten ausführlicher mitteilt. Im Ganzen zeigten sich Complieationen in 1,1 pCt. der Fälle, am häufigsten noch die Periproctitis. H. ist der Ansicht, daß der erste Anstoß zur Bildung dieser Complicationen meist von den follieulären und perifolliculären Eite- rungen gegeben wird, die er daher auch als „primäre Complicationen“ be- zeichnen möchte. Die im Anschluß an eine Reetalgonorrhoe auftretenden Periproctitiden sind nach H. in den meisten Fällen als wahre Complicationen, nicht aber als Mischinfeetionen zu betrachten; es ist nicht ausgeschlossen, daß ähnliche Vorgänge auch durch andere, für die Gonorrhoe nicht specifische Mikroorganismen hervorgerufen werden können.

Weiterhin geht H. auf die pathologisch-anatomischen Befunde ein und stellt, zum Teil im Anschluß an die Untersuchungen von Frisch und von Baer, fest, daB die Rectalgonorrhoe ihren Sitz in den Lieberkühn- schen Drüsen habe, die Gonokokken aber längs der Bindegewebsspalten in ‘die Tiefe dringen und im Allgemeinen immer nur in den oberflächlichen Schichten liegen, niemals aber tiefer als bis zur Mucosa muscularis reichen; die kleinzellige Infiltration, die für die Chronieität der Entzündung spricht, reicht bis in die Tunica muscularis hinein. Die im Verlaufe einer Rectal- gonorrhoe beobachteten Stricturen entstehen wahrscheinlich gerade so wie die Urethralstrieturen in der Weise, daß die Stelle der chronischen Ent- zündung sich in narbiges Bindegewebe umwandelt, welches mit der Zeit immer mehr zusammenschrumpft und deshalb auch das Reetallumen immer mehr verengert. Ein Teil der im Anschluß an eine Rectalgonorrhoe auf- tretenden Abscesse ist denjenigen Jadassohn’schen Abscessen analog,

411

die in der Urethra, der Prostata und den Bartholini’schen Drüsen zur Beobachtung gelangen. |

In dem Capitel der Therapie empfielt H. eine Localbehandlung mittels Irrigationen, event. auch locale Cauterisationen im Speculum; doch sind die Resultate im Allgemeinen keine sehr glänzenden. Wichtig ist die Prophylaxe: Einlegen von Wattetampons bei Urogenitaltripper, öftere Irrigationen bei profuser Eiterung, sorgfültige Reinigung aller benutzten Instrumente cete. Die Dauer der Krankheit erstreckt sich in den meisten Fällen über Monate.

Ernst Samter.

Hirschberg (Mitau): Ein Fall von Hemmungsbildung der weiblichen Geschlechtsorgane. (St. Petersb. med. Wochen- schrift 1898, No. 24.)

Die 20jährige Patientin, die nie Menses oder Molimina menstrualia gehabt hat, ist seit fünf Monaten der gewerblichen Prostitution ergeben. Da sie beim Coitus stets Schmerzen und Blutungen hatte, haben Kupplerinnen einen blühenden Handel mit ihrer Virginität getrieben. Fettpolster, Mammae und Haarbildung sind gut entwickelt; die Gegend um Vulva und Anus ist stark entzündet, teilweise macerirt; am Damm mehrere Condylomata acuminata. Die Vulva klaffend, die Labia majora normal, die minora rudi- mentär, das Orificium urethrae erweitert. Aus dem Introitus vaginae, dessen Umgebung zerklüftet ist, und auf Druck aus den Bartholini’schen Drüsen fließt dicker, grüngelber Eiter. Massenhafte Gonokokken im Vaginal- und Aftersecret. Der untersuchende Finger dringt in die blind endigende Vagina kaum bis zur Hälfte en. Bei der bimamuellen Palpation per rectum lassen sich beiderseits weder Uterus noch Ovarien heraustasten, rechts sind Stränge und ein kleiner mandelförmiger Körper wahrnehmbar.

Des Verf.’s Diagnose lautet: Rudimentäre Bildung der Ovarien und des Uterus, Atresie der hinteren Scheidenhälfte, Wachstumshemmung der Labia minora. Gonorrhoe des Vaginalblindsackes, der Vulva, der Bartho- lini’schen Drüsen, des Rectum. Condylomata acuminata und Maceration der Dammhaut durch herabfließendes Secret.

Da Symptome einer Urethritis vollständig fehlen und die Rectal- blennorrhoe vermutlich secundär ist, so handelt es sich wahrscheinlich um eine primäre Vaginalgonorrlioe, deren Vorkommen bei Erwachsenen von manchen Autoren geleugmet wird.

Entwicklungsgeschichtlich ist der Fall dadurch interessant, daß bei sonstiger atretischer Verkümmerung der Müller’schen Gäuge gerade der Endteil als Vaginalblindsack sich vollkommener formirt hat. Verf. ist der Ansicht, daß dieser Teil der Vagina nicht dem Müller’schen System, sondern dem unteren Abschnitt des Sinus urogenitalis angehört.

R. Rosenthal (Berlin).

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IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

ANAL LEN

Matzenauer: Eine seltene Form des syphilitischen Primär- affectes. Demonstrirt am 17. Juni 1898 ın der k. k. Gesellsch. der Aerzte in Wien. (Wiener medicin. Blätter 1898, No. 25.)

Bei dem Patienten besteht am linken Unterkiefer eine außerordentlich derbe, aus mehreren Knoten bestehende Geschwulst, welche mit normaler Haut bedeckt ist und gegen den Kiefer nur wenig verschieblich ist; ein apfelgroßer Tumor sitzt hinter dem Unterkiefer. In der Mundhöhle sitzt in der Nische gegen den Angulus mandibulae ein kreuzergroßes, grubig ver- tieftes, am Grunde glänzendes Geschwür, welches auf das Zahnfleisch und den weichen Gaumen sich fortsetzt; der harte Gaumen trägt ein bohnen- großes Geschwür von derselben Beschaffenheit. Die Atlfeetion wurde zu wiederholten Malen als Epithelioma mucosae oris diagnostieirt und mit Alcoholinjeetionen behandelt; sie ist Jedoch als eine seltene Form des syphi- litischen Primäraffecetes anzusehen; bei dem Patienten entwickelt sich gegen- wärtig ein maculöses Syphilid.

Ein aus einem Epitheliom hervorgegangenes Geschwür besitzt auf- gekrämpte Ränder und eine gelblieh-rötliche, unebene Basis, der syphilitische Primäraffeet dagegen einen braunroten, glatten, saftig glänzenden Grund, steile Ränder und ein sehr rasches Wachstum; die Härte kann beiden gemein- sam sein. Eine solche Localisation des syphilitischen Primäraffeetes kommt drei- bis fünfmal häufiger bei Frauen als bei Männern vor; als Infections- modus ist der Coitus praeternaturalis, Benutzung fremder Gebrauchsgegen- stände, die mit der Mundschleimhaut in Berührung kommen (Zahnstocher, Pfeifen, Trinkgefäße ete.), anzunehmen. Vortr. macht darauf aufmerksam, daß eine solche Infection auch dadurch zu Stande kommen könne, dab das betreffende Individuum mit den eigenen, von syphilitischen Producten zu- füllig beschmutzten Fingern die Mundschleimhaut inficirt, indem es mit den- selben aus irgend einem Grunde in den Mund fährt.

Immerwahr (Berlin).

Lalande: Ein neues Mittel gegen Syphilis. (Wiener medic. Blätter 1898, No. 20.)

L. will ein neues Mittel gegen Syphilis aus der Hornsubstanz junger Kälber gewonnen haben, welches nach zwei bis drei Einspritzungen günstig wirkend, nach 10—30 Injectionen völlige Heilung erzielt. Es werden zur Darstellung die Hornansätze mit einer aus 60:10: 1000 bestehenden wässerigen Natriumchloridsolution bei 25—30° während 30 Tagen macerirt, wobei die bezeichnete Lösung vorher in einem dunkelen Raum durch vier Monate behufs Absetzens stehen gelassen wurde. Die durch den Macerationsproceß

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gewonnene Flüssigkeit wird hierauf während einer halben Stunde einer

Temperatur von 90° exponirt und enthält in einem Liter 5,3 g Leim, 0,3 g

Calciumphosphat, 8,37 g Natriumchlorid, sowie Spuren von Kaliumsulfat. Immerwahr (Berlin).

V. Penis etc. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

Miller (Chicago): The Smegma bacillus. (Medical Record, New York, 11. Juni 1898.)

Tuberkelbacillenähnliche Bacterien fand M. überall auf der Oberfläche des Körpers und der exponirten Schleimhäute, vorzugsweise an den Genitalien; von hier aus gelangen sie häufig in den Urin und können durch Verwechselung mit Tuberkelbacillen eine Quelle verhängnisvollen Irrtums werden. Die Smegmabacillen zeigen große Verschiedenheiten in Form und Größe, was eine morphologische Diflferenzirung oft unmöglich macht. Meistens entfärben sie sich leichter als Tuberkelbacillen, gelegentlich zeigen sie aber gleiche oder noch größere Widerstandsfähigkeit gegen die üblichen Entfärbungs- mittel. Die Entfärbungsmethoden mit Säuren, Säure-Alkohol und verdünntem Alkohol sind trügerisch; besser, wenn auch nicht frei von Irrtümern, ist die Anwendung des absoluten Alkohols für wenigstens fünf Minuten, der in ammoniakalischem Harn allerdings auch Tuberkelbacillen entfärben kann. Auch die Befreiung der Bacillen von Fett und fetten Säuren durch Aether, Chloroform oder dergl. giebt keine genügenden Differenzirungsmethoden.

Das verläblichste Mittel bleibt, den Harn ohne Verunreinigung mit Smegmabacillen aufzufangen, d. h. denselben nach sorgfältiger Remigung des Meatus externus mit dem Katheter zu gewinnen.

R. Rosenthal (Berlin).

Kümmell: Zur Behandlung der Hypospadie. (Aerztl. Verein Hamburg, 29. März 1898.)

Verf. empfiehlt, mit Rücksicht auf zwei ausgezeichnete Operations- resultate bei Hypospadie, ein früheres Operationsverfahren: Durchbohrung (der Glans penis mittelst Troicart, combinirt mit der operativen Elongation des Penis. H.L.

Fischer: Eine Hemmungsbildung am Penis eines 3'/,monat- lichen Knaben. Demonstrirt am 11. Juni 1898 in der k. k. Ges. der Aerzte in Wien. (Wiener medicin. Blätter 1898, No. 24.)

Das Kind ist außerordentlich kräftig entwickelt; die Testikel befanden sich zur Zeit der Geburt nicht im Scrotum, später fand jedoch ihr Descensus

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statt. Der Penis stellt einen vollkommen schlaffen, %, em langen Hautsack vor, in welchem sich keine Corpora cavernosa und keine Glans befinden: an der Spitze des Sackes ist eine Oeffnung, durch welche der Urin entleert wird. In der Tiefe des Perineums ist eine Resistenz zu fühlen, deren Deutung unentschieden ist. Map könnte hier an eine Analogie mit dem Kryptor- chismus denken, so daß der Penis in der Tiefe verborgen ist. Ueber die zukünftige Potenz des demonstrirten Knaben kann nichts Bindendes aus- gesagt werden. | Immerwahr (Berlin).

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

mu u NIIT

Bangs: The use of the catheter of prostatic diseases. (Med. News, 12. Februar 1898.)

Verf. empfiehlt die ganz weichen Katheter für Prostatiker. Die Des- infection erfolgt durch Formalindämpfe oder durch Formaldehydlösung. Die Aufbewahrung erfolgt für jedes Stück besonders in Sublimatgaze. Vor dem Gebrauche soll sich, falls Patient selbst katheterisirt, letzterer die Hände sorgfältig waschen und dann mit Alkohol abreiben. Nach dem Gebrauche Abwaschen des Katheters und Einlegen in eine 1—2proc. Formalinlösung.

H.L.

V. Heiner: Ueber die Operationen an den Sexualorganen bei Prostatahypertrophie. (Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane, Bd. IX, Heft 1 und 2.)

Verf. giebt die ausführlichen Krankengeschichten von acht Patienten, bei denen siebenmal die doppelseitige Castration, einmal die doppelseitige Resection des Vas deferens wegen Prostatahypertrophie und ihren Folgen gemacht worden war. Es handelte sich stets um Patienten, bei welchen die üblichen Behandlungsmethoden erschöpft waren. Außer in einem einzigen Falle, in dem eine Rückbildung des Mittellappens der Prostata und eine bedeutende Besserung der Function erzielt wurde, waren die Resultate durchaus unbefriedigende. H. L.

Viertel: Ueber den Bottini-Freudenberg’schen Prostata- Incisor. (Sitzung der medicin. Section der Schles. Gesellsch. für vaterländ. Cultur vom 10. Juni 1898.)

Verf. demonstrirt das Instrument, indem er zugleich die Vorteile gegen- über einem alten Modell nach Bottini zeigt. Bekanntlich besitzt das In- strument eine flächenförmige Platiniridiumklinge sowie Kühlvorrichtung und kann nur unter Controle eines Amperenieters verwandt werden, da das Arbeiten mit dem kalten Messer gefährlich ist. Unbedingt notwendig

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ist eine vorherige eystoskopische Untersuchung und langsames Arbeiten. Redner gebraucht pro Centimeter durchschnittlich 3 Minuten, nachdem er 15—20 Secunden gewartet hat, damit das Instrument genügend glühend ist. Nach vorn, in der Richtung der Symphyse, zu schneiden, soll man sich nach Freudenberg’s Warnung hüten, um die Verletzung des Venen- plexus zu meiden. Der Vortragende führt meist einen Verweilkatheter ein, der drei Tage oder länger liegen bleibt. Er hat zehn Fälle behandelt, von denen einer wegen Detrusorlähmung resultatlos war, während die anderen Operationen guten Erfolg hatten. Zweimal trat 18 und 25 Tage nach der Operation leichte urethrale Nachblutung ein. Vielleicht kann man aber bald nach Nitze’s Plan bei frühzeitigen Diagnosen zur Cauterisation unter Leitung des Auges zurückkehren.

In der Discussion gab Herr Carl Alexander zu bedenken, daß doch bei einer Reihe von Complicationen gelegentlich des Bottini-Freuden- berg’schen Verfahrens ebenso über Mißerfolge berichtet worden ist. Auch er ist natürlich der Meinung, daß derartige Operationen unter Leitung des Auges, wie es von Nitze geplant wird, weit größere Aussichten gewährten.

Löwenheim (Liegnitz).

Golding-Bird: A case of multiple prostatic stones. (British med. Journal, 2. Juli 1898.)

Der 45jährige Patient hatte sich vor 25 Jahren wegen Harnröhren- strietur einer internen Urethrotomie unterzogen und seitdem in regelmäbigen Intervallen katheterisirt. Vor fünf Jahren entleerte er zum ersten Male zwei Steine. Unter Brennen in der Harnröhre, Schmerzen im Kreuz und am Blasenhals wurden bis vor einem Jahre vierteljährlich zwei bis drei dunkel- farbige, facettirte Steine von Schrotkorngröße mit schwarzem Centrum ent- leert, nach einjähriger Pause zuletzt 15 Steine an einem Tage. Nach sechs Monaten bestand Harndrang. Die Sonde ermöglichte unmittelbar vor ihrem Eindringen in die Blase deutlichen Steinnachweis, die digitale Rectalunter- suchung zeigte eine starke Vergrößerung des linken Prostatalappens, der einen Sack mit zahlreichen Steinen darstellte. Vom lateralen Steinschnitt aus drang Verf. bis in die Prostata vor und entfernte 130 reine Phosphat- steine im Gesamtgewicht von 20%, g, die meisten aus dem linken, wenige aus einer kleinen Tasche des rechten Prostatalappens. Die 'kleinsten Con- cremente waren stecknadelkopfgroß, das größte wog 3%, g. In der Blase waren, wie der durch die Pars prostatica eingeführte Finger sich über- zeugte, keine Steine vorhanden.

Die ungewöhnlich große Anzahl von Prostatasteinen, sowie die geringen dadurch verursachten Beschwerden sichern dem Fall ein großes Interesse; ein solches beansprucht derselbe ferner durch die Möglichkeit, mit Röntgen- strahlen sowohl die Steine im rechten Lappen, wo sie per rectum gefühlt werden konnten, als auch die Multiplieität der Steine zu dJiagnosticiren. Abbildungen der Röntgen- Aufnahme und der entleerten Coneremente sind beigefügt. R. Rosenthal (Berlin).

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Cordes: Ueber den Einfluss acuter und chronischer All- gemein-Erkrankungen auf die Testikel und Spermato- genese.

Der Einfluß verschiedener Krankheiten auf die Spermatogenese wird hier zum ersten Male einer genaueren Controle unterworfen; die Unter- suchungen selbst bestanden darin, daß Verf. sowohl an Zupfpräparaten wie an Schnitten, und zwar sowohl an Gefrierschnitten wie an Parafftinschnitten die Hodenceanälchen durchmusterte. Er berichtet zunächst über sechs Fälle, in welchen der Tod nicht durch Krankheit, sondern durch Unglücksfälle oder Selbstmord erfolgte. In allen diesen Fällen waren die Hodenkanälchen groß, von sehr geringen Mengen von Bindesubstanz durchzogen, innerhalb dieser letzteren fand man nur wenige Zwischenzellen mit bläschenförmigem Kern und karyokinetischen Figuren.

Ebenso wie Biondi an normalen Hoden konnte Verf. hier drei Arten von Zellen nachweisen: 1) eine Reihe Stammzellen; 2) die Mutterzellen, mit Kernen, in welchen die karyokinetischen Vorgänge deutlich nachweisbar waren, in 3—4facher Lage; 3) eine 4—bfache Lage von Tochterzellen, klein oval mit stark gewölbtem Kern. Sie bilden den Uebergang zu den Sperma- tozoen. Ganz anders verhalten sich nun die Hoden von Individuen, welche an acuten Leiaen zu Grunde gegangen waren. 836 Fälle wurden von Cordes untersucht, darunter 20 Fälle von Individuen, die an acuter Pneumonie zu Grunde gegangen waren, und zwar im Alter von 21—60 Jahren. Von 5 un- complieirten Fällen dieser Art fand man 4 mal überhaupt keine Spermatozoen; in 1 Falle, der 3 Wochen nach Beginn der Krankheit gestorben war, wurde Ruhelage sämtlicher Zellen, insbesondere keine Spur von Karyokinese, beob- achtet; Tochterzellen fehlten gänzlich. In 3 Fällen waren diese letzteren, und zwar mit Kernen, an denen karyokinetische Veränderungen nachweisbar waren, erhalten, Spermatozoen fanden sich in einem dieser Fälle vor. Von 6 Fällen dieser Art, in welchen es sich um belanglose chronische Erkran- kungen der Sexualorgane handelte, wurden 3mal weder Spermatozoen. noch Tochterzellen, noch Karyokinese der Mutterzellen beobachtet. In 4 Fällen fehlten die Spermatozoen, indessen konnte man Tochterzellen und karyo- kinetische Mutterzellen nachweisen; in 4 Fällen endlich waren Spermatozoen, wenn auch in geringer Anzahl vorhanden. Reichliche Spermatozoen beob- achtete man nur in 4 Fällen bei normalem Verhalten der Tochter- und Mutterzellen. In 5 Fällen von Typhus abdominalis bei Patienten, die im Alter von 26—38 Jahren gestorben waren, fehlten 3 mal Spermatozoen und karyokinetische Kernfiguren, in 1 Fall, welcher nach 8 Jahren verstorben war, fand man Spuren von Spermatozoen und Karyokinese in den Mutter- zellen, in einem anderen dagegen, trotzdem der Tod erst 17 Tage nach Beginn der Erkrankung erfolgte, zahlreiche Spermatozoen und Karyokinese. Von anderen acuten Leiden wurde erstens ein acuter Gelenkrheumatismus mit Endocarditis untersucht, und zwar bei einer 29jährigen Patientin; hier wurden weder Spermatozoen noch Karyokinese nachgewiesen. In 5 Fällen von Scharlach, Peritonitis, Meningitis, Erysipelas, Phlegmonen, bei denen

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der Tod kaum nach dem vierten Tage der Aufnahme erfolgt war, fand man sehr wenig Spermatozoen, sonst normales Verhalten des Hodens. Vollkommen intact war das Verhalten der Hodencanälchen in 4 Fällen von Lithiasis, Tetanus, Scharlach und Laryngitis fibrinosa bei Individuen im jugendlichen Alter. Somit ergiebt sich, daB in 15 dieser Fälle die Hoden ihre Thätigkeit eingestellt hatten; es bestand weder Spermatogenese noch Tochterzellen, ja in manchen Fällen waren sogar die Mutterzellen ver- kümmert, 12mal beobachtete man spärliche Spermatogenese, in 9 Fällen be- fanden sich die Hoden in Bezug auf ihre Function intact. Das Ergebnis ist also, daß in nicht weniger als 75 pCt. der acuten Erkrankungen, selbst wo keine Beziehungen zu den Sexualorganen bestanden, eine erhebliche Schädigung der Spermatogenese nach kürzester Zeit eintrat. Das Alter der Patienten war hierbei ohne Einfluß, während die Dauer der Krankheit einen gewissen Einfluß zeigte. Von Patienten, die an chronischen Erkrankungen verstorben waren, wurden 66 Fälle untersucht, und zwar 20 Fälle von Phthisis pulmonum, bei denen zum Teil auch andere Organe tuberculös ent- artet waren. Hier handelte es sich um leichte Atrophie der Hoden mit stärker entwickelter Zwischensubstanz; ın 7 Fällen waren die Zwischen- zellen vermehrt, die Tubuli kleiner als normal, ihre Wand fibrös verdickt, zum Teil hyalin degenerirt. In 9 Fällen zeigten die Tubuli ein relativ weites Lumen, weder Spermatogenese noch Tochterzellen waren hier nach- weisbar, 1—2 Reihen ruhender Muütterzellen, dann Stabzellen mit kleinem Kern; in 2 Fällen war noch geringe Karyokinese bei den Mutterzellen nach- weisbar; m 1 Fall bestanden noch Tochterzellen; in 2 Fällen konnte man noch Spermatozoen, Tochter- und Mutterzellen nachweisen. Von 7 Fällen, bei denen intra vitam maligne Tumoren bestanden hatten, konnte man 2mal noch wenig, 4mal gar keine Spermatozoen mehr nachweisen; normale Spermatogenese bestand nur in 1 Fall von Carcinoma ventriculi, in welchem der Tod indessen nicht durch das Leiden als solches allein, sondern durch eine accessorische Perforationsperitonitis eingetreten war. Es scheint also, daß in diesem Fall der allgemeine Ernährungszustand von Bedeutung für den Stand der Spermatogenese gewesen ist. Eine weitere Categorie von Fällen umfaßt 4 Patienten, die an chronischen Nierenleiden zu Grunde ge- gangen waren. Hier waren Spermatozoen trotz relativ hohen Alters der Patienten stets erhalten, ebenso in 2 Fällen von chronischem Herzleiden; dagegen waren in 3 Fällen von Vitium cordis und Pleuritis Spermatozoen nicht mehr zu constatiren, in 2 Fällen von Diabetes aber wieder nachweis- bar. Im Allgemeinen ist die Zwischensubstanz des Hodens bei chronischen Leiden, insbesondere bei denen, die mit Kachexie einhergehen, vermehrt. Die Spermatogenese erwies sich bei Patienten, die an Kachexie verstorben waren, unter 27 Fällen 16 mal als völlig erloschen, von 11 Fällen, bei denen der Tod nicht unter Erscheinungen von Kachexie erfolgte, nur 8 mal. Im Anschluß daran hat Verf. noch Untersuchungen über die Rolle des Fettes in den Hodenzellen angestellt. Bekanntlich glaubt Lubarsch, daß dasselbe einen regressiven Vorgang darstellt. Verf. ist seinerseits zu der

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Einsicht gelangt, daß in allen Hoden von der Pubertät an sowohl im ge- sunden wie im kranken Zustande Fett nachweisbar ist. Besonders findet man das Fett in den Stammzellen. Verf. selbst konnte es in normalen Hoden von 6 eines gewaltsamen Todes gestorbenen Individuen, ferner bei 6 an acuten Leiden zu Grunde gegangenen, endlich bei erwachsenen Tieren nachweisen, dagegen fehlte es stets in den Hoden von Kindern. Aus diesem Grunde glaubt Verf., daß das Fett wohl eine Rolle in der Spermatogenese spielt; allerdings ist damit nicht die Thatsache zu vereinen, dab selbst in denjenigen Fällen, in welchen es sich um Hoden von Individuen handelte, die an Kachexie zu Grunde gegangen waren und wo die Spermatogenese selbst völlig erloschen war, das Fett niemals verschwunden war. H. L.

Turner: Ueber die Schwierigkeit der Diagnose bei Hoden- retention.

Ein 56jähriger Patient litt seit seiner Jugend an linksseitiger Hoden- retention. Nach einem Anfall von Malaria bildete sich eine Schwellung in der linken Leistengegend aus. Außerdem bestand em großer Abdominal- und Lumbaltumor. Die Percussion ergab über demselben leeren Schall. Wenige Tage vor dieser Untersuchung war nach Angabe des behandelnden Arztes dumpfer Percussionsschall eonstatirt worden. Wenn Patient hustet, so erhält der Tumor eine leichte Erschütterung. Die Diagnose schwankte zwischen Cystendegeneration des retinirten Hodens event. Retroperitoneal- fetttumor und interstitieller Hernie. In der sich an den Vortrag anschließen- den Discussion macht Langton darauf aufmerksam, daß in allen Fällen, in welchen man an eine interstitielle Hernie zu denken hat, der Hoden sich in der Nähe des inneren Leistenringes befindet. Gewöhnlich ist er klein und hart und durch die Fascia intereolumnaris comprimirt. In einigen Fällen durchbohrt er den Musculus obliquus internus. Eine Operation ist in diesen zweifelhaften Fällen nicht anzuraten, weil es sich gewöhnlich um Tumoren handelt, die keine Beschwerden verursachen und es auch durchaus nicht sicher ist, ob man nach Eröffnung des Leistenringes die innere Bruchpforte schnell findet. Nur wo Incarcerationserscheinungen auftreten, Ist in diesen Fällen eine Operation anzuraten. H. L.

Lammers: Radlcaloperation der Hydrocele unter Local- anästhesie. (Centralbl. f. Chirurgie, 21. Mai 1898.)

Durch einfache Ueberspülung der Tunica vaginalis (statt der zeit- raubenden Infiltration) mit der Cocainlösung kann man ohne Furcht vor Intoxication die Operation folgendermaßen ausführen: Infiltration des Scrotum mit Schleich Solution No. II; Spaltung des Scrotum bis auf die Tunica vaginalis; Durchtrennung der Tunica etwa 3 em lang; Entleerung der Hydro- celenflüssigkeit; in den leeren Sack 10 cem einer 4—2proc. Cocainlösung eingegossen und nach Zuklemmung zwei Minuten lang gehalten, Ausgießung und vollständige, nun schmerzlose Ausschäluug der Tunica. H. L.

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E. Fränkel: Adenosarcom des Hodens. (Aerzte-Verein Hamburg, Biologische Abtheilung, 22. Februar 1898.)

In dem vom Verf. berichteten Fall hat der Hoden seine Form bei- behalten, dagegen besteht eine Obliteration der Tunicae. Nebenhoden gleich- falls degenerirt zu einem homogenen, weichen, mit Knorpelspangen durch- setzten Tumor. H. L.

Macaigne et Vauverts: Torsion d’un testicule en ectopie; ecartement de l’epididyme. (Societe anatomique, 1. April 1898.)

In dem von Verff. berichteten Fall von Hodenneuralgie wegen Torsion des Samenstranges fand sich der Hoden eingeklemmt im Leistencanal. Der Processus vaginalis war mit Blut durchtränkt, die Epididymis zerborsten, so daß das extravasirte Blut die Tubuli seminiferi comprimirt und zur Atrophie gebracht hatte. H.L.

Le Dentu: Hodenvergrösserung bei Elephantiasis. (Nach Revue de Chirurgie, Januar 1898.)

Eine chronische Vergrößerung des Hodens findet man häufig bei Be- wohnern warmer Gegenden, die in vielen Fällen mit Elephantiasis des Scrotums und der Beine einhergeht. Diese Vergrößerung des Hodens, mit der sich Schwellung und Induration der Epididymis und des Samenstranges vergesellschaften, soll sicher elephantiastischer Natur und nicht, wie von manchen Autoren angenommen wird, auf Malaria zurückzuführen sein. Anläßlich einer Castration und einer Hydroceleoperation fand Le Dentu, daß dieser Zustand, für den er den Namen Elephantiasis testis vorschlägt, nicht eine Vergrößerung des Hodens selbst, sondern eine Ausdehnung der Lymphgefäße der Tunica albuginea, der Epididymis und des Samenstranges, sowie eine ganz bedeutende Proliferation des Bindegewebes darstellt. Man findet diese Veränderungen zusammen mit ausgesprochenen Fällen von Elephantiasis der Haut und Lymphangiomen des Scrotums und der Leisten- beuge. Was die Aetiologie der Krankheit anlangt, so ist hierfür die Filaria in Anspruch zu nehmen. Vielleicht wirkt letztere zwar nicht auf gesundes Gewebes, wohl aber auf einem Iymphatisch veränderten Organismus, der durch Aufenthalt im warmen Klima afficirt wurde. H. L.

Inguianni und Aprinni: Das Endresultat der Vereinigung einer verletzten Vas deferens. (Il Policlinico, 15. Jan. 1898.)

Verf. studirte die beste Methode der Samenstrangnaht und ihre Leistungs- fähigkeit. Aus experimentellen Untersuchungen über die qu. Frage ergiebt sich, daß eine transversale Sutur besser zur Vereinigung getrennter Ab- schnitte des Vas deferens geeignet ist, als eine schräg verlaufende. Wurden, um der Naht eine Stütze zu geben, Pferdehaare in das Lumen eingeschoben, so entstanden Entzündungen, die Methode war somit wertlos; Reizung blieb

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zwar nach Einschiebung von besonders präparirtem Catgut, Silberdraht, Knochen aus, aber die nicht resorbirbaren und nicht resorbirten Fremid- körper verstopften auch nach der Ausheilung das Lumen des Vas deferens. Dabei blieben makroskopisch die Hoden intact. H.L.

Inguianni: Esiti della sutura dell dosto deferente. (Poli- clinico 1898.)

Behufs Feststellung der Permeabilität des Vas deferens nach seiner Resection und Naht wurden 26 Hunde entsprechend operirt. Die Vereini- gung war stets vollkommen, aber auch die Obliteration der Lichtung. Der Hoden selbst kann weiter functioniren, nicht selten aber kommt es zu Cysten- bildung in letzterem Organ. H. L.

Gabrycewski: Ueber Lipome des Samenstranges. (Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 47, Heft 4.)

Verf. beschreibt einen Fall von Lipom des Samenstranges, den er zu operiren Gelegenheit hatte, und erörtert im Anschluß daran und unter Zu- sammenstellung der einschlägigen Litteratur die Pathologie des Leidens. Bei Untersuchungen von 50 Leichen fand er regelmäßig makroskopisch sichtbare Fettlappen zwischen dem perivasculären Bindegewebe am Pro- cessus vaginalis peritonei. H. L.

Beurnier: Castration pour tuberculose testiculaire. (Le progrès medical 1898, No. 25.)

Beurnier operirte einen Jungen Mann, welcher eine tuberculöse In- filtration des rechten Nebenhodens hatte, die sich auch auf das Vas deferens erstreckte. An anderen Stellen fand sich keine Tuberculose. Um radical zu operiren, mußte Verf. das Vas deferens bis zur Bauchhöhle reseciren, nachdem er den Inguinalcanal eröffnet hatte. Der exstirpirte Teil des Vas deferens hatte mit dem Hoden eine Länge von 25 cm.

Immerwahr (Berlin).

Leistikow: Therapie des Pruritus des Scrotums. (Wiener medicin. Blätter 1898, No. 27.) Bei Pruritus des Scrotums empfiehlt Leistikow Waschungen mit:

Rp. Hydrarg. bichlorat. . . . 0,05 Alcohol Aq. Chamomill. . . .aa 25,0 Chloroform . . . . gtt V Aq. Lanrocerasi . . ad 100,0

i Immerwahr (Berlin).

421 VII. Blase.

Viertel: Fall eines Fremdkörpers der Harnblase. (Sitzung der medicin. Section der Schles. Gesellsch. f. vaterländ. Cultur vom 10. Juni 1898.)

Es handelt sich um ein fingerlanges und -dickes Drainrohr mit Inerustationen, das vor 23 Jahren gelegentlich einer Beckenfrzetur in die Beckenhöhle und später in die Blase gelangt sein muß. Die unter „Schleich“ ausgeführte Operation wurde von dem alten Herrn leicht ertragen. Die Cystoskopie erwies sich bei den in Folge des Traumas vorhandenen Knochendeformitäten als sehr schwierig. Löwenheim (Liegnitz).

Nelaton: Op6ration de la fistule vesico-vaginale. (Te progrès medical 1898, No. 25.)

Nelatoun beschreibt emen Fall von Vesico-Vaginalfistel, der große operative Schwierigkeiten darbot. Es handelte sich um eine Frau, die vor vier Jahren nach viertägigen Wehen entbunden war. Nach der Entbindung konnte sie 24 Stunden lang keinen Urin lassen. Die Frau hat eine Laparo- tomie-Narbe, jedoch ist es unmöglich, zu erfahren, was für eine Operation ausgeführt worden war. Die Scheide der Patientin war verlängert und ein- gezogen, sie war derartig verengt, daB es unmöglich war, die Fistel zu sehen. Eine Sonde, die in die Urethra eingeführt wurde, kam in der Vagina wieder zum Vorschein, an einem Punkte unterhalb der Fistelöffnung. Es be- stand also eine wirkliche Zerreißung der Urethra und es handelte sich darum, beide Enden wieder zu vereinigen. Die Operation führte Verf. folgender- maßen aus: er machte, um freien Zugang zur Scheide zu haben, einen seit- lichen Schnitt vom Collum uteri bis zur Vulva, so daß das vordere Scheiden- gewölbe frei vor Augen lag; sodann wurde das Collum uteri mit einer Zange gefaßt und losgelöst wie bei der vaginalen Hysterectomie, um seime Schleim- haut an die der Vagina annähen zu können und auf diese Weise die Urethra zu isoliren. Darauf wurde der zwischen den beiden Enden der Urethra liegende Teil angefrischt und die Urethralteile zusammengenäht. Oberhalb dieser urethro-vesicalen Naht wurde die Vaginalschleimhaut mit der Cervical- schleimhaut vereinigt. Das Operationsresultat war ausgezeichnet. Die Patientin konnte im Liegen den Urin halten; im Stehen konnte sie den Urin nicht länger als eine Stunde halten, da der Sphincter urethrae fehlte.

Immerwahr (Berlin).

Albert: Ein Fall von plastischem Verschluss eines gut taubeneigrossen Defectes der vorderen Blasenwand. (Ges. f. Geburtshilfe u. Gynäkologie zu Berlin. Centralbl. f. Gynä- kologie 1898, No. 23.)

Der Defect war bei einem 22jährigen Mädchen nach sehr verzögerter

Geburt zurückgeblieben. Eine Vereinigung der angefrischten Wundränder

war nicht möglich; deshalb löste A. sechs Wochen später einen dem Defect an Größe entsprechenden Lappen, mit breiter Brücke dicht am Wundrand. aus der rechten Scheidenwand. Der Lappen ließ sich bequem umklappen und legte sich ohne jede Zerrung genau in den Defect. Die Heilung er- folgte sehr glatt bis auf eine kleine Stelle. Die hier zurückbleibende Fistel wurde fünf Wochen später geschlossen, so daß die Patientin jetzt völlig geheilt ist und völlig normal uriniren kann. Der Urin ist ganz klar. Da die Bedingungen für gutes Einheilen eines so überpflanzten Lappens sehr gute sind, empfiehlt A. das Verfahren mehr, als bisher geschehen, bei Operation gewisser Blasenscheidentisteln zu verwenden, so namentlich bei Fisteln, die immer von Neuem dem Versuche, sie durch Anfrischen und Naht zu schließen, widerstehen, bei Fisteln mit nicht geradem Gange, oder solehen mit derben, narbigen Callusmassen. Bleibt auch hier nach Exstirpation der Fistel, event. des breiten Callus ein weiter Defeet zurück, so ließe sich der entstandene Defeet in der angegebenen Weise bequem decken. Immerwahr (Berlin).

VIll. Ureter, Niere ete.

R. Stern: Ueber Ureteritis membranacea. (Sitzung der med. Section der Schles. Gesellsch. f. vaterländ. Cultur vom 13. Mai 1848.)

Ureteritis pseudomembranacea wurde vom Verf. bei einem Knaben mit hohem Fieber und sonstigen schweren Allgemeinerscheinungen beobachtet. Der anfänglich klare Urin wurde bald trübe und zeigte, ab- gesehen von Eiter, noch mehrere centimeterlange Gerinnsel. Dabei war die Nierengegend bei der Palpation schmerzhaft.

Bei dem durch Herrn Viertel vorgenommenen Eingriff wurde aus dem spindelförmig angeschwollenen Ureter ein solides, strangförmiges Ge- bilde entleert, das eine Reincultur von Staphylococcus pyogenes albus, massenhafte Eiterkörperchen und necerotisches Gewebe enthielt. In dem Nierenbecken liessen sich Coneremente nicht nachweisen. Es entleerte sich aber Urin aus der Nierenfistel erst in der achten Woche, so dab vermutlich die Niere beteiligt gewesen sein wird. Da die Blase nach Ausweis der eystoskopischen Untersuchung nicht beteiligt war, so handelt. es sich wahr- scheinlich um eine acute Staphylokokken-Infection mitvorwiegen- der Localisation im uropoetischen System.

Herr Viertel fand die Niere, welehe wie gekocht aussah, bei der Operation ziemlich derb. Das Nierenbecken war frei. Die Ränder der Ureterineisionswunde wurden mit dem Hautschnitt vernäht, nachdem die geschilderten Gerinnsel entleert waren. Das Ostium vesicale war frei.

Die Harnmenge, welche nur aus der linken Niere abtloß, betrug nach der Operation 400—500 cem, bis acht Wochen später auch die rechte Niere

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zu secerniren begann, wobei die Urinmenge auf 1500 cem wuchs. In den ersten Tagen nach dem Eingriff zeigte sich auf der Ureterschleimhaut und an der Wundfläche ein diphtheroider Belag, der in kurzer Zeit unter feuchten Umschlägen verschwand. Jetzt ist der Knabe völlig genesen.

In der Discussion erhob Herr Löwenhardt den Einwand, daß es nicht ausgeschlossen sei, daß die Infeetion auf lateralem Wege, vielleicht vom Mastdarm aus, erfolgt sei.

Herr Stern bestritt dies Jedoch entschieden, da hierfür ein Anhalt nicht vorliege. Löwenheim (Liegnitz).

Viertel: Demonstration eines Uretersteines. (Sitzung der medicin. Section der Schles. Gesellsch. für vaterländ. Cultur vom 10. Juni 1898.)

Vortr. zeigt einen zuckerrübenartigen, 40 mm langen, 50 mm im Um- fang messenden Ureterstein, den er eystoskopisch zuerst im Orificium vesi- cale gesehen hat und später durch Medianschnitt aus der Blase entfernte.

V. demonstrirt ferner einen großen, hirschgeweihartigen, durch Ope- ration gewonnenen Nierenstein, nachdem sich bei der ÜUreterensondirung die linke Niere als gesund erwiesen hatte. Nach einem Sondirungsversuch des rechten Harnleiters, bei dem das Instrument nach 1—2 cm Widerstand fand, entleerten sich wurmförmige, croupöse Membranen, die wohl aus dem- selben stammten. Der Patient ist trotz vollständig glatten Verlaufes der Operation in Folge von Herzschwäche gestorben.

i Löwenheim (Liegnitz).

Dr. R. Füht: Beitrag zur Behandlung der Ureteren -Ver- letzungen. (Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 28.)

Verletzungen der Ureteren während der Operation kommen heutzutage nicht gerade sehr selten vor. Die Prädilectionsstelle für solche Verletzungen ist die Strecke, welche der Ureter im kleinen Becken verläuft. Viel seltener sind die Fälle, in welchen der Ureter oberhalb des kleinen Beckens verletzt wird. Dies geschiebt mit Vorliebe bei der Entfernung übermäßig großer Geschwäülste, vor Allem solcher, welche durch ihr Wachstum das Becken- bindegewebe und Peritoneum aus ihrer normalen Lage verschoben, empor- gehoben und dadurch eine Verlagerung des zwischen beiden liegenden Ureters verursacht haben. Der Ureter wird durch die Geschwulst mit in die Höhe genommen, so daß er bogenförmig auf der Geschwulst verläuft. Dabei wird der Ureter gedehnt, oft comprimirt; öfter tritt eine Verlängerung und Anpassung desselben ein, so dab das Lumen nicht verengt wird. Ob- gleich diese anatomischen Verhältnisse längst allgemein bekannt sind, bleiben . Verletzungen des Ureters hierbei doch nicht aus. Wie man sich überhaupt bei einer Ureterenverletzung während der Operation verhalten soll, hängt von der Lage der Dinge ab, vor Allem von dem Ort der Verletzung. Geschah die Verletzung in der Nähe der Blase, so ergiebt sich die Ein- pflanzung des centralen Endes in die Blase von selbst. Da sich die Blase

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loslösen, mobilisiren und sehr weit nach oben ziehen läbt, so wird man kaum jemals nötig haben, die Communication dadurch wieder herzustellen, daß man die beiden durchschnittenen Enden wieder mit einander vereinigt. eine Operation, welche trotz eingeführter Katheter niemals eine annähernd so große Sicherheit bieten wird, wie die extraperitoneale Implantation in die Blase. Dasselbe gilt von der Implantation in das Rectum. In den Fällen, wo man den Ureter oberhalb der Linea innominata verletzt hat, liegen die Verhältnisse wesentlich ungünstiger. Die Einpfllanzung ist nicht mehr möglich, ebenso wenig die Vereinigung der beiden Enden, wenn man, wie es gerade bei diesen Verletzungen in Folge des bogenförmigen Verlaufes des Ureters auf der Geschwulst geschieht, ein größeres Stück des Ureters reseeirt hat. Die Einpflanzungen in den Darm sind auch nicht gauz so einfach und sicher. Die Exstirpation der zugehörigen Niere vorzunehmen, ist auch kein leichter Entschluß. Das Wesentliche ist eben nur, daß die andere Niere gesund ist; selbst bei offener Bauchhöhle und der Möglichkeit, die andere Niere zu befühlen und abzutasten, hält es schwer, zu entscheiden. ob (dieselbe im Stande sein wird, die doppelte Arbeit zu leisten. Es ist daher eine Verletzung des Ureters oberhalb des kleinen Beckens ein Ereignis von schwerwiegender Bedeutung und die Prognose dieser Verletzungen bisher noch eine recht schlechte. Wird das Leben erhalten, so ist doch meist eine Niere verloren. Es dürfte sich daher lohnen, einen günstig ver- laufenen Fall mitzuteilen, zumal die Art der Behandlung von den bisher gebräuchlichen Methoden durchaus abweicht. Bei der Operation eines über- mäßig großen Myoms und einer zwei Mannsköpfe großen Ovarialeyste wurde rings um die ganze Geschwulst das Peritoneum kreisförmig incidirt und nach unten teils stumpf, teils scharf nach Unterbindung der Gefäbe ab- präparirt und nach unten geschoben, wobei hinten das Cöcum, vorn die Blase abgelöst wurde. Hinten erschien in der Tiefe der Wunde ein colossal dickes GefäßBbündel, von der Wirbelsäule her zur Geschwulst hinziehend, mit fingerdicken Venen. Nach genauer Untersuchung, ob sich kein Darm darin befand, wurde doppelt unterbunden und durchschnitten. Wie sich später herausstellte, waren dies die Vasa spermatica interna dextra und der rechte Ureter. Letzterer blieb zunächst unerkannt. Nach Amputation der Geschwulst hatte Verf. ein Gebilde, welches über dem Myom weglief und wie der Ureter aussah, bemerkt, konnte aber nicht genauer nachsehen, weil es gerade stark blutete. Bei nachheriger Besichtigung ergab sich, daß es der Ureter war, kenntlich an seiner Form, Dicke und Schleimhautauskleidung. Das centrale Ende war in dem oben erwähnten Gefäßbündel fest ein- geschnürt, das periphere Ende kam nicht zu Gesicht, es befand sich nahe der Blase unter dem bereits heruntergeklappten Peritoneallappen. Nach reiflicher Ueberlegung wurde nichts weiter gemacht, als daß die Unter- bindung des Ureters noch durch eine Umstechung gesichert und der Bauch geschlossen wurde. Der Urin wurde weiterhin alle 4—6 Stunden durch den Katheter entleert; am Nachmittage des Operationstages wurde wenig, fast reines Blut dureh den Katheter entleert, es bestanden Rückenschmerzen

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und dumpfes Gefühl in der rechten Nierengegend. Diese Erscheinungen nahmen bald ab, um nach drei Tagen ganz zu verschwinden, und es trat vollständige primäre Heilung ein. -Die Gründe, weshalb sich Verf. in dem beschriebenen Fall so und nicht anders verhalten hat, sind folgende: Eine Einpflanzung des Ureters in die Bauchwunde oder in die Flexur war ebenso wenig möglich, wie die Einpflanzung in einen Blasenzipfel, selbst wenn man die Blase abgelöst hätte. Das Cöcum war sehr leicht herbeizuziehen, aber eine Einpflanzung des Ureters in dasselbe wurde während der Operation nicht in Erwägung gezogen. Die Niere wollte Verf. nicht entfernen, sondern er wollte sich die Möglichkeit offen halten, bei den Erscheinungen einer beginnenden Urämie in Folge ungenügender Function der linken Niere eine Nierenbecken -Bauchdeckenfistel der rechten Niere anzulegen, um so wenigstens das Leben retten zu können. Die Sachlage war eben die, daß außer sofortiger Exstirpation der Niere oder Unterbindung des Ureters höchstens noch eine Einpflanzung in das Colon ascendens oder in eine Dünn- darmschlinge möglich gewesen wäre. Das Einnähen des Ureters in den Darm hat auch seine Schattenseiten wegen der drohenden Infection des Nierenbeckens und der Niere. Nun gar den Ureter in das Colon ascendens einzupflanzen, dergestalt, daß die Peristaltik in ihrer Richtung nach oben den Kot geradezu in die Ureterenmündung hineinschieben würde, schien ihm vollends unsympathisch. Jedenfalls schadet der in den Darn genähte Ureter unter Umständen wegen der aufsteigenden Infection mehr, 'als er nützt, und er bildet eine große Gefahr für das Leben der Patienten und führt in den meisten Fällen doch zu einer Verödung der zugehörigen Niere. Die Unterbindung des Ureters an sich ist technisch völlig sicher und un- gefährlich. Sie kann indes gefährlich werden bei bereits bestehender In- fection der Harnwege, durch Ausbildung einer Pyonephrose resp. eitriger Pyelonephritis. Dieselbe kann aber nachher, wenn die Gefahr der Urämie beseitigt ist, durch Exstirpation der ganzen Niere beseitigt werden, ebenso wie die sich sonst bildende Hydronephrose. Tritt indes bei Insufficienz der anderen Niere Urämie ein, so wird eine Nierenbeckenfistel angelegt, gleich- giltig, ob sich eine Hydro- oder Pyonephrose gebildet hat. Auf diese Weise hat man alle Chancen, die durch die Ureterenverletzung gesetzte Lebens- gefahr sicher zu beseitigen. Daß man eine Hydronephrose auch beim Menschen ungestraft im Körper lassen kann, beweist der mitgeteilte Fall. Verf. hatte die feste Absicht, die Niere nachträglich zu entfernen, scheiterte aber an dem Widerstand der Patientin. Zum Schluß faßt Verf. seine An- sichten dahin zusammen, daß in der Mehrzahl der Fälle von Ureteren-Ver- letzung während einer Laparotomie die Einpflanzung in die Blase möglich sein wird und daß dann nur diese Methode angezeigt ist. In den Fällen, in welchen die Einptlanzung in die Blase auch nach Mobilisirung derselben und Heranziehung eines Zipfels nicht möglich ist, ist die zugehörige Niere fast immer verloren. Die Unterbindung des centralen Stumpfes des Ureters in der Absicht, bei eintretender Urämie eine Nierenbeckenfistel anzulegen, andernfalls die Niere nachträglich zu entfernen, ist bei nicht inficirten Harn-

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wegen ein rationelles Verfahren. Bei bestehender Infeetion des Ureters und des Nierenbeckens ist die Einpflanzung in den Dickdarm vorzuziehen. Immerwahr (Berlin‘.

Henry Fränkel: Ueber die Permeabilität der Nieren. (Presse méd., Mai 1898.)

Verf. berichtete über seine Untersuchungen bezüglich der .Permea- bilität der Nieren bei Patienten, die an Cataract litten. Unter 42 Fällen von Cataract, die in der Klinik von Lyon beobachtet wurden, constatirte man eine verzögerte Ausscheidung des Methvlenblau im 18 Fällen, eme verlängerte Ausscheidung in 24 Fällen; die Dauer der Elimination der letzteren betrug zwischen 72 und 144 Stunden; man muß also für diese Fälle eme Herabsetzung der Permeabilität der Nieren annehmen. In den Fällen, in welchen die Methylenblauausscheidung normal war, oder nicht 40—62 Stunden überstieg, ergab sich, dab zweimal Diabetes vorlag, wäh- rend zweimal die Cataract eine locale Ursache, Iridochoroiditis oder Anderes, hatte; in anderen Fällen konnte die Ursache des Fehlens der Abnormität nicht festgestellt werden. Sehr wahrscheinlich ist es, dab eine der Ursachen der Niereninsufficienz bei seniler Cataract auf das Alter und die Nierenselerose zurückzuführen ist. Jedoch ist nicht zu leugnen, dab die Permeabilität bei Patienten mit Cataract geringer ist, als bei denen ohne Cataract; denn aus anderen Untersuchungen ergiebt sich, dab die Ausscheidung des Methylenblaues keineswegs vom Alter abhängig ıst; außerdem hat Verf. gezeigt, und zwar gelegentlich früherer Untersuchungen über die Toxieität des Harns but Cataraetpatienten, dab dieselbe sich ähn- lien verhält, wie die Ausscheidung des Methylenblau. Wenn die Aus- scheidungscurve des Methylenblau so häufig bei diesen Patienten verändert ist, so Ist dies keineswegs auf Veränderungen der Leber zurückzuführen, welche in den vom Verf. beobachteten Fällen sämtlich fehlten, sondern auf Veränderungen der Harnreactionen, über welche bereits Linoyer und Barjou wichtige Untersuchungen angestellt haben. Die Methylenblau- probe ist nur ein Reagens auf die Secretion innerhalb der Tubuli uriniferi der Niere und giebt keineswegs Aufschlüsse über die Function der Glo- meruli; sie wird außerdem durch den Zustand anderer Organe, wie Charrin, Chauffard u. A. nachgewiesen, wesentlich beeinflußt. Vermehrung der Diurese, wie Sokoloff u. A. beobachtet haben wollen, hat Verf. niemals constatiren können. H. L.

Chauffard und Castaigne: Ueber den semiotischen Wert der Methylenblauproben bei Leberkranken. (Sem. méd., Mai 1898.)

Anknüpfend an ihre früheren Beobachtungen, daß die intermittirenden Ausscheidungen des Methylenblau nach subeutanen Injeetionen ein aus-

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gezeichnetes diagnostisches Hilfsmittel zur Erkennung der Insufficienz der Leberzellen ist, sind Verff. zu diesem Schlusse, wie sie sagen, gekommen, nachdem sie umfangreiche Untersuchungen über den Verlauf der Aus- scheidungscurve des Methylenblau angestellt haben, und nachdem sie diese Curve bei völlig Gesunden, bei Nierenkranken und endlich bei Leberkranken besonders studirt hatten. Die Ausscheidung des Methylenblau bei sechs gesunden Individuen vollzog sich unter dem früher erwähnten normalen Typus. Die Curve wurde fünfmal cyclisch gefunden, nur einmal bestand eine leichte Intermittenz bei Ausscheidungsveränderungen. Bei sechs an Morbus Brightii leidenden Patienten war sie stets verändert, besonders aber war die Länge der Ausscheidungsperiode übermäßig groß, die Curve war zweimal continuirlich, zweimal cyclisch, zweimal polyeyclisch, d. h. bald steigend, bald fallend, zweimal intermittirend. Einer dieser letzteren Fälle betraf einen Patienten, der gleichzeitig an einer Lebererkrankung litt. Es bestand alimentäre Glykosurie, außerdem Herabsetzung des Harnstoffgehalts im Urin und Urobilinurie.

Bei dem anderen Patienten fand man zunächst nichts, indessen ergab sich weiterhin, daß die Curve nicht intermittirend, sondern continuirlich war. Bei zehn nur an Leberkrankheiten leidenden Patienten war die Ausscheidungs- curve des Methylenblau stets intermittirend. Veranlaßt ist dies bei den Leber- krankheiten nicht, wie Linossier und Barjou meinen, durch vorüber- gehende alkalische Reaction des Harns, vielmehr haben Verff. dieselbe Reac- tion des Urins sowohl bei blauem, wie bei weniger blauem, als auch bei farblosem Urin gefunden. Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, daß die intermittirende Elimination des Methylenblau ein Zeichen von Insufficienz der Leberzellen ist. Vielleicht hat dieselbe noch einen höheren diagnosti- schen Wert als alle anderen uns bekannten Symptome. In einem Falle von großem Leberechinococcus, in welchem eine Cyste von 61 Inhalt bestand, konnte man weder Urobilinurie noch Glykosurie constatiren, während das Methylenblau die typische intermittirende Curve ergab; andererseits hat diese Probe Wert insofern, als sie ganz neue Gesichtspunkte für die Kenntnis der Pathologie dieser Leiden eröffnet. Es ergiebt sich aus derselben, daß bei den Kranken, deren Leberzellen functionell erkrankt sind, die Aus- scheidung des Methylenblau, sowohl was die Form, wie auch was die Schnelligkeit derselben anlangt, beeinflußt wird. Nach der Untersuchung von Guyon und Albarran, die durch analoge Versuche von Achard und Castaigne bei Herz- und Nierenkranken bestätigt wurde, sowie nach sorg- samen Analysen der Verff. selbst scheint es, daB man aus dem Rhythmus der Elimination des Methylenblau Rückschlüsse auf die Ausscheidung anderer im Innern gelöster Stoffe machen kann. So zeigt denn diese neue Probe, daß, wenn die Leber in irgend welcher Weise geschädigt ist, auch die Nierensecretion mehr oder weniger große Störungen erleidet, ein Synıptom, welches der klinische Ausdruck des wohlbekannten Einflusses von Leber- läsionen auf das Nierenfilter ist. H. L.

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Strauss: Ueber einen über zwei Jahre langen, abnorm günstig verlaufenen Fall von Nephritis parenchymatosa chronica. (Berliner klin. Wochenschrift, 1898, No. 18.)

Verf. demonstrirte folgenden Fall. 21jähriger Patient wird im De- cember 1895 mit typischer parenchymatöser Nephritis aufgenommen. Aetio- logie. Halseffeetion ohne Exanthem. Wegen des Hydrops, sowie urämischer Anfälle in fünf Sitzungen ca. 45 1 einer opaleseirenden, wie Seifenwasser aus- sehenden Flüssigkeit entfernt. Nach der letzten Punetion plötzlich Zunahme der vorher sehr herabgesetzten Urinsecretion auf 2—3 |] pro die. Eiweiß- gehalt jetzt 0,5—1°/% Mai 1897 als Wärter angestellt. Herzhypertrophie ist bis jetzt nicht eingetreten, wie mehrfache Herz- und sphygmographische

Untersuchungen gezeigt haben. Für die Erklärung des Falles ist anzu- nehmen, daß die Nierenreste compensatorisch funetioniren. Für die Be- handlung empfiehlt sich strengste Milchdiät und Bettruhe. H. L.

Councilman: Acute interstitielle Nephritis. (Medical Record, 14. Mai 1898.)

Verf. versteht unter interstitieller Nephritis eine acute nichteitrige Ent- zündung der Niere, characterisirt durch zellige und seröse Exsudation im Bindegewebe und begleitet von einer Degeneration des Epithels. Im Binde- gewebe findet sich Vermehrung der Plasmäzellen. Letztere stammen aus der Milz und dem Knochenmark aus Lymphzellen, von wo sie mit dem Blutstrome in die Niere geschwemmt werden; hier findet man sie, auch

ohne daß interstitielle Veränderungen bestehen. Gefunden hat Verf. den Proceß bei infeetiösen Kinderkrankheiten, besonders bei Scharlach und Diphtherie, aber auch unter anderen Verhältnissen. H. L.

William S. Thayer: Nephritis in Folge von Malaria. (Medic. Record, 14. Mai 1898.)

Verf. hat gefunden, daß in einem relativ groben Procentsatz von Malariakranken Albuminurie mit Cylindern besteht. Unter 758 Fällen con- statirte er 321mal Albuminurie und 121mal Cylinder. In 19 Fällen be- stand veritable acute Nephritis; unter 152 Füllen von Malaria 92mal Sym- ptome chronischer Nephritis, hiervon heilten 13; vier starben. In der Dis- cussion betonte Forchheimer die Häufigkeit der Complication besonders bei Kindern, besonders häufig war im Harn rötlich-braunes Blutpigment. Osler fand zum Unterschied von Malaria das Albumin bei Gelbfieber schon in sehr frühen Krankheitsstadien im Harn (24—28 Stunden nach Beginn der Erkrankung). Nach Chiningebrauch hat er übrigens niemals, im Gegen- satz zu anderen Beobachtern, Hämaturie gesehen. Atkinson fand weit häufiger bei Malaria Albuminurie, als dies bisher angenommen wurde. Er empfiehlt Untersuchungen darüber anzustelien, ob in Ländern, wo Malaria endemisch ist, bei den Obduectionen mehr Nierenkrankheiten constatirt

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werden können, als dort, wo sie nicht existirt. Thayer hat bei Kindem relativ selten Malarianephritis beobachtet, auch Pigment hat er niemals nachgewiesen. ; H. L.

L. Rénon: De la sialorrhée intermittente au cours de l’uremie lente. (Le progrès medical 1898, No. 23.)

Verf. beobachtete einen Fall von intermittirendem Speichelfluß im Verlauf einer sehr langsamen Urämie bei einem an Bright’scher Nieren- krankheit und einer Herzaffection Leidenden. Dieser Speichelfluß zeigt sich nur, wenn der Kranke herumgeht, er hört auf, wenn er liegt oder sitzt. Er verschwindet manchmal für Tage und Wochen. Die Quantität des ab- fließenden Speichels ist schr bedeutend, manchmal 100 & in zehn Minuten. Dieser Speichel enthielt 59 mg Harnstoff auf 100 cem, also viel mehr, als normaler Weise. Die Urinmenge verringert sich während der Anfälle von Speichelfluß und der Urin enthält dann weniger Harnstoff. Es existirt also ein deutlicher Ausgleich zwischen beiden Secretionen. Der Speichelfluß ist nicht von Stomatitis begleitet, sondern tritt ohne alle locale Reizsymptome auf; es bestehen dabei auch keme gastrointestinalen Erscheinungen. Verf. unterscheidet den Speichelfluß in seinem Falle von denjenigen, welcher bei urämischer Stomatitis auftritt, und meint eher, daB er toxischen Ursprungs wäre. Therapeutisch gab Verf. Diuretica, glaubt aber, daß es vielleicht nicht richtig wäre, den SpeichelflußB zu unterdrücken, da durch denselben das Auftreten schwerer urämischer Erscheinungen aufgehalten würde.

Immerwahr (Berlin).

Pasteau und D’Herbecourt: Traitement des infections r6- nales au cours de la grossesse. (Journal de medecine de Paris, 20. März 1898.)

Die Verff. berichten über folgenden Fall: 28jährige Patientin. Auf- genommen im September 1897. Im sechsten Monat schwanger, wird mit Symptomen eines eitrigen, seit drei Monaten bestehenden Blasencatarrhes aufgenommen. Die Untersuchung ergab gesunde Harnröhre, dagegen eine auf Druck empfindliche Blase und bei der Palpation sehr empfindliche rechte Niere. Nach täglich mit Borsäure- und Höllensteinlösungen 1: 1000 ausge- führten Blasenspülungen Nachlaß des erst sehr hohen (40,50 C.) Fiebers und Klärung des trüben Harns, die rechte Niere hingegen blieb wie im Anfang geschwollen und auf Berührung schmerzhaft. Auf Grund der Beobachtung, daß nach Anfüllung der Blase mit Flüssigkeit Schmerz und Fieber geringer wurden, wurde systematisch jeden Tag die Blase ad maxi- mum mit Flüssigkeit gefüllt. Die Folge war Klärung des Urms, Ver- schwinden der Schmerzen bis zum Ende der Schwangerschaft. Geburt eines gesunden Kindes Januar 1898. Die Blasenanfüllung hat wahrscheinlich hier die zunächst mangelhafte Entleerung des entzündeten Nierenbeckens in der Weise bewerkstelligt, daß sie den Uterus hob und so den knickenden Ein- fluß, den letzterer vermutlich auf den rechten Ureter ausübte, beseitigte.

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Zu dem Zwecke mußte zuerst der Blasencatarrh beseitigt werden, da die kranke Blasenschleimhaut nicht so viel Harn hielt, als es hier zur Er- reichung des Zweckes notwendig war. H. L.

Futran: Ueber Harnstoff als Diureticum. (Therap. Monats- hefte, April 1898.)

Verf. hat die diuretische Wirkung des Harnstoffes, welchen bekanntlich Klemperer jüngst als ausgezeichnetes Diureticum empfohlen hat, nach- geprüft und ist zu Resultaten gelangt, die von jenen wesentlich abweichen. Bereits im Jahre 1822 ist der Harnstoff von Segallas und Vaquelin als Diureticum empfohlen worden, späterhin von Fouquier, Magendie, Laennec und Piorry. Klemperer erklärt die Wirkung als bedingt durch eine Reizung des Nierenepithels; daraus ergiebt sich, daß es nur in denjenigen Fällen anzuwenden ist, in welchen es sich um gesunde Nieren handelt, eine Thatsache, auf welche schon früher Friedrich (Budapest) aufmerksam gemacht hatte. Klemperer gab das Mittel in 5proc. Lösung stündlich einen EBlöffel (10—15—20: 200). Im Gegensatz zu diesen Aus- führungen leugnete Beckmann die Wirkung des Harnstoffes. Beckert gab dieselbe nur für Leberaffeetionen und Bauchfelltuberceulose zu. Verf. selbst behandelte nach Klemperer’s Vorschrift 14 Patienten; unangenehme Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Fast stets wurde das Mittel gut vertragen; indessen sind in Bezug auf die Diurese keine Erfolge erzielt, obwohl Fälle, in welchen die Nieren nachweislich gesund waren, wie bei Lebercirrhose, Pleuritis, mit dem Mittel behandelt wurden. Im Gegensatz hierzu hatten Natrium salieylieum und Calomel ausgezeichnete Wirkung. Verf. kommt zu dem Schluß, daß dem Harnstoff als Diureticum ein geringerer Wert zuzuschreiben sei als anderen Diuretieis. Allerdings hat das Medicament keine unangenehme Wirkung. Als Ursache für die Klemperer’schen Erfolge glaubt er annehmen zu müssen, daß letztere auf die großen Flüssigkeitsmengen zurückzuführen seien, welche die von Klemperer behandelten Patienten pro die erhielten. H. L.

Marer: Ueber die diuretische Wirkung der Folia Betulae albae. (Wiener allg. Ztg., 1, März 1898.)

Als Beleg für die günstige Wirkung der Betula alb. bei Nierener- kraukungen, auf die bereits Winternitz hingewiesen hat, beschreibt Verf. folgenden Fall:

10jähriger Patient. In der Jugend lange Jahre Malaria. Juni 1896 Schüttelfrost. Untersuchung ergiebt: Milz fünf- bis sechsmal, Leber zwei- mal so groß wie normal. Schmerz über das ganze Abdomen, der aber nach Darmentleerung aufhörte. Im Januar 1897 wieder Schüttelfrost und Icterus, der nachließ, doch sehr bald einem erneuten ÄAnfalle wich. 7. Februar immer stärker und häufiger Melanieterus, Fieber 40% Delirien. Morgens Schweiß und Fieberabfall. Alle zugänglichen Schleimhäute mit blutenden

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ieterischen Geschwüren bedeckt, Stuhl schwarz, Urin icterisch. Diagnose: Cholang. infeetiosa (?). Acute Bronchitis, Leber empfindlich.

Dieser Zustand hielt bis gegen Mitte März an. Von jetzt an Besserung, Jedoch traten immer wieder zeitweise Fieberanfälle auf. Juni abermals heftiger Schüttelfrost, Icterus und Schmerzen in der Lebergegend. Außerdem stellten sich auch Hydrops und Ascites ein, außerdem Symptome parenchymatöser Nephritis. Das Allgemeinbefinden wurde trotz aller diätetischen Maßnahmen schlechter. Da insbesondere die Divrese gleichzeitig immer mehr abnahm, so wandte Verf. mit Rücksicht auf die Empfehlung Winternitz’ die Folia Betulae albae an mit dem Erfolg, daß am nächsten Tage eine Menge von 71 Harn entleert wurde, das Oedem an den nächsten Tagen fast völlig ver- schwand. Auch der Icterus war zurückgegangen, das Allxemembefinden hat sich derart gebessert, dab Patient seine Beschäftigung wieder aufzu- nehmen gedenkt. Urin frei von Eiweiß. Verf. empfiehlt das Mittel dringend, da es bei intensivster Wirkung keine Spur von Nebenerscheinungen zeigt. und ebensowenig den Magen belästigt. Verf. verschreibt Rp. Fol. Betul. alb. concis. 100, D. Thee. Von diesem Thee wird ein gehäufter EBlöflel in eine Tasse heißen Wassers geworfen, 10 Minuten stehen gelassen, 10 Mi- nuten aufgekocht, kaltgestellt, durchgeseit und etwas Zuckerzusatz gegeben. Von dem Thee werden erst drei, später zwei, schließlich eine Tasse nach der Mahlzeit gegeben. _ H. L.

Rovsing: Ueber die Anwendung reinen Wassers statt alkalischer Quellen bei Lithiasis und den infectiösen Nierenkrankheiten. (Sem. med., 6. April 1898.)

Verf. hält die gewöhnliche Vorschrift für an Nierenkolik, septischen Nierenzuständen ete. leidende Patienten, reichliche Mengen alkalischer Wasser zu genießen, für unzweckmäßig, in einigen Fällen vermehren sich die Koliken dadurch. Erklären läßt sich dies dadurch, daß sich im Harn Caleiumphosphat und Caleiumearbonat bilden, die sich auf die bereits be- stehenden Concremente "leicht niederschlagen. Bei infectiösen Nieren- leiden sind alkalische Wasser deshalb contraindicirt, weil sie das Fort- kommen von Bacterien durch Neutralisation, ja Alkalisirung des Harns be- günstigen. Aus diesem und außerdem aus dem Grunde, daß sie zuweilen verstopfend wirkt, widerrät Verf. auch den Genuß der Milch. Verf. em- pfiehlt 1—2 1 destillirten Wassers zu trinken, was in der Regel einen sehr günstigen Erfolg verbürgt. Außerdem 3 g Salol pro die. H.L.

Cima: Ueber einen interessanten Fall von paroxysmaler Hämoglobinurie. (Nach Presse med., Aprıl 1898.)

Derselbe betrifft em 71/,jähriges Kind, welches drei Jahre zuvor an Fieber, verbunden mit Schweibanfällen, gelitten hatte. Seit zwei Jahren waren die Fieberanfälle complicirt durch Hämaturie und wiederholten sich dreimal wöchentlich. Organläsionen oder Blutanomalien waren nicht nach- weisbar. Zur Zeit der Beobachtung durch Verf. erfolgten innerhalb 2', Wochen

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sechs Anfälle. Urin ausserhalb der Anfälle normal; während des Anfalles waren 1—5°%9 Hämoglobin nachweisbar, die Farbe des Urins malagarot: sowohl im Harn wie im Blut fand man Staphylokokken. H. L.

Parques (Paris): Ein Fall von Hämoglobinurie. (Nach Sem. med., Mai 1898.)

Interessant ist der Fall des Verf.’s dadurch, daß man durch Application von Kälte auf der Hand DUrticariaquaddeln hervorrufen konnte, die 1 bis 2 Stunden persistirten und eine eigentümlich rote Färbung zeigten.

H. L.

Grossglik: Veber Blutungen aus anatomisch unveränderten Nieren. (Sammlung klinischer Vorträge, No. 58.)

Die in den letzten Jahren im bejahenden Sinne beantwortete Frage über Blutungen aus anatomisch unveränderten Nieren ist von Verf. in vor- liegender Arbeit im Zusammenhang beobachtet worden.

Verf. hat auf einer eigenen Beobachtung fußend das bis Jetzt vorliegende Material gesammelt und kritisch beleuchtet. Jener Fall betrifft einen 36 jähr. Officier. Erste Hämaturie September 1896. Wegen einer zweiten Blutung, December 1896, Consultation des Verf.s. Die erste Hämaturie war nach einer heftigen Anstrengung entstanden, hatte zwei Tage angedauert und war mit rechtsseitigen Kreuzschmerzen und geringer Vermehrung der Harn- secretion einhergegangen. Die zweite Hämaturie, ohne jegliche Beschwerden, währte nur wenige Stunden. Die Anamnese ergab sonst keine hereditäre Belastung, einmal Gonorrhoe mit Epididymitis, Lues (?), suspecte, jedenfalls später völlig ausgeheilte Lungenaffeetion. Untersuchung der verschiedenen Organe ergab nichts Abnormes, insbesondere keinerlei tuberculöse Affection. Prostata normal, linker Hoden atrophisch, rechter normal. Eine cysto- skopische Untersuchung wurde bei dem Fehlen jeglicher Symptome, selbst mikroskopischer Blutspuren, nicht. vorgenommen. Die Diagnose selbst konnte also bei dem Mangel jeglicher Steinsymptome höchstens zwischen beginnen- dem Tumor und Tubereulose schwanken. Für letztere entschied sich Verf. trotz negativen, anatomischen und bacterieen Befundes, und zwar auf Grund ähnlicher Beobachtungen, um so mehr, als nach einigen Monaten Patient sich völlig gesund vorstellte, ein maligner Tumor also jedenfalls aus- geschlossen werden mußte. Aber auch die Diagnose Tuberculose wurde fallen gelassen, als später der Patient ihn mit der Angabe überraschte, dab er schon früher häufig an schwer zu stillenden Blutungen gelitten habe, und man entschied sich deshalb für die Diagnose renale Blutung auf hämo- philer Grundlage. Im Anschluß an diesen Fall hat Verf. das vorliegende Material gesammelt und kritisch beleuchtet. Er erörtert 15 Fälle, von diesen handelt es sich in 3 Fällen um zweifellose Nierenblutungen auf hämophiler Grundlage. In anderen Fällen scheint es sich um locale Nierenblutungen in Folge von großer Anstrengung (Radtour, Reiten, Sitzen auf dem Protz- kasten ete.) zu handeln. In anderen Fällen handelt es sich um Nieren-

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blutungen bei essentieller Nierenneuralgie (Legueu, Klemperer, Broca). Hier wird die Blutung durch angioneurotische Einflüsse erklärt und als Analogon zu experimentellen Blutungen nach Durchschneidung des Brust- marks betrachtet. Nichtsdestoweniger reicht aber auch nicht die nervöse Grundlage als Erklärung für die Pathogenese dieser Nierenblutungen aus, wenigstens findet sich unter den zehn in Betracht kommenden Fällen nur zweimal neuropathische Grundlage hervorgehoben (Sabatier, Passet), doch wird die Wahrscheinlichkeit dieser Hypothese durch eine bisher nicht in den Bereich der Discussion gezogene Beobachtung von Sokoloff erhöht, in welcher ein 36jähriger Officier an einer paroxysmalen, von niedriger Temperatur abhängigen linksseitigen, renalen Hämaturie litt. Wahrscheinlich handelte es sich hier (Syphilis war vorausgegangen) um ein Leiden der Gehirnrinde im Bereich des centralen, vasomotorischen, von Claude Bernard als zu den Nieren gehörigen nachgewiesenen Apparates. Die so entstehende Schwäche der Capillarwände wird zur Insufficienz, wenn durch gewisse Umstände (Kälte in den unteren Extremitäten) das Blut aus den peripheren Gefäßen den inneren Organen zuströmt. Therapeutisch steht Verf. auf dem durchaus gerechtfertigten Standpunkt, daß bei profuser, lebensgefährlicher Blutung möglichst bald das blutende Organ entfernt werde, daß bei geringer Blutung jedenfalls die probatorische Ineision gemacht werde, zumal die Dia- gnose a priori nicht mit Sicherheit gestellt und langes Warten verhängnis- voll werden kann. H.L.

Albarran: Diagnostic des hématuries renales. (Annales des maladies gén.-urin. 1898, No. 5.)

In vorliegender Arbeit werden vom Verf. des Genaueren die ver- schiedenen Arten von Nierenblutung besprochen und auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche hinsichtlich der Diagnose entstehen, wenn aus der Blutung allein bezw. der Art ihres Auftretens ein Rückschluß auf das ursächliche Moment gemacht werden soll. Vor Allem bedingen drei Affee- tionen Nierenblutungen: die Lithiasis, der Krebs und die Tuberculose. Diese drei Processe geben in der Mehrzahl der Fälle ein wohlcharacterisirtes Krankheitsbild; nichtsdestoweniger treten sie öfters mit so unbestimmten Symptomen auf, daß aus ihnen allein eine sichere Diagnose zu stellen nicht möglich ist, und daB demgemäß die Operation von vornherein nur explorativer Natur sein kann. So wird gleich Anfangs die Krankheits- geschichte eines 5Sljährigen Mannes mit abundanten Nierenblutungen ge- geben, die, verbunden mit heftigen Schmerzen in der einen Seite, vollständig für einen Nierenstein stimmten. Die Operation ergab jedoch ein Neoplasma. Ein sehr wichtiges Moment im Capitel der Nierenblutungen spielt nach Verf.’s Ansicht die Congestion, wie er sowohl wie namentlich Guyon klinisch und experimentell auf’s Bestimmteste nachweisen konnten. Zu den weiteren Ursachen gehören dann zwei Parasiten, das Distomum haematobium und die Filaria sanguinis, die aber für uns (Europa) nicht in Betracht kommen. Ebenso sei nur nebenbei die Rolle, welche das Sumpffieber in der Nieren-

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pathologie spielt, erwähnt. Dann kommt die Hämophilie. Senator, Klem- perer, Nitze, Fürbringer u. A. haben Fälle von Nierenblutungxen ver- öffentlicht, die sie auf diese Blutanomalie zurückführen zu müssen glauben. A. will diese Anschauung nicht ganz von der Hand weisen, meint jedoch. daB man namentlich viel zu oft in Deutschland zu dieser seine Zuflucht nehme. Ebenso steht es mit einem anderen ätiologischen Moment. Einige Autoren haben heftige Nierenkoliken mit Blutungen, da bei der Operation nichts Makroskopisches gefunden wurde, für Nierenneuralgien erklären zu müssen geglaubt. Und doch ergab später die histologische Untersuchung kleine epitheliale Veränderungen des Nierengewebes. A. ist deshalb der Ansicht, die Hämophilie und die Neuralgie als Ätiologische Momente fallen zu lassen. Ebenso wenig kann er sich für die sog. essentiellen Nierenblutungern erwärmen. Diese beruhen wohl immer auf einer chronischen Nephritis, die sogar einseitig vorkommt. Als unterstützendes Moment kommt dann wieder die Congestion hinzu. Mehrere sehr lehrreiche Beispiele werden angeführt, die diese Anschauung zu begründen scheinen. Es giebt aber noch andere Ursachen, die bislang sehr wenig bekannt sind. Dies sind die Wanderniere und die Hydronephrose, wozu sich dann noch die Schwangerschaft und die Lactation hinzugesellen. Alles in Allem ein sehr interessanter, lesenswerter Artikel. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Fredet: Intermittirende Hydronephrose als Folge von Wanderniere. (Societe anatomique, 25. März 1898.)

Verf. teilt einen Fall mit, in welchem die rechte Niere tiefer und um 45° nach außen gedreht, bewegzlich war; zusammen mit dem Colon war sie mit dem hinteren Abschnitt «der Capsula adiposa verlagert. Arteria und Vena renalis waren etwas verlagert, jedoch im Allgemeinen normal. Ureter lag vor der Niere, weder Abkniekung noch Dilatation vorhanden. Die Pathogenese der Folgezustände (Hydronephrose etc.) ist weder durch die von Landau behauptete Abkniekungshypothese, noch durch die Navarro’sche Theorie (Abkniekung und Druck auf den unteren Nierenpol) bewiesen worden. Vielleicht kommen Verdrehungen des Ureters um seine Längsachse in Be- tracht. `

Pinner: Nephrotomie bei doppelseitiger Nephrolithiasis nebst einem Falle von doppelseitiger Nephrolithotomie. (Archiv für klinische Chirurgie, April 1898.)

P. teilt folgende Beobachtungen mit:

Fall 1. Rechtsseitige Nephrolithiasis mit Coliken. Nephrolithotomie, Extraction eines Corallensteines. Heilung. Linksseitige Nierensteincoliken. Stein palpabel. Tod an intereurrenter Phthise. 4ljährige Patientin. Die Beschwerden bestanden seit 1877, ließen zeitweise nach, exacerbirten nach Entbindungen und wurden schließlich so intensiv, daß Patientin sich in das Hospital aufnehmen ließ. Bei der Untersuchung beiderseits Coneremente im Nierenbecken fühlbar. Rechtsseitig Nephrotomie. Nach Durchtrennung

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des Nierengewebes ein 6 cm langer, 4,6 cm breiter, 3 cm dicker Nierenstein entleert. Gewicht 49 g. Tamponade der Wunde. Besserung, aber nun linksseitige Nierencoliken.. Patientin will auch hier das Concrement ent- fernen lassen, wird jedoch zu Hause, wohin sie zur Erholung geschickt worden war, von plötzlich einsetzender florider Phthise dahingerafft.

Fall 2. 63jähriger Kaufmann, in der Jugend Gonorrhoe und Gelb- fieber. Seit acht Jahren rechtsseitige Nierensteincoliken, Nephrolithotomie, Entfernung mehrerer bohnengroßer Steine, Drainage der Pyonephrose. Heilung. Drei Wochen nach Entlassung linksseitige Nierensteincolik. Die Operation wurde mittelst König’schen Schnittes ausgeführt, die Nieren- substanz mittelst Paquelin durchtrennt.

Im Anschluß an diese Beobachtungen empfiehlt Verf. die successive Nephrotomie beider Nieren, aber nicht die gleichzeitige, mit Rücksicht auf die nach der Narcose auftretende körnige Trübung des Nierenparenchyms. Um möglichst viel secretorisches Gewebe zu erhalten, ist womöglich stets die Nephrolithotomie, nicht die Nephrectomie indicirt. Als Nachbehandlung antiuratische Diät. Im Anschluß hieran berichtet Verf. über einen Fall von doppelseitiger Nephrolithotomie (1891 und 1894 gemacht). Nach der ersten Operation wurden zusammen 7 g wiegende Concremente und viel stinkender Eiter entleert. Pat. erholte sich sehr schnell. Seit 1893 wieder rechtsseitige Nierencoliken, stinkender Harn. Stein über faustgroß, zwei gegeneinander reibende Steine fühlbar. Operation ergab ein 59 g schweres Conerement. Unmittelbar darauf Collaps und Exitus. H. L.

Pinner: Beitrag zur Nierenchirurgie. (Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 56, Heft 1.)

Fall von Pyonephrose mit schwieliger Paranephritis, durch Incision derSchwarten geheilt. 44jähriger Patient, seit einigen Jahren nach Urinretention trüber Urin, Schmerzen in der rechten Lendengegend, in letzterer (schmerzhaft) läßt sich ein knolliger Tumor fühlen. Urin eitrig, schwaches Fieber, keineBlasenbeschwerden. Tuberkelbacillen fehlen. Nephro- tomie ergiebt starke Schwartenbillung und Adhäsionen, sowie Eiterung in der Tiefe. Drainage. Zuerst in Folge von Bronchitis Fieber, dann successive Besserung. Fistel drei Jahre offen, entleert immer weniger Eiter und schließt sich endlich. Nach vier Jahren gutes Befinden, im eiweißfreien Harn wenig Leukocythen. Tumor nicht fühlbar. Wahrscheinlich war in diesem Falle nach Entleerung des Eiters durch die Fistel Schrumpfung der Niere ein- getreten; die andere, gesunde hatte dafür die Function übernommen.

Verf. berichtet ferner über einen 18Jjährigen Patienten, der in Folge Stoßes gegen eine Deichsel Januar 1881 Hämaturie, hohes Fieber und Collaps erlitt. Allmähliche Besserung. Patient nach einem Monat als geheilt entlassen. 1891, nachdem inzwischen Gonorrhoe und Cystitis gewesen war, wegen Urintrübung aufgenommen. Hierbei linksseitiger Tumor in der linken Nieren- gegend entdeckt, der in die Milz und den linken Leberlappen überging. Operation ergab ziemlich viel seröse Flüssigkeit aus einem hydronephroti-

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schen Sack der linken Niere; die Fistel heilte nach einigen Verstopfungen des Ureters. Später waren noch Schwellung und leichte Beschwerden vor- handen. Es handelte sich also hier um eine wahre traumatische Hydro- nephrose. Ursache war wahrscheinlich die subeutane Nierenzerreibung und die seceundäre, vielleicht den abtließBenden Harn behindernde Narbe im Nieren- becken. Hierauf deutet auch das „freie Intervall® zwischen Heilung der Nierenwunde und der allmählichen Entwicklung der Hvedronephrose. Die völlige, vorübergehende Anurie deutet entweder auf reflectorische Anurie der rechten Niere bei Knickung des linken Treters oder auf verletzte Solitär- niere hin; dies letztere ist das wahrscheinlichere.

53jährige Patientin, VIpara, Menopause seit sechs Jahren. Erbrechen, Kopfschmerz, Mattigkeit. Geschwulst im Leibe, die mit den (Grenitalien nicht zusammenhängt. Nieren nicht fühlbar. Diagnose: Retroperitoneale Cyste (?), Hydronephrose (?). Urin normal. Bei der Operation eriiebt sich, daß der Tumor von der rechten Niere ausgeht, daher Schluß der Bauch- wunde und schräger Flankenschnitt. Niere freigelegt und punctirt ergiebt über 21 Flüssigkeit. Heilung. Auffallend war hier die starke Dislocation der Niere nach abwärts, die vielleicht im Anschluß an die Enteroptose ent- standen sein und ihrerseits zur Entwicklung der Hydronephrose geführt haben mag. Im Gegensatz hierzu wird weiter über einen Fall von inter- mittirender Hydronephrose berichtet, bei dem das Organ sehr hoch saß und obwohl funetionstüchtig, doch geopfert werden mubte. 2djähriger Patient, vor drei Jahren Lues und Gonorrhoe. Wegen Schüttelfrost, Erbrechen und Fieber aufgenommen. Bei der Aufnahme Geschwulst unter dem linken Rippenbogen fühlbar, hinten schiebt die sie characterisirende Dämpfung die Lungengrenzen in die Höhe, nach unten hinten reicht sie bis zum dritten Lendenwirbel. Nach copiösen Entleerungen über 3'/, 1 trüben, leukocvthen- haltigen Urins Tumor auf einige Wochen verschwunden. Patient entlassen, fühlte unter Abnahme des Urins nach 14 Tagen wieder dieselben Be- schwerden und Mattigkeit. Untersuchungsbefund ähnlich wie vorher.

Operation: Punction ergiebt Flüssigkeit, die unter starkem Druck heraus- spritzt. Bei der weiteren Eröffnung der Punctionsflüssigkeit 2 mm dicker Blutstrahl aus dem Nierengewebe. Die Blutung war nicht zu stillen, so dab Nierenexstirpation notwendig wurde. Nach vorübergehendem Collaps Heilung.

Ferner sei aus der Arbeit noch folgende Krankengeschichte mitgeteilt: 12jährige Patientin, seit 14 Tagen Hämaturie. Im Urin nur Blut, kein sonstiges Albumen, kein Cylinder oder Epithelien. Untersuchung ergiebt Schwellung des rechten unteren Nierenpols. Nephrotomie dagegen nichts Abnormes. Erneute erhebliche Blutungen indicirten eine Nephrectomie, die wegen der Adhäsionen ziemlich erhebliche technische Schwierigkeiten bot. Das exstirpirte Organ zeigte die Veränderungen der grossen weissen Niere. Operation gut überstanden. Mit Hinblick auf die constatirten Veränderungen auf Retinitis albuminuriea untersucht. Befund positiv. 14 Tage nach der Operation Exitus im Coma uraemicum. Verf. rechnet die Blutung in diesem Falle zur renalen Hämophilie. Vielleicht wird sie erklärt durch primäre

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(etwa arteriosclerotischey Veränderungen in der Niere, welch’ letztere dann bei größerer Austrengung nach diesen wurden die Blutungen bisher beob- achtet zum Ausbruch gelangten. Trotz des in diesem Falle unglück- lichen Verlaufes ist die Nephrotomie resp. Nephreetomie noch das am ehesten zu empfehlende Verfahren bei essentieller Nierenblutung.

Der folgende Fall des Verf.’s betrifft einen malignen Nierentumor. 35 jähriger Patient, seit einigen Jahren Schmerzen in der rechten Nieren- gegend. Seit Monaten trüber Urin, Harnretention. Status praesens: An- dauernde Blutung, deutet auf Blasenblutung, die Sectio alta ergab trotzdem völlig gesunde Verhältnisse in der Blase; da die Beschwerden stärker werden, Lumbarschnitt zur Freilegung der rechten Niere; Tumor derselben. Nephrec- tomie. Patient erholte sich jedoch nicht, vielmehr trat ein Recidiv ein, dem er wenige Monate post operationem erlag. An den Fall schießt Verf. eine genaue Beschreibung der Geschwulst und macht schließlich auf die even- tuelle Bedeutung der Glykogen-Reaction mittelst Jod-Jodkali-Lösung auf- merksam. H. L.

Powel White: A sarcoma ofthe kidney. (Lancet, 21. Mai 1898.)

In der am 17. Mai 1898 abgehaltenen Sitzung der Pathological Society zu London zeigte Verf. ein vom Nierenbecken ausgehendes Sarcom. Das- selbe stammte von einem 6jährigen Mädchen. Seit sechs Monaten Ascites ohne irgend welche Nierenerscheinungen. . Der Tumor stammte von der Schleimhaut des Nierenbeckens selbst, hatte eine rote Farbe und war ziemlich fest an Consistenz. Er zog sich längs des Ureters retroperitoneal hin. Mikroskopisch handelte es sich um ein Rundzellensarkom. H.L.

Buchanan Morton: Tumor of the kidney containing em- bryonic muscle fiber. (The Lancet, 23. April 1898.)

Der von Verf. mitgeteilte Fall betrifft einen 2jährigen Knaben, bei welchem vor vier Monaten eine schnell wachsende schmerzlose Schwellung in der Abdominalhöhle aufgetreten war. In den letzten Wochen Abmage- rung und Obstipation. Die Geschwulst nahm vorwiegend die linke Bauch- hälfte ein, und die Haut darüber war mit dilatirten Venen bedeckt. Der Tumor besaß eine glatte Oberfläche und war leicht gegen die Mittellinie des Bauches beweglich. Urin frei von Blut und Eiweiß. Nach einigen Monaten Exitus letalis. Die Obduction ergab, daß der Tumor vom Hilus der linken Niere ausging. Keine vergrößerten Abdominallymphdrüsen. Die Kapsel des Tumors war dick und straff gespannt. Die Gefäße der Niere waren völlig normal. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß der Tumor aus glatten embryonalen Muskelfasern bestand, innerhalb der Fasern verliefen große Gefäße mit endarterütischen Processen. Andere Partien bestanden aus Rundzellenconglomeraten, getrennt durch Streifen von Spindelzellen und dilatirten Gefäßen. Diagnose: Angio-Myosarcom der Niere. Vielleicht ist dieser Tumor als ein degenerirter Ueberrest des Wolff- schen Körpers aufzufassen. H. L.

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Jolly: Malignant Disease of the Kidney. (Brit. Med. Journal, 26. März 1898.)

Die 68 jährige Patientin leidet besonders seit ihrem 40. Lebensjahre an heftigen Koliken im Abdomen. Objective Erscheinungen ließen sich, trotz der heftigen Schmerzen, erst October 1895 nachweisen und führten zur Diagnose: Wanderniere. Nephrorrhaphie. Die Niere erwies sich gelegent- lich der Operation wohl vergrößert, sonst aber war nichts Abnormes an ihr zu entdecken. Trotz der Operation kein Schmerznachlass, daher Nephrec- tomie. Hierbei zeigte sich die Niere als Sitz einer gelappten Geschwulst in der Nierenrinde von der Gröbe einer groben Orange. Nach der Operation Patientin in heiße Flaschen eingepackt. Kopfschmerz, Erbrechen, das sich einstellte, mit Phenacetin, Magnesia citrica behandelt. Patientin gegen- wärtig, sechs Monate nach der Operation, noch gesund. Harn unmittelbar nach der Operation zuerst eiterhaltig, später klar. Seine erst gesunkene Quantität nahm später von Tag zu Tag zu, sein Harnstoffgehalt blieb ziemlich gleich. H. L.

Eurich: Rhabdomyo-Sarcoma of Kidney. (Brit. Med. Journal, 26. März 1898.)

Der Pathological Society of Manchester legte Verf. das Präparat der linken Niere eines zweijährigen Kindes mit congenitalem Fehlen der linken Nebenniere vor. Es bestand aus Täfelchen von Rundzellen, unterbrochen durch Züge von Spindelzellen. Im Tumor wurde auberdem gestreiftes Muskelgewebe gefunden, welches in der Mitte desselben harte Knötchen bildete. Nach hinten schloß den Tumor ein zartes Häutchen ab, das aus gestreiften Muskelfasern gebildet war. H. L.

Bacaloglu: Cancer du reln. Généralisation. (Fractures spontanées des cötes.) (Soc. anatomique, Januar 1898.)

Verf. berichtet über folgenden Fall: Patient, 39 Jahre, bemerkt seit neun Monaten einen Tumor in der Regio hypochondriaca. der sich von der Milz als getrennt erweist. Gleichzeitig und dauernd Hämaturie mit einigen Remissionen. Schnelle Abmagerung, indessen kein Ascites. In dem spär- lichen (0,750—1,21 pro die) Urin außer dem Blut noch reichliches Phosphat- sediment. Wenige Tage nach der Aufnahme in der linken Inguinalfalte kleine, harte Drüsen, 14 Tage später Tumor der rechten Imguinalgegend, später ähnliche Tumoren in dem siebenten linken Intercostalraum. Tod unter zunehmender Abmagerung 11 Monate nach dem Beginn der Er- krankung. Bei der Section ergaben sich multiple Tumoreh an den Rippen, letztere teilweise spontan gebrochen, ebenso Tumoren ın dem Colon des- cendens und ascendens. Linke Niere in einen großen Tumor verwandelt, ihre Farbe teils weiß, an einigen Stelen fluctuirende, mit zersetztem Blut gefüllte Partien. Becken und oberer Teil des Ureters in den Tumor ein- bezogen. Gewicht der Niere 1940 œg. Rechte Niere 200 g schwer. Milz

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und Blase normal. Außerdem secundäre Tumoren in der Leber und Lunge, in letzterer außerdem noch walire Tuberkelknoten, teils frisch, teils verkäst. Histologische Untersuchung ergiebt ein Epitheliom der Niere mit dem Ausgangspunkt von den Tubuli contorti der Rinde. Es besteht aus zellerfüllten polyedrischen Schläuchen. Das noch erhaltene Nierengewebe befindet sich im Zustande interstitieller Neplıritis. H. L.

Lewkowicz: Fall von Echinococcus der Niere. (Klin. therap. Wochenschr., 10. April 1898.)

Der Gesellschaft der Aerzte in Krakau demonstrirte am 30. März Verf. einen interessanten Fall von Nierenechinococcus: neunjähriger Knabe, seit einem Jahre Vergrösserung des Bauchumfanges, Hämaturie und Abmagerung, Lymphdrüsen im Nacken vergrößert. Abends Temperaturerhöhungen bis 380 C. Mannskopfgrober Tumor des rechten Hypochondriums. Diagnose wurde aus der Echinokokkenblasen enthaltenden Punetionstlüssigkeit gestellt.

H. L.

Addinsell (London): Ein Abscess der Nebenniere. (Patho- logical Society of London, Sitzung vom 18. Januar 1898. The Lancet, 22. Januar 1898.)

Bei einem 28jährigen Manne war letaler Exitus anscheinend in Folge’ einer sich an eine Appendicitis anschlieBenden allgemeinen Peritonitis ein- getreten. Bei der Autopsie fand man jedoch Appendix und Peritoneum nur mäßig entzündet und besonders kein Exsudat, die linko Nebenniere aber war so groß wie eine Orange und war vollkommen durch einen AbsceB ausgefüllt. Der Absceß bestand aus reinem Eiter und nicht aus erweichten käsigen Massen. Tuberkelbacillen konnten im Eiter nicht entdeckt werden, auch befand sich sonst im Körper nirgend ein pyämischer oder ein Tuberkel- ' herd. Doch waren zwei Geschwister der Mutter des betreffenden Mannes an Tuberculose bezw. typischem Morbus Addisoni zu Grunde gegangen, und auch eines seiner Kinder weist tuberculöse Erscheinungen auf. Aus diesen Gründen hält A. auch den vorliegenden Nebennierenabsceß für tuber- culöser Natur. Auffallend war in diesem Falle noch besonders der bis zuletzt anhaltende volle Puls, der mit dem sonstigen decrepiden Zustand in grellem Widerspruch stand. A. bezieht dieses Phänomen auf die in Folge der Entzündung vermehrte innere Secretion der erkrankten Nebenniere, analog der Wirkung des medicamentös eingeführten Nebennierenextracts.

Loewenthal.

Courmont: Ein Fall von Addison’scher Krankheit.

Eine an Addison’scher Krankheit leidende Patientin erhielt Neben- nieren vom Hunde applicirt und zwar subeutan. Tod nach 24 Stunden unter Erscheinungen von Peritonitis, allgemeiner Schwäche, Pulsverlangsamung und Collaps. Derselbe Ausgang wurde auch bei zwei lern Fällen beob-

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achtet. Es ergiebt sich hieraus: 1) die subeutane Ueberpflanzung der Neben- niere des Hundes bei Addison'schen Kranken führt schnellen Tod mit Peritonitis und Collaps herbei; 2) die Erklärung dieser Thatsache ist in einer acuten Intoxication zu suchen; 3) es scheint, daß die günstigen Re- sultate, welche die Physiologen bei Hunden erhalten haben, darauf zurück- zuführen sind, daß es sich um Ueberpflanzung der Nebenniere auf gleich- artige Tiere handelte, die Producte der Nebenniere bilden wohl Antitoxine für dieselbe Tierart, sind wahrscheinlich aber sehr schnell wirkende Gifte für andere Tierarten; 4) aus allen diesen Thatsachen ergiebt sich, daß man in der Wahl des Tieres, von dem man Organe für die Organotherapie ent- leiht, sehr vorsichtig sein soll. Sie zeigen ferner, daß man trotz der scheinbar günstigen Resultate mit Schilddrüsensubstanz bei Oedematösen auf eine analoge Behandlung bei Morbus Addisonii verzichten muß. H. L.

Dr. S. Gottschalk: Fall von Nebenniere im Lig. suspensor. ovarii bei einer Erwachsenen. (Centralblatt f. Gynäkologie 1898, No. 15, Verhandl. der Ges. für Geburtshilfe und Gynäkologie

zu Berlin.)

G. fand diese linsengroße Nebenniere zufällig bei einer Laparotomie. die er wegen einer Adnexerkrankung mit glattem Erfolge an einer jungen Frau ausführte, exeidirte sie und demonstrirte sie als den vierten bisher bekannt gewordenen derartigen Fall. Immerwahr (Berlin‘.

J. Wiesl: Das Vorkommen accessorischer Nebennieren im Bereich des Nebenhodens. (Wiener med. Blätter 1898, No. 16.) Verf. fand bei Neugeborenen 23 Mal accessorische Nebennieren am Nebenhoden, bei älteren Individuen waren dieselben nicht vollständig aus- gebildet, sondern bestanden nur aus Zellresten. Den Nebennierenkeim fand er am Schweife des Nebenhodens, bis ungefähr zur Mitte; in zwei Fällen lag er im Canalsystem des Nebeuhodenschweifes selbst. Die Größe des Nebennierenkeimes varürt zwischen Y,—2 mm; characteristisch ist sein Gefäßreichtum, in manchen Fällen besitzt er eine starke bindegewebige Hülle. Histologisch konnte Wiesl nur Rindensubstanz in demselben nach- weisen. Immerwahr (Berlin).

Martin: Maladie d’Addison. (Lyon medical 1898, No. 15.)

Eine Kranke mit typischer Bronzehaut und großer Schwäche ist durch längere Zeit dauernde Behandlung mit Nebennierenglycerinextract erheblich gebessert worden. Nebennieren frisch geben nicht diese guten Resultate und können toxisch wirken. Mankiewicz.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner Berlin SW., Ritterstrasse 41.

Ueber die Urämie-Forschung.

Von Dr. A. Gottheiner, Berlin. (Schluss.)

Der äußere Erfolg der Frerichs’schen Abhandlung war ein durch- schlagender. Wurden auch bald von Skeptikern, wie Eduard Schottin, J. Henle, welcher äußerte, Frerichs habe mit seinem der Genese und der Natur nach völlig unbestimmten Ferment an die Stelle der alten Rätsel ein neues gesetzt, Zweifel laut, so hat doch die Theorie viele Jahre hindurch das medicinische Denken in dieser Frage un- umschränkt beherrscht, und es hat endloser Nachprüfungen bedurft, ehe die fortschreitende Wissenschaft, vor Allem die Vervollkommnung der klinisch- chemischen Technik, sich über den ganzen Umfang der großartigen Irrlehre klar wurde. Wir stellen das kritische Für und Wider Frerichs jetzt zusammen und entrollen somit die Phasen im Geschicke seiner Doctrin; dabei wird auch die Frage der toxischen Qualität des Harnstoffes zu behandeln sein. Um seiner eigenen Theorie der Extractivstoffe Glaubwürdigkeit zu verschaffen, suchte Schottin?®®) die damals im Zenith der Anerkennung stehende Lehre vom zersetzten Harnstoff zu entkräften, und die Kritik hat die Stichhaltigkeit seiner Einwände anerkannt. Auf Grund eigener Studien versicherte Schottin, daß das NH, sich in den von ihm beobachteten 16 Urämiefällen nur ein einziges Mal, im Gegensatz zu Frerichs’ Angaben, in Spuren in der Exhalationsluft auffinden ließ. Dagegen fand dieser aufmerksame Beobachter das incriminirte Gas im Atem zahlreicher anderer Patienten und selbst Gesunder. Wieviel größere Wahrscheinlichkeit hat die Annahme, daß das NH, ein Zersetzungsproduct des Eiweiß faulender Epithelien sei, wie sie sich häufig im Speichel Soporöser, Typhus- kranker, Urämischer unter den der Fäulnis günstigsten Bedingungen, wie

Feuchtigkeit, Wärme, bacterielle Fermentationen, oftmals ansammeln. daB es ferner von der verbreiteten Zahncaries herrühren könne, und daß seine Herkunft aus der Zersetzung des mit dem Speichel aus- geschiedenen Harnstoffes (Fleischer, Verhandlg. des OH. Congr. für innere Medicin, Wiesbaden 1883) mindestens denkbar sei! Die Luft schlecht ventilirter Krankensäle enthält überdies oftmals NH,. Nun giebt aber Frerichs an, in der Atemluft seiner Kranken und Tiere, sowie im Blute stets NH, nachgewiesen zu haben. Aber hat er dies denn in Wahrheit „nachgewiesen“? Kann man den positiven Ausfall der von ihm angewandten Reaction, die, zu den damals angewandten „klinischen Methoden“ gehörig, den Wert derselben kennzeichnet, darf man diese oberflächliche Schätzung als exacten wissenschaftlichen Nach- weis betrachten? Sicherlich nicht. Zahlreiche Forscher haben dar- gethan, daß der in concentrirte Salzsäure getauchte Glasstab, dessen Berührung mit NH, dieses durch Salmiaknebel verraten sollte, insofern eine Fundgrube von fehlerhaften Beobachtungen ist, als oftmals der er- wähnte NH,-Gehalt der Krankensäle, ferner der H,O-Gehalt der Luft eine trügerische Nebelbildung veranlassen, während verdünnte HCI-Salz- säure nicht wirksam genug ist, um zu einer Reaction zu führen. Das von Schottin angewandte feuchte, rote Lacmuspapier bietet wenigstens einige Gewähr für die Vermeidung so grober Täuschung. Endgiltig gescheitert ist aber die Theorie erst an der berechtigten Zurückweisung des zweiten Momentes der als stringent bezeichneten Beweisführung. Ist man denn berechtigt, wenn man durch Injection eines dem Blute so differenten Stoffes wie des (NH,),CO,, das sich niemals in Menge im Innern des lebenden Tierkörpers findet, die typischen Reizerschei- nungen, vor Allem die heftigen Convulsionen, heraufbeschworen hat, diesen monotonen, characteristischen Effect mit den wechselvollen Erscheinungsreihen, wie sie die Urämie darbietet, zu identificiren? Die Physiologen wissen ja, dab schwefelsaure und viele andere Salze die gleiche Wirkung durch grobe, cerebrale Reizung ausüben —, denn nach Rückenmarksdurchschneidung fallen die Cloni jenseits der Läsions- stelle fort (Rosenstein).

Zwei Jahrzehnte lang zog sich die litterarische Fehde hin, in welcher die meisten Forscher gegen, als einziger Petroff sich für Frerichs erklärte, bis es endlich der physiologischen Chemie gelang, den Nimbus zu zerstören, welcher die berühmte Publication Frerichs’ umgab. Ich berichte über das Resume. Die furchtbaren Cholera- epidemien, welche in den mittleren Decennien dieses Jahrhunderts Mitteleuropa heimgesucht haben, gaben den Ausgangspunkt der ein- schlägigen Untersuchungen; denn bekanntlich führt die infectiöse

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Nephritis, welche viel zur Malignität der gefürchteten Seuche beiträgt, in der großen Majorität der Fälle zur Urämie. Hamernik?”) con- statirte die Identität der bei bestehender Albuminurie oder Anurie hereinbrechenden Nervenerscheinungen der Cholerakranken, die vorher als typhoide gedeutet worden waren, mit der Urämie. Buhl?®) da- gegen plaidirte für die Beibehaltung des passenderen Namens Typhoid, das er lediglich durch die colossalen Wasserverluste des Körpers und die im Gefolge derselben eintretende Retention der Excret- und Ver- brauchs-Stoffe in ihrer Gesamtheit und ihre Ablagerung im Gehirn sich entstanden dachte, und man discutirte von diesem speciellen oder auch von dem allgemeinen Gesichtspunkt der Urämie überhaupt die für den damaligen Stand der Dinge in Frage kommenden Stoffe bezüglich ihrer physiologischen Activität, den Harnstoff also und das kohlensaure Ammoniak. Vor Allem werden die Arbeiten von Gallois®®) und Hammond?) in der Litteratur viel besprochen. Ersterer, welcher die Wirkung und die Ausscheidungsbedingungen des teils injicirten, teils verfütterten, gereinigten Harnstoffes am Kaninchen, das sehr wenig Harnstoff als Pflanzenfresser excernirt, studirte, erachtet den Harnstoff für ein tötliches Gift für die Kaninchen, die unter den üblichen Sym- ptomen, unter denen nur die von Rosenstein für Kaninchen als un- gewöhnlich bezeichneten Convulsionen auffallend sind, zu Grunde ge- gangen waren. Die colossalen, bei Uebertragung auf den Menschen auch nicht entfernt in Frage kommenden Dosen, welche er applicirte, erklären den Effect und machen Commentare überflüssig.

Aehnliche, aber weitergehende und besser zu verwertende Schlüsse zog Hammond???) aus seinen Injectionsversuchen an Hunden, teils in . Combination mit vorangegangener Nephrotomie, teils ohne solche. Der Harnstoff setze nervöse Störungen nur, so lange die Nierenfunction für seine rasche Ausscheidung sorge, darüber hinaus den Tod jedoch. Seine Versuche beweisen aber nach Treitz ihrer schweren Gewalt- eingriffe wegen nur, „daß man auch einen Hund totschlagen könne“, d. h. also für die Giftigkeit des Harnstoffs nichts! Wertvoll ist die Hammond’sche Bestätigung der schon von Bernard und Barreswill gekannten „vicariirenden“ Ausscheidungsthätigkeit des Magen -Darm- canals, durch deren Eintritt der Hereinbruch der Vergiftungserschei- nungen hinausgeschoben werde, während umgekehrt neue Harnstoff- zufuhr zum Blut Nephrotomirter das Leben abkürzen soll, eine That- sache, die auch von den späteren Untersuchern oft registrirt wurde und den Harnstoff als einen eben nicht ganz gleichgiltigen Körper characterisirt. Jedenfalls schlossen beide Untersucher die Möglichkeit der Zersetzung des Harnstoffes in kohlensaures NH, durch die Analysen stets aus.

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Hohes Interesse birgt die, denke ich, hier zum ersten Male betonte Thatsache, daß der Harn als Ganzes toxischer wirke, als die gleiche Quantität Harnstofflösung, was sich durch die relative Intensität der von ihnen erzeugten Symptome documentirt. Die Arbeit Zalesky’s, welche in vieler Beziehung neue, großenteils von Meissner und Voit widerlegte Daten brachte, habe ich schon an anderer Stelle besprechen müssen. Der nicht zu unterschätzende Wert der freilich vielfach fehlerhaften experimentellen Studien Zalesky’s liegt in der Production von urämischen Erscheinungen, wie Coma u. A. bei Tieren, welche überhaupt nicht Harnstoff, sondern dafür Harnsäure oder das schwer zersetzliche harnsaure NH, ausscheiden, bei Vögeln und Schlangen (Coluber natrix) durch Ureterenligatur resp. Nephrotomie. Dadurch hat Zalesky endgiltig dem Harnstoff die ihm als solchem oder nach seiner Zersetzung zugeschriebene Potenz, alleiniger Erreger der Urämie zu sein, abgesprochen, ohne indessen einen Ersatz angeben zu können. Uebrigens stand von bekannten Autoren auch Vogel, der Verfasser des Werkes über die Nierenkrankheiten in Rud. Virchow’s Sammel- werk der spec. Pathologie (1856—1865), auf dem Standpunkt der An- kläger des Harnstoffes oder des kohlensauren NH,, ohne sich indessen für den einen der Stoffe definitiv zu entscheiden. Wie der Traube- schen Hypothese in Munk, so erstand der Frerichs’schen Hypothese in Alex. Petroff*0) ein warmer Anhänger und Vorkämpfer, auf dessen Arbeit ich etwas näher eingehen muß. Schon Reuling*!), der das empfindlichere Hämatoxylinpapier zum Nachweis des exspirirten NH, benutzte, hatte in der That damit für den Atem positive Reactionen erhalten. Für die Urämie constatirte dieser Forscher analytisch keines- wegs immer eine Vermehrung des NH, in der exhalirten Luft.

Nachdem ferner Oppler ].c. die Existenz dieses Stoffes im urämi- schen Tierblut auf Grund seiner Analysen geleugnet hatte, suchte nun Petroff durch eigene Versuche die Frage zu entscheiden. Er fand, indem er durch vorsichtigere Handhabung des Blutextractes eine Ver- flüchtigung des NH,, durch welche möglicher Weise Oppler getäuscht worden war, ausschloß, in der That im urämischen Tierblut, und selbst vor Eintritt der Urämie, NH,, das er als Platinsalmiak be- stimmte, und das die Menge des von ihm selbst im normalen Tier- blut gefundenen NH, um das Zweifache übertraf. Die verschiedenen Methoden beider Untersucher hier zu erörtern, würde zu weit führen. Um sich nun von der Urämie erzeugenden Fähigkeit des kohlensauren NH, experimentell zu überzeugen, injicirte P. diesen Körper neben weniger wirksamen Salzen, und wenn er auch zugiebt, daß die Injection der Substanz am unversehrten Tier einen dem urämischen Bilde in

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Folge des Vorherrschens heftigster Reizerscheinungen nicht identificir- baren Zustand setze, so behauptet er doch die völlige Analogie zwischen den beiden Krankheitsbildern für das nephrotomirte Tier und be- findet sich so in einem unerklärlichen Gegensatz ‚zu Oppler und Rosenstein, welche niemals Zeichen der Depression, sondern nur Irritation nach der Injection des kohlensauren NH, wahrgenommen haben. Petroff stellt sich daher am Schluß seines Raisonnements völlig auf den Standpunkt der zu Unrecht verschmähten Lehre Frerichs’, ebenso wie diese etwa gleichzeitig Stokvis*2) vertrat, der auch stets NH, im menschlichen und tierischen Blut und Darm bei Urämie ge- funden haben will. Allein wir werden sogleich die mit einwandfreien Methoden erzielten negativen Befunde sehr vieler, guter Beobachter den oben citirten positiven entgegenstellen.

Nachdem 1863 L. Thiry *3) mit dem neu entdeckten, überaus empfind- lichen Nessler’schen Reagens den NH,-Gehalt des normalen Blutes aller möglichen Gattungen geprüft und das Maximum der NH,-Aus- scheidung, die zuerst bei 50°C. sich bemerkbar machte, für 70°C. fest- gestellt hatte was also auf kohlensaures NH,, das bekanntlich schon bei niederer Temperatur freies NH, abgeben würde, durchaus nicht passt —, haben Kühne“) und Strauch das Blut auf seinen Gehalt an diesem Stoff sorgfältig geprüft. Der erste Niederschlag im Reagens zeigte sich bei 45° C., das Maximum der Reaction bei 70°, genauer bei 68°C. Es fiel auf, daß dasselbe somit mit dem Gerinnungspunkt der Eiweißkörper zusammenfiel. Diesen komme übrigens das bemerkens- werte Verhalten zu, durch ihre bloße Anwesenheit die sonst bei 100° eintretende Zersetzung mancher NH,-Salze bereits bei 68%, dem Eiweiß- coagulationspunkt, zu bewirken, während dieses Verhalten für den Harnstoff und somit der Gedanke an diesen als den Bildner des NH, ausgeschlossen werden konnte. Das Reagens wies die minimalsten NH,-Mengen (0,0001 pCt.) nach, gleichwohl erhielten K. und Str. bei der nunmehr angestellten Prüfung des Blutes urämischer Hunde bei normaler Temperatur negative oder so geringfügige Befunde, daß sie bezüglich der Frage, ob das kohlensaure NH, als Erreger der Urämie gelten könne, zu einem völlig absprechenden Erkenntnis kamen.

Es sei hier allerdings der Einwand Alfred Kruse’s*°) nicht ver- schwiegen, welcher wegen des zu raschen Eintritts des Todes der Tiere an Peritonitis die Ergebnisse nicht für ganz stichhaltig ansieht, sowie der Einwurf von Feltz und Ritter gegen die Methode angeführt, daß eine zu lange Einwirkung des H-Stromes durch Zerstörung des Nessler’schen Reagens eine trügerische Reaction bedingen könne.

Von den zahlreichen das Thema bearbeitenden Untersuchungen sei

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die kritische Abhandlung von Voit’s Schüler, Lossen‘*®), hier citirt, welcher die Haltlosigkeit der früher erwähnten qualitativen „Methode“ des NH,-Nachweises im Atem darthut und den Mangel einer quantitativ ausgeführten, brauchbaren Bestimmung hervorhebt. Seine eigenen, mittelst complicirten Atmungsapparates ausgeführten Versuche sprechen ebenso wie die Resultate der berühmten grundlegenden Experimente von Reignault und Reiset, sowie von Pettenkofer und Voit für die Annahme, daß die minimalen HN,-Mengen, wenn überhaupt ihre Herkunft aus dem Körper des Versuchsobjectes constatirt wurde, den Respirationswegen entstammen. Sie verneinen die Zulässigkeit des Schlusses, daß das NH, bei seiner geringen Menge in der Bilanz des Stickstoffwechsels der Körperöconomie vorgesehen sei, wie etwa der Harnstoff oder die Harnsäure. Von neuen Arbeiten über die Urämie sei die von Grehant und Quinquand’) gegebene Mitteilung an- geführt. Diese constatirten an Fröschen, Meerschweinchen etc. die Giftigkeit des Harnstoffes, gebrauchten aber zu ihren subcutanen In- jectionen so exorbitante Dosen (bis !/,, des Körpergewichts), daß Ziffern dieser Ordnung beim Menschen gar nicht in Frage kommen. Uebrigens wies das Blut von urämischen Menschen niemals die toxische Dose Harnstoff auch nur annähernd auf. NH, fanden sie nicht im vergifteten Blut. Richet und Moutard-Martin, welche ebenfalls enorme Quanti- täten Harnstoff injicirten, studirten seine rapide Elimination durch den Magensaft (14 g pro Liter) und Speichel (D ei, während die Nieren trotz der gesetzten Polyurie procentualiter sehr wenig Harnstoff und diesen sehr langsam ausschieden. Die Magenschleimhaut zeigte sich ammoniakalisch. Auch diese Autoren verwerfen die Annahme einer NH,-Vergiftung als Wesen der Urämie. Neuerdings hat sich noch Colasanti*) mit der Frage beschäftigt. Er berechnete die Menge des mit dem Magensaft bei Oligurie ausgeschiedenen Harnstoff auf !/,, der täglichen Excretionsmenge. Auch Harnsäure und Kreatinin wies der Autor nach, er faßt deshalb die Magenthätigkeit als vicariirend auf.

Es wird nun von Interesse sein, da sich bei den endlosen Wider- sprüchen und der geringen wissenschaftlichen Bedeutung, welche der moderne Standpunkt diesen längst überholten Forschungsergebnissen beimessen kann, eine breitere Darstellung an diesem Ort verbietet, wenigstens cursorisch die Meinungen der Kliniker und Tierchemiker über den im Mittelpunkt der Discussion stehenden Harnstoff und das (NH,),CO, und das involvirt ja den damaligen Begriff der Urämie- Pathogenese zu hören.

Daß der Harnstoff kein chemisch indifferenter Körper sei, gab auch Voit (l. c.) auf Grund eigener und von seinem Schüler Oertel an-

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gestellter Studien zu, vor Allem erkannte man seine diuretische Wirkung; schwere, der Cholera analoge Erscheinungen resultirten jedoch, als man den Tieren das Wasser entzog; allein dieses Verfahren, welches den Ernährungsproceß der Organe durch Retention aller Stoffwechselproducte überhaupt unterbindet, ist nicht einwandsfrei und würde einen Schluß auf die toxische Qualität des Harnstoffes nicht rechtfertigen. Jeden- falls aber demonstrirte Oertel, daß der Harnstoff sich keineswegs im Tierblut zersetzt, wie es von Frerichs vorausgesetzt werden mußte. Im Uebrigen wies bereits damals Voit auf die Wichtigkeit der später zu behandelnden Mineralstoffe hin, gleichwie Meissner?!), der seinen Erfahrungen entsprechend den Anklägern des Harnstoffes als alleinigen Erregers der Urämie gegenüber auch eine reservirte Haltung beob- achtet. Man hätte nach zwei Decennien lebhafter Streitigkeiten die zurückgewiesene Hypothese der verdienten Vergessenheit anheimfallenı lassen, wenn nicht die „Episode“ Spiegelberg!)-Gescheidlen den Kampf wieder entflammt hätte. Bei einer typischen, puerperalen Eclampsie fanden Spiegelberg und sein Assistent Gscheidlen im frischen, unter allen Vorsichtsmaßregeln entnommenen Aderlaßblute mittelst unseres Nessler-Reagens NH, oder wenigstens den suspecten Niederschlag. Die Temperatur des Blutes war nicht erhöht. Somit ist der Befund pathologisch. Gleichzeitig war Harnstoffvermehrung fest- zustellen. Hierdurch angeregt, untersuchten Sp. und Heidenhain die physiologische Wirkung des (NH,),CO, durch Injectionen. In unauf- geklärtem Widerspruch zu den Beobachtungsprotocollen Oppler’s und auch Rosenstein’s, welche nur irritirende, nie deprimirende Wirkung dieses Stoffes gesehen zu haben angeben, beobachteten diese Forscher im Auschluß an die Convulsionen stets Coma, kurz, typische Urämie oder Eclampsie! Der obige Befund ist ein höchst beachtenswerter. Zwar ist das NH, der Luft nicht ganz ausgeschlossen worden wie bei den Kühne-Strauch’schen Versuchen, worauf Kruse aufmerksam macht, ferner ist die in ihrer Aetiologie von der Urämie so differente Eclampsie mit der Tierurämie und ihren negativen NH,-Befunden nach Nephrotomie nicht in Analogie zu setzen. Allein leicht hätte die Wissenschaft einen Rückschritt von zwei Jahrzehnten vollzogen, wenn der Befund nicht so völlig isolirt geblieben wäre. Erklärt hat man ıhn kaum; Rosenstein findet sich, scheint mir, am besten damit ab, indem er ihn für einen zufälligen erachtet, den man ebenso wenig in ursäch- lichen Zusammenhang mit der Urämie bringen könne, wie die eventuell festgestellten minimalen Bleimengen im Blute eines Epileptikers mit der Epilepsie, obzwar Blei Epilepsie machen könne. Gewissermaßen aus Pietät gegen klinische Reminiscenzen, d. h. in Erinnerung an alte

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Fälle von Urämie, in denen sich die riesige Vermehrung des Harn- stoffes dem Beobachter durch Krystallmassen auf der Haut und Anderes aufdrängte, hält Bartels noch 1875 am Harnstoff fest. Und für das kohlensaure NH, als causa peccans hat Demjankow°!) noch vor 15 Jahren eine letzte Lanze gebrochen. Während injicirte Harnstoff- lösung seinen Tieren wenig schadete, soll Injection von Harnstoff in Verbindung mit Ferment er bediente sich minimaler Mengen ge- gohrenen Harnes hierzu das völlige Bild des urämischen Anfalles, der !/,—1 Stunde währte, hervorgerufen haben.

Ich möchte angesichts der contradictorischen Ergebnisse besonders des Tierexperimentes, wie wir sie an uns haben vorüberziehen lassen, die Erklärungen, welche Fleischer, Feltz und Ritter aufstellten, hier der Beachtung empfehlen.

Fleischer’s mit Liebig’s Methode ausgeführte Stickstoff- und Harnstoffbestimmungen ergaben eine erhebliche Herabsetzung der Stick- stoffausfuhr, sowie der Mineralstoffausscheidung vor Beginn und eine ergiebige Mehrausscheidung dieser Substanzen während und nach Beendi- gung der urämischen Periode. Daraus scheint hervorzugehen, so resu- mirte der Erlanger Kliniker Fleischer!), „daß die Anhäufung des Harnstoffs im Blut als hauptsächlichste Ursache der Urämie anzusehen ist, und die schädliche Wirkung desselben durch eine stärkere Ver- unreinigung des Blutes mit Mineralstoffen noch erhöht wird“. Man sieht, die Coucessionen, welche noch Fleischer dem Harnstoff macht, sind recht hoch; gleichwohl hat Fleischer selbst Hunden bis 80 g (!) pro dosi Harnstoff ohne großen Schaden beigebracht, aber erst drei Jahre nach der Veröffentlichung jener ersten Arbeit?). Die wider- sprechenden Angaben aber von der Schädlichkeit oder Unschädlichkeit des Harnstoffs, die sowohl das Tierexperiment wie die klinische Er- fahrung zu Tage gefördert haben, beweisen nach Fleischer nur die individuell verschiedene Toleranz des Nervensystems gegen Schädlich- keiten im Blut, ohne für die Begründung oder Widerlegung der An- nahme von der Toxicität des Harnstoffs verwertbar zu sein.

Es ist ein substiler Fehler der Technik, auf welchen Feltz und Ritter die schon betonten Widersprüche in der Experimentation schieben. Während nämlich Gallois (l. c.), Richardson (citirt nach F. und R.), Hammond (l. c.) einfache Harnstoffinjectionen in zulässigen Dosen von den schweren, der Urämie ähnlichen Nervenerscheinungen, besonders Convulsionen gefolgt sehen, haben Treitz, Gigot-Suard (citirt nach

1) Deutsches Archiv für klinische Mediein (l. c.). 2) Sitzungsberichte der phys.-med. Societät zu Erlangen, 11. Febr. 1884.

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F. und R.), Frerichs, Oppler, Petroff und Feltz und Ritter durch Injection selbst teilweise enormer Quantitäten Harnstoff nach Nephrotomie keine erheblichen Störungen hervortreten sehen. Und nun constatirten Feltz und Ritter, daß selbst garantirt reiner Harnstoff, den sie sich aus Deutschland verschrieben, in den Fällen, in welchen auch sie Irritation wahrnahmen, mit schwachen Quantitäten NH,-Salzen (Chlorid und Sulfat) verunreinigt war. Letztere sind aber schon in kleinen Dosen recht wirksam. Wurde nun, so kann man sich vor- stellen, in den citirten Versuchen vermöge der wahrscheinlich sehr constanten Beimischungen das, was Landois eclamptische Erregbar- keitsstufe nennt, erreicht, so mußten eben die vermeintlichen reinen Harnstoffinjectionen das Intoxicationsbild mit dem Hervortreten der bekannten irritativen Symptome hervorrufen. Dies die Quelle der Trug- schlüsse. Ob man diese Ansicht der Autoren teilen darf, kann hier nicht entschieden werden.

Ich bin zu Ende mit Frerichs.

Wir schließen hier die Besprechung der Arbeiten von Treitz°?) und Jaksch°?), zweier Prager Professoren, an. Das Ergebnis ihrer Studien, so sehr man berechtigt ist, in der daraus von Treitz ge- zogenen Consequenz nur eine Modification oder Vervollkommnung der Hypothese Frerichs’ zu erblicken, muß doch heute noch teilweise als zu Recht bestehend angesehen werden, wenn auch eben in der Schluß- folgerung, die natürlich wieder die Pathogenese der Urämie zum Gegenstande hat, über das Ziel geschossen wurde. Die Treitz’sche Arbeit zeichnet sich vorteilhaft vor vielen früheren, besonders klini- schen Untersuchungen durch ein sicheres, rein pathologisch - ana- tomisches Fundament aus, es schweben ihre Daten alse nicht in der Luft. Die statistische Häufigkeit der von Tr. als Prosector des Prager Krankenhauses beobachteten Darmaffectionen bei Brightikern ließ an einen ätiologischen Zusammenhang zwischen diesen Erkran- kungen und dem Grundleiden denken. Die Constanz solcher Ver- änderungen, wie chronischer Catarrh des Darms, Blennorrhoe, Hydror- rhoe, bis zu den schwersten, zur Perforation disponirenden Ge- schwüren, „Maccrationsdysenterie“, also frische pathologische Befunde neben alten Narben bei urämischer Intoxication legten diesen Ge- danken nahe. In Uebereinstimmung mit Christison, der 1841 zuerst auf die Gleichzeitigkeit der beiden Erkrankungsformen vom anatomi- schen Standpunkt hinwies, und mit Bernard und Barreswill (l. c.), welche durch die Annahme einer „vicariirenden Darmausscheidung“ bei Nephrotomie und krankhafter Niereninsufficienz als eines Selbst- heilungsversuchs der Natur und durch Betonung des NH,-Befundes in

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Magen und Darm die physiologische Unterlage geliefert hatten, bildete Treitz nunmehr einen neuen Begriff der Excretstoffvergiftung, die Ammoniämie. Verlegte Frerichs die Zersetzung des Harnstoffs in die Blutbahn, um so durch die Notwendigkeit, mit einem nicht nachweisbaren Ferment operiren zu müssen, die Theorie zu einer Speculation zu degradiren, so hat Treitz als den Ausgangspunkt des krankhaften Processes den Darm anschuldigen zu können gemeint. Er zweifelte nicht, neben typhösen, tuberculösen, dysenterischen und folli- culären Geschwürsprocessen und Narben die urämischen aufführen zu dürfen. Ihre Entstehung ließ sich leicht auf den vom Blute, das mit Excretstoffen, besonders Harnstoff, übersättigt zu denken ist, aus- geschiedenen Harnstoff zurückführen, der ja im Darm die günstigsten Bedingungen zur Zersetzung in kohlensaures NH, findet, vor Allem das Ferment, dessen Existenz an dieser Stelle Niemand ableugnen könnte. So fänden auch die constanten, unzählige Male beschriebenen Befunde von kohlensaurem NH, im Erbrochenen und Darminhalt ihre sachgemäße Erklärung. Soweit hat die Kritik die Richtigkeit der Beobachtungen von Treitz anerkannt, als der Autor pathologisch-ana- tomische Daten bringt, sie hat aber seinen Versuch, darauf die Patho- genese der urämischen Vergiftung aufzubauen, ebenso zurückweisen müssen, wie die früheren Hypothesen, vor Allem die Frerichs’sche. Treitz hält es für möglich, daß die Verunreinigung des Blutes durch Resorption des kohlensauren NH, von den Wundflächen der durch Reiz- wirkung dieses Körpers erkrankten Darmschleimhaut zu Stande komme. So werde die symptomatologisch von der Urämie, d. i. Schwängerung der Blutmasse mit Harnstoff, zu trennende Ammoniämie herbeigeführt. Die Erörterung der von Treitz herangezogenen Versuchsergebnisse würde zu weit führen. Besonders studirte nun Jaksch die neue Affection, für welche er casuistisches Beweismaterial herbeischaffte, von der symptomatologischen Seite. Auch wies er, und das ist das Verdienstliche seiner Arbeit, auf die chirurgischen Fälle von Harn- resorption bei Erkrankungen der äußeren, jenseits der Nierenbarriere gelegenen Abschnitte des Ausscheidungscanals hin, auf die Verschlüsse des Ureters, die Catarrhe und Geschwüre der Blase, die ebenfalls durch die Harnstoffzersetzung erklärt werden und so eine gute Analogie zu den Darmerkrankungen von Treitz bilden, welcher auch auf jene exemplificirt. Allein so zutreffend die Ausführungen von Jaksch sein mögen, wenn er die Symptome der chirurgischen Harnretentionen oder des Krankheitsbildes nach Blasenläsionen schildert, so wohl man sich theoretisch eine Verunreinigung des Blutes durch Resorption von NH, auf Wundflächen schliesslich vorstellen könnte, so bleibt doch die

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Definition und Einführung des Begriffes „Ammoniämie“ in die Patho- logie ein Mißgriff, so löst doch weder Treitz noch Jaksch das Problem der Urämie. Die Klinik giebt ihnen Unrecht, der NHs-Nach- weis im Atem oder im Blut mißglückte bei Anwendung einwandfreier Methoden stets, und die Auffindung des NH, ich denke hier an Spiegelberg’s Fall blieb eine so monströse Seltenheit, daß man mit mehr Vorteil auf eine passende Erklärung, wie Rosenstein, ver- zichtet, als der isolirten Beobachtung zu Liebe eine neue leere Hypo- these ausspinnt. „Cliniquement, l’uremie n’est pas l’ammoniemie“ sagen Lecorche und Talamon®®) (S. 578) in ihrer sehr umfangreichen Monographie über die Albuminurie und machen sich damit zu Sprechern aller neueren Autoren über den in Rede stehenden Gegenstand.

So wenig es der nunmehr zu besprechenden Theorie Anfangs ge- lang, gegenüber der beliebten Frerichs’schen aufzukommen, so hat sie doch später lange Zeit hindurch den Beifall der Aerzte sich zu bewahren gewußt. Und in der That, die Theorie der Extractivstoffe, wie sie ebenso beharrlich wie mit Unrecht genannt wurde, entsprach den modernen Anforderungen an einen Erklärungsversuch der Urämie viel besser, als alle früheren. Die Fragestellung nach einem einzigen Excretstoff, dessen Retention das wechselvolle Krankheitsbild erklären könnte, dem also vielleicht die Fähigkeit zugesprochen werden dürfte, je nach seiner Einwirkung auf dieses oder jenes Hirncentrum die bunten Variationen der urämischen Vergiftung, die mannigfachen Symptome einzeln oder combinirt zu produciren, erwies sich als irrig. Jedenfalls kann dem kohlensauren NH, diese Eigenschaft nicht zugeschrieben werden. Wie dieses Salz wirkt, weiß man nicht sicher. Die von Cuffer55) und Cuffer und R&gnard’®) angestellten Versuche sprächen dafür, daß diese Substanz sowohl nach Injection in’s Blut als auch in vitro eine deletäre Wirkung auf die roten Blutzellen ausübe; ihre Zahl nimmt erheblich ab und die gleichzeitig festgestellte Herabsetzung des Absorptionsvermögens der Blutflüssigkeit für O würde also eine Verringerung der respiratorischen Qualität involviren. Aehnlich zer- störend sollte das Kreatin wirken, indifferent sich der Harnstoff ver- halten. Ob diese Beobachtungen zutreffen, ist nicht weiter entschieden worden. Da das Blut der Nephritiker zu ähnlichen Feststellungen Gelegenheit gab bezüglich der functionellen Schädigung der physio- logischen Thätigkeit des Blutes und der Zahl der Erythrocyten, so schlossen die Autoren, daß das kohlensaure NH, das gesuchte schäl- liche Princip sei. Man weiß heute, wie verfehlt dieser Schluß ist. Ueberdies haben gleichzeitig Morat und Ortille5”) die respiratorische Kraft des Blutes gegenüber der Norm nicht verändert gefunden; kohlen-

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saures NH, trafen sie im Darm, vermißten es aber im Blute und schlossen seine Mitwirkung an der Production der Urämie aus. Schottin®)58) war es, welcher die Aufmerksamkeit auf einen neuen Gesichtspunkt lenkte. In der Litteratur herrscht vielfach die irrtümliche Ansicht, die zu jener Gruppe gehörenden Forscher erblickten in der Giftwirkung der sich anhäufenden Extractivstoffe, besonders des Kreatin und Kreatinin, die Ursache der urämischen Nervensymptome. Das trifft keineswegs für alle diese Autoren zu. Sowohl Schottin wie Oppler (l. c.), der zu voller Bestätigung der Befunde des ersteren Forschers gelangte, erblicken in der von ihnen beobachteten Anhäufung von Extractivstoffen nur den Ausdruck einer schweren, die Urämie kennzeichnenden Ernährungsstörung. Oppler ist aber weit von der Annahme entfernt, auf eine specifische Giftwirkung dieser Substanzen die Ursache dieser Urämie zurückführen zu können. Das Verhältnis des Albumins zur Menge der Extractivstoffe, beim Gesunden wie 100:5, verhielt sich in den hierher gehörigen Fällen wie 100: 40; man ersieht hieraus, von welcher Ordnung die die Vermehrung an- zeigenden Ziffern sind. Jaccoud®) nannte daher den neubeschriebenen, pathologischen Zustand „Creatinemie“. Durch eine bloße Retention in Folge von Suppressio urinae würde man die colossale Anhäufung von Substanzen, welche normaler Weise zum Teil nur in minimalen Mengen gebildet werden, gewiß nicht richtig erklären. Hemmung der Stoffmetamorphose, Störung der Endosmose und Exosmose zwischen Blut und Geweben, Verminderung des Oxydatıons- vermögens des Blutes, das vielmehr sind die großen, der Urämie zu Grunde zu legenden, pathognomonischen Veränderungen der physio- logischen Gewebsthätigkeit. Die normale Alkalescenz des Blutes, das sich der zugeführten Säuren durch Zerlegung derselben in kohlensaure Salze oder durch unveränderte Ausscheidung erwehren muß, wenn keine Säurevergiftungen eintreten sollen, ist dio Voraussetzung für den ge- wöhnlichen Oxydationsproceß des Nährmaterials. Ohne sie beweisen zu können, gelangte Schottin rein theoretisch zur Annahme einer herabgesetzten Blutalkalescenz für die Urämie dureh Retention wenn auch schwacher Säuren. Faßt man nun die Extractivstoffe als Spreng- oder Abfallstücke des im Blute zerschlagenen Eiweißmolecüls auf, so übersieht man in Anbetracht der gewaltigen Steigerung der Extractiv- stoffbildung die Schwere der im Ablauf der Stoffzerlegungsvorgänge eingetretenen Störungen, wie Oppler sie sich als Grundlage der urämischen Erkrankung denkt. Nebenbei bemerkt, stehen die thera- peutischen Indicationen, welche Schottin z. B. ableitet, im scharfen Gegensatz zu denjenigen, welche die mechanisch-physicalische Auf-

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fassung der Urämie als Consequenz ergiebt. Fast gleichzeitig mit Schottin constatirte Hoppe®®) eine ganz auffallende Vermehrung der Extrativstoffe, die fünffache Menge für das Kreatin z. Be Aus dem prägnanten, leicht faßlichen Raisonnement Oppler’s läßt sich die für Muskeln gefundene Vermehrung jener Substanzen auch für das Gehirn - voraussetzen, und ein so zart auf Ernährungsstörungen reagirendes Organ müsse durch so grobe Veränderung der Blutmischung leicht zum Functionsausfall gebracht werden und Schwindel, Kopfschmerz, Coma etc., die bekannten Erscheinungen im Bilde der Urämie, darbieten. Aehnlich soll sich Fournier®!) äußern; seine Arbeit ist hier im Original nicht erhältlich. Die Ergebnisse, welche Perls in den folgenden Jahren publicirte, gehören in dieselbe Kategorie; auch dieser Autor sieht die Ursache der Urämie in einer Gehirnernährungsstörung. Den Mehrgehalt an Extractivstoffen führt Perls auf vermehrte Production in Folge Gewebszerfalles oder auf verminderte Oxydation zurück. Die übrigen Schlüsse sind unzutreffend, die Versuche vielfach angefochten.

Der unzweifelhafte Fortschritt, den die neue Lehre bezeichnet, kennzeichnet sich dadurch, daß diese Forscher mit dem System ge- brochen haben, nach einem einzigen toxischen Körper zu suchen und die an Variationen so reiche Urämie durch Anschuldigung eines einzelnen Harngiftes zu erklären. Allein der Beurteilung stellen sich Schwierig- keiten in den Weg, an deren Ueberwindung die Hypothese in der That scheitert: Wir sind mit den modernen Mitteln ebenso wenig wie damals im Stande, diese hypothetischen Hirnernährungsstörungen exact nach- zuweisen; hier läßt das Experiment im Stich, die in Betracht kommen- den Bedingungen lassen sich experimentell nicht herstellen. Es ist daher auch ein Denkfehler, wenn man durch Injection von einzelnen Extractivstoffen, deren Beschaffung übrigens ihrer minimalen täglichen Ausscheidungsgröße wegen mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft ist, den Nachweis zu führen glaubt, daß ihnen eine Mitwirkung an der Hervorrufung der Urämie deshalb nicht zukomme, weil ihre sechs-, acht- oder zehntägige Productionsmenge keine Erscheinungen macht. Schon Oppler konnte bei seinen Untersuchungen nur an die Muskeln appelliren, weil eine Hirnuntersuchung bei der Unkenntnis des normalen Hirnchemismus aus Mangel an Vergleichsmomenten keine Aussicht auf Erlangung beweisender Funde gewährt hätte. Aus dieser Darlegung ergiebt sich auch die Unzulänglichkeit der von Meissner heran- gezogenen Beweisführung. Ihm erwies sich das Kreatin ganz un- schädlich, das Kreatinin als ein Körper von ganz aparter, physiologischer Wirksamkeit, welches nie Urämie, sondern nur Muskelschwäche, Er- schöpfung u. s. w. producirte. Uebrigens ließ Meissner die Niere im

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Körper und damit dem injicirten Kreatinin den Weg in das Nieren- becken offen, in welchem er es auch in großer Concentration antraf. Perls hält das Kreatinin für giftig, Meissner bestreitet die Zulässig- keit der auf diesen Körper basirten Theorie. Man sieht, überall Wider- sprüche im Experiment und Mangel an Uebereinstimmung in der theo- retischen Betrachtung. In der wegen ihrer überaus umfassenden Ver- suchsreihe berühmt gewordenen Monographie von Feltz und Ritter wird die Frage der Extractivstoffe von demselben, eben characterisirten Standpunkt aus geprüft; zwar geben die Autoren ebenso wie Chalvet‘?), auf dessen Mitteilung sie zurückgreifen, gern die Ueberproduction von Extractivstoffen zu, die Injectionsversuche aber, welche ihr Schüler Challan (F. u. R., S. 150) vom Kreatin und Kreatinin an, vom Leucin bis zum Hypoxanthin und Taurin anstellte, bewiesen Nichts für die Giftigkeit dieses Conglomerats der Extractivstoffe.. Aber ich sagte schon, so gelungen ihre Versuche, so zutreffend ihre Beobachtungen, sie prüfen die Frage von falschem Gesichtspunkte insofern, als sie durch einen positiven oder negativen Entscheid über die Giftigkeit dieser Körper einen Urteilsspruch über die Zulässigkeit dieser Theorie fällen zu können glaubten. Das ist auch nach Lecorch& und Tala- mon’s°t) Meinung (S. 573) nicht angängig, aber derselbe Mangel, nämlich die Unmöglichkeit, für die experimentelle Prüfung die geeignete Uuter- lage zu finden, er verbot auch der Klinik und der Wissenschaft die Anerkennung der Theorie, weil die Anschauung Schottin’s, Oppler’s, Perls’, Zalesky’s, Chalvet’s vom Wesen der Urämie in Ermangelung einer experimentellen Sicherstellung als eine bloße Speculation angesehen werden mußte. Die Frage wurde ın den folgenden 1'/, Decennien nicht weiter discutirt. Die Lehre von den Harngiften, die in den 80er Jahren durch die Publicationen der französischen Autoren die Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nahm, spielte die Angelegenheit auf ein anderes Forschungsgebiet über. Eben weil man die Unmöglichkeit, auf die übliche Weise zum Ziel zu kommen, einsah, wählte man andere Mittel. Die Me- thodik eröffnete hier zwei Wege: Den einen betrat die Bouchard’sche Schule und ihr Meister, indem sie mit den verbesserten Methoden der physiologischen Harnchemie, auf den Tierversuchen Bouchard’s weiter- bauend, die complexe Giftwirkung des Harns zu analysiren, d.h. in die Componenten zu zerlegen suchte; hieraus erwuchs die Lehre von den Harngiften im engeren Sinne. Den anderen Weg, die Frage anzu- greifen, erkor sich Landois?), der mit dieser Wahl seines Angriffs- punktes freilich fast allein steht. Der Greifswalder Physiologe nun wollte die Hindernisse, welche sich dem Studium der Extractivstoff- wirkungen auf unsere Centren entgegenstellen, dadurch überwinden,

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daB er sie am Orte ihrer Thätigkeit aufsuchte: am Großhirn selbst. Er eröffnete mit einer Trepankrone Hunden oder Kaninchen die Schädel- höhle, legte das Großhirn mit der Pia bloß und applicirte die zu prüfenden chemischen Körper in Substanz, gewöhnlich in Form von Pulver, das sich im Wundsaft löste und so allmählich tiefer dringend was sich durch Zusatz von Farbstoffen controliren ließ die Ganglienzellen bespülte.e Es gelang ihm, durch die sehr merkwürdige und schwer zu beherrschende Methode „völlig typische, eclamp- tische oder urämische Anfälle hervorzurufen“. Vor Allem legt Landois Gewicht auf die Thatsache, daß die convulsiven Anfälle nicht sogleich anfingen, um dann ganz zu verschwinden, so wie es gewöhnlich bei Injection von Reizstoffen, besonders (NH,),CO,, der Fall war, sondern in wiederholten, abgegrenzten Attaken hereinbrachen, allmäh- lich abklingend in Heilung übergingen oder fortschreitend, an Inten- sität zunehmend, zum Tode führten. Er prüfte auf diese Weise eine ganze Reihe der permanent angeschuldigten Stoffe. Das Kreatin, ein- seitig auf die hintere Parietalregion aufgetragen, bewirkte nach mehreren Minuten, deren die Substanz zu ihrer Lösung bedurfte, heftigste eclamp- tische Krämpfe, Coma, Aufhebung der Reflexe, Sehstörungen, große Unruhe, Apathie, zuweilen anfänglich Symptome, die Landois „moto- rischen Drang“ nennt, ferner oft Incontinentia urinae, Opisthotonus, Dyspnoe, Cyanose, also alles Erscheinungen, an deren urämischem Character Niemand zweifeln konnte; auch Zwangsbewegungen und Beißlust fielen mitunter auf. Es ist zu bemerken, daß auch nach ein- seitiger Auftragung der Substanz die Reizwirkung auf beiden Seiten zum Ausdruck kommt. Die Herzaction und Atmung blieben im Initial- stadium meist normal, die Körperachse neigte sich etwas nach der „gekreuzten“, d.h. der Auftragungsstelle entgegengesetzten Seite, eine Neigung, die sich bis zu völliger Zeigerbewegung verstärken konnte. Nun setzte ganz allmählich, parallel der sich central ausbreitenden Er- regung der Ganglienzellen durch die diffundirende Substanz, der eclamp- tische Insult ein, begann mit leichtem Vibriren der Kaumuskeln, klonischen Zuckungen der gekreuztseitigen Lippen-Nasenmuskeln, Augenblinzeln, intermittirendem Zähneknirschen, Herüberziehen des Kopfes nach der gleichnamigen Seite und nach hinten. Alle diese Bewegungen hatten Anfangs tonisch-klonischen, überwiegend klonischen Character, ebenso wie bei der Eclampsie und Urämie. Dann schritten die Zuckungen und das Zittern unter Opisthotonus auf das Vorderbein der gekreuzten Seite, auf welches das der gleichen mit schwächeren Krämpfen folgte, fort, die Rückenmuskeln kamen an die Reihe und schließlich die hinteren Extremitäten, wieder erst die gekreuzte, sodann

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die gleichseitige. Man wird sich erinnern, daß diese Reihenfolge ganz der Anordnung gleicht, welche die fortschreitenden, durch das Wachs- tum eines entsprechend localisirten Hirntumors in Folge der chronischen Reizungen erzeugten Zuckungen einzuhalten pflegen. In umgekehrter Reihenfolge oder auch plötzlich läßt dann der Anfall nach, der ge- wöhnlich einige Secunden bis eine Minute zählte, um bald sich zu wiederholen und selbst 2—3 Tage wiederzukehren, worin allerdings eine frappante Aehnlichkeit mit den urämischen Zufällen liegt. Nach dieser Angabe der Methode seien die Ergebnisse geschildert. Nicht immer hat Kreatin, selbst doppelseitig, die gleichen intensiven Reiz- und Lähmungserscheinungen bewirkt, oft war die Reaction relativ gering, auf rudimentäre Reize beschränkt. Nun, die Difterenz, die zwischen der Wirksamkeit der einzelnen Harnexcretstoffe auf diesem Wege deutlich ward, bewies, daß die Erscheinungen nicht, wie die Protest erhebenden Gegner meinten, lediglich Kunstproducte seien, in Folge der Eingriffe herbeigeführt, sondern der specifischen, giftigen Energie der angewandten Substanzen entsprechen. Denn der Harnstoff erwies sich so gut wie unwirksam, da er bei dieser Anwendung selbst- redend nicht einmal seine diuretische Kraft entfalten konnte, merk- würdiger Weise aber auch das (NH,),CO,, das nur leichte Erschei- nungen, wie eine leichte Narcose, veranlaßte, jedenfalls aber keine Krämpfe. Kreatinin zeigte sich erheblich giftig, indem es Tage lang wiederkehrende eclamptische Anfälle hervorrief. Auch die Salze be- wiesen giftige Kraft. Uratsediment (durch H,O gereinigtes, saures, harnsaures Natron) aus Menschenharn rief Krämpfe der gekreuzten Seite und Dyspnoe, ohne daß Lungenaffection vorhanden, hervor, die- selben Zufälle mit Parese der Extremitäten saures, phosphorsaures Kali, jedoch nicht immer. Es scheint demnach, daß, abgesehen von den Schwankungen in der aufgetragenen Menge, zur Erklärung solcher difterenter Reactivität das Alter der Tiere und ihre individuelle Reiz- empfindlichkeit heranzuziehen sind. NaCl und Na,CO, waren inactiv, von Zeigerbewegung der Tiere abgesehen.

Der Forscher begnügte sich nicht, die Erscheinungen der Groß- hirnreizung zu analysiren, er studirte auch die Reizung der Med. oblon- gata. Dieser Centrencomplex für die vitalen Functionen wurde von hinten her durch die Nackenmuskeln hindurch freigelegt und die Sub- stanz aufgetragen, die hier schon in geringer Concentration wirksam ist. Um die Erscheinungen zu rubriciren, arbeitete Landois mit drei verschiedenen Reizstärken und schildert genau die Intensitäts- und Ausbreitungszunahme der Symptome, von der Erhöhung der Reflex- erregbarkeit an über den Tetanus, Nystagmus, die Störung der Herz-

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(Vagusreizung) und Atmungsfunctionen bis zum blitzschnell eintretenden Krampfanfall von größter Intensität mit Atmungsstillstand und Vagus- lähmung, vom Tode gefolgt. Eine ausführliche Schilderung würde zu weit führen. So prüfte Landois in einzelnen Abstufungen die ver- dächtigen Substanzen alle durch und brachte durch große Reichhaltig- keit des experimentellen Materials eine gewisse Gesetzmäßigkeit in die beobachteten Feststellungen. Sehr auffallend und im Widerspruch mit dem Injectionsversuch steht der Mangel an Wirkung, den z.B. (NH,),CO,, concentrirter Harn auf’s Großhirn ausübt, Stoffe, die indessen bei Auf- tragung auf die Med. obl. nicht so harmlos sich erwiesen. Von den Extractivstoffen zeigten sich nicht alle gleich wirksam, Leucin übte nur schwache Wirkung aus, Hypoxanthin wenigstens keine sehr starke, Liebig’s Fleischextract erzeugte Krämpfe, auf der Medulla Dyspnoe, Convulsionen und spastische Bewegungen. Imponirend ist die Reich- haltigkeit und Fülle von neuen kleinen und kleinsten Symptomen, die verschiedentlich zur Beobachtung gelangten und die von Landois ihres physiologischen Interesses wegen sorgfältig aufgeführt sind, wie „motorischer Drang“, Zwangs- und Reitbahnbewegungen, sowie „cere- brale Chorea“ und zahlreiche andere, bisher in der Klinik weniger beachtete Abortivzeichen atypischer Reizungszustände. In der neueren Auflage?) giebt L. noch die Beschreibung und Abbildung eines Affen, dessen Zustand eine frappante Aehnlichkeit mit der menschlichen Urämie gezeigt haben soll. Im Anschluß an seine eigenen Untersuchungen und zur Erklärung der neuen Phänomene giebt Landois erstens eine sehr übersichtliche Darstellung der Klinik, geordnet nach den Organsystemen des Körpers, ferner historische Angaben über die Lehre vom Giftharn, und zweitens eine sehr genaue Schilderung der Großhirnfunctionen und derjenigen Abschnitte aus der experimentellen Psychologie, welche das Verständnis der centralen Vorgänge bei der urämischen Vergiftung zu vermitteln im Stande sind. Der Greifswalder Forscher sieht das Wesen der Urämie „in einer toxischen Einwirkung von solchen Sub- stanzen auf das Gehirn, welche normaler Weise durch den Urin ent- leert werden sollten, und zwar der sogenannten Extractivstoffe und der Salze. Diese Stoffe erzeugen vom Blute aus auf das Nerven- system einen anhaltenden Reiz.“ (Cit. Landois). Den dadurch sich ausbildenden Zustand des Nervensystems nennt Landois die „eclamp- tische Erregbarkeitsstufe“, darin bestehend, daß es durch Summation von an sich zu schwachen chemischen Reizen zu einem Ausbruch klonischer oder klonisch-tonischer Convulsionen kommt, die ganze ge-

®) Die Urämie, 1891.

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streifte Musculatur betreffend und oft sich wiederholend. Der Vorgang besteht in einer Schädigung oder Aufhebung der Hemmungsvorrichtungen in der Hirurinde. Der Angriffs- und Ursprungsherd hierfür sind die von L. sogenannten „psychomotorischen Centren“ der Großhirnrinde. Es werden aber nachher von der Med. obl. und vom Pons Varol. aus noch tonische Krämpfe ausgelöst. Die ungeordneten Convulsivbewe- gungen werden vom Rückenmark in dessen grauer Substanz fort- geleitet. Dort findet auch der Uebergang der Erregung bei einseitiger Reizung des Großhirns auf die Nervenfasern der gleichnamigen Seite statt, wenigstens für die Körpermusculatur und abgesehen von den Kaumuskeln, der Zungen-, Augen- und Larynxmusculatur, welche wohl in beiden Hemisphären je ein Centrum haben. Die Entstehung des Ausbruchs durch Summation der Reize, die Unterbrechung der Krampf- anfälle, die Modificationen der centralen Erregbarkeit durch centripetale Reize, die Hemmungsvorrichtungen, die Fortleitung der Erregung und ihr Selbstständigwerden in den „subcorticalen Centren“, die zum Aus- bruch der Urämie disponirenden Momente, wie Gemütsbewegungen, psychische „Disposition“ u. A., und die zahlreichen, vorhin genannten kleineren symptomatischen Aeußerungen dieser Vergiftung, sie alle finden in der Monographie eine eingehende Würdigung und, so weit das heute möglich, scharfsinnige Erklärung. Landois’ Anschauung, daß die „Extractivstoffe und die Salze“ die Giftprincipien seien, ist die logische Consequenz aus seinen Versuchen, in denen jene Stoffe sich als giftig erwiesen, vorausgesetzt, daß man die Competenz der mit dieser Methode ausgeführten Experimente überhaupt unterschreibt. Hierfür ist aber sehr bemerkenswert die Thatsache, daß Nachprüfungen, wenn auch nur spärliche, vorliegen, was sich bei den hohen, an den Experimentator in Bezug auf Schulung und Technik gestellten An- forderungen wohl erklärt. Leubuscher und Zichen®°), Docenten in Jena, haben im Ganzen die gleichen Erscheinungen beobachtet und nur in specialistisches Interesse beanspruchenden kleineren Symptomen Ab- weichungen von dem eben geschilderten Bilde wahrgenommen. Die kritische Beurteilung hat wohl besonders ihre Feststellung interessirt, daß schon die bloße Freilegung des Großhirns als Reiz wirkt, auf welche die Seitenneigung des Tieres und ein gewisser „Tonus im ge- kreuzten Facialis und in den gekreuzten Extremitäten“ zu beziehen sind. Ob das System Landois’ als solches unbrauchbar oder ver- wertbar sei, hat jedenfalls keiner der jüngeren Autoren entscheiden wollen, es existirt eben sicher ein Mangel an guten Methoden auf diesem Gebiet, und Landois war doch mindestens der erste Forscher, der mit der seinigen die chemische Reizung der Großhunncentren durch die

_—— men, mme

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in Frage kommenden Stoffe bewiesen hat. Um der Anforderung, bei meiner Darstellung möglichst historisch zu verfahren, gerecht zu werden, möchte ich ganz kurz zweier, freilich unbewiesener Ansichten vom Wesen der Urämie, die im Beginn der 60er Jahre publicirt wurden, hier gedenken. we

Bence Jones®) dachte an die Möglichkeit einer Zersetzung des retinirten Harnstofis in Oxalsäure. Den Beweis blieb er schuldig. Es war eben nur eine Idee: damit sprach er, ohne die Stütze des Experimentes, wohl zum ersten Male den Gedanken einer Säure -Ver- giftung als Ursache der Urämie aus. 1866 hatte er bereits Schottin’s Lehre von den Extractivstoffen als Erreger der urämischen Intoxication angenommen. Uebrigens erwähnen ihn die deutschen Schriften kaum, die französischen Werke nur teilweise. Derselbe geistige Zusammen- hang, wie er hier zwischen einer älteren, nicht weiter beachteten Mit- teilung und den Resultaten der neueren Forschung constatirt werden kann, er bildet auch eine Brücke zwischen einer veralteten, von Thudichum®) 1864 ausgesprochenen Ansicht und der von Bouchard auf experimenteller Grundlage entwickelten modernen Anschauung über das Wesen der mystischen Giftwirkung unseres Excrets. Thudichum mißt dem von ihm entdeckten Urochrom, dem Harnfarbstoff, der vom Albumin, nicht vom Hämoglobin abstammen soll, die Fähigkeit bei, retinirt „typhoide“ Erscheinungen zu machen, und zwar nach seiner Zerlegung in „Uropittin“ und „Omicholin-Säure“, welche alle Gewebe vergiften und im Schweiß und bei der Exspiration nachweisbar sein sollen. Auf Grund der Ergebnisse von Bouchard’s°®) an den Farb- stoff anknüpfenden Studien muß man sagen, daß der Hinweis auf die Toxicität desselben wohl berechtigt ist. Freilich sind die Consequenzen, welche Th. zieht, teils irrig, teils weit übertrieben. Uebrigens hat der Autor später eine sorgfältigere Detaillirung seiner neu entdeckten Stoffe mitgeteilt. Wir schließen damit die Vorstellung der älteren Theorien über das Wesen der Urämie. Ueberblicken wir ihre Reihe, so ergeben sich aus dieser Betrachtung wesentliche, das Verständnis der neueren Anschauungen vermittelnde Gesichtspunkte. Die Klinik hat alle bisher dargestellten Hypothesen zurückweisen müssen; der Grund der traurigen Resultatlosigkeit der älteren Bestrebungen liegt offenbar einmal darin, daß man in einem einzigen Giftkörper des Harnes die Ursache eines Kraukheitsphänomens hat erblicken wollen, dessen Variabilität in den Combinationsmöglichkeiten der, Symptome durch die physiologische Eigenschaft keines einzigen der angeschuldigten Stoffe hat aufgeklärt werden können. Sodann fehlte es fast nie an Beobachtern, welche direct gegenteilige Befunde beibrachten, sei es, daß man im Blute

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Nichturämischer den verdächtigen Stoff in übertriebener Menge fest- zustellen vermochte, oder sei es, daß man die angeschuldigte Substanz in der Blutflüssigkeit der Kranken trotz eifrigsten Suchens mit ver- besserten Methoden nicht wiederzufinden im Stande war. Besondere Verwirrung richtete endlich die Ungleichartigkeit in den Objecten der Beweisführung an. Denn es scheint nunmehr fast, als ob die experi- mentelle Urämie, z. B. die der Hunde, in ihrer Pathogenese sich durchaus nicht mit derjenigen des Menschen deckt, und doch identificirte man die beiden Krankheitsbilder in unzähligen Arbeiten. Der letzten Hypo- these endlich, derjenigen, welche in der schweren Veränderung der Blutmischung, gekennzeichnet durch Häufung der Extractivstoffe und dadurch bedingte grobe Ernährungsstörungen, die Voraussetzung für die Entstehung urämischer Zufälle erblickt, mangelte die experimentelle und klinische Grundlage und damit auch die überzeugende Kraft.

Die Unterschiede zwischen den eben erörterten Erklärungsversuchen und einer rationellen Handhabung moderner Bestrebungen, das Urämie- gift zu finden, liegen somit klar auf der Hand. Zwar haften der Theorie von Feltz und Ritter die eben geschilderten Mängel noch an, in- dessen ihre Arbeit weist zum ersten Male in wissenschaftlicher Form die Existenz eines unbestrittenen Harngiftes nach und steht somit in thatsächlichem inneren Zusammenhang mit den umfassenden und in den Ergebnissen weittragenderen Untersuchungen Bouchard’s.

Ich darf hier die Darstellung der Anschauungen, welche man früher über das Wesen der Urämie gehabt hat, abbrechen. Es würden nun die Theorien zu entwickeln sein, welche Feltz und Ritter im Jahre 1881 und Bouchard in den letzten Jahren des vorigen Jahrzehnts aufgestellt haben. Diese aber habe ich neben der im Anschluß an sie aufgebauten Lehre von den Harngiften in zwei anderen Abhandlungen 88) 67) besprochen, auf welche ich mir daher hinzuweisen erlaube, und als deren Ergänzung die vorliegende Schrift angesehen werden kann. Mit Rücksicht auf die Menge des litterarischen Materials, welches von jedem die Urämie experimentell Bearbeitenden bewältigt werden muß, und in Anerkennung der gerade bei unserem Gegenstand oft betonten Thatsache, daß neue Resultate und neue, gute Methoden nur bei genauester Kenntnis der älteren, fast durchweg als verfehlt gekennzeichneten erlangt werden können, empfahl sich diese ausführlichere Zusammenfassung der älteren Litteratur über die Pathogenese der Urämie.

Litteratur.

1) P. Scheel: Die Transfusion des Blutes und Einsprützung der Artzneien in die Adern. I. 1802, II. 1803, III. 1828 v. Dieffenbach. 2) L. Landois: Die Urämie, Wien u. Leipzig, I. Aufl. 1690, II. Aufl. 1891.

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3) Vauquelin und Segalas: Journ. de physiol. v. Magendie 1822, II. S. 353, cit. nach Feltz und Ritter.

4) F.Th.Frerichs: Die Bright’sche Nierenkrankheit, Braunschweig 1851.

5) C. Voit: Sitzungsber. d. Bayr. Acad. d. Wiss. 1867, I., S. 364. Zeitschr. f. Biol. 1868, IV., S. 140 u. 86.

6) Rosenstein: Path. u. Ther. d. Nierenkr., Berlin 1893.

1) Rosenstein: . Berliner klin. Woch. 1864, No. 40.

8) Piorry: Traité de médecine pratique et de pathologie médicale, T. III,

Paris 1847.

9) R. Bright: Reports of medical cases 1827, I. Guy Hospital Reports 1836.

10) S. Rosenstein: Das kohlens. Ammoniak u. die Ur., Virch.’s Arch. 56, S. 383.

11) Nysten Recherch. de physiol. et de chim. pathol., Paris 1811, Meckel’s deutsches Arch. 1816.

12) Richerand: Arch. f. d. Physiol, v. J. F. Meckel, VIII. Bd., II. Heft und Annal. de chim. et de phys., T. XXIII, S. 90.

13) Prévost und Dumas: Examen du sang. Annal. de chim. et de phys., T. XXIII, S. 90.

14) Spiegelberg: Arch. f. Gynäk. 1870, I., S. 878.

15) John Osborne: On the nature and treatment of dropsical diseases London 1837.

16) Owen Rees: On the nature and treatment of diseases of the Kidney London 1850.

17) Traube: Medicinische Centralzeitung 1861, 103.

18) Oppolzer: Spitalszeitung 1853, No. 3—5, cit. nach E. Wagner 1882.

19) Ph. Munk: B. k. W. 1864, No. 11 u. 18.

20) Bartels: Handbuch der spec. Path. von Ziemssen 1875, Bd. XI, I, S. 100 u. ff.

21) Cohnheim: Vorlesg. über allg. Path. 1880, Bd. II.

22) Rommelaere: De la pathogénie des sympt. urém. etc. Journ. de mėd: de Bruxelles 1867, 44, 45. Ref. Centralbl. f. die med. Wiss. 1868, S. 348 (Senator).

23) Christison: Edinburgh. med. and surg. journal 1829.

24) Tiedemann und Treviranus’ Zeitschr. f. Physiol., V.

25) Stannius und Scheven: Arch. für physiol. Heilk. (Vierordt) 1850, Bd. IX. Scheven: Ueber der Ausschneidung der Nieren, Diss.

Rostock 1848. 26) Bernard und Barreswill: Arch. gener. de med. 1847. 27) Hammond: Americ. med. chir. review 1858. The americ. journal of,

the med. scienc. 1861.

28) S. Oppler: Virch.’s Arch. 1861, 21, S. 260.

29) Perls: Königsb. med. Jahrb. 1864, IV, S. 56. Berl. klin. Woch. 1868, No. 19. Qua via insuffic. renum symptom. uraem. etc. Diss. Re-, giomonti,

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30) N. Zalesky: Untersuch. über den uräm. Proceß und die Function der Nieren 1865.

81) Meissner: Zeitschr. f. rat. Medicin von Henle und Pfeuffer 1866.

: XXVI, S. 225.

32) Max Herrmann: Sitzungsber. der k. Acad. der Wiss. zu Wien 1859, Bd. 36 u. 45.

33) Goll: Zeitschr. f. rat. Med. 1854, 2. Reihe, Bd. 4.

34) A. Wilson: London medical gazette 1833.

35) Frerichs: Arch. f. physiol. Heilkunde 1851, S. 399.

36) Schottin: Arch. f. physiol. Heilkunde 1853, S. 170.

37) Hamernik: Die Cholera epidemica, Prag 1850.

88) Buhl: Mitteilg. aus der Pfeuffer'schen Klinik in München. Epidem. Cholera, Zeitschr. f. rat. Med. 1855, VI.

39) Gallois: C. r. 1857. Gaz. des höpit. 1857. Essai physiol. sur l’uree et les urates. These de Paris 1857.

40) Alex Petroff: Virch.’s Arch. 1862, S. 91.

41) Reuling: Ueber den Ammoniakgehalt der exspir. Luft. Diss. Giessen 1854.

42) Stokvis: Nederland. Tydschrift 1860.

43) Thiry: Zeitschr. f. rat. Med. XVII.

44) Kühne und Strauch: Centralbl. f. d. m. Wiss. 1864, No. 36 u. 37.

45) Kruse: Ueber die Beziehungen des kohlens. Ammoniaks zur Urämie.

Diss. Greifswald 1887, vgl. Landois, I. Aufl.

46) H. Lossen: Zeitschr. f. Biol. 1865, S. 207.

47) Gréhant und Quinquaud: C. r. 1884, Bd. 99, S. 383.

48) Richet und Moutard-Martin: C. r. 1881, Bd. 92, S. 465.

49) Colasanti: Moleschott’s Untersuchungen zur Naturlehre 1894, XIV, Heft IV.

50) Oertel: Ueber die Anhäufung von Harnsbestandt. etc. Diss., München 1867.

51) Demjankow: Petersb. med. Wochenschr. 1881, No. 28.

52) Treitz: Ueber uräm. Darmaffect. Prager Vierteljahresschr. f. d. pract. Heilk. 1859, Bd. 64, S. 148.

53) Jaksch: Prager Vierteljahresschr. f. d. pract. Heilk. 1860, Bd. 66, S. 143.

54) Lecorche und Talamon: L’albuminurie et la mal. de Bright. Paris

1888.

55) Cuffer: Sur les alterat. du sang dans l’uremie. Paris 1878.

566) Cuffer und Regnard: Action des mat. extract. Gaz. med. de Paris 1878, S. 319.

57) Morat und Ortille: C. r. 88, S. 1035.

58) Schottin: Arch. f. physiol. Heilk. 1860.

59) Jaccoud: Clinique medicale 1874.

60) Hoppe: Aerztl. Bericht über das Arbeitshaus. Berlin 1853.

61) Fournier: De l’uremie These pour l’aggregat., Paris. 1863.

62) Chalvet: Note sur le rôle des mat. extr. Gaz. des hôp. 1867/68.

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63) Leubuscher und Ziehen: Ueber die Landois’schen Versuche der chem. Reizung der Großhirnrinde. Centralblatt f. klin. Med. 1888.

64) Bence Jones: Med. times and gaz. 1865.

65) Thudichum: Urochrome. The colouring matter of urine. The Hastings Prize. Essay, London 1864.

66) Die Harngifte und die Urämie etc. Zeitschr. f. klin. Med. 1897, Bd. 33, Heft 3 und 4.

67) Die Lehre von den Harngiften in pathologischen Zuständen. Diese Monatsberichte, Nov./Dec. 1897.

68) Feltz et Ritter: De lurémie expérimentale. Paris 1881.

69) Ch. Bouchard: Lecons sur les Auto-Intoxications. Paris 1887.

70) Fleischer: D. Archiv f. klin. Medicin 1881, S. 129.

Referate.

——ñe⸗

I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

Archivos del servicio de vfas urinariasdelhospitalRawson,

publicados baja la direcciön del Doctor Federico Texo. (1898, 1.)

Vorliegender Band ist die erste Nummer eines neuen, alle Vierteljahre in Buenos Aires erscheinenden Journals in spanischer Sprache. Dr. Texo, der leitende Arzt der Abteilung für die Krankheiten der Harnorgane am Hospital Rawson in Buenos Aires, hat seine Studien nach bestandener Prüfung in Argentinien in Paris und Berlin fortgesetzt; er bekennt sich als Schüler von Guyon, Israel, Nitze, Casper; er ist der Herausgeber dieses Archivs und hat ihm ein Geleitwort mitgegeben. Diese erste Nummer ist nur der Beschreibung des Hospitals und seines Dienstes gewidmet. Texo hat die Abteilung nach dem Muster der von Guyon eingerichteten Klinik im Hôpital Necker in Paris organisirt, doch auch sonst. das Gute genommen, wo er es fand: aus den Abbildungen erschen wir, daß der Trendelen- burg’sche Tisch zur Beckenhochlage, die deutschen Cystoskope und Endo- skope, die Einrichtung des Operationssaales nach demjenigen im Urban- krankenhaus in Berlin u. A. von Texo eingeführt sind, während die Mehr- zahl der Apparate aus Paris stammt. Die einzelnen Abteilungen des In-

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stituts: die Aufnahme-, Kranken- und Operationssäle, die Poliklinik, das Laboratorium, das Museum, die Bibliothek, die Instrumentensammlung u. s. w., werden von den einzelnen Mitarbeitern teilweise unter Beibringung von Photographien genau geschildert. Ferner wird eine Uebersicht der Fälle und Operationen der letzten Jahre gegeben, daneben auf die Steigerung der Frequenz seit Errichtung der Abteilung das Augenmerk gerichtet. Deutsch- land besitzt noch keine einzige Abteilung für die Krankheiten der Harn- organe, geschweige denn ein solches mit allen klinischen Hilfsmitteln ein- gerichtetes Hospital für dies so wichtige Gebiet.

Wir wünschen diesem unseren Monatsheften gleichstrebenden Archiv das beste Gedeihen! Mankiewicz.

F. Neugebauer (Warschau): Weiterer Beitrag zum Studium des Hermaphroditismus. (Przeglad chirurgiczny, Bd. III, Heft 4. Referirt im Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 31.)

N. berichtet über 46 neue Beobachtungen, darunter 3 aus der eigenen Praxis und bisher noch nicht veröffentlichte: 1. XIIIpara und 53 Jahre alt, leidet an Carcinom der Gebärmutter und des rechten Eierstocks. Die Clitoris ist stark vergrößert, 1!/⁄ Zoll lang und erectil. Die Vulva selbst ist normal. Die Patientin behauptet, niemals, weder bei Arbeiten, noch sub cohabitatione Beschwerden von Seiten der Anomalität bemerkt zu haben. 2. Bei einem 31/, Monate alten, als Knabe getauften Kinde zeigten die äußeren Genitalien die Merkmale der penis-scrotalen Hypospadie. Die untere Hälfte des Scrotums ist durch eine deutliche Rhaphe getrennt. Präputium und Glans sind gespalten, und eine flache Rinne führt an der unteren Penis- fläche zu einer kleinen Oefinung, aus der Urin entleert wird. In der Rinne zwei Morgagni-Lacunen, die blind endigen. Unterhalb des Hodensackes be- findet sich noch ein kleines flaches Grübchen. Die rechte Scerotumhälfte ist leer, in der linken ein als Hode angesprochener, kirschengroßer Körper, der sich in die Bauchhöhle zurückschieben läßt. Bei der rectalen Untersuchung lassen sich weder Prostata, noch auch andere als weibliche Adnexe anzu- sehende Organe tasten. 3. Ein 16jähriges Mädchen, das aber im Gesichts- ausdruck, der Kehlkopfbildung und in der Stimme männlichen Typus hat; ebenso sind die Brüste kaum angelegt; dagegen zeigen die Pubes am Mons veneris weiblichen Behaarungstypus. Bisher hat sie weder Ejaculationen, noch auch Menstruation wahrgenommen. Neigung besteht zum weiblichen Geschlecht. Die Schmerzen in der Leistengegend, über die Patientin seit einigen Monaten klagt, haben ihren Grund im Descensus testiculorum. Die Clitoris ist 3—5 cm lang, erectil. In den Sinus urogenitalis münden die Harnröhre und eine kurze, in einen Blindsack endigende Scheide; ein deut- liches Hymen ist vorhanden. In beiden Leistencanälen lassen sich Testikel fühlen, dagegen können weder Prostata, noch Samenbläschen, noch ein Uterus im Becken constatirt werden. Immerwahr (Berlin).

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II. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Dr. Wyschemirski (Petersburg): Ueber eine einfache Methode der Quecksilberbestimmung im Harn. (Wratsch 1898, No. 29.)

Gelegentlich seines Studiums über den Einfluß electrischer Bäder auf die Ausscheidung von Quecksilber durch den Harn lernte Verf. die Möglich- keit kennen, das gesamte Quecksilber aus dem Harn in Form von Amalgam in folgender Weise zu gewinnen: In einen 11 fassenden Kolben bringt man 500 cem von dem zu untersuchenden Harn, setzt zu demselben 25—30 ccm chemisch reiner, concentrirter Schwefelsäure hinzu und schüttelt; der Harn verfärbt sich dunkel und der Kolben erwärmt sich. Die Flüssigkeit wird hierauf mit 35—40 cem chemisch reiner Salzsäure versetzt und geschüttelt, worauf in den Kolben 8 m Lametta (Christbaumschmuck) so hineingeworfen werden, daß dieselbe in dem Kolben einen möglichst großen Raum einnimmt. Nach 24 Stunden findet man das Quecksilber, falls es im Harn vorhanden war, auf den Lamettafäden als Amalgam niedergeschlagen. Der Harn wird dann abgegossen, die Lametta mit Wasser sorgfältig abgespült und mit Löschpapier getrocknet und die auf den Lamettafäden niedergeschlagene Quecksilbermenge bestimmt. Letzteres geschieht entweder durch directes Abwiegen der Lametta vor und nach dem Experiment, falls eine chemische Waage zur Verfügung steht, oder durch die Farbenmethode, zu welchem Zweck das Quecksilber durch Erwärmung in einem Reagensgläschen mit Jod in eine Doppeljodverbindung verwandelt wird, die von hellroter Farbe ist. Die Methode ist vom Verf. genau geprüft und giebt die zuverlässigsten Resultate. Zur Anwendung derselben sind folgende Gegenstände nötig: 1. ein 1 I fassender Kolben, 2. ein dünnes Reagensgläschen von 1,—®%, cm im Durchmesser, 3. eine Spirituslampe, 4. Schwefel- und Salzsäure, 5. Lametta, welche gewöhnlich als Christbaumschmuck verwendet wird, 6. krystallini- sches Jod. Lubowski.

Dr. Scheschminzew (Kasan): Ueber den Einfluss des er- schwerten Gallenabflusses auf den Harnstoffgehalt des Harnes und des Blutes. Kasaner Dissertation. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.)

Die Schlüsse, zu denen Verf. auf Grund seiner Untersuchungen ge- langte, sind folgende:

1. Erschwerter Gallenabfluß führt eine Verringerung der Harnquantität herbei.

2. Das specifische Gewicht des Harnes ist während des erschwerten Gallenabflusses geringer, als in der Norm.

3. Der Harnstofligehalt des Harnes und des Blutes verringert sich eben- falls in der Periode des erschwerten Gallenabflusses, was einerseits auf

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die verringerte Harnstoffproduction im Organismus überhaupt zurückzu- führen ist. | 4. Gewinnt die Galle nach kurzer Zeit (4—6 Stunden) wieder freien Abfluß, so verschwinden bald sämtliche oben erwähnte Veränderungen. Li. Dr. Roschdestwenski (Fergansches Gebiet): Ueber die Diazo- reaction bei den verschiedenen Malariatypen. (Wratsch 1898, No. 20.) Aus den Untersuchungen des Verf. folgt: 1. Bei Malarien des dreitätigen Typus tritt die Diazoreaction nicht auf. 2. Bei Malarien von eintägigem, regelmäßigem Typus tritt die Diazo- reaction bald auf, bald nicht auf; ersteres ist jedoch häufiger. 8. Bei Malarien von unregelmäßigem Typus wird die Diazoreaction stets beobachtet. | 4. Der Grad, sowie die Dauer der Diazoreaction hängen von der Schwere der Erkrankung ab. 5. Wenn die Diazoreaction in Bezug auf Malaria auch von keiner hohen diagnostischen Bedeutung ist, so spricht sie doch immerhin dafür, daß man

im gegebenen Falle mit einer schweren Erkrankungsform zu thun hat. Li. Mercier et Menu: De l’ac&tonurie dans la grossesse et la puerpe6ralite. (Le progres medical 1898, No. 30.)

Die Untersuchungen wurden an 73 teils schwangeren, teils frisch ent- bundenen Frauen vorgenommen, und zwar nach der Lieven’schen Methode, da dieselbe so fein ist, daB man mit ihr sogar noch 5 mg in einem Liter Flüssigkeit nachweisen kann. Diese Versuche können in 8 Kategorien ein- geteilt werden. 1. Acetonurie bei normaler Schwangerschaft, dabei fiel die Lieven’sche Probe negativ aus; 2. Acetonurie nach normaler Geburt, dabei wurde unter 4 Fällen 3mal Aceton in bemerkenswerter Menge gefunden; 3. bei den Frauen mit Albuminurie unter 6 Fällen 3mal; 4. bei Eclamp- tischen 8mal bei 9 Frauen; 5. bei Puerperalfieber 3mal unter 4; 6. nach Kunsthilfe bei der Geburt; 7. nach Aborten 16mal bei 20; 8. bei Syphilis 6mal unter 6 Fällen. Die Verff. schließen aus diesen Untersuchungen, 1. dab die Acetonurie bei normaler Schwangerschaft fehlt; 2. die Acetonurie tritt häufig auf bei Complicationen der Schwangerschaft und der Geburt; 3. am häufigsten und intensivsten erscheint sie bei der Eclampsie, ohne daß sie mit den Convulsionen in Zusammenhang steht; 4. die Acetonurie kann als sicheres Zeichen des Todes des Fötus nicht betrachtet werden, besonders da sie bei allen syphilitischen Schwangeren oder Gebärenden zu finden ist.

Immerwahr (Berlin).

F. Cima: Diabete insipido nei bambini. (La Pediatria 1898.) C. beschreibt zwei Fälle des seltenen Diabetes insipidus bei Kindern. L 2'/ jähriges Kind, welches im ersten Lebensjahr die Blattern überstanden

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erkrankt an Morbillen; zugleich steigt die Harnmenge auf 4 | in 24 Stunden: der Harn zeigt keine pathologischen Bestandteile, 6'/, g Harnstoff in 1000,0 Harn. Heilung in zwei Monaten durch Diät und Opium. 2. Tjähr. Knabe, welcher an Blattern und Malaria gelitten, hat seit einem Jahr viel Durst und vermehrten Harn. Das blasse Kind ist schlecht genährt (22 Pfd.', zeigt typischen, rhachitischen Schädel und palpable Lymphdrüsen am Hals und Leiste, aufgetriebenen Unterleib und palpable Milz. Täglich entleert der Knabe 3—4 | klaren, strohgelben Harn, von 1005—1008 spec. Gewicht, nur in den ersten Tagen mit Spuren Eiweiß, späterhin ganz normal. Durch keine Behandlung konnte die Urinmenge herabgedrückt werden; es bildete sich später ein großer Tumor der retroperitonealen Lymphdrüsen. Nach C. haben im ersten Fall die infectiösen Masern durch Reizung des Plexus solaris des Sympathicus die Polyurie veranlaßt, während im zweiten Fall wohl eine dem wahrscheinlich tubereulösen Bauehtumor analoge Bildung in der Nähe des IV. Hirnventrikels das Bernard’sche Centrum des Diabetes insipidus gereizt hat. (??) Mankiewicz.

Lintwarew (Kiew): Beitrag zur Frage von den Verände- rungen des Gehirns bei Diabetes mellitus. (Wraisch 1898, No. 20.)

Verf. hatte Gelegenheit, das Gehirn eines an Diabetes zu Grunde ge- gangenen Patienten zu untersuchen. Die Untersuchung erstreckte sich auf das Gehirn und das verlängerte Mark. Makroskopisch boten sie, abgesehen von einiger Trockenheit und Hyperämie, nichts Abnormes. Bei Färbung der mikroskopischen Präparate nach Nissl traten die Chromatinkörner der Nervenzellen nicht überall deutlich hervor: stellenweise schien die Zelle solche gar nicht zu enthalten. Es fanden sich auch Zellen vor, welche in kleinste Körnchen zerfallen waren und gar keine Kerne mehr enthielten; daneben sah man auch schwach veränderte, gleichsam Uebergangsformen. In vielen Zellen war kleinkörniges, gelbliches Pigment abgelagert; die Zellenkerne waren vollkommen normal, wenn sie auch bisweilen unsichtbar wurden. Die geschilderten Veränderungen sah man hauptsächlich in den Nervenelementen des verlängerten Marks, am deutlichsten im oberen Teile desselben. Bei Färbung mit Thionin traten diese Veränderungen auffallender hervor. Außer- dem entdeckte man bei dieser Färbung eine auffallende Veränderung der weißen Substanz des gesamten Centralnervensystems, und zwar zahlreiche, zerstreut liegende, bald größere, bald kleinere, rosarote oder braunrote Schöllchen, während das umgebende Gewebe (Neuroglienkerne, Elemente der Gefäßwände) violett und die Achsencylinder, sowie die Neuroglien- netzchen bläulich gefärbt waren. Aehnliche Veränderungen fand Verf. im Gehirn eines zweiten Diabetikers. Die geschilderten Schöllchen stellen wahrscheinlich eine schleimartige, mucinhaltende Substanz dar. In den anderen Organen waren solche Schöllchen nicht vorhanden, und die Bildung derselben muß wahrscheinlich auf Rechnung der Myelinhüllen der Nerven- stränge gesetzt werden. Ohne behaupten zu wollen, daß derartige Verände-

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rungen in jedem Falle von Diabetes mellitus angetroffen werden müssen, meint Verf., daß die Nervenerscheinungen, unter welchen das Coma diabe- ticum verläuft, mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die geschilderten Ver- hältnisse der Hirnsubstanz zurückgeführt werden können. Li.

Weil et Gilbert: Diminution de la glycosurie chez les dia- betiques aux cours des crises de coliques hépatiques. (Le progres medical 1898, No. 31.)

Bei einer diabetischen Dame, welche außerdem an Brustkrebs litt, betrug die Zuckerausscheidung innerhalb 24 Stunden 200 g, nach anti- diabetischer Behandlung nur noch 120 g. Patientin bekam sodann eine Gallensteincolik, und während derselben sank die Zuckerausscheidung auf 40 g. Diese Verringerung der Zuckermenge trat zweimal während der An- fälle auf, aber sie war nicht von Bestand. In einem anderen Fall wurde dasselbe Phänomen gefunden. Immerwahr (Berlin).

IHI. Gonorrhoe und Complicationen.

Dr. Drobny (Charkow): Ueber den Verlauf der Gonorrhoe in Abhängigkeit von der Localisation der Gonokokken. (Medicinkoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.)

Verf. gelangt auf Grund seiner an 77 Gonorrhoikern angestellten Unter- suchungen zu folgenden Schlüssen:

1. Die Untersuchung des gonorrhoischen Eiters auf Gonokokken muß unbedingt gleich im Anfange der Krankheit gemacht werden.

2. Der Verlauf der Gonorrhoe hängt von der Localisation der Gono- kokken im gonorrhoischen Eiter ab.

3. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung kann man fast mit absoluter Sicherheit den Verlauf der Gonorrhoe voraussagen.

4. Diejenigen Fälle, in denen die Gonokokken hauptsächlich frei sind, sind „noli me tangere“ für jede active Therapie.

5. Sind aber die Gonokokken in den Zellen enthalten, so kann man ruhig zur Injectionstherapie schreiten, ohne ein Nachlassen der acuten Er- scheinungen abzuwarten und ohne folglich Zeit zu verlieren; denn früh- zeitige Injectionen und Instillationen üben, wenn ausführbar, auf die gonor- rhoische Erkrankung eine abortive Wirkung aus.

Den Zusammenhang zwischen dem Verhältnis der Gonokokken zu den Eiterzellen und dem Verlauf der Gonorrhoe vermag Verf. nicht mit Be- stimmtheit zu erklären; er nimmt aber an, daß die Gonokokken in manchen Fällen besonders schädliche Toxine ausscheiden, welche die Absorptions- fühigkeit der Leukocyten beeinträchtigen. Die Gonokokken, die in Folge

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dessen frei bleiben, können ungehindert in die Gewebszellen eindringen und in entferntere Körperteile getragen werden.

Von den obigen Anschauungen ausgehend, behandelte Verf. seine Fälle in folgender Weise: Sämtlichen Patienten wurde gleich im Anfang der Be- handlung Salol (0,5 viermal täglich) verordnet. Ergab die mikroskopische Untersuchung, daß die Gonokokken in den Eiterzellen enthalten sind, so wurden Einspritzungen einer Sublimatlösung von 0,015 zu 200,0 gemacht; waren die Gonokokken frei, so verordnete Verf. außer Salol Ruhe und warme Umschläge auf den Penis, erst nach dem Nachlassen der acuten Erscheinungen wurden Instillationen von Argentum nitricum zunächst in den vorderen Teil, dann auch in die tieferen Teile des Penis gemacht.

Li.

Lanz (Petersburg): Beitrag zur Färbung des gonorrhoi- schen Secrets mit Anilinfarbenmischungen. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.)

Die beste Färbung wird nach Verf. durch eine Mischung von Thionin und Fuchsin erzielt. Die Vorzüge dieser Färbungsmethode beruhen darauf, daß die Gonokokken das Thionin, das Zellenprotoplasma das Fuchsin, die Kerne das eine und das andere aufnehmen. Die Kerne färben sich in Folge dessen blau und treten auf dem hellroten Untergrund sehr deutlich hervor, indem sie von den blauroten Kernen, von dem roten Protoplasma der Eiter- zellen abstechen. Das Epithel wird von dem Fuchsin hellrot, dessen Kerne von den beiden Farbstoflen blaurot gefärbt. Die im Präparat etwa vor- handenen roten Blutkörperchen färben sich ziegelrot und stechen somit von den anderen Formelementen ab. Etwaige andere Mikroorganismen färben sich gewöhnlich ebenfalls blau. Im Allgemeinen färben sich sowohl die Mikroorganismen, wie auch die Formelemente sehr intensiv, die Gonokokken stechen von den Zellkernen scharf ab, was deren Auffindung bedeutend erleichtert, namentlich in Präparaten mit vereinzelten Exemplaren des Gono- coccus.

Die Mischung wird ex tempore aus gesättigten Lösungen von Thionin und Fuchsin in 2proc. Carbolsäure (Wasserlösung) gefertigt, und zwar am vorteilhaftesten im Verhältnis von 4 Teilen Thionin zu 1 Teil Fuchsin. Die Färbung ist innerhalb 1/,—!/, Minute zu Ende, nur muß das gonorrhoische Secret auf den Objectträger in dünner Schicht aufgetragen werden. Nach der Färbung wird das Präparat mit Wasser abgespült, event. getrocknet und in Canadabalsam eingeschlossen. Li.

B. Goldberg (Köln): Querleisie der Harnröhre und Prosta- titis acuta gonorrhoica. (Centralbl. f. Chirurgie 1898.)

Ein 21jähriger Patient, der seit 11/, Jahr an Gonorrhoe leidet, kann seit einigen Tagen nur mit großer Mühe uriniren. Einem hinzugezogenen Arzt gelingt es nicht, einen sehr dünnen elastischen Katheter einzuführen, da 1—2 Zoll hinter dem Orific. ext. ein Hindernis vorliegt. Ueberweisung

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an Verf. wegen hochgradiger Strietur und Prostatitis chronica. Die ver- langte sofortige Operation wird nicht ausgeführt, sondern heiße Sitzbäder und heiße Rectalirrigationen ordinirt, worauf nach fünf Tagen die Prostatitis verschwand und Patient mühelos uriniren konnte. Als Hindernis des Kathe- terismus erwies sich, wie die urethroskopische Untersuchuug lehrte, nicht die vergrößerte Prostata, sondern ein transversal verlaufender, glatter, harter, 3 mm hoher Wulst der oberen Harnröhrenwand, der 3 cm vom Orific. ext. entfernt war. A.

Werschbitzki (Skernevice bei Warschau): Ueber die Behandlung

der Gonorrhoe nach der Janet’schen Methode. (Wratsch 1898, No. 20.)

Die Erfahrungen des Verfassers rühren aus dem Militärhospital zu Skernewice her, in dem Gonorrhoe jetzt ausschließlich mit den Janet’schen Einspritzungen behandelt wird. Im Ganzen sind es 15 Fälle, die Verf. bis Jetzt nach Janet behandelt und geheilt hatte; diese genügten aber, um den Verf. zum begeisterten Anhänger der Methode zu machen, die in der kurzen Spanne Zeit seit ihrem Bekanntwerden (1892) im westlichen Europa fast Allgemeingut der Aerzte geworden ist, in Rußland aber noch hauptsächlich in den Krankenhäusern zur Anwendung kommt. Die Hauptschlüsse, zu denen Verf. auf Grund seiner Beobachtungen gelangte, sind folgende:

1. Die Janet’sche Methode giebt so günstige Resultate, daß die Frage der Gonorrhoebehandlung nunmehr als gesichert gelten kann.

2. Die Ausspülungen müssen unbedingt ohne Katheter gemacht werden, ohne eventuelle Schmerzhaftigkeit zu befürchten.

3. Bei manchen Kranken vermag die Flüssigkeit nicht, den Widerstand des Sphincters zu "überwinden. In solchen Fällen muß man eben Geduld haben, denn ist der Widerstand einmal überwunden, so bereiten die folgen- den Ausspülungen keine Schwierigkeiten mehr. |

4. Die Ausspülungen sollen nur von einem Ärzte gemacht werden, da es dabei viel auf die Individualität des Kranken ankommt: mancher verträgt stärkere Füllung der Blase, mancher nur geringere. Die Blase soll niemals überfüllt werden: das würde zur Reizung und Entzündung derselben führen.

5. Die Lösung muß lauwarm sein.

6. Der Irrigator soll nicht mit der Hand gehalten und bewegt werden, sondern mittelst Charnieren. Die Bewegungen der Hand sind zu unsicher, um einen gleichmäßigen Flüssigkeitsstrom zu unterhalten, und rufen in Folge von Erschütterung der einfließenden Lösung Contractionen der Blasenwand hervor, die ihrerseits eine Rückwärtsströmung der Flüssigkeit bewirken.

Zum Schlusse richtet Verf. einige Worte gegen diejenigen, welche in der Einführung der Flüssigkeit mit oder ohne Katheter keinen Unterschied erblicken wollen. Das wäre ein Irrtum: indem die Flüssigkeit in die Blase ohne Katheter eindringt, dehne sie, bevor sie den Sphincter überwindet, den Vorderteil der Harnröhre ganz bedeutend aus, dringe in alle Falten, Ver- tiefungen, Taschen der Schleimhaut ein und spüle überall die Gonokokken

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fort; letztere gelangen zwar, nachdem der Sphincter überwunden ist, mit dem Flüssigkeitsstrom in die Blase, gehen aber dort in der desinficirenden Lösung zu Grunde und werden mit der abströmenden Flüssigkeit nach außen geschafft. Li.

Dr. Iwan Bloch (Berlin): Vierter Protest gegen die moderne Trippertherapie. (Deutsche Med.-Zeitung 1898, No. 26.)

Verf. polemisirt gegen die Neigung, immer neue Trippermittel zu empfehlen; er meint, daß die ungeheure Zahl der Mittel nur beweise, dab keines absolut zuverlässig sei. Er führt die Worte von John Hunter an: „Die Zahl der Einspritzungen ist ebenso unendlich als die inneren Heilmittel. denn jeder Arzt glaubte oder wollte alle Welt glauben machen, dab das von ihm angenommene Mittel das beste sei“. Man müßte die jetzt angenommene einfach bactericide Therapie verlassen, denn die Hoffnung, die Gonokokken in der Harnröhre direct zu vernichten, sei doch vergeblich. Die Allgemein- behandlung sei durchaus nicht zu vernachlässigen. Dazu gehören Bettruhe im Anfang, strenge Diät, locale Antiphlogose, hydrotherapeutische Mab- nahmen, die Verf. nicht genauer beschreibt, und eine mechanische Behandlung. wie sie durch die Janet’sche Methode ermöglicht werde. Zudem empfiehlt er das Eingeben von Balsamieis, die schon seit Jahrhunderten empfohlen würden. Es sei doch eme Thatsache, daß der mit Balsamieis versetzte Urin sich nicht zersetzt, und das sei von grober Bedeutung. Daß die an sich sehr einleuchtende Janet’sche Methode beim Harnröhrentripper des Mannes gute Erfolge zeitigt, hat auch Ref. an mehreren Fällen zu beobachten Ge- legenheit gehabt. Bezüglich der neuen Mittel fehlt ihm allerdings aus- reichende Erfahrung. J.

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IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

Fournier: Ablation d'un chancre induré au troisième jour. Apparition des accidents secondaires dans les délais habituels. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 6. Séance de la soc. de derm. et de syph. du 9. juin 1898.)

Dem Titel bleibt nur hinzuzufügen, daß der in der Form einer Acne- pustel aufgetretene Schanker, der histologisch untersucht ist, bereits zu leichten Drüsenschwellungen der Leiste geführt hatte. Dreyer (Köln).

Geh. San.-Rat Dr. Brandis (Rungsdorf b. Bonn): Ueber Syphilis gravis bei Aerzten. (Deutsche med. Wochenschr. 1898, No. 21.) Die kleine Arbeit, der Inhalt eines von Verf. in der med. Section der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn gehaltenen Vortrages, giebt die Erfahrungen wieder, welche B. in seiner vieljährigen

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Praxis in Aachen über von Aerzten in Ausübung ihres Berufes acquirirte Syphilis gesammelt hat. Die meisten dieser Aerzte litten an Syphilis, wie sie gewöhnlich verläuft, und auch an leichteren oder mittelschweren Formen ; eine kleine Zahl war schwer erkrankt an jener Form, die man nach Verf. am richtigsten mit Syphilis gravis bezeichnet, nicht Syphilis maligna, da die Krankheit, selbst wenn sie sehr schwer auftritt, äußerst selten zum Tode führt, und wenn sie gut behandelt wird, meist mit Genesung endigt. Die Zahl der Fälle dieser Art, welche den Ausführungen des Verfassers zu Grunde liegen, beträgt zehn, welche innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren beobachtet sind. Alle standen im kräftigsten Mannesalter zwischen 380 bis 50 Jahren. Keiner von ihnen war früher syphilitisch gewesen, alle erfreuten sich vorher ungetrübter Gesundheit. Sämtlich waren sie am Finger inficirt, Zeige- oder Mittelfinger. Die Behauptung, daß die Infectionen am Finger einen besonders schweren Verlauf der Syphilis bedingen, ist nicht richtig, denn die bei Weitem größte Zahl der von Verf. behandelten Aerzte hatte sich ebenfalls an Fingern oder Hand inficirt und litten an leichter oder mittelschwerer Syphilis. Die Quelle der Infection war in allen Fällen so gut wie sicher zu ermitteln; teils handelte es sich um Untersuchungen resp. Operationen an der Vagina und am Mastdarm (syphilitische eiternde Mast- darm-Geschwüre), teils um die Operation von in septischer Eiterung be- griffenen Bubonen etc. Der Verlauf der Krankheit war in allen zehn Fällen _ ein sehr stürmischer. Am Ende einer häufig bis über vier Wochen dauernden Incubationsperiode entstand ein Geschwür am Finger, welches sich rasch ausbreitete und schwer heilte. Mehrmals kam es einige Zeit darauf zu ver- eiternden Axillarbubonen, welche zu chirurgischen Eingriffen führten. Dann folgten tiefe Rachengeschwüre, oder es entstanden auch ohne die genannten Symptome allmählich sich verbreitende Rupiaausbrüche oder kreisrunde, wie durch ein Locheisen ausgeschnittene Hautnecrosen, welche nach Ab- stoßung der abgestorbenen Haut tiefe, übel secernirende Geschwüre hinter- ließen. Eudlich litten die Kranken, ebenfalls kurze Zeit nach beendeter Incubationsperiode, an beginnenden Knochennecrosen der Röhrenknochen oder Nasenknochen, welche dann viele Monate und Jahre dauerten. Im Verein mit den örtlichen Erscheinungen, meist schon einige Zeit vorher, litten die Kranken an hohem Fieber von septischem Character mit Schüttel- frösten, steilen Temperaturcurven und raschem Kräfteverfall. Das Fieber dauerte, wenn auch nicht continuirlich, viele Monate, in mehreren Fällen Jahre lang. Geheilt wurden alle Patienten. Das Fieber wich erst, wenn die Patienten quantum satis mit Quecksilber unter Zuhilfenahme des Jod- kaliums behandelt worden waren. Dann erst begannen die Ulcerationen zu vernarben. War die Vernarbung vollendet, was spätestens am Ende des dritten Jahres von der Infection an gerechnet erfolgte, so blieb die Heilung auch bestehen, und örtliche oder allgemeine syphilitische Erkrankungen traten in der Folge nicht wieder auf. Alle konnten ihren Beruf wieder auf- nehmen. In allen zehn Fällen wurde die Diagnose sehr spät gestellt, so daß dem Zerstörungsproceß nicht rechtzeitig Einhalt gethan werden konnte.

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Daß der syphilitische Character der Erkrankung längere Zeit hindurch ver- kannt wurde, darauf wirkten mehrere Umstände hin. Häufig entbehren die specifischen Fingergeschwüre, besonders wenn sie an der Nagelwurzel sitzen, der characteristischen Härte, ferner war die Länge des Incubationsstadiums irreleitend, umsomehr als die Patienten auch sonstigen Infectionen ausgesetzt gewesen waren, z. B. durch Sectionen und Operationen septischer Körperteile. Manchmal wurde auch an eine Mischinfection gedacht; daher und in An- betracht des hohen Fiebers wurde dann die mercurielle Behandlung teils gar nicht, teils in ungenügender Weise in Angriff genommen. Wenn die Patienten endlich nach Aachen kamen, bestand kein Zweifel mehr über die Natur der Erkrankung, weshalb die specifische Behandlung mit Energie und vollem Vertrauen in Anwendung kam. Von den zehn Patienten leben noch vier bei guter Gesundheit und erfolgreicher Ausübung ihres Berufs (5 bis 25 Jahre seit ihrer Heilung). Drei davon haben geheiratet und gesunde Kinder. Einer starb ein Jahr nach vollendeter Heilung an Typhus, zwei vier und fünf Jahre nach der Heilung an Lungenschwindsucht, einer 12 Jahre nachher an Pneumonie, einer im 50. Lebensjahre fünf Jahre nach vollendeter Heilung an einem als Arteriosclerose bezeichneten Gehirnleiden, welches vielleicht doch nach Verf. mit der Syphilis zusammenhing. Der sechste endlich endete in Folge mißlicher Verhältnisse drei Jahre nach der Heilung durch Suieidium. Für die Praxis hat Verf. aus diesen Erfahrungen die Lehre gezogen, bei besonders verdächtigen Untersuchungen und Operationen Handschuhe zu benutzen. Was die Auffassung der beschriebenen schweren Krankheitserscheinungen anlangt, so lassen sie sich nach Verf. nicht als tertiäre bezeichnen, es sind vielmehr recht eigentlich Frühformen, da alle beschriebenen Zerstörungsprocesse unmittelbar nach beendigter Incubations- periode ihren Anfang genommen haben. Auch an anderen, nichtärztlichen Patienten hat Verf. dieselben Erfahrungen gemacht. Für die Therapie ist es vor allen Dingen notwendig, möglichst früh die Diagnose zu stellen, um möglichst rasch dem Zerstörungsproceß Einhalt thun zu können. Fieber und Kräfteverfall bieten nach Verf. in solchen Fällen keine Contraindication gegen Quecksilber und Jod, im Gegenteil zwingen geradezu zur antisyphi- litischen Behandlung. Verf. folgert weiter, daß, wenn eine vollkommene Heilung gelingt in Fällen, wo die Heftigkeit und lange Dauer der syphiliti- schen Erscheinungen zu lange fortgesetzten, häufig wiederholten specifischen Kuren zwingen, man nach denselben Grundsätzen verfahren muß in den übrigen, so zu sagen regelmäßig verlaufenden Fällen von Syphilis; man muß die definitive Heilung der Syphilis in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Infection erzielen dadurch, daß man die Patienten während dieser Zeit in regelmäßigen Intervallen selbst ohne äußere Veranlassung einer mer- euriellen Behandlung unterzieht. Dies stimmt mit der jetzt immer all- gemeiner werdenden Annahme überein, daß die schlimmen, in späten Jahren eintretenden Folgen der Syphilis besonders solche Personen betreffen, welche aus irgend einem Grunde, z. B. leichtem Verlaufe, während der ersten Periode ungenügend behandelt worden waren. R. L.

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Krutowski (Krassnojarsk): Ein seltener Fall von gleichzeiti- gem Auftreten von Erscheinungen des condylomatösen und gummösen Syphilisstadiums. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.)

Der überaus seltene Fall des Verf.’s betrifft eine 50jährige Frau, bei der im Verlauf eines zweifellos frischen condylomatösen Syphilisstadiums frühe gummöse Erscheinungen gleichzeitig mit den Papeln aufgetreten waren. Neben den Gummen bestanden auch Geschwüre und Periostitis. Der Fall gehört somit zu denjenigen schweren Syphilisformen, bei denen sämtliche Erscheinungen der Krankheit rasch aufeinander folgen. Li.

Emery: Syphilis maligne précoce. Ulcération simulant un chancre phagédénique. Absence de réaction ganglion- naire. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 6. Séance de la soc. de derm. et de syph. du 9. juin 1898.)

Der 25 Jahre alte Kranke leidet an einem großen Geschwür der rechten Leiste, das einen phagedänischen Schanker vortäuscht. Da es aber gleich- zeitig mit großen Knoten am ganzen Körper auftrat, so muß der Primär- affect am Zeigefiger der rechten Hand in einer kleinen granulirenden Wunde gesucht werden, die seit über zwei Monaten besteht. Fast sämtliche Drüsen- eruptionen fehlen, und Emery hält den Mangel der Drüsenreaction mit Landouzy für die Ursache der Malignität der Eruptionen, während Bar- thélemy unter Berufung auf den leichten Verlauf vieler Fälle von Syphilis ohne Drüsenanschwellungen dieser Auffassung entgegentritt und den Alkoho- lismus für verantwortlich für diesen malignen Character hält.

Dreyer (Köln).

Dr. Wittern (Kiel): Zur Casuistik der luetischen Rücken- markserkrankungen. (Münch. med. Wochenschr. 1898, No. 20.) Die syphilitischen Erkrankungen des Rückenmarks sind verschiedener Natur. Selten greifen Knochenerkrankungen auf die Dura mater spinalis über, häufiger sind primäre luetische Affectionen der Dura, fibrös hyper- plastischer oder gummöser Natur. Viel größere Neigung zu syphilitischen Erkrankungen zeigt die Pia mater. Auch die Rückenmarksgefäße, Arterien und Venen können in gleicher Weise erkranken; endlich kommt auch primäre oder secundäre Erkrankung des Rückenmarks selbst vor. Primär hat man Gummiknoten beobachtet als circumscripten Proceß, ferner die diffuse Er- kránkung, die Myelitis transversa. Die secundäre Erkrankung wird durch eine Meningitis oder durch eine Gefäßerkrankung hervorgerufen. Die patho- logischen Veränderungen können sich in der verschiedenartigsten Weise combiniren und auf diese Weise eine große Mannigfaltigkeit der klinischen Symptome hervorbringen. Jedoch lassen sich nach Verf. drei Typen der luetischen Rückenmarkserkrankungen unterscheiden: Meningitis, Meningo- myelitis und Myelitis. Zu den meningitischen Symptomen zählen: Steifig- keit der Wirbelsäule und in Folge dessen schwerfälliger Gang, Druck-

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empfindlichkeit im Bereich der Erkrankung, Schmerzen im Rücken, Nachts manchmal gesteigert, die in Rumpf und Extremitäten ausstrahlen, Ameisen- kriechen, Kriebeln und Vertaubungsgefühl. Hierzu kommen noch die sog. Wurzelsymptome (durch Schädigung der Nervenwurzeln entstehend), Paresen, Blasen- und Mastdarmstörungen; Sensibilitätsstörungen, trophische Störungen (Decubitus, Veränderungen an Nägeln und Haaren), Erhöhung der Retlexe. Bei der Meningomyelitis finden sich zunächst meningitische Symptome, zu denen sich nach einiger Zeit myelitische Symptome gesellen, unter denen die Motilitätsstörungen, Paresen bis zu völlständigen Lähmungen besonders hervortreten. Außerdem Sensibilitätsstörungen: Hyperästhesie, Anästhesie, Parästhesien; Steigerung oder Verminderung der Reflexe, Blasen- und Mast- darmstörungen, sowie trophische Störungen mit ihren Folgen; Abnahme der Potenz. Diese myelitischen Symptome decken sich mit den sog. Wurzel- symptomen, sie unterscheiden sich nur durch ihre Intensität, bei der Menin- gitis leicht ausgesprochen, beherrschen sie bei einer Affection des Marks das Krankheitsbild. Die dritte Form, die Myelitis, zeigt die Symptome des . zweiten Stadiums der Meningomyelitis, eingeleitet oft von schwachen Zeichen einer Meningitis. Die Prognose der luetischen Rückenmarkserkrankungen ist am günstigsten bei der Meningitis, am schlechtesten bei der Myelitis, ganz infaust ist sie aber auch hier nicht, wenn nur eine schnelle und ener- gische antiluetische Kur eingeleitet wird. Als Beispiel für seine Ausführungen berichtet Verf. über einen einschlägigen Fall. Derselbe betrifft eine 33 jähr. Frau, die selbst zwar keine Zeichen früherer Lues darbot, deren Mann aber kurz vor seiner Verheiratung eingestandenermaßen sich luetisch inficirt hatte. Zuerst erkrankte die Patientin im April 1894 unter folgenden Sym- ptomen: Druckempfindlichkeit und Steifigkeit der Wirbelsäule, heftige Schmerzen im Rücken, die gürtelförmig in die Brust ausstrahlen; Ameisen- kriechen und Taubsein von den Rippenbogen bis hinab zu den Füßen. Hierzu kommen: Herabsetzung der Motilität der unteren Extremitäten, links mehr als rechts, Herabsetzung der Sensibilität vom Nabel abwärts, links mehr als rechts, Muskelspannung und Zittern bei passiven Bewegungen, aber auch spontan; mäßige Urin- und Kotverhaltung und Erhöhung der Reflexe. Die ersten Symptome sind die einer Leptomeningitis, die letzteren erklären sich aus einer Reizung der Wurzeln durch die geschwollene Pıa. Gegen die Beteiligung des Marks sprach die geringe Intensität der Symptome, besonders aber der Umstand, daß nach einer 14 tägigen Behand- lung (Hydrargyr. bijod. 0,25, Kal. jodat. 10,0, Aq. destillat. ad 200,0; dreimal täglich einen Eßlöffel) vollständige Restitutio ad integrum eintrat. Im Früh- jahr 1896 erkrankte die Frau auf’s Neue mit folgenden Symptomen: Heftige Schmerzen im Rücken, die anfallsweise in die untere Extremität ausstrahlen und gürtelförmig den Thorax umgeben, Gefühl von Taubsein, Brennen und Ameisenkriechen vom Thorax bis zu den Fußsohlen. Beinmusculatur im Zustand spastischer Spannung. Häufige spontane Zuckungen; krampfhafte Starre der Beinmuskeln spontan und bei passiven Bewegungen; Krampf der Atemmusculatur, die Atemnot hervorruft. Nach etwa 14 Tagen Schwäche

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in den Beinen, die immer zunimmt, fast bis zur vollständigen Paraplegie, links stärker als rechts; Urinretention und Stuhlverstopfung. Starke Er- höhung der Haut- und Sehnenreflexe; Herabsetzung der Sensibilität, des Tastgefühls und der Schmerzempfindung; Hyperästhesie am Abdomen. Auch hier sonach meningitische Symptome, aber daneben Symptome, welche die Beteiligung des Marks zweifellos machen. Unter der eingeleiteten anti- syphilitischen Behandlung (Schmierkur, später Jodkali) schwanden zuerst die meningitischen Symptome, nach Verlauf von einer Reihe von Monaten auch die myelitischen. Es handelte sich um eine Meningomyelitis subacuta, welche die linke Rückenmarkseite stärker ergriffen hatte als die rechte. Als Ort der Erkrankung dürfte der untere Teil des Brust- und der obere Teil des Lendenmarks anzusehen sein. Daß es sich um eine luetische Affection handelte, dafür sprach nach Verf. außer den Besonderheiten des klinischen Verlaufs auch der Erfolg der antiluetischen Behandlung. R. L.

Teissier et Roux: Essal de diagnostice différentiel entre la syphilis artérielle, la syphilis méningée et la syphilis gommeuse de l’encéphale. (Archiv. de Neurol. 1898, 25 u. 26.)

T. und R. versuchen, drei Krankheitsbilder zu fixiren, je nachdem bei der Syphilis die Gefäße des Hirns oder die Hirnhaut erkrankt ist, oder es zur Gummibildung i im Cerebrum gekommen ist. '

Die in den Gefäßen verschiedener Größe localisirte Krank- heitsform weist zwei Perioden auf. In der ersten Periode erweitert oder verengert die Erkrankung das Lumen der Arterie und führt schließlich oft nach einer vorherigen Erweiterung zu einer Arteriitis obliterans und zur Ischämie eines mehr weniger ausgedehnten Hirnbezirks. Die beim Kranken auftretenden Symptome sind daher auf eine unvollständige Function dieses schlecht ernährten und gleichsam einem intermittirenden Verschlusse unterworfenen Hirnteiles zu beziehen; sie characterisiren sich durch ihr schnelles Auftreten, ihre kurze Dauer, ihre Verbreitung auf viele Teile des Körpers. Die Paralyse tritt schleichend in Erscheinung ohne eigentlichen apoplectischen Insult; es tritt zuweilen eine Hemiplegie, ein anderes Mal eine Monoplegie auf, welche einige Stunden bis mehrere Tage dauert und dann verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen. Der Kopfschmerz kann fehlen, gewöhnlich ist er diffus auf einer ganzen Seite des Kopfes vorhanden und wird weder durch Percussion, noch durch Druck verstärkt. Die Sensi- bilität bleibt normal, nur wird öfters über Parästhesien in den Extremitäten geklagt. Die Intelligenz geht langsam zurück mit der Verminderung des Gedächtnisses und der Geistesthätigkeit. Vorübergehende Aphasie, Wort- blindheit werden beobachtet. In dieser ersten Periode herrscht also das Minus in der Gehirnfunction vor; dies Zeichen drängt zu einer schnellen, intensiven, meist wirksamen Therapie. In der zweiten Periode gehen die Veränderungen weiter, es kommt zum Bruch oder zur totalen Obliteration der veränderten Gefäße, dadurch zur Zerstörung eines Hirnbezirks; die Symptomatologie variirt dann nach der Wichtigkeit der betroffenen Haie,

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Die meningitische Form der Gehirnsyphilis tritt entweder in Form der miliaren disseminirten Gummata in Erscheinung oder als Menin- gitis scleroticans. Diese Veränderungen üben eine deutlich reizende Wirkung auf die unter ihnen befindliche Hirnrinde; deshalb treten bei der Menin- gitis syphilitica die Reizphänomene in den Vordergrund; diese können nun schwanken von schweren epileptiformen Anfällen mit mancherlei Krampf und Lähmungserscheinungen bis zu deutlich auf ein Glied oder Teile eines Gliedes begrenzten Krämpfen, Spasmen, Zuckungen u. s.f. Die Paralysen sind von vornherein von spastischen Symptomen begleitet. Die sensiblen Störungen sind sehr hartnäckig. Nie fehlt der Kopfschmerz, sei er allgemein oder localisirt; oft ist er so stark, daß er den Schlaf hindert; meist verstärkt ihn der Druck oder die Beklopfung des Schädels. Hyperästhetische Zonen wechseln mit hypästhetischen an den Extremitäten ab, anästhetische Stellen trifft man selten. Die wichtigsten nervösen Störungen sind Entzündungen des Sehnerven mit Stauungspapille und Exsudationen längs der Gefäße. Der irritative Character der Hirnhautsyphilis zeigt sich auch im Verhalten der Psyche: häufig kommt es zum Delirium, manchmal in so schwerer Form, daß eine acute Manie vorgetäuscht wird; auch Hallucinationen fehlen nicht: in den Intervallen der Deliriumsanfälle zeigt sich die Intelligenz normal, der Ideengang klar. In der meningitischen Form besteht meist Fieber, manch- mal bis zu 40°; woher das Fieber kommt, ob das syphilitische Virus oder Secundärinfectionen dasselbe hervorrufen, ist unbekannt.

Gummen treten im Allgemeinen selten auf; die Veränderung ist bei ihnen umschriebener, doch manchmal ist die Geschwulst von einer diffusen Infiltration mit unbestimmten Grenzen umgeben. Zweierlei Art sind die Wirkungen der Geschwulst. In erster Linie werden Teile der Hirnsubstanz zerstört, zweitens kommt es zur Reizung der benachbarten Teile; die Folgen sind Ausfalls- und Reizerscheinungen. Die Ausfallserscheinungen hängen von der Localisation der Geschwulst ab und sind stabil, die Reizerscheinungen sind dagegen sehr wechselnd und können die Beweglichkeit, die Sensibilität. und die Intelligenz in Mitleidenschaft ziehen, ähnlich wie wir es bei Hirn- geschwülsten zu sehen gewöhnt ist. Ihre Pathogenese ist eine complicirte und im Allgemeinen mit der fortschreitenden Entwicklung der Läsion oder mit den Störungen des Blutumlaufs conform.

Die Umgebung des Hirngummi soll nach den Autoren intercurrenten Intoxicationen endogenen oder exogenen Ursprungs ein besonders günstiges Terrain abgeben. Drei genaue Krankengeschichten und eine Fülle Literatur aller Zungen ist von den Autoren zur Bestätigung ihrer Schilderungen bei- gebracht. Mankiewicz.

Étienne: Paralysie générale chez un adulte. Unique mani- festation hérédo-para-syphilitique. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 6.)

Ein 30jähriger Mamn erkrankt unter den typischen Erscheinungen der progressiven Paralyse. Derselbe hat niemals an Syphilis gelitten und zeigt

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auch kein hereditär syphilitisches Symptom, obwohl seine gleichfalls an pro- gressiver Paralyse gestorbene Mutter 18 Monate vor seiner Geburt Syphilis acquirirt hatte und nur vier Monate lang behandelt war. Eine Injectionskur (zehn Einspritzungen von grauem Oel im Verlaufe von neun Wochen) neben - g Jodkali täglich führen eine derartige Besserung herbei, daß das Ge- -/ dächtnis fast vollständig wieder hergestellt ist, die Wahnideen verschwunden ‚sind und die Finger nicht mehr zittern. Vier Wochen später beginnt indes nach einem apoplectischen Insult die Affection einen progressiven Verlauf zu nehmen. Der Fall lehrt, daß man auch bei der Paralyse im Mannesalter als ätiologischen Factor die hereditare Syphilis selbst beim Mangel aller Hinweise darauf in Rechnung zu ziehen hat. Dreyer (Köln).

Legrain: Notes sur l'influence dystrophique de l’heredite syphilitique. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 6. Séance de la soc. de derm. et de syph. du 9. juin.)

Die Franzosen finden immer mehr Mißbildungen und Abnormitäten, die sie auf die hereditäre Lues zurückzuführen geneigt sind. An der Hand von vier Fällen eines tonnenförmigen Thorax und von fünf Fällen von Dermoidcysten, die mit ererbter Syphilis verknüpft waren, wirft Legrain die Frage eines Zusammenhanges auf. Dreyer (Köln).

Dr. M. Oettinger (Hamburg): Ein Fall von hereditär-syphili- tischer Sattelnase. (Münch. med. Wochenschrift 1898, No. 24.)

Ein als erstes Kind ihrer Mutter (ohne vorangegangenen Abort) ge- borenes Mädchen, normal entwickelt, bekam, acht Wochen alt, einen Aus- schlag an beiden Augenbrauen und an der Oberlippe, sowie einen Schnupfen. Das Kind fing an zu schnüffeln, dann kam rötlich-eitriges Secret aus der Nase, bald darauf fing der Nasenrücken an einzusinken. Das Kind bekam innerlich Calomel, local Borsalbe, dabei dauerte der Ausfluß an, die Nase sank immer mehr ein. Ein ausgestoßener Sequester wurde nicht bemerkt. Vier Wochen nach Beginn der Erkrankung bestand folgender Befund: Nasenrücken flach und verbreitert, bildet in seiner oberen Hälfte eine directe Fortsetzung der Stirn und geht von da winklig nach vorn. Die Nasenflügel liegen flach, der rechte ungefähr im Niveau der Wange, der linke noch darunter eingesunken. Aus den Nasenöffnungen entleerte sich graurötliches, übelriechendes Secret; im Septum bestand eine große Perforation! An der Stelle des früheren Ausschlags an Augenbrauen und Oberlippe bestand noch geringe Rötung. An der übrigen Körperoberfläche und Seitens der inneren Organe bestanden keine Veränderungen. Trotzdem an den Eltern weder durch Anamnese noch durch körperliche Untersuchung sich Spuren über- standener Lues nachweisen ließen, wurde die Diagnose auf Lues heredi- taria gestellt, von der Annahme ausgehend, daß der Vater sich früher einmal einen Primäraffect zugezogen, aber übersehen und auch sehr leichte Secundärerscheinungen gehabt hatte. Die Mutter braucht dann bekanntlich nicht luetisch zu sein, obgleich sie ein syphilitisches Kind zur Welt bringt.

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Das Kind wurde weter von seiner Mutter genährt und gleichzeitig einer Inunetionskur unterzogen, local wurde das Secret täglich entfernt und die Nasenflügel durch eingelegte Wattetampons gehoben. Die Secretion ver- minderte sich hierbei und der Befund änderte sich folgendermaßen. Die Haut der Nasenflügel zeigt, bedingt durch narbige Retractionen im Nasen- innern, jederseits eine tiefe Einziehung, rechts etwas weniger als links; dabei sind beide Nasenflügel über das Niveau der Wange herausgehoben. Die winklige Knickung des Nasenrückens bestand unverändert, die Septum- perforation war etwas kleiner geworden, die Nasenhöhle war durch Narben- bildung im Innern verkleinert und verengt. Am Halse waren leichte Drüsen- schwellungen aufgetreten. An Milz und Leber geringe Schwellung nach- weisbar. Verf. hebt hervor, daß Nasenatfectionen in dieser Form und diesem Lebensalter bei hereditärer Lues selten sind, obgleich 58 pCt. aller hereditär syphilitischen Kinder Coryza haben. Die Zerstörung des Nasengerüstes durch zerfallende Gummata tritt gewöhnlich erst später, bis gegen die Pubertätszeit, auf. Verf. glaubt, daß es sich auch im vorliegenden Fall um eine zerfallene Gummigeschwulst handelte. R. L.

Buret: Die Uebertragung der Syphilis auf die dritte Gene- ration. (La France médic. 1898, No. 5.)

Anläßlich einer Arbeit Ogilvie’s über dieses Thema unterzieht der Verfasser eine große Anzahl der Fälle, die von den Autoren zum Beweise der Uebertragbarkeit der Syphilis auf die dritte Generation in’s Feld geführt werden, einer kritischen Betrachtung und schließt sich darin vollkommen der Ansicht Ogilvie’s an, daB sie alle nicht beweisend sind. Daß hereditär syphilitische Eltern auf ihre Kinder eine schwache Constitution übertragen, daß ihre Sprößlinge kränklich, elend, schlecht entwickelt sind und gewissen chronischen Affectionen einen geringen Widerstand entgegensetzen, daß sie Retinitiden, Choroiditis, Keratitis, Caries oder Knochennecrosen bekommen können, alles das liegt im Bereiche der Möglichkeit, hat seinen wahren Grund aber in ihrer ererbten Schwäche, und die Syphilis in der Ascendenz hat nur den Boden für diese Krankheiten vorbereitet. Aber daß bei blühenden Kindern wirkliche contagiöse und virulente Schleimhautplaques an den Wangen und am Anus durch Uebertragung von syphilitischen Großeltern her sich ent- wickeln sollten, während ihre Eltern kräftig und gesund sind, hält Verf. für eine Fabel. In solchen Fällen handelt es sich entweder um eine frische Ansteckung mit virulenter Materie, oder aber die directen Erzeuger hatten selbst acquirirte Syphilis. Ogilvie behauptet auch im Gegensatz zu Fournier, daß die Reinfection bei Syphilis absolut sicher bewiesen sei. Obwohl Verf. sehr geneigt ist, die Ansicht Ogilvie’s zu teilen wäre doch die Richtigkeit derselben ein Beweis für die Heilbarkeit der Syphilis —, so glaubt er doch, daß noch eine ganze Reihe unbestreitbarer klinischer Thatsachen vorliegen müssen, ehe diese Anschauung allgemeine Geltung gewinnen kann. Jedenfalls fordert die Idee einer zweiten syphilitischen Infection, oder wenn man will, einer definitiven Heilung dieser Krankheit

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weniger Widerspruch heraus, als die von einem Virus, das nach einem halben Jahrhundert in der Descendenz einer Person wieder wirksam werden soll. Uebrigens ist diese Idee nicht neu. Johann Alme&nar berichtet im Jahre 1512 über eine respectable Anzahl von Klerikern und Mönchen, denen er eine plausible Erklärung über die Entstehung ihrer secundären Syphilis geben sollte, an der er sie behandelte. In jener Zeit der Auto-da-fe’s und der heiligen Inquisition wäre es gefährlich gewesen, hätte er auch nur andeuten wollen, daß er die wahre Quelle dieser Krankheit ahne. Da kam Almenar auf die geniale Idee, die Vorfahren der Kleriker für die Krankheit ver- antwortlich zu machen. Verf. macht dabei die scharfsinnige Bemerkung, daß hier ein neuer Beweis für das Alter der Syphilis vorliege. Amerika war damals erst seit 19 Jahren bekannt, und die Erklärung Alme@nar’s hätte doch gar keinen Sinn gehabt, wenn die Syphilis nicht lange vor dieser Zeit in Europa geherrscht hätte. Ritterband.

Dr. Carl Stouven, Assistent an der kgl. Universitätsklinik für Syphilis und Hautkrankheiten des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Doutrelepont in Bonn: Ueber Nebenwirkungen bei intramusculären Injectionen von Hydrargyrum salicylicum. (Archiv für Dermatologie, Bd. XLII, Heft 3.)

Seit 1888 wird das Hydrargyrum salicylicum in Bonn bei der Syphilis- _ therapie in zahlreichen Publicationen empfohlen, da es sich, wie Bolters sagt, dadurch auszeichnet, „daß unter seiner Anwendung die Erscheinungen der Syphilis prompt zurückgingen, wie bei anderen Präparaten, daß aber im Gegensatz zu diesen Durchfall, Stomatitis, Nephritis und ähnliche Er- scheinungen sehr selten waren, die Injectionen fast keine Schmerzen machten und vor Allem nennenswerte, irgendwie belästigende Infiltrate oder Schwel- lungen kaum vorkamen!

Verf. beschreibt dann die Nebenwirkungen, welche in den Jahren 1888—1893 an der Klinik und Poliklinik bei 644 Patienten beobachtet wurden, die mit 4187 Injectionen vom 10proc. Hydrargyrum salicylicum, suspendirt in Paraffinum liquidum, behandelt wurden.

Er erwähnt, daß die Stomatitis ein Aussetzen der Behandlung niemals erforderte. Sie trat 40mal (6,21 pCt. der Patienten) auf. Wegen Enteritis mußten in 5 Fällen die Injectionen ausgesetzt werden, in 11 Fällen wurde die Behandlung eine kurze Zeit unterbrochen. Leichte, vorübergehende Temperatursteigerungen wurden bei 7 Männern und 7 Weibern beobachtet.

Zwei Fälle verdienen besonderes Interesse wegen schwerer nervöser Erscheinungen, die bei einem Patienten den Tod in Folge Zwerchfelllähmung durch Polyneuritis und Pneumonie verursachten. Es ist zweifelhaft, ob das Quecksilber oder das Syphilisgift die Neuritis verursacht haben, da das klinische Bild nicht dem der mercuriellen Neuritis entsprach. Im anderen Falle erfolgte nach mehrmonatlichem Krankenlager, trotzdem die Queck- silberinjectionen in der medicinischen Klinik fortgesetzt wurden, vollständige Restitutio ad integrum.

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Endlich berichtet Verf. über die nach Injectionen unlöslicher Queck- silbersalze auftretenden, auf Embolie zurückgeführten Erscheinungen Seitens der Lungen. In vier Fällen traten derartige Erscheinungen ein, die aber in kurzer Zeit vorübergingen. Sie traten auf, trotzdem nach Lesser’s Vor- schlag die gefüllte Spritze senkrecht eingestochen, dann die Spritze ab- genommen und gewartet wurde, ob Blutung aus der Canüle erfolgte, was als ein Zeichen gilt, daß sich die Nadelöffnung in einer Vene befindet. War dies der Fall, so wurde an einer anderen Stelle, event. mehrmals ein- gestochen.

Selbstverständlich sprach sich Verf. für Bevorzugung der intramuscu- lären vor der subeutanen Methode aus, da letztere sehr schmerzhaft ist. Sie kam manchmal unfreiwillig vor, wenn bei dickem Fettpolster, besonders bei Frauen, die Nadelspitze nicht die Musculatur erreichte, was man ver- meiden kann, wenn man längere Nadeln verwendet oder die Spitze fest in die Musculatur eindrückt. Paul Richter.

Regimentsarzt Dr. Fischer (Cattaro): Zur Therapie und Dia- gnostik der Syphilis. (Wiener med. Blätter 1898, No. 31.)

* Daß das Quecksilber in den allermeisten Fällen, ebenso wenig wie Jod, die Syphilis zu heilen vermag, steht nach der Ansicht des Verf.’s fest. Wir sehen jedoch thatsächlich, führt er fort, daB oft schwere Erscheinungen, Affectionen der Haut, der drüsigen Organe, des Nervensystems auf Hg und Jodgebrauch zum Schwinden gebracht werden; allerdings können über kurz oder lang Recidive auftreten. Wie sollen wir uns diese Wirkung des Queck- silbers erklären? Das Quecksilber übt eine mächtige stimulirende Wirkung auf die drüsigen Organe im Körper, ferner auf die Haut aus. Das Eigen- tümliche Specifische des Hg ist noch, daß es gerade auf dieselben Organe, welche vorzugsweise die Syphilis angreift, ebenfalls in höherem Grade einwirkt. Von allen Quecksilberpräparaten scheint nun das Calomel in der Therapie der Syphilis allmählich den ersten Platz zu erringen. Aus- gehend von der Anwendung des Calomels in der Kinderpraxis bei here- ditärer Lues hat Verf. das Calomel bei Syphilis Erwachsener in Pulverform angewendet. Es wirkte in allen Fällen, etwa 12, prompt gegen die Er- scheinungen. Die Anwendung des Calomel geschah so, daß täglich .drei Pulver à 0,2 g gereicht wurden. Dabei sorgfältigste Mundpflege. Treten Diarrhoen auf, so ist das keine Contraindication für den Weitergebrauch, im Falle sie nicht zu profus werden, weil eine Angewöhnung stattfindet, oder man kann auch Extract. opii zusetzen. Nach vier Tagen muß man den Gebrauch der Pulver aussetzen und vier bis fünf Tage abwarten, ob sich eine Stomatitis einstellt, denn da das Calomel cumulativ wirkt, tritt die Stomatitis erst am vierten oder fünften Tage auf. Nach Ablauf der Stoma- titis, die mit Jodtinetur und Gargarismen behandelt wird, werden die Pulver weiter genommen bis 20 Pulver; nach einem Intervall von einer Woche kann man abermals eime Tour von 20 Pulvern nehmen und hierauf noch eine. Verf. ist weit entfernt, sich aus den wenigen Fällen ein Urteil über

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den Wert der Methode anzumaßen; lediglich aus dem Grunde, daß sie in Folge ihrer hohen Einfachheit eine wirkliche Wohlthat für die Syphilis- kranken ist, möchte er sie zur Prüfung empfehlen. Was aber den Wert der Calomelanwendung erhebt und ihr einen thatsächlichen Wert verleiht, ist der Umstand, daß wir im Calomel ein Mittel besitzen, um in den meisten Fällen, wo wir im Zweifel sind, ob Syphilis vorhanden ist oder nicht, zu einer Entscheidung zu kommen. Verf. hat nämlich in allen behandelten Fällen gefunden, daß fast mit absoluter Sicherheit nach Einnahme von un- gefähr 12—14 Calomelpulvern trotz sorgsamster Mundpflege eine Stomatitis auftrat, was bei nicht syphilitischen, gesunden Männern nicht der Fall war. Immerwahr (Berlin).

Rodendorf (Petersburg): Beitrag zur Frage von der Behand- lung syphilitischer Iritiden mittelst subeconjunctivaler Sublimatinjectionen. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 3.)

Verf. berichtet über drei Fälle von syphilitischer Iritis, die er mit sub- conjunctivalen Injectionen von Sublimatlösung 1: 1000 behandelt hatte. Jedes Mal wurden zwei Teilungen der Pravaz’schen Spritze injicirt. Bereits nach der ersten Injection trat Besserung des Krankheitsprocesses ein, nach drei bis vier Injectionen verschwand derselbe vollkommen. In dem einen Falle blieb die früher angewendete allgemeine specifische Therapie ohne Erfolg, während die Injectionen sofort eine günstige Wirkung entwickelten. Besonders rasch gingen die subjectiven Beschwerden zurück. Das Seh- vermögen besserte sich auch gleich nach der ersten Injection. Li.

Fournier: Hydrargyrie purpurique. (Ann. de derm. et de syph. 1898, No. 6. Seance de la soc. de derm. et de syph. du 9. juin 1898.) Bei einem 33jährigen Alkoholiker, der mit einem schweren pustulo- krustösen Syphilid behaftet ist und fünf Wochen hindurch täglich bis zu drei EBlöffel Liquor van Swieten (das sind 0,045 g Sublimat täglich) ein- genommen hat, treten am Schlusse der Kur eine sehr heftige Stomatitis und ein maculo-papulöses Hg-Exanthem auf, das hauptsächlich an den oberen Extremitäten, aber auch am Rumpf und den Beinen localisirt ist und etwas pickt. Eine Anzahl der Papeln, besonders an den Händen, ist hämorrhagisch. Das Exanthem breitet sich in den ersten vier Tagen des Hospitalaufenthaltes noch aus, um alsdann zu verschwinden. Eine Purpura mercurialis ist etwas außerordentlich Seltenes. Dreyer (Köln).

Dr. Ssukow (Petersburg): Beiträge zur Serumbehandlung der ' Syphilis. (Petersb. Dissertation. Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.) |

Verf. hat eine Reihe von Versuchen über die Behandlung der ver- schiedenen Syphiliserscheinungen mittelst subcutaner Injectionen von Serum mercurialisirter Pferde ausgeführt. Die zu den Versuchen gebrauchten Tiere

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bekamen intramusculäre Injectionen einer Calomelsuspension bis zum Auf- treten von Speichelfluß, worauf den Tieren Blut entnommen und dessen Serum sterilisirt wurde. Die Analyse ergab in diesem Serum stetiges Vor- handensein von Quecksilberspuren. Mit diesem Serum wurden 12 Patienten behandelt, die sich in verschiedenen Stadien der Krankheit befanden; vor Beginn der Behandlung wurde der Status praesens der Patienten genau aufgenommen, ganz besonders in Bezug auf die Zusammensetzung des Blutes. Die Injectionen wurden alle 2-3 Tage gemacht, der Zustand des Patienten von Zeit zu Zeit festgestellt, das Blut untersucht. Eine Constanz der Injectionen hat sich nicht durchführen lassen wegen verschiedener Nebenwirkungen derselben, wie gastrische Störungen, Temperatursteigerung, Schmerzen in verschiedenen Körperteilen u. s. w. Unter dem Einfluß der Injectionen verschlimmerte sich die Zusammensetzung des Blutes: die Zahl der roten Blutkörperchen sank, ebenso das specifische Gewicht des Blutes und der Hämoglobingehalt; von den weißen Blutkörperchen verringerte sich die Zahl der jungen und vermehrte sich die Zahl der alten Formen. Was nun die Beeinflussung der Krankheit selbst durch die Serumbehandlung betrifft, so hat Verf. zwar ein Verschwinden der condylomatösen Erschei- nungen beobachten können, jedoch hält er in Anbetracht der fortschreitenden Verschlimmerung der Blutbeschaffenheit diese Besserung für eine scheinbare. Derartige Injectionen bringen also keinen therapeutischen Er- folg, während sie für den Organismus durchaus nicht indiffe- rent sind. Li.

J. Cheron: Du traitement de la syphilis par les injec- tions intra-musculaires de serum artificiel bichlorurees à doses intensives et éloignées. (Le progrès medical 1898, No. 29.) Chéron rät, sich folgender Einspritzung zu bedienen: Hydrarg. bichlorat. . . . 0,5 Natrium chlorat. . . . . 20 Acid. carbol.. . . . . . 20 Aq. dest. sterilisat. . . . 200,0 Jede Einspritzung enthält 0,05 g Sublimat, das heißt, man muB 20 ccm ein- spritzen. Man kann in schweren Fällen bis auf 0,1 g steigen. Der Zusatz von Carbolsäure macht die Einspritzungen schmerzlos. Alle 6-8 Tage muß die Einspritzung wiederholt werden, und 4—5 Einspritzungen genügen, um die syphilitischen Erscheinungen verschwinden zu lassen. Immerwahr (Berlin).

Horwitz: Quecksilberbehandlung bei chronischer Appen- dieitis im Verlaufe der Syphilis. (Annals of Surgery, Januar 1898.)

Fall 1. Ein Syphilitiker hatte schon neunmal Appendicitis gehabt und erkrankte im Secundärstadium wieder daran, Er nahm Pillen von Proto)jod-

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uretum Hydrargyri, und man beabsichtigte, nach Ausheilung der Syphilis ihn zu operiren. Indessen kehrten nach Beendigung der Kur die Anfälle vier Jahre lang nicht mehr wieder.

Fall 2. Ein an Syphilis erkrankter Mann hatte dreimal Appendicitis. gehabt und bekam dieselbe zum vierten Male während der Quecksilber- behandlung. Jetzt ist er seit drei Jahren völlig gesund.

Noch über zwei andere in gleicher Weise behandelte und geheilte Fälle berichtet der Verfasser. Eine definitive Entscheidung darüber, ob wirklich das Quecksilber hier auch gegen die Appendicitis geholfen hat, läßt sich nach diesen wenigen Fällen nicht treffen. Hans Hirschfeld.

Dr. M. Szalärdi, Chefarzt des Landesfindelhauses zu Budapest: Die Behandlung der Syphilis congenita in Findelhäusern. (Wiener klin. Rundschau 1898, No. 9.)

Syphilis hereditaria ist bei Säuglingen bekanntlich eine sehr schwere Erkrankung und Rettung nur möglich, wenn die Kinder mit Muttermilch genährt und antiluetisch behandelt werden. In den Findelhäusern ist im Allgemeinen hierzu keine Möglichkeit, die dort befolgten Systeme gestatten es nicht. Einer gesunden Amme kann man natürlich ein syphilitisches Kind zum Stillen nicht übergeben es würde die Amme inficiren. Ein solches Kind darf nur durch eine syphilitische Amme oder eine Frau, welche gegen Lues immun geworden, gestillt werden. In den meisten Findelhäusern werden nun die Findlinge uneheliche Kinder ohne die Mutter auf- genommen, wie in den französischen, italienischen, russischen, spanischen Findelhäusern. In diesen sind also keine syphilitischen Ammen zu haben. In den österreichischen Findelhäusern (Wien, Prag) werden zwar auch die Mütter der Kinder aufgenommen, aber nur jene Mütter, die vollkommen gesund und zu Ammendiensten tauglich sind, in der Anstalt behalten.

Weiter ist zu bemerken, daß beinahe in allen Findelhäusern die Kinder nur einige Tage in der Anstalt bleiben, sodann auf’s Land in die Pflege gegeben werden. Nun treten aber die characteristischen Symptome der Lues nur in seltenen Fällen gleich bei der Geburt des Kindes auf, zumeist sind diese erst nach Wochen oder Monaten beim Kinde sichtbar. Zeigt sich nun Lues bei einem in Pflege gegebenen Kinde, so muß dieses sofort entwöhnt und künstlich ernährt werden, was den Tod des Kindes bedeutet. Verf. ist es nun geglückt, die Methode zu finden, wie ein großer Procentsatz dieser Kinder am Leben erhalten werden kann. Im Landesfindelhaus zu Budapest werden nur Kinder mit ihren Müttern aufgenommen, in seltenen Fällen (auf der Straße gefundene Kinder, Kinder schwer erkrankter Mütter) ohne die Mütter. Jede Mutter stillt im Institute nur ihr eigenes Kind. Die Frauen kommen gewöhnlich 8—10 Tage nach ihrer Entbindung in die Anstalt und bleiben, wenn sie und ihr Kind gesund sind, durchschnittlich drei Wochen in der Anstalt. -

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Sobald die Diagnose Syphilis sichergestellt ist, bekommt das Kind die Schmierkur, täglich 1 g graue Salbe. In seltenen Fällen, wo diese nicht vertragen wird oder der Körper ganz mit Geschwüren, Borken bedeckt ist, kommen Sublimatbäder, täglich 1 cg Calomel innerlich, zur Verwendung. Sind die Kinder mit der Mutterbrust ernährt, so vertragen sie Mercur sehr gut, resp. ein großer Procentsatz wird relativ geheilt. Sind alle Symptome geschwunden und nimmt das Kind regelmäßig zu, so wird es mit der Mutter in die Colonie nach Monor gesendet, wo die Mutter das Kind weiterhin stillt. Die Mutter erhält zehn Gulden monatliche Unterstützung. Mit dieser und mit dem, was sie durch Waschen oder andere Arbeit verdient, erhält sie sich. Das Kind muß monatlich 1—2mal in der Anstalt vorgestellt werden.

Verf. hat vor Jahren nachgewiesen, daß die Muttermilch im Laufe der Stillungszeit qualitativ sich kaum ändert, daß also einer einjährigen Amme ohne Weiteres ein achttägiges Kind zum Stillen übergeben werden kann und umgekehrt ein sechs Monate altes Kind von einer achttägigen Amme gestillt werden kann, vorausgesetzt, daß die Quantität der Milch genügend ist. Hat nun eine luetische Amme ihr Kind genügend lange gestillt, so kann dasselbe entwöhnt werden, und sie erhält ein anderes luetisches Kind zum Stillen. Auf solche Weise ist es Verf. möglich geworden, luetische Kinder, deren Mütter zum Stillen ungeeignet sind, luetische Findlinge (auf der Straße gefundene Kinder) mit Ammen zu versorgen.

Genaue Daten der erzielten Erfolge will Verf. demnächst veröffent- lichen. Kr.

Dr. Ssuchow: Ueber die Anwendung des Xeroforms bei Ulcus molle. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 7.)

Verf. hat das Xeroform in zahlreichen Fällen und unter den ver- schiedensten Modificationen angewandt. Dasselbe wurde auf das Geschwür gestreut entweder ohne vorhergehende Manipulationen an dem letzteren, oder nach vorheriger Reinigung des Geschwürs mit Carbol bezw. Sublimat, oder sogar nach vorheriger Auskratzung mittelst scharfen Löffels. Das Resultat der Xeroformbehandlung muß als ein ungünstiges angesehen werden: trotz l14tägiger Behandlung trat nicht einmal in einem Falle Besserung ein. Der schankröse Detritus verschwand nicht, die Geschwüre vergrößerten sich, es entstanden neue Geschwüre und diese bedeckten sich mit den characte- ristischen Zerfallsprodueten. In sämtlichen Fällen mußte man schließlich zum Jodoform greifen.

Fernere Versuche des Verf.’s erstreckten sich auf die übrigen Methoden der Schankerbehandlung, so z. B. auf die Wärmebehandlung, auf die Be- handlung mit den Sozojodolpräparaten, mit Thioform etc. Alle diese Mittel wirken zwar besser, wie das Xeroform, und geben bisweilen durchaus günstige Resultate, jedoch stehen sie dem Jodoform weit nach; das letztere ist und bleibt in vielen Fällen das einzig sichere Mittel gegen Ulcus molle.

Li.

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Dr. Ludwig Waelsch, I. Assistent der k. k. dermatolog. Universitäts- klinik des Prof. F. J. Pick (Prag): Beiträge zur Abortiv- behandlung der Bubonen. (Arch. f. Dermatologie, Bd. XLII, Heft 3.)

Die Zahl der Mittel, die zur Einspritzung in die geschwollenen Drüsen empfohlen sind, ist eine große. Man kann dieselben in drei Gruppen teilen. Die erste Gruppe bilden die Antiseptica (Carbol, Sublimat), die zweite die antiseptisch wirkenden und secretionshemmenden Mittel (Argentum nitricum, Jodoform und dessen Ersatzmittel); die dritte Gruppe endlich umfaßt die stark reizenden Mittel (Terpentinöl). Eine Sonderstellung nimmt das Hydrar- gyrum benzoicum en.

W. weist nach, daß, wenn man annimmt, daß die Bubonen that- sächlich durch die directe Wirkung des Schankervirus hervorgerufen werden, durch die Antiseptica kein Erfolg resultiren kann, da die angewendeten Concentrationen viel zu schwach sind. Ä

Ebenso steht es mit der zweiten Gruppe. Das Argentum nitricum in Substanz ist ein sehr unzweckmäßiges und wenig wirksames Aetzmittel bei der Behandlung des weichen Schankers, das leider noch viel zu oft (an Stelle des von Neisser empfohlenen, ungemein wirksamen Acid. carbol. liquefact.) gebraucht wird; man darf sich daher auch keine Wirkung von den ı»—1proc. Lösungen versprechen, ebenso wenig vom Jodoform, das schon nicht genügt, um im Stadium der Destruction das Geschwür zu heilen, ge- schweige denn, daß es auf das destruirte Drüsenparenchym wirken kann. Dabei hat sich ergeben, daß die Bubonen in den seltensten Fällen noch virulent sind, also nur durch indirecte Wirkung des Schankervirus ent- standen sind; man kämpft also gegen einen nicht vorhandenen Feind.

Ebenso steht es mit der antiseptischen Kraft des Hydrargyrum benzoi- cum, das noch dazu stark reizt und dadurch sehr häufig Drüsen zur Ein- schmelzung bringt, die vorher gar nicht erkrankt waren.

Wenn trotzdem gute Wirkungen bei den vorher erwähnten Mitteln eintreten, so muB das andere Ursachen haben, und W. kommt zu dem Schluß, daß es das rein mechanische Moment ist, das heilend wirkt. Er hat deshalb alle vorkommenden Bubonen olıne Auswalıl, auch bei Patienten, die latent syphilitisch waren, durch Injectionen mit einer indifferenten Flüssigkeit, mit physiologischer Kochsalzlösung behandelt. Je nach der Größe wird mit Injeetionen von 2—6 ccm an verschiedenen Stellen des Tumors in das Drüsengewebe behandelt, nachdem der Eiter durch die Pravaz’sche Spritze aspirirt war, wenn man Fluctuation hatte nachweisen können. In vier Fällen wurde die Wunde chancrös, und es fanden sich in drei Fällen die Ducrey-Krefting’schen Bacillen. Von diesen vier Fällen kamen zwei zur Operation, außerdem mußte in zwei Fällen wegen Zerfall der Hautdecke operirt werden, und in einem fünften Fall nötigte eine der Injectionstherapie nicht weichende Drüse zur Entfernung derselben, was mit Spaltung des sich stets wiederfüllenden Abscesses verbunden wurde.

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Im Ganzen hat Verf. 25 Patienten mit 27 Bubonen behandelt, davon heilten 20 = 74 pCt. innerhalb durchschnittlich 15,4 Tagen. In zwei Fällen wurde die Behandlung aus äußeren Gründen nicht zu Ende geführt. Fünf Fälle = 14,8 pCt. kamen zur Operation.

Pat. macht zum Schluß darauf aufmerksam, daß jede Injection einen starken Reiz hervorruft, der die Entzündung vorübergehend steigert. Um diesen Reiz zu vermindern, hat er Versuche mit periglandulären Injectionen physiologischer oder höher concentrirter (bis 10 pCt.) Kochsalzlösung an- gestellt, über deren Resultat er später berichten wird. Paul Richter.

V. Penis ete. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

E. Tuszkai (Budapest): Ein Fall von Vulvaverletzung. (Buda- pesti kir. Orvosegyesület 1897, referirt im Centralbl. f. Gynäkologie 1898, No. 32.)

Verf. constatirte bei einer 32jährigen Nullipara eine ł cm lange und lij cm tiefe Verletzung zwischen Clitoris und Harnröhre, die bei einer Kahnfahrt in Folge Auffallens auf einen 20 cm langen, zur Befestigung der Ruderringe dienenden Nagel entstanden war. Heilung.

Immerwahr (Berlin).

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

A. D. Keith: Dislocation of testis. (Brit. med. Journ., 2. Juli 1898.)

Das Rad eines schweren Wagens ging dem Patienten vom linken Fub bis zur rechten Spina ant. sup. schräg über den Körper und brachte außer geringfügigen Muskelquetschungen und starker Quetschung des Hodensackes die seltene Verletzung einer Verlagerung des rechten Testikels über das Lig. Poupartii hinaus zu Stande. Die Reposition durch leichte Taxisversuche mißlang und wurde daher vier Wochen nach der Verletzung auf operativem Wege vorgenommen. Der Schnitt reichte von der Gegend des inneren Leistenringes bis zur tiefsten Stelle der rechten Hodensackhälfte. Der Testikel lag in seiner Tunica vaginalis unter dem tiefen Blatt der Fascia superficialis teils auf dem äußeren Leistenring, teils in einer Tasche des Obliquus externus oberhalb des Lig. Poupartii. Nach Befreiung des Samen- stranges aus seinen Adhäsionen wurde der Hoden herabgezogen und nach Auskratzung der geschrumpften, mit Resten einer Hämatocele ausgefüllten

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Scrotalhöhle an seiner normalen Stelle durch Annähen der Epididymis be- festigt. Vernähung der Fascien und des Cremaster über dem Samenstrang und Hoden, Schluß des Spaltes im Obliquus externus und der Wundränder durch Naht. Einlegen eines kleinen Drains im unteren Wundwinkel. Heilung per prim. int. Der Hoden war zwei Monate nach der Operation an Ort und Stelle und hatte fast seine normale Größe. R. Rosenthal (Berlin).

X. Delore: Epididymectomie totale dans la tuberculose genitale avec incision exploratrice du testicule. (Société des sciences médicales de Lyon, Mai 1898. Lyon medical 1898, No. 26.)

D. bespricht bei Gelegenheit einer Krankenvorstellung die Therapie der tuberculösen Epididymitis; er verwirft die Auskratzung und das Aus- brennen der kranken Stellen; er verwirft aber ebenso die Castration und empfiehlt die Entfernung der Epididymis und des Vas deferens, nachdem man sich vorher durch Incision der Albuginea testis von der convexen, dem Gefäßstiel entgegengesetzten Seite, ähnlich wie bei der Nierenincision, über- zeugt hat, daß der Testis gesund ist. Diese Operation ist radicaler als Cauterisation und Curettement, heilt ebenso gut wie diese und schont eine gesunde Drüse, deren Erhaltung für die Psyche des Mannes wesentlich ist; sie entfernt nur ein Organ, dessen Canäle bei Heilung mit Feuer und scharfem Löffel so wie so obliteriren. Ihre Indication besteht besonders bei jungen Leuten und bei begrenzter Erkrankung zu Recht; man kann die Epididymis auch teilweise reseciren. Mankiewicz.

Dr. Korsunski (Petersburg): Ueber die mikrochemische Me- thode von Florence zur Entdeckung von Samen in ver- dächtigen Flecken. (Wratsch 1898, No. 17.)

Zur Lösung der bis jetzt noch nicht entschiedenen Frage über den Wert der Florence’schen Methode zur Entdeckung von Samen hat Verf. in der vorliegenden Arbeit einen beachtenswerten Beitrag geliefert. Seine Schlüsse sind folgende:

1. Die Florence’sche Methode ist sehr empfindlich und giebt bei Anwesenheit von Samen stets ein positives Resultat.

2. Die Empfindlichkeit der Reaction wird durch langes Verweilen des Samens auf Wäsche, durch Austrocknen und Verfaulen desselben nicht im mindesten beeinträchtigt, selbstverständlich bis zu einer gewissen Grenze.

3. Andere Absonderungen des menschlichen Körpers, wie Nasen- schleim, gonorrhoisches Secret, Scheidenfluß etc. geben die Florence’sche Probe nicht.

4. Emulsionen von Geschlechtsteilen und Drüsen von Hunden geben, bearbeitet mit Jod und bis zu einem gewissen Grade verfault, bei Jodein- wirkung Krystalle, die denen des menschlichen Samens ähnlich sind; daraus ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu folgern, daß die Florence’sche Probe auch mit dem Hundesamen ein positives Resultat geben wird.

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5. Bei der Untersuchung von Flecken, die äußerlich Samenflecken ähnlich sind, weist die Florence’sche Probe mit großer Wahrscheinlich- keit auf die Abstammung dieser Flecke von menschlichem Samen hin, selbst wenn das Mikroskop keine Samenelemente entdecken sollte. Li.

Albarran et Hallé: L’hypertrophie et les neoplasies de la prostate. (Le progres medical 1898, No. 28.)

Die Prostatahypertrophie ist eine senile, gutartige und häufige Er- krankung, sie ist klinisch gut gekannt, aber wenig pathologisch-anatomisch, da man ihre Entstehungsursache nicht kennt. Der Krebs der Prostata ist bösartig, selten und muB scharf davon geschieden werden. Die histologische Untersuchung von 86 hypertrophirten Prostaten hat ergeben: 1. Die einfache Hypertrophie ist eine glanduläre; die Drüsenlappen sind verändert, hyper- trophirt, ausgedehnt und proliferirt und bilden so den Hauptteil des patho- logischen Gewebes. Die fihromusculären Veränderungen sind mehr secundärer Natur und selten die vorherrschenden, sondern nur partielle. 2. In mehr als dem zehnten Teil der Fälle (12 auf 86) fanden sich, obgleich es sich klinisch um eine einfache Hypertrophie handelte, epitheliale Veränderungen, deutliche Neubildungen mit offenkundig malignem Character. Immitten der adenomatösen Lappen giebt es Lappen von adenoiden Epithelwucherungen, diffuse epitheliomatöse Infiltration des Stroma, Inseln von Alveolarkrebs. Alle Arten von epithelialer Neubildung können also in der hypertrophirten Prostata vorkommen und führen vom einfachen Adenom zum Krebs. Klinisch erscheint der Prostatakrebs erst nach einer langen Periode der einfachen Hypertrophie. Nach einer Prostatectomie des mittleren Lappens entwickelte sich bei einem Patienten erst nach zwei Jahren ein typischer Krebs.

Immerwahr (Berlin).

Alfons Hant (Wien-Karlsbad): Veber galvanocaustische Radi- cal-Behandlung der Prostatahypertrophie nach Bottini. (Wiener med. Presse 1898, No. 31,32.)

H. berichtet über fünf von ihm operirte Fälle.

1. 65 jähriger Mann mit bedeutender Vergrößerung des Mittellappens der Prostata und hartnäckiger Cystitis, wegen deren er Monate lang ohne Erfolg local behandelt worden war. Patient urinirte 30-35 mal in 24 Stunden, des Nachts 12mal und war hierdurch sehr heruntergekommen. Residual- harn 600 g.

Die Operation selbst war fast schmerzlos; es wurde nur ein Schnitt. in den Mittellappen gemacht. Nach derselben wurde ein Katheter eingeführt und die Blase mit Borsäurelösung ausgewaschen. Patient ruhte eine Stunde aus und begab sich dann in seine Wohnung. Der Residualharn nahm inner- halb 14 Tagen bis auf 200 g, nach weiteren zehn Tagen bis auf 100 g ab; Patient urinirte des Nachts 6mal, tagsüber 7—8mal. Der Harn war klar.

2. 72jähriger Mann mit hartnäckiger Cystitis, großer, derber Prostata, häufigem Harndrang bei Tag und Nacht. Operation auf dringenden Wunsch des Kranken in Narcose, zwei Ineisionen in der Ebene des Mittellappens.

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Nach der Operation war der Harn leicht blutig tingirt, weshalb für die ersten 24 Stunden ein Pezzer & demeure eingelegt wurde. Am zweiten Tage war der Harn geklärt, der Katheter wurde entfernt; Temperatur 37%. Patient urinirte jetzt spontan, war während der ersten acht Tage etwas empfindlich, urinirte aber schon seltener und war am zehnten Tage mit seinem Zustand sehr zufrieden. Er kann den Harn tagsüber 2—3 Stunden halten, des Nachts urinirt er dreimal.

3. 58jähriger Mann, seit zwei Jahren an completer Harnverhaltung mit heftigem, schmerzhaftem Harndrang leidend, dessen Zustand sich jedes Mal, wenn er sich selbst zu katheterisiren beginnt, verschlimmert. Die große, derbe, asymmetrische Prostata verursacht ihm auch beim Stuhlgang Be- schwerden, der mittlere Prostatalappen bildet beim Katheterismus ein be- deutendes Hindernis, und überdies wird die locale Behandlung noch ge- stört durch einen selbst nach zartestem Katheterismus sofort auftretenden Priapismus.

Die Operation hatte in diesem Falle einen überraschenden Erfolg. In den ersten beiden Tagen leichte Rosafärbung des Harns und häufiger Harn- drang, letzterer wahrscheinlich in Folge von Waschungen mit Lapislösung; am dritten Tage urinirt Patient alle 3—4 Stunden und entleert 100—150 g; des Nachts muß er dreimal Harn lassen. Am vierten Tage Pausen bis zu fünf Stunden; am zehnten Tage urinirt Patient tagsüber 4—5mal, Nachts einmal. Dieser Erfolg hielt an, bis auf eine vier Wochen nach der Operation in Folge allzu reichlichen Biergenusses auftretende Verschlimmerung, die Katheterismus notwendig machte, in einigen Tagen jedoch wieder voll- kommen behoben war.

4. 68jähriger Mann; ähnlich Fall 1. Harnfrequenz vor der Operation 40 mal, nach derselben 15mal in 24 Stunden.

5. Dieser Fall, mit zwei Operationen, war der ungünstigste. Der Patient, ein 65jähriger Mann, litt seit Langem an sehr schwerer Cystitis mit quälendem Harndrang; Prostatahypertrophie; 800 g Residualharn. Der Effect der Operation war ein minimaler. Die Häufigkeit des Harnens wurde zwar herabgesetzt, aber der Residualharn blieb in einer Menge von 1/5 |, und die Cystitis besserte sich nicht wesentlich, trotz täglich vorgenommener Ausspülung der Blase. Die Operation wurde daher nach drei Wochen wiederholt; das Resultat derselben war folgendes: der Harn war noch immer getrübt, es bestand noch Cystitis geringen Grades. Der Residualharn betrug 300 g. Patient katheterisirt sich täglich und spült die Blase mit Borsäure aus.

E. Samter.

Oraison (Bordeaux): Ueber die Behandlung der Prostata- hypertrophie mit Prostata- und Samenblasensubstanz. (Journal de la policlinique de Bordeaux, refer. nach Wratsch 1898, No. 17.)

Verf. verwendete meistenteils Prostata und Samenblasen von Ochsen, seltener von Pferden, entweder in Pulverform oder in Form von Extr.

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glycer. s. aquos.; das Extract wurde meistenteils subcutan, bisweilen aber auch innerlich gegeben. Durch Tierexperimente überzeugte sich Verf. zuvor, daß das Glycerinextract schwach toxisch, das Extr. aquos. und das Pulver dagegen garnicht toxisch sind. Sämtliche Präparate hatten leichte Temperatur- steigerung, Besserung des Appetits, das Glycerinextract auch Zunahme des Körpergewichts zur Folge; ferner wurden im Harn geringe Steigerung der Harnsäure und des Harnstoffgehalts, sowie bedeutende Herabsetzung des Gehalts an Phosphorsäure, Chloriden und Indican beobachtet; im Harn- apparat Hyperämie der Gefäße, in der Prostata Steigerung der Secretion. Im Ganzen wurden acht Prostatiker behandelt. In sieben Fällen er- zielte Verf. innerhalb 1!/, Monate bedeutende Besserung, die sich im Nach- lassen des Harndranges und im Verschwinden oder in Verkleinerung der Prostatavorstülpung äußerte. Die Dosis betrug 10—15ccem von dem Glycerin- extract oder 0,1 g vom Pulver in Pillen. Li.

VIIL Blase.

Ludwig Wendling: Ectopia vesicae urinariae e diastasi lineae albae. Epispadia urethrae totalis; Diastasis ossium pubis. Genitalia feminina externa deformata. . (Wiener medicin. Presse 1898, No. 31.)

Bei dem neugeborenen Kinde war die Unterbauchgegend von einer apfelgroßen Geschwulst eingenommen, die leicht blutete und das Aussehen eines Granuloms darbot. Der Nabel schien 1—2 cm tiefer zu stehen als normal. Die Geschwulst trat aus einer Diastase der Musculi recti in deren unterem Teil heraus, am Nabel beginnend und bis zur Symphyse reichend. Zugleich bestand auch eine Diastasis ossium pubis, und zwar um 1—1'!/, em. Die Geschwulst ließ sich leicht als umgestülpte Blase erkennen, die mit ihrer gespaltenen und klaffenden vorderen Wand in die Bauchdecken überging. Die leicht blutende Schleimhaut zeigte am Uebergang in die Bauchhaut im oberen Teil leichte Benarbung, die in den ersten Tagen, bis auf 1 und 2 cm vorschreitend, sogar Narbeninseln bildete. Etwas unter der Mitte der Geschwulst also am Fundus vesicae präsentirten sich 2 cm weit auseinanderstehend die Mündungen der Ureteren als warzenförmige, 4 mm im Durchmesser haltende Gebilde, aus denen fast fortwährend tropfen- weise Harn abfloß; der linke Ureter stand etwas tiefer als der rechte. Die Blase ließ sich durch die Diastase in die Bauchhöhle reponiren, und die Ränder des Bauchdeckenspaltes ließen sich vollständig aneinanderfügen; doch schien diese Procedur dem Kinde starkes Unbehagen zu verursachen. Die Blase hing etwas nach abwärts über; nach Aufwärtsdrücken derselben fand sich ca. 1 cm unter dem unteren Rande in der Mittellinie in normaler Haut ohne Andeutung einer Raphe eine kleine trichterförmige Oeffnung.

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Je rechts und links von dieser Oeffnung, die als Introitus vaginae anzusehen war, zeigten sich zwei kleine lappenförmige Hautwülste, 2 cm lang, von außen und oben schief nach innen und abwärts verlaufend; dieselben mußten als Labia minora gelten. Spannte man sie nach außen, so sah man am inneren (oberen) Uebergangsteil beiderseits eine kleine trichterförmige Oefinung, die als Ausführungsgänge der Bartholini’schen Drüsen oder aber als die „Gärtner’schen Gänge“ zu deuten waren. Beim Auseinander- ziehen und Emporheben der Füße des in Rückenlage befindlichen Kindes formte sich die Haut gegen die Nates zu beiderseits zu größeren Wülsten, die ziemlich parallel, aber bedeutend breiter und länger verliefen, wie die als Labia minora bezeichneten Wülste, und die wohl als Labia majora gelten mußten.

Das Kind, von gesunden Eltern stammend, war sonst gesund und kräftig, entwickelte sich in normaler Weise und war nur gegen Berührung der Blase, die übrigens im Wachstum deutlich zurückblieb, sehr empfindlich. Auch im Alter von einem halben Jahr zeigte es noch normales, fort- schreitendes Wachstum; nur war es etwas anämisch durch die häufigen, wenn auch geringen Blutungen aus der ectopischen Blasenschleimhaut. Der linke Harnleiter vermochte jetzt den Harn ziemlich gut zurückzuhalten, während dies beim rechten nur selten zu beobachten war; der Strahl aus dem ersteren ergoß sich im weiten Bogen nach rechts, aus dem letzteren mehr gerade. Die Anfangs als normale Haut sich präsentirende Umgebung desIntroitus vaginae nahm allmählich einen schleimhautähnlichen Character an.

E. Samter.

Ludwig Freyberger: Traitement de l’incontinence d’urine chez l'enfant par l’extrait de rhus aromatica. (Treatment, 12. Mai 1898. Referirt im Progrös medical 1898, No. 31.)

Das Kind, welches an nächtlicher Urinincontinenz leidet, muß einer vorbereitenden Behandlung unterworfen werden, welche darin besteht, daB die Diät geregelt wird, daß es auf einer harten Matratze schläft und nur mit leichten Decken zugedeckt wird, und daß zeitweise ein nasser Schwamm auf die Nierengegend gelegt wird. Man muß das Kind 1—2mal zu be- stimmten Stunden aufwecken, um es uriniren zu lassen. Der flüssige Extract von Rhus aromatica ähnelt dem Opium, aber sein Geschmack ist adstrin- girender. Die mittlere Behandlungsdauer währt 40 Tage. Die Besserung beginnt häufig schon am siebenten Tage. Unter 30 Kranken wurden 18 voll- ständig geheilt, alle auderen bis auf 2 gebessert.

Immerwahr (Berlin).

Winter (Königsberg ı. Pr.): Blasenstein. (Verhandlg. der Gesell- schaft für Geburtshilfe und Gynäkologie, Berlin, 25. März 1898. Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, XXXVIII, 3, S. 528.)

W. demonstrirt einen 5 cm langen, 3 cm breiten, 2,2 cm dicken Blasen- stein einer Frau, welchen er durch Zufall bei der Prüfung der Empfindlich-

494

keit des Blasenbodens mit der Sonde entdeckt hat. Den Blasenstein trug die Patientin seit ungefähr 20 Jahren: er war mangels characteristischer subjectiver Symptome nicht entdeckt worden, obwohl die Patientin, von einem Arzt zum anderen wandernd, wegen aller möglichen Leiden (Ent- zündungen, Nierenerkrankungen, Hämorrhoiden) behandelt wurde. Nach Er- weiterung der Harnröhre durch Hegar’sche Dilatatoren konnte der Stein unzerbrochen entwickelt werden. Der dunkle Kern von oxalsaurem Kalk war von einer 0,75 cm breiten Schicht harnsaurer Salze umgeben.

Mankiewicz.

Poljenow (Orel): Ruptur der Harnblase durch Eindringen eines Fremdkörpers in dieselbe von Seiten des Dammes. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 4.)

Der Patient sprang beim Baden ungeschickt in das Wasser, stieß mit dem Gesäß auf Grund und verspürte im selben Augenblick heftigen Schmerz in der Nähe des Afters. Aus dem Wasser gestiegen, verspürte er quälenden Harndrang, ohne jedoch per urethram uriniren zu können, dagegen entleerte sich der Harn durch eine kleine Wunde in der Nähe des Afters. Der Patient verblieb hierauf zwei Monate im Krankenhaus, ohne daß sich sein Zustand nennenswert gebessert hätte; zwar ging mit der Zeit ein Teil des Harnes per urethram ab, der größte Teil entleerte sich jedoch immer durch die Fistel, welche sich an Stelle der oben bezeichneten Wunde entwickelt hatte. Die Untersuchung ergab 3 cm einwärts und links vom Tuber ischii eine Fistelöffnung, welche eine gewöhnliche Drahtsonde bis auf 6—7 cm leicht durchläßt, und aus der einige Tropfen einer wässerig-eitrigen Flüssigkeit ausgepreßt werden können. In der bezeichneten Tiefe stößt die Sonde auf weiche Gewebe. Im Rectum fühlt man links 6—7 cem oberhalb des Anus einen länglichen, harten, bleistiftdicken Strang, der in der Richtung nach oben und vorn verläuft. Ebenso wird ein Fremdkörper in der Harnblase bei Abtastung derselben mittelst Metallsonde gefühlt, wobei derselbe an der hinteren Blasenwand fixirt zu sein scheint.

Secetio alta. Laparotomie unter Chloroformnarcose. Eröffnung der Harnblase durch Verticalschnitt. Entfernung des Fremdkörpers mittelst Kornzange unter Anwendung bedeutender Gewalt. Letzterer erwies sich als ein Stück Schilfrohr mit Ablagerungen von Phosphaten am freien Ende. Die Fistel wurde vom Damm aus mit dem scharfen Löffel ausgekratzt und drainirt. Am vierten Tage konnte die Drainage entfernt werden. Am fünften Tage war die Fistel geheilt, und der Harn entleerte sich per vias naturales. Die Abdominalwunde bedeckte sich am fünften Tage mit einem diphtherieähnlichen Belag; durch Anwendung von Terebenglycerin konnte jedoch auch die Bauchwunde zur Heilung gebracht werden.

Li.

495

C. O. Noble: Operation zur Neubildung der Harnröhre und zum Verschluss einer Blasenscheidenfistel, welche bis in den Blasenhals hinabreicht. (Centralblatt f. Gynäkologie 1898, No. 24.)

Die Fistel war künstlich entstanden. Ein Arzt hatte ein unbekanntes Etwas von der vorderen Scheidenwand entfernen wollen und dabei eine Blasenscheidenfistel gemacht. Siebenmal operirte derselbe Arzt, um die Fistel zu schließen, wobei dieselbe immer größer wurde. Ein anderer tüchtiger Fachmann versuchte die Heilung noch viermal ohne Erfolg. Bei der Untersuchung fand sich, daß die vordere Wand der Harnröhre vollständig zerstört war. Die Ränder waren callös, die Oeffnung in der Blase ließ einen Finger durch. Eine Ineision wurde längs des Randes der nicht mehr vor- handenen Harnröhrenschleimhaut gemacht. Außerhalb dieser Linie wurde in hinreichender Breite das Gewebe angefrischt, ebenso die Ränder der Fistel. Längs der zu bildenden Harnröhre wurden tiefe parallele Einschnitte gemacht, zur Bildung der Lappen für die neue Harnröhre. Es wurde dann ein Katheter eingeführt und über demselben mit fortlaufender Naht die Schleimhaut der Blase mit neuer Harnröhre vereinigt. Die Fistel wurde dann mit Silberdrähten geschlossen und dabei versucht, die Muskelbündel des Sphincter vesicae in die Suturen zu fassen. Dann wurden die wunden Stellen der Scheide vereinigt und noch Entspannungsnähte eingefügt. Der Katheter blieb in situ. Nach zwei Tagen war derselbe verstopft, so daß Einspritzungen mit Borsäurelösung gemacht werden mußten. Nach 12 Tagen wurde der Katneter täglich entfernt und geremigt. Die Vereinigung der Wunde erfolgte in der ganzen Ausdehnung primär. Der Erfolg ist ein guter, die Kranke vermag den Urin 3—5 Stunden zu halten. Verf. legt das Hauptgewicht auf die Verwendung eines sehr dünnen Katheters, welcher dauernd liegen bleibt, und auf die Art der Sutur, indem er zuerst die Schleimhaut und darüber das feste Gewebe vereinigt.

Immerwahr (Berlin).

VIII. Ureter, Niere etc.

Dr. Rabinowitsch: Ueber die pathologisch-anatomischen Veränderungen des Knochenmarks bei chronischer Nephritis. (Petersb. Dissertation. Wratsch 1898, No. 14.)

Die Schlüsse, die Verf. aus seinen Beobachtungen ziehen zu können glaubte, sind folgende: 1. Die Veränderungen des Knochenmarks sind bei parenchymatöser

Nephritis stärker ausgesprochen, als bei interstitieller.

2. Bei chronischer parenchymatöser Nephritis verfällt das Knochenmark der Röhrenknochen Iymphoider Degeneration.

49%

3. Bei interstitieller Nephritis bleibt das Knochenmark der Röhren- knochen unverändert.

4. Bei Mischformen der chronischen Nephritis erhält das Knochenmark der Röhrenknochen einen Iymphoiden Character. Li.

Professor P. Grawitz (Greifswald): Ueber urämische Darm- geschwüre. (Deutsche med. Wochenschr. 1898, No. 20.)

Es ist lange bekannt, daß bei urämischen Kranken Durchfälle auf- treten und daß man bei der Section solcher Fälle verschiedene Grade der Verschorfung und Verschwärung der Darmschleimhant antrifft. Diesen Geschwüren kommen im Gegensatz zu den typhösen, tuberculösen, folli- culären keine scharf characterisirten anatomischen Eigenschaften zu, sie gehören vielmehr zu der Sammelgruppe der diphtherischen Darm- geschwüre. Für die Entstehung „diphtherischer* Geschwüre im Diekdarm sind mindestens drei Ursachen sichergestellt: Decubitus durch Kotballen, das Virus der Ruhr und Quecksilbersalze. Früher nahm man bei letzteren an, daß vom Darmlumen aus eine Verätzung der Schleimhaut einträte und daß hierdurch die Anordnung der Verschorfungen auf den hervorragenden Falten zu erklären sei. In Versuchen, die Verf. mit Poelchen gemein- schaftlich anstellte, wobei einem Hunde, dessen Dünndarm als Anus praeter- naturalis in eine Bauchwunde eingenäht war, während der ganze Dickdarm in der Bauchhöhle versenkt blieb, Quecksilbersalbe in die Haut eingerieben wurde, kam schwerste diphtherische Verschorfung zu Stande, obgleich Speichel und Galle keine Quecksilbersalze in das Dickdarmlumen abführen konnten. Es mußten also bei der Ausscheidung der Quecksilberverbindungen aus dem Blut die Hyperämie des Dickdarms, die Muskelcontractionen, Blutungen und Darmbacterien zusammenwirken, um die Verschorfung auf der Höhe der Falten herbeizuführen. Was nun die „diphtherischen“ Ver- schorfungen bei schwerer Nephritis anlangt, so sind sie hauptsächlich im Dünndarm anzutreffen. Oft ist bei tuberculösen Individuen, die an chronischer, parenchymatöser Nephritis sterben, ausgebreitetes Oedem der Submucosa des Dünndarms, oft Amyloidentartung der Darmzotten vorhanden, so daß man nicht entscheiden kann, welchen Anteil etwa zersetzte Harn- bestandteille im Darmlumen an der Schorfbildung haben. Unzweifelhaft urämischen Ursprungs sind einzelne Fälle, welche man bei Personen nach Nierenoperationen antrifft, da hier plötzlich nach den operativen Eingriffen Anurie eingetreten war, woran sich im Verlauf von 2—4 Tagen profuse Diarrhoen angeschlossen hatten, die bis zum Tode an Urämie andauerten. In solchen Fällen fanden sich im Dick- und Dünndarm große flächenhafte, gelbgrüne, necrotische Stellen, die durch die Mucosa bis weit in die Sub- mucosa reichten. Characteristisch ist die gleichmäßige Flächenausdehnung und die tiefgehende Necrose. Beides spricht nach Verf. dafür, daß es sich dabei um eine intensive Flächenätzung handelt, die vom Lumen her ein- gewirkt hat. In einem Fall eines jungen Mannes, der an Granularatrophie mit äußerster Schrumpfung beider Nieren und enormer Herzhypertrophie

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gestorben war, zeigte der Dünndarm vom Jejunum abwärts kaum einige Centimeter lange, intacte Abschnitte, sondern umfangreiche, oberflächliche Schorfbildung in der Mucosa, dann tiefer in die Submucosa reichende Necrosen, ferner solche, die in brandigem Zerfall und Losstoßung begriffen waren; im unteren Teil des Jejunum und im Ileum fand man schon von außen eine Anzahl gelber, opaker Herde der Serosa von äußerst dünner Beschaffenheit, welche wie Typhusgeschwüre kurz vor der Perforation aus- sahen. Die Innenfläche des Darms zeigte hier zackige, sehr unregelmäßige, der Längsachse des Darms folgende, tiefe Substanzverluste, die bis zur Serosa reichten, nicht nur gereinigt waren, sondern auch deutlich narbige Schrumpfungen der von Schleimhaut überzogenen Geschwürsränder erkennen ließen. Die ältesten Processe fanden sich in der Nähe der Ileocöcalklappe, die frischesten höher oben. Characteristisch ist also für das urämische Darmgeschwür weder der Anfang, noch eine bestimmte Ausdehnung in Länge und Tiefe der Darmwand, auch ist das Auftreten nicht absolut auf das Jejunum und Ileum beschränkt, sondern characteristisch ist nur das Gesamtbild. „Wenn bei Fällen von mehr oder minder plötzlich eintretender Unterdrückung der Nierenfunction oder bei Erlahmung eines stark hyper- trophischen linken Herzventrikels, der einen erheblichen Anteil an der Harn- ausscheidung bei fortgeschrittener Nierenschrumpfung gehabt hatte, reich- liche Mengen von Harnsalzen in das Darmlumen abgeschieden werden, so darf man bei der Section Darmgeschwüre, welche die oben beschriebene Entstehung aus diffuser, flächenhafter, in die Tiefe greifender Necrose er- kennen lassen, mit hoher Wahrscheinlichkeit als urämische Darm- geschwüre bezeichnen.“ R. L.

Verhaeghe: Ueber einen Fall von Pericarditis bei einem Brightiker. (L’Echo Med. 1897, No. 42.)

Der Fall betraf einen 40jährigen Mann, der schon einmal wegen einer Gastritis ex abusu spirituosorum im Krankenhause behandelt worden war und nun mit Cephalalgie, Schmerzen in den Beinen, blassem aufgedunsenen Gesicht, etwas Oedem in den unterem Extremitäten und der Thoraxwand wiederum zur Aufnahme kam. Außerdem bestanden Wadenkrämpfe, Ohren- sausen, Wolken vor den Augen, stark vermehrte Urinsecretion und Albu- minurie. Im Verlauf der Krankheit wurde an der Herzspitze ein systolisches Hauchen festgestellt, das ein wenig stärker an der Basis zu hören war und den Gedanken an eine Pericarditis nahelegte. Das Befinden des Kranken wurde nun immer schlechter. Es stellten sich Gesichtskrämpfe ein, die alle zwei Minuten auf einander folgten. Die Zuckungen teilten sich dann den unteren und schließlich den oberen Extremitäten mit und nach kaum vierwöchentlichem Krankenlager trat der Exitus letalis ein.

Die Section ergab neben granulirten, atrophischen Nieren in der Haupt- sache eine Pericarditis: Der Herzbeutel enthielt etwa 30 g einer trüben Flüssigkeit. Das parietale Blatt war ein wenig verdickt und an seiner Innenfläche mit Granulationen bedeckt, Das viscerale Blatt war runzlig und

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mit neugebildeten Membranen bedeckt, die sich leicht entfernen lieben uni das ganze Pericardium einnahmen, jedoch am reichlichsten und stärksten an der Basis, auf der Aorta und der Arteria pulmonalis saben und hier eine sehr deutliche Tendenz zur Organisation zeigten. Adhärenzen bestanden nirgends. Verf. veröflentlicht den Fall als Illustration für gewisse vor Kurzem von Rabe hervorgehobene Beziehungen zwischen der Pericarditis und der Brightischen Krankheit. Rabe stellte diese Pericarditis der Brizschtiker in eine Reihe mit der terminalen Diphtherie coxalgischer Kinder oder der Bronchopneumonie bei Greisen. Hier wie dort ein kachectischer Organismus. der unfähig ist, sich gegen die Keime, «die von außen auf ihn eindringen. zu verteidigen, bei dem sich daher leieht eine Infection entwickelt, die schnell zum Tode führt. Die Pericarditis der Brightiker kann entstehen ohne primäre Entzündung eines benachbarten Organs; sie localisirt sich direct an der Serosa, vielleicht in Folge der Ueberanstrengung dieses Organs. Das Herz hypertrophirt bei Morbus Brightii wegen der Widerstände in den Nierengefäßen, es schlägt öfter und stärker. Aus diesem Grunde wird auch das Pericardium, gleichsam eine Synovialis des Herzens, stärker in Anspruch genommen, die Berührungstlächen beider Blätter dehnen sich bedeutend aus und reiben sich intensiver an einander, als in normalem Zustande, und diese Schwäche des Organs benutzt die Infection, um sich dort festzusetzen. Characterisirt ist diese Pericartditis durch ihre Acuität, ihren schnellen Ver- lauf, durch ihre mangelnde Tendenz zur Rückbildung, durch ihr unauf halt- sames Fortschreiten bis zum tötlichen Ende. Sie dauert in den meisten Fällen nur 8—10 Tage. Ritterband.

R. B. Hofmann: Ueber das wahrscheinliche Vorkommen ‘von Carbaminsäure bei Eclampsie. (UOentr.-Bl. f. inn. Med. 1898, 28.)

20 ccm Cerebrospinalflüssigkeit einer Eclamptischen waren farblos’ wasserklar, alkalisch, 1009 specifisches Gewicht; eine Spur Eiweiß war nachzuweisen, aber keine Biuretreaction; Kupferoxyd wurde reducirt, an- scheinend aber nicht von Zucker allein, da die wenigen Gasblasen bei der Vergährung der Menge des redueirten Kupfers nicht entsprachen. Nach Drechsel’s Methode konnte carbaminsaures Ammon in Spuren nach- gewiesen werden, ebenso im Harn, welcher 0,02 pCt. Eiweiß enthielt.

Mankiewicz.

Cleveland Test (Chicago): Floating kidneys. (Medical Record, New York, 18. Juni 1898.)

Verf. bringt wenig Neues zur Pathologie und Therapie der Wander- niere; seine Absicht ist es, in erster Linie auf die Häufigkeit dieser Anomalie aufmerksam zu machen. Fünf von den neun in ausführlichen Kranken- geschichten mitgeteilten Fällen kamen ihm innerhalb zweier Monate zur Beobachtung, zwei davon an demselben Tage. Fünfmal war die rechte, viermal die linke Niere befallen. Alle Fälle betrafen Frauen, mit zwei Aus-

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nahmen junge Frauen. Siebenmal war ein ursächliches Trauma mit Sicher- heit nachweisbar, dreimal bestand dasselbe in einem Fall, viermal im Heben schwerer Lasten. Die Untersuchung nimmt Verf. mit Vorliebe bei der stehenden, leicht nach vorn und gegen die zu untersuchende Seite geneigten Patientin vor; bereits eine geringe Lockerung der Niere ermöglicht die Palpation des unteren Nierenrandes. Die Contouren und die Thatsache, daß nach der Reposition die Beschwerden augenblicklich verschwinden, ver- bürgen die Richtigkeit der Diagnose. Schmerzen, Empfindungen von Ziehen und Störungen der Verdauung beobachtete T. in allen seinen Fällen, hin und wieder gesellten sich mannigfache nervöse Symptome hinzu. Mit Pelotten- und Bandagenbehandlung wurden durchweg gute palliative Re- sultate, bei einer Frau, die wenige Stunden nach dem die Wanderniere er- zeugenden Trauma in Behandlung kam, sogar Radicalheilung erzielt. R. Rosenthal (Berlin).

Dr. H. Thümmel (Braunschweig): Exstirpation einer tuber- culösen Wanderniere. (Beiträge zur wissenschaftl. Medicin. Festschrift. Braunschweig 1897.)

Die Gleichzeitigkeit zweier wichtiger Erkrankungen an einem und dem- selben Organ, wie sie eine tuberculöse Wanderniere darstellt, bietet bezüglich des Verlaufes, der Diagnose und Behandlung doch einiges Besondere, so daß wir den Fall des Verfassers an dieser Stelle kurz wiedergeben wollen.

Ein 2djähriges Fräulein aus Braunschweig ließ sich auf Veranlassung ihres Arztes in die Klinik des Verfassers aufnehmen. Seit zwei Jahren be- standen schon Blasenbeschwerden. Der Urin blieb trübe, wurde häufig und immer in kleinen Quantitäten gelassen. Familie tuberculös belastet. Gleich nach der Aufnahme wurde die Patientin in Chloroformnarcose untersucht. Man fand die rechte Niere nach unten verlagert, außerhalb des physiologi- schen Gebietes, und man konnte die große Beweglichkeit des Organs fest- stellen. Die mikroskopische Untersuchung des Urins stellte reichliche An- zahl von Tuberkelbacillen fest. Eine zur Sicherung der Diagnose in Narcose vorgenommene Cystoskopie ergab die Thatsache, daß aus der rechten Ureter- mündung zeitweise trübe, flockige Flüssigkeit herauswirbelte. Diese Ureter- mündung war wallartig oben und unten von Granulationen umgeben. Die übrige Blasenschleimhaut zeigte keine besonderen krankhaften Verände- rungen. Aus der linken Uretermündung, die etwas mit ihrer nächsten Umgebung aus der Blasenwand hervortrat, aber nicht von Granulationen umkleidet war, sah man deutlich einen Flüssigkeitsstrahl von heller, durch- sichtiger Beschaffenheit schußweise ausströmen. Hiermit war die Diagnose „tuberculöse Geschwüre am Austritt des rechten Ureters, des Ureters selbst und der Niere, Vergrößerung der letzteren mit abnormer Beweglichkeit, wahrscheinliche normale Beschaffenheit der linken Niere“ festgestellt. Es wurde nun die Exstirpation der kranken Niere vorgenommen. Schnitt parallel dem Rippenbogen, zwei Finger breit von demselben fast in der Medianlinie beginnend und fast bis zur Darmschaufel reichend. Die Niere

wurde in der abnormen Lage (Wanderstellung) festgehalten, und es wurde stumpf lateral vom Colon eine Oeflnung hergestellt, die so weit erweitert wurde, daß die Niere hindurch nach außen gedrängt werden konnte. Die Operation wurde dann in der üblichen Weise beendet. Die Gesamt-Unter- bindung der Nierengefäße geschah mit Hilfe Deschamps’scher Nadel. Der Gefäbstumpf wurde versenkt. Schließlich wurde die Naht der Bauchwunde angelegt: Naht des Peritoneums, Naht der Fascie, Naht der Musculatur und der Cutis. Nahe der Darmschaufel wurde eine fingerdicke, bis in die Bauch- höhle reichende Oeffnung gelassen und mittelst Jodoformdochtes tief tam- ponirt. Jodoformgaze, Heftpflasterverband. Der weitere Verlauf war ein normaler. Der Urin enthielt keine Tuberkelbacillen mehr. Auch später sind tuberculöse Erkrankungen an anderen Organen nicht aufgetreten. Was den pathologisch-anatomischen Befund an der exstirpirten Niere anbetrifft, so fanden sich u. A. in die Pyramidensubstanz eingesprengt, besonders in den Spitzen der Pyramiden, aber auch einen großen Teil der ganzen Pyramiden einnehmend, gelbe käsige Herde mit buchtigen Rändern, in deren unmittel- barer Umgebung Stauungshyperämie und kleinste Tuberkelknötchen zumal am oberen Pol. Sonst überall in den Pyramiden kleine und größere Käse- herde, Nierenbecken mit zerfallenen käsigen Massen ausgekleidet, Schleimhaut ulcerirt; von dieser gelangte man direct in größere Zerfallsherde der Pyra- miden des oberen Pols. Der Ureter zeigte starke musculöse Verdickung, Schleimhaut ebenfalls ulcerirt, größtenteils in käsige Massen umgewandelt. M. Rosenthal.

Dr. Fr. Denecke (Braunschweig): Ein Fall von schwerer Nieren- blutung nach Nephrolithotomie. (Beiträge zur wissenschaftl. Medicin. Festschrift. Braunschweig 1897.)

Als Ursache für die im Anschluß an die Nephrolithotomie entstandene sehr starke Blutung kämen die Punction der Niere, der Nierenschnitt selbst und das Hervorziehen des etwa bohnengroßen Steines mit der Kornzange in Frage, da andere Eingriffe an der Niere nicht vorgenommen worden waren. Die Blutung war in diesem Falle eine außerordentlich heftige; in den acht Tagen bis zur Nephrectomie wurden täglich %,—11 Urin entleert, der zuweilen wie reines Blut aussah. Anfänglich ertrug der Kranke den Blutverlust auffallend gut. Erst am fünften Tage traten die ersten An- zeichen stärkerer Anämie ein: der Kranke wurde anämisch aussehend, der Puls frequenter. Ein operativer Eingriff wurde abgelehnt. Nach drei weiteren Tagen hatte sich die Anämie erheblich gesteigert; es stellten sich Kopf- schmerzen, Schwindel und Erbrechen ein. Da jetzt die Zustimmung zur Operation gegeben wurde, so wurde, also acht Tage nach der Nephrolitho- tomie, die Nephrectomie ausgeführt. Da trotz der Naht die Blutung bestand, so hätte hier nur noch die Tamponade vom Nierenbecken aus, wie sie von Küster empfohlen wird, in Betracht kommen können. Die Ausführung derselben wäre wohl eine sehr leichte gewesen, da es ja nur der Wieder- eröffnung der nur wenig verklebten Weichteil- und speciell auch der Nieren-

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wunde bedurft hätte. Doch kam dies Moment bei der Wahl der Operation nicht in Betracht. Der leitende Gesichtspunkt durfte allein die absolut sichere Stillung der Blutung sein.

Im Allgemeinen wird man, wenn man sich bei Nierenverletzungen zur Operation entschlossen hat, die näheren Maßnahmen zur Stillung der Blutung, abgesehen von der Art der Verletzung, besonders auch von der Intensität der voraufgegangenen Blutung und dem augenblicklichen Kräftezustand des Kranken abhängig machen. Je größer und bedrohlicher diese sind, umso- mehr wird ein radicales Vorgehen gerechtfertigt und angezeigt erscheinen. Hat die Anämie also sehr hohe Grade erreicht, treten Ohnmachtsanwand- lungen, Erbrechen auf, und wird der Puls frequent, so scheint dem Verfasser, falls die andere Niere sicher gesund ist, allein von der Nephrectomie Erfolg zu erwarten zu sein. Sie ist unzweifelhaft dasjenige Verfahren, welches am schnellsten die Blutung stillt, und welches, worauf bei einer hochgradigen Anämie gewiß sehr großes Gewicht zu legen ist, am ehesten vor einer Nach- blutung schützt. So nahm auch im vorliegenden Fall der Urin nach der Operation ein gelbliches Aussehen an, und der Kranke konnte nach ent- sprechend langem Krankenlager, welches noch durch eine fötide Cystitis, die eine Sectio alta erforderlich machte, complicirt war, als völlig geheilt entlassen werden. M. Rosenthal.

Dr. Poroschin: Beitrag zur Frage von derintraperitonealen Verletzung der Harnwege bei Laparotomie. (Wratsch 1898, No. 19.)

Der Beitrag umfaßt zwei Fälle von intraperitonealer Verletzung der Harnwege bei Laparotomie aus der Klinik von Slawjanski. In dem ersten Fall handelte es sich um eine Patientin, bei der die Laparotomie wegen sackförmiger Geschwulst des rechten Ovariums und intraligamentärer Cyste gemacht wurde. Bei der Ausschälung der letzteren, die mit den umgebenden Teilen durch derbe Verwachsungen vereinigt war, wurde der rechte Ureter durchschnitten. Die Verletzung wurde sofort aus dem Harntröpfeln aus dem renalen Ende des Ureters erkannt. Die beiden Enden des Ureters wurden von ihren Verwachsungen befreit und sofort wurde zur Vereinigung derselben geschritten. Die Wände des Ureters waren ziemlich dick, so daß eine der Darmnaht ähnliche Naht angelegt werden konnte; die beiden Enden des Ureters wurden in enge Berührung gebracht und in dieser Lage mittelst vier Nähte aus feinster Seide befestigt, die nicht bis an das Lumen gingen, sondern nur die Serosa und die Muscularis faßten. Um die genähte Partie wurde ein Bauchfelllappen gewickelt und mit einigen Seidennähten befestigt. Das war eine mühselige Arbeit, die zwei Stunden gekostet hatte. Nachts wurde mittelst Katheters eine geringe Quantität rötlichen Harns abgelassen, in dem die mikroskopische Untersuchung rote Blutkörperchen ergab. In den fol- genden fünf Tagen häufiger Harndrang; die tägliche Harnquantität betrug 100—300 ccm, im Harn waren Eiterkörperchen und rote Blutkörperchen, letztere in geringerer Quantität, vorhanden. Vom sechsten Tage verschwand

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der Harndrang; die tägliche Harnquantität stieg bis 600 ccm, der Harn ent- hielt nur wenig Eiterkörperchen. Vom zwölften Tage war die Harnent- leerung vollkommen normal, nur mittelst Mikroskops konnten im Harn noch spärliche Eiterzellen entdeckt werden; am 20. Tage nach der Operation wurde die Patientin im vorzüglichsten Zustande entlassen. Der Harn war vollkommen rein, ohne jede Beimischung; die rechte Niere nicht vergrößert und schmerzfrei.

Im zweiten Fall handelte es sich um eine 43jährige Patientin, bei der Ascites, subseröses Fibromyom der Gebärmutter oder sackförmige Geschwulst des Ovariums diagnostieirt wurde. Die Laparotomie wurde wegen zu- nehmenden Asthinas und Herzklopfens gemacht. Zuerst wurde ein kleiner Schnitt geführt und durch diesen 12 Liter Flüssigkeit entleert. Der Schnitt wurde hierauf von der Symphyse fast bis zum Schwertfortsatz fortgesetzt. Man fand eine teilweise compacte, teihveise elastische Geschwulst, die ınit dem Gebärmuttergrund durch einen dünnen Stiel vereinigt war. Die vordere Oberfläche der Geschwulst war mit der Harnblase fest verwachsen. Nach Unterbindung des Stieles wurde die Geschwulst abgetragen, und nun sollte die letztere von ihren Verwachsungen mit den benachbarten Organen be- freit werden. Die schlaffe, dünne Wand der Harnblase riB dabei, und es entstand eine so heftige Blutung, daß man die Geschwulst samt einem Teile der Harnblase schleunigst entfernen mußte. Stillung der Blutung, gleich darauf Naht der Harnblase. Die Wände derselben wurden schichtweise vereinigt. Die Mucosa mit der Mucosa durch ununterbrochene Seidennaht nach Multanowski, die Muscularis und die Serosa durch Knotennaht vereinigt. Reinigung der Bauchhöhle, übliche Bauchnaht. Dauerkatheter in die Harnblase bis zum vierten Tage, an dem die Kranke vollkommen frei zu uriniren begann. Der Harn bot keine Abnormitäten: weder quanti- tativ, noch qualitativ. Am 10. Tage Entfernung der Nähte, am 17. stand die Patientin auf bei normaler Temperatur und gutem subjectiven Befinden. Im Anfang der vierten Woche wurde die Patientin entlassen. Li.

Delbet: Double n&ephrotomie. (Le progrès medical 1898, No. 31.)

In der Societe de chirurgie stellte Delbet einen Kranken vor, bei welchem er eine doppelseitige Nephrotomie wegen renaler Lithiasis machen mußte. Die rechte Niere wurde wegen einer calculösen Hydronephrose auf- geschnitten. Später mußte auch die linksseitige Nephrotomie gemacht werden, und man fand dort einen wahren Griesbrei. Immerwahr (Berlin).

Badano: Wirkung des Nebennierenextracts auf das respi- ratorische und cardiovasculäre System. (Münchener med. Wochenschrift, 12. April 1898.)

Die physiologische Wirkung des Extracts der Nebenniere besteht darin, daß Verlangsamung und Aufhören der Respiration, später zunächst langsame und obertlächliche Atmung, endlich intensive Dyspnoe, ferner Mydriasis,

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Extremitätenlähmung, Speichelfluß, Temperaturerniedrigung eintritt. Weiter- hin entsteht Erhöhung des Blutdruckes und bei höheren Dosen Ischämie der Schleimhaut. H. L.

Simmonds: Ueber compensatorische Hypertrophie der Nebenniere. (Münchener med. Wochenschrift, 12. April 1898.)

Verf. berichtet über einen Fall, in dem compensatorische Hypertrophie der Nebenniere (15 g) bei Atrophie des anderen Organs (2 g) eingetreten war. Es handelte sich um eine in Heilung befindliche atrophisirende ein- seitige Nebennierentuberculose bei einem in Folge von Gesichtskrebs ver- storbenen Mann. Experimente bei Tieren haben regelmäßig gleichfalls zu vicarürender Hypertrophie der anderen nach Exstirpation einer Nebenniere geführt; wenn dies klinisch im Allgemeinen selten beobachtet werde, so liege dies an dem meist doppelseitigen oder jedenfalls schnellen Verlauf des Leidens. „Hab.

Andrewes: Haemorrhage into the suprarenal capsules in an enfant. (British Medical Journal, 7. Mai 1898.)

Ein 15monatliches Mädchen starb nach 36stündigem Kranksein. Bei dem Vorhandensein eines hämorrhagischen Exanthems Diagnose: Hämor- rhagische Pocken. Die Autopsie ergab Blutung der Nebennieren, ohne daß ein Grund hierfür (Diphtherie, Guinea-Wurm) aufgefunden werden konnte. Aehnliche Fälle, gleichfalls unbekannter Ursache, teilten in der Discussion Garrod, Still, Batten, Colman, Völkers und Payne mit. H.L.

Privatdocent Janowski (Kiew): Ein Fall von Addison’scher (?) Krankheit. (Wratsch 1898, No. 23.)

J. berichtet über eine 44jährige Frau, die ihn wegen allgemeiner Schwäche, Schwindel, Asthma, Herzklopfen, leichtem Schwitzen, Appetit- mangel, Obstipation und Erbrechen bei nüchternem Magen consultirt hatte. Die Patientin ist 24 Jahre verheiratet, hat drei Kinder und war bis auf eine vor einigen Jahren überstandene Malaria stets vollkommen gesund. Im Januar 1. J. verspürte die Patientin zum ersten Mal Schwäche, allgemeinen Kräfteverfall und Schmerzen im gesamten Körper, ohne daß sie sich diese Beschwerden hat erklären können. In den letzten drei Wochen bemerkte sie eine eigentümliche, dunkel-broncene Verfärbung der Haut am Gesicht und an den Händen. Bei der Untersuchung fällt zuerst die stark aus- gesprochene Verfärbung der bezeichneten Körperteile auf. Eine gleiche Alteration befindet sich am Kreuz, ohne jedoch hier diffus zu sein. In den Lungen nichts Besonderes. Herztöne rein, gedämpft; Puls klein, läßt sich leicht comprimiren, 116 in der Minute. Milz palpabel, mit derbem, schmerz- haften Rand. Iın Gebiet der Nebenniere bei Druck Schmerzhaftigkeit. Im Harn nichts Abnormes, im Blut nur unbedeutende Leukocytose.

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Trotzdem J. im: vorliegenden Falle die Diagnose „Addison’sche Krankheit“ nur mit Vorbehalt stellte, so verordnete er doch der Patientin Nebennierenextract, und er will über die Resultate der Behandlung dem- nächst berichten. Li.

Graubner (Dorpat): Pathologisch - anatomische Beiträge. (Petersb. med. Wochenschr. 1898, No. 27.)

In der medicinischen Gesellschaft zu Dorpat demonstrirte G. folgende pathologisch-anatomische Nierenpräparate:

1. Die Niere einer Patientin, welche moribund in die Mellin'sche An- stalt eintrat, und bei der die Section folgendes ergab: rechts parenchymatöse Nephritis, links an Stelle der Niere ein fluctuirender Sack. Beim Einschneiden erscheint die Marksubstanz von einer Menge kleiner Eiterherde durchsetzt. Peritonealtuberculose. Das Mesenterium zu einem festen Knäul zusammen- geschmolzen. Es handelt sich wohl um hochgradige tuberculös-eitrige Ein- schmelzung des Nierengewebes.

2. Die Niere einer Patientin, welche durch Nephrectomie entfernt

wurde. Bei der Entlassung noch eitriger Urin, doch soll derselbe, wie G. in Erfahrung gebracht hat, klar geworden sein und Patientin sich nunmehr völlig wohl fühlen.

3. Eine ebenfalls operativ entfernte Niere, welche von einer Menge stecknadelkopfgroßer Eiterherde durchsetzt ist. Weder im Harn, noch in Ausstrichpräparaten des Eiters konnten Tuberkelbacillen nachgewiesen werden. G. glaubt, dab es sich um Pyonephrose mit Bildung miliarer Abscesse nicht tuberculöser Natur handelt. Patientin, vor 1'j, Jahren unter Fieber und Schmerz erkrankt, trat im Januar d. J. in die Anstalt. Die Diagnose lautete auf Pyonephrose resp. Pyelitis. Vor einigen Tagen erschien sie wieder, hochgradig abgemagert, hectisch fiebernd. Cystoskopisch gelang es nicht, nachzuweisen, aus welchem Ureter die Eiterung stammte. Doch war gelegentlich links ein Tumor fühlbar, und da auch der Schmerz in die linke Seite verlegt wurde, so konnte man mit ziemlicher Sicherheit schließen, daß die linke Niere erkrankt war. Während im Januar nie Cylinder und Nieren- epithelien gefunden wurden, war beides jetzt zahlreich vorhanden.

Li.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. I’ruck vun Car! Marschner Berlin SW., Ritterstra»sse 4&1.

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Ueber die Aetiologie, Pathogenese und Behandlung der septischen Infectionen der Harnwege. Vortrag, gehalten auf der British Medical Association zu Edinburgh 1898 von Dr. Thorkild Rovsing (Kopenhagen).

In meinem Werke „Klinische und experimentelle Untersuchungen über die infectiösen Krankheiten der Harnorgane“ (Kopenhagen 1897 und Berlin 1898) habe ich auf Grund von 126 bacteriologisch unter- suchten Fällen die Gründe für die Resultate auseinandergesetzt, zu denen mich meine Untersuchungen in Bezug auf die hier zur Discussion gestellten Fragen geführt haben. Ich verweise Sie in Folge dessen behufs ausführlicherer Details auf das bezeichnete Werk und will mich hier nur auf ein kurzes Resume der Resultate und Anschauungen be- schränken, zu denen ich auf Grund eigener, bei Behandlung und bacteriologischer Untersuchung von über 200 Fällen gemachter Er- fahrungen gelangt bin.

A. Aetiologie.

Es giebt, wie wir wissen, eine große Anzahl von Mikroorganismen, die allmählich als Ursache von infectiösen Erkrankungen der Harnwege erkannt worden sind; in der That mag auch jeder für den Menschen pathogene Mikroorganismus bei Gelegenheit als Erreger einer Erkran- kung im Gebiete des Harntractus gefunden werden. Geht man jedoch von einem allgemeinen Standpunkt aus, so kann man sämtliche Bacterien, die das Gebiet der Harnorgane beherrschen, in zwei Gruppen einteilen, und zwar in 1. solche, die Harnstoff zersetzen (Staphylococcus pyogenes aureus und albus, Proteus Hauser, verschiedene Diplokokken und Stabbacterien, die sowohl pyogen, wie auch nichtpyogen sein können) und 2. solche, die wir unter dem Namen Bacterium coli kennen. Die

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Frage, warum gerade diese zwei Gruppen vorherrschen, findet ihre Beantwortung in dem Umstande, dab es für die Infection der Harn- organe zwei Hauptquellen giebt, und zwar die Harnröhre und den Darmcanal. Schon unter normalen Verhältnissen beherbergt die Harnröhre harustoffzersetzende Bacterien; wird nun dieses Organ von einer Entzündung ergriffen, so steigert sich die Anzahl dieser Bacterien ganz enorm. Im Darmcanal schwärmt es dagegen immer von sogenannten Colibacillen. Zwar kann es gelegentlich vorkommen, daß der Harn- tractus mit Colibacillen von Seiten der Harnröhre und mit harnstoff- zersetzenden Bacterien von Seiten des Darms inficirt wird; die Regel ist jedoch, wie oben erwähnt, dab die zwei Bacteriengruppen diese zwei verschiedenen Eingangspunkte haben.

Die Infection von Seiten der Harnröhre war das, was ich zuerst beobachtet hatte, und die Theorie, daß die Infection des Harn- tractus ihren Ausgangspunkt stets in der Harnröhre nimmt und sich in aufsteigender Richtung ausbreitet, war die vorherrschende, bis ich in meiner im Jahre 1889 erschienenen Abhandlung bewiesen habe, dab die Infection der Harnwege sich ebenso gut in absteigender Richtung ausbreiten kann: ich hatte damals nämlich fünf Fälle von Cystitis ammoniacalis beobachtet, welche sich secundär im Anschluß an Nephritis entwickelt hatten. Die Nachforschungen, welche ich in den letzten 8—9 Jahren gemacht habe, überzeugten mich immer mehr und mehr, daß die Infection der Harnorgane auf dem Wege durch das Blut viel häufiger stattfindet, als angenommen wird, namentlich von Seiten des Darms aus; eine Infection von Seiten der Harnröhre kommt am häufigsten bei der Einführung von Instrumenten zu Stande, durch welche die Krankheitskeime aus der Harnröhre in die Harnblase hineingeschleppt werden. Im Anfange der antiseptischen Behandlung glaubte man all- gemein, daß die Infection ausschließlich durch nicht desinficirte Instru- mente herbeigeführt werde, und groß war die Ueberraschung, als es sich herausgestellt hatte, daß die Anzahl der Katheterisations-Cystitiden trotz der sorgfältigsten Sterilisation der Instrumente doch nur um ein Geringes reducirt wurde. Die Entdeckung, daß die normale Harnröhre unzählige Mengen von Cystitisbacterien beherbergt (Rovsing, Petit, Wassermann u. A.) war von grober Bedeutung für die Erklärung der Frage, weshalb man die Infection durch antiseptische Behandlung der Instrumente nicht abwenden kann.

Bei der Verschleppung der Krankheitskeime aus der Harnröhre in die Harnblase kommen außer den Instrumenten noch andere Ver- mittler in Betracht. Eine derartige Verschleppung findet beispiels- weise statt, wenn eine mit Eiteransammlung einhergehende Urethritis

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posterior sich hinter einer Strictur entwickelt, welche den Abfluß des Harns erschwert und eine Regurgitation desselben bewirkt, wobei der Eiter aus der Pars posterior urethrae mit dem Harn in die Harn- blase gebracht wird. Bisweilen, namentlich in Fällen von schwerer Entzündung kann die Infection von der Harnröhre per continui- tatem direct auf die Harnblasenschleimhaut übergehen. Außerdem können die Harnorgane von der Harnröhre aus inficirt werden, selbst wenn die letztere nicht der Sitz einer Entzündung ist, und zwar ist dies in Fällen von Incontinentia urinae der Fall, wo der Sphincter nicht mehr eine Scheidewand bildet und der beständig sich zersetzende Harn eine Communication zwischen dem Innern der Harnblase und der Außenwelt bewirkt, namentlich den äußeren Genitalien und der Anal- gegend, welche beide so reich an Mikroorganismen sind. In diesen Fällen ist die beste Gelegenheit für eine Invasion der Colibacillen gegeben, welche letztere vermöge ihrer enormen Bewegungsfähigkeit ihren Weg auch gegen den Harnstrom nehmen können. Ich habe schwere Fälle von Bacteriurie beobachtet, welche auf diese Weise entstanden waren.

Neben der Infection durch die Harnröhre nimmt die Infection auf dem Wege durch das Blut ihrer Häufigkeit nach die zweite Stelle ein. . Ich bir der Meinung, daß in denjenigen zahlreichen Fällen von septi- scher Infection der Harnwege, in denen eine Einführung von Instru- menten in die Harnblase nicht stattgefunden hat und in denen keine einzige von den oben erwähnten, auf eine urethrale Infection hin- weisenden Ursachen hat nachgewiesen werden können, die Infection hämatogenen Ursprungs war, verursacht durch Bacterien, welche in das Blut aus irgend einem Krankheitsherde im Körper gelangt sind. Nun bieten sich uns folgende zwei Fragen:

1. Von wo aus findet die Infection statt?

2. In welchem Teile des Harntractus vollzieht sich der Uebergang der Infection aus dem Blute?

Was die erste Frage betrifft, so ist es klar, daß die Entzündung eines jeden Organs zur Bildung von Metastasen im Harntractus führen kann; ich zweifle jedoch nicht, daß der Darmcanal so häufig die Quelle der Infection bildet, daß die Entstehung der In- fection auf dem Wege durch den Darm als Regelangenommen werden kann. Diese Voraussetzung fand ich durch folgende That- sachen bestätigt:

1. In Fällen von cryptogener Infection werden als Ursache der- selben regelmäßig Colibacillen oder Colibacillen in Gemeinschaft mit anderen Mikroorganismen gefunden.

2. Fälle von spontaner Infection werden häufig bei Patienten beob-

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achtet, welche Symptome von acuter oder chronischer Enteritis, be- sonders solche von Colitis mit chronischer Obstipation zeigen. In meiner letzten Arbeit lieferte ich eine Anzahl von hierher gehörigen Beispielen. Zwar ist es Thatsache, daB der Harntractus in manchen Fällen mit Bacterien von Seiten des Darmcanals inficirt wird, obgleich in denselben keine Krankheitserscheinungen von Seiten des Darmcanals vorliegen; es ist jedoch in Betracht zu ziehen, daß in irgend einem Abschnitt des langen Canals immerhin eine leichte örtliche Verletzung existiren kann, welche keine Erscheinungen herbeiführt, durch welche aber die Bacterien in das Blut gelangen können. Es ist wahrscheinlich, daß fast bei einem Jeden ab und zu Ueberwanderungen von Bacterien aus dem Darm in das Blut stattfinden.

3. Schließlich fand diese Theorie Unterstützung in den Tierexperi- menten von Posner und Lewin. Letztere haben nämlich gefunden, daß bei Unterbindung des Darmcanals die Bacterien aus demselben in den Harn gelangen.

Die zweite Frage, nämlich die, in welchem Teile des Harntractus sich der Uebergang der Infection aus dem Blute vollzieht, kann nach meiner Meinung folgendermaßen beantwortet werden: Dieser Ueber- gang kann in jedem Teile der Schleimhaut des Harntractus stattfinden; als Regel gilt jedoch, daß der Uebergang der Bacterien in den Harn in den Nieren stattfindet. Die Argumente, welche diese Annahme unterstützen, sind folgende:

1. Die Niere gehört zu denjenigen Organen, in denen das Blut am häufigsten Mikroorganismen ablagert.

2. Manche dieser Fälle beginnen mit Erscheinungen von acuter, aber leichter und kurzdauernder Nephritis.

3. Stellt sich eine Entzündung ein, so beschränkt sie sich in der Mehrzahl der Fälle auf das Becken.

Außer diesen beiden häufigeren Infectionsquellen, der Urethra und dem Blute, giebt es noch eine dritte Quelle, welche allerdings nicht so häufig angetroffen wird. Das ist die directe Uebertragung der Ent- zündung von einem benachbarten Organ durch Perforation eines Abscesses in der Peritonealhöhle, in den Ovarien, der Prostata, in den Darm- wänden etc., sowie durch diffuse, entzündliche Infiltration, welche, von einem benachbarten, erkrankten Organe (Gebärmutter, Mastdarm) aus- gehend, die verschiedenen Schichten der Harnblase ergreift.

B. Pathogenese.

Sie werden wohl Alle wissen, daß die durch so viele hervor- ragende Arbeiten rühmlichst bekannte Guyon’sche Schule mit Guyon,

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Albarran und Halle an der Spitze der Ansicht ist, daß nicht nur die meisten leichteren infectiösen Erkrankungen des Harntractus durch das Bacterium coli verursacht werden, sondern daß auch die meisten gefährlichen und ernsten Erkrankungen, wie die heftigsten Formen der Cystitis, die verhängnisvolle ascendirende Nephritis mit und ohne Abscesse und schließlich die schwersten Formen von Urininfection, die unter dem Bilde von Septicämie verlaufen, ebenfalls auf Rechnung des fraglichen Mikroorganismus zu setzen sind; den harnstoffzersetzenden Bacterien wird von dieser Schule dagegen nur eine untergeordnete Be- deutung beigemessen.

Meine sowohl klinischen, wie experimentellen Beobachtungen brachten mich jedoch zu einem ganz anderen Resultate. Ich bin der Meinung, daß das Bacterium coli viel weniger pathogen ist wie die harnstoffzersetzenden Bacterien.

Es sei mir gestattet, in kurzen Worten meine Ansichten über die Pathogenese der verschiedenen Affectionen im Gebiete des Harntractus darzulegen.

1. Die Pathogenese der nichtsuppurativen Infectionen. (Bacteriurie, Cystitis epithelialis.)

In den hierher gehörigen Fällen giebt das Vermögen oder das Nichtvermögen der Bacterien, Harnstoff zu zersetzen, eine wichtige Differenz im betreffenden klinischen Bilde.

Die Harnstoff nicht zersetzenden Bacterien, welche haupt- sächlich durch das Bacterium coli repräsentirt sind, liefern ein reines und typisches Bild der Bacteriurie, das sich von den normalen Verhältnissen nur dadurch unterscheidet, daß der Harn in Folge massen- hafter Invasion von Bacterien diffus getrübt ist und zuweilen unangenehm riecht. Bei dem Patienten sind sonst keine anderen Krankheitserschei- nungen von Seiten des Harntractus wahrzunehmen: kein Tumor, kein vermehrter Harndrang; der Urin zeigt außer dem Bacteriengehalt keine Abnormitäten. Auch die Harnblasenschleimhaut ist, wie die cystoskopische Untersuchung zeigt, vollkommen normal. Da- gegen verursachen dienichtpyogenen harnstoffzersetzenden Bac- terien, deren es eine ganze Anzahl giebt (Staphylokokken, Diplokokken und Stabbacterien), diejenige Form von Cystitis, die ich 1889 als Cystitis catarrhalis geschildert habe: ammoniakalischer, trüber Harn mit eiter- ähnlichem Niederschlag, der Tripelphosphatkrystalle, Epithelzellen, einige weiße und rote Blutkörperchen, sowie zahlreiche Mikroorganismen ent- hält; daneben Cystitiserscheinungen, wie häufigen und schmerzhaften Tenesmus. Bei der cystoskopischen Untersuchung der Harn-

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blase findet man die Schleimhaut derselben gerötet und ge- schwollen.

Ueber die Existenz dieser Cystitisform wurde vor einiger Zeit noch viel disputirt. Jetzt wird sie von zahlreichen Autoren, wie Halle, Hoppe, Melchior, Maurel, Moulin anerkannt, aber diese Autoren halten die Bezeichnung „Cystitis catarrhalis“ für unzutreffend, aus dem Grunde nämlich, weil hier keine Suppuration vorliegt, und meinen, daß die Bezeichnung „Bacteriurie“ viel besser gepaßt hätte. Nun, ich gebe bereitwilligst zu, daß die Bezeichnung „Cystitis catarrhalis“ nicht so perfect ist, wie ich es selbst wünschen möchte, und daß die Bezeich- nung „Cystitis desquamativa s. epithelialis“ besser am Platze wäre. Ich muß aber energisch dagegen prostestiren, daB diese Krankheit mit der einfachen Bacteriurie in einen Topf geworfen wird, von der sie sich ganz gewaltig unterscheidet, und zwar insofern, als bei ihr die Harnblasenschleimhaut affıcirt ist und sich in der Folge auch Er- scheinungen von Cystitis einstellen, was in Fällen von einfacher Bac- teriurie niemals der Fall ist.

Dieser Unterschied ist in der That von der größten Bedeutung, indem er in sich den Beweis enthält, daß die hier in Betracht kommen- den Bacterien, abgesehen von der Fähigkeit, Harnstoff zu zersetzen, auch die Fähigkeit besitzen, die Harnblasenschleimhaut zu reizen und letztere somit für eine secundäre Infection mit suppurativen Bacterien empfänglich zu machen.

2. Pathogenese der suppurativen Infectionen. (Cystitis, Ureteritis, Pyelitis, Nephritis.)

Jeder pyogene Mikroorganismus vermag suppurativeEnt- zündung im Gebiete des Harntractus herbeizuführen, wenn er direct in die Schleimhaut entweder durch eine Continuitäts- trennung inoculirt oder mit dem Blutstrom gebracht wird. Ganz anders verhält sich aber die Sache, wenn wir von der Fähigkeit des be- treffenden Mikroorganismus sprechen, die intacte Schleimhaut durch den Harn anzugreifen, und dieser Punkt ist es, der die Scheidewand bildet zwischen der Coligruppe und den gewöhnlichen eiterbildenden Bacterien, deren Hauptrepräsentanten (Staphylococcus pyogenes aureus, albus und citreus), wie ich im Jahre 1889 betont hatte, die enorme Fähigkeit besitzen, Harnstoff zu zersetzen. Das Bacterium coli ist, trotzdem es entschieden pyogen ist, nicht im Stande, die intacte Harnblasenschleimhaut anzugreifen, während die pyogenen harnstoffzersetzenden Bacterien auch bei intacter Blasenschleimhaut

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einc suppurative Entzündung herbeiführen können, sofern es ihnen gelingt, den Harn ammoniakalisch zu machen.

Den besten Beweis dafür liefern die Fälle von primärer Pye- litis. Früher wurden diese Fälle allgemein als solche von Cysto- Pyelitis betrachtet, wenn der Harn purulent und die Miction häufig und schmerzhaft war, de facto aber auch dann, wenn diese Symptome fehlten. Cystoskopische Untersuchungen haben jedoch mich und zweifellos auch andere Chirurgen gelehrt, daß diese Betrachtung eine irrtümliche ist. In den meisten Fällen von primärer Pyelitis fehlt die Cystitis vollkommen, selbst wenn die erstere von häufiger und schmerz- hafter Miction begleitet wird und selbst wenn die Harnblase einige Jahre hindurch das reine Reservoir von äußerst purulentem pyeliti- schem Harn darstellt. Es freut mich, daß mein erfahrener englischer College Dr. Mansel Moulin in seinem 1898 erschienenen Werke über „Cystitis and Urinary Fever“ darauf hinweist, daß er dies in einer überraschend großen Anzahl von Fällen beobachtet hatte. Wäre er weiter gegangen und hätte er nachgeforscht, wodurch die Infection in diesen Fällen herbeigeführt wurde, so wäre er zweifellos zu dem- selben Resultate gelangt, zu dem ich auf Grund von an 40 Pyelitis- fällen angestellten Beobachtungen gelangt bin, und zwar, daß wir mit dem Bacterium coli zu thun haben, wenn die Blase ge- sund, und mit den harnstoffzersetzenden Bacterien, wenn dieselbe erkrankt ist.

Ich beobachtete 29 Fälle von Coli-Pyelitis, die ich sämmtlich so- wohl cystoskopisch, wie auch bacteriologisch sorgfältig untersucht habe; ın sämmtlichen Fällen war die Harnblase vollkommen normal, obgleich sie viele Jahre hindurch (15—20 Jahre) äußerst purulenten Harn und Myriaden von Coli-Bacillen enthielt. In dem einen Falle handelte es sich um Hypertrophie der Prostata mit vollständiger Harnverhaltung, und auch hier wurde die Harnblaseuschleimhaut sowohl zu Lebzeiten des Patienten, wie auch bei der Obduction frei von Entzündungs- erscheinungen gefunden.

Es kann die Einwendung gemacht werden, daB die cystoskopische Untersuchung mangelhaft und die Schleimhaut entzündet gewesen sein könnte, obgleich sie im cystoskopischen Bilde normal erschien. Meine Antwort würde dann vor Allem lauten, daB es befremdlich ist, , daß die Harnblasenschleimhaut bei Coli-Cystitis stets normal erscheinen müsse. Außerdem habe ich aber einen entscheidenden Beweis, daß die Harnblase in den oben erwähnten Fällen auch wirklich intact war, und dieser Beweis ist in Folgendem gegeben: in neun Fällen, m welchen ich die Nephrectomie wegen vollständiger Zerstörung des

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Organs ausgeführt hatte, ließen die Cystitiserscheinungen unmittelbar nach der Operation nach und der Urin wurde vollkommen klar und frei von Eiter oder Eiweiß. Ein Jeder wird wohl zugeben müssen, daß dieses Operationsresultat die Möglichkeit der Existenz einer chro- nischen suppurativen Cystitis ausschließt. In den Fällen, in denen die Pyelitis als Complication von Nephrolithiasis oder beweglicher Niere auftrat, wurde das gleiche Resultat durch Nephrolithotomie resp. Nephropexie erzielt. Diesen neun Fällen gegenüber besitze ich elf Fälle von primärer Pyelonephritis mit ammoniakalischem Urin. Trotzdem keiner dieser Fälle von Harnverhaltung begleitet war, bestand jedoch überall diffuse Cystitis, welche niemals spontan als Resultat der Beseitigung der Grundkrankheit durch Nephrectomie oder Nephro- tomie verschwand, sondern nur nach örtlicher Behandlung der Harnblase.

Wenn Sie die Fälle von Prostatahypertrophie mit partieller oder completer Harnverhaltung in Betracht ziehen, so finden Sie dasselbe Verhältnis: ist der Harn bei intacter Harnblasenschleimhaut mit Bac- terium coli inficirt worden, so haben wir Bacteriurie im Resultate; ist aber der Harn mit harnstoffzersetzenden Bacterien inficirt, so ent- wickelt sich schnell eine Cystitis; Patienten mit totaler Harnretention beginnen plötzlich spontan zu uriniren und Patienten mit partieller Harnretention klagen auf einmal über häufige und schmerzhafte Miction.

Wird aber die Harnblasenschleimhaut durch irgend ein Instrument verletzt, so kann es zur Cystitis kommen, ganz gleich welcher von den beiden Mikroorganismen vorhanden ist, nur daß er pyogen wäre.

Die einzige Erklärung, welche ich für die so verschiedene Wir- kung der beiden hier in Betracht kommenden Bacteriengruppen finden kann, basirt auf der Voraussetzung, dass die Zersetzung des Harn- stoffs das entscheidende Moment ist. Beide Gruppen sind pyogen, aber die harnstoffzersetzenden Bacterien verwandeln den Harn zu einer reizenden ammoniakalischen Flüssigkeit, welche die Epithelzellen zer- stört und die Blasenschleimhaut für eine Invasion von pyogenen Bacterien geeignet macht.

Der Umstand, daß man den Harn in Fällen von Cystitis, die durch harnstoffzersetzende Bacterien herbeigeführt wurde, sauer gefunden hatte, ist nicht von Belang, und es kommt hauptsächlich darauf an, wie die Beschaffenheit des Urins bei Beginn der Cystitis war. ‘Denn später wird die Urination so frequent, daß der Harn möglicherweise keine Zeit hat, sich in der Harnblase zu zersetzen und beim Passiren der Harnröhre noch saure Reaction haben kann.

In Fällen von unilateraler, durch harnstoffzersetzende Bacterien verursachter Pyelitis ist es in Anbetracht der obigen Auseinander-

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setzungen ganz natürlich, daß eine Complication mit Cystitis nicht stattfindet, wenigstens so lange nicht, bis der aus der gesunden Niere kommende Harn den aus der kranken neutralisirt. Es giebt auch solche Mikroorganismen, deren zersetzende Eigenschaften so leichter Natur sind, daß ihre Bedeutung sehr gering oder gleich null ist. Während ich gefunden habe, daß die Mehrzahl der Fälle von primärer Pyelitis durch das Bacterium coli verursacht wird, ist bei primärer Cystitis das Entgegengesetzte der Fall, indem dieselbe ihre Ent- stehung größtenteils den harnstoffzersetzenden Bacterien verdankt; letzteres stimmt auch mit der Thatsache überein, daß die meisten Cystitisfälle durch Infection von Seiten der Harnröhre entstehen.

Unter 120 Fällen von Cystitis fand ich harnstoffzersetzende Bacterien in 94 Fällen (80mal allein und 14mal in Begleitung von Bacterium coli). In 7 Fällen fand ich Bacterium coli allein, in 14 Fällen zusammen mit anderen Bacterien (Streptococcus pyogenes, Gonococcus Neisser und Tuberkelbacillen).

Wenn Sie in Fällen von Cystitis gleichzeitig Coli-Bacillen und harnstoffzersetzende Bacterien antreffen, so können Sie es als Regel gelten lassen, daß letztere die Krankheitsursache, während die ersteren verhältnismäßig unschädliche Begleiter sind. Als Beweis dafür braucht nur die Beobachtung angeführt zu werden, daß die Cystitis samt den harnstoffzersetzenden Bacterien unter der Behandlung mit Arg. nitr. verschwindet, während das Bacterium coli zurückbleibt.

Ich bin also der Meinung, daß das Bacterium coli, wenngleich es pyogen ist, nicht im Stande ist, die gesunde und intacte Blasenschleim- haut anzugreifen, und daß dessen Anwesenheit im Harn für die Blasen- schleimhaut gleichgiltig ist, so lange dieselbe keine Continuitätstrennung aufweist.

Sie werden aber vielleicht fragen, wie so denn nun all’ diese zahl- reichen Fälle von Colipyelitis entstehen? Auf welche Weise sollen denn Continuitätstrennungen zu Stande kommen, wenn keine Instrumente eingeführt werden, welche die Schleimhaut des Nierenbeckens eventuell verletzen könnten?

Meine Fälle versehen mich mit einer ausgezeichneten Antwort. Es sind nämlich in den allermeisten Fällen von Colipyelitis pathologische Zustande vorangegangen, die zu einer Verletzung der Schleimhaut leicht führen können. Größtenteils handelte es sich um Lithiasıs renalis, d. h. um einen Calculus im Hintergrunde der Colipyelitis, der zuerst gar keine Symptome machte, und ich trage kein Bedenken zu sagen, daß dies so oft der Fall ist, daß Sie in allen Fällen von Colipyelitis zweifel- haften Ursprungs in erster Linie an einen Calculus -denken müssen.

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In einer Anzahl von Fällen, in denen ich einen Calculus mittelst Nephrotomie entfernt hatte, bestand Colipyelitis als einziges Symptom, durch welches sich die Nephrolithiasis kundgab. Die pyogenen Coli- bacıllen, die mit dem Blute hergebracht werden, finden nun guten Boden in den Continuitätstrennungen, welche in die Schleimhaut durch die Calculi oder den Harngries gesetzt werden.

Der Häufigkeit nach steht die bewegliche Niere in bezeichneter Richtung dem Calculus am nächsten, namentlich wenn diese Anomalie zu Incarceration oder plötzlicher Schwellung in Folge von Torsion oder Knickung des Ureters neigt; letzteres wird von leichten Blutungen und Verletzungen der Schleimhaut begleitet, welche dieselbe der Ein- wirkung der pyogenen Colibacillen zugänglich machen.

Tumoren kommen hier ebenfalls, wenn auch viel seltener in Betracht.

Für die geschilderten Fälle ist es characteristisch, daß die Pyelitis verschwindet und durch einfache Baeteriurie ersetzt wird, sobald der Calculus entfernt resp. die bewegliche Niere in ihrer normalen Lage fixirt wird.

Da wir nun gerade bei der Besprechung der calculösen Pyelitis sind, will ich Ihre Aufmerksamkeit auf noch einen wichtigen Unter- schied in den Wirkungen des Bacterium coli und den harnstoffzersetzen- den Bacterien lenken. Die letzteren bewirken, daß die Concretionen sich Dank Ablagerung von Phosphaten mit großer, bisweilen sogar mit enormer Rapidität vergrößern, während die ersteren die Concretion im Gegenteil häufig zerstören, indem die Bacterien in das organische Sub- strat der Concretion hineinwuchern und dasselbe zernagen, so daß der Stein allmählich zerkrümelt wird. Zur Demonstration will ich Ihnen hier nebeneinander zwei aus Nieren entfernte Steine vorlegen, von denen der eine unter dem Einfluß von harnstoffzersetzenden Bacterien innerhalb weniger Monate eine enorme Größe erreicht hat, während der andere unter der Wirkung der Colibacillen zum größten Teil in Krümchen zerfallen ist. Die Colibacillen können somit gelegentlich eine sehr günstige litholytische Wirkung entfalten.

Wir wollen nun die mehr oder minder größere Malignität der ver- schiedenen Formen der Urininfection in den Kreis unser Betrachtung ziehen. Meine Nachforschungen brachten mich in dieser Richtung zu einem Resultat, das von dem der Guyon’schen Schule vollkommen abweicht. Ich bin nämlich der Meinung, daß die Infection mit pyogenen Colibacillen gutartig ist im Vergleich zur Infection mit pyogenen, harnstoffzersetzenden Bacterien, namentlich mit Staphylococcus pyogenes aureus und albus, Proteus Hauser und Streptococcus ureae.

Das hängt vor Allem von der verschiedenen Wirkung der Bacterien

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auf die Nieren ab, von dem Zustande der Integrität oder Destruction derselben. Meine Erfahrungen gehen. dahin, daß das Bacterium coli nur in sehr geringem Grade die Fähigkeit besitzt, die Niere durch den Harn anzugreifen und diffuse oder suppurative Nephritis herbei- zuführen, während die anderen pyogenen Bacterien in dieser Beziehung äußerst gefährlich sind. Meine Beweise für diese Behauptung, teils klinischen, teils experimentellen Characters, sind folgende:

1. Der Allgemeinzustand des Patienten. In Fällen von Pyelitis calculosa mit Coliinfection kann der Patient sich Jahre hindurch einer guten Gesundheit erfreuen, guten Appetit haben und vollkommen fieberlos sein; heftige Colikanfälle sind die einzige Krankheitserscheinung, durch welche diese Fälle sich kundgeben. In entsprechenden Fällen, in denen die Infection durch Staphylokokken, Streptokokken oder Proteus Hauser herbeigeführt worden ist, gewährt der Patient ein ganz anderes Bild: er ist blaß, abgemagert, klagt über Appetitmangel, Uebelkeit, häufiges Erbrechen, häufigen Schüttelfrost mit entsprechen- der Temperatursteigerung.

2. Untersuchung des Harns. In Fällen von Colipyelitis finden wir entsprechend der geringen Eitermenge nur geringe Quantitäten von Eiweiß, niemals oder sehr selten Cylinder und kein Nierenepithel; ın Fällen von ammoniakalischer Pyelitis finden wir dagegen große Eiweilquantitäten, zahlreiche Nierenepithelzellen und meistenteils epi- theliale und granuläre Cylinder.

3. Veränderungen, die bei Operationen gefunden werden. In Fällen von Coliinfection findet man das Nierengewebe bei der makro- skopischen Untersuchung gewöhnlich normal, selbst wenn eine beträcht- liche Erweiterung des Nierenbeckens und der Nierenbecher dafür spricht, daß der purulente Harn sich unter hohem Druck befand. Das Lumen der Tubuli zeigt sich bei der mikroskopischen Untersuchung häufig mit Bacillen vollgepfropft, dagegen fehlen jegliche Zeichen von interstitieller oder parenchymatöser Entzündung, die Nieren sind des- gleichen frei von Abscessen. Nur in einigen Fällen, die mehrere Jahre bestanden haben, fand ich im interstitiellen Gewebe Infiltrationen mit runden Zellen und Bacterien. In Fällen von Infection mit anderen Bacterien fand ich sowohl bei der mikroskopischen, wie auch bei der makroskopischen Untersuchung Zeichen von ascendirender Nephritis: gelbe Streifen in den Pyramiden, zahlreiche kleine Abscesse in den Pyramiden oder der Corticalis, Infiltration mit runden Zellen in der Umgebung der Tubuli.

4. Das Resultat der Nephrotomie ist vielleicht der schla- gendste Beweis. Ich habe in mehr als 20 Fällen suppurativer Coli-

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Pyelitis in der Niere eine große Incision gemacht, worauf der puru- lente Urin mit Myriaden von Colibacillen sich aus der Wunde ergoßb. Nach Entfernung der Calculi resp. nach einfacher Ausspülung des Nierenbeckens mit sterilisirtem Wasser in Fällen von beweglicher Niere vereinigte ich die Wunde mittelst Nähte und reponirte resp. fixirte die Niere. Ich erhielt stets primäre Heilung der Nierenwände ohne secundäre Nephritis. In einigen Fällen war die Temperatur in den ersten Tagen nach der Operation bis 38—39° gestiegen; es scheint jedoch, daß in diesen Fällen eine leichte Infection der äußeren Wunde vorgelegen hatte; die Regel aber war Heilung per primam ohne Suppuration.

In zwei Fällen habe ich versucht, dasselbe Verfahren bei Infection mit anderen pyogenen Bacterien anzuwenden, ich werde aber nie mehr wagen, das zu wiederholen. In dem einen Falle, in dem nur eine kleine Incision behufs Entfernung eines haselnußgroßen Steines ge- macht wurde, stellte sich diffuse Nephritis mit Septicämie ein, und der Tod erfolgte unter Erscheinungen von Urämie. In dem zweiten Falle konnte der Patient nur durch secundäre Nephrectomie gerettet werden. Fälle von ammoniakalischer Nephro-Pyelitis sind gerade dann am gefährlichsten, wenn in das Nierenbecken ein Drainagenrohr gebracht wird. In zwei von meinen Fällen erkrankten die Patienten nach- träglich an Pneumonie; in der Mehrzahl der Fälle bestand bedeutendes und langdauerndes Fieber und überall kam es zu phlegmonöser Ent- zündung der Lumbarwunde.

5. Tierexperimente. Nichts kann die Differenz zwischen In- fection mit Coli-Bacillen auf der einen Seite und mit harnstoffzer- setzenden Bacterien auf der anderen besser illustriren, wie das folgende Tierexperiment: zweien Kaninchen unterbindet man je einen Ureter und injicirt oberhalb der Ligatur in den Ureter des einen Kaninchens Colibacillen, in den des anderen Staphylococcus aureus oder Proteus Hauser. Nach 1—2 Tagen ist das zweite Kaninchen gewöhnlich tot; in der Niere finden sich enorme Veränderungen in Form von suppu- rativer Entzündung mit Eiterstreifen in den Pyramiden und zahlreichen Abscessen in der Corticalis, sowie auch in der anderen Niere und den übrigen Organen. Das Kaninchen, welches mit Colibacillen inficirt wurde, bleibt am Leben und befindet sich vollkommen wohl. Wenn Sie das Tier nach zwei, drei oder acht Tagen töten, so finden Sie die Niere und das Nierenbecken in Folge der Ligatur stark geschwollen, der Urin enthält enorme Mengen von Colibacillen, aber Sie finden keine suppurative Entzündung der Niere.

* * *

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Die Umstände, welche zu der Ueberschätzung der Bedeutung der Colibacillen geführt haben, sind folgende:

1. Die enorme Anzahl, in welcher die Colibacillen am mensch- lichen Körper zu Lebzeiten (im Darmkanal und am After) angetroffen werden und die daraus folgende Leichtigkeit einer Invasion derselben in den Harn.

2. In Folge ihrer enorm schnellen Entwickelungsfähigkeit über- wuchern die Colibacillen die wirklichen pathogenen Bacterien derart, daß die letzteren mittelst unserer gegenwärtigen Untersuchungsmethoden nur mit Mühe entdeckt werden können.

3. Einige Stunden nach dem Tode des Kranken können die Coli- bacillen den Harntractus vollkommen überschwemmen und die Infection, welche zu Lebzeiten des Patienten die wirkliche Ursache der Er- krankung war, verhüllen.

Zahlreiche Autoren haben, ohne diese wichtigen Thatsachen in Be- tracht zu ziehen, die Entdeckung der anwesenden Colibacillen als die Entdeckung der Krankheitsursache betrachtet; selbst wenn sie, ähnlich Albarran und Halle, das Bacterium coli zusammen mit Staphylo- kokken und Streptokokken gefunden haben, haben sie sich durch das numerische Uebergewicht der Colibacillen täuschen lassen, indem sie dieselben als die Krankheitsursache auffaßten und die pyogenen Kokken außer Acht ließen, deren Malignität, als Ursache von Suppuration und Septicämie in anderen Organen, uns aus Erfahrung so gut bekannt ist.

C. Behandlung.

Prophylaxis. Der weitaus größte Teil der Harinfectionen, welche ihren Ursprung in der Harnröhre nehmen, verdankt seine Entstehung den verschiedenen chirurgischen Manipulationen, wie Untersuchung mittelst Cystoskops, Einführung von Bougies, Katheterisation und Litho- plaxie. Ich bin in Folge dessen der Meinung, daß auf uns Chirurgen die dringende Pflicht lastet, mit aller Energie nach Mitteln zu trachten, mit denen wir von unseren Patienten die Gefahr der Infection ab- wenden könnten, deren Folgen so unberechenbar sind.

Derartige Betrachtungen beherrschen auch die Meinungen der Chirurgen seit Einführung der antiseptischen Chirurgie bis auf heutigen Tag, und doch hat diese einzig sichere Methode noch nicht die ihr gebührende allgemeine Beachtung gefunden.

Zuerst ging die allgemeine Ansicht dahin, daß die Infection des Harntractus ausschließlich durch Einführung von unsauberen Instru- menten herbeigeführt werde, und daß die Infection durch den Gebrauch von desinficirten Instrumenten und durch Waschung des Orificium

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externum urethrae verhütet werden könnte. Das erhoffte Resultat trat aber nicht ein: in den meisten Krankenhäusern herrschte und herrscht die Katheterisations-Cystitis in derselben Frequenz wie früher, trotz der sorgfältigsten Desinficirung der Instrumente.

Im Jahre 1889 habe ich in meiner Abhandlung bewiesen, dab dieser Mißerfolg dadurch bedingt wird, daß die Harnröhre in der Norm Cystitis-Bacterien enthält. Ich habe ferner den Beweis geführt, daß diese Bacterien ganz besonders bei Patienten mit Stricturen und chronischen entzündlichen Processen in der Harnröhre und Prostata anzutreffen sind. Ich bin zwar fest überzeugt, dab es eine Ueber- treibung ist zu behaupten, daß die Mehrzahl der Patienten, bei denen Einführung von Instrumenten vorgenommen werden muß, schlieLlich an Entzündung der Harnröhre oder der Prostata oder an deren Folgen erkranken. Jedoch haben zahlreiche, von mir, von Petit, Wasser- mann und von anderen Autoren angestellte Experimente ergeben, dab es practisch unmöglich ist, die Harnröhre steril zu machen. Wir können in Folge dessen niemals sicher sein, daB wir mit unseren Instrumenten in die Harnblase keine pathogenen Bacterien einführen.

Was können wir denn in dieser Richtung thun?

Vor Allem muß der Öperateur dafür Sorge tragen, daB die mit den Instrumenten in die Harnblase eingeschleppten Bacterien aus der- selben mit dem Harn oder mit der Spülflüssigkeit leicht abgehen können. Darum soll man niemals Vaseline oder irgend ein anderes Fett zur Inunction der Instrumente gebrauchen! Diese Präparate, nament- lich die Vaseline, haften den Wänden der Harnblase an und nehmen in sich die Bacterien auf, die sie auf diese Weise in der Harnblase zurückhalten.

Wenn ich, meine Herren, in der Lage bin, Ihnen mitteilen zu können, daß ich bei der Section eines an Typhus zu Grunde gegangenen Patienten die Blase halbgefüllt mit Vaseline fand, die sich dortselbst während zweimonatlicher Katheterisation angesammelt hatte, so dürfte es meiner Meinung nach genügen, um Sie zu bewegen, von dem Ge- brauch dieses Präüparats Abstand zu nehmen, welches leider fast all- gemein zum Zwecke der Inunction angewendet wird.

Wenden Sie stets sterilisirtes Provenseröl oder Glycerin an und Sie können dann sicher sein, daß dieses Präparat in der Harnblase nicht haften bleibt. Das Provenseröl ist in dieser Beziehung das beste Mittel, da es mit dem ersten Urintropfen aus der Harnblase zurückfließt.

Das genügt jedoch noch nicht. Wenn Sie durchaus sicher sein wollen, so müssen Sie die mit den Instrumenten in die Harnblase ein- geführten Mikroben abzutöten suchen. Diese Indication ist von ganz

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besonderer Wichtigkeit bei Untersuchungen und Operationen, welche eine mehr oder minder längere Zeit in Anspruch nehmen (Unter- suchungen mittelst Sonde, Cystoskopie, Lithoplaxie), weil dieselben ge- wöhnlich mit Verletzungen der Harnblasenschleimhaut verbunden sind.

Die einzig durchgreifende und zweckmässige Methode, die zur Er- reichung des vorerwähnten Zieles führt, ist von mir im Jahre 1889 auseinandergesetzt und empfohlen worden. Ich habe damals durch eine große Reihe von Experimenten bewiesen, daß das einzige Präparat, welches diejenigen Bacterienformen, die bei der Harninfection in Be- tracht kommen, sicher und schnell abtötet, das Argentum nitri- cum in 2proc. Lösung ist. Seit ungefähr 10 Jahren gebrauche ich folgende Methode: In allen Fällen von einmaliger Einführung eines Instruments unter Umständen, welche eine Infection befürchten lassen, injicire ich am Schlusse der Operation in die Harnblase 40—50 cem von der bezeichneten Lösung. Nach 3—4 Minuten wird die Silber- nitratlösung aus der Harnblase entfernt, welche hierauf mit sterilisirtem Wasser ausgespült wird.

In Fällen von täglicher Katheterisation bei Prostatahypertrophie mache ich gewöhnlich Ausspülungen der Blase mit 1proc. Phenosalicyl- lösung; sobald aber der Harn die leichteste Spur von Trübung oder Infection zeigt, wende ich sofort Silbernitrat an, worauf sich der Harn gewöhnlich sofort wieder klärt.

Würden Sie, meine Herren, sich diese prophylactische Behandlung zur Regel machen, so würden Sie niemals in die Lage kommen, eine Infection in Folge ihrer Intervention entstehen zu sehen. Von mir kann ich jedenfalls behaupten, daß diese Methode, welche ich bereits in Hunderten von Fällen angewendet habe, mich niemals im Stich ge- lassen hatte.

Die Thatsache, daß diese Methode bis jetzt noch keine allgemeine Aufnahme gefunden hat, ist zweifellos auf die Furcht zurückzuführen, daß der Patient nach der Injection Schmerzen bekommen müßte. Meine Herren, selbst wenn es wahr wäre, daß der Patient eine halbe Stunde Schmerzen leiden müßte, so dürfte dies im Vergleich mit der Gefahr, der sich der Patient bei event. Acquisition einer Cystitis aussetzt, kaum von Belang sein. Aber die prophylactischen Einspritzungen von Silbernitrat verursachen in der Regel überhaupt keinen Schmerz, weil die Harnblase in solchen Fällen doch intact ist. Die normale Harnblase verträgt das Silbernitrat viel besser als die Harnröhre, in die manche Specialisten 2—5proc. Silbernitratlösungen täglich einspritzen. Sollten sich Schmerzen trotzdem einstellen, so lassen sich dieselben durch Opium- oder Morphiumsuppositorien leicht beseitigen.

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Ich möchte Ihnen in Folge dessen meine Methode der prophylacti- schen Behandlung zur Prüfung auf das Wärmste empfehlen. Sie werden den Versuch niemals bereuen und Ihre Patienten vor der Gefahr einer ernsten Infection schützen.

Therapie. Die erste Bedingung für eine erfolgreiche Behandlung ist die genaue Feststellung des Sitzes der Krankheit, wenn möglich auch ihrer Ursache und Complicationen.

Der Sitz der Krankheit kann mit Hilfe des SE und des Uretercystoskops festgestellt werden, und zwar einzig und allein mit Hilfe dieser wertvollen Instrumente, für welche wir Nitze, Casper, Kelly und Albarran zu großem Dank verpflichtet sind. Ich habe häufig Patienten beobachtet, die mir mit allen bekannten Cystitiserscheinungen zugeschickt worden sind und die von ihren Haus- ärzten längere Zeit mit örtlichen Applicationen von Silbernitrat ohne Erfolg behandelt wurden. Ich habe nun bei der cystoskopischen Unter- suchung gefunden, daß in diesen Fällen überhaupt keine Cystitis, sondern einseitige Pyelitis oder Pyelo-Cystitis vorgelegen hat. In solchen Fällen ist es selbstverständlich nutzlos, die Infectionskeime in der Harnblase abzutöten zu suchen, da aus dem oberen Teile der Harnwege immer neue Massen von Bacterien zuströmen.

Ebenso wichtig ist es, festzustellen, ob nicht etwa ein Stein, eine Geschwulst oder irgend ein anderer pathologischer Zustand vorhanden ist, der die Entzündung und Infection unterhält; denn wenn dieser Stein, Tumor etc. nicht entfernt wird, so ist es unmöglich, die Infection definitiv zu heilen.

Complicationen in der Harnblase lassen sich mit Hilfe des Cysto- skops leicht feststellen, während solche von Seiten der Niere und des Nierenbeckens nicht so leicht ausfindig gemacht werden können. Der Verdacht auf das Vorhandensein eines Steines kann durch die Anamnese des betreffenden Falles erregt werden, während die Palpation häufig die Existenz einer beweglichen Niere oder einer Vergrößerung dieses Organs aufdeckt; als Regel gilt jedoch, daß die Pyurie der erste und einzig sichere Beweis für die Existenz eines Steines oder einer beweg- lichen Niere ist.

Wenn die Pyelitis bei der für die einfache Pyelitis üblichen Behandlung nicht zurückgeht, so sind wir berechtigt, Complicationeu zu vermuten und eine explorative Lumbarincision vorzunehmen.

Bringen uns unsere Nachforschungen zu dem Schluß, daß wir mit einer auf die Harnblase beschränkten Entzündung oder mit Bacteriurie zu thun haben, so ist die einzig rationelle Therapie nach meiner Meinung. diejenige, die bestrebt ist, durch locale Maßnahmen

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die Infectionskeime in der Harnblase zu zerstören. Sämtliche anti- septische Präparate, welche in der Chirurgie angewendet werden, sind in der bezeichneten Richtung geprüft worden, wie z. B. Carbolsäure, Sublimat, Phenosalicyl etc., aber kein einziges dieser Präparate hat sich dermaßen bewährt, wie das Silbernitrat in 1—2proc. Lösung. In meinem ersten Werke von 1889 habe ich die Vorzüge dieses Mittels hervorgehoben, und zwar 1. seine hervorragende und sichere bactericide Wirkung und 2. sein Durchdringungsvermögen, welches es befähigt, seine Wirkung auch auf die Bacterien auszudehnen, welche in das Innere der Schleimhaut eingedrungen sind.

Die Wirkung des Silbernitrats ist bei Cystitis ebenso überraschend und gründlich, wie bei Augenblennorrhoe. Hartnäckige Fälle von Cystitis, welche jeder anderen Behandlung getrotzt haben, sieht man häufig nach ein- oder zweimaliger energischer localer Application von Silbernitrat verschwinden. Die Behandlungsmethode, die ich jetzt an- wende, ist folgende: Ein steriler Katheter wird in die Harnblase ein- geführt, letztere mit sterilem Wasser so lange gespült, bis die Flüssig- keit vollständig klar zurückfließt; hierauf werden 50 ccm einer 2proc. Silbernitratlösung injicirt, die man zwei Minuten wirken läßt; alsdann ınjicirt man 50 ccm sterilen Wassers und entfernt den Katheter, indem auf diese Weise 100 ccm einer 1proc. Silbernitratlösung in der Harn- blase zurückgelassen und später vom Patienten spontan entleert werden. Diese Behandlung ist, soweit es meine Erfahrungen ergeben, in Fällen von einfacher Cystitis fast unfehlbar; bleibt sie jedoch ohne Erfolg und kann die Eventualität eines Steines oder euer Blasengeschwulst aus- geschlossen werden, so haben wir es wahrscheinlich nicht mit Cystitis, sondern mit Pyelitis zu thun. Führt die Behandlung vorübergehende Exacerbation der Schmerzen, Tenesmus und pathologische Erscheinungen von Seiten des Harns herbei, so haben wir wahrscheinlich einen Fall von Pyelocystitis vor uns. In solchen Fällen ist von der Behandlung insofern kein Erfolg zu erwarten, als die kaum geheilte Harnblase wieder erkrankt in Folge von abermaliger Iufection von Seiten des Nierenbeckens.

In Fällen von Pyelitis oder von Bacteriurie renalen Ursprungs leite ich gewöhnlich keine locale antibacterielle Behandlung ein, wie es Casper und Kelly thun, indem sie einen Katheter durch den Harnleiter in das Nierenbecken einführen und das letztere mit Bor- wasser oder Silbernitratlösungen ausspülen. Täglicher Ureterkathete- rismus ist sehr angreifend und nicht ohne Gefahr für den Patienten; außerdem glaube ich, daß die von Kelly erzielten Resultate schneller und sicherer gewonnen werden können durch meine einfache und harmlose

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Behandlungsmethode, welche in innerlicher Verabreichung von 2l destillirten Wassers und 3—4 Gran Salol besteht. Der Harntractus wird in dieser Weise ununterbrochen in der Richtung von oben nach unten mit einer leicht antiseptischen Flüssigkeit gespült. Gleichzeitig wird der Urin durch die durchströmende große Flüssigkeitsmenge stark verdünnt und weniger günstig in seiner Eigenschaft als Nährboden gemacht. Letzteres wird noch ganz bedeutend durch das Salol unter- stützt.

In hartnäckigen Fällen lasse ich die Patienten zu Bett und führe einen Pezzer’schen Katheter à demeure ein. Auf diese Weise wird es verhindert, daß der Harn während der Zeit, die gewöhnlich zwischen zwei Mictionen verläuft, der Harnblase stagnirt.

Die Wirkung dieser Behandlung ist überraschend, rasch und voll- kommen; nur müssen ab und zu bacteriologische Controlintersuchängen vorgenommen und die Behandlung so lange fortgesetzt werden, bis der Harn steril wird. Sollte der gegebene Fall der Behandlung Trotz bieten oder sollte die Krankheit nach scheinbar erfolgter Heilung wieder auftreten, so können wir ziemlich sicher sein, daB in diesem Falle Complicationen vorliegen, meistenteils in Form von Calculus, be- weglicher Niere oder Hindernisse im Ureter, und es empfiehlt ddy nach diesen Factoren mittelst explorativer, renaler Operation zu forschen.

Ueber die wichtigsten wechselseitigen Beziehungen zwischen den Erkrankungen desHarn-Sexualapparates und denen anderer Organsysteme.

Von Dr. Albert Seelig, Königsberg i. Pr.

Bei der immer weiter fəertschreitenden Arbeitsteilung in dem täglich anwachsenden Gebiete der Medicin erscheint es angebracht, mit be- sonderem Nachdruck die Wichtigkeit des Zusammenhanges der Special- gebiete mit der Gesamtmedicin zu betonen. Ganz besonders gilt das für diejenigen Specialfächer, die unter der Fülle neu beobachteter That- sachen und der damit verbundenen diagnostischen und therapeutischen Fortschritte leicht dazu neigen, sich von dem Hauptstamme völlig los- zulösen und ein Sonderdasein zu führen. Dieser Gefahr scheint auch die Urologie nicht ganz entgangen zu sein, und es ist daher nicht un- wichtig, im Zusammenhange die so außerordentlich intimen Beziehungen zwischen den Erkrankungen des Harn-Sexualapparates und denjenigen des Gesamtorganismus zu erörtern. Gerade für dieses Gebiet dürfte diese Betrachtung von um so höherem Wert sein, als hier ein dia- gnostisches resp. therapeutisches Vorgehen ohne Rücksichtnahme auf den Zustand anderer Organe zu schweren Mißgriffen führen muß und geführt hat.

Das Thema ist ein außerordentlich umfangreiches, und wir müssen uns daher erst die Grenzen abstecken.

Wir beabsichtigen nur die Wechselbeziehungen zwischen Affec- tionen der abführenden Harn- und Sexualorgane des Mannes und denen des Gesamtorganismus abzuhandeln, und zwar unter Vermeidung aus- führlicher Krankheitsbilder, es sei denn, daß es sich um weniger be- kannte handelt.

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Das Thema teilt sich naturgemäß am bequemsten in zwei Haupt- fragen: a) Wie wirkt die Erkrankung des betr. Organsystems auf den Harn-Sexualapparat’? b) Wie influenziren Affectionen des Harn-Sexualapparates das betr. Organsystem?

Diese beiden Fragen wollen wir nun der Reihe nach prüfen bei:

1. den Erkrankungen des Respirationstractus, S j der Gefäße und des Herzens, j j des Verdauungsapparates, j = der Nieren, e des Blutes, Anomalien des Stoffwechsels, acuten Infectionskrankheiten, chronischen Infectionskrankheiten, Nervenkrankheiten (mit Ausschluß der Geisteskrankheiten.)

IE ID

Die Einwirkung der Erkrankungen des Respirationstractus auf den Urogenitalapparat ist nicht von besonderer Bedeutung. Es kommen hier hauptsächlich die durch allgemeine secundäre Stauungen bedingten Hyperämien ım Harnapparat und die damit verbundenen leichten Reiz- erscheinungen bei der Miction in Betracht. Zu erwähnen wäre hier noch die freilich bei Männern sehr seltene Erscheinung des un- freiwilligen Urinlassens bei heftigen Hustenstößen. Der Genitalapparat wird, abgesehen von der Tuberculose, die wir unter den chronischen . Infectionskrankheiten abhandeln werden, gar nicht beeinflußt. In höherem Grade dagegen wirken die Erkrankungen des Urogenitalsystems auf den Respirationsapparat. Da wären zuerst reflectorische Vorgänge zu nennen. Es sind mehrfach asthmatische Zustände beschrieben, die auf dem Wege des Reflexes von einfachen Reizzuständen oder mehr minder schweren anatomischen Veränderungen in der Urogenitalsphäre ausgelöst werden können. Am häufigsten finden sich solche bei Prostataleiden, seltener in Folge von Verengerungen, entzündlichen Processen oder Steinen in der Vorhaut. Leichtere dyspnoische Anfälle treten oft als Vorläufer oder Symptom des so vielgestaltigen Harnfiebers auf, hier als die Folge einer schweren allgemeinen Infection resp. Intoxication. Abgesehen von den genannten Zuständen sind besonders wichtig die metastatischen Processe, deren richtige Auffassung erst der neueren Zeit angehört. Als solche muss sicherlich die bei Gonorrhoe beschriebene Pleuritis exsudativa angesprochen werden, deren gonorrhoische Natur durch Uffredoni Barduzzi mikroskopisch und culturell sichergestellt ist,

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ferner gehören hierher gewisse Kehlkopferkrankungen, die sich unter der Form einer Stimmbandlähmung präsentiren (Engel-Reimers und Lazarus); freilich würde hier zur Erklärung wohl die Wirkung von Toxinen herangezogen werden müssen.

Zahlreicher sind die Wechselwirkungen zwischen den Erkrankun- gen des Circulationsapparates und denjenigen des Harn-Sexualsystems. Mit den Erkrankungen des Herzens selbst steht es ungefähr so, wie mit denen des Respirationstractus; es sind auch hier nur die Folgen der Stauung, die sich den Beckenorganen mitteilen und gewisse Reiz- erscheinungen in der Blase, Harnröhre und Prostata bewirken können. Eugere Beziehungen werden von Guyon und seiner Schule der Arterio- sclerose zur Prostatahypertrophie zugeschrieben. Guyon nämlich faßt diese Erkrankung des Alters als eine Teilerscheinung der allgemeinen Arteriosclerose auf und will dieselbe auch in diesem Sinne behandelt wissen, eine Auffassung, die wohl jetzt von dem größeren Teil der Autoren nicht mehr geteilt wird, zumal anatomische Untersuchungen festgestellt haben, daß die Prostatahypertrophie ohne nachweisbare arteriosclerotische Processe bestehen kann; trotzdem darf man gewiß bei diesem vielgestaltigen Leiden in manchen Fällen für eine Reihe von Symptomen die Auffassung Guyon’s nicht von der Hand weisen. Eine andere bei Arteriosclerose der Kranzarterien beobachtete Er- scheinung möge hier noch erwähnt werden, die wohl als nervösen Ursprungs gedeutet werden muß, nämlich ein sehr quälender, heftiger Harndrang.

Einen nennbaren Einfluß auf die genitale Sphäre haben die Herz- und Gefäßerkrankungen nicht.

Die Affectionen des Urogenitaltractus influenziren den Circulations- apparat in nicht unbedeutendem Maße. Auch hier sind in erster Reihe die auf reflectorischem Wege entstehenden Herzbeschwerden zu nennen, die von krankhaften Processen im Urogenitalapparat ausgelöst werden können. Die Erklärung für diese Beeinflussung ist leicht, da ja bekannt- lich jede sexuelle Erregung die Herzaction beschleunigt und zu Palpi- tationen führt; letztere sind es besonders, die hier in Betracht kommen. Die Beschwerden können außerordentlich lästig sein und die Patienten in ihrem Ernährungszustande herabbringen; zu den Palpitationen ge- sellen sich zuweilen Unregelmäßigkeit des Pulses und damit verbunden Druck und Angstgefühl in der Herzgegend. Diese Erscheinungen können spontan auftreten, schließen sich jedoch meist an psychische Erregungen oder körperliche Anstrengungen an.

Diese Herzneurose verbindet sich häufig mit der bei den Respi- rationskrankheiten erwähnten Dyspnoe. Ganz ähnlich dieser Neurose

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können auch ätiologisch und prognostisch völlig anders zu beurteilende Processe verlaufen. Man beobachtet nämlich die genannten Symptome als Ausdruck gonorrhoischer Infection. Dieselben können ebenso rasch vergehen, wie sie gekommen; in anderen Fällen jedoch sind sie nur Vorboten resp. Ausdruck einer mehr minder schweren Endocarditis gonorrhoica, deren Bedeutung erst in neuerer Zeit gewürdigt ist, nach- dem es gelungen ist, Gonokokken in dem Blute und den endocarditi- schen Auflasrerungen durch exacte und einwandsfreie Methoden nach- zuweisen. Eine gleiche Auffassung dürfte wohl für eine Zahl der seltenen Phlebitis gonorrhoica am Platze sein, obgleich hier gewiß auch mancher Fall auf einfacher Eiterkokkeninfection beruht. Jedenfalls ist die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines gonorrhoischen Ursprungs für diese Affection nach dem Befunde von Gonokokken im Blute und der Feststellung der Thrombophlebitis der Blasenschleimhaut nicht von der Hand zu weisen. Die Erkrankung tritt übrigens nur combinirt mit Gelenkerkrankungen auf.

Eine ausführlichere Betrachtung als die bisher erwähnten Organ- systeme erfordern die Verdauungsorgane in ihren Wechselbeziehungen zum Harngenitalapparat. Ä

Während die Affeetionen des Magens keinen nennenswerten Ein- flub auf den Urogenitalapparat haben, ist dieses bei denjenigen des Darms besonders in seinen tiefen Abschnitten in sehr ausgesprochenem Maße der Fall. Schon die enge Nachbarschaft des Rectums zur Blase, Prostata und einem Teile der Harnröhre läßt diese Thatsache erklärlich erscheinen. Entzündungen des Darms, Hämorrhoidalknoten, Fissuren können zu außerordentlich heftigen Urinbeschwerden führen, und be- sonders die letzteren rufen häufig Tenesmen hervor, die bis in die Urethra ausstrahlen. Aehnlich wirken auch Entozoen, die vorzüglich bei Kindern zu reflectorischen Reizungen in Harn- und Genitalapparat führen und in letzterem Falle zu Masturbation verleiten. Doppelt einflußreich ist die Wirkung der erwähnten Darmerkrankungen natürlich auf schon erkrankte Harnsexualorgane, am bekanntesten ist hier wohl der verderbliche Einfluß der Obstipation bei Prostatahypertrophie, da dieselbe jedes Mal zu starken Congestionen der Drüse und damit ver- bundenen heftigen Urinbeschwerden führt.

Daß destructive Processe oder Geschwulstbildungen im Darm auf die Harnorgane übergreifen und zu schweren Störungen, wie Fistel- bildungen, Pneumaturie und Aehnlichem führen können, braucht nur erwähnt zu werden. Interessanter sind die erst in neuester Zeit experimentell festgestellten Infectionen der Harnorgane von dem Darm aus, sei es durch directe Ueberwanderung, sei es durch Vermittelung

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des Blutes. Diese experimentell erwiesene Möglichkeit muß wohl mit Recht für die dunkele Aetiologie gewisser Formen von Pyelitis und Cystitis herangezogen werden. Mit Sicherheit ist hierauf wohl die sogenannte Bacteriurie zurückzuführen, zumal hier vorzüglich der typische Darmbewohner, das Bacterium coli, in der Mehrzahl der Beob- achtungen gefunden ist; wie der Weg der Infection in diesen Fällen ist, ob durch directe Ueberwanderung oder durch den Kreislauf, ist bisher nicht sichergestellt, die bisherigen Befunde bei Bacteriurie scheinen gegen die letztere Entstehungsart zu sprechen. Bemerkens- wert ist besonders für den Zusammenhang dieser Affection mit Darm- erkrankungen der Fall von Barlow, der eine bis dahin therapeutisch nicht beeinflußbare Bacteriurie nach Heilung einer Analfistel anstands- los verschwinden sah.

Wir kommen nun zu den Einwirkungen, die von den Affectionen des Harnsexualsystems auf den Verdauungsapparat ausgeübt werden. Dieselben sind außerordentlich mannigfaltig. |

Man kann drei Gruppen unterscheiden: Die erste behandelt die Reflexneurosen, die zweite umfaßt die Erkrankungen, die Ausdruck: einer vom Harnapparat ausgehenden Infection resp. Intoxication sind, und die dritte wird durch die Affectionen, die direct von dem Uro- genitalapparat auf den Darm der Magen ist hier gar nicht beteiligt übergehen, gebildet.

Was die erste Gruppe anbetrifft, so wird dieselbe hauptsächlich von Affectionen des Genitalapparates ausgelöst. Die Krankheitsbilder können sich völlig mit primären nervösen Magen-Darmaffectionen decken. Es hieße die Pathologie dieser Zustände schreiben, wollten wir über die Reflexneurosen hier ausführlich berichten. Wir beabsichtigen daher, nur auf gewisse Punkte einzugehen. Zuerst mögen die Magenaffectionen, die häufiger als die des Darms zu sein scheinen, besprochen werden.

Am häufigsten werden beim Manne die Secretionsneurosen beobachtet. Ihr Zusammenhang mit Vorgängen in der sexuellen Sphäre dürfte durch die Untersuchungen von Kretschy erklärt werden. Der Autor konnte nämlich durch Untersuchung an einer Patientin mit Magenfistel feststellen, daß während der Periode eine Verminderung der Saftproduction nultrat, um nach Aufhören der Menstruation sofort wieder zur Norm Zurnekaukehren:

Einen solchen Einfluß sexueller Vorgänge auf die EEN wie er hier beim Weibe beobachtet ıst, darf man wohl ohne Zwang um so mehr auch für das männliche Geschlecht als giltig annehmen, als es ja aus der täglichen Beobachtung bekannt ist, wie groß die Einwirkung geschlechtlicher Erregungen auf Appetit und Verdauung ist.

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Die Secretionsneurosen beruhen hauptsächlich auf Anomalien in der Salzsäureproduction, sei es, daß es zu Hyperacidität oder Sub- resp. Anacidität kommt. Subjectiv bestehen die Beschwerden in Sod- brennen, Völle und Druck im Magen, Aufstoßen und zuweilen in mehr minder heftigen Gastralgieen. In diese Gruppe fügte sich auch die sogenannte Gastroxynsis, bei der auch andere Nervengebiete beteiligt sind. Diese Reflexneurosen können so heftige Erscheinungen machen, daß es oft schwer ist, dieselben von schweren pathologischen Ver- änderungen, z. B. Ulcus ventriculi zu unterscheiden, bis ex juvantıbus et nocentibus die Diagnose auf den richtigen Weg geführt wird. Weniger häufig sieht man die Motilitätsneurosen, die sich unter dem Bilde der Regurgitation, Rumination und besonders der peristaltischen Unruhe des Magens darstellen, während der Vomitus nervosus im Gegensatz zu den Reflexneurosen bei Weibern relativ selten vorzu- kommen scheint. Als dritte Gruppe sind die Sensibilitätsneurosen zu nennen, die sich am häufigsten als Cardialgieen, sehr selten als Bulimie präsentiren. Die angeführten Krankheitsbilder treten nicht immer in den beschriebenen Formen auf, sondern sind meist mit einander com- binirt oder lösen einander ab, indem z. B. statt einer bisher beob- achteten heftigen Gastralgie plötzlich sich Vomitus einstellt. Aus dem Angeführten ersieht man, wie bereits oben betont, daß diese nervösen Erkrankungen des Magens völlig übereinstimmen mit Magenneurosen anderen Ursprungs, und es muß jeder Versuch, dieselben differential- diagnostisch zu umgrenzen, als verfehlt angesehen werden. Sie sind eben reine Reflexneurosen, die von der Genitalsphäre ausgelöst werden. Daß ein solcher Zusammenhang besteht, ergiebt sich mit Sicherheit aus Beobachtungen, bei denen das Auftreten resp. Exacerbiren der Magensymptome sich stets an geschlechtliche Excesse resp. Pollutionen oder Spermatorrhoe anschloß.

Ebenso wie mit den Reflexneurosen des Magens steht es mit den- jenigen des Darms. Auch diese werden vorzüglich von den Erkran- kungen des Genitalapparates hervorgerufen und präsentiren sich auch unter den drei Formen der Motilitäts-, Sensibilitäts- und Secretions- neurosen. Am häufigsten werden die ersten beobachtet, die entweder als plötzlich auftretende Diarrhoen, die ebenso rasch schwinden können, wie sie gekommen sind, oder in seltenen Fällen als hartnäckige Obsti- pation auftreten. Sehr viel weniger wird die sogenannte peristaltische Unruhe der Därme beobachtet.

Mannigfaltigere Bilder bieten die Affectionen der sensiblen Sphäre, die heftige, anfallsweise auftretende Coliken oder Parästhesien ver- schiedenster Art ın dem Darmtractus hervorrufen können. Besonders

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erwåhnenswert sind die Erscheinungen am Rectum, wie Tenesmen, Fremdkörpergefühl im After und besonders der Pruritus ani.

Sehr wenig bekannt sind die Secretionsneurosen des Darms, es wäre hier nur eine Hypersecretion der Darmsäfte zu nennen, die be- sonders als Nässen des Afters und wässerige Absonderung aus dem- selben beschrieben ist. Auch die bei diesen genannten Darmaffectionen vorkommenden Symptome und Erscheinungen haben nichts Specifisches, sondern können sowohl bei anatomischen Veränderungen als auch bei rein nervösen Erkrankungen des Darmtractus auftreten, characteristisch ist auch hier nur ihre directe Abhängigkeit von den Läsionen des Genitalapparates. Auf die Potenz haben die angeführten Krankheiten nur indirecten Einfluß, indem dieselben als schwächende Momente auf den ganzen Organismus einwirken.

Wir kommen nun zu den durch Infection resp. Intoxication hervor- gerufenen Magendarmerkrankungen. Dieselben sind Manifestationen des sogenannten Harnfiebers. Guyon, der die ausführlichsten Mitteilungen über dieses Thema gemacht hat, unterscheidet eine sogenannte kleine und große Harndyspepsie; die erstere findet sich mehr bei der acuten resp. subacuten Form, während die letztere häufiger die chronische Form des Harnfiebers begleitet. Die Erscheinungen der kleinen ver- laufen im Gegensatz zu denen der großen meist ohne nachhaltige Be- einflussung des Allgemeinbefindens. Das acute Harnfieber verläuft entweder unter einem resp. mehreren heftigen Fieberschüben, die mit Schüttelfrösten einsetzen und mit profuser Schweißsecretion endigen, oder es kommt in schweren Fällen zu einem continuirlichen Fieber, das durch Exacerbationen unterbrochen werden kann. Daneben gehen oft Störungen des Appetits und der Magendarmfunction einher, doch pflegen dieselben in den meisten Fällen nicht besonders schwer zu sein. Das Allgemeinbefinden ist bei der zweiten Form stark alterirt, jedoch keineswegs so stark, wie bei der chronischen Infection, die stets mit lebhaften tiefgreifenden Störungen des Allgemeinbefindens verläuft. Bei der chronischen Form stehen die letzteren im Vorder- grund, während die Fiebererscheinungen außerordentlich gering sind, ja sogar völlig fehlen können. Die Patienten haben ein ganz typisches Aussehen. Die Haut ist trocken, leicht abschilfernd, die Farbe ver- ändert und hat eine sehr characteristische Gelbfärbung, die jedoch im Gegensatz zum Icterus die Conjunctiven freiläßt. Die Störungen des Magens können die einer einfachen Dyspepsie sein, in anderen schweren Fällen kommt dazu heftiges unstillbares Erbrechen, zu dem sich meist auch Erscheinungen Seitens des Darms gesellen, sei es unter Form der Diarrhoe oder der Obstipation. Besonders characteristisch ist die

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sogenannte „Langue urinaire“. Die Zunge ist sehr rot und trocken, entweder in toto oder an der Spitze und den Seitenrändern, in letzterem Falle ist dieselbe meist mit einem dicken Bclage bedeckt, der zähe und fest anhaftend ist.

Ist die Harnvergiftung sehr intensiv, wird die Zunge schwer beweglich, liegt dem Gaumen fest an und ist an ihrer Oberfläche von tiefen Furchen durchzogen. Diese letzteren Symptome finden sich be- sonders bei schweren Eiterungen in den Harnorganen, die vorzugsweise durch lange bestehende Stricturen oder vorgeschrittene Prostatahrper- trophie unterhalten werden. Die schweren Erscheinungen erklären sich durch die Resorption des infectiösen resp. toxischen Urins, dessen Aus- scheidung wegen der meist gleichzeitig bestehenden Niereninsufficienz nicht in normaler Weise von Statten geht.

Wir kommen nun zu der dritten Gruppe.

Es ist selbstverständlich, daß bei der anatomisch so engen Ver- bindung des Darmtractus und der Harn-Sexualorgane bei Erkrankungen des einen Organsystems das andere in Mitleidenschaft gezogen werten kann. Wir haben bereits oben die Beeinflussung des Urogenitalapparates durch die Erkrankungen des Rectums erwähnt, natürlich können auch die Affectionen der dem Rectum so benachbarten Organe, wie Harn- blase, Prostata, Samenbläschen und hinteren Teiles der Urethra sich in vielen Fällen durch gewisse Darmsymptome markiren. Heftige Blasen- tenesmen, z. B. bei Lithiasis erzeugen oft gleichzeitig krampfartige Zusammenziehungen des Darms; Tumoren, tiefgreifende destructive Processe der Vesica können ebenfalls auf das Rectum übergehen. Am markantesten sind die Erscheinungen bei Prostataaffectionen. Es ist kaum eine Krankheit dieser Drüse bekannt, die nicht auf den Mast- darm mit einwirkt. Der Absceß der Prostata führt zu Stuhlzwang und erzeugt ein anderes Mal wiederum wegen der Schmerzhaftigkeit berm Durchgehen der Fäces Obstipation, die chronische Prostatitis löst häufig unangenehme Reizerscheinungen und Parästhesien des Rectums aus. Die Prostatahypertrophie kann durch mechanischen Druck auf den Darm ebenfalls zu Kotstauungen führen. Aehnlich wirken natürlich Tumoren, die übrigens häufig auf den Darm übergreifen. Daß schwere entzündliche Processe der Samenbläschen dasselbe, wenn auch in ge- ringem Grade, bewirken können, versteht sich von selbst, jedoch sind diese Erkrankungen viel seltener. Ganz ebenso strahlen Affectionen der Urogenitalnerven auf die benachbarten Gebiete des Rectum aus. Hier gerade sind die Bilder oft so complicirt, dab man zuweilen gar nicht den primären Sitz des Leidens herausfinden kann. |

Wir wenden uns jetzt den Wechselbeziehungen zwischen Nieren,

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erkrankungen und den Genital- und abführenden Harnorganen zu. Es ist bei der engen Zusammengehörigkeit dieser, einem System angehörigen Organe eine große Zahl von gegenseitigen Beeinflussungen selbstver- ständlich. Wir wollen die wichtigsten erwähnen. Da die Niere das- Jenige Organ ist, das die Infectionserreger resp. ihre Producte aus dem Organismus vorzüglich abzuführen bestimmt ist, so können natürlich von ihr aus die tiefer liegenden Organe inficirt werden, und thatsächlich geschieht dies auch freilich nicht so häufig, als man erwarten sollte. Sieht man doch z. B. lange Zeit eine Pyelitis bestehen, ohne daß es zu einer Entzündung der Blase kommt. In anderen Fällen freilich setzt sich die Infection absteigend auf die Blase fort und schreitet rapide weiter. Für Letzteres ist das bekannteste Beispiel die Tuber- culose. Man kann in manchen Fällen durch die Cystoskopie deutlich feststellen, daß der Beginn der Blasentuberculose gerade an der Ureteren- öffnung, wo der inficirte Urin dauernd herüberfließt, statthat.

Außer diesen infectiösen Processen kommt besonders die Stein- krankheit der Niere in Betracht. Abgesehen davon, daß Lithiasis renalis zuweilen lange Zeit nur das Symptom des Harndranges und ausstrahlender Schmerzen in den Penis erzeugt und so zu diagnostischen Täuschungen führt, ist diese Erkrankung häufig die Ursache für die Lithiasis vesicae, indem der aus der Niere herniedersteigende Stein hier liegen bleibt und sich durch Anlagerung vergrößert.

Bemerkeuswert sind auch die durch die verschiedensten Ursachen bedingten Blutungen. Dieselben können rein mechanisch dadurch zu heftigen Blasenstörungen führen, daß das Blut gerinnt und den Urin- abfluß verhindert und so, falls nicht rechtzeitig Hilfe gebracht wird, Retention mit allen ihren Complicationen bewirken.

Die größte Wichtigkeit jedoch kommt den Erkrankungen der Niere bei schon bestehender Affection der Blase selbst zu; wir haben bereits oben darauf hingewiesen, dab der zersetzte resp. eitrige Urin aus der Blase zur Resorption kommen kann und zu schwerer Infection resp. Intoxication führt. Ist nun die Niere erkrankt, so wird der Hauptweg für die Ausscheidung der giftigen Stoffe verlegt und es kommt zu dem gefürchteten schweren Harnfieber.

Auf den Genitalapparat selbst haben die Niörönerktankungen keinen directen Einfluß. Die Abnahme der Potenz, die häufig bei Nieren- kranken gefunden wird, scheint ein sehr inconstantes Symptom zu sein und dürfte sich wohl am einfachsten aus der allgemeinen Schwäche erklären.

Wie steht es nun mit der Einwirkung der Urogenitalaffectionen auf die Nieren?

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Ebenso wie die von den Nieren absteigenden infeetiösen Processe den Urogenitalapparat ergreifen können, so findet auch umgekehrt eine Infection der Niere durch aufsteigende Erkrankungen statt, und zwar wahrscheinlich häufiger.

Es giebt kaum eine längere Zeit bestehende entzündliche Erkran- kung der Blase, die nicht die Niere resp. das Nierenbecken in Mit- leidenschaft zieht. Die Tuberculose wählt bei Männern zweifellos öfter die ascendirende Form, und schwere Cystitiden vorzüglich bei Strictur und Prostatahypertrophie inficiren das Nierenbecken außerordentlich schnell und ausgiebig. Ja auch ganz acute Processe wie Gonorrhoe rufen gewiß öfter pyelitische Processe hervor, als man bisher glaubte; freilich pflegen dieselben in vielen Fällen überraschend schnell auszu- heilen. Daß die einfache Gonorrhoe, selbst ohne erheblichen Blasen- catarrh zu erzeugen, die Nieren mit afficiren kann, lehrt das Vorkommen von Albuminuria vera, das nach neueren Beobachtungen nicht selten sein soll. Ob freilich wie manche Autoren wollen die Gonorrhoe mit zu den wichtigsten ätiologischen Momenten der chronischen Ne- phritis zu rechnen ist, scheint uns sehr zweifelhaft.

Nachdem wir die Beziehungen der einzelnen Organsysteme zu dem Harn-Sexualapparat erörtert haben, wollen wir jetzt die Anomalien und Erkrankungen des Blutes resp. der blutbildenden Organe besprechen. Ihr Einfluß auf die Urogenitalsphäre ist nicht bedeutend.

Die einfachen Anämien und Chlorose, die sich ja außerordentlich häufig mit allerlei nervösen Störungen compliciren, können auch solche in dem Harn- und Sexualsystem hervorrufen, dieselben sind dann als einfache Neurosen zu betrachten, deren genauere Besprechung später folgen sol. Erwähnenswert ist der Einfluß dieser Blutanomalien auf den Verlauf gewisser Geschlechtskrankheiten, besonders der Gonorrhoe, die wie bei allen den Organismus schwächenden Momenten einen tor- piden und protrahirten Verlauf zu nehmen pflegt. In ähnlichem Sinne wie die besprochenen Anomalien influenziren die perniciöse Anämie und Leukämie den Harn-Sexualapparat, daneben jedoch können die- selben freilich selten zu bemerkenswerten schweren Processen führen. So sind hier Blutungen ebenso wie aus anderen Organen auch aus dem Harn-Sexualapparat beschrieben und in vereinzelten Fällen von Leukämie ein plötzlich auftretender, lang anhaltender, höchst schmerzhafter Priapismus, dessen Erklärung bisher noch nicht einwands- frei gelungen ist. Gewiß spielt die wichtigste Rolle die Veränderung der Blutbeschaffenheit, die zu thrombotischen Processen in den weiten Maschenräumen Veranlassung giebt. Bei dem Morbus maculosus wären nur die Blutungen, die derselbe in dem besprochenen Organ setzt, zu

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nennen, die besonders bei schon vorhandenen entzündlichen Vorgängen höchst unangenehme Complicationen bilden können.

Die Affectionen der Urogenitalorgane bezw. hochgradige sexuelle Reizungen und Mißbräuche derselben selbst können nur einfache Anämien herbeiführen. Sie wirken ebenso wie andere allgemein schwächende Momente. Uebrigens pflegen die genannten sexuellen Mißbräuche nur, falls dieselben in außergewöhnlichem Maße getrieben werden, bei sonst kräftigen Männern zu Anämien zu führen; meist ist der Weg in diesen Fällen so, daß sich zuerst schwere nervöse Affectionen ausbilden, aus denen sich dann erst secundäre Ernährungsstörungen und Anämien ent- wickeln.

Zahlreicher und verwickelter sind die Wechselbeziehungen der Stoffwechselerkrankungen zu dem Urogenitalapparat, von denen wir hier Gicht, Fettsucht und Diabetes behandeln wollen.

Die Gicht, die viel untersuchte, aber immer noch dunkle Stoff- wechselkrankheit, geht bekanntlich mit Harnsäureablagerungen in den verschiedensten Körperregionen einher, so auch in den Nieren, und ist hier häufig combinirt mit Lithiasis. Die Nierensteine steigen in die Blase herab und bleiben hier, sich durch Anlagerung vergrößernd, liegen oder gehen weiter und können in selteneren Fällen in der Pro- stata oder Urethra zurückgehalten werden. An allen drei Stellen ver- mögen sie zu den heftigsten Beschwerden zu führen, die als Lithiasis vesicae prostatae et urethrae bekannt sind. Aber zwischen Gicht und Steinkrankheit besteht noch eine andere Beziehung. Es zeigt sich nämlich, daß die Lithiasis in gichtisch hereditär belasteten Familien sehr häufig ist, daB Gicht und Lithiasis alternirend auftreten können. Eine ausreichende Erklärung dieser Beobachtungen ist bisher nicht gegeben.

Doch auch direct wirkt die Gicht auf gewisse Teile des Harn- apparates. So giebt es eine Prostatitis und Urethritis urica, letztere wurde besonders früher als ein ziemlich häufiges Ereignis angesehen, jedoch dürfte es sich dabei wohl um Verwechselungen mit Ausflüssen anderer Provenienz gehandelt haben, aber ihr Vorkommen ist, wenn dasselbe auch freilich sehr selten ist, nicht zu bestreiten.

Erkrankungen des Urogenitalapparates selbst scheinen keine Rück- wirkung auf Gicht zu haben.

Aehnlich steht es auch bei dem Diabetes. Während die Zucker- krankheit sich als für gewisse Erkrankungen des Harn- und Sexual- apparates von ätiologischer Bedeutung erweist, wirken die Affectionen des letzteren gar nicht auf die besprochene Stoffwechselanomalie.

Besprechen wir zuerst die Blase.

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Durch die außerordentliche Vermehrung der Urinsecretion soll es zuweilen zu Erweiterungen der Blase kommen, was freilich vielfach und wohl mit Recht bestritten wird, da bei normaler Blasenfunction eine gewisse Füllung des Organs einen unbezwingbaren Reiz zu uri- niren hervorruft, der eine Ueberdehnung verhindert. Anders kann sich der Vorgang im Schlaf gestalten. Hier könnte es freilich zu einer Ueberdehnung kommen, falls der Blasenreiz nicht intensiv genug ist, um den Schlaf zu unterbrechen, aber meist hilft sich die Natur anders, es tritt nämlich Enuresis auf, und es sollte daher dieses Symptom stets dazu auffordern, den Urin auf Zucker zu untersuchen.

Häufig ist pei Diabetes Cystitis beobachtet, und eine Reihe von Autoren glauben, daß derselbe allein als See Moment genügt, indem die Zersetzung des zuckerhaltigen Urins die Entzündung be- wirkt, jedoch scheint die Harnruhr nach neueren Untersuchungen nur ein prädisponirendes Moment für das Auftreten der Cystitis zu sein. Auf Zersetzungsvorgängen im Urin beruht auch die neuerdings mehr- fach beobachtete Pneumaturie bei Diabetes. Müller zeigte an einem Kranken mit 1 pCt. Zucker, daß letzterer verschwunden war, sobald der Urin längere Zeit retinirt wurde, und daß dann die Pneumaturie auf- trat. Natürlich ist ein derartiger Vergährungsproceß in der Blase an das Vorhandensein von Mikroorganismen geknüpft.

In ähnlicher Weise durch Zersetzung entzündungserregend wirkt der zuckerhaltige Urin besonders an der Eichel unter der Vorhaut. Hier findet sich relativ häufig eine Balanoposthitis, die sich durch sehr reichliche Epithelwucherung auszeichnet. Sehr schwere Processe sind an Penis und Hoden beobachtet. Es liegen hier vereinzelte Beob- achtungen vor, nach denen es zu Spontangangrän des Penis, in anderen zu einer solchen des Hodens gekommen ist.

Die Genitalsphäre unterliegt auch dem Einfluß der Diabetes. Die Beobachtungen darüber sind recht zahlreich; das eine Mal findet man eine Erhöhung der Libido, zuweilen verbunden mit langdauerndem Priapismus, im anderen Falle häufige Pollutionen und Spermatorrhoe, am häufigsten Impotenz; diese kann auf anatomischen Veränderungen beruhen, worauf die Beobachtung von Hodenatrophie hinweist, meist jedoch ist dieselbe nervösen Ursprungs, wie ihr Verhalten beweist, indem dieselbe unter geeigneter Diät wieder zurückgeht. Daneben sind noch, ebenso wie an anderen Körperstellen, nervöse Processe der Haut zu nennen, deren bekanntester der Pruritus ist; derselbe befindet sich bei Männern vorzüglich am Scrotum, während bei Frauen die Vagina und Vulva befallen werden.

Als dritte Stoffwechselanomalie sei hier noch die Adipositas uni-

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versalis angefügt. Ihre Beziehungen zum Urogenitalapparat sind nicht bedeutend. Es handelt sich nur um die Genitalsphäre. Man hat von jeher einen gewissen Zusammenhang zwischen Adipositas universalis und einer Beeinträchtigung der Genitalfunction angenommen und stützte sich auf gewisse Erfahrungen, die zum Teil der experimentellen Patho- logie der Menschen und Tiere entnommen sind. So ist es ja bekannt, daß Castraten ungewöhnlich häufig an Adipositas leiden und daß auch bei castrirten Tieren dieselbe Erscheinung auftritt. Es ist mit Sicher- heit aus diesen Erfahrungen zu schließen, daß Vernichtung der Sexual- organe zu Adipositas führt; aber der umgekehrte Schluß, daß Fettsucht sexuelle Störungen bewirkt, ist nur in gewissen Grenzen berechtigt, indem nämlich bei Adipositas relativ häufig eine herabgesetzte Libido oder sogar Impotenz beobachtet wird. -

(Schluss folgt.)

Referate. I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

Robert Kutner (Berlin): Die instrumentelle Behandlung der Harnleiden mit besonderer Berücksichtigung der Tech- nik des Katheterismus für practische Aerzte. (Hirsch- wald 1898, 330 Seiten mit 61 Abbildungen.)

„Die instrumentelle Behandlung der Harnleiden ist auf der Technik des Katheterismus begründet“, mit dieser unbestrittenen und unbestreibaren Thatsache beginnt K. sein Vorwort. Sie ist der Grund, weshalb er in seinem Werke dem Katheterismus den größten und hervorragendsten Anteil zu- gewiesen hat. Er schildert mit peinlicher Genauigkeit und Sorgfalt die anatomischen Verhältnisse, deren Kenntnisse diese Operation erfordert, das Instrumentarium und die Technik, die sich verschieden gestaltet, je nach- dem man es mit normalen oder pathologischen Organen zu thun hat.

Die Darstellung dieser nicht leicht zu beschreibenden Einzelheiten ist fließend und gewandt. Man merktihr an, daß der Verf. nicht nachgeschrieben, sondern aus eigener Anschauung geschöpft hat.

Mit besonderer Liebe hat er sich seines „Kindes“ angenommen, „der Asepsis beim Katheterismus“, eines Gebietes, auf dem er, wie bekannt, geforscht und mit Erfolg gearbeitet hat.

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Es folgen sachlich gute Darstellungen der Diagnose und Differential- diagnose der Urethralstrieturen und der Prostatahypertrophie, Krankheiten, die dem Katheterismus am häufigsten schwer zu überwindende Hindernisse bieten. Der Verf. beherrscht das Gebiet und hat die Werke unserer Meister Thompson und Guyon sich zu eigen gemacht.

Zudem verdient die übersichtliche Anordnung des Buches Lob. Verf. hat es auf das Bedürfnis des Practikers zugeschnitten; ihm soll z. B. der Anhang dienen, der die differentialdiagnostisch wichtigsten Symptome der Harnleiden in einer Art Tabelle zusammenstellt. Im Allgemeinen hält Ref. nicht viel von Tabellen, sie schmecken zu sehr nach der Schule. Wer aber das Fach übersieht und das Buch aufmerksam studirt hat, wird in dieser Tabelle eine dankenswerte Repetition erblicken, und der Practiker mag es als eine Art Harmleidenlexikon benutzen.

Die Abbildungen, zum Teil schematisch, sind gut ausgeführt, deutlich und instructiv.

Die Ausstattung des Buches ist gut. Ref. glaubt, daß es Freunde zu finden verdient. Casper.

Rohleder (Leipzig-Gohlis): Die Anwendung des Naftalan in der dermatologisch-syphilidologischen Praxis. (Monats- hefte f. pract. Dermatologie, August 1898.)

Uns interessirt hauptsächlich die Anwendung des Naftalans bei sexuellen Erkrankungen. Mit diesem Mittel hat nun Verf. vor Allem sechs Fälle von Ulcus durum behandelt, und zwar derartig, daß das Naftalan in reinem Zustande aufgestrichen, oder daß ein Stück Watte oder Gaze mit Naftalan getränkt auf das Ulcus aufgelegt und die Vorhaut darüber gezogen wurde. Nur in einem Falle war innerhalb 2—3 Wochen bei täglich dreimaliger Wiederholung der bezeichneten Procedur das Geschwür geheilt und nur noch die Induration zu fühlen. Auf den Verlauf der Lues selbst hatte das Naftalan natürlich keine Wirkung. Ferner fand das Naftalan in sechs Fällen von Ulcus molle Anwendung und gleichfalls ohne Erfolg: das Mittel zeigte sich ohne jegliche Beeinflussung des Geschwürsgrundes und Verf. mußte bald zum Jodoform zurückkehren. Mit besserem Erfolg hat Verf. das Naftalan in 12 Fällen von acuter und subacuter Gonor- rhoe angewandt, und zwar als Solutio oleosa. Begonnen wurde mit einer 1/o proc. Lösung und aufwärts bis zu 6proc. Lösung gestiegen. Das Ergebnis war folgendes: In schwacher Concentration bis zu 2 pCt. war eine anti- blennorrhoische Wirkung überhaupt nicht zu verspüren; bei 3proc. und stärkeren Lösungen war entschieden eine schwach antiblennorrhoische Wir- kung bemerkbar. Der Ausfluß ließ nach, jedoch langsamer als bei den meisten anderen Mitteln. Nur in dem einen der zwölf Fälle verschwand der Ausfluß etwas schneller als in den anderen; auch zeigten sich in diesem Falle zuletzt keine Gonokokken. Verf. meint jedoch, daß er hier einen günstigen Erfolg vielleicht hätte erzielen können, wenn er das Naftalan nicht in öliger, sondern in Wasser- oder Glyeerinlösung angewandt hätte,

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da fette Oele die antiseptische Wirkung des Naftalana bedeutend beein- trächtigen.

Bei Bubonen und Epididymitis blennorrhoica zeigte sich das Naftalan von zweifelloser, wenn auch gleichfalls geringer Wirkung, namentlich bei den ersteren. Bei Epididymitis erzielte Verf. gute Erfolge, indem er das erkrankte Scrotum dick mit Naftalan beschmieren ließ, darüber eine dicke Watteschicht legte, das Ganze sorgfältig mit Guttaperchapapier um- hüllte und fest anliegend im Suspensorium tragen ließ. Eine Reizung der Scrotalhaut wurde niemals bemerkt.

In Form von Suppositorien, zuerst in proc. und dann allmählich steigernd bis 25proc. Stärke, hat Verf. das Naftalan schließlich in drei Fällen von Prostatitis glandularischronica angewandt, und zwar anscheinend mit Erfolg. Letzterer steht übrigens nicht vereinzelt da: wie Verf. mit- zuteilen im Stande ist, hat Dr. Kollmann das Naftalan seit drei Monaten in den meisten Fällen von Prostatacatarrh und Prostatitis in seiner Privat- praxis geprüft, und zwar ebenfalls in Form von Suppositorien bis 20 pCt. steigend, und ist mit dem Erfolg zufrieden.

In Bezug auf die Verwendung des Naftalans bei sexuellen Erkrankungen faßt nun Verf. seine gesamten Erfahrungen in folgendem Resume zusammen:

1. Das Naftalan ist ein reducirendes Mittel, dessen reducirende Kraft etwa der des Ichthyols, des Schwefels etc. gleichsteht und kann dort ver- sucht werden, wo diese angewendet werden.

2. Bei Ulcus molle, Ulcus durum und Blennorrhoe der Harnröhre (Injectionen von Solutio oleosa) ist es scheinbar unwirksam.

3. Es scheint aber einen günstigen Einfluß auszuüben in Fällen von Entzündung und Catarrh der Prostata bei rectaler Anwen- dung. Li.

II. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Schreiber (Göttingen): Ueber die sogenannten „Schatten“ der Harnsäure-Krystalle. (Virchow’s Archiv, Band CLII, Heft 1, Juli 1898.)

Ebstein hat bereits 1884 nachgewiesen, daß selbst der feinste Harn- säuresand ein organisches, aus Eiweiß bestehendes Gerüst enthält. Vier Jahre später berichtete er weiter, daß Harnsäurekrystalle nach Bearbeitung mit schwacher Alkalilösung bisweilen eine geschichtete, die ursprüngliche Form des Krystalls beibehaltende Substanz zurücklassen, welche eine Eiweiß- reaction giebt, doppeltbrechend und durch Tinctionsmittel nicht färbbar ist. Auf dem Wiesbadener Congreß 18% berichtete Moritz über seine dies- bezüglichen Untersuchungen dahin, daß jeder Harnsäurekrystall ein Stroma von organischer, seine ganze Masse völlig gleichmäßig erfüllender Substanz

zeigt, die er im Gegensatz zu Ebstein als eine eiweißartige bezeichnet. In Folge dessen hat nun Verf. eine Nachprüfung der Untersuchungen von Moritz vorgenommen, indem er genau nach dessen Vorschriften zur Ge- winnung und Bearbeitung der Harnsiäurekrystalle verfuhr. Er konnte die Angaben von Moritz, sofern sich dieselben auf die physikalischen Eigen- schaften des Gerüstes oder des sogenannten „Schattens“ der Harnsäure- krystalle beziehen, bestätigen. Daß aber das Stroma eine Eiweißsubstanz sein soll, davon hat sich Verf., trotz peinlichst sorgfältiger Wiederholung der von Moritz angegebenen Reactionen und trotz einiger von ihm selbst ersonnener Reactionen zur Feststellung des Eiweißcharacters der fraglichen Substanz, nicht überzeugen können. Ferner widerlegt Verf. die Annahme Moritz’s, daß es schwer gelinge, die Harnsäure frei von diesem organischen Gerüst zu bekommen; wenn man die Harnsäure 2—3mal aus Schwefelsäure umkrystallisiren läßt, so bekommt man eine absolut reine Harnsäure, die das Gerüst nicht mehr zeigt. Li.

Th. Lohnstein: Ueber die araeometrische Bestimmung des Traubenzuckers im Harne. (Allg. med. Central-Zeitung 1898, No. 58.)

Verf. hat vor einigen Jahren die Roberts’sche Methode der Zucker- bestimmung, welche auf der Veränderung des specifischen Gewichts trauben- zuckerhaltiger Urine durch die Hefegährung beruht, dadurch modificirt, daß er die specifischen Gewichtsbestimmungen an den Hefesuspensionen vorzu- nehmen empfahl, die man erhält, wenn man den Harn mit der Hefe zu einem gleichmäßigen Brei schüttelt. Dieses Verfahren, welches meist sehr befriedigende Resultate liefert, kann illusorisch werden, wenn man eine sehr schwere Hefe verwendet, weil bei dieser zu schnell die Senkung eintritt. Für solche Fälle (sowie auch für alle anderen) kann man sich mit Erfolg der von W. Schlosser (Pharmaceutische Centralhalle 1898, No. 14) an- gegebenen Modification des Verfahrens bedienen, darin bestehend, daß man in der ersten der beiden Dichtebestimmungen den Einfluß der Hefe an sich auf das specifische Gewicht durch eine Kochsalzlösung ersetzt, während man die zweite an der geklärten Flüssigkeit ausführt, welche am Ende der Gährung über der zu Boden gesunkenen Hefe steht. In vorliegender Abhandlung erklärt sich Verf. mit der Modification Schlosser’s einver- standen, stellt jedoch die von diesem gegebene Begründung unter Berück- sichtigung der Gesetze der Osmose richtig. Während Schlosser von der Voraussetzung ausging, daß sämtliches in der Hefe enthaltene Wasser sowie alle Salze derselben vom umgebenden Urin aufgenommen werden, geht L. von der richtigeren Vorstellung aus, daß sich die zwischen den Hefezellen befindliche Flüssigkeit direct mit dem Urin mische, während gleichzeitig den Hefezellen von der umgebenden Flüssigkeit nach Maßgabe der osmoti- schen Druckdifferenz Wasser entzogen wird. Daraus folgt, daß die Beein- flussung des specifischen Gewichts einer zuckerfreien Lösung durch in sie gebrachte Hefe je nach der Concentration und der Art der gelösten Sub-

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stanzen eine verschiedene ist. Indem Verf. diesen Vorgang an der Hand von Versuchen genauer verfolgt und deren Resultate auf zuckerhaltigen Urin anwendet, gelangt er dazu, die Ausführung der araeometrischen Zucker- bestimmung in folgender Modification zu empfehlen:

Ist die Zuckerprobe nach Trommer unzweifelhaft positiv ausgefallen, so werden 100 cem des Harns, in einem vorher getrockneten bezw. mit dem Urin gespülten Meßcylinder oder Meßkolben abgemessen, mit 4 ccm frischer Preßhefe versetzt, wie solche heutzutage in jedem Bäckerladen in guter Qualität erhältlich ist. Das Gemisch, zur Suspension geschüttelt, wird in einen 200—300 cem haltenden Kolben bezw. gewöhnliche Flasche gegeben, welche letzter& Gefäße vorher ebenfalls getrocknet bezw. mit dem Urin gespült und ausgeschwenkt sein müssen. Man verschließt dieses Gefäß am einfachsten mit einem Wattebausch, durch welchen ausreichender Schutz vor Verdunstung geschaffen ist und gleichzeitig die gebildete CO, bequem entweichen kann. Man stellt den Kolben nunmehr in einen irdenen Topf mit Wasser von 35—40° C. und setzt letzteren an einen Ort, an dem die Temperatur voraussichtlich nicht unter 20° C. sinkt und über 40°C. steigt. Unter diesen Umständen ist die Gährung in 12 Stunden sicher beendet. Nachdem der Kolben mit der Hefesuspension angesetzt ist, werden weitere 100 ccm des Urins mit 1,6 cem einer Iproc. Kochsalzlösung versetzt, und von diesem Gemisch wird das specifische Gewicht s, mit dem vom Verf. angegebenen genauen Urometer bestimmt (erhältlich bei L. Reimann, Berlin SO., Schmidstrasse 32). Nachdem sich die Hefe in dem vorher an- gesetzten Kolben gehörig abgesetzt hat, was 24 Stunden nach dem Ansetzen unter allen Umständen geschehen ist, wird von der darüber stehenden Flüssigkeit, die übrigens meist opalescirt, soviel abgegossen, als man zur speeifischen Gewichtsbestimmung braucht, was bei der dichten Absetzung der Hefe keiner Schwierigkeit unterliegt, das Abgegossene zur Austreibung überschüssiger Kohlensäure einige Male ordentlich geschüttelt und nunmehr sein specifisches Gewicht s, bestimmt. Den gesuchten Zuckergehalt findet man, indem man Su Sa die Differenz der specifischen Gewichte, mit 233 multiplieirt. Die specifischen Gewichtsbestimmungen sind bei Zimmer- temperatur vorzunehmen, und ist es natürlich das Beste, wenn die Tempe- raturen der Flüssigkeit bei beiden Bestimmungen annähernd gleich sind; sind die Temperaturen verschieden und bezeichnet t, die Temperatur vor und t, die Temperatur nach der Gährung, so muß man zu s,—s, bei einer Temperatur zwischen 15° und 20° C. 0,0002 (t\—t,) und bei einer Tempe- ratur zwischen 20° und 25° C. 0,0093 (t,—t,) addiren, um die corrigirte Differenz s—s, zu finden, welche man direct erhalten hätte, wenn bei beiden Bestimmungen die gleiche Temperatur vorhanden gewesen wäre. Ist die Trommer’sche Probe zweifelhaft oder schwach positiv ausgefallen, so ver- führt man genau wie vorher, nur daß man an Stelle von & ccm nur I ccm Hefe verwendet und mit dem Factor 230 anstatt 233 multiplicirt.

Die Abmessung der Hefe geschieht am einfachsten folgendermaßen: Nachdem die 100 cem des mit der Hefe zu versetzenden Urins eingefüllt

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sind, werden von letzterem wieder 5—6 cem in emen kleinen 10 cem- MeßBeylinder zurückgegossen. Steht das Niveau danach im letzteren z. B. bei 5,5 ccm, so werden kleine Hefestückchen in ihn geworfen, bis das Niveau bei 9,5 ccm steht. Dann hat man oflenbar 4 com Hefe hinzugegeben. Der Inhalt des kleinen Meßeylinders wird nun vollständig (eventl. unter Verreibung der an seinen Wänden haften gebliebenen Hefe mit wieder aus dem großen Meßeylinder bezw. Mebkolben zurückgegossenem Urin) in das größere Meßgefäß gegeben. Auch die eem der 1proc. NaC]-Lösung werden mit dem kleinen Meßcylinder nach Reinigung und Trocknung des- selben abgemessen.

An einigen Beispielen mit künstlichen Zuckerharnen, deren Trauben- zuckergehalt genau bekannt war, beweist Verf. zum Schluß die große Genauigkeit dieses Verfahrens, das wegen seiner Einfachheit und leichten Ausführbarkeit, sowie weil es keinen teuren Apparat erfordert, besonders dem practischen Arzt empfohlen zu werden verdient. R. L.

Clowes: A case of diabetes insipidus treated with amyl-

hydrate and paraldehyde. (Brit. Med. Journ., 3. Sept. 1898.)

Die 20jährige Patientin hatte vor 2 Monaten zuerst bemerkt, daß sie große Harnmengen entleerte; gleichzeitig stellte sich ein unstillbarer, immer mehr zunehmender Durst ein. Die Anamnese ergab weder hereditäre Be- lastung noch Traumen oder psychische Alterationen. Die Kranke war stets sehr nervös gewesen. Sie war wohlgenährt und anscheinend gesund, fühlte sich seit einigen Wochen etwas matt. Die Haut war trocken. In den ersten 24 Stunden nach ihrer Aufnahme in’s Hospital entleerte sie ca. 6 Liter eines strohgelben, leicht sauren Harns von spee. Gew. 1002 mit Spuren Eiweib. Während 3'/, monatlicher Behandlung mit Zine. valerianicum. Codein, Antipyrin, Digitalis, Ergotin, Eleetrieität etc. schwankten die 24stündigen Harnmengen zwischen 6 und 8 Liter. Achtzehn Tage lang wurde nunmehr Amylenhydrat in allmählich von 2 bis 11 g steigenden Dosen allabendlich mit dem Erfolg gegeben, daß die Harnmenge auf 3 Liter sank und das spec. Gewicht auf 1010 stieg. Der Durst verringerte sich außerordentlich, das Körpergewicht stieg um 10 Pfund, die Kranke wurde nur durch ein leicht brennendes Gefühl in der Kehle belästigt. Eine weitere Abnahme der Harumenge wurde trotz zwei Wochen lang fortgesetzter Darreichung des Amvlenhydrats nicht mehr erzielt, dagegen stellte sich ein förmlicher Hunger nach diesem Mittel ein, und Patientin wurde ruhelos und reizbar. Dasselbe wurde darauf durch Paraldehyd ersetzt, welches dieselbe Wirkung auf die Harnmenge auszuüben schien. R. Rosenthal (Berlin).

Massy (Bordeaux): Ueber die Behandlung des Diabetes mel- litus mittelst statischer Electricität. (Journal de médecine de Bordeaux, März 1898.)

Verf. hat bereits vor mehreren Jahren einen Fall veröffentlicht, in dem es ihm gelungen war, bei Diabetes mellitus durch Anwendung von statischer

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Electricität Besserung zu erzielen. Der gegenwärtigen Mitteilung liegen nun zwei weitere derartige Beobachtungen zu Grunde, die den therapeuti- schen Wert der statischen Electricität in hohem Maße darthun. Der erste Fall betrifft einen Patienten, der bereits drei Jahre an schwerem, jeder Be- handlung trotzenden Diabetes litt. Die tägliche Urinmenge betrug ca. 4]; specifisches Gewicht des Harns 1,035, die tägliche Menge des mit dem Harn ausgeschiedenen Zuckers 55,5, die des Harnstoffs 16,0. Leber vergrößert und um lcm über den Rippenrand hervorragend, Magen erweitert, in den Beinen Gefühl von Schwere selbst im Zustande der Ruhe. Die Behandlung bestand in täglich halbstündiger Electrisirung, 15 Minuten Reibung des ganzen Körpers, 15 Minuten Wannenbad. Nach 15 Sitzungen besserte sich der Zustand des Patienten subjectiv sowohl, wie auch objectiv. Die Be- handlung wurde jedoch noch weitere zwei Monate fortgesetzt, indem sie jetzt allerdings nicht mehr täglich, sondern einen Tag um den anderen vor- genommen wurde. Das Resultat war vollständiges Nachlassen der subjectiven Beschwerden bei folgendem objectiven Befund: tägliche Harnmenge 1700 bis 1800 ccm, tägliche Zuckermenge 5,6 g, Harnstoffmenge 18,25 g, specifisches Gewicht des Harns 1,021, Rückbilduug der Lebervergrößerung und der Magenerweiterung. Die während längerer Zeit ausgeführten Nachprüfungen ergaben, daß die Besserung dauernd war. Der zweite Fall betrifft eine 4ljährige Patientin, die seit einem Jahre an gesteigertem Durstgefühl, Polyurie und Pruritus der unteren Extremitäten litt. Der objective Befund war in diesem Falle etwas günstiger als in dem obigen. Dieselbe Behand- lung mit demselben, gleichfalls dauernden Erfolg. Li.

III, Gonorrhoe und Gomplicationen.

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Lochte (Hamburg): Veber den practischen Wert des mikro- skopischen Gonokokken-Nachweises bei Prostituirten. (Monatshefte für practische Dermatologie, 1898, August.)

Bekanntlich ist von Neisser die Forderung aufgestellt worden, daß bei der polizeiärztlichen Controlle der Prostituirten die mikroskopische Untersuchung der Genitalsecrete auf Gonokokken vorgenommen werde. Diese Forderung hat er neulich wiederholt, als Behrend sich ausdrücklich gegen den practischen Wert der Gonokokken-Untersuchung ausgesprochen hatte. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Frage, in der zwei solche maßgebende Forscher wie Neisser und Behrend zwei verschiedene Stand- punkte vertreten, ist es für uns von großer Bedeutung zu erfahren, daß Verf. auf Grund ausgedehnter mikroskopischer Secretuntersuchungen bei den Prostituirten Hamburgs zu einem Urteil gelangt ist, das mit dem Behrend’s übereinstimmt. Nicht nur, daß der Untersuchung auf Gono- kokken keine practische Bedeutung beizumessen sei, wäre die Neisser’sche

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Forderung der wöchentlich einmaligen Untersuchung der Prostituirteu unter Zuziehung des mikroskopisch-bacteriologischen Verfahrens allein vom tech- nischen Standpunkte aus kaum durchführbar, wenn man genau nach Neisser’s Vorschrift handeln, d. h. von jeder Prostituirten je fünf mikro- skopische Präparate (von dem Secret der Urethra, beider Bartholini’schen Drüsen, des Cervix und des Rectums) anfertigen wollte, ganz abgesehen davon, daß eine derartige Umwandlung des Controlwesens mit ungeheuren Kosten verbunden sein würde, die zunächst als unerschwinglich angesehen werden müssen. Li.

Ferdinand Kornfeld (Wien): Erfahrungen mit Largin. (Wiener medic. Presse 1898, No. 33.)

K. hat 29 Patienten mit Largin behandelt; dasselbe wurde in !/, bis lt} proc. Lösungen, allmählich ansteigend, verordnet. Die Injectionen wurden dreimal täglich ausgeführt, und die Lösung früh und Mittags je 5—10 Minuten, Abends 15—30 Minuten in der Harnröhre belassen, in den ersten Tagen sogar nur 2—5 resp. 5—10 Minuten lang, wegen der mitunter beobachteten leichten Reizwirkung des Largins.

In 14 Füllen handelte es sich um eine frische Urethritis acuta anterior, die kurz nach dem Auftreten der ersten Symptome in Behandlung ge- kommen war, und zwar war zwischen Beginn der Urethritis und dem der Behandlung in der Mehrzahl der Fälle nur ein Zeitraum von 1—2 Tagen verstrichen; nur in zwei Fällen lagen seit dem Beginne der Affection acht resp. elf Tage. In sämtlichen 14 Fällen nahm das Anfangs reichliche und dickeitrige Secret an Menge sehr bald ab, die Gonokokken schwanden aus demselben sehr rasch, der trübe Harn klärte sich, die Trübung und nachher die Fäden schwanden vollständig, nachdem aus den letzteren auch die Gonokokken verschwunden waren. Die Dauer der Behandlung erstreckte sich auf 16—50, im Durchschnitt etwa auf 30 Tage; die Heilung hielt auch bei der länger fortgesetzten Beobachtung an, auch nach Biergenuß und Coitus. Nur in einem Falle war eine leichte und bald wieder zurück- gehende subacute Urethritis posterior aufgetreten.

In einer zweiten Gruppe von Fällen, neun an der Zahl, bestand bereits eine Ausbreitung der Erkrankung auf die Urethra posterior und die Blase. Hier wurden die Injectionen, solange noch acute Erscheiuungen bestanden, ausgesetzt und diätetische Verhaltungsmaßregeln, sowie Morphin angeordnet. Danach wurde und bei den subacuten Füllen sofort die Irrigations- methode nach Diday mit 1/,—1proc. Larginlösungen vorgenommen. Die Spülungen wurden täglich wiederholt: die Trübung der zweiten Harnportion schwand im Durchschnitt binnen sechs Tagen dauernd, ohne daß Compli- cationen eintraten. Auch wurden in zwei Fällen Instillationen nach Guyon mit 2proc. Larginlösung versucht; dieselben wurden jedoch nicht gut ver- tragen, es stellten sich heftigere Schmerzen und Reizerscheinungen ein.

In den sechs übrigen Fällen handelte es sich um chronische Formen der Urethritis. Nur in einem dieser Fälle trat Heilung ein, nach Ablauf

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von zehn Wochen, während welcher Zeit, bei der acuten Verschlinmerung eines chronischen Trippers, das gonokokkenhaltende Secret mittels protra- hirter Largininjeetionen zum Verschwinden gebracht und nachher Spülungen und Instillationen (1/,—2 proc.) angeschlossen wurden. In den anderen fünf Fällen mußte von der localen Behandlung mit Largin wegen störender Complicationen (Harndrang, Reizerscheinungen von Seiten der Prostata, Hodenschmerzen) Abstand genommen werden; in zwei Fällen verbot der Eintritt einer ganz acuten Urethritis posterior jeden weiteren localen Eingrift.

Im Ganzen genommen spricht sich R. dahin aus, daß die Irrigations- und Instillationsbehandlung des chronischen Trippers mit Largin derjenigen mit Argentum nitricum nicht überlegen zu sein scheint; dagegen übt das Largin eine rasche und günstige Wirkung auf die frische Gonorrhoea anterior aus und ist hier dem Protargol mindestens ebenbürtig. Ein Abortiv- mittel ist es ebenso wenig wie dieses; auch schien es zweckmäßig, nach dem Verschwinden der Gonokokken aus dem Secret an die Larginbehandlung noch etwa eine Woche lang Injectionen von adstringirenden Mitteln anzu- schließen, wodurch die vollkommene Abheilung rascher zu Stande kommt.

E. Samter (Berlin).

P. Noguès: Traitement de l’urethrite A gonococces par le protargol. (Ann. des mal. gen.-urin. 1898, No. 6.)

N. berichtet über seine Resultate bei 15 Gonorrhoikern, welche er nach der Neisser’schen Methode mit Protargol behandelt hat. Davon befanden sich 4 gerade im Anfangsstadium = 4 Heilungen; 4 im entzündlichen == 3 Heilungen, 1 Mißerfolg; 7 ım schleichenden (torpiden) = 7 Heilungen. Alle wurden wieder 10 Tage nach dem letzten Behandlungstag revidirt, nachdem die gewöhnliche Probe mit Erlaubnis von Bier und Gestattung des Beischlafs mit Condom gemacht worden war. Trotz dieser guten Resultate scheint N. diese Methode aber nicht recht empfehlen zu wollen. Er nimmt an, daß durch das so lange Verweilen einer so großen Flüssigkeitsmenge in der vorderen Harnröhre der Schließmuskel ermüden und somit ein Ueber- strömen in die hintere Partie erfolgen könnte. Die Folge davon wären Orchitis, Cystitis, eitrige Prostatitis, odematöse Schwellung der Prostata mit Retention. (Also deshalb wendet man Antiseptica etc. an, um an anderer Stelle Suppuration zu erzeugen! Ref.) Um diesen Gefahren vorzubeugen, empfiehlt er an Stelle der Injeetionen die Instillationen und die Ausspülun- gen. Mir scheint dieser Patriotismus doch etwas zu weit zu gehen!

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

E. Desnos: Des instillations de protargol dans les uréthrites chroniques. (Ann. des mal. gen.-urin. 1898, No. 7.)

In vorliegender Arbeit berichtet D. über die Resultate, welche er mit Instillationen von Protargol bei chronischen Urethritiden gehabt hat. Zur Behandlung gelangten 54 Fälle von Harnröhrenentzündung und 4 von eitriger Cystitis. Das Instrumentarium ist das sonst übliche; nur empfiehlt er eine

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Bougie mit weiter Oeffnung zu nehmen, weil sonst die Entleerung der vis- ciden, Protargolflüssigkeit beschwerlich ist Die Concentration betrug 1 bis 15 pCt. Am besten empfehlen sich 5—10proc. Lösungen. Die zu instillirende Flüssigkeitsmenge schwankte zwischen 20 und 60°Tropfen. Die für den Patienten entstehenden Beschwerden sind leichter Natur, in jedem Fall leichter als bei Sublimat- oder Höllensteininjeetionen. Fast immer, be- sonders aber nach der ersten Injection tritt eine Vermehrung der E.terung ein, welche aber selten über 12 Stunden anhält. Der Austluß ähnelt dem Glycerin; selten zeigt er blutige Streifen (fast ausschließlich bei tuberculösen Fällen). Die Instillationen dürfen im Allgemeinen nur in 48stündigen Inter- vallen wiederholt werden. Doch hängt dieses ganz von der Reaction ab, so daß man sie eventl. täglich vornehmen kann oder auch länger hinaus“ schieben muß.

Unter den 54 Urethritisfällen befanden sich 7 mit Gonokokken, 39 ohne Gonokokken und 8 tuberculöse. Dazu kommen 4 eitrige Cystitiden. Bei der ersten Gruppe empfiehlt sich das Protargal ganz besonders. Oft ver- schwanden die Gonokokken schon nach der zweiten oder dritten Sitzung, Hier sind Lösungen von unter 5 pCt. am Platze; sind die Gonokokken voll- ständig verschwunden, so steige man mit der Concentration bis auf 5 bis 10 pCt.

Die zweite Gruppe, 39 Urethritisfälle ohne Gonokokken, anlangend, konnten 32 vollständig geheilt werden, olıne daß auch nur Fäden im Urin zurückblieben, und zwar varlirte die Zahl der Injeetionen zwischen 3 und 18. 24 von diesen Kranken heilten bei der einfachen Instillationsmethode, bei 7 wurde noch die Dilatation angewandt, 1 wurde urethrotomirt. Von den 7 nicht geheilten wurden 5 zwar sehr gebessert, behielten aber Fäden, trotz- dem das Verfahren lange fortgesetzt wurde. 3 blieben trotz gleichzeitiger Dilatation ungeheilt.

Auch bei der tubereulösen Form konnte Besserung beobachtet werden, Jedoch konnte die Anwendung des Protargols hierbei nur eine beschränkte sein.

Bei den 4 eitrigen Blasenentzündungen waren die Erfolge durchweg gut.

Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Unna (Hamburg): Die Eisbehandlung der Epididymitis blen- norrhoica. (Monatshefte für pract. Dermatologie, August 1898.)

Der ganze Sinn der Eisbehandlung besteht in der Entfesselung der latenten Kraft der Tunica dartos zur Compression des Hodens und Neben- hodens und damit zur Resorption des Exsudats. Die Eisbehandlung reiht sich also den übrigen comprimirenden Behandlungsmethoden an, und ist die naturgemäbeste und am raschesten wirkende Um einen solchen Effect zu erreichen, muß aber auch die Tunica dartos durch das Eis zu einer permanenten, maximalen Contractur gezwungen werden. Eine bloße Abkühlung der Haut durch auf Eis gekühlte Tücher, durch mit Eis ge- kühltes Bleiwasser, durch einfach aufgelegte, sich rasch erwärmende Eis- blasen besitzt nicht die geringste Wirkung auf das Exsudat und kann

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höchstens als local schmerzstillendes Mittel gelten. Dagegen kann man das Ziel mit sehr geringen Mitteln erreichen. Es gehören dazu täglich einige Pfund Eis, eine mittelgroße Eisblase, !/, m wasserdichtes Zeug und ein Tonnenband. Die Haupttorderung ist, daß dem Schmelzwasser Abtluß verschafft wird. Man bindet also ein grobporiges Tuch trommelfellartig über einen Eimer, legt das Eis darauf und bedeckt es mit einem Stück Flanell oder wollenem Zeug. Alle 2—3 Stunden muß eine neue Portion Eis für die Eisblase klein geklopft werden. Letztere darf nur mäßig und mit nicht zu kleinen Stücken gefüllt werden, damit man einerseits den ganzen Hodensack in die Eisblase hineinlagern kann und andererseits daß das Eis nicht zu rasch schmilzt. Der Hoden muB hoch liegen, und hierzu legt sich der Patient so auf ein gewöhnliches Handtuch, daß letzteres quer unter beiden Oberschenkeln durchgeht und über denselben zusammen- geschlagen, straff angezogen und mit einer Sicherheitsnadel zusammengesteckt werden kann. Auf diese improvisirte Schwebe legt man zunächst ein Stück wassertichtes Zeug und dann den Hodensack, den man nun allseitig mit der Eisblase umgiebt. Die allgemeine Bettwärme muß von dem Orte der Eisbehandlung ferngehalten werden. Hierzu wird ein gewöhnliches Tonnenband mit den freien Enden in beide Bettseiten so ein- gesteckt, daB sein Scheitelpunkt unter der Eisblase liegt. Es hält die Bett- decke und ihr Gewicht ab und stellt zugleich einen geräumigen Luftraum her. Endlich hat man den Vorteil, daB man mittelst eines Bindfadens die Eisblase an ihm in der Schwebe halten kann, so daß deren Gewicht den empfindlichsten Patienten nicht belästigt.

Durch Befolgung dieser Regeln ist es dem Verfasser stets gelungen, selbst massige Exsudate mit der bloßen Eisbehandlung zu beseitigen. Kann die Eisbehandlung nur Nachts durchgeführt werden, so muß man bei Tage ambulante Behandlung einleiten, die sich mit ersterer verträgt. Hierzu passen ein etwas comprimirender, einfacher oder mit Bleiwasser ge- tränkter Dunstverband, eine Einreibung mit Vasogen mit oder ohne Dunst- verband oder eine einfache Einpinselung mit Ichthyolcollodium.

Die geschilderte Eisbehandlung ist nicht nur bei entzündlichen Hoden- erkrankungen, sondern auch bei nervösen sehr zu empfehlen, wie sie z. B. die Varicocele öfters begleiten, und endlich auch bei Erschlaffung der Tunica dartos. Li.

Marcy (Buffalo): Report ofa case ofgonorrhoeal rheumatism treated with injections of bichloride of mercury. (New York Medical Record, 2. Juli 1898.)

Bei emem 32jährigen Patienten trat 3 Wochen nach Beginn einer Gonörrhoe eine linksseitige Gonitis auf. Trotz aller erdenklichen inner- lichen und äußerlichen Mittel dauerten Wochen lang heftigste Schmerzen und hohes Fieber um 40° herum an. Ausgehend von der abortiven Be- handlung der Tonsillitis mit Sublimatinjectionen wandte Verf. die letzteren mit gutem Erfolge an. Allmählich mit einer 4 cm langen Canüle in die

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Tiefe vordringend, anästhesirte er das Knie mit 4 pCt. Cocain, konnte nur eine geringe Menge gelblicher seröser Flüssigkeit durch Aspiration ge- winnen und injieirte ca. 4 ccm einer Sublimatlösung (1:3000). Die Tem- peratur fiel unmittelbar bis auf die Norm, die Schmerzen, die vorher kaum auf Morphium schwanden, wurden geringer. Drei Tage lang wurden die Injectionen Morgens und Abends fortgesetzt. Als sie 2 Tage ausgesetzt wurden, verschlimmerte sich der Zustand sofort. Mit demselben prompten Erfolg wurden sie wieder aufgenommen und führten zu schneller Heilung mit vollkommener Beweglichkeit. R. Rosenthal (Berlin).

Dowd: Gonorrhoeal pyelitis and pyelonephritis. (New York Medical Record, 25. Januar 1898.)

Die gonorrhoische Pyelitis oder Pyelonephritis, besonders im subacuten und chronischen Stadium, wird häufig nicht früh genug erkannt. Ob die einzige Entschuldigung dafür, wie Verf. meint, darin zu suchen ist, daß die Autoren so wenig darüber sagen, möchte Ref. bezweifeln. Cystitis ist kein notwendiges Bindeglied zwischen Urethritis und Pyelitis, die letztere kann auch auf dem Wege der Lymphbahnen zu Stande kommen. D. fand in mehreren Fällen eine gesunde Blase, die im cystoskopischen Bilde nur ein oder zwei rote, anscheinend unter der Schleimhaut liegende, vom Orific. urethrale zum Orific. ureterale hinziehende Streifen zeigte. Zwei Kranken- geschichten illustriren die beiden Extreme von Pyelitiden, in dem einen Falle kaum bemerkbare Symptome, in dem anderen schwere locale und all- _ gemeine Störungen. Frost, hohes Fieber, heftige Kreuzschmerzen, Harn- drang, Verringerung der Harnmenge, große Blässe, starke Mattigkeit können vorhanden sein oder fehlen. Die Diagnose läßt sich allein durch eine genaue Untersuchung des Harns stellen. Blut ist meist gegenwärtig, aber oft in so kleinen Mengen, daß nur das Mikroskop darüber aufklären kann; Cylinder werden meistens gefunden; Nierenbeckenepithelien, besonders in Dach- schindelform, sichern die Diagnose; Hyperacidität, mit einem größeren Eiweißgehalt, als dem Eiter entspricht, ist ein constantes Symptom.

Nur die acute Pyelitis ist einer dauernden Heilung zugänglich; doch muß sie früh erkannt und streng behandelt werden. Bettruhe und Milch- diät, trockene Schröpfköpfe, Sorge für Stuhlgang; zur Verminderung des arteriellen Druckes, Vermehrung der Harnmenge, um den Harn reizlos zu machen und auf die Nierenbeckenschleimhaut adstringirend zu wirken, dienen große Dosen von Aconitin, Lithium ceitricum und Hamamelis, drei- bis vierstündlich in einem Glase destillirten Wassers. Nach der Heilung ist noch Monate lang große Vorsicht in der Diät und sorgfältige Beobachtung des Harns nötig. R. Rosenthal (Berlin).

Mundorff (New-York): The value of electrolysis in the treat- ment of urethritis chronica glandularis. (New York Medical Record, 20. August 1898.)

Oberländer inaugurirte die electrolytische Behandlung bei chronischer, glandulärer Urethritis im Jahre 1889, verlieB dieselbe aber nach einigen

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Jahren als irrationel. Kollmann empfahl eine stumpf- und eine scharf- spitzige, eleetrische Sonde, erstere zur Zerstörung der Morgagni’'schen Krypten, letztere für die erkrankten Littre’schen Drüsen. Verf. arbeitete meistens mit der scharfspitzigen. Er beobachtete 17 electrolvtisch behandelte Fälle in der Wossidlo’schen Klinik in Berlin, deren Kraukengeschichten ausführlich mitgeteilt werden. Trotz sechs Mißerfolgen schätzt er die Methode außerordentlich, weil sie noch oft zum Ziele führt, wo alle anderen Heilmittel versagen; trotz einer durch zu energische Electrolyse erzeugten Strietur hält er die Methode für harmlos. Die Operation ist schmerzlos, erfordert keine locale Anästhesie; gelegentlich wird über ein leicht brennen- des Gefühl geklagt. Die feuchte, mit dem positiven Pol verbundene Schwamm- electrode wird auf das Perineum oder besser auf das Abdomen gesetzt, das Nitze-Oberländer’sche Urethroskop wird bis in die Pars bulbosa eingeführt und langsam zurückgezogen, bis eine erkrankte Drüsenöffnung in Sicht kommt, die Kollmann’sche Sonde wird direet in die Oetfnung des Drüsenganges eingeführt und der Strom geschlossen. Nach Oefinung des Stroms wird die elecetrische Sonde herausgezogen und die Schleimhaut mit einem Wättestäbchen abgewischt. Kollmann wendet eine Stromstärke von 4—5 Milliamperes an und eine Sitzung von drei Minuten für jede Drüse. Verf. fand 20 Seeunden zur Zerstörung einer Drüse genügend. Zu inten- sive Electrolyse kann zu Strieturen führen, wie es einer der mitgeteilten Fälle beweist. Ueber Stromstärke und Dauer der Anwendung müssen noch weitere Erfahrungen gesammelt werden. Es ist nicht ratsam, mehr als drei Drüsen in einer Sitzung zu zerstören oder die Procedur vor zehn Tagen zu wiederholen, da die Reaction oft stark ist. 2—3 Injectionen einer reizlosen Flüssigkeit oder bei stark vermehrtem Eiterausfluß Irrigationen der Urethra anterior mit 1%, Arg. nitr. sollen dem Eingriff folgen. Während dieser Exacerbation, die oft vier Wochen dauert, ist die fernere electrolytische Be- handlung contraindicirt. In den mitgeteilten Fällen ließ Verf. nur kaltes, destillirtes Wasser injieiren, um möglichst einwandfreie Resultate zu er- halten, doch zweifelt er nicht daran, durch gleichzeitige Injectionen milder Adstringentien noch bessere Erfolge zu erzielen. Ist die chronische glandu- läre Urethritis, wie meistens, mit periglandulärer Infiltration complicirt, so muß eine Dilatationsbehandlung der Electrolyse vorangehen; zeigt das Urethroskop Narbenbildung in der Nachbarschaft von electrolytisch obli- terirten Drüsen, so muß Dilatationsbehandlung folgen.

In 15 von den 17 beschriebenen Fällen wurden Gonokokken gefunden.

Auf Grund dieser und seiner übrigen Erfahrungen kommt Verf. zu folgenden Schlußsätzen:

Außer bei acuter Urethritis muß in jedem Falle urethraler Erkrankung eine sorgfältige Urethroskopie der Behandlung vorausgehen. Alle Formen chronischer Urethritis können durch Dilatation und Höllensteininjectionen geheilt werden. Electrolyse ist nur bei der glandulären Form indieirt und heilt die meisten Fälle dieser Art. Wo dieselbe nicht nützt, ist die Dilata- tion indieirt; wo sie zu Narbenbildung führt, muß Dilatation die Strietur

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verhindern oder heilen. Während der Behandlung muß regelmäßige Endo- skopie die Harnröhrenbeschaffenheit controliren. R. Rosenthal (Berlin).

IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

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Brissaud: Le double syndrome de Brown-Séquard dans la syphilis spinale. (Progrès médical, 17. juillet et 18. décembre 1898. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, III.)

Die spinale Syphilis kann doppelseitige motorische und sensible Lähmung, einseitige motorische und sensible Lähmung derselben Seite, einseitige ge- kreuzte motorische und sensible Lähmung und doppelseitige gekreuzte motorische und sensible Lähmung zur Folge haben. Letzterer Symptomen- complex unterscheidet sich von dem erstgenannten nur dadurch, daß die Intensität der motorischen Lähmung einer Seite stärker ist und dem die Intensität der sensiblen Lähmung der anderen Seite entspricht. Die der gekreuzten Hemianästhesie zu Grunde liegenden anatomischen Processe sind Meningomyelitiden, Pachymeningitiden und leicht comprimirende Tumoren.

Dreyer (Köln).

Ozenne: De la syphilis tertiaire des ovaires; note à propos de deux observations. (Semaine gynécologique, juin 1898. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, III.)

Eine Form tertiärer Lues beschreibt O., nämlich die der Ovarien, die er für nicht ganz selten hält. Sie soll sich darin stimmen die zwei an- geführten Fälle überein durch Menstruationsstörungen, namentlich Me- trorrhagien, Vergrößerung der Organe und Schmerzhaftigkeit derselben bei Druck auszeichnen. Er unterscheidet eine gummöse und hypertrophisch sclerosirende Form. Dreyer (Köln).

A. Fournier: Syphilides tuberculeuses écloses sur l'em- placement d’inoculation vaccinales. (Soc. de derm. et de syph., séance du 7. juillet 1898. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. VII.)

Einen anregenden Beitrag zu dem Capitel „Syphilis und Reizung“ liefert F. durch folgende Krankengeschichte. Ein Mann, der im Jahre 1889 Syphilis erworben und 1892 und 1893 an syphilitischen Knötchenexanthemen am Penis noch gelitten hatte, wurde im October 1896 mit drei Strichen am rechten Arm und mit fünf am linken Arm ohne Erfolg geimpft. Im Mai 1897

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entwickeln sich an den Impfstellen des rechten Armes im Laufe mehrerer Wochen drei typische lentieuläre luetische Knötchen, im Januar 1898 fünf gleiche Knötchen an den Impfstellen des linken Armes. Es erheben sich die Fragen, ob hier eine mechanische oder chemische Reizung durch das Vaccinevirus vorliegt und aus welchen Gründen der Effect erst nach sieben bezw. 14 Monaten eintrat. Dreyer (Köln).

Hallopeau et Leredde: Syphilis hereditaire ou acquise de la premiere enfance. Glossite scléreuse. Lésions den- taires. Syphilome de la cuisse. (Soc. de derm. et de syph., séance du 7. juillet 1898. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. VII.)

Der Kranke ist 16 Jahre alt. Die Anamnese ergiebt keine Anhalts- punkte, ob eine hereditäre oder in früher Jugend erworbene Lues vorliegt. Das Gesamtbild, die Affeetionen der Zühne, die defecte Entwicklung des Körpers und Geistes sprechen für erstere. Aber eine sclerosirende Glossitis und eine hypertrophische Glossitis, wie sie hier vorhanden sind, sind bei hereditärer Syphilis noch nicht verzeichnet. Trotzdem sieht Fournier den Fall als Heredosyphilis an, die „alles machen“ könne. Dreyer (Köln).

1. Lindstroem: Modifications du sang des syphilitiques sous l’influence des injections intraveineuses de mer- eure. (Presse med., 18. Mai 1898. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, VII.) |

2. Scarenzio: Il valore diagnostico delle iniezioni intra- muscolari di calomelano. (Giorn. ital. delle mal. ven. e della pelle 1898, p. 53. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, IV.)

Nach den Untersuchungen L.’s (1) haben schon sehr kleine Quecksilber- dosen, die eine sichtbare therapeutische Wirkung gar nicht zu erzielen vermögen, auf das Blut die Wirkung, daß rote Blutkörperchen und Hämo- globin zunehmen und die Anzahl der weißen Blutkörperchen sich verringert. Dieser Einfluß tritt schon nach der ersten Injection auf und nimmt pro- gressiv zu, aber nur bei bestimmten Dosen, während höhere, z. B. Dosen von 14 bis 15 cg Sublimat die entgegengesetzte Wirkung haben. Wenn die Einführung von Quecksilber in die Blutbahn auch nach dem Ver- schwinden der specifischen Erscheinungen noch fortgesetzt wird, so tritt geradezu eine Quecksilberanämie ein, die bei dem Hydr. benzoicum bei etwa 77 mg beginnt.

S. (2), der Vater der Calomelinjectionstherapie bei Lues, hält den dia- gnostischen Wert dieser Injectionen auch gegenüber den jüngsten Ver- öffentlichungen über ihre Wirksamkeit bei Lupus aufrecht, da sie hier langsamer wirken. Man kann die Diagnose der Syphilis in acht Tagen mittelst derselben stellen. Dreyer (Köln).

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V. Penis etc. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

van Brero (Surabaya-Java): Angeborene Verwachsung von Penis und Scerotum. (Virchow’s Archiv, Bd. CLIII, Heft 1, Juli 1898.)

Der 20jährige Patient, der schon bei der oberflächlichen Besichtigung durch seine kindlich-weiblichen Körperformen auffällt, bietet folgenden Be- fund an den Geschlechtsteilen: äussere Geschlechtsteile atrophisch, Penis sowohl wie Testikel, welche letzteren die Größe einer Nuß haben; vom Penis ist nur die kleine unbedeckte Eichel sichtbar, die Penishaut ist an ihren Seitenrändern mit der Haut des Scrotum verwachsen und von dieser nur durch ihre geringere Pigmentirung und Ermangelung der Hodensackrunzeln zu unterscheiden.

Beim ersten Anblick machen diese Genitalien den Eindruck von weib- lichen, und die Illusion würde gewiß noch größer sein, wenn nicht ein Teil des Präputiums bei der rituellen Circumcision abgetragen wäre. Der Penis zeigt weiter eine unvollständige Hypospadie ersten Grades. Das innere Blatt der Vorhaut geht unmerklich in den Hodensack über, so daß Glans und Scrotum sich zugleich erheben, wenn die Genitalien am Präputium heraufgezogen werden.

Bei der Section (der Patient starb an Beri-Beri) wurde der innere Urogenitalapparat als normal gefunden. Li.

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete.

Gumprecht (Jena): Ueber das Wesen der Florence’schen Reaction im Sperma und ausserhalb desselben. (Central- blatt f. allg. Pathologie u. pathol. Anatomie Bd. IX, 1898.)

Die vorschriftsmäßige Jodlösung der Florence’schen Reaction ent- hält 1,65 Jod, 2,54 Jodkali, 30 g Wasser. Die Technik der Reaction ist einfach: Auf einen Objectträger wird je ein Tropfen Jodlösung und Sperma- flüssigkeit resp. wässeriger Auszug von Spermaflecken neben einander ge- bracht; ein Deckgläschen wird so aufgelegt, daB es die Berührungsschicht beider Flüssigkeiten möglichst halbirt; die eine Hälfte erscheint gelb, die andere farblos, an der Berührungsfläche bildet sich ein mehrere Millimeter breiter, anfangs gelber, dann brauner Streifen, der bei schwacher bis mitt- lerer Vergrößerung feinste Körnchen und größere Krystalle zeigt; anfangs überwiegen die ersteren, weiterhin die letzteren; an der Spermaseite sind

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die dichtesten Körnchen und die größten Krystalle, an der Jodseite finden sich fast keine Körnchen und nur sehr zarte Krystalle. In den ersten Secunden sind die Krystalle sehr klein und wachsen dann einige Minuten beträchtlich. Ihre Grundform bildet em länglicher Rhombus, durch Zu- sammenlegen mehrerer entstehen schwalbenschwanz-, sargdeckelähnliche Formen, Drusen, durch Verwitterungserscheinungen nadel- und lanzenspitzen- förmige Gebilde. Es sind wahre Krystalle, deren wichtigste Eigenschaft, ihr Dichroismus, zur Unterscheidung von ähnlichen Formen dienen kann.

Aus zahlreichen physiologisch-chemischen Untersuchungen kommt Verf. zu dem Schluß, daß die Reaction durch eine gewisse Stufe des Lecithin- zerfalls bedingt ist. Wahrscheinlich ist der fragliche Körper weder das Cholin noch das Neurin, sondern ein naher Verwandter dieser beiden Lecithinderivate. Dieser Zersetzungsgrad ist selbst im frischen Sperma, in dem übrigens Cholin durch Reagentien nachweisbar ist, physiologisch vorhanden, kann aber auch in vielen anderen leceithinhaltigen Körpern und Geweben künstlich durch Kochen mit Barytwasser oder durch bacterielle Einflüsse (Fäulnis) herbeigeführt werden; mm beiden Fällen wird Lecithin in Cholin und Neurin gespalten. Durch weiteres Fortschreiten der Fäulnis, aber auch ohne dieselbe im Verlaufe mehrerer Tage zerfällt der die Reaction erzeugende Körper in weitere Producte, welche die Reaction nicht mehr geben. Es scheint, daß die Eiweißarmut des Sperma das Eintreten der Reaction unterstützt, der hohe Eiweißgehalt anderer Flüssigkeiten, wie Eiter, Sputum, Milch, Organsäfte, dieselbe verhindert.

Frisches Sperma und trockene, selbst ältere Spermaflecke geben stets positive, faules Sperma keine oder schwache Reaction. Leichenorgane geben die Reaction manchmal schon kurz nach dem Tode, Sputum, Eiter, Fett erst nach Kochen mit Barytwasser, vermutlich also auch bei der Fäulnis. Verf. betont, daB es sich um eine Gruppenreaction handelt, die durch passagere Zersetzungsproducte des im Tier- und Pflanzenreich so verbreiteten Lecithin verursacht ist und deren Beweiskraft sowohl nach der negativen, wie nach der positiven Seite durch die Fäulnis eingeschränkt ist. Immerhin würdigt er die gerichtlich-mediemische Bedeutung der Florence’schen Reaction vollkommen, um so mehr als nach den bisherigen Erfahrungen andere als von Sperma herrührende Flecke ohne besondere Vorbehandlung die Reaction nicht gegeben haben.

R. Rosenthal (Berlin).

Englisch (Wien): Zur Behandlung der Varicocele.

Eine historische Studie mit der Angabe zahlloser, im Lauf der Jahre angegebener Behandlungsmethoden der Varicocele und noch zahlloserer Autorennamen leitet die Abhandlung ein und giebt dadurch einen Begriff von der Unsicherheit der erzielten Resultate. Die Nutzlosigkeit der pallia- tiven Mittel führte schon frühzeitig zu Operationen, aber die schlechten Erfolge der vorantiseptischen Zeit machten sich noch bis auf die heutigen

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Tage in einer Abneigung gegen Operationen der Varicocele bemerkbar.

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Verf. bringt die Krankengeschichten von fünf mit Alkoholinjectionen und sechs operativ behandelten Fällen. :Im Hinblick auf den günstigen Verlauf und den Erfolg der mitgeteilten Operationen wünscht er die Indi- cationen für letztere wesentlich zu erweitern. Obwohl andere Methoden, wie die Compression über Nadeln, die Ligatur nach Ricord u. s. w. eben- falls zum Ziele führen, zieht er die Exceision der doppelt unterbundenen Venen allein oder in der Verbindung mit der Entfernung eines Scrotal- stückes als sicherste Methode vor. Die Isolirung der Venen erfolgt in einer Länge von 5—6 cm. Die Venen werden entweder oben und unten mit der Scheere durchtrennt und jedes blutende Gefäß isolirt unterbunden, oder das Geflecht wird auf untergeschobener Holzplatte an zwei Stellen mit dem Paquelin durchbrannt oder je eine elastische Ligatur nahe dem Leistencanal und in der Nähe, aber nicht unmittelbar über dem Hoden um das ganze Bündel gelegt. Die beiden ersten Verfahren ermöglichen zwar eine prima intentio, aber setzen die Gefahr der Nachblutung. Sicherer ist die elastische Ligatur mit teilweiser Naht der Scrotalwunde; die Abstoßung der Ligatur erfolgt nach 7—10 Tagen.

Für operationsscheue Patienten eignen sich die Alkoholinjeetionen am besten. Nach Stauung des Venenplexus durch längeres Herumgehen und Compression des Samenstranges an der äußeren Leistenöffnung wird eine größere Pravazspritze mit 60 pCt. Alkohol direct in das Venenbündel in- jicirt. Die Injectionen sind schmerzlos, eine umschriebene Geschwulst an der Injectionsstelle breitet sich allmählich aus und geht sehr langsam zurück. Ein großer Teil des Plexus pampiniformis wird ausgeschaltet, der Samen- strang verkürzt sich ohne Nachteil für die Geschlechtsfunctionen.

R. Rosenthal (Berlin).

Johnson: Radical cure for hernia and hypertrophied pro- stata in old men. (New York Medical Record, 18. Juni 1898.) Verf. behandelte 28 Fälle von Prostatahypertrophie mit Castration resp. Resection des Vas deferens. Darunter befanden sich einige Fälle, bei denen die Prostataerkrankung mit bilateraler Hernie und großer, einseitiger Hydro- cele complicirt war. Hier wurden auf der einen Seite Testikel, Samenstrang und Bruchsack gleichseitig entfernt, Samenstrang und Bruchsack hoch oben ligirt, der Bruchsackstumpf in die Bauchhöhle reponirt. Nach Anfrischung des Leistencanals mit der Curette wurde derselbe durch Formalincatgut- Suturen obliterirt und der äußere Leistenring geschlossen. Auf der anderen Seite Herniotomie nach Bassini und Resection des Vas deferens. Keine Besserung in den ersten drei Wochen, dann allmähliche Besserung und Heilung nach Monaten.

In allen 28 Fällen wurden die Harnstörungen vollkommen beseitigt; nie wurden Recidive beobachtet; meistens wurde eine Verkleinerung der Prostata constatirt. Nur in drei Fällen, in denen Albuminurie bestand, stellten sich psychische Störungen ein. R. Rosenthal (Berlin).

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VII. Blase.

Anderson: Eine Methode der Blasenentleerung. (Wiener med. Blätter 1898, No. 33.)

A. teilt im „Louisville Medical Monthly“ mit, daß man eine freiwillige Blasenentleerung bei partieller Paralyse der Blase nach Geburten oder aus anderen Gründen hervorrufen kann durch Injection einer größeren Quantität sehr warmen Wassers in den Mastdarm, wobei man den Gebrauch des Katheters vermeidet, was besonders wichtig ist für Patienten, welche vom Arzt entfernt leben. Nach schweren und langdauernden Geburten ist man genötigt, Wochen lang jeden Tag die Patientinnen zu katheterisiren, was für Arzt und Patientin gleich ermüdend ist. Seitdem Anderson das an- geführte Verfahren anwendet, entleeren sich Darm und Blase gleichzeitig.

Immerwahr (Berlin).

Assmuth: Ueber Harnretention. (Petersburger med. Wochen- schrift, 27. August 1898.)

Die acute vollständige Harnretention tritt unter prägnanten Symptomen so stürmisch auf, daß ihre Diagnose keine Schwierigkeiten macht; die chronische unvollständige Harnretention wird oft erst durch Auftreten einer acuten Harnverhaltung erkannt. Sie entwickelt sich meist schleichend und kann zu den colossalsten Dilatationszuständen der Blase führen. Ihre Sym- ptome sind: Mictionsfrequenz besonders am Tage im Gegensatz zu dem hauptsächlich Nachts in Erscheinung tretenden Harndrang der Prostatiker, Bestimmbarkeit einer erweiterten Harnblase über der Symphyse durch Palpation und Percussion, in Folge Ueberlagerung von Därmen bisweilen erschwert; Cachexie, Trockenheit der Haut, durch Harnresorption bedingte Digestionsbeschwerden (Anorexie, Durst, Foetor ex ore, trockener Mund, Verstopfung abwechselnd mit Durchfällen ete.).

Die Ursachen sind mechanische: Prostatahypertrophien, Strieturen, Fremdkörper und Steine der Prostata und Urethra posterior, oder dynamische: Blasenatonie der Greise in Folge Myosclerose der Blasenwand, Tabes, und zwar in ihren frühesten Stadien, wo sonstige Tabessymptome fehlen, Cysto- plegie in Folge Fractur oder Luxation der Wirbel.

Bei mechanischen Harnretentionen ist eine causale operative Therapie am Platze, die natürlich bei atrophischer und insufficienter Blasenmuseculatur nicht wirksam sein kann. Ueber die Bottini’sche und die sexuellen Opera- tionen sind die Acten noch nicht geschlossen. Bei der tabischen Harn- retention ist eine mercurielle Behandlung völlig resultatlos. Am wichtigsten bleibt die Katheterfrage. Verf. empfiehlt, ältere Leute, namentlich wenn vergrößerte und druckempfindliche Nieren vorhanden sind, zuerst durch Er- nährung zu kräftigen und langsam durch Bougiren an die Einführung des Katheters und die Entleerung der Blase zu gewöhnen, bei jungen Leuten,

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namentlich in Tabesfällen, mit rascherer Entleerung vorzugehen. Die Ge- fahren einer raschen Entleerung sieht er sowohl in einer Infection der Blase, als auch in einer Blutung ex vacuo. Bei den Retentionszuständen angehender Tabiker bleibt die Harntrübung nach dem Katheterisiren meist aus, was vielleicht dureh Concurrenz der Syphilisbacterien mit anderen Spaltpilzen zu erklären ist.

Die letztere Hypothese findet in der Discussion durch Wladimiroff ihre Unterstützung, welcher mitteilt, daß van Niessen seine Syphilis- bacillen auch im Harn von Spätluikern gefunden hat.

Filing erwähnt einen Fall von acuter Harnretention bei einer 30jähr. Frau in Folge Hirngummi. Cerebrale Ursachen führen selten zu Harn- verhaltung. Abgesehen von der Hysterie kommt Harnretention bei Frauen . sehr selten vor. R. Rosenthal (Berlin).

D. Lowson: An Operation for elevation of the female bladder in prolapse or cystocele. (British Medical Journal, 23. Juli 1898.)

Verf. unterscheidet vom chirurgischen Gesichtspunkte aus drei Arten von Cystocelen:

l. Gleichzeitiger Prolaps von Uterus und Blase bei normaler Be- festigung zwischen Blase und vorderer Cervixwand.

2. Gleichzeitiger Prolaps beider Organe bei gelockerter utero - vesi- caler Verbindung.

3. Blasenprolaps ohne Descensus uteri bei gelockerter utero-vesicaler Verbindung.

Im ersten Falle beseitigt eine den Uterusprolaps heilende Operation auch die Cystocele, im zweiten Falle bleibt dieselbe durch die Operation unbeeinflußt. Verf. wurde auf das häufige Vorkommen von .Fällen der zweiten Art erst dadurch aufmerksam, daß er oft nach Operationen von Uterusprolaps trotz vorzüglicher Lagerung der Gebärmutter eine Fortdauer der früheren Beschwerden constatirte.

Der Blasenprolaps verursacht das Gefühl eines nach abwärts drängenden Organs, Kreuzschmerzen, Obstruction der Scheide durch eine weiche Ge- schwulst, Cystitis mit Harndrang, unvollkommene Entleerung der Blase.

Aus zahlreichen Untersuchungen am Cadaver über die Aufhängebänder der Blase kommt L. zu dem Schluß, daß der Urachus nicht im Stande ist, eine Fixation der gehobenen Blase zu garantiren, da das im oberen Theile starke, fibröse Ligament sich beim Uebergang in die Blasenwand kegel- förmig ausbreitet und bereits bei leichtem Zuge abreißt. Die Ligamenta lateralia dagegen zeigen selbst bei geringer Entwicklung eine sehr feste Anheftung an der Blase; sie reißen bisweilen oberhalb des Blasenendes, aber erst bei starkem Zuge, nie am vesicalen Ende selbst; es giebt zahl- reiche Varietäten in der Dicke, der Symmetrie und anatomischen Anlage. Acht der am häufigsten angetroffenen Varietäten erläutert Verf. an der Hand von Zeichnungen.

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Im Anschluß an diese Leichenuntersuchungen operirte er den Blasen- prolaps in folgender Weise: 7, cm langer Verticalschnitt oberhalb der Pubes durch Haut, Fascie und M. rectus. Die Lig. lateralia werden in dem supraperitonealen Fett, am besten 5 cm über der Symphyse, wo sie ca 21/, cm auseinander liegen, aufgesucht, von der Serosa bis an die Seiten- wände der Blase hin abgelöst, aufwärts in die Wunde gezogen und durch mehrfache Nähte, welche durch die Fascie, die Recetusscheide und die M. recti gehen, fixirt. Die Blase folgte scheinbar nur unvollkommen dem Zuge. und doch war das Resultat, wie die Untersuchung nach der Operation und noch 31/, Jahre später ergab, ein vollkommenes. Fünf weitere Fälle verliefen ebenso günstig, ein Mal trat ein leichtes Recidiv und zwei Mal ein vollständiger Miberfolg ein, nämlich bei einer starken Frau. wo das rechte Ligament kräftig und brauchbar, das linke fadendünn gefunden wurde und bei einer mageren Frau, wo überhaupt kein Lig. laterale vor- handen war und der Urachus beim Versuch, ihn zu benutzen, abrıd.

Verf. modifieirte darauf sein Verfahren in der Weise, daß er einen peritonealen Lappen bildete, der die Lig. lateralia und den Urachus ent- hielt, indem er in der Mitte zwischen Pubes und Nabel einen ca. 4 cm langen Querschnitt durch das Peritoneum und von den Enden desselben je einen Scheerenschnitt nach aus- und abwärts führte; an dem durch Suturen an die M. recti und die Fascie fixirten Lappen konnte die Blase unabhängig von der Stärke der Ligamente kräftig nach aufwärts gezogen werden. Diese Operation erwies sich als erfolgreich, doch war unter 14 Fällen drei Mal die Cystocele nicht vollkommen gehoben. Daher verband er in weiteren 25 Fällen mit der obigen Methode eine manuelle Ablösung der Blase an der Vorder- und den Seitenwänden. Hiervon hatte er 19 voll- kommene Erfolge, drei Frauen verlor er aus den Augen. Zwei sehr hyste- rische Kranke klagten noch weiterhin über das Gefühl des Nachabwärts- drängens, obwohl die Untersuchung keinen Prolaps ergab, und eine klagte über Schmerzen und Harndrang in Folge Exacerbation einer früher vor- handenen Cystitis. —- R. Rosenthal (Berlin).

Tuffier et Dujarier (Paris): Abgang einer Seidenligatur, die vor 27 Monaten auf den Stiel der Gebärmutteradnexe angelegt wurde, durch die Harnblase. (Bulletins de la societe anatomique de Paris 1898, Bd. 12, Heft 5).

Die Patientin, welche mit Cystitiserschemungen in das Krankenhaus aufgenommen wurde, erzählte, daß sie im October 1895 wegen Salpingitis operirt wurde. Die Operation bestand in beiderseitiger Abtragung der Adnexe. Die Wunde vereiterte damals und vernarbte erst nach einem Monat. Die Narbe ist gegenwärtig weit und zeigt in ihrer Mitte einen kleinen Bruch. Bis December 1897 fühlte sich die Patientin bis auf leichten Bauchschmerz vollkommen wohl. Dann verspürte sie Schmerzen am Ende jeder Miction, die immer heftiger wurden und sich bald mit quälendem Harndrang vergesellschafteten. Im Harn wurde zu dieser Zeit

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leichter eitriger Niederschlag wahrgenommen. Eine Einspritzung von Arg. nitr. hatte nur Steigerung des Schmerzes und des Harndrangs zur Folge. Eiues Morgens verspürte die Patientin beim Uriniren einen lebhaften Schmerz, und nebst blutigem Urin ging durch die Harnröhre eine Seiden- ligatur ab, worauf Linderung des Schmerzes und des Harndrangs sofort eintrat. Einen Tag-entleerte die Patientin noch blutigen Harn, dann wurde derselbe normal. Li.

Bouchacourt: Apparat zum Einführen in dieVagina zwecks Aufnahme von Röntgenphotogrammen der Symphyse. (Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 33.)

B. zeigte in der Societe d’obstetrique de Paris einen solchen Apparat. An emer Kranken wurde derselbe 1!/, Stunden in vier Sitzungen angewendet ohne jegliche Beschwerden derselben. In der Discussion bemerkte Schwalt: Bei einer Dame, deren Becken nach der gewöhnlichen Art nach Röntgen photographirt wurde, trat mehrere Tage lang intensive Cystitis ein. Dio vaginale Methode könnte eventuell Schädigung der Geschlechtsteile und Beckenorgane veranlassen. Immerwahr (Berlin).

VIll. Ureter, Niere etc.

Ewart: The treatment of chronic Bright’s disease recon- sidered. Discussion. (British Medical Journal, 2. Juli 1898.)

Die uncomplicirte parenchymatöse Nephritis (tubal nephritis), welche mit Oedemen, Anämie, Oligurie, Cachexie und Marasmus verläuft, ist heilbar, doch haben die bisherigen Behandlungsmethoden weder die Krankheit selbst heilen noch mit Sicherheit ihre Symptome beseitigen können. E. macht ihnen zum Vorwurf, daB sie die Oedeme nicht nur nieht beseitigen, sondern eher ihre Ausdehnung über den ganzen Körper befördern, daß sie die Indication einer physiologischen Ruhigstellung der Nieren nur unvollkommen erfüllen, daß sie trotz der erheblichen Ernährungs- und Funetionsstörungen der Niere durch Medicamente die Diurese anregen und die Gewebsverände- rungen beeinflussen wollen, daß sie häufig durch Diaphoretieca und Drastica den Körper schwächen und die hygienischen und diätetischen Maßnahmen vernachlässigen.

Zum Angriffspunkt seiner Behandlung macht er die Oedeme, welche die Lymphbahnen verlegen, die Gewebe comprimiren, den Stoffwechsel schädigen, die Ernährung des Körpers und der Niere im Speciellen er- schweren. Die Prineipien seiner Behandlung sind, die durch die Oedeme verlegten Lymphbahnen frei zu machen, die Ausscheidung der mm Blut an- gehäuften Harnbestandteile und toxischen Substanzen durch freien Abflug

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des Lymphstroms zu fördern, die Lympheireulation künstlich durch passive Bewegungen und allgemeine Massage zu beschleunigen, den Stoffwechsel des ganzen Körpers und der Nieren zu erleichtern. Zu diesem Zwecke leitet er zuerst die Oedeme nach den unteren Extremitäten ab, indem er das Kopfende des Bettes erhöht, massirt dann den Rumpf und die oberen Glieder und verschafft den Oedemen durch Einlage von Southey’s Canülen oder durch kleine Incisionen in der Gegend hinter den Malleolen Abfluß. Sorgfältige Aseptik und Antiseptik und Schutz der Haut vor Maceration durch Vaselin sind erforderlich. Während der Dauer der Entleerung Kräfti- gung des Körpers durch eine liberale, roborirende Diät mit kleinen Mengen Burgunderweins, zeitweise für einige Tage Rückkehr zur strengen Milch- diät, welche den versiegenden AusflußB wiederherstellt. Setzt diese Be- handlung in frischen Fällen ein, so können die Kranken bald aufstehen und herumgehen. Jetzt erst nach Kräftigung des Körpers, Entlastung des Herzens und der Nieren, Wiederherstellung eines regulären Stoflfwechsels treten die inneren Medicamente, wie Digitalis, Eisen, Quecksilber, Arsenik und bittere Tonica, in ihre Rechte. Diese Behandlung eignet sich nicht nur für Fälle mit starken Oedemen, sondern auch für Urämie mit leichten oder ganz ohne Oedeme und leistet hier ebensoviel wie der Aderlaß. Eventuell empfiehlt Verf. durch Anlegen eines Tourniquets in der Gegend des Scarpa- schen Dreiecks künstlich Oedeme hervorzurufen.

Dickinson und Duckworth verteidigen die alten Behandlungs- methoden. Meistens sind bei der großen weißen Niere parenchymatöse Ver- änderungen mit interstitiellen complicirt. Die Nierencanälchen haben an der Ausscheidung krankhafter Producte einen größeren Anteil als die Lymph- bahnen. Punktion des Ascites und des pleuritischen Transsudats entlastet die großen Venen vom Druck und verringert so die Oedeme der Beine, daß aber umgekehrt die Drainage der Beine auf die Resorption von Ergüssen in den großen Körperhöhlen Einfluß ausübt, wird bestritten. Die Oedeme verschwinden spontan in dem Grade, in dem das Herz hypertrophisch wird.

Moore betont, daß E. für die Unterstützung seiner Hypothesen keine Casuistik beigebracht hat. In der Hälfte aller chronischen Nierenkrankheiten ist das Myocard afficirt, und damit eine forcirte Gymnastik contraindicirt. Die Prognose des chron. Morbus Brightii ist bei Frauen unvergleichlich besser als bei Männern. R. Rosenthal (Berlin).

Mc Enroe (New-York): A clinical synopsis of the diagnosis and treatment of chronic renal diseases. (New York Medical Record, 25. Juni 1898.)

Die vorliegende Arbeit enthält wenig Neues, bietet aber einen guten Ueberblick über die Symptomatologie und Therapie der chronischen Nieren- krankheiten, von denen Verf. 3 Formen unterscheidet: die parenchymatöse, die interstitielle Nephritis und die amyloide Degeneration. Nach einer differentialdiagnostischen Darstellung werden die Hauptsymptome, wie Albu- minurie, Cylinder, Oedeme, Herzanomalien, Augenstörungen und Urämie,

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einzeln abgehandelt, die verschiedenen Theorien über ihre Entstehung kritisch beleuchtet. Die Urämie meint er nicht auf eine einheitliche Ursache zurückführen zu können; einzig sicherstehend erscheint ihm die Thatsache, daß es sich um eine die Nervencentren treffende Intoxication handelt. Dem Auftreten der Urämie geht meistens Verringerung der Harnmenge oder Anurie voraus, seltener bleibt die Harnmenge normal oder nimmt gar zu. Der Harnstoffgehalt ist meistens, das specifische Gewicht stets verringert. Das letztere ist der Index für den Verlauf aller chronischen Nierenkrank- heiten; im Beginn fällt es auf ca. 1,010, ein Sinken auf 1,006 bedeutet große Gefahr. Eingehend wird die Differentialdiagnose des urämischen Anfalls von der Epilepsie, der Apoplexie, den hysterischen Convulsionen, dem durch Opium oder Morphium, durch Alkoholintoxication, durch Kopfverletzungen bedingten Coma besprochen. Pathognomonisch für das Coma nach Concussio cerebri erklärt Verf. die leichte Reflexerregbarkeit, die bei geringsten äußeren Einwirkungen auftretende Muskelunruhe:

Die alte bewährte Therapie hygienisch-diätetische Maßnahmen, Diuretica, Diaphoretica und Drastika, bei starken Oedemen Acupunctur resp. Incisionen, bei acuter Urämie Venaeseetio wird gerühmt und ausführlicher in ihren Wirkungen besprochen. Kein Diureticum kommt dem Calomel gleich. Pillen von Calomel, pulverisirter Scilla und Digitalis aa 0,06 pro dosi werden empfohlen. Contraindieirt ist Digitalis bei Gefüßdegeneration, doch läßt sich hier die üble Wirkung durch Zusatz von 6 dmg Nitroglycerin auf- heben. Der Erfolg der Diaphoretica (heiße nasse Packungen, heiße Bäder mit folgenden Einwicklungen und ähnliche Schwitzproceduren) wird durch vorangegangene Einreibungen der Haut mit Olivenöl gesteigert. Bei großer Schwäche und Dyspnoe sind heiße Bäder contraindicirt, Injecetionen von Pilocarpin (0,0075— 0,02) unter Nitroglyceringaben und alkoholischen Ex- citantien erlaubt.

Ein Heilmittel von allerhöchstem Wert gegen die von Arteriosclerose abhängigen cerebralen Symptome (Kopfschmerzen, Schwindel, Gedächtnis- verlust, intellectuelle Störungen u. s. w.) nennt Verf. das Sublimat in Dosen von 2 mg. Er verordnet es entweder in Combination mit Ergotin oder in einer Lösung von 0,06 Sublimat auf 150 g einer aus Tinct. ferri chlorat., Spirit. aetheris nitrosi, Aqua und Elixir. simplex bestehenden Mixtur (1 Thee- löffel in Wasser nach den Mahlzeiten). Die Dauer der Krankheit ist sehr variabel; in vielen Fällen bleibt sie für unbestimmte Zeit stationär, ja Eiweiß und Cylinder können in diesem Stadium aus dem Urin verschwinden. Einige Fälle von chronischer parenchymatöser Nephritis sah Verf. noch nach drei- jährigem Bestehen in Heilung übergehen. R. Rosenthal (Berlin).

Tyson (Philadelphia): Use of iron and opium in Bright's disease. (New York Medical Record, 18. Juli 1898.) Verf. hat vor vielen Jahren das Eisen, besonders in der Form der Ferriacetatlösung, bei der chronischen interstitiellen Nephritis empfohlen. Auf Grund seiner späteren Erfahrungen ist er zu dem Schluß gekommen,

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dringend vor der Anwendung desselben beim Morbus Brightii zu warmen. Bei der chronischen interstitiellen Form kann es großen Schaden anrichten, bei der chronischen parenchymatösen Nephritis kann man es in kleinen Dosen bisweilen ungestraft geben. Von ebenso schädlicher Wirkung ist das Opium. Die Behandlung puerperaler Convulsionen mit subeutanen Morphium- injectionen ist gerechtfertigt, weil es sich meist um acute Erkrankungen handelt; aber auch hier ist Vorsicht am Platze.

In der Discussion kommen viele abweichende Ansichten über Eisen und speciell Opium zum Ausdruck. R. Rosenthal (Berlin).

Rabe et Martin (Paris): Chronische Nephritis und Herz- thrombose. (Bulletins de la société anatomique de Paris 1898, Bd. XII, No. 9.)

Der Patient, der an chronischer Nephritis litt, verschied plötzlich, wo- bei als Todesursache Thrombose des linken Ventrikels festgestellt wurde. Li.

Theodor Fessler (Pettau): Ueber paroxysmale Hämoglo- binurie. (Wiener med. Wochenschr. 1898, No. 31.)

1. 65jähriger Mann, welcher am Nachmittag sehr kaltes Bier getrunken, hierauf Frostgefühl verspürt und einige Stunden danach einen blutig-roten Harn gelassen hatte. Es war dies der fünfte Anfall innerhalb zweier Jahre, jedes Mal nach Genuß sehr kalten Bieres oder nach einer sonstigen starken Erkältung eintretend. Am folgenden Morgen zeigte der Urin wieder nor- male helle Farbe. Patient entzog sich weiterer Beobachtung; eine mikro- skopische Untersuchung des Harnes hatte allerdings in diesem Falle nicht vorgenommen werden können.

2. Ein Mann mittleren Alters war zum Besuche seiner Angehörigen nach Hause gefahren. Auf einer Zwischenstation war er gezwungen gewesen, längere Zeit zu warten, hatte sich dort erkältet, einen Schüttelfrost und bald darauf Blutharnen bekommen. Er gab ferner an, er habe vor einigen Jahren bei einem Manöver einen sehr anstrengenden Marsch gemacht und damals zum ersten Male blutigen Urin bemerkt. Seit dieser Zeit bekomme er selbst bei geringen Erkältungen, bei Zugluft, bei Durchnässung der Füße, nach längeren Spaziergängen regelmäßig Blutharnen. Sein Körpergewicht hatte in zwei Jahren um 15 kg abgenommen.

Bei der Untersuchung ergab sich außer mäßigem Fieber in der rechten Inguinalgegend eine hühnereigroße, mäbig schmerzhafte Geschwulst von derber Consistenz; keine Fluctuation, keine Rötung. An den Genitalien und an den Unterextremitäten nichts Abnormes. Der Harn hatte eine braunrote Farbe; Eiweißgehalt gering, Heller’sche Probe positiv. Mikroskopisch fanden sich viele Sargdeckelkrystalle, vereinzelt hyaline Cylinder, dagegen keine Blutkörperchen. Am Nachmittag darauf war Patient fieberfrei, der Harn zeigte normale hellgelbe Farbe.

Auf vielfaches Befragen gestand der Kranke, früher einmal ein kleines

Geschwür an der Eichel gehabt zu haben, dem er jedoch keine Beachtung geschenkt habe. F. vermutete nun, daß eine luetische Affection im Spiele sei, und leitete eine leichte Schmierkur ein mit gleichzeitiger Application von Emplastrum cinereum auf das Infiltrat in der rechten Inguinalgegend. Letzteres war innerhalb 14 Tagen geschwunden. Nach Absolvirung der Schmierkur begann Patient wieder auszugehen, Anfangs immer nur sehr warm bekleidet; später aber ging er, um sich von seiner Heilung zu über- zeugen, bei jedem Wetter aus, wechselte die gefütterten Schuhe gegen ungefütterte, setzte sich absichtlich wiederholt der Zugluft aus, und trotz- dem er häufig an den Füßen naß wurde, weite, sehr anstrengende Märsche machte, bekam er, ungeachtet der noch sehr niedrigen Temperatur des Februars, nie mehr einen der früheren Anfälle. Die Heilung hatte auch während der folgenden Monate, in denen Patient noch unter Beobachtung verblieb, angehalten. F. glaubt, diesen günstigen Erfolg auf den Einfluß der Schanferkür zurückführen zu müssen und sieht die Hämaglobinurie in diesem Falle als durch frühere luetische Infection bedingt an. E. Samter (Berlin).

Dr. Marckwald (Prosector in Barmen): Die multiple Cysten- bildung in den Ureteren und der Harnblase, sogen. Ureteritis eystica. (Münch. med. Wochenschr. 1898, No. 33.)

Die sogen. Ureteritis cystica, eine bisher ziemlich wenig beachtete

Affection, hat erst in neuerer Zeit wieder mehr Interesse gewonnen, weil sie

von einigen Autoren auf parasitären Ursprung (Protozoen etc.) zurückgeführt

wurde. Wie Verf. in einem historischen Ueberblick ausführt, hat man die in den Ureteren häufig auftretenden Cysten entweder als Retentionscysten

(Virchow, Litten u. A.) oder als Zerfallseysten (Ebstein, Lubarsch,

Aschoff u. A.) aufgefaßt. Dazu trat also in neuerer Zeit die parasitäre

Theorie, welche unter anderen in Pisenti, Bland Sutton, v. Kahlden

Vertreter fand. Verf. stellte sich selbst die Aufgabe, durch Untersuchung

einer großen Zahl beliebiger Ureteren festzustellen, wie die fraglichen Cysten

entstünden. Er ging von folgender Ueberlegung aus: Falls die Ureteritis cystica parasitären Ursprungs ist, so müßte man mit einiger Wahrscheinlich- keit erwarten, daß das Eindringen der Parasiten entzündliche Veränderungen erzeugt. Entstehen dagegen die Cysten aus den Brunn’schen Epithelnestern durch Zerfall, so wäre zu erwarten, daß beide Veränderungen stets zusammen vorkommen und daß sich Uebergänge zwischen beiden nachweisen lassen. Dann wäre die weitere Frage zu unterscheiden, ob die genannten Epithelnester parasitären Ursprungs seien oder nicht. Dies würde sich ergeben, wenn man die Epithelnester bei solchen Individuen fände, bei denen das Eindringen von protozoenartigen Parasiten von vornherein unwahrscheinlich ist, nämlich bei Neugeborenen. Verf. benutzte zu seinen Untersuchungen die Ureteren von 700 Leichen, teils makroskopisch, teils mikroskopisch auf Schnitten, zu letzterem Zweck erwiesen sich nur diejenigen Leichen als verwendbar, die 1—4 Stunden post mortem zur Section kamen, da schon 4—5 Stunden

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post mortem der größte Teil der Zellen von der Innenwand abgelöst ist. Verf. fand zunächst hinsichtlich des normalen Baues der Tretereninnenfläche. daß das Epithel im Durchschnitt aus 5--6 Zellreihen besteht; die Zellen sınd im Ganzen eylindrisch, groß, mit rundlich ovalen Kernen versehen; häufig finden sich unter völlig normalen Zellen solche, die deutliche Degeneration zeichen erkennen lassen. Ferner kommen normaler Weise in fast sämtlichen Ureteren, auch schon bei Neugeborenen und ganz jugendlichen Individuen, die sog. Brunn'schen Epithelnester vor. Es sind dies Ausstülpungen des Epithels, teils nur mikroskopisch, teils schon makroskopisch sichtbar. Ihren Ausgang nehmen die Nester von den tiefen Schichten des Epithels, sie schieben sich als spitze Zapfen in das subepitheliale Bindegewebe vor, welches in ihrer nächsten Nähe oft einen auffallenden Reichtum weiter Blutgefäße erkennen läßt, ohne sonst Veränderungen entzündlicher Natur zu zeigen. In den frühen Stadien der Entwicklung sind die Zapfen stets solid. Irgend eine Ursache für die Entstehung dieser Zapfen vermochte Verf. nicht zu ermitteln. Besonders in den centralen Schichten der Epithel- nester zeigen die Zellen große Neigung zu Degeneration, dadurch wandeln sich die Nester in Cysten um. Das Auftreten großer Massen derartiger Gebilde führt zu der sog. Ureteritis cystica. Als Folgen der multiplen Cystenbildung treten Erweiterung des Lumen und Varicenbildung in der Serosa der später betroffenen Partien auf. Die Erweiterung des Ureters ist durch einen Elasticitätsverlust der Wandungen bedingt, dieser wird da- durch erzeugt, daß die subepithelial gelegenen Nester und Cysten die Continuität des an elastischen Elementen sehr reichen subepithelialen Binde- gewebes stören. Die mangelnde Elastieität der Wandungen führt ihrerseits wieder zur Varicosität der Venen, deren Entleerung wohl durch die mangel- hafte Contraction der Wandungen erschwert wird. Eine Hypertrophie der Musculatur des Ureter, die man vielleicht erwarten könnte, hat Verf. nie beobachtet. Die Cystenbildung ist an sich eine durchaus harmlose, an das Physiologische grenzende Affection. Sie kann deletäre Folgen haben, einmal, wenn durch ein massenhaftes Auftreten der Cysten an ceircumscripter Stelle ein totaler Verschluß des Harnleiters mit seinen Consequenzen eintritt, so- dann, wenn durch diffuse Ausdehnung der Cystenbildung die Elasticität sämtlicher ableitenden Wege bis zur völligen Aufhebung vermindert wird. In einem der von Verf. secirten Fälle (20jähr. Mädchen) bestand in Folge von Anhäufung von Cysten an der Mündung der Ureteren in die Blase kein völliger Blasenverschluß, der Urin floß vielmehr continuirlich und tropfenweise ab. Durch eintretende Gravidität wurde ein Druck auf die Harnleiter ausgeübt, es traten Nierenabscesse auf, die unter dem Bilde der Urämie zum Tode führten. R. L.

Smyth: The diagnosis of pyelitis. (British Medical Journal, 16. Juli 1898.)

Verf. wendet sich gegen die Worte von Morris, daß „die Cystoskopie selten nutz- oder hilfebringend und in der Regel ein unnützer Zeitverlust“

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sei. An einer anderen Stelle sagt Morris, daß in den Fällen von Anuria calculosa, wo die Entscheidung, welche Niere afficirt ist, Schwierigkeiten macht, die cystoskopische Untersuchung ganz unnötig ist.

Verf. untersuchte einen 50 jährigen Mann, der seit fünf Jahren schleimig- eitrigen Harn entleerte und ebenso lange wegen angeblicher Cystitis mit Blasenspülungen behandelt war. Schon die Erklärung des Kranken, daß er keine Schmerzen habe und nie Schmerzen gehabt habe, machte S. in der Diagnose Cystitis schwankend. Die Nieren waren weder empfindlich, noch vergrößert. Das Cystoskop ergab die Herkunft des Eiters aus dem linken Ureter. Fenwick operirte und entfernte einen Stein aus der linken Niere. Die Untersuchung mit Röntgenstrahlen war ergebnislos gewesen.

Es wäre Morris nicht passirt, bei einem Patienten, der an Pyurie litt, die falsche Niere auszuschneiden, wenn er nicht den Zeitverlust von wenigen Minuten, welche eine cystoskopische Untersuchung dauert, gescheut hätte.

R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Dobrowolsky: Beitrag zur Frage von der Albuminurie bei Schwangeren, Gebärenden und WOÖchnerinnen. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. XLIX, Heft 6.)

Die Untersuchungen des Verf.’s umfassen 79 Schwangere und 157 Ge- bärende und Wöchnerinnen. Bei sämtlichen Individuen wurde der Harn wiederholt untersucht; die Eiweißbestimmung geschah nach der Methode von Esbach, die Niederschläge wurden mittelst Centrifuge gewonnen. Bei Frauen, welche in der ersten Hälfte der Schwangerschaft standen, wurde Albuminurie im Häufigkeitsverhältnis 1:8 angetroffen; allerdings war hier- bei die Annahme zulässig, daß die Albuminurie eventuell vor der Conception bestanden hatte. In der zweiten Schwangerschaftshälfte wurde die Albu- minurie vorzüglich in den letzten zwei Monaten angetroffen, während Cylinder nur in dieser Zeit zu finden waren. In der zweiten Schwanger- schaftshälfte kam die Albuminurie viel häufiger zur Beobachtung, wie ın der ersten, und zwar in 60,7 pCt. der Fälle. Unter den 75 Gebärenden, deren Harn wiederholt untersucht wurde, befanden sich 9, bei denen Albu- minurie constatirt und auf den Partus zurückgeführt werden konnte; in drei Fällen wurden im Harn Cylinder gefunden, nachdem derselbe kurz vor der eingetretenen Geburt bereits normale Eigenschaften gezeigt hatte. Un- mittelbar nach der Geburt, d. h. unabhängig von der zuvor vorhanden oder nicht vorhanden gewesenen Albuminurie, fand Verf. bei sämtlichen 157 Frauen (mit einer einzigen Ausnahme) bedeutende Eiweißquantitäten im Harn; im Harn Erstgebärender zeigten sich bedeutendere Quantitäten von Nieder- schlägen. Cylinder wurden 86mal (54,8 pCt.) gefunden, und zwar durchweg in Fällen mit stark ausgesprochener Albuminurie. Auf Grund dieser Beob- achtungen betrachtet Verf. das Auftreten von Albuminurie bei

Wöchnerinnen als eine constante Erscheinung. Li.

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Achard et Weill: Propriete diuretique des sucres. (Le pro- gres medical 1898, No. 31.)

Nach Zuckergenuß innerlich, sowie nach Beibringung durch Eingießung tritt Polyurie auf. Subeutane Injeetionen von 1—2 g Zucker erhöhen deutlich die Diurese. Der gewöhnliche Zucker wirkt besser als die Lactose. Mit der Polyurie erhöht sich auch der Stickstoffgehalt des Harns. Die anderen Harnbestandteile sind im Allgemeinen vermehrt. Es kann dabei Glvkosurie auftreten und manchmal im den ersten Stunden nach der Zuckeraufnahme eine Ausscheidung von Urobilin oder von Indican, die letzteren aber nur bei Aufnahme des Zuckers durch den Mund. Immerwahr (Berlin).

Pousson (Bordeaux): Des phénomènes congestifs dans la pathogenie des hematuries. Discussion. (Revue de chirurgie, 10. Juli 1898.)

Eine große Anzahl Hämaturien renalen Ursprunges findet ihre Er- klärung in einer durch geringfügige Läsionen hervorgerufenen Congestion; hierher gehören die Hämaturien bei chronischen Nephritiden. P. hat zwei derartige Fälle beobachtet; bei dem zweiten handelte es sich um eine 23jährige Frau, die seit drei Monaten an starken Hämaturien mit Retention von Blutgerinnseln in der Blase und starkem Tenesmus litt. Cystoskopisch wurde festgestellt, daB die Blutung aus der rechten Niere kam, die ver- größert. und verlagert, aber nicht druckempfindlich war. Da andere Sym- ptome von Lithiasis fehlten, dachte P. an eine primäre Nierentuberculose oder ein Nierenbeckenepitheliom. Nephrotomie; die Niere erwies sich als vergrößert und congestionirt, aber ohne Buckel und Unregelmäßigkeiten. Profuse Blutung bei der Incision, die Schnittfläche ohne Besonderes. Trotz- dem Entfernung der Niere. Glatte Heilung. Der Harn blieb seitdem blut- frei. Die histologische Untersuchung ergab eine starke, die Gefäbe und Glomeruli zur Verödung bringende Bindegewebsproliferation.

Poirier entfernte kürzlich wegen Hämaturie bei chron. Nephritis die rechte Niere mit dem Erfolge, daB die Blutung stand, jedoch der Kranke nach drei Monaten starb. Wahrscheinlich war die andere Niere ebenfalls erkrankt. Er sowohl wie Picqué nnd Monod halten eine Nephrectomie wegen chronischer Nephritis, einer meistens doppelseitigen Erkrankung, für contraindieirt. Picqué machte wegen profuser Hämaturie unbestimmten Ursprungs eine Sectio alta, welche keine Blasenerkrankung ergab, und im Anschluß daran eine Nephrotomie der rechten verlagerten und eine seröse Cyste darbietenden Niere mit vollkommenem Heilerfolg. Die nach drei Jahren wiederkehrenden Blutungen waren, wie die Cystoskopie ergab, die Folge eines kleinen Blasentumors und standen mit der Fortnahme desselben. Nimier operirte einen Soldaten, der in Folge eines linksseitigen Traumas seit fünf Jahren an Nierenblutungen litt; wegen zunehmender Intensität derselben und Schmerzen auf der linken Seite Nephrotomia sinistra und in der Aunahme, daß eine im oberen Nierenpol gefühlte Iuduration ein Neo-

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plasma sei, anschließende Nephrectomie. Die Blutungen hörten nicht auf. Die exstirpirte Niere war bis auf eine Stelle an der Spitze einer Papille gesund; dort fand sich eine diffuse Proliferation embryonaler Zellen, deren Natur unklar blieb.

Routier entfernte wegen lebensbedrohlicher Blutungen eine Niere, welche makroskopisch gesund erschien, aber bei mikroskopischer Unter- suchung an einer Papillenspitze eine tuberculöse Läsion mit einem Loch in einer kleinen Arterie darbot.

Potherat teilt zwei lehrreiche Fälle mit. 1. Starke Hämaturie seit 18 Monaten. Rechte Niere vergrößert, verlagert und höckerig. In der An- nahme eines Neoplasma Nephrectomie. Es handelte sich jedoch um eine interstitielle Nephritis. Nach viertägiger Anurie stellte sich die Diurese für einige Tage wieder ein, doch die Kranke starb an Urämie. 2. Seit vier Jahren andauernde Hämaturie. Cystoskopie und Ureterenkatheterismus er- gaben den Ursprung des Blutes aus der rechten Niere. Reichliche Eiweib- mengen im Harn. Eine beabsichtigte exploratorische Nierenincision unter- blieb, weil die Blutungen plötzlich spontan aufhörten.

Marchand hat wiederholt bei unklaren Nierenblutungen Nephrotomien

gemacht und nur chronische Nephritiden gefunden. In einem Falle, wo die Niere tuberculös war, standen die Blutungen unter dem Einfluß der Nephro- tomie. Regnier fand in drei Fällen unklarer Diagnose tuberculöse Ver- änderungen. Er glaubt, daß es sich dabei um präbacilläre Congestion handle und daß diese Blutungen der congestiven Hiimoptoë bei beginnender Lungen- tuberculose vergleichbar sind. © R. Rosenthal (Berlin).

Dr. Cautru: Ueber die harnerzeugende Wirkung der Unter- leibsmassage bei Herzerkrankungen. (Wiener medicinische Blätter 1898, No. 32.)

Dr. Cautru machte in der Pariser Academie der Wissenschaften eine Mitteilung mit folgenden Schlußfolgerungen: 1. Die Massage des Unterleibs hat unleugbar eine harnerzeugende Wirkung, ob sie nun selbstständig oder gemeinsam mit einer allgemeinen Massage oder schwedischer Gymnastik augewendet wird. In manchen Fällen ergiebt jedoch das Zusammenwirken dieser verschiedenen Arten raschere, dauerhaftere und vollständigere Re- sultate. 2. Bei Herzleidenden geht die Harnerzeugung rasch von Statten, besonders bei solchen Kranken, die Oedeme unter der Haut oder in den Gefäßen haben; der Autor beobachtete, daB manchmal schon vom ersten Tage an, gewöhnlich aber vom dritten Tage an, der Harn von 250 g auf 3000 und 3500 g nach dreimaliger Massage stieg. 3. Das Allbemembefinden bessert Sich mit der regulirten Circulation. Die Zusammensetzung des Harms ist ziemlich normal. 4. Die Massage und die schwedische Gymnastik können durch die wechselnde Art der Anwendung nach Belieben eine Steigerung oder Herabminderung des Druckes auf das Niveau des Herzens und der Gefäße herbeiführen. Sie können diesen also in einem gewissen Grade die

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Elasticität wiedergeben, an denen es ihnen ja bei chronischen Herzgefäß- erkrankungen fehlt, und sie können bei prädisponirenden Gelenkentzündungen als Schutz gegen Sclerose der Arterien betrachtet werden. 5. Die Massage schließt keineswegs die bis dahin angewandten Medicamente aus. Sie kann im Gegenteil ihre Wirkung unterstützen, mit derselben abwechselnd an- gewendet werden, oder sie ersetzen, wenn deren Wirkung versagt. Die Massage ist nur ein neues Mittel neben den anderen. Doch hat es den Anschein, als sollte man ihr den Vorzug geben wegen ihrer Unschädlich- keit, wenn sie methodisch angewendet wird, und auch weil sie ein natür- liches Mittel, eine wirkliche Errungenschaft der physiologischen Therapie ist. Immerwahr (Berlin).

Apert (Paris): Congenitale Verlagerung einer Niere in das kleine Becken. (Bulletins de la société anatomique de Paris, 1898, Bd. XII, Heft 5.)

Die bezeichnete interessante Anomalie wurde bei einer Autopsie fest- gestellt. Die rechte Niere wurde in der Regio lumbalis gegenüber der linken A. renalis vermißt und nach Heraushebung des Darmes im kleinen Becken entdeckt. Sie war von normaler Consistenz und Größe und lag an der linken Hälfte der vorderen Oberfläche des Os sacrum, mit ihrer Masse den hinteren rechten Teil des kleinen Beckens ausfüllend. Der Mastdarm war nach links verschoben, die Harnblase hatte ihre normale Lage. Die Form der verlagerten Niere war, im Gegensatz zu den vielen anderen Be- richten über analoge Fälle, sehr wenig verändert. Die Niere wird von 2 Arterien genährt, die der A. iliaca dextra entspringen und von je einer Vene begleitet werden; beide Venen münden in die N. iliaca dextra. Der rechte Ureter ist sehr kurz, bietet aber sonst keine Abnormitäten. Zu Lebzeiten des Patienten deutete nichts auf die vorgefundene Ectopie der Niere hin. Hätte irgend welcher Umstand bei diesem Patienten eine Exploratio per rectum veranlaßt, so hätte man zweifellos im kleinen Becken rechts vom Rectum eine umfangreiche Geschwulst gefühlt und man hätte dabei vor einem diagnostischen Rätsel gestanden, denn niemals hätte man an eine derartige Verlagerung der Niere denken können. Li.

Vineberg: Case of renal calculus, simulating tuberculosis. (New York Medical Record, 18. Juni 1898.)

Die Kranke war 1894 wegen Pyosalpıinx dextra und 1895 wegen großer Ovarialeyste operirt worden, das letzte Mal unter Entfernung des Uterus. Zwei Jahre später erkrankte sie an Frösten und Fieber mit vagen Schmerzen n der linken Lumbalregion, nach mehrmonatlicher Besserung an unregel- mäßigem Fieber und Schmerzen in der rechten Lumbalregion. Starke Ab- magerung. Mehrfache Cystoskopie ergab eine starke Cystitis, den Harn der linken Niere mit geringem, den der rechten Niere mit ca. 50 pCt. Eiter- gehalt. Tuberkelbacillen wurden im Eiter nicht gefunden. Die rechte Niere war vergrößert. Die Diagnose lautete: Pyelitis sinistra, Pyonephrosis dextra.

Ge mme, ü —— —— G ————————— —— ———— ` Cl, 7

Rieden

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Die rechte Niere wurde freigelegt; das ganze Becken war mit einem harten Stein ausgefüllt, der sich bis in die Pyramiden verzweigte. Derselbe wurde zerbrochen und entfernt; er wog ca. 83 g. Starke Blutung, Jodoformgaze- tamponade, teilweiser Schluß der Wunde. Nach 48 Stunden Collaps und Exitus letalis. Section verweigert. Bis zum Tode wurde Harn in reich- licher Menge secernirt. Die Operation war zu spät erfolgt. Verf. erklärt den Tod durch große Schwäche, Shock und Blutverlust.

Für Tuberculose sprechen der progressive Character der Krankheit, das unregelmäßige Fieber, die starke Abmagerung, die Doppelseitigkeit der Nierenerkrankung, die große Eitermenge. Zum Bilde der Nephrolithiasis fehlten Hämaturie und Nierencoliken. R. Rosenthal (Berlin).

Macaigne et Vauverts (Paris): Tuberculose der Niere, geheilt durch totale fibröse Transformation. (Bulletins de la société anatomique de Paris 1898, Bd. XII, Heft 5.)

Die 64jährige Patientin menstruirte seit ihrem 14. Lebensjahre, machte mit 20 Jahren Gebärmuttervorfall durch, mit 23 Jahren einen Abort, der sie vier Monate an das Bett fesselte. Mit 50 Jahren bekam sie ihre Meno- pause und erkrankte zugleich an Bronchitis; seit einigen Jahren bedeutende Abmagerung und Kräfteverfall. Vor acht Jahren entstand am oberen Teil der linken Lumbalgegend eine schmerzhafte Schwellung, die stets an Um- fang zunahm und sich schließlich spontan öffnete; durch die entstandene Fistel floß einige Zeit Eiter, worauf sich dieselbe spontan schloß. Später wiederholte sich jedoch mehrmals die Eiterabsonderung aus der Fistel. Ende Januar 1897 trat in Folge erlittener Erschütterung heftiger Schmerz und Schwellung der erkrankten Stelle ein; der Fistelgang öffnete sich wieder und aus dieser floß jetzt reichlicher, übelriechender Eiter. Aus der Fistel- öffnung, die sich an der linken Lumbalgegend, etwas unterhalb der 12. Rippe, 5 cm von der Mittellinie entfernt befindet, läßt sich äußerst stinkender Eiter ausdrücken. Allgemeinzustand sehr schlecht; zweifellose Zeichen von Lungen- tuberculose zweiten und dritten Grades. Am 13. Februar Erweiterung der Fistelöffnung; von einer gründlichen Untersuchung wird jedoch in Anbetracht des decrepiden Zustandes der Patientin Abstand genommen. Am folgenden Tage trat der Tod ein. Die Section ergab in der linken Niere tuber- culöse Degeneration, die durch totale fibröse Transformation anscheinend ausgeheilt war. Der Tod war zweifellos durch Septicämie bedingt; letztere wurde wahrscheinlich durch die pyogenen Microben, die sich im phlegmonösen Gebiet zwischen erkrankter Niere und Bauchwand vorfanden, herbeigeführt. Li.

Albarran et Cottet (Paris): Ascendirende Nierentuberculose. Doppelureter der linken Niere. (Bulletins de la societe ana- tomique de Paris, Mai-Juni 1898.)

Die 42jährige Patientin klagte bei der am 8. Februar 1898 erfolgten

Aufnahme über Blasenbeschwerden, die bereits zwei Jahre anhalten und

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in steter Zunahme begriffen sind; häufiger Harndrang, Miction schmerzhaft: Harn trübe, jedoch stets frei von Blut; Patientin ist blab, abgemagert und äußerst schwach; seit einiger Zeit besteht Husten. Die Untersuchung ergab tnberculöse Cystitis nebst Tubereulose der Lungen, aber keine Vergröberung der Nieren, trotzdem der Harn enorme Trübung wie bei Pyonephrose zeigte und die Patientin über heftige Schmerzen in der Lumbalgegend klagte. Aus- spülungen und Instillation blieben ohne Einfluß auf die Cystitis, die sich unaufhaltsam weiter entwickelte und schließlich wegen unerträglicher Schmerzen und Harndrang die Colpocystotomie erforderlich machte. Am 24. April ging die Patientin an äußerster Kachexie zu Grunde. Die Section ergab: Tuberculöse Affeetion beider Lungen nebst einigen Cavernen in den Lungenspitzen. -Harnapparat: Nieren, namentlich die linke, vergrößert und mit Zeichen von lipcmatöser Perinephritis; Ureteren verdickt, indurirt und schwer durchgängig in Folge von Ureteritis und Periureteritis; Harnblasen- schleimhaut mit manifesten, tubereulösen Alterationen, die Jedoch nicht diflus sind und Inselchen gesunden Gewebes zurücklassen. Die rechte Niere zeigt tuberculöse Cavernen; die Tubuli, das Becken und der Ureter sind in ihrer ganzen Ausdehnung von tubereulösen Infiltrationen durchsetzt; der Ureter ist durchgängig und mündet in die Harnblase an einer Stelle, die tuberculös degenerirt ist. Die linke Niere erscheint auf dem Durchschnitt gleichsam in zwei Teile, in einen oberen und einen unteren, geteilt; der erstere ist total vom ulcerös-tuberculösen ProceßB ergriffen und zeigt eine Reihe von denen der rechten Niere ähnlichen Cavernen, während der untere Teil makroskopisch gesund erscheint; beide Teile sind von einander durch eine scleröse Gewebsschicht getrennt. Diese auffallende Abgrenzung der patho- logischen Veränderungen in der linken Niere nötigte zu der Vermutung, daß die eine Hälfte der Niere eine besondere Prädisposition besitzen mußte. Die nähere Untersuchung brachte nun die interessante Thatsache zu Tage, daß die Niere zwei Becken und zwei Ureter besaß, je 1 für die gesunde und kranke Nierenhälfte. Jeder Ureter mündete in die Harnblase mit eigener Oetinung; zwischen beiden Oeffnungen war eine Brücke von ungefähr 1 cm Blasenschleimhaut. Tubuli, Becken und Ureter der kranken Hälfte sind in ihrer gesamten Ausdehnung tuberculös degenerirt, die der gesunden Nieren- hälfte vollkommen normal. Der gesunde Ureter mündet in die Harnblase an einer gesunden Partie derselben, der kranke an einer tuberculös in- filtrirten Stelle. l Li.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner Berlin SW., Ritterstrasse 41.

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Ueber die wichtigsten wechselseitigen Beziehungen zwischen den Erkrankungen desHarn-Sexualapparates und denen anderer Organsysteme.

Von Dr. Albert Seelig, Königsberg i. Pr.

(Schluss.)

Eine ausführlichere Besprechung erfordern die acuten Infections- krankheiten.

Allen gemeinsam kann, falls Somnolenz und starke Prostration der Kräfte besteht, die Urinverhaltung mit allen ihren Folsen sein. Die Patienten fühlen wegen ihrer Benommenheit nicht das Urinbedürfnis, und so kommt es, da in vielen Fällen noch eine Schwäche resp. Lähmung des Detrusor hinzutritt, zu einer gefahrvollen Retention. Das Haupt- contingent stellt hier der Typhus abdom.

Von nicht minderer Wichtigkeit für unser Thema ist der Einfluß des Fiebers. Dasselbe hat nämlich auf gewisse specifische locale In- fectionen, so auf die Gonorrhoe, einen zweifellos heilenden Einfluß. Die Erklärung dieses eigentümlichen Verhaltens geben wohl die Experimente von Finger. der folgende zwei Versuchsreihen anstellte.e Er impfte zehn Patienten, die fieberfrei waren, mit virulenten Gonokokken und erhielt ausnahmslos positive Resultate, während derselbe Versuch bei einer Reihe hochfiebernder negativ ausficl. Der Autor schließt daraus, daß die hohen Fieberteimperaturen auf die gegen Temperatur sehr empfindlichen Kokken derartig deletär wirken, daß sie in ihrer Lebens- und Entwicklungsfähigkeit völlig vernichtet werden. Man kann diese Beobachtung nicht selten bei langdauernden Fiebern machen; freilich ist in vielen Fällen die Heilung keine dauernde, sondern es tritt nach Ablauf des Fiebers der bis dahin unterdrückte Ausfluß wieder in alter

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Stärke auf. Besonders interessant in Bezug auf die Heilkraft des in- fectiösen Fiebers ist ein von Goldberg mitgeteilter Fall von lan«- dauernder Cystitis gonorrhoica, die nach einer Influenzaattake völlig schwand.

Was nun die einzelnen Infectionen anbetrifft, so wäre zuerst der Typhus abdominalis zu nennen. Derselbe hat außer der schon genannten Harnretention nicht selten Blasenentzündungen im Gefolge. Dieselben entwickeln sich meist in der Zeit der Reconvalescenz und können ganz leichte, schnell heilende Processe sein, in seltenen Fällen jedoch sich unter dem Bilde einer ulcerösen Cystitis entwickeln. Außer den ge- nannten Krankheiten wären noch die selten vorkommenden Orchitiden und Epididymitiden zu erwähnen. Der Typhus recurrens und exan- thematicus macht in dem Harnsexualapparat selten Erscheinungen, höchstens kommt es zu Cystitis, ebenso verhält es sich mit der Cholera, während die Variola viel zahlreichere Erkrankungen des Urogenitalapparates setzt. Erstens kann dieselbe sich direct in der Urethra, freilich nur im Anfangsteile, localisiren und dadurch unan- genehme Urinbeschwerden und in besonders ungünstigen Fällen Ver- engerungen bewirken; zweitens kann es zu Blutungen besonders bei der hämorrhagischen Form kommen, die entweder zu Hämaturien, die freilich meist aus den Nierenkelchen, seltener aus der Blase stammen, oder zu Blutergüssen in das Hodenparenchym führen. Sehr viel spär- licher sind entzündliche Processe der Blasenschleimhaut, die sogar von manchen Autoren völlig geleugnet werden. Bei Scharlach sind die verschiedensten Erkrankungen der Harnapparate beobachtet, so Balanitis, Urethritis, in vereinzelten Fällen auch Hydrocele. Blutungen aus den Nieren resp. der Blase findet man nur bei der hämorrhagischen Form. Viel weniger Einfluß auf das genannte Organsystem haben die Masern. Hier wäre nur zu erwähnen, dab dieselben sich zuweilen auch auf der Ctenitalschleimhaut localisiren können. Die von Coulies behauptete Disposition zur Lithiasis nach überstandenen Morbilli ist nicht erwiesen. Die Diphtherie wirkt nicht direct, sondern erst in einer späteren Periode, wenn die nervösen Nachkrankheiten auftreten, auf den Harnsexual- apparat, und zwar freilich nicht so häufig wie in anderen Organen in Form von Lähmung des Sphincter vesicae und bedingt dadurch Enuresis. In der Genitalsphäre findet sich zuweilen Impotenz, die Monate lang andauern kann. Zum Schluß sei noch die Parotitis epidemica angeführt, die eine der bekanntesten Metastasen in dem Urogenitalapparat bewirkt, nämlich die Orchitis.

Wir kommen jetzt zu den chronischen Infectionskrankheiten. Da sind zwei von besonderem Interesse: Tuberculose und Syphilis.

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Die Tuberculose localisirt sich häufig in dem Urogenitalapparat. Man unterscheidet im Allgemeinen eine primäre, d. h. eine solche, die zuerst im Harnsexualapparat zum Ausdruck kommt, und eine secundäre, d. h. diejenige, die durch metastatische Processe von schon in anderen Organen entwickelten Herden verschleppt ist. Die primäre nimmt meist ihren Anfang in der Prostata, Epididymis oder den Samenbläschen, um von dort aus weiter die Blase oder seltener die Harnröhre zu er- greifen oder nach aufwärts zu steigen und sich in der Niere zu localı- siren. In anderen bei Männern wohl selteneren Fällen ist der Weg ein umgekehrter, indem der Proceß von der Niere abwärts geht. Aeusserst spärlich sind tuberculöse Processe an der Glans penis und der äußeren Bedeckung der Genitalien beobachtet. Die Entwicklung spielt sich an dem Harnsexualapparat in ganz derselben Form ab, wie an anderen Häuten resp. Schleimhäuten des Körpers; eine genauere Beschreibung desselben zu geben, liegt natürlich hier nicht in unserer Absicht. Was nun diese primäre Urogenitaltuberculose anbetrifft, so kann dieselbe lange Zeit besonders, wenn die Nieren nicht mit- ergriffen sind stationär bleiben, ohne secundäre Processe in anderen Organen hervorzurufen, ja in früherer Zeit glaubte man sogar, daß dieses stets der Fall wäre, und noch Guyon hält dies für die Regel. Jedoch dürfte sich wohl diese Anschauung für einen Teil der Fälle daraus erklären, dass die primäre Urogenitaltuberculose, die zuweilen längere Zeit ausserordentlich geringe Symptome macht, übersehen ist. Je mehr man nämlich seine Aufmerksamkeit auf diese Krankheit gerichtet hat, um so mehr hat es sich herausgestellt, daß dieselbe viel häufiger ist, als man bisher geglaubt hat. So sind manche Fälle von Harndrang, die unter der Diagnose Neurose gehen, gewiß schon tuberculös, wie auch manche Urethritis, die als chronische Gonorrhoe angesehen wird, in ihrem tuberculösen Character lange Zeit verkannt wird. Erwähnt mögre hier besonders ein freilich sehr seltenes Vorkommnis sein, das wohl, falls andere Erscheinungen nicht auf die richtige Spur leiten, häufig falsch beurteilt wird, nämlich die tuberculöse Strictur, die, soweit mir bekannt, erst viermal in der Litteratur beschrieben ist. Unter ganz denselben Erscheinungen und Localisationen kann die secundäre Tuber- culose verlaufen, nur daß dann bei Beginn des Urogenitalleidens der Körper durch die Tuberculose des primär erkrankten Organs meist schon sehr herabgekommen zu sein pflegt.

Daß nach den beschriebenen Localisationen entsprechend schwere Störungen der Functionen im Harn- und Sexualapparat auftreten können, ist selbstverständlich. Es kommt zu heftigen Dysurien, Blutungen, Eiterungen und complicirenden Intiltrationen und Fistelbildungen.

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Daß dadurch natürlich auch die Potenz in Mitleidenschaft gezogen werden kann, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. Anders ist der Einfluß der Tuberculose, bevor der Urogenitalapparat mitergriffen ist; hier scheint sehr häufig eine Reizung der Libido vorzukommen, die sich eigentümlicher Weise oft trotz des tief darniederliegenden Allsemeinbefindens erhalten kann. Selten beobachtet man eine Er- schöpfung des Ejaculationscentrums, während die Erection noch völlig glatt von Statten geht. Ferner wären hier noch die Einwirkung der Tuberculose auf den Verlauf gewisser Genitalleiden hervorzuheben. Auch hier ist es wieder die Gonorrhoe, die in erster Reihe steht. Dieselbe verläuft bei tuber- culösen Kranken oder solchen, die zur Tubereulose disponirt sind, meist sehr torpide und schleichend und bildet häufig das auslösende Moment für den Beginn einer Urogenitaltuberceulose. Von ähnlichem Einfluß ist diese Krankheit auch auf den Verlauf geschwüriger Processe und ihrer Folgezustände, indem gerade bei solchen Individuen die Tlce- rationen häufig schlecht heilen resp. weiterschreiten und sich mit den höchst fatalen strumösen Bubonen complieiren können.

Die zweite wichtige chronische Infectionskrankheit ist die Syphilıs. Ihre Beziehungen zum Harn-Sexualapparat sind schr enge, da durch denselben meist die Primärinfection vermittelt wird, die sich unter der Form des sogenannten Primäraffectes präsentirt. Aber nicht nur diese erste Manifestation der Syphilis, die von einem Teil der Autoren nur für eine Localinfection, von anderen dagegen als Ausdruck bereits stattgehabter Durchseuchung des ganzen Körpers aufgefaßt wird, tritt an den Genitalien auf, sondern auch in der secundären wie der tertiären Periode können luetische Processe an den Genitalien sich etabliren. In der secundären Periode sind es besonders die sogenannten breiten Condylome, die am Scrotum, in specie am Uebergang der Scrotalhaut in die Schenkelhaut sitzen; seltener sind vereinzelte, verschieden ge- formte Papeln, die auch zuweilen in der Urethra selbst sitzen und eine Urethritis bewirken; außerdem beobachtet man kleine miliäre oder etwas größere Knötchen, die in characteristischer Ringform am Scrotum oder Penishaut localisirt sınd. In der tertiären Periode kommen kleine und große Gummaknoten vor; die ersteren sind meist ring- oder kreisförmig geordnet, breiten sich am Scrotum oder über die Penisdecken aus, sie können allmählich eitrig zerfallen und zu einem Geschwär confluiren, Die großen Gummaknoten sitzen mit Vorliebe an der Eichel oder ın den Corp. cavernos. penis. Dicselben finden sich häufig an Stellen, die früher schon von luetischen Aftectionen befallen waren. Welche üblen Folgen gerade die Localisation im Corp. cavernosum bei der regressiven

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Veränderung nach sich ziehen kann, leuchtet ein. Eine fernere, sehr wichtige tertiäre Syphilislocalisation ist die Orchitis gummosa und in seltenen Fällen die Epididymitis.

Die übrigen Organe des Harn-Sexualapparates werden selten von der Syphilis befallen. Beschrieben sind noch Affectionen der Prostata und der Blase. Beide Erkrankungsformen sind klinisch nach den bis- her bekannten Fällen nicht zu diagnosticiren.

Dab die Geschlechtsfunetionen unter der syphilitischen Erkrankung speciell der Hoden leiden, wird mehrfach berichtet. Bemerkenswert ist ein Fall, bei dem Casper Azoospermie feststellen konnte, die nach einer Inunctionskur schwand.

Erwähnt möge noch schließlich werden, daß Gonorrhoe auch bei Syphilis einen schleppenden Verlauf nehmen kann.

Außerordentlich complieirt sind die Wechselbeziehungen zwischen allxemeinen Neurosen (Hysterie, Neurasthenie) und den Erkrankungen des Urogenitalapparates. Es ist hier oft sehr schwierig zu sagen, ob die allgemeine Neurose oder die Erscheinungen im Gebiete des Harn- Sexualapparates das Primäre sind. Der Vorgang ist entweder so, daß sich gewisse Erkrankungen des Urogenitalapparates auf dem Boden der Neurasthenie entwickeln oder es wird von dem Localleiden erst das Allgemeinleiden ausgelöst; freilich wird man dabei häufig die Beob- achtung machen können, dab es sich um Individuen handelt, die, sei es durch Heredität, sei es durch äußere Einwirkungen schon an und für sich zu Neurasthenie disponirt sind. Jedoch soll es keineswegs geleugnet werden, daB gerade Mißbräuche im sexuellen Leben, vor- züslich Onanie bei gesunden, nervös nicht belasteten Individuen zu Neurasthenie, speciell Sexualneurasthenie führen kann.

Die Erscheinungen am Harn-Sexualapparat, mögen dieselben nun primärer oder secundärer Natur sein, sind im Großen und Ganzen so übereinstimmend, daß wir dieselben zusammenfassend schildern können.

Betrachten wir zuerst den Harnapparat. Die pathologischen Vor- gänge können sich in der sensiblen und motorischen Sphäre abspielen.

Zu ersterer gehört die sogenannte reizbare Blase. In leichteren Fällen haben die Patienten nur das Gefühl der „vollen Blase“, das sie zu häufisem Uriniren zwingt, in schwereren sind mehr minder heftige Schmerzen vorhanden, die entweder auf einen Punkt, besonders den Blasenhals, localisirt sind oder auch in die Urethra, nach den Hoden, dem Darm und Oberschenkeln ausstrahlen können. Der Schmerz kann spontan auftreten, ist aber häufiger an den Act der Miction gebunden, einmal ist er bei Beginn, ein anderes Mal gerade nach Beendigung des Urinirens am stärksten und kann dann leicht zu der falschen Annahme

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einer Calculosis führen. Sehr viel seltener ist die Anästhesie der Blasenschleimhaut, meist verbunden mit der der Harnröhre, eine reine Neurose, dieselbe ist vielmehr häufig ein Symptom schwerer, ana- tomischer, centraler Erkrankung.

Unter den Motilitätsneurosen ist die häufigste der Spasmus des Sphincters, der sich dadurch kennzeichnet, daß der Patient den auftretenden Harndrang nur sehr mühsam und langsam befriedigen kann; in schweren Fällen kann es zu completer Retention, die den Katheterismus erfordert, kommen. Selten ist ein Krampf der Detru- soren ısolirt beobachtet. Hier geht die Miction gut von Statten, jedoch ist ihre Zahl außerordentlich gesteigert. Meist sind die beiden we- nannten Zustände combinirt. Außer den Krampfzuständen sind auch Paresen des Detrusor und Sphincter als reine Neurose zu erwähnen. Im ersteren Falle handelt es sich um verzögerte Urinentleerung, der Strahl fällt in schwachem Bogen herab, bei den Paresen des Sphincter die übrigens bei Neurasthenischen sehr selten sind tritt In- continenz, besonders wenn der Harndrang nicht sofort befriedigt werden kann, auf. Vollständige Paresen der genannten Muskeln sind wohl stets Zeichen schwerer localer Veränderungen oder Erkrankungen des Centralnervensystems. Einer besonderen Erwähnung bedarf noch die bekannteste Neurose, die Enuresis nocturna, die vorzüglich im Kindesalter zur Beobachtung kommt und nach der Pubertät von selbst zu schwinden pflegt. Man hat zur Erklärung dieser Anomalie eine Reihe von Theorien aufgestellt; die einen glaubten, daß es sich um plötzlich auftretenden Detrusorkampf handelt, der im Schlaf nicht zum Bewußtsein kommt, andere schrieben die Schuld einem zu schwach ent- wickelten Sphincter zu; die plausibelste Ansicht ist wohl die, daß die Enuresis zu Stande kommt, weil der Sphincter zu mangelhaft innervirt ist, und daß dieses einfach ein Fortbestehen eines infantilen Zustandes ist, da ja bekanntlich das Vermögen, den Urin willkürlich zurückzu- halten, in dem frühesten Kindesalter normaler Weise fehlt.

Unter ganz ähnlichen Formen wie in der Blase präsentiren sich die Neurosen der Harnröhre. Da sind zuerst die Hyperästhesien der Urethra. Die Beschwerden der Patienten sind hier sehr mannigfaltige; während die einen nur über einen Druck in der Eichel oder am Damm klagen, sind bei anderen höchst lästiges Brennen oder Kältegefühl vor- herrschend. Besonders häufig ist das Gefühl des „rollenden Tropfens“ in der Urethra. Diese Empfindungen, die zuweilen sich bis zu unerträg- lichen Sensationen steigern können, sind meist an den Act der Miction gebunden, seltener permanent vorhanden. Betreffs der Localisation lauten die Angaben der Patienten ausserordentlich verschieden, die

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a einen verlegen die Empfindung in die Eichel, andere in den Damm, andere fühlen die ganze Harnröhre ergriffen.

Was die Motilitätsneurosen anbetrifft, so treten dieselben unter der Form des Urethrospasmus und der Urethroparese auf.

Der Spasmus kann so heftig sein, daß er die Urinentleerung un- möglich macht; besonders bekannt ist, daß bei nervösen Menschen schon die Gegenwart eines anderen bei dem Mictionsacte genügt, um den Krampf hervorzurufen. Dieser Spasmus kann die heftigsten Beschwerden und Schmerzanfälle erzeugen und zu ähnlichen Spasmen in den um- liegenden Gebieten führen. Die Urethraparese beruht auf mangelhafter oder ungleichmäßiger Innervation der Harnröhrenmuskeln. Die Harn- röhre schließt sich nicht genügend nach dem Mictionsacte, und es läuft in Folge dessen noch ein Teil des Urins von selbst ab. Andere Autoren (Ultzmann) glauben im Gegenteil, daB nach dem Uriniren die Harn- röhre sich plötzlich übermäßig contrahirt, während noch etwas Harn in der Urethra bleibt. Läßt diese Contraction allmählich nach, so tropft der zurückgehaltene Urin einfach ab.

Wir kommen nun zu den Neurosen der Genitalorgane. Dieselben localisiren sich vorzüglich in der nervenreichen Prostata, seltener im Hoden und Samenstrang. Die nervösen Erkrankungen der Prostata und der Pars prost. urethrae bieten außerordentlich verschiedenartige Bilder dar; bald ist es ein Gefühl von Druck und Spannung, das die Patienten belästigt, bald sind es krampfhafte Zusammenziehungen, durchschießende Schmerzen oder ein dauerndes Gefühl der Pulsation. Sehr häufig ist mit diesen hyperästhetischen Zuständen ein sexueller Reizzustand verbunden, der sich besonders unangenehm durch Con- tractionen der Prostatamuskeln, ähnlich wie vor der Ejaculation, be- merkbar macht. Meist ist bei den Affeetionen der Prostata auch die Pars prost. urethrae mit ergriffen, die entweder hochgradig hyperästhetisch, wodurch bei instrumentellen Eingriffen die heftigsten Schmerzen erzeugt werden, oder was viel seltener ist völlig anästhetisch ist. Man kann in diesen Fällen dicke Instrumente anstandslos einführen, ohne daß Patient eine bemerkenswerte Empfindung davon hat.

Die Neurosen «der Hoden und des Samenstrangs treten eigentlich nur in der Form von Neuralgien auf, die besonders am Hoden so heftig sein und jeder Therapie so hartnäckigen Widerstand leisten können, daß Patienten sich unter der Last der Schmerzen zur Castration ent- schlossen haben.

Schließlich sind noch die cutanen Neurosen zu erwähnen. Am häufigsten beobachtet ist der Pruritus, freilich seltener bei Männern als bei Weibern. Derselbe kann dauernd sein oder anfallsweise auf-

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treten. Zuweilen mit demselben verbunden sind die eutanen Neuralgien, die sich meist über den ganzen Hautbezirk der Genitalien ausdehnen. Dieselben sind übrigens außer mit dem Pruritus meist mit anderen Neurosen der Urogenitalsphäre vergesellschaftet.

Nicht minder wichtig als die besprochenen Affectionen ist der Ein- fluß allgemeiner Neurosen auf die sexuellen Functionen. Auch hier ist das Bild ein außerordentlich buntes und wechselndes. Da wären zuerst die krankhaften Pollutionen zu nennen. Pollutionen sind be- kanntlich in gewissen Grenzen zu den physiologischen Vorgängen zu rechnen, pathologisch werden dieselben erst, wenu sie ein starkes Ge- fühl der Ermüdung, Abgeschlagenheit, psychische Depression hinter- lassen; meist treten dieselben in solchem Falle häufig auf und können auch in wachem Zustande auf geringe Reize hervorgerufen werden. Ihnen schließt sich eng die Spermatorrhoe an, die früher mit den Pollutionen zusammengeworfen wurde. Der Samenfluß stellt sich sclten als permanenter Ausfluß dar, sondern tritt meist nur in Zu- sammenhang mit Miction oder Defäcation auf, ohne daß dabei wie bei den Pollutionen das Sperma unter der Form einer Ejaculation herausgeschleudert wird. Die Spermatorrhoe pflegt die Patienten auber- ordentlich zu beunruhigen und dadurch die nervösen Beschwerden zu steigern.

Die eben genannten Zustände haben natürlich auch Einfluß auf die Potentia coeundi. Thatsächlich findet man dieselben bei den Sexual- neurasthenien in den meisten Fällen mehr minder alterirt, sei es, dab die Erection nicht zu Stande kommt, sei es, dab dieselbe sehr rasch schwindet und die Ejaculation sehr frühzeitig eintritt, so daB es zu keinem vollständigen Coitus kommt (Impotentia irritativa). Am häufigsten tritt die Impotenz als sogenannte psychische auf. Die Erection ist bekanntlich ein reflectorischer Vorgang, der jedoch vom Gehirn aus angeregt und gehemmt werden kann. Bei Neurasthenien können diese Hemmungen zuweilen so stark sein, daß der Reflexvorgang völlig unterdrückt wird und daraus alsdann ein Versagen der Erection resultirt. |

Als Secretionsneurosen mögen hier noch die sehr seltene Poly- spermie und Aspermatismus angefügt werden. Der letztere, der meist auf mechanischen Hindernissen beruht, kann auch in seltenen Fällen rein nervösen Ursprungs sein, indem wohl der Coitus ausgeübt werden kann, jedoch der Reflexvorgang der Ejaculation nicht ausgelöst wird. Es handelt sich hier wohl um erworbene Erschöpfungszustände der Ejaculationscentren, die unter ähnlichen Umständen zu Stande kommen können, wie die der Erectionscentren.

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Bei den geschilderten Krankheitsbildern können die Harnsexual-

organe so weit unsere Untersuchungsmethoden darüber Aufschlub eben völlix normal sein, jedoch in der überwiegenden Mehrzahl

der Fälle sind entweder Irritationen derselben, bedingt durch Abusus sexualis, besonders Onanie vorhanden, oder es bestehen gewisse ana- tomische Veränderungen, die jedoch in Anbetracht ihrer Geringfügig- keit in schroffem Gegensatze zu den schweren Krankheitsbildern stehen. Als solche krankhaften Processe sind vorzüglich die Residuen der Gonorrhoe zu registriren, so chronische Entzündungen der Harnröhre besonders in der Pars prostatica, die sich leicht auf die Duct. ejacu- latorii fortpflanzen; am häufigsten die chronische Prostatitis. Für letztere ist der nervöse Symptomencomplex fast pathognomonisch und man muß, falls man auf einen solchen trifft, immer an die Möglichkeit einer chronischen Entzündung der Vorsteherdrüse denken.

So sicher es festgestellt ist, daß vom Urogenitalsystem functionelle Störungen des gesamten Nervensystems hervorgerufen werden können, so sicher muß die besonders früher von den Autoren betonte Möglich- keit, dal durch Abusus sexualis oder Onanie anatomische Veränderun- gen im Hirn und Rückenmark zu Stande kommen, verneint werden. Es ist zweifellos, daß die bei cerebrospinalen Erkrankungen beob- achteten Erscheinungen, die in mancher Beziehung völlig mit den Sexualneurosen übereinstimmen, nicht die Ursache, sondern Folge- zustände bereits bestehender anatomischer Veränderungen in dem Rückenmark sind. Freilich möge zugegeben werden, daß Leute mit schweren spinalen Neurosen für gewisse Erkrankungen des Rücken- marks besser disponirt sind als völlig normale, das will ja aber nichts Anderes sagen, als dal) ein stark geschwächtes Organ krankhaften Processen gegenüber weniger widerstandsfähig ist, als ein normal functionirendes.

Die cerebralen resp. spinalen Affectionen, die wir jetzt betrachten wollen, haben sehr zahlreiche Beziehungen zum Harn-Sexualapparat.

Das Experiment hat uns gelehrt, daß die Reflexcentren für die Harnentleerung im Lendenmark liegen, außerdem laufen noch motorische und sensible Fasern bis in die Pedunculi cerebri, deren Reizung zu Contractionen der Blase führt.

Daneben gehen selbstverständlich für die willkürliche Erregung der Sphincter und der Harnröhrenmuskeln noch Fasern durch das Rückenmark zum Gehirn. Schließlich sei noch der Thatsache gedacht, daB wie für andere Reflexe auch für den der Blasenentleerung Hemmungscentren im Gehirn bestehen. Hält man sich den Verlauf der Nerven und ihr Verhältnis zu dem Reflexcentrum und Cere-

?

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brum vor Augen, so wird man leicht die Erscheinungen analysiren können.

Es bestehen folsende Möglichkeiten:

Die sensible Leitung zum Reflexcentrum ist unterbrochen, dann tritt kein Harndrang auf, jedoch wird, sobald die gefüllte Blase sich durch Verdrängung resp. Belästigung der Nebenorgane bemerklich macht, durch den Willensact eine Entleerung bewirkt werden können, der Act der Miction wird nicht gefühlt; ist die motorische Bahn zum Centr. spinale unterbrochen, so ist willkürliche Entleernng unmöglich, es tritt Retention und allmählich Ischurie auf. Sind beide Bahnen gelähmt, so wird sich anfangs Retention, der sich später Incontinenz anschließt, einstellen. Das Gleiche findet natürlich statt bei Zerstörung des Centrums selbst. Ist das Reflexcentrum erhalten, aber die darüber gelegene sensible Leitung zum Cerebrum unterbrochen, so entleert sich die Blase reflectorisch, sobald dieselbe gefüllt ist. Der Act kommt jedoch dem Kranken nicht zum Bewußtsein, und er kann denselben in Folge dessen nicht hemmen. Ist die entsprechende motorische Bahn afficirt, so fühlt der Patient wohl Harndrang und die Entleerung geht glatt von Statten, jedoch kann dieselbe ebenfalls nicht unterbrochen werden, da in diesem Falle der Willenseinfluß eliminirt ist. Sind beide Leitungen zerstört, so tritt bei einer gewissen Füllung der Harnblase Entleerung ein, ohne daß Patient dieselbe merkt und aufhalten kann.

Die eben geschilderten Vorgänge können natürlich nur das Schema bilden, um sich in den viel complicirteren Bildern der klinischen Er- scheinungen zu orientiren. Wir wollen nun im Folgenden die wichtig- sten Störungen der Harnentleerung bei verschiedenen Affectionen des Hirns und Rückenmarks schildern.

Man unterscheidet am besten zwei Gruppen:

1. Störungen der Motilität.

2. Störungen der Sensibilität.

Die Motilitätsstörungen treten unter dem Bilde der Retention und Incontinenz auf. Erstere kann eine complete oder incomplete sein, die Incontinenz ist entweder absolut, d. h. der Urin entleert sich sofort nach Eintritt in die Blase oder, was häufiger der Fall ist, es besteht Incontinenz par regxorgement. Die Entleerung kann dabei dem Patienten zum Bewußtsein kommen oder völlig unbemerkt geschehen.

Die Störungen der Sensibilität markiren sich als Anästhesie der Blase und Urethra oder als Hyperästhesie der genannten Organe, die unter dem Bilde der Crises vesicales et urethrales verlaufen.

Von Gehirnerkrankungen kommen hier diejenigen in Betracht, die mit plötzlichem Bewußtseinsverlust und heftigem Shock einsetzen, wie

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der apoplectische Insult, Embolie und ähnliche. In diesem Zustande der Bewußtlosigkeit kommt es oft zu Retention oder zu Incontinenz, die sich nach den oben gegebenen Auseinandersetzungen leicht erklären. Tritt nach den ersten stürmischen Erscheinungen wieder Bewußtsein ein, so gehen die Störungen zurück und es restiren nur selten Ano- malien in der Form der Parese der Blase, die freilich eine gute Dis- position für die Entwicklung einer Cystitis abgiebt. Daß natürlich bei Ausschaltung normaler Gehirnfunction wie bei Demenz, Idiotie, Störungen der Urinentleerung beobachtet werden können, versteht sich nach den oben gegebenen Erklärungen von selbst. Besonders seien noch Affec- tionen der Pedunculi cerebri, die, wie Budge nachgewiesen, directe Beziehungen zu dem Mictionsacte haben, erwähnt. Es liegen hier klinische Beobachtungen vor, die die experimentellen durchaus zu bestätigen scheinen.

Wichtiger und zahlreicher sind die Störungen der Urinsecretion bei Erkrankungen des Rückenmarks. Das Hauptinteresse nimmt dabei die Tabes dorsalis in Anspruch; bei ihr kann sowohl Motilität als Sensibilität betroffen sein. Im Anfangsstadium zeigt sich meist nur eine Erschwerung des Urinirens, die vom Patienten durch verschiedene Stellungen bei der Miction zu überwinden versucht wird. Allmählich bildet sich oft völlige Retention oder Incontinenz aus. Sehr characte- ristisch ist die sogenannte „Incoordination motrice de la vessie": Es stellt sich plötzliches Urinbedürfnis ein, jedoch gelingt es nicht, eine Entleerung zu erzielen, kaum nimmt der Patient von dem vergeblichen Versuche Abstand, so läuft der Urin von selbst ab, oder in anderen Fällen tritt mitten in der Miction eine Unterbrechung ein, die nur ganz allmählich überwunden werden kann. Als ein sehr wichtiges erstes Zeichen der beginnenden Tabes bezeichnet Fournier ein unwillkür- liches Abträufeln des Urins nach langer Retention, besonders Morgens. Ein sehr häufiges und oft falsch gedeutetes Symptom ist das Nach- träufeln nach beendigter Miction, ein Vorkomnis, das freilich auch bei Neurasthenie beobachtet ist, jedoch stets zur Untersuchung auf Tabes auffordern sollte.

Die Störungen in der sensiblen Sphäre sind die Crises vesicales et urethrales; dieselben können vor der ausgebildeten Ataxie auftreten, jedoch meist erscheinen dieselben erst in späterem Stadium. Diese Krisen verlaufen so, dab Patient einen von der Blase in den Penis ausstrahlenden heftiren Schmerz spürt, dem sich Blasentenesmen zu- gesellen, die ihn jeden Augenblick zwingen, Urin zu entleeren. Dabei fließen nur einige Tropfen unter starkem Schmerz und Brennen in der Harnröhre ab. Die Tenesmen können so stark sein, daB es zu ge-

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inger Hämaturie kommt. Achnlich sind die Symptome der meist damit verbundenen Urethralgien, die in seltenen Fällen isolirt vorkommen.

Kurz möge hier schlieblich noch die sogenannte „ausdrückbare Blase* (Wagner) erwähnt werden, die bei Tabes vorkommt, ohne Jedoch für dieselbe characteristisch zu sein, da dieses Phänomen sich allen mit Herabsetzung resp. Schwund der Reflexe einhergehenden Er- krankungen zugesellen kann.

Bemerkenswerth sind die Blasenstörungen bei multipler Sclerose, deren Existenz man früher im Allgemeinen leugnete. Neuerdings ist jedoch durch Oppenheim festgestellt, daß ca. 4 der Fälle mit Blasensymptomen combinirt sind. Dieselben markiren sich vorzüglich durch erschwertes Urinlassen, während Incontinenz und Harnträufeln nur selten und dann erst in den späten Stadien der Krankheit auf- zutreten pflegen.

Unbeteiligt ist die Blase bei der spastischen Spinalparalyse, bei Polyomyelitis, amyotrophischer Lateralsclerose und Muskelatrophie.

Kürzer können wir uns betreffs anderer Rückenmarksaftectionen fassen, da hier die Blasenstörungen stets in mehr minder hochgraliger Retention oder Incontinenz bestehen, die an und für sich nichts Characteristisches für eine bestimmte Form der Spinalerkrankung auf- weisen. Die Störungen können bei Myelitis auftreten, wo sogar zu- weilen die Retention als Prodromalsymptom zu finden ist, falls die Processe die zwischen den Reflexcentren und Gehirn verlaufenden Fasern event. das Centrum selbst, was besonders bei Erkrankungen des Lumbalteils statthat, betroffen haben. Gleiche Störungen der Miction sind ferner bei Traumen oder Blutungen im Rückenmark beobachtet, besonders wenn es sich um einen Shock der ganzen Medulla spinalis handelt. In letzterem Falle können übrigens die Störungen der Blasen- function, sobald die Shockwirkung vorüber ist, wieder völlig schwinden. Besonders möge hier noch auf die Cauda- und Conuserkrankungen hin- gewiesen werden, die stets mit Blasenstörungen einhergehen, und zwar fast ausnahmlos unter der Form der Lähmung mit Incontinenz.

Auch die Erkrankungen der Häute können auf die Blase einwirken, hier treten häufiger Reizerscheinungen auf, die z. B. durch Krämpfe der Sphineteren zu Störungen der Harnentleerung führen können, in späteren Stadien freilich herrscht auch hier complete Retention vor.

Wie verhält sich die Genitalsphäre bei Hirn -Rückenmarkerkran- kungen?

Zum näheren Verständnis möge hier kurz auf die anatomisch- physiologischen Verhältnisse eingegangen werden. Dieselben sind ähnlich wie die für die Blaseninnervation. Die Erection und die Eja-

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culation sind reflectorische Vorgänge, deren Centren wahrscheinlich getrennt im Lendenmark liegen. Das Erectionscentrum empfängt seine Innervation vorzüglich vom Gehirn oder von der Peripherie. Das Gehirn wirkt in doppeltem Sinne sowohl erregend wie hemmend, ersteres durch gewisse Vorstellungen, optische und Geruchswahrnehmungen u. a., hemmend unter dem Einfluß heftiger Aftecte, wie Schreck, Angst etc. Die Bahnen, auf denen diese Einflüsse vermittelt werden, verlaufen wahrscheinlich durch Pons und Hirnschenkel.

Was die reflectorischen Reize von der Peripherie aus anbetrifft, so stehen die sensiblen der äußeren Genitalien und der benachbarten Hautpartien im Vordergrund, weniger wichtig sind die von der Schleim- haut der Urethra besonders von der pathologisch veränderten ausgehenden.

Der Vorgang der Ejaculation entspricht völlix dem der Erection, nur scheint das Centrum der ersteren weniger leicht erregbar, aber auch weniger leicht erschöpfbar zu sein. Das Centrum der Ejaculation liegt wie gesagt getrennt von dem der Erection, wofür sowohl der getrennte Verlauf der centrifugalen Bahnen (N. erigentes und eja- culatorii), als auch zahlreiche Beobachtungen am Krankenbette sprechen.

Hält man sich die geschilderten Verhältnisse vor Augen, so wird es nicht schwer sein, die bei centralen Erkrankungen auftretenden Krankheitserscheinungen in dem besprochenen Gebiete zu verstehen.

Die Casuistik ist nicht besonders reichhaltig, was sich ja daraus erklärt, daß die Grundkrankheit meist so schwer ist, daß weder Arzt noch Pat. der Genitalsphäre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden pflegen.

Was die Erkrankungen des Gehirns anbetrifft, so liegen hier Be- richte sowohl über Reiz- als Lähmungserscheinungen in der Genital- sphäre vor; man beobachtete gesteigerte Libido und Priapismus, in anderen Fällen Verminderung resp. Schwund der Potenz. Von be- sonderem Interesse sind die freilich nicht der Neuzeit angehörenden Berichte über Beziehungen zwischen Erkrankungen des Kleinhirns und Potenz. So sahen Larrey nach Trauma nach Absceßbildung im Cere- bellum, andere (Rosenthal, Wunderlich) bei. Hirntumor Impotenz auftreten, während Fischer-Withemore unter ähnlichen Umständen eine gesteigerte Libido, die die Potenz überdauerte, beobachtet hat.

Die Erklärung für den Zusammenhang sollen Experimente Budge’s geben, dem es durch Reizung des Kleinhirns bei einem Kater Be- wegungen des Hodens auszulösen gelang, während solche von den übrigen Gehirnteilen nicht zu erzeugen waren. Uebrigens wird die Richtigkeit der mitgeteilten Beobachtungen bezw. ihre Deutung von manchen Autoren bestritten.

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Reichlichere Ausbeute giebt die Casuistik bei den Erkrankungen des Rückenmarks. Ein grober Teil derselben ist von Störungen der sexuellen Functionen begleitet, deren Kenntnis für die Diagnosen- stellung oft von nicht geringer Bedeutung ist, da dieselben häufig als Vorläufer des Rückenmarksleidens auftreten künnen.

Die Functionsstörungen in der sexuellen Sphäre bei den Spinal- leiden treten meist unter dem Bilde der Reizung resp. Lähmung auf, und es würde nur zu Wiederholungen führen, falls wir dieselben bei den einzelnen Krankheitsbildern gesondert besprechen wollten.

Bei myelitischen Processen pflegen in den ersten Stadien Erec- tionen spontan oder auf geringe peripherische Reize aufzutreten, daneben werden häufige Pollutionen beobachtet, in späteren Stadien kann es zu völliger Impotenz kommen; besonders bemerkenswert ist die Neigung zu Erectionen, ja Priapismus bei Erkrankungen des Halsmarks; in sehr chronisch verlaufenden Fällen kann die Potenz lange Zeit völlig intact bleiben. Interessant ist die Beobachtung Fürbringer’s, der nach Leitungsunterbrechung im mittleren Dorsalmark eine continuirliche Spermatorrhoe nebst dauernder unvollständiger Erection sah.

Die reichlichste Casuistik von sexuellen Störungen liegt bei der Tabes dorsualis vor. Hier sind besonders diejeniven Störungen der sexuellen Functionen von Wichtigkeit, die als erste Zeichen des be- ginnenden Rückenmarksleidens auftreten. Bald wird über verfrühte Ejaculation, mangelhafte Erection, bald über Spermatorrhoe oder reich- liche Pollutionen und sinkende Potenz geklagt, in anderen Fällen ist eine gesteigerte Libido zu constatiren; bei manchen Tabeskranken über- dauert übrigens die Libido die Potenz, während ein Erhaltensein der letzteren bis in die letzten Stadien kaum vorkommen dürfte. Un-

gewöhnlich selten scheinen Aspermatismus bei erhaltener Potentia

coeundi zu sein, während Veränderungen in der Zusammensetzung des Spermas häufiger vorkommen sollen (Rosenthal). Schließlich sei noch der im atactischen Stadium beobachteten Analgesie der Hoden Erwähnung gethan.

Von den übrigen Spinalerkrankungen ist nicht viel zu berichten. Völlig intact ist der Genitalapparat bei spastischer Paralyse, während bei anderen Aflectionen, z. B. multipler Sclerose, Brown-Séquard- scher Lähmung ein völlig inconstantes Verhalten beobachtet wird, indem einmal die Potenz völlig intact bleibt, ein anderes Mal Reiz- oder Lähmungserscheinungen auftreten.

Der ım Vorstehenden gemachte Versuch, die Wechselbeziehungen zwischen den Erkrankungen des Harn-Sexualapparates und denen des Gesamtorganismus zu erörtern, macht nicht den Anspruch, die Materie

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völlig zu erschöpfen, sondern sollte nur die wichtigsten Punkte aus der überreichen Fülle zur Sprache bringen, jedoch dürfte so viel aus den Erörterungen klar hervorgehen, daß gerade die Erkrankungen des Harn-Sexualapparates besonders enge und intime Beziehungen zu dem Gesamtorganismus haben, deren falsche Beurteilung oder Verkennung zu verhängnisvollen Irrtümern in der Diagnose und Therapie führen müssen. |

Bericht über 52 bacteriologisch untersuchte Fälle von infectiöser Erkrankung des Harntractus.

Vortrag, gehalten auf der British Medical Association zu Edinburgh 1598 von Max Melchior.

Es sei mir gestattet, zu der hier zur Discussion gestellten Frage von den Infectionskrankheiten des Harntractus meinen Standpunkt klarzulegen, und zwar auf Grund von 52 bacteriologisch untersuchten Fällen, welche meine gesamten Beobachtungen darstellen, die ich seit dem Erscheinen meines Buches „Om Cystitis og Urininfeetion“ (Kopen- hagen 1893, übersetzt in französische und in deutsche Sprache) über Infectionskrankheiten der Harnorgane gemacht habe. Diese Fälle stammen größtenteils aus der chirurgischen Abteilung D des Kal. Friedrich-Hospitals zu Kopenhagen, teilweise auch aus meiner Privat- praxis.

Das gesamte Material läßt sich in drei Gruppen einteilen. Diese sind:

1. Fälle von reiner Bacteriurie.

2. Fälle, in denen der Hauptsitz der Infection die Harnblase ist, sowie solche, in denen die Infection ihren Ursprung in der letzeren genommen und sich nach oben ausgebreitet hat (Cystitis und Cysto-Pyelo-Nephritis).

3. Fälle, in denen der Sitz oder der Ursprung der Infection im oberen Abschnitt des Harntractus, in der Niere oder im Nierenbecken gesucht werden muß.

1. Die Bacteriurie bildet eine kleine Gruppe von 4 Fällen; darunter sind 3 bei Frauen mit Reincultur von Bacterium coli und 1 bei einem Manne mit Diplokokken. Bei sämtlichen Patienten war der Harn sauer und, wie es der Bacteriurie eigentümlich ist, diffus getrübt. Gewöhnlich

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zeigte der Harn üblen Geruch, der jedoch nicht immer hervortrat. Die mikroskopische Untersuchung des Harns ergab enorme Mengen von Bacterien, daneben eine geringe Anzahl von Epithelzellen, ferner Härnsäurekrystalle und Oxalate und schließlich, als Ausnahme, wenige Leukocyten.

Keiner der Patienten zeigte Erscheinungen von allgemeiner Er- krankung des Organismus, nur leichte locale Störungen wurden ab und zu beobachtet.

Von den drei Bacteriuriefällen, die durch das Bacterium coli herbei- geführt worden sind, waren zwei zweifellos renalen Ursprungs: der eine betraf ein junges Mädchen mit Erscheinungen von Nephrolithiasis und chronischer Diarrhoe, der zweite einen Säugling im Alter von zehn Monaten, bei dem sich die Bacteriurie im Anschluß an eine Scharlach- Nephritis entwickelt hatte. Der dritte Fall von Coli-Bacteriurie wurde bei einer 28jähr., an chronischer Endometritis leidenden Frau während eines Influenzaanfalles beobachtet. In diesem Falle war die Bacteriurie augenscheinlich vesicalen Ursprungs und wurde innerhalb einer Woche sseheilt mittelst vesicaler Injectionen einer Silbernitratlösung von 1:500.

Der vierte Fall von Bactcriurie, der gleichfalls vesicalen Ursprungs war, wurde bei einem jungen Manne mit chronischer Urethritis und Prostatitis beobachtet. Die Bacteriurie stellte sich ziemlich plötzlich nach einem sexuellen Excesse ein, und die Untersuchung ergab als Ursache den Diplococcus ureae liquefaciens, der zwar zu den harnstofizersetzenden Bacterien gehört, in diesem Falle aber mit saurem Urin vorgefunden wurde. Derselbe Diplococcus wurde auch, wenn nur in geringer Quantität, im ausgepreßten Prostatasaft gefunden. In diesem Umstand liegt wohl die Erklärung dafür, dab die Bacteriurie, obgleich sie hier rein vesicalen Characters und der Behandlung leicht zugänglich war, so lange recidivirte, bis die Prostatitis gehoben war. Die Bacteriurie scheint somit in diesem Fall durch Infection von Seiten der Prostata herbeigeführt worden zu sein, welche wohl die Rolle eines Bacterien- reservoirs für den unteren Abschnitt des Harntractus spielt, wie das Nierenbecken für den oberen Teil desselben. Hogge und Schliffka haben jedoch bereits früher über ähnliche Fälle berichtet und auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. |

2. Die zweite Gruppe, welche die größte ist, umfaßt 30 Fälle von Cystitis und 7 Fälle von Cysto-Pyelo-Nephritis. In sämtlichen 37 Fällen war die Harnblase der Hauptsitz oder der Ausgangspunkt der Infection. 12 von diesen Fällen betreffen Frauen, 25 betreffen Männer. Ein großer Teil dieser Patienten wurde cystoskopisch unter- sucht. Das Resultat der baeteriologischen Untersuchung war folgendes:

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Es wurde gefunden: Bacterium coli . . -. . . . 16mal, in Reincultur Limal

Diplococcus ureae liquefaciens . 1Omal, s 8 mal Proteus Hauser . . . . . . 6mal, e 3mal Staphylococcus pyogenes aureus 3mal, 3 2 mal

Außerdem ergab die Untersuchung in wenigen Fällen Exemplare seltenerer Bacterienformen.

Das Bacterium coli scheint somit hier die häufisste Ursache der Cystitis gewesen zu sein, indem sie fast in der Hälfte der gesamten Fälle gefunden wurde.

In den 7 Fällen, in denen die Infeetion sich aufwärts ausgebreitet und zu Cysto-Pyelo-Nephritis geführt hatte, ergab die Untersuchung 2mal Bacterium coli und mal harnstoffzersetzende Bacterien.

Was die Art und Weise betriftt, in der die Infectionskeime in die Harnblase gelangt sind, so konnte für die Mehrzahl der Fälle ein all- gemeiner Infectionsmodus (Einführung eines Instruments, Urethritis, Strictur) festgestellt werden, da die Harnblase bereits früher erkrankt (Carcinom, Calculus, Retention, Trauma ete.) und für die Infection empfänglich gewesen war.

Nur in fünf Fällen scheint die Cystitis spontan, ohne jede nach- weisbare Ursache, entstanden zu sein. Diese Fälle bilden eine kleine, eigentümliche Gruppe; alle hatten sie sauren Urin mit einer Rein- cultur von Bacterium coli, das einige Male bereits im Anfange der Krankheit gefunden wurde. Daß es sich in diesen Fällen wirklich um Cystitis und nicht z. B. um Pyelitis gehandelt hatte, war nicht nur aus den heftigen Cystitiserscheinungen mit bedeutender Schmerz- haftigkeit oberhalb der Symphyse ersichtlich, sondern auch aus dem direeten Ergebnis der in zwei Fällen vorgenommenen cystoskopischen Untersuchung. Außerdem sprachen die Anamnese der Patienten, die objective Untersuchung derselben, sowie die wiederholt vorgenommenen Untersuchungen des Harns nicht im Mindesten für eine Erkrankung der Nieren oder der Nierenbecken; eine renale Infection ist hier somit höchst unwahrscheinlich. Ein wichtiger Umstand ist ferner auch darin zu suchen, daß die fraglichen fünf Fälle von Cystitis sämtlich bei Frauen beobachtet wurden und daß ich dergleichen Fälle bei Männern niemals beobachtet habe. Eine Erklärung dafür dürfte wohl in den anatomischen Verhältnissen zu suchen sein, d.h. in einer Autoinfec- tion durch die Harnröhre. Die weibliche Harnröhre bietet nämlich besonders günstige Verhältnisse für das Zustandekommen einer Infec- tion, in Folge ihrer Kürze, ihrer Weite und der Schwächlichkeit ihres Verschlußapparates. Die Ansicht, daß hier eine Autoinfection stattfindet,

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findet kräftige Unterstützung in der Thatsache, daß Colibacillen selbst bei gesunden Frauen sehr häufig die Vulva und die Vagina be- wohnen. Die Bacillen können somit auch in der normalen Harnröhre erscheinen. Diese Erscheinung ist von mir 1893 besonders betont und später von verschiedenen anderen Autoren bestätigt worden. Das Bacterium coli scheint auch ganz besonders häufig sich in der weib- lichen Harnröhre aufzuhalten (Savor, Gawronsky, Finkelstein). Finkelstein?!) berichtete neulich über eine Reihe von interessanten, spontan entstandenen Fällen von Cystitis, die ausschließlich kleine Mädchen betrafen; er gelangte gleichfalls zu dem Resultat, daß die Infection in diesen Fällen nicht durch die Nieren, sondern in Folge von Invasion durch die Harnröhre entstanden war. Auch eine größere Anzahl anderer Autoren haben ähnliche Fälle beobachtet und ganz die- selbe Meinung ausgesprochen, besonders Guyon und seine Schule.

Unter den 37 Cvstitisfällen befanden sich 16 mit ammoniakalischen Harn und 21 mit saurem. In den letzten 21 Fällen fand man das Bac- terium coli 15mal (14mal in Reincultur), in 1 Fall fand man Gonokokken, in den übrigen 5 Fällen wurden ausschließlich harnstoffzersetzende Bacterien gefunden. In diesen letzteren Fällen war der Harn nichts- destoweniger die ganze Zeit sauer. Es folgt daraus, daß eine Cystitis mit saurem Harn auch durch harnstoffzersetzende Bacterien herbeigeführt werden kann, was übrigens mit meinen früheren Beobachtungen vollkommen übereinstimmt. Wir sehen also, dal} die betreffenden Bacterien im Stande sind, Cystitis herbeizuführen, un- abhängig von ihrer Fähigkeit, den Harn ammoniakalısch zu machen.

Ferner glaube ich noch folgende besonders interessante Beobachtung hervorheben zu müssen: In einem bei einer Frau beobachteten Falle von Cystitis mit saurem Harn wurde bei der ersten Untersuchung Bacterium coli in Reincultur gefunden; als die Untersuchung acht Tage später wiederholt wurde, nachdem inzwischen Instrumente in die Blase eingeführt waren, waren die Colihacillen vollkommen ver- schwunden und an deren Stelle fanden sich Reinculturen von harnstoff- zersetzende:ı Diplokokken; trotzdem änderte die Cystitis ihren Cha- racter in keiner Weise. Das Bacterium coli scheint also hier von der neuen Species verdrängt worden zu sein. Ich hebe diese Thatsache hervor, da auf die Fähigkeit des Bacterium coli, andere Bacterienformen zu verdrängen, neulich ganz besonders hingewiesen wurde.

3. Wir gelangen nun zu der dritten Gruppe, in der die Niere den

1) Finkelstein: Archiv für Kinderheilkunde 1896.

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Hauptsitz oder den Ausgangspunkt der Infection bildete. Diese Gruppe umfaßt nur 11 Fälle, darunter 4 von Tuberculose des Harntractus. In einem dieser letzteren Fälle, in dem das klinische Bild gleichfalls für Tubereulose sprach, gelang es mir trotz wiederholter Untersuchungen nicht, Tuberkelbaeillen zu finden: der Harn, der sauer reagirte und eine eroße Eitermenge enthielt, blieb, auf gewöhnliche Nährmellien se- bracht, steril. Schließlich bestätigte auch die klinische Beobachtung das Resultat der bacteriologischen Untersuchung, nach der saurer, purulenter Harn, welcher auf gewöhnlichen Nährböden kein Wachstum giebt, sehr verdächtig für Tubereulose ist.

Nach Abzug der 4 Fälle von Tuberculose des Harntractus umfaßt diese Gruppe noch 7 Fälle, und zwar 3 Fälle von Colipyelitis, com- plieirt mit secundärer Cystitis, 1 Fall von Colieystitis mit renaler In- feetion und schließlich 3 Fälle mit harnstoflzersetzenden Bacterien als Krankheitsursache.

Aus den vorliegenden Fällen ist somit zu ersehen, daß das Bac- terium coli auffallend häufig gefunden wird, und daß dasselbe nicht nur die häufigste Ursache von Cystitis, sondern auch von Pryelitis und suppurativer Nephritis ist. Kein Wunder also, daß diese Bacterienform sowohl hier als da angetroffen wird. Darauf basırt auch die Meinung, dab die verschiedenen Infectionskrankheiten der Harnorgane: Cystitis, Pyelitis und suppurative Nephritis keineswegs scharf abgegrenzte Krankheits- formen sind, wie es manche annehmen, sondern häufig das Ergebnis einer und derselben Infection und nur verschiedene Stadien der Er- krankung darstellen.

Ueber den Weg, auf dem das Bacterium coli in diesen Fällen ın die Harnorgane gelangte, scheinen keine Zweifel vorzuliegen. Unter pathologisehen Verhältnissen, wie Diarrhoe, hartnäekige Obstipation ete., vermag das Bacterium coli sein ursprüngliches Heim, den Darmeanal, zu verlassen, in das Blut überzugehen, um schließlich durch die Nieren evacuirt zu werden, wenn dieselben den Sitz irgend eines Krankheits- processes (Ernährungsstörung, Entzündung, Retention, Trauma etc.) bilden. Der den Nieren entströmende Harn würde dann den Infections- stoff nach den übriren Teilen des Harntractus bringen und eventuell eine Entzündung des Nierenbeckens, der Harnblase herbeiführen, wenn das Gewebe dieser Organe eine gewisse Empfänglichkeit besitzt. Wir haben auf diese Weise eine neue Form von spontaner, auf genuiner, hämatogener Autoinfeetion beruhender und vom Darmcanal ausgehender Entzündung. In meinem Buche habe ich über solche Fälle berichtet und dann, 1893, die Theorie der Entstehung wewisser Cystitisformen durch hämatogene intestinale Infection aufgestellt.

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Diese Theorie wurde seitdem von verschiedenen anderen Autoren acceptirt, die ebenfalls auf die häufige Coincidenz von Darmbeschwerden mit infectiösen Erkrankungen des Harntractus aufmerksam gemacht haben; speciell fand diese Theorie wichtige Bestätigung in den Experi- mental-Arbeiten von Posner und Lewin.

Die oben geschilderten Verhältnisse fanden sich in den 4 Fällen von Coliinfection. In 2 von diesen Fällen handelte es sich wahr- scheinlich um Steine im Nierenbecken, und in dem vorher erwähnten Falle von Colicystitis hatte der Patient schon lange Zeit an chronischer granulärer Nephritis gelitten; in verschiedenen von diesen Fällen waren der Infection des Harntractus Darmbeschwerden vorangegangen.

Ferner möchte ich hervorheben, daß in den 3 Fällen von Coli- pyelitis, die mit Cystitis complieirt waren, die Entzündung sich in ab- steigender Richtung von den Nieren nach der Harnblase ausgebreitet hatte. In dem einen Falle war die ganze Harnblasenschleimhaut ge- rötet und geschwollen, sowie mit dunkelen, stark hyperämischen Flecken bedeckt; in dem zweiten Falle ergab de ceystoskopische Untersuchung intensive Cystitis, namentlich in der Umgebung «des Orificiums des einen Ureters; in dem dritten Falle war ausschließlich die Umgebung des erkrankten Ureters gerötet und geschwollen, was deutlich daraut hinweist, daß die Entzündung sich von dem letzteren auf die Harn- blase ausbreitete. Diese Thatsache stimmt mit den Beobachtungen Rovsing’s?) nicht ganz überein, der unter 21 Fällen von Colipyelitis niemals Cystitis gefunden haben will und behauptet, dal das Bacterium coli unter solchen Umständen die Schleimhaut der Harnblase nicht anzugreifen vermag.

Die übrigen drei Fälle wurden durch harnstoffzersetzende Bacterien verursacht. In einem derselben handelte es sich um suppurative Pyelo- Nephritis, bei der «die Entzündung augenscheinlich von einem Stein im Nierenbecken ausging und sich von dort durch die Harncanälchen auf die Nieren ausbreitete. Sowohl vor, wie auch nach dem Tode des Patienten konnte bei der bacteriolosischen Untersuchung nur eine Reinceultur von harnstoffzersetzenden, nicht verflüssigenden Diplokokken gefunden werden. Nichtsdestoweniger war der Urin die ganze Zeit sauer und es bestand, wie es die cystoskopische Unter- suchung und die nachträgliche Section ergaben, keine Cystitis. Ich weise auf diesen Umstand mit besonderem Nachdruck hin, da er die Behauptung widerlegt, daß die durch harnstoftzersetzende Bacterien

2) Rovsing: Klinische und experimentelle Untersuchungen über die infectiösen Krankheiten der Harnorgane. Berlin 1898, Oscar Coblentz.

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verursachte Pyelitis stets von Cystitis begleitet werde, während das bei Colipyelitis niemals der Fall sei.

In den letzten zwei Fällen handelte es sich schlieblich um spontan entstandene Cystitis bei Männern. In dem einen wurde Staphylococcus aureus, in dem anderen Diplococcus ureae liquefaciens gefunden, und obgleich diese beiden Bacterienformen zu den harnstofizersetzenden gehören, blieb in den beiden Fällen der Harn dauernd sauer.

Die Erfahrungen, welche aus den oben und früher geschilderten Fällen resultiren, lassen sich in folgenden Schlußsätzen zusammenfassen:

1. Das Bacterium coli ist die häufigste Ursache der Bacteriurie bei saurem Harn.

2. Außer durch Bacterium coli kann Bacteriurie auch z.B. durch harnstoffzersetzende Bacterien herbeigeführt werden.

3. Die Bacteriurie kann renalen oder vesicalen Ursprungs sein; im letzteren Falle spielt die Prostata bisweilen eine wichtige Rolle als Infectionsherd.

4. Das Bacterium coli ist die häufigste Bacterienform, welche bei Cystitis, Pyelitis und suppurativer Pyelo-Nephritis gefunden wird.

o. In einer groben Anzahl von Fällen geht die Cystitis mit saurem Urin einher.

6. Selbst harnstoffzersetzende Bacterien können Cystitis mit saurem Harn verursachen.

7. Bei Frauen werden nicht selten spontane, durch urethrale Auto- infection entstandene Colicystitillen beobachtet.

H Das Bacterium coli kann bei Cystitis durch andere, harustoff- zersetzende Bacterien verdrängt werden.

9. Das Bacterium coli vermag augenscheinlich spontane Cvstitiden und Pyelitiden durch hämatogene Infection von Seiten des Darmcanals herbeizuführen.

10. Durch Bacterıum colı herbeigceführte Pyelitis wird nicht selten von secundärer Cystitis begleitet.

11. Harnstoffzersetzende Bacterien können bisweilen Pyelonephritis ohne jede Complication mit Cystitis, und zwar mit saurem Urin ver- ursachen.

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Referate.

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I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

—i ———

C. Posner: Therapie der Harnkrankheiten. (II. Aufl. 1898.)

Von P.s ausgezeichneter „Therapie der Harnkrankheiten“ war nach drei Jahren eine neue Auflage erforderlich. Dieselbe ist um 18 Seiten und 4 Abbildungen verstärkt. Der Autor war „bestrebt, den neuen Errungen- schaften der Therapie insofern gerecht zu werden, als sie wirklich ge- sicherten Besitz bedeuten oder versprechen“. Mit Recht folgt er nur zögernd den mit viel Lärm und wenig Grund propagirten neuen Heilmethoden (Castration, Unterbindung oder Excision des Samenstranges bei Prostata- hypertrophie, Protargol, Itrol u. a. m. bei Gonorrhoe). Zusätze bringt P. über die acute Gonorrhoe beim Weibe, über die neuen Behandlungsmethoden der Vergrößerung der Vorsteherdrüse, besonders über die Bottini-Freuden- berg’sche Operation, über Aspermatismus und Nekrospermie. Eine alpha- betische Zusammenstellung der gebräuchlichsten Arzneimittel und ihrer An- wendung und Dosirung wird die früher vorhandenen Receptformeln practisch ersetzen.

Das in klassischem Deutsch geschriebene Buch wird jedem Practiker Belehrung, jedem Leser die Ueberzeugung bringen, dab sich Wissenschaft- lichkeit mit eleganter Darstellung vereinigen lassen. Mankiewicz.

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Claude A. Dundore (Philadelphia): Nosophene and Antinosine in the treatment ofgenito-urinary and venerealdiseases. with report of cases. (The New York Medical Journal, 23. Aprıl 1898.)

Nachdem Verf. bereits in einem früheren Aufsatze (Codex Medicus. Febr. 1897) über glänzende Erfolge in der Behandlung von Genitalatleetionen mit Nosophen und Antinosin berichtet hat, kann er jetzt sein damaliges Urteil über die Vorzüge dieser Präparate, nachdem er viele Fälle mit ihnen behandelt hat, nur bestätigen. Besonders redet er der Janet’schen Irri- wationsmethode bei der Urethritis gonorrh. das Wort, mit welcher er bei Anwendung einer t- bis 2proe. Antinosinlösung vorzügliche Erfolge gehabt haben will; gleichzeitig hat er von dem Patienten Einspritzungen, drei- bis sechsmal täglich, mit einer Antinosinlösung machen lassen. Ob man bei der Vergleichung der Heilungsdaner dieser Fälle mit solchen. die zahlreich veröffentlicht mit anderen Mitteln geheilt wurden, eine grobe Ditlerenz finden wird, ist mir zweifelhaft. Weitere günstig mit Nosophen und Anti- nosin behandelte Fälle betreffen Bartholinitiden, Balanitiden. Herpes prae- putialis, Ulcera mollia et dura und Bubonen. Bei einem Bubo syphilitischen Ursprungs. der frühzeitig in Behandlung kam. hat Verf. durch hypodermatische Injection einer ]proc. wässerigen Antinosinlösung eine Eiterung verhindert: da nur ein Fall für die günstige Wirkung dieser Abortivbehandlung nicht beweisend ist, will Verf. diese Behandlung an weiteren Fällen erproben.

Blanck (Potsdam).

Sternberg (Wien): Ueber einige Beziehungen zwischen Neurosen und örtlichen Erkrankungen.

Eine locale Affection kann die Ursache einer Neurose werden oder eine Neurose locale Erschemungen machen. Die Unterscheidung ist wichtig für die Frage, wo die Behandlung einzusetzen hat. Viel häufiger kommt es vor, daß locale Erkrankung und allgemeine Neurose gleichzeitig und coordinirt vorhanden sind. Verf. unterscheidet zwei Gruppen, je nachdem die Com- bination nur scheinbar oder unzweifelhaft ist. Hinsichtlich der Schwierig- keit in der Beurteilung und Behandlung dieser Fälle giebt er einige practische Ratschläge. Er warnt davor, über den Untersuchungsbefund den Patienten gegenüber eme Bemerkung fallen zu lassen: ist eine locale, besonders ope- rative Behandlung unbedingt indieirt, so mub sie auch ungesäumt ausgeführt und, wenn möglich, durch einen einzigen Eingriff beendiet werden. Bei keiner strengen Indication zu localer Behandlung hat dieselbe mit sugzestiver Nebenabsicht Aussicht auf Erfolg, wenn die Beschwerden vorwiegend motori- scher Natur sind. Bei vorwiegend sensiblen Symptomen ist es ratsam, die locale Affeetion zu igmoriren, bei Schmerzen sind die Naegeli’schen Dehnungsgriffe zu empfehlen. Umnötig ist es, den Patienten über seine locale Atfection aufzuklären; weiß er von ihr, oder ist er gar schon vielfach erfolglos behandelt worden, so sind die Schwierigkeiten viel erheblicher.

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Aus den zahlreichen Beispielen seien hier nur einige die Harn- und Sexualorgane betreffende hervorgehoben, so ein von der Harnblase aus zu Stande gekommener Cocainismus. Der 45jährige Kranke wurde wegen chronischer Cystitis ein einziges Mal mit einer Blasenspülung von Cocain. miurlat. 1,2:80 behandelt. Das Wohlbefinden war so groß, daß er eigen- mächtig diese Behandlung fortsetzte und in drei Jahren 475 g Cocain ver- brauchte; dem schlecht genährten, hochgradig nervösen und aufgeregten Manne, der eine einfache chronische Cystitis mäbigen Grades darbot, wurde clas Cocain sofort entzogen, Cystitis und nervöse Beschwerden besserten sich rasch. |

Bezüglich der Wanderniere, der häufig Verdauungsstörungen und nervöse Erscheinungen coordinirt sind, rät Verf. zur Vorsicht mit einer speeiellen Be- handlung. Er sah viele Fälle, wo die Nephropexie technisch gelungen, functionell aber erfolglos geblieben war. Die berichteten Heilungen nervöser Beschwerden durch Operation hält er für Suggestionsheilungen. Wo eine Operation nicht wegen Complicationen erforderlich ist, soll der Kranke von seiner Wanderniere nichts erfahren; eme wegen gleichzeitiger Enteroptose den ganzen Bauch umfassende und stützende Bandage ist angezeigt, pelotten- förmige Nierenbandagen sind überflüssig. Vielfach beginnen Beschwerden von Seiten der Wanderniere erst dann, wenn die Kranken von ärztlicher Seite auf die bewegliche Niere aufmerksam gemacht sind.

In gleicher Weise besteht die Wirkung gynäkologischer Maßnahmen auf Neurosen meistens in der Suggestion; eine notwendige locale Behandlung soll möglichst m emem einmaligen operativen Eingriff oder in einer kurzen energischen Behandlung bestehen. Geradezu verwerflich ist es, neurastheni- schen Kranken, ut aliquid fiat, vaginale Ausspülungen, Vaginalsuppositorien, Tampons, Badespecula zu verordnen.

Eine rationelle locale Behandlung kann bei sexuellen Neurosen der Männer, selbst als Suggestivtherapie, sehr erfolgreich sein, besonders bei gewissen Formen von Impotenz. Unzweifelhaft wird aber auf diesem Gebiet auch viel Unheil angerichtet und Mancher durch Sondiren und stetiges Gonococcensuchen zum Harnröhrenhypochonder gemacht.

R. Rosenthal (Berlin).

II. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

Fuster (Montpellier): Ueber die klinische Bedeutung der Hypoazoturie. (Nouveau Montpellier medical, März 1898.) Verf. hat an einer Patientin, die an multipler Careinomatos:s litt, Untersuchungen angestellt, um die Angaben von Rommelaere über die klinische Bedeutung der Hypoazoturie zu prüfen. Letzterer Autor äußerte bekanntlich die Meinung, dab die verringerte Harustoffausscheidung durch

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den Harn für Erkrankungen an malignen Geschwülsten so characteristisch sei, dab sie zu diagnostischen Zwecken verwertet werden könne. Die täg- liche Harnstoflquantität betrug bei der Patientin des Verf.s 15,4 g, was nach dessen Meinung als abnorm nicht betrachtet werden kann. Die gleichen Untersuchungen machte Verf. an 22 Frauen, die an verschie- denen, nicht malignen Erkrankungen der Bauch- und Beckenorgane gelitten haben. Die mittlere Tagesquantität des mit dem Harn ausgeschiedenen Harnstoffes betrug in dieser Beobachtungsreihe 12,91 g, während sie bei 18 Frauen mit Carcinom 14,39 g betrug. Auf Grund dieser Beobachtungen gelangte nun Verf. zu folgenden Schlüssen:

1. Funetionsstörungen der größeren Drüsenorgane können die Stickstoff- menge im Harn ebenso gut verringern, wie manche chemische, mechanische oder durch Microben bedingte Einwirkungen dieselbe vergrößern können.

2. Eine Verringerung des Stickstoffes im Harn wird bei Krankheiten beobachtet, die von starken Schmerzen begleitet werden.

3. Die Stickstolfmenge, die mit dem Harn zur Ausscheidung gelangt, ist bei klinischen Patienten gewöhnlich geringer.

4. Die Angaben von Rommelaere sind somit irrtümlich und können zu diagnostischen Zwecken keineswegs verwertet werden. Li.

Luigi Concetti: Recherches sur l’indicanurie dans les maladies infantiles. (Le progres medical 1898, No. 36.)

Die Indieanurie ist eine häufige Erscheinung, welche bei den ver- schiedensten Krankheiten auftritt, besonders bei gastro-intestinalen Störungen, ferner bei acuten und chronischen Krankheiten, welche die Widerstands- fähigkeit des Organismus herabsetzen. Die Imdicanurie tritt deshalb bei Kindern besonders häufig auf, weil dieselben häufig an Verdauungsstörungen leiden, leichter Infectionen ausgesetzt sind und sich bei ihnen leicht Indol, Scatol etc. bildet. Immerwahr (Berlin).

Dr. Williamson (Manchester): Ueber den diagnostischen Wert der Untersuchung des Harns auf Tuberkelbacillen. (The Medical Chronicle 1898.)

Verf. ist der Meinung, daß der Untersuchung des Harns auf Tuberkel- bacillen großer Wert beigemessen werden kann und schlägt folgende Unter- suchungsmethode vor: In einem mit concentrirter Salpetersäure ausge- waschenen und mit Wasser nachgespülten conischen Gläschen läßt man den Harn 24 Stunden stehen, während welcher Zeit sich sämtliche feste Bestand- teile des Harns auf den Boden niederschlagen; der Harn wird hierauf mittelst Pipette entfernt, der Niederschlag auf ein Uhrgläschen gebracht; die festen Partikelehen werden mittelst Pincette dem Niederschlag entnommen, nach Gabbet gefärbt und untersucht; die käsigen Teilchen werden zuvor zwischen zwei Deckgläschen zerdrückt. Giebt diese Methode kein positives Resultat, so untersucht man nach der Methode von Biedert, welche in Folgendem besteht: Man läßt den Harn in einem Gläschen abstehen, gießt hierauf die

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obere Schicht des Harns aus und läßt ca. 15 ccm zurück; dem Rest setzt man 2 Eblöffel Wasser und 4—8 Tropfen Aetznatron hinzu, schüttelt die Flüssigkeit und kocht sie; hierauf verdünnt man die Flüssigkeit mit 4 bis 6 Lötlel Wasser und läßt sie 2 Tage stehen. Der Niederschlag wird nun nach den gewöhnlichen Methoden untersucht. Die Anwesenheit von Tuberkel- bacillen im Harn ist bisweilen das einzige Symptom einer tubereulösen Er- kraukung; das negative Resultat der Harmuntersuchung schließt aber eine tubereulöse Erkrankung nicht aus.

Bezüglich der Ditferenziaklliagnose ist vor Allem an die Smegmabacillen zu denken, die sich ebeuso färben, wie die Tuberkelbacillen. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Smegmabaecillen sich niemals in Curven oder Kettchen aneinander reihen. Am zweckmäßigsten ist es Jedoch, das Hineinkommen der Smegmabacillen in die zur Untersuchung genommene Harnportion dadurch zu verhindern zu suchen, daß man dieselbe mittelst Katheters entnimmt. Li.

Dr. Richard Benjamin (Berlin): Ueber die klinische Verwend- barkeit der Lehmann’schen jodometrischen Zucker-Be- stimmung. (Deutsche med. Wochenschrift 1898, No. 35.)

Im vorigen Jahre hat K. B. Lehmann eine neue Methode der titri- metrischen Zuckerbestimmung im Harn angegeben, welche auf die jodo- metrische Bestimmung des Kupfers sich gründet. Die Methode, über welche auch Riegler fast gleichzeitig publicirt hat, besteht in Folgendem: Eine bestimmte Menge Fehling’scher Lösung (z. B 60 ccm) von genau be- kanntem Kupfergehalt wird gekocht, dann mit einer abgemessenen Menge (z. B. 25 ccm) der betreffenden (!a—1proc.) Zuckerlösung versetzt, noch einige Minuten im Sieden erhalten. Dann wird filtrirt durch ein möglichst kleines Filterchen, das Filtrat und Waschwasser auf 250 cem aufgefüllt und in einer besimmten Menge (z. B. 50 ccm) des Filtrats nach Zusatz von Schwefelsäure bis zur sauren Reaction und Jodkaltum durch Titration mit I 0 Normalnatrium-Hyposulfitlösung die freiwerdende Jodmenge, welche der Kupfermenge entspricht, bestimmt. Mitunter kann man nach Lehmann’s Vorschlag das auf dem Filter gesammelte ausgeschiedene Kupferoxydul vor- sichtig in Salpetersäure lösen und dann fitrimetrisch das Kupfer bestimmen, Nur muß man, wie Lehmann hervorhebt, die salpetrige Säure, welche beim Lösen des Kupferoxyduls in Salpetersäure entsteht, durch Erwärmen mit einer Messerspitze Harnstoff entfernen, da dieselbe sonst Jod in Freiheit setzt. Die Endreaction der Titration ist erreicht, wenn bei derselben die braune Färbung verschwindet, resp. die blaue, falls man Stärkelösung als Indicator benutzt. Letztere stellt man her durch Lösen von Amylum in wenig kaltem Wasser, Uebergiessen mit heißem, oder man löst nach Riegler’s Vorschlag, um für jede Titration eine frische und einigermaßen constante Lösung zu haben, jedesmal eine Oblate von 8 cm Länge in 40 bis 50 ccm Wasser, schüttelt durch, filtrirt und nimmt vom Filtrat 4—5 ccm als Indicator. Auf Veranlassung von Geh.-Rat Gerhardt prüfte Verf im Labo-

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ratorium der IT. medieimischen Charitc-Klinik zu Berlin diese Methode sowohl an einer Reihe von Zuckerlösungen bekannten Gehalts, wie an einer Anzahl diabetischer resp. bestimmte Mengen Traubenzuckers enthaltender Urine, indem er bei letzteren Parallelbestimmungen nach der Soxhlet-Allıhn- schen Moldification der Fehling’schen Titrirmethode anstellte, bei der die Gewichtsmengen des rein abgeschiedenen Kupfers bestimmt werden. Die sorgfältigen Analysen des Verf.’s ergaben, daß die Lehmann’sche Merhode sehr genau und für wissenschaftliche Zwecke brauchbar ist. Verf. glaubt, die Methode auch dem practischen Arzt als bequeme und schnelle Methode empfehlen zu dürfen. (Für letzteren dürfte doch die aräometrische Gährung=- methode nach Roberts-Lohnstein unter Benutzung eines vierstellizen Urometers wegen der Einfachheit der Ausführung vorzuziehen sein. Cf. ANg. med. Centralztg. 1898, No. 58.) R.L.

T. L. Chadbourne (Columbus, Ohio): A case of acromegaly with diabetes. (Tlie New York Medical Journal, 2. April 1898.)

Verschiedene Autoren haben auf das Zusammentreffen von Diabetes und Acromegalie hingewiesen; da sich derartige Beobachtungen mehren. dürfte ein solches vielleicht nicht zufälliger Natur sem. Verf. veröttentlicht. einen neuen Fall: die Größenzunalime betraf den Kopf (Gesicht!. Zunge, Hände und Füße eines 4Ojährigen Mannes. Aus dem Krankheitsbericht ıst hervorzuheben, daß der Patient hereditär nicht belastet, die Schilddrüse nicht. vergrößert war. Urin speeifisches Gewicht 1036, zuckerhaltig (pCt.9). Die Aufnahme des klinischen Befundes ist ziemlich mangelhaft: es fehlen An- aben über Nervenbefund, event. sexuelle Störungen ete. Verf. entschuldigt die lückenhafte Krankengeschichte mit der Kürze der Beobachtungszeit.

Blanck (Potsdam‘.

Stabsarzt Dr. Böhm (Fürstenfeldbruck): Ein Fall von acutem Diabetes mellitus. (München. med. Wochenschr. 1898, No. 36.) Der von Verf. veröffentlichte Fall zeichnet sieh vor Allem durch seinen ungewöhnlich schnellen Verlauf aus. Ein 17jähriger Zöghing einer Unter- oftizierschule meldete sich am 13. Januar 1898 zur ärztlichen Untersuchung mit der Angabe, sich seit einiger Zeit müde und abgeschlagen zu fühlen; dabei sei ihm vermehrtes Harnlassen und sehr gesteigertes Durstgefühl auf- gefallen, welche Erscheinungen er erst in dem eben abgelaufenen Weihnachts- urlaub an sich bemerkt habe. Der Patient war immer gesund gewesen; sein Vater war an Leberkrebs gestorben. Es bestand bei der Aufnahme in’s Lazareth folgender Status: Genügend entwickelter, in der Emährung etwas herabgekommener junger Mann; Haut trocken und spröde; Herz normal; auf den Lungen Zeichen einer Bronchitis (links). Kein Appetit, fortwährender Durst; Puls 78, klein und weich; Harn sehr hell, specitisches Gewicht 1030, frei von Eiweiß, 4.9 pCt. Zucker enthaltend. Temperatur 38,90. Es wurde entsprechende Diät und Priessnitz um die Brust verordnet. In den nächsten Tagen zeigte sich noch pleuritisches Reiben; Temperatur stieg

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bis auf 39,5, die täglichen Harnmengen betrugen ca. 4000 ccm. bei 4—5,8 pCt. Zucker. Nachdem am 16. Januar anscheinend leichte Besserung eingetreten war, trat in der Nacht vom 16. zum 17. Januar plötzlich ausgesprochenes Coma diabeticum ein; nach 24stündiger Dauer des comatösen Zustandes trat der Tod ein. Sectionsbefund: Harte Hirnhaut mit dem Schädeldach fest verwachsen und an der äußeren Fläche im hinteren Abschnitt des Längs- blutleiters mäßig injieirt. Die weichen Hirnhäute an der Convexität der Großhirnhemisphären sehr stark wolkig getrübt. Ferner wurde Oedem des Gehirns und Hydrocephalus int. acquisitus constatirt; Hypertrophia et Dila- tatio cordis, Bronchitis sinistra; subacute parenchymatöse und interstitielle Nephritis (große weibe Niere), Atrophie des Pancreas (36 g statt 80 bis 100 g) Nach Verf. beweist der Nierenbefund, daß das Leiden älteren, Jedoch nicht monatelangen Datums war: auffallender Weise war bis vor dem Offenbarwerden der Erkrankung bei dem Patienten bei den monatlichen ärztlichen Untersuchungen stets eine Gewichtszunahme zu verzeichnen; außerdem war der Patient bis zuletzt in der Lage, den körperlichen An- forderungen an die Zöglinge der Unteroffizierschule gerecht zu werden.

R. L.

Augmentation de fréquence du diabète. Verhandlungen des Congrès de l'association pour l’avancement des sciences de Nantes, aoùt 1898. (Le progrès médical 1898, No. 33.)

Lepine (Lyon) hat trotz der Behauptung Bertillon’s, daß der Diabetes in großen Städten häufiger sei, als auf dem Lande, dies für Lyon nicht fest- stellen können; er meint vielmehr, daß auf Grund seiner Statistik der Diabetes nicht in dem Maße zunehme wie in Paris.

Ledue (Nantes) hat seit fünf Jahren den Urin seiner sämtlichen Patienten auf Zucker untersucht und hat in 1,,—2 pCt. der Fälle Zucker gefunden; die Zahlen beziehen sich allerdings nicht nur auf Einwohner der Stadt. Der acute Diabetes entgeht meist dem Arzte, er sieht nur die chronischen Fälle. Uebrigens scheint ihm, daß es in gewissen Teilen des Departements förmliche Herde von Diabetes giebt. In gewissen Gemeinden sind die Fälle von Diabetes äußerst zahlreich. Ju Betreff der Pathogenese des Diabetes legt er einen großen Wert auf die Reizung der Leberzellen. In drei Fällen von Pleuropneumonie des rechten Unterlappens Komite er während der ganzen Krankheit Zucker constatiren; derselbe schwand, als die pleuropneumonischen Erscheinungen zurückgingen. Jede reizende Substanz, welche den Pfortaderkreislauf passirt, kann Diabetes hervorrufen; vielleicht ist der reichliche Weißweingenuß in Nantes und Umgegend an dem häufigen Auftreten von Diabetes schuld.

Loir (Tunis) bemerkt, daß der Diabetes in Tunis häufig zu finden ist, und zwar hauptsächlich bei Männern im reiferen Lebensalter, besonders oft bei der semitischen Rasse. Die Lebensweise spielt dabei eine große Rolle, Die Israeliten führen eine sitzende Lebensweise, verheiraten sich oft mit Blutsverwandten und essen viel Amvlaceen. Soldaten, welche viele körper-

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liche Bewegungen machen müssen, bekommen selten Diabetes. Sehr selten werden die Diabetiker in Tunis tubereulös; es giebt überhaupt in Tunis wenig Tuberceulöse.

Planté (Bordeaux) hat in Indochina trotz der schlechten klimatischen und hygienischen Verhältnisse sehr selten Diabetes gefunden.

Immerwahr (Berlin‘.

M. Mosse: Influence du regime dans un cas de diabete. (Le progres medical 1898, No. 33.)

Bei einer 59jährigen Diabetica, welche innerhalb 24 Stunden 120 g Zucker ausschied, wurden in einer bestimmten Periode die grünen Erbsen aus der Nahrung gestrichen, die Zuckerausscheidung verminderte sich; in einer zweiten Periode wurde das Brot verboten und dafür Kartoffeln ge- geben, der Zucker ging bis auf 34 g in 24 Stunden zurück. In einer dritten Periode bekam Patientin ihre frühere Nahrung, die Zuckermenge stieg sofort auf 95—98 x. In einer vierten Periode endlich wurde wieder die Kartoffel- diät gegeben, und die Zuckerausscheidung sauk von Neuem.

Immerwahr (Berlin).

HI. Gonorrhoe und Complicationen.

Hofrat Dr. Cnopf (Nürnberg): Weber Gonorrhoe im Kindes- alter. (Münchener med. Wochenschrift 1898, No. 36.)

Verf. macht über den wichtigen, im Allgemeinen nicht genügend be- achteten Gegenstand an der Hand der Litteratur, sowie eigener Erfahrungen bemerkenswerte Mitteilungen. Was zunächst die Häufigkeit anlangt, in der die kindliche Gonorrhoe in Kinderspitälern und Kinderpolikliniken beobachtet wird, so schwankt der Procentsatz zwischen 0,25 und 1,02 pCt. Im Al- gemeinen ist die Zahl der gonorrhoekranken Kinder unter sechs Jahren doppelt so groß; ferner erkranken Knaben viel seltener als Mädchen. Auch bei Kindern kommen nicht selten Complicationen, besonders an den Gelenken vor, die fast immer gutartig verlaufen. Das Gegenteil gilt von den Com- plicationen am Peritoneum, Endo- und Pericard, die nicht selten tötlich verlaufen. In 80 pCt. der Fälle ist die Genitalschleimhaut primär inficirt. in 20 pCt. ging die Infection von der Conjunetivalschleimhaut aus. Nur in 1 pCt. gelingt es, die Infection auf ein Sittlichkeitsverbrechen zurückzuführen; in der Mehrzahl der Fälle hat man die Infectionsquelle in Unsauberkeit, durch gemeinsames Benutzen von Handtüchern, Schwämmen bei gleich- zeitiger Erkrankung von Familienmitgliedern und anderen Hausgenossen

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zu suchen. Auch durch Bäder sollen Uebertragungen vorgekommen sein. Mehrfach wurde in Kinderspitälern das endemische Auftreten der gonorrhoi- schen Vulvovaginitis beobachtet; so z. B. verzeichnete Fränkel in Hamburg 3&881—1884 eine von Jahr zu Jahr sich steigernde Erkrankung scharlach- kranker Mädchen an Vulvovaginitis, ohne daß der Infeetionsmodus im Ein- zelnen aufgeklärt werden konnte. Aehnliche Erfahrungen wurden ander- wwärts gemacht. Verf. selbst beobachtete im Nürnberger Kinderspital mehrere Kleine gonorrhoische Endemien seit 1893. Der Ausgangspunkt war immer «lie Aufnahme eines an Ophthalmoblennorrhoe leidenden Säuglings gewesen. Dabei war bemerkenswert, daß die Uchertragung nur zwei chronisch kranke, dagegen acht an acuten Infectionskrankheiten leidende Kinder betraf, nämlich vier Scharlach-, drei Masern- und einen Diphtheriefall. Da die an Ophthalmo- blennorrhoe leidenden Kinder räumlich von den an acuten Exanthemen leidenden getrennt lagen, so mußte die Uebertragung eine indirecte sein; der Verdacht mußte sich auf die pflegenden Schwestern und ihre nicht ge- nügend gereinigten Hände richten. Wenngleich im Allgemeinen im Spital das Princip festgehalten wurde, daß die Verpflegung acuter Infeetionskranker von einer Schwester besorgt wurde, so war wegen des anstrengenden Dienstes eine zeitweise, vorübergehende Ablösung erforderlich; auf diese "Weise könne durch Schwestern, die des Tags über ein blennorrhoekrankes Kind verpflegt hatten, die Infection vermittelt worden sein. Wenngleich sich dieser Infeetionsmodus nicht sicher nachweisen ließ, so scheint dem Verf. die Thatsache sehr diese Annahme zu bekräftigen, daß in den letzten vier Jahren, wo blennorrhoe- und gonorrhoekranke Kinder ınit der pflegenden Schwester streng separirt gehalten wurden, keine Uebertragung mehr vor- gekommen ist. Nach den Erfahrungen des Verf.s scheint der Scharlach ganz besonders die Gonokokkeninfeetion zu begünstigen. R. L.

Allard et Meige: Un cas de polynevrite consécutive à la blennorrhagie. (Journal de médecine et de chirurgie pratiques, 25. mars 1898. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, VIL)

Ein 20jähr. Kellner verspürt 14 Tage nach Beginn einer unbehandelten Gonorrhoe Schwäche in den Beinen. Einige Tage später tritt eine Arthritis im Tibiotarsalgelenk auf. Die Muskeln der unteren Extremitäten, namentlich der Oberschenkel atrophiren sofort und zeigen fibrilläre Zuckungen. Auch die oberen Extremitäten zeigen namentlich an den Händen eine leichte Atrophie. Die galvanische und faradische Erregbarkeit ist an den unteren Gliedmaßen nur wenig herabgesetzt. Keine Entartungsreaction. Die Herab- setzung der Sensibilität geht der der Motilität parallel. Im Ischiadieus und Cruralis lebhafte Schmerzen, auch auf Druck. Zuweilen Krämpfe bei Be- wegsungen. Patellarreflexe aufgehoben. Vasomotorische Störungen in Form von Urticaria factitia. Mehrere Zähne fallen aus. Sonst keine Abnormität. Die Autoren schreiben die Störungen einer von der Gonorrhoe abhängigen Polyneuritis zu. Dreyer (Köln).

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Winfield Ayres: Gonecystitis. (The New York Medical Journal, 14. Mai 1898.)

Verf. hat in seiner speeialistischen Praxis innerhalb 8 Monate 30 Fälle von Spermatocystitis beobachtet. Er giebt uns in der vorliegenden Arbeit eine knappe Schilderung der gonorrhoischen Samenblasenentzündung, der acuten und chronischen Form: er bespricht die Anatomie und Pathologie der Samenblasen, die Symptome, Diagnose, Prognose und Therapie ihrer Entzündung. Er legt, wie es neuerdings von verschiedenen Autoren ge- schieht, besonderen Wert auf die Massage der Samenblasen vom Reetum aus bei der chronischen Spermatoeystitis, mit der allein man die besten Er- folge erzielen könne. Am Schluß der Arbeit resumirt der Verfasser:

1. Die Spermatocystitis kommt fast ebenso häufig vor wie die Epidi- dymıtis, die acute Forn weit seltener als die acute Epididymitis, die chronische Form häufiger als die chronische Epididymitis.

2. Masturbation oder sexuelle Excesse können sie nicht hervorrufen. außer wenn sie zunächst eine Strietur im oder nahe am Bulbus erzeugt haben(?).

3. Die Massage der Samenblasen ist die einzige dienliche Behandlungs bei chronischer, nicht tubereulöser und nieht syphilitischer Spermatoeystitis.

4. Man kann die Samenblase erreichen und leeren, trotzdem es nach Messungen am Secirtisch unmöglich zu sein scheint.

D. Wir besitzen in dieser Methode eine Behandlung, mit der wir noch eine große Zahl der sog. „unheilbaren Tripper“ heilen können.

Blanck (Potsdam).

Collan Walter: Ueber Spermatocystitis gonorrhoica. (Ham- burg-Leipzig 1898, Leopold Voss.)

Nach eingehender Analyse aller Arbeiten über die gonorrhoische Samen- blasenentzündung, insbesondere der wichtigen Arbeit Guelliot’s 1883. bespricht Verf. im zweiten Capitel die Untersuchung: Er hebt die Schwierig- keiten derselben in Folge der unbestimmten Symptome (gelber Samen, Achnlichkeit der Symptome mit denen bei Urethritis posterior und Prosta- titis, Verborgenheit der Lage der Organe) hervor; die rectale, digitale Unter- suchung ist meist nicht ausreichend und giebt nur bei acuten Processen mit Vergrößerung der Organe richtige Resultate; die Samenblasen liegen über 9cm vom Anus entfernt, viel zu weit, um selbst von einem langen Finger erreicht werden zu können; zum Ausdrücken der Samenblase empfiehlt C. das Feleki’sche Prostatamassage-Instrument (Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- u. Sexualorg. 1895, VI, pag. 468); mittelst dieses Instrumentes gewann er isolirt Prostata- und Samenblasen-Seeret resp. -Inhalt zur Untersuchung. Unter 15 Fällen konnten Imal Gonokokken im Sperma nachgewiesen werden, unter 6 mit, Epidielymitis complieirten Fällen nur Imal (der Samen war aber nicht normal); in den übrigen 8 Fällen war weder Epididymitis noch Cystitis vorhanden gewesen. Die rein genorrhoische Erkrankung der Samenblasen

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ist hiermit erwiesen. Gonokokken in den Samenblasen sind sowohl für den Träger derselben als für die Frau, mit welcher der Coitus ausgeführt wird, gefährlich; nicht nur die Prostata, auch die Samenblasen können also der Punkt sein, von welchem immer neue Urethritiden und Epididymitiden aus- gehen. Wir müssen daher bei jeder länger dauernden Gonorrhoe nicht nur die Prostata, sondern auch die Samenblasen besonders vor Erteilung des Eheconsenses auf Gonokokken untersuchen.

Auf Grund nur dreier pathologisch-anatomisch genau untersuchter Fille (Guelliot, Kocher, Finger) will Verf. die bisherige Einteilung in eine acute und chronische Form umstoben und spricht von einer 1. Spermato- cystitis superficialis seu mucosae, 2. Sp. profunda seu submucosae purulenta aut cirrhotica, ein um so seltsameres Verfahren, als er wenige Sätze weiter bei der Erklärung, warum man einmal Spermatozoen im Samenblaseneiter trifft, ein anderes Mal nicht, sich genötigt sieht, auf den acuten und chroni- schen Proceß zurückzukommen. Die übrigens zum Teil nur hypothetischen und aus der Analogie mit der Entzündung anderer Schleimhäute des Uro- genitaltractus abgeleiteten Bemerkungen des Verf.’s über die Entzündungen der Samenblasen und deren Ablauf müssen im Original eingesehen werden. Zu einer neuen, systematischen Einteilung liegt noch nicht genügend Material vor.

Die von den bisherigen Autoren angegebenen Symptome der Samen- blasenentzündung: Schmerzen am Darm und tief im After, Störungen der Defäcation, priapistische Beschwerden, häufige oder blutige Pollutionen, Harndrang sind alle nicht typisch und pathognomonisch für die Spermato- eystitis, sondern kommen auch bei anderen Leiden vor und lenken höchstens unsere Aufmerksamkeit auf die Erkrankung der Samenblasen. Nur die Untersuchung des Samenblaseninhalts und die rectale Untersuchung mit dem Finger resp die Massage der Organe mit dem Feleki’schen Instru- ment und deren Ergebnisse (Untersuchung des unter Cautelen ausgepreßten Samens) geben die exacte Diagnose der Spermatoevstitis. Die catarrhalische Form der Samenblasenentzündung kommt nach Petersen in ungefähr 4 pCt. aller Gonorrhoen, die eitrige Form nur selten vor.

Die Therapie ist im acuten Stadium der Atlection neben der Bettruhe eine antiphlogistische (Eis in’s Reetum, Arzberger’sche Apparat), später eine resorbirende, d. h. Suppositorien von Jodjodkali, Ichthvol, Arzberger- scher Apparat mit warmen Spülungen. Ist Eiter vorhanden, so muB er mit einem präreetalen Schnitt entleert werden. Ferner bringt später die etwa zweimal wöchentlich vorzunehmende Massage guten Nutzen, sie entleert die Blasen ihres eitrigen, vielleicht gonokokkenhaltigen Inhalts; nach der Massage soll man die ganze Harnröhre mit einer adstringirend antiseptischen Lösung ausspülen, um sie vor neuer Infection zu bewahren.

Ein Verzeichnis von 89 Litteraturangaben und vier gute Abbildungen mikroskopischer Schnitte aus einer entzündeten Samenblase beschließen die eine Lücke in der Pathologie ausfüllende Arbeit.

Mankiewicz.

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Dr. Fournier (Paris): Ueber die Behandlung der Gonorrhoe mit Protargol. (Journal des maladies cutanées et syphilitiques, Juni 1898.)

Verf. hat in vielen Fällen von Gonorrhoe das Protargol nach der Me- thode von Neisser angewandt und gute Erfolge erzielt. In acuten primären Fällen brachte das Mittel in ?/,—2proe. Lösung rasche Heilung, ohne irgend welche nennenswerten unangenehmen Erscheinungen herbeigeführt zu haben; die Patienten klagten nur über Gefühl von Brennen, manchmal sogar nur über das Gefühl von Schwere in der Harnröhre. Um ein dauerndes Resultat zu erzielen, muB jedoch die Protargolbehandlung längere Zeit, mindestens vier Wochen hindurch, fortgesetzt werden: auberdem empfiehlt es sich, die Behandlung mit der Application eines Adstringens abzuschließen. In Fällen von acuter secundärer Gonorrhoe bei Personen, die längere Zeit hindurch gonorrhoisch erkrankt gewesen sind, wirkt das Protargol weniger sicher, wenn es auch bisweilen die Krankheitserscheinungen lindert. Verf. richtete sich bei der Behandlung seiner Fälle mit Protargzol nach den Vorschriften Neisser’s. Sobald die Untersuchung die Anwesenheit von Gonokokken ergab, verordnete er eine täglich dreimalige Injection von Protargollösung, anfangs von 1:400, dann von 1:200 und schließlich, wenn keine Reaction mehr eintrat, von 1:100 und sogar von 1:50. Die erste Portion behielt der Patient 5, die zweite 10, die dritte 15 Minuten. Nach acht Tagen wurden die Injeetionen bis auf einmal täglich reducirt; diese einmalige Injection wurde jedoch in zwei Teile zu je 10 Minuten geteilt. Verf. hält letzteres Verfahren für zweckmäßiger, als den Patienten die injieirte Flüssigkeit eine halbe Stunde behalten zu lassen; er glaubt aber auch, daß die längere Berührung der Flüssigkeit mit der erkrankten Schleimhaut das sicherste Mittel ist, um eine Ausbreitung der Gonorrhoe auf den hinteren Teil der Harnröhre zu verhüten. Sollte sich starker Ausfluß einstellen, wie es bei Anwendung von zu concentrirten Lösungen bisweilen der Fall ist, so läßt sich derselbe durch adstringirende Injection leicht beseitigen. Li.

Peroni e Piccardi: Contributo alla cura della blennorragia con l'itrolo. (Giornale ital. delle mal. ven. e della pelle 1898, pag. 14. Ref. nach Ann. de derm. et de syph. 1898, VII.)

Die Autoren haben Itrol in Lösungen von 1 : 2500 bis 1: 1000 in 65 Fällen acuter oder chronischer Gonorrhoe verwandt. Sie fanden, daß das Mittel nicht reizt und deshalb schon im Beginn der Krankheit gebraucht werden kann. Seine gonokokkentötenden Eigenschaften sowie seine Tiefenwirkung sichern ihm einen Platz bei der Behandlung sämtlicher Formen. Der beste Modus der Anwendung besteht in Spülungen nach Majocchi für die Urethra anterior und in Spülungen nach Janet-MajJocchi für die Urethra posterior.

Drever (Köln).

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Waltier: Zur Behandlung der Blennorrhagie. (Le progrès medical 1898, No. 36.) Verf. empfiehlt gegen Blennorrhagie: Hydrarg. bichlorat.. . . . . 0,02 Antipyrin 2 SA Aq. dest. ad . . 2... . . 200,0 M.D.S. viermal tgl. einzuspritzen. Außerdem Abends innerlich zu nehmen: Kal. bromat. . . e... . 80 Antipyrin . . e.s... . 10 Immerwahr (Berlin).

Wolff (Karlsruhe): Ueber Salbenstäbchen bei chronischer Gonorrhoe. (Dermatologisches Centralblatt 1898, I, No. 10.)

Verf. hat von der Anwendung der Salbenbougies bei der Behandlung chronischer Harnröhrenentzündungen, die noch nicht zu Strieturen geführt hatten, gute Erfolge gesehen. Abgesehen von den gefurchten Sonden, in deren Vertiefungen weiche Salben gebracht wurden, und den katheterartigen Instrumenten mit Salbenspritzen, waren bisher als Ueberzüge der eigent- lichen Salbenbougies Fettsalben mit Wachs oder Cacaobutter im Gebrauch, welche man auf den Bougies erstarren ließ, und die erst bei Körperteinpe- ratur abschmolzen. Das Haupterfordernis: die Wasserlöslichkeit des Salben- constituens, wurde bei diesen Salbenbougies nicht erfüllt, die in eine Fett- masse eingehüllten Medicamente wirken auf Bacterien oder auf die feuchte Schleimhaut wahrscheinlich gar nicht ein, und der günstige Erfolg dieser Therapie ist wohl großenteils auf die mechanische Wirkung dieser Bougies zu beziehen. Einen in Wasser gut löslichen und therapeutisch ganz brauch- baren Ueberzug für gewöhnliche Metallbougies giebt das Ichthyol-Glycerin (gewöhnlich proc.) ab, wenn sich auch bei engem Onificium externum der größte Teil des Medicamentes wieder abstreift. Von den soliden medica- mentösen Stäbchen sind die aus Cacaobüutter hergestellten, z. B. die Noffke- schen, in Wasser unlöslich, die soliden Bacılli gelatinosi duri und molles der Pharmacopoe mit verschiedenen Zusätzen,. wie Traganth oder Glycerin versehen und wegen ihrer wechselnden Consistenz meistens unbrauchbar, zudem verhältnismäßig teuer. W. ist daher dazu übergegangen, reine Gela- tine, die bei Körpertemperatur nach 2 Minuten schmilzt, als Ueberzug des gewöhnlichen Bougies zu verwenden, die nach kurzer Zeit wieder entfernt werden können. Um dem Patienten geeignete Salbenstäbehen im die Hand zu geben, die er zu Hause ohne ärztliche Controle einführen kann, hat sich Verf. an das Muster der Antrophore von Stephan (Dresden) gehalten, der dünne Messingdrabtspiralen, welche durch Guttapercha geschützt sind, als Träger des medicamentösen Gelatineüberzuges verwendet. An Stelle der durch ihre dünne Spitze häufig eine Reizung verursachenden Drahtspiralen hat er etwas diekere Stäbchen (Ch. No. 14 aus gehärtetem Weichgummni mit conischem Ende anfertigen lassen. deren Caliber durch den Gelatine-

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überzug, Je nachdem sie einmal oder mehrmals eingetaucht werden, etwas erhöht werden kann. Diese Gummistäbchen lassen sich leicht sterilisiren und können demnach für denselben Patienten mehrmals frisch mit Gelatine überzogen werden. Sie werden als fertige Sulbenstäbe von dem Apotheker Fr. Stroebe in Karlsruhe hergestellt unter dem Namen Farmakostile. Als Medicament kommt hauptsächlich Ichthyol 15: 100) in Anwendung. und hier ist die Wirkung dieser Ichthyol- Bougies besonders bei Erkrankungen der Adnexe, wie der chronischen Prostatitis zu rühmen. In Glycerin getaucht. werden die Bougies am besten Abends eingeführt und das Gummuistäbehen nach 2—3 Minuten entfernt, während die Salbenmasse,. wenn möglich, über Nacht in der Harnröhre zurückbleibt. Contraimdieanon billen frischere Ent- zündungen, sowie stärkerer Austluß jeder Art. Julius Jacobsohn (Berlin

IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

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1. Sottas: Quel est le röle protecteur des ganglions Iympha- tiques dans la syphilis? (Soc. de derm. et de syph., séance du 7. juillet 1898. Ann. de derm. et de syph. 1898, No. VII.)

2. Landouzy: Syphilis maligne précoce sans adénopathie. (Ibid.)

3. Emery: Micropolyadénopathie inguinale consécutive à un chancre vulvaire chez une femme enceinte. (Ibid.)

S. d) bringt die von Landouzy und Emery angeregte Frage des Verhaltens der Drüsen bei maligner Syphilis nochmals vor die Gesellschaft. indem er Dubue, der vor 30 Jahren über „Syphilides malignes précoces” geschrieben hat, citirt. Daraus geht hervor, dab ein einheitliches Verhalten der Drüsen bei maligner Syphilis nieht existirt. Sie sind meist vorhanden, doch pflegt die Anschwellung keine sehr starke zu sein. Auffallend häufig finden sich phagedänische Schanker bei diesen malignen Formen.

Der Vortrag Landouzy’s (2), welcher zuerst emen 19jährigen Mann mit maligner Syphilis vorgestellt hatte, der keine Drüsenschwellungen auf- wies, hatte durch die lebhafte Beteiligung an der Discussion an Interesse noch gewonnen. Darin, daß die Stärke der Drüsenschwellung keinen Factor für die Beurteilung der Schwere der Syphilis abgeben kann. stimmen alle überein. Letztere hängt vielmehr von Alkoholismus, allgemeinem Marausmus une Malariaerkrankungen, sowie der Art des Initialaffeetes ab.

Wie Emery (8) durch einen vorgestellten Fall beweist, sind auch bei Schwangeren die Drüsenschwellungen sehr gering. Dreyer (Köln).

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Gaston: Cas de tuberculides ou syphilides. (Soc. de derm. et de syph., seance du 7. juillet 1898. Ann. de derm. et de syph. 1898, VII.)

Eine Kranke zeigt in der Lendengegend ein Exanthem, das von einem Lichen syphilitieus nicht zu unterscheiden ist. Es finden sich aber weder anamnestische noch sonstige Anhaltspunkte für Syphilis außer vielleicht subimaxillären, indolenten, starken Drüsenschwellungen. Die histologische Untersuchung weist Riesenzellen nach. Eine speeifische Behandlung ver- ändert das Exanthem, das während des Gebrauches von Jodotorm in der Vulva entstanden ist, nicht.

Da ähnliche Jodoformausschläge (Beaudouin) unbekannt sind, Riesen- zellen aber (Leredde) auch bei Syphilis der Haut gefunden werden und der Lichen syphiliticus sich auch gegen eine specifische Therapie häufig rebellisch verhält (Renault), kann an letzterer Diagnose festgehalten werden.

Dreyer (Köln).

Glück: Erythema exsudativum multiforme bei Syphilis. (Mitteilungen aus dem Bosn.-Herzeg. Landesspital in Sarajewo 1898.)

Verf. hält das Erythema multiforme und nodosum für morphologisch verschiedene Typen eines und desselben Krankheitsprocesses. Durchweg sind es Toxidermien, die durch einen im Blute kreisenden Giftstof! zu Stande kommen. Form und Intensität des Exanthems hängen lediglich von der indi- viduellen Disposition ab. Zwischen der Frequenz der epidemischen Kraık- heiten und der Häufigkeit der Erytheme besteht ein zweifelloser Causalnexus. Auch bei Luetikern ist das Ervtliem durch vom Syphilisvirus abstammende toxische Stoffe hervorgerufen und darf keineswegs als Symptom der recenten Syphilis betrachtet werden.

Fünf ausführliche Krankengeschichten werden mitgeteilt. Es handelt sich um fünf junge Weiber, die in den verschiedensten Phasen des Syphilis- processes (nach Ausbruch des ersten Exanthems, während emes Recidivs, während der Latenz der Syphilis, zur Zeit tertiärer Erscheinungen) 2mal das E. multiforme, Imal das E. nodosum, 2mal Mischformen darboten. Stets wurde die Erkrankung mit Allgememerschemungen und Fieber ein- geleitet. Im vierten Falle, wo die Exantheme in der Latenzzeit der Syphilis auftraten, kam es zu eitrigem Zerfall der Knoten, und das Fieber wähırte 19 Tage; später entstanden geschwürig zerfallende, tertiäre Neubildungen.

R. Rosenthal (Berlin).

Dr. med. Hans Wullenweber (Kiel): Ueber centrale Erweichung des Rückenmarkes bei Meningitis syphilitica. (Münch. med. Wochenschrift 1898, No. 32.)

Der Fall, über welchen Verf. berichtet, betraf ein 28jähriges Control- mädchen, welches früher einmal gonorrhoisch infieirt worden war und auch

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eine antilnetische Kur durchgemacht hatte. Ihre letzte Erkrankung begann mit Kopfschmerzen, Magenbeschwerden und starken Kreuzschmerzen; da man die Beschwerden auf eine rechtsseitige Wanderniere zurückführte, so wurde die Nephroraphie gemacht, wodurch die Beschwerden aber nicht behoben wurden. Sie wurde daher wieder in’s Krankenhaus aufgenommen: ihre Hauptklagen bezogen sich auf Kreuzschmerzen, daneben bestand ein Blasencatarrh. In einigen Wochen besserte sich bei Bettruhe, guter Er- nährung, Priessnitz’schen Umschlägen der Zustand so, dab die Patientin vorläufig entlassen werden konnte. Etwa einen Monat später suchte sie wieder das Krankenhaus auf, da die Kreuzschmerzen wieder heftiger auf- getreten waren, dazu sich eine ausgesprochene Schwäche der Beine ein- stellte. Jetzt war die grobe Kraft der unteren Extremitäten sehr herab- gesetzt. Patellarreflexe fehlen völlig. Sensibilität und Temperaturemptindung normal, keine Ataxie. Gehen sehr mühsam. Nach zwei Monaten traten Schstörungen auf: Pupillen ungleich, beide auf Lichteinfall reagirend: Papillen beiderseits etwas verwaschen, außerdem starke Kopfschmerzen. Auf eine Schmierkur schwinden die Kopfschmerzen und Sehstörungen: die Kreuzschmerzen bleiben bestehen. Inzwischen wurde auch die linksseitige Wanderniere fixirt, ohne daß die Schmerzen auf hörten. Nach einigen Monaten traten sehr schmerzhafte, krampfartige Contractionen im rechten Bein ein: Jodkali schien für kurze Zeit Besserung der Beschwerden zu bieten. Später traten quälende Gürtelschmerzen auf; das Gehen wurde ganz unmöglich, so daß die Patientin dauernd im Bett sein muß. Es bilden sich an ver- schiedenen Stellen tiefe ausgedehnte Decubitalgeschwüre aus; allmählich treten auch Störungen der Harnentleerung auf; später erlischt die active Motilität der Beine, die auch passiv nur unter groben Schmerzen bewegt werden können. Noch später tritt völlige Sphineterenlähmung ein; seit Be- stehen der Deeubitalgeschwüre ist auch Temperaturerhöhung bis 39% zu constatiren. Unter zunehmender Herzschwäche erfolgte der Tod. Das Krankheitsbild lieB eine Meningitis spinalis syphilitica mit secundärer Be- teiligung des Markes vermuten. Die Section bestätigte diese Annahme. Auberdem fand sich eine ausgedehnte Höhlenbildung, die sich vom mittleren Lumbalmark bis hinauf in's obere Rückenmark erstreckte. Im Uebrigen war der Befund folgender: Starker Hydrocephalus, seröse Meningitis, die Meningen verdickt und völlig mit dem Mark verwachsen, besonders in der Mitte des Brustmarks und abwärts bis zur Mitte des Lumbalmarks. An diesen Stellen ist das Rückenmark völlig erweicht und quillt aus seinen Hüllen förmlich vor. Das Querschnittsbild ist hier völlig verwischt. Im mittleren Lumbalmark ist schon makroskopisch auf dem Querschnitt eine Spalte bemerkbar, aus der etwas seröse Flüssigkeit hervorquillt. Von Tuber- eulose fanden sich in den übrigen Organen keine Anzeichen. Das Rücken- mark wurde in Schnitten genau untersucht, die Hauptveränderungen zeigten sich im mittleren und unteren Dorsalinark; die Meningen sind in ihrem gauzen Umfange unter einander verwachsen und die weichen Hirnhäute sehr stark und unregelmäßig verdickt, besonders die Arachnoidea und die Pia. Von

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der Pia erstrecken sich zahlreiche feine Zweige in die weiße Substanz hinein; diese selbst ist nach der Mitte zu vielfach aufgefasert und in ihrer Continuität gestört. Die graue Substanz ist bis auf ganz geringe Spuren verschwunden. Statt ihrer zeigt sich ein unregelnäßiger leerer Raum. der nur noch angedeutet die Contouren des bekannten Querschnittbildes zeigt. Gliawucherung am Rande der Höhle nicht vorhanden. Die Reste der Vorder- hörner enthalten noch eine geringe Anzahl von verkümmerten Ganglien- zellen, in den Hinterhörnern sind keine solche mehr vorhanden. Die Gefäße sind stark verändert; die Intima der Arterien stark verdickt, die kleineren Gefäße hin und wieder durch Thromben verschlossen. In Bezug auf die Schilderung der übrigen Veränderungen verweisen wir auf die Arbeit selbst. Das ganze Krankheitsbild entspricht bis auf die Höhlenbildung der von Oppenheim geschilderten Meningitis cerebro-spinalis syphilitica. Die Höhlenbildung hier hat mit der echten Syringomyehe nichts zu thun; auch klinisch entspricht der Fall nicht der echten Syringomyelie,. vor Allem fehlt das Symptom der gestörten Wärmeempfindung; dazu befiel im vorliegenden Fall der Proceß hauptsächlich das untere und mittlere Dorsalmark, während die Syringomvelie meist ihren Sitz im Cervicalmark hat. Ferner verlief der Fall in 13} Jahren letal, während die echte Syringomvelie als eine exquisit chronische Erkrankung zu bezeichnen ist. Aetiologisch sind nach Verf. Störungen in der Circulation verantwortlich zu machen, hervorgerufen durch die hochgradige Endarteriitis und durch die Compression, die das schwielige Gewebe in den Meningen auf die Gefäße ausübte. Die so verursachte Er- nährungsstörung ist der Grund für die vorliegende Höhlenbildung. Es gelang dem Verf, aus der Litteratur der letzten 20 Jahre vier Fälle auf- zufinden, in denen gleichfalls Erweichung und Höhlenbildung im Rücken- mark bei syphilitischer Meningitis vorlag. R. L.

William S. Gottheil (New York): A house epidemy of syphilis. (New York Medical Journal, 26. März 1898.)

Verf. liefert einen casuistischen Beitrag zu einer Syphilisepidemie in einer armen Familie, die aus 10 Personen besteht, von denen nur 3. Vater und 2 Kinder, frei von Krankheitserscheinungen waren. Infectionsmodus unbekannt. Zuerst erkrankte ein 2jähriger Knabe, 4 Wochen nach der Vaccination mit Seceundärerscheinungen, dann die Mutter mit einem Primär- affect auf der Wange, weiter eine l4jährıge Tochter, eine Jährige Tochter, ein Sohn von 4 Jahren, eine Tochter von T Jahren und schlieblich ein 6 Monate alter Säugling. Bei den letzten 3 Mitgliedern der Familie Heb sich eiu Primäraffeet nicht eruiren. Etliche Jahre vorher hatte Verf. Ge- legenheit, eine ähnliche Hausepidemie von „Dues insontium“ zu beobachten, bei der die Großmutter, durch ein luetisches Pflexekind infieirt, die Krank- heit auf ihre verheiratete Tochter übertrug; diese steckte einige ihrer Kinder an, und zum Schluß erkrankte das Oberhaupt der Familie an Syphilis.

Blanck (Potsdam).

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Dr. Alfred Arnheim (Berlin): Zur Casuistik des Icterus im Frühstadium der Syphilis. (Monatshefte für practische Derma- tologie 1898, Bd. 26, Heft 9.)

Der vorliegenden Arbeit legen zwei Fälle von malignem Icterus im Früh- stadium der Syphilis zu Grunde, welehe auf der Station für Geschlechts- kranke im städtischen Obdach der Stadt Berlin beobachtet wurden. Der erste Fall betrifft eine l6jährige, schwächliche, anämische Puella publica. die am 12. Juni 1896 der Station überwiesen wurde. Sie war angeblich früher stets gesund und bisher noch nieht inficirt gewesen. Bei der Auf- nahme zeigten sich umfangreiche confluirende und erodirte Papeln an den Genitalien und in den Ingumalfalten, Papeln am Zungenrücken und beider- seltige condylomatöse Angina. Während der darauf eingeleiteten Schmier- kur gingen die syphilitischen Erscheinungen auffallend langsam zurück, so daß 54 Einreibungen a 3,0 ve bis zum Schwinden sämtlicher syphilitischer Symptome erforderlich waren. Bald nach dem Abschluß der antisyplilitischen Behandlung wurde bei der Kranken, welche noch zur Behandlung einer Blennorrhoe auf der Station geblieben war, eine Icterische Färbung der Haut und Schleimhäute sichtbar. In den ersten zehn Tagen hatte sie auber ge- ringen Schmerzen in der Magengegend keine Beschwerden, auch war der Icterus nur in geringem Grade vorhanden. Die untere Lebergrenze ragte etwa 1), cm unter dem Rippenrande hervor, die Lebergegend war auf Druck sehr empfindlich. Etwa 12 Tage nach dem ersten Auftreten des Ieterus nahın derselbe plötzlich ganz bedeutend an Intensität zu, es traten Schwäche- gefühl, fortwährende Brechneigung und Temperatursteigerung auf, so dab die Patientin dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain überwiesen wurde, wo sie nach zwei Tagen unter Coma und maniakahschen Anfällen verstarb. Bei der Section ergab die makro- und mikroskopische Unter- suchung der Leber das typische Bild des Icterus malignus. Specifisch syphilitische Veränderungen wurden bei der Section nicht constatirt.

Der zweite Fall betrifft eine Patientin, die im Jahre 1896 zweimal und im Jahre 1897 einmal an syvplulitischen Frühformen mereuriell behandelt wurde. Am 3. März d. J. wurde sie zur Behandlung einer Blennorrhoe der Genitallen der Station überwiesen und zeigte zugleich eine ausgesprochene icterische Färbung der Haut und Schleimhäute, welche seit dem 23. Februar bestehen sollte. Die Lebergegend war auf Druck außerordentlich schmerz- haft, die Lebergrenze normal; einige Tage später trat heftiges Erbrechen auf, der Icterus wurde stärker. desgleichen die Schmerzhaftigkeit des Abdomens, so dab die Ueberführung in das städtische Krankenhaus am Friedrichshain erfolgen mußte, wo nach wenigen Tagen der Exitus letalis eintrat. Die Section ergab acute gelbe Leberatrophie, irgend welche Ver- änderungen syphilitiseher Natur wurden bei derselben nicht gefunden, auch keine anderen Ätiologischen Momente für das Leberleiden eruirt.

Li.

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Juler (London): Two Cases of tertiary syphilitie Lesions of’ {he Eye. (The British Medical Journal, 20. August 1898.)

In dem ersten Fall handelte es sich um Gumma des Ciliarkörpers bei einem jungen Manne, der eine schwere Syphilisform acquirirt hatte und zwei Monate nach Entwicklung des Schankers in das Krankenhaus ein- geliefert wurde. Nach 14 Tagen zeigte sich bei dem Patienten Iritis, zuerst an dem einen und dann auch an dem anderen Auge, die auf die eingeleitete Behandlung nieht zurückging; vielmehr verwandelte sich die ursprünglich einfache Iritis in eine erstere Form, die bald als Irıtis gummosa erkannt wurde. Trotz der antisyphilitischen und Atropinbehandlung verschlinmerte sich der KrankheitsproceB in den Augen immer mehr und mehr; in dem linken Auge kam es zur Entwicklung eines Ciliarstaphvlons auf der Außen- seite der Cornea. Die Vorderkanmmer war beiderseits stark mit Lymphe gefüllt, durch dieselbe schimmerte eine hinter der Pupille befindliche Neu- bildung hindurch. Auf der Seite des Staphyloms war die Vorderkammer flach, was auf einen Tumor des Ciliarkörpers hinwies,. Die Spannung war auf beiden Augen leicht subnormal. Das Staphylom nahm an Größe zu, und die Wiederherstellung des Sehvermögens des Imken Auges schien hoffnungslos. Zu dieser Zeit wurde ein Staphylom auch am rechten Auge dicht oberhalb der Cornea bemerkt; das Sehvermögen war nun auch hier bis auf bloße Lachtempfindung redueirt. Die ausgesetzte Mercurialbehand- lung wurde wieder aufgenommen, und zwar gleichzeitig in Form von inner- lichen Darreichungen und Inunetionen. Bald stellten sich Erguß in das linke Kniegelenk, beiderseitige Orchitis und Gumma der rechten Fibula ein, während das Staphylom seinen Höhepunkt erreicht zu haben schien; zu dieser Zeit hatte der Patient intermittirendes Fieber. Von dieser Zeit ab begannen sämtliche specifisehen Erscheinungen unter Quecksilber- und Jod- behandlung allmählich zu verschwinden. Das Staphylom am rechten Auge verschwand drei Wochen nach seiner Entstehung, allerdings hat es die Dimensionen des linken Staphyloms nicht erreicht. Nach dem Verschwinden des Staphvloms zeigte sich, daß die Iris in Folge von Synechien nach oben gezogen Ist und Erscheinungen eines nach oben gerichteten Coloboms dar- bietet. Jedoch war das Sehvermögen an diesem Auge besser als am linken. Das Staphylom am linken Auge nahm zu seiner Ausheilung noch einige Wochen in Anspruch. Einige Monate nach dem Zurückgehen der Schwel- lung bemerkte man eine blaue Verfärbung der Sclera. Die Lymphe in dem Pupillarraum würde resorbirt und die Iris an der Außenseite in das Ciliar- gebiet hineingezogen. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab an der äuberen Peripherie unmittelbar hinter dem Colobom bedeutende Atrophie der Chorioidea. Das Resultat der Neubildungen in den beiden Augen war das Hineinziehen der Iris in den Ciliarraum, herbeigeführt durch narbige Contraction; es blieb also eine Alteration der Curvatur der Cornea zurück. Im zweiten Fall handelte es sich um interstitielle Keratitis bei einer 33 Jähr. verheirateten Frau, die sich ihre Geschlechtskrankheit sechs Wochen nach

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der Hochzeit zugezogen und dann im achten Schwangerschaftsmonat abortirt hatte. Zehn Jahre später erkrankte sie an einer heftigen ITrido-Cyelitis am linken Auge, welche auf antisyphilitische und Atropinbehandlung zurück- ging, um jedoch nach einem Jahre mit peripherischer Chorotditis und einiger Verengerung des Gesichtsfeldes wieder aufzutreten. Auch jetzt konnten die Krankheitserscheinungen mit denselben Mitteln bekämpft werden. Nach einer Pause von etwas über einem Jahre kehrte die Krankheit am linken Auge abermals zurück, begleitet von einer typischen interstitiellen Keratitis am rechten Auge, die in vier Monaten, wenn auch nicht vollständig, geheilt wurde. Li.

Audebert: Note sur un cas de syphilis placentaire. (Soc. d’obstetrique, de gyn. et de paed. de Bordeaux. Annal. de derm. et de syph. 1898, VII.)

Das Gewicht der hypertrophischen, syphilitischen Placenta schwankt zwischen 700 und 900 g. Doch smd auch exceptionelle Fälle mit einem Gewicht von 1000—1680 & beschrieben. Audebert teilt nun einen Fall mit, in dem die Placenta 1950 x wog, eine weiche Consistenz, rote Farbe und einige verfettete Stellen hatte. Die Zotten waren an Zahl gering, aber sehr stark. Die Nabelschnur war so dick wie der Arm eines Neugeborenen.

l Dreyer (Köln).

Dr. J. Katzenstein (München): Ueber die parasyphilitischen Erscheinungen im ersten Kindesalter. (Münchener med. Wochenschrift 1898, No. 35.)

Die hereditäre Syphilis im Kindesalter ist bekamntlich in einem groben

Teil der Fälle schwer mit Sicherheit zu diagnosticiren, da vielfach nur

Allgemeinsymptome ohne characteristische svphilitische Erscheinungen bei

Kindern, welche aus syphilitischer Ehe stammen, auftreten. Die Besprechung

dieser wenig ausgesprochenen Fälle bildet den Gegenstand der vorliegenden

Arbeit. Kommt man aus irgend einem Grunde bei der Untersuchung eines

Kindes auf die Vermutung, daß es aus syphilitischer Ursache krank sein

könnte. so ist natürlich in erster Linie eine eingehende Anamnese der Eltern

aufzunehmen. Dieselbe hat sich unter Umständen auch auf die Großeltern zu erstrecken, denn an sich ist die Vererbung des Syphilisgiftes oder der

Syphiliskachexie in die dritte Generation möglich, wenn auch noch nicht

sicher bewiesen. Verf. führt aus seiner Praxis einen Fall an, welcher dafür

zu sprechen scheint. Was nun die Anamnese der Eltern anlangt, so kommt man hierbei aus erklärlichen Gründen oft nicht zum Ziel, denn syphilitische

Erkrankungen der Eltern werden oft verheimlicht, oft auch, besonders von

Ungrebildeten, bei geringer Intensität der Erscheinungen übersehen. Hierbei

bietet num die Nachforschung nach früheren Fehlgeburten eine wichtige

Unterstützung der Anamnese. Ergiebt diese Nachforschung ein positives

Resultat (mehrfache Fehlgeburten in der zweiten Schwangerschaftshälfte‘,

so kann man Syphilis als ziemlich gesichert annehmen. Verf. bespricht nun

die sogenannten parasyplülitischen Symptome vom klinischen Standpunkte

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im Einzelnen, wobei er allerdings betont, dab seiner Ansicht nach die Ab- trennung der parasyphilitischen Erscheinungen von der Syphilis eine künst- liche ist. Das am meisten beobachtete Symptom ist die Anämie, die in parasyphilitischen Fällen so gut wie nie vermißt wird. Genauere Blutunter- suchungen über diese Fälle liegen noch nicht vor. Sehr constante Begleit- symptome dieser Anämie sind die Anschwellung der Leber und der Milz; diese Hypertrophien gehen unter einer antiluetischen Kur gleichzeitig mit der Anämie zurück. Solche Kinder, die an einer syphilitischen Anämie leiden, können im Uebrigen sehr wohl genährt sein. Im Anschluß an eine große Leber konnte Verf. mehrmals deutlichen Ascites nachweisen, der bei entsprechender Behandlung stets verschwand. Häufig ist in diesen Fällen ein aufgetriebenes Abdomen. Die parasyphilitische Anämie kann in den häufigsten Fällen dadurch als solche erkannt werden, dab sie fast immer mit einem anderen parasyphilitischen Symptom, meist einer geringfügigen Coryza, einhergeht. Vielfach leiden die betreffenden Kinder an chronischen Darmeatarrhen, die an sich nichts Characteristisches haben, aber durch eine specifische Behandlung in kürzester Zeit beeinflußt werden. Das Gleiche gilt von dem bei diesen Kindern häufig auftretenden Bronchialcatarrh. Fast nie fehlt ein leichter chronischer Schnupfen, wohl zu unterscheiden von der eigentlichen specifischen Coryza. Erkrankungen des Nervensystems auf parasyphilitischer Basis giebt es wenige; nach Heubner sind viele Fälle von Glottiskrampf auf Syphilis der Eltern zurückzuführen; auch viele Fälle von Eclampsie dürften nach Verf. hierher zu rechnen sein. Ein Teil der parasyphilitischen Kinder wird vor der Zeit mit zu leichtem Gewicht ge- boren; sie bleiben in ihrer körperlichen Entwicklung zurück und lernen auch viel später das Sprechen. Die Frage des Verhältnisses der Rachitis zur Syphilis oder Parasyphilis ist noch nicht gelöst. Der chronische Hydro- cephalus ist in einem Teil der Fälle vielleicht syphilitischen Ursprungs. Ebenso verhält es sich wahrscheinlich mit «der Spina bifida. Die Prognose behandelter parasyphilitischer Kinder ist eine günstige, jedoch muß die Be- handlung eine langdauernde sein. Dieselbe besteht in der Darreichung von Calomel in kleinsten Gaben und von Jodkali. Die Prophylaxe besteht in eimer antiluetischen Kur des Vaters oder der Mutter, eventuell, falls Queck- silberbehandlung verweigert wird, mit Jodkali. Auch dadurch hat Verf. die glänzendsten Erfolge erzielt. Die geradezu außerordentlichen Erfolge in der Praxis lassen nach Verf. gar keinen Zweifel darüber obwalten, daß durch genane Beobachtung der parasyphilitischen Erscheinungen des Kindesalters unendlich viel Gutes geleistet werden kann. R. L.

Dr. Winogradow (Petersburg): Ueber die pathologisch-ana- tomischen Veränderungen der Leber und des Magen- darmcanals bei Syphilis congenitalis. (Petersb. Dissert., Wratsch 1898, No. 31.)

Verf. hat an 18 Säuglingen, die an Syphilis congenitalis zu Grunde gegangen sind, die pathologisch-anatomischen Veränderungen der Leber und

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des Magendarmeanals studirt und folgendes Resultat erhalten: Bei con- genitaler Syphilis der Säuglinge wird am häufigsten die Leber afticirt. wobei die intralobuläre Form der syphilitischen Hepatitis häufiger vorkommt, als die zerstreute embryonale Infiltration. Die hypertrophische Lebereirthose wird bei Syphilis congenitalis selten angetroffen. Bei sämmtlichen Formen der syphilitischen Lebererkrankung zeigen die Blutgefäbe Erscheinungen von Endo- und Perivaseulitis. In der Mawenschleimhaut findet man zer- streute kleinzellige Infiltration und Wucherung des submueösen, des intra- musculären und des Intraglandulären Bindegewebes. Der Darmeanal ist häufiger afficirt, als der Magen; die Veränderungen bestehen hier in Intiltra- tion der Darmwände mit Granulationselementen und Vertdickung der Schleim- hautzotten in Folge von rundzelliger Infiltration. Die Veränderung der Gefäbe des Magendarmeanals ist am deutlichsten in der Submucosa aus- gesprochen und besteht in Endo- und Periarteriitis. ` Li.

Hildes: Die Behandlung der Syphilis mit variabel dosirten. intramusculären Sublimatinjectionen. (Mitteilungen aus dem Bosn.-Herzeg. Landesspital in Sarajewo 1898)

Die von Glück in die Syphilistherapie eingeführte Methode mir variabel dosirten Sublimatinjeetionen bildet einen Fortschritt, sowohl in der Syphilis- behandlung, wie auch besonders in der Behandlung mit Sublimatinjectionen. Sie gestattet eine Anpassung an die Toleranz der Kranken, vermeidet eine Hg-Uebersättigung des Organismus, bringt die Erscheinungen in leichteren und mittelsehweren Fällen von recenter und recidivirender Lues raseh zum Schwinden, wirkt besonders günstig auf die Kehlkopfsyphilis, eignet sich vorzüglich für ambulatorische Behandlung und stellt das weitaus billigste Antisyphiliticum dar.

Die Kranken erhalten zuerst eine Iproc., am folgenden Tage eine 2proc., drei Tage später eine 3proc., bei mangelnder Tendenz zur Rück- bildung der Erscheinungen nach drei Tagen eine 4proc. und eventuell vier Tage später eine 5proc. Injection. Nur in sehr schweren Fällen war ein- oder mehrmalige Wiederholung der 5proc. Injection erforderlich, um allen übrigen wird der Concentrationsgrad stufenweise herabgesetzt. In leichteren Fällen und bei Reeidiven genügt es oft, bis zu einer 3- resp. 4proc. Injec- tion zu steigen.

Nach dieser Methode wurden m den Jahren 1895 und 1896 155 Kranke behandelt (58 recente, 89 Recidivfälle, 8 tertiär-luetische). Nur in drei Ausnahmefällen wurde aus besonderer Indication vor Beginn des Secundär- stadiums die Behandlung eingeleitet mit dem Erfolge, daß die localen Er- scheinungen günstig beeinflußt, die allgemeinen aber nur um wenige Wochen hinausgeschoben wurden. Durchschnittliche Behandlungsdauer von 34,5 Tagen mit 7,3 Injectionen und 207 mg Sublimat. Die wenigen Fälle, die sich der Behandlung gegenüber refractär verhielten, zeigten auch bei anderen Be- handlungs- Methoden keine Besserung. Locale Behandlung wurde fast in allen Fällen gewürdigt, nur die Kehlkopferscheinungen blieben ohne jede

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Localbehandlung. Die Injeetionen wurden in die Glutäalgegend gemacht; die Lösungen enthielten auf je 1g Sublimat 3& NaCl. Bei 1126 Injectionen traten 34mal Nebenerscheinungen auf (15 Infiltrate, 4 unblutige Durchfälle, 4 Stomatitis, 7 Auflockerung des Zahntleisches, 2 Ischias, 1 Hautgangrän), doch wurde nie eine Unterbrechung der Weiterbehandlung nötig. In keinem Falle wurde Fieber oder Albuminurie beobachtet. 18 Recidive kamen zur Wiederbehandlung, doch gestattet das Krankenmaterial keine Schlüsse be- züglich der Häufigkeit und Intensität der Recidive zu ziehen. Ausführliche Tabellen über die 155 Fälle sind beigefügt. R. Rosenthal (Berlin).

Sapuppo: L’ulcera molle negli animali. (Giorn. ital. delle mal. ven. et della pelle 1898, pag. 43. Ann. de derm. et de syph. 1898, VII.)

Der Titel des Aufsatzes ist nach der Terminologie „Lucus a non Jucendo* gewählt. Sämtliche auf Veranlassung von Tommasoli noch ein- mal unternommenen Versuche, Uleera mollia auf Kaninchen, Meerschweinchen und Tauben zu übertragen, schlugen nämlich wieder fehl.

Dreyer (Köln).

Boleslaw Lapowski: Diseases of the inguinal glands and their treatment. (The New York Medical Journal, 23. April 1898.)

Die fleibige Arbeit ist die Wiedergabe eines Vortrages, welchen Verf. am 10. Januar 1898 vor der „Harlem Medical Society“ hielt. Zunächst wird die topographische Verteilung der Leistendrüsen kurz besprochen, der Ver- lauf vom Beginn einer Infection bis zur Erkrankung der Drüsen erörtert, die Entstehung des Bubo unter Anlehnung an die Phagocytentheorie Met- schnikoff’s erklärt. Der acute Leistenbubo läßt sich nach dem infectiösen Element classifieiren in den gonorrhoischen, in den nach Ulcus molle (Ducrey-Unna- Krefting- Bacillus) und den syphilitischen. Der idio- pathische Bubo, der „Bubo d'emblée“ der Franzosen läßt eine primäre, locale Läsion nicht eruiren. Die Ditferentialdiagnose der verschiedenen Arten des Bubo läßt sich erst aus seinem Verlauf stellen unter Zuhilfenahme der bacteriologischen und mikroskopischen Untersuchung. Von chronischen Leistenbubonen interessiren den Leser dieser Zeitschrift die seltenen, auf gummöser Syphilis beruhenden, wie sie von S. Lustgarten beschrieben und zuerst von Virchow und Lancereaux erwähnt sind. Es werden weiter die übrigen nicht venerischen Leistenbubonen einer Erörterung unterzogen und überall auf die exacte Stellung der Diagnose bei Leisten- tumoren besonderer Wert gelegt. Nur so bleibt man vor Irrtümern und Verwechselungen (Hernien, Anewrysmen etc.) bewahrt. Der Rest der Arbeit ist der Besprechung der Therapie gewidmet. Verf. spricht der Aspirationsbehandlung der Leistenbubonen das Wort und giebt einen Modus der Behandlung an, wie er sich ihm als der beste bewährt hat. Die Arbeit bringt Vieles, was über den Rahmen «dieser Zeitschrift hinausgeht; es ist

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schwierig, das hier Interessirende aus dem Zusammenhang herauszuschälen. Jedenfalls kann die Arbeit nur als eine glückliche bezeichnet werden; wenn sie auch nicht viel Neues, Originelles bringt, so ist doch die Erkrankung und Behandlung der Leistendrüsen in zusammenhängender Weise, in aus- führlicher und erledigender Form besprochen. Ein Verzeichnis der Litteratur ist am Schluß beigefügt. Blanck (Potsdam).

V. Penis etc. Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra.

Keersmaecker: Un diverticule de l'urèthre antérieure de rhomme. (Ann. d. mal. gén.-urin. 1898, No. 6.)

Im Vorliegenden werden zwei Fälle von Divertikelbildung der vorderen Harnröhre beschrieben, die sich in sich selbst hinem öffnen, also nichts mit den angeborenen Fisteln, sog. doppelten Harnröhren ete. gemein haben. Im ersten Fall befindet sich das angeborene Divertikel in der hinteren Harn- röhrenwand nahe am Bulbus in der Mittellinie. Selbiges läßt leicht ein Endoskop von No. 29 Charriere entriren und ist 1'/, cm tief, endet blindsack- förmig; in der Mitte des Sackes sieht man eine feine Oeflnung. welche aber eine Filiforme nicht durchdringt. Die Schleimhaut ist streifenlos, gleich- mäßig rot. Beim Zurückziehen des Tubus legen sich die Wände wieder über einander und lassen schließlich eine dünne Falte sehen, welche die Scheidewand zwischen Divertikel und Harnröhre bildet.

Achnlich ist der zweite Fall, jedoch von geringeren Dimensionen.

Stockmann (Königsberg i. Prò.

VI. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc.

Allan Mc Lane Hamilton: The connection of nocturual epi-

lepsy with retro-ejaculation of seminal fluid. (The New York Medical Journal, 23. April 1898.)

Bei nächtlichen Epilepsieattaken ist es oft sehr sehwierig, am nächsten 8 Morgen aus allgemeinen Klagen eines Patienten die wahre Natur der Krank- heit zu eruiren. Nicht immer können Symptome, die bestimmt auf das . $ Leiden hinweisen, bei der Hüchtiren Natur der Anfälle noch nach Stunden 7 Fa deutlich sein. Schon ist die Incontinenz des Urins in früher Kindheit mit der Epilepsie in Verbindung gebracht und als wertvolles Zeichen für die

ET ae iii u ` EE

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Stellung der Diagnose betrachtet worden. Beim Studium der Krankheit will Verf. nun in mehreren Fällen auf ein Symptom aufmerksam geworden sein, das ihm beim Fehlen aller objectiven Krankheitszeichen die Diagnose er- leichterte. Es documentirt sich durch das Regurgitiren von Samenflüssig- keit in die Blase, ohne daß äußere Zeichen eines Samenergusses sichtbar sind oder sich der Patient eines solchen bewußt geworden wäre. Systema- tisch untersuchte daher der Verf. bei Klagen über morgendliche Ahgeschlagen- heit den Urin und fand zahlreiche Spermatozoen in demselben, welche zu anderen Zeiten fehlten; in einem Fall bestätigte außerdem ein Zungenbiß die Diagnose. Ob nun der epileptische Anfall von einem ursächlichen Genital- leiden ausgelöst wird und ob das Symptom nur eine Begleiterscheinung desselben in solchen Fällen ist, läßt Verf. dahingestellt; jedenfalls soll der Urin auf Samenelemente in zweifelhaften Fällen untersucht und eventuell auf die Epilepsie durch Behandlung der ursächlichen Geschlechtsaffeetion günstig eingewirkt werden. Blanck (Potsdam).

P. Noguès: Traitement de l'’'hypertrophie prostatique. (Ann. d. mal. gen.-urin. 1898, No. 7.)

Die Ursache der Harnretention bei Prostatikern beruht der Guyon- schen Schule gemäß auf einer Congestion der Prostata und Blase. Wollen wir also die Retention beseitigen, so müssen wir versuchen, der Congestion Herr zu werden. Dieses glaubt Verf. mit der sog. abdominalen Massage zu erreichen, die er auf’s Wärmste empfiehlt.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

O. Simon: Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der Bottini’schen Operation. (Centralbl. f. Harn- u. Sexual- organe 1898, No. 8.)

S. berichtet über 8 Fälle von Prostatahypertrophie, die im vorigen Jahre in der Heidelberger chirurgischen Klinik nach der Bottini’schen Methode operirt wurden. Im Ganzen wurden an diesen 8 Patienten 11 Inci- sionen mit dem Incisor gemacht. 4 Patienten wurden geheilt, 1 gebessert, 3mal trat kein Erfolg ein. Von den letzten 3 starben 2 wegen bereits be- stehender Nephritis resp. Pyelonephritis. Nur Imal wurde Chloroformnarecose angewendet, 5mal dagegen Cocain. Der Operation ging jedes Mal eine Untersuchung mit der Steinsonde voraus. Wichtig ist, die Blase vollständig zu entleeren und die Stromstärke während der Operation zu verstärken. Das Messer soll weißglühend sein, weil sonst die Drüse nicht durchsengt, sondern durchgequetscht wird. Nach Ansicht des Verf.s ist die Operation zu empfehlen: sie ist leicht ausführbar, verursacht nur geringe Schmerzen und hat selten stärkere Blutungen zur Folge.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

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Poncet: De la cystotomie sus-pubienne dans le prostatisme. Creation temporaire ou définitíve d'un méat hypo- gastrique. Résultats de 114 opérations. (Le progrès melt: cal 1898, No. 33.)

Vor zehn Jahren machte Poncet die erste Cystotomia suprapnbica wegen schwerer Urinverhaltung bei einem Prostatiker; seitdem ist die Ope- ration Allgemeingut geworden, und seine eigenen Angaben beziehen sich auf 114 Operationen. Der Zweck der Operation ist, dem Urin freien Abtlub zu verschaffen auf einem präternaturalen Wege in der Unterbauchregend. Die Operation unterscheidet sich von der Sectio alta nur in der Ausdehnung der Incisionswunde der Blase und im Sitze der Ineision und darın, dab man bei der Cystotomia suprapubica die Blasenwände mit der Bauchhaut ver- einigt. Abgesehen von der augenblicklichen Beseitigung der Urinretention und der Abwendung der drohenden Urämie, erleichtert die Operation auch späterhm den Urmabfluß dureh die künstliche Oetlnung. Die Indication zur Operation ist vorhanden bei Prostatikern, bei denen em unüberwindlichex mechanisches Hindernis beim Urinlassen vorliegt, ferner bei drohender Urämie. Im ersteren Falle, wenn der Katheterismus unmöglich ist, oder außerordentlich schwierig, schmerzhaft oder Blutungen veranlaßt, oder über- haupt vom Kranken gefürchtet oder schlecht vertragen wird, oder wenn falsche Wege existiren, oder bei Hämorrhagien der Blase, welche anderen Behandlungsmethoden trotzen, oder wenn voluminöse Blutgerinnsel sich vor die vesicale Urethralöffnung legen, welche auch mittelst Katheter nicht zu beseitigen sind. Von vornherein ist die Cystotomie indicirt bei Uränie, sowohl bei acuter, als bei chronischer, bei acuter infectiöser Cystitis uud bei chronischer, schmerzhafter, auf andere Weise nicht heilbarer Cystitis. Die Prognose ist natürlich verschieden je nach dem Grunde, aus welchem die Operation ausgeführt worden ist. Heilung tritt bei mechanischer Be- hinderung fast immer ein, Verf. zählt 37 Heilungen unter 39 Fällen. 2 Todes- fülle an Urämie waren durch vor der Operation nicht bemerkte renale Veränderungen veranlaßbt. Bei acuter Urämie kamen 16 Todesfälle auf 29 Operirte, bei chronischer Urämie 13 Todesfälle auf 46 Operirte. Wem das mechanische Hindernis des Urinabflusses von Dauer ist, muß der präter- naturale, suprapubische Gang dauernd erhalten werden; Verf. hat derartige Fälle bis zu 71/, Jahren beobachtet. Der Canal hat eine gewisse Länge und zwei Oeflnungen, eine vesieale und eine eutane, er ist von einem fibroelasti- schen Ringe umgeben, der oft sehr diek ist und mit einer beinahe zusammen- hängenden Schleimhaut ausgekleidet ist. Die mittlere Länge ist 3—4 cm, er kaun aber auch 4—6 em lang werden. Seine Richtung ist gewöhnlich schräg von oben nach unten und von vorn nach hinten. Von den Cysto- tomirten, welche den Gang durchgängig behalten haben, haben 14 volle Continenz, 7 partielle und 13 Incontinenz. Die Function ist im Allgemeinen unabhängig von einer speciellen Disposition, sondern mehr von den neu geschaffenen anatomischen Verhältnissen. So hängt die Continenz ab von

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der Länge der künstlichen Urethra, von ihrem Caliber, von dem Vorhanden- sein des fibrösen Ringes, von der Resistenz der Musculi recti, von der Gegenwart von Klappen im Innern des Canals ete. Das mittlere Alter der Patienten war 72 Jahre. Immerwahr (Berlin).

VII. Blase.

Dr. Kedrowski (Moskau): Pathologisch-anatomische und bac- teriologische Untersuchung eines Falles von emphyse- matöser Cystitis. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. LXIX, Heft 3.) |

Die 28jährige Patientin erkrankte im achten Schwangerschaftsmonate plötzlich an eclamptischen Anfällen und wurde in bewußtlosem Zustande in die Klinik gebracht Da sämtliche angewandten Mittel erfolglos blieben, beschloß man, die Schwangerschaft künstlich zu unterbrechen. Nach Er- weiterung des Gebärmuttermundes mittelst Braun’schen Colpeurynters und Wendung auf den Fuß wurden zwei tote, für ihr Alter gut entwickelte Früchte extrahirt. Die eclamptischen Anfälle ließen nach der Operation nach, die Patientin starb jedoch unter Erscheinungen von Herzschwäche, ohne die Besinnuug wiedererlangt zu haben. Die Körpertemperatur betrug bei der Einlieferung der Patientin in das Krankenhaus 38,39%, stieg aber dann auf 39% In dem gleich nach der Operation mittelst Katheters entleerten Harn fand man viel Blut und Eiweiß. Die Section ergab nun folgende interessanten Veränderungen in der Harnblase und den Nieren: Die Harn- blasenschleimhaut ist von intensiv roter Farbe und mit großen Quantitäten blutig-trüber, schaumiger Flüssigkeit bedeckt. Ihr Gewebe enthält eine un- gxeheure Anzahl hirsekorngroßer Gasbläschen. Indem die letzteren sich in Häufchen gruppiren, bilden sie kleine eircumseripte Erhöhungen des Ge- webes, so dab sich die innere Oberfläche der Harnblase rauh anfühlt. Die Schleimhaut der Ureteren und der Nierenbecken ist rot, geschwollen und enthält einige kleine Blutunterlaufungen in Form von Flecken und Streifchen. Die Nieren sind vergrößert. Ihre Oberlläche ist mit einer großen Anzahl kleiner Eiterherde in Form von Flecken verschiedener Größe bedeckt. Charac- teristische Eiterstreifen verlaufen strahlenförmig, dem Gang der geraden Canälchen in der Marksubstanz entsprechend. Die Nierenrinde ist verdickt und geschwollen und enthält zahlreiche Eiterherdchen in Form von unregel- mäßigen Flecken. Unter der Nierenkapsel befinden sich zahlreiche Gruppen von Gasbläschen. Die mikroskopische Uutersuchung ergab: Die Harn- blasenschleimhaut ist stellenweise des Epithels beraubt und mit Blut be- deckt; nur in den Falten und Vertiefungen der Schleimhaut ist das Epithel

gut erhalten. Die Blutgefäße, namentlich die Capillaren und Venen sind stark

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gedehnt und stellenweise von stark ausgesprochenem rundzelligen Infiltrat umgeben. Solche Infiltrate sind auch außerhalb der Gefäße anzutreffen. Die Schleimhaut ist mit extravasirtem Blut getränkt, das teilweise auf die Ober- fläche tritt und die Epithelschieht abhebt. Die Gasbläschen nehmen die gesamte Dicke der Schleimhaut ein, ohne in die Muskelschicht hinüber- zugehen. Stellenweise sind die Gashläschen so zahlreich, dab sie etagen- weise aufeinander gereiht sind. An solchen Stellen sind die Wände der Bläschen sehr dünn und reißen bisweilen unter dem Druck der Gase. Die Bläschenhöhle eommunicirt dann entweder mit der eines anderen Bläschens oder mit der Harnblase. In manchen Stellen enthält die Schleimhaut ein, höchstens zwei Bläschen, die von einander durch ziemlich dicke Wände getrennt sind. Ihrer Größe nach sind die Bläschen sehr verschieden: manche fallen durch ihre Regelmäßigkeit auf, die meisten sind jedoch von unregel- mäßig rundlicher Form. Die Bläschenhöhle ist größtenteils ohne Inhalt: manche sind jedoch teilweise mit Blutkörperchen oder mit desquamirten flachen Epithelzellen ausgefüllt. Manche Bläschen haben rauhe, gleichsam zerrissene Wände; in anderen sind die Wände dagegen scharf umgrenzt und mit Endothelzellen ausgekleidet Diese so verschiedene Gestaltung der Bläschen wird durch ihren verschiedenen Ursprung bedingt: manche sind aus den Lymphspälten, andere aus den Lymphgefäben oder Blut- eapillaren, wiederum andere aus den Schleimhautfalten entstanden Mittelst verschiedener Färbungsmethoden gelang es Verf. in der Harnblasenschleim- haut eine grobe Anzahl von Bacterien nachzuweisen, die sich von den Anthraxbacillen durch geringere Größe und durch abgerundete Ecken unter- scheiden. Die Bacterien sind über die ganze innere Oberlläche der Schleim- haut zerstreut und in besonders großer Anzahl zwischen den Epithelzellen und den Formelementen des extravasirten Blutes anzutreflen. Die Schleim- hautfalten, den Lymphspalten und den Capillaren entlang verbreiten sich die Facterien in die Tiefe der Schleimhaut zwischen den Gasbläschen. Durch Culturvertahren gelang es Verf., aus der schaumigen Flüssigkeit, die die Harmblasenschleimhaut bedeckt, nur eine einzige Bacterienart zu isoliren, die die Eigenschaft besaß, bestunmte Nährmedien zu vertlüssigen resp. in denselben Gas zu bilden. Verf. glaubt nun annehmen zu dürfen, dab das Emphysem der Harnblasenschleimhaut in vorliegendem Falle zu Lebzeiten der Patientin begonnen hatte, und daß das vor- gefundene pathologisch-anatomische Bild mit Recht als Cystitis emphysematosa bezeichnet werden könne. Li.

Dr.Pawinski(Warschau): Beitrag zur Frage von den Atmungs- störungen bei Greisen in Folge von ungenügender Ent- leerung der Harnblase. (Gazeta lekarska 1898, No. 1—3.)

Verf. beschreibt fünf Fälle von Störung der Atmung und der Blut- eireulation, herbeigeführt durch ungenügende Entleerung der Harnblase in

Folge von Prostatahypertrophie. Beiden Patienten, die sämtlich im Greisen-

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alter standen, waren zwar bestimmte Veränderungen im Gefäbsystem und Atmungsapparat vorhanden, die genaue Untersuchung ergab jedoch, daß diese Veränderungen unzureichend waren, um die Asthmaanfälle herbeizu- führen. Dagegen sprachen auch die mangelhaften Resultate der eingeleiteten medieamentösen Behandlung, während der sofortige Erfolg der jedesmaligen Haruentleerung mittelst Katheters für den vesicalen Ursprung der Atmungs- beschwerden sprach. Eine der häufigsten Ursachen der ungenügenden Harı- entleerung bei Greisen ist die Prostahypertrophie. Anfangs wird das durch die vergrößerte Prostata bedingte Hindernis der Harnentleerung durch die compensatorische Hypertrophie der Muskelfasern der Harnblase beseitigt. Mit der Abnahme der Contractilität der Blase stellen sich jedoch Symptome ein, die den Arzt auf die beginnende Prostatahypertrophie aufmerksam machen. An der Spitze «dieser Symptome steht der häufige Harndrang, der sich besonders des Nachts und des Morgens geltend macht. Von wichtiger diagnostischer Bedeutung ist ferner die Vergrößerung der Harnmenge, namentlich der Nachtportion, was Guyon als refleetorische, durch Steigerung des intravesicalen Drucks herbeigeführte Erscheinung betrachtet. Was nun den Zusammenhang zwischen der Harnverhaltung und den Asthmaerschei- nungen betrifft, so sind hier zwei Möglichkeiten gegeben: entweder liegt hier Selbstvergiftung des Organismus vor oder mechanische, reflectorische Wirkung der gedehnten Harnblase. Da die Asthmaerscheinungen auch dort vorkommen, wo die Erweiterung der Harnblase nicht besonders groß ist, so neigt sich Verf. zu der ersten Erklärung. Auch spricht für die Autointoxication die Hartnäckigkeit der Erscheinungen, welche durch keine beruhigende Mittel zu bekämpfen sind. Schließlich sprechen für die Auto- intoxication die langwierigen gastrischen Störungen, welche Guyon selbst bei geringen Graden von Harmmverhaltung beobachtet hatte, Es ist zwar zweifellos, daß bei langdlauernder Verhaltung in der Harnblase eine Resorp- tion von toxischen Stoffen von derselben aus stattfinden kann, Dank den Veränderungen des Epithels und der Gefüße. Andererseits liegt die Beob- achtung von Bouchard vor, nach der man einem Menschen, um ihn zu vergiften, die gesamte, innerhalb 523 Stunden ausgeschiedene Harnmenge injieciren müßte, und so muß man annehmen, dab die Autointoxication auch auf mangelhafte Ausscheidung gewisser Substanzen durch die Nieren zurück- zuführen ist.

Die Atmungsbeschwerden verlaufen in den fraglichen Fällen bald unter der Form von Asthma cardiacum, zu dem sich bisweilen stenocardiale Schmerzen hinzugesellen (Asthma cardiacum dolorosum), bald in Form von Stenocardia astlımatica, bald in Form von subjectivem Asthma, bald in Form von typischer Polypnoe. Schließlich tritt Lähmung der Mm. erico- arytenoidei postiei ein, bedingt «dureh centrale Affeetion des unteren Kehlkopf- nerven. Typische Erscheinungen des Asthma bronchiale treten in solchen Fällen nicht auf.

Es ist noch hervorzuheben, daß die Prostatahypertrophie bisweilen Monate und Jahre hindurch besteht, ohne dab es zu den geschilderten

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Atembeschwerden kommt. Verf. führt diese Erscheinung auf gesteigerte Function der Nieren zurück, die sich bei Prostatikern in Form von Polyurir kundgiebt. Li.

Delefosse: Sur un cas de calcul vésical méconnu. (Ann. des mal. gén.-urin. 1898, No. 7.)

Guyon hat bereits auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die für die Diagnose eines Blasensteins eintreten können: die Veränderungen der Blase. die übergrobe Contraction ihrer Wände, der schmerzhafte Zustand. bedingt durch Cystitis, ihre Unfähigkeit, sich zu entleeren, und endlich die zu große Inhaltsfähirrkeit derselben, und von Seiten des Steines: seine Natur und sein Volumen. Auch dem geübtesten Chirurgen kann deshalb passiren, die An- wesenheit eines Steines zu verkennen. D. weist noch auf ein anderes Hindernis hin: Prostatahypertrophie mit Aussackung der Blase und das schnelle Wachstum der Steine, namentlich der Phosphatsteine. Daher kann es kommen, dab ein Chirurg einen Stein nicht vortindet, während dieses einem anderen einige Zeit später gelingt. Einen solchen Fall beschreibt Verf., bei dem es ihm gelang, sechs Monate nach erfolgter Consultation bei zwei Specialisten einen Stein zu constatiren Der Stein war zur Lithotripsie zu groB und wurde deshalb durch Sectio alta mit nachfolgender Drainage entfernt. Nach acht Tagen Exitus an Urämie.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Pasteau: Cystoscopie et lithotritie chez la femme. (Ann. des mal. gén.-urin. 1898, No. 8.)

Verf. schildert einen Fall, in dem vor sechs Jahren die Hystereetomie gemacht worden war. Seit zwei Jahren beständig Urinbesehwerden. Urethra durch kleine Polypen mehrfach verengt. Entfernung derselben, Erweiterung der Urethra, bedeutende Besserung. Doch restiren immer einige Beschwerden. besonders Brennen nach der Miction und stoßbweises Uriniren. Vor zwei Monaten wurde spontan ein kleiner Stein entleert. Einmal wurde bei Druck auf die Blase etwas Urin entleert. Manchmal trat auch plötzlich Urm- verhaltung auf. Verschiedene Untersuchungen mit dem Cystoskop erwaben nunmehr eine unregelmäßig gestaltete Blase mit großem sackartigen Diver- tikel, in diesem saß in einer Lacune (Logette) ein ca. 3 ccm großer Stein, der allen Bemühungen zum Fassen und Zertrümmern trotzte, obgleich er öfters seine Lage verließ, um den Blaseneingang zu verschließen und die TUrinverhaltung herbeizuführen. Endlich wurde in Narcose ein Albarran'seches Cystoskop zugleich mit einem Lithotriptor eingeführt, und ein Assistent drückte von der Varzına her die hintere Blasenwand nach vorn. Jetzt erst gelingt es, den Stein zu fassen. Verf. hält es in den einfachen Füllen für genügend, Steine mit dem Metallkatheter allem zu finden, aber in den complieirten Fällen, bei Divertikelbildung und abnormer Gestalt der Blase empfiehlt er die gleichzeitige Cystoskopie, und zwar mit dem Albarran’schen Instrument, da dieses einen so kleinen Ansatz (Onglet)

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dürfte sich in solchen Fällen das Casper’sche Operationseystoskop Lithotriptor-Modell mehr empfehlen. Ref.) Stockmann (Königsberg i. Pr.)

hat, daß ein anderes Instrument mit eingeführt werden kann. (Vielleicht

Héresco: Calculs vésicaux formés autour des corps étran- gers arrivés dans la vessie à travers la paroi vésicale. (Ann. des mal. gén.-urin. 1898, No. 8.)

Verf. beschreibt einen selbst erlebten Fall, in welchem im Anschluß an eine Coxitis ein Knochensplitter in die Blase gedrungen war und dort den Kern eines Phosphatsteines gebildet hatte, der 11 Jahre nach der Coxitis entfernt wurde. Vorher waren 14 Fälle (Gayet) bekannt, bei denen es sich immer um Knochensplitter aus Beckenknochen, die bei Gelegenheit von Entzündungen in die Blase gelangt waren, gehandelt hatte. Unbeschrieben fand Verf. noch zwei Fälle von Guyon, in denen Seidenfäden Gelegenheit zur Steinbildung gegeben hatten. Stockmann (Königsberg i. Pr.)

C. Rörig: Ueber Diagnose und Zertrümmerung einge- wachsener Blasensteine. (Centralbl. f. Harn- u. Sexualorg. 1898, No. 8.)

Verf. rechnet zu den eingewachsenen Blasensteinen alle diejenigen, welche durch Faserexsudat an oder in der Blasenwand befestigt sind. Je nach der Größe des freiliegenden Segmentes unterscheidet er drei ver- schiedene Formen:

1. eingebettete, bei denen der größte Teil des Steines frei liegt;

2. eingekapselte, bis zu einem größeren Teil, zu etwa der Hälfte ihrer Größe, eingewachsen;

3. eingesackte, zu ihrem größten Teil an- oder eingewachsen.

Die Diagnose ist, weil oft. die characteristischen Symptome fehlen, recht, schwierig. Das Cystoskop kann gute Dienste leisten (also doch). R. empfiehlt vorsichtiges Heraushebeln solcher Steme mittelst Sonde oder Lithotriptor. Oft finden sich angewachsene Steine neben losen und bleiben deshalb un- beachtet. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

P. Nogues: De l'emploi du serum gélatineux dans les hématuries vésicales d’origine néoplasique. (Annal. des mal. gén.-urin. 1898, No. 8.)

Verf. erklärt im Beginn seiner Arbeit, dab das beste Mittel gegen Blutungen aus Blasentumoren die Operation derselben sei. Aber teils seien die Tumoren inoperabel, teils die Krauken so angegriffen, daß man nicht gleich operiren könne; endlich entwickeln sich gern Reecidive aus der Schnitt- öffnung. In allen derartigen Fällen empfiehlt er, die Blutungen nicht durch nutzlose, innere Haemostatica zu bekämpfen, auch nicht direet durch die nutzlosen und gefährlichen, weil reizenden und die Muskelcontraction an-

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regenden, vaso-constringirenden Mittel, auch nicht durch Eisencehlorid, semdem durch proe. Lösung von Gelatine in physiologischer 0.7 pCt. NaCl-Löosung. welehe dureh zweimalizes, allmähliches Erhitzen bis auf 1009 sterilisirt wird (im Wasserbad). Diese Lösung wird mittelst Katheter unter folgenden Cautelen in die Blase injieirt: Vollständige Entleerung der Blase, vorsichtiges Aus- spülen derselben mit Borwasser, um mechanisch alle Reste, wie Schleim. Blutgerinnsel, Bruchstücke des Neoplasma zu entfernen, Injection kleiner Quantitäten des Serum, welche allmählich wieder entleert werden, und zuletzt Injection einer genügenden Quantität, um die Blase zu füllen, ohne aber sie auszudehnen. Dann wird der Katheter entfernt und die injicirte Serum- menge in der Blase zurückgelassen. Unter vier derartig behandelten Fällen trat nur einmal eine Gerinnung in der Blase ein, welche den evacuatorischen Katheterismus notwendig machte. Sonst wurden weder Schmerz noch ander- weitige Reactionen beobachtet. Diese Methode hat bei Uterus- und Rectum- blutungen, sowie bei Epistaxis Erfolge gehabt. Bei Blasenblutungen ist der Erfolg unsicher; sie hilft bei demselben Patienten einmal und zum zweiten Mal oft nicht. | Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Dr. Carl Fuchs (Wien): Ueber die therapeutische Verwen- dung des Tannopin. (Die Heilkunde, August 1898.)

Das Tannopin ist ein Condensationsproduct des Tannin und Urotropin. Letzteres wurde durch Nicolaier in die Therapie der Harnorganerkran- kungen eingeführt, und ist später von Mendelssohn, Cohn und Casper wegen seiner ausgezeichneten, chronische Blasencatarrhe günstig beein- tlussenden Eigenschaften zur therapeutischen Anwendung empfohlen worden. Das Tannopin hat somit den Zweck. die antibacterielle Wirkung des Uro- tropin mit der adstringirenden des Tannin zu verbinden. Aus der vorliegenden Mitteilung wollen wir nur den Bericht über einen Fall von Cystitis ent- nehmen, den Verf. mit Tamnopin behandelt hatte. Es handelt sich um einen 48 jährigen Patienten, der über häufigen Harndrang und Brennen beim Uriniren klagte. Der Harnbefund ergab saure Reaction, Eiweiß, im Sedi- ment zahlreiche Leukoerten. Der Krankheitsverlauf gestaltete sich unter der Tannopinbehandlung folgendermaßen: Der Harndrang wurde durch das Mittel nur unwesentlich beeinflußt, wohl aber ließ das Brennen beim Uriniren nach; die Diuresis stieg, indem beim jedesmaligen Harnlassen mehr Urin entleert wurde als früher, wo Patient nur mühsam einige Tropfen entleerte. Der Urin wurde klarer und weniger eiterhaltig. Das Tannopin kann somit mit dem Urotropin nicht in Concurrenz treten, doch entfaltet es eine sicht- bare Einwirkung auf die Symptome der Blasenerkrankung. Li.

P. Noguės: De l'eau chaude dans la thérapeutique des voies urinaires. (Ann. d. mal. gén.-urin. 1898, No. 7.)

Die Blase verträgt bedeutende Temperaturhöhe. Wasser von 60—620

rief keinerlei Schmerzempfindung oder sonst eine Beschwerde hervor. Höhere

Temperaturen in Anwendung zu bringen, ist zu vermeiden, weil leicht

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Eiweibeoagulation eintreten könnte. Weit empfindlicher ist die Urethrä, welche Temperaturen zwischen 38 - 420 gut erträgt, dagegen schon gegen 45° empfindlieh ist. Spülungen von diesen Temperaturen wirken schmerz- lindernd, aber nicht heilend. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

L. Picqué: Du traitement de l'infection vésicale, par la taille hypogastrique. (Ann. d. mal. gén.-urin. 1898, No. 8.)

P. hat die Sectio alta nicht nur bei Blasensteinen, schmerzhaften Cystitiden, Fremdkörpern angewendet, sondern auch bei schweren Tnfectionen der Blase. Er giebt in diesem Aufsatz die Schilderung eines solehen Falles wieder und bespricht die Indieationen und event. Erfolge. Dem betreffenden Kranken war vor circa 3—4 Jahren wegen einer sehr engen Strietur eine interne Urethrotomie gemacht worden. Der Patient bougirte nicht, die Strietur recidivirte und führte zur Harnverhaltung. Blase bis zum Nabel, zersetzter, infectiöser Urin, der tropfenweise, unter sehr großen Schmerzen in einer Quantität von über 21 pro Tag entleert wird. Dieser übermäßige Abgang trüben Urins (Polvurie trouble) ist das sicherste Kennzeichen einer aufsteigenden Pyelonephritis. Jeder Versuch des Katheterismus war un- möglich, die Harnröhre ließ nicht die feinsten Bougies durch. Temperatur 399, der Kranke im Verfall. In Frage kamen lediglich Punction der Blase oder Eröffnung. Erstere wendet P. bei Harnverhaltung ohne Infection, namentlich bei Geisteskranken, an; letztere bei Infeetion, indem er die inficirte Blase wie einen AbsceB ansieht. Hier ist der Schnitt weniger gefährlich als die Punetion. Auch im vorliegenden Falle wurde die Sectio alta mit dem Erfolge gemacht, daß das Allgemembefinden sich in wenigen Tagen besserte.

Nach Verf. beruht die infeetiöse Gystitis teils auf Blennorrhoe, teils auf septischem Katheterismus. Tritt nun bei einer solchen irgend ein Hindernis für die Urinentleerung, zZ. B. Prostatahypertrophie, ein, so erweitert sich nicht nur die Blase, sondern auch die Ureteren und das Nierenbecken. Letzteres kennzeichnet sich durch den vermehrten Abgang trüben Urins. In solchem Falle heißt es energisch eingreifen. Bei der Pyelonephritis ist. sofortiger Eingriff indieirt; bei der suppurativen parenehymatösen Nephritis mit vermindertem Urin soll man abwarten. Ueber die Behandlung der in- feetiösen Krankheiten der Harnwege ist man sehr verschiedener Meinung; die einen reden dem Katheterismus das Wort, die anderen (Tuffier) halten die Sectio alta für einen Notausweg im äubersten Fal. Dem gegenüber betont Verf., daß man nicht zögern, sondern schnell operiren soll, wenn der Fall geeignet ist. Für geeigmet hält er alle diejenigen Fälle, in denen schon die Nieren ergriffen sind, parenchymatöse Veränderungen aber noch nicht gesetzt sind. Im ersten Fall wird viel, im letzten nur wenig Urin ab- gesondert. Die alte Unterscheidung acuter oder chronischer Catarrh ist hinfällig. Der Schnitt hemmt vollständig das Ansteigen der Infection und wirkt somit lebensrettend. Deshalb soll man ihn sogar anwenden bei in- fectiösem Catarrh der Blase allein, wenn Spülungen nicht schnellen Erfolg geben. Macht man den Schnitt bei spärlicher Urinseceretion, so folgt bald

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Anurie, unterläbt man aber den Schnitt bei reichlicher resp. vermehrter Ausscheidung trüben Urims, so läuft man Gefahr, daß die Infection das Nierenparenchym ergreift, d.h. dab die Krankheit unheilbar wird. P. operirt nach der Technik Guvon’s und Halle’s. Den Petersen’schen Ballon verwendet er, wenn keine erhebliche Ausdehnung der Blase vorliegt. Die Suspension der Blase mittelst zwei Seidenfäden erleichtert die Einlerung des Drains. Außer denen, die an Anurie sterben, können auch unter Er- scheinungen einer Phlegmone diejenigen zu Grunde gehen, bei denen die Drains schlecht functioniren und somit Vergiftung der Wunde eintritt. Daher passende Auswahl genügend weiter Drains, Otfenhalten der Wunde, Spülungen mit Iproc. Chloralhydratlösung. Hernien in Folge der Operation hat Verf. nicht beobachtet. So hält derselbe die Operation für gefahrlos und lebens rettend. Ein Kranker starb im letzten Jahr; er litt sehon vor der Operation etwas an Anurie. Aber Verf. wagte die Operation, weil die Urinmenge sich vermehrte. Von der Operation an bis zum Tode kein Tropfen Urin. Alle anderen wurden geheilt. Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Bachfeld: Ueber Vergiftungen mit Benzolderivaten (Ani- lismus). (Vierteljahrsschrift für verichtliche Medicin und offent: liches Sanitätswesen 1898, 2. Heft.)

Unter den Symptomen des Anilismus können auch Harnbeschwerden auftreten, wennschon dieselben selbst in schweren Fällen manchmal fehlen. Andererseits finden sie sich in ganz leichten Fällen, namentlich am Morgen nach Eintritt der Vergiftung. Sie sind von verschiedener Heftigkeit und können von einem leichten Brennen bei der Entleerung bis zu heftiger Strangurie wechseln. Der Urin ist dabei mehr oder weniger blutig gefärbt oder enthält nur mikroskopische Spuren von Blut. Manchmal aber ist über- haupt kein Blut und kein Eiweiß im Urm zu finden.

Seit Rehn in Frankfurt 4 Fälle von Blasentumoren unter den Fuchsin- arbeitern der Höchster Farbwerke feststellte, von welchen er 3 Fälle ope- rirte, haben diese Harnbeschwerden eine gröbere Wichtigkeit erlangt. Zwei der von Rehn operirten Fälle hatten in der Gegend der Treterenmündungen gutartige, gestielte Papillome, der dritte ein Sarcom in derselben Gegend. Während die beiden ersten Fälle geheilt wurden, ging der dritte an einem Recidiv alsbald zu Grunde.

In B!s Fällen kamen Urinbeschwerden weder bei reiner Nitrobenzol- noch bei reiner Amilinvergiftung vor. Bei 5 Fällen von Dinitrobenzol- vergiftung wird einmal ein leichtes Brennen des Harns am anderen Morgen erwähnt, ebenso bei einem Fall von XNitroacetanmlideinwirkung. Unter 9 Fällen von Paranitranilinvergiftung waren 5 Arbeitsfähige, von denen nur einer Harnbeschwerden hatte. während 4 Fälle, welche zusammen 9 Tage außer Arbeit waren, sämtlich über Harndrang klagten (Brennen mit häufigen spärlichen Entleerungen), ohne dab Blut oder Eiweiß im Urin ge- funden wurde. Am regelmäbigsten war schmerzhafter Harndrang nach Orthotoluidin-Einwirkung mit oder ohne Blutharnen, sei es, daß es als reiner

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Körper oder in der Mischung des Rotöles verwandt wurde. In 2 Fällen von reiner Orthotoluidinvergiftung und in 6 Fällen von Vergiftung mit Ge- nischen von Nitrobenzol, Ortho- und Paranitrotoluol, Anilin, Ortho- und Paratoluilin wurde immer Strangurie festgestellt. In 7 Fällen fand sich Blut im Urin und eine entsprechende Menge Eiweiß (keine Harnceylinder), Die Strangurie und gegebenen Falls die Entleerung eines blutigen Harns begann 6—12 Stunden nach der Vergiftung und dauerte 24 Stunden bis 6 Tage. Verf. schließt, daß auch in den Rotölen das Orthotoluidin die Häürnbeschwerden veranlaßt. Auch Stark spricht sich an der Hand folgen- den Falles hierhin aus. Ein Arbeiter, welcher eine schwere Vergiftung durch Toluidin erlitt er hatte während der Nacht vom 27.—28. Januar ein Bassin mit Toluidin ausgeschöpft bekam 48 Stunden später eine solche Strangurie, daß er wie ein Tier schrie und kaum zu bändigen war. Die Glans penis und das innere Vorhautblatt bedeckten sich mit Geschwüren von schmutziggelbem Belag, der ganze Penis war stark geschwollen. Der Urin war stark bluthaltig. Die Strangurie war bis zum 5. Tage sehr heftig und verschwand erst dann allmählich bis zum 8. Tage. Der Blutgehalt des Harns war bis zum 7. Tage unverändert und hörte erst am 10. Tage auf.

Dreyer (Köln).

VHI. Ureter, Niere ete.

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Wolf Becher und Rudolf Lenhoff (Berlin): Körperform und Lage der Nieren. (Deutsche med. Wochenschr. 1898, No. 32. Es steht gegenwärtig fest, daß es außer der wirklich wandernden und zugleich verlagerten Niere noch solche giebt, bei denen die Ortslage gar nicht oder nur in mäßigem Grade verändert ist, die sich nur mit dem Ah- und Aufsteigen des Zwerchfells verschieben und die doch palpabel sind. Diese Gruppe von Nieren wird in der Litteratur häufig auch als Wanderniere, besser jedoch als „palpable Niere“ bezeichnet. Die Verf. haben nun an einer größeren Reihe von lebenden Personen Untersuchungen angestellt, um die Verhältnisse zu ermitteln, unter denen die Nieren der Palpation zugänglich sind. Was die weiblichen Personen anlangt, so läßt sich die natürliche Lage der Niere bei Einheimischen kaum feststellen, da sie von Jugend an ihren Leib durch Rockbänder einschnüren, wozu später das Corset tritt. Die Verfl. haben daher an 24 Samoanerinnen, welche vor einigen Jabren in Berlin zur Schaustellung gelangten, diesbezügliche Untersuchungen angestellt. Es handelte sich durchweg um jugendliche, wohlgebildete Personen zwischen 13 und 26 Jahren, deren Kleidung, wie die Vert. im Einzelnen ausführen, keinerlei Einschnürung des Leibes in sich schloß. Es gelang den beiden Autoren übereinstimmend und unabhängig von einander in 6 von den 24 Fällen die rechte Niere zu fühlen, und zwar war

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die rechte Niere bei tiefer Inspiration der Palpation zugänglich, wenn man bimanuell in der üblichen Weise dieht unter dem Rippenbogen untersuchte: die Niere war in den einzelnen Fällen in verschiedener Ausdehnung palpabel, in keinem Falle war sie (abgesehen von der respiratorischen Verschieblich- keit) passiv beweglich. Aus diesem Ergebnis schließen die Vert.: Das Vor- kommen palpabler, respiratorisch verschieblicher Nieren an sich ist vom Schnüren unabhängig. Weitere Untersuchungen stellten die Autoren in der Poliklinik für innere Krankheiten von Prof. Litten in Berlin an. Da dort bei jedem Patienten die Bauchorgane untersucht werden und speciell anch geprüft wird, ob die Nieren palpabel sind, so verfügen die Verff. über ein großes Material und waren daher in der Lage, aus der Körperform im All- gemeinen Anhaltspunkte abzuleiten und vorher zu bestimmen, in welchen Fällen die Nieren der Palpation zugänglich waren. Diese positiven Fälle zeichneten sich aus durch schlanke, gefällige Statur, langen, meist schmalen Thorax, längliches, leicht abgeflachtes, seitlich sanft abfallendes Abdomen: die negativen Fälle sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet: ge- drungene Gestalt, kurzer, breiter Thorax und rundlich gewölbtes Abdomen mit verhältnismäßig kleinem Längs- und großem sagittalen und frontalen Durchmesser. Die Vertf. glauben ihre Resultate in eine mathematische Form bringen zu können. Addirt man Länge des Sternums und des Ab- domens, so erhält man die Entfernung des Jugulum bezw. der Incisura semilunaris manubris sterni vom oberen Rand der Symphyse; diese Zahl dividire man durch den geringsten Umfang des Unterleibs; der Quotient, mit 100 multiplicirt, stellt einen für die Körperform characteristischen Index dar; dessen Wert betrug bei 24 untersuchten Personen (Samoanerinnen) 66 bis 91, im Durchschnitt 75. Die rechte Niere konnten die Autoren in sechs Fällen mit den Indices 69, 75, 78, 83, 83, 91 fühlen. Bei den 18 Personen, bei denen die Palpation ergebnislos war, betrug der Index im Durchschnitt 73, bei den 6 anderen Patienten 80. Die Verff. schließen daraus: je größer der obige Index ist, um so eher ist zu erwarten, daß die Niere gefühlt werden kann, und umgekehrt. Bei 300 einheimischen Patientinnen der Litten’schen Poliklinik fanden die Verf. als Durchschnittswert ihres Index 77; es ergab sich dieselbe Beziehung zwischen Indexwert und Wahrscheinlichkeit der Palpabilität der Nieren wie bei den Samoanerinnen, d. h., liegt der Wert des Index über dem Durchschnitt, so kann man mit einiger Wahrschein- lichkeit auf palpable Nieren rechnen, und umgekehrt. Bei den Berliner Patientinnen überstieg die Zahl der palpablen Nieren diejenige mit nicht palpablen Nieren bei Weitem. Auch die Männer, bei welchen die Nieren fühlbar waren, wiesen sämtlich einen hohen Wert des Index auf. (Die Verff. hätten bei ihren 300 Berliner Patientinnen die Resultate ihrer Messungen im Einzelnen angeben sollen; dann wäre es möglich, ihre Resultate in der präciseren Form der Wahrscheinlichkeitsrechnung auszudrücken, d. h. man könnte angeben, mit welcher Wahrschemlichkeit bei Indexwerten unter resp. über dem Durchschnitt palpable Nieren erwartet werden können. Die 24 Fälle der Samoanerinnen reichen dafür nicht aus. Ref.) R. L.

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Trzebinskı: Ein seltener Fall von hämorrhagischer Ne- phritis, entstanden im Anschluss an Malaria. (Przeglyd lekarski. Wratsch 1898, No. 32.)

Der Fall betrifft einen 31/,jährigen Knaben, der an Malaria von drei- tägigem Typus erkrankte und am zehnten Tage der Erkrankung im Harn 1 ,0/, Eiwesb hatte. Im Harnsediment fand man bedeutende Quantitäten von Harnsalzen und rote Blutkörperchen. Im weiteren Verlauf der Krankheit fand man bei der mikroskopischen Untersuchung des Harns glasartige Cylinder und Nierenepithel. Nach jedem Fieberanfall wurde Steigerung des Blut- und des Eiweißgehaltes des Harns beobachtet. Die Behandlung bestand zuerst in Verabreichung von Chinin bis 0,6 pro die, zuletzt wurde Methvlenblau in Dosen von 0,06 zweimal täglich gegeben. Resultat vollständige Genesung.

Li.

Bar, Menu und Mercier: Ueber die Durchlässigkeit der Nieren für Methylenblau. (Centralblatt f. Gynäkologie 1898, No. 33.)

Verfl. injieirten subeutan 0,05 & Methylenblau in 11 Wasser und ver- folgten die Ausscheidung durch den Urin vermittelst Katheterisirens in kleinen Zeitintervallen bei 2 normalen Schwangeren, bei 4 Schwangeren mit Albuminurie und 2 Eclamptischen. Bezüglich der Schnelligkeit, mit der das Methylenblau im Urin erschien, zeigten die gesunden Schwangeren die gewöhnlichen Verhältnisse; die ersten Spuren erschienen ca. eine Stunde nach der Injection, und zwar bei der Multipara etwas rascher, als bei der Ipara. Bezüglich der Albuminurie und Eclampsie behaupten sie, daß dabei Erkrankungen der Nierenepithelien vorliegen, trotzdem bei den Albuminurien und einer Eclamptischen die Ausscheidung schneller als gewöhnlich erfolgte. Eine der Albuminurien kam zur Section, und es fand sich eine alte inter- stitielle Nephritis mit frischer Epitheldegeneration. Bei den gesunden Schwangeren erreichte die Methylenblauausscheidung nach vier resp. zwölf Stunden ihr Maximum und war nach 30—36 Stunden beendet; bei den Frauen mit Albuminurie und den Eclamptischen machte sich eine Neigung zur verlängerten Ausscheidung um so mehr bemerkbar, je stärker die Albu- iminurie war; bei einer Eclamptischen jedoch, der die Injection drei Stunden nach dem letzten Anfälle gemacht wurde, war die Ausscheidung wie bei normalen Fällen schon nach 35 Stunden beendet. In den öfters beobachteten Schwankungen und dem vorübergehenden Schwächerwerden resp. Aussetzen der Methylenblausecretion liegt vielleicht ein Hinweis auf zeitweise func- tionelle renale Incapacität. Achnliche Schwankungen finden sich auch in der Gallenfarbstoffausscheidung bei icterischen Eelamptischen. Jedenfalls sind bei Eelampsie die XNierenläsionen nicht die Ursache der Krankheit, sondern secundär. Außer dem Methylenblau ist im Urin ein Leukoderivat desselben durch Ansäuern und Kochen nachweisbar, dessen Ausscheidung der des Methylenblaus voranzugehen pflegt und dieselbe überdauert, In

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den erwähnten Fällen war die Ausscheidung des Derivats öfter länger als normal; der Urin war dabei aber nicht alkalisch, sondern gewöhnlich stark sauer. Immerwahr (Berlin‘.

Dr. G. Kobler (Sarajewo): Ueber das Auftreten von Albu- minurie und Harncylindern bei mit Obstipation einher- gehenden Darmaffectionen. (Wien. med. Blätter 1898, No. 35.)

Seit jeher ist die Albuminurie und die Ausscheidung von Harel als ein wichtiges Symptom der Cholera anerkannt. Auch bei dysenterischen und dysenteroiden Darmeatarrhen hatte Verf. Gelegenheit zu solchen Beob- achtungen. Bedeutungsvoll wurden dieselben aber dadurch, dab, als sich bei einigen derselben ein chronischer Darmcatarrh herausgebildet hatte und Perioden von Diarrhoen mit solchen von Obstipation wechselten. gerade in den letzteren Perioden Albuminurie und Crlinderansscheidung nachzuweisen war. In einer Anzahl von Fällen fand mun Verf., daß bei Darmzuständen acuter und subacuter Natur, welche ohne Durchfälle, ja sogar mit heftiger Obstipation einhergingen, hyaline Cylinder, Cylindroide und Nierenepithelien, mitunter auch rote und weibe Blutkörperchen im Urin sich zeigten, ohne daß in allen diesen Fällen gleichzeitig Albuminurie bestand. Die Form- elemente schwanden aus dem Harne mit Aufhören der Obstipation und dem Eintreten normaler Stuhlverhältnisse. Diese Beobachtungen sind in ditferential- diagnostischer Hinsicht von Wichtigkeit, indem man dort eine Nierenerkrankung als Grundleiden annehmen könnte, wo blos ein Folge- zustand der Darmafleetion vorliegt. Den Schluß auf eine wirkliche Nieren- erkrankung wird man aber nur dann ziehen können, wenn mehrere Taxe nach dem Cessiren der Darmerscheinungen noch Albuminurie und Cylinder im Harne nachweisbar bleiben. Den Zusammenhang zwischen der Obstipation und den Nierenerscheinungen erklärt Verf. folgendermaßen: Bei der Obsti- pation, gleich wie bei den acuten Diarrhoen muß eine rasch eintretende und vollkommen reparable Schädigung der XNierenepithelien als Ursache angenommen werden. Zum Teil kommt dieselbe zu Stande durch die Re- sorption von Zersetzungsprodueten, größtenteils wird man aber an nervöse, refleetorische Vorgänge, vielleicht vasomotorischer Natur denken müssen, welche eine mitunter nur kurz dauernde Ernährungsstörung der Nieren- epithelien verursachen, die aber genügt, um unter Umständen Cylinder- ausscheidungen zu produciren, wo durch unsere Methoden Eiweiß noch gar nicht nachweisbar ist. Erst bei länger dauernden Störungen würde es dann auch zur Albuminurie kommen. Verf. wäre geneigt, bei der Aus- lösung der Nierenstörung den Schmerz, oder besser gesagt die schmerzhafte Kolik als einen wesentlichen Factor hinzustellen, durch welchen reflectorisch eine Contraction der Blutgefäße der Niere und damit eine vorübergehende Schädigung der Nierenepithelien entstehen kann.

Immerwahr (Berlin).

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Dr. Gillet: Albuminurie des jeunes sujets et perméabilité rénale. (Le progres medical 1898, No. 36.)

Bei der intermittirenden Albuminurie handelt es sich entweder um eine wahre, leichte Nephritis, deren Heilung möglich ist, oder um eine einfache functionelle, von Albuminurie begleitete Störung. Verf. gab in zwei Fällen von intermittirender Albuminurie Methvlenblau. Dasselbe erschien im Urin nach Verlauf der normalen Zeit, aber die Ausscheidung des Metliylenblaus war abnorm verlängert in Gestalt von intermittirenden schwächeren und stärkeren Schüben. S Immerwalhır (Berlin).

Luigi Concetti: L’organothäörapie dans les nephrites de l’enfance. (Le progres medical 1898, No. 36.)

Concetti behandelte mehrere Fälle von chronischer und acuter Nephritis im Kindesalter mit Nierenextract, welcher nach der Knoll’schen Methode zubereitet war; während der Behandlungsdauer orduete er eine specielle Diät an. Er rühmt die guten Erfolge, die er damit erzielt hat, kann aber bei der geringen Anzahl der behandelten Fälle zu keinem ab- schließenden Urteil kommen; jedenfalls empfiehlt er dringend die Anwendung des Knoll’schen Nierenextractes. Immerwahr (Berlin).

Dr. Poteenko (Station Iman der chinesischen Nordeisenbahn): Bel- trag zur Behandlung der Urämie mittelst subcutaner Injectionen von Kochsalzlösung. Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 8.)

Verf. hat in zwei Fällen von acuter, parenchymatöser Nephritis, die sich in heftigen urämischen Erscheinungen äußerten, subeutane Injeetionen von physiologischer Kochsalzlösung gemacht. Die Temperatur der Flüssig- keit betrug 32° R., jedes Mal wurden 300-—400 cem injieirt. Die Wirkung der Kochsalzlösung trat bereits nach der ersten Injection ein und äuberte sich in Regulirung und Steigerung der Herzthätigkeit, in Besserung des subjeetiven Befindens und fast immer auch in Steigerung der Harnseeretion. In beiden Fällen wurde durch diese Behandlung vollständige Heilung erzielt.

Li.

Einhorn (New York): Movable kidney and its treatment. (New-York Medical Record, 13. August 1898.)

Nach einer historischen Uebersicht legt Verf. unter eingehender Be- rücksichtigung der Literatur, gestützt auf eine reiche Erfahrung, die er aus ca. 500 Fällen im Laufe der letzten acht Jahre geschöpft hat, seine An- sichten über Aetiologie, Symptomatologie, Diagnose und Behandlung der Wanderniere nieder.

Die normal liegenden Nieren sind der Palpation nicht zugänglich. Mit Glenard unterscheidet er 4 Grade von Nephroptose, den 1. und 2. Grad, je nachdem nur der untere Teil bei tiefer Inspiration zu erreichen. oder der

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größere Teil des dislocirten Organs zu fühlen und festzuhalten ist, den 3. Grad, bei dem in tiefer Inspiration der obere Nierenrand erreichbar. und den 4. Grad, die eigentliche Wanderniere, bei der das ganze Organ auch in Exspiration der Palpation zugänglich ist. Congenitale Nierendislocation ist selten und klinisch von der erworbenen nicht differenzirbar.

Der große Unterschied der neueren Statistiken von Glenard,. Lindner. Kuttner und Verf. von älteren (z. B. Senator) hinsichtlich des Vor- kommens von beweglicher Niere erklärt sich aus der größeren Aufmerk- samkeit, die man dieser Anomalie neuerdings schenkt und der Verbesserung der palpatorischen Methoden. Des Verf.'s 1'/,jährige Statistik von 712 männlichen und 543 weiblichen Patienten ergab XNierendislocation hei 14 Männern (= 1,81 pCt.; stets rechtsseitig; vier 1. und 2., zehn 3. und 4. Grades) und 112 Frauen (= 20,6 pCt.; 107 rechts-, 1 links-, 4 beiderseitig: 32 1. und 2. Grades, 70 3. und 4. Grades). In ca. %, aller Fälle bestand Gastroptose (1. e. Magen zwischen Nabel und Symphyse), in der Mehrzahl der andern Fälle stand die große Curvatur am Nabel oder 1—2 Finger breit unterhalb desselben. Verlagerung der Leber wurde fünf Mal, der Milz ein Mal, Descensus uteri sehr häufig gefunden. Das Vorkommen von Enteroptose ohne Nephroptose constatirte Verf. im letzten Jahre bei 14 Frauen und 2 bei Männern.

Als ätiologische Momente nennt er das Corsett, fest geschnürte Rock- bänder, Schlaffheit der Bauchwand und Verlagerung der Sexualorgane in Folge von Geburten, schnelle Abmäagerung, vermehrte Nierencongestion zur Zeit der Menstruation. Seltsamerweise erwähnt er mit keinem Worte des Traumas. Immerhin blieben Fälle übrig, besonders bei jungen Mädchen und noch häufiger bei Männern, wo die Aetiologie unklar bleibt und mit Sulzer eine Prädisposition angenommen werden muß.

Zu den Symptomen der Wanderniere rechnet er ein Gefühl von Schwere und Zug im Abdomen, heftige Palpitationen im Epigastrium, Harndrang mit leicht brennendem Gefühl beim Uriniren, Kreuzschmerzen nach leichten Anstrengungen. Die Störungen sind beim Stehen und Gehen ausgesprochener als beim Liegen und bei Frauen während der Menstruation verstärkt, in der Schwangerschaft gebessert. Refleetorische Magenneurosen sind selten. Die häufig vorkommenden Magen- und Darmsymptome, wie Schmerzen, Ructus, Uebelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Durchfall sind ge- wöhnlich unabhängig von der Nierenanomalie. Unter 177 Fällen von mit intragastrischer Eleetrieität behandelten Magenaffectionen fand Verf. 43 Complieationen mit Wanilerniere (davon 24 Hyperchlorhydrien, 10 chronische Magencatarrhe, 2 Achylia gastrica, 6 nervöse Gastralgien, 1 nervöses Er- brechen). Schr häufig verläuft die Nephroptose, wie auch die Enteroptose ohne alle Symptome.

Die Diagnose mittelst bimanueller Palpation ist meist leicht; die obere Hand darf keinen zu starken Druck ausüben. Häufig sind die Nerven- contouren palpabel. Die Unterscheidung vom Colon ascendens ist in der Regel durch Formveränderung und Geräusche, die bei stärkerem Druck

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entstehen, ermöglicht. Schwieriger ist bisweilen die Differentialdiagnose von einer mit Steinen gefüllten Gallenblase.

Die Behaudlung mit Bauchbandagen ist allgemein anerkannt und wird auch von Einhorn geschätzt; doch beseitigt sie nur die aus der abnormen Beweglichkeit, der Nieren resp. der andern Banchorgane resultirenden Symptome; die Magen-Darmstörungen sind nach besonderen Principien zu behandeln. Eine Nierenpelotte ist meist überflüssig. Hebung der Ernährung und Kräftigung des Körpers durch Diät, event. Ueberernährung, Gymnastik, allgemeine Massage und Electricität leisten oft Erstaunliches. Verf. sah Fälle 2., ja 3. Grades unter dieser Behandlung heilen. Die Thure- Braudt’sche Nierenmassage erscheint überflüssig.

Der Werth der chirurgischen Therapie ist viel bestritten. Die von Keppler empfohlene Nephrectomie kommt bei uncomplieirten Wander- nieren kaum in Frage. Die Nephrorrhaphie von Hahn und ihre zahl- reichen Modificationen finden begeisterte Lobredner in Edebohls, Lewis und Anderen, während Landau, Huber, Boas Gegner jeglicher Operation sind. Verf. gesellt sich den Letzteren hinzu. Die zwei so häufigen Com- plicationen, Magen-Darmstörungen und Enteroptose, werden durch die Ope- ration nicht beeinflußt. Verf. hatte mehrmals Gelegenheit, operirte Patienten zu behandeln, deren Zustand nicht gebessert oder verschlimmert war und konnte in einem näher beschriebenen Falle durch diätetische Behandlung wesentliche Besserung erzielen. Die Resultate der diätetisch-mechanischen Therapie stehen der operativen keineswegs nach. Die Nephrorrhaphie- Statistik von Sulzer ergiebt fast 1, Mißerfolge; dazu kommt das Risico der Operation, die noch 2 pCt. Mortalität hat. Nur bei schweren Füllen ohne Complication, wo die diätetisch-mechimnische Behandlung vollständig versagt, mit anderen Worten, sehr selten ist die Operation gerechtfertigt.

R. Rosenthal (Berlin).

F. Roche: Hydatides du rein. Hydatides rendues avec les urines. (Ann. des mal. gen.-urin. 1898, No. 7.)

1. Ein Fall von Ecchinococeuseyste der linken Niere, welche zur Ope- ration kam und geheilt wurde: Laparotomie in der Medianlinie, 8 cm langer Schnitt, beginnend vom Proc. xiphoideus. Punction der großen, prall ge- füllten Cyste, Entleerung von 1500 g einer wasserhellen Flüssigkeit. Da der Sack mit den angrenzenden Organen vollständig verwachsen war, wird von der Enucleation Abstand genommen; es erfolgt Annähung an die Bauch- wand und Drainage Heilung in 40 Tagen. Verf. empfiehlt dieses Ver- fahren, da es viele Vorzüge hat; 1. kann man selbiges in der größten Mehr- zahl der Fälle in Anwendung bringen, in denen die Diagnose unsicher ist, 2. damy wenn der Kranke zu geschwächt ist, als daß er den Shock einer Nierenexstirpation ertragen könnte und 3. weil es den Chirurgen nicht der Gefahr aussetzt, eine allein vorhandene Niere zu entfernen.

2 Zwei Fälle, bei denen Hydatidenevsten von der Gröbe einer Wein- beere auf dem gewöhnlichen Harnwege abgingen. Beide Kranke sind ge-

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sundet. Derartige Beobachtungen sind bis jetzt sehr selten gemacht worden. u. A. von Simon, Valleix, Gauraincourt, Legues. Stockmann (Königsberg 1. Pr.‘.

Goldenhorn: Sur l'évacuation spontanée des abcès péri- nephritiques. (Ann. d. mal. sen.-urin. 1898, No. 6.)

Die Phlegmone des permephritischen Zellgewebes ist eine ziemlich seltene Krankheit. Bisher sind ca. 230 Fälle beschrieben worden. Von diesen sind von selbst 34 zum Durchbruch gekommen, das sind 14,78 pCt. Der Durchbruch erfolgte nach:

Brustfell und Bronchien 17mal Eingeweiden (Darm). . 11

wl Blase und Scheide .„ . 2 yp e Peritoneum . . ... 2,

Blase . . a.n.. In Die Eröffnung nach dem Darm (Coecum oder Colon) ist als die günstigste beobachtet worden. Verf. beschreibt im Weiteren einen Fall von perinephritischem Absceb. welcher sich in das Colon hinein in der Gegend des Coecum eröffnete und in Heilung überging. Stockmann (Königsberg i. Pr..

Barnard Holmes (Chicago): Adrenal tumours in the kidney. (Medical Record, New York; 18. Juni 1898.)

Die Nebennieren sind zum Leben notwendige Drüsen ohue Ausführungs- gang. Ihre Entfernung führt zum Tode, ihre teilweise Zerstörung zu einem Symptomencomplex, welcher dem der Addison’schen Krankheit ähnlich ist. Eine sehr gesteigerte Function der Nebennieren verursacht Contraction der Capillaren, Weiße der Haut, Verlangsamung des Pulses, Arteriosclerose und führt bei jungen Leuten bisweilen zum apoplecetischen Tode. Fast ein Drittel aller Nierentumoren bei Erwachsenen sind Nebennieren- Ursprungs, nur wenige zeigen Tendenz zur Metastasenbildung. Metastatische Tumoren kommen in den Knochen oder in den Lungen vor, nie in beiden zugleich; bisweilen geben sie Anlaß zu Symptomen, wie sie die gesteigerte Neben- nierensecretion hervorruft.

Einige Nebennierengeschwülste machen Symptome, wie sie durch Ver- giftung mit Nebennierenextract erzeugt werden. Ihre Entfernung führt zu Heilung, wenn noch keine Metastasenbildung erfolgt ist. Die Tumoren infiltriren nur in vorgeschrittenen Fällen die Nieren selbst, so dab im Be- ‚ginn eine Exstirpation ohne Verlust von Nierensubstanz möglich ist.

R. Rosenthal (Berlin‘.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck von Carl Marschner Lerlin SW., hilterstrusse 41,

Ueber die Behandlung der Prostatahypertrophie

nach Bottini.

Von H. Lohnstein (Berlin).

Wenn es richtig ist, daß wir diejenige Krankheit am wenigsten gründlich zu heilen in der Lage sind, gegen welche die meisten an- geblich wirksamen Heilmittel und Heilmethoden empfohlen werden, so muss es um die Behandlung der Prostatahypertrophie noch recht «übel bestellt sein. Besonders in den letzten Jahren hat man sich, nachdem in Folge der Guyon’schen Lehren eine gewisse Resignation in Bezug auf die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer activ ein- greifenden, operativen Therapie eingetreten war, von Neuem bemüht, auf Grund theoretischer Studien über das Wesen und die Natur dieses furchtbaren, den Lebensabend so vieler Greise trübenden Leidens, sowie erneuter histologischer Untersuchungen und Nachprüfungen der Veränderungen an den besonders betroffenen Organen, die active Be- handlung der Prostatahypertrophie in neue und erfolgreichere Bahnen zu lenken. Freilich läßt sich nicht behaupten, daß die theoretischen Untersuchungen im Wesentlichen neue Thatsachen zu Tage gefördert haben; ähnlich verhält es sich mit den meisten der neuerdings empfohlenen operativen Eingriffe, deren Mehrzahl schon vor kürzerer oder längerer Zeit geübt, dann aber wieder in Vergessenheit geraten ist. Immerhin ist durch die neuesten Arbeiten und Forschungen wenigstens der Be- weis erbracht, daß ganz so hoffnungslos, wie es nach Guyon und seiner Schule bisher schien, active Eingriffe bei Prostatahypertrophie doch nicht sind. Vor Allem ist die Guyon’sche Anschauung, nach welcher in der Pathogenese des Leidens die Hauptursache eine weit verbreitete Arteriosclerose sei, den qualitativen und quantitativen Ver- änderungen der Prostata eine secundäre Bedeutung zukomme, durch

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neuere Untersuchungen als nicht völlig zutreffend erkannt worden. Ergab sich doch aus manchen Beobachtungen, daB bei Patienten, die bereits ein jahrelanges Katheterleben hinter sich hatten, durch zweck- mäßige Verkleinerung der störenden Barriere die Contractionsfähigkeit der Blase soweit restituirt wurde, daß die Kranken später ihrer Katheter vollkommen entbehren und ohne Hilfe ihre Blase entleeren konnten. Dies berechtigt zu der Annahme, daß, wenn auch sicher den Verände- rungen, denen die Blasenwand bei Prostatahypertrophie ausgesetzt ist, ein erheblicher Anteil an der Herabsetzung der Leistungsfähigrkeit des Organes zukommt, sie doch sicherlich nicht ausschlaggebend sind, son- dern daß die primäre Ursache der Blasenlähmung in der Vergrößerung der Prostata und in dem dadurch geschaffenen Hindernisse zu suchen ist, welches je nach seiner Form und seinem Umfange in dem einen Fall größere, in dem anderen geringere Störungen der Blasenentleerung herbeiführt. Wenn diese bei der Prostatahypertrophie sehr bald einen relativ großen Umfang annehmen, so kommt dies daher, dab dieses Leiden sich in einem Alter entwickelt, in welchem sämmtliche Gewebe eben auf Grund der Altersveränderungen eine weit geringere Wider- standsfähigkeit besitzen, als bei anderen ähnlich gearteten Leiden, z. B. bei Harnröhrenstricturen, bei denen bis zum Eintritt der com- pleten Retention oft Jahrzehnte vergehen Deswegen überrascht es nicht, daß keineswegs in allen Fällen, in welchen eine Verkleinerung des Organs erzielt wurde, auch die gewünschte Besserung der Blasen- function wieder eintrat.

So sehr auch die Meinungen der verschiedenen Autoren bezūglich der Pathogenese der Prostatahypertrophie divergiren, so haben doch die neueren Forschungen über die Behandlung des Leidens eine Reihe von Indicationen ergeben, die für das ärztliche Handeln bei Prostatahypertrophie maßgebend geworden sind, mag man nun mehr der älteren oder neueren Ansicht über die Pathogenese huldigen, ein Anhänger der conservativ-palliativen Methoden oder des activ- operativen Vorgehens sein. Hierzu ist vor Allem die Forderung zu rechnen, es möglichst zu verhindern zu suchen, daß der Patient unter der Einwirkung des operativen Eingriffes ein längeres Kranken- lager durchzumachen hat. Vielfache Erfahrungen haben nämlich er- geben, daß durch dasselbe bei den durch das lange Leiden, sowie durch die in Folge des höheren Lebensalters minder widerstandsfähigen Kranken sich Krankheiten in anderen Organen (Herz, Lunge, Nieren) mit ungemein deletärem Charakter entwickelten. Diese allseitig an- erkannte Thatsache beeinflußt in erster Linie den Behandlungsplan für die meisten Fälle der Prostatahypertrophie. Je jünger und je kräftiger

der Patient ist, um so unbedenklicher wird man es wagen dürfen, zu eingreifenden operativen Behandlungsmethoden überzugehen, falls sich die zunächst versuchte conservativ-palliative Methode der regelmäßigen Katheterbehandlung nicht bewähren sollte. Je vorgeschrittener das Lebensalter des Patienten, je größer sein Kräfteverfall ist, um so mehr wird man Veranlassung haben, Behandlungsmethoden zu meiden, bei denen ein längeres Krankenlager voraussichtlich nicht zu umgehen sein dürfte. Dieselben Grundsätze hat man logischer Weise auch zu be- folgen, wenn es sich um die Wahl der Operationsmethode handelt, und zwar um so eher, je mehr es feststeht, daß der Erfolg jeder der ver- schiedenen, besonders in den letzten Jahren wieder mit besonderem Eifer empfohlenen Behandlungsmethoden doch ein höchst unsicherer ist. Weitere Indicationen ergeben sich aus der Art der Prostatahypertrophie, sowie aus dem Grade der Congestion, in welchem sich die Prostata und die Blasenschleimhaut befinden, endlich aus der Form der ver- größerten Prostata, besonders aus der Art und Weise, wie der in den Blasenhals hineinragende Abschnitt der Drüse, wahrscheinlich das aus- schlaggebende Hindernis für die Harnentleerung, entwickelt ist. In Fällen, in welchen es sich um diffuse Vergrößerung der Drüse mit besonders weichem Character handelt, wo die cystoskopische Unter- suchung geringe Entwicklung des in das Blasencavum hineinragenden Mittellappens der Drüse, dafür aber erhebliche Entwicklung der Blut- gefäße der Schleimhaut geb wird man sich leichter zur Castration resp. zur Resection der Vasa Ee entschließen, da diese Eingriffe, wie aus den Ausführungen von Mac Ewan!) hervorgeht, außer einer Verkleinerung der Drüse selbst auch einen starken Einfluß auf die Contractilität der Gefäße des gesamten uropoetischen Systems ausüben, als zur Eröffnung der Blase vom Perineum oder von den Bauchdecken aus mit secundärer Resection der obstruirenden Prostatateile.. Diese letzteren Eingriffe kommen vornehmlich in Erwägung bei den Formen der Prostatahypertrophie mit fibrösem Character, relativ geringer Ent- wicklung der Blutgefäße, zumal wenn es sich gleichzeitig um eine be- sonders ausgesprochene polypöse Entwicklung des Mittellappens handelt. Beobachtungen von Mac Ewan?) u. A. zeigten nämlich, daß selbst in den Fällen, in welchen der übrige Teil der Drüse durch die Castration

oder Vasectomie atrophirt, der so geformte Mittellappen relativ un- beeinflußt bleibt.

1) Mac Ewan: Die operative Behandlung der Prostatahypertrophie. Wiener med. Wochenschr. 1897, 24—27. 2) L. c.

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So erfolgreich die genannten Eingriffe in einer Reihe von Fällen jedoch gewesen sind, so stehen ihnen dennoch eine große Anzahl von Mißerfolgen gegenüber, die erkennen lassen, dab wir gegenwärtig noch nicht in der Lage sind, auf Grund unserer Untersuchungsmethoden Indicationen und Contraindicationen für derartig eingreifende Opera- tionen mit genügender Sicherheit zu stellen und es deshalb uns zur Pflicht machen, bei der Ausführung derselben uns möglichste Zurück- haltung aufzuerlegen. Dies gilt in erster Linie für die Castration, nach welcher nach Charlton®) und Borelius*) nicht nur Psychosen beobachtet worden sind, sondern welche auch, weil sie den Verlust

der allerdings in dem fraglichen Lebensalter nicht mehr so sehr eminent wichtigen Geschlechtsdrüsen zur Folge hat, von vielen

Autoren mit um so größerem Rechte verworfen wird, als sie nicht einmal die sichere Beseitigung des Leidens als Aequivalent zu bieten vermag. Kommt jenes Moment bei den anderen operativen Ein- griffen auch nicht in Frage, so bieten auch sie einerseits, soweit sich aus den vorliegenden Literaturangaben ergiebt, auch nicht mit annähernder Sicherheit die Gewähr für einen Erfolg, während sie abgesehen von der Vasectomie leider um so sicherer die Aus- sicht auf ein längeres Krankenlager für die Patienten eröffnen und schon deshalb aus den oben angeführten Gründen besonders bei alten, decrepiden Patienten zu verwerfen sind. So widerrät Thomson), im Allgemeinen ein Anhänger der Castration, dennoch ihre Anwendung, wenn schwerere septische Zustände bestehen, sowie in allen den Fällen, in welchen es sich um circumscripte Prostatavergrößerung handelt. Beck®) obwohl er gleichfalls besonders auf Grund von Mitteilungen von White, sowie eigener Beobachtungen, den günstigen Einfluß der Castration auf die Oontractilität der Blase, sowie ihre Wirksamkeit in Bezug auf die Wiederkehr der Blasenfunction rühmt, warnt doch vor ihrer An- wendung mit Rücksicht auf ihre hohe Mortalität (18 pCt.!), sowie auf ihre Aussichtslosigkeit bei fibröser Prostatahypertrophie. Rochet‘)

3) Charlton: Ein Fall von Prostatahypertrophie. Brit. Med. Journal, 25. April 1898.

4) Borelius: Zur Castration gegen Prostatahypertrophie. Centralblatt für Chirurgie 1896, No. 21.

5) Alexis Thomson: Personal experiences in the treatement of en- larged prostate. Edinburgh Medical Journal, August 1898.

6% Beck: Teber den Wert der Castration bei Prostatahypertrophie. Diese Zeitschr. Bd. II, Heft 6/7.

N) Rochet: Traitement chirurgical des prostatiques retentionistes. Ann. des maladies des organes gén.-urin. 1898, No. 1.

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verwirft sie als barbarischen und unsicheren Eingriff vollständig; dieselbe Ansicht vertritt Socin®), wie er denn auch sonst sich ab- sprechend über die Erfolge dieser und ähnlicher Operationen aus- spricht. Kaum anders sind die Urteile von Czerny°), Bryson!®), Kelsey!!), Alexander!?), Lydston!?) u. A. über die Castration. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der Vasectomie, die allerdings den Vorzug geringerer Gefahr hat, dafür aber, wie Mitteilungen von Thomson"), Carlier'®), Loumeau'®), Mac Ewan’) betätigen, höchst unbefriedigende Resultate zeitigt, überdies auch, wie aus Dumstrey’s'®) Beobachtung hervorgeht, gefährlichen Collaps zur Folge haben kann. Gegen die suprapubische Prostatectomie, die von Morton!?), Vallas?%), Rochet?), Cox2), Mamsell Moullin?), Alexander’), Mac Ewan?) u. A. in einzelnen Fällen dann empfohlen ist, wenn es sich um circumscripte Schwellung des intravesicalen Prostatalappens handelt,

8) Socin: Ueber die Bedeutung der Castration für die Behandlung der Prostatahypertrophie. Correspondenzbl. f. d. Schweizer Aerzte 1898, No. 17.

9) Czerny: Ueber die Castration bei Prostatahypertrophie. Deutsche med. Wochenschr. 1896, No. 16.

10) J. P. Bryson: Ueber einen Fall von Castration wegen Prostata- hypertrophie. Med. News, 22.—29. Juni 1895.

1) Charles B. Kelsey: Vergebliche Castration bei Prostatahyper- trophie. New York Med. Record, Mai 1895.

12” S. Alexander: Doppelseitige Castration bei Prostatahypertrophie. New York Med. Journal, 16. Mai 1895.

13) Med. News, 15. Juni 1895.

“) L. c.

IN Carlier: Valeur de la résection des canaux déferents dans l'hyper- trophie de la prostate. Verhandlungen des französischen Urologencongresses, 22.—24. October 1896.

16 Loumeau: Ibid.

"i Le

18) Dumstrey: Beitrag zur Behandlung der Prostatahypertrophie der Vasa deferentia. Centralbl. für Chirurgie 1896, No. 18.

19) Henry H. Morton: Die Bottini’sche Operation bei Prostata- hypertrophie nebst Bericht über fünf Fälle. Med. Record, 16. Sept. 1898.

2) Vallas: Traitement des prostatiques. Soc. de chirurgie de Lyon, 6. Februar 1898.

2) L. c.

2) Cox: Entfernung des mittleren Prostatalappens bei einem 76jähr. Manne. New York Med. Journal, 1. Juni 1896.

23) L. c.

>) New York Med. Journal, 11. Mai 1895.

2y Ire

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spricht die Schwere des Eingriffes, die die Patienten einem langen Krankenlager unterwirft. Dasselbe endlich gilt für die von Rochet und Mac Ewan für schwere Fälle von diffuser Vergrößerung der Drüse empfohlene Harrison’sche Operation.

Alle diese Nachteile hatten in vergleichsweise geringem Grade der Bottini’schen Behandlungsmethode an, mit welcher wir uns auf Grrund fremder und eigener Erfahrungen im Folgenden eingehender beschäfti- gen wollen. Wenn auch die Erfolge, welche die bisherigen Autoren, außer Bottini, mit dieser Methode erzielt haben, keineswegs an die mit vielem Enthusiasmus proclamirten Resultate heranreichen, auf Grund deren ihr Urheber dieselbe trotz der lange Zeit ablehnenden Haltung der Aerzte immer wieder 25 Jahre lang aufs Dringendste empfahl, so sind sie doch bedeutsam genug, um den Eifer zu rechtfertigen, mit welchem seit dem vorigen Jahre aller Orten an der Prüfung und dem Ausbau derselben gearbeitet wird.

Mehrere Momente nehmen von vornherein für diese Methode ein. Einmal die Thatsache, daß keinerlei eingreifende chirurgische Eingriffe bei ihr notwendig werden, ferner, dab sie die Patienten nicht zu einem nennenswert langen Krankenlager verurteilt, endlich, dab sie sich, unähnlich den anderen Operationen, nach Bottini stets anwenden läßt. Nur in dem Falle, daß die Einführung des Instrumentes nicht gelingt, müsse man auf ihre Anwendung verzichten, eine Eventualität, worauf man übrigens vor dem Eingriff die Patienten aufmerksam zu machen gut thue. Die Geschichte dieser Methode ist bekanntlich nicht ganz so jung, wie es nach der Zeit, innerhalb welcher sie allgemeiner bekannt und geübt worden ist, erscheinen möchte. Nachdem ihr Ur- heber Bottini bereits in den 70er Jahren mehrfach Mitteilungen über die Wirksamkeit der stumpfen Cauterisation der Prostata vom Blasenhalse aus gemacht hatte, nahm er auf dem X. internationalen Congresse zu Berlin Anlaß, seine Methode einem größeren Kreise von Fachmännern vorzuführen, ohne jedoch ein nachhaltiges Inter- esse für seine Mitteilungen erwecken zu können). Erst nach einer sechs Jahre später im Archiv für klinische Chirurgie neuerdings publi- cirten Schrift über das Wesen und die Resultate seiner Methode nahmen zuerst die deutschen Specialisten Anlaß, die enthusiasti- schen Mitteilungen Bottini’s auf Grund eigener Erfahrungen nachzu- prüfen. Die Ursachen für das langsame Durchdringen der Bottini- schen Methode lagen einmal in der Schwierigkeit, sich passende Instru-

26) Bottini(Pavia): Die galvanocaustische Diärese zur Radicalbehandlung der Ischurie bei Hypertrophie der Prostata. Technische Betrachtungen und klinische Bemerkungen. Arch. für klin. Chirurgie 1897.

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mente, vor Allem eine geeignete Electricitätsquelle zur Ausführung der Operation zu beschaffen, ein Umstand, der dem Autor selbst die Durch- führung seiner Ideen sehr erschwert hat, ferner in dem Einfluß, den die Guyon’sche Lehre von der Pathogenese der Prostatahypertrophie infolge der Autorität ihres Urhebers bei den Aerzten besaß. Im Gegen- satz zu Guyon, der in der wesentlich durch Arteriosclerose bedingten Leistungsunfähigkeit des gesamten uropoetischen Systems die haupt- sächlichste Ursache für die Harnretention sieht und diese seine Theorie mit Hilfe des reichen Materials seiner Klinik selbst sowie durch seine Schüler weiter ausgebaut hat, in der vergrößerten Prostata aber nur eine unwesentliche Teilerscheinung des Leidens erblickt, bildet nach Bottini gerade diese letztere die Hauptursache für die Entwicklung der Krankheit. Der durch gewisse Altersveränderungen bedingte Elasti- citäts- und Functionsverlust der Schleimhautmusculatur ist ihm nur ein ätiologisches Moment von relativ untergeordneter Bedeutung. Nach unserer Meinung dürfte wohl das Richtige in der Mitte liegen. Die von Mac Ewan auf Grund seiner Beobachtungen aufgestellte These, daß nach Castration die Verkleinerung der Prostata teilweise auf eine Contraction der Arterien des gesamten uropoetischen Systems zurück- zuführen ist und auch ohne Ausspülungen spontan ein Nachlaß der catarrhalischen Symptome der Blasenschleimhaut beobachtet worden ist, spricht doch für einen erheblicheren Anteil der Schleimhautverände- rungen an der Pathogenese des Leidens, als ihn Bottini und seine Anhänger gelten lassen wollen.

Der Hauptvorzug der Bottini’schen Operation besteht in der wahr- haft durchgreifenden und vielfach zu modificirenden Weise, in welcher sie die Beseitigung der die Harnentleerung hindernden Prostatabarriere ermöglicht. Ihre Wirkung ist nicht wie bei der Castration durch die Art der Hypertrophie oder durch gewisse Formveränderungen der Drüse beschränkt. Während Mac Ewan beobachtet hat, daß in Fällen, in welchen es sich um circumscripte, in die Blase hineinragende Prostata- lappen handelte, die Castration diese letzteren absolut unbeeinflußt ließ und functionell völlig wirkungslos blieb, bilden derartige Formverände- rungen für die galvanocaustische Incision, wie fast alle Autoren her- vorheben, keinerlei Hindernisse. Nur Morton?) vertritt für gewisse Fälle eine abweichende Ansicht, indem er annimmt, daß in den Fällen, in welchen der Mittellappen der Prostata stark entwickelt ist, der Bottini’sche Incisor eine nicht genügend tiefe Furche zu brennen im Stande ist, eine Befürchtung, die nach unserer eigenen Erfahrung der

m) L. c.

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Begründung entbehrt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Bottini’schen Operation liegt ferner darin, dab der ÖOperateur in der Lage ist, je nach Bedarf eine oder mehrere Breschen in die Barriere zu legen, während man beispielsweise bei der Castration, Vasectomie etc. auf die Form der Verkleinerung keinerlei Einfluß besitzt, was besonders für die Fälle mit eircumscripter Vergrößerung des Mittellappens (Mac Ewan) zutrifft. Allerdings sind dies gerade die Fälle, in denen auch die Bottini’sche Operation insofern bisweilen erschwert ist, als hier die Einführung des Cauterisators Schwierigkeiten bieten, ja zuweilen, wie Morton angiebt, unmöglich werden kann. Indessen scheinen der- artige Fälle doch höchst selten zu sein. Wenigstens nimmt kein Autor Veranlassung, auf Grund practischer Erfahrungen sich mit dieser Even- tualität zu beschäftigen; auch wir haben in unseren Beobachtungen das Instrument fast stets ohne irgend welche Schwierigkeit, nur einmal nach einigen vergeblichen Versuchen, aber doch in der ersten Sitzung in die Blase einführen können. Für jene Ausnahmefälle, die Morton im Auge hat, ist, falls eine Beseitigung des Leidens dringend indicirt erscheint, folgender Vorschlag der Prüfung wert: Man suche durch Vasectomie oder auch Castration zuerst eine allgemeine Schrumpfung der Drüse herbeizuführen. Durch die in Folge dessen eintretende Verkürzung der Pars prostatica; urethrae wird, wie von einigen Autoren bezeugt ist. eine erhebliche Erleichterung des Katheterismus erzielt. Sollte nun nicht schon durch den Effect der erwähnten Operationen ein weiterer Eingriff überhaupt unnötig werden, so könnte man nunmehr noch ein- mal die Einführung des Bottini’schen Incisors zwecks galvanocausti- scher Diärese des Mittellappens versuchen. Es würden durch ein der- artiges Verfahren an die Widerstandsfähigkeit der Patienten immer noch erheblich weniger Ansprüche gestellt wie durch das Vorgehen von Gouley, welcher nach Erfolglosigkeit der Castration die supra- pubische Prostatectomie ausführte. Ein weiterer Vorzug der Me- thode Bottini’s die Unschädlichkeit der Operation bei vollkommen aseptischem Verlauf, selbst bei sehr alten Patienten und bei fauligem Urin, ist jedoch nicht ernst zu nehmen. Wie kann der Wundverlauf der von fauligem Harn bespülten Brandwunde der Prostata, deren Brandschorf außerdem noch von sehr problematischer Haltbarkeit ist, ein aseptischer sein? Uebrigens entsprechen die von Anderen und auch von mir gesammelten Erfahrungen keineswegs dieser optimistischen Auffassung. Meyer (New-York)?®) z. B. stellt unter den Gefahren der Operation die

289) Willi Meyer: Bottini’s galvanocaustic medical treatement for hypertrophy of the prostate. Med. Record, 5. März 1898.

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in Folge des niemals herzustellenden aseptischen Zustandes auftretende reactive Entzündung als eine nicht zu unterschätzende Contraindication in erste Linie, welche besonders verderblich in den Fällen wirken kann, in welchen bereits vor der Operation Pyelitis, Pyelonephritis etc. bestandenhat. Dieser Auffassung müssen wir uns um so eher anschliessen, als auch wir in einem Falle, in welchem bei conservativer Therapie nach acuter completer Harnretention eine, wenn auch noch nicht genügende Besserung des localen und Allgemeinbefindens eingetreten war, die gegen meinen Rat von anderer Seite vorgenommene Bottini’sche Operation nicht nur keine Wirkung hatte, sondern durch Sepsis etc. Exitus letalis eintrat. Derartige Erfahrungen mahnen auf’s Dringendste, vor Ausführung auch dieses scheinbar geringfügigen operativen Ein- griffes aufs Sorgfältigste alle Contraindicationen zu erwägen. Willi Meyer warnt selbst in denjenigen Fällen vor Ausführung der Opera- tion, in welchen die Harnröhre eine gewisse Empfindlichkeit gegen Instrumente überhaupt zeigt. Nur wenn man derartige Grundsätze beobachtet, wird man bezüglich der Resultate der galvanocaustischen Prostatadiärese ähnliche Erfahrungen machen, wie Bottini selbst sie schildert, der als Vorzüge seines Verfahrens, abgesehen von der unmittelbaren Wirkungskraft, insbesondere die relative Schmerzlosig- keit und das Fehlen unangenehmer Nachwirkungen rühmt und in den letzten 23 Operationen Todesfälle überhaupt nicht mehr zu beklagen gehabt hat. Gewisse von anderen Autoren gemachte Einwände sind nach meinen Erfahrungen dagegen ziemlich belanglos. Der von Thom- son?®) gemachte Einwand, daß man bei der Operation im Dunkeln arbeite, ist deshalb irrelevant, weil man ja in dem Gefühl des Wider- standes beim „Einhacken“ der Prostata in die Concavität des Incisors eine ziemlich genaue Controle besitzt, und es nach den bisherigen Er- fahrungen nicht so sehr darauf anzukommen scheint, wo die Bresche in die Barriere, als darauf, dass sie überhaupt gelegt wird. Aus diesem Grunde halten wir auch das Nitze’sche®) Operationscystoskop, welches dem Mangel der Controle des Auges bei dieser Operation abzuhelfen sucht, nicht nur für überflüssig, sondern geradezu für schädlich, weil es durch seine für Prostatahypertrophie durchaus ungeeignete Form und sein relativ dickes Caliber neue nicht zu unterschätzende Gefahren für den Patienten schafft. Dass die von demselben Autor befürchtete Wiedervereinigung der durch die Galvanocaustik zertrennten Stellen

29) L. e. 3%) Max Nitze: Zur galvanocaustischen Behandlung der Prostatahyper- trophie. Centralbl. für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1897.

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unbegründet ist, hat schon Willi Meyer betont und darauf hin- gewiesen, dab sie durch den Harnstrahl, sowie durch den Tonus des Sphincter externus, dessen centrale Fasern durchschnitten werden, verhindert wird. Ob diese Erklärung zutreffend ist oder nicht, ich selbst habe mich in allen den Fällen, in welchen ich durch spätere, wiederholte Cystoskopie den Erfolg der Operation zu controliren Ge- legenheit hatte, von der Unmhaltbarkeit des Nitze’schen Einwandes überzeugt. In der Regel wurde die tiefe Furche der Prostatasilhouette, die sich deutlich im cystoskopischen Bilde abhob, in den nächsten Wochen breiter und breiter, bis schliesslich ein Bild sich darbet, welches statt des früher convex in das Gesichtsfeld hineinragenden Schattens eine mehr oder weniger deutliche Abflachung zeigte. Ab- weichende Beobachtungen, die auch von mir in einigen Fällen con- statirt worden sind, scheinen ihren Grund in einer nicht genügend aus- glebigen Trennung der Prostatasubstanz durch den Incisor zu haben, oder worauf ich noch später zurückzukommen haben werde, in einem relativ großen Ueberbleiben von glatter Musculatur. Ob auch die Recidive und Mißerfolge der Operation, die zwar nach Bottini niemals eintreten, von anderen Autoren und auch von mir wieder- holt beobachtet wurden, nur auf Kosten einer ungenügenden Cauter- sation oder auf einer Nachwirkung der elastischen Wirkung des er- haltenen Parenchyms zu setzen sind, ist nicht zu entscheiden. Am plausibelsten erscheint noch die Annahme, daß hier die Beschaffen- heit der degenerirten Schleimhaut, deren Contractionsfähigkeit zuweilen fast ganz verloren gegangen ist, den Mißerfolg verursacht hat. Eine vergleichsweise geringe Bedeutung ist dagegen den Blutungen zuzu- schreiben, die von Casper, WilliMeyer und Freudenberg in einigen Fällen und auch von mir einmal beobachtet sind. Dieselben sind be- sonders dann aufgetreten, wenn man den Vorderlappen der Drüse (hinter der Symphyse) durch Verletzung des daselbst besonders kräftig entwickelten Venenplexus cauterisirte, sowie nach Willi Meyer dann, wenn man bei Incision des hinteren Lappens den Schnitt zuweit bis in die blutreiche Pars posterior urethrae hinein ausdehnte. Sie lassen sich jedoch nach meinen Erfahrungen mit Sicherheit vermeiden, falls man dies senügend berücksichtigt. Dasselbe gilt auch von dem Harn- träufeln, welches von einigen Autoren (Willi Meyer u. A.), von mir zweimal beobachtet worden ist. Auch diese Complication, welche in der Regel schr bald wieder spontan verschwindet, hat ihren Grund darin, daß die Pars posterior in zu großem Umfange von der Diärese getroffen wird. Bei genügender Vorsicht ist sie leicht zu vermeiden. Bezüglich der Technik der Operation muß ich mich hier nur auf gewisse Einzel-

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heiten beschränken, die entweder noch Gegenstand der Discussion oder anderweitig noch nicht genügend hervorgehoben worden sind. Dies gilt in erster Linie von dem Instrumentarium, welches in seiner ur- sprünglich von Bottini publicirten Form, wie derselbe mehrfach selbst zugiebt, bezüglich seiner Zuverlässigkeit selbst den billigsten Ansprüchen nicht genügte. Wesentlich brauchbarer ist der von Freudenberg modificirte Bottini’sche Incisor, bei welchem vor allen Dingen die Kühlvorrichtung vollkommener functionirt, durch Verwendung von Platiniridium das Messer widerstandsfähiger wird und durch Verein- fachung der Construction eine Sterilisirung des Instruments selbst möglich ist. Immerhin läßt es sich auch bei diesem Instrument nicht immer vermeiden, daß durch Eindringen von Flüssigkeit in die inneren Teile Rostbildung eintritt, so daß bei wiederholter Anwendung die verschiedenen Schraubengänge gänzlich versagen. Diese letzten Nach- teile fehlen einem neuen Instrument, welches ich neuerdings mit bestem Erfolge angewandt haben), Dasselbe hat gegenüber dem Bottini- Freudenberg’schen Brenner außerdem eine Reihe anderer Vorzüge, die sich hauptsächlich auf die Führung des Platiniridiumbrenners beziehen. Die Construction dieses Brenners hat folgende Einzel- heiten: die Leitung zum galvanocaustischen Messer verläuft inner- halb eines Mittelrohres (a), das sich in dem zwei Kanäle enthaltenden weiblichen, katheterartigen Teile (b) frei bewegen läßt. Die Leitungen, die die Verbindung der Stromquelle mit dem Brenner vermitteln, sind derartig bemessen, daß sie und in Folge dessen der Katheter selbst möglichst wenig erwärmt werden. Die wenig Raum bean- spruchende, bequem zu handhabende Contactvorrichtung (c) liegt am unteren Abschnitt des Brenners. Der wesentlichste Unterschied zwischen den früheren und dieser modificirten Form des Brenners be- steht in der Vorrichtung, die für die Zurückschraubung des galvano- caustischen Incisors (P) aus der schützenden Hülle bestimmt ist. Die bei dem Freudenberg-Bottini’schen Incisor übliche, der bei ge- wissen Lithotryptoren gebräuchlichen entlehnte Vorrichtung hatte den Nachteil, dass bei der drehenden Bewegung einer festen Schrauben- mutter, welche eine mit dem Brenner verbundene Schraube und damit den Brenner selbst nach abwärts zog, das Instrument unbe- weglich festgehalten werden musste, um nicht die Drehbewegung auf den Katheter zu übertragen und so seitliche Bewegungen des

2!) Dasselbe, sowie der dazu gehörige Accumulator mit Amperemeter wird von der Firma W. A. Hirschmann, N., Johannisstrasse 14/15, an- gefertigt.

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Incisors zu erzeugen, die nicht allein diesen verbogen, sondern auch durch Verhinderung des Zusammenschiebens des Instruments unange- nehme Nebenverletzungen des Patienten zur Folge hatten. Alle diese

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W.A.HIRSERMANN, BERLIN, N

Figur 1. Figur 2. störenden Momente werden durch die neue Vorrichtung in wirksamster Weise beseitigt. Hier erfolgt nämlich die Bewegung” mittelst einer feinen Zahnstange (Z) und eines Triebes (W). Die Bewegung des

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Triebes geschieht in gleicher Richtung, in welcher sich der Incisor bei der Operation bewegen soll. Die Aufgabe des Operateurs ist daher bei diesem Brenner technisch weit einfacher, er hat nicht nötig, seine Aufmerksamkeit zwischen der Regulirung der drehenden Bewegung am Endstück des Instruments und dem Festhalten des Instruments zu teilen. Die Ruhe und Sicherheit in der Ausführung des Eingriffes wird dadurch nicht unwesentlich erhöht. Als Electricitätsquelle für die Bottini’schen Brenner gebrauche ich einen Accumulator von 4 Volt Spannung und 100 Ampère-Stunden Capacität. Entsprechend dem relativ großen Volumen der Kästen, in welchen sich dieselben be- finden, ist es zweckmäßig, dieselben auf einem kleinen, durch Rollen leicht beweglichen Tisch zu placiren. Braucht man nicht schr grosse Accumulatoren, bei denen ein Nachlassen der Stromstärke nicht zu be- fürchten ist, so verbindet man sie zweckmäßig mit einem Amperemeter, um sicher zu sein, daß auch während der Operation die nötige Strom- stärke (30—35 Ampere) nicht nachläßt. Die Regulirung derselben, etwaige Verstärkung beim Zurückgehen des Amperemeters wird durch einen eingefüsgten Rheostaten besorgt. Sie kann, falls man vorher die für die Glühwirkung nötige Stromstärke eingestellt hat, nötigen Falles um 10—20 pCt. gesteigert werden, ohne daß man Gefahr läuft, daß die Platiniridiumklinge durchbrennt. Das feuchte Gewebe sorgt für eine ausreichende Abkühlung.

Auf’s Dringendste empfiehlt es sich, durch genaue Untersuchung der Silhouette des Blasenhalses Rückschlüsse auf die Gestaltung der Prostataformation zu gewinnen. Beachtenswert ist hier allerdings, dass ein auf Grund einmaliger Betrachtung gewonnenes Bild keinen Rückschluss erlaubt, da etwaige Veränderungen sehr wohl Folgen oberflächlicher Schwellungen der Blasenschleimhaut sein können, die nach wenigen Spülungen bereits wieder verschwinden. Am zweckmäßigsten ist es daher, falls man bei erstmaliger Untersuchung im Bereich der Regio prostatica mehr oder weniger circumscripte Schwellungen beobachtet, sich die betreffende Partie aufzuzeichnen und nach einigen Tagen, die man für eine symptomatische Behand- lung der bestehenden Symptome benutzt, eine controlirende Unter. suchung auszuführen. Die vergleichende Betrachtung der beiden Be- funde wird stets einen klaren AufschlußB über die Natur der zuerst constatirten Anschwellung ergeben, insbesondere darüber jeden Zweifel beseitigen, ob es sich um eine oberflächliche active Schleimhaut- schwellung oder um eine passive Emporwölbung der Schleimhaut in Folge der Vergrößerung eines darunter gelegenen Organs (der Prostata) handelt. Vor der Operation lasse ich die Patienten gründlich abführen

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und wasche außerdem den Darm sorgfältig aus. Hierauf wird die Blase mit 3proc. Borwasser so lange gespült, bis dasselbe klar abläuft. Während der Operation jedoch bleibt die Blase möglichst leer von Flüssigkeit. Ich selbst habe niemals irgend welche Nachteile davon gesehen. Die Vorsicht, die Viertel??) bewog, eine geringe Menge Borwasser während der Operation in der Blase zu lassen, erscheint mir deshalb völlig unbegründet. Für geradezu bedenklich halte ich den Vorschlag dieses Autors, einen Dauerkatheter nach der Ope- ration einzulegen. Derselbe ist schon bei unverletzter Pars prostatica nicht selten Ursache von Urethralfieber und Blasencontractionen, um wie viel mehr sind diese Complicationen zu befürchten, wenn durch eine oder mehrere tiefe Incisionen die Oberfläche der betreffenden Gegend zu einer Wundfläche geworden ist. In den meisten Fällen tritt überdies Harnverhaltung nach der Operation nicht ein. Ist dies dennoch der Fall, so empfiehlt es sich zunächst, den Verlauf abzu- warten und erst im Notfälle zu katheterisiren resp. eine Dauer- sonde einzulegen. Jedoch hat man dann unter allen Umständen damit zu rechnen, dab sie schlecht vertragen wird. Die Operation ist in der Regel mit so wenig Schmerzen verbunden, daß, abgesehen von der Injection von 5—10 ccm einer lproc. Cocainlüsung kurz vor der Einführung des Incisors, eine allgemeine Narcose entbehrt werden kann. Bettruhe ist in den Fällen, in welchen das Allgemein- befinden der Patienten ein solches ist, daß sie den Arzt besuchen können, nur in den nächsten 12 Stunden zu empfehlen. In den- jenigen Fällen, in welchen es sich um Patienten handelt, bei denen in Folge ihres Leidens das Allgemeinbefinden sehr gelitten hat, wird für die Dauer des Bettaufenthaltes im Wesentlichen das Allwemein- befinden, der Kräftezustand, etwaiges Eintreten von Urethralfieber maßgebend sein, jedoch ist es auch hier empfehlenswert, ihn möglichst abzukürzen. Von den postoperativen Complicationen ist, abgesehen von den durch locale Veränderungen bedingten (Harnretention, Harn- träufeln, Blutung) jedenfalls das Urethraltieber, welches keineswegs immer mit ausgesprochenen septischen Erscheinungen einherzugehen braucht, die bedenklichste und häufig recht unerwartet auftretende. Sie läßt sich am sichersten durch prophylactische Verabreichung von 0,5 g Chininum muriaticum vor der Operation und dreimal täglich 1—2 Tage nach dem Eingriffe coupiren. Wird das Chinin nicht ver-

82) Viertel: Demonstration des Bottini-Freudenberg’schen Prostata- incisors. Medicin. Section der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Allg. med. Centralztg. 1898, No. 68.

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tragen, so kann man das allerdings weniger sicher wirkende Urotropin oder Salol in derselben Dosis verabreichen.

Was nun die Resultate anlangt, die bisher von den einzelnen Autoren mit dieser Operation erzielt sind, so reichen sie, wie bereits oben erwähnt, nicht ganz an die Erfolge heran, die Bottini selbst mehrfach in seinen stellenweise enthusiastischen Ausführungen ver- kündet hat. Dieser hatte bis 1890, wie Freudenberg°®) auf dem 26. deutschen Chirurgencongreß ausführte, 57 Patienten nach seiner Methode operirt, darunter in 43 Fällen mit dauerndem Erfolge; bis 1897 verfügte er über 80 Fälle mit demselben Procentsatz von Heilungen. 2 Todesfälle werden mitgeteilt, die allerdings auf Unvoll- kommenheit der Instrumente, insbesondere Versagen der Kühlung wegen fehlerhafter Construction des Apparates zurückgeführt werden. In den letzten 23 Fällen soll weder ein Todesfall noch ein Mißerfolg vor- gekommen sein. Recidive will Bottini niemals gesehen haben (!?). Ueber seine eigenen Erfahrungen berichtete Freudenberg?!) zuerst in der Berliner medicinischen Gesellschaft. Er verfügte bis dahin (März 1897) über 5 Patienten im Alter von 68—81 Jahren, darunter 3, die an completer Harnretention litten. Besserung wurde stets beobachtet. Am eclatantesten scheint dieselbe in den Fällen von completer Harn- retention gewesen zu sein. Wie Freudenberg”) etwa einen Monat später auf dem deutschen Chirurgencongreß referirte, sind diese Erfolge bis dahin dauernd geblieben. Einige Monate später berichtet Freuden- berg in Moskau über 13 Fälle im Alter von 55—81 Jahren. 8 litten an completer, 5 an incompleter Retention. In einem Falle von com- pleter Retention war bereits vorher die Castration ohne Erfolg gemacht worden. 2 Patienten starben bald nach der Operation. Die 7 Patienten, welche vor der Operation an completer Harnretention gelitten hatten und die Operation glücklich überstanden haben, begannen sämtlich nach derselben spontan zu uriniren. Bei 4 ist eine regelmäßige Kathe- terisirung später unnötig geworden. Sehr im Gegensatz zu diesen Aus-

3) Freudenberg: Die galvanocaustische Behandlung der Prostata- hypertrophie nach Bottini, Sitzung vom 24. März 1897. Nach der Allgem. med. Centralztg. 1897, No. 27.

#) Freudenberg: Verhandlungen des 26. Congresses der deutschen Gesellschaft für Chirurgie.

3) Freudenberg: Erfahrungen über die galvanocaustische Radical- behandlung der Prostatahypertrophie nach Bottini. Demonstration eines verbesserten Bottini’schen Incisors und eines Accumulators mit Ampère- meter. Verhandlungen des Int. Congresses zu Moskau 1897. Nach der Allg. med. Centralztg. 1897.

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führungen stehen die Mitteilungen Willi Meyer’s (New-York) *,, der allerdings nur über 3 Fälle verfüst. Nur einer seiner Patienten wurde gebessert, 2 starben, darunter einer bereits 36 Stunden nach der Ope- ration. Ebenso wenig beobachtete Rochet?”) in 2 von ihm operirten Fällen auch nur eine Spur von Besserung nach der Operation. Hanc®, hat in 5 Fällen nach Bottini operirt, indessen bestand bei kein-m Patienten zur Zeit der Operation complete Harnretention. Als Er- gebnis verzeichnet H. ın 4 Fällen eine wesentliche Besserung, ohne dab allerdings aus den Krankengeschichten hervorgeht, ob die Operation als solche und nicht vielmehr die sorgfältige Nachbehandlung (regel- mäßige Auswaschungen der Blase etc.) einen erheblichen Anteil an dem Zustandekommen der Besserung hatten. In einem mit Strictur compli- cirten Falle wurde die Operation 2 mal ausgeführt, beide Male jedoch ohne Erfolg. Die neuesten Berichte über die Operation stammen von Viertel???) (Breslau) und Morton*®) (New-York). Hier finden sich auch die ersten Angaben über systematische Indicationsstellung bezüglich der Ausführung der Operation. In Folge dessen treffen diese Autoren unter ihren Patienten zuerst eine gewisse Auswahl. Morton verfüst über D Beobachtungen, das Alter seiner Patienten schwankte zwischen 55 und 75 Jahren. In allen Fällen handelte es sich um die fibröüse Form der Prostatahypertrophie, welche M. allein als geeignet für den Eingriff resp. aussichtsvoll betrachtet. Auch scheint es sich bei ıhm fast nur um leichtere Fälle zu handeln. Complete Harnretention bestand bei keinem seiner Patienten. In 4 Fällen, in welchen der Residualharn bestimmt wurde, betrug er 30 g, resp. 120, 300 und 480 g. Nur in einem Falle erreichte er somit erheblichere Dimensionen. Besserung wurde in sämtlichen Fällen erzielt. Die Häufigkeit der Harnentleerung nahm erheblich ab, ebenso die Menge des Residualharns, der nach der Operation zwischen 11, 25 und 30 g schwankte. Sämtliche Patienten konnten den Katheter nach der Operation entbehren und ihren Harn ohne Schwierigkeit in dickem, kräftigem Strahl entleeren, was ihnen vor der Operation sämtlich unmöglich gewesen war. Viertel, der be- sonders mit Rücksicht auf die Gefahren der postoperativen eventuellen Katheterbehandlung nur jüngere oder besonders kräftige Patienten für

se), L. e

e L. c.

8) Hanč: Ueber galvanocaustische Radicalbehandlung der Prostata- hypertrophie nach Bottini. Wien. med. Presse, 31. Juli u. 7. August 1898.

38) Casper: Discussion zu dem Vortrage Freudenberg’s in der Berl. med. Gesellschaft.

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gecignet hält und demgemäß nur solche operirt, hat unter 13 Patienten Omal einen überaus günstigen Erfolg quoad functionem erzielt. In dem einen Mißerfolge bestand völlige Lähmung des Detrusors. Von den Patienten waren 2 Anfangs der 70er Jahre, 4 Ende, 2 Anfangs der 50er, ein Patient Anfangs’ der 30er (!) Jahre. 2 Fälle waren mit Lithiasis verknüpft, wobei die Litholapaxie der Incision voranging.

Ich habe die Operation bisher bei 12 Patienten 18mal ausgeführt und zwar bei 9 Patienten je lmal, bei 3 Patienten je 2mal und bei einem Patienten 3mal. Was die Auswahl der Fälle anlangt, so habe ich selbst nur bei solchen Kranken operirt, deren Kräftezustand nicht die Befürchtung eines längeren Krankenlagers nahe legte. Der von Viertel erwähnten Mahnung, nur bei kräftigen Patienten zu operiren, muß ich mich auf Grund eines anfangs 1897 beobachteten Falles, in welchem trotz meiner Abmahnung die Operation von anderer Seite mit letalem Ausgange gemacht wurde, durchaus anschließen und halte in derartigen Fällen die Operation für contraindicirt. Außerdem suchte ich ‘aus dem cystoskopischen Befunde vor der Operation Aufschlüsse über die Art des Vorgehens zu gewinnen (Cauterisation oder Incision, An- zahl und Localisation der Incisionen und dergl. mehr.) Indessen war in dieser Hinsicht das Resultat meiner Bemühungen ein völlig negatives. In einem Falle z. B. mit completer Harnretention, in welchem ich mich wegen eintretenden Collapses des Patienten mit einfacher Cauterisation begnügen mußte, trat wider Erwarten eine ganz erhebliche Besserung der Beschwerden ein. (Fall Ph.—g.) In zwei anderen Fällen mit in- completer Harnretention, in welchen mäßige polypöse Vergrößerung des Mittellappens, sowie ringförmige Hypertrophie der Drüse bestand (Fall B—ker und B—r), wurde die Operation, die in dem ersten Fall 2mal, in dem letzten 3mal wiederholt wurde, ohne irgend welche Reaction gut vertragen, obwohl jedesmal.3 tiefe Incisionen in einer Länge von 3—6 ctm ausgeführt wurden. Nichts destoweniger war der Erfolg nur der, daß der Residualharn auf die Hälfte der vor der Operation constatirten Menge, sowie die Häufigkeit der Harnentleerungen pro die auf ?/, herabgesetzt werden kounte. Im Allgemeinen habe auch ich, ähnlich wie Freudenberg und v. Frisch (Wien), aus meinen Beobachtungen den Eindruck gewonnen, daß diejenigen Fälle den größten Erfolg versprechen, bei denen vor der Operation complete Harnretention bestanden hat.

Von den 5 Fällen, welche zur Zeit der Inangriffnahme ihrer Be- handlung an completer Harnretention litten, gelang es 4mal, die Blasenfunction wiederherzustellen, darunter in 2 Fällen in ausgezeich- neter Weise.

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Beobachtungl. J. Gl., 60 Jahre. Seit fünf Jahren Schwierigkeiten bei der Harnentleerung, häufiger Drang, Nachts 5—6 mal Störung der Nacht- ruhe behufs Entleerung der Blase; später allmähliche Verschlechterung des Zu- standes, unwillkürliche Entleerung eines trüben jauchigen Urins, so dab bei der Untersuchung die Wäsche vollständig durchnäbt erscheint, ebenso zur Nachtzeit Enuresis nocturna. Die Untersuchung des Patienten per rectum ergiebt diffuse Schwellung des Mittellappens. Letzterer durch Untersuchung mittelst Zeigefingers nicht zu umgreifen. Der Katheterismus, ziemlich schwierig, mittelst Bicoude-Katheters ergiebt 850 & stinkenden trüben Residualharns (willkürliche Urinentleerung war völlig unmöglich, während spontan Tropfen auf Tropfen, ohne daß Patient es hindern konnte, aus der Urethra hervorträufelte). Die Blase wurde nunmehr sorgfältig ausgewaschen und ein Cystoskop eingeführt. Die Cystoskopie ergab ein deutliches Bild einer Balkenblase, allerdings mit etwas dunkelroten verwaschenen Contouren. Der Mittellappen ragte gewächsartig in das Cavum der Blase hinein. Cor- cremente nicht nachweisbar. Die Untersuchung konnte ohne Blutung beendet werden. Die Behandlung bestand zunächst in regelmäßiger Ent- leerung und Ausspülung der Blase in 24stündlichen Intervallen mittelst 3 proc. Borsäurelösung mit dem Erfolge, daß sich wiederum spontaner Harndrang und stündliches Bedürfnis, die Blase zu entleeren, einstellte. Im Durch- schnitt wurden Nachts alle 1'/, Stunden 30—40 cem entleert. Residualharn, ‘während der Blasenspülung gemessen, fiel langsam auf 350 g, das unfrei- willige Harnträufeln blieb zeitweilig aus. Der üble Geruch des Urins blieb "jedoch auch jetzt bestehen. Dieser Status hielt etwa 2—3 Wochen unverändert ‘an, so daß ich mich wegen des Zustandes des auch sonst noch an den Folgen eines Unfalls schwer leidenden Patienten zur Bottini’schen Operation ent- schloß. Dieselbe wurde mittelst des Incisors in der Weise ausgeführi, daß so- ‘wohl der Mittellappen, wie beide Seitenlappen incidirt wurden. (13. VI. 97.) Am Tage nach der Operation wurden vom Patienten als Maximum spontan 170 g Urin entleert, ohne daß die Häufigkeit der Mictionen die Menge des Residualharns, sowie die Beschaffenheit des Urins zunächst beeinflußt wurden. "Im Laufe der nächsten Woche trat jedoch eine Aenderung insofern ein, als der Urin unfreiwillig nicht mehr abfloß, seinen stinkenden Geruch verlor, in größeren Portionen (von 180—300 g) und in größeren Intervallen (2—3 Stunden) entleert wurde. Ein Stationärwerden des Befindens veranlaßte mich zu einer Wiederholung der Operation am 23. Juni. Incision des Mittel- lappens und des rechten Seitenlappens. Im Anschluß hieran trat besonders eine Vergrößerung der einzelnen Harnportionen (bis 370 cem) und Verlängerung der Intervalle bis 31/, Stunden ein, während die Menge des Residualharns weitere Verringerung (bis auf 100 g) zeigte. Das Gesamtergebnis der Operation läßt sich demnach in diesem Fülle folgendermaßen zusammenfassen: statt des unfreiwilligen Harnträufelns hat sich nach der Behandlung eine willkürliche in relativ groben (3—4stündlichen) Intervallen erfolgende Harnentleerung, statt des trüben, alkalischen, übelriechenden Harns ein fast klarer, geruchloser Harn herausgebildet. Die jedesmal entleerte Harnmenge hat sich ver-

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sechsfacht, die Zahl’ der Mictionen ist bis auf 25 pCt. gegenüber dem Status vor der ersten Operation herabgegangen. . Während der Nachtzeit wird Patient gegen die früher !/—1stündliche Störung der Nachtruhe zuweilen gar nicht, zuweilen in früher Morgenstunde einmal durch Harndrang zur Miction veranlaßt. Letztere, vorher schmerzhaft und beschwerlich, erfolgt jetzt ohne jede Empfindung. Der Status ist gegenwärtig, etwa ein Jahr nach der letzten Operation, ziemlich unverändert, nur ist in den letzten Monaten die Menge des Residualharns etwas größer geworden.

i Beobachtung 2. Ph—g, 22. VII. 98. Seit 10 Jahren an incompleter, seit 24 Stunden an completer acuter Harnretention leidend. Die Untersuchung ergiebt. besonders nach dem Rectum zu stark vergrößerte Drüse, Katheterismus nur unter großen Schmerzen möglich. Residualharn 1150, schwach trübe, ent- hält Spuren von Albumen. In den nächsten Tagen complete Harnretention. Gelegentlich des evacuirenden Katheterismus je 1000—1250 ccm Harn ent- leert. Da die spontane Blasenfunction sich am 28. VII. 98 noch nicht wieder eingestellt hatte, Bottini-Operation mit Caustik des Mittellappens. (Eine regelrechte Umgreifung und Incision desselben war schwierig, weitere Ver- suche mußten wegen Collabiren des Patienten unterbleiben.) Bereits am nächsten Tage fortwährender Harndrang mit Entleerung häufiger Harn- portionen von je 50—60 g Urin. Residualharn 500—600. Tägliche Aus- spülung der Blase mit 3proc. Borsäurelösung. Hierbei wurde ein tägliches Fallen der Residualmenge constatirt, die am 15. VIII. auf 250, am 20. VIII. bereits auf 100 g herabgegangen war, während die Intervalle der einzelnen Mictionen von 30 Minuten auf 3—4 Stunden gestiegen waren. Der Zustand des Patienten, der seit dem 20. VIII. nur alle 3—5 Tage ausgespült wurde, besserte sich seit Anfang September so gründlich, daB er am 8. IX. 97 als geheilt entlassen werden konnte.

In den beiden anderen Fällen, welche einen 60- resp. 70Jähr. Patienten betreffen, war der Status vor der Operation, sowie der Erfolg derselben ganz ähnlich, wenn auch nicht so exquisit, wie in den beiden ausführlicher mit- geteilten Beobachtungen, vielmehr kam es in dem einen Falle zwar zu einer spontanen Blasenentleerung, indessen blieb dieselbe relativ häufig (8—11 mal täglich). Auch konnte der Residualharn nicht unter 100 g herabgedrückt werden. In dem anderen Fall traten katarrhalische Beschwerden nicht auf, dagegen kam es unmittelbar nach der Operation zu einer ziemlich heftigen Blutung, die die Einlegung eines Dauerkatheters zur Folge hatte. Auch in diesem Falle wurden später immer noch ziemlich große Mengen Residualurins (bis 120 g) constatirt.

Gänzlich versagte die Bottini’sche Operation jedoch in dem be- reits erwähnten Fall von completer Harnretention, der allerdings gegen meinen Rat von anderer Seite bei einem 79jährigen, sehr decrepiden Greise gemacht wurde.

Es handelte sich um emen mit completer acuter Harnretention und Pyelitis complicirten Fall von diffuser Prostatahypertrophie. Vor fünf Jahren

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bereits einmal wegen einer acuten Harnverhaltung consultirt, war ich, da bereits anderweitig verschiedene vergebliche Manipulationen ausgeführt worden waren, damals zunächst nicht in der Lage, per vias naturales in die Blase zu gelangen und gezwungen, die suprapubische Punction zu machen. Hierbei wurden etwa 1200 ccm Harn entleert. Am nächsten Tage gelang mir die Entrirung der Blase, worauf regelmäßige Ausspülungen mit Borsäure und Argentum nitricum die normale Blasenfunction wieder her- stellten. Seitdem hatte ich von dem Patienten etwa fünf Jahre hindurch nichts gehört. Am 6. IV. 1897 wurde ich wiederum zu ihm gerufen. Die Anamnese ergab auch diesmal acute Harnverhaltung und Blutung in Folge von bereits von anderer Seite unternommener vergeblicher Kathete- risation. Es gelang mir, sofort mittelst Katheters etwa 800 g trüben, stark eiterhaltigen Urins zu entleeren. In den nächsten Tagen müßiges Fieber; da die spontane Urinentleerung dauernd unmöglich war, täglich 2—3 malixer Katheterismus. Der zunehmende Kräfteverfall veranlaßte inzwischen die besorgten Angehörigen, einen Collegen hinzuzuziehen, der die Einführung eines Dauerkatheters anordnete. Wenige Stunden darauf, 20. IV., tiefer Collaps, der erst nach Entfernung des Katheters durch mich und Campher- Aetherinjection schwand. Fortgesetzte Borsäureausspülungen (pro die 3) bewirkten dann im Verlauf der nächsten zehn Tage eine laugsame Besse- rung des Allgemeinbefindens. Patient war schließlich im Stande, im Zimmer auf- und abzugehen, sowie ohne fremde Hilfe Speise und Trank zu sich zu nehmen. Freilich bestand auch jetzt noch fast stündlich schmerzhafter Urin- drang. Die relative Besserung und Aussicht auf weitere Fortschritte derselben, das hohe Alter des Patienten ließen in diesem Falle gegen die Ausführung der Bottini’sche Operation meinerseits Einwände erheben. Trotzdem wurde dieselbe auf Zureden des Collegen am 5. V. 1897 ausgeführt. Die Ope- ration, welche ohne jegliche Störung verlief, wurde zunächst von com- pleter Harnretention gefolgt, so daß ich in der nachfolgenden Nacht einen Dauerkatheter einlegen mußte. Am nächsten Tage Trethralfieber 39,2°. Im Laufe der nächsten Woche wurde nochmals ein vergeblicher Versuch gemacht, eine reguläre Urinsecretion ohne Dauersonde zu erzwin- gen, jedoch ohne Erfolg. Man mußte, da Patient über starke Schmerzen klagte, die Dauersonde entfernen und täglich mehrmals katheterisiren, da die Menge des spontan entleerten Urins völlig ungenügend war. Die Menge des Residualharns fiel in diesen Tagen, indeßB war der Nachlaß ein nur scheinbarer, da auch die Gesamtmenge des Nierensecrets um die Hälfte geringer war, als vor der Operation. Bemerkenswert war ferner, daß trotz aller Borsäurespülung der vorher saure und nicht übelriechende Harn einen jauchigen, übelriechenden Character annahm. Wenige Tage später, etwa drei Wochen nach der Bottini’schen Operation, trat Exitus letalis ein. Epikritisch muß hier mit Rücksicht auf die vor der Operation bereits eingetretene Besserung des Patienten, sowie die ungemein heftige Reaction unmittelbar nach der Operation, von der Patient sich nicht wieder erholte, angenommen werden, daß die Operation in diesem Falle dadurch, daß sie

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den Rest der verfügbaren Widerstandskraft des Patienten vernichtete, den Exitus letalis beschleunigte.

Von den 7 Fällen mit vor der Obere incompleter Harnretention hatte dio Operation bei 4 Patienten dauernden functionellen Erfolg. In 2 Fällen verminderte sich die Zahl der täglichen Harnentleerung von 20 (resp. 18) auf 7 (resp. 6), während die Menge des Residual- harns von 960 (resp. 1000) ccm auf 30 (resp. 50) g sank. Ebenso konnte bei diesen Patienten eine erhebliche Besserung des Allgemeinbefindens insofern constatirt werden, als eine Zunahme des Körpergewichts um 6 (resp. 4) kg innerhalb dreier Monate, ferner eine Zunahme der Appetenz zu constatiren war. Ganz so durchschlagend war der Erfolg in 2 anderen Fällen insofern nicht, als hier die Operation nur die Menge der Mictionen (vor der Operation 26 resp. 23mal) auf die Hälfte herabdrückte (13 resp. 12mal pro die) und auch die Menge des Residualharns, obwohl sie vor der Operation nur ca. 300 resp. 400 g betrug, nach der Operation sich nicht unter 100 g herabdrücken liess. Da die Operation selbst von beiden Patienten gut vertragen wurde. so beabsichtige ich, in Kürze, falls ich die Zustimmung der wie gewöhnlich sehr ängstlichen Kranken erlangen kann, dieselbe noch einmal behufs Erzielung einer noch durch- greifenderen Besserung zu wiederholen.

Etwas weniger befriedigt hat mich der Erfolg in den drei übrigen Fällen von incompleter Harnretention.

Beobachtung 10. B—ker, 72 Jahre. Seit sechs Jahren vermehrtes Be- dürfnis, semen Urin zu entleeren. In der Jugend keinerlei Geschlechtskrank- heiten durchgemacht. Bauchdecken schlaff. Angeblich innerhalb 24 Stunden 15mal Bedürfnis zu uriniren (Nachts 6mal). Jedes Mal 100—150 ccm trüben, diluirten Urins, 0,1°/90 albuminhaltig. Prostata vom Reetum aus stark und diffus geschwollen, obere Grenze nicht abtastbar. Consistenz gegen die Norm ver- größert, Obertläche glatt. Blase leicht zu katheterisiren, enthält 300 ccm trüben Urins von ähnlicher Beschaffenheit wie der spontan entleerte. Die Cystoskopie ergiebt Balkenblase, viele Blaseudivertikel, vornehmlich in der Gegend beider Ureterenöffnungen. Letztere selbst stark dilatirt. Die Sil- houette des Blasenhalses ergiebt besonders nach unten und rechts einen bergkammartigen unregelmäßigen Schatten, in das Gesichtsfeld hineinragend. Am 14. III. 1898 wurde nach sorgfältiger Desinfeetion des Patienten, interner Verabreichung von Chinin (0,5), in einer Sitzung je eine Incision nach unten und rechts ausgeführt. Eine Operation wird gut vertragen. Nach Ablauf der Reaction nach zwei Tagen Urin unverändert. Innerhalb 24 Stunden etwa 1Omal (Nachts mab Drang zur Miction; jedes Mal 150—170 cem Urin init 0,1% Albumin. Die Miction war die ersten 24 Stunden schmerzhaft, von da ab ließ indessen die Empfindlichkeit nach. Eine Wiederholung der Operation am 12. IV. führte keine wesentliche Veränderung des Status herbei.

Beobachtung 11. B—r, 56 Jahre. In der Jugend mehrfach chronische

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Gonorrhoe durchgemacht. Seit zehn Jahren leidet Patient an häufigem Harn- drang, Schmerzen am Beginn und gegen Schluß der Miction. Als Patient in meine Behandlung eintrat, bestand vermehrter Harndraug 7—9mal im Laufe des Tages, Nachts 3—4mal Bedürfnis zum Uriniren. Es wurden jedes Mal 30—40 ccm Harn entleert. Residualharn 110—130 ccm. In der Harn- röhre keinerlei Abnormität. Prostata vom Rectum aus gleichmäßig wenig vergrößert, etwas härter als normal, schmerzhaft auf Berührung. Blase fabt etwa 150 cem Flüssigkeit. Die Blasenoberfläche zeigt die Veränderungen der Leucoplacia vesicae. Was den SchattenriD der Prostata im eystoskopi- schen Bilde anlangt, so ließ derselbe auf eine starke circumscripte Empor- wölbung der Prostata schließen. Dieselbe ist unregelmäßig und zeigt an mehreren Abschnitten einen polypösen Character. Das in einer bestimmten Position vollständig von Prostatamasse versperrte Gesichtsfeld wird bereits durch geringe Drehung des Cystoskopprismas völlig frei. Obwohl es sich in diesem Falle nicht um einen typischen Fall von Prostatahypertrophie handelte (insbesondere die Schmerzen, über welche Patient klagte, haben wohl mehr in der catarrhalischen Schleimhautafleetion ihren Grund gehabt), so entschloß ich mich dennoch, mit Rücksicht auf die Symptome von Harn- retention, die Prostata am 22. X. 97 rechts und links von der Mittellinie zu incidiren. Merkwürdiger Weise ließen die Schmerzen nach dem Eingriffe nach, während weder die Häufisskeit der Mictionen, noch die Menge des Residualharns eine Minderung erfuhr. Einen Monat später wurde auf Wunsch des Patienten noch einmal eine doppelte Incision des Mittellappens und des linken Lappens ausgeführt. Auch diesmal jedoch wurde die functionelle Thätigkeit der Blase durch den Eingriff nicht moditicirt. Der Miberfolg der Operation ist bemerkenswert. Eine Ende Januar 1898 vorgenommene cystoskopische Nachuntersuchung ergab nämlich, daß die dem rechten und dem linken Prostatalappen entsprechenden Wucherungen fast völlig ver- schwunden waren, so dab die Contouren des in das Prisma des Cystoskops hineinragenden Abschnittes des Blasenhalses jetzt fast eine gerade Linie bildeten.

Beobachtung 12. 65jähr. Pat. Seit acht Jahren im Anschluß an eine Erkältung häufiger Draug zum Uriniren, 15— 20 mal täglich, davon Nachts etwa &mal Bedürfnis zu uriniren. Menge der jedesmaligen Miction 100—200 g, Residualharn 350 g. Urin diluirt, trübe, enthält Spuren von Eiweiß. Die Untersuchung ergab hier diffuse Schwellung des Mittellappens, sowie ex- quisite Balkenblase. Operation am 5. 11.98. Incision des Mittellappens. Am nächsten Tage Harnverhaltung, die sich mdessen nach mehrmaliger Karhe- terisation legte. Nach Ablauf des Reactionsstadiums täglich etwa 10—415 mal Miction, davon Nachts 3—4mal, Residuwlharn 170. Urin etwas klarer nach täglicher Ausspülung mittelst 1:2000 Höllensteinlösung.

Fassen wir somit das Ergebnis unserer Erfahrungen über die Wirksamkeit der Bottini’schen Operation bei Prostatahypertrophie zusammen, so lehrt das ziffernmäbige Resultat, daß ein functioneller

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Erfolg am ehesten bei Patienten mit completer Harnretention zu er- warten ist. Dieses Ergebnis bestätigt somit die Beobachtungen von Freudenberg und v. Frisch. Allerdings sind auch hier die Gefahren, welche mit einer reactiven, nach der Operation auftretenden Entzündung verbunden sind, am größten, wie die von uns mitgeteilte Beobachtung gelehrt hat. Kommt es jedoch nicht zu derartigen secundären Schwel- lungen der Blasenschleimhaut und des Prostatagewebes, so klafft die durch die Incision gesetzte Lücke in dem fibrösen Gewebe weiter, als in den weniger vorgeschrittenen Fällen mit incompletter Retention, bei denen ein gewisser Bruchteil elastischen Gewebes erhalten ist und die natürliche Elasticität des Prostatagewebes der durch die Incision be- dingten Entspannung teilweise entgegenwirkt. Diese Erfahrung spricht für die Annahme, daß in einer Reihe von Fällen die Störung der Harn- entleerung bei Prostatahypertrophie wesentlich durch das mechanische Hindernis am Blasenhals bedingt ist, eine Hypothese, die bekanntlich recht gewichtige Gegner, vor Allem Guyon, besitzt. Jene besonders von Bottini vertretene Theorie, nach welcher für die Wiedererlangung der Blasenfunction in erster Linie die Beseitigung der hindernden Barriere entscheidend ist, wird übrigens durch eine von mir gemachte Beobachtung gestützt. Dieselbe zeigt jedoch auch, daß zur Erreichung dieses Zieles zuweilen nicht einmal die Bottini’sche Operation nötig ist, sondern daß man, worauf auch Guiard bereits aufmerksam ge- macht hat, zuweilen durch einfachere Maßnahmen zum Ziele kommt. H. L., 83 Jahre alt. In der Jugend niemals an irgend welcher Ge- schlechts- oder Harnkrankheit gelitten. Vor acht Jahren acute Harnretention durch hydropathische Proceduren und Thees sehr schnell gehoben. Seit 5—6 Wochen häufiger Drang zum Uriniren, seit 2 Tagen spontan fast kein Urin mehr entleert. Die Untersuchung ergiebt enorme Schwellung der Prostata vom Rectum aus. Katheterismus nur mit vieler Mühe durch- führbar. In 24 Stunden 30—40mal Urinentleerung, jedes Mal 20—50 g. Residualharn 1200 ccm, trübe, mit wenig Blut untermischt. Die nach sorgfältiger Auswaschung der Blase ausgeführte Cystoskopie ergab tumor- artige Schwellung des Mittellappens der Prostata. Fehlen von Concre- menten, enorme Balkenblase. Am Abend Harnverhaltung durch Kathe- terisation beseitigt. Am nächsten Tage Urethralfieber, Harnretention. In den nächsten Tagen hatten wir nicht Gelegenheit, den Patienten, welcher poliklinisch behandelt worden war, zu sehen. Eine Woche später stellte sich Patient mit folgender Anamnese wieder ein: ein mehrere Tage an- haltender Schwächezustand hätte ihn am Ausgehen verhindert, während ‚dieser Zeit wäre die anfänglich ziemlich ausgesprochene Harnretention immer mehr zurückgegangen, gegenwärtig bestände etwa 10—12mal Drang zum Uriniren. Nachts 2—8mal. Der Residualharn war, wie eine sofort vor- genommene Untersuchung ergab, von 1200 auf 500 ccm zurückgegangen.

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Unter fortgesetzten Blasenausspülungen, die dem sich täglich in der Poli- klinik zur Behandlung einstellenden Patienten verabfolgt wurden, besserte sich der Zustand weiterhin so, daB etwa 6 Wochen nach dem ersten Ein- griff Patient am Tage den Harn 3—4 Stunden halten, des Nachts zuweilen garnicht zu urininiren gezwungen, in der Regel einmal die Blase entleeren mußte und einen Residualharn von durchschnittlich 200 g aufwies. Dieser Zustand hält unverändert auch gegenwärtig an, nachdem die Blase 2 bis 3 Monate hindurch local nicht mehr behandelt worden ist.

Wie man sieht, handelt es sich also hier um einen functionellen Erfolg mit einem klinischen Verlaufe, genau wie nach einer gelungenen Bottini’schen Operation. Als das beiden Eingriffen Gemeinsame ist die Beseitigung der hindernden Barriere am Blasenhalse aufzu- fassen, die in den oben mitgeteilten Fällen durch Galvano-Diäresis, in dem letztgenannten Falle durch energische Compression erzielt worden ist. Wenn trotzdem aber auch Fälle, in welchen die Bottini’sche Operation sowie andere auf ähnliche Wirkungen abzielenda Eingriffe wirkungslos bleiben, beobachtet sind, so wird dadurch bewiesen, daß auch die Guyon’sche Auffassung, der zufolge die Congestion eine wichtige Bedeutung bei der Pathogenese der durch die Prostatahyper- trophie bedingten Störungen besitzt, begründet ist. Sowohl für die Pathologie als auch für die Therapie sind somit beide Factoren, der des mechanischen Hindernisses und derjenige der durch Alters- veränderungen geschwächten und für secundäre Veränderungen prä- disponirten Blasenwand, zu berücksichtigen. Daß jedoch bei der Pathogenese der Prostatahypertrophie in erster Linie das mechanische Hindernis selbst beteiligt ist, ergiebt sich sogar aus den Berichten von Albarran und Motz, obwohl sie selbst Anhänger der Theorie ihres Lehrers Guyon sind. Albarran und Motz fanden unter 130 Pro- statikern bei 36 vom Rectum aus keine Vergrößerung der Drüse. Daraus schließen sie, daß die Arteriosclerose resp. die durch sie bedingte Con- gestion in der Entstehung des Leidens die Hauptrolle spielen. Freilich können sie selbst nicht umhin, wenigstens anzudeuten, daß möglicher Weise der intravesicale Lappen vergrößert und somit an der Entstehung des Leidens beteiligt sei. Daß sie diese Möglichkeit nicht durch cysto- skopische Untersuchungen klargestellt haben, ist sehr bedauerlich und benimmt ihren Ausführungen einen großen Teil ihrer Beweiskraft. Daß in der That der andere Schluß viel näher lag, ergiebt sich aus den Fällen von Prostatitis subacuta in Folge von Masturbation, bei denen zuweilen ganz Ähnliche functionelle Störungen seitens der Blase wie bei beginnen- der Prostatahypertrophie vorliegen, die Prostata vom Rectum in der Regel nicht vergrößert, zuweilen sogar verkleinert erscheint. während man durch die Cystoskopie 1. Emporwölbung der Blasensilhouette, 2. abso-

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lutes Fehlen jeglicher Schleimhautcongestion constatiren kann. Daraus folgt, daß die primäre Rolle jedenfalls dem mechanischen Hindernis am Blasenhalse zukommt. Wie der Proceß nun weiter verläuft, hängt allerdings von dem Zustande der Blasenschleimhaut ab. Ist dieselbe relativ gesund, bestehen keinerlei Veränderungen an den Gefäßen, so wird wohl die Blasenmusculatur hypertrophiren, sonst aber keinerlei congestive Erscheinungen auftreten. Bestehen Altersveränderungen (Arteriosclerose etc.), so wird sehr bald neben der Hypertrophie der Musculatur eine Dehnung des dazwischen liegenden widerstandsunfähigen Gewebes und damit eine schnelle Herabsetzung der mechanischen Wider- standsfähigkeit des Gewebes, eine Ansammlung von Harn und durch den Druck, den derselbe auf die Gefäße ausübt, eine passive Congestion ein- treten. Der Verlauf eines Falles, aber auch der Erfolg der Behandlung, ist in jedem Falle bedingt durch das relative Verhältnis dieser beiden Momente: der Größe des durch die Prostatabarriere gesetzten Hindernisses (die im Verlaufe des Leidens auch ihrerseits ähnlichen Veränderungen unterliegt, wie die Blasenwand etc.) und der den Widerstand bald mit mehr, bald mit weniger Erfolg überwindenden Blasenmusculatur. Je größer der Widerstand ist, den die Prostatabarriere der Blasenentleerung entgegensetzt, um so schneller wird die Kraft der Blasenmusculatur erlahmen, ohne daß deshalb nur functionsunfähiges Gewebe übrig zu bleiben braucht. Je geringer der Widerstand ist, um so länger hält die Blasenmusculatur aus, um zuweilen erst mit dem Ver- schwinden des letzten Restes von contractilem Gewebe das Spiel aufzu- geben. Hieraus folgt auch die unsichere Prognose aller Eingriffe bei Prostatahypertrophie. Mögen auch alle Indicationen und Contraindi- cationen mit noch so viel Sorgfalt erwogen sein, der Erfolg wird stets von dem Umfange abhängen, in welchem leistungsfähiges Ge- webe der Blasenschleimhaut erhalten ist und wieder in Thätigkeit treten kann. Ueber diesen Punkt jedoch vor einem operativen Ein- griffe ein auch nur annähernd sicheres Urteil abzugeben, sind wir auf Grund unserer gegenwärtigen Kenntnisse nicht im Stande. Daher sind die Indicationen für operative Eingriffe bei Prostatahypertrophie, die wir zum Schluß unserer Betrachtungen den in der Einleitung der Arbeit festgestellten noch hinzufügen, immer cum grano salis zu verstehen und sichern auch den vorsichtigsten Diagnostiker nicht vor Ueber- raschungen. Diejenigen Operationen, welche auf eine Herabsetzung der Congestion abzielen (Castration, Vasectomie), werden dort am wirk- samsten sein, wo bei relativ gering entwickeltem localem Hindernisse die secundären Functionsstörungen (Congestion etc.) sehr bedeutend sind; umgekehrt werden die Operationen, welche eine rein mechanische

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Beseitigung des Hindernisses erstreben (suprapvbische Prostatectomie, Bottini’sche Operation) dort in Frage kommen, wo jenes besonders ausgesprochen ist (circumscripte polypöse Entwickelung des Mittel- lappens), sowie dort, wo eine Decongestion nicht zu erwarten ist (fibröse Degeneration der Prostata). Daneben sind die anfangs der Arbeit er- wähnten Indicationen zu berücksichtigen.

Somit wird von allen bei Prostatahypertrophie vorzunehmenden operativen Eingriffen am häufigsten die Bottini’sche Operation in Frage kommen. Abgesehen davon, daß sie in vielen Fällen allein in- dort jet, hinterläßt sie selbst dann, wenn sie nicht genügenden Erfolg zeitigt oder völlig wirkungslos bleibt, keine dauernden Nachteile (Fistel- bildung, Verlust der Hoden ete.). Schließlich ist sie ohne eine längere Bettruhe der Kranken durchführbar. Contraindicirt ıst sie nur bei sehr alten, decrepiden Personen, sowie bei Insufficienz der Nieren.

Referate.

I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des Urogenital-Apparates beteiligt ist.

un

Demelin und Froussard: Demonstration einer Missbildung nebst Betrachtungen über Entwicklungshemmung im weiblichen Urogenitalapparat. (Centralblatt f. Gynäkologie 1898, No. 33.)

Der Fötus zeigt folgende Mißbildungen: Ankylose der meisten Gelenke, Fehlen des Anus und der äuberen Geschlechtsorgane bis auf Rudimente der großen Schamlippen; eine Urethra ist vorhanden. Am Abdomen Eventration der Leber, des Magens, der Milz und der Därme; Ectopia vesicae. Von der Blase aus geht die Harnröhre nach vorn ab, während die Einmündung der Ureteren nicht sichtbar ist. Uterus bicornis, oder genauer zwei nicht zur Vereinigung gekommene Müller'sche Gänge. Das linke Uterushorn com- munieirt mit der Blase. Rudimentäre Ovarien, getrennte und bewegliche Schambeine. Bei der Geburt erfolgte spontane Ruptur des Nabelstranges 3 cın von der Insertion am Bauche des Kindes. Die Kürze des Nabelstranges (8 cm) wird zur Erklärung der Blaseneetopie derart herangezogen, daß da- durch ein Verschieben der „Membrane anale“ bedingt sei, wodurch zugleich eine Erklärung des Anus imperforatus möglich ist.

Immerwahr (Berlin).

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Sorel et Cherot (Le Havre): Un cas de pseudo-hermaphro- ditisme. (Arch. provinc. de chirurgie, 6. Juni 1898.)

Die 36jährige, kräftige Patientin ist niemals menstruirt gewesen. Sie hat einen schwarzen Schnurrbart und Kinnbart, starke Entwicklung der Haare an den Beinen, keinen Busen, den Gang, die Stimme und das Ansehen eines Mannes. An Stelle der Clitoris tritt aus den großen Schamlippen ein Penis von 5!/, cm Länge und 6 cm Umfang hervor mit einer normal großen, unperforirten Eichel. Die Labia majora, die keine Testikel enthalten, sind gut entwickelt und behaart. Zwischen ihnen unter der Peniswurzel ist die hypospastische Urethra sichtbar. Vulva und Vagina existiren nicht. Die Maße zwischen den Spin. iliac. ant. sup. betragen 23'/),, zwischen den Trochanteren 27 cm. Die Patientin hat Erectionen und Neigungen zum weiblichen Geschlecht, bei deren Befriedigung sie jedoch nicht zum Ziele gelangte. Vor zwei Jalıren bekam sie vorübergehende heftige Schmerzen in der rechten Bauchseite im Anschluß an einen Schlag gegen den Bauch. Seit sechs Wochen waren wieder an derselben Stelle Schmerzen aufgetreten, zugleich mit Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfällen, Schlaflosigkeit. Ein großer rechtsseitiger Tumor, der sich von der Fossa iliaca bis drei Quer- finger breit unter den Leberrand erstreckt, ist nachweisbar. Mit grober Schwäche, Fieber, kleinem Puls und gespanntem Leib kommt Patientin zur Operation, die ein inoperables Careinom des Coecum mit eitrigen Cysten und allgemeiner eitriger Peritonitis erweist.

Die Section ergiebt das Fehlen von Uterus, Tuben, Ovarien, Ligamenten. Testikel sind weder im Niveau des letzten Lendenwirbels, noch im Inguinal- canal, noch in den Labien vorhanden. Die Prostata fehlt, die Urethra ist kurz wie bei einer Frau. Hinter der kleinen Blase legt eine Tasche, 8 cm lang, 6 cm breit, mit Schleimhaut ausgekleidet, mit Flüssigkeit gefüllt, dick- wandig, im unteren Teil durch eine kleine Oetfnung mit der Urethra com- municirend. Im unteren Teil ihrer Peritonealtläche mündet mit feiner Oeff- nung Jederseits ein eirca Tem langer, diekwandiger, federkieldicker Canal, der seinerseits in ein der Tasche seitlich anliegendes, höckeriges Bläschen endigt, welches 3 cm lang, 11/, cm breit ist und gelbe, dicke Flüssigkeit enthält. Die Tasche entspricht dem vergrößerten Utriculus prostaticeus, die Bläschen den Vesiculae seminales. R. Rosenthal (Berlin).

Preston: A patent urachus. (New York Med. Record, 27. Aug. 18%.)

Eine kurze, sehr ungenaue Beschreibung eines Falles von congenitalem Penismangel und Offenbleiben des Urachus. Verf. sah das gut entwickelte, neun Pfund wiegende Kind wenige Tage nach der Geburt. Die Eltern waren jung und gesund; in der Familie waren nie Mißbildungen vorge- kommen. Ueber und unter dem Nabel, aber mit einander in Verbindung, waren zwei Wucherungen von Leber - Consistenz und -Farbe sichtbar; zwischen beiden trat Urin in anscheinend normaler Menge aus. Zwei Jahre später sah P. das Kind wieder. Es war männlich in seinem Habitus

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und sehr kräftig. Der objective Befund war, abgesehen von einer geringen Vergrößerung der „Neoplasmen“, unverändert. Die Fäces hatten niemals Harngeruch gezeigt. R. Rosenthal (Berlin).

David Newman (Glasgow): Die symptomatologische Be- deutung der Hämaturie und Methoden zur Stellung der Differentialdiagnose, mit 19 Fällen zur Erläuterung der Diagnose von Nierenaffectionen, die durch die An- wesenheit von Blut im Urin characterisirt sind. (The Lancet, 2., 9. und 16. Juli 1898.)

Die Hämaturie ist ein Symptom, das bei den verschiedenartigsten Er- krankungen der Urinarorgane Nierenparenchym und Nierenbecken, Ure- teren, Blase, Harnröhre, Prostata und Testikel vorkommen kann. Von diesen Localisationen ist am wichtigsten die renale Hämorrhagie. Mit dieser will Verf. sich auch nur allein beschäftigen und die Blutungen der anderen Urinarorgane nur so weit berücksichtigen, als sie für die Differentialdiagnose in Frage kommen.

Die Nierenerkrankungen, die gewöhnlich mit Hämaturie verbunden sind, kann man folgendermaßen classificiren: 1. Traumatische Affectionen (durch directe Traumen und durch Nierensteine). 2. Passive Hyperämie (durch Druck auf die Nierenvenen, oder durch Torsion der Nierenvenen, oder durch einen Reflexspasmus der kleinen Arterien). 3. Entzündliche Hyperämie (bei acuter oder chronischer Nephritis, bei tuberculösen Affec- tionen, bei eystitischer Degeneration und Hydatiden). 4. Nierentumoren. Nicht in Betracht kommt hierbei jene Hämaturie, die durch außerhalb des Urinartractus liegende Ursachen bedingt ist, wie Hämophilie, Septicämie, Typhus, Malaria, Pocken, Scorbut, Purpura, Intoxicationen (Canthariden, Alkohol, Terpentin, Phosphor, Arsenik).

Um die Differentialdiagnose zwischen renalerundandersartiger Hämaturie festzustellen, hat man folgende Punkte zu berücksichtigen: 1. die allgemeinen äußeren Umstände; 2. Aufsaugen des Blutes direct aus den Ureteren; 8. Bestimmung der Hämoglobinmenge im Urin und Vergleichung derselben mit der Albuminmenge; 4. Berücksichtigung aller anderen begleitenden ob- jecetiven und subjeetiven Erscheinungen. Die differentialdiagnostische Fest- stellung der Quelle der Hämaturie ist besonders schwierig in chronischen Fällen, während bei acuten Affeetionen die objectiven und subjectiven Symptome so ausgesprochen sind, daß sich aus ihnen leicht die Quelle der Blutung ergiebt.

1. Die allgemeinen äußeren Umstände umfassen a) den physikalischen Character des Urins; b) die Beimischung noch anderer Bestandteile; c) die Zeit des Auftretens von Blut im Harustrahl; d) die Häufirkeit und Dauer der Anfälle von Hämaturie; e) die Wirkungen von Körperbewegungen und absoluter Ruhe auf den Verlauf des Antfalles.

a) Bei der physikalischen Untersuchung des Urins kommt in erster Reihe die Farbe desselben in Betracht. Dieselbe schwankt zwischen blaß-

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rosa und Porterfarbe. Im Allgemeinen gilt die Regel, daß die Färbung um so heller ist und die normale Urinfarbe um so weniger verändert wird, je näher zum Oriticium extermnum urethrae die Quelle der Blutung sich be- findet. Bei heftigeren Blutungen jedoch, wie sich solche nicht selten bei Tumoren oder traumatischen Rupturen der Niere ereignen. erfolgt die Aus treibunig des Blutes so rapide, dab eine wesentliche Veränderung desselben nicht stattfinden kann, daher es im Urin in hellroter Farbe erscheint. Dann ferner ist bei einer Hämaturie vesicllen Ursprungs der zuerst entleert Urin, besonders nach längerer Rückenlage, vollkommen normal und erst allmählich mischt sich mehr und mehr Blut hinzu, bis die zuletzt entleerten Tropfen fast reines Blut darstellen. Dieses ist besonders der Fall bei Blasentumoren und bei Blasensteinen, also bei passiver Hyperämie der Blase. Dagegen ist bei einer Hämaturie renalen Ursprungs das Blut mit dem Urin stets innig vermischt. Bei reichlicher Blutung bilden sich auch nicht selten mehr oder weniger zahlreiche, größere oder kleinere, verschieden gefürbte Blutklümpehen. Sind sie von größerer Gestalt, so weist das meist auf eine Blasenblutung hin. Doch sind auch Fälle beobachtet worden, in denen solche große Bluteoagnla renalen Ursprungs waren, indem sie deut- lich einen Abguß des Nierenbeckens oder von XNierenkelchen aufwiesen, zuweilen wohl auch wurmförmig gestaltet waren, in welchem Falle die Blutcoagulation im Ureter stattgefunden hat. Derartige ältere Bluteoagula unterscheiden sich von den frischen der Blase auch mikroskopisch durch die vorhandenen Veränderungen der Erythrocyten, während letztere in den Blasencoagula vollkommen normal sind. Bei Verstopfung des Ureters durch eine Blutcoagulation beobachtet man außerdem stets ein zeitweises Ver- schwinden der Hämaturie, wonach diese dann sich wieder einstellt. sobald durch den Druck des im Nierenbecken angesammelten Urins das Blut- coagulum in die Blase gedrängt ist.

b) Von den Beimengungen noch anderer Bestandteile zu dem blut- haltigen Urin sind, abgesehen von Tumorenmassen und Mikroorganismen, am wichtigsten Eiter, Schleim und Tuberkelbestandteile. Größere Mengen Eiter senken sich in einem Glase innerhalb einiger Stunden in Form eines dichten Bodensatzes nieder, der die Erythroeyten mitreißt und daher blutig gefärbt ist, während der darüber befindliche Urin fast vollkommen klar er- scheint. In solchem Falle stammen Eiter und Blut aus den Nieren. Ein blutig gefürbter gelatinöser Bodensatz wird durch Schleim gebildet, der stets aus der Blase stammt; die Hämaturie ist m solchen Fällen gewöhnlich vesicalen Ursprungs, und zwar handelt es sich dann meist um einen Blasen- catarrh. Beim Vorhandensein tuberceulöser Bestandteile wird der Character des stets auch vorhandenen Epithels auf die Quelle der Blutung hinweisen.

c) Die Zeit des Auftreteus von Blut im Harnstrahl bildet ebenfalls ein wertvolles differential-diagnostisches Hilfsmittel. Ist der Urin nur beim Beginn der Entleerung blutig gefärbt, so liegt die Quelle der Blutung in der Urethra. Nur bei sehr copiöser Blutung fließt das Blut rückwärts in die Blase, worauf dann der gesamte Urin mehr oder weniger blutig tingirt

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ist. Befindet sich die Quelle der Blutung im Blasenhals, so ist der Urin beim Beginn und gegen das Ende der Entleerung blutig gefärbt. Bei Blasen- blutungen ist die Blutbeimengung besonders intensiv gegen das Ende der Harnentleerung hin. Bei Nierenblutungen ist der Urin stets gleichmäßig mit mehr oder weniger dunklem blut gemischt.

d) Die Häufigkeit und Dauer der Anfälle von Hämaturie giebt gleich- falls einen gewissen diagnostischen Anhalt. Ein plötzliches Verschwinden und plötzliches Wiedererscheinen von, dann sehr reichlichem, Blut im Urin kommt häufig vor bei Nierensteinen und bei Ren mobilis (hier durch Torsion der Nierenvenen verursacht), sowie ferner, wie schon erwähnt, bei Blut- coagulation im Ureter. Auf einen renalen Ursprung weist die Hämaturie auch hin, wenn sie, mehr oder weniger profus, in größeren oder geringeren Intervallen auftritt. Hier handelt es sich dann entweder um eine Neu- bildung oder um Nierensteine. Zu bemerken ist übrigens, daß letztere bei Jahrelangem Bestehen zur Entwicklung eines Careinoms führen können. Bei Blasentumoren ist die Hämaturie gewöhnlich eine permanente, die dann eine hochgradige Anämie des Kranken verursacht.

e) Bei absoluter Ruhe verschwindet die Hämaturie mehr oder weniger, wenn sie durch Nierensteine, Blasensteime, Prostataaffeetionen, Ren mobilis oder passive Nierenhyperämie (in Folge von Druck auf die Nierenvenen) verursacht ist. In allen diesen Fällen ist häufig das Blut im nächtlichen Urin besonders copiös, und sind auch die localen Schmerzen intensiver, wenn am Tage vorher stärkere Körperbewegungen ausgeführt sind. Wenn eine Hämaturie trotz prolongirter Bettruhe weiter fortbesteht und wenn sie namentlich während der Nacht besonders copiös ist, so besteht Verdacht auf eine carcinomatöse, sarcomatöse oder tuberceulöse Ulceration. In solchen Fällen wird die Hämaturie durch Körperbewegungen meist auch nicht verstärkt.

2. Das Auffangen des Blutes getrennt aus jedem Ureter mittelst des Ureterenkatheters (bezw. die Beobachtung des Blutausflusses aus den Ure- teren mittelst des Cystoskopes) erfordert zwar eine ziemlich bedeutende technische Geschicklichkeit, bildet aber den sichersten Weg zur Feststellung einer renalen Hämaturie. Häufig gelingt es auf ihm erst, zu einer richtigen Diagnose zu gelangen und demgemäß eine erfolgreiche Therapie einzu- schlagen. Am geeignetsten für diesen Zweck ist das Katheterisations- Cystoskop nach Casper. Sehr leicht wird durch die Katheterisation eines erkrankten Ureters selbst eine Blutung erzeugt, die man nicht mit einer renalen Hämorrhagie verwechseln darf.

3. Ein bluthaltiger Urin ist immer auch eiweißhaltig. Um indessen bestimmen zu können, ob die Anwesenheit des Albumin allein durch das Blut bedingt ist, muß man das Mengenverhältnis zwischen dem Albumin und dem Hämoglobin feststellen. Verhalten sich diese beiden Substanzen wie 1:1,6, so kann man schließen, daß das Albumin ausschließlich auf Rech- nung des Blutes zu setzen ist. Ist das Albumin aber in größerer Menge vorhanden, so ist man einmal zu dem Schluß berechtigt, daB die Albuminurie

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durch eine Affection der Nieren verursacht ist, und dann auch, daß die Hämaturie renalen Ursprungs ist.

4. Die Berücksichtigung aller anderen begleitenden Umstände wird schließlich die letzten Zweifel beseitigen, ob die Hämaturie durch eine Affection der Niere oder der anderen zu Anfang genannten Organe, und durch welche Art von Nierenerkrankung sie bedingt ist. Wie erwähnt, kommen hier vorzugsweise vier Arten in Betracht.

1. Traumatische Affeetionen, und zwar einmal durch directe Traumen und dann durch Nierensteine. | a) Bei einer Hämaturie in Folge directer Verletzung der Niere ist der Urin gewöhnlich spärlich, stark blutig gefärbt, coagulahaltig und oft auch Ureterenabgüsse aufweisend. Zu berücksichtigen ist indessen, daB auch bei einem ausgedehnteren Trauma nicht notwendig eine Hämaturie eintritt, in- dem durch ein Ureterencoagulum dem Blut der Weg verlegt sein kann, oder indem das Blut in das perinephritische Gewebe austritt. Nicht selten ist die Nierenruptur noch mit einer Ruptur anderer Organe, besonders der Leber oder der Milz, complieirt. Gewöhnlich tritt bei einer Nierenruptur ein erheblicher Collaps mit Retraction der Testikel, erschwerter Urin- entleerung und selbst Anurie ein. Aeußerlich fehlen häufig Conrusions- erscheinungen, auch verschwindet zuweilen die Hämaturie zeitweise, was nicht zu der Annahme führen darf, daß eine Nierenverletzung nicht vor- liegt. Zuweilen wird eine renale Hämaturie auch schon durch ein sehr geringes Trauma erzeugt, nämlich dann, wenn die Niere durch eine prä- existirende Erkrankung (chronische Nephritis, Nierensteine, Neoplasmen) geschwächt ist.

b) Die Hämaturie in Folge von Nierensteinen unterscheidet sich von den anderen Formen dadurch, daß sie sehr selten profus oder anhaltend ist. Meist erscheint sie nach einer stärkeren Körperbewegung, und gewöhnlich ist sie mit heftigen, colikartigen Schmerzen verbunden. Bei impactirten Nierensteinen bilden häufig diese Erscheinungen die einzigen Symptome der calculösen Atlection. Doch sind auch Fälle mitgeteilt worden, wo bei der Autopsie in den Nieren große Steine gefunden wurden, die intra vitam gar keine Symptome verursacht hatten. Eine calculöse Nierenblutung wird auch in den allermeisten Fällen durch anhaltende Bettruhe zum Schwinden gebracht.

2. Passive Hyperämie, und zwar verursacht durch:

a) Druck auf die Nierenvenen. Wird erzeugt durch große Abdominal- tumoren oder Aneurysmen, oder durch eine hochgradig (besonders durch syphilitische Neubildungen) vergrößerte Leber, oder durch maligne Neu- bildungen.

b) Torsion der Nierenvenen. Kommt besonders bei Ren mobilis vor, wo dann die Hämaturie nach Rectification der Nierenlage schwindet.

c) Reflexspasmus der kleinen Arterien, wodurch die Function der Niere vorübergehend aufgehoben, also eine complete Anurie erzeugt wird. Kann verursacht werden durch eine gewöhnliche Blasenkatheterisation, durch eine

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transitorische Hydronephrose oder durch plötzliche Herabsetzung des intra- abdominellen Druckes (durch Exstirpation großer Tumoren oder schnelle Entleerung eines Ascites). Die Hämaturie hält in solchen Fällen meist nur wenige Tage an.

3. Entzündliche Hyperämie, und zwar bei:

a) Acuter und chronischer Nephritis. Die acute Nephritis ist besonders dann mit emer oft erheblichen Hämaturie verbunden, wenn sie sich an Typhus, Scharlach, Pneumonie oder Erysipel anschließt. Oft ist hierbei der Urin viel dunkler gefärbt, als dies der Anzahl der ausgeschiedenen Erythro- cyten entspricht. Die Ursache hierfür ist wohl die durch den acuten Ent- zündungsproceb bewirkte rapide Zerstörung der Erythrocyten und des Hämo- globins. Bei chronischer Nephritis kann eine Hämaturie, besonders bei anämischen Personen, schon durch geringe excitirende Ursachen bewirkt werden, wie die Application eines Blasenpflasters, Erkältungen, Fall auf den Rücken, körperliche Anstrengungen oder intercurrente Krankheiten. Zu- weilen veranlaßt in solchen Fällen erst die Hämaturie eine nähere Unter- suchung und die Diagnose der Nephritis.

b) Tuberculösen Erkrankungen der Niere. Hird wird die Hämorrhagie in den Anfangsstadien durch den congestionirten Zustand des Nieren- parenchyms verursacht. Sie entspricht demnach der Hämoptoe in den gleichen Stadien der Lungentubereulose und ist ebenfalls nur gering. Profus wird sie erst, wenn es zu Zerstörungen des Nierengewebes gekommen ist, doch auch nur profuser im Verhältnis zu früher, während eine wirkliche profuse Hämaturie bei Nierentuberculose sehr selten vorkommt. Die Dia- gnose der letzteren kann sehr schwierig sein, wenn im Urin keine Tuberkel- bacillen vorhanden sind. Die Feststellung, welche der beiden Nieren tuber- culös afficirt ist, gelingt nur mittelst der Ureterencatheterisation.

c) Cystischer Degeneration und Hydatiden. Eine Hämaturie kommt hier in etwa dem vierten Teile der Fälle vor. Sie ist meist mäßig, aber anhaltend und führt so nicht selten zu Erschöpfungszuständen. In manchen Fällen ist sie jedoch sehr profus und giebt dann zum Verdacht auf eine maligne Affection Veranlassung.

4. Nierentumoren. Bei diesen bildet die Hämaturie das wichtigste Symptom, das in den weitaus meisten Fällen vorhanden ist. Und die Be- deutung dieses Symptoms ist um so größer, als Nierentumoren fast stets maligner Natur zu sein pflegen. Es sind wohl auch Fibrome, Lipome, Papillome etc. beobachtet worden, doch bilden diese nur seltene Ausnahmen. Die Hämaturie ist beim Beginn des Leidens selten profus und anhaltend, wird es aber dann beim weiteren Fortschreiten. Häufig werden Ureteren oder Urethra durch Blutcoagula verstopft. Ist der Tumor auf die Nieren- substanz beschränkt, so kann im Uebrigen der Urin vollkommen normal sein. Hat indessen das Neoplasma auch das Nierenbecken ergriffen, so können im Urin Bluteylinder, Epithel und Tumorenpartikel vorhanden sein. In manchen Fällen, besonders bei Sarcomen, tritt selbst bei sehr großen Tumoren die Hämaturie sehr spät auf. Zuweilen auch fehlt sie während

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des ganzen Krankheitsverlaufes. Vereinzelt wird die maligne Affection durch die Anwesenheit von Nierensteinen maskirt, was um so mehr möglich ist, als auch sonst zuweilen maligne Nierenaffectionen fast vollkommen symptom- los verlaufen. Loewenthal.

II. Harn und Stoffwechsel Diabetes.

C. Alpers (New York): Eiweissbestimmung im Harn. (Pharmac. Centr. 1898, S. 619.)

Als Reagens zur Bestimmung von Eiweiß ım Harn schlägt A. das Quecksilbersuceinimid vor, mit dessen Hilfe man Fiweib noch in Verdün- nungen von 1:150000 entdecken kann. Die Probe geschieht folgendermäaben: Man versetzt den zu untersuchenden Harn mit etwas Salzsäure und mischt

mit gleichem Teile einer Iproc. Quecksilbersuccinimidlösung. Falls der Harn Eiweiß enthält, so entstehen in demselben nach Zusatz dieser Lösung weibe

Wolken und Trübungen. Li.

Hotchkis: A case of haematoporphyrinuria. (British Medical Journal, 10. September 1898.)

Die 54jährige, anämische Patientin litt an einer Psychose, deren Ent- stehung Verf. auf das Klimacterium zurückführte. Außer leichter Albuminurie und vorübergehenden geringen Oedemen wurden die Organe gesund gefunden. Wegen starker Aufregungszustände und Schlaflosigkeit bekam sie ca. vier Monate allabendlich 11/, g, dann Morgens und Abends drei Wochen je 0.9 und weitere zwei Wochen je 0,6 g Sulfonal. Im Anschluß an diese Medica- tion entwickelte sich eine in 26 Tagen letal verlaufende Hämatoporphyrinurie, welche mit acuten gastrischen Symptomen (Aufstoßen, Erbrechen, epigastri- sche Schmerzen, Fieber) einsetzte. Diese Beschwerden verschwanden nach sechs Tagen vollkommen, und es trat eine allmählich zunehmende Parese der Beine uud Arme ein. Am 12. Tage der Erkrankung begannen, besonders im Gesicht und in den Armflexoren, Muskelzuckungen, die auch im Schlafe nicht aufhörten. Der Harn war bis auf die letzten Tage, wo eine leichte Cystitis auftrat, stets sauer, das specifische Gewicht schwankte zwischen 1020 und 1030, die 24stündigen Harnmengen betrugen im Mittel 600 ccm. Die anfangs geringe Eiweißbmenge nahm allmählich zu; die Harnfarbe war in den ersten zwei Tagen tiefrot, dann hellrot und in den letzten zehn Tagen normal Der Harn enthielt in den ersten zehn Tagen zeitweise geschrumpfte rote Blutkörperchen, in den letzten zwei Wochen keine roten Zellen, aber deutliche granulirte Cylinder. Das Speetroskop ergab die Hämatoporphryrin- streifen. Im Blut 3—4 Millionen rote Zellen, 65 pCt. Hämoglobin. Die Temperatur stieg in den ersten sechs Tagen bis 38,3%, fiel dann zur Norm und stieg mit dem Einsetzen der Muskelzuckungen wieder langsam bis

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38,9%. Die Respiration wurde in den letzten zwei Wochen frequenter und nahm schließlich Cheyne-Stokes’schen Typus an. Die Section ergab fettige Degeneration von Leber, Milz und Nierenrinde, zudem zwei Infarcte in der Milz und chronische interstitielle Nephritis.

Große Aehnlichkeit sowohl im Symptomenbild wie im Sectionsergebnis hat der beschriebene Fall mit dem von Oswald im Jahre 1894 veröffent- lichten. Nur fehlen im letzteren die Muskelzuckungen, vielleicht weil der Exitus letalis bereits nach acht Tagen eintrat.

Im Hinblick auf diese Fälle warnt Verf. davor, bei kranken Nieren längere Zeit Sulfonal zu geben. R. Rosenthal (Berlin).

Laidlaw (New York): Oligophosphaturia a well- defined and important symptom in disease. (New York medical Record, 3. September 1898.)

Bostock, der nächst Bright die größten Verdienste um die Er- forschung der Nierenkrankheiten hat, machte zuerst 1827 auf die Ver-. ringerung der anorganischen Salze im Harn von Nephritikern aufmerksam. Das Studium derselben wurde zu Gunsten des Harnstoffes vernachlässigt und erst 1868 von Dickinson wieder aufgenommen, dem Fleischer und Purty folgten; alle wiesen darauf hin, daß die Chloride in normaler Weise, die Sulfate und besonders die Phosphate in verringerter Menge ausge- schieden werden, letzterer betonte, daß die Verminderung der Phosphate ein ebenso constantes Symptom der Bright’schen Krankheit ist, wie die Albuminurie. Verf. bestätigt dies nicht nur, sondern geht soweit, zu be- haupten, daß die verminderte Phosphatausscheidung, der er den Namen „Oligophosphaturie* beilegt, das einzige constante Harnsymptom der chro- nischen interstitiellen Nephritis ist. Der Eiweißgehalt ist wechselnd, zeitweise sehr gering oder garnicht vorhanden. L. sah sechs Fälle, in denen Harn- stoff, Chloride und Sulfate in normaler Menge ausgeschieden wurden. Die Oligophosphaturie ist jedoch nicht pathognomonisch für chronisch inter- stitielle Nephritis, sie wird auch gefunden bei Gicht, chronischer Bleiintoxi- cation, einigen Formen von Anämie, Schwangerschaft, acuter gelber Leber- atrophie, Lebercirrhose, bei einigen acuten Fiebern, bei Malaria, fast durch- weg Krankheiten, bei denen die Nieren in gewissem Grade in Mitleiden- schaft gezogen sind. Bei der Wichtigkeit dieses Symptoms für die Früh- diagnose der chronischen Nephritis ist eine quantitative Untersuchung am besten mittelst der Uraniumnitrat-Titration unerläßlich.

R. Rosenthal (Berlin).

Dr. P. Casciani: Weber den Einfluss der Ernährung und der Arbeit auf die Giftigkeit des Harns beim Menschen. (Archives italiennes de biologie, tome XXVII, fasc. II.)

Verf. gelangt auf Grund seiner Untersuchungen über den Einfluß der

Ernährung und der Arbeit auf die Toxicität des Harns zu folgenden Schlüssen:

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1. Die Toxicität des Harns ist unter dem Einflusse der Lebensweise und der Arbeit sichtlichen Schwankungen unterworfen.

3. Die Toxicität des Harns verringert sich bei Pflanzenkost.

3. Im Zustande der Ruhe besitzt der Harn bei gemischter Kost stärkere Toxicität als bei ausschließlicher Pflanzenkost.

A. Fleischkost steigert die Toxicität des Harns in directer Proportion zum Fleischquantum.

5. Die Arbeit steigert die Toxicität des Harns in bedeutenderem Grade, als die früher erwähnten Ernährungsverhältnisse; ununterbrochene oder schwere Arbeit wirkt in angegebener Beziehung stärker, als mäßige.

Li.

Prof. Popow (Moskau): Ueber Diabetes mellitus bei Kindern. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 3.)

Während man über den Diabetes mellitus bei Erwachsenen zahlreiche Forschungen besitzt, giebt es über diese Erkrankung im Kindesalter nur sehr wenige Arbeiten. Specielle Untersuchungen über die Pathogenese des Diabetes mellitus bei Kindern giebt es überhaupt nicht, und wir sind in Folge dessen in diesem Punkte auf die Theorien angewiesen, durch welche man die Entstehung dieser Krankheit bei Erwachsenen zu erklären suchte. Obgleich die Krankheit selbst bereits im Jahre 1674 von Thomas Willis beschrieben wurde, so stammen doch unsere ersten Kenntnisse über das Wesen derselben aus der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts, und zwar sind sie in den klassischen Arbeiten von Claude Bernard über das Glykogen und über die Bildung von Zucker im Harn enthalten. Die Untersuchungen von Paschutin und Ehrlich gaben der Lehre vom Diabetes eine neue Richtung: man legte der Erkrankung nicht Störung der zuckerbildenden Thätigkeit der Leber, nicht allein die Herabsetzung der Oxydationsprocesse im Organismus, sondern abnormen Zerfall des organisirten Stoffes und ditfuse kohlenhydratische Degeneration der Gewebe zu Grunde. Diese Ansicht findet Bestätigung in einer Reihe von klinischen und anatomischen Er- fahrungen: im erhöhtem Zerfall der Stickstoflsubstanzen, in Herabsetzung der Oxydationsprocesse und des Gaswechsels, in atrophischen Veränderungen und Erschöpfung des Organismus, sowie in Ansammlung von Glykogen neben Zellen im Zustande parenchymatöser Degeneration. Der gesteigerte Gehalt des Harns an Harnsäure und Sulfaten spricht dafür, dass die Quelle des Harnzuckers in gesteigertem Zerfall des Eiweißes und in mangelhafter Oxydation der Kohlehydrate im Organismus zu suchen ist. In manchen Fällen sprechen übrigens gewisse Umstände dafür, daß das Blut bisweilen reichliche Quantitäten von Zucker enthält, der mit dem Harn zur Aus- scheidung gelangt, weil die Oxydationsprocesse des Zuckers gestört sind, oder weil die Kohlehydrate der Nahrung durch die Leberzellen nicht ver- arbeitet, in der Leber nicht zurückgehalten werden, sondern in Form von Zucker direct in das Blut übergehen. Die Versuche von Mering und Minkowski mit Exstirpation des Pankreas können diese Ansicht gewisser-

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maßen bestätigen, da der Zucker beim Fehlen des Pankreasferments im Organismus nicht oxydirt wird. Zu den Anhängern der Theorie von der gesteigerten Zuckerbildung im Organismus gehören Paschutin, Wolkow, Jaccoud, Frerichs, Ehrlich; zu den Anhängern der Theorie von der mangelhaften Oxydation des Zuckers zählen Seegen, Cantani, Mering, Minkowski, Pavy u. A. Was den Verf. betrifft, so können nach seiner Meinung leichtere Diabetesformen, welche beim Ausschließen der Kohle- hydrate aus der Nahrung zuckerfrei werden, durch die zweite Theorie erklärt werden, während die Fälle, in denen der Zucker auch bei ausschließlicher Eiweißnahrung und selbst beim Hungern ausgeschieden wird und in denen eine Reihe regressiver Veränderungen vorhanden sind, durch die zweite Theorie zu erklären sind.

Die erste ausführliche Arbeit über Diabetes im Kindesalter ist die von Külz, der 111 Fälle gesammelt hatte. Hierauf folgen die 33 Fälle, die von Redon beschrieben worden sind, dann die 88 von Stern, die 159 von Saundby und schließlich die 108 von Wegeli.

Bezüglich der Aetiologie ist die Erblichkeit an die erste Stelle zu setzen. In vielen Fällen ergiebt die Anamnese schwere Erkrankungen der Eltern oder der nächsten Verwandten: Diabetes, Alkoholismus, Syphilis, Geistes- und Nervenkrankheiten. Ferner wird Entstehung von Diabetes bei Kindern häufig bei Chorea, Epilepsie, Hysterie, bei Verletzungen des Kopfes beobachtet. Außerdem entwickelt sich diese Erkrankung nach schweren Fällen von Masern, Scharlach, Typhus, Dysenterie und Malaria.

Die Symptome des Diabetes sind bei Kindern dieselben wie bei Er- wachsenen: Allgemeine Abmagerung, Veränderung der Gemütsstimmung, starker Durst und stets bedeutende Steigerung der Harnquantität nebst Vorhandensein von Zucker im Harn von 0,3 bis 10,5 pCt. Das specifische Gewicht des Harns ist stets gesteigert und beträgt 1030—1050. Seltenere Krankheitserscheinungen sind: Abnahme des Schvermögens, Blutergüsse in die Netzhaut, Cataractbildung, ferner Lähmungen, Anästhesien und Furunculosis. Als Zeichen des herannahenden Todes gilt nach Wegeli das Auftreten von Aceton und Essigsäure im Harn.

Der Verlauf der Krankheit ist bei Kindern ein viel schnellerer wie bei Erwachsenen; gewöhnlich dauert die Krankheit von einigen Wochen bis zu einem Jahre, in seltenen Fällen 2—3 Jahre.

Die Prognose ist bei Kindern viel ernster zu stellen wie bei Er- wachsenen. Comby meint, daß es sich in den wenigen Fällen, in denen Heilung erzielt worden ist, nicht um echten Diabetes, sondern um vorüber- gehende Glykosurie gehandelt hatte. Külz hatte auf seine 111 Fälle nur 6 Fälle von Genesung zu verzeichnen, Stern 14, Wegeli 15, Redon 4. Der bedeutendere Teil der Genesenen betriflt Kinder, bei denen der Diabetes sich nach einem Trauma oder nach übermäßigem Genuß von Zuckersubstanzen entwickelt hatte.

Bezüglich der pathologischen Anatomie wird berichtet, daß die Section von Patienten, die an Diabetes mellitus zu Grunde gegangen sind,

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verschiedene Affectionen der Nieren mit Fett-, Glykogen- und Amyloid- entartung ergeben hat. Außerdem fand man im Pankreas Atrophie der Drüsenzellen. Heubner und Sandmeyer berichten über fettige Dege- neration der Leber und des Herzmuskels, sowie über Herderweichungen des Rückenmarks.

Die Behandlung basirt hauptsächlich auf diätetischen Maßnahmen. Kleinen Kindern wird Fleisch- und Milchnahrung, größeren ausschließlich Fleischnahrung verordnet. Die Darreichung von Wein und stärkehaltigen Substanzen wird reducirt. Von Medicamenten kommt vor Allem das Aar, salicylicum (0,3—0,5 dreimal täglich) in Betracht, dann Antipvrin, Arsenik, Chinin ete. Von guter Wirkung ist schließlich die Darreichung von Mineral- wässern (Vichy, Karlsbad) in Dosen von 1—3 Gläsern täglich. Li.

Oliver (Newcastle): Coma diabeticum, erfolgreich behandelt mit Kochsalztransfusionen. Kein Recidiv innerhalb der nächsten Wochen. (The Lancet, 1898, 13. August.)

Der 30jährige Patient bekam vor neun Monaten gesteigerten Durst und begann große Quantitäten Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Er trank häufig drei große Flaschen Bier auf einmal und auch des Nachts mußte er häufig aufstehen, um den Durst zu stillen. Vor acht Monaten fühlte er sich bereits so schwach, daß er seine Beschäftigung aufgeben mußte. In den letzten 11 Wochen litt er an hartnäckiger Verstopfung, der nur mit großer Mühe durch Abführmittel abgeholfen werden konnte. Gleichzeitig mit dem gesteigerten Durst stellte sich auch vermehrte Urination ein. Abgesehen von einer vor fünf Jahren überstandenen Pleuritis und von zwei leichten Influenzaanfällen war der Patient stets gesund; seit seiner letzten Erkran- kung ist er zwar etwas abgemagert, doch war er bei der Aufnahme noch ziemlich gut genährt. Die Haut war trocken und von citronengelber Farbe, die Zunge trocken und mit weißlichem Belag bedeckt; der Speichel war sauer, enthielt jedoch keine Sulphocyansäure. Auf den Oberschenkeln be- fanden sich braune Flecke als Ueberreste von Pusteln, die sich vor fünf Monaten entwickelt hatten. Lunge, Herz waren normal; Lebergrenzen normal, Milzgrenzen dagegen etwas mehr hervorragend, als in der Norm. Der Patient wurde auf diabetische Diät und Codeintherapie gesetzt, worauf sein Zustand sich zu bessern schien. Nach ca. drei Wochen verließ Patient das Krankenhaus in der Absicht, sich per Bahn nach seiner 13—14 Meilen entfernten Heimath zu begeben: er wurde jedoch am Abend desselben Tages in comatösem Zustande nach dem Krankenhause ‚zurückgebracht. Es stellte sich heraus, daß der Patient die Station richtig erreicht hatte, daß er aber einige Stunden später in bewußtlosem Zustande im Eisenbahn- abteil eines Zuges gefunden wurde, der eine andere Richtung hatte, als der, mit dem der Patient mitfahren sollte. Der Patient bekam auf der Stelle eine Kochsalztransfusion in die V. mediana basılıca dextra; die Temperatur der Lösung betrug 112% F. Vor der Transfusion betrug die Pulszahl 45, mit dem unmittelbar nach der Transfusion erfolgten Wiederkehren des Be-

tegen EE —— ———

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wußtseins hob sich der Puls und verblieb in normaler Höhe. Während der ersten drei Tage nach der Transfusion entleerte der Patient nur geringe Harnquantitäten bis zu 21 Unzen täglich, statt der 140 200 Unzen bei seinem ersten Aufenthalte un Krankenhause. Die Harnuntersuchung ergab in den folgenden Tagen kein Eiweiß, kein Aceton, wohl aber Zucker. Die Harnmenge stieg seitdem und betrug bald 190 Unzen täglich. Li.

II. Gonorrhoe und Complicationen.

Kopytowski: Ueber Gonokokkenbefunde im Genitalsecret der Prostituirten. (Arch. f. Derm. u. Syph. 1898, Bd. 45, Heft 2.)

Verf. hat im Ganzen 300 Untersuchungen auf Gonokokken bei Prosti- tuirten vorgenommen, die krank in's Hospital eingeliefert waren. Es wurden das Secret des Cervicaleanals, die Bartholini’schen Drüsen und die Urethra gesondert untersucht. Außerdem fand noch eine gesonderte Untersuchung nach stattgehabter Menstruation statt. Bei 1W Kranken wurde das mehr weniger eitrige Cervicalsecret untersucht: Gonokokken in 9 Fällen, also 9 pCt. Von den 100 wegen Gonorrhoe local Behandelten menstruirten 15. Hiervon nur bei einer Gonokokken. Im Ganzen fand nach den Menses eine einmalige Untersuchung bei 108 Frauen statt. Es wurden nur bei 11 Kranken Gonokokken gefunden, 3mal in beträchtlicher Anzahl. Im Ganzen nach der Menstruation untersucht 123, Gonokokken bei 12 = 10 pCt. Bei Urethralseeret wurden untersucht 25, hiervon in 8 Fällen spärliche (Gonokokken, in 7 reichliche, zusammen 15 = ca. 60 pCt. Bei Secret aus den Bartholini’schen Drüsen resp. Abscessen derselben wurden untersucht 16, dabei 4mal Gonokokkenbefunde = 25 pCt.

Hieraus ergiebt sich als practischer Schluß, daß der Sitz der Gonorrhoe bei Frauen hauptsächlich die Urethra und die Bartholini’schen Drüsen sind und daß daher dem Secret dieser beiden seitens der Polizeiärzte die größte Beachtung zu schenken ist. Stockmann (Königsberg ı. Pr.).

Dr. A. Abutkow: Ueber den Einfluss der Temperatursteige- rungen auf den Verlauf der Gonorrhoe. (Wratsch 1898, No. 8.)

Von der Thatsache, daß die Gonokokken Temperaturschwankungen gegenüber sehr empfindlich sind, läßt sich a priori die Vermutung ableiten, dab der Verlauf der Gonorrhoe durch Schwankungen der Körpertemperatur beim Patienten beeinflußt werden müsse. Verf., der bereits vor einiger Zeit für diese Ansicht warm eingetreten ist, bekräftigt nun dieselbe durch fol- gende Fälle eigener Beobachtung:

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1. Der 33jährige Patient, der seine erste Gonorrhoe vor 15 Jahren überstanden hatte, Jitt die letzten vier Jahre unaufhörlich an Gonorrhoe mit häufigen Exacerbationen. Am 16. 2. 1897 kam er zum Verf. mit sub- acuter Gonorrhoe der ganzen Urethra. Bis zum 28. 2. gewöhnlicher Krank- heitsverlauf. An jenem Tage verspürte Patient nach längerem Spaziergangre Gefühl von Schwere im Damme, Schmerzen beim Harnlassen und im Atter und Gefühl von Hitze im ganzen Körper. Nachts starker Schüttelfrost. Temperatur 40,2°. Am 29. früh Temperatur 37,7%, Abends 40,1° mit Schürtel- frost. Am 30. früh bedeutende Besserung: ziemlich freie Urination, kein Fieber; im Laufe des Tages verschwanden die Schmerzen vollkommen. Am 7.3. ergab die Untersuchung des Harns: zahlreiche Fäden, die aus spärlichen Eiterzellen, Epithelzellen in verschiedenen Entwicklungsstadien und Schleim bestanden; weder Gonokokken, noch irgend welche anderen Mı- kroben.

2. Ein 30Jjähriger Arzt erkrankte zum ersten Male an Gonorrhoe. Am 16. Behandlungstage traten Symptome von Urethritis posterior auf. Am 22. Tage Schmerzen im Damme und After, Fieber, Schüttelfrost, erschwerte und schmerzhafte Urination. Bei der Untersuchung per rectum empfindet der Finger große Hitze; die Prostata ist vergrößert und äußerst schmerzhaft; Temperatur 40,20%. Unruhige Nacht. Am nächsten Morgen Temperatur 39°. Seit gestern jedoch kein Ausfluß mehr aus der Harnröhre; Harn trübe. ent- hält Flocken und Fäden. Abends Temperatur 39,9%. "Am nächsten Tage Temperatur Morgens 36,8%, Abends 37,1%. Die Untersuchung des Harns ergiebt Eiter und Eiterfäden, aber weder Gonokokken, noch andere Mikroorganismen.

8. Der 34)jährige Patient, der seine erste Gonorrhoe vor 14 Jahren überstanden und nun zum dritten Male Gonorrhoe acquirirt hatte, kam zum Verf. am 7.9.1897. Aus der Harnröhre läßt sich ein gelblich-grüner Tropfen herauspressen. Der Harn enthält zahlreiche Gonokokken. Nach einer sechs- wöchentlichen fruchtlosen Behandlung unternahm Verf. Ultzmann’sche Injectionen von Höllensteinlösung. Nach fünf Injecetionen heftige Exacer- bation mit reichlichem Ausfluß. Am fünften Tage nach der letzten Injection schmerzhafte Urination, Schmerzen im Damme und After, Schüttelfrost, Fieber bis 39°. Die linke Hälfte der Prostata vergrößert und schmerzhaft. Am nächsten Tage Temperatur Morgens 37,8%, Abends 37,4% am Abend des folgenden Tages stieg die Temperatur zum letzten Mal auf 39%. Wäh- rend der Fieberperiode hörte der AustluB auf; später stellte er sich zwar wieder ein, aber er war jetzt fast gonokokkenfrei. Nach 12 Tagen war der Patient vollkommen gesund.

4. Ein 27jähriger Officier erkrankte vor ungefähr drei Wochen an Gonorrhoe, kurirte sich aber diese Zeit selbst. Am 7. 5. 1897 kam er zum Verf. mit spärlichem, aber höchst gonokokkenhaltigem Ausfluß. Kopf- und Rückenschmerzen, sowie Schmerzen im Gebiete der rechten Niere. Häufige und reichliche Miction. Harn trübe. Innerhalb dreier Tage Ausspülungen der Harnröhre und der Harnblase. Der Harn, der 5—12 Minuten nach der

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Ausspülung mittelst Katheters entleert wurde, enthielt stets Eiter und Grono- kokken. Am 12. 5. heftige Rückenschmerzen, Temperatur Morgens 39,79, Abends 40,6°, Erbrechen, Delirium und starke Aufregung. Die Nacht schlaf- los. Am nächsten Morgen Temperatur 36,7°. Spärlicher Ausfluß aus der Harnröhre, bestehend aus Epithel und Eiterkörperchen ohne Gonokokken. In einigen Tagen vollständige Genesung und Abheilung der Gonorrhoe.

Li.

E. Gerbert: Mixture contre la dysurie blennorrhagique. (Le progres medical 1898, No. 40.) Natrii salieyl. . . . . . 100 Extract. Belladonnae . . 0,03 Aquae dest. . . . . . 195,0 Tincturae cort. aurant. . 5,0 MDS. Alle 2—3 Stunden einen Eßlöffel zu nehmen. Immerwahr (Berlin).

Finger: Casuistische Beiträge zur Bedeutung der Pro- statitis gonorrhoica glandularis. (Arch. f. Derm. und Syph. 43. Bd., I. Theil.)

Vorliegender Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Sympto- menbilde der Prostatitis glandularis. Für die Diagnose genügt nicht allein die Palpation der Prostata per rectum, sondern es ist vor Allem die mikro- skopische Untersuchung des exprimirten Prostatasecrets notwendig. Die Palpation der Prostata allein kann nur da Aufschluß geben, wo diese Drüse derb vergrößert in’s Rectum vorspringt, d. i. bei der periglandulären Form, wo neben den Drüsenalveolen selbst auch der bindegewebige Anteil mit ergriffen ist. Die catarrhalische Prostatitis hat die „ausgesprochene Ten- denz zu insidiösem, fast syımptomlosen Verlauf“, kann jahrelang, ohne an Intensität zuzunehmen, bestehen, ist aber „immer bereit, auf äußere Schäd- lichkeiten schwerere Erkrankungen des Urogenitalsystemes zu veranlassen“. Die Prostata ist dabei zwar vergrößert, aber nicht derb, sondern teigig; bei der Digitalexploration entleeren sich zahlreiche Krümel und Bröckel, die mikroskopisch zahlreiche Prostataepithelien, Eiterzellen, zuweilen Gono- kokken zeigen. Bedeutungsvoll ist, „daß, solange als dieser Prostatacatarrh besteht, der Patient bei Einwirkung äußerer Schädlichkeiten immer Reci- diven ausgesetzt ist“. Diese Recidive treten stets unter der Form der Urethritis post. auf. Beschreibung eines Falles von stets recidivirender Urethritis, auch wenn geheilt entlassen, sobald Coitus ausgeführt wurde. Urin in beiden Portionen völlig klar, keine Fäden. Im Prostatasecret Epithelzellen, Leceithinkörperchen, zahlreiche Eiterzellen und Gonokokken. Verf. kommt nach weiterer Mitteilung von zwei Fällen zu dem Schluß „und sollte einem Manne, der einmal an Urethritis post. gelitten hatte, der Eheconsens nie ertheilt werden, ehe nicht die Untersuchung des Prostata- secrets normale Verhältnisse, Freisein von Eiterzelen und Gonokokken

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ergiebt“. „Ist die Prostatitis glandularis einmal Ursache des Recidivirens einer Urethritis post., so kann sie. in anderen Fällen dadurch, daß auf äußere Schädlichkeiten der Proceß absteigt, Ursache von häufig recidivirenden Epididymitiden werden.“ Hierzu drei Fälle. Besonders interessant der dritte Fall, weil er das Bild einer blennorrhagischen Epididvmitis darbot.

Des Weiteren ist die Prostatitis insofern von Wichtigkeit, als sie Hämospermie zu erzeugen vermag. (Ein Fall.)

Resumé: Die Prostatitis catarrhalis ist in vieler Beziehung eine beachtens- werthe Affection. Zur Diagnose ist die Untersuchung des Prostatasecretes unbedingt erforderlich. normale Größe und Consistenz der Prostata bei Digitalexploration per rectum schließt das Vorhandensein derselben nicht aus.

Die Affection kann, nach völligem Abklingen des gonorrhoischen Pro- cesses in der Urethra, als einziges Residuum der Gonorrhoe zurückbleiben und jahrelang in völlig latentem Zustande verharren.

In diesem latenten Zustande vermag die Prostatitis catarrh. doch in- fectiös zu wirken, Gonorrhoe zu übertragen, ist also in der Frage des Eheconsenses zu berücksichtigen. Auf äubere Schädlichkeiten vermag die Prostatitis zu exacerbiren und kann dann die Ursache scheinbar „d’emblee* auftretender Blasencatarrhe und Epididymitiden werden.

Die Prostatitis catarrh. kann endlich auch Ursache von blutigen Pol- lutionen, Hämospermie werden.

Therapie: Sondenkur mit thunlichst hohem Caliber, Psvehrophor, Massage der Prostata. Nach jeder Massage Instillation von Argentum- oder Kupferlösungen. Zur Massage empfiehlt sich das Feleki-Pezzoli’sche Instrument. Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Fuchs: Zur Kenntnis der Spermatocystitis gonorrhoica und ihre Beziehungen zur Ueberwanderung von Bac- terien aus dem Darm in die Blase. (Archiv f. Dermat. u. Syph. 1898, 45. Bd., 1. Heft.)

Verf. hat zwei Fälle beobachtet, die er als Spermatoeystitis gon. an- sprechen zu müssen glaubt, da in beiden die Prostata nicht vergröbert war, während die Samenbläschen als wurstartige Gebilde gegen den Mastdarm vorsprangen. Bei der Digitaluntersuchung entleerten sich in Menge wurst- artige gelatinöse Gebilde. welche in dem aufrefangenen Urin niedersanken. Dieselben wurden in Alcohol gehärtet, in Celloidin eingebettet und Schnitte von ihnen gemacht, die mit Sahli’schem Borax-Methvlenblau oder Carbol- fuchsin gefärbt wurden. Man fand grobe Haufen von Diplokokken, die alle Characteristiea der Gonokokken trugen. AubDerdem stäbehenförmige Bacterien, die für Bact. coli angesprochen wurden, F. meint, daß es sich in beiden Fällen um wirkliche Ueberwanderung der Colonbacterien vom Darm handelt und stellt sich den Proceß folzendermaßen vor. Die Vesieulae seminales sind stark hyperämisch und springen eminent gegen die Darmwand vor. Der Zwischenraum ist nur em geringer. Durch die vorbeistreichenden Fäcal-

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massen kann es leicht zu einer Läsion der Darmschleimhaut kommen, und nunmehr ist den Bacterien die Pforte zur Einwanderung geöffnet. Stockmann (Königsberg i. Pr).

Monteux et Lop: Phlébite blennorrhagique. (Ann. de derm. et de syph. 1898, 8—9. Congres fr. de med. Montpellier. Avril 1898.)

Ein 20jähriger Mann wurde am 15. Tage einer Gonorrhoe von einem Gelenkrheumatismus des rechten Fußgeleukes befallen, der 71/, Monate dauerte. Sechs Tage nach dem Beginn der Arthritis entstand eine Phlebitis der rechten Saphena interna unter Änsteigen der Temperatur auf 38.4°. Die Vene trat als roter Strang hervor, das Glied war Ödematös, das Fieber dauerte drei Tage. Das Oedem verschwand nach 12 Tagen, die Phlebitis nach fünf Wochen. Dreyer (Köln).

IV. Lues und die übrigen venerischen Krankheiten.

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Caspary: Ueber den Sitz der latenten Syphilis. (Arch. f. Derm. u. Syph. 43. Bd., 1. Teil.)

Nach Virchow bleiben Reste überstandener Syphilis in den Lymph- drüsen zurück und ist auf diese daher bei der Beurteilung ganz besonders Rücksicht zu nehmen. Neumann erweitert diese Lehren und dehnt. sie auf alte syphilitische Narben der äußeren Haut, bezw. die Stellen, wo Syphilisproducte aufgetreten sind, aus. C. spricht beiden Auffassungen eine große Bedeutung zu, kann sich aber als durchaus überzeugten Anhänger nicht erklären und fordert zu weiteren Untersuchungen auf.

Stockmann (Königsberg i. Pr.)

Dr. Braslawski (Petersburg): Ueber die pathologisch-ana- tomischen Veränderungen der automatischen Nerven- ganglien des Herzens bei Syphilis. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 3.)

Verf. hat seine Untersuchungen über die pathologisch - anatomischen Veränderungen der automatischen Nervenganglien des Herzens an 2&0 Indi- viduen angestellt, die an tertiärer Syphilis gelitten hatten, jedoch an anderen intercurrenten Krankheiten gestorben waren. Im Gebiete der Nervenganglien waren die Veränderungen analog denjenigen. die auch in den anderen Organen gefunden wurden: sie bestanden in interstitieller Infiltration mit runden Elementen nebst Uebergang derselben in spindelförmige Elemente und in faseriges Gewebe, sowie in Verdiekung der Kapseln der Nervenzellen. Die

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Blutgefäße befanden sich im Zustande amyloider und hyaliner Entartung. Das Protoplasma der Zellenelemente der Nerven zeigte verschiedene Stadien degenerativer Entartung: einfache Atrophie, fettige Degeneration, Vacuoli- sation und Necrose. Diese Veränderungen erklärt Verf. teilweise durch Ernährungsstörung in Folge der Veränderung der Blutgefäße, teilweise durch Druck von Seiten des neugebildeten interstitiellen Gewebes, teilweise dureh directe Einwirkung des syphilitischen Giftes. Li.

Dr. Holmes Greene: Syphilis of the Kidney. (Journal of Cutaneous and Genito-urinary Diseases 1898, No. 1.)

Verf. gelangte auf Grund seiner Untersuchungen zu folgenden Schlüssen über Syphilis der Nieren:

l. Die Nieren werden ziemlich selten von Syphilis betroffen. Die syphilitische Affection der Nieren äußert sich in der Form von parenchry- matöser und interstiticHer Nephritis, gummöser Affection oder amyloider Entartung.

2. Größtenteils wird aber eine Combination der einen Form mit irgend einer anderen von den oben bezeichneten Formen beobachtet.

3. Der syphilitische Proceß befällt gewöhnlich nur die eine Niere; nur der interstitielle Proceß ist gleichzeitig in beiden Nieren anzutreffen.

4. In seltenen Fällen verläuft die Nierensyphilis unter dem Bilde von maligner Geschwulst oder Nierenstein. Li.

Jacquet: P6&riostite gommeuse du tibia. (Ann. de derm. et de syph. 1898, 8—9, Soc. méd. des hôp. de Paris, Séance du 17. juin 1898.)

Die Ueberlegenheit der Calomeltherapie bei Lues wird durch folgenden Fall illustrirt: Der Kranke hatte vor fünf Jahren Lues erworben und zeigte Jetzt gummöse Periostitiden beider Tibien. Die schmerzhaften Knoten haben sich nach I4tägzigen Inunctionen, combinirt mit einer täglichen Dosis von DH x Jodkali, nicht im geringsten verändert. Dagegen reichten zwei Calomelinjecetionen aus, um sie zum Verschwinden zu bringen. Schon die erste Injection von 0,05 g hatte am folgenden Tage eine Milderung der Schmerzen zur Folge. Dreyer (Köln).

Brousse et Ardin-Delteil: H&miparaplegie d’origine syphili- tique, avec hémianesthésie croisée. (Ann. de derm. et de syph. 1898, 8—9. Congr. fr. de méd. Montpellier. Avril 1898.)

Der Fall von Rückenmarkssyphilis, über den berichtet wird, trat be- reits sechs Monate nach dem Initialaffeet anf. Nach einigen Vorläufern, Schmerzen der Wirbelsäule, Incontinentia urinae diurna trat plötzlich eine Hemiplegie mit Hyperästhesie beider unteren Gliedmaßen auf. Dann aber erschien eine Ilemianästhesie der gesunden unteren Extremität. Eine com- binirte Behandlung (Injectionen von grauem Oel und steigende Dosen von

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Jodkalium) führten schnelle Besserung herbei, indes blieben eine leichte spastische Parese und vereinzelte anästhetische Zonen des gesunden Beines zurück. Dreyer (Köln).

Dieulafoy: L’ulcus gastrique syphilitique. (Ann. de derm. et de syph. 1898, 8—9. Academie de medec. de Paris. 17. Mai 1898.)

Ein Kranker litt seit dem Secundärstadium seiner Syphilis an den Symptomen eines Magengeschwüres mit unstillbarem Erbrechen. Jede Therapie blieb erfolglos, bis eine antisyphilitische eingeleitet wurde. 30 In- jectionen von Hydr. bijod. führten vollkommene Heilung herbei. Man soll deshalb bei Ulcus ventriculi immer auch an Lues unter den ätiologischen Factoren denken. Dreyer (Köln).

Dr. Winogradow: Ein Fall von calcinirtem Gumma der Nebenniere bei Syphilis congenitalis. (Aus dem Labora- torium des Petersburger Findelhauses. Russki archiv pathologii, klinitscheskoi, mediciny i bacteriologii 1898, Bd. 5, Heft 6.)

Das betreffende Präparat stammt von einem einjährigen Kinde, das an Diphtherie, complicirt mit lobulärer acuter Pneumonie zu Grunde ge- gegangen ist, ohne daß zu Lebzeiten irgend welche Symptome von con- genitaler Syphilis wahrgenommen wurden. Es handelt sich um die rechte Nebenniere. Sie ist beinahe zweimal so groß wie die linke und zeigt in der Mitte einen ziemlich derben, grau-gelblichen Knoten von unregelmäßig runder Form und der Größe einer Haselnub. An der Peripherie ist der Knoten von einer bindegewebigen geschichteten Kapsel umgeben, von der graue Fortsätze strahlenförmig in die Rindensubstanz Inneinragen. Im Ge- webe des Knotens finden sich sowohl an der Peripherie, wie auch im Centrum mit Kalksalzen imprägnirte Partien, die beim Durchschneiden eine Crepitation vernehmen lassen und auf dem Messer Sandkörnchen von fast weiber Farbe zurücklassen. Besonders zahlreich sind diese Ablagerungen im centralen Teil des Knotens, wo sie die Größe eines Stecknadelkopfes erreichen und durch ihre hellgraue Farbe stark auffallen. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, daB man es hier mit einer wenig stabilen und aus zu Necrobiose neigenden Elementen bestehenden Neubildung zu thun hat. Der centrale Teil der Neubildung bot das Bild vollständigen kernigen Zer- falls, in den peripheren Teilen hatten die Zellelemente ihre Form zwar noch erhalten, sie boten jedoch Erscheinungen von Coagulationsnecrose.

Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung der Nebenniere, sowie der sonstigen Ergebnisse der Obduction, die mit absoluter Sicherheit für congenitale Syphilis sprachen, nimmt Verf. an, daß hier ein ealcinirtes Gumma der Nebenniere vorlag, das sich auf hereditär syphilitischer Basis entwickelt hatte.

Bei der Durchsicht des enormen Materials von Sectionsprotocollen des Petersburger Findelhauses der letzten zehn Jahre fand Verf. keinen einzigen Fall von Gumma der Nebenniere. Li.

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Dr. N. A. Sokoloff (Moskau): Eine neue Modification der ope- rativen Behandlung syphilitischer Mastdarmstricturen. (Centralblatt für Chirurgie 1898, No. 24.)

Die 31 Jahre alte Patientin war bis 1892 vollkommen gesund. zu welcher Zeit bei ihr iu der Nähe des Afters ein Absceb auftrat, der in einem Proviuzialspital ineidirt wurde. Ein Jahr später stellten sich Defäcaton=- beschwerden ein, welche sich dazwischen bis zur vollkommenen Stuhlver- haltung steigerten. Die dadurch notwendig gewordenen Drastica hatten zuletzt, trotz fortschreitender Steigerung der Dosis, eine nur ungenügende Wirkung. In letzter Zeit entleert sich nur Nüssiger Darminhalt, und Pat. kommt immer mehr herunter. Eine Untersuchung per rectum ergiebt das Vorhandensein einer stark ausgesprochenen Strictur, welche bereits 4 cm über dem Sphincter extermus beginnt. Die Mastdarmwand zwischen Sphincter und Stricturstelle ist intiltrirt. Der Finger dringt nur um ein Weniges in die strieturirte Stelle ein und wird im Vordringen durch ein festes Gewebe gehindert. Eine dünne Bougie passirt die Strietur mit Leichtigkeit, und durch ein hierauf eingeführtes weiches Mastdarmrohr läßt sich eine grobe Menge mit Blut und Fäcalmassen untermischten Eiters herausspülen. Die Abendtemperatur erreicht 38°. Systematisches Bougiren und interne Appli- cation von Jodkali brachten eine rasche Veränderung hervor, indem eine rasche Kräftigung und ein ziemlich guter Ernährungszustand eintraten. Wurde aber mit dem Bougiren aufgehört. so verengte sich die Strietur und erforderte eine Rückkehr zu dünneren Bougienummern. Operation: Unrer Morphium-Chloroformnarecose Schnittführung nach Kraske, Entfernung des Steibbeins und des linken Seitenteiles des Kreuzbeins bis zum dritten Sacral- loch, Vordringen gegen die Strietur. Ein Auslösen der Darmwand erwies sich als unmöglich wegen fester Verbackung derselben mit dem umgebenden Gewebe. Nach Einführung eines Dilatators per anım wurde die Rectalwand in die Wunde vorgestülpt und von außen nach innen also von hinten nach vorn durchschnitten. Die sehr starke Blutung gestattete ein nur äußerst vorsichtiges Vordringen. Die Strietur war 2,5 cm dick, das Gewebe derselben nach oben hin fester; es knirschte unter dem Messer. Der Schnitt durch die Striectur wurde 5 cm lang, der obere Rand der Strictur entsprach dem Rande des Kreuzbeins. Nach Durchschneidung der Strietur passirte sowohl der Finger als auch eine dicke Bougie per anum und durch die Wunde anstandslos in den Mastdarm. Trotz der sehr starken Verdickung war die ganze Masse der incidirten Gewebe beweglich, und nach Durch- legung eines dicken Seidenfadens durch die ganze Dicke derselben konnte man sich überzeugen, daß die Enden des Schnittes sich durch starken Zug aneinander bringen ließen. Nach einigen mibglückten Versuchen die Fäden schnitten fortwährend durch und mußten tiefer durchgelegt werden wurden zuletzt die Ränder der Längsineision In querer Richtung aneinander gebracht und die ganze Höhle tamponirt. Der weitere Verlauf war ein regelmäßiger. Neun Tage später granulirte die ganze Wundhöhle. Nach

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14 Tagen trat zum ersten Male Stuhl ein, und nur bei Einspülen einer ge- fürbten Flüssigkeit in’s Rectum bemerkte man ein langsames Durchsickern derselben durch eine unsichtbare Oeflnung in der Darmwand. Drei Wochen post operationem mäßiger Stuhlgang; Einspülung von Flüssigkeit in’s Rectum zeigt, daß sich auch die minimale Communicationsöflnung geschlossen hat. Die Patientin fühlt sich sehr wohl, Diät und Bettruhe werden beibehalten. Eine 2 cm dicke Bougie passirt anstandslos per rectum die Stricturstelle. Li.

Zuelzer: Neue Vorschläge zur Jodtherapie der Syphilis. (Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. 44, Th. II.)

Da das Jodkali oft recht unangenehme Nebenwirkungen macht und deshalb öfter, wo es durchaus indicirt ist, nicht verordnet werden kann, andererseits die Jodtherapie eine durchaus wertvolle, ja unschätzbare Rolle spielt, so empfiehlt Z. für selbiges als Ersatz das Jodalbacid. Dieses wird in einer täglichen Dosis von 3—4 g verabreicht, und zwar am besten in Tabletten oder Oblaten, resp. verbacken in Makronen. Es soll namentlich zu Jodzwischenkuren verordnet werden. Verf. resumirt sich dahin: Im Anschluß an jede während der ersten 3—4 Jahre nach der Infection zu machende Hg-Kur 3 Wochen lang täglich 3—4 g Jodalbaecid.

Beim Auftreten von leichten, seeundären Erscheinungen in der Zwischen- zeit Jodalbacid (3—4 und mehr Gramm täglich) bis zum Verschwinden der- selben.

Bei tertiären Erscheinungen bis zur Besserung ev. Verschwinden der- selben Jodkali, dann sechs Wochen lang Jodalbacid 3

4 mal täglich. Stockmann (Kënigsberg i. Pr.).

Klotz: Unangenehme Nebenwirkungen bei der Quecksilber- behandlung der Syphilis. (Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. 43, Teil I.)

Zu den unangenehmen Nebenwirkungen der Quecksilberbehandlung und insbesondere der unlöslichen Quecksilbersalze intramuseulär gehören einmal die Lungenembolle und im Allgemeinen die mereurielle Stomatitis. Was die Lungenembolie anlangt, so hat K. dieselbe bisher 8mal unter 100 Fällen mit 1072 Injeetionen beobachtet, d.h. also auf jeden 14. Patienten und jede 134. Injection Kommt eine Embolie. Mit der zunehmenden Er- fahrung und Sicherheit im Injiciren nimmt die Zahl der Embolien ab. Die klinischen Symptome bestanden in Hustenreiz, Schmerzen in der Brust, Frost und Hitze. Diarrhoe wurde niemals beobachtet. Der Hustenreiz pflegte meistens unmittelbar nach der Injeetion aufzutreten. In diesen Fällen sind Quecksilberkügelchen bei der Injection wohl unmittelbar in eine Vene und so in den allgemeinen Kreislauf gelangt. Sonst dürfte es wohl stets bei der Injection zu einer Gewebszerreißbung kommen und von hier durch

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Muskelaction Teile des Quecksilberdepots in die Gefüße gepreßt werden. Zur Technik empfiehlt K., die Patienten sich auf den Bauch legen zu lassen. die Nadel in die Mitte der Glutäen einzustechen, die reflectorisch folgende Muskelcontraction abzuwarten und nunmehr langsam zu injiciren. (Es ist befremdend, daß in dem ganzen Artikel Blaschko’s Arbeit gar nicht Er- wähnung findet. Ref.)

Was die Stomatitis mereurialis anlangt, so pflegt sie sich gewöhnlich allmählich und häufiger nach der Schmierkur zu entwickeln. Es giebt aber auch sehr fulminante Fälle. Vielleicht handelt es sich in diesen Fällen um eine gesteigerte Hg-Resorption, nachdem selbige aus bekannten Gründen längere Zeit verzögert war. Vielleicht wird sie aber auch durch eine aus anderen Gründen hinzugekommene Tonsillitis resp. Peritonsillitis bedingt.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Bandler: Ueber die venerischen Affecetionen der Anal- gegend bei Prostituirten. (Arch. f. Derm. u. Syph., 43. Bd., I. Teil.)

Der Rectalgonorrhoe ist in letzter Zeit großes Interesse gewidmet worden. Jedoch weichen bezüglich ihrer Häufigkeit die Statistiken erheblich ab. B. beschreibt zuerst einen Fall von schwerer suppurativer Periproctitis auf gonorrhoischer Basis bei einem 14'/,jährigen Fabrikmädchen, das eine Urethral- und Vaginalgonorrhoe acquirirt hatte. Der Heilungsproceß nahm elf Wochen in Anspruch. In der Tiefe des Abscesses konnten zahlreiche extra- und intracelluläre Gonokokken nachgewiesen werden. Der Infections- modus läßt sich nur durch Uebersiekern des Secretes erklären, da analer Coitus in Abrede gestellt wurde. Für die gonorrhoische Infection des Rectums giebt es 3 Wege: 1. widernatürlicher Coitus, 2. Durchbruch eines Bartholini’schen Abscesses in’s Rectum, 3. Uebertragung von auben, zu- meist Ueberflieben gonorrhoischen Seceretes von den Genitalien nach dem After. Neben den gonorrhoischen Aflectionen der Anorectalgegend besteht bei Prostituirten hauptsächlich die Neigung zur Bilduug von Ulcerationen und Hyperplasien bezw. zur Combination beider Zustände. Die Ulceration tritt bald als einfacher Epithelverlust, als Rhagade, bald als tiefes, elliptisches, kahnförmiges Geschwür auf. Die Hvperplasien sind zumeist als sog. Plicae anales hypertrophicae resp. als Plicae anales hypertrophicae exulceratae be- kannt. Die Entstehung dieser Krankheitszustände wird von den einzelnen Autoren verschieden erklärt. Die einen, speciell Neuberger, nehmen als Grund Gonorrhoe an, ebenso Jullien und Baer. Verf. hat nun 57 der- artige Fälle untersucht und gefunden, daß in allen Syphilis vorangegangen war. Gonokokken konnten nicht nachgewiesen werden.

Stockmann (Königsberg i. Pr.).

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V. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc.

TEE et Pasteau: De la tension arterielle et de la

contractilit6 vesicale chez les prostatiques. (Annales des mal. gen.-urin. 1898, No. 9.)

Guyon vertritt die Anschauung, daß die Mehrzahl der Prostatahyper- trophien auf Arteriosclerose beruht; nichtsdestoweniger konnte er die Beob- achtung machen, daß der eine Teil einen harten, nicht unterdrückbaren Puls aufweist, während der andere einen weniger harten, leicht unterdrückbaren hat. Verff. machten es sich zur Aufgabe, eine Erklärung für diese Ver- schiedenheit des Pulses aufzusuchen und führten zu diesem Zweck die manometrische Untersuchung ein. Sie teilten sich derart in die Arbeit, daß bei einem jeden Kranken der eine von ihnen die arterielle Spannung, der andere die Contractionsfähigkeit der Blase zu ermitteln suchte. Der Ver- gleich beider Untersuchungsreihen sollte dann ergeben, ob eine Beziehung zwischen Pulsspannung und Blasencontractilität vorhanden ist. Die arterielle Spannung wurde mittelst des Sphygmometers von Ch. Verdin, modificirt von Cheron, gemessen. Die Contractionsfähigkeit der Blase wurde m der Weise zu ermitteln gesucht, daß ein Catheter a double courant eingeführt wurde. Das eme Rohr dient zur Füllung der Blase mit Borlösung, das andere wurde mit einem Manometer in Verbindung gebracht. Der Vergleich ərgab nun, daß, wenn die Contractionsfähigkeit der Blase normal ist, auch die arterielle Spannung hoch ist (+ 14 em Hg); ist dieselbe gering oder sehr abgeschwächt, so ist auch die Pulsspannung sehr vermindert (+ 8 oder 9 em Hg); ist dieselbe mittelmäßig, so steht die Pulsspannung zwischen beiden (10—12 cm Hg). | Stockmann (Königsberg i. Pr.).

Dr. Ayres (New-York): Ueber Entzündung der Samenbläschen,

ihre Symptome, Diagnose und Behandlung. (The New- York Medical Journal, 14. Mai 1898.)

Verf. bespricht die Symptome, Diagnose und Behandlung der Samen- blasenentzündung auf Grund eigener Beobachtungen, die er an 30 Fällen dieser Erkrankung gemacht hatte. In zwei Fällen wurde die Krankheit durch Syphilis, in einem Falle durch Tuberculose, in den übrigen 27 Fallen durch Gonorrhoe mit Verengerung der Harnröhre verursacht. In drei Fällen handelte es sich um acute, in den übrigen um subacute oder chronische Entzündung.

Symptomatologie: Temperatursteigerungen bis 39,5°—40°, mangel- hafter Appetit, schmerzhafte Defäcation, häufiger Harndraug, Gefühl von Brennen in der Eichel während der Harnentleerung; Schmerzen im Kreuz, oberhalb der Symphyse oder m der Leistenbeuge; Auftreten von Eiter und Blutgerinnsel im Harn. Die Samenblasen zeigen sich bei der Untersuchung

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e

per anum vergrößert, empfindlich, heiß und pulsirend. Diese Erscheinungen werden sowohl in acuten, wie auch in chronischen Fällen beobachtet, nur sind sie in den letzteren weniger ausgesprochen und weniger constant. Die chronische Form entwickelt sich aus der acuten oder in Folge von Ueber- greifen des Krankheitsprocesses auf die Samenblasen bei chronischer Ure- thritis posterior. Die Patienten klagen bisweilen über häufige Recidive des Ausflusses aus der Harnröhre, bisweilen über Abgang von trübem Harn. Die Geschlechtsfunction ist häufig gestört. In vielen Fällen geschieht die Ejaculatio seminis unmittelbar nach oder sogar vor Einführung des Gliedes. In solchen Fällen klagt der Patient über erhöhte Empfindlichkeit im hinteren Teile der Urethra. In anderen Fällen tritt die Ejaculatio sehr verspätet ein, und der Coitus verursacht Schmerzen im Kreuz, in der Leistenbeuge oder oberhalb der Symphyse. In manchen Fällen wird Herabsetzung, in manchen dagegen Steigerung der Libido beobachtet. Nach den Erectionen, desgleichen nach Entleerung harter Fäcalmassen und am Schlusse der Harn- entleerungen zeigt sich bisweilen ein schleimiger Ausfluß aus der Harnröhre, der zwar gewöhnlich aus der Prostata kommt, jedoch Samenfäden enthalten kann. Die endoskopische Untersuchung der Harnröhre zeigt Hyperämie der Gefäße und gesteigerte Empfindlichkeit in der Pars posterior. Die Untersuchung per anum ergiebt vergrößerte, etwas empfindliche und sich teigig anfühlende Samenblasen. Als Störungen des Gesamtorganismus hat Verf. Verdauungsstörungen, Anämie, Schlaflosigkeit, bisweilen auch Melan- cholie beobachtet. Bei der Differentialdiagnose kommt es haupt- sächlich auf die Ausschließung einer etwaigen Cystitis an, mit der die Samenblasenentzündung bisweilen große Aehnlichkeit besitzt. Die Aus- schließBung geschieht mittelst Katheters. Wenn der spontan entleerte Harn trübe, der mittelst Katheters entleerte jedoch klar ist, so liegt keine Cystitis vor.

Die Prognose ist quo ad restitutionem im Allgemeinen günstig; speciell in Fällen von tuberculöser Samenblasenentzündung Ist die Prognose ungünstig. In acuten Fällen tritt Heilung innerhalb 2—8 Wochen ein, in chronischen Fällen innerhalb 6—12 Monate.

Die Behandlung besteht bei acuten Fällen in Bettruhe, in Application von heißen Umschlägen und Cataplasmen auf den Damm und in innerlicher Verabreichung von harntreibenden und beruhigenden Mitteln. Locale Be- handlung der Harnblase, der Hamröhre oder der Samenblasen ist contra- indieirt. Bei dieser Behandlung bildet sich die Entzündung innerhalb 3 bis 10 Tagen zurück, und innerhalb 2—8 Wochen ist die normale Function der Samenblasen wieder hergestellt. In chronischen Fällen besteht die einzig rationelle Behandlung im Auspressen der Samenblasen, welches nur bei Syphilis und Tuberculose der Samenblasen contraindicirt ist. Das Aus- pressen wird in folgender Weise ausgeführt: der Patient steht in gebückter Stellung, mit den Händen auf einen Stuhl gestützt; der Operateur legt die eine Hand oberhalb der Symphyse auf und drückt den Inhalt der Becken- höhle herunter; gleichzeitig wird der Zeigefinger der anderen Hand in das

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Rectum eingeführt, die Samenblasen abgesucht, dieselben mit dem nach oben geführten und dann hakenförmig gebogenen Finger gefaßt, worauf man auf die Samenblasen langsam und vorsichtig zu drücken beginnt, indem man sie an die Prostata drückt. Darauf läßt man den Patienten uriniren, und falls die geschilderte Manipulation Erfolg hatte, wird mit dem Harn reichliches Exsudat entleert. In zwei Fällen gelang es dem Verf., voll- ständige Abdrücke der Samenblasen herauszupressen. Außer der ge- schilderten Manipulation wird Bromnatrium verordnet und für regelmäßige Thätigkeit des Darms gesorgt. Mäßige Bewegungen sind nützlich, an- strengende zu vermeiden, namentlich das Radfahren. Auch ist das Rauchen möglichst zu vermeiden, da übermäßiges Rauchen erfahrungsgemäß die entzündeten Samenblasen reizt.

Seine gesamten Erfahrungen faßt Verf. in folgenden Schlußsätzen zu- sammen:

1. Die Entzündung der Samenblasen wird ebenso häufig wie die Epididymitis beobachtet.

2. Weder Onanie, noch Excesse in venere vermögen eine Ent- zündung,der Samenblasen herbeizuführen, wenn sie zuvor keine Verengerung im hinteren Teil der Harnröhre bewirkt haben.

8. Bei chronischer, allerdings nicht syphilitischer und nicht tuber- culöser Samenblasenentzündung ist nur von dem geschilderten mechanischen Verfahren Erfolg zu erwarten.

4. Die Samenblasen sind mit dem Finger vom Rectum aus stets zu erreichen, trotzdem Experimente an Leichen das Gegenteil ergeben.

5. Mittelst des geschilderten mechanischen Verfahrens kann man viele sogenannte unheilbare Fälle von Samenblasenentzündung zur Heilung bringen.

Li.

VI. Blase.

L. Giavier: Incontinentia urinae bei Prolaps. (Inaug.-Diss., Paris, G. Steinheil 1898, referirt ım Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 39.)

Bei Eintreten des Prolaps bildet Incontinenz bei lange bestehender Urinretention ein Begleitsymptom; schwere Geburten disponiren besonders dazu. Die Incontinenz ıst in dem Mangel des Widerstandes des Perineums bedingt und kaun eine Diurna und Nocturna sein. Die operative Heilung soll zunächst durch Colporrhaphia anterior und Perineorhaphie angestrebt werden; erst im Falle des Mißlingens ist die Urethra selbst in Angriff zu nehmen, und zwar am besten nach der Methode Albarran’s: Längsschnitt von der Clitoris bis zur Harnröhrenmündung, diese beiderseits umkreisend,

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sodann tangential an dieser ein Querschnitt, ‚Bildung zweier dreieckiger. seitlicher Lappen, Freilegung der Harnröhre durch zwei durch die obere Harnröhrenwand, ohne Verletzung der Schleimhaut, gelegte und geknotete Fäden, Einstülpung derselben nach innen, so daß eine Kartenherzform der Harnröhre resultirt, Erhebung der Harnröhre und Ligirung derselben an der Clitoris, Vereinigung der beiden Lappen darunter.

Immerwahr (Berlin).

Barthölemy Guisy: Un cas d’ischurie complete chez un hysterique. (Le progres medical 1898, No. 40.)

Ein 40jähriger Mann, hereditär nervös belastet, welcher die ver- schiedensten Zeichen der Hysterie aufwies, war Onanist und hatte eine Hypospadie ersten Grades, sonst waren seine Harnorgane vollständig normal. Dieser Patient bekam plötzlich eine vollständige Ischurie, welche das erste Mal ca. drei Wochen anhielt, so daß sich Pat. täglich mehrmals selbst katheterisiren mußte. Unter imnerlicher Behandlung mit groben Dosen Bromkali schwand die Ischurie vollständig, um nach einem Jahre von Neuem aufzutreten und vier Monate zu dauern. Die Behandlung bestand wieder in großen Dosen Bromkali, bis 30 g pro die. Die Ischurie war hier hervor- gerufen durch eine permanente Contraction des Sphincter colli vesicae, oder vielmehr der Urethra, oder des Sphinter externus urethrae, auf hysterischer Grundlage. Immerwahr (Berlin).

Mitchell: Ueber die Zerreissung der Harnblase bei gleich- zeitiger Fractur der Beckenknochen. (Annals of Surgery

1898, No. 2.)

- Die ö2jährige Patientin wurde von einem Wagen überfahren, wobei ihr die Räder über Oberschenkel und Unterleib gingen. Die Untersuchung der schwerverletzten Patientin ergab Ruptur der Harnblase und Bruch des Astes des linken Symphysenknochens. Zuerst wurde Laparotomie gemacht: da aber der intraperitoneale Teil der Harnblase intact war, so wurde die Bauchwunde geschlossen und die Sectio alta in der Linie der ersten In- cision gemacht. Es stellte sich heraus, daß die Harnblase gerade hinter der Bruchstelle der Symphyse zerrissen war. Die Harnblase wurde mittelst Metallnaht dicht verschlossen. Die Kranke überstand die Operation gut, vollständige Heilung war jedoch erst nach fünf Monaten eingetreten.

Anschließend an seinen Fall bringt Verf. eine ausführliche Uebersicht der gesamten Fälle aus der Litteratur, deren Zahl 90 beträgt einschließlich des Falles des Vert ia Es sind darunter 84 Männer und 6 Frauen. Im Alter bis zu 20 Jahren standen 12 Patienten, 59 Patienten hatten ein Alter von 20—60 Jahren, über 60 Jahre waren 4 Patienten alt. Ursache der Ver- letzung waren: herabfallende Laststücke in 23 Fällen, Ueberfahren in 25 Fällen, Sturz in 22 Fällen, schwere Contusionen durch Maschinen etc. in 13 Fällen. Der Tod trat in 75 Fällen ein (83 pCt.), Genesung in 15 Fällen (17 pCt.).

Li.

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Schumpert: Hernia of the bladder. (New York Medical Record, 27. August 1898.) |

Verf. operirte einen 46jährigen, 228 Pfund wiegenden Patienten wegen Leeistenbruchs, der sich durch kein Bruchband zurückhalten ließ. Der Bruch enthielt außer einem leeren Bruchsack enorme Mengen retroperitoncalen Fettes, das parthienweise abgebunden und fortgenommen werden mußte. Hierbei kam eine Verletzung der unter Fett versteckten Blase zu Stande. Durch Vernähen der Blasenwunde mit der äußeren Haut wurde eine Harn- blasen-Hautfistel hergestellt, und dieselbe zehn Tage später durch eine zweite Operation geschlossen. Patient wurde wiederhergestellt.

Die enorme Seltenheit der Hernia vesicae wird betont, und einige Fälle aus der älteren Litteratur werden erwähnt. Die neueren deutschen“

Arbeiten von Hermes, Lotheissen und Brunner letzterer stellt 180 Fälle aus der Litteratur zusammen scheinen dem Verf. unbekannt zu sein. R. Rosenthal (Berlin).

E. Herczel: Harnsteinbildung um eine versenkte Silkworm- naht. (Közkörhäzi Orvostärsulat, 10. November 1897, referirt im Centralblatt für Gynäkologie 1898, No. 39.)

H. teilt folgenden interessanten Fall von Harnsteinbildung mit. Bei einer 30jährigen IIIpara hatte er vor vier Jahren eine ausgedehnte Vesico- vaginalfistel mit Erfolg operirt. Die Patientin gebar seitdem zum vierten Male. Geburt und Wochenbett waren normal; seit einem halben Jahre bildete sich jedoch unter Symptomen von Harnbeschwerden ein Harnstein, zu dessen Entfernung H. die Epicystotomie ausführte. Der concentrisch geschichtete Phosphatstein war 61/, cm lang, 2!/, cm breit und 291/, g schwer und mußte, weil an einer Stelle an der Blasenwand adhärent, in mehreren Partien entfernt werden. Heilung per primam. Der Stein hatte sich um den in die Blase ragenden Teil einer versenkten Silkwormnaht gebildet.

Immerwahr (Berlin).

E. Herczel: Harnsteinbildung in Folge einer Haarnadel. (Közkörhäzi Orvustärsulat, 10. November 1897, referirt im Central- blatt für Gynäkologie 1898, No. 39.)

H. machte die Epicystotomie bei einem 2ljährigen Mädchen behufs Entfernung eines citronengroßen Blasensteines, der sich um eine zu ona- nistischen Zwecken benutzte und dabei in die Blase geschlüpfte Haarnadel gebildet hatte. Glatte Heilung. Immerwahr’ (Berlin).

Dr. Gredinger (Bogorodesk): Beitrag zur Frage von derTechnik der Sectio alta. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 8.)

Seitdem Bruns gezeigt hatte, daB man nach Sectio alta mittelst Blasen- naht primäre Heilung der Wunde erzielen kaun, gebraucht Verf. nur aus-

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nahmsweise und bei besonderer Indication irgend eine andere blutige Methode der Steinentfernung. Da aber der Harn bei vorhandener Cystitis reizende Eigenschaften besitzt, die nicht selten die Resultate der Blasennaht ver- nichten, so sucht man in der größten Zahl solcher Fälle die Cystitis vor der Operation auszuheilen, oder man verzichtet ganz auf die Anlegung einer Naht, indem man die Heilung der Fistel den Naturkräften überläbt; dab der Kranke dabei der Gefahr verschiedener zufälliger Complicationen aus- gesetzt ist und seine Genesung verlangsamt wird, liegt klar auf der Hand. In den Fällen dos Vert Ia verschwand die Cystitis jedesmal unmittelbar nach Entfernung des Steines und trat erst nachträglich während der Nach- behandlung in heftigerer Form auf; Verf. glaubt in Folge dessen annehmen zu müssen, daß die Ursache, welche die für die primäre Heilung der Wunde so ungünstige Zersetzung des Harns bewirkt, eben in dieser Nachbehandlung gegeben sein müsse, d. h., daß wir selbst bei der wiederholten Katheterisa- tion in die Harnblase gewisse Krankheitserreger einschleppen. Verf. hat ın Folge dessen in sämtlichen Fällen von Sectio alta, welche er in den letzten drei Jahren ausgeführt hatte, von vorhergehender Behandlung der Cystitis und von der Katheterisation in der Nachbehandlungsperiode Abstand ge- nommen. Er operirte in dieser Weise fünf Fälle und erzielte überall ein vollkommen befriedigendes Resultat: innerhalb 19—25 Tage nach der Opera- tion trat vollständige Heilung ein. Seine gesamten Erfahrungen über die Technik der Sectio alta resumirt Verf. folgender Weise:

1. Die Sectio alta ist eine leichte und verhältnismäßig ungefährliche Methode.

2. Die Blasennaht muß in sämtlichen Fällen angelegt werden, trotz bestehender Cystitis.

3. DieKatheterisation während der Nachbehandlungsperiode ist schädlich und unzweckmäßig und muß in Folge dessen unterbleiben. Li.

C. Stankiewicz: Die Heilung der Blasenfisteln durch directe Blasennaht. (Gazeta lekarska 1898, No. 8, referirt im Central- blatt f. Gynäkologie 1898, No. 39.)

S. hat die Erfahrung gemacht, daß für die Heilung von Blasenfisteln die Naht der Blasenwunde die entscheidende Wichtigkeit habe; die Naht der Scheidenwand habe nur untergeordnete Bedeutung. Durch Hilfsschnitte, deren Form von der jeweiligen Form der Fistel abhängt, wird die Scheide soweit von der Blase getrennt, daß die letztere frei beweglich wird, und die Fistelränder leicht vernäht werden können. Die Art der Schnittführung und die besondere Art der Blasennaht sind ohne Abbildungen nicht ver- ständlich, weshalb auf das Original verwiesen werden muß.

Immerwahr (Berlin).

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VII. Ureter, Niere ete.

Winslaw (London): On the repair of wounds of the ureter. (Annals of Surgery 1898, No. 1.)

Die vom Verf. angewendete Methode der Vernähung der Querwunden des Ureters ist in Anbetracht der bedeutenden technischen Schwierigkeiten, mit denen die bisherigen Operationsmethoden verknüpft waren, als sehr einfach zu bezeichnen. Sie besteht im Wesentlichen in Invagination des centralen Endes des Ureters in das peripherische Ende. Letzteres wird in

ängsrichtung bis zu einer gewissen Länge gespalten, es entsteht eine Er- weiterung an dem peripherischen Ende, und in dieselbe wird das centrale Ende hineingeführt. Um größere Festigkeit herbeizuführen, führt Verf. eine oder mehrere Nadeln mit langen Fäden durch die gesamte Dicke der Wandungen des peripherischen Ureterendes in der Richtung von außen nach innen, etwas abseits vom Ende des Längsschnittes. Mit diesen Nadeln wird hierauf die Wand des centralen Endes an seinem Rande gefaßt und eine Schlinge gebildet, mittelst der das centrale Ende in das gespaltene peri- pherische Ende hineingezogen werden kann. In dieser Weise wird die In- vagination hergestellt. Hierauf wird auf dem Längsschnitt eine Lembert’sche Naht angelegt, sowie einige accessorische Nähte, die den Rand des centralen Endes an die anliegende Wand befestigen. Verf. hat nach dieser Methode zweimal operirt und sich dabei überzeugt, daß bei dieser Operation die Gefahr einer Verengerung des Ureters oder hermetischen Obstruction des- selben ausgeschlossen ist. In den beiden Fällen erzielte er vollständige Heilung, ohne auch nur die geringsten Störungen der Harnsecretion erlebt zu haben. Li.

Dr. Wilh. Rühl (Eibach-Dillenburg): Ueber einen seltenen Fall von Ureterenverlauf bei Beckentumoren und dessen practische Bedeutung. (Centralbl. f. Gynäkologie 1898, No. 39.)

Bei der vaginalen Exstirpation eines großen Fihromyoms ergab sich in Bezug auf den Verlauf des rechten Harnleiters ein überraschender Be- fund. Nachdem nämlich in der üblichen Weise die Portio umschnitten und die Scheidenwand über dem unteren Segment des in die Vagina hinein- ragenden Tumors gespalten war, suchte Verf. die Harnblase in möglichster Ausdehnung in die Höhe zu schieben. Letzteres gelang nach einigen Schwierigkeiten bis auf eine Stelle rechts, wo die Blase absolut nicht in die Höhe zu schieben war, da sie durch einen festen Strang mit dem unteren Teil des Tumors zusammenhing. Mittels vorsichtigen Präparirens wurde festgestellt, daß dieser Strang aus Bindegewebe und dem rechten Ureter bestand, welcher direet in die untere Hälfte der Geschwulst einmündete. Nach einiger Mühe gelang es dann, den Tumor so weit loszuschälen, dab

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man auch die hintere und seitlich gelegene Austrittsstelle des Ureters pal- piren konnte. Es wurde somit festgestellt, daß der Harnleiter den harten Tumor thatsächlich durchsetzte, und zwar betrug die Entfernung von der Eintrittsstelle des Ureters in den Tumor bis zur Austrittsstelle ca. 7 cm. Es erforderte große Aufmerksamkeit, den Ureter aus der Geschwulst heraus zu präpariren, worauf die Blase in genügender Weise nach oben geschoben werden konnte. Es wurde dann zuerst der intraligamentäre Tumor und hierauf der Uterus plus den anhängenden Fibromyomen in typischer Weise entfernt. Es ist ohne Weiteres verständlich, daB durch das ausgedehnte Wachsen eines intra-ligamentären Tumors der Ureter nur verdrängt, niemals aber gezwungen werden kann, seinen Weg durch die Geschwulst hindurch zu nehmen. Es können also nur zwei Möglichkeiten als ursächliche AM, mente in solchen Fällen in Betracht kommen, nämlich entweder entspringt das Myom von dem Ureter selbst und umwächst denselben, was sehr un- wahrscheinlich ist, oder das ausgebildete grobe Myom besteht ursprünglich aus mehreren kleineren Tumoren, welche durch Verkettung günstiger Um- stände den Ureter umfassen und später miteinander zu einem großen Tumor verschmelzen.

Das Haupterfordernis, um Verletzungen der Ureteren mit Sicherheit zu vermeiden, wird in einer genauen bimanuellen Palpation aller strang- artigen Gebilde zwischen Blase und Tumor während der Operation be- stehen, bevor man irgend welche Unterindungen ete. macht. Mit Sicher- heit ist aber eine derartige Palpation nur möglich, während man sich be- strebt, die Blase in genügender Ausdehnung loszupräpariren und in die Höhe zu schieben. Immerwahr (Berlin).

Dr. M. B. Tipzew (Charkow): Beitrag zur Frage von der Structur der Nieren. (Charkower Dissertation. Medicinskoe Obosrenie, September 1898.)

Verf. gelangt auf Grund ausgedehnter histologischer Untersuchungen zu folgenden Schlüssen:

L Die Nierenzellen sind von äußerst geringer Widerstandsfähigkeit und verändern sich schon ganz bedeutend bei miblungener Fixation derselben.

2. Der Flimmerreif stellt einen constanten Bestandteil der Zellen der Tubuli torti erster Ordnung und des aufsteigenden Teiles der Henle’schen Schlinge dar.

3. Die dunklen Zellen der Tubuli torti zweiter Ordnung und der Sammelcanälchen entstehen in Folge von Compression seitens ödematöser Zellen der Umgebung.

4. In den Zellen des aufsteigenden Teiles der Henle’schen Schlinge, der Tubuli torti erster Ordnung, befinden sich in der Nähe des Kerns be- sondere Gebilde in Form von Granula, die zum functionellen Zustand der Zelle wahrscheinlich in gewisser Beziehung stehen.

5. Nach einem bestimmten Functionscyclus geht die Zelle zu Grunde, worauf der cariolytisch zerfallende Kern hinweist. KS

689 "6. Die Proliferation des Nierenepithels geschieht durch indirecte Tei- lung des Kerns.

q. In den Zellen des aufsteigenden Teiles der Henle’schen Schlinge des Meerschweinchens werden eigentümliche, verschieden große und ver- schieden geformte Gebilde angetroffen, die sich intensiv hellrot oder dunkel- blau färben und sich bei näherer Betrachtung als Mikroorganismen, die sich durch Sporenbildung fortpflanzen, erweisen.

8. Das Gefüßknäuelchen ist mit einer diffusen Schicht dünner, flacher Kernzellen bedeckt, die sogar zwischen die einzelnen Gefäßschlingen ein- dringen.

9. Die Capillarwände des Gefäßknäuelchens kommen mit dem fort- schreitenden Wachstum des letzteren immer mehr und mehr mit der Bow- man schen Kapsel in Berührung und verwachsen schließlich mit dieser vollkommen, was die Filtration des Harns bedeutend erleichtert. Lu

Dr. Schtschastny: Veränderungen der inneren Organe bei einem in Folge 35tägigen Hungerns gestorbenen Menschen. (Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie von Prof. Podwyssotski zu Kiew. Russki archiv pathologii, klinitscheskoi, mediciny i bacteriologii 1898, Bd. 5, Heft 6.)

Wir entnehmen dieser Arbeit nur die uns interessirenden Veränderungen an dem Harnapparat. Die linke Niere wog 122,0 g, die rechte 135,0 g. An der Durchschnittsfläche waren die Nieren von der Farbe geräucherten Schinkens. Die Harnblase enthielt durchsichtigen Harn. Die mikroskopische Untersuchung der Nieren ergab bei geringer Vergrößerung vor Allem außer- ordentlich starke Hyperämie. Die Malpighi’schen Körperchen waren durch das Blut stark gedehnt. In den Tubuli torti erkannte man verschiedene Stadien von Eiweiß- und kerniger Degeneration. Manche Canälchen hatten noch ihr Epithel, andere waren mit Eiweiß- und kernigen Massen gefüllt; darunter fanden sich bisweilen sich gut und deutlich färbende Kerne. Die Tubuli recti waren weniger degenerirt, obgleich sie häufig gleichfalls kernige Eiweißmassen enthielten. Stellenweise fand man kleine hyaline Cylinder, zwischen den Zellen der Tubuli torti einzelne hyaline Klümpchen. Es lag also ein deutlich ausgesprochenes Bild von parenchymatöser Nephritis vor, und es ist auffallend, daß der Harn zu Lebzeiten des Patienten, wie das aus der Krankengeschichte zu ersehen ist, eiweibfrei war. Ca:

Metzger (Boston): Intravenous Infusion in Uraemia. (Boston Medical and Surgical Journal, 26. Mai 1898.)

Verf. berichtet über einen Fall von Urämie, in dem er einen glänzen- den Erfolg durch intravenöse Injection von physiologischer Kochsalzlösung erzielt hatte. Der Fall betrifft ein sechsjähriges Kind, das über Bauch- und Kreuzschmerzen klagte und nur einige Cubikcentimeter blutigen Harns ent- leerte, der hyaline und granulirte Cylinder enthielt. Außerdem bestand

690

häufiges Erbrechen. Es wurden Diuretica und warme Einpackungen ver- ordnet, jedoch ohne Erfolg; der Kraukheitszustand verschlimmerte sich immer mehr und mehr, und die in den folgenden Tagen entleerte Harn- menge betrug 65, 65, 150, 40 und 10 ccm. Ganz besonders verschlimmerte sich das Erbrechen, das nun fast alle 10 Minuten sowohl am Tage, wie auch des Nachts auftrat. Bald stellten sich Delirien und Coma ein. Der Puls war verlangsamt, wenn auch gut gefüllt. Als Ultima ratio beschlob Vorf., eine intravenöse Injeetion vorzunehmen. Er entnahm zu diesem Zwecke der Vena basilica mediana 10 Unzen Blut und injicirte statt dessen in dieselbe 20 Unzen physiologischer Kochsalzlösung. Nach einer Srunde erlangte das Kind das Bewußtsein wieder und nach 9 Stunden ließ es 100 ccm Bar, in den nächsten 5 Stunden ließ es weitere 670 ccm. Warme Ein- packungen, Digitalis wurden weiter gegeben. Dieser Fall zeigt, daß das Wasser das beste Diureticum bei Nierenkrankheiten ist, wenn auch dessen Wirkung vielleicht zum Teil auf der Blutverdünnung beruht. Leider ıst das Wasser in dieser seiner Wirkung noch weit von allgemeiner Anerkennung entfernt. Li.

Dr. Konstantinow: Febris biliosa haemoglobinurica nach Beobachtungen im Transkaspischen Gebiete. (Russki archiv patologii, klinitscheskoi mediciny ı bacteriologü, 1898, Bd. V, Heft 3.)

Die Erfahrungen des Verf.s umfassen 40 Fälle von Febris biliosa haemoglobinuriea, von denen 26 (65 pCt.) auf Männer und 14 (35 pCt.) auf Frauen entfallen. Das Alter der Kranken schwankte von 4—50 Jahren: sie gehörten sämtlich zur arbeitenden Klasse. Die meisten Krankheitsfälle wurden im December und Januar und dann im September und October beobachtet. Von den 40 Patienten starben 14 (35 pCt.) Die Haupt- erscheinungen der Erkrankung waren: blutig gefärbter Harn, Icterus und Fieber. Der Harn zeigte einen reichlichen Niederschlag, der aus gelblichen, kernigem Detritus, Cylindern aus demselben Detritus, weißen Blutkörperchen und Epithelzellen bestand; rote Blutkörperchen waren im Niederschlag nie mals nachzuweisen, desgleichen fehlten in demselben Gallenpigmente. Der Harn enthielt bis 3 pCt. Eiweiß. Häufiger Harndrang und Brennen in der Harnröhre gehörten gleichfalls zu den häufigen Krankheitserscheinungen. Die spectroskopische Untersuchung des Harns ergab fast immer Oxyhärno- elobin und Urobilin. Der Icterus, der gewöhnlich sich 24 Stunden nach dem Auftreten der Hämoglobinurie einstellte, war schwach und beschränkte sich nieht selten nur auf eine leichte gelbliche Färbung der Scleren. Das Fieber zeisste remittirenden und intermittirenden Character. Die Remissionen waren häufig von profusen Schweißen begleitet. Die Milz war stets ver- größert, die Leber dagegen normal. Von Seiten der Verdauungsorgane wurde Appetitverlust, unangenehmer Geschmack im Munde, belegte Zunge, Uebelkeit, Erbrechen und Schmerzen in der Magengrube beobachtet. Die

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691

Entleerungen waren gewöhnlich stark mit Galle gefärbt. Außerdem be- standen Kopfschmerzen, Schwindel, Atmungsbeschwerden, Ohrensausen und andere nervöse Erscheinungen, die wahrscheinlich durch Anurie und Urämie bedingt waren. In den schwereren Fällen war das Blut blab und wässerig. 12 Fälle wurden auf Plasınodien untersucht; positiv fiel die Untersuchnng nur in einem einzigen Falle aus. Die Hämoglobinurie war in 31 Fällen nicht paroxysmal, in 9 Fällen paroxysmal. Die Section ergab in den acuten Fällen Thrombose der Nierencanälchen mit Hämoglobin und acute entzündliche Veränderungen in den Nieren; dieselben Veränderungen zeigte auch die Leber, nur waren sie hier weniger deutlich ausgesprochen. In chronischen Fällen waren die Nieren normal, während die Leber stark ausgesprochene fettige Degeneration zeigte. Bezüglich der Ursachen der geschilderten Erkrankung bemerkt Verf., daß hier vor Allem an eine chro- nische Chininvergiftung zu denken ist, die in ihrer Wirkung eventuell durch andere ungünstige Momente, beispielsweise durch Kälte unterstützt wird. Die wichtigsten Ergebnisse seiner Beobachtungen faßt Verf. in folgenden Schlußsätzen zusammen:

1. Die Ansicht Tomaselli’s und seiner Anhänger, welche die Febris biliosa haemoglobinurica als eine Chininvergiftung betrachten, verdient volle Beachtung.

2. Der Kälte resp. Abkühlung des Körpers kommt bei der Entstehung der Erkrankung zweifellos eine Bedeutung zu.

3. Welcher Ansicht man auch über die Entstehung der Febris biliosa haemoglobinurica sein mag, ist es als klinisch erwiesen zu betrachten, daß die Krankheit ohne Chinin besser verläuft, als unter Chininbehand- lung, und daß bei bestehender Hämoglobinurie das Chinin streng contra- indicirt ist.

4. Bei den Patienten, bei denen während der Hämoglobinurie das Blutserum untersucht wurde, lag keine Hämoglobinämie vor.

5. Der bei dieser Krankheit auftretende Ieterus dürfte durch Urobilin bedingt sein; Gallenpigmente waren im Harn nieht nachzuweisen.

6. Im Blute der Kranken beobachtet man bisweilen hyaline erystalloide Bildungen, mit einem Pigmentkügelchen im Centrum und Gasbläschen an den Polen.

7. Die bei dieser Krankheit entstehenden Nephritiden haben consecu- tiven Character, indem sie secundär nach Hämoglobinuriethrombose der Harncanälchen entstehen.

8. Bei prophylactischer Chininverordnung ist an die Möglichkeit der Entstehung einer Hämoglobinuriediathese zu denken. Besondere Vorsicht ist bei Chiningebrauch in kalter Jahreszeit geboten.

9. Um die Theorie der Entstehung der Febris biliosa haemogzlobinurica in Folge chronischer Chininvergiftung zu unterstützen, sind experimentelle

Untersuchungen erwünscht. Li.

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Dr. Edebohls (New-York): Wanderniere und Appendicitis; deren häufige Coexistenz und deren simultane Opera- tion mittelst Lumbalschnitt. (Centralbl. f. Gynäkologie 1848, No. 40.)

Verf. hat bereits im Jahre 1894 darauf hingewiesen, daß die Symptome verursachende Wanderniere sehr häufig von Appendicitis begleitet wird. Seitdem hat Verf. dieser Frage größere Aufmerksamkeit zugewandt, und seine jetzigen Erfahrungen gestatten ihm, sich mit größerer Sicherheit über diese Coexistenz auszusprechen, die um so wichtiger erscheint, als Verf. es gelernt hat, beide Zustände, Wanderniere und Appendicitis, gleichzeitig durch einen und denselben Lumbalschnitt zu operiren. Die Beobachtungen, welche E. über die Verbindung von Wanderniere und Appendicitis gemacht hatte, beschränken sich fast ausschließlich auf Frauen; dennoch liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß dieselbe sich nicht auch beim männlichen Ge- schlecht vorfinden kann. Im Nachstehenden ist jedenfalls nur von Frauen die Rede. Es giebt bekanntlich Frauen, die Jahr aus, Jahr ein eine oder zwei Wandernieren mit sich tragen, ohne dadurch im geringsten in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt zu sein. In solchen Fällen, die als Wanderniere ohne Symptome bezeichnet werden können, hat Verf. nur äußerst selten und ausnahmsweise Appendicitis constatirt; bei Frauen dagegen, denen ihre Wanderniere geringere oder größere Beschwerden verursacht, existirt die chronische Appendicitis beinahe so gut wie immer. So entschieden ist dies der Fall, und so fest überzeugt ist Verf. von der Abhängigkeit der Appen- dieitis von der Wanderniere, daß er den Satz aufstellen möchte: Die chronische Appendicitis ist das constanteste einzelne Symptom oder die constanteste Folge der Symptome erzeugenden rechten Wanderniere. Verf. ist ferner überzeugt, daß so manches Symptom, welches der Wanderniere direct zur Last gelegt wird, nur indirect, und zwar durch Vermittelung der durch die Wanderniere erzeugten Appendieitis verursacht wird. Den Angaben anderer Autoren gegenüber, dab Schmerz in der Niere selbst, Nephrälgie, ein ziemlich constantes Symptom der Wander- niere darstellt, fand Verf. nur in 10 pCt. seiner Fälle druckempfindliche Nieren, trotzdem sehr häufig über Schmerz in der rechten Seite geklagt wurde. Der Schmerz hat seinen Sitz eben nicht in der Niere, sondern nur im kranken Appendix, wie durch Palpation des letzteren leicht nachzuweisen ist, und schwindet nicht eher, bis der Appendix entweder entfernt wird oder wieder gesundet. Weiterhin hat Verf. aus seinen Erfahrungen gelernt, den Appendix vermiformis als Schlüssel der Situation zu betrachten bei der auf- geworfenen Frage, ob eine gegebene Wanderniere der Operation, Nephro- pexie, bedarf oder nicht. Ist der Appendix gesund, im Zustand der Niere selbst keine Indication zur Operation vorhanden, und drängen keine schweren Reflexstörungen, so kann die Nephropexie getrost unterbleiben. Existirt Appendicitis, so kann die betreffende Patientin nicht eher gesunden, bis entweder der Appendix entfernt, oder die Ursache der Appendicitis, die Beweglichkeit der Niere, beseitigt ist.

693

Die Frage, wie Wanderniere Appendicitis verursacht, sucht nun Verf. auf folgende Weise zu erklären: Die beweglich gewordene rechte Niere, im Anfang ihrer Carriere als Wanderniere, rückt zunächst nach innen und unten, drückt gegen den Pancreaskopf, comprimirt mittelst dieses die zwischen demselben und der Columna vertebrarum aufsteigende Vena mesent. sup. und verursacht auf diese Weise chronische venöse Stauung im Appendix. Für die Abhängigkeit der Appendicitis von rechtsseitiger Wanderniere, sowie für die Wahrscheinlichkeit der soeben gegebenen Erklärung des Modus der Dependenz, spricht die Thatsache, daß eine gewisse Anzahl von mit Wander- niere associirten Fällen von Appendieitis nach rechtsseitiger Nephropexie ohne weitere Behandlung ausheilen.

Zur statistischen Beurteilung der Frage von Wanderniere und Appen- dieitis übergehend, bespricht Verf. nur die von ihm operirten Fälle von Symptome producirender Wanderniere, deren Zahl 107 beträgt. Von diesen 107 Fällen, bei denen 135 Nieren festgenäht wurden, sind nur 88 auf Appen- dicitis untersucht worden. Von diesen 88 Patienten litten 58 (66 pCt.) an Appendicitis, wobei in 54 Fällen die Appendix bei der ersten Untersuchung, somit vor der vorgenommenen Nephropexie, als krank erkannt wurde. Was das weitere Schicksal dieser 58 mit Appendicitis behafteten Patienten betrifft, so gesundeten 12 nach der Nephropexie vollständig, und zwar ohne weitere Behandlung, von ihrer Appendicitis; 24 Fälle wurden operativ, und zwar ohne Todesfall geheilt, während 22 bei der in jedem Falle zuletzt vorgenommenen Untersuchung immer noch an chronischer Appendieitis litten.

Die Frage, in welchen Fällen von Wanderniere begleitender Appen- dicitis man auf spontane Ausheilung der Appendicitis nach Nephropexie hoffen darf, beantwortet Verf. dahin, dab ein solches Resultat nur erwartet werden kann, wenn die Wanderniere erst jüngeren Datums ist, d. h. noch nieht Jahre lang besteht, und wenn die Patientin nicht sehr über Schmerzen im Unterleib klagt. Unter diesen Umständen kann man, wenn es sonstige Symptome fordern, die Nephropexie machen und den Efleet auf den Appendix abwarten. Wo die entgegengesetzten Bedingungen herrschen: lanızes Be- stehen der Wanderniere mit constanten, durch die Appendicitis verursachten Schmerzen, zögere man nicht mit der Operation der Appendix; oder besser noch nehme man gleichzeitig Nephropexie- und Appendixoperation nach folgendem Verfahren vor:

Patientin kommt mit der Vorderfläche des Körpers zu legen. Incision längs des äußeren Randes des Ereetor spinae von der 12. Rippe bis zur Crista ilei. Vordringen bis zur Fettkapsel der Niere unter Vermeidung des Nervus ilio-glutaealis; Aufsuchen und Eröffnung des Peritoneums am unteren Pol der Niere, Erweiterung der Peritonealötfnung nach Bedarf. Hervorholen des Colon ascendens, Verfolgen der Striae longitudinales nach unten bis zur Appendix; Entwicklung nach event. nötiger Lösung der letzteren. Ex- cision oder Inversion der Appendix; Schlub des Peritoneunis. Eventration und Untersuchung der Niere; Spaltung und Zurückfaltung der Capsula

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propria renis; Durchlegen der Nierensuturen; Zurücklegen und Festnähen der Niere mit versenkten Fäden von 40tägigem Katgut. Vollständiger Schluß der Lendenwunde ohne Drainage. Li.

H. Edwin Lewis (Burlington): Mobility of the kidney: its classification, aetiology.symptomatology,complications, prognosis and treatment. (The New York Medical Journal,

- 23. April 1898.)

Die Ueberschrift giebt die Einteilung des Stoffes, welchen Verf. zu einer knappen, ziemlich erschöpfenden, übersichtlichen Abhandlung ver- arbeitet hat. Wenn auch eigene, neue Ideen nicht vorgebracht werden, so ist doch alles Wissenswerte über das Thema mitgeteilt. Am Schluß des Aufsatzes faßt Verf. den Inhalt in folgenden Sätzen zusammen:

1. Die Wanderniere ist ein ziemlich häufiges Leiden, welches sich öfter bei Frauen als bei Männern findet, und zwar in ungefährem Verhältnis von 12:1. |

2. Viele Ursachen können das Leiden hervorrufen, in mehr als der Hälfte aller Fälle aber ist es die Folge nicht nur einer, sondern mehrerer Ursachen zusammen.

3. Das Leiden bedroht immer die Gesundheit des Kranken, da es jeder Zeit zu unglücklichen und gefährlichen Complicationen führen kann.

4. Die nichtoperative Behandlung hat immer nur einen palliativen Effect.

5. Die Nephropexie, besonders nach der Methode von Reed oder Senn, verspricht in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle vollkommene Heilung; die Wahl der Operation hängt ganz von der Vertrautheit und persönlichem Erfolge des Operateurs bei dem einen oder anderen Ver- fahren ab.

6. Die Nephrectomie ist selten indieirt, sie kommt nur als letzter Aus- weg in Betracht, wenn alle anderen Maßregeln fehlgeschlagen sind.

Blanck (Potsdam).

Dr. Serapine (Petersburg): Ueber Nephropexie bei beweg- licher Niere. (Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 8.)

Trotz der ziemlich bedeutenden Casuistik ist die Frage von der klinischen Bedeutung der Annähung einer beweglichen Niere bei Weitem noch nicht gelöst: während die einen Autoren diese Operation befürworten, verwerfen sie die anderen, so daß nur klinische Beobachtungen vermögen, die Frage von der Zukunft der Nephropexie zu lösen. Verf. beobachtete drei Fälle von Nephropexie in der Klinik Weljaminow’s. Der Operations- gang ist ziemlich einfach: in der entsprechenden Hälfte der Lumbalgegend wird ein Schnitt bis zum M. quadratus lumborum gemacht, dieser Muskel wird in Längsrichtung gespalten, worauf die Capsula adiposa der Niere er- scheint. Gleichzeitig sucht der Assistent von Seiten der Bauchdecken die

695

Niere in die Wunde hineinzustülpen. Der Operateur zieht zwei dicke Seiden- fäden durch die Niere und dann durch die Ränder der Lumbalmuskeln, worauf die Fäden festgeknotet werden. Die Hautwunde wird dann dicht geschlossen und in deren unteren Winkel ein Tampon eingelegt. Das unmittelbare Resultat der Operation war sehr gut, irgend welche besondere Complicationen waren in der Nachbehandlungsperiode nicht aufgetreten. Das entferntere Resultat, d. h. das nach Ablauf von 7—20 Monaten, ist ebenfalls als günstig zu bezeichnen: in sämtlichen Fällen wurde eine ge- nügend stabile Fixation der beweglichen Niere nebst Besserung des all- gemeinen Zustandes constatirt. Li.

Swentizki (Petersburg): Beitrag zur Frage von der opera- tiven Behandlung diffuser Hydronephrose. (Chirurgia, Medicinskoe Obosrenie 1898, Bd. 50, Heft 8.)

Verf. beschreibt zwei Fälle von Hydronephrose, die in der Bobrow- schen Klinik zur Operation gelangten. Die Krankheitsursache waren in beiden Fällen Steine. Bei dem einen Patienten waren zwei Steine, vou denen der eine im Ureter, der andere im Nierenbecken lag. Bei dem zweiten war der Stein bereits in der Kindheit spontan abgegangen, und doch kam es zur Entwicklung von Hydronephrose. Beide Patienten erhielten durch die Operation Besserung, jedoch war in beiden Fällen eine Harnfistel zurück- geblieben. Die an diesen beiden Fällen gemachten Erfahrungen, sowie seine sonstigen Betrachtungen über die Behandlung der Hydronephrose resumirt Verf. in folgenden Schlußsätzen: |

1. Das Nierengewebe, das am hydronephrotischen Sack zurückbleibt, zu erhalten, ist bisweilen sehr wünschenswert, da dieses Gewebe für den Organismus durchaus nicht indifferent ist.

2. Sämtliche plastischen Operationen zur Herstellung der Permeabilität der Ureteren verdienen volle Beachtung und Anwendung.

3. Es ist erwünscht, daß die Katheterisation der Ureteren in jedem Fall von Hydronephrose möglichst frühzeitig angewendet werde. Li.

Allison: Hydronephrosis caused by enlarged prolapsed leukaemic spleen. (New York Medical Record, 27. August 1898.) Die 42jährige Patientin erkrankte.vor drei Jahren an Malaria. Das Abdomen begann anzuschwellen und nahm allmählich enorme Dimensionen an. Nach kurzdauernder Anurie mit gleichzeitigen Verdauungsstörungen und Blutbrechen trat plötzlich eine mehrtägige Polyurie und eine rasche Verkleinerung des Leibesumfanges ein. Der Harn war diek, braun und wurde literweise entleert. Im Laufe der Jahre wiederholte sich dies Er- eignis dreimal. Ein sehr großer Milztumor und die Blutuntersuchung führten Verf. zu der Diagnose Leukämie. Das Blut enthielt ca. 3700000 rote, darunter einige kernhaltige Blutkörperchen, 9000 Leukocyten, darunter 50 pCt. eosino- phile Zellen; der Hämoglobingehalt war verringert.

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Die Statistiken der Splenectomie erscheinen dem Verf: wenig er- mutigend. Douglas stellt 149 Fälle zusammen, 36 Operationen wegen Leukocythämie, 59 wegen Hypertrophie, 5 wegen Neubildungen. 6 wegen Echinococcus, 43 wegen Traumen mit 31, 25. 3, 2 und 11 Todesfälien Jonnesco berichtet über 12 Splenectomien (11 Malartamilzen, 1 Echino- coccus) ohne Todesfall. R. Rosenthal (Berlin...

Dr. Janowski (Warschau): Ein Fall von primärer beiderseitiger eitriger Entzündung der Glandulae suprarenales. (Gazeta lekarska 1898, No. 14.)

Die 25jäbr. verheiratete Patientin, die am 3. März 1598 in das Kindlein Jesu-Hospital aufgenommen wurde, hatte in ihrer Jugend Pocken. Typhus und Diphtherie überstanden. Die gegenwärtige Erkrankung begann vor drei Wochen mit starkem Schüttelfrost, der sich in Zwischenräumen von einigen Tagen wiederholte, und heftigem Schmerz hinten unterhalb der rechten Rippen. Der Schmerz wurde bald constant und ergriff die rechte Hälfte der hinteren und lateralen Oberfläche des Brustkorbs und die obere Extremität. Auch klagte die Patientin über Erbrechen und Appetitlosigkeit. die sich beim Beginn der Erkrankung eingestellt haben. Status praesens: Mittelmäßig gebaute und genährte Frau, im siebenten Monat gravid. Die Augenbindehaut leicht icterisch, die Haut zeigt gleichfalls gelbliche Schatti- rung. Puls klein, beschleunigt; Atmung ebenfalls beschleunigt, oberflächlich. Die Haut ist im unteren Teil der rechten Thoraxhälfte ödematös und so schmerzhaft, daß die Kranke auf der rechten Seite nicht zu liegen vermag. Harn dunkel. Die Diagnose wurde auf rechtsseitige eitrige Entzündung des pararenalen Zellgewebes gestellt. Die Operation ergab Eiter im Ge- biete des oberen Teiles der rechten Niere zwischen der Capsula adıposa und fibrosa. Bald nach der Operation trat Abort und eine Stunde später der Tod der Patientin ein. Die Section ergab Veränderungen nur in den Nebennieren. Diese sind als Kapseln gefunden worden, die mit übel- riechendem, grün-gelblichem Eiter gefüllt waren, im Eiter waren noch necrotische Ueberreste der Nebennieren in Form von schwarzen Klümpchen anzutreffen. Die Nieren waren, bis auf die oben erwähnte Eiteransammlung zwischen der Capsula adiposa und fibrosa der rechten Niere, normal.

Verf. glaubt, die vorgefundene eitrige Degeneration der Nebennieren als eine primäre betrachten zu können, welche höchst selten angetrotfen wird. Die oben geschilderten Krankheitserscheinungen lassen sich auf Störung des Stoffwechsels zurückführen, die durch die Atleetion der Nebennieren bedingt waren. Li.

Verantwortlicher Redacteur: Privatdocent Dr. L. Casper in Berlin. Druck vun Carl Marschner Berlin SW., Ritterstrasse 41.

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Experimentelle Beiträge zur Wirkung des Argentum

nitricum in der Harnröhre und Harnblase.*) (Hierzu eine Tafel.) Von Leopold Casper, Berlin.

M. H.! Es ist eine weit verbreitete Ansicht, daß sog. „scharfe Einspritzungen“, welche in die Harnröhre gemacht werden, später zu Striceturen derselben führen. Es leuchtet a priori ein, daß es that- sächlich so ist, sobald die Einspritzung eine tiefergehende Aetzung hervorruft, deren Ausheilung eine Narbe bedingt. Denn bekannter- maben wohnt jedem Narbengewebe eine retractile Tendenz bei. Je tiefer die Narbe greift, je größer ihre Ausdehnung in der Circum- ferenz ist, um so erheblicher wird die Strictur werden. Ruft eine Einspritzung nur eine entzündliche Reizung hervor, so braucht daraus nicht eine Verengerung zu resultiren, denn wir wissen, daß das Pro- duct der Entzündung, die kleinzellige Infiltration, vollkommen resorbirt und das Gewebe wieder ad integrum hergestellt werden kann und auch oft hergestellt wird.

Diese Verhältnisse sind Jedem, der die Grundzüge der pathologi- schen Anatomie kennt, ohne Weiteres klar, und es würde überflüssig erscheinen, nach dieser Richtung hin irgend welche Untersuchungen anzustellen, wenn nicht hartnäckig und beständig von einzelnen klini- schen Lehrern die Ansicht ausgesprochen und gelehrt würde, daß in die Harnröhre eingespritzte stärkere Argentum-Lösungen die Ursache für spätere Stricturen abgeben.

Das Arg. nitric., welches noch heute, trotz aller Neuerungen, auf

1) Nach einem in der Berliner Dermatolog. Gesellschaft am 1. XI. 1898 gehaltenen Vortrage.

698

die einzugehen ich mir versage, das souveräne Mittel für alle catarrhali- schen Aflectionen am Urinaltractus darstellt, wird in einer so un- geheuren Zahl von Fällen gebraucht, daß einem bange werden muß bei dem Gedanken, jene behauptete Wirkung möchte richtig sein. Es giebt kaum eine Therapie, die so Allgemeingut der Arzte geworden ist und in der ganzen Welt so viel angewendet wird, wie die von Guyon empfohlenen Instillationen mit 1—2 pCt. Arg. nitric., eine Therapie, die so Glänzendes leistet, daß sie allein genügen würde, seinen Namen zu einem bleibenden zu machen. Diese Gedanken waren es, die mich schon vor vier Jahren ver- anlabten, dieser Frage näher zu treten und zu versuchen, ob ich etwas zu ihrer Entscheidung beizutragen vermöchte. Man konnte ihr nur auf dem Wege des Experimentes beikommen, da wohl kaum jemals Ge- legenheit geboten ist, menschliche Harnröhren histologiech zu unter- suchen, von denen man bestimmt weiß, wann, wie lange und mit welchen Lösungen sie gelegentlich eines früheren Trippers behandelt worden sind. Die Experimente wurden an Hunden und Kaninchen vorgenommen, und zwar wurden in Gruppe I 3 Hunden und 2 Kaninchen längere Zeit hindurch 2 pCt. Arg.-Lösung in größeren Zwischen- räumen in die Harnröhre gebracht und die Tiere nach Verlauf von 6—9—12 Monaten getötet;

in Gruppe II 2 Kaninchen 2 pCt. Chlorzinklösung in gleicher Weise beigebracht und die Tiere nach 2 bis 4 Monaten getötet;

in Gruppe III eine Anzahl Kaninchen nach erhaltener 2proc. Arg.-Lösung 1 nach 2 Stunden, 1 nach 2 Tagen, l nach 4 Tagen und 1 nach 8 Tagen getötet, um die frischen Stadien der Einwirkung des Argentum kennen zu lernen;

in Gruppe IV 2 Hündinnen mittelst Katheters 150 cem

2proc. Arg.-Lösung in grösseren Zwischenräumen, im Ganzen etwa 20mal, eingespritzt und die Tiere nach Ablauf eines halben Jahres getötet.

Gruppe I.

Da die Tiere dieser Gruppe alle annähernd in gleicher Weise be- handelt wurden, so gebe ich nur die Details der Behandlung von einem derselben. Ebenso ist es mit einer Ausnahme nur nötig, die Präparate von einem Tiere zu beschreiben, weil die anderen alle gleichartig aus-

gefallen

699

sind. Die Lösungen wurden mit einer kleinen geeigneten

Spritze vorgenommen und eine Minute in der Harnröhre belassen. Es erhielten Hunde und Kaninchen am

12. IX. 1894 3 g 2proc. Arg.-Lösung. 20. IX. 1894 2g 2 e Die Tiere haben Schwierig- keiten beim Harnen. 22. IX. 1894 1g2 y 28. IX. 1894 3g 2 j 30. IX. 1894 2g 2 = 2. X.1843g2 5 9. X. 1894 3g2 , o 15. X. 1894 382 g 20. X. 1894 3g 2 ge 24. X. 1834 38 2 , e 30. X. 1891882 n DeutlicheSchwierigkeiten beim er 2 Harnlassen. Die Tierekauern en S dabei hin, die Harnentlee- 21. . 13313825 rung dauert sehr lange. 19. XII. 1894 3g 2 o 29. XII. 1894 3g 2 , e Die Tiere haben große Be-

schwerden beim Harnen.

Wegen der Schmerzen beim Harnen wurde jetzt drei Monate mit der Behandlung ausgesetzt.

3. IV. 1895. An der Urethra äußerlich ist nur eine kleine Ver- dickung am vorderen Teil der Harnröhre nahe dem Orificium bemerkbar. Anscheinend keine Beschwerden beim Harnen. Die Tiere sind munter.

9. IV.

16. IV. 22. IV. 28. IV.

3. V. 11. V. 18. V. 25. V.

7. VI 13. VI. 15. VI. 18. VI. 21. VI. 29. VI.

1895 3 g 2proc. Arg.-Lösung in den vorderen Teil der Harn-

röhre. 1895 3g 2 1895 3g 2 e 1895 3g 2 5 j 1895 3g 2 e 1895 3g 2 e 1895 3g 2 S 1895 3g 2 5 1895 3g 2 e 1895 3g 2 j 1895 3g 2 a 1895 3g 2 si 1895 3g 2 e

1895 3g 2 =

700

2. VII. 1895 3 g 2proc. Arg.-Lösung. 5. VII. 1895 3g2 S 9. VII. 1895 3g 2 6

12. VII. 1895 3g 2 Ge Getötet wurden die Tiere: 2 nach 6, 2 nach 9, 1 nach 12 Monaten.

Die Harnröhre wurde mitsamt der Blase herauspräparirt, sogleich mit absolutem Alkohol angefüllt, gehärtet und eingebettet und weiter wie üblich behandelt. Die Harnröhre wurde in mehrere Abschnitte geteilt und jeder derselben untersucht.

1. Abschnitt (siehe Tafel, Bild 1 und 2).

Die Harnröhre ist weit, zeigt einen großen Hohlraum und in der ganzen Circumferenz Falten, welche in Form von zottenartigen Aus- stülpungen in das Lumen hineinragen. Die Zotten sind verschieden lang und legen sich fächerartig aneinander. Der Epithelsaum ist überall gleichmäßig dick. Er besteht aus mehreren Reihen regelmäbig an- geordneter Zellen. An einigen wenigen Stellen sieht man mit starker Vergrößerung feine schwarze Plättchen und Kernchen zwischen den Epithelzellen liegen. Die Kerne selbst erscheinen ganz regelmäßig und gleichartig.

Es folgt die Submucosa. Dieselbe erscheint im Uebersichtsbild in ihrer ganzen Ausdehnung normal. Es ist nicht eine Stelle zu sehen, wo etwa eine Zellanhäufung sich fände oder die Residuen einer solchen. Dagegen fällt sofort auf eine große Zahl verschieden großer, zum Teil schwarzer, zum Teil grauschwarzer Körnchen, die ringsherum die ganze Schicht unterhalb des Epithels durchsetzen. Diese Körnchen sind zum Teil von minimaler Größe, sie haben die Form von kleinen Plättchen bis zur Größe eines Kerns. Sie sind ganz unregelmäßig im Gewebe angeordnet, sie umgeben nicht etwa immer die Gefäße oder sind Kernen angelagert, sondern bald liegen sie frei, bald mehr in der Nachbarschaft der Kerngebilde. Ueber die Grenzen der Submucosa hinaus findet man sie nur vereinzelt. Von einer Entzündung, einer Infiltration oder deren späteren Stadien ist nichts zu sehen. Als Beweis, daß die schwarzen Körner Silber oder eine Silberverbindung sind, gilt der Umstand, daß sie sich in einer Oyankalilösung auflösen.

2. Abschnitt.

Der einige Centimeter weiter nach hinten gelegene Abschnitt der Harnröhre unterscheidet sich kaum in etwas von dem unter No. 1 ge- schilderten Bilde. Am bemerkenswertesten ist, daß vielmehr schwarz- graue bis schwarze Plättchen und Körnchen in der Submucosa ab-

701

gelagert sind. Auch hier fehlt jedes Anzeichen einer vorhan- denen oder vergangenen Entzündung. Das Lumen der Harnröhre ist so weit wie im ersten Anteil.

3. Abschnitt.

In diesem Anteil der Harnröhre sind die Verhältnisse noch viel deutlicher als in den vorangegangenen. Hier umzieht als erstes, was einem bei Betrachtung des Bildes auffällt, ein aus feinsten schwarzen Körnchen zusammengesetzter Kranz den Epithelsaum. Dieser Kranz umgiebt die ganze Circumferenz der Harnröhre und fehlt an keiner Stelle. Nur ist seine Anhäufung an einzelnen stärker als an anderen. An einigen Orten sind außer den Kernen dicke, breite, ziemlich schwache Platten sichtbar. In einer Zotte liegt eine bis beinahe an die Ober- fläche reichende Drüse, deren Epithel gut erhalten ist. Die ganze Um- gebung dieser Drüse ist von schwarzen Plättchen umlagert. Die Körnchen reichen hier über die Submucosa hinaus, bis zur Grenze, wo die Mus- cularis beginnt. Einzelne Züge von glatten Muskelfasern sind noch von Körnchen begleitet. Nirgends ist eine Kernvermehrung oder Veränderung der Kerne als Zeichen einer stattgehabten Entzündung zu beobachten.

4. Abschnitt.

Die Harnröhre hat ein noch weiteres Lumen, als bei den vorher- gehenden. Das Epithel ist in der ganzen Circumferenz erhalten und bildet eine gleichmäßig dicke Schicht. An einigen Partien liegen schwarze Körnchen zwischen den Epithelzellen. Das Bild stimmt völlig mit den vorher beschriebenen Präparaten überein.

In der Submucosa liegen sehr zahlreiche dicke, bis !/, Pfennig große Klumpen von grauer bis schwarzer Farbe. Dieselben sind erheblicher und stärker als ın den vorderen Harnröhrenpartien und reichen zum Teil in die Tiefe bis zur Muskelschicht. Nirgends bemerkt man eine Entzündung oder irgend welche Veränderungen, welche auf eine vorangegangene Entzündung schließen lassen,

5. Abschnitt. Ganz das gleiche Bild, nur weniger Arg. in den tiefen Schichten.

6. Abschnitt.

Hier ist die Schleimhaut und das darunterliegende Gewebe ganz normal, auch Arg.-Plättchen fehlen, mit Ausnahme von ganz minimalen Trümmerchen, die offenbar nach hinten verschleppt worden sind. Im Uebrigen ist das Bild übereinstimmend mit den vorigen.

Hinzuzufügen ist nur, daß in zwei Abschnitten der einen Kaninchen- harnröhre einige circumscripte Infiltrationsherde und dilatirte, mit Blut

7102

gefüllte Gefäße gefunden wurden. Dieser Befund ist nieht auffällig, und da er nur einmal vorgekommen ist, auch nicht als Folge der Arg.-Wirkung aufzufassen. Er erklärt sich vielmehr ganz ungezwungen, wenn man annimmt, daB durch den den Tieren verursachten Schmerz, welcher ihnen das Harnen erschwerte, eine Stauung gesetzt wurde, worauf ja die erweiterten Gefäße deuten, und dab sich an diese eine beschränkte Entzündung angeschlossen habe.

Gruppe II.

Um einen Vergleich zu der Wirkung des Arg. nitric. zu haben, wurden zwei Kaninchenharnröhren mit Chlorzink behandelt, einer Substanz, von der wir wissen, das sie stark ätzend wirkt. Den Kaninchen wurde analog der Höllensteineinspritzung 15 Mal 1—3 g einer 2proc. Chlorzinklösung in Zwischenräumen von acht Tagen in die Harnröhre gebracht und den Lösungen eine Minute einzuwirken erlaubt. Das eine Kaninchen wurde nach Verlauf von zwei, das andere nach vier Monaten, von der letzten Einspritzung an gerechnet, getötet.

Die Harnröhre wurde auch in mehrere Abschnitte zerlegt, welche übereinstimmende Resultate in den Präparaten ergaben.

Der erste Abschnitt blieb unberücksichtigt, weil er durch das Ab- binden der Harnröhre zum Zweck der Präparation lädirt worden war.

2. Abschnitt.

Die Schleimhaut ist bis auf einzelne Stellen im Präparat erhalten. Abgesehen von einer kurzen Strecke, in welcher Epithel und Submucosa ganz normal ausschen und in welcher der Epithelsaum sich gleich- mässig und scharf abgrenzt, ist in dem darunterliegenden Teil das Bild völlig von dem üblichen verändert. Zunächst ist der Ueber- gang von der Epithelschicht zur Mucosa an einzelnen Stellen mehr, an anderen weniger verwaschen. Die Höhe des Epithels ist fast überall gegen das Normale vergrössert, an einigen steigt es bis zur sechsfachen Höhe an.

Die Gewebsschicht unter dem Epithel zeigt an einigen Stellen frische Rundzelleneinlagerung von verschiedener Dichtig- keit; am dichtesten erscheint dieselbe dort, wo auch die Epithelverdickung am stärksten war. Die Einlagerungen sind diffus, nirgends ist eine scharfe circumscripte Abgrenzung. An einigen Stellen sieht man an den Infiltraten Zelle an Zelle liegen, die Kerne fast alle rund und gleichmässig gefärbt. An anderen macht sich bereits etwas intercelluläres Gewebe bemerkbar, auch schen die Infiltrationszellen nicht. mehr so gleichmässig aus, sie sind verschieden von Gestalt, einzelne haben Spindelform. Die regel-

703

rechte Anordnung der Submucosa mit ihren überall gleichgerichteten Kernen ist durch diese Einlagerungen gestört. Durch die unregel- mässige Lagerung der Kerne differenzirt sich das Infiltrat von den eine bestimmte Richtung einnehmenden, zugartig verlaufenden Kernen der normalen submucösen Bindegewebssubstanz. Die Zahl der Kerne ist als vermehrt erkennbar.

Abschnitt 3 und 4 lassen die gleichen Veränderungen erkennen, wie sie bei Abschnitt 1 geschildert worden sind; am markantesten sind hier die Veränderungen im Bindegewebe. Der Raum zwischen der Muscularis mucosae und der Bindegewebe-Epithelgrenze ist deutlich verschmälert, die tieferen Gefässe sind näher an die Oberfläche gerückt, doch hat die Zahl der feineren, zum Epithel aufsteigenden Capillaren eher zugenommen. Die normale Structur des Bindegewebes, die streifige Anordnung des fibrillären Gewebes mit den Reihen eingelagerter Fibro- blastenkerne ist nirgends ganz ungestört geblieben. Ganz allgemein ist das Gewebe kernreicher. Zahlreich finden sich epitheliale Rund- zellen eingestreut und die Uebergangsformen von letzteren zu den normalen Spindelzellen.

Gruppe III.

Die Präparate des zwei Stunden nach erhaltener 2proc. Argentumeinspritzung getöteten Kaninchens zeigten ein ganz markantes Bild. Statt des üblichen Epithels mit Blaufärbung der Kerne sieht man den ganzen Epithelsaum in eine braune bis braun- schwarze Masse verwandelt, die sich scharf gegen die Sub- mucosa absetzt; letztere hat die gewöhuliche Färbung. In dem Epithelsaum sind Zellconturen nicht mehr zu erkennen; an einzelnen Partien kann man noch Andeutungen der Kerne wahrnehmen, sie haben schwarzbraune Farbe: an anderen sieht die ganze Masse schollenartig und homogen aus. Zwischen diesen liegen hier und da einige tief blau gefärbte runde Kerne, die eingewanderte Leukocytenkerne dar- stellen.

Auch in den tieferen Schichten, in dem Bindegewebsanteil der Mucosa und der Submucosa, sind Reizungsvorgänge bemerk- bar, die sich als solche durch eine ganz frische, kleinzellige In- filtration documentiren.

Dasselbe Verhältnis findet sich mit einigen graduellen Unterschieden in den verschiedenen Abschnitten der Urethra.

Ganz bemerkenswerte Veränderungen ergaben die Präparate des Tieres, das zwei Tage nach der Argentumätzung getötet worden war.

Zunächst fehlt das Epithel ganz; der braune Saum, welchen

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die nach zwei Stunden getöteten Tiere zeigten, ist bis auf einen ein- zigen Rest an zwei kleinen circumscripten Stellen verschwunden. Der bindegewebige Mucosaanteil bildet die oberste Schicht, er hat eine zottenartigre Configuration. Er geht ohne Grenze in die Submuca über, welche beide durch ein dichtes, kleinzelliges Infiltrat in eine gleich- mäßige, kernreiche Masse umgewandelt wird. Zwischen den keru- reichen Zellen sind hier und da Silberpigmentkörnchen eingestreut, doch ist davon Alles in Allem wenig vorhanden. In den einzelnen Abschnitten der Harnröhre ist das Bild ziemlich das gleiche wie das eben geschilderte.

Wiederum anders gestalten sich die Verhältnisse bei dem Tiere, das vier Tage nach einer einmaligen 2proc. Argentumeinspritzung am Leben blieb. |

Vor Allem fällt auf, daß man von dem eingebrachten Ar- gentum nichts mehr sieht, Mucosa und Submucosa sind frei davon. Der bei Weitem größte Teil der Circumferenz der Harnröhre ist noch vom Epithel entblößt, doch sieht man schon, wie es sich an einigen Partien zu regeneriren beginnt; aber auch dort hat es noch nicht die Höhe erreicht, die man sonst zu finden gewohnt ist.

Der Infiltrationsprocess, der sich bei den kürzere Zeit nach der Injection getöteten Tieren so in die Augen springend markirt hatte, ist beträchtlich zurückgegangen. Man sieht hier und da ein etwas dichteres Gefüge der submucösen Bindegewebsschicht, die in diesem Falle noch die oberste Zone bildet. Da wo ein schon regene- rirter Epithelsaum existirt, zeigen die tieferen Schichten normale Dichtig- keit, regelrechten Verlauf der Faserzüge ohne Einstreuung heterogener Kerne.

Die Präparate endlich des acht Tage nach der Injection getöteten Kaninchens zeigen, dab der ProceßB fast völlig abgelaufen ist. Man sieht nur noch Andeutungen der vorangegangenen kleinzelligen Infiltration, indem an dieser oder jener Partie des Bindegewebes ein größerer Kernreichtum vorhanden und das Epithel noch nicht völlig ersetzt ist. Im Uebrigen ist das Gewebe ad integrum restituirt.

Gruppe IV.

Es erschien uns des Weiteren wünschenswert, den Effect der Arg.-Lösung auf die Blasenschleimhaut festzustellen, da auch hier vielfach die Befürchtung besteht, daß durch Arg.-Spülung der Blase Schrumpfung derselben bewirkt wird. Es wurden zwei Hündinnen zu wiederholten Malen katheterisirt und ihnen nach der Entleerung der Blase die Arg.-Lösung eingespritzt; wir ließen dieselbe einige Mi-

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nuten einwirken. Das Katheterisiren ist bei Hündinnen nicht schwierig und konnte leicht bewerkstelligt werden, nachdem es mich Herr Prof. E. Munk gütigst gelehrt hatte. Es erhielten die Hündinnen, deren Blasencapacität über 400 ccm betrug, am

3. IV. 1896 150 ccm 2proc. Arg.-Lösung.

9. IV. 1896 150 2 n

16. IV. 1896 200 2 n

22. IV. 1896 200 2 n

29. IV. 1896 200 2 h

3. V. 1896 150 2 n

11. V. 1896 200 2 5

18. V. 1896 200 2 n

25. V. 1896 200 2 5 Bisher war keine Aende- rung an den Tieren be- merkbar.

27. V. 1896 200 2 K

5. VI. 1896 200 2 n

12. VI. 1896 200 2

15. VI. 1896 200 2 n

18. VI. 1896 200 2

21. VI. 1896 200 2

29. VI. 1896 200 2 n

2. VII. 1896 200 2

5. VII. 1896 200 2 ji

9. VII. 1896 200 2

12. VII. 1896 200 2 n

16. VII. 1896 200 2 ,„ j Die Tiere sind in ihrem

Wesen unveränd., fressen gut, die Harnentleerung scheint ungestört.

Nach einem halben Jahre wurden die Tiere getötet, die Blase un- mittelbar nach der Tötung mit absolutem Alkohol gefüllt, in der be- kannten Weise gehärtet und bearbeitet. Folgendes sind die Ergebnisse:

Die Blasenschleimhaut ist faltig gebuchtet. Die Vorbuchtungen wechseln mit Einsenkungen ab. Die ganze Schleimhaut und das darunterliegende Bindegewebe ist gleichmäßig gefärbt. Das Epithel in gleichmäßiger Höhe erhalten und gleichartig gefärbt. Es ist ge- schichtetes, cubisches bezw. Cylinder-Epithel. Die Kerne des sub- mucösen Bindegewebes haben alle eine Richtung. Man sieht zwischen diesen keine Einlagerung. Dagegen zeigen sich be- sonders um die Gefäße herum graue bis grauschwarze Körnchen.

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Verlaufen die Gefäbe im Bilde quer, so sehen auch diese Körnchen- züge länglich und quer das Gewebe durchsetzend aus. Sind die Gefäbe rundlich, so bilden die Körnchen eme kreisförmige Anlagerung. Ver- einzelte Körnchen finden sich ohne Zusammenhang mit den Gefäßen, zuweilen erstrecken sich die schwarzen Körner bis zu dem Zwischen- gewebe der Muscularis. Nirgends sieht man irgend ein Anzeichen einer Entzündung, einer frischen oder vergangenen. Die Submucosa ist zellenreich und von ectasirten Blutgefäßen durchzogen. An einer Stelle findet sich, und zwar bei dem einen Abschnitt der einen Hündin in allen Präparaten, eine umgrenzte. Anhäufung von jungen Binde- gewebszellen ın der tieferen Submucosa nahe der oberflächlichsten Schicht der Muskelfasern (Muscularis mucosae). In der Umgebung der Blutgefäße überall starke Pigmentablagerungen.

Der Silberbeschlag folgt zum großen Teil der Gefäßwand, und zwar bis in die Muskelhaut hinein. Hier findet man einige Gefäße, deren Wände von grauen Blättchen bedeckt sind, an einzelnen sieht mau aber auch schwarze Silberkörnchen im Innern des Gefäßes liegen.

In den Präparaten der anderen Hündin fehlen jegliche Ab- weichungen von der Norm. Die Epithelschicht ist scharf gegen die Mucosa abgegrenzt, die Submucosa zeigt ihre regelmäßigen, in einer Richtung ziehenden, länglichen Kerne ohne jede Einlagerung. Ebenso erscheint die Muscularis völlig normal. Das Silber ist in gleicher Weise in die tiefer gelegenen Bindegewebsschichten ein- gestreut und erstreckt sich stellenweise bis zur Muskelhaut.

* * *

Bei der Durchsicht, Deutung und Beschreibung der Präparate habe ich mein Augenmerk auf den einen wesentlichen Punkt gerichtet, ob die längere Zeit durchgeführte Arg. nitricum-Behandlung der Harnröhre und der Blase eine nachhaltige Veränderung, speciell eine Schrumpfung des Gewebes herbeiführt. Alle abseits- liegenden Fragen haben für uns nur nebensächliche Bedeutung und mögen deshalb nur gestreift werden.

Es kommt für uns nicht in Betracht, ob der unter dem Epithel gefundene pigmentartige Niederschlag reines Silber oder eine Silber- verbindung ist. Der Umstand, daß Cyankalilösung den Niederschlag auflöst, beweist nicht, daß es sich um reines metallisches Silber handelt, denn es könnte ja eine unbekannte Silberverbindung gleichfalls durch diesen Stoff gelöst werden. Krysinski?) ist der Meinung, es handele

2) Gazetta Lekarska 1886, 41.

707

sich um eine organische Silberverbindung, während Riemer?) meint, daß die Löslichkeit des Pigments für Cyankali nicht einmal dafür characteristisch sei, daß es sich überhaupt um Silber handele, da diese auch im Darm vorkommendem Pigment zukommt.

Wir haben die Silberkörnchen nur ganz vereinzelt zwischen den Epithelzellen gefunden, ihre Hauptablagerungsstätte war das submucöse Bindegewebe, einige wenige Körnchen drangen bis zur Muscularis vor. Und wenn dies der Fall war, so lagerten sich die Körnchen hier besonders um die Gefäße herum der Gefäbwand an. Im Gefäßinnern sah ich nur einmal die Silberkörnchen, die Zwischen- substanz war ganz frei. Nicht so aber war es in dem Bindegewebe. Hier war die Ablagerung so massenhaft, daß man nicht davon sprechen kann, sie sei nur an den Bindegewebskörperchen sichtbar. Auch die Intercellularsubstanz war davon erfüllt.

In Bezug auf diesen Punkt begegnen wir dissentirenden Ansichten in der Litteratur. Hierbei will ich aber bemerken, daß sich fast alle Angaben auf die Silberablagerung ın den Geweben beziehen, wie sie gelegentlich der Argyrie und durch Einnehmen von Arg. nitric. innerlich entstehen. Nur Virchow*) bespricht in der Cellularpathologie einen Fall, in welchem Silberablagerung in dem Unterhautbindegewebe durch lange fortgesetzte Silberlösungsumschläge auf das Auge stattgefunden hatte. Er schreibt:

„Wenn Jemand Silbersalze gebraucht, so erfolgt ein Eindringen derselben in die Gewebe; wenden wir sie nicht in eigentlich ätzender, zerstörender Weise an, so gelangt das Silber in einer Verbindung, deren Natur bis jetzt nicht hinreichend bekannt ist, in die Gewebsteile und erzeugt an der Applicationsstelle, wenn es lange genug angewendet wird, eine Farbenveränderung. Ein Kranker, welchem in der Klinik des verstorbenen v. Gräfe eine Lösung von Arg. nitric. zu Umschlägen auf das Auge verordnet war, gebrauchte als gewissenhafter Patient das Mittel vier Monate lang. Das Resultat davon war, dab seine Con- jJunctiva ein intensiv bräunliches, fast schwarzes Aussehen annahm. Bei Untersuchung eines ausgeschnittenen Stückes derselben fand ich, daß eine Aufnahme des Silbers in die Substanz erfolgt war, so zwar, daB an der Oberfläche das ganze Bindegewebe eine leicht gelbbraune Farbe besaß, in der Tiefe aber nur in den feinen elastischen Fasern oder Körperchen des Bindegewebes die Ablagerungen stattgefunden

$) Archiv für Heilkunde 1875, Heft 4, 5 und 6. *) Cellularpathologie, 4. Aufl., pag. 250.

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hatten; «die eigentliche Grund- oder Intercellularsubstanz war voll- kommen frei geblieben.“

Meine Präparate nötigen, wie schon ausgeführt, zu der Ansicht, daß auch die Grundsubstanz des Bindegewebes von den Silbernieder- schlägen nicht frei bleibt, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dab unseren Tieren das Silber in enormen Mengen und sehr häufig zu- geführt wurde.

Daß die Epithelien frei bleiben, gleichviel, ob das Silber durch äußerliche Berührung mit den Schleimhäuten oder durch innerliche Ein- nahme per os in das Gewebe hineingebracht wird, darüber scheint Einstimmigkeit zu herrschen. Riemer?) sagt in seiner citirten Arbeit (es handelt sich um mit Silbersalpeter behandelte Tabiker), das Silber finde sich feinkörnig an den meist betroffenen Partien in irregulärer, strichförmiger Gestalt, es sei nicht an Zellenelemente gebunden oder in intercellularer Substanz eingebettet, sondern es liege in der binde- gewebigen Grundsubstanz mit besonderer Vorliebe für bestimmte, dem Bindegewebe angehörige homogene Membranen. Das Epithel in der Haut und in den Schleimhäuten bleibt frei.

Cohnheim®) fand es „in den verschiedenen Organen, und zwar teils in der Wand der kleinen Gefäße, teils im Bindegewebe, z. B. der Haut und der Darmschleimhaut, dann auch in den Mbb. propriae etlicher Drüsenschläuche, so der Schweibdrüsen, der Harncanälchen; doch ist es bisher ebenso wenig gelungen, die Gesetze der Ablagerung des Silbers in den verschiedenen Geweben zu eruiren, von denen ein- zelne wie die Epithelien und das Centralnervensystem aus- nahmsweise frei zu bleiben scheinen, noch auch die Natur des ganzen Vorganges aufzuhellen“.

Neumann’) ist im Gegensatz zu Virchow der Meinung, daß die zelligen Elemente stets frei sind, während die Zwischensubstanz eine besondere Fähigkeit besitze, das gelöste Silber niederzuschlagen.

Auch H. C. Tweedy®) betont das Freibleiben des Epithels, und Kobert?) fand es, wie ich, in chronischen Fällen von Argyrie formlos in Klümpchen extracellulär.

Georg Lewin!®), der eine sehr hübsche Arbeit über locale Gewerbe-

5) L. c.

6) Vorlesungen über allgemeine Pathologie 1877, Bd. I, pag. 521.

7 Anzeiger der Gesellschaft der Aerzte in Wien 1878, No. 20, cit. nach Virchow-Hirsch 1878.

8) Dubl. med. Journal, 21. Juli 1890.

®) Archiv für Dermatologie 1893.

10) Berliner klin. Wochenschrift 1886, No. 26.

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argyrıe geschrieben hat, legt Wert darauf, daß sich die Silbernieder- schläge auf elastische Fasern besonderer Art setzen, nämlich hohle elastische Fasern, welche, unter sich zusammenhängend, ein communi- cirendes Röhrensystem bilden, d. h. Lymphcanäle vorstellen. „Die feinen Partikelchen erscheinen nach einer Richtung hin fortgeschwemmt, Die Anordnung nach einer Richtung zeigt bestimmt die Wirkung eines Stroms, der hier nur der der Lymphe sein kann. Die Anordnung in einer schmalen Linie, wo mitunter mehrere Körnchen nebeneinander keinen Platz haben, spricht für ein sehr enges Strombett, welches nur das der Lymphspalten sein kann.“

Dieser Ansicht widerspricht Blaschkow!!),

Nach ihm verlaufen die gröberen (sc. mit Argentum tingirten) „Fasern in den Lücken zwischen den Bindegewebsbalken, die Spalten zwischen diesen völlig ausfüllend; oft ziehen aber neben einem starken Aste mehrere feinere scheinbar durch die Substanz der Bindegewebs- balken hindurch. Im Großen und Ganzen ist der Verlauf der Haupt- faserzüge parallel dem der Bindegewebsfasern; man trifft sie quer durchschnitten, wo diese im Querdurchmesser getroffen sind, und wo man die Bindegewebsbalken in der Längsschicht sieht, verlaufen auch die elastischen Fasern longitudinal oder bilden längsgestreckte rhom- boide Ranken.“

Unsere Präparate, soweit sie bei dem verschiedenen Gewebe und der verschiedenen Art der Zuführung des Argentum überhaupt ver- glichen werden können, bestätigen weder die eine noch die andere Anordnung. Das Silber liegt durchaus nicht regelmäßig in geordneten Zügen, sondern vielmehr ganz formlos, baldin feinen Körnchen, bald in großen, dicken Klumpen. Ich bin außer Stande, auf Grund dieser Untersuchung zu entscheiden, ob das Silber als reducirte Substanz mit dem Saftstrom in die Submucosa getragen worden ist, ob es auf diesem Wege als Lösung kam und dort erst reducirt wurde, oder endlich, ob das Blut die Vermittlerrolle als Trägerin des Silbers gespielt hat, wogegen ja allerdings Manches spricht.

Auch läßt sich selbstverständlich aus diesen Versuchen und ihren Resultaten nicht schliessen, dass das Arg. nitr. als solches in der Tiefe seine Wirkung entfaltet. Das ist so lange un- möglich zu entscheiden, als man nicht weiß, wie jenes Pigment in die Tiefe hineingekommen ist, und ob es als salpetersaures Silber oder als andere Lösung oder als metallische Substanz seinen Weg dorthin genommen hat.

1!) Weber physiologische Versilberung des elastischen Gewebes. Arch. für: mikroskopische Anatomie, Bd. XXVII, pag. 65l.

710

Die Präparate, welche von den Tieren stammen, die zwei Stunden bezw. zwei Tage nach einer einmaligen Silberinstillation getötet wurden, zeigen zunächst mit aller Präcision, daß der Höllenstein nicht über die Epithelschicht hinausgeht, daß er diese in eine braune, schollige Masse verwandelt, daB sich diese abgestorbene Masse bald abstößt und daß sich gesundes Epithel von Neuem regenerirt.

War uns diese Thatsache schon von anderen Schleimhäuten her bekannt, so ist das wesentliche Ergebnis der Experimente mit den Tieren, welche mit Silbersalpeter behandelt wurden und längere Zeit nachher gelebt haben, dass eine nachhaltige, dauernde Entzündung durch verschorfende Lösung in der Stärke bis zu 2 pCt. weder in der Harnröhre, noch in der Blase hervorgerufen wird, dass vielmehr lediglich eine Ablagerung von reducirtem Silber oder einer un- bekannten Silberverbindung stattfindet, dass ein Process, der zu einer schrumpfenden oder narbigen Veränderung der oberfläch- lichsten wie der tieferen submucösen Schichten führt, nicht bewirkt wird.

Der Umstand, daß einmal in der Harnröhre und einmal in der Blase kleine Infiltrationsherde gefunden wurden, kann für die gegen- teilige Ansicht nicht in’s Feld geführt werden; denn wenn diese In- filtration Folge der Argentumbehandlung gewesen wäre, so hätte sie sich bei allen Tieren und in allen Präparaten zeigen müssen, was nicht der Fall ist. Es darf deshalb ganz zwanglos angenommen werden, daß das zufällige Befunde oder solche sind, die auf irgend eine accidentelle Reizung bei der localen Behandlung zurückgeführt werden müssen.

Erfreulich war es für mich, zu sehen, daß sich keine einzige An- gabe in der Litteratur findet, welche dieser meiner Ansicht widerspricht. Sind auch derartige Experimente nicht ausgeführt worden, wie ich sie angestellt habe so weit ich dies nach einem sorgfältigen Studium der Litteratur zu sagen vermag —, so sind doch Fälle von Argyrie mitgeteilt, die durch Einverleibung des Silbers per os oder durch die Haut bei Silberarbeitern oder durch die Schleimhaut vermittelst Silber- lösungsumschläge (Virchow) entstanden sind. In allen diesen Fällen wird nirgends etwas von Schrumpfung der Bindegewebsschichten, sei es der subcutanen oder der submucösen, berichtet. Nach alledem dürfen wir jene vielfach bei Laien wie bei Aerzten obwaltende Ansicht, die üblichen Arg. nitric.-Injectionen oder -Instillationen in die Harn- röhre führen zu Strieturen derselben, in das Reich der Fabel ver- weisen. Wir werden gut thun, diese jeder Begründung entbehrende Behauptung zu ijgnoriren und unseren hilfesuchenden Kranken nicht

Zul

dasjenige Heilmittel vorzuenthalten, welches das beste und wirksamste bei den Catarrhen des Harntractus ist.

Ich glaube auch, daß die angestellten Experimente unserem Ver- ständnis näher gebracht haben, worauf diese günstige Wirkung der Argentum-Therapie beruht.

Wir sahen an den nach zwei Stunden getöteten Tieren, daß das Argentum eine momentane Zerstörung der Oberfläche bewirkt, der ganze Epithelsaum war in eine tote Scholle verwandelt, gleichzeitig bemerkten wir aber auch Reizungsvorgänge, deren Folge eine Ueber- schwemmung der Bindegewebspartien mit Leukocyten war, die zum Teil auch zwischen die Epithelien einwanderten. Damit fällt die Vor- stellung von der Oberflächenwirkung des Höllensteins, die ja mit ein Grund für die Herstellung zahlreicher anderer Silberpräparate wurde. Es hat sich gezeigt, daß das Argentum nitricum vermöge seines Reizes eine ausgesprochene Tiefenwirkung entfaltet.

Zwei Tage nach der Aetzwirkung ist das Epithel ganz verschwunden, die Leukocytose in der Submucosa ist stärker geworden, nach vier Tagen ist sie in der Rückbildung begriffen und nach acht Tagen sieht man nur noch Reste derselben, sie ist fast gänzlich abgelaufen, Binde- gewebsschicht der Mucosa und Submucosa sind frei von Infiltrations- zellen, das Gewebe hat seine normale Configuration, das Epithel ist zum Teil regenerirt.

Wir haben es demnach, abgesehen von der Verschorfung der Oberfläche, mit einer ehemotactischen Wirkung des Argentum nitricum zu thun, die als eine vorübergehende örtliche Leukocytose in den tieferen Schichten der Mucosa und in dem Bindegewebsstratum der Submucosa anzusehen ist.

Es beruht nun die bekannte bacterienvernichtende Eigenschaft des Blutes speciell des Serums auf Alexinen, deren Provenienz nach neueren Untersuchungen auf die weißen Blutzellen zurückgeführt wird. Nach Hankin secerniren die eosinophilen Zellen diese Schutzstofle, er nennt sie deshalb Alexocyten, nach deren Untergang die Alexine frei werden und sich dem Serum beimischen; nach Kossel ist es ein bestimmter Zellbestandteil, die Nucleinsäure, die bei dem Unter- gang der weißen Blutzellen frei wird und eine antibacterielle Wirkung entfaltet.

Danach möchten wir glauben, daß die allerseits anerkannte glänzendeWirksamkeitderArgentumnitricum-Instillationen bei den subacuten und nichtallzu lange bestehenden chroni- schen Gonorrhoen auf die durch die Silbernitratlösung hervor- gerufene Leukocytose oder Alexocytose zurückzuführen ist.

712

Ich schließe, meine Herren, indem ich noch bemerke, daß ich mir wohl bewußt bin, mit den zum Schluß gemachten Ausführungen nur eine Hypothese aufgestellt zu haben. Diese Hypothese hat sich ganz beiläufig im Laufe der Untersuchungen ergeben, die nicht darauf ge- richtet waren, die unmittelbare Wirkung der Argentum-Instillationen festzustellen, sondern vielmehr darauf, zu prüfen, ob nach denselben in späterer Zeit irgend welche schädlichen Folgen in die Erschei- nung treten.

Erklärungen zu den Abbildungen.

Figur 1 stammt von einem Kaninchen, dessen Urethra mit 2proc. Argentum nitricum-Instillationen behandelt und lange Zeit nachher getötet worden ist. Es ist ein Uebersichtsbild mit schwacher Vergrößerung.

Lumen der Urethra.

Epithel.

Submucosa, dieselbe ist normal.

Silberablagerung in der Submucosa, unmittelbar unter dem Epithel feinkörnig.

Arg. Silberablagerung in der Submucosa in großen formlosen Schollen. Bm. Silberablagerung feinkörnig in der Muscularis muc.

W napp

Figur 2. Schnitt von demselben Tier wie Figur 1. Starke Vergröbe- rung eines etwas weiter nach hinten gelegenen Abschnittes. E. Epithel normal, kein Silber eingestreut. S. Submucosa normal, keine Entzündung, nur feinkörnige Silber- ablagerung daselbst. Arg. Dicke und große Silberklumpen in der Submucosa liegend und sich bis zur Muscularis mucosae erstreckend. G. Silberpigment, die Wand eines Gefäßes umkleidend, in der © Mucosa gelegen.

Bibliographie.ꝰ)

Die mit * bezeichneten Arbeiten sind in dem vorliegenden Jahrgang der Zeitschrift besprochen.

Die wichtigsten Arbeiten von 1897, die während oder nach der Drucklegung

der vorjährigen Bibliographie erschienen sind, sind in der diesjährigen ent- halten.

I. Allgemeines über die Physiologie und die Krankheiten des Urogenital-Apparates.

*Albarran et Halle: Note sur les études cliniques et expérimentales sur les affections infectieuses des voies urinaires. Ann. des mal. gen.-urin. 1898, Heft 4.

* Archivos del servicio de viasurinarias del hospital Rawson, publicados baja la dirección del Doctor Federico Texo. Eine neu gegründete Zeit- schrift.

Audiganne: Recherchesurologiques dans la tuberculose. These de la faculté de Paris 1898.

Audion: Tuberculose primitive des organes génitaux chez une enfant de 13 ans. Granulie aiguë gene- ralisée secondaire. Gazette hebdo- madaire de médecine et de chirurgie 1898, No. 19.

*Auvard: Practisches Lehrbuch der Gynäkologie. Autorisirte deutsche Ausgabe nach der zweiten Auflage des Origimals von Dr. R. Löwen- haupt, Hamburg. Leipzig, Verlag von Been 1897.

Baudet et Kendirdjv: De l’abla- tion totale des voies génitales chez rhomme dansla tuberculose étendue

*) Sämtliche hier durch die Buchhandlung von Os

de ces organes. Gazette des höpi- taux, 21. October 1898.

Bishop: The Influence of Sex in Disease The Journal of the Ameri- can Medical Association, 17. Sep- tember 1898.

Bolton Bangs and Hardaway: An American of Genito- Urinary Diseases, hilis and Diseases of the Se arge 8vo, pp. 1229. Philadelphia 1898, W. B. Saunders.

British Medical Assosiation: Sixty - Sixth Annual Meeting at Edinburgh: Diseussion on the Ori- gin, Eflfectsand Treatment ofSeptie Infection of the Urinary Tract. British Medical Journal, 29. October 1898.

Brown: The Loss of Sexual Power in Tabes dorsalis. The Lancet, l1. Juni 1898.

Carpenter: Genito—Urinary Epi- thelium. Buffalo Medical Journal, April 1898.

*Clark: Ein Fall von Hermaphrodi- tismusspurius. The Lancet, 12. März 1848.

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